Reichsgerichts-Entscheidungen in kurzen Auszügen / Strafsachen: Band 75 [Reprint 2022 ed.] 9783112636688

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Reichsgerichts-Entscheidungen in kurzen Auszügen / Strafsachen: Band 75 [Reprint 2022 ed.]
 9783112636688

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In 33., neubearbeiteter Auflage

erscheint

in Kürze:

Daltke,

Strasretht ««- Strafverfahren Eine Sammlung der wichtigsten

Gesetze des Strafrechts und des Straf­ verfahrens mit Erläuterungen Für den Praktiker zum Handgebrauche begründet von Dr. A. Dalüe, weiland Generalstaatsanwalt, Geheimer Ober-Justizrat, besorgt von

Dr. E. Fuhrmann

Dr. K. Krug

Landgerichtsdirektor in Berlin

Ministerialrat im Reichs­ justizministerium

Dr. K. Schäfer Oberlandesgerichtsrat im Reichsjustizministerium

Oktav. Etwa 1900 S. 1942. Geb. RM. 22.— Ein Urteil über die 32. Auflage: „Der .Dalcke'. .. gehört zum unentbehrlichen Rüstzeug eines jeden Rechtswahrers, der mit Fragen des Strafrechts in irdendeiner Weise zu tun hat. Es ist schwer, etwas Neues zu einem derartigen, seit langen Jahren bestens eingeführten und in vielen Tausenden von Exemplaren täglich benutzten Handbuch zu sagen. Deshalb sei es gestattet zu wiederholen: eine geradezu erstaunliche Fülle des Stoffes, knappe, prägnante Erläuterungen aus maßgebender Feder, lückenlose Verarbeitung der Rechtsprechung, vorzügliche Anordnung des Drucks. Es dürfte keine Frage der Sttafrechtspraxis geben, die im .Dalcke' nicht beantwortet ist." Steuerrecht von A—Z v. 11. 3. 42.

I. Schweitzer «erlag, Berlin W 35

ReichsgerichtsEntscheidungen in kurzen Auszügen

Strafsachen Band 75

V 1942

3. Schweitzer Verlag, Berlin und München-

Printed in Germany Druck von Dr. F. P. Datterer & Cie., Freising-München.

Bon dieser Sammlung erschienen folgende Bündchen:

I. Zivilsachen:

76—100

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je RM.

101—140

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je RM.

1.—

141—166

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-

je RM.

2.—

Bd.

76—155 mit 3 Reg. zus. RM. 75.— Iso 8«f. RM. 70.-

Serien:

81-155

w

91—155 131-•uo zus. RM. 60.-

ff ff

0.80

101—155

zus. RM. 52.-

111—155

zus. RM. 42.-

Refl zus- RM. 32."'zus. RM. 27.—

121—155} 131—155/

Gesamtregister zu Bd.

.. .

83-119

Gesamtregister zu Bd. 120—130

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RM.

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6.-

RM.

1.80

Gesamtregister zu Bd. 131—140 .

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RM.

1.50

Gesamtregister zu Bd. ;141-150

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RM.

1.50 0.80

II. Strafsachen:

Bl>.

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45—55

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je RM.

56—64

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,.

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je RM.

1.-

65-75

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je RM.

2.-

S e r ie:Bd.45-72 mitGes.-Reg. zuBd.45—60zus.RM.29.-

Gesamttegister zu Band 45—60

....

Jedes Bändchen entspricht einem Bande der Sammlung.

RM.

3.70

amtlichen

1. Devisenrechl. Verfügung. Versuch. Vollendung. Judenvermögen. Grundschuld. Gutgläubiger Erwerb. (DevG. 1935 §§ 38, 42; 10. DurchfVO. Art. II § 5, Art. III § 11; DevG. 1938 §§ 40, 49; VO. über den Ein­ satz jüdischen Vermögens vom 3. Dezember 1938 §§ 8, 17; BGB. §§ 891, 892, 1155, 1192). Frau S., eine Jüdin, wanderte am 20. August 1938 aus Deutschland aus. Am 18. August 1938 hatte sie zwei ihr gehörende Grundstücke in Berlin mit Eigentümergrundschulden von 70000 und 40 000 M belastet. Am 24. August 1938 unterzeichnete sie Abtretungserklärungen über diese Grundschulden, in denen der Name des neuen Gläubigers offen blieb. Sie wollte mit Hilfe dieser Grundschulden ihre Grundstücke ver­ werten. I. erklärte sich bereit, dabei mitzuwirken. Sie kamen überein, die öffentlich beglaubigten Abtretungs­ erklärungen mit dem Namen eines Fräuleins O., einer ungarischen Jüdin, auszufüllen, die alsbald die Grund­ schulden weiter abtreten sollte. Das geschah am 7. De­ zember 1938. Am folgenden Tage trat Fräulein O. unter Mitwirkung des I. die Grundschulden an F. ab. Die Grundschuldbriefe und die Abtretungserklärungen auf Fräulein O. wurden K., dem Hausverwalter der Frau S., zur Verwahrung übergeben. Anfang Januar 1939 holte I. die Urkunden bei K. ab mit der Angabe, sie würden nur für kurze Zeit gebraucht, und übergab sie F. Das Land­ gericht verurteilte Frau S. auf Grund der Feststellung, daß sie über ihre Grundschulden (Rechte eines Devisen­ ausländers an inländischen Grundstücken) ohne Genehmi­ gung der Devisenstelle verfügt habe, wegen eines Ver­ gehens gegen das Devisengesetz von 1935, I. und K. wegen Beihilfe dazu. Die Revision des I. führte zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache. Das Landgericht hatte nicht beachtet, daß am 5. Dezember 1938 die Verordnung vom 3. Dezember 1938 über den Einsatz jüdischen Vermögens in Kraft getreten war. Es hätte zunächst die rechtlichen Beziehungen unter­ suchen müssen, die zwischen Frau S. und Fräulein O. bestanden. In dieser Hinsicht blieben zwei Möglichkeiten offen: Entweder sollte Fräulein O. die Grundschulden als Treuhänderin in der Weise erhalten, daß sie im Jnnenverhältnis Bevollmächtigte der Frau S. blieb und für diese über die Grundschulden verfügen sollte; oder die Abtre-

tung an sie war nur ein Scheingeschäft. Im zweiten Falle lag in der Abtretung an sie keine Verfügung über die Grundschulden, weil die Beteiligten keine Rechtsände­ rung bewirken wollten; erst die Abtretung an F. konnte dann unter dem Gesichtspunkt einer ungenehmigten Ver­ fügung über die Grundschulden Grundlage einer straf­ rechtlichen Beurteilung sein. Dagegen war im ersten Falle schon die Abtretung an Fräulein Ö. strafrechtlich zu wür­ digen. Dabei war zu prüfen, ob ein vollendetes oder nur ein versuchtes Devisenvergehen anzunehmen war. Die Vollendung würde nicht dadurch ausgeschlossen werden, daß sich die Nichtigkeit der Abtretung aus § 38 DevG. 1935 (§ 64 DevG. 1938) in Verbindung mit Art. II § 10 der 10. DurchfVO. z. DevG. 1935 ergab; nach § 42 Abs. 1 DevG. 1935 (§ 69 Abs. 1 DevG. 1938) wird be­ straft, wer vorsätzlich in einer devisenrechtlich verbotenen Weise ohne Genehmigung verfügt, afso eine Verfügung vornimmt, die nach § 38 DevG. 1935 (§ 64 DevG. 1938) nichtig ist. Zu prüfen ist aber immer, ob eine nach den im übrigen maßgebenden Vorschriften rechtswirksame Verfügung vorliegt. Trifft das zu, ist aber die erfor­ derliche devisenrechtliche Genehmigung nicht erteilt wor­ den, so ist ein vollendetes Devisenvergehen anzunehmen. Dagegen ist nur der Versuch eines solchen Vergehens ge­ geben, wenn die Unwirksamkeit der Verfügung auf an­ deren Gründen als dem 'devisenrechtlichen Verbot beruht. Die Abtretung der Grundschulden an Fräulein O. konnte erst mit dem Zeitpunkte wirksam werden, in dem ihr Name in die Abtretungserklärungen der Frau S. eingefügt wurde. Das geschah am 7. Dezember 1938. Am 5. De­ zember 1938 war die Verordnung vom 3. Dezember 1938 über den Einsatz jüdischen Vermögens in Kraft getreten. Nach dieser Verordnung in Verbindung mit der Verord­ nung vom 26. April 1938 über die Anmeldung des Ver­ mögens von Juden bedarf die Verfügung über Grund­ stücke und grundstücksgleiche Rechte durch Juden zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung der höheren Verwaltungs­ behörde. Die Abtretung einer Eigentümergrundschuld ist einer Verfügung über das Grundstück selbst, gleichzuachten, weil sie wirtschaftlich eine neue Fremdbelastung des Grund­ stücks herbeiführt. Die Abtretung der Eigentümergrund­ schulden an Fräulein O. war hienach mangels der er-

forderlichen Genehmigung unwirksam, im Sinne der De­ visenvorschriften also nur ein Versuch. Die Abtretung an F. wurde am 8. Dezember 1938 vorgenommen: die Grundschuldbriefe erhielt er aber erst im Januar 1939. Ob K. mit der Übergabe der Grundschuldbriefe an F. ein­ verstanden war, machte nichts aus. Als Hausverwalter der Frau S. war er deren Weisungen unterworfen; daß die Grundschuldbriefe mit Willen der Frau S. in den Be­ sitz des F. kamen, war im Urteil des Landgerichts fest­ gestellt. Ob F. die Grundschulden erwarb, hing davon ab, ob er im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Abtretung, also bei der Übergabe der Grundschuldbriefe, im guten Glauben war an das Recht der O., über die Grundschul­ den zu verfügen. Da die Grundschulden in deren Hand schon eine Fremdbelastung der Grundstücke darstellten, war für die Verfügung über sie keine behördliche Genehmigung erforderlich. Die im Interesse der Sicherheit des rechts­ geschäftlichen Verkehrs bestehenden grundsätzlichen Vor­ schriften über den öffentlichen Glauben des Grundbuchs werden durch die in der Verordnung vom 3. Dezember 1938 enthaltenen Verfügungsbeschränkungen nicht beein­ trächtigt. War F. gutgläubig, so lag in dem Erwerb der Grundschulden ein vollendetes Devisenvergehen, andern­ falls wär ein versuchtes Vergehen anzunehmen. Wenn Frau S. durch die Abtretung an Fräulein O. diese zur Treuhänderin über die Grundschulden machen wollte, lag in der Abtretung der Grundschulden an F. bei ihr eine Fortsetzung ihres Vergehens, so daß im Falle der Gut­ gläubigkeit des F. ein fortgesetztes vollendetes, im anderen Falle ein fortgesetztes versuchtes Devisenvergehen anzu­ nehmen war. Möglicherweise wäre also I. nur wegen Beihilfe zu einem versuchten Devisenvergehen zu verur­ teilen gewesen. Nach § 357 StPO, mußte das Urteil auch gegenüber den anderen Angeklagten aufgehoben werden. Da das strafbare Verhalten der Frau S. sich durch die Übermittlung der Grundschuldbriefe an F. über den 1. Ja­ nuar 1939 hinaus erstreckte, war sie nach den Vorschrif­ ten des DevG. 1938 zu verurteilen. (II, 14. November 1940. Amtl. Sammlg. S. 1—7. Vgl. Bd. 73 S. 337; Bd. 74 S. 263; NGZ. Bd. 89 S. 153, 160; Bd. 128 S. 276; Bd. 140 S. 35; Bd. 156 S. 89.

2. Erschleichen einer Arbeitsstelle. Betrug. (StGB. § 263). Ein wiederholt wegen Diebstahl, Betrug und Urkundenfälschung bestrafter Arbeiter suchte beim Arbeits­ amt um Anweisung einer Arbeitsstelle nach. Er gab bei dieser Gelegenheit an, daß er schon bestraft sei. Das Arbeitsamt verpflichtete ihn als Hilfsarbeiter für ein Bauunternehmen einer Aktiengesellschaft. Er wurde bei einem Bau, der im Auftrage der Heeresverwaltung für Kriegszwecke ausgesührt wurde, als Hilfsarbeiter gegen Stundenlohn verwendet. Von der zuständigen Stelle der Heeresverwaltung vorgeladen und über seine persönlichen Verhältnisse an Hand eines Fragebogens befragt, erklärte er, noch nicht bestraft zu sein, obwohl ihm bekannt ge­ macht worden war, daß er im Falle falscher Angaben Bestrafung zu gewärtigen habe. Er wurde daraufhin als Arbeiter eingestellt. Als seine Vorstrafen bekannt wurden, wurde er unverzüglich entlassen. Seine Verurteilung wegen Betrug wurde vom Reichsgericht nicht bestätigt. Der äußere Tatbestand war allerdings gegeben. Es han­ delte sich um ein Bauvorhaben, bei dem nur völlig ein­ wandfreie und zuverlässige Arbeiter beschäftigt werden dursten, da sonst die Gefahr bestand, daß die erforderliche Geheimhaltung nicht gewahrt würde. Der Angeklagte konnte zu dieser Arbeit nicht zugelassen werden, auch wenn seine Arbeit nicht zu beanstanden gewesen wäre. Durch Eingehen eines festen Beschäftigungsverhältnisses mit einem solchen persönlich untauglichen Arbeiter belastete sich die Baufirma mit seinen Lohnansprüchen; sie erwarb aber dafür keinen gleichwertigen Anspruch und wurde in ihrem Vermögen geschädigt. Ob auch das Deutsche Reich einen Vermögensschaden erlitt, konnte dahingestellt blei­ ben. Das Urteil wurde aufgehoben, weil der innere Tat­ bestand nicht hinlänglich klargestellt war. Der Betrug ist eine gegen das Vermögen gerichtete Straftat; der für die Bestrafung erforderliche Vorsatz ist nur dann vorhanden, wenn dem Täter bewußt wird, daß durch seine Tat das Vermögen eines anderen schädigt. Dafür genügte nicht, daß dem Angeklagten bekanntgemacht worden wax, er habe im Falle wissentlich unrichtiger Beantwortung des Fragebogens mit gerichtlicher Bestrafung zu rechnen. Be­ denken dagegen, daß der Angeklagte das Bewußtsein hatte, die Bausirma oder vielleicht das Deutsche Reich

am Vermögen zu schädigen, konnten sich namentlich dar­ aus ergeben, daß das Arbeitsamt als Reichsbehärde in Kenntnis der Bestrafungen des Angeklagten das Arbeits­ verhältnis begründet hatte. Diese Frage war noch zu prüfen. (I, 19. November 1940.) Amtl. Sammlg. S. 8—11. Vgl. Bd. 65 S. 273; Bd. 73 S. 268, 3. Beweisantrag. Unerreichbarer Zeuge. (StPO. §§ 245, 261; BereinfVO. § 24.) Ein Streckenwärter be­ merkte auf seinem Kontrollgang, daß ein Bahnüber­ gang offen war und wegen Störung der Schrankenvor­ richtung nicht geschlossen werden konnte. Er teilte das fernmündlich dem nächsten Posten mit und gab ihm auf, das weitere zu veranlassen, insbesondere einen Vorsichts­ befehl an den Zugführer des nächsten, die Strecke befah­ renden Zuges zu geben. Es wurde ein Strafantrag gegen ihn eingeleitet, weil er den Übergang nicht solange bewacht habe, bis er sicher gewesen sei, daß der Vorsichtsbefehl den Zugführer erreicht hatte. Er verteidigte sich damit, daß er nach seiner Meldung noch zwei Zugsahrten zuge­ wartet habe; zum Beweis dafür berief er sich darauf, daß er entsprechende Angaben sogleich bei seiner ersten Vernehmung am Unfalltage gegenüber dem Bahnvor-steher gemacht habe. Die Ladung des Bahnvorstebers als Zeugen wurde angeordnet, konnte aber nicht aus­ geführt werden, weil er zur Wehrmacht einberusen wor­ den war. Der Vorsitzende teilte das dem Verteidiger mit und erklärte, man wolle versuchen, ohne den Zeugen zu verhandeln. In der Hauptverhandlung wiederholte der Verteidiger den Antrag auf Vernehmung des Zeugen. Das Gericht lehnte den Antrag „gemäß § 24 der Ver­ ordnung vom 6. September 1940" ab. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Die Ablehnung des Antrags sollte offensichtlich aus § 24 der Verordnung vom 1. Sep­ tember 1939 gestützt werden. Die falsche Tagesangabe für sich allein war ohne Bedeutung; das Verfahren war aber aus einem anderen Grunde bedenklich. Die Vor­ schrift gibt dem Strafrichter eine große Machtsülle: das Gericht kann einen Beweisantcag ablehnen, wenn es nach seinem Ermessen die Erhebung des Beweises zur Erfor­ schung der Wahrheit nicht für erforderlich hält. Das Mesen der Vorschrift liegt allein auf dem Gebiete der

am Vermögen zu schädigen, konnten sich namentlich dar­ aus ergeben, daß das Arbeitsamt als Reichsbehärde in Kenntnis der Bestrafungen des Angeklagten das Arbeits­ verhältnis begründet hatte. Diese Frage war noch zu prüfen. (I, 19. November 1940.) Amtl. Sammlg. S. 8—11. Vgl. Bd. 65 S. 273; Bd. 73 S. 268, 3. Beweisantrag. Unerreichbarer Zeuge. (StPO. §§ 245, 261; BereinfVO. § 24.) Ein Streckenwärter be­ merkte auf seinem Kontrollgang, daß ein Bahnüber­ gang offen war und wegen Störung der Schrankenvor­ richtung nicht geschlossen werden konnte. Er teilte das fernmündlich dem nächsten Posten mit und gab ihm auf, das weitere zu veranlassen, insbesondere einen Vorsichts­ befehl an den Zugführer des nächsten, die Strecke befah­ renden Zuges zu geben. Es wurde ein Strafantrag gegen ihn eingeleitet, weil er den Übergang nicht solange bewacht habe, bis er sicher gewesen sei, daß der Vorsichtsbefehl den Zugführer erreicht hatte. Er verteidigte sich damit, daß er nach seiner Meldung noch zwei Zugsahrten zuge­ wartet habe; zum Beweis dafür berief er sich darauf, daß er entsprechende Angaben sogleich bei seiner ersten Vernehmung am Unfalltage gegenüber dem Bahnvor-steher gemacht habe. Die Ladung des Bahnvorstebers als Zeugen wurde angeordnet, konnte aber nicht aus­ geführt werden, weil er zur Wehrmacht einberusen wor­ den war. Der Vorsitzende teilte das dem Verteidiger mit und erklärte, man wolle versuchen, ohne den Zeugen zu verhandeln. In der Hauptverhandlung wiederholte der Verteidiger den Antrag auf Vernehmung des Zeugen. Das Gericht lehnte den Antrag „gemäß § 24 der Ver­ ordnung vom 6. September 1940" ab. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Die Ablehnung des Antrags sollte offensichtlich aus § 24 der Verordnung vom 1. Sep­ tember 1939 gestützt werden. Die falsche Tagesangabe für sich allein war ohne Bedeutung; das Verfahren war aber aus einem anderen Grunde bedenklich. Die Vor­ schrift gibt dem Strafrichter eine große Machtsülle: das Gericht kann einen Beweisantcag ablehnen, wenn es nach seinem Ermessen die Erhebung des Beweises zur Erfor­ schung der Wahrheit nicht für erforderlich hält. Das Mesen der Vorschrift liegt allein auf dem Gebiete der

Beweiswürdigung. Sie erweitert die denr Gerichte durch § 261 StPO, gegebene Befugnis, über das Endergebnis der Beweisaufnahme nach seiner Überzeugung zu ent­ scheiden, dahin, daß es auch einzelne Teile der Verhand­ lung, bevor sie beendet ist, abschließend würdigen darf. Es kann danach eine Beweiserhebung nicht nur dann ab­ lehnen, wenn es.die Richtigkeit des Beweissatzes schon für feststehend ansieht, sondern auch dann, wenn es die Über­ zeugung gewonnen hat, daß der Beweissatz schon durch das bisherige Beweisergebnis widerlegt ist. Der nach § 24 ergehende Beschluß muß mit Gründen versehen sein, die den Standpunkt des Gerichts so weit erkennen lassen, daß der Beweisführer in der Lage ist, sein weiteres Verhalten danach einzurichten, und daß das Revisionsgericht nach­ prüfen kann, ob der Tatrichter von zutreffenden versahrensrechtlichen Erwägungen ausgegangen ist. Was hiezu erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des ein­ zelnen Falles. Bei einem Beschluß gemäß § 24 genügt in der Regel die Bescheidung entsprechend seinem Wort­ laute, gegenüber einem rechtskundigen Beweisführer auch der Hinweis aus die Vorschrift. Im vorliegenden Falle reichte das aber nicht aus. Die Fassung des Bescheides ließ in keiner Weise erkennen, welchen Standpunkt das Gericht eingenommen hatte. Anscheinend hatte es den Be­ weissatz als möglicherweise wahr, aber für die Entschei­ dung ohne Bedeutung angesehen, sei es, daß es ihn in tatsächlicher Hinsicht nicht für geeignet hielt, die Schutz­ behauptung des Abwartens zweier Zugfahrten nachzu­ weisen, sei es, daß es ein solches Abwarten rechtlich als für die Schuldfrage bedeutungslos ansah. Insofern konnte die Ablehnung des Beweises auf § 245 Abs. 2 StPO, gestützt werden. Diese Vorschrift hat neben § 24 VereinfVO. ihre Bedeutung beibehalten. § 24 hat den Vor­ rang; neben ihm gilt aber § 245 Abs. 2 weiter. In jedem Falle hätte der Beschluß erkennen lassen müssen, welche der in der maßgebenden Gesetzesstelle angeführten Möglichkeiten als gegeben angesehen wurde. In' Betracht konnte kommen völliges Ungeeignetsein des Beweisange­ bots oder Unerreichbarkeit des Beweismittels. Wegen bloßer Unglaubwürdigkeit des Beweismittels darf ein Be­ weisantrag nicht abgelehnt werden; es muß vielmehr völ­ lig ungeeignet sein, den erwarteten Beweis zu erbringen.

Das traf jedenfalls nicht zu. Der Zeuge war auch nicht schon deshalb unerreichbar, weil er zur Wehrmacht ein­ gerückt war. (IV, 19. November 1940.) Amtl. Sammlg. S. 11—14. Vgl. Bd. 51 S. 20; Bd. 67 S. 97; Bd. 74 S. 147; IW. 1936 S. 1380.

4. Tateinheit. Strafbemessung. Besonders schwerer Fall. Abstrakte und konkrete Betrachtungsweise. (StBG. §§ 73, 157, 263.) Wegen Meineid unter Zubilligung des Strafmilderungsgrundes nach § 157 Nr. 1 StGB, in Tateinheit mit versuchtem Betrug und unter Ableh­ nung eines besonders schweren Falles wurde eine Frau zu einer Gefängnisstrafe von 9 Monaten verurteilt. Das Landgericht hatte als das Gesetz, das die schwerste Strafe androhte, § 263 StGB, angesehen, obwohl das Vorliegen eines besonders schweren Falles verneint worden war. Da aber das mildere Gesetz, § 153 StGB-, als Mindest­ strafe 1 Jahr Zuchthaus androht, wurde hievon ausge­ gangen. Diese Strafe wurde nach § 157 StGB, auf 6 Monate Zuchthaus gemildert. An deren Stelle wurden gemäß § 21 StGB. 9 Monate Gefängnis gesetzt. Das Reichsgericht erklärte diese Berechnung für unrichtig. Die Mindeststrase des milderen Gesetzes, die an sich einzu­ halten ist, kann nur in der Weise gefunden werden, daß der gegebene Fall zugrunde gelegt wird, daß also etwa vorliegende, die Mindeststrafe beeinflussende Milderungs­ gründe berücksichtigt werden. Wenn die Strafandrohung für Meineid das mildere Gesetz war, so hätte das Land­ gericht unter Berücksichtigung des § 157 StGB, annehmen müssen, daß die Strafe von 3 Monaten Zuchthaus (gleich 41/2 Monaten Gefängnis) nicht unterschritten werden dürfe. Es war aber schon falsch, daß das Landgericht § 263 StGB, als das schwerste Strafgesetz ansah. Das die schwerste Strafe androhende Gesetz ist nicht nach ab­ strakten Gesichtspunkten, sondern nach den Umständen des Falles, als konkret, zu ermitteln. Die erweiterte Straf­ androhung des § 263 StGB, konnte nur dann in Be­ tracht kommen, wenn tatsächlich ein besonders schwerer Fall vorlag. Das war ausdrücklich abgelehnt worden. (II, 28. November 1940). Amtl. Sammlg. S. 14—19. Vgl. Bd. 56 S. 59; Bd. 58 S. 19; Bd. 69 S. 49, 333; Bd. 73 S. 148.

Das traf jedenfalls nicht zu. Der Zeuge war auch nicht schon deshalb unerreichbar, weil er zur Wehrmacht ein­ gerückt war. (IV, 19. November 1940.) Amtl. Sammlg. S. 11—14. Vgl. Bd. 51 S. 20; Bd. 67 S. 97; Bd. 74 S. 147; IW. 1936 S. 1380.

4. Tateinheit. Strafbemessung. Besonders schwerer Fall. Abstrakte und konkrete Betrachtungsweise. (StBG. §§ 73, 157, 263.) Wegen Meineid unter Zubilligung des Strafmilderungsgrundes nach § 157 Nr. 1 StGB, in Tateinheit mit versuchtem Betrug und unter Ableh­ nung eines besonders schweren Falles wurde eine Frau zu einer Gefängnisstrafe von 9 Monaten verurteilt. Das Landgericht hatte als das Gesetz, das die schwerste Strafe androhte, § 263 StGB, angesehen, obwohl das Vorliegen eines besonders schweren Falles verneint worden war. Da aber das mildere Gesetz, § 153 StGB-, als Mindest­ strafe 1 Jahr Zuchthaus androht, wurde hievon ausge­ gangen. Diese Strafe wurde nach § 157 StGB, auf 6 Monate Zuchthaus gemildert. An deren Stelle wurden gemäß § 21 StGB. 9 Monate Gefängnis gesetzt. Das Reichsgericht erklärte diese Berechnung für unrichtig. Die Mindeststrase des milderen Gesetzes, die an sich einzu­ halten ist, kann nur in der Weise gefunden werden, daß der gegebene Fall zugrunde gelegt wird, daß also etwa vorliegende, die Mindeststrafe beeinflussende Milderungs­ gründe berücksichtigt werden. Wenn die Strafandrohung für Meineid das mildere Gesetz war, so hätte das Land­ gericht unter Berücksichtigung des § 157 StGB, annehmen müssen, daß die Strafe von 3 Monaten Zuchthaus (gleich 41/2 Monaten Gefängnis) nicht unterschritten werden dürfe. Es war aber schon falsch, daß das Landgericht § 263 StGB, als das schwerste Strafgesetz ansah. Das die schwerste Strafe androhende Gesetz ist nicht nach ab­ strakten Gesichtspunkten, sondern nach den Umständen des Falles, als konkret, zu ermitteln. Die erweiterte Straf­ androhung des § 263 StGB, konnte nur dann in Be­ tracht kommen, wenn tatsächlich ein besonders schwerer Fall vorlag. Das war ausdrücklich abgelehnt worden. (II, 28. November 1940). Amtl. Sammlg. S. 14—19. Vgl. Bd. 56 S. 59; Bd. 58 S. 19; Bd. 69 S. 49, 333; Bd. 73 S. 148.

5. Tateinheit. Strafbemessung. Besonders schwerer Fall. Abstrakte und konkrete Belrachlungswe'se. Arbeits­ buch. Urkundenfälschung. Versuch. Vorbereitnngshandlung. (StGB. §§ 43, 73, 242, 244, 266, 267, 274, 333.) Wegen einfachen Rückfalldiebstahls (StGB. §§ 242, 244) in Tateinheit mit Untreue (StGB. § 266) und Urkunden­ vernichtung (StGB. § 274) wurde auf eine Gefängnis­ strafe erkannt; als das schwerste Strafgesetz wurde § 266 StGB, angenommen. Das Reichsgericht erklärte das für richtig. Zu der Frage, welches von mehreren verletzten Strafgesetzen die schwerste Strafe androht, war früher nach ständiger Rechtsprechung die sogenannte abstrakte Be­ trachtungsweise maßgebend. Hienach ergab sich, daß die im § 266 StGB, vorgesehene Strafschärfung auch dann berücksichtigt werden mußte, wenn kein besonders schwerer Fall vorlag. In neueren Entscheidungen ist dagegen die auf den Einzelfall gerichtete, sogenannte konkrete Betrach­ tungsweise für geboten erachtet worden, wonach mir der tatsächlich in Frage kommende Strafrahmen zu berücksich­ tigen ist. Der erkennende Senat schloß sich dieser Auf­ fassung an. Im gegebenen Fall ergab ein Vergleich der Strafrahmen der §§ 266 Abs. 1, 274 Nr. 1 und 244 Abs. 2, daß § 266 die schwerste Strafe androhte, weil hier im Gegensatz zu den anderen Vorschriften neben der Verhängung einer fünfjährigen Gefängnisstrafe noch die Auferlegung einer Geldstrafe zwingend vorgesehen ist. Für das Mindestmaß war § 244 maßgebend. — Die Ange­ klagte hatte ihr Arbeitsbuch in der Weise gefälscht, daß sie die Jahreszahl 1939 in 1936 abänderte, um dadurch den Anschein zu erwecken, als sei sie in einer Stelle drei Jahre lang tätig gewesen. Sie erhielt eine neue Stelle, ohne das Arbeitsbuch vorzulegen. Das Landgericht hatte nur eine Verfälschung von Ausweispapieren angenommen und die Angeklagte wegen Verjährung freigesprochen. Das Reichsgericht hob das Urteil auf. § 363 StGB, regelt einen Sondersall der Urkundenfälschung. Gegenstand dieser Übertretung sind die sogenannten Ausweispapiere. Das Wesen dieser Papiere besteht darin, daß sie bestimmt sind, über gewisse persönliche Verhältnisse des Inhabers Auskunft zu geben. Urkunden, die anderen Zwecken dienen sollen oder die sich auf sonstige Verhältnisse des Inhabers beziehen, fallen regelmäßig nicht darunter. Die Anwend-

barkeit der Sondervorschrift hängt weiterhin davon ab, daß der Täter zum Zweck des besseren Fortkommens seiner selbst oder eines anderen handelt, sowie ferner, daß durch seine Tätigkeit nicht in bestimmte Gerechtsame Pri­ vater oder öffentlicher Natur beeinträchtigend eingegriffen wird. Das Arbeitsbuch neuen Rechts gehört nicht zu diesen Ausweispapieren. Sein Zweck ist, eine planmäßige Wirtschafts- und. Sozialpolitik des Reiches zu erleichtern und zu fördern;, es wurde eingeführt, um die zweckentsprechende Verteilung der Arbeitskräfte in der deutschen Wirtschaft zu gewährleisten. Hiezu ist ein Arbeitsbuch nur geeignet, wenn es in allen Teilen, insbesondere auch hinsichtlich der den Unternehmern obliegenden Eintragungen, richtig geführt ist. Eine Fälschung des Buches kann die richtige Verteilung der Arbeitskräfte durch die Arbeitsbehörden und damit staatliche Belange und Rechte beeinträchtigen. Die Angeklagte hatte von dem verfälschten Arbeitsbuche zwar nicht zum Zwecke der Täuschung Gebrauch gemacht. Das schloß die Annahme einer versuchten Urkundenfäl­ schung nicht aus. Sie hatte die Verfälschung vorgenom­ men, um damit bei der Suche nach einer neuen Beschäf­ tigung vorzutäuschen, sie sei an ihrer vorhergehenden Stelle drei Jahre lang tätig gewesen, mit) auf diese Weise leichter eine neue Anstellung zu erhalten. Sie hatte also bereits bei der Vornahme der Fälschung einen Gebrauch zum Zwecke der Täuschung fest in Aussicht genommen und demnach den zum inneren Tatbestände des Versuchs erforderlichen Entschluß zur Verwirklichung dieses Merk­ mals der Straftat schon damals gefaßt. Daß der Täter bereits bei der Fälschung die Täuschung bestimmter Per­ sonen im Auge hat, ist für den Vorsatz bei der Urkunden­ fälschung nicht erforderlich. Anders wäre die Sache nur dann gelegen gewesen, wenn die Angeklagte bei der Vor­ nahme der Fälschung sich die Entscheidung darüber Vor­ behalten hätte, ob sie überhaupt von der verfälschten Ur­ kunde Gebrauch machen wollte; in diesem Falle wäre nur eine straflose Vorbereitungshandlung gegeben gewesen. (IV, 10. Dezember 1940). Amtt. Sanimlg. S. 19—25. Vgl. Bd. 41 S. 144; Bd. 56 S. 58; Bd. 58 S. 19; Bd. 69 S. 49, 333; Bd. 73 S. 148; Bd. 75 S. 14.

6. Kriegswirtschaft. Böswilligkeit. Hehlerei. Beiseite­ schaffen. (StGB. § 259; KrWirtschVO. § 1). K. hatte

barkeit der Sondervorschrift hängt weiterhin davon ab, daß der Täter zum Zweck des besseren Fortkommens seiner selbst oder eines anderen handelt, sowie ferner, daß durch seine Tätigkeit nicht in bestimmte Gerechtsame Pri­ vater oder öffentlicher Natur beeinträchtigend eingegriffen wird. Das Arbeitsbuch neuen Rechts gehört nicht zu diesen Ausweispapieren. Sein Zweck ist, eine planmäßige Wirtschafts- und. Sozialpolitik des Reiches zu erleichtern und zu fördern;, es wurde eingeführt, um die zweckentsprechende Verteilung der Arbeitskräfte in der deutschen Wirtschaft zu gewährleisten. Hiezu ist ein Arbeitsbuch nur geeignet, wenn es in allen Teilen, insbesondere auch hinsichtlich der den Unternehmern obliegenden Eintragungen, richtig geführt ist. Eine Fälschung des Buches kann die richtige Verteilung der Arbeitskräfte durch die Arbeitsbehörden und damit staatliche Belange und Rechte beeinträchtigen. Die Angeklagte hatte von dem verfälschten Arbeitsbuche zwar nicht zum Zwecke der Täuschung Gebrauch gemacht. Das schloß die Annahme einer versuchten Urkundenfäl­ schung nicht aus. Sie hatte die Verfälschung vorgenom­ men, um damit bei der Suche nach einer neuen Beschäf­ tigung vorzutäuschen, sie sei an ihrer vorhergehenden Stelle drei Jahre lang tätig gewesen, mit) auf diese Weise leichter eine neue Anstellung zu erhalten. Sie hatte also bereits bei der Vornahme der Fälschung einen Gebrauch zum Zwecke der Täuschung fest in Aussicht genommen und demnach den zum inneren Tatbestände des Versuchs erforderlichen Entschluß zur Verwirklichung dieses Merk­ mals der Straftat schon damals gefaßt. Daß der Täter bereits bei der Fälschung die Täuschung bestimmter Per­ sonen im Auge hat, ist für den Vorsatz bei der Urkunden­ fälschung nicht erforderlich. Anders wäre die Sache nur dann gelegen gewesen, wenn die Angeklagte bei der Vor­ nahme der Fälschung sich die Entscheidung darüber Vor­ behalten hätte, ob sie überhaupt von der verfälschten Ur­ kunde Gebrauch machen wollte; in diesem Falle wäre nur eine straflose Vorbereitungshandlung gegeben gewesen. (IV, 10. Dezember 1940). Amtt. Sanimlg. S. 19—25. Vgl. Bd. 41 S. 144; Bd. 56 S. 58; Bd. 58 S. 19; Bd. 69 S. 49, 333; Bd. 73 S. 148; Bd. 75 S. 14.

6. Kriegswirtschaft. Böswilligkeit. Hehlerei. Beiseite­ schaffen. (StGB. § 259; KrWirtschVO. § 1). K. hatte

Treibstoff unter Verstoß gegen die Verbrauchsregelungs­ vorschrift erlangt. B. erwarb von ihm 600 Liter unter Kenntnis der Sachlage; er erklärte sich bereit, weitere Mengen abzunehmen. Das Landgericht verurteilte ihn wegen eines Verbrechens gegen die Kriegswirtschaftsver­ ordnung in Tateinheit mit Hehlerei. Das Reichsgericht entschied, daß der Tatbestand der Hehlerei nicht erfüllt sei, bestätigte aber im übrigen des Urteil. Das Tatbe­ standsmerkmal des Beiseiteschaffens wird durch jedes Her­ ausnehmen lebenswichtiger Rohstoffe oder Erzeugnisse aus dem für die Deckung des Bedarfs der Bevölkerung vor­ gesehenen Verteilungsgang erfüllt. Beiseitegeschaffte Waren hören darum nicht auf, der öffentlichen Bewirt­ schaftung zu unterliegen; der Verurteilung stand darum nicht entgegen, daß schon K. den Treibstoff beiseite ge­ schafft hatte, auch nicht, daß der Treibstoff nach der Absicht des Angeklagten zum Betriebe von Kraftwagen verwendet, also seiner natürlichen Bestimmung zugeführt werden sollte; denn dieser Verbrauch sollte sich ohne Kenntnis der Verteilungsstellen und damit ohne Anrechnung auf die dem Angeklagten zugeteilte Verbrauchsmenge vollziehen. Es handelte sich auch um eine so große Menge, daß durch deren Ausfall die Deckung des lebenswichtigen Bedarfs des deutschen Volkes gefährdet wurde. Eingehend prüfte das Reichsgericht, ob auch das Tatbestarrdsmerkmal der Böswilligkeit erfüllt war. Nach dem allgemeinen Sprach­ gebrauch ist böswillig ein Verhalten, das auf bösem Willen beruht, nicht nur auf- menschlicher Schwäche, Unverstand oder Unüberlegtheit. Wird in einer Strafandrohung nur die böswillige Tat unter Strafe gestellt, so wird damit ausgedrückt, daß nur die aus übler und deshalb verwerf­ licher Gesinnung und Willensrichtung entsprungene Tat getroffen werden soll. Böswillig verstößt gegen ein Ge­ setz, wer das, was nach der Anordnung getan oder unter­ lassen werden soll, nicht tut oder gleichwohl tut, weil er sich aus einer das Gebot oder Verbot mißachtenden und deshalb gemeinschaftswidrigen und verwerflichen Gesin­ nung heraus dem Gebote nicht fügen will. Dabei ist es gleichgültig, ob dieses Verhalten geradezu auf Auflehnung gegen das Gesetz oder darauf beruht, daß sich der Täter aus eigensüchtigen Beweggründen, etwa seines Vorteils wegen oder aus Bequemlichkeit, bewußt über das Gebot

hinwegsetzt. Je nach der Art und dem Inhalt des Gebotes gestaltet sich die böswillige Zuwiderhandlung verschieden; nur insoweit ist es berechtigt, von einer verschiedenen Bedeutung des Ausdrucks in den verschiedenen Gesetzen zu sprechen. Diese Bedeutung für den Einzelfall ergibt sich aus dem Inhalt des Gebotes und seinem Zweck. Die Kriegswirtschaftsverordnung macht jede Nachforschung in dieser Richtung überflüssig. Was nach ihr geschehen soll und warum es notwendig geschehen muß, ist klar und ein­ dringlich in ihrem Borspruch gesagt: Jeder Volksgenosse soll während des dem deutschen Volke aufgezwungenen Krieges mit allen Kräften zur Fortführung einer ge­ regelten Wirtschaft beitragen und sich die notwendigen Beschränkungen in der Lebenssührung und Lebenshaltung auferlegen. Böswillig im Sinne dieser Verordnung Han-, delt, wer bewußt aus einer vom Standpunkt der Volks­ gemeinschaft zu mißbilligenden und darum verwerflichen Gesinnung und Willensrichtung heraus diesem Gebote nicht folgt und der Verordnung zuwiderhandelt. Es summt nicht darauf an, daß sein Wille auf Schädigung oder Ge­ fährdung der Bedarfsdeckung gerichtet ist. Der Angeklagte hatte den Treibstoff nicht in der Absicht erworben, den Geschäftsbetrieb seiner Firma zu fördern; er hatte sich von der Absicht leiten lassen, mit dem überwiegenden Teil des Treibstoffes den Privatwagen der Firma zu seiner eigenen Bequemlichkeit in Betrieb zu setzen. Mit dem Er­ werb des Treibstoffes hatte er seine Stellung in der Fir­ ma festigen wollen. Die Kenntnis des Angeklagten von den Vorschriften über die Treibstoffbewirtschaftüng und ihre Veranlassung und damit die klare Erkenntnis seiner Verpflichtung, den Ankauf zu unterlassen, stand außer Zweifel. Damit war ausreichend festgestellt, daß der An­ geklagte seine Handlung als vom Standpunkt der Allge­ meinheit verwerflich erkannt und sie gleichwohl aus selbstsüchtigen Beweggründen bewußt begangen hatte. Mit Recht hatte das Landgericht das Tatbestandsmerkmal der Böswilligkeit als gegeben angesehen. Der Tatbestand der Hehlerei war dagegen durch das Verhalten des Ange­ klagten nicht erfüllt. Das Wesen der Hehlerei besteht in der Aufrechterhaltung einer durch die strafbare Vortat geschaffenen rechtswidrigen Vermögenslage. Eine solche ergibt sich nicht' schon daraus, daß Waren unter Ver-

stoß gegen die Kriegswirtschaftsverordnung oder eine Vor­ schrift der Verbrauchsregelung erworben worden sind. Ein solcher Erwerb ist zwar strafbar, greift aber nicht not­ wendig in fremde Vermögensrechte ein. Eine ent­ sprechende Anwendung der Vorschrift über Hehlerei mußte daran scheitern, daß der Erwerb des Treibstoffes durch den Angeklagten schon nach der Kriegswirtschaftsverord­ nung strafbar, und zwar strenger strafbar war, als in den Vorschriften über Hehlerei vorgesehen ist. Diesen Mangel des Urteils konnte das Reichsgericht von sich aus be­ richtigen. (II, 28. November 1940.) Amtl. Sammlg. S. 25—30. Vgl. Bd. 52 S. 95, 318; Bd. 53 S. 30; Bd. 54 S. 132; Bd. 67 S. 356; Bd. 70 S. 377; Bd. 72 S. 118; Bd. 74 S. 287. 7. Kriegswirtschaft. Böswilligkeit. Bedingter Vorsatz. Gefährdung der Bedarfsdeckung. (KrWirtschVO. § 1.) Fleisch war in erheblicher Menge verbotswidrig abgegeben worden. Das Sondergericht nahm an, daß die Menge nicht groß genug gewesen sei, um die Bedarfsdeckung zu beeinträchtigen. Das Reichsgericht betonte dem gegen­ über, daß die Verordnung nicht von einer Beeinträch­ tigung, sondern von der Gefährdung der Bedarfsdeckung spricht; er wird also schon die Herbeiführung einer Lage für strafbar erklärt, die nach menschlichem Erfahrungswissen geeignet ist, in der Folge die Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Rohstoffen und Erzeugnissen zu be­ einträchtigen. Diese Eignung ist bei bezugsbeschränkten Bedarfsgegenständen zu bejahen, wenn durch das Verhal­ ten bei Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Verhältnisse, unter Umständen also auch das Verhalten anderer zur Mitwirkung an der Versorgung der Bevölke­ rung berufener Personen und der Beispielsfolgerungen, die erfahrungsgemäß in solchen Kreisen aus dem verbots­ widrigen Vorgehen von Mitbewerbern gezogen werden, sowie der Erschütterung des Vertrauens der Volksgenossen eine gerechte Zuteilung der Erfolg der zur sicheren und gleichmäßigen Bedarfsdeckung getroffenen Maßnahmen, wenn auch nur in einem kleineren Versorgungsgebiet, in Frage gestellt wird. Das Sondergericht hatte weiter angenommen, daß der Angeklagte deshalb nicht böswillig gehandelt habe, weil er sich nicht bewußt gewesen sei, daß

stoß gegen die Kriegswirtschaftsverordnung oder eine Vor­ schrift der Verbrauchsregelung erworben worden sind. Ein solcher Erwerb ist zwar strafbar, greift aber nicht not­ wendig in fremde Vermögensrechte ein. Eine ent­ sprechende Anwendung der Vorschrift über Hehlerei mußte daran scheitern, daß der Erwerb des Treibstoffes durch den Angeklagten schon nach der Kriegswirtschaftsverord­ nung strafbar, und zwar strenger strafbar war, als in den Vorschriften über Hehlerei vorgesehen ist. Diesen Mangel des Urteils konnte das Reichsgericht von sich aus be­ richtigen. (II, 28. November 1940.) Amtl. Sammlg. S. 25—30. Vgl. Bd. 52 S. 95, 318; Bd. 53 S. 30; Bd. 54 S. 132; Bd. 67 S. 356; Bd. 70 S. 377; Bd. 72 S. 118; Bd. 74 S. 287. 7. Kriegswirtschaft. Böswilligkeit. Bedingter Vorsatz. Gefährdung der Bedarfsdeckung. (KrWirtschVO. § 1.) Fleisch war in erheblicher Menge verbotswidrig abgegeben worden. Das Sondergericht nahm an, daß die Menge nicht groß genug gewesen sei, um die Bedarfsdeckung zu beeinträchtigen. Das Reichsgericht betonte dem gegen­ über, daß die Verordnung nicht von einer Beeinträch­ tigung, sondern von der Gefährdung der Bedarfsdeckung spricht; er wird also schon die Herbeiführung einer Lage für strafbar erklärt, die nach menschlichem Erfahrungswissen geeignet ist, in der Folge die Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Rohstoffen und Erzeugnissen zu be­ einträchtigen. Diese Eignung ist bei bezugsbeschränkten Bedarfsgegenständen zu bejahen, wenn durch das Verhal­ ten bei Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Verhältnisse, unter Umständen also auch das Verhalten anderer zur Mitwirkung an der Versorgung der Bevölke­ rung berufener Personen und der Beispielsfolgerungen, die erfahrungsgemäß in solchen Kreisen aus dem verbots­ widrigen Vorgehen von Mitbewerbern gezogen werden, sowie der Erschütterung des Vertrauens der Volksgenossen eine gerechte Zuteilung der Erfolg der zur sicheren und gleichmäßigen Bedarfsdeckung getroffenen Maßnahmen, wenn auch nur in einem kleineren Versorgungsgebiet, in Frage gestellt wird. Das Sondergericht hatte weiter angenommen, daß der Angeklagte deshalb nicht böswillig gehandelt habe, weil er sich nicht bewußt gewesen sei, daß

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Strafsachen Bd. 75

Nr. 8

er durch sein Vorgehen die Deckung des Fleischbedarfs der Bevölkerung gefährde. Hier waren die Begriffe Vor­ satz und Böswilligkeit nicht auseinandergehalten. Gewiß gehört zur Böswilligkeit, daß der Täter vorsätzlich handelt. Der Vorsatz muß alle Tatumstände erfassen, die den Merk­ malen des äußeren Tatbestandes der strafbaren Hand­ lung entsprechen, also bei einer Verletzung des § 1 Kr.WirtschVO. die Herbeiführung eines Zustandes, der nach menschlichem Erfahrungswissen geeignet ist, die Versor­ gung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Rohstoffen und Erzeugnissen zu beeinträchtigen; dabei genügt es, daß der Täter nur mit der Möglichkeit einer solchen Gefähr­ dung rechnet, aber ihre Herbeiführung dem Verzicht auf seine Handlung vorzieht (bedingter Vorsatz). Hierin liegt noch keine Böswilligkeit. Was die Vorschrift mit diesem Begriffe ausdrücken will, ist ihrem Zweck zu entnehmen. Dieser ergibt sich klar aus der im Vorspruch der Ver­ ordnung betonten Pflicht der Volksgenossen, im Kriege an der Fortführung eines geregelten Wirtschaftslebens mit allen ihren Kräften mitzuwirken. Danach kann man sagen, daß böswillig handelt, wer sich dessen bewußt ist, daß sein Verhalten bei einer Beurteilung unter diesen Ge­ sichtspunkten besonders verwerflich ist, oder wer sich der Verwerflichkeit nur deshalb nicht bewußt ist, weil feine üble Gesinnung oder die rücksichtslose Verfolgung eines aus irgendwelchem Grunde verwerflichen Zieles bei ihm den Gedanken an die allen Volksgenossen durch den Vor­ spruch eingeschärften Pflichten gegenüber der im Kampfe stehenden Volksgemeinschaft nicht aufkommen läßt. (VI,. 29. November 1940.) Amtl. Sammlg. S. 30—32..

8. Devisenvergehen. Fahrlässige Unterlassung. Beendi­ gung der Straftat. (DevG. 1935 §§ 35, 43.) Eine Frau mietete int August 1931 ein Schrankfach und erteilte einem Manne, mit deut sie zusammenlebte, Vollmacht, sie in allen das Fach betreffenden Angelegenheiten zu vertreten. Im Mai 1935 wurde ein weiteres Schrankfach gemietet, weil der Schlüssel zu dem früher gemieteten Fach verloren ge­ gangen war. Bei einer im Jahr 1939 vorgenommenen Nachprüfung fanden sich in dem früher gemieteten Fach 41 118 ^.Dollar. Die Verurteilung wegen fahrlässiger Un­ terlassung der Anmeldung wurde vom Reichsgericht an sich als richtig anerkannt, das Verfahren aber auf Grund RGE. Strafsachen Bd. 75

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er durch sein Vorgehen die Deckung des Fleischbedarfs der Bevölkerung gefährde. Hier waren die Begriffe Vor­ satz und Böswilligkeit nicht auseinandergehalten. Gewiß gehört zur Böswilligkeit, daß der Täter vorsätzlich handelt. Der Vorsatz muß alle Tatumstände erfassen, die den Merk­ malen des äußeren Tatbestandes der strafbaren Hand­ lung entsprechen, also bei einer Verletzung des § 1 Kr.WirtschVO. die Herbeiführung eines Zustandes, der nach menschlichem Erfahrungswissen geeignet ist, die Versor­ gung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Rohstoffen und Erzeugnissen zu beeinträchtigen; dabei genügt es, daß der Täter nur mit der Möglichkeit einer solchen Gefähr­ dung rechnet, aber ihre Herbeiführung dem Verzicht auf seine Handlung vorzieht (bedingter Vorsatz). Hierin liegt noch keine Böswilligkeit. Was die Vorschrift mit diesem Begriffe ausdrücken will, ist ihrem Zweck zu entnehmen. Dieser ergibt sich klar aus der im Vorspruch der Ver­ ordnung betonten Pflicht der Volksgenossen, im Kriege an der Fortführung eines geregelten Wirtschaftslebens mit allen ihren Kräften mitzuwirken. Danach kann man sagen, daß böswillig handelt, wer sich dessen bewußt ist, daß sein Verhalten bei einer Beurteilung unter diesen Ge­ sichtspunkten besonders verwerflich ist, oder wer sich der Verwerflichkeit nur deshalb nicht bewußt ist, weil feine üble Gesinnung oder die rücksichtslose Verfolgung eines aus irgendwelchem Grunde verwerflichen Zieles bei ihm den Gedanken an die allen Volksgenossen durch den Vor­ spruch eingeschärften Pflichten gegenüber der im Kampfe stehenden Volksgemeinschaft nicht aufkommen läßt. (VI,. 29. November 1940.) Amtl. Sammlg. S. 30—32..

8. Devisenvergehen. Fahrlässige Unterlassung. Beendi­ gung der Straftat. (DevG. 1935 §§ 35, 43.) Eine Frau mietete int August 1931 ein Schrankfach und erteilte einem Manne, mit deut sie zusammenlebte, Vollmacht, sie in allen das Fach betreffenden Angelegenheiten zu vertreten. Im Mai 1935 wurde ein weiteres Schrankfach gemietet, weil der Schlüssel zu dem früher gemieteten Fach verloren ge­ gangen war. Bei einer im Jahr 1939 vorgenommenen Nachprüfung fanden sich in dem früher gemieteten Fach 41 118 ^.Dollar. Die Verurteilung wegen fahrlässiger Un­ terlassung der Anmeldung wurde vom Reichsgericht an sich als richtig anerkannt, das Verfahren aber auf Grund RGE. Strafsachen Bd. 75

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des Gnadenerlasses vom 9. September 1939 eingestellt. Bet Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte der Angeklagte jeweils bei der Aufforderung zur Abgabe von Devisen prüfen müssen, ob in dem früher gemieteten Fach nicht solche enthalten waren. Die hierin liegende Fahrlässig­ keit dauerte aber nicht unbegrenzt. Es liegt im Wesen der menschlichen Natur, daß ein Anstoß zur Beendigung einer Unterlassung in seiner Wirkung nach gewisser Zeit verblaßt, durch andere Eindrücke überdeckt wird und schwindet, ohne daß daran die gebotene pflichtmäßige Betägigung der Denk- und Willenskräfte etwas zu ändern vermöchte. Ist dieser Zeitpunkt erreicht, so hört das Ver­ schulden auf und ist die fahrlässige Unterlassung als Dauervergehen beendet. Von da an beginnt die Verjäh­ rung der Strafverfolgung. Der gleiche Zeitpunkt ist auch maßgebend für die Frage, ob die Zuwiderhandlung vor dem Stichtag eines Straffreiheitsgesetzes begangen worden ist. Ob und wann dieser Zeitpunkt eingetreten ist, unter­ liegt der tatrichterlichen Würdigung, bei der die persön­ lichen Eigenschaften des Täters und alle Tatumstände zu würdigen sind. Tritt ein neuer Anstoß ein, so kann die fahrlässige Unterlassung fortdauern, bis auch dessen Nach­ wirkungen verebbt sind. Daß das bei der hier in Frage stehenden Unterlassung lange Zeit vor dem 9. September 1939 der Fall gewesen war, konnte dem Urteilszusammen­ hang als Annahme des Landgerichts zweifelsfrei ent­ nommen werden. (IV, 29. November 1940.) Amtl. Sammlg. S. 32—35. 9. Devisenausländer. Wohnsitz. (DevG. 1935 § 11.) M. lernte durch Vermittlung von R. einen Amerikaner namens F- kennen, der sich zu Studienzwecken in Deutsch­ land aufhielt. F. übernahm es, für M. einen Auslands­ paß zu beschaffen, und verhandelte hiewegen mit dem Konsul seines Heimatlandes. R. und M. wurden mit ihm in das Konsulat bestellt; dort übergab R. aus Mitteln des M. 6000 M an F., der den Betrag an den Konsul weiterleitete. M. wurde auf Grund dieses Sachverhalts verurteilt, weil er ohne die erforderliche Genehmigung als Inländer inländische Zahlungsmittel einem Ausländer ausgehändigt habe. Seine Revision hatte keinen Erfolg. Devisenausländer sind Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz haben. Für den devisenrechtlichen Begriff des

des Gnadenerlasses vom 9. September 1939 eingestellt. Bet Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte der Angeklagte jeweils bei der Aufforderung zur Abgabe von Devisen prüfen müssen, ob in dem früher gemieteten Fach nicht solche enthalten waren. Die hierin liegende Fahrlässig­ keit dauerte aber nicht unbegrenzt. Es liegt im Wesen der menschlichen Natur, daß ein Anstoß zur Beendigung einer Unterlassung in seiner Wirkung nach gewisser Zeit verblaßt, durch andere Eindrücke überdeckt wird und schwindet, ohne daß daran die gebotene pflichtmäßige Betägigung der Denk- und Willenskräfte etwas zu ändern vermöchte. Ist dieser Zeitpunkt erreicht, so hört das Ver­ schulden auf und ist die fahrlässige Unterlassung als Dauervergehen beendet. Von da an beginnt die Verjäh­ rung der Strafverfolgung. Der gleiche Zeitpunkt ist auch maßgebend für die Frage, ob die Zuwiderhandlung vor dem Stichtag eines Straffreiheitsgesetzes begangen worden ist. Ob und wann dieser Zeitpunkt eingetreten ist, unter­ liegt der tatrichterlichen Würdigung, bei der die persön­ lichen Eigenschaften des Täters und alle Tatumstände zu würdigen sind. Tritt ein neuer Anstoß ein, so kann die fahrlässige Unterlassung fortdauern, bis auch dessen Nach­ wirkungen verebbt sind. Daß das bei der hier in Frage stehenden Unterlassung lange Zeit vor dem 9. September 1939 der Fall gewesen war, konnte dem Urteilszusammen­ hang als Annahme des Landgerichts zweifelsfrei ent­ nommen werden. (IV, 29. November 1940.) Amtl. Sammlg. S. 32—35. 9. Devisenausländer. Wohnsitz. (DevG. 1935 § 11.) M. lernte durch Vermittlung von R. einen Amerikaner namens F- kennen, der sich zu Studienzwecken in Deutsch­ land aufhielt. F. übernahm es, für M. einen Auslands­ paß zu beschaffen, und verhandelte hiewegen mit dem Konsul seines Heimatlandes. R. und M. wurden mit ihm in das Konsulat bestellt; dort übergab R. aus Mitteln des M. 6000 M an F., der den Betrag an den Konsul weiterleitete. M. wurde auf Grund dieses Sachverhalts verurteilt, weil er ohne die erforderliche Genehmigung als Inländer inländische Zahlungsmittel einem Ausländer ausgehändigt habe. Seine Revision hatte keinen Erfolg. Devisenausländer sind Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz haben. Für den devisenrechtlichen Begriff des

Wohnsitzes ist maßgebend, wo jemand eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß sie beibehalten und benutzt werde. Studenten behalten ihren Wohnsitz in der Regel am Wohnsitz ihrer Eltern, weil ihnen dort ständig eine Wohnung in diesem Sinne zur Verfügung stehen wird; am Orte ihrer Studien halten sie sich regelmäßig in der Absicht auf, dort nur vorüber­ gehend zu verweilen. Daß es mit dem Aufenthalt des F. in Deutschland anders gewesen wäre, war nicht er­ sichtlich. Er wohnte, wie das bei Studenten üblich ist, in möblierten Zimmern, lebte in der Hauptsache von einem Stipendium, das ihm von seinem Heimatstaate verliehen worden war, erhielt aber auch von seiner Mutter Geld geschickt. Nach alledem war rechtlich nichts dagegen, einzu­ wenden, daß er als Devisenausländer behandelt wurde. (II, 2. Dezember 1940.) Amtl. Sammlg. S. 35—37. 10. Meineid. Strafermäszigung. Teilnahme. (StGB. §§ 50,153, 154, 157; ZPO. § 138.) In einem Scheidungs­ verfahren wurde eine Frau als Zeugin vernommen. Sie sagte aus, daß sie mit dem Kläger keine ehewidrigen Be­ ziehungen unterhalten habe. Als dieser gefragt wurde, ob die Zeugin die Aussage verantworten könne, bejahte er das. Die Zeugin wurde daraufhin vereidigt. Sie wurde wegen Meineid verurteilt, der Kläger wegen Beihilfe. Dem Kläger wurde die Ermäßigung des § 157 Nr. 1 StGB, mit der Begründung zugebilligt, die Angabe der Wahr­ heit habe eine Verfolgung wegen Ehebruch gegen ihn nach sich ziehen können. Das Reichsgericht erklärte das für falsch. Die Strafmilderung des § 157 StGB, ist aus­ drücklich nur für Zeugen und Sachverständige vorgesehen; sie hat ihren Grund in der Erwägung, daß diese im öffent­ lichen Interesse der Rechtspflege und der Wahrheitsfin­ dung in den Rechtsstreit hineingezogen werden, daß sie die erzwingbare Pflicht haben, die Wahrheit zu bekunden und den Eid zu leisten, daß sie also bei Erfüllung dieser Pflicht in einer Zwangslage stehen. Durch die Vorschrift wird der Eidesnotstand berücksichtigt, der seine besondere Natur durch den Aussage- und Zeugniszwang gewinnt. Wenn eine Partei falsch schwört, ist für sie keine Strafermäßi­ gung vorgesehen, auch wenn die Angabe der Wahrheit gegen sie eine Strafverfolgung wegen eines Verbrechens oder Vergehens nach sich ziehen könnte. Sie befindet sich 2*

Wohnsitzes ist maßgebend, wo jemand eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß sie beibehalten und benutzt werde. Studenten behalten ihren Wohnsitz in der Regel am Wohnsitz ihrer Eltern, weil ihnen dort ständig eine Wohnung in diesem Sinne zur Verfügung stehen wird; am Orte ihrer Studien halten sie sich regelmäßig in der Absicht auf, dort nur vorüber­ gehend zu verweilen. Daß es mit dem Aufenthalt des F. in Deutschland anders gewesen wäre, war nicht er­ sichtlich. Er wohnte, wie das bei Studenten üblich ist, in möblierten Zimmern, lebte in der Hauptsache von einem Stipendium, das ihm von seinem Heimatstaate verliehen worden war, erhielt aber auch von seiner Mutter Geld geschickt. Nach alledem war rechtlich nichts dagegen, einzu­ wenden, daß er als Devisenausländer behandelt wurde. (II, 2. Dezember 1940.) Amtl. Sammlg. S. 35—37. 10. Meineid. Strafermäszigung. Teilnahme. (StGB. §§ 50,153, 154, 157; ZPO. § 138.) In einem Scheidungs­ verfahren wurde eine Frau als Zeugin vernommen. Sie sagte aus, daß sie mit dem Kläger keine ehewidrigen Be­ ziehungen unterhalten habe. Als dieser gefragt wurde, ob die Zeugin die Aussage verantworten könne, bejahte er das. Die Zeugin wurde daraufhin vereidigt. Sie wurde wegen Meineid verurteilt, der Kläger wegen Beihilfe. Dem Kläger wurde die Ermäßigung des § 157 Nr. 1 StGB, mit der Begründung zugebilligt, die Angabe der Wahr­ heit habe eine Verfolgung wegen Ehebruch gegen ihn nach sich ziehen können. Das Reichsgericht erklärte das für falsch. Die Strafmilderung des § 157 StGB, ist aus­ drücklich nur für Zeugen und Sachverständige vorgesehen; sie hat ihren Grund in der Erwägung, daß diese im öffent­ lichen Interesse der Rechtspflege und der Wahrheitsfin­ dung in den Rechtsstreit hineingezogen werden, daß sie die erzwingbare Pflicht haben, die Wahrheit zu bekunden und den Eid zu leisten, daß sie also bei Erfüllung dieser Pflicht in einer Zwangslage stehen. Durch die Vorschrift wird der Eidesnotstand berücksichtigt, der seine besondere Natur durch den Aussage- und Zeugniszwang gewinnt. Wenn eine Partei falsch schwört, ist für sie keine Strafermäßi­ gung vorgesehen, auch wenn die Angabe der Wahrheit gegen sie eine Strafverfolgung wegen eines Verbrechens oder Vergehens nach sich ziehen könnte. Sie befindet sich 2*

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in einem solchen Falle allerdings auch in einer Zwangs­ lage, aber diese ist von der des Zeugen wesentlich verschie­ den. Die Partei gelangt in ihre Rolle im Verfahren nicht, wie der Zeuge, im Interesse der Rechtspflege und der Wahrheitsermittlung, sondern deswegen, weil sie an dem dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Lebensvorgange be­ teiligt ist. Deswegen hat sie auch an der Lösung der durch den Rechtsstreit gestellten Fragen mitzuwirken und. es ist ihr zuzumuten, die sich daraus ergebenden, möglicherweise nachteiligen Folgen, insbesondere eine Strafverfolgung, zu tragen. Auch durch die Wahrheitspflicht der Partei und die Möglichkeit der Parteivereidigung wird die Lage der Partei nicht der des Zeugen entsprechend. Die Wahrheits­ pflicht ist das als Rechtssatz gestaltete Verbot der Versahrenslüge. Wird eine Behauptung oder ein Bestreiten ihr zuwider als Lüge erkannt, so ist die Wirkung im Verfahren nur die, daß das Parteivorbringen insoweit unberück­ sichtigt bleibt und daß eine Verzögerungsgebühr entstehen kann. Von weiteren Strafmitteln hat das Gesetz abge-. sehen. Die Erfüllung der Wahrheitspflicht ist also im Ge­ gensatz zu der des Zeugen nicht erzwingbar. Die Partei kann auch zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung und zu deren Beeidigung überhaupt nicht gezwungen wer­ den. Wenn die Partei durch strafbare Teilnahme (Herbei­ führung oder Förderung) an einer falschen Aussage eine Beweismittelfälschung vornimmt, weicht sie damit einer Pflicht aus, zu deren Erfüllung sie ohne äußere Zwangs­ mittel und kraft ihrer Parteirolle gehalten ist. Für den Anstifter und den Gehilfen ist die Strafermäßigung beim Meineid von der Rechtsprechung ständig mit der Erklärung abgelehnt worden, daß bei ihm eine solche oder ähnliche Zwangslage wie bei dem Zeugen nicht bestehe. Das Reichsgericht bemerkte hiezu, daß die ganz allgemeine An­ wendung dieses Satzes zu unbefriedigenden Ergebnissen führen kann. Auch ein Zeuge kann im Verfahren durck seine Aussage gegenüber einem anderen Zeugen zu dessen Meineid Anstiftung oder Beihilfe begehen. Tut er das durch eine eidliche Aussage, so kann § 157 StGB, in An­ wendung kommen. Liegt die Anstiftung oder Beihilfe aber in einer uneidlichen Aussage, so ist kein Eidesnotstand auf seiner Seite gegeben und für eine Strafermäßigung liegt kein Anlaß vor. Ähnlich liegt es, wenn nach Anstiftung

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oder Beihilfe zum Meineid anderer der Teilnehmer-selbst als Zeuge zur Eidesleistung kommt und auf Grund eines neuen Vorsatzes selbst einen Meineid leistet. (II, 5. Dezem­ ber 1940.) Amtl. Sammlg. S. 37—42. Vgl. Bd. 4 S. 377; Bd. 5 S. 124; Bd. 22 S. 106; Bd. 23 S. 149; Bd. 43 S. 67; Bd. 67 S. 44; Bd. 71 S. 118; Bd. 72 S. 20; Bd. 74 S. 44; IW. 1930 S. 1310; 1938 S. 579, 1313. 11. Strafrahmen. Entsprechende Anwendung. (StGB. §§ 2, 349.) Wegen amtlicher Urkundenfälschung wurde auf eine Zuchthausstrafe erkannt. In der Revision des An­ geklagten war ausgeführt, die Tat dürfe wegen der Ge­ ringfügigkeit des Betrags, den er sich angeeignet hatte, nicht nach einem Gesetz geahndet werden, das eine so schwere Mindeststrafe vorsehe wie § 349 StGB. Das er­ klärte das Reichsgericht für verfehlt- Die Geringfügigkeit des angerichteten Schadens kann nur bei der Strafzumes­ sung berücksichtigt werden. Ganz abwegig ist die Meinung, die Ausnahmevorschrist des § 2 StGB, könne zugunsten des Angeklagten angewendet werden, wenn die angedrohte Strafe nach dem gesunden Volksempsinden zu hart er­ scheine. Ein solches Verfahren widerspräche dem Geiste des geltenden Verfahrensrechts, wonach der Richter dem Ge­ setze gemäß urteilen muß, nicht aber Gnade üben darf. (I, 6. Dezember 1940.) Amtl. Sammlg. S. 42—43. Vgl. Bd. 73 S. 398.

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Einbrnchdiebstahl.

Entsprechende

Anwendung.

(StGB. §§ 2, 243.) Eine verschlossene Kassette wurde aus einem offenen Zimmer entwendet; in einiger Entfernung von dem Haus wurde sie erbrochen und das darin befind­ liche Geld weggenommen. Die Verurteilung wegen Ein­ bruchdiebstahl wurde vom Reichsgericht gebilligt. Nach ständiger Rechtsprechung ist hiefür allerdings erforderlich, daß das Erbrechen des Behältnisses im Inneren des Ge­ bäudes oder umschlossenen Raumes stattfindet, aus dem gestohlen wird. Die Anwendung des § 2 StGB, führt aber dazu, auch auf Fälle wie den vorliegenden die Vor­ schrift anzuwenden. Ihr Grundgedanke ist, den besonders betonten und betätigten Besitzwillen dadurch stärker zu schützen, daß schwerer bestraft wird, wer ihn überwindet. Einen besonderen Besitzwillen betont, wer seine bewegliche Habe vor fremdem Zugriff so sichert, wie das ihm nach

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Nr. 11,12

oder Beihilfe zum Meineid anderer der Teilnehmer-selbst als Zeuge zur Eidesleistung kommt und auf Grund eines neuen Vorsatzes selbst einen Meineid leistet. (II, 5. Dezem­ ber 1940.) Amtl. Sammlg. S. 37—42. Vgl. Bd. 4 S. 377; Bd. 5 S. 124; Bd. 22 S. 106; Bd. 23 S. 149; Bd. 43 S. 67; Bd. 67 S. 44; Bd. 71 S. 118; Bd. 72 S. 20; Bd. 74 S. 44; IW. 1930 S. 1310; 1938 S. 579, 1313. 11. Strafrahmen. Entsprechende Anwendung. (StGB. §§ 2, 349.) Wegen amtlicher Urkundenfälschung wurde auf eine Zuchthausstrafe erkannt. In der Revision des An­ geklagten war ausgeführt, die Tat dürfe wegen der Ge­ ringfügigkeit des Betrags, den er sich angeeignet hatte, nicht nach einem Gesetz geahndet werden, das eine so schwere Mindeststrafe vorsehe wie § 349 StGB. Das er­ klärte das Reichsgericht für verfehlt- Die Geringfügigkeit des angerichteten Schadens kann nur bei der Strafzumes­ sung berücksichtigt werden. Ganz abwegig ist die Meinung, die Ausnahmevorschrist des § 2 StGB, könne zugunsten des Angeklagten angewendet werden, wenn die angedrohte Strafe nach dem gesunden Volksempsinden zu hart er­ scheine. Ein solches Verfahren widerspräche dem Geiste des geltenden Verfahrensrechts, wonach der Richter dem Ge­ setze gemäß urteilen muß, nicht aber Gnade üben darf. (I, 6. Dezember 1940.) Amtl. Sammlg. S. 42—43. Vgl. Bd. 73 S. 398.

12.

Einbrnchdiebstahl.

Entsprechende

Anwendung.

(StGB. §§ 2, 243.) Eine verschlossene Kassette wurde aus einem offenen Zimmer entwendet; in einiger Entfernung von dem Haus wurde sie erbrochen und das darin befind­ liche Geld weggenommen. Die Verurteilung wegen Ein­ bruchdiebstahl wurde vom Reichsgericht gebilligt. Nach ständiger Rechtsprechung ist hiefür allerdings erforderlich, daß das Erbrechen des Behältnisses im Inneren des Ge­ bäudes oder umschlossenen Raumes stattfindet, aus dem gestohlen wird. Die Anwendung des § 2 StGB, führt aber dazu, auch auf Fälle wie den vorliegenden die Vor­ schrift anzuwenden. Ihr Grundgedanke ist, den besonders betonten und betätigten Besitzwillen dadurch stärker zu schützen, daß schwerer bestraft wird, wer ihn überwindet. Einen besonderen Besitzwillen betont, wer seine bewegliche Habe vor fremdem Zugriff so sichert, wie das ihm nach

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oder Beihilfe zum Meineid anderer der Teilnehmer-selbst als Zeuge zur Eidesleistung kommt und auf Grund eines neuen Vorsatzes selbst einen Meineid leistet. (II, 5. Dezem­ ber 1940.) Amtl. Sammlg. S. 37—42. Vgl. Bd. 4 S. 377; Bd. 5 S. 124; Bd. 22 S. 106; Bd. 23 S. 149; Bd. 43 S. 67; Bd. 67 S. 44; Bd. 71 S. 118; Bd. 72 S. 20; Bd. 74 S. 44; IW. 1930 S. 1310; 1938 S. 579, 1313. 11. Strafrahmen. Entsprechende Anwendung. (StGB. §§ 2, 349.) Wegen amtlicher Urkundenfälschung wurde auf eine Zuchthausstrafe erkannt. In der Revision des An­ geklagten war ausgeführt, die Tat dürfe wegen der Ge­ ringfügigkeit des Betrags, den er sich angeeignet hatte, nicht nach einem Gesetz geahndet werden, das eine so schwere Mindeststrafe vorsehe wie § 349 StGB. Das er­ klärte das Reichsgericht für verfehlt- Die Geringfügigkeit des angerichteten Schadens kann nur bei der Strafzumes­ sung berücksichtigt werden. Ganz abwegig ist die Meinung, die Ausnahmevorschrist des § 2 StGB, könne zugunsten des Angeklagten angewendet werden, wenn die angedrohte Strafe nach dem gesunden Volksempsinden zu hart er­ scheine. Ein solches Verfahren widerspräche dem Geiste des geltenden Verfahrensrechts, wonach der Richter dem Ge­ setze gemäß urteilen muß, nicht aber Gnade üben darf. (I, 6. Dezember 1940.) Amtl. Sammlg. S. 42—43. Vgl. Bd. 73 S. 398.

12.

Einbrnchdiebstahl.

Entsprechende

Anwendung.

(StGB. §§ 2, 243.) Eine verschlossene Kassette wurde aus einem offenen Zimmer entwendet; in einiger Entfernung von dem Haus wurde sie erbrochen und das darin befind­ liche Geld weggenommen. Die Verurteilung wegen Ein­ bruchdiebstahl wurde vom Reichsgericht gebilligt. Nach ständiger Rechtsprechung ist hiefür allerdings erforderlich, daß das Erbrechen des Behältnisses im Inneren des Ge­ bäudes oder umschlossenen Raumes stattfindet, aus dem gestohlen wird. Die Anwendung des § 2 StGB, führt aber dazu, auch auf Fälle wie den vorliegenden die Vor­ schrift anzuwenden. Ihr Grundgedanke ist, den besonders betonten und betätigten Besitzwillen dadurch stärker zu schützen, daß schwerer bestraft wird, wer ihn überwindet. Einen besonderen Besitzwillen betont, wer seine bewegliche Habe vor fremdem Zugriff so sichert, wie das ihm nach

den gegebenen Verhältnissen möglich ist. Dabei ist nicht entscheidend, ob dieser Schutz die Sicherheit der Gegen­ stände vor fremdem Zugriff wirklich erhöht; ausschlag­ gebend ist vielmehr, daß der Bestohlene die verkehrsübliche Sicherung seiner Habseligkeiten vorgenommen hat. Die in einem verschlossenen Behältnis geborgenen Gegenstände sollen nach dem Willen des Gesetzes als in ähnlicher Weise geschützt angesehen werden wie Sachen, an die der Dieb nur durch Einbruch oder Einsteigen in das Gebäude oder den umschlossenen Raum gelangen kann. Es macht dabei keinen wesentlichen Unterschied, ob der Dieb, der in ein Ge­ bäude oder einen umschlossenen Raum eingedrungen ist, ein Behältnis, auf dessen Inhalt er es abgesehen hat, in­ nerhalb des Gebäudes oder des umschlossenen Raumes er­ bricht oder ob er es mit dem Vorsatz an sich nimmt, es außerhalb zu erbrechen und sich seinen Inhalt ganz oder teilweise anzueignen. Der Schutz, den das Behältnis den Sachen verleiht, das Hindernis, das der Täter überwinden muß, ist nach der Entfernung des Behältnisses aus dem Gebäude oder umschlossenen Raum in gleicher Weise vor­ handen. Jedenfalls muß das gelten, wenn das Erbrechen außerhalb im unmittelbaren Anschluß an die Wegnahme geschieht. Der entsprechenden Anwendung des § 243 Nr. 2 StGB, steht nicht entgegen, daß die Tat jedenfalls nach § 242 StGB, bestraft werden kann. Die Anwendung des § 2 StGB, ist nicht auf die Fälle beschränkt, in denen der Täter sonst straflos ausgehen würde; sie scheidet nur dann aus, wenn die unmittelbare Anwendung eines Straf­ gesetzes eine den Unrechtsgehalt der Tat erschöpfende an­ gemessene — dem gesunden Volksempfinden und der Ge­ rechtigkeit entsprechende — Bestrafung des Täters er­ möglicht. Ob die entsprechende Anwendung geboten ist, muß in jedem einzelnen Falle besonders geprüft werden. (II, 9. Dezember 1940.) Amtl. Sammlg. S. 43—46. Vgl. Bd. 7 S. 419; Bd. 11 S. 208; Bd. 30 S. 388; Bd. 40 S. 94; Bd. 54 S. 295; Bd. 70 S. 355, 360; Bd. 71 S. 323, 390; Bd. 72 S. 50; Bd. 73 S. 151; IW. 1905 S. 548; 1938 S. 791. 13. Urkundenfälschung. (StGB. §§ 267, 268.; Zur Führung eines Rechtsstreites war eine Vollmacht erteilt worden. Der Vollmachtträger unterzeichnete Schriftsätze, die er im Laufe des Rechtsstreits einreichte, mit dem Na-

den gegebenen Verhältnissen möglich ist. Dabei ist nicht entscheidend, ob dieser Schutz die Sicherheit der Gegen­ stände vor fremdem Zugriff wirklich erhöht; ausschlag­ gebend ist vielmehr, daß der Bestohlene die verkehrsübliche Sicherung seiner Habseligkeiten vorgenommen hat. Die in einem verschlossenen Behältnis geborgenen Gegenstände sollen nach dem Willen des Gesetzes als in ähnlicher Weise geschützt angesehen werden wie Sachen, an die der Dieb nur durch Einbruch oder Einsteigen in das Gebäude oder den umschlossenen Raum gelangen kann. Es macht dabei keinen wesentlichen Unterschied, ob der Dieb, der in ein Ge­ bäude oder einen umschlossenen Raum eingedrungen ist, ein Behältnis, auf dessen Inhalt er es abgesehen hat, in­ nerhalb des Gebäudes oder des umschlossenen Raumes er­ bricht oder ob er es mit dem Vorsatz an sich nimmt, es außerhalb zu erbrechen und sich seinen Inhalt ganz oder teilweise anzueignen. Der Schutz, den das Behältnis den Sachen verleiht, das Hindernis, das der Täter überwinden muß, ist nach der Entfernung des Behältnisses aus dem Gebäude oder umschlossenen Raum in gleicher Weise vor­ handen. Jedenfalls muß das gelten, wenn das Erbrechen außerhalb im unmittelbaren Anschluß an die Wegnahme geschieht. Der entsprechenden Anwendung des § 243 Nr. 2 StGB, steht nicht entgegen, daß die Tat jedenfalls nach § 242 StGB, bestraft werden kann. Die Anwendung des § 2 StGB, ist nicht auf die Fälle beschränkt, in denen der Täter sonst straflos ausgehen würde; sie scheidet nur dann aus, wenn die unmittelbare Anwendung eines Straf­ gesetzes eine den Unrechtsgehalt der Tat erschöpfende an­ gemessene — dem gesunden Volksempfinden und der Ge­ rechtigkeit entsprechende — Bestrafung des Täters er­ möglicht. Ob die entsprechende Anwendung geboten ist, muß in jedem einzelnen Falle besonders geprüft werden. (II, 9. Dezember 1940.) Amtl. Sammlg. S. 43—46. Vgl. Bd. 7 S. 419; Bd. 11 S. 208; Bd. 30 S. 388; Bd. 40 S. 94; Bd. 54 S. 295; Bd. 70 S. 355, 360; Bd. 71 S. 323, 390; Bd. 72 S. 50; Bd. 73 S. 151; IW. 1905 S. 548; 1938 S. 791. 13. Urkundenfälschung. (StGB. §§ 267, 268.; Zur Führung eines Rechtsstreites war eine Vollmacht erteilt worden. Der Vollmachtträger unterzeichnete Schriftsätze, die er im Laufe des Rechtsstreits einreichte, mit dem Na-

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men des Vollmachtgebers, auch einen Schriftsatz, in dem unwahre Behauptungen ausgestellt waren. Die Verurtei­ lung wegen Urkundenfälschung wurde vom Reichsgericht nicht bestätigt. Zum fälschlichen Anfertigen einer Urkunde gehört, daß der Anschein erweckt wird, als sei ein anderer als der, von dem die Urkunde herrührt, ihr Aussteller, daß also über die Person des Ausstellers getäuscht werden soll. Dabei ist nicht ausschlaggebend, wer die Urkunde körper­ lich vollzogen hat; entscheidend ist vielmehr, von wem sie geistig herrührt. Eine Urkunde kann auch dann falsch sein, wenn sie der Aussteller mit seinem richtigen Namen unter­ zeichnet hat, und sie kann auch dann echt sein, wenn der Unterzeichner mit einem fremden Namen unterzeichnet hat. Bei dem Zeichnen mit einem fremden Namen scheidet eine Urkundenfälschung aus, wenn folgende Voraussetzungen Zusammentreffen: Der Unterzeichner will den Namens­ träger vertreten; er ist befugt, ihn zu vertreten; der Namensträger will sich in der Unterschrift vertreten lassen. Wenn der Angeklagte berechtigt war, den Rechtsstreit hu Namen des Vollmachtgebers zu führen und demgemäß auch die dem Gericht (unzureichenden Schriftstücke für ihn zu unterzeichnen, konnten die Voraussetzungen gegeben sein, unter denen beim Zeichnen mit fremden Namen echte Urkunden vorliegen. Die Ansicht des Landgerichts, daß eine Urkundenfälschung schon deshalb vorliege, weil die Vollmacht zur Begehung einer strafbaren Handlung (hier eines Betrugs) benutzt wurde, erklärte das Reichsgericht für irrig. Aus dem unwahren Inhalt allein kann das Tatbestandsmerkmal der fälschlichen Anfertigung einer Ur­ kunde nicht hergeleitet werden. Allerdings kann für die Frage, ob nicht ein Mißbrauch der Urkundenform gegeben' ist, auch die Tatsache erheblich sein, daß die Urkunde einen unwahren Inhalt hat, nämlich dann, wenn die unwahren Angaben nicht von dem Willen des Namensträgers um­ faßt werden; daraus kaun sich ergeben, daß das Einreichen der Urkunde nicht dem Willen des Namensträgers ent­ sprochen, die Ermächtigung zur Unterzeichuung der Ur­ kunde mit seinen: Namen also gefehlt hat. Wenn sich der Unterzeichner der Urkunde der fehlenden Ermächtitigung bewußt war, kann er sich einer Täuschung über den Aussteller der Urkunde schuldig gemacht haben. Merk­ dual für das Vorliegen einer solcher: ist aber, daß gerade

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über die Person des Ausstellers, über das Vertretungsver­ hältnis, getäuscht werden soll, während es nicht genügt, daß mit der Urkunde über Tatsachen getäuscht werden soll, die außerhalb des Vertretungsverhältnisses liegen. Will der Unterzeichner der Urkunde den Namensträger nicht vertreten und dieser sich durch jenen nicht vertreten lassen, soll vielmehr der Anschein erweckt werden, als fei die Urkunde von einem anderen als dem ausgestellt, von dem sie herrührt, so macht sich der Unterzeichner der Ur­ kunde selbst dann einer Urkundenfälschung schuldig, wenn sich der Namensträger damit einverstanden erklärt hat, seinen Namen zu gebrauchen. Nach diesen Richtungen war der Sachverhalt neu zu prüfen. (II, 9. Dezember 1940.) Amtl. Sammlg. S. 46—49. Vgl. Bd. 43 S. 348; Bd. 45 S. 327; Bd. 68 S. 240; Illi ; Bd. 74 S. 210.

14. Fahrlässige Brandstiftung. Ursächlicher Zusammen­ hang. Unterlassung. (StGB. §§ 306, 308, 309.) Durch Selbstentzündung eines Heustocks wurde ein Gebäude in Brand gesetzt. Ter Eigentümer wurde wegen fahrlässiger Brandstiftung verurteilt, weil er unterlassen habe, recht­ zeitig die Heusonde zur Untersuchung anzufordern. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Voraussetzung für die Annahme der Ursächlichkeit einer Handlung oder Unterlassung ist der Nachweis, daß durch sie nach dem tat­ sächlichen Verlauf der Dinge eine Bedingung für den Ein­ tritt des Erfolges gesetzt worden ist. Steht das nicht fest, so gehört sie rechtlich nicht in die Ursachenreihe. Danach ergibt sich eine verschiedene Beurteilung, je nachdem eine Handlung oder eine Unterlassung in Frage steht. Bei einer Handlung ist die Ursächlichkeit zu bejahen, wenn die Handlung nicht weggedacht werden kann, ohne daß zugleich der Erfolg wegfiele. Eine Unterlassung dagegen ist nur dann ursächlich, wenn die unterlassene Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne daß zugleich der Erfolg entfiele. Im gegebenen Falle konnte die Ursächlichkeit der Unterlassung nur dann bejaht werden, wenn eine an Ge­ wißheit grenzende Wahrscheinlichkeit dafür bestand, daß bei rechtzeitiger Anforderung der Heusonde der Brand nicht ausgebrochen wäre oder doch einen wesentlich ge­ ringeren Umfang angenommen hätte. Das Landgericht hatte festgestellt, daß der Angeklagte von seiner Tochter

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über die Person des Ausstellers, über das Vertretungsver­ hältnis, getäuscht werden soll, während es nicht genügt, daß mit der Urkunde über Tatsachen getäuscht werden soll, die außerhalb des Vertretungsverhältnisses liegen. Will der Unterzeichner der Urkunde den Namensträger nicht vertreten und dieser sich durch jenen nicht vertreten lassen, soll vielmehr der Anschein erweckt werden, als fei die Urkunde von einem anderen als dem ausgestellt, von dem sie herrührt, so macht sich der Unterzeichner der Ur­ kunde selbst dann einer Urkundenfälschung schuldig, wenn sich der Namensträger damit einverstanden erklärt hat, seinen Namen zu gebrauchen. Nach diesen Richtungen war der Sachverhalt neu zu prüfen. (II, 9. Dezember 1940.) Amtl. Sammlg. S. 46—49. Vgl. Bd. 43 S. 348; Bd. 45 S. 327; Bd. 68 S. 240; Illi ; Bd. 74 S. 210.

14. Fahrlässige Brandstiftung. Ursächlicher Zusammen­ hang. Unterlassung. (StGB. §§ 306, 308, 309.) Durch Selbstentzündung eines Heustocks wurde ein Gebäude in Brand gesetzt. Ter Eigentümer wurde wegen fahrlässiger Brandstiftung verurteilt, weil er unterlassen habe, recht­ zeitig die Heusonde zur Untersuchung anzufordern. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Voraussetzung für die Annahme der Ursächlichkeit einer Handlung oder Unterlassung ist der Nachweis, daß durch sie nach dem tat­ sächlichen Verlauf der Dinge eine Bedingung für den Ein­ tritt des Erfolges gesetzt worden ist. Steht das nicht fest, so gehört sie rechtlich nicht in die Ursachenreihe. Danach ergibt sich eine verschiedene Beurteilung, je nachdem eine Handlung oder eine Unterlassung in Frage steht. Bei einer Handlung ist die Ursächlichkeit zu bejahen, wenn die Handlung nicht weggedacht werden kann, ohne daß zugleich der Erfolg wegfiele. Eine Unterlassung dagegen ist nur dann ursächlich, wenn die unterlassene Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne daß zugleich der Erfolg entfiele. Im gegebenen Falle konnte die Ursächlichkeit der Unterlassung nur dann bejaht werden, wenn eine an Ge­ wißheit grenzende Wahrscheinlichkeit dafür bestand, daß bei rechtzeitiger Anforderung der Heusonde der Brand nicht ausgebrochen wäre oder doch einen wesentlich ge­ ringeren Umfang angenommen hätte. Das Landgericht hatte festgestellt, daß der Angeklagte von seiner Tochter

auf einen verdächtigen Geruch des Heues aufmerksam ge­ macht worden war; den Feststellungen war aber nicht zu entnehmen, wo sich die anzufordernde Heusonde befand, wann sic voraussichtlich bei ihm hätte eintresfen und wann die Sondenmannschaft ihre Tätigkeit hätte beginnen und erfolgreich durchführen können. Die Ursächlichkeit der Unterlassung stand hienach keineswegs fest. (I, 7. Juni 1940.) Amtl. Sammlg. S. 49-52. Vgl. Bd. 63 S. 392; IW. 1937 S. 3087.

