Restitution und Kompensation bei Sachschäden [1 ed.] 9783428516650, 9783428116652

Restitution und Kompensation sind als verschiedene Konzepte für den Ersatz von Sachschäden allgemein anerkannt. Trotzdem

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Restitution und Kompensation bei Sachschäden [1 ed.]
 9783428516650, 9783428116652

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 320

Restitution und Kompensation bei Sachschäden Von Martin U. Kolbinger

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

MARTIN U. KOLBINGER

Restitution und Kompensation bei Sachschäden

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 320

Restitution und Kompensation bei Sachschäden Von Martin U. Kolbinger

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Passau hat diese Arbeit im Jahre 2004 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

D 739 Alle Rechte vorbehalten # 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Selignow Verlagsservice, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-11665-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der Universität Passau im Mai 2004 als Dissertation angenommen. Die theoretische Auseinandersetzung mit dem Gegenstand dieser Arbeit war begleitet von praktischen Erfahrungen: Zwei unverschuldete Verkehrsunfälle boten mir – glücklicherweise ebenfalls auf Sachschäden beschränkt – unfreiwillig Gelegenheit, die meisten der dargestellten Sachfragen auch in der Regulierungspraxis behandelt zu sehen. Die Arbeit wurde betreut durch meinen verehrten Doktorvater, Herrn Professor Dr. Johann Braun. Seine zahlreichen Anregungen waren ebenso wertvoll wie der große Freiraum, den er mir gewährt und den zu nutzen er gefordert hat. Für das Vertrauen, das er mir als Mitarbeiter seines Lehrstuhls seit den Anfangstagen meines Studiums entgegengebracht hat, und für das, was ich von ihm, nicht nur in fachlicher Hinsicht, lernen durfte, danke ich Herrn Professor Dr. Johann Braun von Herzen. Herrn Professor Dr. Ulrich Manthe für die äußerst rasche Erstellung des Zweitgutachtens und den Professoren der Juristischen Fakultät der Universität Passau für die engagierte Ausbildung, die ich täglich mehr zu schätzen lerne, vielen Dank! Unentbehrliche und unermüdliche Diskussionspartner fand ich in meinen Freunden und Kollegen Dr. Markus Brauer und Dr. Markus Buchner. In sehr angenehmer Erinnerung bleiben wird mir auch das hilfsbereite Miteinander aller Angehörigen des Lehrstuhls. Die freundliche Unterstützung beim Korrekturlesen dieser Arbeit ist dafür nur ein Beispiel. Besonderer Dank gebührt meinen Eltern für ihre bedingungslose Unterstützung und Kathleen, die mir vor allem durch die anstrengenderen Phasen der Bearbeitung geholfen hat. Ihnen widme ich diese Arbeit. Stuttgart, im September 2004

Martin U. Kolbinger

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

1. Kapitel Konzepte des Schadensersatzes

17

A. Unterscheidung zwischen Naturalersatz und Geldersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

B. Unterscheidung zwischen Restitution und Kompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

C. Schadensersatz in Geld nach dem BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

2. Kapitel Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung

37

A. Definition des tatsächlichen Interesses des Geschädigten als Herstellungsziel . . . . . .

37

B. Formulierung des tatsächlichen Sollzustandes durch den Geschädigten . . . . . . . . . . . . .

43

C. Vereinbarkeit der Ersatzbeschaffung mit § 249 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

D. Kriterien der Austauschbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

E. Ersatzbeschaffung bei Sachzerstörungen und § 249 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

F. Gerichtliche Durchsetzung eines Anspruchs auf Ersatzlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

G. Verhältnis zwischen Reparatur und Ersatzbeschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

H. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

3. Kapitel Bemessung des Schadensersatzes in Geld

76

A. Bemessung des Herstellungsanspruches in Geld nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB . . . . . . .

76

B. Bemessung des Kompensationsanspruches nach § 251 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

8

Inhaltsübersicht 4. Kapitel Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB

124

A. Normzweck des § 249 S. 2 BGB a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 B. Vergleich mit der Regulierung von Personenschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 C. Rahmen der Dispositionsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 D. Abweichen des tatsächlichen Reparaturaufwandes vom prognostizierten . . . . . . . . . . . . 154 E. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 F. Nicht anfängliche Unmöglichkeit der Naturalherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 G. Sog. fiktive Schadensberechnung oder Abrechnung auf Gutachtenbasis . . . . . . . . . . . . . 180 H. Exkurs: Vorschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

5. Kapitel Basis und Ausmaß der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 251 Abs. 2 BGB

197

A. Basis der Verhältnismäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 B. Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 C. Naturalherstellung durch Ersatzbeschaffung und § 251 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 D. Verhältnismäßigkeitsgrenze als Mindestschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

6. Kapitel Schadensersatz bei Berechtigung mehrerer Personen an einer Sache

211

A. Herstellung bei mehreren Berechtigten, insbesondere Eigentümer und Besitzer . . . . . 212 B. Kompensation bei mehreren Berechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

1. Kapitel Konzepte des Schadensersatzes

17

A. Unterscheidung zwischen Naturalersatz und Geldersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Naturalherstellung als naheliegendste Form des Schadensersatzes . . . . . . . . . . . . . 1. Vorteile der Naturalherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vollständiger und exakter wirtschaftlicher Ausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erfassung nicht bewertbarer (immateriell motivierter) Interessen . . . . . . . . 2. Nachteile der Naturalherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schadensersatz in Geld als Alternative zur Naturalherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . .

17 17 18 19 20 22 22

B. Unterscheidung zwischen Restitution und Kompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bemessung des Schadensersatzes durch Geldleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wirtschaftliche Abbildung der tatsächlichen Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wirtschaftliche Abbildung der Differenz zwischen tatsächlichen Zuständen 3. Deutung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23 24 24 25 27 28

C. Schadensersatz in Geld nach dem BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. § 251 Abs. 1 BGB: Unmöglichkeit der Naturalherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. § 249 Abs. 2 BGB: Beschädigung einer Sache oder Verletzung einer Person . . III. § 250 S. 2 BGB: Nichterbringung der Naturalherstellung trotz Fristsetzung . . . IV. § 251 Abs. 2 BGB: Ersetzungsbefugnis des Schädigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28 29 31 32 36 36

2. Kapitel Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung

37

A. Definition des tatsächlichen Interesses des Geschädigten als Herstellungsziel . . . . . . I. Herstellung oder Wiederherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vermutung einer faktischen Definition des Sollzustandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Utopie der Herstellung im faktischen Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Konsequenzen aus der Ungeeignetheit der faktischen Definition . . . . . . . . . . . . . . . V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37 38 38 39 40 43

B. Formulierung des tatsächlichen Sollzustandes durch den Geschädigten . . . . . . . . . . . . .

43

10

Inhaltsverzeichnis I. Wirtschaftliche Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Faktische Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Funktionale Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hintergrund der Idee einer funktionalen Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorheriger Zustand als Rahmen für das Geschädigteninteresse . . . . . . . . . . . . . . 3. Funktionale Herstellung ist vollständige Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44 45 50 50 53 55

C. Vereinbarkeit der Ersatzbeschaffung mit § 249 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

D. Kriterien der Austauschbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vertretbare oder Gattungssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unvertretbare Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Naturalrestitution durch Lieferung einer neuen (= neuwertigen) Sache . . . . . . . . 1. Verlangen durch den Geschädigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufdrängen durch den Schädiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59 59 60 61 61 62

E. Ersatzbeschaffung bei Sachzerstörungen und § 249 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

F. Gerichtliche Durchsetzung eines Anspruchs auf Ersatzlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bestimmtheit des Klageantrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Herausgabe eines vorhandenen Ersatzgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschaffung und Herausgabe eines Ersatzgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bewertungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66 66 66 66 68 69

G. Verhältnis zwischen Reparatur und Ersatzbeschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Nebeneinander mehrerer Arten der Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wahlschuldverhältnis als Folge des Nebeneinanders von Reparatur und Ersatzbeschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Prozessuale Folgen eines Wahlschuldverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Klageantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70 70

H. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

73 73 73 74

3. Kapitel Bemessung des Schadensersatzes in Geld A. Bemessung des Herstellungsanspruches in Geld nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB . . . . . . . I. Objektiver Herstellungsaufwand auf Seiten des Geschädigten . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Neben- und Folgekosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Auswahl unter mehreren tatsächlichen Bemessungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Parallele zu § 249 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wirtschaftlichkeitspostulat und Integritätszuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gestaltungsrecht des Geschädigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76 76 76 78 79 79 80 84 85

Inhaltsverzeichnis B. Bemessung des Kompensationsanspruches nach § 251 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bemessung nach dem Wiederbeschaffungswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzliches Problem der Orientierung am Wiederbeschaffungswert . . . . 2. Tatsächliche Möglichkeit der Wiederbeschaffung als Bedingung . . . . . . . . . . . . 3. Vermeidung von Folgeschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vermögen als Machtposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Bereitstellung von Mitteln zum funktionalen Ersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Berücksichtigung des Nutzungsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gebrauchswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wert des Nutzungspotentials als Teil des Interesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verlust der Gebrauchsmöglichkeit als Sachfolgeschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Risiko- und Zweithandzuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Wiederbeschaffungswert als bewertungstechnisches Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . 9. Wiederbeschaffungswert als Obergrenze des vollen Interesses . . . . . . . . . . . . . . 10.Wiederbeschaffungswert als Billigkeitsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bemessung nach dem Verkaufswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gemeiner Wert als untere Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erfassung der Veräußerungsbefugnis und -möglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erfassung des Gebrauchspotentials durch den Verkaufswert . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Autonom bestimmter Gebrauchswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abschreibung und Buchwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Individueller Gebrauchswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorfinanzierungskosten für die Reinvestition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Bemessung der Entschädigung unter Einbeziehung entgangenen Gewinns . . . . 1. Entgangene Gebrauchsvorteile als entgangener Gewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unternehmensbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Kompensation und Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Merkantiler und sonstiger Minderwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11 86 87 87 89 91 91 92 93 94 95 96 96 98 98 100 101 102 103 103 105 106 113 113 114 114 115 116 116 116 117 118 119 123

4. Kapitel Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB A. Normzweck des § 249 S. 2 BGB a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Organisationsverlagerung auf den Geschädigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Streitvermeidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abkehr von der tatsächlichen Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Änderung des tatsächlichen Interesses des Geschädigten aus Anlaß der Schädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grenzen der Änderung des tatsächlichen Interesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Dispositionsverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

124 126 127 128 129 129 131 131

12

Inhaltsverzeichnis b) Beschränkung der Dispositionsfreiheit auf Vermögensschäden . . . . . . . . . . . 131 c) Erweiterter Herstellungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

B. Vergleich mit der Regulierung von Personenschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 C. Rahmen der Dispositionsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Dispositionsfreiheit im Rahmen des Kompensationsbetrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Dispositionsfreiheit im Rahmen des Mindestherstellungsaufwandes . . . . . . . . . . . III. Umfang des Mindestaufwandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Neben- und Folgekosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Berücksichtigung der Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ersatz des Interimsschadens als Mindestherstellungsaufwand . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Praktische Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sonderfall: Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

137 137 140 142 142 146 147 151 151 151 153

D. Abweichen des tatsächlichen Reparaturaufwandes vom prognostizierten . . . . . . . . . . . . I. Niedrigerer angefallener Reparaturaufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Teilweise Naturalherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sparsame Naturalherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Höherer angefallener Reparaturaufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammentreffen beider Phänomene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

154 155 155 155 158 161

E. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 F. Nicht anfängliche Unmöglichkeit der Naturalherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Beurteilungszeitpunkt für die Möglichkeit der Naturalherstellung . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz: Herstellungsanspruch in Geld nur bei Fortbestand der Herstellungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausnahme: Unmöglichkeit der Naturalherstellung infolge Selbstvornahme . 3. Unmöglichkeit des Ersatzes des Interimsschadens durch Herstellung . . . . . . . 4. Zusammenfassung und prozessuale Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Eintritt der Unmöglichkeit vor der Schadensregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Eintritt der Unmöglichkeit nach der Schadensregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Leistung des Reparaturaufwandes als Vorschuß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Leistung des Herstellungsaufwandes zur freien Verfügung des Geschädigten IV. Unmöglichkeit durch Verfügung des Geschädigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Veräußerung der Sache vor der Schadensregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Veräußerung nach der Schadensregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Leistung des Reparaturaufwandes als Vorschuß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Leistung des Herstellungsaufwandes zur freien Verfügung des Geschädigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung und Vergleich mit der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Erklärung der Differenzierung bei Grundstücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Folgen des Eintritts der Unmöglichkeit einer Herstellung im Schadensersatzprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

162 163 163 164 165 166 166 167 167 168 169 170 171 171 171 174 175 177

Inhaltsverzeichnis

13

G. Sog. fiktive Schadensberechnung oder Abrechnung auf Gutachtenbasis . . . . . . . . . . . . . 180 H. Exkurs: Vorschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Existenz der Figur des Vorschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhaltliche Vorgaben für Vorschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Denkbare Konstruktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Trennung von Vorschuß- und endgültiger Schuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorschuß- und endgültige Schuld als Kontinuum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Auflösende Bedingung und gesetzliches Schuldverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zweckentsprechende Verwendung als rechtlicher Behaltensgrund . . . . . . . IV. Rückforderung des Vorschusses nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Aus dem Vorschußcharakter folgende Rechtskraftprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rückforderungsanspruch und entgegenstehende Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mögliche Auswirkungen einer entgegenstehenden Rechtskraft . . . . . . . . . . b) Erforderlichkeit und Vorliegen einer neuen Tatsache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ersichtlichkeit des Vorschußcharakters aus dem Tenor des Vorschußurteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nachforderung und entgegenstehende Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

180 180 182 183 184 184 185 186 188 189 189 190 191 193 194 195

5. Kapitel Basis und Ausmaß der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 251 Abs. 2 BGB A. Basis der Verhältnismäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verhältnismäßigkeit und Ersatz des Interimsschadens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnismäßigkeit und Eigenleistungen des Geschädigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Berücksichtigung von Restwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

197 197 199 201 203

B. Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 C. Naturalherstellung durch Ersatzbeschaffung und § 251 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 I. Ausweitung der Unverhältnismäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 II. Risiko des Geschädigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 D. Verhältnismäßigkeitsgrenze als Mindestschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

6. Kapitel Schadensersatz bei Berechtigung mehrerer Personen an einer Sache

211

A. Herstellung bei mehreren Berechtigten, insbesondere Eigentümer und Besitzer . . . . 212

14

Inhaltsverzeichnis I. Definition des Sollzustandes bei mehreren Berechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erforderlichkeit einer einheitlichen Definition als Folge der Unteilbarkeit der Herstellungsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis mehrerer Berechtigter bei der Definition des Sollzustandes . . . . . . 3. Zusammenfassung und Konsequenzen für den Schädiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhalt des Herstellungsanspruchs mehrerer Berechtigter an einer Sache . . . . . . . III. Dingliche Surrogation der Sache durch den Herstellungsanspruch . . . . . . . . . . . . . IV. Sonderproblem: Herstellung des berechtigten Besitzes durch Ersatzbeschaffung des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

212 213 215 217 218 221 225

B. Kompensation bei mehreren Berechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 I. Fortsetzung des beschränkten dinglichen Rechts an der Kompensationsforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 II. Der sog. Haftungsschaden des berechtigten Besitzers als Kompensationsposten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246

Einleitung Vor allem wegen ihrer Häufigkeit im Straßenverkehr sind Sachschäden ein Alltagsphänomen. Man würde deshalb erwarten, daß ihre Regulierung juristische Routine ist und kaum noch offene Fragen aufwirft. Tatsächlich findet sich in diesem Zusammenhang Rechtsprechung und Literatur zu einer kaum überschaubaren Anzahl von Einzelproblemen. 1 Verschiedene Publikationen neueren Datums 2 zeigen gleichzeitig, daß trotz oder gerade wegen dieser intensiven Befassung mit Spezialproblemen eine Beschäftigung mit dem gesetzlichen System des Schadensersatzrechts nach wie vor Not tut. Die Lösung der anfallenden Sachprobleme erfolgt nicht selten auf rein begrifflicher Grundlage, ohne daß dabei die Berechtigung der verwendeten Argumentationsmuster in Frage gestellt würde. So wird beispielsweise immer wieder die Bedeutung der Unterscheidung zwischen Restitution und Kompensation als alternative Schadensersatzkonzepte herausgestellt, 3 ohne daß hinterfragt würde, warum man bei Sachschäden nach beiden Ansätzen oftmals zu übereinstimmenden Ergebnissen zu gelangen scheint. 4 Bei der Frage nach dem Ziel der Naturalherstellung wird häufig von der Herstellung eines bestimmten wirtschaftlichen Zustandes gesprochen,5 während gleichzeitig betont wird, daß es im Rahmen der Naturalherstellung auf wirtschaftliche Werte im Grunde nicht ankommt. 6 Im folgenden soll daher zunächst das Fundament der genannten Unterscheidung von Restitution und Kompensation herausgearbeitet werden. Dabei wird zu untersuchen sein, ob es sich bei der Differenzierung um eine in den §§ 249 und 251 BGB formulierte gesetzgeberische Entscheidung handelt oder ob sich die Koexistenz der beiden Schadensersatzkonzepte bereits aus der Natur der Sache ergibt. Die auf die1 Exemplarisch seien genannt die Abrechnung auf Gutachtenbasis, der Integritätszuschlag, die Erstattung von Umsatzsteuer, der Ersatz entgangener Gebrauchsvorteile im allgemeinen und bei gewerblich genutzten Fahrzeugen im besonderen sowie die Berücksichtung des Restwertes einer beschädigten Sache. Eine Kostprobe für die Unüberschaubarkeit der Detaillösungen bietet Lemcke, r + s 2002, 265. 2 U. Picker, Die Naturalrestitution durch den Geschädigten, 2003; Würthwein, Schadensersatz für Verlust der Nutzungsmöglichkeit einer Sache oder für entgangene Gebrauchsvorteile? – Zur Dogmatik des Schadensersatzrechts, 2001; Jakob, Ersatz fiktiver Kosten – Eine Untersuchung zu § 249 Satz 2 BGB, 1998. 3 Begründung zum Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetz, BR-Drucks. 742/01, S. 31. 4 MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 251 Rn. 11; Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 3; StaudingerSchiemann [1998], § 251 Rn. 15, 43; Unterreitmeier, NZV 2004, 329, 330. 5 Vgl. unten Fn. 106. 6 Vgl. unten Fn. 31.

16

Einleitung

sem Wege gewonnenen Erkenntnisse sollen anschließend die Grundlage bilden für die Erörterung der wesentlichen Einzelprobleme, die sich bei der Regulierung von Sachschäden stellen. Von der Abgrenzung der beiden Ansätze wird beispielsweise abhängen, welchen Gesichtspunkten im Rahmen des wirtschaftlichen Schadensausgleichs bei der Bewertung der Beschädigung oder Zerstörung einer Sache Beachtung geschenkt werden kann. Zur Überprüfung stehen wird in diesem Zusammenhang vor allem die gängige Praxis, den rein wirtschaftlichen Ausgleich für beschädigte oder zerstörte Sachen nach ihrem Wiederbeschaffungswert zu bemessen. Greifbarer als die verschiedenen Ideen des Schadensersatzes ist die Frage, durch wen und mit welchen Mitteln die praktische Umsetzung des jeweiligen Konzeptes erfolgen soll. Zumeist wird ein Schaden und seine Regulierung sowohl tatsächliche als auch wirtschaftliche Facetten haben. Soweit der wirtschaftliche Aspekt des Schadensersatzes betroffen ist, wirft der Gegenstand der Schadensersatzleistung und die Rollenverteilung zwischen den Beteiligten kaum Probleme auf: Der Schadensersatz besteht in einer Geldleistung und der Schädiger hat diese an den Geschädigten zu erbringen. Soll der Schadensersatz jedoch auf der tatsächlichen Ebene erfolgen, stehen demgegenüber zumeist mehrere Wege zur Verfügung. Hier ist zunächst zu untersuchen, welche Vorgehensweisen zum Ersatz des Schadens in tatsächlicher Hinsicht überhaupt in Betracht kommen. Bei Sachschäden berührt dies namentlich die Frage, ob einer Beschädigung nur durch die Reparatur der Sache oder auch durch die Lieferung einer Ersatzsache abgeholfen werden kann. Aus der Existenz von Alternativen ergibt sich dann ggf. die Notwendigkeit zu entscheiden, welcher Beteiligte den im Einzelfall einzuschlagenden Weg bestimmen darf. Dies ist nicht zuletzt deshalb von Bedeutung, weil die Festlegung des tatsächlichen Vorgehens regelmäßig wirtschaftliche Konsequenzen nach sich zieht. Hier dem Geschädigten die Macht zu geben, über das Mittel des tatsächlichen Schadensersatzes zu entscheiden, gibt Anlaß zu der Überlegung, ob dieser Befugnis im Interesse des Schädigers Grenzen zu setzen sind. Als solche kommen zunächst inhaltliche Schranken bei der Ausgestaltung des tatsächlichen Schadensersatzes, beispielsweise bei der Wahl zwischen Reparatur oder Ersatzbeschaffung einer Sache, in Betracht. Des weiteren kann sich eine Einschränkung jedoch auch daraus ergeben, daß mit der Befugnis des Geschädigten Bindungen einhergehen, deren Einhaltung der Schädiger ggf. sogar kontrollieren kann. Schließlich ergeben sich aus den verschiedenen konzeptionellen und tatsächlichen Möglichkeiten des Schadensersatzes Besonderheiten, wenn die Beschädigung oder Zerstörung einer Sache mehrere Personen zu Geschädigten macht. In diesem Zusammenhang wird es darum gehen, die zuvor gefundenen Ergebnisse auch an dieser Konstellation zu messen.

1. Kapitel

Konzepte des Schadensersatzes A. Unterscheidung zwischen Naturalersatz und Geldersatz Bereits eine oberflächliche Lektüre der einschlägigen Bestimmungen offenbart, daß ein Schadensersatz sowohl durch Naturalleistung als auch durch Geldleistung denkbar und nach deutschem Recht vorgesehen ist. 7 Während § 249 Abs. 1 BGB die Naturalherstellung durch den Schädiger anordnet, gelangt der Geschädigte über §§ 249 Abs. 2, 250, 251 BGB zu einer Geldforderung. In der Praxis ist diese Unterscheidung allerdings kaum von Bedeutung, da Sachschäden de facto fast ausschließlich durch die Zahlung eines Geldbetrages reguliert werden. I. Naturalherstellung als naheliegendste Form des Schadensersatzes Mit § 249 Abs. 1 stellt das BGB die Naturalherstellung durch den Schädiger in das Zentrum des Schadensersatzrechts. Da ein Schadensersatz durch Geldleistung nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht kommen soll, genießt der Schadensersatz in natura systematisch den Vorrang gegenüber einem Schadensersatz in Geld. 8 Für den Geschädigten bedeutet dies, daß er vom Schädiger im Grundsatz stets die tatsächliche Herstellung desjenigen Zustandes verlangen kann, der bestünde, wenn der Schaden nicht aufgetreten wäre (Sollzustand). 9 Der Geschädigte ist aber gleichzeitig auch auf diesen Weg beschränkt, hat also nicht ohne weiteres das Recht, Schadensersatz in Geld zu fordern. 10 Ausweislich der Materialien entschieden sich die Autoren des BGB für die Naturalherstellung, weil sie ihnen als besonders naheliegend erschien. Entsprechend heißt es in den Motiven: 11 7 Darin unterscheidet sich das deutsche Recht von anderen, insbesondere den angelsächsischen Rechtsordnungen, nach denen ein Schadensersatz im Grundsatz stets durch Geldleistung erfolgt, vgl. Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S. 15 ff. 8 Fischer, Der Schaden, S. 200; Erman-Kuckuck, 11. Aufl., § 249 Rn. 10; Neumann, JhJb 86 (1936/37), 277, 288; Lange/Schiemann-Lange, Schadensersatz, 3. Aufl., § 5 I 2 (S. 213); Koenigsberger, Der Schadensersatz durch Naturalherstellung nach bürgerlichem Recht, S. 4; Haug, VersR 2000, 1329, 1333 f. 9 Bei einem Sachschaden ließe sich der Sollzustand beispielsweise dahingehend definieren, daß der Eigentümer die konkrete Sache in einem bestimmten Erhaltungszustand und in einer bestimmten Funktion im Eigentum hat. 10 U. Picker, Naturalrestitution, S. 47. 11 Motive, Band II, 2. Aufl., S. 20.

2 Kolbinger

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1. Kap.: Konzepte des Schadensersatzes „Das die Verpflichtung zur Naturalrestitution in erster Linie in sich schließende Prinzip der Wiederherstellungspflicht hat die Natur der Sache für sich und entspricht der Rechtslogik.“

In der Tat drängt sich geradezu auf, einen Schaden dadurch zu beseitigen, daß man ihn ungeschehen macht. 12 Das gilt jedenfalls dann, wenn man sich der Frage des Schadensersatzes vom tatsächlichen Phänomen des Schadens her nähert und wirtschaftlichen Aspekten zunächst keine Beachtung schenkt. Das Vorliegen eines tatsächlichen Schadens kann schwerlich geleugnet werden, wenn man beispielsweise vor den Scherben einer eingeschlagenen Glasscheibe steht. Gerade im Falle des Verlustes oder der Beschädigung einer Sache leuchtet die Existenz eines tatsächlichen Schadens unmittelbar ein, zumal dies dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht. 13 Daß es sich bei dieser beinahe banalen Feststellung um eine erwähnenswerte Erkenntnis handelt, zeigt sich nicht zuletzt darin, daß sie die Grundlage bildet für den Begriff des sog. konkreten oder realen Schadens. 14 Ungeachtet der divergierenden Auffassungen, die bereits zu der notwendig vor der Frage des Ersatzes zu stellenden Frage des Schadens bestehen, 15 soll daher im folgenden stets der aus dem schädigenden Ereignis resultierende tatsächliche Zustand den Ausgangspunkt der Überlegungen bilden. 1. Vorteile der Naturalherstellung Das klare Ziel, den Geschädigten so zu stellen, als wäre nichts geschehen, macht es leicht, die Naturalherstellung als ebenso geeignete wie naheliegende Form des Schadensersatzes zu akzeptieren. 16 Gelingt die Naturalherstellung, bleibt das schädigende Ereignis ohne tatsächliche und damit auch wirtschaftliche Folgen. Wegen ihrer Konzentration auf die Wiederherstellung des ursprünglichen tatsächlichen Zustandes oder, spiegelbildlich ausgedrückt, auf die Beseitigung der tatsächlichen Folgen des schädigenden Ereignisses wird der Vorgang der Naturalherstellung auch als Schadensbeseitigung bezeichnet. 17 Die Vorzüge eines Schadensersatzes in natura erschließen sich über den Vergleich mit der denkbaren Alternative, dem Schadensersatz durch Geldleistung. Eine Sache So auch Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 2. Fischer, Der Schaden, S. 1; Degenkolb, AcP 76 (1890), 1, 65 ff.; Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse I, 5. Aufl., Vorbem. zu §§ 249–254 Anm. 2 a. 14 (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S.20 ff.; Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse I, 5. Aufl., Vorbem. zu §§ 249–254 Anm. 2 a a. 15 Während man bei (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 23, liest, es gebe nur einen Schaden, nämlich den realen, der allenfalls bewertet und damit zum Vermögensschaden werden könne, schreibt zuletzt Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 224, daß das BGB gerade durch einen Schadensdualismus, einer Differenzierung von Schaden und Vermögensschaden, geprägt sei. 16 v. Kübel, Recht der Schuldverhältnisse, Teil 1, Allgemeiner Teil, S.720 f.; (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 192. 17 Frotz, JZ 1963, 391. 12 13

A. Unterscheidung zwischen Naturalersatz und Geldersatz

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wieder im Eigentum oder auch nur im Besitz zu haben, ist nämlich mehr, als nur über das dazu erforderliche Geld zu verfügen. 18 Die wirtschaftlichen Mittel mögen zwar einen gewissen Ausgleich darstellen, reichen aber, falls es darauf ankommt, an den tatsächlichen Zustand nicht heran. Unter diesem Aspekt dient die Naturalherstellung auf umfassendste Weise dem Schutz des Geschädigten. 19 Im einzelnen zeigt sich dies an folgenden Punkten: a) Vollständiger und exakter wirtschaftlicher Ausgleich Denkt man sich den wirtschaftlichen Zustand als Abbildung eines tatsächlichen,20 wird deutlich, daß die Herstellung des tatsächlichen Sollzustandes notwendig auch zur wirtschaftlichen Herstellung führt. Soweit nämlich der Sollzustand in tatsächlicher Hinsicht wieder erreicht ist, gilt dies automatisch auch für den wirtschaftlichen. 21 Darüber hinaus schließt die Naturalherstellung aus, daß die weitere tatsächliche Entwicklung von derjenigen abweicht, die sich ohne Dazwischentreten des schädigenden Ereignisses ergeben hätte. 22 Auch Folgeschäden, die im Falle eines rein wirtschaftlichen Ausgleichs womöglich einzeln identifiziert, bewertet und reguliert werden müßten, wird durch die Naturalherstellung – en passant – Rechnung getragen, indem im Idealfall erreicht wird, daß sie gar nicht erst entstehen. Darüber hinaus ist ein Schadensersatz in Geld anfälliger für eine fehlerhafte Bemessung. Soweit nicht externe Faktoren, wie beispielsweise eine Bestrafung des Schädigers durch sog. „punitive damages“ oder Maßnahmen zur Genugtuung des Geschädigten, einbezogen werden sollen, 23 bestimmt sich der Geldersatz nach den wirtschaftlichen Konsequenzen des schädigenden Ereignisses. Um diese zu definieren, müssen die tatsächlichen Folgen des Geschehens wirtschaftlich erfaßt werden. Dieser Bewertungsvorgang birgt indes stets die Gefahr, daß der Schaden zu hoch oder zu niedrig bewertet wird und der Geschädigte in der Folge mehr oder weniger erhält, als 18 Fischer, FS f. Zitelmann, S. 6/30 f., betont am Beispiel des Verlustes von Handelsware, daß eine Entschädigung in Höhe der Anschaffungskosten nicht genüge: „Denn es ist mehr, wenn ich eine Sache habe, als wenn ich nur ihren Anschaffungspreis habe.“ 19 Medicus, JuS 1973, 211, 212; Oertmann, Recht des Bürgerlichen Gesetzbuches 2/I, S. 58; Brinker, Die Dogmatik zum Vermögensschadensersatz, S. 322 f.; Larenz, Schuldrecht I, 14. Aufl., § 28 I (S. 467); Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 779 (S. 497); Fischer, Der Schaden, S.156. In den Protokollen der 2. Kommission, S.594, heißt es: „[...] insbes. bei der widerrechtlichen Wegnahme einer Sache und bei den durch Delikt veranlaßten Rechtsveränderungen sei die Herstellung des früheren Zustandes das dem Interesse des Verletzten am besten entsprechende Mittel des Ersatzes.“ (zitiert nach Mugdan, Materialien, II. Band, S.513). 20 Nach dieser Vorstellung ist das wirtschaftliche Interesse notwendig auf einen tatsächlichen Zustand bezogen, dessen Wert es gleichzeitig ausdrückt. Das Wertinteresse verhält sich insofern zum tatsächlichen gleichsam wie ein Schatten zum Objekt. 21 Zeuner, AcP 163 (1963), 380, 384. 22 Bötticher, VersR 1966, 301; (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 194; Hamann, Schadensersatz in Natur oder Geld, S. 39. 23 Die Naturalherstellung ist solchen externen Faktoren nicht zugänglich.

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1. Kap.: Konzepte des Schadensersatzes

ihm schädigungsbedingt fehlt. Erfolgt der Schadensersatz in natura, entfällt der Bewertungsvorgang und damit das Risiko einer Fehlbewertung. b) Erfassung nicht bewertbarer (immateriell motivierter) Interessen Aus der soeben beschriebenen Notwendigkeit einer wirtschaftlichen Bewertung der tatsächlichen Folgen des schädigenden Ereignisses ergibt sich für die Entschädigung in Geld ferner, daß diese überhaupt nur solche tatsächlichen Folgen berücksichtigen kann, die einer Bewertung zugänglich sind. 24 Sog. immaterielle Schäden, die einer wirtschaftlichen Erfassung verschlossen sind, können allenfalls in tatsächlicher Form ersetzt werden. Will man den Schadensersatz in den Dienst eines Rechtsgüter- und nicht nur eines Vermögensschutzes stellen, gibt es insofern zur Naturalherstellung keine Alternative. Dies wird deutlich, wenn man sich von der gängigen Auffassung löst, nach der es sich bei dem Integritätsinteresse und dem Wertinteresse um Gegenpole handeln soll, weil ersteres auf den Erhalt des tatsächlichen Zustandes gerichtet sei, während letzteres (bloß) den Ausgleich des wirtschaftlichen Schadens im Auge habe.25 Dieses Verständnis beruht auf einer Differenzierung zwischen tatsächlichem (auch realem oder konkretem) Schaden und Vermögensschaden. Begreift man den wirtschaftlichen Schaden demgegenüber lediglich als Abbildung des tatsächlichen, bedeutet die beschriebene Differenzierung eine Vermischung mehrerer Ebenen. Richtigerweise ist das Interesse an der Wiederherstellung des tatsächlichen Sollzustandes (Integritätsinteresse) der Ausgangspunkt des Schadensersatzes überhaupt. Nur kann dieses Interesse seinerseits unterschiedlich motiviert sein: Hinter dem Interesse an einem bestimmten tatsächlichen Zustand können zum einen wirtschaftliche Motive stehen. Das ist beispielsweise der Fall bei dem Eigentum an einer Armbanduhr, soweit das tatsächliche Interesse daran, sie im Eigentum zu haben, darauf beruht, daß die Uhr einen bestimmten wirtschaftlichen Wert verkörpert. 24 Lange/Schiemann-Lange, Schadensersatz, 3. Aufl., § 2 I 2 (S. 50 f.), definiert so den materiellen Schaden. Das führt logischerweise zu dem Ergebnis, das Dreier, Kompensation und Prävention, S. 29, für die Unterscheidung zwischen Vermögens- und Nichtvermögensschaden sowie die Wirkung des § 253 BGB beschreibt. Da sich damit ein Schadensersatz in Geld für nicht bewertbare, d.h. immaterielle, Schäden nicht von selbst ergibt, hätte es einer entsprechenden gesetzgeberischen Entscheidung zu ihrer Erfassung bedurft. Diese ist im BGB jedoch gerade nicht erfolgt (vgl. Kaufmann, AcP 162 [1963], 421, 435). Vielmehr ist § 253 Abs. 1 BGB nur deklaratorisch: Er schließt den Geldersatz für immaterielle Schäden nicht aus, sondern unterläßt es nur ausdrücklich, ihn anzuordnen. Die Erfassung immateriell motivierter tatsächlicher Interessen durch die Naturalherstellung steht zu §253 Abs. 1 BGB im übrigen nicht in Widerspruch, da dieser lediglich eine Entschädigung immaterieller Interessen in Geld ausschließt. Zu dem Spannungsfeld zwischen § 249 Abs. 2 S. 1 BGB und § 253 BGB siehe unten 4. Kap., A. III. 2. b) (S. 131 f.) und B. (S. 133 f.). 25 MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 346; Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 2; Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 1; Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 164 f.

A. Unterscheidung zwischen Naturalersatz und Geldersatz

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Insofern ist der angestrebte tatsächliche Zustand und damit das Integritätsinteresse auch bewertbar. Für die wirtschaftliche Motivation des Integritätsinteresses ließe sich der Begriff „materielles Interesse“ verwenden. Das Interesse an dem tatsächlichen Zustand kann aber auch emotional motiviert sein. So mögen die Dinge liegen, wenn es sich bei der genannten Armbanduhr um ein Geschenk des Firmpaten gehandelt hat. Diese Motivation kann bei einer geringwertigen Uhr beinahe die alleinige sein, bei einer wertvollen Uhr jedoch auch neben die materielle treten. Wenn und soweit die Motivation eine emotionale ist, ergibt der Versuch einer wirtschaftlichen Abbildung, d. h. Bewertung, den Wert „null“. 26 Die emotionale Motivation könnte man mit den Begriffen „Affektionsinteresse“ oder „immaterielles Interesse“ beschreiben. Ein materielles Interesse ist nur denkbar, wenn mit dem tatsächlichen Zustand überhaupt ein bestimmbarer wirtschaftlicher Vorteil verbunden sein kann. Ist dies nicht der Fall, kann das Motiv nur ein emotionales sein. 27 Gleichzeitig liegt mehr als nur ein ausschließliches Affektionsinteresse vor, sobald das tatsächliche Interesse wirtschaftlich motiviert sein kann und damit grundsätzlich einem Ausgleich in Geld zugänglich ist. 28 Integritäts- und Wertinteresse bewegen sich also auf verschiedenen Ebenen. Die Naturalherstellung betrachtet nur die (erste) Ebene des Integritätsinteresses. Sie ermöglicht einen Ersatz unabhängig davon, ob das tatsächliche Interesse materiell oder immateriell motiviert ist. Die zweite Ebene wird erst relevant, wenn eine Naturalrestitution nicht stattfindet, weil sie nicht stattfinden kann oder soll. Von einer Geldentschädigung ausgeschlossen ist damit ein tatsächliches Interesse, wenn und soweit es ausschließlich emotional motiviert ist. 29 Insofern kommt einzig eine Naturalherstellung in Betracht. 30 Diese ist gleichzeitig unabhängig davon, ob die schädigungsbedingte Veränderung im Tatsächlichen auch wirtschaftliche Konsequenzen hat. Daß das Motiv des Geschädigten für sein tatsächliches Interesse ein pekuniäres ist, interessiert für die Naturalherstellung nicht.31 Das kommt bei Sachschäden vor allem dann zum Tragen, wenn es sich um Schäden an wertlosen Wolff, TranspR 2003, 190, 191. Mommsen, Zur Lehre von dem Interesse, S. 122. 28 Schiemann, JuS 1988, 20, 22. 29 Ehrig, Grundsatz der Naturalrestitution, S. 18; aA Wolff, TranspR 2003, 190, 191 einschließlich FN 6, der auf die Möglichkeit einer Absicherung des immateriellen Motivs durch eine Vertragsstrafevereinbarung verweist (so auch Lange/Schiemann-Lange, Schadensersatz, 3. Aufl., § 7 III [S. 428]). Durch eine solche Vereinbarung wird die immaterielle Motivation des tatsächlichen Interesses allerdings zu einer materiellen, die dann ihrerseits einem wirtschaftlichen Ausgleich zugänglich ist. 30 Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S.26; Hamann, Schadensersatz in Natur oder Geld, S. 47; Ehrig, Grundsatz der Naturalrestitution, S. 19. 31 MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 309; ders., NJW 1985, 345, 347 f.; Haug, VersR 2000, 1329, 1334; Ellrich, Der Herstellungsanspruch in Geld bei Urlaubs- und Veranstaltungserlebnisschäden, S. 36. 26 27

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1. Kap.: Konzepte des Schadensersatzes

Sachen handelt. Dabei spielt keine Rolle, daß sich eine Naturalherstellung hier wertmäßig gar nicht auswirken kann. 32 Läßt der Schädiger versehentlich die Armbanduhr des Geschädigten zu Boden fallen, steht diesem eine Reparatur im Grundsatz33 auch dann zu, wenn es sich bei der Uhr um ein bereits arg strapaziertes und veraltetes Massenprodukt ohne wirtschaftlichen Wert handelt. 2. Nachteile der Naturalherstellung Neben diesen Vorzügen sind aber auch einige strukturelle Probleme der Naturalherstellung unübersehbar. Zunächst kann das Recht des Geschädigten auf tatsächliche Verwirklichung seines Interesses aus praktischen Gründen nicht uneingeschränkt Geltung beanspruchen. Da die Naturalherstellung als Naturalleistung die praktische und rechtliche Möglichkeit der in natura vorzunehmenden Handlung voraussetzt, findet sie notwendig ihre Grenze, wo und soweit sie technisch oder rechtlich nicht durchführbar ist. Die Konsequenz wäre grundsätzlich, daß der Schädiger von einer Herstellungspflicht frei würde, da auch dem Geschädigten mit einer Forderung auf eine unmögliche Leistung nicht gedient wäre. Gesetzlich ergäbe sich diese Rechtsfolge aus § 275 Abs. 1 BGB. Der Geschädigte ginge dann zumindest teilweise leer aus. Des weiteren kann die Naturalherstellung auch dann zu scheitern drohen, wenn sie tituliert und im Wege der Zwangsvollstreckung erzwungen werden muß. Ohne ein vollstreckungsrechtliches Instrumentarium, das auch die Vollstrekkung einer Verurteilung zu einem facere ermöglicht, erwiese sich die Naturalherstellung im Ernstfall als ungeeignet. II. Schadensersatz in Geld als Alternative zur Naturalherstellung Die beschriebenen Nachteile gründen in der tatsächlichen Zielsetzung der Naturalherstellung. Es liegt daher nahe, eine Alternative dort zu suchen, wo sich Probleme tatsächlicher Natur nicht ergeben können. Wie gerade erwähnt, ist jeder tatsächliche Zustand grundsätzlich einer Bewertung zugänglich, kann also unter Ausblendung der tatsächlichen Details als wirtschaftlicher Zustand abgebildet werden.34 Da ein rein wirtschaftlicher Ausgleich in einer geldwirtschaftlich orientierten Gesell32 U. Picker, Naturalrestitution, S. 43; Frotz, JZ 1963, 391. Dies übersieht OLG Düsseldorf NJW-RR 1989, 332, wenn es argumentiert, auch 30 Jahre alte Einbaumöbel haben noch einen wirtschaftlichen Wert, so daß Reparaturkosten zuzusprechen seien. Diese Überlegung ist allenfalls im Rahmen des § 251 Abs. 2 BGB von Bedeutung. 33 Eine Einschränkung ergibt allenfalls § 251 Abs. 2 BGB, dazu siehe unten 5. Kap. (S. 197 ff.). 34 Diese Feststellung schließt nicht aus, daß die Bewertung – wie bei Zuständen, die ausschließlich emotional motiviert sind – auch einmal den Wert „null“ ergibt.

B. Unterscheidung zwischen Restitution und Kompensation

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schaft durch die Leistung von Geld geschieht, 35 liegt die Alternative zur Naturalherstellung generell im Schadensersatz durch Geldleistung. Während der Schädiger bei der Naturalherstellung zu einem facere verpflichtet ist, handelt es sich bei dem Schadensersatz durch Geldleistung um eine Verpflichtung zu einem dare. 36 Damit ist jedoch nur formuliert, worin die jeweilige Erfüllungshandlung des Schädigers besteht. Die Frage, welches Konzept der Verwirklichung des Schadensersatzes dabei jeweils zugrunde liegt, ist demgegenüber noch offen.

B. Unterscheidung zwischen Restitution und Kompensation Hinter der Verpflichtung des Schädigers, Schadensersatz in natura oder in Geld zu leisten, steht notwendig eine bestimmte Vorstellung darüber, warum und wie gerade die zu erbringende Leistung einen Ersatz des Schadens bewirken soll. Ohne eine solche Idee ließe sich der Inhalt der Schadensersatzforderung, insbesondere die Höhe einer Geldforderung, gar nicht definieren. Auf diese konzeptionelle Ebene bezieht sich die Differenzierung zwischen Restitution und Kompensation. Beinahe jede Kommentierung der §§ 249 ff. BGB beginnt mit dem Hinweis, daß den beiden Absätzen des § 249 BGB das Prinzip der Restitution zugrunde liege, während § 251 BGB auf dem Prinzip der Kompensation beruhe. 37 Auch der Gesetzgeber hat erst anläßlich der letzten Änderung schadensersatzrechtlicher Bestimmungen wieder auf diese Unterscheidung hingewiesen. 38 Die beiden Begriffe kennzeichnen unterschiedliche Konzepte des Schadensersatzes. Hinter der Restitution steht der bereits im Zusammenhang mit der Naturalherstellung beschriebene Gedanke der Beseitigung des Schadens in tatsächlicher Hinsicht und damit das Ziel einer Herstellung des Sollzustandes, wie er sich bei einem Wohlverhalten des Schädigers, also ohne das schädigende Ereignis, ergeben hätte. Dabei wird zu Gunsten des Geschädigten unterstellt, daß er an dem Sollzustand in tatsächlicher Hinsicht interessiert war. Im Wege der Restitution wird dieses tatsächliche Interesse ersatzweise verwirklicht. Der Begriff der Restitution deckt sich damit jedoch keineswegs notwendig mit dem der Naturalherstellung. Während diese beinhaltet, daß es der Schädiger ist, der den Sollzustand herzustellen hat, kann die Idee der Restitution auch unter der Annahme umgesetzt werden, daß der Geschädigte selbst die tatsächliche Herstellung ausführt und der Schädiger lediglich den dazu 35 Diese Erkenntnis Mommsens, Zur Lehre von dem Interesse, S.12, dürfte heute mehr denn je gelten. Ebenso U. Picker, Naturalrestitution, S. 118; Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I 2, 8. Aufl., § 31 I (S. 181). In der Naturalwirtschaft wäre hier auch ein Ausgleich durch die Versorgung mit Tauschgegenständen denkbar. Diese Möglichkeit ist jedoch im BGB nicht mehr vorgesehen. 36 Fischer, Der Schaden, S. 165; ders., FS f. Zitelmann, S. 6/24. 37 Soergel-Mertens, 12.Aufl., § 249 Rn.1 f., Vor §249 Rn.37; Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 3; MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 251 Rn. 1; Erman-Kuckuck, 11. Aufl., § 249 Rn. 1, 10. 38 Begründung zum Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetz, BR-Drucks. 742/01, S. 30.

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1. Kap.: Konzepte des Schadensersatzes

erforderlichen wirtschaftlichen Aufwand zu tragen hat. Unter „Kompensation“ versteht man demgegenüber einen rein wirtschaftlichen Schadensersatz. Die tatsächlichen Folgen des Schadensereignisses werden dabei nicht im Detail betrachtet und bestehen neben der Kompensation grundsätzlich fort. Lediglich die wirtschaftliche Seite wird zum Gegenstand des Ersatzes gemacht. Aus dem Gesagten ergibt sich unmittelbar, daß die Naturalherstellung stets der Restitution zuzuordnen ist, weil ihr die Idee der Verwirklichung des tatsächlichen Interesses des Geschädigten immanent ist. Ebenso läßt sich feststellen, daß eine Kompensation stets durch Geldleistung zu geschehen hat. Daß eine Restitution aber nicht nur durch Naturalherstellung, sondern auch durch Geldleistung erfolgen bzw. eine Geldleistung damit sowohl der Restitution als auch der Kompensation dienen kann, zeigt sich daran, daß zur Bemessung des Schadensersatzes in Geld zwei verschiedene Wege in Betracht kommen 39 – je nachdem, welche Idee des Schadensersatzes der Betrachtung zugrunde gelegt wird: I. Bemessung des Schadensersatzes durch Geldleistung Der Schadensersatz in Geld hat sich grundsätzlich daran zu orientieren, was der Ausfall seines tatsächlichen Interesses für den Geschädigten wirtschaftlich bedeutet. 40 Relevant ist der Wert, um den sich der schädigungsbedingt eingetretene tatsächliche Zustand von demjenigen unterscheidet, der sich aus dem ursprünglichen Lauf der Dinge ergeben hätte. 1. Wirtschaftliche Abbildung der tatsächlichen Herstellung Dieser Wert kann zum einen dadurch bestimmt werden, daß man betrachtet, wie sich der tatsächliche Ist-Zustand von dem Sollzustand unterscheidet, und überlegt, wie die erkannte Abweichung tatsächlich überwunden werden kann. Anschließend bewertet man den ins Auge gefaßten tatsächlichen Herstellungsvorgang. Das Ergebnis, der Herstellungsaufwand, ist wirtschaftlicher Ausdruck der Divergenz der tatsächlichen Zustände. Von grundlegender Bedeutung ist jedoch zu erkennen, daß diese Art der Abbildung noch auf der Vorstellung der tatsächlichen Herstellung beruht und damit beispielsweise zugleich deren praktische Realisierbarkeit voraussetzt. Die beschriebene Form des Schadensersatzes durch Geldleistung ist Schadensersatz in Geld im Dienste der Restitution. Nach der Nomenklatur Jahrs41 handelt es sich um einen Vergleich „zwischen Haben und Wieder-Haben-Wollen (Wert 39 So auch Jahr, AcP 183 (1983), 725, 768, 771, der den Schadensersatz in Geld allgemein als Ausgleich der Differenz zwischen dem „Haben“ (vor dem schädigenden Ereignis) und dem „Nicht-Mehr-Haben“ (danach) versteht. 40 Etwas anderes gilt nur, wenn man mit dem Schadensersatz besondere Ziele, wie beispielsweise eine Bestrafung des Schädigers, verfolgen möchte. 41 Jahr, AcP 183 (1983), 725, 771.

B. Unterscheidung zwischen Restitution und Kompensation

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der ,Wieder‘herstellung des Habens = Wert des zur Restitution erforderlichen Vermögensaufwandes)“. 2. Wirtschaftliche Abbildung der Differenz zwischen tatsächlichen Zuständen Im Gegensatz zu dem soeben beschriebenen Vorgehen, das mittelbar auf die Überwindung der tatsächlichen Folgen des schädigenden Ereignisses gerichtet ist, besteht die Alternative darin, das Auseinanderfallen von Ist- und Sollzustand unmittelbar zu bewerten. Diese Methode kommt ohne die Möglichkeit einer tatsächlichen Herstellung aus und ist daher universell einsetzbar. Nach Jahr 42 ist der nach ihr bestimmte Wert Abbildung der „Differenz zwischen Haben und Nicht-Mehr-Haben (Wert eines als definitiv hingenommenen Verlustes)“. 43 Das zuletzt skizzierte Berechnungskonzept liegt auch der immer noch mehrheitlich vertretenen Differenzhypothese 44 zugrunde, die man als Leitmotiv des Schadensersatzes in Geld bezeichnen könnte. Ihr zufolge wird das Vermögen, wie es sich nach dem schädigenden Eingriff darstellt, bewertet und als Subtrahend verglichen mit der Bewertung des Vermögens vor dem schädigenden Ereignis (ggf. unter Berücksichtigung einer zu erwartenden weiteren Entwicklung) als Minuend. Die Idee des Gesamtvermögensvergleiches macht sich dabei in wirtschaftlicher Hinsicht den Herstellungsgedanken zu eigen, obgleich dieser eigentlich nur auf die tatsächliche Herstellung bezogen ist. 45 Unter dem Vermögen hat man sich dabei die Werte aller tatsächlichen Zustände vorzustellen, an denen der Geschädigte ein Interesse hat. Die einzelnen Positionen, die in die Vermögensbilanzen eingestellt werden, sind also nichts anderes als die wirtschaftlichen Abbildungen einzelner tatsächlicher Zustände. Mit der Vermögensdifferenz erhält man so die Differenz zwischen den wirtschaftlichen Abbildungen der zu vergleichenden tatsächlichen Zustände. 46 Sie wird zumeist als das „(Vermögens-)Interesse“ des Geschädigten bezeichnet 47 und drückt wirtschaftlich aus, was es für den Geschädigten bedeutet, daß ein tatsächlicher Zustand, auf den sein Interesse gerichtet war, in natura nicht eintreten wird.

Jahr, AcP 183 (1983), 725, 771 f. FN 254. Diese Feststellung wird unten, 3.Kap., B. I. 1. (S. 87 ff.), erhebliche Auswirkungen auf die Bemessung des Schadensersatzes nach § 251 Abs. 1 BGB haben. 44 BGH NJW 1998, 302, 304; MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 18 f.; Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 6 ff.; Palandt-Heinrichs, 63. Aufl., Vorbem v § 249 Rn. 8, 14; Lange/ Schiemann-Lange, Schadensersatz, 3. Aufl., § 1 III 4 (S. 43); Gsell, Substanzverletzung und Herstellung, S. 210 ff., 300; Mertens, Begriff des Vermögensschadens, S. 17; Stoll, Begriff und Grenzen des Vermögensschadens, S. 5 f.; dies feststellend, selbst jedoch kritisch Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 438 ff. 45 (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 19. 46 Jahr, AcP 183 (1983), 725, 782. 47 Mommsen, Zur Lehre von dem Interesse, S.11; Staudinger-Schiemann [1998], Vorbem zu §§ 249 ff. Rn. 25, 36. 42 43

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1. Kap.: Konzepte des Schadensersatzes

Im Bereich von Sachschäden soll das beschriebene Vorgehen vor allem sicherstellen, daß nicht nur der wirtschaftliche Wert der beschädigten oder zerstörten Sache selbst, sondern auch mittelbare Wertminderungen an anderen Vermögenspositionen erfaßt werden. Insofern unterscheidet sich der Schadensersatz nämlich vom Wertersatz, wie er im Rücktrittsrecht oder im Bereicherungsrecht48 sowie in besonderen Fällen, wie beispielsweise § 429 Abs. 3 HGB, zur Beschränkung der Schadensersatzhöhe 49 vorgesehen ist. Darüber hinaus soll neben der wirtschaftlichen Einbuße, die aus dem Verlust oder der Entwertung von vor dem schädigenden Ereignis existierenden Vermögenspositionen entsteht (damnum emergens), auch der Verlust erfaßt werden, der sich aus dem Ausfall eines ansonsten zu verzeichnenden Vermögenszuwachses ergibt (lucrum cessans). 50 Entscheidend für ein Erreichen dieser Ziele unter gleichzeitiger Vermeidung eines übermäßigen oder eines zu geringen Ausgleichs ist die vollständige Einstellung aller Vermögenspositionen in die aufzustellenden Bilanzen. 51 Dabei besteht gleichzeitig die Chance (und die Notwendigkeit), einzelne Positionen aufgrund normativer Entscheidungen bewußt nicht oder doch in die Bilanz aufzunehmen. 52 Gelegentlich wird diskutiert, den Gesamtvermögensvergleich zu Gunsten eines Vergleichs nur der relevanten Vermögenspositionen 53 in Form von Teilbilanzen aufzugeben, da sich die nicht berührten Positionen infolge der Differenzbildung ohnehin neutralisieren. Dieses Argument hat viel für sich. Versteht man den Gesamtvermögensvergleich jedoch nicht als bloße Rechenformel, sondern als Denkmodell, ist selbstverständlich, daß man sich nicht mit überflüssigen Rechenübungen aufhält. 54 Die sog. Differenztheorie ist zur Bewältigung der Entschädigung in Geld sicher ein tauglicher Ansatz. Ebenso sicher befreit sie nicht von den im einzelnen anstehenden Entscheidungen in der Sache. Hier besteht die Gefahr, daß diese Sachfragen durch den mathematischen und bilanziellen Eifer, den der Vermögensvergleich pro48 Bei den genannten Beispielen erklärt sich die Beschränkung auf einen Wertersatz daraus, daß sich das zu Leistende nicht an dem auf Seiten des Gläubigers Fehlenden, sondern an dem auf Seiten des Schuldners Überzähligen orientiert (vgl. Jahr, AcP 183 [1983], 725, 781 FN 254, 741, 744; allgemein Hagen, FS f. Larenz zum 70. Geb., S. 867, 869). 49 Möller, Summen- und Einzelschaden, S. 84 ff. 50 (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S.16 f.; Mommsen, Zur Lehre von dem Interesse, S. 11. 51 Zur Erfassung aller relevanten Positionen Mertens, Begriff des Vermögensschadens, S.45; Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 806 (S. 513); Möller, Summen- und Einzelschaden, S. 9; Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 397 f. 52 Dreier, Kompensation und Prävention, S. 29. Ähnlich Gsell, Substanzverletzung und Herstellung, S. 211 f., insbesondere FN 588, die zutreffenderweise darauf hinweist, daß diese Selektionsmöglichkeit das Einfallstor darstellt für Wertungen, die den so ermittelten Schaden als „normativen Schaden“ erscheinen lassen. 53 Hierfür u. a. Larenz, Schuldrecht I, 14. Aufl., § 29 I a (S. 481 f.); Fischer, Der Schaden, S. 24 ff.; Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 398; Jahr, AcP 183 (1983), 725, 782, insbesondere FN 258. 54 In diesem Sinne auch Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 397 f.; Jahr, AcP 183 (1983), 725, 782 FN 258; E. Wolf, FS f. Schiedermair, S. 545, 565.

B. Unterscheidung zwischen Restitution und Kompensation

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voziert, in den Hintergrund gedrängt werden. Bereits der Begriff „Vermögensschaden“ suggeriert, daß es zwei Arten von Schäden gibt: den Vermögensschaden und den tatsächlichen Schaden. Auf diese Weise wird verschleiert, daß Ausgangspunkt des Schadensersatzes stets das tatsächliche Auftreten eines Schadens ist, d. h. die tatsächliche Abweichung des Verlaufs der Dinge von dem, was bei einem Wohlverhalten der Beteiligten in tatsächlicher Hinsicht hätte eintreten sollen. Wenn der Schädiger die Armbanduhr des Geschädigten, anstatt sie sicher festzuhalten, versehentlich fallen läßt, liegt mit der Beschädigung der Uhr ein tatsächlicher Schaden vor. Der Blick auf diese ebenso banale wie schadensrechtlich relevante Feststellung wird verstellt, wenn man statt dessen zunächst konstatiert, daß dem Geschädigten ein (Vermögens-)Schaden nicht entstanden sei, weil die Armbanduhr bereits abgetragen sowie veraltet und damit ohne wirtschaftlichen Wert war. 55 Der Vermögensschaden, wenn man an diesem Begriff festhalten möchte, ist vielmehr nur eine andere – die pekuniäre – Dimension des tatsächlichen Phänomens des Schadens. Obwohl die Differenzhypothese grundsätzlich ein geeignetes Modell sein mag, diese Dimension zu erfassen, verändert sie die Perspektive, wenn es darum geht, die relevanten Einzelpositionen zu identifizieren. Das ist namentlich der Fall im Hinblick auf die Frage, ob sich der Geschädigte im Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis erlangte Vorteile anrechnen lassen muß. 56 Gelangt die Differenzhypothese als Rechenoperation erst einmal zu dem Ergebnis, daß kein Schaden entstanden ist, wird es schwer, ihn normativ wieder zu konstruieren. Steht jedoch erst einmal ein tatsächlicher Schaden im Raum, muß begründet werden, warum er gleichwohl nicht zu einer Schadensersatzforderung in Geld führen soll. Der Blick auf die unweigerlich zur Entscheidung anstehenden Sachprobleme scheint in dem einen Modell klarer zu sein als in dem anderen.57 Insgesamt ist es aber zumindest möglich, die wirtschaftliche Differenz zwischen den relevanten tatsächlichen Zuständen unabhängig von tatsächlichen Ausgleichsmaßnahmen zu bestimmen. Ob dies global als Vermögensvergleich oder anhand von Einzelpositionen geschieht, ist nachrangig. 3. Deutung der Ergebnisse Die vorgestellten Bewertungskonzepte werden in aller Regel zu divergierenden Ergebnissen führen, in denen sich die unterschiedlichen Ansätze von Restitution und Kompensation manifestieren. Dies erklärt sich daraus, daß bei der Bemessung nach Restitutionsgrundsätzen die tatsächliche Herstellung, obgleich nur mittelbar, 55 Ähnlich Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse I, 5. Aufl., Vorbem. zu §§ 249–254 Anm. 2. a b aa. 56 (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 31 f., 36 f., 195 f.; Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 427 f. 57 Im gegenteiligen Sinne Schlechtriem, ZEuP 1997, 232, 244.

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1. Kap.: Konzepte des Schadensersatzes

nach wie vor das Ziel des Schadensersatzes bleibt. Dadurch fließen indirekt Faktoren in die Bewertung ein, die unmittelbar nicht bewertbar wären. Durch die tatsächliche Herstellung wird nicht nur wirtschaftlichen, sondern auch emotionalen Motiven des Geschädigten, also auch seinem Affektionsinteresse, Rechnung getragen. Soweit es sich nicht mit dem Wertinteresse deckt, kann das (isolierte) Affektionsinteresse, da unmittelbar nicht bewertbar, 58 bei der Bemessung nach Kompensationsgrundsätzen nicht erfaßt werden. Es schlägt sich nämlich allenfalls darin nieder, daß ggf. ein größerer tatsächlicher und damit wirtschaftlicher Aufwand zur Herstellung betrieben wird. Der gemeinsame Ausgangspunkt beider Methoden besteht hingegen in dem Interesse des Geschädigten an einem bestimmten tatsächlichen Zustand. Während man bei der Restitution jedoch davon ausgeht, daß dieser Zustand tatsächlich hergestellt werden wird, setzt man bei der Kompensation voraus, daß es zu einer tatsächlichen Herstellung nicht mehr kommen wird. 59 Die Folge ist, daß der Schadensersatz in Geld im Rahmen der Restitution auf tatsächlicher Grundlage bemessen, bei der Kompensation demgegenüber nur geschätzt werden kann. II. Zusammenfassung Im Schadensersatzrecht ist also eine Differenzierung sowohl nach dem Inhalt der Schadensersatzforderung als auch nach ihrem methodischen Hintergrund denkbar. Im Hinblick auf den Forderungsinhalt stehen sich die Alternativen Naturalherstellung und Geldleistung gegenüber. Auf konzeptioneller Ebene ist zu unterscheiden zwischen tatsächlicher Herstellung (Restitution) – sei es durch den Schädiger oder durch den Geschädigten selbst – und ausschließlich wirtschaftlichem Ausgleich bei Unterbleiben einer tatsächlichen Herstellung (Kompensation).

C. Schadensersatz in Geld nach dem BGB Ein ausreichendes prozessuales, vor allem vollstreckungsrechtliches Instrumentarium vorausgesetzt, ist ein Schadensersatzkonzept grundsätzlich sowohl auf der Basis der Naturalherstellung als auch auf der des Schadensersatzes in Geld denkbar 60. Ein primär auf Schadensersatz in Geld basierendes System erweist sich aber als nachteilig, wenn das Marktsystem gestört ist und die Bewertung der tatsächlichen Zustände zu unzutreffenden Ergebnissen führt. Der Geldersatz ist dann weder in der Lage, die Beseitigung des in tatsächlicher Hinsicht entstandenen Schadens zu finanzieren, noch die wirtschaftlichen Konsequenzen dieses tatsächlichen Schadens Vgl. oben A. I. 1. b) (S. 20 f.). Gedanklich vollzieht auch Gsell, Substanzverletzung und Herstellung, S. 212, diese Unterscheidung, wenn sie den Restitutionsaufwand in den Gesamtsaldo der Differenztheorie einstellen will. 60 So auch Ehrig, Grundsatz der Naturalrestitution, S. 1. 58 59

C. Schadensersatz in Geld nach dem BGB

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auszugleichen. Für eine zentrale Stellung der Naturalherstellung spricht darüber hinaus neben der größeren Sachnähe auch die Möglichkeit, nicht bewertbare tatsächliche Interessen des Geschädigten zu berücksichtigen. Entscheidet man sich, wie mit dem BGB, für ein System auf der Basis einer vorrangigen Restitution, ist eine Ergänzung des Systems der Herstellung durch einen Kompensationsanspruch erforderlich, 61 wenn aus den praktischen Grenzen der Naturalherstellung keine Lükke entstehen soll. Eine Geldleistung ist in dieser Situation das einzig denkbare Mittel zum Ersatz des Schadens, da eine Herstellung ja gerade vollständig oder teilweise an den praktischen Gegebenheiten scheitert. Die Entschädigung ist dabei notwendig daran zu orientieren, was das Ausfallen seines tatsächlichen Interesses für den Geschädigten wirtschaftlich bedeutet. Eine Bemessung nach den Kosten einer tatsächlichen Herstellung ist nicht möglich. I. § 251 Abs. 1 BGB: Unmöglichkeit der Naturalherstellung Diesem Bedürfnis trägt das BGB mit § 251 Abs. 1 BGB Rechnung, der eine Entschädigung in Geld für den Fall der Unmöglichkeit der Herstellung anordnet. 62 Da der Geldersatz in dieser Konstellation notwendig nur die Funktion eines wirtschaftlichen (Wert-)Ausgleichs übernehmen kann, 63 steht damit bereits fest, daß sein Umfang im Rahmen des § 251 Abs. 1 BGB auf Grundlage eines endgültigen Ausfalls des tatsächlichen Interesses des Geschädigten bestimmt werden muß.64 Immaterielle Motive des Geschädigten für ein bestimmtes tatsächliches Interesse können hier mangels wirtschaftlichen Niederschlags allerdings nicht berücksichtigt werden. Dies kommt wiederum in § 253 Abs. 1 BGB zum Ausdruck. 65 Insofern regelt das 61 Wenn man daneben noch eine Entschädigung durch eine nicht in Geld bestehende Sachleistung für möglich halten will, dann übernimmt die Sache dort lediglich die Funktion von Geld als Mittel zum wirtschaftlichen Ausgleich. 62 Auch Fischer, Der Schaden, S. 206 f., und Ehrig, Grundsatz der Naturalrestitution, S. 31, begründen hiermit das gesetzgeberische Bedürfnis für § 251 Abs. 1 BGB. Ferner Roussos, Schaden und Folgeschaden, S. 265. 63 Ellrich, Der Herstellungsanspruch in Geld bei Urlaubs- und Veranstaltungserlebnisschäden, S. 45; Staudinger-Schiemann [1998], § 251 Rn. 2 f.; Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 251 Rn. 1; Wussow-Karczewski, Unfallhaftpflicht, 15. Aufl., Kap. 40 Rn. 6 (S. 1013). Insbesondere die Ausführungen Jahrs, AcP 183 (1983), 725, 771 f., sensibilisieren für diese Feststellung. 64 Etwas anderes kann sich bei vertraglichen Schadensersatzansprüchen ergeben, wenn der Schadensersatz an die Stelle der ausbleibenden Pflichterfüllung treten soll und eine Naturalherstellung aus rechtlichen Gründen ausscheidet (siehe unten Fn. 299). Greift man hier auf § 251 Abs. 1 BGB zurück, ist es denkbar, auch die Entschädigung in Geld nach dem Herstellungsaufwand zu bemessen, da eine Herstellung tatsächlich noch möglich ist. 65 Oetker, NJW 1985, 345, 346; Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S. 26; Brinker, Die Dogmatik zum Vermögensschadensersatz, S. 324; Lipp, NZV 1996, 7; Fischer, Der Schaden, S. 48. Ellrich, Der Herstellungsanspruch in Geld bei Urlaubs- und Veranstaltungserlebnisschäden, S. 42, 46, spricht mehrfach davon, daß der Schadensersatzanspruch in Geld bei endgültigem Ausbleiben der tatsächlichen Herstellung (er nennt ihn „sekundären Geldersatz“) hinsichtlich immaterieller Interessen dem „Zugriff“ des § 253 BGB ausgesetzt sei, versäumt jedoch, dies wie hier zu begründen, so daß es ihm erforderlich erscheint, die

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1. Kap.: Konzepte des Schadensersatzes

BGB (nur), was sich, wenn man die Naturalherstellung einmal als vorrangige Form des Schadensersatzes akzeptiert hat, aus der sachlichen Notwendigkeit ergibt: einen auf materielle Schäden beschränkten Schadensersatz in Geld, soweit eine Herstellung nicht möglich ist. Seinem Wortlaut nach befaßt sich das Gesetz in § 251 Abs. 1 Alt. 2 BGB auch mit dem Spezialfall, daß die Naturalherstellung zur Entschädigung des Geschädigten „nicht genügend ist“. Obwohl hierzu üblicherweise angemerkt wird, daß dieser Halbsatz Konstellationen erfassen solle, in denen eine vollständige technische Naturalherstellung nicht zu einem vollständigen wirtschaftlichen Ausgleich führt, handelt es sich bei der ungenügenden Herstellung nur um eine besondere Form der (Teil-)Unmöglichkeit der Naturalherstellung. 66 Die Vorstellung, daß eine Herstellung trotz technischer Vollkommenheit zum wirtschaftlichen Ausgleich nicht genügend sein kann, beruht auf einer Aufspaltung der Herstellung in eine tatsächliche und eine wirtschaftliche Komponente. Diese Aufspaltung ist unvereinbar mit dem Verständnis, daß ein wirtschaftlicher Wert lediglich die Abbildung eines tatsächlichen Zustandes ist: Zunächst muß man nämlich in den Fällen des § 251 Abs. 1 Alt. 2 BGB annehmen, daß die Herstellung den Sollzustand in tatsächlicher Hinsicht herbeigeführt hat, da die Herstellung andernfalls bereits deshalb unmöglich wäre. Bei gelungener tatsächlicher Herstellung dann aber den vollständigen Erfolg des wirtschaftlichen Ausgleichs zu verneinen, würde voraussetzen, daß ein und derselbe tatsächliche Zustand zwei divergierende Werte haben kann. Das aber ist nicht denkbar. Zwar können verschiedene tatsächliche Zustände denselben Wert haben, doch können nicht umgekehrt zwei Werte denselben Zustand abbilden. 67 Zeigt sich also, daß die Naturalherstellung nicht zu einem Zustand führt, der auch wirtschaftlich dem Sollzustand entspricht, offenbart dies nur, daß der erzielte tatsächliche Zustand eben doch nicht an den Sollzustand heranreicht. Im häufigsten Anwendungsfall der Geldentschädigung wegen nicht genügender Herstellung, dem sog. merkantilen Minderwert 68, bedeutet dies, daß eine – obgleich technisch einwandfrei – reNichtgeltung des § 253 BGB für den Herstellungsanspruch in Geld (nach Ellrich „primärer Geldersatz“) ausführlich zu erörtern. AA Wolff, TranspR 2003, 190, 191, sowie offenbar Roussos, Schaden und Folgeschaden, S. 147, der die Ausschlußwirkung des § 253 BGB auf die „Geldentschädigung für egoistische, nicht nachvollziehbare Interessen“ beschränkt wissen möchte. Ein Schadensersatz in Geld soll nicht bereits dann ausscheiden, wenn das Interesse „keinen unmittelbaren Vermögens- oder Marktwert aufweist“. Dabei bleibt allerdings offen, wo die Grenze der Nachvollziehbarkeit verlaufen soll. Nach der hier vertretenen Ansicht wäre die Nachvollziehbarkeit zu bejahen, sobald das Interesse bewertbar ist. 66 Palandt-Heinrichs, 63. Aufl., § 251 Rn. 4; Prien, Naturalrestitution als Schadensersatz bei deliktischer Verletzung der Ehre, S. 106, 116; Toussaint, Naturalherstellung und Geldersatz, S. 132. 67 Dies ist kein Widerspruch zu dem oben unter B. I. (S. 24 ff.) Gesagten. Die unterschiedlichen Werte für den Schadensersatz in Geld waren gerade nicht Folge der divergierenden Bewertung ein und desselben Zustandes, sondern Folge verschiedener tatsächlicher Abläufe: einmal die Naturalherstellung durch den Geschädigten selbst und einmal das endgültige Unterbleiben der Naturalherstellung. 68 Hierzu siehe im einzelnen unten 3. Kap., B. VI. (S. 119 ff.).

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parierte Sache in tatsächlicher Hinsicht gerade nicht identisch ist mit einer – ebenfalls technisch einwandfreien – Sache, die noch nie einer Reparatur unterzogen werden mußte. Die unterschiedliche Bewertung der beiden tatsächlichen Zustände ist gleichzeitig Beweis ihrer Divergenz. Daß diese Divergenz trotz Ausschöpfung aller technischen Möglichkeiten nicht mehr überwunden werden kann, macht diesen Fall zu einem der (teilweisen) Unmöglichkeit der Herstellung. Als einzige Möglichkeit des Schadensersatzes verbleibt hier einmal mehr der Ausgleich des Minderwertes in Geld. II. § 249 Abs. 2 BGB: Beschädigung einer Sache oder Verletzung einer Person Da die deutsche Zivilprozeßordnung in den §§ 883 ff. die Möglichkeit einer Realvollstreckung vorsieht, besteht in den weiteren Konstellationen, in denen eine Naturalherstellung grundsätzlich durchführbar wäre, kein zwingendes Bedürfnis für einen Schadensersatz durch Geldleistung. Das schließt freilich nicht aus, daß für einen solchen im Interesse des einen oder des anderen Beteiligten Anlaß besteht. Da der Schadensersatz in Geld hier aber lediglich eine Alternative zur Naturalherstellung darstellt, ist in diesen Fällen grundsätzlich offen, ob sich sein Umfang an der wirtschaftlichen Abbildung der tatsächlichen Herstellung oder an den Folgen des endgültigen Unterbleibens einer Herstellung zu orientieren hat. Ebenso wie zu der Frage des Ob hat der Gesetzgeber damit auch zum Umfang des fakultativen Schadensersatzes durch Geldleistung einen Entscheidungsspielraum. Solange eine Naturalherstellung möglich ist, kann er entscheiden, unter welchen Voraussetzungen der Geschädigte Anspruch auf welche Art des Schadensersatzes haben soll, d. h., für welche Konstellationen er den Geschädigten ausschließlich auf die Naturalherstellung verweisen will und wann er ihm die Geltendmachung eines Schadensersatzes in Geld gestatten möchte. Ebenso kann er spiegelbildlich festlegen, wann der Schädiger zum tatsächlichen Tätigwerden verpflichtet sein soll und wann er sich auf eine Geldleistung zurückziehen kann. In § 249 Abs. 2 BGB hat der Gesetzgeber die als Ersetzungsbefugnis gestaltete69 Ausnahme von der Naturalherstellung an die Art des betroffenen Rechtsgutes geknüpft. Gleichzeitig ist § 249 Abs. 2 BGB ausdrücklich an eine der beschriebenen Bemessungsmethoden gebunden. Maßgebend sind einzig die zu der tatsächlichen Herstellung erforderlichen Kosten, mithin der wirtschaftliche Aufwand, den der Geschädigte tragen muß, wenn er selbst die Naturalherstellung durchführt. Entsprechend wird der Anspruch des § 249 Abs. 2 BGB nach der allgemeinen Ansicht in 69 So die allgemeine Ansicht, vgl. MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 339 ff.; Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 19; Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 215; BGHZ 5, 105, 109; BGHZ 63, 182, 184. Zum Zusammenhang zwischen der Ausgestaltung als Ersetzungsbefugnis und der – noch nachzuweisenden – Bindung des §249 Abs.2 BGB an den Abs.1 Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S. 163 f.

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1. Kap.: Konzepte des Schadensersatzes

Rechtsprechung 70 und Literatur 71 der Restitution zugeordnet. Aus dem gleichen Grund könnte man ihn in Abgrenzung zum Entschädigungsanspruch nach § 251 Abs. 1 BGB auch als Herstellungsanspruch in Geld bezeichnen. Davon abweichend wird der Schadensersatz nach §249 Abs. 2 BGB von manchen stärker in den Dienst des wirtschaftlichen Ausgleichs gestellt.72 Dies geschieht, indem der Herstellungsaufwand, der dabei als Bedarf bezeichnet wird, von der Vorstellung einer tatsächlichen Herstellung gelöst wird. Die Rechtfertigung dafür soll darin liegen, daß ein kompensierbarer wirtschaftlicher Schaden nicht erst mit der Aufwendung der zur tatsächlichen Herstellung erforderlichen Mittel bzw. einer vertraglichen Verpflichtung hierzu, sondern bereits mit dem Auftreten eines Herstellungsbedarfs entstehe. 73 Dem ist entgegenzuhalten, daß die Geldleistung nach § 249 Abs. 2 BGB gedanklich untrennbar mit der Idee der tatsächlichen Herstellung verbunden ist. Ohne diese verlöre sie ihre Bemessungsgrundlage. Nur unter der Annahme einer Realisierung des tatsächlichen Interesses des Geschädigten ist die Heranziehung des Herstellungsaufwandes zur Bemessung des Schadensersatzes in Geld gerechtfertigt. 74 Die Trennung von Bemessungsgrundlage und Schadensersatzkonzept wäre darüber hinaus in sich widersprüchlich: Sieht man den Sinn der Kompensation darin, dem Geschädigten abzugelten, daß sein tatsächliches Interesse nicht mehr zu realisieren ist, kann die Abgeltungssumme nicht gleichzeitig auf der Idee einer tatsächlichen Herstellung basieren. Der Lehre vom Herstellungsaufwand als Bedarfsschaden und der Einordnung des § 249 Abs. 2 BGB in die Kompensation ist daher nicht zu folgen. III. § 250 S. 2 BGB: Nichterbringung der Naturalherstellung trotz Fristsetzung In § 250 S. 2 sieht das BGB einen Ersatz in Geld dann vor, wenn der Schädiger trotz Fristsetzung durch den Geschädigten die Vornahme der an sich geschuldeten Naturalherstellung unterläßt. Da hier eine Realisierung des tatsächlichen Interesses – zumindest durch den Geschädigten selbst – nicht ausgeschlossen ist, kommen für den Schadensersatz in Geld beide Bemessungsverfahren in Betracht. Das Gesetz spricht insofern ganz allgemein von „Ersatz in Geld“. Da sich der Wortlaut damit St. Rspr., zuletzt BGHZ 147, 320, 322; BGHZ 115, 364, 368; BGHZ 102, 322, 330. MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn.346; Staudinger-Schiemann [1998], §249 Rn.210; Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 19; Lange/Schiemann-Lange, Schadensersatz, 3. Aufl., § 5 I 2 (S. 213); Steffen, NJW 1995, 2057, 2058; Roth, JZ 1994, 1091, 1092; Hamann, Schadensersatz in Natur oder Geld, S. 2 f.; Roussos, Schaden und Folgeschaden, S. 109; Ehrig, Grundsatz der Naturalrestitution, S. 23. Vor dem Hintergrund der Dispositionsfreiheit des Geschädigten einschränkend Weber, VersR 1992, 527, 530. 72 Zeuner, AcP 163 (1963), 380, 395 ff.; Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 34 f., 40 f. 73 Zeuner, AcP 163 (1963), 380, 395 ff.; ders., GS f. Dietz, S. 99, 121 f.; diesem insofern folgend Weber, VersR 1992, 527, 529. 74 Siehe oben B. I. 3. (S. 27). 70 71

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weder an die Formulierung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB („den dazu erforderlichen Geldbetrag“) noch an die des § 251 Abs. 1 BGB („in Geld zu entschädigen“) anlehnt, ist nicht auf den ersten Blick zu erfassen, an welcher Vorschrift sich die in § 250 BGB angesprochene Geldleistung orientiert. Die Existenz des § 251 Abs. 2 BGB zeigt, daß die i. S. d. § 249 Abs. 2 BGB erforderlichen Kosten den Entschädigungsbetrag nach § 251 Abs. 1 BGB übersteigen können. Man mag daher dazu neigen, § 250 BGB systematisch an § 249 BGB anzubinden und die nach Satz 2 geschuldete Geldleistung wie die des § 249 Abs. 2 BGB zu berechnen. 75 Veranlaßt nämlich der Schädiger durch die Nichterbringung der Naturalherstellung den Geschädigten, über § 250 BGB zu einer Geldforderung überzugehen, so ist nicht ersichtlich, warum dies den Schädiger auch noch entlasten soll.76 Die Entstehungsgeschichte des § 250 BGB deutet indes in eine andere Richtung. Die Norm entstammt der 2. Kommission und lautete zunächst als § 213 Abs. 3 S. 2 des 2. Entwurfs: „Erfolgt die Herstellung nicht innerhalb der Frist, so kann der Gläubiger die Entschädigung in Geld verlangen; der Anspruch auf die Herstellung ist ausgeschlossen.“

Diskutiert wurde in diesem Zusammenhang, ob der Übergang zur Geldentschädigung (erst) nach Fristsetzung womöglich einen Widerspruch zu der als § 249 S. 2 BGB a. F. Gesetz gewordenen unmittelbaren Pflicht zur Geldleistung darstellen könnte. Anlaß für die Zweifel war die wohl unzutreffende Prämisse 77, daß sich der nach § 249 S. 2 BGB a. F. geschuldete Betrag und die Entschädigung in Geld i. S. d. § 251 BGB häufig deckten. In der Endfassung änderte sich schließlich noch einmal die Formulierung des § 250 BGB, ohne daß damit erkennbar inhaltliche Änderungen verbunden sein sollten. In der Denkschrift wird lediglich wiederholt, daß es Aufgabe des § 250 BGB sei, dem Geschädigten zu ersparen, auf unbestimmte Zeit auf die Herstellung durch den Schädiger warten zu müssen. 78 Sollte § 250 S. 2 BGB dem Geschädigten tatsächlich einen Anspruch auf die zur Herstellung erforderlichen Kosten zuerkennen, hätte die Bestimmung zunächst nur für solche Fälle Bedeutung, in denen sich dieser Anspruch nicht bereits ohne Fristsetzung aus § 249 Abs. 2 BGB ergibt, 79 also für andere Fälle als die der Verletzung von Personen oder der Beschädigung von Sachen. In manchen dieser Konstellationen wird ohnehin kaum ein Bedürfnis bestehen, von dem Naturalherstellungsanspruch zu einem Anspruch auf Zahlung von Herstellungskosten zu gelangen, so bei75 MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 250 Rn. 12; Palandt-Heinrichs, 63. Aufl., § 250 Rn. 3; Staudinger-Schiemann [1998], § 250 Rn. 4; Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 250 Rn. 6; Frotz, JZ 1963, 391, 394; Schack, FS f. Stoll, S. 61, 63 FN 13; U. Picker, Naturalrestitution, S. 200 f.; Emmerich, JuS 2001, 1120, 1121; Mook, Das Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht nach §§ 249–253 BGB, S. 70; Partecke, Der sogenannte Schadensersatz „neu für alt“, S. 17; BGHZ 11, 156, 163 (GS). 76 Frotz, JZ 1963, 391, 394; U. Picker, Naturalrestitution, S. 198. 77 Vgl. unten Fn. 477. Zur gegenteiligen Ansicht vgl. sogleich Fn. 88. 78 Denkschrift zum Rechte der Schuldverhältnisse, S. 45 (abgedr. bei Mugdan, Materialien, II. Band, S. 1235). 79 Dies bestätigt MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 250 Rn. 1.

3 Kolbinger

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1. Kap.: Konzepte des Schadensersatzes

spielsweise bei falschen Tatsachenbehauptungen, wo es im Rahmen der Naturalherstellung gerade auf den Widerruf durch den Schädiger ankommt. Auch sonst ist dem Geschädigten ohne § 249 Abs. 2 BGB und ein entsprechendes Verständnis des § 250 S. 2 BGB nicht generell der Weg zu einem Anspruch auf die Herstellungskosten versperrt. Der Geschädigte hat nämlich stets die Möglichkeit, einen Herstellungstitel zu erwirken und anschließend bei Nichtleistung über §887 Abs. 1, 2 ZPO zu einem Anspruch auf die erforderlichen Kosten – auch als Vorschuß – zu gelangen. Der Gewinn des § 250 BGB läge damit zum einen nur noch in einer Abkürzung des Weges zu diesem Anspruch. Dem Geschädigten bleibt erspart, sich zunächst einen Titel zur Naturalherstellung zu verschaffen, um anschließend festzustellen, was womöglich absehbar war, nämlich daß der Schädiger seiner Verpflichtung nicht nachkommt. 80 Was allerdings schwerer wiegt, ist der Umstand, daß zum anderen eine Dispositionsfreiheit des Geschädigten über den erlangten Betrag81 nur im Falle des § 250 S. 1 BGB in Betracht kommt. Bei einer Geldleistung nach §887 Abs. 2 ZPO als Vorschuß ist sie undenkbar; hier hat eine Abrechnung über die Kosten der Ersatzvornahme zu erfolgen. 82 Dem Sinn des § 250 S. 1 BGB hingegen würde eine Zweckbindung geradezu widersprechen: Ist der Anspruch des Geschädigten auf Naturalherstellung gem. § 250 S. 2 Hs. 2 BGB endgültig ausgeschlossen, kann damit schwerlich eine entsprechende Verwendungspflicht des Geschädigten einhergehen. Die Alternative zu der Bemessung des Schadensersatzanspruches gem. § 250 S. 2 BGB anhand des Herstellungsaufwandes ist eine Bemessung nach Kompensationsgesichtspunkten und somit eine Anknüpfung an § 251 Abs. 1 BGB. 83 Dem eingangs genannten Argument, der Schädiger könne in diesem Falle seine Schuld durch gezielte Nichterfüllung der Naturalherstellungspflicht drücken, ist entgegenzuhalten, daß der Geschädigte ja nicht nach § 250 BGB vorgehen muß. Zumeist steht ihm ohnehin unmittelbar § 249 Abs. 2 BGB zur Verfügung. Im übrigen kann er, wenn ihm an der tatsächlichen Herstellung gelegen ist, über §§ 249 Abs. 1 BGB, 887 Abs. 1, 2 ZPO vorgehen. Der denkbare Einwand, das sei bei einem Schaden, der in natura nur durch eine unvertretbare Leistung zu ersetzen ist, nicht möglich, mag zutreffen, ist jedoch als Argument zu Gunsten einer Anbindung des § 250 BGB an § 249 Abs. 2 BGB gleichermaßen ungeeignet: Bedarf es zur Naturalherstellung einer unvertretbaren Handlung durch den Schädiger, sind die dazu erfor80 Frotz, JZ 1963, 391, 394; Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse I, 5. Aufl., § 250 Anm. 1; im Hinblick auf § 249 Abs. 2 BGB Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I 2, 8. Aufl., § 32 I (S. 202). 81 Dazu siehe ausführlich unten 4. Kap. (S. 124 ff.). 82 Stein/Jonas-Brehm, 21. Aufl., § 887 Rn. 51; Schuschke/Walker-Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 887 Rn. 23. 83 Hierfür (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 204 FN 38; Lange/Schiemann-Lange, Schadensersatz, 3. Aufl., § 5 V 1 (S. 233); Larenz, Schuldrecht I, 14. Aufl., § 28 II FN 15 (S. 473); Geigel-Rixecker, Der Haftpflichtprozess, 24. Aufl., 3. Kap. Rn. 4; Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S.186 ff.; Pieper, JuS 1962, 409, 410; v. Tuhr, JhJb 46 (1904), 39, 53 FN 17. Bötticher, VersR 1966, 301, 309 FN 34, plädiert ohne ersichtliche Begründung für ein Wahlrecht.

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derlichen Kosten entweder gleich null, jedenfalls aber praktisch nicht bestimmbar und darüber hinaus nutzlos. Diese Konstellation eignet sich jedoch, die Bemessung des Geldersatzes nach § 250 S. 2 BGB anhand des Szenarios einer endgültig ausbleibenden Naturalherstellung zu begründen: Verlangt der Geschädigte vom Schädiger beispielsweise die Herausgabe eines entzogenen Unikats, hilft bei entsprechender Weigerung des Schädigers ein Anspruch auf die erforderlichen Kosten – egal, ob nach § 249 Abs. 2 oder nach § 250 BGB – nicht weiter. Möchte der Geschädigte sein Affektionsinteresse an dem entzogenen Gegenstand durchsetzen, bleibt ihm im Rahmen des Schadensersatzes nur die Klage auf Naturalherstellung. Ist er hingegen bereit, auf die Realisierung des tatsächlichen Interesses zu verzichten und sich mit dem wirtschaftlichen Ausgleich dieser Entscheidung zu begnügen, bietet ihm § 250 S. 1 BGB die entsprechende Möglichkeit, wenigstens – aber zugleich ausschließlich – die wirtschaftliche Dimension seines tatsächlichen Interesses zu realisieren. Ohne § 250 S. 1 BGB wäre ihm dieser Weg versperrt, da § 251 Abs. 1 BGB wegen der Möglichkeit einer Naturalherstellung ausscheidet. Allerdings muß der Geschädigte aufpassen: Das Vorgehen nach § 250 BGB kann in einem Pyrrhussieg enden, wenn sein tatsächliches Interesse nicht bewertbar ist, der Geschädigte also keine materiellen Motive geltend machen kann. § 250 BGB führt hier in eine Sackgasse: Der Herstellungsanspruch ist ausgeschlossen, ein Anspruch nach §§ 250, 251 Abs. 1 BGB scheitert an § 253 Abs. 1 BGB. 84 Doch wird der Geschädigte, wenn er keinerlei wirtschaftliche Motive hat, ohnehin einzig an der Herstellung in natura interessiert sein und das entsprechende vollstreckungsrechtliche Instrumentarium auszuschöpfen versuchen. § 250 BGB soll nach dem Gesagten also keineswegs den Anwendungsbereich des § 249 Abs. 2 BGB faktisch erweitern. Seine Hauptaufgabe ist vielmehr, dem Geschädigten die Möglichkeit zu geben, sich auf sein wirtschaftlich motiviertes Interesse zu beschränken, und zwar insbesondere dann, wenn der Herstellungsaufwand unerheblich oder nicht bestimmbar ist und der Schädiger der Naturalherstellungspflicht nicht nachkommt. Dies deckt sich mit der in den Gesetzesmaterialien getroffenen Feststellung, daß der Geschädigte nicht gezwungen werden könne, über Gebühr auf die Herstellung durch den Schädiger warten zu müssen. Darüber hinaus hilft § 250 BGB dem Geschädigten aber auch dann, wenn er unsicher ist, ob eine Herstellung nach § 249 BGB in Betracht kommt oder sein Anspruch von vorneherein auf Geldersatz beschränkt ist. Ginge er sofort nach §251 Abs. 1 BGB vor, liefe er Gefahr, auf den Herstellungsanspruch verwiesen zu werden. Erhebt er zuerst Klage auf Naturalherstellung, 85 weiß er womöglich auch erst mit dem erstinstanzlichen Urteil, daß er zwischenzeitlich besser auf eine Zahlungsklage übergegangen wäre. Die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nach § 250 S. 1 BGB bietet das Instrumentarium, den Anwendungsbereich des § 251 Abs. 1 BGB mit Gewißheit herbei84 85

3*

Vgl. Lange/Schiemann-Lange, Schadensersatz, 3. Aufl., § 5 V 2 (S. 233). Dies schlägt Frotz, JZ 1963, 391, 393, vor.

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1. Kap.: Konzepte des Schadensersatzes

zuführen. 86 § 250 S. 1 BGB ähnelt insofern dem bis zum 31.12.2001 geltenden §283 BGB a. F., der die Frage nach der Unmöglichkeit außer Streit stellen sollte. 87 Systematisch stellt § 250 S. 1 BGB eine Schnittstelle zwischen den beiden schadensrechtlichen Konzepten – Restitution und Kompensation – dar. Die Vorschrift verhindert, daß sich der Schädiger hinter dem Vorrang der Naturalherstellung verstecken kann, indem sie dem Geschädigten die Möglichkeit bietet, einen Anspruch auf den Vermögensausgleich herbeizuführen. IV. § 251 Abs. 2 BGB: Ersetzungsbefugnis des Schädigers Während die bisher angesprochenen Vorschriften ausschließlich regeln, wann der Geschädigte das Recht hat, vom Grundsatz der Naturalherstellung durch den Schädiger abzugehen und Ersatz in Geld zu verlangen, enthält das BGB mit § 251 Abs. 2 auch eine Bestimmung zu Gunsten des Schädigers, nach der dieser anstelle der eigentlich geschuldeten Herstellung von sich aus eine Entschädigung in Geld anbieten kann. Sinn dieser Vorschrift ist, den Schädiger vor einer wirtschaftlich unverhältnismäßigen Inanspruchnahme zu schützen, indem einer wirtschaftlich unvernünftigen Naturalherstellung die Unterstützung versagt wird. Den Schutz vor einer inhaltlich unzumutbaren Herstellungshandlung bezweckt § 251 Abs. 2 BGB hingegen nicht. Die Existenz des § 251 Abs. 2 S. 1 BGB zeigt, daß der Gesetzgeber offenbar davon ausgegangen ist, daß die Naturalherstellung den Schädiger in manchen Fällen wirtschaftlich stärker belasten wird als eine Geldentschädigung. Aus der Sicht des Geschädigten bedeutet dies, daß eine Naturalherstellung für ihn häufig günstiger sein wird. 88 V. Übersicht Die systematisch wichtigsten Bestimmungen des BGB zur Ausgestaltung der Schadensersatzansprüche lassen sich in das eingangs formulierte Schema somit wie folgt einordnen: Restitution (Herstellung) Kompensation (Wertausgleich)

§ 249 Abs. 1 BGB

Naturalleistung

§ 249 Abs. 2 BGB § 251 Abs. 1 BGB

Geldleistung

86 Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse I, 5. Aufl., § 250 Anm. 1, 5; Ehrig, Grundsatz der Naturalrestitution, S. 43 f.; Hamann, Schadensersatz in Natur oder Geld, S. 35; Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S. 184. 87 Pieper, JuS 1962, 409, 410; Hamann, Schadensersatz in Natur oder Geld, S. 35 f.; Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S. 186 f. 88 So auch Frotz, JZ 1963, 391, unter Hinweis auf RG HRR 1933 Nr. 1405; Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 154; Lipp, NZV 1996, 7.

2. Kapitel

Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung Mit der gerade getroffenen Feststellung, daß das BGB dem an der Herstellung orientierten Schadensersatz den Vorrang einräumt und ein – dem Umfang nach regelmäßig abweichender – Schadensersatz nach Kompensationsmaßstäben nur subsidiär in Betracht kommt, rückt die Frage in den Mittelpunkt, was der Geschädigte unter Herstellungsaspekten in concreto vom Schädiger verlangen kann. Unter systematischen Gesichtspunkten geht innerhalb des Schadensersatzes nach Herstellungsgesichtspunkten wiederum der Schadensersatz in natura, die Naturalherstellung, dem Geldersatz vor. Bei der Frage nach dem Inhalt der Herstellungspflicht in Geld ist daher zuerst nach dem Inhalt der Naturalherstellungspflicht zu fragen. In der Praxis ist diese Frage wegen der untergeordneten Bedeutung der Naturalherstellung nur sehr selten von unmittelbarer Relevanz. Da sich aber der Schadensersatz in Geld, wenn er, wie in § 249 Abs. 2 BGB, nach den Herstellungskosten bemessen wird, am Inhalt der Naturalherstellungspflicht orientiert, erlangt die Frage in fast allen Fällen mittelbare Bedeutung. Von der Ausgestaltung der Naturalherstellung wird aber nicht nur abhängen, was der Geschädigte verlangen kann, sondern zugleich auch, ob eine Restitution praktisch überhaupt möglich oder statt dessen auf die Kompensation überzugehen ist.

A. Definition des tatsächlichen Interesses des Geschädigten als Herstellungsziel Wie oben 89 gesehen, kann der Geschädigte als Naturalherstellung die tatsächliche Herstellung des Sollzustandes fordern. Möchte man wissen, was das im einzelnen bedeutet, steht man vor der Aufgabe, den Sollzustand inhaltlich zu definieren. Damit rückt zunächst der Stichtag für die Beurteilung des herzustellenden Zustandes in den Blick. Daran anzuschließen ist die Frage nach den Kriterien, mit deren Hilfe die Definition des Sollzustandes zu erfolgen hat. Unabhängig davon, wie diese Kriterien im einzelnen aussehen, gilt: je allgemeiner sie formuliert werden, desto zahlreicher werden die praktischen Möglichkeiten, das tatsächliche Interesse des Geschädigten zu verwirklichen. Auf diese Weise vergrößert sich der Anwendungsbereich der Restitution im Verhältnis zu dem der Kompensation. Vor dem Hintergrund der eingangs genannten Vorzüge der Restitution erscheint eine solche Perspektive durchaus günstig. 89

Siehe oben 1. Kap., A. I. (S. 17).

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2. Kap.: Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung

I. Herstellung oder Wiederherstellung Was den relevanten Zeitpunkt für die Definition des Sollzustandes anlangt, leuchtet zunächst unmittelbar ein, daß der umfassende Erfolg der Naturalrestitution nicht in allen Fällen durch die Herstellung des vor dem schädigenden Ereignis bestehenden Zustandes erreicht wird. Um das Ereignis ungeschehen zu machen, ist der Geschädigte nicht so zu stellen, wie er vorher stand, sondern so, wie er jetzt ohne den Eingriff stünde. Dazu gehört, daß zwischenzeitliche hypothetische Entwicklungen grundsätzlich zu berücksichtigen sind. Es geht nicht um bloße Wiederherstellung, sondern mitunter auch um die erstmalige Herstellung eines Zustandes. Bei der Bestimmung des hypothetischen Verlaufs sind der Phantasie allerdings Grenzen gesetzt. Nur was bereits vor dem schädigenden Ereignis angelegt war, beeinflußt das Herstellungsziel. 90 Nur hierauf konnte das tatsächliche Interesse des Geschädigten zum Schädigungszeitpunkt gerichtet sein. Die unmittelbare Aufgabe des Schadensersatzes ist die ersatzweise Realisierung dieses Interesses, nachdem die geplante Verwirklichung zwischenzeitlich durch das die Schadensersatzpflicht auslösende Fehlverhalten des Schädigers gestoppt worden ist. 91 II. Vermutung einer faktischen Definition des Sollzustandes Damit ist indes noch immer keine Anleitung zur Definition des herzustellenden Zustandes gegeben. Daß der Sollzustand bei Schadensersatzverpflichtungen auf vertraglicher Grundlage nicht selten aus dem Vertragsinhalt abzuleiten sein wird, hilft bei deliktischen Schadensersatzansprüchen, in deren Rahmen Sachschäden häufig zu regulieren sind, nicht weiter. Hier fehlt es mangels Parteivereinbarung regelmäßig an einschlägigen Vorgaben. Wird eine Sache beschädigt, ohne daß vorher zwischen Schädiger und Geschädigtem Inhalt und Zweck bestimmter Verhaltenspflichten vereinbart worden wären, fehlt es an entsprechenden konkreten Anhaltspunkten dafür, auf welchen tatsächlichen Zustand das Interesse des Geschädigten gerichtet war, bevor das schädigende Ereignis den anvisierten Ablauf störte. Der fehlende Hinweis auf das tatsächliche Interesse des Geschädigten ergibt sich in diesen Fällen jedoch aus dem Gesetz: § 823 Abs. 1 BGB richtet den deliktischen Schutz an den einzelnen Rechtsgütern aus. Darin kommt die Vorstellung zum Ausdruck, daß es dem Inhaber oder Träger eines Rechtsgutes regelmäßig auf die ungestörte Fortsetzung seiner Inhaberschaft ankommen wird. 92 Das bedeutet letztlich, daß ein entsprechendes tatsächliches Interesse des Rechtsgutsinhabers vermutet wird. 93 (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 58. (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 55. 92 (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S.191, spricht insofern vom ungestörten Fortbestand der Herrschaftssphäre. 93 Ohne auf das System der deliktischen Schutzvorschriften zurückzugreifen, geht U. Picker, Naturalrestitution, S. 111 f., davon aus, daß ein entsprechendes Interesse des Geschädigten „jedenfalls prima facie“ anzunehmen sei. 90 91

A. Definition des tatsächlichen Interesses des Geschädigten als Herstellungsziel

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Da § 823 Abs. 1 BGB den deliktischen Schutz über die Statuierung von Schadensersatzpflichten für den qualifizierten Verletzungsfall organisiert, 94 muß diese Ausrichtung auf das Rechtsgut auch für den Inhalt der Schadensersatzpflichten gelten. Daraus folgt, daß man auch für das tatsächliche Interesse des Geschädigten grundsätzlich eine Orientierung am Rechtsgut und deshalb seine Ausrichtung auf den ungestörten Fortbestand des konkreten Rechtsguts annehmen darf und muß. Diese Notwendigkeit beruht darauf, daß ansonsten der deliktische Rechtsgüterschutz leerzulaufen drohte. Dies zeigt das Beispiel eines eigenmächtigen Austausches einer Sache gegen eine andere. Dabei handelt es sich unproblematisch um eine Eigentums- und damit Rechtsgutsverletzung, die unter den weiteren haftungsbegründenden Voraussetzungen eine Schadensersatzforderung auslöst. Wollte man hier bei der Definition des herzustellenden Zustandes einen weiteren, nicht auf das Rechtsgut bezogenen Maßstab anlegen, wäre eine Schadensersatzpflicht bei einem Austausch gegen eine ähnliche oder wertgleiche Sache automatisch zu verneinen und der Rechtsgüterschutz im Ergebnis ausgehebelt. Für das Sacheigentum – und analog für den Besitz, wenn man ihn als Rechtsgut schützt 95 –, ergibt sich aus diesen Überlegungen: Auch im Hinblick auf das Eigentum besteht das Ziel des deliktischen Schutzes in der Abwehr von Eingriffen in vorhandene konkrete Rechtspositionen. 96 Somit ist auch hier von einem entsprechenden tatsächlichen Interesse des Geschädigten auszugehen. Man kann daher formulieren, daß das sog. Integritätsinteresse des Geschädigten als Eigentümer einer Sache regelmäßig auf den unbeeinträchtigten Fortbestand seines Eigentums an der konkreten Sache gerichtet ist. 97 Konsequenterweise kann dann das Interesse, einen derartigen Eingriff in die bestehenden Rechtspositionen und seine Folgen nicht zu erleiden, ersatzweise nur durch eine identische (Wieder-)Herstellung des verletzten Rechts erreicht werden. Ein Schadensersatz durch Naturalherstellung muß daher primär zum Ziel haben, den fortgeschriebenen faktischen Zustand zu verwirklichen. III. Utopie der Herstellung im faktischen Sinne Es bedarf keiner großen Phantasie zu erkennen, daß das Ziel einer faktischen Herstellung, so unverzichtbar es einerseits in bestimmten Situationen sein mag, in der 94 Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 206; Jansen, Die Struktur des Haftungsrechts, S. 523 f.; ähnlich auch Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 317. 95 Dazu siehe unten 6. Kap. (S. 211 ff.), insbesondere Fn. 802. 96 (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 191; v. Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Erster Band, 1. Aufl., S. 245. Ähnlich der sog. „Rechtsfortsetzungsgedanke“, beispielsweise bei Mook, Das Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht nach §§ 249–253 BGB, S. 70; Degenkolb, AcP 76 (1890), 1, 76 f. 97 Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 1, 210; Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 2; Lange/Schiemann-Lange, Schadensersatz, 3. Aufl., § 5 I 2 (S. 213); Brinker, Die Dogmatik zum Vermögensschadensersatz, S. 323; Erman-Kuckuck, 11. Aufl., § 249 Rn. 1.

