Praxishandbuch Betriebliche Altersversorgung und Zeitwertkonten 9783110275247, 9783110275155

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Praxishandbuch Betriebliche Altersversorgung und Zeitwertkonten
 9783110275247, 9783110275155

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Bearbeiterverzeichnis
Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV
Kapitel 2 Steuerrecht der bAV
Kapitel 3 bAV im Beitragsrecht der Sozialversicherung
Kapitel 4 Rechnungslegung und Bilanzierung der bAV
Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht
Kapitel 6 Versicherungsaufsichtsrecht und Versicherungsvertragsrecht der bAV
Kapitel 7 Datenschutzrecht der bAV
Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung
Kapitel 9 Änderung von Zusagen, Durchführungsweg und Schuldner der bAV
Kapitel 10 bAV und M&A
Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV
Kapitel 12 Verwaltung und Administration der bAV
Kapitel 13 bAV für besondere Personengruppen
Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)
Stichwortverzeichnis

Citation preview

I

Mathias Ulbrich (Hrsg.) Betriebliche Altersversorgung und Zeitwertkonten De Gruyter Praxishandbuch

II

III

Mathias Ulbrich (Hrsg.)

Betriebliche Altersversorgung und Zeitwertkonten ||

IV

Zitiervorschlag: Ulbrich/Ulbrich, Praxishandbuch betriebliche Altersversorgung und Zeitwertkonten Kap. 1 Rn. 3

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ISBN 978-3-11-027515-5 e-ISBN (PDF) 978-3-11-027524-7 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-038124-5 Library of Congress Control Number: 2020940224 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Einbandabbildung: Potstock / shutterstock Datenkonvertierung und Satz: jürgen ullrich typosatz, Nördlingen Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

Vorwort

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Vorwort Vorwort Vorwort https://doi.org/10.1515/9783110275247-002

Die bAV hat als zweite Säule der Altersvorsorge in Deutschland eine wichtige sozialpolitische Funktion: Sie ergänzt die gesetzliche Sozialversicherung und ist ein Instrument staatlich geförderter Eigenvorsorge. Zahlreiche Bemühungen des Gesetzgebers in der jüngeren Vergangenheit, ihre Verbreitung zu weiter erhöhen, zeigen, dass die Bedeutung der bAV künftig weiter steigen wird. Als wesentlicher Teil der Gesamtvergütung ist die bAV aber auch ein bedeutendes betriebswirtschaftliches, insbesondere finanzwirtschaftliches und personalwirtschaftliches Steuerungsinstrument. So wirken sich betriebliche Versorgungssysteme unmittelbar auf die Bereiche Personal, Recht, Steuern, Rechnungslegung und Finanzen eines Unternehmens aus und zuweilen auch auf dessen Rating. Aus rechtlicher Sicht wiederum ist die bAV eine Schnittstelle verschiedener Rechtsgebiete und dadurch sehr komplex. Hinzu kommt, dass sie in den letzten Jahren einem ständigen Wandel der nationalen und europäischen Gesetzgebung und Rechtsprechung unterlag. Deswegen erscheint sie dem Anwender in ihrer Gesamtheit oftmals als unübersichtliche Materie. Dieses Handbuch soll dem erfahrenen Praktiker aber auch demjenigen, der sich in die Thematik einarbeitet, Unterstützung für ein professionelles Management und eine strategische Planung der bAV geben. Es ist adressiert an Führungskräfte und Mitarbeiter aus den Bereichen Personal, Recht, Steuern, Rechnungslegung und Finanzen eines Unternehmens sowie an spezielle bAV-Abteilungen. Ebenso richtet es sich an Rechts- und Fachabteilungen von Versorgungsträgern sowie an Unternehmensberatungen, Steuerberater, Rechtsanwälte, Verbände, Finanzverwaltungen, Sozialversicherungsträger, Sozialpartner, Richter, Insolvenzverwalter, spezialisierte Versicherungsvermittler etc. Diesem Adressatenkreis bietet das Handbuch einen umfassenden Leitfaden zur bAV und zu Zeitwertkonten. Inhaltlich ist es streng auf die Praxis fokussiert, weist aber gleichzeitig die erforderliche fachliche Tiefe auf und liefert Quellen zur Weiterverfolgung. Meinungsstreitigkeiten in Literatur und Rechtsprechung werden behandelt, soweit sie für die Praxis von Bedeutung sind. Auch in der Art der Darstellung orientiert sich das Handbuch an den Bedürfnissen des Praktikers. Die Ausführungen werden anhand von Praxishinweisen und -beispielen, Checklisten, Formulierungsvorschlägen und Übersichten erläutert. Gemäß dem Anspruch des Handbuchs, ein umfassender Leitfaden für die Praxis zu sein, handelt es sich bei den Autoren um erfahrene Praktiker mit ausgewiesener fachlicher Expertise. Sie kommen aus dem Kreis von bAV-Beratungshäusern, Versorgungsträgern, Rechtsanwaltskanzleien, Unternehmen und Verbänden. Das Werk ist auf dem Stand vom 1.7.2020 und berücksichtigt somit u.a. die Änderungen des 7. SGB-IV Änderungsgesetzes. Mein Dank gilt allen Autoren und den Mitarbeitern des Verlags, die den langen Weg der Entstehung dieses Handbuches mitgegangen sind und ohne deren Enga-

https://doi.org/10.1515/9783110275247-002

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Vorwort

gement und Langmut das Projekt nicht hätte umgesetzt werden können. In gleicher Weise gilt mein Dank auch den Familien und Nahestehenden der Autoren sowie des Herausgebers. Danken möchte ich weiterhin Frau Rechtsanwältin Nadine Loop und ihrem Team sowie insbesondere Frau Yvonne Weigert, für die wertvolle Unterstützung bei Entstehung des Werks. Schließlich hoffe ich, dass das Handbuch dem Leser ein Begleiter in der Praxis sein wird, in dem er Antworten und Lösungen auf seine Fragen findet. Für Anmerkungen und Anregungen bin ich – ebenso wie die Autoren – dankbar. Erfurt, im August 2020

Mathias Ulbrich

Inhaltsübersicht

Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht

Vorwort | V Inhaltsverzeichnis | XVII Abkürzungsverzeichnis | LXV Literaturverzeichnis | LXXIII Bearbeiterverzeichnis | LXXVII

Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV | 1 A. Einleitung | 1 B. Gegenstand und Ausgestaltung der bAV | 4 I. Sachlicher Anwendungsbereich des BetrAVG | 5 II. Persönlicher Anwendungsbereich des BetrAVG | 82 C. Durchführungswege der bAV | 102 I. Übersicht | 103 II. Direktzusage/Pensionszusage | 113 III. Direktversicherung | 116 IV. Pensionskasse | 130 V. Pensionsfonds | 135 VI. Unterstützungskasse | 141 D. Zusagearten der bAV | 147 I. Übersicht | 147 II. Leistungszusage | 149 III. Beitragsorientierte Leistungszusage | 151 IV. Beitragszusage mit Mindestleistung | 158 V. Reine Beitragszusage | 166 VI. Zulässige Kombinationen von Durchführungswegen und Zusagearten | 176 E. Erteilung der Zusage | 177 I. Begründungsakte der bAV | 177 II. Die Einstandspflicht des Arbeitgebers | 210 F. Finanzierungsmöglichkeiten der bAV | 214 I. Arbeitgeberfinanzierte bAV | 214 II. Arbeitnehmerfinanzierte bAV/Entgeltumwandlung | 214 III. Der gesetzliche Anspruch auf Entgeltumwandlung | 218 IV. Mischsysteme | 222 G. Informationspflichten im Rahmen einer bAV | 226 I. Gesetzliche Informationsverpflichtung nach § 4a BetrAVG | 226

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Inhaltsübersicht

II. Weitere Informationsverpflichtungen des Arbeitgebers | 231 III. Informationspflichten des Versorgungsträgers | 234 H. Mitbestimmung des Betriebsrats | 234 I. Mitbestimmungsfreie Entscheidungen | 235 II. Mitbestimmungspflichtige Entscheidungen | 236 III. Mitbestimmung bei der Entgeltumwandlung | 238 IV. Verfahren der Mitbestimmung | 238 V. Folgen der Nichteinbeziehung des Betriebsrats | 239 Kapitel 2 Steuerrecht der bAV | 241 A. Besteuerung beim Arbeitgeber (Trägerunternehmen) | 241 I. Unmittelbare Durchführung: Direktzusage | 243 II. Mittelbare Durchführung | 256 B. Besteuerung beim Arbeitnehmer | 274 I. Direktzusage/Unterstützungskasse | 274 II. Versicherungsförmige Durchführungswege | 278 C. Steuerbefreite Versorgungsträger | 288 I. Unterstützungskasse | 288 II. Pensionskasse | 294 D. Steuerrechtliche Sonderfälle | 300 I. Wechsel des Durchführungsweges | 300 II. Übertragung von Versorgungsanwartschaften bei Arbeitgeberwechsel | 315 III. Abfindung von Versorgungsanwartschaften | 318 IV. Bestandsübertragungen | 319 Kapitel 3 bAV im Beitragsrecht der Sozialversicherung | 321 A. Einleitung | 321 B. In der Anwartschaftsphase | 321 I. Aufwendungen zur kapitalgedeckten bAV | 321 II. Mehrere Durchführungswege | 327 III. Entgeltumwandlung und Jahresarbeitsentgelt in der gesetzlichen Krankenversicherung | 328 IV. Übertragung von Versorgungsanwartschaften | 329 V. Abfindung von Versorgungsanwartschaften | 330 C. In der Leistungsphase | 331 I. Versorgungsbezüge als beitragspflichtige Einnahmen | 331 II. Form der Auszahlung, Zahlbetrag | 332 III. Leistungen aus einer bAV | 332 IV. Beitragssatz und Beitragsbemessungsgrenze | 344

Inhaltsübersicht

V. VI.

Tragung und Zahlung der Beiträge | 345 Meldepflichten | 352

Kapitel 4 Rechnungslegung und Bilanzierung der bAV | 355 A. Rechnungslegung nach deutschem Handelsrecht | 355 I. Einleitung | 355 II. Bilanzansatz von Verpflichtung und Deckungsvermögen | 356 III. Bewertungsansatz der Pensionsverpflichtungen | 360 IV. Pensionsverpflichtungen in der Gewinn- und Verlustrechnung | 371 B. Rechnungslegung nach internationalem Handelsrecht (IFRS) | 372 I. Einleitung | 372 II. Begriffsbestimmungen | 373 III. Ergebniskomponenten | 378 IV. Der Bilanzansatz | 381 Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht | 385 A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege | 385 I. Einleitung | 385 II. Betriebswirtschaftliche Analyseverfahren | 388 III. Die Durchführungswege aus betriebswirtschaftlicher Sicht | 392 IV. Weitere Kriterien zur Bestimmung des optimalen Durchführungsweges | 439 B. Risiken von Versorgungszusagen und ihre Handhabung | 441 I. Biometrische Risiken | 441 II. Gesetzgeberische Risiken | 443 III. Konjunkturelle Risiken | 445 Kapitel 6 Versicherungsaufsichtsrecht und Versicherungsvertragsrecht der bAV | 449 A. Einleitung | 449 I. Versorgungsträger der versicherungsförmigen Durchführungswege | 449 II. Funktion der versicherungsaufsichts- und -vertraglichen Regelungen | 450 B. Versicherungsaufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen | 451 I. Einführung | 451 II. Lebensversicherung | 463 III. Pensionskasse | 475 IV. Pensionsfonds | 485

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Inhaltsübersicht

Besonderheiten bei einer reinen Beitragszusage | 489 Einrichtungen der Zusatzversorgung für den öffentlichen Dienst | 493 C. Versicherungsvertragsrechtliche Rahmenbedingungen | 495 I. Direktversicherung | 496 II. Pensionskassenversicherungen | 545 III. Rückdeckungsversicherung | 550 IV. Pensionsfondsversorgung | 565 V. VI.

Kapitel 7 Datenschutzrecht der bAV | 569 A. Rechtliche Grundlagen | 570 I. DSGVO | 570 II. BDSG | 575 B. Berechtigung zur Datenverarbeitung | 576 I. Einwilligung | 577 II. Gesetzliche Erlaubnistatbestände | 580 III. Allgemeine Grundsätze, insbesondere Zweckbindung | 587 C. Dokumentations- und Informationspflichten | 588 I. Analyse der Datenflüsse | 589 II. Verarbeitungsverzeichnis | 589 III. Informationspflichten | 590 D. Weitere Aspekte | 593 I. Datenschutzbeauftragter (DSB) | 593 II. Auftragsverarbeitung | 593 III. Technischer Datenschutz | 595 IV. Datenschutzfolgenabschätzung (DSFA) | 596 V. § 213 VVG | 597 Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung | 599 A. Vorzeitiges Ausscheiden des Arbeitnehmers | 599 I. Unverfallbarkeit der Anwartschaften | 599 II. Abfindung der Ansprüche auf bAV | 624 B. Vorgezogene Inanspruchnahme der bAV | 633 I. Voraussetzungen der vorgezogenen Inanspruchnahme | 633 II. Umfang des Anspruchs | 637 III. Von der Sozialversicherungspflicht befreite Personen | 641 C. Sicherung gegen Insolvenz des Arbeitgebers | 642 I. Gesetzliche Insolvenzsicherung | 642 II. Privatrechtliche Sicherung gegen Insolvenz des Arbeitgebers | 671

Inhaltsübersicht

D. Anpassung der Versorgungsleistungen | 696 I. Überblick | 696 II. Direktzusagen und Unterstützungskassenzusagen | 700 III. Direktversicherungen und Pensionskassen | 711 IV. Pensionsfonds | 713 E. Übertragung von Zusagen auf Leistungen der bAV | 713 I. Überblick | 713 II. Einvernehmliche Übernahme der Versorgungszusage und einvernehmliche Übertragung des Übertragungswerts | 715 III. Anspruch des Arbeitnehmers auf Übertragung des Übertragungswerts | 719 IV. Liquidation des Unternehmens | 723 Kapitel 9 Änderung von Zusagen, Durchführungsweg und Schuldner der bAV | 725 A. Änderung von Versorgungszusagen | 725 I. Begriff der Änderung einer Versorgungszusage | 725 II. Verbesserung einer Versorgungzusage | 726 III. Wertneutrale Umstrukturierung einer Versorgungszusage | 727 IV. Schließung einer Versorgungszusage | 728 V. Verschlechterung einer Versorgungszusage | 729 B. Wechsel des Durchführungsweges | 752 I. Arbeitsrechtliche Vorgaben | 752 II. Steuerrechtliche Folgen | 753 C. Wechsel des Versorgungsschuldners | 753 I. Versorgungsverpflichtungen bei einem Share Deal | 753 II. Versorgungsverpflichtungen bei einem Asset Deal | 755 III. Wechsel des Schuldners durch Umwandlung | 764 IV. Firmenfortführung | 767 V. Rechtsgeschäftliche Schuld- und Vertragsübernahme | 768 Kapitel 10 bAV und M&A | 769 A. Betriebliche Versorgungsverpflichtungen in einer Unternehmenstransaktion | 769 I. Rechtsfolgen einer Gesamt- und einer Einzelrechtsnachfolge | 769 II. Pensionsverpflichtungen als Nettoschuldposten | 772 III. Garantieklauseln im Kaufvertrag | 773 IV. Ziel der Pension Due Diligence | 773 B. Ablauf einer Pension Due Diligence | 774 I. Fact Book und Vendor Due Diligence | 774

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Inhaltsübersicht

II. Datenraum | 775 III. Fragen- und Antwortenprozess | 776 IV. Buy Side Due Diligence Berichterstattung | 777 C. Inhalt einer Pension Due Diligence | 778 I. Bestandserfassung | 779 II. Quantifizierung der Verpflichtungen | 782 III. Identifikation sonstiger Risiken | 791 IV. Ausgliederungsthemen | 793 V. Inhalt des Unternehmenskaufvertrags | 796 VI. Betriebliche Versorgungsverpflichtungen als Transaktionshindernis | 800 VII. Nach der Transaktion | 803 Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV | 807 A. Einführung in das VersAusglG | 807 I. Definition des VersAusgl | 807 II. Grundsätze des VersAusgl | 808 III. Teilung eines Anrechts aus der bAV | 813 IV. Information des FamG | 816 V. Maßgeblichen Regelungen im VersAusgl | 820 VI. Ausgleichsformen im VersAusglG | 823 VII. Fälle, in denen Anrechte nicht ausgeglichen werden sollen | 841 VIII. Fälle, in denen VersAusgl nicht stattfindet | 842 IX. Bewertung eines Anrechts | 845 B. Ablauf eines VersAusgl | 850 I. Übersicht | 850 II. Ausgangsfall und Einleitung des Verfahrens | 851 III. Auskünfte zum VersAusgl | 852 IV. Beschlussfassung durch das FamG | 854 C. Direktversicherung/Pensionsfonds/Pensionskasse | 859 I. Fall 1: Externe Teilung einer beitragsorientierten Leistungszusage – Direktversicherung – gesetzlich unverfallbare Altersrente | 859 II. Fall 2: Interne Teilung einer beitragsorientierten Leistungszusage – Direktversicherung – gesetzlich unverfallbare Alters- und Berufsunfähigkeitsrente ohne Kapitalwahlrecht | 860 III. Fall 3 | 862 IV. Fall 4: Interne Teilung einer beitragsorientierten Leistungszusage – Direktversicherung – gesetzlich unverfallbares Alterskapital, arbeitgeberfinanziert | 864

Inhaltsübersicht

D. Unterstützungskasse | 865 Fall 5: Interne Teilung einer beitragsorientierten Leistungszusage – Unterstützungskasse, kongruent rückgedeckt – gesetzlich unverfallbare Altersrente | 865 E. Direktzusage | 866 I. Fall 6 – Ausgangsfall: Interne Teilung einer Leistungszusage – Direktzusage – gesetzlich unverfallbare Altersrente | 868 II. Fall 6 – Abwandlungen | 869 F. Sonderfälle | 870 I. Fondsversorgung – Fall 7: Interne Teilung einer beitragsorientierten Leistungszusage – fondsgebundene Direktversicherung – gesetzlich unverfallbare Altersrente | 870 II. Beherrschende Mitunternehmer | 872 III. Tod eines Ehegatten | 872 IV. Rechte Dritter | 873 V. Teilung laufender Leistungen | 877 VI. Reine Beitragszusage | 879 G. Steuerrecht | 880 I. Besteuerung bei den Eheleuten | 880 II. Besteuerung bei den VT | 885 H. Sozialversicherungsrecht | 887 I. Interne Teilung | 887 II. Externe Teilung | 888 III. Ausgleichsansprüche nach Scheidung | 888 Kapitel 12 Verwaltung und Administration der bAV | 889 A. Verwaltung einer Direktzusage | 889 I. Datenerfassung | 889 II. Dokumentenverwaltung | 893 III. Vorzeitiger Austritt und unverfallbare Anwartschaft | 895 IV. Eintritt eines Versorgungsfalles: Alter, Invalidität, Tod | 901 V. Abrechnung von Versorgungsleistungen | 909 VI. Rentenanpassung in der Rentenbezugsphase | 914 VII. Verfahren bei Versorgungsausgleich | 917 B. Management eines internen Versorgungsträgers | 922 I. Datenverwaltung | 922 II. Dokumentenverwaltung Versicherungsunterlagen | 927 III. Dokumentenverwaltung | 932 IV. Definition von Administrationsprozessen | 933 C. Auswahl und Einbindung eines externen Versorgungsträgers/ Anbieters | 936

XIII

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Inhaltsübersicht

I. II. III. IV.

Hintergrund | 936 Anbieterauswahl am Beispiel einer Direktversicherung | 937 Anbieterauswahl für weitere bAV-Dienstleistungen | 954 Anbieterauswahl durch Tarifpartner im Rahmen des Sozialpartnermodells | 961

Kapitel 13 bAV für besondere Personengruppen | 965 A. Gesellschafter-Geschäftsführer | 965 I. Einleitung | 965 II. Besonderheiten der Zusage | 966 III. Besteuerung bei der Gesellschaft (Direktzusage) | 970 IV. Besteuerung bei der Gesellschaft (mittelbare Durchführungswege) | 985 V. Die Besteuerung beim GGF | 986 VI. Insolvenzschutz von Versorgungszusagen | 987 VII. Entlastung der Gesellschaft von Versorgungsverpflichtungen | 989 B. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes | 999 I. Überblick | 999 II. Rechtsgrundlagen | 1000 III. Pflichtversicherung | 1004 IV. Freiwillige Versicherung | 1024 V. Finanzierung | 1025 VI. Überleitung | 1031 VII. § 18 BetrAVG | 1033 VIII. Versorgungsausgleich | 1034 IX. Steuer und Sozialversicherung | 1035 X. Mitgliedschaft von Arbeitgebern in der Zusatzversorgungskasse | 1039 XI. Organisatorischer Aufbau der Zusatzversorgungskassen | 1045 XII. Aufsichtsrecht | 1046 XIII. Bilanzierung | 1046 C. bAV bei Auslandstätigkeit | 1047 I. Einführung | 1047 II. Arbeitsrechtlicher Rahmen | 1050 III. Sozialversicherungsrechtlicher Rahmen | 1075 IV. Steuerrechtlicher Rahmen | 1080 Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben) | 1099 A. Begrifflichkeiten | 1100 I. Zeitkonten und Wertkonten | 1100 II. Auszeit, Sabbatical und Lebensarbeitszeit | 1101

Inhaltsübersicht

B. Rechtliche Rahmenbedingungen | 1102 I. Sozialversicherungsrecht | 1102 II. Beitragsrechtliche Behandlung | 1126 III. Die Prüfung von Wertguthaben durch den RV-Träger | 1129 IV. Verwaltung der Konten | 1130 V. Arbeitsrechtliche Fragen | 1132 VI. Steuerrecht | 1147 VII. Betriebswirtschaftliche Effekte eines Zeitwertkontos | 1153 C. Das Zeitwertkonto in der betrieblichen Praxis | 1158 I. Das Zeitwertkonto als Mittel zur Flexibilisierung der Arbeitszeit | 1159 II. Pros und Cons von Zeitwertkonten aus Unternehmenssicht | 1160 III. Verbreitung von Zeitwertkonten | 1161 IV. Verwendungsoptionen und tatsächliche Nutzung | 1162 D. Berührung von Zeitwertkonten mit anderen Rechtsgebieten | 1163 I. Zeitwertkonten und Altersteilzeit | 1163 II. Zeitwertkonten bei Ehescheidung | 1164 III. Zeitwertkonten bei Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit | 1165 Stichwortverzeichnis | 1167

XV

XVI

Inhaltsübersicht

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis

Vorwort | V Inhaltsübersicht | VII Abkürzungsverzeichnis | LXV Literaturverzeichnis | LXXIII Bearbeiterverzeichnis | LXXVII

Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV | 1 A. Einleitung | 1 B. Gegenstand und Ausgestaltung der bAV | 4 I. Sachlicher Anwendungsbereich des BetrAVG | 5 1. Legaldefinition und Charakter der bAV | 5 2. Bestehen einer Zusage auf bAV | 6 a) Erteilung einer Zusage | 6 aa) Begründungsakte der bAV | 7 bb) Freiwilligkeit und ihre Grenzen | 7 cc) Anwartschaften und Ansprüche auf bAV | 10 b) Inhalt einer Zusage | 10 aa) Rechtskontrolle | 11 bb) Angemessenheitskontrolle | 11 cc) Weitere Ausgestaltung der Zusage (Checkliste) | 14 dd) Auslegung von Versorgungszusagen | 15 ee) Besonderheiten mittelbarer Zusagen | 16 c) Änderung oder Aufhebung einer Zusage | 18 d) Erlöschen einer Zusage | 18 aa) Erlöschen durch Erfüllung | 18 bb) Weitere Erlöschenstatbestände | 19 3. Zusage aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses | 20 a) Bestehen eines Arbeitsverhältnisses | 20 b) Arbeitsverhältnis als Anlass für die Zusage | 21 aa) Grundsatz | 21 bb) Motiv der Zusage | 21 4. Zusage auf Versorgung gerichtet | 22 a) Versorgungszweck | 22 b) Abhängigkeit vom Eintritt eines biometrischen Risikos | 23 5. Biometrisches Risiko Alter | 24 a) Voraussetzungen der Altersleistung | 24

XVII

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Inhaltsverzeichnis

Regelaltersgrenze | 24 Vorgezogene oder verspätete Altersleistung | 26 Ergänzende Tatbestandsvoraussetzungen | 26 Besonderheiten versicherungsförmiger Durchführungswege | 29 b) Höhe der Altersleistung (Leistungszusagen) | 30 c) Höhe der Altersleistung (beitragsorientierte Zusagen) | 32 aa) Beitragshöhe | 32 bb) Unmittelbare beitragsorientierte Zusagen | 33 cc) Mittelbare beitragsorientierte Zusagen, insbesondere versicherungsförmige Durchführungswege | 35 d) Form und Dauer der Altersleistung sowie weitere Bestimmungen | 37 e) Checkliste | 38 6. Biometrisches Risiko Invalidität | 39 a) Voraussetzungen der Invaliditätsleistung | 39 aa) Definition der Invalidität | 39 bb) Ergänzende Tatbestandsmerkmale | 42 cc) Besonderheiten der versicherungsförmigen Durchführungswege | 44 b) Höhe der Invaliditätsleistung (Leistungszusagen) | 49 c) Höhe der Invaliditätsleistung (beitragsorientierte Zusagen) | 50 aa) Unmittelbare beitragsorientierte Zusagen | 50 bb) Mittelbare beitragsorientierte Zusagen, insbesondere versicherungsförmige Durchführungswege | 51 d) Form und Dauer der Invaliditätsleistung | 52 e) Checkliste | 53 7. Biometrisches Risiko Tod (Hinterbliebenenleistung) | 54 a) Voraussetzungen der Hinterbliebenenleistung | 54 aa) Zeitpunkt des Todes | 54 bb) Todesursache | 55 cc) Berechtigter Personenkreis | 55 dd) Ergänzende Tatbestandsmerkmale | 57 ee) Mittelbare Zusagen, insbesondere versicherungsförmige Durchführungswege | 59 b) Höhe der Hinterbliebenenleistung (Leistungszusagen) | 61 c) Höhe der Hinterbliebenenleistung (beitragsorientierte Zusagen) | 62 aa) Unmittelbare beitragsorientierte Zusagen | 62 bb) Mittelbare beitragsorientierte Zusagen, insbesondere versicherungsförmige Durchführungswege | 63 aa) bb) cc) dd)

Inhaltsverzeichnis

II.

XIX

d) Form und Dauer der Hinterbliebenenleistung | 64 e) Checkliste | 64 8. Leistungsgegenstand und Form der bAV | 65 a) Gegenstand der Leistung | 65 b) Form der Leistung | 65 aa) Rentenleistungen | 66 bb) Kapitalleistungen | 69 9. Keine Vererbung der bAV | 71 a) Versterben vor Eintritt eines Versorgungsfalls | 71 b) Versterben nach Eintritt eines Versorgungsfalls | 71 aa) Rentenleistung | 72 bb) Kapitalleistung | 72 c) Schädlichkeit von Vererbungsklauseln | 73 10. Abgrenzung der bAV von anderen Arbeitgeberleistungen | 73 a) Übergangs- und Vorruhestandsgelder | 74 b) Weitere Arbeitgeberleistungen | 75 11. Annex: Anrechnungs- und Auszehrungsverbot | 78 a) Auszehrungsverbot | 79 aa) Zweck und Inhalt | 79 bb) Versorgungsbezüge und Versorgungsleistungen | 79 cc) Steigerung aufgrund einer Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung | 80 dd) Rechtsfolgen eines Verstoßes | 81 b) Anrechnungsverbot | 81 aa) Zweck und Inhalt | 81 bb) Andere Versorgungsbezüge | 81 cc) Ausnahmen | 82 Persönlicher Anwendungsbereich des BetrAVG | 82 1. Personen i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG | 83 a) Arbeitnehmer i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG | 83 aa) Privatrechtlicher Vertrag | 84 bb) Persönliche Abhängigkeit | 84 cc) Gesamtbetrachtung | 85 b) Keine Arbeitnehmer i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG | 85 aa) Organmitglieder | 86 bb) Gesellschafter von Kapital- und Personengesellschaften | 86 c) Zur Berufsausbildung Beschäftigte | 87 2. Personen im Sinne des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG (Nichtarbeitnehmer) | 88 a) Allgemeine Voraussetzungen und Person des Zusagenden | 88 b) Tätigkeit für das Unternehmen als Anlass der Zusage auf bAV | 89 c) Person des Zusageempfängers (Versorgungsberechtigter) | 90

XX

Inhaltsverzeichnis

aa) Grundsatz | 90 bb) Einzelunternehmer | 91 cc) Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft | 91 dd) Gesellschafter einer Personengesellschaft | 95 ee) Gesellschafter einer GmbH & Co KG | 96 3. Unabdingbarkeit und Tarifdispositivität | 98 a) Grundsatz | 98 b) Tarifdispositivität | 99 aa) § 19 Abs. 1 BetrAVG | 99 bb) § 19 Abs. 2 BetrAVG | 100 c) Sonderfälle | 101 aa) § 19 Abs. 3 BetrAVG: Geltung auch für Nichtarbeitnehmer | 101 bb) § 19 Abs. 3 BetrAVG: Ausnahmen | 101 cc) § 19 Abs. 2 BetrAVG: Geltung auch für Nichtarbeitnehmer | 102 C. Durchführungswege der bAV | 102 I. Übersicht | 103 1. Unmittelbare Durchführung der bAV (unmittelbare Zusagen) | 103 2. Mittelbare Durchführung der bAV (mittelbare Zusagen) | 104 a) Rechtsverhältnisse in den mittelbaren Durchführungswegen | 105 b) Versicherungsförmige Durchführungswege und kongruente Rückdeckungen | 106 c) Einstandspflicht (Verschaffungspflicht) des Arbeitgebers | 109 3. Rechtliche Bedeutung der Durchführungswege | 109 a) Rechtliche Folgen | 109 b) Wahl des Durchführungswegs und des Versorgungsträgers | 110 c) Bindung an den gewählten Durchführungsweg | 112 II. Direktzusage/Pensionszusage | 113 1. Definition | 113 2. Ausgestaltung von Direktzusagen | 114 a) Grundsatz | 114 b) Formen der Finanzierung | 114 aa) Rückdeckungsversicherungen | 115 bb) Andere Arten der Finanzierung | 115 cc) CTA | 116 III. Direktversicherung | 116 1. Definition | 117 2. Beteiligte Personen und Rechtsverhältnisse | 117 a) Arbeitgeber als Versicherungsnehmer | 118 aa) Grundsatz | 118

Inhaltsverzeichnis

IV.

V.

VI.

XXI

bb) Versicherungsvertragliche Rechte des Arbeitgebers | 118 cc) Ausnahme: Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer | 120 b) Arbeitnehmer als Versicherte Person und Bezugsrecht | 120 aa) Versicherte Person | 120 bb) Bezugsrecht | 121 3. Ausgestaltung von Direktversicherungszusagen | 124 a) Leistungsarten und Leistungsformen | 125 b) Ermittlung der Leistungshöhe | 125 c) Weitere Ausgestaltung | 126 d) Abgrenzung zu anderen Versicherungsverträgen | 127 aa) Zusatzversicherungen | 128 bb) Selbständige Versicherungen | 129 Pensionskasse | 130 1. Definition | 130 a) Arbeitsrechtliche Definition | 130 b) Aufsichtsrechtliche Definition | 131 2. Rechtsfähige Versorgungseinrichtung | 131 a) Regulierte Pensionskassen | 131 b) Deregulierte Pensionskassen | 132 3. Beteiligte Personen und Rechtsverhältnisse | 132 4. Ausgestaltung von Pensionskassenzusagen | 133 a) Leistungsarten und Leistungsformen | 134 b) Weitere inhaltliche Ausgestaltung | 135 Pensionsfonds | 135 1. Definition | 136 a) Arbeitsrechtliche Definition | 136 b) Aufsichtsrechtliche Definition | 136 2. Rechtsfähige Versorgungseinrichtung | 137 3. Beteiligte Personen und Rechtsverhältnisse | 137 4. Ausgestaltung von Pensionsfondszusagen | 137 a) Leistungsarten und Leistungsformen | 138 b) Weitere inhaltliche Ausgestaltung | 138 aa) Versicherungsförmige Pensionspläne | 139 bb) Nicht-versicherungsförmige Pensionspläne | 139 Unterstützungskasse | 141 1. Definition | 141 2. Rechtsfähige Versorgungseinrichtung | 142 3. Beteiligte Personen und Rechtsverhältnisse | 142 a) Besonderheiten des Valuta- und des Leistungsverhältnisses | 142 b) Besonderheiten des Deckungsverhältnisses | 144 c) Weitere Folgen des fehlenden Rechtsanspruchs | 144

XXII

Inhaltsverzeichnis

4. Ausgestaltung von Unterstützungskassenzusagen | 145 a) Leistungsarten und Leistungsformen | 145 b) Formen der Finanzierung | 146 D. Zusagearten der bAV | 147 I. Übersicht | 147 1. Begriff der Zusage und die zulässigen Zusagearten | 147 2. Unterschiedliche Rechtsfolgen nach dem BetrAVG | 148 II. Leistungszusage | 149 1. Bedeutung und Hintergrund | 149 2. Definition | 149 3. Versorgungsleistung | 150 4. Bewertung der Leistungszusage | 150 III. Beitragsorientierte Leistungszusage | 151 1. Bedeutung und Hintergrund | 151 2. Definition | 151 3. Aufwendung von Beiträgen | 152 a) Art der Beitragsaufwendung | 152 b) Höhe der Beiträge und Dauer der Beitragszahlung | 153 4. Versorgungsleistung | 153 a) Umwandlung von Beiträgen in eine Leistung | 153 aa) Grundsatz (Unmittelbarkeitserfordernis) | 153 bb) Feststehen der Leistungshöhe bereits bei Zusageerteilung | 154 b) Art der Umwandlung | 155 c) Leistungshöhe | 155 5. Bewertung der beitragsorientierten Leistungszusage | 157 IV. Beitragszusage mit Mindestleistung | 158 1. Bedeutung und Hintergrund | 158 2. Definition | 159 3. Zahlung von Beiträgen | 159 4. Versorgungsleistung | 160 a) Leistungshöhe | 160 b) Maßstab für die zu garantierende Mindestleistung | 161 aa) Vorgabe des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG | 161 bb) Maßstab der §§ 307 ff. BGB | 162 5. Abgrenzung zur beitragsorientierten Leistungszusage | 162 6. Bewertung der Beitragszusage mit Mindestleistung | 165 V. Reine Beitragszusage | 166 1. Bedeutung und Hintergrund | 166 2. Definition | 166 3. Tarifvertraglicher Rahmen | 166 a) Beteiligung Nichttarifgebundener | 167

Inhaltsverzeichnis

b) Beteiligung der Tarifvertragsparteien an der Durchführung | 168 c) Verhältnis zu bereits bestehenden bAV-Systemen | 169 4. Zahlung von Beiträgen | 169 a) Zahlung an einen Versorgungsträger | 169 b) Höhe der Beiträge und Dauer der Beitragszahlung | 170 5. Versorgungsleistung | 170 a) Leistungsart und Leistungsform | 170 b) Leistungshöhe | 170 6. Weitere spezielle Regelungen des BetrAVG | 172 7. Bewertung der reinen Beitragszusage | 175 VI. Zulässige Kombinationen von Durchführungswegen und Zusagearten | 176 E. Erteilung der Zusage | 177 I. Begründungsakte der bAV | 177 1. Kollektivrechtliche Rechtsgrundlagen | 178 a) Tarifvertrag | 178 aa) Sozialpartnermodell | 179 bb) Optionssystem | 181 b) Betriebsvereinbarung | 181 c) Richtlinien und Vereinbarungen nach dem Sprecherausschussgesetz | 184 2. Individualrechtliche Rechtsgrundlagen | 185 a) Einzelzusage | 185 b) Gesamtzusage | 187 c) Vertragliche Einheitsregelung | 188 d) Betriebliche Übung | 189 3. Gleichbehandlung | 191 a) Allgemeiner arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz | 191 b) Spezialgesetzliche Diskriminierungsverbote | 193 aa) Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz | 193 bb) Teilzeit- und Befristungsgesetz | 195 cc) Grundgesetz | 195 dd) Europarechtliche Vorgaben | 196 c) Praxisfälle | 197 aa) Diskriminierungen wegen des Geschlechts | 197 bb) Diskriminierungen wegen des Alters | 200 cc) Sexuelle Identität | 204 dd) Behinderung | 204 ee) Innendienst/Außendienst | 205 ff) Arbeiter/Angestellte | 206

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XXIV

Inhaltsverzeichnis

gg) Teilzeitbeschäftigung | 206 hh) Befristete Beschäftigung | 208 ii) Stichtagsregelungen | 209 II. Die Einstandspflicht des Arbeitgebers | 210 1. Gesetzliche Grundlage und Ausgestaltung der Einstandspflicht | 210 2. Reichweite der Einstandspflicht | 212 3. Erfüllung der Einstandspflicht | 213 F. Finanzierungsmöglichkeiten der bAV | 214 I. Arbeitgeberfinanzierte bAV | 214 II. Arbeitnehmerfinanzierte bAV/Entgeltumwandlung | 214 1. Entgeltumwandlung | 214 a) Künftige Entgeltbestandteile | 215 b) Wertgleichheit | 215 2. Eigenbeiträge | 217 III. Der gesetzliche Anspruch auf Entgeltumwandlung | 218 1. Berechtigter Personenkreis | 219 2. Inhalt des Anspruchs | 219 3. Durchführung des Anspruchs | 220 IV. Mischsysteme | 222 1. Matching-Modelle | 222 2. Gesetzliche Zuschusspflicht | 222 a) Betroffene Durchführungswege und Höhe der Zuschusspflicht | 222 b) Zeitliches Einsetzen der Zuschusspflicht | 224 c) Weiterleitung des Arbeitgeberzuschusses | 225 d) Anrechenbarkeit bestehender Zuschüsse | 225 G. Informationspflichten im Rahmen einer bAV | 226 I. Gesetzliche Informationsverpflichtung nach § 4a BetrAVG | 226 1. Auskunftsansprüche Betriebsangehöriger | 226 2. Auskunftsansprüche ausgeschiedener Arbeitnehmer bzw. Hinterbliebener | 228 3. Auskunftsansprüche in Bezug auf den Übertragungswert | 228 4. Art, Form und Frist der Auskunft | 229 5. Auskunftspflichten der Versorgungseinrichtungen bei reinen Beitragszusagen | 230 6. Folgen einer unrichtigen Auskunft | 230 II. Weitere Informationsverpflichtungen des Arbeitgebers | 231 III. Informationspflichten des Versorgungsträgers | 234 H. Mitbestimmung des Betriebsrats | 234 I. Mitbestimmungsfreie Entscheidungen | 235 II. Mitbestimmungspflichtige Entscheidungen | 236

Inhaltsverzeichnis

III. IV. V.

Mitbestimmung bei der Entgeltumwandlung | 238 Verfahren der Mitbestimmung | 238 Folgen der Nichteinbeziehung des Betriebsrats | 239

Kapitel 2 Steuerrecht der bAV | 241 A. Besteuerung beim Arbeitgeber (Trägerunternehmen) | 241 I. Unmittelbare Durchführung: Direktzusage | 243 1. Bilanzansatz | 243 a) Steuerliche Voraussetzungen für die Bildung von Pensionsrückstellungen (§ 6a Abs. 1 EStG) | 245 aa) Rechtsanspruch | 246 bb) Keine Abhängigkeit von zukünftigen, gewinnabhängigen Bezüge | 247 cc) Kein schädlicher Widerrufsvorbehalt | 247 dd) Schriftform | 248 ee) Eindeutigen Angaben | 248 b) Frühestmögliche Bildung einer Pensionsrückstellung (§ 6a Abs. 2 EStG) | 248 c) Wertansatz der Pensionsrückstellung | 249 d) Zuführung zur Pensionsrückstellung | 250 e) Auflösung der Pensionsrückstellung bei Leistungserbringung | 250 2. Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung | 252 3. Rückgedeckte Direktzusage | 253 II. Mittelbare Durchführung | 256 1. Unterstützungskasse | 257 a) Betriebsausgabenabzug (BA) | 258 aa) Lebenslänglich laufende Leistungen bei reservepolsterfinanzierten (pauschaldotierten) Unterstützungskassen | 259 bb) Lebenslänglich laufende Leistungen bei rückgedeckten Unterstützungskassen | 263 cc) Nicht lebenslänglich laufende Leistungen | 264 b) Auswirkungen auf die Bilanz | 265 2. Versicherungsförmige Durchführungswege | 265 a) Betriebsausgabenabzug | 267 aa) Direktversicherung | 267 bb) Pensionskasse | 268 cc) Pensionsfonds | 269

XXV

XXVI

Inhaltsverzeichnis

b) Auswirkungen auf die Bilanz | 270 c) Steuerliche Förderung von Geringverdienern ab 1.1.2018 (§ 100 EStG) | 271 aa) Grundlegende Voraussetzungen des bAV-Förderbetrags | 272 bb) Begünstigte Personen | 272 cc) Zusätzlicher Arbeitgeberbeitrag | 273 dd) Wann müssen die Voraussetzungen erfüllt sein? | 273 ee) Weitere Voraussetzungen | 274 B. Besteuerung beim Arbeitnehmer | 274 I. Direktzusage/Unterstützungskasse | 274 1. Anwartschaftsphase | 274 2. Leistungsphase | 276 II. Versicherungsförmige Durchführungswege | 278 1. Anwartschaftsphase | 278 a) Allgemeines | 278 b) Vervielfältigungsregel | 279 c) Nachzahlungsmöglichkeit | 280 d) Pauschalbesteuerung nach § 40b EStG a.F. | 281 e) Sonderausgabenabzug | 284 f) Riesterförderung | 284 2. Leistungsphase | 286 a) Rentenleistung | 286 b) Kapitalleistungen | 287 C. Steuerbefreite Versorgungsträger | 288 I. Unterstützungskasse | 288 1. Allgemeines | 288 2. Unterstützungskasse als Steuersubjekt | 289 3. Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung | 289 a) Eingeschränkter Begünstigtenkreis | 289 b) Soziale Einrichtung | 290 aa) Allgemeine Voraussetzungen an eine soziale Einrichtung | 290 bb) Besondere Anforderungen für Unterstützungskassen nach § 3 KStDV | 290 cc) Leistungshöchstgrenzen | 291 c) Dauerhafte Zweckbindung | 292 d) Überdotierung | 292 II. Pensionskasse | 294 1. Allgemeines | 294 2. Pensionskasse als Steuersubjekt | 294

Inhaltsverzeichnis

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3. Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung | 295 a) Allgemeine Anforderungen | 295 b) Partielle Steuerpflicht | 295 aa) Ermittlung der Überdotierung | 295 bb) Ermittlung einzelner Bilanzposten | 297 D. Steuerrechtliche Sonderfälle | 300 I. Wechsel des Durchführungsweges | 300 1. Auslagerung von Direktzusage auf Unterstützungskasse | 300 a) Im Hinblick auf die Unterstützungskasse | 301 b) Steuerliche Auswirkungen für die Unterstützungskasse | 303 aa) Allgemeine Voraussetzungen | 303 bb) Überdotierung | 303 c) Steuerliche Auswirkungen für den Versorgungsberechtigten | 304 2. Auslagerung von Unterstützungskasse auf Direktzusage | 304 a) Steuerliche Auswirkungen für die Unterstützungskasse | 305 b) Steuerliche Auswirkungen für den Versorgungsberechtigten | 307 3. Auslagerung von Direktzusage auf Pensionsfonds | 307 a) Steuerliche Behandlung beim Arbeitgeber | 308 aa) Gegen laufenden Beitrag | 308 bb) Gegen Einmalbeitrag | 308 b) Steuerliche Behandlung beim Arbeitnehmer | 309 aa) Anwartschaftsphase | 309 bb) Leistungsphase | 310 4. Auslagerung von Unterstützungskasse auf einen Pensionsfonds | 311 a) Steuerliche Auswirkungen für die Unterstützungskasse | 312 b) Steuerliche Auswirkungen für die Versorgungsberechtigten | 312 5. Sonstige Wechselsituationen | 312 a) Extern auf extern | 312 aa) Steuerliche Auswirkungen für den Arbeitgeber | 312 bb) Steuerliche Auswirkungen für den Versorgungsträger | 313 cc) Steuerliche Auswirkungen für den Versorgungsberechtigten | 313 b) Extern auf intern | 313 aa) Steuerliche Auswirkungen für den Arbeitgeber | 314 bb) Steuerliche Auswirkungen für den Versorgungsträger | 314 cc) Steuerliche Auswirkungen für den Versorgungsberechtigten | 315

XXVIII

II.

III. IV.

Inhaltsverzeichnis

Übertragung von Versorgungsanwartschaften bei Arbeitgeberwechsel | 315 1. Unterschiedliche Übertragungsvorgänge und steuerliche Flankierung | 315 2. Steuerliche Flankierung der Liquidationsdirektversicherung | 317 Abfindung von Versorgungsanwartschaften | 318 Bestandsübertragungen | 319

Kapitel 3 bAV im Beitragsrecht der Sozialversicherung | 321 A. Einleitung | 321 B. In der Anwartschaftsphase | 321 I. Aufwendungen zur kapitalgedeckten bAV | 321 1. Direktzusage und Unterstützungskassenzusage | 322 2. Direktversicherungs-, Pensionskassen-, Pensionsfondszusage | 322 a) Steuerfreie Beiträge zu Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds (§§ 3 Nr. 63 S. 1 und 100 Abs. 6 S. 1 EStG) | 322 b) Pauschal besteuerte Beiträge zu Direktversicherung und Pensionskasse (§ 40b EStG a.F.) | 323 c) Sicherungsbeitrag zur reinen Beitragszusage (§ 3 Nr. 63a EStG) | 323 d) Riesterförderung (§§ 10a, 82 Abs. 2 EStG) | 324 3. Auswirkungen | 324 a) Berücksichtigung der Steuerfreibeträge | 324 b) Arbeitgeberbezogene Betrachtung | 325 c) Entgeltumwandlung mindert Sozialleistungen | 325 d) Vervielfältigungsregelung | 325 e) Nachholung von Beiträgen bei ruhenden Arbeitsverhältnissen | 326 f) Geringfügige Beschäftigung | 327 II. Mehrere Durchführungswege | 327 III. Entgeltumwandlung und Jahresarbeitsentgelt in der gesetzlichen Krankenversicherung | 328 IV. Übertragung von Versorgungsanwartschaften | 329 V. Abfindung von Versorgungsanwartschaften | 330 C. In der Leistungsphase | 331 I. Versorgungsbezüge als beitragspflichtige Einnahmen | 331 II. Form der Auszahlung, Zahlbetrag | 332 1. Form der Auszahlung | 332

Inhaltsverzeichnis

III.

IV.

V.

VI.

2. Zahlbetrag | 332 Leistungen aus einer bAV | 332 1. Eigenständige Definition im Beitragsrecht | 332 2. Riestergeförderte bAV | 334 3. Abgrenzung von Überbrückungszahlungen | 334 4. Kapitalleistungen | 336 5. Private Fortführung einer Direktversicherung | 336 a) Ausnahme bei Direktversicherung | 336 b) Berechnung | 338 c) Feststellung des beitragspflichtigen Anteils durch die Zahlstelle | 339 6. Private Fortführung einer Pensionskassenversicherung | 339 a) Rechtsprechung des BSG bis Juni 2018 | 339 b) Korrektur durch das Bundesverfassungsgericht | 340 c) Reaktion des Gesetzgebers | 341 7. Private Fortführung einer Pensionsfondsversorgung | 341 8. Fortführung einer Rückdeckungsversicherung bei Insolvenz des Arbeitgebers | 342 9. Beitragsfreigrenze und Beitragsfreibetrag | 342 Beitragssatz und Beitragsbemessungsgrenze | 344 1. Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung | 344 2. Beitragssatz in der sozialen Pflegeversicherung | 345 3. Beitragsbemessungsgrenze | 345 Tragung und Zahlung der Beiträge | 345 1. Tragung der Beiträge | 345 2. Zahlung der Beiträge | 346 3. Zahlstelle | 346 4. Zahlstellenverfahren | 347 5. Selbstzahler | 347 6. Nachzahlung von Versorgungsbezügen | 348 7. Beitragsnachforderungen der Krankenkasse (rückständige Beiträge) | 349 8. Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge | 349 9. Keine Haftung der Zahlstelle im Zahlstellenverfahren | 350 10. Beitragsüberwachung | 350 11. Fälligkeit der Beiträge | 350 12. Verjährung | 351 a) Beitragsansprüche | 351 b) Erstattungsansprüche | 351 Meldepflichten | 352 1. Allgemein | 352 2. Meldepflichten der Zahlstelle | 352

XXIX

XXX

Inhaltsverzeichnis

3. Meldepflichten des Versorgungsempfängers | 353 4. Meldepflichten der Krankenkasse | 354

Kapitel 4 Rechnungslegung und Bilanzierung der bAV | 355 A. Rechnungslegung nach deutschem Handelsrecht | 355 I. Einleitung | 355 II. Bilanzansatz von Verpflichtung und Deckungsvermögen | 356 1. Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz | 356 2. Effekt der Bewertungsänderungen | 357 3. Deckungsvermögen | 359 III. Bewertungsansatz der Pensionsverpflichtungen | 360 1. Bilanzierungspflicht und Wechsel des Durchführungswegs | 360 2. Bewertung der Verpflichtung | 361 3. Spezialfall: Wertpapiergebundene Zusagen | 363 4. Versicherungsmathematische Bewertungsparameter | 364 a) Rechnungszins | 364 b) Ausscheideordnung und Altersgrenze | 366 c) Trendannahmen | 367 5. Bewertung des Deckungsvermögens | 368 6. Saldierungsgebot und Ausschüttungssperre | 370 IV. Pensionsverpflichtungen in der Gewinn- und Verlustrechnung | 371 B. Rechnungslegung nach internationalem Handelsrecht (IFRS) | 372 I. Einleitung | 372 II. Begriffsbestimmungen | 373 1. Beitrags- und Leistungspläne | 373 2. Planbegriff | 374 3. Der Verpflichtungsumfang (defined benefit obligation – DBO) | 375 4. Bewertungsannahmen | 375 5. Planvermögen | 376 6. Erstattungsansprüche (reimbursement rights) | 378 III. Ergebniskomponenten | 378 1. Dienstzeitaufwand | 379 2. Nettozinsen (net interest) | 380 3. Neubewertungen (remeasurements) | 380 IV. Der Bilanzansatz | 381 1. Bilanz | 381 2. Anhangangaben (disclosures) | 382

Inhaltsverzeichnis

XXXI

Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht | 385 A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege | 385 I. Einleitung | 385 1. Buchhaltung, Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnung | 386 2. Kostenrechnung | 387 3. Liquiditätsrechnung | 387 4. Beispiele für die begriffliche Abgrenzung | 388 II. Betriebswirtschaftliche Analyseverfahren | 388 1. Verfahren der Investitionsrechnung | 388 2. Verfahren der Personenbestandsentwicklung | 390 a) Fixpunktorientiertes Verfahren | 390 b) Deterministische Berechnung | 390 c) Stochastische Simulation | 391 III. Die Durchführungswege aus betriebswirtschaftlicher Sicht | 392 1. Betrachtete Durchführungswege und Versorgungszusagen | 392 2. Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens | 393 a) Auswirkungen auf die Ertragslage | 393 aa) Direktzusage | 397 bb) Pauschaldotierte Unterstützungskassenzusage | 409 cc) Direktversicherung | 413 dd) Direktzusage mit kongruenter Rückdeckungsversicherung | 414 ee) Unterstützungskassenzusage mit kongruenter Rückdeckungsversicherung | 418 b) Auswirkungen auf die Liquidität | 419 aa) Direktzusage | 419 bb) Pauschaldotierte Unterstützungskassenzusage | 422 cc) Direktversicherung | 422 dd) Direktzusage mit kongruenter Rückdeckungsversicherung | 423 ee) Unterstützungskassenzusage mit kongruenter Rückdeckungsversicherung | 424 c) Auswirkungen auf die Bilanz | 424 aa) Direktzusage | 425 bb) Pauschaldotierte Unterstützungskassenzusage | 426 cc) Direktversicherung | 426 dd) Direktzusage mit kongruenter Rückdeckungsversicherung | 427

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Inhaltsverzeichnis

ee) Unterstützungskassenzusage mit kongruenter Rückdeckungsversicherung | 428 d) Auswirkungen der Berücksichtigung von Sterbe- und Invalidisierungswahrscheinlichkeiten | 429 3. Sonderfall Entgeltumwandlung | 433 4. Weitere betriebswirtschaftliche Beurteilungskriterien | 435 a) Periodengerechte steuerliche Abzugsfähigkeit der Aufwendungen | 435 aa) Direktzusage | 435 bb) Pauschaldotierte Unterstützungskassenzusage | 436 cc) Direktversicherung | 437 dd) Direktzusage mit kongruenter Rückdeckungsversicherung | 437 ee) Unterstützungskassenzusage mit kongruenter Rückdeckungsversicherung | 438 b) Lohnsteuerfreiheit der Versorgungsbeiträge | 438 c) Auswirkungen auf externe Adressaten | 438 IV. Weitere Kriterien zur Bestimmung des optimalen Durchführungsweges | 439 B. Risiken von Versorgungszusagen und ihre Handhabung | 441 I. Biometrische Risiken | 441 1. Überdurchschnittliche Lebenserwartung | 441 2. Invaliditätsrisiko | 443 II. Gesetzgeberische Risiken | 443 1. Änderungsrisiko arbeitsrechtlicher Vorgaben | 443 2. Steuersatzänderungsrisiko | 444 III. Konjunkturelle Risiken | 445 1. Inflationsrisiko | 445 2. Änderung des (Fremdkapital-) Zinsniveaus | 446 3. Verlustsituation | 446

Kapitel 6 Versicherungsaufsichtsrecht und Versicherungsvertragsrecht der bAV | 449 A. Einleitung | 449 I. Versorgungsträger der versicherungsförmigen Durchführungswege | 449 II. Funktion der versicherungsaufsichts- und -vertraglichen Regelungen | 450 B. Versicherungsaufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen | 451 I. Einführung | 451

Inhaltsverzeichnis

1.

II.

III.

XXXIII

Rechtliche Grundlagen einschließlich europarechtlicher Bezüge | 452 a) Nationale Ebene | 452 b) EU-Ebene | 454 2. Aufsichtspflichtige Unternehmen | 456 a) Lebensversicherungsunternehmen | 456 b) Pensionskassen und Pensionsfonds | 457 c) Keine Aufsichtspflicht für Unterstützungskassen | 457 d) Keine Aufsichtspflicht für Sozialversicherungsträger | 458 e) Sonderfall: Zusatzversorgungskassen | 458 3. Rechts- und Finanzaufsicht | 460 a) Rechtsaufsicht | 460 b) Finanzaufsicht | 460 c) Abgrenzung zwischen Rechts- und Finanzaufsicht | 462 Lebensversicherung | 463 1. Überblick | 463 a) Allgemeine Bestimmungen | 464 b) Spezielle Bestimmungen | 464 aa) Prämienkalkulation Gleichbehandlung, Überschussbeteiligung | 464 bb) Verantwortlicher Aktuar und Treuhänder | 465 cc) Anzeige- und Informationspflichten | 466 2. Anlagegrundsätze und Sicherungsvermögen | 466 a) Anlagegrundsätze | 466 b) Sicherungsvermögen | 467 aa) Allgemeine Vorschriften | 467 bb) Besondere Regelungen für ein Sozialpartnermodell | 468 3. Überschussbeteiligung | 469 a) Berechnung der Überschussbeteiligung | 469 b) Rückstellung für Beitragsrückerstattung | 470 c) Höhe der Überschussbeteiligung | 470 4. Informationspflichten | 471 a) Pflichten vor Beginn des Versorgungsverhältnisses | 472 b) Pflichten während des Versorgungsverhältnisses | 473 c) Weiteres zu den Informationspflichten | 473 Pensionskasse | 475 1. Überblick | 475 2. Merkmale und mögliche Rechtsformen | 478 a) Merkmale | 478 b) Rechtsformen | 480 c) Regulierte und deregulierte Pensionskassen | 481 aa) Regel- und Ausnahmefall | 481

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Inhaltsverzeichnis

bb) Verfahren und Voraussetzungen für eine Regulierung | 481 cc) Aufsichtsrechtliche Besonderheit für regulierte Pensionskassen | 482 dd) Sanierungsklauseln | 483 3. Informationspflichten | 485 IV. Pensionsfonds | 485 1. Überblick | 485 2. Spezifika und anwendbare Vorschriften | 486 3. Kalkulation bei nicht versicherungsförmiger Durchführung einschließlich Nachschusspflichten | 488 4. Informationspflichten | 488 V. Besonderheiten bei einer reinen Beitragszusage | 489 1. Überblick | 489 2. Spezifika und maßgebliche Vorschriften | 489 3. Ausgestaltung des Sicherungsvermögens | 490 4. Informationspflichten | 491 VI. Einrichtungen der Zusatzversorgung für den öffentlichen Dienst | 493 C. Versicherungsvertragsrechtliche Rahmenbedingungen | 495 I. Direktversicherung | 496 1. Grundlagen | 496 2. Bestimmende Merkmale der Direktversicherung und ihre Bedeutung | 498 a) Lebensversicherung | 498 b) Auf das Leben des Arbeitnehmers | 499 c) Bezugsberechtigung | 500 aa) Arten der Bezugsberechtigung im Allgemeinen | 500 bb) Eingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht im Besonderen | 502 cc) Besonderheiten bei Kündigung und Zwangsvollstreckung | 504 3. Produktlinien und deren Einsatz in der bAV | 505 a) Ausprägungen der Lebensversicherung | 505 aa) Konventionelle Produkte | 506 bb) Fondsgebundene Produkte | 506 cc) Hybridprodukte | 508 b) Ausgestaltung der Garantie | 508 c) Bedeutung der Produktgestaltung für die Zusage | 509 d) Wertgleichheitsgebot und Entgeltumwandlung | 510 e) Haftungsrisiken | 511 4. Zustandekommen der Direktversicherung | 512 a) Beteiligung von Versicherungsvermittlern und -beratern im Allgemeinen | 512

Inhaltsverzeichnis

XXXV

b) Beratungs- und Informationspflichten | 513 aa) Gesetzliche Grundlagen/Überblick | 514 bb) Pflichten im Verhältnis Versicherer/Arbeitgeber | 514 cc) Pflichten im Verhältnis Versicherungsvermittler oder -berater/Arbeitgeber | 515 dd) Pflichten des Versicherers im Verhältnis Versicherter/Arbeitnehmer | 516 ee) Pflichten im Verhältnis Arbeitgeber/Arbeitnehmer | 517 ff) Beratung der Arbeitnehmer durch Versicherungsvermittler oder -berater | 517 gg) Die Informationspflicht des Versicherers gemäß § 7 VVG | 518 c) Vorvertragliche Anzeigepflicht | 519 aa) Adressat der Anzeigepflicht und der Erklärung | 520 bb) Inhalt der Erklärung | 520 cc) Zeitpunkt der Erklärung | 521 dd) Belehrungspflicht | 522 ee) Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung im Deckungsverhältnis | 522 ff) Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung im Valutaverhältnis | 523 d) Schriftliche Einwilligung des Arbeitnehmers | 525 e) Datenschutz | 525 5. Die Überschussbeteiligung | 526 a) Begriff | 526 b) Überschussermittlung | 526 c) Überschussverwendung | 527 aa) Befreiung von der Anpassungsprüfungspflicht | 528 bb) Überschussverwendung und versicherungsförmige Lösung | 528 d) Auskunftsrechte | 529 6. Besondere Ereignisse | 530 a) Widerruf, Widerspruch und Rücktritt | 530 aa) Widerruf im laufenden Arbeitsverhältnis | 530 bb) Widerruf nach privater Fortsetzung | 530 b) Versicherungsförmige Lösung nebst Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft | 532 aa) Versicherungsnehmerwechsel | 533 bb) Versicherungsvertragliche Besonderheiten | 533 cc) Verfügungsbeschränkungen | 534 dd) Abtretungen, Beleihungen, Pfändung | 534 ee) Auszahlung des Rückkaufswerts | 535

XXXVI

II.

III.

Inhaltsverzeichnis

c) Prämienverzug des Arbeitgebers | 535 d) Kündigung und Beitragsfreistellung im laufenden Arbeitsverhältnis | 536 aa) Kündigung | 536 bb) Beitragsfreistellung | 538 e) Verfügungen über die Versicherungsleistung im Übrigen | 540 f) Absicherung von Invaliditätsrisiken | 540 aa) BetrAVG-konforme Risikoabsicherung | 540 bb) Begriff der Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit | 540 cc) Versicherungsfall und Geltendmachung | 541 7. Gruppenversicherungen | 542 Pensionskassenversicherungen | 545 1. Begriff | 545 2. Rechtsverhältnisse | 545 a) Besonderheiten einer Pensionskasse als VVaG | 546 b) Beratungs- und Informationspflichten | 547 aa) Pensionskassen als VVaG | 547 bb) Deregulierte Pensionskassen als AG | 548 c) Bezugsrecht | 548 d) Widerrufsrecht | 548 3. Weitere Besonderheiten bei regulierten Pensionskassen und kleineren Vereinen | 548 a) Unanwendbarkeit bestimmter Vorschriften des VVG | 548 b) Sanierungsklauseln | 549 4. Vorzeitiges Ausscheiden/Versicherungsförmige Lösung | 549 Rückdeckungsversicherung | 550 1. Begriff | 550 a) Abgrenzung Direktversicherung | 551 b) Einsatzmöglichkeiten | 551 2. Direktzusage und Rückdeckungsversicherung | 552 a) Kongruente und inkongruente Rückdeckungsversicherung | 552 b) Beratungs- und Informationspflichten des Rückdeckungsversicherers | 554 aa) Beratungs- und Informationspflicht im Allgemeinen | 554 bb) Beeinträchtigung des Pfandrechts | 555 cc) Keine arbeits- oder bilanzrechtliche Beratung | 556 c) Verpfändung | 557 aa) Anzeige durch den bisher Berechtigten | 557 bb) Bestimmtheit der Verpfändungserklärung | 558 cc) Pfandreife/Fälligkeit der Versicherungsleistung | 558 d) Rückdeckungsversicherung in der Insolvenz des Arbeitgebers | 559

Inhaltsverzeichnis

IV.

aa) Kein gesetzlicher Insolvenzschutz und kein Pfandrecht | 559 bb) Kein gesetzlicher Insolvenzschutz aber Pfandrecht | 559 cc) Sonderfall: Nachtragsliquidation | 560 dd) Gesetzlicher Insolvenzschutz besteht | 561 3. Rückgedeckte Unterstützungskassen | 563 a) Arten von Unterstützungskassen | 563 b) Rückdeckungsversicherung und Kassenvermögen | 563 Pensionsfondsversorgung | 565 1. Unanwendbarkeit des VVG | 565 2. Versicherungsförmige und nicht versicherungsförmige Durchführung | 565 3. Zustandekommen und Durchführung | 566 a) Informations- und Beratungspflichten | 566 b) Pensionsfondsvertrag | 566 c) Versorgungsverhältnis | 567 d) Sanierungsklauseln | 567

Kapitel 7 Datenschutzrecht der bAV | 569 A. Rechtliche Grundlagen | 570 I. DSGVO | 570 1. Sachlicher Anwendungsbereich | 570 2. Zeitlicher Anwendungsbereich | 572 3. Räumlicher Anwendungsbereich | 573 4. Haftung und Sanktionen | 573 II. BDSG | 575 B. Berechtigung zur Datenverarbeitung | 576 I. Einwilligung | 577 1. Grundlagen | 577 2. Verhältnis zu gesetzlichen Erlaubnistatbeständen | 578 3. Besondere Kategorien von Daten | 579 II. Gesetzliche Erlaubnistatbestände | 580 1. Vertragserfüllung/Vorvertragliche Maßnahmen | 580 2. Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen | 581 3. Berechtigte Interessenwahrnehmung | 581 4. Sensible Daten | 582 a) Kollektivvereinbarungen | 582 b) Verteidigung von Rechtsansprüchen | 583

XXXVII

XXXVIII

Inhaltsverzeichnis

Kollektivvereinbarungen nach Art. 88 Abs. 1 DSGVO | 584 a) Persönlicher Anwendungsbereich | 584 b) Sachlicher Anwendungsbereich | 584 c) Art der Kollektivvereinbarung | 585 6. § 26 BDSG | 585 a) § 26 Abs. 1 BDSG | 585 b) § 26 Abs. 2 BDSG | 586 c) § 26 Abs. 3, Abs. 4 BDSG | 587 d) § 26 Abs. 5 BDSG | 587 III. Allgemeine Grundsätze, insbesondere Zweckbindung | 587 C. Dokumentations- und Informationspflichten | 588 I. Analyse der Datenflüsse | 589 II. Verarbeitungsverzeichnis | 589 1. Pflicht zur Erstellung | 589 2. Inhalt | 590 3. Verhaltensregeln Dokumentationspflichten (Forts.) | 590 III. Informationspflichten | 590 1. Direkterhebung | 591 a) Geschuldete Informationen | 591 b) Zeitpunkt der Information | 591 2. Dritterhebung | 592 D. Weitere Aspekte | 593 I. Datenschutzbeauftragter (DSB) | 593 II. Auftragsverarbeitung | 593 III. Technischer Datenschutz | 595 IV. Datenschutzfolgenabschätzung (DSFA) | 596 V. § 213 VVG | 597 5.

Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung | 599 A. Vorzeitiges Ausscheiden des Arbeitnehmers | 599 I. Unverfallbarkeit der Anwartschaften | 599 1. Überblick | 599 2. Unverfallbarkeit der Anwartschaften dem Grunde nach | 599 a) Voraussetzungen der gesetzlichen Unverfallbarkeit | 599 b) Eintritt des Versorgungsfalls | 601 c) Vollendung eines bestimmten Lebensjahres | 602 d) Bestand der Versorgungszusage von mindestens drei Jahren | 602

Inhaltsverzeichnis

XXXIX

Grundsatz | 602 Sonderfall: Vorschaltzeiten | 604 Sonderfall: mittelbare Durchführungswege | 604 Sonderfall: Wartezeiten | 605 Änderungen von Versorgungszusagen | 606 Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses und ihr Einfluss auf die Zusagedauer | 607 e) Besonderheiten der einzelnen Durchführungswege – arbeitgeberfinanzierte Versorgung | 608 aa) Direktzusage, Pensionskasse und Pensionsfonds | 608 bb) Direktversicherung | 608 cc) Unterstützungskasse | 608 dd) Durch Entgeltumwandlung und durch Eigenbeiträge finanzierte Versorgungszusagen | 609 f) Reine Beitragszusage | 609 3. Unverfallbarkeit der Anwartschaft der Höhe nach | 610 a) Überblick | 610 b) Arbeitgeberfinanzierte Leistungszusagen (Direktzusage, Pensionsfonds und Unterstützungskasse) | 611 aa) Grundsatz | 611 bb) Tatsächliche Betriebszugehörigkeit | 612 cc) Mögliche Betriebszugehörigkeit | 613 dd) Höhe der vollen Versorgungsleistung | 614 c) Arbeitgeberfinanzierte beitragsorientierte Leistungszusage und durch Entgeltumwandlung finanzierte Versorgungen (Direktzusage, Pensionsfonds und Unterstützungskasse) | 615 d) Durchführungswege Direktversicherung und Pensionskasse | 615 aa) Leistungszusagen und beitragsorientierte Leistungszusagen (arbeitgeberfinanziert) | 615 bb) Leistungszusagen und beitragsorientierte Leistungszusagen (vollständig oder teilweise durch Entgeltumwandlung finanziert) | 619 cc) Beitragszusage mit Mindestleistung | 621 dd) Reine Beitragszusage | 621 e) Dynamisierung der Anwartschaften | 622 aa) Grundsatz | 622 bb) Ausnahme: Verbot der Benachteiligung ausgeschiedener Arbeitnehmer | 622 cc) Gesetzliche Vermutung fehlender Benachteiligung | 622 aa) bb) cc) dd) ee) ff)

XL

Inhaltsverzeichnis

Abfindung der Ansprüche auf bAV | 624 1. Überblick | 624 2. Abfindung gesetzlich unverfallbarer Anwartschaften und laufender Leistungen | 624 a) Grundsatz: Das Abfindungsverbot | 624 aa) Überblick | 624 bb) Gesetzlich unverfallbare Anwartschaften | 625 cc) Laufende Leistungen | 626 b) Ausnahme: Recht des Arbeitgebers auf Abfindung von Kleinstanwartschaften | 626 aa) Höhe der abfindbaren Anwartschaft und laufenden Leistung | 626 bb) Keine Zustimmung des Arbeitnehmers | 628 cc) Zeitpunkt der Abfindung | 628 dd) Ausnahme: Keine Abfindung bei Ausübung des Rechts auf Übertragung der Anwartschaft, § 3 Abs. 2 S. 4 BetrAVG | 628 c) Ausnahme: Recht des Arbeitnehmers auf Abfindung bei Erstattung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung | 628 d) Ausnahme: Recht des Arbeitgebers auf Abfindung während des Insolvenzverfahrens erdienter Anwartschaften | 629 e) Besonderheiten bei mittelbaren Durchführungswegen | 629 f) Rechtsfolgen des Verstoßes gegen das Abfindungsverbot | 630 3. Abfindung von Anwartschaften im laufenden Arbeitsverhältnis | 630 4. Abfindung vertraglich unverfallbarer Anwartschaften | 631 5. Abgrenzung zum Verzicht und der Umgestaltung der Zusage | 631 6. Höhe des Abfindungsbetrags und dessen Auszahlung | 632 7. Besonderheiten der reinen Beitragszusage | 632 B. Vorgezogene Inanspruchnahme der bAV | 633 I. Voraussetzungen der vorgezogenen Inanspruchnahme | 633 1. Gesetzlicher Anspruch | 633 a) Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente als Vollrente | 633 b) Erfüllung sonstiger Voraussetzungen | 634 c) Verlangen der Leistung aus der bAV | 634 d) Entstehen des Anspruchs auf eine Leistung | 635 e) Wegfall des Anspruchs wegen Änderung der Umstände | 636 2. Besonderheiten der reinen Beitragszusage | 637 3. Vertragliche Regelungen zum vorzeitigem Ausscheiden über den gesetzlichen Anspruch hinaus | 637 II. Umfang des Anspruchs | 637 1. Ausscheiden, um die vorzeitige Leistung in Anspruch zu nehmen | 638 2. Ausscheiden und Inanspruchnahme der vorzeitigen Leistung zu einem späteren Zeitpunkt | 638 II.

Inhaltsverzeichnis

XLI

3. Grundsätze für die Regelung der vorzeitigen Altersleistung | 639 4. Besonderheiten der versicherungsförmigen Durchführungswege | 641 III. Von der Sozialversicherungspflicht befreite Personen | 641 C. Sicherung gegen Insolvenz des Arbeitgebers | 642 I. Gesetzliche Insolvenzsicherung | 642 1. Überblick | 642 2. Bedeutung des Insolvenzschutzes bei Einrichtung und Durchführung der bAV | 645 a) Geschützte Zusagen | 645 b) Erstmeldung an den PSV | 646 aa) Zeitpunkt | 646 bb) Folgen verspäteter Meldung | 647 c) Höhe der Beiträge an den PSV | 648 aa) Beitragsbedarf | 648 bb) Beitragsbemessungsgrundlage | 649 d) Beitragspflicht | 651 aa) Beginn der Beitragspflicht | 651 bb) Ende der Beitragspflicht | 651 cc) Fälligkeit der Beiträge | 652 dd) Verjährung | 652 e) Meldepflichten zur Ermittlung der Beitragshöhe | 652 f) Rechtsmittel, Streitigkeiten, Vollstreckbarkeit | 653 3. Der Sicherungsfall und seine Folgen | 653 a) Überblick | 653 b) Sicherungsfälle | 655 aa) Eröffnung des Insolvenzverfahrens | 655 bb) Abweisung der Verfahrenseröffnung mangels Masse | 655 cc) Außergerichtlicher Vergleich | 655 dd) Vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit | 656 c) Umfang des Versicherungsschutzes durch den PSV | 657 aa) Überblick | 657 bb) Ansprüche | 657 cc) Anwartschaften | 659 d) Höhe und Fälligkeit des Anspruchs gegenüber dem PSV | 662 e) Leistungserbringung durch den PSV | 664 aa) Überblick | 664 bb) Abfindung der Anwartschaften und laufenden Leistungen durch den PSV | 664 cc) Übertragung der Leistungspflicht auf ein Unternehmen der Direktversicherung | 665

XLII

Inhaltsverzeichnis

II.

dd) Übertragung der Ansprüche auf den Pensionsfonds | 665 ee) Versorgungszusagen mit Bezug zu Leistungen einer Rückdeckungsversicherung | 666 f) Der gesetzliche Forderungsübergang | 667 g) Pflichten im Sicherungsfall | 669 aa) Pflichten des PSV | 669 bb) Pflichten des Insolvenzverwalters, des Arbeitgebers und des Versorgungsträgers | 670 h) Rechtsweg | 671 Privatrechtliche Sicherung gegen Insolvenz des Arbeitgebers | 671 1. Überblick | 671 2. Verpfändung | 672 a) Die wirksame Verpfändung | 672 b) Wirkung der Verpfändung bei Insolvenz während der Anwartschaftsphase | 674 aa) Keine Insolvenzsicherung gemäß §§ 7 ff. BetrAVG | 674 bb) Insolvenzsicherung gemäß §§ 7 ff. BetrAVG | 675 c) Wirkung der Verpfändung bei Insolvenz während der Leistungsphase | 676 aa) Keine Insolvenzsicherung gemäß §§ 7 ff. BetrAVG | 676 bb) Insolvenzsicherung gemäß §§ 7 ff. BetrAVG | 677 3. CTA | 677 a) Begriff des CTA | 677 b) Wirkungen und Anwendungsgebiete von CTA | 678 c) Funktionsweise eines CTA | 679 aa) Schuldrechtliche Komponente | 679 bb) Dingliche Komponente | 680 cc) Einstöckige und doppelstöckige Treuhandmodelle | 680 dd) Checkliste Verwaltungstreuhand | 680 d) Insolvenzsicherung (einseitige Treuhand/Verpfändungsmodell) | 681 aa) Verpfändete Forderung und Absonderungsrecht | 681 bb) Verhältnis zur Eintrittspflicht des PSV | 682 cc) Verwertungsrecht | 683 dd) Verwaltungsaufwand | 684 e) Insolvenzsicherung (Doppelseitiges Treuhandmodell) | 684 aa) Sicherungstreuhand und Forderungsrecht des Versorgungsberechtigten | 685 bb) Absonderungsrecht des Treuhänders im Insolvenzfall | 686 cc) Verhältnis zur Eintrittspflicht des PSV | 687 dd) Verwertungsrecht | 688

Inhaltsverzeichnis

XLIII

ee) Insolvenz des Treuhänders | 689 ff) Checkliste Sicherungstreuhand | 689 4. Direktversicherung | 690 5. Pensionskasse | 692 6. Unterstützungskasse | 693 7. Pensionsfonds | 695 D. Anpassung der Versorgungsleistungen | 696 I. Überblick | 696 1. Betroffene Leistungen | 698 2. Zur Anpassung Verpflichteter | 699 II. Direktzusagen und Unterstützungskassenzusagen | 700 1. Grundsatz: Dreijährige Prüfung der Anpassung | 700 2. Prüfungszeitpunkt | 700 3. Maßstab der Anpassung | 701 a) Überblick | 701 b) Anpassungsbedarf des Versorgungsberechtigten | 702 aa) Ermittlung des Anpassungsbedarfs | 702 bb) Reallohnbezogene Obergrenze | 703 cc) Wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers | 704 4. Entscheidung des Arbeitgebers | 706 a) Maßstab für die Entscheidung | 706 b) Form der Entscheidung | 707 5. Berechnung des Anpassungsbedarfs | 708 a) Grundsatz: Nachholende Anpassung | 708 b) Ausnahme von der Pflicht zur nachholenden Anpassung | 708 6. Nachträgliche Anpassung | 710 7. Verpflichtung zur 1%-igen jährlichen Anpassung | 711 III. Direktversicherungen und Pensionskassen | 711 1. Verwendung der Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistung | 712 2. Keine Anpassung bei Beitragszusage mit Mindestleistung und bei reiner Beitragszusage | 712 IV. Pensionsfonds | 713 E. Übertragung von Zusagen auf Leistungen der bAV | 713 I. Überblick | 713 II. Einvernehmliche Übernahme der Versorgungszusage und einvernehmliche Übertragung des Übertragungswerts | 715 1. Übernahme der Versorgungszusage | 715 2. Übertragung des Übertragungswerts der Versorgungszusage | 717 a) Voraussetzungen und Rechtsfolgen | 717 b) Übertragungswert und Wertgleichheit der Versorgungszusage des neuen Arbeitgebers | 718

XLIV

III.

IV.

Inhaltsverzeichnis

Anspruch des Arbeitnehmers auf Übertragung des Übertragungswerts | 719 1. Voraussetzung des Anspruchs | 719 2. Anspruch gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber oder dem ehemaligen Versorgungsträger | 720 3. Anspruch gegenüber dem neuen Arbeitgeber | 720 4. Auskunftsansprüche | 721 5. Besonderheiten bei reinen Beitragszusagen | 721 Liquidation des Unternehmens | 723

Kapitel 9 Änderung von Zusagen, Durchführungsweg und Schuldner der bAV | 725 A. Änderung von Versorgungszusagen | 725 I. Begriff der Änderung einer Versorgungszusage | 725 II. Verbesserung einer Versorgungzusage | 726 III. Wertneutrale Umstrukturierung einer Versorgungszusage | 727 IV. Schließung einer Versorgungszusage | 728 V. Verschlechterung einer Versorgungszusage | 729 1. Verschlechterung einer Individualzusage | 729 a) Verschlechterung mittels Individualvereinbarungen | 729 aa) Vertragsabschluss | 729 bb Abfindungsverbot | 730 cc) Besonderheit im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang | 730 dd) Kein Verstoß gegen die guten Sitten | 731 ee) AGB-Kontrolle | 731 b) Verschlechterung mittels Jeweiligkeitsklausel | 731 c) Verschlechterung mittels Änderungskündigung | 732 d) Widerruf durch den Arbeitgeber | 732 aa) Widerrufsvorbehalt | 732 bb) Störung der Geschäftsgrundlage | 733 cc) Treuepflichtverletzung | 734 dd) Kein Widerruf aufgrund wirtschaftlicher Notlage | 735 ee) Besonderheit bei Unterstützungskassenzusage | 735 ff) Besonderheit bei Vorstandszusagen | 735 e) Verschlechterung mittels Kollektivvereinbarungen | 736 2. Verschlechterung einer Individualzusage mit kollektivem Bezug | 736 a) Verschlechterung mittels Individualvereinbarungen | 736

Inhaltsverzeichnis

Verschlechterung mittels Jeweiligkeitsklausel | 736 Verschlechterung mittels Änderungskündigung | 737 Widerruf des Arbeitgebers | 737 Verschlechterung mittels betrieblicher Übung | 738 Verschlechterung mittels Betriebsvereinbarung | 738 aa) Betriebsvereinbarungsoffenheit | 739 bb) Kollektiver Günstigkeitsvergleich | 740 cc) Wirkung der Ablösung | 740 g) Verschlechterung mittels einer Vereinbarung mit dem Sprecherausschuss | 740 h) Verschlechterung mittels eines Tarifvertrages | 741 3. Verschlechterung einer Betriebsvereinbarung | 741 a) Verschlechterung mittels individualrechtlicher Maßnahmen | 741 b) Verschlechterung mittels Jeweiligkeitsklauseln | 741 c) Verschlechterung mittels ablösender Betriebsvereinbarung | 741 d) Kündigung der Betriebsvereinbarung | 742 aa) Voraussetzungen für eine Kündigung | 742 bb) Rechtsfolgen einer Kündigung | 742 e) Eingriffe mittels Tarifvertrag | 743 4. Verschlechterung eines Tarifvertrages | 743 a) Verschlechterung mittels individualrechtlicher Maßnahmen | 743 b) Verschlechterung mittels Betriebsvereinbarung | 743 c) Verschlechterung mittels eines Tarifvertrages | 744 d) Kündigung eines Tarifvertrages | 744 e) Verbandsaustritt | 744 5. Besitzstandsschutz | 744 a) Anwendungsbereich der Drei-Stufen-Theorie | 745 b) Die verschiedenen Besitzstandsstufen nach der Drei-Stufen-Theorie | 745 aa) Erste Besitzstandsstufe | 746 bb) Zweite Besitzstandstufe | 747 cc) Dritte Besitzstandstufe | 748 c) Allgemeine Prinzipien des Vertrauensschutz und Verhältnismäßigkeitsprüfung | 749 d) Besonderheit Tarifvertrag | 750 B. Wechsel des Durchführungsweges | 752 I. Arbeitsrechtliche Vorgaben | 752 II. Steuerrechtliche Folgen | 753 b) c) d) e) f)

XLV

XLVI

Inhaltsverzeichnis

C. Wechsel des Versorgungsschuldners | 753 I. Versorgungsverpflichtungen bei einem Share Deal | 753 II. Versorgungsverpflichtungen bei einem Asset Deal | 755 1. Voraussetzung eines Betriebsüberganges | 755 2. Erfasste Arbeitsverhältnisse | 756 3. Informationspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB | 757 4. Wirkung eines Betriebsüberganges | 757 a) Versorgungszusagen nur beim Erwerber | 758 b) Versorgungszusagen nur beim Veräußerer | 758 aa) Individualzusagen nur beim Veräußerer | 759 bb) Betriebsvereinbarung nur beim Veräußerer | 759 cc) Tarifvertrag nur beim Veräußerer | 759 dd) Sonderfall Einzelvertragliche Bezugnahme auf Tarifverträge | 760 c) Versorgungszusagen beim Erwerber und Veräußerer | 761 aa) Individualzusagen beim Veräußerer und Kollektivzusagen des Erwerbers | 761 bb) Gleichrangige Kollektivregelungen bei Veräußerer und Erwerber | 761 cc) Nicht gleichrangige Kollektivverträge bei Veräußerer und Erwerber | 762 5. Mittelbare Versorgungszusagen und Unterstützungskassen | 762 6. Treuhandvereinbarungen | 763 7. Haftung des Veräußerers | 763 8. Sonderfall: Betriebsübergang aus der Insolvenz | 763 III. Wechsel des Schuldners durch Umwandlung | 764 1. Umwandlungsarten | 764 2. Gesamtrechtsnachfolge und Anwendbarkeit von § 613a BGB | 765 3. Rentnergesellschaften | 765 4. Gesamtschuldnerische Haftung nach §§ 133 ff. UmwG | 767 5. Sicherheitsleistungen | 767 IV. Firmenfortführung | 767 V. Rechtsgeschäftliche Schuld- und Vertragsübernahme | 768

Kapitel 10 bAV und M&A | 769 A. Betriebliche Versorgungsverpflichtungen in einer Unternehmenstransaktion | 769 I. Rechtsfolgen einer Gesamt- und einer Einzelrechtsnachfolge | 769

Inhaltsverzeichnis

II. Pensionsverpflichtungen als Nettoschuldposten | 772 III. Garantieklauseln im Kaufvertrag | 773 IV. Ziel der Pension Due Diligence | 773 B. Ablauf einer Pension Due Diligence | 774 I. Fact Book und Vendor Due Diligence | 774 II. Datenraum | 775 III. Fragen- und Antwortenprozess | 776 IV. Buy Side Due Diligence Berichterstattung | 777 C. Inhalt einer Pension Due Diligence | 778 I. Bestandserfassung | 779 1. Leistungsorientierte Versorgungspläne | 779 2. Beitragsorientierte Versorgungspläne | 780 3. Gemeinschaftliche Versorgungspläne | 781 4. Unternehmenserwerb aus der Insolvenz | 781 II. Quantifizierung der Verpflichtungen | 782 1. Leistungsorientierte Versorgungspläne | 782 a) Verpflichtungsumfang | 782 b) Kosten | 786 c) Liquiditätsabfluss | 786 2. Beitragsorientierte Versorgungspläne | 787 a) Verpflichtungsumfang | 787 b) Kosten und Liquiditätsabfluss | 789 3. Gemeinschaftliche Pläne | 790 a) Verpflichtungsumfang | 790 b) Kosten und Liquiditätsabfluss | 791 III. Identifikation sonstiger Risiken | 791 IV. Ausgliederungsthemen | 793 1. Unternehmensübergreifende externe Versorgungsträger | 793 2. Konzern- oder unternehmenseigene externe Versorgungsträger | 794 3. Administrative Erfordernisse | 796 V. Inhalt des Unternehmenskaufvertrags | 796 1. Übergehende Versorgungsverpflichtungen | 797 2. Berücksichtigung der Versorgungsverpflichtungen im Kaufpreis | 797 3. Vermögenswerte | 798 4. Garantien | 799 5. Zukunft der Versorgungspläne | 799 6. Administrative und sonstige Details | 800 VI. Betriebliche Versorgungsverpflichtungen als Transaktionshindernis | 800 1. Ausgliederung einer Rentnergesellschaft | 800

XLVII

XLVIII

Inhaltsverzeichnis

2. Schuldbeitritt | 801 3. Auslagerung | 801 4. Abfindung | 802 VII. Nach der Transaktion | 803 1. Einrichtung der administrativen Prozesse | 803 2. Harmonisierung der bAV | 804

Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV | 807 A. Einführung in das VersAusglG | 807 I. Definition des VersAusgl | 807 II. Grundsätze des VersAusgl | 808 1. Halbteilungsgrundsatz | 808 a) Hintergrund | 808 b) Geschiedene Ehegatten | 808 c) Anrechte | 808 d) Ehezeit | 809 e) Ehezeitanteil | 809 2. Stichtagsprinzip | 809 a) Grundsatz | 809 b) Ausnahme | 810 3. Keine Mehrbelastung des VT | 811 a) Schutz des Versorgungsträgers | 811 b) Leistungsverbot bis zum Abschluss des Verfahrens über den VersAusgl | 812 4. Keine nachträgliche Anpassungsmöglichkeit der Teilung von Anrechten aus der bAV | 812 III. Teilung eines Anrechts aus der bAV | 813 1. Anrechte aus der bAV | 813 a) Arbeitsrechtliche Anrechte | 813 b) Zusätzliche Rechte | 813 c) Kein güterrechtlicher Ausgleich im VersAusglG | 814 2. Auszugleichende Anrechte | 815 a) Voraussetzungen für den Ausgleich von Anrechten | 815 b) Anwartschaften im Sinne des VersAusglG | 816 IV. Information des FamG | 816 1. Verfahrensrechtliche Auskunftspflichten | 816 a) Auskunftspflichtige Personen | 816 b) Auskunftspflichten des VT | 817 aa) Werte, Berechnung und maßgebliche Regelungen | 817

Inhaltsverzeichnis

V.

