Risikoeinschätzung der Nachfrage nach Ein- und Zweifamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre [1 ed.] 9783737007665, 9783847107668

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Risikoeinschätzung der Nachfrage nach Ein- und Zweifamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre [1 ed.]
 9783737007665, 9783847107668

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Beiträge zum Siedlungs- und Wohnungswesen Band 227 Herausgegeben von Winfried Michels und Ulrich van Suntum im Institut für Siedlungs- und Wohnungswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

V&R unipress

Sören Gröbel

Risikoeinschätzung der Nachfrage nach Ein- und Zweifamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre Eine Studie in Kooperation mit der Wüstenrot Stiftung

Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Ulrich van Suntum Mit 39 Abbildungen

V&R unipress

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISSN 2198-6282 ISBN 978-3-7370-0766-5 Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de © 2017, V&R unipress GmbH, Robert-Bosch-Breite 6, D-37079 Göttingen / www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Vorwort

Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre sind am Ende ihres ersten Lebenszyklus’ angekommen. Ihre Nachnutzung gestaltet sich o schwierig, da sie den heutigen Anforderungen an Wohnqualität und energetische Effizienz meist nicht gerecht werden bzw. zumindest einen hohen Modernisierungsbedarf haben. Entsprechende Wohngebiete bedeuten damit auch aus städtebaulicher Sicht ein Risiko, da ggfs. Leerstände und Verfall der Quartiersqualität drohen. Vor diesem Hintergrund analysiert die vorliegende Studie die Nachfrage nach solchen älteren Einfamilienhäusern und entwickelt daraus ein praxisorientiertes Scoring-System zur Früherkennung entsprechender Gefahren. Dieses ist sowohl auf regionaler als auch auf lokaler Ebene anwendbar und wird hier exemplarisch auf die Städte und Gemeinden des Landes Niedersachsen angewendet. Besondere Bedeutung hat dabei naturgemäß die lokale Bevölkerungsentwicklung. Hier wird sowohl die künige lokale Nachfrage nach Einfamilienhäusern insgesamt (»absolute Nachfrage«) als auch speziell die potentielle Nachfrage nach Einfamilienhäusern aus dem Altbestand (»relative Nachfrage«) geschätzt. Dabei spielen sowohl allgemeine als auch regionalspezifische Einflussfaktoren eine Rolle. Die regionale Binnenwanderung wird anhand eines ökonometrischen PanelModells für verschiedene Alterskohorten untersucht. Insgesamt zeigt sich, dass das Wanderungsverhalten sehr stark von der Arbeitsmarktsituation bestimmt wird. Dabei hat allerdings die Alterskohorte der 25- bis 30-Jährigen eine hohe Präferenz für urbane Räume, während die 30- bis 50-Jährigen eher die Peripherie bevorzugen. Eine wichtige Rolle spielen auch die jeweiligen Objekt- und Standorteigenschaen. Die Zahlungsbereitscha für entsprechende Immobilien zeigt dementsprechend eine hohe regionale Heterogenität. Das hier entwickelt lokale RisikoScorings kann und sollte daher stets durch eine individuelle Bewertung der lokalen Objekt-und Standorteigenschaen ergänzt werden. Ich danke dem Autor Herrn Sören Gröbel M. Sc. Ec. für seine äußerst sorgfältige und detaillierte Arbeit. Er hat mit dieser Studie im Aurag der WüstenrotStiung eine gute Grundlage dafür gelegt, künige Risiken entsprechender

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Wohngebiete frühzeitig zu erkennen und ihnen entsprechend entgegenzuwirken. Tatkräige Unterstützung erhielt er dabei von Dr. Winfried Michels, der die redaktionelle Betreuung der Studie übernommen hat, sowie von Anna-Elisabeth Meßner und Teresa Lauerbach, die als Studentische Hilfskräe auch inhaltlich wertvolle Beiträge zu dieser Arbeit geleistet haben. Prof. Dr. Ulrich van Suntum Direktor des Instituts für Siedlungs- und Wohnungswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2 Markt für Ein- und Zweifamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre 2.1 Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Aktuelle Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Immobilienpreisentwicklung und Immobilienpreisniveau 2.2.2 Wohneigentumsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Aktuelle Lebenszyklusphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Nachnutzungsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3 Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre . . . . . 29 3.1 Wohnungsnachfrage in der ökonomischen eorie . . . . . . . . . . 29 3.2 Entscheidungs- und Risikoebenen der Nachfrage nach Einfamilienhäusern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4 Absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern . . . 4.1 Determinanten der absoluten Nachfrage . . . . 4.1.1 Natürliche Bevölkerungsentwicklung . . 4.1.2 Haushaltsbildung und Wohnpräferenzen 4.1.3 Internationale Migration . . . . . . . . . 4.1.4 Binnenwanderung . . . . . . . . . . . . 4.2 Empirische Untersuchung: Absolute Nachfrage 4.2.1 Bevölkerungsentwicklung . . . . . . . . 4.2.2 Haushaltsentwicklung und -strukturen . 4.2.3 Regionale Binnenwanderung . . . . . . .

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5 Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern . . . . . . . . . . 5.1 Determinanten der relativen Nachfrage . . . . . . . . . . 5.1.1 Substitutive Wechselwirkungen in der Nachfrage . . 5.1.2 Wohneigentumsnachfrage . . . . . . . . . . . . . . 5.1.3 Nachfrage nach Bestandsimmobilien . . . . . . . . 5.1.4 Wohnstandortnachfrage und Nachbarschaseffekte

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Inhaltsverzeichnis

5.2 Empirische Untersuchung: Relative Nachfrage . . . . . . . . . . . 5.2.1 Daten und empirischer Untersuchungsraum . . . . . . . . 5.2.2 Lokale Nachfrage nach Objekt- und Standorteigenschaen 5.2.3 Regionale Determinanten der lokalen Nachfrage . . . . . . 5.2.4 Regionale Determinanten der Nachfrage nach Bestandsimmobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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6 Verwendung der Indikatoren im Risikoscoring . . . . . . . . . . . . . . . 149 6.1 Darstellung eines Risikoscorings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 6.2 Anwendungsbeispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 7 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Nachnutzungsproblem und Untersuchungsziel . . . . . . . 7.2 Determinanten der absoluten und relativen Nachfrage nach Einfamilienhäusern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Regionalspezifische Determinanten der Nachfrage nach Einfamilienhäusern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Risikoeinschätzung abnehmender Nachfrage anhand eines Scoringsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

Abbildungsverzeichnis

2.1 Abgrenzung unterschiedlicher Wohnimmobilien nach Miet- und Verkaufsmarkt, Neubau und Bestand sowie Preissegment und Gebäudetyp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.2 Reale Hauspreisindizes ausgewählter Länder (1975-2015) . . . . . 21 2.3 Lebenszyklus von Einfamilienhäusern . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3.1 Abgrenzung der einzelnen Entscheidungsebenen der Nachfrage . . 34 3.2 Gliederung der Risikoklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 4.1 Regionale Migration im räumlichen Gleichgewichtsmodell . . 4.2 Natürlicher Bevölkerungssaldo in Deutschland seit 1950 . . . . 4.3 Wanderung zwischen Deutschland und dem europäischen Ausland (2000-2012) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Entwicklung der Haushalte in Deutschland (1991-2014) . . . . 4.5 Wanderungssaldo der Bundesländer im Jahr 2013 . . . . . . . 4.6 Determinanten der regionalen Binnenwanderung . . . . . . . 4.7 Indikatoren absoluter Nachfrage für die Alterskohorten der 25bis 30- und 30- bis 50-Jährigen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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5.1 Entscheidungsebenen der relativen Nachfrage . . . . . . . . . . . 5.2 Regionalspezifische Determinanten der relativen Nachfrage . . . . 5.3 Wohnstandorteffekte und zugehörige Wohnstandorteinflüsse mit Typisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Produktivität des Wohnstandortes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Bevölkerungsveränderung Niedersachsen . . . . . . . . . . . . . . 5.6 Darstellung eines lokalen quantitativen und eines qualitativen Angebotseffekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7 Einordnung »Regionalen Determinanten der lokalen Nachfrage« in die Übersicht der Entscheidungsebenen der relativen Nachfrage 5.8 Mittlere Bevölkerungsentwicklung (1995-2013) und relative Preisabschläge für Einfamilienhäuser (1950-1970) . . . . . . . . .

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Abbildungsverzeichnis

5.9 Anteil Einfamilienhäuser der 1950er-1970er-Jahre zu Gesamtangebot an Einfamilienhäusern und relative Preisabschläge für Einfamilienhäuser (1950-1970) . . . . . . . . 5.10 Mittlere Änderung des verfügbaren Einkommens und relative Preisabschläge für Einfamilienhäuser (1950-1970) . . . . . . . . 5.11 Relative Bedeutung objekt- und standortspezifischer Effekte nach Bevölkerungsdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.12 Relative Bedeutung objekt- und standortspezifischer Effekte nach Bevölkerungsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.13 Einordnung der Regionen nach den identifizierten Gruppen . . 5.14 Einordnung der »Regionalen Determinanten der Nachfrage nach Bestandsimmobilien« in die Übersicht der Entscheidungsebenen der relativen Nachfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.15 Relative Einflüsse der regionalen Determinanten auf die preislichen Abschläge für ältere Einfamilienhäuser . . . . . . . . 5.16 Indikator auf Gemeindeebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6

Indikator absolute Nachfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikator relative Nachfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Skalierung spezieller Nachfragerisiken . . . . . . . . . . . . . Indikator absolute Nachfrage im Anwendungsbeispiel . . . . . Indikator relative Nachfrage im Anwendungsbeispiel . . . . . . Zusammenfassung der Indikatoren der relativen und absoluten Nachfrage im Anwendungsbeispiel . . . . . . . . . . . . . . . . 6.7 Risiken der speziellen Nachfrage im Anwendungsbeispiel . . .

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7.1 7.2 7.3 7.4

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Regionalunspezifische Determinanten der absoluten Nachfrage Regionalspezifische Determinanten der absoluten Nachfrage . . Determinanten der relativen Nachfrage . . . . . . . . . . . . . Risikoscoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. 134 . 136 . 140 . 142 . 144

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Tabellenverzeichnis

4.1 Beschreibung und Quellen der Determinanten der regionalen Wanderungsbewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 4.2 Deskriptive Statistiken der regionalen Determinanten des Wanderungsverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 4.3 Ergebnisse der regionalen Einflüsse auf die relativen Wanderungssalden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 5.8 5.9 5.10 5.11

Merkmale der Kategorien Objektqualität und Ausstattung . . . Merkmale der Kategorien direkter und indirekter Lageeffekt . . Objektspezifische Variablen und ihre Ausprägung . . . . . . . Vergleich ausgewählter objektspezifischer Variablen verschiedener Baudekaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleich des Objektzustandes verschiedener Baudekaden . . . Ergebnisse des Hauspreismodells über die Verteilung der zugrundeliegenden Kreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschiede in den impliziten Preisen entlang dem Verhältnis aus Bevölkerungsentwicklung und Wohnflächenausweitung . . Unterschiede in den impliziten Preisen entlang der Struktur des Wohnungsangebotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschiede in den impliziten Preisen entlang der mittleren Veränderung des verfügbaren Einkommens . . . . . . . . . . . Gruppenvergleiche relative Bedeutungen . . . . . . . . . . . . Zweidimensionale Gewichtungsmatrix der Objekt- und Standorteigenschaen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1 Einleitung

Ende der 1940er-Jahre war der deutsche Wohnungsmarkt von Wohnraumknappheit, die aus der Zerstörung eines Großteils des Wohnungsbestandes und dem Zufluss vieler Heimatvertriebener resultierte, geprägt. In der Folge wurde eine aktive Wohnungspolitik betrieben, wie etwa durch das I. Wohnungsbaugesetz (1950), um eine angemessene Bereitstellung von Wohnraum zu gewährleisten. Des Weiteren kam es im Zuge der Wirtschaswunderzeit und einer stark wachsenden Motorisierung der Bevölkerung zu einer vermehrten Nachfrage nach suburbanem Wohnraum. Diese Entwicklung führte in der Zeit zwischen 1950 und 1970 zu einem vermehrten Bau von Wohnquartieren mit Ein- und Zweifamilienhäusern in zusammenhängenden Bebauungskonzepten im Umland der Städte. Dieser Wohnungsbestand steht heute nicht nur einem erhöhten Modernisierungsbedarf gegenüber, sondern ist gegenwärtig auch am Ende seines Lebenszyklus’ angekommen und daher mit dem Nachnutzungsproblem konfrontiert. Durch die demographische Entwicklung, strukturelle Veränderungen am Arbeitsmarkt und eine zunehmende Nachfrage nach urbanen Wohnformen führt dieser Generationenwechsel allerdings in vielen Regionen zu einem hohen Angebotsniveau bei gleichzeitigem Rückgang der Nachfrage. Gefährdet sind dabei vor allem Regionen mit ungünstigen wirtschalichen, demographischen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen. Die Folge eines derartig anhaltenden Angebotsüberhangs ist ein beschleunigter Preisverfall, der wiederum zu Abwärtsspiralen, kleinräumiger Polarisierung, Leerstand und Destabilisierung ganzer Quartiere führen kann. Nachträglich eingreifende Korrekturen durch die öffentliche Hand werden zudem durch Pfadabhängigkeiten, zum Beispiel in der Außenwahrnehmung oder Nahversorgung, erschwert. Vor diesem Hintergrund untersucht die vorliegende, in Kooperation der Wüstenrot Stiung mit dem Institut für Siedlungs- und Wohnungswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster durchgeführte Studie die Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre im Allgemeinen sowie regionalspezifische Effekte, die mit zunehmendem Angebotsüberhang aufgrund absoluter und struktureller Veränderungen in der Bevölkerungsentwicklung einhergehen. Empirische Studien, die Zusammenhänge zwischen Wohnimmobilienmärk-

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Einleitung

ten und demographischen Entwicklungen, das heißt Veränderungen in der Bevölkerungszahl und -struktur, untersuchen, greifen überwiegend auf aggregierte Preiseffekte zurück. Auf regionaler Ebene werden dazu Preisindizes, die um Ausstattungs- und Qualitätseffekte bereinigt sind, verwendet. Bisherige theoretische und empirische Studien der Wohnungsmarktökonomik, die sich mit distributiven Effekten auf Wohnungsmärkten beschäigten, beschränken sich überwiegend auf Immobilienpreise. Im Vergleich zu diesen Untersuchungen ist die vorliegende Studie vielmehr an distributiven und regionalspezifischen Effekten interessiert, die die Nachfrage nach Bestandsimmobilien im Allgemeinen und nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre im Speziellen betreffen. Damit liegt der Schwerpunkt dieser Studie zum einen auf der Darstellung einzelner Nachfragegrößen sowie der Untersuchung ökonomischer Zusammenhänge und zum anderen auf der Quantifizierung dieser Einflüsse und der Ableitung einfacher Indikatoren, die eine Abschätzung aktueller und zuküniger Nachfrageentwicklungen ermöglichen. Die Datenbasis bilden öffentlich verfügbare Regional- und Kommunaldaten sowie objektspezifische Preisdaten.¹ Im Einzelnen soll die Untersuchung zeigen, – welchen Rahmenbedingungen die Nachfrage nach Bestandsimmobilien aktuell unterliegt und welche objektspezifischen Merkmale die Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre im Vergleich zu Neubauten kennzeichnen, – welche ökonomische Determinanten auf die Nachfrage nach Einfamilienhäusern wirken und welchen Entscheidungsebenen und Risikoklassifizierungen diese zugeordnet werden können; – wie sich die natürliche Bevölkerungsentwicklung, die Haushaltsbildung und -struktur sowie sich verändernde Wohnpräferenzen auf die regionale aggregierte Wohnungsnachfrage auswirken; – welche regionalen Eigenschaen, wie regionale Annehmlichkeiten oder Eigenschaen des Arbeitsmarktes, von den potentiellen Nachnutzern von Bestands-immobilien nachgefragt werden; – welchen Determinanten die relative Nachfrage, d. h. die Nachfrage nach Bestandsimmobilien der 1950er- bis 1970er-Jahre im Speziellen, unterliegt;

1 Dabei wird auf Angebotsdaten von Immobilienscout24 zurückgegriffen. Dies hat folgende Gründe: Die Angebotsdaten sind geo-referenziert und ermöglichen damit eine Untersuchung lokaler Effekte. Diese Daten unterliegen keiner Selektion an Märkten, in denen nicht mehr alle Objekte auch verkau werden. Aufgrund der relativen und weniger aufgrund der absoluten Betrachtung, spielen Effekte, die die Angebotspreise durch Verhandlungen verzerren, eine untergeordnete Rolle.

Einleitung

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– wie Wohnstandorteffekte auf die lokale Nachfrage einwirken, wie sich Wohnstandorteffekte klassifizieren lassen und welche Wechselwirkungen von Wohnstandort und Wohnungsbestand ausgehen, die insbesondere bei schrumpfender Nachfrage zu einem beschleunigten Preisverfall führen können und damit für monostrukturierte Einfamilienhaussiedlungen der 1950er- bis 1970er-Jahre besonders relevant sind; – welche empirische Bedeutung objekt- und wohnstandortspezifische Größen haben und inwieweit sich die lokale Nachfrage - in Form impliziter Preise - mit marktspezifischen Eigenschaen, wie etwa der Bevölkerungsentwicklung oder der Wohnungsbestandsstruktur, regional unterscheidet; – wie die empirischen Ergebnisse auf den einzelnen Untersuchungsebenen zu Indikatoren, die das relative Risiko in der Nachnutzung beschreiben, zusammengefasst werden können. Hierzu wird in Kapitel 2 zunächst die Problemstellung, die Nachnutzung der Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre, anhand der historischen und aktuellen Entwicklungen am deutschen Wohnimmobilienmarkt sowie der Eigenschaften der Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre vorgestellt. Aufgrund der Vielschichtigkeit der Fragestellung soll in diesen Abschnitten nicht nur auf institutionelle Rahmenbedingungen des Wohneigentumsmarktes, sondern auch auf objektspezifische Unterschiede zwischen neueren Einfamilienhäusern und Bestandsimmobilien eingegangen werden. In Kapitel 3 werden die einzelnen Ebenen der Nachfrage, die der Untergliederung der folgenden Abschnitte dienen, dargestellt. Dabei wird im Wesentlichen zwischen zwei Ebenen unterschieden: absolute und relative Nachfrage. Während erstere die Veränderung der absoluten potientiellen Nachfrage beschreibt und sich mit demographischen Veränderungen und regionalen Wanderungsbewegungen beschäigt, beschreibt die relative Nachfrage den Anteil derjenigen Haushalte, die auf lokaler Ebene Altbestandsimmobilien im Wohneigentum nachfragen. Die Determinanten der absoluten Nachfrage nach Einfamilienhäusern werden in Kapitel 4 diskutiert. Neben natürlichen Bevölkerungsänderungen, Abschnitt 4.1.1, Veränderungen in der Haushaltsbildung und den Wohnpräferenzen, Abschnitt 4.1.2, wird die absolute Nachfrage einer Region auch von internationaler Migration, Abschnitt 4.1.3, und insbesondere regionaler Binnenwanderung, Abschnitt 4.1.4, bestimmt. In Kapitel 4.2 wird die absolute Nachfrage empirisch, das heißt anhand deskriptiver und ökonometrischer Methoden, untersucht. Dabei steht die Untersuchung regionalspezifischer Einflussgrößen, insbesondere das regionale Wanderungsverhalten, im Vordergrund. Die relative Nachfrage wird in Kapitel 5.1 behandelt. Es werden die Determinanten der Nachfrage nach Bestandsimmobilien und die Wohneigentumsnach-

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Einleitung

frage ebenso wie die Entwicklung von Wohnstandort und Wohnungsbestand sowie dazugehörige Wechselwirkungen diskutiert. In Kapitel 5.2 wird die relative Nachfrage mittels hedonischer Methoden analysiert. Als Grundlage dienen dabei Angebotsdaten für das Bundesland Niedersachsen, das aufgrund der Heterogenität in Bevölkerungsentwicklung und bei Immobilienpreisdynamiken besonders repräsentativ für die Entwicklung in Gesamtdeutschland ist. Die quantifizierten Einflüsse der betrachteten Nachfrageebenen werden im Anschluss an die einzelnen Abschnitte zu Indikatoren zusammengefasst und in Kapitel 6 in einem einfachen Risikoscoringsystem zusammengeführt. Diese ökonomische Studie liefert damit Ergebnisse, die in einem präventiv orientierten Risikoinstrument gebündelt und zur Erfassung aktueller und zuküniger Entwicklungstendenzen in der Nachfrage nach Ein- und Zweifamilienhäusern und -gebieten verwendet werden können. Damit eignen sich die Ergebnisse insbesondere zum Monitoring durch kommunale Planung und Politik, um Risiken einer ausbleibenden Nachnutzung des Wohnungsbestandes abzuschätzen.

2 Markt für Ein- und Zweifamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre

Zu den Einfamilienhäusern zählen im Folgenden freistehende Einfamilienhäuser, Doppelhaushälen und verschiedene Reihenhausvarianten des einfachen, aber auch gehobenen Standards. Besondere Wohngebäude wie Villen, Schlösser oder Bauernhäuser, genauso wie Mehrfamilienhäuser, die auch einzelne Wohnungen im Eigentum beherbergen können, bleiben unberücksichtigt. Da diese Wohngebäude überwiegend als Wohneigentum veräußert werden und sich die empirische Analyse auf den Verkaufsmarkt beschränkt, wird der Mietwohnungsmarkt in der Betrachtung außen vorgelassen. Eine entsprechende Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes ist in Abbildung 2.1 aufgeführt. Wohnimmobilien

Mietmarkt

Neubau

Bestand

Verkaufsmarkt

Neubau

Bestand Einfamilienhaus

Einfacher Standard Doppelhaushälfte Gehobener Standard

Reihen- und Reiheneckhaus Mehrfamilienhaus Villa

Luxus-Segment

Bungalow

Abbildung 2.1: Abgrenzung unterschiedlicher Wohnimmobilien nach Miet- und Verkaufsmarkt, Neubau und Bestand sowie Preissegment und Gebäudetyp

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Markt für Ein- und Zweifamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre

2.1 Historische Entwicklung Die Entwicklung der Siedlungsstrukturen nach dem Zweiten Weltkrieg lässt sich in drei Dekaden, die 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahre, die politisch und gesellschalich unterschiedlich geprägt wurden und verschiedene Phasen der Suburbanisierung durchliefen, aueilen.² Die Einfamilienhäuser der Nachkriegsjahre schließen an die Siedlungshäuser an, die im Zuge der Industrialisierung in sogenannten Werkssiedlungen errichtet wurden. Diese wiesen bereits die bis heute bekannten Merkmale auf: freistehendes Wohngebäude mit eineinhalbgeschossiger Bauweise in einer konzipierten städtebaulichen Struktur mit in der Regel entsprechend großem Grundstück, das eine Selbstversorgung möglich machte. Viele dieser bis heute bestehenden Siedlungen entstanden bereits in den 1930er-Jahren und wurden zum Teil auch öffentlich gefördert. Die Einfamilienhäuser der Nachkriegsjahre, die im Folgenden anhand der Baudekaden näher beschrieben werden, setzten die Bauweise und Kennzeichen dieser Siedlungshäuser in den wesentlichen Punkten fort. (a) 1950er-Jahre: Beginn der Suburbanisierung Während Anfang der 1950er-Jahre die Bevölkerungszahl innerhalb der Städte noch stärker stieg als im Umland, war Mitte der 1950er-Jahre das Gegenteil der Fall: die Bevölkerung im Umland wuchs schneller als die in der Stadt. Dies war der Beginn der Suburbanisierung. Bedingt war dieser Umschwung der unterschiedlichen räumlichen Bevölkerungsentwicklung durch politische Maßnahmen, wie die staatliche Förderung von Wohneigentum, und durch wirtschaliche Faktoren, etwa steigender Wohlstand (»Wirtschaswunder«) und eine zunehmende Mobilisierung. Nach 1945 lag das Hauptaugenmerk der Wohnungspolitik auf der raschen Bereitstellung von ausreichend Wohnraum, um dem Chaos und der Zerstörung nach Kriegsende entgegenzuwirken. Besonders die hohe Anzahl an Flüchtlingen nach Kriegsende erhöhte den Druck, den sozialen Wohnungsbau zu fördern. Im Jahr 1950, als das I. Wohnungsbaugesetz erlassen wurde, das insbesondere den sozialen Wohnungsbau fördern sollte, waren 60 % der Wohnungen zerstört, und 9,43 Mio. Flüchtlinge aus Ostdeutschland und Osteuropa kamen nach Westdeutschland (Zimmermann 2001: S. 332). Zu dieser Zeit wurden im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus Eigenheime und Mietwohnungen gleichwertig behandelt. Erst die Wohnungsbaunovelle von 1953 begünstigte Eigenheime gegenüber Mietwohnungen (Zimmermann 2001: S. 333). Mit der Eigenheimförderung wurden diverse Ziele verfolgt, wie beispielsweise die Stärkung des ländlichen Raumes, die Familienförderung und die Verwur2 Detaillierte Beschreibung verschiedener historisch bedeutsamer Ereignisse am deutschen Wohnungsmarkt. Siehe Gröbel und Hiller (2016).

Historische Entwicklung

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zelung der Bevölkerung (Dransfeld et al. 2010: S. 44). Auch die wirtschalich sehr gute Lage in den 1950er-Jahren aufgrund des Wirtschaswunders führte zu einem raschen Anstieg der Bautätigkeit und es entstanden Einfamilienhaussiedlungen im suburbanen Raum. Da diese Eigenheime preiswert sein sollten, zeichneten sie sich durch eine kleine und kompakte Bauweise aus. Ein Nutzgarten gehörte zum Standard. Diese Gebäude unterscheiden sich von den Siedlungshäusern der vorherigen Dekaden (1930 bis 1950) durch Wohnräume von um die 100 qm, durch höhere Räume, besser verarbeitete Materialien sowie giebelseitige Balkone. Des Weiteren waren die am Stadtrand gelegenen Siedlungen durch eine gewisse Einheitlichkeit des äußeren Erscheinungsbildes gekennzeichnet, das erst mit dem Ende der 1970er-Jahre durchbrochen wurde. Ein Mindestwärmeschutz wurde 1952 mit der DIN 4108 festgelegt, die allerdings nur ein technisches Regelwerk, jedoch keine rechtliche Vorschri war. Ein Drittel des heutigen Wohnungsbestandes stammt aus der Zeit nach Kriegsende bis 1960 (Eichner 2003: S. 607 ff.). Mit dem II. Wohnungsbaugesetz von 1956, das familien- und bevölkerungspolitisch begründet wurde, wurde das Ziel der staatlichen Wohnungspolitik auf die Förderung von Eigenheimen gelenkt. Zudem schufen die neu etablierten Finanzierungsmodelle einen Rechtsanspruch auf die öffentliche Förderung von Eigenheimen. Umsetzung und Umgang mit diesem Gesetz waren in den Bundesländern jedoch unterschiedlich. In Niedersachsen und BadenWürttemberg wurden Eigenheime beispielsweise stark gefördert, wohingegen Nordrhein-Westfalen weiter auf den Mietwohnungsbau setzte. Die Begründung dafür lautete, dass in Ballungszentren nicht genügend Platz für Einfamilienhäuser vorhanden sei (Zimmermann 2001: S. 334). (b) 1960er-Jahre: Hochphase der Suburbanisierung Die Hochphase der Suburbanisierung begann Anfang der 1960er-Jahre. Insbesondere besserverdienende Familien mit Kindern zogen von der Stadt ins Umland. Durch den Ausbau der Straßennetze und eine steigende Massenmotorisierung war es möglich, auch in weiterer Entfernung zu seinem Arbeitsplatz und zu Stadtzentren zu wohnen. In der Folge wurden neue Einfamilienhaussiedlungen im Umland geschaffen und bestehende stetig nachverdichtet. Diese Entwicklung wurde von Politik und Planung stets gefördert, sodass sich kleinere Gemeinden zu Orten mit Stadtkern entwickelten. Städte hingegen erweiterten sich durch in sich geschlossene, überschaubare Wohngebiete und nicht, wie es sonst der Fall war, über Jahresringe (Dransfeld et al. 2010: S. 44). Auch die Bauweise und Ausgestaltung der Einfamilienhäuser wurde weiterentwickelt. Dabei kam es insbesondere zu einer stärkeren Ausweitung der Einfamilienhaus-Typen: Neben Reihenhäusern und Bungalow-Bauten werden vermehrt auch Fertighäuser gebaut; diese wurden sogar über Versand- und Einzelhandel, etwa durch »Quelle«, »Karstadt«, »Kauf-

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Markt für Ein- und Zweifamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre

hof«, vertrieben. 1969 wurde das bestehende technische Regelwerk zum Wärmeschutz durch die DIN 4108 abgelöst. Dieser ging insbesondere mit einer Verbreitung von Dämmschichten aus Hartschaumplatten mit Lukämmerchen einher. 1965/66 wurde ein sogenannter Zweiter Förderweg im sozialen Wohnungsbau etabliert, durch den die Einkommensgrenze im Vergleich zum ersten Förderweg um 40 % erhöht wurde. Dieser Zweite Förderweg sollte ursprünglich dem Bau von Mietwohnungen und Eigenheimen zugutekommen. Zunächst war das auch der Fall, jedoch zeigte sich in der Praxis, dass die mietpreisbremsende Wirkung sehr gering war und somit die Mittel des Zweiten Förderweges mehr und mehr nur dem Eigenheimbau dienten (Wullkopf 1982: S. 15). (c) 1970er-Jahre: Zweiter Bauboom von Einfamilienhäusern Angestoßen durch den Zweiten Förderweg des sozialen Wohnungsbaus kam es Anfang der 1970er-Jahre dann zu einem zweiten Bauboom von Eigenheimen. Allein 1976 stieg der Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser am gesamten Wohnungsbau von 64 % (Simon-Philipp 2001: S. 68) auf 91 % (Petsch 1989: S. 2). Nachdem in der vorherigen Dekade bereits verschiedene Einfamilienhaustypen (Reihenhaus etc.) den Bestand erweitert hatten, nahm die Varietät der Einfamilienhaustypen und die Bandbreite an verarbeiteten Baumaterialien in den 1970er-Jahren stark zu. Zu diesen Baumaterialien gehören insbesondere Beton, Glas und Stahl sowie Kunststoff- und Fiberglaselemente. Des Weiteren wurden vermehrt Terrassen sowie umlaufende Balkone gebaut. Bis 1977 gab es keine Vorschrien über energiesparende Wärmeschutzmaßnahmen beim Bau von Häusern. Mit der Ersten Wärmeschutzverordnung änderte sich dies. So wurde beispielsweise beschlossen, dass außenliegende Fenster oder Fenstertüren mindestens mit einer Isolier- oder Doppelverglasung versehen werden müssen. Gemessen wurde der sogenannte Wärmedurchgang anhand eines Wärmedurchgangskoeffizienten (WschV’77). (d) 1980er-Jahre bis heute: Energetische Neustrukturierung 1982 wurde die Wärmeschutzverordnung neu verfasst. Dabei wurde der Wärmedurchgangskoeffizient verringert. Bis 1982 dure der Koeffizient 3,5 W /(m2K) nicht überschreiten, nach 1982 lag der Grenzwert bei 3,1 W /(m2K) (WSchV’82). 1995 gab es die Dritte Wärmeschutzverordnung. Besonders die Markteinführung von Wärmeschutzfenstern erforderte einen neuen Energiekennwert, nämlich den Jahres-Heizwärmebedarf und die Einführung einer Wärmebilanz für Neubauten (WSchV’95). Zudem wurde ein Wärmebedarfsausweis eingeführt. Die Wärmeschutzverordnung wurde 2002 durch die Energieeinsparverordnung (EnEV) abgelöst, die seitdem regelmäßig neu gefasst wurde, um beispielsweise technische

Aktuelle Situation

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Entwicklungen, wie die Energieeffizienz eingesetzter Anlagetechniken, zu berücksichtigen, aber auch, um neue EU-Richtlinien aufzunehmen.³

2.2 Aktuelle Situation 2.2.1 Immobilienpreisentwicklung und Immobilienpreisniveau

Seit Anfang 2010 sind deutliche Preissteigerungen am deutschen Wohnimmobilienmarkt zu beobachten. Im internationalen Vergleich zeichnen sich die Preisdynamiken für Wohnimmobilien in Deutschland über die letzten Jahrzehnte, wie in Abbildung 2.2 dargestellt, durch Preisstabilität aus. Real gesehen stagnierten die Preise oder waren sogar teilweise rückläufig. Kholodilin et al. (2008) führen die schwache Entwicklung der deutschen Immobilienpreise bis 2010 auf das schwache Einkommenswachstum und einen geringen Urbanisierungsgrad in Deutschland zurück. Insbesondere vor diesem Hintergrund sind die heutigen Preissteigerungen vergleichsweise hoch. Im Gegensatz zu Ländern wie etwa Großbritannien oder Spanien sind sie jedoch noch moderat (An de Meulen und Micheli 2013: S. 539) und liegen zudem deutlich unter der jährlichen Inflationsrate (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2013: S. 3).

Abbildung 2.2: Reale Hauspreisindizes ausgewählter Länder (1975-2015)

Die seit 2010 beobachteten Preisanstiege für Wohnimmobilien lassen sich insgesamt mit einer gestiegenen Nachfrage begründen, die auf mehrere Ursachen 3 BBSR, Info-Portal Energieeinsparung, online verfügbar.

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Markt für Ein- und Zweifamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre

zurückzuführen ist: Zum einen ist die zyklische Entwicklung der Konjunktur zu nennen. Der Preisanstieg begann mit dem Abklingen der Rezession nach der Finanzkrise, als sich die deutsche Wirtscha langsam erholte und in der Bevölkerung wieder optimistische Konjunktur- und Einkommenserwartungen sowie eine niedrige Arbeitslosenquote vorherrschten (Deutsche Bundesbank 2013: S. 14). Dies führte zu einem veränderten Risikobewusstsein bei den Käufern in Bezug auf die Zusammenstellung ihrer Vermögensportfolios. Hinzu kommen nachfragestimulierende Faktoren wie z. B. die aktuell niedrigen Zinsen für Hypothekenkredite. Zudem steigt trotz rückläufiger Bevölkerungszahlen nach wie vor die Gesamtanzahl der Haushalte, die die eigentliche Nachfrage nach Wohnraum ausmachen und damit auch die Nachfrage nach Immobilien bestimmen (An de Meulen und Micheli 2013: S. 540). Außerdem nimmt die Attraktivität des deutschen Immobilienmarktes (höhere und stabilere Renditen) auch bei ausländischen Investoren nach Platzen der Blasen auf den Immobilienmärkten anderer europäischer Industrienationen wie zum Beispiel Spanien zu. Ferner wird die Anlage in Sachwerte, also auch in Immobilien, aufgrund fehlender Anlagealternativen immer lukrativer (Deutsche Bundesbank 2013: S. 14). Jedoch steigen die Preise nicht überall. Vergleichbar mit der Entwicklung der Bevölkerung liegen auch bei den Immobilienpreisen starke regionale Unterschiede sowie Unterschiede zwischen ländlichen und (groß)städtischen Regionen vor. Während Metropolregionen und Universitätsstädte mit stetig steigender Nachfrage, insbesondere durch Zuwanderung von junger Bevölkerung, zu kämpfen haben, stagniert oder sinkt diese im ländlichen Raum und in Kleinstädten. Besonders von Wohnungsknappheit und daraus resultierenden Preisanstiegen sind laut einer Analyse des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschasforschung (RWI) die Metropolen Hamburg, Berlin, Freiburg und München sowie auch große Teile Bayerns betroffen (Budde 2013: S. 38). Hierbei mangelt es häufig an einem ausreichenden Wohnungsangebot im unteren Preissegment (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2013: S. 7). In weiten Teilen Deutschlands kommt es hingegen aufgrund von Bevölkerungsrückgang und -abwanderung in Großstädte vermehrt zu einem Angebotsüberhang und zu Wohnungsleerständen. In Ostdeutschland sind diese Entwicklungen besonders gravierend. Hier stieg die jährliche Abrissrate bezogen auf den Gesamtwohnungsbestand seit der Jahrtausendwende bereits auf 0,5 % und könnte noch weiter auf 1 % steigen. Westdeutschland wird diesen Prozess mit etwas Verzögerung durchlaufen, da die Bevölkerung hier vor allem durch Zuwanderung bis 2020 weiter wachsen wird (Deilmann et al. 2009: S. 666). Gründe für die divergierenden Entwicklungen liegen laut Bischoff (2012) zum einen in den unterschiedlichen Erwartungen über zukünige demographische Entwicklungen und zum anderen in aktuellen Einkommensunterschieden (Bischoff 2012: S. 14). Die Deutsche Bundesbank hat außerdem die räumlichen Übertragungswege und das

Aktuelle Situation

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»Ausstrahlungspotenzial« von Metropolregionen auf ihr Umland untersucht. Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Immobilienpreise in einer Region und der Entwicklung in ihren unmittelbaren Nachbarregionen. Die Ursachen hierfür sind die überregionale Bedeutung demographischer und wirtschalicher Einflussfaktoren (Deutsche Bundesbank 2013: S. 27). 2.2.2 Wohneigentumsbildung

Nach dem Zweiten Weltkrieg war ein Großteil des Wohnraums zerstört; zahlreiche Flüchtlinge und Besitzlose strömten nach Westdeutschland. Allein dadurch fehlten 1950 mehr als 4,5 Mio. Wohnungen. Durch den Verlust von Privateigentum und den unzureichend ausgestalteten Kapitalmarkt war es für den privaten Sektor unmöglich, die Wohnungsnot ohne staatliche Hilfe zu überwinden. Mit dem I. Wohnungsbaugesetz von 1950 förderte die Regierung den Wohnungsbau durch direkte Subventionen, Garantien und steuerliche Vorteile; der »soziale Wohnungsbau« war geboren. Die Wohnungen mussten einen gewissen Standard (Größe und Qualität) aufweisen, wodurch sie auch für Haushalte mit mittleren Einkommen attraktiv waren. So wurden in den folgenden Jahren rund 50 % aller Neubauten durch die öffentliche Hand subventioniert (Voigtländer 2009: S. 358). Dadurch konnten innerhalb von nur fünf Jahren 1,8 Mio. neue Wohnungen errichtet werden (Kofner 2004: S. 176). Die Übertragung der finanziellen Vorteile auf die Mieter, wie z. B. die Festlegung von Richtsatzmieten im I. Wohnbaugesetz, die unter den Kosten der Investoren lagen, sowie die geringer ausfallenden Subventionen für den Bau von Eigenheimen trugen dazu bei, dass es für breite Schichten der Bevölkerung günstiger war zu mieten, anstatt Eigentum zu erwerben. Hinzu kamen schwierige Finanzierungsbedingungen wie Eigenkapitalmangel, sehr hohe Fremdkapitalzinsen und mangelnde Sparfähigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Dies sind Ursachen dafür, dass die Wohneigentumsquote in Deutschland bis heute relativ niedrig ist (Kofner 2004: S. 184 ff.). Auch die im Zuge des Wirtschaswunders und einer stark wachsenden Motorisierung ansteigende Nachfrage nach suburbanem Wohnraum und dem damit verbundenen erhöhten Bau von Ein- und Zweifamilienhaussiedlungen der 1950er- bis 1970er-Jahre konnten den Eigentumsanteil nur geringfügig erhöhen. Noch heute hat Deutschland im internationalen Vergleich der westlichen Industrieländer eine relativ niedrige Wohneigentumsquote. Ursächlich dafür sind nicht zuletzt ein gut funktionierender Mietwohnungsmarkt und ein Mieterschutz, der so ausgestaltet ist, dass sich in Deutschland viele Menschen tendenziell eher für eine Mietwohnung entscheiden (Helbrecht und Geilenkeuser 2012: S. 428). Auch das streng ausgestaltete Kreditvergabesystem mit in der Regel hohem Eigenkapitalanteil sowie ein kaum vorhandener Subprime-Markt führen dazu, dass das Mieten für viele Haushalte die günstigere Alternative darstellt (Voigtländer 2009: S. 366).

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Markt für Ein- und Zweifamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre

Neben internationalen Unterschieden in der Finanzierung von Wohneigentum gibt es auch Unterschiede in den absoluten Immobilienpreisniveaus. Deutschland zeichnet sich durch hohe bauliche Standards aus, wodurch die Baukosten und somit die Immobilienpreise nach oben getrieben werden. Somit muss ein deutscher Haushalt absolut gesehen mehr Kapital für den Kauf eines Hauses auringen als Haushalte in anderen Ländern. Deshalb werden deutsche Käufer häufig als »one time-buyer« charakterisiert. Ihre Kaufentscheidung ist also meist endgültig und es findet keine sukzessive Verbesserung der Wohnsituation statt (Elsinga et al. 2010: S. 78 ff.). Zudem wurde Wohneigentum in Deutschland lange Zeit als Konsum- und nicht als Investitionsgut betrachtet. Helbrecht und Geilenkeuser (2012) stellen jedoch fest, dass es für junge Leute angesichts schrumpfender Bevölkerungszahlen und somit auch geringer Renteneinzahlungen immer wichtiger wird, zusätzlich privat vorzusorgen. So sehen junge Haushalte im Gegensatz zu früheren Generationen in Wohneigentum vermehrt einen wichtigen Bestandteil ihrer Altersvorsorge (Helbrecht und Geilenkeuser 2012: S. 425). Dies spiegelt sich auch in den steigenden Wohneigentumsquoten der letzten Jahre wider. Von 1993 bis 2002 erhöhte sich die Zahl der Eigentümer um ca. 2,4 Millionen. Während 1993 nur 39 % der Haushalte in selbstgenutzten Immobilien lebten, stieg diese Zahl 2002 bereits auf 42 % und lag 2011 sogar bei 46 % lag (Statistisches Bundesamt 2014b: S. 149). Die regionale Verteilung von Wohneigentum zeigt allerdings, dass sich die Quoten im städtischen und im ländlichen Raum stark unterscheiden. So liegt die Wohneigentumsquote in Metropolregionen nur bei rund 23 %, in ländlichen Gegenden übersteigt sie hingegen 60 %.⁴

2.3 Aktuelle Lebenszyklusphase Eine Immobilie durchschreitet in ihrer Bestandsdauer mehrere Phasen. Dabei kann zwischen zwei Arten von Lebensdauern unterschieden werden: der technischen und der ökonomischen. Die technische Lebensdauer umfasst den kompletten Zeitraum von der Fertigstellung bis zum Abriss und kann durch entsprechende Instandhaltungsmaßnahmen verlängert werden. Die ökonomische Lebensdauer endet bereits, wenn die Kosten durch die Nutzung des Grundstücks in dieser Form nicht mehr gedeckt werden können. Hier muss dann eine Umnutzung vorgenommen werden (Rottke und Wernecke 2005: S. 212). Abbildung 2.3 stellt beispielha den Verlauf eines technischen Lebenszyklus’ einer Immobilie dar. Der Zyklus beginnt mit einem unbebauten Grundstück, das als Bauland ausgewiesen wird. In der Projektentwicklungsphase geht es darum, dass Bauplaner den Bau einer Immobilie planen, der darauin realisiert wird. Diese Erstellungs4 BBSR, Daten online verfügbar.

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Aktuelle Lebenszyklusphase

Abriss

Bauland

Leerstand

Bauplanung

Nachnutzung

Durchführung

Modernisierung, Sanierung

Abriss

Erstbezug

Leerstand

Abbildung 2.3: Der Lebenszyklus von Einfamilienhäusern (in Anlehnung an Gondring (2013))

phase kann zwei bis zehn Jahre in Anspruch nehmen, je nachdem, wie aufwändig sich der Bau gestaltet. Nach Fertigstellung des Gebäudes folgt die Nutzungsphase. Bei Wohnimmobilien besteht diese durch die Bewohnung, deren Dauer von mehreren Faktoren abhängt. Zum einen spielt der Standort der Immobilie eine Rolle. Liegt die Immobilie in guter Lage, also in einem attraktiven Wohnumfeld, ist die Nutzungsdauer meist länger. Auch der Gebäudetyp und die Ausstattung der Immobilie tragen zur Länge der Nutzungsdauer bei. Außerdem kann auch eine Umnutzung in Betracht gezogen werden (Gondring 2013: S. 37). Während der Nutzungsdauer kommt es jedoch zu Abnutzungen wie Verschleiß, Alterung, Beschädigungen durch Witterung und sonstige Naturgewalten oder Vandalismus (Rottke und Wernecke 2005: S. 217). Wird die Immobilie nicht regelmäßig instandgesetzt, kann das dazu führen, dass sich nach dem Auszug des bisherigen Nutzers kein Nachfolger findet. Auch negative Standortentwicklungen können dazu führen, dass eine Immobilie nicht mehr nachgefragt wird. So kann eine Immobilie für einen unbestimmten Zeitraum leer stehen und nicht genutzt werden. An die Leerstandsphase schließt sich die Phase der Weiterentwicklung an. Einerseits kann dies in Form von Kernsanierung oder Umnutzung passieren, andererseits kann auch bereits ein Abriss durchgeführt werden, je nachdem, in welchem Zustand sich die Bausubstanz befindet oder sich der Markt für derartige Immobilien entwickelt. Kommt es zu einer Neustrukturierung oder Sanierung, so schließt sich eine weitere Nutzungsphase an. Es werden dieselben Phasen erneut durchlaufen, bis es zum endgültigen Abriss kommt (Gondring 2013: S. 37). Einfamilienhäuser haben in der Regel eine Lebensdauer von 60 bis 100 Jahren

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Markt für Ein- und Zweifamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre

(Gondring 2013: S. 36 ff.). Für die Häuser aus den 1950er- bis 1970er-Jahren ist diese Lebenshöchstdauer teilweise schon eingetreten. So befinden sich die meisten dieser Gebäude entweder noch in der Phase der ersten Nutzung, oder es ist schon ein erster Leerstand entstanden, der zu einem Umbau oder einer Sanierung geführt hat bzw. im Falle eines starken Substanzverlustes zu einem Abriss der Immobilie. Nach Abriss einer Immobilie kann das Grundstück, sofern es attraktiv genug ist, dass sich Käufer finden, mit einer neuen Immobilie bebaut werden. Sanierung oder Umbau können die Lebenszeit einer Immobilie verlängern, wodurch einer zweiten Generation das Wohnen in dem Einfamilienhaus ermöglicht werden kann. Auch hier gilt, dass die Eigenschaen und insbesondere die Lage der Immobilie attraktiv sein müssen, damit überhaupt eine Nachfrage entsteht. Befinden sich die Häuser in wirtschalich schwachen Regionen, ist die Gefahr des andauernden Leerstandes groß. Insbesondere ländlich geprägte Regionen und wirtschalich weniger dynamische Städte sind stark von einem Bevölkerungsrückgang betroffen, wodurch dort potentielle Nachfrager nach Einfamilienhäusern fehlen. Hinzu kommt, dass gerade in diesen Regionen Ein- und Zweifamilienhäuser zu den am häufigsten vorkommenden Wohnimmobilien gehören, wohingegen Großstädte allein schon aus platztechnischen Gründen von Wohngeschossbauten geprägt sind. Somit liegt auch der Fokus der vorliegenden Untersuchung auf Ein- und Zweifamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre in ländlichen und wirtschalich schwächeren Regionen, die die Phase des andauernden Leerstandes aufgrund von Nachfragemangel erreicht haben. Dadurch befinden sich die hier untersuchten Häuser in der Phase des Leerstandes, bei denen die weitere Nutzung der Immobilien (Abriss, Sanierung oder Umbau) noch unklar ist. Die Ein- und Zweifamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre weisen zudem einige besondere Eigenschaen auf: Die Häuser wurden in der Regel materialund damit kostensparend gebaut und haben einen sehr kompakten Grundriss mit einer nur leicht vom Quadrat abweichenden Grundfläche von 80 bis 100 qm. Das Erdgeschoss wiederum lässt sich in vier Teile untergliedern: Die erste Häle enthält den Eingangsbereich mit Treppe und Toilette sowie die Küche, und die andere Häle mit zwei weiteren Zimmern (etwas anders als bei den ursprünglichen Siedlungshäusern) fungiert als Wohnraum (in der Regel Esszimmer und Wohnzimmer). Die Schlafzimmer befinden sich dabei ausschließlich im Obergeschoss (mit in der Regel zwei bis drei kleinen Zimmern). Ein eineinhalbfaches Geschoss mit steil aufragendem Satteldach und Spitzboden sind die Regel, aber es lassen sich häufig auch andere Dachformen wie Flach- und Walmdächer sowie andere Bautypen wie Doppelhausvarianten mit durchgängigem First und trauständig zur Straße hin orientiert finden. Ein großer Garten stand auch nicht mehr im Mittelpunkt der Baupläne, da eine Selbstversorgung in der Regel nicht mehr nötig war. Wenn möglich wurden somit Gartenflächen durch Wohnflächen substituiert, da

Nachnutzungsproblem

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auch die Wohnflächenansprüche stiegen. Ebenso ist in den Häusern der 1950erbis 1970er-Jahre eine klare Raumtrennung zu erkennen: Eine separate Küche und ein großes Wohnzimmer sowie mehrere Schlafzimmer sind Merkmale der Einund Zweifamilienhäuser dieser Zeit. Häufig wurden auch Badezimmer und WC räumlich voneinander getrennt (Dransfeld et al. 2010: S. 46).