15. Schwerer Raub. Totschlag. Tateinheit. Verjährung. (StGB. §§ 67, 73, 214, 251; GewVerbrVO. §§ 4, 5.) B. und G. vereinbarten miteinander, eine Frau, von der sie wußten, daß sic eine größere Summe Geld abzuholen hatte, unterwegs zu überfallen und zu berauben. Wider ihr Erwarten war die Frau von einem Manne begleitet, der ihr zu ihrem Schutze mitgegeben worden war. G. stürzte sich auf die Frau, B. auf deren Begleiter. Als dieser versuchte, eine Pistole zu ziehen, schoß B. ihn nieder, ergriff aber dann sofort die Flucht. G. hatte unterdessen der Frau das Geld zu entreißen versucht; als er B. fliehen sah, ließ er von der Frau ab und floh gleichfalls. Er wurde wegen Mord zum Tode verurteilt, aber zu lebens­ länglichem Zuchthaus begnadigt. B. blieb zunächst unent­ deckt; er wurde dann wegen schwerem Raub in Tateinheit mit Totschlag zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Die Tat war schon im Juli 1921 begangen worden; es kam also in Frage, ob sie verjährt war. Das traf zu, wenn der Ange­ klagte sich nur des Totschlags schuldig gemacht hatte. So­ weit schwerer Raub in Frage kam, war die Tat beim Ver­ such geblieben; die Wegnahme des Geldes war nicht be­ endet worden, und der Umstand, daß der Tod eines An­ gegriffenen eingetreten war, bewirkte nicht die Vollendung des Raubes. Ob nach früherem Recht für die Dauer der Verjährung bei versuchten Straftaten die Strafandrohung für die versuchte oder jene für die vollendete Handlung maßgebend war, brauchte nicht entschieden zu werden, da nach der Gewaltverbrecherverordnung vom 5. Dezember 1939 die Möglichkeit geschaffen ist, für die versuchte Tat die gleiche Strafe tote für die vollendete zu verhängen. Der Versuch des Raubes ist also mit einer Höchststrafe von lebenslangem Zuchthaus bedroht; die Verjährungsfrist be-

auf einen verdächtigen Geruch des Heues aufmerksam ge­ macht worden war; den Feststellungen war aber nicht zu entnehmen, wo sich die anzufordernde Heusonde befand, wann sic voraussichtlich bei ihm hätte eintresfen und wann die Sondenmannschaft ihre Tätigkeit hätte beginnen und erfolgreich durchführen können. Die Ursächlichkeit der Unterlassung stand hienach keineswegs fest. (I, 7. Juni 1940.) Amtl. Sammlg. S. 49-52. Vgl. Bd. 63 S. 392; IW. 1937 S. 3087.

15. Schwerer Raub. Totschlag. Tateinheit. Verjährung. (StGB. §§ 67, 73, 214, 251; GewVerbrVO. §§ 4, 5.) B. und G. vereinbarten miteinander, eine Frau, von der sie wußten, daß sic eine größere Summe Geld abzuholen hatte, unterwegs zu überfallen und zu berauben. Wider ihr Erwarten war die Frau von einem Manne begleitet, der ihr zu ihrem Schutze mitgegeben worden war. G. stürzte sich auf die Frau, B. auf deren Begleiter. Als dieser versuchte, eine Pistole zu ziehen, schoß B. ihn nieder, ergriff aber dann sofort die Flucht. G. hatte unterdessen der Frau das Geld zu entreißen versucht; als er B. fliehen sah, ließ er von der Frau ab und floh gleichfalls. Er wurde wegen Mord zum Tode verurteilt, aber zu lebens­ länglichem Zuchthaus begnadigt. B. blieb zunächst unent­ deckt; er wurde dann wegen schwerem Raub in Tateinheit mit Totschlag zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Die Tat war schon im Juli 1921 begangen worden; es kam also in Frage, ob sie verjährt war. Das traf zu, wenn der Ange­ klagte sich nur des Totschlags schuldig gemacht hatte. So­ weit schwerer Raub in Frage kam, war die Tat beim Ver­ such geblieben; die Wegnahme des Geldes war nicht be­ endet worden, und der Umstand, daß der Tod eines An­ gegriffenen eingetreten war, bewirkte nicht die Vollendung des Raubes. Ob nach früherem Recht für die Dauer der Verjährung bei versuchten Straftaten die Strafandrohung für die versuchte oder jene für die vollendete Handlung maßgebend war, brauchte nicht entschieden zu werden, da nach der Gewaltverbrecherverordnung vom 5. Dezember 1939 die Möglichkeit geschaffen ist, für die versuchte Tat die gleiche Strafe tote für die vollendete zu verhängen. Der Versuch des Raubes ist also mit einer Höchststrafe von lebenslangem Zuchthaus bedroht; die Verjährungsfrist be-

trägt demgemäß 20 Jahre. Die Gewaltverbrecherverord­ nung konnte allerdings im gegebenen Falle nicht zur An­ wendung kommen, weil die Zustimmung der Staatsan­ waltschaft fehlte; für die Verjährungsfrist kam das aber nicht in Betracht. Für die Anwendbarkeit der Vorschrift über schweren Raub kam es auch nicht darauf an, ob durch die beim Raub verübte Gewalt der, den der Täter hatte berauben wollen, oder ein anderer getötet worden ist; zum Tatbestände gehört nur, daß sich die Gewalt gegen den Getöteten gerichtet hat. In Frage kam aber, ob nicht hinsichtlich des Raubes strafbefreiender Rücktritt vom Versuch vorlag, da auch G. den Versuch aufgegeben hatte. Das Reichsgericht kam auf Grund der Feststellungen des Landgerichts zu dem Ergebnis, daß sich der Angeklagte eines Verbrechens gegen § 214 StGB, schuldig gemacht hatte; er hatte beim Unternehmen eines Raubes vor­ sätzlich einen Menschen getötet, um ein der Ausführung des Raubes entgegentretendes Hindernis zu beseitigen. Diese Straftat war nicht verjährt, weil sie durch das zur Zeit der Tat geltende Gesetz mit lebenslangem Zuchthaus be­ droht war. Der Totschlag und die strafbare Handlung, bei deren Unternehmen er verübt wird, brauchen nicht im Verhältnis der Tatmehrheit zu einander stehen; jeden­ falls gilt das dann nicht, wenn der Totschlag einen an­ deren betrifft, als den, gegen den sich die strafbare Hand­ lung wendet. Der Raub hatte sich nur gegen die Frau, nicht auch gegen ihren Begleiter gewendet; der Totschlag stand damit in Tateinheit. Selbst die Verurteilung aus § 214 auszusprechen war das Reichsgericht nicht in der Lage, weil der Angeklagte nicht auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes hingewiesen worden war. (IV, 10. Dezember 1940.) Amtt. Sammlg. S. 52—56. Vgl. Bd. 47 S. 358; Bd. 54 S. 177; Bd. 57 S. 67; Bd. 59 S. 412.

16. Schwarze Bankkonten. Steuerordnungswidrigkeit. Verjährung. Straffreiheit. Einstellung. Anwendung ver­ schiedener Strafgesetze. (StGB. § 2a; RAbgO. §§ 163, 407, 413; Gnadenerlaß vom 9. September 1939.) Wegen Errichtung schwarzer Konten im Jahr 1936 wurde im Jahr 1939 auf eine Geldstrafe erkannt. Der Angeklagte berief sich in seiner Revision darauf, daß durch die Neufassung der Reichsabgabenordnung vom 4. Juli 1939 die hiefür vor-

trägt demgemäß 20 Jahre. Die Gewaltverbrecherverord­ nung konnte allerdings im gegebenen Falle nicht zur An­ wendung kommen, weil die Zustimmung der Staatsan­ waltschaft fehlte; für die Verjährungsfrist kam das aber nicht in Betracht. Für die Anwendbarkeit der Vorschrift über schweren Raub kam es auch nicht darauf an, ob durch die beim Raub verübte Gewalt der, den der Täter hatte berauben wollen, oder ein anderer getötet worden ist; zum Tatbestände gehört nur, daß sich die Gewalt gegen den Getöteten gerichtet hat. In Frage kam aber, ob nicht hinsichtlich des Raubes strafbefreiender Rücktritt vom Versuch vorlag, da auch G. den Versuch aufgegeben hatte. Das Reichsgericht kam auf Grund der Feststellungen des Landgerichts zu dem Ergebnis, daß sich der Angeklagte eines Verbrechens gegen § 214 StGB, schuldig gemacht hatte; er hatte beim Unternehmen eines Raubes vor­ sätzlich einen Menschen getötet, um ein der Ausführung des Raubes entgegentretendes Hindernis zu beseitigen. Diese Straftat war nicht verjährt, weil sie durch das zur Zeit der Tat geltende Gesetz mit lebenslangem Zuchthaus be­ droht war. Der Totschlag und die strafbare Handlung, bei deren Unternehmen er verübt wird, brauchen nicht im Verhältnis der Tatmehrheit zu einander stehen; jeden­ falls gilt das dann nicht, wenn der Totschlag einen an­ deren betrifft, als den, gegen den sich die strafbare Hand­ lung wendet. Der Raub hatte sich nur gegen die Frau, nicht auch gegen ihren Begleiter gewendet; der Totschlag stand damit in Tateinheit. Selbst die Verurteilung aus § 214 auszusprechen war das Reichsgericht nicht in der Lage, weil der Angeklagte nicht auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes hingewiesen worden war. (IV, 10. Dezember 1940.) Amtt. Sammlg. S. 52—56. Vgl. Bd. 47 S. 358; Bd. 54 S. 177; Bd. 57 S. 67; Bd. 59 S. 412.

16. Schwarze Bankkonten. Steuerordnungswidrigkeit. Verjährung. Straffreiheit. Einstellung. Anwendung ver­ schiedener Strafgesetze. (StGB. § 2a; RAbgO. §§ 163, 407, 413; Gnadenerlaß vom 9. September 1939.) Wegen Errichtung schwarzer Konten im Jahr 1936 wurde im Jahr 1939 auf eine Geldstrafe erkannt. Der Angeklagte berief sich in seiner Revision darauf, daß durch die Neufassung der Reichsabgabenordnung vom 4. Juli 1939 die hiefür vor-

gesehene Strafbestimmung des § 407 RAbgO. aufgehoben worden sei. Das war allerdings richtig; die Tat ist aber nunmehr nach § 413 RAbgO. als Steuerordnungs­ widrigkeit zu bestrafen. Das Landgericht konnte zwischen den beiden Vorschriften wählen. Eine teilweise Anwen­ dung beider Strafgesetze war nicht zulässig; es war auch unrichtig, wenn das Landgericht die Strafe aus § 413 höher bemaß, weil nach § 407 eine Einziehung zulässig gewesen wäre. § 413 ist nur dann anwendbar, wenn die Zuwiderhandlung gegen das Steuergesetz nicht den Tatbestand eines anderen Steuervergehens erfüllt. Der Umstand, daß der Angeklagte auch wegen zweier selbstän­ diger Steuerhinterziehungen verurteilt wurde, stand der Bestrafung aus § 413 nicht entgegen. Die Anwendung dieser Vorschrift scheidet nicht schon dann aus, wenn über­ haupt eine Bestrafung wegen eines Steuervergehens aus­ gesprochen wird, sondern nur dann, wenn gerade die Zu­ widerhandlung gegen das Strafgesetz, die sonst nach § 413 strafbar wäre, den Tatbestand eines anderen Steuer­ vergehens erfüllt. Nach dem festgestellten Sachverhalt war die Errichtung der faschen Konten an sich ohne Ein­ fluß auf die unrichtige Steuerveranlagung und die dadurch vollendete Steuerhinterziehung geblieben; der Angeklagte wollte damit auch einen solchen Erfolg nicht herbeiführen. Die Strafandrohung aus § 413 verjährt nach einem Jahr. Bis zur Neufassung der Reichsabgabenordnung vom Jahr 1939 war aber die Tat des Angeklagten nach § 407 zu be­ urteilen; hiefür lief eine Verjährungszeit von fünf Jah­ ren. Diese Zeit war zur Zeit des Urteils noch nicht abgelaufen. Die Verjährungsfrist für die Steuerordnungs­ widrigkeit nach § 413 war wiederholt unterbrochen wor­ den. — Am 13. Dezember 1939 wurde eine Frau wegen Steuerhinterziehung zu einer Gefängnisstrafe und einer Geldstrafe von 10 000 M verurteilt. Nach Verkündung des Urteils wurde entdeckt, daß die Tat unter den Gna­ denerlaß vom 9. September 1939 siel. Das Landgericht hob daraufhin durch Beschluß vorn 16. Dezember 1939 das Urteil auf und stellte das Verfahren ein. Der Beschluß wurde der Verwaltungsbehörde, die als Nebenklägerin an dem Verfahren teilgenommen hatte, am 13. März 1940 zugestellt; sie legte keine Beschwerde dagegen ein, wohl aber am 21. März 1940 Revision gegen das Urteil. Diese

wurde als unzulässig verworfen. Das Reichsgericht ließ die Frage offen, ob das Landgericht befugt war, das Ur­ teil durch Beschluß wieder aufzuheben; nachdem aber gegen den Beschluß keine Beschwerde eingelegt worden war, hatte er die Rechtskraft erlangt, mochte er zu Recht oder zu Unrecht ergangen sein. Der Auffassung, daß ein solcher Beschluß als nichtige Amtshandlung einer Rechtskraft überhaupt nicht fähig sei, schloß sich das Reichsgericht nicht an. Die weitere Behandlung der Revision war also un­ zulässig. (I, 17. Dezember 1940.) Amtl. Sammlg. S. 56—59. Vgl. Bd. 40 S. 271; Bd. 67 S. 145; Bd. 74 S. 132.

17. Versicherungsbetrug. Entsprechende Anwendung. (StGB. §.§ 2, 265.) Der Eigentümer eines Erbhofs über­ ließ diesen seinem Sohne zur Bewirtschaftung. Er hatte den Hof gegen Brandschaden versichert. Sein Sohn setzte eine zum Hof gehörige Scheune in Brand. Er wurde wegen Verbrechen gegen die Kriegswirtschaftsverordnung in Tateinheit mit Brandstiftung und Versicherungsbetrug verurteilt. Das Reichsgericht vernües die Sache zurück. Nach § 265 StGB, wird bestraft, wer in betrügerischer Absicht eine gegen Feuersgefahr versicherte Sache in Brand setzt. Die betrügerische Absicht muß darin liegen, daß der Brandstifter sich oder einem anderen eine Versiche­ rungssumme verschaffen will, auf die kein Anspruch besteht. Tie Versicherung war vom Vater des Angeklagten genom­ men worden; daß dieser an der Brandstiftung beteiligt gewesen wäre, oder daß aus einem anderen Grunde der Anspruch auf die Versicherungssumme für ihn.nicht ententstanden wäre, war nicht festgestellt. Wenn eine Fest­ stellung in dieser Richtung nicht getroffen werden konnte, kam gemäß § 2 StGB, eine entsprechende Anwendung des § 265 StGB, in Betracht. Voraussetzung hiefür war, daß der Angeklagte zu dem Erbhof in einem Ver­ hältnis stand, das ihn als den wahren Herrn des Hofes und als den erscheinen ließ, der an der Erlangung und Verwendung der Versicherungssumme wirtschaftlich in erster Reihe interessiert war. Das gesunde Volksemp­ finden lehnt sich in einem solchen Falle dagegen auf, wenn sich der Angeklagte dahinter verschanzen wollte, daß der Form nach sein Vater noch Eigentümer des Erb­ hofs und Versicherungsnehmer war. Da Tateinheit mit

wurde als unzulässig verworfen. Das Reichsgericht ließ die Frage offen, ob das Landgericht befugt war, das Ur­ teil durch Beschluß wieder aufzuheben; nachdem aber gegen den Beschluß keine Beschwerde eingelegt worden war, hatte er die Rechtskraft erlangt, mochte er zu Recht oder zu Unrecht ergangen sein. Der Auffassung, daß ein solcher Beschluß als nichtige Amtshandlung einer Rechtskraft überhaupt nicht fähig sei, schloß sich das Reichsgericht nicht an. Die weitere Behandlung der Revision war also un­ zulässig. (I, 17. Dezember 1940.) Amtl. Sammlg. S. 56—59. Vgl. Bd. 40 S. 271; Bd. 67 S. 145; Bd. 74 S. 132.

17. Versicherungsbetrug. Entsprechende Anwendung. (StGB. §.§ 2, 265.) Der Eigentümer eines Erbhofs über­ ließ diesen seinem Sohne zur Bewirtschaftung. Er hatte den Hof gegen Brandschaden versichert. Sein Sohn setzte eine zum Hof gehörige Scheune in Brand. Er wurde wegen Verbrechen gegen die Kriegswirtschaftsverordnung in Tateinheit mit Brandstiftung und Versicherungsbetrug verurteilt. Das Reichsgericht vernües die Sache zurück. Nach § 265 StGB, wird bestraft, wer in betrügerischer Absicht eine gegen Feuersgefahr versicherte Sache in Brand setzt. Die betrügerische Absicht muß darin liegen, daß der Brandstifter sich oder einem anderen eine Versiche­ rungssumme verschaffen will, auf die kein Anspruch besteht. Tie Versicherung war vom Vater des Angeklagten genom­ men worden; daß dieser an der Brandstiftung beteiligt gewesen wäre, oder daß aus einem anderen Grunde der Anspruch auf die Versicherungssumme für ihn.nicht ententstanden wäre, war nicht festgestellt. Wenn eine Fest­ stellung in dieser Richtung nicht getroffen werden konnte, kam gemäß § 2 StGB, eine entsprechende Anwendung des § 265 StGB, in Betracht. Voraussetzung hiefür war, daß der Angeklagte zu dem Erbhof in einem Ver­ hältnis stand, das ihn als den wahren Herrn des Hofes und als den erscheinen ließ, der an der Erlangung und Verwendung der Versicherungssumme wirtschaftlich in erster Reihe interessiert war. Das gesunde Volksemp­ finden lehnt sich in einem solchen Falle dagegen auf, wenn sich der Angeklagte dahinter verschanzen wollte, daß der Form nach sein Vater noch Eigentümer des Erb­ hofs und Versicherungsnehmer war. Da Tateinheit mit

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Strafsachen Bd. 75

Nr. 18

den anderen Straftaten angenommen worden war, unter­ lag das ganze Urteil der Aufhebung. (III, 6. Januar 1941). Amtl. Sammlg. S. 60- -62.

18.

Betrug.

Vermögensbeschädigung.

Kleiderkarle.

(StGB. § 263.) Eine Frau überließ auf Grund falscher Behauptungen mehrere Teilabschnitte ihrer Kleiderkarte gegen Entgelt einem anderen. Dieser wurde wegen Be­ trug verurteilt. Seine Revision hatte keinen Erfolg. Die Verordnung über die Verbrauchsregelung für Spinnstoff­ waren vom 14. November 1939 schreibt vor, daß bestimmte Spinnstoffwaren nur auf Bezugskarte (Kleiderkarte) oder gegen Bezugsschein an Verbraucher abgegeben und von diesen bezogen werden dürfen. Da auf diese Weise der Bezug bestimmter Waren an den Besitz der Kleiderkarte und an die Abgabe einer bestimmten Anzahl von Teilab­ schnitten geknüpft ist, stellt schon der Besitz der Kleiderkarte einen Vermögensbestandteil dar. ' Der Begriff des Ver­ mögens im § 263 StGB, ist wesentlich wirtschaftlicher Art und nicht an die durch das bürgerliche Recht gezogenen Grenzen gebunden. Indem die Frau Abschnitte ihrer Kleiderkarte weggab, beraubte sie sich der Möglichkeit, zu angemessenen Preisen Spinnstoffwaren für sich zu er­ werben. Diese Vermögensminderung wurde auch durch das Entgelt, das sie dafür erhielt, nicht ausgeglichen. Der Wille des Gesetzgebers ging bei der Schaffung der Klei­ derkarte dahin, während des Krieges jedem Volksgenossen die Möglichkeit, aber auch die Gewähr zu geben, sich hin­ reichend mit Spinnstoffwaren zu versehen, und zwar zu Preisen, die auch den ärmeren Volksgenossen die Deckung des notwendigen Bedarfs gestatten. Dieses Ziel konnte nur dann erreicht werden, wenn die Kleiderkarte selbst wie auch ihre Teilabschnitte dem bürgerlichen Rechtsverkehr in der Hand des berechtigten Besitzers entzogen wurden, so­ weit nicht ihr bestimmungsgemäßer Gebrauch in Frage kam. Der Vermögenswert der Kleiderkarte liegt nicht in einem Handelswert, sondern darin, daß sie den Erwerb von Spinnstoffen zu angemessenen Preisen ermöglicht. Be­ sitzt aber die Kleiderkarte keinen Handelswert, steht sie überhaupt außerhalb des Rechtsverkehrs, so bleibt dieBermögensminderung, die der rechtm-äßige Besitzer durch ihre Weggabe erleidet, auch dann bestehen, wenn er vom Er­ werber eine Entschädigung dafür erhält. Es war auch

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den anderen Straftaten angenommen worden war, unter­ lag das ganze Urteil der Aufhebung. (III, 6. Januar 1941). Amtl. Sammlg. S. 60- -62.

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Betrug.

Vermögensbeschädigung.

Kleiderkarle.

(StGB. § 263.) Eine Frau überließ auf Grund falscher Behauptungen mehrere Teilabschnitte ihrer Kleiderkarte gegen Entgelt einem anderen. Dieser wurde wegen Be­ trug verurteilt. Seine Revision hatte keinen Erfolg. Die Verordnung über die Verbrauchsregelung für Spinnstoff­ waren vom 14. November 1939 schreibt vor, daß bestimmte Spinnstoffwaren nur auf Bezugskarte (Kleiderkarte) oder gegen Bezugsschein an Verbraucher abgegeben und von diesen bezogen werden dürfen. Da auf diese Weise der Bezug bestimmter Waren an den Besitz der Kleiderkarte und an die Abgabe einer bestimmten Anzahl von Teilab­ schnitten geknüpft ist, stellt schon der Besitz der Kleiderkarte einen Vermögensbestandteil dar. ' Der Begriff des Ver­ mögens im § 263 StGB, ist wesentlich wirtschaftlicher Art und nicht an die durch das bürgerliche Recht gezogenen Grenzen gebunden. Indem die Frau Abschnitte ihrer Kleiderkarte weggab, beraubte sie sich der Möglichkeit, zu angemessenen Preisen Spinnstoffwaren für sich zu er­ werben. Diese Vermögensminderung wurde auch durch das Entgelt, das sie dafür erhielt, nicht ausgeglichen. Der Wille des Gesetzgebers ging bei der Schaffung der Klei­ derkarte dahin, während des Krieges jedem Volksgenossen die Möglichkeit, aber auch die Gewähr zu geben, sich hin­ reichend mit Spinnstoffwaren zu versehen, und zwar zu Preisen, die auch den ärmeren Volksgenossen die Deckung des notwendigen Bedarfs gestatten. Dieses Ziel konnte nur dann erreicht werden, wenn die Kleiderkarte selbst wie auch ihre Teilabschnitte dem bürgerlichen Rechtsverkehr in der Hand des berechtigten Besitzers entzogen wurden, so­ weit nicht ihr bestimmungsgemäßer Gebrauch in Frage kam. Der Vermögenswert der Kleiderkarte liegt nicht in einem Handelswert, sondern darin, daß sie den Erwerb von Spinnstoffen zu angemessenen Preisen ermöglicht. Be­ sitzt aber die Kleiderkarte keinen Handelswert, steht sie überhaupt außerhalb des Rechtsverkehrs, so bleibt dieBermögensminderung, die der rechtm-äßige Besitzer durch ihre Weggabe erleidet, auch dann bestehen, wenn er vom Er­ werber eine Entschädigung dafür erhält. Es war auch

gleichgültig, ob die Frau die Abschnitte ihrer Kleiderkarte deshalb weggab, weil sie genügend Spinnstoffe besaß oder kein Geld hatte, weitere anzuschaffen. Selbst wenn das für den Zeitpunkt, da die Weggabe vorgenommen wurde, zutraf, stand doch nicht fest, ob sich nicht die Verhältnisse noch während der Gültigkeitsdauer der Kleiderkarte änderten. (1,10. Januar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 62—64. Vgl. Bd. 16 S. 1; Bd. 66 S. 337; Bd. 68 S. 379; Bd. 74 S. 382. 19. Kinderraub. Entsprechende Anwendung. (StGB. §§ 2, 235.) Zwei Volksdeutsche Kinder aus Polen, die von dort geflüchtet waren, wurden durch ein Fürsorgeamt in einem Heim untergebracht. Ein Mann, der sie vor der Unterbringung kennen gelernt hatte, rief die Leitung des Heimes an, gab sich als Beamter des zuständigen Amts­ gerichts aus und verlangte, daß die Kinder in das Amts­ gericht, und zwar in ein bestimmtes Zimmer, vorgeführt werden sollten. Eine Schwester des Heimes brachte die Kinder dorthin; während diese sich in das Zimmer begab, trat er zu den vor der Tür wartenden Kindern, sagte ihnen, ihr Vater warte vor dem Hause auf sie und nahm sie mit sich fort. Er zog selbst bettelnd umher und wollte die Kinder mit sich nehmen, um auf diese Weise größere Gaben zu erhalten. Seine Verurteilung wegen Kindsraub wurde vom Reichsgericht gebilligt. Allerdings hatte er die Kinder weder ihren Eltern noch ihrem Vormund oder Pfleger entzogen; durch die Entziehung der Kinder aus der Obhut des Fürsorgeamtes hatte er aber eine Tat be­ gangen, die nach dem Grundgedanken des § 235 StGB, und nach gesundem Volksempfinden Strafe verdiente. Gemäß § 2 StGB, war seine Bestrafung zulässig und geboten. (IV, 17. Dezember 1940. • Ämtl. Sammlg. S. 65—68. 20. Arzt. Nothilfe. Unglücksfall. Entsprechende An­ wendung. (StGB. §§ 2, 221, 222, 230, 330 c, 360 Nr. 10; GewO. § 144.) Ein Arzt wurde ersucht, zu einer schwer­ kranken Frau zu kommen. Er erklärte, er habe keine Zeit, werde aber am folgenden Tage kommen. Er kam erst drei Tage später zu der Frau. Diese hatte inzwischen einen an­ deren Arzt beigezogen; auf dessen Anordnung wurde sie in das Krankenhaus verbracht, wo sie einige Tage später starb. In einem anderen Falle war eine Frau zu dem

gleichgültig, ob die Frau die Abschnitte ihrer Kleiderkarte deshalb weggab, weil sie genügend Spinnstoffe besaß oder kein Geld hatte, weitere anzuschaffen. Selbst wenn das für den Zeitpunkt, da die Weggabe vorgenommen wurde, zutraf, stand doch nicht fest, ob sich nicht die Verhältnisse noch während der Gültigkeitsdauer der Kleiderkarte änderten. (1,10. Januar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 62—64. Vgl. Bd. 16 S. 1; Bd. 66 S. 337; Bd. 68 S. 379; Bd. 74 S. 382. 19. Kinderraub. Entsprechende Anwendung. (StGB. §§ 2, 235.) Zwei Volksdeutsche Kinder aus Polen, die von dort geflüchtet waren, wurden durch ein Fürsorgeamt in einem Heim untergebracht. Ein Mann, der sie vor der Unterbringung kennen gelernt hatte, rief die Leitung des Heimes an, gab sich als Beamter des zuständigen Amts­ gerichts aus und verlangte, daß die Kinder in das Amts­ gericht, und zwar in ein bestimmtes Zimmer, vorgeführt werden sollten. Eine Schwester des Heimes brachte die Kinder dorthin; während diese sich in das Zimmer begab, trat er zu den vor der Tür wartenden Kindern, sagte ihnen, ihr Vater warte vor dem Hause auf sie und nahm sie mit sich fort. Er zog selbst bettelnd umher und wollte die Kinder mit sich nehmen, um auf diese Weise größere Gaben zu erhalten. Seine Verurteilung wegen Kindsraub wurde vom Reichsgericht gebilligt. Allerdings hatte er die Kinder weder ihren Eltern noch ihrem Vormund oder Pfleger entzogen; durch die Entziehung der Kinder aus der Obhut des Fürsorgeamtes hatte er aber eine Tat be­ gangen, die nach dem Grundgedanken des § 235 StGB, und nach gesundem Volksempfinden Strafe verdiente. Gemäß § 2 StGB, war seine Bestrafung zulässig und geboten. (IV, 17. Dezember 1940. • Ämtl. Sammlg. S. 65—68. 20. Arzt. Nothilfe. Unglücksfall. Entsprechende An­ wendung. (StGB. §§ 2, 221, 222, 230, 330 c, 360 Nr. 10; GewO. § 144.) Ein Arzt wurde ersucht, zu einer schwer­ kranken Frau zu kommen. Er erklärte, er habe keine Zeit, werde aber am folgenden Tage kommen. Er kam erst drei Tage später zu der Frau. Diese hatte inzwischen einen an­ deren Arzt beigezogen; auf dessen Anordnung wurde sie in das Krankenhaus verbracht, wo sie einige Tage später starb. In einem anderen Falle war eine Frau zu dem

gleichgültig, ob die Frau die Abschnitte ihrer Kleiderkarte deshalb weggab, weil sie genügend Spinnstoffe besaß oder kein Geld hatte, weitere anzuschaffen. Selbst wenn das für den Zeitpunkt, da die Weggabe vorgenommen wurde, zutraf, stand doch nicht fest, ob sich nicht die Verhältnisse noch während der Gültigkeitsdauer der Kleiderkarte änderten. (1,10. Januar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 62—64. Vgl. Bd. 16 S. 1; Bd. 66 S. 337; Bd. 68 S. 379; Bd. 74 S. 382. 19. Kinderraub. Entsprechende Anwendung. (StGB. §§ 2, 235.) Zwei Volksdeutsche Kinder aus Polen, die von dort geflüchtet waren, wurden durch ein Fürsorgeamt in einem Heim untergebracht. Ein Mann, der sie vor der Unterbringung kennen gelernt hatte, rief die Leitung des Heimes an, gab sich als Beamter des zuständigen Amts­ gerichts aus und verlangte, daß die Kinder in das Amts­ gericht, und zwar in ein bestimmtes Zimmer, vorgeführt werden sollten. Eine Schwester des Heimes brachte die Kinder dorthin; während diese sich in das Zimmer begab, trat er zu den vor der Tür wartenden Kindern, sagte ihnen, ihr Vater warte vor dem Hause auf sie und nahm sie mit sich fort. Er zog selbst bettelnd umher und wollte die Kinder mit sich nehmen, um auf diese Weise größere Gaben zu erhalten. Seine Verurteilung wegen Kindsraub wurde vom Reichsgericht gebilligt. Allerdings hatte er die Kinder weder ihren Eltern noch ihrem Vormund oder Pfleger entzogen; durch die Entziehung der Kinder aus der Obhut des Fürsorgeamtes hatte er aber eine Tat be­ gangen, die nach dem Grundgedanken des § 235 StGB, und nach gesundem Volksempfinden Strafe verdiente. Gemäß § 2 StGB, war seine Bestrafung zulässig und geboten. (IV, 17. Dezember 1940. • Ämtl. Sammlg. S. 65—68. 20. Arzt. Nothilfe. Unglücksfall. Entsprechende An­ wendung. (StGB. §§ 2, 221, 222, 230, 330 c, 360 Nr. 10; GewO. § 144.) Ein Arzt wurde ersucht, zu einer schwer­ kranken Frau zu kommen. Er erklärte, er habe keine Zeit, werde aber am folgenden Tage kommen. Er kam erst drei Tage später zu der Frau. Diese hatte inzwischen einen an­ deren Arzt beigezogen; auf dessen Anordnung wurde sie in das Krankenhaus verbracht, wo sie einige Tage später starb. In einem anderen Falle war eine Frau zu dem

Arzt in die Sprechstunde gekommen. Er stellte Halsentzün­ dung bei ihr fest, verschrieb ihr Arznei, ordnete Bettruhe an und bestellte sie für einige Tage später in die Sprech­ stunde. Statt ihrer kam ihr Mann und bat um den Be­ such des Arztes, da sich der Zustand der Frau verschlech­ tert habe. Er lehnte wegen Zeitmangel ab. Zwei Tage später starb die Frau. Die Verurteilung wegen unter­ lassener Hilfeleistung wurde vom Reichsgericht nicht be­ stätigt. Zum Tatbestand des § 330 c StGB, gehört, daß ein Unglücksfall, gemeine Gefahr oder gemeine Not vorliegt und daß der Täter Hilfe zu leisten unterläßt, die er nach gesundem Volksempfinden mit Rücksicht auf das Ereignis zu leisten hat. Keine dieser Voraussetzungen war erfüllt; insbesondere konnten die Krankheiten der beiden Frauen nicht als Unglücksfall angesehen werden. Hiefür ist stets erforderlich, daß es sich um ein plötzliches Ein­ treten eines schädigenden Ereignisses handelt. Die Vor­ schrift geht von Ereignissen aus, bei denen in der Regel unmittelbare Gefahr entweder für Leib und Leben von Menschen oder für bedeutende Sachgüter und damit die Pflicht zur Nothilfe auch für jeden Unbeteiligten sofort er­ kennbar ist. An diesen Merkmalen fehlt es bei Erkran­ kungen, auch wenn sie als schwer zu erachten sind. Die Schwere einer Krankheit ist zudem vielfach nicht auf Grund des äußeren Erscheinungsbildes zu beurteilen, sondern auch für den Sachkundigen nur auf Grund mehr oder weniger umfangreicher Feststellungen und Beobachtungen aller Art möglich. Die Pflicht zur Nothilfe besteht auch für den Arzt im Einzelfalle nur unter denselben Voraussetzungen wie für jedermann; die in § 144 GewO, angeordnete Auf­ hebung des Zwanges zu ärztlicher Hilfe ist durch § 330 c StGB, nicht geändert worden. Eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung hatte das Landgericht abgelehnt, weil der Angeklagte weder damit gerechnet noch es gebilligt habe, daß durch das Unterbleiben einer Behandlung der Kranken ein tödlicher Ausgang der Krankheiten verursacht werden könne. An diese Feststellungen war das Revisions­ gericht gebunden. Ein Verlassen der Frauen in hilfloser Lage kam nicht in Betracht, da die beiden Frauen mit Hilfe ihrer Angehörigen andere Ärzte beiziehen konnten. Auch eine entsprechende Anwendung des § 330 c lehnte das Reichsgericht ab. Der Grundgedanke der Vorschrift ist,

in Notfällen, der im Gesetz besonders bezeichneten Art sicherzustellen, daß jene, die im Einzelfalle nach gesundem Bolksempsinden dafür in Betracht kommen, die Pflicht zur .Hilfeleistung erfüllen. Für eine entsprechende Anwendung ist nur Raum, wenn der Anlaß für die Hilfeleistung in seinem Wesen den Fällen entspricht, für die der Gesetz­ geber die ganz allgemeine, also jedermann betreffende Pflicht zur Hilfeleistung angeordnet hat. Man kann z. B. an den Fall denken, daß ein Kranker, der sich nicht allein zu helfen vermag, plötzlich ohne Hilfe ist, weil der, der bis­ her für ihn gesorgt hat, ihn verlassen hat; auch ähnliche Fälle sind denkbar, in denen nach gesundem Volksempfin­ den eine sofortige Fürsorge Pflichtgebot für jeden ist, der die Sachlage in ihrem äußeren Erscheinungsbild erkennt. All das traf hier nicht zu. (II, 19. Dezember 1941.) Amtl. Sammlg. S. 68—75. Vgl. Bd. 7 S. 111; Bd. 31 S. 165; Bd. 71 S. 209. 21. Untreue. Wettbewerbsverbot. (StGB. § 266; Unl. WG. §§ 17, 18). Der Chemiker S. war in einer Fabrik, in der Filtergeräte und die dazu gehörigen Filterstoffe hergestellt wurden, mit der Leitung eines Versuchslabo­ ratoriums betraut; auch außerhalb der Werkeinrichtungen hatte er bei Versuchen tätig zu sein. Nach dem Vertrag war er verpflichtet, seine ganze Kraft dem Unternehmen zu widmen. Für den Fall der Auslösung des Dienstver­ hältnisses wurde vereinbart, daß er auf Verlangen der Fabrik zwei Jahre lang bei einem Konkurrenzunternehmen weder eintreten, noch sich unmittelbar oder mittelbar dar­ an beteiligen dürfe. Ein anderer Chemiker kam mit ihm darauf zu sprechen, wie gebrauchte Filterstoffe durch ein be­ stimmtes Regenerierungsverfahren gereinigt und wieder gebrauchsfähig gemacht werden könnten. Im Anschluß an diese Unterhaltung entstand der Plan, dieses Verfahren zur Wiedergewinnung von Filterstosfen auszunutzen und zu diesem Zweck ein eigenes Werk einzurichten; S. sollte nach Beendigung seines Dienstverhältnisses dort eintreten. Am 15. August 1937 kündigte er seinen Anstellungsvertrag fristlos. Das Arbeitsgericht erklärte diese Kündigung für unzulässig, dagegen eine von der Fabrik am 8. September 1937 ausgesprochene Kündigung für wirksam. Teils vor, teils nach der Kündigung nahm er eine Reihe von Hand­ lungen vor, die sich auf die Gründung des neuen Unterneh-

in Notfällen, der im Gesetz besonders bezeichneten Art sicherzustellen, daß jene, die im Einzelfalle nach gesundem Bolksempsinden dafür in Betracht kommen, die Pflicht zur .Hilfeleistung erfüllen. Für eine entsprechende Anwendung ist nur Raum, wenn der Anlaß für die Hilfeleistung in seinem Wesen den Fällen entspricht, für die der Gesetz­ geber die ganz allgemeine, also jedermann betreffende Pflicht zur Hilfeleistung angeordnet hat. Man kann z. B. an den Fall denken, daß ein Kranker, der sich nicht allein zu helfen vermag, plötzlich ohne Hilfe ist, weil der, der bis­ her für ihn gesorgt hat, ihn verlassen hat; auch ähnliche Fälle sind denkbar, in denen nach gesundem Volksempfin­ den eine sofortige Fürsorge Pflichtgebot für jeden ist, der die Sachlage in ihrem äußeren Erscheinungsbild erkennt. All das traf hier nicht zu. (II, 19. Dezember 1941.) Amtl. Sammlg. S. 68—75. Vgl. Bd. 7 S. 111; Bd. 31 S. 165; Bd. 71 S. 209. 21. Untreue. Wettbewerbsverbot. (StGB. § 266; Unl. WG. §§ 17, 18). Der Chemiker S. war in einer Fabrik, in der Filtergeräte und die dazu gehörigen Filterstoffe hergestellt wurden, mit der Leitung eines Versuchslabo­ ratoriums betraut; auch außerhalb der Werkeinrichtungen hatte er bei Versuchen tätig zu sein. Nach dem Vertrag war er verpflichtet, seine ganze Kraft dem Unternehmen zu widmen. Für den Fall der Auslösung des Dienstver­ hältnisses wurde vereinbart, daß er auf Verlangen der Fabrik zwei Jahre lang bei einem Konkurrenzunternehmen weder eintreten, noch sich unmittelbar oder mittelbar dar­ an beteiligen dürfe. Ein anderer Chemiker kam mit ihm darauf zu sprechen, wie gebrauchte Filterstoffe durch ein be­ stimmtes Regenerierungsverfahren gereinigt und wieder gebrauchsfähig gemacht werden könnten. Im Anschluß an diese Unterhaltung entstand der Plan, dieses Verfahren zur Wiedergewinnung von Filterstosfen auszunutzen und zu diesem Zweck ein eigenes Werk einzurichten; S. sollte nach Beendigung seines Dienstverhältnisses dort eintreten. Am 15. August 1937 kündigte er seinen Anstellungsvertrag fristlos. Das Arbeitsgericht erklärte diese Kündigung für unzulässig, dagegen eine von der Fabrik am 8. September 1937 ausgesprochene Kündigung für wirksam. Teils vor, teils nach der Kündigung nahm er eine Reihe von Hand­ lungen vor, die sich auf die Gründung des neuen Unterneh-

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mens bezogen. Er wurde wegen Untreue verurteilt. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Während der Dauer seines Anstellungsverhältnisses bestand auf Grund seines Vertrages und des ihm zugewiesenen Pflichten­ kreises für ihn ein Treuverhältnis, das ihn verpflichtete, die Vermögensinteressen der Fabrik wahrzunehmen. Das Landgericht hatte angenommen, daß diese Treuverpsiichtung auch während der Zeit in Kraft blieb, für die das Wettbewerbsverbot gegen ihn wirksam war. Das er­ klärte das Reichsgericht für irrig. In der Regel hört die in einem Anstellungsverhältnis begründete Verpflich­ tung, Wettbewerbshandlungen gegen den Anstellungsbe­ trieb zu unterlassen, mit der Beendigung des Dienstver­ hältnisses auf. Dem Augestellten ist es grundsätzlich nicht verwehrt, Betriebsgeheimnisse, die er auf ordnungsmäßi­ gem Wege erfahren hat, nach Ablauf des Dienstvertrags zu Wettbewerbszwecken selbst zu verwerten oder anderen mitzuteilen. Dem Interesse des Betriebsinhabers, daß seine Geschäftsgeheimnisse gewahrt bleiben, und ihm kein frühe­ rer Angestellter als Wettbewerber entgegcntritt, steht das nicht minder berechtigte Interesse der Angestellten gegen­ über, ihre Kenntnisse und Fertigkeiten zu ihrem Fort­ kommen zu nutzen. Es liegt auch im Interesse der Ge­ samtheit, daß die Angestellten ihre besonderen Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen frei der Wirtschaft nutzbar machen. Durch ein Wettbewerbsverbot wird das Dienst­ verhältnis nicht fortgesetzt, vielmehr tritt ein neues Ver­ tragsverhältnis in Kraft, das dem bisherigen Angestellten das Wettbewerbsverbot als Schuldverpflichtung aufer­ legt, während es bisher für ihn auf Grund der in dem Dienstverhältnis begründeten Treupflicht gegolten hatte. Der frühere Angestellte hat zufolge des Wettbewerbsver­ bots wohl eine Betätigung, die,bcnt anderen Teil wirt­ schaftlich schädlich werden könnte, zu unterlassen, ist aber nicht verpflichtet, allgemein die Vermögensinteressen des anderen Teils wahrzunehmen. Tie allgemeine Verpflich­ tung, den Vertrag nach Treu und Glauben zu erfüllen, be­ gründet eine solche Treupflicht nicht. Soweit der Ange­ klagte nach seinem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis (8. September 1937) Wektbewerbshandlungen vorgenom­ men hatte, konnte durch diese der Tatbestand des' § 266 StGB, nicht erfüllt werden. War aber der Angeklagte beNGE. Strafsachen Vd. 75 8

rechtigt, nach seinem Ausscheiden aus dem Dienstverhält­ nis ein Wettbewerbsnnternehmen zu betreiben, so konnte ihm auch nicht verboten sein, dieses Unternehmen während der Tauer des Dienstverhältnisses vorzubereiten. Ein solches Verbot widerspräche dem natürlichen Laufe der Dinge, nach dem sich der Strebende in der unteren Stufe die Möglichkeit zum Aufstieg in die höhere Stellung schaffen must. Allerdings gilt dieses Recht nur unter der Voraussetzung, dast die Vorbereitungshandlungen selbst nicht schon während der Dauer des Treuverhältnisses einen Nachteil für den Beschästigungsbetrieb zur Folge haben. Soweit durch die Tatsache, dast das geplante Wettbewerbs­ unternehmen nach Beendigung des Treuverhältnisses ent­ steht, eine Vermögensgeführdung für den Beschäftigungs­ betrieb herbeigeführt wird, beruht diese nicht auf einer Verletzung der Treupflicht. Einen Nachteil, der der Fabrik ans dem Verhalten des Angeklagten erwachsen sein sollte, hatte das Landgericht darin gcfn-nbcit, dast bei erfolg­ reichern Gange des Wettbewerbsunternehmens eine Schmälerung des Absatzes der Fabrik zu erwarten war. Dazu erklärte das Reichsgericht, daß die durch die Vorbe­ reitung des Wettbewerbsunternehmens im ganzen her­ beigeführte Vermögensgefährdung der Fabrik nicht zu einer Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue aus­ reiche, daß aber die Vorbereitungshandlungen im ein­ zelnen eine solche Verurteilung rechtfertigten, soweit sie vor dem 8. September 1937 lagen und der Fabrik — außerhalb ihrer Bedeutung für das Wettbewerbsunter­ nehmen — einen Nachteil zufügten. In Anbetracht kam der Verlust, den die Fabrik dadurch erlitt, daß der Ange­ klagte durch die in dem Laboratorium der Fabrik in größe­ rem Umfange vorgenommenen Regenerierungsversuche seine eigene und teilweise die Arbeitskraft seiner Unter­ gebenen der Fabrik entzog und auch Chemikalien der Fa­ brik hiefür benutzte. Für den inneren Tatbestand war erforderlich das Bewußtsein der Pflichtwidrigkeit und der Benachteiligung; es genügte, daß der Angeklagte mit der Möglichkeit rechnete, daß ein Schaden eintrat, und diese Möglichkeit in seinen Willen aufnahm. Hienach war der Angeklagte der Untreue nur in weit geringerem Umfange schuldig, als das Landgericht angenommen hatte. Das Urteil wurde deshalb im Strafausspruch aufgehoben. (III,

19. Dezember 1940.) Amtl. Sammlg. S- 75—85. Vgl. Bd. 61 S. 273; Bd. 73 S. 299.

22. Verbrauchsregelung. Annahme unrichtiger Bezugs­ scheine. (VO. über die öffentliche Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen von: 27. August 1939 § 34; VO. über den Warenverkehr vom 18. August 1939 § 12 Nr. 1, 3; VerbrRegStrVO. vom 6. April 1940 § 1, Nr. 2, 6.) Als der Inhaber eines Lebensmittelge­ schäftes beim Ernährungsamt Bezugscheine für den näch­ sten Zuteilungsabschnitt beantragte, klagte der Angestellte, der seinen Antrag entgegennahm, über seine schlechte Ver­ mögenslage und bemerkte dazu, daß er in der Lage sei, die Bezugscheine nach oben abzurunden. Er gab ihm dann auch eine größere Menge von Bezugscheinen, als er bean­ spruchen konnte, und erhielt von ihm ein Geldgeschenk. Das Landgericht verurteilte den Antragsteller auf Grund des § 34 der VO. über die öffentliche Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen vom 27. August 1939 in Verbindung mit dem § 12 Nr. 3 der VO. über den Warenverkehr vom 18. August 1939. Das Reichsgericht erklärte die zweite Bestimmung für nicht zutreffend. Zum Tatbestände des § 12 Nr. 3 VO. über den Warenverkehr gehört, daß unrichtige oder unvollständige Angaben tat­ sächlicher Art gemacht oder benutzt werden, um eine Geneh­ migung oder sonstige Bescheinigung zu erschleichen, die der zuständige Reichsminister oder eine Reichsstelle auf Grund dieser Verordnung erteilen. Der Angeklagte hatte aber keine unrichtigen Angaben gemacht; in Frage stand auch, ob das Ernährungsamt als Reichsstelle anzuseheu war. Dagegen verstieß das Verhalten des Angeklagten gegen § 12 Nr. 1 der VO. über den Warenverkehr. Die Bezug­ scheine sind über die Menge auszustellen, die sich aus den abgelieferten Abschnitten und Scheinen ergibt. Die Aus­ stellung erhöhter Bezugscheine sowie deren Empfang ent­ hielt einen Eingriff in die geordnete Verteilung, wenn sie von der Absicht getragen war, die Scheine durch den Bezug von Waren auszunutzen. Mit dem Empfang der Scheine in dieser Absicht war die geordnete Verteilung schon un­ mittelbar gefährdet; die Verteilung war insoweit dein Er­ nährungsamt entzogen und in den Verfügungsbereich des Empfängers übergegangen. Die Zuwiderhandlung ist mit dem Empfang vollendet, auch wenn zur Zeit der Ent3*

19. Dezember 1940.) Amtl. Sammlg. S- 75—85. Vgl. Bd. 61 S. 273; Bd. 73 S. 299.

22. Verbrauchsregelung. Annahme unrichtiger Bezugs­ scheine. (VO. über die öffentliche Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen von: 27. August 1939 § 34; VO. über den Warenverkehr vom 18. August 1939 § 12 Nr. 1, 3; VerbrRegStrVO. vom 6. April 1940 § 1, Nr. 2, 6.) Als der Inhaber eines Lebensmittelge­ schäftes beim Ernährungsamt Bezugscheine für den näch­ sten Zuteilungsabschnitt beantragte, klagte der Angestellte, der seinen Antrag entgegennahm, über seine schlechte Ver­ mögenslage und bemerkte dazu, daß er in der Lage sei, die Bezugscheine nach oben abzurunden. Er gab ihm dann auch eine größere Menge von Bezugscheinen, als er bean­ spruchen konnte, und erhielt von ihm ein Geldgeschenk. Das Landgericht verurteilte den Antragsteller auf Grund des § 34 der VO. über die öffentliche Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen vom 27. August 1939 in Verbindung mit dem § 12 Nr. 3 der VO. über den Warenverkehr vom 18. August 1939. Das Reichsgericht erklärte die zweite Bestimmung für nicht zutreffend. Zum Tatbestände des § 12 Nr. 3 VO. über den Warenverkehr gehört, daß unrichtige oder unvollständige Angaben tat­ sächlicher Art gemacht oder benutzt werden, um eine Geneh­ migung oder sonstige Bescheinigung zu erschleichen, die der zuständige Reichsminister oder eine Reichsstelle auf Grund dieser Verordnung erteilen. Der Angeklagte hatte aber keine unrichtigen Angaben gemacht; in Frage stand auch, ob das Ernährungsamt als Reichsstelle anzuseheu war. Dagegen verstieß das Verhalten des Angeklagten gegen § 12 Nr. 1 der VO. über den Warenverkehr. Die Bezug­ scheine sind über die Menge auszustellen, die sich aus den abgelieferten Abschnitten und Scheinen ergibt. Die Aus­ stellung erhöhter Bezugscheine sowie deren Empfang ent­ hielt einen Eingriff in die geordnete Verteilung, wenn sie von der Absicht getragen war, die Scheine durch den Bezug von Waren auszunutzen. Mit dem Empfang der Scheine in dieser Absicht war die geordnete Verteilung schon un­ mittelbar gefährdet; die Verteilung war insoweit dein Er­ nährungsamt entzogen und in den Verfügungsbereich des Empfängers übergegangen. Die Zuwiderhandlung ist mit dem Empfang vollendet, auch wenn zur Zeit der Ent3*

beehrng der Tat die Bezugscheine noch nicht ausgenutzt waren. Zu bestrasen war die Tat nach § 1 Nr. 6 der VerÜrauchsregelungs-Strafverordnung vom 6. April 1940. Diese Vorschrift trat erst nach der Tat in Kraft; sie stellt aber gegenüber dem § 12 VO. über den Warenverkehr das mildere Strafgesetz dar, weil sie bei leichteren Fällen nur eine Übertretungsstrafe vorsieht. Die Prüfung, ob ein leichterer Fall vorlag, war dem Tatrichter zu über­ lassen. (IV, 3. Januar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 86--89.

23. Kriegswirtschaft. Lebenswichtiger Bedarf. Stamm­ kunde. (KrWirtschVO. § 1.) Ein Arbeiter wollte im Geschäft eines Uhrmachers einen Wecker kaufen. Der Uhr­ macher erklärte, er habe keinen. Auf den Vorhalt, daß Wecker im Schanfenster ausgestellt seien, erwiderte er, das seien nnr Schaustücke. Später ergab sich, daß das nicht richtig war. Zn einem Kaufe kam es nicht. Der Uhr­ macher wnrde zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Nach § 1 Kr.WirtschVO. wird bestraft, wer Erzeugnisse, die zum le­ benswichtigen Bedarf der Bevölkerung gehören, zurückhält und dadurch böswillig die Deckung des Bedarfs gefährdet. Zum lebenswichtigen Bedarf im Sinne dieser Vorschrift gehören auch Weckeruhren, da gewisse Teile der Bevölkerung für die Ansübnng ihres Berufes solche benötigen und die Gesamtheit eine Beeinträchtigung der Arbeitsleistung die­ ser Bevölkernngsteile im Kriege nicht hinnehmen kann. Ein lebenswichtiger Gegenstand kann auch dadurch zurück­ gehalten werden, daß ein Geschäftsmann ablehnt, ihn zu verkaufen. Eine solche Ablehnung ist aber nur dann eine Zurückhaltung, wenn sie der geregelten Wirtschafts­ führung, die jeder Volksgenosse zu gewährleisten.hat, zuwiderläust. Berechtigt wäre eine solche Ablehnung z. B., wenn der Kanfliebhaber den verlangten Gegenstand gar nicht brauchte, sondern ihn auf die Gefahr hin erwerben wollte, dadurch einem Volksgenossen, der darauf ange­ wiesen wäre, den Erwerb unmöglich zu machen. Auch dann läge kein Zurückhasten vor, wenn der Geschäftsmann den Gegenstand als Muster für weitere Bestellungen brauchte. Das Reichsgericht prüfte auch die Frage, wie­ weit der Einzelhändler bei lebenswichtigen Waren be­ rechtigte, vielleicht sogar dringende Ansprüche seiner Stammkunden vor den Ansprüchen der Laufkunden berück-

beehrng der Tat die Bezugscheine noch nicht ausgenutzt waren. Zu bestrasen war die Tat nach § 1 Nr. 6 der VerÜrauchsregelungs-Strafverordnung vom 6. April 1940. Diese Vorschrift trat erst nach der Tat in Kraft; sie stellt aber gegenüber dem § 12 VO. über den Warenverkehr das mildere Strafgesetz dar, weil sie bei leichteren Fällen nur eine Übertretungsstrafe vorsieht. Die Prüfung, ob ein leichterer Fall vorlag, war dem Tatrichter zu über­ lassen. (IV, 3. Januar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 86--89.

23. Kriegswirtschaft. Lebenswichtiger Bedarf. Stamm­ kunde. (KrWirtschVO. § 1.) Ein Arbeiter wollte im Geschäft eines Uhrmachers einen Wecker kaufen. Der Uhr­ macher erklärte, er habe keinen. Auf den Vorhalt, daß Wecker im Schanfenster ausgestellt seien, erwiderte er, das seien nnr Schaustücke. Später ergab sich, daß das nicht richtig war. Zn einem Kaufe kam es nicht. Der Uhr­ macher wnrde zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Nach § 1 Kr.WirtschVO. wird bestraft, wer Erzeugnisse, die zum le­ benswichtigen Bedarf der Bevölkerung gehören, zurückhält und dadurch böswillig die Deckung des Bedarfs gefährdet. Zum lebenswichtigen Bedarf im Sinne dieser Vorschrift gehören auch Weckeruhren, da gewisse Teile der Bevölkerung für die Ansübnng ihres Berufes solche benötigen und die Gesamtheit eine Beeinträchtigung der Arbeitsleistung die­ ser Bevölkernngsteile im Kriege nicht hinnehmen kann. Ein lebenswichtiger Gegenstand kann auch dadurch zurück­ gehalten werden, daß ein Geschäftsmann ablehnt, ihn zu verkaufen. Eine solche Ablehnung ist aber nur dann eine Zurückhaltung, wenn sie der geregelten Wirtschafts­ führung, die jeder Volksgenosse zu gewährleisten.hat, zuwiderläust. Berechtigt wäre eine solche Ablehnung z. B., wenn der Kanfliebhaber den verlangten Gegenstand gar nicht brauchte, sondern ihn auf die Gefahr hin erwerben wollte, dadurch einem Volksgenossen, der darauf ange­ wiesen wäre, den Erwerb unmöglich zu machen. Auch dann läge kein Zurückhasten vor, wenn der Geschäftsmann den Gegenstand als Muster für weitere Bestellungen brauchte. Das Reichsgericht prüfte auch die Frage, wie­ weit der Einzelhändler bei lebenswichtigen Waren be­ rechtigte, vielleicht sogar dringende Ansprüche seiner Stammkunden vor den Ansprüchen der Laufkunden berück-

sichtigen darf. Ein uneingeschränktes Vorrecht der Stamm­ kunden in dem Sinne, daß der Geschäftsmann nur an sie abzugeben brauche, kgnn nicht anerkannt werden. Der Einzelhändler wird deshalb einem Laufkunden die Ab­ gabe nicht verweigern dürfen, weil er die wenigen Sachen, die er habe, für seine Stammkunden benötige. Will ein Geschäftsmann eine Ware nicht abgeben, so darf er in eine Prüfung eintreten, ob der Kaufliebhaber sie benö­ tigt: verweigert dieser nähere Angaben, so hat er keinen Anspruch auf Lieferung, wenn keine ausreichende Ware vorhanden ist. Es würde mit der geregelten Wirtschafts­ führung, welche die Kriegswirtschaftsverordnung erstrebt, unvereinbar sein, wollte man den Grundsatz aufstellen, der Geschäftsmann müsse lebenswichtige Waren, von denen er nur geringe Vorräte hat, ohne weiteres an jeden ab­ geben, der kaufen will. Ob solche Gründe des Zurück­ haltens Vorlagen, hatte das Landgericht nicht geprüft; es hatte insbesondere nicht festgestellt, ob der Arbeiter den Wecker wirklich nötig hatte. Eine Gefährdung der Bedarfs­ deckung der Bevölkerung hatte das Landgericht schon in dem schlechten Beispiel gefunden, das der Angeklagte ge­ geben habe. Dem Umstande, daß nur die Abgabe eines Weckers verweigert worden war, war damit nicht ge­ nügend Rechnung getragen. Allerdings ist es möglich, daß auch bei geringen Mengen die Gefährdung der Bedarfs­ deckung in dem schlechten Beispiel und der Gefahr der Nachahmung durch andere zu erblicken ist; es muß aber dargetan sein, daß eine solche Gefahr bestand und daß das Zurückhalten wirtschaftlich nicht gerechtfertigt war. Auch gegen die Allsführungen, die das Landgericht zum Be­ griffe der Böswilligkeit gemacht hatte, bestanden Bedenken. Dieser Teil des Urteils ist nicht veröffentlicht. (II, 6. Ja­ nuar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 89—92. 24. Untauglicher Versuch. (StGB. § 43; OstStGB. §8). Bor dem 1. März 1939 hatte ein Mann im Sudetenland in zahlreichen Fällen Abtreibungshandlungen an Frauen vorgenommen. In keinem Falle ließ sich nachweisen, daß die Frauen wirklich schwanger gewesen waren. Tie frühere Rechtsprechung in Österreich wie. in der Tschecho­ slowakei lehnte für solche Fälle die Annahme eines straf­ baren Versuchs der Fruchtabtreibung mit der Begründung ab, daß die Handlung nicht zur wirklichen Ausführung des

sichtigen darf. Ein uneingeschränktes Vorrecht der Stamm­ kunden in dem Sinne, daß der Geschäftsmann nur an sie abzugeben brauche, kgnn nicht anerkannt werden. Der Einzelhändler wird deshalb einem Laufkunden die Ab­ gabe nicht verweigern dürfen, weil er die wenigen Sachen, die er habe, für seine Stammkunden benötige. Will ein Geschäftsmann eine Ware nicht abgeben, so darf er in eine Prüfung eintreten, ob der Kaufliebhaber sie benö­ tigt: verweigert dieser nähere Angaben, so hat er keinen Anspruch auf Lieferung, wenn keine ausreichende Ware vorhanden ist. Es würde mit der geregelten Wirtschafts­ führung, welche die Kriegswirtschaftsverordnung erstrebt, unvereinbar sein, wollte man den Grundsatz aufstellen, der Geschäftsmann müsse lebenswichtige Waren, von denen er nur geringe Vorräte hat, ohne weiteres an jeden ab­ geben, der kaufen will. Ob solche Gründe des Zurück­ haltens Vorlagen, hatte das Landgericht nicht geprüft; es hatte insbesondere nicht festgestellt, ob der Arbeiter den Wecker wirklich nötig hatte. Eine Gefährdung der Bedarfs­ deckung der Bevölkerung hatte das Landgericht schon in dem schlechten Beispiel gefunden, das der Angeklagte ge­ geben habe. Dem Umstande, daß nur die Abgabe eines Weckers verweigert worden war, war damit nicht ge­ nügend Rechnung getragen. Allerdings ist es möglich, daß auch bei geringen Mengen die Gefährdung der Bedarfs­ deckung in dem schlechten Beispiel und der Gefahr der Nachahmung durch andere zu erblicken ist; es muß aber dargetan sein, daß eine solche Gefahr bestand und daß das Zurückhalten wirtschaftlich nicht gerechtfertigt war. Auch gegen die Allsführungen, die das Landgericht zum Be­ griffe der Böswilligkeit gemacht hatte, bestanden Bedenken. Dieser Teil des Urteils ist nicht veröffentlicht. (II, 6. Ja­ nuar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 89—92. 24. Untauglicher Versuch. (StGB. § 43; OstStGB. §8). Bor dem 1. März 1939 hatte ein Mann im Sudetenland in zahlreichen Fällen Abtreibungshandlungen an Frauen vorgenommen. In keinem Falle ließ sich nachweisen, daß die Frauen wirklich schwanger gewesen waren. Tie frühere Rechtsprechung in Österreich wie. in der Tschecho­ slowakei lehnte für solche Fälle die Annahme eines straf­ baren Versuchs der Fruchtabtreibung mit der Begründung ab, daß die Handlung nicht zur wirklichen Ausführung des

Verbrechens führen konnte. Das Landgericht war hie­ von abgewichen. Es hatte ausgeführt, daß der herrschen­ den nationalsozialistischen Rechtsauffassung allein die Aus­ legung des Gesetzes nach den Grundsätzen des Willens­ strafrechts entspreche. Danach sei der Versuch schon dann als strafbar anzusehen, wenn er sich als eine Betätigung des verbrecherischen Willens darstelle, wenn also die Handlung nach der Vorstellung des Täters zur Ausfüh­ rung der gewollten Rechtsverletzung dienen solle. Das Reichsgericht pflichtete dieser Ansicht bei. Schon die bis­ herige Rechtsprechung des Reichsgerichts ging dahin, daß für den Versuch im Gegensatz zur Vollendung nur die Vor­ stellung des Täters, die die Ausführung des Entschlusses veranlaßt habe, entscheidend sei. Dieser Auffassung steht auch der Wortlaut der entsprechenden Vorschrift des Öster­ reichischen Strafgesetzes nicht entgegen. Wenn dieses da­ von spricht, daß "die Vollbringung des Verbrechens wegen Unvermögenheit, wegen Dazwischenkunft eines fremden Hindernisses oder durch Zufall unterblieben ist, kann auch der Jrrtunr des Täters über die Tauglichkeit seines Mittels oder des Gegenstandes seines Angriffs als Zu­ fall angesehen werden, der den Täter verhindert, das beabsichtigte Verbrechen zu vollbringen. (III, 6. Januar 1941.) Amtl' Sammlg. S. 92—95. Vgl. Bd. 1 S. 439, 451. 25. Heimtücke. Öffentlichkeit. Innerer Tatbestand. Ge­ setzliche Vermutung. Beweislast. (HeimG. § 2; StGB. § 259.) Ein Bergarbeiter gebrauchte gegenüber einem Ar­ beitskollegen in seiner Arbeitsstelle (etwa 100 m unter unter Tage) gehässige Äußerungen über den Führer. Er wurde wegen Vergehen gegen das Heimtückegesetz verur­ teilt. Seine Revision hatte keinen Erfvlg. Für den Tat­ bestand des § 2 HeimtG. ist notwendig, daß der Täter damit rechnet oder damit rechnen muß, seine Äußerung werde in die Öffentlichkeit dringen. Die Fassung ist jener des § 259 StGB, nachgebildet. Nach ständiger Recht­ sprechung des Reichsgerichts stellt § 259 StGB, dem Wissen das durch die Umstände bedingte Annehmenmüssen gleich, wenn der Täter Umstände gekannt hat, die not­ wendig jedem, also auch dem Täter, die Annahme des vor­ aufgegangenen strafbaren Erwerbs aufnötigen. Auch int Falle des § 2 HeimatG. genügt der Beweis, daß der

Verbrechens führen konnte. Das Landgericht war hie­ von abgewichen. Es hatte ausgeführt, daß der herrschen­ den nationalsozialistischen Rechtsauffassung allein die Aus­ legung des Gesetzes nach den Grundsätzen des Willens­ strafrechts entspreche. Danach sei der Versuch schon dann als strafbar anzusehen, wenn er sich als eine Betätigung des verbrecherischen Willens darstelle, wenn also die Handlung nach der Vorstellung des Täters zur Ausfüh­ rung der gewollten Rechtsverletzung dienen solle. Das Reichsgericht pflichtete dieser Ansicht bei. Schon die bis­ herige Rechtsprechung des Reichsgerichts ging dahin, daß für den Versuch im Gegensatz zur Vollendung nur die Vor­ stellung des Täters, die die Ausführung des Entschlusses veranlaßt habe, entscheidend sei. Dieser Auffassung steht auch der Wortlaut der entsprechenden Vorschrift des Öster­ reichischen Strafgesetzes nicht entgegen. Wenn dieses da­ von spricht, daß "die Vollbringung des Verbrechens wegen Unvermögenheit, wegen Dazwischenkunft eines fremden Hindernisses oder durch Zufall unterblieben ist, kann auch der Jrrtunr des Täters über die Tauglichkeit seines Mittels oder des Gegenstandes seines Angriffs als Zu­ fall angesehen werden, der den Täter verhindert, das beabsichtigte Verbrechen zu vollbringen. (III, 6. Januar 1941.) Amtl' Sammlg. S. 92—95. Vgl. Bd. 1 S. 439, 451. 25. Heimtücke. Öffentlichkeit. Innerer Tatbestand. Ge­ setzliche Vermutung. Beweislast. (HeimG. § 2; StGB. § 259.) Ein Bergarbeiter gebrauchte gegenüber einem Ar­ beitskollegen in seiner Arbeitsstelle (etwa 100 m unter unter Tage) gehässige Äußerungen über den Führer. Er wurde wegen Vergehen gegen das Heimtückegesetz verur­ teilt. Seine Revision hatte keinen Erfvlg. Für den Tat­ bestand des § 2 HeimtG. ist notwendig, daß der Täter damit rechnet oder damit rechnen muß, seine Äußerung werde in die Öffentlichkeit dringen. Die Fassung ist jener des § 259 StGB, nachgebildet. Nach ständiger Recht­ sprechung des Reichsgerichts stellt § 259 StGB, dem Wissen das durch die Umstände bedingte Annehmenmüssen gleich, wenn der Täter Umstände gekannt hat, die not­ wendig jedem, also auch dem Täter, die Annahme des vor­ aufgegangenen strafbaren Erwerbs aufnötigen. Auch int Falle des § 2 HeimatG. genügt der Beweis, daß der

Täter Umstände gekannt hat, die ihn zu der Annahme gedrängt haben, seine Äußerung werde in die Öffentlichkeit dringen. Dabei macht es keinen Unterschied, daß § 259 StGB, auf den unbedingten Vorsatz (das Wissen), § 2 HeimG. dagegen auf den bedingten Vorsatz gerichtet ist. Der Nachweis der Fahrlässigkeit reicht für die Verwirk­ lichung des inneren Tatbestandes nicht aus. Die Anwen­ dung der Beweisregel setzt das Vorhandensein äußerer, vor der Tat liegender und dem Angeklagten gegenwärtiger Umstände voraus, die notwendig jeden, also auch ihn, veranlassen, damit zu rechnen, daß die Äußerungen in die Öffentlichkeit dringen werden. Liegen solche Umstände vor, so wird kraft Gesetzes angenommen, daß der Ange­ klagte damit gerechnet habe. Durch diese gesetzliche Be­ weisvermutung wird dem Angeklagten, gegen den sie sich richtet, nicht die Pflicht auferlegt, sie zu entkräften; das Gericht hat vielmehr, wie auch sonst im Strafverfahren, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären. Worin dte Umstände gefunden wurden, die der Verurteilung zu­ grunde gelegt waren, ist nicht veröffentlicht. (I, 10. Ja­ nuar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 95—97. 26. Urkundenfälschung. Vermögensvorleil. (StGB. §§ 267, 268, 270.) Eine Frau, gegen die ein Strafver­ fahren schwebte, beschloß, ins Ausland zu fliehen. Ste veranlaßte zu diesem Zweck eine Bekannte, auf deren Paß Reiseschecks für Jugoslawien zu beantragen. Ihr Ehe­ mann ließ sich von der Bekannten die Reiseschecks wie auch deren Paß aushändigen, wechselte in dem Paß das Licht­ bild in das seiner Frau um und zog den Stempelaufdruck auf dem aufgeklebten Bilde nach. Mit dem Paß und den Reiseschecks begab sich die Frau auf die Fahrt. Im Grenz­ orte stieg sie aus, weil der Paß keinen Sichtvermerk hatte. Auf der Straße wurde sie angehalten und gefragt, ob sie sich ausweisen könne. Das verneinte sie. Bei der Unter­ suchung wurden der verfälschte Paß mit) die Reiseschecks entdeckt. Sie wurde wegen versuchten Vergehens gegen das Devisengesetz und Urkundenfälschung verurteilt. Das Reichsgericht hob die Verurteilung wegen Urkundenfäl­ schung auf. Die Angeklagte hatte den gefälschten Paß nicht gebraucht; ob sie einen Versuch hiezu gemacht hatte, konnte dahingestellt bleiben, da § 267 StGB, keine Straf­ drohung gegen den Versuch enthält, § 268 StGB, aber

Täter Umstände gekannt hat, die ihn zu der Annahme gedrängt haben, seine Äußerung werde in die Öffentlichkeit dringen. Dabei macht es keinen Unterschied, daß § 259 StGB, auf den unbedingten Vorsatz (das Wissen), § 2 HeimG. dagegen auf den bedingten Vorsatz gerichtet ist. Der Nachweis der Fahrlässigkeit reicht für die Verwirk­ lichung des inneren Tatbestandes nicht aus. Die Anwen­ dung der Beweisregel setzt das Vorhandensein äußerer, vor der Tat liegender und dem Angeklagten gegenwärtiger Umstände voraus, die notwendig jeden, also auch ihn, veranlassen, damit zu rechnen, daß die Äußerungen in die Öffentlichkeit dringen werden. Liegen solche Umstände vor, so wird kraft Gesetzes angenommen, daß der Ange­ klagte damit gerechnet habe. Durch diese gesetzliche Be­ weisvermutung wird dem Angeklagten, gegen den sie sich richtet, nicht die Pflicht auferlegt, sie zu entkräften; das Gericht hat vielmehr, wie auch sonst im Strafverfahren, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären. Worin dte Umstände gefunden wurden, die der Verurteilung zu­ grunde gelegt waren, ist nicht veröffentlicht. (I, 10. Ja­ nuar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 95—97. 26. Urkundenfälschung. Vermögensvorleil. (StGB. §§ 267, 268, 270.) Eine Frau, gegen die ein Strafver­ fahren schwebte, beschloß, ins Ausland zu fliehen. Ste veranlaßte zu diesem Zweck eine Bekannte, auf deren Paß Reiseschecks für Jugoslawien zu beantragen. Ihr Ehe­ mann ließ sich von der Bekannten die Reiseschecks wie auch deren Paß aushändigen, wechselte in dem Paß das Licht­ bild in das seiner Frau um und zog den Stempelaufdruck auf dem aufgeklebten Bilde nach. Mit dem Paß und den Reiseschecks begab sich die Frau auf die Fahrt. Im Grenz­ orte stieg sie aus, weil der Paß keinen Sichtvermerk hatte. Auf der Straße wurde sie angehalten und gefragt, ob sie sich ausweisen könne. Das verneinte sie. Bei der Unter­ suchung wurden der verfälschte Paß mit) die Reiseschecks entdeckt. Sie wurde wegen versuchten Vergehens gegen das Devisengesetz und Urkundenfälschung verurteilt. Das Reichsgericht hob die Verurteilung wegen Urkundenfäl­ schung auf. Die Angeklagte hatte den gefälschten Paß nicht gebraucht; ob sie einen Versuch hiezu gemacht hatte, konnte dahingestellt bleiben, da § 267 StGB, keine Straf­ drohung gegen den Versuch enthält, § 268 StGB, aber

nicht zutraf. Zum Tatbestände dieser Vorschrift gehört, daß der Täter die Urkundenfälschung in der Absicht begeht, sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu ver­ schaffen. Das Landgericht hatte einen solchen VermögensVorteil darin erblickt, daß der verfälschte Paß dazu dienen sollte, der Angeklagten die Verwertung der Reiseschecks zu ermöglichen. Die,e Verwertung bestand in der Umwand­ lung inländischer Zahlungsmittel in ausländische zum amtlichen Kurs; der Erwerb der ausländischen Zahlungs­ mittel sollte also unter gleichzeitiger Hingabe eines wert­ mäßig gleich hohen Betrags inländischen Geldes ge­ schehen. Wenn sich die Angeklagte zur Einlösung der Reiseschecks des verfälschten Passes bedienen wollte, leitete sie dabei also nicht das Streben nach Vermögensgewinn, etwa unter dem Gesichtspunkte, daß sie für den Erwerb ausländischer Zahlungsmittel sonst einen höheren Betrag inländischen Geldes hätte opfern müssen. Wirtschaftliche Erwägungen waren überhaupt nicht die Triebfeder ihres Handelns; dieses wurde vielmehr von dem Beweggründe getragen, ihre Person verborgen zu halten, um so ihre Flucht ins Ausland zu ermöglichen. Zum Tatbestände des § 268 StGB, gehört aber das Streben nach Ver­ mögensgewinn. (IV, 10. Januar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 98—100. Vgl. Bd. 11 S. 155; Bd. 50 S. 277; Bd. 52 S. 154; Bd. 71 S. 53; Bd. 74 S. 6, 98; IW. 1936 S. 47. 27. Fettsteuer. Verbrauchssteuer. Werlersatz. (FettStVO. 1933 §§ 2, 7; 1939 §§ 1, 3; DurcbfBest. 1933 §§ 10, 18, 28; RAbgO. § 401.) Ein Großhändler ge­ wann jährlich etwa 360 kg Ol dadurch, daß er die von seinen Abnehmern zurückkommenden Kannen, die oft nur sehr unvollständig geleert waren, vollkommen leerlaufen ließ; das so gewonnene Ol verwendete er zu neuen Liefe­ rungen, ohne es zur Fettsteuer anzumelden. Seine Annahme, daß es steuerfrei gelassen werden müsse, weil dafür schon einmal Steuer entrichtet worden sei, erklärte das Reichsgericht für irrig. Wenn auch die Fettsteuer als eine Verbrauchssteuer bezeichnet wi-rd, ist doch der Tat­ bestand, der den Anspruch auf die Steuer entstehen läßt, nicht der Verbrauch des Fettes, sondern seine Entfernung aus dem Betrieb des Herstellers oder des Großhändlers (bei dem aus dem Auslande kommenden Fett seine Ein-

nicht zutraf. Zum Tatbestände dieser Vorschrift gehört, daß der Täter die Urkundenfälschung in der Absicht begeht, sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu ver­ schaffen. Das Landgericht hatte einen solchen VermögensVorteil darin erblickt, daß der verfälschte Paß dazu dienen sollte, der Angeklagten die Verwertung der Reiseschecks zu ermöglichen. Die,e Verwertung bestand in der Umwand­ lung inländischer Zahlungsmittel in ausländische zum amtlichen Kurs; der Erwerb der ausländischen Zahlungs­ mittel sollte also unter gleichzeitiger Hingabe eines wert­ mäßig gleich hohen Betrags inländischen Geldes ge­ schehen. Wenn sich die Angeklagte zur Einlösung der Reiseschecks des verfälschten Passes bedienen wollte, leitete sie dabei also nicht das Streben nach Vermögensgewinn, etwa unter dem Gesichtspunkte, daß sie für den Erwerb ausländischer Zahlungsmittel sonst einen höheren Betrag inländischen Geldes hätte opfern müssen. Wirtschaftliche Erwägungen waren überhaupt nicht die Triebfeder ihres Handelns; dieses wurde vielmehr von dem Beweggründe getragen, ihre Person verborgen zu halten, um so ihre Flucht ins Ausland zu ermöglichen. Zum Tatbestände des § 268 StGB, gehört aber das Streben nach Ver­ mögensgewinn. (IV, 10. Januar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 98—100. Vgl. Bd. 11 S. 155; Bd. 50 S. 277; Bd. 52 S. 154; Bd. 71 S. 53; Bd. 74 S. 6, 98; IW. 1936 S. 47. 27. Fettsteuer. Verbrauchssteuer. Werlersatz. (FettStVO. 1933 §§ 2, 7; 1939 §§ 1, 3; DurcbfBest. 1933 §§ 10, 18, 28; RAbgO. § 401.) Ein Großhändler ge­ wann jährlich etwa 360 kg Ol dadurch, daß er die von seinen Abnehmern zurückkommenden Kannen, die oft nur sehr unvollständig geleert waren, vollkommen leerlaufen ließ; das so gewonnene Ol verwendete er zu neuen Liefe­ rungen, ohne es zur Fettsteuer anzumelden. Seine Annahme, daß es steuerfrei gelassen werden müsse, weil dafür schon einmal Steuer entrichtet worden sei, erklärte das Reichsgericht für irrig. Wenn auch die Fettsteuer als eine Verbrauchssteuer bezeichnet wi-rd, ist doch der Tat­ bestand, der den Anspruch auf die Steuer entstehen läßt, nicht der Verbrauch des Fettes, sondern seine Entfernung aus dem Betrieb des Herstellers oder des Großhändlers (bei dem aus dem Auslande kommenden Fett seine Ein-

fuhr). Wird Fett wiederholt aus dem Betrieb des Her­ stellers oder Großhändlers entfernt, so entsteht die Steuer­ pflicht wiederholt. — Der Wertersatz tritt an die Stelle des Wertes, den der einzuziehende, aber nicht mehr ein­ ziehbare steuerpflichtige Gegenstand zur Zeit des Urteils haben würde, das im ersten Rechtszuge die Wertersatz­ leistung aufzuerlegen hat. Es ist zu prüfen, welchen Er­ lös die Steuerkasse im Falle der Einziehung aus dem Ge­ genstände hätte erzielen können; maßgebend ist dafür re­ gelmäßig der gewöhnliche inländische Kaufpreis für Waren gleicher Art und Güte in dem Zustande, in dem der in Be­ tracht kommende Gegenstand der Einziehung unterliegen würde. Wenn also gewisse Gegenstände im Verkehr regel­ mäßig nur in verzolltem oder versteuertem Zustande vor­ kommen, ist der Preis maßgebend, der sich unter Berück­ sichtigung des Zolles oder der Steuer ergibt. Der An­ geklagte hatte auch für das Ol den gleichen Preis verlangt wie für versteuertes Ol. (I, 21. Januar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 100—104. Vgl. Bd. 48 S. 104; Bd. 62 S. 407: Bd. 67 S. 257. 28. Zwischengebietliches Recht. Zuständ gkeit. Verwei­ sung. (StPO. §§ 3, 8, 12; OstStPO. §§ 51, 63.) Ein beleidigender Brief wurde in Mannheim geschrieben und von dort nach Wien gesandt. Dort wurde Privatanklagc erhoben. Ter Verfasser des Briefes, der in Nürnberg seinen Wohnsitz hatte, stellte den Antrag, die Sache dorthin zu überweisen, da er der Verhandlung beiwohnen wolle, wegen seines Gesundheitszustandes aber nicht nach Wien reisen könne. Das Reichsgericht gab dem Anträge statt. Eine Strafsache, die bei einem Gericht in der Ostmark an­ hängig ist, kann einem Gericht im Altreiche zugcwiesen werden, wenn die Zuweisung sowohl nach dem österreichi­ schen als nach dem deutschen Rechte zulässig ist. Nach österreichischem Recht kann aus wichtigen Gründen eine Strafsache dem zuständigen Gericht abgenommen und einem anderen Gerichte zugewiesen werden, auch wenn dieses sonst nicht zuständig ist. Das deutsche Recht ge­ stattet eine solche Übertragung nach Eröffnung der Unter­ suchung nur an ein anderes zuständiges Gericht. Beim Amtsgericht Nürnberg war eine Zuständigkeit begründet, Weil der Angeklagte zur Zeit der Erhebung der Klage dort seinen Wohnsitz hatte. Dem Anträge konnte daher stattge-

fuhr). Wird Fett wiederholt aus dem Betrieb des Her­ stellers oder Großhändlers entfernt, so entsteht die Steuer­ pflicht wiederholt. — Der Wertersatz tritt an die Stelle des Wertes, den der einzuziehende, aber nicht mehr ein­ ziehbare steuerpflichtige Gegenstand zur Zeit des Urteils haben würde, das im ersten Rechtszuge die Wertersatz­ leistung aufzuerlegen hat. Es ist zu prüfen, welchen Er­ lös die Steuerkasse im Falle der Einziehung aus dem Ge­ genstände hätte erzielen können; maßgebend ist dafür re­ gelmäßig der gewöhnliche inländische Kaufpreis für Waren gleicher Art und Güte in dem Zustande, in dem der in Be­ tracht kommende Gegenstand der Einziehung unterliegen würde. Wenn also gewisse Gegenstände im Verkehr regel­ mäßig nur in verzolltem oder versteuertem Zustande vor­ kommen, ist der Preis maßgebend, der sich unter Berück­ sichtigung des Zolles oder der Steuer ergibt. Der An­ geklagte hatte auch für das Ol den gleichen Preis verlangt wie für versteuertes Ol. (I, 21. Januar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 100—104. Vgl. Bd. 48 S. 104; Bd. 62 S. 407: Bd. 67 S. 257. 28. Zwischengebietliches Recht. Zuständ gkeit. Verwei­ sung. (StPO. §§ 3, 8, 12; OstStPO. §§ 51, 63.) Ein beleidigender Brief wurde in Mannheim geschrieben und von dort nach Wien gesandt. Dort wurde Privatanklagc erhoben. Ter Verfasser des Briefes, der in Nürnberg seinen Wohnsitz hatte, stellte den Antrag, die Sache dorthin zu überweisen, da er der Verhandlung beiwohnen wolle, wegen seines Gesundheitszustandes aber nicht nach Wien reisen könne. Das Reichsgericht gab dem Anträge statt. Eine Strafsache, die bei einem Gericht in der Ostmark an­ hängig ist, kann einem Gericht im Altreiche zugcwiesen werden, wenn die Zuweisung sowohl nach dem österreichi­ schen als nach dem deutschen Rechte zulässig ist. Nach österreichischem Recht kann aus wichtigen Gründen eine Strafsache dem zuständigen Gericht abgenommen und einem anderen Gerichte zugewiesen werden, auch wenn dieses sonst nicht zuständig ist. Das deutsche Recht ge­ stattet eine solche Übertragung nach Eröffnung der Unter­ suchung nur an ein anderes zuständiges Gericht. Beim Amtsgericht Nürnberg war eine Zuständigkeit begründet, Weil der Angeklagte zur Zeit der Erhebung der Klage dort seinen Wohnsitz hatte. Dem Anträge konnte daher stattge-

geben werden, wenn wichtige Gründe für die Überweisung der Sache an das Amtsgericht Nürnberg sprachen. Ob das der Fall war, hing wesentlich davon ab, welches sach­ liche Strafrecht auf die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat anzuwenden war. Die Grenzen zwischen den Gel­ tungsbereichen des Reichsstrafgesetzbuches und des in den Reichsgauen der Ostmark noch geltenden Österreichischen Strafgesetzes sind gesetzlich nicht geregelt; sie müssen, durch die Rechtsprechung gezogen werden. Die über den Wir­ kungsbereich des deutschen Strafrechts gegenüber den Strafgesetzen anderer Staaten in der Verordnung vom 6. Mai 1940 aufgestellten Regeln sind nicht anwendbar; sie sind durch Zweckmäßigkeitserwägungen der äußeren Politik beeinflußt, insbesondere durch den Grundsatz, daß keinStaat seine eigenen Angehörigen zur Strafverfolgung an einen anderen Staat ausliefert. Für die Abgrenzung des Wir­ kungsbereiches gleichberechtigter Strafgesetze innerhalb des Reiches gilt als Regel, daß jede Straftat nach dem Rechte des Tatortes zu beurteilen ist, gleichviel, in welchem Rechtsgebiete das Strafverfahren durchgeführt wird. Die Straftat wird in dem Augenblick, in dem sie begangen wird, am Tatorte von dem dort geltenden Strafrecht er­ griffen; dieses Ergebnis kann nicht dadurch geändert wer­ den, daß der Täter später in ein anderes Nechtsgebiet des­ selben Staates gelangt und erst dort von der Rechtspflege erfaßt wird. Bei Taten, die sich über mehrere Rechts­ gebiete erstrecken, kommt als Tatort jeder Ort in Betracht, an dem ein Teil des äußeren Tatbestandes verwirklicht worden ist. Auch hier muß die Rechtsprechung eine den natürlichen Rechtsgrundsätzen entsprechende Lösung finden, die dem gesunden Volksempfinden und den Erfordernissen der Zweckmäßigkeit, Klarheit und Einfachheit entspricht. Diesen Anforderungen wäre nicht gedient, wenn man auf Straftaten, bei denen mehrere Orte als Tatort in Be­ tracht kommen, das strengste Recht für anwendbar erklärte. Das erkennende Gericht müßte sich mit verschiedenen Strafgesetzen befassen, von denen ihm in der Regel nur eines geläufig ist. Das spricht dafür, allein das Straf­ recht als maßgebend anzuerkennen, das an dem Tatort im engsten Sinne gilt, also an dem Ort, an dem der Be­ schuldigte tätig geworden ist oder im Falle des Unter­ lassens hätte tätig werden sollen. Dieser Ort ist mit der

$at untrennbar verbunden; die Anwendung des an diesem Orte geltenden Strafrechts entspricht der Forderung, daß sich jedermann in jedem Teile des Deutschen Reiches so verhalten muß, wie es das dort geltende Recht verlangt. Eine Ausnahme ist von dieser Regel zu machen, wenn das am Handlungsorte geltende Recht die Tat nicht mit Strafe bedroht, wohl aber das am Orte des Erfolges geltende Recht; hier muß dieses Recht angewendet werden, auch wenn das Strafverfahren vor einem deutschen Gerichte durchgeführt wird, in dessen Gebiet dieses Recht nicht gilt. Da der beleidigende Brief in Mannheim geschrieben wor­ den war, unterlag die Tat dem Reichsstrafgesetzbilch. Es war darum auch zweckmäßig, ein im Gebiete dieses Ge­ setzes gelegenes Gericht mit der Strafsache zu betrauen. (VI, 24. Januar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 104—107. Vgl. Bd. 74 S. 219. 29. Erpressung. Leistung. (OstStG. § 98.) Durch Be­ drohung mit einer Verletzung des Körpers und des- Eigen­ tums suchte ein Mann eine Frau zu zwingen, ihm Ein­ laß in ihre Wohnung zu gewähren. Gegen seine Verur­ teilung wegen Erpressung wendete er ein, er habe die Frau nicht zu einer Leistung zwingen wollen. Die frühere Recht­ sprechung in Österreich hat allerdings die Auffassung ver­ treten, daß unter Leistung im Sinne des § 98 ÖstStG. nur eine Handlung anzusehen sei, der bürgerlich-rechtliche Bedeutung zukomme. Hieran wurde nicht mehr festge­ halten. Unter Leistung ist jede Handlung zu verstehen, gleichwohl, ob sie rechtliche Bedeutung hat oder nicht. (VI, 31. Januar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 108—110. 30. Gewaltverbrecher. (VO. gegen Gewaltverbrecher vom 5. Dezember 1939 § 1.) Ein Bursche jagte unbe­ rechtigt mit einem Tesching aus Kaninchen. Als er einen Flurwächter auf sich zugehen sah, gab er aus einer Ent­ fernung von etwa 50 m einen Schuß auf ihn ab. Er wirrde wegen Jagdvergehen und Nötigung verurteilt. Die Revi­ sion des Staatsanwalts, mit der beantragt wurde, den Angeklagten als Gewaltverbrecher zu verurteilen, hatte keinen Erfolg. Allerdings braucht die Tat, die einer solchen Verurteilung zugrunde liegen muß, kein Ver­ brechen im Sinne des Strafgesetzbuchs zu sein, sondern es genügt dazu jede andere Straftat. Zum Tatbestand ge­ hört aber immer, daß der Täter seiner Persönlichkeit

$at untrennbar verbunden; die Anwendung des an diesem Orte geltenden Strafrechts entspricht der Forderung, daß sich jedermann in jedem Teile des Deutschen Reiches so verhalten muß, wie es das dort geltende Recht verlangt. Eine Ausnahme ist von dieser Regel zu machen, wenn das am Handlungsorte geltende Recht die Tat nicht mit Strafe bedroht, wohl aber das am Orte des Erfolges geltende Recht; hier muß dieses Recht angewendet werden, auch wenn das Strafverfahren vor einem deutschen Gerichte durchgeführt wird, in dessen Gebiet dieses Recht nicht gilt. Da der beleidigende Brief in Mannheim geschrieben wor­ den war, unterlag die Tat dem Reichsstrafgesetzbilch. Es war darum auch zweckmäßig, ein im Gebiete dieses Ge­ setzes gelegenes Gericht mit der Strafsache zu betrauen. (VI, 24. Januar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 104—107. Vgl. Bd. 74 S. 219. 29. Erpressung. Leistung. (OstStG. § 98.) Durch Be­ drohung mit einer Verletzung des Körpers und des- Eigen­ tums suchte ein Mann eine Frau zu zwingen, ihm Ein­ laß in ihre Wohnung zu gewähren. Gegen seine Verur­ teilung wegen Erpressung wendete er ein, er habe die Frau nicht zu einer Leistung zwingen wollen. Die frühere Recht­ sprechung in Österreich hat allerdings die Auffassung ver­ treten, daß unter Leistung im Sinne des § 98 ÖstStG. nur eine Handlung anzusehen sei, der bürgerlich-rechtliche Bedeutung zukomme. Hieran wurde nicht mehr festge­ halten. Unter Leistung ist jede Handlung zu verstehen, gleichwohl, ob sie rechtliche Bedeutung hat oder nicht. (VI, 31. Januar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 108—110. 30. Gewaltverbrecher. (VO. gegen Gewaltverbrecher vom 5. Dezember 1939 § 1.) Ein Bursche jagte unbe­ rechtigt mit einem Tesching aus Kaninchen. Als er einen Flurwächter auf sich zugehen sah, gab er aus einer Ent­ fernung von etwa 50 m einen Schuß auf ihn ab. Er wirrde wegen Jagdvergehen und Nötigung verurteilt. Die Revi­ sion des Staatsanwalts, mit der beantragt wurde, den Angeklagten als Gewaltverbrecher zu verurteilen, hatte keinen Erfolg. Allerdings braucht die Tat, die einer solchen Verurteilung zugrunde liegen muß, kein Ver­ brechen im Sinne des Strafgesetzbuchs zu sein, sondern es genügt dazu jede andere Straftat. Zum Tatbestand ge­ hört aber immer, daß der Täter seiner Persönlichkeit

$at untrennbar verbunden; die Anwendung des an diesem Orte geltenden Strafrechts entspricht der Forderung, daß sich jedermann in jedem Teile des Deutschen Reiches so verhalten muß, wie es das dort geltende Recht verlangt. Eine Ausnahme ist von dieser Regel zu machen, wenn das am Handlungsorte geltende Recht die Tat nicht mit Strafe bedroht, wohl aber das am Orte des Erfolges geltende Recht; hier muß dieses Recht angewendet werden, auch wenn das Strafverfahren vor einem deutschen Gerichte durchgeführt wird, in dessen Gebiet dieses Recht nicht gilt. Da der beleidigende Brief in Mannheim geschrieben wor­ den war, unterlag die Tat dem Reichsstrafgesetzbilch. Es war darum auch zweckmäßig, ein im Gebiete dieses Ge­ setzes gelegenes Gericht mit der Strafsache zu betrauen. (VI, 24. Januar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 104—107. Vgl. Bd. 74 S. 219. 29. Erpressung. Leistung. (OstStG. § 98.) Durch Be­ drohung mit einer Verletzung des Körpers und des- Eigen­ tums suchte ein Mann eine Frau zu zwingen, ihm Ein­ laß in ihre Wohnung zu gewähren. Gegen seine Verur­ teilung wegen Erpressung wendete er ein, er habe die Frau nicht zu einer Leistung zwingen wollen. Die frühere Recht­ sprechung in Österreich hat allerdings die Auffassung ver­ treten, daß unter Leistung im Sinne des § 98 ÖstStG. nur eine Handlung anzusehen sei, der bürgerlich-rechtliche Bedeutung zukomme. Hieran wurde nicht mehr festge­ halten. Unter Leistung ist jede Handlung zu verstehen, gleichwohl, ob sie rechtliche Bedeutung hat oder nicht. (VI, 31. Januar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 108—110. 30. Gewaltverbrecher. (VO. gegen Gewaltverbrecher vom 5. Dezember 1939 § 1.) Ein Bursche jagte unbe­ rechtigt mit einem Tesching aus Kaninchen. Als er einen Flurwächter auf sich zugehen sah, gab er aus einer Ent­ fernung von etwa 50 m einen Schuß auf ihn ab. Er wirrde wegen Jagdvergehen und Nötigung verurteilt. Die Revi­ sion des Staatsanwalts, mit der beantragt wurde, den Angeklagten als Gewaltverbrecher zu verurteilen, hatte keinen Erfolg. Allerdings braucht die Tat, die einer solchen Verurteilung zugrunde liegen muß, kein Ver­ brechen im Sinne des Strafgesetzbuchs zu sein, sondern es genügt dazu jede andere Straftat. Zum Tatbestand ge­ hört aber immer, daß der Täter seiner Persönlichkeit

nach ein Verbrecher ist. Das richtet sich in erster Reihe nach der Art der Ausführung der Tat, durch die der Täler seine Verfolger abwehrt, insbesondere nach der Schwere der Gewallübung. Daneben sind aber auch an­ dere Umstände, besonders die Person und das Vorleben des Täters, zu berücksichtigen. Das Landgericht hatte fest­ gestellt, daß der Angeklagte durch seine Tat keinen Schaden angerichtet hatte und einen solchen bei der Beschaffenheit der Schußwaffe und den örtlichen Verhältnissen nur beim Zusammentreffen ganz unglücklicher Umstände hätte an­ richten können; es hatte weiter die Überzeugung ausge­ sprochen, daß der Angeklagte eine, ernstliche Gefährdung seines Verfolgers nicht beabsichtigt und auch gar nicht damit gerechnet habe. Da der Angeklagte auch zur Zeit der Tat erst 18 Jahre alt war, konnte man ihn nicht zu dem Kreise von Verbrechern zählen, die nach ihrer Per­ sönlichkeit der Todesstrafe würdig sind. (III, 3. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 110—112. 31. Eidesstattliche Versicherung. Beihilfe. (StGB. §§ 49, 156). Bewerber um den Doktorgrad einer Uni­ versität versicherten bei der Einreichung ihrer Arbeiten an Eides Statt, diese selbständig angefertigt zu haben. Die Versicherungen waren falsch; die Arbeiten waren unter wesentlicher Mithilfe eines Repetitors angefertigt worden. Die Verurteilung des Repititors wegen Beihilfe zur falschen Versicherung an Eides Statt wurde bestätigt. Die Unterstützung hatte sich nicht auf Anregungen und Hinweise beschränkt, vielmehr hatte der Repetitor eine Tätigkeit entfaltet, die sowohl dem inneren Gehalt als dem äußeren Umfange nach von entscheidender Bedeutung war. Zum Begriffe der Beihilfe genügt, daß der Gehilfe mit dem Willen, die Haupttat zu fördern oder zu erleichtern, irgendwelche Einwirkung äußerer oder innerer Art übt. Das kann schon vor dem Beginn der Ausführungshand­ lung geschehen. Der Angeklagte wußte, daß bei der Ein­ reichung der Arbeiten die eidesstattliche Versicherung ab­ gegeben werden mußte. Die Fakultät war zur Abnahme solcher Versicherungen zuständig. Diesen Verlaus hatte der Angeklagte von vornherein in seine Vorstellung und seinen Willen ausgenommen. (III, 10. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 112—114. Vgl. Bd. 17 S. 208; Bd. 37 S. 92; Bd. 67 S. 191; Bd. 71 S. 176.

nach ein Verbrecher ist. Das richtet sich in erster Reihe nach der Art der Ausführung der Tat, durch die der Täler seine Verfolger abwehrt, insbesondere nach der Schwere der Gewallübung. Daneben sind aber auch an­ dere Umstände, besonders die Person und das Vorleben des Täters, zu berücksichtigen. Das Landgericht hatte fest­ gestellt, daß der Angeklagte durch seine Tat keinen Schaden angerichtet hatte und einen solchen bei der Beschaffenheit der Schußwaffe und den örtlichen Verhältnissen nur beim Zusammentreffen ganz unglücklicher Umstände hätte an­ richten können; es hatte weiter die Überzeugung ausge­ sprochen, daß der Angeklagte eine, ernstliche Gefährdung seines Verfolgers nicht beabsichtigt und auch gar nicht damit gerechnet habe. Da der Angeklagte auch zur Zeit der Tat erst 18 Jahre alt war, konnte man ihn nicht zu dem Kreise von Verbrechern zählen, die nach ihrer Per­ sönlichkeit der Todesstrafe würdig sind. (III, 3. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 110—112. 31. Eidesstattliche Versicherung. Beihilfe. (StGB. §§ 49, 156). Bewerber um den Doktorgrad einer Uni­ versität versicherten bei der Einreichung ihrer Arbeiten an Eides Statt, diese selbständig angefertigt zu haben. Die Versicherungen waren falsch; die Arbeiten waren unter wesentlicher Mithilfe eines Repetitors angefertigt worden. Die Verurteilung des Repititors wegen Beihilfe zur falschen Versicherung an Eides Statt wurde bestätigt. Die Unterstützung hatte sich nicht auf Anregungen und Hinweise beschränkt, vielmehr hatte der Repetitor eine Tätigkeit entfaltet, die sowohl dem inneren Gehalt als dem äußeren Umfange nach von entscheidender Bedeutung war. Zum Begriffe der Beihilfe genügt, daß der Gehilfe mit dem Willen, die Haupttat zu fördern oder zu erleichtern, irgendwelche Einwirkung äußerer oder innerer Art übt. Das kann schon vor dem Beginn der Ausführungshand­ lung geschehen. Der Angeklagte wußte, daß bei der Ein­ reichung der Arbeiten die eidesstattliche Versicherung ab­ gegeben werden mußte. Die Fakultät war zur Abnahme solcher Versicherungen zuständig. Diesen Verlaus hatte der Angeklagte von vornherein in seine Vorstellung und seinen Willen ausgenommen. (III, 10. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 112—114. Vgl. Bd. 17 S. 208; Bd. 37 S. 92; Bd. 67 S. 191; Bd. 71 S. 176.