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2. Kap.: Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung

überwiegenden Anzahl der Fälle Utopie bleiben muß. 98 Der Entzug (oder Austausch) einer Sache mag einer Herstellung in diesem Sinne durch Rückgabe zugänglich sein. Doch selbst hier bleibt ein Defizit: Wurde die Sache gestern entzogen und erfolgt morgen die Rückgabe, bleibt es immerhin bei der zwischenzeitlichen Beeinträchtigung der Herrschaftssphäre des Geschädigten. Ein Festhalten an der aus dem deliktischen Rechtsgüterschutz abgeleiteten faktischen Definition des in natura herzustellenden Sollzustandes hätte zwar das Argument der Konsequenz für sich, führt praktisch aber keineswegs zu einer Erleichterung der Schadensabwicklung. Zwar scheint eine Reparatur auf den ersten Blick das ebenso naheliegende wie geeignete Verfahren zu sein, um eine Naturalherstellung in ihrem engen Verständnis herbeizuführen. 99 Allerdings ergeben sich bereits Zweifel, sobald die Reparatur den Austausch einzelner Komponenten der beschädigten Sache mit sich bringt. Spätestens hier wird in der Praxis eine Diskussion darüber beginnen, ob im Zusammenhang mit der Reparatur überhaupt noch von einer tatsächlichen Verwirklichung des faktisch definierten Integritätsinteresses des Geschädigten gesprochen werden kann. 100 So wird man bei der beschädigten Armbanduhr darüber streiten können, ob es sich nach einem Austausch von Uhrglas, Zeigern und Zifferblatt noch um die reparierte oder um eine andere Uhr handelt. Dies läßt die für den Geschädigten scheinbar so vorteilhafte Naturalrestitution unter einem anderen Licht erscheinen. Was als Vorteil gedacht ist, kann dazu führen, daß Ersatz in natura nur noch selten in Betracht kommt. IV. Konsequenzen aus der Ungeeignetheit der faktischen Definition Aus Sicht des Geschädigten wäre dies hinzunehmen, stünde fest, daß sich das hierfür maßgebliche Verständnis des herzustellenden Sollzustandes stets an seinem wirklichen Interesse orientiert. Das ist indes nicht notwendig der Fall. Wie festgestellt, beruht das faktische Verständnis der Naturalherstellung vielmehr auf einer Vermutung. Auf dieser Grundlage muß dem Geschädigten unter Umständen eine tatsächliche Herstellung aus praktischen Gründen vorenthalten werden, obwohl sein tatsächliches Interesse durchaus realisierbar wäre. Akut wurde dieser Zusammenhang als Folge der Warenknappheit nach dem Zweiten Weltkrieg: Scheiterte die Naturalherstellung nach der irreparablen Beschädigung einer Uhr an der Unmöglichkeit der faktischen Herstellung (durch Reparatur), mußte eine anson98 Ehrig, Grundsatz der Naturalrestitution, S. 3; Degenkolb, AcP 76 (1890), 1, 67; Lange/ Hagen, Wandlungen des Schadensersatzrechts, S. 62; Gotthardt, Wandlungen schadensrechtlicher Wiedergutmachung, S. 36; U. Picker, Naturalrestitution, S. 173; RGZ 76, 146, 147. 99 So beispielsweise Medicus, JuS 1973, 211, 212. 100 Allgemein Degenkolb, AcP 76 (1890), 1, 67.

A. Definition des tatsächlichen Interesses des Geschädigten als Herstellungsziel

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sten in Betracht kommende Ersatzbeschaffung einer anderen Uhr konsequenterweise mit Hinweis auf die faktische Ausrichtung der Naturalherstellung abgelehnt werden. Der Geschädigte hätte nur Geld fordern können, für das es nichts zu kaufen gab. 101 Hierbei wird deutlich, daß das gesetzliche Leitbild der Naturalherstellung in ihrem faktischen Verständnis in vielen Fällen lediglich auf der Unterstellung eines entsprechend engen Integritätsinteresses beruht. 102 Für den Geschädigten bedeutet dies letztlich, daß er entweder alles oder nichts verlangen kann. Das ist unbefriedigend, aber, wie im folgenden gezeigt werden wird, nicht zwingend. Die faktische Definition des tatsächlichen Zustandes, die den bisherigen Überlegungen zugrunde gelegt wurde, gründet nämlich auf einer rein formalen, sachenrechtlichen Beurteilung. Das Eigentum wird dabei ausschließlich unter dem Aspekt der rechtlichen Zuordnung betrachtet. Dem Umstand, daß diese Zuordnung – wie § 903 BGB zum Ausdruck bringt – nicht Selbstzweck ist, trägt dieses Verständnis nicht Rechnung. Dieses Defizit läßt sich indes beheben, indem man bei der Definition des tatsächlichen Zustandes nicht auf das Eigentum an sich abstellt, sondern statt dessen auf die Funktion, die der Eigentümer der konkreten Sache kraft seiner Gebrauchsbefugnis zugewiesen hat. Man gelangt so zu einer funktionalen Beschreibung des tatsächlichen Zustandes. Am Beispiel des Eigentums an einem Rasenmäher lautete die faktische Formulierung: „A ist Eigentümer des Rasenmähers Marke X, Seriennummer ABC.“ Als funktionale Zustandsbeschreibung ergäbe sich hingegen (verkürzt): „A ist Eigentümer eines Apparates, mit dem er 1000 qm Rasen in der Stunde mähen kann und der voraussichtlich noch zehn Jahre halten wird.“ Es liegt auf der Hand, daß der funktional definierte Zustand häufiger zu realisieren sein wird, da er jedenfalls über die Herstellung des faktisch definierten, aber eben auch auf anderem Wege verwirklicht werden kann. Man kann sogar noch einen Schritt weiter gehen und anstelle der Funktion den wirtschaftlichen Wert des Eigentums in den Mittelpunkt der Definition stellen. Das liegt insbesondere dann nahe, wenn sich die Funktion der Sache in der Verkörperung des Sachwertes zu erschöpfen scheint. Einer derartigen wirtschaftlichen Definition des tatsächlichen Zustandes bedient man sich bei der Bilanzierung. Im Beispiel des Rasenmähers könnte sie lauten: „+ E 250“. Stellt man sich vor, daß die Definitionen dazu verwendet werden, den Wiederherstellungsbefehl an den Schädiger zu formulieren, wird zugleich deutlich, daß ihn die faktische Definition am stärksten bindet, während ihm die wirtschaftliche Definition den größten – womöglich einen zu großen – Spielraum läßt. Die funktionale Formulierung liegt dazwischen. Bringt der Geschädigte zum Ausdruck, sein tatsächliches Interesse als Sacheigentümer sei nicht auf das Eigentum um seiner selbst willen, sondern auf den funktionalen oder gar „nur“ auf den wirtschaftlichen Zustand gerichtet gewesen, so verlangt er vom Schädiger weniger, als er aufZu dieser Problematik Haselhoff, NJW 1947/48, 286. In diesem Sinne ist wohl auch Roussos, Schaden und Folgeschaden, S. 112, zu verstehen: „Es leuchtet aber wenig ein, warum von vornherein ausgeschlossen sein soll, daß die Kinder auch an einer anderen Katze Freude haben können.“ Ähnlich Weber, VersR 1990, 934, 943. 101 102

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2. Kap.: Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung

grund der am Faktischen orientierten gesetzlichen Vermutung fordern könnte. Begnügt sich der Geschädigte also mit der ersatzweisen Realisierung des tatsächlichen Interesses in funktionaler Hinsicht, beansprucht er ein Minus gegenüber der Realisierung des vermuteten faktisch definierten Interesses. Diese Erkenntnis steht hinter der häufig anzutreffenden Aussage, daß die Reparatur einer Sache das Integritätsinteresse regelmäßig umfassender befriedige als die Beschaffung einer Ersatzsache. 103 Daß neben der faktischen, funktionalen und wirtschaftlichen Beschreibung des tatsächlichen Zustandes hier keine weiteren Kategorien diskutiert werden, könnte man als willkürlich kritisieren wollen. Warum soll sich der Zustand beispielsweise nicht gleichermaßen durch die Farbe der Sache formulieren lassen? Als Ersatz für einen roten Rasenmäher käme dann womöglich auch ein rotes Schaukelpferd in Betracht. Zunächst wird man der hier vertretenen abschließenden Aufzählung zumindest auf empirischer Grundlage zustimmen können. Im übrigen wird auf die genannten Parameter auch in anderem Zusammenhang zurückgegriffen: In einem Vermögensverzeichnis sind Gegenstände faktisch präzise aufgelistet. In einer Bilanz sind sie wertmäßig erfaßt. Schließlich werden Anschaffungsentscheidungen für gewöhnlich anhand faktischer, wirtschaftlicher oder/und funktionaler Kriterien getroffen, was im Einzelfall freilich nicht ausschließt, auch die Farbe als funktionales Einzelkriterium einzubeziehen. Die Entscheidung zum Erwerb einer Sache ausschließlich anhand ihrer Farbe würde man demgegenüber als ungewöhnlich empfinden. Man stelle sich dazu nur vor, jemand betrete einen Gartengerätehandel und verlange nach etwas Rotem für ca. 250 E. An dem Verlangen nach etwas, womit man Gras schneiden kann, wird man hingegen nichts Merkwürdiges finden. Es handelt sich bei den genannten drei Kriterien also um diejenigen, die nach der Verkehrsanschauung als ausschlaggebend für eine Anschaffungsentscheidung anerkannt sind. Nicht zufällig sehen daher zahlreiche Rechtsordnungen als Schadensersatz die Entschädigung in Geld, keine jedoch Ersatz durch Sachen gleicher Farbe vor. Formal kommt hinzu, daß man einzelne Aspekte, wie beispielsweise die Farbe, aber auch die Größe oder das Alter einer Sache als – relevante oder irrelevante – Einzelkriterien der Funktion oder dem Wert unterordnen kann. Umgekehrt ist dies nicht möglich. Während sowohl Farbe oder Dimension einer Sache feststehen, sind Funktion und Wert das Ergebnis einer Betrachtung, die über die Sache selbst hinaus auch ihre Beziehung zur Umwelt im Blick hat. Daß zwischen Funktion und Wert einer Sache einerseits und ihren sonstigen Merkmalen andererseits unterschieden werden kann, wenn es um die Relevanz für die Definition des durch die Sache gekennzeichneten tatsächlichen Zustandes geht, erklärt sich also daraus, daß die Kriterien auf verschiedenen Ebenen angesiedelt sind.

103 Medicus, JuS 1973, 211, 212; BGHZ 115, 364, 371. Zu den Bedenken gegen diese Aussage siehe unten 3. Kap., A. III. 2. (S. 83 f.).

B. Formulierung des tatsächlichen Sollzustandes durch den Geschädigten

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V. Zwischenergebnis Der herzustellende Sollzustand läßt sich grundsätzlich faktisch (sachenrechtlich), funktional und wirtschaftlich formulieren. 104 Aus den deliktischen Verhaltensvorschriften und der Rechtsstellung des Geschädigten läßt sich die Vermutung eines faktisch definierten Interesses des Geschädigten ableiten. Der Geschädigte kann sein (Integritäts-)Interesse jedoch auch weiter definieren, wobei das faktisch formulierte tatsächliche Interesse das speziellste und das wirtschaftliche das allgemeinste Interesse darstellt. Daß der Geschädigte sein tatsächliches Interesse selbst definieren kann, bedeutet indes nicht, daß er dabei keinen Schranken unterliegen würde. Die Maßgabe, daß er sein Interesse weiter und damit gegenüber dem faktischen als Minus definieren darf, schließt aus, daß er es gegenüber der Wiederherstellung des verletzten Rechts als aliud formuliert. Fordert er beispielsweise etwas der Art nach anderes als die beschädigte Sache, kann dies nicht als Herstellungsbegehren verstanden werden, weil sich das formulierte Interesse mit dem tatsächlichen Zustand vor Eintritt des schädigenden Ereignisses nicht in Einklang bringen läßt. Etwas anderes könnte man allenfalls erwägen, wenn der Geschädigte nachweist, daß sich der tatsächliche Zustand zwischenzeitlich entsprechend fortentwickelt hätte. Wurde beispielsweise sein Esel getötet und kann der Eigentümer belegen, daß er ihn am nächsten Tag gegen ein Pony eingetauscht hätte, so ist zu überlegen, ob der Geschädigte an Stelle des Esels nicht ein Pony zu fordern berechtigt sein soll. Bei konsequenter Anwendung des Festgestellten ist diese Frage zu bejahen.105 Im Ergebnis kann der Geschädigte die Herstellung eines Zustands fordern, der dem hypothetischen Zustand ohne Intervention des schädigenden Ereignisses nicht widerspricht, d. h. nicht über diesen hinausgeht und nicht ein aliud zu diesem darstellt.

B. Formulierung des tatsächlichen Sollzustandes durch den Geschädigten Je nachdem, wie der Geschädigte sein tatsächliches Interesse formuliert, kann die Naturalherstellung verschiedene Formen annehmen. Wenn eine faktische Herstellung aus praktischen Gründen ausscheidet, ergibt sich aus einer weiter gefaßten Definition womöglich überhaupt erst die Chance einer tatsächlichen Herstellung. Das ist namentlich dann der Fall, wenn man nicht nur die Reparatur einer Sache (als fak104 So bereits RGZ 76, 146, 148: „Vielmehr lassen sie sich unzweifelhaft daran genügen, wenn die beschädigte Sache durch die Verbesserungsarbeiten, namentlich hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Brauchbarkeit und Nutzbarkeit, im allgemeinen wieder so gestaltet wird, wie sie vor Eintritt der Beschädigung gewesen ist.“ 105 Vgl. U. Picker, Naturalrestitution, S. 50 f. FN 27, die in ihrem Beispiel einen Tausch gegen Geld (= Verkauf) annimmt.

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2. Kap.: Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung

tische), sondern darüber hinaus auch die Lieferung einer Ersatzsache als (funktionale) Herstellung versteht. I. Wirtschaftliche Herstellung Auf den ersten Blick besteht scheinbar ein breiter Konsens, daß es bei der Naturalherstellung darum gehe, „den Geschädigten wirtschaftlich in dieselbe Lage zu versetzen, in welcher er sich ohne das Schadensereignis befunden haben würde“,106 und somit um die Herstellung eines wirtschaftlich gleichwertigen Zustandes. Diese Auffassung geht aus von der Prämisse, daß es dem Geschädigten regelmäßig und vor allem auf die Wiederherstellung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses ankommen wird. Dieser Ansatz erweist sich jedoch als ungeeignet: Zunächst ist zu beachten, daß die Ausgestaltung der Naturalherstellung nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht zu einem generellen Geld- oder Sachersatz führen darf. Eine solche Auffassung wäre mit dem Gedanken der Naturalherstellung unvereinbar. 107 Eine rein wirtschaftliche Schadensbeseitigung erfolgt in einer geldwirtschaftlich ausgerichteten Wirtschaft nicht in natura, sondern durch Geldleistung. 108 Das kommt nicht zuletzt in § 251 Abs. 1 BGB zum Ausdruck. Des weiteren erweist sich die wirtschaftliche Definition eines tatsächlichen Zustandes aber auch inhaltlich als ungeeignet. Zwar ist es, wie festgestellt, 109 möglich, einen tatsächlichen Zustand wirtschaftlich zu beschreiben. Dies bedeutet jedoch noch nicht, daß das Ergebnis auch zur Realisierung einer Herstellung in natura taugt. Die Herstellung eines tatsächlichen Zustandes bedarf einer möglichst eindeutigen tatsächlichen Zielvorgabe. Eine solche läßt sich aus einer rein wirtschaftlichen Definition aber gerade nicht gewinnen. Dem tatsächlichen Zustand, Eigentümer einer Armbanduhr im Wert von fünfzig Euro zu sein, entspricht der wirtschaftlich formulierte Zustand, fünfzig Euro im Vermögen zu haben. Hierauf wäre die wirtschaftliche Herstellung zu richten. Sie ließe 106 RGZ 96, 121, 123; ferner BGHZ 115, 364, 368; BGHZ 5, 105, 109; BGHZ 30, 29, 31; BGHZ 92, 85, 89; Wussow-Karczewski, Unfallhaftpflicht, 15. Aufl., Kap. 40 Rn. 1 (S. 1009); Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 182; ders., FS f. Steffen, S. 399, 405 FN 32; Hamann, Schadensersatz in Natur oder Geld, S. 38; Pieper, JuS 1962, 409, 411; Koenigsberger, Der Schadensersatz durch Naturalherstellung nach bürgerlichem Recht, S.9; Fischer, Der Schaden, S. 168; Erman-Kuckuck, 11. Aufl., § 249 Rn. 1. 107 Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 330; Haselhoff, NJW 1947/48, 286, 288. Roussos, Schaden und Folgeschaden, S. 129, stellt immerhin fest, daß sich Naturalherstellung und Schadensersatz in Geld nach dieser Auffassung nicht mehr voneinander unterscheiden würden. Fischer, Der Schaden, S.167, gelangt zu der selben Feststellung über die Überlegung, daß eine wirtschaftlich ausgerichtete Wiederherstellung stets zur Entschädigung des Geschädigten genügend sein müsse, so daß von diesem Standpunkt für § 251 Abs. 1 Var. 2 BGB kein Anwendungsbereich mehr verbliebe. Siehe auch oben 1. Kap., B. (S. 23 ff.). 108 Siehe oben Fn. 35. 109 Siehe oben 1. Kap., A. I. 1. b) (S. 20 f.).

B. Formulierung des tatsächlichen Sollzustandes durch den Geschädigten

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sich realisieren, indem der Schädiger dem Geschädigten einen Fünfzig-Euro-Schein gibt, respektive fünfzig Euro auf das Konto des Geschädigten überweist, ihm eine Forderung in Höhe von fünfzig Euro gegen einen Dritten abtritt oder aber eine Kiste Wein oder eine Krawatte im Wert von jeweils fünfzig Euro übereignet. Dies soll zeigen, daß sich die wirtschaftliche Formulierung des tatsächlichen Zustandes in eine beliebige Anzahl unterschiedlicher tatsächlicher Zustände zurücktransformieren läßt, die auf der Basis des identischen Wertes beliebig austauschbar sind. Da es damit an einer tatsächlichen Zielsetzung fehlt, erlaubt der ausschließliche Blick auf das Wertinteresse keine Herstellung. 110 Letztlich beruht dies darauf, daß sich Wertinteresse und Integritätsinteresse, wie festgestellt, 111 auf verschiedenen Ebenen bewegen. Eine Ausnahme gilt scheinbar für Fälle, in denen auch der tatsächliche Schaden ein rein vermögensmäßiger ist. Dann scheint sich ein denkbares tatsächliches Interesse in dem wirtschaftlichen Ausgleich zu erschöpfen. Bei genauerer Betrachtung läßt sich aber auch bei derartigen Konstellationen ein hinter dem wirtschaftlichen Interesse stehendes tatsächliches erkennen. Macht jemand geltend, durch Betrug in seinem Vermögen geschädigt worden zu sein, kommt es ihm nur vordergründig auf eine wirtschaftliche Herstellung an. Hinter dem wirtschaftlichen Interesse steht jedoch auch hier die Vorstellung von einem bestimmten tatsächlichen Zustand: dem, daß der so Geprellte nie zu der nachteiligen Vermögensverfügung bewegt worden wäre. Davon abgesehen, daß eine wirtschaftliche Herstellung aus den genannten Gründen nicht als Naturalherstellung in Betracht kommt, stellt sich bei genauerer Betrachtung zwangsläufig auch heraus, daß sie sogar von ihren Befürwortern ebenfalls nur mit Vorbehalten umgesetzt werden kann. Bei Sachschäden dient sie vor allem dazu, die Möglichkeit einer Naturalherstellung durch die Beschaffung einer Ersatzsache zu begründen. Dabei wird ein solches Vorgehen jedoch regelmäßig auf vertretbare Sachen, Gattungssachen oder regelrechte Handelsware beschränkt. 112 Diese tatsächlichen Einschränkungen belegen bereits, daß das Konzept der wirtschaftlichen Naturalherstellung nur dazu dient, bestimmte tatsächliche Ziele konstruieren zu können. Letztlich ist die wirtschaftliche Herstellung daher nur das Schlagwort 113, hinter dem sich in Wahrheit doch eine tatsächliche Herstellung verbirgt bzw. verbergen muß. II. Faktische Herstellung Den Gegenpol zu der wirtschaftlichen bildet die faktische Wiederherstellung. Ihr liegt ein faktisches Interesse des Geschädigten zugrunde, welches zugleich dem gesetzlich vermuteten Regelfall entspricht. Im Falle der Sachbeschädigung ist eine 110 111 112 113

Ähnlich Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 181. Siehe oben 1. Kap., A. I. 1. b) (S. 20 f.). Siehe unten III. 1. (S. 50 f.), insbesondere Fn. 137 ff. Ähnlich U. Picker, Naturalrestitution, S. 101 f.

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2. Kap.: Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung

Naturalherstellung auf dieser Grundlage nur durch eine Reparatur der beschädigten Sache denkbar, da jede andere Maßnahme, die notwendig mit einem Austausch der ursprünglichen Sache verbunden wäre, zum Eigentum an einer anderen Sache führen würde. Für die Fälle der irreparablen Sachbeschädigung oder der Sachzerstörung bedeutet dies unmittelbar die Unmöglichkeit der Naturalherstellung. Soweit ersichtlich, befürwortet eine Mehrheit in Rechtsprechung und insbesondere Literatur – selbst wenn unter dem Stichwort der wirtschaftlichen Herstellung das Gegenteil der Fall zu sein scheint – nach wie vor eine derartig enge Betrachtungsweise, 114 und zwar unabhängig davon, ob der Geschädigte wirklich auf diesem faktischen Herstellungsziel besteht. Wie vor 115 und nach 116 Inkrafttreten des BGB mehrfach angemerkt worden ist, verbleibt für eine Naturalherstellung praktisch nur ein sehr kleiner Anwendungsbereich, wenn man den herzustellenden Sollzustand identitätsbezogen definiert. Dies gilt beispielsweise für Toussaint 117, der in diesem Zusammenhang von der Wiederherstellung des ursprünglichen faktischen Zustandes spricht und damit die vollständige Identität des herzustellenden Zustandes mit dem ursprünglichen meint. Immerhin relativiert er sein enges Verständnis anschließend dahingehend, daß „in Grenzfällen“ auch die Herstellung eines wirtschaftlich gleichwertigen Zustandes genügen solle. 118 E. Wolf sagt in der Sache Ähnliches, wenn er schreibt: „Die Herstellung ist streng an die tatsächlichen Gegebenheiten, insbesondere an die realen individuellen Bedingungs- und Begründungszusammenhänge gebunden. Der herzustellende Zustand muß dem der Unversehrtheit sachlich so nahe kommen, wie es technisch nur irgend erreichbar ist. In den Grenzen der gegebenen technischen Möglichkeiten darf für den Geschädigten kein nachteiliger Unterschied bestehen bleiben.“ 119 Diese Sichtweise hat insbesondere zur Folge, daß im Falle einer Sachbeschädigung oder -zerstörung die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes jedenfalls nicht durch Lieferung eines Ersatzgegenstandes, sei er technisch noch so ähnlich und wirtschaftlich gleichwertig, erfolgen kann.120 Nachdem im Gesetzgebungsverfahren eine Naturalherstellung durch die Ersatzlieferung einer vertretbaren Sache zunächst durchaus ins Auge gefaßt war, 121 tritt ein faktisches Ver114 Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S. 44, 57; (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 193; Medicus, JuS 1973, 211, 212; MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 251 Rn. 10; Soegel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 3; Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 332 f.; Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 184. 115 Degenkolb, AcP 76 (1890), 1, 67. 116 Roussos, Schaden und Folgeschaden, S. 110 f.; Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse I, 5. Aufl., § 249 Anm. 2 b; Medicus, JZ 1985, 42. 117 Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S. 44, 57. 118 Touissant, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S. 44 f. 119 E. Wolf, Unhaltbarkeit der Rechtsprechung des BGH, S. 29 f. 120 Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S. 44, 50, 57; E. Wolf, Unhaltbarkeit der Rechtsprechung des BGH, S. 20; OLG Celle NJW 1968, 1478. 121 Art. 222 Abs. 2 S. 1 des Dresdener Entwurfes eines allgemeinen deutschen Gesetzes über Schuldverhältnisse sah vor: „Sind dem Beschädigten durch die widerrechtliche Handlung Sa-

B. Formulierung des tatsächlichen Sollzustandes durch den Geschädigten

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ständnis bereits in den Protokollen der 1. Kommission zu Tage, wo es im Hinblick auf § 15 Abs. 2 TE-OR 122 heißt: 123 „Die Mehrheit beschloß die Streichung auch des zweiten Absatzes aus folgenden Gründen: 1. [...] 2. Die Bestimmung: ‚für vertretbare Sachen seien Sachen gleicher Gattung, Menge und Güte zu gewähren‘, verstoße gegen das vorher beschlossene Hauptprinzip. Nach diesem Prinzipe müsse bei der Möglichkeit der Naturalrestitution die letztere erfolgen, vorbehaltlich der Leistung eines Geldäquivalents wegen des sonst erlittenen Schadens, bei Unmöglichkeit der Naturalrestitution der Gesammtschaden in Geld ersetzt werden. Hiervon abzugehen, erscheine nicht gerechtfertigt.“

Die gleiche Ansicht zeigt sich in der Begründung der 2. Kommission, 124 mit der sie die Beibehaltung des Prinzips der Naturalherstellung gegen die Kritik Degenkolbs 125 verteidigte: „Von Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes könne nur dann die Rede sein, wenn derselbe Zustand, welcher vor der Beschädigung bestanden, wieder hergestellt werde. Es könne daher der Gläubiger nicht gezwungen werden, als Ersatz für die Beschädigung einer vertretbaren Sache eine andere Sache derselben Art anzunehmen, und von den Umständen des Falles hänge es ab, ob durch Ausbesserung einer beschädigten Sache der frühere Zustand wieder hergestellt werde.“

Hintergrund der strengen Auffassung ist die bedingungslose Übernahme der gesetzlichen Vermutung des Integritätsinteresses des Geschädigten. Damit wird dem Geschädigten unter Umständen ein ausgeprägtes Affektionsinteresse an der beschädigten Sache unterstellt und zum bestimmenden Schutzziel des Naturalherstellungsanspruchs gemacht. Da wirtschaftlichen Motiven des Geschädigten auch durch ein wirtschaftlich gefärbtes Herstellungsziel gedient wäre, kann als Rechtfertigung für die faktisch definierte Herstellung nämlich nur das Affektionsinteresse herangezochen entzogen worden, so ist der Thäter insbesondere verpflichtet, entzogenes Geld sammt Zinsen von der Zeit des Empfanges an, andere vertretbare Sachen in Sachen gleicher Gattung, Menge und Güte und nicht vertretbare Sachen sammt Zuwachs [...] zurückzuerstatten.“ Der darauf basierende § 15 Abs. 2 TE-OR lautete: „Insbesondere hat derselbe entzogenes Geld sammt Zinsen von der Zeit der Entziehung an, andere vertretbare Sachen in Sachen gleicher Gattung, Menge und Güte, nicht vertretbare Sachen sammt dem Zuwachs, [...] zurückzuerstatten.“ (zitiert nach Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 83). Mit dem Argument, er verstoße gegen das Prinzip der Naturalherstellung, wurde § 15 Abs. 2 TE-OR durch die 1. Kommission gestrichen (Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 88). 122 Siehe soeben Fn. 121 a. E. 123 Protokolle der 1. Kommission, S. 1034 f. (zitiert nach Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 88). 124 Protokolle der 2. Kommission, S. 594 (zitiert nach Mugdan, Materialien, II. Band, S. 513, unter Korrektur des dort verwendeten Wortes „Güter“). 125 Degenkolb, AcP 76 (1890), 1, 17, 41 ff., 80, 84; Wolter, Das Prinzip der Naturalrestitution in § 249 BGB, S. 17 ff.

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2. Kap.: Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung

gen werden. Wie eingangs festgestellt, mag die für das faktische Verständnis ausschlaggebende Affektion beim Geschädigten tatsächlich vorhanden sein. Angesichts der Alles-oder-Nichts-Situation, in die der Geschädigte durch das enge Verständnis gedrängt wird, erscheint es aber angebracht, von dieser starren Auffassung abzusehen zu Gunsten eines Verständnisses, das stärker an dem wirklich geäußerten und anhand der objektiven Umstände verifizierten 126 tatsächlichen Interesse des Geschädigten orientiert ist. Hierfür spricht auch die Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse seit der Entstehungszeit des BGB. Eine besondere Gleichgültigkeit gegenüber der Identität von Sachen – mit der Folge einer schwindenden Rechtfertigung der faktischen Herstellung – herrscht vor allem dann, wenn die Marktverhältnisse unproblematisch eine Substitution von Gegenständen gestatten. Dies ist heute sehr viel stärker der Fall als am Ende des 19. Jahrhunderts. Mit diesem Argument ließe sich eine Abkehr vom Willen des Gesetzgebers, so man eine solche Rechtfertigung fordert, auch formal begründen. Doch sogar im anderen Extrem, bei besonderer Angebotsknappheit, tritt die Identität von Sachen in den Hintergrund. Kann der Eigentümer aufgrund der Marktumstände froh sein, durch das Eigentum an einem bestimmten Gegenstand überhaupt seine Bedürfnisse befriedigen zu können, wird es ihm bei Verlust oder Untergang dieses Gegenstandes in erster Linie auf das Ob der anderweitigen Bedarfsdeckung ankommen. Hinsichtlich des Wie liegt dabei eine besondere Affinität zu einer konkreten Sache eher fern. Wie bereits angedeutet, schützt auch ein enges Verständnis der Naturalherstellung nicht vor Entscheidungsproblemen hinsichtlich der Geeignetheit und des Erfolges von Herstellungsmaßnahmen. So bleibt insbesondere fraglich, bis zu welchem Grade einer Reparatur noch von der Herstellung der selben Sache ausgegangen werden kann und ab wann von der Schaffung einer Ersatzsache gesprochen werden muß, mit der Folge, daß dann keine Wiederherstellung in ihrem engen Verständnis mehr vorliegen würde. 127 Die Kriterien, nach denen diese Abgrenzung vorzunehmen sein soll, sind offen. Manche schlagen vor, diese Frage nach der Verkehrsanschauung zu beurteilen. 128 Daß ein solcher Weg praktisch möglich ist, hat die Rechtsprechung in anderen Bereichen, beispielsweise zur Frage der neuen beweglichen Sache i. S. d. § 950 Abs. 1 BGB, zwar gezeigt. Gleichwohl liegen die Nachteile einer solchen Behandlung auf der Hand: Während ein Laie stärker nach Äußerlichkeiten unterscheiden wird, urteilt ein Fachkundiger bevorzugt nach technischen Kriterien. Bedeutet der Einbau eines neuen Prozessors in ein altes Gehäuse die Reparatur des alten oder die Herstellung eines neuen Computers? 129 Mit der Heranziehung der VerkehrsanRoussos, Schaden und Folgeschaden, S. 276. BGHZ 92, 85, 90; BGH NJW 1997, 520; Oetker, NJW 1985, 345 f. 128 Hamann, Schadensersatz in Natur oder Geld, S. 5. 129 Es handelt sich hierbei um die gleiche Problematik, die Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 170, mit Blick auf die Abgrenzung zwischen Beschädigung und Zerstörung anspricht. 126 127

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schauung als Abgrenzungskriterium ist nicht mehr gesagt, als daß die Kriterien der Verkehrsanschauung herangezogen werden sollen, ohne diese freilich ihrerseits zu definieren. 130 Toussaint versucht, das Problem unter Rückgriff auf die §§ 93, 94 BGB zu lösen. Danach soll sich eine Reparatur so lange im Rahmen der Wiederherstellung halten, wie sie durch den Austausch wesentlicher Bestandteile erfolgen kann.131 Er begründet dies damit, daß die dingliche Zuordnung der §§ 93, 94 BGB auch im Schadensrecht gelten müsse. Vor dem Hintergrund eines faktischen Verständnisses der Wiederherstellung ist dies durchaus konsequent, zumindest, wenn man ergänzend die Eigentumszuweisungsnormen der §§ 946 ff. BGB heranzieht. 132 Allerdings zeigt bereits das Beispiel Toussaints 133, bei dem es um die irreparable Beschädigung eines Kfz-Motors geht, daß die genannte Ansicht zu erstaunlichen Ergebnissen führen kann, die an anderer Stelle korrigiert werden müssen. Toussaint stellt ausdrücklich fest, daß der Einbau eines Ersatzmotors nicht als Naturalrestitution verstanden werden könne. Da der Motor keinen wesentlichen Bestandteil des Kfz darstelle, komme eine Qualifizierung des Austausches als Reparatur des Kfz nach dem beschriebenen Abgrenzungskriterium nicht in Betracht. Gleichzeitig kann aber auch die isolierte Lieferung des Ersatzmotors nach dem engen Verständnis der (faktischen) Wiederherstellung nicht als Restitution begriffen werden. Toussaint verweist – soweit noch konsequent – auf § 251 Abs. 1 BGB, wonach Wertersatz für den alten Motor verlangt werden könne. Zunächst gelangt diese Überlegung nur dann zu dem gewünschten Ergebnis, wenn die Geldentschädigung für den Motor nach dem Wiederbeschaffungswert bemessen wird. 134 Doch bleibt auch dann noch die Frage offen, ob und wie die Kosten für den Einbau des Motors zu ersetzen sind. Führt man die Abgrenzung nach §§ 93, 94 BGB konsequent zu Ende, müßte man zu dem Ergebnis gelangen, daß ein solcher Anspruch unter § 251 Abs. 1 BGB nicht in Betracht kommt, da die Kosten für den Einbau eines neuen Motors schwerlich als Wertersatz für den alten angesehen werden können. Ein Vergleich der Zerstörung des Motors mit der eines Kotflügels, bei dem über § 249 Abs. 1 BGB die vollständige Reparatur verlangt werden kann, zeigt die Schwächen des Vorschlages von Toussaint. Es bleibt somit festzuhalten, daß (selbst) ein enges, d. h. faktisches Verständnis der Naturalherstellung nicht ohne eine wertende Beurteilung auskommt, wenn es darum geht, die Grenzen einer Wiederherstellung zu bestimmen. Damit zeichnet sich ab, daß keine der bisher erläuterten Positionen zu überzeugenden Ergebnissen führt, und es liegt nahe zu versuchen, der Naturalrestitution ein zwischen den beiden Extremen angesiedeltes Verständnis zugrundezulegen. 135 Immerhin konnte bereits 130 131 132 133 134 135

Oetker, NJW 1985, 345, 346. Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S. 62. Oetker, NJW 1985, 345. Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S. 62 einschl. FN 341 und 342. Zu der Frage, ob dies richtig ist, siehe unten 3. Kap., B. I. (S. 87 ff.). Fragend und bejahend Roussos, Schaden und Folgeschaden, S. 132.

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der Bereich abgesteckt werden, in dem eine brauchbare Definition des in natura herzustellenden Sollzustandes zu finden sein wird. Während sich ein enges faktisches Verständnis sowohl als unpraktikabel als auch als unangemessen erweist, wäre andererseits mit einer wirtschaftlichen Herstellung, die angesprochenen, darüber hinaus bestehenden praktischen Probleme einmal außer acht gelassen, die Grenze zum Geldersatz überschritten. 136 III. Funktionale Herstellung 1. Hintergrund der Idee einer funktionalen Herstellung Wird unter dem Schlagwort der wirtschaftlichen Herstellung zumindest für vertretbare Sachen von vielen eine Naturalherstellung durch Ersatzbeschaffung – auch gegen den möglicherweise erklärten Willen des Geschädigten – zugelassen, 137 steht dahinter die Annahme, daß es bei vertretbaren Sachen wegen der ihnen immanenten Austauschbarkeit einerlei sei, welche konkrete Sache man im Vermögen hat. Gleiches gilt für Stimmen, die nicht nach der Vertretbarkeit der Sache, sondern danach differenzieren wollen, ob es sich bei der betroffenen Sache um eine Gattungs- oder um eine Speziessache handelt. 138 Bei Fischer wird aus dem Zusammenhang deutlich, daß es ihm bei der Wahl des Begriffes „Gattungssache“ darum geht, Sachen zu erfassen, die sich durch eine besondere Fungibilität auszeichnen.139 Gegenüber der Differenzierung anhand der Vertretbarkeit hat der Blick auf die Gattung zwar für sich, daß die Austauschbarkeit nicht wie aus § 91 BGB folgend nach der Verkehrsauffassung, sondern anhand einer individuelleren Kategorisierung entschieden wird. Dies glückt indes nur bei vertraglichen Schadensersatzansprüchen, wo eine entsprechende Gattung per Vereinbarung definiert worden ist. Eine solche vorherige Definition scheidet bei deliktischen Schadensersatzansprüchen regelmäßig aus. Schließlich sprach sich eine weitere Auffassung dafür aus, daß eine Ersatzlieferung jedenfalls bei der Beschädigung „regelrechter Handelsware“ in Betracht komme. 140 Im Ergebnis wird sich diese Kategorie häufig mit dem Begriff der vertretbaren Sa136 Zur Gleichschaltung von § 249 BGB und §251 BGB (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 192 f. 137 Larenz, Schuldrecht I, 14. Aufl., § 28 I (S. 472); MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 251 Rn. 9; Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 10; Lange/Schiemann-Lange, Schadensersatz, 3. Aufl., § 5 II 1 (S. 216); Roussos, Schaden und Folgeschaden, S. 111 f.; E. Wolf, Unhaltbarkeit der Rechtsprechung des BGH, S. 11; Koenigsberger, Der Schadensersatz durch Naturalherstellung nach bürgerlichem Recht, S. 10; Ehrig, Grundsatz der Naturalrestitution, S. 4; BGH NJW 1985, 2413, 2414; feststellend U. Picker, Naturalrestitution, S. 159. Differenzierend hingegen StaudingerSchiemann [1998], § 249 Rn. 183, sowie Baur, Entwicklung und Reform des Schadensersatzrechts, S. 35, die es hier dem Geschädigten überlassen, ob er eine Ersatzbeschaffung akzeptieren möchte. Strikt gegen eine Herstellung durch Ersatzbeschaffung Unterreitmeier, NZV 2004, 329, 332. 138 Fischer, Der Schaden, S. 170 ff.; RGZ 93, 281, 284 f. 139 Fischer, Der Schaden, S. 170, spricht auch von „Fabrikgegenständen“. 140 RGZ 106, 86, 88.

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che decken, da man zu ihrer Ausfüllung mangels rechtlicher Definition auf das Merkmal der Vertretbarkeit zurückgreifen müssen wird. Bereits unter der Beschränkung auf vertretbare Sachen bedeutet der Gedanke einer Naturalherstellung durch Ersatzlieferung, daß die Vermutung eines an die Identität der Sache anknüpfenden Integritätsinteresses in Frage gestellt wird. 141 Will man nämlich grundsätzlich anerkennen und für schutzwürdig halten, daß der Geschädigte aus anderen als materiellen Motiven an einer konkreten Sache festhält, erscheint es damit unvereinbar, gleichzeitig pauschal vorzugeben, für welche Sachen die besondere Vorliebe ausnahmslos respektiert werden soll (unvertretbare Sachen) und bei welchen sich das Schadensersatzrecht über sie hinwegsetzen können soll (vertretbare Sachen). 142 Dieser Vorwurf wird ferner dadurch gespeist, daß bei dem Ersatz von Nutzungsausfallschäden 143 ohne besondere Begründung ein großzügigerer Maßstab angelegt und beispielsweise nach der Beschädigung von (gebrauchten) Kraftfahrzeugen regelmäßig die Anmietung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeuges als Naturalherstellung anerkannt wird, auch wenn eine Herstellung durch Ersatzlieferung hinsichtlich des eigentlichen Sachschadens gleichzeitig nicht in Frage kommen soll. 144 Die Anmerkung Jordans, 145 bei der vorübergehenden Stellung eines Ersatzfahrzeuges handele es sich um eine Dienstleistung, beseitigt zwar seine Bedenken gegen die Vollstreckbarkeit eines Ersatzlieferungsanspruchs 146, berührt jedoch nicht die Frage, warum es bei der vorübergehenden Ersatzbeschaffung im Gegensatz zur dauerhaften nicht auf die Wahrung der Identität der zerstörten Sache ankommen soll. Auch Jordans weitere These, bei der Abgeltung entgangener künftiger Gebrauchsmöglichkeiten durch die Gewährung des Wiederbeschaffungswertes komme es, anders als bei dem Ersatz des Sachwerts, nicht auf die Individualität des den Gebrauch vermittelnden Ersatzgegenstandes, sondern lediglich auf die Gleichwertigkeit des Gebrauchs an, 147 liefert keine Begründung gegen eine Naturalrestitution durch Ersatzlieferung. Vielmehr wird hier der Gebrauch von der Sache abstrahiert, ohne daß die Kontrollfrage gestellt würde, warum es zuvor hinsichtlich der Sachsubstanz auf die Individualität der unvertretbaren Sache ankommen sollte. Abgesehen von einer rein formalen Begründung 148 kann die Antwort hierauf nur sein, daß I. E. auch U. Picker, Naturalrestitution, S. 162. Zum spiegelbildlichen Widerspruch bei Betonung der Gleichwertigkeit (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 192. 143 Hierzu siehe unten 4. Kap., C. III. 3. (S. 147 ff.). 144 Jordan, VersR 1978, 688, 694, der eine Naturalrestitution im Wege der Ersatzbeschaffung wegen vollstreckungsrechtlicher Probleme ablehnt, erkennt diese Unstimmigkeit zwar, setzt sich aber nur mit den vollstreckungsrechtlichen Unterschieden zwischen einer Ersatzanmietung und einer Ersatzbeschaffung auseinander. 145 Jordan, VersR 1978, 688, 694. 146 Hierzu siehe unten F. II. (S. 66 ff.). 147 Jordan, VersR 1978, 688, 696. 148 Für Fischer, Der Schaden, S. 173, ist dies die einzig ersichtliche. 141 142

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es für die Ausübung des Eigentums, sei es durch die Veräußerung, das Halten oder aber den Gebrauch der Sache, auf deren Individualität ankomme. Folglich müßte man sich hier entweder – ohne erkennbaren sachlichen Grund – zum rein formalen Standpunkt bekennen, oder aber es wäre der gängige Weg verschlossen, den Ersatz der vorübergehend entgangenen Gebrauchsmöglichkeit als Wiederherstellung zu verstehen. Die Lösung des Problems, das die Definition des herzustellenden Sollzustandes darstellt, erschließt sich über die oben angestellten Überlegungen zur Definition des Zustandes nach dem tatsächlichen Interesse des Geschädigten. Dieser kann grundsätzlich selbst entscheiden, nach welchen Kriterien er den tatsächlichen Zustand, d. h. sein tatsächliches Interesse, definieren möchte. Er kann es nach der gesetzlichen Vermutung bei der faktischen Herstellung belassen, aber auch andere tatsächliche, d. h. nicht rein wirtschaftliche, Parameter angeben. Die Grenzen, innerhalb deren sich der Geschädigte dabei halten muß, werden vorgegeben durch die tatsächlichen Umstände vor dem schädigenden Ereignis. Wenn sich aus dem deliktischen Schutz ergibt, daß ohne weiteres sogar die Wiederherstellung des verletzten Rechtsgutes verlangt werden kann, so wird man annehmen können, daß erst recht auch ein weiter gefaßter, also weniger anspruchsvoll definierter, tatsächlicher Zustand geschützt ist, falls das Interesse des Geschädigten (nur) auf diesen gerichtet ist. Die Grenze dessen, was der Geschädigte an Herstellung verlangen kann, ist durch die Gegebenheiten vor dem schädigenden Ereignis gezogen. Der Geschädigte kann sein Interesse nicht plötzlich so formulieren, daß ihm selbst der ursprüngliche Zustand nicht entsprochen hätte. Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn er nachweisen kann, daß das tatsächliche Interesse bereits vor der Schädigung einen entsprechenden Wandel beinhaltet hat. Ausgehend von der Herstellung des verletzten Rechtsgutes kann der Geschädigte sein Interesse also weiter formulieren. Der faktische Zustand wird dabei automatisch von dem definierten Interesse gedeckt sein. Bedenkt man, daß die Definition des herzustellenden Zustandes nicht nur bedingt, was der Geschädigte verlangen kann, sondern auch, was er anzunehmen hat, 149 ist die Konsequenz, daß auch dann, wenn der Geschädigte sein Interesse weiter definiert, der Schädiger seine Ersatzpflicht mit der Herstellung des faktischen Zustandes erfüllen kann. 150 Praktisch bedeutet dies, daß auch dann, wenn der Geschädigte sein Interesse funktional definiert, die Naturalherstellung nicht nur durch die Lieferung einer Ersatzsache, sondern weiterhin auch durch die Reparatur der beschädigten Sache möglich ist: Auch wenn der Eigentümer einer Armbanduhr seine Bereitschaft signalisiert, anstelle der Reparatur seiner beschädigten Uhr die Lieferung einer in Modell und Erhaltungszustand vergleichbaren zu akzeptieren, wird durch eine fachgerechte Reparatur das tatsächliche Interesse des Geschädigten verwirklicht. 149 150

(Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 193. Siehe bereits oben A. IV. (S. 41 f.) und A. V. (S. 43).

B. Formulierung des tatsächlichen Sollzustandes durch den Geschädigten

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2. Vorheriger Zustand als Rahmen für das Geschädigteninteresse Durch den tatsächlichen Zustand vor dem schädigenden Ereignis ist der Geschädigte in seinem Interesse grundsätzlich der Richtung nach festgelegt, da er kein aliud zu diesem Urzustand verlangen darf. 151 Dies wirft die Frage auf, nach welchen Kriterien beurteilt werden soll, ob es sich bei dem vom Geschädigten formulierten tatsächlichen Interesse gegenüber dem faktischen Interesse lediglich um ein Minus oder aber um ein aliud handelt. Dabei ist zunächst festzuhalten, daß dieses Problem nicht erst mit den hier angestellten Überlegungen entstanden ist. Ein ähnliches konnte bereits oben ausgemacht werden bezüglich der Frage, wie lange von der Wiederherstellung des selben faktischen Zustandes, mithin der identischen Sache, gesprochen werden kann. 152 Weil es darum geht, das vom Geschädigten definierte Interesse anhand des tatsächlichen Urzustandes zu verifizieren, können die relevanten Kriterien nur äußere sein. Als solche wurden bisher die Identität der Sache (faktische Definition) und der materielle Wert der Sache (wirtschaftliche Definition) betrachtet. Zwischen diesen als Extreme identifizierten Gesichtspunkten liegt die Funktion der Sache (funktionale Definition). Man mag hiergegen einwenden wollen, daß die Frage, ob es sich bei einer Sache beispielsweise um einen Gebrauchs- oder um einen Sammelgegenstand gehandelt hat, ausschließlich von der Widmung durch den Geschädigten und damit von einer rein subjektiven Einschätzung abhängen wird. Doch auch die Widmung manifestiert sich äußerlich und ist damit einer Beurteilung nach objektiven Gesichtspunkten zugänglich. Entsprechend läßt sich aufgrund äußerer Umstände nach objektivem Verständnis beurteilen, welche Funktion ein Gegenstand übernommen hat. 153 Sachen, die für ihren Eigentümer identische Funktionen ausfüllen, sind für ihn insofern austauschbar. Ist die Funktion hingegen an die Identität der Sache geknüpft, scheidet eine Austauschbarkeit aus. In diese Überlegung lassen sich auch die Vorschläge zu einer Naturalherstellung durch Ersatzbeschaffung bei vertretbaren Sachen einordnen. Bei diesen vermutet das Gesetz trotz unterschiedlicher Identität anhand der gemeinsamen, nach der Verkehrsanschauung relevanten Merkmale eine Austauschbarkeit. Bei Gattungssachen gilt das gleiche von den vereinbarten Siehe oben A. I. (S. 38) und A. V. (S. 43). Vgl. oben A. III. (S. 40). Ebenso U. Picker, Naturalrestitution, S. 115 FN 39. 153 Roussos, Schaden und Folgeschaden, S. 264 f., spricht in diesem Zusammenhang von dem „im Haben dokumentierten Interesse“ des Eigentümers, ferner S.276. Fischer, Der Schaden, S. 171, nennt Beispiele für solche Umstände: „Verleihe ich ein neues Buch und der Entleiher verliert oder beschmutzt es, so muß er mir ein neues Exemplar derselben Auflage anschaffen. Anders ist es, wenn ich ein wissenschaftliches Werk verliehen habe, welches ich mit durch eine Reihe von Jahren gesammelten Exzerpten und Bemerkungen am Rande versehen habe. Von Einfluß muß es aber auch schon sein, wenn der Ersatzberechtigte, z.B. wegen einer Erinnerung oder anderer zufälliger Umstände ein Affektionsinteresse an dem ursprünglichen Gattungsgegenstand besaß.“ 151 152

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2. Kap.: Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung

Merkmalen. Indem der Geschädigte sein tatsächliches Interesse vom faktischen abweichend formuliert, schafft er die Möglichkeit einer Naturalherstellung durch Ersatzbeschaffung, und zwar unabhängig von der beschriebenen Vermutung auch für unvertretbare Sachen. 154 Auch die Rechtsprechung trägt der Möglichkeit eines nicht rein faktisch verstandenen Interesses Rechnung und läßt eine Naturalherstellung durch Ersatzlieferung einer gleichartigen und -wertigen Sache sowohl im Falle der Sachbeschädigung 155 als auch der Sachzerstörung 156 zu. 157 In der Tat läßt sich die Naturalherstellung durch Ersatzbeschaffung mit dem allenfalls formalen Argument, daß sich die Zerstörung nun einmal gerade durch ihre Irreparabilität auszeichne,158 nicht auf Sachbeschädigungen beschränken. Wird ein Ersatzgegenstand als zur Naturalherstellung geeignet anerkannt, steht außer Frage, daß eine Herstellung möglich ist. Ob die Ersatzlieferung durch eine Beschädigung oder durch eine Zerstörung veranlaßt ist, 154 Im Ergebnis ebenfalls für die Möglichkeit einer Austauschbarkeit unvertretbarer Sachen Lipp, NZV 1996, 7, 8; Otto, NZV 1998, 433, 434; Ellrich, Der Herstellungsanspruch in Geld bei Urlaubs- und Veranstaltungserlebnisschäden, S.30; Hamann, Schadensersatz in Natur oder Geld, S. 76 ff. Ferner auch Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 778 (S. 496), 854 (S. 543), für den § 249 BGB „Naturalersatz“ zum Zwecke der „Wiederherstellung der allgemeinen Vermögenslage“ anordnet, was er als Reparation bezeichnet. Dabei bleibt unklar, ob er die „allgemeine Vermögenslage“ faktisch oder wirtschaftlich versteht. Im zweiten Fall würde sich die Ersatzlieferung nicht mehr als Naturalherstellung, sondern als Kompensation durch Naturalleistung darstellen. Pieper, JuS 1962, 409, 410, möchte die Naturalherstellung durch Ersatzlieferung zum Zwecke der Schaffung einer „wirtschaftlich gleichartige[n] Lage“ zulassen, geht aber nicht darauf ein, ob dies nur für vertretbare oder auch für unvertretbare Sachen gelten soll. Sein Beleg läßt ersteres vermuten. Schließlich OLG Hamburg VersR 1971, 236, und OLG Nürnberg VersR 1976, 1167 f., wo jedoch – insoweit bedenklich – teilweise ausschließlich auf die (wirtschaftliche) Gleichwertigkeit abgestellt wird. 155 BGH NJW 1972, 1800, 1801; BGH NJW 1993, 1849, 1850; BGHZ 115, 375, 378; BGHZ 115, 364, 368; BGH NJW 1999, 500, 501; BGH NJW 2003, 2085; BGH NJW 2004, 1943 f.; BGH NJW 2004, 2086. Dem folgend Erman-Kuckuck, 11. Aufl., § 249 Rn. 20; GeigelRixecker, Der Haftpflichtprozess, 24. Aufl., 3. Kap. Rn. 40; Gebhardt, NZV 2002, 249, 250. Ebenso schon Neumann, JhJb 86 (1936/37), 277, 290 f., bei dem die Frage einer Beschränkung auf vertretbare Sachen jedoch unbeantwortet blieb (in diesem Sinne S. 291 f.). 156 BGHZ 143, 189, 193; OLG Hamm NJW-RR 2001, 1390; OLG Zweibrücken OLGR 1999, 464. BGHZ 92, 85, 87 f., spricht nur beiläufig auch für den Fall der Irreparabilität von der Möglichkeit einer Naturalrestitution durch Ersatzbeschaffung, ohne dabei aber Stellung zu beziehen, ob dies nur für vertretbare oder auch für unvertretbare Sachen gelten soll. Der Hinweis bei Wussow-Karczewski, Unfallhaftpflicht, 15.Aufl., Kap.40 Rn.1 (S.1009), nach dem BGHZ 115, 364, 368, und BGHZ 66, 239, 247, auch für den Fall der Zerstörung von einer Naturalherstellung durch Ersatzlieferung ausgehen sollen, ist durch die genannten Fundstellen nicht gedeckt. 157 Diese Auffassung liegt auf einer Linie mit jüngeren Entscheidungen zur kaufrechtlichen Nacherfüllungspflicht, in denen auch bei Stückschulden eine Nacherfüllungsmöglichkeit durch die Lieferung einer Ersatzsache bejaht wurde, so OLG Braunschweig NJW 2003, 1053, 1054; LG Ellwangen NJW 2003, 517, wo die Käufer eine solche Ersatzlieferung jeweils ausdrücklich gefordert hatten. 158 Staudinger-Schiemann [1998], § 251 Rn. 33, und Lange/Schiemann-ders., Schadensersatz, 3. Aufl., § 6 XIV 5 (S. 409), scheint (aus seiner Sicht konsequenterweise) sogar die Fälle des wirtschaftlichen Totalschadens unter § 251 Abs. 1 BGB zu fassen.

B. Formulierung des tatsächlichen Sollzustandes durch den Geschädigten

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kann dann keine Rolle mehr spielen. 159 Allerdings macht der BGH die Möglichkeit einer Naturalherstellung durch Ersatzbeschaffung nicht vom Willen des Geschädigten abhängig, sondern bejaht sie generell, sofern eine Ersetzbarkeit der Sache auch nur denkbar erscheint. 160 3. Funktionale Herstellung ist vollständige Herstellung Wegen der beschriebenen definitorischen Überschneidungen 161 führt eine erfolgreiche faktische Herstellung notwendig auch zu einer funktionalen und wirtschaftlichen Herstellung. Für die funktionale Herstellung scheint dieser Zusammenhang im Verhältnis zur wirtschaftlichen Herstellung jedoch auf den ersten Blick fraglich zu sein. Man stelle sich dazu vor, daß die Armbanduhr des Geschädigten aus dem Nachlaß einer berühmten Persönlichkeit stamme. Man nehme ferner an, daß der Geschädigte wegen der Beschädigung der Uhr unter entsprechender funktionaler Definition seines Interesses nur eine gewöhnliche Ersatzuhr fordere. Diese wird, da von weniger prominenter Herkunft, regelmäßig einen geringeren Wert haben als die ursprüngliche Uhr. Angesichts dieses Minderwertes scheint die funktionale Herstellung in dieser Konstellation nicht automatisch auch zur wirtschaftlichen Herstellung zu führen. Die funktionale Herstellung gerät damit in den Verdacht, eine nur teilweise Herstellung zu sein. Die Ursache dieses Phänomens ist, daß der Geschädigte mit und bei der funktionalen Definition seines Interesses einzelne denkbare Aspekte – im Beispiel die Identität der Uhr und ihre Funktion als Erinnerungsstück – ausblenden kann, was sich anschließend in der wirtschaftlichen Abbildung des hergestellten Sollzustandes in einem geringeren Wert niederschlägt. Es handelt sich dabei jedoch nicht um einen Minderwert, den der Schädiger neben der Herstellung in Geld entschädigen müßte. 162 Die gelungene Verwirklichung des vom Geschädigten selbst definierten Sollzustandes ist nämlich stets eine vollständige Herstellung. Es verbleibt also gar keine Herstellungslücke, die in Geld abzugelten sein könnte. Der im Beispiel konstruierte Minderwert ist mithin ein scheinbarer: Er ergibt sich nur, wenn man die Abbildung des vom Geschädigten funktional formulierten Sollzustandes mit derjenigen des faktischen Sollzustandes vergleicht. Das jedoch wäre inkonsequent. Wenn man dem Geschädigten nämlich gestattet, sein tatsächliches Interesse selbst zu definieren, dann muß diese Definition konsequenterweise auch die einzig 159 Ähnlich Neumann, JhJb 86 (1936/37), 277, 290 ff. Gleichwohl sehen einige in der Ersatzbeschaffung nur dann eine Form der Naturalherstellung, wenn die beschädigte Sache noch reparaturfähig ist, gehen bei Irreparabilität aber von § 251 Abs. 1 BGB aus, so beispielsweise Jaeger/Luckey, Das neue Schadensersatzrecht, Rn. 237 (S. 127 f.). 160 BGH NJW 1985, 2413, 2414; BGHZ 115, 375, 378; BGHZ 115, 364, 370. 161 Siehe oben A. IV. (S. 41 f.) und A. V. (S. 43) sowie soeben 1. (S. 52). 162 Dazu siehe allgemein oben 1.Kap., C. I. a. E. (S. 30), und unten 3. Kap., B. VI. (S. 119 ff.).

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2. Kap.: Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung

relevante bleiben. Gesetzlich ergibt sich dies aus dem Verhältnis von § 249 BGB und § 251 BGB: Eine Entschädigung in Geld kann nach § 251 Abs. 1 BGB nur gefordert werden, soweit eine Herstellung nicht möglich ist. Wird das funktional definierte Interesse des Geschädigten jedoch vollständig verwirklicht, kann von einer (teilweisen) Unmöglichkeit nicht die Rede sein. Etwas anderes gilt nur, wenn sich der Geschädigte nur deshalb mit einer funktionalen Herstellung zufriedengibt, weil eine faktische Herstellung praktisch nicht möglich ist. 163 Hier spricht die grundsätzliche Vermutung des faktischen Interesses wiederum dafür, daß der Geschädigte die funktionale Herstellung nicht um ihrer selbst willen, sondern lediglich als teilweise Herstellung akzeptiert. Fordert der Geschädigte eine gewöhnliche Uhr als Ersatz für eine sammelwürdige, so kann er neben dieser Art der Herstellung den Ausgleich der oben beschriebenen Wertdifferenz nur dann verlangen, wenn eine Herstellung der Originaluhr praktisch nicht möglich ist. Im Ergebnis kommt die funktionale Definition des Sollzustandes, ggf. unter zusätzlicher Ausblendung einzelner funktionaler Aspekte, einem graduellen Herstellungsverzicht gleich. Zunächst kann ein solcher Verzicht dem Verlangen des Geschädigten aber nur entnommen werden, wenn die funktionale Formulierung freiwillig erfolgt, also nicht durch die Unmöglichkeit einer faktischen Herstellung veranlaßt ist. Dann aber führt der Verzicht auch dazu, daß neben der funktionalen Herstellung kein wirtschaftlicher Ausgleich verlangt werden kann, falls der hergestellte funktionale Zustand wirtschaftlich niedriger zu bewerten ist, als es der faktisch hergestellte Zustand wäre, d. h. falls die geforderte Ersatzsache der ursprünglichen wirtschaftlich nicht gleichwertig ist. Die funktionale Herstellung ist nämlich dem Konzept nach eine vollständige, neben der für eine Entschädigung in Geld kein Anlaß besteht.

C. Vereinbarkeit der Ersatzbeschaffung mit § 249 Abs. 1 BGB Nachdem gezeigt werden konnte, daß es realisierbar ist, der Naturalherstellung anhand des durch den Geschädigten geäußerten tatsächlichen Interesses mit dem funktionalen auch ein weiteres als das faktische Verständnis zugrunde zu legen, bleibt zu untersuchen, ob diese – bisher nur theoretische – Möglichkeit mit den existierenden Vorschriften, namentlich mit § 249 Abs. 1 BGB vereinbar ist. Der Wortlaut des § 249 Abs. 1 BGB liefert keinen Anhaltspunkt dafür, daß das enge faktische Verständnis das einzig zulässige sein könnte. Anders als bei einer rein wirtschaftlich 163 Ähnliches gilt, wenn der Geschädigte bei der funktionalen Formulierung seines Interesses einzelne Aspekte der Sache nur deshalb ausblendet, weil diese ohnehin nicht zu verwirklichen sind.

C. Vereinbarkeit der Ersatzbeschaffung mit § 249 Abs. 1 BGB

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definierten Herstellung handelt es sich bei der Anknüpfung an die Funktion um die Herstellung eines tatsächlichen Zustandes. 164 Da die funktionale Definition nur dann zum Tragen kommt, wenn der Geschädigte selbst ein entsprechendes, im Verhältnis zum gesetzlichen Regelfall allgemeineres tatsächliches Interesse äußert, indem er beispielsweise vom Schädiger eine Ersatzsache verlangt, kann kein Zweifel daran bestehen, daß mit einer an diesem Zustand orientierten Naturalherstellung dem Integritätsinteresse des Geschädigten die der Naturalherstellung eigene Beachtung geschenkt würde. Das Integritätsinteresse muß nicht der gesetzlichen Vermutung folgend auf die Sachidentität beschränkt sein, sondern kann auch auf die Funktion der Sache und ihre Einsatzmöglichkeiten bezogen werden. 165 Dies ist auch die Antwort auf die Frage Degenkolbs 166, „wer und was entzieht mir das Recht auf die individuelle mir entzogene species, bloß weil sie zu den ‚Fungibilien‘ gehört?“. Denkt man sich das Recht, von dem Degenkolb spricht, einmal als Eigentum, so verlangt die Herstellung nicht notwendig die Herstellung dieses (dinglichen) Rechts. Was herzustellen ist, ist ein Zustand, und nicht die Sache selbst. 167 Daß die Herstellung nicht unbedingt zur Wiederherstellung des dinglichen Rechtes führt, ist Folge davon, daß der herzustellende Zustand nicht nur sachenrechtlich, sondern auch funktional gedacht werden kann. 168 Um den befürchteten Entzug des Rechtes geht es deshalb nicht, weil erst der Geschädigte selbst durch seine Definition des tatsächlichen Interesses das Recht zur Disposition stellt. 164 Lipp, NZV 1996, 7 f. Ähnlich auch Hamann, Schadensersatz in Natur oder Geld, S.76 f.; Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 331; BGHZ 125, 56, 60. 165 Lipp, NZV 1996, 7, 8. 166 Degenkolb, AcP 76 (1890), 1, 70; ähnlich Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S. 57. 167 U. Picker, Naturalrestitution, S. 172; Weber, VersR 1990, 934, 943. 168 Angelockt durch den Begriff „Funktionseigentum“, könnte man versucht sein, eine Überlegung Pawlowskis, AcP 165 (1965), 395, auf den hier interessierenden Zusammenhang zu übertragen und die hier noch auf die Ebenen „dingliches Recht“ und „Sollzustand“ bezogene Differenzierung bereits auf der Ebene des Eigentumsbegriffes zu vollziehen. Pawlowski (aaO, S. 413) geht in seinem Denkmodell des Funktionseigentums davon aus, daß es möglich sei, das Eigentum nicht an der Substanz, sondern an der Funktion einer Sache zu orientieren. Obgleich dies für Pawlowski nur eine Anknüpfung an gesellschaftlich oder staatlich („von oben her“ [aaO, S. 419]) definierte Funktionen (z. B. privates oder gewerbliches Eigentum) bedeuten kann (aaO, S. 411 ff.), könnte man geneigt sein, seine Überlegung auch auf der Ebene des einzelnen umzusetzen. Im vorliegenden schadensrechtlichen Zusammenhang würde dies bedeuten, auf das Funktionseigentum abzustellen, das der Geschädigte selbst im Rahmen seines Rechtes an der Sache (sei dieses im Pawlowski’schen Sinne als Substanz- oder als Funktionseigentum bestimmt) definiert und der beschädigten Sache zugewiesen hat. Hatte der Geschädigte im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses im Hinblick auf die betroffene Sache eine bestimmte Funktion (die auch eine bestimmte Kombination verschiedener Funktionen sein kann) gewählt, kann er nur Herstellung dieser Funktion verlangen, weil er selbst sein Eigentum in dieser Art geprägt hat. Letztlich erweist sich dieser Weg jedoch als nicht gangbar. Auch ein an der Funktion orientiertes Eigentum, sei es staatlich oder vom einzelnen definiert, wäre (Funktions-)Eigentum an einer konkreten Sache und könnte daher eine Herstellung durch Lieferung einer anderen Sache nicht rechtfertigen.

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2. Kap.: Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung

Gelegentlich wird sogar angemerkt, daß eine Reparatur zu Gunsten einer Ersatzbeschaffung als Naturalherstellung generell ausscheide, wenn bei der Reparatur ein sog. merkantiler Minderwert verbleibt. 169 Dies ist zwar im Hinblick auf den Vorrang der Herstellung gegenüber der Kompensation konsequent, trifft jedoch nicht mehr zu, wenn man eine Ersatzbeschaffung überhaupt nur unter der Voraussetzung in Betracht zieht, daß der Geschädigte sie als solche akzeptiert. Versteht er sein tatsächliches Interesse faktisch, stellt die Reparatur die einzig mögliche Art der Herstellung dar, so daß sie auch dann verlangt werden kann, wenn sie nicht in vollem Umfang möglich ist. Durch die nicht nur punktuelle Abkehr von der ausschließlich faktischen Herstellung wird die Naturalherstellung situativen Einflüssen zugänglich und die Behandlung der Schadensersatzfragen flexibler. Wie Hamann zusammengefaßt hat, lassen sich die im zeitlichen Zusammenhang mit der Warenknappheit vor der Währungsreform 1949 behandelten Fragen der Ersatzlieferung unter Rückgriff auf die Verkehrsauffassung systemgetreu behandeln. 170 Das der jeweiligen wirtschaftlichen Situation angepaßte Interesse des Geschädigten wird regelmäßig anhand der objektiven Umstände verifizierbar sein. 171 Die beschriebene funktionale Betrachtungsweise ist im übrigen nicht neu.172 Das weite Verständnis der Wiederherstellung lag beispielsweise § 687 S. 2 des Sächsischen Bürgerlichen Gesetzbuches von 1863 173 zugrunde, dessen Einfluß auf den Dresdener Entwurf und in der Folge auf den Teil-Entwurf zum Obligationenrecht des BGB naheliegt. 174 Entsprechend heißt es in den Motiven zu § 219 des 1. Entwurfes, auf den § 249 BGB zurückgeht: 175 „Der Grundsatz des § 219 greift im Uebrigen Platz, nicht blos, wenn der zu leistende Schadensersatz sich auf (nicht vertretbare oder vertretbare) Sachen (§§ 778 ff.) bezieht, sondern in Ansehung aller restituierbaren Gegenstände eines Schuldverhältnisses.“

Schließlich seien auch noch Bedenken angemeldet gegen die Überlieferung der oben angesprochenen Bereitschaft vieler Autoren, immerhin bei vertretbaren Sachen eine Ersatzlieferung als Naturalherstellung zu akzeptieren. Häufig lassen die in MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 331; Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 10. Hamann, Schadensersatz in Natur oder Geld, S. 80 f. 171 Partecke, Der sogenannte Schadensersatz „neu für alt“, S. 32 f. 172 Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 165 f. 173 Dieser lautete: „Zunächst hat der Verpflichtete Dasjenige, was dem Verletzten unmittelbar oder mittelbar entzogen, zerstört oder verschlechtert worden ist, in Natur wieder zu verschaffen, oder wieder herzustellen.“ 174 Zu diesen vgl. oben Fn. 121. Die Ähnlichkeit im Wortlaut mag nicht zuletzt personelle Gründe haben: Der Redaktor des Teilentwurfs zum Obligationenrecht, von Kübel, war bereits Mitglied in der Kommission zur Erarbeitung des Dresdener Entwurfes, vgl. Entwurf eines allgemeinen deutschen Gesetzes über Schuldverhältnisse, S. V; Schubert, Einleitung zu: v. Kübel, Recht der Schuldverhältnisse, Teil 1, Allgemeiner Teil, S. XIII, XVII f. 175 Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, Band II, 2. Aufl., S. 21. 169 170

D. Kriterien der Austauschbarkeit

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diesem Zusammenhang gebildeten Beispiele vermuten, daß – anders als sonst in der Literatur 176 – gebrauchte Sachen keineswegs generell von einer Ersatzlieferung im Rahmen der Herstellung ausgenommen werden sollten. So veranschaulicht Oertmann die Entwertung vertretbarer Sachen mit dem Beispiel des Tragens fremder Kleider 177 oder spricht Kuckuck von gebrauchten vertretbaren Sachen 178. Der Verdacht drängt sich auf, daß ursprünglich lediglich der Art nach zwischen vertretbaren und unvertretbaren Sachen unterschieden werden sollte, wo hinsichtlich der Vertretbarkeit auf die gebrauchte Sache abgestellt und diese – zu Recht – regelmäßig als unvertretbar eingeordnet wird. 179 Ließe man eine Herstellung durch Ersatzlieferung bei allen der Art nach vertretbaren Sachen, gleich ob gebraucht oder neuwertig, zu, so wäre sie nur noch generell ausgeschlossen bei Unikaten und anderen Sachen, die der Art nach nicht vertretbar sind. 180 „Der Art nach vertretbar“ würde dabei lediglich bedeuten, daß die Funktion der Sache, auch wenn es sich um eine gebrauchte handelt, regelmäßig nicht an ihre Identität geknüpft ist.

D. Kriterien der Austauschbarkeit Hat man akzeptiert, daß bei Sachschäden als Naturalherstellung auch die Beschaffung einer Ersatzsache verlangt werden kann, bleibt zu klären, nach welchen Kriterien dieser Ersatz zu konkretisieren ist. 181 I. Vertretbare oder Gattungssachen Bei vertretbaren Sachen ergibt sich die Austauschbarkeit bereits aus der Natur der Sache. Das gleiche ist bei Gattungssachen der Fall; die Ersatzsache muß hier mit der beschädigten oder zerstörten in den die Gattung definierenden Merkmalen übereinstimmen. 176 Roth, JZ 1994, 1091, 1092 f.; E. Wolf, Unhaltbarkeit der Rechtsprechung des BGH, S.21; Grunsky, JZ 1988, 410; Jordan, VersR 1978, 688, 691; aA Lipp, NZV 1996, 7, 8; womöglich auch Steffen, NZV 1991, 1, 3, der im gleichen Atemzug von vertretbaren Sachen und von einer Naturalrestitution durch Ersatzbeschaffung gebrauchter Kraftfahrzeuge spricht. 177 Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse I, 5. Aufl., § 251 Anm. 1 b b. 178 Erman-Kuckuck, 11. Aufl., § 249 Rn. 20. 179 Otto, NZV 1998, 433, 434; weitergehend Lipp, NZV 1996, 7, 8. Eine Tendenz zur Willkür bei der Frage, ob Naturalherstellung noch möglich oder wegen ihrer Unmöglichkeit Geldersatz zu leisten ist, wurde bereits vor Geltung des BGB durch Degenkolb, AcP 76 (1890), 1, 45, festgestellt: „Die ‚Unmöglichkeit‘ der Naturalherstellung, um derentwillen die Gerichte anstandslos den Geldersatz zubilligen, ist – näher angesehen – in zahlreichsten Fällen nicht sowohl eine erkannte, als eine vom Gericht gesetzte Unmöglichkeit: [...]“ und „[...] der Geldersatz weithin die Naturalwiederherstellung in praxi überwindet. Er verbirgt seinen Sieg hinter der Maske angeblicher ‚Unmöglichkeit‘ der Naturalherstellung: die ‚mögliche‘ Naturalherstellung wird – wo sie unzweckmäßig erscheint – zur ‚unmöglichen‘ gestempelt.“ (aaO, S. 48). 180 In diesem Sinne auch Lipp, NZV 1996, 7, 8. 181 Degenkolb, AcP 76 (1890), 1, 70, hält diese Entscheidung für unmöglich.

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2. Kap.: Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung

II. Unvertretbare Sachen Bei unvertretbaren Sachen richtet sich die Austauschbarkeit zunächst nach den Merkmalen, die zu einer Beschreibung der Sache erforderlich sind. Bei einer Sache, die zwar der Art nach vertretbar ist, jedoch anschließend ein individuelles Gepräge erhalten hat, also beispielsweise bei einer gebrauchten vertretbaren Sache, sind dies zugleich die Kriterien, die vor der Individualisierung für die Vertretbarkeit der Sache maßgeblich waren. Hierzu gehören beispielsweise die Art der Sache, ihr Hersteller, der Typ, ihre Größe, ihre Farbe, ihre Herkunft oder ihre Ausstattung. Zu diesen Merkmalen treten noch solche objektiven Kriterien, die den Wert der Sache beeinflussen, wie zum Beispiel das Alter der Sache, ihr Erhaltungszustand, ihre bisherige Beanspruchung oder ihre Vorgeschichte. Welche der genannten Merkmale im Einzelfall relevant sind, beurteilt sich zunächst nach möglichen konkreten Vorgaben des Geschädigten. Soweit er selbst innerhalb des bereits beschriebenen Rahmens182 die Kriterien formuliert, sind seine Angaben als Teil der Definition des Sollzustandes im Sinne einer Mindestanforderung maßgeblich. Fordert der Geschädigte beispielsweise für das bereits erwähnte Erinnerungsstück eine gewöhnliche, lediglich technisch gleichartige Armbanduhr, verliert damit das Merkmal der prominenten Herkunft seine Relevanz. Das verhindert freilich nicht, daß der Geschädigte eine gleichartige Uhr desselben prominenten Vorbesitzers gleichwohl akzeptieren müßte. Fehlen derartige konkrete Vorgaben, weil der Geschädigte pauschal Beschaffung einer gleichartigen und gleichwertigen Sache fordert, entscheiden die Funktion, der die Sache im konkreten Einzelfall diente, sowie das wirtschaftliche Umfeld, in dem die Beurteilung zu erfolgen hat. 183 Ist eine Herrenarmbanduhr beschädigt worden, so kommt es darauf an, ob sie der Geschädigte als solche zu benutzen pflegt oder ob er sie als Sammelstück besitzt. Im ersten Fall wird das Modell eine geringere Rolle spielen als im zweiten. Während es bei dem Gebrauchsgegenstand in aller Regel genügen wird, daß es sich bei der Uhr um ein ähnliches – nicht notwendig das identische – Modell des selben Herstellers handelt, dürfte es bei dem Sammelstück ungleich stärker auf den genauen Typ ankommen. Damit ist jedoch noch nicht gesagt, auf welcher Grundlage zu entscheiden ist, was im Hinblick auf die Ausfüllung einer bestimmten Funktion „in aller Regel“ die entscheidenden Kriterien sind. Hier wird man nicht umhinkommen, (doch) auf die Verkehrsanschauung zurückzugreifen. Hat man anhand des Einzelfalles die Funktion der Sache definiert, ist nach der Verkehrsanschauung zu entscheiden, nach welchen Kriterien sich die Austauschbarkeit der Sache in funktionaler Hinsicht beur182 183

Dazu siehe soeben B. III. 2. (S. 53 ff.). Hamann, Schadensersatz in Natur oder Geld, S. 82 f.

D. Kriterien der Austauschbarkeit

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teilt. 184 Man mag einwenden, daß dies letztlich nichts anderes sei, als die von der strengeren Ansicht der faktischen Wiederherstellung im Zusammenhang mit der Reparaturfähigkeit einer Sache üblicherweise gestellte Frage, ob es sich bei der reparierten Sache nach der Verkehrsanschauung noch um die ursprüngliche oder bereits um eine andere (neue) Sache handelt. 185 Der Unterschied besteht jedoch in folgendem: Fragt man mit der strengeren Ansicht danach, ob durch die Herstellung die (sachenrechtliche) Identität gewahrt wird, ist damit bereits unterstellt, daß es dem Geschädigten hierauf ankommt. Ob dies jedoch der Fall ist, hängt womöglich von der Funktion ab, die die Sache für den Geschädigten übernimmt. Mit der Betonung der sachenrechtlichen Identität wird daher gleichzeitig angenommen, daß die Funktion der beschädigten Sache eine solche ist, für die es auf diese Identität ankommt. Überläßt man die Klärung der Funktion demgegenüber den konkreten Umständen des Einzelfalles und zieht erst auf dieser Grundlage die Verkehrsauffassung heran, deckt sich das Ergebnis mit höherer Wahrscheinlichkeit mit dem wirklichen Integritätsinteresse des Geschädigten. Gelingt es dem Geschädigten darzutun, daß die Sache für ihn eine bestimmte, womöglich ungewöhnliche, Funktion erfüllte, so kann diese besondere Funktion nicht auf Grundlage der Verkehrsanschauung übergangen werden. Obwohl die hier vertretene großzügigere Definition des herzustellenden Sollzustandes auf den ersten Blick das Integritätsinteresse des Geschädigten in geringerem Maße zu berücksichtigen scheint, kommt es diesem durch die Berücksichtigung der Funktion in Wahrheit sogar entgegen.

III. Naturalrestitution durch Lieferung einer neuen (= neuwertigen) Sache 1. Verlangen durch den Geschädigten Um Mißverständnissen vorzubeugen, sei angemerkt, daß der Geschädigte die Lieferung einer neuen Sache für eine beschädigte gebrauchte Sache nur dann fordern kann, wenn dies um der Austauschbarkeit willen erforderlich ist, 186 er sich damit also nicht in Widerspruch zu dem vor dem schädigenden Ereignis bestehenden tatsächlichen Zustand setzt. Das ist nur bei der Beschädigung oder Zerstörung einer neuwertigen Sache der Fall. Die Forderung einer höherwertigen als der ursprünglichen Sache scheidet aus, da es sich bei ihr nicht um eine gleichartige, jedenfalls aber nicht um eine gleichwertige Ersatzsache handelt.187 Eine Ausnahme von diesem 184 185

Vgl. Partecke, Der sogenannte Schadensersatz „neu für alt“, S. 32 f. BGHZ 92, 85, 88; Oetker, NJW 1985, 345 f.; Hamann, Schadensersatz in Natur oder Geld,

S. 5. 186 Ähnlich Partecke, Der sogenannte Schadensersatz „neu für alt“, S.39 ff.; Mook, Das Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht nach §§ 249–253 BGB, S. 103; aA OLG Hamburg VersR 1964, 1175; Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 158. 187 Partecke, Der sogenannte Schadensersatz „neu für alt“, S. 109.

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2. Kap.: Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung

Grundsatz ergibt sich dann, wenn die Lieferung einer neuwertigen Ersatzsache den Geschädigten weder funktions- noch wertmäßig besserstellt. In diesem Fall ist die neuwertige Sache der alten ausnahmsweise gleichartig und gleichwertig, so daß auch ein Wertausgleich nicht in Betracht kommt. 188 Ähnlich liegen die Dinge, wenn die Annahme einer gebrauchten Ersatzsache, wie beispielsweise bei Kleidung, für den Geschädigten ausnahmsweise unzumutbar ist. Dann kann der Geschädigte die Lieferung einer neuen Sache verlangen, und zwar ohne die Wertdifferenz ausgleichen zu müssen. 189 Dies ergibt sich daraus, daß im Falle der Unzumutbarkeit eine Austauschbarkeit nicht für eine fremde gebrauchte, sondern nur für eine neue zu bejahen ist. In den übrigen Fällen kann der Schädiger über § 249 Abs. 2 BGB vorgehen und die so erhaltenen Mittel zu einer Neuanschaffung verwenden. 2. Aufdrängen durch den Schädiger Komplexer ist die Frage, ob der Schädiger seinerseits dem Geschädigten an Stelle der Reparatur eine neue oder wertvollere Ersatzsache aufdrängen darf. 190 Die Lieferung einer neuwertigen Sache kann zunächst nur dann im Raum stehen, wenn eine Ersatzlieferung im konkreten Fall überhaupt als Naturalherstellung in Betracht kommt. Sie scheidet daher von vorneherein aus, wenn der Geschädigte auf einer Reparatur besteht. Sodann wird man feststellen können, daß der Schädiger für seine überobligationsmäßige Ersatzlieferung als aufgedrängte Bereicherung191 jedenfalls keinen finanziellen Ausgleich fordern kann. Davon abgesehen ist dem Schädiger im Rahmen der Ersatzbeschaffung die Lieferung einer neuwertigen oder wertvolleren Sache aber zu gestatten, solange diese Sache der ursprünglichen im übrigen gleichartig ist und der Geschädigte wegen des abweichenden Alters oder Wertes keine sachlichen Gründe gegen ihre Eignung zum Austausch vorbringen kann. Fordert der Geschädigte wegen der Zerstörung seiner gewöhnlichen, vier Jahre alten Armbanduhr eine gleichartige Ersatzuhr, kann er eine neuwertige und damit besser erhaltene und wertvollere Uhr desselben Typs allenfalls dann ablehnen, wenn AG Weinheim NJW-RR 2003, 307, im Hinblick auf Brillengläser. Lange/Schiemann-Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., § 6 V 1 (S. 260); U. Picker, Naturalrestitution, S. 61; Mook, Das Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht nach §§ 249– 253 BGB, S. 105. Partecke, Der sogenannte Schadensersatz „neu für alt“, S. 70 ff., 88, scheint die Ausgleichspflicht nur im Falle der Unzumutbarkeit der Ausgleichszahlung (nicht: der Herstellung mit einer gleichwertigen [gebrauchten] Sache) beschränken zu wollen. BGH VersR 1964, 257, versuchte indes, für zerstörte, fast neuwertige Kleidungsstücke einen Gebrauchswert zu ermitteln, ohne dabei freilich eine Einordnung in die §§ 249 ff. BGB vorzunehmen. 190 Unproblematisch ist der Fall, daß sich die Beteiligten entsprechend einigen. 191 Thüsing, Wertende Schadensberechnung, S. 29; Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 219; Partecke, Der sogenannte Schadensersatz „neu für alt“, S. 83 f.; aA Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 155 ff. 188 189

E. Ersatzbeschaffung bei Sachzerstörungen und § 249 Abs. 2 BGB

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er begründen kann, warum das geringere Alter der Ersatzuhr dem Austausch entgegenstehen soll. Ein solcher Grund, bei dem es sich inhaltlich um nichts anderes handelt als um einen Bestandteil der funktionalen Definition des Sollzustandes, kann beispielsweise darin bestehen, daß die neuwertige Sache im Unterhalt teurer ist oder ihr höherer Wert höhere Versicherungsprämien nach sich zieht. 192

E. Ersatzbeschaffung bei Sachzerstörungen und § 249 Abs. 2 BGB Bedingt durch § 3 Nr. 1 S. 2 PflVG, ist § 249 Abs. 2 BGB gegenüber Abs. 1 die praktisch ungleich bedeutendere Anspruchsgrundlage. Nach dem Wortlaut des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist die Umwandlung des Naturalherstellungsanspruchs in einen Herstellungsanspruch in Geld zugleich auf die Fälle der Verletzung einer Person und der Beschädigung von Sachen beschränkt. Sieht man nun in der Ersatzbeschaffung eine Form der Naturalherstellung, werden damit jedoch auch erstmals Sachzerstörungen, zu denen auch irreparable Beschädigungen zählen,193 einer Naturalrestitution zugänglich. Aus dem Wortlaut des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB und dem gleichzeitigen Vorrang der Naturalherstellung wird in diesem Zusammenhang gefolgert, daß in Fällen der Sachzerstörung weder ein Anspruch auf die zur Ersatzbeschaffung erforderlichen Kosten noch auf eine Entschädigung in Geld bestehe, der Geschädigte also auf eine Ersatzbeschaffung durch den Schädiger angewiesen sei. Das wird als untragbar empfunden, da dem Geschädigten eine Ersatzlieferung nicht zumutbar sei, weil er nicht gezwungen werden könne, Auswahl und Beschaffung der Ersatzsache in die Hände des Schädigers zu legen. 194 Ohne den parallelen, an der Naturalherstellung orientierten Geldanspruch des § 249 Abs. 2 BGB sei der Gedanke einer Herstellung durch Ersatzlieferung insgesamt nicht akzeptabel, da der Geschädigte bei Sachzerstörungen so ausschließlich eine Ersatzbeschaffung durch den Schädiger fordern könne. 195 In diesen Konflikt gerät man indes nur, wenn man den Wortlaut des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB für unüberwindbar hält. 196 Jedenfalls die Entstehungsgeschichte der Vor192 Ähnlich, aber zu Gunsten des Geschädigten strenger Partecke, Der sogenannte Schadensersatz „neu für alt“, S. 117 f. 193 Staudinger-Schiemann [1998], § 251 Rn. 7. 194 Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S.56; Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 333. Dies unterstellen auch Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., § 5 II 1 (S. 216), § 6 XIV 5 (S. 409). 195 Schiemann, FS f. Steffen, S. 399, 402; Lange, JZ 1992, 480; im selben Sinne auch Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 184, § 251 Rn. 43. Larenz, Schuldrecht I, 14. Aufl., § 28 I (S. 468), plädiert deshalb für eine Einordnung der Zerstörungsfälle unter § 251 Abs. 1 BGB. 196 So wohl sogar Medicus, JZ 1985, 42.

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2. Kap.: Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung

schrift gibt hierfür keinen Anlaß. Soweit ersichtlich, geht § 249 S. 2 BGB a. F. zurück auf einen Beschluß der Vorkommission des Reichsjustizamtes. Darin wurde vorgeschlagen, den § 219 in der Fassung des 1. Entwurfs um einen Absatz 2 zu erweitern, dessen Satz 1 lauten sollte: 197 „Der Gläubiger ist jedoch berechtigt, statt der Herstellung den Betrag der Aufwendung zu fordern, welche der Schuldner machen müßte, um die Herstellung zu bewirken.“

Ausschlaggebend hierfür war die Überlegung, daß damit dem Geschädigten ohne Mehrbelastung des Schädigers gedient sein könne. 198 Dieser Vorschlag wurde anschließend als Antrag der 2. Kommission unterbreitet und von dieser sowie ihrer Redaktions-Kommission zunächst ohne Einschränkung des Anwendungsbereichs angenommen. In der Zusammenstellung der Beschlüsse der 2. Kommission war er als § 219 Abs. 3 enthalten: 199 „Statt der Herstellung kann der Gläubiger den zur Bewirkung derselben erforderlichen Geldbetrag verlangen.“

Begründet wurde dieser Beschluß unter anderem damit, daß es dem Geschädigten unzumutbar sei, die Naturalherstellung in concreto in die Hände des Schädigers zu legen, der ja gerade seine Unzuverlässigkeit unter Beweis gestellt habe. 200 Sodann heißt es jedoch in den Protokollen der 2. Kommission: 201 „Es wurde schließlich konstatirt, daß bei der Erörterung über das alternative Recht des Beschädigten nur solche Fälle zur Sprache gekommen seien, in welchen es sich um die Beschädigung einer Sache oder einer Person handle, und daß demgemäß nur für diese Fälle ein solches Wahlrecht des Gläubigers als festgestellt anzusehen sei.“

Offenbar aufgrund dieser Verständigung erhielt die Bestimmung abschließend als § 213 Abs. 1 S. 2 des 2. Entwurfs die später in § 249 S. 2 BGB a. F. enthaltene, auf Personenverletzungen und Sachbeschädigungen beschränkte Fassung. Die einzig auffindbare Erklärung für die einer Übertragung auf Fälle der Sachzerstörung scheinbar im Wege stehenden Formulierung ist daher nach den Materialien nicht inhaltlicher Natur, sondern erklärt sich aus dem Verlauf der Beratungen. Daß es nicht auch zur Erörterung der Zerstörungsfälle kam, beruht auf dem entsprechenden Vorverständnis der Kommissionsmitglieder, nach dem eine Ersatzbeschaffung keine 197 Zitiert nach Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 98. Zur Entstehung des § 249 S. 2 BGB a. F. ausführlich Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 131 ff. 198 Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 98. 199 Zitiert nach Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 101. Eine Abweichung von dem Vorschlag der Vorkommission ergibt sich lediglich im Hinblick auf die Bemessung des Geldbetrages. 200 Vgl. unten 4. Kap., A. I. (S. 127 f.), sowie Fn. 441, 442. 201 Protokolle der 2. Kommission, S. 2600 (zitiert nach Mugdan, Materialien, II. Band, S. 515).

E. Ersatzbeschaffung bei Sachzerstörungen und § 249 Abs. 2 BGB

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Form der Herstellung darstellte. 202 Daraus läßt sich aber nicht entnehmen, daß eine Übertragung auf weitere Fälle der Naturalherstellung ausgeschlossen sein sollte. Ist man bereit, die Ersatzlieferung als mögliche Form der Herstellung zu begreifen und erkennt man gleichzeitig an, daß eine Ersatzbeschaffung ausschließlich durch die Hand des Schädigers für den Geschädigten ebenso unzumutbar wäre wie eine Reparatur, so wird man sich konsequenterweise auch gegen eine Ausdehnung des §249 Abs. 2 BGB nicht sperren können. 203 Ob man dies zusätzlich formal daraus herleiten mag, daß der Begriff der Beschädigung einer Sache im Wege eines Erst-RechtSchlusses auch ihre Zerstörung umfasse, 204 ist für die Entscheidung in der Sache nicht von Belang. Auch für den Fall der Sachzerstörung ist damit über die Ersatzlieferung ein Herstellungsanspruch durch Geldleistung i. S. d. § 249 Abs. 2 BGB begründbar. Im übrigen wäre der Geschädigte auch ohne diese Bestimmung nicht gezwungen, sich durch den Schädiger eine Ersatzsache aufdrängen zu lassen. Wie festgestellt, wird eine Ersatzbeschaffung nur dann aktuell, wenn der Geschädigte sein tatsächliches Interesse entsprechend formuliert. Bringt der Geschädigte einer irreparablen Sachzerstörung zum Ausdruck, daß er keine Ersatzbeschaffung wünsche, da sein Interesse an der Sache mit ihrer Identität verknüpft gewesen sei, bleibt es bei der Vermutung, daß eine Ersatzbeschaffung keine Naturalherstellung bedeutet, womit eine Naturalherstellung nicht möglich und der Anwendungsbereich des § 251 Abs. 1 BGB eröffnet ist. Dem Geschädigten steht es daher bei Sachzerstörungen ohnehin frei, Schadensersatz in Geld nach § 251 Abs. 1 BGB zu verlangen. Da dieser für den Geschädigten wirtschaftlich ungünstiger sein kann, erscheint ein weiter gefaßtes Verständnis des Anwendungsbereichs des §249 Abs. 2 BGB aus den genannten Erwägungen zwar nicht zwingend, aber gleichwohl richtig. Das Problem der Sachzerstörungen steht einer Naturalherstellung durch Ersatzbeschaffung daher nicht im Wege.

202 Dieses Vorverständnis zeigt sich einmal mehr darin, daß die Kommission an der in Fn. 200 genannten Stelle der Herstellung den Ersatz „durch eine neue“ Sache gegenüberstellt. Allerdings ist dieser Schluß nicht zwingend, da die Formulierung offen läßt, ob nach der Vorstellung der Autoren jede Form der Ersatzbeschaffung von der Herstellung ausgenommen sein sollte, oder ob dies nur für den Ersatz durch eine neue Sache gelten sollte. Schließlich könnte der Gedanke einer Ersatzbeschaffung bereits deshalb ausgeschieden sein, weil es nach der Erfahrung der Autoren an einem ausreichenden Markt für gebrauchte Güter fehlte. Vgl. auch Hamann, Schadensersatz in Natur oder Geld, S. 177; U. Picker, Naturalrestitution, S. 188. 203 BGH NJW 2004, 1943, 1944; Hamann, Schadensersatz in Natur oder Geld, S. 177 f.; Lipp, NZV 1996, 7, 8; Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 163; ähnlich Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 154; U. Picker, Naturalrestitution, S. 189; aA Lange, JZ 1992, 480; Larenz, Schuldrecht I, 14. Aufl., § 28 I (S. 468); Schiemann, Argumente und Prinzipien bei der Fortbildung des Schadensersatzrechts, S. 213 f., der konsequent dem Wortlaut folgt und dies damit begründet, daß das Interesse des Geschädigten nicht entgegenstehe, weil aus der Ersatzbeschaffung keine weiteren Eingriffe drohten. Gotthardt, Wandlungen schadensrechtlicher Wiedergutmachung, S. 64, möchte § 249 Abs. 2 BGB sogar auf alle Nichtvermögensschäden ausdehnen. 204 Neumann, JhJb 86 (1936/37), 277, 292; U. Picker, Naturalrestitution, S. 189.

5 Kolbinger

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2. Kap.: Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung

F. Gerichtliche Durchsetzung eines Anspruchs auf Ersatzlieferung Nachdem damit anhand des materiellen Rechts gezeigt werden konnte, daß eine Naturalherstellung unter Umständen im Wege einer Ersatzbeschaffung erfolgen kann, bleibt zu untersuchen, ob dieses Ergebnis auch prozessual umsetzbar ist. Vor allem Jordan 205 hat gegen die Ersatzlieferung als Form der Naturalherstellung vorgebracht, diese scheitere in der Praxis bereits daran, daß für sie kein den Bestimmtheitserfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügender Klageantrag formuliert werden könne. Ferner sei es nicht möglich, im Rahmen der Vollstreckung die Gleichwertigkeit festzustellen; ja es sei noch nicht einmal geklärt, wer eine solche Feststellung übernehmen solle. Daß dieses Problem trotz wiederholter Anerkennung der Ersatzlieferung als Form der Naturalherstellung bisher nicht praktisch geworden zu sein scheint, hat sicherlich zur Ursache, daß § 249 Abs. 1 BGB bei Sachschäden neben Abs. 2 kaum Bedeutung hat und in vielen Fällen wegen § 3 Nr. 1 S. 2 PflVG ohnehin ungeeignet ist. Gleichwohl ist den Argumenten Jordans nachzugehen. Greifen sie durch, kann an der Herstellung durch Ersatzlieferung nicht festgehalten werden. I. Bestimmtheit des Klageantrages Hinsichtlich des Klageantrages nennt Jordan selbst die Möglichkeit, den Ersatzgegenstand durch die Angabe von technischen Merkmalen und eines Wertes zu definieren. 206 Daß die Titulierung eines derartigen, auf eine Gattungssache gerichteten Lieferungsanspruchs möglich ist, setzt beispielsweise § 884 ZPO voraus. Zwar ist dieser auf vertretbare (Gattungs-)Sachen beschränkt, doch stellt sich bei diesen das Formulierungsproblem in gleicher Weise wie bei unvertretbaren Sachen. 207 Schließlich ergeben sich ähnliche Schwierigkeiten auch dann, wenn Herstellung durch Reparatur verlangt wird. Auch hier muß der herzustellende Sollzustand hinreichend bestimmt definiert werden. II. Zwangsvollstreckung Die Eignung eines solchen Antrags bliebe an seiner Vollstreckbarkeit zu messen. 1. Herausgabe eines vorhandenen Ersatzgegenstandes Solange der Schädiger eine geeignete Ersatzsache im Besitz hat, was freilich nur selten der Fall sein wird, entfällt die Notwendigkeit einer vorgeschalteten Beschaf205 206 207

Jordan, VersR 1978, 688, 691 f. Jordan, VersR 1978, 688, 692. V. Jahnke, ZZP 93 (1980), 43, 49 f.

F. Gerichtliche Durchsetzung eines Anspruchs auf Ersatzlieferung

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fung. Die Vollstreckung beschränkt sich in diesen Fällen daher auf die Übereignung des Ersatzgegenstandes. Wegen § 894 ZPO, der die zur Übereignung erforderliche dingliche Einigungserklärung des Schädigers fingiert, bleibt als Problem die Vollstreckung der Herausgabe. § 883 Abs. 1 ZPO, der auf die Herausgabe von Speziessachen beschränkt ist, setzt voraus, daß auf die Lieferung der konkreten Sache tituliert wurde. 208 Dies ist möglich, wenn dem Geschädigten die Existenz der Ersatzsache beim Schädiger bekannt war. Gerade in diesen Fällen ist es für den Geschädigten auch sinnvoll, den Anspruch durch Naturalherstellung auf diesem Wege zu verfolgen. § 883 Abs. 1 ZPO scheidet hingegen aus, wenn der Titel des Geschädigten nicht auf Lieferung der vorhandenen Ersatzsache, sondern auf Lieferung einer Ersatzsache lautet. Für den (einfacheren) Fall, in dem es sich bei der Ersatzsache um eine vertretbare Sache i. S. d. § 91 BGB handelt, hilft hier § 884 ZPO, der die Auswahl der wegzunehmenden Sache dem Gerichtsvollzieher überläßt. Probleme bereitet jedoch ein Herausgabetitel auf eine unvertretbare Sache, deren Art und Güte über die Gleichartigkeit und Gleichwertigkeit mit der beschädigten oder untergegangenen Sache definiert ist. In diesem Fall bezieht sich der titulierte Anspruch auf eine unvertretbare Gattungssache. Weder § 883 noch § 884 ZPO ist hier einschlägig, 209 ersterer nicht, weil es sich nicht um eine Speziessache handelt, letzterer nicht, weil es sich zwar um eine Gattungs-, nicht jedoch um eine vertretbare Sache handelt. Für diese Fälle hat jedoch V. Jahnke gezeigt, daß sie im Wege einer Analogie zu § 264 Abs. 1 BGB zu lösen sind. 210 Hinter der Beschränkung des § 884 ZPO auf vertretbare Sachen steht unbestrittenermaßen die Überlegung, daß es bei unvertretbaren Sachen nicht Aufgabe des Gerichtsvollziehers sein kann und darf, die Sache innerhalb der Gattung auszuwählen. 211 V. Jahnke stellt in diesem Zusammenhang das Problem der Konkretisierung der Schuld zur Vollstreckung des Lieferungsanspruchs in den Mittelpunkt seiner Überlegungen und zieht die Parallele zu der Wahlschuld i. S. d. § 262 BGB. Wie bei der Gattungsschuld unter den Sachen der definierten Gattung, ist bei der Wahlschuld unter den verschiedenen, alternativ geschuldeten Leistungen auszuwählen. Kommt der Schuldner seinem Wahlrecht bis zur Zwangsvollstreckung nicht nach, ist es gem. § 264 Abs. 1 Hs. 1 BGB dem Gläubiger überlassen, die titulierte Wahlschuld zum Zwecke der Vollstreckung auf eine der Leistungen zu konkretisieren. Die von V. Jahnke vorgeschlagene Analogie zu § 264 Abs. 1 BGB trägt einerseits den hinter § 884 ZPO stehenden Bedenken Rechnung, indem sie die Konkretisierung nicht dem Gerichtsvollzieher überläßt. Andererseits ermöglicht sie aber auch in den genannten Fällen eine Naturalexekution und vermeidet so, daß der Gläubiger gem. § 893 ZPO auf das Interesse verwiesen wird. SchließSo auch Jordan, VersR 1978, 688, 692. V. Jahnke, ZZP 93 (1980), 43, 52 ff.; Stein/Jonas-Brehm, 21. Aufl., § 884 Rn. 4; Rosenberg/Gaul/Schilken-Schilken, 11. Aufl., § 70 I 1 c (S. 963); MüKo/ZPO-Schilken, 2. Aufl., § 884 Rn. 2; Musielak-Lackmann, 3. Aufl., § 883 Rn. 3. 210 V. Jahnke, ZZP 93 (1980), 43, 63 ff. 211 V. Jahnke, ZZP 93 (1980), 43, 54; MüKo/ZPO-Schilken, 2. Aufl., § 884 Rn. 2. 208 209

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2. Kap.: Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung

lich geht der Weg V. Jahnkes auch nicht zu Lasten des Schuldners, da dieser gem. § 264 Abs. 1 Hs. 2 BGB bis zum Abschluß der Vollstreckung der Bestimmung durch den Gläubiger zuvorkommen kann.