2.4 Nachnutzungsproblem Die Einordnung der Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre in den Lebenszyklus einer Immobilie macht deutlich, dass diese nicht nur einen erhöhten Modernisierungsbedarf aufweisen, sondern mittlerweile auch in die Phase der Nachnutzung und Weiterentwicklung übergehen oder teilweise sogar schon übergegangen sind. Deutschland verzeichnete lange Zeit (bis 2011) einen Bevölkerungsschwund, der nur in den Ballungszentren durch positive Wanderungssalden ausgeglichen werden konnte. Durch eine polarisierende Binnenwanderung haben sich in den letzten Jahren sogenannte Schwarmstädte, Städte mit einer hohen Zuwanderung von Menschen gleicher Altersklasse, gebildet. Dies spiegelt sich auch in den Immobilienpreisentwicklungen wider. Während die Preise in den Großund Universitätsstädten stark gestiegen sind, haben sich die Preise in ländlichen Räumen nur moderat steigend bis rückläufig entwickelt. Die vielen Einfamilienhäuser, die im Zuge eines Generationenwechsels aktuell und in den nächsten Jahren im Wohnungsangebot aureten werden, stehen damit einer Nachfragerstrukur gegenüber, die sich seit dem Bau dieses Wohnungsbestandes grundlegend verändert hat. Aufgrund der Wohnungsgröße und der räumlichen Gebundenheit, die durch Wohneigentum entsteht, steigt die Wahrscheinlichkeit des Erwerbs von Einfamilienhäusern im Wohneigentum mit der Anzahl an Personen im Haushalt. Damit sind gerade junge Familien oder Haushalte mit entsprechender Familienplanung die potentiellen Nachfrager nach Einfamilienhäusern (Li 1977: S. 1081).⁵ Vor diesem Hintergrund ergeben sich verschiedene Fragestellungen, die die Nachnutzung dieser Objekte und die Nachfrage nach Einfamilienhäusern im Allgemeinen betreffen.

5 Neben Familien können auch verschiedene Wohnzweckgemeinschaen wie beispielsweise Mehrgenerationenhaushalte Einfamilienhäuser nachfragen. Diese nehmen jedoch eine Sonderrolle ein und werden deshalb nicht explizit behandelt.

3 Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre

Um die Determinanten der Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre zu untersuchen, wird im Folgenden eine funktionale Abgrenzung der einzelnen Entscheidungsebenen sowie eine Klassifizierung verschiedener Risikodeterminanten vorgenommen. Zur Einordnung der Nachfrage nach Einfamilienhäusern aus dem Bestand wird dazu zunächst eine Einführung in die allgemeine Wohnungsnachfrage in der ökonomischen eorie gegeben.

3.1 Wohnungsnachfrage in der ökonomischen Theorie Immobilien stellen gebündelte Güter dar, die insbesondere durch die Eigenschaften Unteilbarkeit, Tangibilität und räumliche Beständigkeit gekennzeichnet sind. Durch die räumliche Heterogenität sind selbst zwei vollständig identische Wohngebäude noch aufgrund der räumlichen Lage unterschiedlich (Breuer und Nadler 2011: S. 5, 6). Diese Eigenscha beeinflusst maßgeblich den ökonomischen und den subjektiven Wert einer Immobilie. Sowohl das soziale Umfeld als auch die Erreichbarkeit wichtiger lokaler Einrichtungen und die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel variieren mit dem Standort einer Immobilie (Kühne-Büning et al. 2005: S. 10). Durch die Heterogenität der lokalen Annehmlichkeiten und die Eigenscha der Immobilität bilden sich Immobilienpreise überwiegend auf lokalen und regionalen Teilmärkten (Spieker 2005: S. 82). Des Weiteren besitzen Immobilien die Eigenscha einer sehr langen Produktionsdauer bzw. Realisationszeit. Vom Beginn der Planung bis zur Fertigstellung und Nutzung des Gebäudes vergehen o mehrere Jahre. Dadurch kann die Angebotsseite nur sehr zeitverzögert auf eine veränderte Nachfrage nach Wohnraum reagieren. Mit der Erkenntnis einer gestiegenen Nachfrage muss Neubau zunächst geplant und dann auch noch umgesetzt werden. In dieser Zeitspanne kann es kurzfristig zu erheblichen Preissteigerungen kommen, die sich aufgrund fehlender Markttransparenz auch langfristig verfestigen können. Genauso ist natürlich auch der umgekehrte Effekt, das heißt eine Preissenkung aufgrund eines Ange-

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Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre

botsüberhanges, möglich (Gondring (2013: S. 17); Kühne-Büning et al. (2005: S. 8); Spieker (2005: S. 81)). Einen weiteren Aspekt stellen die hohen Anfangsinvestitionen dar. Ein Käufer ist meist auf einen hohen Fremdkapitalanteil angewiesen. Aufgrund langsamer Rückflüsse aus der Investition trägt er ein hohes Risiko, welches sich insbesondere aus der Unsicherheit der Entwicklung der langfristigen Nachfrage ergibt. Außerdem kommt es sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite zusätzlich zu Transaktions- und Suchkosten aufgrund von Informationsasymmetrien sowie zu Opportunitätskosten bei zeitweiligem Leerstand oder Umzugs- und Anpassungskosten (Kühne-Büning et al. 2005: S. 12 ff.). Wird die Wohnungsnachfrage, z. B. in dem monozentrischen Stadtmodell von Alonso (1964), zunächst nur durch eine Größe, die Wohnraumnachfrage, beschrieben, so sind in der »Post-Rosen-Literatur«⁶ die Annahmen des MuthOlsen-Konzeptes aufgelöst; den einzelnen Eigenschaen, die eine Immobilie bündelt, wird eine höhere Bedeutung zugesprochen. Die Nachfrage der Haushalte, d. h. deren marginale Zahlungsbereitschaen, wird über die impliziten Preise dieser einzelnen Attribute bestimmt. Dabei kann es zu Preisunterschieden für bestimmte Attribute zwischen verschiedenen Güterbündeln kommen. Zu den Eigenschaen einer Immobilie zählen dabei nicht nur die Objekteigenschaen, sondern auch Eigenschaen der Wohnstandorte. Damit sind die Modelle der »PostRosen-Literatur« zum einen konsistent mit der Wheaton (1977)-Kritik als auch mit der Tiebout (1956)-Hypothese, dass die Haushalte die von ihnen nachgefragten lokalen und regionalen Wohnstandorteigenschaen »mit ihren Füßen wählen«. Auch wenn das Angebot in der kurzen Frist in den oben genannten Modellen aufgrund der genannten langen Produktionsdauer häufig als unelastisch angenommen wird, so zeigen Studien, wie beispielsweise die von Saiz (2010), dass neben den Nachfragegrößen auch angebotsseitige Effekte einen wichtigen Einfluss auf die Bestimmung der Immobilienpreise in der mittleren und langen Frist ausüben. Archer et al. (1996) machen beispielsweise deutlich, dass aufgrund von Nachfrageschocks beliebte Nachbarschaen stärker im Preis ansteigen können, wenn dort stärkere Angebotsbeschränkungen vorliegen. Dieser Effekt ist dann umso stärker, je unelastischer das jeweilige Angebot reagieren kann. Unterschiede in der Elastizität des Angebots führen damit zu räumlich heterogenen Preisreaktionen. Hinzu kommt, dass Immobilien sowohl eine Konsum- als auch eine Investitionsgutseigenscha besitzen. Dies führt zwangsläufig dazu, dass die Determinanten der Nachfrage, die die Zahlungsbereitscha bestimmen, mit den 6 Rosen (1974) hat mit seiner theoretischen Arbeit die Bedeutung einzelner Eigenschaen gebündelter Güter hervorgehoben und ein zweistufiges Identifikationsverfahren vorgeschlagen, um die einzelnen Zahlungsbereitschaen zu bestimmen.

Wohnungsnachfrage in der ökonomischen Theorie

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Intentionen der Haushalte variieren. Während der erwartete Wiederverkaufswert einer Immobilie nicht Bestandteil des Nutzens eines Haushaltes, der seine Immobilie vollständig als Konsumgut betrachtet, ist, hat diese für einen Haushalt mit Investitionsintention eine große Bedeutung. Bei den Eigentümern von Einfamilienhäusern liegt zumeist eine Mischform beider Motive vor. Dort spielt die Immobilie neben der Konsumption auch eine Rolle für die Altersvorsorge und für das Vorsichtssparen.⁷ Bei der empirischen Identifikation der Determinanten der Nachfrage führen damit neben den spezifischen Eigenschaen von Immobilien und den Besonderheiten des Wohnungsmarktes auch die unterschiedlichen Nachfragemotive des Immobiliengutes zu einem gewissen Grad an Uneindeutigkeit. Nachfrage nach Einfamilienhäusern Bei der Nachfrage nach Einfamilienhäusern aus dem Altbestand handelt es sich um eine spezielle Form der Wohnungsnachfrage, die einer stärkeren Differenzierung in der Untersuchung unterliegt. Aufgrund der Zuschnitte und der häufig fehlenden Barrierefreiheit entsprechen diese Objekte o nicht den Bedürfnissen jüngerer bzw. älterer Wohngemeinschaen. Deshalb sind insbesondere Familienhaushalte - unter den Haushalten mit hoher Wohnflächennachfrage - die größte potentielle Nachfragergruppe. Zudem stehen die Bestandsimmobilien in direkter Konkurrenz zum Neubau, der gerade in Bezug auf Wohnflächen, Zuschnitte und technische Ausstattung (z. B. bei der Energieeffizienz), erhebliche Vorteile aufweist. Ferner hat die Veränderung der gesellschalichen Beziehungs- und Familienformen zu einer Veränderung der Wohnungspräferenzen, die objektspezifische Unterschiede in der Nachfrage nach Bestands- und Neubauten verstärken, geführt. Darüber hinaus kommt es zu substitutiven Anpassungen in der Nachfrage, sogenannten Filtering-Prozessen, nach verschiedenen Wohngebäudetypen. So geht eine rückläufige Wohnungsnachfrage mit Angebotsüberhängen und Preisrückgängen einher, die in der Folge zu Anpassungen in der Nachfrage - etwa von Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern zu freistehenden Einfamilienhausobjekten - führen.⁸ Ausbleibende Nachfrage nach Bestandsimmobilien der 1950er- bis 1970erJahre wird daher vor allem dann erwartet, wenn die Zahl der Einfamilienhäuser die lokale Nachfrage übersteigt und die substitutive Nachfrageanpassung diesen Überhang nicht kompensieren kann. Es kommt damit im Allgemeinen dort zu Nachnutzungsproblemen, wo die Angebote an Ein- und Zweifamilienhäusern 7 Siehe auch Helbrecht und Geilenkeuser (2012). 8 Ein Indiz für derartige Nachfrageanpassungen stellen die einzelnen Leerstandsquoten dar; diese sind in Deutschland bei Einfamilienhäusern geringer als bei anderen Wohnimmobilien.

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Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre

quantitativ die Nachfrage übersteigt und der Gebäudetyp des Einfamilienhauses das gesamte Wohnungsangebot prägt. Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre lassen sich zwar aufgrund der Nachteile, was die Wohnflächenzuschnitte, Grundflächen, technische Ausstattung, Heizungssysteme und baulichen Zustände betri, im unteren Bereich der objektspezifischen Qualitätsverteilung ansiedeln, müssen jedoch bei zunehmenden Angebotsüberhang nicht zwingend einer ausbleibenden Nachnutzung ausgesetzt sein. Neben den beschriebenen substitutiven Anpassungen in der Nachfrage lässt sich dies darauf zurückführen, dass neben den objektspezifischen Eigenschaen auch die lokalen Standorteigenschaen ein wichtiges Entscheidungskriterium der Wohnungsnachfrage darstellen und diese omals keinen klaren Zusammenhang mit der Altersstruktur des Bestandes aufweisen. Vor diesem Hintergrund beschäigt sich die Untersuchung der Wohnungsnachfrage mit den einzelnen Konsumentscheidungen und den Wahrscheinlichkeiten verschiedener Entwicklungs- und Handlungsabläufe, die auf unterschiedlichen Ebenen zu der aggregierten Nachfrage führen. Allerdings ist die Wohnungsnachfrage von der Zahl und Struktur der Haushalte und nicht von der Einwohnerzahl abhängig, was zu einer stärkeren Differenzierung der Nachfrage führt. So gehören zu der Untersuchung der aktuellen und prognostizierten Wohnungsnachfrage neben demographischen Entwicklungen, Einkommensentwicklungen und Wohnpräferenzen auch angebotsseitige Determinanten, die sich über die Wohnkosten auf die Nachfrage auswirken, sowie Haushaltsbildungstrends. Aufgrund der beschriebenen Zusammenhänge und der mangelnden Datenverfügbarkeit gibt es für die Untersuchung der Nachfrage bisher allerdings noch keine anerkannte Vorgehensweise (Kühne-Büning et al. 2005: S. 223). Gerade die Berechnungen der allgemeinen Wohnungsnachfrage auf kleinräumiger Ebene sind mit großen Unsicherheiten behaet, was differenziertere Untersuchungen der Nachfrage mit verfügbarem Datenmaterial noch schwieriger macht (Adam und Berndgen-Kaiser 2015: S. 178).⁹ Für eine Untersuchung der Einflussgrößen ausbleibender Nachnutzung sind zudem detaillierte Daten über die lokale Leerstandsstruktur erforderlich. Eine Aussage über anstehende Generationenwechsel und Nachnutzungstendenzen erfordert zudem sozio-demographischen Informationen über die gegenwärtigen Bestandshalter. Vor diesem Hintergrund ist die Motivation der vorliegenden Studie die vornehmliche Untersuchung systematischer Einflüsse auf kleinräumiger Ebene sowie die Generalisierung verschiedener Indikatoren, um eine lokale qualitative Untersuchung zu unterstützen.

9 Dabei fehlen vor allem die sozio-demographische Informationen zu den bisherigen Bestandshaltern, die eine Aussage über auommende Ballung von Angeboten zulassen würden.

Entscheidungs- und Risikoebenen der Nachfrage nach Einfamilienhäusern

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3.2 Entscheidungs- und Risikoebenen der Nachfrage nach Einfamilienhäusern (a) Entscheidungsebenen Im Folgenden wird zwischen einer absoluten und einer relativen Veränderung der Nachfrage unterschieden: Während die absolute Nachfrage die Veränderung der Zahl an Haushalten als Nachfrager von Einfamilienhäusern auf regionaler Ebene umschreibt, stellt die relative Nachfrage das Ergebnis intraregionaler Entscheidungsprozesse dar. Die absolute Veränderung der Nachfrage ist auf regionale und nationale Determinanten, die entweder die regionale Binnenwanderung der Haushalte, die Entwicklung der regionalen demographischen Struktur, die internationale Migration oder die Zusammensetzung der Haushalte betreffen, zurückzuführen. Da diese Ebene den einzelnen wohnungsmarktspezifischen Ebenen vorgelagert ist, stellt sie eine notwendige Bedingung für alle untergeordneten Ebenen dar. Das heißt, dass für eine vollständige Nachnutzung des bestehenden Altbestandes zumindest eine ausreichende absolute Zahl an Nachfragern vorhanden sein muss. Die relative Nachfrage stellt den Anteil aller Haushalte auf intraregionaler Ebene, der Einfamilienhäuser aus dem Altbestand nachfragt, dar. Neben dem Erwerb von Wohneigentum und dem Wohnen zur Miete muss auch über die entsprechende Wohnform, wie etwa eine Wohnung im Mehrfamilienhaus oder in einem freistehenden Einfamilienhaus, entschieden werden. Die Entscheidung zwischen neugebauten Einfamilienhäusern und Einfamilienhäusern aus dem Altbestand wird vor allem über die Nachfrage nach objekt- und standortspezifischen Eigenschaen bestimmt und kann über distributive Preiseffekte zudem von der regionalspezifischen Struktur des Angebots und sich daraus ergebenden substitutiven Nachfrageanpassungen abhängig sein. Insgesamt stellt die relative Nachfrage damit das Ergebnis vieler einzelner Entscheidungsprozesse der lokalen Wohnungsnachfrage dar. Die Ebenen der absoluten und der relativen Nachfrage sowie dazugehörige horizontale Einflussfaktoren sind graphisch in Abbildung 3.1 zusammengefasst.

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Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre Entscheidungsebenen Absolute Nachfrage Regionale Binnenwanderung

Natürliche Bevölkerungsentwicklung

Wohnpräferenzen

Internationale Migration

Haushaltsbildung

Relative Nachfrage Wohneigentumsentscheidung

Nachfrage nach Bestandsimmobilien

Mikro-Standort, Qualität und Ausstattung

Abbildung 3.1: Abgrenzung der einzelnen Entscheidungsebenen der Nachfrage

(b) Risikoklassen Neben den Entscheidungsebenen der Nachfrage können die einzelnen Einflussgrößen auch nach der Art der Einflussnahme, der Systematik des Risikos, unterschieden werden. Hierzu werden mit den systematischen und unsystematischen Risikogrößen die bekannten Risikoklassen der Portfoliotheorie verwendet. Bei den systematischen Risikogrößen handelt es sich um Determinanten der Nachfrage, die nicht regionalspezifisch sind und damit alle Wohnungsteilmärkte gleichermaßen betreffen. Bei der absoluten Nachfrage stellen beispielsweise gesellschaliche Veränderungen, die die Wohnpräferenzen beeinflussen, regionalunspezifische Determinanten dar. Die Binnenwanderung stellt hingegen ein Beispiel für eine regionalspezifische Größe dar. Regionalspezifische und -unspezifische Einflüsse liegen auch bei der relativen Nachfrage vor. Regionalunspezifische Größen sind vor allem politische Einflüsse, die den institutionellen Rahmen betreffen. Beispielsweise führt eine politisch induzierte Veränderung der institutionellen Rahmenbedingungen, etwa bei den Wärmeschutzbestimmungen, zu ei-

Entscheidungs- und Risikoebenen der Nachfrage nach Einfamilienhäusern

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ner geringeren relativen Nachfrage nach Altbestandshäusern auf allen lokalen Teilmärkten. Dagegen ist beispielsweise die Struktur des lokalen Angebots, die ebenfalls einen Einfluss auf die relative Nachfrage nach Altbestandshäusern hat, vollständig lokal bestimmt und stellt damit ein unsystematisches Risiko dar. Eine Untergliederung entlang der Nachfrage- und Risikoklassen ist in Abbildung 3.2 dargestellt.

Einflussnahme

Nachfrageebene

Absolut

Relativ

Systematisch

Regionalunspezifische Determinanten der Nachfrage, z. B. natürliche Bevölkerungsentwicklung

Regionalunspezifische Determinanten der relativen Nachfrage, z. B. Wärmeschutzbestimmungen

Unsystematisch

Regionalspezifische Determinanten der absoluten Nachfrage, z. B. Binnenmigration

Regionalspezifische Determinanten der relativen Nachfrage, z. B. Neubauflächenausweisung

Abbildung 3.2: Gliederung der Risikoklassen

(c) Untersuchungsziele Die regionalspezifischen, unsystematischen Risiken in der Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre stehen im Vordergrund der folgenden Abschnitte. Vor dem Hintergrund dieser Einschränkungen und Klassifizierungen verfolgt die vorliegende Untersuchung der Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre zwei Ziele: 1. Die Entscheidungsebenen und die Zuordnung zugehöriger Einflussgrößen werden abgeleitet. Dabei wird im Wesentlichen zwischen den zwei Ebenen der absoluten und relativen Nachfrage unterschieden: Während erstere die Veränderung der absoluten potentiellen Nachfrage beschreibt und sich mit demographischen Veränderungen und regionalen Wanderungsbewegungen beschäigt, beschreibt die relative Nachfrage den Anteil derjenigen Haushalte, die auf intraregionaler Ebene Einfamilienhäuser aus dem Altbestand nachfragen. 2. Mittels empirischer Methoden werden Indikatoren der einzelnen Nachfrageebenen bestimmt. Aufgrund der Datenverfügbarkeit lassen sich keine absoluten Nachnutzungsrisiken bestimmen; es handelt sich bei den Risikoindikatoren um relative Größen, die lediglich einen Vergleich von Regionen

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Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre

und Gemeinden erlauben. Vor diesem Hintergrund werden in den empirischen Analysen hauptsächlich unsystematische d. h. regionalspezifische Einflussgrößen betrachtet und untersucht. (d) Vorgehensweise In Abschnitt 4.2 wird die absolute Nachfrage empirisch untersucht. Zum einen wird in dem Abschnitt 4.2.1 anhand deskriptiver Daten die demographischen Entwicklung in Deutschland mit der natürlichen Bevölkerungsentwicklung, den Veränderungen in den Haushaltsstrukturen und sich verändernden gesellschalichen Lebensformen diskutiert. Zum anderen werden die Determinanten der regionalen Binnenwanderung der Alterskohorten potentieller Nachfrager von Einfamilienhäusern, die aufgrund niedriger natürlicher Bevölkerungsentwicklung für die Nachnutzung von Bestandsimmobilien insgesamt an Bedeutung gewonnen haben, untersucht. Regionen, die stark nachgefragte Eigenschaen aufweisen, werden auch in Zukun keinen hohen Rückgang in der absoluten Nachfrage nach Bestandsimmobilien aufweisen. Hierzu werden die Determinanten der regionalen Standortwahl potentieller Nachfrager von Einfamilienhäusern mittels eines Panel-Schätzers bestimmt. Bei den Determinanten der Wanderungsbewegungen handelt es sich um regionalspezifische Risikogrößen, die zur Ableitung eines relativen Indikators der absoluten Nachfrage herangezogen werden können (4.2.3). Die relative Nachfrage ergibt sich über mehrere Entscheidungsprozesse und wird damit von einer Vielzahl von Einflussfaktoren bestimmt. Sie wird in Abschnitt 5.1 behandelt und beschreibt den Anteil der Haushalte, die auf lokaler Ebene nicht nur Wohneigentum im Allgemeinen (5.1.2), sondern auch Einfamilienhäuser aus dem Altbestand nachfragen (5.1.3). Die lokale Wohnstandortwahl und die Nachfrage nach Objekteigenschaen sind dabei besonders bedeutsam für die Nachfrage nach Bestandsimmobilien. Zum einen liegen hier regionale Unterschiede, etwa in der Bestandsstruktur, vor; zum anderen führen Nachfragerückgänge und Angebotsüberhänge zu distributiven Effekten in der Nachfrage einerseits und zu externen Effekten an lokalen Wohnstandorten andererseits. Aufgrund der Heterogenität lokaler Wohnstandorte lassen sich diese nur schwerlich empirisch untersuchen. Vor diesem Hintergrund werden in Abschnitt 5.1.4 lokale Wohnstandorteffekte anhand der theoretischen als auch empirischen Wohnungsmarktliteratur klassifiziert (5.1.4). Außerdem werden die Entwicklung von Wohnstandort und -bestand sowie dazugehörige Wechselwirkungen diskutiert (5.1.4). In Abschnitt 5.2 wird die relative Nachfrage mittels hedonischer Methoden analysiert. Als Grundlage dienen dabei Angebotsdaten für das Bundesland Niedersachsen, das aufgrund der Heterogenität in Bevölkerungsentwicklung und Immobilienpreisdynamiken besonders repräsentativ für die Entwicklung in Gesamtdeutschland ist. Dabei werden in Abschnitt 5.2.2 neben der Ableitung der Zah-

Entscheidungs- und Risikoebenen der Nachfrage nach Einfamilienhäusern

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lungsbereitschaen der Nachfrager (sog. implizite Preise) für objekt-, standortund ausstattungsspezifische Merkmale auch angebotsspezifische Effekte, die Hinweise auf beschleunigten Preisverfall an lokalen Wohnstandorten liefern, überprü. In Abschnitt 5.2.3 werden diese Ergebnisse dann auf vertikale Zusammenhänge mit regionalen Einflüssen hin untersucht. Dabei geht es um die Frage, inwieweit die Bedeutung bestimmter Objektmerkmale und Standorteigenschaen im Raum variiert. Regionale Unterschiede in der speziellen Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre werden in Abschnitt 5.2.4 untersucht. Mittels multivariater Schätzmethoden und mit dem Konzept der relativen Bedeutung (LMG) werden die Einflüsse regionaler Determinanten quantifiziert und zur Ableitung eines Indikators auf Gemeindeebene herangezogen.¹⁰ In Abschnitt 5.2.3 werden die relativen Bedeutungen der Objekt- und Standorteigenschaen charakterisiert. Die abgeleiteten Gewichtungen können dann zur Bewertung einzelner Einfamilienhausobjekte genutzt werden. Neben der Ableitung und Beschreibung der empirischen Zusammenhänge in der lokalen Nachfrage lässt sich dadurch auch ein kleinräumiger Indikator, der die Gefährdung einer ausbleibenden Nachnutzung für Ein- und Zweifamilienhäuser der1950er- bis 1970er-Jahre beschreibt, bilden.

10 Interaktionseffekten wird im Immobilien-Risikomanagement (mit Bezug auf Immobilienpreisdynamiken) bisher wenig Beachtung geschenkt, da bekannte Verfahren der Kapitalmarkttheorie aufgrund der Datenverfügbarkeit nicht angewendet werden können (Schröder 2005: S. 30). Beispielsweise ist Urschel (2009: S. 163) der Meinung, dass die Analyse gegenseitiger Abhängigkeiten von Immobilienmarktrisiken nicht möglich ist.

4 Absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern

Die absolute Nachfrage stellt die absolute Zahl an Haushalten auf regionaler Ebene, die potentielle Nachfrager nach Einfamilienhäusern bilden, dar. Sie ist deshalb von besonderer Bedeutung, da eine ausreichende absolute Nachfrage eine notwendige Bedingung für eine vollständige lokale Nachnutzung des Einfamilienhaus-Altbestandes darstellt und damit für alle nachgelagerten Entscheidungsebenen von Bedeutung ist. Dieser Abschnitt behandelt die Determinanten, die eine Veränderung der absoluten Nachfrage nach Einfamilienhäusern beeinflussen. Neben der natürlichen Bevölkerungsentwicklung, der internationalen Migration, der Haushaltsbildung und den Haushaltsstrukturen sowie Veränderungen in den Wohnpräferenzen wird die absolute Nachfrage einer Region vor allem durch die regionale Wohnstandortwahl bestimmt. Aufgrund der durchschnittlichen Wohnungsgröße von Einfamilienhäusern und der räumlichen Gebundenheit durch den Erwerb von Wohneigentum sind insbesondere Haushalte im Familiengründungsalter, d. h. Personen zwischen 25 und 50 Jahren, die Nachfrager nach Einfamilienhäusern. Damit kann es auch bei einer Veränderung der Bevölkerungsstruktur zu einem Rückgang oder einem Zuwachs in der Nachfrage kommen, selbst wenn die absolute Bevölkerungszahl konstant geblieben oder sogar gewachsen ist. Beispielsweise kommt es bei starker Alterung der Bevölkerung zu einem zunehmenden Anteil von Haushalten der oberen Quantile der Altersverteilung.

4.1 Determinanten der absoluten Nachfrage Während bisherige Studien lediglich Determinanten nennen, die die regionale Wohnungsnachfrage im Allgemeinen beeinflussen, werden in diesem Abschnitt Determinanten betrachtet, die die absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern im Speziellen betreffen. Dabei werden die Determinanten anhand der relevanten ökonomischen Literatur diskutiert, sodass neben der Identifikation einzelner Einflussgrößen auch eine Analyse bestehender Wechselwirkungen möglich ist. Üblicherweise kann bei der absoluten Nachfrage zwischen einem Größen- und einem Struktureffekt unterschieden werden. Während der Größeneffekt die Be-

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Absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern

völkerungsentwicklung im Allgemeinen beschreibt, betri der Struktureffekt die Struktur der Bevölkerung und damit die Wohnungsachfrage. Das Kapitel gliedert sich wie folgt: Der nächste Abschnitt analysiert die natürliche Bevölkerungsentwicklung. Sie ist zwar eine wichtige Einflussgröße der Nachfrage, letztlich sind es aber Haushalte, die Wohnraum nachfragen. Der Abschnitt 4.1.2 beschreibt den Einfluss der Haushaltsbildung und sich verändernder Wohnpräferenzen. Die regionale Bevölkerungsentwicklung und die Bevölkerungsstruktur lassen sich neben der natürlichen Bevölkerungsentwicklung auch auf internationale Migration und regionale Binnenmigration zurückführen. Diese Aspekte werden in den folgenden Abschnitten näher behandelt. 4.1.1 Natürliche Bevölkerungsentwicklung

Die natürliche Bevölkerungsentwicklung hat einen Einfluss auf die Entwicklung der Haushaltszahlen und wirkt damit vor allem als Größeneffekt auf die Nachfrage nach Wohnraum im Allgemeinen und nach Einfamilienhäusern im Speziellen. Die Diskussion um den Einfluss demographischer Veränderungen auf Immobilienpreisentwicklungen begann mit der US-amerikanischen Studie von Mankiw und Weil (1989). Sie zeigt, dass Immobilienpreissteigerungen in den 1970er-Jahren vor allem auf Haushaltsgründungsphasen bzw. Kohorteneffekte der Babyboomer-Jahre zurückgehen. Diese Studie untersucht den Einfluss demographischer Veränderungen auf die Immobilienpreisentwicklungen in den USA und fasst die Ergebnisse zu drei Kernaussagen zusammen: 1.) Demographische Veränderungen führen zu Veränderungen in der Wohnungsnachfrage. 2.) Diese Wirkungen auf die Nachfrage haben wiederum einen Einfluss auf die Immobilienpreisentwicklungen. 3.) Die demographische Entwicklung würde zu schwächeren Entwicklungen in der Wohnungsnachfrage führen. Diese Studie wurde in den Folgejahren stark kritisiert und diskutiert, unter anderem von Peek und Wilcox (1991), Green und Hendershott (1996) oder Engelhardt und Poterba (1991). Eine neuere Studie von Takáts (2012), die sich auf verschiedene Länder konzentriert, kommt zu dem Ergebnis, dass eine Verbindung zwischen Immobilienpreiseentwicklungen und demographischen Veränderungen besteht, jedoch nicht nur die absolute Entwicklung der Bevölkerung alleine von Bedeutung ist, sondern auch die demographische Struktur einen wichtigen Einfluss ausübt. Auch die Studie von Eichholtz und Lindenthal (2014) kritisiert an vorherigen Studien, dass nicht die gesamte Heterogenität der Bevölkerungsstruktur und des Wohnbestandes betrachtet wird. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass demographische Veränderungen zu heterogenen Änderungen in der Nachfrage führen, sodass der Wohnungsbestand je nach Eigenschaen auch unterschiedlich von der Nachfrage betroffen sein kann.

Determinanten der absoluten Nachfrage

41

Es gibt insgesamt allerdings nur wenige Studien, die sich auf Deutschland beziehen. Maennig und Dust (2008) zeigen anhand von Einfamilienhausdaten, dass Bevölkerungsveränderungen einen Effekt auf Immobilienpreise ausüben und dieser Effekt aufgrund der Beständigkeit des Bestandes für schrumpfende Märkte stärker ist. Die Studie von Hiller und Lerbs (2015) verwendet einen Querschnitt von 87 deutschen Städten über den Zeitraum 1995 bis 2013, um langfristige Effekte zu untersuchen. Sie zeigt, dass Immobilienpreise neben Bevölkerungsveränderungen auch von Veränderungen in der Altersstruktur abhängen. Sich verändernde Geburtenraten haben demnach auch einen Einfluss auf die Altersstruktur der Bevölkerung und damit auf die Nachfrage nach Einfamilienhäusern. Mit abnehmender Fertilität steigt der Anteil der alternden Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung. Dieser Effekt wird zusätzlich noch durch eine zunehmende durchschnittliche Lebensdauer verstärkt. Durch die zunehmende Alterung der Bevölkerung sinkt der relative Anteil an potentiellen Nachfragern nach Einfamilienhäusern, selbst wenn der absolute Bevölkerungsrückgang nur moderat ist. Des Weiteren zeigen empirische Studien, dass die natürliche Bevölkerungsentwicklung räumlich nicht homogen und die Fertilität nicht vollständig exogen gegeben ist, sondern durch äußere Rahmenbedingungen beeinflusst werden kann. Da der Bedarf an Wohnfläche mit der Größe einer Familie steigt, können steigende Wohnkosten zu einer Reduzierung der Fertilitätsrate führen (Simon und Tamura 2009). Außerdem kommt es bei steigenden Einkommen aufgrund steigender Opportunitätskosten, d. h. besserer Karrierechancen, zu einer geringeren Anzahl von Kindern je Haushalt (Dettling und Kearney 2014). Diese Tendenzen sind für Deutschland allerdings noch nicht hinreichend untersucht worden, sodass der Schwerpunkt im Folgenden auf den strukturellen Veränderungen in der Bevölkerung liegt und von räumlich homogenen natürlichen Bevölkerungsentwicklungen ausgegangen wird. 4.1.2 Haushaltsbildung und Wohnpräferenzen

Die absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern wird neben der Entwicklung der Bevölkerungszahl und -struktur vor allem durch die Zahl und Zusammensetzungen der Haushalte sowie durch die Wohnpräferenzen bestimmt.¹¹

11 Die Wohnpräferenzen und die Haushaltsbildung lassen sich auch der lokalen Entscheidungsebene zuordnen (siehe Abschnitt 5.1). Da aber von einer flächendeckenden Veränderung der Präferenzen sowie regionalspezifischen Anpassungen, etwa in Ballungsräumen, im Haushaltsbildungsverhalten und in der Wohnflächennachfrage, ausgegangen werden kann, werden diese Punkte bereits an dieser Stelle diskutiert.

42

Absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern

(a) Haushaltsbildung und -strukturen Eichholtz und Lindenthal (2014) zeigen, dass ein höherer Bildungsabschluss und ein größeres Vermögen auch zu einer höheren Zahlungsbereitscha für Wohnraum führen. Steigende Einkommen sowie geringe Wohnkosten fördern zudem die Bildung weiterer Haushalte und erhöhen damit die Nachfrage nach Wohnraum (Ermisch 1996). In stark nachgefragten Ballungszentren kommt es damit aufgrund der hohen Wohnkosten auch zu steigenden Haushaltsgrößen. Sind die Einkommenseffekte größer als die Steigerungen bei den Wohnkosten, kann es auch bei einer stagnierenden Anzahl an Haushalten zu einem Anstieg der aggregierten Wohnungsnachfrage kommen. Durch den steigenden Anteil der Hochqualifizierten an der Gesamtbevölkerung nimmt auch die durchschnittliche Ausbildungszeit zu. Damit steigt das durchschnittliche Alter, in dem Haushalte eine Familie gründen und Einfamilienhäuser nachfragen. Auch gesellschaliche Veränderungen, wie die Zunahme von Scheidungen, erhöhen die Anzahl der Haushalte bei gleichzeitiger Reduzierung der durchschnittlichen Haushaltsgröße. Für kleine Haushalte übersteigt die Wohnfläche eines Ein- oder Zweifamilienhauses allerdings häufig die nachgefragte Wohnraumfläche, sodass ein Anstieg der Wohnraumnachfrage nicht auch zwingend die Nachfrage nach Einfamilienhäusern erhöht. Mit Veränderungen in der Haushaltsbildung gehen damit, wie bei Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur, heterogene Effekte in der Wohnungsnachfrage einher, sodass Immobilien unterschiedlicher Eigenschaen auch unterschiedlich betroffen sind. (b) Wohnpräferenzen In Bezug auf Wohnstandorte und Wohnobjekte können Veränderungen in den Wohnpräferenzen ebenfalls zu Veränderungen in der Nachfrage nach Einfamilienhäusern führen. Eine Veränderung der Wohnpräferenz, die sich auf die Nachfrage nach Einfamilienhäusern auswirkt, ist beispielsweise eine steigende Präferenz für urbane Lebensräume. Unter anderen zeigt die Studie von Glaeser (2001), dass Hochqualifizierte eine stärkere Präferenz für kulturelle Güter und Institutionen besitzen. Diese konsumbasierten Annehmlichkeiten sind allerdings häufig in den Ballungsräumen zu finden. Verstärkt wird diese höhere Nachfrage nach urbanen Wohnräumen durch abnehmende konsumbasierte Annehmlichkeiten in den von Bevölkerungsschwund betroffenen Regionen.¹² Eine weitere Veränderung betri die Nachfrage nach Wohneigentum im Allgemeinen. Unter den gegebenen Veränderungen am Arbeitsmarkt wird eine deut12 Eine eindeutige Abgrenzung von Veränderungen am Arbeitsmarkt und Veränderungen der Wohnpräferenzen ist dabei schwierig. Das Auommen der sogenannten Schwarmstädte lässt sich vermutlich beiden Faktoren gleichermaßen zuschreiben.

Determinanten der absoluten Nachfrage

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lich höhere Mobilität, insbesondere im teritiären Sektor, von den Arbeitskräen gefordert. Zum einen ist die Fluktuation gestiegen, sodass mit häufigeren Arbeitsplatzwechseln auch ein örtlicher Umzug verbunden ist. Zum anderen hat durch den höheren Anteil befristeter Beschäigungen auch die Unsicherheit über zukünige Ereignisse zugenommen. Da Wohneigentum die Mobilität von Haushalten einschränkt (Oswald 1999), ist der Erwerb von Wohneigentum an Ein- und Zweifamilienhäusern, zumindest aus konsumorientierter Sicht, zu Beginn des beruflichen Werdegangs weniger attraktiv.¹³ Damit lassen sich letztlich zwei Ebenen identifizieren, die zu einer Veränderung der absoluten Nachfrage führen: Auf der einen Seite Einflüsse, die über die Bevölkerungszahl und -struktur einhergehen, sowie auf der anderen Seite Veränderungen in den Wohnpräferenzen und Haushaltsstrukturen, die die Anzahl der nachfragenden Haushalte beeinflussen. Da es sich bei den Entwicklungen im Haushaltsbildungsverhalten und in den Wohnpräferenzen um regionalunspezifische Effekte handelt, sind diese für die Betrachtung regionalspezifischer Risiken in der Nachfrage weniger interessant. Aufgrund der Heterogenität in der Wohnungsnachfrage der Haushalte unterschiedlicher Alterskohorten, die sich auf Unterschiede in der Präferenz und der Haushaltsgröße zurückführen lassen, werden im empirischen Abschnitt nicht nur totale Bevölkerungsentwicklungen, sondern insbesondere Tendenzen in der Entwicklung spezifischer Alterskohorten betrachtet.

13 Der Erwerb von Wohneigentum kann aber aus anderen Gründen interessant sein. Siehe auch gegebene Finanzierungsbedingungen in Abschnitt 5.1.2.

44

Absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern

Zusammenfassung 4.1.2 und 4.1.1: Demographische Entwicklung, Haushaltsbildung und Wohnpräferenzen – Demographische Entwicklung: Die zunehmende Alterung in Kombination mit niedrigen Geburtenraten führt zu einer Senkung des relativen Anteils potentieller Nachfrager an der Gesamtbevölkerung. – Fertilitätsrate: Die niedrigen Fertilitätsraten sind unter anderem auf Veränderungen am Arbeitsmarkt zurückzuführen. Auch hohe Wohnkosten haben einen signifikanten Einfluss. – Haushaltsgrößen und Wohnraumnachfrage: Die Nachfrage nach Wohnraum steigt mit dem Einkommen, während steigende Wohnkosten die Haushaltsgröße erhöhen. – Wohnpräferenzen: Eine höhere Mobilität aufgrund der Veränderungen am Arbeitsmarkt und eine Veränderung der Wohnpräferenzen in Richtung urbaner Lebensräume senken die Nachfrage nach Einfamilienhäusern, insbesondere im ländlichen Raum.

4.1.3 Internationale Migration

Internationale Migration, d. h. Zuwanderung über die Landesgrenze, führt zu einem Anstieg der Bevölkerung, der sich wiederum auch in einer Erhöhung der Wohnungsnachfrage niederschlägt. Der Einfluss auf die spezifische Nachfrage nach Einfamilienhäusern hängt dabei wieder von den Eigenschaen der zuwandernden Haushalte ab. Da die räumliche Verteilung der Migranten ebenfalls nach dem Prinzip der regionalen Migration erfolgt, soll an dieser Stelle nicht weiter auf die internationale Migration eingegangen werden. 4.1.4 Binnenwanderung

Neben den gegebenen demographischen Rahmenbedingungen (siehe Abschnitt 4.1.1) besitzt das regionale Migrationsverhalten der jüngeren Haushalte, die die potentielle Nachfrage für bestehende Einfamilienhäuser stellen, bereits heute eine hohe Bedeutung (Berndgen-Kaiser und Krajewski 2015: S. 172). Zudem wird die regionale Binnenwanderung mit der zunehmenden Mobilität der jüngeren Alterskohorten und stärkerer räumlicher Konzentration der tertiären Sektoren auch in Zukun noch weiter an Relevanz gewinnen. Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden die dem Migrationsverhalten zugrunde liegenden Einflussgrößen

Determinanten der absoluten Nachfrage

45

sowie deren Wechselwirkungen analysiert. Zur Erklärung regionaler Migration wird die Systematik eines räumlichen Gleichgewichtsmodells zu Rate gezogen. Regionale Wohnstandortwahl in räumlichen Gleichgewichtsmodellen Nach räumlichen Gleichgewichtsmodellen unterscheiden sich Regionen durch die nutzenstienden Güterbündel, die sie bereitstellen. Im Vergleich zum Arbeitsmarktmodell der neoklassischen eorie umfassen die neueren/moderneren ökonomischen eorien, wie die Neue ökonomische Geographie oder die endogenen Wachstumstheorien, zusätzliche Externalitäten wie Agglomerationseffekte oder Mobilitätsbeschränkungen. Damit sind nicht nur die Ergebnisse deutlich differenzierter, das heißt, dass es nicht zwingend zur Beseitigung von regionalen Disparitäten mittels Arbeitskräewanderung kommen muss, sondern ziehen auch weitere Aspekte in die Betrachtung ein. Das räumliche Gleichgewichtsmodell von Roback (1982) unterscheidet dabei zwischen drei Faktoren: lokales Lohnniveau, Wohnkosten und lokale Annehmlichkeiten, die das Migrationsverhalten der Bevölkerung und auch die Fertilität beeinflussen. Existieren Ungleichgewichte zwischen den Regionen, haben Haushalte den einzelwirtschalichen Anreiz, ihren Nutzen durch Zu- bzw. Fortzüge zu erhöhen. Die Veränderung der Bevölkerung, was die Anzahl und auch die Struktur betri, wirkt sich wiederum auf die einzelnen Faktoren, wie etwa in den lokalen Annehmlichkeiten oder in den lokalen Einkommen, aus. Das regionale Migrationsverhalten der Haushalte stellt damit den Ausgleichsmechanismus dar, der Ungleichgewichte zurück zu einem Gleichgewicht, das heißt regional gleichwertigem Nutzen, führt. Darüber hinaus bietet das Modell einen Rahmen, um die Determinanten von regionaler Migration und damit der Veränderung lokaler Wohnungsnachfrage zu identifizieren und zu beschreiben. Die Wechselbeziehungen zwischen dem regionalen Wanderungsverhalten, dem lokalen Einkommensniveau, den Annehmlichkeiten sowie den Wohnkosten sind in Abbildung 4.1 dargestellt. Die Zu- und Fortzüge führen zu Veränderungen bei Einkommen, Annehmlichkeiten und Wohnkosten, die auch von den Eigenschaften der wandernden Bevölkerung abhängen. Diese Zusammenhänge sollen in der Folge anhand der endogenen Größen detaillierter beschrieben werden. (a) Arbeitsmarkt, Einkommen und Humankapitalintensität Ungleichgewichte in den regionalen Einkommensniveaus und Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur oder in den Präferenzen regen das interregionale Wanderungsverhalten an. Regionale Einkommensungleichgewichte lassen sich auf unterschiedliche Faktoren zurückführen. Exogene Produktivitätsschocks sowie technischer Fortschritt wirken auf die regionale Arbeitsnachfrage, die zu Lohnan-

46

Absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern

als auch -abstiegen in einzelnen Sektoren führen. Die regionalen Unterschiede in der sektoriellen Branchenzusammensetzung führen in der Folge zu regionalen Ungleichgewichten, insbesondere in der Qualifikation der Arbeitnehmer (lokales Humankapitalniveau), was interregionale Zu- und Fortzüge anregt.¹⁴ Das regionale Humankapital ist für das regionale Einkommen besonders relevant. Aufgrund von externen Effekten durch Humankapital kommt es zu sogenannten wissensbasierten Agglomerationseffekten, die die lokale Produktivität erhöhen (Lucas (1988); Acemoglu (1996)). Diese Effekte wirken vor allem durch »sharing, matching, learning«.¹⁵ Die sich daraus ergebenden Einkommenssteigerungen führen zu weiteren Zuzügen, einer zunehmenden Bevölkerungszahl und einer höheren Bevölkerungsdichte. Das wiederum ru steigende Bodenpreise hervor, die zu einer Verdrängung bodenextensiver Beschäigung in Richtung bodenintensiver, d. h. zu einem höheren Beschäigungsanteil im teritiären Sektor, führen. Dies verändert die Branchenstruktur in Richtung einer Erhöhung der lokalen Humankapitalintensität und mündet in einer steigenden Nachfrage nach weiteren hochqualifizierten Beschäigten, die wiederum Agglomerationseffekte, Produktivitäts- und Einkommenssteigerungen sowie den Zuzug weiterer Hochqualifizierter nach sich ziehen. Des Weiteren werden die Migrationsströme zugunsten der Regionen mit humankapitalintensiven Beschäigungsstrukturen durch eine nationale Zunahme des Humankapitals, d. h. dem nationalen relativen Anteil Hochqualifizierter an allen Beschäigten, sowie einer zunehmenden Verlagerung der Niedriglohnsektoren ins Ausland noch zusätzlich verstärkt. In der Folge kommt es zu einer Verdichtung in den Regionen, die bereits anfänglich durch einen hohen Beschäigungsanteil im Dienstleistungssektor gekennzeichnet sind und die die erhöhte Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitnehmern decken können. Dies ist auch in den aktuellen Wanderungsbewegungen in sogenannte »Schwarmstädte« wiederzuerkennen (Diskussion aktueller Entwicklungen siehe Abschnitt 4.2.1). Schwarmstädte sind vor allem Metropolregionen mit einem relativ hohen Anteil an bodenintensiver Beschäigung sowie Städte mit entsprechenden institutionellen Rahmenbedingungen – wie etwa Universitäten und Forschungseinrichtungen. Neben dem regionalen Einkommensniveau, das auch über die Branchen und Qualifikationsstruktur variieren kann, hat auch eine niedrige allgemeine Arbeitslosenquote einen Einfluss auf die interregionale Migration. Das heißt, dass neben dem zu erzielenden Einkommen auch die Wahrscheinlichkeit von Bedeutung ist, überhaupt ein Einkommen zu erzielen. 14 Da sich die einzelnen Regionen in der Branchenzusammensetzung unterscheiden, erhöht sich die regionale Einkommensdisparität, was wiederum interregionale Zu- und Fortzüge anregt (Nieuwerburgh und Weill 2010: S. 1569). 15 Für eine detaillierte Übersicht zu der Mikrofundierung dieser Agglomerationseffekte siehe etwa Rosenthal und Strange (2004) oder Lange und Topel (2006).