VI.

bb) Vorschlag für Ausgleichswert und korrespondierenden Kapitalwert | 818 c) Korrespondierender Kapitalwert | 818 aa) Sinn und Zweck | 818 bb) Höhe des korrespondierenden Kapitalwerts | 819 d) Formular | 820 e) Mitwirkungshandlungen | 820 2. Weitere Auskunftspflichten | 820 Maßgeblichen Regelungen im VersAusgl | 820 1. Zusage | 821 2. Regelung des VT | 821 3. Teilungsordnung | 821 Ausgleichsformen im VersAusglG | 823 1. Übersicht | 823 2. Vereinbarungen über den VersAusgl | 823 a) Allgemeines | 823 b) Regelungsbefugnis der Ehegatten | 823 c) Kontrollpflicht des FamG | 824 d) Schutz der VT | 824 e) Formelle Wirksamkeitsvoraussetzungen | 824 3. Interne Teilung | 825 a) Allgemeines | 825 b) Möglichkeit der Verrechnung | 825 c) Anforderungen | 825 aa) Gleichwertige Teilhabe | 826 bb) Einzelheiten | 826 cc) Kontrollpflicht des FamG | 829 d) Rechtsfolgen bei Anrechten im Sinne des BetrAVG | 829 e) Teilungskosten | 829 4. Externe Teilung | 830 a) Allgemeines | 830 b) Voraussetzungen | 830 aa) Vereinbarung zwischen AB und VT | 831 bb) Kleinere Ausgleichswerte | 831 cc) Besonderheiten bei der externen Teilung von Anrechten aus Direktzusagen und Unterstützungskassen nach § 17 VersAusglG | 831 dd) Wahlrecht hinsichtlich der Zielversorgung | 833 ee) Unzulässigkeit der externen Teilung | 834 ff) Verfahrensrechtliche Anforderungen | 835 c) Rechtsfolgen | 835 d) Keine Teilungskosten | 836

XLIX

L

Inhaltsverzeichnis

Schuldrechtliche Ausgleichsrente | 836 a) Definition | 836 b) Fälligkeit | 836 c) Höhe | 837 d) Zahlungsmodalitäten | 837 e) Erlöschen | 837 f) Abtretung | 837 g) Kapitalzahlungen | 838 h) Geltendmachung | 838 6. Abfindung | 838 7. Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung | 839 a) Voraussetzungen | 839 b) Ausschluss | 839 c) Höhe | 840 d) Fälligkeit und Zahlungsmodalitäten | 840 e) Kürzung der Leistung der Witwe/des Witwers der AP | 840 f) Geltendmachung | 840 VII. Fälle, in denen Anrechte nicht ausgeglichen werden sollen | 841 1. Geringe Differenz der Ausgleichswerte bei beiderseitigen Anrechten gleicher Art | 841 2. Geringe Ausgleichswerte von Anrechten | 841 3. Geringfügigkeit | 841 4. Ermessensentscheidung des FamG | 842 VIII. Fälle, in denen VersAusgl nicht stattfindet | 842 1. Kurze Ehedauer | 842 2. Vereinbarung eines Ausschlusses | 842 3. Fehlende Ausgleichsreife | 843 a) Definition | 843 b) Zeitpunkt für die Feststellung der (fehlenden) Ausgleichsreife | 844 c) Folgen | 844 4. Grobe Unbilligkeit | 844 IX. Bewertung eines Anrechts | 845 1. Unmittelbare Bewertung | 845 2. Zeitratierliche Bewertung | 846 3. Bewertung einer laufenden Versorgung | 848 4. Bewertung nach Billigkeit | 849 5. Sondervorschriften für Anrechte nach dem BetrAVG | 849 B. Ablauf eines VersAusgl | 850 I. Übersicht | 850 II. Ausgangsfall und Einleitung des Verfahrens | 851 5.

Inhaltsverzeichnis

Auskünfte zum VersAusgl | 852 1. VT in der bAV | 852 2. Auskunftspflichten | 852 IV. Beschlussfassung durch das FamG | 854 1. Allgemeines | 854 2. Beschlussformel | 855 3. Begründung | 855 4. Rechtsbehelfsbelehrung | 855 5. Änderung nach Scheidung | 855 6. Beschwerde | 856 7. Berichtigung | 857 8. Rechtskraft | 857 9. Checkliste | 857 C. Direktversicherung/Pensionsfonds/Pensionskasse | 859 I. Fall 1: Externe Teilung einer beitragsorientierten Leistungszusage – Direktversicherung – gesetzlich unverfallbare Altersrente | 859 II. Fall 2: Interne Teilung einer beitragsorientierten Leistungszusage – Direktversicherung – gesetzlich unverfallbare Alters- und Berufsunfähigkeitsrente ohne Kapitalwahlrecht | 860 III. Fall 3 | 862 1. Ausgangsfall: Interne Teilung einer beitragsorientierten Leistungszusage – Direktversicherung – verfallbare Altersrente, arbeitgeberfinanziert | 862 2. Abwandlung: Externe Teilung einer beitragsorientierten Leistungszusage – Direktversicherung – gesetzlich unverfallbare/verfallbare Altersrente, mischfinanziert | 863 IV. Fall 4: Interne Teilung einer beitragsorientierten Leistungszusage – Direktversicherung – gesetzlich unverfallbares Alterskapital, arbeitgeberfinanziert | 864 1. Ausgangsfall | 864 2. Abwandlung | 865 D. Unterstützungskasse | 865 Fall 5: Interne Teilung einer beitragsorientierten Leistungszusage – Unterstützungskasse, kongruent rückgedeckt – gesetzlich unverfallbare Altersrente | 865 E. Direktzusage | 866 I. Fall 6 – Ausgangsfall: Interne Teilung einer Leistungszusage – Direktzusage – gesetzlich unverfallbare Altersrente | 868 II. Fall 6 – Abwandlungen | 869 1. Kapitalzusage | 869 2. Endgehaltsbezogene Zusage | 870 III.

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Sonderfälle | 870 I. Fondsversorgung – Fall 7: Interne Teilung einer beitragsorientierten Leistungszusage – fondsgebundene Direktversicherung – gesetzlich unverfallbare Altersrente | 870 II. Beherrschende Mitunternehmer | 872 III. Tod eines Ehegatten | 872 IV. Rechte Dritter | 873 1. Sicherungsabtretung | 874 a) Interne Teilung | 874 b) Externe Teilung | 875 2. Vertraglich begründetes Pfandrecht | 875 a) Interne Teilung | 875 b) Externe Teilung | 876 3. Pfändung | 876 a) Interne Teilung | 876 b) Externe Teilung | 877 V. Teilung laufender Leistungen | 877 1. Teilung laufender Altersleistungen | 877 2. Teilung laufender Invaliditätsleistungen | 879 VI. Reine Beitragszusage | 879 G. Steuerrecht | 880 I. Besteuerung bei den Eheleuten | 880 1. Interne Teilung | 880 a) Besteuerung zum Teilungszeitpunkt | 880 b) Besteuerung in der Leistungsphase | 880 2. Externe Teilung | 881 a) Besteuerung zum Teilungszeitpunkt | 881 aa) Darstellung der steuerlichen Systematik | 881 bb) Fälle externer Teilung, die steuerlich negative Folgen für die Eheleute haben | 882 cc) Informationspflichten des Versorgungsträgers | 883 b) Besteuerung in der Leistungsphase | 883 3. Ausgleichsansprüche nach Scheidung | 884 a) Steuerliche Behandlung bei der ausgleichspflichtigen Person | 884 b) Steuerliche Behandlung bei der ausgleichsberechtigten Person | 884 II. Besteuerung bei den VT | 885 1. Kongruent rückgedeckte Unterstützungskasse | 885 a) Auswirkungen beim Trägerunternehmen | 885 aa) Interne Teilung | 885 bb) Externe Teilung | 885 F.

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b) Auswirkungen bei der Unterstützungskasse | 886 aa) Interne Teilung | 886 bb) Externe Teilung | 886 2. Direktzusage | 887 H. Sozialversicherungsrecht | 887 I. Interne Teilung | 887 II. Externe Teilung | 888 III. Ausgleichsansprüche nach Scheidung | 888 1. Schuldrechtliche Ausgleichszahlungen und Abfindungen | 888 2. Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung | 888

Kapitel 12 Verwaltung und Administration der bAV | 889 A. Verwaltung einer Direktzusage | 889 I. Datenerfassung | 889 1. Erforderliche Daten | 889 a) Zeitdaten | 889 b) Beschäftigungsgrade | 890 c) Entgeltdaten | 890 d) Statusdaten | 891 2. Arbeitnehmerdatenschutz | 891 a) Aktive Mitarbeiter | 891 b) Ausgetretene Mitarbeiter und Rentner | 891 II. Dokumentenverwaltung | 893 1. Austritt aus dem Unternehmen oder Eintritt des Versorgungsfalles | 893 2. Relevante Dokumente | 894 3. Elektronische Daten und digitale Personalakte | 894 III. Vorzeitiger Austritt und unverfallbare Anwartschaft | 895 1. Austritt mit gesetzlich unverfallbarer Anwartschaft | 896 a) Voraussetzungen zum Erreichen einer unverfallbaren Anwartschaft | 896 b) Höhe der gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft | 897 c) Auskunftsanspruch des Mitarbeiters | 897 d) Eintritt des Versorgungsfalles | 899 e) Verjährung | 899 2. Austritt ohne Anwartschaft | 900 3. Abfindung von Kleinstanwartschaften | 900 a) Abfindungen gemäß § 3 BetrAVG | 900

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b) Abfindungen und Grenzgänger gemäß EU-Mobilitätsrichtlinie | 901 IV. Eintritt eines Versorgungsfalles: Alter, Invalidität, Tod | 901 1. Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen | 901 2. Beginn, Aussetzen und Ende des Leistungsbezugs | 902 3. Zu unterscheidende Versorgungsfälle | 904 a) Alter | 904 b) Invalidität | 904 aa) Teilweise/Volle Erwerbsminderungsrente | 905 bb) Befristete/Unbefristete Erwerbsminderungsrente | 905 c) Tod und Hinterbliebenenversorgung | 906 aa) Witwen/Witwer | 906 bb) Lebensgefährten | 907 cc) Waisen | 908 V. Abrechnung von Versorgungsleistungen | 909 1. Grundsätzliches zur Abrechnung von Versorgungsleistungen | 909 2. Elektronische Meldeverfahren | 910 a) ELStAM-Verfahren für die Lohnsteuer | 910 b) Zahlstellen-Meldeverfahren der gesetzlichen Krankenkassen | 911 VI. Rentenanpassung in der Rentenbezugsphase | 914 1. Regelungen des § 16 BetrAVG | 914 a) Prüfung im 3-Jahres-Turnus | 914 b) Jährliche Anhebung um 1% | 914 2. Geringere Anpassung | 915 3. Zu Recht unterbliebene Rentenanpassungen | 916 4. Nachholpflicht | 917 VII. Verfahren bei Versorgungsausgleich | 917 1. Auskunftspflicht des Arbeitgebers | 917 2. Bestimmung des Ausgleichswerts | 920 3. Interne oder externe Teilung | 920 4. Kosten beim Arbeitgeber | 921 B. Management eines internen Versorgungsträgers | 922 I. Datenverwaltung | 922 1. Erfassung/Änderung von Personendaten bei Firmenmeldungen | 922 2. Erfassung/Änderung von Personendaten bei Meldungen von Anwärtern und Leistungsempfängern | 924 a) Fallgruppe 1 | 925 b) Fallgruppe 2 | 925 c) Fallgruppe 3 | 925 d) Fallgruppe 4 | 926

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e) Fallgruppe 5 | 926 f) Datenqualität | 927 II. Dokumentenverwaltung Versicherungsunterlagen | 927 1. Barcode oder Data-Matrix-Code | 929 2. Daten lesen | 929 3. Erfassung bei unstrukturierten Informationen | 930 4. Postverteilung und Bearbeitung | 930 5. Löschen von Daten | 931 III. Dokumentenverwaltung | 932 1. Prozesse und verantwortliche Abteilungen inkl. Arbeitsanweisungen | 932 2. Risikomanagement (Prozessrisiken) | 932 3. Organisationsanweisungen | 933 IV. Definition von Administrationsprozessen | 933 1. Aufbau- und Ablauforganisation | 933 2. Datenschutz und Informationssicherheit | 934 C. Auswahl und Einbindung eines externen Versorgungsträgers/Anbieters | 936 I. Hintergrund | 936 II. Anbieterauswahl am Beispiel einer Direktversicherung | 937 1. Motive und Zielsetzung | 938 2. Auswahl eines geeigneten Beraters | 939 3. Konkrete Gestaltung des Versorgungssystems | 943 a) Erfassung der Daten (Beratungsbogen) | 943 b) Vorschlag zur Umsetzung der bAV-Maßnahme | 944 4. Ausschreibeverfahren | 946 a) Grundlagen | 946 b) Erstellung der Ausschreibungsunterlagen | 947 c) Auswertung der Rückmeldungen | 950 d) Klärung offener Punkte/Herstellung Vergleichbarkeit | 952 e) Anbieter-Workshop | 953 f) Ermittlung Anbieter/Zuschlagserteilung | 953 III. Anbieterauswahl für weitere bAV-Dienstleistungen | 954 1. Auswahl des Durchführungswegs und des Versorgungsträgers | 954 a) Pensionskasse | 954 b) Pensionsfonds | 955 c) Unterstützungskasse | 956 2. Wahl der Finanzanlage | 957 3. Auslagerung der Administration | 959 IV. Anbieterauswahl durch Tarifpartner im Rahmen des Sozialpartnermodells | 961

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Kapitel 13 bAV für besondere Personengruppen | 965 A. Gesellschafter-Geschäftsführer | 965 I. Einleitung | 965 II. Besonderheiten der Zusage | 966 1. Anwendbarkeit des BetrAVG | 966 2. Regelungsbedarf für den beherrschenden GGF | 967 a) Ausscheiden ohne Eintritt eines Versorgungsfalls (Unverfallbarkeit) | 967 b) Leistungsvoraussetzungen und Altersgrenze | 968 c) Vorzeitige Inanspruchnahme | 969 d) Anpassung laufender Leistungen | 969 e) Anpassung der Versorgungsanwartschaft | 970 f) Insolvenzschutz | 970 III. Besteuerung bei der Gesellschaft (Direktzusage) | 970 1. Zivilrechtlich wirksame Versorgungszusage | 971 2. Allgemeine steuerliche Voraussetzungen (Bilanzierung bei der GmbH) | 972 a) Schriftform und Eindeutigkeit | 972 b) Keine steuerschädlichen Widerrufsvorbehalte | 972 c) Keine Abhängigkeit von künftigen gewinnabhängigen Bezügen | 973 d) Überversorgung | 973 3. Betriebliche Veranlassung | 975 a) Person des Zusageempfängers | 976 b) Rechtzeitig erteilte Versorgungszusage | 976 c) Unverfallbarkeit | 977 d) Angemessenheit und Üblichkeit | 978 aa) Vertragliches Pensionsalter | 979 bb) Personenbezogene Probezeit | 980 cc) Unternehmensbezogene Probezeit | 981 dd) Erdienbarkeit | 982 ee) Finanzierbarkeit | 983 ff) Höhe der Versorgungsleistungen | 984 gg) Gleichzeitiger Bezug von Rente und Aktivgehalt | 984 IV. Besteuerung bei der Gesellschaft (mittelbare Durchführungswege) | 985 1. Unterstützungskasse | 985 2. Direktversicherung/Pensionskasse/Pensionsfonds | 986 V. Die Besteuerung beim GGF | 986 VI. Insolvenzschutz von Versorgungszusagen | 987

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VII. Entlastung der Gesellschaft von Versorgungsverpflichtungen | 989 1. Verzicht des GGF | 989 2. Abfindung | 992 3. Liquidationsversicherung | 994 4. Auslagerung auf einen externen Versorgungsträger | 995 5. Übertragung auf einen anderen Arbeitgeber | 998 B. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes | 999 I. Überblick | 999 II. Rechtsgrundlagen | 1000 1. Tarifvertragliche Grundlagen | 1001 2. Satzungsrechtliche Regelungen | 1002 3. Verhältnis Tarifrecht/Satzungsrecht | 1003 a) Erfüllung der arbeitsrechtlichen Verpflichtungen durch die Versicherung in der Zusatzversorgung | 1003 b) Überprüfungsmaßstab von Änderungen im Leistungsrecht der Zusatzversorgung | 1003 III. Pflichtversicherung | 1004 1. Versicherungspflicht | 1004 a) Geltungsbereich der Versicherungspflicht | 1005 b) Ausnahmen von der Versicherungspflicht | 1006 c) Beginn und Ende der Versicherungspflicht | 1006 d) Beitragsfreie Versicherung | 1007 2. Leistungsrecht | 1007 a) Versicherungsfall und Rentenbeginn | 1008 aa) Gesetzlich Rentenversicherte | 1008 bb) Sonderfall: nicht gesetzlich Rentenversicherte | 1008 b) Wartezeit und Unverfallbarkeit | 1009 aa) Wartezeit | 1009 bb) Gesetzliche Unverfallbarkeit | 1010 c) Antrag | 1010 d) Leistungshöhe nach Punktemodell | 1011 aa) Versorgungspunkte | 1011 bb) Soziale Komponenten | 1012 cc) Bonuspunkte | 1014 dd) Besonderheiten bei den einzelnen Rentenarten | 1014 ee) Abschläge wegen vorzeitiger Inanspruchnahme | 1016 ff) Nichtzahlung und Ruhen | 1016 gg) Anpassung der Renten | 1017 hh) Neuberechnung | 1017 ii) Erlöschen des Betriebsrentenanspruchs | 1017 jj) Auszahlung und Abfindung | 1018

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3. Übergangsrecht | 1018 a) Gründe für Systemwechsel | 1019 b) Regelung für die Bestandsrentner | 1019 c) Regelung für aktive Beschäftigte und beitragsfrei Versicherte (Startgutschriften) | 1020 aa) Startgutschrift für rentennahe Jahrgänge | 1021 bb) Startgutschrift für rentenferne Jahrgänge | 1022 cc) Startgutschrift für beitragsfrei Versicherte | 1024 IV. Freiwillige Versicherung | 1024 V. Finanzierung | 1025 1. Finanzierungsverfahren | 1025 a) Umlageverfahren | 1026 b) Kapitaldeckungsverfahren | 1027 c) Mischfinanzierungsverfahren | 1028 2. Aufwendungen zur Pflichtversicherung | 1028 a) Schuldner der Aufwendungen zur Pflichtversicherung | 1028 b) Zusatzversorgungspflichtiges Entgelt | 1029 c) Meldeverfahren | 1030 VI. Überleitung | 1031 VII. § 18 BetrAVG | 1033 VIII. Versorgungsausgleich | 1034 IX. Steuer und Sozialversicherung | 1035 1. Steuerrechtliche Behandlung von Aufwendungen zur Zusatzversorgung | 1035 a) Steuerfreie Umlage § 3 Nr. 56 EStG | 1035 b) Pauschalversteuerung nach § 40b EStG | 1036 c) Sanierungsgeld | 1037 d) Steuerfreie Beiträge nach § 3 Nr. 63 EStG | 1037 e) bAV-Förderbeitrag nach § 100 EStG | 1037 f) Riesterförderung | 1038 2. Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Aufwendungen zur Zusatzversorgung | 1038 3. Steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Leistungen der Zusatzversorgungskassen | 1038 X. Mitgliedschaft von Arbeitgebern in der Zusatzversorgungskasse | 1039 1. Zuständigkeiten der einzelnen Zusatzversorgungskassen | 1040 2. Begründung der Mitgliedschaft in der Zusatzversorgungskasse | 1041 3. Inhalt der Mitgliedschaft | 1042 4. Fortsetzung der Mitgliedschaft | 1042

Inhaltsverzeichnis

5.

Beendigung der Mitgliedschaft in der Zusatzversorgungskasse | 1043 a) Beendigungsgründe | 1043 b) Finanzieller Ausgleich beim Ausscheiden | 1043 XI. Organisatorischer Aufbau der Zusatzversorgungskassen | 1045 XII. Aufsichtsrecht | 1046 XIII. Bilanzierung | 1046 C. bAV bei Auslandstätigkeit | 1047 I. Einführung | 1047 1. Fragen der Praxis | 1047 2. Allgemeines, Definitionen | 1048 a) Entsendung | 1048 b) Versetzung | 1049 c) Outbound und Inbound | 1049 3. Gestaltungsmodelle | 1050 a) Einvertragsmodell | 1050 b) Mehrvertragsmodell und dreiseitiger Vertrag | 1050 II. Arbeitsrechtlicher Rahmen | 1050 1. Geltung des Internationalen Privatrechts (Rom I-VO und EGBGB) | 1051 a) Sachlicher und räumlicher Anwendungsbereich | 1051 b) Zeitlicher und persönlicher Anwendungsbereich | 1051 2. Objektive Bestimmung (Keine vertragliche Rechtswahl) | 1052 a) Gewöhnlicher Arbeitsort | 1052 b) Vorübergehende Verrichtung | 1053 c) Ort der einstellenden Niederlassung | 1054 d) Engere Verbindung zu einer anderen Rechtsordnung | 1055 e) Prüfschema: Keine Rechtswahl | 1056 3. Subjektive Bestimmung (Rechtswahl) | 1057 a) Allgemeines | 1057 b) Schranken | 1058 aa) Günstigkeitsvergleich | 1058 bb) Eingriffsnormen/„ordre public“ | 1059 cc) Prüfschema | 1060 4. Besonderheiten für Nicht-Arbeitnehmer | 1061 5. Besonderheiten des kollektiven Arbeitsrechts | 1061 a) Betriebsvereinbarungen | 1061 b) Tarifverträge | 1062 6. Folgen für die bAV | 1062 a) Objektive Anknüpfung (fehlende Rechtswahl) | 1062 aa) Insolvenzschutz | 1063 bb) Unverfallbarkeit | 1065

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III.

IV.

cc) Übertragung von Versorgungsverpflichtungen | 1066 dd) Abfindung | 1066 ee) Rechtsanspruch auf vorzeitige Altersleistung | 1066 ff) Anpassungsprüfungspflicht | 1067 gg) Anrechnung ausländischer Versorgung | 1067 hh) Leistungshöhe | 1068 b) Subjektive Anknüpfung (Rechtswahl) | 1068 aa) Wahl des deutschen Rechts | 1068 bb) Wahl des ausländischen Rechts | 1069 7. Checkliste Vereinbarung zur bAV | 1069 8. Rechtsweg | 1070 a) Anwendungsbereich | 1070 b) Bestimmungen zur Zuständigkeit | 1071 9. EU-einheitliche Rahmenbedingungen | 1071 a) Allgemein | 1071 b) EU-Vertrag | 1072 aa) Art. 45 AEUV | 1072 bb) Art. 157 AEUV (vormals Art. 141 EG) | 1072 c) Richtlinien | 1072 aa) „Freizügigkeits-Richtlinie“ (Richtlinie 98/49/EG) | 1072 bb) „Insolvenzschutz-Richtlinie“ (Richtlinie 2008/94/EG) | 1073 cc) „Mobilitäts-Richtlinie“ (Richtlinie 2014/50/EU) | 1073 Sozialversicherungsrechtlicher Rahmen | 1075 1. Allgemein | 1075 2. Grenzüberschreitende Sachverhalte außerhalb der EU | 1076 a) Ausstrahlung | 1076 b) Einstrahlung | 1076 c) Sozialversicherungsabkommen | 1077 3. Grenzüberschreitende Sachverhalte innerhalb der EU/EWR | 1077 a) Anwendungsbereich der VO 883/04 | 1078 b) Anwendbares Recht bei grenzüberschreitenden Tatbeständen | 1079 4. Leistungsphase | 1079 Steuerrechtlicher Rahmen | 1080 1. Allgemein | 1080 a) Rechtslage in Deutschland | 1080 b) Doppelbesteuerungsabkommen | 1081 aa) Grundsatz: Besteuerungsrecht beim Tätigkeitsstaat | 1082 bb) Ausnahmen: Besteuerungsrecht beim Wohnsitzstaat | 1082

Inhaltsverzeichnis

2. Besteuerung beim Arbeitgeber allgemein | 1083 a) Outbound | 1083 aa) Fortführung des Arbeitsverhältnisses durch den entsendenden Arbeitgeber | 1083 bb) Keine Fortführung des Arbeitsverhältnisses mit dem entsendenden Arbeitgeber | 1086 b) Inbound | 1086 3. Besteuerung beim Arbeitgeber in den verschiedenen Durchführungswegen | 1087 a) Outbound | 1087 aa) Direktzusage | 1087 bb) Unterstützungskasse | 1088 cc) Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds | 1089 b) Inbound | 1090 aa) Aufnahme in ein inländisches Versorgungswerk | 1090 bb) Ausländische bAV wird fortgeführt | 1091 4. Besteuerung beim Arbeitnehmer | 1092 a) Outbound | 1092 aa) Direktzusage/Unterstützungskasse | 1092 bb) Direktversicherung/Pensionskasse/ Pensionsfonds | 1093 b) Inbound | 1095 aa) Besteuerung bei Aufnahme in deutsches Versorgungswerk | 1096 bb) Körperschaftsteuer: Möglichkeit zur Aufnahme in deutsches Versorgungswerk | 1096 cc) Fortführung der Auslands-bAV | 1096 c) Leistungsphase | 1097

Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben) | 1099 A. Begrifflichkeiten | 1100 I. Zeitkonten und Wertkonten | 1100 II. Auszeit, Sabbatical und Lebensarbeitszeit | 1101 B. Rechtliche Rahmenbedingungen | 1102 I. Sozialversicherungsrecht | 1102 1. Die Wertguthabenvereinbarung | 1103 2. Ansparphase | 1105 3. Statischer und dynamischer Wertguthabenbegriff | 1107

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II.

III. IV. V.

4. Freistellungsphase | 1110 a) Status des Arbeitsverhältnisses während der Freistellung | 1111 b) Angemessenheit des Arbeitsentgelts in der Freistellung | 1112 5. Störfälle | 1113 6. Übertragung von Wertguthaben bei Ausscheiden | 1115 a) Übertragung auf einen neuen Arbeitgeber | 1115 b) Übertragung auf die Deutsche Rentenversicherung Bund | 1117 7. Anlage der Wertguthaben und Werterhaltungsgarantie | 1118 a) Höchstquote für Aktien und Aktienfonds | 1120 b) Werterhaltungsgarantie | 1122 8. Insolvenzsicherung von Zeitwertkonten | 1123 9. Haftung des Arbeitgebers und der Organe bei Zeitwertkonten | 1126 Beitragsrechtliche Behandlung | 1126 1. Sozialversicherungsrechtliche Aspekte in der Ansparphase | 1126 a) Summenfelder-Modell | 1127 b) Alternativ-/Optionsmodell | 1128 2. Sozialversicherungsrechtliche Aspekte bei Auszahlungen und Übertragungen | 1128 a) Beitragsbemessungsgrundlagen bei Übertragung von Wertguthaben | 1128 b) Verbeitragung im Störfall | 1128 c) Freistellungsphase | 1128 d) Übertragung von Wertguthaben in die bAV | 1129 Die Prüfung von Wertguthaben durch den RV-Träger | 1129 Verwaltung der Konten | 1130 Arbeitsrechtliche Fragen | 1132 1. Tarifvertragsrecht und Betriebsverfassung | 1132 2. Zuführungen und Einbringungen | 1133 3. Umrechnung Zeit in Geld und Geld in Zeit | 1135 4. Sonderfall: Einbringung von Resturlaub | 1136 5. Förderung durch den Arbeitgeber | 1137 a) Beispiele für eine Arbeitgeberförderung | 1137 b) Steuerung und Anreizwirkung | 1138 6. Arbeitsrechtliche Fragen der Freistellung | 1139 a) Ankündigungsfristen | 1140 b) Einmal- und Sonderzahlungen in der Freistellung | 1141 c) BAV in der Freistellung | 1141 d) Firmenwagen in der Freistellung | 1143 e) Krankheit in der Freistellung | 1143 f) Urlaub in der Freistellung | 1145 g) Freistellungsvereinbarung | 1146

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Steuerrecht | 1147 1. Teilnehmerkreis | 1147 2. Ansparphase – Dotierung des Zeitwertkontos | 1148 3. Lohnsteuer bei Auszahlungen und Übertragungen | 1151 4. Sonstige steuerliche Anforderungen | 1152 VII. Betriebswirtschaftliche Effekte eines Zeitwertkontos | 1153 1. Bilanzierung von Zeitwertkonten nach Handelsgesetzbuch | 1154 a) Deckungsvermögen | 1154 b) Rückstellungen | 1155 2. Bilanzierung von Zeitwertkonten nach IFRS | 1156 C. Das Zeitwertkonto in der betrieblichen Praxis | 1158 I. Das Zeitwertkonto als Mittel zur Flexibilisierung der Arbeitszeit | 1159 II. Pros und Cons von Zeitwertkonten aus Unternehmenssicht | 1160 1. Zeitwertkonten und Ruhestand | 1160 2. Zeitwertkonten und Arbeitszeitkonten | 1160 3. Hemmnisse für Zeitwertkonten | 1161 4. Sonderthema: Einbringung von Zeit | 1161 III. Verbreitung von Zeitwertkonten | 1161 IV. Verwendungsoptionen und tatsächliche Nutzung | 1162 D. Berührung von Zeitwertkonten mit anderen Rechtsgebieten | 1163 I. Zeitwertkonten und Altersteilzeit | 1163 II. Zeitwertkonten bei Ehescheidung | 1164 III. Zeitwertkonten bei Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit | 1165 VI.

Stichwortverzeichnis | 1167

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Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis https://doi.org/10.1515/9783110275247-005

a.G. a. A. a. E. a. F. AB aba ABl. Abs. Abschn. abzgl. AEUV AG AGB AGG AIB

AVO AVR

auf Gegenseitigkeit anderer Ansicht am Ende alte Fassung ausgleichsberechtigte Person Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung Amtsblatt Absatz Abschnitt abzüglich Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Aktiengesellschaft Allgemeine Geschäftsbedingungen Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung Arbeitsgemeinschaft kommunale und kirchliche Altersversorgung e.V. Aktiengesetz Gesetz zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (Alterseinkünftegesetz) Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsorgeverträgen (Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz) Amtsgericht Anhang Anmerkung Anmerkung des Verfassers bzw. der Verfasser Abgabenordnung ausgleichspflichtige Person Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz Arbeitsvertrag Artikel Accounting Standards Codification Altersteilzeitgesetz Altersvorsorge-Tarifvertrag Altersvorsorge-Tarifvertrag Kommunal Arbeit und Arbeitsrecht (Zeitschrift) Auflage Allgemeine Versicherungsbedingungen Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensgesetz) Arbeitsvertragsordnungen Arbeitsvertragsrichtlinien

BaFin BAG

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht

AKA AktG AltEinkG

AltZertG AmtsG Anh. Anm. Anm. d. Verf. AO AP ArbG ArbGG ArbVertr. Art. ASC ATG ATV ATV-K AuA Aufl. AVB AVmG

https://doi.org/10.1515/9783110275247-005

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bAV BB BBG BbiG Bd. BeckRS BEEG

Abkürzungsverzeichnis

bzgl. bzw.

betriebliche Altersversorgung Betriebs-Berater (Zeitschrift) Beitragsbemessungsgrenzen Berufsausbildungsgesetz Band Rechtsprechungsdatenbank in beck-online (Verlag C.H. Beck) Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz) Bekanntmachung Betriebliche Altersversorgung (Zeitschrift) Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Betriebsverfassungsgesetz Bundestag Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BGH in Zivilsachen Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz) Bundesministerium für Arbeit und Soziales Bundesministerium der Finanzen Bundesministerium des Innern Drucksache des deutschen Bundesrates Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz) Bundessozialgericht Bundessozialgericht Entscheidungen (amtliche Sammlung) beispielsweise Bundessteuerblatt Drucksache des Deutschen Bundestags Buchstabe Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Verordnung über die Berechnung, Zahlung, Weiterleitung, Abrechnung und Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages (Beitragsverfahrensverordnung) bezüglich beziehungsweise

ca. CTA

circa Contractual Trust Arrangements

d. h. DATÜV-Überleitung

das heißt

Bek. BetrAV BetrAVG BetrVG BetrVG BFH BGB BGBl. BGH BGHZ BilMoG BMAS BMF BMI BR-Drs. BRSG BSG BSGE bspw. BStBl. BT-Drs. Buchst. BUZ BVerfG BVerfGE BVerwG BVV

Allgemeine Richtlinien der Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen und kirchlichen Dienstes für ein einheitliches Verfahren der automatisierten Datenübermittlung bei Überleitungen

Abkürzungsverzeichnis

DATÜV-ZVE

DB DBA DeckRV ders. diesbzgl. Doppelbuchst. DSGVO DStR e. G. e. V. EbAV EBITDA EG EGBGB EGHGB EGInsO EheRG Einl. einschl. EIOPA

ErfK ESt EStDV EStER EStG EStG a.F. EStR etc. EU EuGH EUV evtl. f. FamFG FamG FamRZ ff. FG FGG Fn FS

LXVII

Allgemeine Richtlinien der Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen und kirchlichen Dienstes für ein einheitliches Verfahren der automatisierten Datenübermittlung Der Betrieb (Zeitschrift) Doppelbesteuerungsabkommen Verordnung über Rechnungsgrundlagen für die Deckungsrückstellungen (Deckungsrückstellungsverordnung) derselbe diesbezüglich Doppelbuchstabe Datenschutz-Grundverordnung Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) eingetragene Genossenschaft eingetragener Verein Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts Einleitung einschließlich European Insurance and Occupational Pension Authority, europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht Einkommensteuer Einkommensteuer-Durchführungsverordnung Einkommensteuer-Ergänzungsrichtlinien Einkommensteuergesetz Einkommensteuergesetz in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung Einkommensteuer-Richtlinien et cetera Europäische Union Europäischer Gerichtshof Vertrag über die Europäische Union eventuell folgende Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Familiengericht Zeitschrift für das gesamte Familienrecht fortfolgende Finanzgericht Gesetz über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Fußnote Festschrift

LXVIII

Abkürzungsverzeichnis

GAAP GbR gem. GenG GG GGF ggf. GKV GmbH GmbHG GRV GS

Generally Accepted Accounting Principles Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft Grundgesetz Gesellschafter-Geschäftsführer gegebenenfalls Gesetzliche Krankenversicherung Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetzliche Rentenversicherung Großer Senat

h. M. HAG HGB Hrsg. HS

herrschende Meinung Heimarbeitsgesetz Handelsgesetzbuch Herausgeber Halbsatz

i. d. F. i. d. R. i. S. d. i. S. v. i. V. m. IAS IDW IDW RS HFA IFRS insb. InsO

in der Fassung in der Regel im Sinne des/der im Sinne von in Verbindung mit International Accounting Standard(s)
 Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. Stellungnahme zur Rechnungslegung des Hauptfachausschusses des IDW International Financial Reporting Standard(s) insbesondere Insolvenzordnung

Kap. KBS KG KGaA KSchG KSt. KStDV KStG KStR KVdR

Kapitel Knappschaft-Bahn-See Kommanditgesellschaft/Kammergericht Kommanditgesellschaft auf Aktien Kündigungsschutzgesetz Körperschaftsteuer Körperschaftsteuer-Durchführungsverordnung Körperschaftsteuergesetz Körperschaftsteuer-Richtlinien Krankenversicherung der Rentner

LAG LG lit. LPartG

Landesarbeitsgericht Landgericht Buchstabe Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz) Landessozialgericht Lohnsteuer

LSG LSt.

Abkürzungsverzeichnis

LXIX

LStDV LStR

Lohnsteuer-Durchführungsverordnung Lohnsteuer-Richtlinien

m. w. N. MiLoG Mio. MS MüKo/BGB MüKo/BGB MüKo/InsO MüKo/VVG MünchArbR

mit weiteren Nachweisen Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz) Million(en) Mustersatzung Münchener Kommentar zum BGB Münchener Kommentar zum BGB Münchener Kommentar zur InsO Münchener Kommentar zum VVG Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht

n. F. n. v. n.rkr. NachwG NJOZ NJW NJW-RR Nr. NZA NZA-RR NZFam NZS

neue Fassung nicht veröffentlicht nicht rechtskräftig Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen (Nachweisgesetz) Neue Juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungsreport (Zeitschrift) Nummer Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht, Rechtsprechungsreport Neue Zeitschrift für Familienrecht Neue Zeitschrift für Sozialrecht

o. a. o. ä. o.g. OFD OHG OLG o.O.

oben angegeben oder ähnliche(s) oben genannt Oberfinanzdirektion Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht ohne Ort

p.a. PFAV PFDeckRV PFKapAV PSV PSVaG

per annum Pensionsfonds-Aufsichtsverordnung Pensionsfonds-Deckungsrückstellungsverordnung Pensionsfonds-Kapitalanlagenverordnung Pensions-Sicherungs-Verein Pensions-Sicherungs-Verein Versicherungsverein a.G.

RdA RfB rkr. RL Rn. RRG Rspr.

Recht der Arbeit (Zeitschrift) Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen rechtskräftig Richtlinie Randnummer Rentenreformgesetz Rechtsprechung

LXX

s. S. s. o. s.u. SBV SE SGB I SGB II SGB III SGB IV SGB V SGB VI SGB XI SGB XII sog. SozR SprAuG Stb. StGB str. SvEV

Abkürzungsverzeichnis

siehe Seite/Satz siehe oben siehe unten Selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherung Societas Europaea Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe sogenannte/r/n Sozialrecht, 3. bzw. 4. Folge (Entscheidungssammlung) Gesetz über Sprecherausschüsse für leitende Angestellte (Sprecherausschussgesetz) Steuerberater Strafgesetzbuch streitig Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (Sozialversicherungsentgeltverordnung)

TdL TVAöD TVG TV-L TVöD TV-V TzBfG

Tarifgemeinschaft der Länder Tarifvertrag für Auszubildende des öffentlichen Dienstes Tarifvertragsgesetz Tarifvertrag für die Beschäftigten der Länder Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst Tarifvertrag für Versorgungsbetriebe Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz)

u.ä. u. a. u.E. u. U. u.s.w. UmwG Urt. US GAAP USK

und ähnliche(s) unter anderem/und andere unseres Erachtens unter Umständen und so weiter Umwandlungsgesetz Urteil United States Generally Accepted Accounting Principles Urteilssammlung der gesetzlichen Krankenversicherung

v. v. H. VAG

vom vom Hundert Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz) Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich

VAHRG

Abkürzungsverzeichnis

VAP VAStrRefG

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VW VwGO VwVfG

Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs BT-Drs. 16/10144 vom 20.8.2008 Gesetz über weitere Maßnahmen zum Versorgungsausgleich (Härteregelungsgesetz) Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder Satzung der VBL Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Veröffentlichungen des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer (Vermögensbildungsgesetz) Versorgungsausgleich Gesetz über den Versorgungsausgleich (Versorgungsausgleichsgesetz) Gesetz über die Versorgungsausgleichskasse Versicherungsrecht (Zeitschrift) Versicherungswirtschaft (Zeitschrift) Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber Vorbemerkung Versorgungsträger Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Vereinigung der Versicherungs-Betriebswirte e.V. Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz) Verordnung zu Informationen nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG-Informationspflichtenverordnung) Versicherungswirtschaft (Zeitschrift) Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz

z. B. z.T. ZfA Ziff. ZinsO zit. ZPO

zum Beispiel zum Teil Zeitschrift für Arbeitsrecht Ziffer Zeitschrift für das gesamte Insolvenz- und Sanierungsrecht zitiert Zivilprozessordnung

VawMG VBL VBLS ver.di VerBAV VermBG VersAusgl VersAusglG VersAusglKassG VersR VersW VG VGH vgl. VKA Vorb. VT VvaG vvb VVG VVG-InfoV

LXXII

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

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Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis https://doi.org/10.1515/9783110275247-006 (Übergreifende und abgekürzt zitierte Literatur)

aba Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V., Handbuch der betrieblichen Altersversorgung, H-BetrAV, Teil 1 Grundlagen und Praxis, 69. EL, Heidelberg 2017 (zit.: H-BetrAV/ Bearbeiter) Ahrend, Peter/Förster, Wolfgang/Rößler, Norbert, Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung mit arbeitsrechtlicher Grundlegung, 43. EL, Köln 2019 (zit.: Ahrend/Förster/Rößler) Bähr, Gunne W., Handbuch des Versicherungsaufsichtsrechts: VAG-Handbuch, 28. Auflage, München 2011 (zit.: Bähr/Bearbeiter) Beck’scher Online-Kommentar Sozialrecht, Kommentar, Stand 2019 (zit.: BeckOK SozR/Bearbeiter) Becker, Anne/Lingenfelser, Natalie/Puschinski, Friedrich-Wilhelm, Deutscher bAV-Index 2018, Status quo und Trends im deutschen bAV-Markt, o.O. 2018 (zit.: Becker/Lingenfelser/ Puschinski) Beckmann, Roland/Matusche-Beckmann, Annemarie, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Aufl., München 2015 (zit.: Beckmann/Matusche-Beckmann/Bearbeiter) Blomeyer, Wolfgang/Rolfs, Christian/Otto, Klaus, Betriebsrentengesetz, 7. Aufl., München 2018 (zit.: Blomeyer/Rolfs/Otto/Bearbeiter) Blumenstein, Meike, in Kisters-Kölkes, Margret (Hrsg.), Festschrift für Kurt Kemper, München 2005 (zit.: Blumenstein in: FS Kemper) Böhm, Regina/Schu, Jürgen, Unterstützungskassen, Heidelberg 2014, (zit.: Böhm/Schu/Bearbeiter) Brand, Oliver/Baroch Castellví, Manuel, Versicherungsaufsichtsgesetz, Handkommentar, Baden-Baden 2017 (zit.: Brand/Baroch Castellví/Bearbeiter) Britz, Tobias, Die Erhebung personenbezogener Gesundheitsdaten durch Versicherungsunternehmen, Berlin 2011 (zit.: Britz) Britz, Tobias, in Meissner, Henriette (Hrsg.), Praxishandbuch Betriebliche Altersversorgung, Loseblatt, Köln 2020 (zit.: Britz in: Praxishandbuch) Buttler, Andreas/Baier, Manfred, Die steuerliche Behandlung von Unterstützungskassen, 6. Aufl., Karlsruhe 2014 (zit.: Buttler/Baier) Callies, Christian/Ruffert, Matthias, EUV/AEUV, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit Europäischer Grundrechtecharta, 5. Aufl., München 2018 (zit.: Callies/Ruffert/Bearbeiter) Castan, E./Böcking, H-J./Gros, M./Oser, P./Scheffler, E./Thormann, B., Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung, München 2018 (zit.: Castan/Böcking/Gros/Oser/Scheffler/Bearbeiter) Dernberger, Matthias, Modellkonzeption für die Berechnung der Liquiditäts- und Rentabilitätsauswirkungen einer betrieblichen Altersversorgung in Form von Direktzusagen auf ein Unternehmen, Inaugural-Dissertation, Würzburg 1984 (zit.: Demberger) Doetsch, Peter, in Doetsch, Peter/Küpper, Peter (Hrsg.), Festschrift für Reinhold Höfer, München 2011 (zit.: Doetsch in: FS Höfer) Fahr, Ulrich/Kaulbach, Detlef/Bähr, Gunne W./Pohlmann, Petra, Versicherungsaufsichtsgesetz: VAG, 5. Aufl., München 2012 (zit.: Fahr/Kaulbach/Bähr/Pohlmann/Bearbeiter) Figge, Gustav, Sozialversicherungs-Handbuch Beitragsrecht, Loseblatt, Köln 2019 (zit.: Figge/ Bearbeiter) Gagel, Alexander, SGB II/SGB III, Grundsicherung und Arbeitsförderung, Kommentar, 75. Aufl., München 2019 (zit.: Gagel/Bearbeiter) Gola, Peter, Datenschutz-Grundverordnung: DS-GVO, VO (EU) 2016/679, Kommentar, 2. Aufl., München 2018 (zit.: Gola/Bearbeiter) Gola, Peter/Schomerus, Rudolf, Bundesdatenschutzgesetz: BDSG, Kommentar, 12. Aufl., München 2015 (zit.: Gola/Schomerus/Bearbeiter)

https://doi.org/10.1515/9783110275247-006

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Bearbeiterverzeichnis

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Bearbeiterverzeichnis Bearbeiterverzeichnis Bearbeiterverzeichnis https://doi.org/10.1515/9783110275247-007 Volker Ars ist Syndikusrechtsanwalt und Leiter der Rechtsabteilung bei der HDI Pensionsmanagement AG sowie Rechtsanwalt in Düsseldorf. Er berät seit vielen Jahren zu allen Fragestellungen rund um die betriebliche Altersversorgung. Besondere Schwerpunkte sind dabei die Einführung und Änderung von betrieblichen Versorgungswerken, die Ausgliederung von Versorgungszusagen und deren Sicherung sowie die Anpassungsprüfung von Betriebsrenten nach § 16 BetrAVG. Er publiziert und referiert regelmäßig zu Themen der betrieblichen Altersversorgung.

Ulrich Beeger, LL.M., ist Rechtsanwalt in Berlin und Leiter Mitgliederberatung, Recht und Steuern beim Industrie-Pensions-Verein e.V. (Partner von BDI und BDA). Er publiziert regelmäßig zu Fachthemen der bAV und berät als Rechtsanwalt Arbeitgeber zum Steuer- und Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung sowie zur betrieblichen Altersversorgung bei Insolvenz. Erika Biedlingmeier, Dr. iur., LL.M., ist Fachanwältin für Versicherungsrecht und seit 2008 bei der Allianz Lebensversicherungs-AG mit Verantwortung für alle rechtlichen Fragen rund um die bAV. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Mannheim sowie dem Referendariat mehrjährige Tätigkeit als Rechtsanwältin in einer großen mittelständischen Kanzlei im Bereich Versicherungsrecht. Parallel dazu Postgraduierten-Studiengang Versicherungsrecht an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (Titel des Master of Laws). Anna Verena Böhm, Dr. iur., ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und seit 2007 Rechtsanwältin bei Baker & McKenzie Partnerschaft von Rechtsanwälten und Steuerberatern mbB in Frankfurt. Zuvor war sie tätig in einem Beratungshaus für bAV. Nach einer Banklehre und Studium der Rechtswissenschaft in Heidelberg promovierte sie zu einem betriebsrentenrechtlichen Thema. Dr. Böhm berät und vertritt nationale und internationale Unternehmen in sämtlichen Bereichen des Arbeitsrechts, schwerpunktmäßig zu Themen der bAV. Sie publiziert regelmäßig und hält Fachvorträge, insbesondere zu aktuellen Themen des Betriebsrentenrechts. Tobias Britz, Dr. iur., ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und seit 2009 als Rechtsanwalt und seit 2017 als Partner für BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB tätig. 2011 wurde er an der Universität zu Köln zur Erhebung personenbezogener Gesundheitsdaten durch Versicherungsunternehmen bei Prof. Dr. Christian Rolfs promoviert. Seit Beginn seiner anwaltlichen Tätigkeit ist er in der bAV und Personenversicherung forensisch wie beratend tätig, wobei er sich neben produktspezifischen Themen auch mit für die bAV und Versicherungswirtschaft relevanten Fragen des Datenschutzrechts sowie des Insolvenzrechts beschäftigt. Andre Cera ist Bereichsleiter Altersversorgung & Compliance Lohnsteuer/Sozialversicherung der Otto Group. Studium der Mathematik in Oldenburg. Herr Cera ist neben der bilanziellen Verantwortung der Pensionsverpflichtungen für die strategische Ausrichtung und die Administration der Versorgungssysteme zuständig. Er ist Vorsitzender des Vorstands der Sozialkasse der Otto-Betriebe e.V. und Trustee der Freemans Grattan Holdings Ltd. in UK. Herr Cera ist Mitglied der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV, IVS) sowie der Fachvereinigung Mathematische Sachverständige. Joachim Grote, Dr. iur., ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und seit 2001 als Rechtsanwalt und seit 2004 als Partner für BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesell-

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schaft mbB tätig. 2002 wurde er an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster zum Thema „Die Rechtsstellung der Prämien-, Bedingungs- und Deckungsstocktreuhänder nach dem VVG und dem VAG“ bei Prof. Dr. Helmut Kollhosser promoviert. Er ist in der gesamten Personenversicherung einschließlich der bAV sowie im Versicherungsaufsichtsrecht sowohl forensisch als auch beratend für in- wie ausländische Mandanten tätig. Dabei liegt ein weiterer Schwerpunkt seiner Tätigkeit in der Ausgestaltung von Versicherungsprodukten aller Sparten. Marco Herrmann, LL.M ist seit Juli 2019 Mitglied des Vorstands des BVV und verantwortet das Ressort Pensionsmanagement, Firmenkunden und Produkte, Personal und Verwaltung, Risikomanagement, Strategie, Recht und Kommunikation. Davor leitete er 10 Jahre lang die Rechtsabteilung. Zudem ist Herr Herrmann verantwortlich für Modernisierungs- und Digitalisierungsaktivitäten im BVV. Zuvor war er bei der PricewaterhouseCoopers AG WPG Financial Service mit den Schwerpunkten Prüfung und prüfungsnahe Beratung von Versicherungsunternehmen beschäftigt. Herr Herrmann ist Mitglied im Fachausschuss für Arbeitsrecht der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V. (aba) sowie im Verein zur Förderung der Versicherungswissenschaft an der FU Berlin, HU zu Berlin und der TU Berlin e.V. Christian Heunemann, Dipl.-Math. oec., ist Geschäftsführer der IPM Industrie-Pensions-Management GmbH. In dieser Funktion verantwortet er u.a. den Bereich Versicherungsmathematik. Die Schwerpunkte seiner Beratungspraxis sind die Einrichtung und Restrukturierung komplexer betrieblicher Altersversorgungzusagen für Unternehmen sowie die Konzeption zukunftssicherer Versorgungssysteme im Bereich der Gesellschafter-Geschäftsführer-Versorgung. Susanne Jungblut ist Aktuarin DAV und geprüfte Sachverständige für Altersversorgung (IVS), zuletzt Beraterin für betriebliche Altersversorgung bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, zuvor Tätigkeit in einem Beratungshaus für bAV. Ausbildung zur Versicherungskauffrau, Studium der Mathematik in Berlin. Frau Jungblut hat ihre besondere Expertise in der Beratung von nationalen und internationalen Unternehmen zu strategischen und bilanziellen Fragen rund um die bAV, schwerpunktmäßig in Zusammenhang mit Unternehmenstransaktionen. Sie publiziert regelmäßig und hält Fachvorträge zu aktuellen Themen der bAV. Christian Kiefer, LL.M., ist Geschäftsführer der IPM Industrie-Pensions-Management GmbH. In dieser Funktion verantwortet er u.a. den Bereich Recht, der sich vorwiegend mit der Erstellung individueller Versorgungsordnungen, Fragen zur Einrichtung und Änderung von Versorgungswerken sowie zur Gesellschafter-Geschäftsführer-Versorgung beschäftigt. Michael R. A. Lange ist Rechtsanwalt in Köln und Legal Counsel im Bereich Recht der AXA Konzern AG in Köln. Studium in Kiel. Es folgte die Spezialisierung bei verschiedenen Beratungs- und Versicherungsunternehmen auf bAV. Ein besonderer Schwerpunkt liegt seit der Reform des Versorgungsausgleichs 2009 auch auf diesem Rechtsgebiet. Er ist Co-Autor des Buchs „Schnelleinstieg betriebliche Altersversorgung“, hat verschiedene Fachartikel veröffentlicht, hält Fachvorträge und berät in den Bereichen bAV und Versorgungsausgleich. Rolf Misterek ist Rechtsanwalt und Unternehmensberater bei Mercer Deutschland in Frankfurt. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit umfasst die Beratung deutscher und internationaler Unternehmen zu Vergütungssystemen mit Wahlmöglichkeiten für Arbeitnehmer (Flexible Benefits), wertpapiergebundene Versorgungsmodelle sowie die Gestaltung und Implementierung betrieblicher Übergangslösungen für den Ruhestand insbesondere Langzeitkonten und Lebensarbeitszeitmodelle. Als Geschäftsführer der Mercer Treuhand GmbH, einer überbetrieblichen

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Treuhandlösung für Pensionsverpflichtungen und Wertguthaben, verantwortet er den Bereich Vertragsgestaltung und rechtliche Grundsatzfragen. Björn Mühlstädt ist Jurist und Leiter der Abteilung „Allgemeine Betriebswirtschaft, Datenverarbeitung, juristische Grundsatzfragen“ im Bereich Kommunales Versorgungswesen bei der Bayerischen Versorgungskammer. Er ist nebenamtlicher Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaft kommunale und kirchliche Altersversorgung (AKA) e.V. und Vertreter der Fachvereinigung öffentlich-rechtliche Altersversorgungseinrichtungen im Fachausschuss Arbeitsrecht der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V. (aba), im Arbeitskreis Versorgungsausgleich der aba und in der Arbeitsgruppe Sozialversicherungsrecht der aba. Thomas Schanz, Dr. rer. pol., ist seit 2004 bei der Kern Mauch & Kollegen GmbH in Stuttgart (bis 2019 als Mitglied der Geschäftsleitung) mit Schwerpunkt Beratung im Rahmen der Einführung und Umgestaltung von Versorgungsmodellen und deren Administration. Studium der Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Steuerrecht und Wirtschaftsprüfung an der Universität Mannheim, danach Promotion zu einem betriebswirtschaftlichen Thema aus dem Bereich der bAV an der Universität Bayreuth. Danach war er lange Jahre in der Geschäftsleitung einer großen internationalen Beratungsgesellschaft für bAV. Ingela Schwebe ist Rechtsanwältin und als Legal Counsel im Bereich Recht der AXA Konzern AG in München tätig. Studium der Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seit 2000 berät sie den AXA Konzern in sämtlichen Rechtsfragen der bAV, Schwerpunkte sind hierbei das Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht. Sie ist Mitglied im Fachausschuss Arbeitsrecht der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V. (aba) und in der Arbeitsgruppe Sozialversicherungsrecht der aba sowie Mitautorin des Buches „Betriebliche Altersversorgung“ und hat diverse Fachartikel veröffentlicht. Gordon Teckentrup, LL.M., ist Rechtsanwalt und Leiter Recht|Steuern der Longial GmbH. In dieser Funktion berät er Unternehmen zu allen steuer- und arbeitsrechtlichen Fragen der bAV, insbesondere der Einrichtung und Änderung von Versorgungswerken, bei Unternehmenstransaktionen und Betriebsübergängen sowie der Verwaltung von Versorgungswerken. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten gehört die umfassende rechtliche Betreuung der Versorgungswerke der ERGO Group für deren Mitarbeiter. Mathias Ulbrich, Dr. iur., LL.M., ist seit 2014 Professor für Wirtschaftsprivatrecht, Schwerpunkt Arbeitsrecht mit internationalen Bezügen, bAV und Versicherungsrecht an der Hochschule Schmalkalden sowie of Counsel bei BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte. Studium in Erlangen und an der University of Hull, England, Referendariat am OLG Nürnberg-Fürth, Promotion zur Insolvenzsicherung von Zeitwertkonten an der TU Dresden. Über 15 Jahre Erfahrung in der bAV-Beratung als Syndikusanwalt eines bAV-Beratungsunternehmens und Leiter der Abteilung Recht bAV eines großen Versicherers. Zahlreiche Publikationen und Vorträge zur bAV. Stellvertretender Leiter der Fachvereinigung Direktversicherung der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V. (aba). Mark Walddörfer ist Partner und Mitinhaber des Sachverständigenbüros GASSNER und Partner, mathematische Gutachter für betriebliche und berufsständische Altersversorgung. Als Aktuar DAV und Sachverständige IVS betreut er langjährig eine Vielzahl von Unternehmen aller Größenordnungen bei der Bewertung ihrer betrieblichen Altersversorgungssysteme. Einen

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Schwerpunkt seiner Arbeit bilden die Unterstützung dieser Unternehmen bei den Jahresabschlussarbeiten sowie die aktuarielle Beratung. Herr Walddörfer ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Versicherungsmathematik in der bAV. Bernd Wilhelm-Werkle, LL.M., ist Rechtsanwalt/Syndikusrechtsanwalt bei der Longial GmbH. Sein Aufgabengebiet umfasst alle rechtlichen und steuerlichen Fragen auf dem Gebiet der bAV und der verbundenen Nebengebiete. Ein wichtiges Themengebiet ist dabei die Beratung bei der Einrichtung, Umgestaltung und Auslagerung von betrieblichen Versorgungswerken. Sabine Witthöft ist seit 1973 für Provinzial NordWest Lebensversicherung AG in Kiel tätig. Als gelernte Versicherungskauffrau ist sie seit 1975 im Bereich bAV tätig, seit 1996 auch als Spezialistin im Versorgungsausgleich. 2009 Hauptverantwortliche für die Umsetzung der Reform des Versorgungsausgleichs bei der Provinzial NordWest Lebensversicherung AG in Kiel.

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A. Einleitung

Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV A. Einleitung

A. Einleitung Ulbrich https://doi.org/10.1515/9783110275247-001

Die bAV hat als freiwillige Sozialleistung des Arbeitgebers1 in Deutschland eine lange Tradition. Dennoch bestand für sie bis zum Inkrafttreten des BetrAVG im Jahr 1975 kein arbeitsrechtlicher Gesetzesrahmen.2 Begriff und Inhalt bestimmten sich aus arbeitsrechtlicher Sicht bis dahin allein nach den Grundsätzen der Rechtsprechung. Das BetrAVG verlangt grundsätzlich, dass eine bAV mit einem Arbeitsverhältnis des Begünstigten beim zusagenden Arbeitgeber verbunden ist. Zwar spielen für die bAV auch steuer-, sozialversicherungs-, bilanz- und versicherungsrechtliche, betriebswirtschaftliche sowie weitere Aspekte eine wichtige Rolle. Originär jedoch ist sie eine arbeitsrechtliche Materie. Wichtigste Rechtsquelle der bAV ist daher das BetrAVG als Arbeitnehmerschutzgesetz. Es formt mit seinen Bestimmungen zum sachlichen und zum persönlichen Anwendungsbereich den arbeitsrechtlichen bAV-Begriff. Nur Zusagen, die die dort genannten Voraussetzungen erfüllen, sind als bAV im Sinne des BetrAVG zu betrachten. § 1 BetrAVG enthält die Legaldefinition der bAV und regelt damit den sachlichen Anwendungsbereich des BetrAVG. Seine Bestimmungen wurden seit dem Inkrafttreten des Gesetzes einige Male ergänzt und geändert. Im Kern aber handelt es sich gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG nach wie vor dann um eine bAV, wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer aus Anlass des Arbeitsverhältnisses eine Leistung auf Alters-, Invaliditäts- und/oder Hinterbliebenenversorgung zusagt. Eine Zusage auf bAV muss also stets auf eine Versorgung des Berechtigten bei Eintritt eines der genannten biologischen Ereignisse (Alter, Invalidität oder Tod) gerichtet sein und somit einen Versorgungszweck verfolgen. Ein Anspruch des Versorgungsberechtigten auf die zugesagte Leistung entsteht aber erst, wenn eines dieser Ereignisse tatsächlich eintritt. Zuvor hat er lediglich eine Anwartschaft bzw. im Falle einer Hinterbliebenenversorgung eine Aussicht auf die zugesagte Leistung.

_____ 1 Aus Gründen der Vereinfachung wird in diesem und den nachfolgenden Kapiteln das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und andere Geschlechtsidentitäten werden davon ebenfalls erfasst. 2 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz – BetrAVG) vom 19.12.1974 (BGBl. I S. 3610).

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Die bAV ist eine freiwillige Sozialleistung des Arbeitgebers, wenngleich der Grundsatz der Freiwilligkeit eingeschränkt sein kann. Gleiches gilt auch für die inhaltliche Ausgestaltung einer Zusage auf bAV. So kann der Arbeitgeber grundsätzlich frei entscheiden, welches biometrische Risiko (Leistungsart) durch seine Zusage abgedeckt und unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe eine Leistung erbracht werden soll sowie wie diese Leistung finanziert wird. Auch spielt es grundsätzlich keine Rolle, in welcher Form (Kapital oder Rente) die Leistung versprochen wird, allerdings darf sie nicht vererblich sein. Diese weitgehende Freiheit hat in der Praxis eine große Vielfalt von Gestaltungen der bAV hervorgebracht. Dabei ist es gelegentlich schwierig, die bAV von Zusagen des Arbeitgebers auf sonstige freiwillige Sozialleistungen abzugrenzen. Der persönliche Anwendungsbereich des BetrAVG erstreckt sich – entsprechend seiner Natur als Arbeitnehmerschutzgesetz – in erster Linie auf Arbeitnehmer und die zur Berufsausbildung Beschäftigten, § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG. Er wird aber nach § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG unter bestimmten Bedingungen auch auf Nichtarbeitnehmer ausgedehnt. Dabei können sich insbesondere dann, wenn einem für das Unternehmen tätigen Gesellschafter eine Zusage erteilt werden soll, Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben. Dem Charakter als Arbeitnehmerschutzgesetz des BetrAVG entsprechend, darf von seinen Vorschriften grundsätzlich nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden, § 19 Abs. 3 BetrAVG. Dieser Grundsatz wird allerdings teilweise durchbrochen, indem einige Bestimmungen des Gesetzes tarifdispositiv sind, § 19 Abs. 1 BetrAVG. In der originären Form der bAV ist der Arbeitgeber alleiniger und unmittelbarer Schuldner der zugesagten Versorgungsleistung. Er kann sich jedoch zur Durchführung seines Versorgungsversprechens auch eines Dritten bedienen, § 1 Abs. 1 S. 2 BetrAVG. Dementsprechend wird zwischen dem unmittelbaren Durchführungsweg (Direktzusage gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG) und den mittelbaren Durchführungswegen (Direktversicherung, Pensionskassen, Pensionsfonds und Unterstützungskasse gemäß § 1b Abs. 2 bis 4 BetrAVG) unterschieden und von unmittelbaren und mittelbaren Zusagen gesprochen. Die Entscheidung für einen dieser Durchführungswege hat erhebliche rechtliche und betriebswirtschaftliche Folgen. Doch der Anwendungsbereich des BetrAVG ist nicht nur auf bestimmte Durchführungswege beschränkt, sondern – zumindest teilweise – auch auf bestimmte weitere Verpflichtungsinhalte der Zusage, sog. Zusagearten. Ausgangspunkt ist dabei die traditionelle Leistungszusage gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG, mit der der Arbeitgeber dem Begünstigten eine Versorgungsleistung verspricht. Wählt der Arbeitgeber eine beitragsorientierte Zusageart wird zwar ebenfalls eine Leistung zugesagt, das Versorgungsversprechen umfasst aber darüber hinaus auch den zur Erzeugung dieser Leistung aufzuwendenden Beitrag (beitragsorientierte Leistungszusage gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG und Beitragszusage mit Mindestleistung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG). Bei Erteilung einer reinen Beitragszusage Ulbrich

A. Einleitung

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gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG hingegen verspricht der Arbeitgeber lediglich, Beiträge zum Aufbau einer bAV an einen Versorgungsträger gemäß § 22 BetrAVG zu zahlen, der seinerseits alleiniger Schuldner der Leistung ist. Eine Zusage auf bAV kann auf verschiedenen rechtlichen Ebenen erteilt werden. Verbreitet sind zum einen kollektivrechtliche Zusagen. Als Regelungsinstrumente insoweit werden Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Richtlinien und Vereinbarungen nach dem SprAuG verwendet. In der Praxis weit verbreitet sind zum anderen Zusagen auf individualrechtlicher Grundlage. Gesamtzusagen oder vertragliche Einheitsregelungen sind trotz ihrer individualrechtlichen Natur an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtet, weswegen sie einen kollektiven Bezug haben. Das gilt auch für Zusagen aufgrund einer sog. betrieblichen Übung oder aufgrund von Gleichbehandlungsgrundsätzen, wie den gesetzlichen Diskriminierungsverboten oder dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Individualrechtliche Zusagen können auch als Einzelzusagen im Sinne eines Versorgungsvertrags zwischen Arbeitgeber und Versorgungsberechtigtem erteilt werden. Sollte der Arbeitgeber seine Zusage mittelbar durchführen, so wird die Versorgungsleistung regelmäßig vom eingeschalteten Versorgungsträger erbracht. Dennoch muss der Arbeitgeber für die versprochene Versorgungsleistung einstehen, sollte sie vom Versorgungsträger nicht wie arbeitsrechtlich zugesagt erbracht werden, § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG. Eine Ausnahme bildet die reine Beitragszusage, da der Arbeitgeber hier selbst keine Versorgungsleistung schuldet. Traditionell wurde die bAV – und wird in vielen Fällen auch heute noch – vom Arbeitgeber finanziert. Es ist gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG jedoch auch zulässig, dass der Arbeitnehmer durch eine Entgeltumwandlung wirtschaftlich für die Finanzierung der Beiträge zur bAV aufkommt. In diesem Zusammenhang ist insbesondere das gesetzliche Wertgleichheitsgebot zu beachten. Daneben ist auch eine Finanzierung der bAV durch Eigenbeiträge des Arbeitnehmers zulässig, § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG. Die Finanzierung der bAV durch Entgeltumwandlung wird u.a. durch einen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf Erteilung einer entgeltumwandlungsfinanzierten Zusage gefördert, § 1a Abs. 1 BetrAVG i.V.m. § 17 Abs. 1 S. 3 BetrAVG. Weit verbreitet in der Praxis sind auch Mischsysteme, in denen sich sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer an der Finanzierung der bAV beteiligen. Neu eingefügt durch das BRSG3 wurde mit § 1a Abs. 1a BetrAVG ein verpflichtender Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung für die Durchführungswege Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds. Danach muss der Arbeit-

_____ 3 Gesetz zur Stärkung der bAV und zur Änderung anderer Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz) vom 17.8.2017 (BGBl. I 3214).

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geber die von ihm durch die Entgeltumwandlung des Arbeitnehmers ersparten Sozialversicherungsbeiträge zugunsten der bAV des Arbeitnehmers verwenden. Das BetrAVG enthält weiterhin spezielle Informationspflichten gegenüber 17 aktiven und ausgeschiedenen Versorgungsberechtigten und deren Hinterbliebenen, § 4a BetrAVG. Daneben können weitergehende Informationspflichten des Arbeitgebers aus arbeitsrechtlichen Grundsätzen bestehen. Ergänzt werden diese durch versicherungsrechtliche Informationspflichten der Versorgungsträger gegenüber dem Arbeitgeber und den Versorgungsberechtigten. Ein Großteil der Entscheidungen des Arbeitgebers im Rahmen der Erteilung und 18 Ausgestaltung einer Zusage auf bAV ist aus betriebsverfassungsrechtlicher Sicht mitbestimmungsfrei. Es gibt jedoch auch Aspekte der Zusage, die eine Mitbestimmung des Betriebsrats erfordern – je nach Durchführungsweg gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 8 oder Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

B. Gegenstand und Ausgestaltung der bAV B. Gegenstand und Ausgestaltung der bAV 19 Die bAV ist eine originär arbeitsrechtliche Materie. Zwar gibt es – insbesondere im

Sozialversicherungsrecht – Tendenzen, einen eigenen bAV-Begriff zu entwickeln.4 Zu großen Teilen wird jedoch der arbeitsrechtliche bAV-Begriff auch in anderen Rechtsgebieten verwendet, so bspw. im Steuerrecht.5 Eine Sozialleistung des Arbeitgebers wird im arbeitsrechtlichen Sinne nur dann 20 als bAV im Sinne des BetrAVG betrachtet, wenn sie unter den sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes fällt. Das BetrAVG schränkt die Vertragsfreiheit zum Schutz der Versorgungsberechtigten nicht unerheblich ein. Dennoch lässt es ausreichend inhaltlichen Gestaltungsspielraum, was sich in einer großen Vielfalt von Zusagen in der Praxis widerspiegelt. Es steht dem Arbeitgeber natürlich grundsätzlich frei, auch Sozialleistungen 21 als „bAV“ zu bezeichnen, die nicht unter den Anwendungsbereich des BetrAVG fallen. Dann allerdings ist das arbeitsrechtliche BetrAVG nicht anwendbar. Darüber hinaus richtet sich auch die Anwendbarkeit weiterer Regelungen danach, ob eine bAV nach den BetrAVG vorliegt. Das gilt insbesondere für die begünstigenden steuerlichen Vorschriften, so bspw. § 3 Nr. 63 EStG und § 100 EStG,6 ebenso wie für die flankierenden sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, § 1 Abs. 1 Nr. 9 SvEV.7 Bedeutung kann die Frage, ob es sich bei der Sozialleistung des Arbeitgebers

_____ 4 Siehe bspw. Rundschreiben des GKV-Spitzenverbands vom 10.7.2018, A.1.1.6.1. 5 Siehe BMF-Schreiben, 6.12.2017, IV C 5 – S 2333/17/10002, Rn. 1 ff. 6 BMF-Schreiben vom 6.12.2017, IV C 5 – S 2333/17/10002, Rn. 1 ff.; siehe zu den Details Kap. 2 Rn. 130 ff., 113 ff. 7 Kap. 3 Rn. 7.

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um eine bAV in Sinne des BetrAVG handelt, bspw. auch im Versicherungsvertragsrecht und im Versicherungsaufsichtsrecht8 haben, ebenso im Bilanzrecht9 und im Recht des Versorgungsausgleichs.10 Praxistipp 3 Ob es sich um eine bAV i.S.d. BetrAVG handelt, wird rein objektiv beurteilt, insbesondere kommt es nicht auf die von den Parteien gewählte Bezeichnung an.11

I. Sachlicher Anwendungsbereich des BetrAVG 1. Legaldefinition und Charakter der bAV Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG ist von einer bAV im Sinne des 22 BetrAVG auszugehen, wenn ■ ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer aus Anlass des Arbeitsverhältnisses, ■ Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung verspricht. Daraus wird zunächst deutlich, dass eine bAV stets Teil der arbeitsvertraglichen 23 Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Versorgungsberechtigtem ist. Sie wird aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses begründet und wirkt nach dessen Ende als Ruhestandsverhältnis fort. Die Legaldefinition zeigt weiterhin, dass eine bAV stets an eine (Versorgungs-)Leistung des Arbeitgebers anknüpft. Eingeschränkt wird das nur für die reine Beitragszusage gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG, in deren Rahmen sich der Arbeitgeber lediglich dazu verpflichtet, einen Beitrag an eine Versorgungseinrichtung gemäß § 22 BetrAVG zu zahlen, die ihrerseits Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung zu Gunsten des Versorgungsberechtigten erbringt.12 Obgleich die bAV ursprünglich eine reine Fürsorgeleistung des Arbeitgebers 24 war, ist heute allgemein anerkannt, dass sie (zumindest auch) Entgeltcharakter hat.13 In der Praxis wird die bAV deswegen oftmals als ein Baustein eines Gesamtvergütungskonzeptes des Arbeitgebers betrachtet. Allerdings steht aus rechtsdogmatischer Sicht die Verpflichtung des Arbeitgebers zu der Erbringung einer bAV nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis (Synallagma) zur geschuldeten Arbeitsleistung des Zusageempfängers. Eine Zusage wird vielmehr als Vergütung für erbrachte

_____ 8 Kap. 6. 9 Kap. 4. 10 Kap. 11. 11 BAG, Urt. v. 20.3.2018 – 3 AZR 277/16 – VersR 2018, 1087. 12 Rn. 523 ff. 13 Siehe bspw. BAG, Urt. v. 26.8.1997 – 3 AZR 235/96 – BAGE 86, 216 = NZA 1998, 817.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

bzw. noch zu erbringende Betriebstreue des Arbeitnehmers betrachtet.14 Eine Zusage steht also grundsätzlich stets in Verbindung mit einem Arbeitsverhältnis. Weiterhin muss der Arbeitgeber durch eine Zusage auf bAV mindestens eines 25 der in § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG genannten sog. biometrischen Risiken (Alter, Invalidität und/oder Tod) übernehmen. Risiken deshalb, da die bAV grundsätzlich Versicherungscharakter hat. Es muss für den Arbeitgeber im Zeitpunkt der Zusageerteilung Ungewissheit darüber bestehen, ob und in welchem Umfang er die zugesagten Leistungen wird erbringen müssen, je nachdem, ob die in der Zusage definierten Versorgungsfälle tatsächlich eintreten oder nicht. 5 Beispiel So übernimmt der Arbeitgeber mit einer Zusage auf eine bAV-Altersleistung das sog. Langlebigkeitsrisiko. Dementsprechend weiß der Arbeitnehmer bei Erteilung der Zusage nicht, ob ihm die versprochene Leistung und ggf. in welcher Höhe ausgezahlt werden wird.15

2. Bestehen einer Zusage auf bAV 26 Grundvoraussetzung für das Vorliegen einer bAV ist das Bestehen einer entspre-

chenden Verpflichtung des Arbeitgebers (sog. Zusage auf bAV). Obgleich das Gesetz den Begriff der Zusage an verschiedenen Stellen verwendet (so bspw. in § 7 Abs. 1 S. 1 BetrAVG), ist er nicht legaldefiniert. Grundsätzlich ist darunter der Verpflichtungstatbestand zu verstehen, durch den das Versprechen zur Erbringung einer bAV begründet wird.16 Durch die Erteilung einer Zusage entsteht das sog. Valutaverhältnis (auch ar27 beitsrechtliches Grundverhältnis genannt) zwischen Arbeitgeber und Versorgungsberechtigtem.17 Es wird als ein Teil der arbeitsvertraglichen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer betrachtet. Den betriebsrentenrechtlichen Verpflichtungen des Arbeitgebers stehen also spiegelbildlich entsprechende Anwartschaften und Ansprüche des Arbeitnehmers und/oder seiner Hinterbliebenen gegenüber.

a) Erteilung einer Zusage 28 Da auch im Betriebsrentenrecht grundsätzlich Vertragsfreiheit herrscht, entscheidet der Arbeitgeber selbst, ob und wem er eine Zusage auf bAV erteilt (Grundsatz der Freiwilligkeit). Dazu kann er grundsätzlich frei zwischen verschiedenen recht-

_____ 14 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 2, Rn. 45. 15 BAG, Urt. v. 18.3.2003 – 3 AZR 313/02 – BAGE 105, 240 = NZA 2004, 848, siehe zum Ausschluss der Vererbung einer bAV Rn. 230 ff. 16 Rn. 466. 17 Siehe auch Rn. 342.

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B. Gegenstand und Ausgestaltung der bAV

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lichen Instrumenten (Begründungsakte) wählen. Allerdings ist der Grundsatz der Freiwilligkeit nicht unerheblich eingeschränkt.

aa) Begründungsakte der bAV Eine Zusage kann auf verschiedenen rechtlichen Grundlagen erteilt werden.18 29 Gesetzliche Regelungen, aus denen sich die Verpflichtung zur Erbringung einer bAV unmittelbar ergibt, sind selten.19 In der Praxis häufig sind kollektivrechtliche Zusagen in der Form eines Tarifvertrags, einer Betriebsvereinbarung oder einer Richtlinie nach dem SprAuG.20 Die meisten Zusagen werden jedoch individualrechtlich erteilt. Hier dominie- 30 ren die Zusageformen mit kollektivem Bezug (Gesamtzusage, vertragliche Einheitsregelung).21 Seltener und hauptsächlich im Bereich der Versorgung von Führungskräften und GGF werden individualrechtliche Zusagen in Form eines Einzelvertrags erteilt.22 Grundlage einer Zusage können letztlich auch arbeitsrechtliche Grundsätze, wie der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz oder die betriebliche Übung sein.23

bb) Freiwilligkeit und ihre Grenzen Obgleich die bAV bis heute grundsätzlich eine freiwillige Sozialleistung des 31 Arbeitgebers ist, ist die Freiwilligkeit der Zusageerteilung kein zwingendes Tatbestandsmerkmal für die Eröffnung des sachlichen Anwendungsbereichs des BetrAVG. Denn der Grundsatz der Freiwilligkeit, d.h. die Abschlussfreiheit des Arbeitgebers, wird durch höherrangiges Recht begrenzt. Diese Beschränkungen können sich aus folgenden Rechtsquellen der bAV ergeben: ■ Unionsrecht: Als Primärrechtliche Rechtsquelle ist hier insbesondere Art. 157 AEUV (Entgeltgleichheit für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit) zu nennen, der unmittelbare Drittwirkung hat.24 In der Praxis wesentlich einflussreicher ist jedoch das Sekundärrecht der EU, das durch Verordnungen und hauptsächlich durch Richtlinien in nationales Recht hineinwirkt.25 Wird die

_____ 18 Siehe dazu grundsätzlich und im Detail Rn. 561 ff. 19 Siehe Rn. 31. 20 Siehe Rn. 562 ff. 21 Siehe Rn. 600 ff., 608 f. 22 Siehe Rn. 591 ff. 23 Siehe Rn. 610 ff, 618 ff. 24 Siehe dazu im Detail Callies/Rufert/Kreber, AEUV Art. 157, Rn. 12 ff. 25 Zu nennen sind hier aus jüngerer Zeit bspw. die sog. Mobilitätsrichtlinie, Richtlinie 2014/50/EU v. 16.4.2014, Abl. EU L128/1 sowie die sog. EbAV-II-Richtlinie, Richtlinie (EU) 2016/2341 v. 14.12. 2016, Abl. EU L 354/37.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Frist zur Umsetzung einer Richtlinie in nationales Recht versäumt, kann sie ausnahmsweise auch unmittelbare vertikale Wirkung entfalten.26 Voraussetzung dafür ist eine so hinreichend genaue Formulierung, dass aus der Richtlinie unmittelbare Rechte abgeleitet werden können, ohne dass es einen Umsetzungsspielraum für den nationalen Gesetzgeber gibt.27 Grundrechte: Die Grundrechte – bspw. Art. 2 Abs. 1, Art. 3, 6, 9 Abs. 3 GG – können ebenfalls als Schranken für die Freiwilligkeit der bAV wirken. Auch der Gesetzgeber ist an die Grundrechtsschranken gebunden.28 Die Grundrechte sind weiterhin zu beachten, wenn die Zusage auf tariflicher Grundlage beruht. Allerdings agieren die Tarifvertragsparteien hier als Grundrechtssubjekte und nicht als Grundrechtsadressaten, sind also nicht unmittelbar, sondern – aufgrund der Schutzpflichtfunktion der Grundrechte – nur mittelbar an diese gebunden.29 Für Zusagen auf Basis einer Betriebsvereinbarung und für solche auf individualrechtlicher Grundlage gelten insoweit vergleichbare Grundsätze. Die Grundrechte wirken hier nicht unmittelbar, sie entfalten jedoch eine mittelbare Drittwirkung30 insbesondere bei Ausfüllung der gesetzlichen Vorschriften, wie bspw. § 75 BetrVG,31 §§ 138, 241 Abs. 2, 242, 315 BGB.32 Materielles Gesetzesrecht: Zwar gibt es nur wenige gesetzliche Regelungen, die eine Versorgungsverpflichtung Arbeitgebers unmittelbar begründen.33 Ganz allgemein ist der Arbeitgeber aber bei der Entscheidung, eine Zusage zu erteilen, natürlich an die geltenden Gesetze gebunden, bspw. das BGB, das BetrVG und insbesondere an das BetrAVG. In der Praxis ist der Grundsatz der Freiwilligkeit insbesondere durch § 1a Abs. 1 BetrAVG i.V.m. § 17 Abs. 1 S. 3 BetrAVG

_____ 26 D.h., eine Wirkung zwischen Staat und Bürger. Eine unmittelbare horizontale Wirkung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer tritt jedoch auch dann nicht ein. 27 Siehe bspw. EuGH, Urt. v. 6.9.2018 – C-17/17 – NZA 2019, 97. 28 Er muss dabei im Arbeitsrecht insbesondere auch bei strukturellen Ungleichgewichtslagen schützend eingreifen, um einen angemessenen Ausgleich der Grundrechtspositionen beider Vertragspartner zu ermöglichen, siehe bspw. BAG GS, Beschl. v. 27.9.1994 – GS 1/89 (A) – BAGE 78, 56 = NJW 1995, 210. 29 ErfK/Schmidt, GG Einleitung Rn. 20 ff. m.w.N.; BAG, Urt. v. 27.5.2004 – 6 AZR 129/03 – BAGE 111, 8 = NZA 2004, 1399, mit Blick auf die Frage einer unmittelbaren Bindung offenlassend aber im Ergebnis ebenso BAG, Urt. v. 11.12.2013 – 10 AZR 736/12 – BAGE 147, 33 = NZA 2014, 669; für eine unmittelbare Bindung noch BAG, Urt. v. 7.3.1995 – 3 AZR 282/94 – BAGE 79, 236 = NZA 1996, 48. 30 Siehe zur mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten grundsätzlich BVerfG, Beschl. v. 11.4. 2018 – 1 BvR 3080/09 – BVerfGE 148, 267 = VersR 2018, 821. 31 Ständige Rechtsprechung siehe bspw. BAG, Urt. v. 17.7.2012 –1 AZR 476/11 – BAGE 142, 294 = NZA 2013, 338. 32 Siehe Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anhang zu § 1 Rn. 141; siehe auch BAG GS, Beschl. v. 27.9. 1994 – GS 1/89 (A) – BAGE 78, 56 = NJW 1995, 210. 33 Siehe bspw. das Hamburgisches Zusatzversorgungsgesetz (HmbZVG) vom 7.3.1995, HmbGVBl. 1995, 53.

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eingeschränkt, wonach ein Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf die Erteilung einer entgeltumwandlungsfinanzierten Zusage hat.34 Zu nennen ist hier weiterhin der verpflichtende Zuschuss zu einer Entgeltumwandlung gemäß § 1a Abs. 1a BetrAVG i.V.m. § 26a BetrAVG, mit dem der Arbeitgeber die ersparten Sozialversicherungsbeiträge zugunsten der Versorgung des Arbeitnehmers weiterzugeben hat.35 Allerdings können die Tarifvertragsparteien von § 1a BetrAVG auch zuungunsten des Arbeitnehmers abweichen, § 19 Abs. 1 BetrAVG.36 Weitere Einschränkungen des Grundsatzes der Freiwilligkeit durch materielle Gesetze können sich auch aus den gesetzlich geregelten Diskriminierungsverboten ergeben, bspw. § 7 AGG,37 § 4 TzBfG.38 Kollektivrechtliche Regelungen: Der Grundsatz der Freiwilligkeit kann aber auch durch dem Gesetzesrecht nachrangige kollektivrechtliche Regelungen (bspw. Tarifvertrag39 oder Betriebsvereinbarung40) eingeschränkt sein, sofern diese zwingende Regelungen zur Erteilung einer Zusage enthalten und der Arbeitgeber von ihrem Anwendungsbereich erfasst wird. Aufgrund ihrer normativen Wirkung (§ 4 Abs. 1 TVG, § 77 Abs. 4 S. 1 BetrVG) gehen sie individualrechtlichen Regelungen vor, sofern Letztere nicht für den Arbeitnehmer günstiger sind (§ 4 Abs. 3 TVG).41 Individualrechtliche Regelungen: Der Arbeitgeber kann auch durch von ihm selbst abgeschlossene oder auf ihn – bspw. im Zuge eines Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB42 – übergegangene individualrechtliche Regelungen in seiner Entscheidungsfreiheit mit Blick auf die Erteilung einer Zusage eingeschränkt sein, bspw. gegenüber einem neueintretenden Arbeitnehmer bei Bestehen einer Gesamtzusage.43 Arbeitsrechtliche Grundsätze: Da eine bAV Bestandteil der arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist, kann die Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers, eine Zusage zu erteilen, auch durch nichtgesetzliche arbeitsrechtliche Grundsätze eingeschränkt sein, so bspw. durch den

_____ 34 Siehe Rn. 713. 35 Siehe Rn. 727 ff. Dabei dürfte es sich jedoch eher um eine gesetzlich angeordnete Erweiterung einer bereits bestehenden, durch Entgeltumwandlung finanzierten Zusage als um die Erteilung einer neuen Zusage handeln Ulbrich in: FS Uebelhack, 485, 515 ff. 36 Siehe Rn. 322 ff. 37 Siehe Rn. 631. 38 Siehe Rn. 670 ff.; ErfK/Preis, TzBfG § 4 Rn. 72 ff. 39 Siehe Rn. 562 ff. 40 Siehe 580 ff. 41 Das Günstigkeitsprinzip gilt auch, obgleich gesetzlich nicht normiert, im Verhältnis Betriebsvereinbarung – individualrechtliche Regelung, siehe bspw. ErfK/Kania, BetrVG § 77 Rn. 68. 42 Siehe Kap. 9 Rn. 105 ff. 43 Siehe zur Gesamtzusage Rn. 600 ff.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz44 oder eine betriebliche Übung.45

cc) Anwartschaften und Ansprüche auf bAV 32 Mit einer Zusage auf bAV verpflichtet sich der Arbeitgeber – abgesehen von der rei-

nen Beitragszusage – stets zur Erbringung einer Versorgungsleistung. Die Entstehung eines entsprechenden Anspruchs des Versorgungsberechtigten ist aber gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG vom Eintritt des Versorgungsfalls in Form eines der dort genannten biologischen Ereignisse (Alter, Invalidität oder Tod), also von einem künftigen ungewissen Ereignis abhängig. Die Erteilung einer Zusage auf bAV vermittelt dem Berechtigten also vor Eintritt 33 des Versorgungsfalles zunächst lediglich einen aufschiebend bedingten Anspruch, § 158 Abs. 1 BGB, im Sinne einer gefestigten Rechtsposition, die ihm vom Arbeitgeber einseitig grundsätzlich nicht mehr entzogen werden kann (sog. Anwartschaft). Sind Hinterbliebenenleistungen zugesagt, so erwerben die begünstigten Hinterbliebenen jedoch nur eine Aussicht auf die Leistung, also keine Anwartschaft im betriebsrentenrechtlichen Sinne.46 Ein unbedingter Anspruch auf die zugesagte bAV entsteht jedenfalls erst, wenn der in der Zusage definierte Versorgungsfall eintritt. Neben der Erbringung einer Leistung umfassen beitragsorientierte Zusagen47 34 des Weiteren die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Aufwendung oder Zahlung der zugesagten Beiträge für die bAV. Diese Verpflichtung ist nicht aufschiebend bedingt. Sie entsteht also unmittelbar mit Erteilung der Zusage – sofern dort nichts Anderes geregelt ist. Das Gleiche gilt im Falle einer mittelbaren Zusage für die Verpflichtung des Arbeitgebers, ein Vertragsverhältnis zum eingeschalteten Versorgungsträger zu begründen, aus dem dem Versorgungsberechtigte bei Eintritt des Versorgungsfalles ein Leistungsanspruch zusteht.48

b) Inhalt einer Zusage 35 Art und Umfang der vom Arbeitgeber eingegangenen betriebsrentenrechtlichen

Verpflichtungen bestimmen sich nach dem Inhalt der Zusage. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber diesen Inhalt frei festlegen. Allerdings ist seine Inhaltsfreiheit stärker noch als seine Abschlussfreiheit durch zwingende Bestimmungen höherrangigen Rechts beschränkt. Denn mit Blick auf ihren Inhalt unterliegen Zusagen ne-

_____ 44 Siehe Rn. 618 ff. 45 Siehe Rn. 610 ff. 46 Siehe Rn. 176. 47 Siehe Rn. 467. 48 Siehe Rn. 344 ff.

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ben einer Rechtskontrolle u.U. auch noch einer Angemessenheitskontrolle. Diejenigen Regelungspunkte, die das zwingende Recht nicht vorgibt, müssen in der Zusage geregelt sein. Im Zweifelsfall sind Zusagen auszulegen. Zusagen über einen sog. mittelbaren Durchführungsweg können Besonderheiten aufweisen.

aa) Rechtskontrolle Die Freiheit zur inhaltliche Ausgestaltung einer Zusage unterliegt zunächst dem 36 Grunde nach den gleichen rechtlichen Beschränkungen wie der Grundsatz der Freiwilligkeit. Für die Bindung des Arbeitgebers an höherrangiges Recht (sog. Rechtskontrolle) bei der Gestaltung des Zusageinhalts gelten deshalb die dort getroffenen Ausführungen entsprechend.49

bb) Angemessenheitskontrolle Darüber hinaus kann der Inhalt einer Zusage einer Angemessenheitskontrolle 37 (auch Billigkeitskontrolle oder Inhaltskontrolle) unterliegen. Deren Umfang und Intensität bestimmen sich auch nach der rechtlichen Grundlage, auf der die Zusage erteilt wurde. Insoweit kann grundsätzlich zwischen Zusagen auf individualrechtlicher 38 Grundlage und Zusagen auf kollektivrechtlicher Grundlage differenziert werden. Während es für erstgenannte insbesondere durch die §§ 305 ff. BGB neben einer Rechtskontrolle auch zu einer Inhaltskontrolle kommen kann, unterliegen kollektivrechtliche Zusagen grundsätzlich nur einer Rechtskontrolle. Im Einzelnen gelten folgende Grundsätze: ■ Kollektivrechtliche Zusage (Tarifvertrag): Der Inhalt eines Tarifvertrags ist nur auf Übereinstimmung mit höherrangigem Recht kontrollfähig.50 Eine Angemessenheitskotrolle nach den §§ 305 ff. BGB findet gemäß § 310 Abs. 4 S. 2 BGB grundsätzlich nicht statt.51 ■ Kollektivrechtliche Zusage (Betriebsvereinbarung): Das Gleiche gilt grundsätzlich für Betriebsvereinbarungen, § 310 Abs. 4 S. 2 BGB. Hier jedoch lässt die Rechtsprechung im Rahmen der Rechtskontrolle über § 75 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 BetrVG, wonach die Betriebsparteien an Recht und Billigkeit gebunden sind, Angemessenheitserwägungen einfließen.52 Im Zuge einer Änderung von

_____ 49 Siehe Rn. 31. 50 Zur mittelbaren Grundrechtsbindung der Tarifvertragsparteien siehe Rn. 31. 51 BAG, Urt. v. 21.8.2007 – 3 AZR 102/06 – BAGE 124, 1 = NZA 2008, 182. 52 Siehe bspw. BAG, Urt. v. 12.4.2011 – 1 AZR 412/09 – BAGE 137, 300 = NZA 2011, 989; ErfK/Preis, BGB § 310, Rn. 9; zur mittelbaren Grundrechtsbindung der Betriebsparteien siehe Rn. 31.