2. Beschaffung und Herausgabe eines Ersatzgegenstandes In vielen Fällen wird der Schädiger selbst über keinen Ersatzgegenstand verfügen. Zwar mag dem Geschädigten dann mit §249 Abs. 2 BGB ein einfacherer Weg zur Erlangung eines Ersatzes zur Verfügung stehen, doch ist gleichwohl zu untersuchen, ob auch ein Titel nach § 249 Abs. 1 BGB vollstreckbar wäre. Ein ausschließlich auf Leistung einer – vertretbaren oder unvertretbaren – Gattungssache gerichteter Titel ist gem. §884 ZPO bzw. §§264 Abs.1 BGB, 883 Abs.1 ZPO nur vollstreckbar, wenn der Schädiger einen entsprechenden Gegenstand in seinem Vermögen hat. 212 §887 Abs.3 ZPO schließt hier aus, daß die Leistung durch den Gläubiger selbst im Wege der Ersatzvornahme erfolgt. Da § 887 Abs. 3 ZPO aber lediglich der Abgrenzung zwischen der Vollstreckung von Herausgabe- oder Leistungsansprüchen (§§ 883 ff. ZPO) gegenüber sonstigen Handlungspflichten (§§ 887 f. ZPO) dient, ist diese Beschränkung restriktiv auszulegen, um keine Vollstreckbarkeitslücken entstehen zu lassen. 213 Über die Lieferung hinausgehende selbständige Handlungspflichten des Gläubigers sind daher – soweit auf vertretbare Handlungen gerichtet – durchaus nach § 887 Abs. 1 ZPO vollstreckbar. In einem Fall hat das OLG Kiel 214 ausdrücklich festgestellt, daß die Verpflichtung zur Lieferung eines Ersatzgegenstandes als Art der Naturalherstellung ausschließlich nach §§883, 884 ZPO zu vollstrecken sei, da aus der Verurteilung zur Ersatz„herausgabe“ keine selbständige Beschaffungspflicht ableitbar sei. Selbst wenn man sich mit der entsprechenden Auslegung solcher Titel zurückhält, bleibt die Möglichkeit, der Vollstreckung nach § 887 ZPO durch eine zweiteilige Beantragung und Tenorierung Rechnung zu tragen, beispielsweise durch eine Verurteilung zur Beschaffung und anschließender Übereignung. 215 Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß eine derartige Tenorierung einen entsprechenden materiellrechtlichen Anspruch auf die selbständige Beschaffungshandlung voraussetzt. Genau diese Beschaffungshandlung ist jedoch Gegenstand 212 Stein/Jonas-Brehm, 21. Aufl., § 884 Rn. 2; OLG Kiel JR 1948, 340 f.; Rosenberg/Gaul/ Schilken-Schilken, 11. Aufl., § 70 I 1 c (S. 963); MüKo/ZPO-Schilken, 2. Aufl., § 884 Rn. 5; Jordan, VersR 1978, 688, 692. 213 MüKo/ZPO-Schilken, 2. Aufl., § 883 Rn. 10; im Ansatz auch Rosenberg/Gaul/SchilkenSchilken, 11. Aufl., § 70 I 1 a (S. 962). 214 OLG Kiel JR 1948, 340 f. Dabei handelt es sich offensichtlich um eine Entscheidung, die geprägt ist von den wirtschaftlichen Zuständen vor der Währungsreform, wo die Ersatzlieferung als Form der Naturalrestitution anerkannt war. Die Umstände dürften das OLG Kiel auch veranlaßt haben, den verurteilten Rundfunkgerätehändler als allein zur Ersatzbeschaffung in der Lage und diese daher als unvertretbare Handlung i. S. d. § 888 ZPO anzusehen. 215 Jordan, VersR 1978, 688, 692; Stein/Jonas-Brehm, 21. Aufl., § 883 Rn. 9, § 884 Rn. 4.

F. Gerichtliche Durchsetzung eines Anspruchs auf Ersatzlieferung

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der Herstellungspflicht i. S. d. § 249 Abs. 1 BGB. Im Gegensatz zu einem Geldentschädigungsanspruch ist der Herstellungsanspruch nämlich nicht auf ein dare, sondern auf ein facere gerichtet, 216 und eben diese Differenzierung ist es, von der abhängt, ob eine Vollstreckung nach §§ 883 ff. ZPO oder nach §§ 887 f. ZPO zu erfolgen hat. 217 Gelegentlich wird noch hinzugefügt, daß die Herausgabe der nach § 887 Abs. 1 ZPO im Wege der Ersatzvornahme auf Kosten des Schädigers konkret beschafften Ersatzsache anschließend gem. § 883 Abs. 1 ZPO erfolgen könne. 218 Regelmäßig wird jedoch die Herausgabe der beschafften Sache ohnehin nicht vollstreckt werden müssen, dann nämlich, wenn bereits die Beschaffung gem. § 887 Abs. 1 ZPO durch den Geschädigten selbst geschieht und er bereits auf diesem Wege Eigentümer der Sache geworden ist. III. Bewertungsprobleme Problematisch ist und bleibt dabei – insofern hat Jordan 219 recht – die Beurteilung der Gleichartigkeit und Gleichwertigkeit des Ersatzgegenstandes. Sie kann an zwei Stellen praktisch werden. Zum einen dann, wenn der Schädiger dem Geschädigten tatsächlich einen Ersatzgegenstand verschafft hat und der Geschädigte diesen für ungeeignet hält. Die Gleichartigkeit und Gleichwertigkeit anhand der im Urteil genannten Merkmale muß dann im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage gegen eine (weitere) Vollstreckung nach § 887 Abs. 1 ZPO, ggf. unter Heranziehung eines Sachverständigen, überprüft werden. Zum anderen kann die Frage im Zuge der Ersatzvornahme aktuell werden, nämlich dann, wenn es um ihre Kosten geht. Hier gibt die Gleichwertigkeit bereits einen Rahmen vor. Streitigkeiten über die exakte Höhe der notwendigen Kosten sind im Zuge der Kostenfestsetzung gem. § 788 Abs. 2 S. 2 ZPO zu entscheiden. Die Aufwendigkeit dieses Vorgehens mag und wird abschrekken, doch vergleiche man den Fall der Verurteilung zur Ersatzbeschaffung mit dem einer Verurteilung zur Reparatur. Auch hier ist ein Streit darüber, wie weit die Reparatur zu gehen habe und wann von der Wiederherstellung des ursprünglichen Sachzustandes gesprochen werden könne, vorprogrammiert. 216 Fischer, Der Schaden, S.165; ders., FS f. Zitelmann, S.6/24; im Hinblick auf Lieferungsansprüche kontrovers und letztlich aA Protokolle der Kommission, Zweite Lesung, S. 582 f. (abgedr. bei Hahn, Die gesammten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Zweiter Bd., Zweite Abt., S. 1035 f.). 217 V. Jahnke, ZZP 93 (1980), 43, 62 FN 82, im Anschluß an die Protokolle der Kommission, Zweite Lesung, S. 575 ff., 582 f. (abgedr. bei Hahn, Die gesammten Materialien zu den ReichsJustizgesetzen, Zweiter Bd., Zweite Abt., S. 1030 ff., 1035 f.). 218 Stein/Jonas-Brehm, 21. Aufl., § 883 Rn. 9; wohl auch Musielak-Lackmann, 3. Aufl., § 883 Rn. 4; aA gerade für den Fall der Beschaffung, zwar ohne Begründung, aber wohl wegen Bedenken gegen das Vorliegen einer gesonderten Handlungspflicht MüKo/ZPO-Schilken, 2. Aufl., § 883 Rn. 10. Jordan, VersR 1978, 688, 692, übersieht hier womöglich, daß die einmal beschaffte Sache stets eine Speziessache darstellt und § 883 Abs. 1 ZPO daher anwendbar ist. 219 Jordan, VersR 1978, 688, 692.

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2. Kap.: Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung

Insgesamt zeigt sich, daß auch eine Verurteilung des Schädigers zur Lieferung eines Ersatzgegenstandes bei entsprechender Tenorierung vollstreckbar ist. Die Probleme, die sich dabei ergeben, halten sich im Rahmen dessen, was bei der Vollstrekkung von Handlungspflichten regelmäßig bewältigt werden muß. 220

G. Verhältnis zwischen Reparatur und Ersatzbeschaffung Mit der Erkenntnis, daß neben der Reparatur einer beschädigten Sache auch die Beschaffung einer gleichartigen und gleichwertigen Ersatzsache als Naturalrestitution i. S. d. § 249 Abs. 1 BGB in Betracht kommt, stellt sich die Frage, wie das Nebeneinander der beiden Herstellungsformen bewältigt werden kann. I. Nebeneinander mehrerer Arten der Herstellung Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß das gesetzliche Leitbild die faktische Herstellung ist, diese mithin vom Geschädigten vorbehaltlich des § 251 BGB ohne besondere Begründung geltend gemacht werden kann. In den Fällen einer reparablen Sachbeschädigung kann der Geschädigte folglich nach § 249 Abs. 1 BGB die Reparatur der Sache fordern. Der Schädiger hat hier keine Möglichkeit, den Geschädigten von sich aus zu der Annahme einer Ersatzsache zu zwingen.221 Eine Ersatzbeschaffung kommt als Naturalherstellung nämlich erst in Betracht, wenn der Geschädigte sein tatsächliches Interesse entsprechend – also funktional – formuliert. Das kann konkludent dadurch geschehen, daß er die Lieferung einer Ersatzsache verlangt. Nur unter dieser Voraussetzung kann der Schädiger die Herstellung auch im Wege der Ersatzbeschaffung erbringen. 222 Bei einer irreparablen Sachbeschädigung oder -zerstörung, wo eine Reparatur aus praktischen Gründen ausscheidet, bleibt einem Geschädigten hingegen von vorneherein nur die Möglichkeit, eine Ersatzsache zu fordern, wenn ihm an einer tatsächlichen Herstellung gelegen ist und er verhindern will, gem. § 251 Abs. 1 BGB generell auf eine Entschädigung in Geld verwiesen zu werden. Näherer Untersuchungen bedarf unter den geschilderten Situationen diejenige, bei der mit Reparatur und Ersatzbeschaffung mehrere Wege der Herstellung zur Verfügung stehen. Hier muß geklärt werden, wie sich die Alternativen zueinander 220 Der Schluß Jordans, VersR 1978, 688, 692 re. Sp., der Geschädigte sei darauf verwiesen, nach § 893 ZPO Schadensersatz für seinen Schadensersatzanspruch zu verlangen, ist bereits nach seinen eigenen Überlegungen nicht zutreffend. Auch Jordan gesteht nämlich immerhin zu, daß die Verurteilung zur Ersatzlieferung erfolgreich vollstreckt werden kann, wenn der Schädiger über einen geeigneten Ersatzgegenstand verfügt. 221 Huber, DAR 2000, 20, 27. 222 Dazu, ob das Ersatzbeschaffungsverlangen des Geschädigten womöglich sogar eine Naturalherstellung durch Reparatur ausschließt, siehe sogleich unten.

G. Verhältnis zwischen Reparatur und Ersatzbeschaffung

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verhalten. Ausgangspunkt ist dabei die bereits getroffene Feststellung, daß der Geschädigte jedenfalls auf einer Naturalherstellung durch Reparatur bestehen, sich jedoch ebenso gut mit einer Ersatzbeschaffung zufrieden geben kann. Fraglich ist somit nur, ob der Geschädigte die Ersatzbeschaffung auch zur ausschließlichen Form der Herstellung bestimmen darf. Dies ist beispielsweise dann von Bedeutung, wenn der Geschädigte Ersatzbeschaffung – die Lieferung einer vergleichbaren Armbanduhr – verlangt, für den Schädiger jedoch die Reparatur günstiger erscheint, weil er selbst über die hierzu erforderlichen Fähigkeiten verfügt – womöglich sein Bruder als Uhrmachermeister die beschädigte Uhr kostenlos reparieren würde. Das BGB beschäftigt sich in § 249 Abs. 1 mit dieser Frage nicht. Der Umstand, daß das Gesetz unmittelbar keine Lösung für das Verhältnis mehrerer paralleler Herstellungsmöglichkeiten bietet, ist verschiedentlich zum Anlaß genommen worden, die Ersatzlieferung nicht als Herstellungsmodalität anzuerkennen, 223 um das Problem von vorneherein zu vermeiden. Indes können sich bereits für die Herstellung durch Reparatur Konstellationen ergeben, die der hier diskutierten in wesentlichen Punkten ähnlich sind 224 und für die man nicht umhinkommt, im Rahmen des § 249 Abs. 1 BGB eine Lösung zu finden. So sei beispielsweise angenommen, ein kleiner Lackschaden, den der Schädiger schuldhaft verursacht hat, könne durch ein einfaches Aufpolieren kostengünstig beseitigt werden. Der Schädiger, von dem Naturalherstellung verlangt wird, besitzt zufällig kein Poliergerät und bietet daher an, den Schaden durch eine neue Lackierung zu beheben, weil er dazu ohne weiteres in der Lage und obwohl das Lackieren normalerweise mit größerem Aufwand verbunden ist. Kann der Geschädigte hier darauf bestehen, daß der Schaden durch die weniger aufwendige Methode beseitigt wird, wenn der Schädiger die aufwendigere anbietet? Besinnt man sich darauf, daß es alleine die Herstellung ist, die der Geschädigte verlangen kann, ist nicht einleuchtend, warum dieser dem Schädiger vorschreiben können soll, nach welcher von mehreren geeigneten Methoden er vorzugehen hat. 225 Unterscheiden sich die zur Verfügung stehenden Methoden in ihrer Erfolgswahrscheinlichkeit, trägt im Gegenzug der Schädiger die Gefahr, daß das von ihm gewählte Vorgehen fehlschlägt. Der Geschädigte kann also lediglich fordern, daß der Sollzustand im Ergebnis hergestellt wird. Die Art und Weise bleibt dem Schädiger 223 So Medicus, JuS 1973, 211, 212; Jordan, VersR 1978, 688, 689; Schiemann, FS f. Steffen, S. 399, 402. 224 So auch Weitnauer, FS Universität Heidelberg, S. 279, 288. 225 In diesem Sinne auch Roth, JZ 1994, 1091, 1092. Dannert, VersR 1988, 980, 981 f., der diese Frage im Zusammenhang mit § 249 S. 2 BGB a. F. behandelt, möchte dem Geschädigten dort die ausnahmsweise höheren Kosten einer Ersatzbeschaffung gewähren, wenn diese vom Geschädigten tatsächlich vorgenommen wird. Konsequenterweise müßte er dem Geschädigten dann im Rahmen des § 249 Abs. 1 BGB das Recht geben, auf einer Ersatzbeschaffung zu bestehen.

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2. Kap.: Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung

überlassen. 226 Ist der Geschädigte auf eine bestimmte Vorgehensweise fixiert, hilft ihm der Weg über § 249 Abs. 2 BGB. Bedingt durch die praktische Relevanz, wird die Diskussion um das Verhältnis mehrerer Wege der Naturalherstellung nicht selten von § 249 Abs. 2 BGB aus geführt und damit von „hinten her aufgezäumt“. 227 Es wird zunächst gefragt, ob der Geschädigte in der Verwendung nach § 249 Abs. 2 BGB erhaltener Mittel auf eine bestimmte Vorgehensweise festgelegt ist. Dies wird regelmäßig unter Hinweis auf die Dispositionsfreiheit des Geschädigten 228 verneint. 229 Sodann ist die Versuchung groß, dieses Ergebnis auf die Naturalherstellung nach § 249 Abs. 1 BGB zu übertragen. Das ist jedoch unzulässig. Die Dispositionsfreiheit im Rahmen des §249 Abs. 2 BGB kann nämlich nicht auf Abs. 1 bezogen werden, da Abs. 2 systematisch an Abs. 1 angebunden ist und nicht umgekehrt. Daß der Geschädigte mit dem nach § 249 Abs. 2 BGB erhaltenen Geld grundsätzlich anstellen kann, was er will, ist eine Besonderheit dieser Vorschrift 230 und bedeutet nicht, daß ein solches Wahlrecht auch für die Naturalherstellung nach § 249 Abs. 1 BGB besteht. Im Rahmen des § 249 Abs. 1 BGB kann es Streit nur darum geben, ob die Herstellung durch die zur Debatte stehenden Varianten im Ergebnis erreicht wird. Dies ist jedoch eine tatsächliche Frage, die im Beispielsfall ebenso wie im Verhältnis Reparatur – Ersatzbeschaffung, wenn dieses relevant wird, bereits positiv beantwortet ist. Klarzustellen ist einmal mehr, daß sich ein Geschädigter, der konsequent Reparatur fordert, keinesfalls auch mit einer Ersatzbeschaffung zufrieden geben muß. Bringt der Geschädigte durch sein Reparaturverlangen 231 zum Ausdruck, daß sein tatsächliches Interesse am faktischen Zustand anknüpft, steht damit fest, daß eine Ersatzbeschaffung zur Naturalherstellung nicht geeignet ist. Der Geschädigte kann auf diese also nicht verwiesen werden. 232 Für ein Wahlrecht des Schädigers zwischen Reparatur und Ersatzbeschaffung besteht dann kein Raum.

226 MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 319, 331; Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 10, 18; Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S. 41, 58 FN 317; im Grundsatz auch U. Picker, Naturalrestitution, S. 206. 227 Dannert, VersR 1988, 980, 981, spricht von „unbedachter Wortwahl“. 228 Dazu siehe unten 4. Kap. (S. 124 ff.). 229 Hamann, Schadensersatz in Natur oder Geld, S. 133; Kirchner, VersR 1971, 870, 871. 230 Im übrigen wird – wie sogleich dargestellt werden wird – ein für inadäquat erachtetes Vorgehen des Geschädigten auch im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB wertmäßig korrigiert, vgl. Kirchner, VersR 1971, 870, 871, zu § 249 S. 2 BGB a. F. 231 Dies gilt jedenfalls für § 249 Abs. 1 BGB. Zu weiteren Anforderungen im Rahmen des 249 Abs. 2 BGB siehe unten 4. Kap., C. II. (S. 140 ff.). 232 AA U. Picker, Naturalrestitution, S. 206 f., die annimmt, daß es der Geschädigte nicht in der Hand hat, auf einer Reparatur zu bestehen.

G. Verhältnis zwischen Reparatur und Ersatzbeschaffung

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II. Wahlschuldverhältnis als Folge des Nebeneinanders von Reparatur und Ersatzbeschaffung Der Schädiger kann dem Geschädigten also keine Ersatzbeschaffung aufdrängen, ebenso wenig wie dieser den Schädiger auf eine solche festlegen kann. Der Geschädigte kann nach § 249 Abs. 1 BGB vielmehr nur allgemein die Herstellung des Sollzustandes verlangen, hat es dabei jedoch in der Hand, den Kreis der möglichen Herstellungsmaßnahmen durch eine funktionale Definition des Sollzustandes um die Ersatzbeschaffung zu erweitern. Kommen dadurch für die Naturalherstellung mehrere Vorgehensweisen – Reparatur und Ersatzbeschaffung – in Frage, steht das Wahlrecht unter diesen dem Schädiger zu. Verlangt der Geschädigte wegen eines verkratzen Uhrglases die Lieferung einer gleichartigen und gleichwertigen Ersatzuhr, kann der Schädiger wählen, ob er dem nachkommt oder ob er statt dessen die Uhr durch den Austausch oder das Polieren des Glases fachgerecht repariert. Die Konstellation, daß der Schuldner von mehreren in Betracht kommenden Leistungshandlungen nur eine zu erbringen braucht und ihm dabei überlassen ist, für welche er sich entscheidet, entspricht derjenigen eines Wahlschuldverhältnisses i. S. d. § 262 BGB 233. Ein solches wird auch sonst angenommen, wenn der Schuldner einen bestimmten Erfolg schuldet und den Weg zu diesem Erfolg selbst wählen kann. 234 III. Prozessuale Folgen eines Wahlschuldverhältnisses Liegt der Fall so, daß der Schadensersatzanspruch des Geschädigten in ein Wahlschuldverhältnis mündet, hat dies auch Auswirkungen auf die prozessuale Durchsetzung des Anspruchs. 1. Klageantrag Aus § 264 Abs. 1 BGB ergibt sich, daß dem auswahlberechtigten Schuldner bis zum Beginn der Zwangsvollstreckung das Wahlrecht zusteht. Äußert er sich bereits außergerichtlich, so beschränkt sich seine Verpflichtung auf die gewählte Variante, § 263 Abs. 2 BGB. Der Geschädigte kann in diesem Fall den Klageantrag entsprechend auf Reparatur oder Ersatzbeschaffung 235 richten. Trifft der Schädiger bis zum 233 Die hier behandelte Frage ist zu unterscheiden von dem Verhältnis der Ansprüche nach § 249 Abs. 1 und 2 BGB, der §§ 249 Abs. 2, 251 Abs. 1 BGB sowie der drei Berechnungsmethoden des Schadensersatzes bei Lizenzverletzungen. Zu letzteren vgl. Staudinger-Bittner [2004], § 262 Rn. 8. 234 Palandt-Heinrichs, 63. Aufl., § 262 Rn. 1; Staudinger-Bittner [2004], § 262 Rn. 2. 235 Zum Klageantrag auf Ersatzbeschaffung siehe oben F. I. (S. 66).

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2. Kap.: Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung

Schluß der mündlichen Verhandlung keine Wahl, so muß der Geschädigte dies im Antrag berücksichtigen. 236 Er muß beantragen, den Geschädigten zur Herstellung des Sollzustandes, nach Wahl des Schädigers durch Reparatur der konkreten Sache oder durch Beschaffung einer Ersatzsache eines bestimmten Typs, eines bestimmten Alters und ggf. weiterer Spezifikationen zu verurteilen. 2. Zwangsvollstreckung Übt der Schädiger auf eine derartige Verurteilung hin sein Wahlrecht aus, ohne aber anschließend die entsprechend konkretisierte Schuld auch zu erfüllen, kann der Geschädigte die verbliebene Herstellungsform im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen. Da bei einer Herstellung durch unvertretbare Handlung verschiedene Herstellungsmodalitäten in der Regel ausscheiden werden, wird diese Vollstreckung im Wege der Ersatzvornahme gem. § 887 ZPO erfolgen. Äußert sich der Schädiger gar nicht, so kann sich der Geschädigte seinerseits für eine der zur Verfügung stehenden Vorgehensweisen zur Herstellung entscheiden (§264 Abs. 1 BGB) und diese im Wege der Ersatzvornahme durchsetzen. Offen ist, ob der Geschädigte dabei Bindungen unterliegt. Im Hinblick auf den Wortlaut des § 264 Abs. 1 Hs. 1 BGB ist dies zu verneinen. Auch eine Notwendigkeit für eine Festlegung auf das eine oder das andere Vorgehen, beispielsweise aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten, ist nicht ersichtlich. Erscheint dem Schädiger die eine Maßnahme der anderen vorzugswürdig, hat er es bis zum Beginn der Zwangsvollstreckung – und gem. § 264 Abs. 1 Hs. 2 BGB sogar noch danach – in der Hand, diese zu benennen.

H. Zusammenfassung Es kann also festgehalten werden, daß auch die Beschaffung einer Ersatzsache als Naturalherstellung in Betracht kommt. Voraussetzung dafür ist, daß der Geschädigte sein tatsächliches Interesse entsprechend – funktional – formuliert. Er hat damit die Möglichkeit, in den Grenzen des § 251 BGB auf einer Naturalherstellung durch Reparatur zu bestehen. Der Gegenstand der Ersatzbeschaffung wird eingegrenzt durch die Kriterien der Austauschbarkeit, die sich ihrerseits orientiert an der Sachfunktion, wie sie der Geschädigte formuliert hat und wie sie sich anhand der bisherigen Verwendung der Sache verifizieren läßt. Fordert der Geschädigte eine funktionale Herstellung (durch Ersatzbeschaffung), ist es dem Schädiger aber nicht verwehrt, gleichwohl faktisch herzustellen (d. h. zu reparieren), da das funktionale Interesse des Geschädigten durch eine faktische Herstellung gleichermaßen verwirklicht wird. In diesem Fall 236 MüKo-Krüger, 4.Aufl., §264 Rn.3, §263 Rn.9; Palandt-Heinrichs, 63.Aufl., §264 Rn.2; Staudinger-Bittner [2004], § 262 Rn. 26; Soergel-M. Wolf, 12. Aufl., § 262 Rn. 32; Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 11 III 1 (S. 269).

H. Zusammenfassung

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sind daher mehrere Wege der Herstellung nebeneinander denkbar. Es handelt sich dann hinsichtlich der Auswahl zwischen Reparatur und Ersatzbeschaffung um ein Wahlschuldverhältnis. Die Entscheidung über das Vorgehen steht zunächst alleine dem Schädiger zu. Erst wenn er hiervon keinen Gebrauch macht, kann der Geschädigte in der Zwangsvollstreckung ebenfalls frei wählen. Damit ist die Ersatzbeschaffung als Naturalherstellung insbesondere auch ohne entsprechende (Erfüllungs-)Vereinbarung 237 zwischen den Beteiligten möglich. Dabei kann der Geschädigte den Schädiger zwar zunächst nicht auf die Ersatzbeschaffung festlegen, hat aber im Falle einer Vollstreckung der Herstellungspflicht die Möglichkeit, sich für diese zu entscheiden.

237 Ansonsten wäre allenfalls denkbar, daß eine Ersatzbeschaffung als Leistung an Erfüllungs statt vereinbart wird, so noch Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S. 57 FN 316; ähnlich MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 251 Rn. 10.

3. Kapitel

Bemessung des Schadensersatzes in Geld Oben 238 konnte bereits festgestellt werden, daß zu der Bemessung des Schadensersatzes in Geld zwei unterschiedliche Konzepte zur Verfügung stehen. Entsprechend orientiert sich der Schadensersatz nach §249 Abs. 2 BGB an den Grundsätzen der Restitution, während es sich bei § 251 Abs. 1 BGB um eine Kompensation der wirtschaftlichen Seite des Schadens handelt. Wie sich diese konzeptionelle Unterscheidung praktisch in der Anspruchshöhe auswirkt, soll Gegenstand der folgenden Untersuchungen sein.

A. Bemessung des Herstellungsanspruches in Geld nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB § 249 Abs. 2 S. 1 BGB stellt sich systematisch als Ergänzung zu § 249 Abs. 1 BGB dar, indem er die in Abs. 1 enthaltene Verpflichtung zur Naturalherstellung aufgreift und anordnet, daß in bestimmten Fällen alternativ der zur tatsächlichen Herstellung erforderliche Geldbetrag verlangt werden kann. Das Ergebnis ist ein Schadensersatzanspruch in Geld, dessen Bemessung von der Vorstellung beherrscht wird, daß der Schädiger zwar (lediglich) eine Geldleistung erbringen muß, letztlich aber dennoch eine Naturalherstellung, nämlich durch den Geschädigten, erfolgen wird. I. Objektiver Herstellungsaufwand auf Seiten des Geschädigten Der Schadensersatzanspruch in Geld nach § 249 Abs. 2 BGB bemißt sich nach dem für die Naturalherstellung nach § 249 Abs. 1 BGB unter Organisation des Geschädigten objektiv erforderlichen wirtschaftlichen Aufwand. 239 Daß es nicht auf den hypothetischen Aufwand einer Naturalherstellung durch die Person des Schädigers ankommt, ist den Gesetzesmaterialien deutlich zu entnehmen240 und wird, soweit ersichtlich, auch nicht bestritten. Diese Feststellung deckt sich mit den oben Siehe oben 1. Kap., B. I. (S. 24 ff.). BGH NJW 1992, 1618, 1619; Larenz, Schuldrecht I, 14. Aufl., § 28 I (S. 471); Steffen, NZV 1991, 1, 2. 240 Protokolle der 2. Kommission, S. 2600 (abgedr. bei Mugdan, Materialien, II. Band, S. 515). 238 239

A. Bemessung des Herstellungsanspruches in Geld nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB

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gewonnenen Erkenntnissen zu den Schadensersatzansprüchen in Geld. Ist Aufgabe dieser Ansprüche, das Unterbleiben der Naturalherstellung durch den Schädiger für den Geschädigten auszugleichen, so kann hierfür der beim Schädiger anfallende Aufwand nicht maßgeblich sein, da der Schädiger in der anzustellenden Betrachtung gar nicht mehr vorkommt. Es kann also den Anspruch des Geschädigten nicht erhöhen, wenn auf Seiten des Schädigers wegen individueller Erschwernisse besonders hohe Herstellungskosten angefallen wären. Ebensowenig kann es den Anspruch mindern, wenn der Schädiger, beispielsweise wegen eigener Sachkunde, ohne großen wirtschaftlichen Aufwand zur Naturalherstellung in der Lage gewesen wäre, während der Geschädigte unter höheren Kosten Dritte beauftragen muß. Offen ist noch, ob auch umgekehrt besondere aufwandsmindernde Umstände auf Seiten des Geschädigten unberücksichtigt bleiben, der Maßstab für den Schadensersatz also auch insofern ein objektiver ist. Wenn mit dem Geldersatz in der vorliegenden Konstellation ausgeglichen werden soll, daß eine Naturalherstellung durch den Schädiger nicht erfolgt, ist dies nicht zwingend. Man könnte sich auf den Standpunkt stellen, daß die Bewertung des tatsächlichen Umstandes, daß der Schädiger die Naturalherstellung nicht erbringt, für den Geschädigten nur nach dessen eigenem Herstellungsaufwand zu ermitteln ist. Erhält der Geschädigte die Mittel, die er nach seinen Umständen benötigt, um die Naturalherstellung zu realisieren, so wäre damit der Wert gefunden, den das Unterbleiben der Herstellung durch den Schädiger ausmacht. Zu stützen wäre dies mit dem Argument, daß im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB ja gerade der Geschädigte von einer Herstellung durch den Schädiger absehen will, um diese selbst zu besorgen. Die Konsequenz wäre, daß der Geschädigte, wenn er selbst über die erforderlichen Fähigkeiten verfügt, keine Lohnkosten, jedenfalls nicht die Gewinnmarge eines Werkunternehmers, verlangen könnte, weil für ihn die Beauftragung eines Dritten mit der Naturalherstellung nicht notwendig ist. Im Ergebnis wäre der sachkundige Geschädigte zur Eigenleistung verpflichtet, weil er den zusätzlichen Aufwand für die Fremdleistung nicht ersetzt bekäme. Vorprogrammiert wäre damit ein Streit darüber, ob der Geschädigte in der Lage ist, die Naturalherstellung selbst vorzunehmen, was die erforderlichen Kosten reduzieren würde. Oben 241 wurde festgestellt, daß § 249 Abs. 2 BGB nicht zur Vermeidung einer Schutzlücke erforderlich, sondern das Ergebnis einer gesetzgeberischen Entscheidung ist. Der Geschädigte soll unter anderem die Möglichkeit haben, die Naturalherstellung in andere Hände als die des Schädigers zu legen. An eine Pflicht, sie an Stelle des Schädigers ggf. selbst zu übernehmen, ist dabei nicht gedacht. Sie würde dem Zweck des § 249 Abs. 2 BGB sogar widersprechen. Auch aus § 254 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 BGB läßt sich eine Pflicht zur Eigenleistung nicht ableiten, weil die Nicht-Beseitigung des Schadens mit der Nicht-Verhinderung nicht gleichgesetzt werden kann. Entsprechend wird die Berücksichtigung besonderer Umstände beim Geschädigten zu Gunsten des Schädigers von der überwiegenden Ansicht mit dem Argu241

Siehe oben 1. Kap., C. II. (S. 31 f.).

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3. Kap.: Bemessung des Schadensersatzes in Geld

ment, die Sachkunde des Geschädigten dürfe den Schädiger nicht privilegieren, 242 abgelehnt. Der tatsächliche Umstand, daß eine Naturalherstellung durch den Schädiger unterbleibt, ist für den Geschädigten daher mit dem Betrag zu bewerten, der auf der ihm zugänglichen Marktstufe zur Naturalherstellung objektiv erforderlich ist, wenn ein Dritter mit der Naturalherstellung beauftragt wird. Wirtschaftlich abgebildet ist es aus der Sicht des Geschädigten einerlei, ob der Schädiger oder ein Dritter die Naturalherstellung realisiert. Nicht maßgebend ist grundsätzlich die Alternative, daß der Geschädigte selbst die Naturalherstellung vornimmt. II. Neben- und Folgekosten Der auf Seiten des Geschädigten anläßlich eines Sachschadens anfallende finanzielle Aufwand wird sich regelmäßig aus zahlreichen Einzelposten zusammensetzen. Darunter befinden sich zunächst Positionen, die unmittelbar der Herstellung der betroffenen Sache dienen, beispielsweise Arbeits- und Ersatzteilkosten oder aber der Kaufpreis für eine Ersatzsache. Darüber hinaus werden jedoch regelmäßig auch Posten anfallen, die, obwohl ebenfalls kausal durch den Sachschaden verursacht, nur mittelbar der Herstellung dienen. Dazu zählen Versand- und Transportkosten 243, Gutachterkosten, bei Kfz-Schäden beispielsweise auch Kosten für die Zulassung oder Abmeldung von Fahrzeugen. Diese Positionen werden häufig als Neben-, Vorbereitungs-, Begleit- oder Folgekosten bezeichnet. 244 Schließlich wird häufig noch weiterer Aufwand anfallen, der mit der Herstellung der Sache an sich gar nichts mehr zu tun hat, beispielsweise Übernachtungskosten wegen der Unbenutzbarkeit einer beschädigten Wohnung, Mehrkosten eines Geschädigten, der wegen eines Verkehrsunfalls einen Flug verpaßt hat und diesen unter Mehraufwendungen am nächsten Tag nachholt, ferner auch infolge einer schädigungsbedingten Verzögerung entgangener Gewinn. Da allen genannten Posten gemein ist, daß sie auf den Sachschaden zurückgeführt werden können, scheinen sie nach dem Wortlaut des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB („wegen Beschädigung einer Sache“) auch allesamt von dieser Vorschrift erfaßt zu sein. Um zu verhindern, daß derartige Posten als Folge der Dispositionsfreiheit des Geschädigten 245 auch dann zu ersetzen sind, wenn sie in Wirklichkeit gar nicht oder nicht in der geforderten Höhe angefallen sind, 246 wollen manche sämtliche NebenSiehe im einzelnen unten 4. Kap., D. I. 2. (S. 156 f.). Eine Position, über die nicht selten gestritten wird, ist bei Kfz-Schäden der Aufwand für die Verbringung eines Unfallfahrzeugs von der Kfz-Werkstatt in die Lackiererei und zurück. 244 Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 44; Staudinger-Schiemann [1998], § 251 Rn. 56; Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 45. 245 Dazu, ob diese Gefahr überhaupt besteht, siehe unten 4. Kap., C. III. 1. (S. 142 ff.). 246 Ohne Argumentation feststellend die Begründung zum Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetz, BR-Drucks. 742/01, S. 52. 242 243

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kosten im Wege einer teleologischen Reduktion aus dem Anwendungsbereich des § 249 Abs. 2 BGB ausnehmen 247 und über § 249 Abs. 1 oder § 251 Abs. 1 BGB ersetzt wissen. 248 Zugleich soll mit der teleologischen Reduktion dem Umstand Rechnung getragen werden, daß Nebenkosten auch bei anderen als den in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB genannten Schadensgruppen auftreten können und auch dort ein Bedürfnis bestehe, den Geschädigten nicht auf eine Naturalherstellung durch den Schädiger zu verweisen. 249 Zunächst könnte man mit diesem Argument den § 249 Abs. 2 BGB ganz leerlaufen lassen, da es – wenn überhaupt – für die eigentlichen Herstellungskosten gleichermaßen gilt. Daß eine Ausweitung der Regelung des § 249 Abs. 2 BGB auf weitere Schadensgruppen womöglich sogar sinnvoll ist, spricht darüber hinaus jedoch gerade gegen eine Beschränkung seines Anwendungsbereichs. Es sollte daher hinsichtlich der Neben- und Folgekosten vielmehr konsequent gefragt werden, ob der jeweilige Einzelposten der ersatzweisen Verwirklichung eines tatsächlichen Interesses des Geschädigten oder aber seiner wirtschaftlichen Abgeltung dient. Im ersten Fall erfolgt der Ersatz über § 249 Abs. 2 BGB, im zweiten über § 251 Abs. 1 BGB. III. Auswahl unter mehreren tatsächlichen Bemessungsgrundlagen Weil § 249 Abs. 2 BGB systematisch eine Naturalherstellungspflicht i. S. d. § 249 Abs. 1 BGB voraussetzt, kann der erforderliche Aufwand nicht autonom bestimmt, sondern nur danach bemessen werden, was der Geschädigte als Herstellung in natura verlangen könnte. Das bereitet Probleme, wenn das Ziel der Naturalherstellung alternativ auf mehreren Wegen realisiert werden kann. So mögen zur Herstellung zum einen verschiedene Arbeitstechniken, z. B. das Polieren oder der Austausch des zerkratzten Glases einer beschädigten Armbanduhr, zur Verfügung stehen. Wie bereits dargelegt, können mit den Alternativen Reparatur und Ersatzbeschaffung zum anderen aber auch grundsätzlich verschiedene Herstellungsmethoden in Betracht kommen. 1. Parallele zu § 249 Abs. 1 BGB Wie bereits festgestellt, 250 kann der Geschädigte den Schädiger nach § 249 Abs. 1 BGB zu keiner bestimmten Methode verpflichten. Erst in der Zwangsvollstreckung Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 46. Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 230 ff.; Staudinger-Medicus [1983], § 249 Rn. 230; im Hinblick auf den Interimsschaden Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 44, 91. 249 Der dabei angesprochene Fall der Sachzerstörung (Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 232, 230; Staudinger-Medicus [1983], § 249 Rn. 230) wurde oben bereits §249 Abs. 2 BGB zugeordnet. Daß sich bei ihm im Hinblick auf die Nebenkosten ähnliche sachliche Probleme stellen wie bei der Sachbeschädigung, rechtfertigt einmal mehr diese Entscheidung. 250 Siehe oben 2. Kap., G. I. (S. 71). 247 248

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kann er gem. § 264 Abs. 1 BGB die Auswahl treffen und seine Wahl im Wege der Ersatzvornahme durchsetzen sowie gem. §§ 887 Abs. 1, 788 Abs. 1, 91 Abs. 1 ZPO die dazu notwendigen Kosten sofort beitreiben. Daß der Geschädigte in der Zwangsvollstreckung die Herstellungsmaßnahme also frei wählen kann, sofern der Schädiger sein Wahlrecht noch nicht ausgeübt hat, könnte zu der Annahme veranlassen, daß es damit auch im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB ohne Einschränkung dem Geschädigten überlassen ist, welches Vorgehen er zur Bemessungsgrundlage für die objektiv erforderlichen Kosten macht. 251 Dies würde bedeuten, daß er stets die (höheren) Kosten für die wirtschaftlich aufwendigere Methode wählen könnte. Daß bei einem Bagatellschaden aber nicht der höhere Ersatzbeschaffungsaufwand verlangt werden kann, leuchtet vom Ergebnis her unmittelbar ein. Im Gegensatz zu der Lage bei der Zwangsvollstreckung der Naturalherstellung ist die Wahlfreiheit des Geschädigten bei der Bemessung des Herstellungsaufwandes aber auch gar nicht angebracht. Anders als vor einer Zwangsvollstreckung hat der Geschädigte hier nämlich zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit, seinerseits die Vorgehensweise festzulegen. Er kann keinen Einfluß darauf nehmen, daß der Berechnung ggf. eine wirtschaftlich weniger aufwendige Herstellungsform zugrundegelegt wird. Überließe man diese Entscheidung uneingeschränkt dem Geschädigten, so erhielte dieser – mit dem Wahlrecht – mehr, als ihm nach § 249 Abs. 1 BGB zustünde. Die Herstellung durch einen Dritten nach dessen Einschätzung ist nämlich etwas anderes als die Herstellung nach den eigenen Vorstellungen. 2. Wirtschaftlichkeitspostulat und Integritätszuschlag Ob für die Reparatur einer Sache mehrere technische Verfahren in Betracht kommen, ist eine rein tatsächliche Frage. Ob mit Reparatur und Ersatzbeschaffung sogar mehrere Herstellungskonzepte zur Verfügung stehen, hängt demgegenüber davon ab, ob der Geschädigte konsequent eine faktische Herstellung durch Reparatur verfolgt oder beispielsweise ankündigt, durch Ersatzbeschaffung herstellen zu wollen. In beiden Konstellationen stellt sich im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB jedoch gleichermaßen die Frage, ob der Geschädigte seiner Geldforderung als Bemessungsgrundlage den für den Schädiger jeweils ungünstigeren, da teureren, Weg der Herstellung zugrunde legen darf. Der gerade beschriebenen Gefahr, daß der Geschädigte im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB mit einer derartigen Wahlfreiheit mehr erhält, als ihm nach § 249 Abs. 1 BGB zustünde, begegnet die Rechtsprechung im Hinblick auf das Nebeneinander von Reparatur und Ersatzbeschaffung de facto durch das sog. Wirtschaftlichkeitspostulat. Sie bejaht einen Anspruch auf höhere Reparaturkosten nur dann, wenn sich diese im Rahmen dessen halten, was sich dem Geschädigten „in seiner individuellen Lage, d. h. angesichts seiner Erkenntnis- und Einflußmöglichkeiten sowie unter Berücksichtigung etwaiger gerade für ihn bestehender Schwierigkeiten, als 251

So im Grundsatz Krumbholz, NZV 1990, 218.

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die wirtschaftlich vernünftigste [Art und Weise] darstellt, um sein Vermögen in Bezug auf den beschädigten Bestandteil in einen dem früheren gleichwertigen Zustand zu versetzen.“ 252 Der Schädiger soll nur denjenigen Aufwand zu tragen haben, der „vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen“ 253 erscheint. Allerdings werden die Kosten einer (aufwendigeren) Reparatur auch dann zuerkannt, wenn sie „den Aufwand für eine Ersatzbeschaffung in Grenzen übersteigen“. Begründet wird dies damit, „daß die Reparatur de[r] dem Geschädigten vertrauten [Sache] sein Integritätsinteresse regelmäßig in stärkerem Maße zu befriedigen vermag als eine Ersatzbeschaffung.“ 254 Hierfür wurde der Begriff „Integritätszuschlag“ geprägt. 255 Das in das Wirtschaftlichkeitsgebot einbezogene Vernunfterfordernis scheint auch der Grund dafür zu sein, daß der BGH bei Fahrzeugen für den besonderen Integritätsschutz eine bloße Affektion nicht mehr genügen läßt und wirtschaftliche Gründe, wie die Kenntnis der Vergangenheit des Fahrzeugs, verlangt. 256 Das Wahlrecht, das im Rahmen des § 249 Abs. 1 BGB dem Schädiger zukommt, wird für den Abs. 2 also durch die Bindung des Geschädigten an ein Wirtschaftlichkeitspostulat ersetzt, das wiederum zu Gunsten des Geschädigten durch den Vorrang des Integritätsinteresses im faktischen Sinne eingeschränkt sein soll. Das Wirtschaftlichkeitspostulat stützt der BGH dabei auf die in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB verlangte Erforderlichkeit der Herstellungskosten 257 und versteht diese nicht nur als Erforderlichkeit der Kosten, sondern darüber hinaus auch als Erforderlichkeit der als Berechnungsgrundlage herangezogenen tatsächlichen Maßnahme. Der BGH fragt also nicht nur, ob der begehrte Betrag erforderlich ist, um die geplante Herstellungsmaßnahme zu finanzieren, sondern auch, ob die geplante Maßnahme zur Herstellung des Sollzustandes erforderlich ist. In der Sache spricht für diese Auslegung des Begriffes „erforderlich“ folgendes: Wenn § 249 Abs. 2 BGB die Organisation der Naturalherstellung vom Schädiger auf den Geschädigten verschieben soll, so besteht damit noch kein Anlaß, dem Geschädigten gleichzeitig auch mehr zu gewähren, als ihm nach Abs. 1 zustünde. Eine Forderung nach Abs. 2, die der Höhe nach an einer bestimmten Herstellungsmaßnahme orientiert ist, setzt daher im Grundsatz die Verpflichtung zu dieser Maßnahme nach Abs. 1 voraus: Der Schädiger soll nur Maßnahmen finanzieren müssen, zu denen er auch nach § 249 Abs. 1 BGB verpflichtet wäre. Wie gezeigt, hat dort aber der Schä252 BGHZ 115, 375, 378 [Einschub durch den Verf.]; ähnlich BGHZ 115, 364, 369; BGH NJW 1972, 1800, 1801. Ablehnend Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 218. 253 BGHZ 115, 364, 369. 254 Für Kfz BGHZ 115, 364, 371; BGH NJW 2003, 2085, 2086. 255 BGHZ 115, 375, 380; BGHZ 115, 364, 374. 256 BGH NJW 1999, 500, 501. Konsequenterweise müßte man dann bei Kraftfahrzeugen verschiedene Maßstäbe anlegen, je nachdem, ob der Geschädigte das Kfz als Neu- oder als Gebrauchtwagen erworben hatte. 257 Die Ablehnung einer Herleitung aus §254 Abs. 2 BGB durch BGHZ 115, 364, 369, überzeugt systematisch.

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diger das Recht, ggf. unter mehreren Formen der Herstellung auszuwählen. Entscheidet sich der Geschädigte, nach Abs. 2 vorzugehen, verliert der Schädiger diese Möglichkeit. Dem ist ausgleichenderweise dadurch Rechnung zu tragen, daß der Bemessung des Herstellungsanspruches in Geld nur das objektiv am wenigsten aufwendige Vorgehen zugrunde gelegt werden darf. Ferner ließe sich argumentieren, daß der Schädiger, wenn er der Geltendmachung von höheren Herstellungskosten entgegentritt, immerhin zum Ausdruck bringt, daß er sich, würde er auf Naturalherstellung gem. § 249 Abs. 1 BGB in Anspruch genommen, für die wirtschaftlich weniger aufwendige Vorgehensweise entschiede, was dann bei der Bemessung der nach § 249 Abs. 2 BGB erforderlichen Kosten zu berücksichtigen wäre. Damit ließe sich das Wahlrecht des Schädigers bei dem Übergang von § 249 Abs. 1 BGB auf Abs. 2 jedenfalls als mittelbares erhalten. In die gleiche Richtung weist schließlich auch ein Vergleich mit dem Vollstrekkungsrecht. Dort ist eine Verpflichtung des Gläubigers zur wirtschaftlichen Maßhaltung anerkannt. Für Maßnahmen der Ersatzvornahme kann der Gläubiger nach den §§ 887 Abs. 1, 788 Abs. 1, 91 Abs. 1 S. 1 ZPO nur die Erstattung der zu der zweckentsprechenden Rechtsdurchsetzung notwendigen (Vollstreckungs-)Kosten verlangen. Er ist dabei verpflichtet, die Kosten niedrig zu halten, 258 und kann nur fordern, was „ein vernünftig und wirtschaftlich denkender Auftraggeber im konkreten Einzelfall akzeptieren würde“. 259 Wenn hiernach Kosten dann notwendig und erstattungsfähig sein sollen, wenn sie der Gläubiger bei ihrer Entstehung objektiv für erforderlich halten durfte, 260 ergibt sich aus dem Gegenschluß, daß Kosten unnötig sind, wenn weniger aufwendige und erkennbar gleich zielführende Maßnahmen möglich sind. 261 Während der Vollstreckungsschuldner zumindest vor der Vollstrekkung noch Einfluß auf die anfallenden Kosten hätte nehmen können, bleibt dem Schädiger diese Chance im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB gänzlich vorenthalten. Eines Wirtschaftlichkeitsgebotes bedarf es dort somit erst recht. Es besteht also eine sachliche Notwendigkeit, das mit § 249 Abs. 2 BGB vereitelte Wahlrecht des Schädigers zwischen mehreren geeigneten Wegen der Herstellung durch ein objektives Kriterium, die Erforderlichkeit, zu kompensieren, um dem Geschädigten im Hinblick auf die Kosten nicht völlig freie Hand zu lassen. Auch wenn man nicht so weit gehen will, den Geschädigten zu einer aufwendigen Suche nach dem günstigsten Herstellungsangebot zu verpflichten, so bedingt ein Wirtschaftlichkeitsgebot zumindest bei der Auswahl unter verschiedenen zielführenden Varianten eine Festlegung auf die am wenigsten aufwendige. Ein entsprechendes Verständnis 258 Zöller-Stöber, 24. Aufl., § 887 Rn. 9, § 788 Rn. 8 ff.; Schuschke/Walker-Schuschke, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 788 Rn. 7. 259 Musielak-Wolst, 3. Aufl., § 104 Rn. 7; ähnlich Musielak-Lackmann, 3. Aufl., § 887 Rn. 23. 260 MüKo/ZPO-K. Schmidt, 2. Aufl., § 788 Rn. 22; Stein/Jonas-Münzberg, 22. Aufl., § 788 Rn. 22; Schuschke/Walker-Schuschke, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 788 Rn. 7. 261 I. E. Stein/Jonas-Münzberg, 22. Aufl., § 788 Rn. 22.

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der in § 249 Abs. 2 BGB genannten Erforderlichkeit wird man bei einem Nebeneinander mehrerer Reparaturverfahren kaum in Zweifel ziehen. 262 Stehen für die Reparatur einer Armbanduhr, deren Glas zerkratzt worden ist, mit dem günstigen Polieren des Glases und seinem teuren Austausch mehrere Methoden der Reparatur zur Verfügung, wird man kaum zögern, der Bemessung des nach §249 Abs. 2 BGB geschuldeten Betrages zwingend die kostengünstigere zugrunde zu legen, sofern anzunehmen ist, daß beide Methoden zur Herstellung gleichermaßen geeignet sind. Warum sollte man bei einem Nebeneinander von Reparatur und Ersatzbeschaffung anders entscheiden, zumal die Grenze zwischen einer Reparatur und einer (teilweisen) Ersatzbeschaffung nicht selten fließend ist? 263 Kündigt der Geschädigte an, durch Ersatzbeschaffung herstellen zu wollen, ist damit der herzustellende Sollzustand funktional definiert. Bei einer reparablen Sachbeschädigung kommen zur funktionalen Herstellung somit sowohl eine Reparatur als auch eine Ersatzbeschaffung in Betracht – ebenso wie im Beispielsfall zur faktischen Herstellung verschiedene Verfahren denkbar waren. Wenn für die Herstellung mehrere Methoden zur Verfügung stehen, kann nicht mehr von Belang sein, ob es sich bei den Alternativen um technische – Polieren oder Lackieren – oder um konzeptionelle – Reparatur oder Ersatzbeschaffung – handelt. Der Herstellungsanspruch in Geld bemißt sich stets nach der günstigsten Variante. Demgegenüber läßt sich ein genereller Integritätszuschlag 264 auf diesem Wege nicht begründen, ja er widerspricht diesen Überlegungen sogar. Daher bezeichnet Grunsky die Diskussion, ob der sog. Integritätszuschlag aus § 249 S. 2 (a. F.), § 251 Abs. 1 oder § 251 Abs. 2 265 BGB (man könnte § 254 Abs. 2 und § 242 BGB ergänzen) folge, zu Recht als „blutleer“. 266 In der Sache hängt die Antwort nämlich davon ab, ob man einen Vorrang der Reparatur gegenüber der Ersatzbeschaffung anerkennt. Dies wird traditionell und mit dem Argument des weitergehenden IntegritätsschutSo auch OLG Karlsruhe NJW 2003, 3208, 3209. Siehe oben 2. Kap., A. III. (S. 40). 264 Wegen des Wirtschaftlichkeitspostulates bemißt der BGH den Ersatz nach § 249 Abs. 2 BGB bei Kfz-Schäden grundsätzlich nach einer günstigeren Ersatzbeschaffung und damit nach dem Wiederbeschaffungsaufwand. Dadurch mindert sich der Schadensersatz insbesondere um den Restwert des beschädigten Kfz. Nach der Idee des Integritätszuschlages soll der Geschädigte dem Schadensersatz aber auch eine teurere Reparatur zugrunde legen können, wenn ihr Aufwand 130 % des Wiederbeschaffungswertes nicht übersteigt, vgl. BGH NJW 1999, 500f.; BGHZ 115, 364, 371. Solange der Reparaturaufwand zwar den Wiederbeschaffungsaufwand, nicht aber den Wiederbeschaffungswert übertrifft, soll es dabei nicht darauf ankommen, ob die Reparatur fachgerecht oder nur behelfsmäßig erfolgt, vgl. BGH NJW 2003, 2085. Ob ein darüber hinausgehender, d. h. bis zur 130 %-Grenze reichender Zuschlag demgegenüber eine besondere Qualität der Reparatur voraussetzt, ist in der zuletzt zitierten Entscheidung ausdrücklich offen geblieben. 265 Hierfür Weber, VersR 1990, 934, 945. 266 Grunsky, LM § 249 (Fa) BGB (Nr. 20 Bl. 4). 262 263

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zes (im faktischen Sinne) so gesehen, 267 ist jedoch mit der grundsätzlichen Anerkennung einer Ersatzbeschaffung als mögliche Form der Naturalherstellung konsequenterweise nicht zu vereinbaren. 268 Nach dem hier vertretenen Ansatz kann die Ersatzbeschaffung als Herstellungsmethode überhaupt nur zur Debatte stehen, wenn der Geschädigte sie als solche akzeptiert. Das geschieht beispielsweise dadurch, daß er nach § 249 Abs. 2 BGB die Ersatzbeschaffungskosten fordert. 269 Da damit aber zugleich feststeht, daß die Ersatzbeschaffung zur Herstellung des Sollzustandes geeignet ist, können höhere Reparaturkosten nicht mehr erforderlich sein. Wenn eine Ersatzbeschaffung zur Herstellung taugt, dann nämlich nicht weniger als eine Reparatur. Daß diese womöglich auch ein engeres, d. h. faktisch formuliertes Interesse realisieren würde, macht sie im Hinblick auf die funktionale Herstellung nicht wirkungsvoller, so daß unter diesem Gesichtspunkt kein Anlaß für einen Integritätszuschlag besteht. Ein Vorrang der Reparatur als speziellerer Herstellungsform kommt nur dann zum Tragen, wenn der Reparaturaufwand unter dem Ersatzbeschaffungsaufwand liegt. Hier ist der Geschädigte an die Zugrundelegung der günstigeren Herstellungsweise gebunden, kann also nur den Reparatur-, nicht aber den höheren Ersatzbeschaffungsaufwand verlangen. 270 3. Gestaltungsrecht des Geschädigten Nicht alle stimmen der gerade beschriebenen Notwendigkeit zu, den Geschädigten in der Wahl der Bemessungsgrundlage für seinen Anspruch nach § 249 Abs. 2 BGB zu beschränken. So gewährt Jakob dem Geschädigten eine besonders weitreichende Entscheidungsfreiheit, indem er im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB zu seinen Gunsten ein umfassendes Gestaltungsrecht hinsichtlich des Ob und des Wie der Naturalherstellung annimmt. 271 Danach soll der Geschädigte die Naturalherstellung nicht nur an sich ziehen, sondern auch darüber bestimmen können, welche Vorgehensweise von mehreren möglichen der Berechnung der erforderlichen Kosten zugrunde gelegt werden soll. Darin bestehe gerade die Dispositionsfreiheit des Geschädigten, der sein Interesse entsprechend seiner Präferenzen „betätigen“ könne. Problematisch ist an dieser Auffassung, daß sie ohne einen Blick auf § 249 Abs. 1 BGB auskommen möchte. Wenn dieses Gestaltungsrecht, wovon offenbar ausgegangen wird, dem Geschädigten nur im Rahmen des §249 Abs. 2 BGB, nicht aber in dem des Abs. 1 zustehen soll, kann es seine Rechtfertigung nur aus dem Zweck des BGHZ 115, 364, 371; OLG Hamm NJW 1998, 3500, 3501. Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 170; Roth, JZ 1994, 1091, 1092; ähnlich zunächst U. Picker, Naturalrestitution, S.201, jedoch hinsichtlich der Reichweite verschiedener Herstellungsarten wieder einschränkend (S. 203). 269 Ähnlich Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 170. 270 Gotthardt, Wandlungen schadensrechtlicher Wiedergutmachung, S. 95. 271 Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 223, 262 f. 267 268

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Abs. 2 ableiten. Wie unten 272 noch im einzelnen untersucht werden wird, macht es weder das Ziel der Streitvermeidung noch der Aspekt der Unzumutbarkeit einer Naturalherstellung durch die Hand des Schädigers erforderlich, auch die kostenrelevanten Entscheidungen in vollem Umfang dem Geschädigten zu überlassen. Warum dem Geschädigten mit dem Herstellungsanspruch in Geld zugleich die Möglichkeit gegeben werden soll, einen für den Schädiger wirtschaftlich ungünstigeren Weg zu wählen, als er ihn von diesem nach § 249 Abs. 1 BGB verlangen könnte, ist nicht ersichtlich. IV. Zusammenfassung Über die Höhe des Geldersatzes nach § 249 Abs. 2 BGB entscheidet der auf Seiten des Geschädigten zur tatsächlichen Herstellung objektiv erforderliche Aufwand. Dies gilt auch für sog. Folge- und Nebenkosten, wenn und soweit diese der Durchführung der Herstellung und nicht der wirtschaftlichen Abgeltung nicht mehr realisierbarer Interessen dienen. Sind zur tatsächlichen Herstellung mehrere Wege geeignet, bemißt sich die Forderung des Geschädigten nach der wirtschaftlich günstigsten Herstellungsmaßnahme. Möchte der Geschädigte der Bemessung seines Anspruchs nach § 249 Abs. 2 BGB von mehreren geeigneten Reparaturverfahren ein anderes als das wirtschaftlich günstigste zugrunde legen, scheitert er an diesem Wirtschaftlichkeitsgebot. Entsprechendes gilt grundsätzlich auch, wenn er den Schadensersatz in Geld statt nach dem Ersatzbeschaffungsaufwand nach höheren Reparaturkosten bemessen will. Desungeachtet können höhere Reparaturkosten aber dann, und nur dann, die Bemessungsgrundlage des Anspruchs nach § 249 Abs. 2 BGB bilden, wenn der Geschädigte die Möglichkeit einer Naturalherstellung durch Ersatzbeschaffung gar nicht erst entstehen läßt, indem er von vorneherein und konsequent Reparatur fordert. Anders als der BGH aus dem Wirtschaftlichkeitspostulat und dem Integritätszuschlag zu folgern scheint, 273 bedarf es dazu keiner wirtschaftlich nachvollziehbaren Gründe. Die Schutzwürdigkeit des faktischen Integritätsinteresses, auch als „eigentlich unsinnige emotionale Bindung an einen technischen Gegenstand“ 274, ergibt sich bei deliktischen Schädigungen nämlich von selbst aus dem Schutz des Eigentums als Rechtsgut. 275 Entgegen der Ansicht der Rechtsprechung ist die Frage, ob der Schädiger auch eine teure Reparatur zu finanzieren hat, nicht alleine nach dem Wirtschaftlichkeitspostulat zu beurteilen, sondern entscheidet sich bereits vorab anhand der durch den Geschädigten geäußerten Definition seines tatsächlichen Interesses.

272 273 274 275

Vgl. unten 4. Kap., A. (S. 126 ff.). BGH NJW 1999, 500, 501. Freundorfer, VersR 1992, 1332, 1333. Siehe oben 2. Kap., A. II. (S. 38 f.).

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3. Kap.: Bemessung des Schadensersatzes in Geld

B. Bemessung des Kompensationsanspruches nach § 251 Abs. 1 BGB § 251 Abs. 1 BGB statuiert die Verpflichtung des Schädigers, den Geschädigten „in Geld zu entschädigen“. Die Vorschrift greift ein, wenn eine Herstellung nicht möglich oder nicht genügend ist. Dies zeigt, daß es hier nur um einen Schadensersatz in Geld gehen kann, der an dem Umstand ausgerichtet ist, daß die tatsächliche Herstellung endgültig nicht erfolgen wird – nicht durch den Schädiger und nicht durch den Geschädigten. Der geschuldete Betrag kann sich daher nicht an einem tatsächlichen Herstellungsziel orientieren. Er kann sich nicht danach bemessen, was es für den Geschädigten wirtschaftlich bedeutet, daß die Naturalherstellung nicht durch den Schädiger erfolgen wird, sondern er sie selbst organisieren muß. Vielmehr muß für die Höhe des Schadensersatzes maßgeblich sein, daß der tatsächliche Zustand, auf den das Interesse des Geschädigten gerichtet war, nie eintreten wird. 276 Gleichzeitig hat sich der Geschädigte damit abzufinden, daß auch der finanzielle Ausgleich den status quo in tatsächlicher Hinsicht nicht mehr zu ändern vermag. Nach den bereits zitierten Worten von Jahr 277 geht es hier also alleine um die „Differenz zwischen Haben und Nicht-Mehr-Haben (Wert eines als definitiv hingenommenen Verlustes)“. Unter der „Hinnahme des Verlustes“ ist dabei die (zwangsweise) Akzeptanz der eingetretenen Veränderung im Tatsächlichen zu verstehen. Solange eine ersatzweise Geldleistung – auch mittelbar – der Veränderung tatsächlicher Folgen des schädigenden Ereignisses dienen soll, kann demgegenüber von einer definitiven Hinnahme der Schadensfolgen nicht die Rede sein, es also nur um (Wieder-)Herstellung gehen. Damit ist jedoch noch nicht gesagt, wie die Entschädigung in Geld, der „Wert [des] als definitiv hingenommenen Verlustes“, zu bemessen ist. Bei der Entschädigung in Geld geht es darum, den endgültigen Ausfall des tatsächlichen Interesses des Geschädigten in wirtschaftlicher Hinsicht auszugleichen. Wie bereits erläutert, 278 wird dies häufig als Beseitigung des Vermögensschadens im Sinne einer schädigungsbedingten Vermögensdifferenz verstanden. Da ein Modell jedoch nicht davon entbindet, sich mit den in der Sache bestehenden Problemen zu befassen, stellt sich auch im Rahmen der Differenzhypothese die zentrale Frage nach der wirtschaftlichen Bewertung der relevanten tatsächlichen Zustände. 279 Dieser Problemkern ist unabhängig von dem Gedankengerüst, in das man ihn einordnet. Unabhängig davon, ob sie isoliert oder im Zuge einer Bilanzierung ansteht, lautet die Frage, um die es insofern bei Sachschäden geht: Mit welchem Wert ist der Verlust oder die Beschädigung einer Sache anzusetzen, wenn weder eine Reparatur noch eine Ersatzbeschaffung möglich und als Herstellung geeignet ist? 276 277 278 279

Ähnlich Coester-Waltjen, Jura 1996, 270, 271. Jahr, AcP 183 (1983), 725, 771. Siehe oben 1. Kap., B. I. 2. (S. 25 ff.). So auch Knobbe-Keuk, VersR 1976, 401, 402.

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Mehrheitlich wird hierzu vertreten, daß die Entschädigung für den endgültigen Verlust des Eigentums an einer Sache, beispielsweise durch ihre Zerstörung, nach dem Wiederbeschaffungswert zu bemessen sei. 280 Die Gegenansicht möchte demgegenüber auf den Verkaufswert der Sache abstellen. 281 Als Alternative zu den im wesentlichen an dem Preis einer Verfügung über die Sache orientierten Bewertungen wird schließlich auch immer wieder der Rückgriff auf einen stärker an der Möglichkeit des Sachgebrauchs orientierten Wert vorgeschlagen. 282 Ein solcher Gebrauchswert wird allerdings noch einer genaueren inhaltlichen Ausgestaltung bedürfen. I. Bemessung nach dem Wiederbeschaffungswert Die Orientierung des Entschädigungsbetrages am Wiederbeschaffungswert geschieht nicht selten ohne nähere Begründung. 283 Am einfachsten erklärt sich diese Auffassung vor dem Hintergrund, daß viele bei irreparablen Beschädigungen und Sachzerstörungen (technischen Totalschäden) generell von der Unmöglichkeit einer Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes ausgehen, da sie eine Ersatzlieferung – zumindest nicht vertretbarer Sachen – nicht als Naturalherstellung betrachten. Diese Ansicht gelangt in derartigen Fällen zwangsläufig zu einer Entschädigung in Geld, zu deren Bemessung sie sich dann für den Wiederbeschaffungswert des zerstörten Gegenstandes entscheidet. 284 1. Grundsätzliches Problem der Orientierung am Wiederbeschaffungswert Warum aber soll es ausgerechnet der Wiederbeschaffungsaufwand – also der Aufwand für die Beschaffung einer Ersatzsache – sein, der die Einbuße ausdrückt, 280 Staudinger-Schiemann [1998], § 251 Rn. 43 f.; Medicus, JuS 1973, 211, 212; SoergelMertens, 12. Aufl., § 251 Rn. 13; Jordan, VersR 1978, 688, 689; weitere Nachweise siehe Fn. 283. 281 Mommsen, Zur Lehre von dem Interesse, S. 16 f.; U. Picker, Naturalrestitution, S. 121; Lipp, NZV 1996, 7, 9; H. Westermann, AcP 156 (1957), 137, 150, 152; Jahr, AcP 183 (1983), 725, 791; C. Knütel, ZGS 2003, 17, 18. 282 Insbesondere E. Wolf, Unhaltbarkeit der Rechtsprechung des BGH, S.38 f., für besondere Fälle aber auch BGH NJW 1966, 1454, 1456; OLG Stuttgart NJW 1967, 252, 254; OLG Hamm NJW-RR 2001, 1390; Stoll, JuS 1968, 504, 506; Allwang, NJW 1966, 1807; Ruhkopf, VersR 1962, 930, 931; Maase, VersR 1968, 527, 531; feststellend Staudinger-Schiemann [1998], § 251 Rn. 49. 283 MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 251 Rn. 18; ders., NJW 1985, 345, 346; Palandt-Heinrichs, 63. Aufl., § 251 Rn. 10; G. Wagner, Das neue Schadensersatzrecht, Rn. 56; Roussos, Schaden und Folgeschaden, S. 283 f.; Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 209; Halbgewachs, NZV 1993, 380; Köndgen, AcP 177 (1977), 1, 25; BGHZ 150, 319, 322; BGH NJW-RR 1996, 56; BGHZ 117, 29; BGHZ 92, 85, 90. 284 Allgem. Ansicht, statt vieler MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 251 Rn. 18; G. Wagner, Das neue Schadensersatzrecht, Rn. 44, 56; BGHZ 92, 85, 90 f.; OLG Stuttgart NJW 1967, 252, 253.

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die dadurch entsteht, daß das Interesse des Geschädigten in natura nicht mehr realisiert werden kann? Immerhin ergibt sich die Notwendigkeit einer Bewertung doch nur daraus, daß der Geschädigte eine derartige Ersatzsache nicht als Wiederherstellung akzeptiert und man ihm eine solche auch nicht aufzwingen möchte. Soweit es in dieser Konstellation darum geht, dem Geschädigten einen wertmäßigen Ausgleich dafür zu verschaffen, daß er sich mit dem durch das schädigende Ereignis geschaffenen tatsächlichen Zustand abfinden muß, erschöpft sich der Schadensersatz in Geld in einem wirtschaftlichen Ausgleich und vermag nicht, darüber hinaus auch emotionale Motive für das Integritätsinteresse des Geschädigten zu berücksichtigen. 285 Wenn gesagt wird, daß auch durch einen Schadensersatz in Geld dem Integritätsinteresse 286 des Geschädigten Rechnung getragen werde, 287 so trifft dies nur für die Bemessung des Geldersatzes nach dem Herstellungsaufwand zu. Hier werden emotionale Motive über das tatsächliche Herstellungsziel mittelbar erfaßt. Demgegenüber läßt der rein wirtschaftliche Ersatz des Schadens notwendigerweise diejenigen tatsächlichen Aspekte außer acht, die sich nicht wirtschaftlich abbilden lassen. Ziel dieses rein wirtschaftlichen Ersatzes ist der Ausgleich der wirtschaftlichen Differenz zwischen zwei tatsächlichen Zuständen.288 Auf der einen Seite steht dabei der tatsächliche Zustand, wie er sich nach der Einwirkung des schädigenden Ereignisses darstellt: der Ist-Zustand. Dieser ist zu vergleichen mit dem tatsächlichen Zustand, auf den das Interesse des Geschädigten vor dem schädigenden Ereignis gerichtet war: dem Sollzustand. Bereits im Ansatz zeigt sich, daß diese Differenz, wenn es um die Zerstörung oder den Verlust einer zuvor beim Geschädigten vorhandenen Sache geht, nicht durch ein Abstellen auf einen Wiederbeschaffungswert ermittelt werden kann. 289 Der Wiederbeschaffungsaufwand ist die wirtschaftliche Abbildung eines tatsächlichen Vorgangs, nämlich der Beschaffung einer der beschädigten unter bestimmten Gesichtspunkten ähnlichen Sache.290 Die Ermittlung des geschuldeten Betrages soll sich bei § 251 Abs. 1 BGB – anders als bei § 249 Abs. 2 285 Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S.25; Brinker, Die Dogmatik zum Vermögensschadensersatz, S. 324. 286 Der Begriff „Integritätsinteresse“ wird dabei als Gegenbegriff zum sog. Wertinteresse verstanden, gemeint ist damit wohl das Affektionsinteresse, dazu vgl. oben 1. Kap., A. I. 1. b) (S. 20 f.). 287 (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 23. 288 Entsprechend definiert (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 55, das Interesse als den „konkrete[n] Unterschied, der sich bei der Gegenüberstellung des ordnungsmäßigen und des ordnungswidrigen Verhaltens ergibt“. 289 Abhängig von der Gestalt des schädigenden Ereignisses sind aber durchaus Konstellationen denkbar, in denen es der Wiederbeschaffungswert ist, der die Differenz der relevanten tatsächlichen Zustände auszudrücken vermag. Das ist beispielsweise der Fall, wenn im Rahmen eines Vertragsverhältnisses wegen der Nichtleistung einer geschuldeten Sache Schadensersatz begehrt wird. Näheres dazu siehe unten 2. (S. 90). 290 Ähnlich C. Knütel, ZGS 2003, 17, 18.

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S. 1 BGB – jedoch nicht aus der Bewertung eines Vorgangs, sondern aus der Bewertung der Differenz zweier tatsächlicher Zustände ergeben. Welche tatsächlichen Zustände nach der Zahlung des Kompensationsbetrages hergestellt werden können, ist in diesem Zusammenhang nicht mehr von Interesse. 291 Die ausschließliche Fokussierung auf wirtschaftliche Gesichtspunkte hat ihre Ursache und Rechtfertigung darin, daß der Geschädigte im Falle des § 251 Abs. 1 BGB die faktischen Auswirkungen des schädigenden Ereignisses hinnehmen muß.292

2. Tatsächliche Möglichkeit der Wiederbeschaffung als Bedingung Der Schadensersatz in Geld, wie er im Rahmen des § 251 Abs. 1 BGB in Frage steht, muß sich gerade in solchen Fällen bewähren, in denen das Interesse des Geschädigten in tatsächlicher Hinsicht nicht mehr realisierbar ist.293 Aus Gründen der Logik ist damit unvereinbar eine Bemessungsmethode, bei der die Gefahr besteht, daß sie ihrerseits an einer tatsächlichen Undurchführbarkeit scheitert. Eben dies ist jedoch bei der Bemessung des Schadensersatzes nach Wiederbeschaffungswerten der Fall. Die Heranziehung des Wiederbeschaffungswertes setzt nämlich voraus, daß eine Wiederbeschaffung zumindest vorstellbar ist, da anderenfalls jede Grundlage für die Schätzung eines Wiederbeschaffungswertes fehlt. 294 Bei Sachen, deren Funktion mit ihrer Identität verknüpft ist und bei denen mithin eine funktionale Substitution ausscheidet, kommt die Bestimmung eines Wiederbeschaffungswertes mangels auch nur theoretischer Wiederbeschaffungsmöglichkeit nicht in Betracht. 295 Zum Vergleich und zur Veranschaulichung: Würde man beispielsweise auf den Verkaufswert einer zerstörten Armbanduhr in unbeschädigtem Zustand abstellen, so käme es zu dessen Ermittlung darauf an, daß ihre Veräußerung vor der Zerstörung vorstellbar war. 296 Eine Veräußerung ist, ggf. 291 Hamann, Schadensersatz in Natur oder Geld, S. 11 ff.; sogar auch Jordan, VersR 1978, 688, 694, 697. AA Roussos, Schaden und Folgeschaden, S. 265, der ausdrücklich vom Gegenteil ausgeht: „Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen ist eigentlich gleichgültig, ob Natural- oder Wertersatz als Ausgleichsform gewählt wird. Denn in beiden Fällen geht es darum, dem Geschädigten die Wiedererlangung des beeinträchtigten Habens zu ermöglichen.“ 292 Insofern erscheint die von Jahr, AcP 183 (1983), 725, 763, für die Differenzierung zwischen Naturalrestitution und Schmerzensgeld gebrauchte Formulierung „diese ,Entschädigung‘ ist kein Ersatz im Sinne einer Leistung, die einen Schaden aufheben, sondern eine ,Kompensation‘[,] die eine Einbuße ,aufwiegen‘ soll“ auf das Verhältnis von Naturalherstellung und Geldentschädigung verallgemeinerbar. 293 Siehe oben 1. Kap., C. I. (S. 29 f.). 294 Zu den Kriterien der Austauschbarkeit siehe bereits oben 2. Kap., D. (S. 59 ff.). 295 In diesem Sinne auch U. Picker, Naturalrestitution, S. 106; Medicus, JZ 1985, 42, 43; Roussos, Schaden und Folgeschaden, S. 128. Zum Fall der Zerstörung eines gebrauchten Eisenbahnwaggons, für den kein Markt existierte, OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 181. 296 Vgl. allgemein E. Wolf, Unhaltbarkeit der Rechtsprechung des BGH, S. 14; OLG Karlsruhe VersR 1979, 776, 777.

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zu geringer Gegenleistung, stets vorstellbar. 297 Eine (funktionale) Ersatzbeschaffung nach der Zerstörung setzt jedoch das Vorhandensein einer geeigneten, d. h. in Art und Wert vergleichbaren Uhr voraus. 298 Da diese Existenz nicht uneingeschränkt vorstellbar ist, muß sich diese Methode in entsprechenden und damit gerade den interessierenden Fällen als unbrauchbar erweisen. Anders liegen die Dinge ausnahmsweise bei vertraglichen Schadensersatzansprüchen, beispielsweise wegen der Nichterfüllung einer Leistungspflicht. Hier erfolgt der Rückgriff auf § 251 Abs. 1 BGB nämlich nur vor dem Hintergrund der haftungsbegründenden Norm und ohne daß tatsächlich eine Unmöglichkeit der Naturalherstellung gegeben wäre. Damit scheitert die Orientierung am Wiederbeschaffungswert nicht notwendig an der sonst in § 251 Abs. 1 BGB vorausgesetzten praktischen Unmöglichkeit der Herstellung. Hintergrund ist, daß eine Naturalherstellungspflicht in dieser Konstellation regelmäßig ausscheidet, da sie den gleichen Inhalt hätte wie die nichterfüllte Leistungspflicht und damit für den Geschädigten ohne Nutzen wäre. 299 Auch ein Anspruch nach § 249 Abs. 2 BGB kommt nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen dieser Vorschrift in aller Regel nicht erfüllt sein werden. Entsprechend muß hier im Rahmen des § 251 Abs. 1 BGB der Wert der ausgebliebenen (Sach-)Leistung und damit der Sache nach ihrem Wiederbeschaffungswert bemessen werden, sofern nicht darüber hinaus ein entgangener Gewinn geltend gemacht werden kann. Die verschiedenen Begründungen, mit denen der Wiederbeschaffungswert zur Bestimmung der Höhe der Entschädigung auch bei deliktischen Sachschäden herangezogen wird, tragen diesen grundsätzlichen Überlegungen nicht ausreichend Rechnung. Wenn davor gewarnt wird zu verkennen, daß eine Orientierung der Kompensation am Wiederbeschaffungswert lediglich zur Bemessung der Entschädigung erfolge und die Wiederbeschaffung „nicht wie bei der Restitution das eigentliche Ziel der Schadensabwicklung [...], sondern nur den hilfsweise heranzuziehenden rechnerischen Anhaltspunkt für die Ersatzberechnung“ bilde,300 wird übersehen, daß jedenfalls der Rückgriff auf den Wiederbeschaffungswert tatsächlich motiviert ist. Dieser Zusammenhang wird deutlich, wenn davon gesprochen wird, daß in bestimmten Situationen, namentlich bei gebrauchter Kleidung, dem Geschädigten eine derartige Grundlage für die Ersatzberechnung nicht zumutbar sei.301 Eine beDas setzt auch U. Picker, Naturalrestitution, S. 124, voraus. Allgemein E. Schmidt, JuS 1986, 517, 520; ferner zur Substituierbarkeit gebrauchter Kraftfahrzeuge E. Wolf, Unhaltbarkeit der Rechtsprechung des BGH, S.21. RGZ 171, 292, sah sich diesem Problem gegenüber, als es zur Kompensation den Wiederbeschaffungswert zusprach, diesen dann jedoch um den Aufwand für die mehrjährige Anmietung einer Ersatzsache erhöhte, da kriegsbedingt keine Ersatzsache zu Eigentum zu erwerben war. Im Ergebnis erhielt der Geschädigte auf diesem Wege Herstellung und Kompensation. 299 MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 251 Rn. 6; Staudinger-Schiemann [1998], § 251 Rn. 8; PalandtHeinrichs, 63. Aufl., § 251 Rn. 3 b; Larenz, Schuldrecht I, 14. Aufl., § 28 II (S. 474); Ehrig, Grundsatz der Naturalrestitution, S. 37. Vgl. bereits oben Fn. 64. 300 Hamann, Schadensersatz in Natur oder Geld, S. 51. 301 Hamann, Schadensersatz in Natur oder Geld, S. 53. 297 298

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stimmte Berechnungsgrundlage kann schlechterdings nicht unzumutbar sein. Was an der Bemessung der Entschädigung anhand des Preises gebrauchter Kleidungsstücke stört, ist vielmehr die Vorstellung, daß der Geschädigte am Ende in solchen herumlaufen müßte. Die Unzumutbarkeit beruht also allenfalls auf dem hinter der Geldentschädigung (fälschlicherweise) versteckten tatsächlichen Ziel. 3. Vermeidung von Folgeschäden Insbesondere Medicus verweist darauf, daß nur durch eine Gewährung des Wiederbeschaffungswertes Folgeschäden verhindert werden können. 302 Er verwendet dabei das Beispiel des Berufspendlers, der mit einem (nunmehr zerstörten) Pkw seine Arbeitsstätte zu erreichen pflegt. Nur mit der Erstattung des Wiederbeschaffungswertes könne sich der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug leisten und so weiteren Folgeschäden vorbeugen. Hinter dem Gedanken, daß durch eine Ersatzbeschaffung Folgeschäden verhindert werden, steht die Überlegung, daß Folgeschäden dann zuverlässig ausgeschlossen sind, wenn der Sollzustand in tatsächlicher Hinsicht wiederhergestellt ist. Soll die Geldentschädigung dazu dienen, der Entstehung weiterer Schäden entgegenzuwirken, erschöpft sich ihre Funktion nicht im wertmäßigen Ausgleich eines praktisch unerreichbaren tatsächlichen Zustandes. Vielmehr soll sie dem Geschädigten die finanzielle Möglichkeit geben, diesen Zustand gerade auch in tatsächlicher Hinsicht herbeizuführen. Die Idee, Folgeschäden durch die Bereitstellung von Geldmitteln zur Herstellung des schädigungsfreien Zustandes in natura zu verhindern, ist die Idee der Naturalherstellung.303 Die Überlegung von Medicus entspricht daher bei genauer Betrachtung letztlich der Begründung des § 249 Abs. 2 BGB. Aufgrund ihrer Ausrichtung an der Änderung des Tatsächlichen sollte sie im Rahmen von § 251 Abs. 1 BGB nicht ins Spiel gebracht werden. 304 Verlangt der Geschädigte als Schadensersatz den Wiederbeschaffungswert, drückt er vielmehr aus, daß er in der Wiederbeschaffung ein im Hinblick auf sein tatsächliches Interesse akzeptables Vorgehen erblickt. Damit ist der Wiederbeschaffung im Rahmen der Restitution Rechnung zu tragen. Liegt der Fall – wie der von Medicus geschilderte – so, daß die zerstörte Sache ein Gebrauchsgegenstand war, wird ein entsprechendes tatsächliches Interesse des Geschädigten auch an der Frage der Austauschbarkeit des zerstörten Gegenstandes nicht scheitern. 4. Vermögen als Machtposition Einige begreifen das (Geld-)Vermögen als Machtposition, kraft derer der Vermögensträger in der Lage ist („vermag“), seine persönlichen Verhältnisse zu gestal302 Medicus, JuS 1973, 211, 212; auch Staudinger-Schiemann [1998], § 251 Rn. 43; Jordan, VersR 1978, 688, 695. 303 Siehe oben 1. Kap., A. I. 1. a) (S. 19). 304 So auch H. Westermann, AcP 156 (1957), 137, 150.

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ten. 305 Dann liegt es nahe, dem Schadensersatz in Geld die Funktion zu geben, den Geschädigten nach einem tatsächlichen Eingriff in seine Lebensgestaltung wieder in die ursprüngliche Machtposition zurückzuversetzen, d. h. ihn so zu stellen, daß er sich von neuem für die gewählte tatsächliche Gestaltung entscheiden kann. Mit diesem Argument ließe sich bei Sachbeschädigungen sowohl die Gewährung des Wiederbeschaffungswertes als auch die der Reparaturkosten begründen. Indes muß der Schadensersatz in Geld in dem hier interessierenden Zusammenhang gerade solche Fälle lösen, in denen ein Zurückversetzen nicht möglich ist. Kommt die ursprüngliche Gestaltung nicht mehr in Betracht, scheitert auch die Herstellung der korrespondierenden wirtschaftlichen Machtposition. Ein unwiederbringliches Kunstwerk läßt sich auch mit allem Geld der Welt nicht wiederbeschaffen. Der Ansatz läßt sich nur konsequent vertreten, wenn man durch eine Beschränkung der Naturalherstellung (auf eine Reparatur) den Spielraum schafft für die Definition der ersatzweise zu schaffenden Machtposition (Ermöglichung der Ersatzbeschaffung). Das indes ist inkonsequent. Es folgt daraus nämlich die Verleihung der wirtschaftlichen Potenz zu einem tatsächlichen Vorgang, der zuvor noch als den Geschädigten nicht interessierend ausgesondert worden ist. 5. Bereitstellung von Mitteln zum funktionalen Ersatz Von anderen wird zu Gunsten einer Orientierung der Geldentschädigung am Wiederbeschaffungswert argumentiert, daß das Vermögen des Geschädigten, das durch ein schädigendes Ereignis gemindert wurde, erst dann wieder vollständig ausgeglichen sei, wenn der Geschädigte die Mittel erhalten habe, die erforderlich sind, um die zerstörte Sache funktional zu ersetzen. Das wiederum sei nur durch eine Entschädigung in Höhe des Wiederbeschaffungswertes gewährleistet. 306 Zunächst ist auch dieser Auffassung die grundsätzliche Kritik an der Tauglichkeit des Wiederbeschaffungswertes als Bezugspunkt für die Entschädigung in Geld entgegenzuhalten. Mit dem Rückgriff auf den funktionalen Ersatz – gleichsam als Sekundärziel der Entschädigung in Geld – wird wiederum an einem tatsächlichen Vorgang angeknüpft und nicht an den Bewertungen bestehender oder hypothetischer Zustände. 307 305 Mertens, Begriff des Vermögensschadens, S. 129 f., 142 f.; ihm (nur) insoweit noch zustimmend (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 217; ferner Grunsky, Aktuelle Probleme zum Begriff des Vermögensschadens, S. 34; Roßmann, Die Berechtigung zum Schadensersatz für Schäden am Frachtgut nach §§ 421 I, 425 HGB, S. 86 ff.; feststellend Hagen, FS f. Larenz zum 70. Geb., S. 867, 883. Zumeist wird diese Sichtweise auf v. Savigny, System des heutigen römischen Rechts, Band 1, S. 339 f., zurückgeführt. 306 Unterreitmeier, NZV 2004, 329, 332; E. Schmidt, JuS 1986, 517, 520; Larenz, Schuldrecht I, 14. Aufl., § 29 II (S. 488); LG Aachen NJW 1971, 621; wohl auch H.W. Schmidt, DAR 1965, 2, 4; OLG Stuttgart NJW 1967, 252, 253. 307 Dieser Gedanke kommt im Zusammenhang mit der Entschädigung entgangener Gebrauchsvorteile auch bei BGHZ 98, 212, 225 (GS), zum Ausdruck: „Prinzipiell ungeeignet ist eine Bemessung des Schadensersatzes daran, was den Eigentümer die Überbrückung der Ausfallzeit durch die Anmietung einer Ersatzsache gekostet haben würde, weil es nicht um das Re-

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Der Kompensation über ihre Konzeption hinaus die Aufgabe eines funktionalen Ausgleichs zu geben, ist – aus praktischen Bedürfnissen und nicht aus dogmatischen Überlegungen – nur dann erforderlich, wenn die Möglichkeiten der Restitution zuvor nicht ausgeschöpft werden. Richtigerweise sollten alle Überlegungen dahingehend, wie der Geschädigte Schädigungsfolgen durch Veränderungen im tatsächlichen Bereich beseitigen kann, im Rahmen der Restitution behandelt werden.308 Die Frage einer Kompensation zum Ausgleich der Unmöglichkeit einer Naturalherstellung stellt sich nach der in § 250 S. 1 und § 251 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommenden Rangfolge erst anschließend, wenn insoweit alle denkbaren Wege ausgeschieden sind. Dies geschieht aus gutem Grund: In der Tat ist die Versuchung groß, den Wiederbeschaffungswert als Maßstab für die Entschädigung in Geld nach §251 Abs. 1 BGB heranzuziehen. Dies liegt daran, daß durch die ausreichende Versorgung mit Mitteln zu einer an der Funktion des Vermögensgegenstandes orientierten Ersatzbeschaffung dem Geschädigten mehr als nur Geldersatz gewährt wird. Er erhält dadurch ferner die wirtschaftliche Möglichkeit zu einer Schadensbeseitigung in natura. 309 Daß diese zusätzliche Dimension der Naturalherstellung310 gegenüber der Abfindung des endgültig enttäuschten tatsächlichen Interesses überzeugt, entspricht der Rechtfertigung dafür, daß das Gesetz der Restitution den Vorrang vor der Kompensation einräumt. 311 6. Berücksichtigung des Nutzungsinteresses Andere begründen die Bemessung der Entschädigung in Geld nach Wiederbeschaffungswerten damit, daß neben dem Substanzwert der zerstörten Sache auch ein über diesen hinausgehendes Nutzungsinteresse bzw. ein entsprechender Gebrauchswert zu berücksichtigen sei. 312 Dabei darf der Wert des abstrakten Nutzungspotentials einer Sache (sog. Gebrauchs- oder Nutzungswert) nicht verwechselt werden parationsinteresse, sondern um das Kompensationsinteresse geht. Dieses bemißt sich nicht danach, was der Eigentümer an Kosten erspart, weil er seinen Bedarf mit seiner Sache befriedigen kann, sondern danach, was die Einsatzfähigkeit der Sache für den Eigengebrauch dem Verkehr Geld wert ist.“ 308 So auch Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 156. Jordan, VersR 1978, 688, 695, sieht die Gefahr einer zu großen Nähe zur Naturalrestitution. 309 Für Degenkolb, AcP 76 (1890), 1, 70, lag darin der Vorzug eines Schadensersatzes in Geld. Partecke, Der sogenannte Schadensersatz „neu für alt“, S.27, erklärt die Verlockung zutreffend als Konsequenz der faktisch verstandenen Herstellung. 310 Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 330 f. 311 Motive zu dem Entwurfe des Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Band II, 2. Aufl., S. 20. 312 Mertens, Begriff des Vermögensschadens, S. 142, 144; Jordan, VersR 1978, 688, 695 f.; Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, 2.Aufl., Rn. 817 f. (S. 519 f.), bei dem an dieser Stelle jedoch unklar bleibt, wann er die Wiederbeschaffung als Restitutions- und wann als Kompensationsmaßnahme behandeln möchte. Larenz, Schuldrecht I, 14. Aufl., § 29 II (S. 488), leitet hiervon ab, daß der Geschädigte in die Lage versetzt werden müsse, „sich eine gleichwertige Sache wieder zu beschaffen“.

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mit dem Wert möglicherweise entgangener, zeitlich konkretisierter Gebrauchsmöglichkeiten. Ersterer betrifft als Gegenbegriff zum Substanzwert einen Aspekt des Sachwertes, letzterer bezieht sich auf einen neben der Naturalherstellung denkbaren Interimsschaden, der bis zur ihrer Verwirklichung in Form eines entgangenen potentiellen „Nutzungsentgelts“ entstehen kann. 313 Die an dieser Stelle interessierenden Bewertungsfragen betreffen zunächst nur die Erfassung der mit dem Sacheigentum verbundenen abstrakten Gebrauchsmöglichkeiten. a) Gebrauchswert Nach der genannten Auffassung soll bei der Bestimmung des Interesses des Geschädigten nicht nur zu berücksichtigen sein, daß der Geschädigte durch das schädigende Ereignis den Substanzwert der Sache eingebüßt habe, sondern außerdem, daß er den zerstörten Gegenstand nun nicht mehr weiter gebrauchen könne. Gleiche man nur den Verlust des Substanzwertes aus, so erfasse man lediglich, daß dem Geschädigten eine Veräußerung des Gegenstandes möglich gewesen wäre. Der Geschädigte werde dadurch – ggf. im Wege der Unterstellung einer entsprechenden Absicht – auf diese Disposition festgelegt. 314 Ignoriert werde auf diese Weise jedoch der Verlust der Gebrauchsmöglichkeit. 315 Um beiden Gesichtspunkten – Veräußerung und Gebrauch – gerecht zu werden, müsse man daher auf den Wiederbeschaffungswert abstellen. Versetze man den Geschädigten in den wirtschaftlichen Zustand, sich einen Ersatzgegenstand beschaffen zu können, habe er damit gleichzeitig wieder die Wahlmöglichkeit, über diesen zu disponieren, namentlich ihn zu veräußern oder zu gebrauchen. 316 Obwohl hier dem Ansatz nach, anders als bei den bereits erläuterten Ansichten, erstmals der Versuch unternommen wird, den endgültigen tatsächlichen Verlust einer Sache wirklich zu bewerten, verfällt die genannte Begründung gleichwohl wieder auf die Bewertung der gedachten tatsächlichen Herstellung. Die Wiederverschaffung der wirtschaftlichen Potenz zum Erwerb einer Ersatzsache ist nur dann maßgeblich, wenn sie dem tatsächlichen Interesse des Ge313 Zu dieser Differenzierung Jahr, AcP 83 (1983), 725, 743 f. FN 105. Nach Ott/Schäfer, ZIP 1986, 613, 621, beruht die genannte Differenzierung darauf, daß im ersten Fall die Nutzungsmöglichkeit dauerhaft entzogen werde und daher den eigentlichen Gegenstand des Schadensersatzes darstelle, während sie im zweiten Fall nur vorübergehend entfalle, was voraussetze, daß sie wiederhergestellt werden kann und daher ggf. nur neben den entsprechenden Wiederherstellungskosten zu ersetzen ist. 314 In diesem Sinne Berger, VersR 1988, 106, 107; Hagen, FS f. Larenz zum 70.Geb., S. 867, 878; Roussos, Schaden und Folgeschaden, S. 265, der mit diesem Argument den Verkaufswert als maßgebliches Bemessungskriterium ausschließt und im Gegenschluß ein Abstellen auf den Wiederbeschaffungswert für geboten hält. Hingegen setzt Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 159, das Veräußerungsinteresse mit dem Wertinteresse gleich und erblickt darin sogar einen Vorteil für den Geschädigten, weil sich dieser um die Veräußerung der zerstörten Sache nicht mehr zu kümmern brauche. 315 Mertens, Begriff des Vermögensschadens, S. 73. 316 Berger, VersR 1988, 106, 107; Mertens, Begriff des Vermögensschadens, S. 144.

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schädigten entspricht. Ansonsten müßte man fragen, was der Geschädigte denn mit einer Ersatzsache anfangen soll und warum die Dispositionsmöglichkeit über eine Ersatzsache denn wirtschaftlich der Dispositionsmöglichkeit über die zerstörte Sache äquivalent sein soll. Wird mit der Anschaffung der Ersatzsache aber das tatsächliche Interesse des Geschädigten realisiert, dann ist sie Naturalherstellung und diese offensichtlich nicht unmöglich. Damit aber kommt ein Schadensersatzanspruch gem. § 251 Abs. 1 BGB nicht in Betracht. Entweder ist der Wiederbeschaffungswert also im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB relevant oder gar nicht. b) Wert des Nutzungspotentials als Teil des Interesses Mertens ordnet den Gebrauchswert ein in das Gerüst des von ihm verwendeten Interessebegriffs. Verlange man eine Entschädigung auf das volle Interesse, müsse auch der Wert des „Nutzungsvorrats“ erfaßt werden, der dem Eigentümer durch die Rechtsordnung zugewiesen sei. 317 Die spezifische Bedeutung des Begriffs „Interesse“ liegt in diesem Zusammenhang darin, daß damit derjenige wirtschaftliche Wert gemeint ist, den eine Sache gerade für den Geschädigten hat. Gegenüber einem (bloßen) Wertersatz zeichnet sich das Interesse insofern dadurch aus, als es ein individuelles wirtschaftliches Interesse des Geschädigten an der zerstörten Sache berücksichtigt. 318 Nach Mertens setzt sich das Interesse des Geschädigten aus einem „individuellen Sachwert“, erhöht um einen „vermögensbezogenen Ausfallwert“, zusammen. 319 Unter „Ausfallwert“ versteht er dabei nur den Wert von Nutzungen, die zeitlich beschränkt und konkretisiert bis zum Ersatz der Sache vereitelt werden (Interimsschaden). 320 Der Vermögenswert des abstrakten „Nutzungsvorrats“, wie er sich aus der umfassenden Dispositionsbefugnis des Eigentümers ergibt, ist nach Mertens richtigerweise Bestandteil des „individuellen Sachwerts“. Ihm soll bei der Entschädigung mit dem objektiven Wiederbeschaffungswert der Sache Rechnung getragen werden, weil der Geschädigte auf diese Weise die finanzielle Möglichkeit erhalte, sich Ersatz für den verlorenen Nutzungsvorrat zu beschaffen. 321 Inhaltlich werden damit einmal mehr die bereits angesprochenen Aspekte zur Rechtfertigung des Wiederbeschaffungswertes aufgegriffen. Die Bereitstellung von Mitteln zur Wiederbeschaffung soll wiederum einzig dazu dienen, daß der Gläubiger funktionalen Ersatz erlangen kann, der dann seinerseits den Anfall eines weiteMertens, Begriff des Vermögensschadens, S.148 f.; Schiemann, FS f. Steffen, S.399, 401. Mertens, Begriff des Vermögensschadens, S. 166; so auch Fischer, Der Schaden, S. 37, 44; E. Wolf, Unhaltbarkeit der Rechtsprechung des BGH, S. 12; H. Westermann, AcP 156 (1957), 137, 148 FN 24; Larenz, Schuldrecht I, 14. Aufl., § 29 I (S. 482); Motive, Band II, 2. Aufl., S. 21 FN 1. Damit beinhaltet das Interesse das, was bis in die Beratungen des BGB hinein auch als „außerordentlicher Wert“ bezeichnet wurde, dazu siehe unten II. 1. (S. 105 f.). 319 Mertens, Begriff des Vermögensschadens, S. 144. 320 Mertens, Begriff des Vermögensschadens, S. 144 f. Es handelt sich dabei um das, was gerade (I. 6. [S. 93 f.]) als „entgangenes potentielles Nutzungsentgelt“ bezeichnet wurde. 321 Mertens, Begriff des Vermögensschadens, S. 148. 317 318

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ren „vermögensbezogenen Ausfallwertes“ verhindert. Hinter der Entschädigung in Geld steht also auch hier das Ziel einer tatsächlichen Realisierung des Geschädigteninteresses. Mertens erkennt sogar selbst, daß der Wiederbeschaffungswert dem Geschädigten den Nutzungsvorrat nur dann zurückbringt, wenn eine „sofortige Wiederbeschaffbarkeit“ gegeben ist. 322 Welche Konsequenzen ein Fehlen dieser tatsächlichen Möglichkeit hat, bleibt allerdings offen, obwohl nur und gerade dann § 251 Abs. 1 BGB einschlägig ist. c) Verlust der Gebrauchsmöglichkeit als Sachfolgeschaden Schließlich findet sich in diesem Zusammenhang der Vorschlag, nur den Substanzverlust als Sachschaden zu verstehen und in dem dauernden Verlust der Gebrauchsmöglichkeit einen Sachfolgeschaden zu sehen. Der Substanzschaden könne dementsprechend in Höhe des Zeitwerts entschädigt werden, während der Verlust der Gebrauchsmöglichkeit durch einen Wiederbeschaffungszuschlag auszugleichen sei. Erst durch ihn werde der Geschädigte in die Lage versetzt, sich die Gebrauchsmöglichkeit anderweitig zu verschaffen. 323 Ungelöst bleiben dabei jedoch erneut die Probleme bei der Zerstörung eines Unikates, für das weder gleichartiger noch gleichwertiger Ersatz zu beschaffen ist und bei dem somit auch nach diesem Konzept keine Möglichkeit bestünde, tatsächlichen Ersatz für den Verlust der Gebrauchsmöglichkeit zu erlangen. 324 Soll der Geschädigte in diesem Fall nur Ersatz für den Substanz-, nicht aber den Gebrauchswert bekommen? Gemessen am eigenen Anspruch dieses Ansatzes wäre das ein wenig befriedigendes Ergebnis, insbesondere weil §251 Abs.1 BGB ja gerade die Fälle unmöglicher Wiederherstellung im Auge hat. d) Zusammenfassung Auch hinter dem Versuch, dem Verlust des Gebrauchspotentials durch die Leistung des Wiederbeschaffungswertes zu begegnen, steht das Bestreben, dem Geschädigten nach Möglichkeit nicht nur einen wirtschaftlichen Ausgleich zu bieten, sondern ihm darüber hinaus eine Veränderung im Tatsächlichen zu gestatten. 325 Eine Kompensation, die mit dieser Begründung am Wiederbeschaffungswert ausgerichtet wird, gewährt Mittel zur Wiederherstellung. Sie setzt dabei denknotwendig voraus, daß eine Herstellung möglich ist. Die Idee der Wiederbeschaffung ist daher im Rahmen des § 251 Abs. 1 BGB deplaziert. Es handelt sich vielmehr um eine Geldleistung, die es dem Geschädigten ermöglichen soll, die Naturalherstellung selbst zu organisieren, und entsprechend um einen Schadensersatz nach §249 Abs. 2 BGB. 326 Mertens, Begriff des Vermögensschadens, S. 146. Jordan, VersR 1978, 688, 695 f. 324 Jordan gelangt zu dieser Frage deshalb nicht, weil er sich ausschließlich mit Kfz-Schäden beschäftigt, bei denen er die Fungibilität der Sache offenbar für gegeben hält. 325 So ausdrücklich im Hinblick auf die Gebrauchsmöglichkeit Jordan, VersR 1978, 688, 696. 326 In der Sache auch Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 165. 322 323

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Nicht nur das oben genannte Ziel, Folgeschäden zu verhindern, sondern auch die Wiederverschaffung der Dispositionsmöglichkeit gehört zu den Zielen der Herstellung. 327 Sogar eine Entschädigung in Höhe der Reparaturkosten ließe sich auf diese Weise begründen. Bei der Reparatur dürfte jedoch außer Frage stehen, daß sie bei § 251 Abs. 1 BGB nicht als Bemessungsgrundlage in Betracht kommen kann. Für die Wiederbeschaffung gilt nichts anderes. Entweder sie trifft das tatsächliche Interesse des Geschädigten, dann greift der Vorrang der Naturalherstellung. Oder aber sie trifft dieses Interesse nicht, dann läßt sich nicht begründen, warum der Wiederbeschaffungswert das tatsächliche Interesse abzubilden in der Lage sein soll.328 Von Schiemann ist zu der Berücksichtigung des Gebrauchswertes kritisch angemerkt worden, daß dieser über eine „korrekte wertmäßige Erfassung“ der „Statik eines schadensfreien Zustandes“ hinausgehe. Wie insbesondere in dem Gedanken der Rechtsfortsetzung durch den Schadensersatz zum Ausdruck komme, sei das Schadensrecht des BGB ausgerichtet auf die „Integrität einer Güterwelt“: den „schadensfreien Zustand“. Entsprechend sei diese Integrität, soweit sie einen Vermögenswert habe, im Rahmen der Kompensation auch vermögensmäßig herzustellen. 329 Zunächst kommt in diesen Aussagen völlig zutreffend zum Ausdruck, daß der Schadensersatz in Geld nach § 251 Abs. 1 BGB stets nur eine Abgeltung für vereitelte tatsächliche Zustände sein kann, weshalb eine Orientierung an einem fiktiven Herstellungsvorgang ausscheidet. Gleichzeitig erscheint aber die Fokussierung auf statische Zustände und insbesondere ihre Ableitung aus dem Vorrang der Restitution etwas vordergründig. Es ist gerade einer der Vorteile der Naturalherstellung, daß sie, wenn sie vollständig gelingt, einen Blick auf weitere Entwicklungen entbehrlich macht. Obwohl es bei der Herstellung unmittelbar nur um die Wiederherstellung des schadensfreien (statischen) Zustandes geht, wird mittelbar automatisch auch die Herstellung der weiteren Entwicklung besorgt. Bildlich: Indem man die Lokomotive wieder auf das richtige Gleis setzt, stellt man sicher, daß sie auch wieder in die richtige Richtung fahren wird. Bewertet man für die Kompensation nur den Ausfall des unmittelbaren Herstellungsziels – die Restitution des statischen Zustandes – so unterschlägt man, daß mit der Unmöglichkeit der Naturalherstellung auch ihre mittelbaren Konsequenzen ausfallen. Bildlich gesprochen erhielte der Geschädigte im Ergebnis lediglich einen Ausgleich dafür, daß die Lokomotive auf dem falschen Gleis steht, nicht aber dafür, daß sie deshalb in die falsche Richtung fahren wird. Durch 327 Brinker, Die Dogmatik zum Vermögensschadensersatz, S. 323 f., spricht in diesem Zusammenhang vom Verwendungsplanungsinteresse, das er auch auf die weiteren Güter des Geschädigten bezieht. Ihm folgend Soergel-Mertens, 12. Aufl., Vor § 249 Rn. 52. Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 159, verweist für die Wiederbeschaffung des Nutzungspotentials auf das Integritätsinteresse. 328 Im Rahmen der Differenzhypothese müßte man entsprechend fragen, warum die zerstörte Sache in der Vermögensbilanz mit dem Wiederbeschaffungswert einer Ersatzsache angesetzt werden soll. 329 Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 209, 215. Im übrigen hält dieser den Gebrauchswert für wirtschaftlich kaum schätzbar und spricht sich ebenfalls für eine Bemessung der Entschädigung nach dem Wiederbeschaffungswert aus.