47

Determinanten der absoluten Nachfrage

Greenwood (2014) und Jeanty et al. (2010) vertreten die Meinung, dass eine niedrige Arbeitslosenquote eine stärkere Anziehung hat als das Einkommen allein. Arbeitsmarkt: Struktureller und technologischer Wandel erhöht/senkt Einkommen

+/-

Region Erwartetes Einkommen

erhöht Zuzüge

+

Einkommen und Beschäftigung

erhöht Zahlungsbereitschaft

dämpft Zuzüge

-

erhöht Zuzüge

+

+

erhöht Zuzüge durch Einkommenseffekt über Produktivitätssteigerung über Humankapital

Binnenwanderung Regionale Standortnachfrage

erhöht/dämpft Zuzüge

+/Regionale Annehmlichkeiten

dämpft Zuzüge

+/-

Wohnkosten

Positive Effekte durch Humankapital, negative durch erhöhte Bevölkerungsdichte über Umweltbelastung, Verkehr, Lärm usw.

Abbildung 4.1: Regionale Migration im räumlichen Gleichgewichtsmodell (in Anlehnung an Gröbel und Hiller (2015: S. 774))

(b) Regionale Annehmlichkeiten Regionale Annehmlichkeiten lassen sich in exogene und endogene Annehmlichkeiten unterteilen. Zu den exogenen Größen gehören der Zugang zu Gewässern und Wäldern, pittoresken Landschaen, das Wetter, aber auch die Anbindung an die nationale Infrastruktur und Ähnliches. Exogene Annehmlichkeiten lassen sich damit hauptsächlich auf topographische Gegebenheiten und geographische Eigenschaen zurückführen. Das heißt, sie sind überwiegend natürlich oder historisch gewachsen und deshalb relativ zeitinvariant sowie von Pfadabhängigkeiten geprägt. Andere Annehmlichkeiten wie etwa die kulturelle Vielfalt werden endogen durch die Bevölkerung und dabei vor allem durch die Bevölkerungszusammensetzung bestimmt. Ein höherer Humankapitalanteil, d. h. ein höherer Anteil Hochqualifizierter, führt zu einer geringeren Kriminalitätsrate, einer geringeren Umweltverschmutzung, einer höheren Toleranz und ethnischer Vielfalt (Lochner und Moretti (2004); Shapiro (2006); Florida (2002)). Hochqualifizierte beispielsweise fragen kulturelle Güter und Institutionen stärker nach (Glaeser

48

Absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern

(2001); Duranton und Puga (2004); Winters (2011)). Damit ist der lokale Humankapitalanteil von besonderer Bedeutung für konsumbasierte Annehmlichkeiten. Die endogenen Annehmlichkeiten lassen sich insgesamt in drei Gruppen einteilen: Quantität und Diversität des (kulturellen) Angebots, soziales Engagement und soziale Interaktionen. Mit dem Bevölkerungswachstum gehen allerdings nicht per se positive Effekte einher, da eine höhere Verdichtung negative Effekte, wie eine höhere Verkehrsdichte, Luverschmutzung oder auch Lärm, nach sich ziehen. Aus diesem Grund kommt es insbesondere auf die anfängliche Bevölkerungsdichte und die Eigenschaen der zu- und wegziehenden Haushalte an. Auf der Ebene der Wohnstandorte, die sich innerhalb eines regional geschlossenen Wohnungsmarktes befinden, lassen sich weitere Wohnstandorteffekte finden, die dann beispielsweise bei der lokalen Wohnstandortentscheidung der Haushalte eine Rolle spielen. Diese Effekte werden im Detail in Abschnitt 5.1.4 besprochen. (c) Rolle der Wohnkosten Den regionalen Annehmlichkeiten und Einkommen stehen die Wohnkosten gegenüber. Aufgrund steigender Produktivität und damit einhergehender Einkommenssteigerungen kommt es auch zu höheren Immobilienpreisen infolge gestiegener Zahlungsbereitschaen. Des Weiteren zeigen Gyourko et al. (2013), dass die Immobilienpreise insbesondere dort steigen, wo Angebotsbeschränkungen vorliegen und Neubau nicht vollständig die gestiegene Nachfrage decken kann. Diese heterogenen Preisentwicklungen sind damit vor allem auf Unterschiede in den regionalen Annehmlichkeiten, die nur schwer duplizierbar sind, und die geringen Angebotselastizitäten in Städten, die höhere Bereitstellungskosten für die Erweiterung des Wohnungsbestandes aufweisen, zurückzuführen. Die Wohnkostensteigerungen machen damit nun die Regionen, in denen die Produktivität und folglich das Einkommen gestiegen sind, wiederum weniger attraktiv. Das führt dazu, dass mit steigenden Wohnkosten auch die Zuwanderung weiterer Haushalte abnimmt. Mit sich ändernden sozio-ökonomischen Eigenschaen der Bevölkerung ändert sich auch die Wohnungsnachfrage. Faktoren der verhaltensbedingten Veränderung in den Wohnpräferenzen werden im Abschnitt 4.1.2 diskutiert. Ein Haushalt wird insgesamt nur dann wandern, wenn der Nutzen, den er aus der Steigerung des Einkommens und den positiven lokalen Annehmlichkeiten zieht, die negativen lokalen Annehmlichkeiten und die Wohnkosten sowie die Transaktionskosten des Umzugs und die sozialen Kosten des Wohnortwechsels übersteigt. Tatsächlich spielt für die Mobilität der Haushalte auch das lokale soziale Kapital eine Rolle. Je stärker ein Haushalt lokal vernetzt ist, d. h. umso mehr soziale Beziehungen vorliegen, desto weniger wird dieser bereit sein, in eine andere Region zu ziehen (Brasington 2014: S. 150). Unterscheiden sich die Präferenzen der Haushalte etwa in ihren sozio-ökonomischen Eigenschaen oder

Determinanten der absoluten Nachfrage

49

differieren die lokalen Lohnzuwächse, dann können sich auch die Wanderungen unterscheiden. Beispielsweise zeigen Möller und Haas (2002: S. 6), dass die Lohnzuwächse, die sogenannten Lohnprämien, die durch Produktivitätssteigerungen erzielt werden, für hochqualifizierte Arbeitnehmer höher ausfallen als für niedrigqualifizierte. Weitere Unterschiede ergeben sich dadurch, dass hochqualifizierte Arbeitnehmer mobiler sind als niedrigqualifizierte (Dahl (2002); Gobillon und Blanc (2003); Haas (2000)) oder dadurch, dass hochqualifizierte Arbeitnehmer bestimmte lokale Annehmlichkeiten höher bewerten (Brueckner et al. 1999). Insgesamt zeigt sich, dass sich fallende Wohnkosten positiv auf das regionale Wanderungsverhalten auswirken sollten und damit vielmehr eine Chance für die Nachnutzung des bestehenden Altbestandes darstellen. Zusammenfassung 4.1.4: Regionale Binnenwanderung – Die absolute Nachfrage wird durch die demographische Entwicklung sowie durch die internationale und regionale Migration bestimmt. – Die regionale Standortnachfrage kann durch die Mechanismen eines räumlichen Gleichgewichtsmodells beschrieben werden. Die Regionen unterscheiden sich dabei in den nutzenstienden Güterbündeln, die sie bereitstellen. Diese bestehen aus dem erwarteten Einkommen, den lokalen Annehmlichkeiten und den Wohnkosten. 1. Erwartetes Einkommen: Relativ hohes Einkommen und niedrige Arbeitslosigkeit regen Zuwanderung an. Hohe lokale Humankapitalanteile führen über Agglomerationseffekte zu einer höheren Produktivität. Hohe Landpreise verdrängen bodenintensive Beschäigung. 2. Regionale Annehmlichkeiten: Sie machen eine Region attraktiv und lassen sich in exogene, wie etwa Grünflächen und Gewässer, und endogene Annehmlichkeiten, wie etwa kulturelle Institutionen, konsumbasierte Annehmlichkeiten und Kriminalität, unterteilen. Durch natürlich gewachsene Annehmlichkeiten liegt ein hohes Maß an Pfadabhängigkeit vor. 3. Wohnkosten: Hohe Wohnkosten verringern Zuwanderung. Wohnkosten erhöhen sich nicht nur durch eine Zunahme der Nachfrage, sondern auch mit dem Anstieg der lokalen Einkommen und den lokal vorliegenden Angebotselastizitäten.

50

Absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern

4.2 Empirische Untersuchung: Absolute Nachfrage Die absolute Nachfrage in Deutschland wird von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst, die im Folgenden genauer untersucht werden. Neben der natürlichen Bevölkerungsentwicklung und der Zuwanderung nach Deutschland (Abschnitt 4.2.1) werden auch die Entwicklungen in der Haushaltsbildung und den Haushaltsstrukturen (Abschnitt 4.2.2) deskriptiv beschrieben. Aufgrund geringer natürlicher Bevölkerungszuwächse und einer steigenden Mobilität der jüngeren Alterskohorten haben regionale Tendenzen und Unterschiede in der Binnenwanderung eine zunehmend hohe Bedeutung für die Wohnungsnachfrage im Allgemeinen und die Nachnutzungschancen von Bestandsimmobilien im Speziellen. Darüber hinaus stellen natürliche Bevölkerungsentwicklungen sowie die internationale Migration im Vergleich zur regionalen Binnenwanderung regionalunspezifische Einflussgrößen dar. Die Determinanten der Binnenwanderung werden anhand eines Panel-Modells empirisch untersucht. 4.2.1 Bevölkerungsentwicklung

(a) Natürlicher Bevölkerungssaldo In Deutschland liegt ein negativer natürlicher Bevölkerungssaldo vor. Nach der laufenden Raumbeobachtung des Bundesinstutes für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2015) wurden von 1990 bis 2012 rund 16,2 Mio. Kinder geboren, während insgesamt 18,8 Mio. Menschen gestorben sind. Daraus ergibt sich ein negativer natürlicher Saldo von ca. 2,7 Mio.. In Abbildung 4.2 ist dieser Verlauf grafisch veranschaulicht. Der natürliche Saldo ist zudem im Osten mit -1,5 Mio. stärker rückläufig als im Westen, wo ein natürlicher Saldo von -1,2 Mio. vorliegt. (b) Fertilitätsrate Die Ursache für den Rückgang der Geburten liegt an der seit den 1970er Jahren niedrigen Fertilitätsrate (entspricht hier der durchschnittlichen Geburtenrate einer Frau). Eine niedrige Geburtenrate hat nicht nur zur Folge, dass mit schwachen Geburtenjahrgängen ein Bevölkerungsrückgang einhergeht, sondern es führt aufgrund kleinerer potenzieller Elterngenerationen auch dazu, dass es zu einer Abwärtsspirale von Generationen mit immer weniger Kindern und einem Rückgang der Anzahl an Frauen im gebärfähigen Alter kommt (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2015a: S. 7-8); Just (2009)). Seit 1990 hat die Anzahl der Frauen zwischen 15 und 45 Jahren um ein Fünel abgenommen (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2015a: S. 8). In den letzten Jahren lag die Fertilitätsrate zwischen 1,2 und 1,45 Kindern pro Frau. Dabei wur-

51

Empirische Untersuchung: Absolute Nachfrage 1 400 000

1 200 000

1 000 000

Personen

800 000

600 000

Geburten Sterbefälle 400 000

natürlicher Saldo

200 000

0 1950

1955

1960

1965

1970

1975

1980

1985

1990

1995

2000

2005

2010

- 200 000

- 400 000

Jahr

Abbildung 4.2: Natürlicher Bevölkerungssaldo (Geburten und Sterbefälle) in Deutschland seit 1950

de eine Fertilitätsrate von 1,2 in Städten wie Berlin, Münster, Bochum, Hamburg und Stuttgart gemessen, während andere Städte wie Duisburg, Gelsenkirchen und Wiesbaden eine Rate von 1,45 aufweisen. Damit eine Tochtergeneration ihre Müttergeneration ersetzt, wäre jedoch eine Fertilitätsrate von 2,1 Kindern pro Frau notwendig (Stiller 2011: S. 227). Allerdings ist seit 40 Jahren jede Kindergeneration um etwa ein Drittel kleiner als ihre Elterngeneration (Kröhnert 2011: S. 230). Dieser Trend befindet sich zurzeit in der dritten Generation mit noch kleineren Jahrgängen von Enkeln (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2015a: S. 8-9). (c) Lebenserwartung Die Zunahme der Sterbefälle ist durch einen Mengeneffekt bedingt. Durch die starken Geburtenjahrgänge der »Babyboom-Generation« der 1950er-/1960erJahre gibt es momentan mehr ältere als junge Menschen, wodurch auch die absolute Zahl an Sterbefällen höher ist. Dies führt in Verbindung mit einer niedrigen Geburtenrate wiederum zu einer noch höheren relativen Sterberate (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2015a: S. 11). Hinzu kommt ein Verhaltenseffekt, der sich auf die gestiegene durchschnittliche Lebenserwartung der Bevölkerung bezieht. Zurückzuführen ist die höhere Lebenserwartung insbesondere auf den medizinischen Fortschritt und veränderte Ernährungs- und Lebensgewohnheiten (Bullinger 2002: S. 265). Der wachsende Anteil älterer Men-

52

Absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern

schen wird auch als »Alterung von oben« bezeichnet. Demgegenüber steht die »Alterung von unten«, nämlich der sinkende Anteil jüngerer Menschen aufgrund sinkender Geburten, wobei die »Alterung von unten« am stärksten auf die Alterung der Bevölkerung wirkt. Als Folge dieser Entwicklung steigt insgesamt das Durchschnittsalter der Bevölkerung an. Ein weiterer Faktor, der die demographische Entwicklung beeinflusst, ist die Bevölkerungsbewegung. Eine Veränderung der absoluten Bevölkerungszahl auf nationaler Ebene erfolgt über Außenwanderung. Im Gegensatz dazu steht die Binnenwanderung, die ausschließlich die Bevölkerungsverteilung innerhalb eines Landes beeinflusst, nicht aber die Bevölkerungszahl. Die Binnenwanderung ist dabei von besonderer Bedeutung, da diese regionale Tendenzen der Bevölkerungsveränderungen weiter verstärken bzw. kompensieren kann. (d) Wanderungssaldo Die Außenwanderung hat von 1991 bis 2012 den negativen natürlichen Saldo in Deutschland kompensiert und somit einen leichten Bevölkerungszuwachs bewirkt (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2015a: S. 7). Zwischen 1990 und 2012 sind 3,4 Mio. Menschen nach Deutschland eingewandert, wovon 3,1 Mio. Menschen in die alten und 0,3 Mio. Menschen in die neuen Bundesländer zogen (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2015a: S. 7). Diese Tendenz in der Außenwanderung kann eine Folge der Finanzkrise in Europa sein und der im Vergleich zu anderen europäischen Ländern guten wirtschalichen Lage Deutschlands, die eine Zuwanderung attraktiv macht. Von 2000 bis 2008 blieben die Zuzüge aus dem europäischen Ausland relativ konstant bei rund 0,5 Mio. Personen pro Jahr bzw. wiesen teilweise einen leicht negativen Trend auf. Die gesamten Zuzüge nahmen jedoch ab. So entstand 2008 erstmals seit der Wirtschaskrise Anfang der 1980er-Jahre ein negativer Wanderungssaldo. Seit 2008 sind die Zuzüge insgesamt, besonders aber aus dem europäischen Ausland, gestiegen. 2008 zog es nur noch 0,5 Mio. Europäer nach Deutschland, 2012 waren es dann schon 0,8 Mio. Zuzüge aus dem europäischen Ausland (Statistisches Bundesamt 2014b: S. 46). Die Abbildung 4.3 verdeutlicht diese Entwicklungen des internationalen Wanderungsverhaltens grafisch.

53

Empirische Untersuchung: Absolute Nachfrage 1140

Zu- und Fortzüge in 1000

1040

940

840

Zuzüge Fortzüge

740

640

540 2000

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

Jahr

Abbildung 4.3: Wanderung zwischen Deutschland und dem europäischen Ausland (2000-2012)

Zusammenfassung: 4.2.1 Bevölkerungsentwicklung und Außenwanderung – Seit 1990 sinkt die Zahl der Geburten und steigt die Zahl der Sterbefälle; dies führt zu einem negativen natürlichen Saldo. – Die Außenwanderung weist einen positiven Saldo auf; es wandern mehr Menschen nach Deutschland ein als auswandern.

4.2.2 Haushaltsentwicklung und -strukturen

Die Bevölkerungsentwicklung und -wanderung ist für die Nachfrage nach Wohnraum von zentraler Bedeutung, jedoch ist die direkte Einflussgröße die Haushaltszahl und damit die Entwicklung und Bildung der Haushalte. Schließlich sind es nicht die Individuen, die Wohnraum nachfragen, sondern Haushalte. Somit bedarf es neben einer Analyse der Bevölkerungsentwicklung auch einer ausführlichen Analyse der Haushaltsbildung und -entwicklung.

54

Absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern

(a) Zahl der Haushalte Trotz einer abnehmenden Bevölkerungszahl, nimmt die Anzahl der Haushalte in Deutschland zu. Seit 1990 ist die Anzahl der Haushalte in Deutschland um 12 % gestiegen, wohingegen die Bevölkerung im gleichen Zeitraum nur um 1 % gewachsen ist (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2015a: S. 16). Das bedeutet, dass auch die Größe der Haushalte gesunken ist. Es verteilen sich damit weniger Menschen auf mehr Haushalte. Lebten im Jahr 1991 durchschnittlich ca. 2,25 Personen in einem Haushalt, waren es im Jahr 2001 nur noch 2,15 Personen. (b) Pro–Kopf–Wohnfläche Der Anstieg der Pro-Kopf-Wohnfläche ist durch eine Veränderung der Zusammensetzung der Gesellscha zu begründen. Die Zunahme der Anzahl der Haushalte ist vor allem auf die Alterung der Bevölkerung zurückzuführen. So kommt es etwa nach einem Sterbefall nicht zu einer Haushaltsauflösung, sondern zu einer Verkleinerung des Haushaltes. Da die Wohnfläche jedoch gleich bleibt, steigt die Pro-Kopf-Wohnfläche an. Ältere Menschen bleiben in der Regel so lange in ihrem Haus oder ihrer Wohnung, bis ihr Gesundheitszustand dies nicht mehr zulässt, auch wenn die Wohnfläche ursprünglich für einen größeren Haushalt ausgelegt war. Dadurch entstehen vermehrt Ein- und Zweipersonenhaushalte, die eine Wohnfläche nutzen, die auch von Drei- oder Vierpersonenhaushalten genutzt werden könnten. Dieser Effekt wird Remanenzeffekt genannt und beschreibt eine Beharrungstendenz bei älteren Menschen, die nach Auszug der Kinder oder dem Sterben eines Lebenspartners ihre Wohnverhältnisse nicht der veränderten Lebensweise anpassen. Tatsächlich zeigen Bucher und Schlömer (2003), dass es im Alter zu einer steigenden Wohnraumnachfrage kommt, wobei die Neunachfrage am Wohnungsmarkt unverändert bleibt. Das führt automatisch zu einer Zunahme der Pro-Kopf-Wohnfläche (Bürkner et al. 2007: S. 42-43). (c) Struktur der Haushalte Doch nicht nur der Remanenzeffekt, sondern auch die niedrige Fertilitätsrate der letzten Dekaden ist ein wichtiger Einflussfaktor der Haushaltsgröße. Durch die immer weiter sinkende Zahl der Geburten gibt es weniger Mehrpersonen- bzw. Mehrgenerationenhaushalte. Damit hat sich die niedrige Geburtenrate nicht nur auf die Alterspyramide, sondern auch auf die Struktur der Haushalte ausgewirkt (Statistisches Bundesamt 2011: S. 28). Der Anteil der Drei- oder Mehrpersonenhaushalte ist seit 1991 kontinuierlich gesunken, wohingegen der Anteil der Einund Zweipersonenhaushalte seit 1991 von 64,4 % auf 74,9 % im Jahr 2013 gestie-

55

Empirische Untersuchung: Absolute Nachfrage

gen ist. In Abbildung 4.4 ist dieser Prozess grafisch veranschaulicht. Es ist deutlich zu erkennen, dass seit Beginn der 1990er-Jahre die Anzahl der Ein- und Zweipersonenhaushalte zugenommen und die Zahl der Mehrpersonenhaushalte abgenommen hat.¹⁶ 16

Anzahl der Haushalte in Mio.

14

12 1 Pers. HH 2 Pers. HH

10 3 Pers. HH > 3 Pers. HH

8

6

4 1991

1996

2001

2006

2011

Jahr

Abbildung 4.4: Entwicklung der Haushalte in Deutschland (1991-2014)

Auch die Alterung der Bevölkerung kann zu einer Zunahme der Ein- und Zweipersonenhaushalte führen. So ist die größte Gruppe der Einpersonenhaushalte mit einem Anteil von 40 % Frauen über 60 Jahre. Dieser Anteil hat im Zeitablauf jedoch abgenommen und sank bis 2009 auf 30 %. Doch auch die im Vergleich zu den Frauen schneller steigende Lebenserwartung der Männer führt dazu, dass ältere Paare länger zusammen wohnen, wodurch auch die Anzahl der Zweipersonenhaushalte steigt. Die steigende Anzahl der Ein- und Zweipersonenhaushalte ist folglich unter anderem auf die zunehmende Alterung der Bevölkerung zurückzuführen. Somit kommen bei der Entwicklung der Haushaltszahlen insgesamt ein Mengen- und ein Verhaltenseffekt zum Tragen, wie dies auch bei der Bevölkerungsentwicklung der Fall ist (Pötzsch 2011: S. 208). Trotz der niedrigen natürlichen Bevölkerungsentwicklung führt der Anstieg der Haushalte insgesamt zu keinem Rückgang in der Wohnungsnachfrage. Hier 16 Auf regionale Unterschiede wird in den unteren Abschnitten, vor allem in Bezug auf Ost-WestUnterschiede, noch eingegangen.

56

Absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern

bestehen somit sowohl Chancen als auch Risiken für die Nachnutzung von Einfamilienhäusern: Die Wohnungsnachfrage kleinerer Haushalte und das Angebot, vor allem die Wohn- und Nutzflächen der Einfamilienhäuser aus dem Bestand, fallen hier nicht zusammen. Insbesondere die Wohnungsnachfrage der alternden Bevölkerung, beispielsweise der Wunsch nach barrierefreiem Wohnraum, kann nur bedingt durch den Einfamilienhausbestand in seinem ursprünglichen Zustand bedient werden. Insgesamt ist damit eine Inkongruenz zwischen erwarteter Wohnungsnachfrage und bestehendem Wohnungsangebot, vor allem bei den Einfamilienhäusern, zu erwarten. (d) Gesellschaliche Lebensformen Ein weiterer Grund für die steigende Zahl der Haushalte ist eine steigende Tendenz zum Besitz von Zweitwohnungen. Dadurch dass heute die Anforderungen an die berufliche Flexibilität steigen, ist auch die Zahl der Menschen in einer Fernbeziehung gestiegen. Dadurch werden auch von Personen in Partnerschaen vermehrt zwei Wohnungen angemietet, was wiederum zu einer Zunahme der Anzahl von Singlehaushalten führt (Just 2009: S. 48). Vor diesem Hintergrund muss zwischen den Haushaltszahlen und den von den Haushalten nachgefragten Wohnungen unterschieden werden. So kann ein Haushalt beispielsweise zwei Wohnungen nachfragen, wodurch sich insgesamt zwei wohnungsnachfragende Haushalte ergeben. Genauso können auch zwei Haushalte eine gemeinsame Wohnung nachfragen. Dies ist bei Untermietverhältnissen oder Wohngemeinschaen, beispielsweise in Universitätsstädten, der Fall. Aus diesem Grund wird in der Literatur häufig zwischen diesen beiden Größen unterschieden. Des Weiteren hat auch die Anzahl der Scheidungen bzw. Trennungen seit Anfang der 1990er-Jahre zugenommen. Dies hat ebenfalls eine Auswirkung auf die Haushaltsbildung, denn dadurch werden gemeinsame Haushalte häufiger aufgelöst, sodass zwei neue getrennte Haushalte, die Wohnraum nachfragen, entstehen. Seit 1991 ist die Zahl der Ehescheidungen bis 2013 von 0,13 Mio. auf 0,16 Mio. pro Jahr gestiegen, wobei es in den Jahren 2003 und 2004 zu einem Höhepunkt mit 0,21 Mio. Scheidungen kam (Statistisches Bundesamt 2014a: S. 10). Zugleich sank die Zahl der Eheschließungen von 1991 bis 2009 um 17 % (Pötzsch 2011: S. 209). Auch diese Entwicklungen spiegeln sich in der Struktur der Haushalte wider. Die zweitgrößte Gruppe der Einpersonenhaushalte sind Männer im Alter zwischen 20 und 39 Jahren. Diese Gruppe ist absolut gesehen etwas gewachsen, relativ gesehen blieb der Anteil jedoch im Zeitverlauf stabil bei etwa 19 %. Stark gewachsen ist dagegen die Gruppe der Männer im Alter zwischen 40 und 59 Jahren. 1991 lag der Anteil dieser Gruppe an allen Einpersonenhaushalten noch bei 10 %, 2009 stieg er dann aber bereits auf 19 % (Pötzsch 2011: S. 208). Diese Zahlen

Empirische Untersuchung: Absolute Nachfrage

57

stehen einerseits im Einklang mit der Entwicklung der Bevölkerung, andererseits aber auch mit den schon erwähnten Veränderungen der Lebensbedingungen. Die Tatsache, dass auch jüngere Personen dazu tendieren, allein zu leben ist, lässt sich mit der beruflichen Mobilität junger Berufstätiger, Auszubildender und Studenten begründen. Auch der zunehmende Akademisierungsgrad bedeutet eine längere Ausbildungszeit, wodurch sich das Heiratsalter und das Alter der Familiengründung auf einen späteren Zeitpunkt im Lebenszyklus verschieben. Seit 1991 ist das Heiratsalter von Männern und Frauen um vier bis fünf Jahre angestiegen. So heiraten Frauen heute im Durchschnitt mit 30 Jahren und Männer mit 33 Jahren (Pötzsch 2011: S. 209). Veränderungen der gesellschalichen Beziehungs- und Familienformen, insbesondere Pluralisierung, führen zu differenzierteren Präferenzen und unterschiedlicher Wohnungsnachfrage (Berndgen-Kaiser und Krajewski 2015: S. 172). Auch eine erhöhte Fluktuation und eine Zunahme befristeter Arbeitsverträge führt zu einem verändertem Nachfrageverhalten, beispielsweise nach Mietobjekten, das dem bestehenden Angebot qualitativ gegenüberstehen kann. Strukturelle Veränderungen am Arbeitsmarkt können zudem dazu führen, dass es vermehrt zu einer Reurbanisierungstendenz kommt (Gröbel und Hiller 2015), die eine möglicherweise zugenommene Präferenz für urbane Annehmlichkeiten zusätzlich verstärkt oder zu Wechselwirkungen führt (Siedentop 2008: S. 193 ff.). Wie bei der Bevölkerungsentwicklung sind die Veränderungen in der Struktur der Haushalte nicht für ganz Deutschland gleich, sondern auch hier setzt sich ein Ost-West-Gegensatz fort. Die strukturelle Veränderung der Haushaltszusammensetzung fiel in den neuen Bundesländern seit dem Jahr 1990 stärker aus als in den alten Bundesländern. Der Anteil der Einpersonenhaushalte war im Osten nach der Wiedervereinigung im Jahr 1991 um 4 % niedriger als im Westen, der Anteil der Zweipersonenhaushalte mit 30 % etwa gleich hoch und der Anteil der Mehrpersonenhaushalte lag im Osten etwas höher. In der Folge erlebten die neuen Bundesländer jedoch einen raschen Wandel in der Haushaltszusammensetzung und der Anzahl der Einpersonenhaushalte. So stieg die Anzahl der Einpersonenhaushalte um 62 %, die der Zweipersonenhaushalte um 28 %, während die Zahl der Haushalte mit drei Personen um 21 % und die der Haushalte mit vier oder mehr Personen um 55 % sank. Somit lag im Jahr 2009 der Anteil der Haushalte mit vier oder mehr Personen in den neuen Bundesländern um 6 % niedriger als in den alten Bundesländern. Laut einer Prognose des BBSR wird trotz einer natürlichen Abnahme der Bevölkerung von ca. 2 % bis zum Jahr 2035 die Zahl der Haushalte um ca. 3 % zunehmen. Dabei wird sich der Ost-West-Unterschied in Zukun auch weiter fortsetzen. Es ist zu erwarten, dass die Zahl der Haushalte insgesamt bis zum Jahr 2035 in den neuen Ländern um etwa 7 % abnehmen wird, wohingegen im Westen mit einem Anstieg der Haushaltszahlen um ca. 4,5 % zu rechnen ist. Deutschlandweit

58

Absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern

wird die Zahl der Haushalte um ca. 3 % steigen (Bundesinstitut für Bau-, Stadtund Raumforschung 2015a: S. 16). Auch das Statistische Bundesamt prognostiziert, dass die Anzahl der Haushalte in den nächsten Jahren weiter zunehmen wird. Dadurch dass die Veränderung der Haushalte in den neuen Bundesländern schon früher und stärker eingesetzt hat, wird sich der Trend dort auch voraussichtlich früher abschwächen. Während in den alten Bundesländern die Haushaltszahlen bis zum Jahr 2030 weiter ansteigen, ist in den neuen Bundesländern ein Rückgang zu verzeichnen (Pötzsch 2011: S. 214). Vor dem Hintergrund der neuesten Bevölkerungsentwicklung sind die Prognosen jedoch kritisch zu betrachten.¹⁷ Der Zustrom der Flüchtlinge aus Krisengebieten wie Syrien und Afghanistan im Jahr 2015 wurde in den Prognosen noch nicht berücksichtigt, wodurch die Aussagekra in Frage gestellt werden muss. Auf der anderen Seite ist es jedoch schwer, die aktuelle Zuwanderung in eine Prognose zu integrieren, da die zukünigen politischen Entwicklungen in den jeweiligen Krisengebieten sowie in Deutschland sehr ungewiss sind. Abschließend lässt sich sagen, dass nicht die Bevölkerungsentwicklung ausschlaggebend für die Nachfrage nach Wohnungen ist, sondern die Nachfrage in erster Linie von der Anzahl an Haushalten determiniert wird. Die Zahl der Haushalte nimmt trotz einer sinkenden Bevölkerung kontinuierlich zu. Dies führt dazu, dass auch die Pro-Kopf-Wohnfläche zunimmt, da sich weniger Menschen auf mehr Wohnungen verteilen. Die steigenden Haushaltszahlen lassen sich zum einen mit einer Alterung der Bevölkerung und dem daraus resultierenden Remanenzeffekt begründen, zum anderen mit einer Veränderung der Haushaltsstrukturbildung sowie einer veränderten Lebensweise mit einer höheren Anzahl an Scheidungen und einer Tendenz zu Singularisierung. Alle wesentlichen Veränderungen sind noch einmal in der folgenden Box zusammengefasst. Zusammenfassung: 4.2.2 Entwicklung und Struktur der Haushalte – Seit 1990 sinkt die Zahl der Geburten und steigt die Zahl der Sterbefälle; dies führt zu einem negativen natürlichen Saldo. – Die Außenwanderung weist einen positiven Saldo auf; es wandern mehr Menschen nach Deutschland ein als auswandern. – Trotz sinkender Bevölkerungszahl steigt die Zahl der Haushalte. – Haushalte verkleinern sich und die Pro-Kopf-Wohnfläche steigt an. ⇒ Remanenzeffekt und Singularisierung

17 Siehe hierzu auch Deschermeier (2016).

Empirische Untersuchung: Absolute Nachfrage

59

Neben der anhaltend niedrigen Fertilitätsraten und einer Veränderung der Wohnpräferenzen in Richtung urbaner Lebensformen ist es vor allem die regionale Binnenwanderung, die für polarisierende regionale Entwicklungen sorgt und die Nachfrage nach Einfamilienhäusern aus dem Bestand maßgeblich beeinflusst. Die Bedeutung der regionalen Wanderungen wird durch eine wachsende Zahl an hochqualifizierten Beschäigten und eine zunehmende Mobilität der jungen Haushalte unterstrichen. In Abschnitt 4.1.4 sind die Determinanten der regionalen Wanderungen, wie die Beschäigungsaussichten, das erwartete Einkommen oder die regionalen Annehmlichkeiten, anhand eines räumlichen Gleichgewichtsmodells theoretisch dargestellt. Im folgenden Abschnitt werden nun die die einzelnen Elastizitäten, d. h. die tatsächlichen Bedeutungen der einzelnen Größen in Bezug auf Zu- und Abwanderung, empirisch bestimmt. Hierzu wird auf das ökonometrische Verfahren der Panel-Schätzung zurückgegriffen. 4.2.3 Regionale Binnenwanderung

Der Abschnitt 4 hat die Bedeutung der regionalen Bevölkerungsentwicklung für die Wohnungsnachfrage und insbesondere für die Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre dargestellt. Die potentiellen Nachfragergruppen, die jüngeren Alterskohorten, weisen insgesamt eine höhere Mobilität auf. Bei einer schwachen natürlichen Bevölkerungsentwicklung besitzt die regionale Binnenwanderung für die Nachnutzung von Einfamilienhäusern der 1950erbis 1970er-Jahre damit eine besonders hohe Relevanz. Darüber hinaus stellt die natürliche Bevölkerungsentwicklung eine systematische, d. h. regionalunspezifische Risikogröße dar, die zudem relativ leicht zu prognostizieren ist, während das regionale Wanderungsverhalten auf regionalspezifische Determinanten zurückgeführt werden kann.¹⁸ Durch die strukturellen Veränderungen am Arbeitsmarkt, wachsende Beschäigung im tertiären Sektor sowie eine politisch motivierte Erhöhung der Anzahl an Hochschulabsolventen werden der Anteil Hochqualifizierter an allen Erwerbstätigen und die Mobilitätsbereitscha in Zukun weiterhin steigen. Eine höhere Bodenintensität im Bereich des tertiären Sektors sowie Agglomerationseffekte führen dazu, dass auch Unternehmen mobiler agieren und sich vermehrt in Ballungszentren konzentrieren. Aufgrund dieser Tendenzen ist auch in den kommenden Jahren eine divergente Entwicklung auf regionaler Ebene zu erwarten, die bereits bestehende Polarisationstendenzen noch weiter verstärkt. Vor diesem Hintergrund werden im Abschnitt 4.2.3 zunächst aktuelle Tendenzen in der regionalen Bevölkerungsverteilung in Deutschland anhand deskriptiver Statistiken dargestellt. In Abschnitt 4.2.3 werden anschließend die Wanderungs18 Regionale Unterschiede in der Fertilität werden aufgrund fehlender Systematiken nicht berücksichtigt.

60

Absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern

motive einzelner Alterskohorten anhand der Determinanten des räumlichen Gleichgewichtsmodells (siehe Abschnitt 4.1.4) empirisch untersucht und diskutiert. Die Bestimmung dieser regionalen Einflüsse ermöglicht die Erstellung von Indikatoren, die die relative »Attraktivität« einer Region für verschiedene Alterskohorten abbilden. Über eine einfache Fortschreibung aktueller regionaler Entwicklungen und die empirisch abgeleiteten Einflüsse lassen sich Szenarien ableiten, die auf Regionen hinweisen, die besonders durch Abwanderung gefährdet und damit auch eine geringere Wahrscheinlichkeit in der Nachnutzung des bestehenden Wohnungsbestandes aufweisen. (A) Tendenzen in der regionalen Bevölkerungsverteilung (a) Polarisierende Binnenwanderung und Schwarmstädte Die regionale Binnenwanderung bestimmt die Verteilung der Bevölkerung innerhalb eines Landes unter der Annahme homogener natürlicher Bevölkerungsentwicklungen. Dabei kommt es zu regionalen Divergenz-Prozessen, wenn in bestimmten Regionen ein hohes Maß an Abwanderung und in anderen Regionen ein sehr hohes Maß an Zuwanderung zu beobachten ist. So weisen nur 5 der 30 größten Städte in Deutschland einen negativen Wanderungssaldo auf (Stiller 2011: S. 228). Ländliche Regionen und wirtschalich weniger dynamische Städte müssen hingegen mit einem zunehmenden Bevölkerungsrückgang kämpfen. Auslöser für diese Wanderungsbewegungen sind in erster Linie junge Menschen und junge Berufstätige, die sich in Großstädten bessere Jobchancen ausrechnen oder ein höheres Angebot an Ausbildungsmöglichkeiten suchen. Das erhöhte Angebot an Arbeitsplätzen in Großstädten liegt primär an dem sich vollziehenden Strukturwandel hin zu wissensintensiven Dienstleistungen und forschungsintensiven Industrien, weg von arbeitsintensiven Sektoren. Städte sind somit ein attraktiver Standort für wissensorientierte Branchen, da sich dort hochqualifizierte Arbeitskräe, Universitäten und Forschungseinrichtungen befinden, die für die Wissenswirtscha wichtige Impulse setzen. Die Zuwanderung dieser Arbeitskräfte ist somit einer der größten Einflussfaktoren für die räumlich differenzierte Entwicklung der Bevölkerung. Zudem sind auch die gestiegenen Mobilitätskosten ein Faktor, warum immer mehr Menschen sich dazu entschließen, in zentralen Lagen bzw. in der Nähe ihres Arbeitsplatzes leben zu wollen (Stiller 2011: S. 229). Auch ein besseres Infrastrukturangebot ist für junge Menschen ein Grund, in größere Städte abzuwandern. Diese starke Wanderungsneigung der Gruppe der 20- bis 35-Jährigen wird auch als Schwarmverhalten bezeichnet und die Städte, in die es die jungen Menschen zieht, als Schwarmstädte. Trotz der schwachen Besetzung dieser Gruppe im Vergleich zum Jahr 2000 ist der Einfluss der Wanderungsbewegung sehr stark. Flächendeckend ist diese Altersgruppe in

Empirische Untersuchung: Absolute Nachfrage

61

Deutschland unterrepräsentiert. 2000 gab es nur vier Städte, in denen die Gruppe der 20- bis 35-Jährigen überdurchschnittlich vertreten war, 2013 waren es dagegen schon 25 Städte, in denen dies der Fall war. Ein Unterschied zwischen Westund Ostdeutschland ist dabei nicht zu erkennen. In den sogenannten Schwarmstädten wirkt sich somit die Wanderung der jungen Altersgruppe stark auf die Wanderungsbilanz, die Wohnungsnachfrage und das Stadtbild aus. Ein weiterer Grund für diese Wanderungsbewegung ist neben der strukturellen Veränderung am Arbeitsmarkt und der Bildungsausweitung ein Phänomen, das sich als »Zusammenrottung« bezeichnen lässt. Dieser Effekt beschreibt die Tatsache, dass sich junge Menschen in den Städten, in denen ihre Altersgruppe am stärksten vertreten ist, am wohlsten fühlen, wodurch eine selbstverstärkende Wirkung der regionalen Segregation entsteht (Feld et al. 2015: S. 200-201). Die dadurch hervorgerufenen Divergenzen verstärken auch die regionalen Einkommensunterschiede und es kommt zu einer räumlichen Polarisierung (Stiller 2011: S. 229). (b) Regionale Unterschiede in der demographischen Struktur Die starke Wanderung von Arbeitskräen schlägt sich auch in der Altersstruktur von urbanen Räumen nieder. Die Anzahl der 18- bis 25-Jährigen wächst in Großstädten beispielsweise doppelt so schnell wie der Durchschnitt. Auch die Altersgruppe der 25- bis 30-Jährigen wächst in Großstädten, wohingegen im restlichen Deutschland ein Rückgang dieser Altersgruppe zu beobachten ist. Für ältere Altersgruppen gilt das Gegenteil. Der Anteil der älteren Bevölkerung nimmt in Großstädten ab; besonders Personen, die das Rentenalter erreichen (50 bis 65 Jahre), wandern ab, wohingegen die Anzahl von Senioren (über 65 Jahre) in großen Städten leicht zunimmt, was wiederum mit dem Mengeneffekt begründet werden kann (Geppert und Gornig 2010). So sind Regionen mit einem besonders hohen Anteil älterer Menschen eher ländlich geprägt, wo es aufgrund von Arbeitsplatzmangel zu einer Abwanderung junger Menschen kommt. Besonders deutlich ist dies in den neuen Bundesländern zu beobachten, in denen die Abwanderung der Bevölkerung stark ausfällt. Einige ostdeutsche Landkreise konnten jedoch aufgrund von Stadt-Umland-Bewegungen eine Abnahme der Bevölkerung verhindern. Das ist etwa der Fall in den großen Städten wie Dresden, Leipzig und Jena, wo die Bevölkerungszahl konstant geblieben ist. Doch in peripheren Regionen verringerte sich die Bevölkerungszahl drastisch, sodass zwischen 1955 und 2011 die Bevölkerung in den neuen Bundesländern um ein Fünel gesunken ist (Ragnitz 2011: S. 234). Aber auch im Saarland nimmt der Anteil der jüngeren Haushalte (unter 50 Jahre) ab. Dagegen sind Baden-Württemberg und Bayern wirtschalich prosperierende Bundesländer, in denen eine starke Zuwanderung junger Menschen zu beobachten ist (Krings-Heckemeier et al. 2006: S. 19).

62

Absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern 97.647

99.000

79.000 70.172

Wanderung

64.564

59.000

41.892

19.000

37.664

36.475

39.000

18.067

17.092

11.959

13.429

10.636 4.542

2.373

2.869

-848

152

-1.000

Abbildung 4.5: Wanderungssaldo der Bundesländer im Jahr 2013

(c) Heterogene Umverteilung zwischen Städten Die regionalen Unterschiede sind insgesamt aber nicht nur auf eine Land-StadtPolarisation zurückzuführen, vielmehr bestehen auch zwischen Städten insgesamt und zwischen Städten, die geographisch eng beieinander liegen, starke Unterschiede in den Wanderungsbewegungen. Besonders deutlich wird dies in Städten des Ruhrgebiets, aber auch in Bayern und Berlin zeigt sich dieses Phänomen. Beispielsweise ist in Krefeld die Bevölkerung zwischen 2000 und 2013 um 2,2 % gesunken, während in Düsseldorf ein Anstieg der Bevölkerung um 5,6 % zu verzeichnen war. In Berlin wuchs die Bevölkerung um 9,5 % und in Frankfurt an der Oder sank sie um 18,3 %. Auch diese heterogene Umverteilung wird wieder durch die wanderungsaktive Gruppe der 20- bis 35-Jährigen getrieben und verdeutlicht damit die hohe Mobilität der jungen Alterskohorten (Feld et al. 2015: S. 196). Es kann also festgehalten werden, dass trotz eines natürlichen Bevölkerungsrückgangs in Gesamtdeutschland und einer zunehmenden Alterung der Bevölkerung, Großstädte und urbane Regionen insgesamt an Bevölkerung gewinnen und auch in ihrer Altersstruktur eine Verjüngung erfahren. Da diese Entwicklungen auf regionale Wanderungen zurückgeführt werden können, fallen die Alterung und der Bevölkerungsrückgang in kleineren Städten und peripheren Regionen dafür umso stärker aus. Laut einer Prognose des BBSR wird die Bevölkerung bis 2035 um 2,2 Mio.

Empirische Untersuchung: Absolute Nachfrage

63

Menschen abnehmen, da der positive Wanderungssaldo den negativen natürlichen Saldo in Deutschland nicht länger kompensieren kann. Dabei wird der Ost-West-Unterschied weiter zunehmen. Es wird vorhergesagt, dass die Bevölkerung in den neuen Ländern bis 2035 um 1,8 Mio. Menschen abnehmen wird, wohingegen der Bevölkerungsrückgang in den alten Ländern 0,5 Mio. betragen wird (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2015a: S. 7). Doch auch Städte innerhalb des gleichen Bundeslandes entwickeln sich unterschiedlich. Für Bonn, Düsseldorf und Köln wird ein starker Bevölkerungszuwachs erwartet, wohingegen in Bochum, Wuppertal und Essen mit einem Rückgang der Bevölkerung gerechnet wird. Regionale Divergenzen werden sich somit auch in Zukun weiter fortsetzen und verstärken. Zusammenfassung 4.2.3: Regionale Bevölkerungsverteilung in Deutschland – Polarisierende Binnenwanderung durch bestimmte Wanderungsbewegungen von unterschiedlichen Altersklassen – Bildung von Schwarmstädten durch die »Zusammenrottung« gleicher Altersklassen in bestimmten Regionen/Städten – Abwanderung junger Menschen von wirtschalichen weniger dynamischen Städten in Groß- und/oder Universitätsstädte – Auswirkungen auf die Altersstruktur in Städten und ländlichen Regionen – Heterogene Bevölkerungsentwicklung in Großstädten

(B) Ökonometrisches Modell regionaler Wanderungsbewegungen Zur Einschätzung der Bedeutung regionaler Determinanten auf das Wanderungsverhalten werden in einem Panel-Modell die Elemente des räumlichen Gleichgewichtsmodells auf den regionalen Bevölkerungssaldo regressiert. Das zugrundeliegende räumliche Gleichgewichtsmodell wird in Abschnitt 4.1.4 im Detail beschrieben. Da größere Regionen auch absolut größere Wanderungsbewegungen aufweisen, werden die Wanderungssalden in Relation zur regionalen Bevölkerungszahl bestimmt. Die Effekte der regionalen Determinanten werden wiederum nach verschiedenen Alterskohorten unterschieden, da hier heterogene Wanderungsanreize über den Lebenszyklus der Haushalte erwartet werden.

64

Absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern

Darüber hinaus sind wir vor allem an den Alterskohorten interessiert, die als potentielle Nachnutzer von Einfamilienhäuser in Frage kommen. Das formale Modell ist in der untenstehenden Methoden-Box dargestellt. (a) Variablenauswahl Als regionale Determinanten des Arbeitsmarktes gehen das mittlere regionale Einkommen eines Haushaltes und die regionale Arbeitslosenquote in das Modell ein. Es wird angenommen, dass ein höheres erwartetes Einkommen einen positiven und eine höhere Arbeitslosenquote einen negativen Effekt auf die Zuwanderung besitzt. Als dritte Größe des Arbeitsmarktes geht noch der Anteil der Beschäigten im tertiären Sektor in die Schätzung ein. Ein hoher Anteil sollte sich nicht nur aufgrund der zunehmenden Bedeutung des tertiären Sektors für das regionale Wachstum, sondern auch aufgrund der größeren Mobilität Hochqualifizierter positiv auf das regionale Wanderungsverhalten auswirken. Regionen mit Hochschul- und Forschungseinrichtungen besitzen beispielsweise einen hohen Anteil an Beschäigten im tertiären Sektor. Gerade Personen der Alterskohorte 18 bis 25 Jahre, die aufgrund einer Ausbildung oder eines Hochschulstudiums den Wohnort wechseln, sollten daher vornehmlich in Regionen mit einem hohen Anteil von Beschäigten im tertiären Sektor wandern. Regionale Immobilienpreise werden aus zweierlei Gründen in die Schätzung aufgenommen: Zum einen sollten steigende Wohnkosten die regionalen Zuzüge dämpfen, zum anderen weisen höhere Immobilienpreise aber auch auf höhere regionale Annehmlichkeiten hin, für die nur schwer empirisch kontrolliert werden kann.¹⁹ Als weitere Variable wird die Größe der Region sowie die Entfernung zum nächsten Oberzentrum mit in die Schätzung aufgenommen. Während gerade jüngere Alterskohorten die konsumbasierten Annehmlichkeiten, die in Ballungsräumen zu finden sind, schätzen, ziehen Familien wegen der höheren Wohnflächennachfrage eher in die Peripherie. Diese Effekte sollten sich sowohl in dem Einfluss der Bevölkerungsgröße einer Region sowie deren Entfernung zum nächsten Oberzentrum widerspiegeln.²⁰

19 Die Zuwanderung vieler Haushalte führt zu einem Anstieg der Immobilienpreise. Um mögliche Endogenitätsprobleme zu vermeiden, werden in der Schätzung zeitlich verzögerte, sogenannte lagVariablen, verwendet. 20 Es bleibt zudem zu beachten, dass die Größen nicht vollständig unabhängig voneinander sind. Beispielsweise korreliert die Variable »Entfernung zum nächsten Oberzentrum« mit den Immobilienpreisen.