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Versorgungszusagen durch Betriebsvereinbarungen gelten besondere Grundsätze.53 Individualrechtliche Zusage (mit kollektivem Bezug): Für individualrechtliche Zusagen mit kollektivem Bezug (bspw. vertragliche Einheitsregelung oder Gesamtzusage)54 ist der Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB eröffnet,55 wenn sie vom Arbeitgeber vorformuliert sind.56 Dabei sind die Besonderheiten des Arbeitsrechts angemessen zu berücksichtigen, § 310 Abs. 4 S. 2 BGB.57 Aus Sicht der Praxis sind insoweit insbesondere zwei Aspekte wichtig: Zum einen darf eine Zusage auf bAV keine überraschende Klausel enthalten, § 305c Abs. 2 BGB. Überraschend ist eine Regelung, wenn sie objektiv ungewöhnlich ist und der Arbeitnehmer subjektiv mit ihr nicht zu rechnen braucht. Die Ungewöhnlichkeit kann sich sowohl auf den Inhalt der Klausel als auch auf formale Kriterien erstrecken.58 Es kommt insoweit auf das Gesamtbild des konkreten Vertrages und die Erwartungen an, welche der redliche Verkehr typischerweise oder aufgrund des Verhaltens des Arbeitgebers bei Vertragsschluss an den typischen Inhalt des Vertrages knüpft.59 Ob das darüber hinaus erforderliche subjektive Überraschungsmoment beim Arbeitnehmer vorliegt, bestimmt sich nach dem Horizont eines durchschnittlichen Arbeitnehmers in der betreffenden Branche, Position und Qualifikation.60 In der Praxis bedeutsamer ist indes der Grundsatz, dass eine Zusage, die unter den Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB fällt, den Versorgungsberechtigten nicht unangemessen benachteiligen darf, § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Voraussetzung für eine entsprechende Kontrolle ist zum einen, dass es sich bei der betreffenden Bestimmung nicht um eine sog. Preisklausel handelt. Als solche werden Zusagebestimmungen zur Höhe der Versorgungsleistung betrachtet.61 Regelungen, die die Höhe der Versorgungsleistung lediglich einschränken, sind

_____ 53 Siehe Kap. 9 Rn. 46 ff., 58. 54 Siehe Rn. 600 ff., 608 f. 55 Seit dem 1.1.2003 gelten diese Bestimmungen nach Art. 229 § 5 Abs. 2 S. 2 BGB grundsätzlich auch für vor dem 1.1.2002 erteilte Zusagen siehe BAG, Urt. v. 21.2.2017 – 3 AZR 297/15 – BAGE 158, 154 = NJW 2017, 1628. 56 Das BAG betrachtet Arbeitnehmer als Verbraucher im Sinne des § 310 Abs. 3, Urt. v. 18.3.2008 – 9 AZR 186/07 – BAGE 126, 187 = NZA 2008, 1004, weswegen u.a. gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB die § 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 BGB auch auf solche vorformulierte Vertragsbedingungen Anwendung finden, die nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind, soweit der Arbeitnehmer aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. 57 Siehe dazu im Detail ErfK/Preis, BGB § 310, Rn. 11. 58 BAG, Urt. v. 19.2.2014 – 5 AZR 920/12 – NJOZ 2014, 992. 59 Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Uschding/Jacobs, BGB § 305c Rn. 7. 60 Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Uschding/Jacobs, BGB 305c Rn. 9 m.w.N.; BAG, Urt. v. 19.3.2014 – 5 AZR 252/12 (B) – BAGE 147, 342 = NZA 2014, 1076. 61 BAG, Urt. v. 21.2.2017 – 3 AZR 297/15 – BAGE 158, 154 = NJW 2017, 1628.

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hingegen kontrollfähig.62 Weiterhin muss der Inhalt der Zusage, um kontrollfähig zu sein, von einer gesetzlichen Vorschrift abweichen oder diese ergänzen, § 307 Abs. 3 BGB. Dabei wird die auf dem Fehlen einer entsprechenden gesetzlichen Regelung beruhende Freiheit des Arbeitgebers, die Zusage gestalten zu können, bereits als ausreichend angesehen, um sie einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 BGB zu unterziehen.63 Neben den Klauselverboten mit und ohne Wertungsmöglichkeit gemäß § 308 f. BGB steht im Rahmen einer AGB-Kontrolle von Zusagen auf bAV oftmals § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Fokus. Danach liegt eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel vor, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Ob das der Fall ist, stellt das BAG durch eine wertende Gesamtschau auf die Grundsätze des BetrAVG fest.64 Darüber hinaus ist zu beachten, dass sich gemäß § 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 2 BGB eine unangemessene Benachteiligung auch aus einer Intransparenz der Zusage ergeben kann (sog. Transparenzkontrolle).65 Sollte die betreffende Klausel den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen, so ist sie gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, während der Vertrag nach 306 Abs. 1 BGB im Übrigen wirksam bleibt. Ist die Klausel in einen wirksamen und einen unwirksamen Teil teilbar, so bleibt der wirksame Teil erhalten (sog. blue pencil-Test).66 Eine geltungserhaltende Reduktion einer unwirksamen Klausel auf ihren zulässigen Inhalt durch die Gerichte findet aber grundsätzlich nicht statt.67 An die Stelle der unwirksamen Klausel tritt gemäß § 306 Abs. 2 BGB vielmehr die gesetzliche Regelung, von der abgewichen wird. Nur dann, wenn das Festhalten an dem Vertrag in diesem Fall für den Arbeitgeber eine unzumutbare Härte darstellen würde, ist die Zusage unwirksam, § 306 Abs. 3 BGB. Weicht die unwirksame Klausel nicht von einer gesetzlichen Regelung ab und kann sie deswegen auch nicht durch diese ersetzt werden, ist die durch die Unwirksamkeit entstehende Lücke grundsätzlich durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen.68 Individualrechtliche Zusage (Einzelvertrag): Einzelvertragliche Zusagen unterliegen dann, wenn sie nicht unter den Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB fallen, keiner allgemeinen Angemessenheitsprüfung. Allerdings kann eine rich-

_____ 62 BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 17/09 – BAGE 132, 100 = VersR 2010, 1473. 63 BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 17/09 – BAGE 132, 100 = VersR 2010, 1473. 64 BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 17/09 – BAGE 132, 100 = VersR 2010, 1473, siehe auch Rn. 749. 65 Zu den Details ErfK/Preis, BGB § 310, Rn. 44. 66 Siehe BAG, Urt. v. 21.4.2016 – 8 AZR 474/14 – NZA 2016, 1409. 67 Siehe zum Begriff und Hintergrund Schlewing, RdA 2011, S. 92, 92 f. 68 Schlewing, RdA 2011, 92, 94 ff.; BAG, Urt. v. 21.2.2017 – 3 AZR 297/15 – BAGE 158, 154 = NJW 2017, 1628; für eine restriktive Anwendung ErfK/Preis, BGB § 310, Rn. 104a.

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terliche Kontrolle stattfinden, wenn es im Zuge ihrer Erteilung nach den Umständen des Einzelfalls zu einer strukturellen Störung der Vertragsparität kommt (sog. Vertragsdisparität). Das ist nach der Rechtsprechung dann der Fall, wenn der Inhalt des Vertrags eine Seite ungewöhnlich stark belastet.69 In der Praxis kommen diese Fälle aber selten vor.

cc) Weitere Ausgestaltung der Zusage (Checkliste) 39 Jenseits der zwingenden Vorgaben kann und muss der Arbeitgeber den Inhalt einer Zusage grundsätzlich frei bestimmen. In der Praxis stellt sich häufig die Frage, welche Regelungsgegenstände Aufnahme in eine Versorgungszusage finden sollten. Das hängt natürlich insbesondere auch von den Umständen des Einzelfalles ab, bspw. von der Frage, ob es sich um eine individualrechtliche oder eine kollektivrechtliche Regelung handelt.70 Auch die Frage, ob die Zusage auf den Inhalt einer anderen Regelung verweist (sog. Jeweiligkeitsklausel)71 ist entscheidend. Des Weiteren spielt es eine Rolle, welche Regelungsdichte und -tiefe der Ar40 beitgeber bevorzugt. Bei dieser Frage sollte stets beachtet werden, dass Lücken oder unzureichend geregelte Punkte in einer Zusage die Wahrscheinlichkeit von Streitigkeiten erhöht.72 Das gilt umso mehr, als Versorgungszusagen in der Regel über einen langen Zeitraum laufen und die bei der Erteilung handelnden Personen später oftmals nicht mehr über Motive und Inhalte der Zusage Auskunft geben können. Grundsätzlich sollte eine Zusage in der Regel mindestens zu folgenden betriebs41 rentenrechtlichen Regelungspunkten Bestimmungen enthalten:73 3 Checkliste ■ Überschrift unter Erwähnung des gewählten Regelungsinstruments (bspw. Einzelvertrag, Gesamtzusage, vertragliche Einheitsregelung, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag), ■ Präambel (mit Erwähnung der Motive für die Zusageerteilung),74 ■ Kreis der Versorgungsberechtigten (persönlicher, sachlicher, örtlicher und zeitlicher Anwendungsbereich), ■ ggf. Verhältnis der zu erteilenden Zusage zu bereits bestehenden Zusagen des Arbeitgebers, ■ Benennung der Zusageart, des Durchführungswegs sowie im Falle einer mittelbaren Zusage des zu deren Umsetzung eingeschalteten Versorgungsträgers,

_____ 69 BAG, Urt. v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04 – BAGE 115, 19 = NJW 2005, 3305; kritisch dazu Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Roth, Teil 7 B Rn. 43. 70 Siehe Rn. 562 ff., 591 ff. 71 Siehe Rn. 605. 72 Siehe Rn. 42 ff. 73 Dabei handelt es sich lediglich um ein Beispiel, das nach den Umständen des Einzelfalls erweitert oder variiert werden muss. 74 Eine Präambel kann in Streitfällen wichtige Aussagen über Motive und Hintergründe der Zusage liefern, gerade wenn die handelnden Personen dazu nicht mehr befragt werden können.

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Leistungsarten, d.h. die Art der mit der Zusage abgedeckten biometrischen Risiken (Alter, Invalidität und/oder Tod), Form der Leistung (Kapital oder Rente) und eventuelle Wahlrechte insoweit (bspw. Ratenzahlung), Finanzierung der Zusage (arbeitgeberfinanziert oder durch Entgeltumwandlung), Höhe der versprochenen Versorgungsleistung bzw. die Art ihrer Berechnung, ggf. Höhe der aufzuwendenden Beiträge, Definition des Versorgungsfalls, d.h. der Voraussetzungen für die Entstehung des Leistungsanspruchs (bspw. Regelaltersgrenze, Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungs- und/oder eine Todesfallleistung und u.U. für eine vorgezogene Altersleistung), Zahlungszeitpunkte der Leistung (Fälligkeit), ggf. Regelungen zu einer privatrechtlichen Insolvenzsicherung jenseits der §§ 7 ff. BetrAVG, eventuelle Mitwirkungspflichten des Versorgungsberechtigten, ggf. von den Schutzvorschriften des BetrAVG zugunsten des Arbeitnehmers abweichende Regelungen (bspw. zu den Unverfallbarkeitsfristen oder der Anpassung laufender Leistungen), datenschutzrechtliche Regelungen.

dd) Auslegung von Versorgungszusagen Sollten Unklarheiten über den Inhalt einer Versorgungszusage bestehen, so muss 42 sie ausgelegt werden. Für Einzelzusagen sind dafür die allgemeinen Grundsätze der Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB anzuwenden.75 Bei individualrechtliche Zusagen mit kollektivem Bezug (bspw. Gesamtzusage, vertragliche Einheitsregelung) wird es sich in der Regel um AGB gem. §§ 305 ff. BGB handeln.76 Diese sind grundsätzlich nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich auszulegen. Hier sind also nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Versorgungsberechtigten zu Grunde zu legen.77 Darüber hinaus ist § 305c Abs. 2 BGB zu beachten, wonach Zweifel in der Auslegung zulasten des Verwenders, also des Arbeitgebers gehen.78 Kollektivrechtliche Zusagen, also bspw. Betriebsvereinbarungen sowie der 43 normative Teil von Tarifverträgen, sind hingegen nach der ständigen Rechtsprechung des BAG objektiv wie Gesetze auszulegen.79 In erster Linie kommt es also auf Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck an – der wirkliche Wille der Betriebs- oder Tarifvertragsparteien ist nur zu berücksichtigen, soweit er in den Vor-

_____ 75 Siehe dazu Rn. 596 sowie grundsätzlich MüKo-BGB/Busche, § 157 Rn. 3 ff. 76 Rn. 38. 77 BAG, Urt. v. 25.6.2013 – 3 AZR 219/11 – BAGE 145, 314 = NZA 2013, 1421. 78 In Erwägung zu ziehen ist hier aber, dass die Anwendung dieser Bestimmung erst in Betracht kommt, wenn nach Ausschöpfung aller Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel verbleibt BAG, Urt. v. 21.2.2017 – 3 AZR 297/15 – BAGE 158, 154 = NJW 2017, 1628. 79 Siehe zur Betriebsvereinbarung bspw.: BAG, Urt. v. 19.4.2011 – 3 AZR 272/09 – AP BetrAVG § 1 Nr. 67 und zum Tarifvertrag: BAG, Urt. v. 22.4.2010 – 6 AZR 962/08 – BAGE 134, 184 = NZA 2011, 1293; siehe auch ErfK/Frantzen, TVG § 1 Rn. 92 f. und Rn. 565.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

schriften seinen Niederschlag gefunden hat. Wird auf diese Weise kein eindeutiges Auslegungsergebnis erzielt, kommen weitere Kriterien wie etwa die Entstehungsgeschichte oder eine regelmäßige Anwendungspraxis in Betracht.80 Im Zweifel gebührt der Auslegung der Vorzug, die zu einer gesetzeskonformen, sachgerechten und praktisch handhabbaren Regelung führt.81 Auch die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung sind auf Zusagen 44 auf bAV grundsätzlich anwendbar. Voraussetzung ist eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit. Sie liegt vor, wenn die Zusage versehentlich einen Punkt nicht regelt oder sie diesen bewusst offenlässt, weil er im Zeitpunkt ihrer Erteilung nicht regelungsbedürftig erschien und sich diese Annahme nachträglich als unzutreffend herausstellt.82 Planwidrig ist die Lücke aber nur, wenn deswegen der Regelungsplan der Zusage im Sinne einer angemessenen, interessengerechten Lösung nicht zu erzielen wäre.83 In diesem Fall ist nach der h.M. der Literatur und der ständigen Rechtsprechung des BAG die planwidrige Lücke so zu schließen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben und dem Zweck der Zusage zum Zeitpunkt ihrer Erteilung geschlossen hätten; dabei müssen die Interessen von Arbeitgeber und Versorgungsberechtigtem sachgemäß gegeneinander abgewogen werden.84 5 Beispiele Verstößt eine Zusage zum Nachteil des Versorgungsberechtigten gegen zwingende Vorschriften des BetrAVG, bspw. gegen das Wertgleichheitsgebot gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG85 i.V.m. § 19 Abs. 3 BetrAVG, so ist zwar die entsprechende Klausel gemäß § 134 BGB nichtig und es entsteht eine planwidrige Regelungslücke. Das wird aber gemäß § 139 BGB nicht die Nichtigkeit der gesamten Zusage zur Folge haben, wenn – wie in der Regel – im Zuge der ergänzenden Vertragsauslegung anzunehmen ist, dass die Zusage auch ohne die nichtige Klausel erteilt worden wäre, also unter Beachtung der verletzten Vorschrift (hier des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG). Dadurch kommt es vorliegend zu einer Auffüllverpflichtung des Arbeitgebers bis auf das in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG geforderte Maß.86

ee) Besonderheiten mittelbarer Zusagen 45 Der Arbeitgeber muss eine Versorgungsleistung nicht zwingend selbst erbringen. In

der Zusage kann geregelt werden, dass ein Dritter, also ein anderer Versorgungsträ-

_____ 80 BAG, Urt. v. 19.4.2011 – 3 AZR 272/09 – AP BetrAVG § 1 Nr. 67. 81 BAG, Urt. v. 19.10.2005 – 7 AZR 32/05 – NZA 2006, 393. 82 BAG, Urt. v. 21.4.2009 – 3 AZR 640/07 – BAGE 130, 202 = NJOZ 2011, 818. 83 BAG, Urt. v. 14.2.2012 – 3 AZR 109/10 – AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 31. 84 Siehe bspw. Schlewing, RdA 2011, S. 92, 94; BAG, Urt. v. 21.2.2017 – 3 AZR 297/15 – BAGE 158, 154 = NJW 2017, 1628. 85 Siehe Rn. 703 ff. 86 Im Ergebnis ebenso BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 17/09 – BAGE 132, 100 = VersR 2010, 1473; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1 Rn. 205, a.A. ErfK/Steinmeyer; BetrAVG § 1 Rn. 25.

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ger die bAV für den Arbeitgeber durchführt, § 1 Abs. 1 S. 2 BetrAVG. Dann wird von mittelbaren Zusagen gesprochen.87 Zur Durchführung der bAV wird hier zwischen dem Arbeitgeber und dem Ver- 46 sorgungsträger ein Vertrag geschlossen, wodurch neben dem Valutaverhältnis ein weiteres Rechtsverhältnis entsteht, das sog. Deckungsverhältnis. Ergänzt wird es um das sog. Leistungsverhältnis oder auch Zuwendungsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Versorgungsträger, das dem Versorgungsberechtigten in der Regel einen eigenen Anspruch gegen den Versorgungsträger vermittelt. Die Versorgungsträger, über die eine mittelbare Zusage durchgeführt werden 47 kann, sind im BetrAVG abschließend genannt (sog. mittelbare Durchführungswege)88: ■ Lebensversicherer im Rahmen einer Direktversicherung gemäß § 1b Abs. 2 BetrAVG, ■ Pensionskassen gemäß § 1b Abs. 3 BetrAVG, ■ Pensionsfonds gemäß § 1b Abs. 3 BetrAVG, ■ Unterstützungskassen gemäß § 1b Abs. 4 BetrAVG. Versicherungsförmige Ausgestaltung Mittelbare Zusagen sind oftmals mit einem Versicherungsvertrag verknüpft, d.h., 48 versicherungsförmig ausgestaltet.89 In diesen Fällen richtet sich in der Praxis der Inhalt der Zusage durch eine entsprechende ausdrückliche oder konkludente Bezugnahme auf den Versicherungs- / Pensionsfondsvertrag oftmals nach dessen Inhalt. Das ist auch im Rahmen (leistungs-)kongruent rückgedeckter Unterstützungskassen- und Direktzusagen der Fall.90 Dennoch kann es sich auch im Rahmen versicherungsförmiger Zusagen 49 empfehlen, aus Transparenzgründen und um Streitigkeiten zu vermeiden, die wesentlichen Inhalte der Versorgungszusage in einer Versorgungsordnung festzuhalten. Praxistipps 3 Die Erteilung einer versicherungsförmigen Zusage und die Bezugnahme auf den Inhalt eines Versicherungs- oder Pensionsfondsvertrags erfolgt in der Praxis regelmäßig durch den Abschluss des Vertrags zwischen Arbeitgeber und Versorgungsträger. Als Zeitpunkt der Zusageerteilung kann in diesen Fällen bei individualrechtlicher Grundlage die Kenntnis des Arbeitnehmers vom Abschluss des entsprechenden Vertrages betrachtet werden, § 151 BGB.

_____ 87 Siehe im Detail Rn. 344 f. 88 Siehe im Detail Rn. 344 ff. 89 Siehe im Detail Rn. 347. 90 Siehe Rn. 349 f.

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c) Änderung oder Aufhebung einer Zusage 50 Aufgrund des langen Zeitraums, über den sich Versorgungszusagen erstrecken,

kann der Bedarf einer Anpassung an zwischenzeitlich geänderte Rahmenbedingungen wirtschaftlicher oder rechtlicher Art entstehen. Die Frage, ob und inwieweit es zulässig ist, eine erteilte Versorgungszusage abzuändern oder aufzuheben, hängt von einer Reihe von Umständen ab,91 so bspw. davon, ■ ob die Änderung einseitig vom Arbeitgeber oder im Einvernehmen mit dem Versorgungsberechtigten erfolgen soll, ■ auf welcher Regelungsebene die Zusage erteilt wurde (individualrechtlich oder kollektivrechtlich), ■ ob die Änderung zum Vorteil oder Nachteil des Versorgungsberechtigten wirkt, oder ob sie insoweit neutral ist, ■ ob der Versorgungsberechtigte sich einer Pflichtverletzung schuldig gemacht hat.

d) Erlöschen einer Zusage aa) Erlöschen durch Erfüllung 51 Die arbeitsrechtliche Verpflichtung aus einer Zusage auf bAV erlischt in der Regel

durch Erfüllung, § 362 Abs. 1 BGB. Leistungszusagen92 erlöschen durch die Erbringung der zugesagten Versorgungsleistung; das Gleiche gilt für beitragsorientierte Leistungszusagen 93 und Beitragszusagen mit Mindestleistung. 94 Im Rahmen reiner Beitragszusagen gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG hingegen schuldet der Arbeitgeber keine Versorgungsleistung, da diese allein vom Versorgungsträger erbracht wird.95 Wird eine Versorgungsleistung geschuldet, so muss sie u.a. vom richtigen 52 Schuldner erbracht werden. Im Falle unmittelbarer Zusagen96 ist das der Arbeitgeber. Bei mittelbaren Zusagen97 ist der nach der Zusage einzuschaltende Versorgungsträger leistungsverpflichtet. Den Arbeitgeber kann aber eine Leistungspflicht nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG treffen.98 Des Weiteren muss die erbrachte Leistung den geschuldeten Inhalt haben. Ist 53 bspw. die Versorgungszusage auf die Erbringung einer Kapitalleistung gerichtet, so

_____ 91 Zur Änderung von Versorgungszusagen siehe im Detail Kap. 9 Rn. 2 ff. 92 Siehe Rn. 469 ff. 93 Siehe Rn. 477 ff. 94 Siehe Rn. 500 ff. 95 Siehe Rn. 523 ff. 96 Siehe Rn. 342 f. 97 Siehe Rn. 344 ff. 98 Siehe Rn. 682 ff.

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B. Gegenstand und Ausgestaltung der bAV

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erlischt die Verpflichtung nur dann, wenn diese Kapitalleistung in geschuldeter Höhe an den Versorgungsberechtigten erbracht wird. Entsprechendes gilt für eine zugesagte Rente. Im Falle beitragsorientierter Zusagen99 tritt im Valutaverhältnis neben die 54 Pflicht zur Erbringung der Leistung die Pflicht des Arbeitgebers, Beiträge zu erbringen. Diese Schuld erlischt nur, wenn dies zusagegemäß erfolgt. Handelt es sich um eine mittelbare Zusage100, muss der Arbeitgeber dem Versorgungsberechtigten darüber hinaus ein Leistungsrecht gegen den zugesagten Versorgungsträger verschaffen, ihn also bspw. dort versichern. In diesen Fällen sind die geschuldeten Beiträge vom Arbeitgeber an den betreffenden Versorgungsträger zu zahlen. Nur dann erlischt die Verpflichtung des Arbeitgebers insoweit.

bb) Weitere Erlöschenstatbestände Neben der Erfüllung gibt es weitere Erlöschenstatbestände für eine Zusage, so bspw. wenn der Versorgungsberechtigte vor Erreichen einer Unverfallbarkeitsfrist und vor Eintritt des Versorgungsfalles aus dem Unternehmen ausscheidet.101 Der bisherige Versorgungsschuldner (Arbeitgeber) kann weiterhin durch einen Wechsel des Versorgungsschuldners von seiner Verpflichtung aus einer Zusage befreit werden, so bspw. bei einem Arbeitgeberwechsel unter Nutzung der Übertragungsmöglichkeit gemäß § 4 Abs. 2 BetrAVG oder des § 4 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 6 BetrAVG.102 Auch im Falle einer Liquidation des zusagenden Arbeitgebers oder der Einstellung seiner Betriebstätigkeit kann es zu einem Schuldnerwechsel kommen, § 4 Abs. 4 BetrAVG.103 Zu einem Wechsel des Versorgungsschuldners, verbunden mit einer Befreiung des bisherigen Arbeitgebers, kommt es auch bei Eintritt eines Sicherungsfalls gemäß §§ 7 ff. BetrAVG (bspw. Eröffnung eines Insolvenzverfahrens), wenn die Verpflichtung aus einer Zusage gemäß § 9 Abs. 2 BetrAVG auf den PSVaG als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung übergeht.104 Befreit werden kann der Arbeitgeber von seiner Versorgungsverpflichtung auch durch einen Schuldnerwechsel im Falle eines Betriebsübergangs gemäß 613a BGB oder gemäß § 324 UmwG bei einer Umwandlung nach dem UmwG.105

_____ 99 Siehe Rn. 467. 100 Siehe Rn. 344 ff. 101 Siehe Kap. 8 Rn. 1 ff. 102 Siehe Kap. 8 Rn. 459 ff. 103 Siehe Kap. 8 Rn. 502 ff. 104 Siehe Kap. 8 Rn. 180 ff. 105 Siehe Kap. 9 Rn. 105 ff., 138 ff.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

3. Zusage aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses 59 Voraussetzung dafür, dass es sich bei einer Zusage um bAV nach dem BetrAVG

handelt, ist gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG, dass der zusagende Arbeitgeber sie aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses mit dem Zusageempfänger erteilt. Das Motiv der Zusageerteilung spielt hingegen für die Eröffnung des sachlichen Anwendungsbereichs des BetrAVG keine Rolle.

a) Bestehen eines Arbeitsverhältnisses 60 Zwischen zusagendem Arbeitgeber (Versorgungsschuldner) und dem Arbeitnehmer

muss zunächst ein arbeitsvertragliches Verhältnis gemäß § 611a BGB bestehen. Eine Versorgungszusage ist also Bestandteil der arbeitsvertraglichen Beziehungen zwischen beiden. Sie wirkt als Ruhestandsverhältnis auch nach Ende des Arbeitsvertrags fort, 61 bspw. dann, wenn der Arbeitgeber nach Eintritt des Versorgungsfalles eine laufende Leistung schuldet. Auf den Entgeltcharakter der bAV wurde bereits hingewiesen.106 3 Praxistipps Nach dem BAG ist es möglich, dass eine Konzernobergesellschaft, die zunächst alleiniger Arbeitgeber eines Arbeitnehmers war, eine diesem erteilte Zusage fortführt, wenn der Arbeitnehmer in ihrem Interesse und auf ihre Veranlassung ein Arbeitsverhältnis zu einer Tochtergesellschaft begründet.107 Ob über diesen Sonderfall hinaus in einer Konzernstruktur eine arbeitsrechtliche Beziehung zwischen einer zusagenden Obergesellschaft und einem begünstigten Arbeitnehmer für eine Zusage stets erforderlich ist, hat das BAG offengelassen.108

62 Der zusagende Arbeitgeber kann eine juristische oder eine natürliche Person

sein. Bei dem Empfänger der Zusage muss es sich grundsätzlich um einen Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinn handeln. Der persönliche Anwendungsbereich des BetrAVG kann sich gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG u.U. aber auch auf Nichtarbeitnehmer erstrecken, zu denen das zusagende Unternehmen eine vertragliche Verbindung hat.109 Begünstigte einer Zusage können einzelne oder mehrere Versorgungsberechtigte sein.

_____ 106 Siehe Rn. 24. 107 BAG, Urt. v. 25.10.1988 – 3 AZR 64/87 – NZA 1989, 177. 108 BAG, Urt. v. 25.10.1988 – 3 AZR 64/87 – NZA 1989, 177, im Urt. v. 6.8.1985 – 3 AZR 185/83 – NZA 1986, 194 hat das BAG diese Frage allerdings bejaht. 109 Siehe dazu Rn. 288 ff.

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B. Gegenstand und Ausgestaltung der bAV

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b) Arbeitsverhältnis als Anlass für die Zusage aa) Grundsatz Das Arbeitsverhältnis zwischen zusagendem Arbeitgeber und dem Zusageempfän- 63 ger muss der kausale Grund für die Erteilung einer Zusage sein. Beispiel 5 Der Arbeitgeber zahlt seinem Arbeitnehmer A im Zuge der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag eine einmalige Abfindung. Außerdem erteilt er ihm aus gleichem Anlass eine Zusage auf Altersrente in Höhe von monatlich 200,00 €. Obgleich die Zusage nur wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilt wird, erfolgt sie dennoch aus Anlass desselben. Es ist also nicht erforderlich, dass die Zusage bei Begründung des Arbeitsverhältnisses oder mit Blick auf dessen Fortbestand erfolgt. Selbst eine nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteile Zusage kann bAV sein.110 Allerdings sollte der Zeitraum zwischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Erteilung der Zusage nicht zu groß sein, um den kausalen Bezug zum Arbeitsverhältnis nicht in Frage zu stellen.

Das Merkmal „aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses“ dient dazu, die bAV von Ver- 64 sorgungsversprechen aus anderen Anlässen abzugrenzen. Hier kommen insbesondere verwandtschaftliche, freundschaftliche oder sonstigen Beziehungen in Betracht. In der Praxis stellt sich häufig die Frage, ob die Erteilung einer Zusage an die im Unternehmen mitarbeitenden Verwandten und/oder Ehegatten/Lebensgefährten des Arbeitgebers unter den Anwendungsbereich des BetrAVG fallen. Auch die Zusageerteilung an einen am Unternehmen beteiligten Gesellschafter wirft derartige Fragen auf. Praxistipp 3 Von einer Zusage aus „Anlass eines Arbeitsverhältnisses“ ist in diesen Fällen dann auszugehen, wenn die Versorgungsberechtigten eine Zusage erhalten, die denen anderer Arbeitnehmer des Arbeitgebers vergleichbar ist (sog. Fremdvergleich). Soll einem am Unternehmen als Gesellschafter Beteiligten eine Zusage erteilt werden, so ist im Rahmen des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG die Frage zu beantworten, ob dies aus Anlass einer Tätigkeit für das Unternehmen oder aus Anlass seiner Beteiligung als Gesellschafter geschieht.111 Sofern die Zusage nicht ausschließlich aufgrund seiner Tätigkeit erteilt wird, ist das Erfordernis „aus Anlass einer Tätigkeit für das Unternehmen“ nicht erfüllt.112

bb) Motiv der Zusage Das Motiv der Erteilung einer Zusage hingegen ist für die Eröffnung des sach- 65 lichen Anwendungsbereichs des BetrAVG unbeachtlich. Ob der Arbeitgeber mit

_____ 110 BAG, Urt. v. 8.5.1990 – 3 AZR 121/89 – NZA 1990, 931. 111 Siehe Rn. 291. 112 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1 Rn. 34.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

der Zusage den Arbeitnehmer bspw. für eine Tätigkeit in seinem Unternehmen gewinnen, belohnen oder ihn damit im Unternehmen halten will, spielt keine Rolle. Zwar ist es nach heute allgemeiner Meinung anerkannt, dass Anwartschaften 66 und Ansprüche auf eine bAV (zumindest auch) Entgeltcharakter haben.113 Es ist jedoch unerheblich, ob der Arbeitgeber mit einer Zusage die Betriebstreue des Arbeitnehmers entgelten oder sie aus anderen Gründen, bspw. aus Fürsorge, erteilen will.114

4. Zusage auf Versorgung gerichtet 67 Um unter den sachlichen Anwendungsbereich des BetrAVG zu fallen, muss die Zusage auf die Versorgung des Berechtigten gerichtet sein, also einen Versorgungszweck verfolgen. Voraussetzung dafür ist, dass der Anspruch auf die Leistung durch den Eintritt eines der in § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG genannten biometrischen Risiken (Alter, Invalidität und/oder Tod) ausgelöst wird.

a) Versorgungszweck 68 Für das Vorliegen des Versorgungszwecks ist es erforderlich, dass die zugesagten Leistungen dazu dienen, den Berechtigten bei Eintritt der in der Zusage erwähnten biometrischen Risiken (Eintritt des Versorgungsfalles) zu „versorgen“. Dabei ist der Begriff der Versorgung weit auszulegen. Davon sind alle Leistungen umfasst, die den Lebensstandard des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Versorgungsfall verbessern sollen.115 Ein Ausscheiden des Versorgungsberechtigten aus dem Erwerbsleben ist dabei grundsätzlich keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen des erforderlichen Versorgungszwecks.116 Von dessen Vorliegen ist in der Regel bereits dann auszugehen, wenn eines der in § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG genannten und zugesagten biometrischen Risiken eintritt. Das Vorliegen des Versorgungszwecks ist weiterhin nicht vom Inhalt und der 69 Höhe der zugesagten Leistung abhängig. Eine Angemessenheitsprüfung findet nicht statt. Auch Leistungen in geringfügiger Höhe sind geeignet, den Lebensstandard des Arbeitnehmers bei Eintritt des Versorgungsfalls zumindest vorübergehend zu verbessern.117

_____ 113 Siehe Rn. 24. 114 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1 Rn. 17; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 2, Rn. 2. 115 Siehe bspw. BAG, Urt. v. 20.3.2018 – 3 AZR 277/16 – VersR 2018, 1087. 116 Siehe für die Altersleistung Rn. 76 und für die Invaliditätsleistung Rn. 125. 117 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 2, Rn. 37.1.

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Praxistipp 3 So ist es insbesondere nicht erforderlich, dass die Leistung ihrer Höhe nach tatsächlich substantiell zur Versorgung des Berechtigten beiträgt. Bspw. kann auch ein einmal jährlich zu zahlendes Weihnachtsgeld für Betriebsrentner eine bAV sein.118

Ebenso kommt es nicht auf eine Bedürftigkeit des Versorgungsberechtigten 70 an. Es spielt also bspw. keine Rolle, ob der Versorgungsberechtigte aufgrund seiner privaten Lebensverhältnisse die versprochene Leistung zur Aufrechterhaltung seines Lebensstandards nach Eintritt eines Versorgungsfalles tatsächlich benötigt.

b) Abhängigkeit vom Eintritt eines biometrischen Risikos Eine bAV nach BetrAVG liegt gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG nur vor, wenn der An- 71 spruch auf die Leistung vom Eintritt mindestens eines der dort genannten biologischen Ereignisse Alter, Invalidität und/oder Tod (sog. biometrische Risiken) abhängig ist. Sollte sich das durch die Zusage abgesicherte biometrische Risiko realisieren, wird vom Eintritt des Versorgungsfalles gesprochen. Für die Eröffnung des sachlichen Anwendungsbereichs des BetrAVG ist es dabei 72 ausreichend, wenn durch die Zusage nur eines dieser biometrischen Risiken (Alter, Invalidität oder Tod) abgesichert wird. In der Praxis erstrecken sich Zusagen aber häufig auf mehrere oder sämtliche der genannten Risiken. In neueren Zusagen ist gelegentlich zu beobachten, dass den Versorgungsbe- 73 rechtigten ein Wahlrecht mit Blick auf die Leistungsart (sog. Flexible-BenefitsModelle) eingeräumt wird.119 Beispiel 5 Arbeitnehmer A erhält eine Direktzusage. In diesem Rahmen kann er wählen, ob er die neben einer Altersrente angebotene Hinterbliebenenversorgung abwählt und sich stattdessen für eine Erhöhung der Altersrente entscheidet. Auf diese Weise kann A die bAV flexibel nach seiner individuellen Situation gestalten.

Die biometrischen Risiken unterliegen einem strengen Numerus clausus. Es dürfen 74 nur die in § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG genannten Ereignisse Alter, Invalidität und/oder Tod abgesichert werden. Sollte die Zusage andere Risiken des Arbeitnehmers abdecken, handelt es sich nicht mehr um bAV i.S.d. BetrAVG.120

_____ 118 BAG, Urt. v. 18.2.2003 – 3 AZR 81/02 – NZA 2004, 98. 119 Siehe auch Kap. 5 Rn. 142. 120 Siehe ausführlich Rn. 238 ff.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

5. Biometrisches Risiko Alter 75 Das in der Praxis am häufigsten mit einer Zusage auf bAV abgesicherte biometri-

sche Risiko ist das des Alters. Das BetrAVG enthält insoweit keine Vorgaben bzgl. der Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen. Deswegen sind in der Zusage die leistungsauslösenden Voraussetzungen des Versorgungsfalls, insbesondere die Regelaltersgrenze und ggf. die Altersgrenze für eine vorgezogene Altersleistung zu definieren. Gleiches gilt für die Form der Altersleistung, deren Höhe und ggf. für die Dauer der zu erbringenden Zahlungen. Dabei ist stets auch die sozialpolitische Funktion der bAV im Blick zu behalten. Als eine die gesetzliche Rentenversicherung ergänzende Leistung hat eine bAV-Altersleistung existenzsichernde Funktion: Sie soll der Versorgung des Berechtigten dienen, wenn er aufgrund des Erreichens einer bestimmten Altersgrenze kein Erwerbseinkommen (ggf. in voller Höhe) mehr erzielen kann.

a) Voraussetzungen der Altersleistung 76 Eine Altersleistung i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG knüpft an das Erreichen eines be-

stimmten Lebensalters an und muss den Zweck haben, den Versorgungsberechtigten im Falle seines „Alters“ zu versorgen (Versorgungszweck).121 Da das BetrAVG nicht definiert, ab wann ein Versorgungsberechtigter als „alt“ 77 in diesem Sinne zu betrachten ist, es also keine gesetzliche Regelaltersgrenze wie bspw. die gesetzliche Rentenversicherung in § 35 S. 2 SGB VI enthält, muss die Altersgrenze in der Zusage als eigene Regelaltersgrenze definiert werden.

aa) Regelaltersgrenze 78 Erforderlich ist also die Festlegung einer Altersgrenze, ab deren Erreichen die Al-

tersleistung erbracht wird (Regelaltersgrenze). Dabei kann es sinnvoll sein, diese mit der arbeitsvertraglich festgelegten Altersgrenze für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu synchronisieren. Zwingend ist das aber nicht.122 Ab welchem Lebensalter eine Versorgungsleistung als „Altersleistung“ be79 trachtet werden kann und somit den erforderlichen Versorgungszweck verfolgt, hängt von der Verkehrsanschauung ab. Das BAG orientiert sich insoweit grundsätzlich an der Möglichkeit, eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch zu nehmen.123 3 Praxistipp Auch in der Praxis ist die Regelaltersgrenze in den Zusagen in vielen Fällen identisch mit der gesetzlichen Regelaltersgrenze (bspw. „Vollendung des 67. Lebensjahres“) oder es wird in der Zusage

_____ 121 Siehe dazu Rn. 68. 122 Siehe Rn. 88. 123 BAG, Urt. v. 20.2.2018 – 3 AZR 239/17 – AuR 2018, 251.

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B. Gegenstand und Ausgestaltung der bAV

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ohne Altersangaben auf die gesetzliche Regelaltersgrenze verwiesen. Wenn – wie bspw. durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz 2007124 geschehen – die Regelaltersgrenze des SGB VI angehoben wird, so betrachtet das BAG Verweisungen dieses Inhalts – sofern sie zeitlich vor dem Gesetz vereinbart wurden – in beiden Fällen grundsätzlich als dynamisch,125 was zumindest im erstgenannten Fall durchaus zu hinterfragen ist.126

Eine höhere Regelaltersgrenze als die sozialversicherungsrechtliche kann in der 80 Zusage ohne Weiteres vereinbart werden. In der Praxis finden sich solche Gestaltungen indes eher selten. Häufiger zu finden, sind Zusagen, die eine niedrigere Regelaltersgrenze 81 festschreiben. Auch das ist grundsätzlich zulässig.127 Allerdings darf der erforderliche Versorgungszweck der bAV dadurch nicht gefährdet werden.128 Insbesondere die Abgrenzung zu Übergangsgeldern kann in diesen Fällen schwierig sein.129 Nach Ansicht des BAG kann auch dann (noch) von einer bAV ausgegangen werden, wenn die Regelaltersgrenze der Zusage bei Vollendung des 60. Lebensjahres liegt.130 Eine niedrigere Regelaltersgrenze hingegen bedarf immer einer besonderen Rechtfertigung, wenn sie als bAV anerkannt werden soll. Wenngleich vom BAG bislang noch nicht ausdrücklich bestätigt, so spricht doch 82 viel dafür, dass für ab dem 1.1.2012 erteilte Zusagen erst ab der Vollendung des 62. Lebensjahres vom Vorliegen des Versorgungsfalls „Alter“ ausgegangen werden kann. Denn das BAG hat sich bei der Festlegung der zulässigen Altersgrenzen stets auch an den Ansichten der Finanzverwaltung zu dieser Frage orientiert. Diese aber betrachtet – vor dem Hintergrund der Anhebung der Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung – aus steuerlicher Sicht für ab dem 1.1.2012 erteilte Zusagen die Vollendung des 62. Lebensjahres als frühestmögliche Altersgrenze in der bAV.131 Beispiel 5 Die Definition des Versorgungsfalles „Alter“ unter Bezugnahme auf die Regelaltersgrenze des SGB VI könnte folgendermaßen lauten: „Der Anspruch auf die Altersleistung entsteht, wenn der Versorgungsberechtigte die jeweils für ihn maßgebliche Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (SGB VI) oder einer gleichgestellten berufsständischen Versorgungseinrichtung erreicht hat.“

_____ 124 Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demographische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen (RV-Altersrentenanpassungsgesetz) vom 20.4.2007, BGBl. I S. 554. 125 BAG, Urt. v. 15.5.2012 – 3 AZR 11/10 – BAGE 141, 259 = NZA 2012, 878; BAG, Urt. v. 25.4.2017 – 3 AZR 540/15 – NZA 2017, 1392. 126 Siehe auch Kap. 8 Rn. 64. 127 BAG, Urt. v. 10.3.1992 – 3 AZR 153/91 – NZA 1993, 25. 128 Siehe Rn. 68. 129 Siehe Rn. 239 ff. 130 BAG, Urt. v. 20.2.2018 – 3 AZR 239/17 – NZA 2018, 716. 131 BMF-Schreiben vom 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002, Rn. 3.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

bb) Vorgezogene oder verspätete Altersleistung 83 Oftmals enthalten Zusagen auf bAV einen Anspruch auf eine vorgezogene Alters-

leistung.132 Dadurch wird dem Versorgungsberechtigten das Recht eingeräumt, seine Altersrente bereits vor Erreichen der in der Zusage definierten Regelaltersgrenze verlangen zu können. Die „vorgezogene Altersleistung“ deckt also kein eigenes biometrisches Risiko ab, sondern bezieht sich ebenfalls auf das Risiko „Alter“. Unter bestimmten Voraussetzungen hat ein Versorgungsberechtigter auch ei84 nen gesetzlichen Anspruch auf vorgezogene Altersleistung, § 6 BetrAVG.133 Von § 6 BetrAVG darf gemäß § 19 Abs. 1 und 3 BetrAVG nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.134 Das schließt aber die Möglichkeit nicht aus, die Regelaltersgrenze in der Zusage auf dasselbe Lebensalter anzusetzen wie die früheste Möglichkeit, eine Rente aus der GRV zu erhalten. Dann wird der Anspruch aus § 6 BetrAVG praktisch gegenstandslos. Es empfiehlt sich, trotz § 6 BetrAVG in der Zusage Regelungen sowohl dem 85 Grunde, als auch der Höhe nach zur vorgezogenen Altersleistung zu treffen. Denn die vor Erreichen der Regelaltersgrenze liegende Inanspruchnahme der Altersleistung stört in der Regel das der Zusage zugrundeliegende Äquivalenzverhältnis. Die dadurch entstehenden Mehrbelastungen kann der Arbeitgeber in der Regel durch eine Kürzung der Regelaltersrente ausgleichen.135 Es kann sich des Weiteren auch empfehlen, in der Zusage spiegelbildlich eine 86 Erhöhung der Regelaltersleistung für den Fall zu regeln, dass der Versorgungsberechtigte die Altersleistung erst verspätet in Anspruch nimmt.136 Für diese Erhöhung dürften die gleichen Angemessenheitsmaßstäbe wie für eine Kürzung der Regelaltersrente wegen vorgezogener Inanspruchnahme gelten.

cc) Ergänzende Tatbestandsvoraussetzungen 87 Die Zahlung der Altersleistung kann – im Rahmen des arbeitsrechtlich allgemein

Zulässigen – in der Zusage von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht werden. Ausscheidensklausel 88 So ist die Entstehung des Anspruchs in der Praxis oftmals nicht allein durch das

Erreichen der Regelaltersgrenze, sondern auch durch das altersbedingte Aus-

_____ 132 Siehe dazu im Detail Kap. 8 Rn. 146 ff. 133 Das gilt gemäß § 22 Abs. 3 Nr. 3 BetrAVG auch für die reine Beitragszusage. 134 Siehe Rn. 318 ff. 135 Siehe Kap. 8 Rn. 172 ff. 136 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 6 Rn. 126 m.w.N.

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B. Gegenstand und Ausgestaltung der bAV

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scheiden des Versorgungsberechtigten aus dem Unternehmen bedingt (sog. Ausscheidensklausel). Dadurch kann die Regelaltersgrenze mit der arbeitsvertraglich festgelegten Altersgrenze der Beendigung des Arbeitsverhältnisses synchronisiert werden. In diesen Fällen erhält bspw. ein Versorgungsberechtigter, der auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze im Unternehmen verbleibt, die Versorgungsleistung erst nach seinem Ausscheiden. Die Ausscheidensklausel kann sich auch auf das altersbedingte Ausscheiden 89 aus dem Erwerbsleben beziehen. Dann ist der Anspruch auf die Versorgungsleistung auch davon abhängig, dass der Versorgungsberechtigte nach seinem altersbedingten Ausscheiden aus dem Unternehmen keine Tätigkeit bei einem etwaigen Nachfolgearbeitgeber ausübt. Beispiel 5 Die Definition des Versorgungsfalles „Alter“ bei Verwendung eine Ausscheidensklausel in einer Zusage könnte folgendermaßen lauten: „Die Altersleistung wird dem Mitarbeiter nach Erreichen der jeweiligen Regelaltersgrenze in der GRV (SGB VI) gewährt, sofern der Mitarbeiter deswegen aus den Diensten des Unternehmens ausscheidet.“

Zwingend ist die Aufnahme einer Ausscheidensklausel in die Zusage aber nicht. 90 Aus arbeitsrechtlicher Sicht gefährdet ihr Fehlen insbesondere nicht den erforderlichen Versorgungszweck.137 Denn grundsätzlich ist es dem Arbeitgeber im Rahmen des BetrAVG erlaubt, eine Altersgrenze festzulegen, zu der typischerweise mit einem Ausscheiden aus dem Erwerbs- oder Berufsleben gerechnet werden kann.138 So spricht viel dafür, dass eine Versorgungszusage, deren Altersgrenze das 60. (bzw. für neuere Zusagen das 62.139) Lebensjahr nicht unterschreitet, ohne weitere Voraussetzungen, also insbesondere ohne Ausscheidensklausel, den erforderlichen Versorgungszweck verfolgt.140 Das deckt sich auch mit der steuerlichen Perspektive. So liegt nach Ansicht 91 des BFH eine bAV bereits dann vor, wenn der Eintritt des Versorgungsfalles nur von der Erreichung der festgelegten Altersgrenze abhängig ist. Der gleichzeitige Bezug von Versorgungsleistung und Erwerbseinkommen nach Erreichen der Regelaltersgrenze ist danach nicht problematisch.141 Dem folgt auch die Finanzverwaltung,

_____ 137 Siehe zum Begriff des Versorgungszwecks Rn. 68. 138 BAG vom 28.10.2008 – 3 AZR 317/07 – BAGE 128, 199 = NZA 2009, 844. 139 Siehe Rn. 78 ff. 140 BAG, Urt. v. 28.10.2008 – 3 AZR 317/07 – BAGE 128, 199 = NZA 2009, 844, wobei das BAG eine endgültige Festlegung insoweit offenließ. 141 BFH, Urt. v. 23.10.2013 – I R 60/12 – DStR 2014, 641; so auch Höfer/Veith/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, § 6a, Rn. 92.1.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

wenn sie Regelungen zur bilanzsteuerrechtlichen Behandlung einer Zusage für den Fall trifft, dass Versorgungsleistungen bei Fortbestand des Dienstverhältnisses bezogen werden.142 Die Frage, ob eine Altersleistung ohne ein Ausscheiden aus dem Erwerbsleben 92 einen sozialversicherungsrechtlichen Versorgungsbezug darstellt, wird in der Literatur im Ergebnis wohl bejaht.143 Richtigerweise geht auch das BSG davon aus, ebenso wie die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.144 Antragserfordernis 93 Oftmals enthalten Zusagen in der Praxis auch ein sog. Antragserfordernis. Danach

wird die Zahlung der Altersleistung von der Stellung eines entsprechenden Antrags durch den Versorgungsberechtigten abhängig gemacht. Für den Arbeitgeber hat das bspw. den Vorteil, dass er – insbesondere mit Blick auf die mit unverfallbaren Anwartschaften ausgeschiedenen Arbeitnehmer – nicht die Last der Nachforschungen über den Verbleib der Versorgungsberechtigten trägt. Allerdings darf ein Antragserfordernis nicht gegen zwingende Vorschriften des 94 BetrAVG verstoßen. Insbesondere ist es unzulässig die Entstehung des Anspruchs auf die Versorgungsleistung von einer Antragstellung abhängig zu machen.145 Deswegen sollte in der Zusage geregelt werden, dass die Versorgungsleistungen lediglich ruhen, solange kein Antrag gestellt wird.146 5 Beispiel Vor diesem Hintergrund könnte die Formulierung eines Antragserfordernisses folgendermaßen lauten: „Die Auszahlung der Altersleistung ist davon abhängig, dass der Versorgungsberechtigte spätestens drei Monate vor Erreichen der Regelaltersgrenze die Altersleistung bei dem Unternehmen in Schriftform beantragt. Wird der Antrag nicht fristgerecht gestellt, so bleibt der Anspruch auf Altersleistung gleichwohl bestehen.“

Wartezeit und Vorschaltzeit 95 Eine Zusage auf bAV kann mit einer sog. Wartezeit versehen werden.147 Dabei handelt es sich um eine Mindestbeschäftigungszeit, die ein Arbeitnehmer nach Erteilung der Zusage zurückgelegt haben muss, um einen Anspruch auf die Leistung

_____ 142 BMF-Schreiben v. 18.9.2017, IV C 6 – S 2176/07/10006, Rn. 1 ff. 143 Höfer/Veit/Verhufen/Höfer/Veit, BetrAVG Bd. II, Kap. 43 Rn. 36, ebenso Waltermann, NZA 2007, 781, 782; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Teil 5, Rn. 53. 144 BSG, Urt. v. 25.8.2004 – B 12 KR 30/03 – NZS 2005, 370, Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger, Rundschreiben vom 21.11.2018, 61. 145 BAG, Urt. v. 23.1.2018 – 3 AZR 448/16 – BAGE 161, 335 = NZA 2018, 1558.
 146 Zum Sonderfall der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes siehe Kap. 13 Rn. 221 ff. 147 Siehe bspw. für die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 Rn. 215 ff.

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B. Gegenstand und Ausgestaltung der bAV

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erwerben zu können. Der Arbeitgeber ist bei der Festlegung einer Wartezeit grundsätzlich frei, solange er nicht gegen höherrangiges Recht verstößt.148 Beispiel 5 Eine Wartezeit kann leistungsausschließend wirken. Dann ist ein Arbeitnehmer, der die Wartezeit nicht erfüllen kann, von der Leistung gänzlich ausgeschlossen. Zum Beispiel: „Voraussetzung für die Gewährung einer Altersrente ist eine Betriebszugehörigkeitsdauer des Mitarbeiters von mindestens fünfzehn Jahren.“ Eine Wartezeit kann aber auch leistungsaufschiebend ausgestaltet sein. In diesem Fall wird nur die Entstehung des Leistungsanspruchs auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Zum Beispiel: „Die Altersleistung wird frühestens zehn Jahre nach Zusageerteilung gewährt“.

Gelegentlich finden sich in der Praxis auch sog. Vorschaltzeiten. Hier kündigt der 96 Arbeitgeber die Erteilung der Zusage zu einem späteren Zeitpunkt lediglich an (Zusage auf die Zusage).149 Vor Erreichen dieses Zeitpunkts besteht die Zusage aus rechtlicher Sicht noch nicht. Um zu vermeiden, dass damit die Unverfallbarkeitsbestimmungen des § 1b Abs. 1 BetrAVG umgangen werden, geht die ständige Rechtsprechung des BAG davon aus, dass die Zusage auf die Zusage bereits als Versorgungszusage i.S.d. § 1b Abs. 1 BetrAVG anzusehen ist, wenn dem Arbeitgeber nach Ablauf der vereinbarten Vorschaltzeit kein Entscheidungsspielraum mehr über den Inhalt und den Umfang der zu erteilenden Zusage verbleibt.150 Damit wirkt eine Vorschaltzeit in diesen Fällen regelmäßig wie eine Wartezeit.

dd) Besonderheiten versicherungsförmiger Durchführungswege In den versicherungsförmigen Durchführungswegen Direktversicherung, Pensi- 97 onskasse und Pensionsfonds bestimmt sich der Inhalt der Zusage regelmäßig nach dem Inhalt des Versicherungsvertrages.151 Das gilt auch für die (leistungs-)kongruent rückgedeckte Direktzusagen und Unterstützungskassenzusagen,152 was auch Besonderheiten mit Blick auf den Versorgungsfall „Alter“ erzeugt. Arten von Versicherungsverträgen Das Risiko „Alter“ wird in den versicherungsförmigen Durchführungswegen typi- 98 scherweise durch den Abschluss eines Lebensversicherungs- oder Pensions-

_____ 148 BAG, Urt. v. 24.2.2004 – 3 AZR 5/03 – BAGE 109, 354 = NZA 2004, 789, siehe auch Kap. 8 Rn. 24 ff. 149 Siehe auch Kap. 8 Rn. 21. 150 BAG, Urt. v. 24.2.2004 – 3 AZR 5/03 – BAGE 109, 354 = NZA 2004, 789. 151 Siehe Rn. 347. 152 Siehe Rn. 348 f.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

fondsvertrags abgedeckt. In der Regel handelt es sich dabei um Rentenversicherungen oder kapitalbildende Lebensversicherungen.153 Daneben ist in jüngster Zeit zu beobachten, dass auch mit Blick auf das Risiko „Alter“ Zusatzversicherungen oder andere selbständige Versicherungsverträge, in der bAV Verwendung finden sollen, bspw. Pflegeversicherungen oder Dread Disease-Versicherungen.154 Der sachliche Anwendungsbereich des BetrAVG ist jedoch nur eröffnet, soweit mit diesen Verträgen das Risiko „Alter“ im betriebsrentenrechtlichen Sinne oder ein anderes in § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG genanntes biometrisches Risiko abgedeckt wird.155 Regelaltersgrenze und flexibler Renteneintritt 99 Viele für versicherungsförmige Zusagen verwendete Versicherungsverträge enthal-

ten neben einer Regelaltersgrenze auch das Recht des Versorgungsberechtigten, den Zeitpunkt der Versorgungsleistung flexibel zu bestimmen. Auf diese Weise kann der Leistungszeitpunkt mit dem individuellen Eintritt des Versorgungsberechtigten in den Ruhestand synchronisiert werden. 5 Beispiele Gebräuchlich ist insoweit bspw. die Vereinbarung von: ■ Abrufphasen: Diese geben dem Versorgungsberechtigten das Recht, die Leistung bereits vor dem im Versicherungsschein genannten Rentenbeginn (Regelaltersgrenze), bspw. fünf Jahre früher, verlangen zu können. Wird davon Gebrauch gemacht, erfolgt eine Neuberechnung der Leistungshöhe. ■ Rentenbeginnphasen: Hier kann der Versorgungsberechtigte innerhalb eines vereinbarten Zeitraums, der sich bspw. über 7 Jahre erstreckt, wählen, ab welchem Zeitpunkt die Leistung gezahlt werden soll (tatsächlicher Rentenbeginn). Solange er sein Wahlrecht nicht ausübt, wird die Leistung nicht erbracht. Eine Zahlung erfolgt aber spätestens zum Ende Rentenbeginnphase. ■ Verlängerungsoptionen. Sie gewähren dem Versorgungsberechtigten das Recht, die im Versicherungsschein ausgewiesene Regelaltersgrenze einmalig – bspw. um 5 Jahre – hinauszuschieben. In diesem Fall erfolgt ebenfalls eine Neuberechnung der Leistungshöhe.

b) Höhe der Altersleistung (Leistungszusagen) 100 Die Höhe der Altersleistung ist vom BetrAVG nicht vorgegeben, weswegen auch

sie in der Zusage geregelt werden muss. Insoweit gibt es vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Diese richten sich u.a. danach, ob es sich um eine Leistungszusage oder um eine beitragsorientierte Zusage handelt.156 Zunächst soll der Blick auf die Leis-

_____ 153 Siehe Rn. 398. 154 Siehe Rn. 152 ff., 157. 155 Siehe Rn. 152 ff. 156 Siehe Rn. 467.

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tungszusage gerichtet werden.157 Sie liegt gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG dann vor, wenn zwar die Höhe der versprochenen Leistung, nicht aber der zur Erzeugung dieser Leistung erforderliche Aufwand Bestandteil des Versorgungsversprechens ist.158 Abgesehen von der – in der Praxis kaum noch zu findenden – simplen Form der 101 Festbetragszusage bestimmt sich die Höhe einer Leistungszusage in der Regel durch eine Berechnungsformel, die Teil des Versorgungsversprechens ist. Die Regelungen zur Ermittlung der Höhe der Altersleistung in Leistungszusagen weisen in der Praxis eine große Vielfalt auf. Beispiele 5 ■ Festbetragszusagen: Hier wird die Höhe der Altersleistung fest vereinbart. Zum Beispiel: „Es wird eine Altersleistung in Höhe von 200 € monatlich zugesagt.“ ■ Endgehaltsabhängige Zusagen: Die Höhe der Altersleistung bestimmt sich hier nach einem in der Zusage festgelegten Prozentsatz des letzten Gehaltes des Versorgungsberechtigten vor Eintritt des Versorgungsfalles (ruhegeldfähiges Endgehalt). Zum Beispiel: „Es wird eine Altersleistung in Höhe von 3% des ruhegeldfähigen Endgehalts zugesagt.“ ■ Dienstzeitabhängige Zusagen: Im Rahmen dieser Gestaltung bestimmt sich die Höhe der Altersleistung nach der Anzahl der anrechenbaren Dienstjahre, die der Versorgungsberechtigte bis zum Eintritt des Versorgungsfalles ableistete. Oftmals wird deren Anzahl limitiert. Zum Beispiel: „Es wird eine Altersleistung in Höhe von 10 € pro anrechenbarem Dienstjahr zugesagt. Berücksichtigungsfähig sind maximal 25 anrechenbare Dienstjahre.“ ■ Kombinierte endgehalts- und dienstzeitabhängige Zusagen: In Kombination bestimmt sich die Höhe der Altersleistung nach der Anzahl der Dienstjahre und nach dem ruhegeldfähigen Endgehalt. Zum Beispiel: „Die Höhe Altersleistung bestimmt sich nach 0,2% des ruhegehaltfähigen Endgehalts multipliziert mit der Zahl der anrechenbaren Dienstjahre.“ ■ Bausteinzusagen: Die Höhe der Altersleistung bestimmt sich hier nach der Summe der vom Versorgungsberechtigten bis zum Eintritt des Versorgungsfalles erworbenen Versorgungsbausteine. Zum Beispiel: „Der Versorgungsberechtigte erwirbt pro Dienstjahr einen Versorgungsbaustein auf Altersrente. Der Wert eines Versorgungsbausteins bestimmt sich nach der anliegenden Tabelle in Abhängigkeit von dem Lebensalter, in dem der jeweilige Versorgungsbaustein erworben wird. Die Höhe der Altersrente bestimmt sich nach der Summe der Werte der vom Versorgungsberechtigten bis zum Eintritt des Versorgungsfalls erworbenen Versorgungsbausteine.“

Einen Sonderfall der Leistungszusagen stellen Gestaltungen dar, nach denen sich 102 die Höhe der Versorgungsleistung unter Berücksichtigung anderer Versorgungsleistungen berechnet.

_____ 157 Zu den beitragsorientieren Zusagen siehe Rn. 104 ff. 158 Siehe Rn. 470.

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5 Beispiele Zu nennen sind hier bspw.: ■ Zusagen mit Anrechnungsklauseln: Hier wird eine (in der Regel hohe) Leistungszusage auf bAV erteilt, auf die andere Versorgungsbezüge, insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung, angerechnet werden. ■ Gesamtversorgungszusagen: Hier wird ein bestimmtes Versorgungsniveau (bspw. 75% des zuletzt bezogenen Netto-Einkommens) definiert. Soweit die Leistungen aus anderen Versorgungsbezügen, insbesondere der gesetzlichen Rentenversicherung, nicht ausreichen, um dieses Niveau zu erreichen, wird die Differenz durch die bAV aufgefüllt. 103 Diese Gestaltungen sind allerdings in neueren Zusagen kaum noch zu finden, da

sie infolge der Absenkung des Leistungsniveaus der gesetzlichen Rentenversicherung kostenintensiv und für den Arbeitgeber schwer kalkulierbar sind.159

c) Höhe der Altersleistung (beitragsorientierte Zusagen) 104 Neuere Zusagen werden in der Regel als beitragsorientierte Zusagen erteilt.160 Auch sie zeichnen sich mit Blick auf die Bestimmung der Höhe der Altersleistung in der Praxis durch eine große Gestaltungsvielfalt aus. Die konkrete Ausgestaltung hängt u.a. davon ab, ob es sich um eine unmittelbare Zusage (Direktzusage) oder eine mittelbare Zusage (Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds, Unterstützungskasse) handelt.161

aa) Beitragshöhe 105 Gemeinsam ist beitragsorientierten Zusagen, dass die Höhe der Leistung von der

Höhe der aufgewendeten Beiträge abhängt. In der Praxis bestimmt sich die Höhe der Beiträge oft als Prozentsatz der versorgungsfähigen Bezüge, wobei Bemessungsgrundlage die Grundvergütung des Arbeitnehmers ist; gelegentlich wird auch die variable Vergütung einbezogen.162 Da Vergütungsbestandteile, die über der jeweiligen BBG liegen, nicht sozial106 versicherungspflichtig sind, erwerben die betreffenden Arbeitnehmer insoweit keine Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Um ihnen dennoch eine ausreichende Altersleistung zu gewähren, gewichten beitragsorientierte Zusagen die Beiträge zur bAV in der Praxis oftmals unterschiedlich: Für Entgelt bis zur BBG werden geringere Beiträge gewährt als für Entgelt oberhalb der BBG (sog. gespaltene Rentenformel oder Splitbeiträge).

_____ 159 Siehe dazu auch: Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 2, Rn. 49. 160 Siehe Rn. 467. 161 Siehe zu den Begriffen Rn. 342 f., 344 ff. 162 Siehe auch: Becker/Lingenfelser/Puschinski, 11 f.

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Praxistipp 3 Im Median liegt der Beitragssatz dieser Gestaltungen für versorgungsfähige Bezügeteile unterhalb der BBG bei 3% und für die oberhalb der BBG bei 10%. Allerdings beziehen sich diese Werte auf sämtliche Beiträge zur bAV und nicht nur auf die für Altersleistungen.163

Die Beitragshöhe richtet sich in der Praxis gelegentlich auch nach der Dauer der 107 Betriebszugehörigkeit des Versorgungsberechtigten.

bb) Unmittelbare beitragsorientierte Zusagen Mit Blick auf die Höhe der Altersleistung lassen sich beitragsorientierte Zusagen 108 danach unterscheiden, ob die Beiträge im Rahmen einer unmittelbaren oder einer mittelbaren Zusage aufgewendet werden.164 Unmittelbare beitragsorientierte Zusagen werden in der Praxis über den 109 Durchführungsweg Direktzusage165 umgesetzt. In diesem Rahmen gibt es Gestaltungen, nach denen die Beiträge beim Arbeitgeber verbleiben (sog. interne Finanzierung) und Gestaltungen, nach denen die Beiträge zur Finanzierung der Versorgungszusage an einen Dritten gezahlt werden (sog. externe Finanzierung). Interne Finanzierung Wird eine beitragsorientierte Zusage intern finanziert, verbleiben die zugesagten 110 Beiträge beim Arbeitgeber. Sie werden nur „aufgewendet“ und nicht tatsächlich „gezahlt“. Durch eine Berechnungsformel, die ebenfalls Bestandteil der Zusage ist, werden die aufgewendeten Beiträge in eine Altersleistung umgerechnet. In der Praxis finden sich insoweit verschiedene Modelle. Beispiele 5 ■ Versicherungsmathematische Berechnung: Hier ergibt sich die Höhe der Altersleistung aus einer Berechnung der aufgewendeten Beiträge unter Verwendung versicherungsmathematischer Annahmen wie Sterbewahrscheinlichkeiten, Fluktuation und Zinseffekte.166 Zum Beispiel: „Die Höhe der Altersleistung beträgt unter der Annahme, dass die zugesagten Beiträge bis zum Eintritt des Versorgungsfalles aufgewendet werden, 200 € monatlich.“ ■ Höhe des Versorgungskapitals: Hier ergibt sich die Höhe der Altersleistung allein aus der Summe der aufgewendeten Beiträge. Oftmals erhöht sich diese noch um eine garantierte Mindestverzinsung der Beiträge. Zum Beispiel: „Die Höhe der Altersleistung (Kapital) ergibt sich aus der Summe der aufgewendeten Beiträge des Arbeitgebers. Diese Beiträge werden bis zum Eintritt des Versorgungsfalls mit einem jährlichen Zinssatz verzinst. Die Verzinsung erhöht die Altersleistung. Die Höhe des jährlichen Zinssatzes beträgt 2,5%.“

_____ 163 Becker/Lingenfelser/Puschinski, 12, bezogen auf die dort untersuchten Unternehmen. 164 Siehe zu den Begriffen Rn. 342 f., 344 ff. 165 Siehe Rn. 363 ff. 166 Siehe auch Kap. 4 Rn. 43 ff.; Kap. 5 Rn. 19 ff.

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In älteren Zusagen finden sich garantierte Verzinsungen von bis zu 6%. Neuere Zusagen hingegen verwenden feste Zinsgarantien seltener. Häufig werden stattdessen kapitalmarkorientierte Zinsmodelle genutzt, deren Zinssatz bspw. von einer fiktiven Kapitalanlage abhängt.167 Bausteinzusagen: Hier bestimmt sich die Höhe der Altersleistung nach der Summe des Wertes der mit den zugesagten Beiträgen vom Versorgungsberechtigten erworbenen Versorgungsbausteine.168

Externe Finanzierung 111 Der Arbeitgeber kann die zugesagten Beiträge zur Finanzierung eines beitragsorientieren unmittelbaren Versorgungsversprechens auch extern anlegen.169 In diesen Fällen werden in der Praxis die Rahmenbedingungen der Anlage oftmals in der Zusage geregelt und somit Bestandteil des Versorgungsversprechens. 170 Bestimmt sich dabei die Höhe der Altersleistung allein nach dem Ergebnis der externen Anlage, wird von einer kongruent (auch leistungskongruent) rückgedeckten Zusage gesprochen.171 In der Praxis ist eine große Vielfalt von Gestaltungen dieser Art zu finden. 5 Beispiele ■ Wertpapiergebundene Zusagen (mit garantierter Leistungshöhe):172 Hier erwirbt der Arbeitgeber in Höhe der zugesagten Beiträge Anteile an einem Fondssondervermögen, die in entsprechender Höhe dem einzelnen Arbeitnehmer zugeordnet werden. Die Höhe der Altersleistung bestimmt sich nach dem Wert der dem Arbeitnehmer zugeordneten Fondsanteile bei Eintritt des Versorgungsfalles (Kapitalertrag). Um zu vermeiden, dass durch die alleinige Abhängigkeit der Leistungshöhe vom Kapitalertrag die Vorschriften des BetrAVG verletzt werden173 sowie, um dem Versorgungsberechtigten ein gewisses Versorgungsniveau zu garantieren, wird oft eine garantierte (Mindest-)Höhe der Versorgungsleistung zugesagt. Zum Beispiel: „Die Höhe der Altersleistung (Kapital) ergibt sich aus der Summe der aufgewendeten Beiträge des Arbeitgebers. Diese Beiträge werden bis zum Eintritt des Versorgungsfalls mit einem jährlichen Zinssatz von 2,5%. verzinst. Die Verzinsung erhöht die Altersleistung (garantierte Altersleistung). Sofern der Gegenwert der Summe aller bis zum Entstehen eines Anspruchs auf Altersleistung zugunsten des Mitarbeiters gemäß dieser Versorgungsordnung erworbenen Fondsanteile höher ist als die garantierte Altersleistung, erhält der Mitarbeiter zusätzlich diesen Kapitalertrag als Kapitalleistung.“

_____ 167 Becker/Lingenfelser/Puschinski, 12. 168 Siehe für ein Beispiel Rn. 101 entsprechend. 169 Damit ist allerdings nicht die Erteilung einer Zusage über einen mittelbaren Durchführungsweg nach dem BetrAVG gemeint, sonst würde es sich nicht mehr um eine unmittelbare, sondern um eine mittelbare Zusage handeln. 170 Natürlich bleibt es dem Arbeitgeber unbenommen, seine Mittel auch dann extern anzulegen, wenn die Parameter der Anlage nicht Bestandteil der Zusage sind. 171 Zur leistungskongruent rückgedeckten Direktzusage siehe Rn. 349. 172 Siehe auch Kap. 4 Rn. 30. 173 Siehe dazu bspw. Rn. 491 ff.

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Bausteinzusagen: Wie bereits erwähnt, bestimmt sich im Rahmen von Bausteinzusagen die Höhe der Altersleistung nach der Summe der vom Versorgungsberechtigten erworbenen Versorgungsbausteine.174 Im Rahmen einer unmittelbaren beitragsorientierten Zusage, die extern finanziert ist, kann sich der Wert der einzelnen Bausteine bspw. nach dem jährlichen Kapitalertrag der externen Anlage ermitteln, wobei auch hier in der Regel eine garantierte (Mindest-)Höhe der Versorgungsleistung zugesagt wird. Zum Beispiel: „Die Höhe der Altersleistung (Kapital) ergibt sich aus der Summe der aufgewendeten Beiträge des Arbeitgebers. Diese Beiträge werden bis zum Eintritt des Versorgungsfalls mit einem jährlichen Zinssatz von 2,5%. verzinst (garantierte Altersleistung). Für jeden Mitarbeiter wird pro Kalenderjahr jeweils ein Versorgungsbaustein ermittelt. Dessen Wert bestimmt sich jeweils nach dem Wert der vom Unternehmen gemäß dieser Versorgungsordnung erworbenen und dem Mitarbeiter zum jeweiligen Stichtag zugeordneten Fondsanteile. Soweit der Gegenwert der Summe aller bis zum Eintritt des Versorgungsfalles vom Mitarbeiter erworbenen Versorgungsbausteine höher ist als die garantierte Altersleistung, erhält der Mitarbeiter zusätzlich diesen anteiligen Gegenwert als Kapitalleistung.“ Kongruente Rückdeckungsversicherungen: In der Praxis finden sich gelegentlich unmittelbare Zusagen und Unterstützungskassenzusagen, nach denen die Beiträge an eine Rückdeckungsversicherung gezahlt werden, um die arbeitsrechtliche Zusage (voll oder teilweise) abzudecken.175 Weiter verbreitet sind indes (leistungs-)kongruent rückgedeckte Zusagen in denen sich die Höhe der Altersleistung unmittelbar nach der Höhe der Leistung aus der Rückdeckungsversicherung bestimmt.176 Zum Beispiel: „Die Höhe der Altersleistung ergibt sich aus dem gemäß dieser Versorgungsordnung zur Rückdeckung der Zusage abgeschlossenen Versicherungsvertrags bei der XY-Lebensversicherung AG.“

cc) Mittelbare beitragsorientierte Zusagen, insbesondere versicherungsförmige Durchführungswege Weit verbreitet in der Praxis sind auch beitragsorientierte Zusagen über die mittel- 112 baren Durchführungswege. Deren Besonderheit liegt u.a. darin, dass sich der Inhalt der Zusage und damit auch die Höhe der Altersleistung regelmäßig nach dem Inhalt der korrespondierenden vertraglichen Bestimmungen des eingeschalteten Versorgungsträgers richten.177 Mittelbare Zusagen sind in der Praxis überwiegend versicherungsförmig ausgestaltet (die sog. versicherungsförmigen Durchführungswege Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds178 – hinzu kommt die (leistungs-)kongruent rückgeckte Unterstützungskasse179. Obgleich es sich bei (leistungs-)kongruent rückgedeckten Direktzusagen um unmittelbare Zusagen handelt, richtet sich auch hier der Inhalt der arbeitsrechtlichen Versorgungsverpflichtung nach dem in Bezug genommenen Versicherungsvertrag.180

_____ 174 Siehe Rn. 101. 175 Siehe Rn. 349 sowie Kap. 6 Rn. 344 ff. 176 Siehe Rn. 349. 177 Siehe Rn. 345. 178 Siehe Rn. 347 179 Siehe Rn. 348. 180 Siehe Rn. 349.

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Versicherungsverträge und Leistungshöhe 113 Zur Umsetzung einer versicherungsförmigen Zusage auf Altersleistung werden Ren-

ten- oder Kapitallebensversicherungen verwendet. Die Höhe der aus dem Versicherungsvertrag fließenden Altersleistung bestimmt sich zum ersten nach der Höhe der gezahlten Beiträge (sog. Sparbeiträge) sowie nach der Beitragszahlungsdauer. Zum zweiten wirkt sich der verwendete Tarif, d.h., die versicherungsmathematische Kalkulation (Rechnungsgrundlagen), entscheidend auf die Höhe der Altersleistung aus. In diesem Rahmen spielen Zinsfaktoren und Wahrscheinlichkeitsberechnungen (Sterbetafeln) eine entscheidende Rolle – im Falle einer Rentenleistung u.a. auch als Verrentungsfaktoren. Die Vielfalt der Produktkonzepte dieser Versicherungsverträge ist groß. 114 Sie unterscheiden sich u.a. mit Blick auf die Frage, ob und wenn ja in welcher Höhe eine bestimmte Leistungshöhe garantiert wird. Auch die Art der Garantieerzeugung und der Anlage des Kapitals unterscheiden sich zum Teil erheblich.181 5 Beispiele In der Praxis sind bspw. folgende Gestaltungen zu finden: ■ klassische Lebensversicherungen, ■ neue Varianten der klassischen Lebensversicherung, ■ fondsgebundene Lebensversicherungen, ■ weitere alternative Konzepte: bspw. variable Annuitäten, Constant-Proportion-Portfolio-Insurance-Modelle (CPPI-Modelle), Index-Linked-Hybride, ■ Produkte zur Umsetzung der reinen Beitragszusage.

Leistungserhöhung durch Überschüsse und Rentendynamik 115 Die aus dem Versicherungsvertrag fließende Altersleistung erhöht sich in der Praxis in der Regel noch um die (nicht garantierten) Überschüsse.182 Zunächst ist die Verwendung der Überschüsse ausschließlich zur Leistungserhöhung in der Anwartschaftsphase nach § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BetrAVG eine Voraussetzung zur Durchführung des versicherungsförmigen Verfahrens.183 Weiterhin müssen die Überschüsse im Fall einer Entgeltumwandlung – in der Anwartschaftsphase nach § 1b Abs. 5 BetrAVG für Direktversicherungs-, Pensionskassen- und Pensionsfondszusagen und in der Rentenphase nach § 16 Abs. 5 BetrAVG für Direktversicherungs- und Pensionskassenzusagen – zur Erhöhung der Leistung verwendet werden. Ist die Zusage arbeitgeberfinanziert, besteht eine solche gesetzliche Pflicht zur leistungserhö-

_____ 181 Siehe dazu im Detail: Rn. 400 sowie Kap. 6 Rn. 175. Die klassische Lebensversicherung weist dabei in der Regel eine Garantieverzinsung in Höhe des Höchstrechnungszinses von aktuell 0,9% pro Jahr auf. 182 Siehe Kap. 6 Rn. 248 ff. 183 Siehe Kap. 8 Rn. 70 ff.

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henden Verwendung der Überschüsse nicht, wenngleich in der Praxis auch hier in der Regel eine Verwendung zur Leistungserhöhung zugesagt wird. Darüber hinaus befreit dies den Arbeitgeber in der Rentenphase in den Durchführungswegen Direktversicherung und Pensionskasse von der Anpassungsprüfungspflicht, § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG.184 Handelt es sich um eine Rentenversicherung, so wird in der Praxis oftmals ver- 116 sicherungsvertraglich eine dynamische Erhöhung der Leistung für die Rentenphase vereinbart. Beträgt diese Erhöhung jährlich mindestens 1% wird der Arbeitgeber gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG ebenfalls von der Anpassungsprüfungspflicht befreit.185 Beispiel 5 So kann bspw. die Anpassungsklausel in einem Leistungsplan einer leistungskongruent rückgedeckten Unterstützungskasse folgendermaßen lauten: „Sämtliche aus der Rückdeckungsversicherung anfallenden Überschüsse werden zur Erhöhung der laufenden Versorgungsleistungen verwendet. Die zugesagten laufenden Versorgungsleistungen werden jeweils einmal jährlich um mindestens 1% ihres Wertes erhöht.“

d) Form und Dauer der Altersleistung sowie weitere Bestimmungen Als Formen der Altersleistung kommen Kapital- oder Rentenzahlungen in Be- 117 tracht.186 Das BetrAVG enthält insoweit keine Vorgaben. Deswegen muss eine Zusage auch diesen Punkt regeln. Traditionell wird die Altersleistung als Rente erbracht, allerdings oftmals ver- 118 sehen mit dem Recht des Versorgungsberechtigten, statt der Rentenleistung eine Kapitalzahlung wählen zu können (Kapitalwahlrecht). In bestimmten Konstellationen ist allerdings die Leistungsform Rente gesetzlich vorgeschrieben, so bspw. für die reine Beitragszusage, § 22 Abs. 1 S. 1 BetrAVG,187 oder in steuerlichen Regelungen, wie bspw. § 3 Nr. 63 EStG.188 Es ist jedoch in der Praxis auch weit verbreitet, als Altersleistung die Zahlung einer Kapitalsumme zuzusagen. Oft enthalten diese Zusagen auch das Recht des Versorgungsberechtigten, statt einer Einmalzahlung eine Ratenzahlung des Kapitals zu wählen.189 Die zur Umsetzung versicherungsförmiger Zusagen verwendeten Versiche- 119 rungsverträge/Pensionsfondsverträge können Renten- oder Kapitallebensversi-

_____ 184 Siehe Kap. 8 Rn. 440 ff. 185 Siehe Kap. 8 Rn. 438. 186 Siehe auch Rn. 210 ff. 187 Siehe Rn. 537. 188 Siehe Kap. 2 Rn. 131. 189 Siehe Rn. 224 ff.

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cherungen sein. Erstere beinhaltet oft zusätzlich ein Kapitalwahlrecht. Die Möglichkeit einer Ratenzahlung ist hingegen in Versicherungsverträgen in der Regel nicht enthalten. Wird die Altersleistung in Form einer Rentenleistung gewährt, muss die Zusage 120 auch Bestimmungen über deren Dauer enthalten. In der Regel wird eine Altersrente als laufende Leistung lebenslang gewährt. Es gibt jedoch auch temporäre Rentenleistungen.190 Soll im Fall einer Kapitalleistung der Versorgungsberechtigte das Recht haben, statt einer Einmalzahlung eine Ratenzahlung zu wählen, so sind die Rahmenbedingungen dieser Ratenzahlung ebenfalls in der Zusage zu regeln. Darüber hinaus sollte eine Zusage auf Altersleistung letztlich auch Bestimmun121 gen über die Modalitäten der Auszahlung der Leistung (bspw. Fälligkeit der Zahlungen, Überweisung auf ein Girokonto des Versorgungsberechtigten) enthalten.

e) Checkliste 122 Bei der Gestaltung einer Altersleistung empfiehlt es sich in der Zusage u.a. folgende Fragen zu regeln:191 3 Praxistipps ■ Festlegung der Tatbestandsvoraussetzungen des Versorgungsfalles Alter ■ Welches Alter wird als Regelaltersgrenze definiert? Erfolgt eine Verknüpfung mit der Regelaltersgrenze nach SGB VI? ■ Aufnahme einer Ausscheidensklausel? Wenn ja, bezieht sich diese auf ein Ausscheiden aus dem Unternehmen oder aus dem Erwerbsleben? ■ Aufnahme einer Regelung zu einer vorgezogenen Altersleistung (dabei ist auch der gesetzliche Anspruch gemäß § 6 BetrAVG zu beachten)? ■ Aufnahme weiterer leistungsbegründender oder -auslösender Voraussetzungen (bspw. Wartezeit, Vorschaltzeit, Antragserfordernis)? ■ Ausgestaltung der Versorgungsleistung ■ Höhe der Regelaltersleistung (Leistungsformel) und ggf. der vorgezogenen Altersleistung? ■ Bei beitragsorientierten Zusagen: Höhe des Beitrags? ■ Leistungsform (Kapital oder Rente)? Im Falle einer Rentenzahlung: Kapitalwahlrecht? Im Falle einer Kapitalzahlung: Möglichkeit der Ratenzahlung? ■ In den versicherungsförmigen Durchführungswegen sowie bei (leistungs-)kongruent rückgedeckter Direktzusage und Unterstützungskassenzusage: Wahl des Versorgungsträgers und Gestaltung des Versicherungstarifs/Ausgestaltung des Leistungsplans? ■ Bei Rentenleistung oder bei Recht zur Ratenzahlung: Dauer der Leistung? ■ Modalitäten der Leistungserbringung (bspw. Fälligkeit)?

_____ 190 Siehe Rn. 214. 191 Dabei handelt es sich lediglich um ein Beispiel, das nach den Umständen des Einzelfalls erweitert oder variiert werden muss. Siehe auch Kap. 12 Rn. 39.

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6. Biometrisches Risiko Invalidität Eine Zusage auf Absicherung der Invalidität hat für Versorgungsberechtigte eine 123 mindestens ebenso gewichtige Bedeutung wie die Zusage auf eine Altersleistung. Denn sie vermittelt in Ergänzung zu § 43 SGB VI einen Schutz gegen das Risiko der mangelnden Erwerbsfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze. Damit erfüllt der Absicherung des Risikos der Invalidität eine wichtige sozialpolitische Funktion. Invaliditätsleistungen werden in der Praxis oft in Kombination mit Alters- 124 und/oder Todesfallleistungen zugesagt. In jüngster Zeit sind in der Praxis – insbesondere im Durchführungsweg Direktversicherung – aber auch vermehrt Zusagen zu beobachten, die ausschließlich das Risiko der Invalidität absichern.

a) Voraussetzungen der Invaliditätsleistung Soll eine Zusage auf Invaliditätsleistung unter den Anwendungsbereich des Betr- 125 AVG fallen, so muss sie stets den Zweck haben, den Versorgungsberechtigten im Falle seiner Invalidität zu versorgen (Versorgungszweck).192 Sie muss also grundsätzlich darauf gerichtet sein, den Lebensstandard des Versorgungsberechtigten nach dessen invaliditätsbedingtem Ausscheiden aus dem Erwerbs- oder Berufsleben zu sichern.193 Ebenso wie für den Versorgungsfall Alter enthält das BetrAVG keine Legalde- 126 finition der Invalidität. Es besteht also die Freiheit und gleichzeitig die Notwendigkeit, die Invalidität als leistungsauslösendes biologisches Ereignis in der Zusage zu definieren. Das sollte möglichst genau erfolgen, um Streitigkeiten zu vermeiden. Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass – sofern es sich bei der Zusage um AGB i.S.d. §§ 305 ff. handelt – Unklarheiten gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders, also des Arbeitgebers, wirken.194

aa) Definition der Invalidität Vor diesem Hintergrund wird unter „Invalidität“ in der Praxis in der Regel Folgen- 127 des verstanden: ■ eine gesundheitliche Beeinträchtigung, d.h. eine Krankheit oder Behinderung (körperlicher, seelischer oder geistiger Art) des Versorgungsberechtigten, ■ die dazu führt, dass seine Erwerbsfähigkeit vollständig oder teilweise auf nicht absehbare Zeit eingeschränkt ist.

_____ 192 Siehe grundsätzlich dazu: Rn. 68. 193 BAG, Urt. v. 18.5.2004 – 9 AZR 250/03 – NJOZ 2005, 1260, siehe aber Rn. 137 ff. 194 Siehe dazu Rn. 42.

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Verweisung auf die Vorschriften des SGB VI 128 Wegen der Nähe der bAV zum Sozialversicherungsrecht nehmen Zusagen auf Inva-

liditätsleistung in der Praxis – ebenso wie die Altersleistungen – oftmals auf die Bestimmungen des SGB VI und/oder eine berufsständische Versorgung Bezug. Seit dem 1.1.2001 knüpft das SGB VI nicht mehr an die Begriffe Berufsunfä129 higkeit und Erwerbsunfähigkeit (§ 43 und § 44 SGB VI a.F.) an, sondern an die Begriffe teilweise Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 SGB VI) und volle Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 SGB VI). Bei Vorliegen der in § 43 SGB VI genannten Voraussetzungen erhalten danach Versicherte, ■ die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, § 43 Abs. 1 SGB VI. ■ die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, § 43 Abs. 2 SGB VI. 5 Beispiel Eine Zusage auf Invaliditätsleistung unter Bezugnahme auf die gesetzliche Rentenversicherung und auf eine berufsständische Versorgung könnte folgendermaßen lauten: „Scheidet der Versorgungsberechtigte aus den Diensten des Unternehmens aus, bevor ein Anspruch auf Altersleistung entsteht, und weist er nach, dass er eine Rente wegen voller Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung (aktuell gemäß § 43 SGB VI) oder einer gleichgestellten berufsständischen Versorgungseinrichtung bezieht, so erhält er eine Invaliditätsleistung in Form einer monatlichen Rentenleistung nach den Bestimmungen dieser Zusage.“ 130 Viele – insbesondere ältere – Zusagen, die auf das SGB VI Bezug nehmen, enthalten

noch die Begriffe „Erwerbsunfähigkeit“ und „Berufsunfähigkeit“, ohne diese selbst zu definieren. Dadurch entstehen Unsicherheiten, da das Gesetz diese Begriffe wie erwähnt heute nicht mehr kennt. In diesem Fall muss die Zusage ausgelegt werden.195 Grundsätzlich sind Verweisungen nach Ansicht des BAG in Zusagen als dynamisch zu betrachten. Statische Verweisungen und die damit verbundene Festschreibung bestimmter Regelungen sind die Ausnahme und müssen deshalb deutlich zum Ausdruck gebracht werden.196 Ist das nicht der Fall, so interpretiert das BAG (zumindest in Zusagen aus der Zeit vor 2001) eine Verweisung auf die Vorschriften des SGB VI a.F. als dynamisch. Diese Dynamik soll dann nicht nur auf die gesetzliche Vorschrift in ihrer jeweils gültigen Fassung gerichtet sein (zeitdyna-

_____ 195 Siehe grundsätzlich dazu Rn. 42 ff. 196 BAG, Urt. v. 16.12.2009 – 5 AZR 888/08 – NZA 2010, 401.

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misch), sondern auch auf die Vorschriften des SGB VI, aus denen sich der Anspruch auf eine Rente wegen Leistungsminderung jeweils ergibt (inhaltsdynamisch).197 Danach ist – zumindest im Regelfall – bei Absicherung einer „Berufsunfähigkeit“ die Zusage so zu verstehen, als verweise sie nach den heutigen Vorschriften auf eine verminderte Erwerbsfähigkeit gemäß § 43 SGB VI.198 Konsequenterweise ist im Rahmen einer solchen Zusage ein nach heutigem Recht voll erwerbsgeminderter Arbeitnehmer erst recht auch „berufsunfähig“.199 Auslegungsbedürftig ist auch der aus der Beamtenversorgung abgeleitete und 131 in der Praxis gelegentlich zu findende Begriff der „Dienstunfähigkeit“. Mit Ausnahme von Zusagen, die Leistungen nach beamtenrechtlichen Vorschriften gewähren, sollte er möglichst vermieden werden, sofern er nicht in der Zusage selbst präzise definiert wird. Ursache der Invalidität Die Zusage einer Invaliditätsleistung kann auch davon abhängig gemacht werden, 132 welche Ursache die Invalidität hat, obgleich das in der Praxis eher selten zu finden ist. Beispiele 5 So kann bspw. differenziert werden nach Invalidität ■ aufgrund eines Unfalls (und hier noch einmal zwischen Arbeitsunfällen und sonstigen Unfällen), ■ aufgrund einer Krankheit (und hier noch einmal zwischen Berufskrankheiten und sonstigen Krankheiten), ■ aufgrund sonstigen Kräfteverfalls.