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die Unterschlagung der mittelbaren Auswirkungen der Restitution ist der Ersatz entgangenen Gewinns im Rahmen der Kompensation nur als Ausnahme erklärbar. 330 7. Risiko- und Zweithandzuschlag Vorübergehend wurde für Fälle der Zerstörung von Kraftfahrzeugen erwogen, bei der Bemessung der Kompensation den Wiederbeschaffungswert sogar noch um einen Risikozuschlag zu erhöhen. Begründet wurde dies damit, daß von einer vollständigen wirtschaftlichen Kompensation nur dann die Rede sein könne, wenn der Geschädigte auch einen Ausgleich dafür erhalten habe, daß bei fremden Gebrauchtwägen ein höheres Mängelrisiko besteht. 331 Teilweise wurde auch ein sog. Zweithandzuschlag gefordert, der auf der Erkenntnis gründete, daß der Marktwert eines Kraftfahrzeuges auch von der Anzahl seiner Vorbesitzer beeinflußt ist. 332 Diese Ansichten haben sich aber – zu Recht – nicht durchgesetzt. 333 Selbst auf der Grundlage der Orientierung des Kompensationsbetrages am Wiederbeschaffungswert ist nicht einsichtig, warum dieser auch noch durch einen Risiko- oder Zweithandzuschlag aufgebessert werden muß. Genügt die zugestandene Summe nicht zum Erwerb einer tatsächlich gleichartigen und gleichwertigen Ersatzsache, so ist die Entschädigung innerhalb des genannten Bemessungskonzeptes von vorneherein zu gering bemessen, also ein zu niedriger Wiederbeschaffungswert zugrunde gelegt. 334 Das bekundete Bedürfnis, die Entschädigungssumme durch einen Zuschlag erhöhen zu müssen, kann als Indiz dafür gedeutet werden, daß mit dem Wiederbeschaffungswert bereits die falsche Ausgangsposition gewählt wurde. 8. Wiederbeschaffungswert als bewertungstechnisches Ergebnis Wenn es bei § 251 Abs. 1 BGB darum geht, den Geschädigten dafür zu entschädigen, daß sein individuelles tatsächliches Interesse unerfüllt bleibt, muß konsequenterweise auch die Bewertung dieses persönlichen Interesses des Geschädigten die Höhe der Geldentschädigung bestimmen. Für die wirtschaftliche Abbildung ist daher der auf den Geschädigten bezogene individuelle Wert der Sache zu ermitteln. Nicht ankommen kann es hingegen darauf, wie andere das Ausfallen des Interesses wirtschaftlich bewerten würden. Diese Überlegung wird häufig formuliert in der Unterscheidung zwischen dem gemeinen und einem individuellen Sachwert. Stellt So Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 167 f., 209. KG NJW 1966, 735, 736; OLG Stuttgart NJW 1960, 1463, 1464; OLG Celle VersR 1964, 519, 520; Simon, DAR 1966, 97 f.; Allwang, NJW 1966, 1807; Pfleiderer, VersR 1966, 809, 810 f. 332 OLG Köln NJW 1974, 2128. 333 BGH NJW 1966, 1454, 1455; BGH NJW 1978, 1373; OLG Koblenz ZfS 1990, 83, 84; Palandt-Heinrichs, 63.Aufl., §249 Rn.21; Staudinger-Schiemann [1998], §251 Rn.47; Jordan, VersR 1978, 688, 697. 334 Ruhkopf, VersR 1962, 930, 932 f.; BGH NJW 1966, 1454, 1455. 330 331

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man den tatsächlichen Schaden, die Verfehlung eines tatsächlichen Interesses, in den Mittelpunkt, bedeutet dies bereits im Vorfeld eine Differenzierung zwischen dem tatsächlichen Interesse des Geschädigten und dem tatsächlichen Interesse eines Jedermanns. Als Jedermann kann man sich dabei einen durchschnittlichen Eigentümer einer gleichartigen Sache vorstellen, dessen tatsächliches Interesse im Hinblick auf die Sache dem Üblichen entspricht. Die Bewertung dieses tatsächlichen Interesses entspricht dem Marktwert der Sache. Dieser definiert sich am Markt aus der Bewertung der tatsächlichen Interessen aller Marktteilnehmer und repräsentiert letztlich den Durchschnittswert der Bewertungen all ihrer tatsächlichen Interessen im Hinblick auf eine derartige Sache. 335 Der Marktwert ist dabei sowohl als Verkaufsals auch als Ankaufswert denkbar. Wenn es hier jedoch darum geht, den endgültigen Ausfall des tatsächlichen Interesses wirtschaftlich zu beurteilen, kann es zunächst nur auf den Verkaufs(markt)wert ankommen. Nur dieser vermag auszudrücken, welchen Verlust ein Eigentümer einer Sache erleidet, wenn er das tatsächliche Interesse aufgeben muß. Der Ankaufs(markt)wert ist demgegenüber die Abbildung des tatsächlichen Interesses, Eigentümer zu werden. Daß der Ankaufs- oder Wiederbeschaffungswert das Interesse des Eigentümers nicht autonom ausdrücken kann, zeigt sich unter verschiedenen Aspekten. Besteht das tatsächliche Interesse des Geschädigten im Hinblick auf eine Sache darin, diese im Eigentum zu haben, um damit Eigentümer eines Ensembles zu sein, vermag der isolierte Wiederbeschaffungswert den Ausfall dieses Interesses nicht zu erfassen. Zum einen ließe man außer acht, daß mit dem Verlust der einen Sache nicht nur das Interesse, die betroffene Sache im Eigentum zu haben, sondern auch das Interesse, die anderen Sachen als Teil eines Satzes zu besitzen, unerfüllt bleibt. Zum andern ist der Wiederbeschaffungswert der Einzelsache unabhängig davon, ob sie zusammen mit bereits vorhandenen anderen ein wertvolleres Ensemble bilden oder Einzelsache bleiben soll. 336 Doch auch wenn man diese Entwertung zusätzlich zum Wiederbeschaffungswert berücksichtigen wollte, verbleiben Zweifel: Die Differenz zwischen Wiederbeschaffungs- und Verkaufswert – ob nach oben oder unten, ist von der Marktstufe abhängig 337 – geht zurück auf Händlerspannen, Umsatzsteuer und Marktverhältnisse. Unter diesen Faktoren läßt sich kein bestimmter identifizieren, der ausschlaggebend sein könnte dafür, daß sich im Wiederbeschaffungswert gerade das individuelle Interesse des Geschädigten abbilden würde. Das gleiche gilt von der Berücksichtigung eines Gebrauchswertes als Abbildung eines entsprechenden tatsächlichen Interesses. Es ist bewertungstechnisch nicht erklärbar, warum eine solche 335 In diesem Sinne Jahr, AcP 183 (1983), 725, 733 f.; Ott/Schäfer, ZIP 1986, 613, 622; Roussos, Schaden und Folgeschaden, S. 264, 271. 336 Zur Veranschaulichung: Der Wiederbeschaffungswert einer Briefmarke ist – von Sonderfällen auf sehr kleinen Märkten abgesehen – unabhängig davon, ob der Erwerber die restlichen Marken eines Satzes besitzt, dessen Wert die Summe der Werte der einzelnen Marken übersteigt. 337 Auf Verkäuferseite liegt der Wiederbeschaffungswert (= Einstandspreis) regelmäßig unter dem Verkaufswert, während sich dies bei Endverbrauchern in der Regel umgekehrt verhalten wird. So auch Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 159.

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Berücksichtigung nur durch den Wiederbeschaffungswert, nicht aber beispielsweise auch durch den Verkaufswert möglich sein soll. Sowohl beim Verkauf 338 als auch bei der Wiederbeschaffung einer Sache wird bei der Preisbildung berücksichtigt, ob und in welchem Umfang ein Gebrauch des Gegenstandes möglich ist. 339 Die genannten Ursachen der Inkongruenz von Wiederbeschaffungs- und Verkaufswert stehen in keinerlei Zusammenhang mit der Berücksichtigung von Gebrauchsmöglichkeiten. Eine Relevanz des Gebrauchspotentials für die Differenz zwischen Verkaufs- und Wiederbeschaffungspreis ist damit auszuschließen und wird im übrigen, soweit ersichtlich, auch von keiner Seite behauptet. Schließlich bestätigen sich diese Überlegungen bei einer bilanziellen Betrachtung. Erfaßt man den eingetretenen und den ausgefallenen Zustand bilanziell, wie es im Rahmen eines Vermögensvergleichs zu geschehen hätte, ist nicht erklärbar, auf welchem Wege Posten wie Umsatzsteuer, Zölle oder Händlermarge, die im Wiederbeschaffungswert enthalten sind, Eingang in die Bilanz finden sollen. Solche durchlaufenden Posten verpuffen bereits mit dem Erwerbsvorgang und können sich weder zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses, noch im Hinblick auf den tatsächlichen Sollzustand in der Bewertung der tatsächlichen Zustände niederschlagen.340 9. Wiederbeschaffungswert als Obergrenze des vollen Interesses Mit der Untauglichkeit des Wiederbeschaffungswertes zur Bemessung der Geldentschädigung ist auch dem Gedanken entgegenzutreten, daß der Verlust eines Gutes nicht höher bewertet werden könne als mit dem zur Wiederbeschaffung notwendigen Geldopfer (= dem Wiederbeschaffungswert). 341 Insbesondere in den interessierenden Fällen trifft dies nicht zu, nämlich immer dann, wenn die Möglichkeit einer Ersatzbeschaffung an den tatsächlichen Gegebenheiten scheitert. Mit dem (dann notwendig fiktiven) Wiederbeschaffungswert wüßte der Geschädigte wenig anzufangen. Die wirtschaftliche Abbildung des Interesses, über eine Sache als Eigentum disponieren zu können, deckt sich nämlich kaum mit dem Interesse, das Geld für eine – nicht er338 Offensichtlich wird dies bei der Frage, ob ein betagter Pkw über eine gültige Bestätigung der Hauptuntersuchung (TÜV) verfügt. Die entsprechende Plakette ist Sinnbild für die Nutzbarkeit des Fahrzeugs und von erheblicher Bedeutung für die Bewertung. Der wirkliche technische Zustand des Pkw tritt demgegenüber sogar in den Hintergrund. 339 Vgl. unten Fn. 373 ff. 340 Anschaulich U. Picker, Naturalrestitution, S. 125 f., 153; Gebauer, Naturalrestitution beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung, S. 48 f. 341 Neuner, AcP 133 (1931), 277, 307; ihm folgend Mertens, Begriff des Vermögensschadens, S. 148; allgemein zum Restitutionsaufwand U. Picker, Naturalrestitution, S. 52. Bemerkenswerterweise wird der Wiederbeschaffungswert von Soergel-Mertens, 12. Aufl., Vor § 249 Rn. 54 f., sowie ders., aaO, S. 148, gleichzeitig auch als Mindestschaden betrachtet. Honsell/ Harrer, JuS 1991, 441, 442, sprechen sich gegen eine Generalisierung aus, greifen aber die These des objektiven Wertes als Mindestschaden inhaltlich nicht an. Sie äußern sich freilich aber auch nicht dazu, ob der objektive Wert Wiederbeschaffungs- oder Verkaufswert sein soll. Dazu auch sogleich II. 1. (S. 103 ff.).

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hältliche – Ersatzsache zur Verfügung zu haben. 342 Soll die kritisierte Feststellung zutreffen, müßte sich ein entgangener Gewinn, wenn man ihn § 252 BGB entsprechend zum materiellen Interesse des Geschädigten zählt, mit den Erträgen aus der Entschädigungsleistung decken. Wenn sich der Gewinn nur mit Hilfe der Sache, nicht aber mit dem – insofern nutzlosen – Kapital erzielen läßt, ist das allenfalls zufällig der Fall. 343 10. Wiederbeschaffungswert als Billigkeitsentscheidung Schließlich werden auch reine Billigkeitsgründe für eine Bemessung der Kompensation nach dem Wiederbeschaffungswert angeführt. Entsprechend wird man den Hinweis verstehen müssen, daß der Wiederbeschaffungswert deshalb der geeignete Maßstab sei, weil es keine Rolle spielen dürfe, wann der Geschädigte eine Ersatzbeschaffung tätigt. Diese Überlegung basiert auf dem Vorverständnis, daß es sich bei der Ersatzbeschaffung nicht um eine Art der Naturalherstellung handelt. Sie nimmt aber gleichwohl an, daß einem Geschädigten, der sich selbst eine Ersatzsache beschafft hat, nach § 249 Abs. 1 BGB der Ausgleich seines durch den Wiederbeschaffungsaufwand belasteten Vermögens in natura zusteht. Wenn der Geschädigte jedoch auf diese Weise den Wiederbeschaffungswert verlangen kann, dann – so das Billigkeitsargument – müsse dies auch für denjenigen gelten, der selbst keinen Ersatz beschafft und über § 251 Abs. 1 BGB vorgeht. 344 Es könne nicht richtig sein, daß ein Geschädigter, der mit der Ersatzbeschaffung noch abwarte, nur Anspruch auf Entschädigung dafür habe, daß die zerstörte Sache in seinem Vermögen fehlt. Diesen Verlust nur durch den Verkaufswert auszugleichen, benachteilige einen abwartenden Geschädigten gegenüber einem Fakten schaffenden. Gegen diese Auffassung spricht folgendes: Abgesehen davon, daß sie den Wiederbeschaffungswert nur aus Billigkeitsgründen, nicht aber aus systematischen oder bewertungstechnischen Überlegungen für den richtigen Bezugspunkt zu halten scheint, ist sie in sich widersprüchlich: Man muß den durch die Ersatzbeschaffung 342 Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 178; Gebauer, Naturalrestitution beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung, S. 48. 343 In diesem Sinne auch BGHZ 98, 212, 221 (GS); anders noch RGZ 71, 212, 216, und RGZ 171, 292, 294. Gleichwohl ordnet das BGB in §849 eine Verzinsung des Kompensationsbetrages ab dem Bemessungsstichtag an. Stoll, JuS 1968, 504, 508, sieht darin eine abstrakte Nutzungsentschädigung. Dies erscheint zweifelhaft, da der Verzinsungsbeginn mit dem Bemessungsstichtag ein zufälliger wäre. Zum einen entgeht dem Geschädigten die Gebrauchsmöglichkeit nämlich nicht erst mit dem Bewertungsstichtag und zum anderen hätte er auch dann an einer zwischenzeitlichen Wertsteigerung partizipiert, wenn er die Sache bis zum Bewertungszeitpunkt hätte weiternutzen können. Die Auswahl des Stichtags erscheint demgegenüber sinnvoll, wenn man §849 BGB die Aufgabe zumißt, dem Geschädigten pauschal das Inflationsrisiko zu nehmen und den Schädiger zu rascher Leistung anzuhalten. Zum Bemessungsstichtag wird die Schadensersatzsumme nämlich von der Preisentwicklung abgekoppelt, so daß ab diesem Zeitpunkt inflationsbedingt eine Unterkompensation droht. 344 Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S. 122.

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erfolgten Geldabfluß, um ihn im Wege der Naturalherstellung beseitigen zu können, als adäquat kausale Folge des schädigenden Ereignisses verstehen. 345 Dies ist nur möglich, wenn man die Ersatzbeschaffung als tatsächliche Maßnahme zur Schadensbeseitigung akzeptiert und für erforderlich hält. Anderenfalls wäre nicht erklärbar, warum bei der Zerstörung einer gebrauchten Sache der Wiederbeschaffungsaufwand für eine neue oder sogar höherwertige Sache nicht ebenfalls in voller Höhe als Schaden verstanden werden kann. Der sachliche Grund, aus dem man den verauslagten Wiederbeschaffungspreis über § 249 Abs. 1 BGB für ersatzfähig halten will, 346 kann nur sein, daß es sich bei der Ersatzbeschaffung um eine Naturalherstellung und bei der beschriebenen Konstellation nicht um einen Fall des § 251 Abs. 1 BGB, sondern um einen des § 249 Abs. 2 handelt, 347 bei dem der Wiederbeschaffungszeitpunkt – soweit trifft das Billigkeitsargument inhaltlich zu – keine Rolle spielt. Für § 251 Abs. 1 BGB, der die Unmöglichkeit der Naturalherstellung voraussetzt, ist die skizzierte Überlegung indes unergiebig. 11. Zusammenfassung Die Argumente für eine Bemessung der Kompensation gem. § 251 Abs. 1 BGB nach dem Wiederbeschaffungswert der zerstörten Sache haben im Kern eines gemeinsam: In ihnen versteckt sich die Idee der Restitution. 348 Da der Entschädigungsanspruch die Unmöglichkeit einer Naturalherstellung voraussetzt, bedeutet es einen inneren Widerspruch, bei der Bemessung der Entschädigung dann doch auf die tatsächliche Herstellung abzustellen. Richtigerweise ist der Gedanke der Wiederbeschaffung bereits im Rahmen der Herstellung zu behandeln. Dann gelangt man in den meisten Fällen gar nicht zu der Notwendigkeit einer Kompensation und der Frage ihrer Bemessung. Der Wiederherstellungsgedanke ist in § 251 Abs. 1 BGB – und dazu gehört auch die Bestimmung der Höhe der Entschädigung – dogmatisch unangebracht. 349 Keineswegs trifft es damit zu, daß es sich bei der Einordnung der Ersatzlieferung „um eine pseudodogmatische Abgrenzung ohne jegliche praktische Relevanz“ 350 handele. Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S. 122. Zur Frage des Ersatzes vom Geschädigten bereits getätigter Herstellungsaufwendungen siehe im einzelnen unten 4. Kap., D. II. (S. 159 f.) und F. I. 2. (S. 164 f.). 347 Dazu Weber, VersR 1990, 934, 943. 348 Zur Erinnerung: Das Konzept der Restitution schließt eine Herstellung durch Geldleistung nicht aus. Die Naturalherstellung kann vielmehr als Bemessungsgrundlage für die Höhe dieses Geldanspruchs verstanden werden. Gleichzeitig stellt ein Ersatz durch Geldleistung weder immer noch automatisch eine Entschädigung in Geld im Sinne einer Kompensation dar. 349 Brinker, Die Dogmatik zum Vermögensschadensersatz, S. 295 FN 21. Roussos, Schaden und Folgeschaden, S. 265, bezeichnet zwar jeden über den objektiven Wert der Sache hinausgehenden Geldersatz mangels Umsetzbarkeit als sinnlos, plädiert aber gleichwohl für eine Heranziehung des Wiederbeschaffungswerts als objektivem Sachwert. 350 So Haug, VersR 2000, 1329, 1334 f., zum Vorgehen des BGH, der die Ersatzlieferung als Restitutionsform qualifiziert und gleichzeitig den Kompensationsanspruch nach dem Wieder345 346

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II. Bemessung nach dem Verkaufswert Diejenigen, die bei § 251 Abs. 1 BGB nicht auf den Wiederbeschaffungswert abstellen, greifen zumeist auf den Verkaufswert zurück. 351 1. Gemeiner Wert als untere Grenze Dabei wird häufig formuliert, der Verkaufswert sei derjenige Wert, den eine Sache für jedermann habe, 352 insbesondere unabhängig davon, ob dieser in der Lage ist, den Gegenstand über das schlichte Haben hinaus auch zu gebrauchen.353 Aus diesem Grunde wird der Verkaufswert häufig auch als „gemeiner Wert“ bezeichnet. Mitunter wird in diesem der Mindestschaden gesehen, den der Geschädigte nach der Zerstörung einer unersetzbaren Sache geltend machen kann.354 Nach dem hier vertretenen Denkmodell würde das bedeuten, daß die wirtschaftliche Abbildung des endgültigen Verlustes einer Sache mindestens ihren gemeinen Wert ergeben müßte. Als gängiges Argument für diese Annahme wird genannt, daß der Geschädigte, unabhängig davon, ob er dies plante oder sogar ausschloß, die Sache jederzeit zu diesem Preis hätte verkaufen können. 355 Entgegengehalten wird dem, daß dann, wenn der Geschädigte gar nicht daran dachte, die Sache zu veräußern, oder diese in seinem Vermögen sogar zu Verlusten führte, die Sache für ihn (individuell) gar keinen oder sogar einen negativen Wert gehabt haben könne. 356 Geht man wieder vom tatsächlichen Phänomen des Schadens aus, ist nicht zu leugnen, daß der Geschädigte die Sache nach ihrer Zerstörung nicht mehr hat.357 Ist ein Ersatz der Sache in natura nicht möglich, hat er das Haben endgültig verloren. beschaffungswert bemißt. Entgegen Haug verliert die Verhältnismäßigkeitsprüfung des § 251 Abs. 2 BGB nicht ihren Sinn, wenn man die Ersatzbeschaffung als Naturalherstellung versteht; dazu siehe unten 5. Kap., C. I. (S. 206 ff.). 351 Nachweise siehe oben Fn. 281. 352 Aus diesem Umstand folgt vermutlich die synonyme Bezeichnung „gemeiner Wert“. OLG Stuttgart NJW 1967, 252, spricht gleichbedeutend vom „Zeitwert“. 353 Mommsen, Zur Lehre von dem Interesse, S. 16, der den Begriff „Verkaufswert“ gleichzeitig mit dem Begriff „Sachwert“ gleichsetzt. 354 Wilburg, JhJb 82 (1932), 51, 127 f.; Jahr, AcP 183 (1983), 725, 734, 739, 779; Larenz, Schuldrecht I, 14. Aufl., § 29 I (S. 483); Möller, Summen- und Einzelschaden, S.88 f.; Stoll, Begriff und Grenzen des Vermögensschadens, S. 12 f.; hinsichtlich der Bewertung des Verkaufswertes als Mindestvermögenseinbuße auch Huber, DAR 2000, 20, 27. Bei Neuner, AcP 133 (1931), 277, 293 ff., der den objektiven Wert im Rahmen vertraglicher Schadensersatzansprüche erstmals als Mindestschaden darstellt, bleibt noch unklar, ob der Verkaufs- oder der Wiederbeschaffungswert maßgeblich sein soll; ebenso v. Tuhr, KritVJ 47 (1907), 63, 68 f.; ähnlich Zeuner, AcP 163 (1963), 380, 387 f., der bei endgültiger Aufgabe der Sache einen geringeren Schadensersatz für möglich hält. 355 Zuletzt U. Picker, Naturalrestitution, S. 110 f. 356 Lange/Schiemann-Schiemann, Schadensersatz, 3.Aufl., §6I (S.250 f.); feststellend Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 131; Fischer, Der Schaden, S. 37 f., 45. 357 Zur Eingriffskondiktion Jahr, AcP 183 (1983), 725, 738.

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Die Differenz zwischen diesem Haben und dem Nicht-Haben ist zum Zwecke des Schadensersatzes wirtschaftlich abzubilden. Greift man dabei auf den gemeinen Wert als Mindestschaden der Sache zurück, könnte dagegen argumentiert werden, daß der gemeine Wert das Haben eines Jedermann, nicht aber das Haben gerade des Geschädigten abbilde. Wenn mit dem gemeinen Wert allerdings zum Ausdruck gebracht ist, was das schiere Haben jedenfalls und ohne weiteres wert ist, dann muß das auch der Wert sein, den das Haben für den Geschädigten ohne weitere tatsächliche Interessen, also mindestens, hatte. Darüber hinaus könnte man aber ggf. einwenden, daß der Geschädigte dem Eigentum an der Sache ohnehin keine Aufmerksamkeit habe zukommen lassen, so daß sie bei ihm ohnehin bald dem Verfall anheim gefallen wäre. Doch selbst unter diesen Umständen handelte es sich bei der Sache um das Eigentum des Geschädigten, und der deliktische Schutz hatte das Ziel, ihm dieses Haben zu erhalten. Wird das tatsächliche Behaltensinteresse vereitelt, bedeutet dies wertmäßig jedenfalls einen Verlust in Höhe des gemeinen Wertes der Sache. Verfolgte der Geschädigte mit dem Haben der Sache keine weiteren tatsächlichen Interessen, bleibt es hierbei, d. h. es kommt keine höhere Bewertung, aber auch kein Abschlag in Betracht. Selbst wenn gegen die Entschädigung vorgebracht wird, das Haben der Sache habe dem Geschädigten wegen ihres unproduktiven Einsatzes sogar wirtschaftliche Nachteile beschert, was sich in der Bewertung niederschlagen müsse, wird man dem nämlich entgegenhalten können, daß das im Eigentum manifestierte Interesse des Geschädigten am Haben durch den unwirtschaftlichen Einsatz nicht vernichtet ist. Man käme schließlich auch kaum auf den Gedanken, die deliktischen Verhaltenspflichten anders zu beurteilen, nur weil sie sich auf eine Sache beziehen, die vom Eigentümer unproduktiv eingesetzt wird. Daß das Haben des Geschädigten einer unproduktiven Nutzung gedient hat, führt zu keiner Veränderung seiner wirtschaftlichen Abbildung. Die Unproduktivität der Nutzung hat nur zur Folge, daß sich der Ausfall des tatsächlichen Interesses (der Nutzung) für den Geschädigten nicht als weitere wirtschaftliche Einbuße abbilden läßt. Bildlich: Die unproduktive Nutzung hat keinen Schatten. Es kann sich somit allenfalls noch die Frage stellen, ob sich der Geschädigte das Ausbleiben von Verlusten zu Gunsten des Schädigers anrechnen lassen muß. Würde man diese Frage bejahen, bedeutete dies, daß der Geschädigte nicht nur gezwungen wäre, auf den (unproduktiven) Einsatz der Sache in tatsächlicher Hinsicht ohne Ausgleich zu verzichten, sondern gleichzeitig nur einen reduzierten Ausgleich für den Ausfall des weiteren Habens erhielte. Jahr 358 leitet dieses Ergebnis zusätzlich aus dem Zuweisungsgehalt des Eigentums ab, kraft dessen und in dessen Rahmen alleine der Eigentümer berechtigt ist zu entscheiden, wer wie mit der Sache verfahren darf. Greift jemand in einer die Schadensersatzpflicht auslösenden Weise, also ohne Erlaubnis des Geschädigten, in diese Position ein, kann der Eigentümer zumindest den Betrag verlangen, den er für seine Zustimmung zu diesem Eingriff, also für die entsprechende Aufgabe der ihm zugewiesenen Position, hätte erlösen können. Dieser Erlös entspricht dem, was an358

Jahr, AcP 183 (1983), 725, 778.

B. Bemessung des Kompensationsanspruches nach § 251 Abs. 1 BGB

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deren (dem Markt) diese Zustimmung wert gewesen wäre, bei einem Eingriff in das Eigentum also dem Verkaufswert. Für den Verkaufswert als Mindestschaden sprechen schließlich auch die Gesetzesmaterialien. In § 220 des 1. Entwurfs war noch eigens vorgesehen: „Ist als Schadensersatz der Werth eines Gegenstandes zu ersetzen, so ist nicht bloß der gemeine Verkehrswerth, sondern auch derjenige Werth maßgebend, welchen der Gegenstand für den Gläubiger nach den besonderen Verhältnissen hatte (außerordentlicher Werth).“ [Hervorhebungen durch den Verfasser]

§ 220 des 1. Entwurfs wurde durch die 2. Kommission als entbehrlich gestrichen. 359 Wird gelegentlich formuliert, der Schadensersatz für den Verlust einer Sache bestimme sich nach dem subjektiven Wert, den die Sache gerade für den Geschädigten hat, so ist diese Aussage in ihrer Allgemeinheit zu umfassend. Die Gesetzesautoren gingen ersichtlich davon aus, daß der Schadensersatz, anders als ein Wertersatz, über einen Ersatz des Verkehrswertes hinausgehen kann. Daß der Schadensersatz aber aus Gründen einer geringeren subjektiven Wertschätzung hinter dem Verkehrswert zurückbleiben könnte, wurde offensichtlich nicht angenommen. Daß § 220 des 1. Entwurfs später gestrichen wurde, zeugt nicht von einem Sinneswandel der Gesetzesautoren, da sie dies ausdrücklich mit der Entbehrlichkeit der Bestimmung begründeten. Mit dem „außerordentlichen Werth“ ist also nur ein zusätzlicher subjektiver Wert, nicht aber ein hinter dem Verkaufswert zurückbleibender gemeint. 360 2. Erfassung der Veräußerungsbefugnis und -möglichkeit Die Bewertung einer zerstörten Sache nach ihrem Verkaufswert hat zunächst den Vorzug, daß sie keinesfalls mehr berücksichtigt, als der Geschädigte zum Zeitpunkt der Schädigung aus den tatsächlichen Umständen wirtschaftlich hätte erlösen können. Unabhängig davon, ob der Geschädigte in der Lage oder willens war, die Sache zu veräußern, hätte er dies tun und damit jedenfalls den Verkaufserlös erzielen können. Hinsichtlich des Wiederbeschaffungswertes ist eine derartige Aussage nicht möglich. Allerdings sind – beispielsweise und insbesondere auf Hersteller- und Händlerebene – Fälle denkbar, in denen der Einstandspreis unter dem Verkaufspreis liegt, die Sache also mit Gewinn hätte verkauft werden können. Vor diesem Hintergrund ist vielfach gegen eine Kompensation nach Verkaufswerten vorgebracht worden, daß sie entgangenen Gewinn ersetze, von dem entgegen §252 BGB unsicher sei, ob er erzielt worden wäre. 361 Mithin handele es sich also um einen automatischen Ersatz entgangenen Gewinns. Das trifft zu, spricht aber gleichwohl nicht gegen das beProtokolle der 2. Kommission, S.596 (zitiert nach Mugdan, Materialien, II. Band, S.515). Wilburg, JhJb 82 (1932), 51, 128. 361 (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 199. BGH NJW 1984, 2165, 2166, schlägt daher vor, den Wert auf jeder Wirtschaftsstufe nach eigenen Gesichtspunkten zu bestimmen. 359 360

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3. Kap.: Bemessung des Schadensersatzes in Geld

schriebene Vorgehen. Versucht man, den Ausfall der Realisierung des tatsächlichen Interesses zu bewerten, gehört dazu auch die Einbeziehung des Ausfalls eines zu erwartenden Gewinns. Ein solcher ist nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge (vgl. §252 S.2 BGB) dann zu erwarten und damit zu berücksichtigen, wenn ein Marktpreis festgestellt werden kann, zu dem die Sache hätte veräußert werden können. 362 Erst wenn man den Ausfall nach einem höheren als nach diesem Verkaufspreis bewerten möchte, bedarf es konkreter Anhaltspunkte dafür, daß dieser höhere Preis erzielt worden wäre. Einschränken muß man diese Feststellung jedoch dahingehend, daß bei einem Verkauf der Sache anfallende variable Kosten von dem Verkaufspreis in Abzug zu bringen sind. Mit dieser Korrektur aber erscheint eine Bemessung der Geldentschädigung nach dem Verkaufswert im Hinblick auf die Gefahr einer Überkompensation als risikolos. Anders verhält es sich bei der in Reaktion auf die zuletzt geschilderten Bedenken vorgeschlagenen Entschädigung nach Wiederbeschaffungswerten. 363 Auf Verbraucherebene führt sie im Regelfall, nämlich dem, daß eine Sache unmittelbar nach ihrem Erwerb durch den Verbraucher nur noch zu einem (viel) geringeren Preis wieder verkauft werden kann, 364 zu einer Überkompensation. 3. Erfassung des Gebrauchspotentials durch den Verkaufswert Daß die Entschädigung nach Verkaufswerten im Hinblick auf die Vermeidung einer Überkompensation weniger Angriffsfläche bietet, bedeutet freilich noch immer nicht, daß sie richtig ist. Es wurde bereits erwähnt, 365 daß manche einer Sache neben ihrem Substanzwert auch einen Gebrauchswert zumessen möchten.366 Ausgehend vom tatsächlichen Interesse des Geschädigten würde dies bedeuten, daß bei der Bewertung des tatsächlichen Zustandes neben dem Haben auch die Gebrauchsmöglich362 Ebenso U. Picker, Naturalrestitution, S. 50; im gleichen Sinne auch Fischer, Der Schaden, S. 59. 363 (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 199. Ihr gleichzeitiges Zugeständnis, daß bei Verbrauchern auch der Verkaufspreis herangezogen werden könne, beruht auf der Annahme, daß bei diesen Verkaufs- und Einkaufsmarkt und damit auch Verkaufs- und Wiederbeschaffungspreis identisch seien. 364 H.W. Schmidt, DAR 1965, 2, 5; ebenso H. Westermann, AcP 156 (1957), 137, 150, wenn er darauf hinweist, daß eine Differenz zwischen den Herstellungskosten und dem Wert (im Sinne eines Veräußerungswertes) bereits vor der Zerstörung entstanden ist. Für Anschaffungskosten gilt nichts anderes als für Herstellungskosten. Ein eindrucksvolles Beispiel (An- und Verkauf von Sondermünzen) – Einkaufspreis > DM 20.000, Verkaufspreis ca. DM 2.250 – findet sich bei BGH NJW 2000, 1254. 365 Siehe oben I. 6. (S. 93), wo dies allerdings nicht als Argument für die Bemessung des Schadensersatzes nach autonom bestimmten Gebrauchswerten, sondern nach Wiederbeschaffungswerten herangezogen wurde. 366 Fischer, Der Schaden, S.13, 16 ff., der von Tauschwert und Gebrauchswert spricht; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 3. Aufl., S. 303; Rauscher, NJW 1986, 2011, 2015; feststellend Larenz, FS f. Nipperdey I, S. 489, 498 f. Auch der BGH hat mitunter ein Nebeneinander von Gebrauchs- und Substanzwert angenommen, so z. B. BGH NJW 1966, 1454, 1456.

B. Bemessung des Kompensationsanspruches nach § 251 Abs. 1 BGB

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keit der Sache abgebildet werden müßte. Hier begegnet man einmal mehr dem bereits genannten Argument, daß der Geschädigte mit der Orientierung an Verkaufswerten wertmäßig auf eine Veräußerung der Sache festgelegt werde 367 und alternative Dispositionen, wie der Gebrauch der Sache, außer acht blieben. Dies sei auch nicht mit dem Hinweis darauf zu rechtfertigen, daß mit der Zerstörung eines unersetzbaren Gegenstandes sein Gebrauch schließlich nicht mehr in Betracht komme, da quasi eine Veräußerung im Sinne einer Entfernung aus dem Vermögen stattgefunden habe. 368 In der Tat ließe eine solche Argumentation unberücksichtigt, daß das endgültige Ausscheiden der Sache aus dem Vermögen des Geschädigten nicht das Ergebnis seiner eigenen Entscheidung, sondern vielmehr das des schädigenden Ereignisses ist, mit der Folge, daß ihm dies nicht eine volle Entschädigung der erlittenen Einbuße abschneiden darf. 369 Anstelle des Verkaufswertes der zerstörten Sache wird daher gelegentlich auf einen autonom zu bestimmenden Gebrauchswert abgestellt.370 Die Formulierung, daß einer Sache neben ihrem Substanz- auch ein Gebrauchswert zukommen könne, suggeriert, es handele sich bei diesen um unterschiedliche Werte, die erst zusammen – sei es in ihrer Summe oder in Überschneidungen – den tatsächlichen Wert eines Gegenstandes ausdrücken. Wiederum 371 ist zunächst das hier in Frage stehende Gebrauchspotential von dem Phänomen entgangener Gebrauchsvorteile zu unterscheiden und bei der Bewertung der Sache ausschließlich ersteres zu berücksichtigen. Sodann ist festzustellen, daß jedenfalls eine Addition von Substanz- und Gebrauchswert nicht in Betracht kommen kann. Die Sachsubstanz, sofern sie anders als durch entgeltliche Veräußerung nutzbar ist, vermittelt stets die Möglichkeit ihres Gebrauchs. 372 Das Haben der Sache einerseits und ihr Gebrauchspotential andererseits können deshalb nicht getrennt voneinander betrachtet und bewertet werden. 373 Weil mit der Veräußerung der Sachsubstanz auch das Gebrauchsrecht und das Gebrauchspotential auf den Erwerber übergehen, wird der am Markt für die Substanz definierte Wert notwendig und maßgeblich von den Gebrauchsmöglichkeiten beeinflußt, ohne freilich mit der abgezinsten Summe des Wertes der erMedicus, JuS 1969, 449, 450; Berger, VersR 1988, 106, 107. So aber Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 159, mit dem zutreffenden Hinweis, daß ein Schadensersatz gem. § 251 Abs. 1 BGB nur relevant wird, wenn der Geschädigte kein realisierbares tatsächliches Interesse mehr darlegt oder darlegen kann. Auch Brinker, Die Dogmatik zum Vermögensschadensersatz, S. 294, scheint den Geschädigten auf die Verwendungsart „Verkauf“ festgelegt zu sehen. 369 Medicus, JuS 1969, 449, 450; Schiemann, FS f. Steffen, S. 399, 401. 370 OLG Karlsruhe VersR 1979, 776, 777; dazu siehe unten III. (S. 113 ff.). 371 Siehe oben I. 6. (S. 93 f.). 372 So auch BGHZ 98, 212, 218 (GS). 373 Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I 2, 8. Aufl., § 31 II (S. 190); Ott/Schäfer, ZIP 1986, 613, 621; Löwe, VersR 1963, 307, 309; Grunsky, Aktuelle Probleme zum Begriff des Vermögensschadens, S. 39; Larenz, FS f. Nipperdey I, S. 489, 498 f.; Zeitz, Schadensersatz bei Nutzungsentgang an Gebrauchsgegenständen, S. 95; BGHZ 98, 212, 220 (GS). In BGHZ 76, 179, 187, wird die Existenz eines vom Substanzwert abspaltbaren Gebrauchswertes zwar ausdrücklich verneint, doch betrifft das Urteil die Frage eines lediglich vorübergehenden Wegfalls der Gebrauchsmöglichkeit. 367 368

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3. Kap.: Bemessung des Schadensersatzes in Geld

zielbaren Vorteile identisch zu sein. 374 Sachsubstanz und Gebrauchspotential sind daher lediglich Bewertungsfaktoren und im Marktwert 375 regelmäßig eingerechnet. 376 Sowohl die Substanz als auch das Nutzungspotential können jedoch auch zum alleinigen Bewertungsfaktor gemacht werden. In diesem Fall liegen Gebrauchswert und Substanzwert alternativ unterschiedliche Bewertungsansätze zugrunde. 377 Doch auch wenn man davon ausgeht, daß der Wert des Gebrauchspotentials im Verkaufspreis enthalten ist, hat man damit möglicherweise noch immer nicht erfaßt, welchen Wert die Sache – ihr Haben und das damit verbundene Gebrauchspotential – gerade für den Geschädigten hat. Der Verkaufspreis am Markt vermag nämlich nur auszudrücken, wie jedermann das Eigentum an der Sache bewerten würde. 378 Anders formuliert: Der außerordentliche Wert, von dem in § 220 des 1. Entwurfs die Rede war, kann sich nicht nur aus Synergien mit anderen Vermögensgegenständen des Geschädigten ergeben, sondern auch durch dessen besondere, individuelle Gebrauchsmöglichkeiten oder Bedürfnisse. Dies setzt jedoch voraus, daß diese individuellen Gebrauchsmöglichkeiten bewertbar, also nicht nur emotional motiviert sind. Das Interesse an der Möglichkeit des Sachgebrauchs als tatsächlichem Zustand muß sich also wirtschaftlich abbilden lassen. Bei einem außerordentlichen Wert als Folge von Synergien mit dem Haben anderer Sachen ergibt sich dies daraus, daß das tatsächliche Interesse des Geschädigten nicht als Interesse am Eigentum an der zerstörten Sache, sondern am Eigentum an einer Sachgesamtheit definiert wird. 379 Wird die zu einem Schmuckset gehörige Armbanduhr unwiederbringlich zerstört, ist das Interesse des Geschädigten in tatsächlicher Hinsicht nicht auf das Eigentum an dieser Uhr als unversehrt, sondern auf das Eigentum an dem kompletten und intakten Ensemble gerichtet. 374 Köndgen, AcP 177 (1977), 1, 20; zu diesem Gedanken ferner Jordan, VersR 1978, 688, 696. Lediglich im Falle der ausschließlichen Bewertung anhand des Nutzungspotentials kommt eine Kapitalisierung in Betracht, vgl. Jahr, AcP 183 (1983), 725, 743 FN 105, und auch Mertens, Begriff des Vermögensschadens, S. 142. 375 Diese Aussage gilt sowohl für den Verkaufs- als auch den Wiederbeschaffungspreis der Sache. 376 U. Picker, Naturalrestitution, S. 152; Ott/Schäfer, ZIP 1986, 613, 621; Schiemann, JuS 1988, 20, 23; Löwe, NJW 1964, 701, 703; ders., VersR 1963, 307, 309; Larenz, FS f. Nipperdey I, S. 489, 498 f.; (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 214; Ströfer, Schadensersatz und Kommerzialisierung, S. 71. Lipp, NZV 1996, 7, 9, sieht ebenfalls zutreffenderweise den Gebrauchswert im Marktwert der Sache „repräsentiert“, scheint dies jedoch auf den Verkaufswert beschränken zu wollen. AA Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 822 (S. 522 f.), der allerdings den oben angesprochenen Unterschied zwischen der abstrakten Gebrauchsmöglichkeit und konkret, d. h. zeitlich definiert, entgangenen Gebrauchsvorteilen übersieht. 377 Jahr, AcP 183 (1983), 725, 743 FN 105. 378 Mommsen, Zur Lehre von dem Interesse, S. 16. Lipp, NZV 1996, 7, 9, geht auf den Aspekt der Individualität des Gebrauchswertes nicht ein. 379 Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 209; Mommsen, Zur Lehre von dem Interesse, S. 216 f.

B. Bemessung des Kompensationsanspruches nach § 251 Abs. 1 BGB

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Im Rahmen des § 251 Abs. 1 BGB ist also auszugleichen, was es wirtschaftlich bedeutet, nur die verbliebenen Schmuckstücke zu besitzen und nicht das komplette Set. Führt diese Betrachtung zu einer höheren Schadensersatzsumme als die isolierte Betrachtung, liegt dies daran, daß ein sog. außerordentlicher Wert vorhanden ist und erfaßt wird. Ähnlich kann sich der außerordentliche Wert auch durch das Zusammenspiel der Gebrauchspotentiale verschiedener Gegenstände ergeben. Wird beispielsweise ein eigens auf die Zugmaschine abgestimmter Auflieger zerstört, so mag das Interesse an dem Auflieger, isoliert ausgedrückt durch seinen Verkaufswert, gering sein, weil niemand ohne die Zugmaschine etwas mit ihm anzufangen weiß. Definiert man das tatsächliche Interesse als eines an dem Gespann, so stellt sich der Schaden wertmäßig als Differenz zwischen dem Verkaufswert der verbliebenen Zugmaschine und dem des gesamten Gespannes dar. Daß dieser Betrag womöglich größer ist, liegt daran, daß hier ein Gebrauchspotential in die Bildung des Verkaufspreises einfließt, weil erst das Gespann dem Erwerber überhaupt eine abstrakte Gebrauchsmöglichkeit vermittelt und entsprechend einen außerordentlichen Wert für den Geschädigten entstehen läßt. Wie hinsichtlich des Habens einer Sache, ist auch hinsichtlich des Gebrauchspotentials vorstellbar, daß das entsprechende tatsächliche Interesse des Geschädigten nicht wirtschaftlich ausgedrückt werden kann, d.h. die Sache bloßen Affektionswert besitzt. Das ist dann der Fall, wenn der Markt die Gebrauchsmöglichkeit der Sache nicht oder nicht nennenswert schätzt. Beispielsweise dürfte der Verkaufswert eines fahrbereiten Gebrauchtwagens der Marke Trabant E 200 nicht übersteigen. Am Markt werden Fahrzeuge dieses Fabrikats kaum mehr zum Gebrauch, sondern „nur“ noch aus Nostalgie abgenommen. Das mit dem Eigentum verbundene Gebrauchspotential wird vom Markt nicht mehr honoriert. Eine wirtschaftliche Erfassung ergibt insofern keinen positiven Wert. Hiergegen kann man argumentieren, daß der Gebrauch des Trabant durch den Geschädigten, auch unter Berücksichtigung gebrauchsabhängiger Betriebskosten, im Vergleich zu der Nutzung von Mietwagen oder öffentlichen Verkehrsmitteln jedenfalls Ausgaben erspare. Diesem Gedanken liegt jedoch einmal mehr das Szenario zugrunde, daß sich der Geschädigte nicht mit dem erzwungenen endgültigen Verlust der Sache abfinden muß. Vielmehr soll mit der Betrachtung der ersparten Aufwendungen erfaßt werden, was der Geschädigte zu investieren hat, wenn er sich selbst wieder in den tatsächlichen Zustand der Mobilität versetzen will. Verallgemeinert bedeutet dies: Beklagt der Geschädigte einen Schaden, weil ihm der Gebrauch seiner konkreten Sache infolge ihrer Zerstörung für immer entgehen wird, kann das tatsächliche Gebrauchsziel – im Beispiel die Mobilität 380 – aber auch durch eine andere als die zerstörte Sache erreicht werden, so offenbart dies, daß das tatsächliche Interesse des Geschädigten kein faktisches, sondern ein funktionales ist. Dessen Realisierung aber wurde mit der Zerstörung der 380 Freilich im Zusammenhang mit dem Interimsschaden spricht OLG Frankfurt a.M. NJW 1990, 3212, 3213, von dem „Maß an Bewegungsfreiheit“, das sich der Geschädigte „durch die Haltung des eigenen Pkw ‚erkauft‘ hat“.

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3. Kap.: Bemessung des Schadensersatzes in Geld

konkreten Sache nicht endgültig vereitelt. 381 Der Schadensersatzanspruch des Geschädigten ergibt sich deshalb aus § 249 Abs. 2 BGB und beläuft sich auf die Höhe des Ersatzbeschaffungsaufwandes. So verhält es sich auch im Beispiel des Trabants, da es dem Geschädigten nicht gelingen wird nachzuweisen, daß der Gebrauchszweck nicht ebenso gut mit einem gleichwertigen und -artigen Ersatzfahrzeug zu erreichen ist. Er hat daher gem. § 249 Abs. 2 BGB Anspruch auf den entsprechenden Ersatzbeschaffungsaufwand. Exkurs: entgangener Gewinn Dies gilt im übrigen nicht nur für den endgültigen Ausfall einer Sache, sondern erklärt allgemein, warum für entgangenen Gewinn nach §§ 251 Abs. 1, 252 BGB nur dann Ersatz verlangt werden kann, wenn dieser nicht durch die zumutbare hilfsweise Verwendung einer Ersatzsache hätte erzielt werden können. 382 Die Möglichkeit einer solchen Alternativlösung belegt nämlich, daß die Gewinnerzielung im konkreten Fall nicht mit der Identität, sondern ausschließlich mit der Funktion der beschädigten Sache zusammenhängt. Eine vollständige Naturalherstellung führt automatisch dazu, daß ein Entgang von Gewinn nicht mehr stattfinden kann. Allerdings mag gleichwohl neben einer Naturalherstellung auch entgangener Gewinn zu ersetzen sein; dies aber nur, wenn und soweit eine Naturalherstellung nicht vollständig möglich ist. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen die Naturalherstellung für eine Gewinnerzielung zu spät kommt. Dauert die Reparatur einer Sache nämlich beispielsweise drei Wochen, ist damit die Herstellung des tatsächlichen Zustandes, in welchem die Sache in einer Woche zur Gewinnerzielung eingesetzt werden kann, nicht möglich. Aber auch hier gilt: Entgangener Gewinn kann nur verlangt werden, wenn dieser nicht auch durch den wirtschaftlich vernünftigen Einsatz einer Ersatzsache erzielt werden kann.383 Eine entsprechende Obliegenheit trifft den Geschädigten ggf. aus § 254 Abs. 2 S. 1 BGB. 384 Verlangt der Geschädigte hier für die Zeit bis zum Abschluß der Reparatur eine Ersatzsache, widerlegt er damit nicht die Formulierung eines faktisch definierten tatsächlichen Interesses. Aus dem Umstand, daß sich der Geschädigte übergangsweise mit einer Ersatzsache zufrieden geben will, kann nicht geschlossen werden, daß es dauerhaft nicht doch auf die faktische Wiederherstellung des Eigentums ankommt. Das bedeutet aber auch, daß der Geschädigte im Hinblick auf entgangenen Gewinn den Rückgriff auf eine Ersatzsache nicht ablehnen kann. Während ihm die Ausrichtung des Schadensersatzes auf das Rechtsgut, bei Sachen regelmäßig auf das Eigentum, zugesteht, sich auf die Identität der Sache zu berufen und damit auf dem faktisch definierten Interesse zu bestehen, ist ihm dieser Standpunkt im Hinblick auf den entgangenen Gewinn verwehrt. Die faktische Definition des tatsächlichen Interesses 381 Roussos, Schaden und Folgeschaden, S.276, stellt die Frage, ob dem Geschädigten durch einen Nutzungsentgang überhaupt ein Schaden entsteht. Dazu untersucht er zunächst, ob der Ausfall beim Geschädigten einen Bedarf verursacht hat. Den Bedarf und damit einen ersatzfähigen (Vermögens)schaden verneint er, wenn die Sache problemlos substituierbar war. 382 BGH VersR 1963, 1161, 1162; Schaffert, Geldentschädigung für die Beeinträchtigung „vermögenskonsumtiver Interessen“?, S. 220 FN 1; zum sog. Interimsschaden auch (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 206. 383 (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 184 f., 203. Damit ist freilich nicht ausgeschlossen, daß Kosten für eine zwischenzeitliche Ersatzbeschaffung auch dann verlangt werden können, wenn diese den ansonsten entgehenden Gewinn übersteigen. Hierzu siehe 4. Kap., C. III. 3. (S. 147 ff.). 384 BGH VersR 1963, 1161, 1162.

B. Bemessung des Kompensationsanspruches nach § 251 Abs. 1 BGB

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rechtfertigt den Anspruch auf Naturalherstellung durch Reparatur. Der Ersatz entgangenen Gewinns nach §§ 251 Abs. 1, 252 BGB wird hingegen nur aktuell, wenn die Gewinnerzielung über die Naturalherstellung der beschädigten Sache durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung tatsächlich nicht – auch im Sinne von nicht rechtzeitig – verwirklicht werden kann. Solange der Entgang des Gewinns durch den Einsatz einer Ersatzsache zu verhindern ist, kann sich der Geschädigte nicht darauf berufen, seinem tatsächlichen Interesse entspreche es nur, den Gewinn gerade mit der beschädigten Sache zu erzielen. Gewinnerzielung als Motiv für das Interesse an einem bestimmten tatsächlichen Zustand und das Beharren auf einer faktischen Definition dieses Zustandes sind unvereinbar, wenn dem wirtschaftlichen Motiv mit Hilfe einer Ersatzsache ebenso gut Rechnung getragen werden kann. Auch hieraus erklärt sich, daß der Geschädigte nicht (höheren) entgangenen Gewinn geltend machen kann, wenn der Entgang durch den (günstigeren) Einsatz einer Ersatzsache verhindert werden könnte. Der Ersatz entgangenen Gewinns ist hier entsprechend zu begrenzen.

Gelingt dem Geschädigten jedoch der Nachweis, daß auch das tatsächliche Interesse, die Sache zu gebrauchen, an die Identität der Sache geknüpft ist, muß untersucht werden, ob sich dieses Interesse gesondert wirtschaftlich ausdrücken läßt. Nur unter dieser Voraussetzung kann das Ausbleiben der Vorteile wirtschaftlich abgegolten werden. Entsprechend sieht auch § 252 BGB den Ersatz ausschließlich für solche Vorteile vor, die sich vermögensmäßig niederschlagen. 385 Die gesonderte Bewertbarkeit von tatsächlichen Vorteilen ist so lange zu verneinen, wie der Gebrauch der Sache nicht der Erzielung von materiellem Gewinn hätte dienen sollen. Solange bleibt es bei der Gewährung des Verkaufswertes, beispielsweise bei der Vernichtung eines Unikates, das nicht produktiv eingesetzt wurde. Dem Interesse am bloßen tatsächlichen Genuß der Gebrauchsmöglichkeit fehlt es an einer gesonderten wirtschaftlichen Abbildbarkeit. 386 Der Verlust der Gebrauchsmöglichkeit bedeutet zunächst nur eine Einbuße an Lebensqualität, die, obgleich subjektiv erheblich, (noch) ausschließlich immaterieller Natur ist, 387 oder wie es Lange und Schiemann ausdrücken: 388 „Der Entzug der Gebrauchsmöglichkeit selbst ist vielmehr nur denkbare Schadensquelle, nicht aber schon Schaden selbst. Das wird z. B. deutlich, wenn das beschädigte Fahrzeug zu Erwerbszwecken eingesetzt war.“ 389 385 Hagen, JZ 1983, 833, 835. Um zu vermeiden, daß die private (konsumtive) Nutzung zurücksteht (so noch BGH NJW 1986, 2037, 2039), wurde dem § 252 BGB insofern eine betonende Funktion zugeschrieben, vgl. BGHZ 98, 212, 219 ff. (GS). 386 Dies erkennt auch Mertens, Begriff des Vermögensschadens, S. 145 f., der daraus aber lediglich folgert, daß eine Sachbewertung anhand des Ertrages ausscheide; aA unter Berufung auf die Kommerzialisierung Dreier, Kompensation und Prävention, S. 49. 387 U. Picker, Naturalrestitution, S. 147; Ströfer, Schadensersatz und Kommerzialisierung, S. 68 ff.; Bötticher, VersR 1966, 301 ff.; Larenz, FS f. Nipperdey I, S. 501 f.; Brinker, Die Dogmatik zum Vermögensschadensersatz, S. 294 ff.; Köndgen, AcP 177 (1977), 1, 25; (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 215; dies., VersR 1976, 401, 403; zur Problematik ferner im Überblick Dreier, Kompensation und Prävention, S. 36 ff. 388 Lange/Schiemann-Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., § 6 VII 4 (S. 285). 389 Aus dem Zusammenhang ergibt sich, daß Schiemann mit dem Begriff „Schaden“ dabei den nach § 251 Abs. 1 BGB zu ersetzenden Vermögensschaden meint, entgangenen Gebrauchsvorteilen damit jedoch nicht in tatsächlicher Hinsicht eine Schadensqualität absprechen möchte.

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3. Kap.: Bemessung des Schadensersatzes in Geld

In diesem grundlegenden Punkt unterscheidet sich die hier vertretene Position von Versuchen, den Gebrauchswert außerhalb einer Gewinnerzielung wirtschaftlich abzubilden. Soweit sich die Gegenansichten auf eine Kommerzialisierung von Gebrauchsvorteilen berufen, 390 kann angemerkt werden, daß die entgeltliche Verfügbarkeit solcher Gebrauchsmöglichkeiten am Markt noch keine Bewertbarkeit ihres Genusses bedingt. 391 Sie ist vielmehr nur Beleg dafür, daß eine Naturalherstellung möglich wäre. Auch sexuelle Zuwendung ist rechtlich abgesichert am Markt erhältlich, ohne daß man daraus bei einer einschlägigen Körperverletzung einen materiellen Schaden folgern wollte. Aus derartigen Zweifeln wird häufig der Schluß gezogen, daß die Kommerzialisierung nicht das alleinige Kriterium für die Frage der Bewertbarkeit sei. Es wird dann zusätzlich auf die Bedeutung der Sache für die Lebensführung 392 sowie darauf abgestellt, ob die Verkehrsanschauung den Verlust entsprechender Gebrauchsmöglichkeiten als wirtschaftlichen Schaden ansehen würde. 393 Dies macht die Entscheidung freilich nur zur Glaubensfrage und führt zu Billigkeitsentscheidungen, ohne daß die Differenzierung zwischen verschiedenen Gegenständen anhand sachlicher Kriterien zu rechtfertigen wäre. 394 Entsprechend würde man im zuletzt gebildeten Beispiel geneigt sein, auch die Frage nach der zentralen Bedeutung für die Lebensführung zu bejahen. Befürwortet man grundsätzlich die materielle Natur des Verlustes eines Gebrauchspotentials, hat man des weiteren zu entscheiden, wie sich die Nutzungsmöglichkeit zu einem ggf. entgangenen (Gebrauchs-)Gewinn verhält. Daß ein gesonderter Ausgleich für die entgangene Nutzungsmöglichkeit neben entgangenem Gewinn üblicherweise nicht gewährt wird, 395 zeigt, daß beiden Positionen auf der tatsächlichen Ebene derselbe Aspekt zugrunde liegt. Wenn dann aber bereits eine nicht kommerzielle Nutzungsmöglichkeit für sich die Höhe des Geldersatzes beeinflußt, 396 sind die Einschränkungen der §§ 252 S. 2, 253 Abs. 1 BGB nicht mehr erklärbar. 390 BGHZ 63, 393, 397; BGH NJW 1956, 1234, 1235; dazu m.w. N. Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 40 ff. Zwar wird diese Frage zumeist nur im Zusammenhang mit der Bewertung eines Interimsschadens (vgl. unten 4.Kap., C. III. 3. [S.147 ff.] und F. I. 3. [S. 165 f.]) erörtert. Die Bewertbarkeit des Gebrauchspotentials an sich läßt sich jedoch allgemein behandeln, d. h. unabhängig davon, ob sie sich auf einen beschränkten oder unbeschränkten Zeitraum bezieht. 391 BGH NJW 1986, 2037, 2040; ähnlich Hagen, JZ 1983, 833, 835. 392 BGHZ 117, 260, 262; BGHZ 98, 212, 222 f. (GS); BGHZ 89, 60, 64; dazu m. w. N. Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 69 ff. 393 BGHZ 89, 60, 62 f., 64. 394 Klaas, VersR 1999, 799, 802 f. 395 BGHZ 98, 212, 219 (GS); OLG Düsseldorf NZV 1999, 472; OLG Köln VersR 1997, 506; OLG Schleswig VersR 1996, 866; aA wohl Klimke, VersR 1977, 788, 793; Löwe, NJW 1964, 701, 704. 396 (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 215, weist zutreffenderweise darauf hin, daß der Gebrauchsmöglichkeit faktisch nur dann ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zugesprochen wird, wenn sie nicht kommerzieller Natur ist. Dem versucht Roussos,

B. Bemessung des Kompensationsanspruches nach § 251 Abs. 1 BGB

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4. Zusammenfassung Anders als der Wiederbeschaffungswert ist der Verkaufswert einer Sache grundsätzlich geeignet, den mit ihrer Beschädigung oder ihrer Vernichtung entstandenen tatsächlichen Schaden wirtschaftlich abzubilden. Gehörte die Sache zu einer Sachgesamtheit, ist dabei der Verkaufswert der Gesamtheit heranzuziehen und mit demjenigen vor dem schädigenden Ereignis zu vergleichen. Mit dem Verkaufswert wird zumindest dem Interesse des Geschädigten an dem blanken Haben der Sache Rechnung getragen. Insofern stellt der Verkaufswert jedenfalls die Mindestentschädigung dar. Im folgenden wird zu untersuchen sein, ob und unter welchen Voraussetzungen jedoch im Einzelfall auch ein höherer Wert maßgeblich werden kann. III. Autonom bestimmter Gebrauchswert Für Einrichtungsgegenstände 397, aber auch im Bereich der Kfz-Schäden bei älteren Fahrzeugen, die, obwohl noch gebrauchsfähig, nur noch einen geringen Verkaufswert haben, ist immer wieder das Bedürfnis geäußert worden, ihren Verlust nach einem geschätzten Gebrauchswert zu entschädigen.398 Es sei nämlich nicht zu leugnen, daß die Sache trotz des geringen Verkaufswertes für den Geschädigten weiterhin ihren Dienst getan hätte. Daß der Verkaufspreis zu niedrig sei, um das vorhandene Gebrauchspotential abzudecken, ist jedoch nicht mehr als eine Mutmaßung. Spiegelbildlich könnte man ebenso gut sagen, daß der Verkaufspreis eines Luxusfahrzeugs viel zu hoch gegriffen sei, da es ja letztlich ebenfalls nur um ein Fortbewegungsmittel gehe. Auch bei betagten Sachen findet die Gebrauchstauglichkeit im Verkaufspreis ihren Niederschlag, denn für betriebsbereite Sachen wird sehr wohl ein höherer als der Schrottpreis gezahlt. Wenn der gezahlte Preis überraschend niedrig liegt, dann wegen der hohen Wahrscheinlichkeit, daß der weitere Gebrauch in der Zukunft durch kostspielige lebenserhaltende Maßnahmen erkauft werden muß. Wenn man schon geneigt ist, die Gebrauchsmöglichkeit zum zentralen Bewertungsgesichtspunkt zu machen, dann kann dieser wertmindernde Faktor nicht außer acht gelassen werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt der grundsätzlichen Irrelevanz hypothetischer Entwicklungen. Die Bewertung der Sache anhand der weiteren abstrakten Gebrauchsmöglichkeit gründet ihrerseits schon auf einer hypothetischen Betrachtung, in die dann konsequenterweise auch die hypothetischen Aufwendungen für einen Erhalt des Gebrauchspotentials einSchaden und Folgeschaden, S.285, vorzubeugen, indem er den entgangenen Gewinn i. w. S. bei kommerzieller Nutzung aufteilt in einen Ersatz für Nutzungsentgang und für entgangenen Gewinn i. e. S. 397 OLG Hamm NJW-RR 2001, 1390. 398 BGH NJW 1966, 1454, 1456; OLG Stuttgart NJW 1967, 252, 254; Stoll, JuS 1968, 504, 506; Allwang, NJW 1966, 1807; Ruhkopf, VersR 1962, 930, 931; Maase, VersR 1968, 527, 531; feststellend Staudinger-Schiemann [1998], § 251 Rn. 49. OLG Celle VersR 1964, 519, 520, nimmt Entsprechendes auch für ein gut gepflegtes neueres Fahrzeug an. 8 Kolbinger

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3. Kap.: Bemessung des Schadensersatzes in Geld

fließen müssen. Nichts anderes geschieht bei der Herausbildung eines Marktwertes und ist verantwortlich für den niedrigen Verkaufspreis älterer Gebrauchsgegenstände. Daß der mit steigendem Alter der Sache zunehmende Erhaltungsaufwand im Zuge einer Konzentration auf den Gebrauchswert regelmäßig ausgeblendet wird, gründet demgegenüber regelmäßig auf der Affektion des Eigentümers zu seiner gewohnten Sache. 1. Abschreibung und Buchwert Zur Bestimmung eines Gebrauchswertes ist gelegentlich auf den Buchwert der zerstörten Sache zurückgegriffen worden. 399 Ausgehend von der Prämisse, daß der Neupreis einer Sache ihr Gebrauchspotential widerspiegelt, ist es verlockend, den Wert der unmittelbar vor dem schädigenden Ereignis noch vorhandenen und mit ihm vereitelten Gebrauchsmöglichkeiten durch eine Abschreibung auf die übliche Nutzungsdauer zu bestimmen. Doch bereits die Verwendung einer üblichen Nutzungsdauer als Dividend einer linearen oder progressiven Abschreibung widerspricht dem Ziel einer individuellen Wertbestimmung. Ein solches Vorgehen mag bilanziell korrekt sein, ist aber im Rahmen der Bewertung des individuellen Interesses in konkreten Fällen ungeeignet. Die steuerliche Bewertung wirkt notwendig pauschalierend, was sich namentlich in der Entstehung stiller Reserven zeigt, und steht damit dem Ziel einer individuellen Bemessung entgegen. 400 Gleiches gilt für die Bewertung von Vermögensgegenständen in der Handelsbilanz. Die in § 253 Abs. 1, 2 und 3 HGB auch hierfür vorgesehene Abschreibung hat nicht eine möglichst realistische und exakte Vermögensbewertung zum Ziel, sondern orientiert sich in erheblichem Umfang am bilanzrechtlichen Vorsichtsprinzip. Die handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften nehmen Abweichungen vom tatsächlichen Gegenstandswert bewußt in Kauf, was sie für eine Heranziehung im Schadensrecht disqualifiziert. 2. Individueller Gebrauchswert Zur Vermeidung derartiger Pauschalierungen wurde die Berechnung eines gänzlich individuellen Gebrauchswertes vorgeschlagen. 401 Dazu soll der Neupreis einer gleichartigen Ersatzsache auf ihre voraussichtliche Nutzungsdauer umgelegt werden, um auf dieser Basis anhand der mutmaßlichen Restnutzungsdauer der zerstörten Sache den Wert der restlichen Gebrauchsmöglichkeit berechnen zu können. Die Methode ähnelt zwar der dargestellten steuerrechtlichen Abschreibung, weist jedoch zwei Unterschiede auf: Zum einen werden nicht die Anschaffungskosten der zerstörten, sondern die Ersatzbeschaffungskosten für eine neue Sache angesetzt. 399 So Ott/Schäfer, ZIP 1986, 613, 623 f., für die Berechnung des Wertes vorübergehender Nutzungsverluste. 400 OLG Düsseldorf NJW-RR 1989, 332; i. E. auch Köndgen, AcP 177 (1977), 1, 25. 401 E. Wolf, Unhaltbarkeit der Rechtsprechung des BGH, S. 38 f.

B. Bemessung des Kompensationsanspruches nach § 251 Abs. 1 BGB

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Dabei wird angenommen, daß sich die Gebrauchsmöglichkeiten einer alten Sache nicht von denen einer neuen unterscheiden. 402 Zum anderen wird nicht von einer pauschalen Nutzungsdauer ausgegangen, sondern die hypothetische Restnutzungsdauer der zerstörten konkreten Sache herangezogen. Von den praktischen Problemen der Bestimmung einer hypothetischen und zugleich individuellen Restnutzungsdauer abgesehen, mag dieses Vorgehen gegenüber der steuerrechtlichen Abschreibung durchaus stärker differenzierende Ergebnisse liefern. Gleichwohl führt das skizzierte Vorgehen – wie von seinen Vertretern ausdrücklich beabsichtigt 403 – zu sachbezogen individuellen Werten. Dies ist durchaus konsequent, wenn man individuelle Wertschätzungen des Geschädigten generell als nicht ausgleichbare Affektionsinteressen versteht. 404 Probleme ergeben sich indes aus dem Rückgriff auf den aktuellen Neuwert einer Ersatzsache. Bei zwischenzeitlich gestiegenen Neupreisen können sich dadurch trotz der Abschreibung Gebrauchswerte ergeben, die über dem ursprünglichen Neuwert der zerstörten Sache liegen. Selbst wenn man den Neuwert als Wert des gesamten Gebrauchspotentials versteht, ist allenfalls rechnerisch, nicht aber argumentativ nachvollziehbar, wie ein über dem tatsächlichen Neuwert liegender Gebrauchswert zustande kommen kann. 3. Vorfinanzierungskosten für die Reinvestition Ferner ist vorgeschlagen worden, die Kompensation ausschließlich an den Vorfinanzierungskosten für die durch das schädigende Ereignis veranlaßte Reinvestition zu orientieren. 405 Auch dabei steht letztlich ebenfalls der Verlust abstrakter Gebrauchsmöglichkeiten im Mittelpunkt der Überlegungen. Mit der Zerstörung einer genutzten Sache komme es bei dem Geschädigten zu einer „Beeinträchtigung des Nutzungspotentials“. Geht man davon aus, daß der Geschädigte bei Gebrauchsgegenständen permanent bestrebt ist, das gewünschte Gebrauchspotential vorzuhalten, ist er im Falle einer Beeinträchtigung gezwungen, früher als geplant einen neuen Gebrauchszyklus einzuleiten. Da die periodische Erneuerung des Potentials zu einem späteren Zeitpunkt ohnehin angestanden hätte, soll das Interesse des Geschädigten aber nicht unmittelbar auf die Wiederherstellungskosten selbst, sondern auf einen Ausgleich für die zeitliche Vorverlagerung gerichtet sein. Dieser werde durch die abgezinsten Finanzierungskosten bis zum Ablauf der regulären Periode ausgedrückt. Mit der Wiederbeschaffung des Gebrauchspotentials wurde als Anknüpfungspunkt indes auch hier ein tatsächlicher (Herstellungs-)Vorgang gewählt. Damit zielt auch dieser Ansatz nicht nur auf einen Ausgleich der erlittenen Vermögenseinbuße. Vielmehr geht es um die Befriedigung des Integritätsinteresses, und zwar in dem Sinne, daß der Geschädigte wieder in die Lage versetzt werden soll, „für die 402 403 404 405

8*

E. Wolf, Unhaltbarkeit der Rechtsprechung des BGH, S. 38. E. Wolf, Unhaltbarkeit der Rechtsprechung des BGH, S. 39 f. E. Wolf, Unhaltbarkeit der Rechtsprechung des BGH, S. 40. Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 179 ff.

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3. Kap.: Bemessung des Schadensersatzes in Geld

Aufrechterhaltung eines kontinuierlichen Nutzungspotentials zu sorgen“. 406 Damit kann jedoch nichts anderes gemeint sein, als daß dem Geschädigten die Wiederherstellung des Sollzustandes in tatsächlicher Hinsicht ermöglicht werden soll, ein Ziel, das im Rahmen des § 251 Abs. 1 BGB weder berücksichtigt werden darf, 407 noch berücksichtigt werden kann, falls die Aufrechterhaltung des Potentials nicht möglich ist. 4. Zusammenfassung Mit einer Entschädigung nach individuellen Gebrauchswerten läuft man stets Gefahr, aus Billigkeitserwägungen die Grenze zwischen ersetzbaren materiellen und nicht ersetzbaren immateriellen Schäden zu verwischen. Gleichzeitig würde dieses scheinbar gerechtere, da individuellere, Konzept bei einem Massenphänomen wie Sachschäden eine Vielzahl divergierender Ergebnisse provozieren. Bereits für die Entscheidung, wann im Einzelfall von einer Bemessung nach Marktwerten auf Gebrauchswerte überzugehen ist, fehlen greifbare Kriterien. Zwar bemühen sich die skizzierten Abschreibungsverfahren um eine Vereinheitlichung, doch dürften ihre Ergebnisse ohnehin den Marktpreisen der Sache sehr nahe kommen, da sie diejenigen Faktoren (Neupreis, Restwert, Wiederbeschaffungswert, Gesamt- und Restnutzungsdauer) rechnerisch verarbeiten, die man auch bei der Bildung des Marktwerts für maßgeblich halten würde. IV. Bemessung der Entschädigung unter Einbeziehung entgangenen Gewinns 1. Entgangene Gebrauchsvorteile als entgangener Gewinn Es ist bereits festgestellt worden, daß die Berücksichtigung eines dauerhaft entgangenen Gebrauchspotentials bei der Bemessung der Entschädigung zweierlei voraussetzt: Zum einen muß der Gebrauch an die Identität der Sache geknüpft, darf also nicht durch eine andere Sache gleichermaßen möglich sein. Zum anderen darf das tatsächliche Interesse am Gebrauch nicht auf Liebhaberei beruhen, sondern muß materiell motiviert sein. 408 Nur dann kann in die Bemessung des Schadensersatzes in Geld einfließen, was der Geschädigte durch den weiteren Gebrauch der Sache hätte erlösen können. Liegen diese Voraussetzungen vor, können die entgangenen Gebrauchsvorteile als entgangener Gewinn bei der Bewertung der Sache berückDas erkennt Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 179, sogar selbst. Die Ansicht Hubers erklärt sich wohl aus der von der deutschen insofern abweichenden Lage im österreichischen Recht. Entsprechend beschränkt er seine Aussage auf Fälle zumindest groben Verschuldens (Fragen der Schadensberechnung, S. 179). Für diese bestimmen §§ 1324, 1323 ABGB einen erweiterten Haftungsumfang. 408 Siehe oben II. 3. (S. 109 f. und S. 111 f.). 406 407

B. Bemessung des Kompensationsanspruches nach § 251 Abs. 1 BGB

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sichtigt werden. Zur Erfassung von Synergien mit dem Gebrauch anderer Vermögensgegenstände des Geschädigten ist dabei ggf. auf eine Sachgesamtheit abzustellen. Ein solcher Entschädigungsanspruch nach §§ 251 Abs. 1, 252 BGB, der auch den dauerhaften Entgang von Gewinn zu berücksichtigen hat, ergibt sich auf diese Weise bei der Zerstörung eines Unikates, das der Geschädigte beispielsweise zu kommerziellen Ausstellungszwecken einzusetzen pflegte oder beabsichtigte. Mit der Erkenntnis, daß der Schadensersatz in der beschriebenen Konstellation außer dem Verkaufswert der zerstörten Sache auch entgangenem Gewinn Rechnung tragen muß, ist jedoch noch immer nicht gesagt, wie dies zu geschehen hat. Soweit es um Fälle geht, in denen der Gebrauch der Sache zur Gewinnerzielung nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft vereitelt ist, gerät die wirtschaftliche Nutzung der Sache in ein Wechselspiel mit einem Substanzverbrauch oder einer Minderung des Verkaufswertes. Hier den entgangenen Gewinn für die Restnutzungsdauer in voller Höhe neben den Verkaufswert zu stellen, würde zu einer Überbewertung des tatsächlichen Interesses des Geschädigten führen, da der potentielle Verkaufserlös vor dem schädigenden Ereignis und der volle Gewinn aus der Restnutzung nie gleichermaßen hätten realisiert werden können. 409 Erforderlich ist somit ein Verfahren, mit dessen Hilfe die Faktoren Sachverbrauch, Sachentwertung und Gewinnerzielung in Einklang gebracht werden können. Es liegt nahe, dabei auf Methoden zurückzugreifen, die sich für ähnliche Problemstellungen herausgebildet haben. 2. Unternehmensbewertung Bei Wirtschaftsunternehmen gibt es Konstellationen, die ebenfalls eine realistische und individuelle Vermögensbewertung erfordern. Für unterschiedliche wirtschaftliche Situationen der Unternehmung sind dabei unterschiedliche Konzepte anerkannt. Möchte ein Gesellschafter aus einer werbenden Gesellschaft ausscheiden und ist deshalb die Höhe einer ihm zustehenden, am Unternehmenswert orientierten Abfindung zu bestimmen, werden die Vermögensgegenstände des Unternehmens üblicherweise nach dem Fortführungsprinzip (going-concern) bewertet. 410 Es wird dabei von einer weiteren Nutzung der Vermögensgegenstände im bisherigen Umfang ausgegangen. Auch hier muß einerseits der Substanzwert der einzelnen Vermögensgegenstände und andererseits das mit ihnen verbundene Gewinnpotential berücksichtigt werden. Legt man bei der Einbeziehung des zu erzielenden Gewinns die Anforderungen des § 252 S. 2 BGB zugrunde, läßt in die Berechnung also nicht bloß vage Gewinnchancen einfließen, kann der so bestimmte Ertragswert auch schadensrechtlich verwertet werden. 411 Mit ihm wäre abgebildet, was es für den Geschädigten bedeutet, eine Sache bzw. eine Sachgesamtheit zu verlieren, die er sonst So auch U. Picker, Naturalrestitution, S. 111 FN 34. Baumbach/Hopt-Hopt, 31. Aufl., § 131 Rn. 49; Bilanz-Kommentar-Hense/Geißler, 5. Aufl., § 252 Rn. 9 ff.; BGH NJW 1985, 192, 193. 411 Vgl. den Hinweis bei RGZ 171, 292, 294. 409 410

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3. Kap.: Bemessung des Schadensersatzes in Geld

zur Gewinnerzielung hätte nutzen können. Der entgangene Gewinn ist dabei in kapitalisierter und abgezinster Form in der Bewertung der Sache enthalten. 412 Die Praxis löst die Bewertungsfrage regelmäßig mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens. 413 Da auf der Hand liegt, daß es sich bei einer Unternehmensbewertung stets nur um eine Annäherung an den wahren Wert handeln kann, bewahrheitet sich damit die Aussage, daß der Wert des Interesses des Geschädigten nicht meßbar, sondern lediglich schätzbar sei. 414 Daß die Höhe der Entschädigung nach § 251 Abs. 1 BGB damit regelmäßig im Wege eines Gutachtens bestimmt werden muß, wirft die Frage auf, ob das bei niedrigen Streitwerten nicht einen unangemessenen zeitlichen und finanziellen Aufwand bedeutet. Das wäre wohl der Fall, wenn es dieses Verfahrens in allen Fällen einer wirtschaftlichen oder technischen Zerstörung von Sachen bedürfte. Eine über die Bestimmung von Verkaufs- und Wiederbeschaffungswert hinausgehende Bemessung eines Ertragswertes ist nach der hier vertretenen Ansicht jedoch ausschließlich in solchen Fällen erforderlich, in denen eine Sache zur Gewinnerzielung eingesetzt war, ohne daß sie darin durch eine andere hätte ersetzt werden können. Gegenüber der aktuellen Übung sind dies im wesentlichen die Fälle, in denen in Ermangelung eines Wiederbeschaffungsmarktes auch bisher nicht nach Wiederbeschaffungswerten kompensiert, sondern nach individuelleren Bemessungskonzepten, insbesondere nach einem geschätzten bzw. im Wege der Abschreibung ermittelten Gebrauchswert, entschädigt wurde.415 V. Kompensation und Umsatzsteuer Seit dem Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften enthält das BGB eine eigene Bestimmung zum Ersatz von Umsatzsteuer. Der neue § 249 Abs. 2 S. 2 BGB soll ausweislich der Gesetzesbegründung lediglich im Rahmen der Restitution Anwendung finden. 416 Gleichwohl ist eine Diskussion darüber entstanden, ob der Ersatz von Umsatzsteuer auch im Rahmen des § 251 Abs. 1 BGB einer Beschränkung unterliegen soll. Unter Hinweis auf 412 BGHZ 150, 319, 324; Baumbach/Hopt-Hopt, 31. Aufl., Einl v § 1 Rn. 36. Köndgen, AcP 177 (1977), 1, 19, sieht den Ertragswert in diesem Zusammenhang als Antithese zum Substanzwert (wohl im Sinne eines Zerschlagungswertes). 413 Baumbach/Hopt-Hopt, 31. Aufl., § 131 Rn. 49; BGHZ 116, 359, 371; BGH NJW 1985, 192, 193. 414 Mommsen, Zur Lehre von dem Interesse, S. 13 f.; Neuner, AcP 133 (1931), 277, 307; Greger, NZV 1994, 11. 415 OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 181 f.; OLG Düsseldorf VersR 1999, 1033. 416 Begründung zum Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetz, BR-Drucks. 742/01, S. 30. Feststellend Heinrich, NJW 2004, 1916. Unterreitmeier, NZV 2004, 329, 332, sieht hierin eine Gefahr von Wertungswidersprüchen und möchte die Ersatzbeschaffung daher unter § 251 Abs.1 BGB fassen, was § 249 Abs.2 S.2 BGB weitgehend leer laufen ließe. Indes ließe sich der Wertungswiderspruch unter gleichzeitiger Verwirklichung der – zugegebenermaßen streitbaren – Intention des Gesetzgebers auch dadurch aufheben, daß man die Kompensation nach § 251 Abs. 1 BGB richtigerweise nach dem Verkaufswert bemißt.

B. Bemessung des Kompensationsanspruches nach § 251 Abs. 1 BGB

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die Gesetzessystematik sowie die unterschiedlichen Konzeptionen von Naturalherstellung und Wertausgleich wird dies überwiegend kategorisch abgelehnt. 417 In der Tat ist schwer vorstellbar, wie im Rahmen eines Vermögensausgleichs, der mit der Entschädigungszahlung abgeschlossen ist, eine Umsatzsteuerbelastung realiter überhaupt anfallen soll. 418 Ursache dieser Ver(w)irrung ist einmal mehr die Einbeziehung des Wiederbeschaffungsgedankens in den Wertausgleich. Es ist in der Sache offensichtlich inkonsequent, die Einschränkung des Umsatzsteuerersatzes alleine davon abhängig zu machen, ob eine Ersatzbeschaffung systematisch unter dem Dach der Herstellung oder des Wertausgleichs stattfindet. Für die zugrunde liegende Idee der Wiederbeschaffung ist diese Differenzierung ohne Belang. Wenn die Neuregelung darauf zielt, Umsatzsteuer nur zu erstatten, wenn sie sich im Vermögen des Geschädigten niederzuschlagen scheint, 419 dann dürfte sie im Rahmen des § 251 Abs. 1 BGB zuletzt zu ersetzen sein. Führt Umsatzsteuer nämlich bereits als Posten innerhalb des Herstellungsaufwandes zur Überkompensation, kann für die unmittelbare Kompensation nichts anderes gelten. Um der Aufregung ein Ende zu bereiten, würde es genügen, die Entschädigung richtigerweise nach dem Verkaufs- bzw. Ertragswert zu bemessen, wobei die Umsatzsteuer als durchlaufender Posten nicht zu dem zu rechnen ist, was der Geschädigte durch eine Veräußerung der Sache hätte erlösen können. VI. Merkantiler und sonstiger Minderwert Wie bereits erwähnt, erfaßt § 251 Abs. 1 BGB neben der bisher behandelten vollständigen Unmöglichkeit einer Herstellung auch die teilweise Unmöglichkeit. Häufigster Anwendungsfall ist insofern der Ausgleich des sog. merkantilen Minderwertes. 420 Dieser resultiert aus dem Umstand, daß eine technisch einwandfreie Herstellung einer beschädigten Sache nicht notwendig mit der vollständigen tatsächlichen Herstellung gleichgesetzt werden kann. Eine technisch wiederhergestellte Sache bleibt mit dem Makel belastet, eine wiederhergestellte zu sein. Der damit erzielte Zustand unterscheidet sich darin von dem Sollzustand, der seine Prägung durch eine Sache erhält, die einer solchen Wiederherstellung nicht bedurft hat. Daß diese Diskrepanz in tatsächlicher Hinsicht nicht überwunden werden kann, liegt auf der Hand, so daß insofern nur eine wirtschaftliche Abgeltung in Betracht kommt. Eine solche steht dem Geschädigten zu, wenn die beschriebene tatsächliche Abweichung wirtschaftlich abbildbar ist. Praktisch wird die Erkenntnis einer entsprechenden Ausgleichspflicht regelmäßig in der entgegengesetzten Richtung erfolgen: Nicht die 417 Däubler, JuS 2002, 625, 629; Freyberger, MDR 2002, 867, 868; Heß/J. Jahnke, Das neue Schadensrecht, S. 90; Jaeger/Luckey, Das neue Schadensersatzrecht, Rn.237; G. Wagner, NJW 2002, 2049, 2058; Zemlin, NJW 2003, 1225, 1226. 418 Ähnlich C. Knütel, ZGS 2003, 17, 18; Unterreitmeier, NZV 2004, 329, 332. 419 Begründung zum Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetz, BR-Drucks. 742/01, S. 53. 420 Staudinger-Schiemann [1998], § 251 Rn. 5; Palandt-Heinrichs, 63. Aufl., § 251 Rn. 4; Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 251 Rn. 2. Siehe oben 1. Kap., C. I. (S. 30 f.).

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3. Kap.: Bemessung des Schadensersatzes in Geld

Abweichung der tatsächlichen Zustände wird wahrgenommen, sondern die unterschiedliche wirtschaftliche Bewertung von dauerhaft unversehrter und technisch wiederhergestellter Sache tritt ins Bewußtsein und sensibilisiert überhaupt erst für die tatsächliche Differenzierung. Doch nicht nur der Umstand, daß eine Sache (nur) eine wiederhergestellte ist, kann einen wirtschaftlichen Minderwert erzeugen. Dieser kann sich vielmehr auch aus der zeitlichen Verfehlung des Sollzustandes ergeben. Erweitert man die Definition des tatsächlichen Interesses des Geschädigten um eine zeitliche Komponente, ist nicht mehr ausreichend, daß aus der betroffenen Sache überhaupt wieder eine unversehrte wird. Sie muß vielmehr augenblicklich wieder unversehrt sein. Da die Unerreichbarkeit dieses Zieles ebenfalls feststeht, stellt sich auch hier die Frage, ob sich diese Abweichung des herstellbaren Zustandes vom herzustellenden wirtschaftlich bewerten läßt und damit einer Kompensation zugänglich ist. Das wird, von Fällen langer Herstellungsdauer abgesehen, in aller Regel nicht der Fall sein. Eine Ausnahme kann sich jedoch für kurzlebige, modische oder sonst saisonal abhängige Sachen ergeben. 421 Hier ist denkbar, daß der Wert der Sache zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses ein höherer war als zu dem Zeitpunkt, zu dem die Sache wieder in einen unversehrten Zustand versetzt sein kann. Dieses Phänomen ist Ausdruck dessen, daß im Verkaufswert regelmäßig auch die Möglichkeit des Gebrauchs der Sache eingerechnet ist. 422 Ist dieses Gebrauchspotential, wie bei den genannten Sachen der Fall, zeitlich begrenzt, manifestiert sich der mit dem Zeitablauf einhergehende Verlust an Gebrauchsmöglichkeiten – der sog. Alterungsschaden 423 – in einem sinkenden Verkaufswert. Wird beispielsweise ein modischer Pelzmantel von einem Umweltaktivisten im Dezember mit Farbe besprüht und nimmt die aufwendige Reinigung drei Monate in Anspruch, so ist vorstellbar, daß der hier grundsätzlich maßgebliche Verkaufswert des Mantels vor der aktuellen Wintersaison, im Dezember, ein höherer war als danach, im März. 424 Daß der Mantel erst im März wieder als unversehrt zur Verfügung steht und damit benutzt werden kann, zeigt, daß eine vollständige tatsächliche Herstellung in zeitlicher Hinsicht, nämlich noch im Dezember, nicht möglich ist. Dieser endgültige teilweise Ausfall des tatsächlichen Interesses ist zusätzlich zu der ohnehin geschuldeten Herstellung durch eine Entschädigung nach § 251 Abs. 1 421 Dunz, JZ 1984, 1010, 1013; Stoll, JuS 1968, 504, 508; Jahr, AcP 183 (1983), 725, 759 f.; im Ansatz ähnlich Ott/Schäfer, ZIP 1986, 613, 623. 422 Dazu siehe oben II. 3. (S. 107 f.). 423 Diesen Begriff verwendet Dunz, JZ 1984, 1010, 1013, während Bydlinski, JBl. 1966, 439, 440, von „Gebrauchsverlust-Minderwert“ spricht. 424 Dieser Wertverlust ist nicht identisch mit demjenigen, den die Sache beispielsweise infolge Abnutzung erleiden würde. Die gegenteilige Entscheidung eines ähnlich gelagerten Falles in BGHZ 63, 393, könnte sich in der Sache daraus erklären, daß das Gericht von einer Nachholbarkeit des Sachgebrauchs (S.398) und damit keiner zeitlichen Begrenzung des Gebrauchspotentials ausgegangen ist.

B. Bemessung des Kompensationsanspruches nach § 251 Abs. 1 BGB

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BGB in Höhe der Minderung des Verkaufswertes abzugelten. 425 Zu betonen ist, daß dabei aber keineswegs jeder zwischenzeitliche Wertverlust als Grundlage für eine Abgeltung der vorübergehenden Entbehrung der Sache herangezogen werden kann. Wie beschrieben, ist der Alterungsschaden Konsequenz eines zeitlich begrenzten Nutzungspotentials der Sache. Zwar ist ein Absinken des Wertes der Sache auch aus anderen Gründen denkbar – man betrachte nur das Auf und Ab von Aktien- oder Währungskursen –, doch stehen derartige Wertschwankungen in einem Schadensfall in keinerlei Bezug zu dem schädigenden Ereignis und dem Herstellungsvorgang. Das mit der Alterung verpuffte Gebrauchspotential hingegen, wie es sich in der Wertminderung niederschlägt, wäre dem an der Sache Berechtigten ohne das schädigende Ereignis tatsächlich zugute gekommen. Folglich ist (nur) die sich aus diesem Zusammenhang ergebende Wertdifferenz Abbildung des Umstandes, daß dem Geschädigten dieses Potential für den zeitlich begrenzten Zeitraum tatsächlich nicht zur Verfügung stand 426 – und damit Ausdruck des tatsächlichen Schadens. Man mag gegen diese Betrachtung noch einwenden, daß zum Ziel der Herstellung nur der fortgeschriebene tatsächliche Zustand gemacht werden könne, weshalb zu berücksichtigen sei, daß die beschädigte Sache, hätte der Geschädigte sie während des zur Herstellung erforderlichen Zeitraumes als unversehrt besessen, ebenfalls an Wert verloren hätte. 427 Das schädigende Ereignis wäre danach für den Wertverlust belanglos. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß dieser Vergleich nur die wirtschaftliche Seite berücksichtigt. In der Tat wäre der Pelzmantel im März auch dann weniger wert gewesen, wenn er zwischenzeitlich unversehrt geblieben wäre. Diese Erkenntnis ändert jedoch nichts daran, daß die Sache dem Geschädigten in tatsächlicher Hinsicht zwischenzeitlich gerade nicht als unbeschädigt zur Verfügung stand. Die gegenteilige Auffassung hätte beispielsweise zur Folge, daß der Schädiger einer zum ertraglosen Verbrauch bestimmten Sache nach einiger Zeit die Herstellung mit dem Hinweis verweigern könnte, ohne das schädigende Ereignis wäre die Sache zwischenzeitlich ohnehin verbraucht worden. 428 Wenn der Geschädigte also ggf. nach § 251 Abs. 1 BGB eine Entschädigung für die Entwertung während der zwischenzeitlichen Entbehrung der Sache verlangen kann, bleibt zu klären, wie es sich verhält, wenn ihm durch den Schädiger bis zur endgültigen Herstellung eine Ersatzsache überlassen bzw. finanziert wurde. 429 Zunächst ist festzustellen, daß der Geschädigte nach den bereits gewonnenen Erkennt425 In der Sache ähnlich Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 74; Jahr, AcP 183 (1983), 725, 740. BGHZ 56, 214, 219 f., und Lange/Schiemann-Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., § 6 VII 4 (S. 287), gehen davon aus, daß der „Alterungsminderwert“ im merkantilen Minderwert enthalten sei. 426 Entsprechend ist für die Bemessung des Minderwertes nur der Zeitraum relevant, in dem der Geschädigte die Sache tatsächlich entbehren mußte. War die Sache trotz Beschädigung zunächst noch gebrauchsfähig, bezieht sich der Minderwert nur auf die Zeit der Reparatur. 427 Zu diesem Gedanken auch Dunz, JZ 1984, 1010, 1013. 428 Ähnlich Dunz, JZ 1984, 1010, 1013. 429 Dazu im einzelnen unten 4. Kap., C. III. 3. (S. 148 f.).

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3. Kap.: Bemessung des Schadensersatzes in Geld

nissen nicht gezwungen werden kann, anstelle der gewohnten Sache eine Ersatzsache zu akzeptieren. 430 Es ist kein Grund ersichtlich, aus dem hinsichtlich des Interimsschadens etwas anders gelten soll als für die dauerhafte Herstellung. Es ist vielmehr eine Chance des Geschädigten, sich vorübergehend mit einer Ersatzsache zufriedenzugeben, auch wenn er hinsichtlich der endgültigen Herstellung auf einer faktischen bestehen möchte. Da eine solche hinsichtlich des Interimsschadens nicht denkbar ist, kann der entsprechenden Entscheidung ein gegenteiliger Inhalt nicht beigemessen werden. Wird dem Geschädigten für die Zwischenzeit entsprechend eine Ersatzsache zur Verfügung gestellt, ist damit auch für den Zeitraum bis zur endgültigen eine vorläufige Herstellung erfolgt. Eine Abgeltung scheidet dann aus, da es nichts mehr abzugelten gibt. Dies ist die gängige Konstellation nach Verkehrsunfällen: Das Fahrzeug des Geschädigten wird repariert und der Geschädigte erhält bis zum Abschluß der Reparatur einen Mietwagen. Besteht der Geschädigte hingegen auch hinsichtlich des Interimsschadens auf einer faktischen Herstellung und lehnt er deshalb für die Zwischenzeit eine Ersatzsache ab, bleibt es bei dem Anspruch auf Abgeltung des Interimsschadens, wenn dieser auf die skizzierte Art wirtschaftlich als Alterungsschaden in Erscheinung tritt. Verlangt der Geschädigte hingegen nur für die vorläufige Herstellung eine faktische – so daß diese unmöglich ist – und akzeptiert er als dauerhafte Herstellung eine funktionale, ist die Kompensation des Interimsschadens auf den fiktiven Aufwand für eine Ersatzbeschaffung zu beschränken, wenn und weil das Unterbleiben einer zwischenzeitlichen tatsächlichen Herstellung insofern auf ein Mitverschulden des Geschädigten zurückzuführen ist. Akzeptiert das Opfer der oben beschriebenen Farbattacke auf den Pelzmantel statt der Reinigung des Mantels seinen endgültigen Austausch gegen einen Ersatzmantel, lehnt es jedoch bis zu dessen Liefertermin einen übergangsweise zu stellenden Mantel ab, kann es den Alterungsschaden nur bis zur Höhe der fiktiven Mietkosten für den Übergangsbehelf geltend machen. Offen ist schließlich noch die Behandlung der Fälle, in denen der Geschädigte wegen der vorübergehenden Entbehrung der Sache auch Ersatz entgangenen Gewinns fordert. 431 Wie dargestellt, handelt es sich bei dem entgangenen Gewinn um die Abgeltung der ausgefallenen Realisierung eines über das Haben der Sache hinausgehenden tatsächlichen Interesses. 432 Gleichwohl setzt dieses zusätzliche tatsächliche Interesse denknotwendig das zwischenzeitliche Haben der Sache voraus, so daß letzteres in ersterem aufgeht: Daß der Geschädigte die betroffene Sache zwischenzeitlich gewinnbringend einsetzen wollte, beinhaltet, daß er sie auch während Siehe oben 2. Kap., C. (S. 56 ff.). Dieser steht ihm zunächst ohnehin nur dann zu, wenn der Gewinn nicht durch den Einsatz einer Ersatzsache gleichermaßen hätte erzielt werden können, vgl. oben II. 3. (S. 109 f.). Dann nämlich ist der Ersatz entgangenen Gewinns auf die potentiellen Kosten einer vorübergehenden Ersatzbeschaffung zu beschränken. 432 Siehe oben II. 1. (S. 104). und II. 3. (S. 111). 430 431

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dieser Zeit haben wollte. Macht der Geschädigte daher entgangenen Gewinn geltend, ist dieser auf den wirtschaftlichen Ausgleich des Alterungsschadens anzurechnen. Daß die Einforderung entgangenen Gewinns, anders als die zwischenzeitliche Verschaffung einer Ersatzsache, eine Abgeltung des Alterungsschadens nicht generell ausschließt, liegt daran, daß die Ersatzbeschaffung als Herstellungsmaßnahme das tatsächliche Interesse des Geschädigten verwirklicht und somit für eine Kompensation keinen Raum läßt. Demgegenüber handelt es sich bei dem Ersatz entgangenen Gewinns ebenfalls um eine Abgeltung, die, wenn sie betragsmäßig unter dem Alterungsschaden bleibt, diesen gerade nicht vollständig erfaßt. VII. Zusammenfassung Es kann somit festgehalten werden, daß der endgültige Verlust einer Sache grundsätzlich mit ihrem Verkaufs(markt)wert zu bewerten ist. Dieser Wert – ggf. abzüglich des Rest(verkaufs)wertes der irreparablen und unersetzbaren Sache – stellt zugleich den Mindestschaden dar, den der Geschädigte im Rahmen des § 251 Abs. 1 BGB verlangen kann. Besondere Umstände, beispielsweise die Zugehörigkeit der Sache zu einer nunmehr entwerteten Sachgesamtheit, führen zu einer höheren Bewertung, die jedoch ebenfalls nach Veräußerungsmaßstäben zu erfolgen hat. Weist der Geschädigte konkret nach, daß er einen höheren als den als Marktpreis feststellbaren Verkaufspreis hätte erzielen können, ist dieser höhere Wert unter dem Gesichtspunkt eines entgangenen Gewinns maßgeblich. Ähnliches gilt, wenn die Sache bei dem Geschädigten zur Gewinnerzielung eingesetzt war. Sofern der Gewinn nicht auch durch den Einsatz einer Ersatzsache erzielt werden kann, ist der dauerhafte Ausfall des produktiven Sachgebrauchs im Wege einer Entschädigung nach dem Ertragswert der Sache zu berücksichtigen. War die Nutzung der Sache hingegen eine unproduktive, kommt eine Bewertung nach einem anderen als dem Verkaufswert auch unter dem Gesichtspunkt des dauerhaften Verlustes der Gebrauchsmöglichkeit nicht in Betracht. Dies schließt jedoch nicht aus, daß sich ein vorübergehender Verlust der Gebrauchsvorteile in Form eines Minderwertes der Sache niederschlägt, der dem Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der teilweisen Unmöglichkeit der Herstellung zu ersetzen ist.

4. Kapitel

Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB Bei der Untersuchung des Restitutionsanspruchs hat sich gezeigt, daß der Inhalt des Herstellungsanspruchs, unabhängig davon, ob er in natura oder in Geld zu erfüllen ist, von der Formulierung des tatsächlichen Interesses durch den Geschädigten abhängt. Daneben haben die bisherigen Überlegungen ergeben, daß der Verlust einer Sache unter dem Gesichtspunkt der Herstellung mit dem Wiederbeschaffungswert, unter dem Gesichtspunkt der Kompensation hingegen mit dem Verkaufs- bzw. dem Ertragswert zu bewerten ist. Zumindest auf der Verbraucherseite wird der Wiederbeschaffungswert den Verkaufswert in aller Regel übersteigen. Für den Geschädigten wird ein an der Herstellung orientierter Schadensersatz daher nicht selten der günstigere sein. Doch auch im Rahmen der Herstellung selbst können unter Umständen mehrere Bemessungsgrundlagen in Betracht kommen, die wiederum zu unterschiedlichen Anspruchshöhen führen, wenn nämlich eine Herstellung sowohl durch Reparatur als auch durch Ersatzbeschaffung erfolgen kann. Auch hier werden beispielsweise die Reparaturkosten den Ersatzbeschaffungsaufwand nicht selten übersteigen. Der Geschädigte kann also, indem er auf einer Reparatur besteht, womöglich mehr fordern, als wenn er sich auf eine Ersatzbeschaffung einließe. 433 Ebenso kann er nach einer Sachzerstörung unter Umständen mehr verlangen, wenn er die Möglichkeit einer Ersatzbeschaffung einräumt, anstatt sich auf die Kompensation nach § 251 Abs. 1 BGB verweisen zu lassen. In beiden Fällen resultiert der Vorteil aus der Verfolgung eines tatsächlichen Herstellungsziels. Entsprechend unbefriedigend ist das Ergebnis, wenn der Geschädigte zwar unter Berufung auf dieses Ziel den höheren Betrag liquidiert, anschließend aber die Realisierung der Herstellung unterläßt. Die Frage, ob dem Geschädigten ein solches Vorgehen gestattet ist oder ob er bei der Verwendung der erhaltenen Mittel Bindungen unterliegt, wird üblicherweise unter dem Stichwort „Dispositionsfreiheit des Geschädigten“ geführt. Vereinzelt wird die Dispositionsfreiheit zu einem grundlegenden Prinzip des Schadensersatzrechts erhoben. 434 Den Gegenpol dazu bildet die Vorstellung von ei433 Hingegen hat der Geschädigte bei mehreren alternativen Reparaturverfahren (z.B. Polieren oder Lackieren) von vorneherein keine Möglichkeit, auf einer anderen als der wirtschaftlich günstigsten zu bestehen, vgl. oben 3. Kap., A. IV. (S. 85). 434 Steffen, NJW 1995, 2057, 2059; ders., NZV 1991, 1, 2; BGH NJW 2003, 2085; BGHZ 66, 239, 241. Auch die Begründung zum Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetz, BR-Drucks.

