Sachherrschaft und Sozialbindung?: Ein Beitrag zu Gegenwart und Geschichte des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs [1 ed.] 9783428511150, 9783428111152

Der Verfasser unternimmt den Versuch, die zeitgenössische Diskussion um den Eigentumsbegriff des Zivilrechts und deren W

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German Pages 354 Year 2004

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Sachherrschaft und Sozialbindung?: Ein Beitrag zu Gegenwart und Geschichte des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs [1 ed.]
 9783428511150, 9783428111152

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 284

Sachherrschaft und Sozialbindung? Ein Beitrag zu Gegenwart und Geschichte des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs

Von Jochen Lehmann

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

JOCHEN LEHMANN

Sachherrschaft und Sozialbindung?

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 284

Sachherrschaft und Sozialbindung? Ein Beitrag zu Gegenwart und Geschichte des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs

Von Jochen Lehmann

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn hat diese Arbeit im Jahre 2002 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-11115-X Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Meinen Eltern und meiner Frau

Vorwort Der Verfasser dieser Arbeit möchte sich bei allen, die ihn bei der Anfertigung dieser Arbeit gefördert und begleitet haben, bedanken. Dieser Dank gilt insbesondere Herrn Prof. Dr. Gerd Kleinheyer, der die Arbeit nicht nur als Doktorvater begleitete, sondern den Verfasser vor, während und nach Anfertigung der Arbeit mit Rat und Tat unterstützte. Weiterhin bedankt sich der Verfasser bei Herrn Prof. Dr. Wilhelm Rütten, der den Anstoß für diese Arbeit gab und in kürzester Zeit ein Zweitgutachten erstattete. Schließlich wäre diese Arbeit ohne die liebevolle Begleitung durch die Eltern und die Frau des Verfassers sicher nicht abgeschlossen worden. Bonn, im Juni 2003

Jochen Lehmann

Inhaltsübersicht

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

1. Teil Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

23

A. Grundlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

I. Die Bedeutung des § 903 S. 1 BGB für den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff .

24

II. Unerheblichkeit des § 903 S. 2 BGB für die Frage nach dem Begriff des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

III. Ausblick auf die weitere Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

B. Zur Beschränkung des Eigentums auf körperliche Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

I. Kein Eigentum an Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

II. Zur Verbreitung des weiten Eigentumsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

C. § 903 S. 1 BGB als Definition des Eigentums? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

I. § 903 S. 1 als bloße Inhaltsbeschreibung des Eigentums? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

II. § 903 S. 1 BGB als Legaldefinition? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

III. § 903 S. 1 BGB als Ausgangspunkt einer Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

IV. Ergebnis: Keine gesetzliche Definition des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

D. Der Eigentumsbegriff des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

I. Eigentum als umfassendstes an einer Sache mögliches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

II. Eigentum als bloßes Ausschließungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

III. Eigentum als Letztentscheidungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

IV. Eigentum als Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

V. Eigentum als Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

VI. Ergebnis: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

10

Inhaltsübersicht

E. Die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums und ihr Verhältnis zum Eigentumsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

I. Die dem BGB zugrundeliegende Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

II. Zur Außentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

III. Zur Immanenztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 IV. Zur Trennungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 V. Zu Herkunft und Bedeutung der Relativierung der umfassenden Sachherrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 F. Zur Wandlungsfähigkeit des Eigentumsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 I. Wandlungen des Eigentumsbegriffes? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 II. Zur Möglichkeit eines Nebeneinander verschiedener Eigentumsbegriffe . . . . . . 117 G. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Exkurs: Zur Herkunft der Beschränkung des Eigentums auf körperliche Sachen . . 123

2. Teil Die Entwicklung des durch die Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneten Eigentumsbegriffes im 19. Jahrhundert

133

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums und die Durchsetzung des abstrakten Eigentumsbegriffs in der Rechtslehre des 19. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 I. Zum geteilten Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 II. Der abstrakte Eigentumsbegriff und die Verdrängung des geteilten Eigentum in der Rechtslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 III. Die weitere Entwicklung des abstrakten Eigentumsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 IV. Zu den Gründen für die allgemeine Durchsetzung des abstrakten Eigentumsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

Inhaltsübersicht

11

3. Teil Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes und seiner besonderen Betonung der Sozialbindung des Eigentums

214

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 B. Der deutsche Eigentumsbegriff bei v. Gierke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 I. Die Darstellung des Eigentumsbegriffes im Handbuch des deutschen Privatrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 C. Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes in der Germanistik des 19. Jahrhunderts bis zu v. Gierke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 I. Das deutsche Eigentum vor der Spaltung der historischen Schule . . . . . . . . . . . . . 231 II. Die Spaltung der historischen Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 III. Die Entwicklung eines genuin deutschen Eigentumbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 IV. Zur Gleichsetzung von deutschem und sozialem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 E. Die weiteren Wirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 I. Die Auswirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes nach Inkrafttreten des BGB bis zur Zeit des Nationalsozialismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 II. Der deutsche Eigentumsbegriff und die Eigentumslehre des Nationalsozialismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 III. Der deutsche Eigentumsbegriff in der Nachkriegszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 IV. Die Eigentumsteilung in der heutigen Zivilrechtsdogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 F. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Schlußwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 Sach- und Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352

Inhaltsverzeichnis

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

1. Teil Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

23

A. Grundlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

I. Die Bedeutung des § 903 S. BGB für den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff . .

24

II. Unerheblichkeit des § 903 S. 2 BGB für die Frage nach dem Begriff des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

III. Ausblick auf die weitere Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

B. Zur Beschränkung des Eigentums auf körperliche Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . .

26

I. Kein Eigentum an Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

II. Zur Verbreitung des weiten Eigentumsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

1. Der weite Eigentumsbegriff der territorialen Kodifikationen . . . . . . . . . . . . . . .

27

2. Die dem BGB zugrundeliegende Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

3. Zum sog. „geistigen Eigentum“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

C. § 903 S. 1 BGB als Definition des Eigentums? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

I. § 903 S. 1 BGB als bloße Inhaltsbeschreibung des Eigentums? . . . . . . . . . . . . . . . .

31

II. § 903 S. 1 BGB als Legaldefinition? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

III. § 903 S. 1 BGB als Ausgangspunkt einer Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

1. Zur Bedeutung dieser Streitfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zum Eigentumsbegriff des Verfassungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rückwirkung einer Bindung des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffes an das zivilrechtliche Eigentum auf § 903 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . .

33 33 34

2. Zur Unterscheidung von Begriff und Inhalt des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

3. § 903 S. 1 BGB als bloße Normierung des Inhalts des Eigentums . . . . . . . . . . a) Gesetzgebungsgeschichte und Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unvollständigkeit des § 903 S. 1 BGB als Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38 38 39 40

14

Inhaltsverzeichnis 4. Angleichung von Eigentumsbegriff und -inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Definition des Eigentums durch seinen Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Argumente gegen diese Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40 41 41

IV. Ergebnis: Keine gesetzliche Definition des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

D. Der Eigentumsbegriff des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

I. Eigentum als umfassendstes an einer Sache mögliches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

1. Das Eigentum als subjektives Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

2. Die Abgrenzung zu den beschränkten dinglichen Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

II. Eigentum als bloßes Ausschließungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

1. Die Argumentation Schloßmanns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

2. Ablehnung der Ansicht Schloßmanns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

3. Generelle Unhaltbarkeit einer Reduzierung des Eigentums auf ein bloßes Ausschließungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

III. Eigentum als Letztentscheidungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

1. Stammler als Vorläufer dieser Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

2. Die Weiterentwicklung von Stammlers Ansatz durch Schmidt-Rimpler . . . .

59

3. Zur Kritik dieser Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

IV. Eigentum als Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

1. Zur Begründung dieser Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

2. Zur Herkunft dieser Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

3. Die Folgen für den Eigentumsbegriff des Zivilrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

4. Zur Kritik dieser Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die unmittelbare privatrechtliche Bindung des Eigentümers durch Art. 14 II GG als falsche Prämisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die unmittelbare Wirkung des Art. 14 II GG im Privatrecht . . . . . . bb) Keine unmittelbare Bindung des privatrechtlichen Eigentums durch Art. 14 II GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Art. 14 II GG als Regelungsauftrag an den Gesetzgeber . . . . . (b) Gefährdung des Freiheitsgehalts der Eigentumsgarantie durch die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 14 II GG . . . . (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Zur privatrechtlichen Auswirkung dieser Streitfrage . . . . . . . . . cc) Widerspruch zu Struktur und Grundlagen des Sachenrechts . . . . . . (a) Subjektive Rechte als systematische Grundlage des Sachenrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Subjektive Rechte als Sicherung der Freiheit des einzelnen im Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69 70 71 72 72 74 76 76 77 78 79

Inhaltsverzeichnis

15

(c) Widerspruch zwischen dem Eigentum als Rechtsverhältnis und der Vermutung zugunsten freien Eigentums . . . . . . . . . . . . . (d) Unbestimmtheit des Eigentums als Rechtsverhältnis . . . . . . . . . b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81 83 83

V. Eigentum als Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

1. Zur Begründung dieser Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

2. Zur Kritik dieser Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Unbestimmtheit des Zuordnungsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zuordnung als unzureichender Ausdruck des Eigentums als subjektives Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Keine Gleichordnung von Rechten und Pflichten des Eigentümers bb) Fehlende Bestimmtheit des Zuordnungsobjekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86 87 88 88 89

3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

VI. Ergebnis: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

E. Die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums und ihr Verhältnis zum Eigentumsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

I. Die dem BGB zugrundeliegende Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

1. Der Vorentwurf Johows . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

2. Die weiteren Materialien zum BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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II. Zur Außentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

1. Zur Begründung dieser Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Zur Kritik an dieser Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

III. Zur Immanenztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 1. Zu den unter der Bezeichnung „Immanenz der Beschränkungen“ zusammengefaßten Vorstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 a) Zu den verschiedenen Formen der Immanenztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 b) Zur Terminologie in dieser Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2. Zur Entwicklung der sog. echten Immanenztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3. Zur Kritik der echten Immanenztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unvereinbarkeit mit § 903 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Begriffliche Unvereinbarkeit von Recht und Beschränkung . . . . . . . . . . . . c) Aufhebung der Trennung zwischen dem öffentlichen Recht und dem Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

103 103 104 105

4. Zur unechten Immanenztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 5. Zum Terminus „Eigentumsbeschränkungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 IV. Zur Trennungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 V. Zu Herkunft und Bedeutung der Relativierung der umfassenden Sachherrschaft 110

16

Inhaltsverzeichnis 1. Die Herkunft der Relativierung der umfassenden Sachherrschaft . . . . . . . . . . 110 2. Die Bedeutung des relativierenden Zusatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 a) Zur Begründung der Relativierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 b) Keine Änderung gegenüber dem Eigentumsbegriff des BGB . . . . . . . . . . 112 VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

F. Zur Wandlungsfähigkeit des Eigentumsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 I. Wandlungen des Eigentumsbegriffes? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 1. Die dem BGB zugrundeliegende Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 2. Wandelbarkeit des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs unter der Geltung des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 II. Zur Möglichkeit eines Nebeneinander verschiedener Eigentumsbegriffe . . . . . . 117 1. Zum Funktionseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 2. Ablehnung der Möglichkeit eines Nebeneinander verschiedener Eigentumsbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 G. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Exkurs: Zur Herkunft der Beschränkung des Eigentums auf körperliche Sachen . . 123 1. Rückführung des weiten Eigentumsbegriffes auf Bartolus . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 2. Der weite Eigentumsbegriff und seine Kodifikation, insbesondere im preußischen ALR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 3. Zur Herkunft des engen Sachbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 4. Hintergrund der Durchsetzung des auf körperliche Sachen beschränkten Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 a) Die Rückbesinnung auf das klassische römische Recht . . . . . . . . . . . . . . . . 128 b) Der Einfluß kantischen Gedankenguts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 5. Abschluß des Exkurses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

2. Teil Die Entwicklung des durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneten Eigentumsbegriffes im 19. Jahrhundert

133

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums und die Durchsetzung des abstrakten Eigentumsbegriffes in der Rechtslehre des 19. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 I. Zum geteilten Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1. Die Entwicklung des geteilten Eigentums durch die Glossatoren . . . . . . . . . . . 138 a) Zu Formen des geteilten Eigentums im frühen römischen Recht und dem duplex dominium des klassischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

Inhaltsverzeichnis b) Die Entwicklung des dominium utile durch die Glossatoren . . . . . . . . . . . c) Zur Auseinandersetzung um die Beweggründe der Glossatoren bei der Schaffung des geteilten Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Widersprüche der Justinianischen Kodifikation als Ursprung des geteilten Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Entwicklung des geteilten Eigentums zur Erfassung des Rechts des Lehnsnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Entbehrlichkeit einer abschließenden Entscheidung der Kontroverse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17 140 141 141 142 144

2. Die Weiterentwicklung der Lehre vom geteilten Eigentum und deren Vollendung durch Bartolus und Baldus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 3. Zur Übertragung der Lehre vom geteilten Eigentum nach Deutschland . . . . . 147 4. Zur Fortentwicklung der Lehre vom geteilten Eigentum und der Aufnahme in die großen territorialen Kodifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Konzeption Struves . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das geteilte Eigentum im Naturrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das geteilte Eigentum in den großen territorialen Kodifikationen . . . . . . aa) Der Codex Maximilianeus Bavaricus civilis von 1756 . . . . . . . . . . . . bb) Das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794 . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Das österreichische Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch von 1811 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Der Codex Theresianus als Vorläufer des ABGB . . . . . . . . . . . . (b) Zum sog. Entwurf Horten und dem späteren Entwurf Martinis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zu den Gründen für die Zurückweisung der Eigentumskonzeption des Codex Theresianus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Zur Vermutung ungeteilten Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Zu den Definitionen des Eigentums in den genannten Gesetzbüchern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Zur Widersprüchlichkeit der gegen das geteilte Eigentum gerichteten Tendenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

149 150 151 154 154 155 157 158 160 162 162 162 163 165

II. Der abstrakte Eigentumsbegriff und die Verdrängung des geteilten Eigentums in der Rechtslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 1. Der Eigentumsbegriff Thibauts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das „wahre Eigentum“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Anknüpfung Thibauts an die naturrechtliche Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . c) Thibauts Weitentwicklung des Eigentumsbegriffes gegenüber dem Naturrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der abstrakte Eigentumsbegriff und die Ablösung des geteilten Eigentums a) Keine Auswirkungen der zivilrechtlichen Eigentumsdogmatik auf die Bauernbefreiung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zu den Ursachen der Bauernbefreiung in Preußen . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine Auswirkungen des neuen Eigentumsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . 2 Lehmann

170 171 172 175 177 177 178 180 181

18

Inhaltsverzeichnis b) Keine Beeinflusssung Thibauts durch die einsetzende Bauernbefreiung 183 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 III. Die weitere Entwicklung des abstrakten Eigentumsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 1. Das Eigentum als unteilbares und umfassendes Herrschaftsrecht . . . . . . . . . . . 185 2. Die Vereinbarkeit von Eigentumsbegriff und den Schranken des Eigentums 188 a) Das Verhältnis des Eigentums zu den beschränkten dinglichen Rechten 189 b) Das Verhältnis des Eigentums zu den öffentlich-rechtlichen Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 IV. Zu den Gründen für die allgemeine Durchsetzung des abstrakten Eigentumsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 1. Die Herkunft des Eigentumsbegriffes aus dem römischen Recht . . . . . . . . . . . 193 2. Der abstrakte Eigentumsbegriff als einziger Eigentumsbegriff . . . . . . . . . . . . . 195 3. Die Berufung des Menschen zur Herrschaft über die unbelebte Natur . . . . . . a) Eigentum als Willensherrschaft des Eigentümers über die Sache . . . . . . . b) Kein Bruch Windscheids mit der überkommenen Dogmatik . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

197 198 199 200

4. Der abstrakte Eigentumsbegriff und seine Verbindung zum Liberalismus . . a) Zur Bedeutung des Begriffs des Liberalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Verhältnis des abstrakten Eigentumsbegriffes zum politischen Liberalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Verbindung von kantischer Philosophie und historischer Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Weitergehender Einfluß des abstrakten Eigentumsbegriffes auf die politische Bewegung des Liberalismus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der zivilrechtliche Eigentumsbegriff und seine politischen Auswirkungen am Beispiel der Bauernbefreiung in Preußen . . . . . . . . . . c) Der abstrakte Eigentumsbegriff als Beitrag zu größerer wirtschaftlicher Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

201 202 204 204 206 207 209 210

C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

3. Teil Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes und seiner besonderen Betonung der Sozialbindung des Eigentums

214

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 B. Der deutsche Eigentumsbegriff bei v. Gierke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 I. Die Darstellung des Eigentumsbegriffes im Handbuch des deutschen Privatrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

Inhaltsverzeichnis 1. Die Unterschiede zum Eigentumsbegriff der Romanistik und des BGB . . . . a) Die Umgestaltung der sachenrechtlichen Systematik durch v. Gierkes Eigentumsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Eigentum als Rechtsverhältnis bei v. Gierke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Eigentumsbegriff des geltenden Rechts als Verbindung deutschund römisch-rechtlicher Grundgedanken? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19 217 218 219 221

2. Das Verhältnis des Eigentumsbegriffes v. Gierkes zum geteilten Eigentum . 222 3. v. Gierkes rechtspolitische Verwendung des deutschen Eigentumsbegriffes . 223 4. Zu den historischen Belegen für den deutschen Eigentumsbegriff bei v. Gierke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 C. Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes in der Germanistik des 19. Jahrhunderts bis zu v. Gierke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 I. Das deutsche Eigentum vor der Spaltung der historischen Schule . . . . . . . . . . . . . 231 II. Die Spaltung der historischen Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 III. Die Entwicklung eines genuin deutschen Eigentumsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 1. Grundlagen des deutschen Eigentumsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 2. Verfestigung des Gegensatzes von römischem und deutschem Eigentum . . . 242 3. Zum Zusammenhang von nationaler Ausrichtung der Germanistik und der Durchsetzung des deutschen Eigentumsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 IV. Zur Gleichsetzung von deutschem und sozialem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 1. v. Gierkes Anknüpfung an die Lehre Schmidts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zu v. Gierkes Begriff des sozialen und pflichtgebundenen Eigentums . . . . . . a) Zur allgemeinen Bedeutung des Begriffs Sozialrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Sozialrecht und das soziale Recht bei v. Gierke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zur Herleitung des Sozialrechts aus dem Genossenschaftsrecht . . . bb) Sozialrecht und soziales Recht als unauflösliche Einheit . . . . . . . . . . cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zu den Gründen für v. Gierkes Betonung des sozialen Rechts . . . . . . . . . . d) Das soziale, deutsche Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) v. Gierkes Entwicklung des sozialen Eigentumsbegriffes . . . . . . . . . bb) Das soziale Eigentum und die sozialpolitische Motivation v. Gierkes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zum Verhältnis des sozialen Eigentumsbegriffes v. Gierkes zur zeitgenössischen Eigentumskritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zur Entwicklung eines durch die Belange der Allgemeinheit gebundenen Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zum Einfluß der nationalökonomischen Eigentumslehre Adolph Wagners auf v. Gierkes sozialen Eigentumsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . f) Geteiltes Eigentum als soziales Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

246 252 253 254 254 256 261 262 264 264 266 268 269 272 276

D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 2*

20

Inhaltsverzeichnis

E. Die weiteren Wirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 I. Die Auswirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes nach Inkrafttreten des BGB bis zur Zeit des Nationalsozialismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 1. 2. 3. 4.

Der deutsche Eigentumsbegriff und die Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigentumsbegriff und konservative Kritik an der Weimarer Republik . . . . . . Der sog. „dynamische Eigentumsbegriff“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

284 284 285 288

II. Der deutsche Eigentumsbegriff und die Eigentumslehre des Nationalsozialismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 1. Zur Aufnahme v. Gierkescher Gedanken in das Parteiprogramm der NSDAP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 2. Die Eigentumslehre des Nationalsozialismus und der Rückgriff auf v. Gierke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 a) Zu den Parallelen von deutschem Eigentumsbegriff und dem Werk Merks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 b) Der deutsche Eigentumsbegriff und Wieackers „Wandlungen der Eigentumsverfassung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 III. Der deutsche Eigentumsbegriff in der Nachkriegszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 1. Die Eigentumsteilung als letzte Spur des deutschen Eigentumsbegriffs . . . . 299 2. Zum Vorschlag einer Neuordnung des Bodenrechts durch H. J. Vogel . . . . . . 300 IV. Die Eigentumsteilung in der heutigen Zivilrechtsdogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 1. Rechte des Eigentümers an seiner Sache als Wiederkehr der Enumerationsoder Summentheorie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 2. Der Teilungsgedanke im Schadensersatzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 3. Geteiltes Eigentum beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt? . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 4. Sicherungseigentum und Teilungsgedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 5. Geteiltes Eigentum im Mietrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 F. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Schlußwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 Sach- und Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352

Einleitung Auf den ersten Blick mag es überflüssig und vielleicht sogar vermessen erscheinen, der reichhaltigen Literatur über den Eigentumsbegriff des Zivilrechts noch einen weiteren Titel hinzufügen zu wollen. Dies gilt umso mehr, als der § 903 S. 1 BGB einhundert Jahre nach dem Inkrafttreten des BGB noch immer unverändert den Inhalt des Eigentums normiert und deshalb auf den ersten Blick kaum einen Anlaß zur erneuten Beschäftigung mit dem zivilrechtlichen Eigentum zu bieten vermag. Deshalb hatte die vorliegende Arbeit ursprünglich auch gar nicht das Ziel, das Eigentum in seiner Gesamtheit zu thematisieren. Vielmehr sollte lediglich ein Teilbereich, nämlich die Abschaffung des geteilten Eigentums und das Fortwirken des Teilungsgedankens in der heutigen Rechtsordnung untersucht werden. Es bedarf daher zunächst einer Erklärung, warum der Eigentumsbegriff des Zivilrechts und seine Geschichte ein weiteres Mal dargestellt werden. Die Begründung ist letztlich in der Entstehung dieser Arbeit zu suchen: Ohne zunächst den Eigentumsbegriff des geltenden Rechts von einer Eigentumslehre, die eine Aufspaltung der im Eigentum enthaltenen Befugnisse ermöglichte, abzugrenzen, wären weder die Ablösung des geteilten Eigentums noch das Fortleben des Teilungsgedankens zu erläutern gewesen. Schon die im Hinblick auf § 903 S. 1 BGB einfach anmutende Frage nach dem aktuellen Eigentumsbegriff erwies sich bei näherem Hinsehen als problematisch und bis in die Einzelheiten umstritten. So besteht bereits keine Einigkeit, ob es sich bei § 903 S. 1 BGB um eine Legaldefinition handelt oder ob der Gesetzgeber des BGB nicht vielmehr darauf verzichtet hat, einen bestimmten Eigentumsbegriff zu normieren. Darüber hinaus wird bis heute immer wieder über den richtigen Eigentumsbegriff diskutiert, eine Diskussion innerhalb derer manche sogar die Abschaffung des § 903 S. 1 BGB fordern, weil dieser irreführend sei.1 Ebenso verwunderlich erscheint es, daß sich für andere Autoren der zivilrechtliche Eigentumsbegriff gegenüber dem Eigentum i. S. d. Art. 14 I GG als nahezu bedeutungslos darstellt2. Angesichts des Fehlens einer umfassenden Darstellung des Meinungsstandes war es an der Zeit, einen Versuch in dieser Richtung zu unternehmen. Dieser konnte nicht bei der Eigentumsdogmatik der Gegenwart stehenbleiben: Immer wieder zeigte es sich, daß moderne Definitionsversuche auf die wissenschaftliche Auseinandersetzung um den Eigentumsbegriff im 19. Jahrhundert zurückgehen und wichtige Errungenschaften der

Schwab / Prütting, Sachenrecht, § 27, IV., S. 136. Vgl. Baur / Stürner, Sachenrecht, § 24, Rdn. 3 ff., die dem Eigentumsbegriff des Zivilrechts eine, dem des Verfassungsrechts aber drei Seiten widmen. 1 2

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Einleitung

Eigentumsdogmatik ohne den Blick in die Geschichte, insbesondere auf das geteilte Eigentum, nicht verständlich sind. Die vorliegende Arbeit wird daher auch die Entwicklung des modernen, auf der grundsätzlich unbeschränkten Sachherrschaft des Eigentümers beruhenden, Eigentumsbegriffs bis hin zur Pandektistik des 19. Jahrhunderts und den Gesetzgebungsarbeiten zum BGB nachzeichnen. Ebenso bedeutsam ist die Untersuchung der Entstehung des sog. deutschen oder germanischen Eigentumsbegriffs, der vor allem die soziale Bindung des Eigentums betont. Dieser wurde vor allem in rechtspolitischer Hinsicht immer wieder als Alternative zum Eigentumsbegriff des BGB angesehen und hat als solche bis in die Zeit des Nationalsozialismus vielfältige Auswirkungen gehabt. Der rechtsgeschichtliche Teil dieser Arbeit wird sich deshalb auch eingehend mit dem deutschen Eigentumsbegriff befassen. Erst durch die gleichzeitige Betrachtung von Gegenwart und Geschichte kann sich ein vollständiges Bild des Eigentumsbegriffs ergeben.

1. Teil

Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts A. Grundlegung Die Frage nach dem Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts scheint, wie schon in der Einleitung angedeutet, auf den ersten Blick nicht von größerer Schwierigkeit und mit einem Verweis auf § 903 BGB beantwortet zu sein: Das Eigentum des BGB gibt es nur an körperlichen Gegenständen und es gewährt dem Eigentümer ein umfassendes Einwirkungs- und Ausschließungsrecht an einer Sache. Ein solches Vorgehen wäre jedoch übereilt und überdies allzu oberflächlich, da der Eigentumsbegriff mit einer großen Zahl von Problemen behaftet ist. So beinhaltet schon die einzige eindeutige gesetzliche Festlegung, wonach ein Eigentum nur an Sachen im Sinne des § 90 BGB möglich ist, bei näherem Hinsehen keine Selbstverständlichkeit. Die Schwierigkeiten setzen sich mit der Feststellung fort, daß der § 903 BGB nach der überwiegenden – aber keineswegs unbestrittenen – Lehre nicht als Definition oder Begriffsbestimmung des Eigentums anzusehen ist, sondern lediglich die aus dem Eigentum fließende Rechtsmacht des Eigentümers, den Inhalt des Eigentums, umschreibt. Dann aber muß der Begriff des Eigentums dem BGB gleichsam vorgelagert und vorgegeben sein. Ist der Eigentumsbegriff aber nicht gesetzlich definiert, so ist dies naturgemäß ein Freiraum für wissenschaftliche Kontroversen. Seit dem Inkrafttreten des BGB ist die Diskussion nicht zu einem Abschluß gekommen und hat bis zum heutigen Tag nicht nur Varianten einer Definition, sondern sogar mehrere unterschiedliche Eigentumsbegriffe hervorgebracht, die zum Teil auf völlig verschiedenen Ansätzen beruhen und darüber hinaus zum Teil nicht mit den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers übereinstimmen. Selbst unter den Vertretern ein- und desselben Eigentumsbegriffs herrscht in grundlegenden Fragen – als Beispiel sei nur die Auseinandersetzung um die dogmatische Einordnung der Beschränkungen des Eigentums genannt – keine Einigkeit. Oft wird die eigene Position von den Vertretern der verschiedenen Ansichten nicht einmal deutlich in den dogmatischen Zusammenhang eingeordnet, so daß ein Überblick über den Stand der Diskussion nur schwer zu gewinnen ist. Angesichts dessen wird der folgende Versuch einer umfassenden Schilderung des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs seinen Anfang bei § 903 BGB nehmen und sich schrittweise seinem Gegenstand nähern, nicht zuletzt um die Übersichtlichkeit

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

der Darstellung zu wahren. Besonderes Gewicht kommt im Rahmen einer solchen Untersuchung naturgemäß den Ansichten des historischen Gesetzgebers zu. Nur so kann ermittelt werden, welcher Eigentumsbegriff dem BGB zugrundegelegt wurde. Denn auch wenn sich der Gesetzgeber möglicherweise nicht durch eine Legaldefinition auf einen bestimmten Eigentumsbegriff festgelegt haben sollte, so ist die Regelung des § 903 BGB doch zumindest als Ausfluß eines bestimmten Eigentumsbegriffs anzusehen. Demgegenüber obliegt es denjenigen, die einen anderen oder neuen Eigentumsbegriff formulieren, zu begründen, warum ihre Sichtweise der des Gesetzgebers überlegen ist. Es wird sich im übrigen nicht vermeiden lassen, den Blickwinkel über das Zivilrecht hinaus zu erweitern und immer wieder auf Art. 14 GG zurückzugreifen, da die Diskussion um den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff häufig unter diesem Gesichtspunkt geführt wird.

I. Die Bedeutung des § 903 S. 1 BGB für den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff Es dürfte außerhalb jeder Diskussion stehen, daß der § 903 S. 1 BGB Ausgangspunkt einer jeden Erörterung des geltenden zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs zu sein hat. Dies ergibt sich schon aus seiner Stellung im Gesetz: Mit dem § 903 S. 1 BGB beginnt der mit „Eigentum“ überschriebene Abschnitt des dritten Buches des BGB. Wenn der Gesetzgeber an so herausgehobener Stelle die zentralen Rechte des Eigentümers beschreibt, so darf naturgemäß kein Versuch, den Begriff des Eigentums vollständig zu erfassen – dies ist das Ziel einer Definition1 –, daran vorbeigehen. § 903 S. 1 BGB lautet: „Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen.“

Zunächst soll daher anhand von § 903 S. 1 BGB untersucht werden, inwieweit der Gesetzgeber sich bereits ausdrücklich auf einen bestimmten Eigentumsbegriff festgelegt hat. Sollte der § 903 S. 1 BGB eine gesetzliche Festschreibung darstellen, so wäre damit zumindest einer Diskussion um den Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts der Boden entzogen, soweit eine sachlich vom § 903 BGB abweichende Begriffsbestimmung vorgeschlagen würde. Eine Auseinandersetzung diesbezüglich würde daher im wesentlichen im Bereich der Rechtspolitik, d. h. de lege ferenda, stattfinden. Besonders deutlich wird dies im Falle der Reduzierung des Eigentums auf ein umfassendes Ausschließungsrecht, wie dies von einer Mindermeinung postuliert wird. Demgegenüber wäre dann schon durch die Fassung 1 Hoffmeister, Wörterbuch der philosophischen Begriffe, zu „Definition“: „Die geordnete und vollständige Einführung eines Begriffs“, S. 151.

A. Grundlegung

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des Gesetzes entschieden, daß das Eigentum auf zwei gleich starken Pfeilern ruht, nämlich der positiven Befugnis, nach Belieben mit der Sache zu verfahren, und dem – negativen – Recht, jeglichen von der Einwirkung auf die Sache auszuschließen.2 Dies müßten sich alle Versuche, das Eigentum auf das letztgenannte Element zu reduzieren,3 entgegenhalten lassen.

II. Unerheblichkeit des § 903 S. 2 BGB für die Frage nach dem Begriff des Eigentums Der Satz 2 des § 903 BGB kann bei der Beantwortung der Frage nach einer gesetzlichen Definition des Eigentums außer Betracht bleiben, da es sich insoweit – dem § 90a BGB folgend – nur um ein Zugeständnis an den Zeitgeist und um eine rein deklaratorische Regelung handelt.4 Des Hinweises auf die besonderen Vorschriften zum Schutz des Tieres hätte es nicht bedurft, da ohnehin die Befugnisse des Eigentümers nach § 903 S 1 BGB durch entgegenstehende Gesetze, und damit auch durch das Tierschutzgesetz, eingeschränkt werden. Wie überflüssig dieser Zusatz zu dem ansonsten klaren § 903 BGB war, zeigt im übrigen die Tatsache, daß die Beschränkung der Rechte des Eigentümers durch tierschützende Vorschriften bereits zur Zeit des Erlasses des BGB bekannt war.5

III. Ausblick auf die weitere Darstellung Wenn im folgenden der Eigentumsbegriff des BGB ausgehend von § 903 S. 1 BGB entwickelt werden soll, so beginnt die Darstellung mit der gesetzgeberischen Beschränkung des Eigentums nach dem BGB auf körperliche Gegenstände. Wenngleich dies angesichts der eindeutigen Bestimmung des Gesetzes nicht mehr streitig ist, so erscheint zumindest ein kurzer Hinweis auf die Bedeutung dieser Festlegung angebracht, da es sich keineswegs um eine Selbstverständlichkeit handelt. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt jedoch auf den Fragen, die bis heute diskutiert werden und bezüglich derer ein Ende der Auseinandersetzungen nicht in Sicht ist. Es sind dies die Einordnung des § 903 BGB als Legaldefinition oder lediglich als Inhaltsbestimmung des Eigentums, die Bestimmung des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs und schließlich das Verhältnis der Beschränkungen des Eigentums zu dessen Begriff. Den Abschluß wird die Frage nach der Wandlungsfähig2 Zu dieser Terminologie: MüKo-Säcker, S 903 BGB, Rdn. 4 f.; Staudinger-Seiler, § 903 BGB, Rdn. 9 ff. 3 Dazu unten bei B. II. 4 Staudinger-Seiler, § 903 BGB, Rdn. 31. 5 Biermann, § 903 BGB, Anm. 2. e) erwähnte im Jahre 1914 die zahlreichen landesgesetzlichen Polizeiverordnungen zum Schutz von Tieren.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

keit des Eigentums bilden, dargestellt vor allem anhand einer Ansicht, die ein Nebeneinander verschiedener Eigentumsbegriffe innerhalb einer Zivilrechtsordnung für möglich erachtet.

B. Zur Beschränkung des Eigentums auf körperliche Gegenstände Das Eigentum ist als Recht nach § 903 S. 1 BGB nur an einzelnen Sachen i. S. d. § 90 BGB möglich. Eine Sache ist danach jedes in räumlicher Abgrenzung für sich bestehende und im Verkehrsleben als selbständig anerkannte Stück der beherrschten Materie.6

I. Kein Eigentum an Rechten Damit werden zum einen Sachgesamtheiten, beispielsweise das Unternehmen, dem Regelungsbereich des Eigentums entzogen.7 Zum anderen gehören vor allem Rechte nicht zum zivilrechtlichen Eigentum,8 im Gegensatz zu früheren Kodifikationen, die noch ein Eigentum an Rechten bzw. unkörperlichen Sachen regelten. Die letzte große Kodifikation, die noch ein Eigentum an Rechten kannte, war das österreichische ABGB von 1811. In weniger als hundert Jahren hatte sich somit die Gesetzeslage im Hinblick auf eines der wichtigsten Rechte jeder Rechtsordnung, das Eigentum, grundlegend geändert. So einfach und offensichtlich heute die Festlegung des Eigentumsbegriffs des BGB auf ein Eigentum ausschließlich an körperlichen Gegenständen – den sog. engen Eigentumsbegriff9 – scheinen mag, es handelt sich nicht um eine Selbstverständlichkeit, sondern um die Abwendung von einer über lange Zeit verbreiteten und darüber hinaus die Gesetzgebung bestimmenden Eigentumsdoktrin.

II. Zur Verbreitung des weiten Eigentumsbegriffes Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts hätte ein Blick in die wichtigsten privatrechtlichen Kodifikationen, zu der eindeutigen Feststellung geführt, daß Eigentum

6 7 8 9

Staudinger-Dilcher, § 90 BGB, Rdn. 1. Soergel-J. F. Baur, § 903 BGB, Rdn. 3; zur Kritik daran vgl. Peter, Wandlungen, S. 118 f. MüKo-Säcker, § 903 BGB, Rdn. 1. Wolff / Raiser, Sachenrecht, § 51, II., S. 173.

B. Zur Beschränkung des Eigentums auf körperliche Gegenstände

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nicht nur auf körperliche Gegenstände beschränkt ist, sondern auch an Rechten bestehen kann.

1. Der weite Eigentumsbegriff der territorialen Kodifikationen So war nach Teil I, Titel 8 Pr. ALR von 1794 nicht nur an Sachen, sondern auch an Rechten Eigentum möglich: „§ 1: Eigenthümer heißt derjenige, welcher befugt ist, über die Substanz einer Sache oder eines Rechts, mit Auschließung Anderer, aus eigener Macht, durch sich selbst oder einen Dritten zu verfügen. § 2: Alles, was einen auschließlichen Nutzen gewähren kann, ist Gegenstand des Eigentums.“

Ähnlich formuliert es das österreichische ABGB von 1811: „§ 353: Alles, was jemandem zugehöret, alle seine körperlichen und unkörperlichen Sachen, heißen sein Eigenthum. § 354: Als ein Recht betrachtet, ist Eigenthum die Befugniß, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten, und jeden anderen auszuschließen.“

Der Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis von 1756, als erste der großen territorialen Kodifikationen, hatte zuvor ein Eigentum an Rechten zwar anerkannt, dieses jedoch nur als „Quasi dominium“ bezeichnet. Die entsprechenden Passagen des 2. Kapitels des zweiten Teils lauten: „§ 1: Das Eigentum ist eine Macht und Gewalt, mit dem Seinigen nach eigenem Belieben frei und ungehindert soweit zu disponiren, als Gesetz und Ordnung zuläßt. § 2: Dasselbe wird unter anderem hauptsächlich in Dominium plenum, verum vel quasi, directum & utile, naturale & civile, solitarium & commune geteilt. . . . Quasi Dominium gehet auf unkörperliche und verum auf körperliche Dinge, . . . . § 4: In der Regel kann alles eigentümlich werden, außer was von Natur nicht in unseren Besitz und Gewahrsam kommen kann, oder aber sonst durch Spezialordnungen ausgenommen ist.“

Die vom Codex Maximilianeus vorgenommene Einschränkung, daß an unkörperlichen Sachen nur ein „Quasi Dominium“ möglich sei, hat dabei weniger ihren Grund in dem Begriff des Eigentums, wie er in den genannten Bestimmungen zum Ausdruck kommen soll, sondern in einem Sprachgebrauch, der an Rechten auch nur eine quasi possessio bzw. traditio kennt. Die Entscheidung für ein Eigentum an Rechten ist jedoch eindeutig, zumal nach Kreittmayr eine Differenzierung zwischen körperlichen und unkörperlichen Sachen dem Naturrecht nicht entnommen werden könne. Wie überzeugt Kreittmayr von der Richtigkeit des weiten Eigentumsbegriffs ist, zeigt auch seine Einschätzung, daß die Frage, „ob es Dominium rerum incorporalium gebe, . . . unter denen Authoribus noch (Hervorhebung durch den Verfasser) strittig“ sei.10 Hieraus spricht wohl die Erwartung, daß der Mei-

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

nungsstreit bald zugunsten der vom Codex Maximilianeus getroffenen Regelung entschieden werde. Auch im revidierten Codex Maximilianeus von 1811, dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Bayern, blieb das Eigentum an Rechten erhalten; indem die Unterscheidung zwischen dominium verum an körperlichen Gegenständen und dem quasi-dominium an Rechten entfiel, wurden körperliche und unkörperliche Sachen nunmehr völlig gleichgestellt.11 Der Entwurf ist allerdings nie Gesetz geworden, obwohl er unter der Mitwirkung bspw. von P. J. A. Feuerbach erstellt worden war.12

2. Die dem BGB zugrundeliegende Lehre Mit der Abkehr vom weiten Begriff des Eigentums und der Beschränkung auf ein Eigentum ausschließlich an körperlichen Sachen enthält das BGB bereits eine wichtige Festlegung und gleichzeitig die Abwendung von einem über lange Zeit verbreiteten Eigentumsbegriff. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund bemerkenswert, daß zu der Zeit, während der die Vorarbeiten zum BGB stattfanden, die Beschränkung des Eigentums auf körperliche Sachen immer wieder kritisiert wurde.13 Auch nach dem Erlaß des BGB sind die Stimmen, die einem weiten Eigentumsbegriff das Wort reden, nicht verstummt.14 Hedemann bezeichnete die Einengung des Sachenrechts auf die Vorstellung der Güterbeherrschung sogar als einen „der bedeutendsten Fehler unseres Rechtssystems“.15 Bei den Vorarbeiten zum BGB ist die gerade dargestellte weite Bestimmung des Eigentums zwar noch diskutiert worden, zumal man schon aufgrund der Tatsache, Kreittmayr, Anmerkungen, 2. Teil, Kapitel I, § 2, S. 406. Das Eigentum war nach dem revidierten Codex das Recht, „mit der Substanz und mit den Nuzungen einer Sache frei zu schalten, und jeden Anderen davon auszuschließen, . . . .Zu den Sachen gehörten „alle Dinge, welche zum Gebrauch der Menschen dienen können, also auch Handlungen der Menschen, ingleichen ihre Rechte, . . .“, zitiert nach Demel / Schubert, Entwurf, S. 129, § 1 und S. 136, § 1. Die Gleichstellung von körperlichen und unkörperlichen Sachen wurde sogar ausdrücklich geregelt, vgl. Demel / Schubert, Entwurf, S. 131, § 4. 12 Vgl. zu diesem Entwurf die einführenden Artikel von Demel und Schubert in: Demel / Schubert, Entwurf, S. XLIII ff und S. LVII ff. 13 Gierke, Deutsches Privatrecht II, S. 367 und Entwurf, S. 47. 14 Leonhard, Allgemeines Schuldrecht, S. 60; Eichler, Wandlungen, S. 66 ff., insbes. S. 66 f. und 74, dort mit der Ausdehnung der Eigentumsordnung auf das gesamte Vermögen; Kruse, I. Teil, I. Abschnitt, VI, S. 201 f.; Schumacher, ZHR 113 (1950), S. 166 ff, S. 174 f; Dnistrianskyi, JhJb 78 (1927 / 1928), S. 87 ff, S. 127. Vgl. auch die Zusammenstellung der Kritik an der Beschränkung des Eigentums auf körperliche Gegenstände bei Knieper, Gesetz, S. 210; Fn. 52. Umfassend zur Kritik an der Beschränkung des BGB auf das Eigentum an körperlichen Gegenstände und mit einer Zurückweisung dieser Kritik: Peter, Wandlungen, S. 11 ff. 15 Hedemann, Sachenrecht (3. Auflage, 1960), § 1, II., S. 3. 10 11

B. Zur Beschränkung des Eigentums auf körperliche Gegenstände

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daß in weiten Teilen des Deutschen Reiches noch immer das Pr. ALR galt16, diese wohl kaum hätte ignorieren können. Nichtsdestoweniger bezeichnete Johow das Eigentum an unkörperlichen Sachen als unjuristische Vorstellung und Ausfluß des Fehlens einer wirklichen Theorie des Eigentumsbegriffs.17 Für Johow war die Beschränkung des Eigentums auf körperliche Sachen damit bereits selbstverständlich.18 Das zeigte sich auch in § 1 des Vorentwurfs, demzufolge die Bestimmungen über Sachen nur aufgrund besonderer gesetzlicher Regelung auf Rechte anwendbar sein sollten.19 Folgerichtig war nach den Motiven zur Gesetzgebung ein Eigentum nur an körperlichen Sachen im Sinne des § 778 des Entwurfs (dieser entspricht wörtlich dem § 90 BGB20) denkbar, ohne daß man hierüber in eine Diskussion eingetreten wäre.21 Innerhalb eines Jahrhunderts war damit die Vorstellung, es könne im bürgerlichen Recht auch ein Eigentum an Rechten geben, im geltenden Recht vollständig beseitigt worden.22 Lediglich in dem immer noch verwendeten Begriff des „geistigen Eigentums“ klingt diese Vorstellung noch an.

3. Zum sog. „geistigen Eigentum“ Der Terminus „geistiges Eigentum“, mit dem Schutzrechte, beispielsweise Urheber- und Markenrechte, umschrieben werden, ist immer noch geläufig.23 Die Idee eines geistigen Eigentums kann auf eine lange Geschichte zurückblicken24, die ihren Höhepunkt in der Naturrechtslehre des 18. Jahrhunderts hatte.25 Eingang in die Gesetzgebung fand das geistige Eigentum zuletzt 1871 in Art. 4 Nr. 6 der Reichsverfassung.26

16 Es handelte sich um Preußen mit Ausnahme der Gebiete, die nach dem Ende der französischen Besetzung für den Code Civil votiert hatten, sowie auch über das Gebiet von Preußen hinaus, vgl. hierzu die Aufstellung in der Anlage zur Denkschrift zum BGB, abgedruckt bei Mugdan I, S. 845. 17 Johow, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 614 f. 18 Johow, a. a. O., S. 615. 19 Abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 15. 20 Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. I. 21 Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 142. 22 Zur Geschichte und zu den Hintergründen dieser Entwicklung s. u. S. 182 ff. 23 Staudinger-Seiler, Vorbemerkung zu § 903 BGB, Rdn. 16, mit zahlreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Schrifttum; Eugen Ulmer, Urheberrecht, § 16, IV., 2., S. 108. 24 Dazu umfassend Kohler, Urheberrecht, Einleitung, § 9, S. 61 ff. 25 Eugen Ulmer, Urheberrecht, § 16, II., S. 106. 26 Die einschlägige Passage findet sich bei der Regelung der Gesetzgebungskompetenzen des Reichs und lautet: „Der Beaufsichtigung des Reichs und der Gesetzgebung desselben unterliegen die nachstehenden Angelegenheiten: . . . 6. der Schutz geistigen Eigentums . . . .“

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

Der Versuch, ein geistiges Eigentum im Eigentumsbegriff des bürgerlichen Rechts zu verankern,27 fand bereits bei den Vorarbeiten zum BGB kein Gehör, wobei sich Johow mit der Figur des geistigen Eigentums noch sehr ausführlich und sowohl in historischer als auch in dogmatischer Hinsicht auseinandersetzte.28 Allerdings ging schon zu dieser Zeit die Rechtsentwicklung dahin, diese Schutzrechte in Spezialgesetzen29 zu erfassen, so daß eine Einbeziehung in den Eigentumsbegriff des Zivilrechts ohnehin überflüssig wurde.30 Es wurde lediglich die Möglichkeit anerkannt, aufgrund einer „gewissen Analogie“ zwischen dem Eigentum an Sachen und dem Urheberrecht bei Fehlen von Spezialbestimmungen auf einzelne Eigentumsnormen zurückzugreifen.31 Für das BGB war damit entschieden, daß das sog. geistige Eigentum kein Eigentum i. S. d. § 903 S. 1 BGB darstellte, wenngleich die Forderung, daß Urheberund Patentschutzrecht in das Sachenrecht einzuarbeiten seien, noch verschiedentlich erhoben wurde.32 Angesichts der gefestigten Praxis des Gesetzgebers, auf diesem Gebiet spezielle Regelungen zu treffen, war die Forderung nach Aufnahme in das BGB jedoch von vornherein zur Erfolglosigkeit verurteilt. Dem wesentlich weiteren verfassungsrechtlichen Begriff des Eigentums sind die als geistiges Eigentum bezeichneten Rechte übrigens ohne weiteres zuzuordnen.33 Zumindest in seiner Ausdehnung auf Rechte nähert sich der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff dem gerade erwähnten Eigentum nach dem Codex Maximilianeus, dem Preußischen ALR und dem österreichischen ABGB an.

C. § 903 S. 1 BGB als Definition des Eigentums? Mit der Feststellung, daß das BGB nur ein Eigentum an körperlichen Gegenständen kennt, ist die Ausgangsfrage, ob der § 903 S. 1 BGB eine gesetzliche Defini27 Adolph Wagner, Grundlegung III, S. 268; Gierke kritisierte die Ausgrenzung des geistigen Eigentums aus dem BGB ebenfalls, Soziale Aufgabe, S. 498. 28 Johow, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, Vorlagen, S. 616 bis 619. 29 Vgl. die Zusammenstellung von Johow, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 616 f.; heute bspw.: Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 9. September 1965 und als jüngstes Beispiel das Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz) vom 25. Oktober 1994. 30 Vgl. Johow: „Weiter ist hier auf das Urheberrecht nicht einzugehen, weil dasselbe durch Spezialgesetze des Reiches geordnet ist, auch keinen nahen Zusammenhang mit anderen Instituten des bürgerlichen Rechts hat, also besser von dem bürgerlichen Gesetzbuch ausgeschlossen bleibt“, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 619. 31 Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 142. 32 Spengler, Untergang, S. 651; Müller, Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie, XX (1926), S. 529 ff, S. 544 f.\ 33 Bonner Kommentar-Kimminich, Art. 14 GG, Rdn. 31 ff., insbes. Rdn. 34 bis 36.

C. § 903 S. 1 BGB als Definition des Eigentums?

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tion des Eigentums darstellt, noch nicht beantwortet. Vielmehr betrifft diese Festlegung nur einen Bestandteil einer möglichen Definition. Wenngleich bereits aus der dargestellten Festlegung des BGB auf einen engen Sachbegriff geschlossen werden kann, daß dem § 903 S. 1 BGB ein bestimmter Eigentumsbegriff zugrundeliegt,34 so ist im folgenden zu untersuchen, inwieweit dieser Eigentumsbegriff – der aus der Pandektistik des 19. Jahrhunderts hervorgegangen ist35 – eine gesetzliche Formulierung gefunden hat. Blickt man oberflächlich auf die obengenannten gesetzlichen Bestimmungen, vor allem in I 8 § 1 Pr. ALR und § 353 ABGB, dann scheint es nahezuliegen, auch § 903 S. 1 BGB als Definition des Eigentums zu verstehen. So wurden die zitierten Bestimmungen des Pr. ALR und des ABGB seit jeher als gesetzliche Definitionen des Eigentums angesehen36 und sind dem Wortlaut des § 903 S. 1 BGB sehr ähnlich. Dies zeigt sich auch in der Stellung im Gesetz: Ebenso wie die anerkannten Definitionen aus früheren Kodifikationen, die jeweils den Regelungskomplex zum Eigentum einleiteten, steht der § 903 S. 1 BGB an der Spitze des mit „Eigentum“ überschriebenen Abschnitts.

I. § 903 S. 1 BGB als bloße Inhaltsbeschreibung des Eigentums? Der überwiegenden Meinung im Schrifttum zufolge stellt § 903 S. 1 BGB dennoch keine gesetzliche Definition des Eigentums dar, sondern gibt nur dessen Inhalt wieder.37 Indem sowohl die beiden grundlegenden Rechte des Eigentümers genannt als auch deren Grenzen – zumindest durch den generellen Verweis auf das Gesetz und die Rechte Dritter – festgelegt werden, umschreibt der § 903 S. 1 BGB die grundsätzlich dem Eigentümer zukommende Rechtsmacht, soweit dies für die praktische Rechtsanwendung erforderlich ist. Diese Ansicht stützt sich auf die Gesetzgebungsgeschichte. In den Beratungen wurde ausdrücklich auf eine Definition des Eigentums durch das BGB verzichtet: „Der Entwurf will weniger eine Definition geben, als den wesentlichen Inhalt der dem Eigenthümer zustehenden Rechte feststellen.“38

Baur / Stürner, Sachenrecht, § 24, Rdn. 3 f. AK-Ott, 903 BGB, Rdn. 20; Wolff / Raiser, Sachenrecht, § 51 III, S. 176; hierzu unten ausführlich S. 257 ff. 36 Für das preußische und das österreichische Recht: Gruchot, Glossen, S. 93; Johow, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht, S. 621. 37 MüKo-Säcker, § 903 BGB, Rdn. 4; RGRK-Augustin, § 903 BGB, Rdn. 2; Soergel-J. F. Baur, § 903 BGB, Rdn. 4; Staudinger-Seiler, § 903 BGB, Rd. 2, 6 f.; Eichler, Institutionen I, 6. Kap., A., a), S. 138; Goldschmidt, Eigentum, S. 29. 38 Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 145. 34 35

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

Bereits Johow hatte erklärt, daß das bürgerliche Gesetzbuch auf eine schulgerechte Definition des Eigentums verzichten könne, weil der Begriff zum einen nicht zweifelhaft sei, zum anderen, weil eine „Formulierung in Gestalt eines praktisch verwerthbaren Rechtssatzes der Gesetzgebung bisher noch nicht gelungen“ sei. Ohnehin werde die Praxis von den Versuchen der Feststellung des Eigentumsbegriffs kaum berührt.39

II. § 903 S. 1 BGB als Legaldefinition? Demgegenüber sehen einige Autoren40 in § 903 S. 1 BGB eine gesetzliche Definition des Eigentums, wobei die diesbezüglichen Aussagen in ihren Nuancierungen voneinander abweichen. Sehr entschieden ist diese Ansicht von Sontis formuliert worden: „Die Vorschrift des § 903 gibt zwar nicht einen konkret-materiellen Gehalt des Eigentums an, sie erfüllt aber nichtsdestoweniger alle Erfordernisse einer Definition, da sie ohne Zweifel die Wesensbestimmung des Eigentumsbegriffs in einwandfreier Weise enthält und damit ein festes Fundament für die Konstruktion dieses Begriffs bietet“.41

Hiernach hätte sich der Gesetzgeber explizit auf einen bestimmten Begriff des Eigentums im Wege einer Definition festgelegt. Sehr viel zurückhaltender klingt dies bei Wieling: Danach kann § 903 S. 1 BGB als Definition verstanden werden.42 Dabei stützt sich Wieling zum einen auf die oben zitierte Äußerung von Sontis und zum anderen auf Johow. Bereits an dieser Stelle ist festzuhalten, daß beide Verweise die Formulierung von Wieling nicht tragen: Sontis formuliert, wie gesehen, sehr viel bestimmter. Johow hat ausdrücklich auf eine gesetzliche Definition des Eigentums verzichtet, so daß er nicht als Kronzeuge für den Charakter des § 903 S. 1 BGB als gesetzlicher Definition des Eigentums herangezogen werden kann.43 Viel eher hätte hier auf die Äußerungen von Planck bei der ersten Beratung des BGB im Plenum des Reichstages verwiesen werden können, in denen er der Kritik des Abgeordneten Rintelen44 an der Definition des Eigentums im Entwurf entgegentritt.45 Ähnliche Aussagen, welche entweder von einer gesetzlichen BegriffsbeJohow, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 639. Schon Dernburg, Bürgerliches Recht III, § 67, S. 228 sah in § 903 BGB eine Definition des Eigentums. Baur / Stürner, Sachenrecht, § 24, Rdn. 3 sprechen davon, daß § 903 BGB den Eigentumsbegriff für das gesamte Zivilrecht festlegt. 41 Sontis, Strukturelle Betrachtungen, S. 995. 42 Wieling, Sachenrecht, § 8, II., S. 260, insbes. Fn. 24. 43 s. o. 44 Rintelen, abgedruckt bei Mugdan I, S. 858, wobei Rintelen den Vorläufer des § 903 S. 1 BGB, den § 887 des Entwurfs, als „Begriffsbestimmung“ bezeichnet. 39 40

C. § 903 S. 1 BGB als Definition des Eigentums?

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stimmung oder von einer Definition sprechen, finden sich in den Protokollen46 und im Bericht der zweiten Kommission47.

III. § 903 S. 1 als Ausgangspunkt einer Definition Die Frage, ob § 903 S. 1 BGB eine Definition des Eigentums enthält, ist keineswegs bedeutungslos. 1. Zur Bedeutung dieser Streitfrage Von der Entscheidung zwischen den genannten Auffassungen hängt nicht nur die Bewertung der Diskussion um den richtigen Eigentumsbegriff ab. Die Ansicht, die § 903 S. 1 BGB als gesetzliche Definition des Eigentums auffaßt, folgert aus diesem „normativen Charakter des § 903 BGB“ dessen entscheidende Bedeutung für die Institutsgarantie des Art. 14 I 1 GG.48 Eine Ansicht geht sogar so weit, daß sie den Eigentumsbegriff, weil vom Verfassungsgeber vorausgesetzt, als „unantastbar“ bezeichnet, auch und gerade im Hinblick auf die Kompetenz des einfachen Gesetzgebers gem. Art. 14 I 2 GG.49 Wäre der § 903 S. 1 BGB nur eine gesetzliche Beschreibung des Inhalts des Eigentums und keine Definition, so dürfte eine Unantastbarkeit des Begriffs qua normativer Wirkung des § 903 S. 1 BGB kaum behauptet werden können. Vielmehr stünde umgekehrt auch der § 903 S. 1 BGB einer inhaltlichen Neubestimmung durch den einfachen Gesetzgeber offen.

a) Zum Eigentumsbegriff des Verfassungsrechts Zum Hintergrund dieses Problems sei nur kurz – da es nicht um eine Erörterung des verfassungsrechtlichen, sondern des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs geht – Planck, abgedruckt bei Mugdan I, S. 885 f. Abgedruckt bei Mugdan III, S. 577. 47 Abgedruckt bei Mugdan III, S. 997. 48 Sontis, Strukturelle Betrachtungen, S. 999. 49 Riegel, Eigentum, S. 27 f.; ähnlich noch mit dem Hinweis auf eine ältere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Schmidt-Aßmann, DVBl. 1987, S. 216 ff, S. 217; von der herrschenden Lehre wird im übrigen bestritten, daß es gerade das Eigentum im Sinne des bürgerlichen Rechts gewesen sei, welches dem Verfassungsgeber bei der Formulierung des Art. 14 GG vor Augen gestanden habe. Vielmehr sei dies eine wesentlich inhaltsreichere Vorstellung gewesen, die auf Hegels Rechtsphilosophie zurückgehe, Soergel-J. F. Baur, § 903 BGB Rdn. 141; Larenz, Methodenlehre, Kap. 6, 1., f), S. 460: Nach Hegel, Grundlinien, § 41, S. 102 ist das Eigentum die äußere Sphäre der Freiheit der Person; vgl. zur Ablehnung einer Anbindung des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs an das Zivilrecht auch die Äußerung des Parlamentarischen Rates, s. u. bei Fn. 52. 45 46

3 Lehmann

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

angemerkt, daß eine Unantastbarkeit des Eigentumsbegriffs auf der Ebene des Verfassungsrechts mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht in Einklang zu bringen ist. Dem Bundesverfassungsgericht zufolge ist der Begriff des von der Verfassung gewährleisteten Eigentums aus der Verfassung selbst zu gewinnen. Aus Normen des einfachen Rechts kann weder der Begriff des Eigentums im verfassungsrechtlichen Sinn abgeleitet werden, noch läßt allein die privatrechtliche Rechtsstellung einen Rückschluß auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Eigentums im konkreten Fall zu.50 Eine starre Bindung des Art. 14 GG an § 903 S. 1 BGB wäre auch mit dem Prinzip des Vorrangs der Verfassung unvereinbar.51 Dies entspricht den Vorstellungen des Verfassungsgebers, wie sie bei den Beratungen zum Grundgesetz zum Ausdruck gekommen sind: „Der zweite Satz (des Art. 14 I GG, Ergänzung durch den Verfasser) ist von dem Gedanken eingegeben, daß es eine aus der „Natur“ fließende Definition des Eigentums nicht gibt, daß das Eigentum, nämlich das Ausmaß, in dem ein Individuum über Sachen verfügen kann, notwendig vom Gesetzgeber her zu bestimmen ist.“52

b) Rückwirkung einer Bindung des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffes an das zivilrechtliche Eigentum auf § 903 S. 1 BGB Unabhängig davon, daß danach von einer Festlegung des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs durch § 903 S. 1 BGB nur unter Außerachtlassung der Gesetzgebungsgeschichte und im Gegensatz zum Bundesverfassungsgericht gesprochen werden kann, wäre der genannten Mindermeinung der Boden bereits dann entzogen, wenn § 903 S. 1 BGB keine gesetzliche Fixierung des Eigentumsbegriffs darstellte, da es dann an einer normativen Vorgabe für den verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff fehlen würde. Darüber hinaus ist die Frage nach dem Charakter des § 903 S. 1 BGB nicht nur für das Verfassungsrecht von Bedeutung, sondern dies wirkt auch auf das Zivilrecht zurück: Wenn der § 903 S. 1 BGB einen Begriff des Eigentums formulierte, der für den Gesetzgeber über Art. 14 I 1 GG bindend wäre, so wäre dem Gesetzgeber der Zugriff auf § 903 S. 1 BGB selbst verwehrt.53 Die Konsequenz müßte sein, daß das einfache Recht selbst den Gesetzgeber an der Erfüllung des ihm von der Verfassung zugedachten Gestaltungsauftrags hinderte. Schon allein dieser überraschende Befund macht die Frage interessant, ob § 903 S. 1 BGB eine Begriffsbestimmung des Eigentums enthält. 50 BVerfGE 58, S. 300 ff., S. 335, in Abkehr von der früheren Rechtsprechung, derzufolge dem Art. 14 GG das Rechtsinstitut des Eigentums, wie bürgerliches Recht und gesellschaftliche Anschauungen es geformt haben, zugrundeliegt, BVerfGE 1, S. 264 ff., S. 278. 51 Böhmer, NJW 1988, S. 2561 ff., S. 2571; ebenso AK-Ott, § 903 BGB, Rdn. 12, der darauf verweist, daß das bürgerliche Recht nur einen Teilaspekt des Eigentums regelt. 52 Zitiert nach Böhmer, vgl. Fn. 51. 53 So auch Böhmer, vgl. Fn. 51.

C. § 903 S. 1 BGB als Definition des Eigentums?

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2. Zur Unterscheidung von Begriff und Inhalt des Eigentums Bevor die Frage, ob der Gesetzgeber eine Definition des Eigentums und damit auch dessen Begriff in Form von § 903 S. 1 BGB normiert hat, beantwortet werden kann, ist noch die Unterscheidung von Begriff und Inhalt des Eigentums aufzuklären. Diese bildet den Hintergrund der Auseinandersetzung über die diesbezügliche Bedeutung des § 903 S. 1 BGB, hat darüber hinaus aber eine wesentlich größere Bedeutung: Gerade das fehlende Verständnis für die Unterscheidung zwischen Begriff und Inhalt des Eigentums dürfte Grund für viele Streitigkeiten um den Begriff des Eigentums gewesen sein.54 Hinter der Trennung von Begriff und Inhalt des Eigentums steht die Erkenntnis, daß der Umfang der Befugnisse, welche dem Eigentümer einer Sache zustehen, sich jederzeit ändern kann.55 Will man eine Definition oder Begriffsbestimmung des Eigentums aufstellen, die unabhängig von den konkreten Befugnissen des jeweiligen Eigentümers Bestand haben soll, bleibt nur die Möglichkeit, von diesen Befugnissen zu abstrahieren.56 Daraus folgt die Trennung von Begriff und Inhalt des Eigentums: Der Begriff umschreibt dann das Eigentum auf eine Weise, die gegenüber dem Einzelfall und seinen Besonderheiten resistent ist,57 allerdings auch keine Auskunft darüber gibt, wie weit die Macht des Eigentümers im Einzelfall reicht.58 Faßt man das Eigentum bspw. als Vollrecht an einer Sache oder als umfassendstes Herrschaftsrecht auf, das die Rechtsordnung an einer Sache zuläßt,59 so abstrahiert man von den Beschränkungen, denen das Eigentum im konkreten Fall unterliegt ebenso, wie von der Herrschaftsmacht des Eigentümers im Einzelfall.60 Die Funktion des Eigentums als Strukturbegriff des Sachenrechts wird auf diese Weise gewahrt: Auch wenn danach die dinglichen Rechte weitgehenden gesetzlichen Ausübungsschranken unterworfen würden, bliebe das Eigentum noch immer das (gegenüber den beschränkten dinglichen Rechten) umfassendste Recht an einer Sache.61 Die Bezeichnung der Unabhängigkeit des Eigentumsbegriffs von den konkreten Befugnissen des Eigentümers als Abstraktheit62 dürfte auf die Eigentumsdefinition

54 Ein schönes Beispiel hierfür ist die zum Teil heftige Diskussion um die Frage, ob die Beschränkungen des Eigentums zu seinem Begriff gehören, s. u bei E. 55 Anschaulich hierzu Peter, Wandlungen, S. 108. 56 Insofern wird davon gesprochen, daß das Eigentum abstrakt sei, MüKo-Säcker, § 903 BGB, Rdn. 11; Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 145 f. 57 Wieling, Sachenrecht, § 8, II, 1., c), S. 262. 58 AK-Ott, § 903 BGB, Rdn. 3 a. 59 So bspw. Staudinger-Seiler, § 903 BGB, Rdn. 2. 60 Staudinger-Seufert (11. Auflage), Vorbemerkung zu § 903 BGB, Rdn. 6; Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 150 ff.; Liver, Eigentumsbegriff, S. 259. 61 Soergel-J. F. Baur, § 903 BGB, Rdn. 5; Peter, Wandlungen, S. 102. 62 Vgl. hierzu Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 146 f.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

Böckings zurückgehen, wonach das Wesen des Eigentums in der „Abstraktheit und der mannigfaltigsten Bestimmungen fähigen Unbestimmtheit der Privatrechtsherrschaft über die körperliche Sache“ zu sehen sei.63 Möglicherweise hat Böckings Definition auf die allgemeine Beschreibung von Herrschaftsverhältnissen des älteren römischen Rechts, wie sie sich bei v. Ihering findet, Auswirkungen gehabt, da diese Böckings Formulierung sehr ähnlich ist: „Man möchte sie (die Herrschaftsverhältnisse, Ergänzung durch den Verfasser) im Wesentlichen als leere, abstracte Formen bezeichnen, die ihren Inhalt erst von dem subjektiven Willen erwarten, und die vorher im einzelnen Fall je nach Verschiedenheit dieses Inhalts die mannigfaltigste Gestalt annehmen können.“64

Letztlich dürfte aber heute – trotz der dargestellten Parallelen – kaum noch feststellbar sein, welcher Autor zuerst den Begriff der Abstraktheit zum begrifflichen Merkmal des Eigentums erhoben hat. Entscheidend ist jedoch, daß mit der Abstraktheit des Eigentums ursprünglich eine positive Konnotation verbunden ist: Es handelt sich um eine Umschreibung für die unumschränkte Willensherrschaft des Eigentümers und dessen Macht, der Sache die für alle anderen Personen verbindliche Zweckbestimmung zu verleihen. Die Abstraktheit des Eigentums gründet auf dem Gegensatz zwischen der willenlosen Sache und der Fähigkeit des Menschen zur autonomen Willensbildung, wie sie von der idealistischen Philosophie betont wurde.65 Der Einfluß der idealistischen Philosophie auf die romanistische Eigentumsdogmatik wird an späterer Stelle noch ausführlich dargestellt werden.66 Eine sogar noch vor Böckings Definition liegende Charakterisierung des Eigentums als abstrakt findet sich bei Gaupp, der auf diese Weise den Gegensatz des angeblichen römischen Eigentums zu der germanischen Rechtsvorstellung beschrieb.67 Diese Beschreibung ist allerdings ohne unmittelbare Nachfolger geblieben. Angesichts der abwertenden Natur dieser Charakterisierung68 ist es unwahrscheinlich, daß sich die romanistische Wissenschaft an Gaupps Begriffsbildung angelehnt hat. Den Inhalt des Eigentums bilden demgegenüber die Befugnisse des Eigentümers, wie sie durch den § 903 S. 1 BGB umschrieben werden: Nämlich als Herrschaftsrecht und Ausschließungsrecht, soweit die Rechtsordnung und die Rechte anderer dem Eigentum keine Beschränkungen entgegenstellen.69 Die Befugnisse des Eigentümers stehen diesem aufgrund seines Eigentums zu und sind schon desBöcking, Pandekten II, S. 9. Ihering, Geist II, § 31, S. 141; hierzu umfassend: Wilhelm, Theorie, S. 265 ff. 65 Vgl. Kant, Metaphysik, I. Teil, 2. Haupstück, § 17, S. 381 f.; Hegel, Grundlinien, §§ 41 ff., S. 102 ff. 66 Vgl. den Exkurs zur Herkunft des engen Sachbegriffs S. 182 ff. und ausführlich S. 309 ff. 67 Gaupp, Zeitschrift für deutsches Recht I (1839), S. 86 ff., S. 95. 68 Vgl. hierzu Kroeschell, Lehre, S. 51. 69 Staudinger-Seiler, Vorbemerkung zu § 903 ff. BGB, Rdn. 6 und § 903 BGB, Rdn. 7. 63 64

C. § 903 S. 1 BGB als Definition des Eigentums?

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halb vom Eigentum wesensmäßig zu trennen.70 Erst auf der Ebene des Inhalts ist damit die Frage, welche Rechte das Eigentum konkret gewährt, von Bedeutung. Wenn diese Unterscheidung als subtil bezeichnet wird,71 so mag dem folgender – zugegebenermaßen etwas trivialer, aber sehr anschaulicher – Vergleich entgegengehalten werden: Vergleicht man den Begriff des Eigentums mit einem Gefäß, dessen Inhalt die einzelnen Befugnisse des Eigentümers sind, wie sie die gesamte Rechtsordnung zugesteht, so kann danach zwar die Menge des Inhalts in einem Gefäß differieren. Dies ändert jedoch nichts am Wesen des Gefäßes. Auf dieser Basis sind dann auch die klassischen Definitionen des Eigentums, wie beispielsweise diejenige Windscheid / Kipps, derzufolge das Eigentum schrankenlos sei, aber Beschränkungen vertrage,72 ohne weiteres verständlich. Der Begriff des Eigentums bleibt trotz aller Einschränkungen seitens des Gesetzgebers bzw. durch Rechte Dritter unangetastet, weil sich der Verlust von Befugnissen des Eigentümers infolge von Eigentumsbeschränkungen nur im Bereich des Inhalts des Eigentums auswirkt.73 Das Eigentum als abstraktes, subjektives Recht bleibt somit überall, d. h. unter wechselnden äußeren Umständen, gleich.74 Die gerade geschilderte Vorstellung lag (und liegt immer noch) dem BGB zugrunde. Bei den Gesetzgebungsarbeiten zum BGB war die Trennung zwischen Begriff und Inhalt bereits geläufig, wie schon die Erörterungen Johows zeigen.75 Ebenso differenzierten die Motive zwischen dem “Eigenthumsbegriffe, wie er dem Entw. zugrundeliegt“76, d. h. dort nicht definiert wird, und dem § 848 des Entwurfs (dem Vorläufer des § 903 S. 1 BGB) als Feststellung des wesentlichen Inhalts der dem Eigentümer zustehenden Befugnisse.77 In der romanistischen Literatur vor Erlaß des BGB entsprach diese Unterscheidung der allgemeinen Ansicht,78 was übrigens bereits in den Überschriften der entsprechenden Kapitel bei den eben Eichler, Institutionen I, 6. Kap., A., e), S. 146. Sontis, Strukturelle Betrachtungen, S. 993. 72 Windscheid / Kipp, Pandekten, § 167, S. 857 f. 73 Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 153; Liver, Eigentumsbegriff, S. 249, 261; Sontis, Strukturelle Betrachtungen, S. 989; nur im Hinblick auf die dinglichen Rechte Dritter bereits Oertmann, JhJb 31 (1892), S. 415 ff, S. 447. 74 Wolff / Raiser, Sachenrecht, § 51, II., 3., S. 175; Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 159. 75 Johow unterschied zwischen dem Begriff des Eigentums, welcher für die Praxis kaum von Bedeutung sei, und dem Inhalt des Eigentums, als welchen er das auschließliche Recht des Eigentümers bezeichnete, die Sache zu besitzen und über dieselbe zu verfügen (dies entsprach dem Wortlaut des § 85 des Vorentwurfs, dem Vorläufer des § 903 S. 1 BGB), abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 639. 76 Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 143. 77 Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 145. 78 Arndts, Pandekten, § 130, S. 230, 232; Böcking, Pandekten II, § 134, S. 9; Dernburg, Pandekten I, § 192, S. 450 f.; Vangerow, Pandekten I, § 295, Anm. 1, S. 540; Wächter, Pandekten II, § 118, S. 2 f.; Windscheid / Kipp, Pandekten I, § 167, S. 856; besonders pointiert Pflüger, AcP 78 (1892), S. 389 ff., S. 421, demzufolge der Inhalt des Eigentums mit dem Begriff nichts zu tun habe. 70 71

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

zitierten Autoren zum Ausdruck kommt: Mit kleineren Abweichungen folgt nach der Überschrift „Eigentum“ die untergeordnete weitere Überschrift „Begriff und Inhalt“.

3. § 903 S. 1 BGB als bloße Normierung des Inhalts des Eigentums Vor diesem Hintergrund ist nunmehr zu entscheiden, ob es sich bei § 903 S. 1 BGB um eine Definition des Eigentums oder nur um eine Beschreibung des Inhalts des Eigentums handelt.79

a) Gesetzgebungsgeschichte und Systematik Bereits aus der oben dargestellten Gesetzgebungsgeschichte folgt, daß der § 903 S. 1 BGB nicht als Definition des Eigentums gedacht war. Dies gilt umso mehr, als der letzte Versuch, eine Definition des Eigentums in ein Gesetz aufzunehmen,80 mit der Bemerkung kritisiert wurde, daß man solche Definitionen besser der Wissenschaft überlasse.81 Daß die bei den Vorarbeiten zum BGB zum Ausdruck gekommene Auffassung auch im Gesetz ihren ihren Niederschlag gefunden hat, zeigt eine an der Systematik orientierte Betrachtung. Der § 903 S. 1 BGB steht unmittelbar unter der Überschrift „Inhalt des Eigentums“. Im Vergleich zu den gängigen Lehrbücher romanistischer Provenienz, in denen in den Überschriften zum entsprechenden Kapitel immer von „Begriff und Inhalt des Eigentums“82 die Rede war, weist das BGB somit eine deutliche Abweichung auf. Daher dürfte der Verzicht auf eine Bestimmung des Begriffs des Eigentums und damit auf eine Definition auch im Gesetz manifest geworden sein. Dies hatte Johow bereits im Hinblick auf § 85 seines Vorentwurfs festgestellt.83 Gegenüber diesem Ergebnis verfängt der Hinweis auf die Vorläufer des BGB, in denen das Eigentum noch anerkanntermaßen eine Begriffsbestimmung erfahren 79 Mißverständlich im Hinblick auf die hier zu entscheidende Frage äußert sich Säcker im Münchener Kommentar in der Kommentierung zu § 903 BGB: Während er in Rdn. 1 schreibt, der § 903 BGB setze einen einheitlichen Eigentumsbegriff fest, bezeichnet er § 903 BGB in Rdn. 6 als Inhaltsbeschreibung. Dieser Widerspruch läßt sich auch anhand der weiteren Erörterungen an dieser Stelle nicht auflösen. 80 Vgl. § 217 des Sächsischen BGB. 81 Unger, Entwurf, III., S. 106 (zu § 228 des revidierten Entwurfes, dem Vorläufer des § 217); im Hinblick auf die Überantwortung der Definition des Eigentums an die Wissenschaft war Unger noch sehr viel optimistischer als Johow, der die Unmöglichkeit einer Definition des Eigentums in Betracht zog, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 622. 82 s. o. bei Fn. 78. 83 Johow, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 639.

C. § 903 S. 1 BGB als Definition des Eigentums?

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hatte, welche jeweils im Wortlaut dem § 903 S. 1 BGB zumindest ähnlich war, nicht. Wenn Johow alle diese Definitionen als solche zitiert84 und dann – wie erwähnt – dennoch auf eine Definition des Eigentums für das BGB verzichtet, so bleibt die Ähnlichkeit im Wortlaut im Hinblick auf die hier zu entscheidende Frage eine rein äußerliche. Eher vermögen die Äußerungen vor allem im Zusammenhang mit der Beratung85 der Entwürfe des BGB, sei es im Reichstag oder in den Kommissionen, Zweifel in bezug auf das Fehlen einer Definition des Eigentums im BGB zu wecken. Wenngleich diesen Zweifeln die gerade geschilderten Sachverhalte entgegenstehen, so verliert jedoch zumindest der Verweis auf die Gesetzgebungsgeschichte an Überzeugungskraft. Es ist daher erforderlich, die hier zu entscheidende Frage noch aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Unabhängig davon, wie man den § 903 S. 1 BGB zur Zeit seiner Entstehung auffaßte, bleibt die Frage zu beantworten, ob der § 903 S. 1 BGB überhaupt eine Definition des Eigentums sein kann. b) Unvollständigkeit des § 903 S. 1 BGB als Definition Wenn es sich bei einer Definition, wie bereits gesagt, um die vollständige Entfaltung eines Begriffs handelt, so muß § 903 S. 1 BGB daraufhin überprüft werden, ob er dies für das Eigentum des BGB leistet. Dabei ist zu beachten, daß das Eigentum als der grundlegende Begriff des Sachenrechts,86 ja als Grundtypus allen Sachenrechts87 oder als „Prototyp der dinglichen Sachenrechte“88 anzusehen ist. Danach müßte eine Definition des Eigentums nicht nur dessen Inhalt beschreiben, sondern auch auf dessen Position im Regelungsbereich des Sachenrechts zumindest verweisen. Der Gegensatz zwischen dem Eigentum und den beschränkten dinglichen Rechten, als prägende Unterscheidung des Sachenrechts,89 wäre in eine Definition aufzunehmen. Hiervon kann jedoch bezüglich des § 903 S. 1 BGB keine Rede sein. Dieser bringt lediglich zum Ausdruck, welche Befugnisse dem Eigentümer grundsätzlich zustehen. Die Tatsache, daß die Rechtsordnung auch andere Rechte kennt, bei denen die Herrschaftsbefugnis – im Gegensatz zum Eigentum – von vornherein in irgendeiner Form beschränkt ist,90 würde sich, bliebe man bei § 903 S. 1 BGB Johow, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 621. S. o. bei Fn. 44 ff. 86 Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 155; Liver, Eigentumsbegriff, S. 259. 87 Hedemann, Sachenrecht, § 1, III., S. 5. 88 Larenz / Wolf, Allgemeiner Teil, § 15, Rdn. 5. 89 Soergel-J. F. Baur, Einleitung zum Sachenrecht, Rdn. 3; Heck, Sachenrecht, § 19, 1., S. 72; Westermann-H. P. Westermann, Sachenrecht I, § 5, II, S. 42. 90 Dies zeichnet die dinglichen Rechte aus; Schwab-Prütting, Sachenrecht, § 27, I., 2., S. 129. 84 85

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

stehen, demjenigen, der nach einer Definition des Eigentums fragt, verschließen. Vielmehr wäre diese Einsicht erst durch einen Überblick über die weiteren Regelungen des Sachenrechts zu gewinnen. Der bloße Verweis auf die Rechte Dritter reicht insoweit nicht aus.91 Bereits daran wird eine Beschränkung des Gehalts des § 903 S. 1 BGB deutlich, welche ihn als Definition untauglich erscheinen läßt. Zum Vergleich mag die Definition des Eigentums als umfassendstes Herrschaftsrecht an einer Sache, das die Rechtsordnung kennt,92 angeführt werden. Diese Definition charakterisiert das Eigentum nicht nur hinsichtlich der potentiellen Machtfülle, die es dem Rechtsträger verleiht, sondern läßt auch den Schluß darauf zu, daß es andere Rechte gibt, die ebenfalls eine Herrschaftsbefugnis über Sachen gewähren, jedoch in weniger weitreichender Weise als das Eigentum.

c) Zwischenergebnis Aufgrund dieser Unvollständigkeit wird das Ergebnis, das durch die Historie des § 903 S. 1 BGB bereits nahegelegt worden war, bestätigt. Es handelt sich nicht um eine Definition und der Begriff des Eigentums ist auf andere Weise als durch den bloßen Verweis auf § 903 S. 1 BGB zu bestimmen. Daher wird im folgenden die Auseinandersetzung um den Eigentumsbegriff, wie sie bis heute geführt wird, ausführlich zu schildern sein. Der § 903 S. 1 BGB kann zur Entscheidung dieser Streitigkeiten nur insoweit herangezogen werden, als eine Begriffsbestimmung des Eigentums, die dem Gesetz widerspricht, falsch sein muß. Bevor jedoch zur Feststellung des richtigen Eigentumsbegriffs übergegangen werden soll, ist noch dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die obigen Erörterungen auf der Trennung von Begriff und Inhalt beruhen. Unabhängig davon, daß diese Trennung insbesondere im Hinblick auf eine angeblich völlig andere deutsche oder germanische Vorstellung kritisiert worden ist,93 muß auf die Frage eingegangen werden, ob sich das Problem einer Definition des Eigentums nicht einfach durch die Aufhebung der genannten Differenzierung aus der Welt schaffen läßt.

4. Angleichung von Eigentumsbegriff und -inhalt? Die gerade dargestellte Diskussion samt der Entscheidung für die herrschende Meinung würde sich erübrigen, wenn man die Unterscheidung zwischen Inhalt und Begriff des Eigentums einebnete. Vor diesem Hintergrund wäre der § 903 S. 1 BGB als abschließende gesetzgeberische Festlegung zum Eigentumsbegriff zu sehen, und die Frage nach einer über den Wortlaut des Gesetzes hinausgehenden Definition, wie sie von der herrschenden Lehre aufgeworfen wird, stellte sich nicht. 91 92 93

Delbrück, ArchBürgR 39 (1913), S. 406 ff., S. 410. Staudinger-Seiler, § 903 BGB, Rdn. 2. Hierzu s. u. ausführlich S. 214 ff.

C. § 903 S. 1 BGB als Definition des Eigentums?

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a) Definition des Eigentums durch seinen Inhalt Fritz Baur ist der Ansicht, daß man zwischen dem Begriff eines Rechts und dessen Inhalt nicht trennen könne.94 Die Unterscheidung zwischen Eigentumsbegriff und -inhalt ist nach Baur lediglich der Versuch, die inhaltsleere und bedenkliche Definition des Eigentums als umfassendstes Herrschaftsrecht95 zu retten, indem nur der Begriff absolut gedacht wird, der Inhalt des Eigentums aber die wirklichen Befugnisse des Eigentümers angibt.96 Baur spricht von einem „inhaltlich fixierte(n) Eigentumsbegriff“ (Ergänzung durch den Verfasser).97 Ähnlich sah dies schon Schloßmann, wenn er – wie er übrigens selbst erklärte, im Widerspruch zu den bereits oben zitierten Erwägungen der ersten Kommission – postulierte, daß nach § 903 BGB das Eigentum als Recht gerade durch die Angabe des wesentlichen Inhalts definiert werde.98 Auch nach Ernst Wolf ist das Eigentum mit den in ihm enthaltenen Einzelbefugnissen identisch.99 Bärmann schließlich schlägt vor, den „Eigentumsbegriff quantitativ mit dem Inhalt der Nutzungsbefugnis“ zu verbinden.100

b) Argumente gegen diese Ansicht Einer solchen Angleichung von Begriff und Inhalt ist zu widersprechen, und zwar aus mehreren Gründen: Zum einen stimmt eine solche Betrachtung nicht mit dem BGB überein, dem eine klare Trennung zwischen Eigentumsbegriff und -inhalt zugrundeliegt. Zum anderen bewegt sich eine Betrachtungsweise, die den Begriff des Eigentums durch seinen Inhalt bestimmen will, wieder auf die Formulierung eines sog. konkreten Eigentumsbegriffs101 zu, der kein einziges, vom jeweiligen Inhalt und Gegenstand F. Baur, AcP 176 (1976), S. 91 ff., S. 117. Zu dieser Definition des Eigentums ausführlich s. u. S. 44 ff.; im übrigen ist es verwunderlich, wenn Baur den Eigentumsbegriff, den er hier kritisiert, noch in der letzten von ihm selbst besorgten Auflage seines Sachenrechtslehrbuchs, ausdrücklich favorisiert, F. Baur, Sachenrecht (15. Auflage), § 24 I, 1., S. 212. Dieser Widerspruch wird von Baur an keiner Stelle aufgelöst. 96 Baur, AcP 176 (1976), S. 91 ff., S. 117. 97 Baur, vgl. Fn. 98. 98 Schloßmann, JhJb 45 (1903), S. 291 ff., 314. 99 Ernst Wolf, Sachenrecht, § 3, A., S. 96, dessen Verwendung der Termini „Begriff“ und „Inhalt“ völlig vom gängigen juristischen Sprachgebrauch, wie er auch den vorliegenden Erörterungen zugrundeliegt, abweicht. Dies wird deutlich, wenn er den Inhalt des Eigentums als unwandelbar bezeichnet und die Gegenmeinung kritisiert, vgl. S. 98 f. Es scheint, als entspräche der „Inhalt“ nach Wolf weitgehend dem, was ansonsten als „Begriff“ bezeichnet wird. An anderer Stelle spricht Wolf vom „objektiven Inhalt des Eigentumsbegriffs“, vgl. S. 114. Zumindest bleibt danach der Sprachgebrauch von Wolf mißverständlich. 100 Bärmann, AcP 155 (1956), S. 1 ff., S. 11. 94 95

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

des Rechts unabhängiges Eigentum kennt, sondern verschiedene Arten des Eigentums postuliert. Dessen Geltung ist beispielsweise von Otto v. Gierke für das frühere deutsche Recht behauptet worden102 und später Gegenstand rechtspolitischer Forderungen gewesen.103 Der Gedanke, daß ein einheitliches Eigentum wegen der Verschiedenheit der möglichen Gegenstände unmöglich sei und es daher mehrere Formen von Eigentum, je nach deren Gegenstand geben müsse, hat übrigens auch später noch Gefolgschaft gefunden.104 Solange jedoch § 903 S. 1 BGB unverändert gilt und den Inhalt des Eigentums einheitlich formuliert – ebenso wie die wichtigsten Schutzansprüche des Eigentümers (§§ 1004, 985, 823 I BGB) keinen Unterschied zwischen verschiedenen Arten des Eigentums machen105 –, muß auch der zivilrechtliche Begriff des Eigentums ein einheitlicher sein. Darüber hinaus dürfte eine Ansicht, die den Begriff des Eigentums mit dessen Inhalt, d. h. der dem Eigentümer zustehenden Rechtsmacht identifiziert, rechtstechnisch als Rückschritt anzusehen sein. So hätte ein Abstellen auf den jeweiligen Inhalt des Eigentum zur Konsequenz, daß in systematischer Hinsicht Unterschiede zwischen einzelnen Arten des Eigentums auftreten würden, da – was Baur auch selbst sieht106 – mit der unterschiedlichen Nutzung von Grundstücken jeweils andere gesetzliche Beschränkungen der Eigentümerbefugnisse korrespondieren. Wie bei einer Bestimmung des Eigentumsbegriffs anhand des Eigentumsinhalts noch die Einheit des Eigentumsbegriffs und damit die systematische Folgerichtigkeit des auf einem einheitlichen Eigentumsbegriff aufbauenden Sachenrechts107 gewahrt werden soll, bleibt zumindest fraglich.108 Letztlich dürfte ein Verzicht auf einen einheitlichen Eigentumsbegriff und der damit verbundene Verlust an Rechtssicherheit109 in keiner Weise wünschenswert sein.110 Vielmehr ist die Bildung all101 Das Eigentum des § 903 S. 1 BGB gilt für alle Arten von Gegenständen und unabhängig von den dem Eigentümer tatsächlich zustehenden Befugnissen und wird daher als „abstrakt“ bezeichnet, MüKo-Säcker, § 903 BGB, Rdn. 11; Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 145 f. 102 v. Gierke, DPR II, § 120, S. 356; daß sich Baur an den genannten Stellen – wenn auch unausgesprochen – auf Gierke‘sches Gankengut stützt, läßt auch die Redewendung vermuten, daß die „Formulierung: „umfassendste Herschaftsmacht“ den Gegnern des Privateigentums an Grund und Boden die ungedeckte Flanke preisgibt“, Baur, vgl. Fn. 98, zumal bereits O. v. Gierke auf diese Art und Weise gegen den romanistischen Eigentumsbegriff argumentierte, v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 492; Entwurf, S. 280. 103 Wieacker, Wandlungen, S. 59 und AcP 148 (1943), S. 57 ff., S. 73. 104 Rudolph, Bindungen, S. 4 ff.; Schultze-v. Lasaulx, AcP 151 (1950), S. 449 ff., S. 454, zurückhaltender in AcP 156 (1957), S. 453 ff., S. 454 f. 105 Soergel-J. F. Baur, § 903 BGB, Rdn. 23. 106 F. Baur, vgl. Fn. 98, S. 118. 107 Liver, Eigentumsbegriff, S. 259; Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 155. 108 Ablehnend gegenüber einer Auflösung des einheitlichen Eigentumsbegriffs am Beispiel der Aufspaltung in ein Mobiliar- und ein Immobiliareigentum daher auch Mayer-Maly, Eigentum, S. 29, mit dem Hinweis, daß die juristischen Strukturprobleme des Eigentums – unabhängig vom Eigentumsobjekt – im Kern immer dieselben seien. 109 Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 154.

C. § 903 S. 1 BGB als Definition des Eigentums?

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gemeiner Begriffe für die Rechtswissenschaft unerläßlich, wenn eine Vielzahl von Lebenssachverhalten juristisch brauchbar sein soll.111 Abgesehen davon ist eine inhaltliche Fixierung des Eigentumsbegriffs auch deshalb nicht vorteilhaft, weil sie nur von bekannten Inhalten ausgehen kann. Sobald sich die Rechtsordnung mit neuen Situationen konfrontiert sähe, hätte eine inhaltliche Neubestimmung zu erfolgen. Da dies im wesentlichen von Gesetzgebung und Rechtsprechung geleistet werden müßte, was naturgemäß Zeit in Anspruch nimmt, wäre eine inhaltliche Festlegung subjektiver Rechte notwendig starr und innovationsfeindlich.112 Bei jeder inhaltlichen Neubestimmung des Eigentums müßten deren Konsequenzen für die gesamte Struktur des Sachenrechts überprüft werden, da diese vom Eigentumsbegriff geprägt ist und sich dieser bei einer Gleichsetzung von Inhalt und Begriff des Eigentums mit jeder Gesetzesänderung wandeln könnte. Dies würde jede Anpassung des Inhalts des Eigentums an neue Verhältnisse zusätzlich erschweren. Selbst wenn man Baur nicht den Vorwurf machen will, daß sein Vorschlag zu einem konkreten Eigentumsbegriff tendiert, so bleibt eine enge Bindung des Eigentumsbegriffs an den Inhalt des Eigentums und damit an die konkret dem Eigentümer zustehenden Befugnisse ein Rückschritt insoweit, als bei konsequenter Durchführung im Rahmen des Eigentumsbegriffs die jeweiligen Befugnisse des Eigentümers genannt werden müßten. Das Eigentum würde danach letztlich wieder nach dem sog. Enumerationsprinzip 113 beschrieben: Dabei werden die dem Eigentümer im einzelnen zustehenden Befugnisse aufgezählt und hieraus der Begriff des Eigentums abgeleitet.114 Dieser Methode der Definition des Eigentums waren zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch einige Autoren gefolgt.115 Eine Definition des Eigentums durch die darin enthaltenen Befugnisse ist aber schon deshalb mit kaum zu lösenden Schwierigkeiten116 behaftet, weil das geltende Sachenrecht mit den beschränkten dinglichen Rechten die Möglichkeit bietet, einzelne, in der Aufzählung der zum Eigentum gehörenden Rechte, anderen Rechtsträgern zuzuweisen. Nach dem Enumerationsprinzip müßten dann die Befugnisse des Eigentümers festgelegt werden, die für die Begriffsbildung verzichtbar bzw. unverzichtbar sind, da sonst das Eigentum durch die Einräumung dinglicher Rechte aufgehoben wür110 Georgiades, Eigentumsbegriff., S. 155; Liver, Eigentumsbegriff, S. 260; Sontis, Strukturelle Betrachtungen, S. 1000; Ernst Wolf, Sachenrecht, § 3, A., S. 94, Fn. 8. 111 Larenz, Methodenlehre, II, Kap. 6, 1., c), S. 441; selbst der wesentlich weitere verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff ist ein einheitlicher, Bonner Kommentar-Kimminich, Art. 14, Rdn. 17. 112 Pawlowski, Allgemeiner Teil, Rdn. 286. 113 Wilhelm, Private Freiheit, S. 20; ihm folgend: Schön, Nießbrauch, S. 10. 114 Von anderen Autoren wird dies auch als „Summentheorie“ bezeichnet: Sontis, Strukturelle Betrachtungen, S. 992; Landsberg, Glosse des Accursius, 2. Theil, II, § 2, S. 96, der dieses Verfahren bereits bei Placentinus, einem der Glossatoren, nachweist. 115 Vgl. die Zusammenstellung bei Wilhelm, Private Freiheit, S. 20. 116 Vgl. Floßmann, Eigentumsbegriff, S. 22 f.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

de.117 Daher ist das Enumerationsprinzip bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts als überholt anzusehen.118 Aus den genannten Erwägungen folgt, daß die Unterscheidung zwischen Begriff und Inhalt des Eigentums aufrechtzuerhalten und der inhaltlich fixierte Eigentumsbegriff abzulehnen ist. Dieses Ergebnis wird durch einen Vergleich mit Art. 14 I GG gestützt: Schon der Wortlaut zeigt, daß der Verfassungsgeber einen Eigentumsbegriff voraussetzt und dem einfachen Gesetzgeber nur die Bestimmung des Inhalts überantwortet. Also werden die juristischen Kategorien Begriff und Inhalt eines Rechts auch auf der verfassungsrechtlichen Ebene nicht nivelliert. Das Bundesverfassungsgericht unterscheidet klar zwischen dem aus der Verfassung zu gewinnenden Begriff des Eigentums und dessen Inhalt, wobei die konkreten Befugnisse des Eigentümers aus dem Zusammenspiel von öffentlichem Recht und Privatrecht abzuleiten sind.119

IV. Ergebnis: Keine gesetzliche Definition des Eigentums Wenn somit der Begriff des Eigentums im geltenden Zivilrecht nicht bereits aus dem § 903 S. 1 BGB abzuleiten ist, weil der Gesetzgeber nur den Inhalt des Eigentums normiert hat und dieser nicht mit dem Begriff identisch ist, ergibt sich daraus die Notwendigkeit, die Diskussion um den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff ausführlich darzustellen und den richtigen Eigentumsbegriff herauszuarbeiten. Dabei wird zwischen zwei Fragen zu unterscheiden sein: Zum einen ist die – grundlegende – Frage nach dem richtigen Begriff des Eigentums zu beantworten. Zum anderen wird zu erörtern sein, wie sich die Schranken des Eigentums zu seinem Begriff verhalten. Beides ist getrennt zu behandeln, da insbesondere die Fronten im Streit um die Rolle der Eigentumsbeschränkungen nicht mit den Positionen in der Diskussion um den Eigentumsbegriff selbst übereinstimmen. Vielmehr streiten, wie im folgenden zu zeigen sein wird, Befürworter einer grundsätzlich gleichen Auffassung über den Begriff des Eigentums, ob die Schranken des Eigentums – seien diese öffentlichrechtlicher oder privatrechtlicher Natur – zu seinem Begriff gehören oder nicht.

117 So zieht beispielsweise Gesterding, Darstellung, § 1, S. 6, das Recht des Eigentümers, seine Sache zu zerstören, als Beweis für den Fortbestand des Eigentums trotz der Einräumung von iura in re aliena heran. 118 Windscheid / Kipp, Pandekten I, § 167, S. 857 ff., m. w. N.; Wilhelm, Private Freiheit, S. 21 ff., m. w. N. 119 BVerfGE 58, S. 300 ff., S. 335 f.; MD-Papier, Art. 14 GG, Rdn. 37 f., kritisiert die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum eigenständigen verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff, als dieser doch letztlich wieder aus dem einfachen Recht geschöpft werde.

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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D. Der Eigentumsbegriff des BGB Die Auseinandersetzungen um den richtigen Begriff des privatrechtlichen Eigentums sind nicht erst seit Inkrafttreten des BGB geführt worden. Insbesondere die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war von den Bemühungen um eine korrekte Definition gekennzeichnet, was zu einer Reihe unterschiedlicher Begriffsbestimmungen führte.120 Dies verwundert kaum, handelt es sich doch bei dem Eigentum um eines der Rechtsinstitute, die einer Rechtsordnung ihr Gepräge geben.121 Die folgenden Erörterungen konzentrieren sich jedoch auf die Zeit nach Erlaß des BGB, da zunächst der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts festgestellt werden soll. Nur dort, wo dies zur Erläuterung der Vorstellungen des Gesetzgebers oder zur Darstellung der Herkunft von Ansichten, die in der aktuellen Diskussion vertreten werden, nötig ist, wird auf die im 19. Jahrhundert vorgebrachten Gedanken verwiesen. Ausgeklammert werden an dieser Stelle, obwohl in den zeitlichen Rahmen gehörend, der sog. dynamische Eigentumsbegriff – eine in den 20er Jahren diese Jahrhunderts entstandene Ansicht122 – und die unter dem Vorzeichen nationalsozialistischer Ideologie in der Rechtswissenschaft propagierte Umgestaltung der Eigentumsordnung.123 Abgesehen von den Vorschlägen Franz Wieackers124 – die allerdings ebenfalls den seinerzeit gängigen Anschauungen folgen125 – spielen die in der Zeit des nationalsozialistischen Regimes formulierten Versuche der Neubestimmung des Eigentums heute keine Rolle mehr, so daß ihre Erörterung an dieser Stelle überflüssig wäre.

I. Eigentum als umfassendstes an einer Sache mögliches Recht Nach immer noch herrschender Lehre ist das Eigentum begrifflich als umfassendstes Recht, das die Rechtsordnung an einer Sache gestattet, zu fassen.126 Diese 120 Vgl. die Zusammenstellung unterschiedlicher Definitionen bei Windscheid / Kipp, Pandekten I, § 167, S. 858 f., Fn. 5 und bei Johow, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 621 ff. 121 Erman-Hagen, vor § 903 BGB, Rdn. 1; Floßmann, Eigentumsbegriff, S. 24; MayerMaly, Eigentumsverständnis, S. 146; Wolff / Raiser, Sachenrecht, § 51, I., S. 170; so sprach schon die 2. Kommission von der grundlegenden Bedeutung des Eigentums für die „gesammte Staats- und Gesellschaftsordnung“, abgedruckt bei Mugdan III, S. 577. 122 Vgl. bspw. Hedemann, RUW 1922, Sp. 585 ff. 123 s. u im 2. Teil der Arbeit. 124 Bspw. im Hinblick auf die Definition des Eigentums als Zuordnung, vgl D. V. 125 So bezeichnete Wieacker, Wandlungen, S. 59 das Eigentum als konkreten juristischen Ordnungsbegriff; das „konkrete Ordnungsdenken“ wurde insbesondere von Carl Schmitt als Rechtsmethodik im Sinne der juristischen Stützung des Regimes entworfen, vgl. Rüthers, Entartetes Recht, S. 63 ff.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

heute gebräuchliche Formulierung wird auf Martin Wolff zurückgeführt.127 Synonym hiermit wird auch die Redewendung, derzufolge das Eigentum das Vollrecht an einer Sache ist, gebraucht.128 Der Sache nach lag dieser Begriff des Eigentums auch der Ausarbeitung des BGB zugrunde.129 Nach Johow gewährt das Eigentum eine an sich vollkommen unbegrenzte Sachherrschaft; die Rechtsordnung könne jedoch nicht auf Beschränkungen dieser rechtlichen Macht verzichten.130 Wenn die 1. Kommission von dem für den Entwurf grundlegenden Eigentumsbegriff sprach,131 dürfte sie sich auf die Ausführungen Johows gestützt haben. Angesichts dessen überrascht es auch nicht, wenn die einschlägige Literatur kurz nach dem Inkrafttreten des BGB einen solchen Eigentumsbegriff favorisierte,132 wenngleich die Betonung zumeist auf dem Begriff des Eigentums als umfassendem Herrschaftsrecht lag und die Beschränkungen durch die Rechtsordnung dem Inhalt des Eigentums zugeordnet wurden.133 Mit der genannten Definition soll, neben der Tatsache, daß das Eigentum Beschränkungen ausgesetzt ist, vor allem folgendes zum Ausdruck gebracht werden: Das Eigentum ist ein auf die Herrschaft über eine Sache gerichtetes subjektives Recht und diese Herrschaft ist im Vergleich zu den Rechten an einer fremden Sache nicht bereits ihrem Begriff oder Wesen nach eingeschränkt,134 d. h. insoweit ist das Eigentum das umfassendste Recht an einer Sache. 126 AK-Ott, § 903 BGB, Rdn. 1; Palandt-Bassenge, Vorbem. vor § 903 BGB, Rdn. 1; Soergel-J. F. Baur, § 903 BGB, Rdn. 5; Staudinger-Seiler, Vorbemerkung zu §§ 903 ff BGB, Rdn. 2; Baur / Stürner, § 24, I., 1., S. 233; J. v. Gierke, Sachenrecht, § 23, I., 1., S. 66, Römer, Sachenrecht, § 101, 1., S. 19; Westermann, Sachenrecht, § 28, S. 162; Wieling, Sachenrecht, § 8, I., 1., c), S. 262; Wolff / Raiser, Sachenrecht, § 51, II., S. 173; Floßmann, Eigentumsbegriff, S. 23; Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 150; Liver, Eigentumsbegriff, S. 255; Daß die genannten Autoren in unbedeutenden Nuancen der Formulierungen voneinander abweichen, ändert an der sachlichen Übereinstimmung nichts. 127 Wolff, Sachenrecht (9. Auflage), § 51, I., S. 154: „Eigentum ist das umfassendste Herrschaftsrecht, das man an einer Sache haben kann.“ Die oben zitierte Fassung hat Wolffs Definition erst in der von Raiser besorgten 10. Auflage erhalten, vgl. Fn. 126. 128 Staudinger-Seiler, Vorbemerkung zu §§ 903 ff. BGB, Rdn. 2; Heck, Sachenrecht, § 49, 1., S. 209. 129 Zur Bedeutung der Einschränkung, daß das Eigentum nur das umfassendste Recht an einer Sache ist, vgl. unten ausführlich D. V. 130 Johow, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 619. 131 Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 142. 132 Biermann, Vorbemerkung vor § 903 BGB, Anm. 1., S. 140; Kretzschmar, Sachenrecht, § 903 BGB Anm. 1, S. 151; Kuhlenbeck, Vorbemerkung vor § 903 BGB, S. 67; Planck-Strekker (1. / 2. Auflage), vor § 903 BGB, 1., S. 129; Staudinger-Kober (3. / 4. Auflage), Vorbemerkungen vor § 903 BGB, Anm. I. und II.; Altsmann, Lehrbuch, § 73, I., S. 395; Crome, System III, § 388, Anm. 1 und 2.; Endemann, Lehrbuch II, § 68, 2., S. 435; Heilfron / Pick, Lehrbuch III, § 17, 1., S. 265; Maenner, Sachenrecht, § 20, S. 153; Blomeyer, Außerpositive Grundlagen, S. 57. 133 Vgl. bspw. von den obengenannten Autoren Staudinger-Kober (3. / 4. Auflage), Kretzschmar und Crome, jeweils Fn. 132.

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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1. Das Eigentum als subjektives Recht Zunächst wird mit dem geschilderten Eigentumsbegriff zum Ausdruck gebracht, daß es sich beim Eigentum um ein subjektives Recht handelt.135 Das subjektive Recht wurde um die Jahrhundertwende als „zentraler Begriff des Privatrechts“136 angesehen und bildete zu dieser Zeit das Kernstück der zivilrechtlichen Wissenschaft.137 Die seit dieser Zeit geführte Kontroverse um die rechtstheoretische Einordnung des subjektiven Rechts ist keineswegs abgeschlossen, wie vor allem die Beiträge hierzu in jüngerer Vergangenheit zeigen.138 Eine Darstellung der verschiedenen Theorien zur Natur des subjektiven Rechts würde jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen, so daß im folgenden nur die für das Eigentum bedeutsamen Folgen aus der Qualifizierung als subjektives Recht erläutert werden. Als Orientierungspunkt dient dabei die prägnante Definition, wonach das subjektive Recht als „von der Rechtsordnung verliehene, zur Befriedigung menschlicher Interessen dienliche Macht“139 zu fassen ist. Diese Definition beruht auf der sog. Kombinationstheorie, die Ansätze Jherings140 und Windscheids141 verbindet,142 und wohl als herschende Anschauung zu betrachten ist.143 134 Dies ist eine etwas vergröbernde, aber an dieser Stelle ausreichende, Formulierung; ausführlich dazu unten bei E. 135 Kretzschmar, § 903 BGB, Anm. 1, S. 151; v. Tuhr, Allgemeiner Teil I, § 6, S. 133 f.; Eichler, Institutionen I, 1. Kap., 1., S. 1 f.; Westermann, Sachenrecht I, § 28, S. 163; Wolff / Raiser, Sachenrecht, § 51, II., 3., S. 175; Aicher, Eigentum, S. 14; Bucher, Subjektives Recht, § 19, I., a), S. 162; Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 161 und 163; Liver, Eigentumsbegriff, S. 255. 136 v. Tuhr, Allgemeiner Teil I, § 1, S. 53. 137 Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 161; Raiser, JZ 1961, S. 465 ff., 465 m. w. N. aus der entsprechenden zivilrechtlichen Literatur; zur Geschichte des subjektiven Rechts Coing, Geschichte, S. 7 ff. 138 Vgl. die Monographien von Aicher, Eigentum; Bucher, Subjektives Recht; Kaspers, Subjektives Recht; Ost, Zuordnung; Schapp, Subjektives Recht; Schmidt, Aktionsberechtigung; zu diesen Autoren Larenz, Allgemeiner Teil, § 13, I, S. 210 und ausführlich Struktur, S. 129 ff. 139 Staudinger-Seiler, Einleitung zu §§ 854 ff., Rdn. 18; Enneccerus / Nipperdey, Allgemeiner Teil, § 72, II, S. 277; Pawlowski, Allgemeiner Teil, Rdn. 107; in der Sache übereinstimmend: Brox, Allgemeiner Teil, Rdn. 568; Hübner, Allgemeiner Teil, Rdn. 354; Köhler, Allgemeiner Teil, § 5, II., 1., S. 36; Lehmann, Allgemeiner Teil, § 30, III., S. 81; Wüstenbecker, JA 1984, S. 227 ff., S. 227. 140 v. Jhering, Geist III, § 60, S. 141, der die Befriedigung eines Interesses in den Vordergrund stellte. 141 Windscheid / Kipp, Pandekten I, § 37, 2., der das subjektive Recht als von der Rechtsordnung verliehene Willensmacht oder Willensherrschaft bezeichnet. 142 Lange, Allgemeiner Teil, § 11, II., 1., S. 81; Medicus, Allgemeiner Teil, Rdn. 70; Pawlowski, Rdn. 104 ff. 143 Vgl. hierzu ausführlich und m. w. N. Ost, Zuordnung, S. 10 ff., der selbst jedoch die Zuordnung als Wesen des subjektiven Rechts ansieht; vgl. auch Schapp, Subjektives Recht, S. 86 ff., der sich gegen die von ihm als herrschend bezeichnete Kombinationstheorie wendet.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

Als subjektives Recht gewährt das Eigentum gerade die oben geschilderte Herrschaftsmacht über eine Sache. Diese Herrschaftsmacht äußert sich als die in § 903 S. 1 BGB festgelegte Befugnis, nach innen mit der Sache nach Belieben zu verfahren und nach außen jeglichen von einer Einwirkung auszuschließen. Nach der herrschenden Auffassung erfaßt das Eigentum die Sache selbst unmittelbar144 bzw. mittelbar145; es ist ein „sachbezogenes Vermögensrecht“146 oder Vollrecht an einer Sache.147 Dem Eigentümer steht so grundsätzlich die umfassende Entscheidungsbefugnis über das Schicksal einer Sache zu.148 Genaueres über den Begriff des Eigentums und seinen Charakter zu sagen, ist schon deshalb schwierig, weil mit der Angabe konkreter Machtbefugnisse die als grundlegend erkannte Trennung zwischen Begriff und Inhalt des Eigentums durchbrochen würde. Allenfalls kann insoweit die Feststellung getroffen werden, daß die in § 903 S. 1 BGB umschriebenen Befugnisse aus der subjektiven Rechtsstellung des Eigentümers (seiner totalen Sachherrschaft) folgen und diesem ausschließlich in seinem eigenen Interesse zustehen.149 Wenn versucht wird, dem Begriff des Eigentums mehr Substanz zu verleihen, indem man ihn als umfassendes Nutzungs- und Verwertungsrecht definiert,150 so bedeutet dies eine Einengung der dem Eigentümer zukommenden Herrschaft: Ihm steht es innerhalb der umfassenden Sachherrschaft auch frei, die Sache nicht zu nutzen oder zu verwerten.151 Ohne 144 Planck-Brodmann (5. Auflage), Vorbemerkung II 3 zum Sachenrecht, S. 10 m. w. N.; Lange, Allgemeiner Teil, § 12, 2., b), S. 86; Lehmann, Allgemeiner Teil, § 12, II., 2., b), S. 86; Liver, Eigentumsbegriff, S. 263, spricht bspw. von „unmittelbarer Sachherrschaft“; reichhaltige Nachweise, besonders aus der älteren Literatur, bei Ost, Zuordnung, S. 62 f; so auch in den Motiven, abgedruckt bei Mugdan III, S. 1: „Das Wesen der Dinglichkeit liegt in der unmittelbaren Macht der Person über eine Sache“. 145 Staudinger-Seiler, Einleitung vor §§ 854 ff. BGB, Rdn. 20 wählt den Ausdruck mittelbare Rechtsmacht, da diese nur über Ansprüche verwirklicht werden könne. Im hier interessierenden Zusammenhang ist dies lediglich eine terminologische, keine materielle Abweichnung. 146 Soergel-J. F. Baur, § 903 BGB, Rdn. 1. 147 Staudinger-Seiler, § 903 BGB, Rdn. 2; vgl. auch die anschauliche Formulierung von Crome, System III, § 388, 4., S. 261: „Das Eigentum durchdringt die Sache in ihrer vollen räumlichen Ausdehnung.“ Die Möglichkeit von Rechten einer Person an einer Sache ist jüngst von Hadding, JZ 1986, S. 926 ff. unter Rückgriff auf rechtsphilosophische Überlegungen bezweifelt worden. Da Hadding hieraus keine Folgen für den Begriff des Eigentums ableitet, kann an dieser Stelle auf eine Diskussion dieser Frage verzichtet werden; gegen Hadding wendet sich Niehues, JZ 1987, S. 453 f, mit dem Hinweis auf die weitaus überwiegende gegenteilige Meinung und die rechtstechnischen Vorteile des Bestehens von Rechten an einer Sache, gegen Hadding auch Soergel-Mühl, Einleitung zum Sachenrecht, Rdn. 6, 8. 148 Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 151. 149 Liver, Eigentumsbegriff, S. 255. 150 Soergel-F. Baur (11. Auflage), vor § 903 BGB, Rdn. 6 und in AcP 176 (1976), S. 91 ff., S. 117; Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 151; ähnlich Hattenhauer, Die neue Ordnung 1969, S. 46 ff, S. 55: Eigentum sei begrifflich „freier Sachnutzen“. 151 Ernst Wolf, Sachenrecht, § 3, A., II., e), S. 92; Hattenhauer, Vereintes und entzweites Eigentum, S. 85, womit Hattenhauer gleichzeitig seinen früheren Vorschlag (s. o. Fn. 152)

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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diese Möglichkeit, von einer Befugnis nicht Gebrauch zu machen, wäre der gewährte Freiheitsbereich notwendig unvollständig. Daher ist auch im Bereich der Grundrechte des Grundgesetzes anerkannt, daß der Nichtgebrauch eines Rechts zum geschützten Bereich gehört.152 Es dürfte daher als einzige adäquate Charakterisierung des Eigentums eine negative Beschreibung verbleiben: Die umfassende Sachherrschaft äußert sich gerade darin, daß kein Dritter dem Eigentümer einen bestimmten Gebrauch vorschreiben darf;153 der Eigentümer ist in seiner Sachherrschaft frei von der Verfolgung ihm vorgeschriebener Zwecke.154 Diese Formulierung ist nicht mit der sogleich zu behandelnden Reduzierung des Eigentums auf ein Ausschließungsrecht zu verwechseln.155 Vielmehr soll so ausgedrückt werden, daß alle denkbaren (und für die Zukunft auch die noch nicht denkbaren156) Möglichkeiten,157 mit einer Sache zu verfahren, grundsätzlich – d. h. vorbehaltlich entgegenstehender Beschränkungen des Eigentums – dem Eigentümer zustehen. Dies ist dem Sinne nach schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Worte gefaßt worden: “Daß aber jemandem eine Sache nach dem Rechte eigen ist, will sagen, daß nach dem Rechte sein Wille für sie entscheidend ist in der Gesamtheit ihrer Beziehungen. . . . Das Eigentum ist die Fülle des Rechts an der Sache. . . . Es ist die Negation der Beschränkung.“158 Begrifflich innerhalb dieser Sachherrschaft liegt als notwendiger Schutz der Entscheidungsbefugnis des Eigentümers die Ausschließungsbefugnis gegenüber Dritten. Diese Verbindung von Herrschaftsmacht und Ausschließungsbefugnis zeichnet alle subjektiven Rechte des Sachenrechts aus,159 so daß die Zuordnung einer Auszur Definition aufgibt, da dies dem Verbot inhaltlicher Festlegung des Eigentumsbegriffs widerspreche. Dies ist von besonderem Interesse, da sich F. Baur, vgl. Fn. 152, auf Hattenhauer und Georgiades seinerseits auf Baur stützt. 152 Dreier-Dreier, Vorbemerkungen, Rdn. 48; Bleckmann, Grundrechte, 11 / 240; Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rdn. 216. 153 Wolff / Raiser, Sachenrecht, § 51, II., 3., S. 175; Hattenhauer, Vereintes und entzweites Eigentum, S. 85, der auf den darin zum Ausdruck kommenden Gedanken der Freiheit des Eignetümers verweist. Die negative Bestimmung des Eigentums ist daher auch entgegen Goldschmidt, Eigentum, S. 40, mehr als ein bloßes Mittel der Gesetzestechnik. 154 Auch in diesem Sinne kann das Eigentum begrifflich als abstrakt beschrieben werden, vgl. Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 146 f. 155 So aber Würdinger, DRW 1936, S. 15 ff., S. 21; mißverständlich auch Hattenhauer, vgl. Fn. 152., wonach sich das Eigentum rechtlich nur als Ausschließungsbefugnis äußere. 156 Hedemann, Sachenrecht, § 18, II., 3., S. 98; auf die Bedeutung dieses Umstands für die Innovationsfähigkeit einer Gesellschaft ist bereits hingewiesen worden. 157 E. Wolf, Sachenrecht, § 3, A., II., c), S. 91, definiert daher Eigentum „als Recht zu jeder über eine Sache möglichen Entscheidung“ und Sontis, Strukturelle Betrachtungen, S. 989, bezeichnet die durch das Eigentum als subjektives Recht erteilte Macht als „unbegrenzte Möglichkeit“. 158 Windscheid / Kipp, Pandekten I, § 167, S. 856 f.; auf diese Äußerung verweist im selben Zusammenhang auch AK-Ott, § 903 BGB, Rdn. 2. 159 Staudinger-Seiler, § 903 BGB, Rdn. 2; Eichler, Institutionen I, 1. Kap., 2., b), S. 6. 4 Lehmann

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

schließungsbefugnis ohne Rücksicht auf deren konkrete Ausgestaltung ebenfalls zum Begriff des subjektiven Rechts und damit des Eigentums gehört. Die Frage jedoch, wie dieser Schutz rechtstechnisch und im Hinblick auf die geltende Rechtslage durchgeführt wird, richtet sich auf den Inhalt, nicht den Begriff des Eigentums.

2. Die Abgrenzung zu den beschränkten dinglichen Rechten Neben der geschilderten Qualifizierung als subjektives Recht dient die Definition des Eigentums als umfassendstes Herrschaftsrecht an einer Sache der Abgrenzung des Eigentums von den dinglichen Rechten.160 Letztere gewähren nur eine inhaltlich begrenzte Sachherrschaft.161

3. Zusammenfassung Nach immer noch herrschender Ansicht ist das Eigentum nach dem BGB das umfassendste Recht an einer Sache, welches die Rechtsordnung kennt. Diese Definition erfüllt zwei wichtige Aufgaben für die Privatrechtsordnung, indem sie einerseits dem Eigentümer einen geschützten Freiraum privatautonomer Gestaltung zuweist und andererseits die für das Sachenrecht strukturbildende Abgrenzung von Eigentum und beschränkten dinglichen Rechten gewährleistet. Die bis heute vorherrschende Definition lag bereits der Sache nach den Gesetzgebungsarbeiten zum BGB zugrunde. Dies spricht nicht nur für die Beständigkeit des Eigentumsbegriffs, sondern führt zu einer bestimmten Verteilung der Argumentationslast bei der Diskussion um mögliche Wandlungen der Eigentumsordnung: Wenn die seit Erlaß des BGB unveränderte Inhaltsbestimmung des Eigentums in § 903 S. 1 BGB Ausprägung des oben geschilderten Eigentumsbegriffs ist, so können sich dessen Anhänger gegenüber den Kritikern ohne weiteres auf den Willen des Gesetzgebers berufen. Im folgenden soll nun untersucht werden, ob die von der Kritik vorgetragenen Vorschläge und Argumente so gewichtig sind, daß sie zu einer Abkehr von der gesetzgeberischen Intention nötigen.

160 MüKo-Säcker, § 903 BGB, Rdn. 10; Soergel-J. F. Baur, § 903 BGB, Rdn. 5; Westermann-H. P. Westermann, Sachenrecht I, § 5, II, S. 42; E. Wolf, Sachenrecht, § 3, A. II., n), S. 102. 161 Bspw. darf der Nießbraucher nur die Nutzungen aus der Sache ziehen und damit nicht über sie verfügen, § 1030 I BGB.

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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II. Eigentum als bloßes Ausschließungsrecht Abweichend von der gerade geschilderten Ansicht wird das Eigentum von einer Mindermeinung als bloßes Auschließungsrecht definiert.162 Dies geht vor allem auf einen Beitrag von Siegmund Schloßmann zurück.163 Er definierte das Eigentum als das „durch einen Zweck nicht begrenzte, und im Gegensatz zu ihm (dem Eigentumsrecht, Ergänzung durch den Verfasser) als das sog. begrenzte Recht an fremder Sache als ein zu einem begrenzten Zweck verliehenes Ausschließungsrecht.“164 Noch vor Inkrafttreten des BGB hatte Schloßmann das Eigentum bereits in ähnlicher, jedoch nicht so weit durchkonzipierter Weise als die Einheit der zahllosen Möglichkeiten des Eigentümers, sich störender Einwirkungen Dritter zu erwehren, bestimmt.165 Wenngleich Schloßmann diesen Eigentumsbegriff als erster nach Inkrafttreten des BGB formulierte, so hatte er doch Vorläufer, die bereits im 19. Jahrhundert166 zu ähnlichen Definitionen gefunden hatten. Zwar bezog sich Schloßmann167 nur auf eine Äußerung von Friedrich Lenel,168 jedoch hatte auch August Thon bereits vergleichbare Begriffsbestimmung formuliert.169 Dem lag die im 19. Jahrhundert 162 Aicher, Eigentum, S. 77; Schumacher, ZHR 113 (1950), S. 166 ff., S. 171; eine zumindest sehr ähnliche Position vertritt Darmstaedter, AcP 151 (1950 / 1951), S. 311 ff., S. 334 f., wenn er das Eigentum als „negative Gegenseitigkeit“ bezeichnet, derzufolge gerade die Grundstücksgrenze als „Haltgebot“ den „eigentlichen Rechtsgehalt“ des Eigentums darstellt; Staudinger-Seufert (11. Auflage), § 903 BGB, Rdn. 1, ist der Ansicht, daß das Eigentum seinen Rechtscharakter nur durch die Auschließungsbefugnis erhalte, da ein Recht sich nur gegen andere Personen richten könne. 163 Schloßmann, JhJb 45 (1903), S. 289 ff. 164 Schloßmann, vgl. Fn. 165., S. 345; sowie an anderer Stelle: „Das Eigenthum ist ein Ausschließungsrecht und nichts weiter als ein Ausschließungsrecht“, S. 339. 165 Schloßmann, Vertrag, S. 252. 166 Frühester, aber wohl in Vergessenheit geratener Vertreter der Beschränkung des Eigentums auf ein Ausschließungsrecht dürfte wohl Schmalz gewesen sein, der sich 1807 gegen ein Eigentum als umfassendes Herrschaftsrecht wandte; vgl. Hattenhauer, Grundbegriffe, § 7, S. 122. 167 Schloßmann, JhJb 45 (1903), S. 289 ff., S. 345. 168 Lenel, Ursprung, S. 14. 169 Thon, Rechtsnorm, S. 161: „Eigenthümer einer Sache ist derjenige, welcher gegen den Genuss der Sache seitens dritter Personen in relativ weitestem Umfange durch Normen geschützt wird. Eigenthum im Sinne von Eigenthumsrecht bezeichnet also den gewährten Schutz“; zur Herkunft dieser Ansicht aus der sog. Imperativentheorie, derzufolge die subjektiven Rechte des Sachenrechts auf ein an Dritte gerichtetes Verbot des Zugriffs zurückgehen, vgl. Ost, Zuordnung, S. 63 ff; Fabricius, AcP 162 (1963), S. 457 ff., S. 467 f.; Oertmann, AcP 123 (1925), S. 129 ff, S. 130; Raiser, Eigentum, S. 764 f.; eine umfassende Zusammenstellung der zum Streit um das dingliche Recht im 19. Jahrhundert vertretenen Ansichten gibt Oertmann, JhJb 31 (1892), S. 415 ff., der zu dieser Zeit noch selbst das die Einheitlichkeit des Eigentumsbegriffs gewährleistende Merkmal in der Ausschließungsbefugnis erblickte, vgl. S. 447, sich aber später in AcP 123 (1925), S. 129 ff, S. 132 von dieser Ansicht distanzierte.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

verbreitete Auffassung zugrunde, daß das Wesen der dinglichen Rechte in der Absolutheit des Rechts auf Klageschutz zu erblicken sei.170 Zu der Zeit jedoch, als der Beitrag von Schloßmann veröffentlicht wurde, fand er keine Gefolgschaft;171 Schmidt-Rimpler entwickelte seine der Schloßmannschen Definition sehr ähnliche, wenngleich in einem wichtigen Punkt darüber hinausgehende172 Begriffsbestimmung173 unabhängig von Schloßmann. Zum Teil rief Schloßmanns Ansicht sogar Befremden bei der herrschenden Lehre hervor.174 Erst sehr viel später schlossen sich andere Autoren dieser Sichtweise des Eigentums an bzw. formulierten verwandte Ansichten.175 Da Schloßmann aber als Begründer dieser Ansicht anzusehen ist, soll zunächst seine Herleitung des auf ein Ausschließungsrecht beschränkten Eigentumsbegriffs untersucht werden.

1. Die Argumentation Schloßmanns Schloßmann stützte seine Argumentation im wesentlichen auf eine Kritik an dem aus § 903 S. 1 BGB zu entnehmenden Begriff des Eigentums. Dieser sei nicht nur völlig unbestimmt,176 da das Eigentum zum einen in den verschiedensten Gestalten vorkomme und zum anderen sogar von dem Gläubiger einer Forderung gesagt werden könne, daß er mit diesem Recht nach Belieben verfahren dürfe.177 Abzulehnen sei auch das Postulat der prinzipiellen Unbeschränktheit des Eigentums. Ein solches komme in der Wirklichkeit nicht vor, jedoch werde auf diese Weise eventuell der Glaube an eine solche Herrschaft geweckt.178 Darüber hinaus sei es nicht möglich, die unbegrenzte Herrschaft des Eigentümers zum Merkmal des Eigentumsbegriffs zu erheben, weil diese unter Umständen vollständig fehlen könne.179 Überdies ermögliche erst das Ausschließungsrecht die Herrschaft des 170 Bspw. Oertmann, JhJb 31 (1892), S. 415 ff., S. 447; Windscheid / Kipp, Pandekten, § 38, S. 167 ff, insbes. Fn. 3 m. w. N.; vgl. hierzu umfassend Fabricius, AcP 162 (1963), S. 456 ff, S. 467, m. w. N. 171 Vgl. den Überblick über die herrschende Ansicht oben S. 44 ff.; sogar bei Windscheid / Kipp, Pandekten I, § 167, S 858 Fn. 3 wird Schloßmann kritisiert, obwohl Kipp – erklärtermaßen gegen den Wortlaut des § 903 S. 1 BGB – die Befugnis, mit einer Sache nach Belieben zu verfahren, in ein Verbot an alle Gegenüberstehenden umdeutet, vgl. S. 860, und dadurch im Ergebnis Schloßmanns Ansicht sehr nahe kommt. 172 Hierzu s. u. bei III. 173 Schmidt-Rimpler, Eigentümerdienstbarkeit, S. 35. 174 Crome, System III, § 388, S. 254 nennt Schloßmanns Ansicht „eigenartig“; Oertmann, AcP 123 (1925), S. 129 ff., S. 138 bezeichnet die Konsequenz, daß sich Eigentum nur in einzelnen Ausschließungsansprüchen äußere, als „verzweifelt“. 175 Vgl. die in Fn. 162 Genannten. 176 Schloßmann, vgl. Fn. 167, S. 315. 177 Schloßmann, vgl. Fn. 167, S. 316. 178 Schloßmann, vgl. Fn. 167, S. 318 f. 179 Schloßmann, vgl. Fn. 167, S. 327 und S. 337 f.

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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Eigentümers,180 was nur bedeuten kann, daß die Nutzung der Sache gegenüber der Ausschließung Dritter nachrangig ist.181 Nachdem so die Merkmale, die der § 903 S. 1 BGB für das Eigentum aufzählt, bis auf das Ausschließungsrecht des Eigentümers, von Schloßmann als unzutreffend verworfen wurden, blieb nur noch letzteres als Wesen des Eigentums übrig.182 Den abschließenden Schritt zur vollständigen Definition des Eigentums, wie sie oben angegeben wurde, bildete die Abgrenzung zu den beschränkten dinglichen Rechten. Danach werde die Ausschließungsbefugnis dem Eigentümer nicht zum Schutz einer vorgegebenen Zweckverfolgung verliehen, während die Ausschließungsbefugnis im Falle der beschränkten dinglichen Rechte mit deren Inhalt korreliere. Diese reiche dann nicht weiter als der Zweck des beschränkten dinglichen Rechts.183 Auf diesem Wege erhielt Schloßmann dann seine bereits zitierte Definition des Eigentums.

2. Ablehnung der Ansicht Schloßmanns Der Vorschlag Schloßmanns zur Begriffsbestimmung des Eigentums ist aus mehreren Gründen abzulehnen. Zunächst ist bereits seine Prämisse falsch, wonach der § 903 S. 1 BGB eine Definition des Eigentums darstelle.184 Daher ist es auch nicht möglich, die angeblich unzutreffenden Bestandteile zu eliminieren und so im Wege eines Ausscheidungsverfahrens das Übriggebliebene als Begriff des Eigentums zu präsentieren. An dieser Stelle zeigt sich die Bedeutung der Unterscheidung von Begriff und Inhalt des Eigentums. Dies gilt auch für den Einwand Schloßmanns, es seien Situationen denkbar, in denen die Beherrschungsbefugnis nahezu bis zum Nullpunkt durch Rechte Dritter (Beispiel war für Schloßmann das Untereigentum des Vasallen) gemindert sei.185 Daß der Begriff des Eigentums auch weitestgehende Beschränkungen duldet, wurde oben bereits gesagt.186 Den Eigentumsbegriff, der dem BGB zugrundegelegt wurde, vermochte diese Kritik ohnehin nicht zu treffen. Schon die 1. Kommission hatte den Verzicht auf die Aufnahme von veräußerlichen und vererblichen Nutzungsrechten mit dem Mißverhältnis begründet, zu dem eine sehr umfassende Eigentumsbeschränkung führen müsse.187 Schloßmann, vgl. Fn. 167, S. 329 und 338. Aicher, Eigentum, S. 67, hält die Verfügungsmacht im weitesten Sinne, die dem Eigentümer hinsichtlich der Sache zusteht, sogar für normlogisch irrelevant, da diese nur Zweck der dinglichen Rechte und damit Schutzobjekt der Rechtsordnung sei. Lediglich im Rahmen einer teleologischen Betrachtung sei der Genuß an der Sache von Bedeutung. 182 Schloßmann, vgl. Fn. 167, S. 327. 183 Schloßmann, vgl. Fn. 167, S. 344 f. 184 s. o. bei 3. c). 185 Schloßmann, vgl. Fn. 167, S. 327. 186 s. o. bei III. 180 181

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

Wenn Schloßmann im weiteren einwandte, die Formulierung des § 903 S. 1 BGB, der Eigentümer dürfe nach Belieben mit der Sache verfahren dürfe, sei geeignet, eine gefährliche Illusion zu erzeugen, so richtete sich diese Kritik zwar nicht direkt gegen die Begriffsbestimmung des Eigentums als umfassendstes Herrschaftsrecht. Sinngemäß müßte Schloßmanns Verdikt aber auf diese Definition genauso zutreffen. Daß eine solche Gefahr der Überschätzung der Eigentümerbefugnisse zu seiner Zeit kaum bestand, beweist ein Blick in die rechtswissenschaftliche Literatur bis etwa 1910: Allgemein wurde die Formulierung „umfassendstes Herrschaftsrecht“ im Sinne der Abgrenzung von den beschränkten dinglichen Rechten gedeutet und auf die vielfältigen Beschränkungen des Eigentums verwiesen.188 An darüber hinausgehenden Folgerungen hinsichtlich einer auch in der Wirklichkeit unbegrenzten Macht des Eigentümers fehlte es.