32. Volksschädling. Ausnutzen der Dunkelheit. Unge­ rechtes Urteil. (VolksSchädlVO. §§ 1, 2; ZustVO. §§ 34, 35.) Das Sondergericht hatte den Angeklagten wegen 14 teils vollendeter, teils versuchter schwerer Diebstähle im wiederholten Rückfall verurteilt, die Anwendung der Volksschädlingsverordnung aber mit der Begründung ab­ gelehnt, es habe nicht ausreichend bewiesen werden können, daß der Angeklagte bei der Wegnahme der Sachen und bei dem Verlassen des Tatortes die Verdunkelung aus­ genutzt habe. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Staatsan­ walts führte zur Aufhebung des Urteils. Ein ungerechtes Urteil im Sinne der Zuständigkeitsverordnung vom 21. Fe­ bruar 1940 liegt nicht nur dann vor, wenn sich aus den festgestellten Tatsachen mit Sicherheit ergibt, daß der Rich­ ter infolge eines Fehlers in der Rechtsanwendung zu einem anderen als dem Ergebnis gelangt ist, zu dem er bei richtiger Anwendung des Rechts hätte kommen müssen: vielmehr ist ein Urteil im Sinne dieser Vorschrift auch dann ungerecht, wenn die Möglichkeit sehr nahe liegt, daß der Tatrichter durch einen Rechtsfehler gehindert worden ist, tatsächliche Verhältnisse zu erkennen und festzustellen, bei deren Berücksichtigung das Urteil von den: richtigen Rechtsstandpunkt aus einem anderen Ergebnis hätte gelangen müssen. Die Frage, ob ein Urteil in diesem Sinne ungerecht ist, wird je nach Lage des Falles nicht immer eine reine Rechtsfrage, sondern oft zugleich eine Ermes­ sensfrage fein. In solchen Fällen hat das Reichsgericht nicht auf das wahrscheinliche Ergebnis einer künftigen Ausübung des Ermessens des Tatrichters zu verweisen, sondern unter Ausübung seines eigenen Ermessens die volle und ausschließliche Verantwortung für die Entschei­ dung, ob das Urteil ungerecht ist, selbst zu übernehmen. Im vorliegenden Fall ergaben die widerspruchsvollen Aus­ führungen des Sondergerichts über die Frage, ob der Angeklagte während des Wegschaffens der Diebesbeute die Verdunkelung ausgenutzt habe, eine sehr naheliegende Möglichkeit, daß das Gericht irrtümlich Feststellungen unterlassen hatte, aus denen hervorgehen würde, daß der Angeklagte bei seinen nächtlichen Diebesunternehmungen darauf ausgegangen war, mindestens bei dem Wegbringen der großen umfangreichen gestohlenen Gegenstände zur Erleichterung seiner Taten die Verdunkelung zu benutzen.

Das Sondergericht hatte auch nicht geprüft, wohin der Angeklagte die gestohlenen Sachen jeweils zunächst ge­ bracht hatte und \)b er bis dorthin immer Wege und Stege hatte benutzen können, die auch in Friedenszeiten nachts unbeleuchtet oder so einsam und entlegen waren, daß er bei der Beförderung der Sachen nicht anffallen konnte. Das alles sprach für die naheliegende Möglichkeit, daß ein der tatsächlichen Feststellung zugänglicher Sachverhalt ge­ geben war, der das Sondergericht vom richtigen Rechts­ standpunkt aus hätte dazu führen müssen, bewußte Aus­ nutzung der Verdunkelung für die Diebsunternehmungen anzunehmen. (I, 21. Januar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 114—117. Vgl. Bd. 74 S. 261, 359.

33. Fleischbeschau. Schlachtsteuerhinterziehung. Bei­ hilfe. Tateinheit. Gesetzeseinheit. (StGB. §§ 19, 73; FlBeschGes. §§ 19, 26.) Ein Fleischer ließ durch seine Gesellen an dem Fleisch von schwarz geschlachteten Tieren Fleischbeschaustempel fälschlich anbringen. Das Verfahren gegen die Gesellen war auf Grund des Gnadenerlasses vom 1. und 9. September 1939 eingestellt worden. Gegen die Verurteilung wegen Vergehen gegen § 26 Nr. 3 FleischBeschG. wandte der Angeklagte ein, daß die Gesellen als Täter anzusehen gewesen seien. Diese hatten aber nur auf seine Anweisung hin gehandelt, waren also als seine Ge­ hilfen tätig geworden. Das Anbringen der Stempel brauchte der Täter nicht eigenhändig vorzunehmen; es gehörten dazu keine besonderen Tätereigenschaften. Un­ richtig war es aber, die Verurteilung wegen des An­ bringens der Stempel auszusprechen. Dieses hatte gegen­ über dem Feilhalten und dem Verkauf des mit den fal­ schen Kennzeichen versehenen Fleisches, die der Angeklagte vornahm, keine besondere rechtliche Bedeutung, weil das Feilhalten und der Verkauf schon bei der Anbringung der Kennzeichen beabsichtigt waren und das Anbringen der falschen Kennzeichen nur die Voraussetzung für das Feil­ halten und den Verkauf des Fleisches bildete. Das An­ bringen der falschen Kennzeichen ging also in dem Feil­ halten und dem Verkauf des so gekennzeichneten Flei­ sches auf. Einer ausdrücklichen Berichtigung des Urteils bedurfte es nicht, da die auf Vergehen gegen § 26 Nr. 3 FleischBeschG. lautende Urtcilsformel auch den richtigen

Das Sondergericht hatte auch nicht geprüft, wohin der Angeklagte die gestohlenen Sachen jeweils zunächst ge­ bracht hatte und \)b er bis dorthin immer Wege und Stege hatte benutzen können, die auch in Friedenszeiten nachts unbeleuchtet oder so einsam und entlegen waren, daß er bei der Beförderung der Sachen nicht anffallen konnte. Das alles sprach für die naheliegende Möglichkeit, daß ein der tatsächlichen Feststellung zugänglicher Sachverhalt ge­ geben war, der das Sondergericht vom richtigen Rechts­ standpunkt aus hätte dazu führen müssen, bewußte Aus­ nutzung der Verdunkelung für die Diebsunternehmungen anzunehmen. (I, 21. Januar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 114—117. Vgl. Bd. 74 S. 261, 359.

33. Fleischbeschau. Schlachtsteuerhinterziehung. Bei­ hilfe. Tateinheit. Gesetzeseinheit. (StGB. §§ 19, 73; FlBeschGes. §§ 19, 26.) Ein Fleischer ließ durch seine Gesellen an dem Fleisch von schwarz geschlachteten Tieren Fleischbeschaustempel fälschlich anbringen. Das Verfahren gegen die Gesellen war auf Grund des Gnadenerlasses vom 1. und 9. September 1939 eingestellt worden. Gegen die Verurteilung wegen Vergehen gegen § 26 Nr. 3 FleischBeschG. wandte der Angeklagte ein, daß die Gesellen als Täter anzusehen gewesen seien. Diese hatten aber nur auf seine Anweisung hin gehandelt, waren also als seine Ge­ hilfen tätig geworden. Das Anbringen der Stempel brauchte der Täter nicht eigenhändig vorzunehmen; es gehörten dazu keine besonderen Tätereigenschaften. Un­ richtig war es aber, die Verurteilung wegen des An­ bringens der Stempel auszusprechen. Dieses hatte gegen­ über dem Feilhalten und dem Verkauf des mit den fal­ schen Kennzeichen versehenen Fleisches, die der Angeklagte vornahm, keine besondere rechtliche Bedeutung, weil das Feilhalten und der Verkauf schon bei der Anbringung der Kennzeichen beabsichtigt waren und das Anbringen der falschen Kennzeichen nur die Voraussetzung für das Feil­ halten und den Verkauf des Fleisches bildete. Das An­ bringen der falschen Kennzeichen ging also in dem Feil­ halten und dem Verkauf des so gekennzeichneten Flei­ sches auf. Einer ausdrücklichen Berichtigung des Urteils bedurfte es nicht, da die auf Vergehen gegen § 26 Nr. 3 FleischBeschG. lautende Urtcilsformel auch den richtigen

Schuldspruch deckte. Anklage war auch wegen Hinter­ ziehung der Schlachtsteuer erhoben. Das Landgericht hatte das Vergehen gegen § 26 Nr. 3 FleischBeschG., das es im Anbringen der falschen Kennzeichen fand, als gegen­ über der Steuerhinterziehung selbständige Straftat ange­ sehen. Das war an sich rechtsirrig. Das Anbringen der Kennzeichen bildete insofern einen Teil des Steuerver­ gehens, als dessen Begehung dadurch erleichtert und ver­ deckt werden sollte. War aber der Angeklagte nur wegen des Feilhaltens und Verkaufens des fälschlich gekennzeich­ neten Fleisches zu verurteilen, so entfiel der Tatbestand des Anbringens der Kennzeichen ganz Ein Gesetz, das nicht angewendet werden kann, begründet auch keine Tat­ einheit. Das Feilhalten und der Verkauf des Fleisches war aber gegenüber der Steuerhinterziehung eine selb­ ständige Tat, da es erst nach der Steuerhinterziehung be­ gangen wurde. Den falschen Stempel hatte der Ange­ klagte von einem anderen Fleischer erhalten, der ihn ebenfalls verwendete. Gegen seine Verurteilung wegen Ver­ gehens gegen § 26 Nr. 3 FleischBeschG. und wegen Beihilfe zu dem Vergehen des Angeklagten hatte dieser eingewendet, das; die Beihilfe in der vollendeten Straftat aufgehe. Das gilt aber nur, wenn die Beihilfe zu der vollendeten eigenen Straftat geleistet worden ist. Die Verurteilung wurde auch nicht dadurch ausgeschlossen, das; der erste Angeklagte nicht wegen des Anbringens der falschen Kennzeichen, son­ dern wegen Feilhaltens und Verkaufs des fälschlich gekennzeichneten Fleisches zu bestrafen war. Beihilfe ist auch zu einer Straftat möglich, die durch eine andere auf­ gezehrt wird. (II, 30. Januar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 117-121. Vgl. Bd. 57 S. 274; Bd. 63 S. 317; Bd. 64 S. 422; Bd. 67 S. 70; Bd. 71 S. 205: Bd. 72 S. 99, 276, 284; Bd. 73 S. 83; Bd. 74 S. 84.

34. Einstellungsbeschlusz. Nichtigkeitsbeschwerde. Be­ schränkte Rechtskraft. (StPO. § 153; ZustVO. §§ 34, 37.) Ein Seifensieder entnahm aus dem Betrieb seiner Werkstätte Seife und gab sie weiter. Es wurde auf Grund der Verordnung über die Verbrauchsregelung von Seife vom 23. August 1939 Anklage gegen ihn erhoben; das Ver­ fahren wurde mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft

Schuldspruch deckte. Anklage war auch wegen Hinter­ ziehung der Schlachtsteuer erhoben. Das Landgericht hatte das Vergehen gegen § 26 Nr. 3 FleischBeschG., das es im Anbringen der falschen Kennzeichen fand, als gegen­ über der Steuerhinterziehung selbständige Straftat ange­ sehen. Das war an sich rechtsirrig. Das Anbringen der Kennzeichen bildete insofern einen Teil des Steuerver­ gehens, als dessen Begehung dadurch erleichtert und ver­ deckt werden sollte. War aber der Angeklagte nur wegen des Feilhaltens und Verkaufens des fälschlich gekennzeich­ neten Fleisches zu verurteilen, so entfiel der Tatbestand des Anbringens der Kennzeichen ganz Ein Gesetz, das nicht angewendet werden kann, begründet auch keine Tat­ einheit. Das Feilhalten und der Verkauf des Fleisches war aber gegenüber der Steuerhinterziehung eine selb­ ständige Tat, da es erst nach der Steuerhinterziehung be­ gangen wurde. Den falschen Stempel hatte der Ange­ klagte von einem anderen Fleischer erhalten, der ihn ebenfalls verwendete. Gegen seine Verurteilung wegen Ver­ gehens gegen § 26 Nr. 3 FleischBeschG. und wegen Beihilfe zu dem Vergehen des Angeklagten hatte dieser eingewendet, das; die Beihilfe in der vollendeten Straftat aufgehe. Das gilt aber nur, wenn die Beihilfe zu der vollendeten eigenen Straftat geleistet worden ist. Die Verurteilung wurde auch nicht dadurch ausgeschlossen, das; der erste Angeklagte nicht wegen des Anbringens der falschen Kennzeichen, son­ dern wegen Feilhaltens und Verkaufs des fälschlich gekennzeichneten Fleisches zu bestrafen war. Beihilfe ist auch zu einer Straftat möglich, die durch eine andere auf­ gezehrt wird. (II, 30. Januar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 117-121. Vgl. Bd. 57 S. 274; Bd. 63 S. 317; Bd. 64 S. 422; Bd. 67 S. 70; Bd. 71 S. 205: Bd. 72 S. 99, 276, 284; Bd. 73 S. 83; Bd. 74 S. 84.

34. Einstellungsbeschlusz. Nichtigkeitsbeschwerde. Be­ schränkte Rechtskraft. (StPO. § 153; ZustVO. §§ 34, 37.) Ein Seifensieder entnahm aus dem Betrieb seiner Werkstätte Seife und gab sie weiter. Es wurde auf Grund der Verordnung über die Verbrauchsregelung von Seife vom 23. August 1939 Anklage gegen ihn erhoben; das Ver­ fahren wurde mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft

wegen Geringfügigkeit der Schuld und der Folgen der Tat eingestellt. Der Oberreichsanwalt erhob hiergegen Nich­ tigkeitsbeschwerde mit der Begründung, daß nicht geprüft worden sei, ob die Tat nicht gegen § 1 KrWirtschVO. verstoße und darum ein Verbrechen darstelle. Das Reichs­ gericht erklärte die Nichtigkeitsbeschwerde für unzulässig. Der angefochtene Beschluß hatte nicht die Bedeutung einer den Verfahrensgegenstand erledigenden Entscheidung. Seine Wirksamkeit erschöpfte sich darin, daß der Ange­ klagte keine den Verfahrensgegenstand erschöpfende Sach­ entscheidung, der Staatsanwalt bei unveränderter Rechts­ lage keine nochmalige Prüfung der auf dem Gebiete des Ermessens liegenden Voraussetzungen der Geringfügigkeit der Schuld und der Folgen verlangen konnte. In diesem Umfange besteht eine beschränkte Rechtskraft. Diese ent­ fällt ohne weiteres, wenn sich herausstellt, daß kein Ver­ gehen, sondern ein Verbrechen vorliegt. In diesem Falle steht der Beschluß der Erhebung einer Anklage und der Verurteilung wegen des Verbrechens nicht entgegen. Wird der Verbrechenstatbestand erwiesen, so hat der Wegfall der beschränkten Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses auch zur Folge, daß etwaige Vergehen, soweit sie mit dem Ver­ brechen tateinheitlich zus-ammentreffen, zu berücksichtigen sind. Bei dieser Rechtslage war für eine^Nichtigkeitsbeschwerde als einen außerordentlichen Rechtsbehelf kein Raum. (III, 6. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 121—124. Vgl/Bd. 65 S. 291.

35. Meineid. Sekte. (StPO. § 66 c.) Ein Zeuge er­ klärte vor seiner Vereidigung, er sei Mennonit; demgemäß trat an die Stelle seiner Vereidigung die Versicherung der Richtigkeit seiner Angaben aus Handschlag. Die Aussage war falsch. Gegen die Verurteilung wegen Meineid wen­ dete der Angeklagte ein, er sei gar nicht Mennonit. Darauf kam es nicht an. Das Gericht war allerdings befugt, seine Erklärung, daß er Mennonit sei, nachzuprüfen, konnte sich aber auch mit seiner Erklärung begnügen. (I, 14. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 124—127. 36. Kindermiszbrauch. (StBG. § 176 Nr. 3.) Zum Tatbestände des § 176 Nr. 3 StGB, gehört nicht, daß der Täter über das Alter seines Opfers Erwägungen anstellt;

wegen Geringfügigkeit der Schuld und der Folgen der Tat eingestellt. Der Oberreichsanwalt erhob hiergegen Nich­ tigkeitsbeschwerde mit der Begründung, daß nicht geprüft worden sei, ob die Tat nicht gegen § 1 KrWirtschVO. verstoße und darum ein Verbrechen darstelle. Das Reichs­ gericht erklärte die Nichtigkeitsbeschwerde für unzulässig. Der angefochtene Beschluß hatte nicht die Bedeutung einer den Verfahrensgegenstand erledigenden Entscheidung. Seine Wirksamkeit erschöpfte sich darin, daß der Ange­ klagte keine den Verfahrensgegenstand erschöpfende Sach­ entscheidung, der Staatsanwalt bei unveränderter Rechts­ lage keine nochmalige Prüfung der auf dem Gebiete des Ermessens liegenden Voraussetzungen der Geringfügigkeit der Schuld und der Folgen verlangen konnte. In diesem Umfange besteht eine beschränkte Rechtskraft. Diese ent­ fällt ohne weiteres, wenn sich herausstellt, daß kein Ver­ gehen, sondern ein Verbrechen vorliegt. In diesem Falle steht der Beschluß der Erhebung einer Anklage und der Verurteilung wegen des Verbrechens nicht entgegen. Wird der Verbrechenstatbestand erwiesen, so hat der Wegfall der beschränkten Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses auch zur Folge, daß etwaige Vergehen, soweit sie mit dem Ver­ brechen tateinheitlich zus-ammentreffen, zu berücksichtigen sind. Bei dieser Rechtslage war für eine^Nichtigkeitsbeschwerde als einen außerordentlichen Rechtsbehelf kein Raum. (III, 6. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 121—124. Vgl/Bd. 65 S. 291.

35. Meineid. Sekte. (StPO. § 66 c.) Ein Zeuge er­ klärte vor seiner Vereidigung, er sei Mennonit; demgemäß trat an die Stelle seiner Vereidigung die Versicherung der Richtigkeit seiner Angaben aus Handschlag. Die Aussage war falsch. Gegen die Verurteilung wegen Meineid wen­ dete der Angeklagte ein, er sei gar nicht Mennonit. Darauf kam es nicht an. Das Gericht war allerdings befugt, seine Erklärung, daß er Mennonit sei, nachzuprüfen, konnte sich aber auch mit seiner Erklärung begnügen. (I, 14. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 124—127. 36. Kindermiszbrauch. (StBG. § 176 Nr. 3.) Zum Tatbestände des § 176 Nr. 3 StGB, gehört nicht, daß der Täter über das Alter seines Opfers Erwägungen anstellt;

wegen Geringfügigkeit der Schuld und der Folgen der Tat eingestellt. Der Oberreichsanwalt erhob hiergegen Nich­ tigkeitsbeschwerde mit der Begründung, daß nicht geprüft worden sei, ob die Tat nicht gegen § 1 KrWirtschVO. verstoße und darum ein Verbrechen darstelle. Das Reichs­ gericht erklärte die Nichtigkeitsbeschwerde für unzulässig. Der angefochtene Beschluß hatte nicht die Bedeutung einer den Verfahrensgegenstand erledigenden Entscheidung. Seine Wirksamkeit erschöpfte sich darin, daß der Ange­ klagte keine den Verfahrensgegenstand erschöpfende Sach­ entscheidung, der Staatsanwalt bei unveränderter Rechts­ lage keine nochmalige Prüfung der auf dem Gebiete des Ermessens liegenden Voraussetzungen der Geringfügigkeit der Schuld und der Folgen verlangen konnte. In diesem Umfange besteht eine beschränkte Rechtskraft. Diese ent­ fällt ohne weiteres, wenn sich herausstellt, daß kein Ver­ gehen, sondern ein Verbrechen vorliegt. In diesem Falle steht der Beschluß der Erhebung einer Anklage und der Verurteilung wegen des Verbrechens nicht entgegen. Wird der Verbrechenstatbestand erwiesen, so hat der Wegfall der beschränkten Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses auch zur Folge, daß etwaige Vergehen, soweit sie mit dem Ver­ brechen tateinheitlich zus-ammentreffen, zu berücksichtigen sind. Bei dieser Rechtslage war für eine^Nichtigkeitsbeschwerde als einen außerordentlichen Rechtsbehelf kein Raum. (III, 6. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 121—124. Vgl/Bd. 65 S. 291.

35. Meineid. Sekte. (StPO. § 66 c.) Ein Zeuge er­ klärte vor seiner Vereidigung, er sei Mennonit; demgemäß trat an die Stelle seiner Vereidigung die Versicherung der Richtigkeit seiner Angaben aus Handschlag. Die Aussage war falsch. Gegen die Verurteilung wegen Meineid wen­ dete der Angeklagte ein, er sei gar nicht Mennonit. Darauf kam es nicht an. Das Gericht war allerdings befugt, seine Erklärung, daß er Mennonit sei, nachzuprüfen, konnte sich aber auch mit seiner Erklärung begnügen. (I, 14. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 124—127. 36. Kindermiszbrauch. (StBG. § 176 Nr. 3.) Zum Tatbestände des § 176 Nr. 3 StGB, gehört nicht, daß der Täter über das Alter seines Opfers Erwägungen anstellt;

es genügt, daß er die Tat will, einerlei, welches Alter das Opfer hat. (IV, 14. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 127—128. 37. Kriegswirtschaft. Zurückhallen. Bedarssgefährdung. Kriegsschädlichkeit. Ungerechtes Urteil. (KrWirtsch.VO. § 1; VO. vom 21. Februar 1940 § 34.) Ein Kauf­ mann hatte schon längere Zeit vor Beginn des Krieges große Posten zellstoffreier Weißwaren eingelagert in der Absicht, sie später, wenn solche Waren sehr begehrt, aber kaum mehr zu haben sein würden, zu verkaufen. Daran änderte er auch nach Beginn des Krieges nichts. Anfang November 1939 schied er wegen Krankheit aus der Leitung seines Geschäftes aus. Das Sondergericht sprach ihn von der Anklage eines Verbrechens gegen die Kriegswirtschaftsverordnung frei mit der Begründung, daß durch sein Verhalten eine Bedarfsgefährdung nicht eingetreten sei;' die Ware, die der Angeklagte zurückgehalten habe, sei nicht als zur Deckung legitimen Bedarfs bestimmt an­ zusehen gewesen, wenigstens solange nicht, als andere Ware, die der Bedarfsdeckung zu dienen bestimmt ivcir, vorhanden war und verkauft wurde. Das Reichsgericht hob auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Staatsanwalts das Urteil auf. Die Ausdrücke legitimer oder nicht legitimer Bedarf werden in der Kriegswirtschaftsverordnung nicht gebraucht. Auf den gesetzlichen Tatbestand bezogen konn­ ten die Ausführungen des Sondergerichts nur dahin ver­ standen werden, daß die zellstoffreie Ware nicht zum le­ benswichtigen Bedarf gehöre. Bei Festhaltung dieser Aufassung hätte das. Sondergericht auch nicht von Zurück­ haltung sprechen dürfen. Die Auffassung war aber nicht begründet. Nach dem Vorspruch der Verordnung sind alle Mittel dem Volke zur Verfügung zu stellen, also auch alle Erzeugnisse, die den: lebenswichtigen Bcdarfe dienen. Da­ zu gehörten die zellstoffreien Waren so gut wie' die zell­ stoffhaltigen. Die Unterscheidung des Sondergerichts war willkürlich und durch die Kriegswirtschaftsverordnung nicht begründet. Das Verhalten des Angeklagten war auch nicht dadurch gerechtfertigt, daß er immer zellstoff­ haltige Ware verkaufte und somit den Bedarf, soweit das an ihm lag, deckte. Es bestand für ihn allerdings keine Verpflichtung, zuerst die zellstoffreie Ware, dann die an­ dere zu verkaufen. Unrichtig war aber die Annahme, RGE. Strafsachen Bd. 7.',

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es genügt, daß er die Tat will, einerlei, welches Alter das Opfer hat. (IV, 14. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 127—128. 37. Kriegswirtschaft. Zurückhallen. Bedarssgefährdung. Kriegsschädlichkeit. Ungerechtes Urteil. (KrWirtsch.VO. § 1; VO. vom 21. Februar 1940 § 34.) Ein Kauf­ mann hatte schon längere Zeit vor Beginn des Krieges große Posten zellstoffreier Weißwaren eingelagert in der Absicht, sie später, wenn solche Waren sehr begehrt, aber kaum mehr zu haben sein würden, zu verkaufen. Daran änderte er auch nach Beginn des Krieges nichts. Anfang November 1939 schied er wegen Krankheit aus der Leitung seines Geschäftes aus. Das Sondergericht sprach ihn von der Anklage eines Verbrechens gegen die Kriegswirtschaftsverordnung frei mit der Begründung, daß durch sein Verhalten eine Bedarfsgefährdung nicht eingetreten sei;' die Ware, die der Angeklagte zurückgehalten habe, sei nicht als zur Deckung legitimen Bedarfs bestimmt an­ zusehen gewesen, wenigstens solange nicht, als andere Ware, die der Bedarfsdeckung zu dienen bestimmt ivcir, vorhanden war und verkauft wurde. Das Reichsgericht hob auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Staatsanwalts das Urteil auf. Die Ausdrücke legitimer oder nicht legitimer Bedarf werden in der Kriegswirtschaftsverordnung nicht gebraucht. Auf den gesetzlichen Tatbestand bezogen konn­ ten die Ausführungen des Sondergerichts nur dahin ver­ standen werden, daß die zellstoffreie Ware nicht zum le­ benswichtigen Bedarf gehöre. Bei Festhaltung dieser Aufassung hätte das. Sondergericht auch nicht von Zurück­ haltung sprechen dürfen. Die Auffassung war aber nicht begründet. Nach dem Vorspruch der Verordnung sind alle Mittel dem Volke zur Verfügung zu stellen, also auch alle Erzeugnisse, die den: lebenswichtigen Bcdarfe dienen. Da­ zu gehörten die zellstoffreien Waren so gut wie' die zell­ stoffhaltigen. Die Unterscheidung des Sondergerichts war willkürlich und durch die Kriegswirtschaftsverordnung nicht begründet. Das Verhalten des Angeklagten war auch nicht dadurch gerechtfertigt, daß er immer zellstoff­ haltige Ware verkaufte und somit den Bedarf, soweit das an ihm lag, deckte. Es bestand für ihn allerdings keine Verpflichtung, zuerst die zellstoffreie Ware, dann die an­ dere zu verkaufen. Unrichtig war aber die Annahme, RGE. Strafsachen Bd. 7.',

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daß keine Bedarfsgefährdung vorlag, solange der Ange­ klagte an jedermann, der es verlangte, Ware abgeben konnte und auch wirklich abgab. Auszugehen war von der Verpflichtung des Angeklagten, nichts zu tun, was die Fortführung eines geregelten Wirtschaftslebens gefährden konnte. Dieser Verpflichtung entsprach sein Verhalten nicht. Das genügte, nm das Urteil als ungerecht im Sinne des § 34 VO. vom 21. Februar 1940 erscheinen zu lassen. Für die künftige Behandlung des Falles gab das Reichsgericht eine Reihe grundsätzlicher Hinweise. A. Die Kriegswirtschaftsverordnung bezeichnet als Tä­ tigkeiten, die nach der Meinung des Gesetzgebers der Be­ darfsdeckung gefährlich werden können, das Vernichten, das Beiseiteschaffen und das Zurückhalten von Gütern. Ein Vernichten liegt vor, wenn die Güter zur bestim­ mungsgemäßen Verwendung unbrauchbar gemacht wer­ den; ein Beiseiteschaffen, wenn sie dem ordnungsgemäßen oder geregelten Verkehr dauernd entzogen werden. Zu­ rückhalten bedeutet, daß die Güter dem ordnungsgemäßen oder dem geregelten Verkehr vorübergehend entzogen wer­ den, und zwar bis zu einem Zeitpunkt, dessen Bestimmung der Täter sich vorbehält. Es liegt nicht nur dann vor, wenn der Täter die Abgabe eines Gutes aus Beständen, die seiner Verfügungsgewalt unterstehen, verweigert, son­ dern auch schon dann, wenn er aus diesen Beständen einen Teil absondert. Das Zurückhalten ist nicht immer uner­ laubt. Es kann vorgenommen werden in dem Bestreben, die gleichmäßige Deckung des Bedarfs auch in späterer Zeit sicher zu stellen, also mit dem Willen, der Bedarfsdeckung auf weite Sicht zu dienen. Der Verurteilung eines Kauf­ manns, der so handelt, würde schon der Mangel der Bös­ willigkeit entgegenstehen, auch wenn er durch die Lage­ rung entgegen seinem Willen die Bedarfsdeckung gefähr­ dete; das Reichsgericht entschied aber weiter, daß ein solches Verhalten überhaupt nicht als Zurückhalten im Sinne der Verordnung angesehen werden kann. Wenn sich der Inhaber eines Geschäfts mit bedeutendem Umsatz große Lager hält, kann das aus berechtigten oder aus ver­ werflichen Gründen geschehen. Es kommt dann für den Richter lediglich darauf an, ob dem Lagerhalter nachgewie­ sen werden kann, daß die Zurückhaltung mit dem Wil­ len eines kriegsschädlichen Verhaltens geschieht, also mit

dem Willen, die Ware entgegen den (Grundsätzen eines ordnungsmäßigen, durch die Kriegsnotwendigkeiten be­ dingten Geschäftsbetriebes festzuhalten und sie ohne Rück­ sicht auf den zwischenzeitlichen Bedarf zu einem Zeitpunkt in den Verkehr zu bringen, der den von ihm verfolgten Zwecke (meist eigennütziger Art) entspricht. In diesem Falle liegt ein Zurückhalten im Sinne der Verordnung vor. Es kommt dann nicht daraus an, in welchem Ver­ hältnis die lagernde Warenmenge zum Umsatz des Geschäf­ tes steht und in welchem Umfang der Kaufmann vom Standpunkt einer vernünftigen Wirtschaftsplanung aus ein Lager führen darf. Allerdings kann die Sachlage der­ art sein, daß sich aus dem Umfang eines Lagers und seinem Verhältnis zum Umsatz des Geschäfts Schlüsse dar­ auf ziehen lassen, mit welchem Willen der Lagerhalter das Lager hält. In einem solchen Falle können diese Umstände wichtige Beweisanzeichen bei der Untersuchung der inneren Seite des Tatbestandes sein; zum Tatbestände selbst ge­ hören sie aber nicht. Es kann auch sein, daß ein Lager zuerst mit dem Willen zurückgehalten wird, der Bedarfs­ deckung zu dienen, und daß dann im Lause der Zeit der ursprünglich gute Wille in den bösen Willen der Kriegs­ schädlichkeit übergeht; die Änderung des Willens müßte aber, wenn eine Bestrafung erfolgen soll, nach außen in irgendeiner Weise kundgegeben werden. Im vorliegenden Falle war es dem Angeklagten nicht um eine Regelung der Bedarfsdeckung zu tun; sein -Bestreben ging dahin, den Mangel einer bestimmten Art von Ware zu vergrößern und daraus für sich später persönliche Vorteile zu ziehen. Das war bis zum Erlaß der Kriegswirtschaftsverordnung nicht strafbar; von diesem Zeitpunkt an wurde aber das Verhalten kriegsschädlich. Der Angeklagte war allerdings insofern in einer schwierigen Lage, als er bis dahin das Lager geheimgehalten, insbesondere auch in seinen Steuer­ erklärungen nicht angeführt hatte. Es war denkbar, daß er aus Scheu vor der Offenbarung seiner steuerlichen Ver­ fehlungen von einer sofortigen Überführung des verschwie­ genen Lagers in die für die Bedarfsdeckung bestimmten Vorräte zunächst absah, aber sich vornahm, das Lager in unauffälliger Weise nach und nach in die für die Be­ darfsdeckung bestimmten Vorräte überzuführen. Das war in der neuen Verhandlung zu prüfen. Einen wertvollen

Fingerzeig hiefür konnte das Berhalten geben, das der Angeklagte gegenüber amtlich angeordneten Bestandsauf­ nahmen zeigte. Wenn er hiebei das Lager an zellstoff­ freier Ware verschwieg, konnten daraus Rückschlüsse auf die Art des Willens gezogen werden, mit dem er das Lager auch noch nach dem Inkrafttreten der Kriegswirtschastsverordnung hielt. B. Eine Gefährdung der Bedarfsdeckung muß grund­ sätzlich schon in jeder Gefahr oder Erhöhung einer schon bestehenden Gefahr erblickt werden, die für die Bedarfs­ deckung geschaffen wird. Immerhin weist schon der Um­ stand, daß der Gesetzgeber die Tat durch die Androhung von Zuchthaus zu einem Verbrechen gemacht hat, dar­ auf hin, daß die Tat eine nicht ganz unerhebliche Folge in der Außenwelt hervorgerufen haben muß. Diese Er­ wägung hat gelegentlich dazu geführt, das Gefährden der Bedarfsdeckung begrifflich dem Beeinträchtigen der Be­ darfsdeckung gleichzusetzen. Das erklärte das Reichsgericht für falsch. Eine Gefährdung der Bedarfsdeckung ist schon dann gegeben, wenn eine Beeinträchtigung noch nicht ein­ getreten, sondern nur näher gerückt ist. Der Unterschei­ dung kommt aber nicht nur eine begriffliche, sondern auch eine vcrfahrensrechtliche Bedeutung zu. Gehörte Beein­ trächtigung zum Tatbestände, so müßte dem Angeklagten nachgewiesen werden, daß ein genau feststellbarer Ausfall in der Deckung des Bedarfes eingetreten sei, daß z. B. einer Gemeinde für eine bestimmte Zuteilungsspanne nicht genug Eier zur Verfügung gestanden hätten. Die Ge­ fährdung der Bedarfsdeckung kann aber der Richter fest­ stellen, ohne daß er sie an der Hand einzelner Fälle nach­ weisen müßte; es genügt, daß er sich (unter Umständen mit der Hilfe von Sachverständigen) eine allgemeine Kenntnis von den maßgebenden Verhältnissen (von der ungefähren Höhe des Bedarfs, der ungefähren Menge der vorhandenen Vorräte und der Möglichkeit des Er­ satzes) verschafft und auf Grund seines tatrichterlichen Er­ messens Prüft, ob nach diesen Verhältnissen eine Gefähr­ dung des lebenswichtigen Bedarfes anzunehmen ist. Die Menge der Güter, die in verbotener Weise aus dem Ver­ kehr gezogen wurden, kann für die Prüfung der Frage, ob eine Gefährdung vorliegt, von Bedeutung sein, ist aber nicht entscheidend. Es wird sich immer darum handeln,

ob durch das Vernichten, Beiseiteschasfen oder Zurückhalten von Rohstoffen oder Erzeugnissen, die zum lebenswichtigen Bedarf gehören, die Fortführung eines geregelten Wirt­ schaftslebens während des Krieges gefährdet erscheint; wenn das der Fall ist, ist notwendig auch eine Gefahr für die Deckung des Bedarfs gegeben. Weiter hat aber der Richter auch den Einfluß zu prüfen, den die Tat auf die infolge des Krieges bestehende Wirtschaftslage gehabt hat oder hätte haben können, und ob dieser Einfluß kriegs­ schädlich gewesen ist oder auch nur Hütte sein können, wenn er voll wirksam'geworden wäre. Dabei sind nicht nur die Einwirkungen zu beachten, welche die Tat auf die vorhandene Vorratsmenge hat, sondern auch die Einflüsse die sie sonst auf die Wirtschaftsführung und die Wirt­ schaftslenkung haben kann; weiter aber auch die seelischen Wirkungen der Tat, vor allem die Frage, ob sie die Opfer­ willigkeit der Bevölkerung beeinträchtigen oder andere zur Nachahmung verleiten kann. Die Feststellung der Kriegs­ schädlichkeit liegt ausschließlich in dem pflichtmäßigen Er­ messen des Richters. Sie läßt sich nicht mit rechnerischer Sicherheit erweisen. Der Richter hat die Aufgabe auf Grund seiner Kenntnis der Volksseele, auf Grund des richtigen Verständnisses für den Sinn und die Erfor­ dernisse des gegenwärtigen Krieges und auf Grund eines Überblicks über die wirtschaftliche Lage auf dem in Be­ tracht kommenden Gebiet zu lösen. Für die Lösung des vorliegenden Falles verwies das Reichsgericht noch aus folgende Punkte: 1. Tie Gefahr für die Fortführung des Wirtschafts­ lebens ist nicht nur dann gegeben, wenn sie an dem Orte besteht, an dem vernichtet, beiseitegeschasft oder zurück­ gehalten wird; es müssen auch die Bedürfnisse der wei­ teren Allgemeinheit in Betracht gezogen werden. Es ge­ nügt, wenn für die Wirtschaftsführung eines größeren Versorgungsbezirks oder des ganzen Reiches sich eine Ge­ fahr ergeben würde, etwa deswegen, weil die Wirtschafts­ führung durch die Tat gehindert würde, mit der Waren­ menge zu rechnen und sie in die Wirtschaftsplanung ein­ zubeziehen. 2. Die Wirkung des Vernichtens, Beiseiteschaffens oder Zurückhaltens kann verschieden sein je nach dem Ort, der Zeit und den Umständen, unter denen sie vorgenommen

werden. Es kommt ganz darauf an, ob die Prüfung des Wirtschaftslebens derart gesichert ist, daß es ohne kriegsschädliche Gefährdung jeweils die Wirkung ertragen kann, die von der Tat ausstrahlt. Nur in diesem Zu­ sammenhang kommt der Menge der aus dem Verkehr ge­ zogenen Waren Bedeutung zu.

3. Innerhalb der Rohstoffe und der Erzeugnisse, die zum lebenswichtigen Bedarf gehören, nehmen die öffentlich bewirtschafteten eine besondere Stellung ein.' Hier wird eine kriegsschädliche Gefahr für die Fortführung eines ge­ regelten Wirtschaftslebens und damit eine kriegsschädliche Gefährdung der Bedarfsdeckung im allgemeinen eher an­ genommen werden können, als bei den nicht öffentlich be­ wirtschafteten Gütern. Zum inneren Tatbestände gehört nicht, daß der Täter die kriegsschädliche Gefahr gerade in ihrer jeweiligen Ge­ staltung erkannt und gewollt hat. Es genügt, daß der Täter, soweit es sich um vorsätzliche Taten handelt, bei der Ausführung der Tat nach der allgemeinen Lebens­ erfahrung weiß, es könne aus ihr der später tatsächlich eingetretene Erfolg entstehen, und daß er diesen Erfolg für den Fall seines Eintritts gewollt hat (bedingter Vor­ satz). Der Tatrichter wird davon ausgehen müssen, daß die Tatsache der infolge des Krieges und seiner Begleit­ erscheinungen eingetretenen Warenknappheit jedermann bekannt ist; er kann auch weitgehend mit der Kenntnis rechnen, daß die Fortführung eines geregelten Wirtschafts­ lebens nur möglich ist, wenn jeder Volksgenosse die Vor­ schriften einhält, die zur Regelung und Lenkung der Wirt­ schaft gegeben worden sind, und wenn sich außerdem jeder Volksgenosse solcher Maßnahmen enthält, die geeignet sind, den regelmäßigen Abfluß der Güter von dem Er­ zeuger oder Händler zum Verbraucher oder den verar­ beitenden Betrieben zu stören. Wer das weiß, wird in der Regel die Gefahr kennen, die mit dem Vernichten, Bei­ seiteschaffen oder Zurückhalten von Rohstoffen oder Er­ zeugnissen, die zum lebenswichtigen Bedarf gehören, ver­ bunden ist, und wird beurteilen können, wann eine kriegs­ schädliche Bedarfsgefährdung vorliegt. (I, 14. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 129—146. Vgl. Bd. 74 S. 261, 287, 359, 363; Bd. 75 S. 89.

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Strafsachen Bd. 75

Nr. 38,39

38. Strafantrag. Vormundschaftsgericht- (StGB. §§ 65, 185; BGB. § 1846.) Für ein minderjähriges Mädchen, dessen Vormund im Felde stand, stellte das Vormund­ schaftsgericht Strafantrag wegen Beleidigung. Das Reichsgericht erklärte das für zulässig. Darüber, ob ein Vormund an der Erfüllung seiner Pflichten verhindert ist und demgemäß das Vormundschaftsgericht die erfor­ derlichen Maßregeln für das Mündel zu treffen hat, ent­ scheidet das Vormundschaftsgericht nach seinem pflichtge­ mäßen Ermessen; soweit es gemäß dieser Bestimniung Maßnahmen trifft, handelt es als gesetzlicher Vertreter des Mündels. Ob die Voraussetzungen für sein Eingreifen vorgelegen haben, ist im Strafverfahren nicht nachzu­ prüfen. (III, 17. Februar 1941.; Amtl. Sammlg. S. 146—147. 39. Falsche Anschuldigung. Verleumdung. Besondere Arglist. Größere Gefahr. (OstStG. §§ 210a, 210 b.) Vor einer Polizeistelle bezichtigte ein Mann seinen Bruder und mehrere andere Personen, gemeinsam einen Mord be­ gangen zu haben; der Bruder wurde daraufhin verhaftet, aber bald wieder freigelassen. Die Verurteilung wegen einer mit besonderer Arglist durchgeführten Verleumdung wurde vom Reichsgericht aufgehoben. Das Landgericht hatte die besondere Arglist darin gefunden, daß der An­ geklagte den angeblich verübten Mord genau geschildert habe. Das Reichsgericht betonte dem gegenüber, daß von einer besonderen Arglist, um die Beschuldigung glaublich zu machen, nur dann gesprochen werden kann, wenn der Täter die falsche Beschuldigung mit besonderer Ver­ schlagenheit auf eine solche Art vorbringt, daß der Beschul­ digte sich dagegen nur schwer wehren kann. Der Täter muß also besondere Täuschungsmittel in der Absicht an­ wenden, seine falschen Beschuldigungen glaubhaft erschei­ nen zu lassen; er muß Umstände anführen, oder sachliche Beweismittel vorbringen, die sejner falschen Anschuldi­ gung auch. bei aufmerksamer Prüfung den Anschein der Wahrheit verleihen und die Widerlegung der Beschuldi­ gung besonders erschweren. Die genaue Schilderung der Tat, auf die sich die Beschuldigung bezieht, reicht dafür noch nicht aus. Auch die Feststellung, daß der Angeklagte seinen Bruder einer größeren Gefahr ausgesetzt habe, fand das Reichsgericht nicht ausreichend begründet. Da

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Strafsachen Bd. 75

Nr. 38,39

38. Strafantrag. Vormundschaftsgericht- (StGB. §§ 65, 185; BGB. § 1846.) Für ein minderjähriges Mädchen, dessen Vormund im Felde stand, stellte das Vormund­ schaftsgericht Strafantrag wegen Beleidigung. Das Reichsgericht erklärte das für zulässig. Darüber, ob ein Vormund an der Erfüllung seiner Pflichten verhindert ist und demgemäß das Vormundschaftsgericht die erfor­ derlichen Maßregeln für das Mündel zu treffen hat, ent­ scheidet das Vormundschaftsgericht nach seinem pflichtge­ mäßen Ermessen; soweit es gemäß dieser Bestimniung Maßnahmen trifft, handelt es als gesetzlicher Vertreter des Mündels. Ob die Voraussetzungen für sein Eingreifen vorgelegen haben, ist im Strafverfahren nicht nachzu­ prüfen. (III, 17. Februar 1941.; Amtl. Sammlg. S. 146—147. 39. Falsche Anschuldigung. Verleumdung. Besondere Arglist. Größere Gefahr. (OstStG. §§ 210a, 210 b.) Vor einer Polizeistelle bezichtigte ein Mann seinen Bruder und mehrere andere Personen, gemeinsam einen Mord be­ gangen zu haben; der Bruder wurde daraufhin verhaftet, aber bald wieder freigelassen. Die Verurteilung wegen einer mit besonderer Arglist durchgeführten Verleumdung wurde vom Reichsgericht aufgehoben. Das Landgericht hatte die besondere Arglist darin gefunden, daß der An­ geklagte den angeblich verübten Mord genau geschildert habe. Das Reichsgericht betonte dem gegenüber, daß von einer besonderen Arglist, um die Beschuldigung glaublich zu machen, nur dann gesprochen werden kann, wenn der Täter die falsche Beschuldigung mit besonderer Ver­ schlagenheit auf eine solche Art vorbringt, daß der Beschul­ digte sich dagegen nur schwer wehren kann. Der Täter muß also besondere Täuschungsmittel in der Absicht an­ wenden, seine falschen Beschuldigungen glaubhaft erschei­ nen zu lassen; er muß Umstände anführen, oder sachliche Beweismittel vorbringen, die sejner falschen Anschuldi­ gung auch. bei aufmerksamer Prüfung den Anschein der Wahrheit verleihen und die Widerlegung der Beschuldi­ gung besonders erschweren. Die genaue Schilderung der Tat, auf die sich die Beschuldigung bezieht, reicht dafür noch nicht aus. Auch die Feststellung, daß der Angeklagte seinen Bruder einer größeren Gefahr ausgesetzt habe, fand das Reichsgericht nicht ausreichend begründet. Da

jede bei der Obrigkeit erstattete falsche Anzeige wegen eines Verbrechens für den Beschuldigten die Gefahr er­ zeugt, Nachteile zu erleiden, die mit der Verfolgung wegen eines Verbrechens in der Regel verbunden sind, kann unter einer größeren Gefahr nur eine solche verstanden werden, die sowohl in der Größe der drohenden Nachteile über dieses Maß hi.nausgeht als auch den wirklichen Ein­ tritt dieser besonders schweren Nachteile in hohem Grade wahrscheinlich macht. Das trifft besonders dann zu, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, daß die falsche Anschuldigung zu einer ungerechten Verurteilung des Beschuldigten führt, nicht aber, wenn die Anschul­ digung von vornherein wenig glaubhaft erscheint. Diese Frage hatte das Landgericht' nicht geprüft. § 210 b StG. enthält keine Bedingung erhöhter Strafbarkeit, son­ dern einen Auszeichnnngsgrund, den der Vorsatz des Tä­ ters umfassen muß; er muß also bedacht 11116 beschlossen haben, den Beschuldigten der größeren Gefahr auszu­ setzen. In dieser Richtung enthielt das angefochtene Ur­ teil keine Feststellung. (VI, 21. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 147—150.

40. Ehebruch.

Beleidigung.

Strafantrag. (StGSV

§§ 63, 172, 185, 194.) Ein zum Heeresdienst einberufener Mann erfuhr, als er in Urlaub heimkehrte, daß seine Frau Ehebruch begangen habe. Er verzieh ihr, stellte aber gegen den Ehebrecher Strafantrag. Das Son6ergericht verurteilte ihn wegen Beleidigung. Das Reichs­ gericht stellte das Verfahren ein. Einer Bestrafung wegen Ehebruch stand der Umstand entgegen, daß die Ehe nicht wegen des Ehebruchs rechtskräftig geschieden worden war. Die in dem Ehebruch als solchem liegende Beleidigung des Hintergangenen Ehegatten kann nicht mehr bestraft werden, wenn dieser den Ehebruch verziehen hat. Eine Ver­ folgung wegen Beleidigung wäre in einem solchen Falle nur zulässig, wenn sich eine Ehrenkränkung aus den be­ sonderen, den Ehebruch begleitenden Umständen oder aus mit ihm verbundenen, aber nicht zum Tatbestände des Ehebruchs gehörenden Merkmalen ergäbe. Solche lagen nicht vor. Es fehlte außerdem an einem wirksamen Straf­ antrag. Da auch die Ehefrau an der Beleidigung teilge­ nommen hatte, erstreckte sich der Strafantrag zufolge seiner Unteilbarkeit auch auf sie. Der Antragsteller hatte aber

jede bei der Obrigkeit erstattete falsche Anzeige wegen eines Verbrechens für den Beschuldigten die Gefahr er­ zeugt, Nachteile zu erleiden, die mit der Verfolgung wegen eines Verbrechens in der Regel verbunden sind, kann unter einer größeren Gefahr nur eine solche verstanden werden, die sowohl in der Größe der drohenden Nachteile über dieses Maß hi.nausgeht als auch den wirklichen Ein­ tritt dieser besonders schweren Nachteile in hohem Grade wahrscheinlich macht. Das trifft besonders dann zu, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, daß die falsche Anschuldigung zu einer ungerechten Verurteilung des Beschuldigten führt, nicht aber, wenn die Anschul­ digung von vornherein wenig glaubhaft erscheint. Diese Frage hatte das Landgericht' nicht geprüft. § 210 b StG. enthält keine Bedingung erhöhter Strafbarkeit, son­ dern einen Auszeichnnngsgrund, den der Vorsatz des Tä­ ters umfassen muß; er muß also bedacht 11116 beschlossen haben, den Beschuldigten der größeren Gefahr auszu­ setzen. In dieser Richtung enthielt das angefochtene Ur­ teil keine Feststellung. (VI, 21. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 147—150.

40. Ehebruch.

Beleidigung.

Strafantrag. (StGSV

§§ 63, 172, 185, 194.) Ein zum Heeresdienst einberufener Mann erfuhr, als er in Urlaub heimkehrte, daß seine Frau Ehebruch begangen habe. Er verzieh ihr, stellte aber gegen den Ehebrecher Strafantrag. Das Son6ergericht verurteilte ihn wegen Beleidigung. Das Reichs­ gericht stellte das Verfahren ein. Einer Bestrafung wegen Ehebruch stand der Umstand entgegen, daß die Ehe nicht wegen des Ehebruchs rechtskräftig geschieden worden war. Die in dem Ehebruch als solchem liegende Beleidigung des Hintergangenen Ehegatten kann nicht mehr bestraft werden, wenn dieser den Ehebruch verziehen hat. Eine Ver­ folgung wegen Beleidigung wäre in einem solchen Falle nur zulässig, wenn sich eine Ehrenkränkung aus den be­ sonderen, den Ehebruch begleitenden Umständen oder aus mit ihm verbundenen, aber nicht zum Tatbestände des Ehebruchs gehörenden Merkmalen ergäbe. Solche lagen nicht vor. Es fehlte außerdem an einem wirksamen Straf­ antrag. Da auch die Ehefrau an der Beleidigung teilge­ nommen hatte, erstreckte sich der Strafantrag zufolge seiner Unteilbarkeit auch auf sie. Der Antragsteller hatte aber

ausdrücklich erklärt, eine Strafverfolgung seiner Ehefrau nicht zu wollen. Ein so bedingter Strafantrag ist unwirk­ sam. (III, 27. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 150—151Vgl. Bd. 54 S. 288; Bd. 65 S- 1; Bd. 74 S. 185, 380. 41. Straffreiheit. (GnadErl. vom 1. September 1939; WehrG. §§ 1, 4, 7, 10, 11.) Ein im Jahr 1901 geborener Mann wurde am 4. März 1940 in die Wehrmacht einge­ stellt. Er war am 19. April 1939 zu einer Gefängnis­ strafe von 6 Monaten verurteilt worden; das Urteil hatte am 4. September 1939 die Rechtskraft erlangt. Am 12. März 1940 wurde er neuerdings zu einer Gefängnis­ strafe von 7 Monaten verurteilt; die Strafe wurde mit der früher ausgesprochenen zu einer Gesamtstrafe von 9 Monaten Gefängnis verbunden. Durch deu Gnadenerlaß vom 1. September 1939 wurde allen aktiven Wehrmachtange­ hörigen Straffreiheit für Taten gewährt, die vor diesem Zeitpunkt begangen worden waren. Der Erlaß galt auch für die Wehrpflichtigen des Beurlaubtenstandes; zu diesen zählte auch der Angeklagte, der früher nicht gedient hatte. Jeder deutsche Mann, der nicht zum aktiven Wehrdienst herangezogen wird, gehört vom vollendeten 18. Lebens­ jahr bis zu dem der Vollendung des 35. Lebensjahres folgenden 31. März der Ersatzreserve und dann für weitere 10 Jahre der Landwehr an, und zwar kraft Gesetzes, ohne irgendeine Einberufung oder Gestaltung. § 2 des Gnadenerlasses traf auf den Angeklagten nicht zu, da das Urteil vom 19. April 1939 am 1. September 1939 noch nicht rechtskräftig war. In Betracht kam aber für ihn § 8 des Erlasses, wonach Strafverfahren, die zur Zeit der Ein­ berufung des Beschuldigten zum Wehrdienst anhängig sind, vorläufig nicht fortgesetzt und mit der endgültigen Einstellung in den Wehrdienst ebenfalls endgültig einge­ stellt werden sollen. Für diese Strafverfahren kommt es also auf den Tag der Einstellung in die Wehrmacht, nicht aber darauf an, ob das Verfahren schon am 1. Sep­ tember 1939 anhängig war. Gleichwohl war hieraus nicht zu folgern, daß die Strafe aus dem Urteil vom 19. April 1939 mit dem Eintritt des Angeklagten in den Wehrdienst (4. März 1940) erlassen worden und daher bei dem Ur­ teil vom 12. März 1940 nicht mehr für die Gesamtstrafen­ bildung in Betracht gekommen sei. Grundsätzlich bleibt

ausdrücklich erklärt, eine Strafverfolgung seiner Ehefrau nicht zu wollen. Ein so bedingter Strafantrag ist unwirk­ sam. (III, 27. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 150—151Vgl. Bd. 54 S. 288; Bd. 65 S- 1; Bd. 74 S. 185, 380. 41. Straffreiheit. (GnadErl. vom 1. September 1939; WehrG. §§ 1, 4, 7, 10, 11.) Ein im Jahr 1901 geborener Mann wurde am 4. März 1940 in die Wehrmacht einge­ stellt. Er war am 19. April 1939 zu einer Gefängnis­ strafe von 6 Monaten verurteilt worden; das Urteil hatte am 4. September 1939 die Rechtskraft erlangt. Am 12. März 1940 wurde er neuerdings zu einer Gefängnis­ strafe von 7 Monaten verurteilt; die Strafe wurde mit der früher ausgesprochenen zu einer Gesamtstrafe von 9 Monaten Gefängnis verbunden. Durch deu Gnadenerlaß vom 1. September 1939 wurde allen aktiven Wehrmachtange­ hörigen Straffreiheit für Taten gewährt, die vor diesem Zeitpunkt begangen worden waren. Der Erlaß galt auch für die Wehrpflichtigen des Beurlaubtenstandes; zu diesen zählte auch der Angeklagte, der früher nicht gedient hatte. Jeder deutsche Mann, der nicht zum aktiven Wehrdienst herangezogen wird, gehört vom vollendeten 18. Lebens­ jahr bis zu dem der Vollendung des 35. Lebensjahres folgenden 31. März der Ersatzreserve und dann für weitere 10 Jahre der Landwehr an, und zwar kraft Gesetzes, ohne irgendeine Einberufung oder Gestaltung. § 2 des Gnadenerlasses traf auf den Angeklagten nicht zu, da das Urteil vom 19. April 1939 am 1. September 1939 noch nicht rechtskräftig war. In Betracht kam aber für ihn § 8 des Erlasses, wonach Strafverfahren, die zur Zeit der Ein­ berufung des Beschuldigten zum Wehrdienst anhängig sind, vorläufig nicht fortgesetzt und mit der endgültigen Einstellung in den Wehrdienst ebenfalls endgültig einge­ stellt werden sollen. Für diese Strafverfahren kommt es also auf den Tag der Einstellung in die Wehrmacht, nicht aber darauf an, ob das Verfahren schon am 1. Sep­ tember 1939 anhängig war. Gleichwohl war hieraus nicht zu folgern, daß die Strafe aus dem Urteil vom 19. April 1939 mit dem Eintritt des Angeklagten in den Wehrdienst (4. März 1940) erlassen worden und daher bei dem Ur­ teil vom 12. März 1940 nicht mehr für die Gesamtstrafen­ bildung in Betracht gekommen sei. Grundsätzlich bleibt

der 1. September 1939 der Stichtag, auf den der Gnaden­ erlaß zugeschnitten ist. Der Gnadenerlaß wendet sich nicht in erster Reihe den einzelnen Volksgenossen zu, die in die Wehrmacht eingezogen werden; vielmehr ist, entsprechend nationalsozialistischer Denkweise, das Kriegserlebnis der Volksgesamtheit sein eigentlicher Grund. Diese sollte beim Eintritt in den Daseinskampf des Krieges von der Be­ lastung befreit werden, die sich aus minder bedeutsamen^ vor Kriegsausbruch verübten Straftaten ergeben hatte; es sollten Kräfte freigemacht werden, die für die Kriegs­ ziele eingesetzt werden konnten. Soweit der innere Zu­ sammenhang der einzelnen Bestimmungen des Gnadener­ lasses dazu nötigt, auch einen anderen Zeitpunkt, nämlich den des späteren Eintritts in den Wehrdienst, zu berück­ sichtigen, handelt es sich um eine Ausnahme von der Regel, die nicht ohne einen besonders rechtfertigenden Grund auf Kosten der Regel erweitert werden darf. Am 1. Sep­ tember 1939 waren gegen den Angeklagten zwei Straf­ verfahren anhängig. Wie der Ausfall der beiden Verfah­ ren zeigte, hatte der Angeklagte für die vor seiner ersten Verurteilung begangenen Straftaten 'eine Gesamtstrafe von mehr als 6 Monaten zu erwarten. Daraus ergab sich, daß der Angeklagte auch für den Fall seiner späteren Einstellung in die Wehrmacht des weitgehenden Gnadener­ weises nach Maßgabe des § 2 des Gnadenerlasses nicht würdig war. Daran konnte auch durch den Zufall nichts geändert werden, daß das eine der Strafverfahren in der Zeit zwischen dem 1. September 1939 und der Ein­ stellung des Angeklagten in die Wehrmacht beendet wurde. Ob anders zu entscheiden gewesen wäre, wenn das Urteil vom 19. April 1939 schon vor dem 1. September 1939 rechtskräftig geworden wäre, ließ das Reichsgericht dahin­ gestellt. (I, 28. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 152—157. 42. Abwesenheilsverfahren. Zustellung. Rechtsmittel­ fristen. (StPO. §§ 282 a, 343.) In einem Verfahren wegen Devisenvergehen wurden die Angeklagten in ihrer Abwesenheit zu Gefängnisstrafen und Geldstrafen verur­ teilt. Das Urteil mit den Gründen wurde am 24. August 1940 an die Gerichtstafel angeheftet und am 9. September 1940 von dort abgenommen. Der Pflichtverteidiger legte gegen das Urteil am 31. August 1940 Revision ein. Am

der 1. September 1939 der Stichtag, auf den der Gnaden­ erlaß zugeschnitten ist. Der Gnadenerlaß wendet sich nicht in erster Reihe den einzelnen Volksgenossen zu, die in die Wehrmacht eingezogen werden; vielmehr ist, entsprechend nationalsozialistischer Denkweise, das Kriegserlebnis der Volksgesamtheit sein eigentlicher Grund. Diese sollte beim Eintritt in den Daseinskampf des Krieges von der Be­ lastung befreit werden, die sich aus minder bedeutsamen^ vor Kriegsausbruch verübten Straftaten ergeben hatte; es sollten Kräfte freigemacht werden, die für die Kriegs­ ziele eingesetzt werden konnten. Soweit der innere Zu­ sammenhang der einzelnen Bestimmungen des Gnadener­ lasses dazu nötigt, auch einen anderen Zeitpunkt, nämlich den des späteren Eintritts in den Wehrdienst, zu berück­ sichtigen, handelt es sich um eine Ausnahme von der Regel, die nicht ohne einen besonders rechtfertigenden Grund auf Kosten der Regel erweitert werden darf. Am 1. Sep­ tember 1939 waren gegen den Angeklagten zwei Straf­ verfahren anhängig. Wie der Ausfall der beiden Verfah­ ren zeigte, hatte der Angeklagte für die vor seiner ersten Verurteilung begangenen Straftaten 'eine Gesamtstrafe von mehr als 6 Monaten zu erwarten. Daraus ergab sich, daß der Angeklagte auch für den Fall seiner späteren Einstellung in die Wehrmacht des weitgehenden Gnadener­ weises nach Maßgabe des § 2 des Gnadenerlasses nicht würdig war. Daran konnte auch durch den Zufall nichts geändert werden, daß das eine der Strafverfahren in der Zeit zwischen dem 1. September 1939 und der Ein­ stellung des Angeklagten in die Wehrmacht beendet wurde. Ob anders zu entscheiden gewesen wäre, wenn das Urteil vom 19. April 1939 schon vor dem 1. September 1939 rechtskräftig geworden wäre, ließ das Reichsgericht dahin­ gestellt. (I, 28. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 152—157. 42. Abwesenheilsverfahren. Zustellung. Rechtsmittel­ fristen. (StPO. §§ 282 a, 343.) In einem Verfahren wegen Devisenvergehen wurden die Angeklagten in ihrer Abwesenheit zu Gefängnisstrafen und Geldstrafen verur­ teilt. Das Urteil mit den Gründen wurde am 24. August 1940 an die Gerichtstafel angeheftet und am 9. September 1940 von dort abgenommen. Der Pflichtverteidiger legte gegen das Urteil am 31. August 1940 Revision ein. Am

18. September brachte er eine von den Angeklagten am 12. September 1940 unterzeichnete Vollmacht bei, die ihn auch ermächtigte, Zustellungen in Empfang zu nehmen. Das Urteil war ihm schon am 24. August zugestellt wor­ den; es wurde ihm nun erneut am 21. September zu­ gestellt. Am 26. September reichte er eine Revisionsbe­ gründung ein. Das Landgericht verwarf die Revision als unzulässig. Das Reichsgericht erklärte diesen Beschluß für rechtsirrig. Die erste Zustellung an den Verteidiger war wirkungslos, weil dieser damals keine Zustellungs­ vollmacht besaß. Die Frist für die Einlegung der Revi­ sion begann also von der öffentlichen Zustellung an zu laufen. Sie endete mit dem 14. September. Die Frist für die Begründung der Revision schloß sich aber nicht un­ mittelbar an. Allerdings war das Urteil mit den Grün­ den an die Gerichtstafel angeheftet worden; damit war aber das Urteil nur den Angeklagten, nicht dem Vertei­ diger zugestellt. Auch die Zustellung an den Verteidiger vom 24. August machte die neue Zustellung an ihn nicht entbehrlich; da sie schon vor der Zustellung des Urteils an die Angeklagten erfolgt war, hatte sie überhaupt keine rechtliche Bedeutung. Die Frist für die Revisionsbegrün­ dung hatte also erst am 21. September begonnen. (III, 6. März 1941.) Amtl. Sammlg. S. 158—160. Vgl. Bd. 52 S. 76.

43. Arzt. Nothilse bei Entbindung. Unglücksfall. Fahr­ lässige Tötung. Fahrlässige Körperverletzung. (StGB. §§ 222, 230, 330 c.) Bei einer Frau, die ihrer Ent­ bindung entgegensah, stellte die Hebamme fest, daß das Kind schief lag und daß ein Ärmchen vorgefallen war. Sie rief fernmündlich den in B. wohnenden Hausarzt der Familie an, konnte ihn aber nicht erreichen. Ein Arzt in W., an den sie sich wandte, erklärte ihr, daß er nur kommen werde, wenn ihm der Fall von den Ärzten in B. zuge­ wiesen würde. Darauf setzte sie sich mit einem anderen Arzt in B. in Verbindung. Nachdem sie ihm die Sachlage geschildert hatte, erklärte dieser kurz, er werde nicht kom­ men, da er nicht der Hausarzt sei; er brach sofort das Gespräch und die Verbindung ab, so daß ihm die Heb­ amme nicht sagen konnte, daß sie den Hausarzt nicht er­ reicht habe. Die Hebamme ersuchte dann neuerdings den Arzt in W. um Hilfeleistung. Er erwiderte, er trage

18. September brachte er eine von den Angeklagten am 12. September 1940 unterzeichnete Vollmacht bei, die ihn auch ermächtigte, Zustellungen in Empfang zu nehmen. Das Urteil war ihm schon am 24. August zugestellt wor­ den; es wurde ihm nun erneut am 21. September zu­ gestellt. Am 26. September reichte er eine Revisionsbe­ gründung ein. Das Landgericht verwarf die Revision als unzulässig. Das Reichsgericht erklärte diesen Beschluß für rechtsirrig. Die erste Zustellung an den Verteidiger war wirkungslos, weil dieser damals keine Zustellungs­ vollmacht besaß. Die Frist für die Einlegung der Revi­ sion begann also von der öffentlichen Zustellung an zu laufen. Sie endete mit dem 14. September. Die Frist für die Begründung der Revision schloß sich aber nicht un­ mittelbar an. Allerdings war das Urteil mit den Grün­ den an die Gerichtstafel angeheftet worden; damit war aber das Urteil nur den Angeklagten, nicht dem Vertei­ diger zugestellt. Auch die Zustellung an den Verteidiger vom 24. August machte die neue Zustellung an ihn nicht entbehrlich; da sie schon vor der Zustellung des Urteils an die Angeklagten erfolgt war, hatte sie überhaupt keine rechtliche Bedeutung. Die Frist für die Revisionsbegrün­ dung hatte also erst am 21. September begonnen. (III, 6. März 1941.) Amtl. Sammlg. S. 158—160. Vgl. Bd. 52 S. 76.

43. Arzt. Nothilse bei Entbindung. Unglücksfall. Fahr­ lässige Tötung. Fahrlässige Körperverletzung. (StGB. §§ 222, 230, 330 c.) Bei einer Frau, die ihrer Ent­ bindung entgegensah, stellte die Hebamme fest, daß das Kind schief lag und daß ein Ärmchen vorgefallen war. Sie rief fernmündlich den in B. wohnenden Hausarzt der Familie an, konnte ihn aber nicht erreichen. Ein Arzt in W., an den sie sich wandte, erklärte ihr, daß er nur kommen werde, wenn ihm der Fall von den Ärzten in B. zuge­ wiesen würde. Darauf setzte sie sich mit einem anderen Arzt in B. in Verbindung. Nachdem sie ihm die Sachlage geschildert hatte, erklärte dieser kurz, er werde nicht kom­ men, da er nicht der Hausarzt sei; er brach sofort das Gespräch und die Verbindung ab, so daß ihm die Heb­ amme nicht sagen konnte, daß sie den Hausarzt nicht er­ reicht habe. Die Hebamme ersuchte dann neuerdings den Arzt in W. um Hilfeleistung. Er erwiderte, er trage

Bedenken, zu ihr zu kommen, habe aber einen Kranken­ wagen abgeschickt, um die Frau in das Krankenhaus in W. zu holen. Im Krankenhaus gebar die Frau unter dem Beistände des Arztes in W. ein lebendes Kind; dieses zeigte aber sofort nach der Geburt Erstickungserscheinungen und starb bald nachher. Das Landgericht verurteilte den Arzt in B. wegen Unterlassen der Hilfeleistung. Das Reichs­ gericht verwies die Sache zurück. Als ein Unglücksfall -ist es auch anzusehen, wenn* eine Krankheit sich plötzlich in einer Weise entwickelt, die eine erhebliche Schädigung verursacht und weiteren Nachteil zu verursachen droht; für eine Schwangerschaft muß das gleiche gelten. Gegen die Annahme eines Unglücksfalles bestand also kein Beden­ ken, ebensowenig gegen die Annahme, daß der Angeklagte unter den äußeren Umständen, unter denen er-angegangen wurde, nach gesundem Volksempfinden zur Hilfeleistung verpflichtet gewesen wäre. Es konnte sich nur darum handeln, ob der Angeklagte alle diese Umstände gekannt hatte. Die Möglichkeit bestand, daß er geglaubt hatte, der Hausarzt stehe der Frau zur Verfügung, daß er also nicht wußte, daß er allein es war, der der Frau raschestens ärztliche Hilfe bringen konnte. In diesem Falle hätte er, ohne sich einer Pflichtverletzung schuldig zu machen, sie an ihren Hausarzt verweisen können. Das Landgericht hatte ausgeführt, daß er zumindest fahrlässig unterlassen habe, sich darüber zu unterrichten, ob der Frau von anderer Seite Hilfe gebracht würde. Die Straftat des § 330 c StGB, kann aber nur vorsätzlich begangen werden; der Vorsatz muß die Kenntnis der Pflicht und das Bewußtsein, sie zu verletzen, umfassen. Allerdings genügt auch bedingter Vorsatz. Es hätte also ausgereicht, wenn der Angeklagte damit gerechnet hätte, daß der Hausarzt nicht zu erreichen sei, und seine Hilfeleistung auch für diesen Fall verweigert hätte. Die Annahme fahrlässiger Tötung hatte das Landgericht abgelehnt, da es einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der verweigerten Hilfeleistung und dem Tode des Kindes nicht für nachgewiesen ansah. Diese Auffassung billigte das Reichsgericht; es erklärte aber, daß das Landgericht hätte prüfen müssen, ob der Angeklagte nicht gegenüber der Frau eine fahrlässige Kör­ perverletzung begangen hatte. Das war dann möglich, wenn sich nachweisen ließ, daß durch das sahrlässige Ver-

halten des Angeklagten die. Schmerzen der Frau gestei­ gert wurden und durch sein Eingreifen sich hätten vermin­ dern lassen. (I, 18. März 1941.) Amtl. Sammlg. S. 160—165. Vgl. Bd. 75 S. 68. 44. Beweisanlrag. (StPO. § 219). Grundsätzlich hat das erkennende Gericht nur einen Beweisantrag zu be­ rücksichtigen, der in der Hauptverhandlung vorgetragen wird. Die Ablehnung eines solchen Beweisantrags be­ darf eines Gerichtsbeschlusses. Verlangt der Angeklagte vor der Hauptverhandlung, aber nach Erlaß des Erösfnungsbeschlusses die Ladung von Zeugen oder Sachver­ ständigen, oder die Beischaffung anderer Beweismittel, so hat er den Antrag unter Angabe der Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, bei dem Vorsitzenden des Gerichts zu stellen; dieser hat darüber zu entscheiden und seine Verfügung dem Angeklagten bekannt zu machen. Der Vorsitzende kann den Antrag ablehnen, wenn er auf Grund der Aktenlage die Beweistatsachen als unerheblich oder die Beweismittel als ungeeignet ansieht. Dabei kann es sich aber immer nur um eine vorläufige Entscheidung handeln; die endgültige Entscheidung unterliegt dem Er­ messen des erkennenden Gerichts. Will der Angeklagte eine Entscheidung des Gerichts herbeiführen, so muß er seinen Antrag in der Hauptverhandlung wiederholen. Tie Revision kann grundsätzlich nicht darauf gestützt werden, daß der Vorsitzende vor der Hauptverhandlung einen Be­ weisantrag abgelehnt hat. Ein Bescheid des Vorsitzenden, daß der an ihn gerichtete Antrag in der Hauptverhandlung verbeschieden würde, ist unrichtig; eine Revision kann aber auch hieraus nicht gestützt werden, wenn der Bescheid er­ kennen läßt, daß der Vorsitzende dem Angeklagten anheim­ stelle, den Beweisantrag in der Hauptverhandlung zu wie­ derholen. Zulässig ist aber die Revision, wenn der Ange­ klagte durch den Bescheid des Vorsitzenden in den Irrtum versetzt worden ist, er brauche seinen Antrag in der Haupt­ verhandlung nicht zu wiederholen, es werde keinesfalls eine für ihn ungünstige Entscheidung ergehen, ohne daß das erkennende Gericht vorher über den an den Vor­ sitzenden gerichteten Antrag entscheide; das gilt besonders dann, wenn der Angeklagte rechtlich unerfahren ist und keinen Verteidiger hat. Der Vorsitzende darf einen an ihn

halten des Angeklagten die. Schmerzen der Frau gestei­ gert wurden und durch sein Eingreifen sich hätten vermin­ dern lassen. (I, 18. März 1941.) Amtl. Sammlg. S. 160—165. Vgl. Bd. 75 S. 68. 44. Beweisanlrag. (StPO. § 219). Grundsätzlich hat das erkennende Gericht nur einen Beweisantrag zu be­ rücksichtigen, der in der Hauptverhandlung vorgetragen wird. Die Ablehnung eines solchen Beweisantrags be­ darf eines Gerichtsbeschlusses. Verlangt der Angeklagte vor der Hauptverhandlung, aber nach Erlaß des Erösfnungsbeschlusses die Ladung von Zeugen oder Sachver­ ständigen, oder die Beischaffung anderer Beweismittel, so hat er den Antrag unter Angabe der Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, bei dem Vorsitzenden des Gerichts zu stellen; dieser hat darüber zu entscheiden und seine Verfügung dem Angeklagten bekannt zu machen. Der Vorsitzende kann den Antrag ablehnen, wenn er auf Grund der Aktenlage die Beweistatsachen als unerheblich oder die Beweismittel als ungeeignet ansieht. Dabei kann es sich aber immer nur um eine vorläufige Entscheidung handeln; die endgültige Entscheidung unterliegt dem Er­ messen des erkennenden Gerichts. Will der Angeklagte eine Entscheidung des Gerichts herbeiführen, so muß er seinen Antrag in der Hauptverhandlung wiederholen. Tie Revision kann grundsätzlich nicht darauf gestützt werden, daß der Vorsitzende vor der Hauptverhandlung einen Be­ weisantrag abgelehnt hat. Ein Bescheid des Vorsitzenden, daß der an ihn gerichtete Antrag in der Hauptverhandlung verbeschieden würde, ist unrichtig; eine Revision kann aber auch hieraus nicht gestützt werden, wenn der Bescheid er­ kennen läßt, daß der Vorsitzende dem Angeklagten anheim­ stelle, den Beweisantrag in der Hauptverhandlung zu wie­ derholen. Zulässig ist aber die Revision, wenn der Ange­ klagte durch den Bescheid des Vorsitzenden in den Irrtum versetzt worden ist, er brauche seinen Antrag in der Haupt­ verhandlung nicht zu wiederholen, es werde keinesfalls eine für ihn ungünstige Entscheidung ergehen, ohne daß das erkennende Gericht vorher über den an den Vor­ sitzenden gerichteten Antrag entscheide; das gilt besonders dann, wenn der Angeklagte rechtlich unerfahren ist und keinen Verteidiger hat. Der Vorsitzende darf einen an ihn

gerichteten Antrag auch nicht mit der Begründung ab­ lehnen, die Beweistatsachen könnten als wahr unterstellt werden; ob das wirklich geschehen kann, läßt sich erst in der Hauptverhandlung entscheiden, und diese Entscheidung steht allein dem erkennenden Gericht zu. Auch dieser Ver­ stoß kann die Revision begründen. Im vorliegenden Falle waren vor und während der Hauptverhandlung zahlreiche Beweisanträge eingereicht worden; zum Teil hatte sie der Vorsitzende verbeschieden. Auf seine Anregung erklär­ ten sich die Beteiligten damit einverstanden, daß der Vorsitzende die Beweisanträge zunächst allein bescheide, daß aber den Beteiligten Vorbehalten bleibe, jederzeit die Be­ schlußfassung durch das erkennende Gericht zu beantragen, und daß diese Form der Behandlung auch für die bereits erteilten Bescheide des Vorsitzenden gelten solle. Damit war den auf diese Vorgänge bezüglichen Verfahrensrügen der Revision der Boden entzogen. (II, 13. März 1941.) Amtl. Sammlg. S. 165—168. Vgl. Bd. 59 S. 420; Bd. 61 S. 376; Bd. 73 S. 193; IW. 1930 S. 2058, 2564, 3773, 3774; 1931 S. 1602; 1932 S. 1660; 1936 S. 665; 1938 S. 2736. 45. Devisenrechl. (DevG. 1935 §§ 9, 11, 42.) Der Jude M. wurde im Jahr 1938 aus Deutschland ausge­ wiesen und nahm seinen Aufenthalt in Posen; seine Frau blieb in Berlin zurück. Eine in Posen wohnende Frau R. schuldete ihrer in Münster wohnenden Schwester Frau K. 44 000 Zloty. Gegen eine Vergütung erklärte sich der Kaufmann N. in Posen bereit, nach Berlin zu fahren, dort von Frau M., die von den beabsichtigten Maßnahmen unterrichtet worden war, 20000 M abzuholen und sie durch die Post an Frau K. zu senden. Aus den Zahlkarten gab er als Absender Frau R. unter einer ihr nicht zukom­ menden Berliner Anschrift an, richtete auch unter falschem Namen eine Depesche an Frau K., worin er ihr die bevor­ stehende Ankunft des Geldes anzeigte. Frau K. benachrich­ tigte die Devisenstelle; das Geld wurde beschlagnahmt und eingezogen. N. wurde wegen Beihilfe zum ungenehmigten Erwerb ausländischer Zahlungsmittel von einer Privat­ person, und zwar zu einem höheren als dem amtlichen Kurs, nach den §§ 9, 29, 32, 42 Nr. 1, 4 DevG. 1935 verurteilt. Das Reichsgericht entschied, daß nicht § 9, sondern § 11 DevG. 1935 als verletzt anzusehen war. Was

gerichteten Antrag auch nicht mit der Begründung ab­ lehnen, die Beweistatsachen könnten als wahr unterstellt werden; ob das wirklich geschehen kann, läßt sich erst in der Hauptverhandlung entscheiden, und diese Entscheidung steht allein dem erkennenden Gericht zu. Auch dieser Ver­ stoß kann die Revision begründen. Im vorliegenden Falle waren vor und während der Hauptverhandlung zahlreiche Beweisanträge eingereicht worden; zum Teil hatte sie der Vorsitzende verbeschieden. Auf seine Anregung erklär­ ten sich die Beteiligten damit einverstanden, daß der Vorsitzende die Beweisanträge zunächst allein bescheide, daß aber den Beteiligten Vorbehalten bleibe, jederzeit die Be­ schlußfassung durch das erkennende Gericht zu beantragen, und daß diese Form der Behandlung auch für die bereits erteilten Bescheide des Vorsitzenden gelten solle. Damit war den auf diese Vorgänge bezüglichen Verfahrensrügen der Revision der Boden entzogen. (II, 13. März 1941.) Amtl. Sammlg. S. 165—168. Vgl. Bd. 59 S. 420; Bd. 61 S. 376; Bd. 73 S. 193; IW. 1930 S. 2058, 2564, 3773, 3774; 1931 S. 1602; 1932 S. 1660; 1936 S. 665; 1938 S. 2736. 45. Devisenrechl. (DevG. 1935 §§ 9, 11, 42.) Der Jude M. wurde im Jahr 1938 aus Deutschland ausge­ wiesen und nahm seinen Aufenthalt in Posen; seine Frau blieb in Berlin zurück. Eine in Posen wohnende Frau R. schuldete ihrer in Münster wohnenden Schwester Frau K. 44 000 Zloty. Gegen eine Vergütung erklärte sich der Kaufmann N. in Posen bereit, nach Berlin zu fahren, dort von Frau M., die von den beabsichtigten Maßnahmen unterrichtet worden war, 20000 M abzuholen und sie durch die Post an Frau K. zu senden. Aus den Zahlkarten gab er als Absender Frau R. unter einer ihr nicht zukom­ menden Berliner Anschrift an, richtete auch unter falschem Namen eine Depesche an Frau K., worin er ihr die bevor­ stehende Ankunft des Geldes anzeigte. Frau K. benachrich­ tigte die Devisenstelle; das Geld wurde beschlagnahmt und eingezogen. N. wurde wegen Beihilfe zum ungenehmigten Erwerb ausländischer Zahlungsmittel von einer Privat­ person, und zwar zu einem höheren als dem amtlichen Kurs, nach den §§ 9, 29, 32, 42 Nr. 1, 4 DevG. 1935 verurteilt. Das Reichsgericht entschied, daß nicht § 9, sondern § 11 DevG. 1935 als verletzt anzusehen war. Was

M. von Frau R. erhalten hatte, war nicht festgestellt- die deutsche Devisenwirtschaft wurde dadurch auch nicht be­ rührt, da es sich um den Übergang aus der Hand eines De­ visenausländers in die eines anderen im Auslande han­ delte. Dagegen gebot es das deutsche devisenwirtschaft­ liche Interesse, zu verhindern, daß die Forderung eines Inländers in ausländischer Währung, nämlich die Forde­ rung her Frau K. gegen Frau R., der deutschen Devisen­ wirtschaft verloren ging. Das sollte durch die Machen­ schaften herbeigeführt werden, zu denen der Angeklagte Beihilfe leistete. Die Schuld der Frau R. sollte im In­ land aus Mitteln des M. oder seiner Frau, die diese dem Angeklagten aushändigte, in Reichsmarkbeträgen getilgt werden. Hätte Frau K. den ihr übersandten Betrag als Erfüllung der Zlotyforderung angenommen, so wäre der Tatbestand des § 11 Abs. 1 DevG. 1935 erfüllt worden; die 20000 M wären von Frau M. (Deviseninländerin) der Frau K. (Deviseninländerin) zugunsten der Frau R. (De­ visenausländerin) ausgehändigt worden. Die Aushändi­ gung zugunsten eines Ausländers bedeutet eine Begün­ stigung im Rechtssinne; im vorliegenden Falle sollte sie in der Tilgung der Schuld der Frau R. bestehen. Die Aushändigung war nicht vollendet, sondern nur versucht worden. Zu diesem Versuch hatte der Angeklagte Bei­ hilfe geleistet. Er war sich bewußt gewesen, daß es sich um eine Devisenschiebung handelte; das reichte nach der inneren Tatseite für seine Verurteilung aus. (IV, 28. März 1941.) Amtl. Sammlg. S. 168—171. 46. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. (StPO. §§ 44, 46, 346.) Gegen das Urteil des Landgerichts legte der Angeklagte Revision ein. Diese wurde als unzulässig verworfen, weil sie nicht rechtzeitig begründet worden war. Der Angeklagte rief hiegegen die Entscheidung des Revisionsgerichts an und beantragte zugleich Wiederein­ setzung in den vorigen Stand. Diesen Antrag lehnte das Landgericht ab mit der Begründung, daß der Verteidiger des Angeklagten die Versäumung der Frist verschuldet habe. Gegen diesen Beschluß legte der Angeklagte keine so­ fortige Beschwerde ein. Das Reichsgericht erklärte sich durch den Beschluß nicht für gehindert, über die Revision des Angeklagten zu entscheiden. Die beiden Anträge stan­ den in einer unlösbaren inneren Verbindung miteinander.