Einschränkung der Erwerbstätigkeit In der Praxis stellt sich gelegentlich die Frage, ob und wenn ja inwieweit es für eine 133 Zusage auf Invaliditätsversorgung zwingend erforderlich ist, dass der Versorgungsberechtigte durch die gesundheitliche Beeinträchtigung in seiner Erwerbstätigkeit eingeschränkt sein muss. Eine klare Positionierung der Rechtsprechung und der Literatur fehlt hierzu. Allerdings lässt sich aus der ständigen Rechtsprechung des BAG ableiten, dass sie wohl (selbstverständlich) vom Erfordernis einer solchen Einschränkung ausgeht.200 Dem ist zuzustimmen. Eine Invaliditätsleistung im Sinne des BetrAVG wird stets nur dann vorliegen können, wenn die Erwerbstätigkeit des Berechtigten durch die gesundheitliche Beeinträchtigung zumindest eingeschränkt ist. Dies ergibt sich zum einen aus der Anlehnung des Betriebsrentenrechts an das

_____ 197 BAG, Urt. v. 9.10.2012 – 3 AZR 539/10 – NZA 2013, 696. 198 BAG, Urt. v. 9.10.2012 – 3 AZR 539/10 – NZA 2013, 696. 199 BAG, Urt. v. 19.5.2016 – 3 AZR 794/14 – BAGE 155, 125 = NJOZ 2018, 1026. 200 Siehe etwa BAG, Urt. v. 25.4.2017, 3 AZR 668/15 – NZA-RR 2017, 498. Ebenso auch Höfer in: Höfer/de Groot/Küpper/Reich, BetrAVG, Bd. I, Kap. 2, Rn. 18.

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SGB VI, wo dies nach § 43 SGB VI eine Tatbestandsvoraussetzung für die Leistung ist. Weiterhin sprechen Sinn und Zweck einer Invaliditätsversorgung für diese Ansicht: Wenn eine gesundheitliche Beeinträchtigung keine Auswirkungen auf das Erwerbsleben hat, würde sich der Zweck der Leistung höchstens auf die Behebung der gesundheitlichen Beeinträchtigung beziehen. Dann aber handelte es sich um Leistungen der Kranken- oder Unfallvorsorge, die nach allgemeiner Meinung nicht vom Anwendungsbereich des BetrAVG erfasst sind.201 Der für eine Invaliditätsleistung gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG erforderliche Versorgungszweck202 läge dann also nicht vor. Dessen ungeachtet ist die Finanzverwaltung zu dieser Frage wohl anderer Ansicht.203 Einschränkung der Erwerbstätigkeit auf nicht absehbare Zeit 134 Trotz der grundsätzlichen Freiheit, den Begriff der Invalidität in der Zusage zu definieren, muss eine Abgrenzung zum Risiko der Arbeitsunfähigkeit erfolgen. Denn dieses ist kein biometrisches Risiko im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG und stellt somit keine bAV nach dem BetrAVG dar. Entscheidend für das Vorliegen einer Invaliditätsabsicherung ist insoweit, dass 135 die gesundheitliche Einschränkung dauerhaft oder – wie es § 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI formuliert – auf nicht absehbare Zeit vorliegt. Das ist grundsätzlich dann der Fall, wenn ihr Ende zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs durch den Versorgungsberechtigten nicht absehbar ist. Diese Differenzierung entspricht auch der Ansicht der Finanzverwaltung, die auf diese Weise die steuerlich geförderte Invaliditätsabsicherung von der steuerlich nicht geförderten Absicherung der Arbeitsunfähigkeit abgrenzt.204

bb) Ergänzende Tatbestandsmerkmale Grundsatz 136 Da die Voraussetzungen für den Versorgungsfall Invalidität im oben genann-

ten Rahmen grundsätzlich frei definiert werden können,205 ist es auch zulässig in der Zusage von den Vorschriften des SGB VI abweichende Voraussetzungen aufzustellen. So kann einerseits bspw. auch durch eine nach 2001 erteilte Zusage eine Berufsunfähigkeitsleistung versprochen werden. Andererseits können zusätzliche, nach SGB VI nicht erforderliche Tatbestandsmerkmale für die Invaliditäts-

_____ 201 Siehe Rn. 155, 245. 202 Siehe Rn. 68. 203 BMF-Schreiben vom 19.2.2019 – V C 5 – S 2333/18/10005, Rn. 1 ff. 204 BMF-Schreiben vom 19.2.2019, IV C 5 – S 2333/18/10005, Rn. 1 ff. 205 Siehe Rn. 125 ff.

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leistung vereinbart werden, so bspw., dass eine Leistung nur dann erbracht wird, wenn der Versorgungsberechtigte durch die Invalidität bestimmte wirtschaftliche Nachteile erleidet. Ausscheidensklauseln Eine Zusage auf eine Invaliditätsleistung muss darauf gerichtet sein, den Versorgungsberechtigten im Falle seiner Invalidität zu versorgen (Versorgungszweck).206 In Praxis stellt sich die Frage, ob dazu ein invaliditätsbedingtes Ausscheiden des Versorgungsberechtigten aus dem Unternehmen oder gar aus dem Erwerbsleben zwingend erforderlich ist und als Tatbestandsvoraussetzung in die Zusage aufgenommen werden muss. Das BAG verlangt einerseits, die Invaliditätsleistung müsse den Lebensstandard des Arbeitnehmers nach dessen Ausscheiden aus dem Erwerbs- oder Berufsleben sichern.207 Andererseits hat es entschieden, dass der Versorgungszweck einer Invaliditätsversorgung nicht zwingend von der Voraussetzung abhängt, dass das Arbeitsverhältnis tatsächlich endet.208 Letzterem ist zuzustimmen. Denn ein objektiver Versorgungszweck aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung kann auch bei einem Verbleib des Versorgungsberechtigten im Arbeitsverhältnis verfolgt werden, wenn dessen Erwerbsfähigkeit dauerhaft eingeschränkt ist. Es steht also den Parteien frei, in der Zusage ein invaliditätsbedingtes Ausscheiden des Versorgungsberechtigte als Voraussetzung für eine Invaliditätsleistung zu formulieren.209 Oftmals geschieht das, um Doppelzahlungen zu vermeiden: Die Leistung wird in diesen Fällen erst erbracht, wenn der von Invalidität betroffene Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis tatsächlich ausscheidet. Nimmt die Definition der Invalidität in der Zusage Bezug auf § 43 SGB VI, so ist zu beachten, dass eine teilweise Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI nicht zwangsläufig zu einem Ausscheiden des Arbeitnehmers führt.210 Soll eine Ausscheidensklausel nicht verwendet werden, so empfiehlt es sich, in der Zusage zu regeln, dass ein Anspruch auf Invaliditätsleistungen erst dann entstehen kann, wenn der Arbeitgeber keine Entgeltfortzahlungen wegen Arbeitsunfähigkeit mehr zu leisten hat. Weiterhin wird in der Praxis die Invaliditätsleistung gelegentlich davon abhängig gemacht, dass der Versorgungsberechtigte bei Eintritt des Versorgungsfalles

_____ 206 Siehe grundsätzlich dazu: Rn. 68. 207 BAG, Urt. v. 18.5.2004 – 9 AZR 250/03 – NJOZ 2005, 1260. 208 BAG, Urt. v. 25.4.2017 – 3 AZR 668/15 – NZA-RR 2017, 498. 209 Zur Zulässigkeit von Ausscheidensklauseln: BAG, Urt. v. 26.1.1999 – 3 AZR 464/97 – BAGE 91, 1 = NZA 1999, 711. 210 Siehe auch Kap. 12 Rn. 45.

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(noch) in den Diensten des zusagenden Arbeitgebers steht. Damit soll verhindert werden, dass eine bspw. bei einem Nachfolgearbeitgeber eintretende Invalidität zu einem Leistungsanspruch gegen den zusagenden Vorarbeitgeber führt. 3 Fettnapf Allerdings lassen sich mit einer solchen Klausel nicht die Regelungen des § 1b Abs. 1 BetrAVG umgehen. Wenn also ein Arbeitnehmer mit unverfallbaren Anwartschaften auf eine Invaliditätsleistung ausgeschieden ist und später bei einem Nachfolgearbeitgeber invalide wird, hat er dennoch – dem Grunde nach – Anspruch auf die Leistungen des Vorarbeitgebers, wobei sich die Höhe der Anwartschaft nach den Regeln des § 2 BetrAVG richtet. Der Schutz des gemäß § 19 Abs. 1 und 3 BetrAVG unabdingbaren § 1b Abs. 1 BetrAVG geht einer anderslautenden Regelung in der Zusage vor.211

Weitere mögliche Tatbestandsvoraussetzungen 144 Darüber hinaus können – ebenso wie bei der Altersleistung – auch im Rahmen einer

Zusage auf Invaliditätsleistung Wartezeiten und/oder Vorschaltzeiten vereinbart werden. Das Gleiche gilt für ein Antragserfordernis. Für beides kann sinngemäß auf das zur Altersleistung Gesagte verwiesen werden.212 Auch Regelungen, nach der ein entstandener Leistungsanspruch erlischt, wenn 145 die Invalidität des Versorgungsberechtigten wieder wegfällt (Genesungsklausel), werden in der Praxis gelegentlich verwendet. In Ergänzung dazu kann in die Zusage für den Fall der Genesung eine Wiedereinstellungsgarantie des Arbeitgebers aufgenommen werden. Möglich ist es auch, in der Zusage zu regeln, dass das Arbeitsverhältnis während der Invalidität lediglich ruhend gestellt wird, so dass es bei deren Wegfall wiederauflebt.213 Außerdem ist es in der Praxis üblich, die Gewährung der Leistung von einem 146 Nachweis der Invalidität durch den Versorgungsberechtigten abhängig zu machen. Oftmals wird bspw. ein ärztliches Attest (u.U. unter Benennung eines bestimmten Arztes) verlangt oder ein Nachweis über die Zahlung einer Rentenleistung wegen einer verminderten Erwerbsfähigkeit nach SGB VI durch Vorlage eines entsprechenden Rentenbescheides.214

cc) Besonderheiten der versicherungsförmigen Durchführungswege 147 Die Bedeutung versicherungsförmiger Zusagen215 zur Abdeckung des Risikos Invali-

dität hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Wird die Altersleistung versicherungsförmig über eine kapitalbildende Lebens- oder Rentenversicherung durchge-

_____ 211 BAG, Urt. v. 24.6.1998 – 3 AZR 288/97 – BAGE 89, 180 = NZA 1999, 318. 212 Siehe Rn. 95 f.; Rn. 93. 213 Siehe auch Kap. 12 Rn. 43. 214 Siehe bspw. Kap. 6 Rn. 306 f. 215 Zum Begriff siehe Rn. 347.

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führt, erfolgt eine Absicherung der Invalidität oftmals über Zusatzversicherungen zur Hauptversicherung wie bspw. durch Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen (BUZ). Die Invaliditätsabsicherung kann aber auch über einen eigenständigen Versi- 148 cherungsvertrag erfolgen, so bspw., wenn die Altersleistung über eine Direktzusage durchgeführt, das Risiko der Invalidität aber aus Gründen der Risikominimierung über eine Selbständige Berufsunfähigkeitsversicherung (SBV) abgedeckt wird. Absicherung einer Berufsunfähigkeit Invalidität wird in den versicherungsförmigen Durchführungswegen in der Regel als 149 Berufsunfähigkeit versichert, die im jeweiligen Versicherungsvertrag definiert wird.216 Sollte der Versicherungsvertrag keine eigene Definition enthalten, so gilt § 172 Abs. 2 VVG. Danach ist berufsunfähig „wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann“. Beispiel 5 Die Definition der Berufsunfähigkeit in einem Versicherungsvertrag könnte bspw. folgendermaßen lauten:217 „Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall, was ärztlich nachzuweisen ist, voraussichtlich dauernd, d.h. für einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens drei Jahren, zu mindestens 50% außerstande ist, ihren vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, oder einer anderen Tätigkeit nachzugehen, die sie aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausüben kann und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Als entsprechend wird dabei nur eine solche Tätigkeit angesehen, die keine deutlich abweichenden Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und die auch in ihrer Vergütung und Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau der bislang ausgeübten beruflichen Tätigkeit absinkt.“

Durch die sog. abstrakte Verweisung gemäß § 172 Abs. 3 VVG kann als Vorausset- 150 zung einer Leistungspflicht des Versicherers vereinbart werden, „...dass die versicherte Person keine andere Tätigkeit ausübt oder ausüben kann, die zu übernehmen sie auf Grund ihrer Ausbildung und Fähigkeiten in der Lage ist und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.“ In der Praxis verzichten allerdings viele Versicherer darauf und machen ihre Leistungspflicht lediglich davon abhängig, dass der Versicherte invaliditätsbedingt tatsächlich keine andere „vergleichbare“ Tätigkeit ausübt (sog. konkrete Verweisung).218

_____ 216 Siehe dazu auch Kap. 6 Rn. 304 f. 217 Siehe dazu auch Kap. 6 Rn. 304 f. 218 Siehe auch: Müko-VVG/Heiss/Mönnich, Vorb. zu §§ 150 bis 171, Rn. 32a.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Absicherung einer Erwerbsunfähigkeit 151 In der Praxis finden sich neben Berufsunfähigkeitsversicherungen auch Erwerbs-

unfähigkeitsversicherungen. Der Versicherungsfall wird in diesen Fällen dadurch ausgelöst, dass – vergleichbar § 43 SGB VI – der Arbeitnehmer als versicherte Person dauerhaft nicht mehr oder nur noch teilweise einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann. Die Anforderungen sind also höher als die an den Versicherungsfall „Berufsunfähigkeit“. Obgleich die Beiträge für die Erwerbsunfähigkeitsversicherung deswegen in der Regel niedriger sind, als die für eine Berufsunfähigkeitsversicherung, sind die Letztgenannten in der Praxis weiter verbreitet. 3 Praxistipp Der Abschluss einer Versicherung gegen Invalidität ist nach den AVB der Versicherer regelmäßig von einer erfolgreichen Gesundheitsprüfung abhängig. Sollte ein Versorgungsberechtigter deswegen nicht gegen Invalidität versichert werden können, bestimmen die Zusagen in der Praxis oftmals, dass ihm stattdessen eine erhöhte Altersleistung zusteht.

Absicherung einer Pflegebedürftigkeit 152 In der Praxis stellt sich in jüngerer Zeit vermehrt die Frage, ob auch die Pflege-

bedürftigkeit, bspw. in Form einer Pflegeergänzungsversicherung, gem. § 192 Abs. 6 VVG219 über eine bAV-Zusage auf Invaliditätsleistung abgesichert werden kann. Dabei kann Pflegebedürftigkeit als ein Zustand definiert werden, in dem die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls voraussichtlich auf Dauer so hilflos ist, dass sie in ihrem Lebensalltag auch bei Einsatz technischer und medizinischer Hilfsmittel in erheblichem Umfang täglich der Hilfe einer anderen Person bedarf.220 Ob das Risiko Pflegebedürftigkeit mit einer bAV nach dem BetrAVG abgedeckt 153 werden kann, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. In der Literatur wird das überwiegend bejaht.221 Entscheidend dürfte hier stets der Einzelfall sein, insbesondere, ob mit der Leistung der für eine bAV erforderliche Versorgungszweck erreicht wird.222 Sie muss also der Sicherung des Lebensstandards des Versorgungsberechtigten nach Eintritt seiner Invalidität dienen.223 Dabei kann die Pflegebedürftigkeit Ursache oder Folge der Invalidität sein. Eine Pflegebedürftigkeit stellt in diesen Fällen lediglich einen besonders hohen Invaliditäts-Versorgungsbedarf des Berechtigten dar.

_____ 219 Diese ist möglich in Form einer Pflegekostenversicherung oder einer Pflegetagegeldversicherung, siehe auch MüKo-VVG/Kalis, § 192 Rn. 206 ff. 220 Beckmann/Matusche-Beckmann/Brömmelmeyer, § 42 Rn. 16. 221 Dafür bspw. Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1 Rn. 28; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 3, Rn. 27; Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Diller, Teil 4 A Rn. 51 f. 222 Siehe dazu grundsätzlich Rn. 68. 223 Siehe bspw. BAG, Urt. v. 20.3.2018 – 3 AZR 277/16 – VersR 2018, 1087.

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Sobald der Versorgungsberechtigte die Regelaltersgrenze erreicht hat, kann 154 er in der Regel nicht mehr Invalide i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG sein oder werden, da er dann regelmäßig aus dem Erwerbsleben ausscheidet.224 Tritt Pflegebedürftigkeit nach diesem Zeitpunkt ein oder lag sie bereits vor diesem Zeitpunkt vor, so kann eine zugesagte Pflegeleistung aber eine Altersleistung gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG sein. Voraussetzung dafür ist, dass sie den Zweck verfolgt, den Lebensstandard im Alter zu sichern, indem sie einen besonders hohen, aufgrund der Pflegebedürftigkeit erzeugten Versorgungsbedarf des Berechtigten im Alter abdeckt (Versorgungszweck).225 Absicherung einer Krankheit Weit verbreitet in der Praxis sind auch Sozialleistungen des Arbeitgebers für den 155 Fall einer Krankheit seiner Arbeitnehmer, oftmals über betriebliche Krankenversicherungen. Allerdings ist das Risiko der Krankheit226 nicht vom Anwendungsbereich des BetrAVG erfasst.227 Zwar kann eine Krankheit eine Invalidität i.S.d. BetrAVG auslösen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung dauerhaft besteht und sie zu einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit führt.228 Dieses Risiko ist jedoch bspw. von einer Zusage auf betriebliche Krankenversi- 156 cherung gerade nicht erfasst: Eine Krankheitskostenversicherung ersetzt lediglich die Aufwendungen für eine medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfallfolgen, § 192 Abs. 1 VVG. Eine Krankentagegeldversicherung gemäß § 192 Abs. 5 VVG ersetzt zwar den als Folge von Krankheit oder Unfall durch Arbeitsunfähigkeit verursachten Verdienstausfall. Jedoch endet ihre Leistungsverpflichtung, wenn Berufsunfähigkeit eintritt,229 also der Berechtigte seinem Beruf auf Dauer nicht mehr nachgehen kann. Absicherung einer schweren Krankheit (Dread Disease) Gelegentlich bieten Zusagen auch Schutz gegen das Risiko schwerer Krankheiten. 157 In den versicherungsförmigen Durchführungswegen erfolgt das in der Regel durch Dread-Disease-Versicherungen. Sie sind in unterschiedlicher Ausgestaltung zu finden, oftmals als Zusatzversicherung zu einer Lebensversicherung: Tritt bei der Ver-

_____ 224 BAG v. 25.4.2017 – 3 AZR 668/15 – NZA-RR 2017, 498. 225 So auch Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 2, Rn. 76. 226 Zur versicherungsvertraglichen Definition des Krankheitsbegriffs siehe MüKo-VVG/Kalis, § 192 VVG, Rn. 22. 227 Siehe auch Rn. 245. 228 Siehe Rn. 133 ff. 229 § 15 Abs. 1 b) Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung 2009.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

sicherten Person die schwere Krankheit ein, so wird in der Regel die vereinbarte Todesfallleistung aus der Lebensversicherung vorzeitig ausgezahlt. Ob eine Dread-Disease-Versicherung eine bAV sein kann, wurde bislang weder 158 höchstrichterlich noch in der Literatur diskutiert. Das wird nur dann der Fall sein können, wenn die Leistung vom Vorliegen einer Invalidität des Versorgungsberechtigten abhängt, also ein entsprechender Versorgungszweck vorliegt. Insoweit gelten die Ausführungen zur Pflegebedürftigkeit entsprechend.230 Absicherung von Grundfähigkeiten 159 Die Frage, ob es sich um das biometrische Risiko der Invalidität handelt, stellt sich

auch, wenn die Zusage eine Beeinträchtigung von Grundfähigkeiten absichert, wie bspw. Sehen, Hören, Sprechen, Schreiben oder Gebrauch einer Hand. Das kann in den versicherungsförmigen Durchführungswegen über Grundfähigkeitsversicherungen erfolgen. Als leistungsauslösende Ereignisse sind in der Regel Krankheit, Verletzung des Körpers oder Kräfteverfall vereinbart. Ebenso wie beim Risiko einer Pflegebedürftigkeit oder einer schweren Krankheit 160 kann auch die Grundfähigkeitsversicherung nur dann als bAV betrachtet werden, wenn ihre Leistungen bei Eintritt der Invalidität erbracht werden, sie also den erforderlichen Versorgungszweck verfolgt. Es gelten also die dortigen Ausführungen entsprechend.231 Leistungsausschließende Tatbestandsmerkmale 161 In den Bedingungen der Versicherer sind in der Regel leistungsausschließende

Tatbestandmerkmale vereinbart, die durch die Verknüpfung des Versicherungsvertrags mit der Zusage auch arbeitsrechtlich wirken.232 So werden in der Regel vorvertragliche Anzeigenpflichten vereinbart, denen wahrheitsgemäß und vollständig nachzukommen ist. 3 Praxistipp Dabei geht es um Angaben von gegenwärtigen oder früheren Erkrankungen, gesundheitlichen Störungen und Beschwerden. Wird diese Obliegenheit verletzt, so hat der Versicherer je nach den Umständen des Einzelfalls das Recht, von dem Versicherungsvertrag zurückzutreten, ihn anzupassen, zu kündigen oder anzufechten.233

162 In der Regel sehen die Bedingungen der Versicherer keine Differenzierung nach

der Ursache der Invalidität vor. Ausgeschlossen wird die Leistungspflicht aber

_____ 230 Siehe Rn. 152 f. und für das biometrische Risiko Alter Rn. 154. 231 Siehe Rn. 152 f. und für das biometrische Risiko Alter Rn. 154. 232 Siehe zu dieser Verknüpfung Rn. 347. 233 Siehe dazu im Detail Kap. 6 Rn. 221.

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meist unter bestimmten Umständen für den Fall, dass sie bspw. unmittelbar oder mittelbar durch kriegerische Ereignisse, innere Unruhen, durch vorsätzliche Ausführung oder den Versuch einer Straftat durch den Versorgungsberechtigten verursacht wurde. Auch dann, wenn eine Invalidität auf absichtlicher Herbeiführung von Krankheit, Kräfteverfall, absichtlicher Selbstverletzung oder versuchter Selbsttötung beruht, wird die Versicherungsleistung in der Regel ausgeschlossen.

b) Höhe der Invaliditätsleistung (Leistungszusagen) In der Zusage müssen nicht nur die Voraussetzungen für den Eintritt des Versor- 163 gungsfalles Invalidität festgelegt werden, sondern auch dessen Rechtsfolgen. Ausgehend von dem Grundgedanken, dass Invaliditätsleistungen stets den Zweck haben, den Versorgungsberechtigten aufgrund des Wegfalls seines Erwerbseinkommens zu versorgen,234 können diese im Übrigen frei gestaltet werden. Zunächst muss die Leistungshöhe der Invaliditätsleistung in der Zusage defi- 164 niert werden, da das BetrAVG hierzu keine Vorgaben enthält. Insoweit lassen sich in der Praxis Leistungszusagen und beitragsorientierte Zusagen von einander unterscheiden.235 Zunächst soll der Blick auf die Leistungszusagen gerichtet werden. Hier finden sich in der Praxis vielfältige Regelungen zur Bestimmung der Leistungshöhe. Beispiele 5 ■ Abhängigkeit der Invaliditätsleistung von der erdienten Höhe auf Altersleistung: Oftmals richtet sich die Höhe der Invaliditätsleistung in Leistungszusagen nach der Höhe der bei Eintritt des Versorgungsfalles Invalidität bereits erdienten Anwartschaft auf Altersleistung oder ggf. nach den bis dahin erworbenen Alters-Versorgungsbausteinen. Zum Beispiel: „Die Höhe der Invaliditätsleistung beträgt 60% der bei Eintritt des Versorgungsfalles erdienten Anwartschaft auf Altersrente.“ ■ Dienstzeitabhängige oder gehaltsabhängige Zusagen: Hier bestimmt sich die Höhe der Invaliditätsleistung nach der Anzahl der Dienstjahre, die der Versorgungsberechtigte bis zum Eintritt des Versorgungsfalles leistete oder nach einem definierten Prozentsatz des letzten versorgungsfähigen Gehalts vor Eintritt des Versorgungsfalles. Gelegentlich wird auch beides miteinander kombiniert.236 ■ Zurechnungsmodelle: Um dem Versorgungsberechtigten eine angemessene Leistungshöhe zu gewähren, enthalten insbesondere dienstzeit- und gehaltsabhängige Zusagen oft Bestimmungen, wonach dem Versorgungsberechtigte im Fall der Invalidität fiktive Parameter zugerechnet werden, so z.B. Dienstzeiten oder Entgeltbestandteile. Zum Beispiel: „Die Höhe der Invaliditätsleistung beträgt 10 € pro Dienstjahr. Dabei werden dem Versorgungsberechtigten neben seinen tatsächlich erbrachten Dienstzeiten auch die Zeiten zugerechnet, die zwischen dem Eintritt des Versorgungsfalls und der Regelaltersgrenze liegen. Berücksichtigungsfähig sind maximal 25 Dienstjahre.“

_____ 234 Siehe Rn. 68. 235 Siehe Rn. 467. 236 Siehe dazu sowie für ein konkretes Beispiel Rn. 101 entsprechend.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Bausteinzusagen: Die Höhe der Invaliditätsleistung kann auch von der Summe spezieller Invaliditäts-Versorgungsbausteine abhängig sein, die bis zum Eintritt des Versorgungsfalles vom Versorgungsberechtigten erworben wurden.237 Anrechnungsklauseln und Gesamtversorgungssysteme: Wie die Altersleistung kann sich die Höhe der Invaliditätsleistung im Rahmen einer Leistungszusage auch nach diesen Gestaltungen bestimmen.238

c) Höhe der Invaliditätsleistung (beitragsorientierte Zusagen) 165 Auch Zusagen auf Invaliditätsleistungen werden heute oft als beitragsorientierte

Zusagen erteilt. Mit Blick auf die Abhängigkeit der Leistungs- von der Beitragshöhe sowie auf die Unterscheidung zwischen unmittelbaren und mittelbaren beitragsorientierten Zusagen kann auf die entsprechenden Ausführungen zur Altersleistung verwiesen werden.239

aa) Unmittelbare beitragsorientierte Zusagen 166 Unmittelbare beitragsorientierte Zusagen (Direktzusagen) können – ebenso wie Zusagen auf Altersleistung – intern oder extern finanziert sein.240 Die Höhe der Invaliditätsleistung kann auf verschiedene Weise bestimmt werden. 5 Beispiele ■ Summe des (tatsächlich oder fiktiv) angesammelten Versorgungskapitals: in der Regel richtet sich die Leistungshöhe nach dem bei Eintritt des Versorgungsfalls angesammelten Versorgungskapital, oftmals ergänzt um eine garantierte Mindestverzinsung. Zum Beispiel: „Die Höhe des zu verrentenden Invaliditätskapitals bemisst sich nach der Summe der bis zum Eintritt des Versorgungsfalls aufgewendeten Beiträge. Diese Beiträge werden bis zum Eintritt des Versorgungsfalls mit einem jährlichen Zinssatz von 2,0% verzinst. Dadurch erhöht sich das Invaliditätskapital entsprechend.“ ■ Zurechnungsmodelle: Um zu gewährleisten, dass ein bestimmtes Mindestniveau an Versorgung erreicht wird, wird in der Praxis auch in beitragsorientierten Zusagen oft über die Summe des angesammelten – ggf. verzinsten – Versorgungskapital hinaus eine Mindestleistung definiert. Zum Beispiel (in Ergänzung zum voranstehenden Bsp.): „Hat der Mitarbeiter bei Eintritt des Versorgungsfalls eine Mindestdienstzeit von 10 Jahren noch nicht erreicht, erhöht sich das zu verrentende Invaliditätskapital um diejenigen fiktiven Beiträge und deren garantierte Verzinsung, die bis zum Erreichen dieser Mindestdienstzeit für den Mitarbeiter gezahlt worden wären. Die Höhe der zuzurechnenden fiktiven Beiträge bestimmt sich nach der Höhe des vor Eintritt des Versorgungsfalles zuletzt tatsächlich gezahlten Beitrags.“

_____ 237 Siehe dazu sowie für ein konkretes Beispiel Rn. 101 entsprechend. 238 Siehe Rn. 102 entsprechend. 239 Siehe Rn. 108 ff., 341 ff. 240 Siehe Rn. 109 ff.

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Enthalten beitragsorientierte Zusagen eine garantierte Mindestverzinsung, so finden sich in der Praxis Zurechnungsmodelle auch dergestalt, dass eine fiktive Zinszurechnung, bspw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze stattfindet. Bausteinzusagen: Die beitragsorientierte Invaliditätsversorgung kann ebenso wie die Altersleistung über Bausteinzusagen erfolgen.241 Soll auch in diesen Fällen eine Zurechnung zur Sicherung eines Mindestniveaus der Invaliditätsversorgung erfolgen, so kann das bspw. durch eine entsprechende versicherungsmathematische Kalkulation der Bausteine erfolgen.

bb) Mittelbare beitragsorientierte Zusagen, insbesondere versicherungsförmige Durchführungswege Weit verbreitet zur Absicherung des Invaliditätsrisikos sind beitragsorientierte 167 mittelbare Zusagen, die über die versicherungsförmigen Durchführungswege (Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds) erteilt werden.242 Ihre Besonderheit liegt darin, dass sich der Inhalt der Zusage und damit auch die Höhe der Leistung regelmäßig nach den Bedingungen des eingeschalteten Versorgungsträgers bestimmen.243 Da dies auch auf (leistungs-)kongruent rückgeckte Unterstützungskassenzusagen und (leistungs-)kongruent rückgedeckte Direktzusagen (unmittelbare Zusagen) zutrifft,244 gelten die nachfolgenden Ausführungen sinngemäß auch insoweit. In der Praxis wird das Risiko der Invalidität in den versicherungsförmigen 168 Durchführungsweg vornehmlich über Berufsunfähigkeits-/Erwerbsunfähigkeitsversicherungen abgedeckt.245 Da es sich dabei um Risikoversicherungen, die in der Regel kein oder kaum Deckungskapital aufweisen, handelt, hängt die Leistungshöhe nicht von einem angesammelten Versorgungskapital ab. In der Regel wird die Höhe der Versicherungsleistung im Versicherungsvertrag festgelegt. Danach bemisst sich dann die Höhe der geschuldeten Beiträge, die auf Basis versicherungsmathematischer Kalkulationen (Rechnungsgrundlagen) ermittelt wird. Dabei spielen u.a. auch Eintrittswahrscheinlichkeiten auf Basis der vom Versorgungsberechtigten ausgeübten Tätigkeit eine Rolle. Beispiel 5 ■ Selbständige Risikoversicherung oder Zusatzversicherung zur Hauptversicherung: Eine Absicherung des Invaliditätsrisikos kann durch eine selbständige Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung oder durch eine Zusatzversicherungen zur Hauptversicherung

_____ 241 Siehe dazu sowie für ein konkretes Beispiel Rn. 111 entsprechend. 242 Siehe dazu Rn. 467. 243 Siehe Rn. 467. 244 Siehe Rn. 468 f. 245 Es sind aber gelegentlich in der Praxis auch andere Versicherungsverträge anzutreffen, so bspw. Pflegeversicherungen, Dread-Disease-Versicherungen oder Grundfähigkeitsversicherungen. Zur Frage, ob damit das Risiko der Invalidität abgedeckt werden kann, siehe Rn. 152 ff.

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(Altersleistung) erfolgen.246 Zum Beispiel: „Wird die versicherte Person während der Versicherungsdauer berufsunfähig, erbringt der Versicherer – längstens für die vereinbarte Leistungsdauer – als Versicherungsleistung die volle Befreiung von der Beitragszahlungspflicht für die Hauptversicherung und die eingeschlossenen Zusatzversicherungen sowie die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente in vereinbarter Höhe.“

d) Form und Dauer der Invaliditätsleistung 169 Auch im Rahmen einer Zusage auf Invaliditätsleistung muss eine Entscheidung

darüber getroffen werden, ob sie als Rente oder Kapital gezahlt werden soll.247 Unter anderem wegen der bestehenden Möglichkeit einer Genesung des Versorgungsberechtigten wird in der Praxis regelmäßig eine Rente zugesagt. Im Falle einer Kapitalleistung wird auch hier gelegentlich das Recht, eine Ratenzahlung zu wählen,248 vereinbart. 170 Wird eine Invaliditätsleistung als Rentenleistung erbracht, so muss in der Zusage auch die Dauer der Zahlung geregelt werden. Üblich ist es, diese auf das Erreichen der in der Versorgungszusage definierten Regelaltersgrenze (oder falls nicht vorhanden, der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung) zu befristen.249 Denn im Zeitraum danach fehlt es in der Regel am erforderlichen Versorgungszweck für eine Invaliditätsleistung.250 171 Eine Invaliditätsleistung kann zwar auch lebenslang gewährt werden. Dann ist aber regelmäßig davon auszugehen, dass sie sich nach dem Willen der Vertragsparteien ab dem Erreichen der Altersgrenze in eine Altersleistung umwandeln soll. Um Streitigkeiten über die Zahlungsdauer zu vermeiden, sollte dieser Punkt in der Zusage eindeutig geregelt werden. 3 Fettnapf Gemäß § 102 Abs. 2 SGB VI werden Erwerbsminderungsrenten der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich nur auf Zeit gewährt. Die Befristung erfolgt für längstens drei Jahre und kann jeweils längstens drei Jahre verlängert werden. Eine unbefristete Leistung erfolgt nur, wenn der Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht und unwahrscheinlich ist, dass die Erwerbsminderung behoben werden kann; davon ist nach einer Gesamtdauer der Befristung von neun Jahren auszugehen, § 102 Abs. 2 S. 4 SGB VI. Wird in der Versorgungszusage auf das SGB VI verwiesen,251 so spricht einiges dafür, dass nicht nur auf § 43 SGB VI, sondern auch auf § 102 Abs. 2 SGB VI Bezug genommen werden sollte.

_____ 246 Siehe dazu auch Kap. 5 Rn. 153. 247 Siehe auch Rn. 210 ff. 248 Siehe dazu im Detail Rn. 225 f. 249 Siehe auch Rn. 214; zur steuerlichen Zulässigkeit im Rahmen des § 3 Nr. 63 EStG siehe BMFSchreiben vom 6.12.2017, IV C 5 – S 2333/17/10002, Rn. 34. 250 BAG v. 25.4.2017 – 3 AZR 668/15 – NZA-RR 2017, 498. 251 Siehe dazu Rn. 128 ff.

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Dennoch empfiehlt es sich in diesen Fällen, eine Befristung der bAV-Invaliditätsrente in der Zusage ausdrücklich zu regeln.252

In den versicherungsförmigen Durchführungswegen enthalten Versicherungs- 172 verträge regelmäßig die Bestimmung, dass ein Berufs-/Dienstunfähigkeitsschutz spätestens bei Beginn der (ggf. vorgezogenen) Altersrentenzahlung endet.

e) Checkliste Bei der Aufnahme einer Invaliditätsleistung in die Zusage empfiehlt es sich u.a. fol- 173 gende Punkte zu beachten:253 Checkliste 3 ■ Definition der Tatbestandsvoraussetzungen des Versorgungsfalles Invalidität ■ Welche dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen sollen den Versorgungsfall auslösen (bspw. Unfall, Krankheit, Kräfteverfall)? ■ Welche Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit werden als Invalidität anerkannt (bspw. Verweisung auf die Vorschriften des SGB VI)? ■ Sollen weitere Tatbestandsvoraussetzungen gelten (bspw. Wartezeiten; Ausscheidensklauseln; aktives Arbeitsverhältnis zum zusagenden Arbeitgeber bei Eintritt des Versorgungsfalls; Festschreibung bestimmter leistungsauslösender Folgen der Invalidität wie Arbeitslosigkeit; Genesungsklausel)? ■ Sollen weitere leistungsauslösende und/oder leistungsausschließende Voraussetzungen gelten (bspw. Antragserfordernis; Nachweis der Invalidität; Ausschluss bei vorsätzlicher Herbeiführung der Invalidität)? ■ Ausgestaltung der Versorgungsleistung ■ Höhe der Leistung (Leistungsformel)? ■ Bei beitragsorientierten Zusagen: Höhe des Beitrags? ■ Bei mittelbaren Durchführungswegen: Wahl des Versorgungsträgers einschl. Versicherungstarif/Ausgestaltung des Leistungsplans? ■ Leistungsform (Kapital oder Rente)? Im Falle einer Rentenzahlung: Kapitalwahlrecht? Im Falle einer Kapitalzahlung: Möglichkeit der Ratenzahlung? ■ Bei Renten- oder Ratenzahlung: Dauer der Leistung (in der Regel befristet bis längstens zum Erreichen der Altersgrenze; bei Verweis auf SGB VI Beachtung der Befristung gemäß § 102 Abs. 2 SGB VI)? ■ Modalitäten der Leistungserbringung (bspw. Fälligkeit)

_____ 252 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anh. § 1 Rn. 178. 253 Dabei handelt es sich lediglich um ein Beispiel, das nach den Umständen des Einzelfalls erweitert oder variiert werden muss; siehe auch Kap. 12 Rn. 39.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

7. Biometrisches Risiko Tod (Hinterbliebenenleistung) 174 Mit einer Zusage auf eine Hinterbliebenenleistung wird der Wegfall des Er-

werbseinkommens durch den Tod des Versorgungsberechtigten für dessen Hinterbliebene abgesichert (Versorgungszweck). In der Praxis umfassen Zusagen auf Altersleistung regelmäßig auch einen Hinterbliebenenschutz. Die Erteilung einer Zusage auf Hinterbliebenenleistung ist von möglichen erb175 rechtlichen Ansprüchen des Hinterbliebenen zu unterscheiden.254 Während der Erbe beim Tod des Erblassers durch Gesamtrechtsnachfolge in dessen Rechte und Pflichten eintritt (§ 1922 Abs. 1 BGB), erwirbt der Hinterbliebene lediglich ein aus der Zusage an den Arbeitnehmer abgeleitetes Recht. Rechtlich ist in der Zusage einer Hinterbliebenenversorgung ein Vertrag des 176 Arbeitgebers und des Arbeitnehmers zugunsten Dritter (der Hinterbliebenen) gemäß § 328 Abs. 1 BGB zu sehen.255 Allerdings entsteht das Recht (d.h., der Anspruch) des Hinterbliebenen erst bei Eintritt des leistungsauslösenden Ereignisses, nämlich mit dem Tod des Arbeitnehmers. Vor diesem Zeitpunkt hat der Hinterbliebene lediglich eine Aussicht auf die Leistung, also auch noch keine Anwartschaft im betriebsrentenrechtlichen Sinne.256 Ebenso wie für die Invaliditätsleistungen enthält das BetrAVG für die Hinter177 bliebenenleistung kaum Vorgaben zu den Tatbestandsvoraussetzungen und zur Ausgestaltung der Leistung. Zwar ist das leistungsauslösende biologische Ereignis hier eindeutig, nämlich der Tod des Arbeitnehmers. Ansonsten jedoch müssen die weiteren Bestimmungen in der Zusage geregelt werden.

a) Voraussetzungen der Hinterbliebenenleistung 178 Eine Zusage auf Hinterbliebenenversorgung muss zunächst die Tatbestandsvo-

raussetzungen des Versorgungsfalls definieren. Das kann im Rahmen der allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätze frei erfolgen. Beachtet werden muss allerdings, dass die zugesagten Leistungen stets den Zweck haben müssen, die Hinterbliebenen mit Blick auf das wegfallende Erwerbseinkommen des Arbeitnehmers zu versorgen (Versorgungszweck).257

aa) Zeitpunkt des Todes 179 Zunächst muss geregelt werden, zu welchem Zeitpunkt das leistungsauslösen-

de Ereignis eintreten muss, damit ein Anspruch auf die Hinterbliebenenleistung

_____ 254 Siehe Kap. 230 ff. 255 BAG, Urt. v. 21.2.2017 – 3 AZR 297/15 – BAGE 158, 154 = NJW 2017, 1628. 256 Siehe dazu Rn. 32 f. 257 Siehe dazu Rn. 68.

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B. Gegenstand und Ausgestaltung der bAV

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entsteht. Hier kommen folgende – in der Praxis zu findende – Varianten in Betracht: ■ Tod des Arbeitnehmers vor dessen Eintritt in den Ruhestand, ■ Tod des Arbeitnehmers nach dessen Eintritt in den Ruhestand, ■ Tod des Arbeitnehmers vor oder nach dessen Eintritt in den Ruhestand. Wird keine derartige Festlegung in der Zusage getroffen, so ist – sofern keine an- 180 deren Anhaltspunkte vorhanden sind – davon auszugehen, dass keine Begrenzung gewollt ist, also der letztgenannte Fall gelten soll. Wenn eine Leistung nur in den beiden erstgenannten Fällen zugesagt wird, sollte die Zusage auch definieren, was unter dem Begriff „Ruhestand“ zu verstehen ist. In der Regel wird damit auf das Erreichen der Regelaltersgrenze abgestellt. Fettnapf 3 Auch insoweit sind ausdrückliche und präzise Formulierungen in der Zusage angezeigt. Denn das BAG leitete bspw. aus einer Zusage, die eine Höhe der Hinterbliebenenleistungen nur bei Tod nach Ausscheiden vorsah, im Einzelfall durch ergänzende Vertragsauslegung ab, dass davon auch Hinterbliebenenleistungen bei Tod im aktiven Dienst zugesagt waren.258

bb) Todesursache Ebenso wie eine Zusage auf eine Invaliditätsleistung kann auch eine Hinterblie- 181 benenleistung daran geknüpft sein, dass der Eintritt des Versorgungsfalles eine bestimmte Ursache hat. So ist es bspw. zulässig, die Zusage auf bestimmte Todesarten zu beschränken, wie arbeitsbedingter Unfalltod oder Tod wegen einer Berufskrankheit.259 In der Praxis finden sich solche Einschränkungen jedoch eher selten.

cc) Berechtigter Personenkreis Eine der wichtigsten Entscheidungen einer Zusage auf Hinterbliebenenleis- 182 tungen ist die Frage, welcher Personenkreis begünstigt werden soll. Aus arbeitsrechtlicher Sicht herrscht insoweit grundsätzlich Freiheit.260 Allerdings ist dabei zu beachten, dass der für eine bAV stets erforderliche Versorgungs-

_____ 258 BAG, Beschl. v. 15.12.1998 – 3 AZN 816/98 – NZA 1999, 488. 259 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 2, Rn. 24. 260 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Beetz-Rehm/Kemper, § 1 Rn. 67; Schlewing/Henssler/ Schipp/Schnitker/Bochard, Teil 9 C Rn. 29.; zum steuerrechtlichen Hinterbliebenenbegriff siehe Kap. 2 Rn. 7 ff. sowie Rn. 196.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

zweck261 fehlen kann, wenn Personen berechtigt sein sollen, denen durch den Tod des Versorgungsberechtigten typischerweise kein finanzieller Nachteil (Wegfall eines Erwerbseinkommens) entsteht. 3 Praxistipp Das BAG ließ es bislang offen, ob Hinterbliebene im Sinne des BetrAVG nur solche Personen sein können, die nach §§ 46 ff. SGB VI eine „Rente wegen Todes“ erhalten können. Es stellte aber bspw. eine Benennung der Geschwister oder der Eltern des Versorgungsberechtigten als Hinterbliebene in Frage.262 183 In der Praxis wird in der Regel ausdrücklich der jeweils überlebende Ehegatte als

Hinterbliebener bedacht. Durch das am 1.10.2017 in Kraft getretene EheöffnungsG263 kann gemäß § 1353 Abs. 1 S. 1 BGB eine Ehe auch von zwei Personen gleichen Geschlechts geschlossen werden. Damit erfassen jedenfalls seit diesem Zeitpunkt erteilte Zusagen, die den überlebenden Ehegatten begünstigen, auch die Partner gleichgeschlechtlicher Ehen. Bis zum Inkrafttreten des EheöffnungsG konnten sich gleichgeschlechtliche 184 Paare als Lebenspartner gemäß LPartG eintragen lassen.264 Dementsprechend erwähnen zumindest neuere Zusagen in der Regel auch den Lebenspartner des Arbeitnehmers als Hinterbliebenen. Doch selbst, wenn das nicht der Fall ist, können Lebenspartner seit dem 1.1.2005 eine Hinterbliebenenleistung in der Regel dann verlangen, wenn die Zusage eine solche für Ehepartner vorsieht.265 Auslegungsbedürftig ist auch der vor allem in älteren Zusagen zu findende Be185 griff der „Witwe“ oder des „Witwers“. Grundsätzlich ist hier mit der h. M. davon auszugehen, dass damit nur Personen gemeint sein können, die sich im Zeitpunkt des Todes des Arbeitnehmers mit diesem in einer gültigen Ehe befanden.266 Frühere (also geschiedene) Ehegatten des Arbeitnehmers sind danach nicht anspruchsberechtigt. Um eventuelle insoweit bestehende Zweifel auszuräumen kann es sich empfehlen, dass die Zusage das Bestehen der Ehe zum Zeitpunkt des Todes ausdrücklich zur Tatbestandsvoraussetzung einer Hinterbliebenenleistung macht.

_____ 261 Siehe dazu Rn. 68. 262 BAG, Urt. v. 19.1.2010 – 3 AZR 660/09 – NJOZ 2010, 1697. 263 Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts (EheöffnungsG) vom 20.07.2017, BGBl. I S. 2787. 264 Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG) vom 16.2.2001 (BGBl. I S. 266); Lebenspartnerschaften können gemäß § 20a LPartG auf Antrag in eine Ehe umgewandelt werden. 265 BAG, Urt. v. 11.12.2012 – 3 AZR 684/10 – BeckRS 2013, 67716; MünchArbR/Cisch, § 202 Rn. 99. 266 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anh. 1 Rn. 199 m.w.N.

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Praxistipp 3 Soll etwas Anderes gelten, so empfiehlt es sich, auch das in der Zusage ausdrücklich zu regeln. So kann etwa ein Ehegatte in der Zusage namentlich als Versorgungsberechtigter genannt werden. In diesem Fall ist der genannte Ehegatte auch dann anspruchsberechtigt, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Todes des Arbeitnehmers bereits geschieden war.

Auch Lebensgefährten werden in neueren Zusagen regelmäßig als Hinterblie- 186 bene begünstigt. Als Voraussetzung dafür wird in der Regel festgelegt, dass der Lebensgefährte mit dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt dessen Todes in einer auf Dauer angelegten häuslichen Gemeinschaft lebte. Sind in einer Zusage zwar Ehegatten bzw. Witwe/Witwer als Anspruchsberechtigte genannt, nicht aber Lebensgefährten, so wird die Auslegung der Zusage wohl regelmäßig ergeben, dass letztgenannte keinen Versorgungsanspruch haben sollen. Die entsprechende Rechtsprechung zur sozialversicherungsrechtlichen Hinterbliebenenleistung gemäß § 46 SGB VI267 dürfte insoweit auch auf die bAV übertragbar sein. Schließlich ist es in Zusagen auf bAV auch verbreitet, den Kindern des verstor- 187 benen Arbeitnehmers einen Anspruch auf Hinterbliebenenleistung (Waisenleistung) zuzusprechen. In der Regel wird dabei abgestuft vorgegangen: Zunächst werden die Ehegatten/Lebenspartner bedacht. Sofern diese nicht vorhanden sind, folgen der Lebensgefährte und – sofern dieser ebenfalls nicht vorhanden ist – danach die Kinder des verstorbenen Arbeitnehmers.

dd) Ergänzende Tatbestandsmerkmale Die Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung stellt für den Arbeitgeber insbe- 188 sondere dann, wenn es sich um Leistungszusagen handelt, ein besonderes wirtschaftliches Risiko dar. Denn er triff seine Entscheidung in der Regel, ohne die Person des Hinterbliebenen, deren Alter und Gesundheitszustand zu kennen. Neben den auch im Rahmen einer Hinterbliebenenleistung möglichen Wartezeiten/Vorschaltzeiten oder Antragserfordernissen268 werden mit Blick auf das Versterben des Arbeitnehmers in der Praxis deswegen oftmals weitere risikobegrenzende Einschränkungen vereinbart. Alter des Hinterbliebenen und/oder Arbeitnehmers Verbreitet und zulässig sind sog. Altersabstandsklauseln, die die Gewährung einer 189 Versorgung davon abhängig machen, dass die Altersdifferenz zwischen den Eheleuten einen bestimmten Wert nicht überschreitet.269 Den gleichen Zweck verfolgen sog.

_____ 267 BVerfG, Beschl. v. 17.11.2010 – 1 BvR 1883/10 – BVerfGK 18, 249 = NJW 2011, 1663. 268 Siehe Rn. 93 f., 95 f. 269 Siehe auch Rn. 663.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Spätehenklauseln. Diese machen eine Hinterbliebenenversorgung davon abhängig, dass die Ehe/Lebenspartnerschaft/Lebensgemeinschaft vor Erreichung eines bestimmten Lebensalters des Arbeitnehmers geschlossen wird.270 Unwirksam können jedoch – je nach den Umständen des Einzelfalls gemäß § 7 Abs. 2 AGG – Klauseln sein, die eine Hinterbliebenenversorgung dann versagen, wenn der Arbeitnehmer bei Eheschließung ein bestimmtes Höchstalter erreicht hatte, bspw. das 62. Lebensjahr.271 Bindung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber 190 Der Risikobegrenzung dienen auch Klauseln, die als Voraussetzung für die Gewäh-

rung einer Hinterbliebenenleistung verlangen, dass der verstorbene Arbeitnehmer zum Zeitpunkt seines Todes noch eine Bindung an den zusagenden Arbeitgeber hatte. So kann die Leistung davon abhängig gemacht werden, dass die Ehe/Lebenspartnerschaft/Lebensgemeinschaft vor dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Unternehmen oder vor Erreichen der Regelaltersgrenze geschlossen wurde.272 Als Tatbestandsvoraussetzung kann zwar auch vereinbart werden, dass sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Todes noch in einem aktiven Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber befand. 3 Praxistipp Allerdings lässt sich dadurch – ebenso wie im Falle einer Invaliditätsleistung – nicht der Schutzgedanke des § 1b Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 19 Abs. 3 S. 1 BetrAVG umgehen. Hinterbliebenenleistungen sind in diesen Fällen dem Grunde nach also auch dann zu zahlen, wenn der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber vor seinem Tod mit unverfallbaren Anwartschaften ausschied.

Bindung des Hinterbliebenen an den Arbeitnehmer 191 An eine mangelnde Bindung des Hinterbliebenen an den Verstorbenen knüpfen

Klauseln an, die eine Mindestdauer der Ehe/Lebenspartnerschaft/Lebensgemeinschaft fordern. In Anlehnung an § 46 Abs. 2a SGB VI – dort wird für eine Leistung eine Mindestdauer von einem Jahr verlangt – schließen sie eine Leistung aus, wenn die Ehe/Lebenspartnerschaft/Lebensgemeinschaft nur zu dem Zweck der Erlangung des Leistungsanspruchs eingegangen wurde (sog. Versorgungsehe). Entsprechende Klauseln sind in der bAV grundsätzlich anerkannt und verbreitet.273 In der Praxis häufig zu finden sind auch sog. Getrenntlebendklauseln, nach 192 denen ein Anspruch entfällt, wenn zum Zeitpunkt des Todes die Ehe zwar noch be-

_____ 270 Siehe auch Rn. 662. 271 BAG, Urt. v. 19.2.2019 – 3 AZR 215/18 – NZA 2019, 997, siehe auch Rn. 662, Kap. 12 Rn. 48. 272 BAG Urt. v. 15.10.2013 – 3 AZR 294/11 – BAGE 146, 200 = NZA 2014, 1203; BAG, Urt. v. 20.4.2010 – 3 AZR 509/08 – BAGE 134, 89 = NZA 2011, 1092, siehe auch Rn. 705, Kap. 12 Rn. 48. 273 BAG, Urt. v. 4.7.1989 – 3 AZR 772/87 – NJW 1990, 1008; siehe bspw. für die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 Rn. 244.

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steht, die Eheleute aber getrennt lebten. Sog. Wiederverheiratungsklauseln hingegen lassen, ähnlich wie § 46 Abs. 3 SGB VI, den Anspruch entfallen, wenn der Hinterbliebene wieder heiratet.274 Begrenzung der Zahlungsdauer Zusagen auf Waisenleistungen enthalten in Anlehnung an § 48 Abs. 4 SGB VI 193 in der Regel ein leistungsausschließendes Höchstalter, meistens die Vollendung des 18. und höchstens des 27. (bzw. des 25.) Lebensjahres.275 In der Regel ist der Bezug eines eigenen Einkommens oder eine beendete Schul- oder Hochschulausbildung des Waisen ein leistungsausschließendes Tatbestandsmerkmal der Zusage. Fettnapf 3 Vom BAG als unwirksam abgelehnt wurden hingegen Regelungen, nach denen eine Hinterbliebenenleistung nur deswegen nicht gezahlt werden soll, weil der Hinterbliebene bei demselben Arbeitnehmer beschäftigt ist wie der Verstorbene und ebenfalls einen Anspruch auf eine Leistung aus bAV hat (Doppelversorgung). Das sei als sachlicher Differenzierungsgrund nicht geeignet und verletze deswegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.276

ee) Mittelbare Zusagen, insbesondere versicherungsförmigen Durchführungswege Für versicherungsförmige Zusagen (Direktversicherung, Pensionskasse, Pen- 194 sionsfonds) bestimmt sich der Inhalt der Zusage regelmäßig nach dem Inhalt eines Versicherungsvertrages.277 Hier gelten einige Besonderheiten, die auch auf die (leistungs-)kongruent rückgedeckte Unterstützungskassenzusage278 sowie auf die (leistungs-)kongruent rückgedeckte Direktzusage Anwendung finden, wenngleich es sich dabei bei der Letztgenannten um eine unmittelbare Zusage handelt.279 Risikoversicherungen Versicherungsvertraglich kann ein Hinterbliebenenschutz bspw. durch eine Zu- 195 satzversicherung umgesetzt werden, die die auf eine Altersleistung gerichtete

_____ 274 Siehe auch Kap. 12 Rn. 49. 275 Aus steuerlicher Sicht ist gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 2 EStG die Vollendung höchstens des 25. Lebensjahres relevant. Für Zusagen, die vor dem 1.1.2007 erteilt wurden, gilt laut BMF-Schreiben v. 6.12.2017, IV C 5 – S 2333/17/10002, Rn. 4 der § 32 EStG in seiner bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung. Hier ist die Vollendung des 27. Lebensjahres entscheidend. 276 BAG, Urt. v. 10.1.1989 – 3 AZR 308/87 – NZA 1989, 683. 277 Siehe dazu Rn. 347. 278 Siehe dazu Rn. 348. 279 Siehe dazu Rn. 349.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Hauptversicherung ergänzt. Stirbt der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer, wird die Versicherungsleistung an den Hinterbliebenen ausgezahlt. Es werden in der Praxis aber auch selbständige Risikolebensversicherungen verwendet, bspw. dann, wenn der Arbeitgeber lediglich eine Zusage auf eine Hinterbliebenenleistung (ohne Altersleistung für den Arbeitnehmer) erteilen will. 3 Praxistipp Auch im Falle einer Leistungszusage (bspw. als Direktzusage auf Altersleistung) kann es sich aus Risikominimierungsgründe empfehlen, den Hinterbliebenenschutz über einen versicherungsförmigen Durchführungsweg umzusetzen.

Begriff des Hinterbliebenen 196 Der Begriff des Hinterbliebenen (und damit der bezugsberechtigten Person) ist in

den Versicherungsbedingungen in der Regel gesondert formuliert. Diese Formulierungen orientieren sich in der Regel an den steuerlichen Vorgaben,280 allerdings unter Berücksichtigung versicherungsvertraglicher Besonderheiten. Als Hinterbliebene werden in der Regel betrachtet: ■ der überlebende Ehegatte, mit dem der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt seines Todes verheiratet war (Witwe/Witwer), bzw. der Lebenspartner einer lebenspartnerschaftlichen Lebensgemeinschaft nach dem LPartG, ■ die Kinder des Arbeitnehmers gemäß § 32 Abs. 3, 4 S. 1 Nr. 1 bis 3 und Abs. 5 EStG, ■ der frühere Ehegatte, ■ der überlebende Lebensgefährte, mit dem der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt seines Todes in einer auf Dauer angelegten häuslichen Gemeinschaft gelebt hat, vorausgesetzt, der Arbeitnehmer hat dem Versicherer den Lebensgefährten benannt und das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft bestätigt. Unter einer auf Dauer angelegten häuslichen Gemeinschaft wird dabei in der Regel ein gemeinsamer Wohnsitz und eine gemeinsame Haushaltsführung verstanden. 197 In der Regel hat der Arbeitnehmer nach den Versicherungsbedingungen die Mög-

lichkeit, dem Arbeitgeber durch eine Zahlungsverfügung für den Todesfall einen oder mehrere Hinterbliebenen als bezugsberechtigt zu benennen und der Arbeitgeber hat dies dem Versicherer unverzüglich vorzulegen. Sollte eine Zahlungsverfügung nicht vorliegen, so bestimmen die Zusagen regelmäßig, dass die Hinterbliebenenleistung in der obenstehenden Rangfolge gezahlt wird.

_____ 280 Siehe dazu Kap. 2 Rn. 7 ff.

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Praxistipp 3 Sind Hinterbliebene im Sinne einer getroffenen Zahlungsverfügung nicht vorhanden, so ist die Todesfallleistung nach dem Versicherungsvertrag aus steuerlichen Gründen 281 auf ein einmaliges, angemessenes Sterbegeld beschränkt.

Leistungsausschließende Tatbestandsmerkmale Im Übrigen enthalten die Bedingungen der Versicherer für Hinterbliebenenleistun- 198 gen in der Regel besondere leistungsausschließende Tatbestandmerkmale, so bspw. die Selbsttötung des Arbeitnehmers oder sein Ableben in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit kriegerischen Ereignissen. Auch die Herbeiführung des Todes des Arbeitnehmers durch den Hinterbliebenen führt in der Regel zu einem Ausschluss der Leistungspflicht.

b) Höhe der Hinterbliebenenleistung (Leistungszusagen) Die Höhe der Hinterbliebenenleistung muss in der Zusage definiert werden, da das 199 BetrAVG – im Unterschied zu SGB VI – dafür keine Berechnungsvorschrift enthält. Wie für die Alters- und Invaliditätsleistung so gilt auch hier, dass sich die Leistungshöhe in der Praxis u.a. danach richtet, ob die betreffende Zusage als Leistungszusage oder als beitragsorientierte Zusage ausgestaltet ist.282 Die Praxis verwendet vielfältige Regelungen zur Berechnung der Höhe der Hin- 200 terbliebenenleistungen. Im Rahmen von Leistungszusagen wird deren Höhe in der Regel an die Höhe der zugesagten Altersleistung gekoppelt. Beispiele 5 ■ Anteilige Höhe der Altersleistung: Bei Tod des Arbeitnehmers nach Erreichen der Regelaltersgrenze bemisst sich die Hinterbliebenenleistung oftmals nach einem Prozentsatz der von dem Verstorbenen zuletzt bezogenen Altersleistung. Zum Beispiel: „Die Höhe der Hinterbliebenenleistung beträgt bei einem Versterben des Mitarbeiters nach Erreichen der Regelaltersgrenze 60% der Altersrente, die der Mitarbeiter zum Zeitpunkt seines Todes bezog.“ ■ Erdiente Anwartschaft auf Altersrente: Bei Tod des Versorgungsberechtigten vor Erreichen der Regelaltersgrenze wird die Höhe der Hinterbliebenenleistung in vielen Fällen nach seiner erreichten Anwartschaft auf Altersleistung bemessen. Zum Beispiel: „Die Höhe der Hinterbliebenenleistung bei einem Versterben des Mitarbeiters vor Erreichen der Regelaltersgrenze bemisst sich nach der gemäß § 2 Abs. 1 BetrAVG zum Zeitpunkt des Versterbens erreichten Anwartschaft des Mitarbeiters auf Altersrente.“ ■ Zurechnungsmodelle: Um ein gewisses Niveau der Hinterbliebenenleistung zu gewährleisten, gibt es ebenso wie im Rahmen der Invaliditätsversorgung Gestaltungen, in deren Rahmen dem verstorbenen Arbeitnehmer fiktive leistungserhöhende Parameter zugerechnet werden, so z.B. Dienstzeiten oder Entgeltbestandteile.283

_____ 281 Siehe BMF-Schreiben v. 6.12.2017, IV C 5 – S 2333/17/10002, Rn. 5. 282 Siehe dazu Rn. 467. 283 Für ein Bsp. siehe Rn. 164 entsprechend.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Bausteinzusagen: Ebenso wie bei der Alters- und der Invaliditätsleistung kann sich die Höhe der Hinterbliebenenleistung auch nach der Summe der vom Arbeitnehmer bis zu seinem Tod erworbenen Versorgungsbausteine richten.284 Anrechnungsklauseln und Gesamtversorgungssysteme: Auch nach diesen Gestaltungen kann sich die Höhe der Hinterbliebenenleistung im Rahmen einer Leistungszusage bestimmen.285

c) Höhe der Hinterbliebenenleistung (beitragsorientierte Zusagen) 201 Ebenso wie Alters- und Invaliditätsleistungen kann eine Hinterbliebenenversorgung

auch als beitragsorientierte Zusage erbracht werden.286 Dann hängt die Leistungshöhe entscheidend von der Höhe der aufgewendeten Beiträge ab. Insoweit kann auf die entsprechenden Ausführungen zur Altersleistung verwiesen werden.287

aa) Unmittelbare beitragsorientierte Zusagen 202 Unmittelbare beitragsorientierte Zusagen (Direktzusagen) können intern oder extern finanziert sein.288 Die Höhe der Hinterbliebenenleistung bestimmt sich in der Praxis regelmäßig nach der Summe des bei Eintritt des Versorgungsfalles (tatsächlichen oder fiktiv) angesammelten Versorgungskapitals, welches im Falle einer Rentenleistung verrentet wird. 5 Beispiele ■ Summe des (tatsächlich oder fiktiv) angesammelten Versorgungskapitals: Ist der Tod vor Renteneintritt abgesichert, richtet sich die Hinterbliebenenleistung in diesen Zussagen nach der Höhe des bis zu diesem Zeitpunkt angesammelten – ggf. zu verrentenden – Versorgungskapitals, das sich ggf. um eine garantierte Mindestverzinsung erhöht. Zum Beispiel: „Die Höhe des zu verrentenden Hinterbliebenenkapitals bemisst sich nach der Summe der bis zum Tod des Mitarbeiters zu dessen Gunsten aufgewendeten Beiträge. Diese Beiträge werden bis zum Eintritt des Versorgungsfalls mit einem jährlichen Zinssatz von 2,0% verzinst. Dadurch erhöht sich das Hinterbliebenenkapital entsprechend.“ ■ Summe des noch nicht verbrauchten Versorgungskapitals: Bei einer Absicherung des Todes nach Renteneintritt, richtet sich die Höhe der Leistung oft nach der Höhe des zu diesem Zeitpunkt noch nicht verbrauchten Versorgungskapitals. Zum Beispiel: „Die Höhe des zu verrentenden Hinterbliebenenkapitals bemisst sich nach der Summe des bei Versterben des Mitarbeiters noch nicht verbrauchten individuellen Alterskapitals.“ ■ Zurechnungsmodelle: Ebenso wie im Rahmen der Invaliditätsleistung können unmittelbare beitragsorientierte Zusagen auf Hinterbliebenenschutz Bestimmungen enthalten, durch die sichergestellt werden soll, dass die Versorgung eine bestimmte Mindesthöhe erreicht.289

_____ 284 Siehe für Bsp. Rn. 101, 164 entsprechend. 285 Siehe Rn. 102. 286 Siehe dazu Rn. 467. 287 Siehe dazu Rn. 105 f. 288 Siehe dazu Rn. 109 ff. 289 Für ein Bsp. siehe Rn. 166 entsprechend.

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Bausteinzusagen: Die Höhe der Hinterbliebenenleistung kann sich auch aus dem Wert der vom verstorbenen Arbeitnehmer bis zum Eintritt des Versorgungsfalles erworbenen Versorgungsbausteine auf Altersleistung oder nach dem Wert spezieller Versorgungsbausteine auf Hinterbliebenenleistung richten.290

bb) Mittelbare beitragsorientierte Zusagen, insbesondere versicherungsförmige Durchführungswege Besteht eine Zusage auf Altersleistung über einen versicherungsförmigen Durch- 203 führungsweg, so wird in der Regel die Hinterbliebenenleistung ebenso über eine Direktversicherung, eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds erbracht. Deren Besonderheit liegt darin, dass sich der Inhalt der Zusage und damit auch die Höhe der Leistung regelmäßig nach dem Inhalt des korrespondierenden Versicherungs- oder Pensionsfondsvertrags bestimmen.291 Deswegen gelten die nachfolgenden Ausführungen sinngemäß auch für (leistungs-)kongruent rückgedeckte Unterstützungskassenzusagen und für (leistungs-)kongruent rückgedeckte Direktzusagen (unmittelbare Zusagen).292 Versicherungen zur Abdeckung des Hinterbliebenenschutzes sind in der Praxis 204 als Zusatzversicherungen zur Hauptversicherung auf Altersleistung (d.h., zu einer Renten- oder Kapitallebensversicherung) oder als eigenständige Risikolebensversicherungen zu finden. Beispiele 5 ■ Hinterbliebenen-Zusatzversicherung: Hier bestimmt sich die Leistungshöhe in der Regel nach dem bei Eintritt des Versorgungsfalles vorhandenen Deckungskapital der Hauptversicherung. Zum Beispiel: „Stirbt die versicherte Person vor Beginn des Altersrentenbezugs, wird die Summe der bis zum Tode gezahlten Beiträge ohne die Beiträge für etwaige Zusatzversicherungen gezahlt. Stirbt die versicherte Person nach dem Rentenbeginn und ist eine Rentengarantiezeit293 vereinbart, wird die Rente bis zum Ablauf der vereinbarten Rentengarantiezeit gezahlt.“ ■ Selbständige Risikolebensversicherung: Diese Versicherungsverträge weisen in der Regel kein oder kaum Deckungskapital auf. Deswegen wird zunächst die Leistungshöhe festgelegt und in Abhängigkeit davon die Beträge. Zum Beispiel: „Stirbt die versicherte Person vor Ablauf der Versicherung, wird die vereinbarte Versicherungssumme gezahlt. Die im Versicherungsschein ausgewiesenen garantierten Leistungen erhöhen sich um weitere Leistungen aus der Überschussbeteiligung.“

_____ 290 Siehe für ein Beispiel Rn. 111 entsprechend. 291 Siehe dazu Rn. 347. 292 Siehe dazu Rn. 348 f. 293 Siehe Rn. 237.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

d) Form und Dauer der Hinterbliebenenleistung 205 Ebenso wie für das Versprechen auf Alters- und Invaliditätsleistung muss auch für

die Hinterbliebenenleistung die Form der Versorgungsleistung in der Zusage festgelegt werden. In der Praxis sind insoweit sowohl Renten- als auch Kapitalzusagen verbreitet. Rentenzusagen sind meist mit einem Kapitalwahlrecht des Hinterbliebenen versehen. Kapitalzusagen beinhalten gelegentlich das Recht zur Ratenzahlung.294 Die Hinterbliebenenleistung wird dann, wenn sie als Rente zugesagt wird, in der Regel lebenslang gezahlt. Zulässig sind aber auch hier grundsätzlich temporäre, d.h. befristete Renten.295 Insbesondere Waisenleistungen sind in den versicherungsförmigen Zusagen in 206 der Regel befristet. Sie enden dann beim Erreichen des in der Zusage bestimmten Höchstalters der Waisen.296 Oft finden sich in der Praxis auch Regelungen, die den Anspruch bei Eintritt eines anderen leistungsausschließenden Tatbestandsmerkmals enden lassen, wie die Beendigung einer Ausbildung.

e) Checkliste 207 Bei der Aufnahme einer Hinterbliebenenleistung in die Zusage empfiehlt es sich u.a.

folgende Punkte zu regeln:297 3 Checkliste ■ Definition der Tatbestandsvoraussetzungen des Versorgungsfalles Tod ■ Relevanter Zeitpunkt des Todes (vor Erreichen der Regelaltersgrenze; nach Erreichen der Regelaltersgrenze oder beides)? ■ Versorgungsberechtigter Personenkreis (Ehegatte; Lebenspartner; Lebensgefährte; Waisen – unter Berücksichtigung der steuerlichen Anforderungen)? ■ Sollen weitere Tatbestandsvoraussetzungen gelten (bspw. Spätehenklausel; Altersabstandsklausel; Wiederverheiratungsklausel; Mindestdauer der Ehe; Höchstalter bei Waisenleistung)? ■ Sollen weitere leistungsauslösende und/oder leistungsausschließende Voraussetzungen gelten (bspw. Antragserfordernis)? ■ Ausgestaltung der Hinterbliebenenleistung ■ Höhe der Leistung? ■ Ggf. Höhe der Beiträge? ■ Bei mittelbaren Durchführungswegen: Wahl des Versorgungsträgers einschl. Versicherungstarif/Ausgestaltung des Leistungsplans? ■ Leistungsform (Kapital oder Rente)? Im Falle einer Rentenzahlung: Kapitalwahlrecht? Im Falle einer Kapitalzahlung: Möglichkeit der Ratenzahlung?

_____ 294 Siehe dazu Rn. 224 ff. 295 Siehe dazu Rn. 214. 296 Siehe dazu Rn. 193. 297 Dabei handelt es sich lediglich um ein Beispiel, das nach den Umständen des Einzelfalls erweitert oder variiert werden muss; siehe auch Kap. 12 Rn. 39.

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B. Gegenstand und Ausgestaltung der bAV



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■ Bei Rente oder bei Ratenzahlung: Dauer der Leistung (lebenslang oder befristet)? Modalitäten der Leistungserbringung (bspw. Fälligkeit)

8. Leistungsgegenstand und Form der bAV Für das Vorliegen einer bAV ist es nach § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG erforderlich, dass der 208 Arbeitgeber eine Leistung der Alters-, Invalidität- oder Hinterbliebenenversorgung verspricht. Handelt es sich um eine beitragsorientierte Zusage so tritt neben die Verpflichtung zur Leistung die Pflicht, die geschuldeten Beiträge aufzuwenden.298 Ggf. tritt eine Verpflichtung hinzu, dem Versorgungsberechtigten die Versorgungsleistung eines externen Versorgungsträgers zu verschaffen. Eine Ausnahme stellt die reine Beitragszusage dar, in deren Rahmen der Arbeitgeber lediglich die Erbringung eines Beitrags an einen in § 22 BetrAVG genannten Versorgungsträger schuldet.299

a) Gegenstand der Leistung Die Versorgungsleistung wird in der Regel als Geldleistung versprochen, zu zahlen 209 als einmalige Kapitalleistung oder als Rente.300 Zwingend ist das aber nicht. Das Versorgungsversprechen kann sich auch auf andere Leistungsgegenstände beziehen, so bspw. auf die Übernahme von Beiträgen zu einer Krankenversicherung.301 Auch Sachleistungen oder Nutzungsrechte werden in der Praxis gelegentlich zugesagt. Beides ist grundsätzlich vom sachlichen Anwendungsbereich des BetrAVG erfasst. Fettnapf 3 Sachleistungen der bAV können bspw. Hausbrandleistungen (Energiebeihilfen) sein,302 die allerdings in neueren Versorgungszusage nur noch selten zu finden sind. Es können auch Sachgutscheine u.Ä. als Leistung versprochen werden. Jedenfalls müssen auch Sachleistungen stets einen betriebsrentenrechtlichen Versorgungszweck verfolgen, wenn sie als bAV gelten sollen.303 Das Gleiche gilt auch für Nutzungsrechte bspw. für Wohnraum.

b) Form der Leistung Leistungen der bAV können grundsätzlich als periodisch wiederkehrende Leis- 210 tungen (Rente) oder als Kapitalleistung (u.U. in Form einer Ratenzahlung) erbracht werden.

_____ 298 Siehe Rn. 467. 299 Siehe Rn. 523. 300 Siehe Rn. 210 ff. 301 Wie hier Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 2, Rn. 92; a.A.: BAG, Urt. v. 12.12.2006 – 3 AZR 475/05 – BeckRS 2007, 48604. 302 BAG, Urt. v. 16.3.2010 − 3 AZR 594/09 – BAGE 133, 289 = NZA-RR 2011, 155. 303 Siehe Rn. 68.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

aa) Rentenleistungen 211 Die traditionelle Leistungsart der bAV ist die Rentenzahlung. Darunter ist eine

regelmäßig wiederkehrende Zahlung eines (in der Regel) gleichbleibenden oder steigenden Betrages an den Versorgungsberechtigten zu verstehen. Im Falle einer Rentenzusage erwirbt der Versorgungsberechtigte mit Eintritt des Versorgungsfalles in der Regel ein sog. Rentenstammrecht. Dieses vermittelt ihm den Anspruch auf die Zahlung einer Rente. Das Rentenstammrecht ist ein höchstpersönliches Recht. Deswegen ist es nicht vererblich.304 Die Fälligkeit der einzelnen, aus dem Stammrecht fließenden Rentenzahlungen muss in der Zusage festlegt werden. Meistens wird eine monatliche Zahlweise vereinbart. Höhe der Rentenleistung 212 Die Höhe der Rentenzahlungen muss ebenfalls in der Zusage geregelt werden. U.a. in Abhängigkeit davon, ob es sich um eine Leistungszusage oder eine beitragsorientierte Zusage handelt, findet sich in der Praxis eine große Vielfalt von Gestaltungen. Insoweit kann auf die Ausführungen zu den verschiedenen biometrischen Risiken verwiesen werden.305 3 Praxistipp Die Leistungshöhe beitragsorientierter Zusagen hängt in erster Linie von der Höhe der aufgewendeten Beiträge ab. Die Frage nach der in der Praxis üblichen Höhe der Beiträge für eine beitragsorientierte arbeitgeberfinanzierte bAV ist aufgrund der erwähnten Vielfältigkeit schwer zu beantworten. Durchschnittlich werden aber für einen tariflich angestellten Arbeitnehmer 3% der Höhe seines Grundgehalts aufgewendet, für einen außertariflichen Arbeitnehmer 4,3% und für eine Führungskraft 7,2%.306

213 Gelegentlich enthalten Zusagen vertragliche Regelungen zu einer Dynamisierung

der Rentenleistung. Dann steigt die bei Eintritt des Versorgungsfalles zu zahlende Rentenhöhe im weiteren Verlauf an. Unabhängig davon ist der Arbeitgeber aber gemäß § 16 BetrAVG grundsätzlich verpflichtet, aller drei Jahre eine Anpassung der laufenden Renten zu prüfen.307 3 Praxistipp Die Heterogenität der Zusagegestaltungen erschwert auch eine Aussage zu einem üblichen Niveau einer Rentenleistung. Bezogen auf das letzte Grundgehalt vor Renteneintritt, liegt der Versorgungsgrad einer arbeitgeberfinanzierten Altersrente für tarifliche Arbeitnehmer bei durchschnittlich 4,6%, für außertarifliche Arbeitnehmer bei 4,4% und für Führungskräfte bei 4,8%. Die genauen

_____ 304 Siehe Rn. 230 ff. 305 Siehe Rn. 100 ff., Rn. 163 ff., Rn. 199 ff. 306 Becker/Lingenfelser/Puschinski, 16. 307 Siehe zu den Grundsätzen und Ausnahmen Kap. 8 Rn. 386 ff.

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B. Gegenstand und Ausgestaltung der bAV

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Werte hängen von einer Reihe von Umständen ab, insbesondere von der Unternehmensgröße und der Branche.308

Dauer der Rentenzahlung Ausgehend vom Versorgungszweck der bAV sind im Bereich der Altersleistung 214 nach wie vor lebenslange Rentenzahlungen der Regelfall. Das BAG sieht den sachlichen Anwendungsbereich des BetrAVG aber auch dann eröffnet, wenn die Zahlung der Rente zeitlich befristet ist (sog. temporäre Renten).309 Diese sind insbesondere für die Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung verbreitet. Im erstgenannten Fall ist die Zahlung in der Regel auf das Erreichen der Regelaltersgrenze durch den Versorgungsberechtigten befristet.310 Im Bereich der Hinterbliebenenversorgung werden bspw. Waisenrenten nur bis zum Erreichen eines bestimmten Lebensalters der Waisen gezahlt.311 Auch eine befristete Fortzahlung der Altersleistung bei einem Versterben des Versorgungsberechtigten nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze im Rahmen einer versicherungsförmigen Zusage (Rentengarantiezeit) kann als temporäre Hinterbliebenenleistung anerkannt sein.312 Kapitalisierung der Rentenzusage In der Praxis werden Zusagen auf Rentenleistungen oftmals mit einem Kapital- 215 wahlrecht des Versorgungsberechtigten versehen. Im Bereich der versicherungsförmigen Durchführungswege313 ist das regelmäßig der Fall. Handelt es sich um eine gemäß § 3 Nr. 63 EStG geförderte bAV, so ist der Einschluss eines Kapitalwahlrechts steuerlich nicht schädlich; es sind allerdings die Vorgaben des BMF insoweit zu beachten.314 Die Höhe der kapitalisierten Rente bestimmt sich bei Leistungszusagen oftmals 216 nach dem Barwert der Rentenleistung. Dieser wird in der Regel nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechnet, mit den Rechnungsgrundlagen und dem Rechnungszins, die für die Bildung von Pensionsrückstellungen in der letzten Steuerbilanz verwendet wurden. Im Falle einer beitragsorientierten Zusage – insbesondere in den versicherungsförmigen Durchführungswegen – ermittelt sich die Höhe der Kapitalleistung in der Regel nach dem für die Rentenzusage zur Verfügung stehenden Deckungskapital/Versorgungskapital.

_____ 308 Becker/Lingenfelser/Puschinski, 16. 309 BAG, Urt. v. 20.3.2018 – 3 AZR 277/16 – VersR 2018, 1087. 310 Siehe dazu Rn. 170 f. 311 Siehe dazu Rn. 206. 312 Siehe dazu Rn. 237. 313 Siehe dazu Rn. 347. 314 BMF-Schreiben vom 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002, Rn. 34; Kap. 2 Rn. 167.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

3 Fettnapf Ein Kapitalwahlrecht sollte rechtzeitig in der Zusage vereinbart werden. Einigen sich Arbeitgeber und Versorgungsberechtigter bspw. erst nach Eintritt des Versorgungsfalles auf eine Kapitalisierung, so sind aus arbeitsrechtlicher Sicht die Restriktionen des § 3 Abs. 1 BetrAVG zu beachten.315

Verjährung 217 Das BetrAVG enthält für Ansprüche aus einer bAV mit § 18a BetrAVG eine besondere Verjährungsregelung, von der zum Nachteil des Versorgungsberechtigten nur durch tarifvertragliche Regelung oder durch vertragliche Bezugnahme auf einen einschlägigen Tarifvertrag abgewichen werden darf, § 19 Abs. 1, 3 BetrAVG.316 Nach § 18a S. 1 BetrAVG verjährt ein Anspruch auf bAV-Leistungen in 30 Jahren. Davon sind grundsätzlich alle Rechte aus einer Zusage und insbesondere das sog. Rentenstammrecht erfasst, das bspw. auch den Anspruch auf Anpassungsprüfung und -entscheidung gemäß § 16 BetrAVG umfasst.317 Der Beginn der Verjährung nach § 18a S. 1 BetrAVG ist der Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs, § 200 BGB. Das ist mit Blick auf das Rentenstammrecht der Eintritt des Versorgungsfalles. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch § 202 Abs. 2 BGB, nach dem die 30-jährige Verjährungsfrist nicht verlängert werden kann. Das Gesetz enthält mit § 18a S. 2 BetrAVG jedoch eine Sonderregelung für 218 regelmäßig wiederkehrende Leistungen. Diese verjähren innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist, d.h. gemäß § 195 BGB innerhalb von drei Jahren.318 Das betrifft bspw. die einzelnen Rentenzahlungen. Fristbeginn dieser dreijährigen Verjährung ist gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB der Schluss des Jahres, in dem der jeweilige Anspruch entstanden ist und der Versorgungsberechtigte von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Arbeitgebers Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Unabhängig davon tritt die Verjährung allerdings spätestens in zehn Jahren nach ihrer Entstehung ein, § 199 Abs. 4 BGB. Anwartschaften auf eine bAV, also Rechte aus einer Zusage vor Eintritt des 219 Versorgungsfalles, unterliegen hingegen keiner Verjährung. Denn eine Verjährung kann nur (bereits entstandene) Ansprüche betreffen. Eine Anwartschaft auf bAV erwächst aber erst dann zum Anspruch, wenn der jeweilige Versorgungsfall eintritt.319

_____ 315 Siehe Kap. 8 Rn. 101 ff. 316 Siehe dazu Rn. 318 ff. 317 BAG, Urt. v. 17.8.2004 – 3 AZR 367/03 – NJOZ 2005, 4868, siehe aber zur Thematik der nachholenden und nachträglichen Anpassung Kap. 8 Rn. 425 ff., 434 ff. 318 BAG, Urt. v. 17.6.2014 – 3 AZR 412/13 – NJOZ 2015, 349. 319 Siehe Rn. 32 ff.

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bb) Kapitalleistungen Das BAG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass nicht nur Rentenleis- 220 tungen, sondern auch Kapitalleistungen eine zulässige Leistungsform der bAV sind. Auch mit ihnen kann also der nach dem BetrAVG erforderliche Versorgungszweck erreicht werden.320 Kapitalzusagen sind insbesondere in unmittelbaren Zusagen zu finden. Für 221 den Arbeitgeber haben sie den Vorteil, dass er mit der Zahlung das Versorgungsversprechen erfüllt und seine Verpflichtung somit nach § 362 BGB unmittelbar und vollständig erlischt.321 Das Risiko der Langlebigkeit des Versorgungsberechtigten322 sowie eine in der Rentenphase u.U. kostspielige Administration der bAV entfallen für ihn damit ebenso wie die Rentenanpassungsprüfungspflicht gemäß § 16 BetrAVG. Für den Arbeitnehmer kann die sofortige Verfügbarkeit eines hohen Kapitalbetrags Vorteile haben, zumal das Steuerrecht – für die Durchführungsweg Direktzusage und Unterstützungskasse – mit der sog. Fünftelungsregelung gemäß § 34 EStG eine Privilegierung für diese außerordentlichen Einkünfte kennt.323 Einschränkungen der Zulässigkeit von Kapitalleistungen In besonderen Konstellationen ist die Leistungsform Kapitalleistung jedoch nicht 222 zugelassen. Das hat in erster Linie sozialpolitische Gründe. Denn der mit der bAV verfolgte Versorgungszweck, biometrische Risiken abzudecken wird mit einer (in der Regel lebenslangen) Rentenleistung besser abgedeckt als mit einer Kapitalleistung. So dürfen bspw. mit einer reinen Beitragszusage gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG nur laufende Leistungen zugesagt werden, § 22 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG – eine einmalige Kapitalleistung ist also nicht zulässig.324 Aus steuerlicher Perspektive ist zu beachten, dass eine Förderung gemäß § 3 223 Nr. 63 EStG nur dann gewährt wird, wenn eine lebenslange Rente oder ein sog. Auszahlungsplan gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4a AltZertG zugesagt ist.325 Das gilt auch für die Förderung im Rahmen der §§ 10a, 82 EStG (Riesterförderung),326 ebenso wie für die Geringverdienerförderung, § 100 Abs. 3 Nr. 4 EStG.327

_____ 320 BAG, Urt. v. 25.6.2013 – 3 AZR 219/11 – BAGE 145, 314 = NZA 2013, 1421. 321 Siehe dazu Rn. 51 ff. 322 Siehe dazu Kap. 5 Rn. 144 ff. 323 Siehe dazu Kap. 2 Rn. 129. 324 Siehe dazu Rn. 537. 325 Wobei der Einschluss eines Kapitalwahlrechts nicht schädlich ist: BMF-Schreiben vom 6.12. 2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002, Rn. 34; Kap. 2 Rn. 167; zum Begriff des Auszahlungsplans siehe Rn. 226. 326 Siehe dazu Kap. 2 Rn. 156. 327 Siehe dazu Kap. 2 Rn. 113 ff., 123.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Höhe der Kapitalleistung, Ratenzahlungen (gestreckte Kapitalleistung) und Auszahlungspläne Die Höhe der Kapitalleistung ist in der Zusage festzulegen. Insoweit kann auf die entsprechenden Ausführungen zur Höhe einer Rentenleistung verwiesen werden.328 In Kapitalzusagen ist gelegentlich das Recht des Versorgungsberechtigten enthalten, sich die Kapitalsumme in – bspw. jährlichen – Raten auszahlen zu lassen (sog. Ratenzahlungen). Es handelt sich dabei Fälligkeitsregelungen. In diesen Fällen entsteht der Anspruch des Versorgungsberechtigten auf die Auszahlung des Kapitals zwar mit dem Eintritt des Versorgungsfalles, die Fälligkeit der einzelnen Zahlungen (Raten) wird durch eine entsprechende Vereinbarung aber hinausgeschoben. Das kann insbesondere für die Frage der Vererbung von Bedeutung sein.329 Diese Grundsätze gelten auch für sog. Auszahlungspläne bspw. im Rahmen einer Förderung nach § 3 Nr. 63 EStG nach §§ 10 a, 82 EStG (Riesterförderung) oder der Förderung gemäß § 100 EStG. Auszahlungspläne sind Ratenzahlungen (also gestreckte Kapitalzahlungen) mit anschließender lebenslanger Teilkapitalverrentung spätestens ab dem 85. Lebensjahr (§ 82 Abs. 2 S. 2 EStG, § 1 Abs. 1 Nr. 4a AltZertG), wobei die Leistungen während der gesamten Auszahlungsphase gleich bleiben oder steigen müssen. Allerdings ist zu beachten, dass Ratenzahlungen als gestreckte Kapitalzahlungen u.U. dennoch einer Anpassungs(-prüfungs-)pflicht des Arbeitgebers gem. § 16 BetrAVG unterliegen.330 Auszahlungspläne sind davon hingegen nach § 16 Abs. 6 BetrAVG ausgenommen. Verjährung

228 Für die Verjährung von Ansprüchen auf Kapitalleistung gelten grundsätzlich die zu

den Rentenleistungen getroffenen Aussagen entsprechend.331 Daraus folgt, dass sie nach § 18a S. 1 BetrAVG ebenfalls einer 30-jährigen Verjährungsfrist unterliegen. Fraglich ist aber, ob der Anspruch auf die einzelnen Raten einer gestreckten 229 Kapitalzahlung in den Anwendungsbereich des § 18a S. 2 BetrAVG fällt und somit der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB unterliegt. § 18a S. 2 BetrAVG spricht zwar von „regelmäßig wiederkehrenden Leistungen“, allerdings nicht wie § 16 Abs. 1 BetrAVG von „laufenden Leistungen“. In § 16 Abs. 1 BetrAVG wird von einer „laufenden Leistung“ jedenfalls dann ausgegangen, wenn sich eine Ratenzahlung auf einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren erstreckt.332 Wenn aber Ratenzahlungen unter diesen Umständen bereits als „laufende Leistun-

_____ 328 Siehe dazu Rn. 212. 329 Siehe dazu Rn. 230 ff. 330 Siehe Kap. 8 Rn. 391. 331 Siehe dazu Rn. 217 ff. 332 Kap. 8 Rn. 391.