4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB 125

ner Bindung des Geschädigten an die Naturalherstellung mit der Konsequenz einer Rechnungslegungs- und ggf. Rückzahlungspflicht. 435 Mittelbar hat die Entscheidung für oder gegen eine solche Zweckbindung Auswirkungen darauf, ob und in welcher Höhe auch dann noch Schadensersatz nach § 249 Abs. 2 BGB verlangt werden kann, wenn eine ursprünglich mögliche Naturalherstellung durch eine Disposition des Geschädigten über die beschädigte Sache nachträglich unmöglich wird. Die Gesetzesautoren haben sich zu diesen Fragen nicht ausdrücklich geäußert. Daß die hier angesprochenen Aspekte für sie fernliegend waren, wird man dennoch für unwahrscheinlich halten dürfen, da die Sachprobleme, die sich ergeben, zahlreich und nicht jüngeren Datums sind. Nicht nur wegen des eingangs beschriebenen Zusammenhangs zwischen Geschädigteninteresse und Schadensersatzhöhe,436 sondern insbesondere angesichts der zahlreichen Manipulationsmöglichkeiten, die mit der Dispositionsfreiheit stehen und fallen, 437 drängt sich die Frage einer Zweckbindung förmlich auf. Ist der Geschädigte in der Verwendung frei und verlangt man deshalb keine spätere Rechenschaft, muß man fürchten, daß dem Schadensersatz eine nach oben manipulierte Prognose zugrundegelegt wird und dem Geschädigten nach der Durchführung der Reparatur ohne anschließende Rechnungslegung ein Überschuß verbleibt. Denkt man daran, daß eine zu hohe Prognose den Herstellungsanspruch an § 251 Abs. 2 BGB scheitern lassen könnte, muß man eine Manipulation nach unten fürchten. Verlangt man eine Rechnungslegung, besteht die Gefahr, daß der Geschädigte einen Teil des erhaltenen Geldes an den Schädiger zurückzahlen muß, nur weil er die Naturalherstellung besonders sparsam (aber gleichwohl nicht minderwertig), insbesondere durch Eigenleistung, realisiert hat. Stellt man sich vor, die Einsparung beruht auf Schwarzarbeit, ist man wieder geneigt, eine Abrechung für erforderlich zu halten. Wird zunächst um die Höhe der nach der Prognose erforderlichen Kosten gestritten, ergibt sich bei einer späteren Rechnungslegung möglicherweise weiterer Streit darüber, ob eine Abweichung von der Prognose auf Sparsamkeit, Minderwertigkeit oder Luxus beruht. Kurz: In keinem Fall kann man sicher sein, daß nicht einer der Beteiligten in die Tasche des anderen spart bzw. vom anderen mehr verlangt, als dieser an seiner Stelle auszugeben bereit wäre. Wenn derartige 742/01, S. 24, mißt der Dispositionsfreiheit eine zentrale Rolle zu. Zur Entwicklung der Dispositionsfreiheit Haug, VersR 2000, 1471 ff. 435 U. Picker, Naturalrestitution, S. 235 f.; Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 359, 364; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 164; (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 222; Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I 2, 8. Aufl., § 32 I (S. 203); Schack, FS f. Stoll, S. 61, 66 f.; Huber, Fragen der Schadensberechnung, S.238; Leonhard, VersR 1983, 415, 416 f.; wohl auch Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 216 f. Im Ergebnis schließlich auch Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 268 f. 436 Dieser Zusammenhang dürfte sich den Gesetzesautoren aufgrund ihres Vorverständnisses, das nur eine Art der Naturalherstellung zuließ, nicht unbedingt aufgedrängt haben. 437 Beispiele bei Schack, FS f. Stoll, S. 61, 66 f.; Medicus, DAR 1982, 352, 353 f.; Dannert, VersR 1988, 980, 985; Klimke, VersR 1987, 439, 442; Kleine-Cosack, DAR 1998, 180, 183; Freundorfer, VersR 1992, 1332.

126 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB Manipulationen unvermeidbar sind, kann es nur darum gehen zu entscheiden, wer in diesem Spiel die stärkere Position haben soll. Die geschilderten Überlegungen setzen zunächst eines voraus: Das Verhalten des Geschädigten nach der Regulierung des Schadens, d. h. nach dem Erhalt des nach § 249 Abs. 2 BGB geschuldeten Geldbetrages, muß grundsätzlich noch relevant sein. Wäre der Schadensersatz mit der Zahlung vollständig und endgültig abgewickelt, bestünde kein Anlaß mehr für eine weitere Auseinandersetzung mit späteren Dispositionen des Geschädigten. So verhält es sich ohne Zweifel mit der Kompensation. Geht es nur darum, die wirtschaftlichen Folgen eines Schadens auszugleichen, ist dieser Vorgang mit der Zahlung des Schadensersatzes praktisch und gedanklich abgeschlossen. Die Freiheit des Geschädigten, über den erhaltenen Betrag nach Belieben zu verfügen, ist somit selbstverständlich. Anders liegen die Dinge, wenn der Schadensersatz mit der Zahlung nach der zugrundeliegenden Vorstellung noch nicht erreicht wurde, wie es bei der Restitution im Gegensatz zur Kompensation der Fall ist. Dem Konzept nach soll der Schadensersatz hier erst mit der tatsächlichen Herstellung erfolgen. Auf dem Weg dahin ist die Auszahlung der Herstellungskosten nur ein Zwischenziel. Entsprechend ist die Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB nur dann aus logischen Gründen vorgezeichnet, wenn man den nach Herstellungsgrundsätzen bemessenen Schadensersatz in Geld ausschließlich in den Dienst des wirtschaftlichen Ausgleichs stellt, wie das nach der oben beschriebenen Lehre vom Bedarfsschaden 438 der Fall ist. Nach ihr soll der im Herstellungsbedarf liegende Vermögensschaden mit „der Zahlung der Geldsumme nach § 249 S. 2 BGB“ a. F. ausgeglichen sein, indem das Vermögen „dem Wert nach auf den früheren Stand gebracht“ wird. 439 Steht man der Lehre vom Bedarfsschaden allerdings ablehnend gegenüber, muß die Frage der Dispositionsfreiheit genauer untersucht werden.

A. Normzweck des § 249 S. 2 BGB a. F. Auch wenn Skrupel heutzutage vielleicht weniger verbreitet sein mögen als am Ende des 19. Jahrhunderts, erscheinen die eingangs geschilderten gegenseitigen Verdächtigungen nicht erst in neuerer Zeit begründet. 440 Bereits in den Gesetzesmaterialien heißt es bei der Diskussion um die Einfügung des § 249 S. 2 BGB a. F.: 441 „Es gehe nicht an, dem Gläubiger nur das Recht auf Naturalrestitution einzuräumen. Denn in vielen Fällen entspreche es seinem Interesse, die beschädigte Sache, statt ihre Herstellung Siehe oben 1. Kap., C. II. (S. 32 f.). Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 40 f., der in der Sache ebenfalls vom „Bedarfsschaden“ ausgeht, ohne sich diesen Begriff freilich zu eigen zu machen. 440 Gleichwohl hält Steffen, NZV 1991, 1, 2, die Gesetzesmaterialien für eine „obsolete Basis“. 441 Protokolle der 2. Kommission, S. 594 f. (zitiert nach Mugdan, Materialien, II. Band, S. 513). 438 439

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zu verlangen, durch eine neue zu ersetzen, und sehr oft würde die Herstellung eine Einwirkung des Schuldners oder der von ihm gewählten Werkleute auf die Sache erfordern, deren Gestattung dem Gläubiger billiger Weise nicht zugemuthet werden könne. Dazu komme, daß über die Frage, ob die Herstellung gelungen sei, und vom Gläubiger als Ersatzleistung angenommen werden müsse, nur zu leicht Streit entstehe. Deswegen müsse der Gläubiger das Recht haben, den Betrag, welchen die Herstellung erfordert, in Geld zu verlangen. Andererseits erforderten es die Grundsätze von Treu und Glauben, daß dem Schuldner nicht durch die Wiederherstellung unverhältnismäßige Opfer auferlegt würden, während eine angemessene Geldleistung zur Ausgleichung des Schadens genüge.“

In der Denkschrift 442 liest man: „Sodann entspricht im Falle der Beschädigung einer Sache die Beschaffung einer neuen Sache unter Umständen dem Interesse des Verletzten besser als die Herstellung der beschädigten. Der Entw. gestattet deshalb in den bezeichneten Fällen dem Verletzten, von vorneherein statt der Herstellung den Geldbetrag zu verlangen, den er für die Herstellung aufwenden müßte (§ 243 Satz 2).“

I. Organisationsverlagerung auf den Geschädigten Es sollte dem Geschädigten durch § 249 S. 2 BGB a. F. also zunächst erkennbar erspart bleiben, sich oder seine Sache zur Naturalherstellung dem Schädiger anvertrauen zu müssen. 443 Hierzu hätte es grundsätzlich genügt, die Organisation der Naturalherstellung auf den Geschädigten zu verlagern und dem Schädiger die Kosten aufzuerlegen. Man kann zunächst sogar bezweifeln, ob es dazu einer Bestimmung wie § 249 S. 2 BGB a. F. überhaupt bedurft hätte. Schließlich wird man dem Geschädigten ohnehin kaum verbieten können, die Sache in Eigenregie zu reparieren oder reparieren zu lassen, um anschließend die angefallenen notwendigen Kosten bei dem Schädiger als Folgeschaden geltend zu machen. 444 Eine weitere Einwirkung des Schädigers auf die Sache ließe sich so zwar verhindern – allerdings nur gegen Vorleistung des Geschädigten. Auch das Vollstreckungsrecht könnte hier nicht helfen. Zwar stünde dem Geschädigten nach § 887 Abs. 2 ZPO ein Vorschuß auf die Herstellungskosten zu, doch benötigt er dazu einen auf Naturalherstellung durch den Schädiger lautenden Titel. 445 Auf dem Wege zu diesem könnte der Geschädigte nicht verhindern, daß der Schädiger die Naturalherstellung zwischenzeitlich selbst erbringt. 442 Denkschrift zum Rechte der Schuldverhältnisse, S. 45 (zitiert nach Mugdan, Materialien, II. Band, S. 1235). 443 Ehrig, Grundsatz der Naturalrestitution, S. 23. 444 Zu den Modalitäten dieses Vorgehens siehe unten F. I. 2. (S. 164 f.). 445 Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I 2, 8. Aufl., § 32 I (S. 202). Auch im Gesetzgebungsverfahren sah man dieses Problem, vgl. Protokolle der 1. Kommission, S. 1031 f. (abgedr. bei Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 86).

128 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB Eine Naturalherstellung durch den Geschädigten zu ermöglichen, ihn dabei aber zur Vorleistung zu zwingen, wäre zum einen unbefriedigend und zum anderen auch ohne eine Vorschrift wie § 249 Abs. 2 BGB zu erreichen. Das besondere Verdienst dieser Bestimmung muß also darin liegen, die Organisationsverlagerung mit einer Vorleistungspflicht des Schädigers 446 zu verbinden. Dem Geschädigten aber gleichzeitig die freie Disposition über den Schadensersatzbetrag einzuräumen, ist insofern nicht erforderlich. 447 II. Streitvermeidung Des weiteren sprechen die zitierten Gesetzesmaterialien davon, daß § 249 S. 2 BGB a. F. der Vermeidung von Auseinandersetzungen dienen, namentlich den Geschädigten vor einem Streit darüber bewahren soll, ob er die vom Schädiger vorgenommene Naturalherstellung als korrekt annehmen muß. 448 Die Beweislast in dieser Frage trägt bei § 249 Abs. 1 BGB jedoch ohnehin der Schädiger. Er muß im Streitfall die ordnungsgemäße Erfüllung nachweisen. § 249 Abs. 2 BGB transformiert diesen Streit um tatsächliche Fragen in einen Streit um Geld, nämlich um die Erforderlichkeit von – prognostizierten oder angefallenen – Herstellungskosten. Hierbei trägt nun der Geschädigte die Beweislast. Es ist nun an ihm, die Erforderlichkeit der beanspruchten Kosten nachzuweisen. Damit ändert § 249 Abs. 2 BGB zunächst allenfalls den Inhalt möglicher Streitigkeiten vom Tatsächlichen zum Finanziellen, belastet dabei aber gleichzeitig den Geschädigten mit der Beweislast. Den Gesetzesmaterialien läßt sich darüber hinaus nicht entnehmen, daß die Verfasser mit § 249 S. 2 BGB a. F. pauschal jedem Streit um die tatsächliche Herstellung vorbeugen wollten. 449 Die zitierte Stelle der Denkschrift legt vielmehr nahe, daß die Streitvermeidung nicht als eigenständiges Ziel, sondern vielmehr als beiläufiger Vorteil der Organisationsverlagerung verstanden wurde. Der Geschädigte wird durch § 249 S. 2 BGB a. F. in tatsächlicher Hinsicht zum Herren der Naturalherstellung. Er kann entscheiden, wie tatsächlich hergestellt wird, und muß sich insofern nicht mit dem Schädiger auseinandersetzen. 450 Obgleich ihm nicht abgenommen werden kann, mit dem Schädiger ggf. um die Herstellungskosten kämpfen zu müssen, braucht er sich jedenfalls nicht um das tatsächliche Schicksal seiner Sache zu streiten, da diese der Einwirkung des Schädigers entzogen ist. 446 Larenz, Schuldrecht I, 14. Aufl., § 28 I (S. 468); (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 219; Weber, VersR 1992, 527, 529; ders., VersR 1990, 934, 937; Köhler, FS f. Larenz zum 80.Geb., S. 349, 359; Lange/Hagen, Wandlungen des Schadensersatzrechts, S.74; aA offenbar AG Siegen NJW-RR 2000, 1044, 1045, das eine Leistungsklage auf Reparaturkosten nur unter Vorlage von Reparaturrechnungen für statthaft hielt. 447 Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 118; Weber, VersR 1992, 527, 535; ders., VersR 1990, 934, 943; Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 359. 448 Protokolle der 2. Kommission, S.595 (abgedr. bei Mugdan, Materialien, II. Band, S.513). 449 So auch U. Picker, Naturalrestitution, S. 97; zu dieser Frage auch Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 115; aA wohl Weber, VersR 1992, 527, 533. 450 Ähnlich U. Picker, Naturalrestitution, S. 217.

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Es trifft sicher zu, daß eine vollständige Vermeidung von Streitigkeiten um tatsächliche Aspekte der Naturalherstellung nur erreicht werden könnte, wenn dem Geschädigten in der Verwendung der Mittel völlig freie Hand gelassen wird. 451 Verneint man hingegen eine Dispositionsfreiheit des Geschädigten zu Gunsten einer Zweckbindung der Schadensersatzleistung, ist notwendige Folge der Vorschußcharakter der Leistung sowie eine Rechnungslegungspflicht des Geschädigten, was die Gefahr von Auseinandersetzungen verdoppelt: Während bereits bei der Bemessung des Vorschusses über die Richtigkeit der Prognose gestritten werden kann, wird spätestens nach der Rechnungslegung Streit darüber entstehen, ob der Schädiger nachschießen oder der Geschädigte zurückerstatten muß. Es mag legitim sein, das Opfer eines schädigenden Ereignisses so weit wie möglich davor zu schützen, um sein Recht kämpfen zu müssen, doch darf dies nicht zu einer zusätzlichen wirtschaftlichen Belastung des Schädigers führen. Diese Gefahr besteht jedoch, wenn sich ergibt, daß die wirtschaftliche Belastung des Schädigers vom Verhalten des Geschädigten abhängen kann und man dieses durch eine umfassende Dispositionsfreiheit zum Zwecke der Streitvermeidung aus der Schadensregulierung ausblendet. An diesem Punkt muß das Ziel der Streitvermeidung zurückstehen, da die Befreiung von der Last, sein Recht erstreiten zu müssen, schwerlich zu einer inhaltlichen Ausdehnung des Rechts führen darf. III. Abkehr von der tatsächlichen Herstellung 1. Änderung des tatsächlichen Interesses des Geschädigten aus Anlaß der Schädigung Schließlich begründen die Materialien 452 die Vorschrift des § 249 S. 2 BGB a. F. auch mit der Überlegung, daß die Herstellung des Sollzustandes für den Geschädigten nicht notwendig die beste Lösung darstellt. Damit wird anerkannt, daß der Geschädigte möglicherweise geneigt sein könnte, umzudisponieren und, statt herzustellen, eine „neue Sache“ anzuschaffen. 453 Ob die Redakteure dabei an die Ersatzbeschaffung einer gebrauchten oder nur an die Beschaffung einer neuwertigen Sache dachten, kann zunächst dahinstehen. Jedenfalls ging es darum, dem Geschädigten die Möglichkeit zu geben, das Geld für etwas anderes als für die Naturalherstellung auszugeben 454 oder es möglicherweise sogar einfach bei dem Kapitalzufluß zu belassen. Bisher war die Naturalherstellung stets darauf ausgerichtet, das tatsächliche 451 So auch Weber, VersR 1992, 527, 533; Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 31 f.; BGH NJW 1989, 3009; feststellend U. Picker, Naturalrestitution, S. 85. 452 Protokolle der 2. Kommission, S. 594, sowie Denkschrift zum Rechte der Schuldverhältnisse, S. 45 (abgedr. bei Mugdan, Materialien, II. Band, S. 513 bzw. S. 1235). 453 Hierauf weist Medicus, DAR 1982, 352, 355, hin, während Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 163, diesen Aspekt nicht ansprechen. 454 Roth, JZ 1994, 1091, 1092; grundsätzlich auch Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S.339. Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S.126, möchte diesen Schluß aus den Materialien hingegen nicht zulassen.

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130 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB Interesse des Geschädigten exakt zu verwirklichen. 455 Mit § 249 Abs. 2 BGB wird dem Geschädigten hingegen zugestanden, sein Interesse in tatsächlicher Hinsicht aus Anlaß des schädigenden Ereignisses zu ändern. Insofern enthält § 249 Abs. 2 BGB eine Privilegierung. Diese Privilegierung ergibt sich nicht aus der Natur der Sache und ist daher nicht selbstverständlich. Entsprechend könnte man eine solche Dispositionsfreiheit, sofern sie über einen bloßen Vermögensausgleich hinauszureichen droht, auch als Verstoß gegen das schadensrechtliche Ausgleichsprinzip sowie das aus diesem folgende Bereicherungsverbot auffassen und kategorisch ablehnen. 456 Dabei besteht jedoch die Gefahr, daß das genannte Ausgleichsprinzip, dessen grundsätzliche Geltung nicht in Frage gestellt werden soll, vor allem um seiner selbst willen durchgesetzt wird und keine Auseinandersetzung mit den Hintergründen für eine gezielte Durchbrechung des Prinzips und ihren Folgen stattfindet. Das mag naheliegen, wenn man § 249 Abs. 1 BGB als auf Grundlage gesetzgeberischer Rechtsschöpfung ergangene Normierung des Ausgleichsprinzips 457 und § 253 als seine Beschränkung versteht. 458 Begreift man §§ 249 Abs. 1, 251 Abs. 1, 253 BGB hingegen als maßgeblich durch die Natur der Sache vorgezeichnete Normen, 459 dürfte der Schritt, eine Einschränkung zu akzeptieren, leichter fallen. Da es sich aber auch von diesem Standpunkt aus immerhin noch um ein nicht selbstverständliches Entgegenkommen an den Geschädigten handelt, muß zu seiner Rechtfertigung verhindert werden, daß das Zugeständnis zu Lasten des Schädigers geht. Es darf daher nur so weit reichen, wie es den Schädiger nicht zusätzlich wirtschaftlich belastet. 460 Die Entscheidung, den Schadensersatzbetrag für etwas anderes als die Naturalherstellung einzusetzen, ist dem Geschädigten nur im Rahmen dessen gestattet, was der Schädiger ohnehin hätte aufbringen müssen.461 Das bedeutet, daß der Geschädigte auf die Realisierung seines ursprünglichen Interesses verzichten darf und gleichwohl den Schadensersatz in Geld erhält, der ihm auch bei einem Festhalten am ursprünglichen Interesse zugestanden hätte. Ausgehend vom Grundsatz der Naturalherstellung durch den Schädiger müßte den Rahmen dabei genau genommen derjenige Aufwand bilden, der auf Seiten des Schädigers zur ErbrinDazu auch U. Picker, Naturalrestitution, S. 49 f. So U. Picker, Naturalrestitution, S. 49 f., 58, 66 ff., 94 f., 157, 209, 283. 457 U. Picker, Naturalrestitution, S. 42. 458 U. Picker, Naturalrestitution, S. 55, 57, 58 ff. 459 Siehe oben 1. Kap., A. I. (S. 17 f.) und C. I. (S. 29 f.). 460 In den Protokollen der Vorkommission des Reichsjustizamtes (zitiert nach Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 98) heißt es: „Anlangend die im Abs. 2 zusätzlich beschlossenen Vorschriften, so war die Erwägung maßgebend, daß im Falle des Abs. 2 Satz 1 die Entrichtung der entsprechenden Geldentschädigung an Stelle der Herstellung des früheren Zustandes einerseits im Interesse des Geschädigten liegen könne und andererseits für den Beschädiger keine Mehrbelastung enthalte.“ 461 Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I 2, 8. Aufl., § 32 I (S. 202); Escher-Weingart, Nutzungsausfall als Schaden und sein Ersatz, S. 54 f. 455 456

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gung der Naturalherstellung erforderlich wäre. Daß statt dessen der beim Geschädigten objektiv erforderliche Aufwand maßgeblich ist, folgt aus der Verlagerung der Naturalherstellung in den Organisationsbereich des Geschädigten. Außer Frage steht bei alledem, daß eine Zweckbindung der Geldleistung nach § 249 S. 2 BGB a. F. mit dem Zugeständnis, das tatsächliche Interesse ändern zu dürfen, unvereinbar ist. 2. Grenzen der Änderung des tatsächlichen Interesses a) Dispositionsverzicht Denkbar ist, eine Interessenänderung durch den Geschädigten inhaltlich einzuschränken, um eine im Sinne des Bereicherungsverbotes unerwünschte Vorteilsziehung aus dem schädigenden Ereignis zu verhindern. Entsprechend wird vorgeschlagen, jedenfalls einen völligen Verzicht des Geschädigten auf jede Disposition von der Privilegierung auszunehmen. 462 Damit stellen sich jedoch unüberwindbare Entscheidungsprobleme. 463 Der Geschädigte wird stets Dispositionen treffen, denen ein Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis nur schwer abgesprochen werden kann. Wird sein Fahrrad beschädigt und kauft er sich von der Schadensersatzsumme Joggingschuhe, hat er dann statt der Herstellung eine neue Sache angeschafft oder das Geld als Zusatzeinnahme einbehalten? Wie, wenn er künftig Bus fährt und das beschädigte Rad unrepariert läßt? Gestattet man dem Geschädigten grundsätzlich – wofür man sich in § 249 S. 2 BGB a. F. entschieden hat –, den Herstellungsbetrag für etwas anderes als die Naturalherstellung i. S. d. § 249 Abs. 1 BGB einzusetzen, ist eine nur gelockerte oder selektive Zweckbindung nicht mehr praktikabel. b) Beschränkung der Dispositionsfreiheit auf Vermögensschäden Soll der Geschädigte die Möglichkeit haben, sein tatsächliches Interesse anläßlich des schädigenden Ereignisses zu ändern und ggf. vollständig auf eine Herstellung zu verzichten, sehen manche darin einen Konflikt mit § 253 BGB, und zwar namentlich dann, wenn und soweit der tatsächliche Schaden nicht mit einer unmittelbaren materiellen (Wert-)Einbuße einhergeht. Entsprechend ist vorgeschlagen Huber, DAR 2000, 20, 27; Lange/Hagen, Wandlungen des Schadensersatzrechts, S. 75 f. Während U. Picker, Naturalrestitution, S.183 ff., diese praktischen Probleme offenbar für überwindbar hält, scheint Huber, DAR 2000, 20, 27, sie gar nicht zu sehen: „Maßgeblich ist allein, dass die Anschaffung infolge der Beschädigung des Altfahrzeugs erfolgt ist. In all diesen Fällen bekundet der Geschädigte, daß es ihm um mehr geht als die Auffüllung der Vermögenslücke.“ Auch Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 120 ff., geht auf diese Probleme nicht ein. Zu den Konsequenzen hieraus siehe unten F. IV. 2. b) (S. 174). 462 463

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132 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB worden, die Dispositionsfreiheit und damit die Möglichkeit der Interessenänderung auf Vermögensschäden zu beschränken. 464 Das beträfe zunächst Personenschäden. Konsequenterweise müßte die Einschränkung jedoch gleichermaßen bei der Beschädigung wertloser Sachen angenommen werden. Indes ist nicht ersichtlich, warum der Aspekt der Änderung des tatsächlichen Interesses auf Sachen von wirtschaftlichem Wert beschränkt sein soll. 465 Er gilt für Sachen von bloßem Affektionswert gleichermaßen, da die Naturalherstellung dem Geschädigten unterschiedslos in beiden Fällen offensteht. Auch bei materiell relevanten Schäden übersteigt der Reparaturaufwand bisweilen den Wert der Sache und ist damit Ausdruck eines Affektionsinteresses. Um ihrer Stimmigkeit willen müßte die genannte Ansicht daher die Dispositionsfreiheit generell ablehnen, soweit der Herstellungsaufwand die Vermögenseinbuße übersteigt. 466 c) Erweiterter Herstellungsbegriff Ausgehend von der in den Protokollen dokumentierten Erwägung, daß die Anschaffung einer neuen Sache für den Geschädigten gegenüber einer Herstellung vorzugswürdig sein könne, ist vorgeschlagen worden, auch die Neuanschaffung als Naturalherstellung zu verstehen. 467 Damit würde den Überlegungen der Gesetzesverfasser Rechnung getragen, ohne daß es dazu einer Dispositionsfreiheit des Geschädigten bedürfte. Abgesehen von den gerade beschriebenen Abgrenzungsproblemen, wäre eine solche, neben Reparatur und Ersatzbeschaffung dritte Art der Naturalherstellung nur in Verbindung mit einem Überkompensationsausgleich denkbar. 468 Ein solcher Ausgleich setzt voraus, daß man sich bewußt macht, was der Geschädigte verlangen könnte, ohne einen Ausgleich anbieten zu müssen. Die Antwort darauf lautet: Reparatur oder Ersatzbeschaffung. Die Bereitstellung von Mitteln zum Erwerb einer neuwertigen Sache, vermindert um den Überkompensationsausgleich, ergibt in der Konsequenz notwendig den Reparatur- bzw. Ersatzbeschaffungsaufwand. Der erweiterte Herstellungsbegriff führt damit im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB zu keinen anderen Ergebnissen als die Annahme einer Dispositionsfreiheit. 469 Er hat jedoch gleichzeitig den Nachteil, daß er nicht vereinbar ist mit § 249 Abs. 1 BGB, der richtigerweise Ausgangspunkt der Überlegungen zu Abs. 2 sein müßte. Steht die Wahl unter mehreren Arten der Naturalherstellung dort grundsätzlich dem Schädiger zu, 470 so müßte hier für die Lieferung einer neuwertigen Sache ohne besonderen Grund eine Ausnahme gelten. Man wird dem Schädiger nämlich kaum das Recht geben können, dem Geschädigten unter Forderung eines Überkom464 465 466 467 468 469 470

MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 354 ff. Zur besonderen Situation bei Personenschäden siehe sogleich unter B. (S. 133 ff.). So in der Tat Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 22 FN 6 a. E. Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 158; ebenso bereits OLG Hamburg VersR 1964, 1175. Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 158. Dies erkannte bereits OLG München HRR 1937 Nr. 814. Dazu siehe oben 2. Kap., G. I. (S. 71 f.).

B. Vergleich mit der Regulierung von Personenschäden

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pensationsausgleichs eine neuwertige Sache anzubieten. Was aber im Rahmen des § 249 Abs. 1 BGB nicht als Naturalherstellung taugt, kann im Rahmen des Abs. 2 wegen des systematischen Zusammenhangs ebenfalls nicht Grundlage der Bemessung des erforderlichen Aufwandes sein. IV. Zusammenfassung § 249 Abs. 2 BGB hat somit im wesentlichen zwei Funktionen:471 Zum einen soll er die Organisation der Naturalherstellung unter Vorleistungspflicht des Schädigers auf den Geschädigten verlagern, um dem Geschädigten eine weitere Einwirkung des Schädigers sowie einen unmittelbaren Streit um tatsächliche Aspekte der Herstellung zu ersparen. Zum anderen gesteht § 249 Abs. 2 BGB dem Geschädigten im Rahmen der ohnehin entstehenden wirtschaftlichen Belastung des Schädigers zu, sein tatsächliches Interesse zu ändern. Die zuerst genannte Funktion des §249 Abs. 2 BGB verhält sich gegenüber einer Dispositionsfreiheit des Geschädigten indifferent: Weder erfordert sie eine Dispositionsfreiheit, noch wird sie durch eine solche beeinträchtigt. Das zweite Ziel hingegen setzt eine weitgehende Dispositionsfreiheit voraus. In der Gesamtschau spricht daher der Zweck des § 249 Abs. 2 BGB für eine Dispositionsfreiheit des Geschädigten. Damit wäre eine Zweckbindung der Schadensersatzsumme, jedenfalls bei Sachschäden, generell zu verneinen. 472

B. Vergleich mit der Regulierung von Personenschäden Kritisch gegenüber jeder Dispositionsfreiheit ist gelegentlich geäußert worden, daß mit einer solchen ein einheitliches Verständnis des § 249 Abs. 2 BGB nicht möglich sei, weil eine Dispositionsfreiheit bei Personenschäden nicht in Betracht komme. 473 Das wird, wie bereits angedeutet, 474 damit begründet, daß eine Verwendungs471 Obgleich bei der weiteren Ausgestaltung abweichend, auch U. Picker, Naturalrestitution, S. 91, und Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 337. 472 Hierfür Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 22, 30, 33; Roth, JZ 1994, 1091, 1092; Steffen, VersR 1985, 605, 611; Zeuner, JZ 1986, 640; Lange/Schiemann-Lange, Schadensersatz, 3. Aufl., § 5 IV 6 (S. 228); Gebhardt, ZfS 1990, 145, 146; Grunsky, NJW 1983, 2465, 2468; ders., JuS 1987, 441, 443; Weitnauer, FS Universität Heidelberg, S. 279, 286; Weber, VersR 1990, 934, 938; Hadding, JuS 1969, 407, 411 f.; Partecke, Der sogenannte Schadensersatz „neu für alt“, S. 14 f.; Schulz, VersR 1967, 383; Thiele, AcP 167 (1967), 193, 203; Weimar, MDR 1957, 401 f.; st. Rspr. BGH NJW 1997, 520; BGH NJW 1989, 3009; BGHZ 66, 239, 241; BGHZ 61, 56, 58. 473 Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 29, 33; Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I 2, 8. Aufl., § 32 I (S. 203 f.); Schiemann, JuS 1988, 20, 22; aA Rinke, DAR 1987, 14, 15; nicht eindeutig Benicke, JuS 1994, 1004, 1005. Das Argument spielte auch eine Rolle in der Diskussion um die Änderung des Schadensersatzrechts zum 1.8.2002, vgl. Begründung zum Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetz, BR-Drucks. 742/01, S. 28 f.; Müller, VersR 2003, 1, 6. 474 Siehe soeben A. III. 2. b) (S. 131 f.).

134 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB freiheit entgegen § 253 Abs. 1 BGB zu einem Geldersatz für immaterielle Schäden außerhalb des § 253 Abs. 2 BGB führen würde. 475 Bei Sachschäden sei dies weniger problematisch, da der Reparaturaufwand regelmäßig dem Vermögensschaden i. S. d. § 251 Abs. 1 BGB entspreche. 476 Die zuletzt genannte Einschätzung findet sich zwar bereits in den Protokollen, 477 erscheint jedoch zu pauschal, insbesondere zeugt die Existenz des § 251 Abs. 2 BGB, der inhaltlich schon damals im Entwurf enthalten war, von der gegenteiligen Prämisse. Man könnte ergänzen, daß sich bei Personenschäden eine Aufwandsprognose wegen ihrer Unschärfe nicht als endgültige Bemessungsgrundlage eigne. 478 Der Grund, aus dem eine Dispositionsfreiheit bei Personenschäden ausscheidet, ist jedoch ein anderer, der mit § 253 BGB nicht in Zusammenhang steht. Die Dispositionsfreiheit wurde gerade darauf zurückgeführt, daß dem Geschädigten zugestanden werden soll, sein tatsächliches Interesse aus Anlaß des schädigenden Ereignisses zu ändern. 479 Diese Erwägung ist auch in den Protokollen 480 auf Sachschäden beschränkt. Nach traditionellem Verständnis fehlt es bei Personenschäden bereits an einer tatsächlichen Alternative, für deren Realisierung sich der Geschädigte an Stelle der Heilbehandlung entscheiden könnte. Was sollte der Geschädigte an Stelle der Heilung anschaffen oder unternehmen? Die körperliche Integrität ist etwas Einzigartiges, das nicht durch alternative Dispositionen substituierbar ist. Wenn man Vermögen zur Verfügung hat, kann man dieses, wenn man möchte, umschichten, das heißt in anderen Gegenständen anlegen oder für andere Funktionen vorsehen. Eine 475 BGHZ 97, 14, 19; Palandt-Heinrichs, 63. Aufl., § 249 Rn. 6; Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 367; Lange/Schiemann-Lange, Schadensersatz, 3. Aufl., § 5 IV 6 (S. 229); Grunsky, NJW 1983, 2465, 2469; Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 340; (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 221. Steffen, VersR 1985, 605, 611, warnt lediglich davor, die Dispositionsfreiheit hier zu einer Umgehung des §253 BGB zu mißbrauchen. 476 OLG Frankfurt a. M. VersR 2003, 84; Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 369; (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 221; Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 32, 41; Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 340; aA U. Picker, Naturalrestitution, S.29; Huber, MDR 2003, 1205, 1208; Schack, FS f. Stoll, S.61; Magnus, Schaden und Ersatz, S. 61; Weber, VersR 1990, 934, 942; Dannert, VersR 1988, 980, 981; Fischer, Der Schaden, S. 202. 477 Protokolle der 2. Kommission, S. 2598 f. (abgedr. bei Mugdan, Materialien, II. Band, S. 514 f.). 478 Medicus, DAR 1982, 352, 356; ebenso Steffen, NJW 1995, 2057, 2060; Zeuner, JZ 1986, 640, 641; Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 36; Schiemann, Argumente und Prinzipien, S.217; aA Rinke, DAR 1987, 14, 15, nach dem dies jedoch für Sachschäden gleichermaßen gilt; ebenfalls kritisch Grunsky, NJW 1983, 2465, 2469. 479 Siehe soeben A. IV. (S. 133). Diese tatsächliche Dimension geht verloren, wenn man die Dispositionsfreiheit ausschließlich auf der wirtschaftlichen Ebene diskutiert, so beispielsweise Rinke, DAR 1987, 14, unter Hinweis auf BGHZ 97, 14, 19. 480 Protokolle der 2. Kommission, S.594 (abgedr. bei Mugdan, Materialien, II. Band, S.513), vgl. oben A. (S. 126 f.). So auch Zeuner, JZ 1986, 640, 641. Entgegen Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 30, waren sich die Gesetzesautoren dieses Punktes wohl doch bewußt, versäumten oder unterließen aber eine Klarstellung.

B. Vergleich mit der Regulierung von Personenschäden

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analoge Entscheidung ist für die Gesundheit nach überkommener Auffassung nicht denkbar. 481 Die Protokolle legen auch an anderer Stelle 482 nahe, daß sich die Gesetzesautoren nicht vorgestellt haben, daß Heilungskosten für etwas anderes als für die Behandlung ausgegeben oder aufgespart werden könnten. Auf Grundlage dieses Verständnisses erscheint es nicht weiter verwunderlich, daß man keine Notwendigkeit sah, die Vorauszahlung der Heilungskosten als Vorschuß zu bezeichnen. 483 Andererseits kann aber auch nicht geleugnet werden, daß es dem Geschädigten bei Personen- ebenso wie bei Sachschäden de facto natürlich möglich wäre, die Herstellungskosten beispielsweise für Anschaffungen oder Vergnügungen auszugeben bzw. als Notgroschen zurückzulegen. Vor diesem Hintergrund könnte man auch die Gesundheit als in tatsächlicher Hinsicht disponibel betrachten wollen. Beispiele provokanter Art wären hierfür der Raucher, der des Genusses wegen bewußt die Gesundheit seiner Lunge riskiert, oder der Chirurg, der sich der Versicherungssumme wegen einen kleinen Finger amputiert. Gleiches könnte man weniger pointiert auch für Eltern behaupten, die unter bewußter Inkaufnahme gesundheitlicher Konsequenzen Tag und Nacht arbeiten, um ihre Kinder zu ernähren. Auch wenn man die in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gebrachte Exklusivität der körperlichen Unversehrtheit für überwunden hält, 484 muß man sich aber zumindest die Frage stellen, ob dem Geschädigten eine entsprechende Änderung seines tatsächlichen Interesses aus Anlaß des schädigenden Ereignisses wirklich zugestanden werden soll. Ausgehend vom Grundsatz der Naturalherstellung setzt ein solches Zugeständnis die Schutzwürdigkeit der Interessenänderung oder zumindest eine diesbezügliche Gleichgültigkeit voraus. Beides ist nach den überkommenen Wertvorstellungen zu verneinen. Nach ihnen erscheint die Substitution der gesundheitlichen Wiederherstellung durch ein anderes tatsächliches Ziel, wenn man sie inhaltlich überhaupt für möglich hält, jedenfalls als nicht schutzwürdig. So, wie bei Sachen gegenüber den Dispositionen des Eigentümers Gleichgültigkeit angebracht ist, verbietet sich eine solche im Hinblick auf die körperliche Integrität. Diese Wertungen sind es, die hinter der gängigen Auffassung stehen, daß ein „Reparaturverzicht“ bei Personenschäden nicht im gesellschaftlichen Interesse liegen kann. 485 Da damit der letzte der eingangs genannten Aspekte des § 249 Abs. 2 BGB für Personenschäden nicht relevant ist, kann die genannte Vorschrift insofern einzig das Ziel haben, dem Geschädigten eine Heilung in eigener Organisation unter Vorkasse des Schädigers zu ermöglichen. Der 481 Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 177; Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 275; Grunsky, NJW 1983, 2465, 2468. BGHZ 97, 14, 19, sieht die Entscheidung über Heilmaßnahmen und die Vermögensumschichtung bei Sachschäden daher zu Recht auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt. 482 Protokolle der 2. Kommission, S. 2831 f. (abgedr. bei Mugdan, Materialien, II. Band, S. 1112), siehe unten S. 136. 483 U. Picker, Naturalrestitution, S. 92 f., versteht diesen Hinweis allgemeiner und damit als Argument gegen jede Verwendungsfreiheit. 484 So wohl Rinke, DAR 1987, 14, 15, und, indem er in diesem Zusammenhang von Nachwirkung spricht, auch Dreier, Kompensation und Prävention, S. 50. 485 Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 29 f.; Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 217.

136 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB hierfür zu leistende Schadensersatz in Geld hat bei Personenschäden daher zwingend den Charakter eines Vorschusses. Auch eine auf die oben beschriebene Lehre vom Bedarfsschaden aufbauende Ansicht versucht, die Differenzierung im Hinblick auf Personenschäden nachzuvollziehen, obwohl sie auf Grundlage ihres Verständnisses vom Herstellungsaufwand als (quasi) Vermögensschaden zu einer generellen Dispositionsfreiheit gelangen müßte. 486 Ihren grundsätzlichen Vorbehalt gegen die Annahme eines Vorschusses leitet diese Auffassung aus den Gesetzesmaterialien 487 ab, in denen es heißt: „Ebenso sei auch der Ausspruch entbehrlich, daß die Heilungskosten auf Verlangen vorzuschießen seien. Von einem eigentlichen Vorschusse sei nicht die Rede; der Schaden, welcher die Aufwendung nothwendig mache, sei bereits entstanden und der Verletzte soll dafür entschädigt werden, daß er die Aufwendung machen müsse, nicht dafür, daß er sie gemacht habe. Daß er den Anspruch auf die Heilungskosten nicht erst dann erheben könne, wenn er die Kosten bezahlt habe oder wenigstens schuldig geworden sei, ergebe sich aus der nunmehrigen Fassung des § 219 Abs. 1 (II § 213 Abs. 1), wo von dem ‚dazu erforderlichen Geldbetrage‘ die Rede sei; neben dieser Vorschrift könne die Erwähnung der Vorschußpflicht nur Mißverständnisse hervorrufen.“

Sofern einzelne annehmen, daß es sich bei dem gem. § 249 Abs. 2 BGB zu ersetzenden Schaden im Grunde um einen reinen Vermögensschaden handele, 488 der aus der bloßen Notwendigkeit einer Wiederherstellung der Integrität resultiere, wird für Personenschäden dabei nur von einem künftigen Vermögensschaden ausgegangen, da mit der Gesundheit zunächst kein Vermögenswert betroffen sei. 489 Wegen der bei diesen Schäden notwendig individuellen Beseitigungsmaßnahmen sei hier der Vermögensschaden nur nachträglich anhand des tatsächlich entstandenen Aufwandes zu beurteilen, so daß die endgültige Regulierung eines lediglich im voraus kalkulierten Bedarfes ausscheide. 490 Damit komme bei Personenschäden auch eine Dispositionsfreiheit nicht in Betracht. Überträgt man den genannten Gedanken auch auf Sachschäden, zeigt sich jedoch, daß die Begründung nicht durchgreift. Dann ergibt sich nämlich, daß der Herstellungsbedarf auch bei Sachschäden nicht notwendig die Qualität eines gegenwärtigen Vermögensschadens haben muß. 491 Als Ergänzung zu §249 Abs. 1 BGB ist Abs. 2 nämlich auch bei wertlosen Sachen anwendbar. Auch bei diesen könnte man daher nach der skizzierten Differenzierung allenfalls einen künftigen Vermögensschaden annehmen und müßte auch insofern zu einer Zweckbindung gelangen. Diese Konsequenz wurde jedoch bisher, soweit ersichtlich, nicht gezogen. 492 Siehe oben S. 126. Protokolle der 2. Kommission, S. 2831 f. (zitiert nach Mugdan, Materialien, II. Band, S. 1112). 488 Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 40 (Personenschaden: 34 ff.). 489 Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 34 ff. 490 Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 37. 491 Anders freilich die Annahme von Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 40 f. 492 Wenn man den Herstellungsbedarf darüber hinaus bei allen Sachschäden generell als (nur) künftigen Vermögensschaden verstehen würde, ließe sich aber in der Tat ein weitgehen486 487

C. Rahmen der Dispositionsfreiheit

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C. Rahmen der Dispositionsfreiheit Es darf freilich nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Dispositionsfreiheit eine nicht selbstverständliche Privilegierung des Geschädigten bedeutet. Sie darf deshalb nur so weit reichen, wie sie den Schädiger nicht stärker belastet, als es ohnehin – für den Schädiger unvermeidbar – der Fall wäre. 493 Damit ist jedoch noch offen, woran sich dieser Rahmen orientieren soll. In Betracht kommen insofern der Betrag der Entschädigung in Geld nach § 251 Abs. 1 BGB sowie der zur tatsächlichen Herstellung mindestens erforderliche Aufwand. I. Dispositionsfreiheit im Rahmen des Kompensationsbetrages Begrifflich ist zunächst anzumerken, daß unter einer Beschränkung auf den Kompensationsbetrag von einer Dispositionsfreiheit im Grunde gar nicht mehr gesprochen werden kann. Wenn der Geschädigte ohnehin nur erhält, was es für ihn wirtschaftlich bedeutet, daß sein tatsächliches Interesse endgültig unerfüllt bleibt, wäre damit eine Bindung an ein bestimmtes tatsächliches Verhalten ohnehin nicht vereinbar. 494 Die nach § 251 Abs. 1 BGB geschuldete Entschädigung – regelmäßig die schädigungsbedingte Minderung des Verkaufspreises der Sache – wird häufig niedriger der Gleichlauf der (insofern modifizierten) Lehre vom Bedarfsschaden mit dem hier dargestellten Konzept erzielen: Sind bei einem Sachschaden mehrere Arten der Naturalherstellung vorstellbar und hängt es gleichzeitig von dem tatsächlichen Interesse des Geschädigten ab, welche davon im konkreten Fall in Betracht kommt oder kommen, so kann erst mit der Manifestierung dieses Interesses durch die Vornahme oder dem Unterbleiben von Herstellungsmaßnahmen der konkrete Bedarf bestimmt werden. Ist es jedoch bereits vorher möglich, den Aufwand für die günstigste denkbare Herstellungsart als Mindestbedarf zu definieren, besteht insofern ausnahmsweise bereits Sicherheit über die Höhe des Vermögensschadens. Dieser kann dann unmittelbar ausgeglichen werden und der Geschädigte ab sofort frei über den Betrag verfügen. Daß sich der Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nach der Lehre vom Bedarfsschaden entgegen der sonst überwiegenden Ansicht nicht mehr als Herstellungs- sondern als Wertersatzanspruch darstellt ([Knobbe-]Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S.220; Bötticher, VersR 1966, 301, 307; Stoll, JuS 1968, 504, 506 f.; ähnlich auch Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I 2, 8. Aufl., § 32 I [S. 202 f.]), mag zwar weiterhin zutreffen. Gleichwohl lassen sich – letztlich aufgrund übereinstimmender Entscheidungen in der Sache – nach beiden Modellen durchaus identische Ergebnisse erzielen. 493 Ähnlich Steffen, NJW 1995, 2057, 2060; Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 343; BGH NJW 1985, 2469 f. 494 So versteht Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S.341 f., den Anspruch nach § 249 Abs. 2 BGB ohnedies als „Wertersatzanspruch“. Er soll neben § 251 Abs. 1 BGB bestehen, da der Herstellungsaufwand ohnehin regelmäßig dem Vermögensinteresse i. S. d. § 251 Abs. 1 BGB entspreche. Solange keine Reparatur nachgewiesen wird, will Würthwein den Anspruch nach § 249 Abs. 2 BGB, konsequenterweise auch auf den sich nach § 251 Abs. 1 BGB ergebenden Betrag beschränken. Siehe auch Fn. 566.

138 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB sein als der zu einer tatsächlichen Herstellung der Sache mindestens erforderliche Aufwand. Mit einer Begrenzung auf den Kompensationsbetrag wird der Dispositionsfreiheit somit ein engerer Rahmen gesetzt. Da die Dispositionsfreiheit des Geschädigten, wie gesagt, keine Selbstverständlichkeit ist, erscheint dies vom Ergebnis her durchaus plausibel. Manche möchten das beschriebene Konzept aus dem Vertragsrecht ableiten. 495 Für sie kommt eine Dispositionsfreiheit nur im Rahmen der schädigungsbedingten Minderung des Verkaufserlöses – also des Kompensationsbetrages – in Betracht, weil ein darüber hinausreichender Wiederbeschaffungsaufwand nur dann maßgeblich sei, wenn ein entsprechendes Geschäft tatsächlich getätigt werde. Auch bei vertraglichen Schadensersatzansprüchen seien Mehrkosten für Deckungskäufe nur auf konkreten Nachweis als Schadensposten anzuerkennen. Indes unterscheiden sich die einschlägigen vertraglichen Fälle von denen der deliktischen Sachbeschädigung darin, daß in ersteren zwischen den Parteien mit dem Kaufpreis regelmäßig ein interner Wert für die Sache definiert worden ist. Läßt sich, falls das Geschäft für den Käufer günstig war, ein höherer Markt(einkaufs)preis feststellen, kann ohne weiteren Nachweis, insbesondere ohne konkretes Deckungsgeschäft, dieser herangezogen werden. Nur wenn für die Schadensberechnung ausnahmsweise ein noch höherer Wert maßgeblich sein soll, muß der Geschädigte diesen belegen. Zumeist aber wird die Begrenzung des zur freien Verfügung des Geschädigten stehenden Schadensersatzbetrages durch die gem. § 251 Abs. 1 BGB geschuldete Entschädigungssumme mit einem entsprechenden Interesse des Geschädigten begründet. Wenn dieser von vorneherein erkläre, nicht tatsächlich herstellen zu wollen, oder nach dem Erhalt des Herstellungsaufwandes jede Herstellung unterlasse, bringe er damit zum Ausdruck, daß er an der tatsächlichen Herstellung keinerlei Interesse habe und es ihm daher nur auf einen wirtschaftlichen Ausgleich ankommen könne. Damit fehle die Rechtfertigung dafür, dem Geschädigten über den Kompensationsbetrag hinaus Mittel zur tatsächlichen Herstellung zu überlassen.496 Zunächst wird dabei offenbar unterstellt, daß der Herstellungsaufwand mindestens dem Kompensationsbetrag entspricht. 497 Unter dieser Annahme wird weiter argumentiert, daß der Geschädigte den Kompensationsbetrag stets als „quantitatives Minus“ gegenüber dem Herstellungsaufwand müsse fordern dürfen, da dies die Belange des Schädigers nicht negativ berühre. 498 Gleichzeitig erhalte der Geschädigte auf diesem Wege wenigstens den Kompensationsbetrag, ohne daß er gegen seinen Willen zu eiHonsell/Harrer, JuS 1985, 161, 165. Huber, DAR 2000, 20, 27; U. Picker, Naturalrestitution, S. 66; ferner Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 176, der die sog. wirtschaftliche Herstellung freilich von der Kompensation nach § 251 Abs. 1 BGB unterschieden wissen will, obwohl es sich in der Sache um nichts anderes handelt. 497 So ausdrücklich U. Picker, Naturalrestitution, S. 52. 498 U. Picker, Naturalrestitution, S. 54; ähnlich Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 176, im Anschluß an Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 155. 495 496

C. Rahmen der Dispositionsfreiheit

139

ner Herstellung gezwungen sei. 499 Dabei ist jedoch bereits die hinsichtlich des quantitativen Verhältnisses von Restitutions- und Kompensationsaufwand zugrunde gelegte Annahme in Frage zu stellen. Man denke nur an die Konstellation, daß ein Bestandteil eines Ensembles beschädigt worden ist. Hier ist ohne weiteres vorstellbar, daß der Reparatur- oder Ersatzbeschaffungsaufwand hinter der Entwertung der Sachgesamtheit zurückbleibt. Ferner führt auch eine Zweckbindung des Herstellungsaufwandes nicht notwendig dazu, daß dem Geschädigten ohne die Realisierung der tatsächlichen Herstellung jeder Schadensersatz vorenthalten bliebe. 500 Der entscheidende Nachteil dieses Konzeptes zeigt sich indes in seiner praktischen Umsetzung. Will man dem Geschädigten ausschließlich den Kompensationsbetrag zur freien Verfügung belassen und ist man gleichzeitig bereit, die Ersatzbeschaffung als Naturalherstellung zu akzeptieren, hat dies zur Folge, daß man entscheiden muß, wann der Geschädigte Ersatz beschafft, also tatsächlich hergestellt hat, 501 und wann ihm lediglich der Kompensationsbetrag verbleiben soll. Daß diese Entscheidung kaum realisierbar ist, wurde bereits festgestellt.502 Wollte man hier um einer konsequenten Beurteilung willen nur als Herstellung akzeptieren, was der Geschädigte auch im Rahmen des § 249 Abs. 1 BGB fordern dürfte, müßte man insbesondere bei der Anschaffung einer neuwertigen Sache als Ersatz für eine gebrauchte das Vorliegen einer Herstellung verneinen. Damit würde man dem Sinn des § 249 Abs. 2 BGB jedoch kaum gerecht. Aber auch die Systematik der gesetzlichen Vorschriften steht einem Rückgriff auf den Kompensationsbetrag als Schranke der Dispositionsfreiheit entgegen, da man sich mit diesem über den Vorrang der Naturalherstellung hinwegsetzen würde. Der in den §§ 249, 251 BGB enthaltene Vorrang der tatsächlichen Herstellung vor der wirtschaftlichen ist so gestaltet, daß ein rein wirtschaftlicher Ausgleich nur dann in Betracht kommt, wenn ein tatsächlicher nicht möglich ist. Wollte man die Herstellung des § 249 BGB auch im Sinne einer wirtschaftlichen Herstellung verstehen, die relevant wird, wenn der Geschädigte keinerlei Wert auf eine tatsächliche Herstellung zu legen scheint, 503 müßte man Entsprechendes konsequenterweise auch annehmen, wenn eine tatsächliche Herstellung nicht möglich ist, ganz so, wie man die Ersatzbeschaffung als einzige Art der Herstellung begreift, wenn eine Reparatur aus praktischen Gründen nicht in Betracht kommt. Dann aber wäre § 251 Abs. 1 BGB überflüssig. 504 U. Picker, Naturalrestitution, S. 54. Dazu siehe unten IV. 1. (S. 151 ff.). 501 Dieses Problem stellt sich namentlich bei U. Picker, Naturalrestitution, S. 155. Für Jakob hingegen wird sich diese Frage wegen seines „erweiterten Herstellungsbegriffs“, siehe oben A. III. 2. c) (S. 132 f.), kaum ergeben. 502 Vgl. oben A. III. 2. a) (S. 131 f.), insbesondere Fn. 463. 503 Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 176. 504 Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 176, sieht die Funktion des § 251 Abs. 1 BGB darin, den Anspruch des Geschädigten im Fall der Unmöglichkeit einer tatsächlichen Herstellung auf den wirtschaftlichen Ausgleich „zwangsweise“ festzuschreiben. Aber auch dazu wäre § 251 Abs. 1 499 500

140 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB Schließlich spricht auch ein Blick auf § 249 Abs. 1 BGB gegen eine Orientierung am Kompensationsbetrag: Auch dann, wenn er ankündigt, die Sache unmittelbar im Anschluß an die Herstellung entsorgen zu wollen, kann der Geschädigte zunächst – von Schikaneverboten außerhalb des Schadensrechts abgesehen – nach § 249 Abs. 1 BGB Naturalherstellung durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung verlangen. 505 Auch insofern ergibt sich aus dem Vorrang der Naturalherstellung, daß man den Geschädigten, solange eine tatsächliche Herstellung möglich ist, nicht – weder begrifflich noch inhaltlich 506 – auf die Kompensation verweisen kann.

II. Dispositionsfreiheit im Rahmen des Mindestherstellungsaufwandes Der Vorrang der tatsächlichen Herstellung vor dem rein wirtschaftlichen Ausgleich legt daher nahe, die Grenzen der Dispositionsfreiheit anhand der Herstellungskosten zu bestimmen, die den Schädiger mindestens treffen werden. Das entspricht den Überlegungen der Gesetzesautoren, die dem Geschädigten mit §249 S. 2 BGB a. F. gestatten wollten, „den Geldbetrag zu verlangen, den er für die Herstellung aufwenden müßte“ 507, und die dabei, wie gezeigt, ursprünglich sogar nur an eine Herstellung durch Reparatur gedacht hatten. Der Rahmen, innerhalb dessen der Geschädigte frei disponieren darf, ist daher stets durch die den Schädiger wirtschaftlich am wenigsten belastende denkbare Art der tatsächlichen Herstellung zu definieren. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem tatsächlichen Interesse des Geschädigten, wie es sich in dieser Konstellation regelmäßig darstellt. Ein Geschädigter, der frei disponieren, d. h. sein Interesse neu definieren möchte, bringt damit gleichzeitig und notwendig zum Ausdruck, daß sein Interesse ursprünglich keinesfalls ein faktisches, sondern allenfalls ein funktionales gewesen sein kann. 508 Es wäre nämlich widersprüchlich, wenn er einerseits mit Verweis auf ein faktisches Interesse die gegenüber einer grundsätzlich denkbaren Ersatzbeschaffung höheren Kosten einer Reparatur fordern würde, um anschließend BGB nicht erforderlich, da eine Naturalherstellung in diesen Fällen schon an den praktischen Grenzen bzw. an § 275 Abs. 1 BGB scheitern würde. 505 Zu diesem Recht U. Picker, Naturalrestitution, S. 54. 506 Dies versucht Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 176, vgl. Fn. 496. 507 Denkschrift zum Rechte der Schuldverhältnisse, S. 45, (zitiert nach Mugdan, Materialien, II. Band, S. 1235) [Hervorhebung durch den Verf.]. 508 Ähnlich Lipp, NJW 1990, 104, 105; Wussow-Karczewski, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kap. 41 Rn. 12 (S. 1027); BGH NJW 1985, 2469, 2470; OLG Karlsruhe NJW-RR 1998, 1718; obwohl im Grundsatz für eine weitgehende Dispositionsfreiheit auch Grunsky, NJW 1983, 2465, 2468; Weber, VersR 1990, 934, 945; Steffen, NJW 1995, 2057, 2060; zur Widerlegung des eng verstandenen Integritätsinteresses durch Veräußerung der Sache Medicus, DAR 1982, 352, 360. Noch weitergehend U. Picker, Naturalrestitution, S. 79 f. BGHZ 115, 364, 371, zieht den Gegenschluß, daß bei Vornahme der Reparatur auch den Ersatzbeschaffungsaufwand übersteigende Kosten zu ersetzen sind.

C. Rahmen der Dispositionsfreiheit

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umzudisponieren und die Sache unrepariert zu lassen. Entsprechend ist dem Geschädigten eine Dispositionsfreiheit nur innerhalb des engeren wirtschaftlichen Rahmens zuzugestehen. 509 Nach dem Gesagten hängt der Umfang der Dispositionsfreiheit des Geschädigten, wenn er den Reparaturaufwand erhalten hat, also davon ab, ob neben der Reparatur auch eine weniger aufwendige Ersatzbeschaffung als Art der tatsächlichen Herstellung denkbar ist. Diese Aussage steht nicht in Widerspruch zu der oben getroffenen Feststellung 510, daß dem Geschädigten eine Ersatzbeschaffung nicht aufgedrängt werden kann, d. h. diese erst dann als Art der Naturalherstellung in Erscheinung tritt, wenn der Geschädigte sein tatsächliches Interesse entsprechend formuliert. Der Geschädigte hat nämlich nach wie vor ohne weiteres die Möglichkeit, eine Ersatzbeschaffung durch die Vornahme der Reparatur auszuschließen. Er würde damit die Vermutung, daß sein tatsächliches Interesse ein faktisches ist, bestätigen. Handelt es sich um eine Sache, deren Funktion nach der Verkehrsanschauung notwendig an ihre Identität geknüpft und bei deren Beschädigung daher ausschließlich eine Herstellung durch Reparatur vorstellbar ist, existiert hierzu auch gar keine Alternative. Das faktisch definierte Interesse ist in dieser Konstellation das einzig denkbare und kann in der Konsequenz auch nicht dadurch erschüttert werden, daß der Geschädigte später von dem Zugeständnis des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, sein tatsächliches Interesse ändern zu dürfen, Gebrauch macht und eine Reparatur unterläßt. Vielmehr ist die Behauptung des faktischen Interesses überhaupt erst dann widerlegbar, wenn statt dessen auch ein weiter gefaßtes tatsächliches Interesse des Geschädigten und damit auch eine Herstellung durch Ersatzbeschaffung vorstellbar ist. Davon kann ausgegangen werden, wenn eine gleichartige und gleichwertige Ersatzsache am Markt verfügbar ist und ein Austausch im Hinblick auf die – nach der Verkehrsanschauung – normale Funktion der Sache nicht als ungewöhnlich erscheint. Das wird insbesondere bei Gebrauchsgegenständen regelmäßig der Fall sein. Wurde eine Taschenuhr beschädigt, hängt die Dispositionsfreiheit des Geschädigten über den Reparaturaufwand folglich davon ab, um welche Art von Uhr es sich handelt. Ist sie das historische Meisterstück eines bekannten Uhrmachers, wird nach der Verkehrsanschauung von einem unersetzbaren Sammlerstück auszugehen sein. Wegen ihrer Empfindlichkeit und ihres Wertes wird man entsprechend ausschließen können, daß die Uhr als Gebrauchsgegenstand dient und als solcher unproblematisch funktional substituierbar ist. Darüber hinaus wird ein Austausch der 509 Hierfür auch Lipp, NJW 1990, 104, 105; ähnlich Gebhardt, NZV 2002, 249, 250. Hiervon muß im Grundsatz auch die Rspr. ausgehen, wenn sie höheren Reparaturaufwand nur dann zuspricht, wenn eine Reparatur durchgeführt wurde, vgl. BGH NJW 2003, 2085f.; BGH NJW 1992, 1618, 1619; BGHZ 115, 364, 371. Zu einer generellen Dispositionsfreiheit im Rahmen des Reparaturaufwandes gelangt man natürlich, wenn man die Ersatzbeschaffung nicht als Form der Naturalherstellung versteht. Dann erscheint der Rückgriff auf einen ggf. geringeren Ersatzbeschaffungsaufwand in der Tat als systemwidrige Anlehnung an §251 Abs. 1 BGB, vgl. Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 32 f. 510 Siehe oben 2. Kap., C. (S. 57 f.).

142 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB Uhr in ihrer Funktion als Sammlerstück wegen der besonderen Bedeutung ihres Herstellers an der Verfügbarkeit einer unter diesem Gesichtspunkt gleichartigen Uhr scheitern bzw. würde ein Austausch gegen die Uhr eines anderen Herstellers als ungewöhnlich empfunden. Handelt es sich bei der beschädigten Uhr hingegen um eine normale Gebrauchsuhr, für die ein gleichartiger und gleichwertiger Ersatz ohne weiteres beschafft werden kann, ist eine Ersatzbeschaffung nicht fernliegend und damit vorstellbar, so daß eine Dispositionsfreiheit des Geschädigten hier nur bis zu der Höhe des Ersatzbeschaffungsaufwandes zu bejahen ist. Unterläßt der Geschädigte im zweiten Fall nach dem Erhalt des Reparaturaufwandes die Reparatur, widerlegt er so die zunächst durch die Forderung des Reparaturaufwandes bestätigte Vermutung des faktischen Interesses. Insofern setzt sich sein Verhalten gegenüber der vorangegangenen gegenteiligen Behauptung durch. 511 Mit der Widerlegung des faktischen kann nur von einem weiter definierten tatsächlichen Interesse ausgegangen werden, und zwar ohne daß der Geschädigte dieses, beispielsweise durch eine Verwendung des Reparaturaufwandes zur Ersatzbeschaffung, selbst so formuliert haben muß. Ausschlaggebend ist insofern die eigene Widersprüchlichkeit des Geschädigten, so daß nicht davon gesprochen werden kann, dem Geschädigten werde eine Ersatzbeschaffung aufgezwungen oder sein faktisches Interesse ignoriert. III. Umfang des Mindestaufwandes 1. Neben- und Folgekosten Bisher wurde der Begriff „Herstellungsaufwand“ pauschal als Bezeichnung für den i. S. d. § 249 Abs. 2 S.1 BGB zur Realisierung der tatsächlichen Herstellung erforderlichen Geldbetrag verwendet. Oben ist bereits festgestellt worden, daß darunter auch Nebenkosten zu fassen sind. 512 Es wäre denkbar, alle Einzelposten, die in kausalem Zusammenhang mit einem Sachschaden stehen und die über §249 Abs.2 BGB zu ersetzen sind, auch potentiell zu dem Mindestaufwand zu zählen, der den Schädiger zur Herstellung unvermeidbar treffen wird. Diese Summe stünde dem Geschädigten nach der gerade gefundenen Formel auf jeden Fall zu, unabhängig davon, ob er sein tatsächliches Interesse hinsichtlich der beschädigten Sache ändert oder nicht, und damit auch unabhängig davon, ob der jeweilige Posten anfällt oder nicht. 513 Es liegt jedoch auf der Hand, daß der Geschädigte, der schädigungsbedingt seinen Urlaubsflug versäumt, nicht die Mehrkosten für einen Ersatzflug geltend machen kann, wenn er auf einen solchen verzichtet, obwohl er die Kosten erstattet bekäme, wenn er sich für ihn entschiede. Das praktische Bedürfnis für eine Aussonderung derartiger Vgl. Palandt-Heinrichs, 63. Aufl., Einf v § 145 Rn. 27; BGH NJW 2000, 3429, 3431. Siehe oben 3. Kap., A. II. (S. 78 f.). 513 Posten, die der Kompensation dienen und die daher §251 Abs.1 BGB unterfallen, werden im übrigen ohnehin nur dann ersetzt, wenn sich die entsprechende Vermögenslücke aufgetan hat. 511 512

C. Rahmen der Dispositionsfreiheit

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Positionen aus dem zur freien Verfügung des Geschädigten stehenden Mindestherstellungsaufwand besteht deshalb, weil sich die Neben- und Folgeposten leicht auf eine Summe addieren können, die an die unmittelbaren Herstellungskosten heranreicht. Auch den Gesetzesverfassern dürfte, als sie die Vorschrift des § 249 S. 2 BGB a. F. schufen, die spätere Tragweite ihrer Entscheidung noch gar nicht bewußt gewesen sein, da zahlreiche Nebenkosten erst im Laufe der Zeit als Herstellungskosten anerkannt wurden. Blickt man auf die für die Dispositionsfreiheit verantwortliche Funktion des § 249 Abs. 2 BGB, spricht einiges dafür, dem Geschädigten diese Freiheit nur im Rahmen desjenigen Betrages zu gewähren, den der Schädiger dem Geschädigten zur tatsächlichen Herstellung der Sache selbst 514 zur Verfügung stellen müßte. Wenn das Zugeständnis an den Geschädigten, sein tatsächliches Interesse ändern zu können, auf Sachen beschränkt sein soll, 515 korrespondiert damit, daß sich auch der dazu gesetzte finanzielle Rahmen an dem zur Verwirklichung des auf die Sache bezogenen tatsächlichen Interesses erforderlichen Aufwand orientiert. Kosten, die anfallen, um zwar mit der Sache in Zusammenhang stehende, aber gleichwohl weiter reichende tatsächliche Ziele zu verwirklichen, stehen folglich nicht zur freien Verfügung des Geschädigten. Der Geschädigte soll durch §249 Abs. 2 BGB (nur) die Möglichkeit erhalten, sein tatsächliches Interesse im Hinblick auf die Sache ändern zu können, ohne dadurch den Anspruch auf den zu ihrer Herstellung erforderlichen Aufwand zu verlieren. Diese ohnehin nicht selbstverständliche Privilegierung darf nicht so weit ausgedehnt werden, daß darüber hinaus auch tatsächliche Sekundärziele unter Erhalt des Herstellungsanspruches aufgegeben werden können. 516 Gäbe es keine Dispositionsfreiheit, könnte der Geschädigte vom Schädiger entweder die Herstellung des Sollzustandes bzw. ihre Finanzierung verlangen, hätte aber ohne die Realisierung der Herstellung jedenfalls keinen Anspruch auf die Herstellungskosten. Das Verdienst der Dispositionsfreiheit ist insofern, daß die Aufgabe des Primärzieles nicht zum Verlust sämtlicher Restitutionsansprüche führt. Dies bedingt aber auch, daß demgegenüber ein Ersatz für Folgekosten nur dann in Betracht kommt, wenn und soweit die entsprechenden Positionen wirklich angefallen sind. Wer kritisiert, daß es sich für den Geschädigten dann nicht auszahle, Folgekosten zu vermeiden, 517 lenkt davon ab, daß §249 Abs.2 S.1 BGB den Geschädigten ohnehin mehr als der Natur der Sache nach geboten privilegiert. 518 514 Ähnlich MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 350, und Schiemann, Argumente und Prinzipien, S.214 f. Während Schiemann seinem Vorverständnis von der Definition des Sollzustandes entsprechend nur die Reparaturkosten meinen kann, ist nach der hier vertretenen Auffassung unter der „Herstellung der Sache selbst“ auch eine funktionale Herstellung durch Ersatzbeschaffung zu verstehen. 515 Zu Personenschäden siehe oben B. (S. 133 ff.). 516 Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 13, sagt in der Sache Ähnliches, bezieht dies jedoch auf die (andere) Funktion des §249 Abs. 2 BGB, dem Geschädigten Geld- statt Naturalersatz zu gewähren. 517 Staudinger-Medicus [1983], § 253 Rn. 36; W. Born, NZV 1993, 1, 5; BGHZ 86, 128, 132; kritisch dazu Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 289 f. 518 In diesem Sinne (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 222 f.

144 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB Zweifelhaft kann daher nur noch sein, ob ein behaupteter Schadensposten – unmittelbar oder mittelbar – der Realisierung des Primärzieles oder der Verwirklichung eines darüber hinausgehenden tatsächlichen Zustandes dient. Hier besteht ein gewisser Raum für Wertungen. Sieht man das Primärziel in der Wiederherstellung des unbeeinträchtigten Habens der Sache, bietet sich an, zu unterscheiden zwischen Aufwendungsposten, die der Sache selbst (nicht: ihrem Wert) zugute kommen, und solchen, die darüber hinaus gehenden Zielen dienen. Ein beispielhafter Grenzfall – und in der Tat viel diskutiert – sind bei Kfz-Schäden die Zulassungskosten für ein Ersatzfahrzeug. Zählt man die Zulassung zur Sache selbst, handelt es sich um einen Posten, welcher der Sache unmittelbar zugute kommt, mit der Folge, daß ihn der Geschädigte unter den genannten weiteren Voraussetzungen auch dann verlangen kann, wenn er tatsächlich kein Ersatzfahrzeug anschafft. Hält man es für ein Sekundärziel, nicht nur über die Sache selbst, sondern darüber hinaus auch noch über die für sie erforderliche Betriebserlaubnis zu verfügen, ist dies zu verneinen. 519 Obwohl mit der Feststellung, daß der gesamte der Herstellung der Sache selbst dienende Aufwand zur freien Verfügung des Geschädigten stehen kann, auch für die mittelbaren Herstellungskosten bereits eine positive Entscheidung getroffen ist, werden diese häufig weiter problematisiert. Manche geben zu bedenken, daß der Anfall mittelbarer Kosten ungewiß und damit ohne Realisierung der Herstellung nicht faßbar sei, und nehmen diese Kosten deshalb aus dem potentiell zur freien Verfügung des Geschädigten stehenden Herstellungsaufwand aus. 520 Vergegenwärtigt man sich die Zufälligkeiten, die mit einer Unterscheidung von mittelbaren und unmittelbaren Herstellungskosten verbunden sind, wird man dieses Kriterium ausschließen dürfen. Je nachdem, wie die Herstellung im einzelnen organisiert wird, ist vorstellbar, daß ein Einzelposten einmal in den Herstellungsposten selbst inkludiert ist oder aber als selbständiger Nebenposten in Erscheinung tritt. Im Falle der bei Kfz-Schäden häufig umstrittenen Transportkosten zwischen KfzWerkstatt und Lackiererei ist ohne weiteres denkbar, daß sich derselbe sachliche Posten einmal in höheren Lackierkosten niederschlägt, wenn der Karosseriebauer selbst Lackierkapazitäten vorhält, oder aber die beschriebenen Transportkosten gesondert ausgewiesen werden und dabei als mittelbare Kosten anfallen. Die Unterscheidung zwischen mittelbaren und unmittelbaren Herstellungskosten erscheint daher als notwendig willkürlich und zur Abgrenzung ungeeignet. 519 So OLG Karlsruhe VRS 75 (1988), 403 (Nr. 151); Geigel-Rixecker, Der Haftpflichtprozess, 24. Aufl., 3. Kap. Rn. 97; Wortmann, NZV 1999, 503, 504. Zu überlegen ist dann, ob der Posten gleichwohl verlangt werden kann, wenn zwar kein Ersatzfahrzeug i. S. d. Naturalherstellung angeschafft wird, aber beispielsweise ein Neuwagen, für den ebenfalls Zulassungsgebühren anfallen. 520 Staudinger-Medicus [1983], § 249 Rn. 228 ff.; C. Wagner, NZV 1999, 358, 359; Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 46; LG Arnsberg SP 2001, 384; LG Essen SP 1998, 428; aA Wortmann, NZV 1999, 503, 504.

C. Rahmen der Dispositionsfreiheit

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Ferner wird argumentiert, daß sich nur die unmittelbar der Herstellung der Sache dienenden Aufwendungen in deren wirtschaftlichen Wert niederschlagen, so daß nur diese zur freien Verfügung stehen dürften 521, weil anderenfalls unzulässigerweise immaterielle Schäden kompensiert würden. Zunächst handelt es sich dabei um ein Argument, das im Rahmen der Restitution, wo es auf einen wirtschaftlichen Wert der beschädigten Sache gar nicht ankommt, ohne Belang ist. 522 Zudem wäre die Ablehnung der Dispositionsfreiheit dabei nicht mehr nur auf den mittelbaren Herstellungsaufwand zu beschränken, sondern müßte auch den unmittelbaren erfassen. Daher müßte man mit dem genannten Argument konsequenterweise die Dispositionsfreiheit insgesamt verneinen, wenn und soweit der Herstellungsaufwand den eingetretenen Wertverlust der beschädigten Sache übersteigt. Das beträfe zum einen Sachen ohne jeden wirtschaftlichen Wert. 523 Obwohl der Geschädigte auch hier nach § 249 Abs. 1 BGB eine Reparatur, also nach Abs. 2 auch die dazu erforderlichen Kosten verlangen könnte, kann sich der Herstellungsaufwand – selbst bei einer Realisierung der Herstellung – im Gegenwert der wiederhergestellten Sache schlechterdings nicht wiederfinden. In weiteren Fällen, nämlich stets, wenn der Herstellungsaufwand die erlittene wirtschaftliche Einbuße übersteigt, 524 müßte man – praktisch kaum durchführbar – genau differenzieren zwischen einem Teil des Herstellungsaufwandes, der sich (noch) im Wert der Sache niederschlägt, und einem darüber hinausgehenden Teil, dem dieser Niederschlag notwendigerweise fehlt. Die Auflösung dieser Diskussion erschließt sich letztlich über das Szenario, in dem sich das Problem ungewisser Positionen stellt. Ergibt sich die Frage bei der Prüfung einer Vorschußforderung des Geschädigten, muß dieser nachweisen, daß die Herstellung des Fahrzeuges unter seiner Organisation und für ihn zumutbar nicht ohne Anfall der mittelbaren Kosten, beispielsweise der Verbringungskosten, möglich ist. Zeigt sich insofern, daß keine der dem Geschädigten in seinem Umfeld zugänglichen Reparaturstellen ohne Anfall dieser Kosten reparieren kann, sind diese als erforderlich anzusehen, 525 so daß sie auch zum Mindestaufwand gehören können. Unter der gegenteiligen Annahme sind die Kosten mangels Erforderlichkeit nicht in den im voraus zu leistenden Schadensersatzbetrag einzurechnen.526 Soweit der Mindestherstellungsaufwand in Frage steht, ist darunter somit der nach der Pro521 Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 45 f.; zum Nutzungsausfall Schulze, NJW 1997, 3337 ff. 522 Jahr, AcP 183 (1983), 725, 789. 523 So offenbar in der Tat MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 357 f. 524 Vgl. U. Picker, Naturalrestitution, S. 30. 525 In der Sache ist dies auch die Argumentation der entsprechend lautenden Entscheidungen, vgl. OLG Düsseldorf NZV 2002, 87, 88 f.; OLG Koblenz NZV 1998, 465; LG Wiesbaden DAR 2001, 36; ebenso Wortmann, VersR 1998, 1204, 1208. Geigel-Rixecker, Der Haftpflichtprozess, 24. Aufl., 3. Kap. Rn. 33, spricht insofern von einem Scheinproblem. 526 Fallen bei einer anschließenden Realisierung gleichwohl Transportkosten an, kann allenfalls noch geprüft werden, ob sich insofern ein Prognoserisiko verwirklicht hat, vgl. dazu unten D. II. (S. 158 f.).

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146 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB gnose zur Herstellung der Sache selbst unmittelbar oder mittelbar mindestens erforderliche Aufwand zu verstehen. 2. Berücksichtigung der Umsatzsteuer Danach ergibt sich, daß auch die rechnerische Umsatzsteuer zum Mindestaufwand gehört, 527 wenn und soweit sie sich auf Maßnahmen bezieht, die der Herstellung der Sache dienen. Zu berücksichtigen ist hierbei jedoch neuerdings die Spezialregelung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB. Sie hat ausdrücklich zum Ziel, den Ersatz von Herstellungskosten einzuschränken. Umsatzsteuer soll als Teil der Herstellungskosten nur noch ersatzfähig sein, wenn und soweit sie wirklich angefallen ist. 528 Damit trifft das Gesetz zugleich eine Aussage zur Dispositionsfreiheit des Geschädigten, da es der einschränkenden Spezialregelung nicht bedürfte, wenn man im Grundsatz nicht von einer Dispositionsfreiheit ausginge. 529 Die neue Vorschrift sieht hinsichtlich der Umsatzsteuer nunmehr nur noch eine Erstattung verauslagter Beträge bzw. einen entsprechenden zweckgebundenen Vorschuß vor. 530 Für die hier vertretene Auffassung hat dies zur Folge, daß sich auch der zur freien Disposition des Geschädigten stehende Mindestaufwand nur noch nach dem günstigsten Nettoherstellungsaufwand bemessen kann. 531 Alles, was darüber hinausgeht, also auch die Umsatzsteuer, ist zweckgebundener Vorschuß oder kann nur auf Nachweis verlangt werden – in der Folge einer wirklich durchgeführten Reparatur samt angefallener Steuer. 532 C. Knütel, ZGS 2003, 17, 18; Wortmann, NZV 1999, 503, 504. Begründung zum Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetz, BR-Drucks. 742/01, S. 30. 529 Das entsprechende Vorverständnis dokumentiert die Begründung zum Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetz, BR-Drucks. 742/01, S.28 f. So auch BGH NJW 2004, 1943, 1944. 530 Obwohl die Gesetzesformulierung „angefallen ist“ einen Vorschuß eigentlich ausschließt, läßt sich dies m. E. aus der Begründung zum Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetz, BRDrucks. 742/01, S. 54 entnehmen: „Fehlen ihm die notwendigen Mittel zur Aufbringung des Umsatzsteueranteils der Wiederherstellung, kann er hierzu Fremdmittel aufnehmen und nach § 249 BGB auch diese Finanzierungskosten geltend machen, wenn der Schädiger keinen Vorschuss zur Verfügung gestellt hat.“ C. Knütel, ZGS 2003, 17, 19 f., schließt aus der zitierten Stelle (BT-Drucks. 14/7752, S.23, und BR-Drucks. 742/01, S.54, decken sich insofern) freilich das Gegenteil. 531 Zu beachten ist in der Praxis, daß insbesondere bei Kraftfahrzeugen eine Ersatzbeschaffung häufig auf dem privaten Markt erfolgen muß oder wegen §25 a UStG nur ein geringer Umsatzsteueranteil anfällt, vgl. LG Oldenburg NJW 2003, 3494 f.; AG Erkelenz NJW 2003, 2617; AG Halle NJW 2003, 2616; AG Hameln NJW 2003, 2615 f.; AG Papenburg NJW 2003, 2617; Heinrich, NJW 2004, 1916 f. 532 Erwirbt der geschädigte Fahrzeugeigentümer ein Ersatzfahrzeug und unterfällt der Erwerb der Differenzbesteuerung nach § 25 a UStG, ist er in einer misslichen Lage: Ein Ausweis des Umsatzsteueranteils ist bei der Differenzbesteuerung nicht vorgeschrieben (§§ 14 Abs. 6 S. 2, 25 a Abs. 3 UStG). Der Geschädigte kann die tatsächlich angefallene Umsatzsteuer der Höhe nach nicht nachweisen. Heinrich, NJW 2004, 1916, 1917 f., schlägt daher vor, dem Geschädigten mit einer Schätzung des Mehrwertsteueranteils zu helfen. Der Umsatzsteueranteil soll dabei regelmäßig 2 % betragen. 527 528

C. Rahmen der Dispositionsfreiheit

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Bei der Neuregelung handelt es sich ausschließlich um ein Zugeständnis an den Schädiger. 533 An sich würde die Umsatzsteuer nämlich, wie gerade gezeigt, ebenfalls zu dem beim Geschädigten 534 ohnehin anfallenden Herstellungsaufwand gehören. Gleichwohl soll der Schädiger von der Steuer entlastet werden, wenn der Geschädigte zugestandenermaßen im Rahmen der den Schädiger ohnehin treffenden Belastung frei disponiert. Damit stellt die Neuregelung eine Abweichung vom bisherigen System dar. 535 Das Argument der Gesetzesbegründung, Umsatzsteuer, die nicht anfällt, finde in der wiederhergestellten Sache keinen Gegenwert, 536 wurde gerade für alle Nebenkosten und grundsätzlich entkräftet. 537

3. Ersatz des Interimsschadens als Mindestherstellungsaufwand Schließlich bildet auch der Ersatz für den vorübergehenden Verlust der Gebrauchsmöglichkeit der beschädigten Sache regelmäßig einen Nebenposten, der wirtschaftlich nicht selten erheblich ins Gewicht fällt. Die genannte Position erfaßt den Aufwand für die Aufrechterhaltung der Gebrauchsmöglichkeit der Sache bis zu ihrer endgültigen Wiederherstellung. Der zwischenzeitliche Gebrauchsausfall, der auch durch die Herstellung der Sache an sich nicht beseitigt werden kann, ist oben als Interimsschaden bezeichnet worden. 538 Bereits im Hinblick auf den tatsächlichen Gegenstand dieses Postens besteht Uneinigkeit: Während die überwiegende Auffassung annimmt, daß schon der Wegfall der Gelegenheit, die Sache zu gebrauchen, d. h. der Verlust der bloßen Gebrauchsmöglichkeit, den zu ersetzenden tatsächlichen Schaden darstellt, 539 geht die Gegenmeinung davon aus, daß erst in konkreten ausgefallenen (Einzel-)Nutzungen ein Schaden zu sehen und daher allenfalls solche zu ersetzen seien. 540 Während es für die erste Ansicht damit keine Rolle spielen kann, ob und in welchem Umfang von der Nutzungsmöglichkeit Gebrauch gemacht worden wäre, 541 hängt für die Gegenansicht davon ab, ob ein Schaden überhaupt Karczewski, VersR 2001, 1070, 1075; Unterreitmeier, NZV 2004, 329. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Geschädigte vorsteuerabzugsberechtigt ist. 535 C. Knütel, ZGS 2003, 17, 18; aA U. Picker, Naturalrestitution, S. VII. Zu den praktischen Auswirkungen dieser Sonderregelung siehe unten IV. 2. (S. 153 f.). 536 Begründung zum Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetz, BR-Drucks. 742/01, S. 53. 537 Siehe soeben 1. (S. 145 f.). 538 Siehe oben 3. Kap., B. I. 6. b) (S. 95). 539 BGHZ 45, 212, 216 f.; Jahr, AcP 183 (1983), 725, 726; MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 399. 540 Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 292; R. Born, VersR 1978, 777, 784. 541 MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 400. Trotzdem und daher inkonsequenterweise wird auch von den Befürwortern dieser Ansicht häufig auf den Nutzungsbedarf und -willen des Geschädigten abgestellt, vgl. Staudinger-Schiemann [1998], § 251 Rn. 77 ff. m. w. N.; BGHZ 45, 212, 216, 219. 533 534

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148 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB entstanden ist. 542 Geht man aber auch hier vom Tatsächlichen aus, wird man wiederum kaum leugnen können, daß dem Geschädigten, wenn er seine Sache nach dem schädigenden Ereignis bis zu ihrer endgültigen Reparatur oder ihrem Ersatz nicht gebrauchen kann, die Sache fehlt: Sein Geigenkasten, seine Garage ist leer, und er hat nicht die Möglichkeit, seine Sache, wenn er dies gerade möchte, zu gebrauchen. Ist der Ausfall der Nutzungsmöglichkeit unmittelbare Folge des schädigenden Ereignisses, da die Sache wegen ihrer Beschädigung nicht mehr gebrauchsbereit ist, liegt dieser tatsächliche Schaden bereits ab dem Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses vor. Denkbar ist aber auch, daß der Geschädigte die Sache erst mit dem Beginn der Herstellungsmaßnahmen entbehren muß, wenn sie nämlich nach dem schädigenden Ereignis zunächst noch gebrauchsfähig war. 543 Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Unfallfahrzeug für einige Tage zur Reparatur in die Werkstatt muß und dem Geschädigten (erst) deshalb für diesen begrenzten Zeitraum nicht zur Verfügung steht. In beiden Fällen endet der Gebrauchsausfall mit der endgültigen Herstellung der Sache. Es liegt nahe, diesem vorübergehenden Ausfall der Sache dadurch zu begegnen, daß dem Geschädigten übergangsweise die Gebrauchsmöglichkeit an einer Ersatzsache verschafft, d. h. ihm eine solche zur Verfügung gestellt wird. 544 Voraussetzung ist natürlich, daß ein entsprechender Beschaffungsmarkt existiert oder der Schädiger selbst eine Ersatzsache zur Verfügung hat. 545 Im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB bedeutet dies, daß der Geschädigte die durch die vorübergehende Anmietung einer Ersatzsache 546 erforderlichen Kosten fordern kann. 547 Wenn 542 Genau genommen geht es darum, ob ein Schaden durch den entsprechenden Nutzungswillen entstanden wäre, wäre dies nicht durch eine insofern präventive Maßnahme verhindert worden, vgl. Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 12. 543 Ist in einem solchen Fall die Ersatzbeschaffung Grundlage der Bemessung des Herstellungsaufwandes, ergibt sich gar kein Interimsschaden. Wenn in Streit steht, ob die Gebrauchsmöglichkeit bereits mit dem schädigenden Ereignis verloren gegangen ist, beurteilt sich dies letztlich danach, ob dem Geschädigten die weitere Nutzung der beschädigten Sache bis zu ihrer Herstellung im konkreten Fall zumutbar war. 544 BGHZ 98, 212, 220 (GS); Graf, Die Entschädigung des Ausfalls allgemeiner und alltäglicher Nutzungen, S. 30; R. Born, VersR 1978, 777, 783. Detlefsen, Schadensersatz für entgangene Gebrauchsvorteile, S. 89, veranschaulicht, wie der tatsächliche Schaden durch die Verfügbarkeit einer Ersatzsache praktisch im Augenblick seiner Entstehung ersetzt wird. 545 Gotthardt, Wandlungen schadensrechtlicher Wiedergutmachung, S. 44 ff., verlangt für die Möglichkeit der Naturalherstellung darüber hinaus die subjektive Fühlbarkeit des Ausfalls der Nutzung auf Seiten des Geschädigten, da es nicht möglich sei, eine Nutzung, die nicht gezogen worden wäre, durch die Nutzung einer Ersatzsache zu ersetzen. Der Unterschied zu der hier vertretenen Auffassung könnte darin liegen, daß Gotthardt Nutzungen ersetzen möchte, während hier bereits die bloße Gebrauchsmöglichkeit als zu ersetzender tatsächlicher Schaden angesehen wird. 546 Denkbar ist auch eine Beschaffung der Gebrauchsmöglichkeit durch eine kurzfristige Notreparatur oder die übergangsweise Anschaffung eines Ersatzgegenstandes. 547 So die überwiegende Ansicht, z. B. MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 399 ff.; Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 2; Schulze, NJW 1997, 3337, 3338; (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 252; Graf, Die Entschädigung des Ausfalls allgemeiner und alltäglicher Nutzungen, S. 30; Honsell/Harrer, JuS 1991, 441, 447; R. Born,

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man den tatsächlichen Schaden im Verlust der permanenten Verfügbarkeit der Sache sieht, kann der Geschädigte insbesondere nicht darauf verwiesen werden, daß sein Nutzungsbedarf auch durch eine nur punktuelle Ersatzbeschaffung hätte gedeckt werden können. 548 Fraglich ist im hier interessierenden Zusammenhang indes, ob und in welchem Umfang dies auch dann gilt, wenn sich der Geschädigte die Gebrauchsmöglichkeit gar nicht anderweitig verschafft, über den einschlägigen Betrag also frei disponieren möchte. 549 Von manchen wird argumentiert, ein Ersatz sei insofern gar nicht möglich, da ein Gebrauchsverlust und damit der Schaden erst im Falle der tatsächlichen Durchführung der Naturalherstellung entstehe. 550 Das trifft zwar für die Fälle zu, in denen die beschädigte Sache noch als gebrauchsfähig einzustufen ist, jedoch nicht dann, wenn das schädigende Ereignis auch zum sofortigen Wegfall der Gebrauchsmöglichkeit geführt hat. Auch wenn gesagt wird, daß der Nutzungsausfallschaden erst durch die vorübergehende Inanspruchnahme einer Ersatzsache entstehe und der Schaden daher nur ein zukünftiger sei, 551 so beruht dies auf einer rein wirtschaftlichen Betrachtung, 552 nämlich derjenigen, daß mit den Herstellungskosten eine wirtschaftliche Einbuße ausgeglichen werde, die dem Geschädigten durch den schädigungsbedingten Wertverlust an der Sache selbst oder durch Herstellungsaufwendungen entstehen soll. Dieses Argument ist oben bereits widerlegt worden. 553 Insbesondere kommt es im Rahmen der Naturalherstellung nicht darauf an, daß mit einem tatsächlichen Schaden für den Geschädigten auch wirtschaftliche Einbußen verbunden sind. 554 Im vorliegenden Zusammenhang greift das Argument des nur künftigen Schadens, wenn man es in tatsächlicher Hinsicht versteht, allenfalls VersR 1978, 777, 783. Die Gegenauffassung möchte den Posten, wie alle Nebenkosten (siehe oben Fn. 248), unter § 249 Abs. 1 oder § 251 Abs. 1 BGB fassen; so Staudinger-Schiemann [1998], §251 Rn.56; Lange/Schiemann-Schiemann, Schadensersatz, 3.Aufl., § 6 VII 2 (S. 274); Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn.91; Larenz, Schuldrecht I, 14. Aufl., § 29 II (S. 496). Wenn Greger, NZV 1994, 337 FN 3, darauf hinweist, das RG habe in RGZ 71, 212, 216, §254 Abs. 2 BGB herangezogen, so trifft das nur hinsichtlich der angenommen Schadensminderungspflicht ohne weiteres zu, schließt aber nicht aus, daß die zur Schadenminderung angefallenen Kosten gleichwohl über § 249 S. 2 BGB a. F. zu ersetzen gewesen wären. 548 MüKo-Oetker, 4.Aufl., §249 Rn.400; Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 17. 549 Begreift man §249 Abs.2 BGB als auf den Ersatz eines Bedarfsschadens gerichtet, ist der generelle Ersatz von Mietkosten, unabhängig von ihrem Anfall, unproblematisch; vgl. Zeuner, AcP 163 (1963), 380, 396; feststellend Lange/Schiemann-Schiemann, Schadensersatz, 3.Aufl., § 6 VII 4 (S. 284). 550 In diesem Sinne Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 230. 551 Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 46; BGHZ 66, 239, 249. 552 Diese kommt auch zum Ausdruck, wenn Herstellungskosten nur unter dem Gesichtspunkt ihrer vermögensmäßigen Auswirkung behandelt werden, vgl. Greger, NZV 1994, 337 f.; OLG Karlsruhe VRS 75 (1988), 403 (Nr. 151). Insofern kritisch wie hier Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 16. 553 Siehe oben A. III. 2. b) (S. 131 f.). 554 So aber beispielsweise Greger, NZV 1994, 337 ff.

150 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB dann, wenn ein Gebrauchsausfall nur für die Zeit der Reparatur einer trotz Beschädigung noch gebrauchsbereiten Sache eintritt. Nur dann nämlich entsteht der tatsächliche Schaden, der Ausfall der Sache, in der Tat erst mit der Durchführung der Herstellung. Versucht man hingegen, die zu den Nebenkosten allgemein gefundenen Ergebnisse auf den Interimsschaden anzuwenden, stellt sich im wesentlichen die Frage, ob es sich bei dem Ziel der lückenlosen Verfügbarkeit der Sache zu ihrem Gebrauch um ein über das unbeeinträchtigte Haben der Sache hinausgehendes Ziel handelt. Würde man diese Frage verneinen, gehörten die Kosten für den tatsächlichen Ersatz des Interimsschadens zu dem der Herstellung der Sache selbst dienenden Herstellungsaufwand. Die Folge wäre, daß die Kosten für die vorübergehende Anmietung einer Ersatzsache unter den weiteren Voraussetzungen in voller Höhe zu dem zur freien Verfügung des Geschädigten stehenden Mindestschadens gehörten. Dafür, das tatsächliche Interesse an der Herstellung der Sachsubstanz nicht gleichzusetzen mit dem Interesse an einer permanenten Verfügbarkeit der Sache, spricht, daß das eine unabhängig vom anderen erreicht werden kann. Die Herstellung der Sachsubstanz ist unabhängig davon möglich, ob auch der tatsächliche Interimsschaden durch Herstellung ersetzt wird. Eine Verbindung zwischen beiden besteht nur insofern, als mit der endgültigen Herstellung der Sache auch der Gebrauchsausfall beendet ist. Soll § 249 Abs. 2 BGB dem Geschädigten die Möglichkeit geben, ohne Verlust des Anspruchs auf die Herstellungskosten die Herstellung der Sache zu unterlassen, folgt aus diesem Zusammenhang nicht, daß gleiches auch im Hinblick auf den Herstellungsaufwand für den entstandenen Interimsschaden zu gelten hätte. So, wie im Rahmen der Kompensation eine über den Verkaufswert der Sache hinausgehende Bewertung nur dann in Betracht kam, wenn über das Haben der Sache hinaus auch der Sachgebrauch gesondert wirtschaftlich abbildbar war, 555 so ist die permanente Gebrauchsmöglichkeit auch im Rahmen der Herstellung als über das tatsächliche Interesse am unbeeinträchtigen Haben der Sachsubstanz hinausgehendes tatsächliches Interesse zu begreifen. Wenn man § 249 Abs. 2 BGB – wie hier – so versteht, daß die Dispositionsfreiheit nur eine Interessenänderung im Hinblick auf die Sache an sich schützen soll, folgt daraus, daß Herstellungskosten für die Beseitigung des Interimsschadens nicht zu dem den Schädiger ohnehin treffenden Mindestaufwand gehören und somit nur dann verlangt werden können, wenn sie – im Rahmen des Erforderlichen 556 – wirklich anfallen, 557 im voraus also nur als Vorschuß. 558 Siehe oben 3. Kap., B. II. 3. (S. 111 f.). Dazu BGH NJW 2003, 3480, 3481. 557 Im Ergebnis z. B. auch Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 91; U. Picker, Naturalrestitution, S. 142; aA im Hinblick auf werkvertragliche Schadensersatzansprüche BGH NJW-RR 2003, 878, 879. Zu der Frage, ob und wie die angefallenen Kosten um ersparte Eigenaufwendungen zu kürzen sind, z. B. MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 404; Lange/Schiemann-Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., § 6 VII 3 (S. 280 f.); ausführlich R. Born, VersR 1978, 777 ff. 558 Zu der weiteren Berücksichtigung des Interimsschadens, wenn insofern keine Herstellung erfolgt, siehe unten F. I. 3. (S. 165 f.). 555 556

C. Rahmen der Dispositionsfreiheit

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4. Zusammenfassung Betrachtet man die Frage von Folge- und Nebenkosten, insbesondere auch solchen für den Ersatz von Interimsschäden, nicht unter dem Gesichtspunkt des Anfalls von Aufwendungen, sondern unter dem Gesichtspunkt des tatsächlichen Interesses, läßt sich vor dem Hintergrund der oben hergeleiteten Funktion des § 249 Abs. 2 BGB begründen, warum nur der Herstellung der Sache selbst mittelbar oder unmittelbar dienende Aufwendungen zu dem Mindestaufwand gehören, der dem Geschädigten zur freien Disposition gebühren kann. Aufwand, der Zielen dient, die über die eigentliche Herstellung der Sache hinausgehen, steht dem Geschädigten demgegenüber nur zu, wenn und soweit er anfällt. Begehrt ihn der Geschädigte im voraus, handelt es sich insofern allenfalls um einen Vorschuß. Solche Positionen haben daher auch außer Ansatz zu bleiben, wenn es darum geht zu beurteilen, welcher von mehreren denkbaren Wegen der tatsächlichen Herstellung der günstigste ist und damit grundsätzlich den Rahmen der Dispositionsfreiheit bestimmt. Hierzu ist nur der zur Herstellung nach der einen oder anderen Vorgehensweise unmittelbar und mittelbar erforderliche Aufwand anzusetzen. 559

IV. Praktische Konsequenzen 1. Grundsatz Der zur tatsächlichen Herstellung mindestens erforderliche Aufwand und nicht der nach § 251 Abs. 1 BGB geschuldete Betrag ist ausschlaggebend dafür, was der Schädiger jedenfalls zum Ersatz des Schadens aufbringen muß. Ebenso wie der Geschädigte im Rahmen der Kompensation zumindest den Verkaufswert geltend machen kann, 560 hat er im Rahmen der Restitution jedenfalls das Recht, den zur funktionalen Herstellung erforderlichen Geldbetrag, also den Ersatzbeschaffungsaufwand 561, zu fordern. Über diesen Betrag kann er entsprechend auch frei disponieren. Ist ausschließlich eine Naturalherstellung durch Reparatur denkbar, bildet diesen Rahmen der Reparaturaufwand, so daß der Geschädigte im Ergebnis in seinem weiteren Vorgehen völlig frei ist. Zu berücksichtigen ist jedoch, daß dabei seit der Einfügung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB jeweils der Nettoaufwand anzusetzen ist. 559 Einzig wenn man den tatsächlich angefallenen Reparaturaufwand generell nur nach einer Wirtschaftlichkeitsprüfung im Verhältnis zum Ersatzbeschaffungsaufwand gewähren will (zur entsprechenden Ansicht vgl. oben 3. Kap., A. III. 2. [S. 80 f.]), stellt sich die Frage, ob bei diesem Vergleich auch der auf den Interimsschaden entfallende Herstellungs- oder Kompensationsaufwand zu berücksichtigen ist. Dazu Roth, JZ 1994, 1091, 1096; vgl. auch unten 5.Kap., A. I. (S. 199). 560 Siehe oben 3. Kap., B. II. 1. (S. 103 ff.). 561 Ausnahmsweise kommt aber auch der Reparaturaufwand in Betracht, nämlich dann, wenn die funktionale Herstellung am wirtschaftlichsten durch die faktische erfolgen kann.