M. von Frau R. erhalten hatte, war nicht festgestellt- die deutsche Devisenwirtschaft wurde dadurch auch nicht be­ rührt, da es sich um den Übergang aus der Hand eines De­ visenausländers in die eines anderen im Auslande han­ delte. Dagegen gebot es das deutsche devisenwirtschaft­ liche Interesse, zu verhindern, daß die Forderung eines Inländers in ausländischer Währung, nämlich die Forde­ rung her Frau K. gegen Frau R., der deutschen Devisen­ wirtschaft verloren ging. Das sollte durch die Machen­ schaften herbeigeführt werden, zu denen der Angeklagte Beihilfe leistete. Die Schuld der Frau R. sollte im In­ land aus Mitteln des M. oder seiner Frau, die diese dem Angeklagten aushändigte, in Reichsmarkbeträgen getilgt werden. Hätte Frau K. den ihr übersandten Betrag als Erfüllung der Zlotyforderung angenommen, so wäre der Tatbestand des § 11 Abs. 1 DevG. 1935 erfüllt worden; die 20000 M wären von Frau M. (Deviseninländerin) der Frau K. (Deviseninländerin) zugunsten der Frau R. (De­ visenausländerin) ausgehändigt worden. Die Aushändi­ gung zugunsten eines Ausländers bedeutet eine Begün­ stigung im Rechtssinne; im vorliegenden Falle sollte sie in der Tilgung der Schuld der Frau R. bestehen. Die Aushändigung war nicht vollendet, sondern nur versucht worden. Zu diesem Versuch hatte der Angeklagte Bei­ hilfe geleistet. Er war sich bewußt gewesen, daß es sich um eine Devisenschiebung handelte; das reichte nach der inneren Tatseite für seine Verurteilung aus. (IV, 28. März 1941.) Amtl. Sammlg. S. 168—171. 46. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. (StPO. §§ 44, 46, 346.) Gegen das Urteil des Landgerichts legte der Angeklagte Revision ein. Diese wurde als unzulässig verworfen, weil sie nicht rechtzeitig begründet worden war. Der Angeklagte rief hiegegen die Entscheidung des Revisionsgerichts an und beantragte zugleich Wiederein­ setzung in den vorigen Stand. Diesen Antrag lehnte das Landgericht ab mit der Begründung, daß der Verteidiger des Angeklagten die Versäumung der Frist verschuldet habe. Gegen diesen Beschluß legte der Angeklagte keine so­ fortige Beschwerde ein. Das Reichsgericht erklärte sich durch den Beschluß nicht für gehindert, über die Revision des Angeklagten zu entscheiden. Die beiden Anträge stan­ den in einer unlösbaren inneren Verbindung miteinander.

Das Reichsgericht sollte entscheiden, ob die Frist versäumt war, bejahendenfalls außerdem, ob die Versäumung ent­ schuldbar war. Das Landgericht war also für die Verbescheidung des Antrags auf Wiedereinsetzung nicht zustän­ dig. In der Sache entschied das Reichsgericht, daß ein Verschulden des Verteidigers für den Angeklagten einen unabwendbaren Zufall darstellen könne; es entsprach also dem Gesuch um Wiedereinsetzung und erklärte den Be­ schluß des Landgerichts für gegenstandslos. (IV, 4. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 171—173. Vgl. Bd. 40 S. 271; Bd. 58 S. 31; Bd. 65 S. 296; Bd. 69 S. 110; Bd. 70 S. 186; Bd. 73 S. 243; IW. 1927 S. 396. 47. Gnadenerlaß. (StPO. § 37; Gnad Erl. vom 1. Sep­ tember 1939, §§ 2, 8.) Ein Mann wurde am 30. März 1939 zu einer Gefängnisstrafe von 5 Monaten verurteilt. Am 30. November 1939 wurde er auf Grund freiwilliger Meldung zum Wehrdienst einberufen, mit 29. Febril ar 1940 aber wieder entlassen. Das Wehrbezirkskommando teilte dem Amtsgerichte mit, daß die Einstellung nicht er­ folgt wäre, wenn dem Wehrmeldeamt die Bestrafung des Angeklagten bekannt gewesen wäre. Das Amtsgericht er­ klärte darauf die Vollstreckung der Strafe für zulässig. Auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Oberreichsanwalts wurde der Beschluß aufgehoben/ Der Angeklagte war zwar am 1. September 1939 noch nicht aktiver Wehrmachtsange­ höriger, gehörte aber zu den Wehrpflichtigen des Beur­ laubtenstandes. Die in den §§ 1, 2 des Gnadenerlasses vom 1. September 1939 getroffene Bestimmung, daß Ge­ fängnisstrafen bis zu 6 Monaten erlassen werden, soweit sie gegen aktive Wehrmachtsangehörige ausgesprochen sind, war daher nach § 8 des Erlasses auf den Angeklagten an­ wendbar. Es machte nichts aus, daß er nicht dauernd im Heeresdienst eingestellt blieb. Die Anwendung des Gnadenerlasses wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Verurteilte seine Einstellung in den Heeresdienst be­ treibt, um sich die Vorteile des Gnadenerlasses zu ver­ schaffen. Ein etwaiger Irrtum der Einstellungsbehörde über den Grund der freiwilligen Meldung ist ohne Einfluß. (III, 7. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 173—175. 48. Devisenrechl. Gesetzeseinheit. (DevG. 1935, §§ 9, 29, 31, 42; 1938 §§ 10, 14, 15, 69.) L. übergab, um seine

Das Reichsgericht sollte entscheiden, ob die Frist versäumt war, bejahendenfalls außerdem, ob die Versäumung ent­ schuldbar war. Das Landgericht war also für die Verbescheidung des Antrags auf Wiedereinsetzung nicht zustän­ dig. In der Sache entschied das Reichsgericht, daß ein Verschulden des Verteidigers für den Angeklagten einen unabwendbaren Zufall darstellen könne; es entsprach also dem Gesuch um Wiedereinsetzung und erklärte den Be­ schluß des Landgerichts für gegenstandslos. (IV, 4. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 171—173. Vgl. Bd. 40 S. 271; Bd. 58 S. 31; Bd. 65 S. 296; Bd. 69 S. 110; Bd. 70 S. 186; Bd. 73 S. 243; IW. 1927 S. 396. 47. Gnadenerlaß. (StPO. § 37; Gnad Erl. vom 1. Sep­ tember 1939, §§ 2, 8.) Ein Mann wurde am 30. März 1939 zu einer Gefängnisstrafe von 5 Monaten verurteilt. Am 30. November 1939 wurde er auf Grund freiwilliger Meldung zum Wehrdienst einberufen, mit 29. Febril ar 1940 aber wieder entlassen. Das Wehrbezirkskommando teilte dem Amtsgerichte mit, daß die Einstellung nicht er­ folgt wäre, wenn dem Wehrmeldeamt die Bestrafung des Angeklagten bekannt gewesen wäre. Das Amtsgericht er­ klärte darauf die Vollstreckung der Strafe für zulässig. Auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Oberreichsanwalts wurde der Beschluß aufgehoben/ Der Angeklagte war zwar am 1. September 1939 noch nicht aktiver Wehrmachtsange­ höriger, gehörte aber zu den Wehrpflichtigen des Beur­ laubtenstandes. Die in den §§ 1, 2 des Gnadenerlasses vom 1. September 1939 getroffene Bestimmung, daß Ge­ fängnisstrafen bis zu 6 Monaten erlassen werden, soweit sie gegen aktive Wehrmachtsangehörige ausgesprochen sind, war daher nach § 8 des Erlasses auf den Angeklagten an­ wendbar. Es machte nichts aus, daß er nicht dauernd im Heeresdienst eingestellt blieb. Die Anwendung des Gnadenerlasses wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Verurteilte seine Einstellung in den Heeresdienst be­ treibt, um sich die Vorteile des Gnadenerlasses zu ver­ schaffen. Ein etwaiger Irrtum der Einstellungsbehörde über den Grund der freiwilligen Meldung ist ohne Einfluß. (III, 7. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 173—175. 48. Devisenrechl. Gesetzeseinheit. (DevG. 1935, §§ 9, 29, 31, 42; 1938 §§ 10, 14, 15, 69.) L. übergab, um seine

Das Reichsgericht sollte entscheiden, ob die Frist versäumt war, bejahendenfalls außerdem, ob die Versäumung ent­ schuldbar war. Das Landgericht war also für die Verbescheidung des Antrags auf Wiedereinsetzung nicht zustän­ dig. In der Sache entschied das Reichsgericht, daß ein Verschulden des Verteidigers für den Angeklagten einen unabwendbaren Zufall darstellen könne; es entsprach also dem Gesuch um Wiedereinsetzung und erklärte den Be­ schluß des Landgerichts für gegenstandslos. (IV, 4. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 171—173. Vgl. Bd. 40 S. 271; Bd. 58 S. 31; Bd. 65 S. 296; Bd. 69 S. 110; Bd. 70 S. 186; Bd. 73 S. 243; IW. 1927 S. 396. 47. Gnadenerlaß. (StPO. § 37; Gnad Erl. vom 1. Sep­ tember 1939, §§ 2, 8.) Ein Mann wurde am 30. März 1939 zu einer Gefängnisstrafe von 5 Monaten verurteilt. Am 30. November 1939 wurde er auf Grund freiwilliger Meldung zum Wehrdienst einberufen, mit 29. Febril ar 1940 aber wieder entlassen. Das Wehrbezirkskommando teilte dem Amtsgerichte mit, daß die Einstellung nicht er­ folgt wäre, wenn dem Wehrmeldeamt die Bestrafung des Angeklagten bekannt gewesen wäre. Das Amtsgericht er­ klärte darauf die Vollstreckung der Strafe für zulässig. Auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Oberreichsanwalts wurde der Beschluß aufgehoben/ Der Angeklagte war zwar am 1. September 1939 noch nicht aktiver Wehrmachtsange­ höriger, gehörte aber zu den Wehrpflichtigen des Beur­ laubtenstandes. Die in den §§ 1, 2 des Gnadenerlasses vom 1. September 1939 getroffene Bestimmung, daß Ge­ fängnisstrafen bis zu 6 Monaten erlassen werden, soweit sie gegen aktive Wehrmachtsangehörige ausgesprochen sind, war daher nach § 8 des Erlasses auf den Angeklagten an­ wendbar. Es machte nichts aus, daß er nicht dauernd im Heeresdienst eingestellt blieb. Die Anwendung des Gnadenerlasses wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Verurteilte seine Einstellung in den Heeresdienst be­ treibt, um sich die Vorteile des Gnadenerlasses zu ver­ schaffen. Ein etwaiger Irrtum der Einstellungsbehörde über den Grund der freiwilligen Meldung ist ohne Einfluß. (III, 7. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 173—175. 48. Devisenrechl. Gesetzeseinheit. (DevG. 1935, §§ 9, 29, 31, 42; 1938 §§ 10, 14, 15, 69.) L. übergab, um seine

Auswanderung vorzubereiten, W. 3600 M zur Weiter­ leitung an B.; dieser sollte dafür in Schweden Devisen zur Verfügung stellen. B. führte den Antrag nicht aus. P., der ebenfalls auswandern wollte, übergab W. 1300 M. W. wollte versuchen, damit im Jnlande Gläubiger von Ausländern zu befriedigen, damit ihm dann die Ausländer im Auslande Zahlungsmittel zur Verfügung stellen soll­ ten. Er ließ sich von einer Ausländerin die Anschriften dreier Inländer geben und sandte an diese kleinere Be­ träge. W. wurde wegen ungenehmigter Leistung von Zah­ lungen an Inländer zugunsten von Ausländern in Tat­ einheit mit einem Vergehen des Erbietens einem solchen Devisenvergehen verurteilt, B. wegen versuchten Verfü­ gens über ausländische Zahlungsmittel und versuchter Veräußerung unter Umgehung der Reichsbank. Das Reichsgericht sprach B. frei und verwies im übrigen die Sache zurück. Die Verbote des Devisengesetzes richten sich regelmäßig nicht gegen Verpslichtungsgeschäfte, sondern nur gegen Erfüllungsgeschäfte. Von dem Versuch eines Erfüllungsgeschäfts kann nicht gesprochen werden, wenn die ausländischen Zahlungsmittel, über die verfügt wer­ den soll, noch nicht in der Verfügungsgewalt des Täters stehen und es auch tatsächlich nicht zu ihrer Beschaffung ge­ kommen ist. Auf Seite des W. lag in dem Falle L. eine strafbare Vermittlung vor. Vermittlung ist jede Tätig­ keit, die darauf gerichtet ist, ein Geschäft zustande zu bringen. Es genügt hiefür die Mitwirkung bei einem Ver­ pflichtungsgeschäft. Unerheblich ist, ob die Vermittlung zum Erfolg, dem Erwerb der Devisen, geführt hat. Im Falle P. war das Landgericht davon ausgegangen, daß W. als Inländer Zahlungen an Inländer geleistet habe, durch die ein Ausländer rechtlich begünstigt werden sollte. Es konnte aber nicht festgestellt werden, daß die Zahlungen zur Erfüllung bestimmter Verbindlichkeiten des Auslän­ ders bestimmt waren. Die Annahme des Landgerichts, daß zwischen dem Ausländer und den inländischen Zah­ lungsempfängern möglicherweise ein Schenkungsvertrag bestanden habe, reichte nicht aus, um eine Verurteilung wegen Vergehen gegen §§ 15, 69 Nr. 4 DevG. zu stützen. Dagegen konnte sich die Strafbarkeit des Vorgangs unter einem anderen Gesichtspunkt ergeben. Der Sachverhalt legte die Vermutung nahe, daß sich hinter der VereinRÄE. Strafsachen Bd. 75

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Nr. 49

Strafsachen Bd'. 75

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barung ein Kauf bmt Devisen verbarg, wobei der Kauf­ preis nicht an den Verkäufer, sondern an von ihm be­ stimmte Stellen int Inland abgeführt werden sollte. Für die neue Verhandlung wies das Reichsgericht darauf hin, daß eine Bestrafung wegen Erbieten zu einem Devisen­ vergehen nicht eintreten kann, wenn die Tat, zu der sich der Täter erboten hat, ganz oder zum Teil ausgeführt worden ist; die Begehung der Tat zehrt die Vorbereitungs­ handlung in vollem Umfang auf. Hinsichtlich des L. be­ merkte das Reichsgericht, daß bei ihm kein Versuch des Erwerbs ausländischer Zahlungsmittel vorlag, daß aber ein genehmigungsbedürstiger Erwerb einer Forderung schon dann gegeben ist, wenn ein Inländer, um seine Aus­ wanderung vorzubereiten, durch Hingabe inländischer Zah­ lungsmittel einen int Ausland zu erfüllenden Anspruch auf Zahlung oder Verschaffung eines Betrags in auslän­ discher Währung erwirbt. (III, 7. April 1941.) Amtt. Sammlg. S. 175—179. 49. Geschlechtsehre. Beleidigung. Irrtum. (StGB. §§ 59, 185.) Ein 15jähriges Mädchen, das durch seinen Stiefvater verführt worden war, ließ sich von einem an­ deren Manne unzüchtig betasten und verkehrte mit ihm auch geschlechtlich. Er wurde wegen Beleidigung des Mäd­ chens verurteilt. Seine Revision, die darauf gestützt war, daß das Mädchen mit den Handlungen einverstanden war, daß auch eine Verletzung ihrer Geschlechtsehre schon des­ halb nicht angenommen 'werden könne, weil sie nicht mehr unbescholten war, hatte keinen Erfolg. In dem Einver­ ständnis eines Mädchens mit unzüchtigen Handlungen, die mit ihm vorgenommen werden, kann ein Verzicht auf die Geschlechtsehre nur dann gefunden werden, wenn dar.getan ist, daß das Mädchen nicht bloß die Bedeutung der Tat als einer unzüchtigen Handlung, sondern auch den Begriff der Geschlechtse'hre erfaßt und auch erkannt hat, daß die Einwilligung in die Handlung eine Preisgabe der Geschlechtsehre in sich schließen könne. Es bedeutet keinen Rechtsirrtum, wenn das Landgericht in dem Einverständ­ nis des Mädchens, obwohl es schon verdorben war, keinen Rechtfertigungsgrund für die Straftat des Angeklagten erblickte. Einem kaum dem Kindesalter entwachsenen Mädchen kann, auch wenn es durch gewissenlose Männer

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barung ein Kauf bmt Devisen verbarg, wobei der Kauf­ preis nicht an den Verkäufer, sondern an von ihm be­ stimmte Stellen int Inland abgeführt werden sollte. Für die neue Verhandlung wies das Reichsgericht darauf hin, daß eine Bestrafung wegen Erbieten zu einem Devisen­ vergehen nicht eintreten kann, wenn die Tat, zu der sich der Täter erboten hat, ganz oder zum Teil ausgeführt worden ist; die Begehung der Tat zehrt die Vorbereitungs­ handlung in vollem Umfang auf. Hinsichtlich des L. be­ merkte das Reichsgericht, daß bei ihm kein Versuch des Erwerbs ausländischer Zahlungsmittel vorlag, daß aber ein genehmigungsbedürstiger Erwerb einer Forderung schon dann gegeben ist, wenn ein Inländer, um seine Aus­ wanderung vorzubereiten, durch Hingabe inländischer Zah­ lungsmittel einen int Ausland zu erfüllenden Anspruch auf Zahlung oder Verschaffung eines Betrags in auslän­ discher Währung erwirbt. (III, 7. April 1941.) Amtt. Sammlg. S. 175—179. 49. Geschlechtsehre. Beleidigung. Irrtum. (StGB. §§ 59, 185.) Ein 15jähriges Mädchen, das durch seinen Stiefvater verführt worden war, ließ sich von einem an­ deren Manne unzüchtig betasten und verkehrte mit ihm auch geschlechtlich. Er wurde wegen Beleidigung des Mäd­ chens verurteilt. Seine Revision, die darauf gestützt war, daß das Mädchen mit den Handlungen einverstanden war, daß auch eine Verletzung ihrer Geschlechtsehre schon des­ halb nicht angenommen 'werden könne, weil sie nicht mehr unbescholten war, hatte keinen Erfolg. In dem Einver­ ständnis eines Mädchens mit unzüchtigen Handlungen, die mit ihm vorgenommen werden, kann ein Verzicht auf die Geschlechtsehre nur dann gefunden werden, wenn dar.getan ist, daß das Mädchen nicht bloß die Bedeutung der Tat als einer unzüchtigen Handlung, sondern auch den Begriff der Geschlechtse'hre erfaßt und auch erkannt hat, daß die Einwilligung in die Handlung eine Preisgabe der Geschlechtsehre in sich schließen könne. Es bedeutet keinen Rechtsirrtum, wenn das Landgericht in dem Einverständ­ nis des Mädchens, obwohl es schon verdorben war, keinen Rechtfertigungsgrund für die Straftat des Angeklagten erblickte. Einem kaum dem Kindesalter entwachsenen Mädchen kann, auch wenn es durch gewissenlose Männer

verdorben ist, nicht die Entscheidung darüber zukommen, ob andere mit ihm straflos unzüchtige Handlungen vor­ nehmen dürfen. Solche Mädchen sind nicht selbst die Hüter ihrer Geschlechtsehre; diese Aufgabe fällt ihren ge­ setzlichen Vertretern zu. Ihre Ehre zu wahren und sie davor zu schützen, daß sie nicht weiter verdorben wer­ den, ist nicht ausschließlich für sie selbst, sondern auch für ihre Eltern und Geschwister sowie für die Allgemeinheit von Bedeutung. Wenn der Angeklagte annahm, daß das Einverständnis des Mädchens den Tatbestand der Belei­ digung ausschließe, lag ein für die Schuldfrage unbeacht­ licher Strafrechtsirrtum vor.. Anders wäre die Sache zu beurteilen gewesen, wenn das Mädchen schon 16 oder 17 Jahr alt gewesen wäre und der Angeklagte irrtümlich an­ genommen hätte, daß sie nicht nur die Bedeutung der Ta­ ten als unzüchtiger Handlungen, sondern auch den Begriff der Geschlechtsehre erfaßt und weiter erkannt habe, daß die Einwilligung in die Handlungen die Preisgabe der Geschlechsehre in sich schließen könne; in diesem Falle hätte ein beachtlicher Irrtum angenommen werden können. Die Bescholtenheit einer Person kann zwar irrt Einzelfall einer an sich beleidigenden Kundgebung ihre Eigenschaft als strafbare Beleidigung nehmen; bei Kindern, die einer be­ achtlichen Einwilligung in unzüchtige Handlungen nicht fähig sind, ist aber die Bescholtenheit für die Frage, ob sie beleidigt werden können, ohne entscheidende Bedeutung. (II, 10. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 179—183. Vgl. Bd. 24 S. 201; Bd. 41 S. 392; Bd. 45 S. 344; Bd. 60 S. 34; Bd. 70 S. 245; Bd. 71 S. 319; Bd. 73 S. 113; Bd. 74 S. 224; IW. 1931 S. 1365; 1938 S. 1879.

50. Eingegliederte Ostgebiete. (VO. vorn 6. Juni 1940 §§ 1, 7, 18.) Das Strafgesetzbuch gilt in den eingeglieder­ ten Ostgebieten auch für solche Straftaten, die vor dem Inkrafttreten der Verordnung Dorn. 6. Juni 1940 über die Einführung des deutschen Strafrechts in den eingeglieder­ ten Ostgebieten (15. Juni 1940) begangen worden sind. Eine seit dem 26. Oktober 1939 (Erlaß vom 20. Oktober 1939) nach polnischem Recht etwa eingetretene Verjährung wäre durch die Verordnung mit rückwirkender Kraft wieder beseitigt worden. (V, 21. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 183—184. 5*

verdorben ist, nicht die Entscheidung darüber zukommen, ob andere mit ihm straflos unzüchtige Handlungen vor­ nehmen dürfen. Solche Mädchen sind nicht selbst die Hüter ihrer Geschlechtsehre; diese Aufgabe fällt ihren ge­ setzlichen Vertretern zu. Ihre Ehre zu wahren und sie davor zu schützen, daß sie nicht weiter verdorben wer­ den, ist nicht ausschließlich für sie selbst, sondern auch für ihre Eltern und Geschwister sowie für die Allgemeinheit von Bedeutung. Wenn der Angeklagte annahm, daß das Einverständnis des Mädchens den Tatbestand der Belei­ digung ausschließe, lag ein für die Schuldfrage unbeacht­ licher Strafrechtsirrtum vor.. Anders wäre die Sache zu beurteilen gewesen, wenn das Mädchen schon 16 oder 17 Jahr alt gewesen wäre und der Angeklagte irrtümlich an­ genommen hätte, daß sie nicht nur die Bedeutung der Ta­ ten als unzüchtiger Handlungen, sondern auch den Begriff der Geschlechtsehre erfaßt und weiter erkannt habe, daß die Einwilligung in die Handlungen die Preisgabe der Geschlechsehre in sich schließen könne; in diesem Falle hätte ein beachtlicher Irrtum angenommen werden können. Die Bescholtenheit einer Person kann zwar irrt Einzelfall einer an sich beleidigenden Kundgebung ihre Eigenschaft als strafbare Beleidigung nehmen; bei Kindern, die einer be­ achtlichen Einwilligung in unzüchtige Handlungen nicht fähig sind, ist aber die Bescholtenheit für die Frage, ob sie beleidigt werden können, ohne entscheidende Bedeutung. (II, 10. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 179—183. Vgl. Bd. 24 S. 201; Bd. 41 S. 392; Bd. 45 S. 344; Bd. 60 S. 34; Bd. 70 S. 245; Bd. 71 S. 319; Bd. 73 S. 113; Bd. 74 S. 224; IW. 1931 S. 1365; 1938 S. 1879.

50. Eingegliederte Ostgebiete. (VO. vorn 6. Juni 1940 §§ 1, 7, 18.) Das Strafgesetzbuch gilt in den eingeglieder­ ten Ostgebieten auch für solche Straftaten, die vor dem Inkrafttreten der Verordnung Dorn. 6. Juni 1940 über die Einführung des deutschen Strafrechts in den eingeglieder­ ten Ostgebieten (15. Juni 1940) begangen worden sind. Eine seit dem 26. Oktober 1939 (Erlaß vom 20. Oktober 1939) nach polnischem Recht etwa eingetretene Verjährung wäre durch die Verordnung mit rückwirkender Kraft wieder beseitigt worden. (V, 21. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 183—184. 5*

51. Diebstahl an bezugsbeschränkten Waren. (Verb.RegStrVO. §§ 1, 2.) Ein Kaufmannslehrling stahl seinem Dienstherrn Spinnstofswaren. Er wurde wegen des Dieb­ stahls verurteilt, aber von der Anklage eines Vergehens gegen die Verbrauchsregelungs-Strafverordnnng freige­ sprochen. Das Reichsgericht bestätigte das Urteil. Man konnte nicht sagen, daß der Angeklagte durch den Diebstahl bezugsbeschränkte Erzeugnisse ohne Bezugsberechtigung bezogen habe. Der Dieb nimmt die Sache einem anderen ohne dessen Einwilligung weg, er bezieht sie nicht von einem Abgeber. Zur Bekämpfung von Diebstählen an solchen Gütern bieten die Vorschriften über den Diebstahl und unter Umständen auch jene über kriegsschädliches Ver­ halten ausreichende Handhaben. (VI, 22. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 184—185. 52. Diebstahl an Brotmarken. (OstStG.). Ein Bäcker­ lehrling stahl seinem Dienstherrn eine größere Zahl von Brotmarken. Er wurde von der Anklage wegen Diebstahl freigesprochen mit der Begründung, daß die Brotmarken nur eine Art Anwartschaft auf den Bezug darstellten, aber keinen Eigenwert besaßen. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Allerdings kann die Aneignung einer frem­ den beweglichen Sache nur dann als Diebstahl bestraft werden, wenn die Sache einen Vermögenswert besitzt. Der Wert einer Sache bestimmt sich nach der Gesamtheit ihrer tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen und nach der Schätzung, die sie danach im Wirtschaftsleben findet. Solche Beziehungen können einer'Sache ohne Rücksicht auf den bloßen Gebrauchs- und Nutzungswert einen den Stoffwert erheblich überschreitenden Sachwert verleihen. Eine ge­ winnsüchtige Absicht hätte bei dem Angeklagten nur dann verneint werden können, wenn er sich nur soviel Brot­ marken zugeeignet hätte, als ihm zustanden. Wenn er die Möglichkeit gewinnen wollte, Brot in großer Menge zu er­ langen, wollte er diesen Vorteil zum Nachteil seines Lehr­ herrn erreichen. Auch für diesen hatten die Brotmarken einen den Papierwert übersteigenden Sachwert, denn nach der Menge der Marken, die er ablieferte, richtete sich die Menge von Mehl, die ihm zur Verarbeitung zugeteilt wurde. Durch die Entziehung der Brotmarken verringerte sich die Umsatzmöglichkeit und damit der Verdienst. Diese Gewinnverringernng war auch für die Frage von Bedeu-

51. Diebstahl an bezugsbeschränkten Waren. (Verb.RegStrVO. §§ 1, 2.) Ein Kaufmannslehrling stahl seinem Dienstherrn Spinnstofswaren. Er wurde wegen des Dieb­ stahls verurteilt, aber von der Anklage eines Vergehens gegen die Verbrauchsregelungs-Strafverordnnng freige­ sprochen. Das Reichsgericht bestätigte das Urteil. Man konnte nicht sagen, daß der Angeklagte durch den Diebstahl bezugsbeschränkte Erzeugnisse ohne Bezugsberechtigung bezogen habe. Der Dieb nimmt die Sache einem anderen ohne dessen Einwilligung weg, er bezieht sie nicht von einem Abgeber. Zur Bekämpfung von Diebstählen an solchen Gütern bieten die Vorschriften über den Diebstahl und unter Umständen auch jene über kriegsschädliches Ver­ halten ausreichende Handhaben. (VI, 22. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 184—185. 52. Diebstahl an Brotmarken. (OstStG.). Ein Bäcker­ lehrling stahl seinem Dienstherrn eine größere Zahl von Brotmarken. Er wurde von der Anklage wegen Diebstahl freigesprochen mit der Begründung, daß die Brotmarken nur eine Art Anwartschaft auf den Bezug darstellten, aber keinen Eigenwert besaßen. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Allerdings kann die Aneignung einer frem­ den beweglichen Sache nur dann als Diebstahl bestraft werden, wenn die Sache einen Vermögenswert besitzt. Der Wert einer Sache bestimmt sich nach der Gesamtheit ihrer tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen und nach der Schätzung, die sie danach im Wirtschaftsleben findet. Solche Beziehungen können einer'Sache ohne Rücksicht auf den bloßen Gebrauchs- und Nutzungswert einen den Stoffwert erheblich überschreitenden Sachwert verleihen. Eine ge­ winnsüchtige Absicht hätte bei dem Angeklagten nur dann verneint werden können, wenn er sich nur soviel Brot­ marken zugeeignet hätte, als ihm zustanden. Wenn er die Möglichkeit gewinnen wollte, Brot in großer Menge zu er­ langen, wollte er diesen Vorteil zum Nachteil seines Lehr­ herrn erreichen. Auch für diesen hatten die Brotmarken einen den Papierwert übersteigenden Sachwert, denn nach der Menge der Marken, die er ablieferte, richtete sich die Menge von Mehl, die ihm zur Verarbeitung zugeteilt wurde. Durch die Entziehung der Brotmarken verringerte sich die Umsatzmöglichkeit und damit der Verdienst. Diese Gewinnverringernng war auch für die Frage von Bedeu-

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Nr. 53, 54, 55

tung, ob eine Übertretung oder ein Verbrechen des Dieb­ stahls vorlag. (VI, 22. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 185—187. Vgl. Bd. 40 S. 10; Bd. 51 S. 97. 53. Ausübung eines Gewerbes. (VerbrRegStrVO. § 1.) Mehrere Personen kauften planmäßig Kleiderkarten auf, bezogen unter deren Ausnutzung Stoffe und setzten diese mit Gewinn ab. Gegen ihre Verurteilung wegen Verbrechen gegen die Verbrauchsregclungs-Strafverordnung wandten sie ein, daß sie nicht in Ausübung eines Gewerbes gehandelt hätten, da sie zu dem Verkauf keine Erlaubnis besessen hätten. Das Reichsgericht entschied, daß es hierauf nicht ankomme. In Ausübung eines Ge­ werbes handelt nicht nur, wer berechtigterweise das Ge­ werbe betreibt, vielmehr auch, wer sich wie ein Gewerbe­ treibender betätigt, also einer fortgesetzten auf Erwerb ge­ richteten Beschäftigung nachgeht, die im allgemeinen den Gegenstand eines Gewerbes bildet. (VI, 2. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 187—188. 54. Steuerhehlerei. Gesetzesauslegung. (RAbgO. §.§ 396, 401 b, 403.) Wegen gewerbsmäßiger Steuer­ hehlerei wurde auf eine Gefängnisstrafe erkannt, der Aus­ spruch einer Geldstrafe aber abgelehnt. Das Reichsgericht erkannte an, daß nach dem Wortlaut des § 401 b ARAbg.O. für die gewerbsmäßige Steuerhehlerei eine Geldstrafe nicht vorgesehen ist; es entschied aber gleichwohl, daß neben der Gefängnisstrafe auch auf Geldstrafe erkannt werden muß. Die dort vorgesehene Gefängnisstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren soll nur die Verschär­ fung des Mindest- und des Höchstmaßes der Freiheitsstrafe bilden, die für den Regelfall der Steuerhehlerei in § 396 RAbgO. vorgesehen ist; die ebendort vorgesehene Geld­ strafe, die für jeden Fall zwingend angeordnet ist, muß zu ihr hinzutreten. (V, 12. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 188—190. 55. Tateinheit. (StGB. §§ 73, 266, 350, 351.) Wegen einfacher Amtsunterschlagung (§ 350 StGB.) in Tatein­ heit mit Untreue (§ 266 StGB.) erkannte das Land­ gericht auf eine Gefängnisstrafe; es legte die Vorschrift des § 350 StGB, zugrunde. Auf die Revision des Ange­ klagten verwies das Reichsgericht die Sache zurück zum Zwecke der Prüfung, ob nicht schwere Amtsunterschlagung

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tung, ob eine Übertretung oder ein Verbrechen des Dieb­ stahls vorlag. (VI, 22. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 185—187. Vgl. Bd. 40 S. 10; Bd. 51 S. 97. 53. Ausübung eines Gewerbes. (VerbrRegStrVO. § 1.) Mehrere Personen kauften planmäßig Kleiderkarten auf, bezogen unter deren Ausnutzung Stoffe und setzten diese mit Gewinn ab. Gegen ihre Verurteilung wegen Verbrechen gegen die Verbrauchsregclungs-Strafverordnung wandten sie ein, daß sie nicht in Ausübung eines Gewerbes gehandelt hätten, da sie zu dem Verkauf keine Erlaubnis besessen hätten. Das Reichsgericht entschied, daß es hierauf nicht ankomme. In Ausübung eines Ge­ werbes handelt nicht nur, wer berechtigterweise das Ge­ werbe betreibt, vielmehr auch, wer sich wie ein Gewerbe­ treibender betätigt, also einer fortgesetzten auf Erwerb ge­ richteten Beschäftigung nachgeht, die im allgemeinen den Gegenstand eines Gewerbes bildet. (VI, 2. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 187—188. 54. Steuerhehlerei. Gesetzesauslegung. (RAbgO. §.§ 396, 401 b, 403.) Wegen gewerbsmäßiger Steuer­ hehlerei wurde auf eine Gefängnisstrafe erkannt, der Aus­ spruch einer Geldstrafe aber abgelehnt. Das Reichsgericht erkannte an, daß nach dem Wortlaut des § 401 b ARAbg.O. für die gewerbsmäßige Steuerhehlerei eine Geldstrafe nicht vorgesehen ist; es entschied aber gleichwohl, daß neben der Gefängnisstrafe auch auf Geldstrafe erkannt werden muß. Die dort vorgesehene Gefängnisstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren soll nur die Verschär­ fung des Mindest- und des Höchstmaßes der Freiheitsstrafe bilden, die für den Regelfall der Steuerhehlerei in § 396 RAbgO. vorgesehen ist; die ebendort vorgesehene Geld­ strafe, die für jeden Fall zwingend angeordnet ist, muß zu ihr hinzutreten. (V, 12. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 188—190. 55. Tateinheit. (StGB. §§ 73, 266, 350, 351.) Wegen einfacher Amtsunterschlagung (§ 350 StGB.) in Tatein­ heit mit Untreue (§ 266 StGB.) erkannte das Land­ gericht auf eine Gefängnisstrafe; es legte die Vorschrift des § 350 StGB, zugrunde. Auf die Revision des Ange­ klagten verwies das Reichsgericht die Sache zurück zum Zwecke der Prüfung, ob nicht schwere Amtsunterschlagung

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tung, ob eine Übertretung oder ein Verbrechen des Dieb­ stahls vorlag. (VI, 22. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 185—187. Vgl. Bd. 40 S. 10; Bd. 51 S. 97. 53. Ausübung eines Gewerbes. (VerbrRegStrVO. § 1.) Mehrere Personen kauften planmäßig Kleiderkarten auf, bezogen unter deren Ausnutzung Stoffe und setzten diese mit Gewinn ab. Gegen ihre Verurteilung wegen Verbrechen gegen die Verbrauchsregclungs-Strafverordnung wandten sie ein, daß sie nicht in Ausübung eines Gewerbes gehandelt hätten, da sie zu dem Verkauf keine Erlaubnis besessen hätten. Das Reichsgericht entschied, daß es hierauf nicht ankomme. In Ausübung eines Ge­ werbes handelt nicht nur, wer berechtigterweise das Ge­ werbe betreibt, vielmehr auch, wer sich wie ein Gewerbe­ treibender betätigt, also einer fortgesetzten auf Erwerb ge­ richteten Beschäftigung nachgeht, die im allgemeinen den Gegenstand eines Gewerbes bildet. (VI, 2. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 187—188. 54. Steuerhehlerei. Gesetzesauslegung. (RAbgO. §.§ 396, 401 b, 403.) Wegen gewerbsmäßiger Steuer­ hehlerei wurde auf eine Gefängnisstrafe erkannt, der Aus­ spruch einer Geldstrafe aber abgelehnt. Das Reichsgericht erkannte an, daß nach dem Wortlaut des § 401 b ARAbg.O. für die gewerbsmäßige Steuerhehlerei eine Geldstrafe nicht vorgesehen ist; es entschied aber gleichwohl, daß neben der Gefängnisstrafe auch auf Geldstrafe erkannt werden muß. Die dort vorgesehene Gefängnisstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren soll nur die Verschär­ fung des Mindest- und des Höchstmaßes der Freiheitsstrafe bilden, die für den Regelfall der Steuerhehlerei in § 396 RAbgO. vorgesehen ist; die ebendort vorgesehene Geld­ strafe, die für jeden Fall zwingend angeordnet ist, muß zu ihr hinzutreten. (V, 12. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 188—190. 55. Tateinheit. (StGB. §§ 73, 266, 350, 351.) Wegen einfacher Amtsunterschlagung (§ 350 StGB.) in Tatein­ heit mit Untreue (§ 266 StGB.) erkannte das Land­ gericht auf eine Gefängnisstrafe; es legte die Vorschrift des § 350 StGB, zugrunde. Auf die Revision des Ange­ klagten verwies das Reichsgericht die Sache zurück zum Zwecke der Prüfung, ob nicht schwere Amtsunterschlagung

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Nr. 53, 54, 55

tung, ob eine Übertretung oder ein Verbrechen des Dieb­ stahls vorlag. (VI, 22. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 185—187. Vgl. Bd. 40 S. 10; Bd. 51 S. 97. 53. Ausübung eines Gewerbes. (VerbrRegStrVO. § 1.) Mehrere Personen kauften planmäßig Kleiderkarten auf, bezogen unter deren Ausnutzung Stoffe und setzten diese mit Gewinn ab. Gegen ihre Verurteilung wegen Verbrechen gegen die Verbrauchsregclungs-Strafverordnung wandten sie ein, daß sie nicht in Ausübung eines Gewerbes gehandelt hätten, da sie zu dem Verkauf keine Erlaubnis besessen hätten. Das Reichsgericht entschied, daß es hierauf nicht ankomme. In Ausübung eines Ge­ werbes handelt nicht nur, wer berechtigterweise das Ge­ werbe betreibt, vielmehr auch, wer sich wie ein Gewerbe­ treibender betätigt, also einer fortgesetzten auf Erwerb ge­ richteten Beschäftigung nachgeht, die im allgemeinen den Gegenstand eines Gewerbes bildet. (VI, 2. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 187—188. 54. Steuerhehlerei. Gesetzesauslegung. (RAbgO. §.§ 396, 401 b, 403.) Wegen gewerbsmäßiger Steuer­ hehlerei wurde auf eine Gefängnisstrafe erkannt, der Aus­ spruch einer Geldstrafe aber abgelehnt. Das Reichsgericht erkannte an, daß nach dem Wortlaut des § 401 b ARAbg.O. für die gewerbsmäßige Steuerhehlerei eine Geldstrafe nicht vorgesehen ist; es entschied aber gleichwohl, daß neben der Gefängnisstrafe auch auf Geldstrafe erkannt werden muß. Die dort vorgesehene Gefängnisstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren soll nur die Verschär­ fung des Mindest- und des Höchstmaßes der Freiheitsstrafe bilden, die für den Regelfall der Steuerhehlerei in § 396 RAbgO. vorgesehen ist; die ebendort vorgesehene Geld­ strafe, die für jeden Fall zwingend angeordnet ist, muß zu ihr hinzutreten. (V, 12. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 188—190. 55. Tateinheit. (StGB. §§ 73, 266, 350, 351.) Wegen einfacher Amtsunterschlagung (§ 350 StGB.) in Tatein­ heit mit Untreue (§ 266 StGB.) erkannte das Land­ gericht auf eine Gefängnisstrafe; es legte die Vorschrift des § 350 StGB, zugrunde. Auf die Revision des Ange­ klagten verwies das Reichsgericht die Sache zurück zum Zwecke der Prüfung, ob nicht schwere Amtsunterschlagung

(§ 351 StGB.) anzunehmen war. Es bemerkte dazu, daß die Strafe aus § 266 StGB., nicht aus § 350 StGB, zu entnehmen gewesen wäre. Beide Vorschriften drohen Gefängnis an; nach § 266 StGB, ist aber daneben zwin­ gend die Verhängung einer Geldstrafe angeordnet. § 266 StGB, erscheint darum als das schwerere Strafgesetz; da­ bei darf allerdings das Mindestmaß der in § 350 StGB, angedrohten Strafe (3 Monate Gefängnis) nicht unter­ schritten werden. Für den Fall, daß das Landgericht in der neuen Verhandlung dazu kam, den Angeklagten wegen schwerer Amtsunterschlagung in Tateinheit mit Untreue zu verurteilen, ihm aber für die schwere Amtsunterschla­ gung mildernde Umstände zuzubilligen, galt das gleiche; nur war in diesem Falle die Mindeststrafe, die nicht unterschritten werden durfte, 6 Monate Gefängnis. Wenn mildernde Umstände versagt wurden, war die Strafe dem § 351 StGB, zu entnehmen, der Zuchthaus bis zu zehn Jahren androht. § 266 StGB, schied bei dieser Verglei­ chung aus, es sei denn, daß das Landgericht einen be­ sonders schweren Fall der Untreue annahm; dann war die Strafe wieder nach dieser Vorschrift zu bemessen, da neben der Zuchthausstrafe bis zu zehn Jahren noch Geld­ strafe vorgesehen ist. Aber auch wenn die Freiheitsstrafe aus § 350 StGB, zu entnehmen war, mußte daneben auf die im § 266 StGB, zwingend vorgesehene Geld­ strafe erkannt werden. Es darf dem Täter nicht zum Vorteil gereichen, wenn er durch seine Tat nicht nur ein Strafgesetz, sondern mehrere verletzt. Rechtsgefühl und Schutzbedürfnis der Allgemeinheit erfordern, haß der Tä­ ter auch an seinem Vermögen gestraft wird, wenn nur eines der verletzten Gesetze das vorschreibt, und daß er an seinem Vermögen gestraft werden darf, wenn eines der verletzten Gesetze das zuläßt. (III, 8. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 190—192. Vgl. Bd. 73 S. 148; Bd. 75 S. 14, 19. 56. Lebensmittelkarten. Beamter. NSV. (StGB. §§ 351, 359.) Der Geschäftsführer einer Ortsgruppe der NSV. hatte die Lebensmittelkarten an die Zellenwalter der Gruppe zu verteilen. Er erhielt zu diesem Zwecke die zur Verteilung bestimmten Karten, und zwar mehr, als voraussichtlich benötigt wurden; nach der Verteilung hatte er Rechnung zu legen und die überzähligen Karten zurück-

(§ 351 StGB.) anzunehmen war. Es bemerkte dazu, daß die Strafe aus § 266 StGB., nicht aus § 350 StGB, zu entnehmen gewesen wäre. Beide Vorschriften drohen Gefängnis an; nach § 266 StGB, ist aber daneben zwin­ gend die Verhängung einer Geldstrafe angeordnet. § 266 StGB, erscheint darum als das schwerere Strafgesetz; da­ bei darf allerdings das Mindestmaß der in § 350 StGB, angedrohten Strafe (3 Monate Gefängnis) nicht unter­ schritten werden. Für den Fall, daß das Landgericht in der neuen Verhandlung dazu kam, den Angeklagten wegen schwerer Amtsunterschlagung in Tateinheit mit Untreue zu verurteilen, ihm aber für die schwere Amtsunterschla­ gung mildernde Umstände zuzubilligen, galt das gleiche; nur war in diesem Falle die Mindeststrafe, die nicht unterschritten werden durfte, 6 Monate Gefängnis. Wenn mildernde Umstände versagt wurden, war die Strafe dem § 351 StGB, zu entnehmen, der Zuchthaus bis zu zehn Jahren androht. § 266 StGB, schied bei dieser Verglei­ chung aus, es sei denn, daß das Landgericht einen be­ sonders schweren Fall der Untreue annahm; dann war die Strafe wieder nach dieser Vorschrift zu bemessen, da neben der Zuchthausstrafe bis zu zehn Jahren noch Geld­ strafe vorgesehen ist. Aber auch wenn die Freiheitsstrafe aus § 350 StGB, zu entnehmen war, mußte daneben auf die im § 266 StGB, zwingend vorgesehene Geld­ strafe erkannt werden. Es darf dem Täter nicht zum Vorteil gereichen, wenn er durch seine Tat nicht nur ein Strafgesetz, sondern mehrere verletzt. Rechtsgefühl und Schutzbedürfnis der Allgemeinheit erfordern, haß der Tä­ ter auch an seinem Vermögen gestraft wird, wenn nur eines der verletzten Gesetze das vorschreibt, und daß er an seinem Vermögen gestraft werden darf, wenn eines der verletzten Gesetze das zuläßt. (III, 8. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 190—192. Vgl. Bd. 73 S. 148; Bd. 75 S. 14, 19. 56. Lebensmittelkarten. Beamter. NSV. (StGB. §§ 351, 359.) Der Geschäftsführer einer Ortsgruppe der NSV. hatte die Lebensmittelkarten an die Zellenwalter der Gruppe zu verteilen. Er erhielt zu diesem Zwecke die zur Verteilung bestimmten Karten, und zwar mehr, als voraussichtlich benötigt wurden; nach der Verteilung hatte er Rechnung zu legen und die überzähligen Karten zurück-

zugeben. In vier Fällen behielt er je eine Karte für sich und gab zur Verdeckung seiner Handlungsweise in der Abrechnungsliste die Gesamtsumme der verteilten Karten um eine höher an. Er wurde wegen schwerer Amtsunter­ schlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch und schwe­ rer Urkundenfälschung verurteilt. Seine Revision, in der bestritten wurde, daß er als Beamter im Sinne des Straf­ gesetzbuchs anzusehen sei, hatte keinen Erfolg. Der Begriff des Beamten in diesem Sinne umfaßt alle Personen, die auf Grund ordnungsmäßiger Bestellung staatshoheit­ liche Aufgaben erfüllen. Im Urteil fehlte allerdings eine Feststellung, inwiefern das Ernährungsamt berechtigt war, die NSV.-Dienststellen mit der Kartenverteilung zu bei­ fassen. Die Ermächtigung hiefür ist aber in einem Rund­ erlaß des Ernährungsministers vom 20. September 1939 zu finden, worin gesagt ist, daß sich die Ernährungsämter bei der Durchführung der Aufgaben, die ihnen aus dem Kartenwesen erwachsen, weitgehend der Hilfe der Gemein­ den und anderer Einrichtungen bedienen dürfen. Die Ortsgruppe hatte damit staatshoheitliche Aufgaben über­ nommen; der Angeklagte war zu deren Erledigung berufen worden. Der Leiter der Ortsgruppe hatte ihn auch wie­ derholt darauf hingewiesen, daß er bei der Kartenvertei­ lung als Beamter handle. (II, 3. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 193—195. 57. Devisenrecht. Zahlungsmittel. (DcvG. 1935 §§ 9, 29; 1938 §§ 10, 13, 10.) Eine Frau übergab einem Manne, der nach Frankreich reiste, einen größeren Be­ trag in früheren Reichsgoldmünzen mit dem Auftrag, sie in Frankreich in Franken umzuwechseln und den Betrag einem ihrer Verwandten, der in Paris lebte, zu über­ bringen. Der Auftrag wurde ausgeführt. Zu der Zeit, da die Übergabe erfolgte, waren die Goldmünzen nicht mehr gesetzliche Zahlungsmittel. Das Reichsgericht ent­ schied aber, daß sie im Sinne des Devisengesetzes nach wie vor als Zahlungsmittel anzusehen seien, da sie dazu bestimmt waren, Aufgaben des Geldes zu erfüllen. Die Angeklagte hatte somit ohne Genehmigung Forderungen in ausländischer Währung gegen inländische Zahlungs­ mittel erworben. Der Auftrag, den sie erteilte, war allerdings nichtig, weil er auf das Herbeiführen eines devisenrechtlich verbotenen Erfolges gerichtet war; da sie

zugeben. In vier Fällen behielt er je eine Karte für sich und gab zur Verdeckung seiner Handlungsweise in der Abrechnungsliste die Gesamtsumme der verteilten Karten um eine höher an. Er wurde wegen schwerer Amtsunter­ schlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch und schwe­ rer Urkundenfälschung verurteilt. Seine Revision, in der bestritten wurde, daß er als Beamter im Sinne des Straf­ gesetzbuchs anzusehen sei, hatte keinen Erfolg. Der Begriff des Beamten in diesem Sinne umfaßt alle Personen, die auf Grund ordnungsmäßiger Bestellung staatshoheit­ liche Aufgaben erfüllen. Im Urteil fehlte allerdings eine Feststellung, inwiefern das Ernährungsamt berechtigt war, die NSV.-Dienststellen mit der Kartenverteilung zu bei­ fassen. Die Ermächtigung hiefür ist aber in einem Rund­ erlaß des Ernährungsministers vom 20. September 1939 zu finden, worin gesagt ist, daß sich die Ernährungsämter bei der Durchführung der Aufgaben, die ihnen aus dem Kartenwesen erwachsen, weitgehend der Hilfe der Gemein­ den und anderer Einrichtungen bedienen dürfen. Die Ortsgruppe hatte damit staatshoheitliche Aufgaben über­ nommen; der Angeklagte war zu deren Erledigung berufen worden. Der Leiter der Ortsgruppe hatte ihn auch wie­ derholt darauf hingewiesen, daß er bei der Kartenvertei­ lung als Beamter handle. (II, 3. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 193—195. 57. Devisenrecht. Zahlungsmittel. (DcvG. 1935 §§ 9, 29; 1938 §§ 10, 13, 10.) Eine Frau übergab einem Manne, der nach Frankreich reiste, einen größeren Be­ trag in früheren Reichsgoldmünzen mit dem Auftrag, sie in Frankreich in Franken umzuwechseln und den Betrag einem ihrer Verwandten, der in Paris lebte, zu über­ bringen. Der Auftrag wurde ausgeführt. Zu der Zeit, da die Übergabe erfolgte, waren die Goldmünzen nicht mehr gesetzliche Zahlungsmittel. Das Reichsgericht ent­ schied aber, daß sie im Sinne des Devisengesetzes nach wie vor als Zahlungsmittel anzusehen seien, da sie dazu bestimmt waren, Aufgaben des Geldes zu erfüllen. Die Angeklagte hatte somit ohne Genehmigung Forderungen in ausländischer Währung gegen inländische Zahlungs­ mittel erworben. Der Auftrag, den sie erteilte, war allerdings nichtig, weil er auf das Herbeiführen eines devisenrechtlich verbotenen Erfolges gerichtet war; da sie

aber die Goldmünzen nur zu einem vorübergehenden Zweck treuhänderisch übergab, erwarb sie gegen den Emp­ fänger Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Aushändigung des Verkaufserlöses. (II, 21. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 195—197. Vgl. Bd. 69 S. 210; Bd. 71 S. 152; Bd. 73 S. 157; Bd. 74 S. 79.

58. Ausländischer Rundfunksender. Verbreiten. Irr­ tum. (VO. vom 1. September 1939 über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen §§ 1, 2.) Ein polnischer Land­ arbeiter hörte im November 1940 die deutschsprachigen Nachrichten des Schweizer Senders Beromünster an, der zunächst den deutschen Wehrmachtsbericht und im An­ schluß daran den englischen Heeresbericht brachte. Er er­ zählte dann zwei Polen, die mit ihm das gleiche Zimmer bewohnten, daß der englische Bericht als deutsche Ver­ luste vier Flugzeuge mehr genannt habe als der deutsche. Tas Sondergericht verurteilte ihn wegen Abhören frem­ der Sender, nicht aber wegen Verbreiten der Nachricht mit der Begründung, daß die Nachricht nicht geeignet gewesen sei, die Widerstandskraft des deutschen Volkes zu gefährden. Das Reichsgericht hob das Urteil auf. § 1 der Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnah­ men verbietet das absichtliche Abhören ausländischer Sen­ der. Er will die Quelle für das Eindringen von Feind­ nachrichten verstopfen. Völlig reicht das Verbot hiefür nicht aus, da es erfahrungsgemäß immer Menschen gibt, die sich nicht daran kehren und ihr Wissen anderen Personen mitteilen, von denen es dann weiter verbreitet werden kann. Darum stellt § 2 der Verordnung das Verbreiten von Nachrichten ausländischer Sender unter Strafe, allerdings nur, soweit sie geeignet sind, die Wi­ derstandskraft des deutschen Volkes zu gefährden. Zur Er­ füllung des Tatbestandes ist nicht notwendig, daß eine Gefährdung wirklich eingetreten ist. Die Eignung, eine Gefährdung zu bewirken, wohnt grundsätzlich allen Nach­ richten ausländischer Sender inne mit Ausnahme von jenen, die der deutschen Sache günstig sind oder Mit­ teilungen betreffen, die das deutsche Volk in seinem Le­ benskämpfe nicht berühren können. Wer Empfänger der Nachricht ist und ob diese geeignet ist, gerade seine Wi­ derstandskraft zu gefährden, ist nicht entscheidend. Es

aber die Goldmünzen nur zu einem vorübergehenden Zweck treuhänderisch übergab, erwarb sie gegen den Emp­ fänger Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Aushändigung des Verkaufserlöses. (II, 21. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 195—197. Vgl. Bd. 69 S. 210; Bd. 71 S. 152; Bd. 73 S. 157; Bd. 74 S. 79.

58. Ausländischer Rundfunksender. Verbreiten. Irr­ tum. (VO. vom 1. September 1939 über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen §§ 1, 2.) Ein polnischer Land­ arbeiter hörte im November 1940 die deutschsprachigen Nachrichten des Schweizer Senders Beromünster an, der zunächst den deutschen Wehrmachtsbericht und im An­ schluß daran den englischen Heeresbericht brachte. Er er­ zählte dann zwei Polen, die mit ihm das gleiche Zimmer bewohnten, daß der englische Bericht als deutsche Ver­ luste vier Flugzeuge mehr genannt habe als der deutsche. Tas Sondergericht verurteilte ihn wegen Abhören frem­ der Sender, nicht aber wegen Verbreiten der Nachricht mit der Begründung, daß die Nachricht nicht geeignet gewesen sei, die Widerstandskraft des deutschen Volkes zu gefährden. Das Reichsgericht hob das Urteil auf. § 1 der Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnah­ men verbietet das absichtliche Abhören ausländischer Sen­ der. Er will die Quelle für das Eindringen von Feind­ nachrichten verstopfen. Völlig reicht das Verbot hiefür nicht aus, da es erfahrungsgemäß immer Menschen gibt, die sich nicht daran kehren und ihr Wissen anderen Personen mitteilen, von denen es dann weiter verbreitet werden kann. Darum stellt § 2 der Verordnung das Verbreiten von Nachrichten ausländischer Sender unter Strafe, allerdings nur, soweit sie geeignet sind, die Wi­ derstandskraft des deutschen Volkes zu gefährden. Zur Er­ füllung des Tatbestandes ist nicht notwendig, daß eine Gefährdung wirklich eingetreten ist. Die Eignung, eine Gefährdung zu bewirken, wohnt grundsätzlich allen Nach­ richten ausländischer Sender inne mit Ausnahme von jenen, die der deutschen Sache günstig sind oder Mit­ teilungen betreffen, die das deutsche Volk in seinem Le­ benskämpfe nicht berühren können. Wer Empfänger der Nachricht ist und ob diese geeignet ist, gerade seine Wi­ derstandskraft zu gefährden, ist nicht entscheidend. Es

kommt im gegenwärtigen Kampfe nicht so sehr auf den ein­ zelnen, sondern auf den Schutz der Widerstandskraft des ganzen Volkes an. Die Nachricht gab Kunde von einem Verluste der deutschen Wehrmacht, war also für das deutsche Volk nicht günstig. Dadurch daß der Ange­ klagte gleichzeitig die deutsche und die englische Meldung weitergab, verstärkte er noch die Gefährlichkeit der eng­ lischen Nachricht; in dem Zusammenhang war diese ge­ eignet, Zweifel an der Zuverlässigkeit des deutschen Nach­ richtendienstes hervorzurufen und damit eine Gefahr ent­ stehen zu lassen, deren Wirkung auf die seelische Haltung des deutschen Volkes nicht ernst genug beurteilt werden konnte. Das Wissen um diese Eignung gehört zur straf­ rechtlichen Schuld; der Vorsatz des Täters muß sie um­ fassen. Bedingter Vorsatz genügt. Ein Irrtum darüber, ob der Nachricht die Eignung zukommt, gehörte dem Straf­ recht an und wäre nicht ausreichend, von Schuld zu be­ freien. Die Verbote richten sich nicht nur an die deut­ schen Volksgenossen, sondern an alle, die sich int Ge­ biete des Großdeutschen Reiches aufhalten, auch an fremde Staatsangehörige. Zum Verbreiten gehört nicht die Mitteilung an einen größeren Personenkreis; die Weitergabe an eine Person genügt. (I, 22. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 197—202. Vgl. Bd. 65 S. 422. 59. Jugendliche Volksschädlinge. (BO. gegen Volks­ schädlinge §§ 1,.2; JGG. § 9). Ein 16jähriger Bursche beging gemeinschaftlich mit anderen mehrere schwere Diebstähle unter Ausnutzung der gegen Fliegergefahr ge­ troffenen Maßnahmen; in einem Falle führten die Täter Werkzeuge mit sich, mit denen sie den Angelbolzen der Tür eines Geldschrankes durchsägten. Im Verfahren wurde festgestellt, daß der Bursche zwei Jahre vorher zweimal in die Wohnung einer armen Witwe eingedrun­ gen war, die mit seinen Eltern im gleichen Hause wohnte, und ihr Geld entwendet hatte. Das Landgericht ver­ urteilte ihn auf Grund der Verordnung gegen Volksschäd­ linge zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren. Seine Revision hatte keinen Erfolg. Im Urteil war erörtert worden, ob der Angeklagte dem Tätertyp des Volks­ schädlings zuzurechnen sei; dazu war ausgeführt worden, es sei nicht erforderlich, daß der Täter vorbestraft sei

kommt im gegenwärtigen Kampfe nicht so sehr auf den ein­ zelnen, sondern auf den Schutz der Widerstandskraft des ganzen Volkes an. Die Nachricht gab Kunde von einem Verluste der deutschen Wehrmacht, war also für das deutsche Volk nicht günstig. Dadurch daß der Ange­ klagte gleichzeitig die deutsche und die englische Meldung weitergab, verstärkte er noch die Gefährlichkeit der eng­ lischen Nachricht; in dem Zusammenhang war diese ge­ eignet, Zweifel an der Zuverlässigkeit des deutschen Nach­ richtendienstes hervorzurufen und damit eine Gefahr ent­ stehen zu lassen, deren Wirkung auf die seelische Haltung des deutschen Volkes nicht ernst genug beurteilt werden konnte. Das Wissen um diese Eignung gehört zur straf­ rechtlichen Schuld; der Vorsatz des Täters muß sie um­ fassen. Bedingter Vorsatz genügt. Ein Irrtum darüber, ob der Nachricht die Eignung zukommt, gehörte dem Straf­ recht an und wäre nicht ausreichend, von Schuld zu be­ freien. Die Verbote richten sich nicht nur an die deut­ schen Volksgenossen, sondern an alle, die sich int Ge­ biete des Großdeutschen Reiches aufhalten, auch an fremde Staatsangehörige. Zum Verbreiten gehört nicht die Mitteilung an einen größeren Personenkreis; die Weitergabe an eine Person genügt. (I, 22. April 1941.) Amtl. Sammlg. S. 197—202. Vgl. Bd. 65 S. 422. 59. Jugendliche Volksschädlinge. (BO. gegen Volks­ schädlinge §§ 1,.2; JGG. § 9). Ein 16jähriger Bursche beging gemeinschaftlich mit anderen mehrere schwere Diebstähle unter Ausnutzung der gegen Fliegergefahr ge­ troffenen Maßnahmen; in einem Falle führten die Täter Werkzeuge mit sich, mit denen sie den Angelbolzen der Tür eines Geldschrankes durchsägten. Im Verfahren wurde festgestellt, daß der Bursche zwei Jahre vorher zweimal in die Wohnung einer armen Witwe eingedrun­ gen war, die mit seinen Eltern im gleichen Hause wohnte, und ihr Geld entwendet hatte. Das Landgericht ver­ urteilte ihn auf Grund der Verordnung gegen Volksschäd­ linge zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren. Seine Revision hatte keinen Erfolg. Im Urteil war erörtert worden, ob der Angeklagte dem Tätertyp des Volks­ schädlings zuzurechnen sei; dazu war ausgeführt worden, es sei nicht erforderlich, daß der Täter vorbestraft sei

und nach seinem Vorleben als verbrecherische Persönlich­ keit erscheine; vielmehr genüge, wenn er durch die Tat eine Einstellung gegenüber der vom Kriege betroffenen Volksgemeinschaft an den Tag gelegt habe, die zeige, daß er ihr feindlich gegenüberstehe und die Kriegsver­ hältnisse selbstsüchtig ausnutze. Das Reichsgericht trat dieser Auffassung bei. Auch ein Jugendlicher kann als Volksschädling anzusehen sein, wenn auch bei ihm die Persönlichkeit und die Umstände, unter denen er die Tat begangen hat, besonders sorgfältig zu würdigen sind. Allerdings ist im. § 2 BO. gegen Volksschädlinge die Be­ strafung mit Zuchthaus, in besonders schweren Fällen mit dem Tode, zwingend vorgeschrieben; diese Strafarten scheiden bei Jugendlichen grundsätzlich aus. Die Vor­ schrift will aber nicht in erster Reihe eine besondere. Art der Täterpersönlichkeit erfassen, sondern eine unter be­ sonders erschwerenden Umständen begangene Tat. Ein Jugendlicher, der einen Diebstahl unter Ausnutzung der Verdunkelung verübt, begeht so wenig einen einfachen Diebstahl, wie wenn er mittels Einbruchs oder Einstei­ gens stiehlt. Der Maßstab, der für die Anwendbarkeit der Verordnung über Volksschädlinge gelten muß, ist nicht derselbe, der bei der Entscheidung über die An­ wendbarkeit der Verordnung gegen jugendliche Schwer­ verbrecher an die sittliche Reife des Jugendlichen an­ zulegen ist. Dort kommt es entscheidend nicht auf die Eigenart der Tat, sondern auf die Täterpersönlichkeit als solche an; es gehört eine allgemeine verbrecherische Früh­ reife des Jugendlichen dazu, um ihn als Schwerver­ brecher erscheinen zu lassen. Das Landgericht hatte das jugendliche Alter des Angeklagten nicht außer acht ge­ lassen, vielmehr die Taten als so schwer angesehen, daß trotz der Jugend des Angeklagten die Anwendung der Vorschriften gegen Volksschädlinge für geboten erachtet wurde. Bei der Berücksichtigung aller tatsächlichen Fest­ stellungen des Urteils war darin kein Verstoß gegen ge­ sundes Volksempfinden wahrzunehmen, das den Maßstab für die Anwendung der Verordnung gegen Volksschädlinge zu bilden hat. Wenn das Urteil sich nicht ausdrücklich damit auseinandersetzte, daß der Vater des Angeklagten zur Wehrmacht eingezogen war, bedeutete das an sich einen Mangel; es mußte aber angenommen werden,,

daß das Urteil diesen Umstand nicht unberücksichtigt ge­ lassen hatte. Aus dem Umstande, daß der Angeklagte schon zwei Jahre früher, als sein Vater noch nicht ein­ gezogen war, schwerwiegende Diebstähle begangen hatte, konnte die Folgerung gezogen werden, daß die verbreche­ rische Betätigung des Angeklagten weniger dem Fehlen der väterlichen Aufsicht, also seiner dem Verbrechen be­ reits zuneigenden Persönlichkeit zuzuschreiben war. (IV, 2. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S- 202—205. Vgl. Bd. 74 S. 261, 307, 321. 60. Arbeitsbuch. Falschbeurkundung. (RG. vom 26. Fe­ bruar 1935 über die Einführung eines Arbeitsbuchs; VO. über das Arbeitsbuch vom 22. April 1939.) Bei einem Arbeitsamt wurde die Ausstellung einer Ersatzkarte für ein Arbeitsbuch beantragt; hiebei gab der Antragsteller seinen Geburtsort unrichtig an. Seine Verurteilung wegen mittelbarer Falschbeurkundung wurde vom Reichs­ gericht nicht bestätigt. Aus dem Bereiche von Beurkun­ dungen im Sinne des § 271 StGB, fallen alle Eintra­ gungen, Vermerke u. dgl. heraus, für die Beweis für und gegen jedermann zu erbringen die Urkunde nicht bestimmt ist. Im vorliegenden Falle handelte es sich um einen vorläufigen- Ausweis, der an Stelle eines Arbeitsbuchs ausgestellt wurde. Für solche Ersatzkartcn gelten die Bestimmungen, die für die Arbeitsbücher selbst erlassen sind. Danach unterließt es keinem Zweifel, daß sie für den Geburtsort des Arbeiters, für den sie ausgestellt sind, keinerlei Beweiskraft besitzen. Die Arbeitsämter sind nicht verpflichtet, sich vor der Ausstellung über die Richtigkeit dieser Angaben zu vergewissern; die Ein­ tragungen werden also in der Regel auf den Angaben des Arbeiters beruhen und sind nicht dazu bestimmt, die Wahrheit hierüber zu beurkunden. Die unrichtige An­ gabe des Geburtsortes stellte eine falsche Angabe über die Person im Sinne der Verordnung vom 22. April 1939 dar; eine solche konnte auch darin gelegen haben, daß der. Angeklagte die Frage, ob ihm schon ein Arbeits­ buch ausgestellt worden sei, der Wahrheit zuwider ver­ neint hatte. (III, 5. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 206—207.

61. Schamverletzung. Beleidigung. Tateinheit. Fort­ setzungszusammenhang. (StGB. §§ 73, 183.) Der An-

daß das Urteil diesen Umstand nicht unberücksichtigt ge­ lassen hatte. Aus dem Umstande, daß der Angeklagte schon zwei Jahre früher, als sein Vater noch nicht ein­ gezogen war, schwerwiegende Diebstähle begangen hatte, konnte die Folgerung gezogen werden, daß die verbreche­ rische Betätigung des Angeklagten weniger dem Fehlen der väterlichen Aufsicht, also seiner dem Verbrechen be­ reits zuneigenden Persönlichkeit zuzuschreiben war. (IV, 2. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S- 202—205. Vgl. Bd. 74 S. 261, 307, 321. 60. Arbeitsbuch. Falschbeurkundung. (RG. vom 26. Fe­ bruar 1935 über die Einführung eines Arbeitsbuchs; VO. über das Arbeitsbuch vom 22. April 1939.) Bei einem Arbeitsamt wurde die Ausstellung einer Ersatzkarte für ein Arbeitsbuch beantragt; hiebei gab der Antragsteller seinen Geburtsort unrichtig an. Seine Verurteilung wegen mittelbarer Falschbeurkundung wurde vom Reichs­ gericht nicht bestätigt. Aus dem Bereiche von Beurkun­ dungen im Sinne des § 271 StGB, fallen alle Eintra­ gungen, Vermerke u. dgl. heraus, für die Beweis für und gegen jedermann zu erbringen die Urkunde nicht bestimmt ist. Im vorliegenden Falle handelte es sich um einen vorläufigen- Ausweis, der an Stelle eines Arbeitsbuchs ausgestellt wurde. Für solche Ersatzkartcn gelten die Bestimmungen, die für die Arbeitsbücher selbst erlassen sind. Danach unterließt es keinem Zweifel, daß sie für den Geburtsort des Arbeiters, für den sie ausgestellt sind, keinerlei Beweiskraft besitzen. Die Arbeitsämter sind nicht verpflichtet, sich vor der Ausstellung über die Richtigkeit dieser Angaben zu vergewissern; die Ein­ tragungen werden also in der Regel auf den Angaben des Arbeiters beruhen und sind nicht dazu bestimmt, die Wahrheit hierüber zu beurkunden. Die unrichtige An­ gabe des Geburtsortes stellte eine falsche Angabe über die Person im Sinne der Verordnung vom 22. April 1939 dar; eine solche konnte auch darin gelegen haben, daß der. Angeklagte die Frage, ob ihm schon ein Arbeits­ buch ausgestellt worden sei, der Wahrheit zuwider ver­ neint hatte. (III, 5. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 206—207.

61. Schamverletzung. Beleidigung. Tateinheit. Fort­ setzungszusammenhang. (StGB. §§ 73, 183.) Der An-

daß das Urteil diesen Umstand nicht unberücksichtigt ge­ lassen hatte. Aus dem Umstande, daß der Angeklagte schon zwei Jahre früher, als sein Vater noch nicht ein­ gezogen war, schwerwiegende Diebstähle begangen hatte, konnte die Folgerung gezogen werden, daß die verbreche­ rische Betätigung des Angeklagten weniger dem Fehlen der väterlichen Aufsicht, also seiner dem Verbrechen be­ reits zuneigenden Persönlichkeit zuzuschreiben war. (IV, 2. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S- 202—205. Vgl. Bd. 74 S. 261, 307, 321. 60. Arbeitsbuch. Falschbeurkundung. (RG. vom 26. Fe­ bruar 1935 über die Einführung eines Arbeitsbuchs; VO. über das Arbeitsbuch vom 22. April 1939.) Bei einem Arbeitsamt wurde die Ausstellung einer Ersatzkarte für ein Arbeitsbuch beantragt; hiebei gab der Antragsteller seinen Geburtsort unrichtig an. Seine Verurteilung wegen mittelbarer Falschbeurkundung wurde vom Reichs­ gericht nicht bestätigt. Aus dem Bereiche von Beurkun­ dungen im Sinne des § 271 StGB, fallen alle Eintra­ gungen, Vermerke u. dgl. heraus, für die Beweis für und gegen jedermann zu erbringen die Urkunde nicht bestimmt ist. Im vorliegenden Falle handelte es sich um einen vorläufigen- Ausweis, der an Stelle eines Arbeitsbuchs ausgestellt wurde. Für solche Ersatzkartcn gelten die Bestimmungen, die für die Arbeitsbücher selbst erlassen sind. Danach unterließt es keinem Zweifel, daß sie für den Geburtsort des Arbeiters, für den sie ausgestellt sind, keinerlei Beweiskraft besitzen. Die Arbeitsämter sind nicht verpflichtet, sich vor der Ausstellung über die Richtigkeit dieser Angaben zu vergewissern; die Ein­ tragungen werden also in der Regel auf den Angaben des Arbeiters beruhen und sind nicht dazu bestimmt, die Wahrheit hierüber zu beurkunden. Die unrichtige An­ gabe des Geburtsortes stellte eine falsche Angabe über die Person im Sinne der Verordnung vom 22. April 1939 dar; eine solche konnte auch darin gelegen haben, daß der. Angeklagte die Frage, ob ihm schon ein Arbeits­ buch ausgestellt worden sei, der Wahrheit zuwider ver­ neint hatte. (III, 5. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 206—207.

61. Schamverletzung. Beleidigung. Tateinheit. Fort­ setzungszusammenhang. (StGB. §§ 73, 183.) Der An-

geklagte hatte mehrere Monate hindurch oftmals durch unzüchtige Handlungen öffentliches Ärgernis gegeben; ein Teil der Frauen, vor denen die Handlungen begangen worden waren, hatten Strafantrag wegen Beleidigung gestellt. Das Landgericht hatte ihn wegen eines fort­ gesetzten Vergehens gegen die Sittlichkeit, teilweise in Tateinheit mit Beleidigung, verurteilt. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Die Annahme eines Fort­ setzungszusammenhangs wurde dadurch nicht ausgeschlos­ sen, daß in den Fällen, in denen Strafantrag gestellt worden war, Tateinheit der Beleidigung mit dem Ver­ gehen wider die Sittlichkeit angenommen wurde. Be­ leidigungen, die in besonderen Handlungen gegen ver­ schiedene Personen begangen worden sind, können zwar wegen der Verschiedenheit des verletzten Nechtsgutes nicht im Fortsetzungszusammenhang zueinander stehen. Ist aber jede Beleidigung in Tateinheit mit der Verletzung eines anderen Strafgesetzes begangen und sind die meh­ reren Verletzungen des durch dieses Strafgesetz ge­ schützten Rechtsgutes nur Teile eines fortgesetzten Ver­ gehens, so wird dieses fortgesetzte Vergehen zum einigen­ den Bande der an sich selbständigen Beleidigungen; diese stehen in Tateinheit mit dem fortgesetzten Vergehen. Be­ denken hatten sich aber gegen die Annahme des Land­ gerichts ergeben, daß die Vergehen Wider die Sittlichkeit untereinander im Fortsetzungszusammenhang ständen. Eine solche Annahme ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Vorsatz des Täters von vornherein den Gesamterfolg umfaßt. Ein allgemeiner Vorsatz, im wesentlichen gleich­ artige Straftaten öfter zu begehen, genügt hiefür nicht. Bei einem Schamverletzer kann ein Gesamtvorsatz dann angenommen werden, wenn er eine bestimmte, seinen: Treiben in örtlicher Hinsicht oder in bezug auf die be­ troffenen Personen besonders günstige Gelegenheit von vornherein öfter, etwa auf die Dauer der ihm als günstig erscheinenden Umstände, ausnutzen will. Dem wider­ sprach, daß der Angeklagte seine Taten, wenn auch immer in der gleichen Weise, doch an verschiedenen Orten, vor Frauen verschiedenen Alters und Standes und unter ver­ schiedenen Umständen begangen hatte. Daraus, daß er immer seinen Geschlechtstrieb hatte befriedigen wollen, ergab sich nicht ein Gesamtvorsatz, der die Annahme einer

fortgesetzten Handlung rechtfertigen konnte. (II, 5. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 207—210. Vgl. Bd. 44 S. 223; Bd. 53 S- 274; Bd. 57 S. 140, 163, 352; Bd. 64 S. 273; Bd. 66 S. 45; Bd. 70 S. 51, 145. 62. Volksschädling. (VO. gegen Volksschädlinge § 4). § 4 BO. gegen Volksschädlinge hat als Überschrift: Aus­ nutzung des Kriegszustandes als Strafschärfung. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts geht ungeachtet dieser Überschrift dahin, daß die Vorschrift nicht nur eine Straf­ schärfung anordnet, sondern einen selbständigen. Straf­ tatbestand enthält und daß seine Anwendung, ebenso wie jene des § 2, auf eine bestimmte Täterklasse, die Volks­ schädlinge, beschränkt ist. Nach ihr ist der Rechtsbrecher zu bestrafen, der nach seiner ganzen Persönlichkeit unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere auch der Tat und ihrer Begleitumstände, als Volksschädling anzu­ sehen ist. Die Auffassung, daß die Vorschrift nur dann, anwendbar sei, wenn ohne sie eine angemessene Bestra­ fung der Tat nicht möglich wäre, erklärte das Reichsgericht für zu eng. Sie würde dazu führen, daß gerade die schwersten Rechtsbrecher nicht als Volksschüdlinge gebrandmarkt werden könnten. Dem steht auch der Wortlaut der Vorschrift nicht entgegen. Wenn sie verfügt, daß der Täter unter Überschreitung des regelmäßigen Strafrah­ mens mit hoher Strafe belegt werden soll, bedeutet das, daß der Täter bei Anwendung der Vorschrift keinesfalls günstiger gestellt werden darf, als es ohne ihre Anwen­ dung der Fall wäre. Die Mindeststrafe des regelmäßigen Strafrahmens darf nicht uuterschritten werden; Neben­ strafen und' Nebenfolgen dieses Strafrahmens bleiben vorgeschrieben oder zugelassen. (Großer Senat für Straf­ sachen, 7. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 210—212. Vgl. Bd. 74 S. 181, 226, 261.

63. Gesamtstrafe. Nebenstrafe. Polizeiaufsicht. Siche­ rungsverwahrung. (StGB. §§ 74, 76, 79.) Eine Zucht­ hausstrafe, neben der auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt worden war, wurde in eine Gesamtstrafe ein­ bezogen; neben dieser wurde auf Sicherungsverwahrung erkannt, die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht aber nicht mehr angeordnet. Das Reichsgericht erklärte das für rich­ tig. Nebenstrasen, Straffolgen und Maßnahmen der Sicherung und Besserung können neben der Gesamtstrafe

fortgesetzten Handlung rechtfertigen konnte. (II, 5. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 207—210. Vgl. Bd. 44 S. 223; Bd. 53 S- 274; Bd. 57 S. 140, 163, 352; Bd. 64 S. 273; Bd. 66 S. 45; Bd. 70 S. 51, 145. 62. Volksschädling. (VO. gegen Volksschädlinge § 4). § 4 BO. gegen Volksschädlinge hat als Überschrift: Aus­ nutzung des Kriegszustandes als Strafschärfung. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts geht ungeachtet dieser Überschrift dahin, daß die Vorschrift nicht nur eine Straf­ schärfung anordnet, sondern einen selbständigen. Straf­ tatbestand enthält und daß seine Anwendung, ebenso wie jene des § 2, auf eine bestimmte Täterklasse, die Volks­ schädlinge, beschränkt ist. Nach ihr ist der Rechtsbrecher zu bestrafen, der nach seiner ganzen Persönlichkeit unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere auch der Tat und ihrer Begleitumstände, als Volksschädling anzu­ sehen ist. Die Auffassung, daß die Vorschrift nur dann, anwendbar sei, wenn ohne sie eine angemessene Bestra­ fung der Tat nicht möglich wäre, erklärte das Reichsgericht für zu eng. Sie würde dazu führen, daß gerade die schwersten Rechtsbrecher nicht als Volksschüdlinge gebrandmarkt werden könnten. Dem steht auch der Wortlaut der Vorschrift nicht entgegen. Wenn sie verfügt, daß der Täter unter Überschreitung des regelmäßigen Strafrah­ mens mit hoher Strafe belegt werden soll, bedeutet das, daß der Täter bei Anwendung der Vorschrift keinesfalls günstiger gestellt werden darf, als es ohne ihre Anwen­ dung der Fall wäre. Die Mindeststrafe des regelmäßigen Strafrahmens darf nicht uuterschritten werden; Neben­ strafen und' Nebenfolgen dieses Strafrahmens bleiben vorgeschrieben oder zugelassen. (Großer Senat für Straf­ sachen, 7. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 210—212. Vgl. Bd. 74 S. 181, 226, 261.

63. Gesamtstrafe. Nebenstrafe. Polizeiaufsicht. Siche­ rungsverwahrung. (StGB. §§ 74, 76, 79.) Eine Zucht­ hausstrafe, neben der auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt worden war, wurde in eine Gesamtstrafe ein­ bezogen; neben dieser wurde auf Sicherungsverwahrung erkannt, die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht aber nicht mehr angeordnet. Das Reichsgericht erklärte das für rich­ tig. Nebenstrasen, Straffolgen und Maßnahmen der Sicherung und Besserung können neben der Gesamtstrafe

fortgesetzten Handlung rechtfertigen konnte. (II, 5. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 207—210. Vgl. Bd. 44 S. 223; Bd. 53 S- 274; Bd. 57 S. 140, 163, 352; Bd. 64 S. 273; Bd. 66 S. 45; Bd. 70 S. 51, 145. 62. Volksschädling. (VO. gegen Volksschädlinge § 4). § 4 BO. gegen Volksschädlinge hat als Überschrift: Aus­ nutzung des Kriegszustandes als Strafschärfung. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts geht ungeachtet dieser Überschrift dahin, daß die Vorschrift nicht nur eine Straf­ schärfung anordnet, sondern einen selbständigen. Straf­ tatbestand enthält und daß seine Anwendung, ebenso wie jene des § 2, auf eine bestimmte Täterklasse, die Volks­ schädlinge, beschränkt ist. Nach ihr ist der Rechtsbrecher zu bestrafen, der nach seiner ganzen Persönlichkeit unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere auch der Tat und ihrer Begleitumstände, als Volksschädling anzu­ sehen ist. Die Auffassung, daß die Vorschrift nur dann, anwendbar sei, wenn ohne sie eine angemessene Bestra­ fung der Tat nicht möglich wäre, erklärte das Reichsgericht für zu eng. Sie würde dazu führen, daß gerade die schwersten Rechtsbrecher nicht als Volksschüdlinge gebrandmarkt werden könnten. Dem steht auch der Wortlaut der Vorschrift nicht entgegen. Wenn sie verfügt, daß der Täter unter Überschreitung des regelmäßigen Strafrah­ mens mit hoher Strafe belegt werden soll, bedeutet das, daß der Täter bei Anwendung der Vorschrift keinesfalls günstiger gestellt werden darf, als es ohne ihre Anwen­ dung der Fall wäre. Die Mindeststrafe des regelmäßigen Strafrahmens darf nicht uuterschritten werden; Neben­ strafen und' Nebenfolgen dieses Strafrahmens bleiben vorgeschrieben oder zugelassen. (Großer Senat für Straf­ sachen, 7. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 210—212. Vgl. Bd. 74 S. 181, 226, 261.