Empirische Untersuchung: Absolute Nachfrage

65

Methoden-Box 1: Ökonometrisches Modell regionaler Wanderungsbewegungen Zur Untersuchung der regionalen Einflüsse wird das folgende PanelRegressionsmodell verwendet. Dabei werden verschiedene regionale Determinanten, wie das regionale Einkommen oder die Arbeitslosenquote, auf die W anderungi regionalspezifischen relativen Wanderungssalden, W S := Bevoelkerung (i i beschreibt eine der Alterskohorten), regressiert. Neben der regionalen Variation wird damit auch die zeitliche Variation berücksichtigt. W Si;t;r = β1 ETtert. + β2 Y + β3 U + β4 IP + β5 N + β6 Dist + γ + ϵ (4.1) mit W Si;t,r als relativer Wanderungssaldo der Alterskohorte i ∈ (unter 18 Jahre; 18-25 Jahre; 25-30 Jahre; 30-50 Jahre; über 50 Jahre), t dem Beobachtungsjahr, und r ∈ (1, · · · , N ) mit N = 402, dem zugrundeliegenden Kreis. Die Beschreibung der übrigen Variablen kann der Tabelle 4.1 entnommen werden. Wie im Abschnitt 4 aufgezeigt, bestehen endogene Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Größen. Um mögliche Endogenitätsprobleme zu vermeiden, werden gelaggte Werte verwendet. Die Schätzung erfolgt mit Hilfe einer Pool-Schätzung. Die Ergebnisse βj der Gleichung 4.1 können der Tabelle 4.3 entnommen werden.

(b) Datenbasis Als Datenbasis werden kreisbezogene Daten für Deutschland verwendet. Diese beinhalten die Variablen Bevölkerung, verfügbares Einkommen, Anteil der Erwerbstätigen im tertiären Sektor, Arbeitslosenquote, die Entfernung zum nächsten Mittelzentrum sowie die durchschnittlichen Quadratmeterpreise von Standard-Einfamilienhäusern. Die Daten, die für die regionale Analyse herangezogen werden, werden größtenteils vom Statistischen Bundesamt öffentlich im Internet bereitgestellt. Darüber hinaus werden Daten der laufenden Raumbeobachtung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) verwendet, die ebenfalls online zur Verfügung gestellt werden, sowie Daten zu den durchschnittlichen Quadratmeterpreisen für Standard-Einfamilienhäuser. Eine ausführliche Beschreibung der einzelnen Variablen mit Beschreibung und Datenquelle findet sich in der Tabelle 4.1 wieder. Die Daten stehen für den Zeitraum zwischen 2004 und 2012 zur Verfügung und liegen für alle 402 Kreise Deutschlands vor.²¹ In der Tabelle 4.2 sind deskriptive Statistiken für eine Auswahl regionaler Daten zusammengefasst. In der Abbildung 4.6 wird zudem eine Auswahl der 21 Aufgrund der Kreisgebietsreform im Jahr 2011 kommt es zur Datenaggregation einzelner Kreise.

66

Absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern

Tabelle 4.1: Beschreibung und Quellen der Determinanten der regionalen Wanderungsbewegungen

Variable

Beschreibung

Quelle

ETtert.

Anteil der Erwerbstätigen im tertiären Sektor im

Statistisches

Jahresdurchschnitt an allen Erwerbstätigen in %

Bundesamt

Verfügbares Einkommen der

Statistisches

privaten Haushalte je Einwohner in Euro

Bundesamt

Anteil der Arbeitslosen an den

Inkar - BBSR

zivilen Erwerbspersonen in %

Raumbeob.

Y U IP

Quadratmeterpreis für ein

BBSR

Standard-Einfamilienhaus in Euro pro qm N

Bevölkerungsstand, Stichtag 31.12. (in 1000)

Statistisches Bundesamt

Dist

Distanz zu nächsten Oberzentrum in km

Statistisches Bundesamt

regionalen Determinanten der relativen Wanderungssalden der Alterskohorten dargestellt. (c) Ergebnisse Die Ergebnisse des empirischen Modells sind in Tabelle 4.3 dargestellt.²² Der Anteil der Erwerbstätigen im tertiären Sektor hat einen positiven signianten Einfluss auf den relativen Wanderungssaldo mit Ausnahme der Alterskohorte der 30bis 50-Jährigen, bei denen kein signifikanter Einfluss vorliegt. Der Wert ist – wie zu erwarten – für die Gruppe der 18- bis 25-Jährigen am größten, was vor allem auf Ausbildungsmotive und den hohen Anteil an hochqualifizierten Beschäigten in dieser Alterskohorte zurückgeführt werden kann. Das Einkommen hat einen signifikanten positiven Einfluss auf das Wanderungsverhalten aller Alterskohorten mit Ausnahme der 18- bis 25-Jährigen und der über 50-Jährigen; dort liegt ein signifikant negativer Effekt vor. Da diese Gruppen vor allem Personen mit geringen Einkommen wie Studenten und Rentnern 22 Das Wanderungsverhalten der unter 18-Jährigen kann auch mit zu den Wanderungen von Familien gezählt werden, da angenommen werden muss, dass sich diese Alterskohorte nur mit dazugehörigen erziehungsberechtigten Personen bewegen kann.

67

Empirische Untersuchung: Absolute Nachfrage Tabelle 4.2: Deskriptive Statistiken der regionalen Determinanten des Wanderungsverhaltens

Variable ET. Tertiärer Sektor Einkommen Arbeitslosenquote Preis (qm) Bevölkerung (Tsd.) n

1. Qu.

Median

Mittelwert

3. Qu.

∆%

49,9

58,6

59,1

67,9

2,2

18655,7

20519,0

20502,8

21951,0

20,4

3,8

5,7

6,4

8,3

-37,5

1138,4

1235,3

1301,0

1358,2

-18,8

103,8

148,0

200,3

238,3

-2,3

402

Anmerkung: Alle Daten auf Basis des Jahres 2012; Der Preis (qm) auf Basis des Jahres 2011. Eine Beschreibung der Daten und der dazugehörigen Quellen findet sich in Tabelle 4.1.

umfassen, lassen sich diese Ausnahmen mit den hohen Lebenshaltungskosten erklären, die mit der lokalen Zahlungsbereitscha und damit dem Einkommen steigen. Der Effekt ist für die Gruppe der 30- bis 50-Jährigen am höchsten. Für diese Alterskohorte, die einen Großteil der Berufstätigen ausmacht, ist das Einkommensniveau damit ein wichtiges Wanderungsmotiv. Eine hohe Arbeitslosigkeit dämp die Zuwanderung; dieser Effekt ist signifikant für alle Alterskohorten. Am größten ist er mit Abstand für die Kohorte der 30- bis 50-Jährigen. Für diese Alterskohorte sind die Beschäigungsaussichten das wichtigste Wanderungsmotiv. Die hohe Bedeutung lässt sich neben der beruflichen Tätigkeit in dieser Lebensabschnittsphase zudem mit der familiären Verantwortung dieses Lebensabschnittes begründen. Die Wohnkosten, hier mit den Immobilienpreisen für Einfamilienhäuser approximiert, haben einen sehr unterschiedlichen, aber überwiegend schwachen positiven Einfluss auf das Wanderungsverhalten der Alterskohorten. Für die Alterskohorte der über 50-Jährigen liegt ein negativer Effekt vor, der sich ebenfalls mit dem Motiv der Lebenshaltungskosten erklären lässt. Für die anderen Alterskohorten liegen positive Effekte vor, die vor allem auf die regionalen Annehmlichkeiten, die ebenfalls durch die Immobilienpreise approximiert werden, zurückzuführen sind. Darüber hinaus zeigen die weiteren Variablen, dass durchaus eine Bewegung der jüngeren Alterskohorten in Bezug auf Ballungsräume zu erkennen ist, die auch mit den Immobilienpreisen in Verbindung steht. Die Einflüsse der absoluten Bevölkerungszahl einer Region und die Distanz einer Region zum nächsten Oberzentrum haben einen sehr unterschiedlichen Einfluss auf das Wanderungsverhalten der einzelnen Alterskohorten. Für die Alterskohorte der 18- bis 25-Jährigen und 25- bis 30-Jährigen liegt ein positiver Einfluss der absoluten Bevölkerungsgröße und ein negativer Einfluss der Entfernung zum

68

Absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern (i)

(ii)

unter 140941 140941 − 159117 159117 − 179000 179000 − 199960 199960 − 236525 über 236525

unter 17501 17501 − 18862 18862 − 20080 20080 − 20994 20994 − 21983 über 21983

(iii)

unter 3.2 3.2 − 4.2 4.2 − 5.5 5.5 − 6.8 6.8 − 8.62 über 8.62

(iv)

unter 0 0 − 19.7 19.7 − 25.5 25.5 − 31.8 31.8 − 38.62 über 38.62

Abbildung 4.6: Determinaten der regionalen Binnenwanderung: (i) verfügbares Einkommen, (ii) Preis Standardeinfamilienhaus, (iii) Arbeitslosenquote, (iv) Entfernung Mittelzentren

nächsten Oberzentrum vor. Das bestätigt die Beobachtungen, dass die jüngeren Kohorten überwiegend in die Ballungszentren ziehen. Für die anderen Alterskohorten sind die Effekte entsprechend umgekehrt. Hier erfolgt tendenziell eine Bewegung aus den Ballungszentren heraus. Dies liegt neben dem Einfluss und der Wertschätzung konsumbasierter Annehmlichkeiten durch die jüngeren Kohorten auch an der geringen Wohnflächennachfrage, die Haushalte mit größerer Wohnflächennachfrage aus den Ballungszentren drängt. Für die Wanderungsbewegungen der potentiellen Nachfrager von Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre, die Alterskohorten der 25- bis 30-Jährigen

69

Empirische Untersuchung: Absolute Nachfrage Tabelle 4.3: Ergebnisse der regionalen Einflüsse auf die relativen Wanderungssalden Variable

50J.

–,1580

,1390**

Y

,0010**

–,0030**

,0010**

,0380**

U

–,2380**

–1,5280**

–,8270**

–11,9240**

–,4840**

IP

,0002

,0260**

,0120**

,1050**

–,0020**

N

–,0001

,0040

,0180**

–,4130**

–,0040**

–1,0620**

–,0850**

6,1660**

–48,8750**

–827,1820**

,3730 3197

,1770 3197

Dist Const. Adj. R2 Anz. Beob.

,0660** –9,1930** ,1990 3197

–15,6660* ,5680 3197

–,0002**

,0970** 1,1150 ,2380 3197

Anmerkung: (**) und (*), signifikant auf 1 und 5 Prozentniveau.

und 30- bis 50-Jährigen, ergibt sich damit folgendes Bild: Der Arbeitsmarkt ist das wichtigste Wanderungsmotiv (gute Einkommensmöglichkeiten und insbesondere gute Beschäigungschancen), d. h. eine geringe regionale Arbeitslosigkeit. Die Struktur der Erwerbstätigen hat hier einen unterschiedlichen Effekt auf die Wanderung. Während die Struktur für die Alterskohorte der 30- bis 50-Jährigen keine Rolle spielt, deuten die Effekte der Alterskohorte der 25- bis 30-Jährigen an, dass die Struktur für die jüngere Generation eine höhere Bedeutung hat.²³ Weiterhin zeigen die Ergebnisse aber auch, dass Bewegungen in die Peripherie aufgrund erhöhter Wohnraumnachfrage vorhanden sind. Insgesamt werden damit vor allem Regionen mit guten Arbeitsmarktaussichten und hoher Beschäigung sowie entsprechender Arbeitsmarktstruktur nur geringe Probleme mit ausbleibender Nachnutzung bekommen.

23 Bei der Wanderung der 30- bis 50-Jährigen sind noch ältere Generationen enthalten, deren Wanderungsmotive nicht zwingend denen küniger Generationen entsprechen müssen.

70

Absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern

Zusammenfassung 4.2.3: Determinanten der regionalen Binnenwanderung Alterskohorte der 25- bis 30-Jährigen – hohe Bedeutung der Arbeitsmarktstruktur (Anteil Erwerbstätiger im tertiären Sektor) – hohe Präferenz für urbane Strukturen und Annehmlichkeiten Alterskohorte der 30- bis 50-Jährigen – hohe Bedeutung guter Arbeitsmarktchancen (niedrige regionale Arbeitslosigkeit, hohes regionales Einkommensniveau) – Peripherie von Ballungszentren

(C) Ableitung eines Indikators der absoluten Nachfrage Insgesamt hängt die absolute Nachfrage maßgeblich von Veränderungen der Bevölkerungszahl sowie der Zusammensetzung der Haushalte ab. Die Gesamtbevölkerungszahl wird von der natürlichen Bevölkerungsentwicklung und der internationalen Migration bestimmt. Bei diesen Größen handelt es sich um systematische Einflussgrößen, die regional unspezifisch sind. Das heißt, dass bei Veränderungen dieser Größen alle Regionen gleichermaßen betroffen sind.²⁴ Ein regionalspezifisches Risiko in der Nachfrage stellt die regionale Binnenwanderung dar, die mit steigender Mobilität am Arbeitsmarkt, vor allem hinsichtlich zunehmender Spezialisierung und damit einhergehenden Agglomerationseffekten, auch insgesamt an Bedeutung gewinnt. So führt ein starker Anstieg des Anteils an hochqualifizierten Beschäigten mit entsprechend politischmotivierten Bildungsbemühungen zwangsläufig zu einer Erhöhung der Mobilität, wachsender räumlicher Konzentration und regionaler Mobilität. Zur Bildung eines Indikators, der das regionalspezifische Risiko in der absoluten Nachfrage beschreibt, können die empirische Ergebnisse der Untersuchung der regionalen Binnenwanderung herangezogen werden. Dieser Risiko-Indikator der absoluten Nachfrage beschreibt das Risiko in Relation zu den anderen Regionen. Während die Bevölkerungsentwicklung im Allgemeinen die tatsächliche Ver24 Auch die Haushaltsbildung hängt von dem regionalen Preisniveau ab. Allerdings kommt es nur bei hohen Wohnkosten und starkem Nachfrageüberhang zu deutlichen Erhöhungen der durchschnittlichen Haushaltsgröße. Diese sind für die Betrachtung von schrumpfenden Märkten allerdings nicht von Bedeutung.

71

Empirische Untersuchung: Absolute Nachfrage

änderung und Gefährdung bezüglich der absoluten Nachfrage beschreibt, stellt dieser Indikator regionalspezifische Einflussfaktoren dar und gibt damit die Gefährdung in Relation zu den anderen Regionen wieder. Durch die eindeutige Zuordnung zugrundeliegender Einflussfaktoren lassen sich hier zudem verschiedene Prognoseszenarien bestimmen und mitaufnehmen. Abbildung 4.7 stellt zwei prognostizierte Indikatoren für die regionale Attraktivität der Alterskohorten der 25- bis 30- und 30- bis 50-Jährigen dar, die als Maß für eine regionale Gefährdung in der absoluten Nachfrage betrachtet werden können. Zur Bildung der Indikatoren werden die Elastizitäten der empirischen Untersuchung sowie einfache über fünf Jahre fortgeschriebene regionale Determinanten verwendet, die auf den mittleren Wachstumsraten der einzelnen regionalen Größen basieren.²⁵

(i)

(ii)

Hohes absolutes Risiko

Geringes absolutes Risiko

Abbildung 4.7: Indikatoren absoluter Nachfrage für die Alterskohorten der (i) 25- bis 30- und (ii) 30bis 50-Jährigen

25 Eine Erweiterung könnte beispielsweise die Ergebnisse einer Arbeitsmarktprognose, die strukturelle Veränderungen am Arbeitsmarkt untersucht, beinhalten.

5 Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern

Die relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern beschreibt den Anteil der Haushalte, die auf lokaler Ebene nicht nur Wohneigentum, sondern auch Einfamilienhäuser aus dem Altbestand nachfragen. Die relative Nachfrage ergibt sich über mehrere Entscheidungsprozesse und wird damit von einer Vielzahl von Einflussfaktoren bestimmt.

5.1 Determinanten der relativen Nachfrage Die einzelnen Entscheidungsebenen, die letztlich zur Nachfrage nach Altbestandsimmobilien führen und die relative Nachfrage auf lokaler Ebene determinieren, sind in Abbildung 5.1 dargestellt. Während die Wohneigentumsentscheidung anhand von Größen wie die Mietkosten, die kalkulatorische Miete, die Finanzierung und Subventionierung von Wohneigentum sowie die Opportunitätskosten einer Immobilieninvestition getroffen wird, wird die Nachfrage nach Einfamilienhäusern des Bestandes von Größen beeinflusst, die zu Unterschieden in den Nutzenniveaus von Bestandsimmobilien und neugebauten Immobilien führen.²⁶ Dabei kann zudem zwischen Einflussfaktoren unterschieden werden, die die allgemeine Nachfrage nach Altbestandshäusern bestimmen, wie etwa die regionalunspezifischen Bau-, Instandhaltungs- und Modernisierungskosten, und denen, die die Nachfrage nach speziellen Objekten determinieren, etwa altersbedingte Unterschiede in der Objektqualität durch physischen Verschleiß oder systematische Unterschiede in den lokalen Standorteffekten. Substitutive Wechselwirkungen in der Nachfrage beschreiben Anpassungen in der Wohnungsnachfrage nach verschiedenen Wohngebäudetypen und -formen. Zur Ableitung und formalen Darstellung der einzelnen Einflussgrößen können die Entscheidungskalküle, die in einem simultanen Entscheidungsvorgang ablaufen, über eine Nutzenmaximierung einzelner Renditen modelliert werden. Die Entscheidungskalküle werden in Box 2 beschrieben. 26 Veränderungen in den Präferenzen können auch die Nachfrage nach Wohneigentum beeinflussen, sind hier allerdings von nachrangiger Bedeutung, da diese bereits in Abschnitt 4 behandelt werden.

74

Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern

Substitutive Beziehungen in der Wohnungsnachfrage

Andere Wohngebäudetypen

5.1.2

Wohneigentumsentscheidung

Miete

Wohneigentum

[...] 5.1.3

Altbestandsnachfrage

Einflussgrößen

5.1.4

[...] simulatner Entscheidungsvorgang

Wechselwirkungen

Einfamilienhäuser

Einflussgrößen

Wechselwirkungen

Absolute Nachfrage

Einflussgrößen

Wohnstandortnachfrage

5.1.1

Neubau

Bestandsobjekt

[...]

Abbildung 5.1: Entscheidungsebenen der relativen Nachfrage

In den folgenden Abschnitten werden die Entscheidungsprozesse näher betrachtet und einzelne Determinanten diskutiert. Dabei sind vor allem wieder die unsystematischen, regionalspezifischen Determinanten von Interesse, da diese im Abschnitt 5.2 für die empirische Analyse wieder aufgegriffen werden. Das Kapitel gliedert sich insgesamt wie folgt: Im Abschnitt 5.1.1 werden substitutive Wechselwirkungen in der Wohnungsnachfrage beschrieben. Der Abschnitt 5.1.2 diskutiert die Determinanten der Wohneigentumsentscheidung. Die explizite Nachfrage nach Einfamilienhäusern aus dem Altbestand ist Gegenstand des Abschnittes 5.1.3. Die Determinanten der Nachfrage nach Bestandsimmobilien ist für die Frage nach den Nachnutzungschancen dieser Objekte besonders wichtig, da die Nachfrage hauptsächlich durch regionalspezifische und lokale Effekte beeinflusst wird. Von wesentlicher Bedeutung ist dabei der lokale Wohnstandort. Zur Darstellung lokaler Wohnstandorteffekte und zum besseren Verständnis der Entwicklung lokaler Wohnstandorte und Wohnungsbestände wird im Abschnitt 5.1.4 die lokale Wohnstandortnachfrage analysiert. Zur Einordnung der einzelnen Abschnitte in die Entscheidungsprozesse der relativen Nachfrage sind diese in der Abbildung 5.1 abgebildet.

75

Determinanten der relativen Nachfrage

Methoden-Box 2: Nachfrage nach Wohneigentum aus dem Altbestand In der folgenden Betrachtung wird der Nutzen aus Altbestand und Neubau (relative Nachfrage) über die jeweiligen Renditen bestimmt. Ein Haushalt vergleicht dabei zwischen den jeweiligen Renditen einzelner Gebäude (i) unterschiedlichen Baualters (BA), max(RA(BA) , · · · , RN ), und maximiert entsprechend seiner individuellen Nutzenfunktion. Die Entscheidung zwischen Miete und Wohneigentum wird über die Maximierung der Rendite aus Wohneigentum, RE , sowie der Rendite einer alternativen Investitionsanlage, S, aus den zusätzlichen Ersparnissen bestimmt (diese ergibt sich in der Regel aus der Summe eines risikolosen Zinssatzes, r und eines Risikoaufschlags, σ), von denen die Mietkosten abgezogen werden, max(RW E , RS,KM ). Alle Entscheidungen können simultan getroffen werden.a Zur Abschätzung zwischen Wohneigentum und Wohnen zur Miete kann die kalkulatorische Miete, sogenannte »user cost of homeownership«, herangezogen werden (vereinfachte Darstellung): ut = Pt (rt + rth + δt − Et (∆Pt+1 ) + γt )

(5.1)

Während sich der Kaufpreis eines Einfamilienhauses aus dem Altbestand allein aus dem Kaufpreis, PA (BA), ergibt, setzt sich dieser beim Neubaupreis aus der Summe von Grundstückspreis, L, und Baukosten, BK, zusammen. Die laufenden Kosten, wie die vom Baualter des Bestandes abhängenden Instandhaltungskosten, δ(BA), Fremdkapitalbelastungen für Hypothekenzinsen, rm (abzüglich möglicher steuerlicher Vergünstigungen), werden den tatsächlichen Mieten, M , gegenübergestellt. Mieten setzen sich dabei aus den Eigenschaen der Immobilie, der Ausstattung, E, der Objektqualität, O, sowie dem Wohnstandort, St, zusammen. Die Objektqualität wird dabei allein durch das Baualter des Wohngebäudes bestimmt. Sanierungen und Modernisierungen werden, wie in der Praxis üblich, durch ein modifiziertes Alter berücksichtigt. Die individuelle Wertschätzung der Eigenschaen der Objekte hängt dabei von der subjektiven Nutzenfunktion, U , ab. Nach einer Haltedauer von T wird das Gebäude zu einem erwarteten Verkaufspreis von Et (S) veräußert. Die einzelnen Entscheidungen werden damit auf Basis der kalkulatorischen Miete, den aktuellen Miet- und Immobilienpreisen, der subjektiven Nutzenfunktion sowie der Erwartungen über zukünige Entwicklungen getroffen. a Angelehnt an die sogenannte tenure choice Literatur, etwa Himmelberg et al. (2005). b Steuerliche Vergünstigungen spielen in Deutschland aktuell keine Rolle, sollten in dem allgemeinen Rahmen jedoch aufgeführt werden. Zu möglichen Ausführungen siehe Eekhoff (2002).

76

Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern

5.1.1 Substitutive Wechselwirkungen in der Nachfrage

Die einzelnen Wohngebäudetypen und Wohntypen stellen substitutive Güter (diese werden auch als Substitute oder Substitutionsgüter bezeichnet) dar, d. h. das Bedürfnis Wohnen kann sowohl durch die eine als auch durch die andere Wohnform befriedigt werden. So stellt beispielsweise die Wohnung im Mehrfamilienhaus ein substitutives Gut zum freistehenden Einfamilienhaus dar. Durch diese Eigenscha kommt es zu Wechselwirkungen in der Nachfrage nach den einzelnen Gütern, wenn sich einzelne Güterpreise verändern. So führt im obigen Beispiel eine Preissenkung von freistehenden Einfamilienhäusern zu einem Rückgang der Nachfrage nach Wohnungen in Mehrfamilienhäusern.²⁷ Aufgrund dieser substitutiven Beziehungen stellen innerhalb eines Wohnungsmarktes auch die Preisentwicklungen einzelner Wohngebäudeformen Einflussgrößen der Nachfrage nach Einfamilienhäusern dar. Bei den Preisentwicklungen stehen Veränderungen auf der Nachfrageseite, beispielsweise durch die in Kapitel 4 beschriebenen Determinanten, wie etwa demographische Veränderungen und Wanderungsbewegungen, den Veränderungen auf der Angebotsseite gegenüber. Zu den Einflussgrößen des Angebotes gehören beispielsweise Neubau und Abrissarbeiten, die wiederum durch andere Größen, wie die Bereitstellung neuer Baugrundstücke durch die Kommune, beeinflusst werden. Da das Wohnungsangebot in der kurzen bis mittleren Frist relativ unelastisch auf Veränderungen in der Nachfrage reagiert, schlagen sich diese in den Immobilienpreisen nieder. Eine absolute Abnahme der Nachfrage führt damit beispielsweise zu einem absoluten Preisrückgang, der dann von Haushalten dazu genutzt werden kann, auf Substitute zurückzugreifen. Die Nachfrageeffekte, die sich durch substitutive Wechselwirkungen ergeben, hängen, neben den Wohnpräferenzen der Haushalte und den Preiselastizitäten, von dem vorliegenden Angebot ab. Ist der Wohnungsbestand einer Region von Einfamilienhäusern und extensiver Bodennutzung geprägt, wie etwa in vielen ländlichen Regionen, besteht nur geringes Potential für substitutive Nachfrageeffekte bei allgemein schrumpfender absoluter Nachfrage. In Regionen mit intensiver Bodennutzung und hohem Anteil an Mehrfamilienhäusern kann es bei schrumpfender absoluter Nachfrage allerdings zu einem vermehrten Upfiltering, d. h. einer qualitativen und/oder quantitativen Ausweitung der Wohnungsnachfrage, kommen. So ist es möglich, dass die substitutiven Effekte dazu führen, dass vor allem andere Wohngebäudetypen in Leerstand übergehen.²⁸

27 Diese Zusammenhänge können empirisch mit der sogenannten Kreuzpreiselastizität gemessen werden. 28 Hier fehlt es bislang an theoretischen Konzepten, die diese Dynamiken konsistent modellieren und erklären können. So sind die geschätzten relativen Risiken der Nachfrage auch als Nachnutzungsrisiken abzuleiten, wenn der lokale Wohnungsbestand fast ausschließlich durch die Wohnform des

Determinanten der relativen Nachfrage

77

5.1.2 Wohneigentumsnachfrage

Im Folgenden werden einzelne Größen beschrieben, die einen Einfluss auf die Wohneigentumsnachfrage haben. Dabei soll neben der Beschreibung der Einflussnahme auch die Risikoebene diskutiert werden. (a) Einkommen, sozio-demographische Determinanten und die Rolle des Wohneigentums als Investitionsgut Verschiedene sozio-demographische Eigenschaen begünstigen die Nachfrage nach Wohneigentum. Neben der absoluten Veränderung der Bevölkerungszahl wird die Nachfrage nach Einfamilienhäusern im Wohneigentum vor allem durch die Struktur der Haushalte geprägt (siehe auch Abschnitt 4). So steigt die Wahrscheinlichkeit für den Erwerb von Wohneigentum etwa mit der Anzahl an Personen in einem Haushalt, sodass gerade junge Familien die potentiellen Nachfrager von Einfamilienhäusern im Wohneigentum sind. Deutschland weist jedoch eine steigende Anzahl an Single-Haushalten, steigende Scheidungsraten und sinkende Geburtenraten auf. Erwartet die Studie des BBSR (2015a: S. 16), dass es aufgrund von steigenden Haushaltszahlen langfristig nicht zu einer sinkenden Wohnungsnachfrage kommen wird, so muss dies aufgrund der sich verändernden Haushaltsstrukturen nicht zwangsläufig auf die Nachfrage nach Einfamilienhäusern zutreffen. Auch das Alter spielt beim Erwerb von Wohneigentum eine Rolle. Zum einen ist eine gewisse Vorlaufzeit notwendig, um den Eigenkapitalanteil, »down payments«, für den Hypothekenkredit anzusparen (Chiuri und Jappelli 2000: S. 18), zum anderen spielt die erwartete Resthaltedauer der Immobilie bei erwarteten Preissteigerungen eine Rolle für die Wohneigentumsentscheidung, also die Abwägung zwischen Wohnen zur Miete und Wohneigentumserwerb. Die Veränderungen am Arbeitsmarkt, wie die wachsende Beschäigung im tertiären Sektor, führen zu einer Zunahme der durchschnittlichen Ausbildungszeit. Dies bewirkt, dass ein Großteil der jungen hochqualifizierten Beschäigten immer später auf den Arbeitsmarkt drängt und damit auch später Eigentum erwirbt. Haushalte mit höheren Einkommen weisen eine höhere Wahrscheinlichkeit auf, Eigentum zu erwerben. Eine positive Einkommensentwicklung, wie sie in den letzten Jahren zu beobachten ist, erhöht, wenn sie nicht mit einer zunehmenden Einkommensungleichheit einhergeht, die Nachfrage nach Einfamilienhäusern. Die zunehmende Alterung der Gesellscha sowie die Reform im Rentensystem, die die Bedeutung des privaten Sparens und damit auch die Rolle von Wohnim-

Einfamilienhauses dominiert wird. Denn allein in diesem Fall lässt sich eine substitutive Anpassung der Nachfrage ausschließen.

78

Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern

mobilien als Investitionsgut verstärkt hat, macht Wohneigentum als Altersvorsorge immer attraktiver (Helbrecht und Geilenkeuser 2012: S. 425).²⁹ Die sozio-demographischen Einflussgrößen der Wohneigentumsnachfrage stellen insgesamt regionalunspezifische Größen dar und werden im Detail im Abschnitt 4 im Rahmen der Veränderung der absoluten Wohnungsnachfrage diskutiert. (b) Finanzierungskosten Die Finanzierungskosten in Form von Hypothekenzinsbelastungen beeinflussen die Nachfrage nach Wohneigentum. Eine Erhöhung der Hypothekenzinsen führt beispielsweise zu höheren monatlichen Zinsbelastungen, die sich auf die kalkulatorische Miete des Eigentümers niederschlagen. Damit senkt eine Erhöhung der Hypothekenzinsen die Nachfrage nach Wohneigentum. Die Hypothekenzinsen werden dabei überwiegend durch die Leitzinsen der Zentralbank vorgegeben. Durch eine Anhebung der Leitzinsen erhöhen sich die Hypothekenzinsen und folglich die Wohnkosten. Dies führt zu einer Dämpfung der Nachfrage nach Wohnimmobilien. Das momentan sehr niedrige Hypothekenzinsniveau, das aus der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank resultiert, begünstigt beispielsweise die Nachfrage nach Krediten und Wohneigentum.³⁰ Die Leitzinsen, die die Finanzierungskosten maßgeblich bestimmen, wirken sich allerdings noch über einen anderen Mechanismus auf die Nachfrage nach Wohneigentum aus. Durch die Senkung der Leitzinsen werden konventionelle Investitionsanlagen wie Geldeinlagen und Anleihen weniger attraktiv; Aktien und Sachwerte hingegen, wie etwa Immobilieninvestitionen, hingegen werden attraktiver, da die Opportunitätskosten sinken (Deutsche Bundesbank 2013: S. 14). Die aktuell günstigen Finanzierungsbedingungen fördern die Nachfrage nach Wohneigentum, insbesondere vor dem Hintergrund fehlender Alternativen beim privaten Sparen. Bei den Hypothekenzinsen handelt es sich aber um eine regionalunspezifische Größe. (c) Rahmenbedingungen der Finanzierung Neben den Finanzierungskosten haben auch die Rahmenbedingungen der Finanzierung einen Einfluss auf die Nachfrage nach Wohneigentum. Die Bundes29 Die Rentenreform hat sich von einem fast ausschließlich umlagefinanzierten monolithischen Rentensystem zu einem Drei-Säulen-System gewandelt, bei dem auch private und betriebliche Renten eine größere Rolle spielen. Das hat auch die Bedeutung von Wohneigentum als Investitionsanlage erhöht. 30 In Abschnitt 2 wird gezeigt, dass in die Phase der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank nach 2008 eine Erhöhung der Wohneigentumsquote fällt. Dieser positive Zusammenhang ist allerdings nicht auf allen regionalen Wohnungsmärkten zu erkennen.

Determinanten der relativen Nachfrage

79

bank und die Finanzaufsichtsbehörden können das Kreditangebot und die Kreditnachfrage durch die Anpassung institutioneller Rahmenbedingungen steuern. Auf der einen Seite reduzieren Kreditgeber das Kreditangebot, wenn die Risikogewichtung angehoben wird. Dies führt zu einem Rückgang der Nachfrage nach Wohneigentum. Andererseits erhöht sich die Kreditnachfrage und somit auch die Nachfrage nach Wohneigentum, wenn für Kreditnehmer die Eigenkapitalquote gesenkt wird.³¹ Somit können lockere Kreditvergabekriterien zu einem erhöhten Kreditvolumen führen. Die Rahmenbedingungen und Konditionen der Immobilienfinanzierung stellen regionalunspezifische Größen dar. Insgesamt ist aufgrund der zunehmenden Diskussion über eine Überhitzung am Immobilienmarkt nicht mit einer Lockerung der Finanzierungskonditionen zu rechnen. (d) Mietwohnungsmarkt Auch die Rahmenbedingungen des Mietwohnungsmarktes, wie die institutionelle Ausgestaltung und der Mieterschutz, beeinflussen die Höhe der Eigentumsquote. Vorteilhae steuerliche Regelungen wie die Afa (Absetzung für Abnutzung) oder die Anpassung der Mieten an lokale Mietspiegel machen Investitionen in den Mietwohnungsbau lohnenswert. Da in der Wettbewerbssituation die Vorteile an die Mieter weitergegeben werden, wird dadurch auch das Mieten im Vergleich zum Wohneigentumserwerb attraktiver (Braun und Pfeiffer 2004: S. 6). Ein starker Mieterschutz, d. h. eine Absicherung nicht nur gegen willkürliche Kündigung, sondern auch eine gesetzliche Regelung der Wohnkostensteigerungen, wie er in Deutschland herrscht, macht Mieten im Vergleich zum Eigentumserwerb vorteilha. Auf der anderen Seite senken Eingriffe wie die Mietpreisbremse die Anreinze für Investitionen in den Mietwohnungsbau und machen Investitionen in Eigentum lukrativer (Kholodilin und Ulbricht 2014: S. 326). Aufgrund der Ausgestaltung des Mietwohnungsmarktes stellt das Wohnen zur Miete gerade in Deutschland eine geschätzte Alternative zum Erwerb von Wohneigentum dar. Die Ausgestaltung weist zwar in Teilen, wie etwa bei der Mietpreisbremse, regionale Unterschiede auf, jedoch sind die Regelungen ansonsten regionalunspezifisch. Allerdings variiert die Bedeutung des Mietwohnungsmarktes regional. In Ballungsräumen, die einen höheren Anteil an Mehrfamilienhäusern aufweisen, ist der Anteil an Wohneigentümern und Einfamilienhäusern entsprechend geringer. Der regionalspezifische Anteil an Einfamilienhäusern am gesamten Wohnungsbestandes innerhalb eines Wohnungsmarktes spielt damit eine Rolle und wird in die empirische Analyse aufgenommen.

31 Faktisch verändert sich dadurch für die Kreditnehmer das »loan-to-value-ratio« (LTV).

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Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern

(e) Allokative und distributive Wohnungspolitik Wohnungspolitische Eingriffe beeinflussen die Wohneigentumsentscheidung, wenn sich die Eingriffe mittel- oder unmittelbar auf den Mietwohnungsmarkt oder den Erwerb von Wohneigentum auswirken. Beispielsweise stehen mit der Objektförderung (sozialer Wohnungsbau) und der Subjektförderung (Wohngeld) Instrumente zur Verfügung, um distributiv in den Wohnungsmarkt einzugreifen. Allerdings betreffen diese wohnungspolitischen Eingriffe hauptsächlich einkommensschwache Haushalte, die aufgrund der Anforderungen bei der Finanzierung bereits von einem möglichen Eigentumserwerb weitgehend ausgeschlossen sind.³² Auf der anderen Seite erhöhen Förderungen von Wohneigentum, wie früher die Eigenheimzulage und steuerliche Vergünstigungen, die Nachfrage nach Wohneigentum (Voigtländer 2009: S. 363). Die Förderung selbstgenutzten Wohneigentums spielt in Deutschland aktuell keine Rolle.³³ Insgesamt sind damit allokative und distributive wohnungspolitische Eingriffe von geringerer Bedeutung für die regionale relative Nachfrage. (f) Allgemeine Hauspreisentwicklung Auch die erwartete Entwicklung der Hauspreise beeinflusst die Wohneigentumsentscheidung. Ein Anstieg der Preisentwicklung führt zu einem höheren Wiederverkaufswert der Immobilie und erhöht damit die Rendite der Immobilieninvestition. Die moderate Preisentwicklung in Deutschland mit realer Abwertung zwischen 1995 und 2008, die auf stagnierende Einkommensniveaus und auf das durch liberale Baulandausweisungen hohe Wohnungsangebot zurückzuführen sind (Kholodilin et al. 2008), haben die Attraktivität von Immobilieninvestitionen lange Zeit geschmälert (Kasparova und White 2001: S. 392). Durch die wachsende Nachfrage nach Wohnimmobilien steigen seit 2009 die Immobilienpreise in Deutschland, wenn auch regional sehr unterschiedlich, wieder an (Budde 2013: S. 38). Die regionalen Unterschiede lassen sich neben der demographischen Entwicklung auch auf strukturelle Veränderungen am Arbeitsmarkt zurückführen (siehe Abschnitt 2). Neben der Nachfrage nach selbstgenutztem Wohneigentum hat auch die institutionelle Nachfrage nach Immobilieninvestitionen zugenommen, da nicht nur positive Renditen erwartet werden, sondern der deutsche Wohnimmobilienmarkt aufgrund der stabilen 32 Auch die Transaktionskosten, die beim Eigentumserwerb anfallen, wie etwa Grunderwerbsteuer oder später die Grundsteuer, werden in der Wettbewerbssituation auf die Mieter umgelegt und wirken sich damit nicht auf die Eigentumsquote aus. 33 Eine Übersicht über Fördermöglichkeiten für selbstgenutztes Wohneigentum findet sich beispielsweise bei Eekhoff (2002).

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deutschen Wirtscha und der konservativen institutionellen Ausgestaltung als relativ sicher gilt. Zusammenfassung 5.1.2: Wohneigentumsnachfrage Die Nachfrage nach Wohneigentum steigt mit – bestimmten sozio-ökonomischen Eigenschaen der Haushalte (Anzahl an Personen, Alter, Einkommen), – der Bedeutung des Wohneigentums als Investitionsgut, – einer Senkung der Finanzierungskosten (Hypothekenzinssatz), – einer Lockerung der Finanzierungsbedingungen (Beleihungsgrenze oder Eigenkapitalanteil), – einem geringeren Mieterschutz und geringeren steuerlichen Vorteilen, die im Wettbewerb auf die Mieter übertragen werden, – mit einer Zunahme der Wohneigentumsförderung (z. B. Eigenheimzulage, Wohnbaugeld), – mit der Erwartung steigender Hauspreise.

5.1.3 Nachfrage nach Bestandsimmobilien

Neben der allgemeinen Nachfrage nach Wohneigentum stehen die Haushalte auch vor der Frage, ob Bestandsimmobilien erworben oder Neubauten gebaut werden sollten. Bei Bestandsimmobilien spielt das Alter eine besondere Rolle bei der Kaufentscheidung. Die Nachfrage nach Einfamilienhäusern aus dem Bestand ergibt sich aus dem individuellen Entscheidungskalkül der Haushalte, die zwischen dem Nutzen aus dem Erwerb von Bestandshäusern unterschiedlichen Alters und neugebauten Einfamilienhäusern abwägen müssen.³⁴ Insgesamt zeigt sich, dass die Renditen und damit die relative Nachfrage nach Bestandsimmobilien, durch eine Vielzahl von Größen, die wiederum Wechselwirkungen aufweisen oder von anderen Einflussfaktoren abhängen, beeinflusst werden. Diese Einflussfaktoren können zudem exogen, z. B. durch die Baukostenentwicklung, aber auch endogen, etwa durch die demographisch bedingte lokale Wohnstandortwahl, 34 Das Entscheidungskalkül, das auf den diesen Häusern zugrundeliegenden Renditen basiert, ist im Detail in Box 2 dargestellt.

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gegeben sein. Damit führen Veränderungen in den Einflussfaktoren unweigerlich zu Disparitäten in der Nachfrage. Solange eine konsistente Anpassung über den Preis vorliegt, kommt es allerdings mittel- oder langfristig wieder zu einer Anpassung der Nachfrage. Jedoch können zwischenzeitliche Verlagerungen in der Nachfrage, insbesondere in der Kombination mit Angebotsüberhängen, zu negativen externen Effekten, die die Chancen einer Nachnutzung für betroffene Bestandshäuser auch über diese Zeit hinaus senken, führen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn über eine längere Zeit Instandhaltungen zurückgehalten wurden oder ganze Wohnstandorte aufgrund einer stark schrumpfenden Bevölkerung Einbußen in der Infrastruktur erlitten haben. Aus diesem Grund sind kurz- bis mittelfristige Disparitäten in der Nachfrage auch für die langfristigen Chancen einer Nachnutzung von Bedeutung. Im folgenden Abschnitt werden die einzelnen Einflussfaktoren der Nachfrage nach Einfamilienhäusern aus dem Bestand aufgeführt. (a) Struktur und Veränderung des Wohnungsangebots Die Nachfrage nach Einfamilienhäusern aus dem Altbestand hängt davon ab, wie das lokale Wohnungsangebot strukturiert ist. Eine Verringerung des Wohnungsbestandes insgesamt, etwa durch eine systematische Ausdünnung, hält die Nachfrage nach Altbestandsbauten bei schrumpfender absoluter Nachfrage konstant. Auch ein hohes Maß an Neubauaktivitäten kann die Nachfrage nach Altbestandsimmobilien senken, wenn diese bei schrumpfender absoluter Nachfrage den Altbestand nicht direkt ersetzen, sondern das Angebot lediglich erweitern.³⁵ Neubauaktivität wird dabei auch durch die Baukosten und die Bodenpreise bestimmt. Dabei werden die Baukosten nicht nur durch reine Material- und Arbeitskosten, das heißt Lohnkosten, sondern auch durch die dazugehörigen Transaktionskosten bestimmt. Auf institutioneller Ebene können die Baukosten über Verordnungen und Auflagen, z. B. bei Energiesystemen, beeinflusst und gelockert werden und damit zu einer Verringerung der kalkulatorischen Miete führen (Walberg et al. 2015). Gemeinden können durch eine Ausweitung des Baulandes, die Festsetzung von maximalen Grundstücksgrößen sowie durch eine Ausweitung des bestehenden Bestandes durch die Lockerung des planungsrechtlichen Rahmens Einfluss auf das Angebot nehmen. Hier besteht allerdings ein »Angebot-Preis-Dilemma«: Das Knapphalten des Angebotes durch eine Verringerung von Neubau und einer systematischen Ausdünnung des bestehendes Wohnungsbestandes führt zwar 35 Bei einer hohen Bevölkerungsdichte und einem hohen Urbanisierungsgrad wird die Ausweitung des Bestandes hauptsächlich durch den Bau von Mehrfamilienhäusern realisiert. Wohneigentum wird jedoch vorrangig in Ein- bzw. Zweifamilienhäusern gebildet, weshalb der vorherrschende Haustyp auch einen Einfluss auf die Eigentumsbildung ausüben kann (Glaeser 2011).

Determinanten der relativen Nachfrage

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zu einer Erhöhung der Nachfrage nach Altbestand, aber aufgrund des geringeren Wohnungsbestandes bleibt auch der Preis relativ stabil. Da die Wohnkosten im räumlichen Gleichgewicht einen Standortfaktor darstellen (siehe Abschnitt 4.1.4), verringert der relativ stabile Preis die Attraktivität des Standortes. Gerade die von einem Bevölkerungsrückgang betroffenen Regionen stehen allerdings in direktem Wettbewerb um Haushalte. Hierbei werben die Kommunen besonders häufig mit niedrigen Wohnkosten um Zuwanderung.³⁶ Dieser regionale Wettbewerb geht damit häufig zu Lasten des bestehendes Altbestandes, da auf kommunaler Ebene der Neubau durch die Ausweisung von Bauland zu günstigen Konditionen gefördert wird. Während Baukosten und Transaktionskosten keine regionalen Unterschiede aufweisen, stellen die bestehende Struktur des Wohnungsbestandes und die Neubauentwicklungen regionalspezifische Größen dar und werden als Einflussgrößen bei der empirischen Analyse berücksichtigt. (b) Instandhaltungs- und Modernisierungskosten Während die Ausweisung von Neubauflächen oder eine Verringerung der Material- und Arbeitskosten die Nachfrage nach Neubau erhöhen, kann eine Veränderung der Modernisierungskosten zur Instandhaltung des Objektes die Nachfrage nach Altbestand beeinflussen. Modernisierungskosten bewegen sich überwiegend gleichförmig mit den Neubaukosten, wohingegen Verordnungen und Auflagen wie Wärmeschutzbestimmungen aufgrund von fehlenden Verbundeffekten beim Bau sowie aufgrund zusätzlicher Anpassungskosten zu verhältnismäßig hohen Kosten bei der Modernisierung im Altbestand führen können. Bei der nachträglichen Wärmeschutzdämmung entstehen beispielsweise Kosten durch den Gerüstbau, die sich nicht auf verschiedene bauliche Maßnahmen verteilen. Zudem müssen auch weitere bauliche Anpassungen vorgenommen werden, um die eigentliche Wärmedämmung umzusetzen. Bei den Instandhaltungs- und Modernisierungskosten handelt es sich – wie bei den Neubaukosten im Allgemeinen – um regionalspezifische Einflussgrößen. (c) Qualität, Ausstattung, Wohnstandort Die Objekteigenschaen und die Objektqualität stellen neben dem lokalen Wohnstandort die nutzenstienden Merkmale einer Wohnimmobilie dar. Diese setzen sich wiederum aus verschiedenen Determinanten zusammen. Für die Ausstattung ist das etwa die Anzahl der Zimmer und Bäder, das Heizungssystem, die Verfügbarkeit einer Garage, weitere Nutzflächen oder Ähnliches. Die Objektqualität ergibt sich aus dem Baumaterial, der Bautechnik sowie der elektronisch36 In Ottenstein (Niedersachsen) werden Baugrundstücke sogar verschenkt: www.abendblatt.de /region/niedersachsen/article205461437

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mechanischen Verarbeitung. Wohnimmobilien sind heterogene Güter, die sich insbesondere durch ihre Objekteigenschaen, -ausstattung und -qualität unterscheiden.³⁷ Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre weisen zum Beispiel signifikante Unterschiede in der Ausstattung im Vergleich zu Neubauten auf.³⁸ Diese Unterschiede, wie beispielsweise die technische Ausstattung, spielen eine wichtige Rolle im Wettbewerb um eine erfolgende Nachnutzung (BerndgenKaiser und Krajewski 2015: S. 172). Neben den bisher aufgeführten Einflussgrößen wirken auch gerade dann Objekt- und lokale Standorteffekte auf die Nachfrage nach Altbestand und Neubau ein, wenn sich diese systematisch zwischen den Bestandstypen unterscheiden.³⁹ Da durch das radiale Wachstum einer Stadt neue Wohnbaugebiete nicht nur räumlich, sondern auch häufig zeitlich simultan entstehen, wodurch sich nicht nur einzelne Immobilien, sondern auch ganze Gebiete innerhalb von Lebenszyklen entwickeln, können Wohnstandort und Wohnungsbestand sich systemisch unterscheiden und sich aufgrund von Wechselwirkungen und Ballungseffekten zusätzlich verstärken. Wegen der hohen Bedeutung des lokalen Wohnstandortes und der Entwicklung des Wohnungsbestandes werden in Abschnitt 5.1.4 sowohl die lokale Wohnstandortnachfrage mit den Wohnstandorteffekten als auch die Einflüsse und Wechselbeziehungen in der Entwicklung von Wohnstandorten und vom Wohnungsbestand ausführlich diskutiert. (d) Altersbedingte Unterschiede in der Objektqualität Gerade bei der Betrachtung der Nachfrage nach Bestandsimmobilien spielen altersbedingte Unterschiede zwischen einzelnen Objekten eine wichtige Rolle. Diese werden in der Literatur anhand altersbedingter Wertminderung untersucht. Wohnimmobilien verlieren mit zunehmendem Alter an Wert, nicht nur aufgrund eines physischen Verschleißes, sondern auch aufgrund von Obsoleszenz.