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gen“ zu betrachten sind, dürften sie erst recht unter den weniger weitgehenden Begriff der „regelmäßig wiederkehrenden Leistungen“ zu fassen sein. Deswegen ist von einer Anwendbarkeit des § 18a S. 2 BetrAVG bereits dann auszugehen, wenn die Ratenzahlungen in einer bestimmten zeitlichen Regelmäßigkeit erbracht werden.333 Eine Mindestanzahl der Ratenzahlungen dürfte dafür indes nicht erforderlich sein.

9. Keine Vererbung der bAV Ansprüche und Anwartschaften auf eine bAV sind höchstpersönliche Rechte. Sie 230 sind an die Person des Versorgungsberechtigten gebunden, dessen Versorgung sie dienen sollen und deswegen grundsätzlich nicht vererbbar. Etwas Anderes widerspräche auch dem grundsätzlichen Versicherungscharakter der bAV. 334 Denn dann läge kein biometrisches Risiko mehr vor, da einerseits für den Arbeitgeber keine Ungewissheit darüber bestünde, ob, wann und in welchem Umfang er Leistungen erbringen muss und andererseits der Arbeitnehmer wüsste, dass die versprochene Leistung in jedem Fall erbracht werden wird.335

a) Versterben vor Eintritt eines Versorgungsfalls Verstirbt der Versorgungsberechtigte vor dem Eintritt des Versorgungsfalls Alter 231 oder Invalidität, konnte sein Anspruch auf die Versorgungsleistung wegen des nicht eingetretenen biologischen Ereignisses (Versorgungsfall) nicht entstehen.336 Seine Anwartschaft konnte sich nicht zum Vollrecht entwickeln und erlischt folglich mit seinem Tod. Nur dann, wenn die Zusage (auch) eine Hinterbliebenenleistung enthält, wird eine Leistung an die Hinterbliebenen gezahlt.

b) Versterben nach Eintritt eines Versorgungsfalles Sollte der Versorgungsberechtigte nach Eintritt des Versorgungsfalles Alter oder 232 Invalidität versterben, so war sein Anspruch auf die Versorgungsleistung bereits entstanden.

_____ 333 So im Ergebnis auch Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 18a Rn. 10. 334 Siehe dazu Rn. 25. 335 BAG, Urt. v. 18.3.2003 – 3 AZR 313/02 – BAGE 105, 240 = NZA 2004, 848; Höfer/de Groot/ Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG Bd. I, Kap. 2, Rn. 23 hält allein die Ungewissheit über den Leistungszeitpunkt für entscheidend. 336 Siehe dazu Rn. 32 ff.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

aa) Rentenleistung 233 Der Anspruch auf eine ab Eintritt des Versorgungsfalles gezahlte Rentenleistung

erlischt mit dem Tod des Versorgungsberechtigten. Sein höchstpersönliches Rentenstammrecht ist nicht vererbbar. 5 Beispiel A erhält eine Zusage auf Altersleistung in Form einer Rente in Höhe von monatlich 400 €, zahlbar jeweils zum Monatsende. Eine Zusage auf Hinterbliebenenleistung besteht nicht. Voraussetzung für die Zahlung der Altersleistung ist nach der Zusage, dass A nach Vollendung des 67. Lebensjahres aus den Diensten des Arbeitgebers ausscheidet. Nachdem A das 67. Lebensjahr vollendete und am 31.1.2020 beim Arbeitgeber ausschied, wurde ihm ab 1.2.2020 jeweils am Monatsende eine Rentenzahlung in Höhe von 400 € gezahlt. Am 28.8.2020 verstirbt A. Ehefrau E, die Alleinerbin des A ist, kann keine Weiterzahlung der Rente verlangen, auch nicht, wenn es sich um eine beitragsorientierte Zusage337 handelt und das Versorgungskapital durch die Altersleistung noch nicht aufgezehrt ist. Denn das höchstpersönliche Rentenstammrecht des A ist mit seinem Tod erloschen.

234 Der Verfall des zum Todeszeitpunkt des Versorgungsberechtigten möglicherweise

noch vorhandenen Versorgungskapitals kann dadurch verhindert werden, dass eine Hinterbliebenenleistung zugesagt wird und sich bspw. deren Höhe nach der Höhe des zum Zeitpunkt des Versterbens vorhandenen Versorgungskapitals richtet – entweder als einmalige Kapitalzahlung oder durch Verrentung des Versorgungskapitals.338 Der Versorgungsfall träte dann mit dem Tod des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers ein. Dadurch entstünde der Leistungsanspruch des Hinterbliebenen.

bb) Kapitalleistung 235 Ist eine Kapitalleistung zugesagt, so entsteht der Anspruch auf Auszahlung bei Ein-

tritt des Versorgungsfalles in vollem Umfang. Verstirbt der Versorgungsberechtigte später, gehören der Zahlungsanspruch bzw. das bereits ausgezahlte Kapital zu seinem Nachlass, der im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 Abs. 1 BGB auf seine Erben übergeht. Einer besonderen Regelung dieser Rechtsfolge in der Zusage bedarf es nicht. 5 Beispiel A erhält eine Zusage auf Altersleistung in Form einer Kapitalzusage (100.000 €). Voraussetzung für die Zahlung ist, dass A nach Vollendung des 67. Lebensjahres aus den Diensten des Arbeitgebers ausscheidet. Gleichzeitig wird A das Recht eingeräumt, sich diese Kapitalzahlung in fünf jährlichen

_____ 337 Siehe Rn. 467. 338 Siehe bspw. Rn. 202.

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Raten gleicher Höhe auszahlen zu lassen. Von diesem Recht macht A fristgerecht Gebrauch. Eine Zusage auf Hinterbliebenenleistung besteht nicht. Nachdem A das 67. Lebensjahr vollendete und aus den Diensten des Arbeitgebers zum 31.1.2020 ausschied, wurde ihm am 31.3.2020 die erste Rate in Höhe von 20.000 € gezahlt. Am 28.8.2020 verstirbt A. Ehefrau E, die Alleinerbin des A ist, hat einen Anspruch auf Auszahlung der noch ausstehenden Raten in Höhe von 80.000 €. Denn der Anspruch des A auf die Kapitalzahlung war mit dem Eintritt des Versorgungsfalles entstanden und im Zeitpunkt seines Todes bereits Bestandteil seines Vermögens geworden. Die Vereinbarung der Ratenzahlung selbst ist nur eine Fälligkeitsregelung der Kapitalzahlung.339

c) Schädlichkeit von Vererbungsklauseln Klauseln in einer Zusage, die die Vererbung von Ansprüchen auf bAV bestimmen, 236 sind nach Ansicht des BAG ein Indiz dafür, dass es sich bei der Zusage um eine private Vermögensbildung und nicht um bAV nach dem BetrAVG handelt. Es fehle in diesen Fällen in der Regel am erforderlichen biometrischen Risiko.340 Das entspricht auch der Ansicht der Finanzverwaltung.341 Vor diesem Hintergrund sind insbesondere auch die in Direktversicherungs- 237 zusagen verbreiteten Rentengarantiezeiten zu betrachten. Danach wird die Fortzahlung einer Rente für einen bestimmten Zeitraum (bspw. zehn Jahre) nach Eintritt des Versorgungsfalles „Alter“ garantiert, auch dann, wenn der Versorgungsberechtigte in diesem Zeitraum verstirbt. Ist die Benennung der in diesem Fall Bezugsberechtigten für die verbleibenden Rentenzahlungen nicht auf Hinterbliebene342 beschränkt, so äußert das BAG Zweifel daran, ob es sich insoweit um eine bAV handelt.343 Fettnapf 3 Enthält eine Zusage eine Rentengarantiezeit, sollte sie so gestaltet sein, dass vom Versorgungsberechtigten nur Begünstigte benannt werden können, die dem betriebsrentenrechtlichen Hinterbliebenenbegriff unterfallen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Zusage nur mit Blick auf die Altersleistung als bAV anerkannt wird.

10. Abgrenzung der bAV von anderen Arbeitgeberleistungen In der Praxis kann die Abgrenzung einer Zusage auf bAV von anderen Sozialleis- 238 tungen des Arbeitgebers, die nicht unter den Anwendungsbereich des BetrAVG fal-

_____ 339 Siehe dazu Rn. 225. 340 BAG, Urt. 18.3.2003 – 3 AZR 313/02 – BAGE 105, 240 = NZA 2004, 848. 341 BMF-Schreiben vom 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002, Rn. 6. 342 Zum Hinterbliebenenbegriff siehe Rn. 182 ff. 343 BAG, Urt. 19.7.2005 – 3 AZR 502/04 – NZA-RR 2006, 372.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

len, schwierig sein. Dabei ist die von den Parteien gewählte Bezeichnung der Arbeitgeberleistung grundsätzlich unerheblich. Entscheidend ist allein, ob die in Rede stehende Leistung die Begriffsmerkmale des § 1 BetrAVG erfüllt.344 3 Praxistipp Dennoch empfiehlt es sich bei der Gestaltung von Zusagen auf eine präzise Benennung der zugesagten Leistungen zu achten. Oftmals wird in der Praxis nicht differenziert zwischen den Begriffen Altersversorgung und Altersvorsorge. Der Begriff „betriebliche Altersvorsorge“ ist gesetzlich nicht definiert. Er ist in der Regel weiter als der Begriff „betriebliche Altersversorgung“ zu verstehen und kann bspw. auch eine betriebliche Krankenvorsorge umfassen, die nicht unter den Anwendungsbereich des BetrAVG fällt.345

a) Übergangs- und Vorruhestandsgelder 239 Insbesondere die Abgrenzung zwischen bAV und sog. Übergangs- und Vorruhestandsgeldern bereitet in der Praxis immer wieder Probleme. Übergangsgelder werden oftmals für den Verlust eines Arbeitsplatzes gezahlt. Die Entstehung eines solchen Anspruchs wird also durch Arbeitslosigkeit und nicht durch ein in § 1 Abs. 1 BetrAVG erwähntes biologisches Ereignis ausgelöst.346 Eine Übergangsversorgung dient dazu, die finanziellen Lücken zu schließen, die aus einem vorzeitigen Ausscheiden des Betroffenen aus dem Arbeitsverhältnis entstehen.347 Sie ist auf die soziale Absicherung eines übergangsweise nicht erwerbtätigen Arbeitnehmers gerichtet. Deswegen wird sie in der Regel auch nur bis zur Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses oder bis zum Erreichen der Altersgrenze zugesagt. Anders kann der Fall aber liegen, wenn das Übergangsgeld zwar zum Ausgleich 240 einer möglichen Arbeitslosigkeit gezahlt wird, Tatbestandsvoraussetzung für seine Zahlung jedoch ein invaliditätsbedingtes Ausscheiden des Arbeitnehmers ist. Dann liegen die für eine bAV erforderliche Übernahme eines biometrischen Risikos sowie der erforderliche Versorgungszweck348 vor, da die Leistung den durch die Invalidität entstehenden Versorgungsbedarf des Arbeitnehmers abdecken soll. Es handelt sich also nicht um ein Übergangsgeld, sondern um eine Zusage auf bAV, die unter den Anwendungsbereich des BetrAVG fällt.349 Die vorstehenden Ausführungen gelten sinngemäß auch für Vorruhestands241 gelder. Diese werden in der Praxis gelegentlich zugesagt, um dem Arbeitnehmer ein Ausscheiden aus dem Arbeitsleben vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze der

_____ 344 BAG, Urt. v. 20.3.2018 – 3 AZR 277/16 – VersR 2018, 1087. 345 Siehe dazu Rn. 155. 346 Siehe dazu Rn. 25. 347 BAG, Urt. v. 14.10.2003 – 9 AZR 678/02 – NJOZ 2004, 2303. 348 Siehe dazu Rn. 25, 68. 349 BAG, Urt. v. 25.4.2017 – 3 AZR 668/15 – NZA-RR 2017, 498.

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gesetzlichen Rentenversicherung und/oder der Regelaltersgrenze in der bAV zu ermöglichen. Solange der Arbeitnehmer in diesen Fällen noch nicht das für das Vorliegen einer bAV-Altersleistung erforderliche Lebensalter erreicht hat,350 fehlt es regelmäßig an der Übernahme eines biometrischen Risikos und an dem erforderlichen Versorgungszweck,351 da die Zahlung nicht vom Eintritt eines biologischen Ereignisses gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG abhängt. In diesen Fällen sind Vorruhestandsgelder nicht als bAV i.S.d. BetrAVG anzuerkennen.

b) Weitere Arbeitgeberleistungen Mit Blick auf weitere Sozialleistungen des Arbeitgebers entstehen Abgrenzungs- 242 schwierigkeiten oft dadurch, dass diese anderen Leistungen zwar eines oder mehrere Merkmale einer bAV erfüllen, aber eben nicht alle. Entscheidend für die Abgrenzung sonstiger Arbeitgeberleistungen von einer bAV sind in der Regel folgende Fragen: Checkliste 3 ■ Wird die Leistung aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses erbracht?352 ■ Wird die Leistung durch ein biologisches Ereignis gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG (Alter, Invalidität und/oder Tod) ausgelöst?353 ■ Wird mit der Arbeitgeberleistung ein Versorgungszweck i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG verfolgt?354 Nur wenn sämtliche dieser Fragen positiv beantwortet werden können, handelt es sich in der Regel um eine bAV. Je nach Rechtsgrundlage der Zusage ist diese im Zweifel auzulegen.355

Nachfolgend werden einige weitere Leistungen des Arbeitgebers dargestellt, die in 243 der Abgrenzung zu einer Zusage auf bAV Fragen aufwerfen können:356 Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter: Gemäß § 89b HGB kann ein Han- 244 delsvertreter von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses unter bestimmten Voraussetzungen einen angemessenen Ausgleich verlangen. Diese Ausgleichzahlungen sind keine bAV, wenn sie nicht durch ein in § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG genanntes biologisches Ereignis ausgelöst sind.357 Doch selbst, wenn das

_____ 350 Siehe dazu Rn. 78 ff. 351 Siehe dazu Rn. 25, 68. 352 Siehe dazu Rn. 63 ff. 353 Siehe dazu Rn. 25. 354 Siehe dazu Rn. 68. 355 Siehe dazu Rn. 42 ff. 356 Für eine umfangreiche und alphabetische Darstellung siehe bspw.: Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1 Rn. 49 ff. 357 Siehe dazu Rn. 25.

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der Fall sein sollte, fehlt es in der Regel am erforderlichen Versorgungszweck.358 Denn die Ausgleichszahlungen werden nicht gewährt, um einen bspw. aus Altergründen bestehenden Versorgungsbedarf zu decken, sondern um (davon unabhängig) Provisionsverluste und den Verlust des Kundenstamms auszugleichen.359 Die Altersversorgung der Handelsvertreter hingegen erfolgt in der Praxis oftmals durch gesonderte Zusagen auf bAV, die je nach den Umständen des Einzelfalls auf den Ausgleichsanspruch angerechnet werden können.360 Beihilfen und Unterstützungsleistungen (bspw. bei Krankheits-, Geburts- und 245 Todesfällen): Diese Arbeitgeberleistungen werden zwar aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses erbracht. Das gilt auch dann, wenn sie – wie in der Praxis häufig – von einer Unterstützungskasse gezahlt werden. Es mangelt ihnen aber in der Regel bereits an einem leistungsauslösenden biologischen Ereignis im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG. Selbst wenn die Entstehung des Anspruchs aber von einem solchen abhängig sein sollte, kann es diesen Zusagen am erforderlichen Versorgungszweck mangeln.361 5 Beispiel Der Arbeitgeber sagt seinem Arbeitnehmer zu, bei dessen Versterben nach Renteneintritt ein sog. Sterbegeld in Höhe von drei Monatsrenten zu zahlen. Diese Leistung knüpft zwar an den Eintritt des biologischen Ereignisses „Tod“ iSd § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG an. In der Regel fehlt es ihr jedoch an dem erforderlichen Versorgungszweck. Denn das Sterbegeld soll regelmäßig nicht der Versorgung der Hinterbliebenen dienen, sondern lediglich der Deckung der Beerdigungskosten.362

246 Gewinnbeteiligungen (Tantiemen): In der Regel fallen diese Zahlungen nicht in

den Anwendungsbereich des BetrAVG, da sie üblicherweise bereits vor Eintritt eines biologischen Ereignisses gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG gezahlt werden. Ist ihre Zahlung aber von dem Eintritt eines solchen Ereignisses abhängig, können sie durchaus eine bAV darstellen, sofern sie den erforderlichen Versorgungszweck verfolgen.363 Gratifikationen: Zuwendungen des Arbeitgebers zu bestimmten Anlässen – 247 bspw. Weihnachtsgelder, Jubiläumszuwendungen, Treueprämien – fallen nur dann in den Anwendungsbereich des BetrAVG, wenn sie nach Eintritt eines biologischen Ereignisses gemäß i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG erfolgen. Denn dann liegt

_____ 358 Siehe dazu Rn. 68. 359 MüKo HGB/von Hoyningen-Hüne, § 89b HGB, Rn. 3. 360 Siehe bspw. BGH, Urt. v. 23.5.1966 – VII ZR 268/64 – BGHZ 45, 268 = NJW 1966, 1962. 361 Siehe dazu Rn. 68. 362 BAG, Urt. v. 10.2.2009 – 3 AZR 653/07 – NZA 2009, 796; Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/ Diller, Teil 4 A Rn. 115. 363 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 2, Rn. 54.

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ihr Zweck in der Regel darin, den Betroffenen nach Eintritt eines Versorgungsfalles zu versorgen.364 Sonderzahlungen für den Verlust des Arbeitsplatzes (Abfindungen): Hier fehlt es ebenso wie bei Übergangsgeldern365 in der Regel am Versorgungszweck, da leistungsauslösendes Merkmal nicht der Eintritt eines der in § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG genannten biologischen Ereignisse, sondern der Verlust des Arbeitsplatzes ist. Hängt die Leistung jedoch vom Eintritt eines der genannten biologischen Ereignisse ab (bspw. nach Eintritt einer Invalidität), liegt der erforderliche Versorgungszweck in der Regel vor, so dass es sich um eine bAV handeln kann.366 Überbrückungsgelder (auch Gnadengehälter genannt): Das sind Leistungen, die für einen kürzeren Zeitraum (bspw. 3 Monate) nach dem todesfallbedingten Ausscheiden des Arbeitnehmers an seine Hinterbliebenen gezahlt werden. Aufgrund der sehr kurzen Zahlungsdauer wird ihnen in der Regel der für eine bAV erforderliche Versorgungszweck abgesprochen.367 Denn sie dienen nicht der dauerhaften Versorgung der Hinterbliebenen, sondern lediglich der Deckung eines unmittelbar aus dem Tode des Versorgungsberechtigten folgenden kurzfristigen finanziellen Bedarfs. Vermögensbildende Zuwendungen: Zuwendungen des Arbeitgebers zur Vermögensbildung des Arbeitnehmers bspw. nach dem 5. VermBG oder für die Vermögensbildung durch Altersvorsorge-Sondervermögen im Sinne des § 87 des InvG368 erfolgen zwar aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses. Das auf diese Weise gebildete Vermögen kann auch durchaus der Versorgung des Arbeitnehmers bspw. im Alter dienen. Die Ansprüche auf die Zahlung des Vermögens jedoch sind nicht vom Eintritt eines biologischen Ereignisses gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG abhängig. Das zeigt sich bereits daran, dass sie im Falle eines vorzeitigen Versterbens des Arbeitnehmers frei vererbbar sind.369 Deswegen fallen diese Leistungen nicht unter den Anwendungsbereich des BetrAVG. Weitere Vergünstigungen: In der Praxis gewährt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern hin und wieder bestimmte Vergünstigungen, wie bspw. die Zuteilung von Tankgutscheinen, die Nutzung eines Dienstwagens usw. In der Regel fehlt es hier für die Annahme einer bAV bereits am Erfordernis eines leistungsauslösenden biologi-

_____ 364 Siehe bspw. BAG, Urt. v. 18.2.2003 – 3 AZR 81/02 – NZA 2004, 98. 365 Siehe dazu Rn. 239. 366 So auch Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 2 Rn. 72; zurückhaltender Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1 Rn. 50. 367 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1 Rn. 56; Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Diller, Teil 4 A Rn. 118 f. 368 In seiner bis zum 21.7.2013 geltenden Fassung; gemäß § 347 Abs. 2 KAGB dürfen nach dem 21.7. 2013 Altersvorsorge-Sondervermögen im Sinne des § 87 InvG in der bis zum 21.7.2013 geltenden Fassung nicht mehr aufgelegt werden. 369 Zum Ausschlusskriterium Vererbbarkeit siehe Rn. 230 ff.

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schen Ereignisses nach § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG. Schließt der Arbeitgeber mit einem Versicherungsunternehmen einen Rahmenvertrag, um seinen Arbeitnehmern dadurch die Möglichkeit zu verschaffen, günstige (private) Versicherungsverträge abzuschließen (sog. Belegschaftsgeschäft),370 können mit den entsprechenden Versicherungsverträgen zwar die Risiken Alter, Invalidität und Tod abgedeckt werden. Dennoch handelt es sich dabei in der Regel nicht um eine bAV, da die Zusagen allein auf die Verschaffung einer Möglichkeit zu einem günstigen Versicherungsvertragsabschluss für die Arbeitnehmer gerichtet sind. Jenseits dessen übernimmt der Arbeitgeber keine Verpflichtung, insbesondere kein Versorgungsrisiko.371 Darüber hinaus mangelt es diesen Zusagen an dem erforderlichen Versorgungszweck.372 Zeitwertkonten/Arbeitszeitkonten: Nutzt der Arbeitnehmer ein Arbeitszeit252 konto, handelt es sich nicht um eine bAV. Denn hier kommt es lediglich zu einem Aufschub der Fälligkeit bereits erdienten Arbeitsentgelts. Voraussetzung für dessen Auszahlung ist nicht der Eintritt eines in § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG genannten biologischen Ereignisses (Alter, Invalidität und/oder Tod), sondern der Eintritt des vereinbarten Fälligkeitszeitpunkts. Die sich auf Arbeitszeitkonten befindlichen Vermögenswerte sind also frei vererbbar und somit nicht als bAV, zu betrachten.373 Das gilt auch für die gemäß §§ 7a ff. SGB IV geregelten Zeitwertkonten.374

11. Annex: Anrechnungs- und Auszehrungsverbot 253 Keine Frage des sachlichen Anwendungsbereichs des BetrAVG aber bei der Ausge-

staltung der Zusage zwingend zu beachten, ist das sog. Auszehrungs- und Anrechnungsverbot des § 5 BetrAVG, das für sämtliche Versorgungsleistungen (Alter, Invalidität oder Tod) gilt. § 5 BetrAVG ist tarifdispositiv und betrifft ausschließlich das arbeitsrechtliche Valutaverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.375 Das im Rahmen einer mittelbaren Zusage bestehende Deckungs- und das Leistungsverhältnis376 zum externen Versorgungsträger werden von § 5 BetrAVG also grundsätzlich nicht erfasst.377 Der praktische Anwendungsbereich des § 5 BetrAVG beschränkt sich im Wesent254 lichen auf Zusagen mit Anrechnungsklauseln und auf Gesamtversorgungssysteme.378 Da diese Gestaltungen in neueren Zusagen kaum noch zu finden sind, ha-

_____ 370 Siehe dazu auch Rn. 378. 371 Siehe dazu Rn. 25. 372 Siehe dazu Rn. 68. 373 Siehe dazu Rn. 230 ff. 374 Siehe dazu Kap. 14. 375 Siehe dazu Rn. 342. 376 Siehe dazu Rn. 345 f. 377 Wie hier: Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 5 Rn. 7; a.A.: ErfK/Steinmeyer, BetrAVG, § 5 Rn. 5. 378 Siehe Rn. 102.

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ben auch die Vorschriften des § 5 BetrAVG in der Praxis heute nur noch geringe Bedeutung.

a) Auszehrungsverbot aa) Zweck und Inhalt Das gesetzliche Auszehrungsverbot soll verhindern, dass eine „Dynamisierung 255 sozialer Leistungen“ nicht dem Versorgungsberechtigten zugutekommt, sondern den Arbeitgeber entlastet.379 Nach § 5 Abs. 1 BetrAVG dürfen die bei „Eintritt des Versorgungsfalles festgesetzten Versorgungsleistungen nicht mehr dadurch gemindert oder entzogen werden, dass Beträge, um die sich andere Versorgungsbezüge nach diesem Zeitpunkt erhöhen, angerechnet oder bei der Begrenzung der Gesamtversorgung auf einen Höchstbetrag berücksichtigt werden“. Das gilt allerdings nur, soweit die Erhöhung der anderen Versorgungsbezüge durch eine Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung veranlasst ist. Zeitlicher Anknüpfungspunkt für das Auszehrungsverbot ist der Eintritt des 256 Versorgungsfalles. Die Leistungen dürfen später nicht mehr unter das Niveau sinken, das zu diesem Zeitpunkt festgestellt wurde. Das Auszehrungsverbot bezieht sich somit nur auf Versorgungsleistungen, nicht aber auf Anwartschaften und ihren Erwerb. Praxistipp 3 § 5 Abs. 1 BetrAVG betrifft darüber hinaus nur laufende Leistungen.380 Eine Auszehrung einer einmaligen Kapitalleistung ist gedanklich nicht möglich, da mit ihrer Zahlung die Versorgungsschuld des Arbeitgebers erlischt.381

Maßstab für eine Verletzung des Auszehrungsverbots ist allein die anlässlich 257 des Versorgungsfalles festgesetzte Leistungshöhe.382 Sollte diese später erhöht werden, verstößt ein darauffolgendes Absinken so lange nicht gegen § 5 Abs. 1 BetrAVG, wie die ursprünglich festgesetzte Leistungshöhe nicht unterschritten wird.

bb) Versorgungsbezüge und Versorgungsleistungen Mit dem Begriff „andere Versorgungsbezüge“ in § 5 Abs. 1 BetrAVG sind sämtliche 258 Versorgungsleistungen gemeint, die nicht vom zusagenden Arbeitgeber stammen, gleich aus welcher Quelle. Es werden also sämtlich Einkünfte des Versorgungsbe-

_____ 379 BT-Drucks. 7/1281, S. 29. 380 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 5 Rn. 138. 381 Siehe dazu Rn. 53. 382 BAG, Urt. v. 13.12.2011 – 3 AZR 731/09 – NZA-RR 2012, 316.

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rechtigten erfasst, die Versorgungsfunktion haben und die durch Leistungen der bAV ergänzt werden können.383 So können „andere Versorgungsbezüge“ bspw. sein: ■ Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung, ■ Ansprüche aus berufsständischen Versorgungswerken, ■ Ansprüche aus einer öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgung, ■ Ansprüche aus einer bAV eines anderen Arbeitgebers, ■ Ansprüche auf Versorgungsleistungen aus privater Vorsorge des Versorgungsberechtigten, ■ sämtliche weiteren Bezüge, die eine Versorgungsfunktion haben, wie Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, allerdings nicht, wenn sie sachgebunden sind,384 ebenso nicht bspw. Leistungen der Krankenversicherung.385 3 Praxistipp Allerdings müssen diese Leistungen aus einem anderen Versorgungsverhältnis als dem zum zusagenden Arbeitgeber stammen, sollen sie vom Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 BetrAVG erfasst werden. Hat also bspw. ein Arbeitgeber dem Arbeitnehmer verschiedene Zusagen erteilt und ist insoweit eine Anrechnung vereinbart, greift § 5 Abs. 1 BetrAVG nicht, da sämtliche dieser Zusagen von demselben Arbeitgeber stammen.

cc) Steigerung aufgrund einer Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung 259 Eine Minderung des Leistungsniveaus durch eine Berücksichtigung anderer Versor-

gungsbezüge ist durch § 5 Abs. 1 BetrAVG nur untersagt, wenn deren Steigerung aufgrund einer Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung erfolgt. Der Gesetzgeber hatte dabei die jährlichen Anpassungen der Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Augen.386 Es kommen insoweit aber auch entsprechende Steigerungen anderer Versorgungsbezüge in Betracht, wie bspw. die Anpassung von bAV-Leistungen eines anderen Arbeitgebers gemäß § 16 BetrAVG oder die Anpassungen der Leistungen eines berufsständischen Versorgungswerkes. Leistungserhöhungen, die nicht aufgrund einer Anpassung an eine wirt260 schaftliche Entwicklung erfolgen, werden vom Auszehrungsverbot des § 5 Abs. 1 BetrAVG nicht erfasst. Das trifft bspw. auf die Leistungssteigerungen einer privaten Lebensversicherung des Arbeitnehmers aufgrund einer Zuteilung von Überschussanteilen zu. Dienen Leistungserhöhungen nur teilweise einer Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung und teilweise nicht, so ist mit Blick auf § 5 Abs. 1 BetrAVG eine anteilige Aufteilung vorzunehmen.

_____ 383 BAG, Urt. v. 25.10.1983 – 3 AZR 137/81 – NZA 1984, 229, ähnlich LAG Düsseldorf, Urt. v. 2.6.2017 – 6 Sa 111/17 – BeckRS 2017, 123918. 384 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG Bd. I, § 5 Rn. 21 ff., kritisch: Blomeyer/Rolfs/Otto/ Rolfs, § 5 Rn. 61. 385 BAG, Urt. v. 25.10.1983 – 3 AZR 137/81 – NZA 1984, 229. 386 Siehe BT-Drucks. 7/1281, 29.

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dd) Rechtsfolgen eines Verstoßes Bei einem Verstoß gegen § 5 Abs. 1 BetrAVG ist die durch die Anrechnung erzeug- 261 te Leistungsminderung der bAV nichtig, § 19 Abs. 3 BetrAVG i.V.m. § 134 BGB.387 Der Arbeitnehmer hat also einen Anspruch auf (Weiter-) Zahlung des Betrages, der ohne die unzulässige Berücksichtigung zu gewähren ist. Da § 5 Abs. 1 BetrAVG nur arbeitsrechtlicher Natur ist, besteht dieser Anspruch auch bei mittelbaren Zusagen ausschließlich gegen den Arbeitgeber.

b) Anrechnungsverbot aa) Zweck und Inhalt § 5 Abs. 2 S. 1 BetrAVG enthält ein grundsätzliches Verbot, andere Versorgungsbe- 262 züge, soweit sie auf eigenen Beiträgen des Versorgungsberechtigten beruhen, auf eine zugesagte bAV-Leistung anzurechnen. Damit soll verhindert werden, dass dem Versorgungsberechtigten eine von ihm betriebene Eigenvorsorge zum Nachteil im Rahmen einer Zusage auf bAV gereicht. Ebenso wie das Auszehrungsverbot des § 5 Abs. 1 BetrAVG stellt auch das An- 263 rechnungsverbot ausschließlich auf Leistungen, nicht aber auf Anwartschaften der bAV ab.388 Anders als in § 5 Abs. 1 BetrAVG sind aber von § 5 Abs. 2 BetrAVG neben laufenden Leistungen auch Zusagen auf einmalige Kapitalleistungen erfasst. Denn das Anrechnungsverbot betrifft im Unterschied zum Auszehrungsverbot die erstmalige Festsetzung der Versorgungsleistung. Bei einem Verstoß gegen § 5 Abs. 2 BetrAVG ist die durch die Anrechnung verursachte Leistungsminderung nichtig.

bb) Andere Versorgungsbezüge Der Begriff der „anderen Versorgungsbezüge“ ist in § 5 Abs. 2 S. 1 BetrAVG ebenso 264 zu verstehen, wie in § 5 Abs. 1 BetrAVG.389 Sie müssen jedoch auf „eigenen Beiträgen des Versorgungsempfängers“ beruhen. Entscheidend ist, dass sie wirtschaftlich betrachtet aus dem Vermögen des Arbeitnehmers stammen, wie bspw. im Falle einer Entgeltumwandlung oder im Falle von Eigenbeiträgen gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 und 4 BetrAVG. Keine Rolle spielt es dabei, ob der Arbeitgeber im Falle einer mittelbaren (versicherungsförmigen) Zusage390 als Versicherungsnehmer der Beitragsschuldner aus dem Versicherungsvertrag war.

_____ 387 Siehe auch Rn. 318 ff. 388 Siehe Rn. 256. 389 Siehe Rn. 258 f. 390 Siehe Rn. 347.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

cc) Ausnahmen 265 Das Anrechnungsverbot des § 5 Abs. 2 S. 1 BetrAVG wird durch § 5 Abs. 2 S. 2

BetrAVG für bestimmte Konstellationen wieder eingeschränkt. § 5 Abs. 2 S. 2 1. Alt. BetrAVG: Danach gilt das Anrechnungsverbot nicht für Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, soweit sie auf Pflichtbeiträgen des Arbeitnehmers beruhen. Leistungen aufgrund freiwilliger Beiträge des Arbeitnehmers zur gesetzlichen Rentenversicherung sind davon nicht erfasst, da der Versicherte diese in der Regel selbst leistet. Sie unterliegen somit dem Anrechnungsverbot des § 5 Abs. 2 S. 1 BetrAVG.391 Die Zuordnung der jeweiligen Ansprüche des Versorgungsberechtigten aus der 267 gesetzlichen Rentenversicherung zu einer bestimmten Beitragsart kann aufgrund der Berechnungsmethodik der gesetzlichen Rentenversicherung im Einzelfall schwierig sein.392 Besonderheiten gelten auch dann, wenn es sich um Leistungen aus einem ausländischen Sozialversicherungssystem handelt.393 § 5 Abs. 2 S. 2 2. Alt BetrAVG: Danach sind auch sonstige Versorgungsbezü268 ge, die mindestens zur Hälfte auf Beiträgen oder Zuschüssen des Arbeitgebers beruhen, vom Anrechnungsverbot ausgenommen. Damit sind nicht nur die Versorgungsbezüge des zusagenden Arbeitgebers, sondern auch die aus Zusagen anderer Arbeitgeber stammenden gemeint. Der Begriff des Versorgungsbezugs deckt sich insoweit mit dem in § 5 Abs. 2 S. 1 BetrAVG.394 266

3 Praxistipp § 5 Abs. 2 S. 2 2. Alt. BetrAVG greift nur, wenn die Beiträge mindestens zur Hälfte vom Arbeitgeber aufgewendet wurden: Dann darf ausnahmsweise eine vollständige Anrechnung erfolgen. In anderen Fällen – wenn also der Arbeitnehmer mehr als die Hälfte der Beiträge selbst getragen hat – muss nach § 5 Abs. 2 S. 1 BetrAVG eine entsprechende Aufteilung der Versorgungsleistung in einen Teil erfolgen, der auf eigenen Beiträgen des Arbeitnehmers und einen Teil, der auf Beiträgen des Arbeitgebers beruht.395 Nur der letztgenannte Teil darf in diesen Fällen angerechnet werden – das ergibt sich aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 S. 1 BetrAVG („soweit“).

II. Persönlicher Anwendungsbereich des BetrAVG 269 Das BetrAVG ist ein Arbeitnehmerschutzgesetz. Da der Arbeitnehmer dem Arbeitge-

ber in arbeitsvertraglichen Verhandlungen regelmäßig unterlegen ist (sog. Vertragsdisparität), soll es ihm einen Mindestschutz mit Blick auf die Ausgestaltung

_____ 391 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I. § 5 Rn. 49. 392 Details dazu: Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 5 Rn. 83 ff. 393 Siehe bspw. BAG, Urt. v. 24.4.1990 – 3 AZR 309/88 – NZA 1990, 93. 394 Siehe Rn. 264. 395 Details zur Berechnungsmethode: Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 5 Rn. 70.

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einer bAV vermitteln.396 Deswegen ist der persönliche Anwendungsbereich des Gesetzes gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG grundsätzlich auf Arbeitnehmer beschränkt, wobei ein Berufsausbildungsverhältnis einem Arbeitsverhältnis insoweit gleichsteht. Dennoch werden gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG unter bestimmten Umständen auch Nichtarbeitnehmer von seinem Anwendungsbereich erfasst. Gemäß § 17 Abs. 2 BetrAVG sind die Bestimmungen zur gesetzlichen Insol- 270 venzsicherung der §§ 7 bis 15 BetrAVG nicht auf den Bund, die Länder, die Gemeinden sowie die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen das Insolvenzverfahren nicht zulässig ist, anwendbar. Das Gleiche gilt für solche juristischen Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert.397

1. Personen i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG bestimmt, dass sich der persönliche Anwendungsbereich 271 des Gesetzes auf Personen erstreckt, die in einem Arbeits- oder Berufsausbildungsverhältnis stehen.

a) Arbeitnehmer i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG Nach § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG sind als Arbeitnehmer im Sinne der §§ 1 bis 16 BetrAVG 272 Arbeiter und Angestellte zu betrachten. Es gilt der allgemeine arbeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff.398 Ob es sich um einen Arbeitnehmer handelt, entscheidet sich also nach § 611a Abs. 1 BGB, der seinerseits auf der Kasuistik der Rechtsprechung beruht.399 Ein Arbeitnehmer ist danach, wer durch einen ■ privatrechtlichen Vertrag ■ im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit ■ in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Dabei kommt es nicht auf die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Vertrages, sondern auf seinen Inhalt an, § 611a Abs. 1 S. 6 BGB.

_____ 396 BT-Drucks. 7/1281, S. 30. 397 Siehe dazu näher bspw.: Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 17 Rn. 128 ff. 398 Allerdings enthält § 17 Abs. 1 S. 3 BetrAVG mit Blick auf § 1a Abs. 1 BetrAVG (gesetzlicher Anspruch auf Entgeltumwandlung) eine Einschränkung: Arbeitnehmer im Sinne des § 1a Abs. 1 BetrAVG sind nur Arbeitnehmer (und ggf. Nichtarbeitnehmer gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG), soweit sie aufgrund der Beschäftigung oder Tätigkeit bei dem Arbeitgeber, gegen den sich der Anspruch nach § 1a Abs. 1 BetrAVG richten würde, in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind, siehe Rn. 715. 399 BT-Drucks. 18/9232, S. 31; siehe bspw. BAG, Urt. v. 15.2.2012 − 10 AZR 301/10 – NJW 2012, 2903.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

aa) Privatrechtlicher Vertrag 273 Grundlage der Tätigkeit des Versorgungsberechtigten muss ein privatrechtlicher

Vertrag sein. Dieses Erfordernis besteht grundsätzlich auch im Falle mitarbeitender Familienangehöriger. Beamte hingegen werden dadurch aus dem persönlichen Anwendungsbereich des BetrAVG ausgeschlossen, da sie aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses tätig sind. Auch Strafgefangene unterstehen einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis und sind deshalb nicht von § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG erfasst, ebenso Soldaten und Personen, die ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr ableisten. An einem privatrechtlichen Vertrag mangelt es bspw. gemäß § 16d Abs. 7 SGB II auch dann, wenn ein Versorgungsberechtigter nach § 16d Abs. 1 SGB II zur Erhaltung oder Wiedererlangung seiner Beschäftigungsfähigkeit, die für eine Eingliederung in Arbeit erforderlich ist, einer Arbeitsgelegenheit zugewiesen wird.

bb) Persönliche Abhängigkeit 274 Für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses kommt es grundsätzlich darauf an,

dass der Verpflichtete persönlich abhängig vom Berechtigten ist. Das kann alternativ aus der Weisungsgebundenheit oder der Fremdbestimmtheit der geschuldeten Leistung folgen. Die Weisungsbindung ist dabei das engere, den Vertragstyp im Kern kennzeichnende Kriterium.400 Dabei kann das Weisungsrecht des Arbeitgebers gemäß § 611a Abs. 1 S. 2 BGB 275 Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Ergänzt wird diese Regelung durch § 106 GewO, wonach der Arbeitgeber diese Parameter der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen kann, soweit sie nicht durch höherrangiges Recht festgelegt sind. Weisungsgebunden ist gemäß § 611a Abs. 1 S. 3 BGB, wer nicht im Wesentli276 chen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann, wobei der Grad der persönlichen Abhängigkeit gemäß § 611a Abs. 1 S. 4 BGB auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit abhängt. 3 Praxistipp In der Praxis bereitet insbesondere die Abgrenzung zwischen einem Arbeitsvertrag und einem Dienstvertrag gemäß § 611 BGB gelegentlich Schwierigkeiten. Zwar ist insoweit das Merkmal einer weisungsgebundenen, fremdbestimmten Tätigkeit für das Vorliegen eines Arbeitsvertrags entscheidend. Dennoch kann die Abgrenzung schwierig sein, wenn die tatsächliche Durchführung des Vertrags von diesen Vereinbarungen abweicht.401 Hier kommt es auch auf eine Gesamtbetrachtung des Vertrags an (siehe auch § 611a Abs. 1 S. 6 BGB).

_____ 400 ErfK/Preis, § 611a, Rn. 45. 401 Siehe bspw. BAG, Urt. v. 21.7.2015 – 9 AZR 484/14 – NZA-RR 2016, 344.

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Die in § 611a Abs. 1 S. 1 BGB geforderte persönliche Abhängigkeit liegt auch vor, 277 wenn fremdbestimmte Dienste geschuldet werden. Das wiederum ergibt sich in der Regel aus der Eingliederung des Dienstverpflichteten in eine vom Arbeitgeber bestimmte Arbeitsorganisation. Das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit kann darüber hinaus der Abgrenzung zur für das Vorliegen eines Arbeitsvertrags nicht erforderlichen wirtschaftlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber dienen.

cc) Gesamtbetrachtung Wie in § 611a Abs. 1 S. 6 BGB bestimmt, ist bei der Frage, ob ein Arbeitsvertrag vor- 278 liegt, stets eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Von der Rechtsprechung ist anerkannt, dass es jenseits der in § 611a Abs. 1 BGB aufgeführten Merkmale auch auf die Umstände der tatsächlichen Vertragsdurchführung ankommt.402 Das gilt insbesondere auch dann, wenn sich der Inhalt der Vereinbarung und deren tatsächliche Durchführung widersprechen. Dann soll letztere maßgebend sein.403 Zu den neben § 611a Abs. S. 1 BGB zu berücksichtigenden Anhaltspunkten im 279 Rahmen einer Gesamtbetrachtung können folgende Kriterien gehören,404 ■ ob der Beschäftigte verpflichtet ist, dem Vertragspartner seine gesamte Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, ■ ob die Vergütung in der für einen Arbeitnehmer typischen Weise erfolgt (in der Regel monatlich gezahltes Entgelt), ■ ob der Arbeitgeber die Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen für den Beschäftigten übernimmt, ■ ob das Rechtsverhältnis darüber hinaus von arbeitsvertraglichen Elementen geprägt ist, wie bspw. von der Gewährung von Urlaub, der Zurverfügungstellung von Arbeitsgeräten, der Führung von Personalunterlagen usw.

b) Keine Arbeitnehmer i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG Anknüpfend an die Definitionsmerkmale des für § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG geltenden 280 allgemeinen arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs müssen bestimmte Personengruppen gesondert betrachtet werden.

_____ 402 BAG, Urt. v. 25.9.2013 – 10 AZR 282/12 – BAGE 146, 97 = NZA 2013, 1348. 403 BAG, Urt. v. 21.7.2015 – 9 AZR 484/14 – NZA-RR 2016, 344. 404 ErfK/Preis, § 611a BGB, Rn. 45.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

aa) Organmitglieder 281 Organmitglieder von Kapitalgesellschaften (bspw. GmbH, AG, SE, KGaA) und Verei-

nen sowie von Personengesellschaften (bspw. GbR, OHG, KG), also insbesondere Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder, sind regelmäßig keine Arbeitnehmer. Zwar ist insbesondere im Rahmen der Fremdorganschaft einer Kapitalgesellschaft zu differenzieren zwischen dem organschaftlichen Verhältnis dieser Personen zur Gesellschaft und dem diesem zugrundeliegenden Anstellungsverhältnis. Während die Bestellung und Abberufung ausschließlich körperschaftliche Rechtsakte sind, ist die Anstellung als Vertretungsorgan ein schuldrechtlicher Vertrag. Dieser aber ist in der Regel ein Dienst- und kein Arbeitsvertrag.405 Die Ansicht allerdings, die Stellung als Organ sei mit einer Arbeitnehmereigen282 schaft grundsätzlich unvereinbar,406 lehnen das BAG und Teile der Literatur ab.407 Es komme stattdessen auf die Umstände des Einzelfalls an, insbesondere auf das Vorliegen einer Weisungsgebundenheit und einer persönlichen Abhängigkeit einer Organperson, so dass diese in Ausnahmefällen auch als Arbeitnehmer betrachtet werden könne.408

bb) Gesellschafter von Kapital- und Personengesellschaften 283 Gesellschafter von Kapital- und Personengesellschaften sind grundsätzlich keine

Arbeitnehmer. Insoweit fehlt es an einer vertraglichen Verpflichtung, Dienste zu leisten. Allerdings kann auch mit diesen Personen ein Arbeitsvertrag geschlossen werden. Ob ein solcher tatsächlich vorliegt, ist im Rahmen der oben genannten Abgrenzungen, insbesondere durch eine Gesamtbetrachtung sämtlicher Umstände – im Zweifel durch Auslegung – zu beurteilen.409 Einer besonders gründlichen Betrachtung bedarf dabei die Frage, ob die erfor284 derliche Weisungsgebundenheit tatsächlich vorhanden ist. Daran fehlt es, wenn der zu Diensten verpflichtete Gesellschafter einen so großen Einfluss auf die Führung der Gesellschaft ausübt, dass er die faktische Leitungsmacht hat. Dementsprechend kann regelmäßig ein Gesellschafter, dem mehr als 50 % der Stimmrechte zustehen, nicht zugleich Arbeitnehmer sein.410 Ob er seine Leitungsmacht tatsächlich ausübt, ist dabei unerheblich.411 Auch der von der Gesellschaft beschäf-

_____ 405 BGH, Urt. v. 10.5.2010 – II ZR 70/09 – NZA 2010, 889. 406 BGH, Urt. v. 9.2.1978 – II ZR 189/76 – NJW 1978, 1435. 407 BAG, Urt. v. 26.5.1999 – 5 AZR 664/98 – NZA 1999, 987; MüKo-BGB/Spinner, § 611 Rn. 40. 408 BAG, Urt. v. 26.5.1999 – 5 AZR 664/98 – NZA 1999, 987. 409 Siehe Rn. 272 ff. 410 BAG, Beschl. v. 17.9.2014 – 10 AZB 43/14 – BAGE 149, 110 = NJW 2015, 572. 411 BAG, Urt. v. 6.5.1998 – 5 AZR 612/97 – NZA 1998, 939.

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tigte Minderheitsgesellschafter ist bei Bestehen einer Sperrminorität, die ihm eine faktische Leitungsmacht vermittelt, im Regelfall kein Arbeitnehmer.412

c) Zur Berufsausbildung Beschäftigte Gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG steht mit Blick auf den persönlichen Anwendungs- 285 bereich des Gesetzes ein Berufsausbildungsverhältnis einem Arbeitsverhältnis gleich. Ein Berufsausbildungsverhältnis wird gemäß § 10 Abs. 1 BBiG zu Personen begründet, die zur Berufsausbildung eingestellt werden (Auszubildende). Dabei liegt eine Berufsausbildung in diesem Sinne u.a. vor, wenn die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten in einem geordneten Ausbildungsgang vermittelt werden, § 1 Abs. 3 BBiG. Grundlage für eine geordnete Ausbildung sind in der Regel staatlich anerkannte Ausbildungsberufe auf der Grundlage von Ausbildungsordnungen, §§ 4 f. BBiG. Abgrenzungsfragen können sich ergeben, wenn der Betroffene zwar einge- 286 stellt ist, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie berufliche Erfahrungen zu erwerben, sich aber nicht in einer Berufsausbildung im vorgenannten Sinne befindet. Denn zwar erklärt § 26 BBiG in diesem Fall bestimmte Vorschriften des BBiG für anwendbar. Ein Berufsausbildungsverhältnis, wie in § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG verlangt, besteht dann allerdings nicht. Insoweit wird vorgeschlagen, den Begriff „zur Berufsausbildung Beschäftigte“ wie in § 5 BetrVG weit zu verstehen.413 Dazu ist nach den Maßstäben der Rechtsprechung aber auch im Rahmen des § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG mindestens zu verlangen, dass für den Betroffenen eine geordnete Ausbildung von mindestens zwei Jahren vorgesehen ist.414 Sollte das nicht der Fall sein, sind die Betroffenen nicht von § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG erfasst. Allerdings können sie in diesem Fall über § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG in den 287 Schutzbereich des Gesetzes einbezogen sein.415 Voraussetzung dafür ist, dass der Ausbildungs- und Lernzweck ihrer Beschäftigung nicht im Vordergrund steht und es sich dabei um ein Arbeitsverhältnis handelt.416

_____ 412 BAG, Beschl. v. 17.9.2014 – 10 AZB 43/14 – BAGE 149, 110 = NJW 2015, 572. 413 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 17, Rn. 26. 414 BAG, Urt. v. 1.12.2004 – 7 AZR 129/04 – NZA 2005, 779. 415 Siehe Rn. 288 ff. 416 BAG, Urt. v. 1.12.2004 – 7 AZR 129/04 – NZA 2005, 779.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

5 Beispiel Diese Abgrenzungsfragen können insbesondere Volontäre417, Praktikanten418 und Werkstudenten betreffen.419

2. Personen im Sinne des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG (Nichtarbeitnehmer) 288 Gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG gelten die §§ 1 bis 16 BetrAVG auch für Personen, die

keine Arbeitnehmer sind (sog. Nichtarbeitnehmer), wenn ihnen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt wurden. Mit der Vorschrift erweitert der Gesetzgeber den Schutzbereich des BetrAVG auf Personen, für die mit Blick auf die Versorgungszusage eine Vertragsdisparität in der Regel nicht besteht. Daraus folgt, dass diese kein zwingendes Tatbestandsmerkmal für die Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs des BetrAVG ist.420 Zu beachten ist allerdings, dass sich die Erweiterung des Schutzbereichs nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG nur auf die §§ 1 bis 16 BetrAVG bezieht.

a) Allgemeine Voraussetzungen und Person des Zusagenden 289 Voraussetzung für die Erfassung eines Nichtarbeitnehmers durch das BetrAVG ist es

gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG zunächst, dass ihm eine Zusage erteilt wird, deren Inhalt unter den sachlichen Anwendungsbereich des BetrAVG fällt. Die Person des Zusagenden ist in § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG nicht geregelt. Da aber die §§ 1–16 BetrAVG in entsprechender Weise für anwendbar erklärt werden, kommt insoweit nur das Unternehmen, für das der Nichtarbeitnehmer tätig ist, als Zusagender in Betracht. Dabei ist der Begriff des „Unternehmens“ im allgemeinen arbeitsrechtlichen Sinne zu verstehen, also als eine organisatorische Einheit, die durch einen wirtschaftlichen oder ideellen Zweck bestimmt wird und der ein Betrieb oder ggf. mehrere organisatorisch verbundene Betriebe dient oder dienen.421 In der Praxis taucht immer wieder die Frage auf, ob ein Unternehmer sich 290 selbst eine Zusage auf bAV erteilen kann. Das wird zu Recht abgelehnt.422 Denn aus § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG lässt sich ableiten, dass eine Zusage auf bAV lediglich an Personen erteilt werden kann, die nicht mit dem zusagenden Unternehmen iden-

_____ 417 Siehe BAG, Urt. v. 1.12.2004 – 7 AZR 129/04 – NZA 2005, 779. 418 Siehe zur Thematik auch Orlowski, RdA 2009, 38, 38 ff. 419 Siehe zum Begriff ErfK/Preis, § 611a BGB, Rn. 178. 420 BGH, Urt. v. 13.7.2006 – IX ZR 90/05 – NJW 2006, 3638. 421 ErfK/Preis, § 611a BGB, Rn. 196. 422 Siehe bspw. BGH, Urt. v. 13.7.2006 – IX ZR 90/05 – NJW 2006, 3638; Höfer/de Groot/Küpper/ Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 17 Rn. 47.

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tisch sind. Bei Personenidentität zwischen Zusagendem und Zusageempfänger ist der persönliche Anwendungsbereich des BetrAVG also nicht eröffnet.423

b) Tätigkeit für das Unternehmen als Anlass der Zusage auf bAV Soll der Anwendungsbereich des Gesetzes auch für Nichtarbeitnehmer eröffnet sein, 291 muss die Zusage gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG „aus Anlass einer Tätigkeit für ein Unternehmen“ erfolgen. Daraus lässt sich zunächst schließen, dass eine kausale Verknüpfung zwischen der Zusage und der Tätigkeit des Zusageempfängers für das zusagende Unternehmen bestehen muss.424 Praxistipp 3 Das kann in der Praxis bspw. dann zweifelhaft sein, wenn der Zusageempfänger an der zusagenden Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Hier muss geprüft werden, ob die Zusage von der Gesellschaft „aus Anlass einer Tätigkeit für das Unternehmen“ oder aus Anlass seiner Kapitalbeteiligung erteilt wurde. Indizien für das Letztere können bspw. vorliegen, wenn das Unternehmen nur seinen Gesellschaftern eine Zusage erteilt oder die zugesagte Versorgung nach Art und Höhe bei Fremdkräften nicht wirtschaftlich vernünftig und üblich wäre (sog. Fremdvergleich).425

Der von § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG verwendete Begriff der „Tätigkeit“ ist weit zu 292 verstehen. Diese kann sich – je nach dem der Verpflichtung zugrundeliegenden Vertragstypus – nach Dienstverträgen, Geschäftsbesorgungsverträgen aber auch Werkverträgen richten. Zusageempfänger können i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG also bspw. Steuerberater, Rechtsanwälte oder Handwerker sein.426 Dabei ist es unschädlich, wenn es dem Zusageempfänger vertraglich erlaubt ist, zur Erbringung seiner Tätigkeit Hilfspersonen einzuschalten.427 Die Frage, ob die geschuldete Tätigkeit des Zusageempfängers auf eine gewisse 293 Dauer angelegt sein muss, lässt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut, noch aus der Gesetzesbegründung erschließen. Da die durch § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG für anwendbar erklärten Vorschriften der §§ 1–16 BetrAVG auf das Arbeitsverhältnis als Dauerschuldverhältnis ausgelegt sind, ist wohl aus systematischer Sicht der Schluss zu ziehen, dass auch die Tätigkeit eines Nichtarbeitnehmers eine gewisse Dauer und Kontinuität aufweisen muss.

_____ 423 Siehe Rn. 294. 424 Siehe auch Rn. 63. 425 BAG, Urt. v. 19.1.2010 – 3 AZR 660/09 – NJOZ 2010, 1697. 426 BGH, Urt. v. 13.7.2006 – IX ZR 90/05 – NJW 2006, 3638. 427 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 17 Rn. 54.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

5 Beispiel S ist selbständiger Steuerberater und als solcher seit 2003 mit einer monatlichen Pauschale von 2.000 € ununterbrochen u.a. für die U-GmbH tätig, an der er nicht beteiligt ist. 2008 hatte U dem S eine Pensionszusage erteilt, die unter den sachlichen Anwendungsbereich des BetrAVG fällt. Im Jahr 2020 wird die Geschäftsbeziehung beendet. S hat eine gesetzlich unverfallbare Anwartschaft gemäß §§ 1b, 2 i.V.m. 30f Abs. 2 BetrAVG erworben, da der persönliche Anwendungsbereich des Gesetzes gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG für ihn eröffnet ist.

c) Person des Zusageempfängers (Versorgungsberechtigter)

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297

aa) Grundsatz Der Empfänger des Versorgungsversprechens kann nur eine natürliche Person sein. Darüber hinaus geht es im Anwendungsbereich des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG stets um Nichtarbeitnehmer, andernfalls wäre bereits § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG einschlägig. Allerdings darf der Nichtarbeitnehmer nicht Unternehmer des zusagenden Unternehmens sein, denn der weit gefasste Wortlaut des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG, der vom Erfordernis einer Tätigkeit des Begünstigten für „ein Unternehmen“ spricht, wird eng ausgelegt. Erfasst werden also nur Begünstigte, die für ein fremdes Unternehmen, d.h. nicht für ihr eigenes, tätig sind.428 Aus dem Blickwinkel der Praxis lassen sich vor diesem Hintergrund die von § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG erfassten Nichtarbeitnehmer in drei Gruppen einteilen: Arbeitnehmerähnliche Personen: Das sind Personen, die zwar wegen der fehlenden persönlichen Abhängigkeit keine Arbeitnehmer aber wirtschaftlich vom zusagenden Unternehmen abhängig und deshalb sozial schutzbedürftig sind, § 12a Abs. 1 TVG entsprechend. Davon ist in der Regel bei Begünstigten auszugehen, die die geschuldeten Leistungen persönlich und im Wesentlichen ohne Mitarbeit von Arbeitnehmern zu erbringen haben und die wirtschaftlich im Wesentlichen von einem einzigen Auftraggeber abhängig sind oder mehr als die Hälfte ihrer Einkünfte von diesem beziehen. Das kann bspw. auf freie Mitarbeiter oder wirtschaftlich abhängige Begünstigte zutreffen, die freie Berufe ausüben (bspw. Rechtsanwälte, Steuerberater, Ärzte, Architekten, Wirtschaftsprüfer). Auch Heimarbeiter nach dem HAG fallen aus betriebsrentenrechtlicher Sicht in diese Kategorie. Personen, die weder persönlich, noch wirtschaftlich vom zusagenden Unternehmen abhängig sind: Das können in der Praxis bspw. selbständige Unternehmer sein, die für ein „anderes Unternehmen“ tätig sind, so bspw. wirtschaftlich nicht abhängige Angehörige freier Berufe, aber auch Handelsvertreter.429

_____ 428 BGH, Urt. v. 2.6.1997 – II ZR 181/96 – NZA 1997, 1055. 429 BT-Drucks. 7/1281, S. 30; BGH, Urt. v. 21.5.2003 – VIII ZR 57/02 – NZA 2003, 920.

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Organmitglieder des zusagenden Unternehmens: Auch diese können unter § 17 298 Abs. 1 S. 2 BetrAVG fallen. Das betrifft also bspw.: ■ Geschäftsführer einer GmbH oder einer GmbH & Co. KG, ■ Vorstände einer AG, einer KGaA, eines Vereins oder einer e.G., ■ Aufsichtsratsmitglieder.430 Sind die Organmitglieder einer Kapitalgesellschaft allerdings gleichzeitig Gesell- 299 schafter, also nicht in Fremdorganschaft tätig, so kommen besondere Grundsätze zur Anwendung.431 Besondere Grundsätze gelten auch für Organe einer Personengesellschaft (Selbstorganschaft).432 Praxistipp 3 In der Praxis kann es vorkommen, dass sich der Status eines Versorgungsberechtigten, der bei Erteilung der Zusage von § 17 Abs. 1 S. 1 oder 2 BetrAVG erfasst war, später ändert, so dass er nun als Unternehmer betrachtet wird (Statuswechsel). Auch umgekehrte Fälle sind vorstellbar. In beiden Fällen muss mit Blick auf den Anwendungsbereich des Gesetzes eine zeitanteilige Aufteilung der Zusage nach der jeweiligen Statusdauer, die sich an § 2 BetrAVG orientiert, vorgenommen werden.433

bb) Einzelunternehmer Aus den vorgenannten Grundsätzen ergibt sich, dass Einzelunternehmer nicht von 300 § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG erfasst werden, für sie also der persönliche Anwendungsbereich des BetrAVG nicht eröffnet ist. Sie können sich selbst keine Zusage auf bAV erteilen, da es bereits an der notwendigen Differenzierung zwischen Zusagendem und Zusageempfänger mangelt.434 Das trifft nicht nur auf Kaufleute i.S.d. § 1 HGB zu, sondern auf alle Personen, insbesondere also auch auf Angehörige freier Berufe.

cc) Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft Nicht für das Unternehmen tätige Gesellschafter Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft (bspw. GmbH, AG), die nicht gleichzeitig für 301 das zusagende Unternehmen tätig sind, fallen nicht unter den Anwendungsbe-

_____ 430 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 19, Rn. 76; zweifelnd, aber wohl ebenso: Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 17 Rn. 80. 431 Siehe Rn. 302 ff. 432 Siehe Rn. 308 ff. 433 BGH, Urt. v. 16.1.2014 – XII ZB 455/13 – NJW-RR 2014, 449. 434 Siehe Rn. 294.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

reich des BetrAVG. Denn in diesem Fall liegt aus wirtschaftlicher Sicht eine Personenidentität zwischen Zusagendem und Zusageempfänger vor.435 Das gilt auch für Mitglieder eingetragener Vereine und Genossenschaften. Für das Unternehmen tätige Gesellschafter 302 Die in der Praxis häufigsten Fragen zum persönlichen Anwendungsbereich

des BetrAVG stellen sich aber zu Personen, die gesellschaftsrechtlich an der zusagenden Kapitalgesellschaft beteiligt und darüber hinaus für diese auch als Geschäftsführer tätig sind, insbesondere sog. Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF). Auch für Gesellschafter mit einer vergleichbaren Leistungsmacht, wie bspw. für Prokuristen mit Einzelvertretungsmacht stellt sich diese Frage. Sie entzündet sich oftmals daran, ob diesen Personen der Insolvenzschutz der §§ 7 ff. BetrAVG zuteil wird. Insoweit kommt es entscheidend auf den Umfang der Leitungsmacht des Ge303 sellschafters an, also auf die Frage, ob und inwieweit er als beherrschender GGF betrachtet werden muss. Dabei lassen sich folgende Fallgruppen bilden. Fall 1 Alleingesellschafter: Wird einem geschäftsführenden Alleingesellschaf304 ter eine Zusage erteilt, so liegt aus rechtlicher Sicht zwar die erforderliche Differenzierung zwischen zusagendem Unternehmen und Zusageempfänger vor. Dennoch sind diese Personen vom Geltungsbereich des BetrAVG ausgenommen.436 Denn die Kapitalgesellschaft wird wirtschaftlich als das eigene Unternehmen des Gesellschafters betrachtet und er deshalb aus betriebsrentenrechtlicher Sicht einem Einzelunternehmen gleichgesetzt.437 Fall 2 Mehrheitsgesellschafter (mehr als 50% der Anteile an der Gesellschaft): 305 Die vorstehenden Ausführungen gelten grundsätzlich auch für einen Mehrheitsgesellschafter, der für die zusagende Kapitalgesellschaft tätig ist. Denn er ist durch die aus seiner Gesellschafterstellung fließende Leitungsmacht mit dem Unternehmen so eng verbunden, dass er es ebenfalls beherrscht und es als sein eigenes betrachtet werden muss.438 Korrespondiert seine Mehrheitsbeteiligung – wie in der Praxis in den meisten Fällen – mit der Stimmrechtsgewichtung, so ist der Begünstigte vom Anwendungsbereich des BetrAVG ausgeschlossen. Fällt allerdings die Leitungsmacht bspw. aufgrund einer entsprechenden Regelung in der Satzung hinter das Stimmgewicht zurück, das dem Begünstigten nach seinem Anteil an der Kapitalgesellschaft zustünde und beträgt es weniger als 50%, so kann er ausnahms-

_____ 435 Siehe Rn. 294. 436 BGH, Urt. v. 15.10.2007 – II ZR 236/06 – NZA 2008, 648. 437 BGH, Urt. v. 28.4.1980 – II ZR 254/78 – BGHZ 77, 94 = NJW 1980, 2254. 438 BGH, Urt. v. 28.4.1980 – II ZR 254/78 – BGHZ 77, 94 = NJW 1980, 2254. Ob der Begünstigte seine tatsächliche Leistungsmacht ausübt, ist nach Ansicht des BAG unerheblich, BAG, Urt. v. 6.5.1998 – 5 AZR 612/97 – NZA 1998, 939.

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weise von § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG erfasst werden.439 Entscheidend insoweit ist also der Umfang der tatsächlichen Leitungsmacht.440 Fall 3 Minderheitsgesellschafter (weniger als 50% der Anteile an der Gesell- 306 schaft): Ob ein für eine Kapitalgesellschaft tätiger und gleichzeitig als Minderheitsgesellschafter an ihr beteiligter GGF unter den persönlichen Anwendungsbereich des BetrAVG fällt, hängt ebenfalls vom Umfang seiner Leitungsmacht im Unternehmen sowie von der Höhe seiner Beteiligung ab. Grundsätzlich ist der Anwendungsbereich des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG für ihn eröffnet. Denn seine Minderheitsbeteiligung vermittelt ihm keine so überragende Stellung, dass das Unternehmen, für das er tätig ist, als sein eigenes betrachten werden könnte.441 Nicht eindeutig ist, ob das auch dann gilt, wenn der Gesellschafter genau 50% der Anteile hält. Nach Ansicht des BGH ist in diesen Fällen der Anwendungsbereich des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG nicht eröffnet.442 Entscheidend sei, dass der GGF mit einer Beteiligung von 50% die Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung blockieren könne und somit die erforderliche Leitungsmacht habe. Nach Auffassung des BFH kann es aus steuerrechtlicher Sicht in diesen Fällen dann zu einer Beherrschung kommen, wenn besondere Umstände vorliegen, dazu zählen bspw. besondere Regelungen im Gesellschaftsvertrag, sonstige vertragliche Abmachungen und wirtschaftliche Gegebenheiten.443 Allerdings existieren von den genannten Grundsätzen zu Minderheits-GGF 307 zwei Ausnahmen: ■ Der Minderheitsgesellschafter hat eine einem Mehrheitsgesellschafter vergleichbare tatsächliche Leitungsmacht. Dann wird er wie Mehrheitsgesellschafter behandelt. Das kann bspw. dann der Fall sein, wenn er nach der Satzung Stimmrechte hat, die über die ihm aufgrund seiner Gesellschaftsanteile eigentlich zustehenden hinausgehen, bspw. durch Vorzugsaktien oder Stimmbindungsverträge. Voraussetzung für diese Ausnahme ist allerdings, dass der Minderheits-GGF mindestens eine wesentliche Beteiligung an der Gesellschaft hält.444 ■ Zusammenrechnung der Anteile von mehreren Minderheits-GGF. Ein Minderheitsgesellschafter kann aber auch ohne besondere Leitungsmacht vom An-

_____ 439 Siehe dazu Rn. 306. 440 LAG Köln, Urt. v. 18.10.1995 – 7 Sa 252/95 – BeckRS 1995, 30461744. 441 BAG, Urt. v. 19.1.2010 – 3 AZR 660/09 – NJOZ 2010, 1697. 442 BGH, Urt. v. 1.10.2019 – II ZR 386/17 – NZA 2020, 120; PSV-Merkblatt 300/M1, Stand 1.20, Ziffer 3.3.1.3 c) aa); Höfer/de Groot/Küpper/ReichHöfer, BetrAVG, Bd. I, § 17 Rn. 87; a.A. Blomeyer/Rolfs/ Otto/Rolfs, § 17 Rn. 89. 443 BFH, Urt. v. 23.10.1985 – I R 247/81 – BeckRS 1985, 22007429. 444 BGH, Urt. v. 14.7.1980 – II ZR 224/79 – VersR 1980, 1119; zum Begriff der „wesentlichen Beteiligung“ siehe unten „Fall 2“.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

wendungsbereich des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG ausgeschlossen sein, wenn es neben ihm keinen Mehrheits- aber weitere Minderheitsgesellschafter gibt.445 Eine Mindest- oder Höchstgrenze für die Anzahl der Minderheitsgesellschafter besteht dabei grundsätzlich nicht.446 Nach Ansicht des BGH kann insoweit auch die Existenz eines weiteren Minderheitsgesellschafter-Prokuristen ausreichend sein.447 In diesen Fällen wird folgendermaßen vorgegangen: ■ Die Anteile der Minderheits-GGF werden zusammengerechnet.448 Ergibt dies in Summe eine Beteiligung von insgesamt mehr als 50%, so findet § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG auf keinen von ihnen Anwendung. Denn dann sind sie gemeinsam in der Lage, Entscheidungen unter Ausschluss der anderen Gesellschafter zu treffen, haben also gemeinsam entscheidende Leitungsmacht.449 Dasselbe gilt dann, wenn sie in Summe genau 50% halten.450 Halten die Minderheitsgesellschafter hingegen in Summe weniger als 50% der Anteile am Unternehmen, besitzen sie diese Leitungsmacht nicht und sind deswegen von § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG erfasst. ■ Voraussetzung für dieses Vorgehen ist allerdings eine wesentliche Beteiligung der betreffenden Minderheitsgesellschafter am Unternehmen. Der BGH betrachtete zunächst eine Beteiligung in Höhe von 11,86% als ausreichend und forderte später eine Mindestbeteiligung von 10%, was auch von der Literatur befürwortet wird.451 Nicht eindeutig ist aber, ob nach der Rechtsprechung die Anteile der nicht wesentlich beteiligten Minderheitsgesellschafter bei der Zusammenrechnung der Anteile der wesentlich beteiligten Minderheitsgesellschafter mitzählen.452 Jedenfalls aber sind die Erstgenannten aufgrund ihrer unwesentlichen Beteiligung von § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG erfasst. ■ Mögliche verwandtschaftliche Beziehungen zwischen einem Minderheitsgesellschafter und anderen, nicht an der Geschäftsführung beteiligten

_____ 445 BGH, Urt. v. 25.9.1989 – II ZR 259/88 – BGHZ 108, 330 = NJW 1990, 49. 446 Kritisch dazu: Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 17 Rn. 98. 447 BGH, Urt. v. 9.6.1980 – II ZR 180/79 – VersR 1980, 869. 448 BGH, Urt. v. 9.6.1980 – II ZR 180/79 – VersR 1980, 869; allerdings zweifelnd und offenlassend: BGH, Urt. v. 2.6.1997 – II ZR 181/96 – DStR 1997, 1135. Auch das BAG ließ bislang offen, ob es dieser Ansicht folgt: BAG, Urt. v. 25.1.2000 – 3 AZR 769/98 – NZA 2001, 959. 449 BGH, Urt. v. 9.6.1980 – II ZR 180/79 – VersR 1980, 869. 450 BGH, Urt. v. 1.10.2019 – II ZR 386/17 – NZA 2020, 120, so auch Höfer/de Groot/Küpper/Reich/ Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 17 Rn. 95; a.A. Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 17 Rn. 9; Kisters-Kölkes/Berenz/ Huber/Betz-Rehm/Huber, § 17 Rn. 8; MünchArbR/Cisch, Bd. II, § 202 Rn. 50. 451 BGH, Urt. v. 9.6.1980 – II ZR 180/79 – VersR 1980, 869; Urt. v. 2.4.1990 – II ZR 156/89 – NJW-RR 1990, 800; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 17 Rn. 94. 452 Höfer/de Groot/Küpper/ReichHöfer, BetrAVG, Bd. I, § 17 Rn. 92 ff.

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B. Gegenstand und Ausgestaltung der bAV

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Gesellschaftern beeinflussen die Ermittlung des dem betreffenden Geschäftsführer zuzurechnenden Anteils grundsätzlich nicht.453 Beispiel 5 G ist als Geschäftsführer in der GmbH seines Vaters tätig. Neben ihm ist sein Bruder H Mitgeschäftsführer. Nach dem Tod des Vaters erhalten die Brüder jeweils 1/3 der Gesellschaftsanteile. Allerdings erhält H je Anteil ein dreifaches Stimmgewicht im Vergleich zu den anderen Gesellschaftern. Grundsätzlich wäre G nicht vom Anwendungsbereich des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG erfasst. Denn er hält eine nicht unwesentliche Beteiligung an der GmbH (1/3) und in Kombination mit den Anteilen des anderen Minderheits-GGF H (1/3) ergibt sich eine Summe von mehr als 50% der Gesellschaftsanteile. Durch die abweichende Stimmrechtsverteilung erlangt H allerdings 60% der Stimmrechte. Die daraus fließende erhöhte Leitungsmacht des H bewirkt, dass dieser hier wie ein Mehrheits-GGF zu betrachten ist. Das aber führt dazu, dass die Anteile des H dem G nach den o.g. Grundsätzen nicht hinzuzurechnen sind und G somit als Minderheits-GGF unter den Anwendungsbereich des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG fällt.

dd) Gesellschafter einer Personengesellschaft Ebenso wie Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft fallen auch Gesellschafter einer 308 Personengesellschaft grundsätzlich nicht unter den Anwendungsbereich des BetrAVG. Denn in diesem Fall läge aus wirtschaftlicher Sicht eine Personenidentität zwischen Zusagendem und Zusageempfänger vor.454 Allerdings können auch hier Ausnahmen für solche Gesellschafter gelten, die für die Gesellschaft tätig sind. Persönlich haftender Gesellschafter Ein persönlich haftender Gesellschafter, der für eine Personengesellschaft tätig ist, 309 wird grundsätzlich wie ein Einzelunternehmer und Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft behandelt, bspw. wenn er im Rahmen der Selbstorganschaft als Organ der Gesellschaft tätig ist. Er erbringt seine Tätigkeit also nicht für ein fremdes Unternehmen, sondern für sein eigenes.455 Auf die Höhe seiner Beteiligung an der Gesellschaft kommt es insoweit grundsätzlich nicht an.456 Eine Ausnahme soll aber dann bestehen, wenn der Komplementär einer KG 310 trotz seiner gemäß §§ 161 Abs. 2, 123 ff. HGB grundsätzlich bestehenden Leistungsmacht im Innenverhältnis der Gesellschaft nur eine schwache Position besitzt, vergleichbar der eines Arbeitnehmers. Indizien dafür können eine nur geringe Kapitalbeteiligung und/oder eine im Innenverhältnis zugesagte Freistellung von der

_____ 453 BGH, Urt. v. 28.4.1980 – II ZR 254/78 – BGHZ 77, 94 = NJW 1980, 2254. 454 Siehe Rn. 294. 455 BGH, Urt. v. 9.6.1980 – II ZR 180/79 – VersR 1980, 869. 456 BGH, Urt. v. 2.4.1990 – II ZR 156/89 – NJW-RR 1990, 800.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

persönlichen Haftung sein.457 Unter diesen Voraussetzungen kann auch der „angestellte Komplementär“ unter den Anwendungsbereich des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG fallen. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum diese Grundsätze nicht sinngemäß auch für einen „angestellten OHG-Gesellschafter“ gelten sollten.458 Beschränkt haftende Gesellschafter 311 Ein beschränkt haftender Gesellschafter einer KG (Kommanditist), der für die KG

tätig ist, hat im Unterschied zu einem persönlich haftenden Gesellschafter gemäß § 164 HGB keine gesetzlich vorgesehene Leitungsmacht. Deswegen fällt er grundsätzlich in den Anwendungsbereich des BetrAVG.459 Auch der Kommanditist kann im Einzelfall jedoch tatsächliche Leitungs312 macht in einem Umfang innehaben, die seine Einordung unter das BetrAVG in Frage stellt. Das ist nach Ansicht des BGH insbesondere dann der Fall, wenn er einen hohen Kapitalanteil und damit verbunden ein hohes Stimmgewicht in der Gesellschafterversammlung hat.460 Daraus wird – in Analogie zum GGF einer Kapitalgesellschaft461 – der Schluss gezogen, dass eine Beteiligung des Kommanditisten von mehr als 50% dazu führt, ihn vom Anwendungsbereich des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG auszunehmen.462

ee) Gesellschafter einer GmbH & Co KG 313 Besondere Fragen wirft in der Praxis die Konstellation auf, dass dem GGF einer Ka-

pitalgesellschaft (in der Regel eine GmbH) eine Zusage erteilt wird und diese Kapitalgesellschaft als persönlich haftende Gesellschafterin einer Personengesellschaft fungiert (in der Regel als Komplementärin einer KG). Grundsätzlich richtet sich die Frage, ob der begünstigte GGF von § 17 Abs. 1 314 S. 2 BetrAVG erfasst ist, auch hier nach den oben genannten Grundsätzen: Es kommt also entscheidend auf den Umfang seiner Beteiligung an der GmbH und seine Leitungsmacht an.463 Zusätzlich ist aber zu beachten, dass nach Ansicht der Rechtsprechung beide Gesellschaften (GmbH und KG) als wirtschaftliche Einheit

_____ 457 BGH, Urt. v. 1.6.1981 – II ZR 140/80 – AP BetrAVG § 17 Nr. 7. 458 A.A. PSV-Merkblatt, 300/M 1, Stand 1.20, Ziff. 3.2.2. 459 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 17, Rn. 83. 460 BGH, Urt. v. 28.4.1980 – II ZR 254/78 – BGHZ 77, 94 = NJW 1980, 2254. 461 Siehe Rn. 334. 462 BGH, Urt. v. 28.4.1980 – II ZR 254/78 – BGHZ 77, 94 = NJW 1980, 2254. Für den Fall einer Beteiligung von genau 50% offenlassend: BGH, Urt. v. 1.2.1999 – II ZR 276/97 – NZA 1999, 380, vor dem Hintergrund von BGH, Urt. v. 1.10.2019 – II ZR 386/17 – NZA 2020, 120 wird man aber auch bei Kommanditisten in diesen Fällen davon ausgehen können, dass sie nicht von § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG erfasst sind. 463 Vgl. Rn. 302 ff.

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B. Gegenstand und Ausgestaltung der bAV

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zu betrachten sind, wenn die GmbH keinen über ihre Funktion als persönlich haftende Gesellschafterin der KG hinausgehenden eigenen wirtschaftlichen Zweck verfolgt. Es sind insoweit also zwei Fälle voneinander zu unterscheiden: Die Komplementär-GmbH verfolgt keinen weitergehenden eigenen wirtschaftlichen Zweck In diesem Fall kommt die Erteilung einer Zusage an den GGF sowohl durch die 315 GmbH, als auch durch die KG in Betracht. In beiden Fällen ist mit Blick auf § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG die Leitungsmacht des Begünstigten entscheidend, die er in der Regel durch seine Beteiligung an der GmbH mittelbar auf die Personengesellschaft ausübt. Um den Umfang dieser Leitungsmacht festzustellen, ist nach der Rechtsprechung ■ in einem ersten Schritt der Gesellschaftsanteil des GGF an der GmbH zu berücksichtigen und ■ in einem zweiten Schritt der Anteil der GmbH an der KG. Ist der GGF der GmbH zusätzlich als Kommanditist an der KG beteiligt, so sind 316 diese Anteile ebenfalls hinzuzurechnen.464 Beispiel 5 T ist GGF der G-GmbH und an dieser mit 70% der Anteile beteiligt. Die G-GmbH wiederum fungiert ausschließlich als Komplementärin der G-GmbH & Co. KG. Die G-GmbH ist mit 60% an der KG beteiligt. Nach Ansicht des BGH ist hier eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung vorzunehmen.465 Danach hält T 42% der Anteile an der G-GmbH & Co. KG (70% von 60% = 42%). T würde also trotz seines beherrschenden Einflusses als GGF der G-GmbH hier nicht als Mehrheitsgesellschafter der GGmbH & Co. KG betrachtet werden. Erhielte er eine Zusage von der GmbH oder von der KG, so wäre er vom Anwendungsbereich des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG erfasst. Hielte T zusätzlich noch 11% der Anteile an der KG als Kommanditist, so wären diese bei der Betrachtung seiner Leitungsmacht noch hinzuzurechnen. In diesem Fall wäre er nach der wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung des BGH als Mehrheitsgesellschafter zu betrachten (42% zzgl. 11% = 53%) und fiele somit nicht unter § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG.

Die Komplementär-GmbH verfolgt einen weitergehenden wirtschaftlichen Zweck Verfolgt die als Komplementärin der KG fungierende GmbH noch einen über ihre 317 Funktion als persönlich haftende Gesellschafterin der KG hinausgehenden eigenen wirtschaftlichen Zweck, so sind mit Blick auf die Leitungsmacht des GGF der GmbH beide Gesellschaften getrennt voneinander zu betrachten. Erhält der GGF in diesen Fällen eine Zusage von der GmbH, so kommt es mit Blick auf § 17 Abs. 1 S. 2

_____ 464 BGH, Urt. v. 28.4.1980 – II ZR 254/78 – BGHZ 77, 94 = NJW 1980, 2254; PSV-Merkblatt, 300/M 1, Stand 1.20, Ziff. 3.2.4.1 a); zur Kritik daran: Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 17 Rn. 98. 465 BGH, Urt. v. 28.4.1980 – II ZR 254/78 – BGHZ 77, 94 = NJW 1980, 2254.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

BetrAVG also allein auf die insoweit geltenden allgemeinen Grundsätze der Rechtsprechung an.466 Auch eine möglicherweise bestehende Beteiligung als Kommanditist des GGF an der KG wird in diesen Fällen nicht berücksichtigt. Erhält er eine Zusage von der KG, so richten sich die anzuwendenden Maßstäbe nach den Regeln für Personengesellschaften.467

3. Unabdingbarkeit und Tarifdispositivität a) Grundsatz 318 Das BetrAVG ist ein Arbeitnehmerschutzgesetz, von dessen Vorschriften grundsätz-

lich nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers abgewichen werden darf, § 19 Abs. 3 BetrAVG. Ob eine vom Gesetz abweichende Zusage vor- oder nachteilhaft ist, muss im Falle einer individualrechtlichen Vereinbarung mit Blick auf den jeweils betroffenen Versorgungsberechtigten zum Zeitpunkt der Zusageerteilung beurteilt werden.468 Im Falle einer Betriebsvereinbarung oder einer Richtlinie nach dem SprAuG ist hingegen ein objektiver Maßstab anzulegen. Für Abweichungen durch Tarifvertrag enthält das Gesetz mit § 19 Abs. 1 BetrAVG eine gesonderte Regelung.469 Es ist umstritten, ob im Rahmen der Nachteiligkeitsermittlung ein objektiver 319 Einzelvergleich oder ein Sachgruppenvergleich der abweichenden Zusagebestimmungen mit den entsprechenden gesetzlichen Vorschriften vorgenommen werden muss.470 Sinnvoll ist es hier, das letztgenannte, aus § 4 Abs. 3 TVG bekannte Prinzip471 anzuwenden. Die Anordnung des § 19 Abs. 3 BetrAVG ist als gesetzliches Verbot zu betrach320 ten. Ein Verstoß dagegen hat deswegen die Nichtigkeit der vom Gesetz nicht erlaubten abweichenden Vereinbarung zur Folge, § 134 BGB. 3 Praxistipp In der Regel wird dann aber § 139 BGB (u.U. entsprechend) zur Anwendung kommen. Danach ist von einer Nichtigkeit der gesamten Zusage dann nicht auszugehen, wenn anzunehmen ist, dass sie auch ohne den nichtigen Teil erteilt worden wäre. Das dürfte unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitgebers und des Versorgungsberechtigten regelmäßig der Fall sein. Die nichtige Bestimmung wird in diesen Fällen durch die entsprechende gesetzliche Regelung ersetzt.472

_____ 466 Vgl. Rn. 302 ff.; PSV-Merkblatt, 300/M 1, Stand 1.20, Ziff. 3.2.4.1 b). 467 Vgl. Rn. 308 ff. 468 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 19 Rn. 63. 469 Siehe Rn. 322 ff. 470 Für einen objektiven Einzelvergleich: Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 19, Rn. 25; für einen Sachgruppenvergleich: Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 19 Rn. 62. 471 Siehe zu den Details eines Sachgruppenvergleichs bspw. BAG, Beschl. v. 20.4.1999 – 1 ABR 72/98 – BAGE 91, 210 = NZA 1999, 887. 472 Siehe Rn. 44 (Beispiel); so auch Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, § 19, Rn. 31.

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B. Gegenstand und Ausgestaltung der bAV

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Ein Abweichen vom Schutzniveau des BetrAVG „nach oben“, also zum Vorteil des 321 Versorgungsberechtigten, ist im Rahmen der allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätze stets möglich. Es darf sich bei der verbessernden Vereinbarung jedoch nicht um einen Vertrag zulasten Dritter handeln. Daran würde bspw. eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Versorgungsberechtigtem über eine Verbesserung des gesetzlichen Insolvenzschutzes gemäß §§ 7 ff. BetrAVG scheitern, da diese u.a. zu Lasten PSV wirkte.473 Ebenso können die § 1 Abs. 2a und §§ 21 bis 25 BetrAVG nicht zum Vorteil des Versorgungsberechtigten abgeändert werden.474 Denn dabei handelt es sich um ein in sich geschlossenes Regelungssystem (sog. Sozialpartnermodell).475 Veränderungen einzelner Regelungspunkte zum Vorteil des Versorgungsberechtigten würden Sinn und Zweck dieses Regelungssystems widersprechen.

b) Tarifdispositivität aa) § 19 Abs. 1 BetrAVG Eine Reihe von Vorschriften des BetrAVG sind tarifdispositiv ausgestaltet, § 19 Abs. 1 322 BetrAVG. Die Tarifvertragsparteien können von diesen also auch zum Nachteil des Versorgungsberechtigten abweichen.476 Das betrifft: 323 ■ § 1a BetrAVG (gesetzlicher Anspruch auf Entgeltumwandlung und Pflicht zum Arbeitgeberzuschuss bei Entgeltumwandlung), ■ § 2 BetrAVG (gesetzliche Unverfallbarkeit erworbener Anwartschaften der Höhe nach), ■ § 2a Abs. 1, 3 und 4 BetrAVG (Berechnung und Wahrung der unverfallbaren Anwartschaften), ■ § 3 BetrAVG, mit Ausnahme des § 3 Abs. 2 S. 3 BetrAVG (Abfindung gesetzlich unverfallbarer Anwartschaften und laufender Leistungen), ■ § 4 BetrAVG (Übertragung gesetzlich unverfallbarer Anwartschaften auf einen neuen Versorgungsschuldner), ■ § 5 BetrAVG (Anrechnungs- und Auszehrungsverbot für Leistungen der bAV), ■ § 16 BetrAVG (Anpassung laufender Leistungen), ■ § 18a BetrAVG (Verjährung),

_____ 473 Siehe Kap. 8 Rn. 256. 474 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 19 Rn. 59. 475 Zum Sozialpartnermodell siehe Rn. 523 ff. 476 Allerdings darf es sich bei diesen Regelungen nicht nur um lediglich punktuelle Regelungen handeln, siehe BAG, Urt. v. 18.9.2012 – 3 AZR 415/10 – BAGE 143, 90 = NZA 2013, 210.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

§§ 27 f. BetrAVG (Übergangsvorschriften zur sog. versicherungsförmigen Lösung und zum Auszehrungs- und Anrechnungsverbot).

bb) § 19 Abs. 2 BetrAVG 324 Sollten vom BetrAVG abweichende tarifvertragliche Regelungen bestehen, so kön-

nen diese gemäß § 19 Abs. 2 BetrAVG auch zwischen nichttarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Geltung erlangen. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende Vereinbarung sowie dass der in Bezug genommene Tarifvertrag „einschlägig“ ist. Letzteres ist dann der Fall, wenn er räumlich, zeitlich, betrieblich-fachlich und persönlich für die Parteien gelten würde, wären sie tarifgebunden.477 In der Regel wird eine Bezugnahme auf einen Tarifvertrag individualrechtlicher 325 Natur und oftmals als Jeweiligkeitsklausel ausgestaltet sein. 478 Sie muss sich grundsätzlich auf die gesamten Regelungen zur bAV des jeweiligen Tarifvertrags erstrecken, da nur dann eine hinreichende Gewähr für eine angemessene Berücksichtigung der Interessen der Arbeitnehmer gegeben ist.479 Die Bezugnahme auf einzelne tarifliche Vorschriften, die zum Nachteil des 326 Versorgungsberechtigten vom Gesetz abweichen, ist also nicht möglich. Eine Ausnahme besteht aber, soweit neben einer Übernahme der gesamten Regelungen zur bAV des jeweiligen Tarifvertrags vereinbart wird, dass die Zusage von einzelnen Punkten der in Bezug genommenen Regelungen zugunsten der Arbeitnehmer abweicht. Das gilt auch dann, wenn diese günstigen Abweichungen noch immer das Niveau der gesetzlichen Vorschriften unterschreiten.480 Eine ggf. erforderliche AGBrechtliche Inhaltskontrolle ist aber gemäß § 307 Abs. 3 i.V.m. § 310 Abs. 4 S. 3 BGB481 nur bei einer Bezugnahme auf den vollständigen Tarifvertrag (bzw. ggf. dessen bAV-Teil) entbehrlich.482 Soll die Verweisung durch eine Betriebsvereinbarung erfolgen, sind die §§ 87 327 Abs. 1 S. 1 und 77 Abs. 3 BetrVG zu beachten.483

_____ 477 BAG, Urt. v. 19.4.2011 – 3 AZR 154/09 – BAGE 137, 357 = NZA 2011, 982. 478 Zum Begriff der Jeweiligkeitsklausel siehe Rn. 586. 479 Siehe dazu BAG, Urt. v. 18.9.2012 – 3 AZR 415/10 – BAGE 143, 90 = NZA 2013, 210. 480 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 19 Rn. 50; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 19, Rn. 19. 481 Siehe dazu Rn. 38. 482 BAG, Urt. v. 6.5.2009 – 10 AZR 390/08 – NZA-RR 2009, 593. 483 Siehe dazu BAG, Beschl. v. 3.12.1991 – GS 2/90 – NZA 1992, 749.