63. Gesamtstrafe. Nebenstrafe. Polizeiaufsicht. Siche­ rungsverwahrung. (StGB. §§ 74, 76, 79.) Eine Zucht­ hausstrafe, neben der auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt worden war, wurde in eine Gesamtstrafe ein­ bezogen; neben dieser wurde auf Sicherungsverwahrung erkannt, die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht aber nicht mehr angeordnet. Das Reichsgericht erklärte das für rich­ tig. Nebenstrasen, Straffolgen und Maßnahmen der Sicherung und Besserung können neben der Gesamtstrafe

allgeordnet werden, wenn das auch nur wegen einer der Gesetzesverletzungen vorgeschrieben oder zugelassen ist. Frühere Anordnungen dieser Art fallen toeg; das Ge­ richt, das die Gesamtstrafe bildet, hat die entsprechenden Anordnungen neu zu treffen. Dem steht die Rechtskraft früherer Urteile nicht entgegen. Demgemäß kann, wenn die in mehreren rechtskräftigen Urteilen ausgesprochenen Strafen zu einer Gefängnisstrafe zu verbinden sind, da­ neben die Sicherungsverwahrung angeordnet werden, muf) wenn keines der rechtskräftigen Urteile eine solche Anord­ nung enthält. Der Auffassung des Landgerichts, daß neben der Sicherungsverwahrung die Polizeiaufsicht keine Bedeutung habe, trat das Reichsgericht bei. (II, 15. Mai Amtl. Samnilg. S. 212—214. 1941.) Vgl. Bd. 36 S. 88; Bd. 68 S. 176; Bd. 73 S. 366; Bd. 74 S. 4; IW. 1925 S. 1493; 1937 S. 2380. 64. Urkundenfälschung. Irrtum. (StGB. § 267.) Für eine Gemeinde war die Anordnung getroffen, daß der Bür­ germeister für die Zahlungen der Gemeindekasse nötigen Ausgabeanweisungen zu erteilen hatte; für die ihm selbst gegenüber vorzunehmenden Zahlungen hatte an lernet Stelle der Beigeordnete zu unterzeichnen. In einem Fall unterzeichnete der Bürgermeister mit dem Namen des Bei­ geordneten. Das Landgericht verneinte den Tatbestand der Urkundenfälschung, weil der Angeklagte damit habe, rechnen können, daß der Beigeordnete mit dem Gebrauch seines Namens einverstanden sein werde. Damit war die Rechtslage verkannt. Eine mit fremden Namen unterzeich­ nete Urkunde ist zwar nicht in jedem Falle fälschlich ange­ fertigt; die Unterzeichnung kann vielmehr, wenn der Na­ mensträger dem Gebrauch seines Namens zugestimmt hat, eine echte Unterschrift darstellen. Das gilt aber grund­ sätzlich nur bei rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen. Die Zustimmung ist ohne Belang bei Erklärungen, durch die Befugnisse ausgeübt werden, die int öffentlichen Rechte begründet sind; hier muß aus Gründen der öffentlichen Belange schon nach außen hin Klarheit darüber bestehen, daß die Erklärung in der Tat von dem Träger der Be­ fugnis herrührt. Ein etwaiger Irrtum hierüber beträfe einen strafrechtlichen Grundsatz und wäre darum unbeacht­ lich. Auch für den Bereich der rechtsgeschäftlichen Erklä­ rung nimmt die Zustimmung des Namensträgers der Un-

allgeordnet werden, wenn das auch nur wegen einer der Gesetzesverletzungen vorgeschrieben oder zugelassen ist. Frühere Anordnungen dieser Art fallen toeg; das Ge­ richt, das die Gesamtstrafe bildet, hat die entsprechenden Anordnungen neu zu treffen. Dem steht die Rechtskraft früherer Urteile nicht entgegen. Demgemäß kann, wenn die in mehreren rechtskräftigen Urteilen ausgesprochenen Strafen zu einer Gefängnisstrafe zu verbinden sind, da­ neben die Sicherungsverwahrung angeordnet werden, muf) wenn keines der rechtskräftigen Urteile eine solche Anord­ nung enthält. Der Auffassung des Landgerichts, daß neben der Sicherungsverwahrung die Polizeiaufsicht keine Bedeutung habe, trat das Reichsgericht bei. (II, 15. Mai Amtl. Samnilg. S. 212—214. 1941.) Vgl. Bd. 36 S. 88; Bd. 68 S. 176; Bd. 73 S. 366; Bd. 74 S. 4; IW. 1925 S. 1493; 1937 S. 2380. 64. Urkundenfälschung. Irrtum. (StGB. § 267.) Für eine Gemeinde war die Anordnung getroffen, daß der Bür­ germeister für die Zahlungen der Gemeindekasse nötigen Ausgabeanweisungen zu erteilen hatte; für die ihm selbst gegenüber vorzunehmenden Zahlungen hatte an lernet Stelle der Beigeordnete zu unterzeichnen. In einem Fall unterzeichnete der Bürgermeister mit dem Namen des Bei­ geordneten. Das Landgericht verneinte den Tatbestand der Urkundenfälschung, weil der Angeklagte damit habe, rechnen können, daß der Beigeordnete mit dem Gebrauch seines Namens einverstanden sein werde. Damit war die Rechtslage verkannt. Eine mit fremden Namen unterzeich­ nete Urkunde ist zwar nicht in jedem Falle fälschlich ange­ fertigt; die Unterzeichnung kann vielmehr, wenn der Na­ mensträger dem Gebrauch seines Namens zugestimmt hat, eine echte Unterschrift darstellen. Das gilt aber grund­ sätzlich nur bei rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen. Die Zustimmung ist ohne Belang bei Erklärungen, durch die Befugnisse ausgeübt werden, die int öffentlichen Rechte begründet sind; hier muß aus Gründen der öffentlichen Belange schon nach außen hin Klarheit darüber bestehen, daß die Erklärung in der Tat von dem Träger der Be­ fugnis herrührt. Ein etwaiger Irrtum hierüber beträfe einen strafrechtlichen Grundsatz und wäre darum unbeacht­ lich. Auch für den Bereich der rechtsgeschäftlichen Erklä­ rung nimmt die Zustimmung des Namensträgers der Un-

terzeichnung mit seinem Namen nur dann die Eigenschaft einer Fälschungshandlung, wenn eine Stellvertretung überhaupt rechtlich zulässig ist oder wenn durch den Ge­ brauch des fremden Namens kein falscher Schein hin­ sichtlich des Urhebers der Erklärung erweckt werden soll. (V, 15. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 214—216. Vgl. Bd. 68 S. 240; Bd. 69 S. 117; Bd. 75 S. 46. 65. Landesverteidigung. (BO. vom 25. November 1939 § 1.) In einer Fabrik, die Kriegsgeräte, für die Wehrmacht herstellte, beschädigte ein Arbeiter durch Leichtfertigkeit die von ihm bediente Maschine, so daß sie mehrere Wochen nicht gebraucht werden konnte. Er wurde aus Grund des § 1 der Verordnung zur Ergänzung der Strafvorschriften zum Schutz der Wehrkraft des deutschen Volkes zu einer Strafe verurteilt. Das Reichsgericht er­ kannte als richtig an, daß das Landgericht die Maschine als eine Einrichtung im Sinne dieser Vorschrift ange­ sehen hatte. Zu den Einrichtungen, die der Landesvertei­ digung dienen, gehört auch ein Betrieb, in beut Wehrmittel für die Wehrmacht hergestellt werden; auch eine einzelne Maschine, die sich in einem solchen Betriebe befinbet und für die Wehrmittelherstellung bestimmt ist, kann dazu zäh­ len. Im § 2 der Verordnung ist allerdings die Störung oder Gefährdung des ordnungsmäßigen Arbeitens eines für die Reichsverteidigung wichtigen Betriebes, die da­ durch geschieht, daß eine dem Betriebe dienende Sache ganz oder teilweise unbrauchbar gemacht oder außer Tä­ tigkeit gesetzt wird, unter Strafe gestellt; dadurch wird aber die Anwendung des § 1 nicht ausgeschlossen. Das ist schon deshalb von Bedeutung, weil § 2 nur vorsätzliche Handlungen mit Strafe bedroht, § 1 aber auch leichtfertige Handlungen. (I, 16. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 216—218.

66. Gnadenerlaß. Verfallerklärung. Einziehung. Ge­ setzesauslegung. (GnadErl. vom 1. September 1939; RennwettG. § 5.) Ein Urteil wegen Vergehen gegen das Rennwettgesetz wurde aufgehoben, weil die Versallerklä­ rung unterblieben war; hinsichtlich der Strafe wurde die Revision des Angeklagten verworfen. Im neuen Verfah­ ren wurden als Wert der vom Angeklagten empfangenen Einsätze 21 000 M für verfallen erklärt. Der Angeklagte legte wiederum Revision ein. Während des Verfahrens

terzeichnung mit seinem Namen nur dann die Eigenschaft einer Fälschungshandlung, wenn eine Stellvertretung überhaupt rechtlich zulässig ist oder wenn durch den Ge­ brauch des fremden Namens kein falscher Schein hin­ sichtlich des Urhebers der Erklärung erweckt werden soll. (V, 15. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 214—216. Vgl. Bd. 68 S. 240; Bd. 69 S. 117; Bd. 75 S. 46. 65. Landesverteidigung. (BO. vom 25. November 1939 § 1.) In einer Fabrik, die Kriegsgeräte, für die Wehrmacht herstellte, beschädigte ein Arbeiter durch Leichtfertigkeit die von ihm bediente Maschine, so daß sie mehrere Wochen nicht gebraucht werden konnte. Er wurde aus Grund des § 1 der Verordnung zur Ergänzung der Strafvorschriften zum Schutz der Wehrkraft des deutschen Volkes zu einer Strafe verurteilt. Das Reichsgericht er­ kannte als richtig an, daß das Landgericht die Maschine als eine Einrichtung im Sinne dieser Vorschrift ange­ sehen hatte. Zu den Einrichtungen, die der Landesvertei­ digung dienen, gehört auch ein Betrieb, in beut Wehrmittel für die Wehrmacht hergestellt werden; auch eine einzelne Maschine, die sich in einem solchen Betriebe befinbet und für die Wehrmittelherstellung bestimmt ist, kann dazu zäh­ len. Im § 2 der Verordnung ist allerdings die Störung oder Gefährdung des ordnungsmäßigen Arbeitens eines für die Reichsverteidigung wichtigen Betriebes, die da­ durch geschieht, daß eine dem Betriebe dienende Sache ganz oder teilweise unbrauchbar gemacht oder außer Tä­ tigkeit gesetzt wird, unter Strafe gestellt; dadurch wird aber die Anwendung des § 1 nicht ausgeschlossen. Das ist schon deshalb von Bedeutung, weil § 2 nur vorsätzliche Handlungen mit Strafe bedroht, § 1 aber auch leichtfertige Handlungen. (I, 16. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 216—218.

66. Gnadenerlaß. Verfallerklärung. Einziehung. Ge­ setzesauslegung. (GnadErl. vom 1. September 1939; RennwettG. § 5.) Ein Urteil wegen Vergehen gegen das Rennwettgesetz wurde aufgehoben, weil die Versallerklä­ rung unterblieben war; hinsichtlich der Strafe wurde die Revision des Angeklagten verworfen. Im neuen Verfah­ ren wurden als Wert der vom Angeklagten empfangenen Einsätze 21 000 M für verfallen erklärt. Der Angeklagte legte wiederum Revision ein. Während des Verfahrens

terzeichnung mit seinem Namen nur dann die Eigenschaft einer Fälschungshandlung, wenn eine Stellvertretung überhaupt rechtlich zulässig ist oder wenn durch den Ge­ brauch des fremden Namens kein falscher Schein hin­ sichtlich des Urhebers der Erklärung erweckt werden soll. (V, 15. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 214—216. Vgl. Bd. 68 S. 240; Bd. 69 S. 117; Bd. 75 S. 46. 65. Landesverteidigung. (BO. vom 25. November 1939 § 1.) In einer Fabrik, die Kriegsgeräte, für die Wehrmacht herstellte, beschädigte ein Arbeiter durch Leichtfertigkeit die von ihm bediente Maschine, so daß sie mehrere Wochen nicht gebraucht werden konnte. Er wurde aus Grund des § 1 der Verordnung zur Ergänzung der Strafvorschriften zum Schutz der Wehrkraft des deutschen Volkes zu einer Strafe verurteilt. Das Reichsgericht er­ kannte als richtig an, daß das Landgericht die Maschine als eine Einrichtung im Sinne dieser Vorschrift ange­ sehen hatte. Zu den Einrichtungen, die der Landesvertei­ digung dienen, gehört auch ein Betrieb, in beut Wehrmittel für die Wehrmacht hergestellt werden; auch eine einzelne Maschine, die sich in einem solchen Betriebe befinbet und für die Wehrmittelherstellung bestimmt ist, kann dazu zäh­ len. Im § 2 der Verordnung ist allerdings die Störung oder Gefährdung des ordnungsmäßigen Arbeitens eines für die Reichsverteidigung wichtigen Betriebes, die da­ durch geschieht, daß eine dem Betriebe dienende Sache ganz oder teilweise unbrauchbar gemacht oder außer Tä­ tigkeit gesetzt wird, unter Strafe gestellt; dadurch wird aber die Anwendung des § 1 nicht ausgeschlossen. Das ist schon deshalb von Bedeutung, weil § 2 nur vorsätzliche Handlungen mit Strafe bedroht, § 1 aber auch leichtfertige Handlungen. (I, 16. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 216—218.

66. Gnadenerlaß. Verfallerklärung. Einziehung. Ge­ setzesauslegung. (GnadErl. vom 1. September 1939; RennwettG. § 5.) Ein Urteil wegen Vergehen gegen das Rennwettgesetz wurde aufgehoben, weil die Versallerklä­ rung unterblieben war; hinsichtlich der Strafe wurde die Revision des Angeklagten verworfen. Im neuen Verfah­ ren wurden als Wert der vom Angeklagten empfangenen Einsätze 21 000 M für verfallen erklärt. Der Angeklagte legte wiederum Revision ein. Während des Verfahrens

wurde er zur Wehrmacht einberufen. Damit war die Strafe erlassen. Wegen der Verfallerklärung wurde das Verfahren fortgesetzt. Die Ausführungsbestimmungen zum Gnadenerlaß nehmen zwar nur die Einziehung von der Wirkung des Erlasses aus; für die Verfallerklärung muß aber das gleiche gelten. Daß sie nicht ausdrücklich erwähnt ist, hat seinen Grund nur darin, daß die Strafprozeßord­ nung ein selbständiges Verfahren (wie für die Einziehung) für sie nicht kennt. Straffreiheitsgesetze sind nicht aus­ dehnend auszulegen. (IV, 16. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 219-221. Vgl. Bd. 68 S. 404; Bd. 72 S. 4.

67. Jugendstrafrecht. Entsprechende Anwendung. (Ost. StPO. §§ 260, 281; ÜberlVO. §§ 17, 18; VO. vom 4. Ok­ tober 1940 zur Ergänzung des Jugendstrafrechts.) Der Strafsenat eines österreichischen Landgerichts erkannte gegen einen Jugendlichen auf eine Gefängnisstrafe von 2 Monaten. Auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklag­ ten, die darauf gestützt war, daß auf Jugendarrest hätte erkannt werden müssen, wurde die Sache zurückverwiesen. Der Jugendarrest ist keine Strafe, sondern nur ein Zucht­ mittel; auf dem Gebiete des Verfahrensrechts wird er aber der Strafe gleichgestellt. Darum kann im amtsgericht­ lichen Verfahren und im vereinfachten Verfahren vor dem Einzelrichter am Landgericht das Urteil mit Berufung an­ gefochten werden, wenn das Gericht von der Möglichkeit, statt einer Strafe Jugendarrest zu verhängen, keinen Ge­ brauch gemacht hat. Dagegen kann der in dem Urteil eines landgerichtlichen Senats enthaltene Strafausspruch nur mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den anerkannten Nich­ tigkeitsgründen angefochten werden. § 20 ÜberlVO. läßt die Nichtigkeitsbeschwerde zu, wenn das Gericht das außer­ ordentliche Milderungs- oder Strafumwandlungsrecht zu Unrecht angewandt oder nicht angewandt hat. Diese Vor­ schrift gilt entsprechend, wenn das Landgericht die Vor­ schriften über den Jugendarrest zu Unrecht angewandt oder nicht angewandt hat. Die Nichtanwendung des Jugendarrestes hatte das Landgericht damit begründet, daß die Schwere und Gemeingefährlichkeit der Tat der Anwendung dieses Zuchtmittels entgegenständen. Durch die Schwere und Verwerflichkeit der Tat wird aber der Jugendarrest nur dann ausgeschlossen, wenn diese Um-

wurde er zur Wehrmacht einberufen. Damit war die Strafe erlassen. Wegen der Verfallerklärung wurde das Verfahren fortgesetzt. Die Ausführungsbestimmungen zum Gnadenerlaß nehmen zwar nur die Einziehung von der Wirkung des Erlasses aus; für die Verfallerklärung muß aber das gleiche gelten. Daß sie nicht ausdrücklich erwähnt ist, hat seinen Grund nur darin, daß die Strafprozeßord­ nung ein selbständiges Verfahren (wie für die Einziehung) für sie nicht kennt. Straffreiheitsgesetze sind nicht aus­ dehnend auszulegen. (IV, 16. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 219-221. Vgl. Bd. 68 S. 404; Bd. 72 S. 4.

67. Jugendstrafrecht. Entsprechende Anwendung. (Ost. StPO. §§ 260, 281; ÜberlVO. §§ 17, 18; VO. vom 4. Ok­ tober 1940 zur Ergänzung des Jugendstrafrechts.) Der Strafsenat eines österreichischen Landgerichts erkannte gegen einen Jugendlichen auf eine Gefängnisstrafe von 2 Monaten. Auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklag­ ten, die darauf gestützt war, daß auf Jugendarrest hätte erkannt werden müssen, wurde die Sache zurückverwiesen. Der Jugendarrest ist keine Strafe, sondern nur ein Zucht­ mittel; auf dem Gebiete des Verfahrensrechts wird er aber der Strafe gleichgestellt. Darum kann im amtsgericht­ lichen Verfahren und im vereinfachten Verfahren vor dem Einzelrichter am Landgericht das Urteil mit Berufung an­ gefochten werden, wenn das Gericht von der Möglichkeit, statt einer Strafe Jugendarrest zu verhängen, keinen Ge­ brauch gemacht hat. Dagegen kann der in dem Urteil eines landgerichtlichen Senats enthaltene Strafausspruch nur mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den anerkannten Nich­ tigkeitsgründen angefochten werden. § 20 ÜberlVO. läßt die Nichtigkeitsbeschwerde zu, wenn das Gericht das außer­ ordentliche Milderungs- oder Strafumwandlungsrecht zu Unrecht angewandt oder nicht angewandt hat. Diese Vor­ schrift gilt entsprechend, wenn das Landgericht die Vor­ schriften über den Jugendarrest zu Unrecht angewandt oder nicht angewandt hat. Die Nichtanwendung des Jugendarrestes hatte das Landgericht damit begründet, daß die Schwere und Gemeingefährlichkeit der Tat der Anwendung dieses Zuchtmittels entgegenständen. Durch die Schwere und Verwerflichkeit der Tat wird aber der Jugendarrest nur dann ausgeschlossen, wenn diese Um-

stände zusammen mit den übrigen Strafzumessungsgründen eine längere Freiheitsstrafe erfordern; in Fällen, die bisher mit Gefängnis bis zu 3 Monaten bestraft wurden, ist regelmäßig Jugendarrest zu verhängen. Der Ange­ klagte war zur Zeit der Tat erst 15 Jahre alt, unbescholten und voll geständig. Es hätte geprüft werden müssen, ob die Tat auf eine schlechte Anlage oder auf eine gemein­ schaftswidrige Gesinnung des Angeklagten zurückzuführen war oder ob er sie in jugendlicher Unbesonnenheit be­ gangen hatte, ohne sich ihrer für die Volksgemeinschaft verderblichen Folgen bewußt gewesen zu sein. Im letzten Falle wäre aus Jugendarrest zu erkennen gewesen, der dem Angeklagten die entehrende Wirkung der Freiheitsstrafe erspart, ihm aber durch die Strenge des Vollzuges seine Pflichten gegenüber der Volksgemeinschaft eindringlich zum Bewußtsein bringt. (VI, 16. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 221—225.

68. Prozetzbetrug. Aussetzung des Verfahrens. Ein­ stellung. (ZPO. §§ 149, 249.) Auf Grund der Annahme, daß der Angeklagte in einer Reihe von bürgerlichen Rechts­ streitigkeiten als Bevollmächtigter einer Partei in fortge­ setzter Handlung einen Prozeßbetrug begangen habe, hatte das Landgericht eine Gefängnisstrafe von drei Monaten für angemessen erachtet, das Verfahren gegen ihn aber auf Grund des Gnadenerlasses vom 9. September 1939 eingestellt, weil die Handlung schon im Jahr 1938 ihren Abschluß gefunden habe. Der Angeklagte legte Revision ein, um seine Freisprechung zu erzielen. Er hatte keinen Erfolg. Die Verfahren, in denen er die strafbare Hand­ lung begangen hatte, waren alle vor dem Stichtag des Gnadenerlasses rechtskräftig abgeschlossen worden; nur eines war anhängig geblieben, weil das Gericht die Ver­ handlung bis zur Erledigung des gegen den Angeklagten eingeleiteten Strafverfahrens ausgesetzt hatte. Das Reichsgericht entschied, daß auch in diesem Verfahren der Betrugsversuch, der in dem Verhalten des Angeklagten zu finden war, mit dem Aussetzungsbeschluß als beendet anzusehen sei. Wer in einem bürgerlichen Rechtsstreit un­ wahre Behauptungen vor Gericht ausgestellt und dadurch die Gefahr herbeigeführt hat, das Gericht könne durch diese falschen Angaben irregeführt werden, muß alles tun, um eine solche Irreführung des. Gerichts und damit eine RGE. Strafsachen^Bd. 75

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stände zusammen mit den übrigen Strafzumessungsgründen eine längere Freiheitsstrafe erfordern; in Fällen, die bisher mit Gefängnis bis zu 3 Monaten bestraft wurden, ist regelmäßig Jugendarrest zu verhängen. Der Ange­ klagte war zur Zeit der Tat erst 15 Jahre alt, unbescholten und voll geständig. Es hätte geprüft werden müssen, ob die Tat auf eine schlechte Anlage oder auf eine gemein­ schaftswidrige Gesinnung des Angeklagten zurückzuführen war oder ob er sie in jugendlicher Unbesonnenheit be­ gangen hatte, ohne sich ihrer für die Volksgemeinschaft verderblichen Folgen bewußt gewesen zu sein. Im letzten Falle wäre aus Jugendarrest zu erkennen gewesen, der dem Angeklagten die entehrende Wirkung der Freiheitsstrafe erspart, ihm aber durch die Strenge des Vollzuges seine Pflichten gegenüber der Volksgemeinschaft eindringlich zum Bewußtsein bringt. (VI, 16. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 221—225.

68. Prozetzbetrug. Aussetzung des Verfahrens. Ein­ stellung. (ZPO. §§ 149, 249.) Auf Grund der Annahme, daß der Angeklagte in einer Reihe von bürgerlichen Rechts­ streitigkeiten als Bevollmächtigter einer Partei in fortge­ setzter Handlung einen Prozeßbetrug begangen habe, hatte das Landgericht eine Gefängnisstrafe von drei Monaten für angemessen erachtet, das Verfahren gegen ihn aber auf Grund des Gnadenerlasses vom 9. September 1939 eingestellt, weil die Handlung schon im Jahr 1938 ihren Abschluß gefunden habe. Der Angeklagte legte Revision ein, um seine Freisprechung zu erzielen. Er hatte keinen Erfolg. Die Verfahren, in denen er die strafbare Hand­ lung begangen hatte, waren alle vor dem Stichtag des Gnadenerlasses rechtskräftig abgeschlossen worden; nur eines war anhängig geblieben, weil das Gericht die Ver­ handlung bis zur Erledigung des gegen den Angeklagten eingeleiteten Strafverfahrens ausgesetzt hatte. Das Reichsgericht entschied, daß auch in diesem Verfahren der Betrugsversuch, der in dem Verhalten des Angeklagten zu finden war, mit dem Aussetzungsbeschluß als beendet anzusehen sei. Wer in einem bürgerlichen Rechtsstreit un­ wahre Behauptungen vor Gericht ausgestellt und dadurch die Gefahr herbeigeführt hat, das Gericht könne durch diese falschen Angaben irregeführt werden, muß alles tun, um eine solche Irreführung des. Gerichts und damit eine RGE. Strafsachen^Bd. 75

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Schädigung des Gegners zu verhüten; er hat die Rechts­ pflicht, noch vor der urteilsmäßigen Entscheidung des Rechtsstreits die Wahrheit zu offenbaren. Diese Möglich­ keit war dem Angeklagten durch die Aussetzung des Ver­ fahrens benommen; anderseits war aber während der Aussetzung die Gefahr, daß das Gericht durch die falschen Behauptungen in seiner Entscheidung irregeführt werden könne, ausgeschaltet. Das strafbare Verhalten des An­ geklagten war damit beendet. Sobald die Aussetzung auf­ gehoben wird, erwächst die Rechtspflicht, die Wahrheit zu offenbaren, von neuem. Das Reichsgericht bemerkte hie­ zu, daß, wenn der Angeklagte nach Wiederaufnahme des Rechtsstreits seine falschen Behauptungen neu vortragen würde, die Einstellung des Strafverfahrens, auch wenn eine mit der bisherigen Handlung in Fortsetzungszusam­ menhang stehende Straftat angenommen würde, der Fort­ setzung des Strafverfahrens nicht entgegenstände. Tie Ein­ stellung hat nur feststellende Wirkung; wenn sich nachträg­ lich herausstellt, daß die strafbare Handlung über den Stichtag des Gnadenerlasses hinaus fortgesetzt worden ist, kann sie geändert werden. (I, 23. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 225—227. Vgl. Bd. 69 S. 124; Bd. 72 S. 150.

69. Untreue.

Schwarze Kasse.

Schadensausgleich.

(StGB. § 266.) Der Baustellenleiter eines Baugeschäfts forderte Löhne auch für Arbeiter an, welche, die Arbeit ausgesetzt hatten. Die Beträge, die ihm hienach blieben, verwandte er zur Bildung einer schwarzen Kasse, aus der­ er Forderungen deckte, die im Betriebe seiner Baustelle entstanden, insbesondere Forderungen für Lohnfuhren. Daß er etwas von den Geldern für sich oder für außerbe­ triebliche Zwecke verwendet hätte, konnte nicht nachge­ wiesen werden. Er verteidigte sich damit, daß die Zah­ lung der Forderungen, die er aus der Kasse befriedigte, dringend gewesen sei, daß insbesondere Fuhrunternehmerfür den Fall der Nichtzahlung die Einstellung der Fuh­ ren angedroht hätten. Das Landgericht fand in seinem Verhalten den Tatbestand der Untreue, weil die Firma, bei der der Angeklagte angestellt war, dadurch außerstande gesetzt worden sei, über das Geld in ihren eigenen Ent­ schließungen zu verfügen, was bei dem damals bei ihr herrschenden Mangel an flüssigen Mitteln besonders un-

Schädigung des Gegners zu verhüten; er hat die Rechts­ pflicht, noch vor der urteilsmäßigen Entscheidung des Rechtsstreits die Wahrheit zu offenbaren. Diese Möglich­ keit war dem Angeklagten durch die Aussetzung des Ver­ fahrens benommen; anderseits war aber während der Aussetzung die Gefahr, daß das Gericht durch die falschen Behauptungen in seiner Entscheidung irregeführt werden könne, ausgeschaltet. Das strafbare Verhalten des An­ geklagten war damit beendet. Sobald die Aussetzung auf­ gehoben wird, erwächst die Rechtspflicht, die Wahrheit zu offenbaren, von neuem. Das Reichsgericht bemerkte hie­ zu, daß, wenn der Angeklagte nach Wiederaufnahme des Rechtsstreits seine falschen Behauptungen neu vortragen würde, die Einstellung des Strafverfahrens, auch wenn eine mit der bisherigen Handlung in Fortsetzungszusam­ menhang stehende Straftat angenommen würde, der Fort­ setzung des Strafverfahrens nicht entgegenstände. Tie Ein­ stellung hat nur feststellende Wirkung; wenn sich nachträg­ lich herausstellt, daß die strafbare Handlung über den Stichtag des Gnadenerlasses hinaus fortgesetzt worden ist, kann sie geändert werden. (I, 23. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 225—227. Vgl. Bd. 69 S. 124; Bd. 72 S. 150.

69. Untreue.

Schwarze Kasse.

Schadensausgleich.

(StGB. § 266.) Der Baustellenleiter eines Baugeschäfts forderte Löhne auch für Arbeiter an, welche, die Arbeit ausgesetzt hatten. Die Beträge, die ihm hienach blieben, verwandte er zur Bildung einer schwarzen Kasse, aus der­ er Forderungen deckte, die im Betriebe seiner Baustelle entstanden, insbesondere Forderungen für Lohnfuhren. Daß er etwas von den Geldern für sich oder für außerbe­ triebliche Zwecke verwendet hätte, konnte nicht nachge­ wiesen werden. Er verteidigte sich damit, daß die Zah­ lung der Forderungen, die er aus der Kasse befriedigte, dringend gewesen sei, daß insbesondere Fuhrunternehmerfür den Fall der Nichtzahlung die Einstellung der Fuh­ ren angedroht hätten. Das Landgericht fand in seinem Verhalten den Tatbestand der Untreue, weil die Firma, bei der der Angeklagte angestellt war, dadurch außerstande gesetzt worden sei, über das Geld in ihren eigenen Ent­ schließungen zu verfügen, was bei dem damals bei ihr herrschenden Mangel an flüssigen Mitteln besonders un-

günstig für sie gelvesen sei., iinb weil sie infolge seines Vor­ gehens unnötige Aufwendungen an Krankenkassen- und Jnvalidenversicherungsbeiträgen sowie an Lohnsteuerbe­ trägen gemacht habe. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Wenn der Angeklagte aus der schwarzen Kasse, die er gebildet hatte, ausschließlich Forderungen befrie­ digte, die mit Wissen und Willen der Firma im Betriebe der Baustelle notwendig entstehen mußten und entstanden waren, konnte ihm ein ungetreues Verhalten jedenfalls insoweit nicht zur Last fallen, als es sich um die Eingehung der Forderungen handelte; mit der Bezahlung der Forde­ rungen hatte aber der Angeklagte nur getan, was die Lei­ tung der Firma auch von sich aus hätte tun müssen. Eine Schädigung der Firma hätte auf diese Weise nur ein­ treten können, wenn andere Forderungen vorhanden ge­ wesen wären, deren Befriedigung zur Aufrechterhaltung des Betriebs und damit zur Erhaltung des Vermögens vordringlicher gewesen wären als die Befriedigung der Forderungen, die der Angeklagte aus der schwarzen Kasse gedeckt hatte. Die Ausgaben, welche die Firma an Ver­ sicherungsbeiträgen und Lohnsteuerzahlungen zu machen hatte, waren, für sich betrachtet, ohne weiteres als ein Vermögensnachteil anzusehen; aber cnidt) diese Aufwen­ dungen durften, ganz abgesehen von der Frage, ob nicht ein Anspruch auf Rückersatz bestand, nicht losgelöst von dem Zusammenhang betrachtet werden, in dem sie gemacht worden waren. Wenn die Fuhrunternehmer mit Einstel­ lung der Fuhren drohten, falls sie nicht rechtzeitig ihr Geld erhielten, konnte die Sache so gewesen sein, daß die Fortführung der Arbeiten an der Baustelle des Ange­ klagten unmittelbar gefährdet war und daß der Firma die Gefahr des Verlustes des Auftrags drohte. Das Land­ gericht hätte prüfen müssen, ob es unter den gegebenen Umständen mit Rücksicht auf die gesamte Vermögenslage der Firma nicht besser war, die immerhin nicht hohen Ausgaben für Versicherung und Lohnsteuer zu machen, als den ganzen Betrieb an der Baustelle zu gefährden. Eine Handlung des Treuverpflichteten, die für den Treugeber teils nützlich, teils schädlich ist, kann nicht als vermögens­ schädigend angesehen werden, wenn der wirtschaftlich höhere Vorteil nicht anders als aus dem Wege über einen wirtschaftlich geringeren Nachteil zu erreichen ist. Im vor-

liegenden Falle kam es besonders auf die innere Seite des Tatbestandes an. Es mußte festgestellt werden, wel­ cher Sachlage sich der Angeklagte gegenübersah, als er sich zur Bildung der schwarzen Kasse entschloß, und was er sich über die Wirkungen der Bildung und Führung dieser Kasse auf das Vermögen dieser Firma dachte. Wenn er zu der berechtigten Anschauung kommen konnte, daß die drohende Einstellung der Lohnfuhren selbst um den Preis unnötiger Aufwendungen abgewendet werden müsse, ent­ fiel insoweit die Annahme einer vorsätzlichen Vermögens­ schädigung. (I, 23. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 227—231. Vgl. Bd. 71 S. 155; IW. 1934 S- 2923.

70. Jugendstrafrecht. Strafaussetzung. (JGG. § 10; VO. vom 28. November 1940 zur Ergänzung des Jugend­ strafrechts; DurchfVO. vom 28. November 1940 § 8.) Die Aussetzung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe gegen­ über einem Jugendlichen darf in der Regel im Urteil nicht mehr Vorbehalten werden. Die Einführung des Jugend­ arrestes hat diese Maßnahme für die meisten Fälle über­ flüssig gemacht. Hält das Gericht eine Freiheitsstrafe für geboten, so soll das Urteil in seiner erzieherischen und sonstigen Wirkung nicht durch den Ausspruch über die Aussetzung der Strafe abgeschwächt werden. (III, 26. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 231. 71. Heimtücke. (HeimtG. § 2.) Ob eine Äußerung ge­ eignet ist, das Vertrauen des Volkes zur politischen Füh­ rung zu untergraben, ist im wesentlichen eine tatsächliche Frage, ein wertendes Urteil, das zu fällen grundsätzlich dem Tatrichter obliegt. Ob die Äußerung die im Gesetz bezeichnete Wirkung im Einzelfalle auch tatsächlich gehabt hat, gehört nicht zum Tatbestand, kann aber, wo es fest­ gestellt werden kann, ein wichtiges Beweisanzeichen sein. Im Volk ist die mißbilligte Wirkung schon dann einge­ treten, wenn weniger einsichtige Volksgenossen in unbe­ stimmter Zahl in diesem Sinne beeinflußt worden sind; die Gefahr kann sich dadurch erhöhen, daß Übelwollende Gedankenlose die Äußerung weiter verbreiten. Stets sind die besonderen Zeitumstände zu berücksichtigen; Äußerungen, die in Zeiten getan werden, in denen die Aufrechterhaltung des Vertrauens zur politischen Führung besonders wich­ tig ist, wie gerade vor oder in einem Kriege, werden unter

liegenden Falle kam es besonders auf die innere Seite des Tatbestandes an. Es mußte festgestellt werden, wel­ cher Sachlage sich der Angeklagte gegenübersah, als er sich zur Bildung der schwarzen Kasse entschloß, und was er sich über die Wirkungen der Bildung und Führung dieser Kasse auf das Vermögen dieser Firma dachte. Wenn er zu der berechtigten Anschauung kommen konnte, daß die drohende Einstellung der Lohnfuhren selbst um den Preis unnötiger Aufwendungen abgewendet werden müsse, ent­ fiel insoweit die Annahme einer vorsätzlichen Vermögens­ schädigung. (I, 23. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 227—231. Vgl. Bd. 71 S. 155; IW. 1934 S- 2923.

70. Jugendstrafrecht. Strafaussetzung. (JGG. § 10; VO. vom 28. November 1940 zur Ergänzung des Jugend­ strafrechts; DurchfVO. vom 28. November 1940 § 8.) Die Aussetzung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe gegen­ über einem Jugendlichen darf in der Regel im Urteil nicht mehr Vorbehalten werden. Die Einführung des Jugend­ arrestes hat diese Maßnahme für die meisten Fälle über­ flüssig gemacht. Hält das Gericht eine Freiheitsstrafe für geboten, so soll das Urteil in seiner erzieherischen und sonstigen Wirkung nicht durch den Ausspruch über die Aussetzung der Strafe abgeschwächt werden. (III, 26. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 231. 71. Heimtücke. (HeimtG. § 2.) Ob eine Äußerung ge­ eignet ist, das Vertrauen des Volkes zur politischen Füh­ rung zu untergraben, ist im wesentlichen eine tatsächliche Frage, ein wertendes Urteil, das zu fällen grundsätzlich dem Tatrichter obliegt. Ob die Äußerung die im Gesetz bezeichnete Wirkung im Einzelfalle auch tatsächlich gehabt hat, gehört nicht zum Tatbestand, kann aber, wo es fest­ gestellt werden kann, ein wichtiges Beweisanzeichen sein. Im Volk ist die mißbilligte Wirkung schon dann einge­ treten, wenn weniger einsichtige Volksgenossen in unbe­ stimmter Zahl in diesem Sinne beeinflußt worden sind; die Gefahr kann sich dadurch erhöhen, daß Übelwollende Gedankenlose die Äußerung weiter verbreiten. Stets sind die besonderen Zeitumstände zu berücksichtigen; Äußerungen, die in Zeiten getan werden, in denen die Aufrechterhaltung des Vertrauens zur politischen Führung besonders wich­ tig ist, wie gerade vor oder in einem Kriege, werden unter

liegenden Falle kam es besonders auf die innere Seite des Tatbestandes an. Es mußte festgestellt werden, wel­ cher Sachlage sich der Angeklagte gegenübersah, als er sich zur Bildung der schwarzen Kasse entschloß, und was er sich über die Wirkungen der Bildung und Führung dieser Kasse auf das Vermögen dieser Firma dachte. Wenn er zu der berechtigten Anschauung kommen konnte, daß die drohende Einstellung der Lohnfuhren selbst um den Preis unnötiger Aufwendungen abgewendet werden müsse, ent­ fiel insoweit die Annahme einer vorsätzlichen Vermögens­ schädigung. (I, 23. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 227—231. Vgl. Bd. 71 S. 155; IW. 1934 S- 2923.

70. Jugendstrafrecht. Strafaussetzung. (JGG. § 10; VO. vom 28. November 1940 zur Ergänzung des Jugend­ strafrechts; DurchfVO. vom 28. November 1940 § 8.) Die Aussetzung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe gegen­ über einem Jugendlichen darf in der Regel im Urteil nicht mehr Vorbehalten werden. Die Einführung des Jugend­ arrestes hat diese Maßnahme für die meisten Fälle über­ flüssig gemacht. Hält das Gericht eine Freiheitsstrafe für geboten, so soll das Urteil in seiner erzieherischen und sonstigen Wirkung nicht durch den Ausspruch über die Aussetzung der Strafe abgeschwächt werden. (III, 26. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 231. 71. Heimtücke. (HeimtG. § 2.) Ob eine Äußerung ge­ eignet ist, das Vertrauen des Volkes zur politischen Füh­ rung zu untergraben, ist im wesentlichen eine tatsächliche Frage, ein wertendes Urteil, das zu fällen grundsätzlich dem Tatrichter obliegt. Ob die Äußerung die im Gesetz bezeichnete Wirkung im Einzelfalle auch tatsächlich gehabt hat, gehört nicht zum Tatbestand, kann aber, wo es fest­ gestellt werden kann, ein wichtiges Beweisanzeichen sein. Im Volk ist die mißbilligte Wirkung schon dann einge­ treten, wenn weniger einsichtige Volksgenossen in unbe­ stimmter Zahl in diesem Sinne beeinflußt worden sind; die Gefahr kann sich dadurch erhöhen, daß Übelwollende Gedankenlose die Äußerung weiter verbreiten. Stets sind die besonderen Zeitumstände zu berücksichtigen; Äußerungen, die in Zeiten getan werden, in denen die Aufrechterhaltung des Vertrauens zur politischen Führung besonders wich­ tig ist, wie gerade vor oder in einem Kriege, werden unter

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Umständen schärfer zu beurteilen sein, als solche, die in po­ litisch weniger bewegte Zeiten fallen. Selbstverständlich kann eine Äußerung auch nicht losgelöst von der Persön­ lichkeit des Äußernden betrachtet werden; dieselbe Äuße­ rung kann auf andere Volksgenossen verschieden wirken, je nachdem, wer sie tut. Beruf, Stellung, Ansehen des Äußernden in dem Kreis, auf den die Äußerung wirkt, spielen eine Rolle. (III, 29. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 232-233. Vgl. Bd. 75 S. 197. 72. Ordnungsstrafe. Begünstigung. (StGB. § 257; PreisStrVO. §§ 1, 5, 8.) S. wurde wegen eines Ver­ gehens gegen die Verordnung vom 3. Juni 1939 über Strafen und Strafverfahren bei Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschriften verurteilt, G. wegen Begünsti­ gung, begangen dadurch, daß er S. eine Quittung über den angeblichen Kauf einer Autobereifung ausstellte. Die Revision führte zur Einstellung des Verfahrens gegen S. und G. In der Richtung gegen S. fehlte der erforderliche Strafantrag. Persönliche Begünstigung bezweckt, den staatlichen Strafanspruch gegen den Vortäter zu vereiteln; sie ist daher ausgeschlossen, wenn der Strafanspruch gegen­ über dem Vortäter versagt. Bei Straftaten, die nur auf Antrag verfolgt werden, ist zwar eine persönliche Begün­ stigung des Vortäters rechtlich möglich, ehe der Strafan­ trag gestellt ist; sie kann aber erst nach Stellung des Strafantrags verfolgt werden und bleibt straflos, wenn kein Strafantrag gestellt wird. Trotz Mangels des Straf­ antrags konnte im vorliegenden Falle gegen den Vortäter eine Ordnungsstrafe festgesetzt werden. Damit ergab sich die Frage, ob wegen persönlicher Begünstigung gestraft werden kann, wer den Anspruch auf Festsetzung einer solchen Ordnungsstrafe vereitelt. Die Unterschiede zwischen der Vergehensstrafe und der Ordnungsstrafe der Preisstrafverordnung sind so bedeutsam, daß sie eine Gleichstellung der Ordnungsstrafe mit der Vergehensstrafe ausschließen. Die Ordnungsstrafe besteht in einer Geld­ strafe, an deren Stelle im Gegensatz zu der Geldstrafe des Strafrechts keine Ersatzsreiheitsstrafe tritt; sie wird weder in das Strafregister noch in die polizeilichen Listen einge­ tragen; sie wird von der Verwaltungsbehörde festgesetzt, ohne daß ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt

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Umständen schärfer zu beurteilen sein, als solche, die in po­ litisch weniger bewegte Zeiten fallen. Selbstverständlich kann eine Äußerung auch nicht losgelöst von der Persön­ lichkeit des Äußernden betrachtet werden; dieselbe Äuße­ rung kann auf andere Volksgenossen verschieden wirken, je nachdem, wer sie tut. Beruf, Stellung, Ansehen des Äußernden in dem Kreis, auf den die Äußerung wirkt, spielen eine Rolle. (III, 29. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 232-233. Vgl. Bd. 75 S. 197. 72. Ordnungsstrafe. Begünstigung. (StGB. § 257; PreisStrVO. §§ 1, 5, 8.) S. wurde wegen eines Ver­ gehens gegen die Verordnung vom 3. Juni 1939 über Strafen und Strafverfahren bei Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschriften verurteilt, G. wegen Begünsti­ gung, begangen dadurch, daß er S. eine Quittung über den angeblichen Kauf einer Autobereifung ausstellte. Die Revision führte zur Einstellung des Verfahrens gegen S. und G. In der Richtung gegen S. fehlte der erforderliche Strafantrag. Persönliche Begünstigung bezweckt, den staatlichen Strafanspruch gegen den Vortäter zu vereiteln; sie ist daher ausgeschlossen, wenn der Strafanspruch gegen­ über dem Vortäter versagt. Bei Straftaten, die nur auf Antrag verfolgt werden, ist zwar eine persönliche Begün­ stigung des Vortäters rechtlich möglich, ehe der Strafan­ trag gestellt ist; sie kann aber erst nach Stellung des Strafantrags verfolgt werden und bleibt straflos, wenn kein Strafantrag gestellt wird. Trotz Mangels des Straf­ antrags konnte im vorliegenden Falle gegen den Vortäter eine Ordnungsstrafe festgesetzt werden. Damit ergab sich die Frage, ob wegen persönlicher Begünstigung gestraft werden kann, wer den Anspruch auf Festsetzung einer solchen Ordnungsstrafe vereitelt. Die Unterschiede zwischen der Vergehensstrafe und der Ordnungsstrafe der Preisstrafverordnung sind so bedeutsam, daß sie eine Gleichstellung der Ordnungsstrafe mit der Vergehensstrafe ausschließen. Die Ordnungsstrafe besteht in einer Geld­ strafe, an deren Stelle im Gegensatz zu der Geldstrafe des Strafrechts keine Ersatzsreiheitsstrafe tritt; sie wird weder in das Strafregister noch in die polizeilichen Listen einge­ tragen; sie wird von der Verwaltungsbehörde festgesetzt, ohne daß ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt

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werden könnte. Alles das schließt aus, die Vorschrift über persönliche Begünstigung unmittelbar oder entsprechend anzuwenden, wenn gegen den Vortäter mangels Straf­ antrags nur das Ordnungsstrafverfahren möglich ist. Da­ gegen besteht kein durchgreifendes Bedenken, in einem solchen Falle auch gegen den Begünstiger das Ordnungs­ strafverfahren für zulässig zu erachten. Ordnungsstrafen können gegen Täter und Teilnehmer festgesetzt werden; der Begriff Teilnehmer umfaßt auch den Begünstiger. (II, 9. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S- 234—237. Vgl. Bd. 8 S. 317; Bd. 16 S. 374; Bd. 55 S. 273; Bd. 56 S. 3; Bd. 57 S. 81; Bd. 68 S. 18; Bd. 72 S. 99.

73. Verbotene Preiserhöhung. Gewissenlosigkeit. Gro­ ber Eigennutz. (PreisStopBO. §§ 1, 4; PreisStrVO. § 1.) Ein gebrauchter Kraftwagen wurde irrt Juli 1940 für 650 erworben, ohne daß er zuvor von einer zuge­ lassenen Schätzungsstelle abgeschätzt worden wäre. Bei der nachträglichen Schätzung wurde ein Preis von 300 festgestellt. Der Käufer besaß noch einen anderen Wagen, der auf 110 M geschätzt worden war. Die beiden Wagen und ein ihm gehöriges Speditionsgeschäft bot er um 3500 M zum Kauf an. Den Preis errechnete er in der Weise, daß er für den Kraftwagen 300 M, für seine In­ standsetzung 800 M, für den anderen Wagen 110 M und für das Speditionsgeschäft 1940 ansetzte. Er wurde aus Grund des § 1 Abs. 1 und 5 VO. vom 3. -Juni 1939 über Strafen und Strafverfahren bei Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschriften wegen eines Verbrechens gegen diese Vorschriften zu einer Strafe verurteilt. Das Reichs­ gericht verwies die Sache zurück. Die Berechnung von Instandsetzungskosten war unstatthaft, da sie nur Kraft­ fahrzeughändler, nicht aber Verbraucher vornehmen dürfen; diese dürfen dem Schätzwert nur die Schätzungs­ gebühr zuschlagen. Das Speditionsgeschäft hatte nach den Feststellungen des Landgerichts keinen Wert; an diese Fest­ stellung war das Reichsgericht gebunden. Mit Recht hatte daraus das Landgericht den Schluß gezogen, daß durch den dafür eingesetzten Betrag nur die wirkliche Höhe des Kaufpreises verschleiert werden sollte. Richtig war auch, daß das Landgericht eine vollendete Höchstpreisüberschrei­ tung annahm. § 1 PreisStopBO. verbietet schlechthin Preiserhöhungen für Güter und Leistungen aller Art.

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werden könnte. Alles das schließt aus, die Vorschrift über persönliche Begünstigung unmittelbar oder entsprechend anzuwenden, wenn gegen den Vortäter mangels Straf­ antrags nur das Ordnungsstrafverfahren möglich ist. Da­ gegen besteht kein durchgreifendes Bedenken, in einem solchen Falle auch gegen den Begünstiger das Ordnungs­ strafverfahren für zulässig zu erachten. Ordnungsstrafen können gegen Täter und Teilnehmer festgesetzt werden; der Begriff Teilnehmer umfaßt auch den Begünstiger. (II, 9. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S- 234—237. Vgl. Bd. 8 S. 317; Bd. 16 S. 374; Bd. 55 S. 273; Bd. 56 S. 3; Bd. 57 S. 81; Bd. 68 S. 18; Bd. 72 S. 99.

73. Verbotene Preiserhöhung. Gewissenlosigkeit. Gro­ ber Eigennutz. (PreisStopBO. §§ 1, 4; PreisStrVO. § 1.) Ein gebrauchter Kraftwagen wurde irrt Juli 1940 für 650 erworben, ohne daß er zuvor von einer zuge­ lassenen Schätzungsstelle abgeschätzt worden wäre. Bei der nachträglichen Schätzung wurde ein Preis von 300 festgestellt. Der Käufer besaß noch einen anderen Wagen, der auf 110 M geschätzt worden war. Die beiden Wagen und ein ihm gehöriges Speditionsgeschäft bot er um 3500 M zum Kauf an. Den Preis errechnete er in der Weise, daß er für den Kraftwagen 300 M, für seine In­ standsetzung 800 M, für den anderen Wagen 110 M und für das Speditionsgeschäft 1940 ansetzte. Er wurde aus Grund des § 1 Abs. 1 und 5 VO. vom 3. -Juni 1939 über Strafen und Strafverfahren bei Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschriften wegen eines Verbrechens gegen diese Vorschriften zu einer Strafe verurteilt. Das Reichs­ gericht verwies die Sache zurück. Die Berechnung von Instandsetzungskosten war unstatthaft, da sie nur Kraft­ fahrzeughändler, nicht aber Verbraucher vornehmen dürfen; diese dürfen dem Schätzwert nur die Schätzungs­ gebühr zuschlagen. Das Speditionsgeschäft hatte nach den Feststellungen des Landgerichts keinen Wert; an diese Fest­ stellung war das Reichsgericht gebunden. Mit Recht hatte daraus das Landgericht den Schluß gezogen, daß durch den dafür eingesetzten Betrag nur die wirkliche Höhe des Kaufpreises verschleiert werden sollte. Richtig war auch, daß das Landgericht eine vollendete Höchstpreisüberschrei­ tung annahm. § 1 PreisStopBO. verbietet schlechthin Preiserhöhungen für Güter und Leistungen aller Art.

Eine Preiserhöhung liegt aber nicht erst dann vor, wenn ein Rechtsgeschäft zu einem erhöhten Preis abgeschlossen worden ist, sondern schon dann, wenn es zu einem solchen Preis angeboten worden ist. Auch solche einseitige Über­ schreitungen des zulässigen Preises gefährden die staat­ liche Preislenkung. Übrigens wäre auch der Versuch einer Preiserhöhung strafbar. Nach § 1 Abs. 5 VO. vom 3. Juni 1939 (Preis-Straf-Verordnung) kann an Stelle von Gefängnis auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren erkannt werden, wenn der Täter wissentlich iinb gewissenlos aus grobem Eigennutz gehandelt hat. Das Landgericht hatte diese Vorschrift zur Anwendung gebracht. Das Reichs­ gericht vermißte eine genügende Begründung. Gewissen­ los handelt, wer bei seinem Verhalten das Gefühl der Ver­ antwortlichkeit aus gemeinschastswidriger Gesinnung her­ aus bewußt unterdrückt oder gar nicht aufkommen läßt. Aus grobem Eigennutz handelt, wer sich bei seinem Ver­ halten von dem Streben nach eigenem Vorteil in einem besonders anstößigem Maße leiten läßt. Das Landgericht hatte (an sich mit Recht) das Hauptgewicht auf die Höhe der Preisüberschreitung gelegt. Die Höhe des Überpreises ist aber nicht rein gegenständlich, sondern daraufhin zu betrachten, inwiefern sie Schlüsse auf die Schnldmerkmale der Vorschrift rechtfertigt. Es ist nicht erforderlich, daß der Täter das genaue Maß der Preisüberschreitung kennt: es genügt, daß er eine allgemeine Vorstellung von dem Über­ maß der Preiserhöhung hat. Hinsichtlich des für In­ standsetzungskosten angesetzten Preises war wichtig, ob der Angeklagte sich der Unzulässigkeit dieser Forderung be­ wußt war. Aufzuklären war auch noch, ob die verschleierte Preissteigerung sich nur auf den Kraftwagen oder auch auf den anderen Wagen bezog. (III, 19. Juni 1941.) Ämtl. Sammlg. S. 237-241. 74. Untreue. Strafantrag. Angehörige. (StGB. §§ 52, 266.) Der Angeklagte, der als Testamentsvollstrecker be-, stellt war, machte sich einer Untreue gegen seine Ehefrau, seine Tochter, Geschwister seiner Ehefrau und andere Per­ sonen schuldig. Ein Strafantrag war nicht gestellt wor­ den. Er wurde wegen Untreue verurteilt. Das Urteil wurde im Strafausspruch aufgehoben. In der Recht­ sprechung ist anerkannt, daß für die Verfolgung von Un­ treue ein Strafantrag erforderlich ist, wenn die Tat sich

Eine Preiserhöhung liegt aber nicht erst dann vor, wenn ein Rechtsgeschäft zu einem erhöhten Preis abgeschlossen worden ist, sondern schon dann, wenn es zu einem solchen Preis angeboten worden ist. Auch solche einseitige Über­ schreitungen des zulässigen Preises gefährden die staat­ liche Preislenkung. Übrigens wäre auch der Versuch einer Preiserhöhung strafbar. Nach § 1 Abs. 5 VO. vom 3. Juni 1939 (Preis-Straf-Verordnung) kann an Stelle von Gefängnis auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren erkannt werden, wenn der Täter wissentlich iinb gewissenlos aus grobem Eigennutz gehandelt hat. Das Landgericht hatte diese Vorschrift zur Anwendung gebracht. Das Reichs­ gericht vermißte eine genügende Begründung. Gewissen­ los handelt, wer bei seinem Verhalten das Gefühl der Ver­ antwortlichkeit aus gemeinschastswidriger Gesinnung her­ aus bewußt unterdrückt oder gar nicht aufkommen läßt. Aus grobem Eigennutz handelt, wer sich bei seinem Ver­ halten von dem Streben nach eigenem Vorteil in einem besonders anstößigem Maße leiten läßt. Das Landgericht hatte (an sich mit Recht) das Hauptgewicht auf die Höhe der Preisüberschreitung gelegt. Die Höhe des Überpreises ist aber nicht rein gegenständlich, sondern daraufhin zu betrachten, inwiefern sie Schlüsse auf die Schnldmerkmale der Vorschrift rechtfertigt. Es ist nicht erforderlich, daß der Täter das genaue Maß der Preisüberschreitung kennt: es genügt, daß er eine allgemeine Vorstellung von dem Über­ maß der Preiserhöhung hat. Hinsichtlich des für In­ standsetzungskosten angesetzten Preises war wichtig, ob der Angeklagte sich der Unzulässigkeit dieser Forderung be­ wußt war. Aufzuklären war auch noch, ob die verschleierte Preissteigerung sich nur auf den Kraftwagen oder auch auf den anderen Wagen bezog. (III, 19. Juni 1941.) Ämtl. Sammlg. S. 237-241. 74. Untreue. Strafantrag. Angehörige. (StGB. §§ 52, 266.) Der Angeklagte, der als Testamentsvollstrecker be-, stellt war, machte sich einer Untreue gegen seine Ehefrau, seine Tochter, Geschwister seiner Ehefrau und andere Per­ sonen schuldig. Ein Strafantrag war nicht gestellt wor­ den. Er wurde wegen Untreue verurteilt. Das Urteil wurde im Strafausspruch aufgehoben. In der Recht­ sprechung ist anerkannt, daß für die Verfolgung von Un­ treue ein Strafantrag erforderlich ist, wenn die Tat sich

gegen Ehegatten, Eltern, Kinder, Geschwister und Ver­ schwägerte auf- und absteigender Linie richtet. Das Antragsersordernis muß auch für die übrigen Personen gel­ ten, die als Angehörige im Sinne des § 52 StGB, an­ zusehen sind; dazu gehören auch die Geschwister des Ehe­ gatten des Täters. Trotz Mangels von Strafanträgen war die Tat in vollem Umfange der Urteilsfindung unterworfen. Der Schaden durfte aber zum Schuldspruch nur soweit berücksichtigt werden, als er Nichtangehörige oder Strafantragstellcr betroffen hatte. Hinsichtlich des Schuldspruchs war eine Aushebung des Urteils nicht ver­ anlaßt; es wurde aber richtiggestellt, daß von dem ver­ untreuten Betrag die Anteile der Angehörigen wegfielen. Dagegen war Aushebung des Strafausspruchs geboten. Dem Tatrichter blieb anheimgestellt, wieweit er neben der Schädigung von Nichtangehörigen jene von Angehöri­ gen bei der Strafzumessung berücksichtigen wollte; nur durfte er nicht solche Schädigungen in Betracht ziehen, für die noch Strafantrag gestellt werden könnte, da sonst der Angeklagte der Gefahr der Doppelbestrafung unter­ lag. (IV, 20. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 242—243. Vgl. Bd. 70 S. 205; Bd. 71 S. 323; IW. 1937 S. 2510; 1938, S. 793. 75. Gewaltverbrecher. Waffe. Gefährliches Mittel. (GewVerbrVO. § 1.) Bei der Begehung eines Diebstahls führte der Täter eine nicht geladene Schreckschußpistole mit sich. Er wurde bei der Tat betreten, festgenommen und zur Polizeiwache geführt. Kurz vor der Wache riß er sich los und lief davon. Als sein Verfolger ihn nahezu eingeholt hatte, zog er die Pistole und drohte, mit ihr zu schießen, drückte die Pistole auch ab. Der Verfolger ließ sich abschrecken und blieb zurück. Das Landgericht sah die Pistole als Schußwaffe an. Dieser Auffassung trat das Reichsgericht nicht bei. Waffen irrt Sinne der Ver­ ordnung gegen Gewaltverbrecher sind nur solche Werk­ zeuge, die ihrer Natur nach dazu bestimmt sind, durch Hieb, Stoß, Stich oder Schuß zu verletzen. Schreckschuß­ pistolen gehören nicht dazu. Sie unterliegen auch nicht dem Waffenscheinzwang. Je nach der Art ihrer Anwen­ dung können sie allerdings ein anderes, gleich gefährliches Mittel im Sinne der Verordnung sein. Dazu genügt aber nicht eine irrige Annahme des Bedrohten. Es muß viel-

gegen Ehegatten, Eltern, Kinder, Geschwister und Ver­ schwägerte auf- und absteigender Linie richtet. Das Antragsersordernis muß auch für die übrigen Personen gel­ ten, die als Angehörige im Sinne des § 52 StGB, an­ zusehen sind; dazu gehören auch die Geschwister des Ehe­ gatten des Täters. Trotz Mangels von Strafanträgen war die Tat in vollem Umfange der Urteilsfindung unterworfen. Der Schaden durfte aber zum Schuldspruch nur soweit berücksichtigt werden, als er Nichtangehörige oder Strafantragstellcr betroffen hatte. Hinsichtlich des Schuldspruchs war eine Aushebung des Urteils nicht ver­ anlaßt; es wurde aber richtiggestellt, daß von dem ver­ untreuten Betrag die Anteile der Angehörigen wegfielen. Dagegen war Aushebung des Strafausspruchs geboten. Dem Tatrichter blieb anheimgestellt, wieweit er neben der Schädigung von Nichtangehörigen jene von Angehöri­ gen bei der Strafzumessung berücksichtigen wollte; nur durfte er nicht solche Schädigungen in Betracht ziehen, für die noch Strafantrag gestellt werden könnte, da sonst der Angeklagte der Gefahr der Doppelbestrafung unter­ lag. (IV, 20. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 242—243. Vgl. Bd. 70 S. 205; Bd. 71 S. 323; IW. 1937 S. 2510; 1938, S. 793. 75. Gewaltverbrecher. Waffe. Gefährliches Mittel. (GewVerbrVO. § 1.) Bei der Begehung eines Diebstahls führte der Täter eine nicht geladene Schreckschußpistole mit sich. Er wurde bei der Tat betreten, festgenommen und zur Polizeiwache geführt. Kurz vor der Wache riß er sich los und lief davon. Als sein Verfolger ihn nahezu eingeholt hatte, zog er die Pistole und drohte, mit ihr zu schießen, drückte die Pistole auch ab. Der Verfolger ließ sich abschrecken und blieb zurück. Das Landgericht sah die Pistole als Schußwaffe an. Dieser Auffassung trat das Reichsgericht nicht bei. Waffen irrt Sinne der Ver­ ordnung gegen Gewaltverbrecher sind nur solche Werk­ zeuge, die ihrer Natur nach dazu bestimmt sind, durch Hieb, Stoß, Stich oder Schuß zu verletzen. Schreckschuß­ pistolen gehören nicht dazu. Sie unterliegen auch nicht dem Waffenscheinzwang. Je nach der Art ihrer Anwen­ dung können sie allerdings ein anderes, gleich gefährliches Mittel im Sinne der Verordnung sein. Dazu genügt aber nicht eine irrige Annahme des Bedrohten. Es muß viel-

mehr vom Standpunkt des Täters aus eine ernstliche Be­ drohung vorliegen, d. h. das verwendete Mittel muß zur Herbeiführung der angedrohten Verletzung des anderen nach Lage der Sache geeignet sein oder der Täter muß es wenigstens dazu für geeignet halten; im letzten Falle läge ein untauglicher Versuch vor. Die Gefahr, der die Verordnung gegen Gewaltverbrecher begegnen will, besteht in der naheliegenden Wahrscheinlichkeit der Verletzung von Leib und Leben von Volksgenossen, die bei der Anwendung bestimmter Waffen erfahrungsgemäß zu gewärtigen ist. Eine solche Gefahr droht aber von Schreckschußpistolen nicht. Auch der verbrecherische Wille und die gemein­ schaftsfeindliche Gesinnung des Täters werden regelmäßig verschieden sein, je nachdem, ob er bei der Tat eine, wie er weiß, zur Beibringung von Verletzungen gänzlich un­ geeignete Waffe verwendet, also von vornherein mit dem Willen handelt, keine Verletzung zuzusügen, oder ob er eine scharfgeladene Pistole abschießt oder mit ihr droht, mithin den ernstlichen Willen bezeugt, einen anderen Men­ schen zu töten oder zu verletzen. Das Reichsgericht wies darauf hin, daß gegen den Angeklagten vielleicht die §§ 113, 114, 240 StGB, je in Verbindung mit § 2 Gew.VerbrVO. anwendbar seien. (III, 23. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 243—247. Vgl. Bd. 60 S. 157; Bd. 66 S. 353; Bd. 74 S. 281. 76. Strafsatz. (StrAnpVO. 8 5; VO. vom 20. März über die Zuständigkeit der Strafgerichte in der Ostmark.) Nach österreichischem Recht werden die strafbaren Hand­ lungen in vier Gruppen eingeteilt: Verbrechen, Ver­ gehen, Übertretungen, Verwaltungsübertretungen. Maß­ gebend ist jeweils die schwerste der angedrohten Strafen. Schwierigkeiten ergeben sich, wenn für besonders schwere oder besonders leichte Fälle Abweichungen von der Regel zugelassen sind. Da 8 5 Abs. 3 StrAnpVO. vom 8. Juli 1938 nur den namentlich in der Strafvorschrift ange­ führten Erschwerungs- oder Milderungsumständen straf­ satzbildende Kraft beimißt, wurde bisher angenommen, der Gesetzgeber habe den unbenannten Erschwerungs- oder Milderungsumständen, also insbesondere solchen, die nur durch die Worte „in besonders schweren Fällen" „in beson­ ders leichten Fällen" oder durch ähnliche Wendungen be­ zeichnet werden, diese Kraft versagen wollen. Daran kann

mehr vom Standpunkt des Täters aus eine ernstliche Be­ drohung vorliegen, d. h. das verwendete Mittel muß zur Herbeiführung der angedrohten Verletzung des anderen nach Lage der Sache geeignet sein oder der Täter muß es wenigstens dazu für geeignet halten; im letzten Falle läge ein untauglicher Versuch vor. Die Gefahr, der die Verordnung gegen Gewaltverbrecher begegnen will, besteht in der naheliegenden Wahrscheinlichkeit der Verletzung von Leib und Leben von Volksgenossen, die bei der Anwendung bestimmter Waffen erfahrungsgemäß zu gewärtigen ist. Eine solche Gefahr droht aber von Schreckschußpistolen nicht. Auch der verbrecherische Wille und die gemein­ schaftsfeindliche Gesinnung des Täters werden regelmäßig verschieden sein, je nachdem, ob er bei der Tat eine, wie er weiß, zur Beibringung von Verletzungen gänzlich un­ geeignete Waffe verwendet, also von vornherein mit dem Willen handelt, keine Verletzung zuzusügen, oder ob er eine scharfgeladene Pistole abschießt oder mit ihr droht, mithin den ernstlichen Willen bezeugt, einen anderen Men­ schen zu töten oder zu verletzen. Das Reichsgericht wies darauf hin, daß gegen den Angeklagten vielleicht die §§ 113, 114, 240 StGB, je in Verbindung mit § 2 Gew.VerbrVO. anwendbar seien. (III, 23. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 243—247. Vgl. Bd. 60 S. 157; Bd. 66 S. 353; Bd. 74 S. 281. 76. Strafsatz. (StrAnpVO. 8 5; VO. vom 20. März über die Zuständigkeit der Strafgerichte in der Ostmark.) Nach österreichischem Recht werden die strafbaren Hand­ lungen in vier Gruppen eingeteilt: Verbrechen, Ver­ gehen, Übertretungen, Verwaltungsübertretungen. Maß­ gebend ist jeweils die schwerste der angedrohten Strafen. Schwierigkeiten ergeben sich, wenn für besonders schwere oder besonders leichte Fälle Abweichungen von der Regel zugelassen sind. Da 8 5 Abs. 3 StrAnpVO. vom 8. Juli 1938 nur den namentlich in der Strafvorschrift ange­ führten Erschwerungs- oder Milderungsumständen straf­ satzbildende Kraft beimißt, wurde bisher angenommen, der Gesetzgeber habe den unbenannten Erschwerungs- oder Milderungsumständen, also insbesondere solchen, die nur durch die Worte „in besonders schweren Fällen" „in beson­ ders leichten Fällen" oder durch ähnliche Wendungen be­ zeichnet werden, diese Kraft versagen wollen. Daran kann

seit Erlaß der Verordnung über die Zuständigkeit der Strafgerichte in den Reichsgauen der Ostmark nicht mehr festgehalten werden. In dieser Verordnung mißt der Ge­ setzgeber in den Fällen, in denen eine reichsrechtliche Straf­ vorschrift eine Handlung in besonders schweren Fällen mit strengerer als der ordentlichen Strafe bedroht oder in denen sie bestimmt, daß eine Handlung in besonders leichten Fällen milder zu bestrafen ist, dem Vorliegen des unbenannten Erschwerungs- oder Milderungsnmstandes sogar für die Abgrenzung der gerichtlich strafbaren Hand­ lungen von den Verwaltungsübertretungen entscheidende Bedeutung bei. Um so mehr muß diesen Umständen auch strafsatzbildendc Kraft zuerkannt werden. Maßgebend für die Einreihung einer Straftat, die in einer in der Ost­ mark anzuwendenden reichsrechtlichen Vorschrift mit Strafe bedroht ist, in die vier Gruppen des österreichischen Rechts ist demnach der im einzelnen Falle anzuwendende ordentliche oder außerordentliche Strafrahmen, auch wenn dessen Anwendung nur von dem Vorliegen eines unbe­ nannten Erschwerungs- oder Milderungsgrundes abhängt. Ohne Einschränkung gilt das aber nur, soweit für schwere Fälle eine strengere Strafe angeordnet oder zugelassen ist. Die Annahme eines schweren Falles hat hier stets straf­ satzbildende Kraft; die Handlung ist eben nur dann mit strengerer Strafe bedroht, wenn ein schwererer Fall vor­ liegt. Wenn dagegen die reichs'rechtliche Vorschrift für leichte Fälle eine mildere Bestrafung bloß zuläßt, die An­ nahme eines leichten Falles also die Möglichkeit nicht ausschließt, die Strafe innerhalb des für den Regelfall angedrohten Strafrahmens zu bemessen, ist die Handlung sowohl mit der milderen als mit der ordentlichen Strafe bedroht; hier entscheidet die schwerste, das ist die ordent­ liche Strafe über die Einreihung der Tat auch dann, wenn ein leichter Fall vorliegt. (VI, 24. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 247—250. Vgl. Bd. 74 S. 114, 117, 118. 77. Böswilligkeit. (HeimtG. § 2.) Das Heimtücke­ gesetz will das Vertrauen des Volkes zur politischen Füh­ rung schützen. Böswillig im Sinne dieses Gesetzes handelt der, dessen Wille darauf gerichtet ist, dieses Vertrauen zu untergraben oder zu gefährden. Richt erforderlich ist, "daß er seine Äußerung auch- für geeignet gehalten hat,

seit Erlaß der Verordnung über die Zuständigkeit der Strafgerichte in den Reichsgauen der Ostmark nicht mehr festgehalten werden. In dieser Verordnung mißt der Ge­ setzgeber in den Fällen, in denen eine reichsrechtliche Straf­ vorschrift eine Handlung in besonders schweren Fällen mit strengerer als der ordentlichen Strafe bedroht oder in denen sie bestimmt, daß eine Handlung in besonders leichten Fällen milder zu bestrafen ist, dem Vorliegen des unbenannten Erschwerungs- oder Milderungsnmstandes sogar für die Abgrenzung der gerichtlich strafbaren Hand­ lungen von den Verwaltungsübertretungen entscheidende Bedeutung bei. Um so mehr muß diesen Umständen auch strafsatzbildendc Kraft zuerkannt werden. Maßgebend für die Einreihung einer Straftat, die in einer in der Ost­ mark anzuwendenden reichsrechtlichen Vorschrift mit Strafe bedroht ist, in die vier Gruppen des österreichischen Rechts ist demnach der im einzelnen Falle anzuwendende ordentliche oder außerordentliche Strafrahmen, auch wenn dessen Anwendung nur von dem Vorliegen eines unbe­ nannten Erschwerungs- oder Milderungsgrundes abhängt. Ohne Einschränkung gilt das aber nur, soweit für schwere Fälle eine strengere Strafe angeordnet oder zugelassen ist. Die Annahme eines schweren Falles hat hier stets straf­ satzbildende Kraft; die Handlung ist eben nur dann mit strengerer Strafe bedroht, wenn ein schwererer Fall vor­ liegt. Wenn dagegen die reichs'rechtliche Vorschrift für leichte Fälle eine mildere Bestrafung bloß zuläßt, die An­ nahme eines leichten Falles also die Möglichkeit nicht ausschließt, die Strafe innerhalb des für den Regelfall angedrohten Strafrahmens zu bemessen, ist die Handlung sowohl mit der milderen als mit der ordentlichen Strafe bedroht; hier entscheidet die schwerste, das ist die ordent­ liche Strafe über die Einreihung der Tat auch dann, wenn ein leichter Fall vorliegt. (VI, 24. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 247—250. Vgl. Bd. 74 S. 114, 117, 118. 77. Böswilligkeit. (HeimtG. § 2.) Das Heimtücke­ gesetz will das Vertrauen des Volkes zur politischen Füh­ rung schützen. Böswillig im Sinne dieses Gesetzes handelt der, dessen Wille darauf gerichtet ist, dieses Vertrauen zu untergraben oder zu gefährden. Richt erforderlich ist, "daß er seine Äußerung auch- für geeignet gehalten hat,

diese Wirkung herbeizuführen; es genügt, daß er mit einer solchen Wirkung gerechnet hat. Daß die Gesinnung, aus der ein derartiges Handeln entspringt, verwerflich ist, versteht sich von selbst und bedarf daher keiner beson­ deren Feststellung. (Großer Senat für Strafsachen, 25. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 250—252. 78. Jagdschein. Nebenstrafe. (StGB. § 292; RJagdG. § 62; StrafFreihG. vom 30. April 1938 § 1; 1. DurchfVO. § 1; Gnad Erl. vom 9. September 1939.) Wegen eines Jagdvergehens im Sinne des § 292 StGB, wurde auf eine Gefängnisstrafe von einem Monat und auf dauernde Entziehung des Jagdscheins erkannt. Die Gefängnisstrafe wurde durch das Straffreiheitsgesetz vom 30. April 1938 erlassen. Der Angeklagte suchte um Aufhebung der Ent­ ziehung des Jagdscheins nach. Gegen den Bescheid des Amtsgerichts, daß die Einziehung eine Sicherungsmaß­ nahme sei und von dem Gesetz nicht berührt werde, legte er keine Beschwerde ein. Nach Verkündung des Gnaden­ erlasses vom 9. September 1939 wiederholte er sein Er­ suchen. Das Amtsgericht erließ denselben Bescheid; das Landgericht vertrat die Auffassung, daß es sich um eine Nebenstrafe handle, deren Vollstreckung nicht beendet sei, und erklärte die Einziehung für ausgehoben. Die Nichtig­ keitsbeschwerde des Oberreichsanwalts hatte keinen Er­ folg. Der Beschluß des Landgerichts war im Beschwerde­ rechtszug ergangen; eine weitere Beschwerde gegen ihn war nicht zulässig. Das Reichsgericht trat aber der ange­ fochtenen Entscheidung auch im Ergebnis bei. Regelmäßig entscheidet über Entziehung des Jagdscheins das Jäger­ ehrengericht; in der Verordnung vom 12. Mai 1938 über Straffreiheit der Ehrenstrafen der Deutschen Jägerschaft ist sie ausdrücklich als Strafe anerkannt. Die Entziehung des Jagdscheins im ordentlichen Strafverfahren hat die gleiche Bedeutung. An dieser Eigenschaft ändert nichts, daß sie bis zu einem gewissen Grade auch die Wirkung einer Sicherungsmaßnahme hat. Demgemäß war sie schon durch das Straffreiheitsgesetz vom 30. April 1938 erlassen. (III, 30. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 252—254. Vgl. Bd. 75 S. 121, 173. 79. Gesamtstrafe. (StGB. § 79.) Eine Gesamtstrafe aus Urteilen deutscher Gerichte und Urteilen von Protekto-

diese Wirkung herbeizuführen; es genügt, daß er mit einer solchen Wirkung gerechnet hat. Daß die Gesinnung, aus der ein derartiges Handeln entspringt, verwerflich ist, versteht sich von selbst und bedarf daher keiner beson­ deren Feststellung. (Großer Senat für Strafsachen, 25. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 250—252. 78. Jagdschein. Nebenstrafe. (StGB. § 292; RJagdG. § 62; StrafFreihG. vom 30. April 1938 § 1; 1. DurchfVO. § 1; Gnad Erl. vom 9. September 1939.) Wegen eines Jagdvergehens im Sinne des § 292 StGB, wurde auf eine Gefängnisstrafe von einem Monat und auf dauernde Entziehung des Jagdscheins erkannt. Die Gefängnisstrafe wurde durch das Straffreiheitsgesetz vom 30. April 1938 erlassen. Der Angeklagte suchte um Aufhebung der Ent­ ziehung des Jagdscheins nach. Gegen den Bescheid des Amtsgerichts, daß die Einziehung eine Sicherungsmaß­ nahme sei und von dem Gesetz nicht berührt werde, legte er keine Beschwerde ein. Nach Verkündung des Gnaden­ erlasses vom 9. September 1939 wiederholte er sein Er­ suchen. Das Amtsgericht erließ denselben Bescheid; das Landgericht vertrat die Auffassung, daß es sich um eine Nebenstrafe handle, deren Vollstreckung nicht beendet sei, und erklärte die Einziehung für ausgehoben. Die Nichtig­ keitsbeschwerde des Oberreichsanwalts hatte keinen Er­ folg. Der Beschluß des Landgerichts war im Beschwerde­ rechtszug ergangen; eine weitere Beschwerde gegen ihn war nicht zulässig. Das Reichsgericht trat aber der ange­ fochtenen Entscheidung auch im Ergebnis bei. Regelmäßig entscheidet über Entziehung des Jagdscheins das Jäger­ ehrengericht; in der Verordnung vom 12. Mai 1938 über Straffreiheit der Ehrenstrafen der Deutschen Jägerschaft ist sie ausdrücklich als Strafe anerkannt. Die Entziehung des Jagdscheins im ordentlichen Strafverfahren hat die gleiche Bedeutung. An dieser Eigenschaft ändert nichts, daß sie bis zu einem gewissen Grade auch die Wirkung einer Sicherungsmaßnahme hat. Demgemäß war sie schon durch das Straffreiheitsgesetz vom 30. April 1938 erlassen. (III, 30. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 252—254. Vgl. Bd. 75 S. 121, 173. 79. Gesamtstrafe. (StGB. § 79.) Eine Gesamtstrafe aus Urteilen deutscher Gerichte und Urteilen von Protekto-

diese Wirkung herbeizuführen; es genügt, daß er mit einer solchen Wirkung gerechnet hat. Daß die Gesinnung, aus der ein derartiges Handeln entspringt, verwerflich ist, versteht sich von selbst und bedarf daher keiner beson­ deren Feststellung. (Großer Senat für Strafsachen, 25. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 250—252. 78. Jagdschein. Nebenstrafe. (StGB. § 292; RJagdG. § 62; StrafFreihG. vom 30. April 1938 § 1; 1. DurchfVO. § 1; Gnad Erl. vom 9. September 1939.) Wegen eines Jagdvergehens im Sinne des § 292 StGB, wurde auf eine Gefängnisstrafe von einem Monat und auf dauernde Entziehung des Jagdscheins erkannt. Die Gefängnisstrafe wurde durch das Straffreiheitsgesetz vom 30. April 1938 erlassen. Der Angeklagte suchte um Aufhebung der Ent­ ziehung des Jagdscheins nach. Gegen den Bescheid des Amtsgerichts, daß die Einziehung eine Sicherungsmaß­ nahme sei und von dem Gesetz nicht berührt werde, legte er keine Beschwerde ein. Nach Verkündung des Gnaden­ erlasses vom 9. September 1939 wiederholte er sein Er­ suchen. Das Amtsgericht erließ denselben Bescheid; das Landgericht vertrat die Auffassung, daß es sich um eine Nebenstrafe handle, deren Vollstreckung nicht beendet sei, und erklärte die Einziehung für ausgehoben. Die Nichtig­ keitsbeschwerde des Oberreichsanwalts hatte keinen Er­ folg. Der Beschluß des Landgerichts war im Beschwerde­ rechtszug ergangen; eine weitere Beschwerde gegen ihn war nicht zulässig. Das Reichsgericht trat aber der ange­ fochtenen Entscheidung auch im Ergebnis bei. Regelmäßig entscheidet über Entziehung des Jagdscheins das Jäger­ ehrengericht; in der Verordnung vom 12. Mai 1938 über Straffreiheit der Ehrenstrafen der Deutschen Jägerschaft ist sie ausdrücklich als Strafe anerkannt. Die Entziehung des Jagdscheins im ordentlichen Strafverfahren hat die gleiche Bedeutung. An dieser Eigenschaft ändert nichts, daß sie bis zu einem gewissen Grade auch die Wirkung einer Sicherungsmaßnahme hat. Demgemäß war sie schon durch das Straffreiheitsgesetz vom 30. April 1938 erlassen. (III, 30. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 252—254. Vgl. Bd. 75 S. 121, 173. 79. Gesamtstrafe. (StGB. § 79.) Eine Gesamtstrafe aus Urteilen deutscher Gerichte und Urteilen von Protekto-

ratsgerichten zu bilden ist unzulässig. (III, 14. Juli 1941.) Amtl. Sammlg. S. 256. 80. Ehebruch. Beleidigung. (StGB. §§ 63^ 172, 185.) Während der Einberufung eines Mannes zum Heeres­ dienst beging seine Frau Ehebruch. Nach der Rückkehr behauptete sie, mit Gewalt zu der Tat genötigt worden zu sein. Der Ehemann erstattete gegen den Ehebrecher Strafanzeige wegen Notzucht. Die Erhebung einer An­ klage hiewegen wurde abgelehnt, weil die Frau mit dem Ehebruch einverstanden gewesen war. Auf Grund des von beiden Ehegatten gestellten Strafantrags wurde der An­ geklagte wegen Beleidigung verurteilt. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Der Ehemann war bei der Stellung des Strafantrags von der Annahme ausge­ gangen, daß die Frau zu dem Ehebruch genötigt gewesen sei. Auf Grund der Hauptverhandlung mußte angenom­ men werden, daß die Frau an der Beleidigung des Man­ nes selbst beteiligt war, daß also dessen Strafantrag sich auch gegen sie richtete. Da er die Ehe mit seiner Frau fortgesetzt hatte, ergaben sich Zweifel, ob er den Straf­ antrag auch dann gestellt hätte, wenn er diesen Sach­ verhalt gekannt hätte. Es war nicht ausgeschlossen, daß er die Verfolgung seiner Frau auf keinen Fall gewollt hatte und darum bei Kenntnis des Sachverhalts darauf verzichtet hätte, Strafantrag zu stellen. Zur Erforschung des Willens des Antragstellers müssen nötigenfalls auch außerhalb der schriftlichen Erklärung liegende -Umstände herangezogen werden. Hätte der Ehemann bei Stellung des Strafantrags die Verfolgung seiner Ehefrau auf keinen Fall gewollt, wäre sein Wille vielmehr dahin ge­ gangen, daß die Verfolgung sich auf den Ehebrecher be­ schränken solle, so wäre der Strafantrag als unwirksam anzusehen gewesen. Der Ehebruch einer Frau ist auch dann als Beleidigung des Ehemannes anzusehen, wenn die Frau damit einverstanden war, also in ihrer Ehre nicht verletzt wurde. Dabei ist aber zu beachten, daß die Bestrafung wegen Ehebruch nur dann zulässig ist, wenn seinetwegen die Ehe geschieden wurde. Diese Vorfchrift hat zum Ziele, die Ehe nach Möglichkeit zu erhalten, Ihr Zweck würde vereitelt werden, wenn der Ehebruch unter einem anderen Gesichtspunkt verfolgt werden könnte. Auch in einer Verhandlung wegen Beleidigung kann die

ratsgerichten zu bilden ist unzulässig. (III, 14. Juli 1941.) Amtl. Sammlg. S. 256. 80. Ehebruch. Beleidigung. (StGB. §§ 63^ 172, 185.) Während der Einberufung eines Mannes zum Heeres­ dienst beging seine Frau Ehebruch. Nach der Rückkehr behauptete sie, mit Gewalt zu der Tat genötigt worden zu sein. Der Ehemann erstattete gegen den Ehebrecher Strafanzeige wegen Notzucht. Die Erhebung einer An­ klage hiewegen wurde abgelehnt, weil die Frau mit dem Ehebruch einverstanden gewesen war. Auf Grund des von beiden Ehegatten gestellten Strafantrags wurde der An­ geklagte wegen Beleidigung verurteilt. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Der Ehemann war bei der Stellung des Strafantrags von der Annahme ausge­ gangen, daß die Frau zu dem Ehebruch genötigt gewesen sei. Auf Grund der Hauptverhandlung mußte angenom­ men werden, daß die Frau an der Beleidigung des Man­ nes selbst beteiligt war, daß also dessen Strafantrag sich auch gegen sie richtete. Da er die Ehe mit seiner Frau fortgesetzt hatte, ergaben sich Zweifel, ob er den Straf­ antrag auch dann gestellt hätte, wenn er diesen Sach­ verhalt gekannt hätte. Es war nicht ausgeschlossen, daß er die Verfolgung seiner Frau auf keinen Fall gewollt hatte und darum bei Kenntnis des Sachverhalts darauf verzichtet hätte, Strafantrag zu stellen. Zur Erforschung des Willens des Antragstellers müssen nötigenfalls auch außerhalb der schriftlichen Erklärung liegende -Umstände herangezogen werden. Hätte der Ehemann bei Stellung des Strafantrags die Verfolgung seiner Ehefrau auf keinen Fall gewollt, wäre sein Wille vielmehr dahin ge­ gangen, daß die Verfolgung sich auf den Ehebrecher be­ schränken solle, so wäre der Strafantrag als unwirksam anzusehen gewesen. Der Ehebruch einer Frau ist auch dann als Beleidigung des Ehemannes anzusehen, wenn die Frau damit einverstanden war, also in ihrer Ehre nicht verletzt wurde. Dabei ist aber zu beachten, daß die Bestrafung wegen Ehebruch nur dann zulässig ist, wenn seinetwegen die Ehe geschieden wurde. Diese Vorfchrift hat zum Ziele, die Ehe nach Möglichkeit zu erhalten, Ihr Zweck würde vereitelt werden, wenn der Ehebruch unter einem anderen Gesichtspunkt verfolgt werden könnte. Auch in einer Verhandlung wegen Beleidigung kann die

notwendige Aufklärung dazu führen, die aufrechterhal­ tene Ehe zu erschüttern, zumal wenn sie ein wesentlich anderes Bild ergibt, als es die beteiligte Ehefrau ihrem Manne gegeben hat. Zulässig ist die Verfolgung eines Ehebruchs als Beleidigung dann, wenn die Ehefrau an dem Ehebruch nicht schuldig ist, der Ehemann also kein Recht auf Scheidung der Ehe erlangt hat; ebenso dann, wenn eine Ehrenkränkung des verletzten Ehegatten sich nicht nur aus dem Ehebruch selbst, sondern auch aus den begleitenden Umständen oder aus besonderen, nicht zum Tatbestände des Ehebruchs gehörenden Merkmalen er­ gibt. Unter Umständen kann schon der Vollzug des Ehe­ bruchs in der Ehewohnung als ein solches Merkmal an­ gesehen werden, so etwa dann, wenn die Besuche des Ehe­ brechers vor den Augen anderer Personen stattgefunden haben und schon dadurch der Hintergangene Ehemann bloßgestellt worden ist. Der Gesichtspunkt der Tateinheit der Beleidigung mit dem Ehebruch verhindert es in solchen Fällen nicht, die Tat als Beleidigung zu strafen. Es liegt in der Eigenart des Tatbestandes der Beleidi­ gung, daß die mehreren zugleich begangenen Beleidi­ gungen einer gesonderten Würdigung selbst dann fähig sind, wenn sie eine natürliche Einheit bilden. Dem Ge­ danken des § 172 StGB, wird aber in allen Fällen da­ hin Rechnung getragen werden müssen, daß der Wille des Verletzten für die Verfolgung entscheidend sein muß. (II, 6. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 257—261. Vgl. Bd. 17 S. 246; Bd. 54 S- 288; Bd. 62 S. 83; Bd. 61 S. 106; Bd. 70 S. 94, 173; Bd. 74 S. 185, 381. 81. Selbstanzeige. (RAbgO. § 410.) W. war einziger Aktionär und Vorstand einer Aktiengesellschaft. Er hatte mit den Lieferanten der Gesellschaft Sonderrabatte verein­ bart, die er weder bei der Gesellschaft verbuchte, noch auch persönlich versteuerte. Im Jahr 1930 zeigte er das bei der Steuerbehörde an und erhielt für die in den Jah­ ren 1925 bis 1929 begangenen Steuerhinterziehungen Straffreiheit gewährt. Im Jahr 1930 wurden die Ra­ batte richtig verbucht und versteuert. In den Jahren 1931 bis 1935 wurden diese Einnahmen bei der Aktien­ gesellschaft nur zum Teil eingetragen; daneben ließ sich W. von den Lieferanten „Überrabatte" gewähren, ohne sie bei der Aktiengesellschaft und in seinen persönlichen

notwendige Aufklärung dazu führen, die aufrechterhal­ tene Ehe zu erschüttern, zumal wenn sie ein wesentlich anderes Bild ergibt, als es die beteiligte Ehefrau ihrem Manne gegeben hat. Zulässig ist die Verfolgung eines Ehebruchs als Beleidigung dann, wenn die Ehefrau an dem Ehebruch nicht schuldig ist, der Ehemann also kein Recht auf Scheidung der Ehe erlangt hat; ebenso dann, wenn eine Ehrenkränkung des verletzten Ehegatten sich nicht nur aus dem Ehebruch selbst, sondern auch aus den begleitenden Umständen oder aus besonderen, nicht zum Tatbestände des Ehebruchs gehörenden Merkmalen er­ gibt. Unter Umständen kann schon der Vollzug des Ehe­ bruchs in der Ehewohnung als ein solches Merkmal an­ gesehen werden, so etwa dann, wenn die Besuche des Ehe­ brechers vor den Augen anderer Personen stattgefunden haben und schon dadurch der Hintergangene Ehemann bloßgestellt worden ist. Der Gesichtspunkt der Tateinheit der Beleidigung mit dem Ehebruch verhindert es in solchen Fällen nicht, die Tat als Beleidigung zu strafen. Es liegt in der Eigenart des Tatbestandes der Beleidi­ gung, daß die mehreren zugleich begangenen Beleidi­ gungen einer gesonderten Würdigung selbst dann fähig sind, wenn sie eine natürliche Einheit bilden. Dem Ge­ danken des § 172 StGB, wird aber in allen Fällen da­ hin Rechnung getragen werden müssen, daß der Wille des Verletzten für die Verfolgung entscheidend sein muß. (II, 6. Februar 1941.) Amtl. Sammlg. S. 257—261. Vgl. Bd. 17 S. 246; Bd. 54 S- 288; Bd. 62 S. 83; Bd. 61 S. 106; Bd. 70 S. 94, 173; Bd. 74 S. 185, 381. 81. Selbstanzeige. (RAbgO. § 410.) W. war einziger Aktionär und Vorstand einer Aktiengesellschaft. Er hatte mit den Lieferanten der Gesellschaft Sonderrabatte verein­ bart, die er weder bei der Gesellschaft verbuchte, noch auch persönlich versteuerte. Im Jahr 1930 zeigte er das bei der Steuerbehörde an und erhielt für die in den Jah­ ren 1925 bis 1929 begangenen Steuerhinterziehungen Straffreiheit gewährt. Im Jahr 1930 wurden die Ra­ batte richtig verbucht und versteuert. In den Jahren 1931 bis 1935 wurden diese Einnahmen bei der Aktien­ gesellschaft nur zum Teil eingetragen; daneben ließ sich W. von den Lieferanten „Überrabatte" gewähren, ohne sie bei der Aktiengesellschaft und in seinen persönlichen

Steuererklärungen anzugeben. Im Jahr 1938 wurde die Steuerverkürzung durch den Wirtschaftsprüfer festgestellt; dieser benachrichtigte im Auftrag von W. die zuständigen Finanzämter von der Verkürzung der Steuer. Diese wurde nachträglich verlangt und von W. alsbald bezahlt. Gegen die Nachveranlagung der Aktiengesellschaft zur Körperschastssteuer erhob W. Einspruch; dieser wurde als unbegründet zurückgewiesen. W. wurde wegen Hinter­ ziehung der aus die Überrabatte entfallenden Körperschafts- und Gewerbeertragssteuer angeklagt, vom Land­ gericht aber freigesprochen. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Die Körperschasts- und Gewerbeertrag­ steuer wurde erst gezahlt, nachdem der Einspruch des W. zurückgewiesen worden war. Darnach war es nicht aus­ geschlossen, daß zu dieser Zeit die vom Finanzamt für die Zahlung gesetzte Frist schon verstrichen war; das hätte zur Folge gehabt, daß keine Straffreiheit eingetreten wäre. Hierüber war noch Klarheit zu schaffen. Auch war zu prüfen, ob nicht die Gewerbesteuer anders als die Körper­ schaftssteuer zu behandeln war; nur hinsichtlich der Kör­ perschastssteuer hatte W. Einspruch eingelegt. W. hatte in seiner Selbstanzeige anerkannt, daß die Überrabatte bei der Aktiengesellschaft eingegangen seien; später hatte er sich dahin verteidigt, daß diese eine persönliche Ange­ legenheit zwischen ihm und den Lieferanten gewesen seien. Das Landgericht hatte angenommen, daß er die von ihm anfänglich gemachten Angaben bezüglich der tatsächlichen Verhältnisse nicht geändert habe. Das erkannte das Reichsgericht nicht an. Es sind allerdings Fälle denkbar, in denen der Steuerpflichtige, ohne die durch Selbstanzeige erlangte Vergünstigung zu verlieren, der Nachveranlagung gegenüber von den zulässigen Rechtsbehelfen Gebrauch machen kann. Erforderlich ist nur, daß er den bisher verschwiegenen Sachverhalt wahrheitsgemäß und so voll­ ständig darlegt, daß der Steuerbehörde der Zugriff er­ möglicht wird, ohne daß sie auf weiteren guten Willen des Zahlungspflichtigen angewiesen ist oder noch lang­ wierige Nachforschungen anstellen muß. Dagegen ver­ langt das Gesetz von dem Zahlungspflichtigen nicht, daß er den Sachverhalt zutreffend rechtlich beurteilt. Die Ent­ scheidung hierüber kann der Verpflichtete dem Finanzamt überlassen; wenn er sich bei dessen Bescheid nicht be-

ruhigen will, stehen ihm alle zulässigen Rechtsmittel zu Gebote. Hier lag aber die Sache anders. Der Ange­ klagte hatte nicht die Entscheidung der zuständigen Stellen angerufen, ob der von ihm in der Selbstanzeige geschil­ derte Sachverhalt eine Steuerpflicht begründete; er hatte vielmehr die tatsächlichen Angaben der Selbstanzeige in einem wesentlichen Punkte nachträglich für unzutreffend erklärt. Diese Änderung der tatsächlichen Angaben war geeignet, die Steuerbehörde zu weiteren Nachforschungen zu veranlassen, die sich sehr schwierig gestalteten, weil die jüdischen Lieferanten des Angeklagten ausgewandert waren und ihre Geschäftsbücher nicht 'mehr zur Verfügung standen. Damit hatte der Angeklagte seiner Selbstanzeige den Boden entzogen. (III, 12. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 261—265. Vgl. Bd. 59 S. 115; Bd. 70 S- 104, 350; Bd. 73 S. 368.