3. Generelle Unhaltbarkeit einer Reduzierung des Eigentums auf ein bloßes Ausschließungsrecht Nachdem Schloßmanns Auffassung bereits aufgrund der Mängel bei ihrer Herleitung als widerlegt angesehen werden kann, so bleibt doch noch die Frage zu beantworten, ob das Eigentum begrifflich überhaupt auf ein reines Ausschließungsrecht reduziert werden kann. Denn die Kritik an Schloßmann trifft bspw. nicht Darmstaedters Erörterungen. Obwohl Darmstaedter als Kern des Eigentumsbegriffs ebenfalls die Ausschließung Dritter ansieht, begründet er sein Ergebnis auf einem völlig anderen Weg. Zwar bezeichnet er das Eigentum wie die herrschende Lehre als subjektives Recht, sieht dessen Wesen jedoch in der spontanen Achtung durch die anderen Rechtsunterworfenen.189 Dies zeige sich beim Grundeigentum in dem wechselseitigen Haltmachen vor der Grundstücksgrenze des jeweils anderen Grundeigentümers. Daher sei Eigentum nur als Verhältnis negativer Gegenseitigkeit möglich.190 Unabhängig von der Begründung ist der Versuch, das Eigentum begrifflich in der dargestellten Weise auf eine rein negative Dimension zu beschränken, zurückzuweisen. So widerspricht diese Ansicht schon der Gesetzgebungsgeschichte. Das kann nicht nur den Äußerungen Johows entnommen werden, der das Eigentum im Sinne eines Herrschaftsrechts auffaßte.191 Die 2. Kommission sprach sich sogar explizit gegen eine Betonung des Ausschließungsrechts aus, da ein solches nichts sei, Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 145. Staudinger-Kober (3. / 4. Auflage), Vorbemerkungen vor § 903 ff. BGB, Anm. I bis III, S. 195; Altsmann, Recht, § 73, I., S. 396 f.; Cosack, Lehrbuch II, § 195, S. 101; Crome, System III, § 388, 3., S. 255. 189 Darmstaedter, AcP 151 (1950 / 1951), S. 311 ff., S. 318; ähnlich Schumacher, ZHR 113 (1950), S. 166 ff, S. 170 f. 190 Darmstaedter, vgl. Fn. 189, S. 334 f. 191 s. o. D. I. 187 188

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was einzig dem Eigentum zukomme, sondern auch – wenngleich nur soweit es deren Inhalt erfordert – den beschränkten dinglichen Rechten. Da auch eine Gestaltung logisch denkbar sei, die dem Eigentümer zwar ein umfassendes Ausschließungsrecht, nicht jedoch die volle Sachherrschaft zugestehe, komme bei der Reduzierung auf das Ausschließungsrecht die positive Seite des Eigentums nicht zum Ausdruck.192 Damit ist aber wohl der wichtigste Einwand gegen eine Reduzierung des Eigentums auf ein Ausschließungsrecht genannt: Auch wenn ich jeden anderen von der mir gehörenden Sache fernhalten kann, so folgt daraus nicht, daß ich die Sache auch für meine Zwecke einsetzen, also etwa verbrauchen oder über sie rechtsgeschäftlich verfügen, darf. Die im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gebrachten Vorstellungen haben auch ihren Niederschlag im BGB selbst gefunden. Bei der Betrachtung der entsprechenden Normen zeigt sich, daß gerade die Ausschließungsbefugnis für das Eigentum und die dinglichen Rechte dadurch einheitlich geregelt wird, daß die Titel des 3. Buches des BGB über die beschränkten dinglichen Rechte Verweisungen auf § 1004 BGB enthalten.193 Ist somit die Ausschließungsbefugnis für die genannten Rechte und das Eigentum grundsätzlich gleich ausgestaltet,194 so vermag die begriffliche Fassung des Eigentums als Ausschließungsrecht eine Unterscheidbarkeit von den beschränkten dinglichen Rechten nicht zu gewährleisten.195 Es bleibt dann, der Regelung des BGB folgend, nur die Betonung der prinzipiell unbeschränkten Sachherrschaft des Eigentümers gegenüber der durch das Gesetz inhaltlich festgelegten Sachherrschaft des Inhabers eines beschränkten dinglichen Rechts. Dies entspricht nicht nur der oben dargestellten herrschenden Ansicht zum Eigentumsbegriff, sondern auch dem Gesetz, welches den Inhalt der beschränkten dinglichen Rechte in den Vordergrund rückt. Schließlich ist die Möglichkeit, mit einer Sache grundsätzlich in jeder Hinsicht im eigenen Interesse verfahren zu können, mehr196 als ein bloßer Reflex197 der Ausschließungsbefugnis. Vielmehr ist die umgekehrte Betrachtungsweise die korrekte: Das Ausschließungsrecht besteht nur, weil eine zuvor verliehene Befugnis 192 Protokolle, abgedruckt bei Mugdan III, S. 577 f.; hierzu MüKo-Säcker, § 903 BGB, Rdn. 5 f.; aus demselben Grunde gegen Schloßmann: Wolff / Raiser, Sachenrecht, § 51, II.,1., S. 174. 193 §§ 1027, 1065, 1090 II, 1227 BGB. 194 Staudinger-Seiler, § 903 BGB, Rdn. 2 weist ebenfalls darauf hin, daß zu jedem absoluten Recht neben der Befugnis auf das Rechtsobjekt einzuwirken die Berechtigung gehört, fremde Einwirkungen auszuschließen, weshalb es gerade die umfassende Herrschaft über eine Sache sei, die das Eigentum auszeichne. 195 Dies zeigt sich schon, wenn Schloßmann gezwungen ist, in seiner Definition vom Eigentum als nicht durch einen Zweck begrenzten Ausschließungsrecht zu sprechen, während er die beschränkten dinglichen Rechte als zu einem begrenzten Zweck verliehen bezeichnet. 196 Medicus, Bürgerliches Recht, Rdn 709. 197 So aber Aicher, Eigentum, S. 14: „Die Sachherrschaft ist rechtlich nur ein Reflex des Ausschlusses des anderen“.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

im Hinblick auf die Sache geschützt werden muß.198 Daher ergibt sich auch der Umfang des Ausschließungsrechts aus dem positiven Inhalt des Eigentums.199 Besonders deutlich wird dies bei den beschränkten dinglichen Rechten. Die Ausschließungsbefugnis, welche deren Inhabern von Gesetzes wegen zusteht, ist durch den Inhalt des dinglichen Rechts begrenzt.200 Die Herrschaft über eine Sache ist so bereits logisch gegenüber der Ausschließungsbefugnis vorrangig201 oder zumindest gleichrangig.202 Wenn Aicher, ähnlich wie Schloßmann203 und Bucher204, diesem Einwand zu entgehen versucht, indem er die Nutzung von Gütern als gesetzgeberischen Zweck (und damit als gleichsam vorrechtliches Moment) versteht, so übersieht er dabei, daß die Rechtsordnung zunächst die Befugnisse, welche Eigentum und dingliche Rechte verleihen, festlegen und dann auch zuweisen muß.205 Erst nachdem dies geschehen ist, kann sinnvollerweise an einen Schutz der zugewiesenen Rechtsmacht gedacht werden.206 Die Sachherrschaft und die Bestimmung ihres Trägers bewegen sich damit keinesfalls nur im Bereich der Teleologie, sondern es handelt sich um materiell-rechtliche Festlegungen.207 Dies zeigt sich bspw. am Schikaneverbot des § 226 BGB, das gerade die Rechtsausübung einschränkt, womit wohl beim Eigentum im wesentlichen Handlungen gemeint sein dürften, die sich im Genuß der Sache äußern208 und nicht auf die bloße Ausschließung anderer beschränkt bleiben.

198 Larenz, Allgemeiner Teil, § 13, I, S. 210 f.; Randa, Eigenthumsrecht, S. 3, Fn. 3, kritisierte bereits die frühere Eigentumsdefinition Schloßmanns als „Verwechslung von Wesen und Wirkung“. 199 Staudinger-Seiler, § 903 BGB, Rdn. 11; Windscheid / Kipp, Pandekten, § 167, S. 858, Fn. 3. 200 Dies folgt schon daraus, daß die genannten Normen auf § 1004 BGB verweisen, soweit das jeweilige Recht beeinträchtigt wird; vgl. Staudinger-Seiler, Einleitung zu §§ 854 ff. BGB, Rdn. 18. 201 Enneccerus / Nipperdey, Allgemeiner Teil, § 71, I., 3., S. 270, wonach das Ausschließungsrecht nur die Folge der Rechtsmacht des Eigentümers ist. 202 Eichler, Institutionen I, 1. Kap., 2., b), S. 5 f spricht von der inneren und der äußeren Seite des Rechts an einer Sache und wendet sich gegen die Reduzierung auf die letztere; nach Schmidt, Aktionsberechtigung, S. 17, machen erst Freiheitsermächtigung und Generalverbot die Struktur der Berechtigung aus. 203 Vgl. seine Definition des Eigentums und der dinglichen Rechte, s. o. bei II. 204 Bucher, Subjektives Recht, S. 153. 205 Nur insoweit ist es richtig, vom Eigentum als Zuordnung zu sprechen, vgl. bspw. H. P. Westermann, Sachenrecht, S. 160; zu dieser Ansicht und deren weiterreichenden Konsequenzen s. u. bei V. 206 Ähnlich: Schuppe, Begriff, S. 169; Goldschmidt, Eigentum, S. 25 bezeichnet daher das bloße Ausschließungsrecht als „wesensloses Gebilde“. 207 Nach Larenz, Allgemeiner Teil, § 13, I., S. 213, ist es sogar eine „nicht weiter ableitbare Grundkategorie der normativen Sphäre“, daß jemandem etwas von Rechts wegen zukommt oder gebührt. 208 Oertmann, AcP 123 (1925), 129 ff., S. 137.

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4. Ergebnis Nach alledem ist das Eigentum schon aus rechtlichen Gründen mehr als eine bloße Ausschließungsbefugnis; die mangelnde Anschaulichkeit209 einer solchen Beschreibung dinglicher Rechte fällt demgegenüber als Einwand kaum ins Gewicht, wenngleich bereits Oertmann darauf hingewiesen hat, daß die „unbefangene Anschauung des Lebens“ gerade nicht in der Ausschließungsbefugnis das Wesen des Eigentums sehe.210 Daher ist die Ansicht Schloßmanns und einiger anderer Autoren abzulehnen.

III. Eigentum als Letztentscheidungsbefugnis Die im folgenden darzustellende, von Walter Schmidt-Rimpler entwickelte,211 Ansicht ist eng verwandt mit der soeben abgelehnten Bestimmung des Eigentums als bloßes Ausschließungsrecht. Dies zeigt schon Schmidt-Rimplers Definition des Eigentums, zu deren wesentlichen Elementen das Ausschließungsrecht des Eigentümers gehört: Danach ist „Eigentum nur das inhaltlich negativ bestimmte im Range allen an derselben Sache denkbaren Rechten nachstehende Ausschließungsrecht an einer Sache, neben dem als sogenanntes beschränktes dingliches Recht dann nur das inhaltlich positiv bestimmte im Range bestimmten anderen an der Sache denkbaren vorgehende Ausschließungsrecht in Frage kommen kann.“212

In zwei wichtigen Punkten geht die Begriffsbestimmung, die Schmidt-Rimpler für das Eigentum entwickelt hat, über die Schloßmanns und seiner Nachfolger hinaus.213 Neben der Charakterisierung als Ausschließungsrecht wird ein Weg gesucht, auf dem das Eigentum sicher von den beschränkten dinglichen Rechten abgegrenzt werden kann. Diesem Ziel dient der Verweis auf die Nachrangigkeit des Eigentums gegenüber allen anderen an der Sache bestehenden Rechten. Auf diese Weise entgeht Schmidt-Rimpler der Kritik, die sich gegen das uneingeschränkte Abstellen auf die Ausschließungsbefugnis des Eigentümers richtete.214 Des weiteren differenziert Schmidt-Rimpler zwischen dem inhaltlich nur negativ bestimmten Eigentum und den inhaltich positiv bestimmten beschränkten dinglichen Rechten. Die verkürzende Charakterisierung dieser Definition des Eigentums als Letztentv. Tuhr, Allgemeiner Teil I, § 4, I., 2., S. 93. Oertmann, vgl. Fn. 210, S. 137; ebenso Goldschmidt, Eigentum, S. 25 f. 211 Schmidt-Rimpler, Eigentümerdienstbarkeit, S. 18 ff. 212 Schmidt-Rimpler, Eigentümerdienstbarkeit, S. 35. 213 Daher können Schloßmann und Schmidt-Rimpler auch nicht in einem Atemzug genannt werden, wie Planck-Brodmann (5. Auflage), Vorbemerkung 1 vor § 903 BGB, S. 325, dies tut. 214 s. o. unter II. 209 210

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scheidungsbefugnis erklärt sich aus der Tatsache, daß es gerade dieses Merkmal ist, welche diese Auffassung von allen anderen unterscheidet.

1. Stammler als Vorläufer dieser Ansicht Diese Ansicht geht auf Überlegungen von Rudolf Stammler zurück,215 insbesondere auf dessen Artikel „Eigentum und Besitz“ in der dritten Auflage des Handwörterbuchs der Staatswissenschaften.216 Stammler war im wesentlichen um die Klärung des Verhältnisses von Eigentum und Rechten an einer fremden Sache bemüht.217 Da letztere einen Umfang annehmen könnten, bei dem von den Rechten des Eigentümers zur Bestimmung über die Sache praktisch nichts übrig bleibe, sei der Eigentümer im Gegensatz zum anderweitig an der Sache Berechtigten mittels einer Rangordnung im Sinne eines formalen Instanzenzuges zu ermitteln: „Eigentümer einer Sache ist danach die Person, deren rechtliches Ermessen für die Sache in letzter Linie nach dem Spruche des Gesetzes maßgebend ist.“218

Wenngleich Stammler seine Formulierung unabhängig von etwaigen Vorläufern entwickelte, bestehen doch Ähnlichkeiten zu der aus dem 19. Jahrhundert stammenden Eigentumsdefinition Girtanners, wonach sich das Eigentum von den Rechten an fremder Sache durch das „Recht an der Sachbestimmung“ auszeichnet.219 Es sei noch einmal betont, daß Stammler hiermit keine neue Definition des Eigentums entwickeln,220 sondern nur eine Lösung für Streitfragen bei der Abgrenzung von Eigentum und weitreichenden Rechten an fremder Sache anbieten wollte. Stammler wies ausdrücklich darauf hin, daß mit seinen Erwägungen “kein neuer Begriff des Eigentums aufgestellt“ werden sollte.221 Wenn insbesondere SchmidtRimpler Stammler kritisiert, weil dessen „Definition“ rein formal sei und ein inhaltliches Element vermissen lasse,222 so trifft dies die Erörterungen von Stammler aus dem genannten Grunde nicht. Eher verfängt insoweit der Einwand von Raiser, wonach Stammler trotz des von ihm angestrebten Zieles, seine Ansicht unabhängig 215

Dies macht Schmidt-Rimpler schon zu Beginn seiner Erörterungen deutlich, a. a. O.,

S. 19. 216 Stammler, Eigentum, S. 608 ff, insbes. S. 609 ff; unverändert in der vierten Auflage des Handwörterbuchs, S. 322 ff.; ähnlich später in Gruchots Beiträge 70 (1928), S. 129 ff., S. 135 f. 217 Stammler, Eigentum, S. 609. 218 Stammler, Eigentum, S. 610. 219 Girtanner, JhJb 3 (1859), S. 58 ff., S. 90. 220 So aber Schmidt-Rimpler,Eigentümerdienstbarkeit, S. 49; A. Blomeyer, Grundlagen, S. 57; Schön, Nießbrauch, S. 13, richtig dagegen: Delbrück, ArchBürgR 39 (1913), S. 406 ff., S. 408. 221 Stammler, Eigentum, S. 610. 222 Schmidt-Rimpler, Eigentümerdienstbarkeit , S. 49 f.

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von den einzelnen existierenden Rechtsordnungen zu entwickeln, letztlich die Vorstellungen des romanistischen Rechtskreises zugrundelege.223

2. Die Weiterentwicklung von Stammlers Ansatz durch Schmidt-Rimpler Mit Bezug auf die Nachrangigkeit des Eigentums, wie sie Stammler postulierte, entwickelte Schmidt-Rimpler seine Definition des Eigentums. Sein Ziel ist eine Begriffsbestimmung, wonach das Eigentum unter den eine Maßgeblichkeit in Beziehung auf eine Sache gewährenden Rechtsverhältnissen eine oberste Kategorie darstellen soll, die alle anderen an einer Sache möglichen Rechtsverhältnisse mitumfaßt. Dabei soll lediglich ein einziges Eigentum an einer Sache möglich sein.224 Die Festlegung des Eigentums als umfassendstes oder oberstes unter den an einer Sache möglichen Rechten geschieht nach Schmidt-Rimpler durch die Gegenüberstellung von inhaltlicher Negativität beim Eigentum und der positiven Bestimmung des Inhalts bei den beschränkten dinglichen Rechten: Das Eigentum umfaßt die Gesamtheit der an einer Sache möglichen Rechte. Dieser Inhalt kann jedoch nicht begrifflich festgeschrieben werden, da durch die beschränkten dinglichen Rechte, deren Inhalt gesetzlich festgelegt und damit positiv ist, in unterschiedlicher Weise die Rechte an einer Sache verschiedenen Inhabern zugewiesen werden. Eigentum ist danach der nach Betrachtung der beschränkten dinglichen Rechte verbleibende und somit nur negativ festzulegende Rest an Einwirkungsmöglichkeiten auf die Sache.225 Eine positive Inhaltsbeschreibung des Eigentums scheidet nach Schmidt-Rimpler überdies aus, weil eine Rechtsordnung ein inhaltlich negatives Recht benötigt, da bei ausschließlich positiver Umschreibung von Rechten die Möglichkeit bestünde, daß bestehende Einwirkungsmöglichkeiten auf eine Sache nicht zugewiesen würden.226 Weil das Eigentum nach Schmidt-Rimpler nur negativ zu fassen ist, müssen die beschränkten dinglichen Rechte dem Eigentum vorgehen. Sonst würde das Eigentum, das potentiell alle an der Sache möglichen Rechte enthält, die Inhaber der beschränkten dinglichen Rechte von dem ihnen zugewiesenen Sachgenuß ausschließen. Der Gedanke der Rangordnung folgt somit aus der inhaltlichen Negativität des Eigentums.227 Schmidt-Rimplers Herleitung der Rangordnung weicht insoweit von der Stammlers ab.

223 224 225 226 227

Raiser, Art. Eigentum, S. 772. Schmidt-Rimpler, Eigentümerdienstbarkeit, S. 25. Schmidt-Rimpler, Eigentümerdienstbarkeit, S. 30 f. Schmidt-Rimpler, Eigentümerdienstbarkeit, S. 34 f. Schmidt-Rimpler, Eigentümerdienstbarkeit, S. 33 f.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

3. Zur Kritik dieser Ansicht Wenngleich der Verweis auf die Negativität des Eigentums als Ausdruck nicht festzulegenden Fülle von im Eigentum enthaltenen Befugnissen auf den ersten Blick dem nahekommt, was zur Bestimmung des Eigentums als Sachherrschaft gesagt wurde,228 so bestehen doch Einwände gegen die Definition Schmidt-Rimplers. Die Bestimmung des Eigentums durch seine Nachrangigkeit gegenüber den beschränkten dinglichen Rechten ist mehrfach mit dem Hinweis kritisiert worden, daß das Wesen eines Rechts nicht durch sein Verhältnis zu anderen Rechten bestimmt werden könne.229 Noch bevor die Arbeiten von Stammler und SchmidtRimpler veröffentlicht wurden, hatte sich Schloßmann bereits gegen eine Definition des Eigentums gewandt, die auf dem Verhältnis des Eigentums zu den Rechten an einer fremden Sache aufbaut: Auf diesem Wege werde die vereinzelte Erscheinung des belasteten Eigentums zum Ausgangspunkt genommen.230 Soweit sich diese Kritik gegen Stammler richtet bzw. richten sollte, geht sie fehl, weil dieser – wie gesagt – keinen Begriff des Eigentums formulieren wollte. Für SchmidtRimpler hingegen ist die Nachrangigkeit des Eigentums nur ein Element seiner Definition neben der Ausschließungsbefugnis und dem negativen Inhalt des Eigentums. Daß eine Definition des Eigentums aber auch dessen Verhältnis zu den beschränkten dinglichen Rechten als eine der Grundstrukturen einbeziehen muß, ist bereits dargelegt worden. Die genannten Einwände greifen daher nicht durch. Auf eine Inkonsistenz von Schmidt-Rimplers Ansicht macht aber Blomeyer zurecht aufmerksam: Er zeigt, daß die inhaltliche Negativität nicht das letzte Wort sein kann, da Schmidt-Rimpler von einer „Allheit“231 der möglichen Rechte an einer Sache ausgeht. Diese Allheit ist aber ein positives Etwas, das der umfassenden Sachherrschaft entspricht. Schmidt-Rimplers Herleitung seiner Ansicht leidet danach an einem Widerspruch.232 Aber auch die Nachrangigkeit des Eigentums gegenüber den Rechten an fremder Sache vermag als Bestandteil einer Definition des Eigentums nicht zu überzeugen. Wenngleich der Eigentümer, soweit Rechte Dritter an seiner Sache bestehen, auf eine unter Umständen sehr geringe Restmenge von Befugnissen verwiesen sein kann, so ist diese Nachrangigkeit doch nur eine „Momentaufnahme“ eines Rechtszustandes. Sie berücksichtigt weder, daß das Eigentum nach dem Wegfall von Beschränkungen wieder erstarkt – dies ist die sog. Elastizität 233 oder Konsolidas. o. D. I. Goldschmidt, Eigentum, S. 39 f.; A. Blomeyer, Grundlagen, S. 56 richtet diese Kritik nur gegen Stammler. 230 Schloßmann, JhJb 45 (1903), S. 289 ff., S. 372. 231 Schmidt-Rimpler, Eigentümerdienstbarkeit., S. 33. 232 A. Blomeyer, Grundlegung, S. 57 f. 233 Wolff / Raiser, Sachenrecht, § 51, III., S. 177. 228 229

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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tionslage234 des Eigentums –, noch daß regelmäßig die Rechte an einer fremden Sache vom Eigentümer selbst einem Dritten eingeräumt werden müssen. Diese Abhängigkeit der dinglich an einer fremden Sache Berechtigten vom Eigentümer der Sache kommt in Schmidt-Rimplers Definition nicht zum Ausdruck, obwohl es zur umfassenden Sachherrschaft des Eigentümers gehört, Dritten Rechte an seiner Sache einzuräumen. Die Überlegung, daß die begrifflich unbeschränkte Sachherschaft auch die Möglichkeit umfaßt, Nichteigentümern Rechte an der Sache zu gewähren, lag schon den Vorarbeiten zum BGB zugrunde.235 Danach ließe es sich ebenso gut vertreten, daß das Eigentum den beschränkten dinglichen Rechten gegenüber logisch vorrangig sei. Wenn das dritte Buch des BGB das Eigentum vor allen anderen dinglichen Rechten regelt, zeigt dies deutlich, daß gerade diese Sicht dem Gesetz entspricht. Die Nachrangigkeit taugt daher nicht als Merkmal eines Eigentumsbegriffs, da sie das Verhältnis von Eigentum und dinglichen Rechten nicht korrekt beschreibt. Mit dieser Kritik soll dem Merkmal der Nachrangigkeit des Eigentums keineswegs jeder Nutzen abgesprochen werden. Der Absicht Stammlers entsprechend vermag es im Hinblick auf einen gegebenen konkreten Rechtszustand bei der Festlegung der Relation von Eigentum und beschränkten dinglichen Rechten gute Dienste zu leisten.236 Darin erschöpft sich allerdings die Nutzanwendung der Nachrangigkeit. Nur am Rande sei noch erwähnt, daß die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums, wie sie die herrschende Lehre begrifflich durch den Zusatz „das die Rechtsordnung zuläßt“ erfaßt, im Merkmal der Nachrangigkeit gegenüber anderen Berechtigten nicht zum Ausdruck kommen. Wenn demnach die Nachrangigkeit des Eigentums und dessen negative Inhaltsbestimmung als Elemente einer Definition des Eigentums nicht zu überzeugen vermögen, so bleibt von Schmidt-Rimplers Begriff des Eigentums nur das Ausschließungsrecht des Eigentümers übrig. Daß dieses zur Bestimmung des Begriffs des Eigentums nicht ausreicht, ist bereits dargetan worden.

4. Ergebnis Die von Schmidt-Rimpler entwickelte Definition des Eigentums ist abzulehnen, da keiner der drei Bestandteile den Eigentumsbegriff, wie er dem BGB zugrundeliegt, zutreffend beschreibt.

234 Staudinger-Seiler, § 903 BGB, Rdn. 4; so auch die Terminologie im Rahmen der Vorarbeiten zum BGB: vgl. Johow, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 626 und Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 145. 235 Johow, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 623, unter Hinweis auf Böcking, Pandekten II, § 134, S. 6 ff. 236 Schön, Nießbrauch, S. 14.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

IV. Eigentum als Rechtsverhältnis Die bisher dargestellten Meinungen stimmen – ungeachtet aller Differenzen in der Sache – zumindest darin überein, daß es sich beim Eigentum begrifflich um ein subjektives Recht handelt. Umstritten ist lediglich die Frage, was das Wesen dieses subjektiven Rechts bestimmt. Die Vertreter der im folgenden zu behandelnden Ansicht suchen nach einem völlig neuen Ansatz für die Definition des Eigentums: Danach soll das Eigentum als Rechtsverhältnis anzusehen sein.237 Auf diesem Wege, so die Vertreter dieser Ansicht, werde die Betrachtungsweise, welche das Eigentum als subjektives Recht begreift, zwar nicht überflüssig, jedoch in einen größeren Zusammenhang eingeordnet: Als umfassenderer Begriff soll das Rechtsverhältnis das subjektive Recht, welches nur noch ein Moment des Eigentums bildet, in sich aufnehmen.238 Im Unterschied zu den bisher dargestellten Lehren bestünde aber die Möglichkeit, Elemente in den Eigentumsbegriff zu integrieren, die über die bloße subjektive Berechtigung hinausgehen.

1. Zur Begründung dieser Ansicht Der Vorschlag, das Eigentum als Rechtsverhältnis anzusehen, beruht auf der Erwägung, daß die einseitige Betrachtung, welche die Herrschaftsbefugnis des Eigentümers in den Vordergrund stellt, nicht in der Lage sei, das Wesen des Eigentums zu erfassen. Vielmehr müsse man die vielfältigen anderweitigen Bindungen und Pflichten, die aus dem Eigentum erwachsen, ebenfalls in den Blick nehmen.239 Anderenfalls sei eine Strukturierung und Systematisierung der Privatrechtsbeziehungen, die eine Berechtigung enthalten, nicht zu leisten; denn nur über das Eigentumsrechtsverhältnis sei es möglich, ein einheitliches Rechtsgebilde zu erhalten und dieses zur Basis eines Systems zu machen.240 Es umfaßt dann nicht nur die Rechte und Pflichten des Eigentümers, sondern alle sich aus dem Eigentum ergebenden Rechte und Pflichten Dritter.241 Des weiteren soll durch die veränderte und

237 Enneccerus / Nipperdey, Allgemeiner Teil, § 71, I., 3., S. 270; Larenz / Wolf, Allgemeiner Teil, § 13, Rdn. 4; v. Tuhr, Allgemeiner Teil, § 5, I, 1., S. 123; K. Blomeyer, Lehre, S. 105 ff.; Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 160 ff; Meier-Hayoz, Wesen, S. 176; Sontis, Strukturelle Betrachtungen, S. 997 f; der Sache nach auch Raiser, JZ 1961, S. 465 ff., S. 472 f. Wenngleich die genannten Autoren in der Qualifizierung des Eigentums als Rechtsverhältnis übereinstimmen, bestehen Unterschiede zwischen den einzelnen Ansichten, die sich zwar im folgenden nicht auswirken, aber nicht stillschweigend übergangen werden sollen: Während v. Tuhr und Enneccerus / Nipperdey das Eigentum als Rechtsverhältnis an einer Sache ansehen, versteht Meier-Hayoz das Rechtsverhältnis als persönlichkeitsbezogen. Nach Larenz / Wolf schließlich gehören beide Momente zum Rechtsverhältnis. 238 Vgl. Larenz / Wolf, K. Blomeyer, Georgiades, Sontis, jeweils Fn. 237. 239 Vgl. Fußnote 237. 240 Georgiades, S. 164; Sontis, jeweils Fn. 237.

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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damit umfassendere Perspektive, welche das Eigentumsrechtsverhältnis gestattet, der Streit um den richtigen Begriff des Eigentums, vor allem über die Frage, ob die Betonung auf der Herrschafts- oder auf der Ausschließungsbefugnis des Eigentümers liegt, beseitigt werden, da beide Elemente gleichermaßen zum Rechtsverhältnis gehören. Auch seien Fragen der Haftung des Eigentümers, vor allem wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten und aus § 1004 BGB, auf der Basis des Rechtsverhältnisses einfacher zu lösen, da diese Haftung dann unmittelbar aus dem Eigentum abgeleitet werden könne.242 Angesichts der weitreichenden Folgerungen wird deutlich, daß der Begriff Rechtsverhältnis einen gegenüber den bisher dargestellten Definitionen sehr viel größeren Bereich erfassen soll. Wie weit der Begriff des Rechtsverhältnises vorliegend verstanden wird, zeigt auch die Tatsache, daß aus dem Eigentum als von seinen einzelnen Elementen abstrahierenden Rechtsverhältnis wiederum, etwa im Falle einer Störung des Eigentums oder im Rahmen eines Eigentümer-BesitzerVerhältnisses, konkrete Rechtsverhältnisse im Sinne schuldrechtlicher Bindungen entstehen.243 Eine solche terminologische Unterscheidung ist wohl erforderlich, um angesichts der vielfältigen, vom Eigentum als Rechtsverhältnis erfaßten Rechtsbeziehungen, noch einen Überblick über die Einzelheiten zu ermöglichen. Wie schon gesagt, soll durch den Begriff des Rechtsverhältnisses das subjektive Recht nicht aus der Rechtslehre und insbesondere nicht aus der Eigentumsdogmatik verbannt werden. Als Kennzeichnung der Tatsache, daß dem Eigentümer ein Freiraum gegenüber anderen zusteht, bleibt das subjektive Recht auch nach dieser Ansicht ein Element des Rechtsverhältnisses Eigentum, allerdings neben den Pflichten des Eigentümers, wie sie das Eigentum ebenfalls umfaßt.244 Ähnliche Auffassungen werden in der Rechtslehre auch ohne die Einführung eines Eigentumsrechtsverhältnisses vertreten.245 Von dem übergeordneten Standpunkt des Rechtsverhältnisses aus müssen Rechte und Pflichten des Eigentümers aber als auf einer Ebene stehend betrachtet werden.246 Es wird im folgenden zu zeigen sein,

241 Larenz, Allgemeiner Teil, § 12, I., S. 198 f.; Larenz / Wolf, Allgemeiner Teil, § 13, Rdn. 55, formuliert zurückhaltender und hält es für unbedenklich, beim Eigentum die mit dem Eigentum verbundenen Pflichten als gegenüber dem Kern des Eigentums, dem Eigentumsrecht, untergeordnet zu betrachten. 242 Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 164 f. 243 Köhler, Allgemeiner Teil, § 5, I., 1., S. 34. 244 Larenz, Allgemeiner Teil, § 12, I, S. 195 und S. 198 f.; Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 162 f.; Sontis, Strukturelle Betrachtungen, S. 996 f. 245 Schwab / Prütting, Sachenrecht, § 28, IV., S. 137: Das Eigentum sei ein Inbegriff von Rechten und Pflichten; ähnlich Westermann, Sachenrecht,§ 28, 160, wonach das Eigentum als umfassende Zuordnung einer Sache zugleich Güter- und Lastenzuweisung ist, vgl. bei V. 246 Im Hinblick auf die folgenden Erörterungen sei schon hier angemerkt, daß v. Tuhr und Enneccerus / Nipperdey, jeweils Fn. 237, zwar das Eigentum als Rechtsverhältnis bezeichnen, aber keineswegs ähnlich weitgehende Konsequenzen damit verbinden wie bspw. Georgiades, vgl. Fn. 244.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

daß dies die grundlegende Änderung gegenüber der traditionellen Betrachtung des Eigentums ausschließlich als subjektives Recht ist.

2. Zur Herkunft dieser Ansicht Als Vorläufer dieser Ansicht gilt ihren Vertretern zufolge Schloßmann, dessen Definition des Eigentums als Ausschließungsrecht erstmals den Blick dafür geöffnet habe, daß das Verhältnis des Eigentümers zu Dritten in den Vordergrund zu rücken sei.247 Wenn Schmidt-Rimpler nur wenig später248 das Eigentum bereits als Rechtsverhältnis und damit als rechtlich geordnete Beziehung von Menschen zueinander bezeichnete,249 so scheint dies im weiteren keine Auswirkungen gehabt zu haben, zumal keiner der späteren Vertreter dieser Ansicht Schmidt-Rimpler auch nur erwähnt. Den ersten Vorstoß zur Neukonzeption des Eigentums als Rechtsverhältnis, in dem bereits die gesamte Argumentation, wie sie sogerade dargestellt wurde, enthalten war, unternahm Karl Blomeyer im Jahre 1936:250 „Was man als subjektives Recht bezeichnet, ist im Grunde genommen eine Seite eines Rechtsverhältnisses oder ein Rechtsverhältnis in einer bestimmten Richtung. Es ist die Machtstellung, die die Rechtsordnung dem Einzelnen zur Befriedigung seiner Interessen gewährt: diese Machtstellung aber ist immer nur ein Teil der Stellung, die das Recht dem Einzelnen in einer bestimmten Beziehung gibt, und diese Stellung ist ihrerseits häufig nur ein Teil einer umfassenderen Regelung eines Lebensverhältnisses, d. h. eines umfassenderen Rechtsverhältnisses. . . . Aber dieser Begriff (das subjektive Recht, Ergänzung durch den Verfasser) darf künftig nicht mehr Grundbegriff sein.“251

Wenngleich sich Blomeyer nicht ausdrücklich darauf bezog, so sei jedoch angemerkt, daß der Gedanke, die subjektiv-rechtliche Betrachtung des Eigentums sei zu einseitig, schon im 19. Jahrhundert von Rudolph v. Jhering formuliert wurde, was zur Entwicklung einer gesellschaftlichen Theorie des Eigentums führte.252 Letztere hatte in der Folgezeit jedoch kaum Auswirkungen auf die Diskussion um den Eigentumsbegriff. Auch die Verbindung von Rechten und Pflichten im Eigentum durch Otto v. Gierke253 hat zur Folge, daß das Eigentum als Rechtsverhältnis 247 Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 160; Meier-Hayoz, Wesen, S. 174, der auch das subjektiv-rechtliche Element des Eigentums im Anschluß an Schloßmann auf das Ausschließungsrecht beschränkt. 248 Im Jahre 1911; der Artikel Schloßmanns stammt aus dem Jahre 1903. 249 Schmidt-Rimpler, Eigentümerdienstbarkeit, S. 25 i. V. m. S. 26. 250 Zu diesem Vorschlag K. Blomeyers, der in der nationalsozialistischen Rechtslehre kaum Gefolgschaft fand, ausführlich Thoss, Subjektives Recht, S. 80 ff. 251 K. Blomeyer, Lehre, S. 105. 252 v. Ihering, Zweck I, S. 526; ihm folgend: Samter, Eigenthumsbegriff, S. 22; vgl. dazu unten S. 269 ff.

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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aufgefaßt werden muß. Zwar hat v. Gierke dies für das Eigentum nicht ausdrücklich festgestellt. Es folgt jedoch aus seinem Begriff des subjektiven Rechts, der in sich Willensmacht und Willensgebundenheit vereinigt und das subjektive Recht zu einem Rechtsverhältnis werden läßt.254 Für Blomeyer war die Neudefinition des Eigentums zumindest vordergründig vor allem Mittel zur Erreichung eines höheren Zweckes: Die Erfassung des Eigentums als Rechtsverhältnis sollte der Durchsetzung der nationalsozialistischen Weltanschauung dienen, die von der Volksgemeinschaft ausging und die Pflichten des Einzelnen in den Vordergrund stellte.255 Hierbei machte sich Blomeyer ausdrücklich die angebliche Inhaltslosigkeit der Normen des BGB zunutze, um die Fortentwicklung des Rechts im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung zu gewährleisten.256 Im Gegenzug ist allerdings auch darauf hinzuweisen, daß Blomeyer mit seinen Ausführungen das subjektive Recht vor der völligen Auflösung und Abschaffung zu retten beabsichtigte.257 Sein Vorschlag wäre danach womöglich als Kompromiß zwischen den notwendigen Zugeständnissen an die herrschenden Verhältnisse und der Bewahrung überkommenen Gedankenguts, wie es liberaler Rechtswissenschaft entstammte, zu sehen. Dem entspricht es, wenn Dürig im Zusammenhang mit einem anderen Artikel Karl Blomeyers258 auf dessen „mutigen Kampf . . . gegen die „ ,Blut- und Boden‘-Jurisprudenz“ hinweist.259 Blomeyer trat den vor allem von der sog. Kieler Schule260 erhobenen Forderungen entgegen,261 die eine gänzliche Abkehr vom Begriff des subjektiven Rechts zum Gegenstand hatten.262 Es sollte zur Verwirklichung nationalsozialistischer Weltanschauung im Bereich des Rechts das „individualistische Rechtssystem von Rechtsperson, subjektivem Recht und Rechtspflicht . . . durch das Recht der Volksgemeinschaft und ihrer Gliederungen überwunden“263 werden. Statt des abstrakten und der Verwirklichung von Einzelinteressen dienenden subjektiven Rechts sollte Vgl. DPR II, § 120, S. 356 ff. v. Gierke, Grundzüge, § 12, S. 192: „Rechte und Pflichten verbinden sich zu Rechtsverhältnissen“; dazu Janssen Sozialer Eigentumsbegriff, S. 565 m. w. N und ausführlich im zweiten Teil dieser Arbeit. 255 K. Blomeyer, Lehre, S. 104. 256 K. Blomeyer, Lehre, S. 106 f. 257 K. Blomeyer, Lehre, S. 105 und S. 111 f. 258 K. Blomeyer, Erbhof, S. 93 ff. 259 Dürig, ZStaatsW 109 (1953), S. 326 ff., S. 347. Fn. 1. 260 Vgl. hierzu Rüthers, Rechtslehre, S. 41 ff. 261 Thoss, Subjektives Recht, S. 80. 262 Vgl. die Beiträge im ersten Band (im Anschluß an das sog. Kitzeberger Lager junger Rechtsgelehrter erschienen) der Zeitschrift „Deutsche Rechtswissenschaft“ (1936) von Eckhardt, S. 7 f und S. 352 ff; Würdinger, S. 15 ff; Siebert, S. 23 ff; Larenz, S. 31 ff und Wieacker, S. 74 ff; hierzu: Kasper, Subjektives Recht, S. 109; Ost, Zuordnung, S. 17 f.; sehr ausführlich dazu: Thoss, Subjektives Recht, S. 37 ff. 263 Siebert, vorige Fn., S. 27. 253 254

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

die konkrete Rechtsstellung des „Volksgenossen“ und der Pflichtgedanke im Vordergrund stehen.264 Dies wäre gleichbedeutend mit der Abschaffung des subjektiven Rechts im Privatrecht gewesen.265 Zu Beginn der 60er Jahre hat dann Raiser den Gedanken, daß das subjektive Recht nicht der zentrale und systembegründende Begriff des Zivilrechts sein dürfe, erneut formuliert. Die Rechtsordnung leiste, so Raiser, mit der Anerkennung von Rechtsstellungen und Rechtsverhältnissen mehr als die bloße Gewähr von durchsetzbaren Rechten. Der Rechtsschutz der Person müsse auch dort gewährleistet werden, wo der einzelne in „überindividuelle Ordnungen“ eingefügt sei. Ein auf subjektiven Rechten gegründetes System des Privatrechts, das lediglich der Sicherung der Freiheitssphäre des einzelnen diene, leiste demgegenüber der “Isolierung der Rechtsgenossen“ Vorschub. Vielmehr sei der einzelne durch das Recht in als „Ordnungsgefüge geregelte Wirkungszusammenhänge“ einzufügen, in denen er eine „Gliedstellung“ einnähme.266 Danach sei auch die Frage zu klären, ob eine solche, das subjektive Recht überschreitende Rechtsstellung, nicht auch Pflichten in sich schließe.267 Später hat Raiser dann das Eigentum als höchst komplexe Rechtsstellung bezeichnet, die zum Zwecke der möglichst umfassenden Sachnutzung eine Fülle von Befugnissen, aber auch Pflichten des Eigentümers enthält.268 Wenn Raiser davon ausgeht, daß Georgiades im gleichen Sinne vom Eigentum als Rechtsverhältnis spreche,269 so trifft dies allerdings nicht zu. Raiser stellt ausdrücklich und ohne Einschränkung fest, daß das Eigentum im Privatrecht die Eigenschaften eines subjektiven Rechts habe.270 Georgiades geht, wie bereits dargelegt271, sehr viel weiter, indem er das Eigentum auch im Privatrecht als Rechtsverhältnis bezeichnet, welches nur unter anderem ein subjektives Recht umfaßt. Die von Blomeyer und Raiser entwickelten Topoi – die Absage an das subjektive Recht als Grundstein der Privatrechtsordnung, die Suche nach einer übergeordneten Perspektive in Form des Rechtsverhältnisses oder der Rechtsstellung, der Siebert, S. 25; Larenz, S. 32 f., vgl. jeweils Fn. 262. Ost, vgl. Fn. 262; vgl. Hattenhauer, Grundbegriffe, § 7, S. 133 f. zum damit zusammenhängenden Angriff auf das privatrechtliche Eigentum. 266 Raiser, JZ 1961, S. 465 ff., S. 471 f.; auf die – in der Sache aber wohl nicht vorhandene – Nähe von Raisers Äußerungen zur nationalsozialistischen Terminologie weist Thoss, Subjektives Recht, S. 143, hin. Der Sache und dem Ausdruck enger ist die Verbindung zu dem deutschen, sozialen Eigentumsbegriff v. Gierkes, den Raiser, S. 473 jedoch lediglich erwähnt, ohne ihn zu zitieren. Auffällig ist an dieser Stelle jedoch, daß Raiser, Fn. 79 den nationalsozialistischen Rechtshistoriker Merk als Beleg für den Pflichtgedanken im germanischen Recht angibt und nicht v. Gierke, der diesen Gedanken entwickelte, vgl. dazu unten. Zur Anknüpfung Merks an v. Gierkes Darlegungen zum Eigentum vgl. Kahlenberg, Leben, S. 219 ff. 267 Raiser, vgl. Fn. 266, S. 473. 268 Raiser, Eigentum, S. 765 f. 269 Raiser, Eigentum, S. 765, Fn. 27. 270 Raiser, Eigentum, S. 764. 271 s. o. unter 1. 264 265

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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unmittelbare Konnex von Berechtigung und Verpflichtung – finden sich, wie oben dargestellt, sämtlich in der aktuellen, seit Beginn der 70er Jahre verstärkt vertretenen Lehre vom Eigentum als Rechtsverhältnis.

3. Die Folgen für den Eigentumsbegriff des Zivilrechts Inwieweit man aufgrund der Fassung des Eigentums als Rechtsverhältnis zu einem neuen Eigentumsbegriff kommen muß, ist aus den Äußerungen der genannten Autoren nicht zweifelsfrei zu entnehmen: Denn auch wenn man das Rechtsverhältnis in den Vordergrund stellte, bliebe, so Georgiades, der Eigentumsbegriff als abstrakte Herrschaft über die Sache und die Unterscheidung zwischen Begriff und Inhalt des Eigentums erhalten.272 Dies könnte nun so gedeutet werden, daß sich am Eigentumsbegriff nichts ändert. Konsequenterweise würde dann diese Theorie aber nichts Neues formulieren, sondern lediglich einen neuen Terminus für die bekannte Rechtslage vorschlagen. Die den Eigentümer treffenden Pflichten und die Beschränkung der Sachherrschaft blieben auf der Ebene des Inhalts des Eigentums, der Begriff und die Qualifizierung als subjektives Recht würden nicht angetastet. Allenfalls wäre der Blick mehr auf die Pflichten, die den Eigentümer treffen, gelenkt, aber daß das Eigentum vielfältigen Beschränkungen unterliegt und den Eigentümer Pflichten treffen, ist zur Genüge bekannt. Eine solche Betrachtung würde die Frage nach der Notwendigkeit einer Neubesinnung im Hinblick auf den Eigentumsbegriff aufwerfen, zumal keine nennenswerten Änderungen von dieser zu erwarten wären. Daß dies nicht Ziel der Auffassung des Eigentums als Rechtsverhältnis sein kann, zeigt sich jedoch, wenn die angestrebte Neuordnung des Privatrechts auf der Basis von Rechtsverhältnissen, die – wie im Falle des Eigentums – subjektive Berechtigung und Verpflichtung gleichermaßen erfassen, genauer in Augenschein genommen wird. Auf diese Weise wird nämlich dem subjektiven Recht, auch wenn dies Kern eines Rechtsverhältnisses sein soll,273 gegenüber den Pflichten, die einen Berechtigten treffen, eine gleichgeordnete Position zugewiesen. Das zeigen die folgenden Formulierungen deutlich: Larenz bezeichnet das Rechtsverhältnis als „Inbegriff von Rechten und Pflichten“ und stellt fest, daß mit „dem Eigentum auch Pflichten verbunden sein“ können.274 Georgiades spricht davon, daß jede Rechtsstellung nicht nur Befugnisse gewähre, sondern auch Pflichten umschließe. Durch Begründung des Eigentums entstehe danach ein „Rechtsverhältnis, das notwendig das subjektive Eigentumsrecht enthält; es kann aber auch nicht selbständige Rechte darstellende Befugnisse, Rechtspflichten und Obliegenheiten in sich erfassen.“275

Georgiades, Eigentum, S. 162. Larenz, Allgemeiner Teil, § 12, I, S. 195. 274 Larenz, Allgemeiner Teil, § 12, I, S. 196 und S. 199; darauf verweist Sontis, Strukturelle Betrachtungen, S. 997. 272 273

5*

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

Wenn das Rechtsverhältnis als übergeordneter Begriff subjektive Rechte und Pflichten umfaßt, so werden – wie schon angedeutet – von diesem Standpunkt aus Recht und Pflicht auf einer Ebene nebeneinander angeordnet. Dies ist aber nicht ohne Folgen für die Qualifizierung des Eigentums als subjektives Recht möglich. Wie gravierend die Änderungen sind, die der Eigentumsbegriff erfährt, zeigen die Ausführungen von Georgiades: „Der Zivilrechtsdogmatik bereitet es seit je große Schwierigkeiten, die gesetzlichen Bindungen, die dem Eigentümer Handlungs- oder Leistungspflichten auferlegen, mit dem Begriff des subjektiven dinglichen Rechts in Einklang zu bringen. Es wird allgemein zugegeben, daß diese Art der Bindungen mit dem Begriff des subjektiven Rechts, wie er sich in der zivilrechtlichen Rechtslehre herausgebildet hat, unvereinbar ist. Faßt man aber das Eigentum als Rechtsverhältnis auf, dann wird es möglich, jeden Pflichtgehalt der Eigentümerstellung in das Eigentum einzubeziehen“ (Hervorhebung durch den Verfasser).276 Die Einbeziehung von Pflichten in das Eigentum hatte schon für v. Gierke, den Begründer dieser Betrachtungsweise, im Vordergrund gestanden.277 Die Tatsache, daß damit das subjektive Recht nicht mehr zunächst als begrifflich unbeschränktes verstanden wird, dem dann von der Rechtsordnung Grenzen gesetzt werden, sondern als von vornherein begrenzt und in eine Pflichtigkeit gestellt erscheint, ist eine Abkehr von dem oben dargestellten Eigentumsbegriff, wie ihn die herrschende Meinung postuliert. Die Behauptung von Georgiades, daß der Eigentumsbegriff im Rahmen des Rechtsverhältnisses unangetastet bleibe, kann sich daher nur auf die zweite Bedeutung beziehen, die der Fassung des Eigentums als umfassendem Herrschaftsrecht zukommt, nämlich auf die Abgrenzung zu den beschränkten dinglichen Rechten. Für diese ändert sich, hinsichtlich der Relation zum Eigentum nichts, da sie wie das Eigentum ebenfalls subjektive Rechte sind und den gleichen Bindungen unterliegen.278 Es sei bereits hier angemerkt, daß die gerade zitierten Formulierungen, denen zufolge Pflichten direkt aus dem Eigentum abgeleitet werden können, an die frühe Begründung von Verkehrssicherungspflichten erinnern, wie sie das Reichsgericht formulierte: „Das Eigentum berechtigt nicht nur, sondern verpflichtet ebenso den Eigentümer. Er muß dafür sorgen, daß durch den Gebrauch seiner Eigentumsgegenstände nicht Schaden für Dritte entsteht.“279 Diese Begründung dürfte jedoch Georgiades, Eigentum, S. 162 f. Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 163; ähnlich deutlich Sontis, Strukturelle Betrachtungen, S. 997 f. 277 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 490. 278 Schön, Nießbrauch, S. 10, der dann auch darauf verzichtet, anhand des Rechtsverhältnisses eine Abgrenzung des Eigentums von den beschränkten dinglichen Rechten vorzunehmen. 279 RGZ 89, S. 120 ff., S. 122; vgl. dazu Kroeschell, Eigentumslehre, S. 47 und Rüthers, Auslegung, S. 351. 275 276

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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als überholt anzusehen sein, da die Verkehrssicherungspflichten allgemein auf die Erwägung gestützt werden, daß derjenige, welcher eine Gefahrenquelle schafft, Vorkehrungen zum Schutze Dritter zu treffen hat280 und nicht mehr aus dem Eigentum selbst abgeleitet werden.

4. Zur Kritik dieser Ansicht Auch wenn der Feststellung, daß das Eigentum vielfältigen Bindungen unterliegt und daß ein Eigentum ohne Beschränkungen in einer Gesellschaft nicht denkbar ist,281 nicht widersprochen werden kann, so muß doch der hierauf gründende Versuch, das Eigentum und seine Bindungen gleichermaßen durch ein einheitliches Rechtsverhältnis zu erfassen, abgelehnt werden. Diese Ablehnung stützt sich vor allem auf zwei Gründe: Zum einen steht hinter dem Terminus des Rechtsverhältnisses das Bemühen, den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff mit der verfassungsrechtlichen Regelung in Art. 14 I und II GG282, insbesondere mit der Sozialbindung des Eigentums, in Einklang zu bringen.283 Dabei wird jedoch – wie sogleich zu zeigen sein wird – ein falsches Verständnis der grundgesetzlichen Sozialbindung des Eigentums zugrundegelegt. Zum anderen entspricht das Denken in Rechtsverhältnissen nicht dem Sachenrecht des BGB, das einzelne Rechte und Pflichten statuiert, aber keine Regelung, die so weitgehend ist, daß ganze Beziehungsgeflechte wie das Eigentum in allen Äußerungen normiert würden. Wenn in diesem Zusammenhang die Eigenschaft des Eigentums als subjektives Recht relativiert werden soll, so steht dies im Gegensatz zu den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung.

280 MüKo-Mertens, § 823 BGB, Rdn. 183; Palandt-Thonas, § 823 BGB, Rdn. 58; SoergelZeuner, § 823 BGB, Rdn. 155, Staudinger-Schäfer, § 823 BGB, Rdn. 313. 281 Staudinger-Seiler, Vorbemerkung zu § 903 BGB, Rdn. 6, 56 und § 903 BGB, Rdn. 3; Liver, Eigentumsbegriff, S. 247. 282 Art. 14 I und II GG lauten: „(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ 283 Bspw. Sontis, Strukturelle Betrachtungen, S. 997: „Die nach dem Art. 14 II GG gebotene Sozialbindung des Eigentums umfaßt – untrennbar von diesem – auch Handlungs- und Leistungspflichten des Eigentümers als solchen, und ähnliche Bindungen kennt auch das BGB sowie die sonstige Gesetzgebung. Der daraus entstehenden Schwierigkeit gegenüber gibt es nur einen Ausweg: das Eigentum als Rechtsverhältnis, als Eigentumsverhältnis zu konstruieren“ (Hervorhebung durch den Verfasser); ebenso Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 162.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

a) Die unmittelbare privatrechtliche Bindung des Eigentümers durch Art. 14 II GG als falsche Prämisse Im Rahmen der einheitlichen Betrachtungsweise des Eigentums, die von der Position des Rechtsverhältnisses aus gewährleistet werden soll, nehmen die Vertreter der obengenannten Ansicht immer wieder Bezug auf die grundgesetzliche Regelung des Eigentums, insbesondere auf den Art. 14 II GG.284 Vor allem Georgiades gründet seine Betrachtungen über die Unzulänglichkeit des subjektiven Rechts als Ausdruck der Rechtsstellung des Eigentümers und die daraus folgende Entwicklung des Eigentums als Rechtsverhältnis auf die Sozialbindung gem. Art. 14 II GG und deren unmittelbare Rechtswirkung.285 Dieses Verständnis des Art. 14 GG ist somit zumindest eine der Prämissen, aus denen die Anschauung abgeleitet wird, derzufolge das Eigentum als Rechtsverhältnis aufzufassen sei. Der Ableitung von Folgerungen für das Privatrecht direkt aus der verfassungsrechtlichen Sozialbindung des Eigentums muß mit Skepsis begegnet werden. So besteht zwischen dem Privatrecht und dem Verfassungsrecht ein kategorialer Unterschied: Während das Privatrecht das Verhältnis der einzelnen zueinander regiert, regelt das Verfassungsrecht im Bereich der Grundrechte – im Hinblick auf die Drittwirkung der Grundrechte muß man sagen grundsätzlich286 – das Verhältnis des Einzelnen zur Allgemeinheit. 287 Im übrigen wird Art. 14 II GG als Verwirklichung des Sozialstaatsprinzips angesehen und damit vor allem als Regelungsauftrag an den Gesetzgeber sowie als Bindung anderer staatlicher Organe verstanden.288 Selbst wenn Art. 14 II GG im Privatrecht Anwendung finden sollte, wozu sogleich Stellung zu nehmen sein wird, wäre dies sogar den Befürwortern zufolge eine Ausnahme.289 Ob eine solche Ausnahme der Grundstein für eine neue

284 Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 158 ff.; Raiser, JZ 1961, S. 465 ff., S. 473; Sontis, Strukturelle Betrachtungen, S. 997. 285 Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 159 f.; wenn Georgiades davon ausgeht, daß die unmittelbare Geltung des Art. 14 II GG unbestritten sei, so ist dies zumindest nach dem heutigen Stand der Literatur nicht mehr korrekt, wenngleich diese Ansicht wohl noch als herrschend angesehen werden muß, vgl. Dreier-Wieland, Art. 14 GG, Rdn. 83 und die umfangreichen Nachweise bei Wendt, Eigentum, S. 295, Fn. 27. 286 Vgl. die immer noch nicht beendete Diskussion um die Drittwirkung der Grundrechte: Zusammenfassung und zahlreiche weitere Nachweise bei HdbStR, Bd. V-Rüfner, § 117, Rdn. 54 ff. 287 Dürig, ZStaatsW, 109, S. 326 ff.; S. 342 und Grundrechte, S. 157 ff., S. 165 ff. und explizit gegen eine Drittwirkung des Art. 14 II GG, S. 172 f.; wenn sich allerdings Dürig im folgenden der Drittwirkung der Grundrechte völlig verschließt, muß dies als überholt angesehen werden. 288 AK-Rittstieg, Art. 14 / 15 GG Rdn 153; v. Münch-Bryde, Art. 14 GG, Rdn. 69; vgl. die ausführlichen Nachweise bei Parodi, Eigentumsbindung, S. 84 f. 289 v. Münch, Art. 14 GG„ Rdn. 68; ähnlich BK-Kimminich, Art. 14 GG, Rdn. 159, wonach zumindest in vielen Fällen eine Konkretisierung der Sozialbindung durch den Gesetzgeber nötig sein wird.

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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Systematik des Privatrechts sein kann, welche die zentrale Stellung des subjektiven Rechts ablöst, bleibt zweifelhaft. Wie im folgenden gezeigt werden soll, ist aber nicht nur die Konsequenz, die aus einer unmittelbaren Geltung des Art. 14 II GG gezogen wird, bedenklich. Vielmehr ist bereits die Prämisse falsch.

aa) Die unmittelbare Wirkung des Art. 14 II GG im Privatrecht Daß gerade der Art. 14 II GG für die Begründung der hier kritisierten Ansicht von großer Bedeutung ist, zeigt der Verweis290 gleich mehrerer ihrer Vertreter auf einen Artikel von Kübler, in welchem dieser die unmittelbare Rechtswirkung des Art. 14 II GG im Privatrecht befürwortet.291 Der Art. 14 II GG soll danach unmittelbar zivilrechtliche Pflichten für den Eigentümer gegenüber Dritten erzeugen.292 Wäre dem so, ließe sich eine Betrachtungsweise, die Rechte und Pflichten des Eigentümers als Bestandteile eines Rechtsverhältnisses begreift und dementsprechend Pflichten direkt aus dem Eigentum ableitet, sehr wohl vertreten. Besonders eingehend hat sich Kübler in dem schon genannten Artikel mit der Frage der unmittelbaren Geltung des Art. 14 II GG im Privatrecht befaßt. Ihm geht es um die Beantwortung der Frage, ob unmittelbar aus der Gemeinwohlpflicht des Art. 14 II GG zivilrechtliche Ansprüche abgeleitet werden können.293 Diese unmittelbare Wirkung der Gemeinwohlbindung stützt Kübler vor allem auf den Nachweis, daß die lutherische Eigentumsethik, insbesondere durch die Einflußnahme Friedrich Naumanns, in Art. 153 III WRV294, dem Vorläufer des Art. 14 II GG, zum Ausdruck gebracht werden sollte. Trotz der Änderung des Wortlauts sei diese Vorstellung bei der Schaffung des Art. 14 II GG erhalten geblieben.295 Bereits aus der Entstehungsgeschichte des Art. 14 II GG leitet Kübler ab, daß Art. 14 II GG die einzelnen Bürger nicht nur dem Staat gegenüber, sondern auch gegenseitig verGeorgiades, Eigentumsbegriff, S. 165, Fn. 58; Raiser, vgl Fn. 284, S. 472. Kübler, AcP 159 (1960 / 1961), S. 236 ff., insbes. S. 241 ff. und S. 261 ff. 292 Kübler, vgl. vorige Fn.; ebenso: Kreft, Schutzgrenzen, S. 208; Stein, Wandlung, S. 523; ähnlich: Enneccerus / Nipperdey, Allgemeiner Teil, § 15, § 15, II., 3., S. 57 f.; Wieling, Sachenrecht, § 8, I., 2., b), S. 253; Wolff / Raiser, Sachenrecht, § 52, I., 3., S. 179; v. MünchBryde, Art. 14 GG, Rdn. 70 läßt offen, ob der Art. 14 II GG direkte Rechtswirkungen erzeugt oder bei der Auslegung zivilrechtlicher Generalklauseln zu beachten ist; BK-Kimminich, Art. 14 GG, Rdn. 154 und Dreier-Wieland, Art. 14 GG, Rdn. 83 sprechen zwar ebenfalls von einer direkten Wirkung des Art. 14 II GG, wobei dies aber nicht ausdrücklich auf das Privatrecht bezogen wird; HdbStR, Bd. V-Hofmann, § 114, Rdn. 8, schließlich qualifiziert Art. 14 II GG als Grundpflicht des Eigentümers, die bei der Rechtsanwendung als Richtlinie gelten soll. 293 Kübler, vgl. Fn. 292, S. 239. 294 Art. 153 III WRV lautete: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich Dienst sein für das Gemeine Beste.“ 295 Kübler, vgl. Fn. 292, S. 241 ff. 290 291

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

pflichte.296 Diesen Befund sieht er durch die Überlegung bestätigt, daß Art. 14 II GG im Hinblick auf das Sozialstaatsgebot einen möglichst weiten Anwendungsbereich haben müsse, damit auf diesem Wege das Staatsziel der sozialen Gerechtigkeit verwirklicht werden könne. Daraus folge ebenfalls die direkte Anwendbarkeit des Art. 14 II GG.297

bb) Keine unmittelbare Bindung des privatrechtlichen Eigentums durch Art. 14 II GG Auch wenn Kübler eine eindrucksvolle Darstellung der Historie der Sozialbindung des Eigentums zur Begründung seines Standpunkts heranzieht und überdies auf die Sozialstaatsklausel im Grundgesetz verweist, muß dieser Ansatz dennoch abgelehnt werden. So ist bereits der Verweis auf die religiösen und ethischen Vorstellungen, die hinter einer Gesetzgebung stehen, nur sehr eingeschränkt für die Auslegung von Gesetzen verwendbar,298 zumal sich diese Gesetze unabhängig von der Weltanschauung an alle Rechtsunterworfenen wenden. Auch der Verweis auf die Gesetzgebungsgeschichte führt in diesem Zusammenhang nicht weiter, da diese durchaus Raum für eine Interpretation läßt, die der Küblers zuwiderläuft.299 (a) Art. 14 II GG als Regelungsauftrag an den Gesetzgeber Unabhängig davon, daß die Ableitung von Pflichten insoweit zumindest Zweifeln ausgesetzt ist, läßt sich diese Ansicht auch aus dogmatischen Gründen nicht halten. Dies folgt aus dem engen systematischen Zusammenhang des Art. 14 II GG mit dem Gesetzgebungsauftrag des Art. 14 I 2 GG: Danach ist die Sozialbindung des Eigentums ein ausschließlich an den Gesetzgeber gerichtetes Gebot.300 Die Pflichten des Eigentümers zur Rücksichtnahme auf die Belange anderer Rechtsgenossen bestimmt danach der Gesetzgeber.301 Andere Organe des Staates sind nicht zur Verwirklichung der Sozialbindung berufen.302 Daher widerspricht die Ablei-

Kübler, vgl. Fn. 292, S. 252. Kübler, vgl. Fn. 292, S. 256 und S. 260. 298 Parodi, Eigentumsbindung, S. 89. 299 Parodi, vorige Fn., S. 90; Wendt, Eigentum, S. 295. 300 AK-Rittstieg, Art. 14 / 15 GG, Rdn. 153; MD-Papier, Art. 14 GG, Rdn. 299; SachsWendt, Art. 14 GG, Rdn. 72; v. Brünneck, Eigentumsgaratie, S. 395 f; Wendt, Eigentum, S. 299 f. 301 BVerfGE 71, S. 230 ff., S. 242. 302 BVerfGE 56, S. 249 ff., S. 260, insoweit dürfte die Entscheidung BVerfGE 21, S. 73 ff., S. 83, in der noch von einer unmittelbaren Geltung des Art. 14 II GG gesprochen wurde – wenngleich auch hiernach schon regelmäßig der Gesetzgeber zur Verwirklichung der Sozialbindung berufen war –, der Sache nach überholt sein; vgl. auch MD-Papier, Art. 14 GG, Rdn. 299 sowie eingehend Müller, NJW 1981, S. 1254 f, S. 1255 und Wendt, Eigentum, S. 297 f. 296 297

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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tung von Pflichten des Eigentümers unmittelbar aus der Verfassung dem Prinzip des Gesetzesvorbehalts, wonach dem einzelnen nur durch Gesetz Pflichten auferlegt werden können.303 Die privatrechtlichen Pflichten des Eigentümers sind deshalb den das Privatrecht regelnden Gesetzen, nicht aber Art. 14 II GG, zu entnehmen.304 Schließlich ist der Art. 14 II GG zu unbestimmt, als daß ihm konkrete zivilrechtliche Handlungsgebote entnommen werden könnten.305 Die Entscheidung eines Rechtsstreits aus Art. 14 II GG abzuleiten, dürfte angesichts der unbestimmten Formulierung kaum gelingen.306 Daß gerade die normative Unbestimmtheit ein entscheidender Einwand gegen eine direkte privatrechtsbestimmende, wenn nicht gar anspruchsbegründende Wirkung des Art. 14 II GG ist, zeigt sich deutlich bei einem Vergleich mit den ersten beiden Sätzen des Art. 9 III GG307: Hier haben die Verfasser des Grundgesetzes eine eindeutig unmittelbar im Zivilrecht anwendbare Verfassungsbestimmung geschaffen. Dementsprechend klar ist diese Norm in Tatbestand und Rechtsfolge gefaßt; dagegen fehlt eine Ermächtigung des Gesetzgebers, die erforderlichen Gesetze zu erlassen, zumal diese angesichts der Klarheit des Art. 9 III 1 und 2 GG überflüssig wäre. Hinsichtlich des Art. 14 I und II GG ist der Verfassungsgesetzgeber genau den umgekehrten Weg gegangen: Während die beiden Sätze des Art. 14 IIGG insbesondere auf die Festsetzung einer klaren Rechtsfolge verzichten, wird der Gesetzgeber durch Art. 14 I 2 GG ermächtigt, sogar den Inhalt des Eigen303 MD-Papier, vgl. Fn. 302; wenn Dreier-Wieland, Art. 14 GG, Rdn. 83 hiergegen einwendet, daß der Gesetzesvorbehalt nur den einfachen Gesetzgeber bindet, nicht den Verfassungsgeber selbst hindert, Grundpflichten aufzuerlegen, so geht dies an der Argumentation von Papier vorbei: Papier macht deutlich, daß aus dem Zusammenhang der beiden ersten Absätze des Art. 14 I GG ein Regelungsauftrag ausschließlich an den Gesetzgeber erwächst. Der Art. 14 GG formuliert daher selbst einen Gesetzesvorbehalt und dieser darf nicht durch die isolierte Berufung auf Art. 14 II GG umgangen werden. 304 BGH, LM Nr. 1 zu § 903 BGB, BGHZ 28, S. 110 ff., S. 112; Staudinger-Seufert (11. Auflage), § 903 BGB, Rdn. 32; Götz, VVDStRL 41, S. 7 ff., S. 32; Pestalozza, NJW 1982, S. 2169 f., S. 2170; wenn der BGH in dem erstgenannten Urteil noch von einer unmittelbaren Geltung des Art. 14 II GG spricht, so scheint dies mehr ein Lippenbekenntnis zu sein, da sich Rechtsfolgen dann doch nur aus den einfachen Gesetzen ergeben, vgl. hierzu ausführlich Wendt, Eigentum, S. 296. 305 BGH, LM Nr. 1 zu § 903 BGB, BGHZ 28, S. 110 ff., S. 112; Wendt, Eigentum, S. 303, m. w. N. 306 Ein anschauliches Beispiel hierfür gibt die bisher völlig vereinzelt gebliebene Entscheidung in BGH LM Nr. 2 zu § 903 BGB: In der auf die Nachkriegsverhältnisse zurückgehenden Ausnahmesituation erwog der BGH, ob mit Blick auf den hohen Wert benutzbaren Wohnraums nicht ein Neubau verhindert werden könne, weil der Art. 14 II GG einen zu geringen Grenzabstand verbiete. Da der Neubau aber ebenfalls als sozial wertvoll unter dem Gesichtspunkt der zu behebenden Wohnungsnot erschien, konnte der BGH aus Art. 14 II GG nichts herleiten, was den Fall entschieden hätte. 307 Art. 9 III 1 und 2 GG lauten: „Das Recht zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig“.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

tums, also den Tatbestand des Art. 14 II 1 GG, zu bestimmen. Dieser Gegensatz zeigt, daß dem Art. 14 II GG keine direkte Wirkung zukommen soll, und beweist, daß ausschließlich der Gesetzgeber bei der Ordnung des Privatrechts und im Hinblick auf die dabei vorzunehmende Abwägung zwischen dem Wohl des einzelnen und den Interessen der Allgemeinheit308 dazu berufen ist, dem Eigentümer Pflichten aufzuerlegen. Durch den Verweis auf Art. 1 III GG309 läßt sich die obige Argumentation nicht widerlegen. So werden, entgegen dem Wortlaut des Art. 1 III GG, Art. 14 I und II GG als Einheit verstanden,310 obwohl Recht und Pflicht klar geschieden werden. Dies führt im übrigen zu einer Umkehr des mit der Schaffung des Art. 1 III GG verfolgten Zwecks: Art. 1 III GG soll alle Staatsorgane auf den Schutz der Grundrechte und damit der Freiheit des Bürgers verpflichten, nicht aber den Bürger in seinem Freiheitsgebrauch einschränken.311 Es ist bezeichnend, wenn sich sogar Kübler, als Hauptvertreter einer direkten Anwendbarkeit des Art. 14 II GG im Privatrecht, nicht mit diesem Argument anfreunden kann.312 Dogmatisch ist daher aus den genannten Gründen eine unmittelbare zivilrechtliche Wirkung des Art. 14 II GG abzulehnen. (b) Gefährdung des Freiheitsgehalts der Eigentumsgarantie durch die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 14 II GG Verstünde man Art. 14 II GG als unmittelbar den Eigentümer verpflichtende Norm, so wäre der dem einzelnen durch die Eigentumsgarantie gewährte Freiheitsbereich313 nachhaltig gefährdet. Dies folgt bereits aus der schon erwähnten Unbestimmtheit der Gemeinwohlverpflichtung, die kaum eine Handhabe für die Vorhersehbarkeit gerichtlicher Entscheidungen bietet. Die dem Eigentümer zustehenden Rechte wären vom Richter im Einzelfall durch Überprüfung am Maßstab der Sozialpflichtigkeit zu bestimmen. Daß dies – zumindest teilweise – von den Vertretern der direkten Anwendbarkeit des Art. 14 II GG beabsichtigt wird, zeigt folgendes Zitat: „Die ,immanente‘ Gebundenheit des Eigentums ist damit zum Verfassungsgrundsatz erhoben; der richterlichen Eigentumsgestaltung eröffnen sich ungeahnte Möglichkeiten“314 (Hervorhebung durch den Verfasser). Wenn der Inhalt des Eigentums – im Gegensatz zum Wortlaut des Art. 14 I 2 GG315 – weitgehend MD-Papier, Art. 14 GG, Rdn. 300. Art. 1 III GG lautet: „Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“ 310 Rudolph, Bindungen, S. 15 f. 311 Parodi, Eigentumsbindung, S. 89; ähnlich Wendt, Eigentum, S. 300 Fn. 44. 312 Kübler, vgl. Fn. 293, S. 259. 313 BVerGE 51, S. 193 ff., S. 218; von Münch-Bryde, Art. 14 GG, Rdn. 60. 314 Rudolph, Bindungen, S. 16. 308 309

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dem über einen Einzelfall entscheidenden Richter zur Bestimmung überantwortet wäre, müßte sich ein Eigentümer bei jeglichem Gebrauch seines Freiheitsrechts fragen, ob dieser nicht im Nachhinein durch ein Gerichtsurteil unter Berufung auf die Sozialpflichtigkeit des Eigentums korrigiert würde, ohne die Möglichkeit, das Verhalten an bestehenden Gesetzen auszurichten und sich dadurch abzusichern.316 Allein dadurch wäre der Wert des Freiheitsrechts Eigentum wesentlich eingeschränkt.317 Abschließend soll noch darauf hingewiesen werden, daß aufgrund einer Befürwortung der unmittelbaren Wirkung – nicht nur auf dem Gebiet des Privatrechts – des Art. 14 II GG, die von Art. 14 I und II GG statuierte Wertordnung in Gefahr geriete. Dies zeigt sich bereits im Aufbau des Art. 14 GG: Zunächst wird das Eigentum als solches garantiert. Erst im Anschluß daran wird dem Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen. Auch die Bindung an das Gemeinwohl folgt erst auf die prinzipielle Garantie des Eigentums, wobei in der Wendung, daß der Gebrauch des Eigentums „zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“ soll zum Ausdruck kommt, daß der Eigentümer zunächst in seinem eigenen Interesse von seinem Eigentum Gebrauch machen darf.318 Demgegenüber bestünde bei einer unmittelbaren Rechtswirkung der Gemeinwohlbindung die Gefahr, daß der Eigentümer seinen Eigentumsgebrauch im Hinblick auf die Nützlichkeit für das gemeine Wohl zu legitimieren hätte.319 Das allgemeine Wohl erhielte einen gegenüber dem Freiheitscharakter des Eigentums unangemessenen Stellenwert.320 Wenn in diesem Zusammenhang auf die Gefahr hingewiesen wird, daß eine durchgängige Allgemeinwohlbindung dem Eigentümer letztlich eine amtsähnliche Stellung, also eine Art Treuhänderschaft an seinem Gut gegenüber der Gemeinschaft, zuwiese,321 so mag dies ein wenig fernliegend erscheinen. Die Argumentation, daß das Eigentum ein Amt gegenüber der Gemeinschaft darstelle, blickt jedoch in Deutschland auf eine eindrucksvolle Tradition zurück, die bis in die jüngste Vergangenheit, nämlich die Umgestaltung der Eigentumsordnung im Sinne des Nationalsozialismus,322 reicht. Daher sollte dieser 315 Parodi, Eigentumsbindung, S. 88, sieht insoweit die politische Macht des Gesetzgebers, auf einen sozialen Wandel hinzuwirken, durch eine Verlagerung auf den Richter gefährdet. 316 Dieses Problem stellt sich nicht, wenn man – wie Rittner, JZ 1980, S. 113 ff., S. 113 und 115 – der Meinung ist, aus Art. 14 II GG sei eine Rechtspflicht ohne unmittelbare Sanktion abzuleiten, die in engem Zusammenhang mit rechtsethischen Postulaten stehe. Der Nutzen einer solchen Pflicht bleibt allerdings fraglich, vgl. hierzu auch Wendt, Eigentum, S. 303. 317 Auf die Gefahren, die bei einer so weitgehenden Kompetenz anderer Staatsorgane neben dem Gesetzgeber drohen, weist auch Wendt, Eigentum, S. 304, ebenfalls unter Verweis auf das oben angegebene Zitat von Rudolph, hin. 318 Parodi, Eigentumsbindung, S. 90. 319 Sachs-Wendt, Art. 14 GG, Rdn. 72; Wendt, Eigentumsbindung, S. 302. 320 Parodi, Eigentumsbindung, S. 91. 321 Wendt, Eigentum, S. 302.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

Hinweis zumindest zur Vorsicht gegenüber einer Ausuferung der Allgemeinwohlbindung anhalten. Festzuhalten bleibt, daß durch eine verfassungsunmittelbare Bindung des Eigentümers an das gemeine Wohl und deren Verwirklichung durch Rechtsprechung und Verwaltung, ohne daß entsprechende Gesetze bestünden, nicht mit der Freiheitsgarantie des Eigentums vereinbar ist. (c) Zwischenergebnis Nach alledem ist eine Ableitung von zivilrechtlichen Pflichten des Eigentümers direkt aus der in Art. 14 II GG festgelegten Sozialbindung nicht haltbar. Wenn die Definition des Eigentums als Rechtsverhältnis auch auf die aus der unmittelbaren Wirkung des Art. 14 IIGG hervorgehende Pflichtenstellung des Eigentümers gründet,323 so ist diese Ansicht zumindest insoweit abzulehnen, als sie auf einer falschen Prämisse beruht. (d) Zur privatrechtlichen Auswirkung dieser Streitfrage Die Frage der Auswirkung des Art. 14 II GG auf das Privatrecht ist nicht allein von verfassungsrechtlichem oder rechtstheoretischem Interesse. Vielmehr leitet die gerade abgelehnte Ansicht aus ihrem Verständnis der verfassungsrechtlichen Sozialbindung wichtige Konsequenzen für die Auslegung des § 1004 I BGB ab. Soweit eine Störung vom Zustand einer Sache ausgeht, soll deren Eigentümer allein aufgrund seines Eigentums aus § 1004 I BGB i. V. m. Art. 14 II GG verpflichtet sein, die Störung zu beseitigen.324 In der Literatur wird dieser Ansatz häufig als „Eigentumstheorie“ bezeichnet 325 und steht im Gegensatz zur ganz herrschenden Lehre und Rechtsprechung, wonach die Störung des Eigentums zumindest mittelbar auf eine Willensbetätigung desjenigen zurückgehen muß, der als Störer nach § 1004 BGB in Anspruch genommen werden soll.326 Nachdem der Ausgangspunkt der Eigentumstheorie, die unmittelbare Wirkung des Art. 14 II GG im Privatrecht, bereits abgelehnt wurde, kann es hier nicht mehr darum gehen, diese Ansicht ausführlich zu diskutieren. Vielmehr soll diese DarDazu ausführlich im 2. Teil der Arbeit. Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 159. 324 Kübler, vgl. Fn. 292, S. 280 ff.; Schlütter, Beseitigungspflicht, S. 45 und S. 49; Pleyer, AcP 156 (1957), S. 290 ff., S. 301 ff.; ähnlich, aber ohne ausdrücklichen Rückgriff auf Art. 14 II GG, Schwab / Prütting, Sachenrecht, § 49, III., 2., S. 256, wonach die Beseitigungspflicht direkt aus dem Eigentum selbst folgen soll. 325 Erman-Hefermehl, § 1004 BGB, Rdn. 14; Palandt-Bassenge, § 1004, Rdn. 6 a. 326 BGHZ 122, S. 283 ff., S. 284 m. w. N. aus der Rechtsprechung; Erman-Hefermehl, vgl. Fn. 328; Jauernig-Jauernig, § 1004, Anm. 6 b); MüKo-Medicus, § 1004 BGB, Rdn. 38 ff.; Palandt-Bassenge, § 1004, Rdn. 6; Soergel-Mühl, § 1004 BGB, Rdn. 89. 322 323

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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stellung der Eigentumstheorie lediglich illustrieren, welche Folgen die Anwendung des Art. 14 IIGG für die praktische Rechtsanwendung haben kann. Der Eigentümer wird nämlich nach der Eigentumstheorie für alle Gefahren, die von seiner Sache ausgehen, in Form einer Beseitigungsverpflichtung zur Verantwortung gezogen, seien diese Gefahren auch ohne jede, sogar mittelbare, Willensbetätigung seitens des Eigentümers, entstanden. Auf diese Weise wird der Eigentümer gleichsam einer allein auf der Eigentümerstellung beruhenden Gefährdungshaftung unterworfen,327 denn auch die Beseitigung auf bloße Natureinwirkungen zurückgehender Beeinträchtigungen fiele ihm zur Last. Unabhängig davon, daß ein solches Verständnis des § 1004 BGB nicht mit der Gesetzgebungsgeschichte vereinbar ist,328 zeigt bereits die Systematik des Gesetzes, daß die Eigentumstheorie nicht mit dem geltenden Recht übereinstimmt: Wenn das Gesetz den § 1004 BGB unter dem Titel „Ansprüche aus dem Eigentume“ erfaßt, so wird daraus deutlich, daß es keine allgemeine „Nichtstörungshaftung“ des Eigentümers im Zivilrecht gibt. Anderenfalls wäre es folgerichtig gewesen, diese insbesondere jeden Grundeigentümer treffende Last ebenso wie die §§ 904 ff. BGB unter dem Titel „Inhalt des Eigentums“ zu regeln. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, daß dies nicht nur eine Frage der Auslegung und Anwendung des § 1004 BGB ist. Vielmehr kann eine solche Gefährdungshaftung kraft Eigentums nicht ohne Rückwirkung auf den Eigentumsbegriff des Zivilrechts bleiben. Von einer Rechtsstellung, wie sie durch die Charakterisierung des Eigentums als subjektives Recht ausgedrückt wird, würde das Eigentum zu einem bloßen Anknüpfungspunkt von Rechten und Pflichten mutieren. Daß dies unabhängig von der gerade behandelten Auslegung der verfassungsrechtlichen Sozialbindung des Eigentums nicht richtig sein kann, wird im folgenden zu zeigen sein.

cc) Widerspruch zu Struktur und Grundlagen des Sachenrechts Es wurde bereits angesprochen, daß die Zusammenfassung von Rechten und Pflichten des Eigentümers durch die übergeordnete Kategorie des Rechtsverhältnisses dazu führt, daß Rechte und Pflichten gleichgeordnet werden. Beide folgen unmittelbar aus dem Rechtsverhältnis Eigentum. Dies entspricht auch dem Ausgangspunkt der Vertreter dieser Ansicht: Das subjektive Recht als zentrale Denkform des Zivilrechts soll zugunsten einer die Pflichten des Eigentümers gleichermaßen kennzeichnenden, umfassenderen Anschauungsform zurücktreten.

327 Erman-Hefermehl, vgl. Fn. 326; MüKo-Medicus, vgl. vorige Fn.; F. Baur, AcP 160 (1961), S. 465 ff., S. 479 f. 328 Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 237 f.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

(a) Subjektive Rechte als systematische Grundlage des Sachenrechts Fraglich ist jedoch, ob sich eine solche Betrachtungsweise im Einklang mit der Struktur des Sachenrechts befindet, wie sie im dritten Buch des BGB zum Ausdruck kommt. Daß die subjektiven Rechte, zu denen alle dinglichen Rechte zählen, gerade im Sachenrecht eine zentrale Stellung einnehmen, zeigt bereits eine Inhaltsübersicht des Sachenrechts: Nachdem der Besitz und die allgemeinen Vorschriften über Rechte an Grundstücken in den beiden ersten Abschnitten des dritten Buches des BGB ihre Regelung gefunden haben, erfassen die folgenden Abschnitte jeweils ein dingliches Recht bzw. Gruppen von zusammengehörenden dinglichen Rechten. Die Hauptthemen der gesetzlichen Bestimmungen sind Inhalt, Übertragung, Belastung und Erlöschen der dinglichen Rechte.329 Die Vorstellung, daß es gerade die Gewährung von (dinglichen) Rechten ist, welche das dritte Buch des BGB kennzeichnet, lag bereits den Vorarbeiten zum BGB zugrunde: Das Sachenrecht sei danach vom Schuldrecht aufgrund der unterschiedlichen Natur der gewährten Rechte abzugrenzen. Entsprechend der Bedeutung, welche die Motive den Rechten, die dem einzelnen zustehen sollten, beimaßen, wurde darüber hinaus die erste tiefergehende Erörterung dem Begriff der dinglichen Rechte gewidmet.330 Danach wird deutlich, daß das Sachenrecht auf der dem einzelnen zustehenden Rechtsmacht und damit auf subjektiven Rechten aufbaut. Dies entspringt dem System des Privatrechts, wie es im 19. Jahrhundert ausgearbeitet wurde. Danach wurde das Privatrecht als ein Zustand begriffen, in dem die einzelnen vor allem subjektive Rechte gegeneinander haben.331 Die Bedeutung dieses Systems dürfte bis heute ungebrochen sein,332 worauf sogleich ausführlicher einzugehen sein wird. Dem widerspricht eine Betrachtung, die dem subjektiven Recht nur eine der den Eigentümer treffenden Pflichten gleichgeordnete Stellung zuweist und damit die zentrale Stellung des subjektiven Rechts nicht mehr anerkennt. Daß insoweit eine Loslösung vom geltenden Recht stattfindet, erhellt ein Vergleich der Konsequenzen, welche die hier kritisierte Ansicht aus der veränderten Begrifflichkeit zieht, und dem Wortlaut des § 903 S. 1 BGB: Während die Pflichten ebenso wie die Befugnisse des Eigentümers danach unmittelbar aus dem Rechtsverhältnis Eigentum selbst folgen sollen, stellt § 903 S. 1BGB die Befugnisse des Eigentümers voran, die erst hernach durch die Rechte Dritter und die Gesetze wieder eingeschränkt werden. Wenngleich § 903 S. 1 BGB, wie oben ausführlich dargelegt worden ist, keine Begriffsbestimmung des Eigentums enthält, so kann doch kein Eigentumsbe329 330 331 332

Staudinger-Seiler, Einleitung zu §§ 854 ff. BGB, Rdn. 8. Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 1 f. Staudinger-Coing, Einleitung zum BGB, Rdn. 163; Coing, Bemerkungen, S 26 f. Staudinger-Coing, vorige Fn.

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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griff gebildet werden, welcher der zentralen Regelung des Eigentums im BGB widerspricht. Die gesetzlich festgelegten Pflichten des Eigentümers, wie bspw. die Duldungspflichten aus den §§ 904 S. 1 und 906 I, II BGB zeigen ebenfalls in ihrer Formulierung, daß zunächst die Rechtsmacht des Eigentümers im Vordergrund steht. So schließt § 906 I BGB das Recht des Eigentümers, bestimmte Immissionen zu verbieten, nicht schlechthin aus, sondern nur soweit der Eigentümer nicht oder nur unwesentlich in der Benutzung seines Grundstücks beeinträchtigt wird. Das Ausschließungsrecht als Bestandteil der Sachherrschaft des Eigentümers wird lediglich deshalb durch eine Duldungspflicht eingeschränkt, weil die Beeinträchtigung des Eigentums nicht relevant erscheint. Auf diese Weise bringt das Gesetz aber deutlich zum Ausdruck, daß die Rechtsmacht des Eigentümers und damit dessen subjektives Recht der Ausgangspunkt des Regelungskomplexes Eigentum ist, was ohnehin schon in der Stellung des § 903 S. 1 BGB an der Spitze des entsprechenden Abschnitts sichtbar wird. In diesem Zusammenhang weist Eichler zu recht darauf hin, daß mit der Einbeziehung aller Bindungen des Eigentums der Bereich des Sachenrechts zugunsten einer Gesamtschau der Eigentumsordnung verlassen wird. Auf diese Weise finden auch Elemente Eingang in den Eigentumsbegriff, die weit über das Zivilrecht hinaus bis in die Sphäre des Weltanschaulichen reichen.333 Eichler bezeichnet dies treffend als „Bildung eines Eigentumsbegriffs im übertragenen Sinne.“334 Dies zeigt, daß die hier kritisierte Ansicht nicht auf dem Boden des geltenden Privatrechts steht. (b) Subjektive Rechte als Sicherung der Freiheit des einzelnen im Privatrecht Neben den bisher geschilderten Problemen, die durch die Fassung des Eigentums als Rechtsverhältnis aufgeworfen werden, vermag diese Ansicht aus einem weiteren Grund nicht zu überzeugen. Dieser steht ebenfalls im Zusammenhang mit der schon mehrfach kritisierten Konsequenz des geminderten Stellenwertes des subjektiven Rechts, daß Rechte und Pflichten des Eigentümers auf gleicher Ebene stehen und darüber hinaus die Pflichten direkt aus dem Eigentum abzuleiten seien. Zur Begründung dieses Standpunktes wird immer wieder auf die gewachsene Zahl und Bedeutung der Eigentumsbeschränkungen, insbesondere der Pflichten des Eigentümers verwiesen.335 Unabhängig davon, daß die Beschränkungen des Eigentums – gerade auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts – stark zugenommen

333 Eichler, Institutionen I, 6. Kap., A., c), S. 143 f.; ähnlich E. Wolf, Sachenrecht, § 3, IV, S. 134 ff. 334 Eichler, vorige Fn., S. 143. 335 Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 162, Meier-Hayoz, Wesen, S. 179 f.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

haben,336 ist jedoch eine Betrachtung, die Rechte und Pflichten des Eigentümers gleichermaßen in einem Rechtsverhältnis vereint, nicht angezeigt.337 Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die in diesem Zusammenhang von Georgiades konstatierte „allmähliche Überwindung der scharfen Trennung zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht“.338 Dem ist – unabhängig davon, daß diese Differenzierung noch immer für das deutsche Recht fundamental ist339 – entgegenzuhalten, daß gerade die Trennung zwischen öffentlichem und privatem Recht Grundlage für ein Privatrecht ist, das jedem einzelnen die Möglichkeit bietet, in diesem Bereich nach eigenen Vorstellungen und im eigenen Interesse tätig zu sein. Dieser Anerkennung eines staatsfreien Raums entspricht es, wenn das Privatrecht als System der subjektiven Rechte begriffen wird.340 Ausgangspunkt dieses Systems ist die Privatautonomie341 als der Rechtsordnung vorgegebenes, grundrechtlich geschütztes Prinzip der Selbstbestimmung der Rechtsverhältnisse des einzelnen.342 Demnach kommt in der Betrachtung des Systems des Privatrechts als Gegeneinander subjektiver Rechte der einzelnen vor allem der Freiheitsgedanke zum Ausdruck.343 Hierin drückt sich bis heute die Herkunft des geltenden Privatrechtssystems aus.344 Wenngleich dieses System mit der Betonung von Privatautonomie im Wege der Gewährung subjektiver Rechte mit Blick auf neue Entwicklungen 336 Man vergleiche nur die Zusammenstellung der Eigentumsbeschränkungen bei Staudinger-Seufert (11. Auflage), § 903 BGB, Rdn. 25 ff., aus dem Jahre 1956 und vierzig Jahre später bei Staudinger-Seiler, § 903 BGB, Rdn. 14 ff. 337 Die Sozialbindung des Eigentums wird auf der Ebene des Inhalts ohnehin durch den Wortlaut des § 903 S. 1 BGB deutlich gemacht, Staudinger-Seiler, § 903 BGB, Rdn. 3. 338 Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 162; kritisch gegenüber dieser Trennung schon Raiser, JZ 1961, S. 65 ff., S. 473: „Überdies gab die schulmäßige Trennung von öffentlichem und Privatrecht der herrschenden Doktrin die Möglichkeit, alles das, was etwa den Grundstückseigentümer an Pflichten traf, dem öffentlichen Recht zuzuschieben und auf diese Weise den Charakter des Privateigentums als subjektiven Privatrechts von allem Pflichtgehalt rein zu bewahren.“ 339 MüKo-Säcker, Einleitung zum BGB, Rdn. 2, mit dem Nachweis, daß diese Differenzierung nicht nur hinsichtlich der gerichtlichen Zuständigkeiten, sondern auch darüber hinaus von großer Bedeutung ist. 340 Pawlowski, Allgemeiner Teil, Rdn. 35; ähnlich Staudinger-Coing, Einleitung zum BGB, Rdn. 163, 175. 341 Staudinger-Seiler, Einleitung zu den §§ 854 ff. BGB, Rdn. 18; ähnlich Lange, Allgemeiner Teil, § 11, III., 3., S. 83: Im Rahmen der von der Rechtsordnung anerkannten Privatinitiative sei das subjektive Recht das adäquate Gestaltungsmittel. 342 Flume, Das Rechtsgeschäft, § 1, 1., S. 1. 343 Coing, Geschichte, S. 22 f. 344 Coing, Bemerkungen, S. 28 f.: „Politisch und sozial-philosophisch ist die enge Verbindung des traditionellen Privatrechtssystems mit der Philosophie und dem Gesellschaftsmodell der Aufklärung deutlich. Die Freiheit des einzelnen ist der Grundwert: das Eigentum in der technischen Formulierung des subjektiven Rechts der tragende Grundbegriff, und die Privatautonomie mit dem ihr zugeordneten Rechtsgeschäft erscheint als eigentliche Quelle der vorhandenen Rechte“; ähnlich Staudinger-Coing, Einleitung zum BGB, Rdn. 163 i. V. m. Rdn. 175.

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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korrekturbedürftig sein mag,345 so bleibt die grundlegende Bedeutung des subjektiven Rechts als Zeichen dafür, daß das Privatrecht der Aufrechterhaltung der Freiheit des einzelnen dient, unangetastet.346 Dem widerspricht es, wenn die Bedeutung des Eigentums als wichtigstem subjektiven Recht, durch eine übergeordnete Betrachtungsweise, die Freiheiten und Pflichten des Eigentümers in einem Rechtsverhältnis zusammenfaßt, geschmälert wird.347 Wenn es als Vorteil dieser Betrachtungsweise herausgestellt wird, daß es so – im Gegensatz zum traditionellen, auf dem subjektiven Recht aufbauenden Eigentumsbegriff – möglich wird, „jeden Pflichtgehalt der Eigentümerstellung in das Eigentum einzubeziehen“, 348 so wird übersehen, daß es gerade die Betonung individueller Freiheit in der Kategorie des subjektiven Rechts ist, welche sich gegen die Einbeziehung jeglicher Pflicht des Eigentümers sperrt. Nach Ernst Wolf ist die Zusammenfassung von Recht und Pflicht innerhalb eines Begriffs sogar logisch unmöglich.349 So bietet die traditionelle Betrachtung Gewähr dafür, daß jede Belastung des Eigentümers mit einer Pflicht einer besonderen Legitimation bedarf.350 Insoweit ist daher eine Charakterisierung des Eigentums als subjektives Recht der Fassung als Rechtsverhältnis, das lediglich ein subjektives Recht enthält, vorzuziehen.351 (c) Widerspruch zwischen dem Eigentum als Rechtsverhältnis und der Vermutung zugunsten freien Eigentums Die Frage, ob der Charakter des Eigentums als subjektives Recht – und damit als Recht der weitgehend freien Verfügung über die Sache – oder die Sozialpflichtigkeit in den Vordergrund einer Betrachtung des Eigentums gestellt werden soll, 345 So Coing im Hinblick vor allem auf die Ergänzung durch die Perspektive der Kooperation im Bereich des privatrechtlichen Vertrags, Bemerkungen, S. 39 und Geschichte, S. 22; eine Aufzählung weiterer, den Begriff der Freiheit ergänzender Elemente umfaßt Treu und Glauben und Vertrauensschutz als Gebote der Verkehrsmoral, Coing, Bemerkungen, S. 32. 346 Coing, Geschichte, S. 23. 347 Hiermit soll keineswegs der Vorwurf verbunden sein, daß die Vertreter der hier kritisierten Ansicht den Wert der individuellen Freiheit zu gering einschätzten; so weist bspw. Larenz, Allgemeiner Teil, § 12, I., S. 195 darauf hin, daß der Kern jedes Rechtsverhältnisses ein „Dürfen“ sei, ein von der Rechtsordnung gewährter Freiraum, aus dem andere ausgeschlossen sind. 348 Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 163. 349 E. Wolf, Sachenrecht, § 3, D., I., 4., S. 111. 350 Auf die Gefahr, die aus einer Vorstellung des Eigentums erwächst, welche die Sozialpflichtigkeit weniger legitimationsbedürftig macht, als den freien Gebrauch des Eigentums, ist bereits im Zusammenhang mit Art. 14 II GG hingewiesen worden, vgl. S. 74 ff. 351 Vgl. Liver, Eigentumsbegriff, S. 255: Gewiß ist das Eigentum dem Zugriff des Gemeinwesens stärker ausgesetzt als früher, und seine Schranken haben sich vermehrt und erhöht. . . . Es ist jedoch dabei geblieben und sollte dabei bleiben, daß das Eigentum ein subjektives Recht ist, . . .“.

6 Lehmann

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

kann noch aus einem weiteren Grund nicht einfach auf die Betonung der gewachsenen Beschränkungen des Eigentums und damit auf eine lediglich bessere Beschreibung der Rechtswirklichkeit reduziert werden. Vielmehr hat die Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Eigentümerfreiheiten und Eigentumsschranken konkrete materiell-rechtliche Auswirkungen: Wird die Freiheit des Eigentümers betont, muß davon ausgegangen werden, daß diese nicht eingeschränkt ist, solange keine anerkannten Schranken bestehen. Liegt umgekehrt der Akzent auf der Sozialpflichtigkeit, so kehrt sich die Begründungslast zum Nachteil des Eigentümers um.352 Wenn aus dem Eigentum als Rechtsverhältnis gleichermaßen Rechte wie Pflichten abgeleitet werden, um der Bedeutung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums und dem gewachsenen Umfang der Eigentumsbeschränkungen gerecht zu werden, so tendiert dies zumindest in eine Richtung, welche zu der Beweislastumkehr zum Nachteil des Eigentümers hinführt. Denn schon bei einer Gleichordnung von Rechten und Pflichten des Eigentümers geht der Vorrang der Eigentümerfreiheiten verloren, der das Bestehen von Pflichten zur beweisbedürftigen Ausnahme macht.353 Eine Beweislastverteilung, die es dem Eigentümer auferlegen würde, die Unbeschränktheit seines Eigentums darzutun, ist jedoch mit dem geltenden Recht nicht vereinbar. Bereits der Wortlaut des § 903 S. 1 BGB zeigt, daß die freie Verfügung des Eigentümers über seine Sache den Beschränkungen vorgeht, da letztere die Ausnahme darstellen („. . . , soweit. . .“). Diese Formulierung wurde schon im Rahmen der Gesetzgebungsarbeiten zum BGB als Grundlage einer Vermutung für das freie Eigentum angesehen,354 was der bis heute herrschenden Lehre entspricht.355 Wenn dies vereinzelt bestritten wird,356 so steht das nicht nur im Gegensatz zur erklärten Absicht des Gesetzgebers, die auch in der Formulierung des § 903 S. 1 BGB ihren Ausdruck gefunden hat. Vielmehr vernachlässigt diese Mindermeinung auch, daß gerade die Vermutung freien Eigentums zur oben dargestellten Bedeutung des Eigentums als subjektivem Recht und dessen Freiheitsgehalt gehört.357 M. Wolf, Sachenrecht, Rdn. 49. Dies trifft auch Formulierungen, wonach das Eigentum ein Inbegriff von Rechten und Pflichten sei, so Schwab / Prütting, § 27, IV., S. 136, oder das Eigentum als Zuordnung von Rechten und Pflichten anzusehen sei, so Westermann, Sachenrecht, § 28, S. 160 f. 354 Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 145. 355 Erman-Hagen, § 903 BGB, Rdn. 1; Staudinger-Seiler, § 903 BGB, Rdn. 4; Wolff-Raiser, Sachenrecht, § 51, II., 2., S. 175. 356 Soergel-J. F. Baur, § 903 BGB, Rdn. 14. 357 Daher weist Kroeschell, Grundeigentum, S. 75, zu recht darauf hin, daß der § 903 S. 1 BGB der Struktur nach den im 19. Jahrhundert von der bürgerlichen Verfassungsbewegung erstrittenen Freiheitsrechten, die ebenfalls unter dem Vorbehalt des Gesetzes standen, entspricht. Welche Bedeutung gerade dieser Aufbau des § 903 S. 1 BGB bei der Schaffung des BGB besaß, zeigt die folgende Äußerung von Rudolph Sohm in der Reichstags-Debatte über den Entwurf zum BGB, abgedruckt bei Mugdan I, S. 900: „Der Entwurf wird uns bürgerliches Recht bringen: Freiheit des Eigenthums – unentbehrlich für uns alle. Von dieser Freiheit leben wir. Unsere ganze öffentliche und sittliche Freiheit, die wir als Einzelpersonen 352 353

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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Mag auch der Wert des § 903 S. 1 BGB angesichts der grundgesetzlichen Garantie des Eigentums geringer sein, als dies zum Ende des 19. Jahrhunderts der Fall war, so läßt sich diese Dimension des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs, wie sie in der Vermutung zugunsten freien Eigentums zum Ausdruck kommt, doch nicht einfach beiseite schieben. (d) Unbestimmtheit des Eigentums als Rechtsverhältnis Abschließend sei angemerkt, daß die Fassung des Eigentums als Rechtsverhältnis, aus dem sowohl Rechte als auch Pflichten folgen, kaum geeignet ist, dem Eigentumsbegriff mehr Anschaulichkeit zu verleihen als der angeblich unzulängliche Begriff des subjektiven Rechts, wie er sich im Fall des Eigentums nach herrschender Lehre als begrifflich unumschränkte Sachherrschaft äußert. Hier handelt es sich bereits zu einem hohen Grad um eine Abstraktion von der konkreten Rechtsmacht des Eigentümers im Einzelfall und der Beschaffenheit der vom Eigentum erfaßten Sachen.358 Wenn demnach die hier kritisierte Meinung durch das Postulat eines Rechtsverhältnisses eine noch höhere Ebene der Betrachtung erreichen möchte, auf der Rechte und Pflichten des Eigentümers in einem Rechtsverhältnis vereinigt werden, so ist damit notwendig auch ein noch höherer Grad an Abstraktion verbunden, da weitere Tatbestände in einem Begriff zusammengefaßt werden müssen. Wer auf die Geschichte des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs zurückblickt und dabei sieht, wieviel Widerstand die abstrakte Formulierung des Eigentums mobilisiert hat,359 wird in dieser Hinsicht eher Vorsicht walten lassen. Unabhängig davon ist auch nicht zu erkennen, inwieweit das Eigentumsrechtsverhältnis zur größeren praktischen Verwendbarkeit des Eigentumsbegriffs beitragen soll. Es dürfte sogar eher zutreffen, daß ein Eigentum als Inbegriff von Rechten und Pflichten bisher nicht nur keine aussagekräftige Definition des Eigentums hervorgebracht, sondern auch keine neue Lösung der Eigentumsproblematik angeboten hat, die dem Konzept des BGB im Hinblick auf begriffliche Klarheit ebenbürtig ist.360

b) Ergebnis Zusammenfassend ist folgendes festzuhalten: Die Ansicht, welche das Eigentum als Rechtsverhältnis, das gleichermaßen Rechte und Pflichten des Eigentümers – besitzen, das kostbarste Rechtsgut, das wir alle haben, wird uns durch das Privateigenthum allein ermöglicht. In dem Privatrecht liegt die Magna Charta unserer öffentlichen Freiheit.“ 358 Müko-Säcker, § 903 BGB, Rdn. 11. 359 Vgl. etwa die Kritik der nationalsozialistischen Eigentumslehre am abstrakten Eigentumsbegriff und ihr Bestreben diesen durch ein konkretes Eigentum zu ersetzen, Nachweise bei Brahm Garcia, Eigentum, S. 29 ff. 360 Staudinger-Seiler, § 903 BGB, Rdn. 8. 6*

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

aber auch Dritter, soweit diese im Zusammenhang mit dem Eigentum stehen – erfaßt, ist nicht haltbar. Sie widerspricht sowohl der gesetzlichen Ausgestaltung des Eigentums als der aus dem § 903 S. 1 BGB abzuleitenden Vermutung für die Freiheit des Eigentums von Beschränkungen. Überdies ist die genannte Ansicht nicht unproblematisch im Hinblick auf den Freiheitsgehalt des Eigentums als subjektivem Recht und auf eine zu weitgehende Abstraktion des Eigentums. Schließlich liegt dieser Ansicht ein fehlerhaftes Verständnis des Art. 14 II GG zugrunde. Eine Alternative zum traditionellen Eigentumsbegriff vermag die genannte Ansicht daher nicht anzubieten.

V. Eigentum als Zuordnung Eine weitere Ansicht faßt das Eigentum als umfassende Zuordnung einer Sache zu einer Person auf.361 Soweit sich diese Zuordnung auf die dem Eigentümer zustehende Sachherrschaft beschränkt, bestehen zur als herrschend dargestellten Lehre lediglich terminologische Unterschiede.362 Jedoch beinhaltet die Zuordnung, wie sie die im folgenden zu besprechende Lehre versteht, mehr als die Zuweisung von Sachherrschaft durch die Rechtsordnung: Das Eigentum soll nicht nur Güter-, sondern auch Lastenzuweisung sein.363

1. Zur Begründung dieser Ansicht Diese Ansicht beruht auf einer das gesamte Vermögensrecht erfassenden Sichtweise, wonach nicht nur Sachen, sondern auch Forderungen Objekte einer Zuordnung sein können. Die dinglichen Rechte zeichnen sich durch die Zuordnung bestimmter Güter aus.364 Dieser Ansatz ist zuerst365 von Harry Westermann umfassend für das Sachenrecht ausgearbeitet worden.366 Er stützt sich auf eine Äußerung von Wieacker, wonach die Funktion der dinglichen Rechte in der unmit361 Erman-Hagen, vor § 903 BGB Rdn 2; H. P. Westermann, Sachenrecht, § 28, S. 160; Wilhelm, Sachenrecht, Rdn. 6; Ost, Zuordnung, S. 70; ähnlich Müller, Sachenrecht, Rdn. 1; nur der Terminologie nach ähnlich: Eichler, Institutionen I, 6. Kap., A., c), S. 138 f., der Eigentum als Zugehörigkeit einer Sache zu einer Person bezeichnet. 362 Erman-Werner, vor § 854 BGB, Rdn. 1 hin; nach Müller, vorige Fn., beschränkt sich die Zuordnung ausschließlich auf die Zuweisung von Herrschaftsmacht über eine Sache. 363 H. P. Westermann, vgl. Fn. 361. 364 Erman-Werner, vor § 854 BGB, Rdn. 1. 365 Kronstein, FamRZ 1959, S. 171 f., S. 172, wertet dies sogar als „besonderes Verdienst“ Westermanns; zustimmend auch die Rezension von Schultze-v. Lasaulx, AcP 151 (1950 / 1951), S. 449 ff., S. 455; beide kritisieren aber Westermann, weil er diesen Ansatz nicht über das Sachenrecht hinaus durchgeführt habe. 366 H. Westermann, Sachenrecht (5. Auflage), § 2, II., S. 7 f.

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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telbaren Vermögensordnung bestehen soll.367 Wieacker ging es dabei nicht nur um eine neue Beschreibung des Wesens der dinglichen Rechte, sondern um eine „Neuordnung des vermögensrechtlichen Systems“ und vor allem um die Überwindung des Gegensatzes zwischen Schuld- und Sachenrecht.368 Für eine solche Annäherung von Schuld- und Sachenrecht hatte sich schon Otto v. Gierke eingesetzt.369 Die Unmittelbarkeit der Sachbeziehung und der absolute Klageschutz sind nach H. Westermann keine zureichende Erklärung des Wesens der dinglichen Rechte, sondern vielmehr nur Ausflüsse von deren güterzuordnender Funktion.370 Weil die Zuordnung als Merkmal alle dinglichen Rechte umfaßt, muß der Umfang der Zuordnung durch die Art des zugeordneten Rechts bestimmt werden.371 Das Eigentum, als umfassende Zuordnung einer Sache, gewährt nach H. Westermann nicht nur Sachherrschaft – wenngleich dies im Vordergrund steht – sondern nimmt den Eigentümer gleichzeitig in die Verantwortung gegenüber der Rechtsgemeinschaft.372 Bei Harm Peter Westermann erscheint dies dann als die eingangs zitierte umfassende Güter- und Lastenzuweisung. Wenngleich die Ansicht, daß das Wesen des Eigentums in der Zugehörigkeit der Sache zu einer Person zu suchen sei, von H. Westermann ausschließlich unter Rückgriff auf die Ausführungen von Wieacker entwickelt wurde, so finden sich bereits in der rechtswissenschaftlichen Literatur373 Vorläufer, deren Ausführungen nahezu wörtlich mit denen Westermanns übereinstimmen. Wirth sah das Wesen des Eigentums in einem rechtlichen Pertinenzverhältnis der Sache zum Eigentümer; die Herrschaft über die Sache sei nur „naturale Folge des Eigentums“.374 Dem folgend formulierte Brinz, daß das Eigentum die „rechtliche Zugehörigkeit einer körperlichen Sache zu einer Person“ sei.375 Als tatsächliche Verbindung einer Sache mit einer Person, wodurch alle anderen von dieser Sache ausgeschlossen werden, hatte auch Rotteck das Eigentum definiert.376 Unabhängig von diesen Autoren entwickelte Puntschart im Rahmen einer Studie zum sog. „Inwärts-Eigen“ im österreichischen Dienstrecht die Auffassung, daß das Eigentum in der rechtlichen Verbindung von Person und Sache bestehe und daß erst aus der Zugehörigkeit der Sache die Machtbefugnisse des Eigentümers erwachsen: „Die Herrschaft Wieacker, DRW 1941, S. 49 ff., S. 61; ähnlich AcP 148 (1943), S. 57 ff., S. 73. Wieacker, DRW 1941, S. 49 ff., S. 52. 369 v. Gierke, Soziales Recht, S. 496 ff. 370 H. Westermann, vgl. Fn. 366. 371 H. Westermann, vgl. Fn. 366, S. 9. 372 H. Westermann, vgl. Fn. 366, § 28, I., 2., S. 114; ähnlich Erman-Hagen, Vorbemerkung vor § 903 BGB, Rdn. 2. 373 Darauf weist Raiser, Art. Eigentum, S. 772 hin; zu der noch weiter zurückreichenden Frage, ob die Zuordnung oder die Sachherrschaft das Eigentum ausmacht, Willoweit, Dominium, S. 131 ff. 374 Wirth, Beiträge, § 19, S. 29 f. 375 Brinz, Lehrbuch I, § 130, S. 470 f. 376 Rotteck, Eigenthum, S. 211. 367 368

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

gründet sich auf die Zugehörigkeit, nicht die Zugehörigkeit auf die Herrschaft.“377 Zumindest verwandt erscheint die – ebenfalls eigenständig entwickelte – Begriffsbestimmung des Eigentums Dnistrjanskyis, wonach das Eigentum durch rechtliche Zugehörigkeit zu einer Person und durch wirtschaftliche Autonomie gekennzeichnet wird.378 Die Frage, ob bei der Bestimmung des Eigentums die Zugehörigkeit zu einer Person oder die dem Eigentümer zukommende Sachherrschaft im Vordergrund zu stehen habe, ist übrigens schon im Rahmen der bereits erwähnten drei großen territorialen Kodifikationen unterschiedlich beantwortet worden.379 Während das preußische ALR und zuvor der Codex Maximilianeus die Sachherrschaft des Eigentümers an die Spitze der Regelungen des Eigentums gestellt und damit zum Kern einer Definition des Eigentums erhoben hatten, ist es für das österreichische ABGB nach § 353 gerade die Zugehörigkeit, welche das Eigentum ausmacht.380 In der Erstreckung des Eigentums auf alles, was einer Person zugehört, körperliche wie unkörperliche Sachen, zeigt sich bereits, daß die Zugehörigkeit als wesensbestimmendes Merkmal nicht auf das Sachenrecht beschränkt ist, sondern letztlich das gesamte Vermögen kennzeichnet.381

2. Zur Kritik dieser Ansicht Der Gedanke der Zuordnung als Grundlage der dinglichen – aber auch der persönlichen – Rechte ist vor allem im Hinblick darauf kritisiert worden, daß er zwei grundlegende Unterscheidungen des bürgerlichen Rechts mißachte: die Trennung zwischen Schuldrecht und Sachenrecht382 sowie den Gegensatz zwischen Eigentum und beschränkten dinglichen Rechten.383 Da hier die Diskussion um den Eigentumsbegriff im Mittelpunkt steht, ist vor allem der zweite Kritikpunkt von Bedeutung und soll deshalb näher behandelt werden.

Puntschart, ZRG (GA) 43 (1922), S. 66 ff., S. 102. Dnistrjanskyi, JhJb 78 (1927 / 28), S. 87 ff., S. 121. 379 Vgl. die zitierten Stellen aus ALR, österreichischem ABGB und dem Codex Maximilianeus bei B. I. 380 Darauf weist auch Raiser, Art. Eigentum, S. 772 hin. 381 Randa, Eigenthumsrecht, S. 8, kritisiert, daß sich das ABGB des Ausdrucks Eigentum im uneigentlichen Sinne, nämlich dem des Vermögens, bediene. 382 Soergel-Mühl, Einleitung zum Sachenrecht, Rdn. 8; Diederichsen, Recht, S. 40; Raiser, JR 1955, S. 118 f, S. 118 und Art. „Eigentum“, S. 772. 383 Staudinger-Seiler, Einleitung zu §§ 854 ff. BGB, Rdn. 19; Julius v. Gierke, Sachenrecht, Anm. zu § 1 und § 2, S. 5; Wolff / Raiser, Sachenrecht, § 1, II., 4., S. 4; Eichler, Institutionen I, 6. Kap., A., d), S. 146, Fn. 23. 377 378

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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a) Die Unbestimmtheit des Zuordnungsbegriffes Es ist bereits dargestellt worden, daß der Begriff des Eigentums im Zivilrecht, wenn er als grundlegender Begriff des Sachenrechts dienlich sein soll, auch die Abgrenzung von den beschränkten dinglichen Rechten gewährleisten muß. Die Zuordnung als Vorgang der Gütergewährung ist aber ein unbestimmter Begriff,384 der, wie dies H. Westermann bspw. darlegt, alle dinglichen Rechte gleichermaßen erfaßt. Eine Abgrenzung der einzelnen dinglichen Rechte ist H. Westermann nur möglich, indem er dann die Art des gewährten Rechts zur Bestimmung des Umfangs der Zuordnung heranzieht.385 Dies macht deutlich, daß er über die selbstverständliche386 Aussage, daß von der Rechtsordnung geschaffene Rechte einem Rechtsträger zugewiesen werden müssen, nicht hinauskommt. Für die Charakterisierung jedes einzelnen Rechts, und damit auch des Eigentums, müßten gleichsam Unterbegriffe gebildet werden, welche über die Zuordnung hinausgehen. Die Definition des Eigentums als umfassende Zuordnung mag ein Ansatz zu einer Unterscheidung sein; letztlich reicht dies jedoch nicht aus, wenn nicht das Merkmal der Sachherrschaft hinzutritt: Denn auch der Nießbrauch ließe sich als umfassende Zuordnung, nämlich einer Sache im Hinblick auf ihre Nutzungen, beschreiben. Ohne die Einbeziehung der Sachherrschaft und deren unterschiedlicher Reichweite als Charakteristikum der dinglichen Rechte ist daher eine Differenzierung von Eigentum und beschränkten dinglichen Rechten nicht möglich. Das hinsichtlich des Terminus der Zuordnung – und damit auch des Eigentums als Zuordnung – bestehende Erläuterungsbedürfnis und die damit verbundene Unschärfe richten sich letztlich gegen den Zuordnungsbegriff selbst. Es ist verschiedentlich darauf aufmerksam gemacht worden, daß die Rechte bspw. des Eigentümers nicht als Ausfluß der Zuordnung betrachtet werden können, wie dies H. Westermann und ihm folgend H. P. Westermann tun,387 sondern daß die Sachherrschaft und die zugehörige Ausschließungsbefugnis gerade das Mittel der Zuordnung sind.388 Ein Gegenstand ist seinem Eigentümer nur deshalb zugeordnet, weil er diesen umfassend verwenden und jeden anderen zurückweisen darf.389 Die Zuordnung muß deshalb auf die Sachherrschaft zurückgreifen, um eine Grundlage zu finden. Insofern ist es überzeugender, die Sachherrschaft gleich in den Vorder384 Staudinger-Seiler, Einleitung zu §§ 854 ff. BGB, Rdn. 19; E. Wolf, Sachenrecht, § 1, A., II., b), 7., S. 6. 385 H. Westermann, vgl. Fn. 368; auch Ost, Subjektives Recht, S. 69, verweist auf den Inhalt der Zuordnung, um daraus die umfassende Sachherrschaft des Eigentümers zu folgern. 386 Staudinger-Seufert (11. Auflage), Einleitung zum Sachenrecht, Rdn. 2. 387 Ebenso Ost, Subjektives Recht, S. 70. 388 Schultze-v. Lasaulx, AcP 151 (1950 / 1951), S. 449 ff, S. 454 f.; ihm folgend Aicher, Eigentum, S. 74 und Fabricius, AcP 162 (1963), S. 457 ff, S. 472. 389 Eichler, Institutionen I, 6. Kap., A., b), S. 140 definiert daher das Eigentum auch umfassender dahingehend, daß das Eigentum „diejenige Rechtsmacht enthält, die die rechtliche Zugehörigkeit einer Sache zu einer Person gewährleistet.“

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grund zu stellen und nicht den offensichtlichen Umstand, daß ein Recht auch einem Rechtsträger zusteht. Dann bliebe es bei der Einschätzung, wonach das Eigentum die umfassendste Sachherrschaft ist und die Erwähnung der Zuordnung wäre als rein terminologische Ergänzung unschädlich, aber auch im wesentlichen überflüssig.

b) Zuordnung als unzureichender Ausdruck des Eigentums als subjektives Recht Auch im Hinblick auf die zweite und wesentlich wichtigere Funktion des Eigentumsbegriffs, die Statuierung eines subjektiven Rechts des Eigentümers, ist eine Beschreibung des Eigentums als Zuordnung, mit den daraus erwachsenden Konsequenzen, problematisch.

aa) Keine Gleichordnung von Rechten und Pflichten des Eigentümers H. P. Westermann beschreibt, wie oben dargestellt, das Eigentum als Güter- und Lastenzuordnung.390 Damit werden Rechte und Pflichten des Eigentümers logisch auf eine Stufe gestellt. H. Westermann hatte dies mit der Formulierung, daß der Eigentümer mit der Zuordnung des Eigentums gleichzeitig gegenüber der Gemeinschaft in die Verantwortung genommen werde, noch nicht so eindeutig zum Ausdruck gebracht. Dies wirft genau die gleichen Probleme auf, wie es durch die Beschreibung des Eigentums als Rechtsverhältnis, aus dem Rechte, aber auch Pflichten, folgen, geschieht.391 Auf diesem Wege wird, wie sogerade ausführlich dargestellt, der Wert des subjektiven Rechts für den Aufbau einer der Privatautonomie dienenden Privatrechtsordnung geschmälert: Freiheit und Pflicht stehen logisch nicht auf einer Stufe. Indem die Verantwortung des Eigentümers gegenüber der Gemeinschaft in den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff hineingenommen wird, findet eine Öffnung gegenüber dem öffentlichen Recht statt, obwohl das Zivilrecht seinem Wesen nach nur die Beziehungen der einzelnen zueinander regelt.392 Daß eine unmittelbare Einwirkung der Sozialbindung des Eigentums auf das Privatrecht existiert, wie sie wohl der von H. Westermann postulierten Verantwortung des Eigentümers vor der Gemeinschaft entspricht, wurde bereits abgelehnt.

390 Ähnlich Ost, Zuordnung, S. 50, der die Pflichten als den sozialen Teil des Zuordnungsverhältnisses ansieht. 391 s. o. unter IV. 392 Im selben Sinne Staudinger-Seiler, Einleitung zu den §§ 854 ff. BGB.

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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bb) Fehlende Bestimmtheit des Zuordnungsobjekts Es ist darauf hingewiesen worden, daß die Herabstufung der unmittelbaren und umfassenden Sachherrschaft des Eigentümers zu einer bloßen Konsequenz der Zuordnung nicht haltbar ist. Im Zusammenhang mit der Beschreibung des Eigentums als subjektives Recht des Eigentümers zeigt sich eine weitere Schwäche dieses Ansatzes: Es fehlt letztlich an einer Festlegung, was zugeordnet werden soll.393 Um das zu bestimmen, muß dann auf den Inhalt des zugeordneten Rechts zurückgegriffen werden, der aber in keiner Weise durch die Zuordnung präjudiziert ist. Dies bedeutet, daß die Zuordnung in der Lage ist, jede Zuweisung einer rechtlichen Position zu beschreiben, sei es auch eine solche, bei der die Pflichten die gleichzeitig zugestandenen Rechte überwiegen. Der Begriff der Zuordnung enthält keinen Hinweis darauf, daß die Rechtsordnung eine Rechtsposition gerade im Interesse des Berechtigten zuweist: Eigentum kann auch zugeordnet werden, um dem Eigentümer den Dienst für die Volksgemeinschaft zu ermöglichen.394 Dies wäre weder mit dem freiheitssichernden Begriff des subjektiven Rechts noch mit dem Eigentum als Sachherrschaft vereinbar, aber mit dem formalen und damit inhaltsleeren Charakter des Zuordnungsbegriffs, der das Objekt der Zuordnung nicht bestimmen kann.395 Insoweit ist auch Ost zu widersprechen, wenn er meint, daß die umfassende Sachherrschaft eine selbstverständliche Konsequenz der umfassenden Zuordnung einer Sache sei.396 Damit soll keinerlei Vorwurf im Hinblick auf die hinter dieser Theorie stehenden Gedanken gegenüber den Vertretern der Zuordnungslehre verbunden werden;397 die dargelegte Schwäche der Zuordnungslehre bleibt jedoch.

3. Ergebnis Angesichts der vorstehenden Erörterungen und der aufgezeigten Probleme vermag auch die Lehre vom Eigentum als Zuordnung keine Alternative zum traditionellen, durch die umfassende Sachherrschaft gekennzeichneten, Eigentumsbegriff anzubieten. Es besteht daher kein Anlaß, die umfassende Sachherrschaft des Eigentümers als wesensbestimmendes Merkmal des Eigentums zugunsten der Zuordnung zu ersetzen.

393 Willoweit, Historisches Jahrbuch 94 (1974), S. 131 ff., S. 154 weist darauf hin, daß die Definition des Eigentums als Zuordnung eine objektive Eigentumsordnung voraussetzt, die den Inhalt des Eigentums bestimmt. Eine nachträgliche Begrenzung des Eigentums ist dann nicht mehr erforderlich, da die Position des Berechtigten von vornherein beschränkt ist. 394 So vertreten von der sog. Kieler Schule, bspw. Larenz, DRW 1936, S. 31 ff. 395 Ernst Wolf, Sachenrecht, § 1, II., b), 7., S. 7. 396 Ost, Zuordnung, S. 70. 397 Ernst Wolfs Äußerungen, vgl. Fn. 395, legen eine Nähe zur Ideologie des Dritten Reiches bedenklich nahe und gehen in dieser Hinsicht wohl zu weit.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

VI. Ergebnis: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts Mit den vorstehenden Erörterungen sind zwei Vorhaben in Angriff genommen worden: Zum einen sollte der Eigentumsbegriff des Zivilrechts, ausgehend von der gesetzlichen Regelung vor allem des § 903 S. 1 BGB und dessen Gesetzgebungsgeschichte beschrieben werden. Zum anderen sollte die Diskussion um den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff, wie sie in der jüngeren Vergangenheit stattgefunden hat, kritisch betrachtet werden. Dies hat zu den folgenden Resultaten geführt: 1. Das BGB definiert den Begriff des Eigentums nicht, sondern regelt nur den Inhalt des Eigentums in § 903 S. 1 BGB. Der Eigentumsbegriff ist unabhängig von den konkret dem Eigentümer zustehenden Befugnissen und streng von der Regelung des Eigentumsinhalts, der sich aus der umfassenden Betrachtung von Rechten des Eigentümers, Rechten Dritter an der Sache und anderen gesetzlichen Beschränkungen ergibt, zu trennen. 2. Das Eigentum des BGB ist – in Abwendung von dem zu Beginn des 19. Jahrhunderts vor allem in der Gesetzgebung verbreiteten weiten Eigentumsbegriff, der auch Rechte als eigentumsfähige Gegenstände umfaßte – auf körperliche Sachen beschränkt. 3. Dem BGB liegt folgender Eigentumsbegriff zugrunde: Das Eigentum ist als umfassende Sachherrschaft, wie dies der pandektistischen Doktrin im 19. Jahrhundert entsprach, anzusehen. Dieser Eigentumsbegriff ist bis heute in der Fassung, daß das Eigentum als umfassendstes Recht, welches die Rechtsordnung an einer Sache gestattet,398 zu definieren sei, herrschend. 4. Der zivilrechtliche Eigentumsbegriff erfüllt zwei grundlegende Funktionen: Zum einen macht er deutlich, daß dem Eigentümer ein subjektives Recht an einer Sache zusteht. Dieses gewährt dem Eigentümer jede mögliche Befugnis, über eine Sache im eigenen Interesse zu bestimmen, und dient so der Ermöglichung einer möglichst freien Gestaltung des eigenen Lebensbereichs. Hierin verwirklicht sich die Privatautonomie als zentraler Wert des Zivilrechts. Zum anderen beschreibt der genannte Eigentumsbegriff die grundlegende Einteilung des Sachenrechts und der dinglichen Rechte in Eigentum als umfassende Sachherrschaft und beschränkte dingliche Rechte, die nur eine inhaltlich festgelegte Sachherrschaft gewähren. 5. Zu diesem Eigentumsbegriff werden seit dem Inkrafttreten des BGB immer wieder Alternativen formuliert, mit denen die Ablösung der herrschenden traditionellen Definition angestrebt wird.399 Es wird versucht, einseitig die aus der SachZur Bedeutung dieses Zusatzes unter E. Die Darstellung beschränkte sich dabei auf die wesentlichen, gegen den traditionellen Eigentumsbegriff gerichteten, Ansichten. Völlig vereinzelt gebliebene Meinungen wie die 398 399

D. Der Eigentumsbegriff des BGB

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herrschaft folgende Ausschließungsbefugnis des Eigentümers zum kennzeichnenden Merkmal des Eigentums zu erheben. Weiterhin wird die Nachrangigkeit des Eigentums gegenüber den beschränkten dinglichen Rechten in den Vordergrund gestellt, ergänzt durch eine Beschreibung des Eigentums als Ausschließungsrecht. Eine neuerdings verstärkt in der Literatur vertretene Ansicht will das Eigentum als Rechtsverhältnis charakterisieren, aus dem gleichermaßen Rechte und Pflichten folgen, und dadurch der wachsenden Zahl der Bindungen und der Sozialpflichtigkeit des Eigentums Ausdruck verleihen. Eine Meinung schließlich betont, daß die umfassende Sachherrschaft des Eigentümers nur Konsequenz der Zuweisung dieses Rechts ist. Primär ist das Eigentum danach, wie jedes andere subjektive Recht auch, als Zuordnung anzusehen. 6. Es hat sich gezeigt, daß jeder der genannten Entwürfe eines neuen Eigentumsbegriffs Schwächen aufweist, welche eine der beiden grundlegenden Funktionen des Eigentumsbegriffs bzw. beide zugleich betreffen. Keine der dargestellten Ansichten vermochte daher eine überzeugende Alternative zum traditionellen Eigentumsbegriff anzubieten. 7. Es bleibt daher dabei, daß das Eigentum begrifflich als umfassendste Sachherrschaft, welche die Rechtsordnung an einer Sache zuläßt, zu bestimmen ist. Dieser Eigentumsbegriff läßt sich mit den drei Schlagworten Totalität, Abstraktheit und Absolutheit näher charakterisieren:400 Als umfassende Sachherrschaft kann das Eigentum zur Gänze nur einem Rechtsträger zugleich zustehen; eine Aufteilung unter mehrere ist nur in der Form des Bruchteilseigentums und des Gesamthandseigentums möglich. Dies wird als Totalität401 oder Ungeteiltheit des Eigentums bezeichnet. Die Sachherrschaft des Eigentümers wird nicht durch die einzelnen Befugnisse des Eigentümers bestimmt, sondern ist diesen gegenüber abstrakt und in ihrem Wesen nicht von einem bestimmten Bestand von Einzelbefugnissen abhängig. Aus der umfassenden Sachherrschaft des Eigentümers folgt schließlich, daß diese ebenso umfassend von der Rechtsordnung geschützt werden muß: Dieser potentiell gegen jedermann gerichtete Klageschutz wird als Absolutheit bezeichnet.402 Pininskis, Begriff, S. 9 f., wonach das Eigentum die durch Rechtssätze gesicherte Möglichkeit sei, sich eine Sache wirtschaftlich nutzbar zu machen, mußten außer Betracht bleiben, da die Darstellung sonst unüberschaubar geworden wäre. 400 MüKo-Säcker, § 903 BGB, Rdn. 4. 401 In der Rechtslehre ist das Eigentum wohl zuerst von Puchta, Pandekten, § 123, S. 184 f., mit dem Terminus „Totalität“ gekennzeichnet worden; vorher hatte schon Stahl, Philosophie des Rechts II / 1, S. 40 vom Eigentum als Recht „über eine Sache in seiner Totalität“ gesprochen; vgl. Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 139 ff. 402 Der Terminus „Absolutheit“ des Eigentums ist rechtstechnisch insoweit berechtigt und wurde so schon in den Motiven, abgedruckt bei Mugdan III, S. 236, verwendet. Von absoluten Rechten und absoluten Klagen spricht schon Thibaut, Dingliches Recht, S. 63 f.; vgl. dazu Dubischar, Zweiteilung, S. 88 ff. Das absolute Eigentum, wie es wohl zum ersten Mal bei v. Jhering, Geist II (1. Auflage), § 31, S. 149, für das ältere römische Recht als der „reine Eigentumsbegriff d. h. der Gedanke der absoluten Herrschaft über die Sache“ erscheint und

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

Bisweilen wird den genannten drei Eigenschaften des Eigentums – Abstraktheit, Totalität und Absolutheit – die Elastizität als grundlegendes Charakteristikum zur Seite gestellt.403 Zwar ist die Elastizität des Eigentums nicht zuletzt für die subjektive Rechtsstellung des Eigentümers von Bedeutung.404 Es ist jedoch verfehlt, sie mit den drei anderen Eigenschaften auf eine Stufe zu stellen, da die Elastizität letztlich eine logische Konsequenz von Totalität und Absolutheit ist: Wenn das Eigentum grundsätzlich alle an der Sache möglichen Befugnisse erfaßt und diese Rechtsstellung nur einem Rechtsträger zustehen kann, so folgt daraus bereits, daß alle „frei werdenden“ Einzelbefugnisse ohne weiteres an den Eigentümer zurückfallen müssen.