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B. Gegenstand und Ausgestaltung der bAV

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c) Sonderfälle aa) § 19 Abs. 3 BetrAVG: Geltung auch für Nichtarbeitnehmer Nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 3 BetrAVG gilt die Unabdingbarkeit des BetrAVG 328 nur für „Arbeitnehmer“. Nichtarbeitnehmer wären von § 19 Abs. 3 BetrAVG also nicht erfasst. Hinzu kommt, dass § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG für Nichtarbeitnehmer nur die §§ 1 bis 16 BetrAVG für anwendbar erklärt, also nicht auch § 19 BetrAVG selbst. Nach h.M. handelt es sich dabei aber um ein Redaktionsversehen. Die in § 19 329 Abs. 3 BetrAVG angeordnete Nichtabdingbarkeit des BetrAVG zum Nachteil des Versorgungsberechtigten erstreckt sich danach auch auf Nichtarbeitnehmer i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG.484

bb) § 19 Abs. 3 BetrAVG: Ausnahmen Die Anwendbarkeit § 19 Abs. 3 BetrAVG ist nach Ansicht des BAG jedoch in bestimmten Konstellationen eingeschränkt. Das gilt zum einen für eine nichttarifvertragliche Abweichung von der Anpassungsprüfungspflicht gemäß § 16 BetrAVG zuungunsten des Versorgungsberechtigten, wenn dieser gemäß § 5 SGB VI von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, u.a. weil ihm eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zugesagt wurde. Hier widerspricht nach Ansicht des BAG der dem Beamtenversorgungsrecht fremde § 16 BetrAVG der gewollten vollständigen Gleichstellung des Versorgungsberechtigten mit Beamten.485 Eine weitere Ausnahme gilt für Organmitglieder. Bei diesen liegt anders als bei Arbeitnehmern typischerweise keine Vertragsdisparität im Sinne einer Verhandlungsunterlegenheit vor.486 Deswegen ist das BetrAVG nach Ansicht der Rechtsprechung insoweit in demselben Maße abdingbar, wie es auch den Tarifvertragsparteien nach § 19 Abs. 1 BetrAVG erlaubt ist.487 Letztgenannte Ansicht überzeugt. Denn in beiden Fällen dürften sich bei der Verhandlung über betriebsrentenrechtliche Zusageinhalte in der Regel Partner auf gleicher Augenhöhe gegenüberstehen.488 Auch wären andernfalls Organmitglieder, für die Tarifverträge nicht geschlossen werden können, grundsätzlich besser geschützt als Arbeitnehmer.

_____ 484 BAG, Urt. v. 21.4.2009 – 3 AZR 285/07 – NJOZ 2010, 290; BGH, Urt. v. 3.7.2000 – II ZR 381/98 – NZA 2001, 612; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 19, Rn. 22. 485 BAG, Urt. v. 30.11.2010 – 3 AZR 798/08 – BAGE 136, 222 = NZA-RR 2011, 255. 486 BAG, Urt. v. 21.4.2009 – 3 AZR 285/07 – NJOZ 2010, 290; Rn. 297. 487 BGH, Urt. v. 23.5.2017 – II ZR 6/16 – DStR 2017, 1838; BAG, Urt. v. 21.4.2009 – 3 AZR 285/07 – NJOZ 2010, 290. 488 Kritisch dazu: Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 19, Rn. 74.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Ob sich vorgenannte Grundsätze im Einzelfall auch auf andere Nichtarbeitnehmer übertragen lassen, die zwar keine Organmitglieder aber ebenfalls nicht „verhandlungsunterlegen“ sind, ist bislang ungeklärt. Anhaltspunkte, die dagegensprechen, sind grundsätzlich nicht ersichtlich.489 Wird dem gefolgt, so könnten in einem weiteren Schritt die genannten Grundsätze im Einzelfall wohl auch auf nicht „verhandlungsunterlegene“ Arbeitnehmer übertragen werden.

cc) § 19 Abs. 2 BetrAVG: Geltung auch für Nichtarbeitnehmer 335 Fraglich ist weiterhin, ob § 19 Abs. 2 BetrAVG der die Bezugnahme auf einen „ein-

schlägigen“ Tarifvertrag zulässt, auch im Rahmen einer Zusage an Nichtarbeitnehmer Anwendung findet. Nach seinem Wortlaut ist § 19 Abs. 2 BetrAVG nur auf „Arbeitnehmer“ anwend336 bar. Hinzu kommt. dass § 17 Abs. 1 S. 2 nur die §§ 1 bis 16 BetrAVG für anwendbar erklärt, also nicht auch § 19 BetrAVG, mit der Folge, dass Nichtarbeitnehmer von § 19 Abs. 2 BetrAVG nicht erfasst wären. Wie bei § 19 Abs. 3 BetrAVG geht die h. M. aber davon aus, dass sich § 19 Abs. 2 337 BetrAVG auch auf Nichtarbeitnehmer erstreckt. Das wird insbesondere mit deren regelmäßig geringerer Schutzbedürftigkeit begründet, so dass die Möglichkeit, eine tarifliche Regelung mit einem gegenüber dem Gesetz abgesenkten Schutz vertraglich in Bezug zu nehmen, für Nichtarbeitnehmer erst recht bestehen müsse.490 Dieser Ansicht bedarf es indes dann nicht, wenn beim betreffenden Nichtar338 beitnehmer keine „Vertragsdisparität“ vorliegt, was bspw. bei Organmitgliedern regelmäßig der Fall sein wird.491 In diesem Fall können für den Nichtarbeitnehmer ohnehin vom Gesetz abweichende nachteilige Regelungen vereinbart werden, soweit diese tarifdispositiv i.S.d. § 19 Abs. 1 BetrAVG sind.492

C. Durchführungswege der bAV C. Durchführungswege der bAV 339 Das BetrAVG erfasst – im Sinne eines Numerus clausus’ – nur bestimmte Arten der Durchführung einer bAV, die sog. Durchführungswege gemäß §§ 1 Abs. 1, 1b Abs. 2 bis 4 BetrAVG. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, zur Umsetzung einer Versorgung einen anderen Durchführungsweg zu beschreiten. Dann aber ist der sachliche

_____ 489 Ebenso Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 19 Rn. 58. 490 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 19 Rn. 54, Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 19, Rn. 22. 491 BGH, Urt. v. 23.5.2017 – II ZR 6/16 – VersR 2017, 1231; BAG, Urt. v. 21.4.2009 – 3 AZR 285/07 – NJOZ 2010, 290. 492 Siehe dazu Rn. 332 ff.

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C. Durchführungswege der bAV

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Anwendungsbereich des Gesetzes nicht eröffnet. Auch die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Privilegierungen,493 die mit dem Vorliegen einer bAV im Sinne des BetrAVG verknüpft sind, sind in diesen Fällen nicht anwendbar. Allerdings verlangt das Gesetz nicht, dass die Zusage nur über einen Durchfüh- 340 rungsweg erfolgen muss. So finden sich in der Praxis Gestaltungen, in denen eine Versorgung über mehrere Durchführungswege zugesagt wird (Kombination von Durchführungswegen). Das kann bspw. aus steuerlicher Sicht sinnvoll sein, allerdings kann sich dadurch der Verwaltungsaufwand beim Arbeitgeber erhöhen. Beispiel 5 Arbeitnehmer A tritt als Führungskraft in das Unternehmen B ein. Dort bestehen Direktversicherungszusagen die zu gleichen Teilen von B und durch Entgeltumwandlung finanziert werden und die in Summe den Dotierungsrahmen des § 3 Nr. 63 EStG ausfüllen.494 B möchte A eine weitere individualvertragliche arbeitgeberfinanzierte Zusage erteilen und gleichzeitig eine Besteuerung der Beiträge bei A in der Anwartschaftsphase vermeiden. B könnte hier dem A zusätzlich eine Direktzusage oder eine Zusage auf Unterstützungskassenversorgung erteilen.

I. Übersicht Die Durchführungswege des BetrAVG können danach unterschieden werden, ob der 341 Arbeitgeber die Zusage selbst durchführt (unmittelbare Zusage) oder ober er sich dazu eines Dritten bedient (mittelbare Zusage).

1. Unmittelbare Durchführung der bAV (unmittelbare Zusagen) In ihrer Grundform wird bAV, wie sich aus § 1 Abs. 1 S. 2 1. Alt. BetrAVG ergibt, 342 unmittelbar durchgeführt. Hier ist der zusagende Arbeitgeber der alleinige Versorgungsschuldner des Arbeitnehmers. Durch die Erteilung der Zusage entsteht das Valutaverhältnis (auch arbeitsrechtliches Grundverhältnis) zwischen Arbeitgeber und begünstigtem Arbeitnehmer. Es beschreibt den Inhalt der Versorgungsverpflichtung des Arbeitgebers. Das Gesetz kennt für diesen unmittelbaren Durchführungsweg keinen eigenen Begriff. In der Praxis, der Literatur und der Rechtsprechung wird er unmittelbare Zusage oder synonym Direktzusage oder Pensionszusage genannt.

_____ 493 Siehe bspw. Kap. 2 Rn. 130 ff. und Kap. 3 Rn. 5 ff. 494 Siehe dazu Kap. 2 Rn. 130 ff.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Abbildung 1: Rechtsbeziehungen in unmittelbaren Zusagen (beitragsorientiert) 343 Unmittelbare Zusagen können als Leistungszusagen oder als beitragsorientierte

Zusagen erteilt werden.495 Letztere können intern oder extern finanziert sein.496 Eine Art der externen Finanzierung ist bspw. die Verknüpfung des Versorgungsversprechens mit einer sog. kongruenten Rückdeckungsversicherung.497

2. Mittelbare Durchführung der bAV (mittelbare Zusagen) 344 Der Arbeitgeber muss die Durchführung der bAV aber nicht selbst vornehmen. Er

kann sich dazu eines Dritten, also eines anderen Versorgungsträgers bedienen, § 1 Abs. 1 S. 2 2. Alt. BetrAVG. In diesen Fällen wird von mittelbaren Zusagen gesprochen. Allerdings ist nur die Durchführung über bestimmte Arten von Versorgungsträgern vom Anwendungsbereich des BetrAVG erfasst: ■ Direktversicherung: Hier schließt der Arbeitgeber zugunsten des Versorgungsberechtigten und/oder seiner Hinterbliebenen einen Lebensversicherungsvertrag ab (§ 1b Abs. 2 BetrAVG). ■ Pensionskasse: Hier schließt der Arbeitgeber zugunsten des Versorgungsberechtigten und/oder seiner Hinterbliebenen einen Lebensversicherungsvertrag mit einer Pensionskasse ab (§ 1b Abs. 3 BetrAVG). ■ Pensionsfonds: Hier schließt der Arbeitgeber zugunsten des Versorgungsberechtigten und/oder seiner Hinterbliebenen einen Pensionsfondsvertrag ab (§ 1b Abs. 3 BetrAVG). ■ Unterstützungskasse: Hier vereinbart der Arbeitgeber zugunsten des Versorgungsberechtigten und/oder seiner Hinterbliebenen eine Versorgung über eine Unterstützungskasse (§ 1b Abs. 4 BetrAVG). 3 Praxistipp Kein eigener Durchführungsweg ist hingegen die Durchführung der bAV über eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien im Sinne des § 4 Abs. 2 TVG. Zwar kann bspw. eine reine Beitragszusage auch über eine gemeinsame Einrichtung durchgeführt werden.498 Auch in diesen Fällen muss jedoch auf einen der oben genannten Durchführungswege zurückgegriffen werden. So kann

_____ 495 Siehe dazu Rn. 467. 496 Siehe dazu Rn. 109 ff. 497 Siehe dazu Rn. 347 ff. 498 BT-Drucks. 18/11286, S. 43.

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C. Durchführungswege der bAV

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gemäß § 21 Abs. 4 BetrAVG eine gemeinsame Einrichtung anstelle des Arbeitgebers Versicherungsnehmerin einer Direktversicherung werden.499

a) Rechtsverhältnisse in den mittelbaren Durchführungswegen Mittelbare Versorgungszusagen weisen gegenüber unmittelbaren Zusagen einige 345 Besonderheiten auf. Neben dem Valutaverhältnis (arbeitsrechtliches Grundverhältnis) zwischen zusagendem Arbeitgeber und begünstigtem Arbeitnehmer500 bestehen hier weitere Rechtsverhältnisse. Zunächst schließt der Arbeitgeber einen Vertrag mit dem jeweiligen Versorgungsträger, über den die bAV durchgeführt werden soll. Dabei handelt es sich, je nach Durchführungsweg, um einen Versicherungsvertrag (im Falle einer Direktversicherung oder einer Pensionskasse), einen Pensionsfondsvertrag oder einen Geschäftsbesorgungsvertrag (im Falle einer Unterstützungskasse). Darin verpflichtet sich der Versorgungsträger zur Durchführung der Zusage. Der Arbeitgeber verpflichtet sich seinerseits, die dazu erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. Das dadurch entstehende Rechtsverhältnis wird als Deckungsverhältnis bezeichnet. In vielen Fällen – insbesondere im Rahmen versicherungsförmiger Zusagen501 – verweist die arbeitsrechtliche Zusage bzgl. des Versorgungsanspruchs auf den entsprechenden Inhalt des Vertrags mit dem Versorgungsträger. Dann bestimmt der Inhalt des Deckungsverhältnisses auch den arbeitsrechtlichen Anspruch aus dem Valutaverhältnis.502 Durch den Vertrag zwischen Arbeitgeber und Versorgungsträger erwerben die 346 Versorgungsberechtigten einen eigenen Rechtsanspruch auf die Versorgungsleistung gegen den Versorgungsträger.503 Dieses Rechtsverhältnis wird Leistungsverhältnis (oder auch Zuwendungsverhältnis) genannt.

_____ 499 Siehe dazu Rn. 534. 500 Siehe dazu Rn. 342. 501 Siehe dazu Rn. 347. 502 Siehe für die versicherungsförmigen Zusagen: Rn. 347. 503 Zu den Besonderheiten einer Unterstützungskasse siehe Rn. 452 ff.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Abbildung 2: Rechtsbeziehungen in mittelbaren Zusagen (beitragsorientiert)

3 Praxistipp Die im Rahmen einer mittelbaren Zusage bestehenden Rechtsverhältnisse existieren grundsätzlich unabhängig voneinander. Wenn also eines von ihnen rechtlich fehlerhaft ist, so hat dies auf die Wirksamkeit der übrigen Rechtsverhältnisse grundsätzlich keinen Einfluss.

b) Versicherungsförmige Durchführungswege und kongruente Rückdeckungen 347 Die mittelbaren Durchführungswege, die mit einem Versicherungsvertrag verknüpft sind, werden als versicherungsförmige Durchführungswege bezeichnet. Das sind regelmäßig die Durchführungswege Direktversicherung, Pensionskasse und versicherungsförmig ausgestalteter Pensionsfonds. Versicherungsförmige Durchführungswege weisen die Besonderheit auf, dass sich der Inhalt der Zusage (also des Valutaverhältnisses/arbeitsrechtlichen Grundverhältnisses) in der Regel nach dem Inhalt des Versicherungsvertrags bestimmt. Diese Verknüpfung wird arbeitsrechtlich durch eine entsprechende Bezugnahme hergestellt. Diese kann ausdrücklich erfolgen, indem eine entsprechende Klausel in die Zusage aufgenommen wird. Insbesondere in den Durchführungswegen Direktversicherung und Pensionskasse – erfolgt die Verweisung aber oftmals auch konkludent. In diesen Fällen teilt der Arbeitgeber dem Versorgungsberechtigten lediglich mit, dass er zu dessen Gunsten und/oder zu Gunsten seiner Hinterbliebenen einen entsprechenden Versicherungsvertrag abgeschlossen hat. In der Regel erhält der Versorgungsberechtigte mindestens eine Kopie des Versicherungsvertrags, aus dem sich die Details der Beitragszahlung und der Versorgungsleistung ergeben.

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C. Durchführungswege der bAV

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Wenn Unterstützungskassenversorgungen – wie in der Praxis häufig – zur 348 Finanzierung der zugesagten Leistungen mit einer Rückdeckungsversicherung504 versehen sind, bestimmt sich der Inhalt der geschuldeten Versorgungsleistung in der Regel ebenfalls vollständig nach dem Inhalt des Versicherungsvertrags, sog. kongruent (oder auch leistungskongruent) rückgedeckte Unterstützungskasse.505 Es gibt auch Gestaltungen, in denen die Verknüpfung mit der Rückdeckungsversicherung nur für einen Teil der Verpflichtungen der Unterstützungskasse besteht (sog. partiell rückdeckte Unterstützungskasse). Die Bezugnahme auf die Bedingungen des Versicherungsvertrags erfolgt in beiden Fällen in der Regel durch eine ausdrückliche Regelung im Leistungsplan. In diesen Fällen ist der Durchführungsweg der Unterstützungskasse bezüglich der Leistungsbestimmung den versicherungsförmigen Durchführungswegen stark angenähert.

Abbildung 3: Rechtsbeziehungen in kongruent rückgedeckten Unterstützungskassen Beispiel 5 Eine entsprechende Bestimmung im Leistungsplan einer kongruent rückgedeckten Unterstützungskasse kann bspw. lauten: „Die Leistungsarten und deren Höhen bestimmen sich nach der gemäß diesem Leistungsplan von der Kasse abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung.“

Ebenso wie Unterstützungskassenzusagen können auch Direktzusagen zur Finan- 349 zierung des Versorgungsversprechens mit einer Rückdeckungsversicherung ver-

_____ 504 Zum Begriff siehe Rn. 370 sowie Kap. 6 Rn. 341 ff. 505 Siehe auch Rn. 464.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

knüpft werden.506 In der Praxis sind insoweit zwei verschiedene Gestaltungen zu finden: Zum einen kann eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen werden, um die arbeitsrechtlich bestehende Zusage voll oder teilweise abzudecken. Dann handelt es sich um eine sog. kongruente rückgedeckte Direktzusage507 Dieser Fall ist oftmals in einzelvertraglichen Zusagen, bspw. an GGF zu finden. In individualrechtlichen Direktzusagen mit kollektivem Charakter oder in kollektivrechtlichen Zusagen, die rückgedeckt sind, erfolgt die Bezugnahme hingegen in der Regel umgekehrt: Hier bestimmt – wie regelmäßig auch in den versicherungsförmigen Durchführungswegen508 – der Inhalt der Rückdeckungsversicherung den arbeitsrechtlichen Inhalt der Zusage. Dann wird ebenfalls von einer kongruent (oder auch leistungskongruent) rückgedeckten Direktzusage gesprochen. In diesem Fall ist die Direktzusage aus arbeitsrechtlicher Sicht also mit Blick auf die Bestimmung der Versorgungsleistung den versicherungsförmigen Durchführungswegen angenähert. Dennoch wird sie auch in ihrer (leistungs-)kongruent rückdeckten Ausgestaltung nicht zu einer mittelbaren, sondern bleibt eine unmittelbare Zusage. Denn aus der Rückdeckungsversicherung ist allein der Arbeitgeber bezugsberechtigt,509 so dass ein Leistungsverhältnis/Zuwendungsverhältnis zwischen Versicherer und Versorgungsberechtigtem nicht entsteht.

Abbildung 4: Rechtsbeziehungen in kongruent rückgedeckten Direktzusagen (Rückdeckungsversicherung)

_____ 506 Zum Begriff siehe Rn. 370 sowie Kap. 6 Rn. 341 ff. 507 Siehe dazu auch Kap. 6 Rn. 345 ff. 508 Siehe dazu Rn. 347. 509 Siehe dazu Kap. 6 Rn. 341 ff.

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c) Einstandspflicht (Verschaffungspflicht) des Arbeitgebers Auch dann, wenn der Arbeitgeber eine Zusage über einen mittelbaren Durchfüh- 350 rungsweg erteilt, steht er für die Erfüllung seines Versorgungsversprechens ein. Nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG hat der Versorgungsberechtigte in diesen Fällen einen verschuldensunabhängigen Erfüllungsanspruch gegen den Arbeitgeber.510 Sollte also bspw. eine Lücke zwischen der zugesagten Leistung und der tatsächlich erbrachten Leistung des eingeschalteten Versorgungsträgers bestehen, so hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass diese geschlossen wird.511 Durchbrochen wird dieser Grundsatz nur im Fall einer reinen Beitragszusage gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG. Denn hier umfasst das Versorgungsversprechen gerade keine Verpflichtung des Arbeitgebers, eine Leistung zu erbringen.512 Von der gesetzlichen Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG zu unter- 351 scheiden sind im Rahmen mittelbarer Zusage ggf. bestehende vertragliche Verpflichtungen des Arbeitgebers zur Erbringung möglicher Nachschüsse, wie bspw. bei einer nicht-versicherungsförmig ausgestalteten Pensionsfondszusage.513

3. Rechtliche Bedeutung der Durchführungswege Die Wahl eines Durchführungsweges hat für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in ar- 352 beits-, versicherungs-, steuer- und sozialversicherungsrechtlicher sowie in betriebswirtschaftlicher Hinsicht514 erhebliche Konsequenzen. Deshalb sollte sie gut durchdacht und vorbereitet sein.

a) Rechtliche Folgen Aus arbeitsrechtlicher Sicht ergeben sich für die verschiedenen Durchführungs- 353 wege unterschiedliche Rechtsfolgen aus dem BetrAVG. Die Wahl des Durchführungswegs beeinflusst sowohl den Inhalt als auch die Durchführung der Versorgungszusage, so – in Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls – bspw.: ■ die Zulässigkeit bestimmter Zusagearten (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 und 2a BetrAVG), ■ die Pflicht des Arbeitgebers, einen Zuschuss bei Entgeltumwandlung zahlen zu müssen (§ 1a Abs. 1a BetrAVG), ■ die Höhe der unverfallbaren Anwartschaften bei vorzeitigem Ausscheiden des Arbeitnehmers (§ 2 Abs. 1 bis Abs. 4 BetrAVG),

_____ 510 Siehe Rn. 683 ff., siehe auch BAG, Urt. v. 19.6.2012 – 3 AZR 408/10 – BAGE 142, 72 = NZA-RR 2013, 426. 511 BAG, Urt. v. 30.9.2014 – 3 AZR 613/12 – BeckRS 2015, 65975. 512 Siehe dazu Rn. 523, 543. 513 Siehe dazu Rn. 444. 514 Für einen Vergleich der Durchführungswege aus betriebswirtschaftlicher Sicht siehe Kap. 5.

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■ ■ ■ ■ ■ ■ ■

Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

die Berechnung und Wahrung der Höhe unverfallbarer Anwartschaften (§ 2a Abs. 2 und 3 BetrAVG), die Höhe des Abfindungsbetrags (§ 3 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 BetrAVG), den Anspruch des Versorgungsberechtigten auf Übertragung einer Anwartschaft im Rahmen eines Arbeitgeberwechsels (§ 4 Abs. 3 BetrAVG), die Höhe des Übertragungswerts bei der Übertragung einer Anwartschaft im Rahmen eines Arbeitgeberwechsels (§ 4 Abs. 5 BetrAVG), die Möglichkeit einer Übernahme der Zusage bei Liquidation des Arbeitgebers (§ 4 Abs. 4 BetrAVG), den Umfang und die Ausgestaltung des gesetzlichen Insolvenzschutzes (§§ 7 ff. BetrAVG), die Reichweite und die Art der Anpassung laufender Leistungen (§ 16 BetrAVG).

354 Handelt es sich um einen versicherungsförmigen Durchführungsweg, hat der In-

halt des Versicherungsvertrags in der Regel auch Auswirkungen auf den Inhalt der arbeitsrechtlichen Zusage.515 In diesen Fällen können also versicherungsvertragliche und -aufsichtsrechtliche Normen für Lebensversicherer, Pensionskassen oder Pensionsfonds auch Einfluss auf den Inhalt und die Durchführung der Zusage haben.516 Die Wahl des Durchführungsweges hat darüber hinaus auch Auswirkungen auf 355 die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung der Zusage, sowohl in der Anwartschafts-, als auch in der Leistungsphase.517 Hier verläuft die Trennlinie in erster Linie zwischen den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds und den Durchführungswegen Direktzusage und Unterstützungskasse Während der Aufwand für die erstgenannten grundsätzlich in der Anwartschaftsphase besteuert wird und in der Leistungsphase nur noch der Ertrag einer Steuerpflicht unterliegt, werden letztgenannte grundsätzlich nachgelagert, d.h. erst im Leistungsbezug besteuert. Das Sozialversicherungsrecht folgt insoweit grundsätzlich dem Steuerrecht. b) Wahl des Durchführungswegs und des Versorgungsträgers 356 Abgesehen von wenigen Ausnahmen entscheidet grundsätzlich der Arbeitge-

ber über den Inhalt einer Zusage auf bAV518 und somit auch darüber, welcher Durchführungsweg gewählt wird.519 Dabei muss er aber natürlich ggf. bestehende Vorga-

_____ 515 Siehe Rn. 347. 516 Siehe Kap. 6. 517 Siehe Kap. 2 und Kap. 3. 518 Siehe Rn. 39 ff. 519 Für ein Beispiel siehe Kap. 6 Rn. 111. Die Entscheidung ist darüber hinaus grundsätzlich mitbestimmungsfrei im Sinne des § 87 BetrVG, siehe Rn. 779.

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ben bspw. aus einem ihn bindenden Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung beachten. Eingeschränkt ist die Freiheit des Arbeitgebers auch dann, wenn der Arbeit- 357 nehmer seinen gesetzlichen Anspruch auf Entgeltumwandlung gemäß 1a Abs. 1 BetrAVG geltend macht: Ist der Arbeitgeber in diesem Fall zu einer Durchführung über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Versorgungseinrichtung nach § 22 bereit, ist gemäß § 1b Abs. 1 S. 3 BetrAVG die bAV dort durchzuführen; andernfalls kann der Arbeitnehmer verlangen, dass der Arbeitgeber für ihn eine Direktversicherung abschließt.520 Eine weitere Einschränkung ergibt sich aus § 1a Abs. 1a BetrAVG. Danach muss 358 der Arbeitgeber im Fall einer Entgeltumwandlung über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung 15% des umgewandelten Entgelts zusätzlich als Arbeitgeberzuschuss erbringen, soweit er durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart.521 Hier ist der Arbeitgeber also grundsätzlich verpflichtet, den Arbeitgeberzuschuss auf dem Durchführungsweg zu erbringen, auf dem auch die Entgeltumwandlung stattfindet.522 In der Praxis stellt sich im Rahmen einer mittelbaren Zusage gelegentlich die 359 Frage, ob der Arbeitgeber bei der Auswahl des Versorgungsträgers und dessen Versorgungsleistungen arbeitsrechtlichen Grenzen unterliegt.523 Im Bereich der arbeitgeberfinanzierten bAV ist das grundsätzlich nicht der Fall, sofern keine besonderen kollektivrechtlichen oder individualrechtlichen Vorgaben bestehen. Das gilt – unter Beachtung des Wertgleichheitsgebots524 – für eine Entgeltumwandlung ebenso. Der Arbeitnehmer kann bspw. auch im Rahmen einer Entgeltumwandlung nicht verlangen, dass der Arbeitgeber den günstigsten Versorgungsträger (bzw. Tarif) am Markt findet und mit ihm kontrahiert.525 Allerdings wird der Arbeitgeber zumindest die Maßstäbe des § 315 BGB zu beachten, also die Wahl nach billigem Ermessen zu treffen haben.526 Er darf also – unter Beachtung der Umstände des Einzelfalles – nicht nur seine Interessen (bspw. an einer haftungsarmen bAV) berücksichtigen, sondern muss auch die des Arbeitnehmers (bspw. an einem günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis) angemessen gewichten. Davon dürfte in der Regel aus-

_____ 520 Siehe Rn. 720. 521 Siehe im Detail Rn. 727 ff. 522 Ulbrich in: Festschrift Uebelhack, 485, 513. 523 Zur Mitbestimmungsfreiheit dieser Wahl Rn. 778. 524 Siehe Rn. 703 ff. 525 BAG, Beschl. v. 19.7.2005 – 3 AZR 502/04 – NZA-RR 2006, 372 für den Fall, dass der Arbeitnehmer im Rahmen des § 1a Abs. 1 BetrAVG die Durchführung über eine Direktversicherung geltend macht. Diese Prinzipien lassen sich auf die anderen Durchführungswege übertragen. Im Ergebnis ebenso: ErfK/Steinmeyer, § 1a Rn. 7. 526 ErfK/Steinmeyer, § 1a Rn. 9.

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zugehen sein, wenn der Arbeitgeber ohne Verwendung sachfremder Kriterien einen Versorgungsträger (und -tarif) mittlerer Art und Güte auswählt.

c) Bindung an den gewählten Durchführungsweg 360 Eine für die Praxis wichtige und doch oft umstrittene Frage ist, ob der Arbeitgeber

an einen einmal eingeschlagenen Durchführungsweg gebunden ist oder ob er und wenn ja unter welchen Voraussetzungen diesen später einseitig, d.h., ohne Einbeziehung des Versorgungsberechtigten, wechseln kann.527 Der Bedarf dazu kann sich aus wirtschaftlichen oder rechtlichen Erwägungen ergeben.528 Das BetrAVG enthält dazu keine Regelung. Nach richtiger Ansicht des BAG 361 kommt es insoweit entscheidend darauf an, ob sich der Inhalt der Versorgungszusage auch auf einen bestimmten Durchführungsweg erstreckt, ob dieser also Bestandteil der arbeitsrechtlichen Verpflichtung des Arbeitgebers wurde. Dann hat der Versorgungsberechtigte grundsätzlich einen Anspruch auf Einhaltung ebendieses Durchführungswegs.529 Ein Wechsel des Durchführungsweges bedeutet in diesen Fällen also eine Änderung der Versorgungszusage. Die Zulässigkeit dieser Änderung ist nach den allgemeinen dafür geltenden Maßstäben zu beurteilen.530 3 Praxistipp Eine rechtliche Bindung des Arbeitgebers an den gewählten Durchführungsweg kann theoretisch vermieden werden, indem die Zusage keinen Durchführungsweg erwähnt. Allerdings scheint das praxisfern und es bestünde überdies u.U. das Risiko einer rechtlichen Bindung aus betrieblicher Übung. Empfehlenswerter ist es deswegen, die Formulierung eines Vorbehalts für einen Wechsel des Durchführungsweges in die Zusage aufzunehmen. Bei einer individualrechtlichen Zusage (Einzelzusage oder individualrechtliche Zusage mit kollektivem Bezug) darf dies allerdings nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung der Versorgungsberechtigten im Sinne der §§ 305 ff. BGB führen.

362 Die vorstehenden Erwägungen gelten im Übrigen sinngemäß für die Bindung des

Arbeitgebers an den gewählten Versorgungsträger.

_____ 527 Siehe dazu im Detail: Kap. 9 Rn. 95. 528 Näher dazu Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/de Groot, BetrAVG, Bd. I, Kap. 9 Rn. 151. 529 BAG, Urt. v. 12.6.2007 – 3 AZR 186/06 – BAGE 123, 82 = NZA-RR 2008, 537; ebenso: Reinecke, DB 2010, S. 2392, 2392 f., kritisch: Löwisch/Diller, BetrAV 2010, S. 411, 413 f; siehe Kap. 9 Rn. 36 ff. 530 Siehe Kap. 9 Rn. 2 ff.; BAG, Urt. v. 15.5.2012 – 3 AZR 11/10 – BAGE 141, 259 = NZA-RR 2012, 433.

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II. Direktzusage/Pensionszusage Die Direktzusage, auch Pensionszusage oder auch unmittelbare Zusage genannt, ist 363 mit Blick auf die Deckungsmittel nach wie vor der bedeutendste Durchführungsweg der bAV in Deutschland. Den Verpflichtungen aus Direktzusagen stehen 305,9 Mrd. € gegenüber, das sind 48,5% der Deckungsmittel für die bAV insgesamt.531 Zwar verlor die Direktzusage in den letzten Jahrzehnten aufgrund der Tendenz 364 vieler Unternehmen, externe Versorgungsträger einzuschalten, an Bedeutung. In den vergangenen Jahren kam diese Entwicklung aber weitgehend zum Stillstand. Das liegt vor dem Hintergrund der anhaltenden Niedrigzinsphase auch an dem Vorteil der Direktzusage,532 dass die Kapitalanlage sehr flexibel gestaltet werden kann, da sie selbst versicherungsrechtlich nicht reglementiert ist. So ist insbesondere eine Zunahme von Zusagen zu beobachten, bei denen sich die Versorgungsleistung nach den Ergebnissen der Kapitalanlage (bspw. Wertpapiere oder Rückdeckungsversicherung)533 richtet. Günstig wirken sich in der Direktzusage in der Regel auch die Steuerfreiheit und die weitgehende Sozialversicherungsfreiheit der für den Arbeitnehmer aufgewendeten Beiträge in der Anwartschaftsphase aus.534 Durch eine Verknüpfung mit einer Rückdeckungsversicherung535 kann das Finanzierungsrisiko einer Direktzusage weitergehend auf einen Versicherer übertragen werden (rückgedeckte Direktzusage).

1. Definition Die Direktzusage ist die ursprüngliche Form der bAV. Der Arbeitgeber verspricht, 365 die Versorgungsleistung unmittelbar, d.h. selbst zu erbringen, § 1 Abs. 1 S. 2 1. Alt. BetrAVG. Er ist also alleiniger Versorgungsträger. Deswegen existiert im Rahmen der Direktzusage lediglich ein betriebsrentenrechtliches Rechtsverhältnis, nämlich das Valutaverhältnis (arbeitsrechtliches Grundverhältnis) zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das gilt auch dann, wenn die Direktzusage bspw. durch einen Versicherungsvertrag rückgedeckt ist.536

_____ 531 Klein, BetrAV 4/2020, 316, 316. 532 Für eingehende Bewertung aus betriebswirtschaftlicher Sicht siehe Kap. 5; siehe zu den steuerlichen Vorteilen einer Direktzusage auch Kap. 2 Rn. 36 ff. 533 Siehe Rn. 111 (Beispiel). 534 Siehe Kap. 2 Rn. 124 f. und Kap. 3 Rn. 5 f. 535 Zum Begriff siehe Rn. 370 f. sowie Kap. 6 Rn. 341 ff. 536 Siehe Rn. 348 f.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

2. Ausgestaltung von Direktzusagen a) Grundsatz 366 Direktzusagen können als Leistungszusagen oder als beitragsorientierte Leis-

tungszusagen erteilt werden. Als Beitragszusage mit Mindestleistung oder als reine Beitragszusage, § 1 Abs. 2 Nr. 2, 2a BetrAVG sind sie nicht zulässig. Eine Direktzusage kann sämtliche der in § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG genannten biometrischen Risiken (Alter, Invalidität, Tod) abdecken. Keine Einschränkungen im Vergleich zu anderen Durchführungswegen bestehen auch bezüglich der Leistungsformen:537 Über eine Direktzusage kann eine Rentenzahlung (lebenslang oder temporär) mit oder ohne Kapitalwahlrecht oder eine Kapitalzahlung (auch als Ratenzahlung) vereinbart werden. Die Flexibilität und die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten von Direkt367 zusagen spiegeln sich in ihren Ausgestaltungen in der Praxis wider. Je nachdem, ob sie als Leistungszusage oder als (unmittelbare) beitragsorientierte Zusage erteilt werden, findet sich ein breites Spektrum an Gestaltungen sowohl der Leistungsseite als ggf. auch der Beitragsseite. Insoweit kann auf die entsprechenden Ausführungen und Beispiele zu den einzelnen biometrischen Risiken verwiesen werden.538 Eine Besonderheit insoweit sind Direktzusagen nach den Regelungen sog. 368 Richtlinienverbände, wie dem Essener Verband oder dem Bochumer Verband. Deren Reglungen dienen der Vereinheitlichung des Zusageinhalts der angeschlossenen Arbeitgeber. Versorgungsschuldner sind aber nicht die jeweiligen Richtlinienverbände, sondern allein die zusagenden Arbeitgeber, weswegen es sich in diesen Fällen um Direktzusagen handelt.

b) Formen der Finanzierung 369 Einen wesentlichen Einfluss auf die inhaltliche Ausgestaltung der Direktzusagen

hat ihre Finanzierung. Im Rahmen einer internen Finanzierung wird vom Arbeitgeber entweder nur die Leistung aber kein Beitrag zugesagt (Leistungszusagen) oder es werden neben der Leistung zwar auch Beiträge zugesagt,539 diese verbleiben aber zusagegemäß beim Arbeitgeber.540 Im Gegensatz dazu ist der Arbeitgeber im Fall einer externen Finanzierung einer Direktzusage verpflichtet, die Beiträge zur Finanzierung der Zusage an einen Versorgungsträger zu zahlen.541 Keine eigenen Durchführungswege im arbeitsrechtlichen Sinne542 stellen die in der Praxis häufig

_____ 537 Siehe Rn. 210 ff. 538 Siehe Rn. 75 ff., 125 ff., 178 ff. 539 Zu Leistungszusagen und beitragsorientierten Zusagen siehe Rn. 467. 540 Siehe Rn. 110. 541 Siehe Rn. 111. 542 Für die betriebswirtschaftliche Sicht siehe Kap. 5.

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verwendeten und nachfolgend aufgeführten besonderen Formen einer externen Finanzierung der Direktzusage dar. Sie dienen der (vollständigen oder teilweisen) Ausfinanzierung der Zusage sowie bilanziellen Effekten543 und/oder dem privatrechtlichen Insolvenzschutz.544

aa) Rückdeckungsversicherungen In der Praxis ist es weit verbreitet, eine Direktzusage durch den Abschluss einer 370 Rückdeckungsversicherung auszufinanzieren. Versicherungsnehmer und Bezugsberechtigter dieser Versicherungsverträge ist der Arbeitgeber. Der jeweilige Versorgungsberechtigte und/oder ggf. seine Hinterbliebenen sind lediglich Versicherte Personen.545 Wird eine Direktzusage mit einer Rückdeckungsversicherung finanziert, so wird sie nicht etwa zu einer Direktversicherung gemäß § 1b Abs. 2 BetrAVG. Denn Bezugsberechtigte einer Direktversicherung sind im Unterschied zur Rückdeckungsversicherung der Versorgungsberechtigte und/oder seine Hinterbliebenen. Rückdeckungsversicherungen werden in der Praxis oftmals an den versorgungsberechtigten Arbeitnehmer und/oder seine Hinterbliebenen verpfändet. Dies dient dem privatrechtlichen Insolvenzschutz.546 Beispiel 5 Rückdeckungsversicherungen finden in der Praxis als reine Finanzierungsinstrumente einer Direktzusage Verwendung, um die Verpflichtung des Arbeitgebers aus dem Valutaverhältnis abzudecken. In diesem Fall kann die Rückdeckungsversicherung teilweise oder vollständig kongruent zur arbeitsrechtlichen Verpflichtung sein. In der Praxis häufig zu finden sind aber Direktzusagen deren Inhalt – bspw. das abgedeckte biometrische Risiko, die Höhe und Form der Versorgungsleistung – sich durch Bezugnahme teilweise oder vollständig nach dem Inhalt des Rückdeckungsversicherungsvertrags richten. Auch dann wird von einer kongruent (auch leistungskongruent) rückdeckten Direktzusage gesprochen.547

bb) Andere Arten der Finanzierung Die Möglichkeiten, die der Arbeitgeber im Übrigen hat, um eine Direktzusage extern 371 zu finanzieren, sind sehr vielfältig. Dabei sind in der Praxis grundsätzlich zwei Konstellationen zu finden: Entweder der Arbeitgeber sagt die Versorgung zu und finanziert die daraus fließende Verpflichtung, oder die Ausgestaltung der Finanzierung bestimmt durch eine Bezugnahme in der Zusage Inhalt und Höhe

_____ 543 Siehe Kap. 4 Rn. 60 ff., 89 ff. 544 Siehe Kap. 8 Rn. 303 ff. 545 Siehe auch Kap. 6 Rn. 341 ff. 546 Kap. 8 Rn. 303 ff. 547 Siehe auch Rn. 349.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

der arbeitsrechtlichen Verpflichtung. Mit Blick auf letztgenannte Gestaltungen haben in jüngerer Zeit insbesondere sog. wertpapierbezogene Zusagen an Bedeutung gewonnen.548

cc) CTA 372 Eine Direktzusage kann auch durch die Verwendung eines sog. CTA (Contractual

Trust Arrangement) finanziert werden. CTA sind Treuhandlösungen, mit deren Hilfe der Arbeitgeber mehrere positive Effekte erzielen kann.549 Ein CTA ist kein Versorgungsträger i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 2 BetrAVG, stellt also keinen eigenen Durchführungsweg nach dem BetrAVG dar. Grundlage für seine Nutzung ist stets eine Direktzusage. Ebenso wie im Fall der vorgenannten Finanzierungsformen kann die Anlage des Kapitals in einem CTA allein der Finanzierung der Direktzusage dienen. Es kann aber auch hier der arbeitsrechtliche Inhalt der Zusage mit dem Kapitalanlageerfolg des CTA verknüpft werden, bspw. bzgl. der Leistungshöhe. Insoweit kann es sich um eine wertpapiergebundene Zusage handeln.550

III. Direktversicherung 373 Der Durchführungsweg Direktversicherung hat eine große Bedeutung für die bAV.

Die Verpflichtungen aus Direktversicherungszusagen sind aktuell mit 68,6 Mrd. € bedeckt, was 10,9% aller Deckungsmittel der bAV darstellt.551 Eine Direktversicherungszusage bietet Arbeitgebern und Arbeitnehmern zahlreiche Vorteile.552 So übernimmt der Versicherer in der Regel das Finanzierungsrisiko sowie die Verwaltung der Zusage. Darüber hinaus sind die Beiträge in der Anwartschaftsphase (ebenso wie bei Pensionskasse und Pensionsfonds) unter bestimmten Bedingungen gemäß § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei sowie beitragsfrei in der Sozialversicherung.553 Über den Durchführungsweg Direktversicherung kann weiterhin die steuerliche Geringverdienerförderung gemäß § 100 EStG umgesetzt werden.554 Zwar unterfallen Direktversicherungszusagen in der Regel nicht der gesetzlichen Insolvenzsicherung der §§ 7 BetrAVG (weswegen auch die Beitragszahlungspflicht entfällt).555

_____ 548 Siehe z.B. Rn. 111. 549 Siehe Kap. 8 Rn. 323 ff. 550 Siehe auch Rn. 111. 551 Klein, BetrAV 4/2020, 316, 316. 552 Siehe auch Kap. 6 Rn. 148. Für eine Bewertung aus betriebswirtschaftlicher Sicht siehe Kap. 5. 553 Siehe auch Kap. 2 Rn. 130 und Kap. 3 Rn. 7. 554 Siehe auch Kap. 2 Rn. 113 ff. 555 Siehe auch Kap. 8 Rn. 260 ff.

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Gegen eine mögliche Insolvenz des Versicherers besteht aber ein eigenes Insolvenzsicherungssystem, gemäß §§ 221 ff. VAG.556

1. Definition Eine Direktversicherungszusage liegt nach § 1b Abs. 2 BetrAVG vor, wenn der Ar- 374 beitgeber als Versicherungsnehmer eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers als Versicherte Person abschließt, aus der der Arbeitnehmer und/ oder seine Hinterbliebenen ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind. Eine Lebensversicherung i.S.d. § 1b Abs. 2 BetrAVG liegt gemäß §§ 150 ff. VVG vor, wenn der Versicherungsfall das biometrische Risiko in Bezug auf die Dauer des menschlichen Lebens abdeckt (sog. Langlebigkeitsrisiko). Dieses Risiko kann, je nach Vertragsinhalt, der Tod (Todesfallversicherung) oder aber das Erleben eines bestimmten Zeitpunktes (Erlebensversicherung) der versicherten Person sein.557 Mit Blick auf die aufsichtsrechtlichen und versicherungsvertraglichen Besonderheiten der Direktversicherung wird auf die Ausführungen in dem entsprechenden Kapitel verwiesen.558 Fettnapf 3 Die in der Praxis von Lebensversicherern oftmals betriebenen und aufsichtsrechtlich zulässigen Kapitalisierungsgeschäfte können also keine Direktversicherungen gem. § 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG sein, da sie wegen der fehlenden Risikoübernahme keine Versicherungsverträge nach dem VVG sind. Unschädlich ist es hingegen, dass bei kapitalbildenden, kombinierten Lebensversicherungen neben der Risikoübernahme auch eine Sparkomponente enthalten ist.559

Direktversicherungszusagen können mit allen Zusagearten nach dem BetrAVG 375 umgesetzt werden. In der Regel werden sie als beitragsorientierte Zusagen560 erteilt.

2. Beteiligte Personen und Rechtsverhältnisse Bei einer Direktversicherungszusage handelt es sich um eine mittelbare, versiche- 376 rungsförmige Zusage.561 Der Arbeitgeber bedient sich zur Durchführung seines Versorgungsversprechens eines Lebensversicherers. Neben das für jede bAV erforderliche Valutaverhältnis tritt somit durch den Abschluss eines Lebensversicherungsvertrags ein Deckungsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Versicherer sowie

_____ 556 Kap. 6 Rn. 43 ff. sowie hierzu ausführlich Grote/Ulbrich, BetrAV 3/2016, 186, 190. 557 MüKo-VVG/Heiss/Mönnich, Vorb. zu §§ 150 bis 171, Rn. 1. 558 Kap. 6 Rn. 50 ff. und Rn. 148 ff. 559 MüKo-VVG/Heiss/Mönnich, Vorb. zu §§ 150 bis 171, Rn. 3. 560 Siehe zum Begriff Rn. 467. 561 Siehe auch Rn. 344 ff.

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ein Leistungsverhältnis zwischen Versicherer und Versorgungsberechtigtem. Es besteht also das für mittelbare Zusagen typische rechtliche Dreiecksverhältnis.562

a) Arbeitgeber als Versicherungsnehmer aa) Grundsatz 377 Versicherungsnehmer einer Direktversicherung muss gemäß § 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG der Arbeitgeber sein. Er ist somit auch Schuldner der Versicherungsprämien im Deckungsverhältnis. Das gilt auch dann, wenn es sich um eine durch Entgeltumwandlung oder durch Eigenbeiträge gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 BetrAVG finanzierte Zusage handelt, wenn also die Beiträge wirtschaftlich vom Arbeitnehmer zu tragen sind. Das Bestehen eines Versicherungsvertrags im Deckungsverhältnis ist grundsätz378 lich unabhängig vom Vorliegen eines Versorgungsversprechens im arbeitsrechtlichen Valutaverhältnis. Fehlt letztgenanntes, fällt es später weg oder ist es fehlerhaft, hat das auf die Wirksamkeit des Versicherungsvertrags grundsätzlich keinen Einfluss. Der Abschluss des Versicherungsvertrages muss nicht zwingend zeitgleich mit der Erteilung der Zusage erfolgen. Spätestens bei Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Unternehmen oder bei Eintritt eines Sicherungsfalles gemäß §§ 7 ff. BetrAVG muss er allerdings erfolgt sein.563 3 Fettnapf Die Versicherungsnehmereigenschaft des Arbeitgebers ist für das Vorliegen einer Direktversicherung grundsätzlich konstitutiv. Schließt er – wie in der Praxis gelegentlich anzutreffen – zugunsten seiner Arbeitnehmer einen Gruppenversicherungsvertrag ab, ohne Versicherungsnehmer zu werden, um den Arbeitnehmern damit günstige Konditionen für den Abschluss eigener Versicherungsverträge zu verschaffen (sog. Belegschaftsgeschäft), handelt es sich nicht um eine Direktversicherung – selbst dann, wenn der Arbeitgeber einen Zuschuss zu den Versicherungsbeiträgen gewährt.564 Denn der Arbeitgeber ist in diesen Fällen nicht Versicherungsnehmer der abgeschlossenen Versicherungsverträge.565

bb) Versicherungsvertragliche Rechte des Arbeitgebers 379 Als Versicherungsnehmer hat der Arbeitgeber die ihm vertraglich und nach dem VVG eingeräumten Rechte am Versicherungsvertrag. Da Deckungsverhältnis und arbeitsrechtliches Grundverhältnis im Rahmen einer mittelbaren Zusage grundsätz-

_____ 562 Siehe Rn. 345. 563 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1b, Rn. 187. 564 Zweifelnd insoweit Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 3 Rn. 23. 565 BAG, Urt. v. 10.3.1992 – 3 AZR 153/91 – NZA 1993, 25.

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lich unabhängig voneinander bestehen,566 ändert eine Verfügung des Arbeitgebers über den Versicherungsvertrag nichts an seiner arbeitsrechtlichen Verschaffungsverpflichtung aus der Zusage, § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG.567 Kündigung und Verfügungen über den Versicherungsvertrag Als Versicherungsnehmer hat der Arbeitgeber bspw. das Recht, den Versicherungs- 380 vertrag gemäß § 168 VVG zu kündigen. Möchte hingegen der Arbeitnehmer die Direktversicherung vorzeitig beenden, bspw. um sich den Rückkaufswert auszahlen zu lassen, muss er den Arbeitgeber darum bitten. Ein arbeitsrechtlicher Anspruch auf Vornahme einer Kündigung gegen den Arbeitgeber besteht aber grundsätzlich nicht. Das gilt auch im Falle einer Entgeltumwandlung.568 Auch eine Abtretung des Bezugsrechts aus dem Versicherungsvertrag gemäß 381 § 398 BGB an einen Dritten sowie dessen Verpfändung gemäß § 1275 BGB oder eine Beleihung569 beim Versicherer sind dem Arbeitgeber als Versicherungsnehmer grundsätzlich möglich. Daran ändert auch das Bezugsrecht des Arbeitnehmers nichts, solange es lediglich widerruflich ist.570 Ist es hingegen unwiderruflich, benötigt der Arbeitgeber für die genannten Verfügungen die Zustimmung des Arbeitnehmers. Das gilt auch im Fall eines eingeschränkt unwiderruflichen Bezugsrechts.571 Schutzvorschriften Für den Fall der Entgeltumwandlung sind die vorgenannten Verfügungen des Ar- 382 beitgebers über den Versicherungsvertrag allerdings arbeitsrechtlich untersagt, um den Arbeitnehmer zu schützen, § 1b Abs. 5 Nr. 3 BetrAVG. Das gilt (unabhängig von der Finanzierungsart) auch im Rahmen einer reinen Beitragszusage, da § 22 Abs. 1 BetrAVG dem Arbeitnehmer einen eigenen Anspruch gegen die Versorgungseinrichtung einräumt, so dass sein Bezugsrecht unwiderruflich sein muss, was eine Verwertung durch den Arbeitgeber ausschließt.572 Sollte der Arbeitgeber im Rahmen einer arbeitgeberfinanzierten Zusage Ansprü- 383 che aus dem Versicherungsvertrag wirksam abgetreten oder beliehen haben, so

_____ 566 Siehe Rn. 346 (Praxistipp). 567 BAG, Urt. v. 19.4.2011 – 3 AZR 267/09 – NZA-RR 2012, 92, siehe zu § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG auch Rn. 683. 568 BAG, Urt. v. 26.4.2018 – 3 AZR 586/16 – BAGE 162, 354 = NJW 2018, 2346; Rn. 768; siehe auch Ulbrich/Britz, DB 2015, 247, 249. 569 Eine Beleihung ist die schuldrechtliche Erbringung einer Teilleistung aus dem Versicherungsvertrag, die in der Praxis auch „Policendarlehen“ genannt wird. Sie schließt die Verpfändung des Bezugsrechts in Höhe der Vorschussleistung an das Versicherungsunternehmen ein, siehe: Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1b, Rn. 236 m.w.N. 570 Langheid/Rixecker/Grote, § 159 Rn. 23; siehe zum Thema Bezugsrecht auch Rn. 386 ff. 571 Langheid/Rixecker/Grote, § 159 Rn. 29. 572 Siehe Rn. 391 ff.

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muss er den Arbeitnehmer spätestens bei Eintritt des Versicherungsfalls so stellen, als ob dies nicht erfolgt sei, § 1b Abs. 2 S. 3 BetrAVG.573 Er muss also die Verfügungen spätestens zu diesem Zeitpunkt rückgängig machen. Verletzt er diese arbeitsrechtliche Pflicht, so kann neben den Verschaffungsanspruch des Arbeitnehmers gemäß § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG u.U. ein Anspruch auf Schadenersatz gemäß §§ 280 ff. BGB treten. Die Verpflichtung gemäß § 1b Abs. 2 S. 3 BetrAVG hat jedoch keine Auswirkung auf die versicherungsvertragliche Wirksamkeit der Verfügungen. 3 Praxistipp § 1b Abs. 2 S. 3 BetrAVG gilt nach seinem Wortlaut nur gegenüber vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmern. Er wird aber erweiternd ebenso auf die bis zum Eintritt des Versicherungsfalls betriebstreuen Arbeitnehmer angewendet.574

cc) Ausnahme: Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer 384 Ausnahmsweise ist es im Rahmen einer Direktversicherung auch zulässig, dass der

Arbeitnehmer Versicherungsnehmer wird, nämlich dann, wenn er nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis unter Anwendung der versicherungsförmigen Lösung des § 2 Abs. 2 S. 2 BetrAVG den Vertrag privat fortführt.575 Dann gelten die auf Basis der privaten Beiträge entstehenden Ansprüche nicht mehr als bAV. Der bAV-Charakter der während des Arbeitsverhältnisses erworbenen Anwartschaften geht hingegen dadurch nicht verloren, wie sich aus der am 24.6.2020 in Kraft getretenen Fassung des § 2 Abs. 2 S. 3 BetrAVG ergibt.576 Die Anwartschaften und Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag sind dann also teilweise als bAV und teilweise als private Versicherung zu betrachten.

b) Arbeitnehmer als Versicherte Person und Bezugsrecht aa) Versicherte Person 385 § 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG verlangt für das Vorliegen einer Direktversicherung, dass der Arbeitnehmer Versicherte Person des Versicherungsvertrags ist. Ein Ver-

_____ 573 Zwar ist die Verpfändung im Wortlaut des § 1b Abs. 2 S. 3 BetrAVG nicht genannt, es wird jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass diese von der Vorschrift ebenso erfasst ist, siehe bspw. Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 1b, Rn. 358 m.w.N. 574 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 3, Rn. 31. 575 Siehe dazu Kap. 8 Rn. 70 (Praxistipp). 576 Siebtes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 12.6.2020, BGBl. I 2020, 1248. Siehe dazu Ulbrich, BetrAVG 2020, S. 99 ff. Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 2, Rn. 235, Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 2, Rn. 220, a.A. wohl BAG, Urt. v. 19.5.2016, 3 AZR 794/14 – BAGE 155, 125 = NJOZ 2018, 1026.

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sicherungsvertrag, bei dem lediglich ein Hinterbliebener des Arbeitnehmers Versicherte Person ist, kann keine Direktversicherung i.S.d. § 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG sein.577

bb) Bezugsrecht Eine Direktversicherung setzt weiterhin voraus, dass der Arbeitnehmer und/oder 386 ggf. seine Hinterbliebenen Bezugsberechtigte des Versicherungsvertrags sind. Dabei muss das Bezugsrecht versicherungsvertraglich nach § 159 VVG tatsächlich eingeräumt sein. Eine lediglich arbeitsrechtliche Absprache im Valutaverhältnis reicht dafür nicht aus.578 Grundsatz579 Als Bezugsberechtigter erhält der Versorgungsberechtigte im sog. Leistungsverhält- 387 nis (auch Zuwendungsverhältnis) einen eigenen Rechtsanspruch auf die Leistungen aus dem Versicherungsvertrag gegen den Versicherer. Deswegen handelt es sich bei einer Direktversicherung um einen Vertrag zugunsten Dritter gemäß § 328 Abs. 1 BGB.580 Praxistipp 3 Wegen des fehlenden Bezugsrechts für den Arbeitnehmer kann es sich bei den in der Praxis häufig anzutreffenden Rückdeckungsversicherungen nicht um Direktversicherungen gemäß § 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG handeln. Denn hier liegt das Bezugsrecht stets beim Arbeitgeber.581

Das Bezugsrecht erstreckt sich grundsätzlich auf alle Leistungen aus dem Versiche- 388 rungsvertrag. Etwas Anderes gilt nur, soweit eine zulässige Einschränkung des Bezugsrechts auf Teile der Versicherungsleistung erfolgt.582 Besteht das Bezugsrecht aber – wie in der Praxis regelmäßig – ohne Einschränkung, umfasst es nicht nur die Ablaufleistung, sondern auch den Rückkaufswert des Versicherungsvertrags im Falle einer vorzeitigen Kündigung.583 Ist eine Überschussbeteiligung verabredet, ist grundsätzlich auch der Anspruch auf mögliche Überschussanteile vom Bezugsrecht erfasst, beim widerruflichen Bezugsrecht soll das allerdings nur dann der Fall sein,

_____ 577 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1b Rn. 183; a.A. Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 3 Rn. 22. 578 OLG Hamm, Urt. v. 15.11.1990 – 27 U 66/90 – BeckRS 1990, 31364042. 579 Siehe dazu auch Kap. 6 Rn. 159 ff. 580 BAG, Urt. v. 31.7.2007 – 3 AZR 446/05 – NZA-RR 2008, 32. 581 Siehe Rn. 370 sowie Kap. 6 Rn. 341 ff. 582 Siehe bspw. Rn. 395. 583 BGH, Urt. v. 18.6.2003 – IV ZR 59/02 – NJW 2003, 2679.

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wenn die Überschüsse im Versicherungsfall als Teil der Versicherungssumme ausbezahlt werden.584 Widerrufliches Bezugsrecht585 389 Das Bezugsrecht des Versorgungsberechtigten kann grundsätzlich widerruflich oder unwiderruflich ausgestaltet sein. Wird keine Regelung getroffen, so geht § 159 Abs. 1 VVG vom Normalfall einer Widerruflichkeit aus. Dann erwirbt der Bezugsberechtigte das Recht auf die Versicherungsleistung gemäß § 159 Abs. 2 VVG unwiderruflich erst mit Eintritt des Versicherungsfalls. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber ein widerrufliches Bezugsrecht versicherungsvertraglich jederzeit widerrufen. Davon zu trennen ist die Frage, ob ihm das im Valutaverhältnis arbeitsrechtlich erlaubt ist. Ist das nicht der Fall, besteht seine Verschaffungspflicht aus § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG fort und er kann sich durch den Widerruf u.a. schadensersatzpflichtig machen.586 Gesetzlich untersagt ist dem Arbeitgeber der Widerruf des Bezugsrechts wegen 390 Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn zu diesem Zeitpunkt die gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen bereits erfüllt sind, § 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG.587 Ein Widerruf aus anderen Gründen hingegen ist von der Vorschrift nicht erfasst. Dieses Verbot wirkt lediglich im arbeitsrechtlichen Valutaverhältnis und nicht im versicherungsvertraglichen Deckungsverhältnis zum Versicherer.588 Unwiderrufliches Bezugsrecht589 391 Wird dem Versorgungsberechtigten ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt, erwirbt er das Recht auf die Versicherungsleistung gemäß § 159 Abs. 3 VVG bereits mit der Einräumung. Da die Unwiderruflichkeit auch eine dingliche Wirkung hat,590 können Verfügungen des Arbeitgebers über das unwiderrufliche Bezugsrecht nur mit Zustimmung des Versorgungsberechtigten erfolgen. Letztgenannter hingegen kann das Bezugsrecht bereits vor Eintritt des Versorgungsfalls einseitig wirtschaftlich verwerten. In der Regel ist dies aber in der Versorgungszusage ausgeschlossen, um die Verwendung der Versicherungsleistung für die bAV nicht zu gefährden. Sollte die Zusage steuerlich nach § 40b EStG behandelt werden, ist eine

_____ 584 Zu den Details siehe: MüKo-VVG/Heiss/Mönnich, § 159, Rn. 66 m.w.N. 585 Siehe dazu auch Kap. 6 Rn. 160 ff. 586 Siehe bspw. BAG, Urt. v. 15.6.2010 – 3 AZR 334/06 – BAGE 134, 372 = NZA-RR 2011, 260. 587 Dabei handelt es sich um eine schuldrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers und nicht um ein gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB, BAG, Urt. v. 26.5.2009 – 3 AZR 816/07 – NZA-RR 2010, 95. Ein Verstoß dagegen führt also nicht zu einer Nichtigkeit des Widerrufs. Die Verschaffungspflicht des Arbeitgebers aus der Zusage gem § 1 Abs. 1 Abs. 3 BetrAVG hingegen bleibt bestehen. 588 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 1b, Rn. 342. 589 Siehe dazu auch Kap. 6 Rn. 160 ff. 590 BGH, Urt. v. 19.6.1996 – IV ZR 243/95 – NJW 1996, 2731.

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solche Vereinbarung sogar vorgeschrieben.591 Im Rahmen der reinen Beitragszusage besteht ein gesetzliches Verwertungsverbot für den Versorgungsberechtigten, § 22 Abs. 4 S. 1 BetrAVG. In der Zusage kann die Verschaffung eines sofortigen unwiderruflichen Be- 392 zugsrechts für den Versorgungsberechtigten vereinbart werden. Gemäß § 1b Abs. 5 S. 2 BetrAVG ist das bei einer Entgeltumwandlung und gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 BetrAVG im Rahmen einer reinen Beitragszusage gesetzlich vorgeschrieben. Des Weiteren ist die Unwiderruflichkeit des Bezugsrechts spätestens nach drei Monaten seit dem vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers beim Arbeitgeber eine Voraussetzung für die Anwendung der versicherungsförmigen Lösung, § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BetrAVG.592 Eingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht593 In der Praxis verbreitet ist das sog. eingeschränkt unwiderrufliche Bezugsrecht. Hier 393 wird die Einräumung der Unwiderruflichkeit mit der Bedingung verknüpft, dass der Versorgungsberechtigte nicht vor Eintritt des Versicherungsfalls vorzeitig aus dem Unternehmen ausscheidet, es sei denn, seine Anwartschaften sind zu diesem Zeitpunkt bereits gesetzlich unverfallbar. Die letztgenannte Einschränkung ist vom BetrAVG vorgegeben: Nach § 1b Abs. 2 S. 2 BetrAVG sind Vereinbarungen zum Bezugsrecht unwirksam, wenn sie die Unwiderruflichkeit auflösend bedingt an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses knüpfen und die gesetzlichen Unverfallbarkeitsvorschriften bereits erfüllt sind. Diese Bestimmung ist ein gesetzliches Verbot, mit der Folge, dass eine dagegen verstoßende Klausel gemäß § 134 BGB nichtig ist.594 Im Unterschied zu § 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG wirkt § 1b Abs. 2 S. 2 BetrAVG auch versicherungsvertraglich im Leistungsverhältnis (auch Zuwendungsverhältnis genannt) zwischen Versorgungsberechtigtem und Versicherer. Mit Blick auf die insolvenzrechtlichen Besonderheiten des eingeschränkt un- 394 widerruflichen Bezugsrechts sowie auf die Besonderheiten im Falle einer Versorgung von GGF wird auf die betreffenden Ausführungen verwiesen.595 Praxistipp 3 Für Anwartschaften aus einer Entgeltumwandlung wird dem Versorgungsberechtigten in der Praxis in der Regel ein sofortiges uneingeschränktes unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt, schon deswegen, weil § 1b Abs. 5 S. 2 BetrAVG dies verlangt. Im Bereich der arbeitgeberfinanzierten Versorgung findet sich hingegen oftmals das eingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht. Denn wür-

_____ 591 Siehe zur Pauschalbesteuerung gem. § 40b EStG grundlegend Kap. 2 Rn. 146 ff. 592 Siehe dazu im Detail Kap. 8 Rn. 70 ff. 593 Siehe dazu auch Kap. 6 Rn. 165 ff. 594 Allerdings führt das nicht zur Gesamtnichtigkeit der Zusage, siehe auch Rn. 44, 320 sowie Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1b, Rn. 230. 595 Siehe Kap. 6 Rn. 166 ff und Kap. 8 Rn. 365 ff.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

de das Bezugsrecht hier von Beginn an uneingeschränkt unwiderruflich gewährt, könnte es zu Schwierigkeiten führen, wenn der Berechtigte vor Erreichen der gesetzlichen (oder ggf. vertraglich vereinbarten) Unverfallbarkeitsfristen wieder ausscheidet.

Gespaltenes Bezugsrecht 395 § 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG verlangt nicht, dass sich das Bezugsrecht des Versorgungsbe-

rechtigten auf die volle Höhe der Versicherungsleistung bezieht. Es finden sich in der Praxis gelegentlich Gestaltungen, nach denen dem Arbeitnehmer nur die garantierte Versicherungsleistung und dem Arbeitgeber sämtliche darüber hinaus auszuzahlenden Leistungen zustehen sollen.596 Enthält die Zusage hingegen keine besondere Vereinbarung so ist davon auszugehen, dass die Versicherungsleistungen grundsätzlich in vollem Umfang dem bezugsberechtigten Begünstigten zustehen.597 In der Praxis sind gespaltene Bezugsrechte nicht häufig zu finden. Sie müssen 396 sich stets im Rahmen der allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätze, insbesondere ggf. der §§ 305 ff. BGB, bewegen. Zudem sind sie nicht zulässig in einer Beitragszusage mit Mindestleistung, § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG sowie einer reinen Beitragszusage, § 22 Abs. 1 S. 1 BetrAVG.598 Auch im Rahmen einer Entgeltumwandlung müssen die Überschüsse in voller Höhe zur Leistungserhöhung zugunsten des Versorgungsberechtigten verwendet werden, § 1b Abs. 5 Nr. 1 BetrAVG, § 16 Abs. 5 BetrAVG.

3. Ausgestaltung von Direktversicherungszusagen 397 Ebenso wie in den anderen versicherungsförmigen Durchführungswegen wird in Di-

rektversicherungszusagen in der Praxis regelmäßig auf den Inhalt des Versicherungsvertrags Bezug genommen. Dann bestimmen sich Inhalt und Umfang der arbeitsrechtlichen Verpflichtung gegenüber dem Versorgungsberechtigten nach dem Versicherungsvertrag.599 Die Legaldefinition des § 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG enthält kaum Vorgaben für die inhaltliche Ausgestaltung des erforderlichen Lebensversicherungsvertrags. Der Gesetzgeber verzichtete bewusst darauf zu präzisieren, welchen Inhalt ein Direktversicherungsvertrag haben muss.600 Somit eignen sich grundsätzlich sämtliche Lebensversicherungsverträge als Direktversicherung. Mit Blick auf deren konkrete Ausgestaltung in der Praxis kann zunächst auf die entsprechenden Ausführungen und Beispiele zu den einzelnen biometrischen Risiken Bezug genommen werden.601

_____ 596 Diese Gestaltungen sind grundsätzlich zulässig: BAG, Urt. v. 16.2.2010 – 3 AZR 479/08 – NJW 1996, 2731. 597 BAG, Urt. v. 16.2.2010 – 3 AZR 479/08 – NJW 1996, 2731. 598 Siehe Rn. 500 ff., 523 ff. 599 Siehe Rn. 347. 600 BT-Drucks. 16/3945, S. 56; Beckmann/Matusche-Beckmann/Brömmelmeyer, § 42, Rn. 3. 601 Siehe Rn. 97 ff., 112 ff., 119, 147 ff., 167 ff., 172, 194 ff., 203 ff., 206.

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a) Leistungsarten und Leistungsformen Mit Blick auf § 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG ist es für das Vorliegen einer Direktversiche- 398 rung lediglich erforderlich, dass der Lebensversicherungsvertrag „für die betriebliche Altersversorgung“ abgeschlossen wird. Für die Leistungsarten folgt daraus, dass ausschließlich in § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG genannte biometrische Risiken abgedeckt werden dürfen. Somit kommen bspw. in Betracht: ■ kapitalbildende Lebensversicherungen: Hier tritt der Versicherungsfall ein, wenn die Versicherte Person (Versorgungsberechtigter) ein bestimmtes Alter erreicht, also den vereinbarten Ablauftermin erlebt oder vor diesem Termin stirbt. Todes- und Erlebensfallsumme brauchen dabei nicht identisch zu sein. ■ Risikolebensversicherungen: Hier tritt der Versicherungsfall ein, wenn die Versicherte Person (Versorgungsberechtigter) während der Versicherungsdauer stirbt. Weiterhin herrscht Freiheit mit Blick auf die Leistungsform, der Lebensversiche- 399 rung, bspw. als: ■ Kapitalversicherung: Sowohl eine kapitalbildende als auch eine Risikolebensversicherung können auf die Auszahlung eines Kapitals gerichtet sein. ■ Rentenversicherung: Sowohl eine kapitalbildende als auch eine Risikolebensversicherung können auf die Auszahlung einer lebenslangen Rente gerichtet sein.

b) Ermittlung der Leistungshöhe Auch die Prinzipien, nach denen sich Leistungshöhe ermittelt, sind von § 1b Abs. 2 400 S. 1 BetrAVG nicht vorgegeben. Hier finden sich in der Praxis bspw.:602 ■ klassische Lebensversicherungen:603 Hier wird die Höhe der Versicherungsleistung als Summe der eingezahlten Sparbeiträge zzgl. einer Mindestverzinsung garantiert, die sich am Höchstrechnungszins gemäß § 2 DeckRVO ausrichtet.604 Hinzu kommen in der Regel nicht garantierte Überschüsse. ■ neue Varianten der klassischen Lebensversicherungen: Hier wird das Konzept der klassischen Lebensversicherung verändert – so kann bspw. der Garantiezins hinter dem Höchstrechnungszins zurückbleiben und/oder eine Garantie nur befristet oder unterhalb der Summe der Beiträge ausgesprochen werden. Hinzu kommen in der Regel nicht garantierte Überschüsse.

_____ 602 Siehe auch die Ausführungen zu den einzelnen biometrischen Risiken sowie ausführlich auch Kap. 6 Rn. 175 ff, 183 f. 603 Das herkömmliche Konzept der klassischen Lebensversicherung wird vor dem Hintergrund der seit Jahren anhaltende Niedrigzinsphase mehr und mehr von alternativen Gestaltungen verdrängt, siehe auch Ulbrich/Grote/Britz, BB 2015, S. 2677, S. 2677 f. 604 Siehe dazu vertiefend Kap. 6 Rn. 176 f.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

fondsgebundene Lebensversicherungen:605 Hier richtet sich die Leistungshöhe in erster Linie nach der Entwicklung eines Investmentfonds. Die Leistungshöhe ist in der Regel entweder gar nicht oder nur in Höhe einer Mindestleistung (bspw. die Summe der Beiträge) oder nur endfällig garantiert. weitere alternative Konzepte:606 Aktuell sind in der Praxis weitere Konzepte zur Erzeugung der Leistung, insbesondere von Leistungsgarantien in Lebensversicherungen zu beobachten. Sog. variable Annuitäten erzeugen ihre – rein endfälligen – Garantien607 ausschließlich durch Hedgingprozesse. Sog. CPPI-Modelle (Constant Proportion Portfolio Insurance) erreichen ihre Garantie durch ständige Verschiebungen zwischen riskanten und risikolosen Anlagen, können diese aber zu jedem Zeitpunkt des Vertrags darstellen. Als „Zweitopf- oder Dreitopf-Modelle“ konstruierte „Index-Linked-Hybride“ stellen ihre Garantie durch eine konventionelle Anlage sicher und bieten darüber hinaus die zusätzliche Chance, an einer positiven Entwicklung der Kapitalmärkte zu partizipieren. Produkte zur Umsetzung der reinen Beitragszusage: Auch Lebensversicherungsverträge, die zur Umsetzung der reinen Beitragszusage abgeschlossen werden, die also gemäß § 22 Abs. 1 S. 2 BetrAVG keine Garantie der Versorgungsleistung enthalten, 608 können Direktversicherungen sein. Allerdings müssen insoweit die Vorgaben der §§ 244 ff. VAG in Verbindung mit §§ 33 ff. PFAV beachtet werden.609

3 Praxistipp Grundsätzlich sind Versicherungsverträge, die keine Garantien bzgl. der Höhe der Versicherungsleistung oder nur Garantien unterhalb der Summe der gezahlten Beiträge (Beitragserhalt) gewähren auch außerhalb der reinen Beitragszusage als Direktversicherungen i.S.d. § 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG anzuerkennen.610 Ob diese Produkte auch die sonstigen Anforderungen des BetrAVG erfüllen, wird bei den Betrachtungen zu den Zusagearten diskutiert.611

c) Weitere Ausgestaltung 401 Auch im Übrigen besteht im Rahmen des § 1b Abs. 2 BetrAVG grundsätzliche Frei-

heit der Ausgestaltung des Versicherungsvertrags, so bspw. bzgl.:

_____ 605 Siehe dazu vertiefend Kap. 6 Rn. 180 f. 606 Siehe dazu auch Kap. 6 Rn. 182. 607 Zum Begriff siehe auch Kap. 6 Rn. 184. 608 Siehe Rn. 539 f. 609 Siehe Rn. 541. 610 Siehe auch Kap. 6 Rn. 179 f.; A. A. wohl Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 3, Rn. 25. 611 Siehe Rn. 490 ff., 508 ff.

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der Beitragszahlungsart und -dauer: Hier kommen bspw. Einmal- oder Jahresbeiträge in Betracht (wenngleich dies steuerrechtliche Auswirkungen haben kann).612 der Vereinbarung von Gruppen- oder Einzelkonditionen:613 In der Regel sollten aber – sofern aufsichtsrechtlich zulässig – in der bAV Gruppenkonditionen vereinbart werden, da diese kostengünstiger sind und somit die Effizienz der bAV erhöhen. der Vertragsdauer (wenngleich dies ebenfalls steuerrechtliche Auswirkungen haben kann).614 der Dauer einer ggf. vereinbarten Rentenzahlung.615 der Vereinbarung eines (bestimmten) Überschussbeteiligungssystems:616 Obgleich gemäß § 153 Abs. 1 VVG grundsätzlich möglich, sind in der Praxis Versicherungsverträge ohne Überschussbeteiligung selten. Werden Überschüsse gewährt, so bestimmt sich die Überschussermittlung nach § 153 Abs. 2 S. 1 VVG.617 Zur Art der Überschussverwendung macht § 1b Abs. 2 BetrAVG ebenfalls keine Vorgaben.618 Im Falle Entgeltumwandlung müssen jedoch sämtliche gewährten Überschüsse zur Verbesserung der Leistung verwendet werden, §§ 1b Abs. 5 Nr. 1, § 16 Abs. 5 BetrAVG.619 Im Falle einer Beitragszusage mit Mindestleistung müssen die „Erträge“ aus den gezahlten Beiträgen dem Versorgungsberechtigten zugutekommen, § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG.

d) Abgrenzung zu anderen Versicherungsverträgen Die in § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG genannten biometrischen Risiken Alter und Tod 402 können mit einer Lebensversicherung gemäß §§ 150 ff. VVG abgedeckt werden. Insbesondere mit Blick auf das Risiko der Invalidität stellt sich in der Praxis aber die Frage, ob und wenn ja inwieweit trotz des eindeutigen Wortlauts des § 1b Abs. 2 Satz 1 BetrAVG neben Lebensversicherungsverträgen auch weitere Versicherungsvertragsarten als Direktversicherungen betrachtet werden können.

_____ 612 Siehe Kap. 2 Rn. 166. 613 Siehe Kap. 6 Rn. 309. 614 Siehe Kap. 2 Rn. 166. 615 Siehe Rn. 214. 616 Siehe dazu ausführlich Kap. 6 Rn. 248 ff. 617 Siehe Kap. 6 Rn. 248 ff. 618 Siehe zu den Möglichkeiten einer Überschussverwendung Kap. 6 Rn. 254. 619 Im Rahmen einer reinen Beitragszusage sind diese Vorschriften allerdings wegen § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG nicht anwendbar – siehe Rn. 543.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

aa) Zusatzversicherungen 403 Ein Lebensversicherungsvertrag kann als Hauptvertrag mit einem anderen Versi-

cherungsvertrag (Zusatzversicherung) so verbunden werden, dass dieser mit ihm eine rechtliche Einheit bildet. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn die Zusatzversicherung ohne die Hauptversicherung nicht fortgeführt werden könnte.620 Zusatzversicherungen können also in der Regel als ein Bestandteil der Lebensversicherung angesehen und somit ebenfalls als Direktversicherungen im Sinne des § 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG betrachtet werden.621 Allerdings gilt das nur, wenn die Zusatzversicherung ein biometrisches Risiko absichert, das in § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG genannt ist. Insoweit kommen in Betracht: ■ Berufsunfähigkeits-/Erwerbsunfähigkeitszusatzversicherungen gemäß §§ 172 ff. VVG: Diese spielen in der Praxis eine wichtige Rolle, da sie das Risiko der Invalidität absichern. Sie finden sich in der Praxis in Kombination mit kapitalbildenden Lebens- oder Rentenversicherungen. ■ Unfallversicherungen gemäß §§ 178 ff. VVG, soweit sie das Risiko des Todes oder der Invalidität absichern: Als sog. Unfallzusatzversicherungen erhöhen sie in der Praxis bei Unfalltod der Versicherten Person die Versicherungsleistung, in der Regel um die einfache bis doppelte Höhe der Todesfallleistung.622 ■ Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückzahlung, soweit sie das Risiko des Todes oder der Invalidität absichern: Hier wird der Unfallschutz mit einem Zahlungsanspruch zum vereinbarten Ablauftermin (Alter) oder im Todesfall kombiniert. Die Beiträge werden u.a. dazu genutzt, eine verbundene Kapitallebensversicherung (unabhängig von der Inanspruchnahme der Leistungen aus der Unfallversicherung) zu finanzieren. ■ Dread-Disease-Zusatzversicherungen, soweit sie das Risiko der Invalidität und/oder des Alters absichern:623 Wird die vertraglich festgelegte schwere Krankheit diagnostiziert, so erfolgt eine vorgezogene Auszahlung der vereinbarten Todesfallleistung aus der verbundenen Lebensversicherung als Hauptversicherung. ■ Grundfähigkeits-Zusatzversicherungen, soweit sie das Risiko der Invalidität und/oder des Alters absichern.624 ■ Pflegerenten-Zusatzversicherung, soweit sie das Risiko der Invalidität und/ oder des Alters absichern:625 Als Versicherungsleistung wird eine Befreiung von

_____ 620 Beckmann/Matusche-Beckmann/Brömmelmeyer, § 42, Rn. 13. 621 So bspw. für die Unfallzusatzversicherung: Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1b, Rn. 169 sowie darüber hinaus für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung: Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 3, Rn. 26 622 Beckmann/Matusche-Beckmann/Brömmelmeyer, § 42, Rn. 15. 623 Siehe dazu Rn. 157 f. 624 Siehe dazu Rn. 159 f. 625 Siehe dazu Rn. 152 ff.

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der Beitragszahlungspflicht für die Lebensversicherung (Hauptversicherung) sowie ggf. die Zahlung einer Pflegerente vereinbart.626

bb) Selbständige Versicherungen Besteht im Rahmen einer Zusage auf bAV ein selbständiger Versicherungsvertrag 404 und handelt es sich dabei nicht um eine Lebensversicherung gemäß §§ 150 ff. VVG, so wäre dieser nach dem Wortlaut des § 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG nicht als Direktversicherung zu betrachten. Aus historischer Sicht muss allerdings beachtet werden, dass § 7 Abs. 3 VAG in der zum Zeitpunkt der Verabschiedung des BetrAVG geltenden Fassung „Invaliditäts-, Alters-, Witwen-, Waisen-, Aussteuer- und Wehrdienstversicherungen“ ebenfalls als Lebensversicherungsverträgen beschrieb. Vom Begriff der „Lebensversicherung“ waren zu dieser Zeit also u.a. auch Verträge erfasst, die das Risiko der Invalidität abdecken.627 Aus teleologischer Sicht bestehen darüber hinaus keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass eine Zusage auf Invaliditätsleistung nicht über eine Direktversicherung durchgeführt werden können soll. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass selbständige Versicherungsverträge, 405 wenn und soweit sie das Risiko der Invalidität,628 versichern, ebenfalls als Direktversicherungen im Sinne des § 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG anzuerkennen sind. Das gilt insbesondere für: ■ selbständige Berufsunfähigkeits- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen:629 Hier kommt als systematisches Argument für eine Zulässigkeit als Direktversicherung noch hinzu, dass gemäß § 176 VVG auf diese Verträge die für Lebensversicherungen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind. ■ selbständige Dread-Disease-Versicherungen sowie Grundfähigkeits- und Pflegeversicherungen:630 Voraussetzung dafür ist, dass die Leistung (auch) vom Vorliegen einer Invalidität des Versorgungsberechtigten abhängt. Hingegen sind selbständige Unfallversicherungen i.S.d. §§ 178 ff. VVG nach die- 406 sen Maßstäben nicht als Direktversicherungen i.S.d. § 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG zu betrachten.631

_____ 626 Beckmann/Matusche-Beckmann/Brömmelmeyer, § 42, Rn. 13. 627 Ähnlich für den Fall der selbständigen Berufsunfähigkeitsversicherung: Blomeyer/Rolfs/Otto/ Rolfs, § 1b, Rn. 165. 628 Rn. 127 ff. 629 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Band I, Kap. 3, Rn. 26. 630 Rn. 157 f., 159 f, 152 ff. Mit Blick auf eine selbständige Dread-Disease-Versicherung ist allerdings nicht unumstritten, inwieweit sie aufsichtsrechtlich zulässig ist. Siehe Beckmann/Matusche-Beckmann/Brömmelmeyer, § 42 Rn. 17 m.w.N. 631 Ebenso Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1b, Rn. 168; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 2, Rn. 89.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

IV. Pensionskasse 407 Traditionell sind Pensionskassen wichtige Versorgungsträger der bAV in Deutsch-

land. 2017 waren 174,9 Mrd. € als Deckungsmittel für Pensionskassenzusagen vorhanden, was 27,7% der gesamten Deckungsmittel für die bAV ausmachte.632 Damit liegt dieser Durchführungsweg nach der Direktzusage an zweiter Stelle. Pensionskassen sind auf die Durchführung von bAV spezialisierte Lebensversi408 cherungsunternehmen. In der Praxis treten sie als sog. Wettbewerbspensionskassen,633 häufig als Tochterunternehmen von Lebensversicherungsunternehmen, oder als betriebliche Einrichtungen, sog. Firmenpensionskassen,634 in Erscheinung. Mit Blick auf die aufsichtsrechtlichen und versicherungsvertraglichen Besonderheiten der Pensionskasse wird auf die Ausführungen in dem entsprechenden Kapitel verwiesen.635 Eine Pensionskassenversorgung bietet Arbeitgebern und Arbeitnehmern grund409 sätzlich die gleichen Vorteile wie eine Direktversicherung.636 Für deregulierte Pensionskassen637 fallen keine Beiträge zum gesetzlichen Insolvenzschutz an, wenn sie Mitglied im Insolvenzsicherungssystem der Lebensversicherer gemäß §§ 221 ff. VAG638 oder als gemeinsame Einrichtung nach § 4 TVG organisiert sind. Regulierte Pensionskassen unterliegen teilweise besonderen Regelungen.639

1. Definition a) Arbeitsrechtliche Definition 410 Die Pensionskassen ist arbeitsrechtlich nur rudimentär geregelt. Gemäß § 1b

Abs. 3 S. 1 BetrAVG handelt es sich dabei um eine rechtsfähige Versorgungseinrichtung, über die eine bAV durchgeführt wird und die dem Arbeitnehmer oder seinen Hinterbliebenen auf ihre Leistungen einen eigenen Rechtsanspruch gewährt oder in Form einer gemeinsamen Einrichtung nach § 4 TVG organisiert sind.

_____ 632 Klein, BetrAV 4/2020, 316, 316. 633 Siehe Rn. 414. 634 Siehe Rn. 413. 635 Siehe Kap. 6 Rn. 84 ff. und Rn. 317 ff. 636 Siehe Rn. 373. 637 Siehe Rn. 414. 638 Siehe Kap. 6 Rn. 43 ff. sowie hierzu ausführlich Grote/Ulbrich, BetrAV 3/2016, 186, 190. 639 Siehe Rn. 413 f.

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C. Durchführungswege der bAV

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b) Aufsichtsrechtliche Definition Eine weit detailliertere Definition enthält das Aufsichtsrecht, § 232 VAG.640 Danach 411 handelt es sich bei einer Pensionskasse um ein rechtlich selbständiges Lebensversicherungsunternehmen, das: ■ nur Leistungen anbieten darf, deren Zweck darauf gerichtet ist, wegfallendes Erwerbseinkommen wegen Alters, Invalidität oder Todes abzusichern, ■ das Versicherungsgeschäft im Wege des Kapitaldeckungsverfahrens betreiben muss, ■ Leistungen grundsätzlich erst ab dem Zeitpunkt des Wegfalls des Erwerbseinkommens vorsehen darf; soweit das Erwerbseinkommen teilweise wegfällt, können anteilige Leistungen gezahlt werden, ■ Leistungen im Todesfall nur an Hinterbliebene erbringen darf, wobei für Dritte ein Sterbegeld begrenzt auf die Höhe der gewöhnlichen Bestattungskosten vereinbart werden kann, ■ der versicherten Person einen eigenen Anspruch auf Leistungen einräumen oder Leistungen als Rückdeckungsversicherung erbringen muss.

2. Rechtsfähige Versorgungseinrichtung Die Pensionskasse muss eine rechtsfähige Versorgungseinrichtung sein, § 1b 412 Abs. 3 BetrAVG, § 232 Abs. 1 VAG. Als Lebensversicherer kann sie in der Rechtsform einer AG, SE oder eines VVaG organisiert sein, § 234 i.V.m. § 8 Abs. 2 VAG. Pensionskassen lassen sich in regulierte und deregulierte Pensionskassen einteilen.641 Regulierte Pensionskassen müssen die Rechtsform eines VVaG haben, § 233 Abs. 1 Nr. 1 VAG. Deregulierte Pensionskassen sind oftmals als AG aber gelegentlich auch als VVaG organisiert.

a) Regulierte Pensionskassen Pensionskassen waren traditionell unternehmenseigene Versorgungsträger. Ähnlich 413 der unternehmenseigenen Unterstützungskasse versorgen diese Firmenpensionskassen grundsätzlich nur Arbeitnehmer des betreffenden Unternehmens (Trägerunternehmen). Sie sind in der Regel aufsichtsrechtlich reguliert, so dass für sie gemäß § 233 VAG gesonderte aufsichtsrechtliche Bestimmungen gelten.642 So dürfen sie bspw. gemäß § 232 Abs. 1 Nr. 1 d) VAG keine rechnungsmäßigen Abschlusskosten erheben und keine Vergütung für die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen gewähren, was tendenziell zu einer kostengünstigen Versorgung führt.