37 Aufgrund der Heterogenität von Immobilien und der Schwierigkeit, die Objektqualität zu bestimmen, wird diese in empirischen Studien durch das Alter des Wohngebäudes approximiert. In der Diskussion werden die Objektqualität und das Alter des Gebäudes, wenn nicht anders genannt, gleichwertig behandelt. 38 Siehe Unterschiede in der empirischen Untersuchung in Abschnitt 5.2.1. 39 Die objekt- und standortspezifischen Eigenschaen werden dabei im Sinne der Post-RosenLiteratur durch einzelne implizite Preise, die in Verbindung mit den haushaltsspezifischen Eigenschaen die marginalen Zahlungsbereitschaen offenlegen, beschrieben. Hier gibt es allerdings einige Probleme: Erstens sind nicht für alle Objekte die Preise und für Käufer die haushaltsspezifischen Eigenschaen beobachtbar, sodass eine Beurteilung über die Preise nicht unmittelbar möglich ist. Des Weiteren sind Wohnobjekte sehr heterogen und stellen Güterbündel dar, deren Eigenschaen wiederum eigene Zahlungsbereitschaen aufweisen. Erst die Bestimmung dieser impliziten Preise ermöglicht eine Übertragung/Beurteilung anderer Objekte, für die keine direkten Zahlungsbereitschaen vorliegen.

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Determinanten der relativen Nachfrage Tabelle 5.1: Merkmale der Kategorien Objektqualität und Ausstattung

Objektqualität

Ausstattung

Architektonische Gestaltung: - Fassade (Naturstein, Außenputz) - Stuck - Fertigbau Bausubstanz: - Zustand Mauerwerk - Zustand Dach Zustand/Alter der Heizung Wärmedämmung: - einfache Dämmung - Vollwärmeschutz - dünnes Mauerwerk Qualität Fenster: - zwei- oder dreifach verglast - Lärmschutz - elektrische Rollläden - Anzahl und Größe der Fenster Bodenbelag: - Stein, Massivparkett - Parkett, Fliesen, Holzdielen - PVC, Teppich, Laminat, Linoleum

Sanitäre Anlagen: - Anzahl Bäder - Dusche und/oder Wanne - Whirlpool - raumhoch gefliest Küche Garten Parkplatz: - Tiefgarage - Carport - freistehend Keller Balkon/Terrasse/Wintergarten Sauna/Swimmingpool Sicherheitsvorkehrungen: - Sicherheitsschloss - Sicherung der Fenster - Alarmanlage Heizart: - Solarenergie - Wärmerückgewinnung - Zentralheizung - Fußboden-/Wandheizung - Kachelofen - Klimaanlage - Kamin Raumaueilung: - großzügig geschnitten - kleine Zimmer - Durchgangszimmer - Stauräume, Wandschränke

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Margolis (1981: S. 17) beschreibt mit Obsoleszenz, dass mit zunehmendem Alter zwar die eigentliche Funktion des Objektes »Wohnen« erhalten bleibt, aber die Funktionalität und die Attraktivität abnehmen. Bei der Funktionalität sind vor allem Veränderungen beim Design, der Barrierefreiheit, bei den elektronischmechanischen Systemen, der Bautechnik, dem Baumaterial und bei den Energiesystemen relevant. Des Weiteren weisen ältere Objekte aufgrund des physikalischen Verschleißes auch höhere Instandhaltungskosten auf (Clapp und Giaccotto 1998: S. 417). Insgesamt kann die altersbedingte Verschlechterung damit sowohl einer funktionalen als auch einer physikalischen Verschlechterung zugeschrieben werden (Wilhelmsson 2008: S. 89). Die altersbedingte Verschlechterung der Objektqualität und Funktionalität und die damit einhergehende Wertminderung ist innerhalb der »Filter-down«-eorien der Stadtökonomik eine der wesentlichen Mechanismen, die das Wohnimmobilienangebot für Haushalte mit niedrigerem Einkommen steuert (Harding et al. 2007: S. 199). Empirische Studien wie etwa Smith (2004) oder Clapp und Giaccotto (1998) zeigen allerdings, dass die altersbedingte Wertminderung weder räumlich noch zeitlich stationär ist. So kann die Nachfrage nach Einfamilienhäusern und damit auch die altersbedingte Wertminderung mit der Attraktivität und der Veränderung des lokalen Standortes, der sogenannten externen Obsoleszenz, variieren. Die räumliche Heterogenität der altersbedingten Wertminderung wird aus diesem Grund im Zuge des sogenannten »Vintage-Effekts« noch einmal detaillierter diskutiert. Bisherige Determinanten der altersbedingten Wertminderung wie etwa die zunehmenden Instandhaltungskosten weisen auf einen nicht-linearen Zusammenhang zwischen Alter und Wertminderung einer Wohnimmobilie hin. Bereits die Studie von Chinloy (1980) deutete darauf hin, dass der einfache lineare Zusammenhang zugunsten eines weitaus komplexeren Zusammenhangs verworfen werden sollte. Zahlreiche empirische Studien, wie etwa Shilling (1991), Knight und Sirmans (1996) oder Clapp und Giaccotto (1998), haben sich seitdem mit diesem Zusammenhang beschäigt. Hierzu wurde u. a. der altersbedingte Zusammenhang mittels geometrischer Wertminderung beschrieben (Kain und Quigley (1970); Margolis (1981); Shilling (1991); Knight und Sirmans (1996); Clapp und Giaccotto (1998)), die häufig in Kombination mit Box-Cox-transformierten Daten modelliert werden. Mittlerweile werden altersbedingte Effekte aber überwiegend durch die Verwendung von Polynomfunktionen verschiedener Ordnungen, wie etwa bei Malpezzi et al. (1987), berücksichtigt. Die altersbedingte Wertminderung wird zudem durch Instandhaltungsaufwendungen beeinflusst. Während empirische Studien wie Wilhelmsson (2008) zu dem Ergebnis kommen, dass Modernisierungs-, Instandhaltungs- und Renovierungstätigkeiten im Innen- und Außenbereich eine dämpfende Wirkung auf die Rate der Wertminderung haben,

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wird dieser Aspekt in den meisten empirischen Arbeiten außer Acht gelassen (Harding et al. 2007: S. 194).⁴⁰ Die beschriebene altersbedingte Wertminderung kann allerdings auch durch den sogenannten »Vintage-Effekt« verzerrt werden. Dieser Effekt beschreibt einen Nachfrage- oder Wertzuwachs, der mit einem bestimmten Alter der Immobilie einsetzt und auf sich zeitlich verändernde Präferenzen sowie auf die Entwicklung im jeweiligen Lebenszyklus der Immobilie zurückzuführen ist. 1. Ältere Gebäude haben den Lebenszyklus bereits ein erstes Mal durchschritten und damit auch den Punkt der Nachnutzung überwunden, so dass diese baulich und in der Ausstattung weiterentwickelt wurden. Dies kann dazu führen, dass ältere Gebäude ab einem gewissen Alter eine zunehmend bessere Objektqualität aufweisen. 2. Des Weiteren kann eine abnehmende Wertminderung aber auch damit zusammenhängen, dass ein bestimmter Baustil oder ein entsprechendes Design im Zeitablauf wieder attraktiver und dementsprechend stärker nachgefragt werden. 3. Darüber hinaus kann ein möglicher Zusammenhang mit der lokalen Standortnachfrage vorliegen. Ältere Gebäude weisen zum einen eine bereits entwickelte Nachbarschasstruktur auf, die für eine höhere Standortnachfrage spricht. Zum anderen deutet die durchlaufene Phase der Nachnutzungsentscheidung innerhalb des Lebenszyklus darauf hin, dass auch der lokale Standort eine relativ hohe Nachfrage aufweist (Clapp und Giaccotto 1998). Empirische Studien wie Helms (2003) zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine Immobilie renoviert ist, mit der Wertschätzung einer Nachbarscha steigt. Dies bestätigt die obigen Überlegungen. Vor dem Hintergrund der lokalen nachfrageseitigen Einflüsse, unterschiedlicher Lebenszyklusphasen und Modernisierungszustände sowie dekadenspezifischer Einflüsse, die die pure Wertminderung durch Obsoleszenz und physische Funktionalität überlagern, konnten bisher weder eine eindeutige Beschreibung des Zusammenhangs noch alle Ursachen von zeitlicher und räumlicher NichtStationarität in der altersbedingten Wertminderung gefunden werden.⁴¹ Wesentliche Punkte wie Modernisierungsstand und Lageeffekte werden jedoch in 40 Unter anderem wenden Hauseigentümer mit höherem Einkommen auch mit einer höheren Wahrscheinlichkeit mehr für Instandhaltung auf. Neben der Nicht-Linearität in der altersbedingten Wertminderung führen auch die Modernisierungen zu einem höheren Maß an Heteroskedastizität (Goodman und ibodeau 1997). 41 Vor diesem Hintergrund weist die Studie von Fletcher et al. (2000) darauf hin, dass die Betrachtung des Baujahres ungenügend ist, da vielmehr einzelne Kohorten von Neubauten betrachtet werden sollten.

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der empirischen Analyse berücksichtigt, um altersbedingte Unterschiede in der Nachfrage zu untersuchen. Alle Determinanten der einzelnen Entscheidungsebenen sind in der Abbildung 5.2 zusammenfassend dargestellt. Da die regionalspezifischen Größen von besonderem Interesse sind, werden diese in der Abbildung hervorgehoben. Substitutive Beziehungen in der Wohnungsnachfrage •

Preis Einfamilienhaus - Angebot/Nachfrage



Preis andere Wohngebäudetypen - Angebot/Nachfrage



Wohnpräferenzen Wohneigentumsentscheidung

• • • • • • •

Verfügbares Einkommen Finanzierungskosten: Hypothekenzinsen usw. Finanzierungsbedingungen: Eigenkapitalanteil, Beleihungsgrenze usw. Opportunitätskosten Ausgestaltung Mietwohnungsmarkt Öffentliche Hand: Steuerliche Vorteile, Wohneigentumsförderung usw. Immobilienpreisentwicklung Altbestandsnachfrage



Relatives Preisgefüge: - Angebotsstruktur: Bestandsstruktur, Neubauaktivitäten - Marktspannung: Angebotsüberhang, Entwicklung der absoluten Nachfrage - Direkte Effekte: über Leerstand - Markteffekte: Filtering-Prozesse - Wohnpräferenzen - Kostenentwicklung: Neubaukosten, Instandhaltung usw. - Strukturelle Unterschiede in Eigenschaften u. Standort - Relative Bedeutung von Eigenschaften u. Standort

Abbildung 5.2: Regionalspezifische Determinanten der relativen Nachfrage (in Fettdruck)

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Zusammenfassung 5.1.3: Nachfrage nach Bestandsimmobilien Die Nachfrage nach Einfamilienhäusern aus dem Altbestand steigt mit – einer Verknappung des Neubauangebotes, etwa durch eine Begrenzung der Baulandausweisung oder durch eine Erhöhung der Neubaukosten, – einer Verknappung des Wohnungsangebotes insgesamt, etwa durch Ausdünnung der Wohnungsbestände, – geringeren Instandhaltungs- und Modernisierungskosten, auch auf institutioneller Ebene, – geringerer funktionaler Obsoleszenz und geringerem physischen Verschleiß, – einem positiven Zusammenhang zwischen Attraktivität des Wohnstandortes und Altwohnungsbestand.

5.1.4 Wohnstandortnachfrage und Nachbarschaftseffekte

Der Wohnstandort hat eine besondere Bedeutung für die Wohnungsnachfrage. Zum einen sind Immobilien aufgrund ihrer Lage vollständig inhomogen, und die Effekte, die von einem Wohnstandort ausgehen, lassen sich nicht replizieren. Zum anderen ist das Wohngebäude auch über die Zeit aufgrund der räumlichen Beständigkeit fest mit dem Wohnstandort verankert und damit auch von der Entwicklung der gesamten Nachbarscha abhängig. Im Folgenden wird näher auf die Bedeutung des Wohnstandortes in der ökonomischen eorie und die Probleme eingegangen, die Wohnstandorteffekte empirisch zu messen. Des Weiteren sollen diese, die auch als Nachbarschaseffekte bezeichnet werden, klassifiziert und hinsichtlich ihrer zeitlichen Beständigkeit diskutiert werden. Darüber hinaus führt die Unbeständigkeit von Wohnstandorten auch zu einer Veränderung der von ihr ausgehenden Effekte. Diese Dynamiken und Wechselbeziehungen werden abschließend motiviert und ihre Bedeutung für die vorliegende Problematik hervorgehoben. Alle Einflüsse werden abschließend tabellarisch zusammengefasst.

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(A) Lokale Wohnstandortnachfrage Die Lage einer Immobilie ist die bedeutsamste Einflussgröße des Immobilienpreises, sowohl auf Makro- als auch auf Mikroebene, und damit eine wichtige Determinante der Wohnungsnachfrage (Kiel 2008). In den traditionellen monozentrischen Wohnstandortmodellen nach Alonso (1964), Mills (1972) und Muth (1969) wählen die Haushalte ihren Wohnstandort gerade dort, wo sich Grenzkosten durch Transport und Landpreise sowie der Grenznutzen aus der Wohnflächennachfrage schneiden. Der Arbeitsmarkt liegt dabei gerade in einem Punkt, der dem Stadtzentrum entspricht. Dabei fragen Haushalte mit höherem Einkommen mehr Wohnfläche nach, haben aber gleichzeitig auch höhere Zeitkosten, das heißt höhere Opportunitätskosten für die Pendelzeit.⁴² Das Gleichgewicht wird über die sogenannten Bietpreisfunktionen bestimmt (Meen 2001: S. 105). In diesen einfachen Modellen sind damit gerade das Einkommen der Haushalte, deren Wohnflächennachfrage und die Transportkosten die entscheidenden Größen. Die monozentrischen Modelle erklären damit bei der Annahme homogener Präferenzen gerade die Wahl des Wohnstandortes in Abhängigkeit vom Haushaltseinkommen (Brueckner et al. 1999: S. 93). Während eine Vielzahl an empirischen Studien, darunter etwa Brueckner (1987), Kritik an dem einfachen monozentrischen Modell üben, zeigen andere Studien, wie etwa Cheshire und Sheppard (1995: S. 358), dass sich diese zur Erklärung von Wohnstandorten gut eignen. Neben der Annahme des punktförmigen Arbeitsmarktes im Stadtzentrum anstelle der Annahme einer polyzentrischen oder deutlich heterogenen Struktur von Städten (Meen und Nygaard 2011: S. 106), der Annahme der homogenen Präferenzen (Leroy und Sonstelie 1983) oder auch der Annahme des fixen Wohnungsangebotes (McCann 2001: S. 122), weist die Wheaton (1977)-Kritik auf die Bedeutung der Nachbarscha und auf die von dieser Nachbarscha ausgehenden Externalitäten als weitere erklärende Variablen hin (Meen 2001: S. 107). Die Bedeutung und Betrachtung von Wohnstandorten sowie der von ihnen ausgehenden Externalitäten hat seitdem an Bedeutung gewonnen. Diese sind insbesondere konsistent mit der Tiebout (1956)-Hypothese: »residents are voting with their feets, end up in a location that matches their consumer preference«. Die Bedeutung und der Einfluss von Nachbarschaen und ihren Effekten wurden in zahlreichen empirischen Studien untersucht. Die Studie von Brueckner et al. (1999) unterstützt die Bedeutung dieser Effekte zur Erklärung lokaler Preisunterschiede, macht aber auch auf die strukturellen Unterschiede zwischen einzelnen Städten aufmerksam. Auch wenn die Bedeutung dieser Effekte mitunter unstrittig ist, obliegen sie 42 Darüber hinaus haben diese Haushalte auch eine höhere Zahlungsbereitscha, was zu heterogenen impliziten Preisen führen kann.

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dennoch Schwierigkeiten, die eine empirische Quantifizierung der Kapitalisierung von Nachbarschaseigenschaen, lokalen Annehmlichkeiten sowie öffentlichen Gütern erschweren. Denn zum einen ist der Wohnstandort selbst ein komplexer Untersuchungsgegenstand und dementsprechend ist es schwierig, diesen eindeutig zu definieren. Und zum anderen wird die Untersuchung von Nachbarschaen durch administrative Grenzen und sich verändernde Definitionen sowie durch Unterschiede bestehender administrativer Grenzen zwischen Ländern erschwert (Sampson et al. (2002); (Zwiers et al. 2014: S. 4)). So definiert Galster (2001: S. 2112) Nachbarschaen als »bundels of spatially based attributes [Comment: include characteristics of buildings, infrastructural, demographic, class status, social interactive, sentimental characteristics] associated with clusters of residences, sometimes in conjunction with other land uses«. Im Folgenden wird die Definition von Zwiers et al. (2014: S. 4) verwendet: »a neighborhood is a meaningful spatial unit for which a number of physical, economic and social characteristics can be measured. e size of a neighborhood may vary per city«. Diese Definition macht deutlich, dass keine auf allen Ebenen eindeutige Abgrenzung existiert, sondern es auf den unterschiedlichen Ebenen zu Überlagerungen von funktionalen Räumen kommt.⁴³ Die Eigenschaen und die Effekte, die von einem Wohnstandort ausgehen und die Produktivität und damit die Zahlungsbereitscha der Anwohner erhöhen, lassen sich wiederum in einzelne Größen einteilen. Sogenannte lokale Annehmlichkeiten sind dabei direkte oder indirekte Effekte, die entweder von den Gebäuden und Anwohnern selbst oder von gemeinsamen Eigenschaen einer Nachbarscha ausgehen. Die Nutzung von Wohnraum hat dabei einen negativen oder positiven Effekt auf die Produktivität einer anderen Wohneinheit und beeinflusst damit den Nutzen anderer in der Nähe liegender Haushalte, ohne dass diese selbst eine Verbesserung ihrer Wohneinheit vorgenommen haben (Zahirovich-Herbert und Gibler 2014: S. 3). Diese Wohnstandorteffekte können zudem exogen als auch endogen sein. Das heißt, dass die Effekte damit nicht nur von exogenen oder beständigen Eigenschaften, die entweder natürlich oder historisch gewachsen sind, wie etwa dem Zugang zum Meer, zu Bergen o. Ä., sondern auch vom Verhalten der Anwohner und deren sozio-ökonomischen Eigenschaen, vom Einkommen und von den durch diese erzeugten Externalitäten abhängen (Rosenthal 2008: S. 817). Diese Effekte können komplex und interdependent sein (Zahirovich-Herbert und Gibler 2014: S. 3). Die Elemente Nachbarschaen und lokalen Annehmlichkeiten werden mittlerweile vermehrt in die Betrachtung von Wohnstandortentscheidungen und zur 43 In der empirischen Analyse in Abschnitt 5.2 werden zur Abgrenzung administrative Kreisabgrenzungen eingesetzt. Des Weiteren werden in der Analyse Methoden der räumlichen Ökonometrie verwendet, die für intraregionale Unterschiede in der Standortattraktivität kontrollieren und eine lokale Abgrenzung von Nachbarschaen nicht erforderlich macht.

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Bestimmung von impliziten Attributs- und Nachbarschas-Lagepreisen einbezogen. Cheshire und Sheppard (1995) und Cheshire und Sheppard (1998) etwa bestimmten implizite Preise für lokale Annehmlichkeiten über Bietrentfunktionen, die nicht nur über die Distanz, sondern durch die Einführung eines variablen Auslenkungswinkels asymmetrische Effekte ermöglichen. Damit bleibt die Grundstruktur des monozentrischen Modells bestehen und wird nur so erweitert, dass eine komplexere räumliche Preisstruktur vorliegen kann. Des Weiteren ist die Literatur auch stark mit den Methoden der räumlichen Ökonometrie verbunden, die über spatial lag-Strukturen Nachbarschaseffekte und Externalitäten modellieren (siehe hierzu etwa Can (1992) oder Can und Megbolugbe (1997)). Die bisherigen Modelle vernachlässigen dabei auch eine mögliche Heterogenität der impliziten Preise für Nachbarschasdeterminanten. So zeigt etwa Newsome und Zietz (1992), dass Immobilieneigenschaen entlang der Verteilung der Preise nicht gleich bewertet werden. Auch andere empirische Studien wie etwa McMillen (2008) oder omschke (2015) deuten darauf hin, dass implizite Attributspreise über die Verteilung der Preise variieren. Brueckner et al. (1999) verwenden ein Modell, das annimmt, dass die marginale Zahlungsbereitscha für lokale Annehmlichkeiten mit dem Einkommen steigt. Dadurch lassen sich die Aussagen des traditionellen monozentrischen Modells relativieren und die Haushalte mit hohem Einkommen könnten trotz hoher Wohnflächennachfrage im Innenstadtbereich wohnen, wenn dort vornehmlich die lokalen Annehmlichkeiten vorzufinden sind. Aus diesem Grund kann Heterogenität der impliziten Preise für Wohnstandorteigenschaen und -effekte nicht ausgeschlossen werden. Neben einer einkommensgetriebenen Segregation der Bevölkerung führt auch eine Homogenität in den Präferenzen zu räumlicher Segregation. Haushalte mit ähnlichen sozio-ökonomischen Eigenschaen haben ähnliche Präferenzen sowie Zahlungsbereitschaen für Wohnstandorteigenschaen und -effekte und treffen ähnliche Wohnstandortentscheidungen, die zu einer Clusterung sozioökonomisch äquivalenter Gruppen (Segregation) führt. Diese kann zudem die bisherigen Anreize und Dynamiken der Wohnstandortentscheidungen noch verstärken. Kleinräumige Strukturen in Nachbarschaen sind nicht beständig, sondern verändern sich etwa aufgrund der Alterung des Bestandes und durch die demographische Entwicklung der Anwohner kontinuierlich: »Together, aging housing stocks and local externalities imply that change in neighborhood economic status should be common, ...« (Rosenthal 2008: S. 817). Die von den Anwohnern ausgehenden Externalitäten beeinflussen wiederum die Attraktivität der Nachbarscha und damit das Wanderungsverhalten. Die wichtigsten Punkte der Wohnstandortnachfrage werden in der Box 5.1.4 noch einmal zusammengefasst. Vor diesem Hintergrund werden in dem folgenden Abschnitt verschiedene

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Wohnstandorteffekte motiviert und klassifiziert. Diese werden dabei nicht nur aus der eorie, sondern auch aus bestehenden empirischen Arbeiten abgeleitet. Darauf auauend werden bisherige Modelle und wesentliche Elemente in der Entwicklung von Nachbarschaen diskutiert. Abschließend erfolgt eine Diskussion über mögliche Wechselwirkungen und deren Relevanz für die vorliegende Fragestellung. Zusammenfassung 5.1.4: Wohnstandortnachfrage – In traditionellen monozentrischen Wohnstandortmodellen ergibt sich die Wohnstandortwahl aus dem Einkommen und den Transportkosten. – Wheaton (1977) weist auf die Bedeutung der Nachbarscha und auf die von der Nachbarscha ausgehenden Externalitäten hin. – Der Wohnstandort ist dabei selbst ein komplexer Untersuchungsgegenstand. Dieser kann nach administrativen, geographischen oder funktionalen Gesichtspunkten abgegrenzt werden. Abgrenzungen sind nicht zwingend eindeutig. – Wohnstandorteffekte lassen sich in indirekte und direkte Effekte einteilen, die entweder exogen oder endogen gegeben sind. – Kleinräumige Wohnstandorte sind nicht beständig, sondern unterliegen stetiger Veränderung. – Der Wohnstandort und räumliche Externalitäten spielen in den neueren ökonomischen eorien und Modellen eine große Rolle. – Empirische Untersuchungen werden neben heterogenen Präferenzen auch durch Heterogenität in den impliziten Preisen erschwert.

(B) Klassifizierung der Wohnstandorteffekte Wohnstandorteffekte lassen sich in Adjazenz- und Nachbarschaseffekte unterteilen. Adjazenzeffekte beinhalten die Einflüsse, die unmittelbar, etwa von dem äußeren Erscheinungsbild (Exterior) eines Gebäudes, ausgehen. Die Nachbarschaseffekte hingegen beinhalten lokale Eigenschaen und Annehmlichkeiten von Nachbarschaen sowie externe Effekte des Wohnstandortes, die auch von den Anwohnern eines Wohnstandortes ausgehen. Überlappungen beider Ein-

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flusstypen sind allerdings nicht auszuschließen, und eine klare Abgrenzung dieser Einflüsse ist aufgrund von Korrelationen in den Ähnlichkeiten der Gebäude eines Viertels mit anderen externen Effekten o nicht möglich. Beide Effekte führen aber schließlich dazu, dass Wohnstandorte unterschiedlich stark nachgefragt werden (Can (1990: S. 455); Can und Megbolugbe (1997: S. 206)). Diese Unterschiede spiegeln sich dann in den Immobilienpreisen wider. Durch Einkommensunterschiede kommt es zur räumlichen Separation, eine Form der räumlichen Heterogenität. (a) Direkte Wohnstandorteffekte Adjazenzeffekte, die häufig auch als direkte Wohnstandorteffekte bezeichnet werden, sind schwer zu beobachten und zu messen. Deshalb sind sie bisher auch nur wenig in der Literatur beachtet und betrachtet worden. Adjazenzstrukturen üben einen Einfluss auf umliegende Immobilienpreise durch das äußere Erscheinungsbild, wie etwa das Design oder den Stand der Instandhaltung, aus. Das heißt, dass das Erscheinungsbild umliegender, in Sichtweite liegender Gebäude wiederum entweder einen positiven oder negativen Einfluss auf die Zahlungsbereitscha für das Objekt ausübt. So hat beispielsweise ein leerstehendes Gebäude durch die damit einhergehende ersichtliche Vernachlässigung einen negativen Effekt auf die umliegenden Wohngebäude, der sich in einer verminderten Zahlungsbereitscha niederschlägt.⁴⁴ (b) Indirekte Wohnstandorteffekte Nachbarschaseffekte beinhalten gemeinsame lokale Annehmlichkeiten, die wiederum verschiedene Faktoren umfassen. Nach Can (1992) lassen sich die Nachbarschaseffekte in vier Obergruppen einteilen: Zugänglichkeit, physische Umwelt, soziales, ökonomisches und demographisches Umfeld sowie öffentliches Dienstleistungsangebot. Während die ersten beiden Faktoren vor allem auf topographische Gegebenheiten und geographische Eigenschaen, die hauptsächlich natürlich und historisch gewachsen sind und damit nur bedingt durch externe Einflüsse verändert werden können, zurückzuführen sind, sind die Elemente des dritten und vierten Faktors im Zeitablauf deutlich variabler. Diese Faktoren sind damit auch wichtiger für die Entwicklung der sozialen Struktur, da diese exogen und endogen, also durch äußere und innere Einflüsse, verändert werden können.

44 Den direkten Effekten steht ein Angebotseffekt gegenüber: Umliegender Wohnungsbestand mit besonders sauberen und ästhetischen Erscheinungsbild wirkt sich zwar positiv auf die Immobilie selbst aus, verschlechtert aber gleichzeitig auch die relative Positionierung im lokalen Angebot.

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(1) Zugänglichkeit Der erste Faktor ist Zugänglichkeit, da der geographische Standort den Zugang zum lokalen Arbeitsmarkt und zu Einkaufsmöglichkeiten, zur medizinischen Versorgung oder auch zu Freizeit- und Erholungseinrichtungen bestimmt. Dieser Faktor verallgemeinert das Distanzmaß der traditionellen Wohnstandortmodelle mit monozentrischem Stadtkern, da nunmehr nicht nur eine Distanz, sondern vielmehr eine Menge von Distanzen die Zahlungsbereitscha des Haushaltes bestimmt. Für die Zahlungsbereitscha eines Haushaltes lassen sich damit die folgenden Aussagen treffen: Zum einen nimmt die Zahlungsbereitscha für eine Immobilie mit der Distanz zu den Versorgungseinrichtungen, das heißt den Konsum- und Arbeitsmärkten, ab. Zum anderen erhöht die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, der mit einer Reduzierung der Pendlerzeit und damit der Transportkosten einhergeht, die Zahlungsbereitscha (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2015b). Die Abhängigkeiten von den jeweiligen Einkommen und damit die Unterschiede in den Opportunitätskosten wie in den monozentrischen Modellen bleiben dabei weiterhin bestehen. (2) Physische Umwelt Die physische Umwelt ist der zweite Faktor. Neben der Anfälligkeit für verschiedene natürliche Risiken wie Erdbeben, Überschwemmungen oder auch Waldbrände, lassen sich in diesem Faktor auch andere negative Externalitäten, z. B. Lärmbelästigung durch Straßen oder Flughäfen, einbeziehen.⁴⁵ Die Studie von Pennington (1990) untersucht z. B. den Einfluss von Fluglärmbelästigung auf Immobilienpreise. Neben den negativen Einflüssen lassen sich aber auch positive Einflüsse finden. Dazu gehören der Einfluss der Umweltqualität sowie ästhetischer Merkmale (Boyle und Kiel (2001); Bourassa et al. (2005); Nguyen-Hoang und Yinger (2011)), oder auch natürliche lokale Annehmlichkeiten, wie die Nähe zu Forst- und Waldgebieten (Garrod und Willis 1992). Die Einflüsse der physischen Umwelt und der Zugänglichkeit sind historisch oder natürlich gewachsen, zeichnen sich durch eine starke Pfadabhängigkeit aus und sind damit besonders beständig über die Zeit. Die natürlichen Vorteile einer Stadt, wie etwa der Zugang zu Wasserstraßen oder die Lage an Verkehrsknotenpunkten, sind sehr wichtig, da diese zu Agglomerationsvorteilen führen und damit die historische Entwicklung und Bedeutung einer Stadt beeinflussen, die sich dann aufgrund von Pfadabhängigkeiten über die Zeit verfestigen (Meen et al. 2013: S. 44). Pfadabhängigkeiten sind daher bedeutsam zur Erklärung der räumlichen Struktur einer Stadt. 45 Dabei wird deutlich, dass der positive Effekt, der durch die Nähe zu Verkehrsinfrastruktur geboten wird, durch negative Effekte wie Lärmbelästigung kompensiert werden kann.

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(3) Soziales, ökonomisches und demographisches Umfeld Der dritte Faktor, das soziale, ökonomische und demographische Umfeld, beeinflusst die Nachfrage, den Wert einer Nachbarscha durch »role model behavior«, soziale Netzwerke und die Konfrontation mit sozialen Problemen (Can 1998: S. 65). Darüber hinaus sind sozio-ökonomische Determinanten wie der Bildungsstand der Haushalte, das lokale Einkommensniveau der Haushalte sowie die von diesen ausgehenden Externalitäten von fundamentaler Bedeutung für die Attraktivität einer Nachbarscha. Zum einen ziehen die Haushalte einen Nutzen daraus, in der Nähe von Haushalten mit ähnlichem Status zu leben (Meen 2001: S. 110); zum anderen gehen von Anwohnern mit hohem Humankapital positive externe Effekte aus, die die Attraktivität eines Wohnstandortes erhöhen (Rosenthal 2008: S. 820). So führt ein hoher Humankapitanteil in einer Nachbarscha nicht nur zu einer geringeren Kriminalitätsrate und einer geringeren Umweltverschmutzung (Lochner und Moretti (2004) und Shapiro (2006)), sondern auch zu einer höheren Toleranz und größeren ethnischen Vielfalt (Florida 2002). Darüber hinaus sind die konsumbasierten Effekte von besonderer Bedeutung. Anwohner mit homogener Konsumnachfrage führen entweder zur Errichtung oder Erhaltung entsprechender Konsummöglichkeiten wie beispielsweise Cafés, KiTas/Kindergärten, kulturelle Einrichtungen und Ähnliches. Überschneidungen der Präferenzen der Eigentumssuchenden mit den vorliegenden Konsummöglichkeiten – und damit auch mit denen der umliegenden Anwohner – erhöhen die Zahlungsbereitscha für eine Immobilie. Des Weiteren können Instandhaltungs- und Sanierungsentscheidungen auch einen Einfluss auf die umliegenden Gebäude ausüben, indem das Verhalten der benachbarten Haushalte stimuliert wird (Kiefer 2011: S. 250). Zunehmende Instandhaltungsarbeiten und der damit einhergehende höhere Modernisierungsgrad können zudem Ausdruck einer positiven Erwartungshaltung und ein Indikator dafür sein, dass die Gebäude in ihrem Lebenszyklus auch in Zukun noch fortbestehen. Dies kann sich dann ebenfalls auf das Verhalten der umliegenden Anwohner und auf den Zuzug neuer Anwohner auswirken. So kann der Modernisierungsgrad des Wohnungsbestandes einer Nachbarscha bereits als ein Indikator für die überwundene Phase der Nachnutzung interpretiert werden. (4) Öffentliches Dienstleistungsangebot Ein vierter Faktor ist das öffentliche Dienstleistungsangebot, das die Qualität öffentlicher Schulen und kommunaler Dienstleistungen, wie etwa Bereitstellung öffentlicher Grün- und Parkanlagen, Bereitstellung und Pflege von Kinderspielplätzen, aber auch die Präsenz von Polizei- und Feuerwehr umfasst (Basu und ibodeau (1998: S. 63); Can (1998: S. 66)). Die lokalen Annehmlichkeiten lassen sich

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Wohnstandorteinflüsse

Wohnstandorteffekte

erhöht Einkommen Äußere Erscheinung (Exterior)

Endogene Veränderungen Soziales, ökonomisches, demographisches Umfeld

Politische Einflüsse

Technologische Einflüsse

Öffentliches Dienstleistungsangebot (Public service provision)

Zugänglichkeit (Accessibility)

Exogene Einflüsse Physische Umwelt (Physical environment)

Abbildung 5.3: Wohnstandorteffekte und dazugehörige Wohnstandorteinflüsse mit Typisierung

also auch durch die Kommunen beeinflussen. Diese unterliegen dabei allerdings finanziellen Beschränkungen. Die aufgeführten Einflüsse, die nicht immer nur einer Gruppe eindeutig zugeordnet werden können, unterscheiden sich damit insbesondere in der Veränderlichkeit. Im Gegensatz zu den konventionellen Wohnstandorttheorien, in denen der Wohnstandort innerhalb eines individuellen Optimierungskalküls unter Berücksichtigung des Einkommens, der Wohnungsnachfrage und der Transportkosten bestimmt wird, kommt es in den erweiterten Modellen zu Externalitäten und sozialen Interaktionen, die zu Wechselbeziehungen mit den Haushaltsentscheidungen führen (Meen et al. 2013: S. 51). Die Klassifizierung der Wohnstandorteffekte, die in Abbildung 5.3 zusammengefasst dargestellt sind, zeigt, dass die Produktivität von Wohnstandorten aufgrund der Nachbarschaseffekte nicht statisch ist, sondern sich mit bestimmten Entwicklungen der Nachbarscha verändert. Dies sind insbesondere endogene Größen, die sich mit der sozialen Struktur verändern. Da Wohnobjekte stark mit der Entwicklung der Nachbarschaen verbunden sind, lassen sich Nachnutzungsprobleme häufig auf ganze Nachbarschaen verallgemeinern. Um die wesentlichen Merkmale, die einen Einfluss auf

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die Nachbarschaseffekte haben, zu identifizieren, werden im Folgenden die Entwicklung von Nachbarschaen und die zugrunde liegenden Ursachen diskutiert. Zusammenfassung 5.1.4: Klassifizierung der Wohnstandorteffekte – Direkte Wohnstandorteffekte oder Adjazenzeffekte: Wohngebäude üben einen direkten Einfluss auf die Attraktivität des Wohnstandortes der direkt umliegenden Gebäude, etwa über das äußere Erscheinungsbild, aus. – Indirekte Wohnstandorteffekte: Sind gemeinsame Annehmlichkeiten eines Wohnstandortes, die sich wiederum in verschiedene Einflussgrößen unterteilen lassen. 1. Zugänglichkeit: Inwieweit der geographische Standort den Zugang zu lokalen Einrichtungen wie Einkaufmöglichkeiten, medizinische Versorgung oder Arbeitsmarkt zulässt. 2. Physische Umwelt: Darunter fallen neben den natürlichen Risiken auch negative Externalitäten, wie z. B. die Nähe zu Kläroder Entsorgungsanlagen sowie die Lärmbelästigung durch Straßen, Schienenverkehr und Flughäfen. 3. Soziales, ökonomisches, demographisches Umfeld: Neben dem sozialen Kapital eines Wohnstandortes führt eine bestimmte sozio-ökonomische Struktur der Nachbarscha zu Externalitäten, die den Wohnstandort produktiver machen. 4. Öffentliches Dienstleistungsangebot: Betri alle Leistungen, die auf kommunaler Ebene einem Wohnstandort öffentlich zur Verfügung gestellt werden. Neben Parkanlagen und Schulen ist dies auch die Präsenz von Polizei und Feuerwehr.

(C) Entwicklung von Wohnstandort und Wohnungsbestand Wie der Wohnungsbestand selbst sind auch die Nachbarschaen, in denen sich diese Gebäude befinden, keine statischen Einheiten, sondern sich über die Zeit verändernde funktionale Räume.⁴⁶ Der vorangegangene Abschnitt zeigt, dass die Attraktivität eines Wohnstandortes, neben den beständigen Einflüssen und 46 Veränderungen beziehen sich auf die Eigenschaen und die geographische Abgrenzungen. Zum Konzept der Nachbarscha und Möglichkeiten der geographischen Abgrenzung siehe unter anderen Bourassa et al. (2005).

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Eigenschaen, auch von den externen Effekten, die von den Bewohnern dieser Nachbarscha ausgehen, abhängig ist. Vor diesem Hintergrund sollen im Folgenden zunächst die Entwicklung von Nachbarschaen diskutiert und Ansätze vorgestellt werden, mit denen typische Entwicklungsschritte einer Nachbarscha abgegrenzt und beschrieben werden können. Darauf auauend werden dann die Wechselbeziehungen von Nachbarschasdynamiken und -effekten diskutiert, die die Produktivität eines Wohnstandortes und damit auch die Nutzung und Nachnutzung der in ihr befindlichen Wohngebäude beeinflusst. (a) Die Entwicklung von Nachbarschaen Meen (2009) weist darauf hin, dass sich Nachbarschaen durch verschiedene Schocks verändern können. In diesem Kontext klassifiziert er die möglichen Schocks in die folgenden vier Gruppen: i)

Exogene Einflüsse, wie Krieg oder Umweltkatastrophen.

ii) Politische Einflüsse, wie etwa Veränderungen der Infrastruktur oder des sozialen Wohnungsbaus. iii) Technologische Einflüsse; diese können sich auf Nachbarschaen beispielsweise durch verbesserte Transportmöglichkeiten auswirken. iv) Endogene Veränderungen; diese lassen sich insbesondere auf Veränderungen in der sozio-ökonomischen Mischung zurückführen, die mit Zu- und Wegzügen einhergehen (Meen et al. 2013: S. 48). Alle möglichen Wohnstandorteinflüsse sind mit den klassifizierten Wohnstandorteffekten aus dem vorhergehenden Abschnitt zusammenfassend in Abbildung 5.3 dargestellt. Bei der Betrachtung von Nachbarschasentwicklungen sind damit gleichwohl positive und negative Veränderungen möglich. Vor dem Hintergrund der zugrundeliegenden Fragestellung liegt der Schwerpunkt allerdings vorzugsweise auf den Risiken, die von einem Bevölkerungsrückgang ausgehen. Unter der Minderung der Produktivität bzw. Attraktivität einer Nachbarscha wird im Folgenden »eine negative Entwicklung der physischen, sozialen oder ökonomischen Bedingungen einer Nachbarscha, die durch die Anwohner oder andere Interessenvertreter [Anm.: Vermieter, Gemeinde o.ä.] erfahren wird«, verstanden (Zwiers et al. 2014: S. 4). Diese impliziert in der Folge auch einen abnehmenden Zuzug neuer Haushalte.

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(b) Ökonomische Literatur zu Nachbarschasentwicklungen Bisherige ökonomische Studien, die im Zusammenhang mit Nachbarschasentwicklungen stehen, haben sich dabei vor allem mit der Wirkung von Nachbarschafstrukturen auf die ökonomische Leistungsfähigkeit beschäigt. Beispielsweise ist eine Fragestellung, ob der Wohnstandort, unabhängig von sozioökonomischen Eigenschaen, einen Einfluss auf die Leistung von Individuen und Familien hat (Meen et al. 2013: S. 43). Folgende emen in Studien mit Bezug zu Nachbarschaseffekten und -entwicklung lassen sich ausmachen: – Faktoren, die die Verteilung der Bevölkerung beeinflussen, – die Frage nach der Erhaltung einer Nachbarscha trotz des Wegfalls anfänglicher Vorteile, – Faktoren, die die soziale Mischung und die Segregation beeinflussen, – Determinanten der Veränderung von Nachbarschaen (Meen et al. 2013: S. 43). Allerdings weist unter anderen die Studie von Rosenthal (2008: S. 816) darauf hin, dass Auf- und Abschwünge von Nachbarschaen bisher nur begrenzt erforscht wurden und dementsprechend nur wenige Erkenntnisse zu diesen Dynamiken vorliegen.⁴⁷ Während zum Ende des letzten Jahrhunderts das ema »Gentrifizierung«⁴⁸ im Mittelpunkt der stadtökonomischen Forschung stand (Smith (1996); Wiesel (2012)), sind es mittlerweile die Ursachen und Wirkungen der zunehmenden Alterung der Bevölkerung (Wiesel 2012: S. 145). Die Verlagerung des Schwerpunktes, die den aktuellen demographischen Entwicklungen geschuldet ist, hat allerdings auch die Entwicklung von Nachbarschaen wieder vermehrt in den Fokus gerückt, insbesondere weil eine Auf- und Abwertung einer Nachbarscha nicht nur durch externe Ursachen, wie etwa durch die Errichtung neuer Grünanlagen oder verbesserter Infrastruktur, sondern eben auch durch endogene Faktoren beeinflusst werden kann. Zwiers et al. (2014: S. 4) nennen in diesem Kontext neben der lokalen Beschäigungsstruktur eben auch die Alterung der Bevölkerung sowie Fertilitäten als die wesentlichen Elemente. Die Faktoren der Bevölkerungs-

47 Das Forschungsgebiet »Nachbarscha« findet sich in vielen sozialwissenschalichen Ausrichtungen wieder. So gehört dieses insbesondere zu den Forschungsthemen der Fachbereiche Soziologie und Geographie. In der vorliegenden Betrachtung stehen jedoch nur die ökonomischen Aspekte im Vordergrund, die allerdings an der ein oder anderen Stelle auf interdisziplinäre Ansätze zurückgrei. Für eine abschließende Beurteilung ist eine ganzheitliche Betrachtung unabdingbar. 48 Für eine Übersicht siehe etwa die aktuellen Studien von Lees (2008) und Doucet (2014).

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struktur stellen damit wichtige Einflussgrößen der Entwicklung von Nachbarschaen dar.⁴⁹ Eine strikte Unterscheidung der Ursachen impliziert, dass externe Effekte und interne Veränderungen sowohl identifiziert als auch abgegrenzt werden müssen. Dies wird allerdings dadurch erschwert, dass Ursache und Wirkung nicht eindeutig trennbar sind, da die Veränderungen gerade als Kettenreaktion aus der Kombination sozialer, ökonomischer und physischer Prozesse resultieren (Zwiers et al. 2014: S. 4). Derartige Wechselwirkungen der einzelnen Einflussgrößen sind vergleichbar mit den Dynamiken in der regionalen Standortnachfrage, die im Rahmen eines räumlichen Gleichgewichtsmodells (Abschnitt 4) diskutiert wird. So vermuten zum Beispiel Brueckner et al. (1999: S. 94), dass hohe lokale Annehmlichkeiten eher die Konsequenz als die Ursache für den Wohnstandort von Haushalten mit hohen Einkommen sind. In den traditionellen monozentrischen Wohnstandortmodellen von Alonso (1964) und Muth (1969) resultiert die Wohnstandortwahl aus der Abwägung zwischen den Zeitkosten für das Pendeln in den Stadtkern, wo Arbeitsangebot und -nachfrage aufeinander treffen. Auch wenn bereits beschriebene Erweiterungen des monozentrischen Modells den Einfluss lokaler Annehmlichkeiten in die Wohnstandortwahl der Haushalte aufnehmen, besitzen diese Elemente jedoch keine dynamischen Komponenten. Angestoßen durch diese Kritik präsentiert die Studie von Rosenthal (2008) ein Modell, das mit dem Alter des Wohnungsbestandes eine dynamische Komponente in das klassische Wohnstandortmodell einführt. Durch diese Erweiterung wird die bestehende Relation aus Einkommen und Distanz zum Stadtzentrum durch das Alter des Wohnungsbestandes verzerrt.⁵⁰ Demnach ist das Alter bzw. die Gebäudequalität, die eben durch das Alter des Bestandes approximiert wird, die wesentliche dynamische Komponente, die den Impetus für Sanierung und Fortbestand des Gebäudebestandes und neue lokale Ansiedlungsmuster gibt. Empirische Studien zeigen, dass wesentliche Implikationen des Modells, wie die zyklischen Schwankungen in den Einkommen, der in der Nachbarscha lebenden Anwohner, empirisch vorliegen (Rosenthal 2008: S. 821).⁵¹ Wie bereits im vorherigen Abschnitt dargestellt, wird ein Teil der lokalen 49 Bereits Schwirian (1983) hat die Bedeutung demographischer Entwicklungen hervorgehoben: »in an area inhabited by a comparatively older population natural attrition will take its toll. Unless new members are added by fertility or migration the neighborhood’s population will decline, the social system will contract, the ways of life will be altered, and the physical environment will deteriorate« (Schwirian 1983: S. 84-85). 50 Siehe an dieser Stelle auch Literatur zur Filtering-eorie in der Wohnungsmarktökonomik, die mit dem Modellansatz von Rosenthal (2008) verwandt und wesentlicher Bestandteil der empirischen Analyse ist. 51 Aufgrund fehlender Studien für Deutschland wird hier im Wesentlichen auf angelsächsische Studien, die sich mit der Rolle von Wohnstandorten beschäigen, zurückgegriffen.

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Annehmlichkeiten einer Nachbarscha auch endogen durch deren Anwohner bestimmt. Aus diesem Grund liegt es nahe, dass eine Veränderung der soziodemographischen Rahmenbedingungen auch mit einer Veränderung der Externalitäten einhergeht und damit Wohnstandortentscheidungen beeinflusst. Dynamische Wechselbeziehungen spielen damit eine bedeutende Rolle, werden allerdings in den statischen ökonomischen Modellen vernachlässigt. In neueren Studien mit dynamischen und endogenen Wechselbeziehungen, wie etwa bei Brueckner et al. (1999) oder Guerrieri et al. (2013), wird daher angenommen, dass z. B. Haushalte mit höheren Einkommen zu externen Effekten führen. Dabei handelt es sich neben verhaltensbedingten Effekten wie Kriminalität, Umweltverschmutzung, Toleranz sowie direkten Verhaltenseffekten auch um konsumbasierte Effekte. Zudem nehmen etwa Brueckner und Rosenthal (2009: S. 826) an, dass der soziale Status einer Nachbarscha auch durch eine hohe Eigentumsquote und eine Einwohnerscha mit hohem Bildungsniveau steigt. Der Effekt einer Alterung der Anwohner auf die Nachbarscha ist dabei in ökonomischen Studien bisher wenig untersucht worden. Brueckner und Rosenthal (2009: S. 826) weisen allerdings auch darauf hin, dass die Attraktivität einer Nachbarscha mit Haushalten im »besten Alter« zunimmt. (c) Nachbarschaszyklustheorien Eine Alternative, die Entwicklung von Nachbarschaen außerhalb geschlossener formaler Modelltheorien zu beschreiben, ist die Möglichkeit, sogenannte Nachbarschaszyklustheorien zu verwenden. Diese wurden zwischen 1950 und 1980 vornehmlich von US-amerikanischen Forschern entwickelt, um Lebensabschnitte von Nachbarschaen zu definieren, abzugrenzen und Entwicklungen zu prognostizieren. Dabei geht es vor allem darum, typische Entwicklungen in Nachbarschaen, die in Verbindung mit der Veränderung der demographischen Struktur sowie der Alterung und Sanierung des Immobilienbestandes stehen, zu identifizieren und zu evaluieren. »Eine der vielen Kernfragen dieser Modelle war der Versuch, komplexe Beziehungen von Änderungen in dem Alter der Bevölkerung und lokalen, sozialen Trends sowie physischer Alterung und Erneuerung zu erklären« (Wiesel 2012: S. 146). Wesentliche Bestandteile des Lebenszyklus-Modells sind zum einen die Unterteilungen in einzelne Zyklen, die in der Regel über demographische Veränderungen abgegrenzt werden. Zum anderen sind auf den einzelnen Stufen verschiedene Veränderungen, »growth«, »decline«, »redevelopment«, einer Nachbarscha möglich (Wiesel 2012: S. 146). Die folgende Beschreibung verschiedener Lebenszyklen richtet sich an das 5Stufen-Modell von Hoover (1959).