82. Verbrauchsregelung. Landwirtschaftliche Erzeug­ nisse. Selbstversorger. Notwendige Teilnahme. (Verbr RegStrVO. § 2; VO. vom 27. August und 7. September 1939.) Bald nach Beginn des Krieges kaufte der An­ geklagte mehrere Monate hindurch bei Landleuten Butter, Eier, Fleisch und Fleischwaren auf und verbrauchte sie zum Teil selbst, zum Teil gab er sie an Verwandte ab. Seine Verurteilung wegen Verstoß gegen die Verbrauchs­ regelung wurde vom Reichsgericht nicht bestätigt. 1. Butter, Eier, Fleisch und Fleischwaren aus der Schlachtung von Rindvieh, Schafen und Schweinen — nur solche Erzeugnisse kamen in Frage — unterliegen der öffentlichen Bewirtschaftung. Sie gelten als beschlag­ nahmt; die Wirkung der Beschlagnahme hört aber auf, sobald sie ordnungsmäßig in* den Besitz eines bezugs­ berechtigten Verbrauchers gelangt sind. Wer solche Er­ zeugnisse in gehöriger Weise erworben hat, darf darüber frei verfügen. Das gleiche gilt für Erzeugnisse, die Selbst­ versorgern zum eigenen Verbrauch überlassen sind. So­ weit sich nicht aus den Vorschriften, die über die Bewirt­ schaftung dieser Erzeugnisse erlassen sind, etwas anderes ergibt, dürfen die Selbstversorger über die ihnen zuge­ teilten Mengen frei verfügen; ein Verbraucher, der hie­ von etwas ohne Bezugskarte erwirbt, verstößt nicht gegen die Vorschriften über die Berbrauchsregelung. a) Für Butter ist der Umfang des zulässigen Verbrauchs

ruhigen will, stehen ihm alle zulässigen Rechtsmittel zu Gebote. Hier lag aber die Sache anders. Der Ange­ klagte hatte nicht die Entscheidung der zuständigen Stellen angerufen, ob der von ihm in der Selbstanzeige geschil­ derte Sachverhalt eine Steuerpflicht begründete; er hatte vielmehr die tatsächlichen Angaben der Selbstanzeige in einem wesentlichen Punkte nachträglich für unzutreffend erklärt. Diese Änderung der tatsächlichen Angaben war geeignet, die Steuerbehörde zu weiteren Nachforschungen zu veranlassen, die sich sehr schwierig gestalteten, weil die jüdischen Lieferanten des Angeklagten ausgewandert waren und ihre Geschäftsbücher nicht 'mehr zur Verfügung standen. Damit hatte der Angeklagte seiner Selbstanzeige den Boden entzogen. (III, 12. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 261—265. Vgl. Bd. 59 S. 115; Bd. 70 S- 104, 350; Bd. 73 S. 368.

82. Verbrauchsregelung. Landwirtschaftliche Erzeug­ nisse. Selbstversorger. Notwendige Teilnahme. (Verbr RegStrVO. § 2; VO. vom 27. August und 7. September 1939.) Bald nach Beginn des Krieges kaufte der An­ geklagte mehrere Monate hindurch bei Landleuten Butter, Eier, Fleisch und Fleischwaren auf und verbrauchte sie zum Teil selbst, zum Teil gab er sie an Verwandte ab. Seine Verurteilung wegen Verstoß gegen die Verbrauchs­ regelung wurde vom Reichsgericht nicht bestätigt. 1. Butter, Eier, Fleisch und Fleischwaren aus der Schlachtung von Rindvieh, Schafen und Schweinen — nur solche Erzeugnisse kamen in Frage — unterliegen der öffentlichen Bewirtschaftung. Sie gelten als beschlag­ nahmt; die Wirkung der Beschlagnahme hört aber auf, sobald sie ordnungsmäßig in* den Besitz eines bezugs­ berechtigten Verbrauchers gelangt sind. Wer solche Er­ zeugnisse in gehöriger Weise erworben hat, darf darüber frei verfügen. Das gleiche gilt für Erzeugnisse, die Selbst­ versorgern zum eigenen Verbrauch überlassen sind. So­ weit sich nicht aus den Vorschriften, die über die Bewirt­ schaftung dieser Erzeugnisse erlassen sind, etwas anderes ergibt, dürfen die Selbstversorger über die ihnen zuge­ teilten Mengen frei verfügen; ein Verbraucher, der hie­ von etwas ohne Bezugskarte erwirbt, verstößt nicht gegen die Vorschriften über die Berbrauchsregelung. a) Für Butter ist der Umfang des zulässigen Verbrauchs

durch Selbstversorger dahin geregelt, daß er auf 7Oo/o des Verbrauchs in der gleichen Zeit des Jahres 1938 ein. zuschränken ist. (Erlaß des Reichsernährungsministeriums vom 21. September und 14. November 1939.) Ein Ver­ bot, die Selbstversorgermenge zu veräußern, ist in den Vorschriften nicht enthalten. b) Für Eier galt in der für das Urteil maßgebenden Zeit die Bestimmung, daß Selbstversorger ihren Verbrauch einzuschränken hatten; der Stückzahl nach war dem Ver­ brauch keine Grenze gesetzt (Erlaß des Reichsernährungs­ ministeriums vom 14. November 1939). Eine Anord­ nung der Hauptvereinigung der deutschen Eierwirtschaft vom 27. September 1939 erklärte, daß alle Eier abzu­ liefern seien, die nicht der Erzeugerbetrieb als Selbstver­ sorger benötigte oder gemäß näherer Vorschrift ander­ weitig abgeben durfte. Als benötigt ist eine Eiermenge anzusehen, die in dem Erzeugerbetrieb, wenn der Eigen­ verbrauch auf ein den Kriegsverhältnissen angepaßtes Maß pflichtmäßig eingeschränkt wird, unter Berücksich­ tigung der Kopfzahl der betriebsangehörigen Versor­ gungsberechtigten verbraucht werden darf. Über die so zur Selbstversorgung freigegebene Eiermenge zu verfügen, war dem Selbstversorger in der für das Urteil maßgebenden Zeit nicht verboten; erst durch eine Anordnung der Haupt­ vereinigung der deutschen Eierwirtschaft vom 10. Februar 1941 wurde die Ablieferungspflicht der Stückzahl nach be­ stimmt und wurden überschüssige Selbstversorgermengen als ablieferungspflichtig erklärt. c) Für Fleisch und Fleischwaren aus Hausschlachtun­ gen besteht keine einheitliche Regelung. Speck unterliegt stets der Beschlagnahme (VO. vom 7. September 1939 §§ 7, 10). Für Fleisch und Fleischwaren enthält die Verordnung keine entsprechende Bestimmung; sie ge­ stattet dem Selbstversorger, davon soviel im eigenen Haus­ halt zu verwenden, als durch die Hauptvereinigung der deutschen Wirtschaft mit Zustimmung des Reichsernäh­ rungsministeriums für zulässig erklärt wird. Maßgebend sind die Erlasse des Reichsernährungsministeriums vom 21. September und 14. November 1939, 18. Oktober 1940. Der Verkauf von Erzeugnissen aus Hausschtachtungen ist grundsätzlich verboten; das Verbot ist auch auf den Tausch und andere Rechtsgeschäfte zu erstrecken, die

wirtschaftlich dem Kauf gleichstehen. Nach seinem unzwei­ deutigen Wortlaut richtet sich das Verbot nur gegen den, der solche Erzeugnisse abgibt, nicht aber gegen den, der sie erwirbt. Dieser ist notwendiger Teilnehmer au der Tat des Verkäufers; er ist deshalb nicht strafbar, soweit seine Tätigkeit die Grenzen der notwendigen Teilnahme (Annahme und Bezahlung der vom Verkäufer freiwillig angebotenen Menge) nicht überschreitet. Soweit sie dar­ über hinausgeht, kann er als Anstifter oder Gehilfe straf­ bar sein. 2.--------------- — (III, 26. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 266—271. Vgl. Bd. 70 S. 344. 83.

Beihilfe

zum Meineid.

Unterlassung.

Irrtum.

(StGB. §§ 49, 59, 154.) In einem Scheidungsverfahren behauptete die Frau, ihr Mann habe mit einer anderen Frau die Ehe gebrochen. Der Mann bezeichnete die Be­ hauptung als falsch und beantragte die Vernehmung der anderen Frau als Zeugin. Diese beschwor' wahrheits­ widrig, daß ein Ehebruch nicht vorgekommen sei. Der Mann war bei der Vernehmung anwesend. Er wurde wegen Beihilfe zum Meineid angeklagt, vom Landgericht aber mit der Begründung sreigesprochen, es lasse sich nicht nachweisen, daß er etwas unternommen habe, was ge­ eignet gewesen wäre, den Entschluß der Zeugin, eine falsche Aussage zu beschwören, irgendwie zu fördern. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Für die Ent­ scheidung war nicht nur das Verhalten des Angeklagten im Beweistermin in Betracht zu ziehen, sondern auch sein früheres Verhalten, namentlich der Umstand, daß er die Behauptung seiner Frau bestritten und die Vernehmung der Zeugin beantragt hatte. Schön hierin konnte eine Beihilfe durch tätiges Handeln gelegen haben, wenn näm­ lich der Vorsatz des Angeklagten dahin ging, seine Er­ klärung solle zur Kenntnis der Zeugin gelangen und diese dahin beeinflussen, ihrerseits bei der Vernehmung nicht etwa das Zeugnis zu verweigern, sondern gleichfalls der Wahrheit zuwider ehebrecherische Beziehungen zu ihm zu leugnen. Auch wenn das zu verneinen war, konnte eine Beihilfe schon darin gefunden werden, daß der Ange­ klagte es unterließ, die Beeidigung der Aussage zu ver­ hindern. Ein Unterlassen steht dem Handel allerdings nur RGC. Strafsachen Bd. 75

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wirtschaftlich dem Kauf gleichstehen. Nach seinem unzwei­ deutigen Wortlaut richtet sich das Verbot nur gegen den, der solche Erzeugnisse abgibt, nicht aber gegen den, der sie erwirbt. Dieser ist notwendiger Teilnehmer au der Tat des Verkäufers; er ist deshalb nicht strafbar, soweit seine Tätigkeit die Grenzen der notwendigen Teilnahme (Annahme und Bezahlung der vom Verkäufer freiwillig angebotenen Menge) nicht überschreitet. Soweit sie dar­ über hinausgeht, kann er als Anstifter oder Gehilfe straf­ bar sein. 2.--------------- — (III, 26. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 266—271. Vgl. Bd. 70 S. 344. 83.

Beihilfe

zum Meineid.

Unterlassung.

Irrtum.

(StGB. §§ 49, 59, 154.) In einem Scheidungsverfahren behauptete die Frau, ihr Mann habe mit einer anderen Frau die Ehe gebrochen. Der Mann bezeichnete die Be­ hauptung als falsch und beantragte die Vernehmung der anderen Frau als Zeugin. Diese beschwor' wahrheits­ widrig, daß ein Ehebruch nicht vorgekommen sei. Der Mann war bei der Vernehmung anwesend. Er wurde wegen Beihilfe zum Meineid angeklagt, vom Landgericht aber mit der Begründung sreigesprochen, es lasse sich nicht nachweisen, daß er etwas unternommen habe, was ge­ eignet gewesen wäre, den Entschluß der Zeugin, eine falsche Aussage zu beschwören, irgendwie zu fördern. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Für die Ent­ scheidung war nicht nur das Verhalten des Angeklagten im Beweistermin in Betracht zu ziehen, sondern auch sein früheres Verhalten, namentlich der Umstand, daß er die Behauptung seiner Frau bestritten und die Vernehmung der Zeugin beantragt hatte. Schön hierin konnte eine Beihilfe durch tätiges Handeln gelegen haben, wenn näm­ lich der Vorsatz des Angeklagten dahin ging, seine Er­ klärung solle zur Kenntnis der Zeugin gelangen und diese dahin beeinflussen, ihrerseits bei der Vernehmung nicht etwa das Zeugnis zu verweigern, sondern gleichfalls der Wahrheit zuwider ehebrecherische Beziehungen zu ihm zu leugnen. Auch wenn das zu verneinen war, konnte eine Beihilfe schon darin gefunden werden, daß der Ange­ klagte es unterließ, die Beeidigung der Aussage zu ver­ hindern. Ein Unterlassen steht dem Handel allerdings nur RGC. Strafsachen Bd. 75

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dann gleich, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln be­ steht. Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen ist jemand, der eine Gefahr geschaffen hat, verpflichtet, den aus dieser Gefahr drohenden schädlichen Erfolg ab3Utoeitfcen. Eine solche Gefahr hatte der Angeklagte geschaffen. Dadurch, daß er wider besseres Wissen die Behauptung seiner Ehe­ frau bestritt, nötigte er das Gericht, Beweis über die Behauptung zu erheben. Allerdings lag die Entschließung der Zeugin, ob sie die Wahrheit sagen wollte oder nicht, bei ihr selbst; aber wenn sie die Wahrheit sagen wollte, mußte sie Handlungen zugeben, die ihr zur Unehre gereichten, sie sogar in die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung bringen konnten. Dieser Widerstreit konnte sie nach der Erfahrung des Lebens leicht dazu bestimmen, die Unwahrheit- zu beschwören. Der Angeklagte wäre daher verpflichtet ge­ wesen, dieser Gefahr dadurch vorzubeugen, daß er selbst der Wahrheit die Ehre gab. An dieser Pflicht änderte es nichts, daß er durch die Erfüllung sich der Gefahr aus­ setzte, den Rechtsstreit zu verlieren und vielleicht sogar noch strafrechtlich verfolgt zu werden. Die Rechtsord­ nung muß verlangen, daß man eher die Strafe für be­ gangenes Unrecht auf sich nimmt, als tatenlos neues Un­ recht von einem anderen Volksgenossen begehen läßt, das man in seinem Ursprung schon selbst gefördert hat. Das Landgericht hatte weiter ausgeführt, es sei möglich, daß der in Gerichtsangelegenheiten unerfahrene Angeklagte die ganze Lage der Dinge nicht richtig übersah und sich nicht bewußt war, durch sein Verhalten das auf Leistung des Meineids gerichtete Vorhaben der Zeugin zu för­ dern. Ein Irrtum über Rechte und Pflichten, die eine Partei im Rechtsstreit hat, ist allerdings geeignet, den Tat­ bestand der Beihilfe zum Meineid auszuschließen. Es ge­ nügte aber, daß der Angeklagte die Gefahr erkannte, in die er durch sein Verhalten die Zeugin gebracht hatte; ein Irrtum darüber, daß er hienach verpflichtet war, diese Gefahr abzuwenden, lag auf dem Gebiete des Strafrechts und war unbeachtlich. (III, 26. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 271—274. Vgl. Bd. 72 S. 20; Bd. 74 S. 283.

84.

Meineid.

Begünstigung.

Strafermäßigung.

(StGB. §§ 154, 157, 257.) Gegen eine Verurteilung wegen Meineid wurde die Revision darauf gestützt, daß zu

dann gleich, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln be­ steht. Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen ist jemand, der eine Gefahr geschaffen hat, verpflichtet, den aus dieser Gefahr drohenden schädlichen Erfolg ab3Utoeitfcen. Eine solche Gefahr hatte der Angeklagte geschaffen. Dadurch, daß er wider besseres Wissen die Behauptung seiner Ehe­ frau bestritt, nötigte er das Gericht, Beweis über die Behauptung zu erheben. Allerdings lag die Entschließung der Zeugin, ob sie die Wahrheit sagen wollte oder nicht, bei ihr selbst; aber wenn sie die Wahrheit sagen wollte, mußte sie Handlungen zugeben, die ihr zur Unehre gereichten, sie sogar in die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung bringen konnten. Dieser Widerstreit konnte sie nach der Erfahrung des Lebens leicht dazu bestimmen, die Unwahrheit- zu beschwören. Der Angeklagte wäre daher verpflichtet ge­ wesen, dieser Gefahr dadurch vorzubeugen, daß er selbst der Wahrheit die Ehre gab. An dieser Pflicht änderte es nichts, daß er durch die Erfüllung sich der Gefahr aus­ setzte, den Rechtsstreit zu verlieren und vielleicht sogar noch strafrechtlich verfolgt zu werden. Die Rechtsord­ nung muß verlangen, daß man eher die Strafe für be­ gangenes Unrecht auf sich nimmt, als tatenlos neues Un­ recht von einem anderen Volksgenossen begehen läßt, das man in seinem Ursprung schon selbst gefördert hat. Das Landgericht hatte weiter ausgeführt, es sei möglich, daß der in Gerichtsangelegenheiten unerfahrene Angeklagte die ganze Lage der Dinge nicht richtig übersah und sich nicht bewußt war, durch sein Verhalten das auf Leistung des Meineids gerichtete Vorhaben der Zeugin zu för­ dern. Ein Irrtum über Rechte und Pflichten, die eine Partei im Rechtsstreit hat, ist allerdings geeignet, den Tat­ bestand der Beihilfe zum Meineid auszuschließen. Es ge­ nügte aber, daß der Angeklagte die Gefahr erkannte, in die er durch sein Verhalten die Zeugin gebracht hatte; ein Irrtum darüber, daß er hienach verpflichtet war, diese Gefahr abzuwenden, lag auf dem Gebiete des Strafrechts und war unbeachtlich. (III, 26. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 271—274. Vgl. Bd. 72 S. 20; Bd. 74 S. 283.

84.

Meineid.

Begünstigung.

Strafermäßigung.

(StGB. §§ 154, 157, 257.) Gegen eine Verurteilung wegen Meineid wurde die Revision darauf gestützt, daß zu

Unrecht § 157 Nr. 1 StGB, nicht angewendet worden sei. Danach war nur der Strasausspruch angegriffen, der Schuldausspruch dagegen rechtskräftig. Den Meineid hatte der Angeklagte in einem Strafverfahren geleistet, um die damalige Angeklagte zu begünstigen. Von Straf­ ermäßigung konnte keine Rede jein, wenn die Begünsti­ gung in der Aussage selbst lag; in diesem Falle lag nicht Tatmehrheit, sondern Tateinheit vor. Hatte aber der An­ geklagte Begünstigungshandlungen schon vorher verübt, so war die Strafermäßigung nicht ausgeschlossen. Für die Anwendung dieser Vorschrift genügt es, wenn die Offenbarung der Wahrheit für den Zeugen im Zeitpunkt der Eidesleistung nach den genauesten Umständen des Falles die nicht ganz entfernte Gefahr nach sich ziehen konnte, wegen eines Verbrechens oder Vergehens verfolgt zu werden. Diese Gefahr brauchte sich nicht aus der An­ gabe der Wahrheit allein zu ergeben; der Milderungs­ grund greift vielmehr auch dann Platz, wenn die An­ gabe der Wahrheit irrt Zusammentreffen mit der gesamten sonstigen Sachlage eine Strafverfolgung mit sich bringen konnte. Eine solche Gefahr kann selbst dann gegeben sein, wenn der Zeuge überhaupt keine strafbare Handlung be­ gangen hat. Die Strafermäßigung ist auch dann mög­ lich, wenn die Begünstigung, die in der Aussage gefunden werden kann, mit früher begangenen Begünstigungshand­ lungen int Fortsetzungszusammenhang steht und demge­ mäß der Meineid mit der fortgesetzten Begünstigung tat­ einheitlich zusammentrifft. Die Begünstigung ist in diesem Falle nicht ausschließlich durch den Meineid verübt wor­ den; die übrigen Einzelhandlungen sind vor ihm begangen und die Gefahr bestand, daß der Zeuge ihretwegen verfolgt wurde, wenn er bei der eidlichen Vernehmung die Wahr­ heit sagte. (III, 30. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 277—279. Vgl. Bd. 62 S. 192, 211; Bd. 69 S. 41;* Bd. 74 S. 203. 85. Jugendarrest. Untersuchungshaft. (BO. vom 4. Ok­ tober 1940 zur Ergänzung des Jugendstrafrechts §§ 1,6.) Der Jugendarrest ist keine Strafe, sondern ein Zuchtmittel. Er wird nicht in das Strafregister eingetragen, begründet keinen Rückfall, zieht überhaupt die Rechtsnachteile, die sich an eine strafgerichtliche Verurteilung knüpfen, nicht nach sich. Immerhin erfüllt er Aufgaben, die sonst der

Unrecht § 157 Nr. 1 StGB, nicht angewendet worden sei. Danach war nur der Strasausspruch angegriffen, der Schuldausspruch dagegen rechtskräftig. Den Meineid hatte der Angeklagte in einem Strafverfahren geleistet, um die damalige Angeklagte zu begünstigen. Von Straf­ ermäßigung konnte keine Rede jein, wenn die Begünsti­ gung in der Aussage selbst lag; in diesem Falle lag nicht Tatmehrheit, sondern Tateinheit vor. Hatte aber der An­ geklagte Begünstigungshandlungen schon vorher verübt, so war die Strafermäßigung nicht ausgeschlossen. Für die Anwendung dieser Vorschrift genügt es, wenn die Offenbarung der Wahrheit für den Zeugen im Zeitpunkt der Eidesleistung nach den genauesten Umständen des Falles die nicht ganz entfernte Gefahr nach sich ziehen konnte, wegen eines Verbrechens oder Vergehens verfolgt zu werden. Diese Gefahr brauchte sich nicht aus der An­ gabe der Wahrheit allein zu ergeben; der Milderungs­ grund greift vielmehr auch dann Platz, wenn die An­ gabe der Wahrheit irrt Zusammentreffen mit der gesamten sonstigen Sachlage eine Strafverfolgung mit sich bringen konnte. Eine solche Gefahr kann selbst dann gegeben sein, wenn der Zeuge überhaupt keine strafbare Handlung be­ gangen hat. Die Strafermäßigung ist auch dann mög­ lich, wenn die Begünstigung, die in der Aussage gefunden werden kann, mit früher begangenen Begünstigungshand­ lungen int Fortsetzungszusammenhang steht und demge­ mäß der Meineid mit der fortgesetzten Begünstigung tat­ einheitlich zusammentrifft. Die Begünstigung ist in diesem Falle nicht ausschließlich durch den Meineid verübt wor­ den; die übrigen Einzelhandlungen sind vor ihm begangen und die Gefahr bestand, daß der Zeuge ihretwegen verfolgt wurde, wenn er bei der eidlichen Vernehmung die Wahr­ heit sagte. (III, 30. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 277—279. Vgl. Bd. 62 S. 192, 211; Bd. 69 S. 41;* Bd. 74 S. 203. 85. Jugendarrest. Untersuchungshaft. (BO. vom 4. Ok­ tober 1940 zur Ergänzung des Jugendstrafrechts §§ 1,6.) Der Jugendarrest ist keine Strafe, sondern ein Zuchtmittel. Er wird nicht in das Strafregister eingetragen, begründet keinen Rückfall, zieht überhaupt die Rechtsnachteile, die sich an eine strafgerichtliche Verurteilung knüpfen, nicht nach sich. Immerhin erfüllt er Aufgaben, die sonst der

Strafe zukommen; er soll sühnend, erziehend und ab­ schreckend wirken, wird auch in dem gleichen Verfahren angeordnet wie die Strafe. Demgemäß ist es nicht aus­ geschlossen, Untersuchungshaft auf den Jugendarrest an­ zurechnen. Es sind Fälle denkbar, in denen es unbillig wäre, die Untersuchungshaft unbeachtet zu lassen. (I, 1. Juli 1941.) Amtl. Sammlg. S. 279—285.

86. Urkundenfälschung. Falschbeurkundung. Öffentliche Urkunde. (StGB. §§ 267, 269, 348, 349.) Der Rech­ nungsbeamte eines Amtsgerichts machte dem Kohlenhänd­ ler, der sowohl ihm als dem Amtsgericht Kohlen geliefert hatte, den Vorschlag, er wolle in den Vordruck der Rech­ nung, den dieser ihm übergeben hatte, auch die eigene Kohlenschuld miteinsetzen; dieser erklärte sich damit ein­ verstanden. Das Reichsgericht entschied, daß hierin ein Verbrechen der Urkundenfälschung lag, wenn der Kohlen­ händler des Glaubens war, der Angeklagte werde in der Rechnung die beiden Posten auseinanderhalten, während dieser nur den Gesamtbetrag der beiden Verbindlichkeiten in die Rechnung einsetzte und so die eigene Kohtenschuld in jener des Amtsgerichts unmerklich aufgehen ließ. Das Einverständnis des Namensträgers mit der Ausstellung einer mit seinem Namen gezeichneten Urkunde ist belang­ los, wenn der Täter eine Täuschung anderer über das Vertretungsverhältnis bezweckt. Das Landgericht hatte angenommen, der Angeklagte habe nicht über das Ver­ tretungsverhältnis, sondern über Tatsachen täuschen wollen, die außerhalb dieses Verhältnisses lagen. Damit war der Sachverhalt nicht erschöpfend gewürdigt. Für die Frage, ob die Urkundenform mißbraucht ist, kann auch der Umstand von Bedeutung sein, daß der Inhalt der Urkunde unwahr ist, und zwar jedenfalls dann, wenn die unwahren Angaben nicht von dem wirklichen Willen des Namensträgers umfaßt werden und dieser bei Kennt­ nis der Sachlage mit dem Gebrauch seines Namens nicht einverstanden gewesen wäre. Auf eine Ermächtigung des Namensträgers, die auf einem Willensmangel beruhte, konnte sich der Angeklagte keinesfalls berufen, sofern ihm der Willensmangel bekannt war. In der Revision des Staatsanwalts war weiter der Standpunkt vertreten, der Angeklagte habe, indem er die Rechnung als sachlich rich­ tig feststellte, als zur Aufnahme öffentlicher Urkunden be-

Strafe zukommen; er soll sühnend, erziehend und ab­ schreckend wirken, wird auch in dem gleichen Verfahren angeordnet wie die Strafe. Demgemäß ist es nicht aus­ geschlossen, Untersuchungshaft auf den Jugendarrest an­ zurechnen. Es sind Fälle denkbar, in denen es unbillig wäre, die Untersuchungshaft unbeachtet zu lassen. (I, 1. Juli 1941.) Amtl. Sammlg. S. 279—285.

86. Urkundenfälschung. Falschbeurkundung. Öffentliche Urkunde. (StGB. §§ 267, 269, 348, 349.) Der Rech­ nungsbeamte eines Amtsgerichts machte dem Kohlenhänd­ ler, der sowohl ihm als dem Amtsgericht Kohlen geliefert hatte, den Vorschlag, er wolle in den Vordruck der Rech­ nung, den dieser ihm übergeben hatte, auch die eigene Kohlenschuld miteinsetzen; dieser erklärte sich damit ein­ verstanden. Das Reichsgericht entschied, daß hierin ein Verbrechen der Urkundenfälschung lag, wenn der Kohlen­ händler des Glaubens war, der Angeklagte werde in der Rechnung die beiden Posten auseinanderhalten, während dieser nur den Gesamtbetrag der beiden Verbindlichkeiten in die Rechnung einsetzte und so die eigene Kohtenschuld in jener des Amtsgerichts unmerklich aufgehen ließ. Das Einverständnis des Namensträgers mit der Ausstellung einer mit seinem Namen gezeichneten Urkunde ist belang­ los, wenn der Täter eine Täuschung anderer über das Vertretungsverhältnis bezweckt. Das Landgericht hatte angenommen, der Angeklagte habe nicht über das Ver­ tretungsverhältnis, sondern über Tatsachen täuschen wollen, die außerhalb dieses Verhältnisses lagen. Damit war der Sachverhalt nicht erschöpfend gewürdigt. Für die Frage, ob die Urkundenform mißbraucht ist, kann auch der Umstand von Bedeutung sein, daß der Inhalt der Urkunde unwahr ist, und zwar jedenfalls dann, wenn die unwahren Angaben nicht von dem wirklichen Willen des Namensträgers umfaßt werden und dieser bei Kennt­ nis der Sachlage mit dem Gebrauch seines Namens nicht einverstanden gewesen wäre. Auf eine Ermächtigung des Namensträgers, die auf einem Willensmangel beruhte, konnte sich der Angeklagte keinesfalls berufen, sofern ihm der Willensmangel bekannt war. In der Revision des Staatsanwalts war weiter der Standpunkt vertreten, der Angeklagte habe, indem er die Rechnung als sachlich rich­ tig feststellte, als zur Aufnahme öffentlicher Urkunden be-

fugter Beamter innerhalb seiner Zuständigkeit vorsätzlich rechtlich erhebliche Tatsachen falsch beurkundet. Dieser Auffassung trat das Reichsgericht nicht bei. Die Fest­ stellungsbescheinigungen, die der Angeklagte auf Grund der Rechnungslegungsverordnung für das Reich vom 3. Juli 1929 ausstellte, konnten nicht als öffentliche Urkun­ den erachtet werden. Wesentlich für den Begriff der öf­ fentlichen Urkunde ist die Eigenschaft, daß sie für deu Verkehr nach außen bestimmt ist und dem Zwecke dient, die beurkundeten Tatsachen zu öffentlichem Glauben für. und gegen jedermann vollkräftig zu beweisen. Die Fest­ stellungsbescheinigungen des Angeklagten waren aber nur für den inneren Dienst der Behörde bestimmt. (V, 14. Juli 1941.) Amtl. Sammlg. S. 285—289. Vgl. Bd. 43 S. 348; Bd. 52 S. 268: Bd. 71 S. 143; Bd. 75 S. 46; IW. 1932 S. 2730: 1933 S. 2705. 87. Amtsunterschlagung. Beihilfe. (StGB. §§ 49, 50, 246, 350, 351.) Zwei Beamte einer Sparkasse wurden wegen schwerer Amtsunterschlagung verurteilt, weil sie sich ausgeloste Stücke der Anleiheablösungsschuld des Reiches, die Kunden der Sparkasse zugeteilt worden waren, angeeignet und den Kunden dafür nicht ausgeloste Stücke ausgehändigt hatten. In der Richtung gegen einen der beiden Angeklagten wurde das Urteil ausgehoben, weil Zweifel bestanden, ob er Mitgewahrsam an den unter­ schlagenen Wertpapieren gehabt hatte. Die Amtsunterschlagung ist ein gemischtes Amtsvergehen. Die Beamten­ eigenschaft und die amtlichen Beziehungen des Täters zum Gegenstand der Unterschlagung (amtlicher Gewahrsam oder Empfangen in amtlicher Eigenschaft) sind nicht straf­ begründende, sondern straferhöhende Umstände. Diese Umstände, durch deren Vorliegen die gewöhnliche Unter­ schlagung des § 246 StGB, zur Amtsunterschlagung des § 350 StGB, wird, dürfen nur dem Täter oder Teilnehmer zugerechnet werden, bei dem sie vorliegen. Es genügt also für die Annahme einer Beihilfe zur schweren Amtsunterschlagung nicht, daß der Gehilfe Beamter ist; er muß auch die im § 350 StGB, angeführten amtlichen Beziehungen zum Gegenstand der Unterschlagung haben. Das war nicht festgestellt. (II, 17. Juli 1941.) Amtl. Sammlg. S. 289—290. Vgl. Bd. 55 S. 181; Bd. 65 S. 102; IW. 1933 S. 1957.

fugter Beamter innerhalb seiner Zuständigkeit vorsätzlich rechtlich erhebliche Tatsachen falsch beurkundet. Dieser Auffassung trat das Reichsgericht nicht bei. Die Fest­ stellungsbescheinigungen, die der Angeklagte auf Grund der Rechnungslegungsverordnung für das Reich vom 3. Juli 1929 ausstellte, konnten nicht als öffentliche Urkun­ den erachtet werden. Wesentlich für den Begriff der öf­ fentlichen Urkunde ist die Eigenschaft, daß sie für deu Verkehr nach außen bestimmt ist und dem Zwecke dient, die beurkundeten Tatsachen zu öffentlichem Glauben für. und gegen jedermann vollkräftig zu beweisen. Die Fest­ stellungsbescheinigungen des Angeklagten waren aber nur für den inneren Dienst der Behörde bestimmt. (V, 14. Juli 1941.) Amtl. Sammlg. S. 285—289. Vgl. Bd. 43 S. 348; Bd. 52 S. 268: Bd. 71 S. 143; Bd. 75 S. 46; IW. 1932 S. 2730: 1933 S. 2705. 87. Amtsunterschlagung. Beihilfe. (StGB. §§ 49, 50, 246, 350, 351.) Zwei Beamte einer Sparkasse wurden wegen schwerer Amtsunterschlagung verurteilt, weil sie sich ausgeloste Stücke der Anleiheablösungsschuld des Reiches, die Kunden der Sparkasse zugeteilt worden waren, angeeignet und den Kunden dafür nicht ausgeloste Stücke ausgehändigt hatten. In der Richtung gegen einen der beiden Angeklagten wurde das Urteil ausgehoben, weil Zweifel bestanden, ob er Mitgewahrsam an den unter­ schlagenen Wertpapieren gehabt hatte. Die Amtsunterschlagung ist ein gemischtes Amtsvergehen. Die Beamten­ eigenschaft und die amtlichen Beziehungen des Täters zum Gegenstand der Unterschlagung (amtlicher Gewahrsam oder Empfangen in amtlicher Eigenschaft) sind nicht straf­ begründende, sondern straferhöhende Umstände. Diese Umstände, durch deren Vorliegen die gewöhnliche Unter­ schlagung des § 246 StGB, zur Amtsunterschlagung des § 350 StGB, wird, dürfen nur dem Täter oder Teilnehmer zugerechnet werden, bei dem sie vorliegen. Es genügt also für die Annahme einer Beihilfe zur schweren Amtsunterschlagung nicht, daß der Gehilfe Beamter ist; er muß auch die im § 350 StGB, angeführten amtlichen Beziehungen zum Gegenstand der Unterschlagung haben. Das war nicht festgestellt. (II, 17. Juli 1941.) Amtl. Sammlg. S. 289—290. Vgl. Bd. 55 S. 181; Bd. 65 S. 102; IW. 1933 S. 1957.

88. Verlöbnis. (StGB. § 263.) Ein wegen Betrug angeklagter Mann berief sich darauf, daß er mit der Verletzten verlobt sei, daß es also zu seiner Verfolgung eines Strafantrags bedürfe. Ein solches Verlöbnis be­ stand; der Angeklagte hatte aber schon Beziehungen zu einer anderen Frauensperson angeknüpft und dachte nicht mehr daran, mit seiner Verlobten die Ehe zu schließen. Das Reichsgericht entschied, daß für die Beurteilung, ob ein. Verlöbnis im Sinne des Strafrechts anzunehmen ist, die sittliche Bindung entscheide, die dem Verlöbnis inne­ wohnt. Behalt sich einer der Verlobten insgeheim vor, den anderen nicht zu heiraten, so kann ein Verlöbnis nicht mehr angenommen werden. Das muß ganz beson­ ders gelten, wenn ein Betrug gerade dadurch begangen wird, daß der eine Verlobte dem anderen die gar nicht mehr vorhandene Absicht vortäuscht, ihn heiraten zu wollen. (II, 24. Juli 1941.) Amtl. Sammlg. S. 290—292. Vgl. Bd. 35 Si. 49. 89. Gewaltverbrecher. (GewVerbrVO.). § 1.) Ein 16jähriger Bursche wurde wegen versuchter Notzucht zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Die Revision des Staats­ anwalts, die Anwendung der Verordnung gegen Gewalt­ verbrecher verlangte, hatte keinen Erfolg. Wer bei einer Gewalttat die Tatbestandsmerkmale des § 1 GewVerbr.VO. verwirklicht, ist nicht schon allein deshalb als Ge­ waltverbrecher zu bestrafen; es kommt vielmehr stets dar­ auf an, ob sich aus der Tat oder aus der Persönlichkeit des Täters ergibt, daß er ein Gewaltverbrecher ist. Als Beispiel führte das Reichsgericht an, daß ein von der Front heimkehrender Soldat, der seine Ehefrau beim Ehe­ bruch überrascht und den Ehebrecher zu töten versucht, nicht zum Tode verurteilt werden kann. Der Angeklagte, der als ein stiller, arbeitsamer und ruhiger Mensch ge­ schildert wurde, war einer abnormalen, sprunghaften Pu­ bertätsentwicklung und dem Einfluß einer durch schlechte Lektüre überhitzten Phantasie unterlegen; er war nach seiner ganzen Persönlichkeit und seinem Vorleben nicht als ein Gewaltverbrecher anzusehen, vielmehr entsprach seine durch Sinnlosigkeit gekennzeichnete Ersttat nicht seiner wahren Natur. (II, 24. Juli 1941.) Amtl. Sammlg. S. 292—296.

88. Verlöbnis. (StGB. § 263.) Ein wegen Betrug angeklagter Mann berief sich darauf, daß er mit der Verletzten verlobt sei, daß es also zu seiner Verfolgung eines Strafantrags bedürfe. Ein solches Verlöbnis be­ stand; der Angeklagte hatte aber schon Beziehungen zu einer anderen Frauensperson angeknüpft und dachte nicht mehr daran, mit seiner Verlobten die Ehe zu schließen. Das Reichsgericht entschied, daß für die Beurteilung, ob ein. Verlöbnis im Sinne des Strafrechts anzunehmen ist, die sittliche Bindung entscheide, die dem Verlöbnis inne­ wohnt. Behalt sich einer der Verlobten insgeheim vor, den anderen nicht zu heiraten, so kann ein Verlöbnis nicht mehr angenommen werden. Das muß ganz beson­ ders gelten, wenn ein Betrug gerade dadurch begangen wird, daß der eine Verlobte dem anderen die gar nicht mehr vorhandene Absicht vortäuscht, ihn heiraten zu wollen. (II, 24. Juli 1941.) Amtl. Sammlg. S. 290—292. Vgl. Bd. 35 Si. 49. 89. Gewaltverbrecher. (GewVerbrVO.). § 1.) Ein 16jähriger Bursche wurde wegen versuchter Notzucht zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Die Revision des Staats­ anwalts, die Anwendung der Verordnung gegen Gewalt­ verbrecher verlangte, hatte keinen Erfolg. Wer bei einer Gewalttat die Tatbestandsmerkmale des § 1 GewVerbr.VO. verwirklicht, ist nicht schon allein deshalb als Ge­ waltverbrecher zu bestrafen; es kommt vielmehr stets dar­ auf an, ob sich aus der Tat oder aus der Persönlichkeit des Täters ergibt, daß er ein Gewaltverbrecher ist. Als Beispiel führte das Reichsgericht an, daß ein von der Front heimkehrender Soldat, der seine Ehefrau beim Ehe­ bruch überrascht und den Ehebrecher zu töten versucht, nicht zum Tode verurteilt werden kann. Der Angeklagte, der als ein stiller, arbeitsamer und ruhiger Mensch ge­ schildert wurde, war einer abnormalen, sprunghaften Pu­ bertätsentwicklung und dem Einfluß einer durch schlechte Lektüre überhitzten Phantasie unterlegen; er war nach seiner ganzen Persönlichkeit und seinem Vorleben nicht als ein Gewaltverbrecher anzusehen, vielmehr entsprach seine durch Sinnlosigkeit gekennzeichnete Ersttat nicht seiner wahren Natur. (II, 24. Juli 1941.) Amtl. Sammlg. S. 292—296.

Vgl. Bd. 74 S. 199; Bd. 75 S. 110; DJ. 1940 S. 598, 736. 90. Unterlassung. Gnadenerlaß. (GnadErl. vom 9. Sep­ tember 1939.) Ein Hafner ließ im November 1938 durch seinen Gesellen einen Ofen setzen. In Verletzung bau­ polizeilicher Vorschriften wurde der Ofen mit dem Schorn­ stein durch ein eisernes Rohr verbunden, das mit einem Knick von 120 Grad in die Höhe geführt wurde. Die Bestellerin teilte bald nachher dem Hafner mit, daß der Ofen schlecht brenne; er empfahl ihr, den angesammelten Stickstoff durch Strohfeuer zu vertreiben. Im November 1939 war das Rohr am Knick zum großen Teil verrußt; infolgedessen drangen Gase in das Zimmer imb zwei Mäd­ chen, die darin schliefen, wurden getötet. Der Hafner wurde wegen fahrlässiger Tötung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Das Reichsgericht stellte das Verfahren ein. Da der Angeklagte durch seinen Gesellen eine das Leben von Menschen gefährdende Anlage hatte errichten lassen, traf ihn die Pflicht, diese Gefahr zu beseitigen. Darin, daß er trotz der Mitteilung der Bestellerin die Aussührung der Arbeit nicht überprüfte, lag auf seiner Seite eine Fahr­ lässigkeit. Die Tat war aber schon vor dem 14. September 1939 begangen und fiel unter den Gnadenerlaß vom 9. September 1939. Es konnte allerdings in Frage kom­ men, ob als Zeitpunkt der Begehung das fehlerhafte Setzen der Ofenanlage oder die Kohlengasvergiftung an­ zusehen war. Für die Anwendbarkeit von Straffreiheits­ gesetzen ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß nicht nur das schuldhafte Verhalten des Täters, sondern auch die von ihm gewollten Folgen vor dem Stichtag des Ge­ setzes liegen müssen. Diesen Grundsatz auch auf Folgen auszudehnen, die nur durch das fahrlässige Unterlassen des Täters verursacht, von seinem Willen aber nicht um­ faßt sind, hielt das Reichsgericht nicht für angängig. Das mußte für die Auslegung des Gnadenerlasses um so mehr gelten, als sein 'Ziel dahin ging, im Interesse der Volks­ gemeinschaft verhältnismäßig leichte Verfehlungen von der Strafverfolgung auszunehmen. Die Unterlassung des An­ geklagten konnte nur solange fahrlässig sein, als er die Sache nach verständiger Lebenserfahrung noch im Ge­ dächtnis hatte und haben mußte. Das traf noch zu auf die Zeit, da er auf das schlechte Brennen des Ofens hin-

Vgl. Bd. 74 S. 199; Bd. 75 S. 110; DJ. 1940 S. 598, 736. 90. Unterlassung. Gnadenerlaß. (GnadErl. vom 9. Sep­ tember 1939.) Ein Hafner ließ im November 1938 durch seinen Gesellen einen Ofen setzen. In Verletzung bau­ polizeilicher Vorschriften wurde der Ofen mit dem Schorn­ stein durch ein eisernes Rohr verbunden, das mit einem Knick von 120 Grad in die Höhe geführt wurde. Die Bestellerin teilte bald nachher dem Hafner mit, daß der Ofen schlecht brenne; er empfahl ihr, den angesammelten Stickstoff durch Strohfeuer zu vertreiben. Im November 1939 war das Rohr am Knick zum großen Teil verrußt; infolgedessen drangen Gase in das Zimmer imb zwei Mäd­ chen, die darin schliefen, wurden getötet. Der Hafner wurde wegen fahrlässiger Tötung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Das Reichsgericht stellte das Verfahren ein. Da der Angeklagte durch seinen Gesellen eine das Leben von Menschen gefährdende Anlage hatte errichten lassen, traf ihn die Pflicht, diese Gefahr zu beseitigen. Darin, daß er trotz der Mitteilung der Bestellerin die Aussührung der Arbeit nicht überprüfte, lag auf seiner Seite eine Fahr­ lässigkeit. Die Tat war aber schon vor dem 14. September 1939 begangen und fiel unter den Gnadenerlaß vom 9. September 1939. Es konnte allerdings in Frage kom­ men, ob als Zeitpunkt der Begehung das fehlerhafte Setzen der Ofenanlage oder die Kohlengasvergiftung an­ zusehen war. Für die Anwendbarkeit von Straffreiheits­ gesetzen ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß nicht nur das schuldhafte Verhalten des Täters, sondern auch die von ihm gewollten Folgen vor dem Stichtag des Ge­ setzes liegen müssen. Diesen Grundsatz auch auf Folgen auszudehnen, die nur durch das fahrlässige Unterlassen des Täters verursacht, von seinem Willen aber nicht um­ faßt sind, hielt das Reichsgericht nicht für angängig. Das mußte für die Auslegung des Gnadenerlasses um so mehr gelten, als sein 'Ziel dahin ging, im Interesse der Volks­ gemeinschaft verhältnismäßig leichte Verfehlungen von der Strafverfolgung auszunehmen. Die Unterlassung des An­ geklagten konnte nur solange fahrlässig sein, als er die Sache nach verständiger Lebenserfahrung noch im Ge­ dächtnis hatte und haben mußte. Das traf noch zu auf die Zeit, da er auf das schlechte Brennen des Ofens hin-

gewiesen wurde. Nachdem er weiter nichts mehr von der Sache hörte, konnte er annehmen, die Heizung sei in Ord­ nung. Eine Fortdauer des schuldhaften Verhaltens über den Stichtag des Gnadenerlasses hinaus war also nicht anzunehmen. (IV, 8. August 1941.) Amtt. Sammlg. S. 296—298. Vgl. Bd. 9 S. 156; Bd. 26 S. 261; Bd. 62 S. 418; Bd. 71 S. 64; Bd. 75 S. 156. 91. Verführung. Beleidigung. Strafantrag. (StGB. §§ 61, 182, 185.) Ein noch nicht 16 Jahre altes Mäd­ chen wurde durch ihren Dienstherrn verführt. Ihr Vater stellte erst zwei Jahre später Strafantrag. Das Land­ gericht nahm an, daß der Antrag nicht verspätet sei, weil der Antragsteller erst kurz zuvor von seiner Tochter die Einzelheiten des Vorgangs erfahren habe. Das Reichs­ gericht verwies die Sache zurück. Um die Antragssrist in Lauf zu setzen, genügt die Kenntnis von der strafbaren Handlung als solcher. Eine Vermutung oder ein bloßer Verdacht reicht dafür nicht aus; vielmehr muß ein FürWahrannehmen gegeben und nachweisbar sein, das sich auf so bestimmte Tatsachen stützt, daß dem Antragsberech­ tigten vom Standpunkt eines besonnenen Mannes zuge­ mutet werden kann, die Strafverfolgung herbeizuführen. Der an Gewißheit nahe angrenzende Verdacht ist der zuverlässigen Kenntnis gleichzusetzen. Es kam also dar­ auf an, welche Tatsachen der Vater des Mädchens vor der Befragung seiner Tochter in zuverlässiger Weise er­ fahren hatte. Darüber enthielt das Urteil keine aus­ reichenden Feststellungen. Das Landgericht hatte eine Be­ strafung wegen tätlicher Beleidigung mit der Begrüudung abgelehnt, daß der Antragsteller schon ein Jahr vor der Antragstellung gewußt habe, der Angeklagte sei seiner Tochter zu nahe getreten. Selbst wenn er aber genauere Kenntnis von Handlungen des Angeklagten gehabt hätte, die geeignet waren, die Geschlechtsehre seiner Tochter zu verletzen, reichte das nicht aus um darzutun, daß er sein Antragsrecht durch Fristablauf verloren habe. Auch wenn er annahm, der Angeklagte habe gegen seine Tochter unzüchtige Handlungen allgemeiner Art begangen, be­ gann eine neue Antragsfrist wegen tätlicher Beleidigung des Mädchens zu laufen, sobald er erfuhr, daß der Täter seine Tochter zum Geschlechtsverkehr verführt, habe. Es

gewiesen wurde. Nachdem er weiter nichts mehr von der Sache hörte, konnte er annehmen, die Heizung sei in Ord­ nung. Eine Fortdauer des schuldhaften Verhaltens über den Stichtag des Gnadenerlasses hinaus war also nicht anzunehmen. (IV, 8. August 1941.) Amtt. Sammlg. S. 296—298. Vgl. Bd. 9 S. 156; Bd. 26 S. 261; Bd. 62 S. 418; Bd. 71 S. 64; Bd. 75 S. 156. 91. Verführung. Beleidigung. Strafantrag. (StGB. §§ 61, 182, 185.) Ein noch nicht 16 Jahre altes Mäd­ chen wurde durch ihren Dienstherrn verführt. Ihr Vater stellte erst zwei Jahre später Strafantrag. Das Land­ gericht nahm an, daß der Antrag nicht verspätet sei, weil der Antragsteller erst kurz zuvor von seiner Tochter die Einzelheiten des Vorgangs erfahren habe. Das Reichs­ gericht verwies die Sache zurück. Um die Antragssrist in Lauf zu setzen, genügt die Kenntnis von der strafbaren Handlung als solcher. Eine Vermutung oder ein bloßer Verdacht reicht dafür nicht aus; vielmehr muß ein FürWahrannehmen gegeben und nachweisbar sein, das sich auf so bestimmte Tatsachen stützt, daß dem Antragsberech­ tigten vom Standpunkt eines besonnenen Mannes zuge­ mutet werden kann, die Strafverfolgung herbeizuführen. Der an Gewißheit nahe angrenzende Verdacht ist der zuverlässigen Kenntnis gleichzusetzen. Es kam also dar­ auf an, welche Tatsachen der Vater des Mädchens vor der Befragung seiner Tochter in zuverlässiger Weise er­ fahren hatte. Darüber enthielt das Urteil keine aus­ reichenden Feststellungen. Das Landgericht hatte eine Be­ strafung wegen tätlicher Beleidigung mit der Begrüudung abgelehnt, daß der Antragsteller schon ein Jahr vor der Antragstellung gewußt habe, der Angeklagte sei seiner Tochter zu nahe getreten. Selbst wenn er aber genauere Kenntnis von Handlungen des Angeklagten gehabt hätte, die geeignet waren, die Geschlechtsehre seiner Tochter zu verletzen, reichte das nicht aus um darzutun, daß er sein Antragsrecht durch Fristablauf verloren habe. Auch wenn er annahm, der Angeklagte habe gegen seine Tochter unzüchtige Handlungen allgemeiner Art begangen, be­ gann eine neue Antragsfrist wegen tätlicher Beleidigung des Mädchens zu laufen, sobald er erfuhr, daß der Täter seine Tochter zum Geschlechtsverkehr verführt, habe. Es

handelte sich hier nicht nur um eine Verstärkung der Ehrenkränkung, sondern um eine andere Handlung. Daß Verführung und Beleidigung in Tateinheit stehen können, ist in der Rechtsprechung anerkannt. (I, 12. August 1941.) Amtl. Sammlg. S. 298—301. Vgl. Bd. 45 S. 128; Bd. 74 S- 47; IW. 1936 S. 262. 92. Postgebühr. Urkundenfälschung. Betrug. (PostG. -§§ 27. 35; StGB. §§267, 268; EGzStGB. §§ 2, 7; ZuständigkVO. vom 21. Februar 1940 § 34.) Eine Frau sandte zwei Briefe privaten Inhalts an eine Bekannte; sie setzte auf die Vorderseite den Vermerk „Feldpost" und gab auf der Rückseite einen Angehörigen der Wehrmacht als Absender an. Das Amtsgericht verurteilte sie wegen Betrug und Urkundenfälschung. Das Urteil erlangte die Rechtskraft. Der Oberreichsanwalt erhob Nichtigkeitsbe­ schwerde, weil das Amtsgericht übersehen habe, daß die Handlungen nach den viel milderen Bestimmungen des Postgesetzes zu beurteilen seien. Das Reichsgericht stellte das Verfahren ein> Straftaten, die das Strafgesetzbuch unter Strafe stellt, unterliegen nicht der darin bestimmten Strafe, wenn für sie in einem Sondergesetz eine andere Strafe vorgesehen ist. Der gesamte Inhalt des Ver­ gehens der Angeklagten ging in dem Rahmen der mit Hilfe einer Täuschung begangenen Hinterziehung von Postgebühren auf. Die Bestimmungen des Postgesetzes sind durch das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch aus­ drücklich aufrecht erhalten. Zu einem gerichtlichen Ver­ fahren kann es wegen Hinterziehung von Postgebühren nur kommen, wenn entweder die Postbehörde die Sache zum gerichtlichen Verfahren verweist oder der Angeschul­ digte nach Erlaß eines Strafbescheides Antrag auf ge­ richtliches Gehör stellt. Beide Voraussetzungen waren nicht erfüllt. Das Verfahren war also unzulässig. Das Reichsgericht bemerkte noch, daß es sich zwar um eine Übertretung handelte, daß aber die Strafverfolgung noch nicht verjährt war, da Zuwiderhandlungen gegen die Vor­ schriften über die Entrichtung von Postgefällen in drei Jahren verjähren. (II, 14. August 1941.) Amtl. Sammlg. S. 302—303. 93. Zuständigkeit. Berufung. Revis on. (ZustVO. §§ 1,2.) Wegen Diebstahl im Rückfall sprach das Amtsgericht eine Gefängnisstrafe aus. Der Staatsanwalt legte Be-

handelte sich hier nicht nur um eine Verstärkung der Ehrenkränkung, sondern um eine andere Handlung. Daß Verführung und Beleidigung in Tateinheit stehen können, ist in der Rechtsprechung anerkannt. (I, 12. August 1941.) Amtl. Sammlg. S. 298—301. Vgl. Bd. 45 S. 128; Bd. 74 S- 47; IW. 1936 S. 262. 92. Postgebühr. Urkundenfälschung. Betrug. (PostG. -§§ 27. 35; StGB. §§267, 268; EGzStGB. §§ 2, 7; ZuständigkVO. vom 21. Februar 1940 § 34.) Eine Frau sandte zwei Briefe privaten Inhalts an eine Bekannte; sie setzte auf die Vorderseite den Vermerk „Feldpost" und gab auf der Rückseite einen Angehörigen der Wehrmacht als Absender an. Das Amtsgericht verurteilte sie wegen Betrug und Urkundenfälschung. Das Urteil erlangte die Rechtskraft. Der Oberreichsanwalt erhob Nichtigkeitsbe­ schwerde, weil das Amtsgericht übersehen habe, daß die Handlungen nach den viel milderen Bestimmungen des Postgesetzes zu beurteilen seien. Das Reichsgericht stellte das Verfahren ein> Straftaten, die das Strafgesetzbuch unter Strafe stellt, unterliegen nicht der darin bestimmten Strafe, wenn für sie in einem Sondergesetz eine andere Strafe vorgesehen ist. Der gesamte Inhalt des Ver­ gehens der Angeklagten ging in dem Rahmen der mit Hilfe einer Täuschung begangenen Hinterziehung von Postgebühren auf. Die Bestimmungen des Postgesetzes sind durch das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch aus­ drücklich aufrecht erhalten. Zu einem gerichtlichen Ver­ fahren kann es wegen Hinterziehung von Postgebühren nur kommen, wenn entweder die Postbehörde die Sache zum gerichtlichen Verfahren verweist oder der Angeschul­ digte nach Erlaß eines Strafbescheides Antrag auf ge­ richtliches Gehör stellt. Beide Voraussetzungen waren nicht erfüllt. Das Verfahren war also unzulässig. Das Reichsgericht bemerkte noch, daß es sich zwar um eine Übertretung handelte, daß aber die Strafverfolgung noch nicht verjährt war, da Zuwiderhandlungen gegen die Vor­ schriften über die Entrichtung von Postgefällen in drei Jahren verjähren. (II, 14. August 1941.) Amtl. Sammlg. S. 302—303. 93. Zuständigkeit. Berufung. Revis on. (ZustVO. §§ 1,2.) Wegen Diebstahl im Rückfall sprach das Amtsgericht eine Gefängnisstrafe aus. Der Staatsanwalt legte Be-

handelte sich hier nicht nur um eine Verstärkung der Ehrenkränkung, sondern um eine andere Handlung. Daß Verführung und Beleidigung in Tateinheit stehen können, ist in der Rechtsprechung anerkannt. (I, 12. August 1941.) Amtl. Sammlg. S. 298—301. Vgl. Bd. 45 S. 128; Bd. 74 S- 47; IW. 1936 S. 262. 92. Postgebühr. Urkundenfälschung. Betrug. (PostG. -§§ 27. 35; StGB. §§267, 268; EGzStGB. §§ 2, 7; ZuständigkVO. vom 21. Februar 1940 § 34.) Eine Frau sandte zwei Briefe privaten Inhalts an eine Bekannte; sie setzte auf die Vorderseite den Vermerk „Feldpost" und gab auf der Rückseite einen Angehörigen der Wehrmacht als Absender an. Das Amtsgericht verurteilte sie wegen Betrug und Urkundenfälschung. Das Urteil erlangte die Rechtskraft. Der Oberreichsanwalt erhob Nichtigkeitsbe­ schwerde, weil das Amtsgericht übersehen habe, daß die Handlungen nach den viel milderen Bestimmungen des Postgesetzes zu beurteilen seien. Das Reichsgericht stellte das Verfahren ein> Straftaten, die das Strafgesetzbuch unter Strafe stellt, unterliegen nicht der darin bestimmten Strafe, wenn für sie in einem Sondergesetz eine andere Strafe vorgesehen ist. Der gesamte Inhalt des Ver­ gehens der Angeklagten ging in dem Rahmen der mit Hilfe einer Täuschung begangenen Hinterziehung von Postgebühren auf. Die Bestimmungen des Postgesetzes sind durch das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch aus­ drücklich aufrecht erhalten. Zu einem gerichtlichen Ver­ fahren kann es wegen Hinterziehung von Postgebühren nur kommen, wenn entweder die Postbehörde die Sache zum gerichtlichen Verfahren verweist oder der Angeschul­ digte nach Erlaß eines Strafbescheides Antrag auf ge­ richtliches Gehör stellt. Beide Voraussetzungen waren nicht erfüllt. Das Verfahren war also unzulässig. Das Reichsgericht bemerkte noch, daß es sich zwar um eine Übertretung handelte, daß aber die Strafverfolgung noch nicht verjährt war, da Zuwiderhandlungen gegen die Vor­ schriften über die Entrichtung von Postgefällen in drei Jahren verjähren. (II, 14. August 1941.) Amtl. Sammlg. S. 302—303. 93. Zuständigkeit. Berufung. Revis on. (ZustVO. §§ 1,2.) Wegen Diebstahl im Rückfall sprach das Amtsgericht eine Gefängnisstrafe aus. Der Staatsanwalt legte Be-

rufung ein, weil die Angeklagte nicht zu einer Zuchthaus­ strafe verurteilt worden war. Das Landgericht verur­ teilte die Angeklagte zu einer Zuchthausstrafe und ordnete die Sicherungsverwahrung an. Hiegegen richtete sich die Revision der Angeklagten. Sie war zulässig. Das Land­ gericht konnte als Berufungsgericht nur auf die im § 1 ZustVO. angeführten Strafen und Maßnahmen erkennen. Wenn es die Sicherungsverwahrung anordnete, entschied es als Gericht des ersten Rechtszugs, mochte es sich auch irrtümlich nur als Berufungsgericht betrachten. Die vor ihm durchgeführte Verhandlung entsprach allen Anfor­ derungen eines ersten Rechtszugs. Daß nicht der Erösfnungsbeschluß, sondern das Urteil des Amtsgerichts verlesen worden war, änderte daran nichts; das Urteil enthielt alles, was der Erösfnungsbeschluß der Angeklag­ ten zur Last legte. Es war auch richtig, daß das Land­ gericht als Gericht des ersten Rechtszugs unter Anwen­ dung der entsprechenden Verfahrensvorschriften erkannte und nicht die Sache an eine andere, nach der Geschäfts­ verteilung für Gerichte des ersten Rechtszugs zuständige Strafkammer verwies. (V, 21. August 1941.) Amtl. Sammlg. S. 304—305. Vgl. Bd. 45 S. 351 ;Bd. 74 S. 139.

94. Saatgutplombe. Urkundenfälschung. Überpreis. Strafantrag. Mildestes Gesetz. (StGB. §§ 2 a, 267, 268, 269; PreisStrVO. §§ 5, 6, 8; GetrWirtschVO.). Der Verwalter eines Landguts verkaufte Getreide, das kein anerkanntes Saatgut war, als Hochzuchtsaatgut um die für dieses festgesetzten höheren Preise. Die Säcke versah er mit Plomben, wie sie gemäß den Grundregeln des Reichsnährstandes für anerkanntes Saatgut zu verwenden sind. Er wurde wegen schwerer Fälschung öffentlicher Urkunden (Blankettfälschung) in Tateinheit mit Betrug und einem Vergehen gegen die Getreidewirtschaftsver­ ordnung verurteilt. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Die vom Angeklagten verwendeten Plomben trugen auf der einen Seite die Inschrift: „^Reichsnähr­ stand, anerkanntes Saatgut", aus der anderen den Kenn­ buchstaben der Landesbauernschaft, die das Saatgut aner­ kannt hat. Daß solche Plombenverschlüsse beweiserhebliche Urkunden sein können, ist tu der Rechtsprechung anerkannt.

rufung ein, weil die Angeklagte nicht zu einer Zuchthaus­ strafe verurteilt worden war. Das Landgericht verur­ teilte die Angeklagte zu einer Zuchthausstrafe und ordnete die Sicherungsverwahrung an. Hiegegen richtete sich die Revision der Angeklagten. Sie war zulässig. Das Land­ gericht konnte als Berufungsgericht nur auf die im § 1 ZustVO. angeführten Strafen und Maßnahmen erkennen. Wenn es die Sicherungsverwahrung anordnete, entschied es als Gericht des ersten Rechtszugs, mochte es sich auch irrtümlich nur als Berufungsgericht betrachten. Die vor ihm durchgeführte Verhandlung entsprach allen Anfor­ derungen eines ersten Rechtszugs. Daß nicht der Erösfnungsbeschluß, sondern das Urteil des Amtsgerichts verlesen worden war, änderte daran nichts; das Urteil enthielt alles, was der Erösfnungsbeschluß der Angeklag­ ten zur Last legte. Es war auch richtig, daß das Land­ gericht als Gericht des ersten Rechtszugs unter Anwen­ dung der entsprechenden Verfahrensvorschriften erkannte und nicht die Sache an eine andere, nach der Geschäfts­ verteilung für Gerichte des ersten Rechtszugs zuständige Strafkammer verwies. (V, 21. August 1941.) Amtl. Sammlg. S. 304—305. Vgl. Bd. 45 S. 351 ;Bd. 74 S. 139.

94. Saatgutplombe. Urkundenfälschung. Überpreis. Strafantrag. Mildestes Gesetz. (StGB. §§ 2 a, 267, 268, 269; PreisStrVO. §§ 5, 6, 8; GetrWirtschVO.). Der Verwalter eines Landguts verkaufte Getreide, das kein anerkanntes Saatgut war, als Hochzuchtsaatgut um die für dieses festgesetzten höheren Preise. Die Säcke versah er mit Plomben, wie sie gemäß den Grundregeln des Reichsnährstandes für anerkanntes Saatgut zu verwenden sind. Er wurde wegen schwerer Fälschung öffentlicher Urkunden (Blankettfälschung) in Tateinheit mit Betrug und einem Vergehen gegen die Getreidewirtschaftsver­ ordnung verurteilt. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Die vom Angeklagten verwendeten Plomben trugen auf der einen Seite die Inschrift: „^Reichsnähr­ stand, anerkanntes Saatgut", aus der anderen den Kenn­ buchstaben der Landesbauernschaft, die das Saatgut aner­ kannt hat. Daß solche Plombenverschlüsse beweiserhebliche Urkunden sein können, ist tu der Rechtsprechung anerkannt.

Diese Eigenschaft hängt jeweils davon ab, ob die Plomben über ihren Verschlußzweck hinaus nach Rechtsvorschriften, Vereinbarung oder Herkommen geeignet und bestimmt sind, eine Gedankenäußerung darzustellen und für be­ stimmte rechtliche Beziehungen Beweis zu erbringen. Plomben können die Züchter von Saatgut von den Lan­ desbauernschaften beziehen; sie sind auch von ihnen anzu­ legen. In dem Plombenverschluß liegt also eine urkund­ liche Erklärung des Züchters, der das Saatgut abgibt, daß das mit der Plombe versehene Getreide in seinem Be­ trieb erzeugt und nach den Grundregeln des Reichsnähr­ standes von der zuständigen Landesbauernschaft ans Grund der Untersuchung einer vorschriftsmäßig gezogenen Probe als Hochzuchtsaatgut anerkannt worden ist. Zur Abgabe dieser Erklärung war der Angeklagte zuständig; als seine Erklärung war sie also weder fälschlich angefer­ tigt noch verfälscht, sondern echt. Es lag. keine falsche Urkunde, sondern eine schriftliche Lüge vor. Das Land­ gericht hatte dem Plombenverschluß auch die Bedeutung einer Erklärung des Reichsnährstandes beigelegt des In­ halts, daß das plombierte Getreide einer Probe entspreche, die als Hochzuchtsaatgut nach amtlichem Prüfungsverfahren anerkannt worden sei; es hatte demgemäß ange­ nommen, daß der zu Unrecht verwendete Plombenver­ schluß einem mit der Unterschrift eines anderen versehenen Papier vergleichbar sei, dem durch das Anbringen an einem mit nicht anerkannten Getreide gefüllten Sack ein unrichtiger urkundlicher Inhalt gegeben worden sei. Da aber der Reichsnährstand den anerkannten Züchtern ledig­ lich die Plomben zur Verfügung stellt, während das Ge­ treide in deren Betrieb ohne Mitwirkung oder Beaufsichti­ gung durch einen Beauftragten des Reichsnährstandes verpackt und versandt wird, hat keine Dienststelle des Reichsnährstandes die Möglichkeit, zu bezeugen, daß wirk­ lich anerkanntes Hochzuchtsaatgut unter den Plombenver­ schluß gebracht worden sei; daher kann ckeine Dienststelle des Reichsnährstandes als Behörde eine öffentlich-recht­ liche Verantwortung oder eine bürgerlich-rechtliche Haft­ pflicht für die wirkliche Beschaffenheit des unter Plombe liegenden Getreides übernehmen. Entsprechend können die Landwirte, die Saatgetreide beziehen und die Regeln des Reichsnährstandes über Anerkennung itnb Versand von

Saatgut kennen, die Plomben nicht in dem Sinne ver­ stehen, daß neben dem verantwortlichen Züchter und Ver­ sender auch der Reichsnährstand selbst den Inhalt der plombierten Behältnisse durch die Plombe gewährleisten wolle. Von der Seite des Reichsnährstandes aus gesehen ist die Plombe nur ein Unterscheidungszeichen als Mittel zur Überwachung des Saatgutverkehrs; daher verpflichten die Grundregeln dazu, alle Saatgutsendungen mit den Plomben zu versehen und dadurch den Betrieb, in dem das Saatgut erzeugt und abgesandt worden ist, zu kenn­ zeichnen. Höchstens könnte in den Plomben eine Erklä­ rung des Reichsnährstandes gesunden werden, daß er dem Betrieb des Züchters, dem er die Plomben überlassen hat, die Eigenschaft einer Saatgutstelle zuerkannt habe. Diese Erklärung hätte aber keine Beziehung zu dem Inhalt der plombierten Behältnisse; in dem Anbringen von Plomben an Säcken mit nichtanerkanntem Getreide läge keine Ur­ kundenfälschung. Die Ausführungen des Reichsgerichts über d.ie Verurteilung wegen Betrug sind nicht veröffent­ licht. Die Verurteilung wegen eines Vergehens gegen die Getreidewirtschaftsverordnung erklärte das Reichs­ gericht für sachlich richtig; die Unteilbarkeit der-Tateinheit führte aber dazu, den Schuldspruch gegen den Angeklagten auch in dieser Richtung aufzuheben. Ein Strafantrag der Preisüberwachungsstelle lag nicht vor. Das Landgericht war über diesen Mangel weggegangen mit der Begrün­ dung, daß die Preisstrafverordnung von 1939 gegenüber der Getreidewirtschaftsverordnung das mildere Strafge­ setz sei, weil nach der Getreidewirtschaftsverordnung die Höchststrafe 15 Jahre Zuchthaus, nach der Preisstrafver­ ordnung 10 Jahre Zuchthaus betrage und nach dieser hie Tat nur auf Strafantrag verfolgbar sei. Das mildeste Ge­ setz ergibt sich aber nicht durch Vergleichung der in den Gesetzen allgemein (abstrakt) angedrohten Strafen, son­ dern daraus, welches Gesetz für den jeweils vorliegenden Einzelsall (konkret) die mildeste Beurteilung zuläßt. Nach der neueren Rechtsprechung ist das Erfordernis eines Strafantrags kein Bestandteil der sachlich-strafrechtlichen Regelung eines Tatbestandes, sondern eine Verfahrens­ voraussetzung. Das Strafantragsrecht von Behörden ist nicht mit dem der Verletzten gleichzusetzen. Im Gebiete der Preisregelung ist das Strasantragsrecht der Berwaltungs-

behörden geschaffen worden, um zu verhindern, daß die­ selbe Verfehlung sowohl gerichtlich als auch im Ordnungs­ strafverfahren verfolgt wird. Diese Ausgabe kam nicht mehr in Betracht, wenn zu der Zeit, da das Strafantrags­ recht geschaffen wurde, schon ein gerichtliches Verfahren anhängig war. Mit Recht hatte also das Landgericht das Fehlen eines Strafantrags der Preisprüfungsstelle als bedeutungslos behandelt. Das gerichtliche Verfahren hatte die Tat des Angeklagten nicht nur unter dem Ge­ sichtspunkt der Verletzung von Preisvorschriften, sondern vor allem'unter dem der Urkundenfälschung und des Be­ trugs erfaßt. Bei einer solchen Sachlage war das Strasantragsrecht der Verwaltungsbehörden nicht dazu brauch­ bar, aus Zweckmäßigkeitsgründen 'zugunsten der Durch­ führung eines Ordnungsstrafverfahrens das gerichtliche Verfahren zu verhindern. Es entfiel also der Grund, aus drm der Preisüberwachungsbehörde das Straf­ antragsrecht eingeräumt worden ist. (I, 17. Juni 1941. Amtl. Sammlg. S. 306-313.

95. Lohnkarte. Urkunde. Uhrwerkstempel. (StGB §§ 267—270.) In einer Fabrik bestand die Einrichtung, daß die Arbeiter bei ihrem Eintritt in das Werk ihre Lohnkarte in ein an der Pforte angebrachtes Uhrwerk steckten, dessen Stempelaufdruck den genauen Zeitpunkt ihres Eintritts festhielt. Ein Arbeiter, der an einem Tage nicht zur Arbeit kam, ließ seine Lohnkarte durch einen Lehrling in das Uhrwerk stecken. Seine Verurteilung wegen schwerer Urkundenfälschung und Vetrngsversuch wurde bestätigt; in der Begründung wich aber das Reichs­ gericht von jener des Landgerichts mehrfach ab. Das Landgericht hatte eine Urkundenfälschung hinsichtlich des auf die vorbenannte Weise herbeigeführten Stempel­ ausdrucks nicht für gegeben erachtet, weil es nach den maßgebenden Bestimmungen des Arbeitsvertrags nur darauf ankomme, daß der auf der Lohnkarte genannte Gefolgsmann wirklich zu dem angegebenen Zeitpunkt die Fabrik betrete, nicht aber darauf, ob er selbst oder ein anderer für ihn die Lohnkarte in das Uhrwerk stecke; der Stempelaufdruck gebe also keine Auskunft über den Aus­ steller der Urkunde. Der vom Angeklagten herbeigeführte Stempelaufdruck habe nicht den Anschein einer Erklärung

behörden geschaffen worden, um zu verhindern, daß die­ selbe Verfehlung sowohl gerichtlich als auch im Ordnungs­ strafverfahren verfolgt wird. Diese Ausgabe kam nicht mehr in Betracht, wenn zu der Zeit, da das Strafantrags­ recht geschaffen wurde, schon ein gerichtliches Verfahren anhängig war. Mit Recht hatte also das Landgericht das Fehlen eines Strafantrags der Preisprüfungsstelle als bedeutungslos behandelt. Das gerichtliche Verfahren hatte die Tat des Angeklagten nicht nur unter dem Ge­ sichtspunkt der Verletzung von Preisvorschriften, sondern vor allem'unter dem der Urkundenfälschung und des Be­ trugs erfaßt. Bei einer solchen Sachlage war das Strasantragsrecht der Verwaltungsbehörden nicht dazu brauch­ bar, aus Zweckmäßigkeitsgründen 'zugunsten der Durch­ führung eines Ordnungsstrafverfahrens das gerichtliche Verfahren zu verhindern. Es entfiel also der Grund, aus drm der Preisüberwachungsbehörde das Straf­ antragsrecht eingeräumt worden ist. (I, 17. Juni 1941. Amtl. Sammlg. S. 306-313.

95. Lohnkarte. Urkunde. Uhrwerkstempel. (StGB §§ 267—270.) In einer Fabrik bestand die Einrichtung, daß die Arbeiter bei ihrem Eintritt in das Werk ihre Lohnkarte in ein an der Pforte angebrachtes Uhrwerk steckten, dessen Stempelaufdruck den genauen Zeitpunkt ihres Eintritts festhielt. Ein Arbeiter, der an einem Tage nicht zur Arbeit kam, ließ seine Lohnkarte durch einen Lehrling in das Uhrwerk stecken. Seine Verurteilung wegen schwerer Urkundenfälschung und Vetrngsversuch wurde bestätigt; in der Begründung wich aber das Reichs­ gericht von jener des Landgerichts mehrfach ab. Das Landgericht hatte eine Urkundenfälschung hinsichtlich des auf die vorbenannte Weise herbeigeführten Stempel­ ausdrucks nicht für gegeben erachtet, weil es nach den maßgebenden Bestimmungen des Arbeitsvertrags nur darauf ankomme, daß der auf der Lohnkarte genannte Gefolgsmann wirklich zu dem angegebenen Zeitpunkt die Fabrik betrete, nicht aber darauf, ob er selbst oder ein anderer für ihn die Lohnkarte in das Uhrwerk stecke; der Stempelaufdruck gebe also keine Auskunft über den Aus­ steller der Urkunde. Der vom Angeklagten herbeigeführte Stempelaufdruck habe nicht den Anschein einer Erklärung

des Angeklagten erweckt, sondern nur den unrichtigen An­ schein, als habe er zu der angegebenen Zeit die Fabrik be­ treten; dieser Ausdruck sei also keine gefälschte Urkunde, sondern eine schriftliche Lüge. Seine Verurteilung hatte das Landgericht damit begründet, daß durch den in Frage stehenden Stempelaufdruck die bis dahin richtig gestempelte Lohnkarte als eine Gesamturkunde verfälscht worden sei. Tas Reichsgericht erklärte hiezu, daß nach der Auffassung des Landgerichts die Stempelaufdrücke überhaupt keine Urkunden seien, also auch in ihrer Gesamtheit keine Gesamturknnde darstellten. Die Rechtsprechung' hat aber schon wiederholt Zeitstempel, die mit der Hilfe oder unter Kontrolle eines Uhrwerks angebracht worden waren, als Urkunden anerkannt. Ein Gegengrund gegen diese Auf­ fassung läßt sich nicht daraus herleiten, daß es allerdings unerheblich ist, ob ein Gefolgsmann seine Lohnkarte selbst in das Uhrwerk steckt oder es durch eine in seiner Beglei­ tung befindliche andere Person tun läßt. Auch in diesem Falle weist der Stempel auf den in der Karte genannten Inhaber als Urheber hin. Die Lage ist ähnlich wie in dem Falle, daß jemand eine schriftliche Erklärung nicht selbst fertigt, sondern durch einen Bevollmächtigten her­ stellen und mit seinem Namen unterschreiben läßt. Eine solche Urkunde ist dann nicht zu bemängeln, wenn nicht nur der Wille des Vollmachtgebers, sich vertreten zu lassen, und der Wille des Vollmachtträgers, den Vollmachtgeber zu vertreten, gegeben sind, sondern daneben auch noch die rechtliche Zulässigkeit der Stellvertretung in dem in Betracht kommenden Falle. Ob eine solche Stellvertretung bei der hier gegebenen Tatsache zulässig war, ließ das Reichsgericht dahingestellt. Wenn kein Bedenken dagegen bestand, daß ein Begleiter des Gefolgschaftsmitglieds an dessen Stelle die Karte in das Uhrwerk steckte, ließ sich das damit begründen, daß der Begleiter nicht als Stell­ vertreter, sondern — einem Boten vergleichbar — nur als Werkzeug oder Hilfsmittel handelte. So betrachtet ließ sich auch die Auffassung des Landgerichts nicht be­ anstanden, daß die Lohnkarte die während der Lohnwoche geleisteten Arbeitsstunden nicht nur für die einzelnen Tage, sondern für die ganze Woche erschöpfend beweisen sollte und daher eine Gesamturkunde darstellte. (I, 1. August 1941.) Amtl. Sammlg. S. 314—317.

Vgl. Bd. 34 S. 435; Bd. 51 S. 36; Bd. 52 S. 65; Bd. 64 S. 97; Bd. 75 S. 46. 96. Kleiderkorte. Formblatt. Urkunde. (StGB. § 348.) Ein Angestelltem eines städtischen Wirtschaftsamtes ent­ wendete 13 Stück der zweiten Reichskleiderkarte, die bei dem Amt verwahrt wurden und ihm infolge seiner Stel­ lung zugänglich waren. Die Karten waren mit dem Stem­ pel der Abgabestelle versehen; die Namen der Bezugsbe­ rechtigten waren noch nicht eingetragen. Die Verurteilung wegen Beiseiteschaffung amtlich zugänglicher Urkunden wurde vom Reichsgericht nicht bestätigt. Tas Landgericht hatte die Kleiderkarten als Urkunden angesehen, weil sie keinen.Ausdruck enthielten, daß sie ohne Eintragung des Namens des Berechtigten ungültig seien. Aus dem Vor­ druck der Karte ergibt sich aber eindeutig, daß sie be­ stimmt ist, die Berechtigung des in ihr benannten Karten­ inhabers zum Bezug der für seinen Bedarf zugestandenen Spinnstoffe zu beweisen. Es gehört deshalb zu ihrer Voll­ ständigkeit, daß sich der Berechtigte aus ihr ersehen läßt. Ohne diese Namensnennung kann tin ordnungsmäßigen Verkehr keine Ware bezogen werden. Daß auch mit der unvollständigen Karte ein Mißbrauch getrieben werden kann, muß außer Betracht bleiben. Weil die Karte auf eine bestimmte Person und deren Bedarf lerntet, erübrigte sich ein Aufdruck, daß sie ohne Namenseintragnng ungültig sei. Daß er wegblieb, kann in dieser Richtung keinen Unterschied zu den den Vermerk enthaltenden Bezugsberechtigungskarten anderer Art bedeuten. So, wie die Karten bei der Entwendung durch den Angeklagten waren, stellten sie nur Formblätter dar, trotz des Stcmpels'der Ausgabestelle aber keine Urkunden, weil ihnen zur Vollständigkeit die für die Veweisbestünmung notwendigen Namen der berechtigten Inhaber fehlten. Daß sie geeignet waren, die Ausgabestelle zu beweisen, änderte daran nichts. Der Vergleich mit der Eisenbahnkarte war ab­ wegig, weil diese Urkunde nach den für sie geltenden bahn­ amtlichen Bestimmungen auch ohne Namensangabe des Benutzungsberechtigten vollständig und für den Beförde­ rungsvertrag beweiskräftig ist. Tas Verhalten des Ange­ klagten erfüllte den Tatbestand des Diebstahls in Tatein heit mit Gewahrsamsbruch (StGB. §§ 73, 133, 242). Insoweit wurde das Urteil richtiggestellt. Im Strafaus-

Vgl. Bd. 34 S. 435; Bd. 51 S. 36; Bd. 52 S. 65; Bd. 64 S. 97; Bd. 75 S. 46. 96. Kleiderkorte. Formblatt. Urkunde. (StGB. § 348.) Ein Angestelltem eines städtischen Wirtschaftsamtes ent­ wendete 13 Stück der zweiten Reichskleiderkarte, die bei dem Amt verwahrt wurden und ihm infolge seiner Stel­ lung zugänglich waren. Die Karten waren mit dem Stem­ pel der Abgabestelle versehen; die Namen der Bezugsbe­ rechtigten waren noch nicht eingetragen. Die Verurteilung wegen Beiseiteschaffung amtlich zugänglicher Urkunden wurde vom Reichsgericht nicht bestätigt. Tas Landgericht hatte die Kleiderkarten als Urkunden angesehen, weil sie keinen.Ausdruck enthielten, daß sie ohne Eintragung des Namens des Berechtigten ungültig seien. Aus dem Vor­ druck der Karte ergibt sich aber eindeutig, daß sie be­ stimmt ist, die Berechtigung des in ihr benannten Karten­ inhabers zum Bezug der für seinen Bedarf zugestandenen Spinnstoffe zu beweisen. Es gehört deshalb zu ihrer Voll­ ständigkeit, daß sich der Berechtigte aus ihr ersehen läßt. Ohne diese Namensnennung kann tin ordnungsmäßigen Verkehr keine Ware bezogen werden. Daß auch mit der unvollständigen Karte ein Mißbrauch getrieben werden kann, muß außer Betracht bleiben. Weil die Karte auf eine bestimmte Person und deren Bedarf lerntet, erübrigte sich ein Aufdruck, daß sie ohne Namenseintragnng ungültig sei. Daß er wegblieb, kann in dieser Richtung keinen Unterschied zu den den Vermerk enthaltenden Bezugsberechtigungskarten anderer Art bedeuten. So, wie die Karten bei der Entwendung durch den Angeklagten waren, stellten sie nur Formblätter dar, trotz des Stcmpels'der Ausgabestelle aber keine Urkunden, weil ihnen zur Vollständigkeit die für die Veweisbestünmung notwendigen Namen der berechtigten Inhaber fehlten. Daß sie geeignet waren, die Ausgabestelle zu beweisen, änderte daran nichts. Der Vergleich mit der Eisenbahnkarte war ab­ wegig, weil diese Urkunde nach den für sie geltenden bahn­ amtlichen Bestimmungen auch ohne Namensangabe des Benutzungsberechtigten vollständig und für den Beförde­ rungsvertrag beweiskräftig ist. Tas Verhalten des Ange­ klagten erfüllte den Tatbestand des Diebstahls in Tatein heit mit Gewahrsamsbruch (StGB. §§ 73, 133, 242). Insoweit wurde das Urteil richtiggestellt. Im Strafaus-

spruch wurde es aufgehoben und die Sache zurückverwie­ sen. (III. 11. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 318—320. Vgl. Bd. 61 S. 161.

97. Jugendstrafrecht. Aussetzung der Vollstreckung. Nichtigkeitsbeschwerde. Beschränkung. (ZustVO. § 34; JugGerG. § 10; VO. zur Ergänzung des Jugendstraf­ rechts vom 4. Oktober 1940 § 6; DurchfVO. vom 28. No­ vember 1940 § 12.) Ein Jugendlicher wurde wegen Dieb­ stahl zu einer Gefängnisstrafe verurteilt; die Vollstreckung der Strafe wurde ausgesetzt. Das Urteil erlangte die Rechtskraft. Der Oberreichsanwalt erhob Nichtigkeits­ beschwerde, weil die Aussetzung der Strafvollstreckung nicht zulässig gewesen sei. Das Reichsgericht trat dieser Auffassung bei. Zufolge der Vorschriften über die Ergän­ zung des Jugendstrafrechts vom 4. Oktober und 28. No­ vember 1940 ist die Aussetzung der Vollstreckung einer gegen einen Jugendlichen erkannten Freiheitsstrafe nur noch bei einer Verurteilung zulässig, die allein oder über­ wiegend wegen einer fahrlässig begangenen Straftat aus­ gesprochen wird. In Frage kam aber, ob die Nichtig­ keitsbeschwerde auf diese Frage beschränkt werden konnte. Es müssen hier die Grundsätze über die Beschränkung der Revision Anwendung finden. Hienach ist die Beschränkung nur soweit möglich, als der angegriffene Teil des Urteils von den übrigen Bestandteilen rechtlich losgelöst werden kann und eine selbständige Prüfung gestattet. Nach den gegebenen Umständen war aber nicht ausgeschlossen, daß der Jugendrichter deshalb auf eine Gefängnisstrafe er­ kannt hatte, weil er die Aussetzung der Vollstreckung für zulässig hielt. Bei einem solchen Zusammenhang ergriff die Nichtigkeitsbeschwerde den Strafausspruch in seinem ganzen Umfang. (II, 29. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 321—322. Vgl. Bd. 58 S. 238; Bd. 73 S. 81; IW. 1936 S. 3457. 98. Amtsgewalt. (OstStG. § 101.) Ein durch Hand­ schlag verpflichteter Postfacharbeiter eignete sich Pakete an, die er zur Behandlung übertragen erhalten hatte. Er wurde wegen Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt verurteilt. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Nicht jede von einem Beamten in Schädigungsabsicht be­ gangene Verletzung seiner Dienstpflichten bildet dgs mit

spruch wurde es aufgehoben und die Sache zurückverwie­ sen. (III. 11. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 318—320. Vgl. Bd. 61 S. 161.