_____ 640 Siehe Kap. 6 Rn. 88 ff. 641 Zum versicherungsaufsichtsrechtlichen Hintergrund siehe Kap. 6 Rn. 98 ff. 642 Siehe Kap. 6 Rn. 104 ff.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

3 Praxistipp Ein weiterer Vorteil der regulierten Pensionskassen ist es, dass sie den für Lebensversicherungsunternehmen und sonstige Pensionskassen zu berücksichtigenden Höchstrechnungszins gemäß § 88 Abs. 3 VAG i.V.m. § 2 DeckRV nicht zwingend verwenden müssen und somit in der Regel höhere Garantieversprechen abgeben können. Allerdings müssen ihre Satzungen gemäß § 232 Abs. 1 Nr. 1 d) VAG zwingend Leistungskürzungsrechte enthalten (sog. Sanierungsklauseln).643 Diese werden – trotz der für versicherungsförmige Zusagen in der Regel vorliegenden typischen Bezugnahme der arbeitsrechtlichen Zusage auf den Versicherungsvertrag644 – ausnahmsweise nicht Inhalt des Valutaverhältnisses.645 Sollte also eine regulierte Pensionskasse von der Sanierungsklausel Gebrauch machen, so muss der Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG für das dadurch entstehende Defizit gegenüber dem Versorgungsberechtigten einstehen (soweit es sich nicht um eine reine Beitragszusage gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG handelt).

b) Deregulierte Pensionskassen 414 Im Gegensatz zu den Firmenpensionskassen bieten sog. Wettbewerbspensionskassen die Versorgung nicht nur für die Arbeitnehmer eines bestimmten Trägerunternehmens an, sondern stehen sämtlichen Arbeitgebern offen. Sie erschienen ab 2002 aufgrund der zunächst nur für Pensionskassen und Pensionsfonds vorgesehenen steuerlichen Förderung des § 3 Nr. 63 EStG auf dem Markt. Wettbewerbspensionskassen sind in der Regel deregulierte (auch nichtregulierte) Pensionskassen. Anders als für die regulierten Pensionskassen gelten für sie u.a. die Vorschriften der DeckRV zum Höchstzins, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

3. Beteiligte Personen und Rechtsverhältnisse 415 Ebenso wie im Fall einer Direktversicherungszusage handelt sich bei einer Pensi-

onskassenzusage um eine mittelbare, versicherungsförmige Zusage. Der Arbeitgeber bedient sich zur Durchführung seines Versorgungsversprechens der Pensionskasse. Es besteht somit das typische rechtliche Dreiecksverhältnis aus Valutaverhältnis, Deckungsverhältnis und Leistungsverhältnis.646 Darüber hinaus bestimmt sich auch hier – ebenso wie im Rahmen einer Di416 rektversicherungszusage – der Inhalt des Valutaverhältnisses (arbeitsrechtliches Grundverhältnis) in der Regel aufgrund einer Bezugnahme nach dem Inhalt des Versicherungsvertrags.647 Der Versicherungsvertrag mit einer Pensionskasse muss dem Versorgungsbe417 rechtigten und/oder seinen Hinterbliebenen einen Rechtsanspruch auf ihre Leis-

_____ 643 Siehe dazu Kap. 6 Rn. 111. 644 Siehe dazu Rn. 347. 645 BAG, Urt. v. 30.9.2014 – 3 AZR 617/12 – BAGE 149, 212 = NZA 2015, 544, siehe auch Rn. 691. 646 Siehe Rn. 345 f. 647 Siehe dazu Rn. 347.

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C. Durchführungswege der bAV

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tungen einräumen, § 1b Abs. 3 BetrAVG. Insoweit kann grundsätzlich auf die entsprechenden Ausführungen zur Direktversicherung verwiesen werden.648 Ist eine Pensionskasse als AG organisiert, werden der Arbeitgeber Versicherungsnehmer und der Versorgungsberechtigte Versicherte Person sowie er und/oder seine Hinterbliebenen Bezugsberechtigte. In einer als VVaG organisierten Pensionskasse, ist der Arbeitnehmer hinge- 418 gen zum einen Mitglied und zum anderen auch Versicherungsnehmer.649 Er ist dann also auch der versicherungsvertragliche Schuldner der Beiträge, wenngleich sich die Frage, wer die Beiträge wirtschaftlich erbringt, auch hier nach dem Inhalt der arbeitsrechtlichen Zusage richtet. Neben den auch in anderen Durchführungswegen verbreiteten Arbeitgeberfinanzierungen und Entgeltumwandlungen werden über als VVaG organisierte Pensionskassen oftmals auch Eigenbeitragszusagen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 BetrAVG durchgeführt. In einigen als VVaG organisierten Pensionskassen ist auch der Arbeitgeber Mitglied und Versicherungsnehmer. Sofern eine Pensionskasse Rückdeckungsversicherungsgeschäft gemäß § 232 419 Abs. 1 Nr. 4 VAG betreibt, ist der Arbeitgeber hingegen stets Versicherungsnehmer. Des Weiteren ist der Versicherer in diesen Fällen zwar aufsichtsrechtlich als Pensionskasse zu betrachten, nicht jedoch arbeitsrechtlich. Denn dann fehlt es an dem gemäß § 1b Abs. 3 BetrAVG erforderlichen eigenen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers und/oder seiner Hinterbliebenen auf die Versicherungsleistung, da im Falle einer Rückdeckungsversicherung stets der Arbeitgeber Bezugsberechtigter ist.650

4. Ausgestaltung von Pensionskassenzusagen Eine Pensionskassenversorgung kann grundsätzlich mit allen nach dem BetrAVG 420 zulässigen Zusagearten umgesetzt werden. Aufgrund der regelmäßigen Verknüpfung zwischen Zusage und Versicherungsvertrag herrschen die beitragsorientierte Leistungszusagen und Beitragszusagen mit Mindestleistung in der Praxis vor. Mit Blick auf die konkrete Ausgestaltung von Pensionskassenversorgungen in der Praxis kann zunächst auf die entsprechenden Ausführungen und Beispiele zu den einzelnen biometrischen Risiken Bezug genommen werden.651 Im Übrigen ähneln Pensionskassenzusagen in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung grundsätzlich stark den Direktversicherungszusagen.652

_____ 648 Siehe Rn. 386 ff. 649 Siehe dazu Kap. 6 Rn. 326 ff. 650 Siehe Rn. 370 und Kap. 6 Rn. 341 ff. 651 Siehe Rn. 97 ff., 112 ff., 119, 147 ff., 167 ff., 172, 194 ff., 203 ff., 206. 652 Siehe Rn. 397.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

a) Leistungsarten und Leistungsformen 421 Mit Blick auf die abzusichernden biometrischen Risiken ergeben sich für eine Pensi-

onskassenzusage im Vergleich zu den anderen Durchführungswegen grundsätzlich keine Besonderheiten. Es ist ausreichend, wenn eines der in § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG genannten biometrischen Risiken (Alter, Invalidität, Tod) erfasst ist, § 232 Abs. 1 S. 1 VAG. Allerdings darf die Pensionskasse gemäß § 232 Abs. 1 Nr. 3 VAG Leistungen 422 grundsätzlich erst ab dem Zeitpunkt des Wegfalls des Erwerbseinkommens vorsehen; soweit das Erwerbseinkommen teilweise wegfällt, können auch anteilige Leistungen zugesagt werden. Dieses aufsichtsrechtliche Erfordernis wirft in der Praxis durchaus Schwierigkeiten auf, da es auf ein Ausscheidenserfordernis nicht nur bezüglich des konkreten Dienstverhältnisses, sondern bezüglich des Erwerbslebens hinausläuft. Ein solches Ausscheiden des Versorgungsberechtigten ist arbeitsrechtlich für das Vorliegen einer bAV aber nicht zwingend erforderlich.653 3 Praxistipp In der Praxis ist gelegentlich zu beobachten, dass § 232 Abs. 1 Nr. 3 VAG ignoriert wird. Der eindeutige Wortlaut der Vorschrift, sowie die Tatsache, dass sie auch durch die VAG-Novelle des Jahres 2018654 nicht angepasst wurde, spricht jedoch dafür, dass sie durchaus zu beachten ist.655 423 Des Weiteren regelt § 232 Abs. 1 Nr. 3 VAG, dass die Pensionskasse Leistungen im

Todesfall nur an Hinterbliebene erbringen darf. Der Begriff des „Hinterbliebenen“ ist nicht legaldefiniert. Die Praxis orientiert sich insoweit aus Praktikabilitätserwägungen in der Regel an dem steuerrechtlichen Hinterbliebenenbegriff, der auch aus arbeitsrechtlicher Sicht zulässig ist.656 Jenseits der Hinterbliebenenversorgung kann über eine Pensionskassenversorgung gemäß § 232 Abs. 1 Nr. 3 VAG ein Sterbegeld begrenzt auf die Höhe der gewöhnlichen Bestattungskosten vereinbart werden. Das steht grundsätzlich im Einklang mit dem für alle Durchführungswege geltenden Vererbungsverbot.657 Keine Einschränkungen im Vergleich zu anderen Durchführungswegen beste424 hen bezüglich der Leistungsformen einer Pensionskassenversorgung. In einem über eine Pensionskasse abgewickelten Versicherungsvertrag kann eine Rente (lebenslang oder temporär) mit oder ohne Kapitalwahlrecht oder eine Kapitalzahlung vereinbart werden.658

_____ 653 Siehe Rn. 90, 138 ff. 654 Artikel 2 des Gesetzes vom 19. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2672). 655 Kritisch dazu Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 3, Rn. 70 f. 656 Siehe Rn. 182 ff. sowie Kap. 2 Rn. 7 ff. 657 Siehe Rn. 230 ff. 658 Siehe Rn. 210 ff.

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C. Durchführungswege der bAV

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b) Weitere inhaltliche Ausgestaltung Für das Vorliegen einer Pensionskassenzusage ist der Abschluss eines Lebensver- 425 sicherungsvertrages erforderlich. Mit Blick auf dessen inhaltliche Ausgestaltung ergeben sich grundsätzlich keine Besonderheiten zum Durchführungsweg Direktversicherung. Deswegen kann insoweit auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen werden.659 Handelt es sich um eine regulierte Pensionskasse, sind allerdings deren Besonderheiten zu beachten.660 V. Pensionsfonds Der Pensionsfonds ist der jüngste der nach dem BetrAVG zulässigen Durchfüh- 426 rungswege. Er wurde durch das AVmG661 2002 geschaffen und soll gemeinsam mit der zeitgleich eingeführten Beitragszusage mit Mindestleistung die Arbeitnehmer stärker an den Chancen aber auch den Risiken des Kapitalmarktes teilhaben lassen.662 Lange Zeit wurden Pensionsfonds in Praxis im Wesentlichen für Auslagerungen von Pensionsverpflichtungen unter Anwendung des § 3 Nr. 66 EStG genutzt.663 In den letzten Jahren hat die Verbreitung von Pensionsfondsversorgungen aber zugenommen, so dass im Jahr 2017 ca. 44,7 Mrd. € an Deckungsmitteln für entsprechende Zusagen vorhanden waren, was 7,1% aller Deckungsmittel der bAV entspricht.664 Pensionsfondsversorgungen bieten Arbeitgebern und Arbeitnehmern grund- 427 sätzlich die gleichen Vorteile wie Direktversicherungszusagen.665 Hinzu kommt u.a., dass unter bestimmten Voraussetzungen Übertragungen von Direktzusagen und Unterstützungskassenversorgungen auf den Pensionsfonds gemäß § 3 Nr. 66 EStG steuerfrei erfolgen können.666 Durch die Möglichkeit, sowohl mit versicherungsförmigen als auch mit nicht-versicherungsförmigen Pensionsplänen zu arbeiten,667 bietet der Pensionsfonds im Vergleich zu Direktversicherung und Pensionskasse eine höhere Flexibilität der Zusagegestaltung. Vorteilhaft sind auch bestimmte gesetzliche Erleichterungen in der Kapitalanlage668 sowie dass Anwartschaften und Leistungen aus einer Pensionsfondszusage zwar von der gesetzlichen Insolvenzsicherung gem. §§ 7 ff. BetrAVG erfasst sind, dafür aber ge-

_____ 659 Siehe Rn. 400 ff. 660 Siehe Rn. 413 f., Kap. 6 Rn. 104 ff. 661 Altersvermögensgesetz vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310). 662 BT-Drucksache 14/5146, 42. 663 Siehe dazu Kap. 2 Rn. 233 ff. 664 Klein, BetrAV 4/2020, 316, 316. 665 Siehe dazu Rn. 373. 666 Siehe Kap. 2 Rn. 233 ff. 667 Siehe Rn. 441 ff. 668 Siehe Kap. 6 Rn. 116.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

mäß § 10 Abs. 3 Nr. 4 BetrAVG nur eine abgesenkte Beitragsbemessungsgrundlage gilt.669

1. Definition 428 Die arbeitsrechtliche Legaldefinition des Pensionsfonds gemäß § 1b Abs. 3

BetrAVG ist identisch mit der der Pensionskasse, obwohl sich beide Versorgungsträger in der Praxis durchaus unterscheiden. Eine detailliertere Definition enthält das Aufsichtsrecht in §§ 236 VAG ff.

a) Arbeitsrechtliche Definition 429 § 1b Abs. 3 BetrAVG gibt lediglich vor, dass der Vertrag mit dem Pensionsfonds auf die Durchführung einer bAV i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG gerichtet sein und er dem Versorgungsberechtigten und/oder seinen Hinterbliebenen einen eigenen Rechtsanspruch auf die Leistung gewähren muss. Weiterhin muss der Pensionsfonds Rechtsfähigkeit besitzen.

b) Aufsichtsrechtliche Definition 430 Im Unterschied zur Pensionskasse handelt es sich bei einem Pensionsfonds gemäß § 236 VAG nicht um ein Lebensversicherungsunternehmen, wenngleich zahlreiche Vorschriften des VAG auf ihn anwendbar sind, § 237 VAG. 670 Nach § 236 Abs. 1 VAG ist ein Pensionsfonds eine rechtsfähige Versorgungseinrichtung, die: ■ im Wege des Kapitaldeckungsverfahrens Leistungen der bAV für einen oder mehrere Arbeitgeber zugunsten von Arbeitnehmern erbringt, ■ die Höhe der Leistungen oder die Höhe der für diese Leistungen zu entrichtenden künftigen Beiträge nicht für alle vorgesehenen Leistungsfälle durch versicherungsförmige Garantien zusagen darf, ■ den Arbeitnehmern einen eigenen Anspruch auf die Leistung einräumt und ■ verpflichtet ist, die Altersversorgungsleistung als lebenslange Zahlung oder als Einmalkapitalzahlung zu erbringen. 431 Eine Pensionsfondszusage wird durch den Abschluss eines Pensionsfondsvertra-

ges umgesetzt. Gemäß § 237 Abs. 1 Nr. 1 VAG wird nicht von Versicherungsbedingungen, sondern von Pensionsplänen gesprochen. Mit Blick auf die aufsichtsrecht-

_____ 669 Siehe dazu auch Kap. 8 Rn. 207. 670 Siehe Kap. 6 Rn. 115.

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C. Durchführungswege der bAV

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lichen und versicherungsvertraglichen Besonderheiten des Pensionsfonds wird im Übrigen auf die Ausführungen in dem entsprechenden Kapitel verwiesen.671

2. Rechtsfähige Versorgungseinrichtung Ein Pensionsfonds muss gemäß § 1b Abs. 3 BetrAVG, § 236 Abs. 1 VAG eine rechts- 432 fähige Versorgungseinrichtung sein. Gemäß § 237 Abs. 3 Nr. 1 VAG kann er nur in der Rechtsform einer AG, einer SE oder eines Pensionsfondsvereins a.G. organisiert sein. In der Praxis sind Pensionsfonds oftmals als AG tätig.

3. Beteiligte Personen und Rechtsverhältnisse Dem Versorgungsberechtigten und/oder seinen Hinterbliebenen muss ein eigener 433 Rechtsanspruch auf die Leistung des Pensionsfonds gewährt werden, § 1b Abs. 3 BetrAVG, § 236 Abs. 1 Nr. 3 VAG, so dass das für mittelbare Zusagen typische Dreiecksverhältnis aus arbeitsrechtlichem Grundverhältnis, Deckungsverhältnis und Leistungsverhältnis vorliegt.672 Ein Pensionsfonds kann gemäß § 236 Abs. 1 Nr. 1 VAG Leistungen für einen oder 434 mehrere Arbeitgeber erbringen. Es existieren in der Praxis einige große betriebseigene Pensionsfonds, die der Versorgung allein der Arbeitnehmer des jeweiligen Trägerunternehmens dienen. Es sind jedoch auch überbetriebliche Pensionsfonds am Markt tätig. Diese werden meist als Tochterunternehmen von Versicherungsunternehmen oder von Beratungshäusern betrieben. Da Pensionsfonds in der Praxis regelmäßig als AG organisiert sind, wird der 435 Pensionsfondsvertrag in der Regel mit dem Arbeitgeber geschlossen. Für diesen Fall – sowie für den selteneren Fall, dass es sich um einen Pensionsfondsverein a.G. handelt – kann mit Blick auf die Rechtsverhältnisse einer Pensionsfondszusage auf die entsprechenden Ausführungen zu den Pensionskassen verwiesen werden.673

4. Ausgestaltung von Pensionsfondszusagen Eine Pensionsfondszusage kann grundsätzlich mit allen nach dem BetrAVG zu- 436 lässigen Zusagearten umgesetzt werden. Soweit der Pensionsfonds versicherungsförmig ausgestaltet ist,674 herrschen beitragsorientierte Zusagen vor. Bei nicht-versicherungsförmiger Ausgestaltung eines Pensionsplans675 sind Leistungszusagen verbreitet.

_____ 671 Siehe Kap. 6 Rn. 114, 380 ff. 672 Siehe Rn. 345. 673 Siehe Rn. 417 ff. 674 Siehe Rn. 441. 675 Siehe Rn. 442.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

a) Leistungsarten und Leistungsformen 437 Eine Pensionsfondszusage muss gemäß § 236 Abs. 1 Nr. 1 VAG auf Leistungen der

bAV gerichtet sein. Mit Blick auf die Leistungsarten ergeben sich im Vergleich zu den anderen Durchführungswegen keine Besonderheiten – es ist ausreichend, wenn eines der in § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG genannten biometrischen Risiken (Alter, Invalidität, Tod) erfasst ist. Gemäß § 236 Abs. 1 S. 3 VAG dürfen Pensionsfonds auch Sterbegeld an Hinterbliebene erbringen,676 sofern dieses die Höhe der gewöhnlichen Bestattungskosten nicht übersteigt. Gemäß § 236 Abs. 1 Nr. 4 VAG ist der Pensionsfonds verpflichtet, seine Leistung 438 als lebenslange Zahlung oder als Einmalkapitalzahlung zu gewähren.677 Mit Blick auf Sinn und Zweck der Regelung ist es auch zulässig, statt einer Einmalkapitalzahlung eine Ratenzahlung oder einen Auszahlungsplan zu vereinbaren.678 Wird eine lebenslange Zahlung zugesagt, so kann diese gemäß § 236 Abs. 1 S. 2 VAG auch mit einem teilweisen oder vollständigen Kapitalwahlrecht versehen werden.

b) Weitere inhaltliche Ausgestaltung 439 Gemäß § 236 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VAG darf ein Pensionsplan die Höhe der Leistungen

oder die Höhe der für diese Leistungen zu entrichtenden künftigen Beiträge nicht für alle vorgesehenen Leistungsfälle durch versicherungsförmige Garantie zusagen. Eine vollständige versicherungsförmige Ausgestaltung wie im Falle einer Direktversicherung und einer Pensionskasse, die für einen vereinbarten Preis eine garantierte Leistung verspricht, ist dem Pensionsfonds also nicht erlaubt. Dabei ist gesetzlich nicht geregelt, wie weit diese Regel greift. Es wird wohl davon auszugehen sein, dass die nicht-versicherungsförmigen Leistungsfälle nach dem Pensionsplan eine in der Gesamtbetrachtung nicht nur untergeordnete Bedeutung haben dürfen.679 Umgekehrt schreibt das Gesetz aber nicht vor, dass in einem Pensionsplan neben nicht-versicherungsförmigen Leistungen zwingend auch versicherungsförmige Leistungen enthalten sein müssen. In diesem Zusammenhang ist es für die Praxis wichtig, dass § 236 Abs. 1 S. 1 440 Nr. 2 VAG nur die Höhe der für garantierte Leistung zu entrichtenden künftigen Beiträge betrifft. Soweit nach einem Pensionsplan Leistungen garantiert werden,

_____ 676 Zum allgemeinen Begriff der „Hinterbliebenen“, der auch hier gilt, siehe Rn. 182 ff. sowie Kap. 2 Rn. 7 ff. 677 Im Falle einer reinen Beitragszusage sind aber auch hier nur laufende Leistungen zulässig, § 22 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG, siehe Rn. 537. 678 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, Betriebsrentenrecht BetrAVG, Bd. I, Kap. 3, Rn. 133.1 f.; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1, Rn. 279. 679 Siehe auch Kap. 6 Rn. 119; Kaulbach/Bähr/Pohlmann/Schäfers, § 236 Rn. 13, a.A.: Blomeyer/ Rolfs/Otto/Rolfs, § 1, Rn. 279.

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C. Durchführungswege der bAV

die allein von bereits in der Vergangenheit gezahlten Beiträgen abhängig sind, dürfen diese also durchaus vollumfänglich versicherungsförmig ermittelt und zugesagt werden.680 Beispiel 5 Das ist bspw. für die Auslagerung von bereits entstandenen Pensionsverpflichtungen (sog. Past Service) einer Direktzusage auf einen Pensionsfonds unter Nutzung des § 3 Nr. 66 EStG von Bedeutung.

aa) Versicherungsförmige Pensionspläne Sofern die Pensionspläne versicherungsförmig ausgestaltet sind, unterscheiden sie 441 sich in der Praxis oftmals nicht von der Ausgestaltung einer Direktversicherung, weswegen auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen werden kann,681 ebenso wie auf die entsprechenden Ausführungen und Beispiele zu den einzelnen biometrischen Risiken.682 In der Regel werden versicherungsförmige Pensionsfondszusagen mit Beitragszusagen mit Mindestleistung oder beitragsorientierten Leistungszusagen gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1, 2 BetrAVG umgesetzt.

bb) Nicht-versicherungsförmige Pensionspläne Der Plan eines Pensionsfonds muss wie erwähnt nach § 236 Abs. 1 Nr. 2 VAG min- 442 destens für einen Leistungsfall nicht-versicherungsförmig ausgestaltet sein. Gemäß § 236 Abs. 1 Nr. 2 VAG gibt es zwei Möglichkeiten, diese Anforderung zu erfüllen: Beitragshöhe garantiert, Leistungshöhe nicht garantiert: Der Pensionsfonds 443 kann im Deckungs- und Leistungsverhältnis für einen definierten Beitrag eine Leistung versprechen, deren Leistungshöhe nicht garantiert ist. Dabei ist es grundsätzlich ausreichend, dass ein Pensionsplan zwar eine garantierte (Mindest-)Leistung nennt, zusätzlich aber Anspruch auf weitere „Erträge“ in nicht garantierter Höhe vermittelt.683 Denn dann wird die Leistungshöhe nicht vollumfänglich garantiert. Unschädlich ist es auch, wenn der Pensionsfonds zur Absicherung dieser Leistung eine entsprechende Rückdeckungsversicherung abschließt.684

_____ 680 Siehe Kap. 2 Rn. 236; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 3, Rn. 117. 681 Siehe Rn. 397 ff. 682 Siehe Rn. 97 ff., 112 ff., 119, 147 ff., 167 ff., 172, 194 ff., 203 ff., 206. 683 So auch Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 3, Rn. 120. 684 Siehe dazu Kap. 6 Rn. 386.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

3 Praxistipp Aus arbeitsrechtlicher Sicht kommt als Zusageart für diese Variante insbesondere die reine Beitragszusage gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG in Betracht. Denn dort wird lediglich ein Beitrag definiert, während die Höhe der Leistung nur als sog. Zielrente, also als angestrebter Wert, zugesagt wird, der nicht garantiert ist, § 22 Abs. 1 S. 2 BetrAVG.685 Weiterhin bietet sich die Verwendung einer Beitragszusage mit Mindestleistung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG an, da die über der Summe der Beiträge liegende Leistung nicht garantiert wird.686 Eine beitragsorientierte Leistungszusage687 kann wird bei entsprechender Ausgestaltung der Zusage ebenfalls verwendet werden. 444 Beitragshöhe nicht garantiert, Leistungshöhe garantiert: Das nicht-versiche-

rungsförmige Element eines Pensionsplans kann auch darin bestehen, dass der Pensionsfonds eine Leistungshöhe garantiert, nicht aber den dafür zu entrichtenden Beitrag. So kann bspw. in einem Pensionsplan neben der versicherungsförmig ausgestalteten Invaliditätsleistung die Alters- und Hinterbliebenenleistung nicht-versicherungsförmig geregelt sein. Im Pensionsplan wird dann eine Nachschusspflicht des Arbeitgebers vereinbart, wonach dieser ohne zeitliche Begrenzung, d.h. ggf. auch in der Leistungsphase, Beiträge zu zahlen hat, sofern dies zur Erbringung der garantierten Leistungen erforderlich ist.688 3 Praxistipp Im Valutaverhältnis verpflichtet sich der Arbeitgeber in diesen Fällen gegenüber dem Arbeitnehmer zur Erbringung einer Leistung in bestimmter Höhe. Als Zusageart kommt also die Leistungszusage in Betracht. Seltener, wenngleich bei entsprechender Gestaltung der Zusage nicht ausgeschlossen, ist in diesen Fällen die Erteilung einer beitragsorientierten Leistungszusage oder einer Beitragszusage mit Mindestleistung. 445 Sollte der Arbeitgeber seiner ggf. bestehenden Nachschusspflicht nicht nachkom-

men, so ist der Pensionsfonds – bei entsprechender Gestaltung des Pensionsplans – gemäß § 236 Abs. 2 S. 1 VAG dem Versorgungsberechtigten gegenüber berechtigt, die Leistung herabzusetzen. Das gilt gemäß § 236 Abs. 2 S. 3 VAG allerdings grundsätzlich nicht für Beitragszusagen mit Mindestleistung, wobei die Ausnahmen des § 236 Abs. 3 VAG zu beachten sind. Für ein sich aus einer zulässigen Leistungsherabsetzung durch den Pensionsfonds ergebendes Defizit im Vergleich zur Versorgungszusage muss der Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG einstehen.689

_____ 685 Siehe dazu Rn. 539. 686 Siehe dazu Rn. 508. 687 Siehe Rn. 477 ff. 688 Siehe auch Kap. 6 Rn. 123 ff. 689 Siehe zu § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG grundsätzlich Rn. 683 ff.

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VI. Unterstützungskasse Die Versorgung über Unterstützungskassen ist eine der ältesten Formen der bAV 446 in Deutschland. Ihre Vorgänger wurden bereits Mitte des 19. Jahrhunderts geschaffen, um freiwillige Unterstützungsleistungen zu Gunsten der Arbeitnehmer zu erbringen.690 2018 waren in Deutschland Deckungsmittel in Höhe von ca. 36,9 Mrd. € vorhanden, um die Verpflichtungen aus Unterstützungskassenzusagen abzudecken, was 5,8% der Deckungsmittel aller Zusagen auf bAV entspricht.691 Trotz ihrer komplizierten steuerrechtlichen und arbeitsrechtlichen Rah- 447 menbedingungen spielt die Unterstützungskassenzusage in der Praxis eine wichtige Rolle, bspw. dann, wenn verschiedene Durchführungswege für eine Zusage miteinander kombiniert werden.692 Das liegt an den zahlreichen Vorteilen einer Unterstützungskassenversorgung.693 Ähnlich wie bei der Direktzusage sind die Dotierungen in der Anwartschaftsphase steuerfrei und weitgehend sozialversicherungsfrei.694 Auch die Möglichkeiten, eine Unterstützungskassenversorgung pauschaldotiert (reservepolsterfinanziert) oder teilweise oder vollständig rückgedeckt auszugestalten695 machen Unterstützungskassen attraktiv. Da sie nicht der Versicherungsaufsicht unterliegen, besteht eine hohe Flexibilität bei der Kapitalanlage.696 Daneben übernehmen Unterstützungskassen die Verwaltung der bAV sowie – in ihrer (leistungs-)kongruent rückdeckten Ausprägung – das Finanzierungsrisiko des Arbeitgebers weitgehend. Anwartschaften und Leistungen aus einer Unterstützungskassenzusage sind gemäß §§ 7 ff. BetrAVG gesetzlich insolvenzgesichert.

1. Definition Arbeitsrechtlich wird die Unterstützungskasse in § 1b Abs. 4 BetrAVG definiert. Da- 448 nach ist sie eine rechtsfähige Versorgungseinrichtung, über die eine bAV durchgeführt wird und die auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewährt. Im Gegensatz zu den Durchführungswegen Pensionskasse und Pensionsfonds wird diese Definition nicht durch eine nach dem VAG ergänzt. Denn Unterstützungskassen sind nicht von dessen Anwendungsbereich erfasst, da sie keine Versicherungsunternehmen sind. Sie unterliegen also nicht der Aufsicht durch die BaFin.697

_____ 690 Böhm/Schu/Schu, Rn. 1 ff. 691 Klein, BetrAV 4/2020, 316, 316. 692 Siehe Rn. 340. 693 Für eingehende Bewertung aus betriebswirtschaftlicher Sicht siehe Kap. 5. 694 Siehe Kap. 2 Rn. 124 f. und Kap. 3 Rn. 5 f. 695 Siehe Rn. 462 ff. 696 Siehe Kap. 6 Rn. 33. 697 Siehe Rn. 456.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

2. Rechtsfähige Versorgungseinrichtung 449 Gemäß § 1b Abs. 4 BetrAVG müssen Unterstützungskasse rechtsfähig sein. In der

Praxis sind sie meist in der Rechtsform eines e.V., seltener als GmbH oder als Stiftung, organisiert.

3. Beteiligte Personen und Rechtsverhältnisse 450 Ebenso wie Pensionskassen wurden Unterstützungskassen ursprünglich dazu ge-

nutzt, die Versorgung der Arbeitnehmer eines Trägerunternehmens (sog. Betriebsunterstützungskassen) oder der Trägerunternehmen, die einem Konzern angehören (sog. Konzernunterstützungskassen), durchzuführen. Heute stehen viele Unterstützungskassen sämtlichen Trägerunternehmen offen (sog. Gruppenunterstützungskassen). Gruppenunterstützungskassen sind in der Praxis oftmals Tochterunternehmen von Versicherern. Erteilt der Arbeitgeber eine Unterstützungskassenzusage, bedient er sich dieser 451 zur Durchführung seines Versorgungsversprechens. Es handelt sich also um eine mittelbare Zusage mit dem typischen rechtlichen Dreiecksverhältnis:698 Im Valutaverhältnis, auch arbeitsrechtliches Grundverhältnis genannt, zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wird die Zusage erteilt. Zu deren Umsetzung begründet der Arbeitgeber (Trägerunternehmen) mit der Unterstützungskasse das Deckungsverhältnis. Zwischen Unterstützungskasse und Arbeitnehmer entsteht das Leistungsverhältnis, auch Zuwendungsverhältnis genannt. Im Falle einer rückgedeckten Unterstützungskasse699 tritt diese durch den Abschluss einer Rückdeckungsversicherung mit dem betreffenden Versicherungsunternehmen in ein weiteres Rechtsverhältnis (Rückdeckungsverhältnis). 3 Praxistipp In der Praxis bestimmt sich der arbeitsrechtliche Inhalt der Zusage in der Regel durch Bezugnahme auf die Leistungsbestimmungen der Unterstützungskasse (hier Leistungsplan genannt).700

a) Besonderheiten des Valuta- und des Leistungsverhältnisses 452 Gemäß § 1b Abs. 4 BetrAVG darf die Unterstützungskasse auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewähren. Dieser historisch bedingte Ausschluss des Rechtsanspruchs wird in der Praxis regelmäßig durch eine ausdrückliche Bestimmung im

_____ 698 Siehe Rn. 345. 699 Siehe dazu Rn. 348. 700 Siehe dazu Rn. 348.

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C. Durchführungswege der bAV

143

Leistungsplan vereinbart und wirkt durch die im Rahmen einer Unterstützungskassenzusage regelmäßige vorgenommene Bezugnahme auf den Leistungsplan701 nicht nur im Leistungsverhältnis, sondern auch im Valutaverhältnis zwischen Arbeitgeber und Versorgungsberechtigtem. Ein fehlender Rechtsanspruch in der Zusage auf die Versorgungsleistung stünde 453 aber im Widerspruch zum Entgeltcharakter der bAV.702 Ein Versorgungsversprechen unter Freiwilligkeitsvorbehalt zu stellen, würde den Versorgungsberechtigten u.a. gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB unangemessen benachteiligen.703 Besonders deutlich wird das im Fall einer Entgeltumwandlung nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG, denn hier wandelt der Arbeitnehmer einen Teil seiner künftigen Entgeltansprüche in wertgleiche Anwartschaften auf bAV um. Vor diesem Hintergrund spricht das BAG trotz des ausdrücklichen Ausschlusses im Leistungsplan und des Wortlauts des § 1b Abs. 4 BetrAVG dem Versorgungsberechtigten dennoch einen Leistungsanspruch gegen die Unterstützungskasse zu. Zunächst wurde dies aus Grundsätzen des Vertrauensschutzes abgeleitet.704 In jüngeren Entscheidungen jedoch steht der Entgeltcharakter der bAV im Vordergrund.705 Im Valutaverhältnis zum Arbeitgeber wird der Ausschluss eines Anspruchs nach der ständigen Rechtsprechung des BAG in ein Recht des Arbeitgebers, die Verpflichtung aus sachlichen Gründen widerrufen zu können, umgedeutet.706 Dieses Vorgehen begegnet allerdings Zweifeln, da insoweit nicht konsequent zwischen Valutaverhältnis und Leistungsverhältnis unterschieden wird.707 In diesem Rahmen betrachtet die Rechtsprechung Arbeitgeber und Unterstüt- 454 zungskasse als Gesamtschuldner der Versorgungsleistung gemäß § 421 BGB.708

_____ 701 Siehe Rn. 348. 702 Siehe Rn. 24. 703 BAG, Urt. v. 25.4.2007 – 5 AZR 627/06 – BAGE 122, 182 = NZA 2007, 853, siehe auch Rn. 37. 704 BAG, Urt. v. 17.5.1973, – 3 AZR 381/72 – BAGE 25, 194 = NJW 1973, 1946. 705 BAG, Urt. v. 31.7.2007 – 3 AZR 373/06 – BAGE 123, 307 = NJOZ 2010, 174. 706 Siehe bspw. BAG, Urt. v. 16.2.2010 – 3 AZR 216/09 – BAGE 133, 158 = NZA 2010, 701. 707 Langohr-Plato, BetrAV 2014, 242, 245 ff.; Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Schlewing, Teil 5 F, Rn. 29.; Ulbrich, BetrAV 2015, 546, 550 ff. 708 So bspw. BAG, Urt. v. 16.2.2010 – 3 AZR 216/09 – BAGE 133, 158 = NZA 2010, 701; kritisch: Ulbrich, BetrAV 2015, 546, 550 ff.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

b) Besonderheiten des Deckungsverhältnisses 455 Wie stets, im Rahmen mittelbarer Zusagen besteht zwischen Arbeitgeber (Trägerun-

ternehmen) und Versorgungsträger auch im Zuge einer Unterstützungskassenversorgung ein sog. Deckungsverhältnis. Dabei handelt es sich nicht um ein Auftragsverhältnis gemäß §§ 662 ff. BGB.709 Denn dann müsste die Unterstützungskasse die Versorgung unentgeltlich durchführen und hätte gegen das Trägerunternehmen lediglich einen Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß § 670 BGB. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass es sich bei dem Vertrag zwischen Trägerunternehmen und Unterstützungskasse um einen entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 675 Abs. 1 BGB handelt.710 Ist die Unterstützungskasse – wie in der Praxis regelmäßig – als e.V. organisiert, wird der Arbeitgeber als Trägerunternehmen in der Regel dort Mitglied. Dann existiert zwischen Trägerunternehmen und Unterstützungskasse auch ein mitgliedschaftliches Rechtsverhältnis. 3 Fettnapf Einrichtungen, die dem Trägerunternehmen lediglich dessen Aufwendungen für Leistungen der bAV erstatten (bspw. Ausgleichskassen und Rückdeckungskassen) zählen nicht zu den Unterstützungskassen im Sinne des § 1b Abs. 4 BetrAVG. Hier fehlt es am erforderlichen Leistungsverhältnis zwischen Versorgungsberechtigtem und Unterstützungskasse.

c) Weitere Folgen des fehlenden Rechtsanspruchs 456 Das Erfordernis des fehlenden Rechtsanspruchs auf ihre Leistungen hat weitere Fol-

gen für die Unterstützungskassen. So gelten sie deswegen nicht als Versicherungsunternehmen und fallen somit weder unter den sachlichen Anwendungsbereich des VAG noch des VVG.711 Aus steuerrechtlicher Sicht ist der fehlende Rechtsanspruch gemäß § 5 Abs. 1 457 S. 1 Nr. 3 KStG eine Voraussetzung für die Befreiung der Unterstützungskasse von der Körperschaftsteuer.712 Da es keine eigene einkommensteuerrechtliche Definition für die Unterstützungskasse gibt und insoweit auf die arbeitsrechtliche des § 1b Abs. 4 BetrAVG zurückgegriffen werden muss, ist die steuerliche Behandlung der Zuwendungen des Arbeitgebers als Betriebsausgaben gemäß § 4d EStG713 ebenfalls vom fehlenden Rechtsanspruch auf die Leistungen der Unterstützungskasse abhängig.

_____ 709 So aber bspw. Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker /Schlewing, Teil 5 F, Rn. 43; Böhm/Schu/ Böhm, Rn. 118 m.w.N. 710 So auch BAG, Urt. v. 16.10.2018 – 3 AZR 402/16 – BAGE 163, 341 = NJOZ 2020, 135 – BetrAV 2019, 91; LG Berlin, Urt. v. 23.7.2014 – 37 O 96/14 – BeckRS 2015, 1240. 711 Siehe dazu Kap. 6 Rn. 33. sowie BVerwG, Urt. vom 25.11.1986, 1 C 54/81 – NJW 1987, 1900. 712 Siehe Kap. 2 Rn. 169 ff. 713 Siehe Kap. 2 Rn. 66 ff.

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C. Durchführungswege der bAV

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Das gilt in ähnlicher Weise für die einkommensteuerrechtliche Behandlung 458 der Zuwendungen an die Unterstützungskasse beim Arbeitnehmer. Der fehlende Rechtsanspruch führt dazu, dass diese in der Anwartschaftsphase keinen Zufluss auslösen und stattdessen die von der Unterstützungskasse in der Leistungsphase erbrachten Zahlungen gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG steuerpflichtig sind.714 Auch sozialversicherungsrechtlich hängt die weitgehende Beitragsfreiheit der Zuwendungen an eine Unterstützungskasse715 vom Ausschluss des Rechtsanspruches auf deren Leistungen ab.

4. Ausgestaltung von Unterstützungskassenzusagen Grundsätzlich kann eine Unterstützungskassenzusage über eine Leistungszu- 459 sage oder eine beitragsorientierte Leistungszusage umgesetzt werden. Eine Beitragszusage mit Mindestleistung oder eine reine Beitragszusage sind im Rahmen einer Unterstützungskassenversorgung nicht möglich, § 1 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 2a BetrAVG.

a) Leistungsarten und Leistungsformen Die Unterstützungskasse darf nur Leistungen der bAV i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG 460 erbringen. Dieses Erfordernis ist in der Praxis zwar regelmäßig erfüllt. Allerdings finden sich gelegentlich vor allem in älteren Leistungsplänen auch Bestimmungen, die einmalige oder laufende Beihilfen in außergewöhnlichen, unverschuldeten wirtschaftlichen Notlagen der Arbeitnehmer vorsehen, ebenso wie bspw. Geburtenzuschüsse oder Erholungszuschüsse. Diese sog. Leistungen von Fall zu Fall sind jedoch in der Regel keine Leistungen der bAV, denn sie werden nicht durch ein biologisches Ereignis gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG ausgelöst.716 Keine Einschränkungen im Vergleich zu den allgemeinen Grundsätzen beste- 461 hen bezüglich der Leistungsformen, die über eine Unterstützungskasse zugesagt werden können. Eine Unterstützungskasse kann eine Rente (lebenslang oder temporär) mit oder ohne Kapitalwahlrecht oder eine Kapitalzahlung (Einmalkapital oder Ratenzahlung)717 erbringen.

_____ 714 Siehe Kap. 2 Rn. 126, 127 ff., siehe auch BFH, Urt. v. 7.5.2009 – VI R 8/07 – BFHE 225, 100 = DStR 2009, 1522. 715 Siehe dazu Kap. 3 Rn. 5 f. 716 Siehe Rn. 242. 717 Siehe Rn. 210 ff.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

b) Formen der Finanzierung 462 Nach ihrer Finanzierungsart werden Unterstützungskassen in pauschaldotierte

(reservepolsterfinanzierte) und in (leistungs-)kongruent, bzw. partiell rückgedeckte Unterstützungskassen unterschieden. Diese Unterscheidung hat zum einen steuerliche Auswirkungen.718 Sie bestimmt zum anderen auch die inhaltliche Ausgestaltung einer Unterstützungskassenversorgung. Pauschaldotierte Unterstützungskassen finanzieren ihre laufenden Versor463 gungsleistungen unmittelbar mit den Beiträgen des Trägerunternehmens. Für die Anwartschaften hingegen kann lediglich ein sog. Reservepolster aufgebaut werden. Dieses hat nur eine Überbrückungsfunktion, um die Zahlungen an die Leistungsempfänger sicherzustellen.719 Pauschaldotierte (reservepolsterfinanzierte) Unterstützungskassen können mit Leistungszusagen oder beitragsorientierten Leistungszusagen, auch als Entgeltumwandlungen, umgesetzt werden.720 Rückgedeckte Unterstützungskassen hingegen finanzieren ihre Verpflich464 tungen vollständig oder teilweise dadurch, dass sie einen Rückdeckungsversicherungsvertrag abschließen und diesen mit den Beiträgen des Trägerunternehmens bedienen. Versicherungsnehmerin und Bezugsberechtigte dieses Vertrags ist die Unterstützungskasse, während der Versorgungsberechtigte Versicherte Person ist. In der Praxis bestimmt sich die Versorgungsleistung rückgedeckter Unterstützungskasse durch eine Bezugnahme des Leistungsplans auf die Rückdeckungsversicherung oftmals vollständig nach deren Leistungen. Dann wird von einer kongruent (auch leistungskongruent) rückgedeckten Unterstützungskasse gesprochen.721 Im Fall einer sog. partiell rückdeckten Unterstützungskasse besteht eine leistungsbestimmende Verknüpfung mit der Rückdeckungsversicherung nur für einen Teil der Verpflichtungen der Unterstützungskasse. Soweit im Rahmen einer rückgeckten Unterstützungskassenzusage auf die Leistungen der Rückdeckungsversicherung Bezug genommen wird, kann mit Blick auf die Ausgestaltung der Versorgungsleistung auf die Ausführungen zur Direktversicherung und zu den einzelnen biometrischen Risiken verwiesen werden.722 Im Rahmen einer Versorgung über eine rückgedeckte Unterstützungskasse werden in der Regel beitragsorientierte Leistungszusagen erteilt. 3 Praxistipp Die Regelungen zur Versorgungsleistung einer (leistungs-)kongruent rückgedeckten Unterstützungskassenversorgung unterscheiden sich aufgrund des versicherungsförmigen Charakters in der

_____ 718 Siehe Kap. 2 Rn. 68 ff., 83 ff. 719 Böhm/Schu/Schu, Rn. 384; siehe Kap. 2 Rn. 73 ff. 720 Siehe bspw. Böhm/Schu/Schu, Rn. 391. 721 Siehe auch Rn. 348. 722 Rn. 397 ff sowie Rn. 97 ff., 112 ff., 119, 147 ff., 167 ff., 172, 194 ff., 203 ff., 206.

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D. Zusagearten der bAV

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Praxis zwar oftmals bspw. nicht von Direktversicherungszusagen. Zwischen Unterstützungskasse einerseits und Direktversicherung andererseits gibt es allerdings erhebliche arbeitsrechtliche, steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Unterschiede.

D. Zusagearten der bAV D. Zusagearten der bAV Soll ein Versorgungsversprechen als bAV im Sinne des BetrAVG anerkannt werden, 465 muss es in dessen sachlichen Anwendungsbereich fallen. Ebenso wie für die Durchführungswege der bAV723 lässt das Gesetz nur eine bestimmte Auswahl an Zusagearten für die Umsetzung eines Versorgungsversprechens zu. Zwar steht es den Parteien frei, auch andere Gestaltungen zu vereinbaren. Dann allerdings wäre der sachliche Anwendungsbereich des BetrAVG nicht eröffnet, was u.a. mit einer Nichtanwendbarkeit der steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen für die bAV724 einherginge.

I. Übersicht 1. Begriff der Zusage und die zulässigen Zusagearten Der Begriff der „Zusage“ selbst ist nicht legaldefiniert. Eine Zusage ist der Ver- 466 pflichtungstatbestand (das Versorgungsversprechen) aus dem die Ansprüche des Versorgungsberechtigten auf bAV fließen. Durch die Zusage entsteht das Valutaverhältnis (auch arbeitsrechtliches Grundverhältnis genannt) zwischen Arbeitgeber und Versorgungsberechtigtem.725 Die Zusage regelt den Inhalt des Versorgungsversprechens, so bspw. mit Blick auf das abgedeckte biometrische Risiko (Leistungsart), auf die Leistungsform und -höhe usw. Als Zusageart wird der Teil des Versorgungsversprechens bezeichnet, nach 467 dem sich bestimmt, ob der Arbeitgeber nur zur Erbringung einer Leistung (Leistungszusage) oder (auch) zur Erbringung eines Beitrags (beitragsorientierte Zusage) verpflichtet ist.726 Pro Zusage muss der Arbeitgeber eine Zusageart wählen. Allerdings ist es zulässig, einem Versorgungsberechtigten mehrere Zu-

_____ 723 Siehe Rn. 339 ff. 724 Siehe dazu Kap. 2 und Kap. 3. 725 Siehe Rn. 342. 726 Im angelsächsischen Bereich wird das Begriffspaar leistungsorientiert/beitragsorientiert auch als defined benefit/defined contribution bezeichnet. Allerdings sind diese Begriffe nicht exakt in die Terminologie des deutschen Betriebsrentenrechts, insbesondere des BetrAVG, übertragbar, siehe dazu auch Kap. 4 Rn. 74 ff.

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148

Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

sagen zu erteilen. Im Detail stehen dem Arbeitgeber nach dem BetrAVG folgende Möglichkeiten offen. Er kann sich verpflichten: ■ ausschließlich zur Erbringung einer Leistung (Leistungszusage gemäß § 1 Abs. 1 BetrAVG), ■ zur Aufwendung von Beiträgen und zur Erbringung einer Leistung, die sich aus diesen Beiträgen ergibt (beitragsorientierte Leistungszusage gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG), ■ zur Zahlung von Beiträgen und zur Verfügungstellung des sich daraus ergebenden Versorgungskapitals für eine bAV (mindestens die Summe der Beiträge abzüglich der Risikobeiträge) (Beitragszusage mit Mindestleistung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG), ■ ausschließlich zur Zahlung bestimmter Beiträge an einen Versorgungsträger gemäß § 22 BetrAVG (reine Beitragszusage gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG). 3 Praxistipp In den vergangenen Jahrzehnten ließ sich in der Praxis eine Entwicklung von Leistungszusagen hin zu beitragsorientierten Zusagen beobachten. Neu eintretenden Mitarbeitern werden heute fast ausschließlich beitragsorientierte Zusagen erteilt. Bestehende Leistungszusagen werden oftmals in beitragsorientierte Systeme überführt und/oder in diese integriert.727

2. Unterschiedliche Rechtsfolgen nach dem BetrAVG 468 Die gewählte Zusageart bestimmt einen wichtigen Teil des Inhalts der vom Arbeit-

geber eingegangenen Versorgungsverpflichtung. Zwar wirkt sich die Wahl im Gegensatz zu der des Durchführungswegs728 grundsätzlich nicht auf die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung einer Zusage aus. Arbeitsrechtlich betrachtet jedoch knüpft das BetrAVG auch an die Zusagearten wichtige unterschiedliche Rechtsfolgen, so z.B. mit Blick auf: ■ die zulässigen Durchführungswege (§ 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 2, 2a BetrAVG), ■ die Höhe der Versorgungsleistung (§ 1 Abs. 2 Nr. 2, 2a i.V.m. § 22 Abs. 1 S. 2 BetrAVG), ■ die Berechnung der Höhe der unverfallbaren Anwartschaft eines vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmers (§ 2 Abs. 1 sowie Abs. 5, 6 BetrAVG), ■ den Umfang und die Details des gesetzlichen Insolvenzschutzes (§ 7 Abs. 2 S. 3, 5 BetrAVG), ■ die Anpassungs(prüfungs-)pflicht laufender Leistungen (§ 16 Abs. 3 Nr. 3 BetrAVG), ■ die Sondervorschriften für die reine Beitragszusage (§§ 21 ff. BetrAVG).

_____ 727 So auch Becker/Lingenfelser/Puschinski, 7. 728 Siehe Rn. 355.

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D. Zusagearten der bAV

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II. Leistungszusage Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV D. Zusagearten der bAV

1. Bedeutung und Hintergrund Die Leistungszusage gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG (auch klassische oder reine 469 Leistungszusage genannt) ist die Grundform einer betriebsrentenrechtlichen Zusage. Bis 1999 in war sie die einzige im Gesetz erwähnte Zusageart, wenngleich auch damals schon in der Praxis beitragsorientierte Gestaltungen zu finden waren. In neueren Versorgungszusagen wird die Leistungszusage nicht mehr häufig vereinbart. Der Grund dafür ist die seit mittlerweile fast drei Jahrzehnten zu beobachtende Entwicklung von leistungsorientierten Zusagen zu beitragsorientierten Zusagen. In älteren Zusagen aber bspw. auch in der GGF-Versorgung spielen Leistungszusagen jedoch nach wie vor eine wichtige Rolle. Das gilt darüber hinaus auch für nicht-versicherungsförmig ausgestaltete Pensionspläne eines Pensionsfonds sowie für pauschaldotierte (reservepolsterfinanzierte) Unterstützungskassen. Ulbrich

2. Definition Zwar erwähnt das Gesetz die Leistungszusage nicht ausdrücklich. Es geht jedoch in 470 § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG von dieser Zusageart aus. Danach liegt eine Leistungszusage vor, wenn: ■ der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ■ Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung ■ aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses zugesagt. Eine Leistungszusage kann in sämtlichen nach dem BetrAVG zulässigen Durch- 471 führungswegen verwendet werden. Der Umstand, dass das Versorgungsversprechen nicht auch den Aufwand zur Erzeugung der Leistung umfasst, erklärt, warum die Leistungszusage in der Praxis hauptsächlich in den nicht-versicherungsförmigen Durchführungswegen, wie Direktzusage729 (sofern diese nicht leistungskongruent rückgedeckt ist), nicht-versicherungsförmiger Pensionsfonds730 und pauschaldotierte (reservepolsterfinanzierte) Unterstützungskasse731 verbreitet ist. Denn die versicherungsförmigen Durchführungswege732 sind durch eine beitragsorientierte Ausgestaltung geprägt.

_____ 729 Siehe Rn. 363 ff. 730 Siehe Rn. 442. 731 Siehe Rn. 463. 732 Siehe Rn. 347.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

3. Versorgungsleistung 472 Der Arbeitgeber muss sich im Rahmen einer Leistungszusage zur Erbringung einer

genau bestimmten Leistung bei Eintritt des definierten Versorgungsfalls verpflichten. Eine bestimmte Höhe der Versorgungsleistung ist durch das BetrAVG nicht vorgeschrieben. Besonderes Merkmal der Leistungszusage im Vergleich zu den anderen Zusagearten ist es, dass der zur Finanzierung der zugesagten Leistung erforderliche Aufwand nicht Bestandteil des Versorgungsversprechens ist. 3 Fettnapf Das ist auch der Grund, weswegen durch Entgeltumwandlung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG finanzierte Zusagen in der Regel durch beitragsorientierte Zusagen und nicht durch Leistungszusage umgesetzt werden. Denn eine Entgeltumwandlung erfordert stets die Umwandlung eines definierten Entgeltbetrags. 473 Mit einer Leistungszusage kann der Arbeitgeber sämtliche nach § 1 Abs. 1 S. 1

BetrAVG zulässigen Leistungsarten (Alter, Invalidität und/oder Tod) abdecken. Keine Besonderheiten bestehen auch bezüglich der Leistungsformen. Mit einer Leistungszusage kann eine Rente (lebenslang oder temporär) mit oder ohne Kapitalwahlrecht, eine Kapitalzahlung (Einmalkapital oder Ratenzahlung) oder ein Auszahlungsplan zugesagt werden.733 Die in Leistungszusagen enthaltenen Bestimmungen zur Ermittlung der Versorgungsleistung sind sehr vielfältig. Die Spannweite reicht hier von einfachen Festbetragszusagen bis hin zu komplexen Gestaltungen.734

4. Bewertung der Leistungszusage735 474 Aus arbeitsrechtlicher Sicht hat die Leistungszusage für den Arbeitgeber im Vergleich zu den beitragsorientierten Zusagen den Vorteil, dass seine Verpflichtung auf das Leistungsversprechen beschränkt ist. Dadurch kann er frei bestimmen, wie die Leistung finanziert wird. Nachteilig kann eine Leistungszusage für ihn bspw. dadurch wirken, ■ dass der Arbeitnehmer nicht erkennen kann, mit welchen Kosten die Zusage verbunden ist. Die Höhe dieser Kosten wird von Arbeitnehmern oft unterschätzt, was zu einer geringeren Wertschätzung der Arbeitgeberleistung führen kann,

_____ 733 Siehe Rn. 210 ff. 734 Siehe bspw. Rn. 100 ff. (Beispiele). 735 Die nachfolgend dargestellten Wertungskriterien sind nicht abschließend. Die Vor- und Nachteile hängen darüber hinaus von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, insbesondere von der konkreten Ausgestaltung der Zusage ab. Daneben sind auch steuerrechtliche, sozialversicherungsrechtliche, versicherungsrechtliche, betriebswirtschaftliche, sozialpolitische und weitere Aspekte in Erwägung zu ziehen.

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D. Zusagearten der bAV



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dass sich die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft einer arbeitgeberfinanzierten Zusage bei einem vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers nach der ratierlichen Berechnungsmethode des § 2 Abs. 1 BetrAVG ergibt, also unabhängig davon ist, ob ein eventuell vorhandenes Versorgungskapital die Höhe der Anwartschaft abdeckt.

Aus Sicht des Arbeitnehmers hat die Leistungszusage – je nach den Umständen des 475 Einzelfalls – im Vergleich zu den beitragsorientierten Zusagen bspw. den Vorteil, ■ dass die zu erbringende Leistungshöhe fest definiert ist und insbesondere nicht davon abhängt, ob und ggf. an wen der Arbeitgeber Beiträge zahlt, ■ dass sich im Falle des vorzeitigen Ausscheidens die Anwartschaftshöhe einer arbeitgeberfinanzierten Zusage nach der ratierlichen Methode des § 2 Abs. 1 BetrAVG ermittelt. Darüber hinaus hat die Leistungszusage allgemein betrachtet bspw. den Vorteil, 476 dass sie in allen Durchführungswegen zulässig sind. Nachteilig ist allerdings bspw., dass sie nur eingeschränkt zur Umsetzung versicherungsförmiger Zusagen geeignet sind.

III. Beitragsorientierte Leistungszusage 1. Bedeutung und Hintergrund Die beitragsorientierte Leistungszusage wurde durch das RRG 1999736 eingeführt, um 477 Forderungen der Praxis nachzukommen, aufwandsorientierte Zusagen ausdrücklich im Gesetz zu verankern.737 Konzeptionell ist sie ebenfalls eine Leistungszusage, denn wie bei der „klassischen“ Leistungszusage nach § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG verspricht der Arbeitgeber eine bestimmte Versorgungsleistung. Allerdings erstreckt sich seine Verpflichtung darüber hinaus auch auf die zur Erreichung der versprochenen Leistung aufzuwendenden Beiträge. Die beitragsorientierte Leistungszusage ist heute wohl in der Praxis die am weitesten verbreitete Zusageart. Insbesondere in durch Entgeltumwandlung finanzierten Zusagen findet sie regelmäßig Verwendung.

2. Definition Eine beitragsorientierte Leistungszusage liegt gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG vor, 478 wenn der Arbeitgeber sich verpflichtet:

_____ 736 Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1999 – RRG 1999) vom 16. Dezember 1997, BGBl. I 1997, S. 2998. 737 Blomeyer, DB 1997, 1921, 1922 ff.

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■ ■

Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Beiträge in bestimmter Höhe aufzuwenden und diese in eine Anwartschaft auf bAV zugunsten des Versorgungsberechtigten und/oder dessen Hinterbliebenen umzuwandeln.

479 Die beitragsorientierte Leistungszusage kann in sämtlichen nach dem BetrAVG zu-

lässigen Durchführungswegen umgesetzt werden und ist in der Praxis auch in allen Durchführungswegen verbreitet.

3. Aufwendung von Beiträgen 480 Soll eine beitragsorientierte Leistungszusage vorliegen, muss der Arbeitgeber sich

gegenüber dem Versorgungsberechtigten zur Aufwendung von Beiträgen in bestimmter Höhe verpflichten. Das gilt sowohl, wenn die Versorgung arbeitgeberfinanziert, als auch dann, wenn sie teilweise oder vollständig durch Entgeltumwandlung finanziert ist. Denn auch im letztgenannten Fall ist es rechtlich betrachtet der Arbeitgeber, der sich verpflichtet, Beiträge zum Aufbau einer bAV zu verwenden.

a) Art der Beitragsaufwendung 481 Wie die Beiträge „aufzuwenden“ sind, schreibt das Gesetz nicht vor. Soll die bei-

tragsorientierte Leistungszusage als mittelbare Zusage bspw. über einen versicherungsförmigen Durchführungsweg erfolgen, so besteht das „Aufwenden“ der Beiträge in der Regel in Beitragszahlungen an den Versorgungsträger. Wird die Zusage hingegen über eine Direktzusage umgesetzt, so ist es auch ausreichend, dass der Arbeitgeber verspricht, die Beiträge in bestimmter Höhe als rechnerische Größe zur Ermittlung der Leistung aufzuwenden. Das ist bspw. im Rahmen einer internen Finanzierung einer unmittelbaren Zusage (Direktzusage) der Fall.738 3 Praxistipp Durch das Erfordernis, Beiträge in bestimmter Höhe zuzusagen, eignet sich die beitragsorientierte Leistungszusage sehr gut zur Umsetzung mittelbarer Zusagen in den versicherungsförmigen Durchführungswegen (Direktversicherung, Pensionskasse, versicherungsförmiger Pensionsfonds). Denn hier schließt der Arbeitgeber mit einem externen Versorgungsträger einen Vertrag, aufgrund dessen er verpflichtet ist, Beiträge an diesen zu zahlen und nach dem der Versorgungsträger seinerseits die versicherungsförmige Durchführung der bAV übernimmt.739 Darüber hinaus wird die beitragsorientierte Leistungszusage in der Praxis häufig auch bei Unterstützungskassenzusagen und Direktzusagen genutzt, insbesondere dann, wenn diese (leistungs-)kongruent durch einen Versicherungsvertrag rückgedeckt sind.740

_____ 738 Siehe dazu Rn. 109 f. 739 Siehe dazu Rn. 347. 740 Siehe dazu Rn. 348 f.

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D. Zusagearten der bAV

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b) Höhe der Beiträge und Dauer der Beitragszahlung Die Höhe der im Rahmen einer beitragsorientierten Leistungszusage aufzuwenden- 482 den Beiträge ist nach dem BetrAVG nicht vorgeschrieben, ebenso wenig die Dauer der Beitragszahlung. Es sind Einmalbeiträge oder periodische Beiträge zulässig. Ist die Zusage arbeitgeberfinanziert, so obliegt es grundsätzlich dem Arbeitgeber, im Rahmen der Ausgestaltung des Versorgungsverhältnisses die Höhe der Beiträge und die Dauer der Beitragszahlung zu bestimmen. Die Beitragshöhe wird in der Praxis oftmals fest zugesagt. Es sind jedoch auch 483 Gestaltungen verbreitet und – unter Beachtung der allgemeinen Prinzipien – zulässig, bei denen die Beitragshöhe schwanken kann. So kann sich bspw. die konkrete Höhe der Beiträge nach bestimmten Kennzahlen wie dem Unternehmensergebnis richten. In der Praxis sind auch Gestaltungen zu finden, nach denen der Arbeitgeber das Recht hat, regelmäßig (bspw. zu Beginn eines jeden Kalenderjahres) zu entscheiden, ob und in welcher Höhe er Beiträge zugunsten einer bAV für den Versorgungsberechtigten aufwendet. Auch eine befristete Beitragszahlungsdauer ist zulässig.

4. Versorgungsleistung Mit einer beitragsorientierten Leistungszusage ist es möglich, sämtliche Leistungs- 484 arten, d.h. sämtliche der in § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG genannten biometrischen Risiken (Alter, Invalidität und/oder Tod) sowie sämtliche Leistungsformen abzudecken. Eine beitragsorientierte Leistungszusage kann also eine Rente (lebenslang oder temporär) mit oder ohne Kapitalwahlrecht, eine Kapitalzahlung (Einmalkapital oder Ratenzahlung) oder einen Auszahlungsplan umfassen.741

a) Umwandlung von Beiträgen in eine Leistung § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG verlangt, dass der Arbeitgeber sich verpflichtet, die zuge- 485 sagten Beiträge in eine Anwartschaft auf eine bAV-Leistung zugunsten des Versorgungsberechtigten „umzuwandeln“. In der Praxis stellt sich die Frage, wie genau dieses Tatbestandsmerkmal zu verstehen ist. Das Gesetz enthält insoweit keine Hinweise.

aa) Grundsatz (Unmittelbarkeitserfordernis) Aus der Gesetzesbegründung wird ersichtlich, dass von einem „Umwandeln“ nur 486 dann ausgegangen werden kann, wenn ein direkter Zusammenhang zwischen der

_____ 741 Siehe dazu Rn. 210 ff.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Höhe des Beitrags und der Höhe der daraus resultierenden Leistung besteht.742 Die Höhe der zugesagten Leistungen einer beitragsorientierten Leistungszusage muss also in einer unmittelbaren Korrelation zur Höhe der aufgewendeten Beiträge stehen (Unmittelbarkeitserfordernis). Diese Korrelation, die auch als Leistungsformel bezeichnet wird, ist Bestandteil der Zusage und somit der Verpflichtung des Arbeitgebers. Damit wird insbesondere eine Abgrenzung zur Leistungszusage im Sinne des § 1 Abs. 1 BetrAVG erreicht. Denn diese weist den zur Erzeugung der Leistung erforderlichen Betrag nicht aus.743

bb) Feststehen der Leistungshöhe bereits bei Zusageerteilung 487 Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob und inwieweit es das Unmittelbarkeits-

erfordernis des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG verlangt, dass die geschuldete Leistungshöhe bereits zum Zeitpunkt der „Umwandlung“ der Beiträge genau feststeht.744 Das spielt insbesondere im Bereich der versicherungsförmigen Zusagen eine Rolle: So wird bspw. bei einer konventionellen Ausgestaltung eines Versicherungsvertrages dem Arbeitnehmer die Verzinsung der Beiträge mit einem bestimmten Rechnungszinsfuß garantiert und darüber hinaus eine (nicht garantierte) Beteiligung an den Überschüssen zugesagt.745 Die konkrete Höhe der Versorgungsleistung steht also bei Zusageerteilung noch nicht fest. Ähnliche Fragen stellen sich bei neueren Versicherungsprodukten.746 Denn hier ist der Anteil der garantierten Leistung an der Gesamtleistung oftmals geringer als bei konventionell ausgestalteten Verträgen. Weder der Wortlaut des § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG, noch die Gesetzesbegrün488 dung enthalten einen Hinweis darauf, dass die Leistungshöhe zum Zusagezeitpunkt bereits feststehen muss.747 Dennoch ist das BAG grundsätzlich der Ansicht, dass Zusagen, die variable, zum Zeitpunkt der Zusage noch nicht exakt vorhersehbare Leistungsbestandteile beinhalten, keine beitragsorientierten Leistungszusagen sind.748 Allerdings macht es zwei wichtige Ausnahmen:749 ■ Zum einen gilt der Grundsatz nicht, wenn es sich um eine Durchführung über versicherungsförmige Durchführungswege (Direktversicherungs-, Pensionskassen- oder Pensionsfondszusage)750 oder über eine (leistungs-)kongruent

_____ 742 BT-Drucks. 13/8671, S. 120. 743 Siehe Rn. 472. 744 Siehe dazu BAG, Urt. v. 30.8.2016, 3 AZR 361/15 – BAGE 156, 184 = BeckRS 2016, 74341. 745 Siehe Rn. 400. 746 Siehe Rn. 400. 747 Doetsch in: FS Höfer, 2011, S. 15, 24 f.; Ulbrich/Grote/Britz, BB 2016, S. 2677, 2680; a.A. wohl: Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1, Rn. 86. 748 BAG, Urt. v. 30.8.2016, 3 AZR 361/15 – BAGE 156, 184 = BeckRS 2016, 74341. 749 BAG, Urt. v. 30.8.2016, 3 AZR 361/15 – BAGE 156, 184 = BeckRS 2016, 74341. 750 Siehe Rn. 347.

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rückgedeckte Direkt- oder Unterstützungskassenzusage751 handelt, da sich hier die Höhe der Versorgungsleistung nach dem Versicherungsvertrag richtet und somit den strengen Regeln des VAG unterliegt. Zum anderen gilt der Grundsatz auch im Rahmen nicht-versicherungsförmiger Zusagen dann nicht, wenn die Zusage eine Mindestleistung garantiert und die Höhe dieser Mindestleistung (in Abhängigkeit von der Höhe der Beiträge) bereits zum Zeitpunkt der Aufwendung der Beiträge feststeht.

Praxistipp 3 Vor diesem Hintergrund spielt die Frage, ob die Leistungshöhe einer beitragsorientierten Leistungszusage bereits zum Zeitpunkt der Umwandlung der Beiträge feststehen muss, in der Praxis nur eine eingeschränkte Rolle. Sie betrifft hauptsächlich die leistungskongruente Verknüpfung von Direktzusagen mit Fonds (wertpapiergebundene Zusagen), die keine Mindestgarantie (bspw. einen Beitragserhalt) aussprechen.752

b) Art der Umwandlung Gesetzlich ebenfalls nicht geregelt ist, wie die „Umwandlung“ von Beiträgen in Ver- 489 sorgungsanwartschaften im Rahmen einer beitragsorientierten Leistungszusage zu erfolgen hat. Insoweit kann das sog. Versicherungsprinzip angewendet werden.753 Danach ist von einem „Umwandeln“ dann auszugehen, wenn die Beiträge mithilfe versicherungsmathematischer Prinzipien in Leistungen umgerechnet werden. Das ist – verkürzt dargestellt – dann der Fall, wenn aus den Beiträgen bereits im Zeitpunkt ihrer Erbringung unter Anwendung insbesondere eines altersabhängigen Umrechnungsfaktors versicherungsmathematische Renten- oder Kapitalbausteine ermittelt werden. Zwingend ist die Anwendung des Versicherungsprinzips aber nicht. So kann im Rahmen einer beitragsorientierten Leistungszusage zur Ermittlung der Leistung auch das sog. Sparprinzip angewendet werden. Hier wird erfolgt eine Ansammlung des Kapitals, das dann bei Eintritt des Versorgungsfalles ausgekehrt oder verrentet wird.754

c) Leistungshöhe Die Höhe der Versorgungsleistung einer beitragsorientierten Leistungszusage be- 490 misst sich grundsätzlich nach der Höhe der gezahlten/aufgewendeten Beiträge.755

_____ 751 Siehe Rn. 348 f. 752 Siehe bspw. Rn. 111 (Beispiele). 753 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1 Rn. 83; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Beetz-Rehm/Huber, § 1 Rn. 455; Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Kruip/Karst, Teil 6 A, Rn. 99. 754 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Beetz-Rehm/Huber, § 1 Rn. 456. S Schlewing/Henssler/Schipp/ Schnitker/Kruip/Karst, Teil 6 A, Rn. 98. 755 Zu den in der Praxis verwendeten Beitragshöhen siehe bspw. Rn. 212 (Praxistipp).

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Ob eine beitragsorientierte Leistungszusage zwingend eine garantierte Mindesthöhe der Versorgungsleistung vorsehen muss, ist umstritten. Diese Diskussion gewann in den letzten Jahren vor dem Hintergrund der anhaltenden Niedrigzinsphase an Bedeutung. Dabei ist zu beachten, dass eine höchstrichterliche Rechtsprechung insoweit noch nicht existiert. Ein Gebot der Wertgleichheit – wie im Falle der Entgeltumwandlung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG – gibt es für die arbeitgeberfinanzierte beitragsorientierte Leistungszusage nicht. Vorbehaltlich anderer arbeitsrechtlicher Vereinbarungen, bspw. in einem Tarifvertrag, ist der Arbeitgeber also grundsätzlich frei, den Maßstab der Umwandlung von Beiträgen in Anwartschaften auf Leistungen der bAV zu bestimmen.756 Andere Ansichten, die eine Mindesthöhe der Leistung fordern – bspw. mindestens einen Erhalt der aufgewendeten Beiträge757 oder eine über dem Beitragserhalt liegende Verzinsung758 – überzeugen nicht. Weder der Wortlaut des § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG, noch die Gesetzbegründung sprechen vom Erfordernis einer Mindestleistung.759 Zum gleichen Ergebnis kommt eine systematisch-teleologische Betrachtung.760 Eine garantierte Mindesthöhe als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG ist deswegen abzulehnen.761 Allerdings stellte das BAG fest, dass beitragsorientierte Leistungszusagen, die keinerlei Garantie einer bestimmten Leistungshöhe enthalten, die also das Anlagerisiko vollständig auf die Arbeitnehmer übertragen, nicht von § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG erfasst werden.762 Der gleichen Gefahr dürften – unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls – Zusagen unterliegen, deren Garantie weit unter der Summe der geschuldeten Beiträge liegt.763 Sollte die Zusage in den Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB fallen,764 müssen die Wertungen der §§ 307 ff. BGB beachtet werden. Denn nach Ansicht des BAG könnte der Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt sein, wenn im Rahmen einer Gesamtschau die Grundsätze des BetrAVG verletzt werden, bspw. wenn

_____ 756 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 1 Rn. 30. 757 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Kruip/Karst, Teil 6 A, Rn. 114. 758 Karst/Paulweber, BB 2005, 1498, 1500 f. 759 BT-Drucks. 13/8671, 120. 760 Ulbrich/Grote/Britz, BB 2015, 2677, 2679. 761 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1, Rn. 84; Doetsch, BetrAV 2018, 340, 342; Friedrich/Kovac/Werner, BB 2007, 1557, 1561; Ulbrich/Grote/Britz, BB 2015, 2677, 2679 f. 762 BAG, Urt. v. 30.8.2016, 3 AZR 361/15 – BAGE 156, 184 = BeckRS 2016, 74341. 763 Ulbrich/Grote/Britz, BB 2015, 2677, 2680. Doetsch, BetrAV 2018, 340, 342 erachtet eine Mindesthöhe von weniger als 50% der Netto-Beitragssumme für unzulässig. Für eine fondsgebundene Lebensversicherung ohne Garantie ebenfalls kritisch: Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1b, 173; a.A. wohl Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 1 Rn. 32.2. 764 Siehe Rn. 37.

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die Zusage nicht „werthaltig“ ist.765 Das ist dann der Fall, wenn mit der Zusage das Ziel, eine zusätzliche Altersversorgung aufzubauen, nicht erreicht werden kann.766 Ein Abzug der Vertriebs- und Abschlusskosten von der Summe der gezahlten Beiträge beeinträchtigt die „Werthaltigkeit“ der Zusage bei entsprechender zeitlicher Verteilung nach Ansicht des BAG hingegen nicht.767 Dieser Gedanke lässt sich auf die Abziehbarkeit der sonstigen Kosten des Versicherungsvertrags (insbesondere der Verwaltungskosten) übertragen, da entgegenstehende Wertungsgründe nicht ersichtlich sind. Beispiel 5 Beitragsorientierte Leistungszusagen sind aufgrund ihrer weiten Verbreitung in der Praxis äußerst vielfältig ausgestaltet. So könnte die Zusage im Rahmen einer (leistungs-)kongruent rückgedeckten Unterstützungskasse folgendermaßen ausgestaltet sein: Arbeitgeber G ist Trägerunternehmen der Unterstützungskasse U. Der Arbeitnehmer A erhält von G eine Unterstützungskassenzusage auf eine Altersleistung, deren Inhalt sich nach dem Leistungsplan und der Satzung der U richtet. Zur Finanzierung sagt G zu, einen monatlichen Beitrag in Höhe von 45 € an U zu zahlen. Nach der Anmeldung des A bei U versichert diese ihn ihrem Leistungsplan entsprechend durch eine Rückdeckungsversicherung beim Versicherer V. Die Höhe der Altersleistung bestimmt sich laut Leistungsplan nach der Leistung, die sich aus der Rückdeckungsversicherung ergibt. Die konkrete Leistungshöhe wird aus dem Versicherungsschein ersichtlich, den U dem A in Kopie zur Verfügung stellt.

5. Bewertung der beitragsorientierten Leistungszusage768 Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist für die beitragsorientierte Leistungszusage charakte- 495 ristisch, dass im Vergleich zur Leistungszusage nicht nur die versprochene Leistung, sondern auch die dazu erforderlichen Beiträge einschließlich der Leistungsformel Bestandteile der Versorgungsverpflichtung sind. Aus der Perspektive des Arbeitgebers kann sie im Vergleich zur Leistungszusage bspw. den Vorteil haben, ■ dass seine eingegangenen Verpflichtungen besser kalkulierbar sind, da die Leistungshöhe direkt von der Höhe der aufgewendeten Beiträge abhängt, wobei eine flexible Gestaltung der Beitragshöhe und der Beitragszahlungsdauer möglich sind,

_____ 765 Der Begriff der „Werthaltigkeit“ ist nicht zu verwechseln mit dem Gebot der Wertgleichheit gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG. 766 BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 17/09 – BAGE 132, 100 = NZA 2010, 164. 767 BAG vom 15.9.2009 – 3 AZR 17/09 – BAGE 132, 100 = NZA 2010, 164. 768 Die nachfolgend dargestellten Wertungskriterien sind nicht abschließend. Die Vor- und Nachteile hängen darüber hinaus von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, insbesondere von der konkreten Ausgestaltung der Zusage ab. Daneben sind auch steuerrechtliche, sozialversicherungsrechtliche, versicherungsrechtliche, betriebswirtschaftliche, sozialpolitische und weitere Aspekte in Erwägung zu ziehen.

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dass im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens des Arbeitnehmers die Anwartschaftshöhe auf das zu diesem Zeitpunkt vorhandene Versorgungskapital beschränkt ist, § 2 Abs. 5 BetrAVG, dass die Zusage in der Regel einer erhöhten Wertschätzung durch den Arbeitnehmer unterliegt, da der für die Versorgungsleistung erforderliche Aufwand für ihn erkennbar ist.

496 Nachteilig kann es für den Arbeitgeber im Vergleich zur Leistungszusage sein,

dass sich seine Versorgungsverpflichtung auch auf die Erbringung der Beiträge erstreckt, was grundsätzlich seine Freiheit bei der Finanzierung der Zusage eingeschränkt. Für den Arbeitnehmer kann die beitragsorientierte Leistungszusage im Ver497 gleich zur Leistungszusage bspw. den Vorteil haben: ■ dass die Höhe der Leistung von den aufgewendeten Beiträgen abhängt und sich dadurch in der Regel die Leistungsgerechtigkeit und die Transparenz der Zusage erhöhen, ■ dass sich eine Teilhabe am Unternehmenserfolg über die bAV transparenter gestalten lässt. 498 Nachteilig hingegen kann es für den Arbeitnehmer sein, dass im Falle seines vor-

zeitigen Ausscheidens die Anwartschaftshöhe auf das zu diesem Zeitpunkt vorhandene Versorgungskapital beschränkt ist, § 2 Abs. 5 BetrAVG. Allgemein hat die beitragsorientierte Leistungszusage aus arbeitsrechtlicher 499 Sicht im Vergleich zur Leistungszusage u.a. den Vorteil dass sie sich gut für mittelbare, insbesondere für versicherungsförmige Zusagen sowie zur Durchführung einer Entgeltumwandlung eignet.

IV. Beitragszusage mit Mindestleistung 1. Bedeutung und Hintergrund 500 Mit der Einführung der Beitragszusage mit Mindestleistung durch das AVmG769 kam

der Gesetzgeber Forderungen nach einer „Beitragszusage“ nach. Allerdings versah er diese aus sozialpolitischen Erwägungen mit einer Pflicht des Arbeitgebers zur Mindestleistung, so dass es sich bei der Beitragszusage mit Mindestleistung zwar um eine beitragsorientierte Zusage, mit Blick auf die Mindestleistung aber dennoch ebenfalls um eine Leistungszusage handelt.770 Gemeinsam mit dem damals ebenfalls eingeführten Durchführungsweg „Pensionsfonds“ sollte mit der Beitragszusage mit

_____ 769 Altersvermögensgesetz vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310). 770 BT-Drucks. 14/5150, 42.

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Mindestleistung ein Instrument der bAV geschaffen werden, das einerseits dem Arbeitgeber erhöhte Kalkulationssicherheit bietet und andererseits Chancen (und Risiken) der Kapitalanlage stärker auf den Arbeitnehmer verlagert.771 In der Zwischenzeit hat die Beitragszusage mit Mindestleistung in der Praxis große Verbreitung gefunden.

2. Definition Die Beitragszusage mit Mindestleistung ist im BetrAVG detailliert beschrieben. Nach 501 der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG liegt sie vor, wenn sich der Arbeitgeber verpflichtet: ■ Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der bAV an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zu zahlen und ■ für Leistungen zur Altersversorgung das planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der gezahlten Beiträge (Beiträge und die daraus erzielten Erträge) hierfür zur Verfügung zu stellen, ■ mindestens aber die Summe der zugesagten Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden. Eine Beitragszusage mit Mindestleistung kann also nur über Durchführungswege 502 Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds umgesetzt werden. Mit einer Direktzusage oder einer Unterstützungskassenzugsage lässt sie 503 sich nach dem klaren Wortlaut des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG hingegen nicht durchführen.772

3. Zahlung von Beiträgen Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG muss sich der Arbeitgeber im Rahmen einer Bei- 504 tragszusage mit Mindestleistung verpflichten, Beiträge an eine Direktversicherung, eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds zu zahlen. Im Unterschied zur beitragsorientierten Leistungszusage muss es also zu einer tatsächlichen Zahlung der Beiträge kommen.

_____ 771 BT-Drucks. 14/5150, 44. 772 H.M., siehe bspw. Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs § 1, Rn. 92; a.A. Höfer/de Groot/Küpper/Reich/ Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 1 Rn. 53. Zwar lässt sich die Funktionsweise einer Beitragszusage mit Mindestleistung über eine beitragsorientierte Leistungszusage auch mit Direkt- und Unterstützungskassenzusagen nachbilden. Allerdings kommen dann die Regelungen des BetrAVG für die beitragsorientierte Leistungszusage und nicht für die Beitragszusage mit Mindestleistung zur Anwendung.

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Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitgeber einen Versicherungsvertrag/ Pensionsfondsvertrag abschließt. Er muss also ein entsprechendes Deckungsverhältnis zum Versorgungsträger begründen. Die Höhe der zu zahlenden Beiträge ist nach dem BetrAVG nicht vorge506 schrieben, ebenso wie die Dauer der Beitragszahlung. Insoweit kann sinngemäß auf die entsprechenden Ausführungen zur beitragsorientierten Leistungszusage verwiesen werden.773 505

4. Versorgungsleistung 507 Die über eine Beitragszusage mit Mindestleistung zugesagte Versorgungsleistung

kann sich auf sämtliche Leistungsarten i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG (Alter, Invalidität und/oder Tod) erstrecken sowie sämtliche Leistungsformen abdecken. Mit einer Beitragszusage mit Mindestleistung kann also eine Rente (lebenslang oder temporär) mit oder ohne Kapitalwahlrecht, eine Kapitalzahlung (Einmalkapital oder Ratenzahlung) oder ein Auszahlungsplan zugesagt werden.774

a) Leistungshöhe 508 Dem Charakter als beitragsorientierte Zusage entsprechend, bestimmt sich die Höhe

der Versorgungsleistung im Rahmen einer Beitragszusage mit Mindestleistung grundsätzlich nach der Höhe der gezahlten Beiträge.775 Allerdings ist der Arbeitgeber verpflichtet, bei Eintritt des Versorgungsfalles mindestens die Summe der eingezahlten Beiträge für eine bAV zur Verfügung zu stellen. Die Pflicht zur Mindestleistung erstreckt sich ausschließlich auf Leistungen für das biometrische Risiko „Alter“. Das gilt sowohl für die Anwartschafts- als auch für die Leistungsphase. 3 Praxistipp Der Summe der gezahlten Beiträge sind nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG die daraus generierten Erträge hinzuzurechnen. Abgezogen werden dürfen hingegen die sog. Risikobeiträge. Das sind Beiträge, die für die Absicherung der von der Zusage ggf. umfassten Risiken Tod und Invalidität verbraucht werden.776

_____ 773 Siehe Rn. 482 f. 774 Siehe Rn. 210 ff. 775 Zu den in der Praxis verwendeten Beitragshöhen siehe bspw. Rn. 212 f. 776 H. M., siehe bspw. Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 1 Rn. 48; Schlewing/ Henssler/Schipp/Schnitker/Kruip/Karst, Teil 6 A, Rn. 233.

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Das Gesetz regelt nicht, was unter „Zurverfügungstellung“ des Versorgungskapi- 509 tals zu verstehen ist. Der Arbeitgeber dürfte dieser Pflicht nur dann genügen, wenn er dem Versorgungsberechtigten einen Anspruch gegen den durchführenden Versorgungsträger einräumt. Dieser Anspruch muss sich auf die sich aus dem Versorgungskapital ergebende Leistung des Versorgungsträgers (Kapital oder Rente) erstrecken, mindestens aber auf die Leistung, die sich aus der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestsumme nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG ergibt. Zahlt der Arbeitgeber seine zugesagten Beiträge an den richtigen Versorgungsträger, stellt er das Versorgungskapital in der Regel auch „zur Verfügung“.777 Eine Erfüllung seiner Versorgungsverpflichtung erfolgt aber erst, wenn der Versorgungsträger die Leistung zusagegemäß erbringt. Andernfalls steht der Arbeitgeber für ein mögliches Defizit gemäß § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG ein.778

b) Maßstab für die zu garantierende Mindestleistung In der Praxis stellt sich die Frage, ob mit Blick auf die vom Arbeitgeber zu garan- 510 tierenden Mindestsumme von den gezahlten Beiträgen nicht nur die Risikobeiträge, sondern auch die Kosten des Versicherungsvertrags abgezogen werden dürfen.

aa) Vorgabe des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG Der Wortlaut des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG enthält zu dieser Frage keine Aussage. 511 Die Gesetzesbegründung spricht von der Pflicht, „… mindestens die Summe der eingezahlten Beiträge in ihrem Nominalwert auszuzahlen“779, was für eine Mindestsumme in Höhe der Zahlbeiträge, abzüglich der Risikobeiträge, spricht. Allerdings zeigt ein systematischer Blick auf die zeitgleich mit der Beitragszusage mit Mindestleistung eingeführten Förderung gemäß §§ 10a, 82 EStG („Riester“), dass § 1 Abs. 1 Nr. 8 AltZertG780 eine Berücksichtigung der Abschluss- und Vertriebskosten zulässt. Das spricht dafür, dass das auch im Rahmen des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG erlaubt ist. Denn Gründe für eine Ungleichbehandlung insoweit sind nicht ersichtlich. Überdies würde sich andernfalls ein Widerspruch ergeben, wenn „Riester“ – wie vom Gesetzgeber bspw. in § 1a Abs. 3 BetrAVG vorgesehen – als bAV durchge-

_____ 777 H. M. siehe bspw.: Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1 Rn. 92. 778 Siehe zur Einstandspflicht (Verschaffungspflicht) Rn. 683 ff. 779 BT-Drucks. 14/5150, 42. 780 Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz vom 26.6.2001, BGBl. I S. 1310, 1322.

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führt wird.781 Mit Blick auf Sinn und Zweck des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG ist darüber hinaus zu bedenken, dass die Beitragszusage mit Mindestleistung Gestaltungen ermöglichen soll, in deren Rahmen das „eigentliche Anlagerisiko beim Arbeitnehmer liegt“.782 Mit einer Anlage am Kapitalmarkt sind aber stets Kosten (bspw. Abschlussund Verwaltungskosten) verbunden, die erwirtschaftet werden müssen. Auch das spricht dafür, im Rahmen des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG davon auszugehen, dass die Kosten des Versicherungsvertrags in Abzug gebracht werden dürfen.783

bb) Maßstab der §§ 307 ff. BGB 512 Es stellt sich aber darüber hinaus die Frage, ob dies im Einklang mit den Wertun-

gen der §§ 307 ff. BGB steht (sofern diese anwendbar sind).784 Davon ist – unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls – grundsätzlich auszugehen. Auch das BAG erachtet es nicht als unangemessen, wenn die Abschluss- und Vertriebskosten des Versicherungsvertrags die Leistung des Versorgungsberechtigten schmälern.785 5 Beispiel Eine Beitragszusage mit Mindestleistung könnte bspw. folgendermaßen ausgestaltet sein: Arbeitnehmer A erhält vom Arbeitgeber G eine Pensionsfondszusage als Beitragszusage mit Mindestleistung auf eine Altersleistung. G verspricht, zugunsten des A monatlich 100 € an den Pensionsfonds P zu zahlen. Die Altersleistung soll sich nach dem Pensionsplan des P bestimmen. Die garantierte Höhe der Altersleistung wird als Mindestleistung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG zugesagt. Möglicherweise darüber hinausgehende Erträge (Überschüsse) sollen dem Arbeitnehmer ebenfalls zustehen.

5. Abgrenzung zur beitragsorientierten Leistungszusage 513 In der Praxis bereitet es gelegentlich Schwierigkeit, eine Beitragszusage mit Min-

destleistung von einer beitragsorientierten Leistungszusage abzugrenzen. Denn einige Zusagegestaltungen lassen sich sowohl unter den Wortlaut des § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG als auch unter den des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG subsumieren.

_____ 781 Auch das BAG orientiert sich hinsichtlich der in der bAV anzuwendenden Grundsätze der Verteilung der Vertriebs- und Abschlusskosten an § 1 Abs. 1 Nr. 8 Alt ZertG, BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 17/09 – BAGE 132, 100 = BAGE 132, 100. 782 BT-Drucks. 14/5150, 45. 783 Ulbrich/Grote/Britz, BB 2015, 2677, 2678. Für den Verwaltungskostenanteil ebenso: Blomeyer/ Rolfs/Otto/Rolfs, § 1, Rn. 95. 784 Siehe Rn. 37. 785 BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 17/09 – BAGE 132, 100 = NZA 2010, 164.