E. Die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums und ihr Verhältnis zum Eigentumsbegriff Die bisherigen Erörterungen haben zu der Feststellung geführt, daß das Eigentum als abstrakte unbegrenzte Sachherrschaft zu fassen ist. Diese Sachherrschaft besteht nur innerhalb einer Rechtsordnung und ist deshalb in der Realität niemals unbeschränkt. § 903 S. 1 BGB bringt dies in klarer und einfacher Weise zum Ausdruck. Nichtsdestoweniger war und ist das Verhältnis des Eigentumsbegriffs zu den gesetzlichen Beschränkungen der Herrschaftsmacht des Eigentümers immer wieder Gegenstand von Diskussionen. Diese richten sich auf die Frage, ob die gesetzlichen Schranken, wie sie vor allem das öffentliche Recht dem Eigentum auferlegt, zum Begriff des Eigentums zählen oder diese lediglich die Ausübung der Herrschaftsbefugnisse des Eigentümers und damit nur den Inhalt des Eigentums kennzeichnen. Zu dieser Frage werden im wesentlichen drei Positionen vertreten: – Nach der sog. Außentheorie ist das Eigentum die umfassende und vollständige Sachherrschaft, welche aber unter dem Vorbehalt der Beschränkung durch das objektive Recht steht.

in späteren Auflagen, v. Jhering, Geist II (2. Auflage), § 31, S. 141 deutlicher als „absolut, sowohl im Hinblick auf den Schutz (rei vindicatio) als auf den Inhalt des Eigentums“, erläutert wird, ist später vielfach der Gegenstand scharfer Kritik gewesen, den 2. Teil dieser Arbeit. V. Jhering selbst hat dies später zurückgenommen, Geist I (3. Auflage), S. 7 und ausführlicher in Zweck, S. 523. Heute spricht niemand mehr von einem dieser Bedeutung absoluten Eigentum. Der Terminus Absolutheit wurde ferner in dem Sinne verwendet, daß sich das Eigentum, anders als die Rechte an fremder Sache, auf kein anderes Recht bezieht, sondern allein bestehen kann, Randa, Eigenthumsrecht, S. 8. In diesem Sinne sprechen auch die Motive vom Eigentum als absolutem Recht, abgedruckt bei Mugdan III, S. 142. 403 Honsell / Mayer-Maly / Selb-Mayer-Maly, Römisches Recht, § 57, S. 142. 404 s. o. unter D.

E. Die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums

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– Die sog. Immanenztheorie rechnet die Schranken des Eigentums zu dessen Begriff. Das sei die Konsequenz einer Charakterisierung des Eigentums als sozial gebundenes, pflichtverhaftetes Recht. – Nach der sog. Trennungstheorie folgt die korrekte Einordnung der Beschränkungen des Eigentums schon aus der Differenzierung zwischen Begriff und Inhalt des Eigentums: Während die Beschränkungen den Begriff des Eigentums nicht betreffen können, weil dieser von einem konkreten Bestand von Herrschaftsmacht des Eigentümers unabhängig sei, wirken sie sich auf der Ebene des Inhalts des Eigentums aus.405

Zwar mag die praktische Bedeutung der Einordnung der Eigentumsbeschränkungen gering sein. Der Eigentümer hat den geltenden Gesetzen Folge zu leisten, ohne Rücksicht darauf, wie die Eigentumsbeschränkungen sich zum Begriff des Eigentums verhalten. Auch die frühere Relevanz für die Abgrenzung von Inhaltsbestimmung des Eigentums und Enteignung – eine solche wurde teilweise schon angenommen, wenn das Recht des Eigentümers, mit seiner Sache nach Belieben zu verfahren, beeinträchtigt wurde – ist nunmehr angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geschwunden.406 Dennoch bliebe eine Darstellung des für das Zivilrecht geltenden Eigentumsbegriffs ohne eine Erörterung dieser Frage notwendig unvollständig. Ausgehend von einer Darstellung der dem BGB zugrundeliegenden Auffassung zur Einordnung der gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums wird diese Streitfrage unter Einbeziehung der oben genannten, hierzu vertretenen Meinungen daher zu entscheiden sein. Die Frage, wie sich die Beschränkungen des Eigentums zu seinem Begriff verhalten, ist aber noch aus einem weiteren Grund von großer Bedeutung: Bis heute wird die Kritik am Eigentumsbegriff des bürgerlichen Rechts und vor allem die Forderung, die Schranken des Eigentums in dessen Begriff aufzunehmen, mit deren gewachsener Zahl und vor allem deren Bedeutung begründet.407 Bisweilen wurde sogar die Rechtsfigur des geteilten Eigentums herangezogen, um den Umfang der auf dem Eigentum lastenden öffentlichen Beschränkungen zu beschrei405 Vgl. die Zusammenfassung der Diskussion und die Nachweise bei Soergel-J. F. Baur, § 903 BGB, Rdn. 15 ff. 406 Böhmer, Eigentum, S. 66 ff. 407 Vgl. Schwab / Prütting, Sachenrecht, § 27, IV., S. 136 f.; daß die Diskussion um die Änderung des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs aufgrund zunehmender öffentlich-rechtlicher Beschränkungen schon eine lange Tradition besitzt, zeigen die – sowohl zustimmenden als auch ablehnenden – Äußerungen von Planck-Brodmann (5. Auflage), Vorbemerkung vor § 903 BGB, 1., S. 325 (in der 1. / 2. Auflage, Vorbemerkung vor § 903 BGB, S. 129 war die Frage nach dem Verhältnis von Eigentumsbegriff und Beschränkungen noch als von lediglich theoretischer Bedeutung eingestuft worden); Staudinger-Seufert (11. Auflage), Vorbemerkungen vor § 903 BGB, Rdn. 3; Wolff / Raiser, Sachenrecht, § 52, II., S. 180; Lueg, Eigentumsordnung, S. 19; F. Baur, AcP 176 (1976), S. 97 ff, S. 116 f und Durchdringung, S. 181; Hartmann, JhJb 17 (1879), S. 89 ff., S. 124 ff; Olzen, JuS 1984, S. 328 ff, S. 328; Schloßmann, JhJb 45 (1903), S. 289 ff; S. 332 f; Sontis, Strukturelle Betrachtungen, S. 981; ausführlich Peter, Wandlungen, S. 100 ff.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

ben: Dem Staat soll dabei eine Art Obereigentum zukommen.408 Insbesondere im Zusammenhang mit dem Begriff eines deutschen oder germanistischen Eigentums, das angeblich seine Schranken in sich trage,409 und der auf dieser Basis vorgetragenen Kritik am Eigentumsbegriff des BGB, ist die Frage nach dem Verhältnis von Eigentumsbegriff und Schranken von großer Bedeutung gewesen. Wenngleich vom deutschen Eigentumsbegriff erst in einem zweiten Teil dieser Arbeit ausführlich zu handeln sein wird, so soll doch bereits hier dargestellt werden, daß die Beschränkungen des Eigentums, wie sie vor allem dem öffentlichen Recht entstammen, keinesfalls von der dem BGB zugrundeliegenden Auffassung zur Ausnahme im Sinne einer bloßen Zufälligkeit410 erklärt wurden. Vielmehr wurde den Beschränkungen des Eigentums durch das BGB, wie es sich schon in der Formulierung des § 903 S. 1 BGB zeigt, durchaus große Bedeutung beigemessen.411

I. Die dem BGB zugrundeliegende Auffassung Der dem BGB zugrundeliegende Eigentumsbegriff ist bereits ausführlich behandelt worden, ebenso wie die Trennung von Begriff und Inhalt des Eigentums. Dabei ist auch angedeutet worden, daß mit dieser Unterscheidung ein bestimmtes Verhältnis der Beschränkungen des Eigentums zu seinem Begriff verbunden ist: Das Eigentum ist begrifflich ein unbeschränktes Recht; über die dem Eigentümer in der Realität zustehenden Befugnisse, welche den Inhalt des Eigentums ausmachen, ist damit aber noch nichts gesagt. Dies entspricht der Vorstellung, die als Trennungstheorie bezeichnet wird.

1. Der Vorentwurf Johows Betrachtet man den Vorentwurf zum Sachenrecht, so wird deutlich, daß bereits Johow von einer solchen Vorstellung ausging. Er behandelte den Inhalt des Eigentums unter der Überschrift „Befugnisse des Eigentümers“ und setzte damit den Inhalt des Eigentums mit den Befugnissen des Eigentümers gleich.412 Wenn nun der 408 Goldschmidt, Eigentum, S. 66 ff.; Funktion, S. 16; richtiger wäre wohl ein Verweis auf das sog. Staatsobereigentum oder dominium eminens, welches in Anlehnung an das geteilte Eigentum entwickelt und in der Theorie des Absolutismus dem Landesherrn zugeschrieben wurde, vgl. Schwab, Eigentum, S. 6. Von einem domium eminens spricht Negro, Eigentum, S. 22. 409 Grundlegend v. Gierke, DPR II, § 120, S. 364. 410 So charakterisiert bspw. Staudinger-Seufert (11. Auflage), Vorbemerkungen vor § 903 BGB, Rdn. 17 und § 903 BGB, Rdn. 1 eine nach seiner Ansicht überholte Eigentumsdoktrin, unter deren Einfluß auch die Väter des BGB gestanden haben sollen. 411 Staudinger-Seiler, Vorbemerkung zu §§ 903 ff. BGB, Rdn. 55 ff. und § 903 BGB, Rdn. 3. 412 Johow, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 639.

E. Die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums

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Gesetzgeber das Eigentum beschränkte, so betrachtete Johow dies als Loslösung413 einzelner Befugnisse, welche das Eigentum sonst bzw. die Einräumung dieser Befugnisse an Dritte gewährt: „Gemeinsam und wesentlich ist ihnen allen (den gesetzlichen Eigentumsbeschränkungen, Ergänzung durch den Verfasser), daß in unmittelbarer Folge einer Vorschrift des Gesetzes in einer durch dieselbe bestimmten Beziehung die Befugniß, willkürlich über die Sache zu verfügen, oder die Befugniß, Andere von der Verfügung über dieselbe auszuschließen, nicht mit dem Eigenthum verbunden ist.“414 Johow bezeichnete dies im übrigen als „ziemlich allgemein anerkannte Auffassung“,415 wobei er sich – wenngleich er diese nicht zitierte – auf Autoren wie Brinz,416 Puchta417 und Vangerow418 hätte stützen können. Im Rahmen einer Untersuchung der Bestimmungen des ALR im Hinblick auf die Beschränkungen des Eigentums wandte sich Johow auch gegen eine Betrachtungsweise, welche die Beschränkungen des Eigentums nur als Beschränkung der Ausübung des Eigentums gelten lassen wollte.419 Zumindest dem Vorentwurf lag danach nicht die sog. Außentheorie zugrunde, wonach die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums lediglich der Ausübung der zum Eigentum gehörenden Befugnisse entgegenstehen.

413 Dies galt jedoch nur für die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums. Dem Eigentümer selbst hingegen war es nicht möglich, einzelne Befugnisse aus dem Eigentum herauszunehmen und zu übertragen. Vielmehr handelte es sich bei den Rechten an einer fremden Sache um Beschränkungen der Sachherrschaft des Eigentümers, bei deren Erlöschen ohne weiteres die ursprüngliche volle Sachherrschaft wieder entstand, vgl. Johow, vgl. Fn. 414, S. 626. Die unterschiedliche Behandlung von gesetzlichen Beschränkungen und Rechten an fremder Sache rechtfertigt sich vor dem Hintergrund der aus dem Begriff des Eigentums folgenden Regelung des § 903 BGB: Begrifflich ist das Eigentum immer unbeschränkt. Dies gilt auch für den Inhalt des Eigentums, denn dem Eigentümer stehen zunächst alle Befugnisse im Hinblick auf die Sache zu. Lediglich der Gesetzgeber vermag dann auch die gesetzliche Ausgestaltung des Eigentums zu verändern, indem er dieses beschränkt, d. h. eine Befugnis aus dem Eigentumsinhalt herausnimmt. Der Eigentümer kann hingegen nicht über die gesetzliche Ausgestaltung des Eigentums disponieren, sondern lediglich Dritten ein eigenes Recht einräumen, seine Sache zu benutzen und zugleich darauf verzichten, seinen Abwehranspruch in diesem Fall auszuüben. Zumindest im Hinblick auf die Rechte Dritter wäre die der Außentheorie zugrunde liegende Betrachtung daher gerechtfertigt. Wenn die Außentheorie auch auf die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums übertragen wird – dies sei im Vorgriff auf die folgenden Erörterungen angemerkt, so mag darin ein Rest der früheren Theorie von den Legalservituten überlebt haben. Diese hatte die gesetzlichen Eigentumsbeschränkungen als eine Art hoheitliche Grunddienstbarkeit ansah, vgl. Kayser, Legalservituten, S. 633. 414 Johow, vgl. Fn. 412, S. 624. 415 Johow, vgl. vorige Fn. 416 Brinz, Lehrbuch I, § 132, S. 479. 417 Puchta, Pandekten, § 145, S. 217 und Pandektenvorlesungen, § 145, S. 317. 418 Vangerow, Pandekten I, Anm. zu § 297, S. 543. 419 Johow, vgl. Fn. 412.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

Am Rande sei angemerkt, daß Johow einer Gesamtschau der Beschränkungen des Eigentums etwa 100 Seiten widmete,420 zusätzlich zu den bereits zitierten Erörterungen von Wesen und systematischer Stellung der Beschränkungen. Johow wies sogar ausdrücklich darauf hin, daß der Inhalt des Eigentums „sich ohne Widerstreben durch das positive Recht begrenzen läßt“.421 Es kann daher keine Rede davon sein, daß die Notwendigkeit von Beschränkungen des Eigentums und deren Ausmaß bei der Schaffung des BGB zugunsten eines angeblich absoluten Eigentumsbegriffs verkannt422 worden seien.423

2. Die weiteren Materialien zum BGB Auch nach den Motiven begrenzen die Eigentumsbeschränkungen den Inhalt des Eigentums.424 Wenn darüber hinaus in den Motiven von dem Eigentumsbegriff, wie er dem Entwurf zugrundeliegt, die Rede ist, und die Überschrift des entsprechenden Titels „Inhalt und Begrenzung des Eigenthumes“ lautet,425 so zeigt sich darin nicht nur die schon besprochene Trennung zwischen Begriff und Inhalt des Eigentums. Vielmehr wird durch diese Gleichstellung ausgedrückt, daß die Beschränkungen des Eigentums den Inhalt desselben und damit die dem Eigentümer kraft des Eigentums zustehenden konkreten Befugnisse betreffen. Außerdem wird im Rahmen der Erörterung der Beschränkungen des Grundeigentums von „den Inhalt des Eigenthumes im Einzelnen näher bestimmenden und begrenzenden Vorschriften“426 gesprochen wird. Dies deutet ebenfalls stark darauf hin, daß damit auf die Vorstellungen Johows zurückgegriffen wird. Ihm zufolge stellte das Gesetz den „Inhalt des Eigentums fest, indem es zunächst voll giebt, sodann das Gegebene aber wieder beschränkt.“427 Auch an dieser Stelle muß – um das oben genannte Mißverständnis hinsichtlich der angeblichen Einseitigkeit des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs und des § 903 BGB auszuräumen – nachdrücklich darauf hingewiesen werden, daß den Redaktoren die Notwendigkeit von Beschränkungen des Eigentums aus Gründen des öffentlichen Wohls und insbesondere im Rahmen des Polizeirechts präsent war. Der Entwurf sollte über deren Bestehen keine Aussage treffen, zumal dies wegen zumeist deren landesgesetzlicher Natur auch nicht möglich gewesen wäre.428 Johow, vgl. Fn. 412, S. 652 bis 750. Johow, vgl. Fn. 412, S. 623. 422 Dies wird jedoch bis heute immer wieder behauptet, verbunden mit einer Charakterisierung des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs und damit des § 903 BGB als irreführend, einseitig oder Selbstbetrug der Juristen, Böhmer, Eigentum, S. 64 m. w. N. 423 Staudinger-Seiler, Vorbemerkung vor §§ 903 ff. BGB, Rdn. 55 f. 424 Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 143. 425 Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 142. 426 Motive, vorige Fn., S. 143. 427 Johow, vgl. Fn. 414, S. 627. 420 421

E. Die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums

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Daß die geschilderte Sichtweise der Beschränkungen des Eigentums auch im Gesetz ihren Niederschlag gefunden hat, zeigt die Formulierung des § 906 I 1 BGB, wonach der Eigentümer bestimmte Einwirkungen nicht verbieten „kann“. Der Eigentümer kann dies nicht, weil diese eigentlich zu dem aus dem Eigentum folgenden Ausschließungsrecht gehörende Befugnis vom Eigentum gelöst wurde und nicht mehr zum Inhalt des Eigentums gehört. Im übrigen stellt auch das Gesetz selbst klar, daß man sich bei der Schaffung des BGB der vielfältigen, vor allem auf dem öffentlichen Recht beruhenden, Beschränkungen des Eigentums bewußt war. Art. 111 EGBGB legt ausdrücklich fest, daß die „landesgesetzlichen Vorschriften, welche im öffentlichen Interesse das Eigentum in Ansehung tatsächlicher Verfügungen beschränken“ unberührt bleiben. Schon zu Zeiten des Erlasses des BGB wurden auf diese Weise weitreichende Eigentumsbeschränkungen ausdrücklich anerkannt.429 Wie sehr man sich der Beschränktheit der Rechte des Grundeigentümers bewußt war, zeigt nicht zuletzt Plancks Entgegnung auf die Angriffe Gierkes, der den § 848 des Entwurfs, den Vorläufer des heutigen § 903 BGB, wegen dessen Gleichbehandlung von Fahrnis und unbeweglichen Sachen, die nicht mit den vielfältigen Schranken des Grundeigentums vereinbar sei,430 kritisiert hatte: „Der Entwurf weist durch den Zusatz ,soweit nicht Beschränkungen dieses Rechtes durch Gesetz oder durch Rechte Dritter begründet sind‘ sogar ausdrücklich auf das Vorhandensein von Beschränkungen hin. Die Zahl derselben ist, wie Gierke hervorhebt, eine sehr große; sie ergeben sich teils aus den späteren Bestimmungen des Entwurfs, teils aus denjenigen Materien, deren Regelung den Landesgesetzen überlassen ist. In den fraglichen Paragraphen selbst sie sämtlich aufzunehmen, wäre doch offenbar unmöglich gewesen und es konnte daher nur, wie geschehen, darauf hingewiesen werden.“431

3. Ergebnis Die Regelungen des Eigentums im Sachenrecht basieren demnach auf der Vorstellung, daß der Begriff des Eigentums als umfassendes Recht an einer Sache zu fassen ist. Die Beschränkungen oder Schranken des Eigentums treffen den Inhalt des Eigentums dergestalt, daß einzelne, dem Eigentümer grundsätzlich zustehende Befugnisse vom Eigentum gelöst werden. Der Inhalt des Eigentums läßt sich danach, wie dies auch die Formulierung des § 903 S. 1 BGB zeigt, durch eine Gesamtschau der Befugnisse, welche zum Eigentum gehören können, und der gesetzlichen Beschränkungen, sowie der Rechte Dritter an der Sache feststellen. Auf diese Weise ist das Eigentum trotz begrifflicher Unbeschränktheit offen für Motive, vgl. Fn. 427, S. 143. Floßmann, Eigentumsbegriff, S. 70, Fn. 164; vgl. schon Planck-Greiff (1. / 2. Auflage), Art. 111 EGBGB, Anm. 2. 430 O. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 492 f. 431 Planck, AcP 75 (1889), S. 327 ff., S. 397 f.; vgl. Kroeschell, Eigentumslehre, S. 46. 428 429

7 Lehmann

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

alle Arten von Beschränkungen, deren Stellenwert damit ohne weiteres anerkannt wird.

II. Zur Außentheorie Der sog. Außentheorie zufolge werden dem Eigentümer durch die gesetzlichen Beschränkungen keine Befugnisse entzogen.432 Der Inhalt des Eigentums bleibt unangetastet, die Beschränkungen treten lediglich der Ausübung der aus dem Eigentum folgenden Befugnisse entgegen.433 Dabei werden dem Eigentum keine Befugnisse entnommen,434 wodurch sich diese Auffassung in direkten Gegensatz zu der Vorstellung begibt, die dem BGB zugrundeliegt. Dies wird damit umschrieben, daß die Beschränkungen des Eigentums von außen kommen, jedoch nicht im Begriff des Eigentums liegen.435 Heute wird die Außentheorie nicht mehr vertreten. Wenn im Hinblick auf die aktuelle Literatur Peter Liver und Artur Meier-Hayoz zu den Anhängern der Außentheorie gezählt werden,436 so trifft dies nicht zu. Meier-Hayoz hat sich mittlerweile ausdrücklich von seiner früheren Ansicht abgewendet und favorisiert wohl nun die sog. Immanenztheorie. 437 Die Äußerungen Livers, auf denen die Zuordnung zu den Vertretern der Außentheorie basiert, sind zwar nicht ganz eindeutig festzulegen, weisen aber eher in die Richtung der Auffassung, die auch dem BGB zugrundeliegt. Wenn Liver davon spricht, daß die Schranken das Eigentum als Freiheit der Nutzung einer Sache einengen oder sich ihm entgegenstellen,438 so ähnelt dies zwar durchaus den Ausführungen der Vertreter der Außentheorie, wie sie oben zitiert wurden. An anderer Stelle weist er jedoch darauf hin, daß der Eigentumsbegriff sowohl der deutschen als auch der schweizerischen und österreichischen Privatrechtskodifikationen derselbe sei und dem römischen Recht entstamme. Er stützt sich dabei auf Windscheid und Randa, die beide zwischen dem unbeschränkten Begriff des Eigentums und dem beschränkten Inhalt des Eigentums unterschieden hätten.439 Zumindest Windscheid ging explizit davon aus, daß 432 Auf den Zusammenhang der Außentheorie mit der Lehre von den Legalservituten ist bereits hingewiesen worden, s. o. Fn. 414. 433 Planck-Brodmann (5. Auflage), Vorbemerkung 1 vor § 903 BGB, S. 324; StaudingerKober (3. / 4. Auflage), Vorbemerkungen vor § 903 BGB, III., S. 195; Eichler, Institutionen I, 6. Kap., A., c), S 142; Goldschmidt, Eigentum, S. 29 f. 434 Planck-Brodmann, vgl. vorige Fn. 435 Cosack, Lehrbuch II (6. Auflage), § 195, S. 106 (in der 7. / 8. Auflage, die von Mitteis besorgt wurde, wird diese Betrachtung zumindest im Hinblick auf das Eigentum an Grundstücken aufgegeben, § 32, S. 129 f.); Burchard / de Boor, Bürgerliches Recht, § 110, I., 2., S. 218; Sohm / Mitteis / Wenger, Institutionen, § 50, S. 282. 436 Soergel-J. F. Baur, § 903 BGB, Rdn. 16. 437 Meyer-Hayoz, Wesen, S. 183 f. 438 Liver, Eigentumsbegriff, S. 262.

E. Die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums

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durch die Beschränkungen des Eigentums eine Einwirkungsmöglichkeit des Eigentümers aus dem Eigentum herausgenommen und dem Eigentümer entzogen werde.440 Das entspricht jedoch der dem BGB zugrundeliegenden Vorstellung, ebenso wie die ausdrückliche Äußerung, daß die Beschränkungen des Eigentums dessen Inhalt bestimmen.441

1. Zur Begründung dieser Ansicht Die Sichtweise der Eigentumsbeschränkungen, wie sie im Rahmen der Außentheorie vorgetragen wird, hängt mit der als Elastizität oder Konsolidationslage beschriebenen Eigenschaft des Eigentums zusammen. Danach tritt der Eigentümer, sobald eine Beschränkung wegfällt, wieder ohne weiteres in seine Herrschaftsbefugnisse ein.442 Das Eigentum verhält sich danach, bildlich gesprochen, wie ein Gas, welches zwar komprimiert werden kann, aber sofort in die Position der ursprünglichen Ausdehnung zurückströmt, sobald der Druck nachläßt. Diesem Bild entspricht es, wenn die Beschränkungen von außen an das Eigentum herantreten.

2. Zur Kritik an dieser Ansicht Die sog. Außentheorie ist als nicht mehr zeitgemäß abzulehnen. Sie läßt sich zwar mit dem Wortlaut des § 903 S. 1 BGB vereinbaren, da die Formulierung, „soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen“, auch die Vorstellung erlaubt, daß die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen gleichsam von außen an ein auch dem Inhalt nach feststehendes Eigentum herantreten und nur die Ausübung einzelner Befugnisse hemmen. Mit der Gesetzgebungsgeschichte, wie sie oben dargestellt wurde, ist eine solche Beschreibung jedoch nicht mehr in Einklang zu bringen. Die sog. Elastizität oder Konsolidationslage des Eigentums, auf der die Charakterisierung der Schranken des Eigentums als von außen an das Eigentum herantretendes Moment wohl gründet, rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Wohl läßt sich, wie gerade angedeutet, die Vorstellung eines Eigentums, das bei Wegfall der Schranken ohne weiteres wieder zur ursprünglichen Fülle erstarkt, bildlich sehr gut mit der Außentheorie verbinden. Notwendig ist eine solche Konstruktion jedoch nicht, da die Elastizität bereits im Begriff des Eigentums begründet ist: Dem Eigentümer stehen alle auf die Sache gerichteten Befugnisse zu, soweit die Rechtsordnung nichts anderes vorschreibt. Bei Wegfall einer Beschrän439 Liver, Eigentumsbegriff, S. 261; nach Randa, Eigenthumsrecht, § 1, S. 10 f., ändern die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums dessen Inhalt nicht. 440 Winschscheid / Kipp, Pandekten I, § 167, S. 858. 441 Liver, Eigentumsbegriff., S. 249. 442 Planck-Brodmann (5. Auflage), Staudinger-Kober (3. / 4. Auflage), vgl. jeweils Fn. 435; Sohm / Mitteis / Wegner, vgl. Fn. 437.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

kung erwächst die zuvor von dem Inhalt des Eigentums abgelöste Befugnis wieder neu aus dem Eigentum als begrifflich unumschränktem Recht. Einer etwaigen „Rückgabe“ der Befugnis bedarf es nicht; die Vorstellung eines Eigentums, das einen durch das Verschwinden eines äußeren Hindernisses entstehenden Leerraum wieder ausfüllt, ist überflüssig. Letztlich ist die Außentheorie, der zufolge alle Bestimmungen des Gesetzgebers, welche die Befugnisse des Eigentümers regeln, lediglich der Ausübung der Eigentümerbefugnisse entgegentreten, nicht mit Art. 14 I 2 GG vereinbar. Danach ist der Gesetzgeber befugt, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen. Die Kompetenz des Gesetzgebers zur Gestaltung des Inhalts findet erst in der Institutsgarantie des Eigentums eine Grenze.443 Wenn demnach der Inhalt des Eigentums selbst, nicht nur die Ausübung von Befugnissen durch den Gesetzgeber gestaltet werden kann, so ist die Außentheorie überholt.444

III. Zur Immanenztheorie Eine exakte Darstellung der Immanenztheorie, die bisher nur grob beschrieben wurde, stößt auf gewisse Schwierigkeiten. Dies hängt mit der uneinheitlichen Verwendung des Wortes immanent und der Darstellung der Beschränkungen des Eigentums überhaupt zusammen. 1. Zu den unter der Bezeichnung „Immanenz der Beschränkungen“ zusammengefaßten Vorstellungen Unter der Bezeichnung Immanenztheorie werden verschiedene Vorstellungen zusammengefaßt. Allen ist gemeinsam, daß sie die Notwendigkeit einer Beschränkung des Eigentums betonen: Die Rechtsordnung kann danach kein schrankenloses Eigentum dulden. Vielmehr gehören die Beschränkungen selbst bereits zum Eigentum, da die Rechtsordnung das Eigentum gewährt und damit gleichzeitig in der erforderlichen Weise einschränkt. Zumeist werden die Schranken als dem Eigentum immanent angesehen.445 a) Zu den verschiedenen Formen der Immanenztheorie Auch wenn die Beschränkungen des Eigentums als zu diesem gehörig und dadurch als immanent angesehen werden, so wird dies einmal auf den Begriff,446 ein 443 BVerfGE 58, S. 300 ff., S. 339; Bonner Kommentar-Kimminich, Art. 14 GG, Rdn. 119; Dreier-Wieland, Art. 14, Rdn. 117; von Münch-Bryde, Art. 14 GG, Rdn. 32. 444 Soergel-J. F. Baur, § 903 BGB, Rdn. 20. 445 Vgl. bspw. Wolff / Raiser, Sachenrecht, § 52, II., S. 180.

E. Die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums

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anderes mal auf den Inhalt447 des Eigentums bezogen. Ausgehend von der dem BGB zugrundeliegenden Vorstellung, daß der Begriff des Eigentums vorausgesetzt wird und die Kodifikation des bürgerlichen Rechts nur die Konsequenzen aus diesem Begriff zieht, indem sie den Inhalt des Eigentums regelt,448 ist dies nicht nur ein terminologischer Unterschied. Eine Konzeption des Eigentums, welche die Beschränkungen dem Inhalt des Eigentums zuweist, ist mit dem BGB vereinbar. Sieht man das Eigentum aber bereits als begrifflich eingeschränkt an, so entfernt man sich von der Regelung des BGB, zumindest aber von der dem BGB zugrundeliegenden Vorstellung des historischen Gesetzgebers. Dies geschieht in besonders augenfälliger Weise, wenn man nicht nur Beschränkungen der Herrschaftsmacht des Eigentümers schon zum Begriff des Eigentums zählt, sondern sogar Pflichten des Eigentümers,449 vorzugsweise gegenüber der Gemeinschaft, als begrifflich zum Eigentum gehörig betrachtet.450 Der zuletzt genannten Form der Immanenztheorie stehen die Autoren nahe, welche zwar die Einbeziehung der Beschränkungen des Eigentums in dessen Begriff leugnen, im Anschluß aber die Trennung zwischen Begriff und Inhalt des Eigentums aufheben.451 Postuliert man, wie insbesondere F. Baur dies tut, einen „inhaltsfixierten Eigentumsbegriff“452, so finden die zum Inhalt des Eigentums zählenden Beschränkungen des Eigentums notwendig Eingang in den Eigentumsbegriff. Bisweilen wird nicht zwischen der Immanenztheorie und der bereits behandelten Auffassung, die das Eigentum als Rechtsverhältnis charakterisiert, unterschieden.453 Zwar stehen sich diese beiden Positionen insoweit nahe, als sie beide die Sozialpflichtigkeit des Eigentums betonen. Die Immanenztheorie geht jedoch von 446 RGRK-Augustin, Vorbemerkungen vor § 903 BGB, Rdn. 4; Holstein, Lehre, S. 87 f.; Kohler, Lehrbuch II, § 45, S. 121; Brunstäd, Eigentum, S. 131 f; Delbrück, ArchBürgR 39 (1913), S. 406 ff, S. 410; Raape, JhJb 71 (1921), S. 97 ff; S. 124; Schloßmann, JhJb 45 (1903), S. 289 ff, S. 319; Schumacher, ZHR 113 (1950), S. 166 ff., S. 172 f.; es existiert im übrigen eine – allerdings zu Fragen der Enteignung und des verfasungsrechtlich gewährleisteten Eigentums getätigte – Äußerung des Reichsgerichts, wonach Beschränkungen zugleich Begriff und Inhalt des Eigentums treffen, RGZ 116, S. 268 ff, S. 273. Vgl. aber auch die frühere Äußerung des Reichsgerichts in RGZ 89, S. 120 ff., S. 122, wonach Eigentum zugleich berechtigt und verpflichtet, d. h. das Eigentum an sich schon Pflichten enthält und diese dementsprechend nicht nur von außen an dieses herantreten. 447 AK-Ott, § 903 BGB, Rdn. 3 f.; Soergel-J. F. Baur, § 903 BGB, Rdn. ; J. v. Gierke, Sachenrecht, § 26, III, S. 69 f.; Wolff / Raiser, Sachenrecht, § 51, II., 2., S. 174. 448 Staudinger-Seiler, Vorbemerkungen zu §§ 903 ff. BGB, Rdn. 2 ff.; Planck-Brodmann (5. Auflage), Vorbemerkung vor § 903 BGB, 1., S. 324. 449 So bspw. Schwab / Prütting, Sachenrecht, § 27, IV., S. 136 f. 450 Mosich, JhJb 80 (1930), S. 255 ff., S. 256. 451 Ost, Zuordnung, S. 50; F. Baur, AcP 176 (1976), S. 91 ff., S. 117 f. 452 F. Baur, vgl. vorige Fn. 453 Soergel-J. F. Baur, § 903 BGB, Rdn. 17 rechnet Sontis zu den Vertretern der Immanenztheorie, obwohl dieser die Immanenztheorie ausdrücklich als unzutreffend bezeichnet, vgl. Sontis, Strukturelle Betrachtungen, S. 997.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

der traditionellen Betrachtungsweise aus, die das Eigentum als subjektives Recht ansieht, das seine Schranken in sich trägt. Das Eigentum als Rechtsverhältnis dagegen faßt, wie oben dargestellt,454 alle sich aus dem Eigentum ergebenden Rechtsbeziehungen zusammen und nimmt so gegenüber dem Eigentum als, wenn auch begrenzter, Sachherrschaft eine übergeordnete Position ein. Daher ist eine Gleichsetzung von Immanenztheorie mit dem Eigentum als Rechtsverhältnis nicht korrekt.

b) Zur Terminologie in dieser Arbeit Vor dem Hintergrund des unterschiedlichen Bezuges der Immanenz der Eigentumsbeschränkungen ist die Bezeichnung Immanenztheorie ungenau, da sie keine Differenzierung zwischen den verschiedenen Anschauungen ermöglicht. Zwecks besserer Unterscheidbarkeit wird die Auffassung, welche die Schranken des Eigentums zu dessen Begriff zählt, als echte Immanenztheorie bezeichnet. Die Vorstellung, wonach die Beschränkungen dem Inhalt des Eigentums immanent sind, wird im weiteren unechte Immanenztheorie genannt. Letzteres bietet sich schon deshalb an, weil die unechte Immanenztheorie sich nicht – oder allenfalls in Nuancen – von der Trennungstheorie unterscheidet, wie im folgenden noch zu zeigen sein wird.

2. Zur Entwicklung der sog. echten Immanenztheorie Die Vorstellung, daß die Schranken des Eigentums schon zu dessen Begriff gehören, geht auf die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Sie ist wohl zuerst von Rudolph v. Jhering entwickelt worden: Schon in der zweiten Auflage seines Werks „Der Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung“ stellte er fest, daß die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums „in Wirklichkeit nicht . . . Beschränkungen, als vielmehr die Grenzen des Eigentumsbegriffs“455 enthalten. Später postulierte v. Ihering gegen die herrschende Eigentumsdoktrin, die er als „individualistische Eigentumstheorie“ bezeichnete, eine „gesellschaftliche Eigentumstheorie“, 456 wonach das Eigentum – ebenso wie alle anderen Privatrechte – durch die Rücksicht auf die Gesellschaft beeinflußt und gebunden ist.457 Noch weiter ging Otto v. Gierke, wenn er – einem genuin deutschen Rechtsverständnis und dessen Eigentumsbegriff folgend458 – nicht nur die Beschränkungen Vgl. Oben bei D. V. v. Jhering, Geist II, § 31, S. 141, Fn. 165; ihm folgend bspw. Dernburg, Pandekten I, § 198, S. 471 f., Fn. 6; und Hartmann, JhJb 17 (1879), S. 123 ff., S. 131. 456 v. Jhering, Zweck I, S. 526 f. 457 v. Jhering, Zweck I, S. 532. 454 455

E. Die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums

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des Eigentums zu dessen Begriff rechnete, sondern das Eigentum auch als mit Pflichten durchsetzt ansah.459 Diese Begriffsbestimmung des Eigentums ist gegenüber früheren Äußerungen, mit denen Gierke die Vorarbeiten zum BGB kritisch begleitet hatte,460 wesentlich zurückhaltender. Sie stellt bereits einen Kompromiß zwischen den eigenen Anschauungen v. Gierkes und der nach Erlaß des BGB geltenden Regelung dar.461 Ähnlich wie v. Gierke stützte sich auch Dernburg auf frühere Arbeiten, in diesem Falle zum preußischen Privatrecht,462 wenn er die öffentlichen Schranken als dem Eigentum innewohnend bezeichnete.463 Inwieweit rechtsgeschichtliche Überlegungen gerade bei der Diskussion um die dogmatische Behandlung der Beschränkungen des Eigentums und der den Eigentümer treffenden Pflichten eine Rolle gespielt haben, wird später noch ausführlich zu erörtern sein.464 An dieser Stelle ist lediglich festzuhalten, daß v. Jhering und Otto v. Gierke bis heute als Urheber einer Begriffsbestimmung des Eigentums gelten, welche die Beschränkungen zum Begriff selbst zählt.465

3. Zur Kritik der echten Immanenztheorie Der echten Immanenztheorie kann aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden.

a) Unvereinbarkeit mit § 903 S. 1 BGB Wie bereits angedeutet, entspricht die Einbeziehung der Schranken des Eigentums in dessen Begriff nicht der dem BGB zugrundeliegenden Vorstellung. Dies zeigt sich besonders deutlich bei einem Vergleich mit der Regelung des § 903 S. 1 BGB, der die gesetzlichen Eigentumsbeschränkungen unter dem Titel „Inhalt des Eigentums“ erfaßt. Aus der Gesetzgebungsgeschichte läßt sich, wie gezeigt, entnehmen, daß dies nicht nur auf eine zufällige Wahl der Terminologie zurückgeht, sondern Ausdruck der bei den Vorarbeiten zum BGB vorherrschenden Auffassung ist.466 Der Begriff des Eigentums wird als unbeschränkt vorausgesetzt, Dazu ausführlich im 2. Teil der Arbeit. O. v. Gierke, DPR II, § 120, S. 364 f. 460 O. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 491 f. und Entwurf, S. 103 und S. 280. 461 Janssen, Methode, S. 75 ff. 462 Dernburg, Preußisches Privatrecht I, § 217, S. 509. 463 Dernburg, Bürgerliches Recht III, § 73, S. 245; vgl. zu Dernburgs Auffassung hinsichtlich der Beschränkungen des Eigentums Holstein, Lehre, S. 84 ff. 464 s. u. im 2. Teil der Arbeit. 465 Holstein, Lehre, S. 82 ff.; Lueg, Eigentumsordnung, S. 7 ff.; Rudolph, Bindungen, S. 3 ff.; Schwab, Eigentum, S. 107 f.; Mosich, JhJb 80 (1930), S. 255 ff., S 256 f.; speziell für v. Gierke: Cosack / Mitteis, Lehrbuch II, § 32, II., 2., S. 130; Meier-Hayoz, Wesen, S. 185; umfassend: Peter, Wandlungen, S. 39 ff zu Jhering und S. 51 ff zu O. v. Gierke. 458 459

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

während der Inhalt des Eigentums durchaus vielfältiger Beschränkung fähig ist. Dies wäre kein entscheidendes Argument, wenn sich im Wege grundlegender Änderungen seit dem Erlaß des BGB, etwa durch den vielzitierten Zuwachs an öffentlich-rechtlichen Beschränkungen, die Eigentumsordnung so sehr gewandelt hätte, daß dies nur durch einen neuen Eigentumsbegriff erfaßt werden könnte. Der § 903 S. 1 BGB müßte in letzter Konsequenz dem Satz cessante ratione legis cessat lex ipsa467 zum Opfer fallen.468 Abgesehen davon, daß bisher niemand ein Kriterium angegeben hat, wann die bloße Zunahme der Quantität der Eigentumsbeschränkungen zu einer anderen Qualität des Eigentums führen soll, liegt einer solchen Anschauung ohnehin ein Mißverständnis zugrunde: Die Formulierung des § 903 S. 1 BGB („soweit...“) geht keineswegs von einem bestimmten zahlenmäßigen Verhältnis von Befugnissen des Eigentümers und deren Beschränkungen aus. Vielmehr handelt es sich um eine inhaltliche Aussage.469 Sieht man das Eigentum als begrifflich unbegrenzt an, so ist damit die Aussage verbunden, daß prinzipiell jede denkbare Befugnis und damit eine nicht aufzählbare Menge von Einwirkungsmöglichkeiten auf eine Sache zum Inhalt des Eigentums gehören. Die gesetzlichen Beschränkungen wirken demgegenüber punktuell und begrenzen lediglich einzelne Befugnisse des Eigentümers. Daher bleiben sie notwendig gegenüber den weiterhin dem Eigentümer zustehenden Nutzungsmöglichkeiten die Ausnahme, was nicht zuletzt in der schon erwähnten Vermutung zugunsten eines nicht beschränkten Eigentums zum Ausdruck kommt. Die bloße Zunahme der Eigentumsbeschränkungen vermag daher keine Änderung des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs seit Inkrafttreten des BGB zu begründen.

b) Begriffliche Unvereinbarkeit von Recht und Beschränkung Unabhängig davon, daß die Vertreter einer begrifflichen Zugehörigkeit der Eigentumsbeschränkungen zum Eigentumsbegriff schon von einer falschen Prämisse ausgehen, ist diese hier als echte Immanenztheorie bezeichnete Konzeption aus den folgenden Gründen nicht haltbar: Nimmt man nämlich die Beschränkungen des Eigentums in dessen Begriff auf, so werden völlig gegensätzliche Momente zusammengefaßt. Das Eigentum ist ein subjektives Recht, welches seinem Inhaber die Befugnis vermittelt, etwas zu tun. Die Beschränkung des Eigentums ist das genaue Gegenteil: Dem Eigentümer wird eine bestimmte Handlung bzw. eine Vielzahl von Handlungen und damit eine Ausübung seines Rechtes untersagt.470 Dieser s. o. bei D. Hierzu Larenz, Methodenlehre, II, Kap. 4, 3. b), S. 351. 468 Die Charakterisierung des § 903 S. 1 BGB als „sachlich irreführend“ legt zumindest eine solche Auffassung nahe; so bspw. Schwab / Prütting, Sachenrecht, § 27, IV., S. 136. 469 E. Wolf, Sachenrecht, § 3, D., I., b), 2., S. 111; so ansatzweise schon Windscheid / Kipp, Pandekten I, § 167, S. 857 f., Fn. 3. 466 467

E. Die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums

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unaufhebbare Gegensatz gilt erst recht für die Einbeziehung von Pflichten, die dem Eigentümer eine bestimmte Handlung gebieten.471 Ein Begriff kann jedoch keine Merkmale enthalten, die logisch einander entgegengesetzt sind,472 da er sich sonst selbst aufheben würde. Es bleibt daher bei der schon klassischen Formulierung Windscheids, der das Eigentum als die „Negation der Beschränkung“ bezeichnete.473

c) Aufhebung der Trennung zwischen dem öffentlichem Recht und dem Zivilrecht Schließlich ist die Aufnahme gerade der öffentlich-rechtlichen Beschränkungen des Eigentums in den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff als Vermischung von zwei zu trennenden Rechtsgebieten abzulehnen. Daß dieser Trennung grundlegende Bedeutung zukommt, ist bereits ausführlich dargelegt worden.474 Dennoch muß an dieser Stelle noch einmal betont werden, daß die Einebnung dieser Differenzierung gerade im Hinblick auf die Beschränkungen des Eigentums sehr unglücklich ist. Werden die Beschränkungen des Eigentums zum Begriff des Eigentums gezählt, so könnte dies die Vorstellung wecken, daß jede einzelne Beschränkung nur etwas zum Vorschein bringt, was dem Eigentum seit jeher innewohnte.475 Der Legitimationsbedarf für eine Beschränkung des Eigentums wäre danach erheblich geringer. Demgegenüber muß angesichts der immer größeren Beschränkung der Eigentümerbefugnisse herausgestellt werden, daß das Eigentum ein subjektives Recht ist, welches der Eigentümer im eigenen Interesse innehat.476 Auch deswegen ist die echte Immanenztheorie abzulehnen. Es sei übrigens an dieser Stelle auch auf die Erörterung der direkten Wirkung des Art. 14 II GG verwiesen477: Dort wurde ebenfalls betont, daß die Einschränkung der Freiheit des Eigentümers einer Legitimation bedarf, nicht aber die Gewährung dieser Freiheit.

4. Zur unechten Immanenztheorie Die sog. unechte Immanenztheorie entspricht hingegen, wie sogleich zu zeigen sein wird, der geltenden Eigentumsordnung. Auch stellt sie bei näherer BetrachLiver, Eigentumsbegriff, S. 262. E. Wolf, Sachenrecht, vgl. Fn. 471., 4., S. 111. 472 Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 153 f.; Liver und E. Wolf, jeweils vorige Fn. 473 Windscheid / Kipp, Pandekten I, § 167, S. 857, Fn. 3. 474 s. o. bei D. 475 So Dürig, ZStaatsW 109 (1953), S. 326 ff., S. 349 f., für die nachbarrechtlichen Beschränkungen Beschränkungen des Grundeigentums: Diese seien lediglich deklaratorisch. 476 Liver, Eigentumsbegriff, S. 255. 477 s. o. bei D. 470 471

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

tung keine neue Sichtweise des Eigentums dar, selbst wenn ihre Vertreter dies behaupten. Mit der Formulierung, die Beschränkungen des Eigentums seien dessen Inhalt immanent, wird nicht nur eine dogmatische Beschreibung des Verhältnisses von zivilrechtlichem Eigentum und den vor allem dem öffentlichen Recht zugehörenden Schranken angestrebt. Überdies soll besonders herausgestellt werden, daß das Eigentum in einer Gemeinschaft nicht ein schrankenloses Recht sein kann, zumal es die Rechtsgemeinschaft selbst ist, welche mit der gesamten Rechtsordnung zusammen erst ein Eigentum schafft: „Nicht nur die Pflichten, sondern auch die Befugnisse des Eigentümers sind sozial gebunden; sie stoßen auf immanente, d. h. dem Eigentum als einer von der Rechtsgemeinschaft verliehenen Rechtsstellung entsprechende Schranken, die die Freiheitssphäre des Einzelnen gegenüber den Anforderungen der Gemeinschaft abgrenzen. Es liegt auf der Hand, daß diese Grenzlinie nicht ein für allemal festliegt, sondern sich in ständiger, am jeweiligen Stand der Gesetzgebung abzulesender Bewegung befindet. . . . Von ungleich größerer Bedeutung sind aber heute die Schranken, die der soziale Wohlfahrtsstaat unserer Tage aus Gründen des Gemeinwohls der Freiheit der Bürger zieht. Sie gehören dem öffentlichen Recht an. Gleichwohl läßt sich der Inhalt des Privateigentums nur dann richtig bestimmen, wenn sie voll in die Betrachtung einbezogen werden.“478

Die zitierte Passage kann als besonders prägnante und beinahe klassische Zusammenfassung der hinter der sog. unechten Immanenztheorie stehenden Gedanken gelten. Wenn im weiteren ausdrücklich Bezug auf Art. 14 II GG genommen wird, so beruht dies auf der bereits abgelehnten Ansicht, die Art. 14 II GG eine direkte Wirkung auch im Zivilrecht zuschreibt.479 Das bedeutet allerdings nicht, daß die unechte Immanenztheorie in ihrer Entwicklung und ihrem Bestand vom Art. 14 GG abhängig wäre. Vielmehr wurde diese Ansicht bereits kurz nach Erlaß des BGB vertreten480 und reicht in die Zeit vor Entstehung des BGB zurück.481 Bei der Beschreibung des geltenden Rechts kann Art. 14 GG aber nicht außer Betracht bleiben, zumal sich die Besonderheit der unechten Immanenztheorie – wie sogleich zu zeigen sein wird – letztlich in einem Verweis auf Art. 14 GG erschöpft. Alle soeben zitierten Autoren stützen ihre Ansicht – zumindest sinngemäß – auf die Erwägung, daß das Eigentum von der Rechtsgemeinschaft gewährt wird und gleichsam mit den gegenüber der Rechtsgemeinschaft notwendigen Rücksichten Wolff / Raiser, Sachenrecht, § 52, II., S. 180. Wolff / Raiser, Sachenrecht, § 52, I., 3., S. 179 f; auf Art. 14 GG stützt auch Soergel-J. F. Baur, § 903 BGB, Rdn. 20 sein Bekenntnis zur Immanenztheorie, wenngleich für ihn in dieser Hinsicht nicht die Sozialpflichtigkeit des Eigentums, sondern die Kompetenz des Gesetzgebers, den Inhalt des Eigentums zu bestimmen, im Vordergrund steht. 480 Crome, System III, § 391, A., I., S. 268; Endemann, Lehrbuch II, § 68, 3. b), S. 437; Hedemann, Eigentum, S. 169. 481 Bruns, Eigenthum, S. 297; Hartmann, JhJb 17 (1879), S. 69 ff., S. 124 f.; Samter, Eigenthumsbegriff, S. 22 ff.; Stier-Somlo, VerwArch 6 (1898), S. 275 ff., S. 310. 478 479

E. Die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums

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entsteht, da es in einer Gemeinschaft keine schrankenlosen Befugnisse geben kann. Gegenüber Johows Sprachgebrauch, wonach der Inhalt des Eigentums festgestellt wird, indem das Gesetz zunächst die völlige Beherrschung der Sache zuweist, dann aber diese wieder beschränkt,482 ist dies lediglich eine sprachliche Abweichung. Rechtliche Bedeutung kommt dem aber im Hinblick auf die dem Eigentümer zustehenden Befugnisse nicht zu, wie das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich feststellt: „Welche Befugnisse einem Eigentümer in einem bestimmten Zeitpunkt konkret zustehen, ergibt sich vielmehr aus der Zusammenschau aller in diesem Zeitpunkt geltenden, die Eigentümerstellung regelnden gesetzlichen Vorschriften. Ergibt sich hierbei, daß der Eigentümer eine bestimmte Befugnis nicht hat, so gehört diese nicht zu seinem Eigentumsrecht. Wie der Gesetzgeber diesen Ausschluß herbeiführt, ist lediglich eine Frage der Gesetzestechnik. Definiert er die Rechtsstellung zunächst umfassend, um in einer weiteren Vorschrift bestimmte Herrschaftsbefugnisse von ihr auszunehmen, so ist dem Betroffenen nur eine in dieser Weise eingeschränkte Rechtsposition eingeräumt.“483

Danach steht aber fest, daß im Hinblick auf die geltende Rechtsordnung die sog. unechte Immanenztheorie letztlich nichts anderes ist, als eine zutreffende Beschreibung der geltenden Eigentumsordnung des Zivilrechts, die auf der dem BGB zugrundeliegenden Trennung von Begriff und Inhalt des Eigentums, zu dem die Beschränkungen gehören, beruht. Die besondere Betonung der Immanenz der Eigentumsbeschränkungen fügt dem dogmatisch nichts hinzu, sondern verweist lediglich auf die schon aus Art. 14 GG folgende Konstituierung der Eigentumsordnung durch den Gesetzgeber. Mag dies auch gegenüber der bloßen Darstellung des § 903 S. 1 BGB eine erweiterte Perspektive sein, so hat dies für das zivilrechtliche Eigentum keine Folgen. 5. Zum Terminus „Eigentumsbeschränkungen“ Wegen des Zusammenhanges der gewachsenen Zahl der gesetzlichen Schranken des Eigentums mit der Entwicklung der Immanenztheorie, soll an dieser Stelle noch eine terminologische Ergänzung erfolgen: Der Terminus „Eigentumsbeschränkungen“ ist häufig Gegenstand der Kritik gewesen. Dies stand im Zusammenhang mit der dogmatischen Einordnung der – vor allem dem öffentlichen Recht entstammenden – Schranken, welche den Befugnissen des Eigentümers gesetzt werden: Die Bezeichnung als Beschränkungen sei irreführend, weil sie die Vorstellung erwecke, das Eigentum sei ursprünglich unbeschränkt, während die Schranken erst nachträglich an das Eigentum heranträten und ein notwendig unbeschränktes Eigentum beschränkten.484 Es sei daher vorteilhafter, von Grenzen des Eigentums zu sprechen.485

482 483

Johow, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 627. BVerfGE 58, S. 300 ff., S. 336.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

Völlig unbegründet ist diese Kritik nicht, da bis heute allein auf das Wort „Eigentumsbeschränkung“ die Folgerung gestützt wird, daß Eigentum sei inhaltlich unbeschränkt.486 Dies dürfte jedoch den Gehalt dieses seit dem 19. Jahrhundert gebräuchlichen Wortes überschätzen und einer allzu starken begriffsjuristischen Ausrichtung entspringen. Entscheidend ist jedoch, daß die dargestellte Kritik zumindest auf die Entstehung des BGB und dessen Regelung nicht zutrifft. Dies zeigt sich schon in der synonymen Verwendung von Beschränkung und Begrenzung bei Johow.487 Auch die Motive sprechen zum Teil synomym von Beschränkung und Begrenzung.488 Vom heutigen Standpunkt dürfte es sich ohnehin um einen fruchtlosen Streit um Worte handeln. Die Feststellung, daß die Befugnisse des Eigentümers vielfältig eingeschränkt werden, ist schon fast als trivial zu bezeichnen. Diese Beschränkungen entspringen sämtlich, unabhängig davon, ob sie schon vor ihrer gesetzlichen Normierung dem Inhalt des Eigentums gleichsam als zur Geltung zu bringende Notwendigkeit innewohnen oder erst nachträglich geschaffen werden, aus der dem Auftrag des Art. 14 I 2 GG entsprechenden Befugnis, die Eigentumsordnung zu konstituieren, indem die Rechte und Pflichten des Eigentümers abstrakt-generell festgelegt werden.489 Ob man vor diesem Hintergrund von Beschränkungen oder von Grenzen des Eigentums spricht, ist unerheblich.

6. Ergebnis Die vorstehenden Erörterungen haben zwei Punkte deutlich gemacht: – Es gibt trotz der vielfachen Verwendung des gleichen Terminus keine einheitliche Vorstellung der Immanenz der Beschränkungen des Eigentums; vielmehr existieren zwei verschiedene Anschauungen, welche die Beschränkungen des Eigentums einmal dessen Begriff, ein anderes mal dessen Inhalt zuordnen. Die erstgenannte Vorstellung, die hier sog. echte Immanenztheorie, ist als mit dem Gesetz unvereinbar und logisch inkonsistent abzulehnen. – Demgegenüber handelt es sich bei der sog. unechten Immanenztheorie, derzufolge die Beschränkungen des Eigentums zu dessen Inhalt zählen, um eine Darstellung der Regelung des § 903 S. 1 BGB, ergänzt um einen Verweis auf Art. 14 GG. Die Bedeutung der unechten Immanenztheorie liegt daher nicht in der Herausarbeitung einer völlig neuen Sichtweise des Eigentums. Es wird lediglich 484 Hartmann, vgl. Fn. 483, S. 131; Holstein, Lehre, S. 87 f.; Kohler, Lehrbuch II, § 45, III., S. 120 f; Stier-Somlo, vgl. Fn. 483, S. 319. 485 Hartmann, vgl. Fn. 483. 486 E. Wolf, Sachenrecht, § 3, I., b), 5., S. 111. 487 Bspw. Johow, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 619. 488 Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 143. 489 BVerfGE 30, S. 300 ff., S. 330.

E. Die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums

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darauf hingewiesen, daß es ein dem tatsächlichen Inhalt – also im Hinblick auf die konkret dem Eigentümer zustehenden Rechte – unbeschränktes Eigentum nicht geben kann. Dem Inhalt des Eigentums sind notwendigerweise Beschränkungen der Machtbefugnisse des Eigentümers eigen: Letzteres läßt sich auch als Immanenz der Schranken bezeichnen. Allerdings wird auf diese Weise nur betont, was bereits bei den Vorarbeiten zum BGB selbstverständlich war490 und von Johow folgendermaßen ausgedrückt wurde: „Die Rechtsordnung kann auf die Begrenzung der rechtlichen Macht über die einzelne Sache ebensowenig verzichten, wie sie der Anerkennung dieser Macht als einer an sich schrankenlosen sich zu entziehen vermag.“491

IV. Zur Trennungstheorie Die sog. Trennungstheorie beschreibt mit der strikten Trennung zwischen Begriff und Inhalt des Eigentums und der Zuordnung der Beschränkungen zum Inhalt des Eigentums492 letztlich nichts anderes als die dem BGB zugrundeliegende und in der Vorschrift des § 903 S. 1 BGB zum Ausdruck gekommene Vorstellung. Die Bezeichnung als Theorie ist somit angesichts dieses klaren und aus dem Gesetz ohne weiteres ableitbaren Befundes kaum angebracht; lediglich die zu dieser Frage immer noch nicht beigelegte Kontroverse vermag die Verwendung des Terminus Theorie zu rechtfertigen.493 Eine Erörterung der sog. Trennungstheorie erübrigt sich an dieser Stelle, da im Verlaufe dieser Arbeit bereits ausführlich zu der Bedeutung der Unterscheidung von Begriff und Inhalt des Eigentums Stellung genommen und darüber hinaus dargestellt wurde, daß diese Vorstellung nicht nur den Vorarbeiten zum BGB zugrunde lag, sondern auch in Gestalt des § 903 S. 1 BGB ihren Niederschlag im Gesetz gefunden hat.494 Darüber hinaus hat sich erwiesen, daß diese Vorstellung trotz aller Kritik bis heute unverändert und gemeinsam mit dem zugehörigen Eigentumsbegriff, der das Eigentum als unbeschränktes, dem Inhalt nach aber ohne weiteres beschränkbares subjektives Recht faßt, Bestand hat.495 Insoweit – und dies ist entscheidend – stimmen auch Trennungstheorie und unechte Immanenztheorie überein496. Dies ist ohnehin nicht überraschend, sondern liegt in der Natur der Sache,

490 Vgl. hierzu Staudinger-Seiler, Vorbemerkungen zu §§ 903 ff. BGB, Rdn. 51 ff. und § 903 BGB, Rdn. 3. 491 Johow, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 619. 492 Ausführlich Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 152 ff 493 Vgl. Larenz, Methodenlehre, II., Kap. 6, 1., d), S. 449. 494 Vgl. oben bei B. 495 Staudinger-Seiler, Vorbemerkungen vor §§ 903 ff., Rdn. 49 ff. 496 Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 153 ff.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

denn letztlich handelt es sich in beiden Fällen um zutreffende Beschreibungen des geltenden Rechts und seiner Eigentumsordnung.

V. Zu Herkunft und Bedeutung der Relativierung der umfassenden Sachherrschaft Unter einem Gesichtspunkt könnte jedoch bezweifelt werden, daß sich der Eigentumsbegriff bis heute nicht gewandelt habe: Wenn gesagt wurde, daß dem BGB der Begriff eines an sich schrankenlosen Eigentums zugrunde lag, so muß doch auffallen, daß die heute herrschende Begriffsbestimmung des Eigentums vom „umfassendsten“ Recht an einer Sache spricht.497 In der Steigerungsform liegt eine Relativierung dahingehend, daß nicht jegliche denkbare Befugnis zum Eigentum gehört, sondern dieses nur mehr Befugnisse als jedes andere dingliche Recht gewährt.498 Damit wird aber auf die Schranken, welche die Rechtsordnung dem Eigentum auferlegt, Bezug genommen.499 Die Erörterung des Verhältnisses von Begriff und Beschränkungen des Eigentums soll daher mit der Beantwortung der Frage abgeschlossen werden, ob sich aus der genannten Relativierung nicht doch eine Änderung des Eigentumsbegriffs gegenüber der bei der Schaffung des BGB vorherrschenden Auffassung ergibt.

1. Die Herkunft der Relativierung der umfassenden Sachherrschaft Wenn oben gesagt wurde, daß dieser Zusatz auf Martin Wolff zurückgeht, so trifft dies auf die heutigen Autoren zu, die sich zumeist ausdrücklich auf Wolff beziehen.500 Bereits zur Zeit der Entstehung des BGB – teilweise auch noch früher – wurde das Eigentum häufig nicht mehr als umfassende Herrschaftsmacht definiert, sondern durch die Steigerungsform umfassendste oder höchste Herrschaftsmacht beschrieben.501 Schon kurz nach Erlaß des BGB war diese Formulierung so ver497 Es sei angemerkt, daß noch das niederländische Bürgerliche Gesetzbuch das Eigentum in Art. 1, 5.1.1 das Eigentum als das umfassendste Recht, daß eine Person über eine Sache haben kann, definiert, vgl. Knieper, Gesetz, S. 201 ff. 498 Soergel-J. F. Baur, § 903 BGB, Rdn. 5; Dürig, ZStaatsW 103 (1953), S. 326 ff., S. 349. 499 Mosich, JhJb 80 (1930), S. 255 ff., S. 256; Stier-Somlo, VerwArch 6, S. 275 ff., S. 311. 500 Bspw. Staudinger-Seiler, Vorbemerkungen vor §§ 903 ff. BGB, Rdn. 2; Baur / Stürner, Sachenrecht, § 24, I., 1., S. 233. 501 Bruns, Eigentum, S. 297; Heusler, Gewere, S. 124, Randa, Eigenthumsrecht, S. 1; Stobbe / Lehmann, Handbuch II, § 94, S. 276; Thon, Rechtsnorm, S. 161; Hartmann, JhJb 17 (1879), S. 69 ff., S. 129; Stier-Somlo, VerwArch 6 (1898),S. 275 ff., S. 311; zu den Ursprüngen der Relativierung in der Nationalökonomie, Schwab, Eigentum, S. 108 f.; Wilhelm, Freiheit, S. 27 ff.

E. Die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums

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breitet,502 daß dieser Sprachgebrauch als allgemeine Gewohnheit bezeichnet wurde.503 Dies mag zum damaligen Zeitpunkt eine etwas vorschnelle Bewertung gewesen sein, da sich die Relativierung des Eigentumsbegriffs noch keineswegs gegenüber der Charakterisierung des Eigentums als umfassendes oder unbeschränktes Recht allgemein durchgesetzt hatte,504 was mittlerweile wohl der Fall sein dürfte. Es ist jedoch – dies sei an dieser Stelle mit Blick auf die heute herrschende Lehre angemerkt – nicht ganz korrekt, wenn die Formulierung, das Eigentum sei das umfassendste Recht, das die Rechtsordnung zuläßt, einzig Martin Wolff zugeschrieben wird. Bei den Vorarbeiten zum BGB war eine Relativierung des Eigentumsbegriffs, wie sie der heute herrschende Eigentumsbegriff mit der Wendung „umfassendste“ Herrschaftsmacht an einer Sache und dem Zusatz, „welche die Rechtsordnung zuläßt“ vornimmt, noch verworfen worden. Das Eigentum sollte gesetzlich als „höchste rechtliche Herrschaft“ gefaßt werden.505 Diese Formulierung sollte verdeutlichen, daß das Eigentum nicht schrankenlos sei, wurde aber mit dem Hinweis abgelehnt, daß dies bereits durch den § 903 BGB zur Genüge zum Ausdruck gebracht werde.506

2. Die Bedeutung des relativierenden Zusatzes Auf den ersten Blick mag dieser Befund der Vermutung Nahrung geben, daß sich der Eigentumsbegriff durch den relativierenden Zusatz in Richtung auf eine stärkere Betonung der Schranken des Eigentums gewandelt habe; dies würde wiederum der strikten Trennung von Begriff und Inhalt des Eigentums zuwiderlaufen.

a) Zur Begründung der Relativierung Betrachtet man die Erwägung, von welcher die Relativierung ihren Ausgang nahm, genauer, so zeigt sich, daß die Beschreibung des Eigentums durch die Steigerungsform gegenüber dem Eigentumsbegriff, wie er den Vorarbeiten des BGB 502 Cosack, Lehrbuch II, § 195, 3., S. 101; Crome, System III, § 388, 1., S. 254; Endemann, Lehrbuch II, § 68, 2., a), S. 435; Krückmann, Institutionen, § 59, I., S. 532; Delbrück, ArchBürgR 39 (1913), S. 406 ff., S. 408; der Sache nach auch Dernburg, Bürgerliches Recht III, § 67, S. 228 ff. und Engelmann, Sachenrecht, § 72, 1., S. 501 f. 503 Delbrück, vgl. Fn. 504. 504 Biermann, Vorbemerkungen vor § 903 BGB, 1., S. 140; Kretzschmar, Vorbemerkungen vor § 903 BGB, 1., S. 146; Kuhlenbruck, Vorbemerkung vor § 903 BGB, S. 67; Planck-Strekker (1. / 2. Auflage), Vorbemerkungen vor § 903 BGB, Anm. 1, S. 129; Heilfron / Pick, Lehrbuch III, § 17, a., 1., S. 265; Maenner, Sachenrecht, § 20, S 153. 505 Bericht der XII. Kommission des Reichstages, abgedruckt bei Mugdan III, S. 997. 506 Bericht, vorige Fn.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

zugrunde lag, keine sachliche Änderung darstellt. Die Beschreibung des Eigentums als oberste, umfassendste oder höchste Herrschaftsmacht über eine Sache geht auf die Feststellung zurück, daß das Eigentum als Recht von der Rechtsgemeinschaft zugebilligt wird, nur innerhalb dieser existieren und dadurch notwendig keine unbeschränkte Rechtsmacht gewähren kann.507

b) Keine Änderung gegenüber dem Eigentumsbegriff des BGB Auf diese Weise wird aber lediglich eine Erkenntnis formuliert, die schon bei Schaffung des BGB keineswegs neu war. Sie spiegelt sich nicht nur in dem § 903 S. 1 BGB wieder, der gerade jedwede gesetzliche Beschränkung zuläßt, sondern zeigt sich auch in dem schon erwähnten Art. 111 EGBGB. Darüber hinaus ist in der dem § 903 S. 1 BGB zugrundeliegenden pandektistischen Doktrin nicht verkannt worden, daß das Eigentum in der Rechtswirklichkeit kein absolutes und schrankenloses Eigentum sein kann:508 So stellte Böcking fest, daß das Eigentum gegenüber den öffentlich-rechtlichen Beschränkungen gar kein Recht sei, da diese nicht zum Privatrecht zählten509 und Puchta – ebenfalls von der strengen Trennung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht ausgehend510 – wies bei der Darstellung des Eigentums darauf hin, daß das gesamte Privatrecht durch das öffentliche Recht beschränkt sei.511 Vor diesem Hintergrund war es wohl überflüssig, schon bei der Definition des zivilrechtlichen Eigentums auf dessen tatsächliche Beschränktheit hinzuweisen. In der Sache weicht daher die Fassung des Eigentums als höchstes Privatrecht nicht von dem Eigentumsbegriff, der seine Ausprägung in § 903 S. 1 BGB gefunden hat, ab. Vielmehr ist der Unterschied allein sprachlicher Natur. Noch eine weitere Überlegung zeigt, daß mit der relativierenden Begriffsbestimmung des Eigentums keine wirkliche Änderung des Eigentumsbegriffs erfolgt. Das Eigentum nach dem BGB ist als subjektives Recht beschrieben worden, welches dem Eigentümer grundsätzlich alle hinsichtlich der Beherrschung einer Sache denkbaren Nutzungsmöglichkeiten zuweist.512 Dies wird jedoch auch durch die Formulierung, daß das Eigentum die umfassendste Herrschaftsmacht sei, ausgedrückt: Es werden nämlich nicht bestimmte Befugnisse von vornherein aus dem 507 Vgl. besonders Hartmann, JhJb 17 (1879), S. 69 ff, S. 130 f.; Stier-Somlo, Verw-Arch 6 (1898), S. 175 ff., S. 310 f sowie die in Fn. 551 Genannten; ähnlich, wenngleich auf der Basis einer gesellschaftlichen Eigentumstheorie, v. Jhering, Zweck I, S. 523: „Die Idee des Eigentums kann nichts bringen, was mit der Idee der Gesellschaft in Widerspruch steht.“ 508 Coing, Europäisches Privatrecht II, § 70, II., 4., S. 384; ähnlich: Kroeschell, Grundeigentum, S. 74 f. 509 Böcking, Lehrbuch II, § 5, S. 57. 510 Puchta, Pandekten, § 146, S. 220. 511 Puchta, Pandektenvorlesungen, § 146, S. 321. 512 s. o. bei C.

E. Die gesetzlichen Beschränkungen des Eigentums

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Eigentum ausgeschlossen, sondern es wird nur pauschal auf die reale Begrenztheit der Eigentümerrechte verwiesen. Die wichtigste Aussage des Eigentumsbegriffs und des darauf beruhenden § 903 S. 1 BGB wird durch die Relativierung nicht beeinträchtigt: Alle Befugnisse, auf eine Sache einzuwirken, auch solche, die sich erst zukünftig entwickeln werden, stehen zunächst dem Eigentümer zu. Die Bedeutung der Relativierung der aus dem Eigentum fließenden Herrschaftsmacht liegt damit allenfalls in dem Verweis über das BGB hinaus auf Art. 14 I 2 GG, der dem Gesetzgeber die Aufgabe auferlegt, „eine Eigentumsordnung zu schaffen, die sowohl den privaten Interessen des Einzelnen als auch denen der Allgemeinheit gerecht wird.“513 Mag diese Ergänzung auch der Anschaulichkeit dienen, so hat sie doch keine Folgen für den Eigentumsbegriff des Zivilrechts. Zum Teil wird aus der Relativierung des Eigentums als höchster, vom Recht zugelassener Sachherrschaft – über den Verweis auf die reale Begrenztheit und die Konstituierung des Eigentums durch den Gesetzgeber hinaus – abgeleitet, daß damit die Vermutung zugunsten der Schrankenlosigkeit des Eigentums entfalle.514 Zumindest für das Zivilrecht kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen basiert diese Beweislastverteilung auf der Formulierung des § 903 S. 1 BGB, die ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen den Rechten des Eigentümers und deren Beschränkungen festlegt.515 Dies ist schon im Gesetzgebungsverfahren als die wichtigste Festlegung des § 903 S. 1 BGB angesehen worden.516 Aber auch hinsichtlich des Eigentumsbegriffs ist die Konsequenz, die Schwab aus der abgewandelten Formulierung zieht, falsch. Angesichts des Gegensatzes von punktueller Beschränktheit des Eigentums und der gleichsam unendlichen, weil durch den derzeitigen Inhalt nicht festgelegten, Machtfülle des Eigentümers bleibt das RegelAusnahme-Verhältnis weiterhin erhalten.517

VI. Ergebnis Die eingehende Betrachtung der Beschränkungen des Eigentums und ihres Verhältnisses zum Eigentumsbegriff hat zu dem Ergebnis geführt, daß der Eigentumsbegriff, der den Vorarbeiten zum BGB sowie der Regelung des § 903 S. 1BGB zugrunde lag und der in dieser Arbeit als traditionell bezeichnet wurde, seit dem Erlaß des BGB keine Wandlung erfahren hat. Dies ist dem Konzept einer strikten Trennung von Begriff und Inhalt des Eigentums zuzuschreiben, welches auch weit513 514 515 516 517

BVerfGE 58, S. 300 ff., S. 335. Schwab, Eigentum, S. 109. s. o. bei C. Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 145. Vgl. oben bei D.

8 Lehmann

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

reichende und zahlreiche Beschränkungen des Eigentums ohne Änderung zu erfassen vermag. Die diesbezüglich vertretenen Theorien bewegen sich trotz der unterschiedlichen Terminologie entweder in der vom traditionellen Eigentumsbegriff vorgezeichneten Bahn oder erweisen sich aus unterschiedlichen Gründen als nicht haltbar. Es sei im Vorgriff auf die insbesondere im Rahmen eines deutschen Eigentumsbegriffs und seiner Fortentwicklung vorgetragene Kritik am Eigentumsbegriff des BGB, wie sie später im Rahmen dieser Arbeit noch ausführlich behandelt werden soll, noch folgendes festgehalten: Das BGB enthielt niemals – dies wird schon anhand der Vorarbeiten deutlich – die Vorstellung eines absoluten, im Sinne von tatsächlich schrankenlosen, Eigentums. Jede Kritik, die dies dennoch behauptet, verkennt die Bedeutung des traditionellen Eigentumsbegriffs, aus welchen Gründen auch immer. Wäre das Gegenteil der Fall, so hätte die Konzeption des BGB, insbesondere als angeblicher Ausdruck eines extremen Liberalismus, kaum unverändert nahezu das gesamte 20. Jahrhundert überstehen können.518

F. Zur Wandlungsfähigkeit des Eigentumsbegriffes Angesichts des gerade formulierten Ergebnisses, demzufolge sich der Eigentumsbegriff unter der Herrschaft des BGB nicht gewandelt hat, mag die Frage nach dessen Wandlungen etwas überraschend erscheinen. Es sollen daher auch nicht die realen Änderungen der Eigentumsverfassung erörtert werden. Vielmehr geht es um die Frage, ob der Eigentumsbegriff immer notwendig derselbe sein muß, ob es also nur diesen Begriff geben kann, oder ob der hier sog. traditionelle Eigentumsbegriff seinen Fortbestand lediglich seiner Offenheit und Anpassungsfähigkeit verdankt.

I. Wandlungen des Eigentumsbegriffes? Die Frage nach einer Wandlung des Eigentumsbegriffs ist immer wieder diskutiert worden. Dabei ist insbesondere stets darauf verwiesen worden, daß die Beschränkungen des Eigentums eine solche Bedeutung gewonnen hätten, daß der Begriff des Eigentums, wie er hier hergeleitet wurde, sich gewandelt habe. Hierzu und zu dem damit verbundenen Problem, ob die Beschränkungen des Eigentums zu seinem Begriff gehören, ist bereits Stellung genommen worden.519 Für die Frage nach einer Wandelbarkeit des Eigentumsbegriffs folgte daraus, daß nur der Inhalt des Eigentums, d. h., die dem Eigentümer konkret zustehenden Befugnisse, jederzeit eine Änderung erfahren können. 518 519

Staudinger-Seiler, Vorbemerkungen vor § 903 ff. BGB, Rdn. 55. s. oben bei D.

F. Zur Wandlungsfähigkeit des Eigentumsbegriffes

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Es bleibt dann aber zu erörtern, ob der Begriff des Eigentums selbst ein unwandelbarer und überzeitlicher ist oder ob er den immer wieder angesprochenen Wandlungen der Eigentumsverfassung unterliegt. Die folgenden Erwägungen beschränken sich allerdings auf die rechtsdogmatische Dimension dieser Frage; eine Erörterung des Eigentums als philosophischem Grundbegriff520 oder des Eigentums als Menschenrecht521 würde zum einen den Rahmen dieser Arbeit sprengen und zum anderen im Hinblick gerade auf den Streit zwischen Romanisten und Germanisten um den richtigen Begriff, der vornehmlich auf historischem und auf dogmatischem Gebiet ausgefochten wurde,522 nicht weiterführen.

1. Die dem BGB zugrundeliegende Auffassung Bei den Vorarbeiten zum BGB bestand hinsichtlich der Unwandelbarkeit des Eigentumsbegriffs kein Zweifel: „Der Begriff des Eigenthumes, als des Rechtes zur ausschließlichen Sachherrschaft, verbunden mit der Befugniß zu derjenigen rechtlichen Verfügung über die Sache, welche das Gesetz gestattet, ist ein unwandelbarer, . . .“523

In diesem Sinne hatte auch Johow davon gesprochen, daß das Eigentum eine Einrichtung des „natürlichen Rechts“ sei.524 In der Literatur war diese Vorstellung weit verbreitet,525 was wohl schon daraus folgte, daß sie auf das klassische römische Recht zurückgriff und der Begriff des Eigentums schon dadurch seit dieser Zeit als unverändert angesehen werden mußte. Zum Teil wird auch heute noch der Eigentumsbegriff ohne jede Einschränkung als „unabänderlich und unwandelbar“526 bezeichnet oder mit mathematiVgl. hierzu den Überblick bei Rabe, Eigentum, Sp. 339 ff. Das Eigentum als Menschenrecht wird garantiert in Art. 17 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember, abgedruckt bei: Tomuschat, Menschenrechte, S. 29. In der Europäischen Menschenrechtskonvention ist der Schutz des Eigentums nicht enthalten. Es existiert lediglich ein Zusatzprotokoll vom 20. März 1952 (BGBl. II, 1952, S. 1880), in dessen Art. 1 der Schutz des Eigentums festgelegt wird. Vgl. zu dieser Thematik: Schwartländer / Willoweit, Das Recht des Menschen auf Eigentum; HdbStR, Bd VI-Leisner, § 149, Rdn. 18 ff.; Raiser, Eigentum als Menschenrecht, S. 105 ff. 522 s. u. im 2. Teil der Arbeit. 523 Motive, abgedruckt bei Mugdan I, S. 83; ebenso Planck, der in der ersten Beratung des Entwurfs im Reichstag (mit Zuspruch aus dem Plenum) behauptete, daß kein anderer Begriff des Eigentums möglich sei, abgedruckt bei Mugdan I, S. 886. 524 Johow, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 623. 525 Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 150 ff., m. w. N. Schon Thibaut, Über dominium, S. 85 bis 87 spricht immer wieder von einem eigentlichen oder wahren Eigentum, wobei Wiegand, a. a. O., S. 137, auf den axiomatischen Charakter dieses wahren Eigentums hinweist. Besonders deutlich spricht dies Cosack, Lehrbuch II (1. Auflage), § 195, VII., S. 104 aus: „Der Eigentumsbegriff ist uralt und sein innerstes Wesen heute noch das gleiche wie vor Jahrtausenden.“ 520 521

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

schen und logischen Begriffen gleichgesetzt 527, wodurch letztlich ebenfalls Überzeitlichkeit behauptet wird. Eine solche Behauptung überschätzt jedoch den Stellenwert des jeweils vertretenen Eigentumsbegriffs: Wie allein die Wandelung nicht nur der Auffassungen über die Eigentumsfähigkeit von unkörperlichen Sachen sondern auch der diesbezüglichen Rechtslage zeigt,528 kann der Begriff des Eigentums in unterschiedlichen Rechtsordnungen differieren. Insoweit hatte Otto v. Gierke recht, wenn er sagte, daß das Eigentum eine historische, keine logische Kategorie sei.529 Daß bestimmte Rechtsbegriffe außerhalb der zugehörigen Rechtsordnung ihren Sinn verlieren, dürfte kaum zu bezweifeln sein, wenn sie gerade der Erfassung bestimmter Regelungsinhalte dienen. Zu diesen Begriffen gehört auch das Eigentum.530 Eine andere Rechtsordnung kann daher auch einen anderen Eigentumsbegriff enthalten.

2. Wandelbarkeit des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs unter der Geltung des BGB Es ist bereits festgestellt worden, daß der Eigentumsbegriff während der Geltung des BGB keine Änderung erfahren hat. Vielmehr hat es gerade die Trennung des Begriffs von dem konkreten Inhalt des Eigentums ermöglicht, daß ersterer unangetastet geblieben ist.531 Wenn das Eigentum als das umfassendste Herrschaftsrecht, das die Rechtsordnung gewährt bezeichnet wird, so entspricht dies sachlich der vorherrschenden Charakterisierung des Eigentums in der Lehre zum Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts, insbesondere aber der Vorstellung des Gesetzgebers bei Schaffung des BGB. Ob sich zu einem späteren Zeitpunkt einmal wirkliche Änderungen des Eigentumsbegriffs einstellen werden, vermag niemand zu sagen. Nichtsdestoweniger ist auch im Hinblick auf die Vergangenheit immer wieder behauptet worden, daß eine Wandlung des Eigentumsbegriffs (oder der Eigentumsverfassung bzw. -ordnung) stattgefunden habe.532 Die Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 154. E. Wolf, Sachenrecht, § 3, D., S. 113. 528 Dazu unten ausführlich Exkurs. 529 O. v. Gierke, Deutsches Privatrecht II, 3. Kap., 1. Titel, § 120, S. 348, Fn. 2; gegen eine Unveränderlichkeit des Eigentumsbegriffs auch Böhmer, NJW 1988, S. 2561 ff, S. 2568; Dombois, ZstaatsW 110 (1954), S. 239 ff, S. 239, der die Unwandelbarkeit des Eigentumsbegriffs als „naive Vorstellung“ bezeichnet; Endemann, Lehrbuch II, § 67, S. 429; eingehend hierzu schon um die Mitte des 19. Jahrhunderts: Leist, Natur des Eigentums, 2. Beilage, S. 243 ff. 530 Larenz, Methodenlehre, II, Kap. 6, 1., b), S. 441. 531 Vgl. zur Wandlungsfähigkeit des Eigentumsbegriffs schon oben bei D. VI. 532 Eine Wandlung des Eigentumsbegrifffs behauptend: Eichler, Wandlungen des Eigentumsbegriffs, S. 80 ff; Hedemann, RuW 1922, Sp. 585 ff.; Bodenrecht, S. 372 ff. und DNotZ 1952, 6 ff.; Merk, Eigentum im Wandel, S. 50 ff.; Wieacker, DJZ 1934, Sp. 1446 und Wandlungen, S. 9 ff., in Ansätzen noch: Wandlungen revisited, S. 848; eine Wandlung des Eigen526 527

F. Zur Wandlungsfähigkeit des Eigentumsbegriffes

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weitaus meisten dieser Versuche stehen allerdings im Zusammenhang mit einem deutschen Eigentumsbegriff und sollen daher später noch ausführlich untersucht werden.533 Im Rahmen der Erörterung des geltenden Eigentumsbegriffs dient ihre Erwähnung nur der Vollständigkeit. Diesen Versuchen ist gemeinsam, daß sie nur für die jeweils eigene Ansicht die korrekte Erfassung der Rechtswirklichkeit, d. h. das „auf den Begriff gebracht haben“, beanspruchen. Jüngst ist jedoch auch der Gedanke vorgetragen worden, daß die geltende Eigentumsordnung mit zwei unterschiedlichen Eigentumsbegriffen zureichend beschrieben werden könne. Sollte dies möglich sein, so wäre das nicht nur ein Beispiel für die Wandelbarkeit des Eigentumsbegriffs, sondern durch ein Nebeneinander verschiedener Eigentumsbegriffe wäre die oben ausführlich dargestellte Diskussion um den korrekten Eigentumsbegriff nahezu ad absurdum geführt: Statt einen Streit um die einzig richtige Eigentumsdefinition zu führen, sollte vielmehr darüber diskutiert werden, inwieweit überhaupt eine – einzige und abschließende – Eigentumsdefinition erforderlich ist. Neben der besonderen Darstellung des Funktionseigentums, zu der sogleich Stellung genommen werden soll, ist dies die eigentliche Pointe des Artikels von Pawlowski. So soll im Rahmen der dieses Kapitel abschließenden Betrachtung erörtert werden, ob nicht diejenigen, die einen einzigen–zivilrechtlichen Eigentumsbegriff postulieren einer Täuschung unterliegen, weil auch verschiedene Begriffe nebeneinander existieren können.

II. Zur Möglichkeit eines Nebeneinander verschiedener Eigentumsbegriffe Pawlowski stellt zwei Eigentumsbegriffe gegenüber: Den ersten bezeichnet er als „Substanzeigentum“. Hiernach hat der Eigentümer das Recht, die Funktion der Sache zu bestimmen (dies entspricht wohl dem oben herausgearbeiteten Eigentumsbegriff, zumal dies zum Wortlaut des § 903 S. 1 BGB paßt). Den Gegensatz bildet das sog. „Funktionseigentum“, demzufolge der Eigentümer nur das Recht hat, die Sache im Rahmen rechtlich anerkannter Zwecke zu deren gewöhnlicher Funktion zu gebrauchen.534 Pawlowski ist der Ansicht, „daß sich das geltende Recht gleichermaßen mit Hilfe beider Begriffe darstellen läßt“.535 Im folgenden wird zunächst der Begriff des Funktionseigentums näher untersucht: Zum einen, weil dieser im Mittelpunkt der Diskussion über Pawlowskis tumsbegriffs verneinend: Georgiades, Eigentumsbegriff, S. 152 f.; Liver, Eigentumsbegriff, S. 263; Peter, Wandlungen, S. 32 und S 110; Riegel, Eigentum im europäischen Recht, S. 26 ff.; Sontis, Strukturelle Betrachtungen, S. 1001; Wieling, Sachenrecht, § 8, II, 2., a), S. 262. 533 s. u. im 2. Teil der Arbeit. 534 Pawlowski, AcP 165 (1965), S. 395 ff., S. 410. 535 Pawlowski, Fn. 534, S. 411.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

Artikel steht536 und zum anderen, weil bereits die These von der Möglichkeit eines Nebeneinander mehrerer Eigentumsbegriffe mit dem Nachweis, daß einer dieser beiden Begriffe der Rechtsordnung nicht entspräche, erschüttert wäre.

1. Zum Funktionseigentum Insbesondere im Hinblick auf den Begriff des Funktionseigentums ist Pawlowski angegriffen worden.537 Die Kritik verweist auf den einheitlichen Begriff des Eigentums, der nicht durch ein auf verschiedenen Funktionen aufbauendes Eigentum, das dann in mehrere Arten des Eigentums zerfällt, ersetzt werden kann.538 Es sind dies im wesentlichen die Gründe, die auch einer Rückkehr zu einem konkreten Eigentumsbegriff entgegenstanden. Allerdings verkennt die Kritik die Reichweite des Vorschlags von Pawlowski. Zwar baut dieser den Begriff des Funktionseigentums auf verschiedenen Funktionen auf.539 Allerdings geht er soweit, daß nicht mehr die Sache bzw. die Substanz der Sache Gegenstand des Eigentums ist, sondern nur die durch eine rechtlich festgelegte Funktion bestimmte Sache: „ . . . Eigentumsbegriffs, der auf verschiedenen Formen des Eigentums aufbaut, die an der jeweiligen Funktion der Sache orientiert sind, für den also Gegenstand des Eigentums nicht die Substanz der Sache, sondern deren Funktion ist.“540

Ebenso: „ . . . die Sache, d. h., den durch einen rechtlich anerkannten Zweck bestimmten Teil der Umwelt, . . . .“541

Dies geht über die Formulierung eines konkreten Eigentumsbegriffs hinaus, der zwar unterschiedliche Regelungskomplexe kennt, die alle den Namen Eigentum tragen, damit aber vor allem die korrekte Darstellung der gegebenen Rechtsordnung bezweckt. Darüber hinaus folgert Pawlowski aus seinem Begriff des Funktionseigentums eine besonders effektive Möglichkeit der Eigentumsgestaltung durch den Gesetzgeber: „Dabei bleibt es dem Recht (oder genauer: dem Gesetzgeber) überlassen, welche Sachen in diese Kategorie (der Gegenstände, deren Zweck der Eigentümer selbst setzen darf, Vgl. Soergel-J. F. Baur, § 903 BGB, Rdn. 21 f. m. w. N. Soergel-J. F. Baur, vorige Fn., wenngleich Baur sieht, daß Pawlowski selbst das funktionsbestimmte Eigentum nicht favorisiert. 538 Soergel-J. F. Baur, § 903 BGB, Rdn. 22, 23. 539 Pawlowski, vgl. Fn. 534, S. 412 f. 540 Pawlowski, vgl. Fn. 534, S. 413. 541 Pawlowski, vgl. Fn. 534, S. 410. 536 537

F. Zur Wandlungsfähigkeit des Eigentumsbegriffes

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Ergänzung durch den Verfasser) gehören, was also als „persönliches Eigentum“ anzusehen ist.“542

Außerdem soll gelten: „Hinsichtlich des gewerblichen Eigentums (und des Eigentums an Grund und Boden) könnte man auch bei unserem Rechtszustand davon ausgehen, daß es seinem Inhaber grundsätzlich nur die Befugnis gibt, die Sache in ihrer jeweiligen durch das objektive Recht bestimmten Funktion zu benutzen (Hervorhebung durch den Verfasser).543 Durch diese ,Definitionsmacht‘ des Gesetzgebers soll eine schnelle Anpassung der Eigentumsverhältnisse an die jeweilige gesellschaftliche Lage geschehen.“544

Für das zivilrechtliche Eigentum bedeutet dies nicht nur, daß der Kreis der Gegenstände des Eigentums jederzeit durch den Gesetzgeber geändert werden kann, sondern daß die Gegenstände des Eigentums zwischen unterschiedlichen Funktionskategorien ohne weiteres verschoben werden können.545 Dies dürfte nicht nur jede Rechtssicherheit im Zivilrecht illusorisch machen, sondern auch dem Grundgesetz widersprechen: Zwar schreibt Art. 14 GG keinen für alle Zeiten gültigen Eigentumsbegriff vor,546 da eine demokratische Verfassung stets für einen Wandel offen sein muß.547 Zu der Institutsgarantie, welche eine Schranke für die Umgestaltung der Eigentumsordnung durch den Gesetzgeber bildet,548 gehört es aber auch, daß die Privatnützigkeit des Eigentums und die Verfügungsbefugnis erhalten bleiben: „Die Eigentumsgarantie soll dem Grundrechtsträger einen Freiraum im vermögensrechtlichen Bereich erhalten und dem Einzelnen damit die Entfaltung und eigenveranwortliche Lebensgestaltung ermöglichen. Das gilt nicht nur für den privaten Bereich des Einzelnen, sondern auch für seine wirtschaftliche Betätigung.“549

Daß eine solche Gewährleistung mit dem von Pawlowski vorgetragenen Begriff des Funktionseigentums, der eine freie Definition der Gegenstände persönlichen Eigentums von seiten des Gesetzgebers gestattet, unvereinbar ist, ist offensichtlich.

Pawlowski, vgl. Fn. 534, S. 412. Pawlowski, vgl. Fn. 534, S. 412 f. 544 Pawlowski, vgl. Fn. 534, S. 413; an dieser Stelle wird deutlich, daß Pawlowski wohl eine Gesamtbetrachtung von verfassungsrechtlichenm und bürgerlichrechtlichem Eigentumsbegriff anstrebt, wenngleich er nicht deutlich macht, worauf sich seine Erörterungen richten. 545 Gegen die Beliebigkeit des Abstellens auf die Funktion wendet sich daher auch HdbStR, Bd. VI-Leisner, § 149, Rdn. 42. 546 BVerfGE 58, S. 300 ff., 339. 547 Bonner Kommentar-Kimminich, Art. 14 GG, Rdn. 11 und 155. 548 Bonner Kommentar-Kimminich, Art. 14 GG, Rdn 119 ff.; HdbStR, Bd. VI-Leisner, 9. Teil, VII, § 149, Rdn. 16. 549 BVerfGE 51, 193 ff., S. 218. 542 543

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

2. Ablehnung der Möglichkeit eines Nebeneinander verschiedener Eigentumsbegriffe Wenn demnach bereits einer der von Pawlowski formulierten Eigentumsbegriffe nicht mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes vereinbar ist, so fällt damit auch seine These, daß die geltende Rechtsordnung mit zwei grundlegend verschiedenen Eigentumsbegriffen zureichend beschrieben werden könne. Nichtsdestoweniger bleibt die Frage, ob es überhaupt möglich ist, daß ein-und-dieselbe Ausgestaltung des Eigentums nach bürgerlichem Recht mit zwei verschiedenen Begriffen beschrieben wird. Die Bedeutung des Eigentumsbegriffs für das Sachenrecht wurde bereits behandelt. Kurz gefaßt bildet das Eigentum im systematischen Aufbau des Sachenrechts, so Liver treffend, einen „Pfeiler des Gefüges“.550 Es wäre nicht nur im Hinblick darauf leichtfertig, hier einem Nebeneinander von Eigentumsbegriffen das Wort zu reden, ohne daß klare Maßstäbe zur Entscheidung zwischen den Begriffen angeboten werden. Auch wenn die lückenlose Erfassung der Rechtswirklichkeit durch Begriffe, wie sie die sog. Begriffsjurisprudenz erstrebte, eine Illusion sein mag,551 so bleiben Begriffe als Richtschnur juristischen Denkens und als Ausgangspunkt einer Subsumtion unentbehrlich.552 Letztlich dürften die dargestellten Diskussionen um den einzigen richtigen Eigentumsbegriff Beweis genug dafür sein, daß ein Nebeneinander mehrerer Eigentumsbegriffe niemanden zufriedenstellen wird.

G. Zusammenfassung Hiermit ist der erste Teil dieser Arbeit – die Darstellung des Eigentumsbegriffs des geltenden Zivilrechts und dessen Diskussion in der Wissenschaft – abgeschlossen. Angesichts der bereits erfolgten Übersichten über die bisher erzielten Ergebnisse soll an dieser Stelle nicht eine weitere Übersicht stehen. Es kann hier vielmehr nur noch darum gehen, die Leitlinien der bisherigen Erörterungen herauszustellen, um gleichzeitig zum zweiten Teil der Arbeit überzuleiten. Trotz aller Kontroversen – und dies ist sicherlich das wichtigste Ergebnis des ersten Teils dieser Arbeit – hat sich der Eigentumsbegriff, wie er bei der Schaffung des BGB dem § 903 BGB zugrundegelegt wurde, bis heute nicht gewandelt: Eigentum ist das umfassendste Recht, welches die Rechtsordnung an einem körperlichen Gegenstand kennt. Dieser Eigentumsbegriff ist, was bereits angedeutet wurde und im zweiten Teil der Arbeit ausführlich behandelt werden wird, von der Romanistik des 19. Jahrhunderts hervorgebracht worden. Auch wenn bei den Vor550 551 552

Liver, Eigentumsbegriff, S. 259. Larenz, Methodenlehre, Kap. 6, 1., e), S. 454. Larenz, Methodenlehre, Kap. 6, 1., b), S. 440 f.; Liver, Eigentumsbegriff, S. 260.

G. Zusammenfassung

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arbeiten zum BGB keine der in den Lehrbüchern der romanistischen Privatrechtswissenschaft vertretenen Definitionen als die einzig richtige bezeichnet wurde, so stützte sich Johow doch auf den Grundgedanken aller dieser Begriffsbestimmungen: Das Eigentum an sich gewährt eine umfassende Sachherrschaft. Jedoch ist nicht nur die Begriffsbestimmung des Eigentums in der romanistischen Lehre entwickelt worden. Auch die schlagwortartigen Beschreibungen des Eigentums als abstrakt, absolut und total gehen auf die Pandektistik zurück. Mithin beruht die Dogmatik des Eigentumsbegriffs bis heute auf den Voraussetzungen, die im 19. Jahrhundert geschaffen wurden; die dargestellten Änderungen, welche vor allem einzelne Formulierungen betrafen, berühren den Kern des Eigentumsbegriffs nicht. Der Befund, daß seit dem 19. Jahrhundert keine wirkliche Wandlung, allenfalls eine Fortentwicklung bereits vorhandener Ansätze stattgefunden hat, gilt aber nicht nur für den Eigentumsbegriff des geltenden Rechts selbst, sondern auch für die Kritik an diesem Begriff und die alternativen Eigentumsbegriffe: In jedem Fall konnte darauf verwiesen werden, daß ähnliche Vorstellungen bereits im 19. Jahrhundert existierten, unabhängig davon, ob die Vertreter der oben dargestellten Ansichten bewußt daran anknüpften oder nicht So darf auch die Kritik am Eigentumsbegriff des BGB als Zeugnis für die Kontinuität der Dogmatik des Eigentumsbegriffs angesehen werden. Die Feststellung, daß die Ursprünge des Eigentumsbegriffs des BGB ebenso wie der Kritik daran im 19. Jahrhundert liegen, leitet direkt zum zweiten Teil dieser Arbeit über: Dieser soll die Entwicklung des Eigentums als umfassender Sachherrschaft im 19. Jahrhundert sowie vor allem der daran geübten Kritik, wie sie auf die zum deutschen Recht entwickelten Vorstellungen Otto v. Gierkes zurückgeht, darstellen. Daß sich der zweite Teil dieser Arbeit gerade mit der von Gierke ausgehenden Kritik am sog. romanistischen Eigentumsbegriff beschäftigt, hängt mit einem weiteren Resultat des ersten Teils zusammen: Wenn der romanistische Eigentumsbegriff grundlegend in Frage gestellt wurde und wird, so läßt sich vor allem eine Zielrichtung der Kritik ausmachen. Immer wieder wird darauf verwiesen, daß der auf den romanistischen Lehren beruhende Eigentumsbegriff nicht genug soziale Elemente enthalte oder die Sozialbindung des Eigentums nicht zum Ausdruck bringe. Dies hat sich nicht nur bei der Herleitung der Ansichten gezeigt, die das Eigentum als Rechtsverhältnis ansehen oder die Zuordnung der Sache für das Wesen des Eigentums halten, sondern auch deutlich bei der Diskussion der Frage, ob die Beschränkungen des Eigentums zu dessen Begriff gehören. Darüber hinaus besaß die Betonung der Beschränktheit der Eigentümerrechte zumindest eine gewisse, wenngleich möglicherweise nicht entscheidende, Bedeutung für die Reduzierung des Eigentums auf ein Ausschließungsrecht: Schloßmann als Begründer dieser Lehre wies nachdrücklich auf die vielfache Beschränktheit des Eigentums hin. Für ihn zeigte sich erst in der Beschränkung das Recht.553 Es läßt sich daher 553

Schloßmann, JhJb 45 (1903), S. 289 ff., S. 319.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

ohne weiteres festhalten, daß es gerade die Sozialbindung oder die Begrenzung der Eigentümerrechte ist, welche die einzelnen Alternativvorschläge zum Eigentum als Sachherrschaft eint. Der Gedanke der Sozialbindung des Eigentums wurde, wie bereits erwähnt, insbesondere von v. Gierke im Rahmen der Kritik am Entwurf des BGB vorgetragen: Der Eigentumsbegriff des BGB, wie er von der Pandektistik hervorgebracht worden sei, könne wegen der fehlenden Berücksichtigung der Pflichtigkeit des Eigentums keine Zukunft haben.554 Diese besondere Sozialpflichtigkeit des Eigentums stand für v. Gierke in engem Zusammenhang mit einem besonderen sozialen, germanischen Rechtsgeist555 und im Gegensatz zu einer angeblich römischen, individualistischen Rechtsauffassung556: Es ist daher nicht verfehlt, von einem germanischen oder deutschen Eigentum zu sprechen,557 zumal Gierke auch nach Erlaß des BGB, als eine rechtspolitische Verwendung dieser Begrifflichkeit zunächst weitgehend überflüssig wurde, einen deutschen Eigentumsbegriff als Weiterentwicklung germanischer Vorstellungen für die Zeit vor der Rezeption des römischen Rechts postulierte.558 Soweit in der Folgezeit auf die vorgebliche Existenz eines sozial geprägten und gleichzeitig deutschen Eigentums rekurriert wurde, geschah dies zumeist unter Rückgriff auf v. Gierke.559 Die Anschauung v. Gierkes scheint, wenngleich dies nur selten ausgesprochen wird, bis heute in der Kritik an dem Eigentumsbegriff, wie er dem BGB zugrunde liegt, fortzuleben. Noch ein weiterer Punkt sei kurz erwähnt, der im Zusammenhang mit den oben dargestellten Eigentumslehren auf v. Gierke verweist: Will man die Beschränkungen des Eigentums in den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff aufnehmen, so hat dies unvermeidlich eine Vermischung von privatem und öffentlichem Recht zur Folge, da der Großteil der Eigentumsbeschränkungen dem letzteren Rechtsgebiet entstammt. Nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Lehre vom Eigentum als Rechtsverhältnis ist eine Annäherung von öffentlichem und privatem Recht als wünschenswert angesehen worden. Die strikte Trennung zwischen öffentlichem und privatem Recht wurde von Gierke ebenfalls abgelehnt: Diese sei römische Entwicklung, während das germanische Recht diese Unterscheidung nicht gekannt habe und deshalb „durch und durch sozial“ gewesen sei.560 Es ergibt sich damit

v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 490. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 488. 556 v. Gierke, Soziale Aufgabe S. 503; zur Geschichte des behaupteten Gegensatzes von deutschem bzw. germanischem und römischen Recht ausführlich Luig, Rechtsanschauung, S. 95 ff. sowie im zweiten Teil dieser Arbeit bei der Darstellung der Entstehung eines deutschen Eigentumsbegriffs. 557 Kroeschell, Eigentumsbegriff, S. 34 ff. 558 v. Gierke, DPR II, S. 356 ff.; zum Eigentumsbegriff bei Gierke eingehend PfeifferMunz, Soziales Recht, S. 73 ff. und Janssen, Eigentumsbegriff, S. 549 ff. 559 Vgl. Luig, Rechtsanschauung, S. 93 ff. 560 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 480 ff. 554 555

Exkurs

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eine weitere Parallele zwischen den Anschauungen v. Gierkes und der aktuellen Kritik am Eigentumsbegriff des Zivilrechts. Mit den vorgenannten Feststellungen wird nicht nur der erste Teil dieser Arbeit, in dessen Zentrum der Eigentumsbegriff des geltenden Rechts stand, abgeschlossen, sondern darüber hinaus soll auf diese Weise die Verbindung zum zweiten Teil dieser Arbeit hergestellt werden. Dessen Ausrichtung ist vor allem rechtsgeschichtlicher Natur: Während bis hierhin der Stand der Eigentumsdoktrin zum Ende des 19. Jahrhunderts – der im Vorwort dargestellten Zielrichtung dieser Arbeit entsprechend – als gegeben hingenommen und zum Ausgangspunkt aller Betrachtungen gemacht wurde, soll nun die Entwicklung der verschiedenen Auffassungen zum Eigentum im Laufe des 19. Jahrhundertsuntersucht werden.

Exkurs: Zur Herkunft der Beschränkung des Eigentums auf körperliche Sachen Bevor jedoch im zweiten Hauptteil dieser Arbeit die eben angesprochene Herausbildung des Gegensatzes zwischen der Betonung der Sachherrschaft des Eigentümers einerseits und der Sozialbindung des Eigentums andererseits nachgezeichnet wird, soll zur Vervollständigung der Darstellung im ersten Hauptteil noch kurz auf die Herkunft des sog. engen – d. h. auf körperliche Gegenstände beschränkten – Eigentumsbegriffs, wie er dem BGB zugrunde liegt, eingegangen werden. Bisher ist lediglich festgehalten worden, daß zu Beginn des 19. Jahrhunderts den wichtigsten Kodifikationen des Privatrechts zufolge auch Rechte noch eigentumsfähig waren, und daß diese Auffassung schon bei der Schaffung des BGB als überholt betrachtet wurde.561 Die folgende Darstellung der Herkunft des engen Sachbegriffs ist – dies sei kurz angemerkt – über die Erläuterung des Eigentumsbegriffs des geltenden Rechts hinaus relevant, da immer wieder auf die Parallele zur Abschaffung des geteilten Eigentums in der bürgerlich-rechtlichen Lehre verwiesen wird.562

1. Rückführung des weiten Eigentumsbegriffes auf Bartolus Die Erstreckung des Eigentums auf Rechte hatte zum Ende des 18. Jahrhunderts bereits eine lange Tradition und war in der Rechtslehre563 weit verbreitet.564 Noch s. o. bei B. Hecker, Eigentum, 3. Teil, 1. Kap., § 22, II., S. 210; Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 139, Fn. 86; s. u. S. 289 f. 563 Zur Kodifikation dieser Lehre in den territorialen Gesetzbüchern s. o. bei B. 564 Nettelbladt, Anfangsgründe, I. Buch, V. Hauptstück, I. Abschn., S. 77; v. Cramer, Akademische Reden, Liber II, Tit. I, §§ 14 f., S. 302, m. w. N. 561 562

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in Mackeldeys Institutionen-Lehrbuch565 findet sich ein „quasi dominium“ an unkörperlichen Sachen.566 Wenngleich das Eigentum im klassischen römischen Recht auf körperliche Sachen (zu denen insoweit auch Sklaven zählten) beschränkt war567 und auch die Glossatoren – nachdem das dominium im Vulgarrecht an begrifflicher Schärfe eingebüßt hatte568 – nicht von einem Eigentum an unkörperlichen Sachen ausgingen,569 sprach bereits Bartolus von einem dominium im weitesten Sinne570, d. h. an Forderungen und am usus fructus: „Et potest appellari largissime pro omni iure incorporali: ut habeo dominium obligationis ut puta usus fructus.“571

Wenn er damit – neben einem engeren, auf Sachen beschränkten dominium572 – einen weiteren Begriff des dominiums bildete, der auch Rechte umfaßte, so überschritt er wohl zumindest im Hinblick auf die obligationes den Bereich der eigentumsfähigen Gegenstände, wie er sich aus der Glosse des Accursius ergab.573 Dieser weite Begriff des Eigentums blieb (in Anknüpfung an die Institutionen des Corpus Iuris)574 in der gemeinrechtlichen Lehre575 und in der Zeit des Naturrechts erhalten.576

565 Dessen erste Auflage datiert von 1814 und wurde von Mackeldey selbst bis zur zehnten Auflage im Jahre 1838 betreut. Dieses Lehrbuch fand seinerzeit große Verbreitung und ersetzte bei einer großen Zahl von Praktikern den Kommentar Höpfners. In Übersetzungen soll es bis nach Spanien, Frankreich und Rußland vorgedrungen sein; vgl. Stintzing / Landsberg, 3. Abteilung, 2. Halbband, Note 19 zu Kapitel 16. 566 Mackeldey, Institutionen, § 226, S. 260, allerdings mit dem weiterführenden Hinweis, daß ein dominium im engeren Sinne nur an körperlichen Sachen denkbar sei. 567 Kaser, Römisches Privatrecht I, § 92, I., 1., S. 376. 568 Kaser, Römisches Privatrecht II, § 238 III, S. 248 ff.; Levy, Kap. I, A., 1., S. 34 ff; Wieling, Sachenrecht, § 8, I, S. 249. 569 Landsberg, Glosse des Accursius, 2. Teil, II., § 2, S. 92. 570 Gruchot, Glossen, S. 91. 571 Bartolus, Opera, n. 3 zu D. 41. 2. 17. 572 Coing, ZRG (RA),70 (1953), S. 348 ff., S. 349. 573 Vgl. hierzu Coing, vorige Fn., S. 350, Fn. 5. 574 Inst. 2, 2, 2: „Incorporales autem sunt, quae tangi non possunt. qualia sunt ea, quae in iure consistunt: sicut hereditas, usus fructus, obligationes quoquo modo contractae.“ 575 Kleensang, Konzept, S. 107; Coing, Europäisches Privatrecht I, § 50, I., S. 274. 576 Wolff, Grundsätze, § 206, S. 131 und Institutiones, Pars II, Cap. I, § 206: „Res etiam incorporalis in dominium esse possunt“; ebenso Thomasius in einer Kontroverse mit Ulrich Huber, In Huber, Praelectiones, 1. Tom. I., n. 13, S. 83; vgl. Wesenberg / Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 148; Feenstra, Eigentumsbegriff, S. 231 f.

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2. Der weite Eigentumsbegriff und seine Kodifikation, insbesondere im preußischen ALR Schließlich fand die Vorstellung von einem Eigentum an Rechten Eingang in die großen privatrechtlichen Kodifikationen des Naturrechts.577 Dies sei hier nur kurz am Beispiel des preußischen Allgemeinen Landrechts dargestellt: Für das ALR lag eine direkte Anknüpfung an die naturrechtliche Doktrin des weiten Eigentumsbegriffs bereits aufgrund der Tatsache nahe, daß Svarez, der maßgebliche Schöpfer des ALR, bei Joachim Georg Darjes, einem Schüler Wolffs,578 in die Naturrechtslehre eingeführt und hiervon stark beeinflußt wurde.579 In dessen Institutiones Jurisprudentiae Universalis findet sich ebenfalls ein quasi dominium an unkörperlichen Sachen580. Dementsprechend bezog sich auch Svarez in seinen Kronprinzenvorträgen auf die „Lehrsätze des Naturrechts vom Eigentume“581 und definierte den Gegenstand des Eigentums wie folgt: „Alles, was ein Mensch zu dem Seinigen rechnen und darüber als über das Seinige verfügen kann, gehört zu dem Eigentum dieses Menschen. Eigentum erstreckt sich also nicht bloß auf körperliche Sachen, welche in die Sinne fallen, sondern auch auf Rechte, die bloß durch die Ausübung merkbar werden.“582 Daß in der Erstreckung des Eigentums auf Rechte im ALR die Ansicht Svarez‘ Ausdruck gefunden hat, zeigt der Unterschied der Definition des Eigentums zwischen dem ALR und dem unter der Regie v. Carmers verfaßten Entwurf,583 zumal Svarez auch die Revision des sachenrechtlichen Teils des Entwurfs oblag.584 Teilweise wird der weite Eigentumsbegriff des Pr. ALR nicht auf naturrechtliches Gedankengut zurückgeführt, sondern direkt oder indirekt auf einen deutsch577 s. o. bei B. dazu umfassend: Büchs, Handbuch, Rdn. 13; für das ALR: Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 132, Fn. 61; für das ABGB: Kocher, Privatrechtskodifikation, S. 133, 144 und 147. 578 Thieme, ZRG (GA) 56 (1936), S. 202 ff., S. 226. 579 Conrad, Die geistigen Grundlagen, S. 12; Kleinheyer, Svarez, S. 413 ff.; Thieme, vgl. vorige Fn., weist auf die Verwertung des Wolff‘schen Naturrechts durch Svarez bei der Schaffung des ALR hin und wertet dies – neben dem Einfluß Wollffs auf die österreichische Gesetzgebung – als Lehrerfolg unter anderem von Darjes. 580 Darjes, Institutiones, Cap. III, Tit. I, § 848, S. 485. 581 Svarez, Kronprinzenvorträge (Vom Eigentume der Nationen und dessen Folgen), S. 150; vgl. hierzu auch Conrad, ROW 1963, S. 1 ff., S. 2. 582 Svarez, vorige Fn. 583 Entwurf, Theil II, Tit. 5, Vom Eigenthum: „§ 1 (Begriff): Eigenthümer einer Sache ist derjenige, welcher das Recht hat, über die Sache selbst aus eigner Macht zu verfügen, und jeden andern davon auszuschließen. § 2 (Gegenstand des Eigenthums): Alles, was einen ausschließenden Nutzen gewehren kann, ist ein Gegenstand des Eigenthums.“. Daß dies auch ein Eigentum an Rechten umfaßt, erhellt jedoch aus der Definition in Theil II, Tit. 1, §§ 1 f. des Entwurfs. 584 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, § 19, S. 330; daher dürfte die gegenüber dem Entwurf erfolgte Klarstellung auf Svarez zurückgehen.

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rechtlichen Eigentumsbegriff,585 der zur Zeit der Ausarbeitung des ALR wohl schon geläufig war.586 An einer direkten Einflußnahme deutsch-rechtlicher Vorstellungen darf allerdings nach dem sogerade Gesagten zumindest gezweifelt werden.587 Die Entscheidung der Frage, woher mit letzter Sicherheit der weite Eigentumsbegriff des Pr. ALR rührte, würde danach nicht nur eine Untersuchung der Entstehung des Gesetzes selbst, sondern für den Fall der indirekten Einflußnahme deutsch-rechtlichen Gedankenguts ein Aufsuchen der Quellen des Naturrechts588 erfordern. An dieser Stelle sollte jedoch lediglich dargestellt werden, daß die Einbeziehung von Forderungen in den Bereich der eigentumsfähigen Gegenstände auf eine lange Tradition zurückblicken kann. Eine darüber hinausgehende Untersuchung in der dargestellten Weise würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

3. Zur Herkunft des engen Sachbegriffes Das BGB hingegen folgt im Hinblick auf den engen Sachbegriff – und die damit verbundene Abwendung von früheren Kodifikationen wie dem ALR oder dem ABGB – der Pandektenwissenschaft des 19. Jahrhunderts bzw. dem römischen Recht.589 Zur Zeit der Vorarbeiten stand zumindest im Rahmen der romanistischen 585 v. Gierke, DPR II, § 120, S. 361: „Unter den großen Gesetzbüchern verstattete insbesondere das Preußische Landrecht dem deutschen Eigentumsbegriff eine starke Einwirkung“; für eine indirekte Einwirkung Hagemann, Eigentum in HRG, Sp. 886: „Das ALR hat, vielfach auf dem Weg über das Naturrecht, noch in beachtlichem Umfang „deutschrechtliches“ Gedankengut in seine Eigentumsordnung aufgenommen“; auf den deutschrechtlichen Gehalt der Eigentumsordnung des ALR weisen ebenfalls hin: Thieme, Allgemeines Landrecht in HRG, Sp. 106 (unter Zitierung M. Wolffs, der das ALR als „Sparbüchse germanischer Rechtsgedanken“ bezeichnete) und MüKo-Säcker, § 903 BGB, Rdn. 9. 586 Runde, Grundsätze (4. Auflage), § 253, S. 217; die erste Auflage war bereits 1791 erschienen; vgl. hierzu und zu den Auswirkungen des schon damals vertretenen deutschen Eigentumsbegriffs: Kleensang, Konzept, S. 115 ff. 587 Svarez‘ Lehrer Darjes hatte zwar die „Institutiones jurisprudentiae privatae RomanoGermanicae“ verfaßt. Angesichts der „ganz ungenügenden“, vgl. Stintzing / Landsberg, Geschichte III, 1, S. 285, Berücksichtigung des deutschen Rechts durch Darjes dürfte eine Beeinflussung Svarez‘ durch deutsch-rechtliche Vorstellungen zumindest auf diesem Wege unwahrscheinlich sein. 588 Die naturrechtliche Lehre wird – insbesondere im Hinblick auf die Eigentumsdoktrin – teilweise als Verschmelzung von deutsch-rechtlichen und römisch-rechtlichen Elementen beschrieben, Kocher, Höchstgerichtsbarkeit, E., § 1, S. 130 f., m. w. N.. Folgte man dieser Ansicht, so läge eine indirekte Beeinflussung des Pr. ALR durch deutsch-rechtliche Eigentumsvorstellungen nahe. Demgegenüber sieht bspw. Koschaker, Europa, S. 269 und S. 275 das römische Recht als Hauptquelle der naturrechtlichen Doktrin an und Olzen, JuS 1984, S. 328 ff, S. 333 verweist darauf, daß das Eigentumsverständnis der Naturrechtslehre dem der Glosse und der Kommentarliteratur gleiche. Da auch Bartolus einen weiten Eigentumsbegriff kannte, der das Eigentum an Rechten einschloß, ist der Rückgriff auf deutsch-rechtlich Gedankengut zumindest nicht zwingend. 589 Coing, Europäisches Privatrecht I, § 65, I., 3., S. 369; Wieling, Sachenrecht, § 8, I., S. 249; Wieacker, AcP 148 (1943), S. 57 ff, S. 9.

Exkurs

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Doktrin fest, daß es ein Eigentum nur an körperlichen Gegenständen geben kann.590 Wie bereits gesagt, entspricht die Beschränkung des Kreises der Objekte des Eigentumsrechts auf körperliche Sachen dem klassischen römischen Recht,591 wenngleich dieses keine Definition des Eigentums enthielt.592 Auch der enge Eigentumsbegriff des Bartolus, welcher dem heutigen § 903 S. 1 BGB in hohem Maße ähnlich ist, beschränkte sich auf körperliche Sachen: „Dominium est ius de re corporali perfecte diponendi, nisi lex prohibeat.“593

Im deutschen usus modernus pandectarum herrschte die Auffassung vor, daß ein Eigentum nur an körperlichen Sachen möglich sei.594 Auch eines der berühmtesten und am weitesten verbreiteten Lehrbücher des 18. Jahrhunderts, die Elementa Iuris Civilis von Heineccius595, definierte dominium als „ius in re corporali et singulari“.596 Zu Beginn des 19. Jahrhunderts zeichnete sich ab, daß in der Rechtslehre das Eigentum im engeren Sinne, d. h. nur an körperlichen Sachen, trotz der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen das Eigentum an Rechten verdrängen würde.597 Wie selbstbewußt die nach Abschluß dieser Entwicklung herrschende

590 Arndts, Pandekten, § 130, S. 130, Böcking, Pandekten, § 134, S. 7; Dernburg, Pandekten, § 192, S. 434; Puchta, Pandektenvorlesungen, § 144, S. 315; Randa, Eigenthumsrecht, § 1, S. 1; Savigny, System I, § 56, S. 367 f.; Windscheid / Kipp, Pandekten I, § 167, S. 856, allerdings mit der Einschränkung, daß es dem Gesetzgeber nicht verwehrt sei, unkörperliche Sachen wie körperliche zu behandeln, vgl. a. a. O., § 137, S. 689; diese Einschränkung dürfte ein letzter Nachhall der gemeinrechtlichen Lehre und ihrer umfangreichen Ausdehnung des Sachenrechts auf Rechte, d. h. unkörperliche Sachen, sein; vgl. dazu Coing, Europäisches Privatrecht I, § 68, S. 341 f. 591 s. o. Fn. 567. 592 Wieling, Sachenrecht, § 8, II., 1., c), S. 259. 593 Bartolus, Opera, n. 4 zu D. 41, 2, 17; diese Definition war die erste Begriffsbestimmung des „dominium“, vgl. Hecker, Eigentum, S. 36; Landsberg, Glosse des Accursius, S. 93; Coing, ZRG (RA) 70 (1953), S. 348 ff. Sie blieb Modell für alle späteren Definitionsversuche, vgl. Coing, Europäisches Privatrecht I, § 54, II., S. 291 f.; Kleensang, Konzept, S. 105; Sontis, Strukturelle Betrachtungen, S. 991; ausführlich: Schwab, Eigentum, S. 74 ff. und Willoweit, Dominium, S. 144 ff. 594 Struve, Iurisprudentia, Liber II, Tit. I, S. 88, wonach nur das Eigentum an körperlichen Sachen „stricte dominium“ genannt wird; Lauterbach, Collegium, Liber I, Tit. VII, III. 1., S. 133; Höpfner, Commentar, § 287, S. 341 f.; vgl hierzu ausführlich: Klemm, Eigentum, § 1, IV., S. 54 f., m. w. N. 595 Vgl. Luig, Heineccius, S. 279. 596 Heineccius, Elementa, Liber II, Tit. I, § 287, S. 107. 597 Mackeldey, Institutionen, § 226, S. 260, der schon das Eigentum im engeren Sinne in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen rückte; genauso Hugo, Lehrbuch, I., A., I., § 42, S. 35; Thibaut, System, Einleitung, 1. Theil, 2. Abschn., § 777, S. 23, erwähnte unter der Überschrift „Eigenthum“ den Unterschied zwischen einem Eigentum im engeren und im weiteren Sinne schon nicht mehr, sondern sprach nur von einem Eigentum an einzelnen körperlichen Dingen.

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1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

Rechtslehre sich im folgenden über die geltende Rechtslage hinwegsetzte, illustriert das nachstehende Zitat zum österreichischen ABGB: „Das Gesetzbuch sagt also in den §§ 292 u. 353 nur, daß unser Vermögen besteht: aus dem Eigenthumsrechte (bez. aus „körperlichen Sachen“) oder aus anderen Rechten („unkörperlichen Sachen“). Keinesfalls kann aber aus dem § 353 deduziert werden, daß das G.B. nach dem Vorgange der älteren Doktrin und des preuß. A.L.R. ein Eigenthum an ,Rechten‘ anerkenne.“598

Angesichts des eindeutigen Wortlauts des Gesetzes und der Gesetzgebungsgeschichte599 ist eine solche Behauptung sehr überraschend.

4. Hintergrund der Durchsetzung des auf körperliche Sachen beschränkten Eigentums Ohnehin ist es verwunderlich, wie sich – trotz der gegenteiligen Gesetzeslage – die Ansichten über den möglichen Gegenstand des Eigentums so schnell und gleichsam „unisono“ in eine Richtung entwickeln konnten. Da im Rahmen der Darstellung der Entwicklung des abstrakten Eigentumsbegriffs ausführlich auf die Ursachen für die Durchsetzung einer bestimmten Vorstellung dessen, was Eigentum im zivilrechtlichen Sinne bedeutet, eingegangen werden soll, dürfte es an dieser Stelle – um Wiederholungen zu vermeiden – genügen, wenn kurz auf die wichtigsten Begründungsansätze verwiesen wird. Eine sichere und endgültige Erklärung für die Entwicklung des Eigentumsbegriffs im 19. Jahrhundert ist nicht möglich, zumal die obengenannten Autoren, mit Ausnahme von v. Savigny selbst, keine ausführliche Begründung für die Beschränkung auf ein Eigentum nur an körperlichen Sachen geben.

a) Die Rückbesinnung auf das klassische römische Recht Von besonderer Bedeutung war in diesem Zusammenhang die von der historischen Schule, allen voran von v. Savigny, eingeleitete Rückbesinnung auf das klassische römische Recht, in der Form, die es im Corpus Juris Civilis gefunden hatte, als Grundlage der Privatrechtsordnung.600 Insbesondere v. Savigny behandelte die Leistungen der Postglossatoren, vor allem die des Bartolus, mit Geringschätzung und verwies demgegenüber auf die Leistungen der klassischen Juristen.601 Daher Randa, Eigenthumsrecht, § 1, S. 8. s. obei B. 600 v. Savigny, Beruf, 141; vgl. hierzu: v. Gierke, Historische Rechtsschule, S. 9 ff.; Stintzing / Landsberg, 3. Abteilung, 2. Halbband, 15. Kapitel, S. 186 ff., insbes. S. 209 ff.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, 5. Teil, § 21, S. 393. 601 Savigny, Beruf, 153 f.; Geschichte, Kap. 53, § 51, S. 157 f. 598 599

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lag es bereits aus diesem Grund nahe, daß das Eigentum im engeren Sinne von dem romanistischen Zweig der historischen Schule als einzig richtig anerkannt und das auf Rechte ausgedehnte Eigentum verworfen würde, zumal nach dem klassischen römischen Recht nur ein Eigentum an körperlichen Gegenständen möglich war. Ein weiter Begriff des Eigentums konnte sich nur als Abweichung von den Grundlagen darstellen. Dem entspricht es, daß die Beschränkung des BGB im Hinblick auf die möglichen Objekte des Eigentums zu Beginn dieses Jahrhunderts allgemein als Rückkehr zum klassischen römischen Recht bewertet wurde.602

b) Der Einfluß kantischen Gedankenguts Des weiteren dürften die Lehren Kants von Einfluß auf die Beschränkung der eigentumsfähigen Sachen auf körperliche Gegenstände gewesen sein.603 So ist nach Kant Eigentum ausdrücklich nur an körperlichen Sachen möglich: „Der äußere Gegenstand, welcher der Substanz nach das Seine von jemandem ist, ist dessen Eigentum (dominium), welchem alle Rechte in dieser Sache (wie Accidenzen der Substanz) inhärieren, über welche der Eigentümer (dominus) nach Belieben verfügen kann (ius disponendi de re sua). Aber hieraus folgt von selbst: daß ein solcher Gegenstand nur eine körperliche Sache . . . sein könne“.604

Dies beruht auf der Erwägung, daß die Sachen als körperliche Sachen der Freiheit nicht fähig und damit Objekte der Willkür seien,605 d. h. Gegenstände, deren beliebiger Gebrauch in der Macht des Einzelnen stehe.606 Wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, daß v. Savigny – als prominentestes und wirkungsmächtigstes Beispiel – sich daran, allerdings ohne ausdrückliche Zitierung,607 orientierte, zeigt die folgende Beschreibung des Eigentums im ersten Band des Systems des heutigen römischen Rechts: „Die unfreye Natur kann von uns beherrscht werden nicht als Ganzes, sondern nur in räumlicher Begränzung; ein so begränztes Stück nennen wir Sache, und auf diese bezieht sich daher die erste Art möglicher Rechte: das Recht an einer Sache, welches in seiner reinsten und vollständigsten Gestalt Eigenthum heißt.“608 . . . „Jeder Mensch hat den Beruf 602 Planck-Strecker, BGB III (1. / 2. Auflage), 3. Abschnitt, 1., S. 128; Staudinger-Kober (3. / 4. Auflage), § 903 BGB, Anm. III, 1. S. 198; Endemann, Lehrbuch II, § 67, S. 429 f.; Kretzschmar, Sachenrecht, 3. Abschnitt, 1., S. 146. 603 Hattenhauer, Grundbegriffe, § 3, III, S. 43; zur Anknüpfung Savignys an die Ideen Kants allgemein: Schröder in: Deutsche Juristen, S. 356; Kiefner, Savigny, Sp. 1318 f. und Der Einfluß Kants, S. 5 ff.; eine grundlegende Anknüpfung Savignys an Kant verneinend: Nörr, Eher Hegel als Kant, S. 22 ff. 604 Kant, Metaphysik, Rechtslehre, 1. Teil, 2. Hauptstück, 2. Abschnitt, § 17, S. 74. 605 Kant, Metaphysik, Einleitung IV, S. 330; Rechtslehre, 1. Teil, § 4, S. 355. 606 Vgl. zur Eigentumslehre Kants Hecker, Eigentum, § 19, S. 184 ff. 607 Kiefner, Einfluß, S. 4, weist aber darauf hin, daß v. Savigny mehrfach in anderem Zusammenhang Kants „Metaphysik der Sitten“ zitierte, vgl. die Nachweise a. a. O.

9 Lehmann

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zur Herrschaft über die unfreye Natur; denselben Beruf muß er eben so in jedem andern Menschen anerkennen, und aus dieser gegenseitigen Anerkennung entsteht, bey räumlicher Berührung der Individuen, ein Bedürfnis der Ausgleichung, welches zunächst als ein ein unbestimmtes erscheint, und nur in bestimmter Begränzung seine Befriedigung finden kann.“609

Die Art und Weise, in der sowohl Kant als auch v. Savigny die Beherrschung der Natur durch den Menschen betonten, läßt vermuten, daß Kant insoweit Einfluß auf Savigny ausgeübt hatte.610 Savigny formulierte an der zitierten Stelle genau das, was Kant in seinem Begriff der sittlichen Persönlichkeit611 bereits vorausgesetzt hatte, erweiterte dies jedoch zum Recht der Herrschaft über die Natur.612 Wenn v. Savigny im weiteren postulierte, daß dieses Herrschaftsrecht im Zusammentreffen der Individuen eine Begrenzung erfahren muß, so geht dies wohl ebenfalls auf kantisches Gedankengut zurück, zumal sich die Formulierung Kants, daß das Recht eine Abgrenzung der Freiheit der einzelnen untereinander gewährleiste,613 auch bei v. Savigny614 findet.615 Damit dürfte zugleich die Ansicht widerlegt worden sein, derzufolge sich v. Savigny im Hinblick auf die Beherrschung der auf den Schöpfungsauftrag in 1. Mose 1, 28 gestützt haben soll.616 Allerdings reichen die genannten Parallelen nicht aus, um eine eindeutige Feststellung der Herkunft des engen Eigentumsbegriffs bei v. Savigny zu ermöglichen. Dies folgt zum einen aus dem eingeschränkten und in der Zielsetzung der vorliegenden Arbeit begründeten Umfang dieser Betrachtung. Zum anderen war die Ableitung des Eigentums aus der menschlichen Freiheit, insbesondere der Willensfreiheit, im Gegensatz zur äußeren Natur, bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts – wenn auch nicht im Zusammenhang mit der zivilrechtlichen Dogmatik – verbreitet.617 So sprach auch Hegel vom Eigentum als „äußerer Sphäre der Freiheit“618, die Sachen aufgrund von deren Unfreiheit oder Rechtlosigkeit umfasse.619 Auch wenn danach Savigny, System I, § 53, S. 338. Savigny, System I, § 56, S. 367 f. 610 Wenngleich Savigny dies nie eingestanden hat, so zeigt sich der Einfluß Kants noch an mehreren Stellen im „System des heutigen römischen Rechts“: vgl. die Zusammenstellung bei Gmür, Savigny, S. 26 f., insbes. Fn. 73. 611 Kant, Grundlegung, 2. Abschnitt, S. 74 f. 612 Hecker, Eigentum, S. 231; auf den Zusammenhang von v. Savignys Definition des subjektiven Rechts als Willensmacht und der Rechts- und Pflichtenethik Kants weist Wieacker, Sozialmodell, S. 11 f. und Pandektenwissenschaft, S. 59 nachdrücklich hin. 613 Kant, Metaphysik, Einleitung, § E, S. 339 f. 614 Savigny, System I, § 52, S. 331 f. 615 Gmür, Savigny, S. 27; Wieacker, Gründer, S. 135; nach Kiefner, Der Einfluß Kants, S. 11, ist die gerade dargestellte Übereinstimmung zwischen Kant und Savigny „sicherlich kein Zufall“; zweifelnd insoweit Nörr, Lehrjahre, § 16, S. 330, der auf die Nähe der Ausführungen v. Savignys zu Fichte hinweist. 616 So aber, mit falscher Zitierung Savignys, Büchs, Handbuch, Rdn. 154. 617 Schwab, Eigentum, S. 80 ff. m. w. N. 618 Hegel, Grundlinien, § 41, S. 102. 608 609

Exkurs

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nicht ausgeschlossen werden kann, daß bei der Formulierung eines auf körperliche Gegenstände beschränkten Eigentums durch v. Savigny andere Einflüsse neben Kants Philosophie eine Rolle spielten, so bleiben doch die dargestellten Ähnlichkeiten und die Feststellung, daß Hegel erst zu einer Zeit in den Gesichtskreis v. Savignys eintrat, als dieser seine philosophische Entwicklung im wesentlichen abgeschlossen hatte,620 als starker Beleg für eine Anknüpfung Savignys an Kant. Ähnliche Aussagen, welche auf die Beherrschung der Natur durch den Menschen zur Erläuterung des Eigentums zurückgriffen, lassen sich nahezu in der gesamten Zivilrechtslehre des 19. Jahrhunderts nachweisen.621 Dies spricht, gerade im Hinblick auf die Einengung des Sachbegriffs und die daraus folgende Beschränkung des Eigentums auf körperliche Sachen, für eine – direkte oder etwa durch v. Savigny vermittelte – Anknüpfung der Zivilrechtslehre an die Philosophie Kants622. Noch bei den Vorarbeiten zum BGB wirkte sich dies aus. Nach Johow beruht der Begriff des Eigentums „in seinem letzten Grunde auf dem Gegensatz zwischen Person und Sache. Die Sache hat, weil sie willenslos ist, die Bestimmung, von der willensfähigen Person beherrscht zu werden.“623

Hegel, Grundlinien, § 42, S. 103. Nörr, Lehrjahre, § 1, S. 10 f. m. w. N. 621 Vgl. die Zusammenstellung bei Hecker, Eigentum, § 25, S. 229 ff. Daß aus der kantischen Philosophie nicht unbedingt die Konsequenz eines auf körperliche Gegenstände beschränkten Eigentums gezogen werden mußte, zeigt v. Zeillers Kommentar zum österreichischen ABGB aus dem Jahre 1812. Franz Anton Felix v. Zeiller war der Hauptverantwortliche bei der Schaffung des ABGB, vgl. Schlosser, Privatrechtsgeschichte, § 3, S. 119, so daß auch die Erstreckung des Eigentums auf Rechte seine Handschrift tragen dürfte. V. Zeiller berief sich zwar ausdrücklich auf den Gegensatz zwischen den vernunftlosen Wesen, den Sachen, die schon durch die natürliche Ordnung zu beliebigen Zwecker der vernünftigen Personen, bestimmt seien. Personen hingegen dürften nicht zu Mitteln und damit nicht zu Sachen herabgewürdigt werden. Zu den Sachen zählte v. Zeiller auch die „Kraftäußerungen vernünftiger Wesen“ und „somit auch die ausschließlichen Rechte, von andern Kraftäußerungen oder Handlungen, und Unterlassungen zu fordern“, v. Zeiller, Commentar, Bd. 2, zu § 285, S. 3. Ein Eigentum an Rechten erkannte er aber ausdrücklich an, v. Zeiller, a. a. O., zu § 353 f., S. 109. Dies dürfte damit zusammenhängen, daß v. Zeiller zwar unter grundsätzlicher Abwendung von dem naturrechtlichen Hintergrund der Vorarbeiten Martinis, die zum Westgalizischen Gesetzbuch geführt hatten, eine Umgestaltung auf der Grundlage kantischer Philosophie vonahm, zum Teil aber auch auf naturrechtliches Gedankengut zurückgriff. Unterschiede zu Kant zeigten sich unter anderem auch in der Trennung von Personen und Sachen, vgl. Hof, V. Zeiller, S. 461. In der eigentümlichen Verbindung der natürlichen Ordnung mit dem Personenbegriff Kants zeigt sich, daß v. Zeiller hier noch eine Mittlerstellung, einnimmt. Das Eigentum an unkörperlichen Sachen dürfte v. Zeiller aus dem Westgalizischen Gesetzbuch übernommen haben, vgl. 1. Theil, 3. Hauptstück, § 73, S. 31. 622 Hecker, a. a. O.; zum weitergehenden Einfluß Kants auf die Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts: Kiefner, Der Einfluß Kants, S. 24; Stintzing / Landsberg, III. Abtheilung, 1. Halbbd., 12. Kap., S. 511; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, § 20, S. 351 ff. und 368 f. 623 Johow, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 619. 619 620

9*

132

1. Teil: Der Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts

Bei der Darstellung der Entwicklung des dem BGB zugrundeliegenden Eigentumsbegriffs wird auf die Verbindungen zur kantischen Philosophie noch einzugehen sein.624

5. Abschluß des Exkurses Festzuhalten bleibt am Ende dieses Exkurses, daß innerhalb eines halben Jahrhunderts ein zuvor weithin akzeptierter, sich auch auf Rechte erstreckender Eigentumsbegriff nahezu restlos verdrängt wurde. Bei der Schaffung des BGB war der sog. enge Eigentumsbegriff bereits eine Selbstverständlichkeit.