97. Jugendstrafrecht. Aussetzung der Vollstreckung. Nichtigkeitsbeschwerde. Beschränkung. (ZustVO. § 34; JugGerG. § 10; VO. zur Ergänzung des Jugendstraf­ rechts vom 4. Oktober 1940 § 6; DurchfVO. vom 28. No­ vember 1940 § 12.) Ein Jugendlicher wurde wegen Dieb­ stahl zu einer Gefängnisstrafe verurteilt; die Vollstreckung der Strafe wurde ausgesetzt. Das Urteil erlangte die Rechtskraft. Der Oberreichsanwalt erhob Nichtigkeits­ beschwerde, weil die Aussetzung der Strafvollstreckung nicht zulässig gewesen sei. Das Reichsgericht trat dieser Auffassung bei. Zufolge der Vorschriften über die Ergän­ zung des Jugendstrafrechts vom 4. Oktober und 28. No­ vember 1940 ist die Aussetzung der Vollstreckung einer gegen einen Jugendlichen erkannten Freiheitsstrafe nur noch bei einer Verurteilung zulässig, die allein oder über­ wiegend wegen einer fahrlässig begangenen Straftat aus­ gesprochen wird. In Frage kam aber, ob die Nichtig­ keitsbeschwerde auf diese Frage beschränkt werden konnte. Es müssen hier die Grundsätze über die Beschränkung der Revision Anwendung finden. Hienach ist die Beschränkung nur soweit möglich, als der angegriffene Teil des Urteils von den übrigen Bestandteilen rechtlich losgelöst werden kann und eine selbständige Prüfung gestattet. Nach den gegebenen Umständen war aber nicht ausgeschlossen, daß der Jugendrichter deshalb auf eine Gefängnisstrafe er­ kannt hatte, weil er die Aussetzung der Vollstreckung für zulässig hielt. Bei einem solchen Zusammenhang ergriff die Nichtigkeitsbeschwerde den Strafausspruch in seinem ganzen Umfang. (II, 29. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 321—322. Vgl. Bd. 58 S. 238; Bd. 73 S. 81; IW. 1936 S. 3457. 98. Amtsgewalt. (OstStG. § 101.) Ein durch Hand­ schlag verpflichteter Postfacharbeiter eignete sich Pakete an, die er zur Behandlung übertragen erhalten hatte. Er wurde wegen Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt verurteilt. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Nicht jede von einem Beamten in Schädigungsabsicht be­ gangene Verletzung seiner Dienstpflichten bildet dgs mit

spruch wurde es aufgehoben und die Sache zurückverwie­ sen. (III. 11. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 318—320. Vgl. Bd. 61 S. 161.

97. Jugendstrafrecht. Aussetzung der Vollstreckung. Nichtigkeitsbeschwerde. Beschränkung. (ZustVO. § 34; JugGerG. § 10; VO. zur Ergänzung des Jugendstraf­ rechts vom 4. Oktober 1940 § 6; DurchfVO. vom 28. No­ vember 1940 § 12.) Ein Jugendlicher wurde wegen Dieb­ stahl zu einer Gefängnisstrafe verurteilt; die Vollstreckung der Strafe wurde ausgesetzt. Das Urteil erlangte die Rechtskraft. Der Oberreichsanwalt erhob Nichtigkeits­ beschwerde, weil die Aussetzung der Strafvollstreckung nicht zulässig gewesen sei. Das Reichsgericht trat dieser Auffassung bei. Zufolge der Vorschriften über die Ergän­ zung des Jugendstrafrechts vom 4. Oktober und 28. No­ vember 1940 ist die Aussetzung der Vollstreckung einer gegen einen Jugendlichen erkannten Freiheitsstrafe nur noch bei einer Verurteilung zulässig, die allein oder über­ wiegend wegen einer fahrlässig begangenen Straftat aus­ gesprochen wird. In Frage kam aber, ob die Nichtig­ keitsbeschwerde auf diese Frage beschränkt werden konnte. Es müssen hier die Grundsätze über die Beschränkung der Revision Anwendung finden. Hienach ist die Beschränkung nur soweit möglich, als der angegriffene Teil des Urteils von den übrigen Bestandteilen rechtlich losgelöst werden kann und eine selbständige Prüfung gestattet. Nach den gegebenen Umständen war aber nicht ausgeschlossen, daß der Jugendrichter deshalb auf eine Gefängnisstrafe er­ kannt hatte, weil er die Aussetzung der Vollstreckung für zulässig hielt. Bei einem solchen Zusammenhang ergriff die Nichtigkeitsbeschwerde den Strafausspruch in seinem ganzen Umfang. (II, 29. Mai 1941.) Amtl. Sammlg. S. 321—322. Vgl. Bd. 58 S. 238; Bd. 73 S. 81; IW. 1936 S. 3457. 98. Amtsgewalt. (OstStG. § 101.) Ein durch Hand­ schlag verpflichteter Postfacharbeiter eignete sich Pakete an, die er zur Behandlung übertragen erhalten hatte. Er wurde wegen Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt verurteilt. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Nicht jede von einem Beamten in Schädigungsabsicht be­ gangene Verletzung seiner Dienstpflichten bildet dgs mit

schwerer Strafe bedrohte Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt. Unter Gewalt ist die Staatsgewalt zu ver­ stehen, die der Beamte nach seinem amtlichen Wirkungs­ kreis alZ Organ des Staates auszuüben berufen ist. Der Angeklagte hatte- weder ein von ihm auszuübendes Ho­ heitsrecht des Staates mißbraucht noch auf andere Art als Staatsorgan Rechtshandlungen im Namen des Staa­ tes vorgenommen; er hatte nur bei Verrichtung der ihm obliegenden Arbeit die ihm dadurch gebotene Gelegenheit zur Verübung von Diebstählen benutzt. (VI, 27. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 322-324.

99. Fahrlässige Tötung. Ursächlicher Zusammenhang. Unterlassung. (StGB. §§ 222, 230.) Eine Frau begab sich wegen Unterleibsstörungen in die Behandlung einer Heilpraktikerin. Diese nahm an, daß es sich um ein Nie­ renleiden handle, und gab dementsprechende Anordnungen. In Wirklichkeit lag bei der Frau Gebärmutterkrebs vor. Als sie nach langer Zeit eine Klinik aufsuchte, war es für eine Operation schon zu spät. Sie starb bald nachher. Das Landgericht lehnte die Bestrafung der Heilpraktikerin wegen fahrlässiger Tötung ab, weil es keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit dafür gegeben fand, daß der Tod ohne das schuldhafte Verhalten der Angeklagten nicht oder nicht so früh eingetreten wäre; es verurteilte wegen fahrlässiger Körperverletzung, weil alle Sachverständigen darin übereinstimmten, daß eine Strahlenbehandlung die Verstorbene für längere Zeit beschwerdefrei gemacht hätte. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. In der Recht­ sprechung ist der Grundsatz entwickelt worden, daß die Ursächlichkeit eines schuldhaften Verhaltens für einen schädlichen Erfolg nur dann bejaht werden kann, wenn eine an Gewißheit grenzende Wahrscheinlichkeit dafür be­ steht, daß der Erfolg bei -pflichtmäßigem Verhalten nicht eingetreten wäre. Die Anforderungen an die Bildung der richterlichen Überzeugung dürfen aber nicht überspannt werden. Eine solche Überspannung ist dann gegeben, wenn sich der Richter ohne das Vorliegen vernünftigerweise in Betracht zu ziehender Zweifel von der Feststellung der Täterschaft durch die Vorstellung abhalten läßt, daß ein unbedingt sicheres Wissen der menschlichen Erkenntnis bei ihrer Unvollkommenheit überhaupt verschlossen sei. - Das muß auch für den Nachweis der Ursächlichkeit gelten. Hier RÄE. Strafsachen Bv.

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schwerer Strafe bedrohte Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt. Unter Gewalt ist die Staatsgewalt zu ver­ stehen, die der Beamte nach seinem amtlichen Wirkungs­ kreis alZ Organ des Staates auszuüben berufen ist. Der Angeklagte hatte- weder ein von ihm auszuübendes Ho­ heitsrecht des Staates mißbraucht noch auf andere Art als Staatsorgan Rechtshandlungen im Namen des Staa­ tes vorgenommen; er hatte nur bei Verrichtung der ihm obliegenden Arbeit die ihm dadurch gebotene Gelegenheit zur Verübung von Diebstählen benutzt. (VI, 27. Juni 1941.) Amtl. Sammlg. S. 322-324.

99. Fahrlässige Tötung. Ursächlicher Zusammenhang. Unterlassung. (StGB. §§ 222, 230.) Eine Frau begab sich wegen Unterleibsstörungen in die Behandlung einer Heilpraktikerin. Diese nahm an, daß es sich um ein Nie­ renleiden handle, und gab dementsprechende Anordnungen. In Wirklichkeit lag bei der Frau Gebärmutterkrebs vor. Als sie nach langer Zeit eine Klinik aufsuchte, war es für eine Operation schon zu spät. Sie starb bald nachher. Das Landgericht lehnte die Bestrafung der Heilpraktikerin wegen fahrlässiger Tötung ab, weil es keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit dafür gegeben fand, daß der Tod ohne das schuldhafte Verhalten der Angeklagten nicht oder nicht so früh eingetreten wäre; es verurteilte wegen fahrlässiger Körperverletzung, weil alle Sachverständigen darin übereinstimmten, daß eine Strahlenbehandlung die Verstorbene für längere Zeit beschwerdefrei gemacht hätte. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. In der Recht­ sprechung ist der Grundsatz entwickelt worden, daß die Ursächlichkeit eines schuldhaften Verhaltens für einen schädlichen Erfolg nur dann bejaht werden kann, wenn eine an Gewißheit grenzende Wahrscheinlichkeit dafür be­ steht, daß der Erfolg bei -pflichtmäßigem Verhalten nicht eingetreten wäre. Die Anforderungen an die Bildung der richterlichen Überzeugung dürfen aber nicht überspannt werden. Eine solche Überspannung ist dann gegeben, wenn sich der Richter ohne das Vorliegen vernünftigerweise in Betracht zu ziehender Zweifel von der Feststellung der Täterschaft durch die Vorstellung abhalten läßt, daß ein unbedingt sicheres Wissen der menschlichen Erkenntnis bei ihrer Unvollkommenheit überhaupt verschlossen sei. - Das muß auch für den Nachweis der Ursächlichkeit gelten. Hier RÄE. Strafsachen Bv.

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kommen noch weitere Besonderheiten in Betracht. Wäh­ rend es sich bei der Feststellung der Täterschaft als solcher um die Ermittlung eines der geschichtlichen Wirk­ lichkeit angehörenden Ereignisses handelt, hat der Tat­ richter der Entscheidung über die Ursächlichkeit eines Un­ terlassens den Vergleich des wirklichen Verlaufs der Ge­ schehnisse mit einem nur gedachten Verlauf zugrunde zu legen, nämlich mit dem, der eingetreten wäre, wenn der Täter die unterlassene Handlung vorgenommen und diese weiter gewirkt hätte. Eine annähernd sichere Ermittlung dieses nicht in die geschichtliche Wirklichkeit eingetretenen und aus ihr nicht abzulesenden Verlaufs ist meist ungleich schwieriger und ost nur im Sinn einer größeren oder ge­ ringeren Wahrscheinlichkeit möglich, namentlich, wie im vorliegenden Falle, beim Verlauf einer Krankheit, bei der eine Mehrheit schwer abzuschätzender Ursachen den Gang der Dinge mitbestimmt. Würde sich hier der Tatrichter nicht mit einer der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechenden hohen.Wahrscheinlichkeit begnügen dürfen, vielmehr das Erfordernis der an Gewißheit grenzenden Wahrscheinlich­ keit dahin verstehen, daß jeder mögliche Zweifel der Ver­ urteilung im Wege stände, so würde das weder mit den Bedürfnissen einer wirksamen Strafrechtspflege noch mit gesundem Rechts- und Volksempfinden in Einklang zu bringen sein. Während nämlich mit der Täterschaft als solcher naturgemäß die Strafwürdigkeit des Angeklagten steht und fällt und deshalb auch der leiseste Zweifel, so­ fern er nicht unberechtigt ist, den Richter von der Verur­ teilung abzuhalten hat, liegen hier die Dinge hinsichtlich der Strafwürdigkeit anders. Sie wird durch so feine Un­ terschiede, wie sie zwischen großer, größter und an Sicher­ heit grenzender Wahrscheinlichkeit möglich sind, nach ge­ sundem Rechts- und Volksempfinden nicht berührt; dieses wird es vielmehr durchaus in der Ordnung finden und verlangen, daß ein Angeklagter, der fahrlässig eine Ret­ tungsmöglichkeit verschüttet hat, auch für den eingetre­ tenen Erfolg haftbar gemacht wird, wenn eine nach allge­ meiner Lebenserfahrung wohlbegründete Wahrscheinlich­ keit dafür besteht, daß sein schuldhaftes Verhalten den Erfolg auch tatsächlich herbeigeführt hat. Ob es nicht sachdienlicher wäre, statt der Wendung, es müsse eine an Gewißheit grenzende Wahrscheinlichkeit festgestellt werden,

zu sagen, es müsse eine der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechende Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, ließ das Reichsgericht dahingestellt; es erklärte aber, in der Sache bestehe zwischen den beiden Fassungen insofern kein Unterschied, als der Tatrichter nach freier richterlicher Be­ weiswürdigung unter Berücksichtigung der Besonderhei­ ten des einzelnen Falles die Überzeugung von der Ursäch­ lichkeit des pflichtwidrigen Verhaltens für den eingetrete­ nen Erfolg gewinnen muß, um zur Verurteilung zu ge­ langen. War schon nicht zu erkennen, worin das Land­ gericht begrifflich den Unterschied zwischen größter und an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fand, so fehlte es noch mehr an einer Darlegung der tatsächlichen Um­ stände, auf Grund deren es sich gegenüber den auf den vorliegenden Fall gerichteten Gutachten der Sachverstän­ digen gehindert sah, festzustellen, daß das Verhalten der Angeklagten für den verfrühten Tod der Frau ursächlich gewesen sei. (IV, 8. August 1941.) Amtl. Sammlg. S. 324—328. Vgl. Bd. 51 S. 127; Bd. 58 S- 130; Bd. 61 S. 202; Bd. 66 S. 163; Bd. 75 S. 50. 100. Arbeitsdienst. Erzieher. (StGB. § 174.) Ein Bauer, dem eine 17 jährige Arbeitsmaid zur Arbeits­ leistung zugewiesen war, suchte diese zum Geschlechtsver­ kehr zu verführen. Auf ihr Verlangen wurde sie aus der Stelle abberufen. Der Bauer wurde wegen versuchten Verbrechens wider die Sittlichkeit verurteilt aus Grund der Annahme, daß er gegenüber dem Mädchen als Erzieher anzusehen gewesen sei. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Die Arbeitsdienstpslicht dient in besonderem Maße der Erziehung aller jungen Deutschen. Durch sie soll die deutsche Jugend im Geiste des Nationalsozialis­ mus zur Volksgemeinschaft und zur richtigen Arbeitsauf­ fassung, vor allem zu gebührender Achtung der Hand­ arbeit erzogen werden. Diese Erziehungsaufgabe wird so­ wohl durch das kameradschaftliche Gemeinschaftsleben und durch die Erziehungsarbeit im Arbeitsdienst als durch die Arbeit am Boden selbst erfüllt. Demgemäß ist schon der Führer eines Lagers des freiwilligen Arbeitsdienstes als Erzieher angesehen worden, weil er die gesamte Er­ ziehung, soweit sie dem Zweck des Arbeitsdienstes gewid­ met war, zu leiten hatte. Die Einführung der Arbeits8*

zu sagen, es müsse eine der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechende Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, ließ das Reichsgericht dahingestellt; es erklärte aber, in der Sache bestehe zwischen den beiden Fassungen insofern kein Unterschied, als der Tatrichter nach freier richterlicher Be­ weiswürdigung unter Berücksichtigung der Besonderhei­ ten des einzelnen Falles die Überzeugung von der Ursäch­ lichkeit des pflichtwidrigen Verhaltens für den eingetrete­ nen Erfolg gewinnen muß, um zur Verurteilung zu ge­ langen. War schon nicht zu erkennen, worin das Land­ gericht begrifflich den Unterschied zwischen größter und an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fand, so fehlte es noch mehr an einer Darlegung der tatsächlichen Um­ stände, auf Grund deren es sich gegenüber den auf den vorliegenden Fall gerichteten Gutachten der Sachverstän­ digen gehindert sah, festzustellen, daß das Verhalten der Angeklagten für den verfrühten Tod der Frau ursächlich gewesen sei. (IV, 8. August 1941.) Amtl. Sammlg. S. 324—328. Vgl. Bd. 51 S. 127; Bd. 58 S- 130; Bd. 61 S. 202; Bd. 66 S. 163; Bd. 75 S. 50. 100. Arbeitsdienst. Erzieher. (StGB. § 174.) Ein Bauer, dem eine 17 jährige Arbeitsmaid zur Arbeits­ leistung zugewiesen war, suchte diese zum Geschlechtsver­ kehr zu verführen. Auf ihr Verlangen wurde sie aus der Stelle abberufen. Der Bauer wurde wegen versuchten Verbrechens wider die Sittlichkeit verurteilt aus Grund der Annahme, daß er gegenüber dem Mädchen als Erzieher anzusehen gewesen sei. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Die Arbeitsdienstpslicht dient in besonderem Maße der Erziehung aller jungen Deutschen. Durch sie soll die deutsche Jugend im Geiste des Nationalsozialis­ mus zur Volksgemeinschaft und zur richtigen Arbeitsauf­ fassung, vor allem zu gebührender Achtung der Hand­ arbeit erzogen werden. Diese Erziehungsaufgabe wird so­ wohl durch das kameradschaftliche Gemeinschaftsleben und durch die Erziehungsarbeit im Arbeitsdienst als durch die Arbeit am Boden selbst erfüllt. Demgemäß ist schon der Führer eines Lagers des freiwilligen Arbeitsdienstes als Erzieher angesehen worden, weil er die gesamte Er­ ziehung, soweit sie dem Zweck des Arbeitsdienstes gewid­ met war, zu leiten hatte. Die Einführung der Arbeits8*

dienstpslicht hat diese Grundsätze bestätigt und verstärkt. Das Landgericht hatte demgemäß neben der Lagerleiterin auch den Bauern als Erzieher angesehen auf Grund der Annahme, daß ihm durch Zuteilung der Maid von der Lagerleiterin eine Erziehungsgewalt übertragen Warden sei. Diese Annahme erklärte das Reichsgericht für nicht genügend begründet. Die Arbeitsmaid steht im Dienst des Reiches und ist ausschließlich ihren Arbeitsdienstvor­ gesetzten unterstellt. Der Betriebsführer, dem sie zuge­ teilt wird, gibt lediglich die Anweisungen an die einzelnen Arbeitskräfte und trägt die Verantwortung für die Durch­ führung der Arbeit; zur Erteilung von Zurechtweisungen und Rügen ist er nicht befugt. Dem Bauern wird die ein­ zelne Arbeitsmaid auf Grund eines Einsatzplanes zuge­ wiesen. Der Zweck ihres Einsatzes ist, dem Bauern zu helfen und sie durch die Arbeitsleistung als solche zur Achtung vor der Handarbeit, zur Pünktlichkeit, Ausdauer und zum Pflichtbewußtsein zu erziehen. Es besteht kein Unterordnungsverhältnis irgendwelcher Art unter den Bauern, abgesehen davon, daß er die Durchführung der Arbeiten anzuordnen hat. Bei dieser Gestaltung der gegenseitigen Beziehungen ist dem Bauern keine Erziehnngsaufgabe gegenüber der Maid gestellt. Die Ver­ hältnisse liegen hier ganz anders als beim Dienst im hauswirtschaftlichen Jahr und im Pflichtjahr. Es fehlt insbesondere, daß die Maid in den Haushalt des Bauern ausgenommen wird und bei ihm wohnt. Daher kann auch nicht davon gesprochen werden, daß der Bauer nach ge­ sundem Volksempfinden für die gesamte Lebensführung der ihm zugeteilten Maid verantwortlich sei. An diesem Merkmal der Erziehereigenschaft ist aber in ständiger Rechtsprechung festgehalten worden. Die Zuteilung geschieht unter dem Gesichtspunkt des notwendigen Arbeitsein­ satzes; auf eine Erziehereigenschast des Bauern wird keine ausschlaggebende Rücksicht genommen. Die allgemeine und selbstverständliche Pflicht, unzüchtige Annäherungen zu unterlassen, vermag nicht, den Erzieherbegriff mit seinem weitgehenden Inhalt auszufüllen. Es besteht auch kein erhöhtes Schutzbedürfnis, das gebieten könnte, den Bauern als Erzieher anzusehen. Die Arbeitsmaid hat bei ihrer täglichen Rückkehr in das Lager die Möglichkeit, einem unzulässigen Verhalten des Bauern alsbald ent-

gegenzutreten. Auch als Lehrer ist der Bauer nicht anzu­ sehen, da dem Verhältnis das Merkmal einer geistig­ sittlichen Unterordnung fehlt und die Zuweisung nicht zum Erwerb landwirtschaftlicher Kenntnisse, sondern zum Zweck gemeinnütziger Hilfeleistung geschieht. Die allge­ meinen Vorschriften des Strafgesetzbuchs, bei minder schweren Fällen jene über die Beleidigung, gewähren einen ausreichenden strafrechtlichen Schutz. (II, 4. Sep­ tember 1941.) Amtl. Sanimlg. S. 329—332. Vgl. Bd. 68 S. 131; Bd. 71 S. 196, 274; Bd. 72 S. 392; Bd. 74 S. 275. 101. Dolmetscher. Allgemeinvereidigung. (GVG. § 189; VO. zur einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung vom 20. März 1935 § 20.) Ein allgemein vereidigter Dolmetscher gab die Versicherung ab, treu und gewissen­ haft zu übertragen. Das Reichsgericht erklärte das für ungenügend. Zwar ist in Fällen der Allgemeinvereidi­ gung nicht vorgeschrieben, in welcher Form die Bezug­ nahme auf den Eid erfolgen muß; die gewählte. Form muß aber deutlich erkennen lassen, daß der Dolmetscher gerade durch den Eid an die treue und gewissenhafte Übertragung gebunden ist. Der Mangel führte zur Auf­ hebung des Urteils. (IV, 9. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 332—333. Vgl. IW. 1936 S. 464.

102. Beleidigung. Strafantrag. Entsprechende An­ wendung. (StGB. §§ 2, 194.) Ein Lehrer wurde wegen unzüchtiger Handlungen angeklagt, die er an drei Schü­ lerinnen verübt hatte. Verurteilt wurde er wegen Be­ leidigung. Das Urteil wurde aufgehoben, weil kein Straf­ antrag gestellt worden war. Das Landgericht hatte ange­ nommen, daß es eines Strafantrags nicht bedurft habe, weil der Angeklagte die Mädchen nicht nur als Einzelper­ sonen, sondern zugleich in ihrer Eigenschaft als Angehörige der 4hm als Lehrer und Erzieher anvertrauten deutschen Jugend beleidigt habe; es hatte dabei aus die Recht­ sprechung verwiesen, wonach eine nur auf Antrag verfolg­ bare Straftat auch ohne einen solchen Antrag bestraft wer­ den kann, wenn die Verordnung gegen Volksschädlinge auf sie zutrisst. Das erklärte das Reichsgericht für nicht halt­ bar. Im Falle des § 4 VolksSchädlVO. handelt es sich um einen selbständigen Straftatbestand, dessen Versah-

gegenzutreten. Auch als Lehrer ist der Bauer nicht anzu­ sehen, da dem Verhältnis das Merkmal einer geistig­ sittlichen Unterordnung fehlt und die Zuweisung nicht zum Erwerb landwirtschaftlicher Kenntnisse, sondern zum Zweck gemeinnütziger Hilfeleistung geschieht. Die allge­ meinen Vorschriften des Strafgesetzbuchs, bei minder schweren Fällen jene über die Beleidigung, gewähren einen ausreichenden strafrechtlichen Schutz. (II, 4. Sep­ tember 1941.) Amtl. Sanimlg. S. 329—332. Vgl. Bd. 68 S. 131; Bd. 71 S. 196, 274; Bd. 72 S. 392; Bd. 74 S. 275. 101. Dolmetscher. Allgemeinvereidigung. (GVG. § 189; VO. zur einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung vom 20. März 1935 § 20.) Ein allgemein vereidigter Dolmetscher gab die Versicherung ab, treu und gewissen­ haft zu übertragen. Das Reichsgericht erklärte das für ungenügend. Zwar ist in Fällen der Allgemeinvereidi­ gung nicht vorgeschrieben, in welcher Form die Bezug­ nahme auf den Eid erfolgen muß; die gewählte. Form muß aber deutlich erkennen lassen, daß der Dolmetscher gerade durch den Eid an die treue und gewissenhafte Übertragung gebunden ist. Der Mangel führte zur Auf­ hebung des Urteils. (IV, 9. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 332—333. Vgl. IW. 1936 S. 464.

102. Beleidigung. Strafantrag. Entsprechende An­ wendung. (StGB. §§ 2, 194.) Ein Lehrer wurde wegen unzüchtiger Handlungen angeklagt, die er an drei Schü­ lerinnen verübt hatte. Verurteilt wurde er wegen Be­ leidigung. Das Urteil wurde aufgehoben, weil kein Straf­ antrag gestellt worden war. Das Landgericht hatte ange­ nommen, daß es eines Strafantrags nicht bedurft habe, weil der Angeklagte die Mädchen nicht nur als Einzelper­ sonen, sondern zugleich in ihrer Eigenschaft als Angehörige der 4hm als Lehrer und Erzieher anvertrauten deutschen Jugend beleidigt habe; es hatte dabei aus die Recht­ sprechung verwiesen, wonach eine nur auf Antrag verfolg­ bare Straftat auch ohne einen solchen Antrag bestraft wer­ den kann, wenn die Verordnung gegen Volksschädlinge auf sie zutrisst. Das erklärte das Reichsgericht für nicht halt­ bar. Im Falle des § 4 VolksSchädlVO. handelt es sich um einen selbständigen Straftatbestand, dessen Versah-

gegenzutreten. Auch als Lehrer ist der Bauer nicht anzu­ sehen, da dem Verhältnis das Merkmal einer geistig­ sittlichen Unterordnung fehlt und die Zuweisung nicht zum Erwerb landwirtschaftlicher Kenntnisse, sondern zum Zweck gemeinnütziger Hilfeleistung geschieht. Die allge­ meinen Vorschriften des Strafgesetzbuchs, bei minder schweren Fällen jene über die Beleidigung, gewähren einen ausreichenden strafrechtlichen Schutz. (II, 4. Sep­ tember 1941.) Amtl. Sanimlg. S. 329—332. Vgl. Bd. 68 S. 131; Bd. 71 S. 196, 274; Bd. 72 S. 392; Bd. 74 S. 275. 101. Dolmetscher. Allgemeinvereidigung. (GVG. § 189; VO. zur einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung vom 20. März 1935 § 20.) Ein allgemein vereidigter Dolmetscher gab die Versicherung ab, treu und gewissen­ haft zu übertragen. Das Reichsgericht erklärte das für ungenügend. Zwar ist in Fällen der Allgemeinvereidi­ gung nicht vorgeschrieben, in welcher Form die Bezug­ nahme auf den Eid erfolgen muß; die gewählte. Form muß aber deutlich erkennen lassen, daß der Dolmetscher gerade durch den Eid an die treue und gewissenhafte Übertragung gebunden ist. Der Mangel führte zur Auf­ hebung des Urteils. (IV, 9. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 332—333. Vgl. IW. 1936 S. 464.

102. Beleidigung. Strafantrag. Entsprechende An­ wendung. (StGB. §§ 2, 194.) Ein Lehrer wurde wegen unzüchtiger Handlungen angeklagt, die er an drei Schü­ lerinnen verübt hatte. Verurteilt wurde er wegen Be­ leidigung. Das Urteil wurde aufgehoben, weil kein Straf­ antrag gestellt worden war. Das Landgericht hatte ange­ nommen, daß es eines Strafantrags nicht bedurft habe, weil der Angeklagte die Mädchen nicht nur als Einzelper­ sonen, sondern zugleich in ihrer Eigenschaft als Angehörige der 4hm als Lehrer und Erzieher anvertrauten deutschen Jugend beleidigt habe; es hatte dabei aus die Recht­ sprechung verwiesen, wonach eine nur auf Antrag verfolg­ bare Straftat auch ohne einen solchen Antrag bestraft wer­ den kann, wenn die Verordnung gegen Volksschädlinge auf sie zutrisst. Das erklärte das Reichsgericht für nicht halt­ bar. Im Falle des § 4 VolksSchädlVO. handelt es sich um einen selbständigen Straftatbestand, dessen Versah-

rensvoraussetzungen unter eigenen Regeln stehen, wäh­ rend für eine Bestrafung wegen Beleidigung ausnahmslos ein Strafantrag verlangt ist. Für eine entsprechende An­ wendung eines Strafgesetzes ist nur dann Raum, wenn dadurch eine ungewollte Lücke des Gesetzes geschlossen werden kann, nicht aber, wenn der Gesetzgeber selbst der Anwendung einer Strafbestimmung Grenzen gezogen hat, deren Überschreitung er nicht wünscht. (I, 16. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 333 -334. Vgl. Bd. 74 S. 358.

103. Geldhortung. Einziehung. Gewinnsucht. Ent­ sprechende Anwendung. (StGB. §§ 27 a, 40; KriegsWirtschVO. § 1.) Wegen Geldhortung wurde auf eine Freiheitsstrafe erkannt. Die Staatsanwaltschaft legte Revision ein, weil nicht auch auf eine Geldstrafe und auf Einziehung erkannt worden war. Das Reichsgericht er­ klärte die Einziehung für unzulässig. Das zurückbehal­ tene Geld war weder durch die Geldhortung hervorgebracht noch zur Begehung des Vergehens der Geldhortung gebraucht oder bestimmt, sondern nur Gegenstand der Geldhortung. Nach ständiger Rechtsprechung sind auch ge­ stohlene und geschmuggelte Sachen nicht durch diese Taten hervorgebracht oder zu ihrer Begehung bestimmt, sondern nur deren Gegenstand. In der Einschränkung der Anwend­ barkeit der Vorschrift über Einziehung liegt eine vom Gesetz deutlich zum Ausdruck gebrachte Grenzziehung, so daß für eine entsprechende Anwendung des § 40 StGB, kein Raum bleibt; ob die entsprechende Anwendung von Vorschriften des allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs überhaupt zulässig ist, ließ das Reichsgericht dahingestellt. Dagegen hätte eine Geldstrafe ausgesprochen werden können. Der Angeklagte hatte, indem er dem von. der Kriegswirtschaftsverordnung ausgestellten Verbot der Geldhortung zuwiderhandelte, in einer sittlich anstößigen Weise nach eigenem Gewinn getrachtet, also aus Gewinn­ sucht gehandelt. (V, 22. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 334—336. Vgl. Bd. 60 S. 306, 390.

104. Verbrauchsregelung.

Tateinheit.

Einziehung.

(StGB. §§ 40, 73; KriegswirtschVO. § 1.) Ein Versiche­ rungsbeamter bezog von der Angestellten eines Spinn­ stoffwarengeschäfts solche Waren, besonders Damen-

rensvoraussetzungen unter eigenen Regeln stehen, wäh­ rend für eine Bestrafung wegen Beleidigung ausnahmslos ein Strafantrag verlangt ist. Für eine entsprechende An­ wendung eines Strafgesetzes ist nur dann Raum, wenn dadurch eine ungewollte Lücke des Gesetzes geschlossen werden kann, nicht aber, wenn der Gesetzgeber selbst der Anwendung einer Strafbestimmung Grenzen gezogen hat, deren Überschreitung er nicht wünscht. (I, 16. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 333 -334. Vgl. Bd. 74 S. 358.

103. Geldhortung. Einziehung. Gewinnsucht. Ent­ sprechende Anwendung. (StGB. §§ 27 a, 40; KriegsWirtschVO. § 1.) Wegen Geldhortung wurde auf eine Freiheitsstrafe erkannt. Die Staatsanwaltschaft legte Revision ein, weil nicht auch auf eine Geldstrafe und auf Einziehung erkannt worden war. Das Reichsgericht er­ klärte die Einziehung für unzulässig. Das zurückbehal­ tene Geld war weder durch die Geldhortung hervorgebracht noch zur Begehung des Vergehens der Geldhortung gebraucht oder bestimmt, sondern nur Gegenstand der Geldhortung. Nach ständiger Rechtsprechung sind auch ge­ stohlene und geschmuggelte Sachen nicht durch diese Taten hervorgebracht oder zu ihrer Begehung bestimmt, sondern nur deren Gegenstand. In der Einschränkung der Anwend­ barkeit der Vorschrift über Einziehung liegt eine vom Gesetz deutlich zum Ausdruck gebrachte Grenzziehung, so daß für eine entsprechende Anwendung des § 40 StGB, kein Raum bleibt; ob die entsprechende Anwendung von Vorschriften des allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs überhaupt zulässig ist, ließ das Reichsgericht dahingestellt. Dagegen hätte eine Geldstrafe ausgesprochen werden können. Der Angeklagte hatte, indem er dem von. der Kriegswirtschaftsverordnung ausgestellten Verbot der Geldhortung zuwiderhandelte, in einer sittlich anstößigen Weise nach eigenem Gewinn getrachtet, also aus Gewinn­ sucht gehandelt. (V, 22. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 334—336. Vgl. Bd. 60 S. 306, 390.

104. Verbrauchsregelung.

Tateinheit.

Einziehung.

(StGB. §§ 40, 73; KriegswirtschVO. § 1.) Ein Versiche­ rungsbeamter bezog von der Angestellten eines Spinn­ stoffwarengeschäfts solche Waren, besonders Damen-

rensvoraussetzungen unter eigenen Regeln stehen, wäh­ rend für eine Bestrafung wegen Beleidigung ausnahmslos ein Strafantrag verlangt ist. Für eine entsprechende An­ wendung eines Strafgesetzes ist nur dann Raum, wenn dadurch eine ungewollte Lücke des Gesetzes geschlossen werden kann, nicht aber, wenn der Gesetzgeber selbst der Anwendung einer Strafbestimmung Grenzen gezogen hat, deren Überschreitung er nicht wünscht. (I, 16. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 333 -334. Vgl. Bd. 74 S. 358.

103. Geldhortung. Einziehung. Gewinnsucht. Ent­ sprechende Anwendung. (StGB. §§ 27 a, 40; KriegsWirtschVO. § 1.) Wegen Geldhortung wurde auf eine Freiheitsstrafe erkannt. Die Staatsanwaltschaft legte Revision ein, weil nicht auch auf eine Geldstrafe und auf Einziehung erkannt worden war. Das Reichsgericht er­ klärte die Einziehung für unzulässig. Das zurückbehal­ tene Geld war weder durch die Geldhortung hervorgebracht noch zur Begehung des Vergehens der Geldhortung gebraucht oder bestimmt, sondern nur Gegenstand der Geldhortung. Nach ständiger Rechtsprechung sind auch ge­ stohlene und geschmuggelte Sachen nicht durch diese Taten hervorgebracht oder zu ihrer Begehung bestimmt, sondern nur deren Gegenstand. In der Einschränkung der Anwend­ barkeit der Vorschrift über Einziehung liegt eine vom Gesetz deutlich zum Ausdruck gebrachte Grenzziehung, so daß für eine entsprechende Anwendung des § 40 StGB, kein Raum bleibt; ob die entsprechende Anwendung von Vorschriften des allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs überhaupt zulässig ist, ließ das Reichsgericht dahingestellt. Dagegen hätte eine Geldstrafe ausgesprochen werden können. Der Angeklagte hatte, indem er dem von. der Kriegswirtschaftsverordnung ausgestellten Verbot der Geldhortung zuwiderhandelte, in einer sittlich anstößigen Weise nach eigenem Gewinn getrachtet, also aus Gewinn­ sucht gehandelt. (V, 22. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 334—336. Vgl. Bd. 60 S. 306, 390.

104. Verbrauchsregelung.

Tateinheit.

Einziehung.

(StGB. §§ 40, 73; KriegswirtschVO. § 1.) Ein Versiche­ rungsbeamter bezog von der Angestellten eines Spinn­ stoffwarengeschäfts solche Waren, besonders Damen-

strümpfe, ohne eine Bescheinigung über seine Bezugsbe­ rechtigung. Die Waren gab er an Gewerbetreibende ab, die ihm, ebenfalls ohne eine Bescheinigung über seine Bezugsberechtigung, teils Schuhwaren, teils Anzugs­ stoffe, teils Fleischwaren überließen. Die Schuhwaren und Anzugsstoffe gab er zum Teil an einen Kaufmann, der ihm dafür Tabakwaren abgab, zum Teil an einen Friseur, der ihm Seife ohne Ausweis verkaufte. Er wurde wegen eines Verbrechens gegen die Kriegswirtschaftsverordnung verurteilt; ein Teil' der bei ihm beschlagnahmten Sachen wurde eingezogen, ebenso verschiedene Sachen, die hei den Personen sichergestellt waren, mit denen der Angeklagte Tauschgeschäfte gemacht hatte. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück. Mit Recht hatte das Landgericht ange­ nommen, daß der Angeklagte die Sachen, die er ohne Be­ zugsnachweis erworben hatte, beiseitegeschafft hatte. Im Sinne der Kriegswirtschaftsverordnung schafft Rohstoffe oder Erzeugnisse beiseite, wer sie dem ordnungsmäßigen Verkehr und bestimmungsgemäßen Verbrauch oder, wenn es sich um öffentlich bewirtschaftete Sachen handelt, dem geregelten Verkehr und Verbrauch dauernd entzieht. Der zweite Fall liegt vor, wenn öffentlich bewirtschaftete Er­ zeugnisse entgegen der Bezugsbeschränkung ohne Bezugs­ berechtigung bezogen oder abgegeben werden. Das Bei­ seiteschaffen liegt dann darin, daß die Erzeugnisse aus dem für die Deckung des Bedarfs der Bevölkerung vorge­ sehenen Verteilungsgange herausgenommen werden. Das traf für die Spinnstoffwaren, Schuhwaren, Fleischwaren und die Seife zu, die der Angeklagte als Verbraucher ohne Bezugsberechtigung bezogen hatte (VO. zur vorläufigen Sicherstellung des lebenswichtigen Bedarfs des deutschen Volkes vom 27. August 1939 § 1; 3. DurchfVO. vom 27. August 1939 § 1; 4. DurchfVO. vom 27. August 1939 § 1; VO. über die Verbrauchsregetung für Spinnstoff­ waren vom 14. November 1939 § 1; VO. über die öffent­ liche Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen vom 27. August 1939 § 11; VO. über die Verbrauchs­ regelung für Seifenerzeugnisse vom 23. September 1939 § 1). Es machte keinen Unterschied, ob der Angeklagte diese Sachen selbst verbrauchte oder sie gegen andere be­ zugsbeschränkte oder schwer erhältliche Sachen unltauschte; auch die Weitergabe im Tauschwege kann das Merkmal

deD Beiseiteschaffens erfüllen. Das Landgericht hatte das auch chei den Tabakwaren angenommen, weil der Ange­ klagte sie ohne Eintragung in die Kundenliste erhalten hatte. Dieser Auffassung trat das Reichsgericht entgegen. In der in Betracht kommenden Zeit war der Bezug von Tabakwaren frei, nicht an den amtlichen Nachweis einer Bezugsberechtigung gebunden. Soweit damals Kunden­ listen geführt wurden, hatten sie nicht die Bedeutung eines solchen Nachweises; wer solche Waren bezog, ohne einge­ tragener Kunde des Lieferers zu (ein, entzog sie nicht ordnungswidrig dem Verkehr. Daran wurde auch nichts geändert, wenn der Angeklagte diese Waren zu Tausch­ zwecken bezog. Rechtswidrig war es auch, wenn das Landgericht Sachen als beiseitegeschafft ansah, die der An­ geklagte schon vor Ausbruch des Krieges bezogen hatte. Der Angeklagte war nicht verpflichtet, solche Sachen ab­ zuliefern oder-anzumelden; lediglich in ihrer Aufbewah­ rung nach dem Erlaß der Kriegswirtschaftsverordnung, sei es zum eigenen Verbrauch, sei es zu Tauschzwecken, lag kein Verstoß gegen die Verordnung. Soweit es sich um Erzeugnisse handelte, die schon vor dem Inkrafttreten der Kriegswirtschastsverordnung gemäß der Verordnung zur vorläufigen Sicherstellung des lebenswichtigen Be­ darfs des deutschen Volkes vom 27. August 1939 bezugs­ beschränkt waren, fehlte es für ein Einschreiten auf Grund dieser Verordnung an dem hiefür erforderlichen Antrag der Verwaltungsbehörde. Das Landgericht hatte auch nicht geprüft, ob bei den Handlungen des Angeklagten nicht tateinheitliches Zusammentreffen mit Verletzungen der zur Sicherung des Verbrauchs erlassenen Vorschrif­ ten vorlag. (VO. über die öffentliche Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen vom 27. August 1939 §§ 11, 34; VO. über die Verbrauchsregelung für lebenswichtige gewerbliche Erzeugnisse vom 14. November 1939 § 12; Verbrauchsregelungsstrafverordnung vom 6. April 1940 § 2). Die Einziehung hatte das Landgericht auf § 40 StGB, gestützt. Das war nicht gerechtfertigt. Die eingezogenen Sachen waren weder durch ein vor­ sätzliches Verbrechen oder Vergehen hervorgebracht noch zur Begehung eines solchen Verbrechens oder Vergehens gebraucht. Eine Bestimmung zu diesem Zweck hätte ange­ nommen werden können, wenn der Angeklagte entweder

diesen Tatbestand durch die Weitergabe der Sachen im Tauschwege schon zu verwirklichen gesucht hätte oder wenn er sie angeschasft hätte, um ein durch ihren Erwerb be­ gonnenes Verbrechen gegen die Kriegswirtjchaftsverordnung demnächst durch ihre Weitergabe fortzusetzen. Für die erste Annahme bot das angefochtene Urteil keine Stütze; für die zweite fehlten zureichende Feststellungen. Soweit Sachen eingezogen wurden, die bei anderen Per­ sonen sichergestellt waren, war dem Urteil nicht zu ent­ nehmen, ob es sich um Mitschuldige des Angeklagten ge­ handelt hatte. § 8 VerbrRegStrVO. läßt allerdings die Einziehung von Erzeugnissen, auf die sich die strafbare Handlung bezieht, ohne Rücksicht auf die Eigentumsver­ hältnisse zu. Die Möglichkeit der Einziehung neben der Strafe ist auch in der VO. über den Warenverkehr vonl 12. August 1939 § 12, in der VO. über die öffentliche Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen vom 27. August 1939 § 34, in der VO. über die Verbrauchs­ regelung für lebenswichtige gewerbliche Erzeugnisse vom 14. November 1939 •§ 14 vorgesehen. Auf Einziehung nach diesen Vorschriften kann auch bei tateinheitlichem Zusammentreffen von Zuwiderhandlungen gegen sie mit einem Verbrechen gegen die Kriegswirtschaftsverorduung erkannt werden. Eine Einziehung gegenüber Personen, die am Strafverfahren nicht beteiligt sind, wäre aber hienüch unstatthaft. (III, 22. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 336—341. Vgl. Bd. 73 S. 148; Bd. 74 S. 287; Bd. 75 S. 25, 129, 134. 105. Körperverletzung. Strafantrag. (StGB. §§ 223, 232.) Das Verfahren war wegen Verbrechen wider die Sittlichkeit in Tateinheit mit gefährlicher Körperver­ letzung eröffnet worden; das Landgericht hatte aber nur einfache Körperverletzung für gegeben erachtet und das Verfahren mangels Strafantrags eingestellt. Das Reichs­ gericht verwies die Sache zurück. Wenn auch ein Straf­ antrag nicht vorlag, hatte die Staatsanwaltschaft durch die Erhebung der Anklage ihre Meinung deutlich zu er­ kennen gegeben, daß die Strafverfolgung notwendig fei. In einem solchen Falle muß, solange die Strasverfolgungsbehörde nicht das Gegenteil erklärt, angenommen werden, daß sie die Strafverfolgung von Amts wegen

diesen Tatbestand durch die Weitergabe der Sachen im Tauschwege schon zu verwirklichen gesucht hätte oder wenn er sie angeschasft hätte, um ein durch ihren Erwerb be­ gonnenes Verbrechen gegen die Kriegswirtjchaftsverordnung demnächst durch ihre Weitergabe fortzusetzen. Für die erste Annahme bot das angefochtene Urteil keine Stütze; für die zweite fehlten zureichende Feststellungen. Soweit Sachen eingezogen wurden, die bei anderen Per­ sonen sichergestellt waren, war dem Urteil nicht zu ent­ nehmen, ob es sich um Mitschuldige des Angeklagten ge­ handelt hatte. § 8 VerbrRegStrVO. läßt allerdings die Einziehung von Erzeugnissen, auf die sich die strafbare Handlung bezieht, ohne Rücksicht auf die Eigentumsver­ hältnisse zu. Die Möglichkeit der Einziehung neben der Strafe ist auch in der VO. über den Warenverkehr vonl 12. August 1939 § 12, in der VO. über die öffentliche Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen vom 27. August 1939 § 34, in der VO. über die Verbrauchs­ regelung für lebenswichtige gewerbliche Erzeugnisse vom 14. November 1939 •§ 14 vorgesehen. Auf Einziehung nach diesen Vorschriften kann auch bei tateinheitlichem Zusammentreffen von Zuwiderhandlungen gegen sie mit einem Verbrechen gegen die Kriegswirtschaftsverorduung erkannt werden. Eine Einziehung gegenüber Personen, die am Strafverfahren nicht beteiligt sind, wäre aber hienüch unstatthaft. (III, 22. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 336—341. Vgl. Bd. 73 S. 148; Bd. 74 S. 287; Bd. 75 S. 25, 129, 134. 105. Körperverletzung. Strafantrag. (StGB. §§ 223, 232.) Das Verfahren war wegen Verbrechen wider die Sittlichkeit in Tateinheit mit gefährlicher Körperver­ letzung eröffnet worden; das Landgericht hatte aber nur einfache Körperverletzung für gegeben erachtet und das Verfahren mangels Strafantrags eingestellt. Das Reichs­ gericht verwies die Sache zurück. Wenn auch ein Straf­ antrag nicht vorlag, hatte die Staatsanwaltschaft durch die Erhebung der Anklage ihre Meinung deutlich zu er­ kennen gegeben, daß die Strafverfolgung notwendig fei. In einem solchen Falle muß, solange die Strasverfolgungsbehörde nicht das Gegenteil erklärt, angenommen werden, daß sie die Strafverfolgung von Amts wegen

auch dann für geboten erachtet, wenn das Gericht nur ein milderes Strafgesetz für anwendbar hält als die An­ klage. (I, 23. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 341—342.

106.

Ostgebiete.

Rückfall.

Gewohnheitsverbrecher.

(StGB. § 20 a; VO. über fcie Einführung des deutschen Strafrechts in den Ostgebieten vom 6. Juni 1940 §§ 7, 17.) Ein Volldeutscher, der bis zum Herbst 1939 im Re­ gierungsbezirk Kattowitz wohnte, beging dort mehrere Be­ trügereien. Er wurde als gefährlicher Gewohnheitsver­ brecher wegen Rückfallbetrugs in drei Fällen zu Zuchthaus verurteilt. Das Reichsgericht hob das Urteil im Straf­ ausspruch auf. Mit Recht war auf die Straftaten des Angeklagten deutsches Recht angewendet worden; für die Anwendung der Vorschrift über Gewohnheitsverbrecher (StGB. § 20 a) ist aber eine besondere Regelung getroffen. Aus dem Urteil war nicht klar zu ersehen, welche von den früheren Verurteilungen des Angeklagten es zur Begrün­ dung des Rückfalls herangezogen hatte. Verurteilungen, die nichtdeutsche Gerichte der angegliederten Ostgebiete ausgesprochen, haben, stehen für die Frage des Rückfalls inländischen Urteilen gleich, wenn die deutsche Staats­ anwaltschaft die Vollstreckung angeordnet hat; in anderen Fällen entscheidet das Ermessen des Gerichts darüber, wieweit solche Urteile den Rückfall begründen. Unrichtig war auch, daß das Landgericht ohne weiteres die Geltung des § 20 a StGB, für die eingegliederten Ostgebiete an­ genommen hatte. Der Reichsjustizminister hat auf Grund der in der Verordnung vom 6. Junl 1940 erteilten Er­ mächtigung eine Ausführungsvorschrift erlassen, wonach Art. 5 des Gesetzes gegen gefährliche Gewohnheitsver­ brecher in den eingegliederten Ostgebieten mit der Maß­ gabe anzuwenden ist, daß als Stichtag an Stelle des 1. Januar 1934 der 15. Juni 1940 tritt. Davon wird auch die Geltung des § 20 a StGB, berührt, denn eine An­ wendung des Art. 5 GewVerbrG. ist nur dann möglich, wenn § 20 a StGB, keine rückwirkende Kraft über den Stichtag hinaus hat. Demgemäß können in den einge­ gliederten Ostgebieten nur Strafen für Straftaten, die an dem Stichtag oder nach ihm begangen worden sind, nach § 20 a StGB, geschärft werden. (II, 25. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 343—346.

auch dann für geboten erachtet, wenn das Gericht nur ein milderes Strafgesetz für anwendbar hält als die An­ klage. (I, 23. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 341—342.

106.

Ostgebiete.

Rückfall.

Gewohnheitsverbrecher.

(StGB. § 20 a; VO. über fcie Einführung des deutschen Strafrechts in den Ostgebieten vom 6. Juni 1940 §§ 7, 17.) Ein Volldeutscher, der bis zum Herbst 1939 im Re­ gierungsbezirk Kattowitz wohnte, beging dort mehrere Be­ trügereien. Er wurde als gefährlicher Gewohnheitsver­ brecher wegen Rückfallbetrugs in drei Fällen zu Zuchthaus verurteilt. Das Reichsgericht hob das Urteil im Straf­ ausspruch auf. Mit Recht war auf die Straftaten des Angeklagten deutsches Recht angewendet worden; für die Anwendung der Vorschrift über Gewohnheitsverbrecher (StGB. § 20 a) ist aber eine besondere Regelung getroffen. Aus dem Urteil war nicht klar zu ersehen, welche von den früheren Verurteilungen des Angeklagten es zur Begrün­ dung des Rückfalls herangezogen hatte. Verurteilungen, die nichtdeutsche Gerichte der angegliederten Ostgebiete ausgesprochen, haben, stehen für die Frage des Rückfalls inländischen Urteilen gleich, wenn die deutsche Staats­ anwaltschaft die Vollstreckung angeordnet hat; in anderen Fällen entscheidet das Ermessen des Gerichts darüber, wieweit solche Urteile den Rückfall begründen. Unrichtig war auch, daß das Landgericht ohne weiteres die Geltung des § 20 a StGB, für die eingegliederten Ostgebiete an­ genommen hatte. Der Reichsjustizminister hat auf Grund der in der Verordnung vom 6. Junl 1940 erteilten Er­ mächtigung eine Ausführungsvorschrift erlassen, wonach Art. 5 des Gesetzes gegen gefährliche Gewohnheitsver­ brecher in den eingegliederten Ostgebieten mit der Maß­ gabe anzuwenden ist, daß als Stichtag an Stelle des 1. Januar 1934 der 15. Juni 1940 tritt. Davon wird auch die Geltung des § 20 a StGB, berührt, denn eine An­ wendung des Art. 5 GewVerbrG. ist nur dann möglich, wenn § 20 a StGB, keine rückwirkende Kraft über den Stichtag hinaus hat. Demgemäß können in den einge­ gliederten Ostgebieten nur Strafen für Straftaten, die an dem Stichtag oder nach ihm begangen worden sind, nach § 20 a StGB, geschärft werden. (II, 25. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 343—346.

107. Devisenrecht. Bedingte Forderung. Künftige For­ derung. Nichtige Forderung. Anbietungspflicht. (DevG. 1938 §§ 46, 48, 69.) R. hatte von S., der Grundstücke in Brasilien besaß und diese verkaufen wollte, den Auf­ trag erhalten, den Verkauf zu vermitteln. Er trat mit G., der in der Schweiz wohnte, in Verbindung. Es fand eine Zusammenkunft eines Vertreters des G. mit S. statt, an der auch R. teilnahm. Sowohl S. als G. stellten R. für den Fall des Zustandekommens des Kaufs eine Ent­ lohnung in Aussicht, G. eine solche in schweizer Währung. Einige Tage später erfuhr W. von diesen Abmachungen. Er hatte vor, auszuwandern und machte R. den Vor­ schlag, ihm die Forderung gegen G. abzutreten, und zwar in der Weise, daß er G. veranlassen sollte, diese For­ derung an einen in Schottland wohnenden Arzt zu be­ zahlen. G. erklärte sich damit einverstanden. Der Kauf kam nicht zum Abschluß. R. wurde wegen versuchter Ab­ tretung einer Forderung in ausländischer Währung an W., W. wegen versuchten Erwerbs dieser Forderung ver­ urteilt. Das Reichsgericht änderte das Urteil in mehreren Punkten ab. Die für Forderungen aufgestellten devisen­ rechtlichen Vorschriften umfassen auch bedingte Forderun­ gen; künftige Forderungen mindestens in dem Umfang, m dem das bürgerliche Recht ihre Abtretung wegen hin­ reichender Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit zuläßt. Im vorliegenden Falle handelte es sich um die Forderung eines Mäklers auf Mäklerlohn. Diese Forderung war noch nicht, auch nicht bedingt, entstanden, sondern es lag nur die Möglichkeit vor, daß sie künftig entstehen könne. Da aber das zu vermittelnde Geschäft und die Höhe des Lohnes feststanden, konnte eine hinreichend bestimmte For­ derung angenommen werden, die Gegenstand einer Ab­ tretung sein konnte. Die Verfügung über eine künftige Forderung ist nicht nur der Versuch einer Verfügung, wie das Landgericht angenommen hatte, sondern eine voll­ endete Verfügung. Die Abtretung war nichtig, weil sie gegen ein gesetzliches Verbot verstieß. Die auf devisen­ rechtlichen Vorschriften beruhende Nichtigkeit kommt aber für sich allein bei der strafrechtlichen Frage, ob die Straf­ tat vollendet oder versucht worden ist, nicht in Betracht. Fraglich war, ob nicht N. selbst im Falle des Zustandekom­ mens des Geschäfts den Müklerlohn verwirkt Hütte, weil

er für beide Parteien tätig geworden war (BGB. § 654). Das Reichsgericht ließ die Entscheidung dahingestellt, denn auch die Abtretung einer solchen nichtigen Forderung stellt ein Devisenvergehen, und zwar ein vollendetes, dar. Es kann ohne Bedenken angenommen werden, daß die Devisengesetzgebung auch Mäklerlohnforderungen er­ fassen will, denen eine Einwendung aus § 654 BGB. entgegengesetzt werden kann, sofern sich nur der Auf­ traggeber durch die Forderung gebunden fühlt. In der Richtung gegen W. wurde der Schuldspruch insofern rich­ tiggestellt. Die Gründe, weshalb das nicht auch in der Richtung gegen R. geschah, sind nicht veröffentlicht. Zu Unrecht hatte aber das Landgericht angenommen, daß R. verpflichtet gewesen wäre, die Forderung der Reichsbank anzubieten. Die Anbietungspflicht entsteht mit dem An­ fall des anbietungspflichtigen Wertes; es geht nicht an, eine noch nicht entstandene Forderung, auch wenn sie abtretbar ist, als angefalten zu bezeichnen. Die Belange der Devisenwirtschaft werden in dieser Hinsicht dadurch ge­ wahrt, daß die Forderung angeboten werden muß, sobald sie wirklich entsteht. Insofern wurde R. freigesprochen. (IV, 30. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 346—349. Vgl. Bd. 44 5. 273; Bd. 56 S. 54; Bd. 73 S. 337; Bd. 75 S. 175. 108. Devisenrecht. Anordnung. Auflage. (DevG. 1938 §§ 59, 69 Nr. 6, 70 Nr. 5.) Der Jude K. durfte über sein Vermögen nur mit Genehmigung der Devisenstelle ver­ fügen. Auf Antrag wurde ihm gestattet, einen Betrag zur Deckung bestimmter Schulden zu verwenden. Er über­ gab den Betrag H., der von der Sachlage Kenntnis hatte; dieser verwendete einen Teil des Betrages für andere Zwecke. Gegenüber der Anklage verteidigte er sich damit, daß die Anordnung nicht an ihn ergangen sei und daß die Devisenstelle, wenn sie darum ersucht worden wäre, die Verwendung des Geldes in der von ihm vorgenomme­ nen Weise erlaubt hätte. Die Verurteilung wurde be­ stätigt. Der Angeklagte hatte die Anordnung der De­ visenstelle gekannt und ihr zuwidergehandelt; die Anord­ nung galt nicht nur für den Antragsteller, sondern auch für die Personen, deren dieser sich zur Durchführung der Verfügung bediente. Ob der Betrag auch für die Zwecke freigegeben worden wäre, für die er tatsächlich verwen-

er für beide Parteien tätig geworden war (BGB. § 654). Das Reichsgericht ließ die Entscheidung dahingestellt, denn auch die Abtretung einer solchen nichtigen Forderung stellt ein Devisenvergehen, und zwar ein vollendetes, dar. Es kann ohne Bedenken angenommen werden, daß die Devisengesetzgebung auch Mäklerlohnforderungen er­ fassen will, denen eine Einwendung aus § 654 BGB. entgegengesetzt werden kann, sofern sich nur der Auf­ traggeber durch die Forderung gebunden fühlt. In der Richtung gegen W. wurde der Schuldspruch insofern rich­ tiggestellt. Die Gründe, weshalb das nicht auch in der Richtung gegen R. geschah, sind nicht veröffentlicht. Zu Unrecht hatte aber das Landgericht angenommen, daß R. verpflichtet gewesen wäre, die Forderung der Reichsbank anzubieten. Die Anbietungspflicht entsteht mit dem An­ fall des anbietungspflichtigen Wertes; es geht nicht an, eine noch nicht entstandene Forderung, auch wenn sie abtretbar ist, als angefalten zu bezeichnen. Die Belange der Devisenwirtschaft werden in dieser Hinsicht dadurch ge­ wahrt, daß die Forderung angeboten werden muß, sobald sie wirklich entsteht. Insofern wurde R. freigesprochen. (IV, 30. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 346—349. Vgl. Bd. 44 5. 273; Bd. 56 S. 54; Bd. 73 S. 337; Bd. 75 S. 175. 108. Devisenrecht. Anordnung. Auflage. (DevG. 1938 §§ 59, 69 Nr. 6, 70 Nr. 5.) Der Jude K. durfte über sein Vermögen nur mit Genehmigung der Devisenstelle ver­ fügen. Auf Antrag wurde ihm gestattet, einen Betrag zur Deckung bestimmter Schulden zu verwenden. Er über­ gab den Betrag H., der von der Sachlage Kenntnis hatte; dieser verwendete einen Teil des Betrages für andere Zwecke. Gegenüber der Anklage verteidigte er sich damit, daß die Anordnung nicht an ihn ergangen sei und daß die Devisenstelle, wenn sie darum ersucht worden wäre, die Verwendung des Geldes in der von ihm vorgenomme­ nen Weise erlaubt hätte. Die Verurteilung wurde be­ stätigt. Der Angeklagte hatte die Anordnung der De­ visenstelle gekannt und ihr zuwidergehandelt; die Anord­ nung galt nicht nur für den Antragsteller, sondern auch für die Personen, deren dieser sich zur Durchführung der Verfügung bediente. Ob der Betrag auch für die Zwecke freigegeben worden wäre, für die er tatsächlich verwen-

bet worden war, machte nichts aus. (I, 3. Oktober 1941.) Amtl. «Stimmig. S. 349—350. 109.

Jugendstrafrecht.

Aussetzung der Vollstreckung.

(JGG. § 10; BO. zur Ergänzung des Jugendstrafrechts vorn 4. Oktober 1940; DurchsVO. vorn 28. November 1940 § 8). Ein Jugendlicher wurde wegen verschiedener Straftaten, die er teils vor, teils nach dem 19. Oktober 1940 begangen hatte, zu einer Gefängnisstrafe verurteilt; die Vollstreckung der Strafe wurde im Urteil unter der Bedingung ausgesetzt, daß der Angeklagte sich straffrei führe und nicht aus der Fürsorgeerziehung entweiche. Der Oberreichsanwalt erhob gegen das Urteil die Nichtigkeits­ beschwerde mit der Begründung, daß die Aussetzung der Strafvollstreckung unzulässig gewesen sei. Das Reichs­ gericht trat dieser Auffassung bei. Nach § 8 der Durch­ führungsverordnung zur Verordnung über die Ergänzung des Jugendstrafrechts ist es nicht mehr zulässig, die Voll­ streckung einer Freiheitsstrafe im Urteil auszusetzen, es sei denn, daß die Verurteilung eine fahrlässig begangene Straftat zum Gegenstand hat und besondere Gründe da­ für sprechen. Das traf hier nicht zu. Die Vorschrift ist auf alle Verurteilungen Jugendlicher zu Freiheitsstrafen an­ zuwenden, die nach dem Inkrafttreten der Verordnung vom 19. Oktober 1940 erlassen werden; die Auffassung, daß es hinsichtlich der vor diesem Zeitpunkt begangenen Straftaten in das Ermessen des Gerichts gestellt sei, die Vollstreckung der Strafe auszusetzen, wurde vom Reichs­ gericht abgelehnt. Durch die VÖ. über die unbestimmte Verurteilung Jugendlicher vom 10. September 1941 § 3 wird allerdings dem Jugendrichter ermöglicht, für Straf­ taten, die in der Zeit vom 1. Januar 1940 bis zum 1. September 1941 begangen worden sind, eine unbe­ stimmte Strafe auszusprechen; die Vollstreckung der Strafe im Urteil auszusetzen, ist aber auch hier nicht zugelassen. Die Vollstreckung unter Bedingungen auszusetzen war auch nach dem Jugendgerichtsgesetz nicht zulässig. Das ange­ fochtene Urteil war also rechtsirrig und demzufolge auch nicht gerecht. (II, 9. Oktober 1941.) Amtl. Sammlg. S. 351-354. Vgl. Bd. 75 S. 321. 110. Körperverletzung itn Amte. Verkehrsunfall. (StGB.

§§ 139a, 330c, 340, 359; StrBerkO. § 36.) Ein Straßen-

bet worden war, machte nichts aus. (I, 3. Oktober 1941.) Amtl. «Stimmig. S. 349—350. 109.

Jugendstrafrecht.

Aussetzung der Vollstreckung.

(JGG. § 10; BO. zur Ergänzung des Jugendstrafrechts vorn 4. Oktober 1940; DurchsVO. vorn 28. November 1940 § 8). Ein Jugendlicher wurde wegen verschiedener Straftaten, die er teils vor, teils nach dem 19. Oktober 1940 begangen hatte, zu einer Gefängnisstrafe verurteilt; die Vollstreckung der Strafe wurde im Urteil unter der Bedingung ausgesetzt, daß der Angeklagte sich straffrei führe und nicht aus der Fürsorgeerziehung entweiche. Der Oberreichsanwalt erhob gegen das Urteil die Nichtigkeits­ beschwerde mit der Begründung, daß die Aussetzung der Strafvollstreckung unzulässig gewesen sei. Das Reichs­ gericht trat dieser Auffassung bei. Nach § 8 der Durch­ führungsverordnung zur Verordnung über die Ergänzung des Jugendstrafrechts ist es nicht mehr zulässig, die Voll­ streckung einer Freiheitsstrafe im Urteil auszusetzen, es sei denn, daß die Verurteilung eine fahrlässig begangene Straftat zum Gegenstand hat und besondere Gründe da­ für sprechen. Das traf hier nicht zu. Die Vorschrift ist auf alle Verurteilungen Jugendlicher zu Freiheitsstrafen an­ zuwenden, die nach dem Inkrafttreten der Verordnung vom 19. Oktober 1940 erlassen werden; die Auffassung, daß es hinsichtlich der vor diesem Zeitpunkt begangenen Straftaten in das Ermessen des Gerichts gestellt sei, die Vollstreckung der Strafe auszusetzen, wurde vom Reichs­ gericht abgelehnt. Durch die VÖ. über die unbestimmte Verurteilung Jugendlicher vom 10. September 1941 § 3 wird allerdings dem Jugendrichter ermöglicht, für Straf­ taten, die in der Zeit vom 1. Januar 1940 bis zum 1. September 1941 begangen worden sind, eine unbe­ stimmte Strafe auszusprechen; die Vollstreckung der Strafe im Urteil auszusetzen, ist aber auch hier nicht zugelassen. Die Vollstreckung unter Bedingungen auszusetzen war auch nach dem Jugendgerichtsgesetz nicht zulässig. Das ange­ fochtene Urteil war also rechtsirrig und demzufolge auch nicht gerecht. (II, 9. Oktober 1941.) Amtl. Sammlg. S. 351-354. Vgl. Bd. 75 S. 321. 110. Körperverletzung itn Amte. Verkehrsunfall. (StGB.

§§ 139a, 330c, 340, 359; StrBerkO. § 36.) Ein Straßen-

bet worden war, machte nichts aus. (I, 3. Oktober 1941.) Amtl. «Stimmig. S. 349—350. 109.

Jugendstrafrecht.

Aussetzung der Vollstreckung.

(JGG. § 10; BO. zur Ergänzung des Jugendstrafrechts vorn 4. Oktober 1940; DurchsVO. vorn 28. November 1940 § 8). Ein Jugendlicher wurde wegen verschiedener Straftaten, die er teils vor, teils nach dem 19. Oktober 1940 begangen hatte, zu einer Gefängnisstrafe verurteilt; die Vollstreckung der Strafe wurde im Urteil unter der Bedingung ausgesetzt, daß der Angeklagte sich straffrei führe und nicht aus der Fürsorgeerziehung entweiche. Der Oberreichsanwalt erhob gegen das Urteil die Nichtigkeits­ beschwerde mit der Begründung, daß die Aussetzung der Strafvollstreckung unzulässig gewesen sei. Das Reichs­ gericht trat dieser Auffassung bei. Nach § 8 der Durch­ führungsverordnung zur Verordnung über die Ergänzung des Jugendstrafrechts ist es nicht mehr zulässig, die Voll­ streckung einer Freiheitsstrafe im Urteil auszusetzen, es sei denn, daß die Verurteilung eine fahrlässig begangene Straftat zum Gegenstand hat und besondere Gründe da­ für sprechen. Das traf hier nicht zu. Die Vorschrift ist auf alle Verurteilungen Jugendlicher zu Freiheitsstrafen an­ zuwenden, die nach dem Inkrafttreten der Verordnung vom 19. Oktober 1940 erlassen werden; die Auffassung, daß es hinsichtlich der vor diesem Zeitpunkt begangenen Straftaten in das Ermessen des Gerichts gestellt sei, die Vollstreckung der Strafe auszusetzen, wurde vom Reichs­ gericht abgelehnt. Durch die VÖ. über die unbestimmte Verurteilung Jugendlicher vom 10. September 1941 § 3 wird allerdings dem Jugendrichter ermöglicht, für Straf­ taten, die in der Zeit vom 1. Januar 1940 bis zum 1. September 1941 begangen worden sind, eine unbe­ stimmte Strafe auszusprechen; die Vollstreckung der Strafe im Urteil auszusetzen, ist aber auch hier nicht zugelassen. Die Vollstreckung unter Bedingungen auszusetzen war auch nach dem Jugendgerichtsgesetz nicht zulässig. Das ange­ fochtene Urteil war also rechtsirrig und demzufolge auch nicht gerecht. (II, 9. Oktober 1941.) Amtl. Sammlg. S. 351-354. Vgl. Bd. 75 S. 321. 110. Körperverletzung itn Amte. Verkehrsunfall. (StGB.

§§ 139a, 330c, 340, 359; StrBerkO. § 36.) Ein Straßen-

bahnschaffner der Berliner Berkehrsgesellschaft hatte an einem Tage, an dem starker Verkehr herrschte, den zweiten Anhängewagen eines Zuges zu bedienen. Der Wagenzug war überfüllt und hielt deshalb an einer Haltestelle nicht an. Ein Arbeiter, der dort wartete, sprang auf den zwei­ ten Wagen auf. Der Schaffner forderte ihn, als der Zug langsamer fuhr, zum Absteigen auf und gab, als er der Aufforderung nicht nachkam, das Zeichen zum Halten. Schon ehe der Zug stillstand, suchte er ihn von der Platt­ form zu drängen; schließlich versetzte er ihm einen so hef­ tigen Tritt in die Kniekehle, daß er abstürzte. Er schlug mit dem Hinterkopf auf den Gleiskörper auf und blieb regungslos liegen. Der Schaffner gab sofort das Zeichen zur Weiterfahrt. Er wurde wegen gefährlicher Körperver­ letzung im Amt und wegen Unterlassen der Hilfeleistung in Tateinheit mit Flucht nach einem Verkehrsunfall zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Seine Revision hatte keinen Erfolg. Sie war vor allem darauf gestützt, daß der Angeklagte kein Beamter sei. Die Berliner Verkehrsgesell­ schaft ist aber kein privatwirtschaftliches Unternehmen, steht vielmehr im Eigentum der Stadt und wird von ihr zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben betrieben. Der Angeklagte hatte die Stadt im Betriebe der Straßen­ bahn gegenüber den Fahrgästen zu vertreten, auch in seinem Dienstbereich für die ordnungsmäßige Abwicklung des Verkehrs nach Maßgabe der Dienstanweisungen zu sorgen; dabei hatte er auch das Recht, den Fahrgästen Weisungen zu erteilen und Fahrgäste, die den Weisungen nicht Folge leisteten, von der Weiterfahrt auszuschließen. Hienach bestand kein Zweifel, daß dem Angeklagten die Stellung eines Beamten im strafrechtlichen Sinn zukam. Der Angeklagte hatte sich damit verteidigt, daß der Ar­ beiter sich ihm gegenüber eines Hausfriedensbruchs schul­ dig gemacht habe und daß er sich hiegegen habe wehren dürfen. Das Reichsgericht erkannte es als möglich an, daß durch widerrechtliches Eindringen in einen Straßen­ bahnwagen oder durch unbefugtes Verweilen in ihm Haus­ friedensbruch begangen werden kann; für die Beurteilung der Sache genügte aber, daß der Angeklagte die Befugnis hatte, Fahrgäste, die seinen Weisungen nicht zukamen, aus dem Wagen zu weisen. Da das Verlassen von Straßenbahnen nur an den Haltestellen zulässig ist, durfte

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Strafsachen Bd. 75

Nr. 111

der Angeklagte nicht Verlangen, daß der gegen seine An­ ordnung aufgestiegene Fahrgast vor Erreichung der näch­ sten Haltestelle absteige. Er handelte widerrechtlich, wenn er auf der Strecke halten ließ und den Fahrgast mit Ge­ walt von der Plattform hinabstieß. Ohne Rechtsirrtum hatte das Landgericht auch angenommen, daß durch diese Behandlung das Leben des Fahrgastes gefährdet war. Unrichtig war es, wenn das Landgericht den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung im Amte verurteilte; eine solche Tat ist dem geltenden Rechte fremd. Das Reichsgericht berichtigte den Urteilsspruch dahin, daß der Angeklagte wegen eines Vergehens der Körperverletzung im Amte in Tateinheit mit einem Vergehen der gefähr­ lichen Körperverletzung verurteilt wurde (StGB. §§ 73, 223 a, 340). Indem der Angeklagte das Zeichen zum Weitersahren des Zuges gab, ohne sich um den Verletzten zu kümmern, verstieß er gegen den § 330 c StGB, und zugleich gegen den § 139a StGB. Die Verpflichtung, bei Unglücksfällen zu helfen, besteht unabhängig davon, ob sich der Betroffene in hilfloser Lage befindet. Von dieser Ver­ pflichtung war der Angeklagte auch nicht dadurch befreit, daß den Strafzenbahnschaffnern die Einhaltung der Fahr­ zeiten zur Pflicht gemacht ist; nach gesundem Volksempfin­ den geht die Sorge für das Leben eines Volksgenossen solchen Rücksichten vor. Als Berkehrsunsall im Sinne des § 139 a StGB, ist jedes Ereignis anzusehcn, das mit dem Verkehr und seinen Gefahren in ursächlichem Zusam­ menhang steht und zur Verletzung eines Menschen oder zur Beschädigung einer Sache geführt hat. Der Sturz eines Fahrgasts aus der fahrenden Straßenbahn wäre auch dann ein Verkehrsunfall gewesen, wenn nicht der Angeklagte selbst ihn vorsätzlich herbeigeführt hätte. Die Annahme von Tateinheit zwischen dem Vergehen gegen § 330 c und dem gegen § 139 a StGB, entsprach der bis­ herigen Rechtsprechung, ebenso die Annahme von Tat­ einheit zwischen diesen Gesetzesverletzungen und der vor­ hergehenden Körperverletzung. (II, 9. Oktober 1941.) Amtl. Sammlg. S. 355—360. Vgl. Bd. 66 S. 51; Bd. 68 S. 216; Bd. 71 S. 200; Bd. 74 S. 69; IW. 1935 S. 2433.

111.

Kriegswirtschaft.

Preisbildung.

Strafantrag.

(KrWirtschVO. § 22; PreisStrRBO. § 5; PreisStopBO.

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Strafsachen Bd. 75

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der Angeklagte nicht Verlangen, daß der gegen seine An­ ordnung aufgestiegene Fahrgast vor Erreichung der näch­ sten Haltestelle absteige. Er handelte widerrechtlich, wenn er auf der Strecke halten ließ und den Fahrgast mit Ge­ walt von der Plattform hinabstieß. Ohne Rechtsirrtum hatte das Landgericht auch angenommen, daß durch diese Behandlung das Leben des Fahrgastes gefährdet war. Unrichtig war es, wenn das Landgericht den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung im Amte verurteilte; eine solche Tat ist dem geltenden Rechte fremd. Das Reichsgericht berichtigte den Urteilsspruch dahin, daß der Angeklagte wegen eines Vergehens der Körperverletzung im Amte in Tateinheit mit einem Vergehen der gefähr­ lichen Körperverletzung verurteilt wurde (StGB. §§ 73, 223 a, 340). Indem der Angeklagte das Zeichen zum Weitersahren des Zuges gab, ohne sich um den Verletzten zu kümmern, verstieß er gegen den § 330 c StGB, und zugleich gegen den § 139a StGB. Die Verpflichtung, bei Unglücksfällen zu helfen, besteht unabhängig davon, ob sich der Betroffene in hilfloser Lage befindet. Von dieser Ver­ pflichtung war der Angeklagte auch nicht dadurch befreit, daß den Strafzenbahnschaffnern die Einhaltung der Fahr­ zeiten zur Pflicht gemacht ist; nach gesundem Volksempfin­ den geht die Sorge für das Leben eines Volksgenossen solchen Rücksichten vor. Als Berkehrsunsall im Sinne des § 139 a StGB, ist jedes Ereignis anzusehcn, das mit dem Verkehr und seinen Gefahren in ursächlichem Zusam­ menhang steht und zur Verletzung eines Menschen oder zur Beschädigung einer Sache geführt hat. Der Sturz eines Fahrgasts aus der fahrenden Straßenbahn wäre auch dann ein Verkehrsunfall gewesen, wenn nicht der Angeklagte selbst ihn vorsätzlich herbeigeführt hätte. Die Annahme von Tateinheit zwischen dem Vergehen gegen § 330 c und dem gegen § 139 a StGB, entsprach der bis­ herigen Rechtsprechung, ebenso die Annahme von Tat­ einheit zwischen diesen Gesetzesverletzungen und der vor­ hergehenden Körperverletzung. (II, 9. Oktober 1941.) Amtl. Sammlg. S. 355—360. Vgl. Bd. 66 S. 51; Bd. 68 S. 216; Bd. 71 S. 200; Bd. 74 S. 69; IW. 1935 S. 2433.

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Kriegswirtschaft.

Preisbildung.

Strafantrag.

(KrWirtschVO. § 22; PreisStrRBO. § 5; PreisStopBO.

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Strafsachen Bd. 75

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§ 1.) Ein Pferdehändler verkaufte im September und Oktober 1939 mehrere Nutzpferde. Er wurde wegen einer fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften des Reichskommissars für die Preisbildung gemäß § 1 PreisStrRVO. vom 3. Juni 1939 verurteilt. Das Reichs­ gericht verwies die Sache zurück. Das Landgericht hatte für jeden Fall den Preis ermittelt, zu dem der.Angeklagte das Pferd gekauft und verkauft hatte, die Auslagen berechnet, die dem Angeklagten erwachsen waren, und hienach den Reingewinn festgestellt, der dem Angeklagten in jedem Geschäft geblieben war; in drei Fällen war dieser für höher als zulässig erachtet worden. Die Anordnung des Reichskommissars für die Preisbildung über die Ver­ dienstspanne im Handel mit Nutzpferden vom 5. März 1940 galt zur Zeit der Verkäufe noch nicht; es waren also die allgemeinen Vorschriften über die Preisbildung maßgebend (§ 1 Preis-Sto pVO.; § 22 KrWirtschVO.). Die erste Vorschrift verbietet, die Preise für Güter und Leistun­ gen jeder Art zu erhöhen. Das Verbot setzt Vergleichs­ preise voraus; als solche haben die Preise zu gelten, die am Stichtage (17. Oktober 1936) gegolten haben. Diese Preise sind nicht von den Unterlagen des einzelnen Ge­ schäfts abhängig. Niemand kann sich für eine von ihm vorgenommene Preiserhöhung darauf berufen, daß sie seinen eigenen Gestehungskosten entsprochen habe; umge­ kehrt kann auch niemandem ein Preis, der keine Über­ schreitung des am Stichtage geltenden Preises darstellt, als ungerechtfertigt vorgeworfen werden, weil in ihm eine zu hohe Verdienstspanne eingeschlossen ist. Nach dieser Richtung hatte das Landgericht die Sache nicht geprüft. Möglich war allerdings, daß der Angeklagte mit den Preisen, die er erzielte, zwar nicht gegen die Preisstopp­ verordnung, wohl aber gegen die Kriegswirtschaftsverord­ nung verstieß, weil seine Preisbildung nicht den Grund­ sätzen einer kriegsverpflichteten Volkswirtschaft entsprach. Diese Grundsätze können auch eine Senkung der Preise unter die Höhe erfordern, die nach der Preisstoppverord­ nung zulässig wäre. Das kann besonders dann der Fall sein, wenn es sich um Gebrauchsgegenstände für die Landund Versorgungswirtschaft handelt, der Verkäufer die Gegenstände billig angekauft hat und ein entsprechend niedrigerer Verkaufspreis geeignet gewesen wäre, die Fort-

führung eines geregelten Wirtschaftslebens zu gewähr­ leisten. Ein Verstoß gegen den § 22 KrWirtschVO. kann auch als ein Zuwiderhandeln gegen Vorschriften und An­ ordnungen im Sinne des § 1 PreisStrasRVO. angesehen werden. In den §§ 22 ff. KrWirtschVO. werden nicht nur Richtsätze für die Preisbildung aufgestellt, sondern auch bestimmte Gebote und Verbote an alle erlassen, die an der Preisbildung beteiligt sind. Diese Vorschriften genießen denselben strafrechtlichen Schutz wie die schon vorher erlassenen Preisvorschriften. Bedenken hiegegen können nicht daraus hergeleitet werden, daß die Preis­ strafrechtsverordnung vom Reichskommissar für die Preis­ bildung im Benehmen mit den Reichsministern der Justiz und des Innern, die Kriegswirtschaftsverordnung dagegen vom Ministerrat für die Reichsverteidigung erlassen ist. Schon nach der Preisstrafrechtsverordnung sind Zuwider­ handlungen gegen Anordnungen aller Stellen strafbar, die berufen sind, Vorschriften auf dem Gebiete der Preis­ bildung zu erlassen; zu diesen gehört vor allem der Mi­ nisterrat für die Reichsverteidigung, der nach dem Erlaß des Führers vom 30. August 1939 auf allen Rechts­ gebieten Verordnungen mit Gesetzeskraft erlassen kann. Die Preisüberwachungsstelle hatte im Juni 1940 Straf­ antrag gegen den Angeklagten gestellt. Der Antrag wäre als verspätet zu behandeln gewesen, wenn aus ihn die Vorschriften des Strafgesetzbuchs anzuwenden gewesen wären. Das war aber nicht anzunehmen. In späteren Vorschriften ist der Ausdruck „Strafantrag" durch den Ausdruck „Verlangen" ersetzt worden. Daraus ergibt sich, daß es sich nur um den von den zuständigen Stellen kund­ gegebenen Willen handelt, die Strafverfolgung herbei­ zuführen. Hiefür gilt keine Frist. (I, 14. Oktober 1941.) Amtl. Sammlg. S. 361—366. Vgl. Bd. 73 S. 137; Bd. 75 S. 306. 112. Jugendarrest. (OstJGG. §§ 13, 42.) Ein jugend­ licher Angeklagter wurde durch ein österreichisches Gericht im Jahr 1940 eines Verbrechens des versuchten Diebstahls für schuldig erkannt; der Ausspruch über die Strafe wurde für eine Probezeit von zwei Jahren vorläufig aufgescho­ ben. Im Jahr 1941 wurde er wieder eines Verbrechens des Diebstahls schuldig befunden und wegen der beiden Diebstähle zu drei Monaten strengen Arrestes verurteilt. RGE. Strafsachen Bd. 75 9

führung eines geregelten Wirtschaftslebens zu gewähr­ leisten. Ein Verstoß gegen den § 22 KrWirtschVO. kann auch als ein Zuwiderhandeln gegen Vorschriften und An­ ordnungen im Sinne des § 1 PreisStrasRVO. angesehen werden. In den §§ 22 ff. KrWirtschVO. werden nicht nur Richtsätze für die Preisbildung aufgestellt, sondern auch bestimmte Gebote und Verbote an alle erlassen, die an der Preisbildung beteiligt sind. Diese Vorschriften genießen denselben strafrechtlichen Schutz wie die schon vorher erlassenen Preisvorschriften. Bedenken hiegegen können nicht daraus hergeleitet werden, daß die Preis­ strafrechtsverordnung vom Reichskommissar für die Preis­ bildung im Benehmen mit den Reichsministern der Justiz und des Innern, die Kriegswirtschaftsverordnung dagegen vom Ministerrat für die Reichsverteidigung erlassen ist. Schon nach der Preisstrafrechtsverordnung sind Zuwider­ handlungen gegen Anordnungen aller Stellen strafbar, die berufen sind, Vorschriften auf dem Gebiete der Preis­ bildung zu erlassen; zu diesen gehört vor allem der Mi­ nisterrat für die Reichsverteidigung, der nach dem Erlaß des Führers vom 30. August 1939 auf allen Rechts­ gebieten Verordnungen mit Gesetzeskraft erlassen kann. Die Preisüberwachungsstelle hatte im Juni 1940 Straf­ antrag gegen den Angeklagten gestellt. Der Antrag wäre als verspätet zu behandeln gewesen, wenn aus ihn die Vorschriften des Strafgesetzbuchs anzuwenden gewesen wären. Das war aber nicht anzunehmen. In späteren Vorschriften ist der Ausdruck „Strafantrag" durch den Ausdruck „Verlangen" ersetzt worden. Daraus ergibt sich, daß es sich nur um den von den zuständigen Stellen kund­ gegebenen Willen handelt, die Strafverfolgung herbei­ zuführen. Hiefür gilt keine Frist. (I, 14. Oktober 1941.) Amtl. Sammlg. S. 361—366. Vgl. Bd. 73 S. 137; Bd. 75 S. 306. 112. Jugendarrest. (OstJGG. §§ 13, 42.) Ein jugend­ licher Angeklagter wurde durch ein österreichisches Gericht im Jahr 1940 eines Verbrechens des versuchten Diebstahls für schuldig erkannt; der Ausspruch über die Strafe wurde für eine Probezeit von zwei Jahren vorläufig aufgescho­ ben. Im Jahr 1941 wurde er wieder eines Verbrechens des Diebstahls schuldig befunden und wegen der beiden Diebstähle zu drei Monaten strengen Arrestes verurteilt. RGE. Strafsachen Bd. 75 9

Seine Nichtigkeitsbeschwerde hatte Erfolg. Das Landge­ richt hatte angenommen, daß auf Jugendarrest nicht er­ kannt werden darf, wenn der Aufschub eines Strafaus­ spruchs widerrufen wird, daß in diesem Falle vielmehr eine Strafe im Sinne des Strafgesetzes ausgesprochen werden muß. Das Reichsgericht schloß sich dieser An­ sicht nicht an. Wenn das Gericht den Ausspruch über die Strafe vorläufig aufgeschoben hat, ist die Strafe auszu­ sprechen und zu vollziehen, wenn die Besserung durch an­ dere Maßnahmen nicht erzielt werden kann; es ist unzu­ lässig, in diesem Falle die Vollstreckung der Strafe weiter aufzuschieben. Daraus folgt aber nicht, daß nicht in einem solchen Falle statt der an sich zu verhängenden Strafe auf Jugendarrest erkannt werden darf. Mit dem Jugend­ arrest ist ein Mittel geschaffen worden, das die bei Jugend­ lichen besonders unangemessene Geldstrafe und die kurz­ fristige Freiheitsstrafe mit ihren unbefriedigenden Wirkun­ gen verdrängen soll. Er soll in keiner seiner beiden For­ men (Dauerarrest oder Wochenendkarzer) an Schärfe hin­ ter den Freiheitsstrafen zurückstehen, diese im Gegenteil an Schärfe und Strenge übertreffen und dem jugendlichen Rechtsbrecher den Ernst des Eingreifens der Staatsgewalt besonders fühlbar machen; er soll aber vor allem erziehend wirken, ohne für den Jugendlichen die Nachteile mit sich zu bringen, die sich an eine strafrechtliche Verurteilung knüpfen. Dem würde es widersprechen, seine Anwendung im Falle eines Widerrufs des Aufschubs des Strafurteils einfach deshalb für unzulässig zu halten, weil das Gesetz vorschreibt, daß in einem solchen Fall die Strafe auszu­ sprechen und zu vollziehen ist. Die Verhängung des Ju­ gendarrestes setzt ja immer voraus, daß über den Jugend­ lichen eine Strafe zu verhängen wäre, wenn es nicht die Einrichtung des Jugendarrestes gäbe. Liegen dessen Vor­ aussetzungen vor, so ist die Strafe durch das Zuchtmittel des Jugendarrestes zu ersetzen, wenn dem Jugendlichen das Gemeinschaftswidrige seines Vorgehens auf diese Weise zum Bewußtsein gebracht werden kann. (VI, 24. Ok­ tober 1941.) Amtl. Sammlg. S. 366—371. Vgl. Bd. 75 S. 221. 113.

Gnadenerlaß.

Aussetzung

der

Vollstreckung.

(GnadErl. vom 1. September 1939 §§ 4, 5.) Rechtskräftig erkannte Strafen, die unter den Gnadenerlaß fallen, sind

Seine Nichtigkeitsbeschwerde hatte Erfolg. Das Landge­ richt hatte angenommen, daß auf Jugendarrest nicht er­ kannt werden darf, wenn der Aufschub eines Strafaus­ spruchs widerrufen wird, daß in diesem Falle vielmehr eine Strafe im Sinne des Strafgesetzes ausgesprochen werden muß. Das Reichsgericht schloß sich dieser An­ sicht nicht an. Wenn das Gericht den Ausspruch über die Strafe vorläufig aufgeschoben hat, ist die Strafe auszu­ sprechen und zu vollziehen, wenn die Besserung durch an­ dere Maßnahmen nicht erzielt werden kann; es ist unzu­ lässig, in diesem Falle die Vollstreckung der Strafe weiter aufzuschieben. Daraus folgt aber nicht, daß nicht in einem solchen Falle statt der an sich zu verhängenden Strafe auf Jugendarrest erkannt werden darf. Mit dem Jugend­ arrest ist ein Mittel geschaffen worden, das die bei Jugend­ lichen besonders unangemessene Geldstrafe und die kurz­ fristige Freiheitsstrafe mit ihren unbefriedigenden Wirkun­ gen verdrängen soll. Er soll in keiner seiner beiden For­ men (Dauerarrest oder Wochenendkarzer) an Schärfe hin­ ter den Freiheitsstrafen zurückstehen, diese im Gegenteil an Schärfe und Strenge übertreffen und dem jugendlichen Rechtsbrecher den Ernst des Eingreifens der Staatsgewalt besonders fühlbar machen; er soll aber vor allem erziehend wirken, ohne für den Jugendlichen die Nachteile mit sich zu bringen, die sich an eine strafrechtliche Verurteilung knüpfen. Dem würde es widersprechen, seine Anwendung im Falle eines Widerrufs des Aufschubs des Strafurteils einfach deshalb für unzulässig zu halten, weil das Gesetz vorschreibt, daß in einem solchen Fall die Strafe auszu­ sprechen und zu vollziehen ist. Die Verhängung des Ju­ gendarrestes setzt ja immer voraus, daß über den Jugend­ lichen eine Strafe zu verhängen wäre, wenn es nicht die Einrichtung des Jugendarrestes gäbe. Liegen dessen Vor­ aussetzungen vor, so ist die Strafe durch das Zuchtmittel des Jugendarrestes zu ersetzen, wenn dem Jugendlichen das Gemeinschaftswidrige seines Vorgehens auf diese Weise zum Bewußtsein gebracht werden kann. (VI, 24. Ok­ tober 1941.) Amtl. Sammlg. S. 366—371. Vgl. Bd. 75 S. 221. 113.