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– Stufe 1): Aufgrund von Bevölkerungswachstum und der damit einhergehenden Nachfrage nach Wohnraum werden vermehrt neue Einfamilienhäuser gebaut. Dies erfolgt aufgrund der hohen Kosten für die bauliche Erschließung überwiegend in geografisch zusammenhängenden Gebieten, die dann ein »Neubaugebiet« darstellen. Die Bewohner dieses Quartieres sind vor allem junge Familien. – Stufe 2): Durch die Entstehung einer geschlossenen Nachbarscha mit Verkehrsanbindung kommt es im weiteren Verlauf zu weiteren Neubauten, die eine höhere Verdichtung der Fläche nach sich ziehen. – Stufe 3): Der Immobilienstand des Viertels altert und mindert den baulichen Wert signifikant. Dadurch kommt es teilweise zum Zuzug von Bewohnern, die sich anfänglich diese Immobilien nicht hätten leisten können.⁵² Dies führt zu einer Herabstufung der Nachbarscha, die mit einer höheren sozialen Mischung der Bewohner einhergeht (Wiesel 2012: S. 146). – Stufe 4): Es kommt zu einem »inning out« – Ausdünnung der Nachbarscha, Rückgang der Haushaltsgrößen und der Bevölkerung insgesamt; ältere Paare sind die überwiegende demographische Bevölkerungsform. – Stufe 5): Es kommt zur Nachnutzung des Bestandes und allmählichen Erneuerung des Bestandes durch Abriss, Neubau, Kernsanierung durch jüngere Haushalte. Das Lebenszyklus-Modell von Nachbarschaen dient als allgemeines Konzept, das nicht nur den Abschwung einer Nachbarscha, sondern auch deren Aufschwung, d. h. positive und negative Entwicklungen, umfasst.⁵³ Auch wenn dieses Modell einen typischen Lebenszyklus beschreibt, sind die einzelnen Stufen sowie die entsprechenden Ausprägungen und Merkmale nicht zwingend. Dies betri insbesondere die scheinbare unidirektionale Entwicklung einer Nachbarscha. Downs (1981: S. 69) betont, dass selbst bereits verlassene Nachbarschaen wiederauferstehen, sich regenerieren und weiterentwickeln können.⁵⁴ 52 Aspekte der Filtering-eorie werden auch in der Literatur zu Nachbarschaszyklen – Alterung und Erneuerung, »neighborhood cycles: decline and renewal« – aufgegriffen (Rosenthal 2008: S. 816). Diesen obliegt die wesentliche Eigenscha, dass die Wohnungsnachfrage mit dem Einkommen steigt (Rosenthal 2008: S. 817). 53 Das Modell ist vor allem aufgrund seiner pessimistischen Betrachtungsweise, etwa durch Metzger (2000), kritisiert worden. Mittlerweile ist dieses Konzept, »overarching conceptual framework«, nicht mehr Bestandteil akademischer Forschung (Wiesel 2012: S. 149), lässt sich aber an dieser Stelle zur Anschauung und zur Motivation wesentlicher Kernelemente in der Dynamik von Nachbarschaen verwenden. 54 Gerade die einzelnen Nachbarschaen in älteren Städten »have died and been reborn dozens of times« (Downs 1981: S. 69).

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Zusammenfassung 5.1.4: Entwicklung des Wohnstandortes – Verschiedene exogene, endogene, politische und technolgische Schocks wirken auf die Entwicklung von Wohnstandorten. – Entwicklungen von Wohnstandorten lassen sich anhand von Lebenszyklen darstellen. – Neuere ökonomische Modelle, die auch dynamische Aspekte in der Wohnstandortentwicklung berücksichtigen, betrachten insbesondere die Bevölkerungsstruktur und den Wohnungsbestand.

Trotz der Einschränkungen, die mit den erweiterten klassischen Standortmodellen sowie mit den Lebenszyklus-Modellen einhergehen, können diese Modelle die wichtigsten Veränderungen innerhalb eines Wohnstandortes darstellen. Des Weiteren lassen sich über diese Modelle auch die wesentlichen Aspekte in der Dynamik von Nachbarschaen, die für die Entwicklung einer Nachbarscha und der von diesem Wohnstandort ausgehenden Effekte von Bedeutung sind, ableiten. Insbesondere die Wechselwirkungen sind dabei von großer Bedeutung, weil nicht nur die Wohnimmobilien, sondern auch die Wohnstandorte Zyklen aufweisen, an denen an gewissen Punkten eine Folgenutzung erfolgen muss. Damit ist die Nachnutzung eines einzelnen Gebäudes mit dem dazugehörigen Wohnstandort und umgekehrt die Entwicklung eines Wohnstandortes mit der Nachnutzung des Wohnungsbestandes verbunden. Unter der Prämisse, dass sich der Wohnungsbestand einer Nachbarscha nahezu zeitgleich entwickelt und in Bezug auf sozio-ökonomische Eigenschaen anfänglich von einer relativ homogenen Gruppe bezogen wird,⁵⁵ lassen sich neben äußeren politischen, technologischen oder natürlichen Einflüssen zwei dynamische Elemente nennen, die für die Entwicklung einer Nachbarscha von besonderer Bedeutung sind: – Zum einen ist das die altersbedingte Wertminderung, d. h. die Minderung der Produktivität und damit des Nutzens des Gebäudebestandes, die dazu führt, dass die Kosten für die Aufrechterhaltung der ursprünglichen Qualität in Form von Instandhaltungsaufwendungen mit dem Alter des Bestandes zunehmen und die Funktionalität abnimmt. Dieser Aspekt wird im Abschnitt 5.1.3 ausführlich diskutiert. Die Wertminderung des Wohnungsbe55 Diese Annahmen treffen insbesondere auf die Ein- und Zweifamilienhaussiedlungen der 1950erbis 1970er-Jahre zu.

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standes stellt dann nach der Filtering-eorie das Angebot für Haushalte mit niedrigeren Einkommen dar und verändert damit die Durchmischung der lokal ansässigen Bevölkerung.⁵⁶ Dies führt in der Folge zu Veränderungen, die auch die Produktivität des Wohnstandortes betreffen können. Die qualitative Veränderung des Wohnungsbestandes über die Zeit ist dadurch eng mit der Entwicklung einer Nachbarscha verzahnt. – Zum anderen nimmt auch das Alter der Anwohner zu. Eine Alterung der Bevölkerung verändert die lokale Konsumnachfrage und führt damit möglicherweise auch zu einer Veränderung des lokalen Angebotes. Des Weiteren kommt es bei einer ausbleibenden Nachnutzung aufgrund geringer Fertilitätsraten und/oder geringer Zu- und/oder hoher Abwanderung zu Leerstand und damit zu negativen Externalitäten, die die Attraktivität des Wohnstandortes schmälern. Das macht deutlich, dass die Attraktivität eines Wohnstandortes und damit eine Nachnutzung von der demographischen Entwicklung eines Wohnstandortes abhängig sind. (C) Wechselwirkungen zwischen Wohnstandort und Wohnungsbestand Neben den statischen Unterschieden zweier Objekte in der Ausstattung bestimmen die zeitlich-dynamischen Aspekte die Objektqualität eines Einfamilienhauses. Durch die zeitliche Veränderung bei Ausstattung und bei qualitativen Änderungen in der Bausubstanz neuerer Gebäude verändert sich die relative Objektqualität des Altbestandes. Wohnimmobilien durchlaufen dabei Lebenszyklen, die im Zusammenhang mit der Nachbarscha stehen. Im Folgenden werden dazu die Wechselwirkungen zwischen Wohnstandort und Wohnungsbestand näher untersucht. Dabei ist von Bedeutung, a) unter welchen äußeren Bedingungen der Wohnungsbestand weiterentwickelt wird, und b), welche Effekte wiederum durch Sanierung und Neu- und Weiterentwicklung des Wohnungsbestandes auf die Attraktivität des Wohnstandortes ausgehen. (a) Welche Eigenschaen weisen Wohnungsbestand und Nachbarschaen, die entwickelt⁵⁷ oder gar vollständig ersetzt werden, auf? Die Sanierung und Neuentwicklung des Bestandes einer Nachbarscha ist eine wesentliche Komponente in der Entwicklung einer Nachbarscha, insbesondere auch in der Aufrechterhaltung der Produktivität des Wohnstandortes (Rosenthal (2008); Brueckner et al. (1999)). Vor diesem Hintergrund ist von besonde56 Umgekehrt kann eine Modernisierung des Wohnungsbestandes auch dazu führen, dass dieser nur noch das Angebot für Haushalte mit höheren Einkommen darstellt. Dieser Aspekt ist jedoch für die vorliegende Fragestellung nachrangig. 57 Damit wird im weiteren Sinne eine Sanierung oder Modernisierung verstanden.

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rem Interesse, welche Eigenschaen Nachbarschaen haben, in denen Gebäude vermehrt entwickelt, d. h. saniert und modernisiert und damit nachgenutzt werden. Umgekehrt ist von Bedeutung, welche Effekte wiederum von »erneuerten« Wohnstandorten sowie von einer baulichen Nachverdichtung ausgehen. Die Erneuerung einer ganzen Nachbarscha stellt das Ergebnis vieler einzelner Sanierungsentscheidungen auf Haushaltsebene dar. Damit kommt es auf die Determinanten einzelwirtschalicher Sanierungsentscheidungen an. Empirische Studien zeigen, dass nicht nur die Entwicklung/Erneuerung einer Nachbarscha einen Einfluss auf die Produktivität als Wohnstandort und damit auf die jeweilige Zahlungsbereitscha hat, sondern auch umgekehrt die Bewertung der Nachbarscha die Entwicklung des Bestandes beeinflussen kann. Boehm und Ihlanfeldt (1986: S. 59) zeigen empirisch, dass die Qualität einer Nachbarscha signifikant die Aufwendungen für Instandhaltung und Wartungsarbeiten erhöht. Die Studie von Shear (1983), die die Rehabilitation des Wohnungsbestandes im Zusammenhang mit Wohnungswechseln untersucht, zeigt, dass es eine Verbindung zwischen der Qualität einer Nachbarscha und der Instandhaltung gibt. Eine aktuelle Studie von Munneke und Womack (2015: S. 100) belegt ebenso, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gebäude instandgehalten wird, mit der Bewertung der Lage steigt. Nicht nur die Entscheidung, in den Wohnungsbestand zu investieren, wirkt sich auf den Wohnstandort aus, sondern auch die Entscheidung, Investitionen zu unterlassen, hat einen Einfluss auf den Standort. Damit hat Leerstand nicht nur einen direkten negativen Effekt auf den umliegenden Bestand, sondern ist auch Indikator der Erwartungshaltungen. Die Studie von Simmons-Mosley (2003: S. 422) stellt sogar dar, dass es sich bei der Modernisierungsentscheidung in Anbetracht bestehender Interdependenzen zwischen Modernisierung und Wirkung auf die Nachbarscha um eine Form des Gefangenendilemmas, bekannt aus der Spieltheorie, handelt. Darüber hinaus führen auch eine erhöhte Intensität sozialer Bindungen, Netzwerke und Kooperationen zu einer höheren Bereitscha zur Entwicklung des Wohnungsbestandes und damit zu einer höheren Wahrscheinlichkeit eines Fortbestandes der Nachbarscha (Putnam 2007: S. 36). Für Temkin und Rohe (1996) besteht soziales Kapital dabei zum einen aus dem sozial-kulturellen Milieu, d. h. sowohl der Beteiligung als auch der Verbundenheit sowie der institutionellen Infrastruktur und der Möglichkeit der Anwohner, gemeinsame Interessen umzusetzen. So hängt auch die Stabilität einer Nachbarscha von den sozialen Strukturen ab (Temkin und Rohe 1996: S. 162).⁵⁸ Meen et al. (2013: S. 60) deuten dabei aller-

58 Die Bedeutung des sozialen Kapitals für den Fortbestand einer Nachbarscha macht erneut deutlich, dass eine rein ökonomische Analyse den tatsächlichen Einflüssen und Wirkungen innerhalb einer Nachbarscha nicht gerecht werden kann.

Determinanten der relativen Nachfrage

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dings darauf hin, dass der anfängliche Bestand aufgrund seiner Beständigkeit nur kleinere Veränderungen der sozialen Strukturen zulässt. Neben der Frage nach Instandhaltung und Erneuerung ist auch die Frage nach der vollständigen Ersetzung von Immobilien und deren Einflussfaktoren von Bedeutung. Capozza und Li (1994) untersuchen die Frage, unter welchen Bedingungen Wohnungsbestand besser abgerissen anstatt entwickelt werden bzw. durch einen komplett neuen Bestand ersetzt werden sollte. Die Studie von Weber et al. (2006) geht der Frage nach, welche Eigenschaen Häuser besitzen, die abgerissen werden und kommen zu dem Ergebnis, dass dies zumeist älterer Bestand mit kleinen Grundflächen ist. Dye und McMillen (2007) beschäigen sich ebenfalls mit abgerissenen Häusern und stellen ebenfalls fest, dass dies in der Regel ältere, kleinere Häuser sind. Ferner erhöht die Lage in einer stark nachgefragten Umgebung die Wahrscheinlichkeit, dass diese Häuser vollständig ersetzt werden und der Wohnungsbestand damit vollständig erneuert wird. Empirische Ergebnisse zeigen, dass die Produktivität eines Wohnstandortes die Aufrechterhaltung des Bestandes durch Sanierung und Modernisierung beeinflusst. Eine vollständige Erneuerung findet dagegen nur bei besonders hoher lokaler Nachfrage und geringer bestehender baulicher Intensität, beispielweise obsolente bauliche Struktur oder Ausstattung, statt. b) Welchen Einfluss haben eine bauliche Nachverdichtung und bauliche Erweiterungen von Gebäuden auf den umliegenden Altbestand? Neue Wohngebäude werden überwiegend in der Peripherie, d. h. am Standrand, gebaut. Allerdings kommt es auch immer wieder zu sogenannten »Infills« (Nachverdichtungen) in bereits entwickelten Wohnquartieren. Neubau und modernisierter oder vollständig weiterentwickelter Altbestand unterscheiden sich dabei häufig in der Baustruktur, im Zuschnitt der Wohnflächen und in der Ausstattung gegenüber dem umliegenden Altbestand. Der Einfluss von Neubau auf den unmittelbar in der Nähe liegenden Altbestand ist relevant, da dieser auch die Effekte auf den Wohnstandort und damit letztlich auch die Nachnutzung dieser Gebäude selbst beeinflusst. Zum einen hat Neubau durch lebhaere Nachbarschaen und gegebenenfalls verbesserte Ästhetik einen positiven Einfluss auf den bestehenden Bestand (DeSalvo 1974: S. 194); zum anderen führt eine Nachverdichtung aber auch zu einer höheren Bevölkerungsdichte und einer damit einhergehenden höheren Verkehrsbelastung (Malpezzi 1996). Des Weiteren zieht das höhere lokale Angebot bei gleichbleibender Nachfrage sinkende Preise (Simons et al. (1998); ZahirovichHerbert und Gibler (2014: S. 2)) nach sich. Gerade ältere Häuser wie die hier betrachteten Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre düren bei Aufwertung und Erhöhung des umliegenden Wohnbestandes an relativer Attraktivität

108

Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern

und Wert verlieren, wenn die direkten Effekte oder eine gleichzeitig verlaufene Aufwertung des Standortes diese nicht kompensieren. Aus diesem Grund betonen Zahirovich-Herbert und Gibler (2014: S. 2), dass die unmittelbaren Effekte nicht eindeutig sind. Des Weiteren zeigt eine Studie von Simons et al. (1998), dass der Effekt durch Neubau in Nachbarschaen mit höheren Einkommen auch einen größeren Effekt hat. Dies bestätigt vorangegangene empirische Befunde über Unterschiede in den Zahlungsbereitschaen. Zudem legen Zahirovich-Herbert und Gibler (2014) in einer aktuellen empirischen Studie dar, dass Neubauten zu einem relativ höheren Preis als der umliegende Altbestand verkau werden und diese Prämie selbst dann noch enthalten ist, wenn diese im Vergleich zum umliegenden Bestand eher atypisch, beispielsweise in der Größe, sind (Zahirovich-Herbert und Gibler 2014: S. 5). Während Gebäude der gleichen Größe aus dem Altbestand preiswerter verkau werden als vergleichbarer Neubestand, werden die Preise für kleinere Gebäude nach oben gedrückt (Zahirovich-Herbert und Gibler 2014: S. 3). Neben der Präsenz von Neubau hat auch die Konzentration von Neubau, einschließlich relativ größerer Gebäude, einen positiven Effekt auf den Altbestand. Ellen et al. (2001) zeigen, dass in einem Wohnstandort ein positiver Effekt innerhalb eines Umkreises von 150 Metern (500 Fuß) gemessen werden kann.⁵⁹ Eine Studie von Ding et al. (2000), die ebenfalls den Einfluss von Neubau untersucht, kommt zu dem Schluss, dass die Einflüsse zwischen Nachbarschaen mit hohem und niedrigerem Einkommen unterschiedlich ausfallen können und zudem von der Konzentration des Neubaus abhängen. Insgesamt lässt sich deshalb festhalten, dass umliegender Umbau einen positiven direkten Effekt auf das Gebäude selbst hat, solange die dadurch ausgehenden positiven Externalitäten, z. B. ein ästhetischeres Erscheinungsbild, die negativen, etwa eine mögliche Siedlungsverdichtung, übertreffen. Diesem direkten Effekt steht ein lokaler Angebotseffekt, der sich unter unveränderten Rahmenbedingungen negativ auf das restliche, nicht entwickelte Angebot auswirkt, gegenüber. So hat ein nicht entwickeltes Objekt unter gleichbleibender Nachfrage einen relativen Nachteil, wenn das umliegende Angebot entwickelt ist. Allerdings zeigt der vorherige Abschnitt auch, dass eine starke Entwicklung des Bestandes auch mit einer zunehmenden oder bereits hohen Attraktivität des Standortes einhergeht. So kann sich das hohe Maß an Modernisierung und Erneuerung des Bestandes in der Nachbarscha auch positiv auf die Nachfrage nach bestehendem Altbestand auswirken, da dieser als positive Erwartungshaltung gegenüber dem Fortbestand des lokalen Wohnstandes verstanden wird. Damit ist

59 Empirische Untersuchungen derartig kleinräumiger Standorteffekte setzen voraus, dass eine entsprechend hohe räumliche Dichte in den verfügbaren Daten vorliegt. Für die hier vorliegenden Daten ist das nur bedingt der Fall.

109

Determinanten der relativen Nachfrage

bei der Identifikation der beschriebenen Effekte insbesondere für die Attraktivität des Standortes zu kontrollieren. Die Diskussion der einzelnen Standorteffekte als auch der Entwicklung von Nachbarschaen macht deutlich, dass die Attraktivität einer Nachbarscha und damit auch der Zuzug neuer Haushalte von vielen verschiedenen Größen, die wiederum gegenseitig voneinander abhängig sind, abhängt. Die Effekte werden in der Tabelle 5.2 zusammengefasst; die Wechselwirkungen sind in der Abbildung 5.4 dargestellt.

Zu- und Wegzüge +/Alterung der Bevölkerung (Dynamik)

+/-

-

Sanierungs/Entwicklung sentscheidung (Nachnutzung)

Nachfrage nach Objektqualität

Die Attraktivität des Wohnstandortes stimuliert Zuzug/Fortzüge

+

Sozio-demographische Bevölkerungsstruktur Von den Anwohnern gehen externe Effekte aus, v. a. konsumbasierte Effekte

Wohnungsbestand Entwickelter Wohnungsbestand + erhöht Attraktivität

+/-

hohe Produktivität der Lage stimuliert Entwicklung (Nachnutzung)

Produktivität des Wohnstandortes* Lokale Annehmlichkeiten wirken sich positiv auf die Bewertung der Lage aus

Entscheidung eines Zuzugs (Nachnutzung)

Lokale Annehmlichkeiten

+

+

Beständige Eigenschaften Wohnstandort

Exogene Effekte/Schocks

Soziales, ökonomisches, demographisches Umfeld

Kommune kann Infrastruktur u. soziale Mischung beeinflussen

Öffentliches Dienstleistungsangebot

Kommune kann Annehmlichkeiten fördern

Physische Umwelt

Zugänglichkeit

Technologische Effekte beeinflussen Transportkosten

Abbildung 5.4: Einflussfaktoren und Wechselwirkungen der Produktivität des Wohnstandortes. Ei* Produktivität bezeichnet eine höheren Nutzengene des Wohnkonsums Darstellung 2016. *Mit Produktivität werden hier in ökonomischer Hinsicht nutzenstiende Eigenschaen bezeichnet; diese können als Wohnstandortattraktivität verstanden werden.

110

Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern

Tabelle 5.2: Merkmale der Kategorien direkter und indirekter Lageeffekt

Direkter Lageeffekt

Indirekter Lageeffekt

Qualität/Aussehen der umliegenden Häuser Bebauungsstruktur: - freistehend oder verdichtet - Mehr- oder Einfamilienhäuser Nähe von Land- oder Bundesstraßen Ausblick: - Berg- oder Seeblick - Waldblick - Blick aus Dachgeschoss - Häuserwände - Industrie

Verkehrsanbindung: - ÖPNV - Autobahnzufahrt Nahversorgung/Infrastruktur: - Einkaufsmöglichkeiten - medizinische Versorgung - Arbeitsmarkt Zugang zu Park- und Grünanlagen Technische Infrastruktur: - Klär- und Entsorgungsanlagen - Breitbandversorgung Soziale Infrastruktur: - Schulen - Kindergärten - Gemeindezentren Lärmbelästigung durch Verkehr: - vielbefahrene Straßen - Bahnschienen - Fluglärm Bewohner: - Familien mit Kindern - Studenten - Immigranten - Rentner Sicherheit: - Präsenz von Polizei und Feuerwehr

Determinanten der relativen Nachfrage

111

Zusammenfassung 5.1.4: Wechselwirkungen zwischen der Entwicklung des Wohnungsbestandes und der Produktivität des Wohnstandortes Eigenschaen der Nachbarschaen, deren Wohnungsbestand entwickelt und modernisiert wird: – Hohe Attraktivität des Wohnstandortes sowie hohes Maß an sozialem Kapital, d. h. hohe Intensität sozialer Bindungen, lokale Verbundenheit und fördernde institutionelle Infrastruktur erhöhen die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung des Wohnungsbestandes. – Objekte mit geringer baulicher Intensität, aber attraktiver Lage, werden häufiger auch vollständig ersetzt. – Von Wohnstandorten mit hoher Leerstandsquote und ausbleibenden Instandhaltungsinvestitionen gehen negative Effekte aus. Effekte auf den Wohnstandort durch bauliche Nachverdichtung bzw. bauliche Erweiterung des Altbestandes: – Modernisierungen haben einen positiven Effekt auf die Attraktivität des Standortes. – Neubau (Nachverdichtung) wirkt sich nur dann positiv auf den Standort aus, wenn die positiven Effekte (Belebung der Nachbarscha) die negativen Effekte (z. B. höhere Verkehrsbelastung) kompensieren. – Durch einen lokalen Angebotseffekt verlieren ältere Objekte relativ an Attraktivität. – Es bestehen Wechselwirkungen zwischen Wahrscheinlichkeit der Modernisierung und Attraktivität des Wohnstandortes. – Die Einflüsse variieren mit der sozio-demographischen Struktur der lokal ansässigen Bewohner, wie etwa dem zur Verfügung stehenden Einkommen.

112

Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern

5.2 Empirische Untersuchung: Relative Nachfrage In diesem Abschnitt werden die Zahlungsbereitschaen für einzelne Objekt- und Standorteigenschaen, die sogenannten impliziten oder auch hedonischen Preise, abgeleitet. Diese dienen der Darstellung von Unterschieden in der Nachfrage nach Einfamilienhäusern verschiedener Baudekaden und Einfamilienhäusern unterschiedlicher Qualität, Ausstattung und lokalen Standorteigenschaen. Der vorherige Abschnitt zeigt, dass auf lokaler Ebene eine Vielzahl von lokalen Standortfaktoren wirken, die zum einen sehr regionalspezifisch sein können, wie etwa die Nähe zu natürlichen Gegebenheiten, und zum anderen nur schwerlich zu quantifizieren sind, wie etwa die Bedeutung des lokalen sozialen Kapitals. Aus diesem Grund werden in diesem Abschnitt lokale Standorteffekte, die eine hohe Bedeutung für die lokale Nachfrage besitzen, mit Methoden der räumlichen Ökonometrie kontrolliert. Die Untersuchung der lokalen Zahlungsbereitschaen stellt – neben der rein empirischen Untersuchung der objekt- und standortspezifischen Einflüsse – auch die vorgelagerte Ebene der Untersuchung der regionalen Determinanten, die einen Einfluss auf die Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970erJahre haben, dar. Die anschließende Untersuchung der relativen Bedeutungen von Standort- und Objekteigenschaen grei ebenso auf diese Ergebnisse zurück. Im Wesentlichen werden in diesem Abschnitt zwei Ziele verfolgt: – die Untersuchung des regionalen Einflusses auf die Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre – die allgemeine Nachfrage nach Altbestandsimmobilien, – die Quantifizierung der relativen Einflüsse von Objekt- und Standorteigenschaen, die die Nachfrage nach spezifischen Objekten beschreiben und die Untersuchung regionaler Unterschiede. Bei der Untersuchung der regionalen Determinanten der Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre sind vor allem die systematischen regionalen Unterschiede in den impliziten Preisen von Interesse, die mit übergeordneten Angebots- und Nachfrage-Determinanten einhergehen. Gerade die Filtering-eorie, aber auch das klassische monozentrische Wohnungsmarktmodell der Stadtökonomik, zeigen theoretisch, dass bei schrumpfender Nachfrage und unelastischem Angebot Häuser mit geringer Qualität weniger stark nachgefragt werden und damit stärker im Preis fallen, wenn eine ausreichende Homogenität in der Nachfrage vorliegt. Stärkere Abschläge für Häuser geringer Qualität, etwa aufgrund geringerer Funktionalität, wie dies für viele Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er Jahre gilt, spiegeln nicht nur eine geringere gegenwärtige Nachfrage nach diesen Ob-

Empirische Untersuchung: Relative Nachfrage

113

jekten wider,⁶⁰ sondern stellen über die beschleunigte Preisdynamik auch eine Gefahr für die Nachnutzung dieser Objekte dar. Beschleunigte Preisdynamiken verringern an anhaltend schrumpfenden Märkten die Nachnutzungswahrscheinlichkeit für Einfamilienhäuser aufgrund eines verringerten Anreizes zur Instandhaltung. Wenn das Verhältnis von Objektwert zu Kosten sinkt, führt ein anhaltender Angebotsüberhang zu stärkerer Wertminderung im unteren Bereich der Qualitätsverteilung aufgrund ausbleibender Instandhaltung. Dies verstärkt anfängliche distributive Verschiebungen noch zusätzlich, und Einfamilienhäuser mit Sanierungsstau oder solche, die eine fehlende Substanzhaltung aufweisen, stellen kein marktgerechtes Angebot mehr da.⁶¹ Bei anhaltendem Angebotsüberhang kommt es damit zu einer Aussonderung von Wohnobjekten. Sinkende Immobilienpreise führen wiederum zu Anpassungen in der Nachfrage nach Substitutsgütern. Bei einer höheren Präferenz der Nachfrager für Einfamilienhäuser – das freistehende Einfamilienhaus in der Peripherie stellt bis heute das Wohnideal der Deutschen dar (Berndgen-Kaiser und Krajewski 2015) – sollten Wechselwirkungen in der allgemeinen Wohnungsnachfrage auch bei abnehmender absoluter Nachfrage und gleichbleibenden Angebot einen stärkenden Effekt auf die Nachfrage nach Einfamilienhäusern ausüben. Der lokale Angebotsüberhang sowie die Struktur des vorliegenden Wohnungsbestandes stellen damit wichtige Größen für die lokale allgemeine Nachfrage nach Bestandsimmobilien und deren Nachnutzung dar.⁶² Die empirische Untersuchung der allgemeinen Nachfrage nach Bestandsimmobilien unterliegt einigen Einschränkungen. Da keine Daten über die Struktur des Leerstandes vorliegen, die Rückschlüsse über die objekt- und standortspezifischen Eigenschaen von Objekten, die auch langfristig nicht mehr nachgefragt werden, zulassen, werden unter den oben beschriebenen Mechanismen und Annahmen die geschätzten lokalen Zahlungsbereitschaen für Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre untersucht. Vor diesem Hintergrund wird anhand von univariaten Teststatistiken geprü, ob sich die abgeleiteten impliziten Preise, darunter auch die baudekadenspezifischen Abschläge, bei regional-differenzierter Wohnungsmärkte unterscheiden. Mittels multivariater Methoden können die Einflüsse der einzelnen Determinanten als Elastizitäten abgeleitet werden. Diese vertikalen Zusammenhänge werden dann genutzt, um auf kommunaler Ebene einen Risikoindikator für den Untersuchungsraum, das Bundesland Niedersachsen, zu erstellen. 60 Diese können nur über einen stärkeren Preisabschlag angeboten und verkau werden. 61 Gyourko und Saiz (2004) zeigen, dass Reinvestitionsbemühungen mit dem Verhältnis aus Wert eines Objektes zu Konstruktionskosten sinken. 62 Neben den gestellten Annahmen werden substitutive Beziehungen zu anderen Wohnimmobilienformen, wie etwa Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern, nicht berücksichtigt.

114

Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern

Neben dem Einfluss regionaler Determinanten auf die Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre sind wir auch an der relativen Bedeutung der Standort- und Objekteigenschaen interessiert. Hierzu werden die relativen Bedeutungen verschiedener Hauptkomponenten der Standort- und Objekteigenschaen entlang regionaler Unterschiede untersucht und zu regionalen Gruppen zusammengefasst. Können aufgrund der Heterogenität in den Standorteinflüssen keine allgemeingültigen Aussagen getroffen werden, erlaubt die Quantifizierung der relativen Bedeutung von Standorteinflüssen zumindest eine Gewichtung von qualitativ abgeleiteten Standort- und Nachbarschaseffekten auf nachgelagerter Ebene. Insgesamt werden in diesem Abschnitt damit folgende Fragen untersucht: – Wie groß ist der preisliche Abschlag für ein Einfamilienhaus aus den 1950er- bis 1970er-Jahren zur Referenzgruppe Neubau, wenn für andere Unterschiede in Objektqualität, Ausstattung und Lage kontrolliert wird? – Wie wirken sich lokale Standort- und Angebotseffekte, d. h. quantitatives und qualitatives umliegendes Angebot, auf die Zahlungsbereitscha der Nachfrager aus? – Variieren die Abschläge für die unterschiedlichen Baudekaden als auch die qualitätsspezifischen impliziten Preis unter verschiedenen regionalen Gegebenheiten, wie beispielsweise bei einem starken absoluten Rückgang der Nachfrager, bei unterschiedlicher Struktur des Gebäudebestandes oder bei anderen regionalen Einflüssen? – Liegen regionale Unterschiede bei den obigen Standort- und Angebotseffekten vor, die Hinweise auf beschleunigten Preisverfall und ausbleibende Nachnutzung liefern? – Wie teilen sich die Bedeutungen der Qualität, Ausstattung, Lage und die zeitlichen räumlich invarianten Effekte relativ auf? Variieren diese Bedeutungen mit regionalen Gegebenheiten? – Lassen sich aus den empirischen Ergebnissen Rückschlüsse, die bei der Bildung von aggregierten Risikoindikatoren genutzt werden können, ziehen? Der Abschnitt gliedert sich wie folgt: Zunächst werden im Abschnitt 5.2.1 die der empirischen Analyse zugrundeliegenden objekt- und regionalspezifischen Daten beschrieben. Insbesondere werden hierzu die Unterschiede zwischen neueren und älteren Einfamilienhäusern in den Attributs- und Qualitätseigenschaften dargestellt. Im darauffolgenden Abschnitt, 5.2.2, werden die impliziten Preise der einzelnen Wohnungsmarktregionen abgeleitet. Dazu werden neben der

Empirische Untersuchung: Relative Nachfrage

115

Methodik und dem ökonometrischen Modell die Ergebnisse über die Verteilung der regional-spezifischen Schätzergebnisse dargestellt. In 5.2.3 werden vertikale Zusammenhänge anhand der regionalen Schätzergebnisse sowie regionalen Nachfrage- und Angebotsdeterminanten untersucht. Anschließend werden die relativen Bedeutungen der Hauptkomponenten, wie Objekt- und Standorteigenschaen, untersucht und ein Schema der Gewichtungen abgeleitet. Im Gegensatz zu den vorhergehenden Untersuchungen betrachtet der Abschnitt 5.2.4 die regionalen Einflüsse der Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970erJahre. Die Ergebnisse werden anschließend verwendet, um einen Indikator auf Gemeindeebene abzuleiten. 5.2.1 Daten und empirischer Untersuchungsraum

Für die empirische Bearbeitung wird auf Angebotspreisdaten der Internetplattform »Immobilienscout24« und auf amtliche, regional differenzierte Statistiken zurückgegriffen. Als Untersuchungsraum sind die Kreise des Bundeslandes Niedersachsen gewählt worden, da die dortigen regionalen Dynamiken in der Bevölkerungsentwicklung und der Größe der einzelnen regionalen Wohnungsmärkte besonders repräsentativ für die Dynamiken in Gesamtdeutschland sind. Im Folgenden werden die objektspezifischen und regionalen Determinanten detaillierter beschrieben. (A) Regionale Datenbasis Niedersachsen ist hinter Bayern flächenmäßig das zweitgrößte deutsche Bundesland. Es zählt insgesamt 46 Kreise und etwa 1.200 Gemeinden. Es eignet sich für die vorliegende Untersuchung vor allem aufgrund der hohen Heterogenität in den kreisspezifischen Entwicklungen, die überaus repräsentativ für Gesamtdeutschland sind. Während einige ländliche Regionen, wie etwa die Kreise entlang der östlichen Grenze zu Westfalen (Schaumburg, Hameln-Pyrmont und Holzminden) durch starken Bevölkerungsschwund gekennzeichnet sind, verzeichnen andere Regionen einen positiven Wanderungssaldo. Zu diesen Kreisen gehören z. B. die kreisfreien Städte Braunschweig und Wolfsburg, aber auch die Kreise, die zur Metropolregion Hamburg gehören, wie etwa der Kreis Harburg (siehe Abbildung 5.5). Die wesentlichen regionalen Eigenschaen, die im Folgenden für die univariaten Vergleiche, d. h. für die Untersuchung regionalspezifischer Unterschiede, herangezogen werden, werden im Folgenden näher beschrieben. Dabei sollen neben den demographischen Entwicklungen auch gesamtwirtschaliche Entwicklungen sowie Wohnungsmarkteigenschaen dargestellt werden.

116

Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern

Demografische Entwicklung Was die demographische Entwicklung des Landes betri, hat sich Niedersachsen regional sehr unterschiedlich entwickelt und insgesamt vor allem von Wanderungsströmen profitiert. 2013 hatte Niedersachsen 7.790.559 Einwohner; bis 2004 stieg die Bevölkerungszahl auf über 8 Millionen Einwohner stetig an. Seitdem hat die Bevölkerung jedoch um 2,7 % abgenommen (2013). Die Kreise mit ohnehin schon geringen Einwohnerzahlen (< 100.000) verloren zwischen 1995 und 2013 allesamt an Bevölkerung, teilweise sogar bis zu 20 % (Salzgitter: 19,87 %). Großstädte wie beispielsweise Wolfsburg konnten jedoch ein Bevölkerungswachstum verzeichnen, ebenso wie die Kreise der nördlichen Regionen Weser-Ems und Lüneburg. Die Bevölkerungsentwicklungen sind in der Abbildung 5.5 dargestellt. Betrachtet man die natürliche Bevölkerungsentwicklung, zeichnet sich ein einheitliches Bild ab. Der Saldo aus Geburten und Sterbefällen ist in fast allen Kreisen seit 1995 negativ. Lediglich die Großstädte Wolfsburg und Hannover können wachsende Geburtenraten von 2,36 % bzw. 5,81 % im Zeitraum von 1995 bis 2013 verzeichnen. 2013 gab es in nur wenigen Kreisen einen negativen Wanderungssaldo. Vor allem die Bevölkerungszahlen der Großstädte profitieren durch stetig hohe Zuzugsraten; Hannover z. B. weist einen Saldo von 8,1 je 1.000 Einwohner auf. Auch die Altersstruktur Niedersachsens ist vergleichbar mit der Gesamtdeutschlands. In allen Kreisen ging der Anteil der Personen unter 25 Jahren an der Gesamtbevölkerung seit 1995 zurück; 2012 betrug er 24,9 %. Die Region WeserEms hat tendenziell eine jüngere Bevölkerung mit Anteilen von über 30 %. Im südlichen Raum hingegen sind die Quoten geringer. Der Anteil der Personen zwischen 25 und 30 Jahren ist in den Groß- und Universitätsstädten wie Hannover, Oldenburg, Osnabrück, Wolfsburg und Göttingen am höchsten. Personen zwischen 30 und 50 Jahren konzentrieren sich ebenfalls hauptsächlich in den ländlicheren Regionen Weser-Ems und Lüneburg (Familienbildung). Der Anteil der über 65-Jährigen ist dort insgesamt am höchsten. Die Quoten sind im Südosten Niedersachsens und an der Nordseeküste (Cuxhaven und Wilhelmshaven) besonders hoch. Das deckt sich auch mit steigenden Sterberaten in diesen Regionen. Auch in Bezug auf die Haushaltsstruktur folgt Niedersachsen dem allgemeinen Trend zur durchschnittlichen Haushaltsverkleinerung. Zwischen 1995 und 2011 sank die durchschnittliche Haushaltsgröße von 2,3 auf 2,1 Personen. Die kleinsten Haushalte sind in den großen kreisfreien Städten zu finden, die größten wiederum in der Region Weser-Ems. Für die nächsten Jahre prognostiziert das BBSR eine überwiegend positive Bevölkerungsentwicklung, insbesondere in den größeren Städten und im Nordwesten von Niedersachsen.

117

Empirische Untersuchung: Relative Nachfrage 1 Braunschweig 2 Salzgitter 3 Wolfsburg 4 Gifhorn 5 Göttingen 6 Goslar 7 Helmstedt 8 Northeim 9 Osterode am Harz 10 Peine 11 Wolfenbüttel 12 Region Hannover 13 Diepholz 14 Hameln-Pyrmont 15 Hildesheim 16 Holzminden 17 Nienburg (Weser) 18 Schaumburg 19 Celle 20 Cuxhaven 21 Harburg 22 Lüchow-Dannenberg 23 Lüneburg 24 Osterholz 25 Rotenburg (Wümme) 26 Heidekreis 27 Stade 28 Uelzen 29 Verden 30 Delmenhorst 31 Emden 32 Oldenburg (Stadt) 33 Osnabrück (Stadt) 34 Wilhelmshaven 35 Ammerland 36 Aurich 37 Cloppenburg 38 Emsland 39 Friesland 40 Grafschaft Bentheim 41 Leer 42 Oldenburg 43 Osnabrück 44 Vechta 45 Wesermarsch 46 Wittmund

20 46

27

34

36

39

31 41

35

45

21

25

24

23

32 42

30

26

29

22

28

37 38 44 40

unter −4

19

13 17

−4 − −2

4

43

−2 − −1 3

12 33

10

18 15

14

11

1 2

−1 − 0 7

11

0−1 1−2 über 2

6

16 8

9 5

Abbildung 5.5: Veränderung der Bevölkerung in Niedersachsen von 2012 bis 2014 (in %)

Wirtschaliche Entwicklung Das reale Bruttoinlandsprodukt Niedersachsens betrug 2013 etwa 239 Mrd. Euro.⁶³ Zwischen 2010 und 2013 ist es um ca. 11 % gestiegen. Nur in Wilhelmshaven konnte ein Rückgang festgestellt werden. Am höchsten ist das BIP in den Großstädten (Hannover am höchsten mit 29,6 Mrd. Euro). In Relation zu der Einwohnerzahl bzw. der Anzahl an Erwerbstätigen eines Kreises weist Wolfsburg mit Abstand das höchste BIP pro Einwohner (105.059 Euro) bzw. BIP pro Erwerbstätigen (104.955 Euro) auf. Hannover auf Platz zwei hat hingegen nur ein BIP pro Einwohner von 57.717 Euro. Betrachtet man die Zahl der Erwerbstätigen nach Wirtschassektoren, sind in fast allen Kreisen die Beschäigungsanteile im tertiären Sektor am höchsten. Die höchsten Anteile im primären Sektor weisen die ländlichen Regionen Weser-Ems und Lüneburg mit über 8 % auf. Am geringsten ist die Quote in den kreisfreien Städten sowie in der Region südlich von Hannover im Südosten Niedersachsens. Der höchste Anteil der im sekundären Sektor Beschäigten findet sich in Wolfsburg mit 49,4 %, jedoch hat der Anteil zwischen 2000 und 2012 um ca. 12 Prozentpunkte abgenommen. Auch die Region Braunschweig mit den Kreisen Salzgitter, Osterode am Harz oder Northeim weist hohe Quoten auf. Der Anteil der 63 Aktuelle Zahlen auf www.regionalstatistik.de; abgerufen am 01.09.2016.

118

Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern

im tertiären Sektor Beschäigten liegt in den kreisfreien Städten mit Ausnahme von Wolfsburg und Salzgitter am höchsten. Außerdem weisen mehrere Kreise in der Region Lüneburg Quoten von über 75 % auf. Des Weiteren lässt sich die Anzahl der Unternehmen mit mehr als 250 sozialversicherten Beschäigten untersuchen. Die Region Hannover liegt hier mit 226 Unternehmen weit vor dem folgenden Kreis, dem Emsland, das 55 Unternehmen dieser Größenklasse beheimatet. Neben Hannover konzentrieren sich vor allem in den Großstädten Wolfsburg, Oldenburg, Göttingen, Hildesheim, Osnabrück und Braunschweig große Unternehmen. In etwa einem Drittel der Kreise hingegen gibt es nur 10 oder sogar noch weniger Großunternehmen. Abschließend lässt sich sagen, dass sich neben den Großstädten vor allem die Regionen im Westen Niedersachsens positiv entwickeln, wohingegen der südöstliche Raum an Bevölkerung verliert und mit höheren Arbeitslosenquoten zu kämpfen hat. Entwicklungen am Arbeitsmarkt 2015 lag die durchschnittliche Arbeitslosenquote (Arbeitslosenquote bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen) aller Kreise mit 6,1 % knapp unterhalb der Gesamtdeutschlands (6,4 %). Bis 2005 stieg sie in der Mehrzahl aller Kreise an und nimmt seitdem wieder stetig ab. Es lässt sich tendenziell erkennen, dass Kreise mit geringen Arbeitslosenquoten auch eine konstante bzw. wachsende Bevölkerung aufweisen, während in schrumpfenden Regionen auch die Arbeitslosenquote höher ist (z. B. Wilhelmshaven 12,3 %).⁶⁴ Vor allem im Südosten Niedersachsens konzentrieren sich höhere Arbeitslosenquoten. In Bezug auf die Beschäigtenquote ist die Entwicklung Wolfsburgs hervorzuheben. Sie lag 2012 bei 60,1 %, was eine Zunahme von über 20 % seit 1997 bedeutet. Auch die Quote der hochqualifizierten Beschäigten hat in Wolfsburg am stärksten zugenommen (25,7 % im Jahr 2012). Die durchschnittliche Quote lag im Jahr 2012 in Niedersachsen bei nur 4,4 %. Allgemein ist die Quote in den Großstädten am höchsten, wo sich hochqualifizierte Arbeiter konzentrieren. Entwicklung der Einkommen Insgesamt haben sich die Haushaltseinkommen in Niedersachsen über die Jahre positiv entwickelt. Durchschnittlich lag das verfügbare Haushaltseinkommen pro Einwohner 2013 bei 19.566 Euro.⁶⁵ Der Kreis Harburg wies mit 23.321 Euro das höchste Haushaltseinkommen pro Einwohner auf. Dies kann insbesondere auf 64 Dies deckt sich mit den Ergebnissen im Abschnitt 4.2. 65 Variable: Verfügbares Einkommen der privaten Haushalte einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck. Aktuellste Zahlen auf www.regionalstatistik.de. Abgerufen am 01.09.2016.

Empirische Untersuchung: Relative Nachfrage

119

die Nähe und das Einzugsgebiet der Metropolregion Hamburg zurückgeführt werden. In den Metropolregionen Hannover und Wolfsburg liegen sie etwa bei 20.000 Euro. Der ländlich geprägte Landkreis Leer hat im Durchschnitt das niedrigste verfügbare Einkommen mit 17.093 Euro. Empfänger von Wohngeld Im Jahr 2014 erhielten im Durchschnitt 6,12 von 1.000 Haushalten (Haushalte insgesamt) Wohngeld in Niedersachsen. Dabei war vor allem im Westen Niedersachsens der Anteil mit bis zu 9,8 von 1.000 Haushalten (Cloppenburg) besonders hoch. In dieser ländlich geprägten Region machten vor allem die Lastenzuschüsse einen großen Anteil am Wohngeld aus. Eine mögliche Erklärung ist, dass diese Kreise im Gegensatz zu den (Groß-)Städten durch hohe Wohneigentumsquoten geprägt sind. Leerstandquote Die Leerstandsquote betrug im Jahr 2014 durchschnittlich in allen Kreisen Niedersachsens 4,1 %. Seit 2001 ist sie somit um 27 % gestiegen. Am höchsten lag sie 2014 mit rd. 10 % im Kreis Salzgitter, die niedrigste Quote wies Oldenburg mit nur 1 % auf. Am stärksten wuchs sie in den Kreisen südlich Hannovers wie in Salzgitter (+479 %), Goslar (+175 %) oder Helmstedt (+132 %). Diese Kreise zeichnen sich durch eine negative Bevölkerungsentwicklung aus, was die zunehmenden Leerstände erklärt. Negativ hingegen entwickelte sich die Leerstandsquote in den Großstädten Wolfsburg (-54 %) oder Braunschweig (-20 %). (B) Objektspezifische Daten Bei den objektspezifischen Daten handelt es sich um Angebotsdaten für Einfamilienhäuser in Niedersachsen der Internetplattform »Immobilienscout24«. Die Daten stehen für den Zeitraum von 2007 bis 2013 zur Verfügung und beinhalten Informationen für alle Städte und Gemeinden Niedersachsens. Der Originaldatensatz umfasst insgesamt 581.731 Beobachtungen für alle 47 Landkreise in Niedersachsen. Nachdem die Daten auereitet wurden, wurde der Datensatz auf 151.894 Beobachtungen reduziert; damit wird die Fragestellung im Folgenden empirisch untersucht. Der Datensatz beinhaltet Preise für Einfamilienhäuser und Informationen über strukturelle Eigenschaen der Objekte wie Größe, Alter, Lage, Qualität und Ausstattung der Immobilien. Bei den Preisen handelt es sich um Angebots- und nicht um Transaktionspreise. Der tatsächliche Marktwert kann somit von diesem Angebotspreis abweichen, falls nach einer bestimmten Zeit kein Käufer gefunden wird und das Angebot nach unten korrigiert werden muss. Zu-

120

Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern

dem kann es sein, dass nicht alle zum Verkauf stehenden Häuser in diesem Datensatz enthalten sind, da es noch andere Wege gibt, Häuser zu vermarkten, als über die Plattform »Immobilienscout24«. Somit wird der Immobilienmarkt nicht vollständig, jedoch annähernd gut abgebildet, sodass eine empirische Untersuchung basierend auf diesen Daten möglich ist. Bei den Variablen, die die Objektqualität und die Objektausstattung beschreiben, handelt es sich um ordinale Bewertungen.⁶⁶ Der Mittelwert der DummyVariablen Keller, Gäste-WC und Parkplatz gibt den Anteil der Häuser, die einen Keller, ein Gäste-WC bzw. einen Parkplatz besitzen, an. Eine Übersicht über die einzelnen Variablen des Datensatzes und deren Ausprägung ist in Tabelle 5.3, in der neben dem Mittelwert über alle Landkreise Niedersachsens auch der niedrigste und höchste Wert aufgeführt sind, dargestellt. Tabelle 5.3: Objektspezifische Variablen und ihre Ausprägung

Variable Preis pro qm Wohnfläche Grundfläche Baujahr Anzahl Zimmer Anzahl Etagen Anzahl Schlafzimmer Anzahl Badezimmer Gäste-WC Keller Parkplatz Objektzustand Ausstattungsmerkmale

Durchschnitt

Min

Max

1.350 150 248 1980 5,3 1,9 3,4 1,6 0,6 0,4 0,9 5,5 2,5

112 70 200 1400 3 1 1 1 0 0 0 1 1

3.728 340 1.340 2016 10 3 7 4 1 1 1 10 4

Unterschiede zwischen Einfamilienhäusern verschiedener Baudekaden Tabelle 5.4 zeigt die Ausprägung der Objektmerkmale für Einfamilienhäuser unterschiedlicher Baudekaden. Für die vorliegende Untersuchung sind die Häuser der 1950er- bis 1970er-Jahre von besonderem Interesse, da sie den Untersuchungsgegenstand der Studie bilden. Es ist zu erkennen, dass der Preis mit dem Baujahr steigt. Die durchschnittliche Wohnfläche ist zudem auch gestiegen. Im Vergleich zu den Häusern aus den 1950er-Jahren beträgt die durchschnittliche Wohnfläche der Häuser der 1970er-Jahre 32 qm mehr. Häuser, die nach den 1970er-Jahren gebaut wurden, waren hingegen wieder kleiner. Häuser, die 66 Die qualitativen Bewertungen werden dabei über Skalen mit unterschiedlichen Spannweiten, etwa 1 bis 10 oder 1 bis 4, vom Objektanbieter abgefragt.