624

s. u. im zweiten Teil dieser Arbeit.

2. Teil

Die Entwicklung des durch die Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneten Eigentumsbegriffes im 19. Jahrhundert A. Einleitung Die Geschichte des Eigentumsbegriffs und insbesondere seine Entwicklung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird bis heute zumeist als Widerstreit zwischen zwei Anschauungen, der Betonung der freien Sachherrschaft, die dem Einzelnen kraft seines Eigentums zusteht, und der sozialen Bindung dieser Herrschaft beschrieben. Diese Positionen werden mit zwei verschiedenen Rechtstraditionen identifiziert: Während die freie Sachherrschaft des Eigentümers dem angeblich individualistischen römischen Recht entstammen soll, wird der Gedanke der Sozialbindung des Eigentums als Hervorbringung einer deutschen oder germanischen Rechtstradition angesehen.1 Diese Charakterisierungen beschränken sich häufig nicht auf das zivilrechtliche Eigentum, sondern die genannten Eigenschaften werden als Wesenszug der gesamten Rechtstradition aufgefaßt2: In einer Übersteigerung dieses Gedankens wurde die Rezeption des römischen Rechts in Deutschland als nationaler Verlust dargestellt, weil das angeblich soziale deutsche Recht von einem schrankenlosen Individualismus verdrängt worden sei.3 Diese überschwengliche und von nationalem 1 Müko-Säcker, § 903 BGB, Rdn. 7 ff.; Boehmer, Grundlagen II, S. 57 f.; Dahm, DtR, § 58, S. 451; Floßmann, Eigentumsbegriff, S. 33 ff.; Rudolph, Bindungen, S. 3 ff.; Schlosser, Privatrechtsgeschichte, § 1, S. 59 ff.; Krause, JuS 1970, S. 313 ff.; Hagemann, Eigentum, Sp. 884 ff.; Merk, Eigentum, S. 12 ff.; Ogris, Dominium, Sp. 756; mit Einschränkungen: Maschke, Eigentum, S. 154 ff.; Olzen, Jus 1984, S. 328 ff., S. 330 ff., insbesondere S. 335; Schwab, Eigentum, S. 65 f.; zur Herkunft dieser Entgegensetzung in der germanistischen Literatur: Kroeschell, Eigentumslehre, S. 45 und Lehre, S. 50 ff.; vgl. außerdem Mayer-Maly, Eigentumsverständnis, S. 143 f. sowie Eigentum, S. 35 und Klippel, Subjektives Recht, S. 39 ff. 2 Dahm, vgl Fn. 1; O. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 503; Mitteis / Lieberich, DPR, Kap. 9, S. 33; Rudolph, Bindungen, S. 5; Schwerin-Thieme, Grundzüge, § 67, III., S. 258; Ogris, Dominium, Sp. 757; vgl. hierzu Kroeschell, Zielsetzung, S. 250 ff. und Luig, Rechtsanschauung, S. 95 ff. 3 Boehmer, vgl. Fn. 1; Brunner / v. Schwerin, Grundzüge, § 61, S. 265; Eichler, Wandlungen, S. 147; O. v. Gierke, Entwurf, S. 8 und Soziale Aufgabe, S. 488; Wieacker, Wandlungen,

134 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

Pathos geprägte Charakterisierung der deutsch-rechtlichen Tradition scheint – wohl infolge der Verwendung dieses Gedankens in der Zeit des Nationalsozialismus4 – überwunden zu sein. Doch die Konzeption eines sozialen deutschen Eigentums als Antipode eines individualistischen römischen Eigentumsbegriffs ist bis heute verbreitet5 und wurde noch in jüngster Vergangenheit rechtspolitischen Zwecken dienstbar gemacht.6

S. 49 ff.; zahlreiche weitere Nachweise bei Klippel, Subjektives Recht, S. 45; speziell für das Eigentum bspw. Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 26: „. . . und nur die Rezeption des fremden Rechts die organische Fortbildung jäh abgebrochen hat, die eine neue Ordnung und eine neue rechtliche Verteilung des Grund und Bodens bringen mußte.“ Diese Passage ist geradezu ein Musterbeispiel für die im weiteren genauer zu untersuchende Vermischung rechtshistorischer, nationaler und rechtspolitischer Aspekte unter dem Etikett eines deutschen Eigentumsbegriffs: Letztlich solles das fremde römische Recht gewesen sein, dessen Eindringen die bis dahin vielversprechende Entwicklung einer wahrhaft deutschen Eigentumslehre und gleichzeitig eine gerechtere Verteilung von Grund und Boden verhindert hat. Ein Umschwung ist nur durch Wiederbelebung nationaler, weil rechtshistorisch dem germanischen Rechtsleben entstammender Institute möglich. Konsequent stellt Wagner, S. 142 dann fest, die Rechtswissenschaft werde „nur dann aus den neuentstehenden Formen der Berechtigung an Grund und Boden eine Förderung der vordringlichen Aufgabe der Gegenwart, der Neuordnung des Eigentumsrechts gewinnen, wenn sie die Vorstellung mit neuem Leben erfüllt, die jahrhundertelang in der deutschen Rechtsgeschichte wirksam gewesen war: das geteilte Eigentum.“ 4 Vgl. bspw. das Parteiprogramm der NSDAP in der Erläuterung von Rosenberg, 19., S. 51: „Wir fordern Ersatz für das der materialistischen Weltordnung dienende römische Recht durch ein deutsches Gemein-Recht“; dazu Landau, Römisches Recht, S. 11 ff; Klippel, Subjektives Recht, S. 39 ff. und umfassend Luig, Rechtsanschauung, S. 95 ff. sowie Stolleis, Gemeinwohlformeln, S. 23 ff und insbesondere S. 30 ff. 5 So spricht bspw. Schlosser, Privatrechtsgeschichte, § 1, S. 55 immer noch von dem „starren individualistischen Eigentumsbegriff“ (Hervorhebung im Original) des römischen Rechts; vgl. darüber hinaus Fn. 597. 6 s. o. Fn. 1 ff.; ein letzter Versuch, diesen Gegensatz rechtspolitisch fruchtbar zu machen, geht auf H. J. Vogel, NJW 1972, S. 1544 ff., S. 1544 und seinen Vorschlag zur Revision des Eigentums an Grund und Boden zurück: „Unser Bodenrecht geht in seinen Ursprüngen auf die Grundzüge des römischen Rechts zurück, die im 19. Jahrhundert vom Liberalismus fortentwickelt und in die heutige Fassung gebracht wurden. . . . Diese Regelung ist bereits im Ansatz fehlerhaft. Grund und Boden ist keine beliebig vermehrbare Ware; es ist vielmehr als nahezu einziges Gut unvermehrbar, unverzichtbar und unzerstörbar.“ Auch wenn Vogel für seine These keine Quelle zitiert, so wirken seine Ausführungen wie ein Echo der Kritik v. Gierkes am Entwurf des BGB, Soziale Aufgabe, S. 492: „Damit entfällt der absolutistische Begriff des Eigenthums, wie er sich in unseren Pandektenlehrbüchern spreizt und vom deutschen Entwurf in legale Form gebracht wird. . . . Daß ein Stück unseres Planeten einem einzelnen Menschen in derselben Weise eigen sein soll, wie ein Regenschirm oder ein Guldenzettel, ist ein kulturfeindlicher Widersinn.“ Hattenhauer, Vereintes und entzweites Eigentum, S. 85 f., stellt die Ausführungen Vogels zwar im Hinblick auf die Wiederbelebung des geteilten Eigentums in eine Reihe mit den schon von v. Gierke diesbezüglich erhobenen Forderungen. Der grundlegende Zusammenhang, die besondere soziale Dimension des sog. deutschen Eigentumsbegriffs und deren Ausprägung in der Rechtsfigur des geteilten Eigentums, werden m. E. von Hattenhauer nicht genug betont. Zum Zusammenhang von deutschem Eigentumsbegriff und geteiltem Eigentum s. u. 3.Teil der Arbeit.

A. Einleitung

135

Erst in jüngster Zeit ist die einfache und klare Differenzierung zwischen dem römisch-rechtlichen und dem deutsch-rechtlichen Eigentumsbegriff in Frage gestellt worden.7 So hat beispielsweise Simshäuser nachgewiesen, daß auch das klassische römische Recht vielfältige Bindungen des Eigentums kannte, welche der Rücksicht auf die Gesellschaft bzw. dem Schutz des unmittelbaren Nachbarn entsprangen.8 Von einer schrankenlosen, ja der Willkür des Eigentümers unterstellten, Rechtsmacht kann im Hinblick auf das römische Recht daher nicht gesprochen werden.9 Ebenso ist die seit v. Gierke10 verbreitete These, dem deutsch-rechtlichen Eigentumsbegriff wohne ein ganz besonderes soziales Element inne, mittlerweile nicht nur erheblichem Zweifel ausgesetzt11: Es wird nunmehr als „unbestritten“12 angesehen, daß die von v. Gierke postulierte Konfrontation deutscher und römischer Rechtstraditionen einer Grundlage in den einschlägigen Quellen entbehrt.13 Dennoch scheint es – auch angesichts des schon früher konstatierten Fortlebens des v. Gierkeschen Gedankenguts – verfrüht, wenn die Entgegensetzung von römischer und germanischer Rechtstradition und deren Identifizierung mit dem Unterschied zwischen individualistischen und sozialen Grundanschauungen als „antiquiert“14, „dem heutigen Betrachter schwer verständlich“15 oder „befremdlich“ 16 bezeichnet wird.17 Wie aus den zu Beginn dieser Einleitung aufgeführten Nach7 Vgl. bspw. Staudinger-Seiler, Vorbemerkungen vor § 903 ff. BGB, Rdn. 57; Feenstra, Eigentumsbegriff, S. 209; Kübler, AcP159 (1960 / 1961), S. 237 ff., S. 245, Fn. 61, MayerMaly, Eigentumsverständnis, S. 158; zur schon früher geäußerten Kritik an der angeblichen Unbeschränktheit des römischen Eigentums und der völligen Andersartigkeit des deutschen Eigentums, Schulz, Prinzipien, S. 102 f.; ebenso Heck, Sachenrecht, § 49, S. 211. 8 Simshäuser, Sozialbindungen, S. 331 ff.; vgl. hierzu Staudinger-Seiler, Vorbemerkungen zu §§ 903 ff. BGB, Rdn. 55 ff.; Honsell / Mayer-Maly / Selb-Mayer-Maly, § 57, S. 142, m. w. N.: „Der vermeintliche Gegensatz (zwischen römisch-rechtlichen und deutsch-rechtlichen Eigentumsvorstellungen, Anmerkung des Verfassers) entstammt jedoch zum größten Teil dem 19. Jahrhundert. Für die Lehre vom germanischen Eigentumsbegriff hat dies Kroeschell überzeugend nachgewiesen. Es ist aber auch der romanistische Eigentumsbegriff, auf dem § 903 BGB fußen soll, ein Werk der späten Neuzeit.“ 9 Staudinger-Seiler, Vorbemerkungen zu §§ 903 ff. BGB, Rdn. 56; Honsell / Mayer-Maly / Selb-Mayer-Maly, Römisches Recht, § 57, S. 143; Wieling, Sachenrecht, § 8, II, 2., a), S. 262 f.; Mayer-Maly, Eigentumsverständnis, S. 151. 10 Vgl. Fn. 1. 11 Staudinger-Seiler, Vorbemerkungen vor §§ 903 ff. BGB, Rdn. 57; Kroeschell, Lehre, S. 34 ff; Mayer-Maly, Eigentumsverständnis, S. 146 und Eigentum, S. 35. 12 Luig, Rechtsanschauung, S. 96. 13 Pfeiffer-Munz, Soziales Recht, S. 40; Schütze, Deutung, S. 64 ff.; ähnlich Klippel, Subjektives Recht, S. 49 f.; Kroeschell, Führer, S. 76 und Landau, Gierke, S. 84 ff; vgl. außerdem die vorhergehenden Nachweise. 14 Klippel, Subjektives Recht, S. 32. 15 Staudinger-Coing, Einleitung zum BGB, Rdn. 81; Luig, Rechtsanschauung, S. 135. 16 Landau, Juristen, S. 133. 17 Vgl. hierzu Luig, Rechtsanschauung, S. 96.

136 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

weisen deutlich wird, ist die genannte Vorstellung keineswegs überwunden, sondern immer noch präsent.18 Dieser Befund beschränkt sich nicht auf das Zivilrecht. Die deutsch-rechtliche Vorstellung mit ihrer Betonung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums soll sich in dem Satz „Eigentum verpflichtet“, wie er zunächst in Art. 153 III WRV niedergelegt wurde und unverändert Eingang in Art. 14 II 1 GG fand, ausdrücken.19 Hierfür mag die Ähnlichkeit zu den Äußerungen v. Gierkes20 sprechen. Darüber hinaus wird berichtet, daß zu dem Satz „Eigentum verpflichtet“ während des Gesetzgebungsverfahrens zur Weimarer Reichsverfassung von v. Gierke ein Gutachten eingeholt worden sei.21 Dies darf zum einen auch als Zeugnis für die Verbreitung v. Gierkescher Vorstellungen von der Beschaffenheit des deutschen Eigentums angesehen werden. Zum anderen haben die historische Herleitung und damit das Verständnis des Art. 14 II GG auch Auswirkungen auf den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff: Die Auffassung, derzufolge das Eigentum als umfassendes Rechtsverhältnis anzusehen ist, stützte sich zumindest auch auf die Vorstellung, daß der Art. 14 II GG direkt im Zivilrecht anwendbar sei.22 Diese Ansicht war insbesondere von Kübler mit der Entstehungsgeschichte des Art. 14 II GG begründet worden.23 Wenngleich der Kritik v. Gierkes am Eigentumsbegriff des BGB eine direkte Wirkung versagt geblieben ist, so scheint daher ein indirekter Einfluß auf das Zivilrecht nicht ausgeschlossen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des ersten Teils dieser Arbeit – der Abhängigkeit der aktuellen Diskussion um den Eigentumsbegriff des Zivilrechts von im 19. Jahrhundert entwickelten Positionen und vor allem der Fortwirkung deutsch-rechtlicher Aspekte in der immer wieder vorgetragenen Kritik am Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts – stellt sich die Frage, wie es im 19. Jahrhundert zu dem vorgeblich scharfen Gegensatz zwischen dem romanistischen Eigentum als individualistischer Sachherrschaft und der Betonung sozialer bzw. genuin deutscher Anschauungen kommen konnte. Die Darstellung der Entwicklung beider Eigentumsbegriffe und vor allem der von germanistischer Seite vorgetragenen Kritik an einem vorgeblich unumschränkten Eigentum ist Gegenstand des zweiten 18 Willoweit, Historisches Jahrbuch 94 (1974), S. 131 spricht mit Bezug auf die Gegenüberstellung von römisch-rechtlichem und deutsch-rechtlichem Eigentum noch von einer „fast allgemein akzeptierte(n) Auffassung“ (Ergänzung durch den Verfasser). 19 Bspw. Dahm, DtR, S. 453; vgl. Mayer-Maly, Eigentum, S. 35 m. w. N. 20 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 491: „So scheint doch das Privatrecht von dem Satz ausgehen zu müssen: kein Recht ohne Pflicht. . . . Das pflichtenlose Eigentum hat keine Zukunft. Wohl werden die höchsten sozialen Pflichten, die das Vermögen auferlegt, stets in das Gebiet der unerzwingbaren Gebote der Sittlichkeit fallen. Allein dasjenige, was der gesellschaftliche Zusammenhang unbedingt erheischt, muß zum Rechtsgebot erhoben werden. . . . In negativer Hinsicht bedarf es aber eines allgemeinen Satzes, welcher dem Mißbrauch des Eigenthums und der übrigen Vermögensrechte zum Schaden Anderer Schranken setzt.“ 21 Janssen, Sozialer Eigentumsbegriff, S. 580; Kroeschell, Lehre, S. 64 f. 22 s. o. im 1. Teil bei D. III. 23 Kübler, AcP 159 (1960 / 1961), S. 236 ff.

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

137

Teils und des dritten dieser Arbeit: Während der zweite Teil sich auf die Entwicklung des abstrakten Eigentumsbebriffs, der bis heute das Privatrecht kennzeichnet, konzentriert, untersucht der dritte Teil der Arbeit die Entstehung des sozialen oder deutschen Eigentumsbegriffs und besonderer Beachtung des Werks v. Gierkes.

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums und die Durchsetzung des abstrakten Eigentumsbegriffes in der Rechtslehre des 19. Jahrhunderts Als Ausgangspunkt der Durchsetzung des Eigentumsbegriffs des geltenden Zivilrechts, der im folgenden als abstrakter Eigentumsbegriff bezeichnet werden wird,24 ist bereits im ersten Teil dieser Arbeit die Anknüpfung an das römische Recht und dessen weitere Erforschung im Laufe des 19. Jahrhunderts benannt worden. Deren Abschluß bildete das Lehrbuch von Windscheid.25 Dessen Eigentumsdefinition gibt letztlich bis heute den Eigentumsbegriff des Zivilrechts zutreffend wieder.26 Die Darstellung der Entwicklung des Eigentumsbegriffs in der romanistischen Lehre steht aus zwei Gründen am Beginn des zweiten Teils dieser Arbeit: Zum einen ist der germanistische Eigentumsbegriff, der Gegenstand eines großen Teils der folgenden Erörterungen sein wird, erst in Abgrenzung zum sog. romanistischen Eigentumsbegriff formuliert worden. Zum anderen war die Entwicklung des romanistischen Eigentumsbegriffs in der jüngeren Vergangenheit häufig Gegenstand ausführlicher Erörterungen,27 zuletzt der Monographie von Damian Hecker,28 die sowohl eine eingehende Schilderung des Eigentumsbegriffs selbst als auch der Gründe für dessen Durchsetzung enthält. Hinsichtlich des romanistischen Eigentumsbegriffs dürfte es angesichts dessen ausreichen, die Leitlinien der Entwicklung nachzuzeichnen. Die Darstellung setzt bei der Entwicklung und insbesondere bei der Abschaffung des geteilten Eigentums ein, da diese letztlich als Kehrseite des Siegeszuges 24 In Anknüpfung bspw. an Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 118 ff., insbesondere S. 146 f; siehe dazu ausführlich oben 1. Teil bei B. 25 Falk, Windscheid, S. 654 f.; Schröder, Windscheid, S. 443 f.; Stintzing / Landsberg, Geschichte III 2, S. 858; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, § 23, S. 446 f. 26 s. o. 1. Teil. 27 Floßmann, Eigentumsbegriff, S. 38 ff.; Hagemann, Eigentum, Sp. 882 ff.; Hattenhauer, Grundbegriffe, § 7, S. 115 ff.; Schwab, Eigentum, S. 65 ff.; Wieling, Sachenrecht, § 8, II., S. 257 ff.; Kroeschell, Grundeigentum, S. 65 ff.; Mayer-Maly, Eigentumsverständnis, S. 145 ff. und Eigentum, S. 25 ff; Olzen, JuS 1984, S. 328 ff.; Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 118 ff.; Wilhelm, Private Freiheit, S. 19 ff.; Willoweit, Historisches Jahrbuch 94 (1974), S. 131 ff. 28 Damian Hecker, Eigentum als Sachherrschaft. Zur Genese und Kritik eines besonderen Herrschaftsanspruchs.

138 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

des abstrakten oder romanistischen Eigentumsbegriffs anzusehen ist: „Abstrakter Eigentumsbegriff und Verwerfung des geteilten Eigentums sind jedoch zwei Seiten einer Medaille.“29 Denn ein geteiltes Eigentum, dies sei der folgenden Darstellung vorausgeschickt, ist letztlich nur dann dogmatisch zu erklären, wenn das Eigentum nicht als allumfassendes Vollrecht verstanden wird, sondern als Zusammenfassung einzelner Befugnisse, die auf mehrere Personen aufgeteilt werden können.30 Das geteilte Eigentum und seine Geschichte spielten, wie noch näher zu zeigen sein wird, nicht nur bei der Durchsetzung des abstrakten Eigentumsbegriffs, sondern noch in weit größerem Maße bei der Entstehung des sog. deutschen oder germanischen Eigentumsbegriffs eine entscheidende Rolle. Bevor daher die Entwicklung der genannten Eigentumsbegriffe geschildert wird, soll – gleichsam als Einführung – ein kurzer Überblick über die Geschichte des geteilten Eigentums gegeben werden. Im Hinblick darauf und angesichts des aktuellen Forschungsstandes werden im folgenden nur die Grundlinien der Entwicklung nachgezeichnet.

I. Zum geteilten Eigentum Das geteilte Eigentum ist bis in die jüngste Vergangenheit immer wieder Gegenstand rechtshistorischer Abhandlungen,31 auch monographischen Charakters,32 gewesen. In den für die vorliegende Arbeit wesentlichen Grundzügen darf die Entstehung der Rechtsfigur des geteilten Eigentums und deren Geschichte als geklärt gelten.

1. Die Entwicklung des geteilten Eigentums durch die Glossatoren Allgemeine Einigkeit herrscht darüber, daß das Institut des geteilten Eigentums, wie es bis zum 19. Jahrhundert ohne grundlegende Änderungen Bestand hatte, auf die Glossatoren zurückgeht.33 Die Vorstellung, ein Gegenstand könne dergestalt zugleich zwei Eigentümern zugeordnet werden, daß die im Eigentum enthaltenen Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 138. Vgl. etwa nur Wiegand, a. a. O., S. 129 ff. 31 Hagemann, Eigentum, Sp. 891 ff.; Feenstra, Les origines, S. 48 ff.; Hattenhauer Vereintes und entzweites Eigentum, S. 83 ff.; Kroeschell, Grundeigentum, S. 65 ff; Mayer-Maly, Eigentumsverständnis, S. 145 ff ebenso Eigentum, S. 25 ff; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 273 ff.; Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 118 ff; jeweils m. w. N. 32 Busz, Das geteilte Eigentum und die historische Schule; Krauss, Das geteilte Eigentum im 19. und 20. Jahrhundert; Lautz, Enwicklungsgeschichte des Dominium utile; Wagner, Das geteilte Eigentum im Naturrecht und Positivismus. 33 Busz, Geteiltes Eigentum, S. 5; Lautz, Entwicklungsgeschichte, S. 20 ff.; Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 9 ff.; Hagemann, Eigentum, Sp. 892 f; Kroeschell, Grundeigentum, S. 71 f. und Eigentumsbegriff, S. 37; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 276 ff. 29 30

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

139

Befugnisse auf beide Eigentümer verteilt werden – dies wird auch als funktionelle Teilung bezeichnet34 – und ein weitgehendes Nutzungsrecht als Eigentum anzusehen ist, muß letztlich als Neuschöpfung der Glossatoren angesehen werden,35 ebenso wie die Terminologie von dominium directum und dominium utile. Wenngleich es für das geteilte Eigentum im klassischen römischen Recht kein Vorbild gab, so dürfte aber die infolge von Thibauts Abhandlung36 im 19. Jahrhundert verbreitete Einschätzung,37 daß den Glossatoren ein leicht zu vermeidender Irrtum unterlaufen sei, deren Leistung in ein allzu ungünstiges Licht rücken,38 wie im folgenden deutlich werden wird.

a) Zu Formen des geteilten Eigentums im frühen römischen Recht und dem duplex dominium des klassischen Rechts Wenngleich die Aufspaltung des Eigentums in dominium directum und dominium utile, wie sie von den Glossatoren entwickelt wurde, als deren eigenständige Leistung anzusehen ist, so existierte ein mehrfaches Eigentum an einer Sache bereits vorher. Eine direkte Verbindung zum geteilten Eigentum, wie es hier beschrieben werden soll, bestand jedoch nicht. Kaser hat39 – einer Anregung Koschakers40 folgend – darauf hingewiesen, daß die Vorstellung einer Aufspaltung des Eigentums auch in der Frühzeit des römischen Rechts bekannt war. Die Konzeption des früh-römischen Eigentums, wie sie Kaser entwirft, wird allerdings bestritten.41 Aber auch wenn es in der Frühzeit des römischen Rechts in Form bestimmter Grunddienstbarkeiten Erscheinungen gegeben haben mag, die als Teilung des Grundeigentums aufgefaßt werden müssen, so sind diese doch im klassischen römischen Recht nicht mehr nachweisbar: Dem vollen Eigentum an einer Sache wurden die Dienstbarkeiten sämtlich als Rechte an fremder Sache und darüber hinaus der rein faktische Besitz gegenübergestellt.42 Honsell / Mayer-Maly / Selb, Römisches Recht, § 58, S. 149. So schon Thibaut, Dominium, S. 87 ff.; ebenso Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 20; Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 119. 36 Thibaut, Dominium, S. 89: „Ohne zu bedenken, daß sich durch die Unterscheidung der verschiedenen Wortbedeutungen der Knoten ganz leicht lösen lasse, . . .“. 37 Bluntschli, Privatrecht, § 60, S. 172; Landsberg, Glosse, § 2, S. 97; Maurenbrecher, Lehrbuch, § 189, S. 229. 38 Vgl. Lautz, Entwicklungsgeschichte, S. 37; Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 13, mit dem Hinweis darauf, daß der Wissensstand der Glossatoren eine Beweisführung, wie sie zu Thibauts Zeiten möglich war, nicht gestattet hätte. 39 Kaser, Geteiltes Eigentum, S. 445 ff. und Römisches Privatrecht I, § 38, S. 143; ihm folgend bspw. Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 273. 40 Koschaker, ZRG (RA) 58 (1938), S. 252 ff., S. 258. 41 Diosdi, Ownership, S. 121; Watson, Law, S. 91 ff. 42 Kaser, Römisches Privatrecht I, § 97, S. 400; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 274. 34 35

140 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

Auf das geteilte Eigentum, wie es die Glossatoren entwarfen, hatte die auf Grunddienstbarkeiten bezogene frühe Form der Eigentumsteilung keine Auswirkung. Das sog. duplex dominium des klassischen römischen Rechts, wie es sich in den gaianischen Institutionen43 findet, muß ebenfalls vom späteren geteilten Eigentum abgegrenzt werden, auch wenn das duplex dominium für die Unterscheidung in dominium directum und dominium utile möglicherweise eine wichtige Rolle gespielt hat.44 Das duplex dominium verdankte seine Entstehung dem Nebeneinander von ius civile und ius honorarium: Der Erwerb von Eigentum nach dem ius civile – dem sog. quiritischen Eigentum – war von dem Vollzug eines förmlichen Übertragungsaktes, der Mancipation, abhängig, der nur zwischen römischen Bürgern möglich war. Wenn es zu einer Eigentumsübertragung ohne die Form der mancipatio, d. h. durch bloße traditio, gekommen war, so konnte der Eigentümer nach ius civile grundsätzlich die Sache zurückverlangen. Gegenüber diesem Begehren wurde dem Erwerber zunächst eine Einrede, sei es die exceptio rei venditae et traditae oder die exceptio doli, zugestanden. Dies führte zwar nicht zu einem Verlust des quiritischen Eigentums; die Position des durch die Einrede geschützten Erwerbers war jedoch erheblich stärker als die des quiritischen Eigentümers, dem außer der formalen Rechtsstellung nichts verblieb. Dies wurde später damit umschrieben, daß der Erwerber die Sache „in bonis“ habe, woraus der Terminus „bonitarisches Eigentum“ hervorging.45 Festzuhalten ist aber, daß hier keine Teilung des Eigentums nach Funktionen oder Befugnissen stattfand, zumal dem quiritischen Eigentümer keine Rechte zustanden, sondern daß es sich um ein Nebeneinander verschiedener Rechtsordnungen, gleichsam um ein „mehrschichtiges Eigentum“46 handelte.

b) Die Entwicklung des dominium utile durch die Glossatoren Frühe Anklänge an ein geteiltes Eigentum finden sich in der Schule des Glossatoren Bulgarus47: Dessen Schüler Johannes Bassianus verwendete zum ersten Mal die Bezeichnung dominium utile als Fachterminus im Zusammenhang mit der Ersitzung von Immobilien, beim Erbschaftsbesitz sowie weiteren Arten des Eigentumserwerbs.48 In der Folgezeit wurde der Anwendungsbereich dieser Bezeich-

Gaius, Institutiones, 1. 54 und 2.40. s. u. bei c). 45 Honsell / Mayer-Maly / Selb-Mayer-Maly, Römisches Recht, § 58, S. 147 f.; Kaser, Römisches Privatrecht I, § 97, S. 403. 46 Honsell / Mayer-Maly / Selb-Mayer-Maly, Römisches Recht, § 58, S. 147. 47 Lautz, Entwicklungsgeschichte, S. 31 ff.; zu dem Streit über die allerersten Ursprünge des geteilten Eigentums, s. u. S. 211 ff. 48 Lautz, Entwicklungsgeschichte, S. 38; Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 12 f.; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 277. 43 44

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

141

nung, vor allem durch Azo, ausgedehnt und der Inhalt präzisiert.49 In dieser Zeit war das dominium utile noch ein neben dem eigentlichen Eigentum, dem dominium directum, stehendes Recht, so daß beide Eigentumsformen einander ausschlossen, aber im technischen Sinne noch keine Aufteilung der aus dem Eigentum fließenden Rechte stattfand.50 Die Differenzierung zwischen dominium directum und dominium utile entsprach zu dieser Zeit noch dem oben beschriebenen Nebeneinander von quiritischem und bonitarischem Eigentum.51

c) Zur Auseinandersetzung um die Beweggründe der Glossatoren bei der Schaffung des geteilten Eigentums Auch wenn damit über die Vorläufer des geteilten Eigentums weitgehend Einigkeit besteht, so ist bis heute umstritten, aus welchem Anlaß es zur Fortentwicklung der dargestellten Ansätze zu einer allgemein akzeptierten Rechtsfigur kam, die über Jahrhunderte nahezu ohne Widerspruch blieb. Dabei handelt es sich vor allem um eine Kontroverse im Hinblick auf die dogmatische Herleitung des geteilten Eigentums; dessen Rückführung auf germanisches Gedankengut52 dürfte in jedem Fall eine Überhöhung der tatsächlichen Gegebenheiten darstellen.

aa) Widersprüche der Justinianischen Kodifikation als Ursprung des geteilten Eigentums Ein Teil der Lehre geht davon aus, daß eine Teilung des Eigentums in dominium directum und dominium utile erforderlich war, um Widersprüche in der justinianischen Kodifikation aufzulösen.53 Diese hätten sich aus dem Gegensatz zwischen der Feststellung, daß nur eine Person an einer Sache Eigentum haben könne,54 und der Beseitigung des Nebeneinanders von Eigentum nach prätorischem und Eigentum nach quiritischem Recht – dem duplex dominium oder mehrschichtigen Eigentum – durch Justinian ergeben55, bei gleichzeitigem Fortbestehen des UnterLautz, Entwicklungsgeschichte, S. 38 ff.; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 277 f. Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 13; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 277. 51 Lautz, Entwicklungsgeschichte, S. 46 f. 52 Vgl. nur v. Gierke, DPR II, § 121, S. 370 sowie ausführlich unten bei bb). 53 Landsberg, Glosse, S. 97 ff.; Lautz, Entwicklungsgeschichte, S. 15 ff.; Olzen, JuS 1984, S. 328 ff., S. 331; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 276 ff. 54 Digesten, 13, 6, 5, 15: „Et ait, duorum quidem in solidum dominium vel posessionem esse non posse“ (Ulpian). 55 Codex 7, 25, 1, Constitutio de nudo ex iure Quiritium tollendo: „. . . nullam esse differentiam patimur inter dominos, apud quos vel nudum ex iure Quiritum vel tantummodo in bonis reperitur, quia nec huiusmodi esse volumus distinctionem nec ex Quiritum nomen, quod nihil aenigmate discrepat nec umquam videtur neque in rebus apparet, sed est superfluum verbum, . . . .“ 49 50

142 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

schieds, wie er dennoch hinsichtlich bestimmter Rechtspositionen als Überbleibsel der genannten Unterscheidung zwischen zwei im späteren als „dominium“ bezeichneten Rechten existierte56: Während infolge des Rechtserwerbs durch Usukapion57 von beweglichen Sachen dem Erwerber ohne Einschränkung das dominium zugesprochen wurde, gewährte man dem Präskribenten58 einer res immobilis nur eine actio gegen Dritte und eine exceptio gegenüber dem Eigentümer.59 Da ein Rückgriff auf den Unterschied zwischen quiritischem und bonitarischem Eigentum nach der Beseitigung des ersteren durch Justinian verwehrt war, wurde der Gegensatz dahingehend erklärt, daß die Präskription dem Erwerber nicht das volle Eigentum übertrage, sondern nur ein eigentumsähnliches Recht60, neben dem das Eigentum – das später so genannte dominium directum – weiterhin bestand.61 Die qualitative Verschiedenheit der beiden an der Sache bestehenden Rechte – die Nutzung stand alleine dem Präskribenten zu, während dem eigentlichen Eigentümer die formale Rechtsstellung verblieb – sorgte dafür, daß es zu keiner Kollision mit dem Grundsatz kam, nach dem es nur einen Alleineigentümer an einer Sache geben könne62: Die oben zitierte lex ließ sich dergestalt auslegen, daß es lediglich zwei qualitativ gleiche Eigentumsrechte an einer Sache nicht geben könne. In Anlehnung an die Bezeichnung der dem Präskribenten zustehenden Klage als actio utilis nannte man dessen eigentumsähnliches Recht dominium utile,63 wodurch zugleich deutlich wurde, daß die Ableitung des dominium utile genannten Rechts aus dem Rückschluß von einer Klagemöglichkeit auf das zugrundeliegende Recht basierte.64

bb) Entwicklung des geteilten Eigentums zur Erfassung des Rechts des Lehnsnehmers Demgegenüber sieht eine andere Ansicht den Ursprung des geteilten Eigentums in dem Versuch der Glossatoren, das Recht des Vasallen nach dem langobardischen Hagemann, Eigentum, Sp. 892; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 276 ff. Die usucapio war eine Form des Eigentumserwerbs durch Qualifizierten Besitz über einen bestimmten Zeitraum – ein oder zwei Jahre – nach ius civile, Kaser, Römisches Privatrecht I, § 101, S. 419. Die Usukapion ist der Ersitzung vergleichbar. 58 Die Präskription ist eine nicht auf ius civile beruhende Einrede des Besitzers gegenüber dem vindizierenden Eigentümer, Kaser, ,vgl. vorige Fn., S. 424. 59 Landsberg, Glosse, § 2, S. 98; Lautz, Entwicklungsgeschichte, S. 30 ff.; Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 11 f. 60 Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 14; Olzen, JuS 1984, S. 328 ff., S. 332. 61 Lautz, und Wagner, jeweils vorige Fn. 62 Wagner, vgl. Fn. 60; Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 123. 63 Hagemann, Eigentum, Sp. 892; Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 13; Olzen, JuS 1984, S. 328 ff., S. 331 f. 64 Landsberg, Glosse, § 2, S. 98; Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 12 f.; Olzen, JuS 1984, S. 328 ff, S. 331 f 56 57

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

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Lehnrecht – wie es in den libri feudorum aufgezeichnet wurde – dogmatisch zu konstruieren.65 Die Notwendigkeit, das Recht des Vasallen als dem dominium ähnliches Recht aufzufassen, soll insbesondere auf zwei Stellen in den libri feudorum beruhen: Zum einen wird dem Vasallen das Recht zugestanden, wie der Eigentümer von jedem Dritten, der unberechtigt im Besitz der Sache ist, diese zurückzufordern.66 Zum anderen wird dem Vasallen die Befugnis, einen Prozeß zu führen, „utiliter“ gewährt.67 Auf diese Weise ließe sich die Entstehung des Terminus „dominium utile“ ebenfalls ableiten. Aber auch wenn dies die richtige dogmatische Erklärung für die Entstehung des geteilten Eigentums sein sollte, so ist damit nicht zugleich festgestellt, daß es sich bei dieser Rechtsfigur um das Erzeugnis eines – wie auch immer gearteten – „germanischen oder deutschen Rechtsgeistes“68 handelte, wie dies im Anschluß an Phillips69 vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von einigen Germanisten behauptet wurde.70 Denn mit dem Rekurs auf die libri feudorum wird nicht 65 Feenstra, Les origines, S. 84; ihm folgend: Coing, Europäisches Privatrecht I, § 54, III., S. 292; Schlosser, Privatrechtsgeschichte, § 1, S. 56; Vorläufer dieser Auffassung waren im 19. Jahrhundert schon Phillips, Grundsätze, § 87, S. 536 f. und ihm folgend bspw.: Bluntschli, Privatrecht, § 60, S. 173; Pagenstecher, Römische Lehre, § 3, S. 10 f. 66 Lib. II, Tit. 8 (De investitura de re aliena facta): „§ 1. Rei autem per beneficium recte investitae vasallus hanc potestatem, ut tamquam dominus possit ab omni quasi vindicare. . .“. 67 Lib. II, Tit. 43 (De controversia inter vasallum et alium de beneficio): „Si controversia inter vasallum et alium de benefifcio fuerit, adversario proprietatem totius vel partem vel servitutem vel aliud aliquid jus sibi vendicante, causa per vasallum etiam domino absente quasi propria ad finem perducatur. Ipse enim solus utiliter agendi et excepiendi habet potestatem. . .“. 68 Heusler, Gewere, S. 460. 69 Phillips, Grundsätze I, § 87, S. 536 ff.: „Da Italien seit dem fünften Jahrhunderte allmählig eine zahlreiche germanische Bevölkerung aufgenommen hatte, so konnte nicht ausbleiben daß mit den bis dahin herrschenden Rechtsansichten sich auch Germanische Ideen amalgamirten. Vor allem war es aber das seinem Ursprunge nach durchaus Germanische Lehnsinstitut, welches in Italien seit der Herrschaft der Langobarden zu einer großen Ausbildung gelangt war und eigentlich alle Lebensverhältnisse durchdrungen hatte. Es mußten aber die dem Lehnsinstitute zum Grunde liegenden Prinzipien nothwendig einen großen Einfluß gewinnen da diese durchaus auf die Theilung der Gewehre zurückführten, so mußte dieß ein den Glossatoren ganz geläufiger Begriff werden. Sie bezeichneten nun jedes der hierbei Statt findenden rechtlichen Herrschaftsverhältnisse mit dem Ausdrucke Dominium, . . . . Gab es nun eine getheilte Gewehre, so gab es also zunächst beim Lehn ein getheiltes Dominium.“ (Hervorhebung durch den Verfasser). 70 v. Gierke, DPR II, § 121, S. 370; Beseler, Lehre I, § 82, S. 44 f.; weitere Nachweise bei Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 122; einige Äußerungen legen die Vorstellung nahe, ohne die Einteilung in dominium directum und dominium utile wäre die Rezeption des römischen Rechts in Deutschland gefährdet gewesen: Beseler, a. a. O., S. 43; „Es war nun, als das römische Recht in Deutschland recipiert ward, von Wichtigkeit, wie die Juristen diese Rechtsverhältnisse (die Lehnsrechte und die bäuerlichen Leiherechte; Anmerkung des Verfassers) beurtheilen würden“; v. Gierke, a. a. O.: „Seit der Aufnahme des römischen Rechts hätte man, wenn man den römischen Eigentumsbegriff folgerichtig durchführen wollte, mit der gesamten hergebrachten Anschauungsweise brechen müssen. . . . Eine Enteignung ungeheuerlichster Art hätte sich vollzogen!“ und Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 28: „Hier stand

144 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

mehr der Anspruch verbunden, daß hier eine gleichsam fertige germanische Konzeption nur in römisch-rechtliche Begrifflichkeit gekleidet wurde, sondern vielmehr darauf verwiesen, daß solche Vorstellungen ebenso im römischen Vulgarrecht zu finden waren.71 Damit dürfte es nicht möglich sein, aus der dogmatischen Ableitung des geteilten Eigentums die Existenz eines besonderen germanischen Eigentumsbegriffs72 bzw. eines germanischen Rechtsgeistes herzuleiten.

cc) Entbehrlichkeit einer abschließenden Entscheidung der Kontroverse Eine abschließende Entscheidung der seit dem 19. Jahrhundert bestehenden Kontroverse kann an dieser Stelle – schon aufgrund der Tatsache, daß hier nur eine einführende Darstellung gegeben werden soll – nicht erfolgen.73 Folgendes ist aber die ganze überkommene, auf Grund und Boden aufgebaute soziale Ordnung auf dem Spiel. . . . Der Versuch, das hofrechtliche Eigentum zu einem Recht an fremder Sache zu erklären, würde eine soziale Revolution hervorgerufen haben.“ sowie Pagenstecher, Lehre, S. 11: „So fanden die Glossatoren das Unfindbare und sicherten so die Rezeption des römischen Rechts (Hervorhebung durch den Verfasser) gegen die Gefahr, an den germanischen Institutionen zu scheitern.“. Gegen eine solche Überschätzung der für den Laien ohnehin fremden, juristischen Begrifflichkeit: Schwab, Eigentum, S. 70, Fn. 26. 71 Feenstra, Les Origines, S. 56 ff., mit Hinweis auf Levy, Western Roman Vulgar Law, S. 68, wobei Feenstra aber Levys These, daß die Vorstellung der Eigentumsteilung ausschließlich auf das Vulgarrecht zurückgeht, kritisiert. 72 Dazu ausführlich unten im 3. Teil. 73 Zumal die Schaffung des geteilten Eigentums teilweise gar nicht im oben dargestellten Gegensatz begriffen wird: So spricht bspw. Heusler, Institutionen II, § 86, S. 48, von der Schultheorie der Romanisten und Feudisten als Ursprung des geteilten Eigentums; ähnlich Mayer-Maly, Eigentum, S. 32, wonach die Glossatoren von bestimmten Nutzungsrechten ausgingen und so ein Instrument zur Bewältigung der Feudalordnung schufen; ebenso Floßmann, Eigentumsbegriff, S. 34. Eine besondere Position nimmt Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 10 ff. ein: Während er seine Darstellung der Entstehung des geteilten Eigentums eng an die Ausführungen von Lautz – und damit an dessen oben beschriebene These, wonach Widersprüche in der justinianischen Kodifikation zu einem geteilten Eigentum führten – anlehnt, sieht er die Motivation der Glossatoren zur Auflösung dieser Widersprüche in deren Herkunft aus einem germanischem Rechtsdenken: „. . . und daß sie (die Glossatoren, Ergänzung durch den Verfasser) daher überall dort ansetzten, wo sich dem ihnen eigenen Rechtsdenken ein Anhaltspunkt bot, dem germanischen gliedernden Denken, das die Gegensätze zu einem neuen Ganzen zu verbinden trachtet und in der Vielfältigkeit der Erscheinungen der Einheit immer neuen Ausdruck gibt. . . . Denn diese Gliederung eines Rechts nach dem Gut, an dem es in Erscheinung tritt, ist den Anschauungen ganz eigen, in denen die Vorfahren der Glossatoren gelebt hatten: dem germanischen Recht.“ So meint Wagner auch an anderer Stelle, vgl. Geteiltes Eigentum, S. 66 f., daß „das gewaltige Ringen zwischen zwei Welten“, nämlich zwischen dem germanischen und dem römischen Rechtsdenken, bei der Bewältigung der mittelalterlichen Feudalstruktur und damit auch in der Form des geteilten Eigentums hervortrete. Angesichts dessen dürfte aber zu vermuten sein, daß sich Wagner im Hinblick auf die Annahme eines besonderen germanischen Rechtsdenkens der kämpferischen Germanistik der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verpflichtet fühlte, die mit O. v. Gierke ihren Abschluß fand, vgl. unten im 3. Teil.

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

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im Hinblick auf die weitere Darstellung zu betonen: Unabhängig davon, welche Motive die entscheidende Rolle bei der Konzeption des geteilten Eigentums gespielt haben, handelt es sich bei dieser Rechtsfigur nicht um eine Anpassung römischer Begrifflichkeit an eine zu dieser Zeit bereits vollendete germanische Vorstellung bzw. einen feststehenden Eigentumsbegriff. Dieses Ergebnis verdient im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte des deutschen Eigentumsbegriffs und die Rolle, welche das geteilte Eigentum in diesem Zusammenhang spielte,74 festgehalten zu werden, zumal v. Gierke die Teilbarkeit als Charakteristikum des deutschen Eigentums ansah.75

2. Die Weiterentwicklung der Lehre vom geteilten Eigentum und deren Vollendung durch Bartolus und Baldus Im weiteren Verlauf der rechtsdogmatischen Entwicklung des geteilten Eigentums wurde die Bezeichnung dominium utile ebenfalls für die Rechte des Emphyteuta76 und des Superficiars77, das Beneficium des Vasallen und schließlich für das Recht des Prekaristen78 verwendet.79 Diese Ausdehnung der neugeschaffenen Begrifflichkeit beruhte letztlich auf der Tatsache, daß nach römischem Recht den Inhabern sehr weitgehender Rechte an fremden Grundstücken eine der Herausgabeklage des Eigentümers analoge Klage, die vindicatio utilis, gewährt wurde.80 Es entsprach der Methodik der Glossatoren, von einer Klage auf ein zugrundeliegendes Recht zu schließen81: Die Beziehung von Recht und korrespondierender Klage als Kausalverhältnis wurde dergestalt aufgefaßt, daß die Rechtsposition die Existenz der Klage bedinge.82 Die Existenz einer actio utilis setzte daher nach der Dazu unten im 3. Teil. O. v. Gierke, DPR II, § 121, S. 368 f. 76 Bei der Emphyteuse handelte es sich um eine Form der Erbpacht von Land, welches nach heutigen Maßstäben im Eigentum der öffentlichen Hand stand, Honsell / Mayer-Maly / Selb-Mayer-Maly, Römisches Recht, § 76, S. 192 f.; die Ausdehnung des dominium utile auf die Emphyteuse lag besonders nahe, da diese auch in der Justinianischen Kodifikation als dominium bezeichnet wurde: Codex 11, 62, 12: „. . . licentia eis concedanda etiam libertates mancipiis ex fundis patrimonialibus atque emphyteuticariis, cum fundorum sunt domini, praestare“; weitere Nachweise bei Lautz, Entwicklungsgeschichte, S. 50, Fn. 4. 77 Die Superficies gewährte das vererbliche Recht, auf fremdem Grund und Boden ein Gebäude zu errichten und zu unterhalten, Mayer-Maly, vgl. vorige Fn., § 77, S. 194. 78 Die Precaria war eine im frühen Mittelalter entwickelte Form der Bodenleihe, die auf Bitten des Beliehenen gewährt wurde und zunächst vor allem auf Land, das der Kirche gehörte, Anwendung fand, Ogris, Precaria, Sp. 1885 f. 79 Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 15 ff.; Hagemann, Eigentum, Sp. 892. 80 Landsberg, Glosse, S. 98, Lautz, Entwicklungsgeschichte, S. 65 f.; auch Feenstra, Les origines, S. 84 f. bestreitet nicht, daß die Wortwahl dominium utile von der actio utilis herrührt. 81 Landsberg, Glosse, S. 83; Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 13; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 277; Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 123. 74 75

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Vorstellung der Glossatoren notwendig ein dominium utile voraus. Ebenso wurde die Bezeichnung dominium directum der dem Eigentümer zustehenden actio directa, der eigentlichen Herausgabeklage, entnommen.83 Als Urheber dieser Ausdehnung des Begriffs des dominium utile wird Azo angesehen, der ihn zuerst auf die Emphyteuse und die Superficies anwandte, zumal diese Rechte nicht nur durch eine vindicatio utilis geschützt waren, sondern darüber hinaus beispielsweise durch Vererblichkeit sowie eine – allerdings eingeschränkte – Veräußerungsbefugnis dem „echten“ Eigentum stark angenähert waren.84 Nach dieser begrifflichen Ausdehnung gab es nunmehr zwei Arten des dominium utile. Zum einen stand dem dominium utile zwar das dominium directum gegenüber, dessen Inhaber besaß allerdings keine Rechte an der betroffenen Sache: Es handelte sich um das schon früher beschriebene mehrschichtige Eigentum. Von einer Teilung des Eigentums konnte insoweit nicht die Rede sein, da die aus dem Eigentum fließenden Befugnisse nur dem Inhaber des dominium utile zustanden.85 Soweit die Termini dominium directum und dominium utile auf das Lehnsverhältnis und die weiteren oben genannten Rechte an fremdem Grund und Boden angewendet wurden, fand eine wirkliche Teilung des Eigentums statt, da beide domini ein Recht an der Sache hatten, aus dem Befugnisse abzuleiten waren; ein faktischer Ausschluß eines der Berechtigten lag nicht vor: Während der dominus directus die Sache noch zu eigen hatte, kam dem dominus utilis die Nutzung zu.86 Damit stand aber gleichzeitig fest, daß das Eigentum nicht als einheitliches Vollrecht – dies drückt der Begriff Totalität bis heute aus87 – betrachtet wurde, sondern als bloße Zusammenfassung verschiedener Befugnisse.88 Ohne diese Vorstellung wäre es nicht möglich gewesen, das Eigentum in verschiedene Rechte aufzuspalten und ein zweifaches Eigentum an einer Sache zuzulassen. Ein einheitliches Volleigentum duldet lediglich Rechte an einer fremden Sache neben sich, nicht jedoch ein weiteres Eigentum. Diese beiden Arten des dominium utile werden auf die geschilderte Weise zuerst von Bartolus ausdrücklich unterschieden.89 Der berühmteste Schüler des Bartolus, Coing, Subjektives Recht, S. 14. Hagemann, Eigentum, Sp. 892. 84 Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 277 f. 85 s. o. bei a). 86 Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 278. 87 s. o. im 1. Teil. 88 Als einheitlich war nach dieser Vorstellung nur das dominium directum anzusehen, welches trotz der unterschiedlichen Formen des dominium utile letztlich immer dasselbe blieb, Olzen, JuS 1984, S. 328 ff, S. 332. 89 Bartolus, Commentaria Tomus III, S. 90, n. 5 f. zu in lex 17 D. De acquirenda vel amittenda possessione 41, 2 differenziert folgendermaßen: „Quaero quod dominium utile sit unicum vel plura? Respondeo: Plura. Unum, quod opponitur et contradicit vero dominio, et est illud utile quod quaeritur ex praescriptione . . . Aliud, quod verum dominium recognoscit – 82 83

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

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Baldus, übernahm diese Unterscheidung, fügte ihr aber ein wichtiges Element hinzu: Das dominium directum bezeichnete er als dominium superius, das dominium utile als dominium inferius.90 Damit war zum ersten Mal die später geläufige Bezeichnung der beiden Eigentümerrechte als Ober- und Untereigentum eingeführt,91 wenngleich sich in den von Baldus gewählten Bezeichnungen nicht das abgestufte Herrschaftsverhältnis, wie es beispielsweise im Lehnsrecht existierte, widerspiegelte: Vielmehr sollte auf diese Weise zum Ausdruck gebracht werden, daß das dominium directum allen Völkern gleichermaßen geläufig ist, während das dominium utile auf der Satzung des Prätors beruhte.92 Damit war die Entwicklung des geteilten Eigentums zunächst abgeschlossen.93

3. Zur Übertragung der Lehre vom geteilten Eigentum nach Deutschland Im Zuge der Rezeption des römischen Rechts in Deutschland – teilweise tauchen die Begriffe dominium directum und dominium utile schon vorher in Urkunden im deutschen Sprachraum auf94 – hat diese Lehre dann auch ins deutsche Recht Eingang gefunden95 und ist auf verschiedene weitgehende Nutzungsrechte angewandt worden96: Ein dominium utile wurde dem Lehnsnehmer, dem Inhaber einer kirchlichen Prekarie, dem Erbpächter (Emphyteuta), dem Erbbauberechtigten (Superficiar) und zum Teil dem Inhaber weniger weitgehender Leiherechte (bspw. bäuerlicher Leiherechte oder der städtischen Erbleihe97) zugesprochen. Auch wenn illud competit emphyteutae, superficiario et similibus.“; vgl. hierzu ausführlich: Coing, ZRG (GA) 70 (1953), S. 348 ff., S. 362 ff. 90 Vgl. Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 18 91 Kroeschell, Grundeigentum, S. 72. 92 Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 18 f.; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 278. 93 Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 20; Kroeschell, Grundeigentum, S. 72. 94 Bspw. das dominium utile in der Urkunde über eine Grundstücksübertragung aus dem Jahre 1361, abgedruckt bei Beyerle, Grundeigentumsverhältnisse II, Urkunde Nr. 288, S. 379 und das dominium directum in einer Urkunde aus dem Jahre 1301, ebenfalls abgedruckt bei Beyerle, Urkunde Nr. 118a, S. 149; zahlreiche weitere Nachweise von Urkunden bei Kraut, DPR, § 74, Nr. 9 ff., Stobbe / Lehmann, Handbuch II 1, § 96, S. 291, Fn. 3 und Willoweit, Dominium, S. 136, Fn. 22; ob auch die juristische Dimension dieser Begriffe den Erstellern der Urkunden bewußt war, ist zumindest zweifelhaft: Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 28, geht davon aus, daß es sich um bloße Übersetzungen handelt, denen nicht die römisch-rechtliche Vorstellung zugrundelag; ebenso Willoweit, S. 137. 95 Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 27 ff.; Olzen, JuS 1984, S. 328 ff., S. 333; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 278 f. 96 Floßmann, Eigentumsbegriff, S. 34; Hecker, Eigentum, S. 33; Hagemann, Eigentum, Sp. 892; Schwab, Eigentum, S. 70. 97 Allerdings verschwand das geteilte Eigentum in den Städten sehr rasch, so daß von der städtischen Bodenleihe zu Beginn des 16. Jahrhunderts nur Zins- bzw. Rentenverpflichtungen übrig geblieben waren, vgl. Arnold, Geschichte, S. 258 ff, insbes. S. 296; Busz, Historische 10*

148 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

es sich bei den nunmehr dem geteilten Eigentum zugerechneten Instituten zum Teil um Rechtsfiguren handelte, die im römischen Recht kein Pendant hatten, so war doch aufgrund der bei den Postglossatoren gefestigten Anwendung von dominium directum und dominium utile auf weitgehende Rechte an einer fremden Sache eine Übertragung beispielsweise auf das Lehnswesen und die bäuerlichen Leiherechte gleichsam vorgezeichnet.98 Die Lehre vom geteilten Eigentum wurde in der Form, die sie durch die Postglossatoren erhalten hatte, zunächst von der Rechtswissenschaft auf die Bodenrechtsverhältnisse im deutschen Sprachraum übertragen.99 Ab dem 16. Jahrhundert war das geteilte Eigentum auch Gegenstand der sowohl der Reichsgesetzgebung100 als auch der Territorial-Gesetzgebung. 101 Allerdings ging mit der gesetzlichen Verankerung der Lehre vom geteilten Eigentum auch eine Verengung des Anwendungsbereichs einher: Als dominium utile wurden nur das Lehn und die Erbpacht angesehen, alle anderen Leiherechte wurden den Bestimmungen über die Zeitpacht zugeordnet und damit als Recht an fremder Sache qualifiziert.102 Schule, S. 20 f. Dies dürfte eine Folge der zunehmenden Zahl von Grundstücksverfügungen gewesen sein, vgl. Floßmann, Eigentumsbegriff, S. 36 f.; Hattenhauer, Entdeckung, S. 140 f, sieht die Grundstücksverfügung sogar als den entscheidenden Anstoß zur allgemeinen Entwicklung des freien Eigentums an. 98 Floßmann, Eigentumsbegriff, S. 34; Hattenhauer, Grundbegriffe, § 7, II., S. 118; Kroeschell, Grundeigentum, S. 72; Schwab, Eigentum, S. 70; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 279. 99 Vgl. bspw Zasius, Opera, Tomus III, Kommentar zu De acquirenda vel amittenda possessione, § Differentia, n. 18 f.: „Utile dominium est, quod est minus principale, & quodsubalternatur vel subjicitur, vel falte praesupponit directum . . . das minder eygenthumb / sicut sunt vasalli, illi habent utile, sed est apud cocedentem“; ähnlich Wesenbeck, In Pandectas, Lib. XLI, Tit. I; n. 4 zu De acquirendo rerum dominio; weitere zahlreiche Nachweise bei Lautz, Entwicklungsgeschichte, S. 91 ff und bei Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 119 ff. 100 Vgl. die Kammergerichtsordnung von 1521, Kap. XXXII, § 2: „Und ob sich je zu Zeiten begebe, daß einer hohes niedriges Stands den andern entsetzt, und des mit Recht überwunden wäre, in Sachen, die den Friedbruch mit belangen, soll der Entsetzer dadurch directum dominium, das Eigenthum, oder Haupt-Gerechtigkeit der Güter oder Gerechtigkeit der Güter, um die die der Streit gewesen, verlohren haben“ (Hervorhebung durch den Verfasser). Selbst wenn man bezweifeln mag, ob sich die Kammergerichtsordnung in der zitierten Passage die gesamte Theorie des geteilten Eigentums zu eigen machte, so Lautz, Entwicklungsgeschichte, S. 94 und Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 33, Fn. 18, so wird dennoch deutlich, daß die Begrifflichkeit zu dieser Zeit schon geläufig war. 101 Vgl. bspw. die Kursächsischen Konstitutionen von 1572, I. Teil, XXXIX, S. 282: „. . . so wird allein die erbliche Nutzbarkeit des Guts utile dominium, in dem Erbzinsmann, emphyteutam, gewant, und behelt dorauf den Grundeigentum der Lehnherr, directum dominium, aber solches beides, nemlich directum et utile dominium, hat ein itzlicher schlechter Zinsmann in allen solchen seinen Gütern“; weitere Nachweise bei Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 33 f.; allerdings ist im Hinblick auf diese Gesetzgebung ebenfalls zweifelhaft, ob dadurch wirklich die Theorie vom geteilten Eigentum, wie sie in der Rechtswissenschaft verbreitet war, oder nicht nur die Termini übernommen wurden, Stobbe / Lehmann, Handbuch, § 96, S. 292; Duncker, Dominium, S. 210 f. 102 Wagner, vgl. Fn. 100, Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 279.

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

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Mit der Übernahme der Rechtsfigur des geteilten Eigentums geriet allerdings der Ursprung dieses Instituts zunehmend in Vergessenheit. Dies zeigt schon die Verwendung der deutschen Begrifflichkeit Nutz- oder Mindereigentum: Insbesondere der Terminus Nutzeigentum macht deutlich, daß das dominium utile nicht mehr auf die dem Eigentum analoge Herausgabeklage zurückgeführt wurde, sondern daß aufgrund einer mißverständlichen Eindeutschung – utile wird danach auf utilitas bezogen103 – das Nutzungsrecht des dominus utilis im Vordergrund stand.104 Wie verbreitet die Bezeichnung Nutzeigentum und die damit verbundene Ableitung des dominium utile waren zeigt die folgende Äußerung von Zasius, der diesen Sprachgebrauch kritisierte: „Hoc loco movisse debebis, quod utile hic no intellegitur, quasi ferens utilitate: sed ideo dicit utile, quia est minus perfectu . . . Unde practici, qui utile dominium nominant das nutzbare eygenthumb no videntur bene sentire. Ita est actio dicitur utilis, quae non venit ex lege directo, sed datur quodam aequitate.“ 105 Bisweilen wurde demgegenüber die Herleitung der Bezeichnungen dominium directum und dominium utile aus dem System der actiones sogar ausdrücklich bestritten.106 Dies waren erste Anzeichen für die Entwicklung einer Konzeption des geteilten Eigentums, die nicht mehr zur Gänze mit der ursprünglich rezipierten Theorie der Postglossatoren übereinstimmte.

4. Zur Fortentwicklung der Lehre vom geteilten Eigentum und der Aufnahme in die großen territorialen Kodifikationen Die Änderungen im Sprachgebrauch deuteten aber lediglich darauf hin, daß die fortwährende Verwendung der Rechtsfigur des geteilten Eigentums in der Praxis die ursprüngliche Theorie zurücktreten ließ, ohne diese wirklich zu verändern. Erst im Rahmen des usus modernus kam es zu einer wesentlichen Abweichung von der Lehre der Postglossatoren. Zum ersten (und gleichzeitig letzten) Mal erfolgte eine Weiterentwicklung der Konzeption des geteilten Eigentums, die nicht durch die römisch-rechtlichen Quellen vorgezeichnet oder wenigstens angedeutet worden war. 103 Vgl. bspw. Wesenbeck, In Pandectas, Lib. XVI, Tit. I, zu De acquirendo rerum dominio: „. . . cui vero utilitates rei obveniunt, non omnino jure proprio sed quod aliunde dependeat, huius utile dominium esse dicimus“; diese Herleitung bleibt bis zu Höpfner, Commentar, § 291, S. 260 erhalten; weitere Nachweise bei Thibaut, Dominium, S. 83, der sich dann wieder gegen die mißverständliche Begrifflichkeit wendet. Feenstra, Les origines, S. 85 hält es für möglich, daß der Terminus utile schon früher auch im Hinblick auf utilitas verwendet wurde. 104 Dies galt umso mehr als das dominium utile des Präskribenten völlig verschwand, Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 124; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 279. 105 Zasius, Opera, Tomus III, n. 18 f. zu De acquirendo vel amittenda possessione; der Verweis auf die practicis zeigt, daß das dominium utile weithin verwendet wurde. 106 Ein, wenngleich späteres, Beispiel bei Gundling, Gundlingiana XI, S. 158: „Ein halbgelehrter kan sehen / daß utile dominium und directum nicht ab utilibus und directis actionibus möge hergeführt werden . . . .“ Nach Gundling, S. 159 ist „directum“ eine latinisierte Form des deutschen Worts „Recht“.

150 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

a) Die Konzeption Struves Die entscheidende Änderung in der Dogmatik des geteilten Eigentums geht auf Georg Adam Struve zurück. Während Baldus noch allein dem dominus directus die proprietas107 zugesprochen hatte,108 soll nach Struve auch der dominus utilis einen Anteil an der proprietas erhalten: „Cum vero arbitrium ac potestas de re sua disponendi vel sit omnino libera vel restricta ideo ab interpp. dominium distinguitur in plenu & minus plenum. Plenum dicitur, ubi liberum est disponendi arbitrium: Minus plenum, quando adest ipsi proprietati restrictio, & quidem qui retinet proprietatem ita restrictam & superiorem in re potestatem, dicitur habere dominium directum ut (1) dominus emphyteusos, (2) dominus superficiei, (3) dominus Feudi. Qui vero cum jure utendi fruendi concesso participat de proprietate, diciuntur habere ipsius rei, sibi ita concessae dominium utile . . .“.109

Diese Verschränkung der Befugnisse von Ober- und Untereigentümer110 stellt gegenüber der Lehre der Postglossatoren, wie sie bis zu Struve im wesentlichen tradiert worden war, sicherlich eine Neuerung dar.111 Nehmen sowohl der Oberals auch der Untereigentümer an der Proprietät teil, so steht die Verfügung über das betreffende Grundstück auch nur beiden gemeinsam zu. Die damit verbundene Immobilisierung des Bodens sollte einen der wichtigsten Gründe für die spätere Ablösung des geteilten Eigentums darstellen. Die Neukonzeption der Aufspaltung des Eigentums durch Struve dürfte noch in einer weiteren Hinsicht Auswirkungen gehabt haben: Berücksichtigt man allein die dogmatische Konstruktion des geteilten Eigentums und läßt die besonderen Vorrechte des Grundherrn, die mit dessen Obereigentum verbunden waren, außer Betracht, so ergibt sich ein Übergewicht zugunsten des Untereigentümers. Ihm steht nicht nur die alleinige Nutzung des Bodens, sondern überdies ein Anteil an der Proprietät zu, während dem Obereigentümer nur der verbleibende Anteil an der Proprietät zukommt. Sind die grundherrlichen Vorrechte einmal aufgehoben, 107 Proprietas bezeichnete nach dem Sprachgebrauch, wie er durch die Glosse festgelegt war, im Gegensatz zum dominium plenum, das reine Zu-Eigen-Haben des Eigentümers, der den ususfructus übertragen hatte, Willoweit, Historisches Jahrbuch 94 (1974) S. 131 ff., S. 142 f. 108 Vgl. Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 18. 109 Struve, Jurisprudentia, Lib. II, Tit. XII, II., S. 189. 110 Vgl. hierzu Klemm, Eigentum, S. 85 ff., der die Ausnahmestellung Struves bei der Entwicklung dieser Lehre im usus modernus betont; außerdem Hecker, Eigentum, § 9, S. 84 ff.; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 279 und Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 124 f. 111 Ob die Lehre vom geteilten Eigentum damit eine von ihren römisch-rechtlichen Ursprüngen unabhängige Existenz gewonnen hatte, so v. Gierke, DPR II, § 121, S. 371 und ihm folgend Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 37, Klemm, vgl. vorige Fn., sowie Hagemann, Eigentum, Sp. 893 mag zumindest bezweifelt werden, da der Grundgedanke dieser Lehre – die Aufspaltung der dem vollen Eigentum zugehörigen Befugnisse und deren Verteilung auf zwei nebeneinanderstehende Eigentümer – unverändert blieb.

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

151

wie dies später bei der sog. Bauernbefreiung geschah,112 so wäre es nur konsequent, demjenigen das Eigentum zuzusprechen, dessen Rechtsstellung bereits den größeren Teil der zum Eigentum gehörenden Befugnisse erfaßt. Im Vorgriff auf die spätere Darstellung sei hier angemerkt, daß die beschriebene Folge der Neukonzeption Struves, die erhebliche Erweiterung der Rechtsstellung des Untereigentümers und das damit verbundene Zurückdrängen des Obereigentums, der Rechtslehre des ausgehenden 18. Jahrhunderts bewußt war. Dies zeigt das folgende Zitat: „Ich sage, A (der Obereigentümer) hat nichts als Theil an der Proprietät, B (der Untereigentümer, Anmerkungen durch den Verfasser) hat Theil an der Proprietät, und den Nießbrauch hat er allein; d. i. ohne die Einwilligung des A kann nicht über die Substanz der Sache disponirt werden; am Nutzen der Sache nimmt er aber keinen Theil; ohne des B Einwilligung kann ebenfalls über die Substanz der Sache keine Disposition vorgenommen werden, und er hat zugleich das Recht, die Sache zu besitzen, zu gebrauchen, zu benutzen.“113

Hier kommt deutlich zum Ausdruck, daß die Rechtsposition des Untereigentümers eigentlich die stärkere ist.

b) Das geteilte Eigentum im Naturrecht Das naturrechtliche Schrifttum orientierte sich im wesentlichen an der Konzeption des geteilten Eigentums, wie sie der usus modernus geformt hatte.114 Es wurde weiterhin zwischen dem vollen Eigentum bzw. dominium plenum unterschieden, welches dem Eigentümer sowohl die Proprietät als auch den Fruchtgenuß gewährte, und dem dominium minus plenum, bei dem diese Rechte auf Ober- und Untereigentümer verteilt waren. Insbesondere blieb auch die Beteiligung des Unter- oder Nutzeigentümers an der Proprietät erhalten.115 Wenn mit der Verankerung des geteilten Eigentums im Naturrecht die Feststellung verbunden wird, dadurch sei zugleich die Ablösung von den römisch-rechtlichen Quellen vollendet worden,116 so ist dem zu widersprechen. Zweifelhaft ist s. u. bei II. 2. Höpfner, Commentar, § 290, S. 259. 114 Kroeschell, Grundeigentum, S. 72 und Lehre, S. 38; Olzen, JuS 1984, S. 328 ff., S. 333. 115 Zitiert seien insoweit nur die wichtigsten deutschen naturrechtlichen Schriftsteller: Pufendorf, De Iurae naturae, Lib. IV, Cap. IV, § 2, S. 263; Thomasius, Institutiones, Lib. II, Cap. X, § 169, S. 204 und Wolff, Institutiones, Pars II, Cap. XVI, §§ 724 ff. und besonders ausführlich Jus naturae, Pars VI, Cap. I, „De Dominio utili & ejus Speciebus quibusdam“ mit 153 Paragraphen; ähnlich Heineccius, Grundlagen, Buch I, §§ 280 f., S. 209 f., der allerdings das Untereigentum als Ergebnis einer Übereignung ansah und die Terminologie von Oberund Untereigentum nur deshalb gelten lassen will, weil sie in der Praxis weit verbreitet war. In seinen Anfangsgründen des bürgerlichen Rechts nach der Ordnung der Institutionen bezeichnet Heineccius das Nutzeigentum als „ein dem Eigenthum am nächsten kommendes Recht“ oder „Scheineigenthum“, § 338. 116 Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 42. 112 113

152 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

eine Abtrennung von der römisch-rechtlichen Herkunft schon allein aufgrund der engen Beziehung des naturrechtlichen Gedankenguts zum römischen Recht.117 Dies galt in besonderem Maße für das Naturrechtssystem Wolffs.118 Daß diese Anknüpfung auch und gerade auf dem Gebiet der Eigentumsdoktrin stattfand, zeigt die folgende Parallele: Baldus hatte die Bezeichnung das dominium directum als superius bezeichnet, da es die proprietas beinhaltete und als ein Institut des allen Völkern gemeinsamen Rechts angesehen wurde.119 Damit stimmen die Erörterungen Wolffs überein, wonach derjenige, der die Proprietas innehabe, als eigentlicher Eigentümer anzusehen sei.120 Demgegenüber ist das dominium utile nur ein vom vollen Eigentum abgeleitetes Recht, das im übrigen von demjenigen, der es gewährt, mit jeder gewünschten Bedingung versehen werden kann und der Anerkennung durch ein Gesetz bedarf. In ähnlicher Weise spricht Pufendorf vom dominium verum.121 Dies beweist, daß die Entfernung von den römisch-rechtlichen Quellen der Sache nach nicht so groß sein konnte. Die dargestellte Parallele wird bisweilen lediglich dahingehend verstanden, daß sich bei Baldus schon der Gedanke einer doppelten Rechtsordnung, der natürlichen und der durch menschliche Satzung statuierten, angedeutet habe und dieser durch die naturrechtliche Lehre vollendet worden sei.122 Dies greift jedoch zu kurz. Vielmehr zeigt gerade das Zitat von Wolff, daß das volle Eigentum nicht nur der natürlichen Ordnung angehört, sondern eine besonders herausgehobene Stellung auch im Privatrecht genießt: Der Inhaber des vollen Eigentums hat es in der Hand, die Rechtsstellung des Untereigentümers zu definieren. Darin lebt die Vorstellung weiter, daß es ein wahres Eigentum gibt, dem der logische Vorrang vor dem aufgeteilten und unvollständigen zukommt.123 Dies beinhaltet aber zugleich die Möglichkeit, das wahre Eigentum als einziges Eigentum anzusehen und das abgeleitete, welches ohnehin nur in den Grenzen eines Vertrags bestand, demgegenüber 117 Koschaker, Europa, S. 269 und S. 275, speziell für das Eigentum schon Gesterding, Darstellung, S. 7. 118 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, § 18, S. 319, spricht davon, daß Wolff gemeines Recht systematisiert und als Naturrecht deklariert habe. 119 Vgl. Wagner, geteiltes Eigentum, S. 18 f. 120 Wolff, Institutiones, Pars II, Cap. I, § 198, S. 73: „Qui proprietatem habet, Proprietarius audit; cumque res ipsius maneat propria, etiamsi usum, vel fructum habeat alius; . . .“ und a. a. O., Cap. XVI, § 724, S. 286: „Ceterum quoniam dominium originarium plenum est (§ 195. § 198) dominium utile, vel directum originarie acquiri nequit nisi pactione ab eo, qui plenum habet & concedens legem adjicere potest quam voluerit. In concessione dominii utilis duo in primis spectanda sunt, nimirum lex, seu conditio, sub qua id conceditur, & lex, sub qua proprietas restringitur“. 121 Pufendorf, De Iurae naturae, Lib. IV, Cap. IV, § 2, S. 263. 122 Floßmann, Eigentumsbegriff, S. 34, Fn. 67. 123 Zutreffend spricht Olzen, JuS 1984, S. 328 ff., S. 334 im Hinblick auf Wolff von der „Unsicherheit in der dogmatischen Beurteilung des geteilten Eigentums“. Diese ist gerade Resultat des Zwiespalts zwischen dem wahren Eigentum und dem dominium minus plenum.

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

153

zurückzustufen. Zu Recht wird darin bereits eine Relativierung der Anerkennung des dominium utile gesehen.124 Wenn Wiegand125 es in diesem Zusammenhang als verwunderlich ansieht, daß aus der im Naturrecht betonten Ausschließlichkeit des Eigentums nicht die Unmöglichkeit der Aufteilung in der Form des geteilten Eigentums gefolgert wurde, zu trifft dies zumindest für das Naturrecht Wolffscher Lesart126 nicht zu: Wolff begründete gerade das Erfordernis eines Vertrages bei der ursprünglichen Einräumung des dominium utile durch den Inhaber des dominium plenum mit der Ausschließlichkeit des Eigentums. Dies zeigte sich deutlich, wenn Wolff bei der Erörterung der Entstehung des dominium utile auf die Ausschließlichkeit des Eigentums verwies127: Konnte der Eigentümer sein Eigentum wegen dessen Ausschließlichkeit nicht ohne eigenen Willen verlieren, so durfte auch die Aufspaltung des Eigentums – und der damit verbundene Verlust der umfassenden Ausschließlichkeit – nur mit Zustimmung des Eigentümers, also im Wege eines Vertrages, geschehen.128 Ausschließlichkeit bedeutete danach nur, daß der Wille des Volleigentümers für das Schicksal der Sache entscheidend war; der Eigentümer vermochte jedoch auch kraft seines Willens die Ausschließlichkeit einzuschränken und ein Untereigentum einräumen.129 Mit dieser Ableitung des dominium utile wurde aber nicht dessen fortdauernde Lebenskraft unter Beweis gestellt, sondern vielmehr angedeutet, daß das geteilte Eigentum auf der Basis von naturrechtlichen Überlegungen in Frage gestellt werden konnte: Wenn es ein ursprüngliches, „wahres“ Eigentum gab, so lag es nahe, nur noch dieses anzuerkennen und ein eingeschränktes Eigentum abzulehnen, wie dies später bei Thibaut der Fall war.130 124 Mayer-Maly, Eigentumsverständnis, S. 154 gegen Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 129; Wiegand stützt sich allein auf den Umstand, daß auch das geteilte Eigentum seinen festen Platz in der naturrechtlichen Eigentumsdoktrin hatte, übersieht aber, daß die besondere Betonung auf dem vollen Eigentum als wahrem Eigentum liegt und der Umfang der Einräumung des Untereigentümers allein im Belieben des Obereigentümers steht. 125 Wiegand, vgl. vorige Fn. 126 Dieses gilt als das umfassendste System und als Abschluß der Naturrechtslehre in Deutschland, vgl. Hagen, Wolff, S. 446. 127 Die in Fn. 120 zitierte Passage verweist auf Wolff, Institutiones, Pars II, Cap. I, § 195, S. 71 f. Die entscheidende Stelle des § 195 lautet: „Atque hoc jus proprium de re pro pro arbitrio suo disponendi prouti scilicet sibi visum fuerit, Dominium appellatur; is vero, qui dominium in re habet, Dominus. Unde patet dominium omni jure, quod vi dominii in re ipsi competit, ceteros omnes excludere nec absque ejus voluntate dominium in alium abire posse . . .“. 128 So ausdrücklich Wolff, Institutiones, Pars II, Cap. XVI, § 724. 129 Diese Konsequenz zog ausdrücklich der Wolff-Schüler Martini in seiner Darstellung des Naturrrechts: Die willkürliche Herrschaft des Eigentümers über das Schicksal seiner Sache enthält danach auch die Möglichkeit, einen Teil des Eigentums zu übertragen, vgl. Martini, Lehrbegriff, § 436, S. 167. Daß in der naturrechtlichen Lehre eine besondere Betonung auf der Willensherrschaft des Eigentümers liegt, sieht insoweit auch Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 130, ohne dies allerdings auf die Ausschließlichkeit des Eigentums zu beziehen. 130 s. u. bei II.

154 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

c) Das geteilte Eigentum in den großen territorialen Kodifikationen Das geteilte Eigentum fand schließlich in der Form, wie sie ihm usus modernus und naturrechtliche Doktrin gegeben hatten, Eingang in die großen territorialen Kodifikationen.131

aa) Der Codex Maximilianeus Bavaricus civilis von 1756 Nur rudimentär war die Regelung im Codex Maxmilianeus von 1756.132 Daß diese Ausdruck der oben dargestellten Theorie vom geteilten Eigentum war, erhellt erst aus den Anmerkungen des Freiherrn von Kreittmayr:133 Zweifeln an der besonderen Stellung des dominium utile gegenüber dem als Recht an fremder Sache anerkannten ususfructus begegnete Kreittmayr mit dem Hinweis, daß der dominus utilis – insbesondere im Gegensatz zum usufructuar – an der Proprietät teilhabe.134 Hier zeigt sich die nahezu allgemeine Anerkennung der Konstruktion Struves und deren Einfluß auf die Dogmatik des geteilten Eigentums. Bemerkenswert sind Kreittmayrs Anmerkungen zum Eigentumsbegriff des Codex Maximilianeus vorliegend aber noch aus einem anderen Grund: Bereits hier – ebenso wie in der naturrechtlichen Lehre – existieren Ansätze zu einem „wahren Eigentum“, welches in Widerspruch zu der Lehre vom geteilten Eigentum treten mußte. Dies zeigen die folgenden Ausführungen: „Die weitere Eintheilung des Dominii ist im plenum & minus plenum. Jenes wird also genannt, wann alles beysamm ist, was die Natur des Eigenthums erfordert, dieses hingegen, wann etwas hieran manglet, z. E. die Grundherrschaft oder die Nutzbarkeit. . . . In dubio vermuthet man allzeit mehr plenum als minus plenum, weil jenes der Eigenschaft des Dominii weit mehr gemäß ist als dieses. . . . Dann obwohl das Nutzungs-Recht an sich kein Dominium inferirt, sondern gar vielmal nur species servitutis ist . . . so hat man doch demselben in gewissen Handlungen . . . den Effectum Dominii beygelegt, und solches ad distinctionem directi Dominium utile vulgo das Nieder- oder Nutzungs-Eigenthum, jenes aber das Ober-Eigenthum, oder Grundherrschaft benamset“ (Hervorhebung durch den Verfasser).135 131 Kroeschell, Lehre, S. 38; Mayer-Maly, Eigentum, S. 29; Olzen, JuS 1984, S. 328 ff., S. 334; ausführlich: Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 47 ff. 132 Codex Maximilianeus Bavaricus civilis, 2. Theil, 2. Cap., § 2: „. . . directum & utile wird genannt, wenn die Sach mehrere Herren hat, und einem davon die Grundherrschaft, dem anderen aber nur das nutzbare Eigenthum, wie z. B. bey Lehn, Erb-Recht, Leibgeding, veranleiteter Freystift und anderen dergleichen Gütern zugehört.“ 133 Die Bedeutung der Anmerkungen erschöpfte sich nicht in bloßen Erläuterungen zum Gesetz, sondern ihnen erwuchs kraft höchstrichterlicher Rechtsprechung gesetzesgleiche Autorität, vgl. Schlosser, Privatrechtsgeschichte, § 3, S. 94. 134 Kreittmayr, Anmerkungen, 2. Theil, 2. Cap., § 2, S. 408, vgl. dazu Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 48 f. 135 Kreittmayr, vgl. vorige Fn., S. 407.

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

155

Diese Passage kommt den Äußerungen Wolffs und deren Konsequenz – der Relativierung des geteilten Eigentums – nahe, wenn das ungeteilte Eigentum als das wahre Eigentum angesehen wird, für dessen Vorliegen auch eine Vermutung streitet. Eine solche findet sich bei Wolff noch nicht. Mit der Feststellung, daß dem dominium utile eigentlich nur der Charakter eines Rechts an fremder Sache zukomme, ging Kreittmayr ebenfalls über Wolffs Ansicht hinaus: Die Reduzierung des dominium utile auf ein Recht an fremder Sache, dem man nur die Wirkung des Eigentums beigemessen habe, deutete bereits die in der späteren romanistischen Wissenschaft herrschende Meinung an.136 Wenn Kreittmayr das geteilte Eigentum aufgrund der dem Nutzeigentümer zustehenden Proprietät dennoch akzeptierte, so dürfte sich darin die seinem Gesetzgebungswerk eigentümliche Stellung zwischen dem vernunftrechtlichen Ansatz und der Verwertung des in der Praxis angewandten gemeinen Rechts zeigen.137

bb) Das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794 Die ausführlichste und eingehendste Regelung erfuhr das geteilte Eigentum im Pr. ALR. Svarez selbst hatte die Aufnahme dieser Rechtsfigur in das Gesetzbuch ausdrücklich befürwortet.138 Bereits das Project des Corpus Iuris Fridericiani des Freiherrn von Cocceji hatte das geteilte Eigentum anerkannt,139 wenn auch Svarez 136 Schwab, Eigentum, S. 90, stellt Kreittmayr in eine zu Thibaut und dessen Verwerfung des geteilten Eigentums hinführende Reihe. 137 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, § 19, S. 326 f. 138 Svarez, Kronprinzenvorträge (Inhalt der Landesgesetze: Sachenrechte), S. 309 und die bei Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 51 wiedergegebene Äußerung, derzufolge die Aufteilung des Eigentums „nichts enthalte, was der gesunden Vernunft oder der Natur der Sache zuwider wäre . . .“. 139 Die Aufteilung in dominium directum und dominium utile findet sich mehrfach im Project des Corpus Iuris Fridericiani: Das erste Mal in Teil 3, Buch 2, Titel 3 unter der Überschrift „Von dem ersten dinglichen Recht, welches aus dem Dominio, oder dem Eigenthum herrühret“ als Herleitung aus dem Naturrecht: § 3. Es wird aber das Eigenthum (dominium) getheilet in . . . 2) Ist aber das Dominium vel directum vel utile. Utile wird genannt, wann jemand das bloße Eigenthum behält, die Nutzung aber auf einen anderen transferiret. Utile hat derjenige, welchem der Genuß eines Guts von dem domino directo auf lange Jahre verstattet wird, als in emphyteusi, feudo &c. oder wann sonsten die Gesetze einem Negotio die Kraft eines Dominii beylegen.“ Ein weiteres Mal wird das dominium Utile aus den geltenden Gesetzen abgeleitet in Teil 2, Buch 3, Titel 3: „§ 2. Erstlich haben die Gesetze dergleichen Eigenthum, oder Dominium civile, in den Handlungen festgesetzet, wodurch der wahre Eigenthümer entweder einen beständigen, oder doch wenigstens langjährigen Gebrauchund Nutzung eines Dinges auf einen anderen transferiret: als, wann der Eigenthümer einem andern in seinem in seinem Gut einen Emphyteusin, Superficiem, Lehn-Recht verstattet.“ Mit der Ableitung des dominium utile von einem wahren, ungeteilten Eigentum steht die zitierte Passage der naturrechtlichen Eigentumslehre ebenso nahe wie den Ausführungen Kreittmayrs. Die beinahe wortwörtliche Übereinstimmung mit Kreittmayrs Anmerkungen dürfte auf den Einfluß, den Coccejis Werk auf Kreittmayr ausübte, zurückgehen; vgl. Kleinheyer, Kreittmayr, S. 236.

156 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

später wegen der Nähe des Coccejischen Werks zum römischen Recht kaum darauf zurückgriff.140 Die zum Titel „Vom Eigentum“, Teil I, Tit. 8 gehörenden Bestimmungen lauten: „§ 16. Das Eigenthum einer Sache ist getheilt, wenn die darunter begriffnen verschiednen Rechte, verschiednen Personen zukommen. § 19. Wer nur die Proprietät der Sache, ohne das Nutzungsrecht hat, wird Eigner genannt. § 20. Wer Miteigner der Proprietät ist, und zugleich das Nutzungsrecht hat, dem wird ein nutzbares Eigenthum der Sache beygelegt. § 22. Daß das Eigenthum einer Sache, und die Rechte welche aus der Natur des Eigenthums fließen, getheilt sind, wird nicht vermutet.“

Darüber hinaus finden sich im 18. Titel „Vom getheilten Eigenthume“ weitere allgemeine Bestimmungen sowie die Vorschriften über das Lehn und das Erbzinsgut. Von den allgemeinen Bestimmungen sind von Bedeutung: „§ 1. Wenn das Eigenthum getheilt ist, (Tit. 8, §. 16 – 20) so wird derjenige, welchem nur ein Miteigenthum an der Proprietät, aber kein Anteil an dem zum Eigenthume gehörenden Nutzungsrechte zukommt, Obereigenthümer genannt. § 2. Ueber die Proprietät der Sache (§. 10 ibid.) können nur der Ober- und nutzbare Eigenthümer gemeinschaftlich, mithin keiner derselben ohne Zuziehung und Bewilligung des Andern, gültig verfügen. § 4. Das zum Eigenthume gehörige Nutzungsrecht (§ 11. 12. ibid.) ist in dem besondern und ausschließenden Eigenthume des nutzbaren Eigenthümers.“

Insbesondere der letztgenannte § 4 ist von großer Bedeutung. Er macht deutlich, daß das Pr. ALR zwar mit der Beteiligung des Nutzeigentümers an der Proprietät und der daraus abgeleiteten Konsequenz, daß nur beide Eigentümer gemeinsam über die Sache verfügen können, der gängigen Lehre vom geteilten Eigentum folgt. In der Dogmatik der Eigentumsteilung enthält das ALR eine bedeutende Neuerung: Wie der § 4 des Titels „Vom getheilten Eigenthume“ zeigt, wird das dominium utile nicht als Sacheigentum, sondern als Eigentum an einem Recht141 konstruiert. Dies war nach dem ALR ohne weiteres möglich, da dieses ein Eigentum an Rechten kannte,142 und des weiteren in den §§ 9 ff. des 8. Titels des 1. Theils143 das Eigentum als aus mehreren einzelnen Rechten bestehend ansah. Letzteres entsprach dem naturrechtlichen Begriff des Eigentums144. Erler, Cocceji, Sp. 617. Vgl. Pagenstecher, Lehre, § 3, S. 17. 142 s. o. im Exkurs. 143 „§ 9. Zum vollen Eigenthume gehört das Recht, die Sache zu besitzen, zu gebrauchen, und sich derselben zu begeben. § 10. Das Recht, über eine Sache zu verfügen, wird Proprietät genannt. § 11. Das Recht, eine Sache zu seinem Vortheil zu gebrauchen. heißt das Nutzungsrecht.“ 144 Vgl. bspw. Wolff, Institutiones, Pars II, Cap. I, § 198, S. 73; Nettelbladt, Systema, Tit. 1, §§ 134 ff., S. 120 f.; dazu Olzen, JuS 1984, S. 328 ff., S. 333 und Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 128 f. 140 141

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

157

Damit ist das geteilte Eigentum nicht eine dritte Form des Sacheigentums neben Voll- und Miteigentum, sondern es setzt sich aus diesen zusammen: Dem Nutzeigenümer steht das Alleineigentum an dem Nutzungsrecht und ein Miteigentumsanteil an der Proprietät – den anderen Miteigentumsanteil hält der Obereigentümer – zu. Das „nutzbare Eigenthum“ ist nur eine Bezeichnung dieser Rechtsstellung, wie der oben zitierte § 20 erkennen läßt. Dahinter steht ein Eigentumsbegriff, der das Eigentum noch als Summe von einzelnen Rechten oder Befugnissen begreift, an denen selbst wiederum Eigentum bestehen kann.145 Das Eigentum ist dann insoweit teilbar, als die einzelnen Bestandteile auf mehrere Eigentümer verteilt werden können und dennoch Eigentum bleiben.146 Diese Aufteilung des Eigentums war die Voraussetzung für eine Aufspaltung in Ober- und Untereigentum.147 Sie wird als Enumerationstheorie148 oder Summentheorie149 bezeichnet. Beispielhaft für eine solche Eigentumsdoktrin sind etwa die Ausführungen Heineccius‘, der zum einen die im Eigentum zusammengefaßten Rechte aufzählte150 und die Entstehung des geteilten Eigentums durch eine Übereignung seitens des Volleigentümers erklärte.151 Mit der Beschränkung des Eigentums auf körperliche Gegenstände, wie sie die Romanistik später vornahm,152 war diese Konstruktion überholt. Hier zeigt sich, daß – wie bereits erwähnt – zwischen Ablehnung des geteilten Eigentums in der romanistischen Wissenschaft und dem engen Eigentumsbegriff ein Zusammenhang besteht.153

cc) Das österreichische Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch von 1811 Das österreichische ABGB nahm, als jüngstes der drei großen territorialen Gesetzbücher, ebenfalls die Lehre vom geteilten Eigentum auf. Die relevanten Bestimmungen lauten: „§ 357. Wenn das Recht auf die Substanz einer Sache mit dem Rechte auf die Nutzungen in einer und derselben Person vereinigt ist, so ist das Eigenthumsrecht vollständig und 145 Zur Rückführung dieses Eigentumsbegriffs auf eine früher herrschende und schon von Donellus vertretene Theorie Gruchot, Glossen, S. 97 ff. Dies dürfte ein Hinweis darauf sein, daß Thibaut bei der Entwicklung seines Eigentumsbegriffs keinen völligen Neubeginn vorgenommen hat, sondern zumindest an frühere Vorstellungen anknüpfte. Zur Entwicklung dieser Vorstellung und den bereits auf einen einheitliche Eigentumsbegrifff hindeutenden Tendenzen Hecker, Eigentum § 10, S. 88 ff. 146 Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 129 ff. 147 Hattenhauer, Grundbegriffe, § 7, S. 117 ff. 148 Vgl. Wilhelm, Private Freiheit, S. 20 f. 149 Olzen, JuS 1984, S. 328 ff., S. 334. 150 Heineccius, Grundlagen, Buch I, § 306, S. 230. 151 Heineccius, vgl. vorige Fn., § 280, S. 209. 152 Vgl. dazu Wilhelm, Private Freiheit, S. 20 f. und Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 139 ff. 153 s. o. im Exkurs.

158 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff ungetheilt. Kommt aber Einem nur ein Recht auf die Substanz der Sache; dem Andern dagegen nebst einem Rechte auf die Substanz, das ausschließende auf derselben Nutzungen zu, dann ist das Eigenthumsrecht getheilt und für beide unvollständig. Jener wird Obereigenthümer; dieser Nutzungseigenthümer genannt. § 359. Die Absonderung des Rechtes auf die Substanz von dem Rechte auf die Nutzungen entsteht theils durch Verfügung des Eigenthümers; theils durch gesetzliche Anordnung. Nach Verschiedenheit der zwischen Ober- und Nutzungseigenthümer obwaltenden Verhältnisse werden die Güter, worin das Eigenthum getheilt ist, Lehn-Erbpacht und Erbzinsgüter genannt. . . . § 360. Aus der bloßen Abführung eines fortdauenden Zinses, oder jährlicher Renten von einem Grundstücke kann man noch nicht auf die Theilung des Eigenthums folgern. In allen Fällen, in welchen die Trennung des Rechtes auf die Substanz von dem Rechte auf die Nutzungen nicht ausdrücklich erhellet, ist jeder redliche Besitzer als vollständiger Eigenthümer anzusehen.“

Zwar hatte das Pr. ALR als Vorbild für diese Regelung gedient.154 Von der Präzision der preußischen Bestimmungen155 und insbesondere von der eigenständigen Konzeption des geteilten Eigentums sind allerdings nur Andeutungen zu erkennen.156 (a) Der Codex Theresianus als Vorläufer des ABGB Noch ein weiterer, wesentlich wichtigerer Unterschied bestand zwischen der Aufnahme des geteilten Eigentums in das ABGB und der Regelung im Pr. ALR: Während sich die Aufteilung des Eigentums bei den Gesetzgebungsarbeiten zum Pr. ALR – freilich unter Berücksichtigung der soeben dargestellten besonderen Konstruktion des dominium utile – noch keinen Zweifeln ausgesetzt sah, war in Österreich bereits ein Versuch zur Abschaffung des geteilten Eigentums durch eine Kodifikation des Privatrechts unternommen worden. Der 1766 vorgelegte – allerdings nicht in Kraft getretene – Codex Theresianus157 hatte im 2. Theil, Cap. 3, § 1 das geteilte Eigentum ausdrücklich ausgeschlossen und stattdessen einen Eigentumsbegriff formuliert, der die zukünftige Entwicklung zu dem sog. abstrakten Eigentumsbegriff praktisch vorwegnahm: „§ 1. Num. 1. Das vornehmste dingliche Recht ist das Eigenthum, welches nicht allein alle anderen Arten von Rechten in seiner Wirkung übertrifft, sondern sie auch gleichsam in sich einschließt.

Floßmann, Privatrechtsgeschichte, S. 155. Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 134, Fn. 67 bezeichnet die österreichische Regelung im Vergleich zur preußischen als „unausgegoren und unvollständig“. 156 Keine sachliche Änderung ist mit der Bezeichnung Substanz im Unterschied zu Proprietät im Pr. ALR verbunden, da das Recht auf die Substanz auch Proprietät genannt werden kann, Winiwarter, Bürgerliches Recht II, § 64, S. 100. 157 Floßmann, Privatrechtsgeschichte, S. 13. 154 155

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

159

Num. 3. Wer das Eigenthum hat, der ist Herr der Sache selbst . . . und bei ihme ist alle Herrlichkeit, Nutzen und Bequemlichkeit derselben aus der alleinigen Ursach des Eigenthums. . . . Num. 5. Dahingegen kann zwar das an fremden Sachen gebührende Recht eine eigenthumliche Gerechtigkeit, keineswegs aber ein Eigenthum sein, sondern dieses verbleibet nichtsdestoweniger, wiewohlen mit beschränkter Wirkung Demjenigen, deme die Sache gehöret, obschon der andere ein Recht hieran hat, . . . . Num. 6. Es ist demnach das Eigenthum in seiner Wesenheit ganz einfach, nämlich ein einziges, wahres natürliches und zugleich rechtliches, volles, wirkliches und außer Uebertragung an einen Anderen unauflösliches Eigenthum. Num. 7. All anderes Recht an Sachen kann die Völle des Eigenthumes, welche an sich untheilbar ist, nicht erreichen, . . . . Num. 8. Was also von dinglichen Rechten vorbemelte Eigenschaft nicht hat, ist kein Eigenthum, wiewohlen es demselben beikommet, und ein nutzbares . . . Eigenthum benamset werden mag.“158

Das Eigentum ist danach ein unteilbares Recht, neben dem nur Rechte an fremder Sache existieren können, aber kein andersartiges Eigentum an derselben Sache möglich ist.159 Das vornehmste Recht kann an einer Sache nur einmal bestehen. Bemerkenswert und zukunftsweisend ist auch, daß die von der naturrechtlichen Doktrin postulierte und dem folgend vom Pr. ALR aufgenommene Lehre von der Zusammensetzung des Eigentums aus mehreren unterschiedlichen Rechten im Codex Theresianus stark relativiert, wenn nicht gar aufgegeben wurde. Zwar hatten die oben zitierten Bestimmungen das Eigentum auch durch die verschiedenen Befugnisse des Eigentümers erläutert. Wenn aber das Eigentum als alleinige Ursache der Befugnisse angesehen wird, das alle dinglichen Rechte in sich faßt und schließlich von der unteilbaren „Völle“ des Eigentums gesprochen wird, so nähert sich dies bereits dem Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts, wie er im ersten Teil dieser Arbeit hergeleitet wurde160: Das Eigentum ist unteilbar, einzelne Befugnisse können aber in Form von Rechten an fremder Sache übertragen werden. Dadurch wird das Eigentum nicht aufgehoben, da es nicht aus einzelnen Rechten besteht, sondern diese nur Ausfluß des Eigentums sind. Die Ähnlichkeit zu Wind158 Abgedruckt bei Harras v. Harrasowsky, Codex Theresianus II, S. 41 ff., zur Herkunft dieser Bestimmungen daselbst, Anmerkung 2 und Kocher, Höchstgerichtsbarkeit, E., § 1., S. 134 ff. 159 Wenn der Codex Theresianus im 2. Theil, Cap. 25, § 1, Num. 2, abgedruckt bei Harras v. Harrasowsky, Codex Theresianus II, S. 472, dem Erbzinsmann das nutzbare Eigentum zuspricht, so mag man dies auf den ersten Blick als Inkonsequenz werten, vgl. Kocher, Höchstgerichtsbarkeit, E., § 1, 141. Allerdings hatten die oben zitierten Bestimmungen das nutzbare Eigentum als bloße Bezeichnung nicht verbannt und darüber hinaus unterscheidet sich das an dieser Stelle erwähnte Nutzeigentum durch die begrenzte Befugnis des Erbzinsmannes, mit dem Gut „zu schalten und walten“ vom Eigentum. Ein Widerspruch zwischen den Regelungen des Eigentums und des Erbzinsrechts besteht daher nicht. 160 s. o. im 1. Teil bei B.

160 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

scheids Definition des Eigentums als „Fülle des Rechts an einer Sache“161 ist damit keineswegs zufällig, sondern in der Sache begründet. (b) Zum sog. Entwurf Horten und dem späteren Entwurf Martinis Dieser Eigentumsbegriff wurde in verkürzter Form in den Entwurf Horten – einer Überarbeitung des Codex Theresianus162 – übernommen.163 Zwar enthielt dieser kein ausdrückliches Verbot des geteilten Eigentums, aber aus der Übernahme des vorgenannten Eigentumsbegriffs und dem Fehlen einer Regelung des geteilten Eigentums ist zu entnehmen, daß auch Horten das dominium utile nicht als Eigentum ansah.164 Das zeigen auch Bestimmungen über das Erbzinsrecht, wonach der Eigentümer unter „Beibehaltung des Eigentums“ einem anderen ein Recht an seiner Sache bestellen kann und darüber hinaus dem Erbzinsmann das nutzbare Eigentum gewährt wird, aber der Eigentümer das Grundeigentum behält.165 Damit wird deutlich, daß auch Entwurf Hortens die strikte Trennung zwischen dem vollen Eigentum und den Rechten an fremder Sache einhielt. Erst der Entwurf Martinis166 kehrte in § 5 des 3. Hauptstücks des 2. Teils zur Lehre vom geteilten Eigentum zurück.167 Darauf basierte – wenngleich sich die Form änderte – die oben zitierte Regelung des ABGB. Gegenüber dem späteren ABGB bestand aber noch ein wichtiger Unterschied. Der Entwurf Martinis enthielt unter dem Titel „Von dem getheilten Eigenthume“ die folgende Passage: „§ 1. In dem Zeitpunkte, in welchem die Sache ursprünglich und unmittelbar erworben wird, kann das Eigenthum weder getheilt, noch eingeschränkt, noch belastet sein; diese Bestimmungen lassen sich lediglich aus Verfügungen des Eigenthümers oder aus gesetzlichen Verordnungen herleiten.“168

Windscheid / Kipp, Pandekten I, § 167, S. 857. Der sog. Entwurf Horten war eine Überarbeitung des Codex Theresianus. Als umfassendes Gesetzbuch trat er ebenfalls nie in Kraft. Nur das Personenrecht wurde am 1. 11. 1786 als sog. Josephinisches Gesetzbuch erlassen, Floßmann, Privatrechtsgeschichte, S. 13. 163 1. Theil, 2. Cap., § 1, abgedruckt bei Harras v. Harrasowsky, Codex Theresianus IV, S. 143. 164 Vgl. Mayer-Maly, Eigentumsverständnis, S. 155. 165 1. Theil, 22. Cap., § 1, abgedruckt bei Harras v. Harrasowsky IV, S. 294: „Gleichwie ein Eigenthümer nach Maß des zweiten Capitels die Sache veräußern, und das volle Eigenthum an Andere übertragen kann, so stehet ihm auch frei, mit Beibehaltung des Eigenthums, einem Anderen an der Sache ein Recht zu bestellen, und wir beschützen Jeden nicht minder bei den an fremden Sachen erworbenen Rechten, als bei jenen, die ihm an seinen eigenthümlichen Sachen gebühren.“ 166 Vgl. hierzu Kocher, Höchstgerichtsbarkeit, E., § 1, S. 146 ff.; dieser Entwurf wurde 1797 als sog. Westgalizisches Gesetzbuch in Kraft gesetzt, entgegen der Bezeichnung aber für ganz Galizien, vgl. Schlosser, Privatrechtsgeschichte, § 3, S. 113. 167 Abgedruckt bei Harras v. Harrasowsky, Codex Theresianus V, S. 89 f. 168 Abgedruckt bei Harras v. Harrasowsky, Codex Theresianus V, S. 102. 161 162

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

161

Dies ist eine fast wortgetreue Wiedergabe der oben zitierten169 Feststellung Wolffs – dessen naturrechtliche Lehren auch Martini beeinflußt hatten170 –, daß das ursprüngliche Eigentum ungeteilt gewesen sei. Die damit verbundene Relativierung des dominium utile oder Nutzeigentums blieb also noch im Entwurf von Martini erhalten, obwohl dieser gegenüber den früheren Entwürfen ein geteiltes und damit ein unvollständiges Eigentum kannte. Dies entsprach Martinis Eigentumskonzeption, wie er sie im „Lehrbegriff des Naturrechts“ darlegte: Danach entsprang die Verfügungsfreiheit des Eigentümers der natürlichen Freiheit; die Einräumung von Ober- oder Untereigentum durch den ursprünglichen Eigentümer war Verwirklichung der Verfügungsfreiheit.171 Auf den ersten Blick mag eine weitere Passage des Entwurfs an einer konsequenten Abwendung von seinen Vorläufern und deren Reduzierung des Nutzeigentums auf ein Recht an fremder Sache zweifeln lassen: „§ 6. Es kann zwar das Eigenthum auf andere unzählige Arten sowohl durch das Gesetz, als durch den Willen des Eigenthümers selbst beschränket oder belastet werden; dennoch wird daselbe ungeachtet aller anderen Beschränkungen und Lasten für ungetheilt vollständig gehalten. Daher auch der Vollständigkeit des Eigenthümers keinen Abbruch thut, wenn der Eigenthümer gegen einen Grundherrn in Verbindlichkeit steht.“172

Diese Bestimmung soll Ausdruck einer Politik gewesen sein, dem Nutzeigentümer nach Möglichkeit das wahre Eigentum zuzuschreiben.173 Nach richtigem Verständnis besagt diese Passage nur, daß ein von vornherein vollständiges Eigentum nicht durch Beschränkungen, Lasten oder Verbindlichkeiten gegenüber einem Grundherrn zum unvollständigen Eigentum wird. Der § 6 folgte unmittelbar auf die Begriffsbestimmung des geteilten Eigentums und meinte daher nur andere Beschränkungen oder Lasten als Unter- bzw. Obereigentum. Hinsichtlich des unvollständigen Eigentums wurde keine Feststellung getroffen. Immerhin hielt es die Hofkommission für notwendig, den § 6 durch eine Klarstellung im Sinne der gerade beschriebenen Interpretation zu ersetzen, damit nicht bspw. Emphyteuten auf den Gedanken verfielen, sie seien Eigentümer an Grund und Boden.174 Die geänderte Fassung wurde als § 358 in das ABGB aufgenommen. Auch wenn damit schließlich das geteilte Eigentum seinen Weg in die jüngste der großen territorialen Kodifikationen gefunden hatte, so war dies das Resultat einer wechselvollen Gesetzgebungsgeschichte, in deren Verlauf ein weit modernerer, zumindest weiter in Vgl. Fn. 120. Hagen, Wolff, S. 454; Martini war Schüler des Innsbrucker Naturrechtlers Paul Joseph Riegger, der sich in großem Umfang auf Wolff berief, vgl. Hebeis, Martini, S. 23 f. 171 Martini, Lehrbegriff, §§ 432, 436, S. 166 f.; hierzu Hebeis, Martini, S. 160 f. 172 Entwurf Martini, 2. Theil, 3. Hauptstück, abgedruckt bei Harras v. Harrasowsky, Codex Theresianus V, S. 90. 173 Schwab, Eigentum, S. 91 f. 174 Beratungsprotokolle der Hofkommission in Gesetzgebungssachen, Sitzung am 2. 5. 1803, abgedruckt bei Ofner, Urentwurf I, S. 245 f. 169 170

11 Lehmann

162 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

die Zukunft weisender Eigentumsbegriff zu Tage getreten war und fast Gesetz geworden wäre.

dd) Zu den Gründen für die Zurückweisung der Eigentumskonzeption des Codex Theresianus Die Gründe für die Abwendung von der aus heutiger Sicht fortschrittlichen Eigentumskonzeption des Codex Theresianus und die Rückkehr zum geteilten Eigentum sind nicht vollständig aufzuklären: Sowohl die Vorbildfunktion des Pr. ALR als auch die von der Französischen Revolution, in deren Folge das geteilte Eigentum in Frankreich abgeschafft wurde,175 ausgehende abschreckende Wirkung mögen hier eine Rolle gespielt haben.176 Ein Beweis für die ungebrochene Lebenskraft des geteilten Eigentums dürfte aber nicht darin zu sehen sein. Viel eher erweckt die wechselvolle Geschichte des geteilten Eigentums den Eindruck, als habe man hier ein Rechtsinstitut nur noch mit Mühe gerettet, obwohl seine Abschaffung in der Rechtslehre schon längst eingeleitet worden war.

ee) Zusammenfassung Die Darstellung der Aufnahme des geteilten Eigentums in die großen territorialen Kodifikationen hat zwar gezeigt, daß die Gesetzgebung im Anschluß an die Lehre des Naturrechts eine gesetzliche Regelung des geteilten Eigentums wohl für – mit Blick auf Österreich nur eingeschränkt – unverzichtbar hielt. Damit ist aber nicht „die feste Verwurzelung des Instituts des geteilten Eigentums“177 unter Beweis gestellt. Eher entsteht der Eindruck, daß sich die schon bei Wolff sichtbare Relativierung des geteilten Eigentums verstärkt hatte. (a) Zur Vermutung ungeteilten Eigentums Sowohl das Pr. ALR als auch das ABGB enthielten eine Vermutung zugunsten des ungeteilten Eigentums; die Anmerkungen des Freiherrn von Kreittmayr zeigen, daß diese Vermutung auch dem Codex Maximilianeus zugrundelag. Eine solche Vermutung ist aber nur sinnvoll, wenn dem ungeteilten Eigentum ein Vorrang vor dem geteilten zukommt. Da das dominium plenum beim Grundbesitz eher „sozialer Ausnahmetatbestand“178 war, läßt sich die Vermutung nicht mit einem RegelAusnahme-Verhältnis hinsichtlich der Häufigkeit des Vorkommens begründen. An175 176 177 178

Vgl. Hedemann, Fortschritte II 1, § 1, S. 16 ff. Mayer-Maly, Eigentumsverständnis, S. 155, Fn. 65. Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 133. Schwab, Eigentum, S. 75.

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

163

gesichts der naturrechtlichen – insbesondere auf Wolffsches Gedankengut zurückgehenden179 – Herkunft von Pr. ALR und ABGB ist es auch nicht überzeugend, wenn man die Vermutung ungeteilten Eigentums auf eine falsch formulierte Beweislastregel reduziert.180 Die Vermutung zugunsten freien Eigentums erklärt sich ohne weiteres aus dem für das Naturrecht Wolffs konstatierten Vorrang des dominium plenum als dem ursprünglichen Eigentum.181 Wenn das volle und unbeschränkte Eigentum als Urbild oder Idee des Eigentums erscheint, so muß jede Einschränkung grundsätzlich182 als negative Abweichung erscheinen, deren Existenz unter Beweis zu stellen ist. Dies gilt umso mehr, als mit der Teilung des Eigentums eine Beschränkung der – im Rahmen des Naturrechts besonders betonten183 – Freiheit und des Ausschließungsrechts des Volleigentümers verbunden war. Deutlicher als das Pr. ALR und das ABGB hatte dies noch der Entwurf Martinis mit der Übernahme der Wolffschen Definition des ursprünglichen Eigentums zum Ausdruck gebracht. Daß diese Vorstellung trotz der anderen sprachlichen Fassung auch in den Gesetzbüchern selbst fortwirkte, zeigt ein beispielhaftes Zitat zum ABGB: „Das Eigenthum ist an und für sich betrachtet immer ein vollständiges; dafür streitet auch die gesetzliche Vermuthung“.184 Bis zu der Feststellung, daß das geteilte und für beide Domini unvollständige Eigentum in Wirklichkeit kein Eigentum sein kann, ist es dann aber kein großer Schritt mehr. Eine Verbannung des geteilten Eigentums aus dem Privatrecht deutet sich hier zumindest an.185 (b) Zu den Definitionen des Eigentums in den genannten Gesetzbüchern Für den Vorrang des ungeteilten Eigentums und damit für die Hinwendung zu dem korrespondierenden Eigentumsbegriff sprechen auch die Definitionen des Eigentums, wie sie die drei Kodifikationen an die Spitze der Regelungen über das Eigentum stellten.186 Diese setzten – an naturrechtliche Vorstellungen anknüpfend187 – jeweils einen umfassenden und unbeschränkten Eigentumsbegriff, d. h. Thieme, ZRG (GA) 56, (1936), S. 202 ff., S. 226; Hagen, Wolff, S. 454. Unger, System II, § 130, S. 590; ihm folgend Gruchot, Glossen, S. 111. 181 Hedemann, Fortschritte II 1, § 1, S. 14. 182 Zu den Besonderheiten der gesetzlichen Vermutungen des Pr. ALR und des ABGB gegenüber der Wolffschen Lehre s. u. bei (c). 183 Olzen, JuS 1984, S. 328 ff., S. 333 f. 184 Stubenrauch, §§ 357 ff. ABGB, Anm. 3, S. 442. 185 Kleensang, Konzept, S. 111 f. spricht treffend davon, daß sich das ALR „auch hinsichtlich des Eigentumsbegriffs als ein Gesetzbuch der Kompromisse“ erwies. 186 s. o. im 1. Teil bei B. 187 Vgl. Heineccius, Zitat in Fn. 759; Wolff, Zitat in Fn. 754; noch deutlicher Nettelbladt (ein Schüler Wolffs, vgl. Kleinheyer / Schröder, Juristen, Anhang, S. 500), Systema, Tit. 4, § 134, S. 120: „Proprietas est ius de ipsa rei substantia pro suo arbitrio disponendi.“ Aller179 180

11*

164 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

die freie Sachherrschaft des Eigentümers, voraus.188 Darin hatte eine Entwicklung in der Rechtslehre des 18. Jahrhunderts ihren Ausdruck gefunden: Ausgehend von Wolff,189 bei dem sich ein absoluter Eigentumsbegriff aufgrund der Erweiterung der Verfügungsbefugnis des Eigentümers schon angedeutet hatte, wurde das Eigentum immer mehr einem umfassenden Verfügungsrecht angenähert,190 das alle weiteren Befugnisse enthält. Der durch die umfassende Sachherrschaft gekennzeichnete Eigentumsbegriff war damit vorbereitet.191 Konsequent durchgeführt muß ein solcher Eigentumsbegriff, der sich in den Eigentumsdefinitionen der genannten Kodifikationen schon zeigte, in Widerspruch zu der Möglichkeit eines geteilten Eigentums geraten, da die Entscheidungsbefugnis über das Schicksal einer Sache, die umfassende Sachherrschaft, letztlich nur einem Eigentümer zugesprochen werden kann: Zwar hatte es in der naturrechtlichen Lehre noch zur Letztentscheidungsbefugnis des Volleigentümers gehört, daß er seine Sachherrschaft durch Einräumung eines Untereigentums einschränken konnte. Sobald man aber das Eigentumsrecht nicht mehr in die einzelnen, darunter zusammengefaßten, Befugnisse aufteilt, und diese als selbständig übertragbar ansieht, sondern das Eigentum als begrifflich umfassend versteht – mithin also die im ersten Teil der Arbeit beschriebene Trennung von Begriff und Inhalt vollzieht – kann die Übertragung auch noch so weitgehender einzelner Befugnisse nicht mehr zu einer Spaltung des Eigentums, sondern nur noch zu einer Einräumung von Rechten an einer fremden Sache führen. Dabei handelt es sich nicht nur um eine logische Abstraktion des Begriffs von seinem Inhalt, wenngleich es im Rahmen einer Systembildung für das Zivilrecht wohl nahe lag, die – gegenüber den mannigfaltigen einzelnen Formen des beschränkten Eigentums wesentlich klarere – Einteilung zwischen einem einzigen, unwandelbaren Eigentum und den Rechten an fremder Sache zu wählen. In der Betonung der Freiheit des Eigentümers192 ist der Bezug zu einem Eigentümer schon angelegt: Wenn sich im Eigentum die Freiheit einer Person ausdrückt,193 so kann dies notwendig nur für eine Person gelten. dings ist die proprietas nur eines von drei zum dominium gehörenden Rechten, neben usufructus und ius possidendi, § 135 und § 136, S. 121. 188 Darauf weist auch Mayer-Maly, Eigentum, S. 29. 189 Möglicherweise orientierte sich Wolff bei der Definition des Eigentums seinerseits an der Lehre des usus modernus. Bereits Struve hatte das dominium plenum durch die freie Disposition des Eigentümers über die Sache charakterisiert, vgl. Fn. 109. 190 Zu der seit dem 15. Jahrhundert gewachsenen Bedeutung der Verfügungsfreiheit, die schon von Bartolus zur Charakterisierung des Eigentums herangezogen wurde, in der Dogmatik des Eigentums und der Entwicklung bis zu Wolff vgl. Willoweit, Historisches Jahrbuch 94 (1974), S. 131 ff., S. 148 ff. 191 Hecker, Eigentum, § 10, S. 90 ff., mit zahlreichen Nachweisen. 192 Diese Entwicklung setzte bereits im 15. und 16. Jahrhundert ein, vgl. Willoweit, Historisches Jahrbuch 94 (1994), S. 131 ff., S. 148 ff.; kritisch hierzu Hecker, Eigentum, S. 198. 193 Vgl. dazu Schwab, Eigentum, S. 79 ff., m. w. N. aus der Literatur zu Beginn des 19. Jahrhunderts; Hattenhauer, Grundbegriffe, § 7, S. 116 ff. und Hecker, vgl. vorige Fn., außerdem schon zur Entstehung des engen Eigentumsbegriffs oben im Exkurs.

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

165

Wenn auch dieser Gegensatz bei der Gesetzgebung wohl nicht empfunden wurde194 – der Codex Theresianus war insoweit eine Ausnahme – so mußte er doch irgendwann zu Tage treten.195 Beispielhaft ist die folgende, auf das ABGB bezogene und von einem abstrakten Eigentumsbegriff ausgehende Äußerung von Randa: „Es ist hiernach die Annahme einer Theilung des Eigentums mit dem gesetzlichen Begriffe desselben unvereinbar, und es muß die in den §§ 357 – 379 niedergelegte Theorie, weil sich selbst widersprechend, aufgegeben werden.“196 Auch hatten schon die Regelungen des Codex Theresianus und des Entwurfs Horten die Vorstellung eines Eigentums gezeigt, der dem abstrakten Eigentumsbegriff nahekam und ein geteiltes Eigentum ausschloß. Auch wenn dieser noch nicht in geltendes Recht hatte umgesetzt werden können, so waren die späteren Angriffe auf die dogmatische Behandlung des dominium utile bereits im Keim angelegt. (c) Zur Widersprüchlichkeit der gegen das geteilte Eigentum gerichteten Tendenzen So sehr der in den oben genannten Kodifikationen festgelegte und auf naturrechtliche Erwägungen zurückgehende Eigentumsbegriff und die Vermutung zugunsten des ungeteilten Eigentums darin übereinstimmten, daß sie sich letztlich gegen das geteilte Eigentum selbst wenden mußten, so unterschiedlich sind die daraus für ein späteres ungeteiltes Eigentum abzuleitenden Folgen. Dies ist umso auffälliger, als sich der dargestellte Eigentumsbegriff und die Vermutung ungeteilten Eigentums letztlich beide auf das Idealbild eines vollständigen und uneingeschränkte Sachherrschaft gewährenden Eigentumsrechts stützen. Die unterschiedlichen Konsequenzen zeigen sich bei folgender Überlegung: Soll die Theorie des geteilten Eigentums aufgegeben werden, so ist eine Entscheidung erforderlich, welche der beiden unvollständigen Eigentumsformen zum dann vollen Eigentum erstarken wird. Entweder Ober- oder Untereigentümer werden ihr Eigentum verlieren und nur noch ein Recht an einer fremden Sache innehaben. Stellt man dabei auf die Eigentumsvermutung als Anhaltspunkt ab, so spricht alles dafür, dem Untereigentümer das volle Eigentum zu gewähren, da die Eigentumsvermutung in ihrer gesetzlichen Ausgestaltung zu seinen Gunsten streitet. Dies wird in § 360 ABGB ausdrücklich angeordnet: Soweit der Nutzungsberechtigte redlich ist, wird er als vollständiger Eigentümer angesehen. Das Pr. ALR ist in I 8 § 22 weniger eindeutig, da lediglich vermutet wird, daß das Eigentum nicht ge194 Es sei an die Konstruktion des geteilten Eigentums auf der Basis eines Eigentums an Rechten erinnert; allerdings ist schon bei Heineccius das Unbehagen im Hinblick auf die Konstruktion der weitgehenden Leiherechte als Eigentum zu spüren, wenn er die Begriffe Ober- und Untereigentum „nicht sehr schöne, aber in der Lehre und juristischen Praxis nun einmal eingeführte Bezeichnungen“ nennt, Grundlagen, Buch I, § 280, S. 209. 195 Vgl. Kroeschell, Lehre, S. 41. 196 Randa, Eigenthumsrecht, § 1, S. 19.

166 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

teilt sei. Aus I 18 § 681 Pr. ALR erhellt aber, daß die Vermutung vollen Eigentums ebenso wie im ABGB zugunsten des Untereigentümers wirkt: Regelmäßig gebührt danach dem Besitzer das volle und nur mit einer Abgabe belastete Eigentum. Der Anspruch des Grundherrn auf bestimmte Leistungen würde zum bloßen Recht an fremder Sache; ein „Obereigentum“ wäre kein Eigentum mehr, nur noch eine Bezeichnung. Das entgegengesetzte Ergebnis folgt aus einer Betrachtung der verschiedenen Begriffsbestimmungen des Eigentums. Insbesondere der Codex Maximilaneus und das Pr. ALR betonen die Freiheit des Eigentümers über die ihm gehörende Sache zu verfügen.197 Diese freie Verfügungsbefugnis weist Ansätze eines Eigentumsbegriffs auf, der letztlich alle anderen Befugnisse des Eigentümers in sich aufnimmt.198 Aus dieser umfassenden Verfügungsbefugnis erwächst schließlich das Recht des Eigentümers, seine Befugnisse so weit zu übertragen, daß die Spaltung in Ober- und Untereigentum eintritt. Beruht die Teilung des Eigentums in zwei verschiedene Rechte auf einer Verfügung des ursprünglichen Volleigentümers, so muß diesem das volle Eigentum wieder zuwachsen, wenn die frühere Verfügung hinfällig wird, d. h. ihm muß das sog. Heimfallsrecht zustehen. Dies ist regelmäßig der Obereigentümer,199 welcher daher als der wahre oder volle Eigentümer anzusehen ist.200 Damit würde der Nutzungsberechtigte sein Untereigentum verlieren. Hierin zeigt sich auch, daß die Vermutung zugunsten freien Eigentums nicht vollständig auf die oben geschilderten Grundsätze des Naturrechts zurückgeht: Zwar postulierte insbesondere Wolff ein wahres, ungeteiltes Eigentum, daß damit auch dem geteilten Eigentum logisch vorrangig war. Wären die naturrechtlichen Gedanken jedoch konsequent in gesetzliche Vermutungen umgesetzt worden, so hätte aufgrund der Konstruktion des Untereigentums als vom früheren Volleigentümer eingeräumter Beschränkung seiner umfassenden Verfügungsbefugnis eher die Vermutung nahegelegen, daß das volle Eigentum dem nunmehrigen Obereigentümer zustehen müsse, da dieser es auch vor der Verfügung zugunsten des Untereigentümers innehatte. Wenn demgegenüber von Gesetzes wegen – in Abkehr von der vorher herrschenden Vermutung zugunsten des Obereigentümers201 – das volle Eigentum beim Untereigentümer vermutet wird, so kann dies nicht einfach mit dem logischen Vorrang des an sich unbeschränkten Eigentums erklärt werden,202 s. o. bei (b). Hecker, Eigentum, § 10, S. 92. 199 Vgl. bspw. Pr. ALR I 18, § 672 für das Lehn und § 809 für das Erbzinsrecht. 200 Dies geschieht später auf der Basis eines Eigentumsbegriffs, der die umfassende Verfügungsbefugnis zum Wesen des Eigentums erhoben hat: „Hätte man den Maßstab der römischen Theorie an diese Verhältnisse gelegt, so hätte der Lehnsherr und der Erbzinsherr allein als Eigentümer gelten müssen, da sich ihr Recht mit dem Wegfall des Vasallen und des Erbzinsmannes konsolidiert, so daß sich die Befugnis des Vasallen und des Erbzinsmannes nur als ein ausgedehntes Recht an fremder Sache dargestellt hätte, Dernburg, Lehrbuch I, § 182, S. 416. 201 Schwab, Eigentum, S. 91. 197 198

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

167

wie er im Naturrecht herausgearbeitet worden war. Vielmehr enthalten das ALR und das ABGB insoweit eigenständige Regelungen, über deren Ursprung nur Mutmaßungen angestellt werden können: Während einiges dafür spricht, daß hier bereits staatspolitische Zielsetzungen eine Rolle gespielt haben,203 spricht für eine gesetzliche Vermutung zugunsten des Untereigentümers auch einfach das schon mehrfach erwähnte rechtliche Übergewicht204 auf seiner Seite, insbesondere Besitz und Nutzung. Als besonders augenfälliges Merkmal ist dieses eher zur Entscheidung von Streitfällen geeignet, als der bloße Anteil an der Proprietät und die vom Untereigentümer zu leistenden Abgaben. Beide Ansätze zur Festlegung des wirklichen Eigentümers sind in den zeitgenössischen Kodifikationen angelegt und von dem freien Eigentum als Ideal einer Verteilung von Grund und Boden inspiriert. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden auch beide Richtungen eingeschlagen, wenngleich auf unterschiedlichen Gebieten: Während die Rechtslehre in Anknüpfung an das römische Recht und dem maßgeblichen Einfluß Thibauts folgend den Obereigentümer als den wahren Eigentümer betrachtete, erhielt der Untereigentümer als Ergebnis der durch den Gesetzgeber bewirkten sog. Bauernbefreiung – allerdings nur bei Verpflichtung zur Leistung einer Ablösung – das volle Eigentum. Das Obereigentum erlosch völlig.205 Am Ende stand in beiden Fällen das Eigentum des sog. abstrakten Eigentumsbegriffs, das umfassend und ungeteilt war: In der Lehre hatte sich diese Vorstellung durchgesetzt; eine Bodenverfassung, deren Erfassung durch einen solchen Eigentumsbegriff problematisch gewesen wäre, existierte nicht mehr. Zusammenfassend läßt sich daher an dieser Stelle folgendes festhalten: Zum Ende des 18. Jahrhunderts war das geteilte Eigentum zwar noch in den einschlägigen Kodifikationen geregelt, sein Ende zeichnete sich aber ab. Bereits in den gesetzlichen Definitionen des Eigentums war der abstrakte und moderne Eigentumsbegriff – das Eigentum als umfassende Sachherrschaft – enthalten. Gleichzeitig war der Boden für die Durchsetzung eines abstrakten Eigentumsbegriffs vorbereitet: In Philosophie und Rechtsdogmatik zeigte sich ebenfalls eine Tendenz, das Eigentum als unteilbar, weil Ausdruck der Freiheit der Person, zu begreifen.206 Hinzu traten staatspolitische Absichten, die auf eine Abschaffung des geteilten Eigentums gerichtet waren.207 Bereits an der Entwicklung der Dogmatik des ge-

So aber Stubenrauch, §§ 357 – 360 ABGB, Anm. 3, S. 442. Schwab, Fn. 201, weist auf die einsetzende Bauernbefreiung hin. 204 Besonders deutlich schon Kreittmayr, Anmerkungen, 2. Theil, 2. Cap., § 2, S. 408: „ . . . , wohingegen Dominus utilis soweit Antheil hieran (an der Proprietät, Ergänzung durch den Verfasser) nimmt, daß, wann sich solche zwischen ihm und dem Domino directo theilen liesse, diesen beyläufig dreymal soviel als jenen hieran treffen würde.“ 205 Diesen Gegensatz zwischen der romanistisch orientierten Wissenschaft, die das Obereigentum als echtes Eigentum ansah, und der einsetzenden Bauernbefreiung beschreibt auch Schwab, Eigentum, S. 90 f. 206 s. o. bei cc). 202 203

168 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

teilten Eigentums läßt sich die Tendenz zu einem Eigentum, dessen Wesen die umfassende Sachherrschaft ist, ablesen. Es war demnach nur eine Frage der Zeit, wann die genannten Umstände zur Durchsetzung eines ungeteilten Eigentums führen mußten, wobei die Entwicklungen in Rechtslehre und in der Gesetzgebung, vornehmlich im Rahmen der Bauernbefreiung, einen unterschiedlichen Verlauf nahmen.