Gnadenerlaß.

Aussetzung

der

Vollstreckung.

(GnadErl. vom 1. September 1939 §§ 4, 5.) Rechtskräftig erkannte Strafen, die unter den Gnadenerlaß fallen, sind

nicht zu vollstrecken. Für Strafverfahren, die beim In­ krafttreten des Gnadenerlasses noch nicht abgeschlossen waren, ist bestimmt, die Vollstreckung der Strafe sei auszu­ setzen. Die Entscheidung hierüber steht nicht dem Gerichte, sondern der Vollstreckungsbehörde zu. Im Urteil hat ein Ausspruch hierüber zu unterbleiben. (I, 2. Sevtember 1941.) Amtl. Sammlg. S. 371. 114. Fahrlässige Tötung. Heilbehandlung. Ursächlicher Zusammenhang. (StGB. § 222.) Ein Heilpraktiker befand sich in der Familie seines Bruders zu Besuch, als dessen Sohn an einer Halsentzündung erkrankte. Er übernahm die Behandlung und setzte sie auch fort, als am dritten Krankheitstage der Befund unverkennbar auf Diphtherie hinwies. Der Knabe starb. Gegen seine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung wendete der Angeklagte ein, daß auch durch die Beiziehung eines Arztes der Knabe nicht hätte gerettet werden können. Das Reichsgericht ver­ wies die Sache zurück. Die nahen Beziehungen, in denen der Angeklagte zu dem Knaben stand — er war auch dessen Taufpate gewesen — mußten bei der Würdigung der Sache beachtet werden. Es war auch sestgestellt, daß er sich in der Behandlung keine Nachlässigkeit hatte zuschulden kom­ men lassen, vielmehr sich auf seine Weise damit Mühe ge­ geben hatte. Aber auch wenn er sich fahrlässig verhalten hätte, wäre er nur dann wegen fahrlässiger Tötung zu verurteilen gewesen, wenn der ursächliche Zusammenhang dieses Verhaltens mit dem Tode des Knaben festzustellen gewesen wäre. Das Landgericht hatte angenommen, daß nach den Erfahrungen der ärztlichen Praxis von zehn an Diphtherie erkrankten Personen acht bis neun gerettet, werden, wenn sie am dritten Tage der Erkrankung in regelrechte ärztliche Behandlung kommen. Ein solches Zahlenverhältnis ergibt aber nach den allgemeinen Denk­ gesetzen keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit des günstigen Krankheitsausgangs, kann also nicht für sich allein rechtlich einwandfrei die Überzeugung begrün­ den, daß der Knabe gerettet worden wäre, wenn sich der Angeklagte am dritten Krankheitstage dafür eingesetzt hätte, ihn in ärztliche Behandlung zu bringen. Wenn auch die Anforderungen an die Grundlagen einer richterlichen Überzeugung nicht überspannt werden dürfen, ist doch ein menschliches Verhalten nur dann als Ursache eines Er9*

nicht zu vollstrecken. Für Strafverfahren, die beim In­ krafttreten des Gnadenerlasses noch nicht abgeschlossen waren, ist bestimmt, die Vollstreckung der Strafe sei auszu­ setzen. Die Entscheidung hierüber steht nicht dem Gerichte, sondern der Vollstreckungsbehörde zu. Im Urteil hat ein Ausspruch hierüber zu unterbleiben. (I, 2. Sevtember 1941.) Amtl. Sammlg. S. 371. 114. Fahrlässige Tötung. Heilbehandlung. Ursächlicher Zusammenhang. (StGB. § 222.) Ein Heilpraktiker befand sich in der Familie seines Bruders zu Besuch, als dessen Sohn an einer Halsentzündung erkrankte. Er übernahm die Behandlung und setzte sie auch fort, als am dritten Krankheitstage der Befund unverkennbar auf Diphtherie hinwies. Der Knabe starb. Gegen seine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung wendete der Angeklagte ein, daß auch durch die Beiziehung eines Arztes der Knabe nicht hätte gerettet werden können. Das Reichsgericht ver­ wies die Sache zurück. Die nahen Beziehungen, in denen der Angeklagte zu dem Knaben stand — er war auch dessen Taufpate gewesen — mußten bei der Würdigung der Sache beachtet werden. Es war auch sestgestellt, daß er sich in der Behandlung keine Nachlässigkeit hatte zuschulden kom­ men lassen, vielmehr sich auf seine Weise damit Mühe ge­ geben hatte. Aber auch wenn er sich fahrlässig verhalten hätte, wäre er nur dann wegen fahrlässiger Tötung zu verurteilen gewesen, wenn der ursächliche Zusammenhang dieses Verhaltens mit dem Tode des Knaben festzustellen gewesen wäre. Das Landgericht hatte angenommen, daß nach den Erfahrungen der ärztlichen Praxis von zehn an Diphtherie erkrankten Personen acht bis neun gerettet, werden, wenn sie am dritten Tage der Erkrankung in regelrechte ärztliche Behandlung kommen. Ein solches Zahlenverhältnis ergibt aber nach den allgemeinen Denk­ gesetzen keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit des günstigen Krankheitsausgangs, kann also nicht für sich allein rechtlich einwandfrei die Überzeugung begrün­ den, daß der Knabe gerettet worden wäre, wenn sich der Angeklagte am dritten Krankheitstage dafür eingesetzt hätte, ihn in ärztliche Behandlung zu bringen. Wenn auch die Anforderungen an die Grundlagen einer richterlichen Überzeugung nicht überspannt werden dürfen, ist doch ein menschliches Verhalten nur dann als Ursache eines Er9*

folges nachgewiesen, wenn es nicht hinweggedacht werden kann, ohne daß dann zugleich der Erfolg mit Gewißheit entfiele. Daß dabei die Gewißheit nicht im Sinne der vollkommenen Wahrheit, sondern im Sinne der an Gewiß­ heit grenzenden Wahrscheinlichkeit verstanden wird, ist des­ halb notwendig, weil es dem menschlichen Erkenntnisver­ mögen versagt ist, bei der Vergleichung eines wirklich ein­ getretenen mit einem nur gedachten Hergang ganz un­ zweifelhaft die vollkommene Wahrheit zu erreichen. Es darf daher nicht schon das Herbeiführen der — vielleicht recht großen — Gefahr eines schädlichen Erfolges ohne weiteres der Ursächlichkeit für den schädlichen Erfolg gleich­ gesetzt werden. In dieser Hinsicht war das angefochtene Urteil unzureichend. Es führte weder Gründe an, aus denen das Landgericht trotz der Feststellung über die nicht vollkommen günstige durchschnittliche Lebensaussicht von dem günstigen Ausgang der Krankheit für den Fall über­ zeugt war, daß der Angeklagte sich pflichtgemäß verhalten hätte, noch nahm es Stellung zu der Frage, ob etwa unab­ hängig vom Verhalten des Angeklagten andere Umstände den Beginn der richtigen ärztlichen Behandlung verzögert und dadurch auf den tödlichen Krankheitsverlauf hinge­ wirkt hatten. Wäre ein Arzt auch ohne Dazukommen oder bei vorsichtigerem Verhalten des Angeklagten erst nach dem dritten Krankheitstage zugezogen worden oder hätte er erst dann die richtige Behandlung eingeleitet, so waren die Erwägungen hinfällig, die das Landgericht gerade auf Grund der Verhältnisse des dritten Krankheits­ tages und über die an diesem Tage noch bestehende Lebensaussicht angestellt hatte. (I, 30. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 372—375. Vgl. Bd. 51 S. 127; Bd. 61 S. 202; Bd. 68 S. 163; Bd. 75 S. 49, 324. 115. Jugendliche Soldaten. Jugendarrest. (MilStGB. § 29; VO. zur Ergänzung des Jugendstrafrechts vom 4. Oktober 1940 § 5.) Gegen einen jugendlichen Soldaten wurde wegen Diebstahl auf eine geschärfte Arreststrase von einem Monat erkannt. Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision führte zur Zurückverweisung der Sache. Verfehlt war allerdings ihre Begründung, daß auf Jugendarrest hätte erkannt werden sollen. Gegenüber jugendlichen Soldaten und Schiffsangestellten ist das nicht

folges nachgewiesen, wenn es nicht hinweggedacht werden kann, ohne daß dann zugleich der Erfolg mit Gewißheit entfiele. Daß dabei die Gewißheit nicht im Sinne der vollkommenen Wahrheit, sondern im Sinne der an Gewiß­ heit grenzenden Wahrscheinlichkeit verstanden wird, ist des­ halb notwendig, weil es dem menschlichen Erkenntnisver­ mögen versagt ist, bei der Vergleichung eines wirklich ein­ getretenen mit einem nur gedachten Hergang ganz un­ zweifelhaft die vollkommene Wahrheit zu erreichen. Es darf daher nicht schon das Herbeiführen der — vielleicht recht großen — Gefahr eines schädlichen Erfolges ohne weiteres der Ursächlichkeit für den schädlichen Erfolg gleich­ gesetzt werden. In dieser Hinsicht war das angefochtene Urteil unzureichend. Es führte weder Gründe an, aus denen das Landgericht trotz der Feststellung über die nicht vollkommen günstige durchschnittliche Lebensaussicht von dem günstigen Ausgang der Krankheit für den Fall über­ zeugt war, daß der Angeklagte sich pflichtgemäß verhalten hätte, noch nahm es Stellung zu der Frage, ob etwa unab­ hängig vom Verhalten des Angeklagten andere Umstände den Beginn der richtigen ärztlichen Behandlung verzögert und dadurch auf den tödlichen Krankheitsverlauf hinge­ wirkt hatten. Wäre ein Arzt auch ohne Dazukommen oder bei vorsichtigerem Verhalten des Angeklagten erst nach dem dritten Krankheitstage zugezogen worden oder hätte er erst dann die richtige Behandlung eingeleitet, so waren die Erwägungen hinfällig, die das Landgericht gerade auf Grund der Verhältnisse des dritten Krankheits­ tages und über die an diesem Tage noch bestehende Lebensaussicht angestellt hatte. (I, 30. September 1941.) Amtl. Sammlg. S. 372—375. Vgl. Bd. 51 S. 127; Bd. 61 S. 202; Bd. 68 S. 163; Bd. 75 S. 49, 324. 115. Jugendliche Soldaten. Jugendarrest. (MilStGB. § 29; VO. zur Ergänzung des Jugendstrafrechts vom 4. Oktober 1940 § 5.) Gegen einen jugendlichen Soldaten wurde wegen Diebstahl auf eine geschärfte Arreststrase von einem Monat erkannt. Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision führte zur Zurückverweisung der Sache. Verfehlt war allerdings ihre Begründung, daß auf Jugendarrest hätte erkannt werden sollen. Gegenüber jugendlichen Soldaten und Schiffsangestellten ist das nicht

zulässig. Da aber gegenüber jugendlichen Mitangeklag­ ten auf Jugendarrest erkannt worden war, bestand die Möglichkeit, daß das Landgericht einen Monat geschärf­ ten Arrest und einen Monat Jugcndarrest für gleichwertig angesehen hatte. Das wäre verfehlt gewesen. Der Ju­ gendarrest ist keine Strafe, sondern ein Zuchtmittel. Die Tatsache allein schon, daß gegen den Beschwerdeführer allein eine gerichtliche Strafe ausgesprochen werden mußte, obgleich er sich in geringerem Umfang als die beiden Mitangeklagten verfehlt hatte, wäre beim Strafmaß bil­ ligerweise zu berücksichtigen gewesen. Die Urteilsgründe ließen nicht erkennen, .ob das geschehen war. Daß der Vollzug des Jugendarrestes hart ist, berechtigt nicht, Zuchtmittel und Strafe im Maße gleichzusetzen. Es konnte gegen den Angeklagten auf gelinden oder geschärften Ar­ rest erkannt werden; im Urteil fehlte eine Begründung dafür, weshalb geschärfter Arrest für notwendig gehalten wurde. Im allgemeinen wird an die Stelle einer Ge­ fängnisstrafe geschärfter Arrest, an die Stelle einer Haftstrafe gelinder Arrest zu treten haben; das Gericht ist aber insoweit nicht gebunden. Das jugendliche Alter des Angeklagten und der Umstand, daß nur wegen seines freiwilligen Eintritts in die Wehrmacht bei ihm die Ver­ hängung von Jugendarrest unmöglich geworden war, hätten dafür sprechen können, daß bei der besonderen Sachlage die Umwandlung der Gefängnisstrafe in gelinden Arrest angezeigt gewesen wäre. (II, 16. Oktober 1941.) Amtl. Sammlg. S. .376—378. Vgl. Bd. 70 S. 269.

116.

Amlsunterschlaguna.

Gebührenüberhebung.

(StGB. §§ 263, 351, 353.) Ein Postschaffner, der den Paketannahmedienst zu versehen hatte, forderte in zahl­ reichen Fällen höhere Gebühren als dem Gewicht der Pa­ kete entsprach; im Übergabebuch setzte er nur die richtigen Beträge ein. Das ganze eingenommene Geld legte er zunächst in die Postkasse; nach der Abrechnung entnahm er die Mehrbeträge und verwahrte sie in einer Schachtel, um gegebenenfalls spätere Fehlbeträge ausgleichen zu können. Die Verurteilung wegen fortgesetzten Betrugs wurde bestätigt. Allerdings wurde dem Angeklagten der rechtswidrige Vermögensvorteil nicht durch Verfü­ gungen der getäuschten Personen zugeeignet; vielmehr

zulässig. Da aber gegenüber jugendlichen Mitangeklag­ ten auf Jugendarrest erkannt worden war, bestand die Möglichkeit, daß das Landgericht einen Monat geschärf­ ten Arrest und einen Monat Jugcndarrest für gleichwertig angesehen hatte. Das wäre verfehlt gewesen. Der Ju­ gendarrest ist keine Strafe, sondern ein Zuchtmittel. Die Tatsache allein schon, daß gegen den Beschwerdeführer allein eine gerichtliche Strafe ausgesprochen werden mußte, obgleich er sich in geringerem Umfang als die beiden Mitangeklagten verfehlt hatte, wäre beim Strafmaß bil­ ligerweise zu berücksichtigen gewesen. Die Urteilsgründe ließen nicht erkennen, .ob das geschehen war. Daß der Vollzug des Jugendarrestes hart ist, berechtigt nicht, Zuchtmittel und Strafe im Maße gleichzusetzen. Es konnte gegen den Angeklagten auf gelinden oder geschärften Ar­ rest erkannt werden; im Urteil fehlte eine Begründung dafür, weshalb geschärfter Arrest für notwendig gehalten wurde. Im allgemeinen wird an die Stelle einer Ge­ fängnisstrafe geschärfter Arrest, an die Stelle einer Haftstrafe gelinder Arrest zu treten haben; das Gericht ist aber insoweit nicht gebunden. Das jugendliche Alter des Angeklagten und der Umstand, daß nur wegen seines freiwilligen Eintritts in die Wehrmacht bei ihm die Ver­ hängung von Jugendarrest unmöglich geworden war, hätten dafür sprechen können, daß bei der besonderen Sachlage die Umwandlung der Gefängnisstrafe in gelinden Arrest angezeigt gewesen wäre. (II, 16. Oktober 1941.) Amtl. Sammlg. S. .376—378. Vgl. Bd. 70 S. 269.

116.

Amlsunterschlaguna.

Gebührenüberhebung.

(StGB. §§ 263, 351, 353.) Ein Postschaffner, der den Paketannahmedienst zu versehen hatte, forderte in zahl­ reichen Fällen höhere Gebühren als dem Gewicht der Pa­ kete entsprach; im Übergabebuch setzte er nur die richtigen Beträge ein. Das ganze eingenommene Geld legte er zunächst in die Postkasse; nach der Abrechnung entnahm er die Mehrbeträge und verwahrte sie in einer Schachtel, um gegebenenfalls spätere Fehlbeträge ausgleichen zu können. Die Verurteilung wegen fortgesetzten Betrugs wurde bestätigt. Allerdings wurde dem Angeklagten der rechtswidrige Vermögensvorteil nicht durch Verfü­ gungen der getäuschten Personen zugeeignet; vielmehr

wollte er diesen erst durch die Entnahme des Geldes aus der Postkasse, also durch eine weitere selbständige straf­ bare Handlung erlangen. Das Merkmal der betrüge­ rischen Absicht war aber deshalb gegeben, weil der Ange­ klagte bei seinen Handlungen die Absicht hatte, mit den erlangten Mehrbeträgen Fehlbeträge in der Kasse zu ver­ decken und auszugleichen, für die er hätte aufkommen müssen, und weil er die Mehrbeträge nur vorübergehend und ausschließlich zu dem Zweck in die Postkasse legte, um den Sachverhalt gegenüber den Einlieserern zu ver­ schleiern. Den Tatbestand der Gebührenüberhebung er­ füllte der Angeklagte schon dadurch, daß er die überhobe­ nen Gebühren nicht zur Kasse brachte. Gebühren sind nicht nur dann nicht zur Kasse gebracht, wenn der Täter es unterläßt, sie in die öffentliche Kasse zu legen, son­ dern auch schon dann, wenn er sie dem Kassenbestande lediglich zu dem Zweck zuführt, vorhandene Fehlbeträge auszugleichen und zu verdecken, die er sonst zu ersetzen hätte. Zum Merkmal des Zurkassebringens gehört, daß die Gebühren als solche zur Kasse gebracht und als ein­ genommene Gebühren verbucht werden. Die Mehrbeträge hatte der Angeklagte in amtlicher Eigenschaft empfangen. Dem stand nicht entgegen, daß er sie durch Betrug er­ langt hatte; es genügte, daß ihn die Einlieserer der Pa­ kete für zuständig hielten und daß der Angeklagte das erkannte. Angeeignet hatte sich der Angeklagte die Mehr­ beträge durch selbständige, gegen die Reichspostverwaltung gerichtete Handlungen, indem er sie der Postkasse wieder entnahm und in seine Schachtel legte. In bezug auf diese Unterschlagung hatte er auch das übergabebuch un­ richtig geführt. Der Betrug und die Gebührenüberhebung standen unter sich in Tateinheit, mit der fortgesetzten erschwerten Amtsunterschlagung in Tatmehrheit. (II, 23. Oktober 1941.) Amtl. Sammlg. S- 378—381. Vgl. Bd. 3 S. 87; Bd. 17 S. 321; Bd. 26 S. 259; Bd. 63 S. 255, 376; Bd. 65 S. 52; Bd. 71 S- 106; IW. 1931 S. 1198; 1935 S. 527, 529. 117. Gewohnheitsverbrecher. (StGB. § 20a.) Zur äußeren Seite des Gewohnheitsverbrechens bedarf es der Feststellung, daß der Täter drei Taten begangen hat, die den Merkmalen des § 20 a StGB, entsprechen. Die Recht­ sprechung hat hieraus weiter abgeleitet, daß es sich um

wollte er diesen erst durch die Entnahme des Geldes aus der Postkasse, also durch eine weitere selbständige straf­ bare Handlung erlangen. Das Merkmal der betrüge­ rischen Absicht war aber deshalb gegeben, weil der Ange­ klagte bei seinen Handlungen die Absicht hatte, mit den erlangten Mehrbeträgen Fehlbeträge in der Kasse zu ver­ decken und auszugleichen, für die er hätte aufkommen müssen, und weil er die Mehrbeträge nur vorübergehend und ausschließlich zu dem Zweck in die Postkasse legte, um den Sachverhalt gegenüber den Einlieserern zu ver­ schleiern. Den Tatbestand der Gebührenüberhebung er­ füllte der Angeklagte schon dadurch, daß er die überhobe­ nen Gebühren nicht zur Kasse brachte. Gebühren sind nicht nur dann nicht zur Kasse gebracht, wenn der Täter es unterläßt, sie in die öffentliche Kasse zu legen, son­ dern auch schon dann, wenn er sie dem Kassenbestande lediglich zu dem Zweck zuführt, vorhandene Fehlbeträge auszugleichen und zu verdecken, die er sonst zu ersetzen hätte. Zum Merkmal des Zurkassebringens gehört, daß die Gebühren als solche zur Kasse gebracht und als ein­ genommene Gebühren verbucht werden. Die Mehrbeträge hatte der Angeklagte in amtlicher Eigenschaft empfangen. Dem stand nicht entgegen, daß er sie durch Betrug er­ langt hatte; es genügte, daß ihn die Einlieserer der Pa­ kete für zuständig hielten und daß der Angeklagte das erkannte. Angeeignet hatte sich der Angeklagte die Mehr­ beträge durch selbständige, gegen die Reichspostverwaltung gerichtete Handlungen, indem er sie der Postkasse wieder entnahm und in seine Schachtel legte. In bezug auf diese Unterschlagung hatte er auch das übergabebuch un­ richtig geführt. Der Betrug und die Gebührenüberhebung standen unter sich in Tateinheit, mit der fortgesetzten erschwerten Amtsunterschlagung in Tatmehrheit. (II, 23. Oktober 1941.) Amtl. Sammlg. S- 378—381. Vgl. Bd. 3 S. 87; Bd. 17 S. 321; Bd. 26 S. 259; Bd. 63 S. 255, 376; Bd. 65 S. 52; Bd. 71 S- 106; IW. 1931 S. 1198; 1935 S. 527, 529. 117. Gewohnheitsverbrecher. (StGB. § 20a.) Zur äußeren Seite des Gewohnheitsverbrechens bedarf es der Feststellung, daß der Täter drei Taten begangen hat, die den Merkmalen des § 20 a StGB, entsprechen. Die Recht­ sprechung hat hieraus weiter abgeleitet, daß es sich um

drei selbständige Taten handeln muß, die einer selbstän­ digen Aburteilung fähig sind. Taten, deren strafrecht­ liche Verfolgung verjährt ist, kommen nicht in Betracht. Von den drei Taten muß mindestens eine der Aburtei­ lung durch das erkennende Gericht unterliegen. Dagegen ist nicht notwendig, daß die drei Taten gleichzeitig zur Aburteilung stehen. Der Berücksichtigung steht nicht ent­ gegen, daß eine oder zwei Taten schon abgeurteilt worden sind; anderseits können aber auch Taten, die noch nicht abgeurteilt sind, der Beurteilung des Täters als Gewohnheitsverbrecher zugrunde gelegt werden. Re­ gelmäßig wird, wenn in der Hauptverhandlung eine Tat bekannt wird, die nicht unter Anklage steht, nach § 266 StPO, zu verfahren sein; es ist aber nicht ausgeschlossen, die neue Tat auch in dem.anhängigen Verfahren mit heranzuziehen. Nötig ist nur, daß das Gericht auf Grund der Hauptverhandlung und einer ausreichenden. Beweis­ erhebung zu einer einwandfreien Schuldfcststellung ge­ langt und zu der rechtlichen Beurteilung kommt, daß der Angeklagte noch ein weiteres vorsätzliches Verbrechen oder Vergehen begangen hat und daß diese Tat einem ver­ brecherischen Hange des Angeklagten entsprungen ist. (II, 13. November 1941.) Amtl. Sammlg. S- 381—383. Vgl. Bd. 68 S. 149, 222, 297, 330; Bd. 72 S. 164: Bd. 73 S. 321. 118. Jugendarrest. (OsLStG. § 127; OstJGG. § 11; ÖstStPO. § 265 a; VO. zur Ergänzung des Jugendstraf­ rechts vom 4. Oktober 1940 § 1.) Ein Jugendlicher wurde eines Verbrechens der Notzucht für schuldig er­ kannt; es wurde Jugendarrest in der Dauer von drei Wochen gegen ihn angeordnet. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Staatsanwalts hatte keinen Erfolg. Das Verbrechen der Notzucht ist im österreichischen Strafgesetz mit schwe­ rem Kerker von fünf bis zu zehn Jahren bedroht. Wenn ein Jugendlicher die Tat begeht, beträgt somit die Strafe fünf Jahre strengen Arrest; bei Anwendung des außer­ ordentlichen Milderungsrechts des § 265 a StPO, kann die Strafe bis auf sechs Monate strengen Arrest herabgesetzt werden. Der Umstand, daß bei einer Straffestsetzung das Strafmaß von sechs Monaten nicht unterschritten wer­ den darf, schließt aber für sich allein nicht aus, Jugend­ arrest zu verhängen. Der Richter hat auch nicht zunächst

drei selbständige Taten handeln muß, die einer selbstän­ digen Aburteilung fähig sind. Taten, deren strafrecht­ liche Verfolgung verjährt ist, kommen nicht in Betracht. Von den drei Taten muß mindestens eine der Aburtei­ lung durch das erkennende Gericht unterliegen. Dagegen ist nicht notwendig, daß die drei Taten gleichzeitig zur Aburteilung stehen. Der Berücksichtigung steht nicht ent­ gegen, daß eine oder zwei Taten schon abgeurteilt worden sind; anderseits können aber auch Taten, die noch nicht abgeurteilt sind, der Beurteilung des Täters als Gewohnheitsverbrecher zugrunde gelegt werden. Re­ gelmäßig wird, wenn in der Hauptverhandlung eine Tat bekannt wird, die nicht unter Anklage steht, nach § 266 StPO, zu verfahren sein; es ist aber nicht ausgeschlossen, die neue Tat auch in dem.anhängigen Verfahren mit heranzuziehen. Nötig ist nur, daß das Gericht auf Grund der Hauptverhandlung und einer ausreichenden. Beweis­ erhebung zu einer einwandfreien Schuldfcststellung ge­ langt und zu der rechtlichen Beurteilung kommt, daß der Angeklagte noch ein weiteres vorsätzliches Verbrechen oder Vergehen begangen hat und daß diese Tat einem ver­ brecherischen Hange des Angeklagten entsprungen ist. (II, 13. November 1941.) Amtl. Sammlg. S- 381—383. Vgl. Bd. 68 S. 149, 222, 297, 330; Bd. 72 S. 164: Bd. 73 S. 321. 118. Jugendarrest. (OsLStG. § 127; OstJGG. § 11; ÖstStPO. § 265 a; VO. zur Ergänzung des Jugendstraf­ rechts vom 4. Oktober 1940 § 1.) Ein Jugendlicher wurde eines Verbrechens der Notzucht für schuldig er­ kannt; es wurde Jugendarrest in der Dauer von drei Wochen gegen ihn angeordnet. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Staatsanwalts hatte keinen Erfolg. Das Verbrechen der Notzucht ist im österreichischen Strafgesetz mit schwe­ rem Kerker von fünf bis zu zehn Jahren bedroht. Wenn ein Jugendlicher die Tat begeht, beträgt somit die Strafe fünf Jahre strengen Arrest; bei Anwendung des außer­ ordentlichen Milderungsrechts des § 265 a StPO, kann die Strafe bis auf sechs Monate strengen Arrest herabgesetzt werden. Der Umstand, daß bei einer Straffestsetzung das Strafmaß von sechs Monaten nicht unterschritten wer­ den darf, schließt aber für sich allein nicht aus, Jugend­ arrest zu verhängen. Der Richter hat auch nicht zunächst

zu beurteilen, welche Strafe verwirkt wäre, und von deren Höhe die Zulässigkeit des Jugendarrests abhängig zu machen; er hat vielmehr in allen Fällen, in denen über einen Jugendlichen nach den früheren Vorschriften Gefängnis, Haft, strenger Arrest, einfacher Arrest oder Geldstrafe zu verhängen gewesen wäre, zu Prüfen, ob nicht der mit diesen Strafen verfolgte Zweck der Erziehung, Abschreckung und Sühne mit dem Zuchtmittel des Jugend­ arrests erreicht werden kann. Die Ausführungsvorschrift des Justizministeriums vom 6. November 1940, wonach Jugendarrest regelmäßig nur dann zu verhängen ist, wenn bisher Geldstrafe, Haft oder Gefängnis bis zu drei Mo­ naten ausgesprochen wurde, gilt nicht ausnahmslos. (VI, 14. November 1941.) Amtl. Sammlg. S- 383—384. 119. Anzuwendendes Gesetz. (StGB. §§ 43, 44, 73, 263; OstStG. §§ 8, 197, 200, 202, 203.) Ein fortgesetzter Versuch des Betrugs war zum Teil im Altreich, zum Teil in Österreich begangen. Das Landgericht hatte dem Ur­ teil das deutsche Strafrecht zugrunde gelegt. Das Reichs­ gericht entschied, daß das Strafrecht anzuwenden gewesen wäre, das das strengste Gesetz enthielt, und daß das strengste Gesetz in Betrachtung des Einzelfalles zu er­ mitteln gewesen wäre. Entscheidend hiefür ist die dem § 73 StGB, zugrunde liegende Erwägung, daß ein einheit­ liches Tun oder Unterlassen nicht deshalb milder beur­ teilt werden darf, weil es sich auf mehrere Rechtsgebiete erstreckt. Würdigte man hienach das Verhalten des An­ geklagten nach dem Recht der Ostmark, so stellte es sich als Betrug im Sinne des § 197 ÖstStG-, und zwar, da sich der beabsichtigte Schaden auf mehr als 250 Schilling belief, als Verbrechen nach § 200 OstStG. dar. Für die Anwendbarkeit des § 203 OstStG. lagen keine An­ haltspunkte vor. Gemäß § 202 OstStG. kam also als Strafe Kerker von 6 Monaten bis zu 1 Jahr, bei er­ schwerenden Umständen bis zu 5 Jahren in Betracht. Darüber, ob erschwerende Umstände im Sinne des öster­ reichischen Rechts Vorlagen, hatte sich das Landgericht nicht geäußert. Wenn solche nicht anzunehmen waren, enthielt das Recht des Altreichs die strengere Regelung, das für versuchten Betrug gemäß §§ 44, 263 StGB-, § 4 VO. vom 5. Dezember 1939 eine Höchststrafe von 5 Jahren Gefängnis androht. Die entsprechende Höchststrafe, von

zu beurteilen, welche Strafe verwirkt wäre, und von deren Höhe die Zulässigkeit des Jugendarrests abhängig zu machen; er hat vielmehr in allen Fällen, in denen über einen Jugendlichen nach den früheren Vorschriften Gefängnis, Haft, strenger Arrest, einfacher Arrest oder Geldstrafe zu verhängen gewesen wäre, zu Prüfen, ob nicht der mit diesen Strafen verfolgte Zweck der Erziehung, Abschreckung und Sühne mit dem Zuchtmittel des Jugend­ arrests erreicht werden kann. Die Ausführungsvorschrift des Justizministeriums vom 6. November 1940, wonach Jugendarrest regelmäßig nur dann zu verhängen ist, wenn bisher Geldstrafe, Haft oder Gefängnis bis zu drei Mo­ naten ausgesprochen wurde, gilt nicht ausnahmslos. (VI, 14. November 1941.) Amtl. Sammlg. S- 383—384. 119. Anzuwendendes Gesetz. (StGB. §§ 43, 44, 73, 263; OstStG. §§ 8, 197, 200, 202, 203.) Ein fortgesetzter Versuch des Betrugs war zum Teil im Altreich, zum Teil in Österreich begangen. Das Landgericht hatte dem Ur­ teil das deutsche Strafrecht zugrunde gelegt. Das Reichs­ gericht entschied, daß das Strafrecht anzuwenden gewesen wäre, das das strengste Gesetz enthielt, und daß das strengste Gesetz in Betrachtung des Einzelfalles zu er­ mitteln gewesen wäre. Entscheidend hiefür ist die dem § 73 StGB, zugrunde liegende Erwägung, daß ein einheit­ liches Tun oder Unterlassen nicht deshalb milder beur­ teilt werden darf, weil es sich auf mehrere Rechtsgebiete erstreckt. Würdigte man hienach das Verhalten des An­ geklagten nach dem Recht der Ostmark, so stellte es sich als Betrug im Sinne des § 197 ÖstStG-, und zwar, da sich der beabsichtigte Schaden auf mehr als 250 Schilling belief, als Verbrechen nach § 200 OstStG. dar. Für die Anwendbarkeit des § 203 OstStG. lagen keine An­ haltspunkte vor. Gemäß § 202 OstStG. kam also als Strafe Kerker von 6 Monaten bis zu 1 Jahr, bei er­ schwerenden Umständen bis zu 5 Jahren in Betracht. Darüber, ob erschwerende Umstände im Sinne des öster­ reichischen Rechts Vorlagen, hatte sich das Landgericht nicht geäußert. Wenn solche nicht anzunehmen waren, enthielt das Recht des Altreichs die strengere Regelung, das für versuchten Betrug gemäß §§ 44, 263 StGB-, § 4 VO. vom 5. Dezember 1939 eine Höchststrafe von 5 Jahren Gefängnis androht. Die entsprechende Höchststrafe, von

5 Jahren Kerker wäre bei erschwerenden Umständen nach § 202 OestStG. zulässig; nach § 8 OstStG. wird grundsätz­ lich das versuchte Verbrechen mit derselben Strafe ge­ ahndet wie das vollendete War demnach das Höchst­ maß der für den vorliegenden Fall angedrohten Strafe nach beiden Rechten gleich, so erwies sich § 263 StGB, deshalb als das strengere Gesetz, weil neben Gefängnis­ strafe auch auf Geldstrafe erkannt werden kann. Im Er­ gebnis war es daher zu billigen, daß das Landgericht das Strafrecht des Altreichs angewendet hatte. Die Mindest­ strafen des österreichischen Rechts (6 Monate Kerker, bei erschwerenden Umständen 1 Jahr Kerker) waren nicht unterschritten. (V, 27. November 1941.) Amtl. Sammlg. S. 385—387. Vgl. Bd. 57 S. 144; Bd. 73 S. 148, 386; Bd. 74 S. 219; Bd. 75 S. 14, 19, 104, 190. 120. Geldhortung. Steuerhinterziehung. Tateinheit. Tatmehrheit. (StGB. § 73; RAbgO. §§ 193, 396, 421, 445; KrWirtschVO. § 1.) Eine Frau verwahrte einen Geldbetrag von nahezu 23 000 M in ihrer Wohnung, um ihn der Steuerbehörde gegenüber verschweigen zu können. Sie wurde im Unterwerfungsversahren wegen Vergehens gegen § 396 RAbgO. in eine Geldstrafe von 1800 M verurteilt mit der Begründung, daß sie in den Jahren 1931 bis 1940 zum eigenen Vorteil ihr Vermögen zu gering erklärt und dadurch die Vermögenssteuer ver­ kürzt habe. Wegen des Vergehens der Geldhortung wurde sie gesondert verurteilt. Das Reichsgericht er­ klärte das für zulässig. Das Unterwerfungsverfahren ist bei allen Zuwiderhandlungen zulässig, bei denen die Ent­ scheidung den Finanzämtern zusteht. Das Finanzamt wäre nicht zuständig gewesen, wenn die Handlung der Angeklagten zugleich als Steuervergehen und als Ver­ gehen gegen die Kriegswirtschaftsverordnung strafbar ge­ wesen wäre, da dann die Strafe der Kriegswirtschafts­ verordnung zu entnehmen gewesen wäre. Die rechtskräf­ tige Verurteilung im Unterwerfungsverfahren wäre in diesem Falle der erneuten Verurteilung nicht im Wege ge­ standen, weil das Finanzamt über seine Zustündigkert hin­ ausgegangen und darum ein Verbrauch der Strafklage nicht eingetreten wäre. Tatsächlich handelte es sich aber um verschiedene Straftaten. Die fortgesetzte Steuer-

5 Jahren Kerker wäre bei erschwerenden Umständen nach § 202 OestStG. zulässig; nach § 8 OstStG. wird grundsätz­ lich das versuchte Verbrechen mit derselben Strafe ge­ ahndet wie das vollendete War demnach das Höchst­ maß der für den vorliegenden Fall angedrohten Strafe nach beiden Rechten gleich, so erwies sich § 263 StGB, deshalb als das strengere Gesetz, weil neben Gefängnis­ strafe auch auf Geldstrafe erkannt werden kann. Im Er­ gebnis war es daher zu billigen, daß das Landgericht das Strafrecht des Altreichs angewendet hatte. Die Mindest­ strafen des österreichischen Rechts (6 Monate Kerker, bei erschwerenden Umständen 1 Jahr Kerker) waren nicht unterschritten. (V, 27. November 1941.) Amtl. Sammlg. S. 385—387. Vgl. Bd. 57 S. 144; Bd. 73 S. 148, 386; Bd. 74 S. 219; Bd. 75 S. 14, 19, 104, 190. 120. Geldhortung. Steuerhinterziehung. Tateinheit. Tatmehrheit. (StGB. § 73; RAbgO. §§ 193, 396, 421, 445; KrWirtschVO. § 1.) Eine Frau verwahrte einen Geldbetrag von nahezu 23 000 M in ihrer Wohnung, um ihn der Steuerbehörde gegenüber verschweigen zu können. Sie wurde im Unterwerfungsversahren wegen Vergehens gegen § 396 RAbgO. in eine Geldstrafe von 1800 M verurteilt mit der Begründung, daß sie in den Jahren 1931 bis 1940 zum eigenen Vorteil ihr Vermögen zu gering erklärt und dadurch die Vermögenssteuer ver­ kürzt habe. Wegen des Vergehens der Geldhortung wurde sie gesondert verurteilt. Das Reichsgericht er­ klärte das für zulässig. Das Unterwerfungsverfahren ist bei allen Zuwiderhandlungen zulässig, bei denen die Ent­ scheidung den Finanzämtern zusteht. Das Finanzamt wäre nicht zuständig gewesen, wenn die Handlung der Angeklagten zugleich als Steuervergehen und als Ver­ gehen gegen die Kriegswirtschaftsverordnung strafbar ge­ wesen wäre, da dann die Strafe der Kriegswirtschafts­ verordnung zu entnehmen gewesen wäre. Die rechtskräf­ tige Verurteilung im Unterwerfungsverfahren wäre in diesem Falle der erneuten Verurteilung nicht im Wege ge­ standen, weil das Finanzamt über seine Zustündigkert hin­ ausgegangen und darum ein Verbrauch der Strafklage nicht eingetreten wäre. Tatsächlich handelte es sich aber um verschiedene Straftaten. Die fortgesetzte Steuer-

Hinterziehung hatte die Angeklagte dadurch begangen, daß sie unrichtige Steuererklärungen in der Erwartung abgab, die Steuerbehörde werde sie demgemäß niedriger einschätzen. Das Zurückhalten des Geldes hatte damit nichts zu tun. Handlungen, die lediglich eine Sicherung gegen die Entdeckung einer Steuerhinterziehung be­ zwecken, gehören nicht zum Tatbestand der Steuerhinter­ ziehung. (V, 1. Dezember 1941.) Amtl. Sammlg. S. 387—390. Vgl. Bd. 46 S. 53; Bd. 50 S- 237; Bd. 52 S. 183; Bd. 58 S. 113; Bd. 73 S. 198; Bd. 75 S. 56. 121. Tateinheit. Strafbemessung. (OstStG. § 34.) Die jugendlichen Angeklagten M. und G. wurden wegen Ver­ brechen gegen § 1 GewVerbrVO. in Verbindung mit den §§ 81, 82 Satz 2 OstStG., M. auch wegen Verbrechen gegen § 2 VolksschädlVO. in Verbindung mit einem Ver­ brechen des Diebstahls nach den §§ 171, 173, 174 Id, 174 II a, 179 OstStG., G. wegen Verbrechen des Dieb­ stahls nach den §§ 171, 173, 174d, 176 Id, 176 I b, 176 II b, 179 OstStG. schuldig erkannt. Die Strafen wur­ den dem § 1 GewVerbrVO. entnommen; die beiden An­ geklagten wurden in Anwendung des § 34 OstStGB, unter Berücksichtigung des § 58 StrAnpVO. zu je eineinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Das Reichsgericht hob den Strafausspruch auf. Wenn die Strafe nach dem strengsten Gesetz zu bestimmen ist, müssen das Mindestmaß und die Strafart des milderen Gesetzes eingehalten werden, auch wenn nach dem strengeren Gesetz eine kürzere Strafe oder eine mildere Strafart zulässig wäre. Das Mindestmaß und die Strafart sind nach dem Strafrahmen zu bestim­ men, der durch die Vorschriften über das außerordentliche Milderungs- und Strafumwandlungsrecht erweitert ist (§§ 54, 55 OstStG-, § 265 a OstStPO.; Art. VI StP.Nov. 1918). Der durch die Bestimmungen über das außerordentliche Milderungs- oder Strafumwandlungs­ recht erweiterte Strafrahmen kann nur in den Fällen maßgebend sein, in denen er anzuwenden wäre, wenn dem Angeklagten nur die nach dem milderen Gesetz zu ahndende Tat zur Last läge; sonst könnte unter Umständen das Ergebnis eintreten, daß es dem Täter geradezu zum Vorteil gereichen würde, wenn er durch die Tat nicht nur ein Strafgesetz, sondern mehrere verletzt hätte. Ein

Hinterziehung hatte die Angeklagte dadurch begangen, daß sie unrichtige Steuererklärungen in der Erwartung abgab, die Steuerbehörde werde sie demgemäß niedriger einschätzen. Das Zurückhalten des Geldes hatte damit nichts zu tun. Handlungen, die lediglich eine Sicherung gegen die Entdeckung einer Steuerhinterziehung be­ zwecken, gehören nicht zum Tatbestand der Steuerhinter­ ziehung. (V, 1. Dezember 1941.) Amtl. Sammlg. S. 387—390. Vgl. Bd. 46 S. 53; Bd. 50 S- 237; Bd. 52 S. 183; Bd. 58 S. 113; Bd. 73 S. 198; Bd. 75 S. 56. 121. Tateinheit. Strafbemessung. (OstStG. § 34.) Die jugendlichen Angeklagten M. und G. wurden wegen Ver­ brechen gegen § 1 GewVerbrVO. in Verbindung mit den §§ 81, 82 Satz 2 OstStG., M. auch wegen Verbrechen gegen § 2 VolksschädlVO. in Verbindung mit einem Ver­ brechen des Diebstahls nach den §§ 171, 173, 174 Id, 174 II a, 179 OstStG., G. wegen Verbrechen des Dieb­ stahls nach den §§ 171, 173, 174d, 176 Id, 176 I b, 176 II b, 179 OstStG. schuldig erkannt. Die Strafen wur­ den dem § 1 GewVerbrVO. entnommen; die beiden An­ geklagten wurden in Anwendung des § 34 OstStGB, unter Berücksichtigung des § 58 StrAnpVO. zu je eineinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Das Reichsgericht hob den Strafausspruch auf. Wenn die Strafe nach dem strengsten Gesetz zu bestimmen ist, müssen das Mindestmaß und die Strafart des milderen Gesetzes eingehalten werden, auch wenn nach dem strengeren Gesetz eine kürzere Strafe oder eine mildere Strafart zulässig wäre. Das Mindestmaß und die Strafart sind nach dem Strafrahmen zu bestim­ men, der durch die Vorschriften über das außerordentliche Milderungs- und Strafumwandlungsrecht erweitert ist (§§ 54, 55 OstStG-, § 265 a OstStPO.; Art. VI StP.Nov. 1918). Der durch die Bestimmungen über das außerordentliche Milderungs- oder Strafumwandlungs­ recht erweiterte Strafrahmen kann nur in den Fällen maßgebend sein, in denen er anzuwenden wäre, wenn dem Angeklagten nur die nach dem milderen Gesetz zu ahndende Tat zur Last läge; sonst könnte unter Umständen das Ergebnis eintreten, daß es dem Täter geradezu zum Vorteil gereichen würde, wenn er durch die Tat nicht nur ein Strafgesetz, sondern mehrere verletzt hätte. Ein

solches Ergebnis würde dem Rechtsgefühl und dem Schutz­ bedürfnis der Allgemeinheit widersprechen. Der Ange­ klagte G. hatte sich neben dem Verbrechen gegen den § 1 GewBerbrVO. in Verbindung mit den §§ 81, 82 Satz 2 OstStG. auch eines Verbrechens des Diebstahls schuldig gemacht, für das die Strafe dem § 179 OstStG. zu entnehmen war. Nach dieser Vorschrift ist auf 5—10 Jahre schweren Kerker zu erkennen. Da G. jugendlich war, kamen für ihn gemäß § 11 OstJGG. 5 Jahre strenger Arrest in Betracht; nur wenn die Voraussetzungen des § 265 a ÖstStPO. Vorlagen, konnte die Strafe bis auf 6 Monate strengen Arrests herabgesetzt werden. Ob diese Voraussetzungen gegeben waren, hatte das Landgericht nicht geprüft. Eines Diebstahls, für den die Strafe an sich dem § 179 OstStG. zu entnehmen war, hatte sich auch der Angeklagte M. schuldig gemacht, doch hatte dieser das Verbrechen unter Ausnutzung der zur Abwehr von Fliegergefahr getroffenen Maßnahmen begangen. Tas hatte zur Folge, daß bei ihm die Strafe dem § 2 VolksSchädlVO. zu entnehmen wäre, wenn er nur das Ver­ brechen gegen § 2 VolksSchädlVO. in Verbindung mit den §§ 171, 173, 174 I d, 174 II a und 179 begangen hätte. In diesem Falle müßte er als Jugendlicher zu einer Ge­ fängnisstrafe von 1 Tag bis zu 7i/2 Jahren oder von 1 bis zu 10 Jahren verurteilt werden (§ 11 OstJGG., § 8 StrAnpVO.). Hätte er sich jedoch nicht des Verbrechens gegen § 2 VolksSchädlVO. schuldig gemacht und wäre der Diebstahl nach § 179 OstStG. zu bestrafen, so könnte wie bei G. nur dann bis auf 6 Monate strengen Arrest herabgegangen werden, wenn § 265 a OstStPO. ange­ wendet würde; andernfalls müßte auch bei ihm auf 5 Jahre Arrest erkannt werden. Es war also bei An­ wendung des § 2 VolksSchädlVO. die für die Grundtat angedrohte Strafe insofern zu berücksichtigen, als nicht auf eine kürzere als die für die Grundtat allein zulässige Mindeststrafe erkannt werden durfte. Auf M. angewendet hatte dieser Rechtsgrundsatz zur Folge, daß auch bei ihm hätte geprüft werden müssen, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des § 265 a OstStPO. gegeben gewesen wären, wenn die Strafe bloß dem § 179 OstStG. zu ent­ nehmen gewesen wäre. Wenn das nicht der Fall war, führte die Berücksichtigung des § 34 OstStG. dazu, daß

nicht unter das Strafmaß von 5 Jahren Gefängnis her­ abgegangen werden durfte, weil die Mindeststrafe nach § 2 Volks SchädlVO. in Verbindung mit dem Verbrechen des Diebstahls nach den §§ 171, 173, 174 Id, 174 IIa und 179 OstStG. bei ihm 5 Jahre Gefängnis betrug. (VI, 2. Dezember 1941.) Amtl. Sammlg. S. 390—393. Vgl. Bd. 73 S. 148. 122. Rücktritt vom Versuch. (StGB. § 46.) Ein Mäd­ chen, das von einem Manne überfallen worden war, suchte ihn zur Aufgabe seines Vorhabens dadurch zu bestimmen, daß sie ihn auf die Strafe hinwies, die er im Falle der Anzeige bekommen würde; als sie damit keinen Erfolg hatte, versprach sie ihm, sich ihm bei besserer Gelegenheit freiwillig hinzugeben, wenn er sie in Ruhe lasse. Er glaubte dem Versprechen und ließ von ihr ab. Seine Verurteilung wegen versuchter Notzucht wurde bestätigt. Der Versuch bleibt straflos, wenn der Täter die Aus­ führung der beabsichtigten Handlung aufgegeben hat, ohne daß er an dieser Ausführung durch Umstände gehindert wurde, die von seinem Willen unabhängig waren. Ob der Rücktritt freiwillig oder unfreiwillig war, ist nach der Vorstellung des Täters zu entscheiden. Unfreiwillig ist er vor allem, wenn die Ausführung deshalh unterblieben ist, weil der Täter sie unter Einwirkung eines äußeren Um­ standes als unmöglich angesehen hat. Es genügen jedoch auch solche Umstände, welche die Ausführung zwar nicht unmöglich machen, aber den Täter nach seiner Vorstellung an der Ausführung der Tat hindern, sich also für ihn, wenn auch nur als innere Hemmungen- entscheidend der Ausführung der Tat entgegenstellen. Auch die irrige An­ nahme solcher Umstände, ein eingebildetes Hindernis, nimmt das Gefühl der freien Wahl. Entscheidend ist die Stärke des Bewegungsgrundes, nach der sich beurteilt, ob der unter ihrem Einfluß stehende Wille nach der Auf­ fassung des Lebens noch als frei zu behandeln ist oder nicht. Der durch inneren Zwang beeinflußte Wille gilt nicht als frei; entscheidend ist, ob der Wille maßgeblich nach bestimmter Richtung gelenkt wird. Das ist aber der Fall, wenn ein äußerer Umstand einwirkt, über den der Wille des Täters nicht mehr nach der Richtung zu ver­ fügen vermag, ob und wie er ihn zur Willensbildung be­ nutzen will. Die nach seiner Vorstellung sichere Aussicht,

nicht unter das Strafmaß von 5 Jahren Gefängnis her­ abgegangen werden durfte, weil die Mindeststrafe nach § 2 Volks SchädlVO. in Verbindung mit dem Verbrechen des Diebstahls nach den §§ 171, 173, 174 Id, 174 IIa und 179 OstStG. bei ihm 5 Jahre Gefängnis betrug. (VI, 2. Dezember 1941.) Amtl. Sammlg. S. 390—393. Vgl. Bd. 73 S. 148. 122. Rücktritt vom Versuch. (StGB. § 46.) Ein Mäd­ chen, das von einem Manne überfallen worden war, suchte ihn zur Aufgabe seines Vorhabens dadurch zu bestimmen, daß sie ihn auf die Strafe hinwies, die er im Falle der Anzeige bekommen würde; als sie damit keinen Erfolg hatte, versprach sie ihm, sich ihm bei besserer Gelegenheit freiwillig hinzugeben, wenn er sie in Ruhe lasse. Er glaubte dem Versprechen und ließ von ihr ab. Seine Verurteilung wegen versuchter Notzucht wurde bestätigt. Der Versuch bleibt straflos, wenn der Täter die Aus­ führung der beabsichtigten Handlung aufgegeben hat, ohne daß er an dieser Ausführung durch Umstände gehindert wurde, die von seinem Willen unabhängig waren. Ob der Rücktritt freiwillig oder unfreiwillig war, ist nach der Vorstellung des Täters zu entscheiden. Unfreiwillig ist er vor allem, wenn die Ausführung deshalh unterblieben ist, weil der Täter sie unter Einwirkung eines äußeren Um­ standes als unmöglich angesehen hat. Es genügen jedoch auch solche Umstände, welche die Ausführung zwar nicht unmöglich machen, aber den Täter nach seiner Vorstellung an der Ausführung der Tat hindern, sich also für ihn, wenn auch nur als innere Hemmungen- entscheidend der Ausführung der Tat entgegenstellen. Auch die irrige An­ nahme solcher Umstände, ein eingebildetes Hindernis, nimmt das Gefühl der freien Wahl. Entscheidend ist die Stärke des Bewegungsgrundes, nach der sich beurteilt, ob der unter ihrem Einfluß stehende Wille nach der Auf­ fassung des Lebens noch als frei zu behandeln ist oder nicht. Der durch inneren Zwang beeinflußte Wille gilt nicht als frei; entscheidend ist, ob der Wille maßgeblich nach bestimmter Richtung gelenkt wird. Das ist aber der Fall, wenn ein äußerer Umstand einwirkt, über den der Wille des Täters nicht mehr nach der Richtung zu ver­ fügen vermag, ob und wie er ihn zur Willensbildung be­ nutzen will. Die nach seiner Vorstellung sichere Aussicht,

ohne Gewalt zur geschlechtlichen Befriedigung zu gelangen, hinderte den Angeklagten an der Ausführung der Tat in­ sofern,, als er bei dieser Sachlage die mit einem gewaltsamen Vorgehen verbundene Gefahr, im Fall einer An­ zeige schwer bestraft zu werden, vernünftigerweise nicht auf sich nehmen konnte und durfte. Hienach konnte von einem freiwilligen Rücktritt keine Rede sein. Dabei war nicht verkannt/ daß die Furcht vor Entdeckung und Be­ strafung für sich allein nicht geeignet ist, dem Rücktritt das Merkmal der Freiwilligkeit zu nehmen. (II, 18. De­ zember 1941.) Amtl. Sammlg. S. 393-396. Vgl. Bd. 37 S. 402; Bd. 47 S. 74; Bd. 54 S. 326; Bd. 57 S. 313; Bd. 68 S. 82. 123. Beamter. (StGB. § 359; GetrWirtschVO. §§ 1, 10; ReichsNährstG. § 4.) Der Kassenleiter eines Getreidewirtschastsverbandes wurde wegen eines Amtsverbrechens verurteilt. Er berief sich darauf, daß er von dem Vor­ sitzenden des Verbandes ohne Mitwirkung irgendeiner staatlichen Behörde angestellt worden sei und sich dem­ gemäß nicht für einen Beamten gehalten habe. Das Reichsgericht erklärte diese Auffassung für unhaltbar. Be­ amte im Sinne des § 359 StGB, sind nicht nur die un­ mittelbaren und mittelbaren Beamten im staatsrechtlichen Sinne; die Begrisfsmerkmale sind auch dann erfüllt, wenn jemand ohne Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses von einer nach den reichs- oder lan­ desrechtlichen Vorschriften zuständigen Stelle durch einen ausdrücklichen oder stillschweigenden öffentlich-rechtlichen Akt allgemein zu Dienstverrichtungen berufen wird, die aus der Staatsgewalt abgeleitet werden und staatlichen Zwecken dienen. Die nationalsozialistische Getreidewirt­ schaft hat das Hauptziel, die Getreidepreise trotz schwan­ kender Ernteerträge beständig zu erhalten, weil nur auf dieser Grund.age auch Gehälter und Löhne auf gleich­ bleibender Höhe erhalten werden können. Zu diesem Zweck sind die Getreidewirtschaftsverbände geschaffen worden. Diese sind Körperschaften öffentlichen Rechts und dem Reichsnährstand eingegliedert. Daraus ergibt sich, daß ihre Aufgaben aus der Staatsgewalt abgeleitet sind und staatlichen Zwecken dienen. Die Tätigkeit des Angeklagten als Kassenleiter bildete die wirtschaftliche Grundlage für die Arbeit des Verbandes; indem er die Kassengeschäfte des

ohne Gewalt zur geschlechtlichen Befriedigung zu gelangen, hinderte den Angeklagten an der Ausführung der Tat in­ sofern,, als er bei dieser Sachlage die mit einem gewaltsamen Vorgehen verbundene Gefahr, im Fall einer An­ zeige schwer bestraft zu werden, vernünftigerweise nicht auf sich nehmen konnte und durfte. Hienach konnte von einem freiwilligen Rücktritt keine Rede sein. Dabei war nicht verkannt/ daß die Furcht vor Entdeckung und Be­ strafung für sich allein nicht geeignet ist, dem Rücktritt das Merkmal der Freiwilligkeit zu nehmen. (II, 18. De­ zember 1941.) Amtl. Sammlg. S. 393-396. Vgl. Bd. 37 S. 402; Bd. 47 S. 74; Bd. 54 S. 326; Bd. 57 S. 313; Bd. 68 S. 82. 123. Beamter. (StGB. § 359; GetrWirtschVO. §§ 1, 10; ReichsNährstG. § 4.) Der Kassenleiter eines Getreidewirtschastsverbandes wurde wegen eines Amtsverbrechens verurteilt. Er berief sich darauf, daß er von dem Vor­ sitzenden des Verbandes ohne Mitwirkung irgendeiner staatlichen Behörde angestellt worden sei und sich dem­ gemäß nicht für einen Beamten gehalten habe. Das Reichsgericht erklärte diese Auffassung für unhaltbar. Be­ amte im Sinne des § 359 StGB, sind nicht nur die un­ mittelbaren und mittelbaren Beamten im staatsrechtlichen Sinne; die Begrisfsmerkmale sind auch dann erfüllt, wenn jemand ohne Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses von einer nach den reichs- oder lan­ desrechtlichen Vorschriften zuständigen Stelle durch einen ausdrücklichen oder stillschweigenden öffentlich-rechtlichen Akt allgemein zu Dienstverrichtungen berufen wird, die aus der Staatsgewalt abgeleitet werden und staatlichen Zwecken dienen. Die nationalsozialistische Getreidewirt­ schaft hat das Hauptziel, die Getreidepreise trotz schwan­ kender Ernteerträge beständig zu erhalten, weil nur auf dieser Grund.age auch Gehälter und Löhne auf gleich­ bleibender Höhe erhalten werden können. Zu diesem Zweck sind die Getreidewirtschaftsverbände geschaffen worden. Diese sind Körperschaften öffentlichen Rechts und dem Reichsnährstand eingegliedert. Daraus ergibt sich, daß ihre Aufgaben aus der Staatsgewalt abgeleitet sind und staatlichen Zwecken dienen. Die Tätigkeit des Angeklagten als Kassenleiter bildete die wirtschaftliche Grundlage für die Arbeit des Verbandes; indem er die Kassengeschäfte des

Verbandes führte, trug er zu seinem Teile zur Erfüllung der Aufgaben des Verbandes bei. Auch seine Tätigkeit war also aus der Staatsgewalt abgeleitet und diente staat­ lichen Zwecken. Der Vorsitzende des Verbandes hatte als eine unmittelbar nach Reichsrecht zuständige Stelle den Angeklagten zu seinen Verrichtungen berufen. Für den inneren Tatbestand genügte es, daß der Angeklagte die tatsächlichen Umstände kannte, aus denen sich seine Beam­ teneigenschaft ergab. Unerheblich war es, ob der Ange­ klagte sich für einen Beamten gehalten hatte. (I, 9. De­ zember 1941.) Amtl. Sammlg. S. 396—398. Vgl. Bd. 74 S. 105, 268.

124. Versicherung an Eides Stall. Prozetzbelrug. (StGB. §§ 156, 263; VO. vom 1. September 1939 § 10.) In einem Unterhaltsrechtsstreit gab der verklagte Ehe­ mann die Höhe seines Gehalts unrichtig an und bekräftigte die Angabe durch Versicherung an Eides Statt. Seine Verurteilung wegen Betrug in Tateinheit mit falscher Versicherung an Eides Statt wurde vom Reichsgericht be­ stätigt. Der Amtsrichter hatte sich durch die bestimmte Aussage des Angeklagten, deren Richtigkeit dieser an Eides Statt versichert hatte, täuschen lassen und die Unterhalts­ klage abgewiesen. Mit dem Erlaß des Urteils war eine Vermögensschädigung der Frau eingetreten. Daß sie im Berufungsverfahren eine Änderung des Urteils erzielte, bedeutete nur eine Wiedergutmachung des verursachten Schadens. Im bürgerlichen Streitverfahren waren ur­ sprünglich die Gerichte nicht ohne weiteres zuständig, einer Partei Versicherungen an Eides Statt abzunehmen; diese Rechtslage ist aber durch die Verordnung über Maßnah­ men auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung und der Rechtspflege vom 1. September 1939 geändert worden. Nach dieser bestimmen die Amtsgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ihr Verfahren nach freiem Ermessen; sie können also auf Förmlichkeiten des Verfahrens ver­ zichten, deren Einhaltung in Kriegszeiten erschwert ist und von deren Beachtung ohne Schaden für die Parteien im Interesse einer zweckmäßigen und raschen Erledigung des Rechtsstreits abgesehen werden kann. Für gewisse Fälle ist im bürgerlichen Streitverfahren die eidesstattliche Ver­ sicherung eines Zeugen als Ersatz seiner eidlichen Verneh­ mung vorgesehen; grundsätzliche Bedenken dagegen, sie

Verbandes führte, trug er zu seinem Teile zur Erfüllung der Aufgaben des Verbandes bei. Auch seine Tätigkeit war also aus der Staatsgewalt abgeleitet und diente staat­ lichen Zwecken. Der Vorsitzende des Verbandes hatte als eine unmittelbar nach Reichsrecht zuständige Stelle den Angeklagten zu seinen Verrichtungen berufen. Für den inneren Tatbestand genügte es, daß der Angeklagte die tatsächlichen Umstände kannte, aus denen sich seine Beam­ teneigenschaft ergab. Unerheblich war es, ob der Ange­ klagte sich für einen Beamten gehalten hatte. (I, 9. De­ zember 1941.) Amtl. Sammlg. S. 396—398. Vgl. Bd. 74 S. 105, 268.

124. Versicherung an Eides Stall. Prozetzbelrug. (StGB. §§ 156, 263; VO. vom 1. September 1939 § 10.) In einem Unterhaltsrechtsstreit gab der verklagte Ehe­ mann die Höhe seines Gehalts unrichtig an und bekräftigte die Angabe durch Versicherung an Eides Statt. Seine Verurteilung wegen Betrug in Tateinheit mit falscher Versicherung an Eides Statt wurde vom Reichsgericht be­ stätigt. Der Amtsrichter hatte sich durch die bestimmte Aussage des Angeklagten, deren Richtigkeit dieser an Eides Statt versichert hatte, täuschen lassen und die Unterhalts­ klage abgewiesen. Mit dem Erlaß des Urteils war eine Vermögensschädigung der Frau eingetreten. Daß sie im Berufungsverfahren eine Änderung des Urteils erzielte, bedeutete nur eine Wiedergutmachung des verursachten Schadens. Im bürgerlichen Streitverfahren waren ur­ sprünglich die Gerichte nicht ohne weiteres zuständig, einer Partei Versicherungen an Eides Statt abzunehmen; diese Rechtslage ist aber durch die Verordnung über Maßnah­ men auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung und der Rechtspflege vom 1. September 1939 geändert worden. Nach dieser bestimmen die Amtsgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ihr Verfahren nach freiem Ermessen; sie können also auf Förmlichkeiten des Verfahrens ver­ zichten, deren Einhaltung in Kriegszeiten erschwert ist und von deren Beachtung ohne Schaden für die Parteien im Interesse einer zweckmäßigen und raschen Erledigung des Rechtsstreits abgesehen werden kann. Für gewisse Fälle ist im bürgerlichen Streitverfahren die eidesstattliche Ver­ sicherung eines Zeugen als Ersatz seiner eidlichen Verneh­ mung vorgesehen; grundsätzliche Bedenken dagegen, sie

als Beweismittel zuzulassen, bestehen also nicht. Ob im Einzelfalle die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung zweckmäßig war und zur Beschleunigung des Verfahrens beitrug, hat der Strafrichter nicht nachzuprüfen. (II, 22. Dezember 1941.) Amtl. Sammlg. S- 399—402. Vgl. Bd. 19 S. 414; Bd. 22 S. 267; Bd.' 23 S. 170; Bd. 36 S. 212; Bd. 59 S. 175; Bd. 67 S. 408; Bd. 70 S. 266; Bd. 71 S. 172, 303; Bd. 73 S. 144. 125. Urkundenfälschung. Öffentliche Urkunde.

Irrtum.

(StGB. §§ 59, 271, 273.) Der Pflichtverteidiger zweier Angeklagter legte gegen das Urteil des Landgerichts Re­ vision ein und fertigte am 2. Juli 1940, einen Tag vor Ablauf der Frist, die Revisionsbegründung, reichte sie aber versehentlich erst am 4. Juli auf der Geschäftsstelle des Landgerichts ein. Er ersuchte den Beamten, der sie in Empfang nahm, den Eingang zu bestätigen, und übergab ihm zu diesem Zweck einen Entwurf, auf dem als Tag der Übergabe der 2. Juli eingesetzt war; von dieser Bestätigung machte er auch im Verfahren Gebrauch. Das Landgericht sprach ihn von der Anklage der mittelbaren Falschbeur­ kundung frei mit der Begründung, daß er nicht vorsätzlich auf die unrichtige Ausstellung der Empfangsbestätigung hingewirkt habe, auch möglicherweise der Ansicht gewesen sei, die von dem Beamten unterzeichnete Bestätigung sei keine öffentliche Urkunde. Die Revision des Staatsan­ walts hatte keinen Erfolg. Die preußischen Anwelsungen für die Geschäftsstellen der Gerichte enthalten die Vor­ schrift, bei Entgegennahme einer Schrift sei der Zeitpunkt des Eingangs und die Zahl der Beilagen zu vermerken, auf Verlangen auch dem Überbringer der Empfang zu be­ stätigen. Von diesen Urkunden kommt der ersten (beut Eingangsvermerk) die Bedeutung einer öffentlichen Ur­ kunde dann zu, wenn sie dazu dient, den Zeitpunkt des Eingangs als rechtlich erhebliche Tatsache auch für die Beteiligten, also nach außen, zu öffentlichem Glauben fest­ zuhalten. Daneben ist für eine abermalige öffentliche Beurkundung durch die Empfangsbestätigung weder Raum noch Bedürfnis. Die Bestätigung ist nur eine amtliche Auskunft darüber, in welchem Zeitpunkt das Schriftstück zu den Akten gelangt ist. Derartige Mitteilungen sind nur für den bestimmt, an den sie gerichtet sind, aber nicht geeignet, über die in ihnen bezeugten Tatsachen Beweis

als Beweismittel zuzulassen, bestehen also nicht. Ob im Einzelfalle die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung zweckmäßig war und zur Beschleunigung des Verfahrens beitrug, hat der Strafrichter nicht nachzuprüfen. (II, 22. Dezember 1941.) Amtl. Sammlg. S- 399—402. Vgl. Bd. 19 S. 414; Bd. 22 S. 267; Bd.' 23 S. 170; Bd. 36 S. 212; Bd. 59 S. 175; Bd. 67 S. 408; Bd. 70 S. 266; Bd. 71 S. 172, 303; Bd. 73 S. 144. 125. Urkundenfälschung. Öffentliche Urkunde.

Irrtum.

(StGB. §§ 59, 271, 273.) Der Pflichtverteidiger zweier Angeklagter legte gegen das Urteil des Landgerichts Re­ vision ein und fertigte am 2. Juli 1940, einen Tag vor Ablauf der Frist, die Revisionsbegründung, reichte sie aber versehentlich erst am 4. Juli auf der Geschäftsstelle des Landgerichts ein. Er ersuchte den Beamten, der sie in Empfang nahm, den Eingang zu bestätigen, und übergab ihm zu diesem Zweck einen Entwurf, auf dem als Tag der Übergabe der 2. Juli eingesetzt war; von dieser Bestätigung machte er auch im Verfahren Gebrauch. Das Landgericht sprach ihn von der Anklage der mittelbaren Falschbeur­ kundung frei mit der Begründung, daß er nicht vorsätzlich auf die unrichtige Ausstellung der Empfangsbestätigung hingewirkt habe, auch möglicherweise der Ansicht gewesen sei, die von dem Beamten unterzeichnete Bestätigung sei keine öffentliche Urkunde. Die Revision des Staatsan­ walts hatte keinen Erfolg. Die preußischen Anwelsungen für die Geschäftsstellen der Gerichte enthalten die Vor­ schrift, bei Entgegennahme einer Schrift sei der Zeitpunkt des Eingangs und die Zahl der Beilagen zu vermerken, auf Verlangen auch dem Überbringer der Empfang zu be­ stätigen. Von diesen Urkunden kommt der ersten (beut Eingangsvermerk) die Bedeutung einer öffentlichen Ur­ kunde dann zu, wenn sie dazu dient, den Zeitpunkt des Eingangs als rechtlich erhebliche Tatsache auch für die Beteiligten, also nach außen, zu öffentlichem Glauben fest­ zuhalten. Daneben ist für eine abermalige öffentliche Beurkundung durch die Empfangsbestätigung weder Raum noch Bedürfnis. Die Bestätigung ist nur eine amtliche Auskunft darüber, in welchem Zeitpunkt das Schriftstück zu den Akten gelangt ist. Derartige Mitteilungen sind nur für den bestimmt, an den sie gerichtet sind, aber nicht geeignet, über die in ihnen bezeugten Tatsachen Beweis

zu öffentlichem Glauben zu erbringen. Daran wird auch dadurch nichts geändert, daß eine solche Bestätigung ge­ legentlich auch zu Beweiszwecken dienen kann, wenn etwa das Schriftstück, das den amtlichen Eingangsvermerk trägt, verloren geht Da die Empfangsbestätigung nicht als öffentliche Urkunde anzusehen war, fiel das Verhallen des Angeklagten überhaupt unter keine Strafvorschrift. (V, 18. Dezember 1941.) Amtl. Sammlg. S 402--404 Vgl Bd. 42 S. 161; Bd. 63 S. 74; Bd. 65 S. 250

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Die klein gedruckten Ziffern verweisen auf die Nummern der Entsch.

Gesetzesregister. 1. Strafgesetzbuch (StGB.): 2 ii, 12, 17, 19, 20, 102, 2a 16, 94; 19 33; 20a 106, 117; 27a 103; 40 103, 104; 43 5, 24, 119; 44 119; 46 122; 49 31, 83, 87, 50 10, 87, 52 74, 59 49, 83, 125; 61 91, 63 40, 80, 65 38; 67 15; 73 4, 5, 15, 33, 55, 61, 104, 119, 120- 74 63, 76 63; 79 63, 79, 139a 110, 153 10, 154 10, 83, 84; 156 31, 124; 157 4, 10, 84; 172 40, 80, 174 100, 176 Nr. 3 36, 182 91; 183 61, 185 38, 40, 49, 80, 91, 194 40, 102, 214 15, 221 20, 222 20, 43, 99, 114, 223 105, 230 20, 43, 99, 232 105, 235 19; 242 5, 243 12; 244 5; 246 87; 251 15; 257 72, 84, 259 6, 25, 263 2, 4, 18, 88, 116, 119, 124; 265 17; 266 5, 21, 55, 69, 74; 267 5, 13, 26, 64, 86, 92, 94, 95, 268 13, 26, 92, 94, 95; 269 86, 94, 95, 270 26, 95; 271125; 273 125, 274 5; 292 78, 306 14, 308 14, 309 14, 330c 20, 43, 110, 340 110, 348 86, 96, 349 11, 86, 350 55, 87, 351 55, 56, 87, 116, 353 116, 359 56, 110, 123, 360 Nr. 10 20, 363 5. 2. Einführungsgesetz z. Strafgesetzbuch (EGzStGB.): 2 92. 7 92. 3. Strafprozeßordnung (StPO.): 3 28, 8 28, 12 28, 44 46, 46 46, 667 35; 153 34, 219 44; 245 3, 261 3, 282a 42, 343 42; 346 46; 458 47. 4-Zivilprozeßordnung (ZPO.): 149 68, 249 68. Z. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB.): 891 1; 892 1; 1155 1 1192 i; 1846 38. 6. Devisengesetz (DevG.) 1935: 9 45, 48, 57; 11 9, 45, 29 48, 57; 31 48; 35 8- 38 1, 42 1, 45, 48, 43 8. 7. Devisengesetz 1938: 10 48, 57; 13 57; 14 48,15 48, 16 57, 40 i; 46 107, 48 107, 49 1; 59 108, 69 48, 107; 69 Nr. 6 108, 70 Nr. 5 108. 8. Fettsteuerverordnung (FettStBD.) 1933: 2 27, 7 27, 1939: 1 27; 3 27. 9. Fleischbeschaugesetz (FlBeschG.): 19 33; 26 33. 10. GerichtSverfassungsgesetz (GBG.): 189 101. 11. Getreidewirtschaftsverordnung (GetrWirtschBO.): 1 123, 10 123. 12. Gewaltverbrecherverordnung (GewBerbrBO.): 1 3°, 75, 89; 4 15; 5 15. 13. Gewerbeordnung (GewO.): 144 20. RGE. Strafsachen Bd. 75

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14. Gnadenerlaß (GnadErl.) vom 1. September 1939: 41, 47, 66, 113. 15. Gnadenerlaß vom 9. September 1939: 16, 78, 90. 16. Heimtückegesetz (HeimtG.): 2 25, 71, 77. 17. Jugendgerichtsgesetz (JGG.): 9 59; 10 70, 97, 109. 18. Kriegswirtschaftsverordnung (KrWirtschBO.): 6, 7, 23, 37, 103, 104, ui, 120. 19. Militärstrafgesetzbuch (MilStGB.): 29 115. 20. Postgesetz: 27 92; 35 92. 21. Preisstoppverordnung vom 26. Nov. 1936:1 73, m; 4 73. 22. Preisstrafrechtsverordnung (PrStRBO.) vom 3. Juni 1939: 1 72, 73, in; 2 72; 5 72, in; 8 72. 23. Reichsabgabenordnung (RAbgO.): 163 16; 193 120; 396 54, 120; 401 27; 401b 54; 403 54; 407 16; 410 81; 413 16; 421 120; 445 120. 24. Reichsjagdgcsetz (RJagdG.): 62 78. 2z. Reichsnährstandgeseh (RNährstG.): 4 123. 26. Rennwettgesetz (RennWG.): 5 66. 27. Strafenanpassungsverordnung (StrAnpBO.): 5 76. 28. Straffreiheitsgesetz vom 30. April 1938: 1 78. 29. Straßenverkehrsordnung (StrBerkO.): 36 no. 30. Unlauterer Wettbewerbsgeseh (UnlWG.): 17 21; 18 21. 31. Bereinfachungsverordnung (BereinfBO.): 24 3. 32. Verordnung zur einheitlichen Regelung der Gerichtsver­ fassung vom 20. März 1935: 20 101. 33. Verordnung über den Einsatz jüdischen Vermögens vom 3. Dezember 1938: 8 1; 17 1. 34. Verordnung über den Warenverkehr vom 18. August 1939: 12 Nr. 1, 3 22. 35. Verordnung über die öffentliche Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen vom 27. August 1939: 34 22. 36. Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen vom 1. September 1939: 58. 37 Verordnung gegen Volksschädlinge vom 5. September 1939: 32, 59, 62. 38. Verordnung über Einführung des Strafrechts in den Ostgebieten vom 6. Juni 1940: 106. 39 Verordnung zur Ergänzung des Jugendstrafrechts vom 4. Oktober 1940: 67, 70, 85, 91, 109, 115, 118. 40. Verordnung über die Zuständigkeit der Strafgerichte in der Ostmark vom 20. März 1941: 76.

41. Wehrgeseh vorn 21. Mai 1935:141; 441; 741; 10 41; 1141. 42. JuständigkeitSverordnung vom 21.Februarl940 (ZustBO.): 1 931 2 93; 34 32, 34, 92, 97; 35 32; 37 34, 47. 43 Sonstige Reichdgesetze und -Verordnungen: 1, 27, 37, 50, 60, 65, 67, 70, 78, 97, 109, 124. 44- Österreichisches Strafgesetz (ÖstStG.): 8 24, 119; 34 121; 98 29; 10198; 127 118; 197 119; 200 119; 202 119; 203 119; 210a 39; 210b 39. 45. Österreichische Strafprozeßordnung (ÖstStPO.): 51 28; 63 28; 260 67; 265a 118; 281 67. 46. Österreichisches Jugendgerichtsgesetz (ÖstJGG.): 11 118;

13 112; 42 112.

Die Nein gedruckten Ziffern verweisen auf die Seiten d. amtl. Sammlung 144

Seitenzahlen der amtlichen Sammlung. 1 i—7; 2 7—ii; 3 ii—14; 4 14—19; 5 19—25; 6 25—30; 7 30—32; 8 32—35; 9 35—37; 10 37—42; 1142—43; 12 4 3—46; 13 46—49; 14 49—52; 15 52—56; 16 56—59; 17 60—62; 18 62—64; 19 65—68; 20 68—75; 21 75—85; 22 86—89; 23 ?9—92; 24 92—95; 25 95- 97; 26 98—100; 27 100—104; 28 104—107; 29 108—110; 30 110—112; 31 112—114; 32 114—117; 33 117—121; 34 121—124; 35 124—127; 36 127—128; 37 129—146; 38 146—147; 39 147—150; 40 150—151; 41 152—157; 42 158—160; 43 160—175; 44 165—168; 45 168—171; 46 171—173; 47 173—175; 48 175—179; 49 179—183; 50 183—184; 51 184—185; 52 185—187; 53 187—188; 54 188—190; 55 190—192; 56 193—195; 57 195—197; 58 197—202; 59 202—205; 60 206—207; 61 207—210; 62 210—212; 63 212—214; 64 214—216; 65 216—218; 66 219—221; 67 221—225; 231; 71 232—233; 68 225—227; 69 227—230; 70 72 234—237; 73 237—241; 74 242—243; 75 243—247; 256; 76 247—250; 77 250—252; 78 252—256; 79 80 257—261; 81 261—265; 82 266—271; 83 271—276; 84 277—279; 85 279—285; 86 285—289; 87 289—290; 88 290—292; 89 292—296; 90 296—298; 91 298—301; 92 302—303; 93 304—305; 94 306—313; 95 314—317; 96 318—320; 97 321—322; 98 322—324; 99 324—328; 100 329—332; 101 332—333; 102 333—334; 103 334—336; 104 336—341; 105 341—342; 106 343—346; 107 346—349; 108 349—350; 109 351—354; 110 355—360; 111 361—366; 112 366—371; 113 114 372—375; 115 376—378; 37i; 116 378—381; 117 381-383; 118 383—384; 119 385—387; 120 387—390; 121 390—393; 122 393—396; 123 396—398; 124 399—402; 125 402—404.

Sachregister. Abstrakte und konkrete Betrachtungsweise 4,5. Abwesenheitsverfahren 41. Allgemeine Vereidigung, Dolmetscher 101. Amtsgewalt (Postfach­ arbeiter) 98. Amtsunterschlagung,Beihilfe 87. — Gebührenüberhebung 116. Anbietungspflicht, De­ visenrecht 107. Angehörige, Strafantrag 74. — Untreue 74. Annahme unrichtiger Be­ zugscheine, Verbrauchs­ regelung 22. Anordnung, Devisenrecht 108. Anwendung verschiedener Strafgesetze 16,119. Anzuwendendes Gesetz 119. Arbeitsbuch, Urkunden­ fälschung 5. Arbeitsdienst, Erzieher 100. Arzt, Nothilfe 20, 43. Ausländischer Rundfunk­ sender, Verbreiten 58. Ausnutzen der Dunkel­ heit, Volksschädling 32. Aussetzung der Voll­ streckung, Jugendstraf­ recht 97, 109. Ausübung eines Ge­ werbes 52.

Beamter 56, 123. Bedarfsgefährdung, Kriegswirtschaft 37. Bedingte Forderung,De­ visenrecht 107. Bedingter Vorsatz,Kriegs­ wirtschaft 7. Beendigung der Straf­ tat, Devisenvergehen 8. Begünstigung 72, 84. Beihilfe 31, 33, 87. Beiseiteschaffen, Kriegs­ wirtschaft 6. Beleidigung, Ehebruch 40, 80. — entsprechende Anwendung 102. — Fortsetzungszusammen­ hang 61. — Geschlechtsehre 49. — Irrtum 49. — Schamverletzung 61. — Strafantrag 40, 91, 102. — Verführung 91. Berufung 93. Beschränkte Rechtskraft, Einstellungsbeschluß 34. Besondere Arglist, falsche Anschuldigung 39. Besonders schwerer Fall, Strafbemessung 4, 5. Betrug, Erschleichen einer Arbeitsstelle 2. — Kleiderkarte 18. — Vermögensbeschädigung 18. — Postgebühr 92. — Prozeßbetrug 68, 124.

Betrug, Urkundenfälschung 92. Beweisantrag 3, 44. Beweislast, Heimtücke 25. Böswilligkeit 6, 7, 77. Devisenausländer, Wohnsitz 9. Devisenrecht 45. — Anbietungspflicht 107. — Anordnung 108. — Auflage 108. — bedingte Forderung 107. — Gesetzeseinheit 48. — Grundschuld 1. — gutgläubiger Erwerb 1. — Judenvermögen 1. — künftige Forderung 107. — nichtige Forderung 107. — Verfügung 1. — Versuch 1. — Vollendung 1. Devisenvergehen, fahr­ lässige Unterlassung 8. — Beendigung der Straftat 8. Diebstahl an bezugbeschränk­ ten Waren 51. . — an Brotmarken 52. Dolmetscher, allgemeine Vereidigung 101.

Ehebruch, Beleidigung 40, 80. — Strafantrag 40. Eidesstattliche Versiche­ rung, Beihilfe 31. Einbruchsdiebstahl, ent­ sprechende Anwendung 12. Eingegliederte Ostgebiete 50. Einstellungsbeschluß, Nichtigkeitsbeschwerde 34.

Einziehung, Verfallerklärung 66. — Gnadenerlaß 66. — Geldhortung 103. — Gewinnsucht 103. — entsprechende Anwendung 103. — Berbrauchsregelung 104. Entsprechende Anwen­ dung, Arzt (Nothilfe) 20. — Beleidigung 102. — Einbruchsdiebstahl 12. — Einziehung 103. — Geldhortung 103. — Jugendstrafrecht 67. — Kinderraub 19. — Strafantrag 102. — Strafrahmen 11. — Unglücksfall 20. — Versicherungsbetrug 17. Erpressung, Leistung 29. Erschleichen einer Ar­ beitsstelle, Betrug 2. Erzieher, Arbeitsdienst 100.

Fahrlässige Brandstif­ tung, Unterlassung 14. Fahrlässige Körperver­ letzung, Arzt 43. Fahrlässige Tötung, Arzt 43. — Heilbehandlung 114. — ursächlicher Zusammen­ hang 99, 114. — Unterlassung 99. Falsche Anschuldigung, Verleumdung 39. Falschbeurkundung, Ar­ beitsbuch 60. — Urkundenfälschung 86. F e tt st e u e r, Verbrauchs­ steuer 27.

147

Die Ziffern verweisen auf die Hummern der Entscheidungen.

Fettsteuer, Wertersatz 27. Fleischbeschau 33. Formblatt, Kleiderkarte 96. Fortsetzungszusammen­ hang 61.

Gebührenüberhebung, Amtsunterschlagung 116. Gefährdung der Bedarfs­ deckung, Kriegswirtschaft?. Gefährliches Mittel 75. Geldhortung 103, 120. Gesamtstrafe 63, 79. Geschlechtsehre, Beleidi­ gung 49. Gesetzeseinheit 33, 48. Gesetzliche Vermutung 25. Gewaltverbrecher 30, 75, 89. Gewinnsucht, Geldhortung 103. Gewohnheitsverbrecher 106, 1,17. Grundschuld, Devisen­ recht 1. Gutgläubiger Erwerb, Devisenrecht 1. Hehlerei, Kriegswirtschaft 6. Heilbehandlung 114. Heimtücke 25, 71. Irrtum, Geschlechtsehre 49, 58, 83. Jagdschein, Nebenstrafe 78. Judenvermögen, Devisen­ recht 1. Jugendarrest 85, 112, 115, 118. Jugendlicher Volksschäd­ ling 59. Jugendstrafrecht 67, 70, 97, 109.

Kindermißbrauch 36. Kinderraub, entsprechende Anwendung 19. Kleiderkarte 18, 96. Körperverletzung, Straf­ antrag 105. Körperverletzung imAmt, Verkehrsunfall 110. Kriegswirtschaft, bedingter Vorsatz 7. — Beiseiteschaffen 6. — Böswilligkeit 6, 7. — Gefährdung der Bedarfs­ deckung 7, 37. — Hehlerei 6. — Kriegsschädlichkeit 37. — lebenswichtiger Bedarf 23. — Preisbildung 111. — Stammkunde 23. — Strafantrag 111. — ungerechtes Urteil 37. — Zurückhalten 37. Künftige Forderung, De­ visenrecht 107. Landesverteidigung 65. Landwirtschaftliche Er­ zeugnisse, Verbrauchs­ regelung 82. Lebenswichtiger Bedarf, Kriegswirtschaft 23. Lebensmittelkarten, Be­ amter 56. — NSV. 56. Leistung, Erpressung 29. Lohnkarte, Urkunde 95.

Meineid 10, 84. -Sekte 35. Mildestes Gesetz, Urkunden­ fälschung 94.

Nebenstrafe, Gesamtstrafe 63. — Polizeiaufsicht 63. — Jagdschein 78. Nichtige Forderung, De­ visenrecht 107. Nichtigkeitsbeschwerde 34 97. Nothilfe, Arzt 20, 43. — entsprechende Anwendung 20. Notwendige Teilnahme, Verbrauchsregelung 82. NSV., Beamter 56.

Öffentliche Urkunde 86, 125 Öffentlichkeit 25. Ordnungsstrafe, Begünsti­ gung 25. Ostgebiete 106.

Polizeiaufsicht 63. Postgebühr 92. Preisbildung, Kriegswirt­ schaft 111. Prozeßbetrug 68. Rctub 15. Rechtsmittelfrist 41. Revision, Berufung 93. Rückfall, Gewohnheitsver­ brecher 106. Rücktritt vom Versuch 122.

Saatgutplombe, Urkunden­ fälschung 94. Schadensausgleich, Un­ treue 69. Schamverletzung, Beleidi­ gung 61.

Schlachtsteuerhinter­ ziehung 33. Schwarze Bankkonten 16. Schwarze Kasse 69. Sekte, Meineid 35. Selbstanzeige 81. Selbstversorger, Ver­ brauchsregelung 82. Soldaten, Jugendarrest 11*5. Stammkunde, Kriegswirt• schäft 23. Steuerhehlerei 54. Steuerhinterziehung, Geldhortung 120. Strafantrag, Angehörige 74. — Beleidigung 40, 91, 102. — Ehebruch 40. — entsprechende Anwendung 102. — Körperverletzung 105. — Kriegswirtschaft 111. — Vormundschaftsgericht 38. Strafaussetzung, Jugend­ strafrecht 70. Strafbemessung, besonders schwerer Fall 4, 5. — abstrakte und konkrete Be­ trachtungsweise 4, 5. — Tateinheit 4, 5, 121. Strafermäßigung, Mein­ eid 10, 84. Straffreiheit 41. Strafrahmen, entsprechende Anwendung 11. Strafsatz 76.

Tateinheit 4, 5, 15, 33, 55, 61, 104, 120, 121. Tatmehrheit 120. Teilnahme 10. Totschlag,schwerer Raub 15.

Überpreis, Saatgutplombe 94. Uhrwerkstempel 95. Unerreichbarer Zeuge 3. Ungerechtes Urteil 20,32, 37, 43. Untauglicher Versuch 24. Unterlassung, Beihilfe zum Meineid 83. — fahrlässige Brandstiftung 14. — fahrlässige Tötung 99. — Gnadenerlaß 90. — Irrtum 83. — ursächlicher Zusammenhang 14, 99. Untersuchungshaft, Ju­ gendarrest 85. Untreue, Wettbewerbsver­ bot 21, 69, 74. Urkunde 95, 96. Urkundenfälschung 13, 64, 86, 92, 94, 125. Ursächlicher Zusammen­ hang, fahrlässige Brand­ stiftung 14. — fahrlässige Tötung 99,114. — Unterlassung 14, 99. — Heilbehandlung 114. Berbrauchsregelung, An­ nahme unrichtiger Bezug­ scheine 22. — landwirtschaftliche Erzeug­ nisse 82. — Selbstversorger 82. — notwendige Teilnahme 82. Verbrauchssteuer, Fett­ steuer 27. Verbreiten ausländischer Rundfunksender 58. Berfallerklärung, Ein­ ziehung 66.

Verfügung, Devisenrecht 1. Verführung, Beleidigung 91. Verjährung 15, 16. Verkehrsunfall, Körper­ verletzung im Amt 110. Verleumdung 39. Verlöbnis 88. Vermögensbeschädigung 18. Vermögensvorteil 26. Versicherung an Eides­ statt 124. Versicherungsbetrug, ent­ sprechende Anwendung 17. Versuch 1, 5, 24, 122. Verweisung, Zuständigkeit — zwischenstaatliches Recht28. Volksschädling 32, 62. Vorbereitungshandlung5. Vormundschaftsgericht, Strafantrag 38.

Waffe, Gewaltverbrecher 75. Wertersatz 27. Wettbewerbsverbot, Un­ treue 21. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand 46. Wohnsitz, Devisenausländer 9.

Zahlungsmittel, Devisen­ recht 57. Zurückhalten, Kriegswirt­ schaft 37. Zuständigkeit 28, 93. Zwischengebietliches Recht 28.

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