152 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB Für die Entscheidung, ob neben der Reparatur eine ggf. günstigere Art der Naturalherstellung vorstellbar und die Dispositionsfreiheit des Geschädigten daher unter Umständen beschränkt ist, kann auf die oben angestellten Überlegungen zur Austauschbarkeit 562 zurückgegriffen werden: Wenn es sich bei der beschädigten Sache um eine solche handelt, die man nach der Verkehrsanschauung entsprechend den genannten Kriterien als austauschbar betrachten kann, dann besteht Anlaß, an die Möglichkeit einer Naturalherstellung durch Ersatzbeschaffung zu denken. Somit gilt: Verlangt der Geschädigte Reparaturkosten und ist neben der Reparatur eine günstigere Ersatzbeschaffung als alternative Art der Naturalherstellung grundsätzlich denkbar, darf der Geschädigte den (höheren) Reparaturaufwand nur dann endgültig in voller Höhe behalten, wenn er die Reparatur auch wirklich realisiert. Insofern handelt es sich bei dem den Ersatzbeschaffungsaufwand übersteigenden Teil des Reparaturaufwandes um einen Vorschuß. 563 Entsprechend muß der Geschädigte Rechenschaft über den Einsatz der erhaltenen Mittel und damit die Verwirklichung des erforderlichen faktisch definierten Integritätsinteresses ablegen. 564 Die Rechenschaftspflicht ergibt sich unmittelbar aus dem Vorschußcharakter der Schadensersatzleistung. 565 Ist dem Geschädigten der entsprechende Nachweis nicht möglich, muß davon ausgegangen werden, daß kein faktisches Interesse bestand. Er hat dann den Betrag zurückzuerstatten, um den der prognostizierte Reparaturaufwand den prognostizierten Ersatzbeschaffungsaufwand als Mindestaufwand überstiegen hat. 566 Entsprechend dem Gedanken des § 250 S. 1 BGB ist dem Geschädigten ab der Leistung des Schadensersatzes angemessen Zeit für die Naturalherstellung zu geben, 567 bevor der Schädiger eine Rechnungslegung verlangen kann. Was angemessen ist, beurteilt sich dabei – wie bei § 250 S. 1 BGB – nach den Umständen des Einzelfalles. Hat der Geschädigte hingegen nur die Kosten für die günstigste Siehe oben 2. Kap., D. I. und II. (S. 59 ff.). Ausführlich zur Natur des Vorschusses siehe unten H. (S. 180 ff.). 564 Das bedeutet eine Zweckbindung, wie sie von Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 359, 363 f.; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 164; dies., JuS 1991, 441, 445; Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I 2, 8. Aufl., § 32 I (S. 203); (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 222; Freundorfer, VersR 1992, 1332, 1333 f.; Leonhard, VersR 1983, 415, 416 f.; Stoll, JuS 1968, 504, 506, und Bötticher, VersR 1966, 301, 307, bejaht wird. 565 Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 366 f.; Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I 2, 8. Aufl., § 32 I (S. 203 f.); zu § 633 Abs. 3 BGB a. F. BGHZ 68, 372, 378. Die Rechtsprechung nimmt für andere (Vorschuß-)Konstellationen, wie §§637 Abs. 3, 536 a Abs. 2 BGB n. F., ebenfalls eine Rechenschaftspflicht an. Für § 669 BGB ergibt sie sich in § 666 BGB unmittelbar aus dem Gesetz. 566 Gegen diese teilweise Zweckbindung hat Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 342, die freilich auch eine Ersatzbeschaffung bereits nicht als Naturalherstellung ansieht, vorgebracht, daß damit eine Lösung derjenigen Fälle umgangen werde, in denen Herstellungsaufwand und Vermögensinteresse ausnahmsweise nicht übereinstimmten. Sie scheint dabei allerdings nicht zu bedenken, daß diese Frage gar nicht von Interesse ist, wenn man – anders als sie selbst – die Entsprechung von Herstellungsaufwand und Vermögensinteresse nicht als Rechtfertigung für die Dispositionsfreiheit versteht, vgl. oben Fn. 494. 567 Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 368; Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 38; U. Picker, Naturalrestitution, S. 236; C. Knütel, ZGS 2003, 17, 20. 562 563

C. Rahmen der Dispositionsfreiheit

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denkbare Art der Naturalherstellung verlangt, erübrigt sich eine Rechenschaftspflicht, 568 weil hier bereits feststeht, daß sich eine alternative Disposition im Rahmen der geringst möglichen Belastung des Schädigers hält, also kein Anlaß für eine Rückforderung bestehen kann. Ist für die Naturalherstellung überhaupt nur eine Vorgehensweise denkbar, 569 ist der Geschädigte in seiner Disposition grundsätzlich 570 ungebunden. Zu ähnlichen Ergebnissen in der Sache gelangt eine Ansicht, nach der es sich bei der Forderung nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in keinem Fall um einen Vorschuß handelt, sondern nach der die Höhe des geschuldeten Schadensersatzes endgültig nur von der Betätigung des Interesses des Geschädigten im Sinne der Ausübung eines Gestaltungsrechts abhängt. 571 Zu einer Rückzahlungsforderung des Schädigers gelangt diese Auffassung, indem sie einen Schadensersatzanspruch des Schädigers wegen positiver Forderungsverletzung konstruiert: Realisiert der Geschädigte das Interesse nicht wie zuvor betätigt, stelle dies ein schadensersatzauslösendes widersprüchliches Verhalten dar. Die Schadensersatzforderung soll sich dabei nach der Differenz zwischen gewähltem und realisiertem Interesse bemessen. 572 Ein Verbot widersprüchlichen Verhaltens bedeutet indes automatisch eine Verpflichtung zur der Befolgung der per Gestaltungsrecht durch den Geschädigten selbst gewählten Herstellungsform. Dies hat wiederum zwangsläufig eine Zweckbindung für den erhaltenen Betrag zur Folge, und zwar an die selbst gewählte Art der Herstellung. Wenn dem aber so ist, was ist dann der Betrag noch anderes als ein Vorschuß? Unterschiede zwischen dem beschriebenen Modell und der Annahme eines Vorschusses ergeben sich in der Sache allenfalls im Hinblick auf die Beweislast. Sie liegt im Falle der Rechnungslegungspflicht beim Geschädigten, hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs hingegen beim Schädiger. 2. Sonderfall: Umsatzsteuer Eine Sonderbehandlung der Umsatzsteuer beschert § 249 Abs. 2 S. 2 BGB. 573 Ist die Umsatzsteuer generell nur so weit ersatzfähig, wie sie anfällt, bleibt zu klären, I. E. auch Dannert, VersR 1988, 980, 983; OLG Karlsruhe MDR 1975, 755. Bei der Beschädigung eines Unikates, für das eine Ersatzbeschaffung ausscheidet, ist dies die Reparatur, bei der irreparablen Zerstörung einer Sache die Ersatzbeschaffung. 570 Dies gilt für die Disposition über den Herstellungsaufwand, d. h. für die Zeit nach der Schadensregulierung. Vorher kann der Geschädigte über die Sache selbst u. U. nicht folgenlos disponieren, vgl. unten F. IV. (S. 169 ff.). 571 Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 193 ff., der dabei als Bezugspunkt allerdings nicht den Mindestherstellungsaufwand, sondern den Kompensationsbetrag heranzieht. 572 Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 268 f., wobei überrascht, daß er diese für das Ergebnis so grundlegende Frage erst auf der vorletzten Seite seiner 269-seitigen Monographie in aller Kürze anspricht. Auf Zweifel daran, daß dem Schädiger durch das Verhalten des Geschädigten überhaupt ein ersatzfähiger Schaden entsteht, sowie auf offene Fragen bei unverschuldet unterbliebener Herstellung soll hier nicht weiter eingegangen werden. 573 Zur konzeptionellen Einordnung dieser Regelung siehe oben III. 2. (S. 146 f.). 568 569

154 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB ob dies unabhängig davon gelten soll, wofür sie anfällt. Wie auch die Gesetzesbegründung erkennt, wird der Geschädigte auch dann, wenn er frei disponiert und mehr oder weniger zweckfremd investiert, zumeist Umsatzsteuer zu zahlen haben. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Geschädigte nach der Zerstörung seiner Armbanduhr ein Mobiltelefon anschafft, weil auf dessen Display ebenfalls die Uhrzeit angezeigt wird. Nach der Begründung der Gesetzesnovelle dürfte ein derartiges Verhalten gerade keinen Erstattungsanspruch auslösen. 574 Gleichwohl wird die (anteilige 575) Erstattungsfähigkeit bejaht, wenn ein beschädigtes gebrauchtes Kraftfahrzeug umsatzsteuerpflichtig gegen ein fabrikneues ausgetauscht wird. 576 Die Begründung geht also offensichtlich davon aus, daß es möglich ist, Dispositionen des Geschädigten, auch wenn sie keine Herstellung im eigentlichen Sinne bedeuten, danach zu unterscheiden, ob sie im Hinblick auf den Ersatz der Steuer zumindest zweckentsprechend oder aber zweckfremd sind. Obwohl die Anschaffung eines Neufahrzeuges nicht als Wiederherstellung verstanden wird, soll sie einer solchen offenbar so nahe kommen, daß ihr Umsatzsteueranteil zu ersetzen ist. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß eine derartige Differenzierung entgegen der Auffassung der Gesetzesbegründung praktisch nicht möglich ist. 577 Möchte man Billigkeitsentscheidungen von Fall zu Fall vermeiden 578 und soll § 249 Abs. 2 S. 2 BGB nicht leerlaufen, wird man sich dazu durchringen müssen, die Umsatzsteuer ausschließlich für solche Herstellungsmaßnahmen zu erstatten, die der Geschädigte auch nach § 249 Abs. 1 BGB hätte verlangen können. Umsatzsteuer, die wegen der Beschädigung eines Schallplattenspielers für den Erwerb eines MD-Players anfällt, mag man dann für ersatzfähig halten; Steuer, die statt dessen für den Erwerb von Büchern anfällt, wohl eher nicht. Dabei wird sich der Geschädigte gewiß auf den Standpunkt stellen, die Bücher einzig zu dem Zweck angeschafft zu haben, sich die Zeit zu vertreiben, die ihm seit dem Verlust des Plattenspielers zur Verfügung steht.

D. Abweichen des tatsächlichen Reparaturaufwandes vom prognostizierten Soweit dem Geschädigten ein Geldbetrag zur freien Verfügung gezahlt wurde, d. h. bis zu dem per Gutachten prognostizierten Mindestaufwand einer NaturalherBegründung zum Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetz, BR-Drucks. 742/01, S. 54. Ist das Volumen des Alternativgeschäftes größer als das der Herstellung, ist die Erstattungsfähigkeit begrenzt auf die bei einer „wirklichen“ Herstellung anfallende Steuer. 576 Begründung zum Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetz, BR-Drucks. 742/01, S. 56. Dem stillschweigend folgend AG Halle NJW 2003, 2616. 577 Siehe oben A. III. 2. a) (S. 131) und C. I. (S. 139). 578 Insofern bedenkenlos Heß/J. Jahnke, Das neue Schadensrecht, S. 109 f. 574 575

D. Abweichen des tatsächlichen Reparaturaufwandes vom prognostizierten

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stellung, kann eine Abweichung des tatsächlich anfallenden Reparaturaufwandes vom vorhergesagten für den Geschädigten keine negativen Folgen haben. Bleiben die angefallenen Kosten hinter der Prognose zurück, ist er keinesfalls zur Rückzahlung verpflichtet. Das ergibt sich unmittelbar aus der Dispositionsfreiheit. Soweit man dem Geschädigten eine solche zugesteht, ist damit weder eine Rechenschaftspflicht noch eine spätere Korrektur der Prognose, auf der der Umfang des zur freien Verfügung stehenden Betrages beruht, vereinbar. Insofern bildet das Gutachten, aus dem sich die Prognose regelmäßig ergeben wird, die endgültige Grundlage für die Schadensregulierung. Anders liegen die Dinge für den Betrag, der den prognostizierten Mindestaufwand übersteigt. Er steht, wie gerade festgestellt, nicht zur freien Verfügung des Geschädigten, sondern bedarf zu seiner Rechtfertigung der tatsächlichen Durchführung der Naturalherstellung. Behandelt man ihn dementsprechend als Vorschuß, über dessen Verwendung der Geschädigte auf Verlangen Rechnung legen muß, kann sich ergeben, daß der tatsächliche Aufwand von dem prognostizierten abweicht. Dieses Phänomen ist in zweierlei Richtung denkbar. I. Niedrigerer angefallener Reparaturaufwand Für den Fall, daß der tatsächliche Aufwand nach unten abweicht, ist näher zu untersuchen, unter welchen weiteren Voraussetzungen der Geschädigte nach den gerade angestellten Überlegungen ggf. zur Rückerstattung verpflichtet ist. 1. Teilweise Naturalherstellung Ein Zurückbleiben des tatsächlichen Reparaturaufwandes hinter dem prognostizierten kann zunächst daran liegen, daß der Geschädigte nur partiell oder technisch weniger aufwendig hergestellt hat. In derartigen Fällen erklärt sich die Abweichung nach unten aus einem teilweisen (qualitativen) Unterlassen einer Reparatur. 579 Insoweit ergibt sich eine Rückzahlungspflicht im Hinblick auf die nicht verbrauchten Mittel, 580 da dem Geschädigten über den prognostizierten Ersatzbeschaffungsaufwand hinausgehende Beträge nur zweckgebunden zustehen. 2. Sparsame Naturalherstellung Allerdings sind auch Fälle denkbar, in denen der Geschädigte technisch der Prognose entsprechend herstellt, die entstehenden Kosten aber gleichwohl hinter den im voraus kalkulierten zurückbleiben. So mögen die Dinge liegen, wenn der fachkundige Geschädigte selbst oder mit Hilfe von Freunden herstellt, wenn er selbst 579 Weber, VersR 1992, 527, 531, sieht bereits hierin einen überobligationsmäßigen Verzicht des Geschädigten, der dem Schädiger nicht zugute kommen dürfe, geht dabei aber von einer umfassenden Dispositionsfreiheit aus. 580 Einzelheiten siehe oben C. IV. (S. 151 ff.).

156 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB Herstellungskapazitäten vorhält oder auch, wenn er einen besonders günstigen Preis aushandelt. Die Unterscheidung zwischen teilweiser und sparsamer Herstellung ist deshalb relevant, weil gedankliches Ziel des § 249 Abs. 2 BGB die tatsächliche Herstellung zur Verwirklichung des faktischen tatsächlichen Interesses des Geschädigten ist. 581 Im Gegensatz zur teilweisen Herstellung wird dieses Ziel bei der sparsamen Herstellung in tatsächlicher Hinsicht in vollem Umfang erreicht. Allerdings scheint dabei die der Berechnung des Schadensersatzes nach § 249 Abs. 2 BGB zugrunde liegende Prognose widerlegt. 582 Während sich hinsichtlich des zur freien Verfügung stehenden Betrages eine spätere Überprüfung der Prognose verboten hat, ist sie dem darüber hinausgehenden Betrag wegen seines Vorschußcharakters geradezu immanent. Damit gelangt man zu einer Rückzahlungspflicht des Geschädigten, soweit nach der Durchführung der Reparatur bzw. dem Ablauf der hierzu gesetzten Frist von dem gewährten Vorschuß noch Mittel übrig sind. Hiervon sind allerdings Geldmittel, die der Geschädigte durch überobligationsmäßige Anstrengungen erspart hat, nicht betroffen. Repariert der fachkundige Geschädigte eigenhändig, was regelmäßig nicht von ihm zu erwarten ist, kann dem Schädiger dies nicht zugute kommen. 583 Hält der Geschädigte gezielt Reparaturkapazitäten vor, ist ihm zumutbar, diese zu nutzen. Nur die entsprechenden Selbstkosten sind dann erforderlich. 584 Repariert der Geschädigte im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit, sind solche Ersparnisse zumutbar und zu Gunsten des Schädigers zu berücksichtigen, die ohne Beeinträchtigung der gewerblichen Tätigkeit erzielt werden können. 585 Entsprechend sind für Ersatzteile nur die niedrigeren Einkaufspreise zu berechnen, für Arbeitsleistungen nur dann die im Verhältnis zu den Eigenkosten höheren Rechnungspreise, wenn die Reparatur nur auf Kosten anderweitigen Gewinns erfolgen kann. 586 Um Verstößen gegen das Bereicherungsverbot vorzubeugen und den Anspruch des § 249 Abs. 2 BGB nicht zum Geldentschädigungsanspruch werden zu lassen, Illustrativ OLG Stuttgart VersR 2003, 1321. Die Unterscheidung trifft auch Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 269; aA U. Picker, Naturalrestitution, S. 67. 583 So ausdrücklich BGH NJW 1992, 1618, 1619; BGH NJW 1989, 3009; OLG München VersR 1966, 836, 837; im Ergebnis auch BGHZ 61, 56, 58; Schiemann, FS f. Steffen, S. 399, 409; Weber, VersR 1992, 527, 530 ff.; Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 36; Gebhardt, NZV 2002, 249, 251; BGB-RGRK-Alff, 12. Aufl., § 249 Rn. 16; aA U. Picker, Naturalrestitution, S. 70 ff.; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 164, die den Gedanken, daß die Sparsamkeit des Geschädigten nicht zu Gunsten des Schädigers wirken soll, mit dem Hinweis auf das Reparaturund Werkstattrisiko des Schädigers ablehnen; ferner Leonhard, VersR 1983, 415, 416, mit Verweis auf die Folgen für die Allgemeinheit. 584 BGHZ 54, 82, 88; BGH NJW 1983, 2815; Steffen, NZV 1991, 1, 3; Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 233 f.; Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 37; BGB-RGRK-Alff, 12. Aufl., § 249 Rn. 16; aA Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 818 (S. 519). 585 Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 231; Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 36 f.; BGHZ 54, 82, 87. 586 Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 232; BGB-RGRK-Alff, 12. Aufl., § 249 Rn. 16. 581 582

D. Abweichen des tatsächlichen Reparaturaufwandes vom prognostizierten

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wird gelegentlich eine strenge Orientierung der Abrechnung an der Reparaturrechnung befürwortet. 587 Insbesondere in den Fällen der Eigenreparatur wird so die durch den Geschädigten erzielte Ersparnis an den Schädiger weitergereicht. Um diese Konsequenz abzumildern, soll die Eigenleistung des Geschädigten sachgerecht vergütet und dazu der bei § 633 Abs. 3 BGB a. F. (entspricht § 637 Abs. 1 BGB n. F.) und § 538 Abs. 2 BGB a. F. (entspricht § 536 a Abs. 2 BGB n. F.) gängige Maßstab bzw. § 1835 Abs. 3 BGB angewendet werden. Im Ergebnis wäre dann der übliche Arbeitslohn, nicht jedoch der volle Werkstattpreis zu ersetzen. Alternativ ist vorgeschlagen worden, den Geschädigten hinsichtlich seiner Eigenleistungen wie einen Dritten zu behandeln und ihm zu vergüten, was ein Dritter an seiner Stelle als Lohn für die Eigenleistung hätte fordern können. 588 Bei dieser Vergütung handele es sich in der Sache nicht um einen Ausgleich für erbrachte Eigenleistungen, sondern um das Entgelt für im Rahmen eines gedachten (In-Sich-)Verkehrsgeschäfts erbrachte Dienstleistungen, so daß insofern das Bereicherungsverbot nicht tangiert sei. 589 Die zuletzt genannte Auffassung, aber auch ein Rückgriff auf § 1835 Abs. 3 BGB, würde indes dazu führen, daß derjenige, von dem aufgrund seiner beruflichen Stellung ein eigenes Tätigwerden am wenigsten erwartet werden kann, für die Eigenleistung den geringsten bzw. keinen Ersatz erhalten würde. Hinzukommt, daß für identische Herstellungsleistungen, abhängig von der Person und Qualifikation des Geschädigten, unterschiedliche Beträge liquidiert werden könnten. Es ist nämlich kaum anzunehmen, daß die Herstellungsleistung eines zwar faktisch, aber eben nicht formal fachkundigen Laien, überhaupt einen am Markt erzielbaren Wert hat. 590 Demgegenüber erscheint es in der Sache sinnvoller, den Ansatz für Eigenleistungen an ihrem Ergebnis zu messen. Zwar mag zutreffen, daß andernfalls der Anreiz für Eigenreparaturen (und solche in Schwarzarbeit) reduziert würde, doch bemerkt Schiemann wohl zutreffend, daß eine Verhaltenssteuerung durch das Schadensrecht letztlich aber kaum zu erwarten ist. 591 Freilich werden die geschilderten Fragen nur dann praktisch, wenn der Schaden zunächst auf Grundlage der Prognose reguliert worden ist. Wird erst nach der Durchführung der Herstellung abgerechnet, ist der materiellen Frage eine beweisrechtliche vorgelagert. Ein Gericht wird sich dann im Rahmen der Beweiswürdigung zu überlegen haben, ob es sich bei der Bemessung des erforderlichen Aufwandes eher an der (höheren) Prognose oder den (niedrigeren) angefallenen Kosten ori587 Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 353 f., 366; Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 220; Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 227. Ähnlich Honsell/Harrer, JuS 1991, 441, 446. Zur Höhe der Aufwendungen bei Ersatzvornahme im Vertragsrecht BGHZ 59, 328, 330, 332. 588 Nach U. Picker, Naturalrestitution, S. 249, soll das gleiche gelten für „schenkweise“ zugewandte Leistungen Dritter (S. 276 ff.). 589 U. Picker, Naturalrestitution, S. 249. 590 AA U. Picker, Naturalrestitution, S.260 ff., die jedenfalls einen Minimallohn als Erfolgsprämie annimmt. 591 Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 220.

158 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB entiert. 592 Zwingend der Bemessung zugrunde zu legen ist wegen § 287 Abs. 1 ZPO keines von beiden. 593 Insofern ist es in dieser Pauschalität unzutreffend, wenn gesagt wird, daß der Geschädigte auch nach Durchführung der Reparatur „abstrakt abrechnen“ dürfe. 594 Vielmehr kann die Vorlage der Reparaturrechnung, deren Existenz sich im Verfahren herausstellt, zwecks Ermittlung der erforderlichen Kosten sogar gerichtlich angeordnet werden, § 142 Abs. 1 ZPO. Entsprechend kann sich im Einzelfall, wenn die Prognose substantiiert bestritten wurde,595 ergeben, daß dem Geschädigten über den Ersatzbeschaffungsaufwand hinausgehende Mittel versagt werden, wenn zwar außer Frage steht, daß die Reparatur tatsächlich durch eine Fachwerkstatt erfolgt ist, der Geschädigte sich aber weigert, eine Reparaturrechnung vorzulegen, 596 mit deren Hilfe zusammen mit einem Sachverständigengutachten der erforderliche Reparaturaufwand bestimmt werden könnte. Die Überzeugung des Richters kann dann nämlich dahin gehen, daß die zur Reparatur erforderlichen Kosten den Ersatzbeschaffungsaufwand nicht übersteigen. In der Sache sind diese Überlegungen und die Fragen, die sich bei umgekehrter Abfolge im Falle eines Zurückbleibens der aufgewendeten Kosten hinter einem ausgezahlten Vorschuß stellen, identisch. Es ist mehrfach die Vermutung geäußert worden, daß insbesondere bei Fahrzeugschäden eine Verwendungsprüfung durch die Kfz-Versicherungen nur selten erfolgen wird. 597 Wird sie jedoch praktisch, ist ein Streit darüber vorprogrammiert, ob ein niedrigerer Aufwand Folge sparsamen Verhaltens bei voller Herstellung (dann keine Rückzahlungspflicht) oder Folge nicht vollkommener Herstellung (dann Rückzahlungspflicht) ist. II. Höherer angefallener Reparaturaufwand Was aber, wenn der Herstellungsaufwand nachträglich höher ausfällt als veranschlagt? Da dem Geschädigten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zusteht, was zur Reparatur erforderlich ist, muß in solchen Konstellationen grundsätzlich von einer Nachschußpflicht des Schädigers ausgegangen werden. Das Ziel des Schadensersatzes nach § 249 Abs. 2 BGB, dem Geschädigten wirtschaftlich die Naturalherstellung in eigener Regie zu finanzieren, ist hier durch den Vorschuß noch nicht erreicht. Der Geschädigte kann daher nachfordern, wenn die bei der Reparatur anfallenden Kosten ohne ein nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB zu erfassendes Mitverschulden 592 Greger, NZV 2002, 385, 386; BGH NJW 1989, 3009 f. Für letzteres AG Trier NJW-RR 2002, 527. 593 Greger, NJW 2002, 1477; ders., NZV 1994, 337, 339; Steffen, NZV 1991, 1, 3; Krumbholz, NZV 1990, 218 f.; ähnlich BGH NJW 1989, 3009 f.; BGHZ 63, 182, 185; BGHZ 54, 82, 85. 594 Palandt-Heinrichs, 63. Aufl., § 249 Rn. 14; BGH NJW 1989, 3009 f.; bereits zu § 249 Abs. 2 BGB n. F. AG Minden NJW 2003, 833; aA OLG Düsseldorf NJW 1989, 1041. 595 BGH NJW 1989, 3009 f. 596 OLG Düsseldorf NJW 1989, 1041. 597 Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 366; Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I 2, 8. Aufl., § 32 I (S. 203); Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 164.

D. Abweichen des tatsächlichen Reparaturaufwandes vom prognostizierten

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die Prognose übersteigen. 598 Ein solches ist dabei so lange zu verneinen, wie die ergriffenen Maßnahmen zur Naturalherstellung ex ante als erfolgversprechend bzw. zielführend und damit erforderlich erschienen. Da § 249 Abs. 2 BGB insofern nur eine Organisationsverlagerung, nicht aber eine Kosten- oder Risikoverlagerung auf den Geschädigten zum Ziel hat, 599 liegt das Risiko fehlschlagender Herstellungsversuche wie im Falle des § 249 Abs. 1 BGB beim Schädiger. 600 Da es darauf ankommt, welcher Aufwand für den Geschädigten objektiv erforderlich war, fallen hierunter auch erfolglose Aufwendungen, falls der Geschädigte die Erfolglosigkeit nicht verhindern konnte. 601 Etwas anderes läßt sich auch nicht damit begründen, daß der Geschädigte, wenn er dem Schädiger die Herstellung über § 249 Abs. 2 BGB aus der Hand nimmt und Mittel zur freien Verfügung erhält, auch das entsprechende Risiko tragen müsse. Die Prognose kann sich nämlich nur dann als unzutreffend erweisen, wenn der Geschädigte gerade nicht von der Dispositionsfreiheit Gebrauch macht, sondern die erhaltenen Mittel tatsächlich für die Naturalherstellung verwendet. Im übrigen handelt es sich dann bei der erhaltenen Summe (teilweise) um einen Vorschuß. Diesem ist die spätere Ermittlung eines Überschusses oder Fehlbetrages, wie er aus einem höheren als dem veranschlagten Aufwand folgt, immanent. Vereinzelt ist vorgeschlagen worden, die Erstattung von Kosten für erfolglose, aber dem Geschädigten nicht anzulastende Herstellungsversuche über § 249 Abs. 1 BGB zu erfassen. 602 Der Abfluß der vergeblichen Aufwendungen würde dabei als Folgeschaden aufgefaßt. Die Erstattung wäre dann Naturalherstellung. Dem Geschädigten zu- und anzurechnender Aufwand würde durch das Kausalitätserfordernis sowie durch § 254 Abs. 2 BGB ausgefiltert. Dieser Weg erscheint jedoch durch die Spezialregelung des § 249 Abs. 2 BGB verschlossen. 603 Wollte man den frustrierten Herstellungsaufwand unter Abs. 1 fassen, ist nicht ersichtlich, warum nicht auch die zielführenden Herstellungskosten auf diesem Wege ersetzt werden sollen. 604 Dann wäre allerdings schwer erklärbar, warum auch bei überobligationsmäßigen Ersparnissen, die sich nicht in einem Abfluß von Geld niedergeschlagen haben, ein Ersatz verlangt werden kann. Ferner wäre einem Geschädigten, der eine 598 Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 353; Steffen, NZV 1991, 1, 2; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 163. 599 Steffen, NZV 1991, 1, 2; BGHZ 63, 182, 185 f. 600 RGZ 99, 172, 184; BGHZ 63, 182, 185; Larenz, Schuldrecht I, 14. Aufl., § 28 I (S. 471); Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I 2, 8. Aufl., § 32 I (S. 204 f.); Dannert, VersR 1988, 980, 982. 601 Larenz, Schuldrecht I, 14. Aufl., § 28 I (S. 471); Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 338. 602 Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 43 f.; Staudinger-Medicus [1983], §249 Rn.225, 208, der gleichzeitig auch § 251 Abs. 1 BGB für einschlägig hält. 603 Vgl. auch unten F. I. 2. (S. 164 f.). 604 Konsequenterweise scheint Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 44, 48, auch die zielführenden Kosten bei vorheriger Herstellung über § 249 Abs. 1 BGB im Umfang der tatsächlichen Aufwendungen erfassen zu wollen.

160 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB Eigenreparatur plant, nur zu empfehlen, erst den Schadensersatz zu fordern und dann zu reparieren. In diesem Fall könnte er den Geldbetrag behalten, anderenfalls bekäme er überhaupt nur nachgewiesene Auslagen. Als Alternative ist grundsätzlich denkbar, die Kosten nachvollziehbarer, aber erfolgloser Herstellungsversuche über § 251 Abs. 1 BGB zu ersetzen, 605 indem man den Ersatz der wirklich erforderlichen Kosten insofern als nicht genügend im Sinne dieser Vorschrift erachtet. Jedoch ist diese Auffassung mit § 251 Abs. 1 Alt. 2 BGB nicht vereinbar. Die Norm stellt nämlich auf die Unzulänglichkeit der tatsächlichen zur wirtschaftlichen Herstellung ab, während es sich im Hinblick auf die Aufwendungen für fehlgeschlagene Herstellungsversuche um ein rein wirtschaftliches Argument im Sinne einer wirtschaftlichen Unzulänglichkeit handelt. Würthwein möchte dem Geschädigten das Herstellungsrisiko aufbürden, wenn dieser den Herstellungsaufwand zur freien Verfügung, also nach ihrem Verständnis als Wertersatzanspruch, erhalten hat. 606 Dabei bleibt offen, ob sie neben diesem Wertersatzanspruch nach § 249 Abs. 2 BGB auch einen Vorschuß auf den Aufwand einer tatsächlich geplanten Reparatur für möglich hält,607 wie er hier nach dem Zweck des § 249 Abs. 2 BGB für unverzichtbar gehalten wird. 608 Nimmt man, um dieser Notwendigkeit genüge zu tun, eine Koexistenz von Vorschuß und Wertersatzanspruch in nach Würthwein notwendig gleicher Höhe an, müßte bei der Auszahlung kenntlich gemacht werden, um welchen von beiden – Vorschuß- oder Wertersatzanspruch – es sich gerade handeln soll. Nur im Falle eines Vorschusses verbliebe das Verwendungsrisiko beim Schädiger. Dem Geschädigten müßte man allerdings stets ein Recht auf eine Auszahlung als Vorschuß zugestehen, wenn er eine Reparatur nur ankündigt, 609 was er, um sich alle Optionen offen zu halten, regelmäßig tun wird. Sollte er dann umdisponieren und, ggf. trotz Fristsetzung, doch nicht reparieren, wird man kaum eine vollumfängliche Rückforderung, sondern allenfalls eine folgenlose Umwidmung in einen Wertersatzanspruch gleicher Höhe vertreten können. Eine Verlagerung des Herstellungsrisikos ließe sich daher kaum erreichen. Ein Nebeneinander von Vorschuß und Wertersatz kann somit nur bedeuten, daß sich der endgültige Charakter der Zahlung erst im Nachhinein herausstellt. Nimmt der Geschädigte die Reparatur nach Zahlung vor und fallen höhere Kosten an, kann er nachfordern. Repariert er nicht und disponiert frei, erübrigt sich jede Diskussion über das Verwendungsrisiko. 605 Medicus, DAR 1982, 352, 357; Staudinger-Medicus [1983], § 249 Rn. 225; ihm folgend Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 230. 606 Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 343. 607 Obwohl Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 340, im Zusammenhang mit Personenschäden einen Vorschuß für möglich zu halten scheint, spricht sie im Zusammenhang mit Sachschäden stets vom Ersatz von Aufwendungen oder einer Erstattung (vgl. S. 338, 343). 608 Siehe oben A. I. (S. 128). 609 So offenbar in der Tat Gebhardt, ZfS 1990, 145, 147, der vor Reparaturbeginn eine Erklärung des Geschädigten darüber verlangt, ob er abstrakt oder konkret abrechnen will.

E. Zwischenergebnis

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III. Zusammentreffen beider Phänomene Denkbar ist auch, daß der Geschädigte nur teilweise repariert, dies jedoch zu überhöhten Kosten. Sind Armband und Glas einer Armbanduhr beschädigt, könnte der Geschädigte beispielsweise auf die Idee kommen, die veranschlagten Reparaturkosten vollständig für ein höherwertiges Armband auszugeben und einen Austausch des Uhrglases zu unterlassen. Wegen der Abhängigkeit des § 249 Abs. 2 BGB von Abs. 1 muß der Schädiger jedoch nur finanzieren, was der Geschädigte auch in natura nach § 249 Abs. 1 BGB verlangen könnte. In Fällen wie dem geschilderten sind die angefallenen Reparaturkosten daher zunächst zu bereinigen. Erst anschließend ist zu vergleichen, ob der Vorschuß zu gering war oder ob der Geschädigte womöglich zu viel erhalten hat. Entsprechend sind vorab überobligationsmäßige Einsparungen (nicht: Unterlassungen) des Geschädigten zu berücksichtigen. 610 Ergibt sich, daß bei einer ordnungsgemäßen Reparatur der Prognoserahmen überschritten wurde, kann der Geschädigte nachfordern. § 251 Abs. 2 BGB steht dem nicht entgegen, da er nur eingreift, wenn bereits die Prognose die Naturalherstellung als unverhältnismäßig erscheinen läßt. 611 Liegen die bereinigten Aufwendungen unter dem prognostizierten Reparaturaufwand, muß der Geschädigte zurückzahlen, was ihm über einen niedrigeren Ersatzbeschaffungsaufwand hinaus kalkulatorisch verblieben ist. Im geschilderten Fall darf daher nur der niedrigere Aufwand für ein gleichwertiges Armband angesetzt werden, wodurch die als angefallen anzuerkennenden Ausgaben hinter dem prognostizierten Reparaturaufwand zurückbleiben. Sodann ist festzustellen, daß dies auf einer nur teilweisen Herstellung beruht, so daß der Geschädigte die rechnerisch verbliebenen Mittel für den Austausch des Uhrglases zurückzahlen muß, soweit er diese über den veranschlagten Ersatzbeschaffungsaufwand hinaus erhalten hat.

E. Zwischenergebnis Grundsätzlich ist der Geschädigte in der Verwendung des ihm nach § 249 Abs. 2 BGB zustehenden „erforderlichen“ Betrages frei, die Frage der Dispositionsfreiheit mithin positiv zu beantworten. Bei der Bemessung dessen, was in diesem Zusammenhang „erforderlich“ ist, bleibt die tatsächliche Verwendung gleichwohl nicht ohne Berücksichtigung. Frei verfügen kann der Geschädigte stets nur über den zur tatsächlichen Herstellung erforderlichen Mindestbetrag. Wenn, abhängig vom tat610 Insofern haben Steffen, NZV 1991, 1, 3, und Gebhardt, ZfS 1990, 145, 146, recht, wenn sie meinen, daß die Bestimmung der erforderlichen Kosten letztlich immer von den tatsächlichen Kosten abgekoppelt sei. 611 Staudinger-Schiemann [1998], § 251 Rn. 26; MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 251 Rn. 71.

11 Kolbinger

162 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB sächlichen Interesse des Geschädigten, wie es sich nicht zuletzt durch seine weiteren Dispositionen manifestiert, mehrere Arten der tatsächlichen Herstellung in Betracht kommen, beschränkt sich die Dispositionsfreiheit auf die zu der am wenigsten aufwendigen Herstellung erforderliche Summe.612 Daraus folgt, daß ein diesen Mindestaufwand übersteigender Vorschuß einer Zweckbindung und damit einer Rechenschaftspflicht sowie ggf. einer Rückzahlungspflicht unterliegt. Dieser Fall kann nur den Reparaturaufwand betreffen, da der Ersatzbeschaffungsaufwand generell nicht verlangt werden kann, wenn er den Reparaturaufwand übersteigt. 613 Die Bemessung des beschriebenen Mindestbedarfs erfolgt (notwendigerweise) abstrakt, wobei bereits angefallene Kosten ein aussagekräftiges Indiz darstellen. Über die Verwendung des Vorschusses muß der Geschädigte nach Ablauf einer vom Schädiger zu setzenden angemessenen Herstellungsfrist auf dessen Verlangen Rechnung legen. Bleiben die für erforderliche Reparaturmaßnahmen aufgewendeten Beträge hinter dem Vorschuß zurück, kann der Schädiger einen nicht verbrauchten Teil des Mehraufwandes zurückverlangen, so daß dem Geschädigten im Ergebnis mindestens der Ersatzbeschaffungsaufwand verbleibt.

F. Nicht anfängliche Unmöglichkeit der Naturalherstellung Die – auch nur partielle – Anerkennung einer Dispositionsfreiheit wirft Folgefragen auf. Soweit man dem Geschädigten nämlich gestattet, nach der Regulierung des Schadens, d. h. nach dem Erhalt einer gem. § 249 Abs. 2 BGB geschuldeten Summe, mit dieser sowie mit der beschädigten Sache nach Belieben zu verfahren, muß man überlegen, ob Ähnliches auch gelten soll, wenn der Geschädigte diese Disposition bereits vor der Schadensregulierung trifft. Hintergrund ist, daß der Anspruch nach § 249 Abs. 1 BGB die Möglichkeit der Naturalherstellung voraussetzt, 614 ohne die es sonst zu einer Forderung nach § 251 Abs. 1 BGB kommt. Daran knüpft die Frage an, ob der Schadensersatz in Geld nach § 249 Abs. 2 BGB ebenfalls an den Fortbestand der Möglichkeit einer Naturalherstellung gebunden ist. Bejaht man dies, ist schließlich weiter zu klären, ob das auch dann gilt, wenn die Unmöglichkeit vor der Regulierung Folge einer Disposition des Geschädigten ist, die dieser nach Erhalt des Schadensersatzes nach § 249 Abs. 2 BGB im Rahmen der Dispositionsfreiheit womöglich hätte treffen dürfen. 612 Roth, JZ 1994, 1091, 1092 f.; auf diese Aussage beschränkt auch Dannert, VersR 1988, 980, 983. 613 Siehe oben 3. Kap., A. III. 2. (S. 84). Dannert, VersR 1988, 980, 983 ff., sieht Reparatur und Ersatzbeschaffung als vollkommen gleichwertig an und möchte daher auch höheren Ersatzbeschaffungsaufwand gegen entsprechenden Verwendungsnachweis gewähren. Die oben, A. III. 2. a) (S. 131), erläuterten Abgrenzungsprobleme hält er wie Huber (vgl. Fn. 463) für gering (S. 984). 614 Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 360; Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse I, 5. Aufl., § 249 Anm. 3 a.

F. Nicht anfängliche Unmöglichkeit der Naturalherstellung

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I. Beurteilungszeitpunkt für die Möglichkeit der Naturalherstellung Die erste Frage läuft darauf hinaus zu entscheiden, wann die Möglichkeit einer Naturalherstellung bestanden haben bzw. bestehen muß, damit der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 BGB die Herstellungskosten fordern kann. 1. Grundsatz: Herstellungsanspruch in Geld nur bei Fortbestand der Herstellungsmöglichkeit Gegen die Bindung des Herstellungsanspruches in Geld an die Möglichkeit einer Naturalherstellung ist vorgebracht worden, daß der Schädiger seine Leistung womöglich nur lange genug zu verzögern brauche, um schließlich nur noch (geringeren) Schadensersatz nach § 251 Abs. 1 BGB leisten zu müssen. 615 Abgesehen davon, daß dem ausgleichenderweise das Risiko zwischenzeitlicher Folgeschäden gegenübersteht, für die der Schädiger zusätzlich aufkommen müßte, 616 ist die Antwort für § 249 Abs. 1 BGB bereits aus logischen Gründen eindeutig: Wird die Naturalherstellung vor ihrer Realisierung unmöglich, geht die auf sie gerichtete Forderung gem. § 275 Abs. 1 BGB unter; ggf. entsteht eine Forderung nach § 251 Abs. 1 BGB. Dieser Zusammenhang ist, da eine Geldleistung stets möglich bleibt, auf §249 Abs. 2 BGB offensichtlich nicht direkt übertragbar. Gleichwohl ist unverkennbar, daß der Geschädigte mit der Unmöglichkeit der Naturalherstellung den Geldbetrag nach § 249 Abs.2 BGB gar nicht mehr zu einer solchen verwenden kann. 617 Darüber hinaus kann die Höhe des erforderlichen Betrages genau genommen gar nicht mehr bemessen werden. Es ist nur noch bestimmbar, welche Kosten zur Herstellung erforderlich gewesen wären. Beides spricht für eine konsequente Bindung der Forderung nach §249 Abs. 2 BGB an die des Abs. 1 618 mit der grundsätzlichen Folge, daß die Unmöglichkeit der Naturalherstellung auch den Herstellungsanspruch in Geld entfallen läßt. 615 BGHZ 99, 81, 86 f.; Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 362; feststellend Lange/ Schiemann-Lange, Schadensersatz, 3.Aufl., §5IV7 (S.231); Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I2, 8. Aufl., § 32 I (S. 203); Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 230. 616 BGHZ 66, 239, 245 f.; Lange/Schiemann-Lange, Schadensersatz, 3. Aufl., § 5 IV 7 (S. 231); Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 220. Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I 2, 8. Aufl., § 32 I (S. 203), verweist darüber hinaus auf den Verzug. 617 Hierauf stellt auch Medicus, DAR 1982, 352, 357, ab. 618 So auch Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I 2, 8. Aufl., § 32 I (S. 203); Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 359 f.; Stoll, JuS 1968, 504, 506; Bötticher, VersR 1966, 301, 305; (Knobbe-)Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 219 f.; dies., VersR 1976, 401, 406; Lange/ Schiemann-Lange, Schadensersatz, 3.Aufl., §5IV7 (S.232); Schack, FS f. Stoll, S.61, 69; Greger, NZV 2002, 385, 387; BGB-RGRK-Alff, 12. Aufl., § 249 Rn. 14; Jordan, VersR 1978, 688, 690; Ehrig, Grundsatz der Naturalrestitution, S. 34; RG JW 1937, 3223, 3224; RG HRR 1933 Nr. 1405; ehemals für Gebäudeschäden BGHZ 81, 385, 390 f.; einschränkend BGHZ 66, 239, 244; MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 348 f.; Weitnauer, FS Universität Heidelberg, S. 279, 287; Weber, VersR 1990, 934, 936; Zeuner, AcP 163 (1963), 380, 396 FN 54; v. Tuhr, KritVJ 47 (1907), 63, 79 f.; Maase, NJW 1970, 2240.

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164 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB 2. Ausnahme: Unmöglichkeit der Naturalherstellung infolge Selbstvornahme Von diesem Grundsatz ist jedoch eine Ausnahme zu machen, wenn die tatsächliche Herstellung bereits im Wege der Selbstvornahme, also unter der Regie des Geschädigten, erfolgt ist. Zunächst ist auch hier schwer zu leugnen, daß damit die Naturalherstellung durch den Schädiger tatsächlich unmöglich geworden ist. 619 Die Konsequenz des soeben begründeten Zusammenhangs zwischen § 249 Abs. 1 und Abs. 2 BGB wäre ein Ausschluß des Anspruchs auf die Herstellungskosten. Dieses Ergebnis widerspräche jedoch der Wertung des § 249 Abs. 2 BGB. Wenn der Geschädigte nämlich sogar einen Vorschuß für die Selbstvornahme fordern kann, muß ihm auch die eigenfinanzierte Selbstvornahme möglich sein. Somit ist festzuhalten, daß die Unmöglichkeit der Naturalherstellung infolge Selbstvornahme durch den Geschädigten zwar praktisch zur Unmöglichkeit der Naturalherstellung durch den Schädiger, jedoch nicht zum Ausschluß des Herstellungsanspruchs in Geld nach § 249 Abs. 2 BGB führt. Man kann allenfalls überlegen, ob man die Verauslagung der Herstellungskosten durch den Geschädigten, ähnlich wie oben für erfolglose Herstellungsaufwendungen diskutiert, 620 als tatsächliche Weiterentwicklung des Schadens begreift 621 oder ob man die nachträgliche Erstattung verauslagter Herstellungskosten über § 249 Abs. 2 BGB erfaßt. 622 Während im zweiten Fall die Erforderlichkeit der Aufwendungen unmittelbares Kriterium ist, hängt von ihr im Rahmen des § 249 Abs. 1 BGB die Kausalität des schädigenden Ereignisses für den Geldabfluß ab. Da § 249 Abs. 2 BGB eine Spezialregelung für die Finanzierung einer Naturalherstellung durch den Geschädigten darstellt, ist der Weg über diese Vorschrift vorzuziehen. 623 Einem solchen Vorgehen des Geschädigten steht auch nicht der Vorrang der Naturalherstellung entgegen. Zwar schuldet der Schädiger danach zunächst die Herstellung in natura, ein Übergang auf eine Geldforderung ist jedoch nicht ausschließlich durch Fristsetzung gem. § 250 S. 2 BGB möglich, sondern notwendige Folge des § 249 Abs. 2 BGB. Der Geschädigte benötigt insbesondere kein spezielles Recht zur Selbstvornahme, 624 wie dieses beispielsweise in § 637 Abs. 1 BGB für den Werkvertrag unmittelbar sowie in §§ 437, 281 Abs. 1, 323 Abs. 1 BGB für den Kaufvertrag 619 R. Knütel, JR 1982, 281, 283; Schiemann, Argumente und Prinzipien, S.220; Thiele, AcP 167 (1967), 193, 203. 620 Siehe oben D. II. (S. 159 f.). 621 So offenbar Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 44, und Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S. 168. 622 Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 351; Larenz, Schuldrecht I, 14. Aufl., § 28 I (S. 468); Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 228; U. Picker, Naturalrestitution, S. 180; ebenso Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse I, 5. Aufl., § 249 Anm. 3 a, der hier jedoch eine Beschränkung auf die tatsächlich verauslagten Kosten annimmt. 623 Mögliche Forderungen aus Geschäftsführung ohne Auftrag sollen hier nicht untersucht werden. 624 Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 337.

F. Nicht anfängliche Unmöglichkeit der Naturalherstellung

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mittelbar an eine Fristsetzung geknüpft ist. Für ein entsprechendes Andienungsrecht des Schädigers fehlt es an einer den §§ 637 Abs. 3, 536 a Abs. 2 BGB vergleichbaren Vorschrift. 625 Eine solche würde natürlich auch keinen Sinn machen. Anders als beispielsweise durch einen Werkvertrag hat der Schädiger durch sein Fehlverhalten hier nicht das Recht erworben, sich durch die Erbringung einer Leistung eine Gegenleistung zu verdienen. 626 Die Selbstvornahme durch den Geschädigten ist daher der eines Bestellers in ihrer Bedeutung für den Verpflichteten nicht vergleichbar. Der Geschädigte, der zunächst selbst herstellt, kann daher nach §249 Abs. 2 BGB liquidieren und ist nicht auf § 251 Abs. 1 BGB zu verweisen. 627

3. Unmöglichkeit des Ersatzes des Interimsschadens durch Herstellung Eine Besonderheit weist in diesem Zusammenhang der Interimsschaden auf. Da er durch den vorübergehenden Ausfall der Sache entsteht, wird sein Ersatz im Wege einer tatsächlichen Herstellung bereits alleine durch Zeitablauf unmöglich. Mit Ablauf jedes Augenblicks, für den der Geschädigte die Gebrauchsmöglichkeit der Sache entbehrt hat, ist die tatsächliche Herstellung für diesen Moment nicht mehr denkbar. 628 Daraus folgt, daß der Geschädigte, wenn er sich keinen vorübergehenden Ersatz beschafft hat, auch keinen entsprechenden Aufwand fordern kann. Das bedeutet jedoch noch nicht, daß ihm für den Ausfall des tatsächlichen Interimsinteresses damit in diesen Fällen keinerlei Schadensersatz zustehen würde. Mit der Unmöglichkeit der Herstellung kommt vielmehr § 251 Abs. 1 BGB zur Anwendung. Läßt sich der endgültige Ausfall der zwischenzeitlichen Gebrauchsmöglichkeit wirtschaftlich bewerten, steht dem Geschädigten die sich ergebende Kompensation zu. Zur Frage der Bewertbarkeit gilt hier das oben zu der Bewertung dauerhaft entgangener Gebrauchsvorteile Gesagte 629 gleichermaßen: Nur wenn die Verfügbarkeit der Sache einer Gewinnerzielung gedient hätte, läßt sich ihr vorübergehender Verlust als entgangener Gewinn darstellen. 630 War der Sachgebrauch lediglich priVgl. hierzu auch Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 29. Ähnlich Weber, VersR 1990, 934, 936: „Dieser [= der Schädiger] hat nach S. 1 nicht etwa ein Recht darauf, die Herstellung selbst vorzunehmen, [...]“ [Anmerkung in Klammern durch den Verf.]; allgemein Lorenz, NJW 2003, 1417, 1418. 627 Man käme dann nicht mehr umhin, die aufgewendeten Reparaturkosten als Entschädigungssumme nach § 251 Abs. 1 BGB zu begreifen. Nach der Differenztheorie gälte: Das Vermögen des Geschädigten hat sich infolge des schädigenden Ereignisses um diesen Betrag verringert. 628 Würthwein, Nutzungsmöglichkeit oder Gebrauchsvorteile?, S. 346; Nehlsen, Nutzungsausfallersatz: ein notwendiges Übel?, S. 20; Schaffert, Geldentschädigung für die Beeinträchtigung „vermögenskonsumtiver Interessen“?, S. 6 f.; Bötticher, VersR 1966, 301, 305. 629 Siehe oben 3. Kap., B. II. 3. (S. 111 f.). 630 Im Grundsatz auch Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 71; Boetticher, VersR 1966, 301, 308; Nehlsen, Nutzungsausfallersatz: ein notwendiges Übel?, S.20 f. Das ggf. schuldhafte Unterlassen der Realisierung einer Übergangslösung kann dabei als Mitverschulden zu berück625 626

166 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB vat veranlaßt, ist dies nach der hier vertretenen Auffassung zu verneinen. 631 Vor allem in der Rechtsprechung wird die Abbildbarkeit hingegen, obgleich unter einschränkenden Voraussetzungen, für einzelne Sachen, insbesondere für Kraftfahrzeuge und Wohnungen, bejaht und dem Geschädigten unter den Begriffen „abstrakter Nutzungsersatz“ oder „Ersatz entgangener Gebrauchsvorteile“ Kompensation gewährt. 632 4. Zusammenfassung und prozessuale Folgen Wenn man also die Fälle einer Selbstvornahme durch den Geschädigten ausklammert, ist entscheidender Zeitpunkt für die Frage, ob eine Naturalherstellung noch möglich ist, zunächst der Zeitpunkt der Zahlung des Schadensersatzes. Bei einer gerichtlichen Durchsetzung des Schadensersatzanspruches wird die Entscheidung auf den Schluß der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung vorverlagert, 633 wobei der Schädiger dann eine spätere Unmöglichkeit der Naturalherstellung noch im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend machen kann. 634 Dadurch, daß aber der Schädiger auch im Falle des § 249 Abs. 2 BGB bei einer tatsächlichen Durchführung der Reparatur das Prognoserisiko trägt und der Geschädigte, soweit der Schadensersatz zunächst nur Vorschußcharakter hat, zu einem späteren Zeitpunkt Rechnung legen muß, wird die Möglichkeit der Naturalherstellung auch bei ihrer tatsächlichen Vornahme 635 bzw. der Rechnungslegung noch einmal relevant. II. Eintritt der Unmöglichkeit vor der Schadensregulierung Es kann damit festgehalten werden, daß der Anspruch gem. § 249 Abs. 2 BGB dann untergeht, wenn auch die entsprechende Naturalherstellung im Sinne des Abs. 1 nicht mehr möglich und dies nicht gleichzeitig Folge einer Selbstvornahme durch den Geschädigten ist. Für eine Forderung nach § 249 Abs. 2 BGB reicht es nicht aus, daß die Naturalherstellung irgendwann einmal möglich war. Sie muß es vielmehr bei Regulierung, d. h. außergerichtlich bei Zahlung 636 und gerichtlich bei sichtigen sein, wodurch die Entschädigung in Geld auf die Höhe der potentiellen Aufwendungen zur tatsächlichen Herstellung begrenzt ist. 631 Damit entfällt ein Ersatz für entgangene Gebrauchsmöglichkeiten generell dann, wenn der Entgang nicht durch einen Ausfall der Sache, sondern des potentiellen Nutzers eintritt. Eine Naturalherstellung scheidet hier hinsichtlich des Interimsschadens aus, eine Kompensation scheitert an der Bewertbarkeit. 632 Grundlegend BGHZ 40, 345, 348; BGHZ 98, 212, 216 f. (GS); BGHZ 56, 214, 215 f.; ebenso MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 58 ff.; Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 97 f. 633 BGHZ 66, 239, 241 f.; BGHZ 79, 249, 258; MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 251 Rn. 7. 634 Darauf läuft auch RG HRR 1933 Nr. 1405 hinaus. 635 Steffen, NZV 1991, 1, 2. 636 Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 362; aA Klimke, VersR 1987, 439, 443.

F. Nicht anfängliche Unmöglichkeit der Naturalherstellung

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Schluß der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung 637, noch sein. 638 Nur angesichts der Möglichkeit einer Naturalherstellung ist es gegenüber dem Schädiger gerechtfertigt, ihn dadurch wirtschaftlich stärker zu belasten, daß das tatsächliche Interesse des Geschädigten realisiert und nicht nur abgegolten wird. 639 Gleichzeitig ist die Bemessung des Schadensersatzes nach dem Herstellungsaufwand auch dem Geschädigten gegenüber nur unter der genannten Voraussetzung zumutbar. 640 Darüber hinaus kann der Herstellungsaufwand mit der Unmöglichkeit einer Naturalherstellung nicht mehr als Synonym dessen betrachtet werden, was der Schädiger wirtschaftlich ohnehin zu leisten verpflichtet wäre. Insofern ist auch einer Dispositionsfreiheit der Boden entzogen. III. Eintritt der Unmöglichkeit nach der Schadensregulierung Offen ist danach noch, was es für die Forderung nach § 249 Abs. 2 BGB bedeutet, wenn die Unmöglichkeit der Naturalherstellung erst eintritt, nachdem die Schadensregulierung erfolgt ist. 641 Dies läßt sich jedoch aus den bereits getroffenen Feststellungen ableiten. 1. Leistung des Reparaturaufwandes als Vorschuß Reparaturaufwand kann (nur) zweckgebunden beansprucht werden, wenn und soweit er den niedrigeren Aufwand einer denkbaren Ersatzbeschaffung übersteigt. Wird die Reparatur später unmöglich, kann sie der Geschädigte also nicht mehr vornehmen, wird er nicht in der Lage sein, die zweckentsprechende Verwendung des Vorschusses nachzuweisen. Der Schädiger ist daher berechtigt, das zurückzufordern, was den niedrigeren Ersatzbeschaffungsaufwand übersteigt. Daß dem Geschädigten dieser Ersatzbeschaffungsaufwand bedenkenlos verbleiben kann, resultiert daraus, daß mit der nachträglichen Unmöglichkeit einer Reparatur nicht auch eine Ersatzbeschaffung ausscheidet. 642 Ein Grund, den Geschädigten in der beschriebenen Konstellation auf einen unter Umständen niedrigeren Geldersatz nach § 251 BGHZ 66, 239, 241 f.; Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 362 FN 53. BGHZ 66, 239, 243; aA Weber, VersR 1992, 527, 530. 639 Insoweit auch Lipp, NJW 1990, 104, 105; ferner Weber, VersR 1990, 934, 939, der später in VersR 1992, 527, 530, scheinbar das Gegenteil vertritt, vgl. Fn. 638, dabei vermutlich aber nur an eine Veräußerung der beschädigten Sache (und nicht an ihren zufälligen Untergang) vor Regulierung denkt. 640 Droht beispielsweise der massive Entgang von Gewinn, würde dem Geschädigten die Zahlung geringer Herstellungskosten nichts nützen, wenn die Naturalherstellung aktuell nicht mehr möglich wäre. 641 Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 220, und Weber, VersR 1990, 934, 939, begründen diese Differenzierung mit den vom Zeitpunkt abhängigen Interessenlagen des Schädigers. 642 So auch U. Picker, Naturalrestitution, S. 213; Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 226 f. 637 638

168 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB Abs. 1 BGB zu verweisen, besteht nicht generell, sondern nur, wenn eine Ersatzbeschaffung aus tatsächlichen Gründen nicht in Betracht kommt 643 oder man sie generell nicht als Art der Naturalherstellung begreift. 644 2. Leistung des Herstellungsaufwandes zur freien Verfügung des Geschädigten Wie festgestellt 645 steht der Aufwand der einzig denkbaren bzw. der im konkreten Fall wirtschaftlich günstigsten Form der Naturalherstellung zur freien Verfügung des Geschädigten. Dabei kann es sich sowohl um den Reparaturaufwand als auch um den Ersatzbeschaffungsaufwand handeln. Sofern der Betrag zur freien Verfügung des Geschädigten steht, ist der Schadensersatz mit der Zahlung des Geldes vollständig abgewickelt 646 und das gesetzliche Schuldverhältnis zwischen den Beteiligten damit erloschen. Wird die Naturalherstellung anschließend tatsächlich unmöglich, bleibt das mithin folgenlos. Insofern ist dies der Situation vergleichbar, daß eine Reparatur als Naturalherstellung gem. § 249 Abs. 1 BGB erbracht wird und die reparierte Sache anschließend untergeht. Für die skizzierte Lösung besteht im übrigen ein logisches Bedürfnis: Wenn der Geschädigte in seiner Disposition frei sein soll, kann eine Ausübung dieser Freiheit, wenn sie zur Vereitelung der Naturalherstellung führt, keine Rückzahlungspflicht zur Folge haben. 647 Einschränkend ist jedoch zu berücksichtigen, daß der Schädiger auch hier das Prognoserisiko trägt. Wie bereits festgestellt, 648 kann der Geschädigte nachfordern, wenn sich erst bei der Vornahme der Reparatur herausstellt, daß die Kosten zu niedrig veranschlagt sind oder eine Reparatur technisch doch nicht möglich ist. Konnte der Geschädigte zunächst (nur) niedrigeren Reparaturaufwand verlangen, und zeigt sich erst später die Unmöglichkeit einer Reparatur, kann er nachfordern, was zu einer Ersatzbeschaffung als einzig verbliebener Herstellungsmöglichkeit erforderlich ist. Das muß konsequenterweise auch dann gelten, wenn die Unmöglichkeit der Reparatur als kausale Folge des schädigenden Ereignisses nach Zahlung nicht nur erst nachträglich festgestellt wird, sondern nachträglich überhaupt erst entsteht. Daß der Geschädigte über den Reparaturaufwand in der beschriebenen Konstellation frei verfügen kann, soll ihn nach der Ratio der Vorschrift privilegieren, ihm namentlich Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I 2, 8. Aufl., § 32 I (S. 203). Entsprechend kommen Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 166, hier zu einem Anspruch nach § 251 Abs. 1 BGB. Näheres siehe unten IV. 2. b) (S. 171 f.). 645 Siehe oben C. II. (S. 140 ff.). 646 Was häufig, so von Weber, VersR 1992, 527, 531; ders., VersR 1990, 934, 939, 943; Partecke, Der sogenannte Schadensersatz „neu für alt“, S. 14 f.; BGHZ 81, 385, 391, generell für den Schadensersatz nach § 249 Abs. 2 BGB behauptet wird, gilt daher nur innerhalb des Rahmens, in dem der Geschädigte frei disponieren darf. 647 Diese Konsequenz zeigen auch BGHZ 99, 81, 86 f., und Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 235. 648 Siehe oben D. II. (S. 159 f.). 643 644

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die Möglichkeit geben, sein tatsächliches Interesse zu ändern. Mit der Eigenschaft der Naturalherstellung als Leitbild des Schadensersatzes wäre es nicht vereinbar, wenn dabei gleichzeitig die Möglichkeit einer Durchführung der Naturalherstellung – auch unter der Regie des Geschädigten – vereitelt würde. Das wäre jedoch die Folge, wenn man mit dem Argument, der Schadensersatz sei mit der Zahlung abgeschlossen, eine Nachforderung ausschließen wollte. Somit müssen Veränderungen der beschädigten Sache, die Einfluß auf die Möglichkeit und den Aufwand einer Reparatur haben, zu Gunsten des Geschädigten bis zu einem tatsächlichen Abschluß der Naturalherstellung Berücksichtigung finden können. Dies gilt selbstredend nur, soweit die Veränderungen Folge des schädigenden Ereignisses und nicht dem Geschädigten zuzurechnen sind. Das folgt nicht zuletzt aus § 254 Abs. 2 BGB. Verändert der Geschädigte die beschädigte Sache in einer dieser Norm entsprechenden Weise mit der Konsequenz, daß eine Reparatur teurer oder eine kostspieligere Ersatzbeschaffung erforderlich wird, kann der Geschädigte diese Mehrkosten nicht verlangen. 649 Entsprechendes gilt, wenn der Geschädigte mit der Reparatur zu lange wartet. 650 Erhält der Geschädigte hingegen den Ersatzbeschaffungsaufwand, steht ihm dieser immer zur freien Verfügung. 651 Anders als die Reparatur ist die Ersatzbeschaffung nicht vom weiteren Schicksal der beschädigten Sache abhängig. Kommt eine Ersatzbeschaffung als Alternative zur Reparatur überhaupt in Betracht, weil der Geschädigte sie verlangt und damit zum Ausdruck bringt, daß ihm nicht notwendig an einer faktischen, sondern vor allem an einer funktionalen Herstellung gelegen ist, erscheint ihre spätere Unmöglichkeit kaum denkbar. Sollte die Ersatzbeschaffung ausnahmsweise nachträglich unmöglich werden, beispielsweise durch den Untergang des für sie essentiellen Vorrates an Ersatzsachen, gilt das zum Reparaturaufwand Gesagte. IV. Unmöglichkeit durch Verfügung des Geschädigten Es bleibt zu untersuchen, ob diese Überlegungen auch für den Fall zutreffen, daß der Geschädigte die beschädigte Sache vor bzw. nach der Regulierung ohne Herstellung veräußert. 652 649 So wohl auch OLG Karlsruhe MDR 1975, 588, und bereits Ehrig, Grundsatz der Naturalrestitution, S. 34 f. 650 So auch, wenn der Geschädigte eine beschädigte Sache, die nur repariert und nicht ersetzt werden kann, vor der Naturalherstellung entsorgt: Der Geschädigte kann nur noch nach § 251 Abs. 1 BGB, nicht mehr nach § 249 BGB vorgehen. Die Entschädigung ist dabei wegen § 254 Abs. 2 BGB auf den Reparaturaufwand begrenzt. 651 Siehe oben E. (S. 161 f.). 652 So Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 363; ebenso bereits RG JW 1937, 3223, 3224; zuletzt grundsätzlich BGHZ 147, 320, 322; aA BGHZ 66, 239, 243f.; MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 348 f.; Weber, VersR 1990, 934, 936.

170 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB 1. Veräußerung der Sache vor der Schadensregulierung Die Naturalherstellung im allgemeinen zielt auf die ersatzweise Realisierung des tatsächlichen Interesses des Geschädigten, die Naturalherstellung durch Reparatur im besonderen auf die Wiederherstellung seines verletzten Rechtes. In Erinnerung gerufen sei damit, daß die Herstellung des Rechts die einzig in Betracht kommende Art der Herstellung ist, solange der Geschädigte sein tatsächliches Interesse nicht abweichend formuliert. 653 Diese Formulierung kann auch konkludent erfolgen. Dabei kann sich ergeben, daß das Verhalten des Gläubigers dem – unter Umständen ausdrücklich – formulierten tatsächlichen Interesse widerspricht. Der augenscheinlichste Fall ist derjenige, daß der Geschädigte die Reparaturkosten fordert, obwohl er die beschädigte Sache bereits veräußert hat. Einerseits formuliert er dabei sein tatsächliches Interesse faktisch (eng), dokumentiert durch sein Verhalten jedoch gleichzeitig das Gegenteil, nämlich daß es mit seinem Interesse an der konkreten Sache nicht weit her sein kann. 654 Es kann dem Geschädigten nach seinem Verhalten nur um einen funktionalen Ersatz gehen, so daß ihm auch nur dieser gem. § 249 Abs. 2 BGB zu ermöglichen ist. Hat der Geschädigte also die Sache vor Schadensregulierung veräußert oder beseitigt, kann er nur noch den Ersatzbeschaffungsaufwand verlangen. Kommt eine Ersatzbeschaffung praktisch nicht in Betracht, bleibt nur Schadensersatz nach § 251 Abs. 1 BGB. 655 Dies läßt sich auch damit begründen, daß das vom Geschädigten erklärte tatsächliche Interesse, die Wiederherstellung seines Rechts, nach der Veräußerung der Sache nicht mehr zu verwirklichen ist, weil der Geschädigte über das Recht an der Sache gar nicht mehr verfügt. 656 Die Abhängigkeit des Anspruchs gem. § 249 Abs. 2 BGB von der Möglichkeit der Naturalherstellung hat zur Folge, daß nach der Veräußerung allenfalls noch ein Anspruch auf den Ersatzbeschaffungsaufwand in Betracht kommt. Nicht übersehen werden darf jedoch, daß der Geschädigte auch hier für eine Ersatzbeschaffung keinen Mehraufwand oder höheren Schadensersatz nach § 251 Abs. 1 BGB fordern kann, wenn der Unmöglichkeit der Reparatur ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht des § 254 Abs. 2 BGB zugrunde liegt. Genau dies wird aber bei einer Veräußerung der beschädigten Sache regelmäßig der Fall Siehe oben 2. Kap., H. (S. 74 f.). Steffen, NJW 1995, 2057, 2060; Weber, VersR 1990, 934, 945; Lipp, NJW 1990, 104, 105; Grunsky, NJW 1983, 2465, 2468; Medicus, DAR 1982, 352, 360; BGHZ 147, 320, 323. 655 Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I 2, 8. Aufl., § 32 I (S. 202); konsequenterweise nur für den Fall des nachträglichen Untergangs der Sache Weber, VersR 1990, 934, 936. MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 251 Rn. 6, § 249 Rn. 348 f., möchte offenbar nur den Anspruch nach § 249 Abs. 1 BGB, nicht aber den nach Abs. 2 durch eine Disposition des Geschädigten untergehen lassen. 656 Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 361; Schack, FS f. Stoll, S. 61, 69; WussowKürschner, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kap. 30 Rn. 12 (S. 918). Es ist daher belanglos, ob bei dem Erwerber eine Reparatur noch möglich wäre (BGHZ 66, 239, 244; aA Schlechtriem, DAR 1975, 122, 123; Weitnauer, FS Universität Heidelberg, S. 279, 295; OLG Oldenburg NJW 1974, 2130, 2131). 653 654

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sein. 657 Verfügt der Geschädigte also vor der Regulierung des Schadens, hat er, wenn eine Ersatzbeschaffung denkbar ist, gem. § 249 Abs. 2 BGB zwar grundsätzlich Anspruch auf den Ersatzbeschaffungsaufwand, dieser ist jedoch nach § 254 Abs. 2 BGB regelmäßig auf den Reparaturaufwand beschränkt. Die gleiche Beschränkung gilt für § 251 Abs. 1 BGB, wenn eine Ersatzbeschaffung – wie bei Unikaten – nicht in Betracht kommt. Insbesondere durch die Rechtsprechung ist vorgebracht worden, daß ein Geschädigter, der vor der Schadensregulierung veräußert habe, billigerweise nicht anders behandelt werden dürfe, als derjenige, der die Sache auch nach dem Erhalt des Herstellungsaufwandes in Ausübung seiner Dispositionsfreiheit ohne Reparatur weiterverwende. 658 Mit diesem Argument soll dem Geschädigten auch nach der Veräußerung noch der Reparaturaufwand zustehen. 659 Diesem Anspruch genügt indes auch das hier vorgestellte Konzept: Wer vor der Regulierung veräußert, kann nur noch den Ersatzbeschaffungsaufwand beanspruchen, wer den (höheren) Reparaturaufwand erhalten hat und nicht repariert, muß die Differenz ggf. zurückzahlen. 2. Veräußerung nach der Schadensregulierung a) Leistung des Reparaturaufwandes als Vorschuß Aus den bereits getroffenen Feststellungen folgt, daß der Geschädigte, wenn er nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB den Reparaturaufwand erhalten hat und anschließend die beschädigte Sache ohne Reparatur veräußert, zurückzahlen muß, was über den Ersatzbeschaffungsaufwand hinausgeht. Ursache hierfür ist, daß er den im Rahmen seiner Rechenschaftspflicht erforderlichen Nachweis über die Verwendung des Vorschusses nicht erbringen und damit die Formulierung seines Integritätsinteresses auch nicht bestätigen kann. b) Leistung des Herstellungsaufwandes zur freien Verfügung des Geschädigten Da eine nachträgliche Veräußerung der beschädigten Sache auf die Möglichkeit der Ersatzbeschaffung keinen Einfluß hat, ergeben sich keine Besonderheiten, wenn der Geschädigte zuvor den Ersatzbeschaffungsaufwand erhalten hat. Wurde ihm jedoch der Reparaturaufwand zur freien Verfügung ausgezahlt, weil eine Reparatur niedriger veranschlagt wurde als eine Ersatzbeschaffung, kann es dazu kommen, daß mit der Verfügung über die Sache eine Reparatur unmöglich geworden und eine Na657 Eine Ausnahme mag vorliegen, wenn die Veräußerung zur Abwendung höherer Folgeschäden angezeigt ist. 658 BGHZ 66, 239, 244; MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 348. 659 Stoll, JuS 1968, 504, 506, spricht im Hinblick auf dieses Ergebnis hingegen zutreffenderweise von einer „seltsamen Konsequenz“.

172 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB turalherstellung nur noch im Wege einer teureren Ersatzbeschaffung denkbar ist. Auch hier zeigt der Geschädigte mit der Veräußerung, daß sein tatsächliches Interesse entweder nie ein faktisches, sondern immer nur ein funktionales war, oder daß er es zumindest aus Anlaß des schädigenden Ereignisses entsprechend geändert hat. Unter der ersten Annahme kann der Geschädigte ohnehin nur den in dieser Konstellation notwendig geringeren Reparaturaufwand fordern. Unter der zweiten Annahme steht ihm eine Freiheit, das Interesse zu ändern, ebenfalls nur im Rahmen des Aufwandes der günstigeren Herstellungsform, also hier wiederum des Reparaturaufwandes, zu. Der Nachforderung eines Mehraufwandes für die nunmehr allein mögliche Ersatzbeschaffung steht hier einmal mehr § 254 Abs. 2 S. 1 BGB entgegen, weil der Geschädigte den Mehraufwand durch die Veräußerung der Sache selbst verschuldet hat. Ist neben der Reparatur bereits gar keine andere Art der Naturalherstellung denkbar, und hat der Geschädigte aus diesem Grunde den Reparaturaufwand zur freien Verfügung erhalten, macht er mit dem nachträglichen Verkauf der Sache ein Geschäft, wenn der Verkaufspreis der beschädigten Sache gegenüber dem der unbeschädigten um weniger als den Reparaturaufwand abweicht. Würde er nämlich vor dem Erhalt des Reparaturaufwandes verkaufen, erhielte er nur die Kompensation nach § 251 Abs. 1 BGB. 660 Daß die Minderung des Verkaufspreises genau dem Reparaturaufwand entspräche, wird zwar immer wieder behauptet, 661 ist aber gleichwohl nur zufällig und um so unwahrscheinlicher, je höher sich der Wert der Sache bewegt. Daß sich die beschriebene Gewinnchance nur dann bietet, wenn der Geschädigte mit dem Verkauf wartet, wird als Argument entweder gegen die Dispositionsfreiheit oder aber gegen die konsequente Verknüpfung von § 249 Abs. 1 und 2 BGB diskutiert. 662 Es dürfe, so heißt es, keinen Unterschied machen, ob der Geschädigte vor oder nach der Schadensregulierung verkaufe. 663 Das klingt plausibel, empfindet man es doch als unangebracht, wenn der Geschädigte durch sein Verhalten Einfluß auf die Belastung des Schädigers nehmen kann. Ein Blick auf die Situation bei § 249 Abs. 1 BGB zeigt jedoch, daß dies nie vollständig verhindert werden kann. Verlangt der Geschädigte eine Reparatur durch den Schädiger, um die reparierte Sache anschließend zu verkaufen, 664 muß der Schädiger ggf. mehr in die ReMüKo-Oetker, 4. Aufl., § 251 Rn. 6. Siehe soeben 1. (S. 170 f.). Vgl. oben Fn. 476. 662 Larenz, Schuldrecht I, 13. Aufl., § 28 I (S. 434); Hinweis bei Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 361 f. 663 Weber, VersR 1990, 934, 943. 664 OLG Hamm ZfS 1999, 451, scheint davon auszugehen, daß bei Kfz-Schäden eine Abrechnung nach dem (höheren) Reparaturaufwand ausscheidet, wenn die Reparatur zwar vollständig durchgeführt wurde, das Kfz aber anschließend umgehend verkauft wird. Bereits das Problem, eine Mindestnutzungsdauer nach der Reparatur zu definieren, zeigt, daß diese Ansicht kaum haltbar ist. Die in diesem Zusammenhang gelegentlich zitierten Entscheidungen OLG Hamm NZV 2001, 349, 350, und OLG Düsseldorf NZV 1996, 279, 280, sind insofern unergiebig, da in ihnen davon ausgegangen wurde, daß eine vollständige und ordnungsgemäße Durchführung der Reparatur vor der Veräußerung nicht nachgewiesen werden konnte. Grunsky, JuS 1987, 441, 442, hält die Zulässigkeit des geschilderten Vorgehens hingegen – zu Recht – für selbstverständlich. 660 661

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paratur investieren als ihn ein Schadensersatz in Geld nach § 251 Abs. 1 BGB kosten würde. 665 Dem Geschädigten verbleibt der Verkaufserlös der wiederhergestellten Sache. Auf diesen wäre der Verkaufserlös der beschädigten Sache nach §§ 251 Abs. 1, 252 BGB im Falle eines Verkaufs vor der Schadensregulierung ebenfalls aufgestockt worden. Der Mehraufwand des Schädigers verpufft also im Falle des § 249 Abs. 1 BGB, während er bei einem spiegelbildlichen Vorgehen nach Abs. 2 dem Geschädigten verbleibt. Daß die Dispositionsfreiheit den Geschädigten auch in diesen durchaus etwas besonderen Fällen bevorzugt, geht jedoch wiederum nicht zu Lasten des Schädigers. Dieser wird nicht stärker belastet, als dies im Rahmen des § 249 Abs. 1 BGB durch den Geschädigten ebenfalls provoziert werden könnte. 666 Aus diesem Grunde wiegt der genannte Einwand nicht so schwer, als daß deswegen die Dispositionsfreiheit insgesamt in Abrede gestellt werden müßte.667 Auch in diesem Zusammenhang kann man wiederum diskutieren, wie zu verfahren ist, wenn der Geschädigte den Herstellungsaufwand zur freien Verfügung erhalten hat und anschließend keinerlei tatsächliches Interesse an der Sache mehr äußert oder erkennen läßt. So, wenn er beispielsweise erklärt, die beschädigte Sache nicht reparieren zu wollen, bzw. sie einfach aufgibt oder entsorgt. In der Sache handelt es sich dabei um die bereits angesprochene Frage, welchen Mindestbetrag der Geschädigte im Rahmen der Restitution jedenfalls verlangen kann. 668 Gegen den Vorschlag, in der hier interessierenden Konstellation analog § 251 Abs. 1 BGB (nur) den Kompensationsbetrag, d. h. den objektiven Wert der Sache, 669 zu gewähren, 670 sprechen daher die bereits genannten Argumente, insbesondere der Vorrang der Herstellung sowie die Praktikabilität. Die Grenze zwischen der Anschaffung einer neuen Sache und dem Nichtstun als potentiellem Ausdruck des Fehlens jeden tatsächlichen Interesses ist schwer zu ziehen. 665 Kleine-Cosack, DAR 1998, 180, 183, gelangt aus anderem Blickwinkel zur gleichen Überlegung. 666 Hierauf stellt auch Grunsky, NJW 1983, 2465, 2468, ab, der freilich weitergehend von einer vollständigen Dispositionsfreiheit des Geschädigten ausgeht. Ähnlich Steffen, NZV 1991, 1, 5. 667 Eine ähnliche Situation kann sich auch im Hinblick auf den Ersatzbeschaffungsaufwand ergeben: Veräußert der Geschädigte die Sache und fordert er anschließend den Reparaturaufwand, erhält er wegen der Unmöglichkeit der Herstellung nur eine Kompensation. Hat er den Reparaturaufwand bereits (teilweise) zweckgebunden erhalten und veräußert er erst dann, verbleibt ihm trotz teilweiser Rückzahlungspflicht der Ersatzbeschaffungsaufwand. Auch hier hilft ein Blick auf die Naturalherstellung: Hätte der Geschädigte vom Schädiger zunächst eine Ersatzsache erhalten und diese sodann veräußert, verbliebe ihm ebenfalls nur der Verkaufswert, während der Schädiger mit dem Ersatzbeschaffungsaufwand belastet war. Auch hier führt die Dispositionsfreiheit dazu, daß sich der Geschädigte die Differenz, anstatt sie verpuffen zu lassen, zu eigen machen kann. 668 Siehe oben C. (S. 137 ff.). 669 Ob das der Verkaufs- oder Einkaufspreis der Sache sein soll, soll an dieser Stelle nicht weiter interessieren. Huber, DAR 2000, 20, 27, plädiert für den Verkaufspreis. 670 Schiemann, FS f. Steffen, S. 399, 406 f.; Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 213; Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 368 f.; ebenso Honsell/Harrer, JuS 1991, 441, 446; dies., JuS 1985, 161, 163; Huber, DAR 2000, 20, 27; i. E. auch Stoll, JuS 1968, 504, 507.

174 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB Ziert die Eigentümerin einer beschädigten Armbanduhr ihr Handgelenk künftig mit einem eigens erworbenen Schmuckarmband und behilft sich wegen der Uhrzeit anderweitig, ist sie dann untätig? Was, wenn das Gemälde eines desinteressierten Eigentümers beschädigt wurde und gleichwohl unrepariert an der Wand hängen bleibt? Muß der Geschädigte die nach § 249 Abs. 2 BGB erhaltenen Reparaturkosten bis auf den objektiven Wertverlust des Bildes (§ 251 Abs. 1 BGB) zurückzahlen? Wenn man dies mit der gerade vorgestellten Ansicht bejaht, bleibt man dann bei dem gefundenen Ergebnis, wenn der Geschädigte seit jeher eher rendite- denn kunstinteressiert ist und mit den zur Reparatur gedachten Mitteln Aktien kauft?671 Das Faß, das man mit der Dispositionsfreiheit öffnet, ist nicht wieder zu schließen. 672 Wenn man dem Geschädigten grundsätzlich die Chance gibt, sein tatsächliches Interesse ohne zusätzliche Belastung des Schädigers zu ändern, dann kann man das nur ohne weitere Einschränkung tun. Läßt ein Geschädigter die beschädigte Sache vom Schädiger gem. § 249 Abs. 1 BGB reparieren und wirft er sie unmittelbar danach weg, würde man nämlich ebenfalls den Kopf schütteln, aber gleichwohl nicht auf den Gedanken kommen, ihn den Reparaturaufwand teilweise herausgeben zu lassen. 673 Also auch dann, wenn der Geschädigte erklärt, die Sache weder reparieren noch ersetzen zu wollen, aber gleichwohl nach § 249 Abs. 2 BGB den Herstellungsaufwand fordert, gebührt ihm der Ersatzbeschaffungsaufwand. Es steht nämlich immerhin fest, daß der Geschädigte die betroffene Sache zum Schädigungszeitpunkt in seinem Eigentum hatte. Das tatsächliche Interesse des Geschädigten an dem korrekten Verhalten des Schädigers im Hinblick auf die konkrete Sache bestand daher bis zum schädigenden Ereignis darin, diese konkrete Sache oder zumindest aber eine solche Sache zu haben. Nur dann, wenn der Geschädigte sein Eigentum bereits vor dem schädigenden Ereignis aufgegeben hätte, ergäbe sich etwas anderes. Das spätere Verhalten des Geschädigten deutet also lediglich auf eine – spätere und wohl durch das schädigende Ereignis ausgelöste – Interessenänderung. Wenn § 249 Abs. 2 BGB dem Geschädigten die Möglichkeit gibt, sein tatsächliches Interesse neu zu formulieren, ohne daß davon die Höhe des Schadensersatzes in Geld abhängen soll, dann auch hier. 3. Zusammenfassung und Vergleich mit der Rechtsprechung Für die praktisch wichtigsten Fälle gilt also: Wenn der Geschädigte vor der Schadensregulierung die beschädigte Sache veräußert, verliert er den Anspruch auf den Reparaturaufwand. Das gilt zum einen deshalb, weil er zeigt, daß sein tatsächliches Interesse nicht faktisch definiert ist, zum anderen aber auch, weil eine NaturalherWeitere Beispiele bei Huber, MDR 2003, 1334, 1340 f. Ähnlich Karczewski, VersR 2001, 1070, 1075. 673 Die Frage einer dabei möglicherweise relevanten Entreicherung soll hier dahinstehen dürfen. 671 672

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stellung durch Reparatur im Sinne einer Wiederherstellung des Rechts des Geschädigten nicht mehr möglich ist. Möglich bleibt aber trotz der Veräußerung ggf. eine Ersatzbeschaffung. Vorausgesetzt, sie ist nach den Kriterien der Austauschbarkeit in tatsächlicher Hinsicht denkbar, kann der Geschädigte die Ersatzbeschaffung bzw. den zu ihr erforderlichen Aufwand verlangen. Mit der Veräußerung der beschädigten Sache hat der Geschädigte sein tatsächliches Interesse bereits entsprechend formuliert. Ist eine Ersatzbeschaffung nicht vorstellbar, greift § 251 Abs. 1 BGB. In jedem Fall ist der Anspruch des Geschädigten wegen § 254 Abs. 2 BGB der Höhe nach auf den Reparaturaufwand beschränkt. Im Ergebnis deckt sich die dargestellte Auffassung mit dem Vorgehen des BGH, der davon spricht, daß der Geschädigte bei einer vorzeitigen Veräußerung der beschädigten Sache auch weiterhin den Reparaturaufwand verlangen kann, wobei dieser dann jedoch auf die Höhe des Wiederbeschaffungsaufwandes beschränkt sein soll. 674 Richtigerweise handelt es sich dabei allerdings nicht um eine eingeschränkte Gewährung des Reparaturaufwandes, sondern um die Gewährung des Ersatzbeschaffungsaufwandes. 675 4. Erklärung der Differenzierung bei Grundstücken Mit diesem Modell läßt sich auch die Auffassung des V. Senats des BGH begründen, 676 nach der die Veräußerung eines Grundstückes, dessen Bebauung beschädigt worden ist, eine Abrechnung auf Grundlage fiktiver Reparaturkosten ausschließt. 677 Bei Grundstückseigentum scheidet eine Ersatzbeschaffung nämlich nach der Verkehrsauffassung aus. Zwar kann man auch bebaute Grundstücke rein funktional betrachten und so womöglich zu einer Austauschbarkeit gelangen, man denke nur an Reihenhaussiedlungen oder Plattenbauwohnungen. Doch auch dann ist kaum zu 674 BGH NJW 1985, 2469, 2470; BGHZ 66, 239, 247; zustimmend Grunsky, NJW 1983, 2465, 2468; Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 39; Palandt-Heinrichs, 63. Aufl., § 249 Rn. 28; Gebhardt, ZfS 1990, 145, 147. Zur Entwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung in diesem Bereich vgl. Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 45–112. 675 Jakob, Ersatz fiktiver Kosten, S. 227; Huber, MDR 2003, 1205, 1206. Hierzu muß auch Lipp, NZV 1992, 70, gelangen, wenn er schreibt: „Der unwirtschaftliche Weg ist insgesamt unstatthaft; einen ‚dazu‘ erforderlichen Geldbetrag gibt es nicht, auch keinen ‚dazu‘ erforderlichen Sockelbetrag“ (S. 71) sowie „Auch die Dispositionsfreiheit des Geschädigten ([...]) existiert nur im Rahmen eines ‚erforderlichen‘ Herstellungsverlangens“ (FN 17). Gegen diese Erkenntnis spricht im übrigen nicht, daß sie einen zusätzlichen Beweisaufwand erzeuge: Auch wenn man nach Reparaturkosten abrechnet und diese deckelt, muß man zur Definition der Höchstgrenze den Ersatzbeschaffungsaufwand bestimmen. 676 Vogel, EWiR § 249 BGB 2/01 (S. 659); Staudinger-Schiemann [1998], § 249 Rn. 223, und Weitnauer, FS Universität Heidelberg, S. 279, 294, halten die Differenzierung für nicht begründbar. 677 BGHZ 81, 385, 391; BGH NJW 1993, 1793, 1794; BGHZ 142, 172, 180f., wo aber die Frage einer fiktiven Abrechnung ausdrücklich offen blieb; ablehnend MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 349; bei werkvertraglichen Ansprüchen BGHZ 99, 81, 87. Zu der Änderung der Rechtsprechung mit BGHZ 147, 320, siehe sogleich.

176 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB leugnen, daß es Grundstücken gleichwohl an der Mobilien eigenen Umschlagbarkeit fehlt. 678 Eine Veräußerung vor der Schadensregulierung führt damit zur Unmöglichkeit der Naturalherstellung und in der Folge zu einem Anspruch nach § 251 Abs. 1 BGB. Das schließt aber nicht aus, dem Geschädigten den einmal ausbezahlten Reparaturaufwand zu belassen, auch wenn er die Immobilie anschließend unrepariert veräußert. Die Reparatur ist hier die einzige in Betracht kommende Herstellungsart, so daß der Geschädigte über den Reparaturaufwand frei disponieren darf. 679 In jüngerer Zeit hat der V. Senat des BGH Stellung genommen zu der besonderen Konstellation, daß mit der Veräußerung der Sache auch der Schadensersatzanspruch an den Erwerber abgetreten wird. 680 Daß hier die Möglichkeit, nach Reparaturkosten abzurechnen, für den Erwerber erhalten bleibt,681 ist mit dem hier beschriebenen Modell durchaus vereinbar. Wird der Ersatzanspruch vor oder zusammen mit der Sache auf den Erwerber übertragen, läßt sich das Reparaturziel nämlich weiterhin verwirklichen, wenn man es als Herstellung des unversehrten Eigentums beim Anspruchsberechtigten versteht. Daß das Reparaturziel nicht ausnahmslos in der Herstellung beim Geschädigten bestehen muß, zeigt die vom BGH gezogene Parallele zur Gesamtrechtsnachfolge. Hier dürfte außer Frage stehen, daß auch der Gesamtrechtsnachfolger die Reparaturkosten verlangen kann und nicht auf die Kompensation beschränkt ist. Gleichzeitig besteht jedoch kein Anlaß, insofern zwischen der Gesamtrechtsnachfolge und einer Einzelrechtsnachfolge zu differenzieren, da es für den Inhalt des Schadensersatzanspruches einerlei ist, ob neben der Sache und dem Anspruch noch weitere Positionen auf den Nachfolger übergegangen sind. 682 Ferner ergibt sich dieses Ergebnis auch aus einem Vergleich mit dem Herstellungsanspruch in natura: Wegen § 399 Var. 1 BGB kann seine Abtretbarkeit nur dann bejaht werden, wenn die Herstellung auch gegenüber dem Erwerber erbracht werden kann. 683 Diese Prämisse muß dann aber auch für den an § 249 Abs. 1 BGB anknüpfenden Anspruch nach Abs. 2 gelten. 684 678 In diesem Sinne auch noch Weber, VersR 1990, 934, 944; ähnlich Schiemann, LM § 249 (Gb) BGB Nr. 30. 679 Hier aber aA Weber, VersR 1990, 934, 944. Allgemein zu dieser Möglichkeit des Geschädigten in der entsprechenden Konstellation siehe soeben 2. b) (S. 172). 680 Insofern weicht der BGH tatsächlich und zu recht von seiner bisherigen Ansicht, vgl. BGHZ 81, 385, 392, ab. 681 BGHZ 147, 320, 323 f.; BGH NJW-RR 2002, 736; zustimmend U. Picker, Naturalrestitution, S. 275; Greger, NZV 2002, 385, 387; ebenso Toussaint, Naturalherstellung und Geldentschädigung, S.172; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 166; mit anderer Begründung auch Weitnauer, FS Universität Heidelberg, S. 279, 295 FN 33. Ablehnend Schack, FS f. Stoll, S. 61, 69. 682 BGHZ 147, 320, 323 f. Die Gegenansicht müßte einen Anspruch auf die Reparaturkosten konsequenterweise auch für die Gesamtrechtsnachfolge verneinen. 683 Schack, FS f. Stoll, S. 61, 69, müßte auch diesbezüglich aA sein und daher auch hier nur die Abtretung eines Anspruchs nach § 251 Abs. 1 BGB für denkbar halten. 684 Für die Abtretbarkeit eines werkvertraglichen Nachbesserungsanspruchs sogar an einen anderen als den Eigentümer BGHZ 96, 146, 148. Anders als bei den dinglichen Ansprüchen wie §§ 985, 1004 BGB, die bei dem Erwerber der betroffenen Sache automatisch neu entstehen (MüKo-Medicus, 4. Aufl., Vor § 985 Rn. 6; aA Staudinger-Gursky [1999], § 985 Rn. 15), muß

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5. Folgen des Eintritts der Unmöglichkeit einer Herstellung im Schadensersatzprozeß Es ist vorstellbar, daß die Herstellung (erst) während eines Rechtsstreites über die Herstellungskosten unmöglich wird, beispielsweise weil die beschädigte Sache vollständig vernichtet wird oder der Geschädigte über sie verfügt. 685 Es stellt sich dann die Frage, wie der Geschädigte prozessual darauf zu reagieren hat, daß an die Stelle seines Restitutionsanspruches nach § 249 Abs. 2 BGB ein Kompensationsanspruch nach § 251 Abs. 1 BGB getreten ist. Zunächst ist festzustellen, daß der bloße Übergang von dem Restitutionsanspruch auf den Kompensationsanspruch noch keine Änderung des Streitgegenstandes bedeutet. 686 Definiert sich dieser über den Klagegrund sowie den Klageantrag, 687 ergibt sich nämlich insofern keine Veränderung: Den Klagegrund, d. h. den der Forderung zugrundeliegenden Lebenssachverhalt, bildet auch weiterhin das schädigende Ereignis und seine Auswirkungen auf die betroffene Sache. 688 Gleichzeitig bleibt der Klageantrag auf die Zahlung eines Geldbetrages gerichtet. 689 Der Geschädigte kann seine nunmehr auf eine Kompensation gerichtete Klage daher grundsätzlich ohne Klageänderung weiterverfolgen. Regelmäßig werden sich der Restitutions- und der Kompensationsanspruch jedoch der Höhe nach nicht entsprechen, so daß wegen der Höhe des Anspruchs eine Anpassung des Klageantrags und damit eine Klageänderung erforderlich wird. Liegt der Kompensationsbetrag unter den zuvor beantragten Herstellungskosten, ist eine Klageänderung insoweit gem. § 264 Nr. 2 ZPO ohne weiteres möglich. § 264 Nr. 3 ZPO scheidet als Grundlage für die Klageänderung hingegen aus. 690 Diese Vorder Anspruch auf Schadensersatz – und damit ggf. auf Naturalherstellung –, soll er auf den Erwerber übergehen, übertragen werden (vgl. Wilhelm, Sachenrecht, 2. Aufl., Rn. 1100 FN 998; E. Picker, FG 50 Jahre BGH, S. 693, 744 f.; Palandt-Bassenge, 63. Aufl., § 1004 Rn. 14). Wenn jedoch sogar für die dinglichen Ansprüche angenommen wird, daß diese auf den Erwerber des dinglichen Rechts übertragen werden können (so Wilhelm, Sachenrecht, 2. Aufl., Rn. 1083; MüKo-Roth, 4. Aufl., § 399 Rn. 20 f.), so muß diese Möglichkeit dann erst recht auch für den Herstellungsanspruch gelten. 685 Vergleichbar ist die Situation, daß die vom Geschädigten vorgesehene Art der Herstellung unmöglich wird, aber noch eine andere tatsächliche Vorgehensweise denkbar ist. 686 So BGHZ 81, 385, 393; OLG Köln OLGR 1992, 250; stillschweigend auch BGH NJW 1985, 2413, 2415. Das muß erst recht gelten, wenn nur eine von mehreren denkbaren Herstellungsarten unmöglich wird und der Berechnung des Anspruchs nach § 249 Abs. 2 BGB daher eine andere Vorgehensweise zugrunde gelegt werden muß. 687 So die zumindest in der Rechtspraxis herrschende Theorie vom zweigliedrigen Streitgegenstand, vgl. statt vieler MüKo/ZPO-Lüke, 2. Aufl., Vor § 253 Rn. 31 ff. In ähnlichem Zusammenhang Achilles-Baumgärtel, BauR 2001, 1953 f. 688 BGHZ 81, 385, 393; OLG Köln OLGR 1992, 250. 689 OLG Köln OLGR 1992, 250. Dies gilt jedenfalls dann, wenn im Rahmen der Restitution ohnehin nur der Mindestherstellungsaufwand begehrt wurde. Zum Vorschußanspruch siehe unten H. VI. (S. 195). 690 Allgemein zum Zusammentreffen der beiden Varianten Stein/Jonas-Schumann, 21. Aufl., § 264 Rn. 81; Thomas/Putzo-Reichold, 25. Aufl., § 264 Rn. 8. 12 Kolbinger

178 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB schrift wird zwar teilweise für einschlägig gehalten, wenn der Geschädigte zunächst auf Naturalherstellung nach § 249 Abs. 1 BGB geklagt hat und nun wegen der Unmöglichkeit der Herstellung das Interesse in Form der Kompensation fordert. 691 Hintergrund ist, daß § 264 Nr. 3 ZPO Fälle erfassen soll, in denen das ursprünglich eingeklagte Objekt 692 wegen einer nachträglichen Veränderung nicht mehr gefordert werden kann, so daß auf Sekundäransprüche übergegangen werden muß. 693 In der hier vorliegenden Konstellation hat der Geschädigte jedoch von vorneherein Herstellung in Geld beansprucht. Zwar beruht der materiellrechtliche Übergang vom Restitutions- auf den Kompensationsanspruch durchaus auf der Unmöglichkeit der Herstellung – und damit einer nachträglichen Veränderung –, doch wird der Anspruchsinhalt dem Objekt nach davon nicht berührt. Der Geschädigte fordert vielmehr trotz der Änderung der Berechnungsmethode nach wie vor eine Geldleistung. Obgleich es sich bei dem Übergang von dem Anspruch nach § 249 Abs. 2 BGB auf den nach § 251 Abs. 1 BGB in der Sache um nichts anderes handelt als um einen Übergang von der (Natural-)Herstellung auf das Interesse, wird dieser von § 264 Nr. 3 ZPO daher nicht erfaßt. Wegen § 264 Nr. 2 ZPO, der die betragsmäßige Reduzierung einer auf Geldleistung gerichteten Klage ohnehin privilegiert, besteht dafür auch kein Bedürfnis. Den Geschädigten wird daher weniger interessieren, ob er die Klage entsprechend umstellen kann, als vielmehr, welche Kostenfolge ein solches Vorgehen nach sich zieht. Unabhängig davon, ob man § 264 Nr. 3 ZPO in der vorliegenden Konstellation neben der Nr. 2 für einschlägig halten will, ist die bedeutsamere Frage, ob der Geschädigte vermeiden kann, daß die Klageänderung wegen des nicht weiter verfolgten Teils des ursprünglichen Antrags gleichzeitig als Klagerücknahme mit der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 S. 2 BGB verstanden wird. Hierzu bietet sich ihm die Möglichkeit, hinsichtlich der sich zwischen Restitution und Kompensation ergebenden Differenz (teilweise) die Erledigung zu erklären. 694 Tritt der Schädiger dieser Erklärung bei, hat das Gericht im Rahmen seiner Kostenentscheidung nach § 91 a Abs. 1 ZPO zu beurteilen, ob der zuvor gestellte höhere Antrag unter dem Gesichtpunkt der Restitution begründet war. Kommt es dabei zu einem positiven Ergebnis, hat es dem Schädiger die Kosten aufzuerlegen. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Geschädigte selbst die Unmöglichkeit und damit den Übergang auf den Kompensationsanspruch willkürlich herbeigeführt hat, beispielsweise indem er die beschädigte Sache nach Erhebung der auf die Reparaturkosten gerichteten Klage veräußert Stein/Jonas-Schumann, 21. Aufl., § 264 Rn. 77. Der Begriff „Gegenstand“ ist insofern nicht technisch zu verstehen, vgl. Stein/JonasSchumann, 21. Aufl., § 264 Rn. 76; MüKo/ZPO-Lüke, 2. Aufl., § 264 Rn. 31; Thomas/PutzoReichold, 25. Aufl., § 264 Rn. 7. 693 Zur historischen Begründung dieses Zusammenhangs Altmeppen, ZIP 1992, 449, 451. 694 Gleiches gilt für den Fall, daß der Geschädigte nur noch den Aufwand einer günstigeren Herstellungsart fordern kann. Zum Ineinandergreifen von teilweiser Erledigungserklärung und Klageänderung Stein/Jonas-Schumann, 21. Aufl., § 264 Rn. 81; Thomas/Putzo-Reichold, 25. Aufl., § 264 Rn. 6. 691 692

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hat, ohne einen sachlichen Grund dafür anführen zu können, warum er zunächst noch auf den Herstellungsaufwand geklagt hat. Das Gericht, das die Kostenentscheidung nach billigem Ermessen zu treffen hat, hat dann den Geschädigten entgegen dem Sach- und Streitstand mit den Kosten zu belasten. 695 Schließt sich der Schädiger der Erledigungserklärung nicht an, untersucht das Gericht die Frage der vollen Begründetheit der ursprünglichen Klage im Rahmen seiner Sachprüfung. Die Kostenentscheidung ergeht dann – auch hinsichtlich des einseitig für erledigt erklärten Teils – nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. 696 Dabei besteht keine Möglichkeit, dem Geschädigten wegen einer willkürlich herbeigeführten Teilerledigung die Kosten aufzuerlegen. 697 Allenfalls der Umstand, daß der Geschädigte mit der Verursachung des erledigenden Ereignisses womöglich seinem zur Begründung der ursprünglichen Klage behaupteten tatsächlichen Interesse zuwidergehandelt und dessen Existenz damit in Frage gestellt hat, kann im Rahmen der Herausbildung der richterlichen Überzeugung berücksichtigt werden und dazu führen, daß die Begründetheit der ursprünglichen Klage hinsichtlich des später für erledigt erklärten Teiles zu verneinen ist. Erhebt der Geschädigte Klage auf den Reparaturaufwand, veräußert er anschließend die beschädigte Sache und erklärt den Rechtsstreit bis auf den niedrigeren Ersatzbeschaffungsaufwand einseitig für erledigt, kann das Gericht zu der Überzeugung gelangen, daß ein faktisch definiertes Integritätsinteresse des Geschädigten nie vorgelegen hat. Es hat dem Geschädigten dann nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO teilweise die Kosten aufzuerlegen, da ein Anspruch in der ursprünglich beantragten Höhe nie bestanden hat. Ausnahmsweise kann der nach der Unmöglichkeit der Herstellung relevante Kompensationsbetrag – beispielsweise bedingt durch entgangenen Gewinn – auch über den zuvor begehrten Herstellungskosten liegen. 698 Hier hat der Geschädigte die Möglichkeit, den Klageantrag entsprechend der Privilegierung des § 264 Nr. 2 ZPO zu erhöhen. Fraglich kann dabei allenfalls sein, ob die Geltendmachung entgangenen Gewinns dabei noch auf demselben Klagegrund beruht. Mit dem Argument, daß auch entgangener Gewinn letztlich nur einen – in § 252 BGB besonders genannten – Rechnungsposten des wegen des schädigenden Ereignisses geschuldeten SchadensMüKo/ZPO-Lindacher, 2. Aufl., § 91 a Rn. 49; Musielak-Wolst, 3. Aufl., § 91 a Rn. 23. AA und für eine analoge Anwendung des § 91 a ZPO MüKo/ZPO-Lindacher, 2. Aufl., § 91 a Rn. 19, 98; differenzierend Rosenberg/Schwab/Gottwald-Gottwald, Zivilprozeßrecht, 15. Aufl., § 132 III 3 (S. 782). Ergibt sich die Unmöglichkeit zwischen An- und Rechtshängigkeit der Schadensersatzklage, erfolgt die Entscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO (vgl. Musielak-Foerste, 3. Aufl., § 269 Rn. 13). 697 Stein/Jonas-Bork, 21. Aufl., § 91 a Rn. 41, insbes. FN 149. Auch um dieses Ergebnis, das gegen das Verursachungsprinzip verstößt, zu verhindern, ist vorgeschlagen worden, ein durch den Kläger willkürlich herbeigeführtes Ereignis nicht als relevanten Erledigungsgrund zu akzeptieren, vgl. MüKo/ZPO-Lindacher, 2. Aufl., § 91 a Rn. 4, 1. 698 Gleiches gilt, wenn der Geschädigte zunächst den Reparaturaufwand gefordert hat, nach einer unverschuldeten (vgl. oben III. 2. [S. 168 f.]) Unmöglichkeit der Herstellung aber höheren Ersatzbeschaffungsaufwand verlangen kann. 695 696

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180 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB ersatzes darstellt, 699 wird man dies bejahen können. Letztlich wird die Erhöhung der Klageforderung in derartigen Konstellationen jedoch regelmäßig ohnehin als sachdienlich i. S. d. § 263 ZPO zu betrachten sein.