II. Der abstrakte Eigentumsbegriff und die Verdrängung des geteilten Eigentums in der Rechtslehre Als Beginn der Durchsetzung des abstrakten Eigentumsbegriffs in der Rechtslehre gelten die Verdrängung des geteilten Eigentums allgemein und im besonderen Thibauts Abhandlung „Über dominium directum und utile“ aus dem Jahre 1801.208 Diese Abhandlung war es, die das Ende des geteilten Eigentums in der Rechtslehre einleitete. Auch wenn bereits zuvor Angriffe auf das geteilte Eigentum geführt worden waren,209 so hatten diese jedoch keinen Erfolg erzielt. Des weiteren zeigte die privatrechtliche Gesetzgebung – trotz der oben dargestellten, in den Gesetzbüchern sichtbaren, Tendenzen – insoweit großes Beharrungsvermögen: Bei den Vorarbeiten zum österreichischen ABGB hatte sich das geteilte Eigentum noch einmal behauptet.210 Selbst bei der Adaptierung des Code Civil in Baden mußte noch eine Passage über das geteilte Eigentum an Grundstücken in das Badische Landrecht, aufgenommen werden.211 Bis zu einer ausdrücklichen gesetzgeberischen Anerkennung des sog. abstrakten Eigentumsbegriffs vergingen noch einige Jahrzehnte: Das Bürgerliche Gesetzbuch für das Königreich Sachsen von 1863 war die erste große privatrechtliche Kodifikation, die ein ausdrückliches Verbot der 207 Schon 1785 hatte bspw. Kaiser Joseph II. die böhmischen Stände aufgefordert, ihren Untertanen das Eigentum zu überlassen, Schwab, Eigentum, S. 91; zu den späteren Anfängen einer Bodenreform in Preußen, Ruhberg, Rechte, S. 86 ff. 208 MüKo-Säcker, § 903 BGB, Rdn.7; Hecker, Eigentum, S. 204 f.; Hattenhauer, Freiheit, S. 261; Kroeschell, Eigentumslehre, S. 43 und Eigentumsbegriff, S. 39; Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 138 ff. 209 Vgl. hierzu Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 31 ff; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 280; Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 126; Thibaut, Dominium, S. 67 beginnt seine Abhandlung sogar mit einer Aufzählung früherer Gegner des geteilten Eigentums.. 210 s. o. bei cc). 211 Badisches Landrecht, 2. Buch, 2. Titel, 3. Kapitel: „Vom Grund- und Nutzeigentum“, Mayer-Maly, Eigentum, S. 31; Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 133 f.; ausführlich: Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 52. Allerdings darf daraus nicht auf eine vorbehaltlose Anerkennung des geteilten Eigentums geschlossen werden. So enthielt das Badische Landrecht auch Bestimmungen die auf eine Einschränkung von Ober- und Untereigentum gerichtet waren. So sollte in Veräußerungsfällen die Eigentumsteilung nur bei besonderer Anerkenntnis des neuen Besitzers fortbestehen, vgl. Johow, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 648

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

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Aufteilung in Ober- und Untereigentum enthielt und nur noch die Einräumung von Rechten an fremder Sache zuließ.212 Bei der Schaffung des BGB schließlich stand die Verwerfung des geteilten Eigentums bereits unumstößlich fest. 1874 berief der Bundesrat eine Vorkommission zur Aufstellung von Richtlinien und zur Klärung grundsätzlicher Fragen, die das geteilte Eigentum als im Verschwinden begriffenes Rechtsinstitut ansah und deshalb eine Regelung in der neuen Kodifikation des Zivilrechts ablehnte.213 Johow erörterte zwar noch ausführlich das geteilte Eigentum; Ziel seiner Ausführungen war jedoch der Nachweis, daß das geteilte Eigentum nicht nur unrömisch, sondern mit dem Begriff des Eigentums unvereinbar sei.214 Für die erste Kommission war die Verwerfung von Ober- und Untereigentum bereits selbstverständlich: „Das Merkmal des Eigenthumes . . . kann immer nur auf einer Seite vorhanden sein. Der Satz, daß auch bei dem weitesten Inhalte eines das Eigenthum beschränkenden Rechtes diesem Rechte nicht der Charakter als Eigenthum beigemessen werden kann, ist ein Satz der Rechtswissenschaft, dessen Aussprechung im Gesetze entbehrlich und nicht angemessen ist.“215

Aus diesem Zitat wird auch deutlich, daß sich die Gesetzgebung hier auf eine bereits zum gesicherten Bestand der Rechtswissenschaft zählende Erkenntnis stützte und diese lediglich übernahm. Das geteilte Eigentum fand sich nur noch in landesrechtlichen Regelungen, soweit dies daurch die Vorbehalte in den Art. 59, 62, 63 und vereinzelt 113 EGBGB zugelassen wurde.216 Die Selbstverständlichkeit der Ablehnung des geteilten Eigentums erklärt sich aus der bereits seit Beginn des 18. Jahrhunderts geleisteten dogmatischen Vorarbeit hinsichtlich des geteilten Eigentums: Wesentlich schneller als in der Gesetzgebung vermochte sich nämlich in der Rechtswissenschaft infolge der Abhandlung Thibauts,217 deren Veröffentlichung freilich mit dem Beginn der Ablösungsgesetzge-

212 § 226 des Bürgerlichen Gesetzbuches für das Königreich Sachsen:„Die im Eigenthume enthaltenen Befugnisse können nicht unter mehreren Eigenthümern so getheilt sein, daß der eine ein Obereigenthum und der andere ein nutzbares Eigenthum hat. Die Überlassung einzelner Eigenthumsbefugnisse an einen anderen kann nur Rechte an fremder Sache begründen.“ 213 Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 81. 214 Johow, abgedruckt bei Schubert, Sachenrecht 1, S. 646 ff. 215 Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 145. Zugleich mit dem geteilten Eigentum wird auch dessen dogmatische Grundlage, ein Eigentumsbegriff der das Eigentum durch eine Aufzählung der verschiedenen eigenständigen Befugnisse des Eigentümers darstellt verworfen. Ohne diese Eigenständigkeit war auch eine Verteilung der Befugnisse auf mehrere Eigentümer und damit die Konstruktion des geteilten Eigentums nicht mehr möglich. 216 Auch diese Vorbehalte wurden durch die spätere Gesetzgebung, die Weimarer Reichsverfassung sowie das KRG Nr. 45, aufgehoben, vgl. Staudinger-Seufert (11. Auflage), Vorbemerkung vor § 903 BGB, Rdn. 21. 217 Zur Rezeptionsgeschichte dieser Abhandlung vgl. Hecker, Eigentum, S. 205; Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 58 ff.; Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 134 ff. Thibaut

170 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

bung zusammenfiel,218 ein Eigentumsbegriff durchzusetzen, der mit der Rechtsfigur des geteilten Eigentum unvereinbar war. Es ist nicht auszuschließen, daß die Durchsetzung des sog. abstrakten Eigentumsbegriffs von dem Verschwinden eines Rechtsinstitutes, welches mit diesem Eigentumsbegriff unvereinbar war, begünstigt wurde.219 Die rasche Verbreitung des abstrakten Eigentumsbegriffs in der Rechtswissenschaft – im Gegensatz zur Gesetzgebung auf dem Gebiet des Privatrechts – zeigt aber, daß die im folgenden darzustellende Entwicklung eine Eigendynamik besaß, die von der Ablösung des geteilten Eigentums weitgehend unabhängig war.

1. Der Eigentumsbegriff Thibauts Thibaut definierte das Eigentum wie folgt: „Das Eigenthum (dominium) ist das, gewöhnlich dingliche Recht, vermöge dessen Natur Jemandem die unbedingte Befugniß zusteht, über eine einzelne körperliche Sache zu selbstnützigen Zwecken nach Willkühr zu schalten. Da ein Recht durch äußere Beschränkungen gehemmt werden kann, so läßt es sich mit jenem Begriff sehr wohl vereinigen, wenn das Recht des Eigenthümers durch Gesetze, oder Willkühr beschränkt wird. Aber eben dadurch charakterisiert sich doch immer sein Recht, daß es in seinem unbedingten Umfange wieder wirksam wird, sobald jene Beschränkungen wegfallen.“220

Das Eigentum enthielt nach Thibaut im wesentlichen Nutzungs- und Proprietätsrechte.221 Hier klingt noch die in der naturrechtlichen Lehre und in den von dieser beeinflußten Kodifikationen verbreitete Vorstellung an, derzufolge das Eigentum aus mehreren einzelnen Rechten bestand. Diese Darstellung des Eigentums stand, wie schon erwähnt, in engem Zusammenhang mit der Aufspaltung des Eigentums durch Verteilung der verschiedenen Rechte auf mehrere Personen: Ohne eine Aufspaltung des Eigentums in verschiedene Rechts hätte sich die Teilung des Eigentums dogmatisch nicht fassen lassen. Die entscheidende Neuerung liegt in der Trennung zwischen dem Begriff des Eigentums als unbedingtes Recht und den darin enthaltenen Befugnissen, also dem Inhalt des Eigentums. Die für die moderne Eigentumsdoktrin so wichtige Unterscheidung zwischen Begriff und Inhalt des Eigentums222 ist hier bereits durch die Gegenüberstellung der Definition des Eigentums und der Klassifizierung der im Eigentum enthaltenen Rechte angelegt, wenngleich noch nicht konsequent verwirklicht: Die zum Inhalt des Eigentums

selbst stellte im Jahre 1814 schon fest, daß seine Verwerfung des geteilten Eigentums „allgemeinen Beyfall gefunden“ habe, Rechte, S. 267. 218 s. o bei 2. 219 Hecker, Eigentum, § 22, S. 206; Lautz, Entwicklungsgeschichte, S. 105 ff.; ähnlich Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 282. 220 Thibaut, System, § 699, S. 225. 221 Thibaut, System, § 701, S. 226. 222 Vgl. oben 1. Teil.

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

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zählenden Beschränkungen werden noch gemeinsam mit dem Begriff des Eigentums behandelt. In den Grundzügen ist dieser Eigentumsbegriff mit dem des geltenden Zivilrechts223 identisch. Das Eigentum gewährt dem Eigentümer die umfassende Befugnis, über das Schicksal der ihm gehörenden Sache zu bestimmen. Begrifflich ist das Eigentum unbegrenzt, wenngleich die Rechte des Eigentümers eingeschränkt sein können, ohne daß sich das Eigentum seinem Wesen nach verändert.224 Damit ist zugleich die sog. Elastizität des Eigentums, die Fähigkeit, bei Wegfall einer Beschränkung wieder zur ursprünglichen, umfassenden, Berechtigung zu erstarken, verbunden.

a) Das „wahre Eigentum“ Aus der schon erwähnten Abhandlung „Über dominium directum und dominium utile“ läßt sich entnehmen, daß der geschilderte Eigentumsbegriff im wesentlichen bereits für die Verwerfung des geteilten Eigentums maßgeblich war,225 wenngleich die strikte Trennung zwischen Begriff und Inhalt des Eigentums noch nicht so deutlich in den Vordergrund tritt: Immer noch wird im einzelnen aufgezählt, welche Rechte das Eigentum ausmachen. Jedoch ist Thibaut schon bestrebt, ein Kriterium festzulegen, mit dem das wahre Eigentum gekennzeichnet werden kann, um es von Rechten an fremder Sache abzugrenzen. Für Thibaut sind dies die wesentlichen Proprietätsrechte. Darin liegt aber das – für die Zivilrechtswissenschaft am Beginn des 19. Jahrhunderts kennzeichnende226 – Bemühen, von den konkreten Befugnissen eines Eigentümers im Einzelfall abstrahierend ein unteilbares Eigentum begrifflich zu fassen, das durch eine noch so weitgehende Beschränkung seinen Charakter nicht verliert. Thibaut definierte das Eigentum in der Abhandlung über das dominium folgendermaßen: „Das eigentliche Eigentum befaßt, in seinem ganzen Umfange, mannichfaltige Rechte. Der Eigenthümer kann nämlich erstens alle Früchte der Sache ziehen, er kann sie ferner durch eine dingliche Klage verfolgen, und endlich außerdem noch viele andere Rechte an der Sache ausüben, sie veräußern, ihre Form verändern, sie destruiren u. s. w. . . . Der Eigenthümer kann einem anderen die teilweise oder vollständige Abnutzung seiner Sache überlassen (Servituten, Nießbrauch), oder jemand bloß einzelne Proprietäts-Rechte concediren (Verpfändung), oder zu dem Nutzungsrechte noch einzelne Proprietäts-Rechte hinzulegen. Zu dieser letzten Classe gemischter Rechte gehört die Emphyteusis und Superficies. Vgl. oben 1. Teil. Nach heutiger Terminologie wäre Thibaut ein Vertreter der sog. Außentheorie, vgl. oben 1. Teil, E. 225 Hattenhauer, Freiheit, S. 261 bezeichnet die genannte Abhandlung noch weitergehend als dogmatische Ausformung des bürgerlichen Eigentumsbegriffs. 226 s. u. bei III. 223 224

172 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff Solange der Eigenthümer die wesentlichen Proprietäts-Rechte einem andern nicht gänzlich übertragen hat, und nur erlaubt, daß ein andrer einzelne Rechte an seiner Sache ausübe, ist und bleibt er wahrer Eigenthümer, und die, welchen jene anderen Rechte concedirt sind, haben nichts weiter als ein ius in re aliena.“227

In einer späteren Abhandlung hat Thibaut dies prägnant mit den Worten „Eigenthum und Eigenthum heben sich auf“228 zusammengefaßt. Der Eigentumsbegriff selbst wurde von Thibaut nicht hergeleitet, sondern als „wahres“ oder „eigentliches“ Eigentum229 vorausgesetzt.230 Das ist umso auffälliger, als Thibaut gerade die rein historische Ermittlung des Begriffs des geteilten Eigentums anstrebte.231 Und es war gerade dieser Eigentumsbegriff, der letztlich Thibauts Ablehnung des geteilten Eigentums trug und für den Erfolg seiner Abhandlung verantwortlich war,232 nicht die vorhergehende Kritik Thibauts an den Befürwortern des dominium utile233 und der Nachweis, daß es sich um einen Irrtum der Glossatoren handelte.234 Es stellt sich aber angesichts dessen die Frage, wie Thibaut selbst zu diesem Eigentumsbegriff gelangte.

b) Die Anknüpfung Thibauts an die naturrechtliche Lehre Mit letzter Sicherheit läßt sich die Herkunft des von Thibaut vorausgesetzten Eigentumsbegriffs wohl nicht feststellen, da er selbst an keiner Stelle einen Hinweis auf die Quellen gab. Angesichts der im folgenden darzustellenden Parallelen der Ausführungen Thibauts zur bereits dargestellten Eigentumsdoktrin Wolffs235, die hier stellvertretend für die naturrechtliche Lehre herangezogen werden soll, besteht zumindest eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß sich Thibaut an dieser orientierte.236 Thibaut, Dominium, S. 85 f. Thibaut, Emphyteuta, S. 272. 229 Thibaut, Dominium, S. 85 ff.: Beide Ausdrücke werden dort mehrfach verwendet. 230 MüKo-Säcker, § 903 BGB, Rdn. 7; Hecker, Eigentum, § 22, S. 204 f.; Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 138 spricht vom apriorisch-axiomatischen Eigentumsbegriff Thibauts. 231 Thibaut, Dominium, S. 78: „. . . die historia dogmatis kann allein auf den wahren Begriff führen.“ 232 Hecker, Eigentum, § 22, S. 205; Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 137 f. gegen Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 61 f. 233 Thibaut, Dominium, S. 68 ff. 234 Thibaut, Dominium, S. 89. 235 s. o. bei I. 236 Hattenhauer, Grundbegriffe, § 7, S. 121 stellt den Eigentumsbegriff Thibauts ausdrücklich in die „Tradition des Vernunftrechtes“; vgl. auch Mayer-Maly, Eigentumsverständnis: „Jener liberale Eigentumsbegriff, den ein beträchtlicher Teil der Pandektisten des 19. Jahrhunderts anerkannt hat, und den man wohl deshalb zu Unrecht als römisch-rechtlich klassifiziert, dürfte seine Wurzeln in der rationalistischen Naturrechtslehre haben.“ Ebenso Wieacker, Wandlungen, S. 17 und 54. 227 228

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

173

Bereits eine rein semantische Ähnlichkeit läßt vermuten, daß Thibaut von naturrechtlichem Gedankengut beeinflußt wurde: Wolff bezeichnete das volle Eigentum als das ursprüngliche Eigentum, das seinen Inhaber berechtige, mit der Sache nach seinem Willen zu verfahren.237 Dieses ursprüngliche Eigentum war bei Wolff eine vorpositive Kategorie und bedurfte keiner Anerkennung durch die Rechtsordnung, zumal es mit dem Naturrecht in Einklang stand.238 Ein solches Eigentum kann auch, wie dies Thibaut tat, als wahres oder eigentliches Eigentum bezeichnet werden, ohne daß sich der Bedeutungsgehalt wesentlich verändert. Der Eindruck, daß sich Thibaut bei der Formulierung seines Eigentumsbegriffs zumindest an das Naturrecht Wolffscher Prägung anlehnte, verstärkt sich bei der Betrachtung der Definition des Eigentums, die Thibaut in seinem Lehrbuch gab: Danach gehörte es zur Natur des Eigentums, daß der Eigentümer mit der Sache nach seiner Willkür verfahren durfte.239 Die Verwandtschaft zu der Definition Wolffs240 ist offenkundig. Im übrigen erklärt dies auch, warum Thibaut den Eigentumsbegriff in seiner Abhandlung über das dominium utile nicht herleiten mußte: Entspricht dieser der Natur der Sache, so bedarf er keiner weiteren Begründung. Bei einer historischen Ableitung des Eigentums durch Thibaut wäre aber zumindest zu erwarten gewesen, daß er seine Quellen offenlegt, zumal auch das Corpus Iuris, das er in seiner Abhandlung zumeist auslegt, keine Definition des Eigentums als umfassende Sachherrschaft enthielt.241 Dem klassischen römischen Recht war zwar die strikte Trennung zwischen Eigentum und Rechten an fremder Sache eigen; daraus folgt jedoch nicht zwingend ein auf Sachherrschaft gegründeter Eigentumsbegriff.242 Mit dieser Vorgehensweise – dem Nebeneinander von Auslegung der ursprünglichen Rechtsquellen und der Anknüpfung an eine im Naturrecht gefestigte Begrifflichkeit – zeigt sich nicht zuletzt die Stellung Thibauts als Mittler zwischen Wolffs Naturrecht und der späteren historischen Schule.243 Eng mit der Ähnlichkeit von ursprünglichem und eigentlichem Eigentum hängt eine weitere Parallele zwischen den Ausführungen Wolffs und Thibauts zusammen. Für beide Autoren war immer derjenige der eigentliche Eigentümer, der die Proprietät hatte. Wenn Thibaut dies – um einer Aufspaltung des Eigentums in ein237 Wenngleich diese Definition bereits zu Zeiten Wolffs auf eine lange Geschichte zurückblicken konnte – schon Bartolus hatte das dominium in dieser Weise umschrieben –, so hat doch gerade die naturrechtliche Anknüpfung diese Definition bewahrt und tradiert; zur Historie dieser Definition Willoweit, Historisches Jahrbuch 94 (1974), S. 131 ff. 238 Mayer-Maly, Eigentum, S. 30 f. 239 Vgl. Olzen, JuS 1984, S. 328 ff., S. 334. 240 Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das Recht des Eigentümers, über seine Sache zu verfügen; dies ist allerdings kein besonderes Charakteristikum der Definition Wolffs, sondern das ius disponendi als Recht mit einer Sache zu verfahren trat im 17. und 18. Jahrhundert immer mehr in den Vordergrund, vgl. Hecker, Eigentum, § 10, S. 88 ff. 241 Darauf weist auch Olzen, vgl. Fn. 239, hin. 242 Vgl. Willoweit, Historisches Jahrbuch 94 (1974), S. 131 ff., S. 147 zu der auf der Zuordnung beruhenden Eigentumsdefinition des Baldus. 243 Schröder, Thibaut, S. 422.

174 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

zelne Rechte vorzubeugen – auf die wesentlichen Proprietäts-Rechte verengte, so bleibt die Übereinstimmung doch sichtbar. Dies gilt umso mehr, als sowohl nach Wolff als auch den Erläuterungen Thibauts zufolge die Proprietät den wahren Eigentümer auszeichnete, weil dieser die Nutzung einem anderen einräumen konnte, ohne sein Eigentum zu verlieren. Daß Thibaut an naturrechtliche Grundlagen anknüpfte, zeigt schließlich der bereits erwähnte Versuch, die verschiedenen, zum Eigentum gehörenden Rechte aufzuzählen. Dies entsprach der von Wolff verwendeten Methode, das Eigentum zu erläutern, die darüber hinaus auch Eingang in die oben behandelten Kodifikationen gefunden hatte. Aufgrund der genannten Ähnlichkeiten, die über Äußerlichkeiten weit hinaus gehen, erscheint die Annahme, Thibaut habe sich an naturrechtlichen Vorstellungen orientiert, nicht fernliegend, zumal Thibaut das Naturrecht als – wenn auch nicht zu erreichendes – Ideal für das geltende Recht ansah.244 Die Tatsache, daß die naturrechtliche Lehre eine große Nähe zu den römischen Quellen aufwies,245 mag insofern ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Festhalten läßt sich auf jeden Fall, daß sich die Eigentumsdogmatik Thibauts in wichtigen Punkten eng an die naturrechtliche Doktrin anlehnt. Es dürfte hingegen schwierig zu beweisen sein, daß die idealistische Philosophie Kants und Hegels Auswirkungen auf die Formulierung eines Eigentumsbegriffs durch Thibaut und den anfänglichen Erfolg seiner Abhandlung über das dominium utile hatten.246 Die erste Ausgabe von Hegels „Grundlinien der Philosophie des Rechts“ datiert von 1821 und konnte daher weder Thibaut beeinflussen noch die positive Aufnahme von dessen Abhandlung begünstigen. Kant hingegen hatte die Aufspaltung des Eigentums in dominium directum und dominium utile in der „Metaphysik der Sitten“ noch ausdrücklich anerkannt.247 Immerhin besteht zumindest die Möglichkeit, daß schon Thibaut auf Grundgedanken der Philosophie Kants bei der Aufstellung seiner Eigentumsdefinition zurückgriff. Während seines Studiums in Königsberg hatte Thibaut auch Kant gehört.248 Bei Kant findet sich eine enge Verknüpfung von Eigentum und Freiheit, in der zugleich als Voraussetzung die Herrschaft des Menschen über die äußeren Dinge enthalten ist.249 Noch weitergehend wird zum Teil postuliert, daß das Recht auf Eigentum bei Kant nur im Hinblick auf das angeborene Freiheitsrecht des Menschen verstanden werden könne.250 Auch wenn es möglicherweise gerade der freiheitliche Impetus der umfassenden Sachherrschaft war, der diesem Eigentumsbegriff den Erfolg gesichert Stintzing / Landsberg, Geschichte III 2, S. 77. s. o. bei I. 246 Dies deutet aber Hattenhauer, Lehre, S. 39 an. 247 Kant, Metaphysik, 1. Teil, 1. Hauptstück, § 17, S. 382. 248 Schröder, Thibaut, S. 420. 249 Hecker, Eigentum, § 19, S. 193 f.; zur Begründung des Eigentums bei Kant umfassend Brandt, Eigentumstheorien, 202 ff. 250 Schild, Begründungen, S. 47. 244 245

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

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hat,251 so bedeutet dies nicht zwingend, daß Thibaut den von ihm vorausgesetzten Eigentumsbegriff nicht in Anlehnung an naturrechtliche Begriffsbildungen entwickelt hätte. Denn Kant selbst hatte seine Definition des Eigentums, die auf das Verfügungsrecht des Eigentümers abstellte,252 an naturrechtliche Vorstellungen angelehnt. Dies zeigt schon die Tatsache, daß Kant auf das für die naturrechtliche Doktrin typische „ius disponendi“253 zurückgreift. Ohnehin hatte sich Kant an den Vorstellungen des Naturrechtlers Gottfried Achenwall254 und dessen Werk „Ius Naturae“ angelehnt.255 In jedem Fall würde danach auch eine Beeinflussung Thibauts durch Kant wiederum als – wenn auch mittelbare – Anknüpfung an das Naturrecht erscheinen.

c) Thibauts Weiterentwicklung des Eigentumsbegriffes gegenüber dem Naturrecht Ebenso auffällig wie die Ähnlichkeiten sind die – über die striktere Trennung von Begriff und Inhalt des Eigentums hinausgehenden – Abweichungen Thibauts von der Lehre Wolffs, auch soweit sie über die Ablehnung des geteilten Eigentums durch Thibaut hinausgehen. Während das Eigentum für Wolff noch untrennbar mit der Pflicht zum rechten, d. h. pflichtgemäßen, Gebrauch verbunden war,256 fehlt eine solche Pflichtigkeit des Eigentümers bei Thibaut: Das Eigentum dient den selbstnützigen Zwecken des Eigentümers. Dieser Unterschied zeigt sich beispielsweise in der Tatsache, daß nach Thibaut dem Eigentümer ohne weiteres das Recht zustand, die Sache zu zerstören.257 Wolff hatte dieses ausdrücklich nicht zum Eigentum gezählt; nur soweit eine natürliche Verbindlichkeit die Zerstörung oder das anderweitige Unbrauchbarmachen der Sache verlangte, durfte der Eigentümer dieser Folge leisten.258

251 Vgl. nur Schwab, Eigentum, S. 80 ff.; Hattenhauer, Grundbegriffe, § 7, S. 119 ff.; zu den Gründen für die Durchsetzung der Definition des Eigentums als umfassender Sachherrschaft ausführlich unten S. 300 ff. 252 Kant, Metaphysik, 1. Teil, 1. Hauptstück, § 17, S. 381. 253 Kant, vgl vorige Fn. 254 Achenwall baute sein System der praktischen Staatswissenschaften auf dem Naturrecht auf, vgl. Zahn / Meier, Achenwall, S. 32. 255 Hecker, Eigentum, § 19, S. 191 f. 256 Wolff, Institutiones, Pars II, Cap. I, § 202, S. 74; vgl. Olzen, JuS 1984, S. 328 ff., S. 334; nach Hattenhauer, Freiheit, S. 262 stand die Pflicht für Wolff sogar im Vordergrund. Umfassend zur privatrechtlichen Pflichtenlehre Wolffs Luig, Pflichtenlehre, S. 209 ff. 257 Das Recht des Eigentümers, seine Sache zu zerstören, war von der naturrechtlichen Lehre zumeist nicht zum Eigentum gezählt, zumindest aber auf Ausnahmefälle beschränkt worden, Hecker, Eigentum, S. 100 ff. m. w. N. 258 Wolff, vgl. Fn. 256, § 255, S. 90; darauf weist auch Mayer-Maly, Eigentumsverständnis, S. 154 hin.

176 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

Weiterhin fehlte die Unterscheidung zwischen dem ursprünglichen Eigentum als naturrechtlicher und damit vorpositiver Kategorie und dem durch die Gesetze gestalteten Eigentum, das auch ein geteiltes sein kann. Vielmehr wurde das wahre Eigentum als Individualeigentum von Thibaut einfach als einzige denkbare Möglichkeit seiner Lehre zugrundegelegt.259 Das dürfte auch der entscheidende Hinweis auf die Methode Thibauts bei der Formulierung seines Eigentumsbegriffs sein: Es entsteht aufgrund der vorhergehenden Erörterungen der Eindruck, als habe Thibaut die naturrechtliche Definition des Eigentums in die Dogmatik des Zivilrechts übertragen260 und dabei der spezifisch naturrechtlichen Elemente, wie beispielsweise der besonderen Pflichtigkeit, entkleidet. Auf diese Weise konnte es zu einem Eigentumsbegriff kommen, der auch in der zivilrechtlichen Dogmatik eine unwandelbare und unteilbare Gestalt erhielt.261 Für ein solches Vorgehen spricht nicht zuletzt die von Thibaut in seinem „System des Pandektenrechts“ vorgenommene Systematisierung des römischen Rechts ohne Rücksicht auf das seinerzeit geltende Recht262 und damit frei von der Notwendigkeit, die in der Realität noch vorhandenen Institute des geteilten Eigentums theoretisch rechtfertigen zu müssen. Zugunsten der Systematik konnte ein Eigentumsbegriff zugrundegelegt werden, der nur noch einen Eigentümer und neben ihm lediglich Berechtigte an einer fremden Sache kennt. Systematische Klarheit verband sich so mit der Anknüpfung an das klassische römische Recht und an die naturrechtliche Theorie. Daß für Thibaut auch im Hinblick auf den Eigentumsbegriff systematische Stringenz im Vordergrund stand, zeigt auch nicht zuletzt ein Vergleich der früheren, in der Abhandlung über das dominium enthaltenen, Beschreibung des Eigentums und der späteren Definition im System des Pandektenrechts: Letztere wirkt klarer und in sich geschlossener, betont aber gleichzeitig die umfassende Sachherrschaft des Eigentümers. Ein geteiltes Eigentum war somit dogmatisch überflüssig und falsch geworden. Diese Konsequenz war, wie immer wieder betont werden muß, allerdings bereits in den naturrechtlichen Eigentumsdefinitionen und der immer stärkeren Betonung der Freiheit des Eigentümers angelegt. So revolutionär die Abkehr von einem pflichtgebundenen und teilbaren Eigentum und die folgende Hinwendung zu einem begrifflich unumschränkten und unteilbaren Eigentum auf den ersten Blick scheinen mag: Es dürfte letztlich nicht verfehlt sein, dies als – wenn auch deutliche – Akzentverschärfung zu werten.263

Hattenhauer, Freiheit, S. 261. Es ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert, daß Thibaut in seiner späteren Eigentumsdefinition von der „Natur“ des Eigentums spricht. 261 Willoweit, Historisches Jahrbuch 94 (1974), S. 131 ff., S. 151 geht noch weiter und stellt fest, daß das 19. Jahrhundert nichts wesentlich Neues zum Eigentumsbegriff beigesteuert habe. 262 Landsberg, Thibaut, S. 740. 263 Schwab, Eigentum, S. 75. 259 260

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

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d) Zusammenfassung Mit Thibauts Abhandlung aus dem Jahre 1801 hatte nicht nur die Rechtsfigur des geteilten Eigentums, soweit es die Dogmatik des Zivilrechts betraf, einen „vernichtenden Schlag erhalten“264; von weitaus größerer Bedeutung war die Formulierung und Verwendung eines Begriffs des wahren oder eigentlichen Eigentums, der in der Folgezeit durch die romanistische Wissenschaft zum einzig anerkannten werden sollte. Insbesondere die Beschränkung dieses Eigentumsbegriffs auf die Zivilrechtsdogmatik ist gegenüber früheren, mitunter ebenfalls auf die Herstellung eines wahren oder echten Eigentum gerichteten Versuchen265 neu und dürfte dem Eigentumsbegriff Thibauts den Erfolg gesichert haben: Unabhängig von der politischen Einstellung266 konnte der Eigentumsbegriff als Grundbaustein einer systematischen Darstellung des Sachenrechts verwendet werden.267 Thibaut ging an keiner Stelle auf den möglichen Zusammenhang zwischen dem unteilbaren und umfassende Sachherrschaft gewährenden Eigentum und der Bauernbefreiung ein, sondern akzeptierte Institute wie das Lehnswesen oder die Erbpacht, soweit sie nicht als Eigentum bezeichnet wurden. Thibauts Eigentumsbegriff selbst dürfte – hierfür sprechen die dargestellten Indizien – zumindest in Anlehnung an naturrechtliche Vorstellungen von ihm entwickelt worden sein, wobei Thibaut einzig und allein eine widerspruchsfreie dogmatische Konstruktion anstrebte. Im folgenden soll die bereits angesprochene Unabhängigkeit der Begriffsbildung Thibauts von den Wandlungen der Eigentumsverfassung in der Realität näher beleuchtet werden: Weder wollte Thibaut einer Verbreitung freien Eigentums unter der Landbevölkerung Vorschub leisten, noch spielte die zivilrechtliche Dogmatik des Eigentums bei der Bauernbefreiung, dargestellt am Beispiel Preußens, eine Rolle.

2. Der abstrakte Eigentumsbegriff und die Ablösung des geteilten Eigentums Zeitlich fiel das Erscheinen der Abhandlung Thibauts in etwa mit dem Beginn der sog. Bauernbefreiung268 zusammen. Wenngleich es sich bei der Bauernbefreiung, in deren Mittelpunkt die Herauslösung der Bauern aus den feudalen Abhängigkeiten stand, und Thibauts rein zivilrechts-dogmatische Begründung des Eigentumsbegriffs um völlig unterschiedliche Sachverhalte handelt, so wird doch immer Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 61. Vgl. Schwab, Eigentum, S. 89 f. 266 Vgl. hierzu die Ergebnise von Busz, Historische Schule, S. 219 ff., der nachweist, daß die historische Schule, insbesondere der romanistische Zweig, an der Bauernbefreiung kaum Anteil hatte, sondern sich gegenüber den politischen Fragen weitgehend neutral verhielt, zu Thibaut im besonderen S. 80 ff. 267 Peter, Wandlungen, S. 112 f. 268 Zu diesem Begriff: Winterberg, Bauernbefreiung, Sp. 325 ff. 264 265

12 Lehmann

178 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

wieder ein Zusammenhang zwischen der Bauernbefreiung und dem von Thibaut vorgetragenen Eigentumsbegriff hergestellt. Dies geschieht in unterschiedlicher Weise: Einerseits wird der sog. abstrakte Eigentumsbegriff als eines der die Bauernbefreiung auslösenden Momente angesehen269 bzw. Bauernbefreiung und Durchsetzung des abstrakten Eigentumsbegriffs als einheitlicher Vorgang aufgefaßt.270 Andererseits erwecken manche Äußerungen den Anschein, als habe Thibaut seine Abhandlung über dominium directum und dominium utile unter dem Eindruck der Bauernbefreiung formuliert.271 Beiden Ansätzen muß jedoch widersprochen werden. a) Keine Auswirkungen der zivilrechtlichen Eigentumsdogmatik auf die Bauernbefreiung Zweifel an einer direkten Auswirkung des abstrakten Eigentumsbegriffs weckt schon der zeitliche Zusammenhang von Thibauts Abhandlung über „Dominium utile und dominium directum“ und dem Beginn der Bauernbefreiung. Besonders augenfällig ist dies im Falle Preußens272: 1794 trat das Pr. ALR in Kraft, welches die überkommene Grundeigentumsordnung nicht nur aufgenommen hatte, sondern darüber hinaus auch festigen sollte.273 Von 1799 bis 1806 hatte eine Befreiung der auf den Staatsdomänen ansässigen Bauern von der Gutsuntertänigkeit stattgefunden, in deren Verlauf zunächst die Pflicht zur Leistung von Frondiensten in Zinspflichten bzw. Naturalabgaben umgewandelt und per Verordnung vom 29. 12. 1804 die Gutsuntertänigkeit der Domänenbauern aufgehoben worden war.274 Aufgrund dieser Maßnahme erlangten bereits etwa 50.000 Bauern persönliche Freiheit und freies Eigentum.275 Schließlich erhielten die Bauern in einigen Provinzen die Möglichkeit, gegen Zahlung eines Einkaufsgeldes das volle und lastenfreie Eigentum an den von ihnen bewirtschafteten Grundstücken zu erwerben. Weitere Bemühungen in dieser Richtung scheiterten am Widerstand des Adels.276 269 O. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 496; in dieser Hinsicht zumindest mißverständlich Hecker, Eigentum, § 22, S. 205. 270 Dies legen die Ausführungen von Mayer-Maly, Eigentum, S. 32 und Hattenhauer, Freiheit, S. 260 f nahe; ebenso Schwab, Eigentum, S. 89. 271 Hattenhauer, Vereintes und entzweites Eigentum, S. 83: „Wenn sich Thibaut mit seiner Kritik an der Lehre auch rein fachwissenschaftlicher Methode und Argumentation bediente, so wußte man jedoch auch damals, daß es ihm um mehr ging als um die Berichtigung eines Mißverständnisses in der herkömmlichen Auslegung des Corpus Iuris, nämlich um die Bauernbefreiung (Hervorhebung durch den Verfasser); vgl. auch ders., Freiheit, S. 260 und ähnlich in Grundbegriffe, § 7, S. 123; Schröder, Thibaut, S. 422. 272 Zur Bauernbefreiung in Preußen vgl. E. R. Huber, Verfassungsgeschichte I, § 14, S. 183 ff.; Dany, Grundeigentum, S. 105 ff.; Ruhberg, Rechte, S. 52 ff.; Welkoborsky, Herausbildung, S. 49 ff.; Habermann, Gesetzgebung; S. 3 ff., jeweils m. w. N. 273 Ruhberg, Rechte, S. 84. 274 Habermann, Gesetzgebung, S. 10; zu den Einzelheiten Ruhberg, Rechte, S. 89 ff. 275 Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. I, § 14, S. 185.

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

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Das berühmte „Edikt den erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grundeigentums sowie die die persönlichen Verhältnisse der Landbewohner betreffend“, das sog. „Martini-Edikt“,277 erging am 9. 10. 1807, also nur 13 Jahre nach Inkrafttreten des ALR. Mit dem Martini-Edikt wurde die Befreiung der Privatbauern eingeleitet: Die Gutsuntertänigkeit der Bauern in ganz Preußen wurde, wenn auch in Etappen, beendet; eine Neubegründung wurde ausgeschlossen. Die Eigentumsverhältnisse278 blieben jedoch unverändert; die Bauern erlangten lediglich persönliche Freiheit. Wie aus der Präambel des Martini-Edikts deutlich wird, stand dabei auch nicht die Durchsetzung freien Eigentums im Vordergrund:279 Entscheidend war vielmehr das Bestreben zu einer wirtschaftlich effektiveren Nutzung der wirtschaftlichen Ressourcen Preußens zu gelangen, die nach der Niederlage von Jena und Auerstedt und dem 1807 geschlossenen Frieden von Tilsit für Preußen überlebensnotwendig war.280 Für die Entwicklung eines neuen Eigentumsbegriffs waren andere, im Martini-Edikt getroffene, Regelungen zur Neuregelung der Eigentumsverfassung wesentlich bedeutender.281 Insbesondere wurden durch die §§ 1 und 2 die bisherigen Standesschranken für den Rechtsverkehr mit Grundstücken ersatzlos aufgehoben und in den §§ 3 – 5 sowie 8 und 9 die Dispositionsbefugnis der Grundstückseigentümer gestärkt.282 Damit wurde die Eigentumsverfassung dem Eigentum als umfassender Sachherrschaft wesentlich stärker angenähert, als dies aufgrund der Regelungen über die Gutsuntertänigkeit der Fall war. Mit der Besserung der Lage Preußens durch die Niederlagen Napoleons und der Ablösung Steins durch Hardenberg verlangsamte sich auf die Herstellung eines freien Eigentums gerichtete Bewegung der Gesetzgebung. Mit dem Regulierungsedikt und dem Landeskulturedikt, beide von 1811, wurde zwar noch die Ablösbarkeit des grundherrlichen Obereigentums festgelegt, der Erwerb freien Eigentums durch die Bauern jedoch an hohe Ausgleichszahlungen,283 zu erbringen in Geld oder Land, geknüpft.284 Die Schwierigkeiten bei der Aufbringung der AblösungsWinterberg, Bauernbefreiung, Sp. 327. Bspw. Welkoborsky, Herausbildung, S. 51. Der Name rührt von dem § 12 des Edikts her, demzufolge mit dem Martini-Tage 1810 alle Gutsuntertänigkeit aufhören und es nur noch freie Leute geben sollte, abgedruckt bei Grotefend, Gesetze, Bd. I (1806 – 1849), S. 13 ff. 278 In § 3 des Edikts wurde das Obereigentum sogar ausdrücklich bestätigt. 279 Die Verleihung freien Eigentums an alle Bauern hatte auch bei den Vorarbeiten nie im Vordergrund gestanden, Ruhberg, Rechte, S. 88 ff. 280 Preußen hatte nicht nur die im Lande stehenden französischen Truppen zu versorgen, sondern sah sich auch französischen Kontributionsforderungen in Höhe von 120 Millionen Franken ausgesetzt, denen Werte von etwa 122 Millionen Franken gegenüberstanden, vgl. Schoeps, Preußen, S. 112 f. 281 Welkoborsky, Herausbildung, S. 52. 282 Zu dieser Entwicklung umfassend Köbler, Regelung, S. 201 ff. 283 Dies war aus Sicht des Preußischen Staates die einzige Möglichkeit, den ansonsten wegen der Entziehung der Rechte der Obereigentümer an diese zu leistenden Ausgleichszahlungen nach § 75 Einleitung zum ALR zu entgehen, Ruhberg, Rechte, S. 114. 284 Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. I, § 14, S. 194 f. 276 277

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summen, die komplizierten Verfahrensregelungen285 und die Einschränkungen der Regulierungsfähigkeit der Bauernstellen durch die Deklaration von 1816286 erschwerten die allgemeine Herstellung freien Eigentums. Erst 1850, nachdem die Herstellung freien Eigentums zum Verfassungsauftrag geworden war,287 erging das Gesetz betreffend die Ablösung der Reallasten und die Regulierung der gutsherrlichen und bürgerlichen Verhältnisse vom 3. März 1850,288 mit dessen Vollzug die Regulierung allmählich zum Ende kam, wenngleich sich die Herstellung freien Eigentums bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hinzog.289 aa) Zu den Ursachen der Bauernbefreiung in Preußen Die Ursachen der Bauernbefreiung in Preußen sind vielfältig. Neben dem geistigen Hintergrund der Zeit waren es vor allem äußere Einflüsse und die daraus folgenden staatspolitischen Notwendigkeiten, aus denen letztlich die Antriebe zu einer umfassenden Neuordnung der bäuerlichen Grundstücksverhältnisse folgten. Durch Vermittlung des Königsberger Professors Christian Jacob Kraus290 hatte das Gedankengut des wirtschaftlichen Liberalismus im Anschluß an Adam Smith weite Verbreitung gefunden. Danach sollte insbesondere das freie Wirtschaften des einzelnen, verbunden mit freiem Eigentum, die allgemeine Wohlfahrt fördern. Gleichzeitig hatte das Privateigentum auch auf der Basis der Philosophie Kants Auftrieb erhalten.291 Schon 1801 hatte der Freiherr vom Stein in einem Bericht über den Zustand im preußischen Westfalen das freie Eigentum der Domänenbauern vor dem Hintergrund der Ertragssteigerung, aber auch im Hinblick auf die persönliche Unfreiheit der Bauern als wünschenswert angesehen und die „Überweisung des ungeteilten Eigentums“ an die Bauern gefordert.292 Hinzu traten Steins staatsbürgerliche Überlegungen, nämlich die Entwicklung eines Gefühls der unmittelbaren Zugehörigkeit der Bürger zum Staat durch Beseitigung der zwischen dem preußischen Staat und seinen Angehörigen stehenden „Zwischengewalten“, insbesondere der Gutsuntertänigkeit.293 Aus dem Bauernstand sollte eine Schicht selbstverantwortlich mithandelnder Staatsbürger werden.294 Hierzu ausführlich Jamin, Aufbau, insbesondere S. 161 ff. Dazu insgesamt Ruhberg, Rechte, S. 111 ff. 287 Art. 42 der Verfassung für Preußen vom 31. Januar 1850, abgedruckt bei Grotefend, Gesetze, Bd. II, (1850 – 1868), S. 6. 288 Abgedruckt bei Grotefend, vgl. vorige Fn., S. 21 ff. 289 Ruhberg, Rechte, S. 178 ff. 290 Dieser hatte insbesondere auch das freie Eigentum der Bauern im Hinblick auf die Steigerung der Produktivität befürwortet, Kraus in einem Brief an den Kammerpräsidenten von Westpreußen aus dem Jahre 1799, abgedruckt bei Conze, Quellen, S. 76 ff. 291 Vgl. die um fassende Darstellung bei Ruhberg, Rechte, S. 52 ff. und S. 87 ff. 292 Abgedruckt bei Botzenhart, Freiherr vom Stein, S. 47 ff., S. 51 ff. 293 Ruhberg, Rechte, S. 100 f. 294 Schwab, Eigentum, S. 84; Winterberg, Bauernbefreiung, Sp. 328. 285 286

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

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Vor dem Hintergrund der katastrophalen Niederlage Preußens sorgte die Notwendigkeit der Steigerung der wirtschaftlichen Kräfte für eine Umsetzung des wirtschaftsliberalen Gedankenguts; der Neuaufbau des preußischen Staates mußte im Sinne einer allgemeinen Wehr- und Steuerpflicht alle Untertanen zu unmittelbaren Staatsbürgern machen.295 Steins Nachfolger Hardenberg setzte die Herstellung freien Grundeigentums insbesondere im Hinblick auf die finanzielle Zwangslage Preußens fort.296 Wenn vielfach behauptet, zumindest aber angedeutet wird, die Interessen des erstarkenden Bürgertums hätten im Rahmen der preußischen Bauernbefreiung, sei es bei deren Beginn, sei es bei deren weiterer Durchführung, eine entscheidende Rolle gespielt,297 so muß dem im Hinblick auf die Entwicklung in Preußen widersprochen werden. Zum einen ist diese These schon nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten in Preußen zum fraglichen Zeitpunkt vereinbar. Preußen war zu dieser Zeit ein Agrarstaat; in den größeren Städten Preußens in denen sich ein nach freiem Eigentum strebendes Bürgertum hätte herausbilden können, lebten insgesamt wenig mehr als zehn Prozent der Gesamtbevölkerung.298 Eine breitere Schicht von bürgerlichen Unternehmern, die nach politischer und wirtschaftlicher Unabhängigkeit strebten, fehlte.299 Zum anderen gehörten sowohl der Freiherr vom Stein als auch Hardenberg – also die beiden maßgeblichen Reformer – nicht dem Bürgertum an, sondern hatten ihre geistigen Wurzeln im Ancien Regime des 18. Jahrhunderts.300 Auch wenn die im Zuge der Bauernbefreiung eingeführte Freiheit des Bodenverkehrs ohne ständische Schranken301 oder die Gewerbefreiheit einem Bürgertum möglicherweise nutzten, so handelte es sich dennoch in Preußen um eine Reform von oben, die im wesentlichen aus den bereits dargestellten Ursachen und ohne die Beteiligung des Bürgertums durchgeführt wurde.

bb) Keine Auswirkungen des neuen Eigentumsbegriffes Neben den dargestellten, vornehmlich staatspolitischen, Ursachen der Bauernbefreiung spielte die Entwicklung eines stärker individualistischen und auf unumschränkte Sachherrschaft gerichteten Eigentumsbegriffs für die Bauernbefreiung keine Rolle.302 Weder galt es, einen neuen Eigentumsbegriff in die RechtswirklichHuber, Verfassungsgeschichte, Bd. I, § 14, S. 189. Habermann, Gesetzgebung, S. 18 f. 297 Floßmann, Eigentumsbegriff, S. 44 ff.; Hattenhauer, Grundbegriffe, § 7, S. 119 ff; Welkoborsky, S. 52 f. 298 Schoeps, Preußen, S. 122. 299 Ruhberg, Rechte, S. 55 f. 300 Schoeps, Preußen, S. 118 und S. 123 f. 301 Mit dem Martini-Edikt war es auch für Nichtadelige möglich geworden, mit dem Erwerb von Adelsgütern die zugehörigen Privilegien auszuüben, vgl. § 1. 302 So schon Pagenstecher, Lehre, 20 f. 295 296

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keit umzusetzen, noch hätte es angesichts der Rechtslage nach dem ALR einer neuen Begrifflichkeit zur Beschreibung der mit der Bauernbefreiung angestrebten Ergebnisse bedurft. Das ALR, zur Zeit des Beginns der Bauernbefreiung erst seit 13 Jahren in Kraft, kannte in seinem Teil I, Titel 8, § 1 bereits eine Eigentumsdefinition, die die umfassende Sachherrschaft des Eigentümers festschrieb. Hier hätte es einer neuerlichen Diskussion um die Eigentumsdogmatik nicht bedurft; diese ist zu Beginn der Bauernbefreiung daher auch nicht geführt worden. Unabhängig von der zivilrechtlichen Ausgestaltung waren in das Regulierungsdelikt von 1811 auch die Zeitpachten aufgenommen worden.303 Den Zeitpächtern kam aber schon nach dem ALR nicht einmal ein Untereigentum zu, so daß sich auch insoweit zeigt, wie wenig es im Rahmen der Bauernbefreiung um zivilrechtliche Begrifflichkeiten ging. Erst in späterer Zeit, im Rahmen der preußischen Gesetzesrevision, kam es zu Auseinandersetzungen über die Begriffsbestimmung des Eigentums: Der zeitweilige Vorsitzende der Revisionsdeputation, der Geheime Ober-Tribunalsrat Köhler, hatte die Bestimmungen über das geteilte Eigentum beseitigen und die zuvor darunter fallenden Rechte auf den Begriff der Nutznießung zurückführen wollen.304 Dies hätte der schon von Thibaut in seiner Abhandlung über das dominium zugrundegelegten, abschließenden Differenzierung zwischen dem vollen Eigentum und den Rechten an fremder Sache entsprochen. Gleichzeitig hätte durch den Wegfall auch der Teilbarkeit des Eigentums tatsächlich ein neuer Eigentumsbegriff den Weg in das ALR gefunden. Dieser Vorstoß scheiterte jedoch am einhelligen Widerspruch der übrigen Deputationsmitglieder. Diese beriefen sich zunächst darauf, daß die Regelung des geteilten Eigentums unentbehrlich sei, so lange es noch die entsprechenden Bodenrechte gebe. Im Anschluß daran stellte die Deputation fest, daß die Möglichkeit der Aufteilung der unter dem Eigentum begriffenen Rechte, mit der Konsequenz der Eigentumsteilung, anerkannt sei.305 Danach konnte sich der neue Eigentumsbegriff auch im Jahre 1829 noch nicht bei den Gesetzgebungsarbeiten durchsetzen. Besonders bemerkenswert ist der Hinweis, daß schon die tatsächlichen Gegebenheiten einer Neufassung des Eigentumsbegriffs entgegenstanden. Dies zeigt eindeutig, daß zumindest in Preußen die dogmatische Neufassung des Eigentumsbegriffs keine Auswirkungen auf die Praxis und die Gesetzgebung hatte. Erwähnenswert ist allerdings, daß im Rahmen der Gesetzesrevision bereits die Beseitigung des zuvor im ALR enthaltenen Eigentums an Rechten angestrebt wurde, weil sich daraus keine praktischen Folgen ergäben, aber die Begrifflichkeit deutlicher zutage trete und eine Spaltung vermieden werde.306 Die damit verbundene dogmatische Schwierigkeit, demjenigen auch das Eigentum zuzusprechen, der 303 304 305 306

Dazu Ruhberg, Rechte, S. 116 f. Abgedruckt bei Schubert, Gesetzesrevision, Abt. II; 2 / 1, S. 55. Abgedruckt bei Schubert, vgl. vorige Fn., S. 55 f. Abgedruckt bei Schubert, vgl. vorige Fn., Abt. II, 2 / 2, S. 780.

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

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nur eines der zum Eigentum gehörenden Rechte innehatte, wurde nicht gesehen: Ein Nebeneinander von Eigentümern ließ sich nach den Regeln des ALR selbst nur als ein Eigentum an Rechten konstruieren.307 Wenn gleichzeitig darauf hingewiesen wurde, daß auch die Nennung der zum Eigentum zählenden Nutzungsrechte im Gesetz überflüssig sei, weil diese direkt aus dem Eigentum fließen würden,308 so wird der Widerspruch offensichtlich: Mit der ausdrücklichen Nennung der einzelnen Rechte war gerade die Voraussetzung für die Spaltbarkeit des Eigentums geschaffen worden. Ein Eigentum, aus dem alle Rechte des Eigentümers ohne weiteres fließen, ist jedoch notwendig umfassend und unteilbar, da eine solche Rechtsstellung nur einer Person zustehen kann. Ein Nutzungsrecht, das nur Ausfluß einer umfassenderen Rechtsstellung ist, kann demgegenüber nicht selbst Nutzungseigentum oder Untereigentum begründen. Hier zeigt sich, daß die Eigentumsdogmatik, wie sie in die preußische Gesetzesrevision Eingang gefunden hatte, noch unvollkommen war, sich gewissermaßen in einem Übergangszustand zwischen dem noch zu berücksichtigenden geteilten Eigentum und dem modernen Eigentumsbegriff, wie er sich zu dieser Zeit bereits in der Wissenschaft durchgesetzt hatte, befand.

b) Keine Beeinflussung Thibauts durch die einsetzende Bauernbefreiung Aus der Darstellung der Bauernbefreiung in Preußen ergibt sich auch, daß Thibaut selbst nicht hiervon beeinflußt wurde: Er hatte seine Abhandlung 1801 verfaßt, d. h. nur kurz nach Beginn der Ablösung der Lasten, die auf den Domänenbauern ruhten.309 Das Martini-Edikt von 1807 sollte erst noch folgen, so daß bereits der zeitliche Ablauf gegen einen Kausalzusammenhang von Bauernbefreiung und der Neuformulierung des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs spricht. Entscheidendes Argument gegen einen von der einsetzenden Bauernbefreiung ausgehenden Anstoß dürfte die völlig entgegengesetzte Zuweisung des vollen Eigentums sein: Während Thibaut aus dem Begriff des Eigentums die Konsequenz zog, daß der Obereigentümer als „echter“ Eigentümer anzusehen sei, sollte am Ende der Bauernbefreiung das volle Eigentum des Untereigentümers stehen.310 Ohnehin hatte Thibaut gegen die Rechtsinstitute wie Erbleihe und Lehen, die als geteiltes Eigentum bezeichnet wurden, selbst nichts eingewandt. Daß Thibaut die Bodenverhältnisse, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts vorherrschten, akzeptierte, zeigt sich s. o. bei 4. Abgedruckt bei Schubert, vgl. Fn. 8, S. 781. 309 Kroeschell, Lehre, S. 44 spricht von einem Voraneilen der Rechtswissenschaft vor der tatsächlichen Entwicklung; Hattenhauer, Freiheit, S. 261 weist allerdings darauf hin, daß Thibaut im dänischen Kiel genug Anschauungsmaterial gehabt hätte, wenn dies seine Absicht gewesen wäre. 310 Auf diese Divergenz weist auch Schwab, Eigentum, S. 90 f. hin. 307 308

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deutlich in seiner berühmten Abhandlung „Über die Nothwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland“: Thibaut hielt es auch im Rahmen einer nationalen Gesetzgebung für unumgänglich, partikuläre Besonderheiten im Hinblick auf Bauerngüter und Grunddienstbarkeiten anzuerkennen.311

c) Ergebnis Die Untersuchung von Thibauts Eigentumsbegriff und die Gegenüberstellung zur nahezu zeitgleich einsetzenden Bauernbefreiung am Beispiel Preußens haben zu folgenden, für den Fortgang dieser Arbeit wichtigen Ergebnissen geführt: – Als Thibaut seine Abhandlung über das dominium veröffentlichte, setzte er einen Eigentumsbegriff voraus, der dem modernen, abstrakten Eigentumsbegriff sehr nahe kam und den er später noch dogmatisch weiterentwickelte. Dieser Eigentumsbegriff wurde von Thibaut nicht selbst entwickelt, sondern reiht sich in eine auf Bartolus zurückführende Tradition ein, die ab dem 15. und 16. Jahrhundert eine immer stärkere Betonung der persönlichen Freiheit entwickelte und sich auch in der Periode des Naturrechts fortsetzte. Während zum Ende des 18. Jahrhunderts die Freiheit des Eigentums in der philosophischen und staatstheoretischen Literatur zu einem immer verbreiteteren Postulat wurde, nahm Thibaut die umfassende Sachherrschaft des Eigentümers ohne erkennbaren Bezug zu der politischen Stoßrichtung eines solchen Eigentumsbegriffs als rein dogmatischen Ausgangspunkt für seine zivilrechtlichen Erläuterungen. – Die einsetzende Bauernbefreiung wurde weder direkt noch mittelbar durch den sich in der Zivilrechtswissenschaft immer stärker durchsetzenden Eigentumsbegriff beeinflußt. Erst im Rahmen der preußischen Gesetzesrevision zeigten sich erste Auswirkungen des modernen Eigentumsbegriffs. Eine Abschaffung des geteilten Eigentums mußte aber schon an der Tatsache scheitern, das die zum geteilten Eigentum zählenden bodenrechtlichen Institute weiterhin existierten. – Bei der von Thibaut ausgehenden Durchsetzung eines auf unumschränkter Sachherrschaft beruhenden Eigentumsbegriffs und der Bauernbefreiung handelte es sich daher um zwei verschiedene Prozesse, die in ihrem Beginn keine Beziehung zueinander aufweisen. Allenfalls die Tatsache, daß sowohl der Eigentumsbegriff Thibauts als auch die stärkere Betonung des Eigentums als Freiheitsrecht ihre Wurzeln noch im Naturrecht haben, führt zu einer – wenn auch fernen – Verbindung. Es handelt sich nicht, wie vielfach vorgebracht, um einen einheitlichen Prozeß, der von einem an seiner wirtschaftlichen Entfaltungsfreiheit interessierten, liberalen Bürgertum getragen wurde.

311

Thibaut, Nothwendigkeit, S. 456.

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

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III. Die weitere Entwicklung des abstrakten Eigentumsbegriffes Die Abhandlung Thibauts über das dominium war lediglich der Anfang einer Entwicklung in der Rechtslehre, die sich bis zu ihrem Ende, dem ausformulierten, abstrakten, totalen und auf der Unterscheidung von Begriff und Inhalt des Eigentums beruhenden Eigentumsbegriff Windscheids und des BGB, in mehreren Stufen vollzog. Dabei lassen sich zwei – allerdings im Vergleich zu einem Vorgang der sich über ein halbes Jahrhundert hinzog – grobe Einteilungen312 vornehmen: Auf einer ersten Stufe wird das Eigentum als ein unteilbares Recht auf umfassende Sachherrschaft postuliert, verbunden mit dem Versuch, ein Kriterium zu finden, mit Hilfe dessen sich die Unterscheidung des Eigentums von weitreichenden Rechten an einer fremden Sache in jedem Fall trennscharf durchführen ließ. Auf einer zweiten Stufe werden die in der Realität vielfach vorhandenen Beschränkungen des Eigentums dergestalt in Übereinstimmung mit der Begriffsbestimmung der umfassenden Sachherrschaft gebracht, daß zwischen dem Begriff des Eigentums und seinem Inhalt die schon im ersten Teil dieser Arbeit geschilderte strikte Unterscheidung dogmatisch gefestigt wird. Angesichts der schon angesprochenen, anderweitigen ausführlichen Behandlung dieses Gegenstands313 werden auch insoweit im folgenden Abschnitt nur kurz die Leitlinien dargestellt.

1. Das Eigentum als unteilbares und umfassendes Herrschaftsrecht Die begriffliche Festlegung eines einheitlichen, unteilbaren Eigentums ist, so einfach eine solche Definition auf den ersten Blick erscheinen mag, mit nicht unerheblichen Schwierigkeiten verknüpft: Einerseits muß ein solcher Eigentumsbegriff von den einzelnen, zum Eigentum gehörenden Rechten oder Befugnissen abstrahieren, um eine Teilbarkeit des Eigentums auszuschließen. andererseits muß ein Kriterium gefunden werden, das in jeder Situation eine eindeutige Zuweisung des Eigentums ermöglicht, insbesondere dann, wenn der Eigentümer durch nachbarschaftsrechtliche oder dem Gemeinwohl dienende Vorschriften in seiner Rechtsausübung erheblich beschränkt ist bzw. weitreichende Rechte Dritter an der Sache bestehen. Gerade im Hinblick auf die Abgrenzung des Eigentums von den Rechten Dritter ist die zivilrechtliche Dogmatik bei der Formulierung des einheitlichen, unteilbaren Eigentums immer wieder der Versuchung erlegen, ein bestimmtes Recht des Eigentümers zum entscheidenden Kriterium zu machen. Diese Schwierigkeiten zeigen sich schon bei einer Betrachtung der Beschreibung des Eigentums, die Thibaut in seiner Abhandlung über das dominium gab.314 312 313 314

Vgl. Hattenhauer, Grundeigentum, S. 74. Vgl. den Beginn dieses Teils der Arbeit. s. o. bei II.

186 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

Diese Beschreibung beginnt noch mit einer Aufzählung der unter dem Eigentum begriffenen Rechte, wenngleich es nur ein „eigentliches“ und damit unteilbares Eigentum geben soll. Gerade im Hinblick auf die von der einschlägigen Gesetzgebung bis dahin als dominium utile oder nutzbares Eigentum erfaßten Rechte erfolgt dann die Festlegung des für die Bestimmung des Eigentümers entscheidenden Merkmals: Für Thibaut waren es die „wesentlichen Proprietätsrechte“. Solange der Eigentümer diese nicht übertrage, bleibe er der wahre Eigentümer, während der Dritte lediglich einzelne Rechte an der Sache ausübe. Eine abschließende Lösung der mit dem einheitlichen Eigentumsbegriff verbundenen Probleme war damit aber noch nicht gewonnen: Es fehlte nunmehr ein Kriterium, an dem sich die Wesentlichkeit der Proprietätsrechte messen ließe.315 Gleichzeitig war die Aufspaltung des Eigentums in einzelne Rechte zumindest noch präsent und nicht zugunsten der abstrakten umfassenden Sachherrschaft überwunden. Im Vergleich mit Thibauts späterer Definition des Eigentums,316 die auf die Befugnis des Eigentümers abstellte, umfassend über das Schicksal der Sache nach seiner Willkür zu schalten, waren die Ausführungen in der Abhandlung über das dominium noch unvollkommen. Dies gilt umso mehr, als zum späteren Zeitpunkt nunmehr ein (vermeintlich) trennscharfes Kriterium zur Bestimmung des Eigentümers gefunden war: Das Eigentum zeichnete sich durch die Möglichkeit aus, bei Wegfall der Beschränkungen wieder zu „unbedingtem Umfange“ zu erstarken, wenn die äußeren Beschränkungen wegfallen. Dies ist das sog. Heimfallsrecht oder – nach heutigem Sprachgebrauch – die Elastizität des Eigentums. Auch wenn Thibaut an dieser Stelle noch einzelne Rechte des Eigentümers, die Proprietätsrechte, ohne nähere Erläuterung heranzog, so war doch die spätere Unterscheidung von abstraktem Begriff und konkretem Inhalt des Eigentums bereits angelegt. Aus dem Gegensatz zwischen den einzelnen Rechten, die der Dritte etwa an der Sache ausübt, und den umfassenden Proprietätsrechten, wird sich die Trennung zwischen begrifflich umfassender Sachherrschaft und der Beschränkung im Einzelfall entwickeln. Thibauts frühere Versuche stellten dabei keinen Einzelfall dar, sondern waren typisch für die zivilrechtliche Dogmatik um die Zeit nach 1800.317 Als Beispiel sei hier nur die Monographie von Gesterding genannt: Den Definitionen anderer Autoren ähnlich, wenngleich dem modernen Eigentumsbegriff schon näher, beschrieb Gesterding zwar die zum Eigentum zählenden Rechte,318 unterschied das Eigentum von den Rechten an fremder Sache aber als den „Inbegriff aller Rechte“ von den lediglich einzelnen „Äußerungen des Eigentums“.319 Trotz dieser 315 Vgl. dazu die zeitgenössische Aufzählung der Proprietätsrechte bei Glück, Erläuterung, VIII, § 567, S 42 ff. 316 s. o. Fn. 222. 317 Dazu Wilhelm, Private Freiheit, S. 20 ff. m. w. N. 318 Gesterding, Darstellung, S. 4. 319 Gesterding, Darstellung, S. 8 f.

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

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begrifflichen Unterscheidung sah sich auch Gesterding noch gezwungen, besondere, nur dem Eigentümer zustehende Rechte als Kriterien festzulegen320: Nur dem Eigentümer stehen das Heimfallsrecht321 und die Befugnis zu, die Sache auch zu zerstören. Wie bemüht ein solcher Versuch ist, zeigt der Verweis auf das wohl wirtschaftlich und tatsächlich unbedeutendste Recht des Eigentümers, seine Sache zu zerstören. Entscheidend ist aber, daß das Eigentum hier bereits als Inbegriff aller möglichen Rechte an einer Sache erschien; da alle denkbaren Befugnisse nicht aufgezählt werden können, muß das Eigentum damit schon als begrifflich unbegrenzt angesehen werden. Unter einhelliger, häufig auf Thibauts Abhandlung über das dominium bezogener Ablehnung des geteilten Eigentums322 – dieses wurde in der Romanistik allenfalls noch als historische Erscheinung behandelt323 – entwickelte sich der Eigentumsbegriff immer mehr in die Richtung der umfassenden Sachherrschaft.324 Als beispielhaft kann hier die Begriffsbestimmung v. Savignys gelten: „Als Recht (gemeint ist das Sachenrecht, Ergänzung durch den Verfasser) erscheint es uns einfach und vollständig in der Gestalt des Eigenthums, oder der unbeschränkten und ausschließenden Herrschaft einer Person über eine Sache.“325 Gleichzeitig traten die einzelnen, unter dem Eigentum begriffenen Befugnisse völlig in den Hintergrund: Diese wurden für eine Beschreibung des Eigentums nicht mehr benötigt. Vielmehr setzte sich die Erkenntnis durch, daß die einzelnen Rechte des Eigentümers nicht „Begriffsbestandteile, sondern Ausübungsweisen“326 sind und daß eine Aufzählung an der begrifflichen Unbegrenztheit des Eigentums scheitern muß: „Die aus dem Eigenthum fließenden Befugnisse sind durch keine Aufzählung erschöpfend anzugeben; selbst eine erschöpfende Aufzählung würde das Wesen des Eigenthums nicht ausdrücken.“327 Damit wurde gleichzeitig die sog. Enumerationstheorie, die Gesterding, Darstellung, S. 6. Auch das Heimfallsrecht als Kennzeichen des Eigentümers ist nicht völlig trennscharf: Im Lehnsrecht konnte das volle Eigentum sowohl dem Ober- als auch dem Untereigentümer zufallen, so etwa im Falle der Felonie des jeweils anderen, und darüber hinaus wurde auch angenommen, daß der Untereigentümer bei Erblosigkeit des Obereigentümers das volle Eigentum erhielt, vgl. Pagenstecher, Lehre, S. 15. 322 Vgl. die Zusammenstellungen bei Hecker, § 22, Eigentum, S. 205 ff.; Übersichten über die bis 1893 vertretenen Definitionen des Eigentums geben Puntschart, Theorie, S. 62 ff und besonders ausführlich Huber, Eigentümerdienstbarkeit, S. 25 ff. 323 Vgl. bspw. Sintenis, Civilrecht, 3. Buch, 3. Kap., § 47 S. 485 f. und 4. Kap., § 55, S. 547 ff. 324 Weitere Nachweise bei Hecker, Eigentum, § 25, S. 233 f.; Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 144; Wilhelm, Private Freiheit, S. 22 ff. 325 v. Savigny, System I, § 56, S. 367; in der Betonung der unumschränkten Herrschaft des Eigentümers ähnelt diese Begriffsbestimmung den naturrechtlichen Definitionen des Eigentums, wenngleich es sich wohl um eine ungewollte Anlehnung handelte, vgl. Busz, Historische Schule, S. 58. 326 Böcking, Pandekten II, S. 9. 327 Pagenstecher, Lehre, S. 4; weitere Nachweise bei Wilhelm, Private Freiheit., S. 21 f. und Hecker, Eigentum, § 22, S. 209. 320 321

188 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

früher zu den Grundlagen der Teilbarkeit des Eigentums gehört hatte, endgültig eliminiert.328 Generell werden die Fragen der Befugnisse des Eigentümers, der Teilbarkeit des Eigentums und der Bestimmung des Eigentümers bei weitgehenden Rechten Dritter an der Sache mit Gelassenheit als selbstverständlich behandelt.329 Dies dürfte nicht zuletzt mit der Aufgabe des geteilten Eigentums und der sich in der Rechtswirklichkeit langsam vollendenden Bauernbefreiung zusammenhängen.330 Um die Mitte des 19. Jahrhunderts war der Eigentumsbegriff des heutigen bürgerlichen Rechts nahezu vollständig ausgeformt: Das Eigentum war begrifflich das einheitliche, unteilbare und umfassende Recht der Sachherrschaft.331 In der romanistischen Lehre war dieser Eigentumsbegriff so gefestigt, daß auf dieser Grundlage ohne weiteres sogar gesetzliche Regelungen beiseite geschoben und als unhaltbar deklariert werden konnten.332 Dies gilt sowohl für das österreichische ABGB333 als auch für das Pr. ALR334. In Anlehnung an den römischen Eigentumsbegriff und unter Verwerfung des germanischen Eigentums hatte Eduard Gans schon 1832 in einem Beitrag zur preußischen Gesetzesrevision die Regeln des Pr. ALR über das Gesamteigentum als Verkennung des der zeitgemäßen Eigentumsbegriffs bezeichnet.335

2. Die Vereinbarkeit von Eigentumsbegriff und den Schranken des Eigentums Mit der Definition des Eigentums als unbeschränkter Sachherrschaft trat aber ein Problem ins Blickfeld, das bisher lediglich im Hinblick auf die Behandlung des geteilten Eigentums angeklungen war: Die begrifflich feststehende, durch nichts beeinträchtigte Sachherrschaft mußte in Widerspruch zu der Tatsache treten, daß das Eigentum in der Wirklichkeit niemals unbeschränkt, sondern vielfach mit Rechten Dritter belastet und der Eigentümer in seinem beliebigen Verfahren mit einer Sache durch nach heutigem Verständnis öffentlich-rechtliche Beschränkungen gehemmt war. Daß es solche Beschränkungen gab, war aber auch den Juristen des 19. Jahrhunderts vertraut.336 Es stellte sich die Frage, ob jegliche Beschrän328 Vgl. auch Windscheid / Kipp, Pandekten I, § 167, S. 857, Anm. 2, wonach die Befugnisse des Eigentümers nicht das „Prius“ sondern das „Posterius“ zu dessen Begriff seien. 329 Wilhelm, Private Freiheit, S. 21. 330 Hecker, Eigentum, § 22, S. 206. 331 Als klassische Zusammenfassung kann insoweit die Begriffsbestimmung bei Puchta, Pandektenvorlesung, §§ 143 f., S. 316 f. gelten. 332 Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 150 f m. w. N. 333 Vgl. das Zitat von Randa, Fn. 196. 334 Förster / Eccius, Preußisches Privatrecht III, § 167, S. 140. 335 Gans, Bemerkungen, S. 442 ff., insbesondere S. 444. 336 Kroeschell, Eigentumslehre, S. 44.

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

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kung der totalen Herrschaft des Eigentümers „einen Aufhebungsgrund für das Eigentum bilden“337 konnte.

a) Das Verhältnis des Eigentums zu den beschränkten dinglichen Rechten Die Antworten waren unterschiedlich, wobei lediglich einige, den seinerzeitigen Stand der Diskussion kennzeichnende Beispiele genannt werden sollen338: Bökking, der wohl als erster das Problem erkannte,339 sah die Lösung in der Beschreibung des Eigentums nicht mehr als Sachherrschaft, sondern als unbestimmte, abstrakte Privatrechtsherrschaft des Eigentümers, die ihn zur Entscheidung über die Sache berechtige.340 Girtanner erklärte die umfassende Sachherrschaft zu einer Begleiterscheinung des Eigentums, das seinem Wesen nach das auf eine Person bezogene Recht an der Bestimmung der Sache sei.341 Die totale Sachherrschaft ist im Eigentum damit lediglich als Möglichkeit342 angelegt; aber das Wesen des Eigentums hängt nicht von ihr ab. Ähnlich, aber stärker die Beziehung von Eigentümer und Sache betonend, wurde das Eigentum als rechtliches „Pertinenzverhältnis“343 definiert. Bei allen Unterschieden in der Formulierung weisen die oben genannten Definitionen dennoch mehrere Gemeinsamkeiten auf. Sie waren zunächst sämtlich von dem Bestreben getragen, den Eigentumsbegriff mit den Rechten Dritter an einer fremden Sache in Einklang zu bringen und auf diese Weise die als Elastizität des Eigentums bezeichnete Fähigkeit, Belastungen zu ertragen und bei deren Fortfall wieder zu erstarken, zu beschreiben.344 Weiterhin versuchten die Urheber dieser Definitionen jeweils ihr Ziel dadurch zu erreichen, daß sie von der tatsächlichen Situation des Eigentümers einerseits und andererseits von der Sachherrschaft als Begriffsmerkmal absahen und eine treffende Charakterisierung des Eigentums durch die Betrachtung von einer höheren Ebene, sei es die Zugehörigkeit einer Sache zu einer Person oder die fundamentale Unbestimmtheit des Eigentums, 337 Girtanner, JhJb 3 (1859), S. 58 ff., S. 68, ähnlich und etwa zur gleichen Zeit (1856) Wirth, Beiträge, § 19, S. 28 ff.; zu dieser neuen Richtung der Eigentumsdogmatik Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 143 ff. 338 Weitere Nachweise bei Baron, Pandekten, § 125, S. 235. 339 Wilhelm, Private Freiheit, S. 23. 340 Böcking, Pandekten II, § 13, S. 8 f. 341 Girtanner, vgl. Fn. 337, S. 86 f. und 90. 342 Ähnlich wies auch Sell, Lehre, § 9, S. 16 f., darauf hin, daß dem Eigentümer lediglich die rechtlich Möglichkeit zustehe, nach Willkür auf eine Sache einzuwirken. 343 Wirth, Beiträge, § 19, S. 29; ihm folgend Brinz, Lehrbuch I, § 130, S. 470 f. und Vangerow, Pandekten I, § 295, Anm. 1, S. 540; vgl. hierzu schon oben S. 140. Auch bei anderen Autoren wird die Begriffsbestimmung, allerdings weniger deutlich, auf die Zugehörigkeit der Sache zum Eigentümer ausgerichtet, z. B. Wächter, Pandekten II, § 118, S. 2 f. 344 Hecker, Eigentum, § 22, S. 208; Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 144.

190 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

erreichen. Die genannten Autoren beschritten, so treffend Wilhelm, den „Höhenweg der Abstraktion“.345 Schließlich verbindet diese Begriffsbestimmungen noch ein weiteres: Sie haben sich letztlich nicht durchgesetzt, wenngleich sie teilweise noch weiterhin Einfluß ausgeübt haben.346 Erfolgreicher – wenn man die Tatsache, daß die Gesetzgebungsarbeiten zum BGB sich auf diese Ansicht stützten, so bezeichnen kann – war ein anderer Weg, die umfassende Sachherrschaft des Eigentümers als Begriffsmerkmal des Eigentums zu erhalten und gleichzeitig die Beschränkungen des Eigentums zu akzeptieren. Das Eigentum wird auf rein begrifflicher Ebene als unbeschränkt gedacht, die tatsächlich bestehenden Beschränkungen aber dem Inhalt des Eigentums, und so einer anderen logischen Ebene, zugewiesen.347 Diese Unterscheidung wird verwirklicht, indem das Eigentum als an sich oder seiner Idee nach unbeschränkt und von Rechten Dritter nicht beeinträchtigt gedacht wird. Die Belastungen des Eigentums heben dieses nicht auf, sondern hemmen lediglich den Eigentümer in der Ausübung seiner Sachherrschaft.348 Beinahe klassisch349 wird dies in der Formulierung Windscheids zusammengefaßt, wonach das Eigentum als solches schrankenlos sei, aber Beschränkungen vertrage; entfielen diese Beschränkungen, so entfalte sich das Eigentum wieder in seiner ganzen Fülle.350 Damit sind alle denkbaren Beschränkungen des Eigentums aus dessen Begriff ausgeschieden, aber dennoch mit diesem vereinbar. Gleichzeitig ist das Eigentum eindeutig von den begrenzten dinglichen Rechten dadurch zu unterscheiden, daß die Sachherrschaft des Eigentümers keiner Rechtfertigung bedarf.351 Das Postulat von der an sich unumschränkten Herrschaft des Eigentümers über die Sache ist nach alledem nicht als Beschreibung der Realität, sondern normativ zu verstehen.352 Die Entwicklung des Eigentumsbegriffs, wie ihn die Romanistik oder Pandektistik des vergangenen Jahrhunderts hervorgebracht hatte, war damit abgeschlossen. Dieser sog. abstrakte Eigentumsbegriff ist der Sache nach bis heute unverändert geblieben.353 Wilhelm, Private Freiheit, S. 23. Vgl. dazu den ersten Teil der Arbeit. 347 Vgl. hierzu ebenfalls schon den ersten Teil dieser Arbeit. 348 Vgl. bspw., mit leichten Unterschieden in der Formulierung: Arndts, Pandekten, § 130, S. 230 ff.; Bruns, Eigenthum, S. 297; Randa, Eigenthum, § 1, S. 1; die Trennung zwischen begrifflich unbeschränktem und inhaltlich beschränkbarem Eigentum findet sich zum Teil auch bei den Autoren, die die Zugehörigkeit der Sache in den Vordergrund stellen: Vangerow, Pandekten I, § 395, Anm. 1, S. 540 und § 297, S. 543; Wächter, Pandekten II, § 118 f., S. 2 ff. 349 Vgl. Kroeschell, Lehre, S. 39. 350 Windscheid / Kipp, Pandekten I, § 167, S. 857 ff., verbunden mit der Erläuterung, daß zu der Begriffsbestimmung des Eigentums die Kategorie des „an sich“ gehöre. 351 Windscheid / Kipp, vgl. vorige Fn.; nach einer Anmerkung Krügers zu der posthumen Ausgabe von des zweiten Bandes von Puchtas Institutionen, S. 162, ist die totale Sachherrschaft als Begriffsmerkmal vor allem im Hinblick auf die Abgrenzung zu den begrenzten dinglichen Rechten erforderlich. 352 Kroeschell, Eigentumslehre, S. 44. Zur Notwendigkeit eines solchen Eigentumsbegriffs für die Systematik des Privatrechts Liver, Eigentumsbegriff, S. 260. 345 346

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

191

b) Das Verhältnis des Eigentums zu den öffentlich-rechtlichen Beschränkungen Anders als die ebenfalls dem Privatrecht entstammenden Rechte an fremder Sache oder die nachbarrechtlichen Beschränkungen, wie sie auch später im BGB geregelt wurden, bedurften die öffentlich-rechtlichen Begrenzungen der Sachherrschaft des Eigentümers keiner ausführlichen Diskussion bei der Suche nach dem richtigen Eigentumsbegriff. Für die zivilrechtliche Eigentumsdogmatik stellten diese vielmehr überhaupt kein Problem dar. Während diese Beschränkungen früher noch als sog. Legalservituten354 bezeichnet und als solche in ihrem Verhältnis zum Eigentum untersucht worden waren,355 hatte sich später die Erkenntnis durchgesetzt, daß diese aufgrund ihres öffentlich-rechtlichen Charakters keine Bedeutung für das zivilrechtliche Eigentum besaßen. Die Trennung zwischen öffentlichem Recht und dem Privatrecht hatte sich, insbesondere zurückgehend auf v. Savigny, im 19. Jahrhundert in ihrer ganzen Schärfe entwickelt.356 Schon Puchta hatte danach die öffentlich-rechtlichen Regelungen aus der privatrechtlich Eigentumsdogmatik herausgenommen,357 zumal das Privatrecht selbst in seiner Gänze vom öffentlichen Recht beschränkt werde. Böcking schließlich stellte klar, daß gegenüber dem öffentlichen Recht und seinen Beschränkungen ein Eigentum nicht bestehe.358 Auch die Gesetzgebungsarbeiten zum BGB machten eine eingehendere Auseinandersetzung mit den öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen nicht erforderlich, da dem Reich nur die Gesetzgebungsbefugnis für das Privatrecht zustand.359 Lediglich in Art. 111 EGBGB wurde klargestellt, daß die landesrechtlichen, dem öffentlichen Interesse dienenden Beschränkungen des Eigentums unberührt blieben.

3. Zusammenfassung Abschließend ist festzuhalten, daß trotz aller geschilderten Entwicklungen der Eigentumsdogmatik, die sich zwar bis zur Geltung des BGB und damit ausgehend von dem Erscheinen der Abhandlung Thibauts über ein Jahrhundert erstreckten, hier aber nur in gedrängter Kürze dargestellt werden konnten, sämtliche Aspekte bereits in Thibauts früher Definition des Eigentumsbegriffs angelegt waren. Die Vgl. dazu den ersten Teil dieser Arbeit. Bspw. Arndts, Pandekten, § 131, S. 233; Puchta, Pandekten, § 145, S. 218; vgl. dazu umfassend Kayser, Legalservituten, S. 633 ff. 355 Noch Baron, Pandekten, § 126, S. 236 ff., faßte die Legalservituten als eigene Klasse von Eigentumsbeschränkungen auf. 356 Grimm, Öffentliches Recht II, Sp. 1202 f. 357 Puchta, Pandekten, § 146, S. 220. 358 Böcking, Pandekten II, § 5, S. 57. 359 Hecker, Eigentum, § 23, S. 215. 353 354

192 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

weitere dogmatische Arbeit beschränkte sich im wesentlichen auf Präzisierungen und Verfeinerungen; wirklich neue Seiten des Eigentumsbegriffs brachte die Pandektistik nicht hervor. Thibauts Abhandlung wird somit zu recht als Beginn der Durchsetzung des modernen Eigentumsbegriffs angesehen.360

IV. Zu den Gründen für die allgemeine Durchsetzung des abstrakten Eigentumsbegriffes Die Durchsetzung des abstrakten oder romanistischen Eigentumsbegriffs wirkt, gerade in ihrer hier etwas verkürzten und vergröberten Darstellung, wie ein einziger und kaum unterbrochener Siegeszug: Vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zu dessen Ende hatte sich ein Eigentumsbegriff zunächst in der zivilrechtlichen Lehre und dann in der Gesetzgebung etabliert, obwohl noch bis weit in das 19. Jahrhundert hinein in bedeutenden Kodifikationen wie dem ALR und dem ABGB361 mit dem abstrakten Eigentumsbegriff unvereinbare Regelungen des geteilten Eigentums enthalten waren. Wenngleich es zunächst von germanistischer Seite und später auch von anderer Seite Kritik am romanistischen Eigentumsbegriff gegeben hatte,362 so war dieser – insbesondere bei den Gesetzgebungsarbeiten zum BGB – kein nennenswerter Erfolg beschieden. Daß das BGB keine Begriffsbestimmung enthält, ging nicht auf diese Kritik zurück, sondern beruhte letztlich auf Johows Feststellung, daß der Wissenschaft bisher eine praktisch verwertbare und einwandfreie Formulierung nicht gelungen sei.363 Wenngleich gezeigt werden konnte, daß es sich nicht um eine revolutionäre Neuerung handelte, sondern daß schon in der Zeit des Naturrechts Ansätze für ein unteilbares und durch umfassende Sachherrschaft definiertes Eigentum vorhanden waren, so bedarf doch die fast einhellige Abkehr von einer über Jahrhunderte anerkannten Eigentumsdoktrin der Erklärung. Im folgenden werden die einzelnen Ansätze, die zur Begründung der geschilderten Entwicklung des Eigentumsbegriffs herangezogen werden, dargestellt. Dabei lassen sich vor allem zwei Richtungen unterscheiden: Während einerseits das Schwergewicht der Argumentation auf Faktoren außerhalb der Rechtsdogmatik gelegt wird, betonen andere Autoren die rein juristische Seite des romanistischen Eigentumsbegriffs, vor allem seine Herkunft aus dem römischen Recht und seine überlegene dogmatische Stringenz. Bereits im voraus läßt sich jedoch festhalten, daß der abstrakte Eigentumsbegriff seinen Erfolg wohl einem Zusammenwirken mehrerer Ursachen verdankt.364 s. o. bei III. Die das geteilte Eigentum regelnden §§ 357 ff. ABGB sind bis heute formell nicht aufgehoben worden; das Ende des geteilten Eigentums in Österreich wurde durch ein Verfassungsgesetz, den Art. 7 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger von 1867, besiegelt; vgl. dazu Mayer-Maly, Eigentumsverständnis, S. 156. 362 s. u. im 3. Teil. 363 Vgl. zu den Gesetzgebungsarbeiten den 1. Teil dieser Arbeit. 360 361

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

193

1. Die Herkunft des Eigentumsbegriffes aus dem römischen Recht Vielfach wird auf die Herkunft des abstrakten Eigentumsbegriffs365 und die als „quasi-naturrechtlich“366 beschriebene Stellung des römischen Rechts in der historischen Schule, später beschränkt auf ihren romanistischen Zweig, verwiesen.367 Auch scheinen zeitgenössische Äußerungen in diese Richtung zu deuten.368 Zwar mag es bei der Durchsetzung des abstrakten Eigentumsbegriffs eine Rolle gespielt haben, daß sich dessen Befürworter auf römische Quellen und die strikte Entgegensetzung von Eigentum und Rechten an fremder Sache stützen konnten. Dies gilt insbesondere für den von Thibaut geführten Nachweis der Unvereinbarkeit des vorgeblich römisch-rechtlichen Eigentumsbegriffs und des geteilten Eigentums.369 Aus den römischen Quellen folgte aber keine der dargestellten Definitionen des Eigentums,370 zumal allein die Unteilbarkeit nicht zwingend als grundsätzlich unumschränkte Sachherrschaft begrifflich erfaßt werden muß. Mangels einer ausdrücklichen Begriffsbestimmung in den Quellen des Corpus Iuris371 ist das Abstellen auf die Sachherrschaft als – wenn vielleicht auch unbewußte – Anknüpfung an naturrechtliche, teilweise auch noch frühere, Vorstellungen anzusehen.372 Gerade die ohne jegliche Erörterung der Quellen von Thibaut vorausgesetzte Eigentumsdefinition hat dies gezeigt. Daß die Eigentumsdefinition der Romanistik keine bloße Übernahme der römischen Rechtslehre bedeutete, brachte Gesterding in seiner Monographie aus dem Jahre 1817, also noch zu Beginn der Verbreitung des abstrakten Eigentumsbegriffs zum Ausdruck: Er stellte ausdrücklich fest, daß man auch bei der Systematisierung des römischen Rechts nicht an dessen Begrifflichkeit gebunden sei, zumal sich die römischen Rechtsgelehrten nicht „so logisch genau ausdrücken“.373 Darin wird aber deutlich, daß die Erforschung des römischen Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 150. Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 29; vgl. dazu auch die in Fn. 635 Genannten. 366 Vgl. Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 151. 367 Vgl. bspw. Hecker, Eigentum, § 23, S. 212 f. und Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 84 ff. 368 Bspw. Pfizer, Eigenthum, S. 614: „Der Begriff des Eigenthums kann im heutigen Recht kein anderer sein, als der vom Römischen Recht aufgestellte“. 369 s. oben bei II. 370 So schon Ende des 19. Jahrhunderts Puntschart, Theorie, S. 62 ff. 371 Olzen, JuS 1984, S. 328 ff., S. 334; ebenso Willoweit, Historisches Jahrbuch 94 (1974), S. 131 ff., S. 152 f., der darüber hinaus gehend die Einführung des Herrschaftsgedankens in die Eigentumsdogmatik auf die mittelalterliche Interpretation des „dominium“ anhand der umfassenden Gewalt eines „dominus“ zurückführt. Diese Ähnlichkeit zwischen politischer Herrschaft und Sachherrschaft hat sich bis ins 19. Jahrhundert erhalten, so z. B. bei Leist, Natur des Eigentums, S. 59, der die Herrschaft des Eigentümers als „von Gottes Gnaden“ umschreibt; vgl. dazu Hecker, Eigentum, § 25, S. 233 f. und Schwab, Eigentum S. 76 f., jeweils m. w. N. 372 Schwab, Eigentum, S. 75. 373 Gesterding, Darstellung, S. 8. 364 365

13 Lehmann

194 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

Rechts nicht nur die Ordnung eines vorgegebenen Stoffes darstellte, sondern eine Systematisierung aufgrund bereits vorhandener, als logisch einwandfrei erkannter Begriffe.374 Die Grundentscheidung für die Definition des Eigentums als unumschränkter Herrschaftsmacht wurde außerhalb der reinen Wiedergabe römischrechtlichen Gedankenguts getroffen. Selbst wenn man annähme, daß innerhalb der historischen Schule das seinerzeit als klassisch erkannte römische Recht den Eigentumsbegriff – auch in seiner Hervorhebung der unumschränkten Sachherrschaft des Eigentümers – unumgänglich gemacht hätte, so würde dies noch nicht die nahezu allgemeine Überzeugung, daß auch bei den Gesetzgebungsarbeiten an diesen Begriff anzuknüpfen sei,375 erklären. Bereits im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts sah sich die historische Schule erheblicher Kritik ausgesetzt.376 Daß man bei der Schaffung des BGB kritiklos an eine bloß historisch begründete Begrifflichkeit angeknüpft hätte, erscheint auch angesichts der eingehenden Vorarbeiten Johows und dessen Zusammenstellung verschiedenster gesetzlicher Regeln des Eigentums sowie unterschiedlicher Stimmen in der Literatur nicht nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr, als zu dieser Zeit auch ein deutsch-rechtlicher oder germanischer Eigentumsbegriff, wie ihn bspw. v. Gierke auch in der Diskussion um das BGB als vorzugswürdig darstellte,377 als Alternative – zumindest theoretisch – zur Verfügung gestanden hätte. Des weiteren wäre auch auf der Grundlage der römisch-rechtlichen Herkunft dieses Begriffes nicht zu erklären, warum auch dem deutschen Recht verpflichtete Autoren, wie etwa Gerber378 oder Duncker379, die umfassende Sachherrschaft ebenfalls als einzig möglichen Eigentumsbegriff hätten akzeptieren sollen. Das vom Germanisten Bluntschli redigierte und damit des einseitigen Romanismus wohl unverdächtige380 Züricher Gesetzbuch von 1854 spricht in § 551 vom Eigentum als „vollkommener und ausschließlicher Herrschaft.“381 Es ist daher auch insoweit zweifelhaft, ob es wirklich allein die Rückführung auf römisch-rechtliche Quellen war, die den Erfolg des abstrakten Eigentumsbegriffs gesichert hat. Vielmehr legen auch andere Äußerungen in der zeitgenössischen Zivilrechtswissenschaft382 die Vermutung nahe, daß gerade die klare Begrifflichkeit und die von

374 Dies gilt insbesondere für die an v. Savigny anknüpfende historische Schule, vgl. Eisenhardt, Rdn. 527. 375 Vgl. dazu den 1. Teil dieser Arbeit. 376 Hierzu und zur Kritik an der historischen Schule in neuerer Zeit Busz, Historische Schule, S. 23 ff. m. w. N. 377 v. Gierke, Entwurf, S. 103, vgl. dazu ausführlich den folgenden Teil dieser Arbeit. 378 Gerber, System II, § 76, S. 196. 379 Duncker, Über dominium, S. 177 ff., insbesondere S. 195 ff. 380 Vgl. die berühmte Kritik v. Gierkes am ersten Entwurf zum BGB als ein in „Gesetzesparagraphen gegossenes Pandektenkompendium“, Entwurf, S. 59. 381 Zitiert nach Bluntschli, Gesetzbuch II, S. 69; vgl. dazu Peter, Wandlungen, S. 111. 382 Vgl. die Zusammenstellung bei Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 150 f.

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

195

einem einzigen Eigentumsbegriff ausgehende Faszination Ursachen für die Verbreitung des abstrakten Eigentumsbegriffs waren.

2. Der abstrakte Eigentumsbegriff als einziger Eigentumsbegriff Die These, es sei vor allem die von einem einfachen und einheitlichen Eigentumsbegriff ausgehende Suggestivkraft gewesen, die zu dessen beinahe allgemeiner Anerkennung geführt habe, wird vor allem von Wiegand verfochten.383 Betrachtet man die zeitgenössischen Äußerungen, so spricht sehr viel für diese These. Es gehört zu den für die pandektistische Eigentumsdoktrin kennzeichnenden Merkmalen, daß der vorgeblich römisch-rechtliche Eigentumsbegriff als der wahre oder einzige Eigentumsbegriff aufgefaßt wird.384 Dies gilt insbesondere im Verhältnis auch zu den dinglichen Rechten an fremder Sache. Bereits Thibaut hatte den von ihm vorausgesetzten Eigentumsbegriff dergestalt charakterisiert.385 Beispielhaft ist die Definition v. Savignys: „Als Recht erscheint es einfach und vollständig in der Gestalt des Eigenthums, oder der unbeschränkten und ausschließenden Herrschaft der Person über eine Sache.“386 Für Puchta war das Eigentum das „vollkommenste Recht“.387 Beide Definitionen spiegeln den besonderen Charakter des Eigentums als nicht begründungsbedürftiger Grundform des Sachenrechts wider. Der Eigentumsbegriff der Pandektistik war in mehrfacher Hinsicht einfach und klar. So wurden zunächst sämtliche öffentlich-rechtlichen Beschränkungen vom Eigentum des Privatrechts abgetrennt.388 Gleichzeitig wurden mit einem auf die Sachherrschaft konzentrierten Eigentum auch alle Beschränkungen, die nicht rechtlicher Natur waren, dem Bereich der Ethik zugewiesen.389 Schließlich läßt sich mit einem solchen Eigentumsbegriff die Abgrenzung von den Rechten an fremder Sache gewährleisten; insbesondere wird durch die Einheitlichkeit – im Gegensatz zur sog. Enumerationstheorie – des Eigentums auch eine Teilung und so die Entstehung einer unübersehbaren, nicht systematisch zu erfassenden Vielfalt unterschiedlicher Eigentumsrechte, wie dies beim geteilten Eigentum der Fall war,390 verhindert.391 In jeder Hinsicht war ein solcher Begriff daher für die syste383 Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 151 f; ihm folgend: Hecker, Eigentum, § 23, S. 213 f.; angedeutet wird dies – allerdings mit Beschränkung auf die Pandektistik – schon von Peter, Wandlungen, S. 112 f. 384 Vgl. die zahlreichen Nachweise bei Hecker, vorige Fn. 385 s. o. bei II. 386 v. Savigny, System I, § 56, S. 367. 387 Puchta, Institutionen II, § 231, S. 162. 388 s. o. bei III. 389 Hecker, Eigentum, § 23, S. 215 f. 390 Floßmann, Eigentumsbegriff, S. 36. 391 Vgl. dazu schon den ersten Teil dieser Arbeit.

13*

196 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

matische und auf formale Begriffe392 gestützte Ordnung des Sachenrechts geeignet. Für diesen Zweck erwies sich die umfassende Sachherrschaft auch gegenüber der ebenfalls denkbaren Definition des Eigentums über die Zugehörigkeit als überlegen: Zum einen muß bei dem Eigentum als Verbindung von Person und Sache in jedem Fall zusätzlich erläutert werden, welchen Umfang diese Zuordnung hat.393 Zum anderen verschwimmt das Eigentum in seiner Bestimmung als Zuordnung oder bloßes Zu-eigen-haben mit dem systematisch übergeordneten Begriff des subjektiven Rechts.394 Gerade dieser Begriff des subjektiven Rechts395 bildete aber den Oberbegriff, aus dem das dingliche Recht und daraus weiter der Begriff des Eigentums abgeleitet wurden.396 Somit mußte die Zuordnung als bestimmendes Merkmal des Eigentums gegenüber der Sachherrschaft zurücktreten. Für die historische Schule, deren wissenschaftliches Ideal in der deduktiv-abstrakten Vorgehensweise und der methodisch reinen Systembildung (insbesondere in der späteren begriffsjuristischen Ausprägung) lag,397 mußte daher der einfache und klare Eigentumsbegriff der umfassenden Sachherrschaft attraktiv erscheinen. Bezeichnend für die Bedeutung des wissenschaftlichen Vorgehens in der Dogmatik des Eigentums ist die schon mehrfach erwähnte Abhandlung Girtanners über den richtigen Begriff des Eigentum: Der Verfasser stellte in einer Einleitung zunächst ausführlich klar, daß es ihm darum zu tun sei, die Rechtsordnung als System zu betrachten, das seine Grundsätze in sich selbst trage.398 An die Herleitung des nach seiner Ansicht richtigen Eigentumsbegriffs schloß sich eine eindringliche Warnung vor dem Gebrauch unrichtiger Begriffe an.399 Wenn der abstrakte Eigentumsbegriff danach auch als der systematisch und dogmatisch überlegene erscheint, so mag das zwar die Verbreitung und den späteren Einfluß auf die Gesetzgebung zu erklären; die oben dargestellte Faszination dieses Begriffes, die sich in dessen vorbehaltloser Aufnahme und der schon bei Thibaut als apriorisch-axiomatisch bezeichneten Stellung des Eigentums als nicht erklärungsbedürftiger Voraussetzung weiterer sachenrechtlicher Erörterungen zeigte, bedarf einer weitergehenden Begründung. Allein auf die rechtstechnische Überlegenheit lassen sich fast schon mythisch anmutende Überhöhungen400 nicht stützen. Der formale Charakter zeichnete das System v. Savignys aus, Coing, Savigny, S. 19. Vgl. die Kritik an einem solchen Eigentumsbegriff im ersten Teil der Arbeit. 394 Willoweit, Fn. 371., S. 153. 395 Zur Herkunft und Bedeutung des subjektiven Rechts als Grundlage der Systematik des gesamten Privatrechts Coing, Geschichte, S. 1 ff., insbesondere S. 14 ff. 396 Peter, Wandlungen, S. 112. Das subjektive Recht war für v. Savigny die rechtliche Form, in der sich die Freiheit und Sittlichkeit des einzelnen als ethische Zentralbegriffe des Rechts verwirklichen konnten, Coing, Savigny, S. 18 ff. 397 Lipp, Privatrechtssysteme, Sp. 1982. 398 Girtanner, JhJb 3 (1859), S. 58 ff., S. 59. 399 Girtanner, vgl. vorige Fn., S. 87 f. 400 Vgl. noch Cosack, Lehrbuch II (1. Auflage 1900), § 195, VII., S. 104: „Der Eigentumsbegriff ist uralt und sein innerstes Wesen heute noch das gleiche wie vor Jahrtausenden“. 392 393

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

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Vielmehr dürfte der Glaube an die Unwandelbarkeit und Überzeitlichkeit von rechtlichen Grundbegriffen401 und damit eine Überhöhung des Eigentumsbegriffs, die dann auch eine Herleitung dieses Begriffes überflüssig macht, einer der wesentlichen Gründe für die Durchsetzung des abstrakten Eigentumsbegriffs gewesen sein. Denn auch wenn – anknüpfend an Kant – ein Naturrechtssystem etwa Wolff ’scher Prägung nicht mehr möglich schien, so war doch in der historischen Schule das Bestreben vorhanden, ein ähnlich umfassendes System des Rechts, basierend auf der deduktiven Ableitung aus wenigen Grundbegriffen, aufzustellen.402 In einem solchen System war das Eigentum als Grundbegriff des Sachenrechts (und wiederum als Konsequenz des subjektiven Rechts) von so zentraler Bedeutung, daß es sich dabei um einen unwandelbaren und einzigen Begriff handeln mußte.403 Dies dürfte zumindest wesentlich zur Durchsetzung des abstrakten Eigentumsbegriffs beigetragen haben.

3. Die Berufung des Menschen zur Herrschaft über die unbelebte Natur Während es sich sowohl bei der Ableitung des Eigentumsbegriffs aus dem römischen Recht als auch der Bedeutung des Eigentums als Systembegriff um Begründungen handelte, die im Bereich der juristischen Dogmatik liegen, hat Hecker jüngst in einer umfangreichen Monographie dargelegt, daß die Sachherrschaft als Begriffsmerkmal des Eigentums auch in der Überzeugung wurzelt, daß der Mensch zur Herrschaft über die unbelebte Natur berufen sei.404 Hecker weist nach, daß sich seit der Wende zum 19. Jahrhundert im Rahmen der philosophischen Diskussion des Eigentums die Unterwerfung der Natur unter den Willen des Menschen als materielle Begründung herausbildete. Dem Menschen kam dabei ein unumschränktes Gestaltungsrecht gegenüber der Natur zu, in dem sich die vorher unterschiedenen Kategorien des Eigentumsrechts – die Güternutzung und das Ausschließungsrecht – miteinander verbanden. Beispielhaft für diese Entwicklung sind die idealistischen Philosophien von Kant und Hegel, die jeweils den Gegensatz zwischen der willenlosen, unbelebten Natur und dem Menschen als Begründung für die Herrschaft des Menschen über die Dinge heranziehen.405 Den Höhepunkt dieser Entwicklung stellte Hegels Beschreibung des Eigentums als äußere Sphäre der Freiheit einer Person dar, die durch ihren Willen der Sache erst die Zweckbestimmung Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 151 f. Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 372 ff.; Coing, Bemerkungen, S. 28, verweist besonders auf die Verbindung des – auch heute noch grundlegenden – Privatrechtssystems zur naturrechtlichen Philosophie Wolffs. 403 Coing, Bemerkungen, S. 29. 404 Hecker, Eigentum, §§ 25 ff. und passim. 405 Hecker, Eigentum, §§ 19 und 26, S. 184 ff. und S. 235; vgl dazu bereits oben den Exkurs über die Entstehung des engen Eigentumsbegriffs, S. 182 ff. 401 402

198 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

verleiht und dadurch jeglichen Gegenstand zu ihrem Eigentum machen kann.406 Insbesondere die Verbindung von idealistischer Philosophie und dem Eigentumsverständnis der Rechtswissenschaft trug zum Erfolg des abstrakten Eigentumsbegriffs bei.407

a) Eigentum als Willensherrschaft des Eigentümers über die Sache Die Auswirkungen dieser philosophischen Betrachtungsweise sind in der gesamten Eigentumsdogmatik der Pandektistik nachweisbar. Auf den Zusammenhang zwischen der kantischen Philosophie und der Eigentumsbegründung bei v. Savigny, der den „Beruf zur Herrschaft über die Natur“408 zur Grundlage des Sachenrechts macht, wurde bereits eingegangen.409 Zum Teil knüpften die Eigentumsdefinitionen der Rechtslehre sogar in ihrer Formulierung unmittelbar an diesen philosophischen Hintergrund an. Gestützt auf den Gegensatz von „wollender Person zu willenlosem Ding“410 definierte Böcking das Eigentum als Gegenstand des Willens und Objekt der Bestimmungen des Subjekts.411 In ähnlicher Weise sprach Girtanner von einer „Vermögenssphäre des Subjekts“412 und vom Eigentum als Recht an der Bestimmung der Sache; die Sache geht dabei als bloßes Objekt in dem rechtlichen Willen des Eigentümers auf.413 Vergleichbare Formulierungen finden sich auch bei weiteren Autoren414; als deren prominentester sei Puchta genannt.415 Noch Windscheid erklärte, daß jemandem eine Sache nach dem Recht eigen sei, wenn dessen Willen in der Gesamtheit ihrer Beziehungen entscheidend sei.416 Der Wille des Eigentümers ist demnach das bestimmende Element nahezu der gesamten romanistischen Eigentumsdogmatik.

Hegel, Grundlinien, §§ 41 ff., S. 102 ff. Kroeschell, Grundeigentum, S. 74. 408 s. o. im Exkurs. 409 s. ebenfalls Exkurs. 410 Böcking, Pandekten II, § 134, S. 6. 411 Böcking, vgl. vorige Fn., S. 9. 412 Girtanner, JhJb 3 (1859), S. 58 ff., S. 61. 413 Girtanner, vgl vorige Fn., S. 83 ff. 414 Vgl. die Nachweise bei Hecker, Eigentum, § 25, S. 230 ff. und bei Puntschart, Theorie, S. 62, der dies allerdings als Übertreibung der Willenstheorie kritisiert. 415 Puchta, Institutionen II, § 231, S. 162: Die Sache ist „dem menschlichen Willen völlig“ hingegeben. 416 Windscheid / Kipp, Pandekten I, § 167, S. 856 f. 406 407

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

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b) Kein Bruch Windscheids mit der überkommenen Dogmatik Trotz der Kontinuität in den Formulierungen und dem übereinstimmenden Rekurs auf den Willen des Eigentümers soll zwischen den Bestimmungen des Eigentums bei Puchta und bei Windscheid ein grundlegender Unterschied bestehen: Während Puchta noch den Willen des Eigentümers, anknüpfend an seinen Begriff des subjektiven Rechts, als Möglichkeit sittlichen Handelns417 gedacht habe, werde der Wille des Berechtigten bei Windscheid auf eine rein real-psychologische Kategorie reduziert. Die Notwendigkeit, das subjektive Recht seinem Träger unabhängig von der realen Fähigkeit zur Willensbildung zuzuordnen, soll Windscheid dazu gebracht haben, den Willen des Berechtigten auf die Durchsetzung der Eigentumsrechte zu beschränken und im Rahmen des subjektiven Rechts auf den objektiven Willen der Rechtsordnung abzustellen. Die Willensmacht des Eigentümers äußere sich daher nicht mehr in der umfassenden Sachherrschaft, sondern lediglich in der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen.418 Darin läge, soweit dies zuträfe, ein Bruch Windscheids mit der bisherigen Eigentumsdogmatik: Der Wille des Eigentümers als Person wäre nicht mehr bestimmendes Moment des Eigentumsbegriffs, sondern nur noch Voraussetzung für die Durchsetzung der aus dem Eigentum fließenden Ansprüche. Dem ist zuzugeben, daß Windscheid an einer Stelle seines Lehrbuchs äußerte, der Inhalt der das dingliche Recht ausmachenden Willensmacht sei ein negativer, der sich in dem Ausschließungsrecht gegenüber anderen erschöpfe.419 Dies kann aber nicht – wie dies Larenz im Anschluß an v. Thur unternimmt420 – als Sinnentleerung der Sachherrschaft des Eigentümers gedeutet werden.421 Denn die Sachherrschaft des Eigentümers ist auch weiterhin der Grundbegriff, mit dem das Eigentum definiert wird.422 Die genannte Äußerung Windscheids, auf die sich die Kritik stützt, bringt nicht mehr zum Ausdruck, als daß diese Sachherrschaft innerhalb der Rechtsordnung weitestgehend über das Verbot verwirklicht wird, den Eigentümer in seiner Sachherrschaft zu stören. Dies wird aber auch bei Windscheid deutlich, der – der gängigen Unterscheidung von Begriff und Inhalt eines Rechts folgend423 – das Ausschließungsrecht zum Inhalt des dinglichen Rechts und damit eben nicht zu dessen Begriff zählte. Dies übersieht die Kritik an Windscheid. Eigentum bleibt weiterhin die begrifflich unumschränkte Herrschaft des Eigentümerwillens über die Sache.

Es handelt sich dabei um kantisches Gedankengut, ausführlich dazu s. u. bei 4. Larenz, Methodenlehre, I, Kap. 2, 3., S. 31. 419 Windscheid / Kipp, Pandekten I, § 38, S. 167. 420 v. Thur, Allgemeiner Teil I, § 4, S. 93. 421 Larenz, vgl. Fn. 418, der darüber hinaus kritisiert, daß bei Windscheid vom ethischen Sinn des Eigentums nicht mehr die Rede sei. 422 Windscheid / Kipp, vgl. Fn. 419, Fn. 3, S. 167 f. und § 167, 856 f. 423 Vgl. dazu den 1. Teil dieser Arbeit. 417 418

200 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

Darüber hinaus sah Windscheid das subjektlose Recht als Ausnahmefall an, der zumeist dadurch unproblematisch vermieden werden könne, daß die Rechtsordnung statt an den Willen des Willensunfähigen selbst anzuknüpfen diesem den Willen eines Willensfähigen zurechne. Lediglich mit Bezug auf die noch nicht angenommene Erbschaft diskutierte Windscheid die Möglichkeit subjektloser Rechte.424 Darauf läßt sich jedoch schwerlich die Folgerung stützen, Windscheid habe generell den Willen des Einzelnen durch den objektiven Willen der Rechtsordnung ersetzt. Schließlich kann aus dem Schweigen des Lehrbuchs von Windscheid zu Fragen der Sittlichkeit als tieferem Grund der Verleihung von Rechten durch die Rechtsordnung kaum geschlossen werden, daß der Sinngehalt des Rechts verloren gehe, zumal Larenz selbst einräumt, daß Windscheid an anderer Stelle an das von der idealistischen Philosophie bestimmte Verhältnis von Freiheit und Recht anknüpfe und der geistige Hintergrund den Lesern zur Zeit Windscheids ohnehin bewußt gewesen sei.425 Die von Larenz mit Blick auf Windscheid behauptete Diskontinuität in der Eigentumsdogmatik der Romanistik erweist sich daher sowohl hinsichtlich ihrer Prämissen als auch der Konsequenzen als nicht stichhaltig. Die Wirkung idealistischer Philosophie bleibt bis zu Windscheid in der Begriffsbestimmung des Eigentums sichtbar.

c) Zusammenfassung Anhand der vorgehenden Darstellung zeigt sich wiederum, daß die Durchsetzung des abstrakten Eigentumsbegriffs nicht lediglich auf die Rezeption des römischen Rechts zurückgeführt werden kann, wenngleich die Anlehnung an das römische Recht einen Beitrag geleistet haben mag.426 Auch wenn hier keine Entscheidung der Frage erfolgen kann, ob der Einfluß Hegels oder Kants in Bezug auf die Eigentumsdogmatik vorherrschend war, so läßt sich doch der philosophische Hintergrund angesichts der Übereinstimmung in den Formulierungen nicht leugnen. Von besonderer Bedeutung ist im hier interessierenden Zusammenhang, daß die Eigentumsdogmatik nachweislich von Vorstellungen beeinflußt wurde, die außerhalb der rein juristischen Dogmatik liegen und auf die idealistische Philosophie zurückgehen. Damit wird aber direkt zu einem weiteren Erklärungsversuch für die Entwicklung der Eigentumsdogmatik im 19. Jahrhundert übergeleitet, der ebenfalls die maßgeblichen Beweggründe im vorrechtlichen Bereich sucht: Der abstrakte Eigentumsbegriff sei letztlich die Hervorbringung des sich seit dem Ende des 18. Jahrhunderts immer weiter verbreitenden Liberalismus.

424 425 426

Windscheid / Kipp, vgl. Fn. 418, § 49, S. 219 ff. Larenz, vgl. Fn. 4189, S. 31 f. Hecker, Eigentum, § 28, S. 253.

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

201

4. Der abstrakte Eigentumsbegriff und seine Verbindung zum Liberalismus Der Erfolg des abstrakten Eigentumsbegriffs wird immer wieder mit dem Begriff des Liberalismus427 in Verbindung gebracht. Bisweilen wird sogar von einem liberalen Eigentumsbegriff gesprochen.428 Dabei werden – soweit nicht einfach und ohne Differenzierung vom Einfluß des Liberalismus auf die Eigentumsdogmatik die Rede ist429 – die Akzente unterschiedlich gesetzt: Während einerseits der abstrakte Eigentumsbegriff hauptsächlich im Zusammenhang mit seinem freiheitlichen Gehalt gesehen430 und dem Eigentumsbegriff eine grundrechtsähnliche Bedeutung431 beigemessen wird, betonen andere die wirtschaftliche Freiheit des Eigentümers und sehen den Eigentumsbegriff als rechtliche Fassung der unternehmerischen Interessen des Bürgertums.432 Häufig wird der Eigentumsbegriff der Pandektistik, an den § 903 BGB anknüpft, auch als individualistisch bezeichnet.433 Damit ist jedoch keine weitergehende Aussage verbunden: Der Begriff des Individualismus bezeichnet eine Sichtweise, derzufolge die Interessen des Einzelnen denen der Gemeinschaft vorgehen. Wichtigste Ausformung des Individualismus ist der Liberalismus.434 Es handelt sich somit nur um eine etwas gröbere Betrachtungsweise, die darüber hinaus auch nicht zwischen politischer und wirtschaftlicher Freiheit unterscheidet. Bereits die Darstellung der unterschiedlichen Argumentationsansätze zeigt, daß der Meinungsstand hier unübersichtlich ist. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, daß bei der Verknüpfung von Eigentum und Liberalismus nicht zwischen der Ebene des Verfassungsrechts, auf der das Eigentumsrecht Schutz gegen den Zugriff des Staates gewähren soll, und der Ebene des Zivilrechts, auf der sich das 427 Floßmann, Eigentumsbegriff, S. 44 ff.; Peter, Wandlungen, S. 37 f.; Wieacker, Wandlungen, S. 18; Meyer-Hayoz, Wesen, S. 177 f. 428 Vgl. statt vieler Hattenhauer, Freiheit, S. 263. 429 Bspw. Hagemann, Eigentum, Sp. 886; Palandt-Bassenge, Vorbem. vor § 903 BGB, Rdn. 1. 430 Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 65. 431 Hattenhauer, § 7, S. 120 ff.; Schwab, Eigentum, S. 79; zahlreiche weitere Nachweise bei Hecker, Eigentum, § 24, S. 217. 432 MüKo-Säcker, § 903, Rdn. 3; Boehmer, Grundlagen II, S. 57; Welkoborsky, Herausbildung, S. 56 spricht ausdrücklich von einem „bürgerlich kapitalistische(n) Privateigentum“; Rittstieg, Eigentum, S. 205 ff. behandelt den bürgerlich-rechtlichen Eigentumsbegriff unter der Rubrik „Vollendung der Marktgesellschaft„ 433 Dahm, DtR, § 58, S. 451; Hedemann, Fortschritte II 1, S. 125; Rittstieg, Eigentum, S. 205; Schlosser, Privatrechtsgeschichte, § 5, S. 158; im Rahmen der Kritik des Eigentums im 19. und 20. Jahrhundert war mit der Bezeichnung individualistisch eine abwertende Haltung verbunden; vgl. nur v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 496. Dies geht zurück auf v. Jhering, Zweck I, S. 524, der die „individualistische Eigentumstheorie“ als rücksichtslose Verwirklichung des abstrakten, formalistischen Eigentumsbegriffs kritisierte. 434 Hoffmeister, Wörterbuch der philosophischen Begriffe, zu Individualismus, S. 324.

202 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

Eigentum als juristischer Begriff innerhalb eines Rechtssystems darstellt, unterschieden wird.435 Demgegenüber konzentriert sich die vorliegende Arbeit auf den Eigentumsbegriff in seiner zivilrechtlichen Bedeutung. Im folgenden soll daher nur die Frage beantwortet werden, inwieweit gerade die zivilrechtliche Eigentumsdogmatik Impulse von der gesellschaftlichen und politischen Bewegung des Liberalismus empfangen hat. Voraussetzung einer solchen Erörterung ist die – im Rahmen dieser Arbeit naturgemäß kurze und dementsprechend grobe – Klärung des Begriffs des Liberalismus. Dies zeigen schon die dargestellten verschiedenen Akzentuierungen der Verknüpfung von Eigentumsdogmatik und Liberalismus, die zwischen politischem und wirtschaftlichem Liberalismus trennen. Gerade in Bezug auf diese unterschiedlichen Tendenzen wird sich eine differenzierte Darstellung als hilfreich erweisen. Ebenso wird zwischen rechtstheoretischer und rechtspolitischer Nähe von Eigentumsdogmatik und Liberalismus zu differenzieren sein. Beides wird nicht immer ausreichend gewürdigt.

a) Zur Bedeutung des Begriffs des Liberalismus Der Begriff des Liberalismus ist ein Produkt des 19. Jahrhunderts436: Er wurde um 1810 zunächst in Spanien gebraucht und von dort aus in andere europäische Länder übernommen.437 Dabei hatte die Verwendung des Begriffs des Liberalismus zunächst eine abwertende Bedeutung. Liberalismus bezeichnete eine aus der Aufklärung438 hervorgegangene Bewegung, die auf die Herauslösung des Individuums aus den religiösen und staatlichen Bindungen gerichtet war und als überzeichnet individualistische Denk- und Handlungsweise betrachtet wurde. Erst später erhielt der Begriff des Liberalismus den noch heute vorherrschenden – und für die weitere Erörterung maßgeblichen – positiven Inhalt als Bezeichnung einer Staats- und Gesellschaftsauffassung, die in der Freiheit des Einzelnen von staatlichen und gesellschaftlichen Bindungen und wirtschaftlich im freien Spiel der Kräfte ein anzustrebendes Ideal sieht.439 Damit wird zugleich auf die schon angesprochene Mehrdeutigkeit des Begriffs verwiesen: In unterschiedlichen Bedeutungsvarianten und Kontexten bezeichnet Liberalismus einerseits eine politische Bewegung und andererseits eine ökonomische Grundhaltung. Als Begriff der politischen Ideengeschichte bezeichnet Liberalismus die Kritik an absolutistischen und feudalen Herrschaftsstrukturen, an deren Stelle eine auf vertragstheoretischen KonstrukVgl. bspw. Hattenhauer, Grundbegriffe, § 7, S. 119 ff. Zu den weiter zurückreichenden Wurzeln des Begriffs Vierhaus, Liberalismus, S. 744 ff. und Dierse, Liberalismus, Sp. 256 ff. 437 Strömholm, Geschichte, S. 235. 438 Es war die englische Aufklärungsbewegung, allen voran John Locke, die die Idee individualistischer Freiheit hervorbrachte, die später zum Vorbild aller liberalen Strömungen wurde, vgl. Hirschberger, Geschichte II, S. 215 und 247 f. 439 Hoffmeister, Wörterbuch der philosophischen Begriffe, zu Liberalismus, S 376 f. 435 436

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

203

tionen basierende und vom Individuum ausgehende staatliche Ordnung treten soll. In diesen Zusammenhang gehören die zentralen Postulate des Liberalismus: die Vorstellung angeborener Menschenrechte, die Eindämmung staatlicher Macht durch Einführung einer Gewaltenteilung und der Garantie individueller Freiheitsrechte, Toleranz und Offenheit in allen gesellschaftlichen Bereichen.440 Grundlegend waren das besonders von Locke entwickelte Konzept der Menschenrechte und die Ethik und Rechtslehre Kants.441 Der sog. wirtschaftliche Liberalismus fand seinen wissenschaftlichen Ausdruck in den Lehren der klassischen englischen Volkswirtschaftstheorie, vor allem der Lehre Adam Smiths.442 Dieser hatte als erster in systematischer Form die Abschaffung aller wirtschaftlichen Restriktionen, insbesondere den Verzicht auf staatliche Eingriffe, gefordert.443 Die Ausgrenzung staatlicher Tätigkeit aus dem Bereich des Wirtschaftlichen macht einen wesentlichen Bestandteil des liberalen Freiheitsbegriffs aus.444 Trotz der unterschiedlichen Ausrichtung der Bedeutungsvarianten des Begriffs des Liberalismus lassen sich beide Sichtweisen auf dieselbe Wurzel zurückführen. Diese liegt in der Aufklärung und in den politischen und gesellschaftlichen Bedingungen zu Ende des 18. Jahrhunderts. Den Kern der liberalen Anschauung bildet der Gedanke der weitgehenden Autonomie des Individuums.445 Auch sind die beiden Varianten des Liberalismus selten isoliert hervorgetreten. So setzte Adam Smith in seiner ökonomischen Theorie die Garantie von Freiheit und Eigentum durch den Staat voraus.446 Umgekehrt gehörte zu den liberalen Forderungen an die Gesetzgebung zumeist neben der Garantie bürgerlicher Freiheit auch die Abschaffung gesellschaftlicher oder verwaltungsrechtlicher Hindernisse für die wirtschaftliche Entfaltungsfreiheit des Einzelnen.447 Bisweilen wird dies sogar als „klassischer liberaler Mix“ von wirtschaftlichen und ökonomischen Aspekten bezeichnet.448 Trotz diesen engen Zusammenhangs sollen im folgenden die unterschiedlichen Begriffsvarianten getrennt in ihrem Einfluß auf die Entwicklung des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs untersucht werden, da ansonsten die unterschiedlichen Folgen der beiden Aspekte nicht deutlich würden.

440 Noetzel, Metzler-Philosophie-Lexikon, zu Liberalismus, S. 296; Gall, Liberalismus, Sp. 919 f. 441 Hoffmeister, vgl. Fn. 439. 442 Hoffmeister, vgl. Fn. 439. 443 Walther, Wirtschaftlicher Liberalismus, S. 794. 444 Klippel, Freiheit, S. 144 ff. 445 Gall, Liberalismus, Sp. 917. 446 Walther, Wirtschaftlicher Liberalismus, S. 794. 447 Strömholm, Geschichte, S. 237. 448 Noetzel, vgl. Fn. 440.

204 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

b) Das Verhältnis des abstrakten Eigentumsbegriffes zum politischen Liberalismus Die Verbindung von abstraktem Eigentumsbegriff und politischem Liberalismus muß in zweifacher Hinsicht analysiert werden. Wie bei jeder anderen politischen Bewegung auch besteht ein Unterschied zwischen den theoretischen Grundlagen und deren praktischer Umsetzung mittels politischer Einflußnahme. Es ist daher zum einen zu klären, ob der abstrakte Eigentumsbegriff bzw. die romanistische Rechtslehre, die ihn hervorbrachte, etwa eine Nähe zu der Philosophie Kants aufweist449 und zum anderen, ob die romanistische Eigentumsdogmatik wirklich eine Rolle bei den gesellschaftlichen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts, bspw. bei der Schaffung freien Eigentums im Rahmen der Bauernbefreiung, spielte.450

aa) Die Verbindung von kantischer Philosophie und historischer Schule Die Ideen des Liberalismus fanden in Deutschland, wo es im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch keine große politische, auf die Durchsetzung liberaler Grundsätze gerichtete Bewegung gab, weniger über die freiheitliche Theorie eines John Locke oder eines Montesquieu als über Voltaire und Rousseau Verbreitung. Wesentlicher Wegbereiter des liberalen Gedankenguts in Deutschland war Kant.451 Gerade die historische Schule in der Nachfolge v. Savignys knüpfte ihrerseits an die kantische Philosophie an.452 Kant hatte bewiesen, daß die Ableitung eines Naturrechts aus formalen und unverrückbar feststehenden Prämissen nicht möglich ist. Einem Naturrecht rationalistischer und systematischer Prägung, wie etwa dem Naturrecht Wolffs mit seiner umfassenden Rechts- und Pflichtenlehre, war dadurch der Boden entzogen.453 An die Stelle dieses Naturrechts setzte die historische Schule die Erforschung des geschichtlich gewordenen Rechts; für v. Savigny war dies vor allem das römische Recht,454 das systematisch erfaßt werden sollte.455 Zwar blieb gerade die fortgeschrittene Systematisierung des Rechts und die deduktive Ableitung von Rechtssätzen aus Oberbegriffen und Definitionen in der historischen Schule ein Erbe der Theorie des späten Naturrechts.456 Zentralbegriff und 449 Daß dem so ist hat sich schon mehrfach gezeigt, vgl. den Exkurs zum engen Eigentumsbegriff und die Bedeutung des Willens der Person für den Eigentumsbegriff, s. o. S. 123 ff. und 197 ff. 450 s. o. bei II. 2. 451 Hocevar, Liberalismus, Sp. 262. 452 Vgl. Kiefner, Einfluß, S. 3 ff. 453 Kaufmann, Problemgeschichte, S. 65 ff. 454 Dazu umfassend Luig, Pandektenwissenschaft, Sp. 1422. 455 Eisenhardt, Rechtsgeschichte, Rdn. 524 ff. 456 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 373; Thieme, Naturrecht, S. 41 f.

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

205

ethisches Fundament war die Freiheit der Person zu autonomem und sittlichem Handeln; das staatliche Recht sollte lediglich die Freiheitssphären der Einzelnen abgrenzen, innerhalb derer jeglicher die Möglichkeit hatte, sittlich im Sinne Kants457 zu handeln.458 Damit einher ging die strenge Trennung Kants zwischen dem bürgerlichen Recht als Zwangsordnung459 und der Sittlichkeit des einzelnen als autonomes, d. h. von jedem Zwang freies, Handeln.460 Dies wurde von v. Savigny aufgenommen: Das Recht sicherte danach dem Einzelnen jenen Freiheitsbereich, ohne ihm einen bestimmten Gebrauch der Freiheit vorzuschreiben.461 Mittel zur Verwirklichung dieser Freiheit war der einer Person durch das Recht zugewiesene Machtbereich, das subjektive Recht.462 Das subjektive Recht fand demnach seine Rechtfertigung in der Freiheit und bildet die Grundlage für den weiteren Systemaufbau des Privatrechts.463 Das bürgerliche Recht war danach, als Verwirklichung der formalen Rechts- und Pflichtenethik Kants,464 ein formales System der Privatautonomie,465 zu dem nicht zuletzt die Freiheit des Eigentums zählte.466 Dieses System liegt noch dem BGB zugrunde.467 Inhaltliche Vorschriften zum Gebrauch der Rechte fehlen darin. Wenn das Eigentum als unumschränkte Sachherrschaft definiert wird, so zeigt sich darin die Ableitung aus dem Begriff des subjektiven Rechts und so die freiheitliche, liberale Herkunft des Eigentums. Der abstrakte Eigentumsbegriff kann insoweit mit Recht als Produkt liberalen Denkens apostrophiert werden. Diese Herkunft sicherte dem Eigentumsbegriff seinen Erfolg nicht zuletzt aufgrund der inhaltlichen Neutralität, die geeignet war, auch die umwälzenden Änderungen während des 19. Jahrhunderts aufzunehmen.468 Darüber hinaus mag umgekehrt gerade diese Neutralität des Rechts der politischen Bewegung des Liberalismus die Durchsetzung ihrer Ziele erleichtert haben.469 Der Eigentumsbegriff der romanistischen Rechtswissenschaft steht damit in Wechselwirkung mit dem politischen Konzept des Liberalismus. 457 Oberster Grundsatz der Sittenlehre war Kants kategorischer Imperativ, vgl. Metaphysik, Einleitung, IV., S. 332; dazu Schild, Begründungen, S. 44 f. 458 Wieacker, Sozialmodell, S. 12. 459 Kant, Metaphysik, Rechtslehre, S. 338 ff. 460 Küchenhoff, Kant, Sp. 594. 461 v. Savigny, System I, § 52, S. 331 ff.; dazu Coing, Subjektives Recht, S. 19 und Bemerkungen, S. 26. 462 v. Savigny, System I, § 4, S. 7. 463 Coing, Savigny, S. 19. 464 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 375. 465 Coing, Savigny, S. 19. 466 Luig, Pandektenwissenschaft, Sp. 1423; Eisenhardt, Rdn. 530. 467 Coing, Subjektives Recht, S. 20. 468 Vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 440 f. 469 Luig, Pandektenwissenschaft, Sp. 1424.

206 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

bb) Weitergehender Einfluß des abstrakten Eigentumsbegriffes auf die politische Bewegung des Liberalismus? Über diesen Befund hinaus deuten weitere Umstände sogar einen bewußten Zugriff des politischen Liberalismus und seines Strebens nach bürgerlichen Freiheiten auf den Eigentumsbegriff der Pandektistik an: So ähnelt der pandektistische Eigentumsbegriff einer verfassungsrechtlich garantierten Eigentumsfreiheit unter einem Gesetzesvorbehalt.470 Noch weitergehend wird davon gesprochen, daß die zivilrechtliche Lehre in einer „Zeit, als die Staatsrechtslehre Zurückhaltung übte, die freiheitstheoretischen Grundlagen des Eigentumsbegriffs nachdrücklich“ festgehalten habe.471 Das Privatrecht wäre auch in diesem Zusammenhang ein Ausgleich für fehlende verfassungsrechtliche Verbürgungen von Grundrechten gewesen.472 Das nach privater Freiheit strebende Bürgertum hätte sich des pandektistischen Eigentumsbegriffs als Vorbild einer grundrechtlichen Garantie zumindest bedienen können, so daß in der Tat eine Wechselwirkung zwischen Eigentumsbegriff und liberalem Bürgerrechtsstreben naheliegend erscheint und diese einen weiteren Erklärungsansatz für den Erfolg des abstrakten Eigentumsbegriff liefern mag.473 Ob diese Wechselwirkung in Wahrheit so eng war, wie dies behauptet wird,474 ist nicht ganz unzweifelhaft: So definierten sowohl Welcker475 als auch Rotteck476, letzterer unter dem Oberbegriff des dinglichen Rechts, in dem von ihnen herausgegebenen „Staats-Lexikon“, das als Grundbuch des südwestdeutschen Liberalismus gilt,477 das Eigentum nicht über die freie Sachherrschaft des Eigentümers, sondern über die ausschließliche Zugehörigkeit einer Sache zu einer Person und als Ausfluß von deren Freiheit.478 Letztlich kann aber dahinstehen, inwieweit die Ergebnisse der Rechtslehre des romanistischen Zweigs der historischen Schule ihrerseits Einfluß auf die politische Bewegung des Liberalismus ausgeübt haben. An dieser Stelle und im Rahmen der Frage nach der Herkunft des abstrakten Eigentumsbegriffs und seiner Aufnahme durch die Zivilrechtslehre geht es weniger um die politische und grundrechtliche Bedeutung freien Eigentums, sondern vielmehr darum, ob die politische Dimension des Eigentumsbegriffs für dessen Verbreitung eine Hecker, Eigentum, § 24, S. 217. Kroeschell, Lehre, S. 44. 472 Vgl. Grimm, Grundrechte, S. 339 ff., insbesondere S. 370 ff. 473 Kroeschell, Lehre, S. 46 sieht darin sogar das entscheidendes Moment. 474 Vgl. von den eingangs dieses Abschnitts genannten Autoren nur Hattenhauer, Grundbegriffe, § 7, S. 119 ff. 475 Welcker, Eigenthum, S. 211. 476 Rotteck, Dingliches Recht, S. 46. 477 Vierhaus, Liberalismus, S. 768. 478 Die enge Verknüpfung von Persönlichkeit und Sache scheint weniger auf kantisches Gedankengut als auf die Philosophie Hegels, vgl. Hegel, Grundlinien, §§ 41, S. 102 ff. zurückzugehen. Auch darin würde sich ein Unterschied zur historischen Schule und ihrem Rückgriff auf Kant zeigen. 470 471

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

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Rolle spielte und ob gerade die Zivilrechtslehre bzw. deren Protagonisten aktiv mit Hilfe des Eigentumsbegriffs an den politischen Umwälzungen ihrer Zeit teilnahmen, mithin um die Frage, ob nachweislich eine politische Absicht hinter dem abstrakten Eigentumsbegriff stand.479 Mit der Feststellung der liberalen Herkunft des Eigentumsbegriffs und dem Hinweis, daß während des 19. Jahrhunderts die Offenheit des Eigentumsbegriffs seine Durchsetzung begünstigt haben mag, ist aber die gerade gestellte Frage noch nicht abschließend beantwortet. Die eingangs zitierten Äußerungen gehen zumeist über die Darstellung des geschilderten Zusammenhangs hinaus und hinterlassen den Eindruck, als habe der abstrakte Eigentumsbegriff bzw. die romanistische Rechtswissenschaft aktiv in die gesellschaftlichen und politischen Geschehnisse eingegriffen oder den Eigentumsbegriff zumindest mit dieser Zielsetzung formuliert. Mit anderen Worten: Beschränkt sich die Nähe der historischen Schule, insbesondere ihres romanistischen Zweigs, zum politischen Liberalismus auf die Theorie oder gilt dies auch in der Praxis? Diese Frage wird im folgenden zu klären sein.

cc) Der zivilrechtliche Eigentumsbegriff und seine politischen Auswirkungen am Beispiel der Bauernbefreiung in Preußen „Der Entwurf (gemeint ist der Entwurf zum BGB, Anmerkung des Verfassers) wird bürgerliches Recht bringen: Freiheit des Eigentums – unentbehrlich für uns alle. Von dieser Freiheit leben wir. Unsere ganze öffentliche und sittliche Freiheit, die wir als Einzelpersönlichkeit besitzen, das kostbarste Rechtsgut, das wir alle haben, wird uns durch das Privateigentum, das freie Privateigentum allein ermöglicht. . . . Freies Eigentum! Endlich sind wir dazu gekommen. Das neunzehnte Jahrhundert hat es uns auf allen Gebieten gebracht.“480

Diese enthusiastischen Worte Rudolf Sohms scheinen nahezulegen, daß gerade das zivilrechtliche Eigentum in seiner Eigenschaft als uneingeschränkte und freie Sachherrschaft des Eigentümers bei der Herstellung der zum Ende des 19. Jahrhunderts herrschenden Eigentumsverfassung eine Rolle gespielt habe. Das römische Recht – und so auch der damit verbundene Eigentumsbegriff – soll nach einer Lesart sogar „Waffe des sozialen und wirtschaftlichen Liberalismus“ gewesen sein.481 Inwieweit dies tatsächlich zutrifft wird im folgenden anhand der Herstellung freien Eigentums im Rahmen der Bauernbefreiung und der damit einhergehenden endgültigen Abschaffung der im Lehnswesen verkörperten Macht des Adels, die auf den Eigentumsverhältnissen an Grund und Boden beruhte, überprüft 479 Hecker, Eigentum, § 24, S. 217 spricht von einer bewußten, rechtspolitischen Grundentscheidung. 480 Rudolf Sohm in der ersten Lesung des BGB im Reichstag 1896, abgedruckt bei Mugdan I, S. 900. 481 Boehmer, Grundlagen II, S. 57 f.