121

Empirische Untersuchung: Relative Nachfrage

im neuen Jahrtausend gebaut wurden, sind im Durchschnitt 144 qm groß, was wiederum ungefähr der durchschnittlichen Wohnfläche von Häusern der 1960erJahre entspricht. Die Grundfläche der Einfamilienhäuser ist im Laufe der Jahre kleiner geworden. Grundstücke, die in den 1950er-Jahren bebaut wurden, waren im Durchschnitt knapp 800 qm groß; Grundstücke mit einem aktuelleren Baujahr, z. B. ab 2000, sind im Durchschnitt 200 qm kleiner. Auch die Anzahl der Zimmer pro Haus hat abgenommen. So hat ein Haus aus den 1950er-Jahren im Durchschnitt 5,6 Zimmer, wohingegen Häuser, die nach 2000 gebaut wurden, 4,8 Zimmer aufweisen. Zudem hat die Anzahl der Häuser mit Gäste-WC im Laufe der Jahre zugenommen. Häuser, die in den 1950er-Jahren erbaut wurden, haben in 37,4 % der Fälle ein Gäste-WC. Im Gegensatz dazu haben mehr als zwei Drittel (70,5 %) der Häuser mit einem Baujahr nach 2000 ein Gäste-WC. Tabelle 5.4: Vergleich ausgewählter objektspezifischer Variablen verschiedener Baudekaden Baujahr Ø-Kaufpreis/qm Ø-Wohnfläche Ø-Grundfläche Anzahl Zimmer Gäste-WC (%)

2000

1085,03 136,93 798,99 5,64 37,39

1167,06 144,51 797,94 5,66 46,86

1226,41 168,53 815,22 5,83 55,46

1339,51 164,58 751,01 5,57 59,79

1442,21 156,58 672,79 5,22 61,85

1595,28 144,12 604,63 4,83 70,58

Die Tabelle 5.5 zeigt den Objektzustand von Einfamilienhäusern einzelner Baudekaden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Einstufung in den Objektzustand auf einer subjektiven Meinung beruht und nicht von einem unabhängigen Ausschuss beurteilt wurde. In der Tabelle ist zu erkennen, dass besonders die Einfamilienhäuser älteren Jahrgangs als renovierungsbedürig und selten als neuwertig bezeichnet werden. Genau gegensätzlich verhält es sich für Einfamilienhäuser, die nach 2000 erbaut wurden, also der jüngsten Generation angehören. Diese weisen in der Regel einen neuwertigen Objektzustand auf. Dies steht im Einklang mit der eorie des Lebenszyklus von Einfamilienhäusern und der Einordnung der Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre in eben diesen. Demnach befinden sich Einfamilienhäuser dieser Zeit momentan in der Phase der Sanierung oder Modernisierung, nachdem über die Nachnutzung entschieden wurde. Somit bilden auch die Häuser dieser Zeit den größten Anteil der sanierten Häuser. Insgesamt zeigt sich, dass Einfamilienhäuser der einzelnen Baudekaden signifikant unterschiedliche Eigenschaen aufweisen. Deshalb sind nicht nur implizite Unterschiede der einzelnen Einfamilienhäuser, wie etwa Zuschnitte, technische Verarbeitung, Material oder Design, von Bedeutung, sondern auch die aufgezeig-

122

Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern

ten expliziten Unterschiede. Vor diesem Hintergrund wird die relative Bedeutung einzelner Standort- und Objekteigenschaen im folgenden Abschnitt untersucht. Tabelle 5.5: Vergleich des Objektzustandes verschiedener Baudekaden (absolute Anzahl an Beobachtungen)

Baujahr Renovier.bedüig Gepflegt Saniert Neuwertig

2000

4.994 5.902 4.487 265

3.399 4.740 2.602 160

3.774 9.043 3.931 345

1.950 12.909 3.513 588

584 9.577 1.978 880

380 15.612 1.589 6866

114 6.323 633 44.756

Repräsentativität der Datenstichprobe Die verfügbaren Daten, hier die Angebotsdaten, stellen lediglich eine kleine Stichprobe der Grundgesamtheit, das heißt des ganzen Bestandes an Einfamilienhäusern, dar. Es ist daher nur eingeschränkt möglich, empirische Ergebnisse lückenlos auf beliebige Objekte und Nachbarschaen zu übertragen. Aufgrund der geringen räumlichen Informationsdichte gilt dies insbesondere für kleinräumige Standorteffekte. Wenige Beobachtungen innerhalb einzelner Nachbarschaen sind nicht repräsentativ. So können lediglich preiswirksame Effekte abgeleitet werden, die dann zur Beurteilung von einzelnen Objekten oder Nachbarschaften unter Verwendung weiterer Informationen, beispielsweise personenbezogenen Daten, herangezogen werden. 5.2.2 Lokale Nachfrage nach Objekt- und Standorteigenschaften

Im Folgenden wird die lokale Nachfrage nach Objekt- und Standorteigenschaen von Einfamilienhäusern mit der hedonischen Methode untersucht. Dabei werden die sogenannten impliziten Preise einzelner Objekteigenschaen abgeleitet. Die impliziten Preise eines Gutes stellen Zahlungsbereitschaen der Nachfrager dar, wenn von einem repräsentativen Haushalt als Nachfrager ausgegangen werden kann und lediglich Unterschiede auf der Angebotsseite vorliegen (Rosen 1974).⁶⁷ Die hedonische Methode ist in der Box 3 im Detail erläutert. Die Zahlungsbereitscha nach Einfamilienhäusern unterschiedlicher Baudekaden lässt sich als altersbedingte Wertminderungen, d. h. über Abschläge in der Zahlungsbereitscha in Relation zu einer Referenzgruppe (hier neugebaute Einfamilienhäuser), bestimmen. Starke Preisabschläge reduzieren die Instandhaltung,

67 Die Annahme des repräsentativen Haushaltes wird in der Empirie häufig getroffen, da die Eigenschaen der nachfragenden Haushalte in der Regel nicht vorliegen und ein zweistufiger Identifikationsprozess damit nicht möglich ist.

Empirische Untersuchung: Relative Nachfrage

123

sodass es bei Angebotsüberhängen zu Leerstand am unteren Ende der Qualitätsverteilung kommt. Die empirischen dekadenspezifischen Abschläge sind verzerrt, wenn die einzelnen Einfamilienhäuser unterschiedliche Instandhaltungszustände aufweisen oder älterer Wohnungsbestand bessere Lageeffekte, beispielsweise aufgrund bereits entwickelter Nachbarschaen, aufweist. Vor diesem Hintergrund kontrollieren wir mittels einer hedonischen Schätzung für verschiedene Qualitäts- und Attributseigenschaen und für Einflüsse lokaler Nachbarschaseffekte. Die abhängige Variable ist der logarithmierte Angebotspreis pro Quadratmeter. Als Preisdeterminante der Objektqualität wird neben dem Objektzustand (Dummy-Variable gepflegt) auch für den Modernisierungszustand (saniert) sowie für den Erstbezug nach vollständiger Sanierung (erstbezug) kontrolliert. Gerade der Erstbezug nach vollständiger Sanierung ist von Bedeutung, da einige der Einfamilienhäuser zum Zeitpunkt des Verkaufes bereits ihren Lebenszyklus durchschritten hatten und weiterentwickelt wurden und demnach nicht mehr mit den Einfamilienhäusern ihrer ursprünglichen Baudekade verglichen werden können. Preisunterschiede ergeben sich auch durch unterschiedliche Ausstattungsmerkmale. Aus diesem Grund wird in der empirischen Analyse auch für Ausstattungsunterschiede anhand von Dummy-Variablen (normal) und (gehoben) kontrolliert. Trotz der Normierung der Preise kann die Wohnfläche einen Einfluss auf die Quadratmeterpreise ausüben, wenn der Einfluss der Wohnfläche nichtlinear ist. Aus diesem Grund wird – wie in der empirischen Literatur üblich – die reziproke Wohnfläche in die Schätzung aufgenommen. Die Vielzahl an lokalen Nachbarschaseffekten, die zum Teil nur schwer zu quantifizieren sind, und die räumliche Heterogenität erschweren eine direkte Aufnahme von Nachbarschaseffekten erheblich. In der Literatur haben sich andere Möglichkeiten der Berücksichtigung lokaler Nachbarschaseffekte etabliert. Zum einen werden häufig Dummies für lokale Teilmärkte, etwa Stadtteile oder Postleitzahl-Gebiete, in die Schätzung eingefügt, zum anderen bedient man sich immer häufiger der Methoden der räumlichen Ökonometrie. Bei der letzteren Methode werden mittels geografischer Informationen die räumlichen Nachbarn zu jeder Beobachtungseinheit bestimmt und diese dann in die Schätzung aufgenommen. Effekte, die auf umliegende Nachbarn gleichermaßen einwirken und die sich nicht auf einzelne Attributseigenschaen zurückführen lassen, werden dann als Einfluss von Nachbarschasdeterminanten interpretiert, ohne dass man diese im Detail kennen muss.

124

Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern

Methoden-Box 3: Hedonische Methode Die hedonische Methode ist eine Bewertungsmethode für Güter, die verschiedene Eigenschaen bündeln, und ist insbesondere auf die Arbeiten von Rosen (1974) und Lancaster (1966) zurückzuführen.a Bei der Methode wird angenommen, dass der Wert eines Gutes, hier der Preis einer Immobilie, die Summe aller Zahlungsbereitschaen der einzelnen Eigenschaen darstellt. Es wird damit angenommen, dass der Nutzen des zugrundeliegenden Gutes bzw. sein Wert in einzelne Eigenschaen zerlegbar ist, die nicht zwingend quantifizierbar, aber zumindest bekannt sein müssen Herath und Maier (2010: S. 7). Bei dieser Methode wird der Wert eines Gutes mittels ökonometrischer Methoden in die impliziten Preise der einzelnen Eigenschaen zerlegt. Im Folgenden können dann diese sogenannten impliziten Preise zur Bewertung von Gütern, deren Preis nicht bekannt ist, oder zur Bildung von qualitätsbereinigten Preisindizes herangezogen werden. Da die Methode ein ökonometrisches Modell darstellt, unterliegen die abgeleiteten Ergebnisse auch den Marktdaten und den empirischen Zusammenhängen. Ein allgemeines ökonometrisches Modell kann wie folgt geschrieben werden: W = f (Q; S; N ; E; P ; B; T )

(5.2)

Dabei stellt W den betrachteten Gesamtwert des Gutes dar (empirisch wird hier üblicherweise der Preis einer Immobilie verwendet). Die Effekte werden in der Regel entweder als ganze Elastizitäten (in einer log-log-Form) oder als SemiElastizitäten (mittels einer log-lin-Form) geschätzt. Hierbei kann für einen nichtlinearen Zusammenhang kontrolliert werden, auch wenn die ökonometrische Gleichung linear in den Parametern ist. Diese Formen werden deshalb häufig auch als intrinsisch lineare Formen bezeichnet. Mit Q werden alle qualitativen Eigenschaen des Gebäudes beschrieben, S stellt strukturelle Eigenschaen dar. N beschreibt Eigenschaen der Nachbarscha, E stellt Erreichbarkeitsmerkmale dar. Des Weiteren können verschiedene lokale Externalitäten, P , aufgenommen werden, und für die Klassifizierung der örtlichen Bodennutzung B kontrolliert werden. Zeitliche Einflüsse können über T aufgenommen werden. a Während Lancaster (1966) die mikroökonomische Fundierung legt, indem er auf den gebündelten Nutzen verschiedener einzelner Eigenschaen eingeht, integriert Rosen (1974) diese in die ökonomische eorie. Die sogenannten hedonischen Preise lassen sich dabei aus dem Gleichgewicht zwischen Angebots- und Nachfragefunktionen herleiten. Bei der hier vorgestellten Methode handelt es sich um das einstufige Verfahren, das der ersten Stufe des zweistufigen Rosen (1974)-Verfahrens entspricht und das äquivalent auch als hedonische Nachfragetheorie oder hedonische Regression bezeichnet wird. b Nach Basu und ibodeau (1998: S. 459) kann mittels dieser funktionalen Form auch zum Teil für Heteroskedastie kontrolliert werden. Die Nennung aller möglichen Faktoren dient hier lediglich der Vollständigkeit. Für eine ausführliche Beschreibung siehe Basu und ibodeau (1998: S. 66).

125

Empirische Untersuchung: Relative Nachfrage

Methoden-Box 4: Das ökonometrische Modell Das formal-ökonometrische Modell kann wie folgt geschrieben werden. Die zugrunde liegende Motivation der hedonischen Methode findet sich in der Box 3. log(pr ) = γr + β1,r EF H 0.8 x ˆarithm (2)/(Sig.) Z p-Wert 16 269 231 20 123 116 100 131 100 144 35 33 40 40 96 14 132

W

0.6216 0.0052 0.0579 0.4409 0.0975 0.0627 0.0195 0.0857 0.2401 0.1393 0.8490 0.8932 0.4137 0.0530 0.0387 0.4127 0.0709

p-Wert

Anm.: Schätzung enthält Zeit-Dummies (im Output nicht angegeben). wx1: umliegendes Baujahr; wx2: umliegendes (Baujahr)2 ; wx3: Anteil umliegender Gebäude renovierungsbedürig; wx5: Anteil umliegender Gebäude mit Erstbezug; wx10: Anteil umliegender Gebäude mit gehobener Ausstattung; plz-angebot: Anteil angebotener Gebäude im PLZ-Gebiet pro Jahr im Verhältnis zu Mittelwert der im PLZ-Gebiet angebotenen Gebäude.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

Namen

Wilcoxon-Rangsummentest

Tabelle 5.7: Unterschiede in den impliziten Preisen entlang dem Verhältnis aus Bevölkerungsentwicklung und Wohnflächenausweitung

Empirische Untersuchung: Relative Nachfrage

133

134

Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern

Delmenhorst Anteil EFH (1950er- bis 1970er-Jahre) an Gesamtangebot

50

45

40

35

30

25

20

Hannover-Stadt 15

-0,25

-0,2

-0,15

-0,1

-0,05

0

Abschläge Einfamilienhäuser (1950er- bis 1970er-Jahre)

Abbildung 5.9: Anteil Einfamilienhäuser der 1950er-1970er-Jahre zu Gesamtangebot an Einfamilienhäusern und relative Preisabschläge für Einfamilienhäuser (1950-1970) (mit neugebauten Einfamilienhäusern als Referenzgruppe)

den Preis zur Folge. Dieser Effekt ist umso stärker, je weniger neugebaute Häuser in der umliegenden Nachbarscha überhaupt angeboten werden. (c) Veränderung des verfügbaren Einkommens Veränderungen des verfügbaren Einkommens können dazu führen, dass Haushalte eine höhere Wohnungsqualität nachfragen. Dadurch kann es bei einem insgesamt unelastischen Angebot zu distributiven Effekten kommen, d. h. Preisdifferenzen zwischen Einfamilienhäusern hoher und niedriger Qualität nehmen zu. Dieser Effekt sollte bei einem Angebotsüberhang zusätzlich verstärkt werden. Dieser Zusammenhang ist in der Abbildung 5.10 dargestellt. Dabei ist der erwartete negative Zusammenhang zu erkennen. Kreise mit hohen positiven Veränderungen, wie etwa der Kreis Wittmund, weisen tendenziell höhere Abschläge für ältere Einfamilienhäuser, d. h. Häuser minderer baulicher Qualität, auf, während Kreise mit niedriger oder (real) stagnierenden Einkommen, wie etwa die kreisfreie Stadt Oldenburg, geringere logarithmierte Preisunterschiede aufweisen. In der Tabelle 5.9 sind die Ergebnisse der univariaten Gruppenvergleiche dargestellt. Für Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre und neugebaute Häuser gibt es zwischen der Gruppe (1) und der Gruppe (2) signifikante Unterschiede. Während für einige wenige qualitätsbezogene Eigenschaen schwach signifikante Unterschiede, wie etwa dem Sanierungszustand, vorliegen, unter-

R^2 Adj. R^2

Konstante jahreunter50 jahre50bis70 jahre80bis00 gepflegt saniert erstbezug wohnflaeche normal gehoben wx1 wx2 wx3 wx5 wx10 plz_angebot WY 0.5615 0.5520

1.4960 / 8 -0.2578 / 22 -0.1123 / 22 0.0236 / 13 0.2172 / 24 0.2270 / 24 0.2544 / 24 38.5000 / 24 0.1765 / 20 0.3316 / 25 0.0174 / 12 -0.000005 /13 0.1667 15 -0.0673 /10 -0.1158 /14 0.0232 / 6 0.00055 /24

x ˆarithm (1)/(Sig.)

0.6161 0.6035

-73.7200 /5 -0.3130 / 16 -0.1598 / 16 -0.0377 / 3 0.2667 / 16 0.2943 / 16 0.3453 / 16 38.6100 / 17 0.1757 / 13 0.3845 / 16 0.0707 / 6 -0.000002 / 6 0.2771 / 6 -0.2385 / 4 -0.1436 / 9 0.0097/ 3 0.0006 /17

0.5864 1.0918 2.7677 0.9671 -1.6515 -2.1599 -2.5585 -0.0254 0.0176 -1.2334 -0.5526 0.5691 -2.3932 3.8100 1.1294 0.3228 -1.8833

0.5698 0.2856 0.0099 0.4232 0.1090 0.0386 0.0151 0.9798 0.9862 0.2263 0.5906 0.5806 0.0356 0.0053 0.2814 0.7644 0.0701

Gruppe (1): Anteil U70 < 0,15 x ˆarithm (2)/(Sig.) Z p-Wert 21 199 268 28 128 117 99 206 120 144 38 37 19 39 75 10 146

W

0.9433 0.5104 0.0058 0.2964 0.0795 0.0387 0.0095 0.9687 0.7300 0.1393 0.8916 0.8983 0.0449 0.0040 0.4767 0.9048 0.1291

p-Wert

Anm.: Schätzung enthält Zeit-Dummies (im Output nicht angegeben). wx1: umliegendes Baujahr; wx2: umliegendes (Baujahr)2 ; wx3: Anteil umliegender Gebäude renovierungsbedürig; wx5: Anteil umliegender Gebäude mit Erstbezug; wx10: Anteil umliegender Gebäude mit gehobener Ausstattung; plz-angebot: Anteil angebotener Gebäude im plz-Gebiet pro Jahr im Verhältnis zu Mittelwert im PLZ angebotener Gebäude.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

Variablen

Wilcoxon-Rangsummentest

Tabelle 5.8: Unterschiede in den impliziten Preisen entlang der Struktur des Wohnungsangebotes (Gruppenvergleich mittels Wilcoxon-Rangsummentest; Struktur des angebotenen Wohnungsbestandes: Anteil Einfamilienhäuser der Jahre 1950-1970 am Gesamtangebot an Einfamilienhäusern)

Empirische Untersuchung: Relative Nachfrage

135

136

Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern 9

Wittmund

Veränderung des verfügbaren Einkommens

8

7

6

5

4

3

Oldenburg-Stadt 2 -0,25

-0,2

-0,15

-0,1

-0,05

0

Abschläge EFH (1950er- bis 1970er-Jahre)

Abbildung 5.10: Mittlere Änderung des verfügbaren Einkommens und relative Preisabschläge für Einfamilienhäuser (1950-1970) (mit neugebauten Einfamilienhäusern als Referenzgruppe)

scheiden sich hier insbesondere die impliziten Preise der Attributseigenschaen. Das heißt, dass mit einem Anstieg des verfügbaren Einkommens insbesondere die Nachfrage nach gehobener Ausstattung und Wohnfläche steigt. Während die Angebotseffekte – wie zu erwarten – keine statistischen Unterschiede aufweisen, ist der logarithmierte Preiseffekt für Nachbarschaseffekte in Gruppe (1) höher. Zusammenfassung: Regionale Unterschiede in den impliziten Preisen – Es liegen signifikante Unterschiede in den impliziten Preisen vor. – Die preislichen Unterschiede für qualitative Eigenschaen, wie Zustand des Gebäudes, nehmen mit einem Angebotsüberhang, aber auch mit der Zahlungskra der regionalen Haushalte zu. – Die Abschläge in den Zahlungsbereitschaen für Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre sind umso stärker, je größer der Anteil dieser Objekte am Wohnungsangebot ist. – Eher elastische Objekteigenschaen wie die Ausstattung zeigen regionale Unterschiede mit der Zahlungskra der Haushalte, aber keine Unterschiede mit der Ausprägung eines Angebotsüberhangs.

R^2 Adj. R^2

intercept jahreunter50 jahre50bis70 jahre80bis00 gepflegt saniert erstbezug wohnflaeche normal gehoben wx1 wx2 wx3 wx5 wx10 plz_angebot WY 0.6007 0.5897

-11.9000 / 10 -0.3029 / 26 -0.1435 / 26 0.0138 / 10 0.2552 / 28 0.2723/ 28 0.3071 / 28 42.4800 / 29 0.2086 / 21 0.3933 / 28 0.0257 /14 -0.0000 / 14 0.2059 / 15 -0.1427 / 10 -0.1287 / 16 0.0226 / 6 0.0006/ 29

x ˆarithm (1)/(Sig.)

0.5456 0.5355

-79.2200 / 3 -0.2336 / 12 -0.1080 / 12 0.0092 / 6 0.1946 / 12 0.2110/ 12 0.2526 / 12 29.0300 /12 0.1194 / 12 0.2638 / 13 0.0687 / 4 -0.0000 / 5 0.1792 /6 -0.0499 / 4 -0.1221 / 7 0.0109/ 3 0.0005 / 12

0.7439 -1.3250 -1.7743 0.1283 2.1207 2.0281 1.4375 3.7665 3.0830 3.8841 -0.6328 0.4704 0.6252 -1.3059 -0.2105 0.3456 1.5896

0.4731 0.2006 0.0927 0.9000 0.0438 0.0526 0.1630 0.0007 0.0048 0.0004 0.5358 0.6443 0.5400 0.2492 0.8391 0.7409 0.1325

Gruppe (1): ∆ Verf. Eink. > 6 x ˆarithm (2)/(Sig.) Z p-Wert 16 105 95 33 227 229 214 278 205 285 25 36 56 9 41 11 240

W

0.9371 0.1136 0.0567 0.7925 0.0843 0.0739 0.1819 0.0022 0.0024 0.0032 0.7980 0.9644 0.4243 0.1419 0.3411 0.7143 0.0599

p-Wert

Anm.: Schätzung enthält Zeit-Dummies (im Output nicht angegeben). wx1: umliegendes Baujahr; wx2: umliegendes (Baujahr)2 ; wx3: Anteil umliegender Gebäude renovierungsbedürig; wx5: Anteil umliegender Gebäude mit Erstbezug; wx10: Anteil umliegender Gebäude mit gehobener Ausstattung; plz-angebot: Anteil angebotener Gebäude im PLZ-Gebiet pro Jahr im Verhältnis zu Mittelwert der im PLZ-Gebiet angebotenen Gebäude.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

Variablen

Wilcoxon-Rangsummentest

Tabelle 5.9: Unterschiede in den impliziten Preisen entlang der mittleren Veränderung des verfügbaren Einkommens (Gruppenvergleich mittels WilcoxonRangsummentest)

Empirische Untersuchung: Relative Nachfrage

137

138

Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern

(B) Regionale Unterschiede in der relativen Bedeutung Einfamilienhäuser sind sehr heterogene Güter, die durch unterschiedliche Objekt- und Standorteigenschaen gekennzeichnet sind und die sich zudem entlang des Baualters systematisch unterscheiden. Des Weiteren zeigt der vorherige Abschnitt, dass die Bedeutungen einzelner Eigenschaen regional variieren. Damit wären Häuser mit unterschiedlichen objekt- und standortspezifischen Eigenschaen auch regionalspezifischen Nachnutzungsrisiken ausgesetzt. Im Folgenden werden daher zunächst die einzelnen Eigenschaen der Objekte und Standorte zu den Hauptdeterminanten Objektqualität, Ausstattung, direkte Lageeffekte, indirekte Lageeffekte und Zeiteffekte zusammengefasst. Anschließend werden die regionalen Unterschiede in der relativen Bedeutung der einzelnen Faktoren mittels der Methode der relativen Bedeutung untersucht (siehe Box 5), die eine anschließende Zusammenfassung systematischer Gewichtungen entlang abgeleiteter regionaler Gruppen ermöglicht. Zur regionalen Differenzierung werden zum einen die Bevölkerungsgröße und zum anderen die Bevölkerungsentwicklung herangezogen.⁷² Auf lokaler Ebene können dann anhand eines individuellen Scoringsystems, das die Indikatoren des Abschnitts 5.1.4 enthält, die einzelnen objekt- und standortspezifischen Eigenschaen bewertet und mit Hilfe des Gewichtungssystems zu einem ersten objektspezifischen Indikator zusammengefasst werden. (a) Relative Einflüsse regionaler Determinanten Die Ergebnisse des Abschnitts 5.2.2 entsprechen sogenannten Semi-Elastizitäten d. h. es wird die relative Änderung der abhängigen Variable auf eine relative Änderung einer unabhängigen Größe gemessen. Aufgrund von Abhängigkeiten zwischen einzelnen Einflussfaktoren, sogenannte Multikollinearität, wie etwa zwischen der Leerstandsquote und der Bevölkerungsentwicklung, lassen sich die einzelnen tatsächlichen Einflüsse der regionalen Variablen auf die abhängige Variable nicht eindeutig bestimmen. Die Methode der relativen Bedeutung versucht für diesen Umstand bei der Bestimmung des Einflusses zu kontrollieren. Die relative Bedeutung entspricht dem tatsächlichen prozentualen Erklärungsgehalt einer einzelnen Variable an der Gesamtvarianz der abhängigen Variable und ist etwa zur Bestimmung von Risikoindikatoren von Interesse. Die relative Bedeutung lässt sich anhand der LMG-Methode bestimmen (siehe Box 5).

72 Die Bevölkerungsentwicklung approximiert einen möglichen Angebotsüberhang und kann damit auch teilweise für den Einfluss anderer regionaler Unterschiede, wie etwa des Leerstandes, kontrollieren. Die Bevölkerungsgröße kontrolliert für Unterschiede in der Bedeutung des Bodens.

139

Empirische Untersuchung: Relative Nachfrage

Methoden-Box 5: Bestimmung der relativen Bedeutung mittels der LMG-Methode Die Methode der »relative importance« stammt ursprünglich aus der ConjointAnalyse und gibt eine Auskun über die Bedeutung einzelner Determinanten einer Regressionsschätzung unter der Bedingung, dass die einzelnen Einflussgrößen miteinander korrelieren. Im Marketing werden innerhalb der Conjoint-Analyse die relativen Einflüsse einzelner Präferenzen über prozentuale Beiträge bestimmt.a Das Problem der einfachen Regression ist, dass eine Zerlegung der Summe der quadrierten Abweichungen nur dann eindeutig ist, wenn die einzelnen Determinanten orthogonal aufeinander stehen. Das heißt, dass die Zerlegung bei Multikollinearität nicht mehr eindeutig ist. Diese Methode bietet sich immer dann an, wenn die einzelnen Variablen zu einigen wenigen latenten Faktoren angehören. In dem vorliegenden Fall sind das beispielsweise die Faktoren Qualität, Ausstattung und Lageeffekte. Die Methode des LMG nach Lindeman et al. (1980) vermeidet die Abhängigkeit der einzelnen Variablen, indem die einzelnen Einflüsse über alle möglichen Anordnungen bestimmt und deren Anteil an der Summe der quadrierten Abweichungen gemittelt wird:  p−1 1 ∑ LM G(xk ) = p j=0

∑ S⊆{x1 ,··· ,xp }{xk };n(S)=j

 seqR2 ({xk } Sk (r))  (p−1) (5.4) j

Dabei stellt S den Raum der einzelnen Einflussgrößen, der eine Länge von n(S) hat dar; es gibt insgesamt p Erklärungsvariablen, r ist die Anordnung der Einflussgrößen und seqR2 ({xk } Sk (r)) beschreibt den zusätzlichen Erklärungsgehalt bei der Aufnahme der Einflussgröße xk , der sich wie folgt ergibt: seqR2 ({xk } Sk (r)) = R2 ({xk } ∪ Sk (r)) − R2 (Sk (r))

(5.5)

Diese werden dann über alle möglichen Erklärungsvariablen und alle Anordnungskombinationen gemittelt. a Hier ist durchaus eine Parallele zu den nachfrageseitigen Zahlungsbereitschaen der hedonischen Zerlegung erkennbar. b Es bleibt zu beachten, dass der prozentuale Beitrag einer Variablen auch von der Variation dieser Variable abhängig ist.

140

Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern

Bevölkerungsdichte Abbildung 5.11 zeigt die relative Bedeutung der fünf Faktoren Objektqualität, Ausstattung, direkte Lage, indirekte Lage und Zeit für regionale Gruppen unterschiedlicher Bevölkerungsdichte.⁷³ Dabei stellt das erste Diagramm kleine Kreise mit weniger als 150 Einwohnern pro qkm, das zweite Diagramm Kreise mit 150 bis 200 Einwohnern pro qkm und das dritte Diagramm dichter besiedelte Kreise mit über 200 Einwohnern pro qkm dar. Es ist zu erkennen, dass die Bedeutung der Objektqualität mit der Bevölkerungsdichte der Kreise konstant bleibt. Die Bedeutung der Ausstattung hingegen nimmt mit der Bevölkerungsdichte ab. Während in Kreisen mit weniger als 150 Einwohnern pro qkm die Ausstattung knapp 26 % zur Erklärung der Preisvarianz beiträgt, sind es in Kreisen mit 150 bis 200 Einwohnern pro qkm rd. 21 % und in großen Kreisen mit über 200 Einwohnern pro qkm nur knapp 15 %. Auch die Bedeutung der direkten und indirekten Lageeffekte nehmen mit der Bevölkerungsdichte ab, wobei der Rückgang der Bedeutung nicht so stark ausfällt wie bei der Qualität der Ausstattung. Die Effekte der Zeit, regional-spezifische Effekte, die sich auf alle Objekte gleichermaßen auswirken, sind in den Kreisen mit der höchsten Bevölkerungsdichte ebenfalls am stärksten. Dies bedeutet, dass die durchschnittliche Entwicklung stark mit der Bevölkerungsdichte korreliert. Abschließend lässt sich sagen, dass in schwächer besiedelten Kreisen die Objektqualität eine höhere Bedeutung hat als die Lage. Für dichter besiedelte Kreise kehrt sich dieses Bild jedoch um.

Bevölkerungsdichte (Einw/km²) 200

5,72

7,70

11,47

33,29

23,08

32,63

34,77 30,69 31,55

9,70 7,61 26,23

14,94 21,21

9,40

Abbildung 5.11: Relative Bedeutung objekt- und standortspezifischer Effekte nach Bevölkerungsdichte (Einw./qkm)

73 Die Gruppenvergleiche für die Ausprägungen sind in Tabelle 5.10 dargestellt. Hier zeigt sich, dass die Unterschiede signifikant sind.

141

Empirische Untersuchung: Relative Nachfrage

Tabelle 5.10: Gruppenvergleiche der relativen Bedeutungen (mittels Wilcoxon -Rangsummentest und regionaler Ausprägungen) Panel A

Bevölkerungsdichte 200 p-value

Bevölkerungsentwicklung 0 p-value

Objektqualität Ausstattung Direkter Lageeffekt Indirekter Lageeffekt Zeiteffekt

33,78 24,55 9,00 25,62 7,04

37,34 19,44 10,42 25,17 7,64

Panel B

Entwicklung Potenzielle Käufer >-19 5%

8,00

10,09 27,99

32,24

23,17 42,72

26,68 33,11

11,01 9,10 16,97

23,97

21,07 7,74

Abbildung 5.12: Relative Bedeutung objekt- und standortspezifischer Effekte nach Bevölkerungsentwicklung

(c) Regionale Differenzierung nach relativer Bedeutung Anhand der regionalen Unterschiede zwischen Regionen unterschiedlicher Größe, aber auch entlang der Bevölkerungsentwicklung, lässt sich nun eine zweidimensionale Gewichtungsmatrix der Objekt- und Standorteigenschaen ableiten. Eine entsprechende Gewichtungsmatrix ist in der Tabelle 5.11 dargestellt. Anhand dieser Gewichtungen kann nun die Bedeutung der Objekt- und Standorteigenschaen innerhalb einer Region gewichtet werden. Eine regionale Unterscheidung der deutschen Kreise entlang der Gewichtungsgruppen ist in Abbildung 5.13 dargestellt.⁷⁴ In diesen Abbildungen stechen vor allem die hochverdichteten Räume heraus. Während die Ballungsräume, wie etwa Hamburg, München, Berlin oder Stuttgart, überwiegend Bevölkerungszuwächse vorweisen, zeigt sich beispielsweise im hochverdichteten Rhein-Ruhr-Gebiet ein differenziertes Bild. Köln und Düsseldorf verzeichnen eine positive Bevölkerungsentwicklung, aber viele Ruhrgebietsstädte sind durch starke Bevölkerungsschrumpfung gekennzeichnet. Durch die Größe der Stadt unterscheiden sich die einzelnen Standorteffekte der Stadtteile stärker, sodass im Vergleich zu kleineren und homogeneren Städten eine größere Gefahr der Polarisation besteht, wenn die Bevölkerung schrump. Aus diesem Grund spielen in diesen Städten lokale Standorteffekte eine größere Rolle, wie die Tabelle 5.11 mit den Gewichtungen zeigt. 5.2.4 Regionale Determinanten der Nachfrage nach Bestandsimmobilien

Abschnitt 5.2.3 verdeutlicht die regionalen Unterschiede, die zwischen den einzelnen impliziten Preisen bestehen und anhand regionaler Angebots- und Nach74 Die regionalen Gewichtungen sind mittels Daten für den Beobachtungsraum Niedersachsen abgeleitet und für alle Kreise Deutschlands generalisiert.

143

Empirische Untersuchung: Relative Nachfrage

Tabelle 5.11: Zweidimensionale Gewichtungsmatrix der Objekt- und Standorteigenschaen (nach Bevölkerungsentwicklung und -dichte)

Objektqualität

Ausstattung

Dir. Lageeffekt

Ind. Lageeffekt

Dichte/Bev. Entwicklung

0.5

200 200 200 200

42,82 40,96 46,72 30,16 23,03 18,59 10,68 8,70 14,13 16,34 27,30 20,57

27,48 34,08 32,71 26,20 22,12 16,15 10,30 7,64 9,14 36,03 36,16 42,00

fragegrößen erklärt werden können. Die Abbildung 5.14 ordnet diesen Abschnitt in das Gefüge der Entscheidungsprozesse der relativen Nachfrage grafisch ein. Um zu untersuchen, welche Bedeutung die einzelnen regionalen Determinanten auf die Nachfrage nach Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre im Speziellen haben, werden im Folgenden die regionalen Einflüsse auf die Zahlungsbereitscha für Einfamilienhäuser, die vor 1950 gebaut wurden, und Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre anhand eines multivariaten Regressionsmodells geschätzt und anschließend die dazugehörigen relativen Bedeutungen bestimmt.⁷⁵ Die preislichen Abschläge in den Zahlungsbereitschaen für Einfamilienhäuser der Dekaden, gebaut vor 1950 und 1950er- bis 1970erJahre, sind über die hedonische Methode abgeleitet und entsprechen preislichen Abschlägen, die auf Obsoleszenz und funktionalen sowie physischen Verschleiß zurückzuführen sind (siehe hierzu die Ableitung der impliziten Preise in Abschnitt 5.2.2). Die Ergebnisse, die zudem wieder mit dem LMG-Algorithmus bestimmt und als relative Bedeutungen ausgegeben werden, können abschließend dazu genutzt, um einen Indikator auf Gemeindeebene zu bestimmen. (A) Diskussion der relativen Anteile Die relativen Bedeutungen der regionalen Einflüsse auf die dekadenspezifischen Preisabschläge für Einfamilienhäuser, die vor 1950 und zwischen 1950 und 1970 75 Als abhängige Variable werden damit die logarithmierten Preisabschläge zwischen den Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre, den Einfamilienhäusern, die vor 1950 gebaut wurden, sowie neugebauten Einfamilienhäusern verwendet.

144

Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern

1 2 3 4 5 6

Abbildung 5.13: Regionale Cluster: Schrumpfende Bevölkerung im hochverdichteten Raum (Gruppe 1), verdichteten Raum (Gruppe 2), ländlichen Raum (Gruppe 3). Wachsende Bevölkerung im ländlichen Raum (Gruppe 4), verdichteten Raum (Gruppe 5), hochverdichteten Raum (Gruppe 6).

gebaut wurden, können der Abbildung 5.15 entnommen werden. Dabei sind die relativen Anteile an dem erklärten Teil der Varianz normiert. Der Anteil an der Varianz der dekadenspezifischen Preisabschlägen, der mittels der regionalen Determinanten erklärt werden kann, ist für Einfamilienhäuser, die vor 1950 gebaut wurden, größer als für Einfamilienhäuser, die zwischen 1950 und 1970 gebaut wurden. Dekadenspezifische Preisabschläge für Einfamilienhäuser, die zwischen 1950 und 1970 gebaut wurden, weisen damit einen größeren unerklärten Teil in der Varianz auf. Bei den relativen Anteilen ist auffällig, dass ein großer Teil der Varianz der dekadenspezifischen Preisabschläge für Einfamilienhäuser, die vor 1950 gebaut wurden, anhand der Angebotsstruktur erklärt werden kann. Es folgt der Einfluss des regionalen Einkommens mit etwa 17 %. Die Veränderung der regionalen Wohnbaufläche und die Bevölkerungsentwicklung nehmen beide etwa 10 % ein. Die relativen Einflüsse in den dekadenspezifischen Preisabschläge für Einfami-

145

Empirische Untersuchung: Relative Nachfrage

Relative Nachfrage

Substitutive Beziehungen in der Wohnungsnachfrage

Andere Wohngebäudetypen

Einfamilienhäuser

[...]

Wohneigentumsentscheidung

Miete

Einflussgrößen

Wohneigentum

simulatner Entscheidungsvorgang

Wechselwirkungen

Absolute Nachfrage

Einflussgrößen

[...]

5.2.4 • Relatives Preisgefüge:

Altbestandsnachfrage

- Angebotsstruktur: Bestandsstruktur, Neubau-aktivitäten - Marktspannung: Angebotsüberhang, Entwicklung der absoluten Nachfrage, Angebotsausweisung - Direkte Effekte: über Leerstand - Markteffekte: Filtering-Prozesse

Neubau

Bestandsobjekt

[...]

Abbildung 5.14: Einordnung der »Regionalen Determinanten der Nachfrage nach Bestandsimmobilien« in die Übersicht der Entscheidungsebenen der relativen Nachfrage

lienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre sind deutlich homogener. Den stärksten Einfluss nimmt hier die Veränderung der Wohnbaufläche mit etwa 38 % ein. Danach folgen mit jeweils etwa 25 % die Angebotsstruktur und die Leerstandsquote. Das macht deutlich, dass ein bestehender Angebotsüberhang einen relativ größeren Effekt besitzt und die Angebotsseite einen hohe Bedeutung einnimmt. (B) Bildung eines regionalen Risikoindikators Die relativen Einflüsse, die mittels der LMG-Methode auf Basis einer multivariaten Schätzung bestimmt wurden, können im Folgenden zur Gewichtung von kommunalen Einflussgrößen bei der Bildung eines Risikoindikators verwendet werden. Die Ableitung generalisierter Zusammenhänge erlaubt bei der Bildung eines Risikoindikators auch die räumliche Erweiterung und Verfeinerung, etwa die Hinzunahme von Einflussgrößen auf kleinräumiger Ebene. Wird zur Ableitung der Zusammenhänge lediglich die regionale Struktur im vorhandenen

146

Relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern

29%

26%

Anteil EFH 1950er- bis 1970er-Jahre

Neubaufläche Bevölkerunsgentwicklung

5% Anteil Bevölkerung >65

20%

Leerstandquote EFH

20%

Abbildung 5.15: Relative Einflüsse der regionalen Determinanten auf die preislichen Abschläge für ältere Einfamilienhäuser (gebaut vor 1950 und zwischen 1950 bis 1970)

Objektdatensatz verwendet, so kann im Folgenden die Struktur des gesamten Wohnungsbestandes an Einfamilienhäusern auf kommunaler Ebene herangezogen werden. Dies ist wichtig, um vor allem zukünige Entwicklungen im Angebot abzuschätzen. Zur Bildung des Indikators werden Daten auf Gemeindeebene verwendet. Die Daten zur Bestandsstruktur und zum Leerstand sind dabei dem Mikrozensus-Datensatz entnommen.⁷⁶ Bei dem Indikator handelt es sich um einen relativen Risikoindikator, das heißt, dass der Indikator einer Gemeinde im Verhältnis zu den Indikatoren anderer Gemeinden bestimmt wird. Die Abbildung 5.16 stellt den Indikator auf Gemeindeebene für das Bundesland Niedersachsen graphisch dar. Dabei ist der Indikator in den Regionen um die Metrolpolregion Hamburg am niedrigsten; das betri vor allem die Kreise Stade, Harburg und Lüneburg, entlang der Achse Oldenburg-Cloppenburg, in der Region Hannover sowie in den Regionen Wolfsburg, Braunschweig und Göttingen. Hohe Werte liegen insgesamt vor allem im Süd-Osten Niedersachsens (an der Grenze zu Nordrhein-Westfalen) sowie entlang der West-Ost-Linie von Nienburg (Weser) bis nach Lüchow-Dannenberg an der Grenze zu Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Insgesamt weisen die einzelnen Kreise teilweise aber auch starke Unterschiede auf; so besitzen beispielsweise die Gemeinden in Stade in der Nähe zu Hamburg niedrige Werte, während die Gemeinden, die weiter im Norden liegen, höhere Werte aufweisen.

76 Informationen zum Mikrozensus: www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaStaat /Bevoelkerung/Mikrozensus.html

Empirische Untersuchung: Relative Nachfrage

147

1 2 3 4 5 6 7 8

Abbildung 5.16: Indikator auf Gemeindeebene für das Bundesland Niedersachsen (Gemeinden mit fehlenden Werten sind nicht berücksichtigt)

6 Verwendung der Indikatoren im Risikoscoring

Im Folgenden wird die Eingliederung und Verknüpfung der abgeleiteten Indikatoren der Nachfrage innerhalb eines simplen Risikoscorings beschrieben. Dabei wird anhand der regionalspezifischen Determinanten des absoluten Indikators sowie anhand der kommunalen Variablen des relativen Indikators ein relativer Referenzrahmen zur Bewertung des Risikos einzelner Einfamilienhäusern formuliert. Durch das Zusammenführen der verschiedenen Betrachtungsebenen werden neben den horizontalen auch vertikale Zusammenhänge berücksichtigt, wie beispielsweise der Einfluss regionaler Determinanten des Wohnungsmarktes auf die lokale Nachfrage nach speziellen Bestandstypen. Die Risiko-Indikatoren unterliegen allerdings verschiedenen Einschränkungen in der Interpretation: – Bei dem gesetzten Risikorahmen handelt es sich lediglich um ein relatives Konstrukt, das heißt das Risiko wird jeweils nur in Bezug zu anderen Objekten, Gemeinden und Regionen gesetzt. – Des Weiteren basiert das Scoring bezüglich der relativen Nachfrage auf Preisdynamiken, die sich nur unter bestimmten Annahmen auch auf tatsächliche Nachnutzungsrisiken übertragen lassen. Das tatsächliche Risiko kann nicht beurteilt werden, da Informationen darüber fehlen, welche Objekte tatsächlich nicht mehr nachgenutzt werden. Darüber hinaus fehlen Informationen zu substitutiven Beziehungen zwischen einzelnen Wohnformen, die tatsächliche Aussagen über ausbleibende Nachnutzung von Einfamilienhäusern schwierig machen.⁷⁷ Wenn über die Einschätzung eines relativen Risikos ein tatsächliches Risiko bestimmt werden soll, muss der Referenzrahmen entlang entsprechender Informationen zu ausbleibender Nachnutzung angepasst werden. Während unsystematische Risikogrößen in die obige Klassifizierung aufgenommen werden und die Positionierung innerhalb des relativen Referenzsystems bestimmen, so führen Veränderungen in den systematischen Größen zu Verschiebungen des ganzen Referenzsystems. Beispielsweise führen Veränderungen bei 77 Siehe hierzu kritische Schlussfolgerungen und Ausblick in Kapitel 7.

Objekt

Risikoklasse 1

Verwendung der Indikatoren im Risikoscoring

Objekt

Risikoklasse 2

Standort

Standort

Niedrigstes Risiko

Objekt

Risikoklasse N

...

Regionale Risikoklassifizierung: Absolute Nachfrage

150

Standort

Höchstes Risiko

Abbildung 6.1: Indikator absolute Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre

den Baukosten für Einfamilienhäuser zu veränderten Nachnutzungsrisiken aller Einfamilienhäuser, ohne dass sich der relative Referenzrahmen ändert. Dementsprechend spielen die unsystematischen Risikogrößen eine Rolle bei der Bestimmung des tatsächlichen Risikos, während das relative Risiko durch Veränderungen in den unsystematischen Größen unberücksichtigt bleibt.