G. Sog. fiktive Schadensberechnung oder Abrechnung auf Gutachtenbasis Vor allem in der Literatur wird häufig gefragt, wann der Geschädigte „fiktiv“, „abstrakt“ bzw. „auf Gutachten[s]basis“ abrechnen, 700 d. h. Schadensersatz nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ohne einen Blick auf wirklich angefallene oder anfallende Reparaturkosten fordern kann. Zu einer derartigen Abwicklung kommt es immer dann, wenn der Geschädigte den Schadensersatz nach §249 Abs.2 S. 1 BGB zur freien Verfügung erhält, sei es, weil Berechnungsgrundlage für den begehrten Betrag der Aufwand der günstigsten denkbaren Herstellungsform ist oder aber überhaupt nur eine einzige Art der Herstellung in Betracht kommt. Der Geschädigte erhält dann zunächst den im voraus veranschlagten (und somit fiktiven) Aufwand. Macht er anschließend keine Nachforderung wegen eines sich bei der Durchführung der Ersatzbeschaffung möglicherweise ergebenden Mehraufwandes geltend, bleibt es dabei, daß der Geschädigte den Betrag, den er vorab erhalten hat, nach Belieben einsetzen kann, ohne daß der Schädiger eine Rechnungslegung verlangen könnte. Die Abwicklung erfolgt daher ausschließlich auf Grundlage veranschlagter Kosten. Gelingt es dem Geschädigten in der skizzierten Konstellation, die Ersatzbeschaffung bzw. die Reparatur billiger zu realisieren, verbleibt ihm der Überschuß. Das ist Folge davon, daß sich mit dem zur Dispositionsfreiheit führenden Zugeständnis eine Änderung des tatsächlichen Interesses im Rahmen des geringsten prognostizierten Herstellungsaufwandes eine weitere Kontrolle der Mittelverwendung verbietet. Insofern ist die Bezeichnung „fiktive“ oder „abstrakte“ Schadensberechnung „auf Gutachtenbasis“ zutreffend.

H. Exkurs: Vorschüsse 701 I. Die Existenz der Figur des Vorschusses Es wurde bisher kommentarlos hingenommen, daß dem Geschädigten ein Schadensersatzbetrag unter bestimmten Umständen und in bestimmtem Umfang zweckVgl. OLG Köln OLGR 1992, 250; RG JW 1937, 3223, 3224. Z. B. Steffen, NZV 1991, 1; Knobbe-Keuk, VersR 1976, 401; Krumbholz, NZV 1990, 218. Huber, MDR 2003, 1205, 1206, unterscheidet zwischen „fiktiven Reparaturkosten“ und „fiktiver Reparatur“. 701 Dieser Exkurs befasst sich mit den „unübersehbaren Weiterungen“, die Ehrig, Grundsatz der Naturalrestitution, S.25, davon abhalten, eine Zweckbindung des Anspruchs nach §249 S.2 BGB a. F. anzunehmen. 699 700

H. Exkurs: Vorschüsse

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gebunden, also zunächst (nur) vorschußweise, zusteht. 702 Ausgehend von dem allgemeinen Sprachgebrauch hat man durchaus konkrete Vorstellungen, worum es sich bei einem Vorschuß handelt. Gleichwohl oder gerade deshalb besteht Anlaß, sich mit der rechtlichen Einordnung von Vorschüssen allgemein zu befassen. Eine über den allgemeinen Sprachgebrauch hinausgehende rechtliche Qualifikation von Vorschußansprüchen findet sich bisher nämlich allenfalls in Ansätzen. 703 Sich über den rechtlichen Charakter Klarheit zu verschaffen, ist jedoch unentbehrlich, will man sich der Frage zuwenden, ob und wie eine nach materiellem Recht konstruierte Vorschußforderung auch im Prozeß erkannt werden kann. Bestehende Unsicherheiten im Hinblick auf die prozessuale Behandlung von Vorschüssen, namentlich zu der Frage des Streitgegenstandes der Vorschuß- gegenüber einer parallelen Zahlungsklage, könnten auf entsprechende Defizite hindeuten. Die Frage nach der Rechtsnatur eines Vorschusses ist nicht nur im vorliegenden schadensersatzrechtlichen Zusammenhang relevant. Das Gesetz sieht ähnliche Vorschußzahlungen in § 887 Abs. 2 ZPO und neuerdings in § 637 Abs. 3 BGB ausdrücklich vor. 704 Darüber hinaus wird ein Vorschußanspruch durch die Rechtsprechung beispielsweise auch für den Erstattungsanspruch nach § 536 a Abs. 2 BGB angenommen. 705 Daß es Vorschußansprüche gibt, ist also nicht zu leugnen. Es geht damit nur noch darum, eine rechtliche Konstruktion zu finden, mit deren Hilfe sich die inhaltlichen Vorgaben möglichst exakt umsetzen lassen. Die zitierten Vorschriften betreffen vergleichbare Konstellationen. Stets geht es darum, daß der Schuldner gegenüber dem Gläubiger eigentlich eine Handlung vorzunehmen verpflichtet ist. Unter bestimmten Voraussetzungen soll der Gläubiger jedoch das Recht zur Selbst- bzw. Ersatzvornahme haben. Allerdings soll er gleichzeitig davon entbunden sein, die Handlung vorzufinanzieren. Der Schuldner hat ihm vorweg entsprechende Mittel zur Verfügung zu stellen. 706 Damit hat der Gläubiger unmittelbar einen Zahlungsanspruch. Ob er die ihm zustehenden Mittel auch endgültig behalten darf, hängt aber noch davon ab, ob er sie zweckentsprechend, d. h. zur Selbstvornahme, einsetzt. Damit diese endgültige Entscheidung getroffen werden kann, muß der Gläubiger zu einem späteren Zeitpunkt über den erhaltenen Vorschuß abrechnen. 702 Ob sich der Vorschußcharakter auf die gesamten Herstellungskosten bezieht oder nur auf einen Teil von ihnen, ist in diesem Zusammenhang ohne Belang. 703 Grunsky, NJW 1984, 2545 ff.; Werner, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rn. 1587 ff.; Heiermann/Riedl/Rusan-Riedl, 10. Aufl., B § 13 Rn. 155 ff.; Ehrhardt-Renken, Der Kostenvorschußanspruch nach §§ 633 Abs. 3 BGB, 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B. 704 Zur Übertragung des werkvertraglichen Vorschußanspruchs auf den Reisevertrag als besonderen Werkvertrag Achilles-Baumgärtel, Der Anspruch auf Kostenvorschuß im Gewährleistungsrecht, S. 47 f. 705 BGHZ 56, 136, 141; KG NJW-RR 1988, 1039; Palandt-Weidenkaff, 63. Aufl., § 536 a Rn. 18. In BGHZ 111, 301, 306, wird grundsätzlich auch ein Vorschußanspruch des Vermieters zur Selbstvornahme unterbliebener Schönheitsreparaturen bejaht. 706 Zur Vergleichbarkeit der Konstellationen vgl. auch U. Picker, Naturalrestitution, S. 215 f.

182 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB Durch den Bezug zur Selbstvornahme unterscheiden sich die beschriebenen Fälle von anderen Forderungen, die ebenfalls als Vorschüsse bezeichnet werden. Dies gilt vor allem für die Forderung nach § 669 BGB. Der Grund für die Vorschußpflicht liegt dort darin, daß sich der Auftragnehmer verpflichtet hat, im Interesse des Auftraggebers tätig zu werden, während es sich bei den Vorschußansprüchen zur Selbstoder Ersatzvornahme umgekehrt verhält: Hier ist ursprünglich der Vorschußschuldner dem Vorschußgläubiger zum Tätigwerden verpflichtet. Dieser Unterschied wirkt sich bei § 669 BGB beispielsweise dahingehend aus, daß der auftragsrechtliche Vorschußanspruch nach überwiegender Ansicht nicht einklagbar ist und der Auftragsnehmer lediglich die Möglichkeit hat, die Ausführung des Auftrages zu verweigern. 707 Insbesondere ist aber auch die Rückzahlungspflicht des § 667 BGB nicht auf die hier interessierenden Fälle übertragbar. 708 Die Herausgabepflicht beruht nämlich ebenfalls darauf, daß der Auftragnehmer im Interesse des Auftraggebers tätig geworden und dieser Herr des Geschehens ist. 709 Die §§ 669, 667 BGB passen daher allenfalls begrifflich. Auch Vorauszahlungen, etwa von Mietnebenkosten, werden gelegentlich als Vorschüsse bezeichnet. Bei ihnen handelt es sich jedoch um vertraglich vereinbarte (Vor-)Leistungen.

II. Inhaltliche Vorgaben für Vorschüsse Die inhaltlichen Vorgaben, die sich aus der Zielsetzung des Vorschusses ergeben, sind folgende: Anstelle einer primär geschuldeten Handlung soll der Gläubiger die bei der Selbstvornahme anfallenden Kosten verlangen können. Der entsprechende Betrag steht jedoch erst mit der Durchführung der Selbstvornahme fest. Folglich liegen die Voraussetzungen des Zahlungsanspruchs auch erst mit dem Anfall der Kosten bzw., im Hinblick auf § 257 BGB, allenfalls schon mit der Eingehung der entsprechenden Verpflichtung dazu vor. Mit Hilfe des Vorschusses soll dem Gläubiger jedoch bereits zu einem früheren Zeitpunkt ein Forderungsrecht auf die voraussichtlichen Kosten zustehen. Ob und in welchem Umfang der voraussichtliche Betrag endgültig beim Gläubiger verbleiben wird, beurteilt sich anschließend anhand der Durchführung der Handlung. Soweit ein zu hoher Vorschuß geleistet wurde, soll der 707 Staudinger-Wittmann [1995], § 669 Rn. 3; Palandt-Sprau, 63. Aufl., § 669 Rn. 1; AchillesBaumgärtel, Der Anspruch auf Kostenvorschuß im Gewährleistungsrecht, S. 38; aA MüKo-Seiler, 3. Aufl., § 669 Rn. 2. Soweit dies für Geschäftsbesorgungsverträge anders gesehen wird (Staudinger-Wittmann [1995], § 669 Rn. 3), ist dem nicht zuzustimmen (i. E. BGBRGRK-Steffen, 12. Aufl., § 675 Rn. 22). Hier verhält es sich ähnlich wie im Hinblick auf Mitwirkungshandlungen des Werkbestellers. Ihr Unterbleiben führt gem. §642 sowie § 280 Abs. 1 BGB lediglich zu einer Schadensersatzforderung, ohne daß die Handlung – hier die Bereitstellung des Vorschusses – selbst einklagbar wäre. 708 Anders Coester-Waltjen, Jura 1993, 200, 204; Seiler, EWiR § 635 BGB 1/88 (S. 1185); Mantscheff, BauR 1985, 389, 395. 709 MüKo-Seiler, 3. Aufl., § 667 Rn. 1; Staudinger-Wittmann [1995], § 667 Rn. 1; PalandtSprau, 63. Aufl., § 667 Rn. 1, § 666 Rn. 1; Mauer, FS f. Mantscheff, S. 123, 124.

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Gläubiger zur Rückzahlung verpflichtet sein. 710 Dieser Fall tritt zum einen dann ein, wenn die Handlung weniger Kosten verursacht als im voraus angenommen. Zum anderen soll es aber auch dann zu einer Rückzahlungspflicht kommen, wenn die Selbstvornahme unmöglich wird. Damit ist noch offen, was geschehen soll, wenn die Selbstvornahme zwar nach wie vor möglich ist, der Gläubiger sie aber einfach unterläßt. Er könnte in diesem Fall faktisch endgültig über den Vorschußbetrag verfügen. Aus diesem Grund ist zu erwägen, den Zeitraum, für den der Gläubiger mit der Durchführung der Selbstvornahme abwarten kann, zu begrenzen. Das Problematische dabei ist, daß man ihn damit in gewisser Weise zur Selbstvornahme verpflichten würde, 711 wo doch eigentlich der Vorschußschuldner derjenige ist, der die Handlung auszuführen hat. Man mag diese Entscheidung von dem Zusammenhang abhängig machen, in dem der Vorschußanspruch bestehen soll. Im Falle des werkvertraglichen Vorschußanspruches zur Mängelbeseitigung wird üblicherweise angenommen, daß der Besteller eine angemessene Frist zur Selbstvornahme haben soll, ehe der Werkunternehmer Rückzahlung des Vorschusses begehren kann. 712 Im Hinblick auf Schadensersatzforderungen wurde dem Schädiger oben die Möglichkeit einer Fristsetzung eingeräumt. 713

III. Denkbare Konstruktionen Von einem „gewöhnlichen“ Zahlungsanspruch, beispielsweise einer Kaufpreisforderung, unterscheidet sich die hier interessierende Vorschußforderung inhaltlich also dadurch, daß sie dem Gläubiger zwar sofort zusteht, eine Entscheidung über das endgültige Behaltendürfen jedoch erst später erfolgen kann. Allerdings wäre denkbar, auch bei einer Kaufpreisforderung anzunehmen, daß sie einem vorleistungsberechtigten Verkäufer zwar sofort zustehen, aber nur dann auch endgültig bei ihm verbleiben soll, wenn der Käufer nicht beispielsweise wegen Sachmängeln zurücktritt oder den Kaufpreis mindert. Jedenfalls die Darlehensforderung hat mit der Vorschußforderung eine solche latente Pflicht zur Rückzahlung gemein. Bei ihr steht dem Darlehensnehmer die Darlehensvaluta zwar mit dem Vertragsschluß zu, doch ist gleichwohl absehbar, daß der Darlehensbetrag nicht endgültig beim Darlehensnehmer verbleiben soll, sondern nach Kündigung des Darlehens an den Darlehensgeber zurückzugewähren ist. Bei der Kaufpreis- sowie der Darlehensschuld wird man nicht daran zweifeln, daß der Käufer bzw. der Darlehensnehmer die in Frage stehende Summe anfänglich ohne weiteres schuldet. Im Hinblick auf den Vorschuß könnte dies anders sein. Der Vorschuß soll nur vorfinanzieren, da sich erst noch herausstellen muß, in welcher Höhe endgültig geschuldet sein wird. Insofern ergeben sich zwei Alternativen: Zum einen kann man die Vorschußforderung als ei710 711 712 713

Vgl. Mantscheff, BauR 1985, 389, 395; Renkl, BauR 1984, 472, 475. Hierfür ausdrücklich Mantscheff, BauR 1985, 389, 395. Werner, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rn. 1606 f.; Mantscheff, BauR 1985, 389, 386. Siehe oben C. IV. 1. (S. 152) und E. (S. 162).

184 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB genständige, von der endgültigen, einer künftigen, (Erstattungs-)Schuld unabhängige Verbindlichkeit sehen. Zum anderen ist denkbar, Vorschuß- und endgültige Schuld als Kontinuum zu verstehen. 1. Trennung von Vorschuß- und endgültiger Schuld Im ersten Modell bestünde die Vorschußschuld in voller Höhe nur bis zur Feststellung der endgültigen Schuld. Der Rückzahlungsanspruch auf den Vorschuß könnte dann, soweit Deckung besteht, allenfalls mit der endgültigen Schuld verrechnet werden. Inhaltlich wäre der Vorschuß hier nichts anderes als ein zinsloses Darlehen, dessen Fälligkeit zur Rückzahlung mit Feststellung der endgültigen Schuld eintritt. Formal ist die Annahme eines Darlehens ausgeschlossen, da es an einer entsprechenden Vereinbarung zwischen den Beteiligten fehlt. Anderenfalls könnte die Vorschußforderung nicht unmittelbar auf Zahlung, sondern müßte zuvor auf Zustimmung zu einem Darlehensvertrag gerichtet sein. Erinnert man sich, daß es hier lediglich darum geht, eine den inhaltlichen Vorgaben des Vorschusses möglichst nahekommende rechtliche Gestaltung zu finden, spricht gegen eine rechtliche Trennung von Vorschuß- und Erstattungsanspruch ferner, daß beide mit der Zuweisung der Selbstvornahmekosten letztlich demselben Zweck dienen und dabei lediglich verschiedene Zeitabschnitte betreffen. Dieser Zusammenhang würde vor allem durch die Erforderlichkeit einer gesonderten Verrechnung von Rückzahlungsschuld und Erstattungsschuld unterbrochen. 2. Vorschuß- und endgültige Schuld als Kontinuum Im zweiten Modell müßte sich die Vorschußschuld als zunächst nur bis auf weiteres bestehende Schuld mit der Feststellung der endgültigen Schuldhöhe zu einer dauerhaft bestehenden Schuld wandeln oder mangels einer solchen Feststellung ersatzlos entfallen. Bis zu diesem Zeitpunkt bliebe in der Schwebe, ob aus der vorläufigen eine endgültige Schuld wird. Die Schuld besteht als endgültige erst mit dem Anfall der Selbstvornahmekosten. Mit dem Bestehen der Vorschußschuld ist die Entstehung dieses Schuldgrundes vorverlagert. Der Vorschuß ist sofort, d. h. vor Anfall der Vornahmekosten, geschuldet. Er ist dies jedoch nur vorläufig. Ob er endgültig geschuldet bleibt, hängt davon ab, ob sich insofern eine dauerhafte Schuld ergibt. Soweit dies nicht der Fall ist, entfällt der Schuldgrund. Dem entspricht inhaltlich die Konstellation einer auflösend bedingten Verpflichtung: Bei ihr entscheidet der Eintritt eines tatsächlichen Ereignisses darüber, ob aus der bestehenden bedingten – und damit nur vorläufigen – Schuld eine endgültige wird oder aber der Schuldgrund ex nunc entfällt. Im Falle der hier vor allem interessierenden Schadensersatzpflicht würde dies bedeuten: Wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, daß der Schädiger Herstellungskosten schuldet, sich die endgültige Höhe dieser Kosten jedoch mit der Durchfüh-

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rung der Naturalherstellung erst noch ergeben muß, ist die Ersatzpflicht in Höhe der voraussichtlich erforderlichen Kosten als Vorschußschuld auflösend bedingt davon abhängig, daß Kosten (in der entsprechenden Höhe) endgültig nicht anfallen. Wenn und soweit sie anfallen, wandelt sich die bedingte Schuld in eine endgültige. Ergibt sich, daß Herstellungskosten nicht mehr anfallen werden oder trotz der Durchführung der Naturalherstellung in der entsprechenden Höhe nicht angefallen sind, tritt die auflösende Bedingung ein, mit der Folge, daß der Schuldgrund entfällt. Noch ein weiteres Problem läßt sich auf diese Weise lösen: Erhält der Gläubiger einen Vorschuß und verwendet er ihn nicht innerhalb einer ggf. zum Selbsteintritt anzusetzenden Zeit, soll er zur Rückzahlung verpflichtet sein. Bemißt man diese Frist kürzer als die noch offene Verjährungsfrist des Erstattungsanspruchs, kann es bei einer Unterscheidung von Vorschuß- und Erstattungsanspruch dazu kommen, daß der Vorschußgläubiger den Vorschuß zurückzahlen muß, weil er die Selbstvornahme nicht rechtzeitig realisiert hat, diese jedoch nachträglich noch vornehmen und dann bis zur Grenze der Verjährung Erstattung seiner Aufwendungen verlangen kann. Dieses merkwürdige Ergebnis wird durch die Annahme einer Kontinuität von Vorschuß- und Erstattungsforderung vermieden. Die Vorschuß- und damit auch die Erstattungsforderung ist dann mit der Zahlung des Vorschusses erfüllt. Daran vermag auch eine spätere Rückzahlung des Vorschusses nichts mehr zu ändern; ein nachträglicher Erstattungsanspruch kommt nicht mehr in Betracht. Nicht zu leugnen ist indes, daß dies für den Gläubiger eine gewisse Gefahr birgt, da er sich mit dem Vorschußverlangen selbst unter Zugzwang setzt: Würde er die Selbstvornahmekosten erst im Wege der Erstattung geltend machen, hätte er dazu regelmäßig Zeit bis zum Verjährungseintritt. Verlangt er vorab einen Vorschuß, muß er die Selbstvornahme womöglich innerhalb einer knapperen Frist realisieren, um nicht ohne weitere Chance auf eine spätere Erstattung zur Rückzahlung des Vorschusses verpflichtet zu sein. Diese Konsequenz erscheint jedoch nicht unangemessen, wenn man bedenkt, daß sich die Einforderung des Vorschusses und das anschließende übermäßige Abwarten mit der zweckentsprechenden Verwendung als widersprüchliches Verhalten darstellen, dem nicht unbedingt rechtlicher Schutz gebührt. a) Auflösende Bedingung und gesetzliches Schuldverhältnis Zunächst beschreibt § 158 Abs. 2 BGB die Funktionsweise einer auflösenden Bedingung nur für Rechtsgeschäfte. Es ist daher vorab zu klären, ob auch gesetzlich angeordnete Verbindlichkeiten unter einer auflösenden Bedingung stehen können. Hält man es gerade für das Wesen einer Bedingung, daß die bedingungsmäßige Beschränkung der Wirkung des Rechtsverhältnisses auf einem Willensakt der Beteiligten beruht, 714 so scheidet eine Bedingung für gesetzliche Schuldverhältnis714 Windscheid/Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts, Band 1, 9. Aufl., § 86 (S. 451 f.); MüKo-H. P. Westermann, 4. Aufl., § 158 Rn. 1.

186 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB se jedenfalls begrifflich aus. Dies hindert jedoch nicht daran, die Wirkungsweise der Bedingung auch für gesetzliche Schuldverhältnisse zu übernehmen, mit der Einschränkung, daß man nicht von „Bedingungen“, sondern von (Tatbestands-)Voraussetzungen zu sprechen hat. Für aufschiebende Bedingungen ist diese Übertragung unproblematisch. Wie bei aufschiebend bedingten Rechtsgeschäften treten entsprechend bei gesetzlichen Schuldverhältnissen die Rechtswirkungen erst mit dem Vorliegen der letzten und damit aufschiebend wirkenden Voraussetzung ein. 715 Komplizierter liegen die Dinge für auflösende Bedingungen. Da gesetzlich angeordnete Rechtsfolgen mit dem Vorliegen aller vorgesehenen Voraussetzungen eintreten, fällt es schwer, sich vorzustellen, wie eine einmal eingetretene Rechtsfolge wieder entfallen soll, obwohl alle erforderlichen Voraussetzungen weiterhin gegeben sind. Die Lösung liegt indes in der negativen Formulierung der Voraussetzung. Die aufgrund des Vorliegens der positiven Voraussetzungen gesetzlich begründete Schuld besteht so lange, wie die negative Voraussetzung nicht nachträglich eintritt. Bei der negativen Voraussetzung handelt es sich damit um einen gesetzlichen Erlöschensgrund.

b) Zweckentsprechende Verwendung als rechtlicher Behaltensgrund Die Annahme eines gesetzlichen Erlöschensgrundes setzt im vorliegenden Zusammenhang allerdings voraus, daß man die tatsächliche Realisierung der Selbstvornahme als Teil des rechtlichen Behaltensgrundes für die Selbstvornahmekosten versteht. Ein Blick auf den Sinn eines Vorschusses legt dies nahe: Die Entstehung der Kosten bei der Realisierung der Selbstvornahme ist der eigentliche Grund, aus dem dem Vorschußempfänger überhaupt Mittel gerade in dieser Höhe zustehen sollen. Der Vorschuß dient nur der zeitlichen Vorverlagerung der Forderung. Verwirrung stiftet hier insofern allerdings die Formulierung der gesetzlichen Vorschriften zur Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Dem Wortlaut nach sieht § 812 BGB nicht nur für den Wegfall des rechtlichen Grundes (Abs. 1 S. 2 Alt. 1), sondern auch für die Verfehlung eines „nach dem Inhalte des Rechtsgeschäftes bezweckte[n] Erfolg[es]“ (Abs. 1 S. 2 Alt. 2) eine Herausgabepflicht vor. Man könnte daher versucht sein zu fragen, ob die Nichtentstehung der Selbstvornahmekosten den rechtlichen Grund entfallen oder (lediglich) den bezweckten Erfolg ausbleiben läßt. Im zweiten Fall würde die Schadensersatzpflicht als Rechtsgrund fortbestehen, mit der Nichterreichung des Herstellungszwecks aber gleichwohl ein Behaltensgrund fehlen. Man könnte versuchen, dieses überraschende Ergebnis – Herausgabepflicht trotz Fortbestand des Rechtsgrundes – im Rahmen der Herausgabepflicht zu korrigieren, um zu verhindern, daß der tatsächliche Erfolg vollständig die Funktion des rechtlichen Grundes übernimmt. Entsprechend wird 715

So auch MüKo-H. P. Westermann, 4. Aufl., § 158 Rn. 1.

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vielfach 716 angenommen, daß § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB überhaupt nur solche Fälle betrifft, in denen eine Rechtspflicht zur Leistung von vorneherein fehlt und die Leistung lediglich einem einvernehmlichen Zweck außerhalb gegenseitiger Leistungspflichten dienen soll. 717 Da der Vorschußpflicht aber gerade eine gesetzliche Leistungspflicht zugrunde liegt, ließe sich unter dieser Annahme der Sinn des Vorschusses nicht verwirklichen. Die Pflicht zur Leistung des Vorschusses stünde seiner Rückforderung entgegen; das Ausbleiben der Selbstvornahme wäre zu ihrer Begründung nicht ausreichend. Andere 718 möchten zumindest in Fällen, in denen nur der Leistende rechtlich zur Leistung verpflichtet war, eine Kondiktion zulassen, wenn trotz des Fortbestandes des Rechtsgrundes ein darüber hinausgehender tatsächlicher Erfolg ausbleibt. 719 Da in den beschriebenen Konstellationen nur der Vorschußschuldner dem -gläubiger zur Vornahme der Handlung bzw. zur Kostentragung verpflichtet ist, nicht aber der Vorschußgläubiger dem -schuldner zur Durchführung der Selbstvornahme, ließen sich diese Fälle nach der beschriebenen Auffassung unter § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB subsumieren. Der Anfall des Betrages zur Realisierung der primär geschuldeten Handlung im Wege der Selbstvornahme entspräche danach funktional dem Rechtsgrund für die Zahlung. Offen bleibt dabei indes, warum sie nur faktisch, nicht aber nominal den Rechtsgrund darstellen soll. Im Rahmen der §§ 887 Abs. 2 ZPO, 637 Abs. 3 BGB schuldet der Vorschußschuldner letztlich Erstattung tatsächlich anfallender Selbstvornahmekosten, was die tatsächliche Durchführung der Selbstvornahme voraussetzt. Ohne die Bestimmung einer Vorschußpflicht wären durch den Schuldner ausschließlich bereits angefallene Kosten zu übernehmen. Die Entstehung der Kosten ist damit Anspruchsvoraussetzung und somit Teil des Rechtsgrundes. Geht man wiederum davon aus, daß ein Vorschußanspruch die Erstattungspflicht des Schuldners zeitlich nur nach vorne verlagern soll, kann sich an dieser Einordnung schwerlich etwas ändern. Anstatt auf den mit der Leistung bezweckten Erfolg als – nach Windscheid und Flume – „unentwickelte[n] Bedingung“ 720 zu setzen, läßt sich die Intention des Vorschusses besser durch die Annahme einer entsprechenden auflösenden Bedingung bzw., da es sich um eine gesetzlich angeordnete Schuld handelt, eines negativen Tatbestandsmerkmales verwirklichen. 721

716 MüKo-Lieb, 4. Aufl., § 812 Rn. 203, 205 m. w. N.; mit Blick auf Vorschüsse Mantscheff, BauR 1985, 389, 395. 717 Das klassische Beispiel hierfür ist die Zahlung einer Mitgift im Hinblick auf eine Eheschließung, zu der es dann aber nicht kommt. 718 Welker, Bereicherungsausgleich wegen Zweckverfehlung?, S. 113 f. 719 Gängiger Beispielsfall ist die vertragliche (unentgeltliche) Übernahme von Pflegediensten unter erkennbarer Erwartung letztwilliger Zuwendungen, vgl. Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 167). 720 Windscheid, Die Lehre des römischen Rechts von der Voraussetzung, S. 1; ders./Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts, Band 1, 9. Aufl., § 97 (S. 507); Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 2. Band, § 38, 6 (S. 700). 721 Allgemein Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III (S. 163).

188 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB IV. Rückforderung des Vorschusses nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung Versteht man die Vorschußschuld in der Sache als auflösend bedingte, eröffnet dies für den Fall des Wegfalls des Behaltensgrundes die Möglichkeit einer Rückforderung nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung, namentlich § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB. 722 Gegen die bereicherungsrechtliche Herleitung des Rückforderungsanspruches ist gelegentlich vorgebracht worden, daß diese wegen der Möglichkeit des Bereicherungswegfalls i. S. d. § 818 Abs. 3 BGB mit der Zweckbindung des Vorschusses nicht vereinbar sei. 723 Könnte sich der Vorschußempfänger erfolgreich auf § 818 Abs. 3 BGB berufen, wäre das in der Tat schwerlich mit der Zielsetzung des Vorschusses vereinbar. Begreift man den Vorschußanspruch allerdings als solchen unter einer auflösenden Bedingung, verhindert § 820 Abs. 1 S. 2 BGB, 724 daß der Vorschußempfänger die erhaltenen Mittel anderweitig verbrauchen und sich so der Rückzahlungspflicht entziehen kann. Somit gilt: Bei einem Vorschuß erlischt der Behaltensgrund mit dem endgültigen Unterbleiben einer vorschußgemäßen Verwendung – sei es, weil die entsprechende Verwendung unmöglich geworden ist 725 oder weil und soweit ein Teil des Vorschusses bei der Verwendung nicht benötigt wurde. Im hier interessierenden Zusammenhang bedeutet dies: Stellt eine Schadensersatzleistung einen Vorschuß dar, steht sie dem Geschädigten zwar unmittelbar zu. Soweit die Mittel jedoch nicht mehr zweckentsprechend verwendet werden können, erlischt der Behaltensgrund mit der Folge einer Herausgabepflicht nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB.

722 C. Knütel, ZGS 2003, 17, 20. Für § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB sprechen sich Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 38; MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 357; U. Picker, Naturalrestitution, S. 236, und Köhler, FS f. Larenz zum 80. Geb., S. 349, 359, 363, 368, aus. Letzterer hält jedoch auch eine Analogie zu § 667 BGB für vertretbar. Lange/Schiemann-Lange, Schadensersatz, 3. Aufl., § 5 IV 6 (S. 230), schlägt allgemein § 812 Abs. 1 S. 2 BGB vor; ähnlich (§ 812 BGB) zu § 887 Abs. 2 ZPO Stein/Jonas-Brehm, 21. Aufl., § 887 Rn. 51, und Schuschke/Walker-Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 887 Rn. 24. 723 Mantscheff, BauR 1985, 389, 395; Kniestedt, DRiZ 1982, 229, 231; Achilles-Baumgärtel, Der Anspruch auf Kostenvorschuß im Gewährleistungsrecht, S. 101. 724 MüKo-Lieb, 4. Aufl., § 820 Rn. 8, sieht in auflösend bedingten Verpflichtungen den Hauptanwendungsfall des § 820 Abs. 1 S. 2 BGB; ebenso Staudinger-Lorenz [1999], § 820 Rn. 6. 725 OLG Nürnberg NJW-RR 2002, 1239, nimmt entsprechend an, der Mängelbeseitigungskostenvorschuß stehe unter der auflösenden Bedingung der Nachbesserung durch den Werkunternehmer. Dies ist mit der hier vertretenen Ansicht kompatibel: Die Mängelbeseitigung durch den Vorschußschuldner führt zur Unmöglichkeit der Selbstvornahme. Zum Herstellungsaufwand im Rahmen von Schadensersatzansprüchen auch U. Picker, Naturalrestitution, S. 69.

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V. Aus dem Vorschußcharakter folgende Rechtskraftprobleme 1. Rückforderungsanspruch und entgegenstehende Rechtskraft Ob dieses materiell-rechtliche Ergebnis trägt, hängt schließlich davon ab, ob es sich auch prozessual verwirklichen läßt. Da nach dem Gesagten zu verschiedenen Zeitpunkten über dieselbe Schuld entschieden werden muß, besteht die Gefahr, daß eine Umsetzung dieses Modells an Rechtskraftfragen scheitert. Man stelle sich dazu vor, der Gläubiger habe einen auf den Vorschuß gerichteten Titel (Vorschußurteil) erwirkt. Man nehme zusätzlich an, der Tenor laute lediglich auf Verurteilung zur Zahlung und Entscheidungsgründe mögen fehlen, weil es sich um ein Versäumnisurteil handelt. Zu untersuchen ist in dieser Konstellation, inwieweit der Vorschußschuldner eine Rückzahlungsforderung gerichtlich geltend machen kann, ohne daß dem die materielle Rechtskraft des Vorschußurteils entgegensteht. Materiell wird dem Rückzahlungsbegehren dabei zugrunde liegen, daß der Vorschußempfänger den Vorschuß nicht zweckkonform verwendet hat. Die prozessuale Möglichkeit einer nachfolgenden Entscheidung über den endgültigen Verbleib des Vorschußbetrages wird üblicherweise mit einer beschränkten Rechtskraft des Vorschußurteils erklärt. Diese Einschränkung folge aus dem in der Natur der Sache liegenden vorläufigen Charakter des Vorschusses und einer Entscheidung über ihn. 726 Zunächst ist damit im wesentlichen nur das Phänomen beschrieben und noch keine Begründung gegeben. Grundsätzlich wäre ein solches Verständnis möglich, würde aber voraussetzen, daß man die Rechtskraft auf den erkannten materiellen Anspruch bezieht und damit ihren Umfang und ihre Wirkungen auch von seiner rechtlichen Natur abhängig macht. Genau genommen handelte es sich dann nicht mehr um eine eingeschränkte Rechtskraft, sondern um eine spezifische. Auf dem Boden des derzeit überwiegenden Verständnisses einer auf den durch Antrag und Lebenssachverhalt definierten Streitgegenstand ausgerichteten einheitlichen („der“) Rechtskraftwirkung kann eine ausnahmsweise Einschränkung der Rechtskraftwirkung nur als Dogma hingenommen werden. 727 Es soll daher im folgenden der Versuch unternom726 Grunsky, NJW 1984, 2545, 2547; U. Picker, Naturalrestitution, S. 235; Mauer, FS f. Mantscheff, S. 123, 128 f.; Achilles-Baumgärtel, Der Anspruch auf Kostenvorschuß im Gewährleistungsrecht, S. 123 f.; Werner, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rn. 1602; OLG München NJW-RR 1994, 785. 727 OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 386 f.: „Die Annahme, damit werde der ‚Streitgegenstand‘ ausgewechselt, verkennt, dass die Rechtsfolgen eines Richterspruchs nicht der ‚Grund‘ der Klage sein können, und beruht auf fehlerhafter Anwendung sowohl des Verfahrensrechts als auch des materiellen Rechts. Ob dem Besteller wegen eines Mangels am hergestellten Werk ein Geldbetrag in Höhe der Nachbesserungskosten zuzusprechen ist, hängt nicht davon ab, ob der Anspruch rechtlich aus §633III BGB oder aus §635 BGB oder aus beiden Vorschriften herzuleiten wäre. Das ist vielmehr eine Rechtsfrage. Über sie entscheidet der Richter, nicht die Partei. Ob später über die Verwendung des zugesprochenen Betrages abzurechnen ist oder nicht, ist die Folge der vom Richter für richtig erkannten Rechtsgrundlage. Diese Folge gehört nicht zum Klagegrund, bestimmt also den Streitgegenstand nicht.“

190 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB men werden, die gefundene materiell-rechtliche Konstruktion des Vorschusses mit den prozessualen Möglichkeiten in Einklang zu bringen, ohne an dem praktizierten Verständnis der Rechtskraft zu rühren. a) Mögliche Auswirkungen einer entgegenstehenden Rechtskraft Die Rechtskraft des Vorschußurteils stünde zum einen bereits der Zulässigkeit einer Rückzahlungsklage entgegen, wenn diese auf das kontradiktorische Gegenteil zur Verurteilung auf den Vorschuß gerichtet wäre. Dies ist zu verneinen, wenn der Vorschußschuldner seine Rückforderung nicht darauf stützt, daß das Vorschußurteil nicht zutreffe, sondern vielmehr darauf, daß mit dem endgültigen Unterbleiben der zweckentsprechenden Verwendung der Behaltensgrund für den Vorschuß weggefallen sei. 728 Mit der Durchführung der Selbstvornahme bzw. dem Eintritt ihrer Unmöglichkeit stützt er sich auf neue Tatsachen, die den Rückforderungsanspruch nicht mehr als das bloße Gegenteil des Vorschußanspruchs erscheinen lassen. Wollte man ein derartiges nachträgliches Ereignis nicht für ausreichend halten, wäre auch die Forderung nach Rückzahlung eines Darlehens nicht mehr gerichtlich durchsetzbar, sobald zuvor die Pflicht zur Auskehrung des Darlehens in Form einer Verurteilung zur Zahlung tituliert worden ist. Die Rechtskraft des Vorschußurteils könnte sich jedoch zum andern dahin auswirken, daß es dem Gericht verwehrt ist, bei der Entscheidung über die Rückzahlungspflicht vor dem Hintergrund der Existenz des Vorschußurteils die Rechtsgrundlosigkeit der Vorschußleistung anzunehmen. 729 Immerhin wurde mit der Verurteilung zur Leistung des Vorschusses gerade ein solcher Rechtsgrund festgestellt bzw. geschaffen. 730 Indes würde der Schuldner das Fehlen eines Rechtsgrundes nach der skizzierten Vorstellung gerade auf ein nach dem Erlaß des Vorschußurteils eingetretenes Ereignis stützen. Mit diesem Ereignis ist die auflösende Bedingung eingetreten bzw. der Erlöschensgrund entstanden. Eine Verurteilung zur Rückzahlung bedeutet damit keineswegs einen Widerspruch zu der vorangegangenen Vorschußentscheidung. Der Grund hierfür ist freilich die zeitliche Komponente. Dies ist typisch für Rückforderungen nach dem Eintritt auflösender Bedingungen. Tritt die Bedingung erst nach der letzten Tatsachenverhandlung ein, kann sie von der materiellen Rechtskraftwirkung nicht mehr erfaßt sein, da eine Entscheidung über die Wirkungen dieses Ereignisses zum Erkennungszeitpunkt noch gar nicht ergehen konnte. 731 Allgemein Musielak, 3. Aufl., § 322 Rn. 22. Allgemein Musielak, 3. Aufl., § 322 Rn. 22. 730 Ob das Urteil den Rechtsgrund lediglich feststellt oder jedenfalls selbst schafft, hängt von dem grundsätzlichen Verständnis der materiellen Rechtskraft ab. 731 Stein/Jonas-Leipold, 21.Aufl., §322 Rn.241; Rosenberg/Schwab/Gottwald-Gottwald, Zivilprozeßrecht, 15.Aufl., §155 (S.931 f.); Braun, JuS 1986, 364, 369; BGH NJW 1984, 126, 127. 728 729

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b) Erforderlichkeit und Vorliegen einer neuen Tatsache Nicht übersehen werden darf allerdings, daß der bei Vorschüssen zu formulierende, der auflösenden Bedingung entsprechende Erlöschensgrund insofern ein besonderes Problem aufwirft. Als rechtlicher Grund dafür, daß der Vorschußempfänger den Geldbetrag endgültig behalten darf, ist oben formuliert worden, daß eine zweckentsprechende Verwendung der Mittel nicht unterbleibt. Wird ein Vorschuß begehrt, heißt das, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung über ihn eine solche Verwendung noch nicht stattgefunden hat. Ansonsten würde es sich nämlich um eine Erstattung, nicht um einen Vorschuß handeln. Soll es im weiteren zeitlichen Verlauf wegen des Eintritts der auflösenden Bedingung zu einem Rückforderungsanspruch kommen, bedeutet dies, daß es zwischenzeitlich gerade nicht zu einer Veränderung im tatsächlichen Bereich gekommen sein darf: Bei der Entscheidung über den Vorschuß war der Verwendungszweck noch nicht erfüllt und bei der Bejahung des Rückforderungsanspruchs ist er es immer noch nicht. Wenn und soweit die Mittel zu diesem späteren Zeitpunkt zweckentsprechend eingesetzt worden wären, bedeutete dies gerade, daß die auflösende Bedingung nicht eingetreten und der Vorschuß mithin nicht zurückzufordern wäre. Gerade für die Fälle der berechtigten Rückforderung scheint es also an einem nachträglichen Ereignis, das eine neue Entscheidung über den Verbleib des Vorschußbetrages ermöglichen würde, zu fehlen. Gleichwohl liegen die Dinge bei genauer Betrachtung im Rückforderungszeitpunkt anders als zum Zeitpunkt der Vorschußentscheidung. Zwar steht eine zweckentsprechende Verwendung der Mittel in beiden Konstellationen in der Tat noch aus, doch konnte und mußte zu dem früheren Zeitpunkt davon ausgegangen werden, daß es zu dem Einsatz der Mittel noch kommen werde. Dieser Umstand ist es, der sich zu dem späteren Zeitpunkt anders darstellt. Ist eine zweckentsprechende Verwendung schon bei der Entscheidung über den Vorschuß unmöglich, scheidet bereits eine Verurteilung auf den Vorschuß aus. Um den Vorschuß verlangen zu können, genügt es, wenn der Vorschußgläubiger eine entsprechende Verwendungsabsicht nachweist. Da von einem Vorschuß aber nur in einem Zeitraum die Rede sein kann, in dem eine Erstattung oder Freistellung noch nicht in Betracht kommt, können die Anforderungen an diesen Nachweis nicht besonders hoch sein. Insbesondere kann noch nicht verlangt werden, daß der Anfall entsprechender Aufwendungen bereits durch vertragliche Verpflichtungen belegt wird. Gerade weil es sich um einen Vorschuß handelt, muß, solange die Behauptung durch den Vorschußschuldner nicht widerlegt werden kann, von der Absicht des zweckentsprechenden Einsatzes ausgegangen werden. Kommt es später zum Streit über eine Rückzahlungspflicht, müssen sich die Dinge geändert haben. Ist der zweckgemäße Einsatz der Mittel zwischenzeitlich unmöglich geworden, steht nunmehr fest, daß er nicht mehr stattfinden wird. Gleiches gilt, wenn der Zweck erreicht worden ist, ohne daß die Mittel dabei vollständig verbraucht worden sind. Hier ergibt sich ebenfalls, daß der verbliebene Rest nicht mehr zweckentsprechend eingesetzt werden kann. Nicht der Umstand, daß die Mittel nicht zweckentsprechend ver-

192 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB wendet worden sind, sondern der Umstand, daß ihr Einsatz ganz oder (hinsichtlich eines verbliebenen Restes) unmöglich geworden ist, läßt die auflösende Bedingung eintreten. Komplizierter liegen die Dinge lediglich, wenn der Vorschußempfänger den weiterhin möglichen Einsatz der Mittel bisher schlicht unterlassen hat, d. h. völlig untätig geblieben ist. Dann fehlt es in der Tat an einem nachträglichen Ereignis, das eine Entscheidung über eine Rückforderung ermöglichen würde. Wie eingangs angedeutet, ist diese Frage jedoch zunächst materiell-rechtlicher Natur. Es sind durchaus Vorschüsse denkbar, bei denen der Empfänger hinsichtlich der Selbstvornahme keiner zeitlichen Bindung unterliegt. Ein Rückforderungsanspruch besteht dann bereits aus materiellen Gründen nicht, solange die Selbstvornahme trotz ihrer Möglichkeit noch aussteht. Ergibt sich demgegenüber aber aus materiellem Recht, d. h. aus dem Inhalt des Vorschusses, daß seine Verwendung innerhalb einer – automatisch laufenden oder vom Vorschußschuldner zu setzenden Frist – zu erfolgen hat, ist der fruchtlose Fristablauf der Unmöglichkeit einer zweckentsprechenden Verwendung gleichzustellen. In dieser Konstellation hat der Vorschußschuldner den Fristablauf, ggf. zusammen mit der Fristsetzung, als nachträgliche Tatsache vorzutragen. Dies kann er tun, ohne daß er aus Gründen der Rechtskraft präkludiert wäre. Soweit oben der Vorschußcharakter von Schadensersatzforderungen befürwortet wurde, war dies das Ergebnis einer Herleitung aus der Zweckbindung im voraus geforderten Reparaturaufwandes. Wenn man davon ausgehen will, daß es für die Annahme einer entsprechenden Verwendungsfrist an einer materiellen Grundlage fehlt – aber gleichzeitig auch als Argument zugunsten der Statuierung einer solchen Frist – kann an dieser Stelle der Aspekt der Änderung des tatsächlichen Interesses durch den Geschädigten aufgegriffen werden. Der Geschädigte kann einen Vorschuß auf den einen Ersatzbeschaffungsaufwand übersteigenden Reparaturaufwand verlangen, wenn und weil er sein tatsächliches Interesse entsprechend formuliert. Diese Formulierung ist eine der Voraussetzungen dafür, daß das Gericht im Vorschußprozeß das Bestehen der Vorschußforderung feststellen kann. Ändert der Geschädigte im Nachhinein sein Interesse, stellt dies eine neue Tatsache dar, die in einem Rückforderungsprozeß ohne Konflikt mit der Rechtskraft des Vorschußurteils geltend gemacht werden könnte. Ausschlaggebend dafür ist, daß der Vorschußschuldner nicht behauptet, daß es bei dem Geschädigten bereits zum Zeitpunkt der Vorschußentscheidung an einem entsprechenden Interesse gefehlt habe, sondern daß er geltend macht, der Geschädigte habe sein tatsächliches Interesse nachträglich geändert. 732 Der Schwierigkeit des Nachweises einer Interessenänderung als innerer 732 Ähnlich hat der BGH, NJW 1984, 126, 128, entschieden, als es um die Frage ging, ob der Kläger zuviel gezahlte Leibrente zurückverlangen kann. Die Leibrente war in der gezahlten Höhe ursprünglich vertraglich vereinbart, unterlag aber einem Anpassungsvorbehalt durch Vertrag bzw. – für den Fall des Scheiterns entsprechender Verhandlungen – gerichtliche Entscheidung auf gutachterlicher Basis. In einem Vorprozeß war der Fortbestand der ursprünglichen Rentenschuld rechtskräftig bestätigt worden mit der Begründung, daß weder eine vertrag-

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Tatsache könnte auch nach diesem Modell durch den Rückgriff auf eine Frist zur Realisierung der Reparatur begegnet werden: Auf Grundlage des erfolglosen Fristablaufs wird eine Änderung des Interesses vermutet. c) Ersichtlichkeit des Vorschußcharakters aus dem Tenor des Vorschußurteils Wie aber wissen die Parteien, daß durch ein auf Zahlung lautendes (Versäumnis-)Urteil „nur“ ein Vorschuß zugesprochen worden ist? 733 Für den Vorschußempfänger ist dies von Bedeutung, weil er den Vorschuß zweckentsprechend einsetzen muß, um ihn nicht zurückzahlen zu müssen, für den Schuldner deshalb, weil er zu gegebener Zeit an die Möglichkeit eines Rückforderungsanspruchs denken muß. Aus der Urteilsformel ergibt sich diese Information nach bisheriger Übung nicht. 734 Der Vorschußanspruch erscheint äußerlich als gewöhnlicher Zahlungsanspruch. Daß er inhaltlich auflösend bedingt ist, fällt nicht ins Auge. Unter Umständen mag der Vorschußcharakter noch den Entscheidungsgründen zu entnehmen sein, bei Versäumnisurteilen scheidet selbst diese Möglichkeit aus. Die Parteien haben dann in der Tat keine Chance, dem Titel den Vorschußcharakter zu entnehmen. Für die Durchsetzung einer möglichen Rückzahlungsforderung bleibt dies jedoch ohne Folgen. Zum Gegenstand der Diskussion wird der Vorschußcharakter nämlich erst, wenn der Schuldner daran geht, Rückzahlung zu begehren. Um seinen Anspruch zu begründen, muß er die Tatsachen vortragen, aus denen folgt, daß es sich bei dem nach dem Titel erhaltenen Betrag um einen Vorschuß gehandelt hat. Daraus ergibt sich nämlich erst, daß es sich bei dem aus dem Titel ersichtlichen Rechtsgrund um einen solchen handelt, der durch ein späteres Ereignis zum Erlöschen gebracht werden kann. Wie gesehen, ist das Gericht durch das frühere Urteil nicht gehindert, diesen Vortrag zu berücksichtigen. Aus dem Fehlen eines entsprechenden Hinweises in der Urteilsformel kann nämlich nicht geschlossen werden, daß der Rechtsgrund keinerlei nachfolgenden Einflüssen mehr zugänglich ist. Die gegenteilige Auffassung müßte, was bisher aber nicht üblich ist, generell bei auflösenden Bedingungen und Befristungen entsprechend einschränkend titulieren, was dann jedoch konsequenterweise bei fast allen Verurteilungen, bei denen ein späterer Erlöschensgrund denkliche Anpassung stattgefunden habe, noch eine gerichtliche möglich sei, weil die Verhandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft seien. Im Folgeprozeß, dem umfangreiche, erfolglose Verhandlungen vorausgegangen waren, stellte der BGH fest, daß die Rechtskraft des ersten Urteils einer Rückforderung für die Zeit auch vor der Vorentscheidung nicht im Wege stehe, weil die nachträgliche Ausschöpfung der Verhandlungsmöglichkeiten eine neue und damit beachtliche Tatsache darstelle (S. 127 f.). Auf ihrer Grundlage könne sich ergeben, daß schon damals nur ein reduzierter Rentenanspruch bestanden habe. 733 Nach der oben hergeleiteten Auffassung ist der Regelfall sogar ein Vorschußcharakter nur hinsichtlich eines Teiles der Forderung. 734 So zumindest bei OLG Celle BauR 2001, 1753; OLG München BauR 1986, 729. Auch Grunsky, NJW 1984, 2545, 2548, scheint dies anzunehmen. 13 Kolbinger

194 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB bar ist, zu geschehen hätte. 735 Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, daß die vorgetragenen Tatsachen nicht zur Annahme des Vorliegens eines Vorschusses genügen, muß es die Rückforderungsklage als unbegründet abweisen. 736 Erachtet das Gericht hingegen das Vorliegen eines Vorschusses als nachgewiesen, kommt es darauf an, ob der Vorschußschuldner auch die das Eintreten des Erlöschensgrundes stützenden neuen Tatsachen vorgetragen und ggf. bewiesen hat. 2. Nachforderung und entgegenstehende Rechtskraft Ein spiegelbildliches Problem ergibt sich, wenn der Vorschußempfänger nachfordert, d. h. nach dem Erhalt des Vorschusses weiteren Vorschuß oder nach späterer Durchführung der Selbstvornahme den Vorschuß übersteigenden Aufwand begehrt. Es ist vorgeschlagen worden, hier wie bei einer Nachforderung nach vorheriger Teilklage zu verfahren. 737 Nimmt man an, daß die Rechtskraft einer erfolgreichen Teilklage, selbst wenn ihr Charakter nicht offenbart wird (sog. verdeckte Teilklage), einer Nachforderung nicht entgegensteht, 738 ergibt sich auch für den Vorschuß insoweit kein Hindernis. Offen ist damit noch die Behandlung einer Nachforderung nach (teilweiser) Abweisung einer Vorschußklage. Einerseits wird hier allgemein argumentiert, daß mit einer zumindest teilweisen Abweisung der ersten (Teil-)Klage mit Rechtkraft festgestellt werde, daß der geltend gemachte Anspruch über den Zuspruch hinaus, also auch hinsichtlich einer Nachforderung nicht bestehe.739 Von anderen wird, teilweise unter Beschränkung auf sog. offene Teilklagen, der Standpunkt vertreten, daß von der rechtskräftigen Abweisung ausschließlich der im ersten Verfahren geltend gemachte (Teil-)Anspruch betroffen sei, da darüber hinaus nichts zur Entscheidung gestellt worden sei. 740 Für eine darüber hinausgehende Rechtskraftwirkung müßte hier das Nichtbestehen des Anspruchsgrundes auf eine – freilich nur bei Offenlegung der Teilklage indizierte – Zwischenfeststellungswiderklage hin eigens festge735 BGH NJW 1984, 126, 127. Vgl. dazu den Hinweis auf die Möglichkeit einer späteren Wandelung bei Kaufverträgen, oben III. (S. 183). 736 Dies erklärt die Entscheidung BGH NJW 1986, 2645, in der der BGH eine Rückforderungsklage mit der Begründung abweist, es habe sich bei dem zuvor titulierten Zahlungsanspruch nicht um einen Vorschuß gehandelt. Der Entscheidung über die frühere Zahlungsklage habe zugrunde gelegen, daß der Gläubiger bereits Verpflichtungen zur Ersatzbeschaffung eingegangen sei, so daß die zweckentsprechende Verwendung der Mittel bereits festgestellt werden konnte. 737 OLG München NJW-RR 1994, 785. 738 BGHZ 135, 178, 181 f.; MüKo/ZPO-Gottwald, 2. Aufl., § 322 Rn. 119, 121; Musielak, 3. Aufl., § 322 Rn. 71; aA im Hinblick auf verdeckte Teilklagen Beinert, Der Umfang der Rechtskraft bei Teilklagen, S. 5, 55 ff. 739 Stein/Jonas-Leipold, 21. Aufl., § 322 Rn. 153; ders., FS f. Zeuner, S. 431, 439 ff.; Musielak, 3. Aufl., § 322 Rn. 73. 740 MüKo/ZPO-Gottwald, 2. Aufl., § 322 Rn. 120.

H. Exkurs: Vorschüsse

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stellt werden. 741 Eine Festlegung in dieser Frage hätte nicht nur den Vorschußanspruch, sondern alle Fälle der Teilklage zu betreffen. Mit dem Argument, daß die Vorläufigkeit der Forderungshöhe in der Natur des Vorschusses liegt, wird man Vorschußklagen hingegen ohnehin regelmäßig als offene Teilklagen behandeln können. Entsprechend kann man annehmen, daß die Geltendmachung des Vorschusses 742 konkludent den Vorbehalt einer Nachforderung enthält. 743 Unter dieser Prämisse spricht für eine Behandlung im zweiten Sinne, daß der Vorschußschuldner die Möglichkeit hat, im Wege der Widerklage die Zwischenfeststellung zu beantragen, daß ihn bereits gar keine Handlungspflicht trifft und somit überhaupt kein Kostenanspruch in Betracht kommt – weder vorgezogen als Vorschuß- noch nachträglich als Erstattungsanspruch. Wird die Vorschußklage ohne Zwischenfeststellungsantrag abgewiesen, kommen danach eine Nachforderung sowie eine spätere Erstattungsklage nur noch, aber zugleich immerhin, insoweit in Betracht, wie sie über den bereits abgewiesenen Anspruch hinausgehen. VI. Zusammenfassung Bei einer Vorschußforderung handelt es sich um eine Zahlungsforderung, die unter dem potentiellen Erlöschensgrund der Unmöglichkeit einer zweckentsprechenden Verwendung sowie ggf. des Ablaufes einer Verwendungsfrist steht. Beide Erlöschensgründe sind einer prozessualen Berücksichtigung zugänglich. 744 Diese Ausgestaltung erklärt zum einen die immer wieder konstatierte Beschränkung der Rechtskraftwirkung von Vorschußurteilen. 745 Darüber hinaus vermögen die potentiellen Erlöschensgründe – wie auflösende Bedingungen – nichts daran zu ändern, daß es sich bei einer Vorschußforderung letztlich um eine gewöhnliche Geldforderung handelt. Für einen prozessualen Zahlungsantrag ist es daher nicht von Bedeutung, ob hinter ihm ein Vorschußanspruch steht oder ob der begehrte Betrag endgülStein/Jonas-Leipold, 21. Aufl., § 322 Rn. 158; Musielak, 3. Aufl., § 322 Rn. 73. Wird das Vorschußbegehren nicht ausdrücklich formuliert, ergibt sich ggf. aus den vorgetragenen Tatsachen, daß zunächst nur ein Vorschuß begehrt werden kann. 743 OLG München NJW-RR 1994, 785; i. E. auch BGHZ 66, 138, 141; BGHZ 66, 142, 149; Achilles-Baumgärtel, Der Anspruch auf Kostenvorschuß im Gewährleistungsrecht, S. 112; Ingenstau/Korbion/Locher/Vygen-Wirth, 14. Aufl., B § 13 Nr. 5 Rn. 559; allgemein zu derartigen Konstellationen BGH NJW 1985, 2825, 2826. AA C. Knütel, ZGS 2003, 17, 21. 744 Vor dem Hintergrund dieses Ergebnisses lassen sich auch andere der immer wieder diskutierten Probleme des Vorschußanspruches lösen. Stellt die Vorschußforderung eine bedingte Forderung dar, steht einer Aufrechnung mit dem Vorschuß, beispielsweise gegen eine Restwerklohnforderung nichts entgegen (so auch OLG Nürnberg NJW-RR 2002, 1239), da eine auflösende Bedingung einer Aufrechnung nicht entgegensteht (Palandt-Heinrichs, 63. Aufl., § 387 Rn. 11). Ist man sich bewußt, daß es sich bei dem Vorschußanspruch nur um den vorverlagerten Erstattungsanspruch handelt, stellt ein Übergang von einem Vorschuß- auf ein Erstattungsbegehren während eines Rechtsstreits kein besonderes Problem mehr dar, da eine Änderung des Streitgegenstandes insofern nicht vorliegen kann, so im Ergebnis auch AchillesBaumgärtel, BauR 2001, 1953, 1955, und Mauer, FS f. Mantscheff, S. 123, 128. 745 Siehe oben V. 1. (S. 189), Fn. 726. 741 742

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196 4. Kap.: Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB tig dem Antragsteller gebühren soll. Das hat zur Konsequenz, daß es grundsätzlich 746 keiner Klageänderung bedarf, wenn ein Geschädigter mit derselben Klage statt eines Vorschusses einen zu seiner freien Verfügung stehenden Geldbetrag begehrt, 747 nachdem die der Vorschußforderung zugrundegelegte Herstellung während des Schadensersatzprozesses unmöglich geworden ist. 748

746 Zu den Konsequenzen einer mit der Unmöglichkeit einhergehenden Änderung der Anspruchshöhe siehe oben F. IV. 5. (S. 177 ff.). 747 Bei dem nunmehr geltend gemachten Betrag kann es sich um eine Kompensation oder um den Mindestaufwand einer noch möglichen anderen Art der Herstellung handeln. 748 Gleiches gilt für werkvertragliche Mängelbeseitigungskosten. Können diese sowohl als Vorschuß auf Selbstvornahmekosten als auch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes verlangt werden, stimmen Klagegrund und Klageantrag überein. Nach dem überwiegend vertretenen zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff ist danach eine Streitgegenstandsidentität zu bejahen (so auch OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 386; zustimmend Achilles-Baumgärtel, BauR 2001, 1953 ff.; aA bisher die Rspr., zuletzt BGH NJW-RR 1998, 1006, 1007; OLG Köln MDR 2002, 716, 717; OLG München BauR 1986, 729).

5. Kapitel

Basis und Ausmaß der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 251 Abs. 2 BGB Mit dem prinzipiellen Vorrang der Restitution vor der Kompensation kommt das Gesetz dem tatsächlichen Interesse des Geschädigten entgegen. Da diese gesetzgeberische Entscheidung nicht selbstverständlich ist, wird der Vorrang der Restitution nach § 251 Abs. 2 BGB durchbrochen, wenn die Realisierung des tatsächlichen Interesses wegen wirtschaftlicher Unverhältnismäßigkeit nicht mehr schützenswert erscheint. 749 Dies ist der Fall, wenn der wirtschaftliche Aufwand einer tatsächlichen Herstellung außer Verhältnis steht zu den ohne sie verbleibenden wirtschaftlichen Folgen des schädigenden Ereignisses. In diesem Zusammenhang kann es keinen Unterschied machen, ob die Herstellung vom Schädiger durch Natural- oder durch Geldleistung zu erbringen ist. Aus diesem Grunde unterliegt nicht nur die Verpflichtung aus § 249 Abs. 1 BGB, sondern auch die des Abs. 2 der Schranke des § 251 Abs. 2 BGB. 750 Indem das Schadensrecht eine wirtschaftlich unvernünftige, weil unverhältnismäßige Herstellung nicht unterstützt, wird auch immateriellen Motiven des Geschädigten nur so lange Rechnung getragen, wie dies dem Schädiger wirtschaftlich zuzumuten ist. Dies ergibt sich daraus, daß immaterielle Motive bei der Restitution mittelbar Berücksichtigung finden, während sie einem wirtschaftlichen Ausgleich nicht zugänglich sind. Nach den allgemeinen Vorschriften würde in den Fällen der Unzumutbarkeit sogar § 275 Abs. 2 BGB greifen. § 251 Abs. 2 BGB verhindert insofern, daß sich der Schädiger vollständig von der Schadensersatzpflicht befreien kann. In welchem Umfang die Restitution durch die Verhältnismäßigkeitsprüfung letztlich eingeschränkt wird, hängt zunächst davon ab, auf welcher Grundlage man die Verhältnismäßigkeit beurteilt, d. h. welche konkreten Positionen bzw. Beträge man hierzu miteinander vergleicht.

A. Basis der Verhältnismäßigkeitsprüfung Mit Hilfe der Verhältnismäßigkeitsprüfung soll also ermittelt werden, ob eine Herstellung der beschädigten Sache im Hinblick auf die wirtschaftliche Belastung des Schädigers „noch lohnt“. Daraus folgt, daß zur Beurteilung der VerhältnismäRoth, JZ 1994, 1091, 1094 f. MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 251 Rn. 36; Staudinger-Schiemann [1998], § 251 Rn. 16. Diese Schranke ist nach allgemeiner Ansicht als Ersetzungsbefugnis des Schädigers ausgestaltet, MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 251 Rn. 35 m. w. N. 749 750

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5. Kap.: Basis und Ausmaß der Verhältnismäßigkeitsprüfung

ßigkeit der vom Schädiger zu tragende Herstellungsaufwand denjenigen Kosten gegenüberzustellen ist, die den Schädiger träfen, wenn eine Herstellung unterbliebe. Vergleichsgrößen sind daher die Schadensersatzsumme nach § 249 Abs. 2 BGB 751 und die Entschädigungssumme nach § 251 Abs. 1 BGB 752. Schwierigkeiten bereitet dabei der Umstand, daß es sich bei dem Herstellungsaufwand nach § 249 Abs. 2 BGB um keine per se feststehende Größe handelt. Es hat sich nämlich bereits gezeigt, daß zu einer Herstellung mit Reparatur und Ersatzbeschaffung mehrere Wege zur Verfügung stehen können. Darüber hinaus sind innerhalb des Herstellungsaufwandes Einzelposten denkbar, die nur dann zu ersetzen sind, wenn sie wirklich anfallen. 753 Es stellt sich daher die Frage, wie der für die Verhältnismäßigkeit maßgebliche Herstellungsaufwand zu bestimmen ist. Hier mag ein Blick auf den Ablauf eines Schadensersatzstreites helfen: Auf § 251 Abs. 2 S. 1 BGB muß sich der Schädiger berufen und dazu ggf. nachweisen, daß die vom Geschädigten geforderte Herstellung wirtschaftlich unverhältnismäßig ist. 754 Fordert der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 BGB Schadensersatz in Geld, hat sich der Schädiger dabei an dem geforderten Betrag zu orientieren, falls er nicht einen niedrigeren für erforderlich, wenngleich für unverhältnismäßig hält. Alleine schon um seine behauptete Forderung schlüssig darzutun, muß der Geschädigte also zunächst das seiner Schadensberechnung zugrunde gelegte tatsächliche Szenario einer Herstellung darlegen. 755 Er muß also beispielsweise mitteilen, ob er seine Forderung auf eine Reparatur oder auf eine Ersatzbeschaffung stützt. Ob er vorbehaltlich des § 251 Abs. 2 BGB berechtigt ist, das gewählte Szenario zugrunde zu legen, beurteilt sich nach den oben getroffenen Feststellungen. Rechnet der Geschädigte beispielsweise erst nach der Vornahme einer Ersatzbeschaffung ab, darf er seiner Abrechnung dem zur Dispositionsfreiheit Gesagten zufolge keinen höheren (fiktiven) Reparaturaufwand zugrunde legen. 756 Erfolgt die Abrechnung bereits vorab und erklärt der Geschädigte, gar nicht herstellen zu wollen, darf er statt des Reparaturaufwandes zumeist ebenfalls nur einen geringeren Ersatzbeschaffungsaufwand ansetzen. 757 Wie sodann die für das gewählte Szenario in concreto anzusetzenden Beträge zu ermitteln sind, hängt vom Zeitpunkt der Schadensberechnung ab: Bei einer Abrechnung, die der tatsächlichen Herstellung zeitlich vorausgeht, kann nur auf prognostizierte Beträge zurückgegriffen werden. In der Regel bedient man sich dazu eines Sachverständigengutachtens. Wird erst nach der tatsächlichen Herstellung abgerechnet, unterliegt es ggf. der richterlichen Würdigung, inwieweit die 751 Geht der Geschädigte nach §249 Abs. 1 BGB vor, sind die beim Schädiger erforderlichen Kosten anzusetzen. 752 Roth, JZ 1994, 1091, 1095. 753 Siehe oben 4. Kap., C. III. 1. (S. 142 ff.) und C. III. 3. (S. 147 ff.). 754 MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 251 Rn. 73. 755 Ein Nachweis der Realisierung des Szenarios ist nur erforderlich, soweit der Geschädigte Beträge geltend macht, die über das hinausgehen, was ihm innerhalb seiner Dispositionsfreiheit zur freien Verfügung zusteht. 756 Siehe oben 4. Kap., F. IV. 1. (S. 170). 757 Siehe oben 3. Kap., A. III. 2. (S. 83 f.).

A. Basis der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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als erforderlich erachteten Kosten nach den im Gutachten ausgewiesenen oder nach den angefallenen bemessen werden. 758 Von besonderer Bedeutung ist bei diesem Vorgang, daß der Geschädigte das Szenario einer vollständigen Herstellung präsentiert. Nur wenn der gesamte Herstellungsaufwand berücksichtigt wird, kann entschieden werden, ob eine Herstellung wirtschaftlich sinnvoll ist. Erscheinen nur die Kosten einer teilweisen Herstellung noch als verhältnismäßig, offenbart dies, daß eine vollständige gerade nicht mehr lohnt. Daß es für die Verhältnismäßigkeitsprüfung auf den Aufwand einer vollständigen Herstellung ankommt, mag mitunter mit dem Interesse des Geschädigten kollidieren, den Herstellungsaufwand um der Verhältnismäßigkeit willen möglichst niedrig zu halten oder zumindest erscheinen zu lassen. Wie bereits erörtert, kann sich der Geschädigte dazu beispielsweise mit einer kostengünstigeren Ersatzbeschaffung zufriedengeben, anstatt auf einer teureren Reparatur zu bestehen. Auch bei der Ersatzbeschaffung handelt es sich, was die endgültige Herstellung anlangt, 759 nämlich um eine vollständige. 760 Zu untersuchen ist jedoch, ob dem Geschädigten noch weitere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, seine Position im Streit um die Verhältnismäßigkeit durch ein ebenso vollständiges wie kostengünstiges Herstellungsszenario zu stärken. I. Verhältnismäßigkeit und Ersatz des Interimsschadens Wie festgestellt, hat es der Geschädigte de facto in der Hand, ob er auch wegen der vorübergehenden Entbehrung der Sache bis zu ihrer endgültigen Herstellung (sog. Interimsschaden) eine tatsächliche Herstellung fordert761 oder aber eine derartige Übergangslösung durch Zeitablauf unmöglich werden läßt.762 Es drängt sich die Frage auf, ob der Geschädigte diesen Spielraum auch im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Herstellung nutzen kann. Die Verhältnismäßigkeit der Reparatur eines Privatfahrzeuges wird nicht selten davon abhängen, ob man die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges während der Reparaturdauer in die Vergleichsrechnung einbeziehen muß oder nicht. Wird kein Ersatzfahrzeug angemietet, fallen im Hinblick auf den Interimsschaden nämlich weder Herstellungskosten an, noch ist wegen der zwischenzeitlichen Entbehrung des Fahrzeuges eine Kompensation zu leisten. 763 Die Berücksichtigung von Siehe bereits oben 4. Kap., D. I. 2. (S. 157 f.). Zu der Frage des sog. Interimsschadens siehe sogleich unter I. 760 Siehe oben 2. Kap., B. III. 3. (S. 55 f.). 761 Diese zwischenzeitliche Herstellung wird regelmäßig durch die vorübergehende Anmietung einer Ersatzsache geschehen. In besonderen Fällen ist jedoch auch eine zwischenzeitliche Ersatzanschaffung denkbar. 762 Siehe oben 4. Kap., F. I. 3. (S. 165 f.). 763 Da die private Sachnutzung wirtschaftlich nicht abbildbar ist, ergibt sich insofern kein Kompensationsbetrag, vgl. oben 4. Kap., F. I. 3. (S. 165 f.). 758 759

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5. Kap.: Basis und Ausmaß der Verhältnismäßigkeitsprüfung

Mietwagenkosten kann daher darüber entscheiden, ob der Geschädigte den Reparaturaufwand oder nur eine Kompensation in Höhe des geringeren Verkaufswertes des Fahrzeugs – abzüglich des Restwertes – verlangen kann. Im Kern geht es hier um die Frage, ob die Vollständigkeit einer Herstellung voraussetzt, daß auch der vorübergehenden Entbehrung der Sache durch eine Herstellungsmaßnahme begegnet wird. Bejaht man dies, müssen die Herstellungskosten für die Verhältnismäßigkeitsprüfung um zwischenzeitliche Mietkosten erhöht werden, und zwar auch dann, wenn der Geschädigte für die Herstellungsdauer gar keinen vorübergehenden Ersatz in Anspruch nehmen möchte respektive genommen hat. Im Ergebnis könnte die Verhältnismäßigkeit dadurch an Kosten scheitern, die de facto gar nicht anfallen. Hat der Geschädigte sein Fahrzeug bereits repariert, ohne zwischenzeitlich einen Mietwagen zu nehmen, bleiben ihm fiktive Mietkosten versagt. 764 Gleichzeitig wäre die Verhältnismäßigkeit der Reparatur womöglich aber unter dem Hinweis darauf zu verneinen, daß die Mietkosten – die man dem Geschädigten gerade versagt hat – den Herstellungsaufwand gegenüber einer Kompensation zu sehr in die Höhe trieben. Dieser innere Widerspruch, der bei einer nachträglichen Herstellung besonders auffällt, ergibt sich bei einer vorweggenommenen Schadensabrechnung in gleicher Weise. Er legt nahe, eine Reparatur oder Ersatzbeschaffung auch ohne zusätzlichen tatsächlichen Ersatz des Interimsschadens als vollständige Herstellung und damit als taugliches Szenario für die Verhältnismäßigkeitsprüfung anzuerkennen. In der Sache spricht hierfür, daß die praktische Möglichkeit einer Reparatur oder Ersatzbeschaffung unabhängig davon besteht, ob bis zum Abschluß dieser Maßnahme eine Übergangslösung realisiert wird. Daher muß gelten: Plant der Geschädigte eine Herstellung ohne zusätzliche Übergangslösung, so handelt es sich dabei im Hinblick auf die Frage der Verhältnismäßigkeit um eine vollständige Herstellung. Bei der Vergleichsrechnung nach § 251 Abs. 2 S. 1 BGB ist in diesem Fall auf Seiten des Herstellungsaufwandes nur der Reparatur- bzw. Ersatzbeschaffungsaufwand anzusetzen. 765 Erweist sich die Herstellung auf dieser Basis als verhältnismäßig, darf der Geschädigte nach dem Herstellungsaufwand abrechnen und muß sich nicht mit einer Kompensation begnügen. Begehrt er nach entsprechender Herstellung schließlich doch noch zusätzlich angefallene Mietkosten für eine Übergangslösung, so stehen ihm diese nur dann zu, wenn sich in ihnen ein Prognoserisiko verwirklicht hat 766 Vgl. oben 4. Kap., C. III. 3. (S. 150 f.) und F. I. 3. (S. 165 f.). Dieser erhöht sich nur dann, wenn der Geschädigte wegen der durch Zeitablauf eingetretenen Unmöglichkeit der zwischenzeitlichen Herstellung eine Kompensation in Form von entgangenem Gewinn fordern kann, vgl. oben 4. Kap., F. I. 3. (S. 165 f.); zu seiner aus § 254 Abs. 2 BGB folgenden Beschränkung auf die Herstellungskosten siehe ferner oben 4. Kap., F. IV. 1. (S. 170), sowie Fn. 630. 766 Das wäre beispielsweise der Fall, wenn eine Reparatur überraschenderweise eine Woche länger dauert als vorhersehbar und der Geschädigte für die weitere Woche eine Ersatzsache anmietet, da er den Sachgebrauch zwar eine gewisse Zeit, nicht aber eine zusätzliche Woche entbehren kann. 764 765

A. Basis der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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oder sich der Herstellungsaufwand auch unter ihrer Berücksichtigung noch im Rahmen des Verhältnismäßigen bewegt. Nur dann, wenn der Geschädigte ankündigt, bis zum Abschluß der Herstellung eine Ersatzsache anmieten zu wollen oder dies bereits getan hat, ist das entsprechend aufwendigere Szenario auch der Verhältnismäßigkeitsprüfung zugrunde zu legen 767 – mit der möglichen Folge, daß sich daraus eine Unverhältnismäßigkeit der Herstellung insgesamt ergibt und der Geschädigte nur den Verkaufswert der Sache, ggf. abzüglich ihres Restwertes, erhält. II. Verhältnismäßigkeit und Eigenleistungen des Geschädigten Nicht nur bei geringwertigen Sachen wird sich eine Reparatur leicht als unverhältnismäßig darstellen, da sie nicht selten einen erheblichen Arbeits- und Zeitaufwand erfordert, der als Fremdleistung teuer bezahlt werden muß. Es ist bereits festgestellt worden, daß der Geschädigte den vollen Aufwand einer Fremdherstellung auch dann verlangen darf, wenn er eine Eigenherstellung plant oder bereits realisiert hat. 768 Setzt man für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit nach dem bisher Gesagten schematisch den Aufwand einer Fremdherstellung an, kann das den Geschädigten in eine unglückliche Lage bringen: Man stelle sich vor, die Armbanduhr einer Uhrmachermeistersgattin sei beschädigt worden. Da sie sehr an der Uhr hängt, möchte sie diese unter allen Umständen repariert haben. Legt man hier der Verhältnismäßigkeitsprüfung den Aufwand einer Fremdherstellung zugrunde, hat der Schädiger mit seinem Einwand nach § 251 Abs. 2 S. 1 BGB womöglich Erfolg. Es bliebe unberücksichtigt, daß der Ehemann der Geschädigten die Uhr reparieren könnte und dabei nur die – zwar über dem Verkaufswert der Uhr liegenden, gleichwohl aber noch wirtschaftlich vertretbaren – Kosten für Ersatzteile anfielen. Auch hier ist zu überdenken, ob der Geschädigte im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeitsfrage an das Szenario einer Fremdherstellung gebunden sein soll. Hinter der Entscheidung, daß der selbst herstellende Geschädigte gleichwohl den Aufwand einer Fremdherstellung liquidieren darf, steht das Argument, daß dem Schädiger überobligationsmäßige Anstrengungen des Geschädigten nicht zugute kommen sollen. 769 Dieser Aspekt bedingt jedoch nur, daß der Schädiger diese Anstrengungen nicht heranziehen kann, um sich auf niedrigere Herstellungskosten zu berufen. Damit ist aber dem Geschädigten noch nicht verwehrt, sich selbst die Eigenleistung zunutze zu machen. Ohne es zu müssen, kann er sein Herstellungsszenario daher auf eine Eigenreparatur stützen. Wenn auf dieser Grundlage eine Repa767 Für eine generelle Einbeziehung der Mietwagenkosten Gotthardt, Wandlungen schadensrechtlicher Wiedergutmachung, S. 98; Lange/Schiemann-Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., § 6 XIV 5 (S. 400); Dannert, VersR 1988, 980, 982. 768 Siehe oben 3. Kap., A. I. (S. 77 f.), sowie 4. Kap., D. I. 2. (S. 156). 769 Siehe bereits oben 4. Kap., D. I. 2. (S. 156).

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5. Kap.: Basis und Ausmaß der Verhältnismäßigkeitsprüfung

ratur verhältnismäßig erscheint, ist dem Schädiger der Einwand des § 251 Abs. 2 S. 1 BGB verwehrt. Diese Wertung steht nicht in Widerspruch zu der Zielsetzung des § 251 Abs. 2 BGB, wirtschaftlich unvernünftige Herstellungsmaßnahmen zum Vorteil des Schädigers zu verhindern. Auch außerhalb des Schadensrechts entscheidet nämlich die Möglichkeit von Eigenleistungen regelmäßig über die wirtschaftliche Vertretbarkeit einer Verhaltensweise: Ein baufälliges Gebäude wird man als Privater vernünftigerweise nur dann erwerben, wenn man es selbst renovieren kann und dazu keine Handwerker bezahlen muß. Der Geschädigte kann folglich eigene Arbeitsleistungen bei seiner Darlegung der Herstellung aufwandsmindernd berücksichtigen, indem er sie in vollem Umfang außer Ansatz läßt. 770 Es ist ihm insofern aber nicht zu gestatten, für eigene Leistungen reduzierte Fremdleistungstarife zu berechnen. Möchte er nämlich belegen, daß eine Herstellung gerade durch die Erbringung von Eigenleistungen wirtschaftlich sinnvoll wird, kann er für diese nicht gleichzeitig eine Vergütung fordern, die ihn realiter nicht belastet. Nebenbei wird so verhindert, daß die Prognose zur Maximierung des Schadensersatzes auf das gerade noch Verhältnismäßige zugeschnitten wird. Im Beispiel könnte die Geschädigte daher vom Schädiger den Herstellungsaufwand auf Grundlage einer Reparatur durch ihren Ehemann, also ohne den Ansatz von Arbeitskosten, verlangen. Auch hier ist allerdings darauf zu achten, daß es sich bei der vom Geschädigten dargelegten Herstellung um eine vollständige handeln muß. Dies gilt auch in qualitativer Hinsicht. Muß gepfuscht werden, damit die Herstellung wirtschaftlich vertretbar zu sein scheint, offenbart dies, daß eine fachgerechte Herstellung unverhältnismäßig wäre. 771 Der Geschädigte hat daher ggf. nachzuweisen, daß er zur Durchführung der Eigenleistung in der Lage ist, was ihm je nach Schwierigkeit der Herstellung oft nur mit einer einschlägigen Ausbildung gelingen wird.772 Erfolgt die Verhältnismäßigkeitsprüfung vorab, können diese Punkte praktisch berücksichtigt werden, indem das zumeist ohnehin erforderliche Sachverständigengutachten die Arbeitskosten gesondert ausweist, so daß beurteilt werden kann, welche Auswirkungen eine Eigenreparatur auf die Aufwandsprognose hat. Macht der Geschädigte seine Schadensersatzforderung erst nach der fachgerechten Eigenherstellung geltend, so steht es ihm frei, nur die tatsächlich verauslagten Kosten zu verlangen. Er kann auf diesem Wege die (Eigen-)Herstellungskosten auch dann liquidieren, Diesen Aspekt übersieht offenbar Krumbholz, NZV 1990, 218, 219. Entsprechendes gilt, wenn der Geschädigte eine die Verhältnismäßigkeit wahrende Reparatur auf der Basis gebrauchter Ersatzteile darlegt. Auch wenn die Forderung des Geschädigten (noch) nicht auf eine solche Naturalherstellung beschränkt ist, kann er sich seinerseits auf eine solche berufen, sofern damit die vollständige Herstellung in technischer Hinsicht gewährleistet ist (daher insofern zutreffend AG Siegen NJW-RR 2000, 1044, 1045). 772 So auch Freundorfer, VersR 1992, 1332, 1334. 770 771

A. Basis der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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wenn eine (Fremd-)Herstellung im voraus als unverhältnismäßig erschienen ist und auf dieser Grundlage § 251 Abs. 2 S. 1 BGB greifen würde. Letztlich obliegt es dem Geschädigten, die gegenständlich und qualitativ vollständige Herstellung so zu organisieren, daß sie sich als verhältnismäßig darstellt. Besteht der Geschädigte gleichzeitig darauf, daß tatsächlich erbrachte Eigenleistungen überobligatorisch gewesen seien und deshalb zu vergüten sind, trägt er das Risiko, die Herstellung damit unwirtschaftlich werden zu lassen. Rechnet der Geschädigte im voraus ab und legt er seiner Kalkulation dabei zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit eine realistische Eigenreparatur zugrunde, ist er an diese Darlegung gebunden. Dies gilt insofern, als er nicht nachfordern kann, wenn gleichwohl höhere Kosten, etwa durch die Beauftragung eines Dritten, anfallen. Auch im Hinblick auf das Reparaturrisiko hat die Kalkulation auf Eigenherstellungsbasis Folgen: Behauptet der Geschädigte zunächst, zur Herstellung praktisch in der Lage zu sein, und zeigt sich später, daß er sich überschätzt hat, muß er eventuelle Mehrkosten übernehmen. Im übrigen bleibt das Prognoserisiko – wie generell im Hinblick auf die Höhe der erforderlichen Kosten 773 – auch im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit des Herstellungsaufwandes beim Schädiger. 774 Spricht die auf dem vom Geschädigten dargelegten Szenario basierende Prognose für die Verhältnismäßigkeit der Reparatur, steht dem Geschädigten der Reparaturaufwand auch dann zu, wenn sich später bei der Durchführung unverschuldet unverhältnismäßige Kosten ergeben.

III. Berücksichtigung von Restwerten Führt der Einwand des Schädigers dazu, daß der Geschädigte lediglich eine Kompensation erhält, bemißt sich diese grundsätzlich nach dem Verkaufswert der Sache in unbeschädigtem Zustand abzüglich eines möglichen Rest(verkaufs)wertes der beschädigten Sache. 775 Dies beruht darauf, daß die beschädigte Sache beim Geschädigten verbleibt, was sich in der wirtschaftlichen Abbildung auf den Kompensationsbetrag auswirkt. Die gleiche Situation ergibt sich auch bei einer Herstellung durch Ersatzbeschaffung. Hier hat der Geschädigte neben der Herstellung ebenfalls die Möglichkeit, den Restwert der Sache durch ihre Verwertung zu realisieren. Entsprechend mindert sich auch hier der Ersatzbeschaffungsaufwand. Wirkt sich ein möglicher Restwert auf den Kompensationsbetrag bzw. auf den Herstellungsaufwand, falls dieser als Ersatzbeschaffungsaufwand bestimmt wird, Siehe oben 4. Kap., D. II. (S. 159 f.). BGHZ 115, 364, 370; OLG Frankfurt a. M. NZV 2001, 348; OLG Hamm NJW 1998, 3500, 3501; Oetker, NJW 1985, 345, 350 f.; einschränkend BGH NJW 1972, 1800, 1801 f. 775 Siehe oben 3. Kap., B. VII. (S. 123). Ist eine produktive Nutzung der Sache zu berücksichtigen, tritt an die Stelle des Verkaufswertes der Ertragswert. 773 774

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5. Kap.: Basis und Ausmaß der Verhältnismäßigkeitsprüfung

aus, muß er konsequenterweise auch bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung des § 251 Abs. 2 S. 1 BGB berücksichtigt werden. 776 Zwar eliminiert sich der Restwert rechnerisch, wenn sich bei der Vergleichsrechnung Kompensationsbetrag und Ersatzbeschaffungsaufwand gegenüberstehen, doch gilt dies nicht für den Vergleich der Kompensation mit dem Reparaturaufwand: Hier mindert der Restwert nur die Entschädigungssumme, so daß die Reparatur durch die Berücksichtigung des Restwertes teurer erscheint und sich eher als unverhältnismäßig erweist. Wenn in der Rechtsprechung der Restwert bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung häufig außer acht gelassen wird, 777 dann mag das zwar aus praktischen, nicht zuletzt aus Kostengründen, sinnvoll sein, 778 systematisch aber ist es nicht korrekt. 779 Dieser Vereinfachung liegt folgende Annahme zugrunde: 780 Je höher die Reparaturkosten zu veranschlagen sind, desto umfangreicher wird regelmäßig die Beschädigung der Sache sein und desto niedriger damit ihr Restwert. Danach wäre zur Bemessung des Kompensationsbetrages bei hohen Reparaturkosten vom Verkaufswert der unbeschädigten Sache ohnehin nur noch ein sehr geringer – und damit zu vernachlässigender – Restwert abzuziehen. Dieser Zusammenhang von Reparaturkosten und Restwert mag zwar häufig zutreffen, er ist aber keineswegs zwingend. Ein hoher Kostenbedarf für Schönheitsreparaturen wird sich beispielsweise nur bedingt in einem niedrigen Restwert der beschädigten Sache niederschlagen. Die Außerachtlassung des Restwertes führt daher allenfalls annäherungsweise, nicht aber notwendigerweise zu zutreffenden Urteilen über die Verhältnismäßigkeit. 781

776 So auch Krumbholz, NZV 1990, 218, 219; Jordan, VersR 1978, 688, 693; insoweit auch Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 249 Rn. 80, § 251 Rn. 13. So noch allgemein BGH NJW 1985, 2469, 2470; BGH VersR 1985, 963, 964; BGH VersR 1985, 865, 866, bzw. einschränkend auf die Abrechnung fiktiver Reparaturkosten nach der Durchführung einer (billigeren) Reparatur OLG Frankfurt a. M. VersR 2003, 84. Nunmehr beschränkt auf die Abrechnung von Reparaturkosten ohne jede tatsächliche Reparaturmaßnahme BGH NJW 2003, 2086, 2087. Zu der Gefahr, die von unterschiedlichen Maßstäben bei der Bemessung der Reparaturkosten und der Bestimmung des Restwertes ausgeht, Gebhardt, NZV 2002, 249, 253. 777 Der BGH verzichtet insbesondere dann auf die Berücksichtigung eines Restwertes, wenn er, wie oben 3. Kap., A. III. 2. (S. 80 f.) dargestellt, nach durchgeführter Reparatur im Rahmen der sog. Wirtschaftlichkeitsprüfung den Reparatur- und den Ersatzbeschaffungsaufwand vergleicht, um zu ermitteln, ob dem Geschädigten der sog. Integritätszuschlag zu gewähren ist, vgl. BGHZ 115, 364, 371 f.; BGH NJW 1992, 1618, 1619; BGH NJW 2003, 2085, 2086. Teilweise kritisch Staudinger-Schiemann [1998], § 251 Rn. 23; ders., NZV 1996, 1, 6; ähnlich bereits Weber, VersR 1990, 934, 946. 778 So im Hinblick auf Verkehrsunfallschäden als Massenschäden BGHZ 115, 364, 372 f.; OLG Frankfurt a. M. VersR 2003, 84. 779 Dies läßt BGHZ 115, 364, 372, selbst anklingen. 780 Vgl. BGHZ 115, 364, 372. 781 Freilich besteht die Möglichkeit, auf die Außerachtlassung des Restwertes mit einer flexibleren Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit oder einer Verschiebung der prozentualen Schwelle, falls man sich einer solchen bedienen will, zu reagieren.

B. Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit

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B. Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit Anhand der nach den soeben beschriebenen Regeln ermittelten Vergleichswerte – Herstellungsaufwand und Kompensationsbetrag – ist nun die Frage der Verhältnismäßigkeit der vom Geschädigten geforderten Restitution im Verhältnis zur Kompensation zu beurteilen. In der Praxis erfolgt dies für manche Fallgruppen anhand einer prozentualen Unverhältnismäßigkeitsschwelle. So wird für Kraftfahrzeuge zumeist angenommen, daß eine Unverhältnismäßigkeit i.S.d. §251 Abs.2 S.1 BGB in der Regel vorliege, sobald der Herstellungsaufwand den Kompensationsbetrag um 30 % übersteigt. 782 Weil als Bezugspunkt dabei der Wiederbeschaffungswert herangezogen wird 783 und darüber hinaus oft auch noch der Restwert unberücksichtigt bleibt, erscheint bei einem Vergleich mit dem (niedrigeren) Verkaufspreis eine höhere Schwelle angebracht. Letztlich kann aber keine pauschale Aussage getroffen werden. Vielmehr ist anhand der fallspezifischen Umstände zu beurteilen, 784 ob eine Realisierung des tatsächlichen Interesses des Geschädigten gegenüber seiner Abgeltung den prognostizierten oder bereits angefallenen Mehraufwand rechtfertigt. Das kann so weit gehen, daß man im Einzelfall eine Naturalherstellung bereits dann für unverhältnismäßig hält, wenn ihr Aufwand die Wertminderung überhaupt nur übersteigt. Dieses Ergebnis soll § 251 Abs. 2 S. 2 BGB bei der Verletzung von Tieren ausschließen. Problematisch ist die Unverhältnismäßigkeitsprüfung, wenn eine wertlose Sache, beispielsweise ein altes privates Photo, beschädigt wurde. Mangels Verkehrswertes kommt hier ein Schadensersatz nach § 251 Abs. 1 BGB nicht in Betracht. Aus diesem Grunde aber jede Herstellungsmaßnahme für unverhältnismäßig halten zu wollen, würde dem Ziel der vorrangigen Restitution, auch immateriell motivierte tatsächliche Interessen des Geschädigten zu schützen, entgegenlaufen. 785 Deshalb kann die Verhältnismäßigkeit hier nicht rein rechnerisch beurteilt werden. Vielmehr muß nun der Herstellungsaufwand zu den immateriellen Motiven in Beziehung gesetzt werden. 786 Im Beispiel kann dies dazu führen, daß die Reparaturkosten für das beschädigte Photo nicht zu ersetzen sind, wenn der Geschädigte noch über weitere ähnliche Pho782 MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 251 Rn. 41 ff.; Staudinger-Schiemann [1998], § 251 Rn. 22 f.; Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 251 Rn. 13. Der BGH zieht die gleiche Grenze bei § 249 Abs. 2 BGB im Rahmen des Wirtschaftlichkeitspostulats. 783 Siehe oben Fn. 280. 784 MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 251 Rn. 46 f. 785 Schack, FS f. Stoll, S. 61, 64. 786 Schaffert, Geldentschädigung für die Beeinträchtigung „vermögenskonsumtiver Interessen“?, S. 41; Reiff, NZV 1996, 425, 429; Oetker, NJW 1985, 345, 347 f.; Mook, Das Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht nach §§ 249–253 BGB, S. 82; Gotthardt, Wandlungen schadensrechtlicher Wiedergutmachung, S. 59; zu entgangenen Gebrauchsvorteilen OLG Karlsruhe NZV 1994, 316. Das selbe Problem stellt sich bei Personenschäden, für die § 251 Abs. 2 BGB deshalb für unanwendbar gehalten wird (Soergel-Mertens, 12. Aufl., § 251 Rn. 9; Palandt-Heinrichs, 63. Aufl., § 251 Rn. 6).

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5. Kap.: Basis und Ausmaß der Verhältnismäßigkeitsprüfung

tos verfügt, die Grenze aber höher angesetzt werden muß, wenn das Photo das letzte Erinnerungsstück war. Insbesondere bei Gewerbetreibenden kann die Bedeutung einer Sache für das Unternehmen die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit erheblich beeinflussen. Auch wenn der Herstellungsaufwand den Entschädigungsbetrag inklusive entgangenem Gewinn deutlich übersteigt, kann hier gleichwohl noch die Verhältnismäßigkeit gewahrt sein. 787

C. Naturalherstellung durch Ersatzbeschaffung und § 251 Abs. 2 BGB I. Ausweitung der Unverhältnismäßigkeitsprüfung Auch § 251 Abs. 2 BGB ist gegen eine Anerkennung der Ersatzbeschaffung als Naturalherstellung ins Feld geführt worden, und zwar mit dem Argument, daß die Verhältnismäßigkeitsprüfung des § 251 Abs. 2 BGB bei einer Herstellung durch Ersatzbeschaffung obsolet sei. 788 Das hat den Hintergrund, daß die Mehrzahl der Autoren, aber auch die Rechtsprechung als partielle Befürworterin einer Restitution durch Ersatzlieferung, die Entschädigungssumme des § 251 Abs. 1 BGB nach Wiederbeschaffungswerten bemißt. 789 Akzeptiert man unter dieser Prämisse eine Herstellung durch Ersatzbeschaffung und vergleicht man dann im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung den Herstellungsaufwand mit der Entschädigungssumme, steht auf beiden Seiten der Vergleichsrechnung der Wiederbeschaffungsaufwand: eine Unverhältnismäßigkeit der Restitution ist gar nicht mehr denkbar. Dieses Ergebnis offenbart in der Tat einen Systemfehler. Dieser liegt jedoch nicht in der Anerkennung der Ersatzbeschaffung als Herstellungsmaßnahme, sondern in der Heranziehung des Wiederbeschaffungswertes zur Ermittlung des Kompensationsbetrages. 790 Bemißt man die Entschädigung nach § 251 Abs. 1 BGB nämlich nicht nach Wiederbeschaffungswerten, sondern nach Verkaufspreisen, ist die Funktionsfähigkeit des § 251 Abs. 2 BGB wiederhergestellt. Gleichzeitig wird der Anwendungsbereich dieser Vorschrift sogar noch erweitert: Nicht nur die Frage der Verhältnismäßigkeit einer Reparatur, sondern auch die einer Ersatzbeschaffung kann nun beurteilt werden, indem man anstelle des Reparaturaufwandes den Ersatzbeschaffungsaufwand in die Vergleichsrechnung einstellt. Relevant wird dies bei der Beschädigung einer Sache, die nur mit Mühe wiederbeschafft werden kann und deren Reparatur ebenfalls sehr teuer wäre. Zieht man hier BGH NJW 1993, 3321, 3322 f.; BGH NJW 1985, 793 f. Haug, VersR 2000, 1329, 1334. Zur (angeblichen) Untauglichkeit des § 251 Abs. 2 BGB Hamann, Schadensersatz in Natur oder Geld, S. 135 f. 789 Nachweise siehe oben Fn. 280 und Fn. 283. 790 Dazu siehe oben 3. Kap., B. I. 11. (S. 102). 787 788

C. Naturalherstellung durch Ersatzbeschaffung und § 251 Abs. 2 BGB

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eine Herstellung durch Ersatzbeschaffung in Betracht und ist der Ersatz günstiger als eine Reparatur, definiert der Ersatzbeschaffungsaufwand den Herstellungsaufwand. Ist dieser beispielsweise durch Zölle, Makler-, Transport- oder Versicherungskosten gegenüber dem Verkaufswert stark erhöht, so gelangt man im Rahmen des § 251 Abs. 2 S. 1 BGB zu dem Ergebnis, daß nicht nur eine Reparatur, sondern bereits die Ersatzbeschaffung wirtschaftlich unverhältnismäßig ist. 791 Wird das auf einem fernöstlichen Markt erworbene, nicht besonders wertvolle Imitat einer Marken-Armbanduhr 792 beschädigt, wird sich eine Reparatur rasch als unverhältnismäßig erweisen. Doch auch ein Anspruch auf den Ersatzbeschaffungsaufwand dürfte an § 251 Abs. 2 S. 1 BGB scheitern, wenn man bedenkt, daß die Uhr unter nicht unerheblichen Aufschlägen auf den reinen Einkaufspreis aus dem Ausland beschafft werden müßte. Ursache hierfür ist, daß bereits mit dem Erwerbsvorgang ein Großteil des Wiederbeschaffungsaufwandes verpufft. Dem Geschädigten bleibt nur eine Entschädigung nach dem (niedrigen) Verkaufswert der Sache 793. Vergleicht man mit der überwiegenden Ansicht nur Reparatur- und Wiederbeschaffungsaufwand, ist man für diesen Umstand nicht sensibilisiert. II. Risiko des Geschädigten In der Ausweitung der Verhältnismäßigkeitsprüfung offenbart sich jedoch auch ein gewisses Risiko für den Geschädigten. Besteht dieser nämlich auf einer Reparatur und schließt er damit gleichzeitig eine (günstigere) Herstellung durch Ersatzbeschaffung aus, steigt mit dem (höheren) Reparaturaufwand als Vergleichswert die Gefahr einer Unverhältnismäßigkeit des Restitutionsaufwandes. Der Geschädigte läuft somit eher Gefahr, am Ende nur den Verkaufswert zu erhalten. Insofern kann es für ihn sinnvoller sein, an Stelle des Reparaturaufwandes nur einen geringeren Wiederbeschaffungsaufwand zu fordern. Ein Versuch, zu pokern und den (höheren) Reparaturaufwand, wenigstens aber den Wiederbeschaffungsaufwand zu erlangen, ist zum Scheitern verurteilt. Der Geschädigte müßte zunächst zur Begründung des Reparaturaufwandes vortragen, daß nur die Reparatur seinem tatsächlichen Interesse gerecht werde. Mit dem Hinweis, sich notfalls aber auch mit dem Wiederbeschaffungsaufwand zufriedenzugeben, würde er gleichzeitig offenbaren, daß sein tatsächliches Interesse auch auf anderem Wege realisiert werden kann. Damit würde er sich zu seinem früheren Tatsachenvortrag in Widerspruch setzen und von vornherein allenfalls nur den Ersatzbeschaffungsaufwand verlangen können. Auch wenn 791 Das wird deutlich am Beispiel von U. Picker, Naturalrestitution, S. 180 f. OLG Hamm NJW 1998, 3500, 3502, sieht zwar das Problem hoher Nebenkosten, berücksichtigt es jedoch nur im Verhältnis zum Reparaturaufwand. 792 Nicht nachgegangen werden soll der Frage, ob eine Ersatzbeschaffung wegen markenrechtlicher Aspekte an einer rechtlichen Unmöglichkeit scheitert. 793 So auch Huber, MDR 2003, 1334, 1340.

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5. Kap.: Basis und Ausmaß der Verhältnismäßigkeitsprüfung

der Geschädigte zunächst ausschließlich den Reparaturaufwand fordert und der Schädiger mit dem Einwand des § 251 Abs. 2 S. 1 BGB durchdringt, läuft der Geschädigte Gefahr, sich letztendlich mit dem Verkaufs- bzw. Ertragswert zufriedengeben zu müssen. Er kann den Ersatzbeschaffungsaufwand dann nämlich nur noch verlangen, wenn er sein Begehren, ggf. hilfsweise, auf die Möglichkeit einer funktionalen Herstellung stützt und dazu ein dem ursprünglichen Vortrag widersprechendes tatsächliches Interesse formuliert. Selbst wenn man eine solche Änderung trotz Bedenken im Hinblick auf die prozessuale Wahrheitspflicht für zulässig hält, 794 ist dieses Vorgehen nur in den Grenzen der Präklusion (§§296, 530 f. ZPO) möglich. All dies mag zunächst als unlautere Falle erscheinen. Versucht der Geschädigte nämlich, einen Anspruch auf den Reparaturaufwand durchzusetzen, trägt er das Risiko, sogar weniger als den Wiederbeschaffungswert zu erhalten. Dies als Kritik formulieren zu wollen, ist jedoch Ausdruck einer rein wirtschaftlichen Betrachtung. Unter Betonung des tatsächlichen Interesses des Geschädigten stellt sich die Situation nämlich anders dar: Besteht der Geschädigte auf der Reparatur, gibt er seinem tatsächlichen Interesse damit gleichzeitig einen entsprechenden Inhalt. Nach seinen eigenen Angaben genügt eine Ersatzbeschaffung diesem Interesse gerade nicht. Akzeptiert der Geschädigte dann „hilfsweise“ doch eine Ersatzlieferung, zeigt dies, daß er sich in der Sache gar nicht festlegen möchte, um wirtschaftlich das Optimum herausschlagen zu können. Ist der Wiederbeschaffungsaufwand verhältnismäßig, könnte ihn der Geschädigte von vorneherein fordern. Nicht das hier dargestellte Verständnis der §§ 249 ff. BGB bringt den Geschädigten letztlich vielleicht um diese Möglichkeit, sondern sein Taktieren um das wirtschaftlich günstigste Ergebnis. Die §§ 249 ff. BGB sollen dem Geschädigten nämlich nicht zu dem höchsten Schadensersatzbetrag verhelfen, sondern vielmehr im Rahmen des Möglichen und Verhältnismäßigen der Durchsetzung seines tatsächlichen Interesses dienen. Dies setzt voraus, daß sich der Geschädigte über dieses Interesse erklärt. Möchte er sich insofern aus strategischen Überlegungen alle Optionen offen halten, muß er die Konsequenzen tragen.