208 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

werden. Gerade dieser Vorgang wird immer wieder als Beispiel für die politische Wirkung des abstrakten Eigentumsbegriffs herangezogen.482 Bei der Bauernbefreiung in Preußen, wie bei der gesamten Neuordnung des preußischen Staates nach 1806, waren für die Reformer Stein und Hardenberg Vorstellungen leitend, in denen der unmittelbare Einfluß Kants und Adam Smiths zu erkennen ist.483 Ob darüber hinaus auch der abstrakte Eigentumsbegriff die Ablösung des geteilten Eigentums beeinflußte, ist zweifelhaft. Wie bereits dargelegt wurde, spielte für Thibaut, der allerdings nicht zur historischen Schule zählte, im Hinblick auf seine Abhandlung über das dominium die Bauernbefreiung keine Rolle. Ebensowenig konnte eine Auswirkung des abstrakten Eigentumsbegriffs auf die Reformen zur Ablösung der auf dem bäuerlichen Grund und Boden ruhenden Lasten festgestellt werden.484 Von einem wesentlichen Einfluß kann daher nicht die Rede sein. Es bleibt dann nur noch die Frage, ob die Vertreter der romanistischen Lehre diese Entwicklung zwar nicht angestoßen, aber zumindest aktiv begleitet haben, wie beispielsweise Kroeschell485 behauptet. Dies würde zunächst voraussetzen, daß sich die romanistische Lehre überhaupt mit der beginnenden Bauernbefreiung auseinandergesetzt hat. Zwar lag es, wie bereits mehrfach dargelegt, in der Konsequenz des abstrakten Eigentumsbegriffs, ein geteiltes Eigentum zu verwerfen. Damit ist aber nicht gleichzeitig die Feststellung verbunden, daß die Vertreter der romanistischen Rechtswissenschaft auch den sozialen Vorgang der Bauernbefreiung in seiner Tragweite erkannt oder gar begrüßt hätten. Eine solche Haltung kann bei den Vertretern des romanistischen Zweigs der historischen Schule auch nicht festgestellt werden; eher trifft das Gegenteil zu: Allen voran stand v. Savigny der Neuordnung der bäuerlichen Leiheverhältnisse kritisch gegenüber, zumal er selbst Gutsbesitzer war.486 Auch die Rechtsfigur des geteilten Eigentums, mit der die bäuerlichen Leiheverhältnisse erfaßt wurden, gab v. Savigny im Hinblick auf die Emphyteuse erst unter dem Eindruck von Thibauts Abhandlung über das dominium in einer späteren Auflage seiner Monographie über das Besitzrecht auf.487 Ähnliches gilt auch für Puchta. Dieser verwarf den Begriff des geteilten Eigentums nur als Konsequenz des abstrakten Eigentumsbegriffs; sein Verfassungsideal hingegen war eine ständisch gebundene konstitutionelle Monarchie.488 Wenn 482 So schon v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 496; ebenso bspw. Eichler, Wandlungen, S. 36 ff.; Kroeschell, Lehre, S. 46 formuliert dies etwas zurückhaltender, wenn er feststellt, daß der abstrakte Eigentumsbegriff mit der Ablösung des Bodens als Instrument politischer Herrschaft in Einklang stand und dies den zeitgenössischen Juristen durchaus bewußt gewesen sei. 483 Hocevar, Liberalismus, Sp. 262. 484 Vgl. dazu oben bei II. 2. 485 s. Fn. 482. 486 Busz, Historische Schule, S. 59 ff. 487 Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 67. 488 Busz, Historische Schule, S. 143.

B. Die Verdrängung des geteilten Eigentums

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Kroeschell Puchta aufgrund von dessen Aussage, daß das geteilte Eigentum eine privatrechtliche Anomalie darstelle, nach der die Lehnsleute und Bauern staatsrechtlich keine besondere Schicht mehr seien, zu den Befürwortern der Abschaffung des feudalen Systems zählt,489 so verkennt er den Zusammenhang, in dem Puchta seine Feststellung trifft. Diesem ist es nur darum zu tun, die Trennung von öffentlichem und privatem Recht streng durchzuführen; das geteilte Eigentum mit seinem staatsrechtlichen Bezug konnte daher in Puchtas Theorie nicht fortbestehen.490 Insgesamt läßt sich keine positive Einstellung der Romanistik zur Bauernbefreiung und erst recht keine aktive Begleitung dieses Prozesses nachweisen.491 Es bleibt daher nur die Feststellung, daß die romanistische Rechtswissenschaft, auch in der begriffsjuristischen und positivistischen Ausprägung, und ihr Eigentumsbegriff dem zeitgenössischen liberalen Streben äußerlich entgegen kamen, wenngleich dies weder von den Vertretern der Romanistik – deren Grundeinstellung zumeist eher konservativ war – zur Gänze erkannt noch etwa befürwortet worden wäre.492 Wieacker beschreibt dies als „unbewußtes Einverständnis“ – ein Paradoxon – „mit den politischen und wirtschaftlichen Forderungen des liberalen Zeitalters.“493 Es bleibt somit nur die Feststellung, daß abstrakter Eigentumsbegriff und Liberalismus über den Umweg der kantischen Philosophie miteinander verbunden sind.494 c) Der abstrakte Eigentumsbegriff als Beitrag zu größerer wirtschaftlicher Freiheit Mit diesem Befund ist auch zugleich die Frage nach dem Verhältnis des abstrakten Eigentumsbegriffs bzw. der romanistischen Eigentumsdoktrin und dem wirtschaftlichen Liberalismus dem Grunde nach beantwortet. Mag ein unumschränktes Eigentum auch die Verfügung darüber vereinfachen und somit den Rechtsverkehr begünstigen, so ist dies nicht von der Romanistik angestrebt worden. Vielmehr zeigte auch hier die romanistische Rechtswissenschaft politische Enthaltsamkeit.495 Kroeschell, Lehre, S. 46 mit Zitierung Puchtas. Vgl. Busz, Historische Schule., S. 154 ff. 491 Busz, Historische Schule, S. 222; dem steht auch der Verweis Kroeschells, Lehre, S. 46 auf die Monographie Pagenstechers nicht entgegen: Pagenstecher, Lehre, S. 20 f., stellte ausdrücklich fest, daß die Ablösung des geteilten Eigentums nicht auf der Anlehnung an das römische Recht beruhe, sondern auf der Absicht der Regierenden, einen steuerkräftigen Mittelstand zu schaffen. 492 Wieacker, Industriegesellschaft, S. 61 f. 493 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 442. 494 Auf die noch weiter zurückliegenden Wurzeln sowohl des Liberalismus als auch des Eigentumsbegriffs romanistischer Prägung in der naturrechtlichen Philosophie weist Floßmann, Eigentumsbegriff, S. 40 ff. hin. 495 Vgl. Wieacker, Industriegesellschaft, S. 61 f. 489 490

14 Lehmann

210 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

Daß aber der Wunsch nach größerer wirtschaftlicher Freiheit in engem Zusammenhang mit der Herstellung freien, d. h. von unablösbaren Lasten befreiten, Eigentums stand, hat nicht erst die Bauernbefreiung in Preußen gezeigt496: Dort stand am Beginn der Neuordnung der bäuerlichen Leiheverhältnisse zugleich die ebenfalls mit dem Martini-Edikt eingeführte Verkehrsfreiheit für Grund und Boden. Schon früher hatte es einen ähnlichen Vorgang in den spätmittelalterlichen Städten gegeben. Für das Handel treibende städtische Bürgertum war die Verfügungsfreiheit des Eigentümers von entscheidender Bedeutung.497 Dort hatte aber auch das individuelle Bodeneigentum schon ein hohes Maß von Verkehrsfähigkeit erlangt. So hatte auch die Ablösung des geteilten Eigentums in Form der städtischen Häuserleihe bereits im 13. Jahrhundert begonnen und sich bis ins 15. Jahrhundert fortgesetzt.498 Die freie Verfügung über Sachen besaß demnach eine hohe Bedeutung für die Entwicklung des modernen, freien Eigentums.499 Dabei handelt es sich jedoch um einen allgemeinen Zusammenhang, auf den eine besondere Verbindung von abstraktem Eigentumsbegriff und wirtschaftlichem Liberalismus nicht gestützt werden kann.

d) Ergebnis Die Untersuchung der Frage, ob eine Verbindung zwischen abstraktem oder romanistischem Eigentumsbegriff und dem Liberalismus bestand, hat zu zwei Ergebnissen geführt: Zwar beruhte die Rechtslehre der historischen Schule – und damit auch der abstrakte oder romanistische Eigentumsbegriff – ebenso wie die Idee des Liberalismus auf Grundgedanken, die der kantischen Philosophie entnommen wurden. Dieser Umstand und die Tatsache, daß der abstrakte Eigentumsbegriff den Forderungen des wirtschaftlichen und politischen Liberalismus nicht entgegenstand, sondern diese möglicherweise sogar begünstigte, rechtfertigt es, von einem liberalen Eigentumsbegriff zu sprechen und in dieser Beziehung einen Grund für die Durchsetzung dieses Begriffs zu sehen. Die Behauptung aber, der zivilrechtliche Eigentumsbegriff habe eine wesentliche politische Rolle gespielt oder sei etwa bewußt mit Blick auf liberale Bestrebungen konzipiert worden, ist jedoch nicht haltbar.

Vgl. o. bei II. 2. Willoweit, Historisches Jahrbuch 94 (1974) S. 131 ff., S. 155, mit ausdrücklichem Hinweis auf die ähnliche Ausgangslage zu Beginn des 19. Jahrhunderts. 498 Arnold, Geschichte, S. 258 ff. 499 Hattenhauer, Entdeckung, S. 141 sieht in der freien Verfügungsmacht sogar den ersten entscheidenden Schritt zur Entwicklung modernen Eigentums. 496 497

C. Zusammenfassung

211

C. Zusammenfassung Mit der Darstellung der Gründe für die Durchsetzung des sog. abstrakten Eigentumsbegriffs, der in dieser Form von der Pandektistik im 19. Jahrhundert hervorgebracht wurde, ist die Untersuchung der Frage, wie die Sachherrschaft zum bestimmenden Merkmal des zivilrechtlichen Eigentums wurde, abgeschlossen. Bevor die Entwicklung der vorgeblichen Alternative zum abstrakten Eigentumsbegriff – dem vor allem durch die Sozialbindung des Eigentums charakterisierten deutschen Eigentumsbegriff – geschildert wird, sollen an dieser Stelle die wichtigsten Ergebnisse dieses Teils der Arbeit zusammengefaßt werden, zumal sowohl die Historie des geteilten Eigentums als auch des abstrakten Eigentumsbegriffs im nächsten Teil dieser Arbeit von Bedeutung sein werden: Der sog. deutsche oder germanistische Eigentumsbegriff ist als Schöpfung besonders v. Gierkes zum Zwecke der durch die Schaffung des BGB ausgelösten rechtspolitischen Auseinandersetzung mit der Eigentumsdogmatik der Romanistik verwendet worden. Der deutsche Eigentumsbegriff seinerseits lehnt sich, wie noch zu zeigen sein wird, stark an die Rechtsfigur des geteilten Eigentums an. Vor diesem Hintergrund verdienen die folgenden Punkte besonders festgehalten zu werden: 1. Die Geschichte des geteilten Eigentums und des abstrakten Eigentumsbegriffs gehören untrennbar zusammen. So schließen beide Rechtsinstitute in letzter Konsequenz einander aus. Beide sind darüber hinaus auf das römische Recht, aber insbesondere auf dessen Erfassung durch die Glossatoren und Kommentatoren zurückzuführen. Sowohl die erste systematische Darstellung des geteilten Eigentums – als folgenreiche Aufspaltung in dominium directum und dominium utile – als auch die Definition des modernen Eigentums als umfassender Sachherrschaft finden sich bei Bartolus. Dem Nebeneinander von alleiniger Sachherrschaft des Eigentümers und der Teilung des Eigentums, wie es auch später – trotz verschiedentlich geäußerter Ablehnung – im sog. usus modernus und in der naturrechtlichen Doktrin erhalten blieb, lag in der weiteren Entwicklung die Vorstellung zugrunde, daß die einzelnen Befugnisse des Eigentümers selbständig sind und auf verschiedene Personen verteilt werden können. 2. In der Zeit des Naturrechts begann sich die Freiheit des Eigentümers in der Verfügung über die ihm gehörende Sache als wesentliches Merkmal des Eigentums durchzusetzen, wenngleich das geteilte Eigentum noch fester Bestandteil der Eigentumsdogmatik war. Das geteilte Eigentum war jedoch nur noch ein vom vollen und ursprünglichen Eigentum abgeleitetes. Beispielhaft war die Lehre des Naturrechtlers Christian Wolff. 3. Die Aufnahme des geteilten Eigentums in die großen naturrechtlich geprägten, territorialen Kodifikationen war Zeugnis der weiten Verbreitung der zum geteilten Eigentum gezählten Rechtsinstitute, insbesondere der bäuerlichen Bodenleihe. Gleichzeitig begann sich eine Relativierung des geteilten Eigentums zugunsten des vollen Eigentums abzuzeichnen: Die Kodifikationen enthielten sämtlich 14*

212 2. Teil: Durch Sachherrschaft des Eigentümers gekennzeichneter Eigentumsbegriff

eine Begriffsbestimmung des Eigentums, die auf der vollen Sachherrschaft des Eigentümers basierte, wenngleich die Grundlage der Eigentumsteilung – die Selbständigkeit der zum Eigentum zählenden Rechte des Eigentümers – in den Gesetzen erhalten blieb. Freiherr v. Kreittmayr, der Schöpfer des Codex Maximilianeus, sah das dem Obereigentum gegenüberstehende Nutzeigentum nur noch als ein Recht an fremder Sache, dem aber die Eigenschaft des Eigentums beigemessen wurde. Das Pr. ALR konstruierte das geteilte Eigentum über den Umweg eines Eigentums an Rechten. Bei den Vorarbeiten zum österreichischen ABGB fand das geteilte Eigentum im sog. Codex Theresianus und im sog. Entwurf Horten keine Aufnahme mehr; ein neuer Eigentumsbegriff, der eine Teilung ausschließt, zeichnete sich ab. Erst Martinis Entwurf enthielt wieder Bestimmungen über das geteilte Eigentum. Sichtbares Zeichen der besonderen Stellung des ungeteilten Eigentums und damit der umfassenden Zuordnung einer Sache zu ihrem Eigentümer ist die Vermutung freien und ungeteilten Eigentums in allen drei Kodifikationen. Zu diesem Zeitpunkt zeigten sich auch erste staatspolitische Forderungen, die auf eine Ablösung des geteilten Eigentums hinauslaufen sollten und zumindest teilweise ihren Grund in einem Freiheitsverständnis, zu dem die individuelle Verfügung über die einer Person gehörenden Gegenstände zählte, hatten. 4. Das Ende des geteilten Eigentums in der zivilrechtlichen Lehre markierte Thibauts Abhandlung „Über dominium directum und utile“ aus dem Jahre 1801. Aufgrund eines Eigentumsbegriffs, der eine Teilung nicht zuließ, verwarf Thibaut das geteilte Eigentum als falsche Auslegung römisch-rechtlicher Quellen. Dabei leitete Thibaut den seiner Abhandlung zugrundeliegenden Eigentumsbegriff nicht her, sondern setzte ihn voraus, obwohl gerade in den von ihm genannten Rechtsquellen eine Eigentumsdefinition nicht existierte. Es spricht viel dafür, daß Thibaut diesen Eigentumsbegriff, den er später als unbeschränkte Befugnis, über eine Sache zu verfügen, präzisierte, in Anknüpfung an naturrechtliche Eigentumsdefinitionen entwickelte. Weder eine Beeinflussung Thibauts durch die einsetzende Bauernbefreiung, noch eine besondere Rolle des sich nunmehr verbreitenden zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs bei der Ablösung grundherrlicher Lasten sind nachweisbar. Ebensowenig dürfte Thibaut an liberales Gedankengut angeknüpft haben. 5. Der durch die unumschränkte Sachherrschaft des Eigentümers bestimmte Eigentumsbegriff setzte sich rasch durch und wurde vor allem vom romanistischen Zweig der historische Schule weiterentwickelt. Das Eigentum war nun ein einheitliches und unteilbares Recht und zugleich die Grundform aller Sachenrechte. Die einzelnen Befugnisse des Eigentümers gingen in der umfassenden Sachherrschaft auf; die Teilung des Eigentums war damit endgültig ausgeschlossen. Die weitere Entwicklung vollzog sich in zwei Schritten: Nachdem die unumschränkte Sachherrschaft des Eigentümers sich allgemein als entscheidendes Kriterium durchgesetzt hatte, mußte dies mit den in der Realität bestehenden Beschränkungen und Belastungen des Eigentums in Einklang gebracht werden. Während die öffentlichrechtlichen Beschränkungen des Eigentums von vornherein aufgrund der strengen systematischen Trennung zwischen öffentlichem und zivilem Recht kein Problem

C. Zusammenfassung

213

darstellten, entwickelte sich bezüglich der Rechte an fremder Sache eine eingehende Diskussion. Gemeinsames Merkmal der Lösungsvorschläge war die gegenüber der unumschränkten Sachherrschaft höhere Abstraktionsebene. Schließlich setzte sich eine auf der Differenzierung zwischen Begriff und Inhalt des Eigentums basierende Betrachtungsweise durch: Das Eigentum ist begrifflich unbeschränkt, aber seinem Inhalt nach beschränkbar. Diese Begriffsbestimmung war auch für die Vorarbeiten zum BGB maßgeblich. 6. Für den Erfolg des geschilderten Eigentumsbegriffs waren juristisch-dogmatische und außerjuristische Faktoren entscheidend: Während allein die römischrechtliche Herkunft dieses Eigentumsbegriffs als Erklärung nicht ausreicht, dürfte die von einem einzigen und unwandelbaren Begriff ausgehende Faszination und die schließlich in der idealistischen Philosophie zur vollen Ausprägung gelangte Vorstellung, der Mensch sei aufgrund seines freien Willens zur Beherrschung der willenlosen Gegenstände der Außenwelt berufen, von entscheidender Bedeutung gewesen sein. Auch wenn der abstrakte Eigentumsbegriff damit – und darüber hinaus im Hinblick auf seine Nähe zur Bestimmung von Freiheit und Sittlichkeit bei Kant – eine enge Verbindung zu den theoretischen Grundlagen des politischen Liberalismus aufweist, läßt sich weder eine dezidiert rechtspolitische Zielsetzung dieses Eigentumsbegriffs noch ein aktives Eintreten der Vertreter des romanistischen Zweigs der historischen Schule für die praktische Durchsetzung der Ziele der liberalen Bewegung belegen. Am Beispiel der Bauernbefreiung zeigt sich vielmehr, daß seitens der romanistischen Wissenschaft eine große Distanz zu den politischen Vorgängen gewahrt wurde. Die Bezeichnung des abstrakten Eigentumsbegriffs als liberaler Eigentumsbegriff ist daher nur eingeschränkt gerechtfertigt. Die Behauptung hingegen, der abstrakte Eigentumsbegriff sei einer individualistischen Einstellung der Rechtswissenschaft entsprungen und sei bewußt zur Durchsetzung privater Freiheit des einzelnen verwendet worden, ist verfehlt.

3. Teil

Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes und seiner besonderen Betonung der Sozialbindung des Eigentums A. Einleitung Der abstrakte Eigentumsbegriff war zunächst innerhalb der historischen Schule als vorherrschender Strömung in der Rechtswissenschaft ihrer Zeit unangefochten. Einen Begriff des deutschen Eigentums gab es hingegen nicht.1 Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts, insbesondere nach der Spaltung der historischen Schule in einen romanistischen und einen germanistischen Zweig, entwickelte sich – der wissenschaftlichen Frontstellung folgend – die Vorstellung, es habe einen eigenständigen deutschen Eigentumsbegriff gegeben, der in der Rechtsgeschichte nicht nur zeitweilig neben dem romanistischen existiert, sondern sogar völlig gegensätzliche Charakteristika, insbesondere eine Betonung des gesellschaftlichen Kontextes des Eigentums, aufgewiesen habe. Entstanden als Produkt der Erforschung des deutschen Privatrechts durch die Germanistik, wurde der deutsche oder germanistische Eigentumsbegriff zu einem Gegenstand der vor allem im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts einsetzenden rechtspolitischen Auseinandersetzung um den auf unumschränkter Sachherrschaft basierenden Eigentumsbegriff. Neben der Kritik aus dem Bereich der Nationalökonomie, die stark auf eine gesellschaftsorientierte Betrachtung des Eigentums hinwirkte, und der Sozialdemokratie etablierte sich der deutsche Eigentumsbegriff als weiteres Topos der Diskussion um die richtige Sichtweise des Eigentums.2 Vor allem v. Gierke gründete seine berühmte Kritik an dem Eigentumsbegriff des BGB auf die Existenz einer für das deutsche Recht typischen, sozialen und der romanistischen Vorstellung entgegengesetzten Konzeption des Eigentums. Wenngleich der deutsche oder germanistische Eigentumsbegriff für die Regelung des Eigentums im BGB keine Rolle spielte,3 so sind doch die Auswirkungen gerade des Zusammentreffens von sozialer Anschauung und deutscher Kroeschell, Lehre, S. 47 ff. Vgl. dazu Peter, Wandlungen, S. 38 ff. 3 Krause, JuS 1970, S. 313 ff., S. 314 spricht sehr plastisch davon, daß die Germanistik zu dieser Zeit noch mit dem Abbruch und dem Aufräumen der Reste der früheren Eigentumsordnung beschäftigt war, während der Eigentumsbegriff der Pandektistik die Ernte eingebracht habe. 1 2

B. Der deutsche Eigentumsbegriff bei v. Gierke

215

Herkunft in einem Eigentumsbegriff vielfältig gewesen. Die besondere soziale Ausrichtung des deutschen Eigentumsbegriffs ist bis heute in der These lebendig geblieben, die Beschränkungen des Eigentum seien diesem wesensimmanent und nicht lediglich nur eine Bestimmung des Eigentumsinhalts.4 Auch die Auffassung, die das Eigentum als Rechtsverhältnis ansieht, kann sich auf v. Gierke berufen. Schließlich geht der Gedanke, daß im Rahmen des Vermögensrechts die Trennung zwischen Schuld- und Sachenrecht zu überwinden sei, auf v. Gierke zurück. Diese Erwägung stand am Beginn einer Lehre, die das Eigentum als Zuordnung auffaßte.5 In diesem Teil der vorliegenden Arbeit soll nun dargestellt werden, wie innerhalb weniger Jahrzehnte ein Eigentumsbegriff entstehen konnte, der in schroffem Gegensatz zu der bis dahin vorherrschenden Eigentumsdogmatik stand, ohne daß es Vorläufer oder gar eine weit zurückreichende Entwicklung, wie sie für den abstrakten Eigentumsbegriff kennzeichnend war, gegeben hätte. Der Schwerpunkt der Erörterungen wird dabei auf der Eigentumsdogmatik v. Gierkes liegen, mit der die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffs zugleich ihren Höhepunkt und ihren Abschluß fand. Im Anschluß daran wird noch auf die Fortwirkung v. Gierkescher Vorstellungen, auch im Hinblick auf die nationalsozialistische Eigentumslehre, einzugehen sein.

B. Der deutsche Eigentumsbegriff bei v. Gierke Der deutsche Eigentumsbegriff, wie ihn v. Gierke formulierte, ist nicht nur der Abschluß einer Entwicklung, sondern zugleich der Ausgangspunkt für nahezu jede nachfolgende Kritik am zivilrechtlichen Eigentumsbegriff, soweit sich diese auf soziale oder nationale Gesichtspunkte stützte. Die Darstellung der Historie des deutschen Eigentumsbegriffs steht ganz im Zeichen des Wirkens v. Gierkes. Seine Ausführungen zum Eigentumsbegriff des deutschen Rechts bilden daher am Beginn der folgenden Darstellung.

I. Die Darstellung des Eigentumsbegriffes im Handbuch des deutschen Privatrechts Wenngleich sich der deutsche Eigentumsbegriff immer wieder in unterschiedlichen Kontexten im Werk v. Gierkes findet, so hat er doch in dem Handbuch zum Deutschen Privatrecht seine systematische, gegenüber früheren6 Beschreibungen 4 5

Vgl. den ersten Teil dieser Arbeit. Vgl. zu den verschiedenen Eigentumsbegriffen ebenfalls den ersten Teil der Arbeit.

216

3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

prägnanteste und beinahe klassisch zu nennende Form gefunden. Zwar wurde der deutsche Eigentumsbegriff dort von v. Gierke ausdrücklich auf das Mittelalter bezogen; aus der Gegenüberstellung zum Eigentumsbegriff der Romanistik und des BGB, nicht zuletzt aber auch aus der Behauptung, der deutsche Eigentumsbegriff habe auch auf die moderne Gesetzgebung eingewirkt,7 läßt sich entnehmen, daß der deutsche Eigentumsbegriff des Mittelalters weiterhin für v. Gierke aktuell war.8 Wenn v. Gierke in seiner Kritik an der Eigentumsordnung des BGB zwar nicht das deutsche Recht in seiner mittelalterlichen Gestalt, aber seinen unsterblichen Grundgedanken, zum Leitbild machen wollte9 und dann einen Eigentumsbegriff entwickelte, der in Grundzügen mit dem mittelalterlichen identisch war, zeigt dies ebenfalls, daß er die wahrhaft deutsche Eigentumsordnung mit der mittelalterlichen, vor der Rezeption des fremden römischen Rechts liegenden,10 gleichsetzt: „Die mittelalterlichen deutschen Rechtsquellen sind für uns die Erkenntnisquellen des reinen deutschen Rechts.“11 Anders gefaßt heißt dies, daß v. Gierke die mittelalterlichen Verhältnisse idealisierte und seine eigenen Vorstellungen in diese hineinprojezierte.12 Grundlage der folgenden Darstellung ist daher die einschlägige Passage aus v. Gierkes Handbuch des Deutschen Privatrechts mit ihrer Darstellung des mittelalterlichen deutschen Eigentums:13 „1. Das deutsche Eigentum ist der Inbegriff der an einer Sache möglichen Herrschaftsrechte. Es ist daher nicht überall das gleiche abstrakte Verhältnis einer Sache zu einer Person. Vielmehr empfängt es durch die ungleiche Beschaffenheit seiner Gegenstände einen verschiedenen Rechtsinhalt und spaltet sich vor an der Wurzel in Grundeigentum und Fahrniseigentum. 2. Das deutsche Eigentum umfaßt alle an die Sachen geknüpften Beziehungen. Darum erschöpft es sich nicht in einem Privatrecht. . . . Mit der Verdinglichung aller Rechtsverhältnisse nimmt es eine wachsende Fülle öffentlicher Machtbefugnisse in sich auf. Gegen Ende des Mittelalters beginnt sich die Gebietsherrschaft vom Eigentum abzulösen, ohne daß hiermit die Herkunft der öffentlichen und der privaten Sachherrschaft aus einem ein6 Vgl. bspw. v. Gierke, Genossenschaftsrecht II, § 9, S. 139 ff. im Jahre 1873, wobei v. Gierke hier noch davon ausging, daß dem deutschen Sachenrecht weder Eigentum noch dingliche Rechte an fremder Sache bekannt waren. Die Darstellung des deutschen Sachenrechts an dieser Stelle ist jedoch mit der Beschreibung des Eigentums im Handbuch des deutschen Privatrechts nahezu identisch und muß daher als Begründung und erste Ausformung des Eigentumsbegriffs des deutschen Rechts im Werk v. Gierkes angesehen werden. Zu den weiteren Veröffentlichungen v. Gierkes zu Fragen des Eigentumsbegriffs vgl. die Zusammenstellung bei Janssen, Sozialer Eigentumsbegriff, S. 549. 7 v. Gierke, DPR II, § 120, S. 361. 8 Vgl. Janssen, Methode, S. 75 ff. 9 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 488. 10 Nach v. Gierke, DPR II, § 120, S. 360, kam der römische Eigentumsbegriff erst mit der Rezeption nach Deutschland. 11 v. Gierke, Grundzüge, § 3, S. 181. 12 Mundt, Wertungen, S. 66. 13 v. Gierke, DPR II, § 120, S. 356 ff.

B. Der deutsche Eigentumsbegriff bei v. Gierke

217

heitlichen Herrschaftsrecht verwischt und die gegenseitige Bedingtheit beider beseitigt würde. 3. Das deutsche Eigentum umspannt sowohl die Gemeinschaftsrechte wie die Sonderrechte an Sachen. Es geht nicht auf in dem Begriff eines Individualrechts, daß nebenbei auch Gemeinschaftszwecken dienstbar gemacht werden könnte. 4. Das deutsche Eigentum umschließt personenrechtliche wie vermögensrechtliche Beziehungen. Es erschöpft sich daher nicht in dem Begriffe eines reinen Vermögensrechts. . . . Allein immer bleibt die vermögensrechtliche Ausgestaltung des Grundeigentums durch die Rückwirkung seiner personenrechtlichen Bedeutung gehemmt und eigenartig bestimmt. Das Grundeigentum erscheint fort und fort als eine soziale Position; . . . . 5. Das deutsche Eigentum trägt seine Schranken in seinem Begriff. Es ist daher nicht ein im Gegensatz zu anderen Rechten unumschränktes soziales Recht. Vielmehr reicht es nur so weit, wie das von der Rechtsordnung gebilligte und mit Rücksicht auf Beschaffenheit und Zweckbestimmung der einzelnen Sachgüter abgegrenzte rechtliche Interesse erfordert. Auch das Eigentum ist nicht zum Mißbrauch, sondern zum Rechten Gebrauch verliehen. . . . Und es ist nicht reine Befugnis, sondern mit Pflichten gegen die Familie, die Nachbarn und die Allgemeinheit durchsetzt. . . . 6. Das deutsche Eigentum ist der Abstufung fähig. Es besitzt nicht die Elastizität eines abstrakten Begriffs, der sich selbst gleich bleibt, auch wenn sein Wirklichkeitsgehalt zum Schatten verflüchtigt ist. Vielmehr ist es als Inbegriff der an der Sache möglichen Herrschaftsrecht nur dann vollständig, wenn ihm kein wesentlicher Bestandteil fehlt. Andernfalls ist es unvollständig. 7. Das deutsche Eigentum ist ein dingliches Recht neben anderen dinglichen Rechten. Es ist daher kein ausschließliches Herrschaftsrecht, das für gleich unmittelbare Herrschaftsrechte an seinem Gegenstand keinen Raum ließe. Vielmehr unterscheidet es sich von den übrigen dinglichen Rechten nur durch seinen auf Beherrschung der Sache im Ganzen angelegten Umfang. Die anderen dinglichen Rechte sind ihrem Umfange nach begrifflich begrenzt, ergreifen aber für ihren Bereich die Sache in derselben Weise, wie das Eigentum. Sie sind verselbständigte Eigentumssplitter. Darum ist auch ihre Zahl nicht geschlossen. Jeder im Eigentum enthaltene Bestandteil, der aus ihm gelöst und als Gegenstand eines besonderen Herrschaftsrechts behandelt werden kann, vermag den Inhalt eines begrenzten dinglichen Rechts zu bilden. . . . 8. Das deutsche Eigentum besteht nicht nur an körperlichen, sondern auch an unkörperlichen Sachen.“

1. Die Unterschiede zum Eigentumsbegriff der Romanistik und des BGB Wie schon angedeutet, entwickelte v. Gierke seine Darstellung des deutschen Eigentumsbegriffs in deutlicher Abgrenzung zum Eigentumsbegriff der romanistischen Wissenschaft.14 Das deutete sich im Handbuch des deutschen Privatrechts 14 Vgl. dazu den 1. Teil dieser Arbeit und die daran anschließende Darstellung der Entwicklung des abstrakten Eigentumsbegriffs im 2. Teil.

218

3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

lediglich an, wenn er im Hinblick auf die Rezeption des römischen Rechts dessen Eigentumsbegriff kurz skizzierte.15 Deutlicher war die Gegenüberstellung des römischen und des germanischen Eigentumsbegriffs in einer früheren Darstellung.16 Diese dürfte übrigens auch Grundlage der obigen Ausführungen im Handbuch des deutschen Privatrechts gewesen sein,17 da sich beide Darstellungen bis in die Numerierung der einzelnen Aussagen gleichen. Mit dem römischen Eigentumsbegriff meinte v. Gierke aber in Wirklichkeit den von der romanistischen Wissenschaft hervorgebrachten Begriff: So sprach er in einem Atemzug bei der Beurteilung der Eigentumsregelung des ersten Entwurfes zum BGB von „römischer Auffassung“ und „romanistischem Begriffszwang“.18 Die frühere rechtspolitisch ausgerichtete Wendung v. Gierkes gegen die Romanistik19 bleibt auch in der späteren Darstellung des deutschen Privatrechts spürbar.20

a) Die Umgestaltung der sachenrechtlichen Systematik durch v. Gierkes Eigentumsbegriff Der von v. Gierke formulierte Eigentumsbegriff widerspricht dem des BGB in allen wichtigen Aspekten. Das Eigentum verliert nicht nur seinen privatrechtlichen Charakter, sondern auch seine herausgehobene Stellung als Grundbaustein des Systems des Sachenrechts. Mit dem nicht mehr für jeden Gegenstand gleichen Begriff des Eigentums und der Aufhebung der Trennung von dessen Begriff und Inhalt – an deren Stelle soll ein zur Abstufung fähiges Recht treten – wird das Eigentum zu einem Recht, das jegliche Gestalt annehmen kann, je nach Lage der äußeren Umstände. Daher ist es auch konsequent, wenn die Rechte an fremder Sache auf eine Stufe mit dem Eigentum gestellt und als Eigentumssplitter bezeichnet werden. Das sachenrechtliche System des BGB wird dann auf der Basis des deutschen Eigentumsbegriffs noch weiter aufgelöst: Es gilt kein numerus clausus der dinglichen Rechte mehr, da alle grundsätzlich zum Eigentum zählenden Rechte verselbständigt und zu einem eigenen dinglichen Recht werden können. Schließlich postuliert v. Gierke für den deutschen Eigentumsbegriff auch die Möglichkeit eines Eigentums an Rechten.21

15 16 17 18 19 20 21

v. Gierke, DPR II, § 120, S. 360. v. Gierke, Genossenschaftsrecht II, § 9, S. 138. Vgl. Janssen, Sozialer Eigentumsbegriff, S. 553 f. v. Gierke, DPR II, § 120, S. 361. Dazu sogleich 2. Janssen, Sozialer Eigentumsbegriff, S. 554. Vgl. dazu den Exkurs.

B. Der deutsche Eigentumsbegriff bei v. Gierke

219

b) Das Eigentum als Rechtsverhältnis bei v. Gierke Das Eigentum büßt aber nicht nur seine Stellung als Systembegriff – und damit eine seiner beiden Bedeutungen22 – ein: Noch einschneidendere Folgen hat der deutsche Eigentumsbegriff für das Eigentum in seiner Eigenschaft als subjektives Recht. Auf der Basis von v. Gierkes Ausführungen läßt sich das Eigentum nur noch sehr eingeschränkt als subjektives Recht in dem im ersten Teil dieser Arbeit dargestellten Sinne bezeichnen: Als Vermögensrecht wird das Eigentum durch mannigfaltige personenrechtliche Bezüge gehemmt. Auch ist das Eigentum bereits seinem Begriff nach beschränkt und durch verschiedene Pflichten des Eigentümers gebunden. Als Recht wird das Eigentum von der Rechtsordnung auch nur insoweit verliehen, als die Rechtsmacht des Eigentümers durch ein Interesse im Sinne der Rechtsordnung begründet ist. Dem Einzelnen steht so nicht mehr ein originärer Freiheitsraum zur Verfügung, sondern ein von vornherein eingeschränktes Recht, dessen Gebrauch gegenüber der Allgemeinheit im Zweifelsfalle legitimiert werden muß. Eine Vermutung zugunsten freien Eigentums, wie sie aus der Charakterisierung als subjektives Recht folgt, läßt sich auf der Grundlage des deutschen Eigentumsbegriffs nicht aufrechterhalten. Die unmittelbare Ableitung von Pflichten aus dem Eigentum schließlich ist mit einem subjektiven Recht nicht vereinbar. Das wird noch aufgrund einer anderen Betrachtung deutlich: Letztlich stellt sich das Eigentum nach v. Gierke als Rechtsverhältnis dar.23 Dies geht zwar nicht unmittelbar aus seiner Darstellung des Eigentums hervor, erschließt sich aber aus der Darstellung des subjektiven Rechts im Handbuch des deutschen Privatrechts.24 Dort führte v. Gierke aus, daß jedem Recht eine Pflicht entspreche: Diese Feststellung beschränke sich nicht darauf, dem Recht des einen die Verpflichtung des diesem Recht Unterworfenen gegenüberzustellen, vielmehr sei in der deutschen Rechtsordnung als Ideal ein innerer Zusammenhang zwischen Recht und Pflicht anzustreben, so „daß kein Recht ohne Pflicht und kein Pflicht ohne Recht sei.“25 Das wechselseitige Bestehen von Rechten und Pflichten ist jedoch kennzeichnend für den Begriff des Rechtsverhältnisses.26 Dies gilt auch und gerade für das Eigentum: Als Beispiele für den, das deutsche Recht in besonderem Maße kennzeichnenden, Zusammenhang von Recht und Pflicht nannte v. Gierke das Lehnrecht und das Bergwerkseigentum und damit Institute, die Ausgangspunkt für seine Darstellung des deutschen Eigentumsbegriffs waren: Das Lehnrecht wurde sachenrechtlich dem geteilten Eigentum zugeordnet.27 Noch deutlicher wird v. Gierke an andes. auch insoweit den 1. Teil dieser Arbeit. Diese Ansicht wird auch heute wieder vertreten. Vgl. dazu und zur Kritik daran schon ausführlich den ersten Teil dieser Arbeit. Auf den Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion um den Begriff des Eigentums weist auch Janssen, Sozialer Eigentumsbegriff, S. 566 hin. 24 v. Gierke, DPR I, §§ 27 ff., S. 250 ff. 25 v. Gierke, DPR I, § 27., S. 253. 26 Larenz / Wolf, AT, § 13, Rdn. 3. 22 23

220

3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

rer Stelle: „In Wahrheit sind zuletzt alle Rechte Beziehungen von Personen zu Personen: nur zwischen lebendigen Willensträgern . . . ist ein Rechtsverhältnis denkbar.“28 Mit der Umdeutung aller subjektiven Rechte in ein Rechtsverhältnis hatte v. Gierke gleichzeitig ein dogmatische Grundlage für seine Forderung, daß jedem Recht eine Pflicht entsprechen müsse gewonnen: „In Wahrheit ist alles Recht nicht einseitige, sondern gegenseitige Willensbeziehung. Auch das Sachenrecht ist zuletzt ein Verhältniß zwischen menschlichen Willen, nicht zwischen einem isolirten Einzelwillen und einem willenlosen Objekt. Wo aber Mensch und Mensch sich gegenüberstehen, da ist für unsere heutige Auffassung pflichtenlose Herrschaft ausgeschlossen. So scheint doch auch das Privatrecht von dem Satz ausgehen zu müssen: kein Recht ohne Pflicht.“29 Die Abkehr von der Theorie des Eigentums als absoluter Sachherrschaft stellte sich damit als logische Notwendigkeit dar.30 Unklar bleibt, was nun für v. Gierke der entscheidende Ausgangspunkt war. Entweder konnte es Rechte nur in einer sozialgebundenen Form geben, so daß an die Stelle des subjektiven Rechts das Rechtsverhältnis treten mußte. Oder weil alle subjektiven Rechte letztlich Rechtsverhältnisse zwischen Personen waren, gehörten Rechte und Pflichten notwendig zusammen. Mag diese Unklarheit auch zum Teil darin begründet sein, daß die Äußerungen v. Gierkes zu diesem Thema aus verschiedenen Einzelwerken stammen, so bleibt doch zumindest der Eindruck, als habe v. Gierke hier weniger eine logisch unanfechtbare Begründung, sondern mehr eine rechtspolitische Stellungnahme zugunsten der Beschränkung subjektiver Rechts abgeben wollen. Daß v. Gierke die Eigenschaft des Eigentums als subjektives Recht nicht ausreichend würdigt, hängt wohl mit der grundlegenden Zwiespältigkeit seiner Haltung zu dem auch auf liberales Gedankengut zurückgehenden freiheitlichen Gehalt des Eigentums zusammen: Während v. Gierke auf der einen Seite die Menschenrechte historisch als bedeutendste Errungenschaft germanischen Staatsrechtsdenkens ansah, wird etwa die Bauernbefreiung – trotz ihrer liberalen Ziele – lediglich zur Kenntnis genommen. Für die Gegenwart war v. Gierkes Blick zu sehr auf die Übertreibungen des Individualismus und die daraus resultierenden sozialen Ungerechtigkeiten gerichtet,31 als daß er die Freiheit des einzelnen als Ausgangspunkt des Eigentumsbegriffs der Romanistik hätte anerkennen können.32

27 Zur Rolle des geteilten Eigentums als Vorbild des deutschen Eigentumsbegriffs siehe sogleich S. 222 ff. 28 v. Gierke, Entwurf, S. 280. 29 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 490. 30 Sieling-Wendeling, Entwicklung, S. 84. 31 Vgl. Janssen, Sozialer Eigentumsbegriff, S. 570 ff. 32 Vgl. dazu oben S. 197 ff.

B. Der deutsche Eigentumsbegriff bei v. Gierke

221

c) Der Eigentumsbegriff des geltenden Rechts als Verbindung deutsch- und römisch-rechtlicher Grundgedanken? Der deutsche Eigentumsbegriff steht dem Eigentumsverständnis, das den Vorarbeiten zum BGB zugrunde lag, letztlich in allen Belangen diametral entgegen. Wenn v. Gierke dennoch die Eigentumsordnung des BGB als Produkt eines modernen Eigentumsbegriffs bezeichnete, der „aus dem Zusammenstoß germanischer und römischer Gedanken erwachsen“ sei, so ist dies nur als Konzession an die geltende gesetzliche Regelung verständlich, verbunden mit dem Bemühen, den deutschen Eigentumsbegriff nicht als völlig überholt erscheinen zu lassen.33 So soll das Eigentum des BGB nicht mehr willkürliche Sachherrschaft bedeuten, sondern lediglich rechtlich gebundene Macht.34 Als reines, privates Recht sei es dennoch vom öffentlichen Recht nicht nur begrenzt; vielmehr erfasse es nur die vom öffentlichen Recht frei gelassenen Bereiche.35 Aus der unterschiedlichen Erwerbsregelung für Grundstücke und bewegliche Gegenstände sowie der unterschiedlichen Regelung der auf den verschiedenen Gegenständen lastenden Beschränkungen entnahm v. Gierke sogar, daß das BGB dem Wesen nach zwischen Grund- und Fahrniseigentum differenziere.36 Dabei verkannte er jedoch zum einen, daß das BGB den Begriff des Eigentums gar nicht regelt, sondern nur dessen Inhalt; die zwischen Immobiliar- und Mobiliarsachenrecht bestehenden Unterschiede berühren den Begriff des Eigentums, der auch für das BGB ein einheitlicher ist,37 nicht, sondern wirken sich nur auf der Ebene des Inhalts des Eigentums aus. Die Beschränkung des Eigentums durch das öffentliche Recht ist andererseits von der Romanistik nie bestritten, sondern sogar ausdrücklich anerkannt worden.38 Eine besondere Wirkung des deutschen Eigentumsbegriffs auf das BGB kann ohnehin in Bezug auf die öffentlichen Eigentumsbeschränkungen kaum behauptet werden: Das BGB wurde aufgrund der Kompetenz des Reiches zur Regelung des Bürgerlichen Rechts erlassen.39 Die vor allem in den Bundesstaaten bestehenden öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen konnten im BGB lediglich hingenommen werden (vgl. etwa Art. 111 EGBGB); eine besondere Anerkennung liegt darin nicht. Das BGB steht mit dem deutschen Eigentumsbegriff somit in keinem Zusammenhang, trotz des Versuchs v. Gierkes, einen solchen herzustellen. Der tiefere Grund für v. Gierkes Sicht des modernen Eigentums als Synthese deutsch- und römisch-rechtlicher Gedanken dürfte in seinem Selbstverständnis als Germanist liegen: Trotz der Absage des BGB gegenüber dem Großteil der von ihm 33 34 35 36 37 38 39

Vgl. dazu Kroeschell, Eigentumslehre, S. 47. v. Gierke, DPR II, § 120, S. 364. v. Gierke, vgl. vorige Fn., S. 362. v. Gierke, vgl. vorige Fn. Vgl. den 1. Teil dieser Arbeit. s. o. im 2. Teil. Eisenhardt, Rechtsgeschichte, Rdn. 574.

222

3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

als deutschrechtlich begründeten Forderungen an das BGB blieb v. Gierke dabei, die Bedeutung des deutschen Rechts zu propagieren. Auch die neueste Gesetzgebung vermochte die Aufgabe des Germanisten als Bewahrer deutsch-rechtlichen Gedankenguts nicht zu mindern, sondern lediglich zu ändern: An die Stelle der Erforschung historischen Rechts mit dem Ziel, dies in die aktuelle Gesetzgebung einzubringen, trat die Suche nach den germanistischen Grundbestandteilen des geltenden Rechts.40 Es war für v. Gierke schon allein aufgrund der Tatsache, daß es sich bei der Behandlung des deutsch-rechtlichen Teils der Rechtsordnung um ein nationales Anliegen handelte,41 wohl nicht möglich, den romanistischen Eigentumsbegriff trotz seiner Umsetzung in den Regelungen des BGB zu akzeptieren, zumal v. Gierke es auch für die Zukunft als Aufgabe des Germanisten ansah, die romanistischen Übergriffe abzuwehren.42

2. Das Verhältnis des Eigentumsbegriffes v. Gierkes zum geteilten Eigentum Analysiert man den Eigentumsbegriff v. Gierkes genauer, so zeigt sich, daß dieser eine sehr große Nähe zur bei der Schaffung des BGB aufgegebenen Rechtsfigur des geteilten Eigentums43 aufweist. Letztlich lassen sich alle Charakteristika des sog. deutschen Eigentumsbegriffs auf das geteilte Eigentum anwenden; umgekehrt entsteht der Eindruck, diese Rechtsfigur habe bei der Formulierung eines deutschen Eigentumsbegriffs Pate gestanden.44 Das geteilte Eigentum enthielt nicht nur privatrechtliche, sondern – verbunden mit der Grundherrschaft – auch öffentlich-rechtliche Elemente45 und ist darüber hinaus zugleich auch Ausdruck der etwa zwischen Lehnsherr und Lehnsnehmer oder Gutsherr und Untertan bestehenden personenrechtlichen Beziehungen.46 Das Eigentum des Lehnsherrn war aber nach Gierkescher Lesart kein Individual-, sondern dem Lehnsherrn als dem Verbandshaupt des Lehnsverbandes verliehenes Verbandseigentum.47 Zur Rechtsfigur des geteilten Eigentums gehörten darüber hinaus 40 v. Gierke, DPR II, Vorwort, S. VI; vgl. zu der nach Erlaß des BGB veränderten Haltung der gesamten germanistischen Wissenschaft Schlosser, Wissenschaftliches Prinzip, S. 508 ff. 41 Janssen, Methode, S. 75 ff. mit dem Hinweis, daß sich dieser Zug in v. Gierkes Werk nicht auf die Frage des Eigentumsbegriffs beschränkt, sondern auch in der Darstellung weiterer Rechtsinstitute im zweiten Band des deutschen Privatrechts deutlich wird. 42 v. Gierke, DPR II, Vorwort, S. VII. 43 Vgl. die Darstellung bei v. Gierke, DPR II, § 121, S. 368. 44 Schütze, Deutung, S. 63 f.: „Weil es die Leiherechte gab, mußte es einen ihnen gerecht werdenden Eigentumsbegriff geben.“ Krauss, Geteiltes Eigerntum, S. 69 ff. sieht insoweit zwar den großen Stellenwert des geteilten Eigentums für v. Gierke, ohne jedoch den ganzen Zusammenhang mit dem Eigentumsbegriff v. Gierkes zu erkennen. 45 Floßmann, Eigentumsbegriff, S. 34 f. 46 Vgl. Busz, Rechte, S. 78. 47 v. Gierke, DPR II, § 120, S. 357 f., Fn. 34.

B. Der deutsche Eigentumsbegriff bei v. Gierke

223

die vielfältigen gegenüber dem Grundherrn als Obereigentümer bestehenden Dienstverpflichtungen;48 das Eigentum, in der Form des geteilten Eigentums, war damit auch Ausdruck von Pflichten. Die Möglichkeit der Eigentumsteilung und die unübersehbaren, nur schwer durch einen Begriff zu erfassenden Leiherechte49 schließlich waren Ausdruck der vielfachen Abstufungen, zu denen das deutsche Eigentum angeblich fähig war und die eine große Vielfalt von Sachenrechten möglich machten, ohne daß dem Alleineigentum eine herausgehobene Stellung zugekommen wäre. Der Teilbarkeit des Eigentums lag, wie schon erwähnt,50 die von v. Gierke für das deutsche Recht in Anspruch genommene Vorstellung zugrunde, daß die verschiedenen Rechte des Eigentümers verselbständigt und auf verschiedene Personen verteilt werden konnten. Es zeigt sich schon jetzt, daß das geteilte Eigentum nicht nur von erheblicher Bedeutung für die Darstellung der Entwicklung des abstrakten Eigentumsbegriffs ist, sondern wohl auch als wesentliches51 Vorbild für die Schaffung eines deutschen Eigentumsbegriffs eine Rolle gespielt hat. Die besondere Bedeutung, die v. Gierke gerade dem geteilten Eigentum für die Vergangenheit als Sieg der germanischen Grundeigentumsverhältnisse über das rezipierte römische Recht,52 aber auch für die Zukunft53 einräumte, spiegelt gerade dessen zentrale Stellung für den deutschen Eigentumsbegriff wider. In welcher Form das geteilte Eigentum bzw. dessen Abschaffung und die gleichzeitige Verwerfung durch die romanistische Lehre im einzelnen zur Entstehung eines deutschen Eigentumsbegriffs beigetragen haben, wird noch darzustellen sein. 3. v. Gierkes rechtspolitische Verwendung des deutschen Eigentumsbegriffes Die Schilderung des germanistischen Eigentumsbegriffs bei v. Gierke wäre unvollständig, wenn sie nicht auf dessen rechtspolitische Dimension einginge.54 Bis heute gilt seine Kritik an den Vorarbeiten zum BGB als die umfassendste und bedeutendste.55 Diese Kritik v. Gierkes, der sich durch den ersten Entwurf zum Vgl. Busz, Rechte, S. 79 ff. für den Bereich Preußens. Floßmann, Eigentumsbegriff, S. 34. 50 s. o. im 2. Teil. 51 v. Gierke, DPR II, § 120, S. 356 ff. verweist zusätzlich noch auf andere besondere Eigentumsformen des deutschen Rechts, wie etwa das Gesamteigentum. 52 v. Gierke, DPR II, § 121, S. 369. 53 Vgl. vorige Fn., S. 371 ff. 54 Vgl. zu v. Gierkes Kritik am Eigentumsbegriff des BGB Mundt, Wertungen, S. 111 ff; Peter, Wandlungen, S. 51 ff.; Pfeiffer-Munz, Soziales Recht, S. 73 ff.; Sieling-Wendeling, Entwicklung, S. 84 ff; Kuntschke, Kritik, S. 153 ff und umfassend Janssen, Sozialer Eigentumsbegriff, S. 549 ff. 55 Vgl. dazu ausführlich die Monographie von Haack, Otto von Gierkes Kritik am ersten Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches. 48 49

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

BGB, wie er selbst zu einem späteren Zeitpunkt erklärte,56 zu seinem Eintreten für eine Aufnahme deutschrechtlicher Gedanken in das BGB gezwungen sah, war aber nicht nur durch die germanistische Ausrichtung des Wissenschaftlers v. Gierke motiviert. Ausgehend von der Erkenntnis der zeitgenössischen gesellschaftlichen Probleme57 war es v. Gierkes Anliegen, ein soziales Privatrecht zu verwirklichen; die Öffnung der Privatrechtsdogmatik für soziale Probleme und damit für rechtsethische Fragen gilt als besonderer Verdienst, dessen Wirkung bis in das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 I GG hineinreicht.58 Die für v. Gierke kennzeichnende Verbindung von deutschrechtlichem Gedankengut und den idealen Anforderungen an ein sozial geprägtes Recht59 bildet auch den Hintergrund für die rechtspolitische Verwendung des deutschen Eigentumsbegriffs als Gegenbegriff zum seinerzeit herrschenden Eigentumsbegriff romanistischer Herkunft. Im Vordergrund der folgenden Betrachtung steht v. Gierkes kritische Begleitung der Vorarbeiten zum BGB, insbesondere nach Veröffentlichung des ersten Entwurfs. Es handelt sich vor allem um die berühmte Wiener Rede „Die soziale Aufgabe des Privatrechts“ aus dem Jahre 1889 und die zunächst in Schmollers Jahrbüchern für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft seit 1888 in mehreren einzelnen Abhandlungen erschienene und dann 1889 als Monographie veröffentlichte umfassende Bewertung des ersten Entwurfs zum BGB mit dem Titel „Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches und das deutsche Recht.“ Auf der Grundlage des deutsch-rechtlichen Eigentumsbegriffs und vor dem Hintergrund der besonderen sozialen Ausrichtung des deutschen Rechts wandte sich v. Gierke gegen die Vorstellung eines begrifflich unumschränkten Eigentums, wie sie von der romanistischen Wissenschaft formuliert und dem BGB zugrundegelegt wurde. Die Wiener Rede gilt als schärfste Profilierung und Zusammenfassung der Gedanken v. Gierkes60 und wird deshalb im folgenden für die Darstellung von v. Gierkes Eigentumsdogmatik maßgeblich sein. v. Gierke verfuhr bei der Entfaltung des deutschen Eigentumsbegriffs in ganz anderer Weise als bei seiner Darstellung im Handbuch des deutschen Privatrechts.61 Während v. Gierke dort im Rahmen einer eher chronologischen Abfolge zunächst die deutsche Eigentumsordnung bis zum Mittelalter und anschließend die 56 v. Gierke, Genossenschaftsrecht IV, Vorwort, S. XII: „Den Kampf für germanisches Recht im deutschen bürgerlichen Gesetzbuch nötigte mir dessen erster Entwurf mit unwiderstehlicher Gewalt auf.“ 57 Vgl. nur die bei v. Gierke, Soziale Aufgabe, genannten sozialen Probleme: Zersplitterung und Verschuldung des bäuerlichen Grundbesitzes (S. 494), Wohnungsnot und Mieterschutz (S. 496 ff.), Ausbeutung der Arbeiter (S. 499), Schutz des Persönlichkeitsrechts (S. 502) und Alten- und Krankenfürsorge (S. 504 f.). 58 Isele, Gierke, Sp. 1685 f. 59 Schröder, Gierke, S. 149. 60 Dilcher, Genossenschaftstheorie, S. 335. 61 Umfassend zum Aufbau und Zweck des Wiener Vortrags Dilcher Genossenschaftstheorie, S. 334 ff.

B. Der deutsche Eigentumsbegriff bei v. Gierke

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Veränderung durch die Rezeption beschrieb, um die heutige Rechtsordnung als Synthese deutschen und römischen Rechtsdenkens und so die fortwährende Bedeutung des deutschen Rechts herauszustellen,62 diente insbesondere die Wiener Rede über die soziale Aufgabe des Privatrechts einem anderen Zweck. Hier stand die Absicht im Vordergrund, noch Einfluß auf die Gesetzgebung zu nehmen;63 die rechtspolitische und dementsprechend polemische Auseinandersetzung als erste Phase des zivilrechtlichen Schaffens v. Gierkes trat erst nach Erlaß des BGB zugunsten der systematischen Bearbeitung zurück.64 Daher entwickelte v. Gierke den deutschen Eigentumsbegriff vor allem in seinem Wiener Vortrag in direkter Konfrontation mit dem Eigentumsbegriff der Romanistik, d. h. mit dessen stark überzeichneter65 Darstellung. Die einzelnen Merkmale des deutschen Eigentums wurden nicht systematisch hergeleitet und dargestellt, sondern als Postulate dem Eigentumsbegriff der romanistischen Lehre entgegengesetzt. Diesen bezeichnet v. Gierke als absolutistisch, als Willkürherrschaft, als gefährliche Fiktion der Schrankenlosigkeit des Eigentums und schädlicher Irrtum über die je nach Gegenstand erforderliche Unterscheidung verschiedener Arten des Eigentums.66 Des weiteren sollte der romanistische Eigentumsbegriff zu einer atomistischen und materialistischen Verunstaltung des Sachbegriffs führen, weil weder ein Eigentum an Sachgesamtheiten noch an unkörperlichen Sachen, also Rechten möglich sei.67 Die extreme Starrheit des romanistischen Eigentums mit der unterschiedslosen Gleichbehandlung von beweglichen und unbeweglichen Sachen gefährde, so v. Gierke, den Grundbesitz in seinen wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen und spiele überdies denen in die Hände, die gerade auf eine Abschaffung allen Eigentums hofften.68 Mit der Beschränkung des Sachenrechts auf das Eigentum und die gesetzlich vorgesehenen Rechte an fremder Sache werde schließlich alle Gestaltungsfreiheit im Sachenrecht vernichtet.69 Demgegenüber erschien das deutsche oder germanische Eigentum als Lösung der modernen sozialen Probleme und gleichzeitig als ideales Vorbild für die weitere Gesetzgebung.70 Zwei Charakteristika des deutschen Eigentums traten besonders hervor: Dies sind einerseits die soziale Gebundenheit des Eigentums und andererseits der fließende Übergang zwischen dem Eigentum und den Rechten an fremder Sache.71 Oberster Gestaltungsgrundsatz für die zu schaffende Eigentums62 63 64 65 66 67 68 69 70 71

Vgl. Janssen, Methode, S. 77. Vgl. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 479. Janssen, Methode, S. 30. Mundt, Wertungen, S. 130. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 492. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 498. v. Gierke, Entwurf, S. 280. v. Gierke, Entwurf, S. 281. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 488 f. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 490 ff.

15 Lehmann

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

ordnung war nach v. Gierke der Satz, daß kein „Recht ohne Pflicht“ bestehen könne und daher auch ein pflichtenloses Eigentum keine Zukunft haben werde. Vielmehr müsse die Rechtsordnung die wichtigsten Handlungspflichten des Eigentümers festlegen – im Extrem sogar eine umfassende Pflicht zum sozialverträglichen Gebrauch – und zugleich dem Pr. ALR folgend ein allgemeines Mißbrauchsverbot aussprechen. Die Pflichten des Eigentümers sowie jegliche Beschränkung des Eigentums im Interesse der Gesellschaft sollten nicht als Ausnahme von außen an das Eigentum herantreten, sondern seinem Begriff bereits innewohnen. Dies galt insbesondere auch für die Eigentumsbeschränkungen des öffentlichen Rechts, zumal v. Gierke die strenge Trennung zwischen öffentlichem und privatem Recht als künstlich und schädlich ansah. Aus der Pflichtigkeit des Eigentums folgerte v. Gierke die Trennung zwischen Mobiliar- und Immobiliarsachenrecht; auch dürfe das Grundeigentum schon zum Schutz des Eigentümers selbst nicht zu einer bloßen Ware werden. Letztlich sei das Grundeigentum nichts anderes „als ein begrenztes Nutzungsrecht an einem Theile des nationalen Gebietes.“ Die Trennung zwischen Eigentum und Rechten an fremder Sache sowie deren zahlenmäßige Beschränkung verurteilte v. Gierke, weil zum einen die umfassende Möglichkeit, Befugnisse zu verteilen, volkswirtschaftlich sinnvoll sei und zum anderen schon für die Schaffung von Wohnraum vielfältige Möglichkeiten der Berechtigungen an fremdem Grund und Boden erforderlich seien. Als beispielhaft führte v. Gierke vor allem das geteilte Eigentum an, dessen Wiederbelebung er – wenn auch unter anderer Bezeichnung – forderte. Die Ausdehnung des Eigentumsbegriffs auf immaterielle Gegenstände spielte in den Forderungen v. Gierkes nur eine geringe Rolle.

4. Zu den historischen Belegen für den deutschen Eigentumsbegriff bei v. Gierke Zum Abschluß der Darstellung des deutschen Eigentumsbegriffs v. Gierkes ist noch eines bemerkenswert: Angesichts der vielfältigen und zum Teil sehr unterschiedlichen Merkmale des deutschen Eigentums72 sowie der weitreichenden rechtspolitischen Forderungen, die v. Gierke daraus ableitete, ist der Mangel an Quellennachweisen überraschend.73 Dies gilt schon für die erste Darstellung des deutschen Eigentums im zweiten Band des Genossenschaftsrechts.74 Hier entwikkelte v. Gierke den deutschen Eigentumsbegriff bereits nahezu vollständig75, aber letztlich ohne wirkliche Nachweise für die einzelnen Merkmale. Die wenigen BeJanssen, Sozialer Eigentumsbegriff, S. 550. Kroeschell, Germanisches Recht, S. 18, stellt daher auch fest, daß v. Gierke das germanische Eigentum ohne quellenmäßigen Beleg nicht als realistisches Abbild der Vergangenheit, sondern als rechtspolitische Forderung für seine Gegenwart entwickelte. 74 v. Gierke Genossenschaftsrecht II, § 9, S. 138 ff. 75 Es fehlt vor allem die soziale Ausrichtung des deutschen Eigentums, da v. Gierke seine Theorie des Sozialrechts erst später entwickelte; dazu unten ausführlich S. 407 ff. 72 73

B. Der deutsche Eigentumsbegriff bei v. Gierke

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lege76 betreffen vor allem die Terminologie des Eigentums und deren erstmalige Verwendung, vermögen aber weder die Wesensgleichheit von Eigentum und dinglichen Rechten, noch die soziale Ausrichtung des deutschen Eigentums zu beweisen.77 Dieses Vorgehen widerspricht v. Gierkes eigenen Aussagen über die rechtswissenschaftliche Methodik: Für ihn stand die historische Entwicklung eines Rechtsinstituts bei dessen dogmatischer Erfassung immer an erster Stelle.78 Schon im ersten Band des Genossenschaftsrechts war es sein Bestreben, Rechtsinstitute aus „der umfassenden historischen Darlegung vollkommen“ zu begreifen.79 Vor dem Hintergrund, daß v. Gierke in seiner Darstellung des Genossenschaftsrechts ansonsten mit einer überwältigenden Fülle von Nachweisen arbeitete, wirkt das Fehlen von Belegen noch auffälliger. Angesichts des Quellenbefundes hätte es für v. Gierke aber nahe gelegen, einen ausführlicheren Beweis für die Tatsache zu führen, daß die Vorstellung eines unumschränkten Privateigentums nur im römischen Recht enthalten und dem deutschen oder germanischen Recht unbekannt war. Schon in den Landschenkungen des westgotischen und des langobardischen Rechts ist die freie Verfügungsbefugnis über königliches Schenkungsgut enthalten.80 Gleiches gilt für die Landschenkungen der merowingischen und karolingischen Könige.81 Das sog. kleine Keyserrecht sprach ebenfalls von der Befugnis des Eigentümers, mit seinem Gut nach eigenem Gutdünken zu verfahren82, so daß schon zu v. Gierkes Zeiten für das Keyserrecht der Begriff des vollen und unbegrenzten Eigentums postuliert wurde.83 Vor v. Gierke hatte auch schon Duncker84 den ausführlichen und auf Quellen gestützten Nachweis geführt, daß dem deutschen Recht die willkürliche Behandlung eines Gegenstandes als Grundlage des Eigentums nicht fremd war. Ebenso war v. Gierkes Zeitgenosse Otto Stobbe verfahren und zum gleichen Ergebnis wie Duncker gelangt.85 Schließlich geht man in der neuesten rechtshistorischen Forschung nicht mehr davon aus, daß die Gewere Grundlage des typisch germanischen Sachenrechts waren86, sondern zumindest nach dem Sachsenspiegel das Eigen des Einzelnen.87 Es ist zwar hier nicht der Ort, die rechtshistorischen Forschungsergebnisse v. Gierkes zum deutschen Eigentumsbegriff zu widerlegen,88 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87

15*

v. Gierke, Genossenschaftsrecht II, § 9, S. 139. Kroeschell, Lehre, S. 58 f. Janssen, Methode, S. 20 ff. v. Gierke, Genossenschaftsrecht I, Einleitung, S. 5. Dorn, Landschenkungen, S. 24 ff. Dorn, Landschenkungen, S. 74 ff. und 111 ff. Keyserrecht, 2. Buch, Kap. 90. Gosen, Privatrecht, S. 45. Duncker, Über dominium, S. 188 ff. Stobbe / Lehmann, Handbuch II, § 94, S. 278 ff. Scherner, Gewere, Sp. 1421. Ishikawa, Gewere, S. 82.

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

aber es bleibt der Eindruck, daß sein deutscher Eigentumsbegriff weniger auf der unbefangenen89 Auswertung historischer Realitäten beruht, sondern von den aktuellen rechtspolitischen Fragestellungen beeinflußt wurde.90 Die für v. Gierke kennzeichnende Identifizierung deutsch-rechtlichen Gedankenguts mit den Anforderungen an ein den sozialen Problemen angemessenes Recht91 wird im folgenden noch näher darzustellen sein. In seiner Wiener Rede über die soziale Aufgabe ist der Verzicht v. Gierkes auf eine wirkliche historische Herleitung seiner Thesen offensichtlich. Dies ist allerdings nicht in der notwendig verkürzten Darstellungsform des Vortrags begründet. Auch in der Monographie über den ersten Entwurf tauchten dieselben Forderungen der Verwirklichung des deutschen Eigentumsbegriffs auf,92 ohne daß eine historische Begründung in wesentlich ausführlicherer Form erfolgen würde.93 Hier stand daher eindeutig die Rechtspolitik im Vordergrund; zum Teil wird aus dem Fehlen der historischen Belege auch geschlossen, daß v. Gierke die vorgeblich germanische Herkunft seiner Postulate einsetzte, um sich die Zustimmung solcher Gesellschaftskreise zu sichern, die seinen rechtspolitischen Anschauungen nicht ohne weiteres gefolgt wären.94 Der Verweis vor allem auf das geteilte Eigentum, dessen Wiederbelebung sogar gefordert wurde, bleibt in beiden Fällen der einzige historische Bezug: Die besondere Rolle des geteilten Eigentums für v. Gierke zeigt sich auch hier. Sogar die spätere und systematische Darstellung des deutschen Eigentumsbegriffs im Handbuch des deutschen Privatrechts, wie sie oben in Auszügen wiedergegeben wurde, verzichtete in letzter Konsequenz ebenfalls auf eine wissenschaftlich stringente Herleitung. Wenngleich die Beschreibung des romanistischen Eigentumsbegriffs dem Wortlaut nach – wohl infolge des Inkrafttretens des BGB – in der Fassung des Handbuchs sehr viel milder und abgeklärter wirkt,95 so blieb doch v. Gierkes Vorstellung von einem strikten Gegensatz zwischen rein individuaVgl. insoweit die ausführliche Widerlegung v. Gierkes durch Schütz, Deutung, S. 64 ff. Vgl. Pfeiffer-Munz, Soziales Recht, S. 35. 90 Vgl. Haack, Kritik, S. 119; ähnlich Janssen, Methode, S. 66 f. für v. Gierkes Streben nach einem sozialen Privatrecht. 91 Schröder, Gierke, S. 149. 92 v. Gierke, Entwurf, S. 44 ff., 96 ff., 101 ff., 189 ff., 281 f.; vgl. die Aufstellung von Fundstellen in weiteren Werken v. Gierkes bei Janssen, Sozialesr Eigenzumsbegriff, S. 552, Fn. 7. 93 Neben das geteilte Eigentum tritt lediglich das Pr. ALR als Nachweis für deutsche Eigentumsvorstellungen, vgl. bspw. v. Gierke, Entwurf, S. 47 oder S. 324, das jedoch bis zum Inkrafttreten des BGB geltendes Recht war und daher kaum als rechtsgeschichtlicher Nachweis für genuin deutsche Rechtsgedanken dienen konnte. 94 Mundt, Wertungen, S. 130. 95 v. Gierke, DPR II, § 120, S. 360 f. spricht nur noch von dem streng individualistischen römischen Eigentum, der im Laufe des 19. Jahrhunderts immer schroffer gegen deutschrechtliche Rechtsinstitute durchgesetzt worden sei und sich als romanistischer Begriffszwang noch im BGB erhalten habe. 88 89

B. Der deutsche Eigentumsbegriff bei v. Gierke

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listischem, römischem und sozialem, deutschem Eigentumsbegriff unvermindert gültig. v. Gierke weigerte sich standhaft und ohne wirkliche Diskussion, von seiner früheren Konzeption Abschied zu nehmen. Dies zeigt das folgende Beispiel: Schon 1895 hatte Maschke in einer Monographie über das Eigentum im Zivil- und im Strafrecht festgestellt, daß die Charakterisierung des römischen Rechts als prinzipiell individualistisch „offenbar . . . unrichtig“96 sei. Grundlage dieser Feststellung war eine eingehende Untersuchung des römischen Eigentums und seiner Beschränkungen.97 v. Gierke setzte sich aber mit den wissenschaftlichen Ausführungen Maschkes nicht auseinander, sondern tat sie als „Umdeutung der Rechtsgeschichte“ sowie als Anpassung des römischen Eigentumsbegriffs an moderne Bedürfnisse ab.98 Diese Vorgehensweise macht deutlich, daß v. Gierke seinen deutschen Eigentumsbegriff eben nicht nur aus der historischen Betrachtung ableitete. Ansonsten hätte er die Ausführungen Maschkes widerlegen müssen, nicht aber einfach beiseite schieben können. Offensichtlich ist seine Sicht des römischen Eigentumsbegriffs aus anderen Beweggründen entstanden.99 Wie sehr v. Gierkes Konzeption insbesondere des deutschen Eigentumsbegriffs von nicht juristischen bzw. rechtshistorischen Faktoren bestimmt wird, läßt sich noch anhand einer weiteren Überlegung illustrieren: Während er Maschke und andere Autoren der bewußten Verfälschung der Rechtsgeschichte mit dem Ziel, diese zeitgenössischen Forderungen dienstbar zu machen, bezichtigte, suchte er selbst die Lösung von erst im 19. Jahrhundert aufgetretenen Problemen100 im deutschen Recht, das seine idealtypische Gestalt im Mittelalter gefunden haben soll.101 Der Gedanke, daß es sich dabei ebenfalls um eine Deutung der geschichtlichen Tatsachen aus modernem Blickwinkel handeln könnte,102 scheint v. Gierke völlig fern zu liegen. Welche Motive aber tatsächlich hinter v. Gierkes eigener Deutung der Rechtsgeschichte standen, wird noch zu untersuchen sein.

Maschke, Eigentum, S. 156. Maschke, Eigentum, S. 83 ff., 172 ff. 98 v. Gierke, DPR II, § 120, S. 360, Fn. 41; das gleiche Urteil fällt v. Gierke noch über weitere Autoren. 99 Gegen v. Gierkes Ableitung des römischen Eigentumsbegriffs Schütze, Deutung, S. 69. 100 Vgl. oben Fn. 85. Vgl. dazu Schlosser, Wissenschaftliches Prinzip, S. 512, der die Ansicht v. Gierkes und anderer Germanisten, das deutsche Privatrecht habe noch Ausstrahlungen auf die Gegenwart, als „illusionär“ bezeichnet; die Reduzierung des deutschen Privatrechts auf bspw. nationale Aufgaben konnte danach dessen fehlende Aktualität nicht ersetzen oder verdecken. 101 Vgl. oben bei B.; vgl. dazu Klippel, Subjektives Recht, S. 50, der sich gegen die Übertragung abstrakter Begriffe der Rechtswissenschaft auf das mittelalterliche Recht wendet. 102 Vgl. Haack, Kritik, S. 119 und ausführlich Pfeiffer-Munz, Soziales Recht, S. 32 ff. 96 97

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

5. Zusammenfassung Trotz aller bereits vor dem Eintritt v. Gierkes in die Diskussion um das BGB gegen den romanistischen Eigentumsbegriff gerichteten Kritik103 war sein deutscher oder germanistischer Eigentumsbegriff die erste, auch in dogmatischer Hinsicht, wirkliche Alternative zur herrschenden Dogmatik des Eigentums: Statt der Sachherrschaft des Eigentümers stand die Gebundenheit des Eigentums im Vordergrund.104 Übergreifender Gesichtspunkt aller Kritik am ersten Entwurf eines BGB hingegen war dessen nach v. Gierkes Verständnis fehlende oder zumindest unzureichende soziale Ausrichtung zugunsten des reinen individualistischen Privatrechts römischer Herkunft.105 Dem sollte das germanische Recht als durch und durch sozial gegenüberstehen106 und so zum Leitbild der Gesetzgebung werden. Damit schuf v. Gierke eine besondere Verbindung zwischen drei, dem Wesen nach nicht auf den ersten Blick zusammengehörenden, Gegenständen: Die Eigentumsdogmatik, die Notwendigkeit einer sozialen oder gemeinschaftsbezogenen Ausgestaltung des Rechts und schließlich die Bedeutung deutschen oder germanischen Rechtsdenkens verschmolzen in v. Gierkes Werk zu dem sozialen, pflichtgebundenen und deutschen Eigentumsbegriff; dessen wichtigste Ausprägung ist das geteilte Eigentum. Diese Verbindung sollte sich als außerordentlich wirkungsmächtig erweisen. Der Dualismus zwischen deutschem und römischem Eigentumsbegriff, in der überzeichneten Darstellung v. Gierkes, gehört bis heute, trotz aller neueren, gegenteiligen Forschungsergebnisse, zum festen Kanon der Privatrechtswissenschaft.107 Bevor jedoch die Auswirkungen der Konzeption v. Gierkes untersucht werden, stellt sich zunächst die Frage nach deren Ursachen.

C. Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes in der Germanistik des 19. Jahrhunderts bis zu v. Gierke Der deutsche Eigentumsbegriff, wie ihn v. Gierke entwarf und zugleich in die endgültige Form brachte, war das Resultat einer längeren Entwicklung,108 deren Anfänge bis zur Spaltung der historischen Schule in einen romanistischen und einen germanistischen Zweig, zum Teil sogar noch weiter, zurückreichen. Wie sich im Rahmen der folgenden Darstellung noch zeigen wird, war der deutsche Eigen103 104 105 106 107 108

Vgl. Peter, Wandlungen, S. 38 ff. Sieling-Wendeling, Entwicklung, S. 84. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 482 ff.; vgl. dazu Pfeiffer-Munz, Soziales Recht, S. 14 ff. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 482. Vgl. im 2. Teil dieser Arbeit. Vgl. dazu vor allem Kroeschell, Lehre, S. 46 ff.

C. Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes in der Germanistik

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tumsbegriff nicht v. Gierkes eigenständige Schöpfung, sondern vielfach die Summe aus den Arbeiten seiner Vorgänger.

I. Das deutsche Eigentum vor der Spaltung der historischen Schule Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gab es noch keine Trennung zwischen zwei verschiedenen Begriffen des Eigentums, die aus zwei unterschiedlichen Rechtskulturen stammten. Zwar hatte die Erforschung des spezifisch deutschen oder germanischen Rechts bereits eine längere Geschichte hinter sich;109 einen besonderen deutschen oder germanischen Eigentumsbegriff hatte diese Richtung der Rechtswissenschaft jedoch nicht hervorgebracht.110 Beispielhaft ist das wissenschaftliche Werk des Johann Gottlieb Heineccius. Dessen „Elementa iuris Germanici“ gelten als erste umfassende wissenschaftliche und systematische Zusammenstellung des deutschen Privatrechts.111 Dieses Buch behandelt das Eigentum unter dem Titel „iura in re“; dort wird das Eigentum der Deutschen als das Recht definiert, über die Sache nach Belieben zu verfügen, allen Nutzen aus der Sache zu ziehen, andere von der Sache auszuschließen und die Sache zu vindizieren, soweit keine Beschränkung durch Gesetz oder Übereinkunft besteht. Zu den eigentumsfähigen Sachen gehören auch die res incorporales. Aus dieser Aufzählung der verschiedenen Rechte des Eigentümers wird weiterhin die Möglichkeit der Teilung des Eigentums hergeleitet.112 Hier findet sich keine Spur eines besonderen deutschen Eigentumsbegriffs: Die Aufzählung der verschiedenen Rechte des Eigentümers entspricht der seinerzeitigen, als Enumerationsprinzip oder Summentheorie bezeichneten, Eigentumsdoktrin. Das Recht des Eigentümers, über seine Sache zu verfügen und diese umfassend zu nutzen, steht im Vordergrund und wird nur durch Gesetz oder Vertrag beschränkt; von einer besonderen Bindung des Eigentums ist nicht die Rede. Lediglich das geteilte Eigentum wird schon hier als Eigenheit des deutschen Rechts anerkannt. Dies entspricht nahezu der Definition des Eigentums in Heineccius‘ Lehrbuch des römischen Rechts113, den Institutionen, in denen das geteilte 109 Zu den Anfängen bei Conring, Schilter und Thomasius vgl. Thieme, Deutsches Privatrecht, Sp. 702; Schlosser, Privatrechtsgeschichte, S. 132 und Luig, Anfänge, S. 195 ff. Die Bezeichnung Germanisten geht ebenfalls auf Conring zurück, hierzu und zur weteren Entwicklung dieses Begriffs Erler, Germanisten, Sp. 1582 f. 110 Eine Ausnahme stellt Johann Schilter dar, der einen germanischen Eigentumsbegriff entwarf und daraus rechtstechnisch dem römischen Recht widersprechende Konsequenzen, bspw. die Übertragung von Forderungen betreffend, zog, ohne jedoch eine besondere soziale Grundeinstellung des germanischen Rechts zu behaupten, vgl. Luig, Rechtsanschauung, S. 102. 111 Luig, Anfänge, S. 214 m. w. N. 112 Heineccius, Elementa iuris Germanici, Lib. II, Tit. II, §§ 31 ff., S. 232 ff. 113 Heineccius, Elementa, Lib. II, Tit. II, §§ 335 ff., S. 90 f.

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

Eigentum, wenngleich nur dem Sprachgebrauch folgend, akzeptiert wird. Auch in der Folgezeit bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts änderte sich daran nichts114: Exemplarisch ist die Darstellung des deutschen Privatrechts von v. Selchow, die ebenfalls nur einen einzigen Eigentumsbegriff kennt, der durch die umfassende Nutzungs- und Verfügungsbefugnis des Eigentümers umschrieben wird.115 Noch in Rundes Darstellung des gemeinen deutschen Privatrechts, dem bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts verbreitetsten Lehrbuch dieser Fachrichtung,116 erschien das Eigentum als Recht, über die Substanz der Sache und ihre Nutzung zu verfügen,117 sofern nicht durch die Landeshoheit Grenzen gesetzt sind oder der Eigentümer sich selbst seiner Rechte begeben hat.118 Sowohl das Gesamteigentum119 als auch das geteilte Eigentum sind anerkannte Besonderheiten des deutschen Rechts.120 Von einem Widerspruch zwischen dem deutschen und dem römischen Eigentum ist ebensowenig die Rede wie von der speziellen Sozialbindung des germanischen Eigentums;121 wenn Runde die Beschränkbarkeit des Eigentums im Interesse der gemeinen Wohlfahrt betont, so verbindet sich damit keine spezifisch deutsche Rechtsanschauung.122 Ohnehin setzte sich das Konzept eines genuin deutschen Rechts, das dem römischen Recht eigenständig gegenübertrat, erst später durch: Noch 1826 wurde sogar die Ansicht vertreten, daß die Germanen aufgrund ihrer kulturellen Entwicklung überhaupt nicht in der Lage gewesen seien, eine Vorstellung des Eigentums und die dazugehörige Begrifflichkeit zu entwickeln; vielmehr sei das Eigentum allein auf die Rezeption des römischen Rechts zurückzuführen.123 Die Vorstellung, daß es ein vom römischen Recht verschiedenes, eigenständiges Sachenrecht deutschen Ursprungs gegeben habe, ist erst 1828 durch Albrecht in seiner Monographie über die Gewere als Grundlage des älteren deutschen Sachenrechts – mit großer Wirkung auf die germanistische Rechtswissenschaft124 – formuliert und systematisch ausgearbeitet worden. Albrecht wandte sich im Vorwort Vgl. Kroeschell, Lehre, S. 47 f. Selchow, Elementa, Lib. III, Cap. III., § 558, S. 520. 116 Vgl. Kroeschell, Zielsetzung, S. 250. 117 Runde, Grundsätze, § 101 b., S. 89. 118 Runde, Grundsätze, § 262, S. 224. 119 Vgl. zu dieser Rechtsfigur Hagemann, Eigentum, Sp. 895. 120 Runde, Grundsätze, §§ 263 f., S. 225 f. 121 Vgl. Kroeschell, Lehre, S. 48 f. 122 Runde, Grundsätze, § 101 c., S. 91 f.; vgl. Luig, Rechtsanschauung, S. 103. 123 So Vollgraff, ein Schüler Eichhorns, AcP 9 (1826), Beiheft, S. 1 ff., insbesondere S. 101 und passim; vgl. hierzu und zu der ähnlichen Ansicht Zachariäs Duncker, Über dominium, S. 179. 124 Dazu Kroeschell, Lehre, S. 50; Stintzing / Landsberg, Geschichte III 2, S. 321 ff., vergleicht die Wirkung von Albrechts Monographie auf den germanistischen Zweig der historischen Schule mit der Bedeutung und Vorbildwirkung der Monographie über das Besitzrecht v. Savignys: Danach war der germanistische Stil dogmatischer Rechtskonstruktion das Werk Albrechts. 114 115

C. Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes in der Germanistik

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seines Werkes gegen die bis dahin im Rahmen der Erforschung des deutschen Rechts vorgenommene Übertragung der römischen Begriffe, und damit auch des Eigentumsbegriffs, auf das deutsche Recht: Dieses könne nur dann wirklich in seiner Eigentümlichkeit aufgefaßt werden, wenn von den Instituten des fremden Rechts abgesehen werde.125 Der zentrale Begriff des deutschen Sachenrechts waren aber nach Albrecht die Gewere,126 als Ausdruck der dinglichen Beziehung einer Person zu einer Sache, mit der letztlich jedes Interesse an einer Sache, selbst der bloße Besitz erfaßt werden könne.127 Auch das geteilte Eigentum ließ sich nach Albrecht auf eine geteilte Gewere zurückführen.128 In dieser Monographie finden sich somit die ersten Ansätze wichtiger Merkmale des deutschen Eigentumsbegriffs: Die besondere deutsche Rechtskultur, die Offenheit des Sachenrechts für alle an einer Sache denkbaren Rechtsbeziehungen und die deutsch-rechtliche Begründung des geteilten Eigentums.129 Ein wirklicher Gegensatz zum römischen Recht, insbesondere zwischen individualistischer und sozialer Anschauung, wurde jedoch durch Albrechts Theorie der Gewere nicht begründet.130 Vielmehr betrachtete die Germanistik in der Folgezeit das Verhältnis zwischen der Gewere des germanischen Rechts und dem Eigentum römischer Prägung zumeist unter zeitlichen Gesichtspunkten: Die Gewere erschienen als frühe Form des Sachenrechts, ohne daß damit dem deutschen Recht die Vorstellung eines umfassenden Rechts an einer Sache gefehlt hätte. Das Eigentum nach moderner und damit römischer Auffassung beruhte danach auf der Einführung der römisch-rechtlichen Begrifflichkeit in Deutschland für die im deutschen Recht schon vorhandene umfassende Berechtigung an einer Sache. Eichhorn, Begründer der wissenschaftlichen Erforschung und Bearbeitung des deutschen Rechts und dabei zugleich eng mit v. Savigny verbunden,131 übernahm zwar in der dritten Albrecht, Gewere, S. IV. Albrecht, vgl. vorige Fn. 127 Albrecht, Gewere, S. 125. Der Streit um die Herkunft und den Inhalt der Gewere ist bis heute nicht abgeschlossen. Im Anschluß an Albrecht sind die Gewere Gegenstand ausführlicher Untersuchungen von Heusler als auch von Eugen Huber gewesen, vgl. dazu umfassend Köbler, Herkunft, S. 195 ff. An dieser Stelle ist die wahre Natur der Gewere, die heute zumeist als Einkleidung des Besitzes, aber nicht als Ersatz für dingliche Rechte, angesehen werden, vgl. Ogris, Gewere, Sp. 1658 ff., unerheblich, da im Vordergrund der folgenden Erörterungen die Wirkung von Albrechts Monographie steht. Hinzuzufügen ist jedoch, daß die genuin germanische Herkunft der Gewere mittlerweile weithin bezweifelt wird: Levy, Western Roman Vulgar Law, S. 96 ff weist auf viele Parallelen zwischen römisch-rechtlicher possessio und Gewere hin und Köbler, Herkunft, S. 211 sieht den Ursprung der Gewere zumindest auch im kanonischen Recht. Vgl. auch Kroeschell, Germanisches Recht, S. 7 und Scherner, Gewere, Sp. 1421. 128 Albrecht, Gewere, S. 300. 129 Vgl. Stintzing / Landsberg, Geschichte III 2, S. 324: Albrecht war danach Vorreiter des germanistischen Ansturms, ohne daß er sich selbst entschieden gegen das römische Recht gewendet hätte. 130 Luig, Rechtsanschauung, S. 112. 131 Busz, Historische Schule, S. 64; Kroeschell, Zielsetzung, S. 249. 125 126

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Auflage seines Privatrechtsgrundrisses Albrechts Konzept der Gewere.132 Diese waren nach Eichhorn die Grundlage des älteren deutschen Sachenrechts; die Vorstellung des Eigentums als an sich unbeschränktes Recht an einer Sache war jedoch auch dem deutschen Recht eigen und stellte sich als Inbegriff der an der Sache bestehenden Rechte dar.133 Das geteilte Eigentum widersprach nach Eichhorn diesem Begriff und ließ sich nur durch den eingeführten Sprachgebrauch als besondere, deutsche Abart eines Rechts an fremder Sache rechtfertigen.134 Ähnlich verfuhr Mittermaier: Eine mit dem römischen Eigentum vergleichbare Vorstellung sei im älteren deutschen Recht als eigentliche Gewere bezeichnet worden; später sei dieser Ausdruck durch die römisch-rechtlichen Termini verdrängt worden. Unterschiede zum römischen Recht zeigten sich nach Mittermaier lediglich in der differierenden Behandlung von Grund- und Fahrniseigentum und der Rechtsfigur des geteilten Eigentums.135 Dieses ging nach Mittermaier aus der Übertragung des römischen Rechts auf die ältere Form der Nutzgewere hervor. Darüber hinaus – hier deutet sich die spätere soziale Bindung des deutschen Rechts an – sei die Freiheit des deutschen Eigentums in einem dem römischen Recht unbekannten Ausmaß durch öffentliche Lasten beschränkt gewesen.136 Maurenbrecher schließlich sprach dem älteren deutschen Recht, das nur die Gewere gekannt habe, jede klare Begrifflichkeit des Eigentums ab und definierte das Eigentum in völliger Übereinstimmung mit der romanistischen Eigentumsdoktrin als auschließliches und unbeschränktes Recht, über eine Sache nach Willkür zu verfügen. Unterschiede zwischen der römisch-rechtlichen, reinen Anwendung dieses Begriffs und der deutschen Vorstellung ergaben sich aber hinsichtlich des Eigentums an Grundstücken: Während für das römische Recht alle Beschränkungen außerhalb des Eigentumsbegriffs lagen, begrenzten nach der deutschen Betrachtungsweise die allgemein geltenden Beschränkungen mit Rücksicht auf das öffentliche Wohl, die Nachbarschaft und die Familie den Begriff des Eigentums.137 Das geteilte Eigentum entstand nach Maurenbrecher teils als Mißverständnis der römischen Quellen, teils aufgrund der unvollkommenen Gewere, bei deren Umsetzung in die neue Begrifflichkeit des römischen Rechts statt eines Rechts an fremder Sache das Eigentum zugesprochen wurde. Durch die folgende Praxis und Gesetzgebung erlangte das geteilte Eigentum aber eine selbständige Existenz.138 Vergleicht man die genannten Darstellungen mit dem deutschen Eigentumsbegriff v. Gierkes, so zeigen sich Übereinstimmungen lediglich in Ansätzen: Zwar gab es eine für das frühe deutsche Recht typische Form des dinglichen Rechts, die Vgl. Kroeschell, Lehre, S. 50. Eichhorn, Einleitung, § 156, S. 406. 134 Eichhorn, Einleitung, § 160, S. 419. 135 Mittermaier, Grundsätze I, § 148, S. 411. 136 Mittermaier, Grundsätze I, § 149, S. 414. 137 Maurenbrecher, Lehrbuch, § 185 b. f, S. 225 f. und § 189, S. 231; alle weiteren Beschränkungen des Eigentums zählen jedoch nicht zu dessen Begriff. 138 Maurenbrecher, Lehrbuch, § 188, S. 229. 132 133

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Gewere, ohne daß allerdings die Vorstellung, es könne ein unumschränktes Recht des einzelnen zur Verfügung über eine Sache geben, dem deutschen Recht fremd gewesen wäre. Weiterhin ist bereits die Rede von der unterschiedlichen Behandlung von Fahrnis- und Grundeigentum als Charakteristikum des deutschen Rechts. Gleiches gilt für die vorgeblich stärkere Beschränkung des Eigentums,139 wobei Maurenbrecher die Formulierung v. Gierkes, das deutsche Eigentum trage die Schranken in seinem Begriff, praktisch vorweggenommen hat. Trotz dieser Ähnlichkeit in verschiedenen Einzelheiten fehlen aber die für v. Gierke entscheidenden Merkmale des deutschen Eigentumsbegriffs: die umfassende Sozialbindung und der fließende Übergang zwischen Eigentum und den Rechten an fremder Sache. Das Eigentum als umfassende Sachherrschaft, und damit der Gegensatz zu den Rechten an fremder Sache, ist bei den genannten Autoren auch im deutschen Recht anerkannt; die in dieser Hinsicht nicht trennscharfe Figur der Gewere ist lediglich ein Institut des älteren Rechts, ohne daß darin ein besonderer deutscher Rechtsgeist zum Ausdruck käme, der sich bis in die Gegenwart erhalten hätte. Ein nationales Pathos, wie es vor allem in v. Gierkes rechtspolitisch ausgerichteten Beiträgen vorherrscht,140 ist keiner der genannten Darstellungen eigen. Das zeigt sich nicht zuletzt in der nahezu übereinstimmenden Schilderung der Entstehung des geteilten Eigentums: Auch wenn dieses Institut seinen Ursprung in der Gewere hatte, so war es doch die fehlerhafte Übertragung in die römisch-rechtliche Terminologie des Eigentums, und nicht die bewußte Verhinderung einer „Enteignung ungeheuerlichster Art“,141 die zu der Aufspaltung in Ober- und Untereigentum führten. Die dem geteilten Eigentum durch v. Gierke verliehene, besondere Bedeutung als Ausdruck des sozialen, germanischen Rechtsgeistes142 fehlt bei allen drei Autoren. Die Unterschiede zum deutschen Eigentumsbegriff v. Gierkes dürften sich aus der Tatsache erklären, daß die genannten Autoren einer weniger kämpferischen Richtung der Germanistik angehörten. Auch wenn die Erforschung des deutschen Rechts als selbständiges Rechtsgebilde für die genannten Autoren im Vordergrund stand,143 so gehörten sie doch zu einer Periode germanistischer Forschung, in der der Gegensatz zum romanistischen Zweig der historischen Schule noch nicht aufgebrochen war.144 Vielmehr existierten Germanistik und Romanistik zu dieser Zeit s. o. zu Beginn dieses Teils. Vgl. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 479 ff., insbesondere S. 488: „Und darum ist in der That der Kampf um das Recht der Zukunft zugleich ein Kampf zwischem römischem und germanischem Rechtswesen.“ Ähnlich aber auch v. Gierke, Historische Rechtsschule, S. 19. 141 So aber v. Gierke, DPR II, § 121, S. 370. 142 Vgl. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 497 f. 143 Vgl. Schlosser, Privatrechtsgeschichte, § 4, S. 138 und Kroeschell, Zielsetzung, S. 249, mit einer Schilderung der im einzelnen unterschiedlichen wissenschaftlichen Methoden Eichhorns und Mittermaiers; zu den einzelne Autoren und ihren Anschauungen zum Eigentum Busz, Historische Schule, S. 64 ff. (Eichhorn), S. 89 ff. (Mittermaier), S. 97 ff. (Maurenbrecher). 144 Vgl. Stintzing / Landsberg, Geschichte III 2, S. 307 ff.; s. zur historischen Schule und ihrer Spaltung sogleich ausführlich unter b). 139 140

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innerhalb der historischen Schule einträchtig nebeneinander. Grundlage war die Vorstellung, daß bei der gemeinsamen Erforschung der historischen Ursprünge des Rechts eine klare Grenzziehung zwischen deutschem und römischem Recht möglich war, und daraus resultierend eindeutig getrennte Aufgabenbereiche bestanden.145 Eine Verteidigung des deutschen Rechts gegen den römisch-rechtlichen Einfluß, wie sie v. Gierke vor allem in seinem Vortrag über die soziale Aufgabe des Privatrechts propagierte, war überflüssig. Dies zeigt sich nicht zuletzt auf dem Gebiet der Eigentumsdogmatik: Das deutsche und das römische Recht haben denselben Begriff des Eigentums; Unterschiede ergeben sich nur bei dessen Umsetzung innerhalb der Rechtsordnung.

II. Die Spaltung der historischen Schule Im bisherigen Verlauf dieser Arbeit sind die Begriffe historische Schule, Germanistik, Pandektistik oder Romanistik ohne weitere Erläuterung verwendet worden. Dies war möglich, weil die Darstellung des Eigentumsbegriffs, der dem BGB zugrunde lag, auf die Dogmatik innerhalb der Erforschung des römischen Rechts beschränkt blieb und daher eine Abgrenzung zur Germanistik und zur Erforschung des deutschen Privatrechts nicht notwendig war. Hinsichtlich der bisherigen Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffs war eine genaue Abgrenzung zwischen Germanistik und Romanistik ebenfalls entbehrlich, da der Eigentumsbegriff des deutschen Rechts als im wesentlichen mit dem des römischen Rechts identisch angesehen wurde. Bereits zu Beginn dieses Abschnitts ist jedoch angedeutet worden, daß die Entwicklung des genuin deutschen Eigentumsbegriffs mit der Herausbildung einer zunächst wissenschaftlichen, später zunehmend auf seiten der Germanistik national-romantisch 146 geprägten, Kontroverse zwischen den beiden Zweigen der historischen Schule untrennbar verbunden ist. Vor diesem Hintergrund muß im Rahmen eines – notwendig sehr verkürzten – Abrisses die Entwicklung der historischen Schule dargestellt werden, da sonst nicht nachvollzogen werden kann, wie aus dem zunächst friedlichen Nebeneinander der Erforschung des römischen und deutschen Privatrechts zumindest von germanistischer Seite ein ideologisch aufgeladener Konflikt147 entstehen konnte. 145 Luig, Theorie, S. 219 f.; bei dieser Arbeitsteilung wurden dem römischen Recht vorzugsweise die im Corpus Iuris behandelten Materien als Gegenstand des jus commune zugewiesen, während die vor allem in den Partikular- und Stadtrechten geregelten Fragen als nichtrömisches deutsches Privatrecht angesehen wurden. Dies führt dazu, daß sich die Pandektistik auf das allgemeine bürgerliche Recht beschränkte, während die Germanistik sich die handels- und gesellschaftsrechtlichen und für eine moderne Wirtschaftsverfassung bedeutsamen Rechtsgebiete zum Forschungsgegenstand machte, vgl. Wieacker, Pandektenwissenschaft, S. 57 f. 146 Vgl. Böckenförde, Verfassungsgeschichtliche Forschung, S. 74 ff. 147 Als Beispiel mag auch hier v. Gierke dienen, der das römische Recht mit dem Manchester-Kapitalismus gleichsetzte, während wirklich soziales Recht nur auf der Grundlage deut-

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Die historische Rechtsschule wurde durch v. Savigny, der die geschichtliche Erforschung des Rechts an die Stelle von dessen logischer Ableitung aus naturrechtlichen Grundsätzen stellte und vor diesem Hintergrund auch der Idee einer nationalen Kodifikation des bürgerlichen Rechts erfolgreich entgegentrat, begründet.148 Gemeinsam mit Eichhorn, der die historische Methodik für das deutsche Recht unabhängig von v. Savigny entwickelt hatte, rief er die „Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft“ ins Leben, die bis 1839, als die von Reyscher und Wilda herausgegebene „Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft“ zum „Kampforgan“ der Germanisten wurde,149 die Erträge der gemeinsamen Forschungsarbeit dokumentierte. Während für v. Savigny das römische Recht infolge der Rezeption das Recht des deutschen Volkes darstellte und aufgrund seiner rechtstechnischen Überlegenheit zum überragenden Forschungsgegenstand wurde,150 erkannten die Germanisten, allen voran Eichhorn und Jakob Grimm151, die geistige Überlegenheit des römischen Rechts zwar an, sahen jedoch in der Verbindung römischen und germanischen Rechts das geschichtliche Recht des deutschen Volkes. Daraus resultierte die bereits beschriebene, friedliche Trennung der Aufgabenbereiche von Romanisten einerseits und Germanisten andererseits, wenngleich in dem auf das bürgerliche Recht bezogenen und von romanistischer Seite postuliertem Vorrang des römischen Rechts ein späterer Konflikt bereits angelegt war.152 Zum offenen153 Bruch zwischen den beiden Zweigen kam es 1839, als im ersten Band der Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft Reyschen Rechtsdenkens möglich sein soll, vgl. Entwurf, S. 3 f.; dazu Pfeiffer-Munz, Soziales Recht, S. 28 ff. 148 Vgl. dazu und zu den folgenden Erörterungen statt aller Eisenhardt, Rechtsgeschichte, §§ 61 ff., Rdn. 517 ff.; Schlosser, Privatrechtsgeschichte, § 4, S. 126 ff.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, §§ 20 ff., S. 349 ff., jeweils m. w. N.; zu den weiter zurückreichenden Ursprüngen der Historischen Rechtsschule vgl. Thieme, Historische Rechtsschule, Sp. 170. 149 Kroeschell, Lehre, S. 51. 150 Hierauf gehen die Begriffe Pandektistik oder Pandektenwissenschaft und Romanistik zurück. 151 Bei Grimm klingt allerdings die für v. Gierke später so wichtige Gemeinschaftsbindung des Eigentums bereits an, Luig, Rechtsanschauung, S. 109 f. 152 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, § 21, S. 411, weist darauf hin, daß beide Zweige der Historischen Schule nicht nur auf die geschichtliche Erforschung des deutschen Rechts ausgerichtet waren, sondern sich zum Ziel gesetzt hatten auf der historischen Grundlage die Rechtswissenschaft ihrer Zeit zu erneuern und die aktuelle Rechtsordnung zu gestalten; die spätere Auseinandersetzung um die Vorherrschaft von deutschem oder römischem Recht war daher von vornherein unvermeidlich. 153 Bereits seit 1837 hatte Reyscher mit Germanistenkollegen die Gründung der von ihm herausgegebenen Zeitschrift vorbereitet. Schon 1829 war die Schrift „Ueber die Restauration des deutschen Rechts, insbesondere in Beziehung auf das Grundeigentum“ von Bernhard erschienen, mit der sich nach Stintzing / Landsberg, Geschichte III 2, S. 497 die Auseinandersetzung zwischen Germanisten und Romanisten bereits angekündigt hatte; Bernhard betonte

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schers Aufsatz „Über das Daseyn und die Natur des deutschen Rechts“ erschien, der allgemein als Kampfansage gegenüber einer Vorherrschaft des römischen Rechts verstanden wurde.154 Protagonist dieser germanistischen Bewegung war neben Reyscher Beseler, der zum bedeutendsten Vorkämpfer einer „engagierten Germanistik“155 werden sollte. Auch wenn die Bewertungen des Schulenstreits auseinandergehen – sie reichen von der Beschreibung als der zweiten großen rechtspolitischen Auseinandersetzung nach dem Kodifikationsstreit156 bis zu „Theaterdonner“157 –, so war er doch Ausgangspunkt einer über die beiden Germanistentage hinausreichenden Entwicklung: Diese führte nicht nur zu einer besonders aktiven Teilnahme der zumeist liberalen Germanisten am politischen Zeitgeschehen, sondern vor allem durch Beselers Schrift „Volksrecht und Juristenrecht“ von 1843, in der die Rezeption des römischen Rechts als nationales Unglück158 aufgefaßt wurde, zu der Vorstellung einer kämpferischen Auseinandersetzung zwischen deutscher und römischer Rechtskultur.159 Treffend wird dieser Vorgang als Kampf der Germanisten „um jeden Fußbreit Boden“ beschrieben.160 Dies verband sich mit der von Beseler formulierten161 und von den späteren Germanistentagen ebenfalls erhobenen162 Forderung nach Schaffung eines nationalen Gesetzbuches. Grundlage dieser Gesetzgebung sollten nach Beseler die wissenschaftliche Durchdringung des gemeinen Rechts und vor allem die Anschauungen des Volkes sein.163 Von seinem Lehrer Beseler übernahm auch v. Gierke164 diese Vorstellung.165 Allerdings vervor allem die Flexibilität und Beweglichkeit des deutschen Rechts und forderte darüber hinaus unter anderem die Unveräußerlichkeit von Grund und Boden, vgl. hierzu Luig, Rechtsanschauung, S. 109 ff. m. w. N. 154 Vgl. zum Schulenstreit neben den in Fn. 148 genannten vor allem die ausführliche Darstellung von Stintzing / Landsberg, Geschichte III 2, S. 495 ff. und darüber hinaus Kroeschell, Zielsetzung, S. 258 ff. und Böckenförde, Verfassungsgeschichtliche Forschung, S. 78 ff., jeweils m. w. N. Die klassische Darstellung v. Gierkes „Die historische Rechtsschule und die Germanisten“ ist noch von dessen rechtspolitisch motiviertem Streiten für eine deutsche Rechtsordnung geprägt, vgl. nur S. 19 ff. 155 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, § 21, S. 408. 156 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 411. 157 Gagnér, Wissenschaft, S. 83. 158 Beseler, Volksrecht, S. 42:„. . . , die unbedingte Reception des vollständigen Materials und die Unterdrückung und Verkrüppelung des eigenen Rechtslebens, welche nothwendig daraus folgten, bleiben immer ein Nationalunglück, welches der Patriot nur beklagen kann, . . . .“ Vgl. zu diesem Werk Beselers ausführlich Kern, Beseler, S. 371 ff., insbesondere zur Kritik von romanistischer Seite, S. 392. 159 Beseler, System I, Vorrede, S. V; zu der weiteren Entwicklung und Ausgestaltung dieses Gegensatzes Luig, Rechtsanschauung, S. 113 ff. 160 Thieme, Deutsches Privatrecht, S. 703; Schröder, Beseler, S. 55 spricht hingegen abwertend von der „begrenzten Sicht zeitgenössischer germanistischer Habgier“; dagegen wiederum Kern, Beseler, S. 478 m. w. N. 161 Beseler, Volksrecht, S. 56 f. 162 Eisenhardt, Rechtsgeschichte, Rdn. 532. 163 Beseler, vgl. Fn. 161 und S. 362 ff.

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schärfte sich im Hinblick auf die nationale Gesetzgebung bei v. Gierke die Frontstellung zwischen römischem und deutschem Recht noch; während Beseler eine organische Verbindung der beiden Rechte unter der Herrschaft eines nationalen Prinzips anstrebte166 und die technische Überlegenheit des römischen Rechts durchaus anerkannte167, wird bei v. Gierke die deutsche Herkunft des Rechts zur alleinigen Legitimation einer nationalen Gesetzgebung.168

III. Die Entwicklung eines genuin deutschen Eigentumsbegriffes Im Zusammenhang mit der geschilderten Auseinandersetzung entstand auch die Vorstellung, daß es einen deutschen Eigentumsbegriff gegeben habe, der – vom römischen Recht unbeeinflußt – ein eigenständiges Institut des deutschen Rechts gewesen sei.

1. Grundlagen des deutschen Eigentumsbegriffes Schon 1835 – also unmittelbar vor dem Beginn der Konfrontation zwischen Germanisten und Romanisten – hatte Beseler seine Monographie über die Erbverträge, die neben Albrechts Buch über die Gewere bedeutendste unter den älteren germanistischen Abhandlungen,169 veröffentlicht. Ausgehend von der Rechtfertigung des geteilten Eigentums sprach Beseler zum ersten Mal170 die Möglichkeit an, daß es ein Eigentum deutsch-rechtlicher Prägung unabhängig vom Eigentumsbegriff des römischen Rechts gegeben haben könnte: Auch wenn das geteilte Eigentum dem römischen Recht widersprochen habe, so sei das für dessen Existenzberechtigung nicht von entscheidender Bedeutung. Statt den römischen Eigentumsbegriff zu verallgemeinern und auf das deutsche Recht auszudehnen, sei zu fragen, ob das geteilte Eigentum nicht „dem Wesen nach im deutschen Recht begründet sey“171. 164 Vgl. Schubart-Fikentscher, Beseler, Sp. 389; auf die weitergehende Anknüpfung v. Gierkes an Beseler, insbesondere dessen Genossenschaftsprinzip, wird im Rahmen der Darstellung der Wurzeln des deutschen Eigentumsbegriffs bei v. Gierke noch einzugehen sein. 165 Vgl. nur v. Gierke, Entwurf, S. 2 ff. 166 Beseler Volksrecht, S. 39; dazu Kern, Beseler, S. 377. Später ging Beseler, System I, Vorrede, S. V, sogar davon aus, daß mit der wissenschaftlichen Bearbeitung des gesamten deutschen Rechtsstoffes „der Gegensatz von Romanisten und Germanisten von selbst aufhören“ werde. 167 Vgl. Busz, Historische Schule, S. 107. 168 v. Gierke, Entwurf, S. 1 f.; vgl. Luig, Sozialethische Werte, S. 281. 169 Schröder, Beseler, S. 55. 170 Kern, Beseler, S. 311; Kroeschell, Lehre, S. 51 f.

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Soweit man von den römischen Quellen unabhängig das deutsche Recht beurteile, sei das geteilte Eigentum auch kein Widerspruch in sich mehr, sondern ein anderes Rechtsinstitut. Daher sei durch Thibauts Abhandlung über das geteilte Eigentum keine endgültige Entscheidung über dessen Existenz getroffen worden.172 Im deutschen Recht könne der Begriff eines ausschließlichen und unteilbaren Eigentums nicht verwendet werden;173 vielmehr müsse die Gewere des Vasallen „abgesehen von der römischen Terminologie, in einer allgemeinen Auffassung“ auch als Eigentum angesehen werden.174 Auch wenn Beseler mit diesen Ausführungen noch nicht selbst einen Eigentumsbegriff für das deutsche Recht formuliert hatte, so war damit doch die Richtung für die spätere wissenschaftliche Diskussion in diesem Punkt vorgeben175: Die Frage nach dem Wesen des deutschen Sachenrechts ist unabhängig von dem römischen Begriff des Eigentums zu beantworten. Das Eigentum im Sinne des deutschen Rechts steht in engem Zusammenhang mit dem Institut der Gewere. Später stellte Beseler mit Blick auf das ältere deutsche Recht sogar fest, daß der Begriff „Eigentum“, ähnlich wie die Gewere, jedes dingliche Recht an einer Sache bezeichnen konnte, da es nur den allgemeinen Gedanken der Herrschaft bezeichnete.176 Vor diesem Hintergrund rechtfertigte Beseler auch das geteilte Eigentum: Dieses beruhe auf dem Prinzip der Gewere und die Lehre der Glossatoren vom geteilten Eigentum wurde darauf im Zuge der Rezeption angewendet, obwohl dies dem ausschließlichen Begriff des römischen Eigentums widersprach. Ihre Legitimation erhielt die Lehre vom geteilten Eigentum zwar auch durch die spätere Gesetzgebung und Praxis; ebenso wichtig war jedoch die Vorstellung der Gewere, die eine „Beschränkung des absoluten Eigenthumsbegriffes als möglich zuläßt.“177 Während Beseler nur eine Ähnlichkeit des deutschen Eigentumsbegriffs mit der Gewere des älteren deutschen Rechts konstatierte, setzte Phillips beide Rechtsinstitute gleich. In den im Jahre 1838, also im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Spaltung der historischen Schule, erschienen Grundsätzen des gemeinen deutschen Privatrechts stellte er fest: „Diejenigen Rechtsverhältnisse, welche man gegenwärtig mit dem technischen Ausdrucke Eigenthum bezeichnet, beruheten in dem älteren Rechte sämmtlich auf dem Prinzip der Gewehre, d. h. auf der rechtlichen Herrschaft eines Menschen über eine Sache.“178 Allerdings war das Eigentum des deutschen Rechts nach Phillips kein ausschließliches, sondern beruhte auf dem „organischen Lebenstriebe“ des deutschen Rechts, dessen auf Harmonie angelegter Beseler, Erbverträge I, § 6, S. 79. Beseler, Erbverträge, S. 77 ff. 173 Beseler, Erbverträge, S. 87. 174 Beseler, Erbverträge, S. 79. 175 Kern, Beseler, S. 311. 176 Beseler, System II, § 81, S. 39 f.; vgl. dazu Kern, Beseler, S. 468. 177 Beseler, System II, § 82, S. 42 ff., insbesondere S. 44. 178 Phillips, Grundsätze I, § 85, S. 520; ähnlich S. 535: Der Ausdruck geteiltes Eigentum soll danach an die Stelle der früher gebräuchlichen Gewere getreten sein. 171 172

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Ausgestaltung von Rechtsverhältnissen und daraus folgend der gemeinschaftlichen Herrschaft mehrerer über eine Sache.179 Das geteilte Eigentum ging danach auf das langobardische Lehnswesen, das den Glossatoren bereits vor Augen gestanden haben soll, und damit ebenfalls auf den germanischen Rechtsgeist zurück.180 Auch diese Formulierungen weisen bereits direkt auf den deutschen Eigentumsbegriff v. Gierkes hin; das Eigentum ist schon bei Phillips nicht von den Rechten an fremder Sache verschieden, sondern enthält – der vorgeblich für das deutsche Recht typischen Anschauungsweise entsprechend – eine Vielzahl von sachenrechtlichen Beziehungen.181 Ähnlich formulierte dies auch Gaupp in seinem Aufsatz über die Gewere, bezeichnenderweise in der ersten Ausgabe der Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft.182 Darin leugnet er den Gegensatz von Eigentum und Rechten an fremder Sache für das deutsche Recht.183 Im Gegensatz zum abstrakten römischen Eigentum soll die völlige Auflösung des ausschließlichen Eigentums im deutschen Recht dem „Geiste des deutschen Rechts“184 entsprochen haben, ebenso wie das Fehlen der strengen Trennung zwischen Schuld- und Sachenrecht. Darunter fiel auch das Lehnswesen und somit das geteilte Eigentum, das auch hier als Besonderheit des deutschen Rechts dargestellt wurde. Weiterhin war nach Gaupp für das deutsche Sachenrecht nicht das Prinzip der Freiheit kennzeichnend; vielmehr herrschte dort das „natürliche Element“ der äußeren Verbindung von Person und Sache vor, das weniger Selbständigkeit zuließ.185 Zieht man die Summe aus den dargestellten Ansichten, so ist der deutsche Eigentumsbegriff, wie ihn v. Gierke später formulieren sollte, zu einem wesentlichen Teil schon früher vorbereitet worden. Zentral ist die Vorstellung, daß dem deutschen Recht in Gestalt der Gewere eine eigenständige und vom römischen Recht verschiedene sachenrechtliche Theorie zugrundelag,186 die auch bei der Rezeption erhalten blieb und vor allem in der Rechtsfigur des geteilten Eigentums überlebte. Die Gewere konnten jedes dingliche Recht erfassen, den strikten Gegensatz zwischen vollem Eigentum und den Rechten an fremder Sache kannte das deutsche Phillips, vgl. Fn. 178, S. 525. Phillips, vgl. Fn. 178, S. 536 f. 181 Vgl. Kroeschell, Lehre, S. 52 f. 182 Kroeschell, Lehre, S. S. 51 spricht von fast„symbolischer Bedeutung“. 183 Gaupp, Untersuchungen, S. 95: Im deutschen Recht seien die beschränkten dinglichen Rechte dem Eigentum nicht unter- sondern gleichgeordnet. Dies folge aus der Tatsache, daß die Gewere keine Eigentumstheorie, sondern eine Besitztheorie seien und die bloße Innehabung einer Sache die Unterscheidung zwischen Eigentum und beschränkten dinglichen Rechten nicht zulasse. 184 Gaupp, vgl. Fn. 183. 185 Gaupp, vgl. Fn. 183, S. 91. 186 Scherner, Gewere, Sp. 1420, sieht gerade in der Vorstellung, daß die Gewere Beweis für den eigentümlichen Charakter des deutschen Sachenrechts gewesen seien, den Grund für den bleibenden Erfolg dieser Lehre. 179 180

16 Lehmann

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Sachenrecht nicht. Ebensowenig standen im deutschen Recht Schuld- und Sachenrecht unverbunden nebeneinander. Diese Betrachtung wird nicht als Zustand einer weniger entwickelten Rechtskultur angesehen, sondern als Ausdruck eines besonderen deutschen Rechtsgeistes, dem das auf logische Abstraktion gerichtete Streben der römischen Rechtslehre fremd gewesen sein soll, der stattdessen Harmonie und den Ausgleich anstrebte. Bemerkenswert ist allerdings, daß trotz der weitgehenden Übereinstimmung mit dem deutschen Eigentumsbegriff v. Gierkes bei den genannten Autoren das Eigentum immer noch durch die Sachherrschaft des Berechtigten, nicht durch die umfassende soziale Bindung charakterisiert wird. Die besondere soziale Eigenschaft des deutschen Rechts mußte erst noch entwikkelt werden.

2. Verfestigung des Gegensatzes von römischem und deutschem Eigentum Die noch im Werden begriffene Vorstellung, es habe in Form der Gewere einen spezifischen deutschen Begriff des Eigentums gegeben, erntete sehr schnell Widerspruch.187 Duncker stellte schon 1839 fest, daß die deutschen Juristen von jeher der Ansicht gewesen seien, der deutsche Begriff des Eigentums entspreche dem römischen.188 Daher kritisierte Duncker Phillips und dessen Behauptung, daß es einen eigenen deutschen Eigentumsbegriff gegeben habe, der vom römischen verschieden gewesen sei und sich bis in die neuere Zeit vor allem in der Form des geteilten Eigentums erhalten habe.189 Vor allem sei der Ausgangspunkt von Phillips These, auch der Vasall habe Eigentum am verliehenen Gut gehabt, falsch, da die Quellen eindeutig zwischen Eigen und Lehn unterschieden.190 Ähnlich sah dies Homeyer im Hinblick auf das Lehnrecht des Sachsenspiegels.191 In der Folgezeit äußerten noch weitere Autoren, unter ihnen auch der Germanist Gerber,192 die Ansicht, daß dem deutschen Recht zu keiner Zeit der Begriff des umfassenden und ausschließlichen Rechts an einer Sache fremd gewesen sei.193 Nichtsdestoweniger setzte sich die Überzeugung, es habe einen deutschen Eigentumsbegriff gegeben, unter den Germanisten immer mehr durch. Arnold sprach von den Grundsätzen des deutschen Eigentums und verwies auf das Fehlen der totalen Gewalt des Zusammenfassend Kroeschell, Lehre, S. 53 f. Duncker, Über dominium, S. 177; ebenso Gesammteigenthum, S. 27. 189 Duncker, Über dominium, S. 183 f. 190 Duncker, Über dominium, S. 187 ff. 191 Vgl. die Nachweise bei Kroeschell, Lehre, S. 53 f. 192 Gerber, System, § 70, S. 127. 193 Vgl. bspw. v. Schulte, Lehrbuch, § 145, S. 438 f.; Gosen, Privatrecht, S. 43 ff.; Walter, Rechtsgeschichte II, S. 188. Hillebrand, Lehrbuch, § 43, S. 148, stellte ausdrücklich fest, daß die gegenüber dem römischen Recht umfangreicheren Beschränkungen des deutschen Eigentums nicht zu einem anderen Eigentumsbegriff geführt hätten. 187 188

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Eigentümers, der Ausschließlichkeit und Unbeschränktheit des Eigentums.194 Bluntschli definierte zwar auch das deutsche Grundeigentum als vollkommene und ausschließliche Herrschaft des Individuums über ein Grundstück, sah jedoch im älteren deutschen Recht die Teilbarkeit und Veräußerlichkeit so weitgehend eingeschränkt, daß die Gebundenheit des Eigentums zum Prinzip wurde.195 Den römischen Eigentumsbegriff lehnte er ab, weil dessen Inhalt der „ausschließlichste und willkürlichste Egoismus“ sei, der weder „auf Familie noch Gemeinde noch Staat“ Rücksicht nehmen würde.196 Bei v. Gierke fand die geschilderte Entwicklung ihren Abschluß: Mit dessen Darstellung im zweiten Band des Genossenschaftsrechts197 hatte der deutsche Eigentumsbegriff, der dem römischen völlig entgegengesetzt war,198 seine endgültige Gestalt gewonnen. Die daran anknüpfende Kritik v. Gierkes am ersten Entwurf des BGB sicherte dem deutschen Eigentumsbegriff seine dauerhafte Existenz.199 Spätere Einwände, auch von germanistischer Seite,200 der Eigentumsbegriff des deutschen und des römischen Rechts sei derselbe gewesen, weshalb letzterer sich auch sonst kaum habe ohne weiteres in Deutschland durchsetzen können, blieben wirkungslos.201 3. Zum Zusammenhang von nationaler Ausrichtung der Germanistik und der Durchsetzung des deutschen Eigentumsbegriffes Es ist bereits zu Anfang dieses Abschnitts darauf hingewiesen worden, daß der Beginn der Formulierung eines deutschen Eigentumsbegriffs sowohl in zeitlicher als auch in persönlicher Hinsicht große Nähe zu der gegen eine Vorherrschaft des römischen Rechts streitenden Germanistik aufwies. Dies verwundert auch nicht: Für die Germanisten ging es nicht allein um die wissenschaftliche Erforschung der Vergangenheit. Vielmehr gehörten für die germanistische Bewegung das Erwachen Arnold, zitiert nach Kroeschell, Lehre, S. 57. Bluntschli, Privatrecht, § 57, S. 154. 196 Bluntschli, zitiert nach Busz, Historische Schule, S. 125. 197 Dazu ausführlich Kroeschell, Lehre, S. 58 f. 198 s. o. bei B. 199 Kroeschell, Lehre, S. 59. 200 Bspw. von Heusler, Institutionen II, § 86, S. 47. Allerdings rechtfertigte Heusler, Gewere, § 5, S. 123, das dem ausschließlichen Eigentum widersprechende geteilte Eigentum als Ausdruck des „deutschen Rechtsorganismus“ und sah darin einen „gesunden und lebensfähigen“ Rechtsgedanken. Insoweit stand Heusler den oben dargestellten Ansichten über den besonderen Charakter deutschen Rechtsdenkens zumindest nahe. 201 Es ist bezeichnend, wenn v. Gierke später im Handbuch des deutschen Privatrechts Heusler immer wieder zitierte, ohne sich mit dessen abweichender Ansicht über den deutschen Eigentumsbegriff zu beschäftigen, vgl. DPR II, § 120, S. 347 ff., Fn. 1, 3, , 4, 18, 20 und öfter. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Gerbers schon früher geäußerter Ansicht fehlte hingegen ganz: Lediglich in seiner Darstellung der Geschichte der historischen Schule sprach v. Gierke abfällig über Gerber, etwa als „Totengräber germanistischer Rechtsanschauungen“, vgl. v. Gierke, Rechtsschule, S. 27. 194 195

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des Nationalgeistes und das Studium des eigenen, „vaterländischen“ Rechts unmittelbar zusammen. In den politischen Auseinandersetzungen um die Mitte des 19. Jahrhunderts verbanden sich nationales Denken und historische Forschung. Die Geschichte wurde zum Mittel der Auseinandersetzung.202 Mit dem schon erwähnten Buch „Volksrecht und Juristenrecht“ hatte Beseler das Programm für den Kampf gegen das fremde römische Recht geliefert.203 Es erscheint nur als konsequente Fortsetzung, wenn auch das wichtigste subjektive Recht, das Eigentum, auf eine deutsch-rechtliche Grundlage gestellt wird. Die Rechtsfigur der Gewere wurde als rein deutsche Vorstellung entdeckt und das geteilte Eigentum als durch die Rezeption nicht beseitigte Ausprägung rein deutschen Sachenrechts204 behandelt.205 Als nach dem Scheitern der zu einem wesentlichen Teil von den Germanisten getragenen national-liberalen Bewegung die germanistische Privatrechtswissenschaft zum Ausgleich eine Flut von Darstellungen206 erlebte, setzte sich der Gedanke eines spezifisch deutschen Eigentums langsam, aber stetig durch, bis er bei v. Gierke seinen Abschluß fand. v. Gierke stand, seinem Lehrer Beseler folgend, noch in der Tradition der nationalpolitischen Richtung der Germanisten und wandte sich ebenso vehement gegen das römische Recht.207 Dies zeigt sich deutlich in der Kritik an den Gesetzgebungsarbeiten zum BGB.208 Der Gegensatz zwischen deutschem und römischem Recht mußte sich daher auch in v. Gierkes Eigentumsdogmatik fortsetzen. Wie sehr rechtspolitisches Engagement und die Vorstellung eines deutschen Eigentums zusammenhingen, zeigt eine Betrachtung der Arbeiten Brunners und v. Amiras. Beide waren Zeitgenossen v. Gierkes und gelten als Hauptvertreter einer neueren Germanistik.209 Die Kontroverse zwischen deutschem und römischem Recht stand hier nicht mehr im Vordergrund, ebensowenig das politische Engagement. Böckenförde beschreibt dies als Übergang zu einer juristischen Rechtsgeschichte.210 SoBöckenförde, Verfassungsgeschichtliche Forschung, S. 74 f. Böckenförde, Verfassungsgeschichtliche Forschung, S. 148. 204 Vgl. Wagner, Geteiltes Eigentum, S. 72, der darauf hinweist, daß die besondere Bedeutung des geteilten Eigentums für die germanistische Eigentumsdoktrin an der Realität dieses durch die Bauernbefreiung weithin verdrängten Rechtsinstituts vorbeiging und dies auf den Kampf gegen das römische Recht zurückführt. 205 Dies zeigt sich noch bei v. Gierke, DPR II, § 121, S. 372, deutlich: „Denn insoweit noch heute Rechtsverhältnisse deutscher Herkunft bestehen, in denen der Begriff des geteilten Eigentums fortwirkt, hat eben der einheimische Eigentumsbegriff sich behauptet und der römische Eigentumsbegriff sich nicht durchgesetzt.“ Daher sieht Schütze, Deutung, S. 64, in der besonderen Rolle des geteilten Eigentums für die Germanistik bis hin zu v. Gierke den Versuch, das Lehnsrecht und dessen Einkleidung in dominium directum und utile zum Kernstück eines deutschen Eigentumsbegriffs zu machen. 206 Schlosser, Wissenschaftliches Prinzip, S. 505. 207 Janssen, Methode, S. 24 f. 208 Stintzing / Landsberg, Geschichte III 2, S. 517. 209 Schlosser, Privatrechtsgeschichte, § 4, S. 147. 210 Böckenförde, Verfassungsgeschichtliche Forschung, S. 177 ff. 202 203

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wohl v. Amira211 als auch Brunner212 sahen den Begriff des Eigentums als seit jeher im deutschen Recht vorhanden an, ohne aber auf eine Abweichung vom römischen Begriff des Eigentums einzugehen. Damit dürfte aber ein wichtiger Faktor bei der Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffs bis hin zu v. Gierke feststehen: die von der Germanistik forcierte Frontstellung von deutschem und römischem Recht und die daraus folgende Spaltung der historischen Schule.

IV. Zur Gleichsetzung von deutschem und sozialem Recht Die bisherige Darstellung hat sich vor allem auf den Zusammenhang zwischen deutschem Eigentumsbegriff und der zunehmend nationalen Ausrichtung der germanistischen Rechtswissenschaft konzentriert: Das Bemühen, im nationalen Rechtsdenken die Grundlagen einer eigenständigen Eigentumsdogmatik zu entdekken, führte im Laufe des 19. Jahrhunderts zu einem deutschen Eigentumsbegriff, der weder abstrakt noch ausschließlich war und vor allem keine klare Grenze zu den Rechten an fremder Sache zog. Lediglich ansatzweise ist die über diese Eigenschaften hinausreichende soziale Dimension des deutschen Eigentums, seine besondere Gebundenheit, erwähnt worden, wenngleich der Konflikt zwischen Germanisten und Romanisten auch für die Ausbildung des vorgeblich sozialen Charakters deutschen Rechts von großer Bedeutung war.213 Die für die spätere Ausgestaltung des deutschen Eigentumsbegriffs entscheidende Wendung ist aber nicht allein die beschriebene Entgegensetzung von römischem und deutschem Recht, sondern die damit verbundene Bewertung der beiden Rechtskulturen. Zwar waren die Begriffe des deutschen bzw. fremden Rechts seit dem 16. Jahrhundert mit ideologischem Inhalt befrachtet; die besondere soziale Ausrichtung des deutschen Rechtswesens ist jedoch eine Hervorbringung des 19. Jahrhunderts.214 Während zunächst mit dem deutschen Recht ein ganzes Bündel verschiedenster Eigenschaften verbunden wurde,215 reduzierte v. Gierke im Rahmen seiner Kritik an den Vorarbeiten zum BGB dies auf die Gleichsetzung von deutschem und sozialem Recht; lediglich das Attribut schöpferisch trat bisweilen hinzu.216 Damit war für v. Gierke auch die entscheidende217 Trennungslinie zwischen deutschem und römischem Recht gezogen.218 Im folgenden soll geschildert werden, wie es zu der Synv. Amira / Eckhardt, Germanisches Recht, § 35, S. 88 f. Brunner / v. Schwerin, Grundzüge, § 47, S. 197. 213 Stolleis, Sozialrecht, Sp. 1734. 214 Vgl. Luig, Sozialethische Werte, S. 283 f. und Rechtsanschauung, S. 101 ff. 215 Vgl. Luig, Sozialethische Werte, S. 286. 216 Vgl. Janssen, Methode, S. 59 f. mit einer umfassenden Zusammenstellung von Belegstellen aus dem Werk v. Gierkes. 217 Vgl. Luig, Rechtsanschauung, S. 100. 211 212

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these von deutschem und sozialem Recht und einem entsprechenden Eigentum kam.219

1. v. Gierkes Anknüpfung an die Lehre Schmidts Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war der Gegensatz von individualistischem römischem Recht und sozialem deutschem Recht in der Rechtslehre unbekannt.220 Noch bis zu Reyscher wurde der in der Germanistik von Beginn an beschworene Geist des deutschen Rechts eher mit individuellem Freiheitsstreben, aber nicht gesellschaftlicher oder sozialer Bindung gleichgesetzt.221 Schon vor der Spaltung der historischen Schule hatte es jedoch erste Ansätze gegeben, die Trennung von deutschem und römischem Recht mit den genannten Wertungen gleichzusetzen.222 Insbesondere Stahl sah im römischen Recht die Verwirklichung des souveränen Individuums unter Außerachtlassung von sittlichen und sozialen Rechtsgedanken, während dem deutschen Recht ein Drang zu organischer Verbindung der Menschen innewohnte und dem Einzelnen deshalb Rechte nur in wechselseitiger Beziehung mit Pflichten zugeteilt würden.223 Als Wendepunkt in der Rechtslehre und besonders in der Eigentumsdogmatik wird Schmidt von Ilmenaus Schrift „Der prinzipielle Unterschied zwischen römischem und germanischem Recht“ aus dem Jahre 1853 angesehen.224 Unter ausdrücklichem Rückgriff auf Stahl225 und in von ihm selbst empfundener Übereinstimmung mit v. Jhering226 entwickelte Schmidt den Unterschied227 zwischen der römischen und deutschen Rechtsanschauung: Das deutsche Recht soll danach von einer objektiven, sittlichen Weltordnung ausgehen, während das römische Recht bestrebt sei, die Freiheit des Einzelnen zu realisieren.228 Das objektive Sittengesetz nach deutschem Verständnis, dessen zentraler 218 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 503: „Und schärfer noch trennen sich hier römische und germanische Rechtsanschauung, individualistische und soziale Ordnung.“ 219 Vgl. dazu umfassend Luig, Rechtsanschauung, S. 95 ff. 220 Luig, Rechtsanschauung, S. 103. 221 Luig, Rechtsanschauung, S. 107. 222 Luig, Rechtsanschauung, S. 106 ff. 223 Stahl, Philosophie des Rechts II 2, Anhang, S. 510 ff. Vgl. dazu Luig, Sozialethische Werte, S. 300. 224 Vgl. Kroeschell, Lehre, S. 54 ff.; ausführlich zu Schmidts Ansichten Luig, Rechtsanschauung, S. 114 ff. Kroeschells These, daß die Sozialbindung des Eigentums nach deutschem Verständnis für die weitere Entwicklung der Eigentumsdogmatik prägend gewesen sei, ist mittlerweile vielfach anerkannt: Vgl. etwa Luig, a. a. O., S. 98 und Kahlenberg, Leben, S. 222 f. 225 Schmidt, Unterschied, § 10, S. 122. 226 Schmidt, Unterschied, Einleitung, S. V, zu v. Jherings Darstellung des römischen Rechts. 227 Schmidt, Unterschied, § 1, S. 17 spricht von dem Kampf zwischen beiden Rechtskulturen.