6.1 Darstellung eines Risikoscorings (A) Regionale Klassifizierung: Absolute Nachfrage Die erste Ebene des Risikoscorings wird durch die regionale Klassifizierung der absoluten Nachfrage dargestellt. Dieser Indikator stellt eine übergeordnete Kenngröße dar, die das relative Risiko von Änderungen in der quantitativen Nachfrage darstellt. Es gehen dabei auch die regionalspezifischen Größen des Kapitels 4 in die Risiko-Klassifizierung ein. In der Abbildung 6.1 ist die Klassifizierung graphisch dargestellt. Hierbei ist das Risiko entlang des abgeleiteten Indikators in N Risikoklassen eingeteilt worden. Dabei stellt die Risikoklasse 1 die Gruppe mit dem niedrigsten relativen Risiko hinsichtlich der absoluten Nachfrage dar. Die Granularität, das heißt die Anzahl der Untergliederungen, der Risikoklassifizierung kann dabei individuell angepasst werden und ist nach oben nur durch die maximale Anzahl an Beobachtungsräumen beschränkt.

151

Objekt

Objekt

Risikoklasse 1

...

Objekt

Standort

...

Objekt

Risikoklasse 2

Standort

Standort (i)

Standort

...

Standort

Risikoklasse 1

Niedrigstes Risiko

Objekt

...

Objekt

Risikoklasse N

...

Regionale Risikoklassifizierung: Absolute Nachfrage

Darstellung eines Risikoscorings

Standort

Höchstes Risiko

Risikoklasse M

Kommunale Risikoklassifizierung: Relative Nachfrage

Abbildung 6.2: Indikator relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre

(B) Kommunale Klassifizierung: Relative Nachfrage Der Indikator der relativen Ebene, der sich aus kommunalen Indikatoren zusammensetzt, stellt die zweite Ebene des Risikoscorings dar. Dazu werden im vorliegenden exemplarischen Fall, analog zur vertikalen Gliederung, M Risikoklassen entlang des Indikators der relativen Nachfrage gebildet. Der Indikator ergänzt auf horizontaler Ebene die obere Risikoeinordnung und beschreibt den Einfluss kommunaler Determinanten auf die allgemeine Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre. Dieser Indikator abstrahiert von individuellen Unterschieden in Objekt- und Standorteigenschaen. Die Abbildung 6.2 stellt das erweiterte Risikoscoring graphisch dar. Das höchste allgemeine relative Risiko findet sich in dem Koordinatenursprung wieder, während das geringste relative Risiko im rechten oberen Bereich des Koordinatensystems vorliegt. (C) Regionale Skalierung der Risiken bezüglich lokalen Standort und Objekteigenschaen Die dritte Ebene beschreibt die regionalspezifische Risikoskalierung der Eigenschaen des Mikrostandorts und der Objekteigenschaen. In diesem Schritt wird die Referenzierung der Bedeutung dieser Eigenschaen innerhalb des Risikoscoring-Rahmens festgelegt. Dies ist notwendig, da signifikante Unterschiede zwischen regionalen Wohnungsmärkten, beispielsweise in Bezug auf die Bevölkerungsdichte, vorliegen.

152

Objekt

Standort

...

Objekt (i)

(i) Objekt

Risikoklasse 2

Standort

Standort (i)

Standort

Standort

Objekt

Objekt

...

Risikoklasse 1

Cluster i (𝑁1 *𝒃𝟏,𝒊, ... , 𝑁𝑛 *𝒃𝒏,𝒊 )

...

Risikoklasse N

Bedeutung Mikrostandort und Objekteigenschaften Gruppierung nach regionaler Marktstruktur

Objekt

Risikoklasse 1

...

...

Regionale Risikoklassifizierung: Absolute Nachfrage

Verwendung der Indikatoren im Risikoscoring

Niedrigstes Risiko

Standort

Höchstes Risiko

Risikoklasse M

Kommunale Risikoklassifizierung: Relative Nachfrage

Abbildung 6.3: Regionale Skalierung spezieller Nachfragerisiken bezüglich Objekt- und Standorteigenschaen

Hierzu werden die regionalen Wohnungsmärkte anhand ihrer Eigenschaen verschiedenen Clustern zugeordnet. Im Beispiel sind das die Kriterien Bevölkerungsdichte und Bevölkerungsentwicklung. Die einzelnen Cluster (1 · · · j) weisen dabei eine individuelle Bewertung (bi,j ) der Bedeutung der Standort- und Objekteigenschaen (Ni ) auf. Diese clusterspezifische Risikoskalierung ermöglicht damit eine regionalspezifische Anpassung des Referenzsystems (inneres Koordinatensystem im Risikoscoring). In der Abbildung 6.3 ist die Erweiterung im dargestellten Risikoscoring dargestellt. Innerhalb dieser Klassifizierung können einzelne Objekte oder ganze Nachbarschaen hinsichtlich des Risikos eines »starken Preisverfalls« und einer »ausbleibenden« Nachnutzung unter Betrachtung des restlichen Angebotes eingeordnet werden. Diese Einordnung kann durch eine individuelle Bewertung der lokalen Objekt- und Standorteigenschaen ersetzt werden.

6.2 Anwendungsbeispiel Die Anwendung des beschriebenen Scoringsystems wird im Folgenden anhand von Beispielen beschrieben. Hierzu werden vier niedersächsische Städte mit unterschiedlichen regionalen und kommunalen wohnungsmarktspezifischen Eigenschaen herangezogen. Sie unterscheiden sich insbesondere in ihrer Bevölkerungsentwicklung und der räumlichen Verdichtung. Die Lage der betrachteten

153

Anwendungsbeispiel

Städte Meppen, Lüneburg, Garbsen und Salzgitter ist in Abbildung 6.5 dargestellt. (A) Regionale Klassifizierung: Absolute Nachfrage

Risikoklasse 2 Risikoklasse 3 Risikoklasse 4

Lüneburg (Kreis Lüneburg) Preis (qm) EFH 2011: 1.574 Verf. Einkommen 2013: 18.653 Bev.entwicklung 12-14: 0,07 % Besch. tert. Sektor 2013: 71 %

Garbsen (LK Hannover) Preis (qm) EFH 2011: 1.602 Verf. Einkommen 2013: 19.475 Bev.entwicklung 12-14: 1,36 % Besch. tert. Sektor 2013: 74 % Meppen (Emsland) Preis (qm) EFH 2011: 1.263 Verf. Einkommen 2013: 18.863 Bev.entwicklung 12-14: 0,91 % Besch. tert. Sektor 2013: 51 %

Risikoklasse 5 Risikoklasse 6

Regionale Risikoklassifizierung: Absolute Nachfrage

Risikoklasse 1

Die horizontale Einordnung der regionalen absoluten Nachfrage über die Charakterisierung der Kreise, zu denen die einzelnen Städte gehören, kann der Abbildung 6.4 entnommen werden.⁷⁸ Zur Einordnung in Risikoklassen wird eine Einteilung in sechs Klassifizierungsstufen, die zu Darstellungszwecken angemessen erscheint, gewählt. Die einzelnen Regionen weisen eine starke Heterogenität auf und sind entsprechend unterschiedlich eingeordnet. Während die regionalen Eigenschaen des Kreis Lüneburg scheinbar eine besonderes hohe Attraktivität auf die relevanten Alterskohorten (potentielle Nachfrage) ausübt und damit in eine sehr niedrige Risikoklasse bezüglich regionalspezifischer (unsystematischer) Risikogrößen eingeordnet werden kann, fällt beispielsweise der Kreis Salzgitter stärker ab. Dieser weist innerhalb der Beispielstädte das höchste relative Risiko in der absoluten Nachfrage auf. Die beiden weiteren Kreise, Garbsen (Landkreis Hannover) und Meppen (Emsland), finden sich im oberen Mittelfeld.

Salzgitter Preis (qm) EFH 2011: 1.343 Verf. Einkommen 2013: 18.524 Bev.entwicklung 12-14: 0,88 % Besch. tert. Sektor 2013: 35 %

Niedrigstes Risiko Niedrigstes Risiko

Höchstes Risiko Höchstes Risiko

Abbildung 6.4: Indikator absolute Nachfrage im Anwendungsbeispiel 78 Zur Ergänzung der Einordnung werden hier einige Kenngrößen bezüglich relevanter Variablen mit aufgeführt.

154

Verwendung der Indikatoren im Risikoscoring

(B) Kommunale Klassifizierung: Relatives Nachnutzungsrisiko Die Abbildung 6.5 ordnet die Beispielstädte in die Risikoklassifizierung auf kommunaler Ebene ein. Die Klassifizierung erfolgt dabei über acht Abstufungen, die in der Abbildung durch farbliche Unterschiede kenntlich gemacht sind.⁷⁹ Das geringste Risiko auf kommunaler Ebene weist ebenfalls Lüneburg auf. Meppen findet sich im oberen Mittelfeld wieder, während Garbsen und Salzgitter eher im unteren Mittelfeld eingeordnet sind. Das geringe Risiko in Lüneburg lässt sich vor allem auf eine positive Bevölkerungsentwicklung und einen relativ geringen durchschnittlichen Alterskoeffizienten zurückführen. Meppen zeichnet sich vor allem durch einen geringen Leerstand bei hohem Anteil von Ein- und Zweifamilienhäusern am Gesamtbestand aus. Garbsen weist ein höheres relatives Risiko auf, da hier ein sehr hoher Anteil an Ein- und Zweifamilienhäusern am Gesamtbestand, vor allen aus den Baudekaden der 1950er- bis 1970er Jahre, auf eine rückläufige Bevölkerungsentwicklung sowie einen relativ hohen Alterskoeffizienten tri. Das erhöhte Risiko in Salzgitter lässt sich im Vergleich dazu auf einen bereits stark erhöhten Leerstand bei Einfamilienhäusern zurückführen. Die Abbildung 6.5 fügt der regionalen Einordnung die Einschätzung des relativen Risikos auf Basis kommunaler Determinanten hinzu. Diese entspricht der horizontalen Ebene des Koordinatensystems im Risikoscoring. Die Abbildung 6.6 fasst beide Indikatoren in einer Abbildung zusammen. Die Anpassung der inneren Referenzierung der individuellen Eigenschaen (innere Koordinatensysteme) erfolgt im nächsten Schritt. (C) Regionale Skalierung der Risiken bezüglich lokalen Standort und Objekteigenschaen Die regionale Skalierung der Risiken erfolgt hier beispielha nach identifizierten Bewertungsclustern, die sich entlang der Bevölkerungsentwicklung und -dichte gliedern. Die Granularität der Clusterbildung lässt sich von den hier sechs gewählten Gruppen individuell erweitern. Die clusterspezifische Bewertung beschreibt dann, inwieweit einzelne objekt- oder standortspezifische Eigenschaen bei einer individuellen Bewertung berücksichtigt werden müssen. Die Berücksichtigung regionalspezifischer Unterschiede führt dazu, dass sich das Risiko ein und derselben Immobilie, die sich in zwei verschiedenen Regionen befinden, nicht nur durch die regionalspezifische Einordnung des allgemeinen Risikos (regionale und kommunale Ebene) unterscheidet, sondern auch die Mikroeigenschaen der Immobilien regionalspezifisch bewertet werden. Eine Einordnung in sechs verschiedene Cluster kann der Abbildung 6.7 entnommen werden. 79 Wesentliche kommunale Kenngrößen sind in der Abbildung ebenfalls aufgeführt.

155

Anwendungsbeispiel Meppen Veränderung Neubaufläche: 0,94 % Bevölkerungsentwicklung: -0,89 % Anteil Gebäude 1950-70: 47 % Anteil Ein-Zwei-FH: 89 % Leerstand: 1,38 % Bevölkerung > 60 Jahre: 26,2 %

Lüneburg Veränderung Neubaufläche: 2,98 % Bevölkerungsentwicklung: 0,07 % Anteil Gebäude 1950-70: 44 % Anteil Ein-Zwei-FH: 61 % Leerstand: 2,14 % Bevölkerung > 60 Jahre: 23,7 %

Garbsen Veränderung Neubaufläche: 0,96 % Bevölkerungsentwicklung: -3,29 % Anteil Gebäude 1950-70: 49 % Anteil Ein-Zwei-FH: 80 % Leerstand: 2,5 % Bevölkerung > 60 Jahre: 29,9

Salzgitter Veränderung Neubaufläche: 1,36 % Bevölkerungsentwicklung: -5,22 % Anteil Gebäude 1950-70: 46 % Anteil Ein-Zwei-FH: 56 % Leerstand: 10 % Bevölkerung > 60 Jahre: 30,5 %

Risikoklasse 1

Cluster 4

Risikoklasse 2

Lüneburg

Meppen

Risikoklasse 5

Cluster 4

Risikoklasse 4

Cluster 6

Risikoklasse 3

Garbsen

Salzgitter

Niedrigstes Risiko

Cluster 1

Risikoklasse 6

Regionale Risikoklassifizierung: Absolute Nachfrage

Abbildung 6.5: Indikator relative Nachfrage im Anwendungsbeispiel

Höchstes Risiko

Risikoklasse 8

Risikoklasse 7

Risikoklasse 6

Risikoklasse 5

Risikoklasse 4

Risikoklasse 3

Risikoklasse 2

Risikoklasse 1

Kommunale Risikoklassifizierung: Relative Nachfrage

Abbildung 6.6: Zusammenfassung der Indikatoren der relativen und absoluten Nachfrage im Anwendungsbeispiel

156

Verwendung der Indikatoren im Risikoscoring

Meppen: sehr ländlich und wachsend, Salzgitter: urban und stark schrumpfend    

Salzgitter mit höherer Bedeutung der Objektqualität Meppen mit höherer Bedeutung der indirekten Lagequalität Meppen mit höherer Bedeutung der Austattung Salzgitter mit höherer Bedeutung der direkten Lageeffekte

Abbildung 6.7: Risiken der speziellen Nachfrage im Anwendungsbeispiel (Meppen/Salzgitter)

Um Unterschiede in der Bewertung des Risikos einzelner objekt- und standortspezifischer Eigenschaen beispielha zu verdeutlichen, werden im Folgenden Unterschiede zwischen Meppen und Salzgitter beschrieben. Beide Städte finden sich in unterschiedlichen Clustern wieder, da Meppen sehr ländlich geprägt ist, aber eine wachsende Tendenz in der Bevölkerung aufweist. Salzgitter dagegen weist eine höhere Bevölkerungsdichte und eine stark schrumpfende Entwicklung der Bevölkerung auf. Ausgehend von diesen Unterschieden ergeben sich folgende Unterschiede in der Bedeutung von Mikrostandort und Objekteigenschaen: Salzgitter weist im Vergleich zu Meppen eine höhere Bedeutung für die Objektqualität⁸⁰ auf. Ein größerer Angebotsüberhang führt zu stärkerer Auslese des Angebots, der in hohem Leerstand mündet. Dementsprechend weisen Objekte mit schlechter struktureller Qualität unter diesen wohnungsmarktspezifischen Rahmenbedingungen ein höheres Risiko auf. Das Cluster von Meppen weist dagegen eine höhere Bedeutung der Ausstattungseigenschaen auf. Während Meppen eine höhere Bedeutung der indirekten Lageeffekte (Bewertung der Nachbarscha) aufweist, liegt in Salzgitter eine höhere Bedeutung der direkten Lageeffekte vor.

80 Zugehörige Variablen der Objektqualität sowie verschiedene Standortfaktoren können den Tabellen in Abschnitt 5.2 entnommen werden.

7 Zusammenfassung und Ausblick

Das abschließende Kapitel fasst die wichtigsten Ergebnisse im Kontext des Nachnutzungsproblems der Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre und der primären Untersuchungsziele zusammen. Darüber hinaus werden die aggregierten Risikoeinschätzungen dargestellt und es wird küniger Forschungsbedarf aufgezeigt.

7.1 Nachnutzungsproblem und Untersuchungsziel Der Wohnungsbestand der Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre ist am Ende des ersten Lebenszyklus angekommen und befindet sich zur Zeit in bzw. vor der Phase der Nachnutzung und Weiterentwicklung. Die Bestandsobjekte sind dabei vor allem durch einen erhöhten Modernisierungsbedarf gekennzeichnet. Die vielen Einfamilienhäuser, die im Zuge eines Generationenwechsels aktuell und in den nächsten Jahren als Wohnungsangebot am Markt aureten werden, sehen sich allerdings mit einer Nachfragerstrukur konfrontiert, die sich seit der Errichtung dieses Wohnungsbestandes grundlegend verändert hat. Sie ist gekennzeichnet durch – eine demographische Alterung bei rückläufiger natürlicher Bevölkerungsentwicklung, – eine Bevölkerungskonzentration in sogenannten Schwarmstädten aufgrund der zunehmenden Bedeutung wissensintensiver Beschäigung und agglomerativer Effekte, – eine steigende Nachfrage jüngerer und älterer Alterskohorten nach urbanen Wohnformen. Beides zusammengenommen – die Angebotserhöhung in dem Marktsegment und die Verschiebungen in der Nachfragerstruktur – bergen die Gefahr einer ausbleibenden Nachnutzung der Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre.

158

Zusammenfassung und Ausblick

Vor diesem Hintergrund analysiert die vorliegende Studie die Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre. Im Vergleich zu bisherigen Untersuchungen stehen dabei distributive und wohnungsmarktspezifische Einflüsse, die die Nachfrage nach Bestandsimmobilien im Allgemeinen und Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre im Speziellen betreffen, im Vordergrund. Besondere Aufmerksamkeit wird den lokalen Effekten, die mit zunehmendem Angebotsüberhang aufgrund absoluter und struktureller Veränderungen in der Bevölkerungsentwicklung einhergehen, gewidmet. Die primären Untersuchungsziele sind: 1. Darstellung der Entscheidungsebenen und Zuordnung der dazugehörigen ökonomischen Einflussgrößen der Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre. 2. Empirische Untersuchung der Einflüsse und Zusammenhänge der Nachfragedeterminanten sowie Quantifizierung dieser Einflussgrößen und Aggregation zu Risikoindikatoren.

7.2 Determinanten der absoluten und relativen Nachfrage nach Einfamilienhäusern Die Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre stellt eine spezielle Wohnungsnachfrage dar, die eine stärkere Differenzierung der Nachfrage nach Nachfragergruppen, insbesondere aber Entscheidungsebenen und Einflussgrößen, erforderlich macht. Wir unterscheiden dabei im Wesentlichen zwei Ebenen: absolute und relative Nachfrage. – Die absolute Nachfrage beschreibt die Veränderung der Zahl an Haushalten auf regionaler Ebene, die potentielle Nachfrager von Einfamilienhäusern darstellen. Bei den potentiellen Nachfragern handelt es sich insbesondere um Familienhaushalte oder Haushalte im Familiengründungsalter, da aufgrund der Zuschnitte, fehlender Barrierefreiheit und lokaler Lageeigenschaen diese Objekte o nicht den Bedürfnissen jüngerer und/oder älterer Haushalte entsprechen. Da es selbst bei zunehmender absoluter Zahl an Haushalten, aber gleichzeitig steigender Alterung der Bevölkerung, zu einer abnehmenden Nachfrage nach Einfamilienhäusern kommen kann, sind Veränderungen in den Haushaltszahlen dieser hier relevanten Bevölkerungskohorten von Bedeutung. Die absolute Veränderung der Nachfrage nach Einfamilienhäusern wird damit auf verschiedenen Ebenen von Größen- und Struktureffekten beeinflusst. Diese Einflussgrößen sind in den Abbildungen 7.1 und 7.2 zusammenfassend dargestellt.

Determinanten der absoluten und relativen Nachfrage nach Einfamilienhäusern Determinanten • • •

159

Determinanten •

Urbanisierungstendenzen Präferenzen für bestimmte Austattungsmerkmale, Wohngebäude Heterogenität über Alterskohorten

Sinkende Geburtenraten und zunehmende Alterung verändern die Bevölkerungsstruktur – Haushaltsbildung Steigende Wohnkosten führen zu steigenden Haushaltsgrößen



Entscheidungsebenen Absolute Nachfrage Regionale Natürliche Binnenwanderung Bevölkerungsentwicklung Wohnpräferenzen

Internationale Migration

Haushaltsbildung

Relative Nachfrage Wohneigentumsentscheidung Nachfrage nach Bestandsimmobilien: Mikrostandort, Qualität und Ausstattung

Abbildung 7.1: Regionalunspezifische Determinanten der absoluten Nachfrage

Determinanten

Determinanten •

• •

Arbeitsmarkt - Erwerbsaussichten und - Einkommen - Branchenstruktur • Regionale Annehmlichkeiten • Wohnkosten • Soziale Bindungen

Einfluss auf absolute Nachfrage Verteilung erfolgt über gleiche Prinzipien wie die regionale Binnenwanderung

Entscheidungsebenen Absolute Nachfrage Nachfrage Absolute Regionale Natürliche Regionale Natürliche Binnenwanderung Bevölkerungsentwicklung Bevölkerungsentwicklung Binnenwanderung Wohnpräferenzen Wohnpräferenzen

Internationale Internationale Migration Migration

Haushaltsbildung Haushaltsbildung

Relative Nachfrage Nachfrage Relative WohneigentumsWohneigentumsentscheidung entscheidung

o o

Nachfrage nach Nachfrage nach Bestandsimmobilien: Bestandsimmobilien: Mikrostandort Qualität und Qualität und Ausstattung Ausstattung

Einflüsse variieren mit Präferenzen: Heterogenität über den Lebenszyklus Wechselwirkungen (Räumliches Gleichgewicht)

Abbildung 7.2: Regionalspezifische Determinanten der absoluten Nachfrage

160

Zusammenfassung und Ausblick

– Die relative Nachfrage nach Einfamilienhäusern beschreibt den Anteil der Haushalte, der auf lokaler Ebene nicht nur Wohneigentum, sondern auch Einfamilienhäuser aus dem Altbestand nachfragt.⁸¹ Die relative Nachfrage stellt damit das aggregierte Ergebnis mehrerer simultaner Entscheidungsprozesse, die sich auf eine Vielzahl von Einflussfaktoren zurückführen lassen, dar. Diese hängen zudem von substitutiven Nachfragebeziehungen ab, die durch lokale Preisentwicklungen, d. h. wohnungsmarktspezifische Angebots- und Nachfragedeterminanten, beeinflusst werden. Die einzelnen Ebenen sowie die dazugehörigen Einflussgrößen sind in der Abbildung 7.3 zusammenfassend dargestellt. Des Weiteren können die Einflussgrößen nach der Spezifikation des Einflusses – systematisch und unsystematisch – unterschieden werden. Systematische Einflussgrößen sind Nachfragedeterminanten, die nicht regionalspezifisch sind und damit alle Teilmärkte des Wohnungsmarktes gleichermaßen betreffen. Da keine Daten über die Struktur des Leerstandes sowie Informationen über die Bestandshalter betroffener Einfamilienhausobjekte zur Verfügung stehen und sich damit keine tatsächlichen Nachnutzungsrisiken entlang der Nachfragegrößen ermitteln lassen, können hier nur relative Größen, die lediglich einen Vergleich von Regionen und Gemeinden erlauben, zur Risikoeinschätzung abgeleitet werden. Deshalb werden in den empirischen Analysen der Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre überwiegend unsystematische, das heißt regionalspezifische Einflussgrößen untersucht. Regionalunspezifische Einflussfaktoren sind damit auch für die empirische Analyse von untergeordneter Bedeutung.

7.3 Regionalspezifische Determinanten der Nachfrage nach Einfamilienhäusern (A) Absolute Nachfrage (a) Untersuchungsgegenstand Eine ausreichende absolute Nachfrage ist eine notwendige Bedingung für eine vollständige lokale Nachnutzung des Einfamilienhausaltbestandes und damit auch für alle nachgelagerten Nachfrageebenen relevant.⁸² Für die empirische Untersuchung der absoluten Nachfrage sind die regionalspezifischen Einflussgrößen 81 Aufgrund der unterrepräsentierten Zahl an Einfamilienhäusern am Mietwohnungsmarkt wird hier davon ausgegangen, dass die untersuchten Objekte im Wohneigentum gehalten werden. 82 Absolute Nachfrageentwicklungen stehen absoluten Veränderungen des Angebotes gegenüber. Veränderungen im Bestand unterliegen in der kurzen und mittelfristigen Sicht einigen Restriktionen, weshalb dieser häufig als unelastisch angenommen wird.

161

Regionalspezifische Determinanten der Nachfrage nach Einfamilienhäusern

Relative Nachfrage

Substitutive Beziehungen in der Wohnungsnachfrage



Preis Einfamilienhaus - Angebot/Nachfrage Preis andere Wohngebäudetypen - Angebot/Nachfrage • Wohnpräferenzen

Andere Wohngebäudetypen

Einfamilienhäuser

• • • • • • •

Verfügbares Einkommen Finanzierungskosten: Hypothekenzinsen usw. Finanzierungsbedingungen: Eigenkapitalanteil, Beleihungsgrenze usw. Opportunitätskosten Ausgestaltung Mietwohnungsmarkt Öffentliche Hand: Steuerliche Vorteile, Wohneigentumsförderung usw. Immobilienpreisentwicklung

Wohneigentumsentscheidung

Miete

Wohneigentum •

Relatives Preisgefüge:

[...] simulatner Entscheidungsvorgang



[...]

Altbestandsnachfrage

- Angebotsstruktur: Bestandsstruktur, Neubauaktivitäten - Marktspannung: Angebotsüberhang, Entwicklung der absoluten Nachfrage - Direkte Effekte: über Leerstand - Markteffekte: Filtering-Prozesse - Wohnpräferenzen - Kostenentwicklung: Neubaukosten, Instandhaltung ua. - Strukturelle Unterschiede in Eigenschaften & Standort - Relative Bedeutung von Objekteigenschaften & Standort

Neubau

Bestandsobjekt

[...]

Abbildung 7.3: Determinanten der relativen Nachfrage

von Bedeutung, da diese eine Beurteilung relativer Unterschiede einzelner regionaler Wohnungsmärkte ermöglichen. Das regionale Wanderungsverhalten ist die wichtigste regionalspezifische Einflussgröße der absoluten Nachfrage; sie ist damit vorrangig Gegenstand der empirischen Analyse. Andere Einflussgrößen wie Veränderungen in den Haushaltspräferenzen und bei der natürlichen Bevölkerungsentwicklung können ebenfalls regionalspezifisch sein. Regionale Unterschiede in den Geburtenraten sind aber möglicherweise irrelevant für die Nachfrage nach Einfamilienhäusern in diesen Regionen, da die jüngeren Alterskohorten eine zunehmende Mobilität aufweisen und Binnenwanderung diese Unterschiede auflöst.⁸³ Bei den Haushaltspräferenzen und Haushaltsbildungen kommt es ebenfalls zu regionalspezifischen Anpassungen; diese betreffen aber überwiegend die Markt83 Der Zusammenhang zwischen Geburtenraten und Wohnkosten ist im Allgemeinen und für Deutschland im Speziellen noch nicht ausreichend untersucht. Hier besteht somit weiterer Forschungsbedarf.

162

Zusammenfassung und Ausblick

situation mit Nachfrageüberhang, in der das Risiko ausbleibender Nachnutzung vernachlässigbar ist. (b) Methodik Zur Bestimmung der Einflüsse regionaler Binnenwanderung werden regionale Wanderungsbewegungen verschiedener Alterskohorten anhand eines ökonometrischen Panel-Modells und mittels regionalökonomischer Daten untersucht. Die deutschen Kreise stellen dabei die räumlichen Einheiten der Datenbasis dar. Dem empirischen Modell werden die Einflussgrößen eines räumlichen Gleichgewichtsmodells zugrunde gelegt: Regionen unterscheiden sich danach durch die nutzenstienden Güterbündel, die sie bereitstellen. Zu diesen Einflussgrößen zählen Arbeitsmarktgrößen, wie etwa die Beschäigungsaussichten und das erwartete Einkommen, regionale Annehmlichkeiten sowie die Wohnkosten. (c) Ergebnisse Für die Alterskohorten der potentiellen Nachfrager von Einfamilienhäusern lassen sich folgende Kernergebnisse ableiten: – Für das Wanderungsverhalten der Alterskohorte der 25- bis 30-Jährigen ist insbesondere die Arbeitsmarktstruktur maßgeblich. Hier zeigt sich, dass neben guten Beschäigungsaussichten ein hoher Anteil Erwerbstätiger im tertiären Sektor die Zuwanderung erhöht. Des Weiteren besitzt diese Alterskohorte eine hohe Präferenz für urbane Strukturen und Annehmlichkeiten (Räume mit hoher Bevölkerungsdichte). – Bei der Alterskohorte der 30- bis 50-Jährigen sind es hingegen vor allem gute Arbeitsmarktchancen, eine geringe Arbeitslosenquote und ein hohes regionales Einkommen, die die Wanderungsbewegungen determinieren. Darüber hinaus wird offensichtlich, dass nicht der unmittelbare urbane Raum, sondern die Peripherie von Ballungszentren bevorzugt wird. Dies lässt sich auf eine vergleichsweise hohe Wohnraumnachfrage in dieser Alterskohorte zurückführen. Neben der Beurteilung der Einflussnahme regionalspezifischer Größen auf das regionale Wanderungsverhalten können die abgeleiteten Elastizitäten auch dazu dienen, prognostizierte regionalspezifische Größen zu gewichten und zu einem Indikator zusammenzuführen. Dies kann für die Alterskohorten im Einzelnen oder für alle gemeinsam erfolgen (siehe Abschnitt 6).

Regionalspezifische Determinanten der Nachfrage nach Einfamilienhäusern

163

(B) Relative Nachfrage (a) Untersuchungsgegenstand Für eine Untersuchung der Einflussgrößen ausbleibender Nachnutzung sind auf lokaler Ebene detaillierte Daten über die lokale Leerstandsstruktur erforderlich, um Rückschlüsse auf die objekt- und standortspezifischen Eigenschaen von Objekten, die auch langfristig nicht mehr nachgefragt werden, ziehen zu können. Eine Aussage über anstehende Generationenwechsel und Nachnutzungstendenzen erfordert zudem die sozio-demographischen Informationen über die gegenwärtigen Bestandshalter. Diese Informationen sind nicht verfügbar bzw. zugänglich. Deshalb werden horizontale und vertikale Zusammenhänge der relativen Nachfrage anhand lokaler Zahlungsbereitschaen für Einfamilienhäuser der 1950erbis 1970er-Jahre auf Basis von Preisdaten sowie verfügbarer Regional- und Kommunaldaten untersucht. Die empirische Untersuchung basiert dabei auf der Filtering-eorie. Bei schrumpfender Nachfrage, aber kurz- bis mittelfristig unelastischem Wohnungsangebot kommt es zu einem Angebotsüberhang, der durch sinkende absolute Preise ein sogenanntes Upfiltering anstößt. Haushalte fragen in der Folge bei gleichbleibenden oder steigenden verfügbaren Einkommen eine höhere Wohnqualität nach. Dies führt zum einen zu Anpassungen in den relativen Preisen und zum anderen dazu, dass sich der Angebotsüberhang in Form von Leerständen entlang der Verteilung verschiebt. Bei ausreichender Homogenität der Nachfrager kommt es damit zu erhöhtem Leerstand im unteren Bereich der Verteilung und ausbleibender Nachnutzung von Altbestandsgebäuden mit geringer Funktionalität.⁸⁴ Der lokale Angebotsüberhang wird dabei nicht nur durch die Entwicklung der Nachfrage, das heißt die absolute Veränderung der Zahl potentieller Nachfrager, sondern auch durch die absolute Veränderung des Bestandes, etwa durch Neubau- und Abrissarbeiten sowie die Struktur der Angebots- und Nachfrageseite, beeinflusst. Demnach liegen auch hier Größen- und Struktureffekte vor. Da Immobilien im Allgemeinen und Einfamilienhäuser im Speziellen sehr heterogene Güter sind, hängt die Nachfrage nicht nur vom Baualter und der damit einhergehenden Obsoleszenz, der altersbedingten Abnutzung, sondern auch von den weiteren Eigenschaen dieser Immobilie ab. So unterliegen die Einfamilienhäuser einer Baudekade beispielsweise weiteren spezifischen Risiken, wenn sich die Eigenschaen dieser Gebäude systematisch von denen anderer Baual84 Darüber hinaus erfordert die Rigidität des Angebotes bei abnehmender Nachfrage eine Differenzierung der angebotsseitigen Struktur sowie substitutiver Nachfragebeziehungen zwischen einzelnen Wohnformen, um tatsächliche Nachnutzungstendenzen von Altbestandsimmobilien abzuschätzen. Neben den gestellten Annahmen werden substitutive Beziehungen zu anderen Wohnimmobilienformen, wie etwa Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern, nicht berücksichtigt. Siehe Ausblick, Abschnitt 7.5.

164

Zusammenfassung und Ausblick

tersdekaden unterscheiden. Bei der Nachfrage nach spezifischen Altbestandsgebäuden spielen damit Objekteigenschaen und auch lokale Standorteffekte eine Rolle. Aus diesem Grund wird neben der allgemeinen Nachfrage nach Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre auch der Zusammenhang zwischen Zahlungsbereitschaen für spezifische Attributseigenschaen und wohnungsmarktspezifischen Eigenschaen untersucht. (b) Methodik Zunächst werden die impliziten Preise, die als nachfrageseitige Zahlungsbereitschaen interpretiert werden können, unter der Verwendung hedonischer Methodik für einzelne regionale Wohnungsmärkte abgeleitet.⁸⁵ Als Datengrundlage dient das Bundesland Niedersachsen, das eine hohe räumliche Heterogenität bei den regionalen Wohnungsmarktmerkmalen aufweist und sich damit für eine Untersuchung anbietet. Die abgeleiteten mittleren Zahlungsbereitschaen für Einfamilienhäuser verschiedener Baualtersdekaden, dargestellt als relative Preisabschläge zu neugebauten Häusern, können als allgemeine Nachfrage nach Bestandsimmobilien innerhalb eines Wohnungsmarktes verstanden werden, da diese von anderen objekt- und standortspezifischen Eigenschaen abstrahieren. Um zu untersuchen, welche regionalen Determinanten auf diese Zahlungsbereitschaen einwirken, werden in einer weiteren Analyse die wohnungsmarktspezifischen Einflussfaktoren näher untersucht. Aufgrund starker Multikollinearität wird dabei die sogenannte LMG-Methode, die Korrelationen zwischen den Einflussfaktoren berücksichtigt und die relativen Bedeutungen der einzelnen Elastizitäten angibt, angewandt. (c) Ergebnisse: Allgemeine Nachfrage Die Untersuchung der regionalen Variation in den Zahlungsbereitschaen für Einfamilienhäuser der 1950er- bis 1970er-Jahre liefert folgende Ergebnisse: – Je größer der Angebotsüberhang, desto stärker sind die preislichen Abschläge für ältere Einfamilienhäuser. Neben der Leerstandsquote als direktem Maß wirken damit auch die regionale Bevölkerungsentwicklung sowie die Veränderung der Neubaufläche, die als Approximation für Angebotsveränderungen dient, auf das relative Preisgefüge eines regionalen Wohnungsmarktes. Diese Ergebnisse entsprechen den theoretischen Aussagen des Filtering-Modells, wonach die Nachfrage nach Objekten niedriger Qualität mit zunehmendem Angebotsüberhang stärker abnimmt. 85 Die Interpretation der impliziten Preise als Zahlungsbereitschaen der Nachfrage unterliegt einigen Annahmen und Restriktionen; siehe empirische Analyse, Abschnitt 5.2.

Regionalspezifische Determinanten der Nachfrage nach Einfamilienhäusern

165

– Es zeigt sich aber auch, dass die regionale Angebots- und Nachfragestruktur mit der Zahlungsbereitscha für ältere Einfamilienhäuser zusammenhängt. So erhöht beispielsweise ein größerer Anteil von Einfamilienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre am Gesamtbestand aller Ein- und Zweifamilienhäuser den preislichen Abschlag für diese Objekte. Die strukturellen Eigenschaen von Angebots- und Nachfrageseite sind damit gerade zur Untersuchung spezifischer Wohnungsnachfrage, wie hier von Einfamilienhäusern aus dem Altbestand, unabdingbar. Um die Ergebnisse auch für kleinräumige Standorte, für die keine ausreichende Anzahl an Angebotsdaten vorliegt, zu einem Indikator zu bündeln, werden die kleinräumigen Einflussfaktoren anhand der abgeleiteten relativen Bedeutungen gewichtet und zu einer Maßzahl verdichtet. Der Indikator spiegelt damit relative Unterschiede in der Nachfrage nach Altbestandsimmobilien, die auf regionale Eigenschaen des Marktes zurückzuführen und gänzlich unabhängig von anderen objekt- und standortspezifischen Einflüssen sind, wider. (d) Ergebnisse: Spezifische Nachfrage Neben der Zahlungsbereitscha für Einfamilienhäuser unterschiedlicher Baualtersgruppen weisen auch die impliziten Preise für andere Objekt- und Standorteigenschaen eine hohe regionale Heterogenität auf. Für die Stärke dieser Einflüsse lassen sich ebenfalls regionale Unterschiede vermuten, die letztlich für die Bewertung der speziellen Nachfrage nach Altbestandsgebäuden relevant sind. Diese Unterschiede in den relativen Bedeutungen können ebenfalls anhand der abgeleiteten Zahlungsbereitschaen für Objekt-, Ausstattungs- und Standorteigenschaen sowie anhand von wohnungsmarktspezifischen Größen, hier exemplarisch Bevölkerungsentwicklung und Bevölkerungsdichte, untersucht werden:⁸⁶ – Es zeigt sich beispielsweise, dass die Objektqualität in Wohnungsmärkten mit starkem Bevölkerungsrückgang wichtiger ist als in Wohnungsmärkten mit konstanter oder wachsender Bevölkerung. Die relative Bedeutung entspricht dabei dem Erklärungsgehalt der objektspezifischen Eigenscha an der gesamten erklärten Varianz der Preise. Während die Objektqualität in wachsenden Kreisen an Relevanz verliert, verhält es sich umgekehrt mit der Ausstattung und dem indirekten Lageeffekt einer Immobilie.⁸⁷ In Regionen mit einem starken Bevölkerungsrückgang trägt die indirekte Lage etwa 86 Wird keine spezifische Untersuchung einzelner Wohnungsmärkte durchgeführt, so können die abgeleiteten regionalen Cluster, siehe Abschnitt 6, sowie die verallgemeinerten Aussagen zu den Bedeutungen der Objekt- und Standorteffekte für eine erste Differenzierung herangezogen werden. 87 Direkte Lageeffekte bezeichnen unmittelbare Effekte, etwa hervorgerufen durch das Design oder den Modernisierungszustand umliegender Häuser, während indirekte Standorteffekte alle anderen Nachbarschaseffekte beinhalten.

166

Zusammenfassung und Ausblick

zu einem Viertel zur Erklärung des Preises bei, während in Regionen mit Bevölkerungswachstum ein Drittel des Preises durch die indirekte Lage erklärt wird. Anders verhält es sich beim direkten Lageeffekt. Dessen Einfluss nimmt mit positiver Bevölkerungsentwicklung zu. – Die Bedeutung der Objektqualität unterscheidet sich nicht zwischen Regionen unterschiedlicher Bevölkerungsdichte. Allerdings haben die indirekten Standorteffekte einen höheren Einfluss in stärker besiedelten Regionen. Dies bestätigt obige Ergebnisse und macht deutlich, dass sich Nachnutzungsrisiken einzelner Objekte in Regionen, die schrumpfen, aber eine unterschiedliche Siedlungsstruktur aufweisen, unterscheiden. Dies stärkt die Vermutung, dass die polyzentrischen Strukturen, die im stärker besiedelten Raum vorliegen und durch einzelne Stadtviertel mit eigenen Subzentren gekennzeichnet sind, anfälliger für räumlich konzentrierten Leerstand sind. Bei der empirischen Untersuchung einzelner Wohnungsmärkte zeigt sich zudem, dass Verzerrungen in den preislichen Abschlägen aureten, wenn nicht für räumliche Lageeffekte kontrolliert wird. Dies deutet auf systematische Zusammenhänge zwischen Baualter und Wohnstandorten hin. Jedoch ergibt sich kein einheitliches Bild, was auf eine hohe räumliche Heterogenität der beschriebenen Zusammenhänge zwischen einzelnen Nachbarschaen und der Gesamtentwicklung eines Wohnungsmarktes schließen lässt.⁸⁸

7.4 Risikoeinschätzung abnehmender Nachfrage anhand eines Scoringsystems Die abgeleiteten Indikatoren der Nachfrage können innerhalb eines einfachen Risikoscorings zusammengeführt werden.⁸⁹ Es handelt sich dabei um ein relatives Konstrukt, d. h. das Risiko kann jeweils nur in Bezug zu anderen Einfamilienhausobjekten, Gemeinden und Regionen betrachtet werden. Während unsystematische Risikogrößen in die obige Risikoklassifizierung aufgenommen werden und die Risikopositionierung innerhalb des relativen Referenzsystems bestimmen, führen Veränderungen in den systematischen Größen zu Verschiebungen des ganzen Referenzsystems. 88 Da die vorliegende Datenbasis eine kleine Stichprobe des tatsächlichen Bestandes darstellt, die nur eine geringe räumliche Informationsdichte aufweist, lassen sich spezifische lokale Wohnstandorteffekte nur schwer identifizieren. 89 Mit Risiko werden hier Veränderungen in der Nachfrage verstanden, die teilweise auf Preisdynamiken beruhen, die sich nur unter bestimmten Annahmen auch auf tatsächliche Nachnutzungsrisiken übertragen lassen. Wenn statt der relativen Risikogröße das tatsächliche Risiko bestimmt werden soll, dann muss der Referenzrahmen anhand entsprechender Informationen zu ausbleibender Nachnutzung, etwa über die Leerstandsstruktur, angepasst werden.

167

Risikoeinschätzung abnehmender Nachfrage anhand eines Scoringsystems

Standort

Bedeutung Mikrostandort und Objekteigenschaften

Standort

Objekt (i)

Objekt

Risikoklasse 2

(i)

...

Standort (i)

Standort

Standort

2

Objekt

Objekt

Risikoklasse N

...

Risikoklasse 1

Gruppierung nach regionaler Marktstruktur

Objekt

Objekt

Risikoklasse 1

3

Cluster i (𝑁1 *𝒃𝟏,𝒊, ... , 𝑁𝑛 *𝒃𝒏,𝒊 )

...

1

...

...

Regionale Risikoklassifizierung: Absolute Nachfrage

Das Scoringsystem ist in Abbildung 7.4 zusammenfassend dargestellt und folgendermaßen zu interpretieren: Das höchste allgemeine relative Risiko findet sich im Koordinatenursprung wieder, während das geringste relative Risiko im rechten oberen Bereich des Koordinatenursprungs zu finden ist. Die Granularität, das heißt die Anzahl der Untergliederungen der Risikoklassifizierung der einzelnen Ebenen, kann dabei individuell angepasst werden und ist nach oben nur durch die maximale Anzahl an Beobachtungsräumen (Kreisen oder Gemeinden) beschränkt. Das Scoringsystem wird in Abschnitt 6 beispielha anhand von vier niedersächsischen Städten mit unterschiedlichen regionalen und kommunalen wohnungsmarktspezifischen Eigenschaen angewendet. Die einzelnen Indikatoren lassen sich dem Scoringsystem dabei wie folgt zuordnen:

Niedrigstes Risiko

Standort

Höchstes Risiko

Risikoklasse M

Kommunale Risikoklassifizierung: Relative Nachfrage

Abbildung 7.4: Gesamtes Risikoscoringsystem mit allen Ebenen

1. Die vertikale Skalierung des Risikoscorings wird durch den Indikator der absoluten Nachfrage beschrieben. Dieser Indikator beschreibt das relative Risiko von absoluten Änderungen der Zahl potentieller Nachfrager und lässt sich auf die regionalspezifischen Einflussgrößen aus Abschnitt 4 zurückführen. 2. Der aggregierte Indikator der relativen Ebene, der sich aus kommunalen Einflussgrößen zusammensetzt, die mit den abgeleiteten Elastizitäten gewichtet werden, stellt die zweite Ebene des Risikoscorings dar und wird durch die horizontale Skalierung abgebildet. Der Indikator beschreibt den Einfluss kommunaler Merkmale auf die allgemeine Nachfrage nach Einfa-

168

Zusammenfassung und Ausblick

milienhäusern der 1950er- bis 1970er-Jahre. Dieser Indikator abstrahiert von individuellen Unterschieden bei Objekt- und Standorteigenschaen. 3. Die regionalspezifische Risikoskalierung der spezifischen Attributs- und Standorteigenschaen stellt die dritte Ebene im Risikoscoring dar. Da signifikante Unterschiede in den Bedeutungen bei den relativen Erklärungsgehalten dieser Eigenschaen an der lokalen Varianz in den Preisen zwischen einzelnen Wohnungsmärkten vorliegen, wird mit diesem Schritt die Referenzierung der Einflüsse dieser Größen im Risikoscoringsystem festgelegt. Hierzu werden die regionalen Wohnungsmärkte anhand ihrer Eigenschaen verschiedenen Clustern, die eine individuelle Bewertung (bi,j ) der Bedeutung der Standort- und Objekteigenschaen (Ni ) aufweisen, zugeordnet.⁹⁰ Die Referenzierung der Objekt- und Standorteigenschaen erfolgt dann über die Achsen des clusterspezifischen inneren Koordinatensystems. Innerhalb dieser Klassifizierung können einzelne Objekte oder ganze Nachbarschaen hinsichtlich des Risikos abnehmender Nachfrage und »starken Preisverfalls« eingeordnet werden. Diese Einordnung kann durch eine individuelle Bewertung der lokalen Objekt- und Standorteigenschaen ergänzt werden. Liegen beispielsweise Daten über die Leerstandsstruktur vor, so können diese dazu genutzt werden, die Referenzierung entlang der Eigenschaen, die auf eine erhöhte Wahrscheinlichkeit ausbleibender Nachnutzung hinweisen, auszurichten.

7.5 Ausblick Einfamilienhäuser der der 1950er- bis 1970er-Jahre lassen sich zwar aufgrund der Nachteile, was die Wohnflächenzuschnitte, Grundflächen, technische Ausstattung, Heizungssysteme und baulichen Zustände betri, im unteren Bereich der objektspezifischen Qualitätsverteilung ansiedeln, müssen jedoch bei zunehmenden Angebotsüberhang nicht zwingend einer ausbleibenden Nachnutzung ausgesetzt sein. Dies lässt sich zum einen darauf zurückführen, dass neben den objektspezifischen Eigenschaen auch die lokalen Standorteigenschaen ein wichtiges Entscheidungskriterium der Wohnungsnachfrage darstellen und diese omals keinen klaren Zusammenhang mit der Altersstruktur des Bestandes aufweisen. Zum anderen können Filtering-Prozesse dazu führen, dass bei abnehmender

90 Im Beispiel werden die Cluster anhand der Kriterien Bevölkerungsdichte und Bevölkerungsentwicklung gebildet. Mit weiteren Daten besteht vor allem hier das Potenzial weitere wohnungsmarktspezifische Eigenschaen, wie kleinräumige Standorteffekte, aufzunehmen.

Ausblick

169

Nachfrage Leerstand vermehrt bei anderen Wohnimmobilien wie z. B. Mehrfamilienhäusern auritt.⁹¹ Darüber hinaus sind aufgrund mangelnder Datenverfügbarkeit bisweilen auch empirische Untersuchungen undifferenzierter Wohnungsnachfrage mit großen Unsicherheiten behaet. So sind beispielsweise die Wohnungsbestände vielerorts nur unzureichend dokumentiert. Für eine Untersuchung der Einflussgrößen ausbleibender Nachnutzung sind zudem detaillierte Daten über die lokale Leerstandsstruktur erforderlich, d. h. objekt- und standortspezifische Daten der Wohngebäude, die über die kurze Frist hinaus leer stehen. Eine Aussage über anstehende Generationenwechsel und sich daraus ergebende Nachnutzungstendenzen erfordert außerdem sozio-demographische Informationen über die gegenwärtigen Bestandshalter. Aufgrund der beschriebenen Komplexität der Dynamiken in der Nachfrage gibt es keine wissenschalichen Arbeiten, sowohl theoretisch als empirisch, die die Wechselwirkungen in der Wohnungsnachfrage zwischen substitutiven Gütern, dies betri insbesondere verschiedene Wohngebäudetypen, und den Einfluss einzelner Determinanten untersuchen. Die Untersuchung dieser Zusammenhänge, vor allem bei Angebotsüberhang, sollte deshalb wesentlicher Bestandteil zuküniger Forschung sein.

91 So ist in Deutschland die Leerstandquote für Einfamilienhäuser geringer als diejenige für andere Wohnimmobilien.

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