D. Verhältnismäßigkeitsgrenze als Mindestschaden Vor dem Hintergrund, daß bei der Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit im Rahmen des § 251 Abs. 2 S. 1 BGB mit prozentualen Grenzen gearbeitet wird, ist kritisiert worden, daß der Geschädigte abhängig von dem Erreichen der Prozentgrenze entweder den vollen Restitutionsaufwand oder ausschließlich die (unter Umständen sehr viel geringere) Kompensation erhält. 795 Um dieses Alles-oder-Nichts zu vermeiden, solle der Geschädigte stets als Minimum den gerade noch verhältnismäßigen Betrag erhalten. Damit könne er, wofür er sich dann aber auch tatsächlich entscheiden müsse, die Naturalherstellung trotz ihrer Unverhältnismäßigkeit durch794 795

So BGHZ 19, 387, 390 f.; BGH NJW-RR 2000, 208. Roth, JZ 1994, 1091, 1094 f.

E. Zusammenfassung

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führen. Begründet wird dies damit, daß § 251 Abs. 2 BGB nicht eine Naturalherstellung für unzulässig erkläre, sondern lediglich den Schädiger vor einer übermäßigen wirtschaftlichen Belastung schützen solle. 796 Obwohl der Wortlaut des § 251 Abs. 2 S. 1 BGB in die andere Richtung weise, könne es nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht darum gehen, dem Geschädigten eine Reparatur zu verbieten, sondern nur darum, die Belastung des Schädigers zu deckeln. Das Integritätsinteresse des Geschädigten sei daher bei einer Unverhältnismäßigkeit nicht vollständig schutzlos, sondern lediglich als nur bis zum Schwellenwert schützenswert anzusehen. Dieses Verständnis des § 251 Abs. 2 S. 1 BGB berücksichtigt indes nur den Geldanspruch nach § 249 Abs. 2 BGB. Da § 251 Abs. 2 BGB aber ebenso auf den Herstellungsanspruch in natura (§ 249 Abs. 1 BGB) Anwendung findet, müßte man auf Grundlage der skizzierten Auffassung konsequenterweise annehmen, daß der Schädiger auch in natura zu einer unverhältnismäßig aufwendigen Herstellung verpflichtet wäre und allenfalls vom Geschädigten eine Erstattung der das Maß übersteigenden Kosten verlangen könnte. Die Fokussierung auf den Naturalherstellungsanspruch, wie sie den Gesetzesautoren unterstellt werden kann,797 erklärt im übrigen auch, warum § 251 Abs. 2 S. 1 BGB im Wortlaut die Natur der alternativen Schadensersatzleistung betont („[...] in Geld entschädigen [...]“), was im Hinblick auf den Herstellungsanspruch in Geld nach § 249 Abs. 2 BGB nicht unbedingt der Klarheit dient. Selbst wenn der Wunsch des Geschädigten nach Wiederherstellung durch die Prüfung an § 251 Abs. 2 BGB ggf. vollständig verdrängt wird, ist umgekehrt zu beachten, daß es bereits ein Zugeständnis an den Geschädigten darstellt, wenn sein Integritätsinteresse (im Rahmen des Verhältnismäßigen) überhaupt Beachtung findet. Aus diesem Zugeständnis abzuleiten, daß das Integritätsinteresse des Geschädigten, sei es wirtschaftlich vernünftig oder nicht, generell zu honorieren sei, wirkt auf das Angebot des kleinen Fingers wie ein Griff nach der ganzen Hand. 798

E. Zusammenfassung Um zu ermitteln, ob der Schädiger den Geschädigten wegen der Unverhältnismäßigkeit der Restitution auf eine Kompensation verweisen kann, ist der Restitutionsaufwand einerseits mit dem Kompensationsbetrag andererseits zu vergleichen. Dies vollzieht sich in zwei Schritten: Zunächst hat der Geschädigte darzulegen, wie die Herstellung in tatsächlicher Hinsicht realisiert worden ist oder nach seiner Vorstel796 U. Picker, Naturalrestitution, S. 247; OLG München NZV 1990, 69; aA BGHZ 115, 375, 380; Krumbholz, NZV 1990, 218, 219. 797 § 249 Abs. 2 S. 1 und § 251 Abs. 2 S. 1 BGB finden sich inhaltlich erstmals in einem Antrag Jacubezkys in der Vorkommission des Reichsjustizamtes (vgl. Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 97). Antrag und Zustimmungsbeschluß gründen auf der Überlegung, daß von dem Prinzip des Schadensersatzes durch Naturalleistung (nicht: der Idee der Herstellung) im Interesse der Parteien Ausnahmen zugelassen werden sollten (S. 98). 798 Ähnlich Krumbholz, NZV 1990, 218, 220.

14 Kolbinger

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5. Kap.: Basis und Ausmaß der Verhältnismäßigkeitsprüfung

lung realisiert werden soll. Bei dieser Darlegung hat der Geschädigte die Möglichkeit, auf den Herstellungsaufwand Einfluß zu nehmen, indem er beispielsweise eine Eigenreparatur wählt oder auf die vorübergehende Anmietung einer Ersatzsache verzichtet. „Nach unten“ bildet die Grenze dessen, womit sich der Geschädigte der Verhältnismäßigkeitsprüfung stellen muß, dasjenige, was zu einer vollständigen Herstellung erforderlich ist. „Nach oben“ besteht die Grenze darin, was der Geschädigte nach § 249 BGB vorbehaltlich des § 251 Abs. 2 BGB als Herstellung verlangen kann. Dies betrifft insbesondere die Frage, ob der Geschädigte Reparatur oder Ersatzbeschaffung fordern darf. Der wirtschaftliche Aufwand für das auf diesem Wege definierte Herstellungsszenario ist sodann in einem zweiten Schritt mit dem sich nach § 251 Abs. 1 BGB ergebenden Kompensationsbetrag zu vergleichen. Eine prozentuale Verhältnismäßigkeitsschwelle mag dabei hilfreich sein. In Fällen, in denen eine Kompensation gar nicht in Betracht kommt, ist eine solche Grenze jedoch untauglich, da dort der Vergleich mit immateriellen Motiven des Geschädigten erfolgen muß. Eine in diesem Sinne konzipierte Verhältnismäßigkeitsprüfung steht der Anerkennung einer Herstellung durch Ersatzbeschaffung nicht im Wege. Sie ist vielmehr sogar geeignet, nicht nur die Verhältnismäßigkeit einer Reparatur, sondern auch die einer Ersatzbeschaffung zu beurteilen.

6. Kapitel

Schadensersatz bei Berechtigung mehrerer Personen an einer Sache Nicht immer ist nur ein einzelner Eigentümer von der Beschädigung oder Zerstörung einer Sache betroffen. So ist zum einen denkbar, daß die Sache im Miteigentum mehrerer steht. Zum andern kann neben dem Eigentum ein beschränktes dingliches Recht an der Sache bestellt sein, dessen Inhaber dann möglicherweise ebenfalls Geschädigter ist. Schließlich kann sich die Sache im Besitz eines Nichteigentümers befunden haben, so daß auch dieser als Geschädigter in Betracht kommt, wenn und weil sein Besitz durch das schädigende Ereignis beeinträchtigt wird.799 Die beschriebene Konstellation ergibt sich in der Praxis beispielsweise bei der Beschädigung von Leasingfahrzeugen. Geschädigte sind hier der Leasinggeber als Eigentümer und der Leasingnehmer als berechtigter Besitzer. Als weiteres Beispiel führt auch die Beschädigung einer verpfändeten Armbanduhr zu einem solchen Nebeneinander mehrerer Geschädigter: Eigentümer und Pfandgläubiger sind hier von dem schädigenden Ereignis gleichermaßen betroffen. In all diesen Fällen kann es sich ergeben, daß nicht nur dem Eigentümer oder den Miteigentümern, sondern auch den anderen Geschädigten ein Schadensersatzanspruch zukommt. Für die dinglich Berechtigten ergibt sich der Anspruch unmittelbar aus § 823 Abs. 1 BGB, da ihr dingliches Recht als absolutes ein „sonstiges Recht“ im Sinne dieser Vorschrift darstellt. 800 Für einige der dinglichen Rechte folgt dies zusätzlich aus Verweisungsnormen wie § 1065 und § 1227 BGB. 801 Darüber hinaus wird – jedenfalls in der Praxis – auch dem berechtigten Nichteigentümer-Besitzer ein eigener Ersatzanspruch gegen den Schädiger zuerkannt. Als Grundlage dient auch hier § 823 Abs. 1 BGB, weil das Recht des Besitzers zum Besitz als sonstiges Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB verstanden wird. 802 Der An799 Zur Vergleichbarkeit dieser Konstellationen auch Medicus, AcP 165 (1965), 115, 142 FN 81, und Habermeier, AcP 193 (1993), 364 ff. Ähnlich ist ferner das Nebeneinander von Eigentümer und Anwartschaftsberechtigtem, dazu Flume, AcP 161 (1962), 385, 399 ff.; Habermeier, AcP 193 (1993), 364, 378 ff.; Müller-Laube, JuS 1993, 529, und Brox, JuS 1984, 657, 660. 800 Staudinger-Hager [1999], § 823 Rn. B 126; Palandt-Sprau, 63. Aufl., § 823 Rn. 13. 801 MüKo-Pohlmann, 4. Aufl., § 1065 Rn. 3; Soergel-Stürner, 13. Aufl., § 1065 Rn. 3, bzw. MüKo-Damrau, 4. Aufl., § 1227 Rn. 6; Soergel-Habersack, 13. Aufl., § 1227 Rn. 6. 802 Selbst wenn man an der Richtigkeit dieser These zweifeln mag, hat sich eine entsprechende Praxis herausgebildet. Im hier interessierenden Zusammenhang kann dahinstehen, ob

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6. Kap.: Schadensersatz bei Berechtigung mehrerer Personen an einer Sache

spruch des Besitzers kann sich zudem auch aus Spezialvorschriften wie § 7 Abs. 1 StVG ergeben. 803

A. Herstellung bei mehreren Berechtigten, insbesondere Eigentümer und Besitzer Wie der einzelne Eigentümer können auch Miteigentümer, dinglich Berechtigte oder berechtigte Besitzer gem. § 249 Abs. 1 BGB vorrangig Herstellung in natura verlangen. Ihr tatsächliches Interesse ist dabei allgemein auf die Wiederherstellung ihres unbeeinträchtigten Rechtes – des Miteigentums, des Pfandrechtes oder des Besitzrechtes – gerichtet. Erbringt der Schädiger die Naturalherstellung durch eine Reparatur der Sache, wird damit automatisch im Hinblick auf sämtliche betroffenen Rechte der Sollzustand hergestellt. Durch die Reparatur der beschädigten Armbanduhr werden mit der Sachsubstanz auch das Eigentum und das Pfandrecht an der Uhr wiederhergestellt. Offen ist indes, ob und unter welchen Voraussetzungen bei mehreren Mitberechtigten auch eine Naturalherstellung durch Ersatzbeschaffung in Betracht kommt.

I. Definition des Sollzustandes bei mehreren Berechtigten Probleme ergeben sich bei der Ersatzbeschaffung insofern, als das tatsächliche Interesse eines beschränkt dinglich Berechtigten oder des Nichteigentümer-Besitzers lediglich neben demjenigen des Eigentümers steht804 und sich das Interesse aller auf dieselbe Sache bezieht. Formulieren alle Berechtigten ihr tatsächliches Interman insofern auf das obligatorische Recht zum Besitz (so Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, 13. Aufl., § 76 II [S. 396]), den berechtigten Besitz (so Soergel-Zeuner, 12. Aufl., § 823 Rn. 58; MüKo-Wagner, 4. Aufl., § 823 Rn. 152) oder den Besitz an sich (so im Hinblick auf den sog. Verwendungs- und Haftungsschaden Medicus, Bürgerliches Recht, 19. Aufl., Rn. 607; Wieser, JuS 1970, 557, 558) als Schutzgut zurückgreift. Jedenfalls hinsichtlich der durch den Besitz vermittelten Nutzungsmöglichkeit besteht unter denjenigen, die § 823 Abs. 1 BGB grundsätzlich für einschlägig halten, Einigkeit, daß Schadensersatzansprüche nur dann in Betracht kommen, wenn eine entsprechende Nutzungsbefugnis des Besitzers gegeben war, vgl. StaudingerHager [1999], § 823 Rn. B 168 ff.; MüKo-Wagner, 4. Aufl., § 823 Rn. 152; Medicus, AcP 165 (1965), 115, 120 f.; enger Wieser, JuS 1970, 557, 558. 803 Geigel-Kunschert, Der Haftpflichtprozess, 24. Aufl., 25. Kap. Rn. 92; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 3.Aufl., §7 StVG Rn.211. Ferner ist ein Anspruch gem. §823 Abs.2 BGB i.V. m. §§ 303, 242 StGB denkbar, soweit man diese Strafvorschriften als Schutzgesetze zu Gunsten des Besitzers versteht, str., vgl. für § 242 StGB Tröndle/Fischer-Fischer, 52. Aufl., § 242 Rn. 2 m. w. N. Auch in § 858 Abs. 1 BGB wird von vielen ein Schutzgesetz gesehen (vgl. Palandt-Sprau, 63. Aufl., § 823 Rn. 61; MüKo-Wagner, 4. Aufl., § 823 Rn. 358). 804 Im Hinblick auf den sog. Haftungsschaden Medicus, AcP 165 (1965), 115, 123.

A. Herstellung bei mehreren Berechtigten, insbesondere Eigentümer und Besitzer 213

esse funktional, ist gleichwohl kein Grund ersichtlich, aus dem eine Herstellung nicht auch durch Ersatzbeschaffung möglich sein sollte. 805 So könnte ein Schadensersatz im gerade geschilderten Fall auch dadurch erfolgen, daß statt der beschädigten Uhr eine gleichartige und gleichwertige Ersatzuhr zu Eigentum bzw. Pfandeigentum der Geschädigten beschafft wird. Komplikationen ergeben sich erst, wenn mehrere Berechtigte ihr tatsächliches Interesse unterschiedlich formulieren. Beispielsweise ist denkbar, daß der Eigentümer Ersatzbeschaffung fordert, während der Nichteigentümer-Besitzer auf einer Reparatur besteht. Damit definiert der Eigentümer das tatsächliche Interesse funktional, der Besitzer gleichzeitig aber faktisch. Dieser Konflikt ließe sich noch weiter zuspitzen, indem man eine Sachzerstörung annimmt, bei der eine tatsächliche Herstellung überhaupt nur durch Ersatzbeschaffung möglich ist. Gesteht man hier dem Nichteigentümer-Besitzer ebenso wie dem Eigentümer zu, auf einer Reparatur zu beharren, hätte es der Besitzer in der Hand, dem Eigentümer den Herstellungsanspruch zu vereiteln. Gleichzeitig erscheint es aber ebensowenig zwingend, den nur beschränkt Berechtigten, wenn man ihm schon einen eigenen Ersatzanspruch zugesteht, anders als den Eigentümer zu der Annahme einer Ersatzsache zu nötigen. Dies wäre gleichbedeutend mit dem generellen Postulat eines funktional definierten tatsächlichen Interesses jedes nur beschränkt Berechtigten. Macht man aber die Verletzung des dinglichen Rechts oder des Besitzrechtes zum Anknüpfungspunkt des deliktischen Schadensersatzanspruchs, muß damit, wie bei dem Eigentum,806 konsequenterweise die Vermutung einhergehen, daß das tatsächliche Interesse des Inhabers auf die Herstellung seines Rechts an der konkreten Sache gerichtet ist. 807 Damit stellt sich die Frage, wie im Falle divergierender Formulierungen des Sollzustandes zu verfahren ist.

1. Erforderlichkeit einer einheitlichen Definition als Folge der Unteilbarkeit der Herstellungsleistung Solange eine Reparatur praktisch möglich ist, hat der Schädiger jedenfalls die Chance, den beschriebenen Konflikt auf diesem Wege zu lösen. Eine Reparatur verwirklicht das faktische und das funktionale Interesse gleichermaßen.808 Erst wenn 805 Zu der Frage, ob und wie dabei an mehrere Geschädigte zu leisten ist, siehe unten II. (S. 218 ff.). 806 Vgl. oben 2. Kap., A. II. (S. 38 f.). 807 In diesem Sinne bereits Prausitz, ZHR 99 (1934), 97, 105. Hierfür sprechen zumindest bei den Inhabern von Nutzungsrechten auch die – in der Sache korrespondierenden – Argumente, die bei Fahrzeugen üblicherweise zu Gunsten eines Integritätszuschlages des Eigentümers angeführt werden: die besondere Vertrautheit des Eigentümers mit seiner angestammten Sache und die Kenntnis ihrer Vorgeschichte (vgl. feststellend Lange/Schiemann-Lange, Schadensersatz, 3. Aufl., § 5 VII 1 [S. 237]; kritisch Schiemann, NZV 1996, 1, 5; OLG München DAR 2000, 121; nicht eindeutig Reinking, DAR 1997, 425, 427 f.). 808 Siehe oben 2. Kap., H. (S. 74 f.).

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6. Kap.: Schadensersatz bei Berechtigung mehrerer Personen an einer Sache

eine Reparatur nicht durchführbar und nur noch eine Ersatzbeschaffung denkbar ist, drohen unterschiedliche Interessen dazu zu führen, daß gegenüber dem einen Geschädigten, der Ersatzbeschaffung verlangt, Herstellung geschuldet wäre, während der Reparatur Fordernde auf die Kompensation verwiesen werden müßte. Ist das Leasingfahrzeug irreparabel zerstört, hätte der Schädiger dem Leasingnehmer, der Ersatzbeschaffung fordert, womöglich den Besitz an einem Ersatzfahrzeug zu verschaffen, während er dem auf Reparatur bestehenden Leasinggeber ein solches nicht aufdrängen dürfte und ihn grundsätzlich in Höhe des Ertragswertes entschädigen müßte. Daß der Schädiger hinsichtlich desselben Gegenstandes nicht sowohl vollständige Restitution als auch vollständige Kompensation schulden kann, liegt jedoch auf der Hand: Soweit die Interessen mehrerer Geschädigter einen gemeinsamen Kern – die Berechtigung an derselben Sache – haben, ist daher eine Herstellung, sei es durch Reparatur oder durch Ersatzbeschaffung, ausschließlich einheitlich vorstellbar. 809 Die Unteilbarkeit einer Leistung setzt nämlich nicht voraus, daß diese, wie die Reparatur, im natürlichen Sinne nur an alle Berechtigten gemeinsam durchführbar ist. Vielmehr genügt, daß die Leistung ihrer rechtlichen Natur nach unteilbar ist. 810 Das ist hier der Fall, weil mit der geschuldeten Leistung ein einheitliches tatsächliches Ziel – die Herstellung der betroffenen Sache bzw. des tatsächlichen Sollzustandes – erreicht werden soll, 811 und zwar unabhängig davon, ob dieses Ziel vom Schädiger in natura oder durch eine Geldleistung zu erfüllen ist.812 Wegen der Unteilbarkeit der Herstellungsleistung ist eine einheitliche Definition des durch die Berechtigung an der Sache geprägten tatsächlichen Zustandes unumgänglich. Eine Ersatzbeschaffung kommt als Herstellungsmaßnahme daher nur in Betracht, wenn für alle Berechtigten ein entsprechendes funktionales Interesse angenommen werden kann. Erzielen die Berechtigten insofern keine Deckung, ist wegen der bereits beschriebenen Vermutung des faktischen Interesses insgesamt von einem solchen auszugehen – mit der Folge, daß eine Herstellung allenfalls durch Reparatur möglich ist. Das Erfordernis einer einheitlichen Definition des tatsächlichen Interesses schließt gleichzeitig aber nicht aus, daß bei der Beurteilung der Frage, ob ein solches vorliegt, der Definition des einen Berechtigten der Vorrang vor der des anderen zukommt.

809 Wilhelm, Sachenrecht, 2.Aufl., Rn.129 FN 217; Erman-Aderhold, 11.Aufl., §1011 Rn.1; ähnlich bereits die Motive, Band III, 2. Aufl., S. 445. 810 BGH NJW 1953, 58, 59; BGH NJW 1992, 182, 183; BGH NJW 1992, 1095, 1096; Palandt-Heinrichs, 63. Aufl., § 432 Rn. 2. 811 So auch Medicus, AcP 165 (1965), 115, 144 f. 812 Medicus, AcP 165 (1965), 115, 144 (eingeschränkt nur durch eine Sonderbehandlung von „Bagatellschäden“). So auch Braun, Jura 2000, 582, 583, der deshalb zu recht eine Gesamtgläubigerschaft gem. § 428 BGB verneint (für § 428 BGB hingegen Hohloch, NZV 1992, 1, 9, und Prausitz, ZHR 99 [1934], 97, 105).

A. Herstellung bei mehreren Berechtigten, insbesondere Eigentümer und Besitzer 215

2. Verhältnis mehrerer Berechtigter bei der Definition des Sollzustandes Denkbar ist zunächst, eine Ersatzbeschaffung als Herstellung gegenüber mehreren Berechtigten nur dann zuzulassen, wenn alle Berechtigten – ausdrücklich oder konkludent – ihr Einverständnis erklären, d. h. ihr Interesse funktional formulieren. Dies würde bedeuten, alle Geschädigten hinsichtlich ihres tatsächlichen Interesses gesondert und gleich zu behandeln. Zur Begründung ließe sich anführen, daß aus der Absolutheit der dinglichen Rechte und damit auch aus der Anerkennung des Besitzrechtes als sonstigem – einem absoluten vergleichbaren – Recht 813 gerade die Eigenständigkeit der Rechtsposition eines jeden Berechtigten, einschließlich des berechtigten Besitzers, folge. Man könnte es für ein Erfordernis der Konsequenz halten, dieses Ziel auch bei der Ausgestaltung des Schadensersatzes zu berücksichtigen und jedem Berechtigten zuzugestehen, sein tatsächliches Interesse unabhängig vom Eigentümer und anderen Mitberechtigten zu definieren. In der Folge wäre ausnahmslos zu reparieren, solange auch nur ein Eigentümer oder ein sonst an der Sache Berechtigter auf einer Reparatur besteht. Für das irreparabel zerstörte Leasingfahrzeug schiede danach die Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges als Herstellung aus, wenn der Leasinggeber ein anderes Fahrzeug nicht akzeptieren will. Wegen der Irreparabilität bliebe dann lediglich eine Kompensation zum geringeren Verkaufs- bzw. Ertragswert. Das Unterbleiben der tatsächlichen Herstellung ginge hier insbesondere zu Lasten des Leasingnehmers, dem die Nutzung der Sache zugewiesen war. Vor allem für den Nichteigentümer-Besitzer ließe sich darüber hinaus sogar vertreten, daß das tatsächliche Interesse des Eigentümers dem des nur beschränkt Berechtigten, also beispielsweise des Besitzers, generell vorgehen müsse. Zur Begründung ließe sich anführen, daß zumindest der Besitzer sein Recht nur von dem des Eigentümers ableite. In der Konsequenz wäre eine Ersatzbeschaffung immer – und nur – dann zur Herstellung geeignet, wenn zumindest der Eigentümer bereit ist, eine Ersatzsache zu akzeptieren. Einerseits hätte der Eigentümer damit die Macht, durch das (im Hinblick auf § 251 Abs. 1 BGB vergebliche) Bestehen auf einer (unmöglichen) Reparatur eine Herstellung zu blockieren. Andererseits könnte er (nicht: der Schädiger) dem Besitzberechtigten aber auch eine Ersatzsache aufdrängen. Obwohl bei Leasingfahrzeugen emotionale Motive für ein auf das konkrete Fahrzeug bezogenes, d. h. faktisch definiertes Interesse bei dem Leasingnehmer als Sachnutzer näher liegen als bei dem Leasinggeber als bloßem Financier, könnte dieser den Leasingnehmer auf eine Ersatzsache verweisen. Letztlich ist die Begründung für den Vorrang des Eigentümerinteresses allerdings nur formaler Natur: Wie das Beispiel des Leasingfahrzeuges zeigt, ist es nicht 813

Im Hinblick auf letzteren Staudinger-Hager [1999], § 823 Rn. B 167.

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6. Kap.: Schadensersatz bei Berechtigung mehrerer Personen an einer Sache

zwangsläufig sachgerecht, dem Eigentümer generell zu ermöglichen, dem Besitzberechtigten eine Ersatzsache aufzuzwingen. Ob ihm diese Befugnis zusteht oder ihn vielmehr sogar die Pflicht zum Erhalt, d. h. der Reparatur, der Sache trifft, bestimmt sich zwischen den Berechtigten nach dem Besitzmittlungsverhältnis, auf das der Besitzer sein Besitzrecht stützt. Auch unter formalen Gesichtspunkten wird man nämlich zugestehen müssen, daß die Frage, ob der eine Berechtigte gegenüber dem anderen auf einer faktischen oder funktionalen Herstellung bestehen kann, davon abhängt, wie das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem beschränkt Berechtigten ausgestaltet ist. Während sich diese Beziehung bei den dinglich Berechtigten aus der Natur des jeweiligen dinglichen Rechts ergibt, 814 ist bei dem berechtigten Besitzer ein Rückgriff auf das rein schuldrechtliche Besitzmittlungsverhältnis erforderlich. Dies setzt freilich voraus, daß die zwischen dem berechtigten Besitzer und dem Eigentümer bestehenden schuldrechtlichen Bindungen überhaupt auf das Verhältnis zum Schädiger einwirken können. 815 Dafür spricht, daß bereits die Anerkennung des Besitzrechtes als sonstiges Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB nur so weit gehen kann, wie das Recht des Besitzers überhaupt – beispielsweise zeitlich – reicht. 816 Der Umfang des absoluten Schutzes der Position des Besitzers bestimmt sich also ohnehin und notwendig nach dem Inhalt des Besitzmittlungsverhältnisses. Aus diesem kann sich beispielsweise ergeben, daß das Recht zum Besitz ausschließlich auf die konkrete Sache beschränkt ist und daher mit der Zerstörung der Sache gem. § 275 Abs. 1 BGB endet, ohne daß ein Anspruch auf den Besitz an einer Ersatzsache entstünde. 817 In solchen Fällen kann der Besitzberechtigte nicht gegen den Willen des Eigentümers Ersatzbeschaffung fordern, da ihm ein Recht auf den Besitz nur an der konkreten und nicht allgemein an einer solchen Sache zusteht. Das Verlangen nach einer Ersatzsache ginge über den Umfang der Berechtigung hinaus. Umgekehrt kann aus dem Innenverhältnis aber auch folgen, daß die Entscheidung über die Formulierung des tatsächlichen Interesses dem Besitzberechtigten überlassen bleiben soll. 814 Während man bei den Pfandrechten wegen ihrer bloßen Sicherungsfunktion ein Mitspracherecht des Pfandrechtsinhabers regelmäßig wird verneinen können, folgt für den Nießbraucher das Recht zur maßgeblichen Einflußnahme aus den §§ 1041 ff. BGB. 815 Die Alternative besteht darin, daß sie lediglich im Innenverhältnis wirken und hier die Grundlage für interne Schadensersatzansprüche bilden, beispielsweise wenn sich der Fremdbesitzer einer funktionalen Herstellung durch Ersatzbeschaffung verweigert und der Eigentümer deshalb wegen der Unmöglichkeit einer Reparatur anstelle des Wiederbeschaffungswertes nur den geringeren Verkaufswert erhält. 816 Medicus, AcP 165 (1965), 115, 137, 140; ders., Bürgerliches Recht, 19. Aufl., Rn. 607; Staudinger-Hager [1999], § 823 Rn. B 168; im Grundsatz auch Staudinger-Bund [2000], § 861 Rn. 31; BGH NJW 1979, 2034, 2035; zu vertraglichen Ansprüchen BGH LM Nr. 50 zu § 535 BGB, Ziff. 2 a. Die Aussage steht nicht in Widerspruch zu Wilhelm, Sachenrecht, 2. Aufl., Rn. 484, der dem Schädiger den Einwand verschließt, daß ein vom Besitzer erlittener Schaden nach dem Innenverhältnis nur vom Geschädigten geltend zu machen sei. Vorliegend steht vielmehr in Frage, welchen Schaden der Besitzer überhaupt erlitten hat. 817 Vgl. BGHZ 116, 334, 336. Dieser Gedanke findet sich auch bei Köhler, JuS 1977, 652, 654, und Medicus, AcP 165 (1965), 115, 144.

A. Herstellung bei mehreren Berechtigten, insbesondere Eigentümer und Besitzer 217

Das gilt vor allem für Leasingverträge, nach denen der Besitzer bei – zufälligen, eigen- oder fremdverschuldeten – Verschlechterungen der Leasingsache zwar bis zu einer prozentualen Wertgrenze zur Reparatur verpflichtet ist, bei schwererwiegenden Schäden jedoch die Wahl hat, was intern wiederum durch ein um Ausgleichsansprüche ergänztes Sonderkündigungsrecht des Leasinggebers kompensiert wird. 818 3. Zusammenfassung und Konsequenzen für den Schädiger Wegen der Unteilbarkeit der Herstellungsleistung setzt die Herstellung eine einheitliche Definition des Sollzustandes voraus. Zwischen Eigentümer und berechtigtem Besitzer entscheidet dabei das Innenverhältnis, also das Besitzmittlungsverhältnis, ob einem von beiden bei der Formulierung des tatsächlichen Interesses der Vorrang gegenüber dem anderen zukommt. 819 Zwischen beschränkt dinglich Berechtigten und dem Eigentümer ist entsprechend das aus der Natur des beschränkten dinglichen Rechts folgende Verhältnis zum Vollrecht maßgeblich. Der Schädiger braucht sich um dieses Innenverhältnis nicht zu kümmern, solange er im Hinblick auf seine Schadensersatzleistung von einer Herstellung durch Reparatur ausgeht. Eine Reparatur ist zur Herstellung stets geeignet. Scheidet sie aus praktischen Gründen aus, kann sich der Schädiger zunächst auf eine Kompensationsschuld nach § 251 Abs. 1 BGB einstellen, und zwar auch dann, wenn einer von mehreren Berechtigten Herstellung durch Ersatzbeschaffung fordert. Insofern kommt ihm die generelle Vermutung eines faktischen Interesses der Geschädigten zugute. Es obliegt danach dem einzelnen Berechtigten darzutun, warum ausnahmsweise die Ersatzbeschaffung als Herstellung vorrangig geschuldet sein soll. Dazu muß der Geschädigte ggf. anhand des Innenverhältnisses darlegen, warum er sich mit seiner Forderung gegen das praktisch unerfüllbare und damit zur Kompensation führende Reparaturverlangen anderer (Mit-)Berechtigter durchsetzen soll. Probleme ergeben sich für den Schädiger erst, wenn er selbst die Herstellung wegen des geringeren Aufwandes durch Ersatzbeschaffung erbringen möchte, obwohl wenigstens ein Berechtigter konsequent Reparatur verlangt. Hier spricht die Vermutung des faktischen Interesses gegen die Intention des Schädigers, so daß er unter Umständen auf das Innenverhältnis mehrerer Berechtigter zurückgreifen muß, um begründen zu können, warum er die Herstellung auch gegenüber dem Reparatur fordernden Ge818 In dem der Entscheidung BGHZ 116, 22, zugrundeliegenden Fall lautete die entsprechende Klausel für den Fall der Beschädigung oder des Unterganges der Leasingsache (zitiert nach Schnauder, JuS 1992, 820): „Tritt eines dieser Ereignisse ein,... verpflichtet sich der Mieter nach Wahl des Vermieters a) die Mietsache auf eigene Kosten zu reparieren und in einen vertragsgemäßen Zustand zurückzuversetzen, b) die Mietsache durch eine andere mindestens gleichwertige zu ersetzen, c) an den Vermieter als Entschädigung sofort die gesamte Restmiete zuzüglich den vertraglich vereinbarten Restwert zu bezahlen (... jeweils abgezinst ...).“ 819 So auch Hartl, Der Ersatzanspruch des Leasingnehmers aus § 823 Abs. 1 BGB, S. 260 f.

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6. Kap.: Schadensersatz bei Berechtigung mehrerer Personen an einer Sache

schädigten durch Ersatzbeschaffung erbringen kann. Daß ihm dies ohne Unterstützung der weiteren Geschädigten kaum gelingen wird, ist praktische Folge des Grundsatzes, daß der Schädiger keinem Geschädigten eine Ersatzsache aufdrängen kann.

II. Inhalt des Herstellungsanspruchs mehrerer Berechtigter an einer Sache Wenn man von der Unteilbarkeit der gegenüber mehreren geschuldeten Herstellung ausgeht, kann ein einzelner Berechtigter gem. § 432 Abs. 1 S. 1 BGB lediglich Erbringung der Herstellungsleistung an alle Berechtigten fordern. Für die Reparatur ist dies unproblematisch, da mit ihr automatisch das Interesse aller Berechtigten befriedigt wird. Hinsichtlich der Ersatzbeschaffung stellt sich jedoch die Frage, was genau der einzelne verlangen kann. Für jeden Berechtigten besteht die Herstellung des Sollzustandes darin, daß ihm sein Recht an einer Ersatzsache verschafft wird. Für den berechtigten Besitzer beispielsweise bedeutet Ersatzbeschaffung folglich (nur) Verschaffung des Besitzes an einer Ersatzsache. Will der Besitzer dieses Forderungsrecht geltend machen, muß er wegen § 432 Abs. 1 S. 1 BGB Leistung an alle Berechtigten gemeinsam fordern. Dazu fehlt es ihm jedoch zunächst an dem erforderlichen Anspruch. Anders als bei der Reparatur, die auch der nur beschränkt Berechtigte zur Herstellung seines Rechts in vollem Umfang fordern kann, ergibt sich bei der Ersatzbeschaffung, daß die in § 432 Abs. 1 S. 1 BGB angesprochene Leistung an alle inhaltlich über das hinausgeht, was der einzelne aus seinem beschränkten Recht zu fordern berechtigt ist. So macht der Besitzer, der Ersatzbeschaffung an alle verlangt, mehr als nur den ihm zustehenden Besitz geltend. Wollte man dem Leasingnehmer als berechtigtem Nichteigentümer-Besitzer gestatten, Lieferung eines Ersatzfahrzeuges zu verlangen, mit der Maßgabe, daß er Leistung an sich selbst und den Eigentümer gemeinsam zu fordern hat, so fehlt es ihm an einem entsprechend dimensionierten eigenen Schadensersatzanspruch: Er selbst kann nur Herstellung seines Besitzrechtes fordern. Das Verlangen nach Lieferung zu Eigentum geht darüber hinaus. In der Sache ist dies nicht zu vermeiden. Wollte man dem Besitzer nämlich nur den Anspruch auf die Verschaffung des Besitzes an einer Ersatzsache zugestehen, müßte man wiederum die Unteilbarkeit der Herstellungsleistung verneinen. Dem steht jedoch entgegen, daß man den Schädiger damit der Gefahr aussetzen würde, doppelt leisten zu müssen. Fordert der berechtigte Besitzer nämlich Herstellung in Geld (§ 249 Abs. 2 BGB), wären ihm zunächst grundsätzlich die Kosten für die Anmietung oder das Leasing einer Ersatzsache zuzusprechen, während der Eigentümer anschließend noch einmal die Anschaffungskosten für eine Ersatzsache fordern könnte. Dem sachlich begründeten Erfordernis, jedem nur beschränkt Berechtigten zu gestatten, volle Leistung an alle zu fordern, trägt das Gesetz für Miteigentümer in

A. Herstellung bei mehreren Berechtigten, insbesondere Eigentümer und Besitzer 219

§ 1011 BGB Rechnung. Auch hier könnte ein einzelner Miteigentümer im Grunde nur Herstellung seines Miteigentumsanteils fordern, im Falle der Ersatzbeschaffung also nur Verschaffung eines entsprechenden Miteigentumsanteils an einer Ersatzsache. 820 Gleichwohl gestattet die genannte Vorschrift jedem Miteigentümer, die aus dem Eigentum folgenden Ansprüche nicht nur in Ansehung seines Anteils an der Sache, sondern darüber hinaus hinsichtlich der ganzen Sache geltend zu machen. Für unteilbare Schadensersatzansprüche aus dem Eigentum – jedenfalls dahingehend wird man den in § 1011 Hs. 2 BGB genannten Fall der Herausgabe verallgemeinern dürfen 821 – gilt dies jedoch nur unter der Einschränkung, daß er die Leistung an alle Miteigentümer fordert. Für die Naturalherstellung bedeutet dies, daß der einzelne Miteigentümer nicht nur anteilige Herstellung der Sache, sondern volle Herstellung fordern kann. Gleichzeitig stellt der zweite Teil des § 1011 BGB (wegen § 432 Abs. 1 S. 1 BGB deklaratorisch) sicher, daß unteilbare Leistungen nur an alle Mitberechtigten gemeinsam erbracht werden. Direkt bezieht sich § 1011 BGB nur auf die Aufspaltung des Eigentums in Miteigentumsanteile. Für Abspaltungen dinglicher Rechte, wie dem Nießbrauch, Pfandrechten oder beschränkten Dienstbarkeiten, fehlt eine entsprechende Regelung, wenn man § 1011 BGB nicht von den Verweisungen der §§ 1065, 1227 BGB erfaßt sieht. Während die in § 1011 BGB genannten Miteigentümer über einen vom Volleigentum bruchteilig abgespaltenen Anteil am Eigentum verfügen, handelt es sich bei den beschränkten dinglichen Rechten um qualitative Abspaltungen. 822 Gesteht man jedem Inhaber einer bruchteiligen oder qualitativen Abspaltung eigene auf dem dinglichen Recht gründende Ansprüche zu, sind die sich aus diesem Nebeneinander ergebenden Konflikte und Konkurrenzen dieselben, und zwar unabhängig davon, um welche Kategorie der Abspaltung es sich handelt. 823 Entsprechend muß auch § 1011 BGB, der diese Konflikte für 820 Dieses Argument scheint ausschlaggebend dafür gewesen zu sein, daß die in §1011 BGB enthaltene Regelung trotz der Kritik, sie wiederhole nur den Inhalt des jetzigen § 432 Abs. 1 BGB, im Grundsatz beibehalten wurde, vgl. Protokolle der 1. Kommission, S. 4320 f. (abgedr. bei Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches, Sachenrecht I, S. 895 f.). 821 So die h. M., z. B. Staudinger-Gursky [1999], § 1011 Rn. 2; MüKo-K. Schmidt, 4. Aufl., § 1011 Rn. 2, 4; Erman-Aderhold, 11. Aufl., § 1011 Rn. 1. 822 Wilhelm, Sachenrecht, 2. Aufl., Rn. 91 ff. 823 Ähnlich Habermeier, AcP 193 (1993), 364, 374 f. Die Motive zu dem Entwurfe des Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Band III, 2. Aufl., gehen im Hinblick auf §951 des 1. Entwurfs zwar auf die beschränkt dinglichen Rechte nicht ein, formulieren aber gleichwohl allgemein: „Geht man mit dem Entwurfe davon aus, daß Miteigenthum Eigenthum ist, so kann nur die Aufnahme erläuternder Vorschriften in Frage kommen, welche die bei dem Miteigenthume gegenüber dem Eigenthume stattfindenden Besonderheiten in Rücksicht nehmen. Diese Besonderheiten liegen in dem Zustande, dessen Herstellung durch den Inhalt des Rechtes verlangt wird, bei dem Eigenthume Besitz, bei dem Miteigenthume Mitbesitz, und darin, daß die in dem Eigenthume sich gründenden dinglichen Ansprüche und persönlichen Ersatzansprüche bei dem Miteigenthume einer Mehrheit von Personen zustehen.“ (S.443 f.) und „Der dingliche Anspruch auf Herstellung des rechtsgemäßen Zustandes ist, wenn er einem Alleinberechtigten zusteht, immer auf eine untheilbare Leistung gerichtet, nämlich Herausgabe, Wiederherstellung des früheren Zustandes, [...]. Es fragt sich, ob, wenn an die Stelle des Alleinberechtigten mehrere Mitberechtigte treten, deren dingliche Ansprüche einen besonderen Inhalt

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6. Kap.: Schadensersatz bei Berechtigung mehrerer Personen an einer Sache

die bruchteiligen Abspaltungen regelt, auf die qualitativen Abspaltungen angewendet werden. Hierfür spricht ferner, daß auch § 1281 S. 2 BGB dem Pfandgläubiger an einer Forderung gestattet, vor Pfandreife Leistung an ihn und den Gläubiger gemeinsam zu fordern, obwohl er selbst zu diesem Zeitpunkt nur Pfandgläubiger ist, ihm also nur eine qualitative Abspaltung des Forderungsrechts zusteht. Ähnliches bestimmt § 1077 Abs. 1 S. 2 BGB für den Nießbrauch an einer Forderung. 824 Behandelt man im vorliegenden Zusammenhang alle beschränkt dinglich Berechtigten entsprechend der für (bruchteilige) Mitberechtigte geltenden Vorschrift des § 1011 BGB, muß dies in einem weiteren Schritt auch für den berechtigten Besitzer gelten. Wenn man im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB schon darüber hinweggeht, daß sein Recht an der Sache kein dingliches ist, wird man ihn konsequenterweise auch hinsichtlich der Folgefragen wie einen dinglich Berechtigten zu behandeln haben. So muß auch dem berechtigten Besitzer gestattet werden, entsprechend §1011 BGB die aus dem Volleigentum folgenden Ansprüche geltend zu machen, wenn es sich um unteilbare handelt, allerdings nur zu Gunsten aller Berechtigten gemeinsam. Das gerade noch in Frage gestellte Recht des geschädigten Leasingnehmers, Lieferung einer Ersatzsache zu Eigentum an ihn und den Leasinggeber gemeinsam zu fordern, ergibt sich daher aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 1011, 432 Abs. 1 BGB. Diese Folgerung ist letztlich eine Flucht nach vorne, um diejenigen Probleme sachgerecht zu lösen, die sich aus der – womöglich vorschnellen – Anerkennung des berechtigten Besitzes als sonstiges, den absoluten gleiches Recht i.S. d. § 823 Abs. 1 BGB ergeben. § 851 BGB steht diesem Vorgehen nicht im Wege, da es sich bei dieser Norm lediglich um eine an den Rechtsschein des Besitzes anknüpfende Gutglaubensvorschrift handelt. 825 Im Ergebnis bedeutet das: Steht einem beschränkt dinglich Berechtigten oder dem ihm insofern angenäherten berechtigten Besitzer ein Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung seines Rechtes durch die Beschädigung oder Zerstörung der Sache zu, kann er entsprechend § 1011 BGB nicht nur hinsichtlich seines bruchteiligen oder qualitativen Anteils an der Sache Herstellung fordern, sondern wegen des Volleigentums. Die Herstellungsforderung ist unteilbar, und der Berechtigte kann Leistung nur an alle bruchteilig oder qualitativ Mitberechtigten verlangen, die durch das schädigende Ereignis eine Rechtsverletzung erlitten haben. Eine solche Rechtsverletzung liegt nicht zwangsläufig bei allen Berechtigten vor. gewinnen und auf eine getrennt für den Einzelnen erfolgende Restitution gehen. Eine solche Theilung der Restitution ist nicht denkbar bei den negatorischen und konfessorischen Ansprüchen.“ (S. 445). § 951 des 1. Entwurfs wurde zwar später noch erheblich verändert, ohne daß dadurch aber die genannten Erwägungen erkennbar revidiert werden sollten. 824 Auf diese Parallelfälle verweisen für das Anwartschaftsrecht u. a. Gernhuber, Bürgerliches Recht, 3. Aufl., S. 129 f.; Georgiades, Die Eigentumsanwartschaft beim Vorbehaltskauf, S. 166 f., und Raiser, Dingliche Anwartschaften, S. 82 f. 825 Medicus, AcP 165 (1965), 115, 146 f.; i. E. auch Braun, Jura 2000, 582, 583.

A. Herstellung bei mehreren Berechtigten, insbesondere Eigentümer und Besitzer 221

Beispielsweise ist der Inhaber eines dinglichen Wegerechts (Grunddienstbarkeit) nicht betroffen, wenn nur der Grundstückseigentümer und der Grundschuldgläubiger durch eine Beschädigung der Bebauung in ihren dinglichen Rechten verletzt sind. III. Dingliche Surrogation der Sache durch den Herstellungsanspruch Es ist vorgeschlagen worden, Schadensersatzforderungen, ebenso wie andere, an dem Eigentum oder dem dinglichen Recht anknüpfende Forderungen, der dinglichen Surrogation zu unterwerfen. 826 Die Folge wäre, daß sich beispielsweise das Pfandrecht an einer zerstörten Sache an der auf Lieferung einer Ersatzsache gehenden Schadensersatzforderung fortsetzte. Die an den Rechtsfolgen orientierten Argumente zu Gunsten dieser Auffassung (Verteilung des Insolvenzrisikos, Entbehrlichkeit einer Bewertung, Rangproblematik) 827 überzeugen zunächst durchaus. Auch das Ergebnis erscheint bei einigen dinglichen Rechten, namentlich dem Pfandrecht, 828 auf den ersten Blick sachgerecht. So scheint es diskutabel, daß der Inhaber eines Pfandrechts an einer Armbanduhr nicht unmittelbar ein Recht auf die Reparaturkosten haben soll, sondern erst dann, wenn er auch die Uhr verwerten darf, also bei Pfandreife. Bis dahin bliebe ihm die Schadensersatzforderung infolge der dinglichen Surrogation durch ein Pfandrecht an ihr gesichert. Gleichwohl ist eine dingliche Surrogation nicht für alle beschränkten dinglichen Rechte geeignet. So scheidet sie bei der Verletzung einer Grunddienstbarkeit bereits deshalb aus, weil es eine Grunddienstbarkeit an einer Forderung nicht gibt. 829 Darüber hinaus führt eine Fortsetzung des dinglichen Rechtes an dem Herstellungsanspruch zu Konflikten mit dem Konzept der Naturalherstellung. Das wird deutlich im 826 Habermeier, AcP 193 (1993), 364, 377; zustimmend Wilhelm, Sachenrecht, 2. Aufl., Rn. 129 FN 217 (unter Einschränkung auf den „Schadensersatzanspruch in Hinsicht auf den Substanzschaden“), 1735. 827 Zu den Einzelheiten soll der Verweis auf Habermeier, AcP 193 (1993), 364 ff., genügen. 828 Über § 1281 S. 1, 2 und § 1287 S. 1 BGB gelangt der Inhaber hier letztlich über das Pfandrecht an der Ersatzforderung zu einem Pfandrecht an der Schadensersatzleistung. 829 Eine gleichzeitige Verletzung des Inhabers einer Grunddienstbarkeit und des Eigentümers liegt beispielsweise vor, wenn sich die Grunddienstbarkeit auf die Nutzung eines Brunnens auf dem Nachbargrundstück bezieht und dieser durch einen Dritten schuldhaft zum Versiegen gebracht wird. Daß eine dingliche Surrogation des weiteren auch hinsichtlich des berechtigten Besitzes nicht konstruiert werden kann, spricht demgegenüber nicht gegen das Modell Habermeiers, da dieser Umstand zum einen darauf hindeuten könnte, daß der Fehler bereits in der Anerkennung des berechtigten Besitzes als „sonstiges Recht“ zu sehen ist. Zum anderen ließe sich auf dieses Problem durch eine entsprechende Anwendung der einschlägigen Vorschriften über den Nießbrauch reagieren: Wenn man den berechtigten Besitz im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB schon wie ein dingliches Nutzungsrecht behandelt, wäre dies nicht inkonsequent.

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6. Kap.: Schadensersatz bei Berechtigung mehrerer Personen an einer Sache

Falle des Herstellungsanspruchs in Geld. Hier droht eine dingliche Surrogation die Erreichung des Herstellungsziels für einzelne Beteiligte zu vereiteln. Beispielsweise ist die Pflicht des Nießbrauchers, für Ausbesserungen und Erneuerungen der belasteten Sache zu sorgen, durch § 1041 BGB beschränkt. Erhält der Nießbraucher im Schadensfall über einen Nießbrauch an der auf den Herstellungsaufwand gerichteten Forderung (dingliche Surrogation) nach §§ 1074 S. 1 830, 1075 Abs. 2 831 BGB schließlich (alleiniges) Eigentum an dem vom Schädiger geleisteten Geldbetrag, kann ihn der Eigentümer wegen § 1041 BGB zunächst nicht zu einer tatsächlichen Herstellung zwingen. Verwendet der Nießbraucher den erhaltenen Betrag schließlich zur Herstellung, ist er nach §§ 1075 Abs. 2, 1067 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB dem Eigentümer grundsätzlich zur Erstattung des Betrages verpflichtet. Ohne weitere – schadensrechtlich motivierte – Korrekturen ließe die dingliche Surrogation damit entweder das tatsächliche Interesse des Eigentümers unberücksichtigt oder führte andererseits dazu, daß der Nießbraucher die Herstellung womöglich selbst zu finanzieren hätte. Um dies zu vermeiden, wäre denkbar, die beschriebene dingliche Surrogation nicht nach §§ 1074 f., 1067 BGB zu behandeln, sondern auf eine Analogie zu § 1046 Abs. 1 BGB zu stützen. Dafür spricht, daß es in der Sache keinen Unterschied machen kann, ob die Entschädigungsforderung wegen einer Verschlechterung der Sache gegen den Versicherer (vgl. §§ 1045 f. BGB) oder gegen den Schädiger gerichtet ist. 832 §§ 1046 Abs. 1, 1076, 1077 Abs. 1 BGB führen dann zu dem Ergebnis, daß sowohl der Eigentümer als auch der Nießbraucher Leistung des Schadensersatzes an beide gemeinsam fordern kann. Damit ist jedoch nur jener Punkt erreicht, zu dem man auch über die oben beschriebene entsprechende Anwendung des § 1011 BGB gelangen würde. 833 Wie das gemeinsam erhaltene Geld zu verwenden oder zu verteilen ist, müßte nach beiden Modellen anhand des Innenverhältnisses der Berechtigten unter Einbeziehung des Gedankens des § 1046 Abs. 2 BGB sowie der dem Herstellungsaufwand immanenten Zweckbestimmung erfolgen. 834 Durch die dingliche Surrogation wäre nichts gewonnen. 835 Schließlich spricht gegen sie auch noch folgende Überlegung: Sowohl das Recht des Eigentümers als auch das des beschränkt dinglich Berechtigten wird durch die Beschädigung der Sache in tatsächlicher Hinsicht verletzt. Daß der Schadensersatz wegen der Verletzung dieser Rechte durch die tatsächliche Herstellung der Sache zu erfolgen hat, kann daher angesichts des Vorrangs der Naturalherstellung kaum zweifelhaft sein. Nach § 249 Abs. 2 BGB muß beiden Berechtigten somit der zu die830 Die Schadensersatzforderung ist als unverzinsliche zu behandeln, da keine rechtsgeschäftliche Zinsabrede getroffen ist (vgl. MüKo-Pohlmann, 4. Aufl., § 1076 Rn. 2; Palandt-Bassenge, 63. Aufl., § 1076 Rn. 1). 831 Geld stellt eine verbrauchbare Sache i. S. d. § 1075 Abs. 2 BGB dar (Palandt-Bassenge, 63. Aufl., § 1075 Rn. 3; MüKo-Holch, 4. Aufl., § 92 Rn. 4). 832 Wilhelm, Sachenrecht, 2. Aufl., Rn. 1735, zieht diese Parallele für die Hypothek. 833 Auch § 1046 Abs. 2 BGB begründet nur einen gegenseitigen schuldrechtlichen Anspruch auf die Mitwirkung an der Herstellung der Sache. 834 Köhler, JuS 1977, 652, 654. 835 Diesen Umstand scheint Habermeier, AcP 193 (1993), 364, 385, nicht zu sehen.

A. Herstellung bei mehreren Berechtigten, insbesondere Eigentümer und Besitzer 223

ser Herstellung erforderliche Betrag im Grundsatz uneingeschränkt zustehen. Der Umstand, daß die Berechtigten mit ihren Forderungen nebeneinander stehen, führt wegen der Unteilbarkeit der Leistung zwar dazu, daß eine Leistung nur an beide gemeinsam möglich ist, kann aber den Inhalt der Schadensersatzansprüche schlechterdings nicht reduzieren. Eben dies aber wäre der Fall, wenn für den beschränkt Berechtigten aus seinem Anspruch auf die Herstellungskosten ein beschränktes dingliches Recht an dieser Forderung würde und die Forderung des Eigentümers mit diesem Recht belastet wäre. Der Nießbraucher kann vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen. Daß daneben auch dem Eigentümer die parallele Forderung zusteht, darf das Recht des Nießbrauchers nicht beschränken. Für den erwähnten Pfandgläubiger gilt beispielsweise: Die Verletzung seines Pfandrechtes durch eine Beschädigung der verpfändeten Armbanduhr ist gegenwärtig. Ihm zunächst nur ein Pfandrecht an dem Anspruch auf den Herstellungsaufwand und nach dessen Erbringung durch den Schädiger und einer weiteren dinglichen Surrogation (§ 1287 S. 1 BGB) ein Pfandrecht an dem Geldbetrag selbst zuzugestehen, würde ihm ein unbeschränktes dingliches Recht an dem Herstellungsbetrag erst mit der Pfandreife verleihen. Für das Pfandrecht ließe sich dies noch damit rechtfertigen, daß sich der Pfandgläubiger die Pfandsache ohnehin erst mit der Pfandreife wirtschaftlich nutzbar machen dürfe, so daß auch hinsichtlich des Schadens erst dann überhaupt ein Bedürfnis bestehe, den Ersatz unbeschränkt zur Verfügung zu stellen. 836 Unbeachtet bliebe dabei jedoch das tatsächliche Phänomen, daß die Pfandsache bereits ab dem schädigenden Ereignis nur noch als beschädigte existiert. Mit dieser Überlegung ist freilich der Kern des Problems berührt: Die dingliche Surrogation stützt sich auf rein wirtschaftliche Gesichtspunkte. Sie soll dem Inhaber den wirtschaftlichen Wert des ursprünglichen Rechts erhalten. Demgegenüber hat die Herstellung, und zwar auch diejenige durch Geldleistung, die tatsächlichen Folgen des schädigenden Ereignisses im Blick und berücksichtigt wirtschaftliche nur mittelbar. Der Herstellungsaufwand ist folglich nicht (nur) dazu bestimmt, den wirtschaftlichen Wert der Sache zu erhalten, sondern trägt darüber hinaus auch immateriellen Motiven Rechnung. Dies ginge für den beschränkt dinglich Berechtigten verloren, wenn man ihm auch an dem Herstellungsanspruch nur ein beschränktes dingliches Recht gewährte. Bei dem Pfandgläubiger mag dies in der Sache unschädlich sein, da sein Interesse hier naturgemäß ohnehin rein wirtschaftlich motiviert ist. Jedenfalls für den Nießbrauch besteht jedoch Anlaß, auch immateriellen Motiven des Nießbrauchers als Nutzer der Sache Rechnung zu tragen. Insgesamt ist daher eine dingliche Surrogation im Hinblick auf den Herstellungsanspruch abzulehnen.837 So wohl MüKo-Damrau, 4. Aufl., § 1227 Rn. 3. Habermeier, AcP 193 (1993), 364, 377, bezieht seine Ausführungen sogar selbst auf „Wertfortsetzungsansprüche“. Vor dem Hintergrund seiner grundlegenden und umfassenden Behandlung des Themas ist unvermeidlich, daß er dabei nicht weiter darauf eingeht, daß der auf die Herstellungskosten gerichtete Schadensersatzanspruch nicht nur Wertfortsetzungsan836 837

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6. Kap.: Schadensersatz bei Berechtigung mehrerer Personen an einer Sache

Zwar ist der Ansicht, die eine dingliche Surrogation befürwortet, zuzugeben, daß mit der aus §§ 1011, 432 BGB abgeleiteten gemeinsamen Zuständigkeit der Mitgeschädigten noch keine Entscheidung über die interne Zuweisung oder Aufteilung des Schadensersatzbetrages getroffen ist. Doch auch die dingliche Surrogation bietet insofern nicht immer eine endgültige Lösung, wie am Beispiel des Nießbrauchs gerade gezeigt werden konnte. Auch hier bedarf es weiterer Schritte, um den mit dem Herstellungsanspruch in Geld bezweckten Integritätsschutz zu verwirklichen. Haben mehrere Berechtigte gemeinsam Geld oder eine Ersatzsache erhalten, muß über die Verwendung oder Verteilung des Geldes bzw. über den Verbleib der Sache entschieden werden. Wurde die zu der Reparatur der Armbanduhr oder einer Ersatzbeschaffung erforderliche Geldsumme an Eigentümer und Pfandrechtsinhaber gemeinsam geleistet, ist zu klären, ob die Beteiligten voneinander verlangen können, daß das Geld wirklich für eine Herstellung ausgegeben wird. Es kann ferner zu entscheiden sein, wie das Geld aufzuteilen ist, falls eine tatsächliche Herstellung im Rahmen der Dispositionsfreiheit unterbleibt. Hierfür ist das jeweilige Innenverhältnis der Berechtigten maßgeblich. 838 Darüber hinaus ist ggf. die Zweckbestimmung des erhaltenen Herstellungsaufwandes zu berücksichtigen. Die dabei relevanten Ansprüche auf Zustimmung und Mitwirkung können sich als gegenseitige oder einseitige aus dem Innenverhältnis der Berechtigten ergeben. Ein einseitiger Anspruch besteht beispielsweise, wenn zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer vereinbart ist, daß nur letzterer über das weitere Schicksal der Sache entscheiden soll. Da das Innenverhältnis, abgesehen von der oben angesprochenen Frage der Definition des tatsächlichen Interesses, somit erst bei der internen Verteilung der Schadensersatzleistung relevant wird, besteht auch keine Gefahr, daß interne Gefahrtragungsvereinbarungen herangezogen werden, um den Herstellungsanspruch des einen oder anderen tatsächlich Geschädigten zu verneinen. Verlangt beispielsweise ein Leasinggeber Leistung des Wiederbeschaffungswertes an ihn und den Leasingnehmer gemeinsam, kann ihm keinesfalls entgegengehalten werden, daß ihm kein Schaden entstanden sei, weil er vom Leasingnehmer trotz der Zerstörung der Sache weiterhin die Leasingraten verlangen könne. 839 Diese Verspruch ist, sondern auch immateriellen Motiven Rechnung trägt. Wilhelm, Sachenrecht, 2. Aufl., Rn. 129 FN 217, macht diesen Umstand deutlich, indem er formuliert: „[...] oder den Anspruch auf Naturalherstellung nach § 249 S. 1); andere surrogieren dem gemeinsamen Gegenstand [...]“ [Hervorhebung durch den Verf.]. 838 So auch Flume, AcP 161 (1962), 385, 400 f., für das Verhältnis von Eigentümer und Vorbehaltskäufer. 839 So auch Schnauder, JuS 1992, 820, 825. Es sei dabei zusätzlich angenommen, daß der Leasinggeber seine Schadensersatzansprüche nicht an den Leasingnehmer abgetreten hat.

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einbarung wird vielmehr erst bei der internen Verteilung relevant mit der Folge, daß hier der Leasingnehmer vom Leasinggeber die Freigabe oder Überlassung des gesamten Herstellungsaufwandes fordern kann. IV. Sonderproblem: Herstellung des berechtigten Besitzes durch Ersatzbeschaffung des Eigentums In der Leasingpraxis tritt der Leasinggeber seine Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung seines Eigentums nicht selten an den Leasingnehmer ab. Dieser kann dann vom Schädiger Leistung des gesamten Herstellungsaufwandes an ihn alleine fordern. Aus dem bereits Gesagten ergibt sich, daß auch hier, wenn es um eine Ersatzbeschaffung geht, die Forderung den zur Beschaffung des Eigentums an einer Ersatzsache erforderlichen Betrag zum Inhalt hat. Obwohl der Leasingnehmer aufgrund seines eigenen Rechtes zunächst an sich „nur“ Herstellung seines berechtigten Besitzes fordern konnte, kann er infolge der Abtretung die Mittel beanspruchen, die zu einer in tatsächlicher Hinsicht darüber hinausgehenden Herstellung des Eigentums benötigt werden. Gleichwohl wird von Leasingnehmern häufig argumentiert, daß mit der Leistung des Aufwandes für eine Wiederbeschaffung zu Eigentum kein voller Ersatz gewährt sei, da dieser regelmäßig nicht ausreiche, um eine Ersatzsache zu leasen. 840 Der Einwand der Leasingnehmer zielt im Kern darauf, daß die Herstellung des berechtigten Besitzes nur durch die Verschaffung von isoliertem Besitz an einer Ersatzsache geschehen könne und die Verschaffung des Besitzrechts als Eigentümer insofern nicht genüge. 841 Die Antwort hierauf hängt davon ab, ob man den Besitz eines Eigentümers und den isolierten berechtigten Besitz eines Nichteigentümers als aliud begreift oder das Besitzrecht – unabhängig davon, ob es dem Eigentümer oder dem Nichteigentümer zusteht842 – gleichsam als Teil des Eigentumsrechts und damit gegenüber diesem als Minus versteht. Die Lösung ergibt sich aus einem Vergleich beider Konstellationen: Der Unterschied zwischen dem Besitzrecht des Nichteigentümers und dem des Eigentümers liegt lediglich darin, daß bei ersterem das Recht zum Besitz (und ggf. zum Sachgebrauch) isoliert steht, während es bei letzterem ergänzt wird durch die sonstigen aus dem Eigentum folgenden Herrschafts- und Abwehrrechte. Das Besitzrecht des Eigentümers wird entsprechend zu einem Recht des Nichteigentümers, indem das Eigentum unter Vorbehalt des Besitzrechts auf einen anderen übergeht. Umgekehrt wird aus dem Besitz840 Dörner, VersR 1978, 884, 893. Hintergrund ist, daß in den Leasingraten über den Preis der Sache hinaus die Finanzierungskosten des Leasinggebers sowie dessen Marge eingerechnet sind. 841 Praktisch dürfte die Verschaffung des blanken Besitzrechtes an einer Ersatzsache häufig nicht möglich sein: Leasingverträge werden fast ausschließlich über neuwertige Sachen abgeschlossen, so daß die Herstellung eines Nichteigentümer-Besitzrechtes nach der Zerstörung einer gebrauchten Sache kaum in Betracht kommen wird, vgl. Schnauder, JuS 1992, 820, 824. 842 Da § 872 BGB hinsichtlich der Unterscheidung von Fremd- und Eigenbesitz nur an den Willen des Besitzers anknüpft, ist dieses Begriffspaar in diesem Zusammenhang ungeeignet, da es hier auf diesen Willen nicht ankommt.

15 Kolbinger

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6. Kap.: Schadensersatz bei Berechtigung mehrerer Personen an einer Sache

recht des Nichteigentümers ein Recht des Eigentümers alleine dadurch, daß der Besitzer das Eigentum an der Sache hinzuerwirbt. Zeichnet sich der berechtigte Besitz des Eigentümers gegenüber dem des Nichteigentümers also nur dadurch aus, daß er von weiteren Befugnissen begleitet ist, folgt daraus, daß mit der Verschaffung einer Ersatzsache zu Eigentum grundsätzlich auch der durch das blanke Recht zum Besitz gekennzeichnete Zustand hergestellt werden kann. 843 Im geschilderten Beispiel steht einem Leasingnehmer somit nur der Ersatzbeschaffungsaufwand, nicht aber die höheren Kosten für einen Ersatzleasingvertrag zu. 844

B. Kompensation bei mehreren Berechtigten Die soeben beschriebene Unteilbarkeit der auf Herstellung gerichteten Schadensersatzforderung und die daraus resultierenden Besonderheiten gründen auf der parallelen Mitberechtigung mehrerer Personen an derselben Sache. Daraus folgt, daß diese Besonderheiten auch nur so weit zu gelten haben, wie vom Fortbestand der Mitberechtigung auszugehen ist. Ihre Beachtung erübrigt sich, wenn und soweit die parallele Berechtigung an der Sache endgültig beendet ist,845 beispielsweise weil die Sache unersetzbar vernichtet oder soweit sie irreparabel beschädigt wurde. Nur solange Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Herstellung zu leisten ist, dient er zugleich der Fortsetzung der parallelen Mitberechtigung an der betroffenen Sache, und nur solange ergibt sich daraus die Notwendigkeit einer Unteilbarkeit der Schadensersatzforderung. Steht aber fest, daß die parallele Mitberechtigung aus tatsächlichen Gründen nicht mehr herstellbar ist, kann sich nur noch die Frage einer Kompensation stellen. Damit verändert sich die Perspektive: Relevant ist nur noch, wie sich der Ausfall ihrer tatsächlichen Interessen für die Geschädigten, und zwar für jeden einzelnen von ihnen, wirtschaftlich abbildet. Mit dem tatsächlichen Herstellungsziel, das wegen der gemeinsamen Berechtigung ebenfalls nur ein gemeinsames sein konnte, entfällt mit dem Übergang zur Kompensation auch die Unteilbarkeit der 843 Geigel-Rixecker, Der Haftpflichtprozess, 24. Aufl., 3. Kap. Rn. 116. Anders als bei dem Ersatz einer gebrauchten Sache durch eine neuwertige (vgl. oben 2.Kap., D. III. [S. 61 ff.]), wo es sich bei dieser unter den relevanten Aspekten um ein aliud handelt, kann der geschädigte Besitzberechtigte die Ersatzbeschaffung zu Eigentum, die kein aliud, sondern ein Mehr darstellt, nicht ablehnen. 844 Im Ergebnis auch Emmerich, EWiR § 249 BGB 1/92 (S. 17, 18), der § 254 Abs. 2 BGB heranzieht; Lange, WuB I J 2–2.92, 386, 387; aA Hartl, Der Ersatzanspruch des Leasingnehmers aus § 823 Abs. 1 BGB, S. 150 ff. Dies schließt freilich nicht aus, daß er nach § 251 Abs. 1 BGB einen Ausgleich der steuerlichen Nachteile verlangen kann, die ihm durch die schädigungsbedingte sofortige Abwicklung des Leasingvertrages als Folgeschaden entstehen, vgl. MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 416; Emmerich, EWiR § 249 BGB 1/92 (S. 17, 18); BGHZ 116, 22, 29. 845 Vgl. Medicus, AcP 165 (1965), 115, 145, im Hinblick auf die Beendigung des Besitzrechts durch Kündigung.

B. Kompensation bei mehreren Berechtigten

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Schadensersatzforderung. 846 Während die Berechtigung an der Sache den Geschädigten – gleich in welcher Ausgestaltung – gemeinsam zustand und die Herstellung dieses Zustandes daher dieselbe Gemeinsamkeit voraussetzte, kann die wirtschaftliche Motivation der einzelnen Berechtigten sehr unterschiedlich gewesen sein. Eine unersetzbare historische Armbanduhr mag für ihren Eigentümer einen höheren als ihren isolierten Verkaufswert gehabt haben, etwa weil sie seine Sammlung vervollständigte und ihr Untergang die gesamte Sammlung entwertet. Für den Pfandrechtsinhaber taugte die Sache hingegen allenfalls bis zu der Höhe ihres Verkaufswertes als Sicherheit, so daß ihm aus ihrem Untergang kaum ein höherer Schaden als dieser entstehen kann.

I. Fortsetzung des beschränkten dinglichen Rechts an der Kompensationsforderung Ohne gemeinsames Herstellungsziel besteht unter schadensrechtlichen Gesichtspunkten keine Notwendigkeit, eine gemeinsame Berechtigung aller Geschädigten am Schadensersatz zu konstruieren. Die statt dessen vorgesehene Kompensation läßt sich auch ohne eine gemeinsame Berechtigung erreichen. Es ist dazu nicht erforderlich, die Kompensationsforderung im Wege einer dinglichen Surrogation an die Stelle der Sache treten zu lassen. Dies schließt jedoch nicht aus, daß es andere, namentlich sachenrechtliche Gründe für eine dingliche Surrogation gibt. Gleichzeitig könnte eine solche sachenrechtlich veranlaßte Surrogation mittelbare Auswirkungen auf schadensrechtliche Fragen haben. Für Herstellungsansprüche wurde eine Surrogation wegen ihres Konfliktes mit der tatsächlichen Zielsetzung der Herstellung generell abgelehnt. Dieses Hindernis entfällt bei den Kompensationsforderungen, die, wie die dingliche Surrogation 847, nur wirtschaftlich ausgerichtet sind und bei denen es sich daher um sog. Wertfortsetzungsansprüche handelt. 848 Wenn sich eine dingliche Surrogation im Rahmen der Kompensation allenfalls aus sachenrechtlichen Erwägungen ergeben kann, bedeutet dies, daß ihre Begründung nicht in den Besonderheiten des Schadensrechts, sondern in der Natur des einzelnen dinglichen Rechtes zu suchen ist. Soweit es sich bei der Kompensation wegen des tatsächlich unersetzbaren Sachschadens um einen Wertfortsetzungsanspruch handelt, d. h. soweit nur der Schaden an der Sache selbst erfaßt ist, kommt eine dingliche Surrogation bei den Pfandrechten und beim Nießbrauch in Betracht. Angesichts der Natur dieser beiden beschränkten dinglichen Rechte ist hier die dingliche Absicherung wertfortsetzender Forderungen – und damit auch der Kompensationsforderung – sinnvoll. Die Sicherungsfunktion des 846

Im Ergebnis auch Braun, Jura 2000, 582, 583; anders Habermeier, AcP 193 (1993), 363,

375. 847 848

15*

Zu dieser wirtschaftlichen Ausrichtung siehe soeben A. III. (S. 221 f.). Zu diesem Begriff Habermeier, AcP 193 (1993), 364, 367 m. w. N.

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6. Kap.: Schadensersatz bei Berechtigung mehrerer Personen an einer Sache

Pfandrechtes kann auch bei einer Beeinträchtigung des Pfandes durch die Fortsetzung des Rechtes an der Wertfortsetzungsforderung aufrechterhalten werden. Ähnliches gilt für den Nießbrauch. 849 Hier ist es sachgerecht, das umfassende dingliche Nutzungsrecht, wenn es schon an der Sache selbst nicht mehr unbeeinträchtigt fortbestehen kann, zumindest an dem Wertfortsetzungsanspruch fortzuführen. Entsprechend sieht auch das BGB für die Grundpfandrechte und den Nießbrauch in den §§ 1127, 1046 Abs. 1 eine dingliche Surrogation vor. Daß diese Vorschriften ausschließlich auf Versicherungsforderungen abzielen, steht einer Verallgemeinerung nicht im Wege. Ausweislich der Gesetzesmaterialien liegt ihnen nämlich nur das hier geäußerte praktische Bedürfnis zugrunde, ohne daß ein besonderer Grund für die Beschränkung ersichtlich wäre. 850 Anders stellt sich die Situation bei der Grunddienstbarkeit dar. Hier bezieht sich das dingliche Recht auf eine Nutzung ganz konkreten Inhalts. 851 Dieser Inhalt ist essentiell, so daß ein wirtschaftlicher Erhalt der Berechtigung durch den Fortbestand des Rechts an der Wertfortsetzungsforderung nicht in Betracht kommt. Schadensrechtlich hat die dingliche Surrogation mittelbar folgende Konsequenzen: Soweit sie greift, ergibt sich für den beschränkt dinglich Berechtigten gar kein eigener Kompensationsanspruch, wenn und weil die Unmöglichkeit der Herstellung für ihn zu keinem wirtschaftlichen Nachteil mehr führt. Setzt sich das Pfandrecht an der auf Ersatz des Verkaufswertes der Sache gehenden Kompensationsforderung fort, bleibt das schädigende Ereignis für den Pfandrechtsinhaber wirtschaftlich ohne Folgen: An Stelle der Sache sichert ihn nun die Forderung. Soweit keine dingliche Surrogation eintritt, kommt man hingegen nicht umhin, den wirtschaftlichen Nachteil des Geschädigten durch den endgültigen Verlust seines Rechtes zu bewerten. Bei der Grunddienstbarkeit kann sich der wirtschaftliche Nachteil beispielsweise aus einer Entwertung des dem Inhaber zustehenden Eigentums am herrschenden Grundstück ergeben. Bei dem berechtigten Besitz sind ggf. die mit ihm verbundenen Gebrauchsmöglichkeiten zu bewerten. Nach dem oben zum Gebrauchswert Gesagten 852 steht dem berechtigten Besitzer danach eine Kompensation nur dann zu, wenn ihm durch den Verlust des Besitzrechtes Gewinn entgangen oder ihm ein sog. Haftungsschaden entstanden ist.853 Im Hinblick auf den Ablehnend Staudinger-Frank [2002], § 1065 Rn. 9. Motive, Band III, 2. Aufl., S. 514 f., 659 f. AA BGHZ 107, 255, 256 f.; RG HRR 1934 Nr. 1677, die eine entsprechende Anwendung des § 1127 BGB auf andere Ersatzforderungen als Versicherungsforderungen ablehnen. 851 Wilhelm, Sachenrecht, 2. Aufl., Rn. 1778 f. Gleiches gilt für die beschränkte persönliche Dienstbarkeit. 852 Vgl. oben 3. Kap., B. IV. 1 (S. 116 f.). 853 Manche behandeln das Nutzungsrecht des Mieters, Leasingnehmers oder Nießbrauchers wegen seiner zeitlichen Beschränkung als bewertbares „(selbständiges) Vermögensgut“, so Larenz, FS f. Nipperdey I, S. 489, 500 ff. Die zeitliche Begrenzung alleine vermag die vermögens849 850

B. Kompensation bei mehreren Berechtigten

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entgangenen Gewinn ist dabei wiederum zu beachten, daß der Kompensationsbetrag ggf. zu beschränken ist, wenn der Entgang von Gewinn durch tatsächliche Maßnahmen hätte verhindert werden können. 854

II. Der sog. Haftungsschaden des berechtigten Besitzers als Kompensationsposten Es sind vertragliche Vereinbarungen zwischen dem Eigentümer und einem berechtigten Besitzer denkbar, denen zufolge der Besitzer trotz des Wegfalls der Besitz- und Gebrauchsmöglichkeit, also auch ohne daß er Besitz und Gebrauchsmöglichkeit an einem Ersatzgegenstand erhielte, weiterhin eine Gegenleistung an den Eigentümer erbringen muß. Die Kompensation des geschädigten Besitzers hier auf entgangenen Gewinn zu beschränken, erscheint unbefriedigend. Zwar wird man den entgangenen Gewinn ggf. nach dem entgangenen Umsatz abzüglich ersparter Aufwendungen 855 bemessen müssen, was dem Geschädigten einen Ausgleich für die weiterhin geschuldete Gegenleistung verleiht, doch führt dieser Ansatz ins Leere, wenn die Sache nicht zum produktiven Einsatz bestimmt war. Ist wegen der Zerstörung eines geleasten Geschäftsfahrzeuges Kompensation zu leisten, so bestimmt sich diese beim Leasingnehmer nach dem Umsatz, den er durch den Einsatz des Fahrzeuges mit Wahrscheinlichkeit (vgl. § 252 BGB) hätte erzielen können. Nur wenn er infolge des Unterganges des Fahrzeuges keine Leasingraten mehr schuldet, mindert sich der Kompensationsbetrag entsprechend um die ersparten Zahlungen. So wird der geschädigte Leasingnehmer im Ergebnis um die Leasingraten entlastet – entweder weil er sie nicht mehr schuldet oder weil er eine Kompensation dafür erhält, daß er sie infolge des schädigenden Ereignisses nicht mehr selbst erwirtschaften kann. Arbeitete das Fahrzeug nicht rentabel, insbesondere also bei Privatfahrzeugen, entfällt diese Ersatzmöglichkeit. Dem wird von manchen durch einen Schadensersatzanspruch des berechtigten Besitzers in Höhe der vertraglich geschuldeten Fortzahlung abgeholfen. Zur Begründung wird dabei zumeist der Frustrationsgedanke herangezogen. 856 Zunächst wird die Kausalität des schädigenden Ereignisses für die Zahlungspflicht des Besitrechtliche Natur von Nutzungsmöglichkeiten jedoch kaum zu verändern. Die hierfür notwendige Prämisse, daß das Gebrauchspotential des Eigentümers nachholbar sei (so Larenz, FS f. Nipperdey I, S. 489, 501 f.), ist nicht generell zutreffend, wie das Beispiel modeabhängiger Sachen zeigt. 854 Hätte eine Ersatzbeschaffung den Gewinnentgang verhindern können und wurde sie durch den Eigentümer blockiert, muß sich der berechtigte Besitzer dies entgegenhalten lassen. 855 Staudinger-Schiemann [1998], § 252 Rn. 48; BGH NJW 1997, 2943 f. 856 Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I 2, 8. Aufl., § 31 III (S. 195 ff.); allgemein Köndgen, AcP 177 (1977), 1, 26 ff.; v. Tuhr, KritVJ 47 (1907), 63, 65 f.; ablehnend Schnauder, JuS 1992, 820, 823.

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6. Kap.: Schadensersatz bei Berechtigung mehrerer Personen an einer Sache

zers verneint, da dieser ohnehin zur Erbringung einer Gegenleistung verpflichtet gewesen bzw. die Preisgefahr bereits mit dem Abschluß des Besitzmittlungsverhältnisses übernommen worden sei. 857 Die Leasingraten, so heißt es, seien bereits aufgrund des Leasingvertrages und nicht erst als Folge des schädigenden Ereignisses geschuldet. Um die Zahlungsverpflichtung gleichwohl zur Begründung eines Kompensationsanspruchs heranziehen zu können, wird sodann argumentiert, daß es sich bei ihr nun aber um eine fehlgeschlagene Aufwendung handele, weil der Zweck der Zahlungen, der Erhalt von Besitz- und Gebrauchsrechten als Gegenleistung, nicht mehr erfüllt werde. 858 Näherliegend erscheint indes die Einordnung der aus der Fortzahlungspflicht folgenden Aufwendungen als Haftungsschaden. Bei der beschriebenen, von §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 S. 1, 536 Abs. 1 S. 1 BGB abweichenden Fortzahlungsklausel handelt es sich in der Sache um eine Gefahrtragungsregel. Wird einer Vertragspartei durch die besondere Vereinbarung einer Gefahrtragungsregel ein über die allgemeinen Haftungsvorschriften hinausgehendes Risiko auferlegt, liegt damit inhaltlich eine Haftungsvereinbarung vor, deren Eingreifen, wie die Verwirkung einer Vertragsstrafe, 859 zu einem Haftungsschaden führt. Dabei kommt es nicht darauf an, daß die Vereinbarung als Haftungsbestimmung kenntlich gemacht ist. 860 Es genügt vielmehr, daß die Leistung ihren Charakter als Gegenleistung verliert. Eine solche Behandlung ist grundsätzlich auch im Verhältnis zum Schädiger sachgerecht: Ohne die Gefahrtragungsregel entginge dem Eigentümer nämlich Gewinn (hier in Form eines Ausfalls von Miete oder Leasingraten), zu dessen Ersatz der Schädiger dem Eigentümer verpflichtet wäre. Zahlt der private Leasingnehmer trotz des Untergangs der Leasingsache vertragsgemäß weiterhin die Leasingraten, entgeht dem Leasinggeber insofern letztlich kein Gewinn. Dafür fällt bei dem Leasingnehmer ein entsprechender Haftungsschaden an, weil der Leasingnehmer für die Raten keine Gegenleistung mehr erhält und sich die Fortzahlung daher als vertragliche Haftung darstellt. Soweit der Haftungsschaden aus der Gefahrtragungsregel jedoch lediglich mit dem anderenfalls entgehenden Gewinn des Eigentümers korrespondiert, ist auch für 857 Hohloch, NZV 1992, 1, 7 f.; Lange, WuB I J 2–2.92, 386, 387; Holdefer, Schadensersatz und Regreß beim Finanzierungsleasing, S. 65; Hartl, Der Ersatzanspruch des Leasingnehmers aus § 823 Abs. 1 BGB, S. 139. 858 Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I 2, 8. Aufl., § 31 III (S. 197). 859 OLG München VersR 1996, 380, 381, setzt die Möglichkeit einer Weitergabe der Vertragsstrafe als Haftungsschaden voraus; stark einschränkend OLG Dresden NJW-RR 1997, 83. 860 Für die gegenteilige Annahme (Behandlung als ohnehin geschuldete Gegenleistung trotz Formulierung als Haftungsvorschrift) Dörner, VersR 1978, 884, 892; BGH VersR 1976, 943, 944. Auch Hartl, Der Ersatzanspruch des Leasingnehmers aus §823 Abs. 1 BGB, die zwar die aus den Gefahrtragungsregeln folgenden Konsequenzen grundsätzlich als Haftungsschaden qualifiziert (S. 158 f., 168), lehnt eine Umqualifizierung der Leasingraten ab und spricht insofern von einem „sog. unechten Haftungsschaden“ (S. 230).

B. Kompensation bei mehreren Berechtigten

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den Haftungsschaden die für den entgangenen Gewinn geltende Beschränkung 861 zu berücksichtigen: Kann der inhaltlichen Umqualifizierung der Gegenleistung in eine Haftungsprämie durch den Einsatz einer Ersatzsache entgegengetreten werden, so ist der zu kompensierende Haftungsschaden des berechtigten Besitzers auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt. 862 Läßt es der Leasingnehmer eines untergegangenen Fahrzeuges auf eine Kompensation ankommen, indem er sich einer an sich denkbaren Ersatzbeschaffung verweigert, so sind die fortzuzahlenden Leasingraten als Haftungsschaden nur bis zu der Höhe des Wiederbeschaffungsaufwandes zu ersetzen. Zwar wird das Recht des berechtigten Besitzers, auf einer faktischen Definition seines tatsächlichen Interesses zu bestehen, dadurch im Ergebnis eingeschränkt, doch ist dies in der Sache unvermeidbar. Anderenfalls hätte es der geschädigte Besitzer nämlich unter Umständen in der Hand, durch das Bestehen auf einer Reparatur eine Herstellung auszuschließen und damit einen Anspruch auf Freistellung von einer über dem Wiederbeschaffungsaufwand liegenden Gegenleistungspflicht zu begründen. Das Beispiel der Mietfortzahlung zeigt allgemein, daß sog. obligatorische Gefahrentlastungen im Rahmen der Kompensation auch im Verhältnis zum Schädiger Bedeutung erlangen können, während ihre Auswirkungen bei der Herstellung noch auf das Innenverhältnis zwischen mehreren Geschädigten beschränkt waren. Ist der berechtigte Besitzer dem Eigentümer vertraglich auch zum Ersatz des Substanzschadens verpflichtet, kann es geschehen, daß sowohl der Eigentümer Kompensation für den Verlust des Eigentums, als auch der berechtigte Besitzer Kompensation für seinen Haftungsschaden fordert. Ist beispielsweise ein Leasingfahrzeug zerstört worden, mag der Leasingnehmer versuchen, vom Schädiger Ersatz für die fortzuzahlenden Leasingraten als Haftungsschaden zu erlangen. Gleichzeitig mag der Leasinggeber als Eigentümer mit einer Forderung in Höhe des Ertragswertes des Fahrzeuges an den Schädiger herantreten. Dem Eigentümer hier entgegenzuhalten, ihm sei kein wirtschaftlicher Schaden entstanden, da er durch das schädigende Ereignis einen vertraglichen Haftungsanspruch gegen den Besitzer erlangt habe, den er sich als Vorteil anrechnen lassen müsse, ließe außer acht, daß die (ungesicherte) Forderung gegen den Besitzer nicht dem zuvor vorhandenen Eigentum gleichgesetzt werden kann.863 Zumindest im Dazu siehe oben 3. Kap., B. II. 3. (S. 110 f.). AA Hartl, Der Ersatzanspruch des Leasingnehmers aus § 823 Abs. 1 BGB, S. 154. 863 I. E. ähnlich Holdefer, Schadensersatz und Regreß beim Finanzierungsleasing, S. 94 f. Eine vergleichbare Problematik ergibt sich bei Versendungskäufen. Trägt hier der Käufer gem. § 447 Abs.1 BGB die Gefahr, muß er also trotz des Untergangs der Sache den Kaufpreis zahlen, scheint sich bei dem Verkäufer und Eigentümer durch das schädigende Ereignis kein wirtschaftlicher Nachteil zu ergeben. Bestand an der Kaufsache ein Eigentumsvorbehalt, ist die 861 862

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6. Kap.: Schadensersatz bei Berechtigung mehrerer Personen an einer Sache

Hinblick auf die Rückerlangung der Sachsubstanz war der Eigentümer durch sein Eigentum an der überlassenen Sache gesichert.864 Im Gegensatz zu dem Eigentum ist die an seine Stelle tretende vertragliche Ersatzforderung gegen den berechtigten Besitzer nicht insolvenzfest (vgl. §§ 47 f. InsO). Letztlich ist der Schädiger hier aber vor einer doppelten Inanspruchnahme sicher: Zahlt er an den Eigentümer, kann dieser vom Besitzer nicht noch einmal Schadensersatz wegen des Untergangs der Sache verlangen. Dann droht auch dem Schädiger keine weitere Inanspruchnahme durch den Besitzer, da bei diesem kein Haftungsschaden mehr anfallen kann. Hat der Leasinggeber vom Schädiger Schadensersatz erhalten, wird man diesen auf die vom Leasingnehmer geschuldete Fortzahlung der Leasingraten anrechnen müssen, 865 so daß bei dem Leasingnehmer insofern kein Schaden mehr anfällt. 866 Fordert hingegen zuerst der Besitzer den Ersatz seines Haftungsschadens, sind zwei Konstellationen zu unterscheiden: Hat der Besitzer seinerseits noch nicht an den Eigentümer gezahlt, steht ihm wegen der als Schadensfolge eingetretenen Belastung mit dem vertraglichen Ersatzanspruch gem. § 249 Abs. 1 BGB nur ein Befreiungsanspruch zu. 867 Insofern läuft der Schädiger also keine Gefahr, an den Besitzer zu leisten und anschließend vom Eigentümer noch einmal in Anspruch genommen zu werden, weil der Besitzer erhaltenes Geld nicht weitergereicht hat. Der Leasingnehmer kann wegen der noch ausstehenden Leasingraten vom Schädiger zunächst nur Freistellung verlangen. Der Schädiger kann daher direkt an den Leasinggeber zahlen. Er erfüllt damit sowohl gegenüber dem Leasingnehmer als auch gegenüber dem Leasinggeber. 868 Hat der Besitzer seine vertragliche Haftungsverpflichtung gegenüber dem Eigentümer hingegen bereits erfüllt, besteht in der Tat ein Bedürfnis, den Schädiger vor einer weiteren Inanspruchnahme durch den Eigentümer zu schützen. Weil die Leiweiterhin gegen den Käufer bestehende Kaufpreisforderung nunmehr jedoch ungesichert (dazu Müller-Laube, JuS 1993, 529, 534 f.). In den Versendungskaufsfällen (dazu ausführlich Roßmann, Die Berechtigung zum Schadensersatz für Schäden am Frachtgut nach §§421 I, 425 HGB, S. 82 ff.) kommt freilich erschwerend dazu, daß der Käufer regelmäßig über keinen eigenen deliktischen oder vertraglichen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger verfügt, so daß man durch die Verneinung des wirtschaftlichen Nachteils des Verkäufers das Bedürfnis für eine Drittschadensliquidation schafft. 864 Das scheint Graf v. Westphalen, EWiR § 249 BGB 1/91 (S. 25, 26), zu übersehen. Nur die für die Überlassung geschuldete Gegenleistung ist nicht durch das Eigentum an der Sache gesichert. 865 So auch Müller-Laube, JuS 1993, 529, 532, im Hinblick auf das Verhältnis von Eigentümer und Vorbehaltskäufer. 866 Das Ergebnis entspricht dem einer Gesamtgläubigerschaft i. S. d. § 428 BGB. Hierfür in ähnlicher Konstellation BGH NJW 1985, 2411, 2412. 867 MüKo-Oetker, 4.Aufl., §249 Rn.29; Palandt-Heinrichs, 63.Aufl., Vorbem v §249 Rn.46. 868 So auch BGH NJW 1985, 2411, 2412; ähnlich RGZ 170, 246, 250.

C. Zusammenfassung

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stung des Besitzers den vorrangig haftenden Schädiger nicht entlasten soll, ist die Forderung des Eigentümers gegen diesen noch nicht erloschen. 869 Der Eigentümer könnte daher immer noch gegen den Schädiger vorgehen, welcher gleichzeitig noch eine Ersatzforderung des Besitzers fürchten muß. Auch eine Ausdehnung des § 255 BGB auf die bloße Beschädigung von Sachen gäbe dem Schädiger hier keine Sicherheit, da der Besitzer die Abtretung weder verlangen muß, noch benötigt. Eine Lösung bietet insofern die Annahme einer cessio legis, wie sie sich für den nachrangig haftenden Besitzer durch einen Erst-Recht-Schluß aus dem für nur gleichrangig Haftende geltenden § 426 Abs. 2 S. 1 BGB begründen ließe. 870 Soweit der Leasingnehmer nach dem schädigenden Ereignis die Leasingraten auf vertraglicher Grundlage fortgezahlt hat, kann er vom Schädiger unter dem Aspekt des Haftungsschadens Erstattung verlangen. Der Anspruch des Leasinggebers gegen den Schädiger geht in Höhe der Fortzahlung durch den Leasingnehmer auf diesen über. Damit ist der Schädiger vor einer weiteren Inanspruchnahme durch den Leasinggeber sicher. 871

C. Zusammenfassung Es hat sich gezeigt, daß die schadensrechtlichen Konsequenzen einer parallelen Berechtigung mehrerer Personen an einer Sache davon abhängen, welchem Konzept der Schadensersatz folgt. Während die Herstellungsforderung unteilbar ist und jeder Berechtigte hinsichtlich des Vollrechts Leistung an alle Geschädigten gemeinsam fordern kann, beurteilt sich die Kompensation für jeden Berechtigten gesondert. Abhängig vom Inhalt der einzelnen Berechtigung an der Sache kann eine dingliche Surrogation gleichzeitig dazu führen, daß dem beschränkt Berechtigten wegen der Fortsetzung seines Rechts an dem Kompensationsanspruch des Eigentümers gar kein eigener wirtschaftlicher Ausgleich zusteht.

869 Reinking, ZfS 2000, 281, 284; Hohloch, NZV 1992, 1, 7. Das folgt auch aus der Existenz der §§ 426 Abs. 2 S. 1, 255 BGB, da diese sonst leerliefen. AA aber offenbar BGH NJW-RR 1991, 280, 281. 870 Str., vgl. MüKo-Oetker, 4. Aufl., § 255 Rn. 2 f., 19 f.; Staudinger-Bittner [2004], § 255 Rn. 45 ff. Im Ergebnis auch Reinking, ZfS 2000, 281, 282, und Dörner, VersR 1978, 884, 892, die eine Gesamtschuld zwischen Besitzer (Leasingnehmer) und Schädiger annehmen. 871 Zu diesem Ergebnis gelangt auch BGH NJW 1985, 2411, 2412, über die Annahme einer Gesamtgläubigerschaft von Eigentümer und Besitzer.

Thesen 1. Bei Sachbeschädigungen, -zerstörungen und -entzug stellt die Beschaffung einer Ersatzsache eine Form der Naturalherstellung dar, wenn der Geschädigte sein Interesse entsprechend formuliert. Das bedeutet gleichzeitig, daß ihm eine Ersatzsache nicht aufgedrängt werden kann. Kommen jedoch nach der Definition des Geschädigten verschiedene Formen der Naturalherstellung – Reparatur und Ersatzbeschaffung – in Betracht, steht die Auswahl unter ihnen dem Schädiger zu. 2. Die bei Unmöglichkeit der Herstellung zu leistende Entschädigung bemißt sich nach der Minderung des Verkaufswertes der betroffenen Sache bzw. der Sachgesamtheit, deren Bestandteil sie war. Wurde die Sache zur Gewinnerzielung eingesetzt, ist der Ertragswert der Sache maßgeblich. 3. Fordert der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 BGB den Herstellungsaufwand, orientiert sich dieser an dem, was der Geschädigte auch in natura zu fordern berechtigt wäre. Der Mindestaufwand, d. h. der Aufwand für die wirtschaftlich günstigste denkbare Form der Naturalherstellung, gebührt dem Geschädigten zur freien Verfügung. Macht er höhere Reparaturkosten geltend, ist er diese zu behalten nur berechtigt, wenn er sein entsprechend geäußertes Interesse mit der Durchführung der Reparatur bestätigt. 4. Wie die Naturalherstellung setzt auch ein Anspruch auf die Herstellungskosten voraus, daß die Herstellung tatsächlich noch möglich ist. Sie wird durch die Veräußerung der beschädigten Sache nur dann unmöglich, wenn eine Herstellung durch Ersatzbeschaffung nicht denkbar ist oder dem tatsächlichen Interesse, wie es der Geschädigte formuliert hat, nicht entspricht. 5. Der Schädiger kann den Geschädigten auf einen wirtschaftlichen Ausgleich verweisen, wenn sich der Aufwand für eine vollständige Herstellung, so wie sie der Geschädigte darlegt, gegenüber dem wirtschaftlichen Ausgleich als unverhältnismäßig darstellt. 6. Erleiden mehrere Berechtigte an einer Sache durch ihre Beschädigung oder Zerstörung einen tatsächlichen Schaden, kann jeder Geschädigte die Erbringung der Herstellungsleistung an alle Geschädigten gemeinsam verlangen. Demgegenüber ist im Rahmen der Kompensation jeder Geschädigte gesondert abzufinden.

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Sachwortverzeichnis Affektionsinteresse 21, 28, 35, 47, 53 Fn. 153, 88 Fn. 286, 115, 132 Alterungsschaden 120 ff. Ausgleichsprinzip 130 Austauschbarkeit 50, 53, 59 ff., 74, 91, 141, 152, 175 Bedarfstheorie 32, 110 Fn. 381, 126, 136 f., 149 Fn. 549 Bereicherungsverbot 130 f., 156 f. Besitz 211 ff., 228 f., 231 ff. Buchwert 114 Differenzhypothese 25 ff., 86, 97 Fn. 328, 165 Fn. 627 Dingliche Surrogation 221 ff., 227 f., 233 Dispositionsfreiheit 34, 72, 78, 84, 124 ff., 198, 224 Eigenleistung 77 f., 125, 156 f., 159 f., 201 ff., 210 Eigentum 19 f., 39, 41, 46, 48, 52, 57, 85, 94 f., 99 f., 104 f., 108 ff., 174, 176, 211 ff., 218 ff., 225 f., 230 ff. Entgangener Gewinn 26, 78, 90, 98, 101, 105 f., 110 ff., 116 f., 122, 165, 179, 230 Ersatzvornahme 34, 68 f., 74, 80, 82, 181 f. Ersetzungsbefugnis 31, 36, 197 Fn. 750 Ertragswert 117 ff., 123 f., 203 Fn. 775, 208, 214 f., 231, 234 Faktische Herstellung 39 f., 43, 45 ff., 52 f., 55 f., 58, 70, 74, 80, 83, 122, 157, 216 Fiktive Schadensberechnung 180 Folgeschaden 19, 78 f., 91, 96 f., 127, 142 ff., 159, 163, 171 Fn. 657, 226 Fn. 844 Fristsetzung 32 ff., 156, 160, 162, 164 f., 183, 185, 192 f., 195

Funktionale Herstellung 43 f., 50 ff., 55 f., 70, 74, 83 f., 143 Fn. 514, 151, 169, 208, 216 Funktionaler Ersatz 92 f., 95, 170 Funktionseigentum 57 Fn. 168 Gebrauchspotential 96, 100, 106 ff., 112 ff., 120 f., 123, 228 f. Fn. 853 Gebrauchswert 62 Fn. 189, 87, 93 ff., 99, 106 ff., 112 ff., 118, 228 Geldleistung 16 ff., 21 ff., 28 ff., 36, 44, 63 ff., 76 ff., 86, 96, 102 Fn. 348, 163, 178, 197, 214, 223 Gemeiner Wert 98, 103 ff. Grundstück 175 f., 228 Haftungsschaden 228 ff. Herstellungsrisiko siehe Prognoserisiko Immaterieller Schaden 20, 116, 134, 145 Integritätsinteresse 20 f., 39 ff., 45, 47, 51, 57, 61, 81, 85, 88, 115, 140 Fn.508, 152, 171, 179, 209 Integritätszuschlag 15 Fn. 1, 80 ff., 204 Fn. 777, 213 Fn. 807 Interimsschaden 94 f., 112 Fn. 390, 122, 147 ff., 165 f., 199 ff. Klageänderung 177 ff., 196 Klageantrag 66, 73, 177 ff., 196 Fn. 748 Konkreter Schaden 18, 20 Leasingsache 211, 214 f., 217 f., 220, 224 ff., 229 ff. Macht 91 f., 215 Marktwert 29 f. Fn. 65, 98 f., 106, 108, 114, 116, 123, 138 Merkantiler Minderwert 30 f., 58, 119 ff., 123

Sachwortverzeichnis Mindestherstellungsaufwand 140 ff., 154, 161 f., 196 Fn. 747, 234 Mindestschaden 100 Fn. 341, 103 ff., 113, 123, 150, 208 f. Miteigentum 211 f., 218 f. Mitverschulden 122, 158, 165 Fn. 630, 169 f. Nacherfüllungspflicht 54 Fn. 156 Naturalleistung 17 f., 20, 22 f., 35 ff., 40, 44, 54 Fn. 154, 79, 93, 197, 209, 212, 214 Nebenkosten 78 f., 85, 142 ff., 147, 150 f. Neue (neuwertige) Sache 61 ff., 129, 132 f., 139, 154, 225 Fn.841, 226 Fn.843 Nießbrauch 216 Fn. 814, 219 ff., 227 f. Normativer Schaden 26 f. Nutzungsausfall 51, 147 ff., 165 ff. Nutzungsinteresse 93 ff. Pelzmantel 120 ff. Personenschäden 33, 63 f., 112, 132 ff., 160 Fn. 607, 205 Fn. 786 Pfandrecht 211 ff., 216 Fn. 814, 219 ff., 223 f., 227 f. Prognose 111, 125, 129, 134, 136, 180 f., 186, 222, 224 Prognoserisiko 145 Fn. 525, 159 f., 166, 168, 200, 203 Punitive damages 19 Realer Schaden 18, 20 Rechenschaftspflicht 125, 152 f., 155, 162, 171, 180 Rechnungslegungspflicht siehe Rechenschaftspflicht Rechtsgüterschutz 20, 31, 38 ff., 52, 85, 110, 213 Rechtskraft 189 ff. Reparaturrisiko siehe Prognoserisiko Restnutzungsdauer 114 ff. Restwert 15 Fn. 1, 83 Fn. 264, 200 f., 203 ff. Sachverständiger 69, 118, 158, 198, 202 Schadensbeseitigung 18, 23, 28, 88, 93, 102 Schwarzarbeit 125, 157 Selbstvornahme 164 ff., 181 ff., 190, 192, 194, 196 Fn. 748

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Streitgegenstand 177, 181, 189 Fn. 727, 195 Fn. 744 Substanzwert 93 f., 106 ff., 117 f. Tatsächlicher Schaden 18, 20, 27 f., 45, 98 f., 113, 121, 147 ff., 234 Umsatzsteuer 15 Fn. 1, 99 f., 118 f., 146 f., 153 f. Unikat 39, 59, 96, 111, 117, 153 Fn.569, 171 Unmöglichkeit der Herstellung 29 ff., 40, 46, 56, 59 Fn. 179, 90, 93, 95 ff., 102, 119, 123, 162 ff., 195, 199, 228, 234 Unverhältnismäßigkeitsprüfung 197 ff. Unvertretbare Sache 51, 54, 59 ff., 66 ff., 87 Verkaufswert 87, 89, 94 Fn. 314, 99 ff., 117 ff., 123 f., 137, 150 f., 172, 200 f., 203 f., 206 ff., 216, 227 f., 234 Vermögensschaden 20, 27, 86, 126, 131 f., 134, 136 f. Vertraglicher Schadensersatzanspruch 29 Fn. 64, 38, 50, 90, 103 Fn. 354, 138, 232 Vertretbare Sache 45 ff., 50 f., 53 f., 58 ff., 66 f. Vorrang der Herstellung 17, 29 f., 36 f., 58, 63, 83, 93, 97, 139 f., 164, 173, 197, 205, 212, 222 Vorschuß 34, 127, 129, 135 f., 145 f., 150 ff., 164, 166, 171, 180 ff. Wahlschuld 67, 73 ff. Wertinteresse 19 Fn. 20, 20 f., 28, 45, 88 Fn. 286, 94 Fn. 314 Wertlose Sache 21 f., 27, 104, 132, 136, 205 Wiederbeschaffungswert 16, 49, 51, 83 Fn.264, 87 ff., 113, 116, 118, 124, 205 f., 208, 216 Fn. 815, 224 Wirtschaftlichkeitspostulat 80 ff., 85, 205 Fn. 782 Zwangsvollstreckung 22, 28, 31, 34 f., 66 ff., 73 ff., 79 f., 82, 127, 166 Zweckbindung 34, 125, 129, 131, 133, 136, 139, 153, 162, 180 f., 188 Zweithandzuschlag 98