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Inhalt die Verpflichtung aller zu gegenseitigem Beistand ist, erhält die rechtliche Verbindlichkeit durch die Bildung des Staates.229 Das römische Recht sei hingegen allein aus dem Willen des Volkes hervorgegangen, ohne daß dieser an ein höheres sittliches Prinzip gebunden gewesen sei.230 Aus diesen Prämissen entwickelte Schmidt auch seine Eigentumsdogmatik.231 Während das römische Eigentum als Recht absoluter Herrschaft über eine Sache jede faktisch mögliche Verfügung in sich fasse und auch durch staatliches Recht nur zur Verhinderung der Schädigung anderer beschränkt werde, sei das Eigentum nach deutschem bzw. germanischem Begriff „ein Recht sittlicher Herrschaft über die Sache, d. h. eine Herrschaft über die Sache, vermöge deren der Eigentümer dieselbe ihrem sittlichen Zweck gemäß zu gebrauchen berechtigt aber auch zugleich verpflichtet ist.“ Daraus leitete Schmidt nicht nur her, daß sich der Begriff abhängig von dem Gegenstand des Eigentums ändere, sondern auch daß sich das Eigentum kaum von anderen Herrschaftsrechten über eine Sache unterscheide. Ausdruck dieses Herrschaftsverständnisses seien die Gewere gewesen. An anderer Stelle232 stellte Schmidt fest, daß nach römischem Verständnis die Pflichten des Eigentümers nicht zum „reinen“ Begriff des Eigentums gehörten, während der deutsche Eigentumsbegriff ein Rechtsverhältnis bezeichne, in dem Rechte und Pflichten ruhen. Daher war nach Schmidt das deutsche Eigentum auch kein ausschließliches Recht, so daß es eine Vielzahl von Leiherechten – auch wenn Schmidt dies nicht aussprach handelte es sich um die schon durch die Germanistik entwickelte Rechtfertigung des geteilten Eigentums233 – kannte.234 Selbst wenn sich Schmidt, zum Teil auch ohne ausdrückliche Bezugnahme, auf Vorarbeiten235 stützte – etwa auf die Theorie der Gewere oder auf das von Beseler236 als wichtiges deutsches Rechtsgut behandelte Genossenschaftsrecht237 –, so ist doch seine Konzeption des deutschen Eigentums letztlich eine eigenständige. Der wissenschaftliche Wert von Schmidts Werk mag gering gewesen sein;238 jedenfalls hatte es doch weitreichende Wirkungen, nicht zuletzt möglicherweise auf den deutschen Eigentumsbegriff v. Gierkes.239 Schmidt, Unterschied, § 1, S. 17 und § 2, 61 ff. sowie passim. Schmidt, Unterschied, § 2, S. 47 ff. 230 Schmidt, Unterschied, § 3, S. 65. 231 Schmidt, Unterschied, § 24, S. 223 ff. 232 Schmidt, Unterschied, § 28, S. 248 f. 233 s. o. bei III. 234 Schmidt, Unterschied, S. 250. 235 Luig, Rechtsanschauung, S. 117 f., sieht eine Verbindung zwischen der naturrechtlichen Pflichtenlehre Wolffs und Schmidts Betonung sittlicher Pflichten. 236 Beseler, Volksrecht, S. 158 ff. 237 Vgl. Schmidt, Unterschied, § 2, S. 58. 238 Stintzing / Landsberg, Geschichte III 2, Anmerkungen S. 275, Note 12. 239 Grundlegend Kroeschell, Lehre, S. 54 ff., der eine direkte Verbindung zu v. Gierkes Eigentumsdogmatik herstellt: „. . . haben sich selbst namhafte Rechtshistoriker ihrem (ge228 229

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

Für eine Anknüpfung v. Gierkes an die Lehre Schmidts auch im Rahmen der Eigentumsdogmatik spricht rein äußerlich viel. Bereits die grundsätzliche Charakterisierung der deutschen Rechtsidee und des deutschen Verständnisses subjektiver Berechtigungen glich derjenigen Schmidts: Das deutsche Recht beruhte nach v. Gierke auf dem Gedanken der Gegenseitigkeit. Jede Berechtigung des Einzelnen enthielt zugleich Pflichten und war daher sittlich beschränkt.240 Die Übereinstimmung zeigt sich noch deutlicher, wenn man v. Gierkes Kritik am Eigentumsbegriff des BGB mit der Eigentumsdogmatik Schmidts vergleicht. Läßt man außer acht, daß sich die Begrifflichkeit des sozialen Rechts241 bei Schmidt noch nicht findet, hat er v. Gierkes deutschen Eigentumsbegriff242 in fast allen Facetten vorweggenommen. Das Eigentum ist für v. Gierke wie für Schmidt ein Rechtsverhältnis, in dem sich Berechtigung und Verpflichtung untrennbar verbinden. Auch die dem deutschen Recht eigene Trennung zwischen Fahrnis- und Grundeigentum findet sich schon bei Schmidt, ebenso wie das Fehlen einer strikten Trennung zwischen Eigentum und Rechten an fremder Sache. Noch augenfälliger ist die Nähe v. Gierkes zu Schmidt, wenn man v. Gierkes Kritik am Eigentumsbegriff des BGB betrachtet.243 Dort wandte sich v. Gierke gegen ein Eigentum in der Form einer „reinen Befugniß“244 und forderte statt dessen die Verknüpfung von Recht und Pflicht des Eigentümers. Auch wenn v. Gierke die „höchsten sozialen Pflichten“ als sittlich und damit unerzwingbar ansah, hielt er es doch für notwendig, daß die Rechtsordnung verbindlich die Pflicht zum sozial gebotenen Gebrauch des Eigentums durchsetze. Jede privatrechtliche Befugnis war nach v. Gierke dem Einzelnen nicht um seiner selbst willen verliehen, sondern zugleich zur Förderung des allgemeinen Wohls anvertraut.245 Das entspricht der Vorstellung Schmidts, daß nicht meint sind die Thesen Schmidts, Anmerkung des Verfassers) Banne nicht zu entziehen vermocht. Dies gilt namentlich für Wilhelm Arnold und Otto Gierke, die der Lehre vom germanischen Eigentumsbegriff in der deutschen Germanistik endgültig die Vorherrschaft sicherten.“ In einer späteren Abhandlung stellt Kroeschell lediglich fest, daß Gierke nach demselben Muster wie Schmidt argumentierte, Eigentumsbegriff, S. 46. 240 v. Gierke, Genossenschaftsrecht II, § 7, S. 130 f.: „Denn während das römische Recht ein System von einseitigen Befugnissen war, baute sich das deutsche Recht auf dem Gedanken der Gegenseitigkeit als ein System von Rechten und Pflichten auf. Das Recht ward nicht als absolute, sondern als sittlich-beschränkte Willensmacht, als gegenseitige Beziehung verschiedener Willen zu einander vorgestellt. . . . für die germanische trug jedes Recht in sich selbst die Schranke über welche hinaus es sich zu Unrecht verkehrt hätte, und es enthielt als wesentliches und nothwendiges Korrelat der Befugnis zugleich die Pflicht in sich, die nur die andere Seite derselben zu sein schien. Diese Einheit von Recht und Pflicht . . . ist zu allen Zeiten ein Grundzug unseres Rechts geblieben. . . . so mußte auch die Rechtsidee in einer Form in das Volksbewußtsein treten, welche der Beschränkung der Befugnis durch das Recht der Gemeinschaft und der Genossen Ausdruck gab.“ Daraus leitete v. Gierke auch die für das germanische Recht kennzeichnende Einheit von Privatrecht und öffentlichem Recht ab. Ähnlich später in verkürzter Form v. Gierke, Soziales Recht, S. 490 und S. 491 f. 241 Vgl. dazu unten. 242 s. o bei III. 243 s. o. bei III. 244 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 490.

C. Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes in der Germanistik

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nur die Rechtsordnung bereits vorhandene sittliche Pflichten erzwinge und das Eigentum sittliche Verpflichtungen gegenüber etwa den Erben oder den Nachbarn begründe,246 sondern auch jede Berechtigung eine sittliche Berechtigung zur Realisierung höherer Zwecke sei.247 Dennoch bestehen – jenseits der dargestellten äußerlichen Übereinstimmung – Zweifel an einer direkten Wirkung der Thesen Schmidts auf v. Gierkes Lehre von einem sozial gebundenen, deutschen Eigentum. Auch Kroeschell bleibt letztlich den eindeutigen Beweis, daß v. Gierke sich an den Gedanken Schmidts orientierte, schuldig248: Er stützt sich lediglich auf die sachliche Nähe der Ausführungen Arnolds249 und v. Gierkes zu denen Schmidts. Belege dafür, daß v. Gierke selbst das Werk Schmidts für die Formulierung des deutschen Eigentumsbegriffs herangezogen hätte, fehlen bei Kroeschell und dürften sich darüber hinaus auch nicht finden lassen. Denn ungeachtet aller Ähnlichkeiten zitierte v. Gierke Schmidts Schrift über den Unterschied von römischem und deutschem Recht an keiner Stelle. Lediglich ein späteres Werk Schmidts über „Die Rezeption des römischen Rechts in Deutschland“ aus dem Jahre 1868 wird im ersten Band des Deutschen Privatrechts erwähnt.250 Nichtsdestoweniger kann es nicht ausgeschlossen werden, daß v. Gierke Schmidts Werk kannte und davon zumindest angeregt,251 wenn nicht gar beeinflußt wurde. Unmittelbar nach seinem Erscheinen wurde Schmidts Werk mehrfach rezensiert. In der weiteren Diskussion über das Verhältnis von römischem Recht war es mehrfach Anknüpfungspunkt für andere Autoren252 und diente gleichsam als Sammlung von gegen das römische Recht gerichteten Gedanken, die immer wieder Verwendung fanden.253 Infolge der Verbreitung der Gedanken Schmidts läßt sich zumindest festhalten, daß v. Gierke mit großer Wahrscheinlichkeit indirekt Kenntnis von diesen erhielt. So zitierte er im ersten Band des Handbuchs des Privatrechts254 Wilmanns‘ Schrift über „Die Reception des römischen Rechts und die sociale Frage der Gegenwart“.255 Unter Rückgriff unter anderem auf Schmidt sah Wilmanns im Eigentum nach dem deutschen Recht des Mittelalters eine sittliche Herrschaft über die Sache, derzufolge der Eigentümer die Sache ihrem Zweck gemäß zu gebrauchen und sittliche Pflichten zu erfüllen hatte.256 Zwar datiert Wilv. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 490 f. Schmidt, Unterschied, § 28, S. 250. 247 Schmidt, Unterschied, § 9, S. 104. 248 Vgl. Kroeschell, Lehre, S. 54 ff., insbesondere S. 58. 249 Zu v. Gierkes Anknüpfung an Arnold vgl. Janssen, Methode, S. 172 ff. 250 v. Gierke, DPR I, § 2, S. 8, Fn. 1. 251 Kroeschell, Lehre, S. 56. 252 Zur Rezeptionsgeschichte von Schmidts Werk umfassend Luig, Rechtsanschauung, S. 122 ff. 253 Stintzing / Landsberg, Geschichte III 2, Anmerkungen, S. 275, Note 12. 254 v. Gierke, vgl. Fn. 250. 255 Vgl. dazu Peter, Wandlungen, S. 55 f. 256 Wilmanns, Reception, S. 9 ff. 245 246

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

manns’ Schrift aus dem Jahre 1890 und damit erst nach v. Gierkes Kritik an den Vorarbeiten zum BGB, so daß ein direkter Einfluß Wilmanns‘ etwa auf v. Gierkes Darstellung des Eigentumsbegriffs im zweiten Band des deutschen Genossenschaftsrechts oder auf dessen Wiener Rede ausgeschlossen ist, nicht jedoch auf die späteren privatrechtlichen Werke wie den zweiten Band des Deutschen Privatrechts. Allerdings kann insoweit die Wirkung auf den Eigentumsbegriff v. Gierkes nicht mehr allzu groß gewesen sein, da dieser in seinen wesentlichen Eigenschaften vor der Darstellung im Handbuch des deutschen Privatrechts feststand. Die These, daß den Ansichten Schmidts über das germanische Eigentum trotz aller Ähnlichkeit nicht die entscheidende, zumindest nicht die allein ausschlaggebende Wirkung auf die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffs durch v. Gierke zukam, kann sich noch auf ein weiteres, ebenfalls auf der Chronologie beruhendes Argument stützen. Als v. Gierke zum ersten Mal den deutschen Eigentumsbegriff im Jahre 1873 formulierte,257 hätte er bereits ohne weiteres auf das Werk Schmidts aus dem Jahre 1853 zurückgreifen können. Selbst wenn man berücksichtigt, daß v. Gierke nach eigenem Eingeständnis die nach Veröffentlichung des ersten Bands des Genossenschaftsrechts im Jahre 1868 erschienene Literatur nicht einbezogen hatte,258 wäre zu erwarten gewesen, daß er die Schrift Schmidts im Rahmen der Darstellung des deutschen Eigentums verarbeitet hätte. Eher ist jedoch das Gegenteil der Fall: Die für Schmidt so wichtige sittliche Begrenzung der Sachherrschaft des Eigentümers und die unauflösliche Verbindung von Rechten und Pflichten werden von v. Gierke nicht bei der Darstellung des germanischen Eigentums angesprochen. Seinem Verständnis zufolge zeichnete sich das deutsche Grundeigentum durch die Abhängigkeit von der Beschaffenheit des Eigentumsobjekts, den fließenden Übergang zu den Rechten an fremder Sache, die fehlende Elastizität und schließlich die Aufnahme öffentlich-rechtlicher Elemente aus, aber nicht durch die besondere Gebundenheit. Die genannten Charakteristika des deutschen Eigentums hätte v. Gierke im wesentlichen aus der unabhängig von Schmidt existierenden Eigentumsdogmatik der Germanistik259 ableiten können. Dagegen steht die besondere sittliche Bindung jeglicher Berechtigung seltsam unverbunden neben der Darstellung des Eigentums als bloßes allgemeines Charakteristikum des gesamten deutschen Rechts. Zwar hätte v. Gierke auf eine bloße Wiederholung der Behauptung, das deutsche Recht habe keine einseitige Willensmacht gekannt, im Rahmen der Beschreibung des deutsch-rechtlichen Eigentumsbegriffs verzichten können. Es lag aber nahe, daß v. Gierke auf die aktuelle Bedeutung dieser Pflichtbindung für die sozialen Fragen der Zeit hinwies: Entweder zur Unterstützung seiner Behauptung, der Pflichtgedanke habe sich bis in die jüngste Zeit im deutschen Recht erhalten oder um die zentrale Stellung der Pflichtbindung auch des Eigentums als dem wichtigsten Sachenrecht betonen und so den stren257 258 259

v. Gierke, Genossenschaftsrecht II, § 9, S. 138 ff. v. Gierke, Genossenschaftsrecht II, Vorwort, S. VIII. s. o. bei III.

C. Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes in der Germanistik

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gen Gegensatz zum römischen Eigentum noch mehr zu verdeutlichen. Die Vernachlässigung der Gebundenheit des Eigentums kann aber nur heißen, daß diese für v. Gierke zum damaligen Zeitpunkt – anders als im Rahmen der Kritik am Entwurf zum BGB – noch keine zentrale Bedeutung besaß. Wenn danach die soziale Bindung des deutschen Eigentums zwar schon in der früheren Darstellung im zweiten Band des Genossenschaftsrechts angelegt war, v. Gierke diese aber erst später zum wichtigsten Merkmal des Eigentums – neben dem fließenden Übergang zu den dinglichen Rechten – erhob, kann dies nicht mehr mit dem Einfluß Schmidts oder der Anknüpfung an die zeitgenössische Germanistik erklärt werden. Dies gilt umso mehr, als sich die besondere soziale Ausrichtung des deutschen Eigentums bei v. Gierke auch auf dessen Engagement im Verein für Socialpolitik und den Kontakt vor allem zu Gustav Schmoller und Adolph Wagner zurückführen läßt.260 Allerdings kann damit Kroeschells These bezüglich des Einflusses von Schmidt auf v. Gierke auch nicht als widerlegt angesehen werden. Denn zumindest ist die von ihm angesprochene und oben dargestellte Übereinstimmung Schmidts und v. Gierkes im Bereich der Eigentumsdogmatik bemerkenswert und stellt – insoweit ist Kroeschell ohne weiteres zu folgen – ein Indiz für eine Verbindung von Schmidt zu v. Gierke dar. Noch weitergehend läßt sich festhalten, daß die Ansatzpunkte für die spätere Formulierung des deutschen, sozialen Eigentumsbegriffs bereits zur Zeit der Darstellung im zweiten Band des Genossenschaftsrechts vorlagen. Entscheidend ist aber – was Kroeschell auch selbst andeutet261 – daß die besondere soziale Ausrichtung des deutschen Eigentums, wie sie in der Wiener Rede erscheint, nicht eine bloße Wiederholung der früheren Gedanken v. Gierkes ist, sondern daß es über die germanistische Frontstellung zum römischen Recht noch eines weiteren Anstoßes bedurfte, um zu diesem Ergebnis zu kommen. Es dürfte mit einiger Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sein, daß Schmidt nicht der ausschlaggebende Faktor für die weitere Entwicklung des sozialen Eigentumsbegriffs war, sondern daß die Anpassung der germanistischen Grundlagen an die sozialen Fragen der Zeit durch v. Gierke, wie schon angedeutet, in engem Zusammenhang mit dessen sozialpolitischem Engagement stand. Nichtsdestoweniger läßt sich die Bedeutung von Schmidts Thesen über den Gegensatz von römischem und germanischem Recht nicht leugnen. So ließ sich Dernburg später in seiner Ansicht über die Charakteristika von römischem und deutschem Recht von Schmidt beeinflussen und war bereit, in der germanischen Tradition ein soziales Moment zu finden.262 Auch die eindringliche Warnung, bei der Erforschung des germanischen Rechts nicht den Unterschied zwischen Ethik s. u. Kroeschell, Eigentumslehre, S. 46, spricht davon, daß zwischen der Darstellung des deutschen Eigentums im zweiten Band des Genossenschaftsrechts und in v. Gierkes Wiener Rede noch ein Schritt lag. 262 Vgl. Luig, Rechtsanschauung, S. 122. 260 261

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

und Recht einzuebnen und aus sittlichen Begriffen Rechtsinstitute zu formen,263 vermochte die Verbreitung der Thesen Schmidts nicht zu verhindern. Dies ist um so verwunderlicher, als sich Schmidt nicht auf rechtshistorische Quellenforschung stützte, sondern im wesentlichen Behauptungen aufstellte.264 In dieser Hinsicht hätte Schmidts Werk ebenfalls Vorbild sein können: Wie gezeigt265 entwickelte v. Gierke seinen deutschen Eigentumsbegriff im zweiten Band des Genossenschaftsrechts266, ohne sich auf Quellen zu stützen. v. Gierkes Zeitgenosse Gengler verfuhr ähnlich und zitierte ausdrücklich Schmidt mit der Feststellung, daß deutsche Eigentum sei ein „Recht sittlicher Herrschaft“ und der Eigentümer habe sich den „moralischen Gesetzen der Coexistenz“ unterzuordnen.267 Das durch die Interessen der Gemeinschaft und die Gebote der Sittlichkeit gebundene deutsche Eigentum sowie seine Unvereinbarkeit mit dem vorgeblich auf eine schrankenlose Berechtigung reduzierten römisch-rechtlichen Eigentum – als Ausprägung eines fundamentalen Gegensatzes268 – hatten damit zumindest auch durch die Wirkung von Schmidts Werk eine von der geschichtlichen Realität unabhängige Existenz gewonnen; in der Folgezeit konnte immer wieder auf diese Vorstellung zurückgegriffen werden.269 So zitierte noch Hedemannn in seinem aus Anlaß der nationalsozialistischen Machtergreifung für den zweiten Band der Fortschritte des Zivilrechts verfaßten Anhang, in dem er sich ausdrücklich in den Dienst der neuen Weltanschauung stellte270, Schmidt als Autoren, der in zukunftsweisender Manier die Verbindung von germanischem Rechtsempfinden und pflichtgebundenem Eigentum beschrieben habe.271

2. Zu v. Gierkes Begriff des sozialen und pflichtgebundenen Eigentums Bis hierher ist die Herausbildung des deutschen Eigentumsbegriffs hin zu v. Gierke dargestellt worden, ohne auf die besondere soziale Ausprägung des Eigentums bzw. des gesamten deutschen Rechts einzugehen. Auch wenn die Gebundenheit des Eigentums durch die Interessen der Allgemeinheit spätestens seit 263 Hahn, Übereinstimmung, Einleitung, S. XXVIII ff und passim. Es handelt sich um eine nahezu 600 Seiten umfassende eindringliche Widerlegung der Thesen Schmidts. 264 Kroeschell, Lehre, S. 56. 265 s. o. unter II. 266 v. Gierke, Genossenschaftsrecht II, § 9, S. 139 ff. 267 Gengler, Deutsches Privatrecht, § 40, S. 137. 268 Zu der weiteren Verbreitung der Entgegensetzung von römischem, individualistischen und deutschem, gemeinschaftsbezogenen Recht Luig, Rechtsanschauung, S. 135 ff. 269 Kroeschell, Lehre, S. 60 ff.; Janssen, Sozialer Eigentumsbegriff, S. 579 und Klippel, Subjektives Recht, S. 44 m. w. N. 270 Hedemann, Fortschritte II 2, § 19, S. 336. 271 Hedemann, Fortschritte II 2, § 18, S. 331.

C. Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes in der Germanistik

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Schmidt – die stärkere Beschränkbarkeit in dieser Hinsicht hatte schon Maurenbrecher für das deutsche Recht in Anspruch genommen272 – in der deutsch-rechtlichen Eigentumsdoktrin verankert war, erhielt der deutsche Eigentumsbegriff erst durch die sozialrechtliche Komponente seine große Wirkung auf die Rechtslehre nach v. Gierke.273 Es soll daher im folgenden dargestellt werden, wie v. Gierke seinen Begriff des Sozialen im deutschen Recht entwickelte und diesen auf das Eigentum übertrug. Angesichts der Komplexität dieses Themas und der Tatsache, daß v. Gierkes Begriff des Sozialen schon monographisch274 behandelt wurde, beschränkt sich dieser Abschnitt auf einen Überblick. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, daß die Termini „Sozialrecht“ und „soziales Recht“ von v. Gierke in einer Weise verwendet wurden, die mit deren heutiger Bedeutung nur in Teilen übereinstimmt. Um daher die Begriffsverwendung durch v. Gierke einordnen zu können, muß zunächst kurz dargestellt werden, welchen Inhalt der Begriff des Sozialrechts nach modernem Verständnis hat.

a) Zur allgemeinen Bedeutung des Begriffs Sozialrecht Allgemein wird Sozialrecht heute als das Recht definiert, das durch seinen sozialen Zweck geprägt ist,275 der zumeist mit der Gewährung sozialer Sicherheit identifiziert wird. Jede weitere und genauere Erklärung des Begriffs ist schwierig: So werden in der Literatur mit unterschiedlichen Anknüpfungspunkten eine Vielzahl unterschiedlicher Begriffe des Sozialrechts nebeneinandergestellt.276 Darüber hinaus hat der Inhalt des Begriffs „Sozialrecht“ im Laufe seiner Geschichte mehrfach gewechselt: Bereits in der Naturrechtslehre des 17. und 18. Jahrhunderts wurde der Terminus Sozialrecht gebraucht. Er bezeichnete das auf der Überwindung des Naturzustands beruhende Recht der Gesellschaft.277 Erste Ansätze zu einem Verständnis des Sozialrechts im heutigen Sinne finden sich im 19. Jahrhundert und stehen mit der sog. sozialen Frage,278 der Behebung der durch die fortschreitende Industrialisierung ausgelösten Nöte breiter Bevölkerungschichten,279 im Zusammenhang. Während seiner weiteren Geschichte, vor allem in der Weimarer Republik erfaßte der Begriff des Sozialrechts auch das Arbeitsrecht. Erst unter der Herrschaft des Grundgesetzes entwickelte sich eine Trennung der beiden Rechtsgebies. o. unter III. Vgl. nur Kroeschell, Lehre, S. 61 ff. 274 Vgl. nur Pfeiffer-Munz, Soziales Recht ist deutsches Recht oder Mundt, Sozialpolitische Wertungen als methodischer Ansatz in Gierkes privatrechtlichen Schriften. 275 Zacher, Grundtypen, S. 571. 276 Vgl. Zacher, Sozialrecht, S. 372 ff. und Schmid, Sozialrecht, S. 85 ff. 277 Stolleis, Sozialrecht, Sp. 1731. 278 Vgl. dazu etwa Brakelmann, Soziale Frage, Sp. 3183 ff. 279 Stolleis, Sozialrecht, Sp. 1371 ff.; zur Begriffsgeschichte des Sozialrechts in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert umfassend Schmid, Sozialrecht, S. 67 ff. 272 273

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

te, die sich in der Einrichtung getrennter Gerichtsbarkeiten niederschlug. Mit dem Sozialrecht werden nach modernem Verständnis vor allem die folgenden Forderungen verbunden: menschenwürdiges Existenzminimum für alle, Abbau von Ungleichheit, Sicherheit gegen die Wechselfälle des Lebens, Mehrung der Lebensgüter für alle und allgemeine Teilhabe daran.280 b) Das Sozialrecht und das soziale Recht bei v. Gierke Als einer der wichtigsten Vorläufer des heutigen Sozialrechts gilt v. Gierkes sozialrechtliche Theorie.281 Diese entwickelte er vor allem im ersten Band des Handbuchs des Privatrechts.282 Sozialrecht war danach zumindest auch ein rechtssystematischer Begriff,283 der zu der Einteilung in Privat- und öffentliches Recht hinzutrat, nach v. Gierke „das Recht, insoweit es die Beziehungen der menschlichen Willenträger als Gesellschaftswesen ordnet.“284 Es erfaßte alle menschlichen Verbände, seien diese privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur, und hob daher in seinem Bereich diese Trennung auf. Darin zeigte sich nach v. Gierke germanisches und zugleich modernes Gedankengut. Mit der sozialrechtlichen Betrachtungsweise verbunden war die aus der Stellung des Einzelnen in der Gesellschaft folgende Gebundenheit aller Freiheit, nach der keine Befugnis ohne Pflicht bestehen kann. So kam zugleich der soziale Beruf des Privatrechts zur Geltung. Das Sozialrecht im dargestellten Sinn, aber weniger systematischer Form, hatte vorher schon v. Gierkes Rede über die soziale Aufgabe des Privatrechts zugrunde gelegen.285 In beiden Fällen versuchte v. Gierke die sozialrechtliche Betrachtungsweise historisch zu legitimieren, indem er die Einheit allen Rechts postulierte und die Betonung der Zugehörigkeit des Einzelnen zu verschiedenen Gemeinschaften als für das germanische Recht – im Gegensatz zum römischen Recht – typisch ansah. Die Ausführung der historischen Betrachtung ist aber – ähnlich der Herleitung des deutschen Eigentumsbegriffs – so spärlich und überblickshaft, daß eine wirklich geschichtliche Grundlegung nicht angestrebt war.286 aa) Zur Herleitung des Sozialrechts aus dem Genossenschaftsrecht Äußerlich betrachtet scheint für v. Gierke bei der Verwendung des Begriffs Sozialrecht, im Unterschied zum heutigen Verständnis, nicht der soziale Zweck des Zacher, Grundtypen, S. 573. Schlosser, Privatrechtsgeschichte, § 4, S. 141; Stolleis, Sozialrecht, Sp. 1732. 282 v. Gierke, DPR I, § 4, S. 25 f. und § 15, S. 122; dazu ausführlich Pfeiffer-Munz, Soziales Recht, S. 22 ff. und Spindler, Genossenschaft, S. 155 ff. 283 Pfeiffer-Munz, Soziales Recht, S. 27. 284 v. Gierke, DPR I, § 4, S. 26. 285 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 480 ff. 286 Mundt, Wertungen, S. 19. 280 281

C. Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes in der Germanistik

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Rechts im Vordergrund zu stehen. Vielmehr zeichnet sich sein Sozialrecht durch die besondere Betrachtung des einzelnen als Mitglied überindividueller Gemeinschaften aus, beginnend bei der Familie und fortgesetzt über Gesellschaften und Vereine sowie Betriebsgenossenschaften287 bis hin zum Staat als höchster aller Gemeinschaften. v. Gierke soll diese Theorie des Sozialrechts aus den bereits in der Darstellung des Genossenschaftsrechts entwickelten Grundlagen hergeleitet haben.288 Den Gedanken, daß gerade die Verbindung von Individuen Grundlage des menschlichen Daseins sei, hatte v. Gierke schon dort zum Ausgangspunkt gemacht.289 Die rechtstechnische Verwendung des Begriffs Genossenschaftsrecht ging auf Beselers Werk „Volksrecht und Juristenrecht“290 zurück.291 Während sich Beseler aber darauf beschränkte, Geschichte und Wesen der Genossenschaft aus dem deutschen „Assoziationsgeist“292 zu erklären,293 ging der Gedanke, daß unter dem Gesichtspunkt des Genossenschaftsrechts die Trennung zwischen öffentlichem und privatem Recht zumindest eingeschränkt werde, auf Bähr zurück.294 Bähr, dessen Werk v. Gierke kannte und auf das er ausdrücklich zurückgriff,295 stand somit als Verbindungsglied zwischen Beseler und v. Gierke296 und wird in dieser Eigenschaft zu denjenigen gezählt, die im 19. Jahrhundert mit zur Schaffung des Sozialrechts beitrugen.297 Beide Gedanken, die Bedeutung des Zusammenschlusses von Menschen und die Überwindung der Trennung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht, bildeten für v. Gierke die Grundlage298 des Sozial287 Gierke gilt deshalb bis heute als derjenige, der die Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses, etwa die Betonung von gegenseitigen Treuepflichten, gegenüber dem allgemeinen Dienstvertrag zuerst erkannt hatte, Isele, Gierke, Sp. 1687, ebenso Dilcher, Genossenschaftstheorie, S. 322; noch weitergehend Mundt, a. a. O., S. 23, der in v. Gierkes Sozialrecht einen Grundstein des modernen Arbeits- und Wirtschaftsrechts sieht; weitere Nachweise bei Janssen, Methode, S. 7 f. Vgl. umfassend zu v. Gierkes Herleitung des Arbeitsrechts aus dem germanischen Recht Spindler, Betriebsgenossenschaft, S. 143 ff.; zu seiner Kritik an den auch das Arbeitsrecht betreffenden Regelungen bei den Vorarbeiten zum BGB Haack, Kritik, S. 96 ff. 288 Mundt, Wertungen, S. 21 f.; Schmid, Sozialrecht, S. 70; Stolleis, Sozialrecht, Sp. 1732. 289 v. Gierke, Genossenschaftsrecht I, Einleitung, S. 1; ebenso Genossenschaftstheorie, S. 1. 290 Beseler, Volksrecht, S. 158 ff.; für Beseler war der Genossenschaftsgedanke das bedeutendste Prinzip des Volksrecht, Kern, Beseler, S. 382. 291 So v. Gierke selbst, Genossenschaftstheorie, S. 5. 292 Beseler, Volksrecht, S. 159 und passim. 293 Vgl. dazu Spindler, Betriebsgenossenschaft, S. 44 ff., mit der Feststellung, daß Beseler nur Ansätze zu einem Genossenschaftsrecht entwickelte, während die theoretische Durchdringung des Instituts erst durch v. Gierke geleistet wurde. 294 Bähr, Rechtsstaat, S. 19 mit Verweis auf Beseler. 295 Nach v. Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 10, Fn. 1 war es Bähr, der zuerst im „Rechtsstaat“ die Selbständigkeit des Genossenschaftsrechts gegenüber dem Individualrecht würdigte. v. Gierke, DPR I, § 4, S. 29, Fn. 7 zitierte später Bähr bei der Darstellung des Sozialrechts. 296 Binder, Bähr, S. 121. 297 Stolleis, Sozialrecht, Sp. 1732.

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rechts: Diese sah er schon im germanischen Recht verwirklicht, das die Differenzierung zwischen den verschiedenen Rechtsgebieten nicht kannte, aber infolge der Einbindung des Einzelnen in vielfältige Gemeinschaften „durch und durch sozial“ war.299 Auch wenn die Überwindung der Trennung von öffentlichem und privatem Recht bereits vor v. Gierke von einigen Germanisten gefordert worden war300 und auch v. Gierke selbst diese schon zu einem früheren Zeitpunkt für das germanische Recht in Anspruch genommen hatte,301 so stellte jedoch die Verwendung dieses Gedankens bei der Schaffung des Sozialrechts eine Neuentwicklung dar. Die systematische Entwicklung des Sozialrechts ist auch der Hintergrund der These, es müsse zwischen dem Sozialrecht als Teil der Rechtsordnung, der die Innenbeziehungen von Gemeinschaften regelt, und der Forderung v. Gierkes nach einem sozialen Recht unterschieden werden: Die Entwicklung des Sozialrechts durch v. Gierke soll nach dieser Ansicht so verlaufen sein, daß am Beginn das Genossenschaftsrecht stand, aus dem v. Gierke zunächst unter Überwindung des Gegensatzes von Privatrecht und öffentlichem Recht das Sozialrecht als Begriff formte. Erst aus seiner Sicht des Sozialrechts ergab sich der Einsatz für die soziale Ausgestaltung des Privatrechts habe.302 Während „Sozialrecht“ ein systematischer Begriff sei, bezeichne „soziales Recht“ eine Gestaltung der gesamten Rechtsordnung, die nicht durch Gegensätze, sondern durch Harmonie geprägt sei.303 Zwar standen Sozialrecht und soziales Recht nach dieser Betrachtungsweise nicht beziehungslos nebeneinander, da nur unter Bezug auf die systematische Funktion des Sozialrechts nach v. Gierke eine soziale Gestaltung der Rechtsordnung möglich gewesen sei.304 Entscheidend ist aber, daß die Trennung zwischen den beiden Begriffen und den dahinterstehenden Vorstellungen suggeriert, es handele sich um verschiedene Ansätze, zwischen denen lediglich Überschneidungen existierten. Sozialrecht und soziales Recht stellten jedoch für v. Gierke Ausprägungen des selben Gedankens einer gemeinschaftsfreundlichen Rechtsordnung dar, die zugleich gesellschaftlichen Fehlentwicklungen durch verstärkten Schutz des Schwachen korrigierte.

bb) Sozialrecht und soziales Recht als unauflösliche Einheit Die strikte Differenzierung zwischen Sozialrecht und sozialem Recht bei v. Gierke läßt sich schon im Hinblick auf dessen Einführung der verschiedenen Termini 298 299 300 301 302 303 304

Vgl. Pfeiffer-Munz, Soziales Recht, S. 24 f. und Schmid, Sozialrecht, S. 70. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 482. Vgl. Wolf, Rechtsdenker, S. 671 m. w. N. v. Gierke, Genossenschaftsrecht II, § 7, S. 131. Schmid, Sozialrecht, S. 71 f. Pfeiffer-Munz, Soziales Recht, S. 27; Schmid, vgl. vorige Fn. Pfeiffer-Munz, vorige Fn.

C. Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes in der Germanistik

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nicht durchhalten. Ob die dargestellte äußerliche Verbindung zum Genossenschaftsgedanken auch als die innere Rechtfertigung des Sozialrechts bei v. Gierke anzusehen ist, muß bezweifelt werden.305 So erwähnte v. Gierke das Sozialrecht in den beiden ersten Bänden der Darstellung des Genossenschaftsrechts nicht.306 Erst in der Monographie über „Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung“ aus dem Jahre 1887 sprach v. Gierke vom „Socialrecht“, zum einen als Gegenbegriff zum Individualrecht307, und insofern synonym mit dem Begriff Genossenschaftsrecht als selbständigem Rechtsgebiet,308 zum anderen als „reines Socialrecht“, das die Innenbeziehungen von Körperschaften regelt.309 Doch zeigen bereits v. Gierkes Erörterungen zum Innenrecht von Verbänden, daß sein Gebrauch des Wortes sozial keine eindeutige Zuordnung unterschiedlicher Bedeutungen ermöglicht, sondern daß von vornherein der Begriff des Sozialrechts untrennbar mit der sozialen Ausrichtung des Rechts – in einem dem heutigen Verständnis sehr nahe kommenden Sinn – verbunden war. Bei der Darstellung des möglichen Zwiespalts zwischen körperschaftlichem und individuellem Wollen und Handeln verwendete v. Gierke mehrfach das Adjektiv „social“.310 Während v. Gierke zunächst von einem „socialen Organismus“ und den „Träger(n) socialer Funktionen (Ergänzung durch den Verfasser)“ sprach und damit die Körperschaft bzw. deren Organe meinte, verwies er im selben Atemzug auf die „socialen Triebe“ und die „socialen Anlagen“ des Menschen. v. Gierke stellte fest, daß die Rechtsordnung den letztgenannten Eigenschaften nicht in jedem Fall zum Durchbruch verhelfen, sondern nur „die Wahrscheinlichkeit des Sieges der socialen Motive“ über die „Gefahr . . . eigensüchtiger Motive“ bzw. über „antisociale Motive“ erhöhen könne. Daher müsse es „der Ethik überlassen bleiben, positive Anforderungen an die bei der Erfüllung socialer Aufgaben erwünschte Gesinnung zu stellen. Gesetze, welche direkt eine bestimmte innere Willensrichtung vorschreiben, haben eben nur die Kraft gesetzgeberischer Belehrungen über sittliche Pflichten.“ Abweichend von der rein systematischen Bedeutung des Begriffs „sozial“ wird dieser in den zitierten Passagen im Zusammenhang mit ethischer Motivation und vor allem als positiver Gegenbegriff zu „eigensüchtig“ gebraucht. Deutlicher wird die Unmöglichkeit einer strikten Trennung zwischen Sozialrecht und sozialem Recht bei der Betrachtung der Wiener Rede über die soziale 305 Kritisch zur Herleitung des Sozialrechts aus dem Genossenschaftsgedanken Spindler, Betriebsgenossenschaft, S. 155 ff. m. umfassenden N. aus den Schriften v. Gierkes. 306 Schmid, Sozialrecht, S. 70, Fn. 17; Spindler, Betriebsgenossenschaft, S. 155. 307 v. Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 156 ff. und passim; das Sozialrecht überschreitet schon hier die Grenze zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht. 308 v. Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 9. 309 v. Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 181; vgl. Spindler, Betriebsgenossenschaft, S. 155 f., die zwischen dem engeren, auf die Innenrechtsbeziehungen von Körperschaften beschränkten und dem von v. Gierke entwickelten, weiteren Sozialrechtsbegriff unterscheidet. Letzterer entspricht der rechtssystematischen Bedeutung des Sozialrechts, wie sie von v. Gierke im Handbuch des Privatrechts verwendet wurde. 310 v. Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 708 f., auch für die folgenden Zitate.

17 Lehmann

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Aufgabe des Privatrechts. Daß Sozialrecht als das Recht der Gemeinschaften und soziales Recht als Grundlage der zukünftigen Privatrechtsordnung für v. Gierke eins sind, zeigt die geschichtliche Grundlegung v. Gierkes für die von ihm geforderte Wiederbelebung germanischen Rechtsdenkens.311 Das römische Recht war v. Gierke zufolge von Beginn an durch die strikte Trennung zwischen öffentlichem und privatem Recht geprägt. Während aber das Privatrecht zu einer immer kunstvolleren Rechtstechnik gelangte, sei das öffentliche Recht zum Werkzeug einer absolutistischen Staatsmaschine geworden. Dem Privatrecht sei es aber unmöglich gewesen, „wirtschaftlichen Verfall, die sittliche Auflösung, die soziale Zersetzung“ aufzuhalten. Gegen eine „entfesselte Selbstsucht“ sei auch der Versuch, den „Schutz des Schwachen gegen den Starken nachzuholen, die gelockerten Bande der Familie neu zu festigen“ vergeblich geblieben. Die Germanen hingegen hätten die Trennung zwischen öffentlichem und privatem Recht nicht gekannt, sondern für sie sei die „Einheit alles Rechtes“ bestimmend gewesen. Aufgrund dessen blieb vor allem das Privatrecht unfrei und gebunden, aber sozial. Mangels eines souveränen Staates und souveräner Individuen war der einzelne immer in eine Gemeinschaft eingefügt und seine Interessen blieben auf Familie und Körperschaft gerichtet. Auf der einen Seite stand danach für v. Gierke die Trennung zwischen den Rechtsgebieten, die dem Egoismus Vorschub leistete und die Schwachen nicht schützen konnte. Auf der anderen Seite wurden in der germanischen Einheit allen Rechts nicht nur die Körperschaft und die Familie als entscheidende Werte betrachtet, sondern das Privatrecht sozial gestaltet. Der Terminus sozial wurde hier gleichermaßen auf die bestimmende Rolle der Körperschaften wie auf den Gegensatz zu einer Rechtsordnung bezogen, die gegen Egoismus und die Überlegenheit der Starken kein Mittel wußte.312 Darin kommt aber die Mehrdeutigkeit der Verwendung des „Sozialen“ bei v. Gierke zum Ausdruck: Die Bindung des Einzelnen durch die Gemeinschaft, die Überwindung der Trennung von öffentlichem und privatem Recht durch die Körperschaften und ihr Recht und schließlich der Schutz des Schwachen gehörten untrennbar zusammen. Ähnlich, wenn auch weniger offensichtlich, hatte v. Gierke – wie dargestellt – schon in dem Werk über die Genossenschaftstheorie sittliches und soziales Verhalten gleichgesetzt und den eigensüchtigen Motiven entgegengestellt. Aus der Überwindung der Dichotomie zwischen den beiden Rechtsgebieten leitete v. Gierke auch die berühmte Forderung her, daß „in unserem öffentlichen Recht . . . ein Hauch des naturrechtlichen Freiheitsraumes wehen und unser Privatrecht . . . ein Tropfen sozialistischen Öles durchsickern“ müsse.313 Der „germanische Rechtsgeist“ in der geschilderten Ausprägung war für v. Gierke Richtschnur bei der Erfüllung der sozialen Aufgabe des Privatrechts. Durch sog. sozialpolitische Gesetze sei bereits ein „sozialer Zug“ in der Privatrechtsordnung spürbar, v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 481 ff. Dies war für v. Gierke die erste und damit wichtigste Aufgabe einer sozialen Rechtsordnung, vgl. die Aufzählung in Entwurf, S. 23 f. 313 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 486. 311 312

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wenngleich der „Gemeinschaftsgeist“ das Privatrecht noch viel umfassender durchdringen müsse. Wiederum wurde das Wort „sozial“ im Sinne einer gemeinschaftsfreundlichen Gestaltung der Rechtsordnung gebraucht, die Verwaltungsrecht und Privatrecht gleichermaßen erfaßt.314 Noch ein Beispiel soll demonstrieren, daß Sozialrecht und soziales Recht bei v. Gierke nicht strikt getrennt werden können: „Das Familienrecht aber kann seine große soziale Aufgabe, die Erhaltung und Festigung der Grundeinheiten des gesellschaftlichen Körpers, nimmermehr erfüllen, wenn es nach romanistischem Schema auf die Souveränität des Individuums gebaut, in gesonderte Rechte an fremder Person und mechanisch angeknüpfte Sachenrechte und Schuldverhältnisse auseinandergerissen, als verwickelteres Individualrecht und nicht zugleich als Keimzelle alles Sozialrechts ausgestaltet wird.“315 Hier gehen soziale Aufgabe des Privatrechts und der besondere Wert des Sozialrechts praktisch Hand in Hand, denn nur über die Familie als Institut des Sozialrechts kann die soziale Aufgabe des Privatrechts erfüllt werden. Ethische Ausrichtung des Rechts und Gemeinschaftsfreundlichkeit gehören zusammen; letztere findet ihren Ausdruck in den unterschiedlichen Einrichtungen des Gemeinschaftslebens, zu deren wichtigsten die Körperschaften zählen. Bei jeder Verwendung des Wortes sozial steht in der Wiener Rede v. Gierkes zwar eine der genannten Bedeutungen wechselweise im Vordergrund; angedeutet werden jedoch nahezu in jedem Falle auch die zurücktretenden Bedeutungsvarianten. In der späteren Darstellung im Handbuch des Privatrechts, die ihren Ausgangspunkt bei der systematischen Bedeutung des Sozialrechts nahm, war der Gebrauch des Wortes sozial entsprechend dem Zweck der Darstellung zwar weniger auffällig; immerhin zeigte aber die dem Sinne nach mit der Wiener Rede übereinstimmende geschichtliche Herleitung316, daß sich der Sache nach gegenüber früheren Ausführungen nichts geändert hatte. Die folgende Passage beweist, wie eng soziale Rechtsordnung und Sozialrecht zusammengehörten: „Da sich Einzelleben und Gemeinleben zuletzt in der unzerreißbaren Einheit desselben Menschendaseins abspielen, sieht unser Privatrecht auch da, wo es sich als Mittel für das Individuum darbietet, doch niemals völlig von dessen Gliedstellung in der Gesellschaft ab. Die Freiheit, die es verbürgt, ist nicht Willkür, sondern sittlich gebundene Freiheit, wie sie mit dem Wohle des Ganzen bestehen kann. . . . Unser Privatrecht geht aber weiter: Es paßt nicht bloß die Individualbereiche dem Bedürfnis der Gemeinschaft an, sondern es nimmt in seinen eigenen Schoß den Gedanken der organischen Gemeinschaft auf, um ihn in Familien-, Gesellschafts- und Genossenschaftsrecht aufsteigend zu verwirklichen; es entfaltet zur Ergänzung und Berichtigung seines Individualrechts ein umfassendes Socialrecht und führt dasselbe an unzähligen Punkten bis an die Grenze des öffentlichen 314 315 316

17*

v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 488 f. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 504. v. Gierke, DPR I, § 4, S. 27 ff.

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Rechts heran. So durchweht in der That unser modernes Privatrecht ein stetig anschwellender sozialer Hauch. . . . Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches freilich würde, wenn sein durchaus individualistisch angelegtes Recht ins Leben träte, einen verhängnisvollen Rückschlag bringen.“317 Auch an dieser Stelle bildeten die Zurückdrängung des Individualismus, das Sozialrecht, der soziale Beruf des Privatrechts und die Überwindung der Trennung in Privatrecht und öffentliches Recht eine einheitliche Vorstellung bezüglich der idealen Gestaltung einer Rechtsordnung. Sozialrecht war für v. Gierke demnach auch mehr als ein bloß rechtssystematischer Begriff: Weil in der höheren Einheit eines körperschaftlichen Gebildes die egoistischen Antriebe des Menschen gezügelt und die Gemeinschaftsorientierung gefördert wurden, war das Sozialrecht zugleich immer auch soziales Recht. Umgekehrt war das Sozialrecht auch für die Gestaltung einer sozialen Rechtsordnung notwendig, weil es das Individualrecht ergänzte, die negativen Folgen des Individualismus korrigierte und zugleich die Spaltung zwischen öffentlichem Recht und privatem Recht überwandt. Das Genossenschaftsrecht war aber – wie v. Gierke selbst sagte – nur ein Teil des Sozialrechts; es konnte daher kaum der Ausgangspunkt seiner sozialrechtlichen Theorie sein. Daß die Überwindung der Trennung von öffentlichem und privatem Recht durch die Kategorie des Sozialrechts und die soziale Gestaltung der Rechtsordnung für v. Gierke unmittelbar zusammengehörten, unterstreicht zum Abschluß noch die folgende Erwägung: Ein wichtiger Einfluß auf v. Gierkes Entwicklung des Sozialrechts dürfte auch seine Verbindung zu Adolph Wagner gewesen sein.318 Zu der Zeit, als v. Gierke seine Kritik am ersten Entwurf des BGB formulierte und etwas später den ersten Band des Handbuchs des deutschen Privatrechts herausgab, arbeitete er im Verein für Socialpolitik und im Evangelisch-sozialen Kongress eng mit Wagner zusammen und war überdies privat mit diesem befreundet.319 Zwei Jahre vor Erscheinen des Handbuchs des Privatrechts hatte Wagner schon die Trennung zwischen dem öffentlichem und dem Privatrecht beklagt320 und gefordert, daß die einseitige Betonung der Rechte des Einzelnen zugunsten des sozialen Pflichtenmoments bzw. des Gemeinschaftsprinzips eingeschränkt werde.321 Während sich Wagner ausdrücklich auf v. Gierke stützte,322 findet sich bei v. Gierke nirgendwo ein Verweis in umgekehrter Richtung.323 Nichtsdestoweniger besteht – auch angesichts des zeitlichen Ablaufes – eine große Wahrscheinlichkeit, daß sowohl für Wagner als auch für v. Gierke die gegenseitige Zusammenarbeit von 317 318 319 320 321 322 323

v. Gierke, DPR I, § 4, S. 30. Dies gilt im übrigen auch für die Eigentumsdogmatik v. Gierkes. Spindler, Betriebsgenossenschaft, S. 158. Wagner, Grundlegung, § 5, S. 12. Wagner, Grundlegung,§ 16, S. 33 ff. Wagner, vorige Fn. Spindler, Fn. 319.

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großer Bedeutung war. Auch für Wagner gehörten aber, wie die zitierten Stellen zeigen, die Überwindung der Trennung zwischen den Rechtsgebieten, die Zügelung des Egoismus des Einzelnen, die Förderung des Gemeinschaftslebens und die sozialen Pflichten zusammen, wenngleich er noch nicht von Sozialrecht sprach.

cc) Zusammenfassung Die Untersuchung seiner Aussagen zu sozialem Recht hat gezeigt, daß die Begrifflichkeit des Sozialrechts bei v. Gierke untrennbar mit dem Streben nach einer sozialen Rechtsordnung verbunden war. Das Sozialrecht war nicht ein von Privatrecht und öffentlichem Recht strikt zu trennender systematischer Terminus, sondern Ausdruck für ein Recht, das die Gemeinschaft von Menschen in den Vordergrund rückte, die Interessen dieser Gemeinschaft gegenüber Einzelinteressen betonte und so zum Gestaltungsprinzip einer sozialen Rechtsordnung wurde.324 Gegenüber den früheren Schriften v. Gierkes zur Geschichte des Genossenschaftsrechts, in denen er nicht eine Lösung der Sozialen Frage, sondern vor allem – in der durch seinen Lehrer Beseler vermittelten germanistischen Tradition – die Vollendung der nationalen Verfassungsentwicklung angestrebt hatte,325 war dies eine entscheidende Neuerung. Erst im Rahmen der privatrechtlichen Schriften, die er aus Anlaß der Gesetzgebungsarbeiten zum BGB verfaßte, entwickelte v. Gierke seinen gegenüber dem genossenschaftlichen Recht erweiterten Begriff des Sozialrechts.326 Hintergrund seines kritischen Engagements in diesem Rahmen war die Lösung der Sozialen Frage,327 die für v. Gierke den seinerzeit schwersten Konflikt für die nationale Rechtsordnung darstellte.328 Diesem Ziel wurde letztlich auch die germanistische Grundposition v. Gierkes untergeordnet: Zwar machte er immer einen kurzen historischen Abriß mit der Darstellung des germanischen Rechts zum Ausgangspunkt seiner Kritik, in letzter Konsequenz forderte er aber deutsches Recht, weil es nach seiner Ansicht die entscheidende soziale Eigenschaft besaß.329 Daher wird v. Gierke heute zu den Vertretern eines sog. verstehenden Sozialrechtsbegriffs gezählt, der als „polemischer Begriff, . . . auf eine – vermeintlich oder wirklich – . . . neu aufgetretene Herausforderung an das Recht reagiert und Prinzipien oder Sachbereiche des Rechts benennt, die der Bewältigung dieser Herausforderung dienen.“330

324 325 326 327 328 329 330

Spindler, Betriebsgenossenschaft, S. 160. Böckenförde, Verfassungsgeschichtliche Forschung, S. 149 ff., insbesondere S. 152. Spindler, Betriebsgenossenschaft, S. 155. Mundt, Sozialpolitische Wertungen, S. 130. v. Gierke, DPR I, § 4, S. 122, Fn. 40. Janssen, Methode, S. 67, Fn. 233 und S. 202, Fn. 138. Zacher, Sozialrecht, S. 376.

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Mit seinem sozialen Engagement, das im Begriff des Sozialrechts seinen Ausdruck fand, überschritt v. Gierke den Horizont der germanistischen Tradition, als deren letzter großer Vertreter er gilt. Sein Lehrer Beseler hatte sich noch nicht mit der Sozialen Frage auseinandergesetzt: Während der Beratung zur PaulskirchenVerfassung war er für die völlige Ausklammerung einer Behandlung der Sozialen Frage eingetreten und hatte auch später im System des deutschen Privatrechts nicht dazu Stellung genommen.331 Noch unter dem Eindruck des ersten Entwurfs zum BGB hatte Beseler nicht die fehlende soziale Ausrichtung des Gesetzes, sondern das Fehlen deutscher und volkstümlicher Rechtsgedanken bemängelt.332 Von den anderen Germanisten hatte lediglich Bluntschli eine Lösung für die sozialen Probleme der Zeit gesucht.333 v. Gierkes Forderung eines sozialen, gemeinschaftsfreundlichen deutschen Privatrechts unterschied sich auch in einem wesentlichen Punkt von der vor allem von Schmidt von Ilmenau postulierten Gemeinschaftsorientierung des deutschen Rechts. Wenngleich v. Gierke mit Schmidt darin übereinstimmte, daß das Eigentum zugleich berechtige und gegenüber der Allgemeinheit verpflichte, so hatte Schmidt in seiner Schrift nur den besonderen Charakter des germanischen Rechts beschrieben, um damit zugleich – nationalen Antrieben folgend – den individuellen Charakter des deutschen Volkes zu erforschen und gegen fremde Vorstellungen zu schützen. Ein weitergehender Gegenwartsbezug findet sich bei Schmidt nicht.334 Sozialrecht und soziales Recht und deren Identifizierung mit deutsch-rechtlichen Gedanken waren v. Gierkes eigener Beitrag zu der rechtspolitischen Diskussion seiner Zeit, aber auch darüber hinaus. Besonders in der Weimarer Republik wurde das Sozialrecht – in Anknüpfung an die Theorie v. Gierkes – als eigenständiges, drittes Rechtsgebiet betrachtet, neben Privatrecht und öffentlichem Recht.335 Damit verbunden blieb auch die v. Gierkesche Vorstellung vom Sozialrecht als einem dritten Weg zwischen Individualismus und Sozialismus.336 Erhalten blieb dabei auch die schon für v. Gierkes Theorie des sozialen Rechts charakteristische Mischung von soziologischen, rechtssystematischen und rechtspolitischen Aspekten.

c) Zu den Gründen für v. Gierkes Betonung des sozialen Rechts Wesentliches Motiv für v. Gierkes Engagement gegen den ersten Entwurf des BGB waren sicherlich seine germanistische Herkunft und seine Erforschung des 331 332 333

Spindler, Betriebsgenossenschaft, S. 41 f. Kern, Beseler, S. 531 m. w. N. Vgl. dazu Busz, Historische Schule, S. 124 ff. und Spindler, Betriebsgenossenschaft,

S. 43. Vgl. Schmidt, Unterschied, Einleitung, S. 1 ff. Zur Rezeption der Sozialrechtstheorie v. Gierkes in der Weimarer Republik ausführlich Nörr, Mühlsteine, § 5, S. 32 f. 336 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 485 ff. 334 335

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deutschen Rechts.337 Nicht minder wichtig dürfte jedoch v. Gierkes schon erwähnte Tätigkeit sowohl im Verein für Socialpolitik als auch im Evangelisch-sozialen Kongress gewesen sein.338 v. Gierke wurde 1873 Mitglied des im selben Jahr gegründeten Vereins für Socialpolitik.339 Dieser war im wesentlichen ein Zusammenschluß von Nationalökonomen und Sozialreformern340 und diente als Sammelbecken für sozialpolitische Reformbestrebungen.341 Ausschlaggebend für den Beitritt v. Gierkes war seine Freundschaft mit Lujo Brentano342 und Gustav Schmoller343. Der Einfluß auf v. Gierke zeigte sich beispielsweise in dessen Forderung, die Nationalökonomie habe durch Sozialpolitik die auftretenden Klassengegensätze zu mildern. Letztlich entstammte diesem Engagement v. Gierkes auch die Vorstellung, daß die Rechtsordnung sozial zu gestalten sei, um der vordringenden Sozialdemokratie nicht Vorschub zu leisten.344 v. Gierkes Aktivität in der Evangelisch-sozialen Bewegung dürfte ebenso zugleich Ausdruck und Motiv seiner sozialen Anschauungen gewesen sein. Auch hier kam v. Gierke mit Sozialreformern, wie etwa Friedrich Naumann345, in engen Kontakt, wodurch sein Rechtsdenken nachhaltig geformt wurde.346 Darüber hinaus war das Streben nach einer sozialen Rechtsordnung, durch die der Gegensatz zwischen dem Einzelnen und der Allgemeinheit überwunden werden sollte, Konsequenz von v. Gierke grundlegender Vorstellung, daß zwar jeder Kulturfortschritt auf der Differenzierung gesellschaftlicher Funktionen beruhe, zugleich aber jeglicher Gegensatz auf der Ebene einer höheren Einheit versöhnt werde.347 Welcher der genannten Faktoren – germanistische Herkunft, sozialreformatorisches Engagement und geschichtsphilosophische Grundanschauung – letztlich für seine Theorie des sozialen Rechts und des Sozialrechts ausschlaggebend war, dürfte kaum festzustellen sein. Wie im folgenden zu zeigen sein wird, findet sich alles in der Lehre vom deutschen, sozialen Eigentum wieder.

Isele, Gierke, Sp. 1685 f.; Schröder, Gierke, S. 149. Isele, vgl. vorige Fn.; v. Gierke nahm immer wieder an den Evangelisch-Sozialen Kongressen teil, vgl. Stutz, Gierke, S. XXIV. 339 Zu v. Gierkes Engagement umfassend Spindler, Betriebsgenossenschaft, S 92 ff. 340 v. Gierke stellte in seiner Eigenschaft als Jurist eine Ausnahme dar. 341 Zur Entstehung und Geschichte des Vereins für Socialpolitik Winkel, Umschwung, S. 12 ff. 342 Vgl. zu Brentano DBE, Band 2, S. 117. 343 Vgl. Betz, Schmoller, S. 39 f. 344 Vgl. Spindler, Betiriebsgenossenschaft, S. 91 f. 345 Vgl. Theiner, Naumann, S. 349. 346 Wolf, Rechtsdenker, S. 675. 347 Vgl. Janssen, Methode, S. 64 ff., S. 161 ff. und S. 202, Fn. 138. 337 338

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d) Das soziale, deutsche Eigentum Mit der Lehre vom sozialen Recht fügte v. Gierke seinem deutschen Eigentumsbegriff den letzten Bestandteil hinzu: Bis zu der kritischen Begleitung der Vorarbeiten zum BGB fehlte dem deutschen Eigentum die soziale Ausrichtung.348 Erst in seiner Wiener Rede und in der Monographie zum ersten Entwurf prägte v. Gierke den Begriff des sozialen Rechts, so daß auch die Identifizierung des vorgeblich deutschen Eigentums mit einem sozialen Recht nicht eher hatte erfolgen können. Damit vollendete sich die gesamte Entwicklung eines deutschen Eigentumsbegriffs als Alternative zum abstrakten Eigentum der Pandektistik und kehrte zugleich zu ihrem Ausgangspunkt zurück: Sowohl ihr Anfang als auch ihr Abschluß werden durch rechtspolitische Auseinandersetzungen markiert. Das deutsche Eigentum erweist sich danach als im wesentlichen rechtspolitischer, nicht aber historischer oder dogmatischer Begriff.

aa) v. Gierkes Entwicklung des sozialen Eigentumsbegriffes v. Gierkes Darstellung des deutschen Eigentumsbegriffs in seiner rechtspolitischen Rede zu den sozialen Aufgaben des Privatrechts ist bereits ausführlich nachvollzogen worden.349 Im folgenden sollen daher entsprechend der Thematik dieses Abschnitts nur noch die einzelnen Elemente, aus denen v. Gierke seinen sozialen Eigentumsbegriff formte, näher betrachtet und auf ihre Herkunft untersucht werden. Die besondere deutsch-rechtliche Komponente seines Eigentumsbegriffs bleibt dabei außer Betracht. Zwar stehen die germanistischen und sozialpolitischen Grundpositionen v. Gierkes letztlich in einem untrennbaren Zusammenhang. Erstere sind jedoch schon im einzelnen behandelt worden350, so daß eine Wiederholung an dieser Stelle überflüssig ist. Darüber hinaus ist auch im Rahmen der Darstellung von v. Gierkes Begriff des Sozialrechts festgestellt worden, daß er deutsches Recht forderte, weil er dieses als sozial ansah. Auch aus diesem Grund rechtfertigt sich die Beschränkung auf die sozialen Elemente seines Eigentumsbegriffs. Das Eigentum spielte in v. Gierkes Streben nach sozialem Recht eine entscheidende Rolle. Dies zeigt insbesondere eine Betrachtung seiner Wiener Rede. Vergleicht man den Umfang der Ausführungen v. Gierkes zum Eigentum mit dem des gesamten Vortags, so stellt man fest, daß fast ein Drittel des Gesamtumfangs dem Eigentum gewidmet ist.351 Nach den allgemeinen Ausführungen zur Rechtsgeschichte und zum Sozialrecht setzte seine Konkretisierung einer sozialen Rechts348 Die Darstellung im zweiten Band des Genossenschaftsrechts, § 9, S. 138 ff., enthielt, wie bereits erwähnt, die Begrifflichkeit des Sozialen noch nicht. 349 s. o. bei II. 350 s. o. bei III. 351 In der hier zitierten Fassung hat der Vortrag 33 Seiten, während die Erörterungen zum Eigentum zehn Seiten einnehmen.

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ordnung beim Eigentum an, um darzustellen, wie der „Gemeinschaftsgeist das Privatrecht von unten auf durchdringen“ und deshalb schon in der individuellen Vermögenssphäre wirken müsse.352 Das Eigentum war danach wichtigster Ausgangspunkt für die Schaffung einer sozialen Rechtsordnung. Im Laufe der weiteren Darstellung wurde das Eigentum, obwohl es auch nach v. Gierke dem Einzelnen eine Herrschaft über die äußere Güterwelt sichern soll,353 zu einem sozialrechtlichen Phänomen. Der Begriff des sozialen Rechts behielt auch hier seine doppelte Bedeutung im Sinne von gemeinschaftsfreundlicher und zugleich auf die Lösung sozialer Probleme im heutigen Verständnis gerichteter Gestaltung einer Rechtsordnung. Die Sachherrschaft des Einzelnen wurde bei der schrittweisen Entwicklung des sozialen Eigentumsbegriffs in immer stärkerer Form zu einem den Belangen der Allgemeinheit untergeordneten Rechtsinstitut. Zunächst stellte v. Gierke fest, daß es kein Recht ohne Pflicht geben könne. Die „sozialen Pflichten“ des Eigentümers begannen beim Mißbrauchsverbot354 und steigerten sich zunächst zu einer „Pflicht des rechten Gebrauchs in dem sozial gebotenen Umfange“, soweit dies erforderlich sei.355 Die besondere Pflichtigkeit des Eigentümers gegenüber der Allgemeinheit blieb auch kein von außen an das Eigentum herantretendes Moment, sondern bildete nach v. Gierke einen integralen Bestandteil des Eigentums: „Das Privateigenthum ist schon seinem Begriff nach kein absolutes Recht. Alle ihm im öffentlichen Interesse gesetzten Schranken mit Einschluß der Möglichkeit der Enteignung sind in seinem Begriff angelegt und entstammen seinem innersten Wesen.“356 Das Eigentum war aber danach keine Berechtigung mehr, die zunächst gegen jede Schmälerung der Befugnisse des Eigentümers Schutz böte und die Allgemeinheit bei jedem Eingriff unter einen Zwang zur Legitimierung setzen würde. Vielmehr nahm dem Eigentümer eine Beschränkung seiner Befugnisse letztlich nichts; weil Begrenztheit von vornherein zum Eigentum gehörte, wurde die Beschränkung lediglich erst im Zeitpunkt eines Eingriffs sichtbar. Dieser bedürfte konsequenterweise auch keiner anderen Legitimation als dem Interesse der Gemeinschaft. Wenn v. Gierke gerade auch die öffentlichen Beschränkungen in den Begriff des Eigentums einbeziehen wollte,357 so zeigte sich darin die für sein Verständnis des Sozialrechts charakteristische Überwindung der Trennung von öffentlichem und privatem Recht. Die Entwertung des Privateigentums durch v. Gierke kulminierte schließlich in der Feststellung, daß das Grundeigentum „in letzter Instanz nichts als ein begrenztes Nutzungsrecht an einem Theile des nationalen Gebietes“ sei.358 352 353 354 355 356 357 358

v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 489. v. Gierke, Fn. 1. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 490. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 491. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 492. Vgl. auch v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 493. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 494.

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Der Eigentümer war damit nicht mehr Herr seines Grund und Bodens, sondern nur Inhaber eines ihm von der Gemeinschaft zugebilligten Rechts, eine Konstruktion, die an die lehnsrechtliche Verleihung359 oder an die Oberherrschaft des Fürsten in der Form des dominium eminens erinnert. Das Eigentum war dann aber in dem Sinne, daß die Belange der Allgemeinheit in letzter Konsequenz immer die Oberhand behalten müssen, ein sozialrechtliches Institut. Damit war untrennbar die Funktion des Eigentums und auch anderer Nutzungsrechte im Sinne einer Lösung sozialer Probleme verbunden. Deren Ursache sah v. Gierke gerade in der Freiheit des Eigentümers, die sich auch in der freien Verfügung über das Eigentum äußerte: v. Gierke wandte sich gegen eine zu große Mobilisierung des Grundbesitzes, die letztlich zur „Selbstzerstörung des Grundeigenthums“ führen müsse. Auch insoweit war nach v. Gierke eine Erhaltung des gebundenen Eigentums vonnöten.360 Diese Forderung hing aber letztlich eng mit der Sichtweise des Eigentums an Grund und Boden als von der Allgemeinheit verliehenem Nutzungsrecht zusammen. Wenn die Gemeinschaft aller das Nutzungsrecht in ihrem eigenen Interesse zuteilte, so widersprach dem eine freie Verfügung über das Grundeigentum, da aus einer allzu häufigen Veräußerung von Grundbesitz gerade einer stetigen Nutzung entgegenstand. Deshalb mußte der „soziale Beruf“ des Privatrechts geradezu auf eine Einschränkung der Verfügungsfreiheit hindrängen.361 An dieser Stelle treffen beide Bedeutungsvarianten des Sozialen in der Verwendung durch v. Gierke zusammen: Wenn das Eigentum durch die Interessen der Gemeinschaft gebunden ist, können soziale Fehlentwicklungen vermieden werden.362 Wie bereits gesagt, wird das Eigentum bei v. Gierke zu einem im umfassenden Sinne sozialrechtlichen Begriff.

bb) Das soziale Eigentum und die sozialpolitische Motivation v. Gierkes Die als Grund für die soziale Ausrichtung der Kritik v. Gierkes am Entwurf des BGB genannten Einflüsse zeigen sich auch in seiner Lehre vom sozialen Eigentum. Dies läßt sich an zwei Beispielen deutlich machen: v. Gierke wies ausdrücklich darauf hin, daß aller Grund und Boden letztlich nicht dem Einzelnen gehöre, sondern daß es sich um Gemeingut handele und dem Eigentümer letztlich nur ein durch die Belange der Allgemeinheit begrenztes Nutzungsrecht zustehe.363 In ähnlicher Weise erklärte er auf dem 8. Kongress der Evangelisch-Sozialen, daß das Individuum nur dienendes Glied des ganzen und darüber hinaus das Eigentum letztSieling-Wendeling, Entwicklung, S. 85. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 494 f. 361 Vgl. v. Gierke, vorige Fn. 362 Zu dieser Forderung ausführlich m. w. N. aus dem Werk v. Gierkes Janssen, Sozialer Eigentumsbegriff, S. 560 ff. 363 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 493 f. 359 360

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lich nur ein von Gott anvertrautes Gut sei.364 Damit knüpfte v. Gierke nicht nur an Schmidts Lehre vom deutschen Recht an,365 sondern stand in einer bis auf Luther zurückführenden Tradition der Eigentumslehre.366 v. Gierkes christlich-soziales Engagement dürfte daher zumindest auch auf seine Eigentumsdogmatik eingewirkt haben.367 Daß v. Gierke gerade im Rahmen seiner Eigentumslehre auch von den Zielsetzungen des Vereins für Socialpolitik beeinflußt wurde, zeigt ein zweites Beispiel: Neben der Umgestaltung der sozialen Verhältnisse durch Reformen und die Zurückdrängung eines allzu weit reichenden Liberalismus hatte sich der Verein für Socialpolitik die Abwehr der sozialistischen Forderungen nach einer revolutionären Umgestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse zum Ziel gesetzt.368 In diesem Sinne führten einige Mitglieder des Vereins, unter ihnen Schmoller, auch eine Auseinandersetzung mit dem Sozialisten Menger.369 Dieser war in den späten achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts als sozialistischer Kritiker des geltenden Rechts und der bestehenden Gesellschaftsordnung hervorgetreten.370 Menger hatte dabei auch den herrschenden Eigentumsbegriff als Ausdruck des Klassengegensatzes dargestellt371 und als Konsequenz die weitgehende Aufhebung des Privateigentums gefordert.372 In die Auseinandersetzung mit den Thesen Mengers trat nun auch v. Gierke ein373: Während er zunächst die sozialistischen Ideen allgemein ablehnte,374 verurteilte er den herrschenden Eigentumsbegriff, weil dieser eine „Überspannung“ sei, „über welche die Gegner alles Privateigenthums frohlocken mögen.“375 Daß damit vor allem Menger gemeint war, erhellt aus einem Vergleich mit den Ausführungen v. Gierkes in seiner umfassenden Kritik des ersten Entwurfs zum BGB. Dort wies v. Gierke darauf hin, daß gerade die fehlende soziale Ausrichtung des Entwurfes es Menger ermögliche, sich zum „Anwalt der Enterbten“ aufzuschwingen und einseitig den sozialistischen Standpunkt zu vertreten.376 An anderer Stelle bezichtigte v. Gierke Menger der für den Sozialismus typischen VerVgl. Kübler, AcP 159 (1960 / 1961), S. 237 ff., S. 245. s. o. III. 366 Kübler, vgl. Fn. 364. 367 Wichtiger dürfte allerdings der Einfluß Wagners gewesen sein, vgl. unten. 368 Winkel, Umschwung, S. 12. 369 Müller, Menger, S. 41. 370 Vgl. zu Menger Ramm Juristensozialismus, S. 7 ff. und Reich, Juristensozialismus, S. 157 ff., jeweils m. w. N. und umfassend die Monographie von Kästner, Anton Menger(1841 – 1906), Leben und Werk. 371 Vgl. zur Eigentumskritik Mengers Müller, Menger, S. 61 f. und Peter, Wandlungen, S. 56 ff., jeweils m. w. N. 372 Vgl. Kästner, Menger, S. 111 ff. und S. 176 ff. 373 Vgl. dazu Spindler, Betriebsgenossenschaft, S. 90 f 374 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 485 f. 375 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 492. 376 v. Gierke, Entwurf, S. 25. 364 365

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leugnung des Rechtsgedankens.377 Menger wurde darüber hinaus noch mehrfach von v. Gierke zitiert.378 Wenn v. Gierke, ähnlich der Passage in seiner Wiener Rede, feststellte, daß der Eigentumsbegriff des Entwurfes gerade den auf die Abschaffung des Immobiliar-Eigentums gerichteten Tendenzen entgegenkomme,379 so spricht einiges dafür, daß sich dies auch auf die dargestellte Ansicht Mengers bezog, zumal dieser bereits vor v. Gierke die unbeschränkte Eigentümerstellung im Entwurf zum BGB kritisiert hatte.380 Seine Auseinandersetzung mit Menger und die Argumentation sowohl gegen eine zu liberale bzw. freie Gestaltung wie gegen eine Abschaffung des Eigentums unterstreichen v. Gierkes Nähe zu den vom Verein für Socialpolitik verfolgten Zielen. Daß v. Gierkes Teilnahme an den sozialpolitischen Auseinandersetzungen der Zeit gerade im Rahmen des Vereins für Socialpolitik als Teil des gemeinsamen Strebens der Vereinsmitglieder empfunden wurde, unterstreicht nicht zuletzt der Dank seines Freundes Schmoller für eine Rede über Fragen des ländlichen Grundbesitzes vor einer Versammlung im Jahre 1893: „Unsere Referate wären unvollkommen gewesen, wenn wir nicht vom Standpunkte des Rechtshistorikers und Rechtspolitikers zugleich die Dinge behandelt hätten.“381

e) Zum Verhältnis des sozialen Eigentumsbegriffes v. Gierkes zur zeitgenössischen Eigentumskritik Noch ein weiterer Faktor, der eng mit der sozialrechtlichen Dimension der Eigentumsdogmatik v. Gierkes zusammenhängt, dürfte bei der Entwicklung des sozialen Eigentums von Bedeutung gewesen sein. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts setzte eine immer stärker werdende Kritik am angeblich nach der pandektistischen Doktrin unumschränkten Eigentum ein, die vor allem die gesellschaftlichen Bindungen des Eigentums in den Vordergrund stellte. v. Gierke gilt bis heute als einer der wichtigsten Vertreter dieser Bewegung,382 die jedoch schon vor v. Gierkes Kritik am ersten Entwurf zum BGB eingesetzt hatte. Mit seiner Einordnung des Eigentums in den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang und der Betonung der sozialrechtlichen Seite des Eigentums stellte sich v. Gierke auf die Seite prominenter Kritiker des herrschenden Eigentumsbegriffs sowohl aus den Bereichen der Jurisprudenz als auch der Nationalökonomie.383 Vor allem die Nähe v. Gierkes zu den Bestrebungen des Vereins für Socialpolitik und der Einfluß der ihm freundschaftlich verbundenen Mitglieder Schmoller und Wagner dürfte dafür 377 378 379 380 381 382 383

v. Gierke, Entwurf, S. 122, Fn. 2. Vgl. v. Gierke, Entwurf, S. 81, Fn. 1 und S. 104, Fn. 1. v. Gierke, Entwurf, S. 76 und S. 280. Vgl. Kästner, Menger, S. 142. Zitiert nach Janssen, Sozialer Eigentumsbegriff, S. 560, Fn. 19. Sieling-Wendeling, Entwicklung, S. 81. Dazu umfassend Peter, Wandlungen, S. 37 ff.

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verantwortlich gewesen sein, daß der sozialrechtliche Eigentumsbegriff wichtige Elemente der zeitgenössischen Eigentumskritik in sich aufnahm.

aa) Zur Entwicklung eines durch die Belange der Allgemeinheit gebundenen Eigentums Vorläufer der späteren Kritik am zivilrechtlichen Eigentumsbegriff war Hermann Roesler. Dieser hatte in seinem Werk „Das sociale Verwaltungsrecht“ aus dem Jahre 1872384 schon gefordert, die Theorie eines unbeschränkten Eigentums aufzugeben.385 Dies geschah allerdings unter dem Vorzeichen eines sog. „socialen Verwaltungsrechts“, das die Beziehungen der Menschen untereinander regeln und den Erfordernissen einer gemeinschaftlichen, kulturellen Weiterentwicklung dienen sollte.386 Weil dem Eigentum oder dem Besitz aber nach Roesler immer auch eine gesellschaftliche Bedeutung zukam, stand neben dem rein privaten Sachenrecht das „sociale Sachenrecht“.387 Das unumschränkte Eigentum mußte sich nach Roesler auf den Bereich des reinen Privatrechts beschränken; sobald jedoch das „sociale Sachenrecht“ galt, endete die Dispositionsfreiheit des Eigentümers. Das Privateigentum konnte demzufolge weder dem „socialen Sachenrecht“ widersprechen, noch bot es Schutz vor dem entschädigungslosen Zugriff des „socialen Sachenrechts“,388 zumal das Eigentum durch die sozialen Verpflichtungen lediglich ergänzt, aber nicht verletzt wurde.389 Vielmehr gehörten die Verpflichtungen des Eigentümers sogar zum Begriff des Eigentums: „Die starre Eigenthumsidee, welche dem Eigenthümer die ausschließliche rechtliche Herrschaft über seine Sache zuspricht, gehört daher lediglich dem Privatrecht an; im socialen Rechte erscheint das Eigenthum als ein Culturverhältnis, das seine positive Gestaltung der jeweils herrschenden Culturidee entnimmt und in gleicher Weise Berechtigungen wie Verpflichtungen in sich aufnehmen kann.“390 Gegenstand der sozialen Verpflichtungen war nur das Grundeigentum.391 Im Hinblick auf die Begrifflichkeit des Sozialrechts ist mehrfach auf die Parallelen zwischen Roesler und v. Gierke hingewiesen worden, allerdings ebenso auf das völlige Fehlen gegenseitiger Verweise oder sonstiger Belege für eine wechselseitige Beeinflussung.392 Da v. Gierke seine Theorie des Sozialrechts erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt entwik384 Roesler gilt aufgrund dieses Werks als einer der Pioniere des Sozialrechts, vgl. Stolleis, Sozialrecht, Sp. 1732. 385 Roesler, Verwaltungsrecht, § 122, S. 311, Anm. 1. 386 Roesler, Verwaltungsrecht, § 2, S. 2. 387 Roesler, Verwaltungsrecht, §§ 120 ff., S. 305 ff. 388 Roesler, Verwaltungsrecht, § 122, S. 311. 389 Roesler, Verwaltungsrecht, § 184, S. 437. 390 Roesler, Verwaltungsrecht, S. 438. 391 Roesler, Verwaltungsrecht, § 183, S. 436. 392 Schmid, Sozialrecht, S. 70 m. w. N.

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kelte, wäre ohnehin lediglich eine seinerseitige Anknüpfung an die Gedanken Roeslers denkbar gewesen. Die angesprochenen Parallelen zeigen sich insbesondere auch bei der Dogmatik des Eigentums. Beide Autoren sprachen die besondere gesellschaftliche Ausrichtung des Eigentums an, die eine Einschränkung der Eigentümerbefugnisse und die Formulierung eines neuen Eigentumsbegriffs erforderte. In beiden Fällen wurden die Pflichten des Eigentümers in den Begriff des Eigentums aufgenommen, was zu einer Unterscheidung von Boden- und Fahrniseigentum führte. Es bestehen jedoch auch Unterschiede: Während Roesler einen eigenen Begriff des Sachenrecht innerhalb eines selbständigen Rechtsgebietes, dem Sozialrecht, entwarf und das Privateigentum unangetastet ließ, wollte v. Gierke die öffentlich-rechtlichen Pflichten mit in den privatrechtlichen Begriff des Eigentums aufnehmen. Die Konstruktion ist also bei überraschend übereinstimmender Terminologie eine andere. Wie schon in Bezug auf die Entwicklung eines Sozialrechts muß auch bei der Eigentumsdogmatik die Frage nach einer Anknüpfung v. Gierkes an die Gedanken Roeslers reine Spekulation bleiben. Denkbar wäre ohnehin lediglich eine indirekte Verbindung v. Gierkes zu Roesler: Der mit v. Gierke befreundete Wagner zitierte bei der Darstellung des Privateigentums Roesler ausführlich.393 Es wäre daher denkbar, daß durch Vermittlung Wagners v. Gierke mit dem Ansatz Roeslers bekannt gemacht worden wäre. Beweisen läßt sich dies nicht. Ebenso gut wäre die auffallende Übereinstimmung durch die Tatsache zu erklären, daß die Betonung der Gemeinschaftsgebundenheit des Eigentums Ausdruck der sozialen Tendenzen der Zeit war.394 Letzteres würde nicht zuletzt in der folgenden Darstellung der Kritik am herrschenden zivilrechtlichen Eigentumsbegriff eine Stütze finden. Erster395 und zugleich seinerzeit bekanntester Vertreter einer gesellschaftsorientierten, zivilrechtlichen Eigentumsdogmatik war Rudolph v. Jhering. In seinem Werk „Der Zweck im Recht“, das später auch von v. Gierke zur Frage des geltenden Eigentumsbegriffs zitiert wurde,396 widersprach v. Jhering einem unumschränkten Eigentum.397 Die Idee des Eigentums könne nichts mit sich bringen, was mit der Idee der Gesellschaft in Widerspruch stünde.398 Das Eigentum sei durch das Interesse der Gesellschaft gebunden und das Fortschreiten der Verwirklichung dieser Bindung werde zu einem neuen Eigentumsbegriff führen.399 Schon Wagner, Grundlegung, § 126, S. 263. So Holstein, Lehre, § 7, S. 85. 395 Holstein, Lehre, S. 85. 396 v. Gierke, DPR II, § 120, S. 349, Fn. 2. 397 v. Jhering hatte bereits mehr als zehn Jahre vor der Veröffentlichung des Werks über den Zweck im Recht in der zweiten Auflage des „Geist des römischen Rechts“ von 1866 erklärt, daß es „kein absolutes, d. h. der Rücksicht auf die Gemeinschaft entbundenes Eigenthum“ geben könne“, Geist I, S. S. 7; vgl. dazu Wilhelm, Private Freiheit, S. 30 f. 398 v. Jhering, Zweck I, S. 523. Stintzing / Landsberg, Geschichte III 2, S. 731, weist darauf hin, daß v. Jhering seinerseits durch den Sozialisten Lassalle dazu angeregt wurde, die soziale Seite des Eigentums zu betonen. Vgl. zu Lassalle Peter, Wandlungen, S. 42 ff. 393 394

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v. Jhering hatte damit viel von dem späteren sozialen Eigentumsbegriff v. Gierkes vorweggenommen und vor allem die besondere sozialrechtliche Bedeutung des Eigentums angesprochen, ohne allerdings eine wirklich neue Theorie des Eigentums zu begründen oder gar die bestehenden Eigentumsverhältnisse grundlegend zu verurteilen.400 In der Rechtswissenschaft vermochte sich die Ansicht v. Jherings zunächst kaum durchzusetzen.401 Mehr Anklang fand sie unter Nationalökonomen402, zumal im Bereich der Nationalökonomie die Notwendigkeit einer Betonung der sozialen Dimension des Eigentums stärker diskutiert wurde als in der Rechtswissenschaft.403 Bereits 1878, und damit mehr als zehn Jahre vor v. Gierkes Wiener Vortrag, erschien Adolph Samters404 kleine Abhandlung über den Eigentumsbegriff, in der er feststellte, daß es kein absolutes Privateigentum geben könne und neben dem Privateigentum ein gesellschaftliches Eigentum geschaffen werden müsse.405 Ein Jahr später veröffentlichte Samter die Monographie „Das Eigenthum in seiner sozialen Bedeutung“, die später auch von v. Gierke zitiert wurde.406 Unter Beibehaltung der Ausschließlichkeit als einem Moment des Eigentums407 sollte die im Sinne des Gesellschaftslebens notwendige Beschränkung des Eigentums zu dessen zweitem Moment werden, d. h. begrifflich auf einer Stufe mit der Sachherrschaft des Eigentümers stehen. Dies begründete er – auch unter Berufung auf v. Jhering – mit der gesellschaftlichen Seite des Eigentums408. Das Eigentum war danach nur noch die vom Staat zugeteilte Herrschaft über Sachen.409 Zusätzlich forderte Samter eine Ausgestaltung des Eigentums je nach der Natur des betreffenden Gegenstandes410 und trat an anderer Stelle sogar für eine ausnahmslose Vergesellschafv. Jhering, Zweck I, S. 532. Vgl. dazu Wilhelm, Private Freiheit, S. 31 f. 401 Lediglich Hartmann, JhJb 17 (1879), S. 123 ff., S. 125 und S. 131 folgte zunächst v. Jhering. Erst Randa, Eigenthumsrecht, § 1, S. 4 ff. und vor allem Dernburg, Pandekten I, § 192, S. 451, Fn. 7 wandten sich als namhafte Juristen gegen den angeblich unumschränkten Eigentumsbegriff und wiesen auf die Gebundenheit des Eigentums durch die Interessen der Allgemeinheit hin, wobei sie sich ausdrücklich auf v. Jhering stützten. Gleichzeitig erhoben sowohl Dernburg als auch Randa Einwände gegen v. Jherings Sichtweise: Während sich Dernburg den von v. Jhering und den Sozialisten gezogenen Folgerungen nicht anschließen wollte, wies Randa, zu recht darauf hin, daß das Eigentum nur begrifflich unbeschränkt sei, dies aber nichts über die realen Machtbefugnisse des Eigentümers sage. 402 So schon Randa vgl. vorige Fn., S. 5, Fn. 7 m. w. N. 403 Vgl. zu Wirkung der gesellschaftlichen Betrachtung des Eigentums in der Nationalökonomie und zu den Wechselwirkungen von Nationalökonomie und Rechtswissenschaft bei der Kritik der herrschenden Eigentumslehre Wilhelm, Private Freiheit, S. 27 ff. 404 Vgl. zu Samter DBE, Band 8, S. 509. 405 Samter, Eigenthumsbegriff, S. 3. 406 v. Gierke, DPR II, § 120, S. 348, Fn. 1. 407 Samter, Eigenthum, S. 24 f. 408 Samter, Eigenthum, S. 26 f. . 409 Samter, Eigenthum, S. 37. 399 400

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tung des Grundeigentums ein.411 Als letzter Vertreter412 der von seiten der Nationalökonomie vorgetragenen Kritik sei schließlich noch der mit v. Gierke befreundete Schmoller genannt. Dieser hatte schon 1875 darauf hingewiesen, daß im gesamtgesellschaftlichen Interesse das Eigentum stärker beschränkt werden müsse und die Unantastbarkeit des Eigentums als Irrtum einer einseitigen romanistischen Rechtswissenschaft anzusehen sei.413 Als Ergebnis der obigen Darstellung läßt sich daher zumindest festhalten, daß v. Gierke, als er seinen sozialen Eigentumsbegriff formulierte, kein Neuland betrat: Zu dieser Zeit hatte sich die Aufnahme gesellschaftlicher Belange in die Dogmatik des Eigentums schon so weit entwickelt, daß von einem neuen Eigentumsbegriff gesprochen werden konnte.414

bb) Zum Einfluß der nationalökonomischen Eigentumslehre Adolph Wagners auf v. Gierkes sozialen Eigentumsbegriff Die weitreichendste und ausführlichste Kritik415 erfuhr der im Zivilrecht herrschende abstrakte Eigentumsbegriff von seiten des Nationalökonomen Wagner, einem der angesehensten Nationalökonomen seiner Zeit.416 Dieser hatte sich schon früh mit den von sozialistischer417 Seite erhobenen Forderungen nach einer Vergesellschaftung des Eigentums auseinandergesetzt418 und stand ohnehin der Eigentumskritik aus dem Bereich der Arbeiterbewegung aufgeschlossen gegenüber.419 In einer Rede über die soziale Frage hatte Wagner schon 1871 den herrschenden Eigentumsbegriff als „zu absolut“ bezeichnet.420 Später421 entwickelte er Samter, Eigenthum, S. 30 f. Samter, Privateigenthum, S. 85 ff. 412 Weitere Nachweise aus der nationalökonomischen Literatur bei Wagner, Grundlegung, § 126, S. 262 f. 413 Schmoller, Grundfragen, S. 49 ff. 414 Schwab, Eigentum, S. 107. 415 Wilhelm, Private Freiheit, S. 28. 416 Dazu ausführlich Peter, Wandlungen, S. 46 ff. 417 Zur sozialistischen Eigentumstheorie vgl. Schwab, Eigentum, S. 109 ff. 418 Bspw. Wagner, Abschaffung, S. 1 ff.,. in der er sich mit der auf dem vierten Kongreß des Internationalen Arbeiterbundes 1869 erhobenen Forderung nach Abschaffung des Privateigentums an Grund und Boden beschäftigte; zu Wagners Abhandlung ausführlich Altrichter, Wandlungen, S. 24 f. 419 Vgl. Wagner, Grundlegung, § 5, S. 13 f.: Dort billigte er ausdrücklich Lassalles Ablehnung einer individualistischen Privatrechtsordnung zugunsten einer Stärkung des gesellschaftlichen Charakters des Privatrechts. Zwar lehnte er gleichzeitig die marxistische Forderung nach einer völligen Abschaffung des Grundeigentums ab; nichtsdestoweniger hielt er auch eine genaue wissenschaftliche Überprüfung der sozialistischen Thesen für unerläßlich. 420 Wagner, Grundlegung, § 126, S. 264. 410 411

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seine Eigentumskritik in systematischer Form und fand damit gerade unter Juristen große Zustimmung.422 Wagner bezweckte mit seiner Kritik der herrschenden Eigentumsdogmatik „die Aufstellung einer nationalökonomisch und socialrechtlich haltbaren Eigentumslehre statt der bloss individualistischen, rein privatrechtlichen Eigentumslehre der heutigen Jurisprudenz.“423 An die Stelle der ausschließlich auf formaler Logik beruhenden Privatrechtsdogmatik und ihrer Ablehnung jeder Änderung der Eigentumsverfassung als unlogisch sollte eine sozialökonomische Betrachtungsweise treten, die eine gesetzliche Regelung des Eigentums danach beurteilt, ob sie volkswirtschaftlich und sozialpolitisch haltbar sei.424 Die von den sozialpolitischen Gegebenheiten abstrahierende und rein logisch vorgehende Dogmatik sowie der daraus abgeleitete Eigentumsbegriff romanistischer Prägung425 wurden von Wagner verworfen, da sie nicht nur infolge der einheitlichen Behandlung aller Gegenstände des Eigentums theoretisch verfehlt seien,426 sondern auch „einen oft nur zu verhängnisvollen Einfluss“ ausübten, „weil sich nach ihnen die Forderungen der Eigenthümer oder des Publicums hinsichtlich des Inhalts des Eigenthumsrechts richten. Jeder Gedanke an eine Beschränkung der Eigenthumsbenutzung oder vollends an die Auferlegung von Verpflichtungen, . . . wird in unserem Publicum eben deshalb sofort abgewiesen, ja als widerrechtlich . . . betrachtet, weil die Leute eben nur ein absolutes Recht vor Augen haben.“427 Schließlich sei auch die dem Eigentümer nach dem herrschenden Eigentumsbegriff zustehende Verfügungsfreiheit mißbraucht worden. Insbesondere der kleine und mittlere ländliche Grundbesitz werde dadurch – im Zusammenhang mit dem römisch-rechtlichen Prinzip der Kapitalverschuldung und unter Aufgabe der deutsch-rechtlichen Rentenverschuldung – in seinem Bestand gefährdet, ebenso wie durch die Abschaffung der Erbpacht.428 Sozialpolitisch sei diese Form des Grundeigentums jedoch unverzichtbar, weil es die Grundlage eines „tüchtigen Kernstamm(es) conservativer unabhängiger Bevölkerung schafft, die beste Basis für einen gesunden kräftigen, Staat (Ergänzung durch den Verfasser).“429 Dem herrschenden Eigentumsbegriff und seinen negativen Begleiterscheinungen setzte Wagner sein Verständnis des Eigentums als „sozialrechtliches“ Institut 421 Die erste Auflage der „Grundlegung der politischen Ökonomie“ erschien 1876; vorliegend wird aus der 3. Auflage aus den Jahren 1893 und 1894 zitiert. 422 Vgl. bspw. Jhering, Zweck I, S. 523. Eine weitergehende Darstellung der Reaktion auf die Gedanken Wagners gibt Wilhelm, Private Freiheit, S. 32 ff. 423 Wagner, Grundlegung, § 90, S. 181; ausführlich § 96, S. 199 f. 424 Wagner, Grundlegung, § 91, S. 185 f. 425 Vgl. Wagners Zusammenfassung der herrschenden Eigentumsdogmatik, Grundlegung, § 126, S. 265 f. 426 Wagner, Grundlegung, § 100, S. 208. 427 Wagner, Grundlegung, § 127, S. 268. 428 Wagner, Grundlegung, § 170, S. 386 ff. 429 Wagner, Grundlegung, § 179, S. 413.

18 Lehmann

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

unter Einbeziehung öffentlich-rechtlicher Aspekte entgegen,430 wobei er sich unter anderem auf v. Jhering, Samter und Roesler berief.431 Eigentum sei nur auf die rechtsbildende Kraft des Gemeinschaftlebens im Dienst bestimmter Gemeinschaftszwecke zurückzuführen.432 Das Eigentum sei danach begrifflich die „höchste vom Recht zugelassene Herrschaft einer Person über äussere Güter“, die sich nicht nur auf körperliche Sachen, sondern auch auf Forderungen erstrecke und daher auch ein geistiges Eigentum umfasse.433 Der sozialrechtliche Begriff des Eigentums soll schließlich die dem Eigentümer auferlegten Beschränkungen und Verpflichtungen enthalten.434 Soweit vor diesem Hintergrund das private Immobiliareigentum nicht im Zuge einer gerechteren Verteilung des Wohlstands und der Steigerung der Produktion abgeschafft werden müsse,435 bleibe „der nationale Boden auch unter der Herrschaft des Privateigentums . . . nationales Gemeingut“, dessen endgültige Zweckbestimmung der Gemeinschaft vorbehalten sei.436 Jedes Privateigentum trage deshalb „socialen Amtscharakter“.437 Vergleicht man die Ausführungen v. Gierkes zum sozialen Eigentum438 mit denen Wagners, so sind diese nicht nur in den Grundzügen, sondern auch in den Einzelheiten fast deckungsgleich. v. Gierke wandte sich ebenfalls gegen den absoluten Begriff des Eigentums und plädierte für die Aufnahme insbesondere der öffentlich-rechtlichen Pflichtigkeit des Eigentums in dessen Begriff, zumal die Interessen der Gesellschaft jedes Eigentum von vornherein einschränkten. In diesem Zusammenhang wies er ebenfalls auf die von einer zu weitreichenden Definition des Eigentums ausgehenden Gefahren, vor allem die Fiktion der Schrankenlosigkeit und Unantastbarkeit des Eigentums, hin. Weiterhin sah auch v. Gierke die für den ländlichen Grundbesitz nachteiligen Folgen der freien Verfügung und Verschuldung und favorisierte wie Wagner die Verschuldungsform der dinglichen Rente und die Einführung der Erbpacht zur Bewahrung der sozialen Funktion des ländlichen Grundbesitzes. Das Grundeigentum blieb auch für v. Gierke Gemeingut, dessen Nutzen dem Einzelnen auch zur Förderung des Gemeinwohls anvertraut war. Bereits diese auffällige, praktisch vollständige Übereinstimmung legt es nahe, daß v. Gierke sich in seiner Wiener Rede an Wagners Theorie des sozialrechtlichen Eigentums, die dieser schon wesentlich früher439 entwickelt hatte, orientierte. Ins430 431 432 433 434 435 436 437 438 439

Wagner, Grundlegung, § 126, S. 265 ff., § 127, S. 269 und passim. Vgl. Wagner, Grundlegung, § 126, S. 263. Wagner, Grundlegung, § 100, S. 209. Wagner, Grundlegung, § 129, S. 271 ff. Wagner, Grundlegung, § 126, S. 266. Vgl. Wagners ausführliche Prüfung dieser Frage in §§ 188 ff., S. 429 ff. Wagner, Grundlegung, § 195, S. 445. Wagner, Grundlegung, § 203, S. 468. Vgl. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 489 ff. s. o. Fn. 421.

C. Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes in der Germanistik

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besondere hatte Wagner die Theorie eines sozialen Rechtes schon vor v. Gierke entwickelt.440 Daß v. Gierke mit den Ansichten Wagners vertraut war, erklärt sich aus der langjährigen Zusammenarbeit im Verein für Socialpolitik, die sich in gemeinsamer Teilnahme an der evangelisch-sozialen Bewegung fortsetzte.441 Über den zeitlichen Ablauf hinaus sprechen noch weitere Umstände dafür, daß Wagners Thesen v. Gierke zur Entwicklung des sozialen und zugleich deutschen Eigentums bewegten und keine Beeinflussung in umgekehrter Richtung vorlag: Es wäre mit einer von v. Gierke ausgehenden Einflußnahme nur schwer vereinbar, daß er seinerseits vereinzelt aus dem Bereich der Nationalökonomie stammende Überlegungen – etwa die Steigerung des nationalen Reichtums oder die tatsächlichen Auswirkungen der Verschuldung ländlichen Grundbesitzes442 – in seine Herleitung des sozialen Eigentums aufnimmt, während dies für Wagner geradezu den Ausgangspunkt der Eigentumskritik darstellte. Viel wahrscheinlicher ist es, daß v. Gierke mit dem Konzept eines sozialrechtlichen Eigentums auch einzelne Aspekte der nationalökonomischen Sichtweise übernahm. Schließlich existiert noch ein weiterer Hinweis für eine Anknüpfung v. Gierkes an Wagner. Wenn v. Gierke feststellte, daß das Eigentum eine historische, keine logische Kategorie sei,443 so findet sich auch diese Erwägung schon sehr viel früher in einer Abhandlung Wagners.444 Der Gedanke selbst stammt aus Ferdinand Lassalles Werk „Das System der erworbenen Rechte“ aus dem Jahre 1861 und ist eine Konsequenz der Tatsache, daß schon damals ein römischer und ein germanischer Eigentumsbegriff postuliert wurden.445 Nicht allein die Ähnlichkeit der sprachlichen Fassung, sondern auch der Umstand, daß v. Gierke Lassalle nicht, hingegen Wagner zitierte,446 lassen darauf schließen, daß v. Gierke von Lassalles Aussage nur durch Vermittlung Wagners Kenntnis erhalten haben kann. Im Hinblick auf die germanistische Herkunft der Eigentumsdogmatik v. Gierkes ist noch einmal folgendes klarzustellen: Es soll hier keinesfalls behauptet werden, daß Wagners Einfluß der einzige Beweggrund für die Entwicklung eines deutschen s. o. bei bb). Vgl. Spindler, Betriebsgenossenschaft, S. 94. 442 Der Verein für Socialpolitik war das wichtigste Forum für Diskussionen über die Fragen von Bodenspekulation und Bodenwucher, vgl. Dreier, Raumordnung, S. 38. 443 v. Gierke, DPR II, § 120, S. 348, Fn. 2. 444 Wagner, Abschaffung, S. 33: „In Lassallescher Terminologie: das private Grundeigenthum ist keine logisch absolut notwendige, sondern nur eine historische Kategorie.“ Ähnlich später auch Grundlegung, § 5, S. 13. 445 Lassalle, System, S. 39: „. . . , daß mit den abstrakt-allgemeinen Kategorien von Eigentum . . . nichts getan ist, daß der römische Eigentumsbegriff ein anderer ist als der germanische Eigentumsbegriff, . . . , d. h. daß die Rechtsphilosphie, als in das Reich des historischen Geistes gehörend, es nicht mit logisch-ewigen Kategorien zu tun hat, sondern daß die Rechtsinstitute nur die Realisationen historischer Geistesbegriffe, nur der Ausdruck des geistigen Inhaltes der verschiedenen historischen Volksgeister und Zeitperioden, und daher nur als solche zu begreifen sind.“ Vgl. dazu Altrichter, Wandlungen, S. 18 f. 446 v. Gierke, DPR II, § 120 S. 348, Fn. 1. 440 441

18*

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

und sozialen Eigentumsbegriffs durch v. Gierke war. Wie bereits dargestellt,447 konnte v. Gierke in vielfacher Hinsicht auf Ansätze zurückgreifen, die in der germanistischen Rechtswissenschaft vorhanden waren. Dazu gehörte die Frontstellung gegenüber der romanistischen Privatrechtsdogmatik ebenso wie die Behauptung, es habe ein genuin deutsches oder germanisches Sachenrecht existiert, daß von dem in dieser Hinsicht grundverschiedenen römischen Recht weitgehend, aber nicht restlos verdrängt worden sei. Es sei auch daran erinnert, daß vor Schmidt schon andere Autoren die stärkere Beschränkbarkeit des deutsch-rechtlichen Grundeigentums angesprochen hatten. Entscheidend ist aber, daß die umfassende Ausarbeitung des sozialen Charakters des Eigentums vor v. Gierke durch Wagner und einige andere Autoren bereits stattgefunden hatte und das v. Gierke die soziale Bedeutung des Eigentums erst ausgehend von Wagners Ansichten dem deutschen Eigentumsbegriff hinzufügte und sich damit in die zeitgenössische Kritik an einem angeblich zu individualistischen Eigentumsbegriff einreihte. Gerade in dieser Verbindung von deutsch-rechtlicher Anschauung mit den sozialen Belangen der Zeit zu einem einheitlichen Eigentumsbegriff liegt v. Gierkes eigenständiger und zugleich wirkungsmächtiger Beitrag zu jeder weiteren Diskussion um den Eigentumsbegriff.

f) Geteiltes Eigentum als soziales Eigentum v. Gierkes sozialpolitisches Engagement und seine Eigentumstheorie berührten sich noch in einem weiteren Punkt: Eines der Anliegen des Vereins für Socialpolitik bestand, wie schon gesagt, in der Korrektur der durch Bodenspekulation und Bodenwucher in ländlichen Gebieten, später auch der sozialen Folgen der städtischen Bodenpolitik.448 Insbesondere der für v. Gierke im Hinblick auf die sozialrechtliche Eigentumstheorie vorbildliche Wagner zählte zum Kreis der Bodenreformbewegung.449 Im Kreise des Vereins für Socialpolitik hatte sich auch v. Gierke zu diesem Thema geäußert.450 Diese Gedanken führten v. Gierke im weiteren mit Adolf Damaschke,451 dem Begründer der Bewegung für Bodenreform, zusammen.452 Neben anderen Forderungen, etwa der Besteuerung des unverdienten Wertzuwachses von Grund und Boden, gehörten auch die Reform des Erbbaurechts und die Einrichtung sog. Heimstätten, d. h. von Wohn- und Arbeitsraum für breite Schichten der Bevölkerung, zu Damaschkes Reformprogramm.453 s. o. bei III. Dreier, Raumordnung, S. 38 ff. 449 Altrichter, Wandlungen, S. 23. 450 Zu v. Gierkes Rede über „Die Bodenbesitzverteilung und die Sicherung des Kleingrundbesitzes“ Janssen, Sozialer Eigentumsbegriff, S. 560 ff. 451 Vgl. zu Damaschke, DBE, Band 2, S. 436. 452 Wolf, Rechtsdenker, S. 704. 453 Vgl. Dreier, vgl. Fn. 448. 447 448

C. Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes in der Germanistik

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Diese Bestrebungen fanden ihren Niederschlag in der Eigentumsdogmatik v. Gierkes. So forderte er die Sicherung einer Heimstätte für den Schuldner auch gegenüber der Zwangsvollstreckung und die Erhaltung bzw. Wiederbelebung des gebundenen Bodeneigentums.454 Das betraf in besonderem Maße das geteilte Eigentum,455 das v. Gierke in seiner Wiener Rede vehement verteidigte: „Wohl hat das geteilte Eigenthum, das seine welthistorische Mission darum nicht schlechter erfüllt hat, weil man es nachträglich für „logisch unmöglich“ erklärt, in seine alten Formen sich ausgelebt. Allein verwandte Gebilde können wir auch fernerhin nicht entbehren, so oft wir neue Schichten des Volkes zu eignem Besitz an Grund und Boden emporheben und zur Seßhaftigkeit erziehen, innere Kolonisation mit dauerndem Erfolg treiben, den Arbeiterstand ansiedeln wollen.“ Zu diesem Zweck sollten die Erbpacht oder das Erbzinsgut wiederbelebt werden.456 Auch nach Inkrafttreten des BGB und der damit verbundenen endgültigen Ablehnung eines geteilten Eigentums gab v. Gierke seine Vorstellung, daß für die „innere Kolonisation“ die Eigentumsteilung notwendig sei, nicht auf.457 Für ihn blieb die Rechtsfigur des geteilten Eigentums als Bestandteil eines sozialen Bodenrechts unverzichtbar.458 Es dürfte vor diesem Hintergrund kein Zufall sein, daß in Kreisen der Bodenreformer das geteilte Eigentum immer wieder angesprochen wurde.459 Die Vorstellung, daß gerade dem geteilten Eigentum eine besondere soziale Qualität zukommen soll, hat sich im übrigen bis heute erhalten. So sieht beispielsweise das Lehrbuch von Mitteis / Lieberich460 die Beseitigung des geteilten Eigentums durch das BGB als nicht endgültig an, denn es „wird vielleicht eine soziale Gesetzgebung, der es auf die Stärkung des Eigentümergefühls ankommt, wieder darauf zurückgreifen.“461 Angesichts des zeitlichen Abstands von etwa einem Jahrhundert ist die beinahe wörtliche Übereinstimmung mit den Ausführungen v. Gierkes erstaunlich. v. Gierkes Verwendung des geteilten Eigentums illustriert ein weiteres Mal, daß sich in seinem Werk, insbesondere in der kritischen Begleitung der Entstehung des BGB, germanistische Ansätze und das Bestreben nach Lösung der sozialen Probleme seiner Zeit, vor allem in Form des Engagements im Verein für Socialpolitik, verbanden. Auf der einen Seite stand die schon in der früheren Germanistik verbreitete Ablehnung der sog. Bauernbefreiung.462 So vermutete noch Phillips, daß v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 495. Ausführlich zu v. Gierkes Behandlung des geteilten Eigentums Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 69 ff. 456 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 497; ähnlich Entwurf S. 97. 457 v. Gierke, DPR II, § 121, S. 373. 458 Vgl. Wolf, Rechtsdenker, S. 703 f. 459 Dreier, Raumordnung, S. 161; Fröhler / Oberndorfer, Bodenordnung, S. 14. 460 Schlosser, Wissenschaftliches Prinzip, S. 511 sieht im Werk von Mitteis den Abschluß der auf v. Gierke zurückgehenden Tradition der Germanistik. 461 Mitteis / Lieberich, Privatrecht, S. 88. 462 Vgl. Krause, JuS 1970, S. 313 ff., S. 314 m. w. N. 454 455

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

sich die Bauern nach dem Zustand der Leibeigenschaft, trotz der damit verbundenen Lasten, zurücksehnen würden.463 v. Gierke erkannte zwar an, daß der römische Eigentumsbegriff bei der Anpassung der vom Mittelalter überkommenen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse – und damit eben auch bei der Abschaffung von Lehnswesen und Grundherrlichkeit – eine wichtige Rolle gespielt habe.464 Im Grunde aber zeigen seine Ausführungen zur Bedeutung des geteilten Eigentums und die Forderung nach dem Erhalt dieses Rechtsinstituts, daß er die Bodenbefreiung lediglich zur Kenntnis nahm, ohne sie gut zu heißen.465 Dies konnte letztlich auch nicht anders sein, da v. Gierke das geteilte Eigentum für eine typische Hervorbringung des deutschen Rechtsgeistes hielt, der sich auf diesem Gebiet erfolgreich dem Eindringen des römischen Rechts widersetzt hatte.466 Gleichzeitig konnte v. Gierke auf die ihm durch sein sozialpolitisches Engagement vor Augen stehenden negativen Folgen der Freiheit des Grundeigentums hinweisen und so die ansonsten allzu rückwärtsgewandte neuerliche Betonung der Eigentumsbindung als Beschränkung der Freiheit des Eigentümers auch in den Formen des geteilten Eigentum als modern anmutendes Postulat erscheinen lassen.467 Die Diskussion um den ersten Entwurf zum BGB bot v. Gierke dementsprechend Anlaß, das soziale Element in den Instituten des germanischen und deutschen Rechts zu suchen und die Bewahrung germanischer Rechtsgedanken zu fordern, weil diese angeblich sozial seien.468 Wie auch an anderen Stellen des privatrechtlichen Werks v. Gierkes wird die Soziale Frage zum „Auslöser“ für sein Eingreifen in die aktuelle Diskussion.469 In dieser besonderen Verbindung von germanistischen Ansätzen und deren sozialer Bedeutung zeigt sich letztlich wieder, daß v. Gierke deutsches Recht forderte, weil es für ihn soziales Recht war.470 Es gilt danach auch auf dem Gebiet der Eigentumslehre die Bewertung, daß v. Gierke in seinem Werk moderne Ansätze mit einer „vergänglichen Hülle eines germanischen Rechtsgeistes“ bekleidete.471 Phillips, Grundsätze II, § 251, S. 405 f. v. Gierke, DPR II, § 120, S. 361. 465 Vgl. dazu und zu dem damit in Widerspruch stehenden liberalen Grundrechtsverständnis v. Gierkes Janssen, Sozialer Eigentumsbegriff, S. 571 ff. Daß v. Gierke die Ablösung der auf den bäuerlichen Gütern ruhenden Lasten zumindest akzeptierte und an keiner Stelle ausdrücklich ablehnte, dürfte zum einen auf die Tatsache zurückzuführen sein, daß die Bodenbefreiung zu seiner Zeit im wesentlichen abgeschlossen war, v. Gierke, DPR II, § 121, S. 372. Zum anderen ist es nicht unwahrscheinlich, daß sich insoweit der Einfluß von v. Gierkes Lehrer Beseler bemerkbar machte, der die Bodenbefreiung schon früh begrüßt hatte, vgl. Busz, Historische Schule, S. 117 ff. m. w. N. 466 Vgl. v. Gierke, DPR II, § 120, S. 370 ff. 467 Vgl. die parallele Diskussion um die Wiedereinführung des geteilten Eigentums anläßlich der Vorschläge von Hans-Jochen Vogel, s. u. 468 Schlosser, Wissenschaftliches Prinzip, S. 508, spricht vom Versuch, den Weg der bloß antiquarisierenden deutschen Rechtsgeschichte in die Bedeutungslosigkeit zu vermeiden und die Rechtspolitik weiterhin zu beeinflussen. 469 Mundt, Sozialpolitische Wertungen, S. 130. 470 Janssen, Methode, S. 67, Fn. 233. 471 Dilcher, Genossenschaftstheorie, S. 365. 463 464

D. Zusammenfassung

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D. Zusammenfassung Die Darstellung von Herkunft und Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffs bis hin zu v. Gierke hat zu den folgenden Ergebnissen geführt: 1. Seine endgültige und für die Folgezeit maßgebliche Form hat der deutsche Eigentumsbegriff als Verbindung germanistischer Vorstellungen und sozialreformerischer Ideen durch Otto v. Gierke erhalten. 2. Der deutsche Eigentumsbegriff war – anders als der abstrakte Eigentumsbegriff – nicht das Resultat einer langen Entwicklung in Rechtswissenschaft und Gesetzgebung, sondern ein Produkt der germanistischen Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts. Während zu Beginn des Jahrhunderts ein genuin deutsches Eigentum noch unbekannt war und auch die ersten Protagonisten des germanistischen Zweigs der historischen Schule davon ausgingen, daß der Eigentumsbegriff derjenige des römischen Rechts gewesen sei, entwickelte sich im Zusammenhang mit der Spaltung der historischen Schule die Vorstellung, das deutsche oder germanische Recht habe einen eigenen Begriff des Eigentums hervorgebracht. Grundlage des deutschen Eigentums war zum einen die Rechtsfigur der Gewere, zum anderen die in der germanistischen Theorie eng damit verbundene Existenz weitgehender Leiherechte bzw. eines geteilten Eigentums, die mit dem romanistischen Eigentumsbegriff nicht vereinbar waren. 3. Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffs beschränkte sich zunächst im wesentlichen auf rechtstechnische Besonderheiten wie die fehlende Ausschließlichkeit des Eigentums oder den fließenden Übergang zu den dinglichen Rechten. 4. Aus der Frontstellung von germanischem bzw. deutschem Recht einerseits und römischem Recht andererseits entstand im weiteren auch die Vorstellung, daß es zwei unterschiedliche Rechtskulturen mit prägenden Eigenschaften gegeben habe: Während dem römischen Recht eine eher individualistische Tendenz zugeschrieben wurde, soll das deutsche Recht sich durch die Gemeinschaftsbindung jeglicher Berechtigung ausgezeichnet haben. 5. Otto v. Gierkes Eigentumsbegriff nahm diese Tendenzen, die Abwehrstellung des deutschen Rechts gegenüber einer angeblich individualistischen romanistischen Privatrechtswissenschaft und die rechtstechnischen Besonderheiten auf und machte diese zur Grundlage seines deutschen Eigentumsbegriffs. 6. Ausgehend von seinem sozialpolitischen Engagement im Verein für Socialpolitik und in enger Anlehnung an die Ansichten etwa Adolph Wagners entwickelte v. Gierke eine die Grenze von privatem und öffentlichen Recht überschreitende Betrachtungsweise des Sozialrechts, die zugleich die sozialen Probleme seiner Zeit und das Bestreben, diese durch eine Betonung überindividueller Gemeinschaften zu lösen. Im Zuge der Kritik am ersten Entwurf zum BGB verlieh v. Gierke seinem Streben nach sozialem Recht und der Durchführung seiner Theorie des Sozialrechts Ausdruck und beschrieb zugleich einen Eigentumsbegriff, bei dem an

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

die Stelle der unumschränkten Sachherrschaft des Eigentümers als kennzeichnendem Merkmal die umfassende Sozialbindung des Eigentums trat. Damit griff v. Gierke zugleich eine immer stärker werdende Kritik am zivilrechtlichen Eigentumsbegriff auf, die dessen fehlende Ausrichtung auf die Belange der Allgemeinheit betraf. Diese Kritik dürfte v. Gierke vor allem durch seine Bekanntschaft mit Wagner, einem Protagonisten dieser kritischen Strömung, vermittelt worden sein. Durch Verbindung von dessen sozialrechtlicher Eigentumslehre mit den germanistischen Ansätzen entstand schließlich die Lehre von einem deutschen und zugleich sozialen Eigentum. Gerade in der Verbindung der unterschiedlichen Elemente liegt v. Gierkes Beitrag zur Diskussion um den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff.

E. Die weiteren Wirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes Die Kritik v. Gierkes an den Vorarbeiten zum BGB hatte – ungeachtet der Tatsache, daß sie großes Aufsehen erregte472 – auf den Fortgang der Gesetzgebungsarbeiten und die endgültige Regelung im BGB nur geringen Einfluß. Zwar wurde in Folge der auch von v. Gierke vorgetragenen Angriffe473 die Formulierung des § 848 des Entwurfs dahingehend geändert, daß der Eigentümer nicht mehr nach Willkür, sondern – wie es auch der spätere § 903 BGB vorsah – nach Belieben mit der ihm gehörenden Sache verfahren dürfe. Dies geschah allerdings ohne eine sachliche Anerkennung der Kritik an der früheren Formulierung; es sollte lediglich den in der Kritik am § 848 des Entwurfs zu Tage getretenen Mißverständnissen vorgebeugt werden.474 Noch in einem weiteren Punkt wurde die Kritik v. Gierkes aufgenommen: Der § 849 des Entwurfs, in dem die Erstreckung des Grundeigentums zunächst unbeschränkt vom Erdmittelpunkt bis zum Raum über dem Grundstück geregelt worden war, wurde durch die Bestimmung ergänzt, daß der Eigentümer solche Einwirkungen nicht verbieten könne, die sein Interesse nicht berührten.475 Gegenstand der Beratungen waren dabei ausdrücklich die Erfordernisse der modernen Industriegesellschaft, nämlich das Bestehen von Überlandleitungen für Elektrizität oder der Tunnelbau; genau mit diesen Beispielen hatte auch v. Gierke die negativen Auswirkungen des § 849 des Entwurfs illustriert.476 Letztlich handelte es sich bei diesen Änderungen aber nicht um bedeutende Konzessionen an 472 Vgl. zu den Reaktionen auf v. Gierkes Äußerungen Reichs-Justizamt, Zusammenstellung, S. 121 f. 473 v. Gierke, Entwurf, S. 103. 474 Protokolle, abgedruckt bei Mugdan III, S. 578. 475 Protokolle, vgl. vorige Fn., S. 579; Denkschrift, abgedruckt bei Mugdan III, S. 972. 476 v. Gierke, Soziale Frage, S. 493 f.

E. Die weiteren Wirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes

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einen deutschen Begriff des Eigentums, wie v. Gierke dies in Anspruch nimmt,477 sondern um lediglich kosmetische Korrekturen, die den Eigentumsbegriff, der dem Sachenrecht während der gesamten Gesetzgebungsarbeiten zugrunde lag, schon nach Meinung der Redaktoren478, aber auch anderer Zeitgenossen479 v. Gierkes nicht tangierten. Gleiches gilt für die Aufnahme des heutigen § 226 BGB als allgemeines Schikaneverbot, auch wenn dies ebenfalls auf dem Wirken v. Gierkes beruhte.480 Mit dem Inkrafttreten des BGB war die Diskussion um den Begriff des Eigentums jedoch keineswegs abgeschlossen. Während in der Rechtsprechung der deutsche Eigentumsbegriff nur vereinzelt herangezogen wurde, fanden v. Gierkes Ansichten in der Literatur immer weitere Verbreitung, zumal auch die Frontstellung gegen das römische Recht von anderen Germanisten noch nach v. Gierke, etwa von Wilmanns,481 verschärft wurde.482 Gedanken wie die Wiederbelebung des geteilten Eigentums oder der sog. dynamische Eigentumsbegriff weisen Ähnlichkeit zu v. Gierkes Erörterungen auf. Schließlich finden sich insbesondere in der nationalsozialistischen Rechtslehre Parallelen zu v. Gierkes Eigentumslehre. Im folgenden sollen diese Auswirkungen der Vorstellung, es habe ein deutsches Eigentum in der von v. Gierke beschriebenen Form gegeben, näher dargestellt werden.

I. Die Auswirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes nach Inkrafttreten des BGB bis zur Zeit des Nationalsozialismus In der zivilrechtlichen Lehre wurde die Diskussion um den angeblichen Gegensatz zwischen einem genuin deutschen Eigentumsbegriff und dem Eigentumsbegriff, der den Regelungen des BGB zugrunde lag, kaum noch geführt. Der deutsche Eigentumsbegriff wurde zwar erwähnt, aber die Entscheidung zugunsten des romanistischen Eigentumsbegriffs weithin vorbehaltlos akzeptiert.483 Dies dürfte nicht zuletzt auch eine Konsequenz der durch das BGB erzielten Rechtseinheit gewesen v. Gierke, DPR II, § 120, S. 361 ff. Planck hielt sogar keinen anderen Eigentumsbegriff als den durch umfassende Verfügungsmacht gekennzeichneten für möglich, abgedruckt bei Mugdan I, S. 886. 479 Vgl. etwa schon die Erwiderung auf v. Gierkes Kritik an den §§ 848 f. des Entwurfs von Krech, Rechte, § 5, S. 65 f. 480 Kroeschell, Lehre, S. 60 f. 481 Zu Wilmanns Peter, Wandlungen, S. 55 ff. 482 Kühne, Bodenrecht, S. 60. 483 Vgl. statt vieler Planck-Strecker (1. und 2. Auflage), Vor § 903, Anm. 1, S. 128, vgl. dazu im einzelnen, insbesondere zur Frage des Verhältnisses der Eigentumsbeschränkungen zu dessen Begriff und den Wirkungen der Theorie v. Gierkes auf diese Diskussion, den ersten Teil dieser Arbeit. 477 478

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

sein, da auf diese Weise alle landesrechtlichen Regelungen, die als Ausfluß eines deutschen Eigentumsbegriffs hätten interpretiert werden können, aufgehoben worden oder durch das EGBGB zu landesrechtlichen Besonderheiten degradiert worden waren. Die Diskussion um den richtigen Eigentumsbegriff wurde zunächst eher von einem öffentlich-rechtlichen Standpunkt aus geführt. Erörtert wurde vor allem die Frage, wie sich die öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen, etwa die Pflicht des Eigentümers sein Eigentum in polizeigemäßem Zustand zu erhalten, mit dem an sich schrankenlosen Eigentum zu vereinbaren waren. Stier-Somlo betrachtete die öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen nicht als ein von außen an das Eigentum herantretendes Moment, sondern folgerte diese bereits aus der Natur der Sache.484 Daher hielt er das BGB, in dem die Vorstellung eines an sich unbeschränkten Eigentums zum Ausdruck kam in diesem Punkt schon vor dessen Inkrafttreten für überholt und berief sich dabei ausdrücklich auf v. Gierke.485 Noch stärker griff etwa Holstein in seiner Monographie über die öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen auf den deutschen Eigentumsbegriff v. Gierkes zurück: Die deutsch-rechtliche Vorstellung des sozial gebundenen Eigentums sei in der jüngeren deutschen Rechtsgeschichte immer mehr durchgedrungen und nur auf dieser Grundlage könne man die Beschränkungen des Eigentums richtig erfassen.486 Angesichts der Tatsache, daß Hermann Roesler schon wesentlich früher ähnliche Gedanken bei der Entwicklung seines sozialen Verwaltungsrechts geäußert hatte487, ist der Rückgriff auf die Äußerungen v. Gierkes, die im Zusammenhang mit der Schaffung einer privatrechtlichen Kodifikation standen, erstaunlich. Dies kann zumindest als Hinweis dafür gewertet werden, wie suggestiv v. Gierkes Verknüpfung von Rechtsgeschichte, nationalem Denken und sozialem Engagement auf seine Zeitgenossen wirkte. Noch augenfälliger wird die große Wirkung der deutsch-rechtlichen Eigentumsbegründung v. Gierkes in einem anderen Zusammenhang. Die einschneidendste Änderung dürfte der Eigentumsbegriff zur Zeit der Weimarer Republik erfahren haben: Erstmalig kam es zu einer Aufspaltung in einen zivilrechtlichen und einen eigenständigen verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff. Bis dahin war das Eigentum, auch soweit sein Schutz in Verfassungen garantiert worden war, immer einheitlich im Sinne des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs aufgefaßt worden.488 Nunmehr wurde das Eigentum nach Art. 153 I WRV in der Folge auf alle privaten Vermögensrechte erstreckt.489 Zwar wurde das Eigentum seinem Inhalt nach weiStier-Somlo, VerwArch 6 (1896), S. 275 ff., S. 318 f. m. w. N. Stier-Somlo, vgl. vorige Fn. S. 325. 486 Holstein, Lehre, S. 82 ff. m. w. N. 487 s. o. unter C. 488 Hattenhauer, Grundbegriffe, § 7, S. 119 ff. 489 Anschütz, Verfassung, Art. 153, Anm. 2, S. 607 m. w. N. aus Rechtsprechung und zeitgenössischem Schrifttum. 484 485

E. Die weiteren Wirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes

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terhin in Anlehnung an § 903 BGB als die Befugnis verstanden, mit den dem Inhaber zustehenden Gegenständen oder Rechten nach Belieben zu verfahren.490 Dies entsprach auch der ständigen reichsgerichtlichen Rechtsprechung.491 Erstmalig wurde aber neben der Gewährleistung des Eigentums dessen Sozialpflichtigkeit geregelt. Auch wenn die einschlägigen Art. 153 III und 155 III WRV die Anwendung des Zivilrechts weit weniger beeinflußten als die vor allem als die sozialpolitisch motivierten Beschränkungen des Eigentums außerhalb des BGB492 oder die durch die Folgen des verlorenen Kriegs bedingten Eingriffe in den Wirtschaftskreislauf493, so bedeutete dies jedoch den endgültigen Verlust der bisherigen Geschlossenheit des Eigentumsbegriffs494; in der zeitgenössischen Literatur wurde dies aber nur von wenigen Autoren als grundlegende Änderung der Eigentumsordnung betrachtet.495 Insbesondere wurde von der Rechtsprechung und herrschenden Literatur eine unmittelbare Wirkung des Art. 153 III WRV auf das Privatrecht abgelehnt.496 Die Aufnahme der Pflichtbindung des Eigentums kann direkt auf die Kritik v. Gierkes am Eigentumsbegriff des BGB zurückgeführt werden.497 So wurde schon im Rahmen der Gesetzgebungsarbeiten zur Weimarer Reichsverfassung ein Gutachten v. Gierkes zu dem Satz „Eigentum verpflichtet“ eingeholt.498 Noch weitergehend – wenngleich erfolglos – forderte Friedrich Naumann in der deutschen Nationalversammlung, in dem Grundrechtsteil der späteren Verfassung das Privateigentum an Grund und Boden, wie dies schon v. Gierke formuliert hatte499, als „Nationaleigentum unter privater Benutzung“ zu kennzeichnen.500 Auch Martin Wolff führte die Sozialbindung des Eigentums in seinem für die Entwicklung der verfassungsrechtlichen Eigentumsdogmatik grundlegenden Aufsatz „Reichsverfassung und Eigentum“ auf germanistisches Gedankengut zurück und berief sich ausdrücklich auf v. Gierke.501 Die genannten Beispiele zeigen, daß – auch wenn v. Gierkes Idee der Sozialbindung allen Eigentums und deren vorgeblich genuin deutsche Herkunft zu spät kamen, um noch direkten Einfluß auf das bürgerliche Recht zu nehmen – dies aber nicht deren endgültigen Fehlschlag bedeutete. Vielmehr änderte sich zunächst nur das Gebiet, auf dem sich ihre Wirkung zeigte. Anschütz, vgl. vorige Fn., Anm. 3. Vgl. etwa RGZ 116, S. 268 ff., S. 272 m. w. N. 492 Nörr, Mühlsteine, § 11 S. 72. 493 Dazu ausführlich Goldschmidt, Eigentum, S. 66 ff. und Sieling-Wendeling, Entwicklung, S. 89 ff. 494 Nörr, Mühlsteine, § 12, S. 77. 495 Kroeschell, Eigentumslehre, S. 49 m. w. N. 496 Raab, Lehre, S. 43 m. w. N. 497 Kroeschell, Lehre, S. 48. 498 Kroeschell, vgl. vorige Fn. 499 s. o. unter C. 500 Zitiert nach Hedemann, Fortschritte II 1, § 10, S. 388. 501 Wolff, Reichsverfassung, S. 10; vgl. dazu Janssen, Sozialer Eigentumsbegriff, S. 581 f. 490 491

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

1. Der deutsche Eigentumsbegriff und die Rechtsprechung Die praktischen Auswirkungen des deutschen Eigentumsbegriffs waren wesentlich geringer. Dies ist bereits im Zusammenhang mit der verfassungsrechtlichen Sozialbindung angedeutet worden, gilt aber auch für die Rechtsprechung des Reichsgerichts. Teilweise wird den Entscheidungen des Reichsgerichts in RGZ 52, S. 373 ff und RGZ 89, S. 120 ff entnommen, daß sich auch die Rechtsprechung den deutschen Eigentumsbegriff und dessen umfassende Sozialbindung zu eigen gemacht habe.502 Dies ist schon von Zeitgenossen so empfunden worden.503 Wie Kroeschell jedoch im einzelnen nachgewiesen hat504, liegt darin ein Mißverständnis. In dem ersten der genannten Urteile stellte das Reichsgericht lediglich fest, daß der Eigentümer eines Baumes die Pflicht habe, auch solche Schäden anderer zu verhüten, die lediglich aus der natürlichen Beschaffenheit des Baumes entstünden. Dieser Schutz, so das Reichsgericht, müsse infolge des Erlasses des BGB in anderer Weise verwirklicht werden als durch das früher geltende gemeine Recht, da ansonsten etwa der Nachbar gegenüber dem Eigentümer des nämlichen Baumes schutzlos sei.505 In dem späteren Urteil wurde daraus die überzeichnete und irreführende506 Aussage, daß dem BGB die starren Eigentumsgrundsätze des römischen Rechts fremd seien und jedes Eigentum zugleich berechtige und verpflichte.507 Ein ausdrücklicher Bezug zu v. Gierke fehlt ebenso wie eine andere Begründung. Daher bleibt es fraglich, ob in der – überdies vereinzelt gebliebenen – Aussage des Reichsgerichts wirklich eine Auswirkung des deutschen Eigentumsbegriffs zu sehen ist.

2. Eigentumsbegriff und konservative Kritik an der Weimarer Republik Eine weitreichende Wiederkehr erfuhren die von v. Gierke verwendeten Begriffsmerkmale des deutschen Eigentums innerhalb der als „konservative Revolution“508 bezeichneten Kritik an der Rechtsordnung der Weimarer Republik. Viele der unter dieser Bezeichnung zusammengefaßten Autoren rekurrierten auf vorgeblich germanische Eigentumsvorstellungen und versuchten auf diese Weise, eine neue Eigentumsordnung zu entwerfen: Spann sprach von der Notwendigkeit eines Lehnsrechtes nach altgermanischer Form509, Binder räumte der Sozialbindung des 502 503 504 505 506 507 508 509

Rüthers, Auslegung, § 19, S. 351. Vgl. nur Holstein, Lehre, S. 86 und Wolff, Reichsverfassung, S. 10 f. Kroeschell, Eigentumslehre, S. 47 f. RGZ 52, S. 373 ff., S. 376 ff. Kroeschell, Eigentumslehre, S. 47 f. RGZ 89, S. 120 ff., S. 121 f. Vgl. zu diesem Begriff Rückert, Politik, S. 11 ff. m. w. N. Zitiert nach Rückert, a. a. O., S. 59 f.

E. Die weiteren Wirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes

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Eigentums den Vorrang vor dem Eigengebrauch ein510, Jung sah Eigentum und Erbrecht letztlich als Ausprägung altgermanischer lehnsrechtlicher Vorstellungen, denen zufolge der Dienst an der Gemeinschaft im Vordergrund stand511 und Brunstäd wollte, wie schon v. Gierke, den Eigentumsbegriff als Mittel zur Lösung der sozialen Frage einsetzen512. Brauweiler schließlich knüpfte an die sozialrechtliche Theorie v. Gierkes an.513 Auch wenn es den genannten Autoren letztlich nicht gelang, eigenständige Rechtssysteme zu entwickeln und auf die Rechtsentwicklung ihrer Zeit Einfluß zu nehmen,514 so haben sie doch vielfach Merkmale des deutschen Eigentumsbegriffs aufgenommen. Darüber hinaus wurde mit der – für die konservative Kritik an der Privatrechtsordnung der Weimarer Republik charakteristischen – Ablehnung der individuellen Freiheit zugunsten der Gemeinschaftsgebundenheit des Rechts ein Gedanke formuliert, der später von der nationalsozialistischen Theorie aufgegriffen wurde.515 So stellt sich die Eigentumstheorie der sog. konservativen Revolution zumindest in Teilen als eine Art Gefäß dar, in dem deutschrechtliche Vorstellungen aufbewahrt werden konnten, bis sie dann wieder auf breiter Front zum Durchbruch gelangten.

3. Der sog. „dynamische Eigentumsbegriff“ Auch hinter dem sog. dynamischen Eigentumsbegriff verbirgt sich eine Eigentumsdoktrin, die als Verbindungsglied zwischen dem deutschen Eigentumsbegriff v. Gierkes und der nationalsozialistischen Eigentumslehre betrachtet werden kann.516 Bei näherer Untersuchung wird sich zeigen, daß die Kontinuität sogar noch stärker ist, als dies im Hinblick auf die aus konservativen Kreisen geäußerten Vorstellungen der Fall war. Der dynamische Eigentumsbegriff bezeichnete eine Betrachtungsweise des Eigentums, die zum einen nicht auf den materiellen Sachbegriff des BGB beschränkt blieb und zum anderen nicht die Berechtigung des Eigentümers, d. h. das Haben einer Sache, in den Vordergrund stellte, sondern vielmehr das AusnutzenDürfen.517 Ihren Vertretern zufolge sollte es sich um eine neue und den modernen Zitiert nach Rückert, a. a. O., S. 75 f. Zitiert nach Rückert, a. a. O., S. 91. 512 Zitiert nach Rückert, Politik, S. 129. 513 Zitiert nach Rückert, Politik, S. 135. 514 Rückert, Politik, S. 148. 515 Rückert, Politik, S. S. 139 ff. 516 Allerdings hat die dynamische Betrachtung des Eigentums noch über die Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus Anhänger gefunden, bspw. Staudinger-Seufert (11. Auflage), Vorbemerkung vor § 903 BGB, Rdn. 17. 517 Zusammenfassend Eichler, Wandlungen, S. 66 ff. mit zahlreichen Nachweisen. 510 511

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

Zeitumständen angemessene Perspektive handeln, die das Eigentum als Funktion verstand und gleichzeitig die überholte Trennung zwischen öffentlichem Recht und privatem Recht zugunsten eines einheitlichen und sozial gebundenem Eigentum überwandt.518 Mit der Einebnung des Unterschieds zwischen öffentlich-rechtlicher und privat-rechtlicher Eigentumsordnung war zugleich das Bestreben verbunden, den Schutz des Eigentums gegnüber staatlichem Zugriff einzuschränken.519 Die Bezeichnung dieser Eigentumsdoktrin als „dynamisch“ ging auf das schon 1917 veröffentlichte Werk „Der Untergang des Abendlandes“ von Oswald Spengler520 zurück.521 Unter scharfer Ablehnung des römischen Rechts als statisch und weltfremd forderte Spengler eine „juristische Dynamik“, innerhalb derer Funktionen, d. h etwa die tatsächliche Verwendung einer Sache, und nicht Begriffe die Hauptrolle spielen sollten. Das Eigentum war danach nicht das Recht an einer körperlichen Sache, sondern Ausdruck der Kraft und des Willens einer Person.522 Als Vorläufer eines solchen an der praktischen Erfahrung geschulten Rechts sah Spengler das germanische Recht an, ohne sich allerdings ausdrücklich auf die Ergebnisse der germanistischen Forschung bis hin zu v. Gierke zu stützen.523 Im dynamischen Eigentumsbegriff kehrten viele der früher von v. Gierke geäußerten Forderungen an ein deutsches Sachenrecht wieder524: die Einbeziehung der öffentlich-rechtlichen Beschränkungen des Eigentums in dessen Begriff525, die Möglichkeit eines Eigentums an unkörperlichen Sachen und Sachgesamtheiten526, die besondere Berücksichtigung geistigen Eigentums527 und vor allem die soziale Bindung des Eigentums.528 Aber nicht nur in einzelnen Merkmalen des dynamischen Eigentumsbegriffs, sondern auch in dessen Herleitung wird der Bezug zur Germanistik des 19. Jahrhunderts und insbesondere zum Werk v. Gierkes deutlich: So nannte Eichler v. Gierke als Vorläufer der dynamischen Betrachtung des Eigen518 So, wenngleich mit unterschiedlichen Nuancierungen, bspw. Eichler, vgl. vorige Fn.; Fehr, Recht, S. 108 ff. oder Hedemann, RUW 1922, Sp. 585 und Sachenrecht (1. Auflage), § 6, S. 61 ff.; Müller, Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie XX (1926), S. 529 ff. 519 Sieling-Wendeling, Entwicklung, S. 103. 520 Zu Spengler vgl. Breuer, Spengler, S. 396 mit einem Abriß der Rezeptionsgeschichte des Werkes. 521 Du Chesne, JhJb 76 (1926), S. 207 ff., S. 207; Fehr, Recht. S. 99 f.; Hedemann, Fortschritte II 2, § 19, S. 346, Fn. 20; Müller, Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie XX (1926), S. 529. Hedemann nennt außerdem noch die Schrift „Rechtswissenschaft und Kulturwissenschaft“ von Franz Arthur Müllereisert aus dem Jahre 1917 als Vorboten der dynamischen Betrachtung des Rechts. 522 Spengler, Untergang, S. 654; umfassend zu Spenglers Eigentumslehre Rückert, Politik, S. 99 ff. 523 Spengler, Untergang, S. 644 ff. 524 s. o. zu Beginn dieses Teils. 525 So ausdrücklich etwa Hedemann, RUW 1922, Sp. 585 ff., Sp. 590ß f. 526 So bspw. Eichler, Wandlungen, S. 67 ff. 527 Eichler, Wandlungen., S. 70 ff. 528 Bspw. Fehr, Recht, S. 118.

E. Die weiteren Wirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes

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tums529 und griff darüber hinaus so oft auf v. Gierkes Eigentumslehre zurück, daß sein Werk als beispielhaft für die Fortwirkung des deutschen Eigentumsbegriffs gilt.530 Hedemann verwies auf das von den Germanisten erforschte mittelalterliche deutsche Recht531 und erwog eine Wiederbelebung lehnsrechtlicher Prinzipien, um den Staat als eine Art Obereigentümer am Privateigentum zu beteiligen. Gleichzeitig machte er sich die v. Gierkesche Vorstellung, das geteilte Eigentum könne bei der Versorgung breiter Bevölkerungsschichten mit Wohnraum hilfreich sein, ausdrücklich zu eigen.532 Fehr schließlich sah in der Rechtsfigur der Gewere den Beweis für die Tatsache, daß „das ganze deutsche Sachenrecht . . . dynamisch eingestellt“ sei;533 ähnlich äußerte sich auch Müller.534 Der dynamische Eigentumsbegriff stellt sich somit als direkter Nachfolger535 des deutschen Eigentumsbegriffs dar. Gleichzeitig leitete der dynamische Eigentumsbegriff unmittelbar zur Eigentumslehre des Nationalsozialismus536 über, da sich seine wichtigsten Vertreter nach 1933 – wenngleich in unterschiedlichem Maße – an der Entwicklung der Erneuerung des Rechts in nationalsozialistischem Sinne beteiligten. Besonders augenfällig wird dies im Falle Hedemanns. Hatte dieser früher noch die Eigentumstheorie des Sozialisten Menger ausdrücklich gelobt537, so wandte er sich nunmehr gegen Liberalismus und Individualismus, forderte den Primat des Staates vor der Wirtschaft und sah schließlich ein neues, rein deutsches Recht kommen, das auf rassischer Grundlage eine echte Pflichtenordnung und nicht eine Zusammenfassung subjektiver Berechtigungen sein würde.538 Schon die Betonung des Pflichtgedankens stand in direkter Verbindung zur früheren Lehre vom dynamischen Eigentumsbegriff. Des weiteren bezeichnete Hedemann das neue Recht als dynamisch539 und dachte wiederum über das Obereigentum des Staates nach.540 Eichler leitete Eichler, Wndlungen, S. 66, Fn. 2. Janssen, Sozialer Eigentumsbegriff, S. 583 f. 531 Hedemann, RUW 1922, Sp. 585 ff., Sp. 591, Fn. 3 und Sachenrecht, § 6, S. 56 mit besonderem Hinweis auf v. Gierke und das soziale Element des deutschen Rechts. 532 Hedemann, Fortschritte II 1, § 10. S. 388; Anklänge an das Obereigentum des Staates finden sich schon in RUW 1922, Sp. 585 ff., Sp. 592. 533 Fehr, Recht, S. 102; an anderer Stelle zitierte Fehr ausdrücklich v. Gierke, S. 188, Anm. 18. 534 Müller, Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie XX (1926), S. 529 ff., S. 544 ff. 535 Eichler, Wandlungen, S. 16 f. sprach von einem Sieg des deutsch-rechtlichen Eigentums. 536 Zur Diskussion um die Dynamisierung des Eigentums in der Zeit des Nationalsozialismus vgl. Brandt, Eigentum, S. 220 m. w. N. 537 Hedemann, Fortschritte II 1, § 8, S. 312. 538 Hedemann, Fortschritte II 2, § 19, S. 339 ff.; zu Hedemanns Karriere in der Zeit des Nationalsozialismus und insbesondere zu dessen Funktion in der Akademie für deutsches Recht Mohnhaupt, Hedemann, S. 140 ff. 539 Hedemann, wie Fn. 538, S. 346. 540 Hedemann, wie Fn. 538, S. 351 f. 529 530

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

von seiner Darstellung des dynamischen Eigentumsbegriffs sogar unmittelbar zur Eigentumsordnung unter Einbeziehung des nationalsozialistischen Grundsatzes des Vorrangs des Gemeinnutzes vor dem Eigennutz über541 und bemühte sich nachzuweisen, daß der nationalsozialistische Eigentumsbegriff seine Wurzeln im germanischen Rechtsleben habe.542 Ähnliches gilt für Fehr.543 Schon an diesen Beispielen wird deutlich, wieviel Einfluß die Vorstellung eines genuin deutschen Eigentumsbegriffs auf die Rechtslehre insbesondere an der Schwelle zur Zeit des Nationalsozialismus hatte. Hedemann bezeichnete dies aus der zeitgenössischen Perspektive treffend als „Otto Gierkes bis an die Gegenwart herantragende großartige Mission“.544

4. Zusammenfassung Die – wenn auch skizzenhafte – Darstellung einiger Entwicklungen des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs in der Zeit nach Inkrafttreten des BGB hat zwei Punkte deutlich gemacht: Mit dem erfolglosen Versuch, der vorgeblich genuin deutschen Vorstellung eines pflichtgebundenen Eigentums Eingang in das BGB zu verschaffen, war die Geschichte des deutschen Eigentumsbegriffs nicht zu Ende. Vielmehr entfaltete dieser erst im Anschluß seine größte Wirkung. Allerdings geschah dies nicht im Rahmen des Privatrechts, sondern die Eigentumstheorie v. Gierkes wurde zunächst von den Vertretern des öffentlichen Rechts und darüber hinaus im Bereich des Verfassungsrechts aufgenommen. Auch bediente sich die Kritik an der herrschenden Eigentumsordnung häufig des deutschen Eigentumsbegriffs. Es entsteht dabei der Eindruck, daß erst die weitgehende Anknüpfung des BGB an den romanistischen Eigentumsbegriff dem deutsch-rechtlichen Eigentum als seinem großen Gegenspieler zum Erfolg verhalf. Die gegen den romanistischen Eigentumsbegriff gerichtete Kritik hätte wohl kaum so vorbehaltlos auf v. Gierkes deutsch-rechtliches Gedankengut zurückgreifen können, wenn die besondere Pflichtigkeit des Eigentums oder das Eigentum an unkörperlichen Gegenständen schon im BGB Berücksichtigung gefunden hätte. So aber blieb die Vorstellung von einem deutschen Eigentumsbegriff so lebendig, daß sie auch von der Rechtslehre im Nationalsozialismus wieder aufgenommen werden konnte.

541 542 543 544

Eichler, Wandlungen, S. 79 ff. Eichler, Wandlungen, S. 247. Vgl. Hedemann, Fortschritte II 2, § 19, S. 347, Fn. 20 m. w. N. Hedemann, wie Fn. 538, S. 341, Fn. 6.

E. Die weiteren Wirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes

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II. Der deutsche Eigentumsbegriff und die Eigentumslehre des Nationalsozialismus Eine in sich geschlossene Eigentumsdoktrin des Nationalsozialismus gab es nicht.545 Wenn im folgenden von der nationalsozialistischen Eigentumslehre gesprochen wird, so handelt es sich um eine praktischen Zwecken dienende Verkürzung. Es ist allerdings auch nicht Aufgabe des folgenden Abschnitts, eine in sich geschlossene und zugleich umfassende Darstellung der auf der Grundlage nationalsozialistischen Gedankenguts vertretenen Ansichten zum Eigentumsbegriff zu geben. Zum einen kann den vielen Abhandlungen546 zu diesem Thema wohl kaum etwas hinzugefügt werden. Zum anderen soll entsprechend der Zielsetzung dieses Abschnitts ausschließlich untersucht werden, inwieweit der deutsche Eigentumsbegriff v. Gierkes in der nationalsozialistischen Rechtslehre fortwirkte. Zu diesem Zweck reicht es aus, lediglich die Werke einiger Autoren dieser Zeit näher zu betrachten. Auch wenn sich dabei herausstellen wird, daß verschiedentlich an die Gedanken v. Gierkes angeknüpft wurde, so ist damit eine Entscheidung der, nach wie vor umstrittenen, Frage, ob v. Gierke der nationalsozialistischen Theorie den Boden bereitet hatte,547 weder erreicht noch gewollt. Dies würde eine Untersuchung des gesamten Werkes v. Gierkes erfordern; die unter Umständen rein äußerliche Kontinuität des Sprachgebrauchs wäre auf keinen Fall eine hinreichende Grundlage für eine so weitgehende Bewertung. Es dürfte aber – insofern wird das Ergebnis der folgenden Erörterungen vorweggenommen – nicht verfehlt sein, angesichts des immer wiederkehrenden Rückgriffs auf v. Gierkes aus der deutschen Rechtsgeschichte abgeleitete Forderungen etwa nach einer sozialen Bindung der Individualrechte von einem Kontinuitätszusammenhang548 zu sprechen.

1. Zur Aufnahme v. Gierkescher Gedanken in das Parteiprogramm der NSDAP Unabhängig davon, ob v. Gierke zu Recht von Teilen der nationalsozialistischen Rechtslehre als Kronzeuge für den besonderen Charakter deutschen Rechts in Anspruch genommen wurde oder nicht, zeigte sich bereits im Parteiprogramm der 545 Brandt, Eigentum, S. 228; Rittstieg, Eigentumslehre, S. 706; Wieacker, Wandlungen revisited, S. 856. 546 Brahm Garcia, Eigentum; Rüthers, Auslegung, S. 351 ff.; Sieling-Wendeling, Entwicklung, S. 75 ff.; Stolleis, Gemeinwohlformeln, S. 114 ff.; Brandt, Eigentum, S. 212 ff.; v. Brünneck, KJ 1979, S. 151 ff.; Kroeschell, Eigentumslehre, S. 43 ff.; Rittstieg, Eigentumslehre, S. 703. 547 Vgl. zu dieser Frage Mundt, Sozialpolitische Wertungen, S. 2 ff. m. w. N. für die gegensätzlichen Positionen. 548 Klippel, Subjektives Recht, S. 43 ff. mit zahlreichen Belegen. Ähnlich und ebenfalls mit einer Zusammenstellung zahlreicher Nachweise Stolleis, Gemeinwohlformeln, S. 13 f.

19 Lehmann

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

NSDAP549 die weitreichende Wirkung v. Gierkeschen Gedankenguts. So lautete der 19. Grundsatz des Parteiprogramms „Wir fordern Ersatz für das der materialistischen Weltordnung dienende römische Recht durch ein deutsches GemeinRecht.“550 Begründet wurde diese Forderung mit der Behauptung, das römische Recht sei die Grundlage einer schrankenlosen Durchsetzung von Einzelinteressen zu Lasten des Gemeinwohls gewesen.551 Dieser Satz ist für die Frage nach dem Verhältnis von nationalsozialistischer Rechtslehre und der rechtshistorischen Germanistik von zweifacher Bedeutung: Für die Zukunft bedeutete er eine Begünstigung der germanistischen Forschung und eine Festlegung auf deren Bild der deutschen Rechtsgeschichte.552 Gleichzeitig beweist der zitierte Satz, wie verbreitet die auf Teile der Germanistik, insbesondere auch v. Gierke, zurückgehende Ablehnung des römischen Rechts war.553 Doch hinter dem Punkt 19 des Parteiprogramms der NSDAP stand noch mehr als die bloße Popularisierung germanistischen Gedankenguts: Wie Landau im einzelnen nachgewiesen hat554, ging der Angriff der nationalsozialistischen Bewegung hauptsächlich auf das Wirken von Johannes Lehmann-Hohenberg555 und Arnold Wagemann zurück. Insbesondere durch die Schriften Wagemanns, die sich vor allem Fragen der Bodenreform widmeten und zumeist Gedanken v. Gierkes weiterentwickelten, und dessen weiteres Engagement innerhalb der NSDAP fand die Ablehnung des römischen Rechts Eingang in die nationalsozialistische Ideologie.556 Nach 1933 galt dies auch für die Rechtslehre,557 was praktisch eine Vorentscheidung für den Rückgriff auf die rechtshistorische Legitimation durch v. Gierkes deutschen Eigentumsbegriff bedeutete.558 549 Umfassend zu den eigentumsbezogenen Forderungen des Parteiprogramms SielingWendeling, Entwicklung, S. 111 f. 550 Rosenberg, Wesen, S. 51. 551 Rosenberg, wesen, S. 49. Weitere Nachweise bei Stolleis, Gemeinwohlformeln, S. 31. 552 Landau, Römisches Recht, S. 11. 553 Stolleis, vgl. Fn. 0.545; Klippel, Subjektives Recht, S. 32 ff.; Kroeschell, Eigentumslehre, S 42. 554 Landau, Römisches Recht, S. 17 ff. 555 Lehmann-Hohenberg kritisierte das BGB vehement als „römisch-jüdisches Schacherrecht“ und nahm besonderen Anstoß am Eigentumsrecht des BGB, den er für den Ausgagspunkt des unsittlichen Charakters des BGB hielt. Anstelle des geltenden Rechts hielt er die Zeit für eine Rückkehr zum germanischen Recht für gekommen und bezog sich in diesem Zusammenhang auch auf v. Gierke. Darüber hinaus forderte er – auch darin v. Gierke sehr ähnlich – ein soziales und pflichtgebundenes Eigentum, das für Fahrnis und Grund und Boden unterschiedliche Regelungen bereithalten sollte; vgl. Nerius, Lehmann-Hohenberg, S. 183 ff. 556 Auch wenn Lehmann-Hohenberg heute als Vorläufer des nationalsozialistischen und völkischen Rechtsdenkens gilt, gelang es ihm seinerzeit nicht, großen Einfluß auf die NSDAP zu nehmen, zumal er von Hitler als „Wirrkopf“ angesehen wurde, vgl. Nerius a. a. O, S. 247 ff. 557 Vgl. Klippel, Subjektives Recht, S. 39 ff. und Stolleis, Gemeinwohlformeln, S. 23 ff., jeweils m. w. N.

E. Die weiteren Wirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes

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Der Zusammenhang mit der Bodenreform, die Wagemann bewirken wollte, verdient noch eine weitere Untersuchung im Hinblick auf die Fortwirkung der Gedanken v. Gierkes. So gehörte zum Parteiprogramm des NSDAP auch eine diesbezügliche Forderung. Es handelt sich um Punkt 17 des Programms: „Wir fordern eine unseren nationalen Bedürfnissen angepaßte Bodenreform, Schaffung eines Gesetzes zur unentgeltlichen Enteignung von Boden für gemeinnützige Zwecke, Abschaffung des Bodenzinses und Verhinderung jeder Bodenspekulation.“559 Zur Begründung verwies Rosenberg, dessen Erläuterungen halb-offiziellen Status besaßen,560 auf die besondere Natur von Grund und Boden, die es verbiete diesen als Ware wie jede andere zu behandeln. Vielmehr sei der Boden grundsätzlich als Eigentum des ganzen Volkes anzusehen. Den Beweis für diese These sah er in dem altdeutschen Rechtsgrundsatz, Verfügungen über Grundbesitz öffentlich zu tätigen.561 Angesichts der Tatsache, daß auch v. Gierke Grund und Boden als nationales Eigentum unter privater Nutzung562 betrachtete, und im Hinblick auf den rechtsgeschichtlichen Legitimationsversuch dürfte es naheliegen, auch in diesem Punkt des Parteiprogrammes der NSDAP ebenso wie in Punkt 19 zumindest die – wenn auch indirekte – Nachwirkung von v. Gierkes Kritik am romanistischen Eigentumsbegriff zu erblicken. Von Zeitgenossen wurde der Punkt 17 des Parteiprogrammes sogar als Wiederbelebung des früheren Obereigentums verstanden.563 Dies macht die Nähe zu den Vorstellungen v. Gierkes, der eine Wiederbelebung des geteilten Eigentums gefordert hatte,564 noch deutlicher. 2. Die Eigentumslehre des Nationalsozialismus und der Rückgriff auf v. Gierke Angesichts der durch v. Gierke inspirierten Festlegung auf ein nach den Prinzipien des deutschen oder germanischen Rechts neu zu gestaltendes Privatrecht ist es nicht verwunderlich, wenn sich in der Rechtslehre während der Zeit des Nationalsozialismus gerade in der Eigentumslehre immer wieder der Bezug auf den vorgeblich deutschen und pflichtgebundenen Eigentumsbegriff fand.565 Insbesondere in den Anfangsjahren des Regimes gab es eine Vielzahl von Veröffentlichungen zu Fragen des Eigentums.566 Beispielhaft ist ein Artikel von Diener, der unter dem Brandt, Eigentum, S. 226. Rosenberg, Wesen, S. 47. 560 Klippel, Subjektives Recht, S. 32. 561 Rosenberg, Wesen, S. 46. 562 s. o. bei III. 563 Hedemann, Fortschritte II 2, § 19, S. 351 f. m. w. N. 564 s. o. bei III. 565 Vgl. bspw. Rüthers, Auslegung, S. 351 ff. und Stolleis, Gemeinwohlformeln, S 114 ff, jeweils m. w. N. 566 Zahlreiche Nachweise bei v. Brünneck, KJ 1979, S. 151 ff. und Brahm Garcia, Eigentum, S. 23 ff. 558 559

19*

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

Titel „Wandlung des Eigentumsbegriffs“ die „Brechung bürgerlicher Rechtsbegriffe“ anstrebt.567 Das Zentralorgan des Bundes National-Sozialistischer deutscher Juristen, die Zeitschrift „Deutsches Recht“, widmete Fragen des Eigentums ein ganzes Heft.568 Das dürfte zum einen auf die sich scheinbar bietende Möglichkeit, an der Entwicklung einer neuen Dogmatik teilnehmen zu können, zurückzuführen sein569 und fügte sich zum anderen in die allgemein die Rechtslehre beschäftigende Frage nach der Existenzberechtigung subjektiver Rechte570 ein. Auch wenn es eine nationalsozialistische Eigentumslehre als eine in sich geschlossene Dogmatik nicht gab, so zeigen sich doch bei der Betrachtung der einzelnen zeitgenössischen Äußerungen bestimmte Grundlinien. Ausgangspunkt aller Versuche zur Neubestimmung des Eigentums war der Grundsatz „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“.571 Vor diesem Hintergrund wurde die Pflicht des Eigentümers gegenüber der Volksgemeinschaft besonders betont und der Eigentümer zum Inhaber einer „volksgenössischen Rechtsstellung“. Als solcher erhielt er das Eigentum nicht mehr zur freien Verfügung, sondern nur zum sachgemäßen Verfahren zugewiesen.572 Diese Konzeption des Eigentums als Verwaltungszuständigkeit erleichterte auch den entschädigungslosen Entzug von Eigentum, etwa wegen Verwirkung der Eigentumsrechte. 573 Verschiedentlich gab es auch Ansätze, diese Eigentumstheorie in die Form von Gesetzen zu gießen.574 Als Beispiel seien nur zwei der Versuche genannt. Eine deutsch-italienische Arbeitsgruppe formulierte den Eigentumsbegriff für das bürgerliche Recht folgendermaßen: „Der Eigentümer darf die Sache unter eigener Verantwortung nutzen und darüber verfügen, im Einklang mit den Belangen der Gemeinschaft, wie sie sich aus der nationalen Wirtschafts- und Arbeitsordnung ergeben.“575 Ähnlich, wenngleich noch stärker auf die volksgenössische Rechtsstellung des Eigentümers bezogen, lauteten Punkt acht und neun der Grundsätze des völkischen Zusammenlebens in dem Entwurf zum nie in Kraft getretenen Volksgesetzbuch: „Das Eigentum des Volksgenossen wird anerkannt. Der Eigentümer darf seine Habe eigenverantwortlich innerhalb ihrer Zweckbestimmung nutzen und in diesen Grenzen auch darüber verfügen. Das Eigentum am deutschen Boden begründet erhöhte Pflichten des Eigentümers zur sachgerechten Verwaltung und Nutzung.“576 Mit der besonderen Betonung der Pflichtigkeit des Grundeigentums wird noch ein 567 568 569 570 571 572 573 574 575 576

Diener, JW 1935, S. 175 ff. DR 1935, S. 146 ff. Brandt, Eigentum, S. 218 m. w. N. Ausführlich Thoss, Subjektives Recht, S. 37 ff. Stolleis, Gemeinwohlformeln, S. 108 f. Vgl. v. Brünneck, KJ 1979, S. 151 ff., S. 154 m. w. N. Rittstieg, Eigentumslehre, S. 717 m. w. N. Zu diesen Versuchen umfassend Brahm Garcia, Eigentum, S. 23 ff. Zitiert nach Lehmann, ZAKDR 1938, S. 696 f., S. 697. Zitiert nach Sieling-Wendeling, Entwicklung, S. 115 f.

E. Die weiteren Wirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes

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weiteres wichtiges Merkmal der nationalsozialistischen Eigentumslehre angesprochen: Je nach der Verwendung eines Gegenstandes unterschied sich dessen rechtliche Behandlung und insbesondere der Grad der Sozialbindung. In Abkehr von der abstrakten Formulierung des § 903 BGB sollte eine Vielzahl von konkreten Eigentumsbegriffen, je nach Art des Gegenstandes, gebildet werden.577 Anders als die verschiedenen Versuche zur Neufassung der Eigentumsdefinition fand die Aufspaltung des Eigentumsbegriffs zumindest im Rahmen der nationalsozialistischen Studienreform von 1935 eine Umsetzung. Das Sachenrecht wurde auf die Vorlesungen „Ware und Geld“ für das Fahrnisrecht und „Bodenrecht“ für das Immobiliarsachenrecht verteilt.578 Diese Änderung des juristischen Studienplanes wurde von Zeitgenossen als deutliche Ablehnung des früheren abstrakten Sachenrechts und „wesentliche Einschränkung des Begriffs der absoluten Sachenrechte“ verstanden.579 Weitere gesetzgeberische Einschränkungen des Eigentums oder sogar Ansätze zu einer Neuordnung des Sachenrechts blieben vor allem auf das Reichserbhofgesetz beschränkt.580 In diesem Zusammenhang wurde immer wieder auf das Werk v. Gierkes zurückgegriffen. Schon vor der Machtergreifung, erst recht aber danach, hatte die durch v. Gierke propagierte typisch deutsche soziale Bindung aller individuellen Rechte dazu geführt, daß unter dem Motto: „Zurück zu Gierke“581 eine Gierke-Renaissance einsetzte.582 Daß sich auch in der Eigentumslehre des Nationalsozialismus Spuren des deutschen Eigentumsbegriffs v. Gierkes finden, wird nicht nur an der Erörterung der Punkte 17 und 19 des Parteiprogramms der NSDAP deutlich. Es zeigt sich auch an der immer wiederkehrenden Wendung, daß insbesondere der Grundeigentümer nur ein von der Rechtsordnung zum sinnvollen Gebrauch verliehenes Nutzungsrecht innehabe.583 Dies ist bereits von v. Gierke in seiner Wiener Rektoratsrede so dargestellt worden.584 Schließlich wurde – unter ausdrücklicher Berufung auf v. Gierke – die Wiederbelebung des geteilten Eigentums für die Siedlungspolitik in den Ostgebieten gefordert.585 Wie stark die nationalsozialistische Eigentumslehre an den deutschen Eigentumsbegriff v. Gierkes anknüpfte, soll nun abschließend an zwei Beispielen untersucht werden. Es handelt sich um die Abhandlung Wieackers über die „Wandlungen der Eigentumsverfassung“, die bis heute als wichtigster Beitrag zur nationalsoVgl. dazu Brahm Garcia, Eigentum, S. 29 ff. m. w. N. Liver, Eigentumsbegriff, S. 256 f. 579 Wieacker, Wandlungen, S. 86, Anm. 3a). 580 Vgl. Brahm Garcia, Eigentum, S. 198 ff. 581 So Herbert Meyer in seiner Rektoratsrede aus dem Jahr 1929, zitiert nach Klippel, Subjektives Recht, S. 31 f. m. w. N. 582 Janssen, Methode, S. 3 f. m. w. N. 583 Kroeschell, Lehre, S. 62. 584 s. o unter III. 585 Vgl. Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 145 m. w. N. 577 578

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

zialistischen Eigentumslehre gilt,586 und um die Schrift Merks „Das Eigentum im Wandel der Zeiten“, die – neben der schon erwähnten Monographie von Eichler – besonders häufig inhaltlich mit v. Gierke übereinstimmt.587 Merks Schrift über die Geschichte des Eigentums fand nicht nur bei anderen Autoren, die sich zur nationalsozialistischen Eigentumslehre äußerten, Anklang,588 sondern trug auch aufgrund ihrer Verbreitung dazu bei, daß weite Kreise der Bevölkerung mit der Idee eines durch Gemeinschaftsinteressen in die Pflicht genommenen Eigentums vertraut gemacht wurden.589 Merk selbst hatte die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten mit großer Freude zur Kenntnis genommen.590

a) Zu den Parallelen von deutschem Eigentumsbegriff und dem Werk Merks Walther Merk war Rechtshistoriker in germanistischer Tradition und als solcher ein glühender Verehrer v. Gierkes, den er für den größten Juristen des 19. Jahrhunderts hielt. Er übernahm v. Gierkes durch den Dualismus von römischem und deutschem Recht geprägtes Geschichtsbild und sah in der Betonung des Gemeinschaftsgedankens den Ausgangspunkt für die Erneuerung der deutschen Rechtsordnung. In einigen seiner Schriften leitete er sogar die einzelnen Kapitel mit Zitaten aus dem Werk v. Gierkes ein.591 Die Nähe Merks zu v. Gierke zeigt sich auch in der Eigentumslehre, die Merk in seiner Schrift über die Geschichte des Eigentumsbegriffs entwickelte.592 So favorisierte Merk eine Änderung der geltenden Eigentumsordnung, die zwar das Sondereigentum nicht abschaffte, es aber nach dem Vorbild des mittelalterlichen deutschen Rechts in den Dienst der Gemeinschaft stellte, wodurch das Eigentum den Charakter eines Amtes annehmen sollte.593 Den deutschen Eigentumsbegriffs übernahm er – in Teilen sogar wortwörtlich – aus dem Werk v. Gierkes.594 Das mittelalterliche germanische Eigentum war nach Merk nicht einseitige, schrankenlose Herrschaft, sondern es war mit Pflichten durchsetzt und deshalb gebunden. Rittstieg, Eigentumslehre, S. 709. Janssen, Sozialer Eigentumsbegriff, S. 584. 588 So stützte Staudinger-Kober (10. Auflage), Vor § 903 BGB, Rdn. 1 ff. nahezu die gesamte Darstellung der Entwicklung des Eigentumsbegriffs auf Merks Schrift. Ebenso zitierte Palandt-Hoche (6. Auflage), Überblick vor § 903 BGB, Anm. 1, Merk neben Autoren wie Freisler und Wieacker. Vgl. zur Reaktion der damaligen Literatur Kahlenberg, Merk, S. 231 f. m. w. N. 589 Kahlenberg, Merk, S. 261 f.; Stolleis, Gemeinwohlformeln, S. 17. 590 Stolleis, Gemeinwohlformeln, S. 19. 591 Kahlenberg, Merk, S. 128 ff.; ähnlich Stolleis, Gemeinwohlformeln, S. 19. 592 Vgl. dazu Kahlenberg, Merk, S. 227 ff. 593 Merk, Eigentum, S. 50 f. 594 Vgl. insbesondere v. Gierke DPR II, § 120, S. 356 ff. 586 587

E. Die weiteren Wirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes

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Darüber hinaus ließ der deutsche Eigentumsbegriff eine Aufspaltung der Befugnisse des Eigentümers zu und ermöglichte die breit gestreute Verteilung von Gütern, die Merk ebenso wie v. Gierke595 als große bevölkerungspolitische Leistung pries.596 Ebenso wie v. Gierke597 begrüßte Merk schließlich im Zuge der inneren Besiedlung des Reichs bspw. die Wiedereinführung der Rentengüter in Preußen.598 Anhand dieser Beispiele wird deutlich, daß sich Merk auch auf dem Gebiet der Eigentumsdogmatik stark an v. Gierke anlehnte.599 Kroeschell bezeichnet Merks Schrift sogar als Wiederholung alter germanistischer Kampfparolen.600

b) Der deutsche Eigentumsbegriff und Wieackers „Wandlungen der Eigentumsverfassung“ Wieackers Ausführungen zum Eigentumsbegriff werden bis heute als beispielhaft für die nationalsozialistische Eigentumslehre angesehen.601 Sein Ausgangspunkt war die schon von v. Gierke aufgestellte These602, daß das auf abstrakten Begriffen aufbauende Rechtssystem der Pandektistik und insbesondere der entsprechende Eigentumsbegriff von der Wirklichkeit überholt worden seien.603 Bei der Schaffung einer zeitgemäßen Eigentumsordnung waren nach Wieacker vor allem zwei grundlegende Postulate zu verwirklichen: Zum einen sollte an die Stelle des abstrakten einheitlichen Eigentumsbegriffs des Zivilrechts eine Vielzahl von einzelnen Eigentumsarten, die das Eigentum in seiner konkreten Verwendung berücksichtigten, treten.604 Besonders deutlich war die Trennung zwischen Fahrnis- und Bodeneigentum.605 Zum anderen sollte die umfassende Beschränkung des Eigentumsgebrauchs durch die Interessen der Gemeinschaft durchgesetzt werden.606 Das Eigentum war danach nicht mehr ein subjektives Recht des Einzelnen, sondern die Zuweisung einer Sache durch die Gemeinschaft zum richtigen Gebrauch, d. h. lediglich eine Verwaltungszuständigkeit.607 In beiden Fällen handelte es sich um Vgl. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 497. Merk, Eigentum, S. 13 ff. 597 Vgl. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 497: 598 Merk, Eigentum, S. 40 f. 599 So auch Kahlenberg, Merk, S. 223 f. 600 Kroeschell, Lehre, S. 62. 601 Sieling-Wendeling, Entwicklung, S. 116; ausführlich zu den verschiedenen Äußerungen Wieackers zum Eigentumsbegriff Kroeschell, Eigentumslehre, S. 52 ff. 602 Vgl. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 489 und S. 492. 603 Wieacker, Wandlungen, S. 9 und S. 20 f. 604 Wieacker, Wandlungen, S. 44 f. sowie S. 66 f. und deutlicher DR 1935, S. 496 ff. 605 Wieacker unterteilte seine Schrift über die Wandlungen der Eigentumsverfassung in die Abschnitte Fahrniseigentum und Grundeigentum. 606 Wieacker, Wandlungen, S. 22 ff. und S. 58 ff. 607 Wieacker, Wandlungen, S. 25. 595 596

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

Merkmale des deutschen Eigentumsbegriffs, wie ihn v. Gierke dargestellt hatte.608 Schließlich sollte die Neuordnung des Vermögensrechtes nach Wieacker auch zu einer Einebnung des Unterschieds zwischen Schuld- und Sachenrecht führen,609 ebenfalls eine Forderung, die schon v. Gierke erhoben hatte.610 Insgesamt läßt sich sagen, daß Wieackers Konzeption eines konkreten deutschen Eigentumsbegriffs der germanistischen Tradition verpflichtet war, die vor allem auf v. Gierke, aber noch weiter bis auf Beseler zurückreichte.611 Angesichts der aufgezeigten Parallelen ist es verwunderlich, daß Wieacker nur selten ausdrücklich auf v. Gierke612 oder zumindest auf die Germanisten613 als Zweig der historischen Schule zurückgriff. Dies ist jedoch kein Beweis dafür, daß die Übereinstimmungen zwischen v. Gierke und Wieacker nur zufälliger Natur wären. Hiergegen spricht die inhaltliche Nähe der Ausführungen, die über eine bloße Ähnlichkeit hinaus geht. Auch wäre es überraschend, wenn sich Wieacker dem Einfluß v. Gierkes, der sich auf dessen These von der Pflichtbindung aller subjektiven Rechte gründete,614 hätte entziehen können. Vielmehr bietet sich eine andere Erklärung für Wieackers spärliche Zitierung v. Gierkes: So berief sich Wieacker immer wieder auf Merk615 und es dürfte daher v. Gierkes Gedankengut auf diesem Wege Eingang in Wieackers Ausführungen gefunden haben.

3. Zusammenfassung Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, wie sehr die Eigentumsdogmatik in der Zeit des Nationalsozialismus weithin durch den deutschen Eigentumsbegriff, der durch v. Gierke formuliert worden war, geprägt wurde. Immer wieder finden sich deutliche Parallelen, die bestätigen, daß es sich hier um einen größeren Kontinuitätszusammenhang handelt, der in der Germanistik des 19. Jahrhunderts seinen Ursprung hatte.616 Somit dürfte zumindest feststehen, daß die nationalsozialistische Eigentumslehre nicht als vereinzeltes Phänomen betrachtet werden kann, das spezifisch für einen bestimmten Zeitabschnitt der deutschen Rechtsgeschichte war.617 Dem steht auch die wichtige Funktion der Theorie vom pflichtgebundenen 608 Zu den verschiedenen Formen des Eigentums vgl. v. Gierke, DPR II, § 120, S. 356 und zum Amtscharakter des Eigentums an Grund und Boden v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 491 f und S. 494. 609 Wieacker, DRW 1941, S. 49 ff., S. 52. 610 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 497. 611 Wolf, Wieacker, S. 27. 612 Wieacker, Wandlungen, S. 56 und S. 69. 613 Wieacker, Wandlungen, S. 56 und S. 58. 614 Vgl. Kroeschell, Lehre, S. 62 f. 615 Wieacker, Wandlungen, S. 86 ff., Anm. 3a), 4, 9a), 10, 13 und öfter. 616 Vgl. Stolleis, Gemeinwohlformeln, S. 13 ff.; Klippel, Subjektives Recht, S. 43 ff.; Kroeschell, Lehre, S. 60 ff. und Eigentumslehre, S. 43 ff.

E. Die weiteren Wirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes

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Eigentum für die nationalsozialistische Ideologie618, etwa bei der Rechtfertigung der gestiegenen Gewinne der Großindustrie, gegenüber den im wesentlichen stagnierenden Löhnen der Arbeiter, nicht entgegen. Vielmehr zeigt dies nur, wie vielfältig die Verwendungsmöglichkeiten eines deutschen und zugleich sozialen Eigentumsbegriffs sind, der die Fähigkeit zu besitzen scheint, jedweden gegen die freiheitliche Dimension des Privateigentums gerichteten Affekt zu mobilisieren.619

III. Der deutsche Eigentumsbegriff in der Nachkriegszeit Das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft besiegelte zugleich das Schicksal aller Versuche, die Privatrechtsordnung nach rassischen Gesichtspunkten neu zu gestalten. Das Volksgesetzbuch blieb unvollendet. Der Rückgriff auf besondere, dem deutschen Volkscharakter entsprechende Rechtsprinzipien war mit der Diskreditierung der nationalsozialistischen Ideologie versperrt. Regelungen wie das Reichserbhofgesetz, die etwa das bäuerliche Eigentum dem Regelungsbereich des Zivilrechts entzogen hatten, wurden aufgehoben.620 Die Rückkehr zum Zustand der Eigentumsordnung vor der Machtergreifung und damit zur Vorstellung eines prinzipiell ungebundenen Eigentums621 fiel umso leichter, als die Formel der Gemeinschaftsbindung des Eigentums im wesentlichen Propagandazwecken gedient und zu keinen tiefgreifenden Veränderungen geführt hatte.622 Folgerichtig konnte es auch keinen deutschen Eigentumsbegriff als Gegenstand der aktuellen rechtspolitischen Diskussion mehr geben, wobei einige wenige Ausnahmen die Regel bestätigen.623 Die Vorstellung des deutschen und pflichtgebundenen Eigentums als Antipode des individualistischen Eigentums romanistischer Prägung fand ihre Zuflucht in der Rechtshistorie und wurde dort zum Allgemeinplatz, auf den auch die aktuelle Literatur immer wieder zurückgriff.624 617 Rüthers, Unbegrenzte Auslegung, S. 351 ff., sieht die nationalsozialistische Eigentumslehre als Ausprägung des sog. konkreten Ordnungsdenkens an. 618 Dazu ausführlich v. Brünneck, KJ 1979, S. 151 ff., S. 170 ff. 619 Kroeschell, Lehre, S. 66. 620 Kroeschell, Eigentumslehre, S. 55. 621 Rittstieg, Eigentumslehre, S. 714. 622 v. Brünneck, wie Fn. 538, S. 170 f. 623 Bspw. Schultze-v. Lasaulx, AcP 151 (1951), S. 449 ff., S. 454, der entsprechend dem mittelalterlichen deutschen Rechtsdenken die Nutzung und Verwendung eines Gegenstandes in den Vordergrund stellen und daraus ein in unterschiedlicher Weise abgestuftes Eigentum entwickeln wollte. Noch weitergehend Knoll, AöR 79 (1953 / 1954), S. 455 ff., S. 472 ff.: Er wollte ebenfalls den Gebrauchscharakter des Eigentums betonen und so unter anderem mühelose Spekulationsgewinne verhindern. Resultat war ein demokratischer und sozialer Eigentumsbegriff, der das Leitbild des „selbständigen freien Mannes auf eigener Scholle“ verwirklichen sollte. In ähnlicher Weise hatte schon v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 494 f., das Individualeigentum an Grund und Boden kritisiert und vor allem die Bedeutung bäuerlichen Grundbesitzes hervorgehoben.

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

Das wichtigste Merkmal des deutschen Eigentumsbegriffs, die Sozialbindung, fand endgültig Eingang in den Bereich des Verfassungsrechts. Das Grundgesetz übernahm mit der Regelung des Art. 14 GG im wesentlichen die durch eine Gemeinwohlbindung eingeschränkte Eigentumsgarantie des Art. 153 WRV,625 nachdem diese zuvor bereits 1933 durch § 1 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat626 aufgehoben worden war. Damit setzte sich die schon in der Weimarer Republik begonnene Aufspaltung des Eigentumsbegriffs in einen zivilrechtlichen und einen verfassungsrechtlichen627 fort. Spätestens seit der sog. Naßauskiesungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht fest, daß der Eigentumsbegriff des Art 14 I 1 GG aus einer Zusammenschau aller einschlägigen gesetzlichen Regelungen zu gewinnen ist und deshalb nicht mit dem Eigentum im Sinne des BGB identisch sein kann.628 Daraus wird zum Teil abgeleitet, daß § 903 BGB gegenüber Art. 14 I GG kaum noch selbständige Bedeutung zukommen soll.629 Andererseits wird der Gegensatz von verfassungsrechtlichem und zivilrechtlichem Eigentum als Fortsetzung des Dualismus von deutschrechtlicher und romanistischer Begrifflichkeit gedeutet.630 Unabhängig davon, ob die Aufspaltung in verschiedene Eigentumsbegriffe und die daraus gezogenen Konsequenzen zutreffen,631 dürfte es auf die Eigenständigkeit des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs zurückzuführen sein, daß eine rechtspolitische Diskussion des zivilrechtlichen Eigentums nicht mehr in dem Maße stattfindet, wie dies etwa im 19. Jahrhundert der Fall war. Auch aus diesem Grunde hat die Vorstellung eines genuin deutschen Eigentums weitgehend nur noch rechtsgeschichtliche Relevanz. In einem Punkt ist die Verbindung des deutschen Eigentumsbegriffs zur aktuellen rechtspolitischen Diskussion auch in der Nachkriegszeit nicht abgerissen: Immer wieder wurde eine Wiederbelebung des geteilten Eigentums gefordert.632 Das geteilte Eigentum war für v. Gierke bei der Formulierung seines Eigentumsbegriffs von großer Bedeutung, da es das wichtigste Beispiel für die angebliche Wirkung deutsch-rechtlichen Gedankenguts darstellte.633 Es scheint, als habe das geteilte Eigentum den deutschen Eigentumsbegriff überlebt. Dies soll im folgenden an einigen Beispielen illustriert werden. 624 Vgl. Kroeschell, Eigentumsbegriff, S. 34 und Mayer-Maly, Eigentumsverständnis, S. 145 m. w. N. 625 Kroeschell, Lehre, S. 65 m. w. N. 626 RGBl. I vom 28. Februar 1933. 627 Böhmer, Eigentum, S. 57 f., Fn. 12; Mayer-Maly, Eigentumsverständnis, S. 149. 628 BVerfGE 58, S. 300 ff., S. 335. 629 Raiser, Eigentum, S. 763; das Lehrbuch von Baur / Stürner, Sachenrecht, § 24, Rdn. 3 ff. widmet dem Eigentumsbegriff des Zivilrechts etwas mehr als eine Seite, dem des Verfassungsrechts hingegen vier Seiten. 630 Bspw. Dahm, Deutsches Recht, S. 450 ff. 631 Kritisch Mayer / Maly, Eigentumsverständnis, S. 149 ff. 632 Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 145 m. w. N. 633 s. o. bei I.

E. Die weiteren Wirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes

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1. Die Eigentumsteilung als letzte Spur des deutschen Eigentumsbegriffs Das geteilte Eigentum taucht vorwiegend in zwei Zusammenhängen auf: Zum einen wird es als Möglichkeit angesehen, das Problem der Bodenknappheit in den Städten zu lösen. Zum anderen soll der immer stärker werdende Zugriff des Staates auf das Individualeigentum durch die Eigentumsteilung beschrieben werden. Schon Ende des 19. Jahrhunderts hatte eine kleinere Gruppe von Anhängern des amerikanischen Bodenreformers Henry George gefordert, der Staat solle als ausschließlicher Eigentümer städtischen Bodens diesen lediglich zur privaten Bebauung zur Verfügung stellen.634 In der deutschen Bodenreform-Bewegung hatte die Forderung nach der Erneuerung des deutsch-rechtlichen Instituts des öffentlichen Eigentums in der Form des Obereigentums vor allem über städtischen Boden seit jeher große Bedeutung.635 Zum Teil wurden auch die in den Anfängen der Weimarer Republik unternommenen Versuche, möglichst breiten Bevölkerungskreisen eigenen Wohnraum zur Verfügung zu stellen,636 in die Nähe des geteilten Eigentums gerückt.637 Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs stellte sich in Deutschland wiederum die Frage, ob nicht neue Modelle des städtischen Bodeneigentums gefunden werden mußten, um eine sozial ausgewogene Bodennutzung zu erreichen.638 In diesem Zusammenhang wurden auch die Ausdrücke Ober- und Untereigentum bzw. Voll- und Mindereigentum allgemein geläufig639 und Konstruktionen erwogen, die dem Lehnsrecht oder der Erbleihe nahekamen.640 Letztlich wurde keine dieser Konstruktionen in die Wirklichkeit umgesetzt und das unteilbare Privateigentum blieb als Rechtsinstitut erhalten, wenngleich die Diskussion zu einem späteren Zeitpunkt einen neuen Höhepunkt erreichen sollte. Während die genannten Konstruktionen auf die Einführung eines neuen Eigentumsbegriffs oder aber auf die Einführung neuer Eigentumsformen gerichtet waren, hatte die Eigentumsteilung im folgenden Zusammenhang lediglich beschreibende Funktion. So knüpfte Hedemann an seine schon früher geäußerten Gedanken an, wenn er die Frage nach einem neuen Obereigentum in Anlehnung an die Spaltung in dominium directum und dominium utile stellte.641 In ähnlicher Weise sprachen auch andere Autoren von einem staatlichen Obereigentum.642 Vorläufer Bernoulli, Stadt, S. 102. Dreier, Raumordnung, S. 161; Fröhler / Oberndorfer, Bodenordnung, S. 13 f. m. w. N. 636 Es handelte sich um das Reichsheimstättengesetz vom 10. 5. 1920, RGBl. I 1920, S. 962 ff. und das Reichssiedlungsgesetz vom 11. 9. 1919, RGBl. I 1920, S. 1429. 637 Vgl. Mayer-Maly, Eigentum, S. 33 m. w. N.; Renner, Rechtsinstitute, S. 220, Anm. 66. 638 Dittus, Baurecht, S. 109. 639 Dittus, Baurecht, S. 99. 640 Vgl. Bernoulli, Stadt, S. 99 ff.; Dittus, Baurecht, S. 103 ff. m. w. N. 641 Hedemann, DNotZ 1952, S. 6 ff., S. 15 f. 642 Fröhler / Oberndorfer, Bodenordnung, S. 13 f.; Funktion, S. 16; Negro, Eigentum, S. 227; vgl. zu dieser Terminologie Mayer-Maly, Raumordnung, S. 20 f. 634 635

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

einer solchen Betrachtung war Goldschmidt, der schon im Hinblick auf die Einschränkungen der Verfügungsfreiheit des Eigentümers infolge des verlorenen Ersten Weltkriegs von einer Oberherrschaft des Staates sprach und diese mit dem dominium eminens des Territorialherren verglich.643 Letzteres dürfte wesentlich treffender sein, da gerade so der hoheitliche Charakter des Zugriffs auf das Privateigentum herausgestellt wird, während das geteilte Eigentum mit den Regelungen, die das Rechtsverhältnis zwischen Ober- und Untereigentümer etwa im pr. ALR bestimmten, vielfach durch vertragliche und privatrechtliche Elemente gekennzeichnet war. Unabhängig davon hat sich aber die Eigentumsteilung nicht als Beschreibung des Nebeneinander von Privateigentum und öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen durchgesetzt. 2. Zum Vorschlag einer Neuordnung des Bodenrechts durch H. J. Vogel Den Höhepunkt644 erreichte die Diskussion um eine Wiederbelebung des geteilten Eigentums infolge des Vorschlags von Hans-Jochen Vogel, das Eigentum an Grund und Boden in ein der Gemeinschaft zustehendes Verfügungseigentum und ein dem Einzelnen verbleibendes Nutzungseigentum aufzuspalten.645 Dies entsprach dem auf dem Parteitag der SPD vom 10. bis zum 14. April 1973 vorgelegten und verabschiedeten Bericht einer Kommission des Parteivorstands für die Bodenrechtsreform, auf dessen Basis eine gesetzliche Neuregelung des Bodenrechts entwickelt werden sollte.646 Dies führte aber lediglich zu weiteren Vorschlägen für eine gesetzliche Lösung,647 nicht aber zu konkreten gesetzlichen Maßnahmen648. In der rechtswissenschaftlichen Literatur rief dieser Vorschlag eine Welle des Protestes hervor und hatte eine erneute, vertiefte Beschäftigung mit den rechtsgeschichtlichen Aspekten des Eigentumsbegriffs zur Folge.649 Der Vorschlag Vogels für die Neuordnung des Bodenrechts beruht auf einer Analyse des geltenden Eigentumsbegriffs und dessen nachteiligen Folgen für die soziale Entwicklung in den Städten650: Danach soll das deutsche Bodenrecht in Goldschmidt, Eigentum, S. 66 ff. Hattenhauer, Vereintes und entzweites Eigentum, S. 86. 645 Vogel, NJW 1972, S. 1544 ff., S. 1546. 646 Beschlüsse des Parteitags der SPD, Anhang, S. 26 ff. 647 Vgl. dazu Jahn, Verfügungseigentum, S. 232 f. 648 Immerhin wurde eine Übernahme der Reformvorschläge bei der Novellierung des Bundesbaugesetzes 1976 erwogen, Kroeschell, Eigentumslehre, S. 58. 649 Jahn, Verfügungseigentum, S. 231 ff.; Nawroth, Privateigentum, S. 319 ff.; Hattenhauer, Die neue Ordnung, S. 254 ff. und Vereintes und entzweites Eigentum, S. 83 ff.; Kroeschell, Eigentumslehre S. 58 f. und Lehre, S. 66 ff.; Maunz, DÖV 1975, S. 1 ff.; MayerMaly, Eigentumsverständnis, S. 145 ff. und Eigentum, S. 25 ff.; Rüfner, JuS 1973, S. 593 ff. sowie das ausführliche Gutachten von H. Westermann, Zulässigkeit und Folgen einer Aufspaltung des Bodeneigentums in Verfügungs- und Nutzungseigentum. 643 644

E. Die weiteren Wirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes

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seinen Ursprüngen auf das römische Recht und dessen Ausformung durch den Liberalismus im 19. Jahrhundert zurückgehen und dem Eigentümer ein viel zu großes Maß an eigenverantwortlicher Entscheidungsfreiheit zubilligen, ohne Rücksicht auf die Interessen der Gemeinschaft. Die freie Verfügung über Grund und Boden hat nach Vogel im Zusammenspiel mit der aus der Unvermehrbarkeit folgenden Monopolstellung der Bodeneigentümer zu einer verbreiteten Bodenspekulation und damit zu mühelosen Gewinnen der Besitzenden auf Kosten derjenigen geführt, die ein Eigenheim erwerben oder errichten wollen. Ohne eine Reform müsse eine solche Verteilung des Bodeneigentums unweigerlich sozialen Sprengstoff produzieren und Gefahren für das politische System der Bundesrepublik hervorrufen.651 Bereits mit dieser Begründung für die Notwendigkeit einer Reform stellte sich Vogel in eine Tradition, die bis zur Germanistik des 19. Jahrhunderts und ihrer Ablehnung des angeblich individualistischen römischen Rechts zurück reicht.652 Insbesondere die Gleichsetzung von Fahrnis und Grund und Boden im Hinblick auf die Verfügungsfreiheit hatte schon v. Gierke heftig kritisiert653 und eine zu große Mobilisierung des Grundbesitzes befürchtet, die zu dessen Verschuldung und Zersplitterung führen müsse.654 An anderer Stelle hatte v. Gierke in diesem Zusammenhang Individualismus und Kapitalismus mit Sozialwidrigkeit gleichgesetzt.655 In diesen Worten klang zumindest bereits die von Vogel geäußerte Ablehnung der Bodenspekulation, ohnehin ein Topos jeglicher Bodenreformbemühungen656 vom Verein für Socialpolitik, dem auch v. Gierke angehörte, bis hin zum Punkt 17 des Parteiprogramms der NSDAP, an. Schließlich hatte schon v. Gierke die Erforderlichkeit einer Modifikation des Eigentumsbegriffs im Sinne des deutschen und sozialen Eigentums auf die Möglichkeit gegründet, daß die übersteigerte Freiheit des Eigentümers Angriffe auf die herrschende Eigentumsordnung in besonderem Maße herausfordere.657 Die auffälligen Parallelen der Erörterungen Vogels zur Eigentumsdoktrin v. Gierkes rechtfertigen es, insoweit eine direkte Verbindung zu sehen und beide als Angriffe auf das Individualeigentum trotz der zeitlichen Distanz unmittelbar nebeneinander zu stellen.658 Ebenso deutlich zeigt sich die – bewußte oder unbewußte – Nähe Vogels zu v. Gierkes Forderungen, wenn er seine Lösung für die Probleme der herrschenden Vogel, NJW 1972, S. 1544 f. Vogel, NJW 1972, S. 1547. 652 Vgl. dazu oben S. 395 ff. 653 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 492 und Entwurf, S. 280 f. 654 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 494. 655 v. Gierke, Entwurf, S. 23. 656 Vgl. Hedemann, Fortschritte II 1, § 8, S. 321; Dittus, Baurecht, S. 105; Dreier, Raumordnung, S. 43 ff. 657 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 492 und Entwurf, S. 280. 658 Kroeschell, Lehre, S. 66 f.; Hattenhauer, Vereintes und entzweites Eigentum, S. 85 f. 650 651

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

Eigentumsstruktur im städtischen Bereich darstellt659: Zunächst müsse das Bodeneigentum seiner rechtlichen Privilegien, etwa dem Anrecht auf Enteignungsentschädigung in voller Höhe oder den steuerfreien Gewinnen durch den Ausweis als Bauland, entkleidet werden. Wesentlich bedeutsamer ist aber der zweite Schritt der angestrebten Reform: Danach soll das prinzipiell unbeschränkte Privateigentum beseitigt und durch ein Eigentum ersetzt werden, das „nur die Rechte und Befugnisse umfaßt, die nicht im Widerspruch zur Sozialpflichtigkeit stehen. . . . Künftig soll es (das Eigentum, Ergänzung durch den Verfasser) sich als Institut unterhalb der Grenze der Sozialwidrigkeit bewegen. Zusätzliche Befugnisse und Rechte werden ihm dann nach Prüfung ihrer Sozialverträglichkeit und gegen entsprechende Entgelte auf Zeit verliehen.“ Wichtigste Konsequenz dieser Änderung ist die Aufspaltung des Eigentums – und damit auch ein Abschied vom Volleigentum des Privatrechts – in ein Verfügungs- und ein Nutzungseigentum. Während nach einer Enteignung der in Betracht kommenden Flächen ersteres immer bei der öffentlichen Hand verbleiben soll, wird das Nutzungseigentum nach Ausschreibung auf vertraglicher Basis an Private ausgegeben. Die Verträge sind nach Vogel kündbar oder befristet und vermögen die Nutzung bis in die Einzelheiten hinein festzulegen. Soweit ein zuvor Enteigneter das Nutzungsrecht wiedererlangen will, kann die Enteignungsentschädigung mit den Nutzungsgebühren verrechnet werden. Insbesondere dieser Teil der Vorschläge Vogels ist teilweise heftig kritisiert worden:660 Die Reformvorschläge seien rückwärtsgerichtet und müßten zu einer Immobilisierung des Bodens führen,661 sie stellten einen radikalen Bruch mit dem Verständnis des Eigentums als Freiheitsrecht dar und seien in ihrer Vereinbarkeit mit dem Menschenbild des Art. 1 GG zweifelhaft662 sowie ein Rückfall in die Zeiten der Feudalherrschaft663 und als entschädigungslose Sozialisierung664 ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 I GG665. Weiterhin sei diese Aufspaltung auch nicht mit dem geltenden Zivilrecht in Einklang zu bringen.666 Darüber hinaus wurde mit Blick auf Affären in der öffentlichen Verwaltung bezweifelt, daß die Gemeinnützigkeit der Bodenordnung wirklich durch die Überführung in kommunales Eigentum gesichert werden könne.667 Vogel, NJW 1972, S. 1545 ff. Vgl. die in Fn. 643 Genannten. 661 Hattenhauer, Vereintes und entzweites Eigentum, S. 87 und S. 90. 662 Hattenhauer, Die neue Ordnung, S. 254 ff., S. 265 f.\ 663 Baur, AcP 176 (1976), S. 181 ff., S. 198; Kroeschell, Lehre, S. 68; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 287. 664 Baur, vgl. Vorige Fn. 665 H. Westermann, Zulässigkeit, S. 72 ff.; Jahn, Verfügungseigentum, S. 238 ff.; Maunz, DÖV 1975, S. 1 ff., S. 4; Rüfner, JuS 1973, S. 593 ff., S. 594. Westermann, S. 71 weist darüber hinaus auf die große Ähnlichkeit der Vorschläge Vogels zur Rechtslage in der damaligen DDR hin. 666 Raiser, Funktionsteilung, S. 177 f. 667 Nawroth, Privateigentum, S. 333. 659 660

E. Die weiteren Wirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes

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Es soll an dieser Stelle nicht geprüft werden, ob die Kritik in allen Einzelheiten berechtigt ist. Entscheidend für diese Arbeit ist nur die Frage, ob sich auch hier eine Verbindung zum deutschen Eigentumsbegriff v. Gierkes feststellen läßt. Die Antwort ist eindeutig: Zum einen handelt es sich um eine Rückkehr zu dem geteilten Eigentum,668 das v. Gierke zur Verwirklichung der von ihm sog. inneren Kolonisation gefordert hatte.669 Zum anderen aber impliziert auch der von Vogel geforderte, von vornherein auf das der Gemeinschaft nützliche Maß reduzierte Eigentumsbegriff eine Rückkehr zum germanischen Eigentumsbegriff v. Gierkes.670 Noch weitergehend muß auch die Verleihung des Nutzungseigentums durch den Staat zum sozialnützlichen Gebrauch als Aufnahme des Gedankens von einem ursprünglichen Eigentum der Gemeinschaft an Grund und Boden betrachtet werden, demgegenüber das Individualeigentum nur ein Gebrauchsrecht darstellt.671 Gerade diese These hatte sich in der Vergangenheit als eine der durchschlagendsten Wirkungen des germanischen Eigentumsbegriffs bis hin zur Eigentumslehre des Nationalsozialismus672 erwiesen. Ohnehin legen die Formulierungen Vogels zumindest äußerlich eine Kontinuität nahe, wenngleich diese wohl nicht beabsichtigt war: Nachdem Vogel das Bodenrecht als verfehltes Produkt des Liberalismus gebrandmarkt und ein Eigentum in den Grenzen der Sozialverträglichkeit gefordert hatte, präsentierte er seine Vorschläge als Weg zu einem „geläuterten Eigentumsbegriff“673. Ähnlich hatte dies schon der Palandt im Jahre 1944 beschrieben: „§ 903 enthält das Ergebnis liberalistischen Rechtsdenkens. Mit seinem Eigentum frei schalten zu können war der Grundsatz; . . . Diese Anschauung ist überholt. § 903 ist deshalb entspr. der geläuterten Rechtsauffassung im Rahmen des Mögl. mit neuem Inhalt zu erfüllen. Das Belieben des Eigentümers darf nicht gegen den Grundsatz verstoßen: Gemeinnutz geht vor Eigennutz.“674 Die Parallelität in der Gedankenführung ist nicht zu übersehen. Es hat sich gezeigt, daß der Vorschlag Vogels – und damit auch der gleichlautende Beschluß des SPD-Parteitags – an eine Tradition anknüpfen, die in der Eigentumsdoktrin v. Gierkes ihre endgültige und für die Zukunft maßgebliche Ausformung gefunden hatte. Zutreffend charakterisiert Kroeschell den germanischen Eigentumsbegriff als „Waffe im rechtspolitischen Kampf, ein Stück rechtsgeschichtlicher Ideologie – jedem verfügbar, der sich seiner bedienen will, um sich damit gegenüber dem bürgerlichen Gegner von vornherein ins Recht zu setzen.“675 H. Westermann, Zulässigkeit, S. 27; zweifelnd Jahn, Verfügungseigentum, S. 235. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 497; Mayer-Maly, Eigentumsverständnis, S. 157 spricht von einer Wiederkehr der Rechtsfiguren. 670 Kroeschell, Lehre, S. 67. 671 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 494. 672 s. o. bei III f. 673 Vogel, NJW 1972, S. 1546. 674 Palandt-Hoche (6. Auflage), § 903 BGB, Anm. 1; vgl. dazu eingehend Rüthers, Auslegung, S. 352. 668 669

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

IV. Die Eigentumsteilung in der heutigen Zivilrechtsdogmatik Zum Abschluß stellt sich die Frage, ob der deutsche Eigentumsbegriff nicht über den Umweg einer stillschweigenden Eigentumsteilung wieder Eingang in die aktuelle Dogmatik des Zivilrechts gefunden hat und sich auf diese Weise eine schleichende Auflösung des abstrakten Eigentumsbegriffs vollzieht. Der Gedanke, daß die Ausformung von Rechtsinstituten wie dem Vorbehaltseigentum676 zu einer Aufspaltung des Eigentums in ein Verfügungs- und ein Nutzungseigentum führen soll, ist in jüngster Zeit mehrfach in der Literatur vorgetragen worden.677 Vorläufer dieser Betrachtung waren Heck678 und Raiser.679 Beide dürfen jedoch nicht, wie dies zum Teil geschieht,680 als Kronzeugen für eine Wiederbelebung des geteilten Eigentums herangezogen werden, da ihre jeweiligen Erörterungen nur eine oberflächliche Nähe zum geteilten Eigentum und damit zum deutschen Eigentumsbegriff aufweisen. Für Heck handelte es sich beim sog. Teilungsgedanken um eine Betrachtungsweise, mit der die verschiedenen, an einem bestimmten Gegenstand bestehenden Interessen erfaßt werden konnten.681 Der in einem Gegenstand verkörperte Lebenswert wurde gleichzeitig Mehreren zugänglich gemacht, wenn etwa Miteigentum oder Rechte anderer an der fremden Sache bestanden.682 Die daraus von Heck abgeleitete qualitative Gleichheit der Interessen führte dazu, daß er die Wesenverschiedenheit von Eigentum und dinglichen Rechten ablehnte683: Es handele sich nur um das Ergebnis eines historischen Prozesses, der seinen Anfang bei einem Generalbegriff der Sachherrschaft genommen und erst später zu einer Ausdifferenzierung geführt habe.684 Nur vor diesem Hintergrund sah Heck den Teilungsgedanken auch bei der Einräumung eines Anwartschaftsrechts verwirklicht.685 Zwar hatte auch v. Gierke für den deutschen Eigentumsbegriff in AnKroeschell, Lehre, S. 69. Vgl. zu den Problemen des Eigentumsvorbehalts Soergel-Mühl, § 929 BGB, Rdn. 30 ff. und Rdn. 65 ff. speziell zum Anwartschaftsrecht des Käufers. 677 So etwa, wenn auch mit Unterschieden in den Einzelheiten, Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 84 ff.; Gast, Eigentum, S. 96; Olzen, Probleme, S. 110 ff.; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 283 ff.; Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 154. 678 Heck, Grundriß, § 21, S. 81 ff. und § 23, S. 90 für die bedingte Fahrnisübereignung. 679 Raiser, Anwartschaften, S. 63 ff. und Funktionsteilung, S. 178 f. 680 Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 92 ff. 681 Ähnlich v. Thur, Allgemeiner Teil II 1, § 9, S. 62 ff. 682 Heck, Grundriß, § 21, S. 79. Auf eine Aufteilung des Lebenswertes stellen auch andere Autoren ab und bejahen deshalb eine Eigentumsteilung in den Fällen des Erbbaurechts und des Dauerwohnrechts: so etwa Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 286 f. und Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 141 f., jeweils m. w. N. 683 Heck, vgl. vorige Fn.. Ihm folgend etwa Soergel-Mühl, Einleitung zum Sachenrecht, Rdn. 3 m. w. .N. 684 Heck, Grundriß, S. 80 f. 685 Heck, Grundriß, § 24, S. 92. 675 676

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spruch genommen, daß dieser keinen qualitativen Unterschied zwischen Eigentum und begrenzten dinglichen Rechten gekannt habe.686 Da Heck seine Ansicht aber lediglich als eine Funktionsbetrachtung687 verstand und keine rechtlichen Folgen daraus ableitete, kann sein Teilungsgedanke nicht als Wiederkehr der Rechtsfigur des geteilten Eigentums im geltenden Recht angesehen werden. Raiser hingegen sprach im Hinblick auf das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers von einer zeitlichen Teilung des Eigentums und lehnte jeden Vergleich mit der historischen Rechtsfigur des geteilten Eigentums als irreführend ab.688 Auch gegenüber dem Anwartschaftsberechtigten müsse allein der Veräußerer weiterhin als Eigentümer mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen betrachtet werden.689 Eine bewußte Anknüpfung Hecks oder Raisers an den deutschen Eigentumsbegriff läßt sich nicht nachweisen.690 Andere Autoren stellen ihre Ausführungen zum geteilten Eigentum bewußt in die Tradition des deutschen Eigentumsbegriffs, indem sie dies entweder ausdrücklich betonen691 oder ihrer Analyse des Teilungsgedankens im geltenden Recht einen historischen Teil voranstellen, in dem das Fortleben des Teilungsgedankens in der Germanistik des 19. Jahrhunderts beschrieben und ausdrücklich auf die rechtspolitischen Zielsetzungen v. Gierkes Bezug genommen wird.692 Angesichts der eindeutigen Ablehnung einer Eigentumsteilung im Rahmen der Gesetzgebungsarbeiten zum BGB693 – dies sei der folgenden Erörterung vorausgeschickt – ist es zumindest überraschend, wenn diese grundlegende Entscheidung des Gesetzgebers unter Berufung auf die Germanistik des 19. Jahrhunderts nicht akzeptiert v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 495 f. Heck, Grundriß, § 21, S. 79; ähnlich Gast, Eigentum, S. 96, der das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers als Funktionseigentum bezeichnet. 688 Raiser, Anwartschaften, S. 66 f. 689 Raiser, Anwartschaften, S. 68. Serick, Eigentumsvorbehalt I, § 10, S. 208, hält in diesem Punkt Raisers Ausführungen für widersprüchlich, weil auch bei der zeitlichen Teilung des Eigentums dieses gespalten werde und der Veräußerer deshalb nicht Volleigentümer bleiben könne. 690 Dies gilt auch für die spätere Abhandlung Raisers über die Funktionsteilung des Eigentums, S. 170 ff. Dort nähert sich Raiser der Anschauung Hecks, wenn er ebenfalls auf die wirtschaftliche Funktion von Rechten abstellt und eine Funktionsteilung schon für die Fälle annimmt, in denen dem Besitzer nur ein Recht zum Besitz gem. § 986 I BGB auf schuldrechtlicher Grundlage zusteht. Das bedeutet aber, daß es hier nicht um eine strukturelle Betrachtung, sondern nur um die Darstellung der Tatsache geht, daß eine Sache mehreren Personen zugleich nützlich sein kann. Wenn Raiser darüber hinaus aus dem auf umfassender Sachherrschaft beruhenden Eigentumsbegriff ableitet, daß der Funktionsteilung auch eine Änderung des Eigentums selbst korrespondiere, da die rechtlichen Möglichkeiten des Eigentümers gemindert seien, so geht dies fehl. Das Eigentum ist nur, wie im ersten Teil dieser Arbeit ausgeführt, begrifflich die umfassende Sachherrschaft. Änderungen der Befugnisse des Eigentümers betreffen nur den Inhalt des Eigentums und nicht dessen Begriff. 691 Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 283. 692 Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 31 ff. und S. 144 ff. 693 Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 143; ausführlich dazu oben S. 258 f. 686 687

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wird.694 Dabei bleibt die Tatsache, daß die Germanistik einen vom geltenden Zivilrecht völlig unterschiedlichen Eigentumsbegriff hatte, unberücksichtigt. Dies erinnert an die Ausführungen v. Gierkes, der die Bedeutung des geteilten Eigentums für die Zukunft des bürgerlichen Rechts unmittelbar auf dessen Vergangenheit stützte.695 Der Hinweis auf die Vergangenheit ist jedenfalls nicht geeignet, die aktuelle Gesetzeslage zu entkräften. Der Thematik dieses Abschnitts entsprechend wird nun zu prüfen sein, ob sich im geltenden Recht Institute finden, in denen der deutsche Eigentumsbegriff gleichsam inkognito fortlebt. Dabei kann es nur um einzelne Erscheinungen gehen; daß dem BGB ein Eigentumsbegriff in der Form des ungeteilten und durch umfassende Sachherrschaft gekennzeichneten Volleigentums zugrunde liegt, ist bereits im ersten Teil dieser Arbeit ausführlich begründet worden.696 Im folgenden soll daher auch nicht untersucht werden, ob der Eigentumsbegriff des Zivilrechts nicht doch eines der vielen Elemente des deutschen Eigentumsbegriffs aufgenommen hat. Fraglich ist nur, ob das geteilte Eigentum in seiner historischen Gestalt überhaupt eine Verwandtschaft zu aktuellen Rechtsinstituten aufweist.

1. Rechte des Eigentümers an seiner Sache als Wiederkehr der Enumerations- oder Summentheorie? Unter Hinweis auf die §§ 889, 1009, 1196, 1199 BGB wird bis heute in der Literatur697 die These vertreten, die Möglichkeit des Eigentümers, ein Recht an seinem eigenen Grundstück zu erwerben, sei Ausfluß des deutschrechtlichen Grundsatzes der Teilbarkeit des Eigentums.698 Auch die Rechtsprechung hat vereinzelt, einem Beschluß des Reichsgerichts aus dem Jahre 1933699 folgend, in derselben Weise argumentiert.700 Hintergrund ist der mehrfach angesprochene Zusammenhang zwischen dem abstrakten Eigentumsbegriff und der Unmöglichkeit einer Teilung des Eigentums701: Da das abstrakte Eigentum nicht in einzelne selbständige BefugSo aber Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 84. v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 497, sprach in einem Atemzug von der welthistorischen Mission des geteilten Eigentums in der Vergangenheit und dessen Verwendung bei der inneren Kolonisation in der Zukunft. 696 s. o. im 1. Teil. 697 Soergel-Stürner, § 889 BGB, Rdn. 1; Olzen, Probleme, S. 113; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 283. 698 Ob der Teilungsgedanke, den schon v. Gierke, DPR II, § 120, S. 358 f., für das deutsche Eigentum in Anspruch nahm, wirklich deutschrechtlicher Natur ist, kann zumindest bezweifelt werden: Wie Landsberg, Glosse des Accursius, 2. Theil, II, § 2, S. 96, im einzelnen nachgewiesen hat, findet sich schon bei dem Glossatoren Placentinus die Beschreibung des Eigentums durch die dem Eigentümer zustehenden verschiedenen Rechte und damit ein frühes Beispiel für die sog. Summentheorie. 699 RGZ 142, S. 232 ff., S. 235. 700 LG Koblenz, NJW 1961, S. 1821 f. m. w. N. aus der Rechtsprechung. 694 695

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nisse zerfällt, ist auch eine Verteilung des Eigentums auf mehrere Personen nur in der Form der Bruchteilsgemeinschaft oder der Gesamthandsgemeinschaft möglich, nicht aber durch eine Spaltung in unterschiedliche Berechtigungen. Die im gemeinen Recht noch vorherrschende sog. Summen- oder Enumerationstheorie hatte eine Spaltung des Eigentums in verschiedene Bestandteile, die beide Eigentum blieben, noch gestattet und so das geteilte Eigentum ermöglicht. Sollte sich das Recht des Eigentümers an der eigenen Sache wirklich nur durch die Summentheorie erklären lassen, so wäre dies zumindest ein deutlicher Hinweis für die nicht lükkenlose Durchführung des abstrakten Eigentumsbegriffs im BGB und gleichzeitig für die fortbestehende Bedeutung des Teilungsgedankens.702 In diesem Punkt hätte dann der deutsche Eigentumsbegriff Eingang in das BGB gefunden. Die Rechte des Eigentümers an der eigenen Sache sind jedoch kein Beweis für die fortbestehende Spaltbarkeit des Eigentums und die lückenhaft Durchführung des abstrakten Eigentumsbegriffs im BGB. So ist es nicht richtig, wenn Olzen703 behauptet, schon im Rahmen der Gesetzgebungsarbeiten zum BGB sei ein Widerspruch zwischen abstraktem, unteilbarem Eigentum und dem § 889 BGB (§ 835 des Entwurfes), der eine Konsolidation verhindert, offen zu Tage getreten. Vielmehr stellte schon die erste Kommission fest, daß der Grundsatz „nulli res sua servit“, demzufolge Rechte an fremder Sache zwingend erlöschen müssen, wenn sie sich mit dem Eigentum vereinigen,704 weder im klassischen römischen Recht705 noch im seinerzeit geltenden Recht streng durchgehalten worden war. Auch für das BGB erzwangen praktische Notwendigkeiten die Anerkennung von Rechten an der eigenen Sache. Die juristische Konstruktion wurde im Hinblick auf den Eigentumsbegriff des Entwurfs für möglich erachtet, jedoch in den Einzelheiten der Wissenschaft überlassen.706 Ungeachtet der vielfältigen von der Literatur zu dieser Frage vertretenen Meinungen707 hat sich heute die Auffassung durchgesetzt, daß Rechte an eigener Sache in großem Umfang zulässig sind.708 Nichtsdestoweniger lassen sich diese zwanglos dogmatisch erfassen, wenn man sie wie 701 Auf diesen Zusammenhang weisen Olzen, Probleme, S 113 ff. und Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 283 sowie S. 292 ausdrücklich hin. 702 Dies verkennt Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 86, wenn er sein Unverständnis gegenüber der Ansicht von Olzen und Strauch äußert und ihnen vorhält, daß bei einem Recht des Eigentümers an der eigenen Sache gerade keine Teilung des Eigentums stattfindet. Die sog. Summentheorie war – und dies wurde auch bei den Gesetzgebungsarbeiten zum BGB so gesehen, Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 145 – die theoretische Grundlage der Eigentumsteilung. Daher wären Reste der Summmentheorie im BGB für die Frage nach dem Schicksal des geteilten Eigentums sehr wohl relevant. 703 Olzen, Probleme, S. 113 ff. 704 Staudinger-Gursky, § 889 BGB, Rdn. 1. 705 Vgl. Kaser, Römisches Privatrecht I, § 106, S. 452, Fn. 54; Windscheid / Kipp, Pandekten I, § 215, 1095, Fn. 9, 10 und § 248, S. 1249 ff. 706 Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 111 ff. 707 Vgl. die Zusammenstellung bei Staudinger-Gursky, Fn. 704., Rdn. 5. 708 MüKo-Wacke, § 889 BGB, Rdn. 2 ff.; Soergel-Stürner, § 889 BGB, Rdn. 1.

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ein eigenständiges, einer fremden Person zustehendes Recht behandelt.709 Es handelt sich dann um den mittlerweile anerkannten Fall einer Doppelwirkung im Recht, hier einer Befugnis aus zwei Rechtsgründen.710 Der Verweis auf die Summentheorie ist überflüssig; ein Ansatz für eine Eigentumsteilung findet sich nicht.

2. Der Teilungsgedanke im Schadensersatzrecht Einen weiteren Anhaltspunkt für das Fortleben des Teilungsgedankens sehen einige Autoren711 in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes712, die unter bestimmten Voraussetzungen bei Beschädigung oder Zerstörung einer Sache auch den Nutzungsausfall als erstattungsfähigen Schaden betrachtet, selbst wenn sich dieser nicht bspw. durch die Anmietung eines Ersatz-Kfz materialisiert hat. Sie stützen sich auf die Kritik an der höchstrichterlichen Rechtsprechung:713 Dem Bundesgerichtshof wird entgegengehalten, die Nutzungsmöglichkeit sei bereits vom Eigentum umfaßt und deshalb durch den Ersatz für die Beschädigung der Sachsubstanz mit abgegolten. Der Ersatz für den Nutzungsausfall sei nur dann zu erklären, wenn die Nutzung als neben dem bloßen Innehaben stehende selbständige Berechtigung verstanden würde.714 Damit nähere sich der Bundesgerichtshof, wenn auch unausgesprochen, der von den Verfassern des BGB ausdrücklich verworfenen Summentheorie und damit zugleich einer Teilbarkeit des Eigentums.715 Mit diesem Rückgriff auf die Teilungstheorie machen sich die Kritiker der Rechtsprechung stillschweigend zugleich die Vorstellung v. Gierkes zu eigen, der das abstrakte, alle möglichen Befugnisse in sich aufnehmende Eigentum des BGB für einen „Aberglauben“ hielt und stattdessen von der Gleichwertigkeit des Eigentums mit den dinglichen Rechten, die er als Absplitterung vom Eigentum bezeichnete, ausging.716 Von dieser Gleichwertigkeit aller an einer Sache möglichen Rechte ist es aber nur ein Schritt zur Aufspaltung des Eigentums in seine Bestandteile und

MüKo-Wacke, wie vorige Fn.. So schon Delbrück, ArchBürgR 39 (1913), S. 406 ff., S. 419; Staudinger-Gursky, Fn. 704. 711 Olzen, Probleme, S. 110 ff.; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 284 f. 712 Grundlegend der Beschluß des großen Senats für Zivilsachen, BGHZ 98, S. 212 ff., S. 217 ff. 713 Vgl. die Nachweise bei Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 88, Fn. 30 und Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 284, Fn. 71. 714 Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 88; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 284. 715 Olzen, Probleme, S. 110. Dies wird wiederum von Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 89 nicht als Anwendungsfall des geteilten Eigentums gesehen, weil keine Aufteilung des Eigentums auf verschiedene Rechtsinhaber stattfinde. Erneut übersieht er, daß die Summentheorie erst eine Eigentumsteilung möglich macht und deshalb eine Wiederkehr des geteilten Eigentums durch eine Auflösung des abstrakten Eigentumsbegriffs zumindest begünstigt würde. 716 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 495 f. 709 710

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der Behauptung der Selbständigkeit der dann verbleibenden Reste des früheren Volleigentums. M. E. handelt es sich um ein Mißverständnis, wenn aus der Gewährung der abstrakten Nutzungsausfallentschädigung auf eine Abweichung vom abstrakten Eigentumsbegriff geschlossen wird. Unabhängig davon, ob die Ersatzfähigkeit des Nutzungsausfalls aus anderen Gründen dogmatisch oder rechtspolitisch zu rechtfertigen ist,717 handelt es sich lediglich um eine Frage der Schadensberechnung bei Eingriffen in das Eigentum, nicht aber um die Erhebung der Nutzungsmöglichkeit in den Rang eines selbständigen Rechtes neben dem Recht an der Sachsubstanz.718 Der Bundesgerichtshof erkennt ausdrücklich an, daß die Nutzungsmöglichkeit als funktionale Zuweisung im vermögenswerten Recht mitgeschützt ist719 und verläßt so den Boden des abstrakten Eigentumsbegriffs nicht. Mit der Zubilligung der Nutzungsausfallentschädigung möchte der Bundesgerichtshof lediglich der Tatsache Rechnung tragen, daß eine Schadensberechnung nach der Differenzhypothese in Einzelfällen nicht geeignet ist, den Schaden bilanziell vollständig zu erfassen und deshalb eine normative Korrektur vorgenommen werden muß.720 Entscheidend ist die Erwägung, daß der Nutzungsausfall sich immer schon unabänderlich verwirklicht, während es unklar bleibt, ob damit eine nach der Wiederherstellung verlängerte Lebensdauer des beschädigten Gegenstandes korrespondiert. Da für den Rechtsverkehr die Nutzung eines Gegenstandes von erheblicher, auch vermögenstechnischer, Bedeutung ist, mußte sich dies in der Höhe des Schadensersatzes bei Beschädigung oder Zerstörung einer Sache niederschlagen.721 Von einer Verselbständigung der Nutzungsbefugnis ist an keiner Stelle die Rede. Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur abstrakten Nutzungsausfallentschädigung bietet daher keinen Anlaß, über eine Wiederkehr der Summentheorie und der Teilbarkeit des Eigentums nachzudenken. Vielmehr enthält diese Rechtsprechung keine Aussage über das Eigentum, die nicht mit dem abstrakten Eigentumsbegriff des BGB vereinbar wäre und auf eine Selbständigkeit der Nutzungsbefugnis des Eigentümers hindeutete.

3. Geteiltes Eigentum beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt? Wie schon zu Anfang dieses Abschnitts erwähnt, ist es gerade das Anwartschaftsrecht desjenigen, der eine Sache unter Eigentumsvorbehalt kauft, das häufig 717 Vgl. MüKo-Grunsky, Vor § 249 BGB, Rdn 17 ff. und Soergel-Mertens, Vor § 249 BGB, Rdn. 77 ff., jeweils m. w. N., die der Rechtsprechung im wesentlichen folgen. 718 So aber Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 284. 719 BGHZ 98, S. 212 ff., S. 218.; vgl. auch S. 220 mit der Feststellung, daß der Gebrauchswert nicht vom Substanzwert abgespalten werden könne. 720 BGH, wie Fn. 719. S. 217 f. 721 BGH, wie Fn. 719, S. 219 ff.

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

eine Diskussion um den Eigentumsbegriff des Zivilrechts inspiriert hat.722 Immer wieder ist auch der Teilungsgedanke herangezogen worden, um das Nebeneinander von Eigentum und Anwartschaftsrecht genau zu erfassen.723 Dies geschah jedoch vor allem im Hinblick auf die Teilung des im Eigentum selbst verkörperten Interessengehalts und damit nur bezogen auf den Nutzen eines Gegenstandes, nicht aber im Sinne der historischen Eigentums-teilung mit der ihr zugehörigen rechtlichen Spaltung in zwei verschiedene Eigentumszuweisungen an einer Sache. Einige Autoren knüpfen direkt an das geteilte Eigentum in seiner historischen Gestalt an724 und machen so deutlich, daß hier eine direkte Verbindung zur heutigen Rechtslage beim Eigentumsvorbehalt gesehen wird. Die Rechtsprechung hat bisher eine eindeutige dogmatische Einordnung vermieden und das Anwartschaftsrecht als Vorstufe zum Eigentum und als wesensgleiches Minus bezeichnet.725 Die herrschende Lehre begreift das Anwartschaftsrecht überwiegend, wenn auch mit Unterschieden in den Formulierungen, als Recht an einer fremden Sache.726 Auf dieser Grundlage sind auch immer wieder Einwände gegen die Konstruktion einer Eigentumsteilung erhoben worden, weil diese nicht mit der Konstruktion des Eigentumsvorbehalts als aufschiebend bedingter dinglicher Einigung, die das Eigentum bis zum Bedingungseintritt beim Veräußerer beläßt,727 und damit auch nicht mit dem unteilbaren Eigentum des BGB vereinbar sei.728 Diese Kritik läßt sich auch nicht mit dem Argument entkräften, daß es sich hier um eine petitio principii handele, weil erst zu beweisen wäre, daß das BGB wirklich von der Unteilbarkeit des Eigentums ausgehe.729 Bei den Vorarbeiten zum BGB wurde nicht nur eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß es nur ein unteilbares Eigentum geben könne,730 sondern auch die Konstruktion einer bedingten Einigung bei der Eigentumsübertragung war bereits vorgesehen.731 Auch wenn das 722 MüKo-Säcker, § 903 BGB, Rdn. 10 bezeichnet das Anwartschaftsrecht als paradigmatisch für die Probleme, die der abstrakte Eigentumsbegriff bei mehraktigen Veräußerungsvorgängen aufwirft. Das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers wird im folgenden stellvertretend für alle Konstellationen, in denen Anwartschaftsrechte bestehen, herangezogen. Vgl. auch die Darstellung der Diskussion bei Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 92 ff. 723 Neben Heck und Raiser etwa Soergel-Mühl, Einleitung zum Sachenrecht, Rdn. 26; Baur / Stürner, Sachenrecht, § 59, Rdn. 33; Wieling, Sachenrecht, § 17, S. 775. 724 Krauss, Geteiltes Eigentum., S. 98 ff.; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 288 f.; Wiegand, Zur theoretischen Begründung, S. 154. 725 BGHZ, 28, S. 16 ff., S. 21; 30, S. 374 ff., S. 377; 34, S. 122 ff., 124, verbunden mit der Feststellung, daß es sich nicht um ein neues Recht an fremder Sache handele. 726 Staudinger-Honsell, § 455 BGB, Rdn. 34 m. w. N. 727 So bspw. Larenz, Schuldrecht II / 1, § 43 S. 113, Fn. 27 oder Flume, Rechtsgeschäft, § 39, S. 705 f. 728 So bspw. Georgiades, Eigentumsanwartschaft, S. 102 f. oder Serick, Eigentumsvorbehalt I, § 10, S. 209. 729 So aber Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 98. 730 Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 145. 731 Motive, wie vorige Fn., S. 186.

E. Die weiteren Wirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes

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erst später, beginnend mit der Rechtsprechung des Reichsgerichts732, entwickelte Anwartschaftsrecht733 naturgemäß keine Berücksichtigung im BGB finden konnte, so kann dennoch die gesetzgeberische Grundentscheidung nicht einfach beiseite geschoben werden. Vielmehr muß dem geltenden Recht folgend zunächst eine dogmatische Lösung für das Problem des Anwartschaftsrechts gesucht werden, die den Strukturen des Gesetzes folgt.734 Daher kann nicht ohne weiteres eine rechtliche Teilung des Eigentums behauptet werden, insbesondere wenn andere, gesetzeskonforme Konstruktionen zur Verfügung stehen. Ein Rückgriff auf die Eigentumsteilung früherer Zeiten wäre nur dann geboten, wenn die Parallele von Anwartschaftsrecht und geteiltem Eigentum zwingend erschiene. Allerdings spricht einiges gegen die vor allem von Olzen735 und Krauss736 vehement verfochtene These einer Wiederkehr der Eigentumsteilung. Das Nebeneinander von Eigentum und Anwartschaftsrecht soll, anders als das geteilte Eigentum, keine dauerhafte Verteilung von Grund und Boden gewährleisten. Vielmehr stellt es nur einen Übergangszustand im Rahmen des Eigentumserwerbs, eben nur eine Vorstufe zum Volleigentum dar.737 Dem entspricht auch die unterschiedliche Interessenlage: Sowohl Eigentümer als auch Anwartschaftsberechtigter müssen dafür Sorge tragen, den Übergangszustand möglichst schnell zu beenden, haben aber ansonsten keine gemeinsamen Interessen. Hingegen stehen Ober- und Untereigentümer in einer Art dauerhafter Rechtsgemeinschaft. 738 Das historische Bild des geteilten Eigentums ist auch davon geprägt, daß es dazu diente das Lehnsrecht sachenrechtlich zu erfassen.739 Die Lehnsverfassung sah vielfältige Rechte und Pflichten von Ober- und Untereigentümer vor, die dem gemeinsamen Wohl beider dienten und einen Wechsel von Lehnsgeber bzw. –nehmer verhindern sollten. 740 Allein deshalb ist das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers nicht mit dem Unter- oder Nutzeigentum zu vergleichen. Darüber hinaus ist das Anwartschaftsrecht in seinem Bestand vom zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vertrag abhängig.741 Auch dies spricht gegen eine Verfestigung der Position des Anwartschaftsberechtigten. RGZ 140, S. 223 ff. Zur geschichtlichen Entwicklung dieses Instituts Soergel-Mühl, Einleitung zum Sachenrecht, Rdn 25 und § 929 BGB, Rdn. 65 f. 734 Soergel-Baur, § 903 BGB, Rdn. 6 f., der sich angesichts der eindeutigen Entscheidung des Gesetzgebers gegen jede Form der Eigentumsteilung wendet. 735 Olzen, Probleme, S. 123. 736 Krauss, Geteiltes Eigentum., S. 98 ff. 737 Darauf weist auch Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 289 hin, der ansonsten vielfach eine Wiederkehr des geteilten Eigentums befürwortet. 738 Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 288. 739 Vgl. den 18. Titel des ersten Teils des Pr. ALR. 740 Beim Lehen standen sich Schutzpflicht des Lehensherren und Treuepflicht des Vasallen gegenüber, I 18 § 13 pr. ALR. 741 Soergel-Mühl, § 929 BGB, Rdn. 66; Baur / Sürner, Sachenrecht, § 59, Rdn. 4. 732 733

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

Vor diesem Hintergrund ist es nicht möglich, das Nebeneinander von Eigentümer und Anwartschaftsberechtigtem mit dem geteilten Eigentum als historischer Erscheinung gleichzusetzen. Es ist sogar zu befürchten, daß dieser Vergleich geeignet ist, die unterschiedlichen Interessenlagen zu verschleiern und deshalb Lösungen von dogmatischen Problemen zu erschweren, zumal Verfügungs- und Nutzungsbefugnis schon wegen deren wechselseitiger Abhängigkeit nicht auf Dauer getrennt werden können.742 Ohnehin ist die Heranziehung des Teilungsgedankens überflüssig: Auch unter Beibehaltung des abstrakten Eigentumsbegriffs ist eine Gleichstellung der Position eines Anwartschaftsberechtigten im Wege der Analogie mit der eines Eigentümers nicht ausgeschlossen.743

4. Sicherungseigentum und Teilungsgedanke Auch in dem Fall, daß das Eigentum zur Sicherung einer Forderung gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB übertragen wird, sehen einige Autoren entgegen der ganz herrschenden Lehre744 eine Auflösung des Volleigentums nach dem BGB zugunsten eines geteilten Eigentums.745 Dies geschieht zum einen wegen der mit dem Eigentumsvorbehalt vergleichbaren Entstehung eines Anwartschaftsrechts746 infolge einer auflösend bedingten Einigung.747 Teilweise wird die Parallele zum geteilten Eigentum auch ausdrücklich auf diese Variante beschränkt, da ansonsten eine dem früheren Nutzungseigentum vergleichbare Verfestigung fehle.748 Zum anderen wird – unabhängig von dem Vorliegen einer bedingten Einigung – mit Blick auf die auch dann dem Sicherungsgeber zustehenden Rechte749 von einer Eigentumsteilung gesprochen.750 Im folgenden soll auf diesen Unterschied in der Konstruktion und die damit verbundenen Streitigkeiten über eine Vermutung zugunsten einer bedingten Einigung751 nicht weiter eingegangen werden, zumal der Regelfall in der Geschäftspraxis mittlerweile die unbedingte Übereignung ist.752 EntscheiHattenhauer, Vereintes und entzweites Eigentum, S. 89 f. Soergel-Baur, § 903 BGB, Rdn. 10 für das Sicherungseigentum; dem Grundgedanken nach gilt dies aber auch für den Eigentumsvorbehalt. 744 MüKo-Quack, Anhang nach §§ 929 – 936 BGB, Rdn. 5; Soergel-Baur, § 903 BGB, Rdn. 9, jeweils m. w. N. 745 Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 103 ff.; Gernhuber, JuS 1988, S. 355 ff., S. 359; Olzen, Probleme, S. 114 ff.; Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 287 f. 746 Soergel-Mühl, § 930 BGB, Rdn. 26. 747 Olzen, Probleme, S. 114. 748 Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 108. 749 Vgl. MüKo-Quack, Anhang nach §§ 929 – 936 BGB, Rdn. 62 ff. m. w. N. sowie Olzen, Probleme, S. 119. 750 Gernhuber, wie Fn. 745. und Strauch, wie Fn. 748; wohl auch Olzen, wie vorige Fn. 751 Vgl. MüKo-Quack, wie Fn. 749., Rdn. 20 f. m. w. N. 752 Soergel-Mühl, § 930 BGB, Rdn. 78. 742 743

E. Die weiteren Wirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes

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dend ist nur die Frage, ob die Sicherungsübereignung – gleich welche Abrede die Parteien getroffen haben – zu einer Aufspaltung des Eigentums in Verfügungs- und Nutzungseigentum führt und damit die deutschrechtliche Vorstellung von der Gleichwertigkeit aller möglichen Herrschaftsrechte an einer Sache wieder auflebt. Bereits der Ausgangspunkt der Mindermeinung ist jedoch problematisch. Aufgrund der vielfältigen Rechte des Sicherungsgebers – er darf die Sache weiter benutzen, der Sicherungsnehmer ist ihm gegenüber schuldrechtlich durch die Sicherungsabrede weitgehend gebunden und ihm steht gegenüber Gläubigern des Sicherungsnehmers die Drittwiderspruchsklage nach § 771 BGB zu753 – wird die Eigentumsstellung des Sicherungsnehmers nicht mehr als Eigentum im Sinne des § 903 BGB angesehen.754 Zum Teil wird auf die von der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofes entwickelte und später vom Reichsgericht übernommene Gegenüberstellung von wirtschaftlichem und formaljuristischem Eigentum755 zurückgegriffen.756 Schließlich werden auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der bisweilen zwischen Voll- und Sicherungseigentum unterscheidet757 oder von Treuhandeigentum spricht758,Ansätze für eine Eigentumsteilung gesehen.759 Den Zweifeln an der Vereinbarkeit des Sicherungseigentums und insbesondere der Rechtsstellung des Sicherungsnehmers mit dem Eigentumsbegriff des BGB ist zunächst entgegenzuhalten, daß schon bei den Gesetzgebungsarbeiten zum BGB sehr wohl die Möglichkeit eines Sicherungseigentums bedacht wurde.760 Zwar lehnte die erste Kommission eine Rechtsübertragung zu Sicherungszwecken noch als Umgehung der Pfandrechtsvorschriften und als nicht ernstlich gemeintes Rechtsgeschäft ab.761 Die zweite Kommission erkannte ausdrücklich das Bedürfnis für die Eigentumsübertragung im Wege des Besitzkonstituts als Sicherheit für eine Forderung an und verwies auf eine gleichlautende Rechtsprechung des Reichsgerichts. Ausdrücklich wurde festgestellt, daß es sich um eine wirkliche Eigentumsübertragung, nicht nur um ein Scheingeschäft, handele. Jede Einbeziehung des Sicherungszwecks in die Wertung der Eigentumsübertragung sei demgegenüber Vgl. Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 104 ff. Olzen, Probleme, S. 116; Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 104 ff.; Gernhuber, JuS 1988, S. 355 ff., S. 359, spricht von einem Treuhandeigentum mit geminderter Zuordnung. MüKoQuack, wie Fn. 749, Rdn. 5 und 13 stimmt zwar der herrschenden Lehre vom Volleigentum des Sicherungsnehmers zu, bezweifelt aber, daß dieses als zu bestimmten Zwecken und nur vorübergehend erworbene Eigentum noch den Vorstellungen des BGB entspricht. 755 Reichhaltige Nachweise aus der Rechtsprechung beider Gerichte bei Stier, Eigentum, S. 4 ff. 756 Wieling, Sachenrecht, § 18, S. 811 und Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 287, jeweils m. w. N. 757 BGHZ 47, S. 233 ff., S. 245. 758 BGH, WM 1977, S. 79 f., S. 79. 759 Soergel-Mühl, § 930 BGB, Rdn. 22. 760 Vgl. zur Gesetzgebungsgeschichte umfassend Olzen, Eigentum, S. 116 f. 761 Motive, abgedruckt bei Mugdan III, S. 186. 753 754

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

eine Durchbrechung des Abstraktionsgrundsatzes.762 Das Sicherungseigentum ist daher auch keine Rechtsfortbildung praeter legem763, die entgegen den erklärten Absichten des Gesetzgebers eine Auflösung des Eigentumsbegriffs zur Folge haben müßte. Wenn demgegenüber auf die eingeschränkte Rechtsstellung des Sicherungsnehmers abgestellt wird, vor allem auf dessen Bindung gegenüber dem Sicherungsgeber,764 so vernachlässigt diese Ansicht die Tatsache, daß diese Bindungen lediglich schuldrechtlicher Natur sind.765 An der schon von der zweiten Kommission ausgesprochenen Unabhängigkeit der Eigentümerstellung von solchen Bindungen und dem Hinweis auf den Abstraktionsgrundsatz hat die zwischenzeitliche Rechtsentwicklung nichts ändern können. Deshalb ist es auch bedenklich, wenn das Sicherungseigentum des Gläubigers mit dem Hinweis relativiert wird, daß dies kein volles Eigentum sei, wie es im Wege des Güterumsatzes erworben werde, oder daß der Gläubiger eigentlich gar nicht Eigentümer sein wolle.766 Darauf kommt es für die Frage nach der Eigentümerstellung gar nicht an. Das Eigentum gewährt seinem Inhaber, wie im ersten Teil dieser Arbeit dargestellt, die Möglichkeit jeglichen Gebrauchs, aber auch Nichtgebrauchs der Sache. Der Eigentümer kann der Sache jeglichen, von ihm gewünschten Zweck verleihen. Wenn er nun eine Sache zu eigen hat, sie aber gleichzeitig einem anderen überläßt, um sie im Falle einer wirtschaftlichen Krise wieder vollständig an sich zu nehmen, so gehört auch diese Möglichkeit zum Eigentum und hat nicht etwa eine Art minderen Eigentums zur Folge. Nach alledem führt also auch die Sicherungsübereignung, unabhängig davon, ob sie bedingt oder unbedingt erfolgt, nicht zu einer Auflösung des Eigentumsbegriffs, die durch den Teilungsgedanken beschrieben werden müßte. Ohnehin wäre es – wie schon beim Anwartschaftsrecht des Vorbehaltsverkäufers – verfehlt, von einer Eigentumsteilung zu sprechen, weil auf diese Weise der Eindruck erweckt würde, es handele sich bei den Beteiligten um eine auf Dauer angelegte Rechtsgemeinschaft.767 Dies würde jedoch den von den Parteien verfolgten gegensätzlichen Interessen und dem auf Rückgabe des Sicherungsgutes in bestimmter Zeit gerichteten Zweck des Rechtsverhältnisses nicht gerecht.

5. Geteiltes Eigentum im Mietrecht? Schließlich wird im Hinblick auf die Wohnraummiete in ihrer heutigen Ausgestaltung durch die §§ 535 ff. BGB behauptet, das Recht des Mieters am Gebrauch 762 763 764 765 766 767

Protokolle, abgedruckt bei Mugdan III, S. 626 f. So aber MüKo-Quack, Anhang nach §§ 929 – 936 BGB, Rdn. 13. Vgl. die in Fn. 1881 Genannten. Soergel-Baur, § 903 BGB, Rdn. 10. So Baur / Stürner, Sachenrecht, § 57, Rdn. 2 f. So aber Strauch, Geteiltes Eigentum, S. 288.

E. Die weiteren Wirkungen des deutschen Eigentumsbegriffes

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der Wohnung habe so sehr einen dinglichen Charakter erhalten, daß man von einem zwischen Vermieter und Mieter geteilten Eigentum sprechen müsse.768 Zum Beweis werden vor allem die Mieterschutzbestimmungen der §§ 574 ff BGB, der dem Mieter nach den §§ 859 ff BGB zustehende Besitzschutz und die wirtschaftliche Verwertung durch Untervermietung i. S. d. § 540 BGB, die ausschließlich dem Mieter zusteht, angeführt.769 Gleichzeitig wird auf die schon früh nach der Schaffung des BGB einsetzende Diskussion um die Dinglichkeit der Miete zurückgegriffen.770 Darin liegt zugleich auch eine Anknüpfung an v. Gierkes Kritik am Entwurf des BGB, dem er vorwarf, Mieter und Pächter nicht genug zu schützen. Deren berechtigten Interessen konnte nach v. Gierke nur durch Konstruktion beider Rechte als dingliche Rechte des Mieters bzw. Pächters Rechnung getragen werden. In diesem Zusammenhang forderte v. Gierke auch die Wiederbelebung des geteilten Eigentums.771 Bereits der Verweis auf die angebliche Verdinglichung der Miete ist problematisch. Die ganz herrschende Lehre betrachtet die Miete als reines Schuldverhältnis.772 Dies wird im Gesetz schon durch die Aufnahme des Mietrechts in den besonderen Teil des Schuldrechts – abweichend vom Pr.ALR als einem der Vorläufer des BGB773 – deutlich. Demgegenüber vermögen die für eine Dinglichkeit der Miete angeführten Argumente nicht zu überzeugen. So fließt der Besitzschutz des Mieters nicht aus der mietrechtlichen Beziehung zum Vermieter, sondern nur aus dem Besitz.774 Es handelt sich um den jeder tatsächlichen Herrschaftsbeziehung vom Gesetz zum Zwecke der Wahrung des Rechtsfriedens gewährten Schutz775 und nicht etwa um eine gesetzliche Anerkennung der Miete als Recht gegenüber jedermann. Weiterhin ist dem Mieter durch die vertragliche Überlassung der Mietsache keineswegs eine eigentumsgleich ausgestaltete Nutzungsbefugnis eingeräumt.776 So gewährt die Miete gem. § 535 BGB dem Mieter nur den Gebrauch, nicht auch den Fruchtgenuß. Was als Gebrauch der Mietsache anzusehen ist, 768 Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 111 ff.; Honsell, AcP 186 (1986), S. 115 ff., S. 161 wertet das Recht des Mieters zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht als Eigentum. Hattenhauer, Vereintes und entzweites Eigentum, S. 100, sieht die Frage nach der Rechtsnatur des Wohnraummietrechts zumindest als offen an. 769 Krauss, wie vorige Fn. 770 Vgl. die Nachweise bei Krauss, Geteiltes Eigentum S. 119 ff. 771 v. Gierke, Soziale Aufgabe, S. 497. 772 MüKo-Voelskow, Einleitung zu §§ 535 – 597, Rdn. 6 f. m. w. N.; Soergel-Kummer, Vor § 535 BGB, Rdn. 2. 773 Vgl. zum dinglichen Charakter der Miete im ALR Dernburg, Lehrbuch, Band 1, S. 715 ff. Das ALR bildete allerdings insoweit eine Ausnahme als sich seit dem 16. Jahrhundert die schuldrechtliche Betrachtung der Miete immer mehr durchsetzte und von allen anderen großen Kodifikationen des Zivilrechts – Codex Maximilianeus Bavaricus, Code Civil und ABGB – rezipiert wurde, vgl. Trenk-Hinterberger, Miete, Sp. 540. 774 Palandt-Putzo, Einführung vor § 535 BGB, Rdn. 63. 775 Palandt-Bassenge, Überblick vor § 854 BGB, Rdn. 2. 776 So aber Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 134.

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

bestimmt sich nach dem Mietvertrag, d. h. dem Willen der Parteien und ist daher ohne weiteres bis zu den Grenzen der Vertragsfreiheit individuell bestimmbar. Eine so weitgehende privatautonome Gestaltung erlauben dingliche Recht jedoch nicht und auch das geteilte Eigentum in seiner historischen Gestalt war durch eine feste Zuweisung des vollen Nutzungsrechts an den Untereigentümer gekennzeichnet.777 Davon bildet die Tatsache keine Ausnahme, daß der Mieter nach Rechtsprechung778 und herrschender Lehre779 nicht verpflichtet ist, den durch unberechtigte, d. h. ohne Zustimmung des Vermieters gem. 549 I BGB durchgeführte, Untervermietung erzielten Mietzins herauszugeben. Die Untervermietung ist seit jeher als Teil des Gebrauchs durch den Mieter anerkannt und das Zustimmungsrecht des Vermieters wurde erst im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens in das BGB aufgenommen.780 Daß dem Mieter der Mietzins aus der Untervermietung zusteht, stellt sich daher nur als Gegenleistung für die Einschränkung, die er dadurch in seinem Gebrauch erleidet, dar und nicht als Ausfluß eines selbständigen Nutzungsrechts mit der Möglichkeit umfassender wirtschaftlicher Verwertung. Im übrigen erscheint es widersprüchlich, wenn ein Verhalten des Mieters als Hinweis für das Bestehen eines selbständigen Rechts herangezogen wird, obwohl der Vermieter in diesem Fall die Möglichkeit hat, Unterlassung zu verlangen oder sogar zu kündigen.781 Schließlich kann eine Verdinglichung der Miete auch nicht aus den Mieterschutzbestimmungen des BGB, insbesondere dem eingeschränkten Kündigungsrecht des Mieters hergeleitet werden.782 Wäre das Mietrecht wirklich dinglicher Natur und würde es sich sogar dem Eigentum nähern, so müßte sich dies auch im Fall der wirtschaftlichen Krise des Vermieters zeigen. Dem ist aber nicht so: Im Falle einer Veräußerung der vermieteten Sache im Wege der Zwangsversteigerung oder in der Insolvenz steht dem Erwerber ein besonderes Kündigungsrecht nach §§ 57 ffZVG zu, eventuell i. V. m. § 111 InsO. Diese Schwäche der Wohnraummiete ist mit der These einer Annäherung der Stellung des Mieters an ein eigentumsähnliches Recht nicht vereinbar. Auch die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die dem Mieter Eigentum i. S. d. Art. 14 I GG zuspricht,783 hat nicht zu einer Änderung der schuldrechtlichen Natur der Miete geführt.784 Insbesondere läßt sich aus dieser Entscheidung kein Wiederaufleben der Eigentumsteilung für das Zivilrecht herleiPr. ALR 1. Teil, 18. Titel, §§ 4 ff. BGH NJW 1996, S. 838 ff., S. 839 f. m. w. N. aus der Rechtsprechung. 779 Palandt-Putzo, § 549 BGB, Rdn. 11; Soergel-Heintzmann, § 549 BGB, Rdn. 20 m. w. N.; a.A. etwa MüKo-Voelskow, § 549 BGB, Rdn. 17 m. w. N. 780 Soergel-Heintzmann, wie vorige Fn., Rdn 2. 781 Palandt-Putzo, wie Fn. 781. 782 So aber Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 120 ff.; Baur AcP 176 (1976), S. 97 ff., S. 116; Honsell, AcP 186 (1986), S. 115 ff., S. 161. 783 BVerfG, NJW 1993, S. 2035 ff. 784 MüKo-Voelskow, Einleitung zu §§ 535 – 597 BGB, Rdn. 7; Soergel-Kummer, Vor § 535 BGB, Rdn. 2. 777 778

F. Ergebnis

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ten.785 Den verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums genießen alle vermögenswerten Rechte, die ihrem Inhaber von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, daß er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf.786 Vor diesem Hintergrund vergleicht das Bundesverfassungsgericht die Rechtsposition des Mieters mit der eines Sacheigentümers und stellt fest, daß von dem verfassungsrechtlichen Standpunkt aus starke Ähnlichkeiten bestehen. Diese rechtfertigen dann die Übertragung des grundgesetzlichen Eigentumsschutzes auf das Recht des Mieters. Gleichzeitig erkennt das Bundesverfassungsgericht an, daß der Gesetzgeber mit der Ausgestaltung des Wohnraummietrechts die konkurrierenden Eigentumspositionen von Mieter und Vermieter in angemessener Weise berücksichtigt hat.787 Damit akzeptiert das Gericht ausdrücklich die schuldrechtliche Ausgestaltung des Mietrechts und redet nicht einer Verdinglichung das Wort, schon gar nicht einer Neuauflage des geteilten Eigentums. Der Eigentumsbegriff des Zivilrechts wird so nicht durch die Einführung neuer Eigentumsstrukturen aufgelöst.

6. Zusammenfassung Anhand einer Untersuchung der für eine Wiederkehr des geteilten Eigentums ins Feld geführten Anhaltspunkte konnte festgestellt werden, daß es bisher nicht zu einer Auflösung des abstrakten Eigentumsbegriffs in einem nennenswerten Maß gekommen ist. Insbesondere hat sich der Teilungsgedanke nicht durchgesetzt. Es kann daher nicht von einer Renaissance des deutschen Eigentumsbegriffs gesprochen werden.

F. Ergebnis In diesem Teil der vorliegenden Arbeit konnte dargestellt werden, daß die Vorstellung eines spezifisch deutschen Eigentums von Anfang an eher rechtspolitischen Zwecken diente, ohne daß dieser eine historische und rechtliche Basis zugrunde gelegen hätte. Schon am Beginn der Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffs stand das – auch von nationalen Motiven getragene – Bedürfnis, eine Abgrenzung gegenüber dem als fremd oder übermächtig empfundenen römischen Recht zu formulieren und dem deutschen Recht eigene, in ihrer Konzeption ebenbürtige Rechtsinstitute zu finden. Unter diesen Vorzeichen wurde zunächst aus der Gewere des deutschen Rechts eine eigenständige Konstruktion des Sachenrechts 785 786 787

So aber Krauss, Geteiltes Eigentum, S. 131. BVerfGE 84, S. 202 ff., S. 208 f. m. W. N. BVerfG, NJW 1993, S. 2035 ff., S. 2036.

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3. Teil: Die Entwicklung des deutschen Eigentumsbegriffes

abgeleitet. Dem genuin deutschen Sachenrecht und vor allem dem sich nunmehr herausbildenden deutschen Eigentum wurden zunächst vor allem rechtstechnische Besonderheiten gegenüber dem romanistischen Eigentumsbegriff beigelegt. Insbesondere wurde auch das geteilte Eigentum, welches die romanistische Doktrin einhellig ablehnte, mit der Existenz eines spezifisch deutschen Rechtsdenkens gerechtfertigt. Im Zuge der immer schärferen Ablehnung des römischen Rechts wurde dann eine sittliche Überlegenheit des deutschen Rechts und damit auch seines Eigentumsbegriffs behauptet. In dem deutschen Eigentumsbegriff v. Gierkes verbanden sich diese Tendenzen mit der zeitgenössischen Kritik am herrschenden Eigentumsbegriff, der als zu individualistisch oder sogar als unsozial bezeichnet wurde. v. Gierke formte aus diesen Vorgaben seinen deutschen und zugleich sozialen Eigentumsbegriff. Zwar scheiterte er mit seinem Vorhaben, nennenswerten Einfluß auf die Ausgestaltung des Eigentums durch das BGB zu nehmen. Aber die von ihm geschaffene Synthese aus der nationalen Bestrebungen entgegenkommenden Ablehnung des romanistischen Eigentumsbegriffs und der sozialen Ausrichtung des deutschen Rechts blieb Teil der rechtspolitischen Diskussion auch nach Inkrafttreten des BGB. Während in der Zeit der Weimarer Republik die Wirkung v. Gierkescher Gedanken zwar sichtbar, aber nicht durchschlagend war, kam es nach der Machtübernahme durch Hitler im Rahmen der nationalsozialistischen Umgestaltung des Rechts zu einer umfassenden Wiederbelebung deutsch-rechtlicher Vorstellungen und damit auch des deutschen Eigentumsbegriffs. In der Bundesrepublik spielte das deutsche Eigentum hingegen kaum noch eine Rolle, zumal die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nunmehr umfassend durch Art. 14 GG und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die einen neuen verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff entwickelte, verwirklicht wurde. Der zivilrechtliche Eigentumsbegriff verlor demgegenüber an Bedeutung und das deutsche Eigentum wurde zu einem rechtshistorischen Allgemeinplatz. Eine Ausnahme stellt der in den siebziger Jahren von der SPD unternommene Versuch einer Neuregelung des Bodenrechts dar, der wesentliche Elemente des deutschen Eigentumsbegriffs – wenn auch unausgesprochen – aufnahm. Jedoch kam es weder aufgrund dieses Vorschlags noch aufgrund anderer Entwicklung des bürgerlichen Rechts zu einer Neuauflage des geteilten Eigentums.

Schlußwort Am Ende der vorliegenden Arbeit bietet es sich an, wieder zum Ausgangspunkt, wie er in der Einleitung dargestellt wurde, zurückzukehren und die Frage zu stellen, ob der Versuch einer Darstellung von Geschichte und Gegenwart des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs wenigstens in Ansätzen gelungen ist. Dabei ist es hilfreich – entgegen dem oben gewählten Aufbau – nicht von der gegenwärtigen Diskussion um den Eigentumsbegriff auszugehen, sondern mit dessen Vergangenheit zu beginnen. Es hat sich gezeigt, daß die Wurzeln des Eigentumsbegriffs zwar im römischen Recht angelegt gewesen sein mögen, aber erst der Kommentator Bartolus eine wirkliche Begriffsbestimmung des Eigentums aufgestellt hat. Schon seine Definition machte die umfassende Sachherrschaft des Eigentümers, das ius de re corporali perfecte disponendi zum zentralen Merkmal des Eigentums. Ein Vergleich mit dem § 903 S. 1 BGB erweckt so zunächst den Eindruck, als hätte sich in den seither vergangenen Jahrhunderten kaum etwas geändert. Dieser Schein trügt jedoch: Mit der Definition des Bartolus waren weder die Vorstellung einer umfassenden Verfügungsfreiheit des Eigentümers, die erst durch Gesetze wieder begrenzt werden muß, noch die systematische Einordnung als unteilbares Vollrecht an einer Sache verbunden. Wie jeder andere Herrscher war auch der Eigentümer im Mittelalter in eine komplexe Rechts- und Sozialordnung eingebunden, in der für eine ursprüngliche, unbegrenzte Freiheit kein Platz war.1 Ausdruck dieser Sozialordnung war nicht zuletzt das geteilte Eigentum, eine Rechtsfigur, mit der die vielfachen Abhängigkeiten des Bodenbesitzes sachenrechtlich erfaßt wurden und die im Widerspruch zum Eigentum als Vollrecht steht. Bis zum heutigen Eigentumsbegriff, dem umfassendsten Recht an einer Sache, das die Rechtsordnung gewährt, war es noch ein weiter Weg. Die Vorstellung des geteilten Eigentums blieb lange Zeit unangefochten, zumal sich auch die tatsächliche Bodenverfassung nicht so nachhaltig änderte, daß Gesetzgebung und Rechtslehre den Neuerungen hätten Rechnung tragen müssen. Erst in der Zeit des Naturrechts und besonders in der Doktrin Wolffs zeigten sich erste Ansätze eines Eigentumsbegriffs, aus dem das unteilbare Vollrecht werden sollte. Obwohl Wolff das geteilte Eigentum immer noch akzeptierte, betrachtete er das ungeteilte Eigentum als das ursprüngliche und damit logisch vorrangige. Auch wurde das Eigentum von Wolff und seinen Zeitgenossen als umfassendes Ausschließungsrecht angesehen, das dem Einzelnen einen eigenen Bereich sichern konnte, und so nunmehr mit dem Freiheitsgedanken in Verbindung gebracht. Allerdings stand dem freiheitli1

Willoweit, Historisches Jahrbuch 94 (1974), S. 131 ff., S. 146.

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Schlußwort

chen Aspekt des Eigentums im Naturrecht Wolffs eine umfassende Pflichtenlehre gegenüber, die mit der Vorstellung der unbeschränkten Sachherrschaft nicht vereinbar war. Auch die naturrechtlich beeinflußten Gesetzbücher zeigten zumindest schon Ansätze einer Auflösung des geteilten Eigentums, wenn sie eine Vermutung zugunsten des freien Eigentums enthielten. In der Behandlung des geteilten Eigentums existierten somit schon vor Thibauts Abhandlung über das dominium utile Hinweise auf den heutigen Eigentumsbegriff. Insofern hat sich die Untersuchung der Geschichte des geteilten Eigentums als hilfreich erwiesen. Erst Thibaut verhalf der Vorstellung des ungeteilten Volleigentums zum Durchbruch, indem er einen Eigentumsbegriff postulierte, der eine Teilung nicht mehr zuließ, und dem Inhaber die umfassende Sachherrschaft zusprach, ohne daß dem eine Pflichtenlehre gegenübergestanden hätte. Einiges spricht dafür, daß Thibaut die naturrechtlichen Eigentumsdefinitionen als rein juristische Begrifflichkeit akzeptierte und so des sittlichen Elements entkleidete. Damit stand das Eigentum als ursprünglich unbegrenztes Recht fest. Im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts formte die historische Schule daraus den heutigen Eigentumsbegriff, indem sie das Eigentum als subjektives Recht und als Grundstein des sachenrechtlichen Systems konzipierte, wobei kantisches Gedankengut großen Einfluß ausgeübt haben dürfte. Dies zeigte sich nicht zuletzt in der Beschränkung auf körperliche Sachen. Von großer Bedeutung war in diesem Zusammenhang die vor allem in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts entwickelte strikte Trennung von Begriff und Inhalt des Eigentums; auf diese Weise wurde der Begriff unabhängig von den realen Befugnissen des Eigentümers. Ebenso wichtig war die Abgrenzung des Zivilrechts gegenüber dem öffentlichen Recht, mit der die wichtigsten Beschränkungen des Eigentums aus dem Blickfeld des bürgerlichen Rechts verbannt wurden. Damit war das Eigentum als umfassende Sachherrschaft begrifflich abgesichert. Das – zunächst abwertend so bezeichnete – abstrakte Eigentum war schließlich Grundlage des Sachenrechts des BGB und fand seinen Niederschlag in § 903 S. 1 BGB. Schon während des 19. Jahrhunderts wurde Kritik am abstrakten Eigentumsbegriff laut. Diese richtete sich zunächst gegen dessen römische Herkunft und entstammte dem germanistischen Zweig der historischen Schule. Später trat die angebliche sittliche Überlegenheit des deutschen oder germanischen Rechts hinzu. Vor allem Nationalökonomen wandten sich in der Folgezeit gegen die Vorstellung von der angeblich unbegrenzten Macht des Eigentümers, an deren Stelle ein von vornherein durch die Interessen der Gesellschaft gebundenes Eigentum treten sollte. Erst v. Gierke bündelte alle diese Angriffe und schuf daraus seinen deutschen und zugleich sozialen Eigentumsbegriff, der sich als einzige Alternative zum abstrakten Eigentumsbegriff erweisen sollte. Insbesondere die starke Betonung der Sozialpflichtigkeit in ihrer Verbindung mit nationalem Pathos sicherte den dauerhaften Erfolg des deutschen Eigentumsbegriffs, auch wenn dieser in Wirklichkeit nicht aus den Quellen hergeleitet werden konnte. Die im 20. Jahrhundert um den Eigentumsbegriff des Privatrechts geführten Auseinandersetzungen vermochten – und dies ist ein weiteres wichtiges Ergebnis

Schlußwort

321

dieser Arbeit – dem nichts mehr hinzuzufügen. Auch wenn sich die Terminologie immer wieder anders entwickelte, so sind doch die gegen den dem Zivilrecht zugrundeliegenden Eigentumsbegriff gerichteten Bedenken dieselben wie zu v. Gierkes Zeiten und haben ihren Ursprung in der angeblich unumschränkten Sachherrschaft des Eigentümers. Weiterhin haben die wichtigsten Alternativen zum abstrakten Eigentumsbegriff jeweils Vorläufer im 19. Jahrhundert: Sei es das durch Zuordnung charakterisierte Eigentum, das Eigentum als Rechtsverhältnis oder die Reduzierung des Eigentums auf ein Ausschließungsrecht. Keine der Alternativen vermag jedoch der Bedeutung des Eigentums als subjektives Recht und als Grundbegriff des Sachenrechts gerecht zu werden oder die vom BGB vorausgesetzte strikte Trennung zwischen Begriff und Inhalt des Eigentums zu akzeptieren. Es bleibt daher festzuhalten, daß der Eigentumsbegriff des Zivilrechts in seinen Grundzügen seit Erlaß des BGB unverändert geblieben ist. Dies ist letztlich das Resumée der vorliegenden Arbeit.

21 Lehmann

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Sach- und Personenverzeichnis Abstraktheit des Eigentums 35, 36, 83, 91, 138 ff., 189 ff. Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich) 27, 131, 157 ff., 162 Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten 27, 125, 155 ff., 162, 166 Anwartschaftsrecht 309 ff. Ausschließungsrecht, Eigentum als 51 ff. Außentheorie 92, 98, 171 Baldus de Ubaldis 147, 150 Bartolus de SaxoFerrato 123, 127 f., 145 Bauernbefreiung 177 ff., 207 ff., 277 Begriff und Inhalt des Eigentums 35, 46, 53, 101, 103, 111, 164, 170, 186 ff. und passim Beschränkungen des Eigentums 46, 92 ff., 188, 282 Beseler, Georg 238 ff. BGB, Eigentumsbegriff des 45, 90, 94, 112, 120 Bodenreform 276, 290 Codex Maximilianeus Bavaricus civilis 27, 154 ff., 166 Corpus Juris Civilis 141 ff., 193 Definition des Eigentums 30 ff. Dominium directum s. u. geteiltes Eigentum Dominium eminens 94, 266, 300 Dominium utile s. u. geteiltes Eigentum Dynamischer Eigentumsbegriff 45, 285 ff. Eigentum an Rechten 26, 123 ff. Eigentumstheorie 76 ff. Eigentumsvorbehalt 309 ff. Elastizität des Eigentums 61, 91, 99, 186 Enumerationsprinzip 43, 44, 157, 187, 231, 306

Gemeinwohlbindung des Eigentums 96, 133, 264, 269 und passim Germanisten 214, 230 ff. und passim Germanistischer Eigentumsbegriff 122, 133, 215 ff., 230 ff. und passim Geteiltes Eigentum 134, 138 ff., 222, 226, 234, 239 ff., 277, 298 ff. Gewere 143, 227, 232 ff., 240 ff. Gierke, Otto von 102, 116, 122, 135, 215 ff. und passim Glossatoren 128, 138, 141, 145 ff. Grundgesetz, Eigentumsbegriff des 33, 69, 106, 119, 136, 298 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 130, 174, 197 Historische Schule 194, 230 ff. Idealismus, deutscher 121 ff., 174 ff., 197 ff., 204 Immanenztheorie 91, 99 ff. Institution des Gaius 43, 139 Jhering, Rudolph von 103, 271 ff. Johow, Reinhold 37, 46, 94, 115, 169 Kant, Immanuel 129, 174, 197, 204 Kreittmayr, Wiguläus Xaverius Aloysius 27, 154 ff., 162, 164 Letztentscheidungsbefugnis, Eigentum als 57 ff., 180 Liberalismus 133 ff., 172, 180, 197 ff. Martiny, Karl Anton von 153, 160, 164 Menger, Anton 267, 287 Merk, Walther 294 ff. Miete 314 ff.

Sach- und Personenverzeichnis Nationalsozialismus, Eigentumsbegriff des 75, 285, 287, 298 ff. Nutzungsausfallentschädigung 308 ff.

353

Sozialrecht 224, 245 ff., 253 Subjektives Recht 47, 64, 77, 78, 88, 196 und passim Svarez, Karl Gottlieb 125, 126, 155

Obereigentum s. u. geteiltes Eigentum Raiser, Ludwig 304 ff. Rechtsverhältnis, Eigentum als 62 ff., 219 ff. Roesler, Hermann 269 ff. Romanisten 193, 208, 214 und passim Romanistischer Eigentumsbegriff 133 ff., 185, 193 ff., 218, 225 und passim Rosenberg, Alfred 290 f Sachherrschaft, Eigentum als umfassende 43 ff., 221 und passim Savigny, Carl Friedrich von 128, 187, 204, 237 Schmidt von Ilmenau, Karl Adolf 246 ff. Sicherungseigentum 312 ff. Sozialpflichtigkeit des Eigentums 72, 82, 215, 224, 245 ff., 298 und passim

Thibaut, Anton Friedrich Justus 139, 153, 167, 168 ff. Trennungstheorie 93, 109 ff. Umfassendstes Recht, Eigentum als 45, 110 und passim Untereigentum s. u. geteiltes Eigentum Verein für Socialpolitik 251, 260, 263, 267, 277 Wagner, Adolph 251, 260, 272 ff. Wieacker, Franz 45, 84, 293, 295 Windscheid, Bernhard 73, 137, 185, 199 Wolff, Christian 125, 152, 155, 162, 172 Zuordnung, Eigentum als 84 ff., 189, 196