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Beispiel 5 Das betrifft bspw. eine Direktversicherungszusage auf Altersleistung, zu deren Umsetzung ein konventioneller Lebensversicherungsvertrag verwendet wird.786 Dort verpflichtet sich der Arbeitgeber zur Zahlung eines bestimmten Beitrages, er stellt die Summe der gezahlten Beiträge für eine bAV zur Verfügung und er steht durch die Zusage einer garantierten Verzinsung „mindestens“ für die Höhe der Summe der Beiträge ein (Zinssatz in Höhe des zulässigen Höchstrechnungszinssatzes gemäß § 2 DeckRV). In der Regel werden Direktversicherungszusagen dieses Inhalts als beitragsorientierte Leistungszusagen betrachtet. Sie erfüllen aber nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG auch die Merkmale einer Beitragszusage mit Mindestleistung.

Obgleich sich beide Zusagearten ähnlich sind, müssen sie voneinander abgegrenzt 514 werden, da sie jeweils unterschiedliche gesetzliche Rechtsfolgen nach dem BetrAVG auslösen.787 Sie stehen als (beitragsorientierte) Unterarten der Leistungszusage mit eigenem Anwendungsbereich nebeneinander.788 Allerdings liefert das Gesetzes lediglich ein Abgrenzungskriterium: Gemäß § 1 515 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG darf eine Beitragszusage mit Mindestleistung nur über Direktversicherungs-, Pensionskassen- oder Pensionsfondszusagen umgesetzt werden,789 während eine beitragsorientierte Leistungszusage in allen Durchführungswegen zulässig ist. Eine explizite höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage der Abgrenzung 516 zwischen beiden Zusagearten im Übrigen existiert bislang nicht.790 In der Literatur werden verschiedene Abgrenzungskriterien diskutiert. Der Ansicht, es käme darauf an, ob die geschuldete Höhe der Leistung zum Zeitpunkt der Zusageerteilung bereits genau feststeht oder nicht,791 kann nicht gefolgt werden. Zwar führt die Gesetzesbegründung aus, dass sich die Leistungshöhe einer Beitragszusage mit Mindestleistung erst bei Eintritt des Versorgungsfalls exakt bestimmen lasse.792 Daraus kann aber nicht geschlussfolgert werden, dass sämtliche Zusagen, die variable, zum Zeitpunkt der Zusageerteilung noch nicht exakt vorhersehbare Leistungsbestandteile (bspw. eine Beteiligung an den Überschüssen) versprechen, als Beitragszusagen mit Mindestleistung zu betrachten sind. Denn auch im Rahmen einer beitragsorientierten Leistungszusage ist es – zumindest in den versicherungsförmigen

_____ 786 Siehe zum Begriff Rn. 400. 787 Siehe Rn. 468. 788 Langohr-Plato, BetrAV 2018, 444, 451; Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Kruip/Karst, Teil 6 A Rn. 225; Ulbrich/Grote/Britz, BB 2015, 2677, 2680. 789 Siehe Rn. 502 f. 790 Unergiebig insoweit: BAG, Urt. v. 10.2.2015 – 3 AZR 65/14 – BeckRS 2015, 68735. 791 ErfK/Steinmeyer, BetrAVG § 1 Rn. 16. 792 BT-Drucks. 14/5150, 42.

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Durchführungswegen – nicht zwingend erforderlich, dass die genaue Höhe der Leistung bereits zu diesem Zeitpunkt feststeht.793 Andere Stimmen der Literatur sehen die Höhe der zugesagten Verzinsung der 517 Beiträge als entscheidendes Abgrenzungskriterium. So soll im Unterschied zu einer beitragsorientierten Leistungszusage eine Beitragszusage mit Mindestleistung dann vorliegen, wenn lediglich eine „Nullverzinsung“, also ein Erhalt der erbrachten Beiträge versprochen wird.794 Wird eine höhere Verzinsung garantiert, soll es sich um eine beitragsorientierte Leistungszusage handeln.795 Am sinnvollsten erscheint es, zur Abgrenzung beider Zusagearten darauf abzu518 stellen, wer welches Kapitalanlagerisiko trägt.796 Im Rahmen einer Beitragszusage mit Mindestleistung ist das der Arbeitgeber insoweit, als er die Mindestleistung nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG garantieren muss. Alle davon abweichenden Risikoverteilungen der Kapitalanlage sind grundsätzlich als beitragsorientierte Leistungszusagen zu betrachten. Dabei wird der erste Anknüpfungspunkt zur Frage der Risikoverteilung in der Tat die Höhe der garantierten Verzinsung sein. Es ist darüber hinaus aber eine wertende Gesamtschau vorzunehmen,797 in die sämtliche Parameter der Zusage einzubeziehen sind. So kann bspw. auch ein bereits zum Zusagezeitpunkt feststehender Verrentungsfaktor, die Verteilung des Kapitalanlagerisikos zu Lasten des Arbeitgebers beeinflussen. 3 Praxistipp Für die Praxis kann auf Basis des letztgenannten Ansatzes eine Einteilung nach Fallgruppen erfolgen. Sofern alle weiteren Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG und des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG erfüllt sind, kann die Abgrenzung in der Regel folgendermaßen erfolgen: ■ Die garantierte Leistungshöhe liegt oberhalb der Mindestleistung gemäß 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG: Es handelt sich stets um eine beitragsorientierte Leistungszusage.798 ■ Die garantierte Leistungshöhe liegt exakt auf dem Niveau der Mindestleistung gemäß 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG: Es handelt sich stets um eine Beitragszusage mit Mindestleistung.799 ■ Die garantierte Leistungshöhe liegt unterhalb der Mindestleistung gemäß 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG: Es handelt sich stets um eine beitragsorientierte Leistungszusage.

_____ 793 Rn. 487 ff.; BAG, Urt. v. 30.8.2016, 3 AZR 361/15 – BAGE 156, 184 = BeckRS 2016, 74341; Doetsch; BetrAV 2018, 340, 341. 794 Karst/Paulweber, BB 2005, 1498, 1500. 795 Blumenstein in: FS Kemper, 2005, 25, 29. 796 Karst/Paulweber, BB 2005, 1498, 1499; Ulbrich/Grote/Britz, BB 2015, 2677, 2680. 797 Langohr-Plato/Teslau, BetrAV, 2006, 503, 508. 798 Langohr-Plato/Teslau, BetrAV 2006, 503, 506 ff.; Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Kruip/ Karst, Teil 6 A Rn. 225; Ulbrich/Grote/Britz, BB 2015, 2677, 2680.; a.A. Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1, Rn. 98; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 1 Rn. 44; Doetsch in: FS Höfer 2011, 23; ErfK/Steinmeyer, BetrAVG § 1 Rn. 17. 799 Im Ergebnis wie hier: Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Kruip/Karst, Teil 6 A Rn. 223 ff.

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Im Ergebnis dürfte also in den meisten Zweifelsfällen eine beitragsorientierte Leis- 519 tungszusage vorliegen. Der Anwendungsbereich der Beitragszusage mit Mindestleistung hingegen erfasst lediglich das schmale Segment solcher Zusagen, bei denen sich das Kapitalanlagerisiko des Arbeitgebers ausschließlich auf die Mindestleistung des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG bezieht.

6. Bewertung der Beitragszusage mit Mindestleistung800 Aus arbeitsrechtlicher Sicht weist die Beitragszusage mit Mindestleistung gegenüber 520 der Leistungszusage zunächst die gleichen Vor- und Nachteile auf wie die beitragsorientierte Leistungszusage.801 Im Vergleich zur beitragsorientierten Leistungszusage hat die Beitragszusage mit Mindestleistung aus der Perspektive des Arbeitgebers grundsätzlich die Vorteile: ■ dass das Kapitalanlagerisiko, abgesehen von der zu erbringenden Mindestleistung, beim Arbeitnehmer liegt, ■ dass ihn keine Anpassungsprüfungspflichten für laufende Leistungen treffen, § 16 Abs. 3 Nr. 3 BetrAVG. Nachteilig ist für den Arbeitgeber in diesem Rahmen bspw.: 521 ■ dass sich im Fall eines vorzeitigen Ausscheidens des Arbeitnehmers die Anwartschaftshöhe zwar auf das zu diesem Zeitpunkt vorhandene Versorgungskapital beschränkt, der Arbeitgeber allerdings bei Eintritt des Versorgungsfalles für eine Mindestleistung auf Basis der Summe der bis zum Ausscheiden zu zahlenden Beiträge einstehen muss, § 2 Abs. 6 BetrAVG, ■ dass er im Unterschied zur beitragsorientierten Leistungszusage für eine gesetzlich vorgegebene Mindestleistung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG einzustehen hat. Aus Sicht des Arbeitnehmers stellen sich die Vor- und Nachteile einer Beitragszu- 522 sage mit Mindestleistung im Vergleich zur beitragsorientierte Leistungszusage spiegelbildlich zu denen des Arbeitgebers dar. Hinzuzufügen ist der Vorteil, dass der Arbeitnehmer jenseits der Mindestleistung nicht nur das Kapitalanlagerisiko trägt, sondern auch die Chance hat, stärker an positiven Entwicklungen des Kapitalmarktes zu partizipieren.

_____ 800 Die nachfolgend dargestellten Wertungskriterien sind nicht abschließend. Die Vor- und Nachteile hängen darüber hinaus von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, insbesondere von der konkreten Ausgestaltung der Zusage ab. Daneben sind auch steuerrechtliche, sozialversicherungsrechtliche, versicherungsrechtliche, betriebswirtschaftliche, sozialpolitische und weitere Aspekte in Erwägung zu ziehen. 801 Siehe Rn. 495 ff.

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V. Reine Beitragszusage 1. Bedeutung und Hintergrund 523 Mit dem BRSG802 wurde mit Wirkung zum 1.1.2018 eine weitere Zusageart, die reine

Beitragszusage, in das BetrAVG eingeführt. Sie reduziert die betriebsrentenrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers im Wesentlichen auf die Zahlung von Beiträgen und den Abschluss eines Versicherungsvertrags zugunsten des Versorgungsberechtigten mit einem Versorgungsträger gemäß §§ 22 ff. BetrAVG. Die Versorgungsleistung hingegen schuldet allein der Versorgungsträger, über den die bAV durchgeführt wird. Der Arbeitnehmer hat also gegen den Arbeitgeber – im Unterschied zu den anderen Zusagearten – insoweit keinen Erfüllungsanspruch, da § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG keine Anwendung findet, § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG. Mit der reinen Beitragszusage und den sie ergänzenden Regelungen soll die Verbreitung der bAV durch sog. Sozialpartnermodelle insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) und unter Geringverdienern gefördert werden.803 Ob dies gelingt, wird sich zeigen müssen. Aktuell jedenfalls existieren über zwei Jahre nach Inkrafttreten des BRSG in der Praxis erst wenige reine Beitragszusagen von eher untergeordneter Bedeutung.

2. Definition 524 Eine reine Beitragszusage liegt gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG vor, wenn: ■ ■

der Arbeitgeber durch Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet wird, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der bAV an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung nach § 22 BetrAVG zu zahlen.

525 Ebenso wie eine Beitragszusage mit Mindestleistung kann eine reine Beitragszusage

nur über die versicherungsförmigen Durchführungswege Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds umgesetzt werden. Mit einer Direktzusage oder einer Unterstützungskassenzugsage lässt sie sich hingegen nicht durchführen.

3. Tarifvertraglicher Rahmen 526 Die reine Beitragszusage darf gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG ausschließlich über

einen Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrages in Betriebs- oder Dienstvereinbarungen umgesetzt werden. Das soll nach Ansicht des Gesetzgebers – insbe-

_____ 802 Gesetz zur Stärkung der bAV und zur Änderung anderer Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz) vom 17.8.2017, BGBl. I 3214. 803 BT-Drucks. 18/11286, 31.

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D. Zusagearten der bAV

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sondere vor dem Hintergrund des Garantieverbots gemäß § 22 Abs. 1 BetrAVG804 – die Gewähr für sozial ausgewogene Lösungen bieten.805 Durch tarifliche Branchenlösungen sollen darüber hinaus die Komplexität und der Verwaltungsaufwand der bAV sinken.806 Besteht ein solcher Tarifvertrag, werden davon aber nur tarifgebundene Arbeit- 527 geber und Arbeitnehmer erfasst (beiderseitige Tarifbindung), § 4 Abs. 1 TVG. Denn aufgrund des Entgeltcharakters der bAV handelt es sich dabei nicht lediglich um betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen,807 so dass eine einseitige Tarifbindung des Arbeitgebers nach § 3 Abs. 2 TVG nicht ausreicht. Anders liegt der Fall, wenn es aufgrund einer entsprechenden Klausel im Tarif- 528 vertrag zum Abschluss einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung über die Erteilung einer reinen Beitragszusage kommt. Hier ist nur die Tarifbindung des Arbeitgebers entscheidend. Durch die unmittelbare und zwingende Wirkung einer Betriebsvereinbarung werden sämtliche Arbeitnehmer von ihr erfasst, § 77 Abs. 4 S. 1 BetrVG.

a) Beteiligung Nichttarifgebundener Da die Tarifbindung in der Zielgruppe KMU sowie Geringverdiener besonders nied- 529 rig ist, wurden zu Recht Zweifel daran geäußert, ob sich mit tariflichen Lösungen die angestrebte Verbreitung der bAV tatsächlich erreichen lässt.808 Um den Anwendungsbereich der reine Beitragszusage auch auf Nichttarifgebundene zu erstrecken, steht zwar grundsätzlich das Mittel der Allgemeinverbindlichkeitserklärung gemäß § 5 Abs. 1 TVG zur Verfügung.809 Allerdings dürfte es insoweit – wenn überhaupt – nur in Ausnahmefällen zum Tragen kommen.810 Deswegen ist es gemäß § 24 BetrAVG Nichttarifgebundenen möglich, sich einem „einschlägigen“ Tarifvertrag anzuschließen. Einschlägig ist ein Tarifvertrag dann, wenn er räumlich, zeitlich, betrieblich-fachlich und persönlich zwischen den jeweiligen Arbeitsvertragsparteien gälte, wären sie tarifgebunden.811

_____ 804 Siehe Rn. 538 ff. 805 BT-Drucks. 18/12286, 42. 806 Hanau/Arteaga, 4. 807 Zu Vergütungsordnungen: BAG, Urt. v. 14.4.2015 – 1 ABR 66/13 – BAGE 151, 212 = NZA 2015, 1077. 808 BT-Drucks. 18/12612, 22; Ulbrich, BB 2017, S. 2423, 2424 f. Nur 15% der Arbeitgeber in Deutschland sind tarifgebunden und die Tarifbindungsquote unter Arbeitnehmern ist in KMU besonders gering, s. Kiesewetter/Grom/Menzel/Tschinkl, BetrAV 2016, 650, 650. 809 Eine Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1a Nr. 2 TVG insoweit wird zu Recht abgelehnt: Blomeyer/ Rolfs/Otto/Rolfs, § 1, Rn. 116; ErfK/Steinmeyer, BetrAVG, § 1, Rn. 18. 810 Hanau NZA 2016, S. 577, 581; Ulbrich, BB 2016, 2363, 2364. 811 BT-Drucks. 18/11286, 47.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

3 Fettnapf Damit das auch umgesetzt werden kann, „sollen“ die Tarifvertragsparteien Nichttarifgebundenen die Nutzung tariflicher Lösungen nicht verwehren, § 21 Abs. 3 S. 1 BetrAVG. Allerdings führt die Nichtbeachtung der Vorschrift nicht zur Unwirksamkeit des Tarifvertrags oder zu Haftungsfolgen für die Tarifvertragsparteien.812 Darüber hinaus „dürfen“ die Tarifvertragsparteien den durchführenden Versorgungseinrichtungen keine sachlich unbegründeten Vorgaben zur Aufnahme von Nichttarifgebundenen machen, § 21 Abs. 3 S. 2 BetrAVG. Nachteilige Sonderkonditionen bspw. in Form einer „Eintrittsgebühr“ sind also unzulässig, sofern sie nicht sachlich gerechtfertigt sind.813 Allerdings sind die Versorgungsträger gesetzlich nicht verpflichtet, Nichttarifgebundene aufzunehmen.

b) Beteiligung der Tarifvertragsparteien an der Durchführung 530 Enthält ein Tarifvertrag eine reine Beitragszusage, so müssen sich die Tarifvertragsparteien gemäß § 21 Abs. 1 BetrAVG an der Steuerung und Durchführung der Regelungen beteiligen.814 Vorstellbar ist es insoweit, dass sie zur Umsetzung ihres Tarifvertrags eine eigene Versorgungseinrichtung (als gemeinsame Einrichtung gemäß § 4 Abs. 2 TVG) gründen. In der Praxis wird dies wohl aber wegen der hohen Hürden zur Gründung eines Versicherungsunternehmens, eines Pensionsfonds oder einer Pensionskasse eher selten der Fall sein. Vielmehr werden die Tarifvertragsparteien in der Regel bereits bestehende Versorgungseinrichtungen nutzen. Allerdings regelt das Gesetz nicht, welchen Inhalt und welchen Umfang die 531 erforderliche Mitwirkung der Tarifvertragsparteien haben muss. Es müssen aber jedenfalls hinreichende Einflussmöglichkeiten auf das Betriebsrentensystem und dessen Steuerung bestehen.815 Das soll der Fall sein, wenn die Tarifvertragsparteien im Aufsichtsrat oder in anderen spezifischen Gremien der Versorgungseinrichtung vertreten sind.816 Zumindest eine Mitgliedschaft im Aufsichtsrat dürfte in der Praxis aber auf Hürden stoßen. In einem Gremium, das sich ausschließlich mit der Kapitalanlage der reinen Beitragszusage befasst, wäre eine entsprechende Beteiligung jedoch grundsätzlich vorstellbar.817 In jedem Falle jedoch sind die aufsichtsrechtlichen Vorschriften zur fachlichen und persönlichen Eignung gemäß § 24 VAG der betreffenden Personen zu beachten. Die Tarifvertragsparteien können sich bei der Erfüllung ihrer Pflichten nach § 21 BetrAVG aber auch Dritter bedienen, die sie bei der Erfüllung ihrer Beteiligungspflicht vertreten.818

_____ 812 BT-Drucks. 18/12612, 31. 813 BT-Drucks. 18/12612, 31. 814 Siehe dazu auch Kap. 12 Rn. 227 f. 815 BT-Drucks. 18/11286, 45. 816 BT-Drucks. 18/11286, 45. 817 Gemäß § 244c VAG i.V.m. §§ 33 ff. PFAV ist für die Zwecke einer reinen Beitragszusage ein separater Anlagestock bzw. ein separates Sicherungsvermögen zu bilden, siehe Kap. 6 Rn. 135 ff. 818 BT-Drucks. 18/11286, 45.

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c) Verhältnis zu bereits bestehenden bAV-Systemen Um zu verhindern, dass neue tarifliche Lösungen in Form reiner Beitragszusagen 532 bereits bestehende bAV-Systeme beschädigen – vor dem Hintergrund der §§ 87 Abs. 1 BetrVG, 77 Abs. 3 BetrVG gilt das insbesondere für Zusagen auf betrieblicher Ebene (Betriebsvereinbarungen) – appelliert § 21 Abs. 2 S. 1 BetrAVG an die Tarifvertragsparteien, dass sie insoweit angemessene Lösungen finden „sollen“. Das könnte bspw. über eine Klausel erfolgen, die das Verhältnis des Tarifvertrags zu bereits bestehenden bAV-Systemen regelt. Des Weiteren „müssen“ die Tarifvertragsparteien nach § 21 Abs. 2 S. 2 BetrAVG 533 prüfen, ob auf der Grundlage einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung – oder, wenn ein Betriebs- oder Personalrat nicht besteht, durch schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer – festgelegte Beiträge anstatt für die reine Beitragszusage für eine andere Zusageart nach dem BetrAVG verwendet werden dürfen. Praxistipp 3 Auch hier stellen sich in der Praxis Fragen. Zunächst verwundert es, dass § 21 Abs. 2 S. 1 BetrAVG als Grundnorm ein „Sollen“ enthält, die spezielle Ausformung in S. 2 hingegen ein „Müssen“. Abgesehen davon wird man hier wohl davon ausgehen müssen, dass der Gesetzgeber den Tarifvertragsparteien das Recht einräumen wollte, durch eine Öffnungsklausel in einem Tarifvertrag zu einem Sozialpartnermodell auf betrieblicher Ebene auch die herkömmliche bAV zuzulassen.

4. Zahlung von Beiträgen a) Zahlung an einen Versorgungsträger Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG muss sich der Arbeitgeber im Rahmen der rei- 534 nen Beitragszusage gegenüber dem Arbeitnehmer verpflichten, Beiträge in der zugesagten Höhe zur Finanzierung einer bAV an eine Direktversicherung, eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds zu zahlen. Um diese Verpflichtung erfüllen zu können, ist die Existenz eines entsprechenden Versicherungsvertrags/Pensionsfondsvertrags erforderlich. Der Arbeitgeber hat also die Verpflichtung, einen entsprechenden Vertrag zugunsten des Versorgungsberechtigten und/oder seine Hinterbliebenen abzuschließen. Dadurch wird der Arbeitgeber Versicherungsnehmer.819 Etwas anderes gilt nur, wenn eine reine Beitragszusage über eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach § 4 Abs. 2 TVG durchgeführt wird. Dann kann im Falle einer Direktversicherungszusage diese als Versicherungsnehmerin an die Stelle des Arbeitgebers treten, § 21 Abs. 4 BetrAVG.

_____ 819 Zu möglichen Besonderheiten einer Pensionskassenzusage siehe Rn. 418.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Mit dem Abschluss des Versicherungsvertrags und der Zahlung der versprochenen Beiträge erlischt die Verpflichtung des Arbeitgebers aus einer reine Beitragszusage gegenüber dem Versorgungsberechtigten (sog. pay-and-forget-Prinzip). Zur Erbringung einer Versorgungsleistung ist er nicht verpflichtet.

b) Höhe der Beiträge und Dauer der Beitragszahlung 536 Die Höhe der im Rahmen einer reinen Beitragszusage zu erbringenden Beiträge

ist – ebenso wie für die beitragsorientierte Leistungszusage und die Beitragszusage mit Mindestleistung – gesetzlich nicht vorgeschrieben. Sie wird sich aus den tarifvertraglichen Bestimmungen ergeben. Das Gleiche gilt für die Dauer der Beitragszahlung. Insoweit kann sinngemäß auf die entsprechenden Ausführungen zur beitragsorientierten Leistungszusage verwiesen werden.820

5. Versorgungsleistung a) Leistungsart und Leistungsform 537 Mit einer reinen Beitragszusage können sämtliche Leistungsarten i.S.d. § 1 Abs. 1

S. 1 BetrAVG (Alter, Invalidität und/oder Tod) abgedeckt werden. Eine Besonderheit besteht aber hinsichtlich der Leistungsform. § 22 Abs. 1 S. 1 BetrAVG verlangt eine laufende Leistung, Einmalkapitalzahlungen sind also nicht zulässig. Da aber § 244b Abs. 1 Nr. 2 VAG nur „Altersversorgungsleistungen“ erfasst, spricht einiges dafür, dass Leistungen bei Invalidität und/oder Tod von diesem Gebot nicht erfasst sind.821 Darüber hinaus ist der Begriff der laufenden Leistung in § 22 Abs. 1 S. 1 BetrAVG nicht definiert. Die für die reine Beitragszusage relevante aufsichtsrechtliche Regelung des § 37 Abs. 1 PFAV spricht jedoch von einer „Verrentung des bei Rentenbeginn vorhandenen Versorgungskapitals“. Es bestehen also gute Gründe für die Annahme, dass im Rahmen einer reinen Beitragszusage nur Rentenzahlungen, nicht aber auch gestreckte Kapitalzahlungen (Ratenzahlungen) oder Auszahlungspläne zulässig sind.822

b) Leistungshöhe 538 Dem Charakter der reinen Beitragszusage als beitragsorientierte Zusage entspre-

chend, bestimmt sich die Höhe der Versorgungsleistung entscheidend nach der Höhe der gezahlten Beiträge. Die konkrete Leistungshöhe ergibt sich gemäß § 22

_____ 820 Siehe Rn. 482 f. 821 Siehe Kap. 6 Rn. 134. 822 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1b, Rn. 14.

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Abs. 1 S. 1 BetrAVG nach dem planmäßig dem Versorgungsberechtigten zuzurechnenden Versorgungskapital. Neben der Summe der gezahlten Beiträge sind die daraus erzielten Erträgen und die vom Versorgungsträger verwendeten Berechnungsgrundlagen leistungsbestimmend. Bei der Verrentung sind die planmäßigen Verwaltungskosten der Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen, § 37 Abs. 1 S. 2 PFAV. Eine bestimmte Leistungshöhe – auch eine Mindestleistung – ist im Rahmen einer reinen Beitragszusage nicht vorgeschrieben. Gemäß § 22 Abs. 1 S. 2 BetrAVG ist die Garantie einer bestimmten Leistungshöhe sogar verboten (Garantieverbot). An die Stelle einer garantierten (Mindest-)Höhe, wie für die Beitragszusage mit Mindestleistung erforderlich,823 tritt im Rahmen der reinen Beitragszusage eine sog. Zielrente. Diese stellt eine bestimmte Leistungshöhe nur in Aussicht, garantiert sie aber eben nicht. Mit dem – durchaus umstrittenen824 – Garantieverbot soll insbesondere eine ertragreichere Anlagepolitik als in der herkömmlichen bAV ermöglicht werden, die im Ergebnis zu höheren Rentenleistungen führen soll.825 Das Garantieverbot gilt sowohl für die Anwartschafts- als auch für die Rentenphase, was auch die Möglichkeit einer Kürzung laufender Rentenleistungen einschließt. Ein Verstoß gegen das Garantieverbot dürfte allerdings nicht zur Unwirksamkeit der Zusage führen, sondern es müsste im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ermittelt werden, welche zulässige Zusageart nach dem BetrAVG erteilt werden sollte.826 Das kann eine beitragsorientierte Leistungszusage oder eine Beitragszusage mit Mindestleistung sein.827 Das arbeitsrechtliche Garantieverbot hat in § 244b Abs. 1 Nr. 1 VAG ein aufsichtsrechtliches Pendant. Dieses gilt auch für Versorgungseinrichtungen, die ihren Sitz nicht in Deutschland haben und allein der Versicherungsaufsicht ihres Sitzstaates unterliegen, sofern eine deutschem Recht unterfallende arbeitsrechtliche Zusage über sie durchgeführt wird. Des Weiteren bestehen spezielle versicherungsaufsichtsrechtliche Regelungen für die reine Beitragszusage, die das durch die fehlenden Garantien bestehende Risiko einer Volatilität der Leistungshöhe und insbesondere das Risiko von Rentenkürzungen abfedern sollen, §§ 244a ff. VAG i.V.m. §§ 33 ff. PFAV, insbesondere § 38 PFAV. Da eine Anpassungsprüfungspflicht gemäß § 16 BetrAVG für die reine Beitragszusage nicht besteht, § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG, erfolgt die Anpassung der Versorgungsleistung ausschließlich nach versicherungsrechtlichen Maßstäben.

_____ 823 Siehe Rn. 508 ff. 824 Siehe Ulbrich, BB 2017, 2423, 2424. 825 Siehe bspw.: Goecke, BetrAV 2016, S. 653, 653 ff; BT-Drucks. 18/12612, 21. 826 Siehe Rn. 44. 827 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1b, Rn. 14 sieht in diesen Fällen stets eine Beitragszusage mit Mindestleistung.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Wenn der Kapitaldeckungsgrad der Versorgung 125% übersteigt, ist gemäß §§ 36 Abs. 2, 38 Abs. 1 PFAV die Rentenleistung zu erhöhen. Allerdings darf der Kapitaldeckungsgrad dadurch nicht unter 110% fallen, § 38 Abs. 2 PFAV. Fällt er unter 100%, so ist gemäß § 38 Abs. 1 PFAV die laufende Rente abzusenken, bis mindestens wieder ein Kapitaldeckungsgrad von 100% erreicht ist. 3 Praxistipp Der Abschluss einer Rückdeckungsversicherung, die Garantien enthält, zur Finanzierung einer reinen Beitragszusage ist der Versorgungseinrichtung weder nach BetrAVG noch nach VAG untersagt. Ob ein solches Vorgehen, das der Grundidee der reinen Beitragszusage widerspräche, sinnvoll ist, muss nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden.

6. Weitere spezielle Regelungen des BetrAVG 543 Die fehlende Leistungsverpflichtung des Arbeitgebers im Rahmen einer reinen

Beitragszusage ist sowohl sozialpolitisch als auch rechtlich eine tiefgreifende systematische Abweichung von der herkömmlichen bAV. Deswegen musste ein Großteil der bislang geltenden Vorschriften des BetrAVG, die an den Arbeitgeber adressiert sind, für die reine Beitragszusage als unanwendbar erklärt werden. Das sind nach § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG: ■ § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG: Einstandspflicht des Arbeitgebers für die Versorgungsleistung, ■ § 1a Abs. 4 S. 2 BetrAVG: Einstandspflicht des Arbeitgebers auch für die Leistungen aus eigenen Beiträgen des Arbeitnehmers, die dieser in einem Zeitraum leistet, in dem er bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis kein Entgelt erhält, ■ § 1b BetrAVG: Unverfallbarkeit einer Anwartschaft dem Grunde nach gemäß Abs. 1, Sonderregelungen zu Entgeltumwandlungen gemäß Abs. 5, ■ § 2 BetrAVG: Unverfallbarkeit einer Anwartschaft der Höhe nach, ■ § 2a BetrAVG: Veränderungssperre und Dynamisierung der Anwartschaft, ■ § 3 BetrAVG: Abfindungsverbot von gesetzlich unverfallbaren Anwartschaften und laufenden Leistungen, ■ § 4 Abs. 1 bis 3, 5, 6 BetrAVG: Übertragung und Übernahme einer unverfallbaren Anwartschaft, ■ § 5 BetrAVG: Auszehrungs- und Anrechnungsverbot, ■ § 6 BetrAVG: Anspruch auf vorzeitige Altersleistung, ■ §§ 7 ff. BetrAVG: Insolvenzsicherung durch den PSVaG, ■ § 16 BetrAVG: Anpassung laufender Leistungen. 544 Die vorgenannten Regelungen werden durch spezielle, auf die Besonderheiten der

reinen Beitragszusage zugeschnittene Vorschriften der §§ 22 ff. BetrAVG ersetzt. Diese sind – entsprechend der Konzeption der reinen Beitragszusage – grundsätzlich an den durchführenden Versorgungsträger als einzigen Leistungsschuldner des Ulbrich

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Arbeitnehmers gerichtet und nicht tarifdispositiv. Im Einzelnen geht es um Folgendes: Anwartschaften auf Altersleistung (arbeitgeberfinanziert oder durch Entgeltumwandlung finanziert): Anwartschaften auf eine Altersleistung aus einer reinen Beitragszusage sind bei einem vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers sofort unverfallbar (§ 22 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG); zur Unverfallbarkeit von Anwartschaften auf Risikoleistungen (Invalidität und Tod) hingegen ist nichts geregelt, so dass insoweit eine gesetzliche Regelungslücke besteht.828 Erträge nach vorzeitigem Ausscheiden: Im Falle eines Ausscheidens des Arbeitnehmers mit unverfallbaren Anwartschaften vor Eintritt des Versorgungsfalles (vorzeitiges Ausscheiden) müssen ihm die Erträge der Versorgungseinrichtung weiterhin zugutekommen, § 22 Abs. 2 S. 2 BetrAVG. Fortsetzung mit eigenen Beiträgen: Nach einem vorzeitigem Ausscheiden hat der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, die Versorgung mit eigenen Beiträgen fortzusetzen, § 22 Abs. 3 Nr. 1a BetrAVG. Übertragungs-, Beleihungs-, Veräußerungs- und Verwertungsverbot: Bestehende Anwartschaften aus einer reinen Beitragszusage dürfen vom Versorgungsberechtigten nicht übertragen, beliehen oder veräußert werden, § 22 Abs. 4 S. 1 BetrAVG. Vor Eintritt des Versorgungsfalles darf eine Anwartschaft aus einer reinen Beitragszusage nicht verwertet werden, § 22 Abs. 4 S. 2 BetrAVG. Allerdings kann die Versorgungseinrichtung Anwartschaften – ebenso wie laufende Leistungen – bis zu der Wertgrenze des § 3 Abs. 2 S. 1 BetrAVG abfinden, wobei § 3 Abs. 2 S. 2 BetrAVG entsprechend gilt, § 22 Abs. 4 S. 3 BetrAVG.829 Übertragung einer reinen Beitragszusage: Scheidet der Arbeitnehmer vorzeitig aus, so hat er – als Ausnahme vom Übertragungsverbot – das Recht, innerhalb eines Jahres das gebildete Versorgungskapital auf eine neue Versorgungseinrichtung zu übertragen, wenn der neue Arbeitgeber ebenfalls eine reine Beitragszusage erteilt, § 22 Abs. 3 Nr. 1b BetrAVG.830 Übertragung einer herkömmlichen bAV: Der Arbeitnehmer hat auch dann einen Anspruch auf Übertragung seiner Anwartschaften, wenn er aus einer herkömmlichen bAV zu einem Arbeitgeber wechselt, der eine reine Beitragszusage anbietet, § 4 Abs. 3 S. 1 BetrAVG. Ist der neue Arbeitgeber bei einem solchen Wechsel zu einer Durchführung über die reine Beitragszusage bereit, so muss die bAV dort durchgeführt werden, auch wenn der Arbeitgeber gleichzeitig noch eine herkömmlicher bAV anbietet, § 4 Abs. 3 S. 5 BetrAVG.831 Bei einem Wechsel von einem Arbeit-

_____ 828 Das soll den Tarifvertragsparteien Spielraum für Lösungen im Sinne der Beschäftigten eröffnen, BT-Drucks. 18/11286, 45, siehe dazu auch Ulbrich, BB 2017, 2423, 2425 sowie Kap. 8 Rn. 48. 829 Siehe im Detail Kap. 8 Rn. 140 ff. 830 Siehe im Detail Kap. 8 Rn. 495 ff. 831 Siehe im Detail Kap. 8 Rn. 498 ff.

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geber mit reiner Beitragszusage zu einem Arbeitgeber mit herkömmlicher bAV besteht hingegen kein Übertragungsanspruch.832 Auskunftsanspruch: Insoweit sind die Vorschriften der herkömmlichen bAV (4a BetrAVG)833 auf die reine Beitragszusage entsprechend anwendbar, § 22 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG. Allerdings richten sich auch diese Ansprüche gegen die Versorgungseinrichtung und nicht wie in der herkömmlichen bAV gegen den Arbeitgeber. Anspruch auf vorzeitige Altersleistung: Hier gilt gemäß § 22 Abs. 3 Nr. 3 BetrAVG i.V.m. § 6 BetrAVG das im vorstehenden Absatz Gesagte entsprechend. Sicherungsbeitrag: Nach § 23 Abs. 1 BetrAVG „soll“ zur Absicherung der reinen Beitragszusage im Tarifvertrag ein Sicherungsbeitrag vereinbart werden.834 Durch den Sicherungsbeitrag wird – vereinfachend dargestellt – ein höherer Beitrag zur bAV vereinbart, als es kalkulatorisch erforderlich wäre, um die angestrebte Zielrente zu erreichen. Die Vorschrift dient also dazu, die Zielrente abzusichern, insbesondere um Rentenkürzungen zu vermeiden.835 Da es sich bei § 23 Abs. 1 BetrAVG lediglich um eine Sollvorschrift handelt, hat ihre Nichtbefolgung allerdings weder Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Tarifvertrags, noch Haftungsfolgen für die tarifschließenden Parteien.836 Weitergabe der ersparten Sozialversicherungsbeiträge bei Entgeltumwandlung: Erfolgt die Finanzierung der reinen Beitragszusage durch Entgeltumwandlung, so muss der Arbeitgeber gemäß § 23 Abs. 2 BetrAVG zusätzlich zum zugesagten Beitrag einen Zuschuss von 15% des umgewandelten Entgelts bereitstellen, soweit er durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart. Ein höherer Prozentsatz als in § 23 Abs. 2 BetrAVG beschrieben, kann vereinbart werden, § 19 Abs. 3 BetrAVG.837 § 23 Abs. 2 BetrAVG ist inhaltsgleich mit dem für die herkömmliche bAV (für die Durchführungswege Pensionsfonds, Pensionskasse und Direktversicherung) geltenden, § 1a Abs. 1a BetrAVG.838 Gesetzlicher Anspruch auf Entgeltumwandlung: Für den Fall, dass ein Arbeitgeber neben einer herkömmlichen bAV auch eine reine Beitragszusage anbietet, kann er den Arbeitnehmer bei Geltendmachung dessen gesetzlichen Anspruchs auf Entgeltumwandlung839 auf die reine Beitragszusage verweisen, § 1a Abs. 1 S. 3 BetrAVG.

_____ 832 Siehe auch Ulbrich, BB 2017, 2423, 2425 ff. 833 Siehe dazu Rn. 740 ff. und Kap. 8 Rn. 146. 834 Dieser ist gemäß § 3 Nr. 63a EStG steuerfrei, soweit er nicht unmittelbar dem einzelnen Arbeitnehmer gutgeschrieben oder zugerechnet wird, siehe auch Kap. 2 Rn. 133. 835 BT-Drucks. 18/11286, 46, siehe auch § 35 Abs. 3 PFAV. 836 BT-Drucks. 18/11286, 46. 837 BT-Drucks. 18/12612, S. 32; a.A. Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 23 Rn. 11. 838 Siehe Rn. 727. 839 Siehe Rn. 713 ff.

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Beispiel 5 Eine reine Beitragszusage könnte bspw. folgendermaßen ausgestaltet sein: In einem Tarifvertrag wird vereinbart, dass die vom Geltungsbereich erfassten Arbeitgeber zugunsten ihrer Arbeitnehmer eine Altersleistung über eine arbeitgeberfinanzierte reine Beitragszusage einrichten. Dazu haben sie jeweils Versicherungsverträge bei einem Konsortium von Lebensversicherern für ein Produkt abzuschließen, das die Anforderungen des § 22 BetrAVG und der §§ 244a ff. VAG i.V.m. §§ 33 ff. PFAV erfüllt. Weiterhin wird die Höhe des zu zahlenden Beitrags unter Berücksichtigung der Dotierungsgrenzen des § 3 Nr. 63 EStG festgelegt.

7. Bewertung der reinen Beitragszusage840 Arbeitsrechtlich betrachtet weist die reine Beitragszusage im Vergleich zu den an- 556 deren beitragsorientierten Zusagearten (beitragsorientierte Leistungszusage und Beitragszusage mit Mindestleistung) aus Sicht des Arbeitgebers zahlreiche weitere Vorteile auf, so bspw.: ■ dass keine Leistungsverpflichtung und demzufolge auch keine subsidiäre Einstandspflicht des Arbeitgebers gemäß § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG besteht, ■ dass bei einem vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers keine unverfallbaren Anwartschaften verbleiben, für die der Arbeitgeber einzustehen hat, ■ dass kein beitragspflichtiger Insolvenzschutz besteht, ■ dass keine Anpassungs(-prüfungs-)pflicht in der Leistungsphase besteht, ■ dass nach Einrichtung des Versicherungsvertrags/Pensionsfondsvertrags und Zahlung der Beiträge die Versorgungsverpflichtung erlischt (pay-and-forgetAnsatz), was die Kosten- und Planungssicherheit des Arbeitgebers erhöht. Es gibt aber auch einige Nachteile der reinen Beitragszusage für den Arbeitgeber, 557 so bspw.: ■ dass sie in einen tariflichen Rahmen eingebettet ist, ■ dass – je nach Ausgestaltung des Tarifvertrags – eine Pflicht zur Zahlung eines Sicherungsbeitrags bestehen kann, ■ dass keine vollständige Enthaftung des Arbeitgebers erfolgt, so bestehen bspw. mögliche Pflichten aus Gleichbehandlungsgrundsätzen, betrieblicher Übung sowie mögliche Informationspflichten, ■ dass sie mit der Zahlung eines Arbeitgeberzuschusses im Falle der Entgeltumwandlung verbunden ist (diese Pflicht besteht allerdings grundsätzlich für

_____ 840 Die nachfolgend dargestellten Wertungskriterien sind nicht abschließend. Die Vor- und Nachteile hängen darüber hinaus von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, insbesondere von der konkreten Ausgestaltung der Zusage ab. Daneben sind auch steuerrechtliche, sozialversicherungsrechtliche, versicherungsrechtliche, betriebswirtschaftliche sozialpolitische und weitere Aspekte in Erwägung zu ziehen.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

die anderen Zusagen über die versicherungsförmigen Durchführungswege Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds gemäß § 1a Abs. 1a BetrAVG ebenfalls). 558 Aus Sicht des Arbeitnehmers hat die reine Beitragszusage ebenfalls Vorteile. Das

sind spiegelbildlich die genannten Nachteile des Arbeitgebers. Hinzu kommt, dass durch das Fehlen einer Garantie die Chance auf eine höhere Ablaufleistung besteht. Allerdings ist die Erteilung einer reinen Beitragszusage für den Arbeitnehmer 559 im Vergleich zu den anderen beitragsorientierten Zusagen auch mit Nachteilen verknüpft, wie bspw.: ■ dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber als (subsidiären) Leistungsschuldner verliert, ■ dass aufgrund des Garantieverbots die Leistungshöhe weder während der Anwartschafts- noch während der Rentenphase feststeht und der Arbeitnehmer aus arbeitsrechtlicher Sicht das Kapital- und Anlagerisiko vollständig allein trägt, was die Gefahr von Kürzungen der Anwartschaften und der laufenden Leistungen einschließt, ■ dass die Gefahr einer Beschädigung bereits bestehender bAV-Systeme durch neue tarifliche Lösungen besteht.

VI. Zulässige Kombinationen von Durchführungswegen und Zusagearten 560 Wie in den vorangegangenen Ausführungen dargestellt, ist es für eine Zusage

im Rahmen des sachlichen Anwendungsbereichs des BetrAVG erforderlich, dass der Arbeitgeber einen Durchführungsweg sowie eine Zusageart nach §§ 1, 1b BetrAVG wählt. In den versicherungsförmigen Durchführungswegen (Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds) 841 können grundsätzlich sämtliche Durchführungswege mit sämtlichen Zusagearten kombiniert werden. Einschränkungen sieht das Gesetz hingegen in § 1 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 2a BetrAVG bei der Wahl der Zusageart für die Durchführungswege Direktzusage und Unterstützungskasse vor. Die unter den sachlichen Anwendungsbereich des BetrAVG fallenden Kombinationen von Durchführungswegen und Zusagearten sind nachfolgend überblickartig dargestellt:

_____ 841 Siehe Rn. 347.

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E. Erteilung der Zusage

Abbildung 5: Kombinationen von Durchführungswegen und Zusagearten nach dem BetrAVG

E. Erteilung der Zusage E. Erteilung der Zusage Ars I. Begründungsakte der bAV Jede Zusage, im Wege derer ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer betriebliche Ver- 561 sorgungsleistungen verspricht, beruht auf einem rechtlichen Begründungsakt. Hierbei ist zwischen kollektivrechtlichen Vereinbarungen (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Richtlinie oder Vereinbarung nach dem Sprecherausschussgesetz), individualrechtlichen Vereinbarungen mit und ohne Kollektivbezug (Einzelzusage, Gesamtzusage, vertragliche Einheitsregelung) und allgemeinen arbeitsrechtlichen Rechtsgrundsätzen (Anspruch auf Gleichbehandlung, betriebliche Übung) zu unterscheiden.

KOLLEKTIVRECHT

BETRIEBSVEREINBARUNG RICHTLINIE/VEREINBARUNG NACH DEM SPRECHERAUSSCHUSSGESETZ

INDIVIDUALRECHT MIT KOLLEKTIVBEZUG

GESAMTZUSAGE VERTRAGLICHE EINHEITSREGELUNG BETRIEBLICHE ÜBUNG

INDIVIDUALRECHT

EINZELZUSAGE

GLEICHBEHANDLUNG

TARIFVERTRAG

Abbildung 6: Begründungsakte

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

1. Kollektivrechtliche Rechtsgrundlagen

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a) Tarifvertrag Für Versorgungszusagen, die auf einem Tarifvertrag beruhen, ist das allgemeine Tarifvertragsrecht, insbesondere das Tarifvertragsgesetz (TVG), maßgeblich. Rechtsnormen eines Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, haben gemäß § 4 Abs. 1 TVG unmittelbare und zwingende Geltung zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Von Tarifverträgen abweichende Abmachungen sind gemäß § 4 Abs. 3 TVG nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind (Öffnungsklausel) oder eine Änderung der tariflichen Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten (Günstigkeitsprinzip). Soweit Entgeltansprüche auf einem Tarifvertrag beruhen, kann nach § 20 Abs. 1 BetrAVG für diese eine Entgeltumwandlung nur vorgenommen werden, soweit dies durch Tarifvertrag vorgesehen oder durch Tarifvertrag zugelassen ist. Im Wege eines Tarifvertrags kann gemäß § 19 Abs. 1 BetrAVG von wichtigen Schutzvorschriften des BetrAVG auch zum Nachteil der Arbeitnehmer abgewichen werden.842 Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags, der die Rechte und Pflichten der Tarifgebundenen regelt, folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Führt dies nicht zu zweifelsfreien Auslegungsergebnissen, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags und ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt.843 Eine gerichtliche Inhaltskontrolle (Billigkeitskontrolle) findet bei Tarifvertragsparteien vor dem Hintergrund der vollständigen Parität zwischen der Arbeitgeber-

_____ 842 Rn. 322 ff. 843 BAG, Urt. v. 10.2.2015 – 3 AZR 904/13 – AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 55, siehe auch Rn. 43.

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und Arbeitnehmervertretung nicht statt. Gegen höherrangiges Recht, wie die Grundrechte, darf ein Tarifvertrag jedoch nicht verstoßen.844

aa) Sozialpartnermodell Als Rechtsgrundlage für betriebliche Versorgungsleistungen erfährt der Tarifvertrag durch die im Zuge des Betriebsrentenstärkungsgesetzes zum 1.1.2018 in Kraft getretenen Änderungen erheblichen Bedeutungszuwachs. So kann das sog. Sozialpartnermodell nach §§ 21 ff. BetrAVG ausschließlich im Wege eines Tarifvertrags implementiert werden.845 Auch für das neu eingeführte Optionssystem nach § 20 Abs. 2 BetrAVG ist eine tarifvertragliche Grundlage erforderlich. Im Wege des Sozialpartnermodells ist es seit dem 1.1.2018 erstmals möglich, reine Beitragszusagen zu erteilen.846 Diesen Beitragszusagen liegt der Gedanke des „pay and forget“ zugrunde. Konkret bedeutet dies, dass der Arbeitgeber nach Maßgabe von § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG mit der vereinbarungsgemäßen Zahlung eines Beitrags an einen externen Versorgungsträger von jeglicher weiteren Haftung aus der Versorgungszusage befreit sein soll. Bei dem externen Versorgungsträger kann es sich um einen Lebensversicherer (im Durchführungsweg Direktversicherung), eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds handeln. Während bei den anderen Zusagearten der Arbeitgeber auch bei Einbeziehung eines externen Versorgungsträgers stets für die versprochene (Mindest-)Leistung einstehen muss, entfällt diese Haftung bei der reinen Beitragszusage. Im Rahmen dieser wird weder vom Arbeitgeber noch vom Versorgungsträger eine Versorgungsleistung garantiert.847 Durch das in § 22 Abs. 1 S. 2 BetrAVG enthaltene Verbot von Garantien848 soll den Versorgungseinrichtungen die Möglichkeit gegeben werden, Beiträge chancenreicher zu investieren und in der Folge höhere Versorgungsleistungen gewähren zu können. Mit dem Ausschluss von Garantien geht einher, dass den Versorgungsberechtigten nur eine sog. Zielrente in Aussicht gestellt werden kann, die sich unter den von der Versorgungseinrichtung getroffenen Annahmen zur Kapitalanlagerendite und Lebenserwartung voraussichtlich ergibt. Diese Versorgungsleistung ist nicht garantiert und kann in Abhängigkeit vom vorhandenen Versorgungsvermögen schwanken, somit also auch sinken.849 Zudem dürfen nach § 22 Abs. 1 S. 1 BetrAVG ausschließlich laufende Leistungen vorgesehen sein, Kapitalleistungen sind damit ausgeschlossen.850

_____ 844 Rn. 38; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Reinhard, Band I, Kap. 4 Rn. 89. 845 Rn. 526 ff. 846 Siehe zur reinen Beitragszusage im Detail Rn. 523 ff. 847 Rn. 539. 848 Siehe 539 ff. 849 Rn. 540. 850 Rn. 537.

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Zur Stabilisierung der Rentenzahlungen sollen die Tarifvertragsparteien gemäß § 23 Abs. 1 BetrAVG einen vom Arbeitgeber zu erbringenden Sicherungsbeitrag vereinbaren, der als Puffer dient. Wie hoch dieser ist, woran er sich bemisst, für wen er zu leisten und wie er konkret zu verwenden ist, regelt das Gesetz nicht. Detailregelungen hierzu obliegen den Tarifpartnern.851 Voraussetzung für die Einführung einer Beitragszusage ist ein entsprechender 572 Tarifvertrag. Die Tarifvertragsparteien haben dabei umfangreiche Gestaltungsmöglichkeiten und -pflichten. Sie müssen sich gemäß § 21 Abs. 1 BetrAVG zudem an der Durchführung und Steuerung der Beitragszusage beteiligen.852 Dies kann im Wege der Gründung einer gemeinsamen Einrichtung nach § 4 Abs. 2 TVG erfolgen, die entweder selbst ein Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Lebensversicherer ist oder einen entsprechenden Versorgungsträger mit der Durchführung betraut. Im Falle der Betrauung eines Lebensversicherers kann gemäß § 20 Abs. 4 BetrAVG die gemeinsame Einrichtung als Versicherungsnehmer an die Stelle des Arbeitgebers treten. Dem Beteiligungsgebot der Tarifvertragsparteien kann auch auf anderem Wege genügt werden, z.B. durch die Vertretung in Aufsichtsratsgremien der durchführenden Versorgungseinrichtung, durch die Vertretung in spezifischen Gremien der Versorgungseinrichtung durch Ausschüsse oder in Form der Beauftragung Dritter. Auch nicht tarifgebundene Arbeitsvertragsparteien können gemäß § 24 Be573 trAVG die Anwendung der Regelungen eines für sie einschlägigen Tarifvertrags vereinbaren. Ein Tarifvertrag ist für die Arbeitgeber und Arbeitnehmer einschlägig, die dem fachlichen, persönlichen, räumlichen und zeitlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags unterliegen würden, wenn sie tarifgebunden wären.853 Die Tarifvertragsparteien sollen nach § 21 Abs. 3 BetrAVG nichttarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern den Zugang zur durchführenden Versorgungseinrichtung nicht verwehren. Der durchführenden Versorgungseinrichtung dürfen im Hinblick auf die Aufnahme und die Verwaltung von Arbeitnehmern nicht tarifgebundener Arbeitgeber von den Tarifvertragsparteien keine sachlich unbegründeten Vorgaben gemacht werden.854 Wird die Beitragszusage durch Entgeltumwandlung der Arbeitnehmer finan574 ziert, müssen Arbeitgeber gemäß § 23 Abs. 2 BetrAVG einen Zuschuss von pauschal 15% des Umwandlungsbetrages als Zuschuss leisten, soweit sie tatsächlich Sozialversicherungsbeiträge durch die Entgeltumwandlung sparen. 571

_____ 851 Rn. 553. 852 Siehe dazu auch Rn. 530 f. 853 Rn. 527. 854 Rn. 527.

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bb) Optionssystem Hinter dem Begriff Optionssystem verbirgt sich die Vereinbarung einer automatischen Entgeltumwandlung sowohl für neu eintretende Arbeitnehmer als auch für schon bestehende Arbeitsverhältnisse. Ein tarifliches Optionssystem, das häufig auch als „Opting-Out-System“ oder „auto-enrolment“ bezeichnet wird, muss gemäß § 20 Abs. 2 BetrAVG in einem Tarifvertrag oder auf Grundlage eines entsprechenden Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung geregelt werden. Entgegen der allgemeinen Rechtssystematik wird ein Schweigen des Mitarbeiters während der Widerspruchsfrist als Annahme des arbeitgeberseitigen Angebots auf Entgeltumwandlung gewertet. Mithilfe eines Optionssystems kann z.B. ab einem bestimmten Stichtag für eine komplette Branche oder bei Regelung auf betrieblicher Ebene für eine gesamte Belegschaft eine bAV durch Entgeltumwandlung eingeführt werden. Dabei kann die Entgeltumwandlung durch den Tarifvertrag unmittelbar vorgeschrieben werden oder der Tarifvertrag kann den Betriebsparteien die Möglichkeit eröffnen, ein Optionssystem zu installieren. Der Arbeitnehmerschutz wird dabei über ein entsprechendes Widerspruchsrecht und das Wertgleichheitsgebot nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG gewahrt. Tarifverträge zu Optionssystemen können für alle Durchführungswege und Zusagearten der bAV geschlossen werden. Das Angebot des Arbeitgebers auf Entgeltumwandlung gilt als angenommen, wenn ■ es der Arbeitgeber mindestens drei Monate vor der ersten Fälligkeit des umzuwandelnden Entgelts in Textform unterbreitet hat und ■ kein Widerspruch seitens des Arbeitnehmers erfolgt, obwohl ■ der Arbeitgeber deutlich darauf hingewiesen hat, ■ welcher Betrag und welcher Bestandteil der Vergütung umgewandelt werden soll und ■ dass der Arbeitnehmer ohne Angabe von Gründen innerhalb einer Frist von mindestens einem Monat nach Zugang des Angebots widersprechen kann und die Entgeltumwandlung mit einer Frist von höchstens einem Monat beenden kann.

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Nach der Bestandsschutzregelung des § 30j BetrAVG gilt die gesetzliche Regelung 579 nicht für Optionssysteme, die auf der Grundlage von Betriebs- oder Dienstvereinbarungen vor dem 1.6.2017 eingeführt worden sind.

b) Betriebsvereinbarung In der Praxis häufig vorzufinden sind Versorgungszusagen, die im Wege einer Be- 580 triebsvereinbarung erteilt werden. Betriebsvereinbarungen im Sinne von § 77 BetrVG werden zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat getroffen und schriftlich nieArs

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dergelegt. Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Sie können auch auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. 3 Fettnapf Eine in der Praxis unbedingt zu beachtende Vorschrift ist § 77 Abs. 4 S. 2 BetrVG. Danach ist ein Verzicht auf Rechte, die Arbeitnehmern durch eine Betriebsvereinbarung eingeräumt werden, nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. So kann bspw. bei Versorgungszusagen, die auf einer Betriebsvereinbarung beruhen, eine Abfindung oder ein Teilverzicht nicht ohne Zustimmung des Betriebsrats umgesetzt werden. 581 Eine Betriebsvereinbarung kann gemäß § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG nicht abgeschlossen

werden, wenn sie Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen betrifft, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden. Die sog. Tarifüblichkeit liegt vor, wenn aktuell keine tarifliche Regelung besteht, etwa weil der Tarifvertrag gekündigt ist und lediglich nachwirkt, aber nach der bisherigen Tarifpraxis eine Regelung wieder zu erwarten ist. Eine Sperrwirkung besteht nicht im Falle einer entsprechenden tarifvertraglichen Öffnungsklausel. Nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG besteht außerdem kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats über betriebliche Versorgungsregelungen, wenn eine abschließende gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht. Insoweit entfaltet die Vorschrift dann eine Sperrwirkung für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen über diesen Regelungsgegenstand. Da nach der vom BAG vertretenen sog. Vorrangtheorie § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG als speziellere Norm der Vorschrift des § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG vorgeht, ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats solange zu gewährleisten, wie die Angelegenheit nicht abschließend im Tarifvertrag geregelt ist.855 Eine bloße Regelungsüblichkeit im Tarifvertrag ist insoweit nicht ausreichend. Für den nicht mitbestimmungspflichtigen Teil der bAV verbleibt es jedoch bei der Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG.856 Ein Verstoß gegen § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG führt zur Unwirksamkeit der Be582 triebsvereinbarung.857 Ist dies der Fall, stellt sich die Frage einer Umdeutung in eine Regelungsabrede zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, die individualrechtlich umgesetzt wurde, oder in eine individualrechtliche Versorgungszusage. Für letzteres bestehen in der Regel gute Argumente, da in Bezug auf die Einführung einer bAV kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht und daher ein davon unabhängiger Verpflichtungswille des Arbeitgebers bestehen dürfte.858

_____ 855 Hierzu grundlegend: BAG, Beschl. v. 24.2.1987 – 1 ABR 18/85 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 21. 856 Ausführlich zur Teilmitbestimmtheit der bAV Rn. 778 ff. 857 ErfK/Kania, § 77 BetrVG Rn. 43. 858 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Reinhard, Band I, Kap. 4 Rn. 72.

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Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und diese wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei einem unbestimmten Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit dies im Text seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt.859 Die Auslegung von Betriebsvereinbarungen unterliegt einer gerichtlichen Rechtskontrolle, die die Vereinbarkeit des Inhalts mit höherrangigem Recht beinhaltet. Nicht umfasst sind eine Billigkeitskontrolle sowie eine Überprüfung der Zweckmäßigkeit der Regelung, d.h. eine Prüfung auf deren Nutzen. Nach § 310 Abs. 4 BGB unterliegen Betriebsvereinbarungen keiner Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. BGB.860 Nach ständiger Rechtsprechung des BAG sind die Betriebspartner nicht berechtigt, für ausgeschiedene Arbeitnehmer Rechte und Pflichten zu begründen oder einzuschränken, da dem Betriebsrat zur Vertretung der aus dem aktiven Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen und in den Ruhestand getretenen Betriebsrentner die Legitimation fehle.861 Das BAG hat eine Bestätigung dieser im Schrifttum für die bAV zunehmend kritisierten Rechtsprechung zwar zuletzt offen gelassen, aber festgestellt, dass für eine Fortführung der Rechtsprechung aus Sicht des Senats die besseren Gründe sprechen dürften.862 Der auf einer Betriebsvereinbarung beruhende Betriebsrentenanspruch geht bei Ende des aktiven Beschäftigungsverhältnisses von einer kollektivrechtlichen Zusage in einen individualrechtlichen Anspruch über. Dieser besteht dann grundsätzlich unabhängig von der Betriebsvereinbarung fort. Eine Ausdehnung der Gestaltungsbefugnis des Betriebsrats auch auf ausgeschiedene Arbeitnehmer und Betriebsrentner kommt nur bei zusätzlicher Vereinbarung einer (individual-)vertraglichen „Jeweiligkeitsklausel“ in Betracht.863 An die Vereinbarung einer solchen Klausel stellt das BAG jedoch keine allzu hohen Anforderungen. Verweisungen auf die für die bAV beim Arbeitgeber geltenden Bestimmungen seien im Regelfall dynamisch und erstrecken sich auch auf die Rentenbezugsphase. Nur so werde eine einheitliche Anwendung der Versorgungsordnung auf alle Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger des Arbeitgebers sichergestellt. Der Arbeitgeber wolle im Zweifel die bAV für

_____ 859 Statt vieler: BAG, Urt. v. 8.12.2015 – 3 AZR 267/14 – AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 57. 860 Schaub/Ahrendt, § 231 Rn. 36. 861 Siehe ferner Kap. 9 Rn. 10. 862 BAG, Urt. v. 18.9.2012 – 3 AZR 431/10 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 58. 863 BAG, Urt. v. 25.10.1988 – 3 AZR 483/86 – AP BetrVG 1972 § 77 Nachwirkung Nr. 3.

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alle Betroffenen nach einheitlichen Regeln, d.h. als System, erbringen. Dies sei bei der Auslegung dahingehender Vereinbarungen zu berücksichtigen. Will der Arbeitgeber entweder eine Versorgung unabhängig von der jeweils geltenden allgemeinen Versorgungsordnung zusagen, oder will er die Dynamik nicht auf die Rentenbezugsphase erstrecken, so müsse er dies deutlich zum Ausdruck bringen.864 3 Praxistipp Aus Gründen der Rechtssicherheit empfiehlt es sich, eine solche Jeweiligkeitsklausel arbeitsvertraglich zu implementieren: „Der Mitarbeiter erhält eine Versorgungszusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, deren Inhalt sich sowohl während des Arbeitsverhältnisses als auch nach dem Ausscheiden des Mitarbeiters nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung vom … in ihrer jeweils geltenden Fassung bestimmt.“

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c) Richtlinien und Vereinbarungen nach dem Sprecherausschussgesetz Leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG werden nicht durch den Betriebsrat vertreten. Ihnen kann daher keine Versorgungszusage im Wege einer Betriebsvereinbarung erteilt werden. Die kollektivrechtliche Interessenvertretung der leitenden Angestellten erfolgt über den Sprecherausschuss. Arbeitgeber und Sprecherausschuss können gemäß § 28 Abs. 1 SprAuG Richtlinien über den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen der leitenden Angestellten schriftlich vereinbaren. Der Inhalt der Richtlinien gilt für die Arbeitsverhältnisse gemäß § 28 Abs. 2 SprAuG jedoch anders als bei Betriebsvereinbarungen nur insoweit unmittelbar und zwingend, als dies zwischen Arbeitgeber und Sprecherausschuss vereinbart ist. Abweichende Regelungen zugunsten leitender Angestellter sind zulässig. Werden leitenden Angestellten Rechte nach Satz 1 eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Sprecherausschusses zulässig. Richtlinien und Vereinbarungen nach § 28 SprAuG sind jedoch nicht erzwingbar, sie erfolgen auf Basis der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Sprecherausschuss und Arbeitgeber nach § 2 SprAuG. Richtlinien und Vereinbarungen nach dem Sprecherausschussgesetz werden wie Gesetze ausgelegt.865 Wie Betriebsvereinbarungen unterliegen Richtlinien und Vereinbarungen gemäß § 28 Abs. 1 bzw. 2 des SprAuG einer gerichtlichen Rechtskontrolle (Billigkeitskontrolle).866

_____ 864 BAG, Urt. v. 18.9.2012 – 3 AZR 431/10 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 58. 865 Ausführlich hierzu Rn. 583. 866 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Reinhard, Band I, Kap. 4 Rn. 79.

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2. Individualrechtliche Rechtsgrundlagen a) Einzelzusage Bei der Einzel- oder Individualzusage handelt es sich um eine vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die durch Angebot und Annahme zustande kommt (§§ 145 ff. BGB). Das Angebot auf eine begünstigende Zusage auf betriebliche Versorgungsleistungen kann durch den Arbeitnehmer auch stillschweigend angenommen werden (§ 151 BGB). Kommt die vertragliche Vereinbarung über eine Versorgungszusage zustande, werden deren Regelungen Bestandteil des Arbeitsvertrages mit dem Arbeitnehmer. Sie können dann nur noch nach den hierfür geltenden allgemeinen Regeln des Dienstvertragsrechts (§§ 611 ff. BGB) geändert werden. Einseitige Änderungen des Arbeitgebers sind nur unter Beachtung des Kündigungsschutzrechts möglich. In den seltenen Fällen einer Zweckverfehlung oder Äquivalenzstörung kommt auch ein Widerruf einer Versorgungszusage aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht.867 Wie sonstige arbeitsvertragliche Regelungen sind auch Versorgungszusagen zu ihrer Wirksamkeit grundsätzlich nicht formbedürftig, sie können ausdrücklich oder stillschweigend erteilt werden. Zwar besitzt ein Arbeitnehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 NachwG einen Anspruch auf schriftliche Abfassung seiner Versorgungszusage, so dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, zu unterzeichnen sowie dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Jedoch löst eine Verletzung der Dokumentationspflichten zunächst einmal nur einen einklagbaren Anspruch des Arbeitnehmers auf Erfüllung der Nachweispflichten aus. Denkbar sind auch Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung vertraglicher Nebenpflichten. Die Versorgungszusage ist jedoch auch ohne schriftliche Abfassung uneingeschränkt wirksam.868

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Praxistipp 3 Der Inhalt der Versorgungszusage sollte schriftlich festgehalten werden. Dies dient der Vermeidung von Streitigkeiten über den Inhalt der Versorgungszusage. Kommt es zu einem Streit, möglicherweise erst viele Jahre nach Erteilung der Versorgungszusage, ist ein Nachweis bei Vorliegen einer schriftlichen Versorgungszusage erheblich leichter zu erbringen. Zudem können sich aus steuerlichen Vorschriften Schriftformerfordernisse ergeben, z.B. aus § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG für die Direktzusage oder § 4d Abs. 1 Nr. 1 lit. b S. 5 EStG für die Unterstützungskassenzusage.

_____ 867 Siehe ferner Kap. 9 Rn. 28 ff. 868 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Reinhard, Band I, Kap. 4 Rn. 16 f. m.w.N.

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wendungsbereich einer Betriebsvereinbarung oder eines Tarifvertrags zur bAV fällt und eine für ihn günstigere einzelvertragliche Versorgungsvereinbarung mit dem Arbeitgeber getroffen hat, letztere wirksam ist. Ob in diesem Fall beide Versorgungszusagen nebeneinander gelten, hängt davon ab, ob eine entsprechende Anrechnung geregelt bzw. vereinbart wurde. Die Auslegung von Einzelzusagen erfolgt nach den allgemeinen Regeln des Vertragsrechts (§§ 133, 157 BGB). Danach sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt. Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinne verstanden, so geht der wirkliche Wille der Parteien auch einem völlig eindeutigen Wortlaut des Vertrags und jeder anderweitigen Interpretation vor.869 Für seit dem 1.1.2002 erteilte Versorgungszusagen sind außerdem die Regelungen zur Inhaltskontrolle (§§ 307 ff. BGB) zu beachten, sofern es sich bei der Zusage um Allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß §§ 305 ff. BGB handelt.870 Zu beachten ist dabei, dass ein Arbeitsvertrag vom BAG insoweit als ein Verbrauchervertrag gemäß § 310 Abs. 3 BGB betrachtet wird.871 Hat der Arbeitgeber die Versorgungszusage auf Basis eines vorformulierten Standardtextes erteilt, ist unabhängig vom Erteilungszeitpunkt der Versorgungszusage die sog. Unklarheitenregelung zu beachten, die seit dem 1.1.2002 in § 305c Abs. 2 BGB geregelt ist. Danach gehen Zweifel bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders.872 Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn die Auslegung einer einzelnen Allgemeinen Geschäftsbedingung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen.873 Einzelzusagen können zusätzlich aufgrund der üblicherweise fehlenden Vertragsparität einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegen.874

_____ 869 BAG, Urt. v. 2.7.2009 – 3 AZR 501/07 – AP BetrAVG § 1b Nr. 9. 870 Siehe Rn. 38. 871 BAG, Urt. v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04 – AP BGB § 310 Nr. 1. 872 BAG, Urt. v. 12.12.2006 – 3 AZR 388/05 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 55. 873 BAG, Urt. v. 13.1.2015 – 3 AZR 897/12 – AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 54. 874 Siehe Rn. 37 ff., Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Roth, Teil 7 A Rn. 53.

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b) Gesamtzusage Als Gesamtzusage bezeichnet man eine vom Arbeitgeber geschaffene Regelung, die 600 Leistungen der bAV nach einheitlichen Grundsätzen an die gesamte Belegschaft oder bestimmte Mitarbeitergruppen verspricht. Diese macht der Arbeitgeber in der Regel durch Aushang (schwarzes Brett, Intranet) oder Aushändigung bekannt. Praxistipp 3 Die Annahme des Angebots des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer erfolgt regelmäßig stillschweigend nach § 151 BGB. Eine Aufnahme der Versorgungsregelung bzw. eines entsprechenden Verweises auf die Gesamtzusage in den einzelnen Arbeitsvertrag ist zur Rechtswirksamkeit nicht erforderlich, kann aber bei bloßem Aushang zur Erfüllung der Nachweisverpflichtung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 6 NachwG sinnvoll sein.

Eine Gesamtzusage bildet eine individualrechtliche Rechtsgrundlage.875 Das be- 601 deutet, dass es sich dabei letztlich um eine Sammlung von Einzelzusagen handelt, deren Inhalte einheitlichen Grundsätzen folgen. Die jeweilige Versorgungszusage wird daher Bestandteil des einzelnen Arbeitsvertrags und teilt fortan dessen Schicksal. Besonderheiten ergeben sich jedoch aus dem kollektiven Charakter der Ge- 602 samtzusage. Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des BAG geht der Ruhegeldsenat davon aus, dass ein Arbeitgeber, der Leistungen der bAV im Wege einer Gesamtzusage verspricht, diese nach einheitlichen Regeln, d.h. als System, erbringen will.876 Da die Geltung der Regelungen auf einen längeren, unbestimmten Zeitraum angelegt ist, seien diese von vornherein auch für die Begünstigten erkennbar einem möglichen künftigen Änderungsbedarf ausgesetzt. Ein solches System dürfe somit nicht erstarren. Der Arbeitgeber sage daher mit einer Gesamtzusage im Regelfall nur eine Versorgung nach den jeweils bei ihm geltenden Versorgungsregeln zu. Nur so werde eine einheitliche Anwendung der Versorgungsordnung auf alle Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger des Arbeitgebers, für die die Versorgungsordnung gelten soll, sichergestellt. Soll sich die Versorgung dagegen ausschließlich nach den bei Erteilung der Gesamtzusage geltenden Versorgungsbedingungen richten, müsse der Arbeitgeber dies in der Gesamtzusage deutlich zum Ausdruck bringen. Die Zusage einer Versorgung nach den jeweils beim Arbeitgeber geltenden Ver- 603 sorgungsregeln erfasst nach der Rechtsprechung des BAG alle Regelungen, mit denen bAV gestaltet werden kann. Dazu gehören auch vom Arbeitgeber einseitig erstellte Versorgungsordnungen, wie z.B. Gesamtzusagen. Der Arbeitgeber kann jedoch, wenn ein Betriebsrat gewählt ist, aufgrund des bestehenden Mitbestim-

_____ 875 BAG, Beschl. v. 16.9.1986 – GS 1/82 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 17. 876 BAG, Urt. v. 11.12.2018 – 3 AZR 380/17 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 78.

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mungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG die Ausgestaltung der geltenden Versorgungsregelungen grundsätzlich nicht einseitig ändern. Die Änderungsbefugnis besteht jedoch nur in den Grenzen der bei Einschnitten 604 in Versorgungsrechte zu beachtenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit, die das BAG für Versorgungsanwartschaften durch ein dreistufiges Prüfungsschema präzisiert hat.877 In der Praxis wird im Regelfall eine Versorgung nach den jeweils beim Arbeit605 geber geltenden Versorgungsregeln versprochen sein und werden (sog. „Jeweiligkeitsgeltung“).878 Damit verbunden ist eine leichtere Änderbarkeit von individualrechtlichen Zusagen mit kollektivem Charakter gegenüber echten Einzelzusagen. 3 Praxistipp Auch wenn die Rechtsprechung eine Jeweiligkeitsgeltung regelmäßig vermutet, ist zu empfehlen, dies im Rahmen einer Gesamtzusage oder vertraglichen Einheitsregelung ausdrücklich festzuhalten: „Diese Versorgungsordnung kann unter Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes durch eine spätere Regelung auch zum Nachteil der aktiven sowie der mit unverfallbarer Anwartschaft ausgeschiedenen Mitarbeiter und der Versorgungsempfänger geändert werden.“ 606 Eine Gesamtzusage ist als an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtete Erklärung

nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird. Hierbei sind die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen. Für das Auslegungsergebnis von Bedeutung ist auch der von den Vertragspartnern verfolgte typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Regelungszweck.879 Gesamtzusagen unterliegen den Regelungen zur Inhaltskontrolle Allgemeiner 607 Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB)880 sowie einer zusätzlichen gerichtlichen Billigkeitskontrolle.

c) Vertragliche Einheitsregelung 608 Als vertragliche Einheitsregelung bezeichnet man vom Arbeitgeber mit allen bzw.

einer Gruppe von Mitarbeitern getroffene Versorgungsvereinbarungen, die inhalt-

_____ 877 Zuletzt BAG, Urt. v. 11.12.2018 – 3 AZR 380/17 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 78; siehe ferner Kap. 9 Rn. 46. 878 Rn. 602. 879 BAG, Urt. v. 24.1.2017 – 3 AZR 372/15 – BeckRS 2017, 104129. 880 Rn. 38.

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lich auf gleichen Grundsätzen beruhen. Für die Mitarbeiter muss dabei erkennbar sein, dass die anderen Mitarbeiter eine Zusage gleichen Inhalts erhalten haben. Der Vertrag kommt hier auf die gleiche Weise zustande wie bei einer Einzelzusage. Rechtlich besteht kein Unterschied zwischen einer Gesamtzusage und einer 609 vertraglichen Einheitsregelung, so dass die Ausführungen zur Gesamtzusage auch für die vertragliche Einheitsregelung gelten. Unterschiede bestehen lediglich im Zustandekommen des Vertrags sowie in der Zahl der Vertragstexte. Bei einer Gesamtzusage liegt in der Regel nur ein Versorgungsordnungstext vor, der auf eine Vielzahl von Versorgungsverhältnissen Anwendung findet, während bei einer vertraglichen Einheitsregelung viele Zusagentexte bestehen, die der gleichen inhaltlichen Linie folgen.

d) Betriebliche Übung Im Bereich der bAV hat der Gesetzgeber die betriebliche Übung ausdrücklich im Gesetz als Rechtsquelle anerkannt (§ 1b Abs. 1 S. 4 BetrAVG). Danach steht der Verpflichtung aus einer ausdrücklichen Versorgungszusage eine auf betrieblicher Übung beruhende Versorgungsverpflichtung gleich. Die betriebliche Übung ist ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung oder sonstige Vergünstigung zu begründen. Hierzu ist erforderlich, dass die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, dass ihnen die Leistung oder Vergünstigung auch künftig gewährt wird. In dem Verhalten des Arbeitgebers liegt dann eine konkludente Willenserklärung, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann. Dadurch wird ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwächst. Ob eine für den Arbeitgeber bindende betriebliche Übung aufgrund der Gewährung von Vergünstigungen an seine Arbeitnehmer entstanden ist, muss danach beurteilt werden, inwieweit die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gemäß § 242 BGB und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften.881 Ein Anspruch aus betrieblicher Übung kann aber nur dann entstehen, wenn keine andere kollektiv- oder individualrechtliche Anspruchsgrundlage für die Gewährung der Vergünstigung besteht. Eine betriebliche Übung entsteht also nicht, wenn der Arbeitgeber zu den zu ihrer Begründung angeführten Verhaltensweisen bereits durch andere Rechtsgrundlagen verpflichtet war.

_____ 881 BAG, Urt. v. 11.11.2014 – 3 AZR 849/11 – AP BetrAVG § 2 Nr. 74.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Sie entsteht auch nicht, wenn sich der Arbeitgeber irrtümlich zur Leistungserbringung verpflichtet glaubt. Wenn der Arbeitgeber die Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen und sei es auch tatsächlich nicht bestehenden Rechtspflicht hat erbringen wollen, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser vermeintlichen Rechtspflicht gewährt werden.882 Besteht eine betriebliche Übung bereits bei Eintritt eines neuen Mitarbeiters 615 ins Unternehmen, dann gilt diese auch gegenüber dem neu eintretenden Mitarbeiter.883 Ist eine betriebliche Übung auf betriebliche Versorgungsleistungen entstanden, 616 wird deren Inhalt Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Es handelt sich dabei um eine individualrechtliche Rechtsgrundlage mit kollektivem Bezug. Auch eine Versorgung aus betrieblicher Übung wird nach einheitlichen Regeln und damit als System erbracht. Sie ist auf einen längeren, unbestimmten Zeitraum angelegt. Damit sind die Versorgungsregelungen von vornherein für die Begünstigten erkennbar einem etwaigen zukünftigen Änderungsbedarf ausgesetzt. Aufgrund dessen ist eine spätere Änderung – ebenso wie bei Gesamtzusagen – erleichtert möglich. Die Änderung kann durch alle Regelungen vorgenommen werden, mit denen bAV gestaltet werden kann.884 Allerdings ist dies nur im Rahmen der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit möglich.885 Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats sind zu beachten.886 Eine einmal entstandene betriebliche Übung kann nicht durch eine sog. nega617 tive betriebliche Übung abgelöst werden. Eine spätere Erklärung des Arbeitgebers, dass die begünstigende Leistung eine freiwillige Leistung sei und keinen Rechtsanspruch begründe, führt auch bei fehlendem Widerspruch des Arbeitnehmers über einen längeren Zeitraum nicht zu einer Änderung des Vertragsinhalts.887

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3 Praxistipp Der Arbeitgeber kann die Bindungswirkung einer betrieblichen Übung für die Zukunft ausdrücklich ausschließen. Das BAG hat hierfür Formulierungen wie „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ oder „kein Rechtsanspruch für die Zukunft“ anerkannt.888 Möglich ist auch ein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass eine konkrete Regelung bspw. nur für ein bestimmtes Jahr gilt. Wichtig ist, dass der Vorbehalt klar und verständlich formuliert wird. Dann kann ein Arbeitnehmer berechtigterweise nicht darauf vertrauen, dass die Leistung auch in der Zukunft erbracht werden wird. Nicht geeignet

_____ 882 BAG, Urt. v. 10.12.2013 – 3 AZR 832/11 – AP BetrAVG § 2 Nr. 70. 883 BAG, Urt. v. 20.8.2013 – 3 AZR 374/11 – AP BetrAVG § 1b Nr. 17. 884 BAG, Urt. v. 21.2.2017 – 3 AZR 542/15 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 75. 885 Siehe ferner Kap. 9 Rn. 46. 886 BAG, Urt. v. 10.3.2015 – 3 AZR 56/14 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 68. 887 BAG, Urt. v. 18.3.2009 – 10 AZR 281/08 – AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 83. 888 BAG, Urt. v. 19.5.2005 – 3 AZR 660/09 – AP BetrAVG § 1 Nr. 61.

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ist dagegen eine Klausel, wonach zusätzliche Leistungen „freiwillig und jederzeit widerruflich“ sind. Eine solche Formulierung ist in sich widersprüchlich und kann daher das Entstehen eines Anspruchs aus betrieblicher Übung nicht verhindern.

3. Gleichbehandlung a) Allgemeiner arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz Nach § 1b Abs. 1 S. 4 BetrAVG können Versorgungsverpflichtungen nicht nur auf 618 einer Versorgungszusage, sondern auch auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen. Dieser ist die privatrechtliche Ausprägung des Gleichheitssatzes des Art. 3 GG. Er verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage als auch eine sachfremde Gruppenbildung. Im Betriebsrentenrecht hat der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz damit kraft Gesetzes anspruchsbegründende Wirkung. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer 619 oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer von ihm selbst gegebenen Regel gleich zu behandeln. Er findet stets Anwendung, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt. In vergleichbarer Lage befinden sich Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern dann, wenn eine Vergleichsgruppe besteht, die sich aufgrund bestimmter Umstände oder Merkmale mit der benachteiligten Person in einer im Wesentlichen übereinstimmenden Lage befindet. Die Vergleichbarkeit ist grundsätzlich tätigkeitsbezogen festzustellen. Danach sind Arbeitnehmer vergleichbar, die nach der Verkehrsanschauung vergleichbare Tätigkeiten ausüben. Das sind Tätigkeiten, die auch bei fehlender Identität der Arbeitsvorgänge im Hinblick auf Qualifikation, erworbene Fertigkeit, Verantwortung und Belastbarkeit gleiche Anforderungen stellen.889 Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift jedoch nur bei einem 620 gestaltenden Verhalten des Arbeitgebers ein, nicht hingegen beim bloßen – auch vermeintlichen – Normvollzug. In diesem Fall trifft der Arbeitgeber erst dann eine verteilende Entscheidung, wenn er in Kenntnis einer unwirksamen Rechtsgrundlage Leistungen (weiter) gewährt oder sich in Kenntnis der Unwirksamkeit der Rechtsgrundlage an deren Begründung für eine Leistungspflicht beteiligt. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn der Arbeitgeber sowohl bei der Gewährung als auch bei der Vorenthaltung von Leistungen rechtliche Vorgaben umsetzen will.890

_____ 889 Küttner/Kania, Personalbuch 2019, Gleichbehandlung Rn. 8. 890 BAG, Urt. v. 11.7.2017 – 3 AZR 691/16 – AP BetrAVG § 16 Nr. 121.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz erfordert die Bildung einer Gruppe begünstigter Arbeitnehmer. Eine Gruppenbildung liegt vor, wenn der Arbeitgeber Vergünstigungen nach einem allgemeinen Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt. Die Besserstellung gegenüber anderen Arbeitnehmern muss nach einem oder mehreren Kriterien vorgenommen werden, die bei allen Begünstigten vorliegen. Erfolgt die Besserstellung unabhängig von abstrakten Merkmalen in Einzelfällen, können sich andere Arbeitnehmer hierauf zur Begründung gleichartiger Ansprüche nicht berufen. Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nur die willkürliche Schlechterstellung von Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmergruppen aus sachfremden Gründen gegenüber anderen Arbeitnehmern bzw. Gruppen von Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. Er verhindert jedoch nicht die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer in Einzelfällen. Ist die Anzahl der begünstigten Arbeitnehmer im Verhältnis zur Gesamtzahl der betroffenen Arbeitnehmer sehr gering, kann ein nicht begünstigter Arbeitnehmer aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz keine Ansprüche herleiten.891 Werden für mehrere Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Leistungen vorge622 sehen, verlangt der Gleichbehandlungsgrundsatz, dass diese Unterscheidung sachlich gerechtfertigt ist. Eine sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung verstößt erst dann gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, wenn sie willkürlich ist, weil sich ein vernünftiger Grund für die Differenzierung nicht finden lässt. Eine sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung liegt z.B. im Fall einer Stichtagsregelung vor, anhand derer Mitarbeitergruppen differenziert werden.892 Dagegen ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichbehandlungsgrundsatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können. Eine personenbezogene Ungleichbehandlung liegt bspw. im Fall der Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten vor.893 621

3 Praxistipp Bei der Gestaltung von Versorgungssystemen ist große Sorgfalt auf die Abgrenzung von Mitarbeitergruppen zu legen, wenn diese unterschiedlich begünstigt werden sollen. So reicht es u.U. nicht aus, die Unterscheidung an der reinen Positions- oder Jobbezeichnung auszurichten, wenn die unterschiedlich begünstigten Mitarbeiter tatsächlich vergleichbare Tätigkeiten ausüben. 623 Maßgeblich für die Beurteilung, ob für die unterschiedliche Behandlung ein hinrei-

chender Sachgrund besteht, ist vor allem der Regelungszweck der Maßnahme.

_____ 891 BAG, Urt. v. 21.8.2012 – 3 AZR 81/10 – AP BetrAVG § 1b Nr. 14. 892 Vgl. Rn. 679 ff. 893 Vgl. Rn. 668.

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Dieser muss die Gruppenbildung rechtfertigen. Gerechtfertigt ist danach eine Gruppenbildung, wenn sie einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist. Der Differenzierungsgrund muss die in der Regelung getroffene Rechtsfolge tragen.894 Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist in jedem Fall betriebsbezogen zu beach- 624 ten, wobei eine unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmergruppen aufgrund betriebsunterschiedlicher Herkunft, bspw. infolge eines Betriebsübergangs möglich ist.895 Auch eine unternehmensbezogene Berücksichtigung ist notwendig, da die Regelungskompetenz des Arbeitgebers unternehmensweit gilt.896 Er ist jedoch regelmäßig nicht konzernbezogen zu betrachten.897 Etwas anderes kann sich ergeben, wenn betriebliche Versorgungsleistungen konzerneinheitlich erbracht werden. An den Gleichbehandlungsgrundsatz sind auch die Betriebsparteien, u.a. 625 beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen, gebunden. Nach § 75 Abs. 1 BetrVG haben die Betriebsparteien darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden. Zu diesen Grundsätzen gehört auch der Gleichbehandlungsgrundsatz.898 Tarifverträge sind nicht am Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen. Jedoch 626 sind die Tarifparteien an das Grundgesetz und damit Art. 3 GG gebunden, so dass der Wertungsmaßstab ähnlich ist.899

b) Spezialgesetzliche Diskriminierungsverbote Diskriminierungsverbote finden sich weit verteilt über verschiedene Gesetze, natio- 627 naler und europäischer Herkunft. Für die bAV haben sich folgende Rechtsgrundlagen als besonders relevant erwiesen:

aa) Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz hat der Gesetzgeber vier europäi- 628 sche Richtlinien in nationales Recht umgesetzt.900 Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen aus dem folgenden Katalog von Merkmalen zu verhindern oder zu beseitigen (§ 1 AGG):

_____ 894 BAG, Urt. v. 21.8.2012 – 3 AZR 81/10 – AP BetrAVG § 1b Nr. 14. 895 BAG, Urt. v. 25.8.1976 – 5 AZR 788/75 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 41. 896 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Roth, Teil 7 A Rn. 168. 897 BAG, Urt. v. 22.8.2006 – 3 AZR 319/05 – AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 30. 898 BAG, Urt. v. 10.11.2015 – 3 AZR 574/14 – AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 74. 899 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Roth, Teil 7 A Rn. 185. 900 Richtlinie 2000/43/EG des Rates v. 29.6.2000, Rahmenrichtlinie 2000/78/EG v. 27.11.2000, Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 23.11.2002, Richtlinie 2004/ 113/EG des Rates v. 13.12.2004.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Rasse oder ethnische Herkunft Geschlecht Religion oder Weltanschauung Behinderung Alter Sexuelle Identität

629 Die Diskriminierungsverbote des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes knüpfen

dabei an Merkmale in der Person des Arbeitnehmers an. § 3 AGG unterscheidet zwischen unmittelbaren und mittelbaren Benachteiligungen. Nach dessen Abs. 1 liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines Merkmals eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine mittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 2 AGG vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines Merkmals gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Rechtsfolge eines Verstoßes einer Bestimmung in Vereinbarungen gegen die 631 Benachteiligungsverbote ist nach § 7 Abs. 2 AGG die Unwirksamkeit der Bestimmung. Dies führt grundsätzlich nicht zur Gesamtnichtigkeit der Vereinbarung, also bspw. einer Versorgungsordnung, sondern nur zur Unwirksamkeit der diskriminierenden Bestimmung.901 Folge dessen ist in der Regel eine „Anpassung nach oben“, wonach den Angehörigen der benachteiligten Gruppe die Vorteile der privilegierten Gruppe zukommen.902 Eine hieraus resultierende erhebliche finanzielle Belastung des Arbeitgebers ist gerechtfertigt, wenn auf andere Weise die Diskriminierung nicht beseitigt werden kann.903 Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gilt trotz der in § 2 Abs. 2 S. 2 AGG 632 enthaltenen Verweisung auf das BetrAVG auch für die bAV, soweit das Betriebsrentenrecht nicht vorrangige Sonderregelungen enthält.904 Damit sind Regelungen gemeint, die an die Merkmale des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes anknüpfen, z.B. in Bezug auf das Mindestalter im Rahmen der Unverfallbarkeitsvorschriften. Eigene Diskriminierungsverbote enthält das BetrAVG nicht. Die Anwendung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes setzt voraus, dass 633 unter seinem zeitlichen Geltungsbereich ab dem 18.8.2006 ein Rechtsverhältnis

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_____ 901 Vgl. BAG, Urt. v. 16.11.2011 – 4 AZR 856/09 – AP TVG § 1 Nr. 60; siehe auch Rn. 41. 902 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Ahrendt, Teil 7 D Rn. 26. 903 BAG, Urt. v. 18.2.2016 – 6 AZR 700/14 – AP TVKmBw § 6 Nr. 9. 904 Ständige Rechtsprechung seit BAG, Urt. v. 11.12.2007 – 3 AZR 249/06 – NZA 2008, 532.

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(Versorgungsverhältnis) bestand.905 Dabei ist zwar nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AGG auf den Beschäftigten und nicht auf den Hinterbliebenen abzustellen. Allerdings ist nicht erforderlich, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt noch ein Arbeitsverhältnis bestand. Ausreichend ist vielmehr, wenn der Arbeitnehmer mit unverfallbarer Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden oder Versorgungsempfänger ist und das damit begründete Rechtsverhältnis bei oder nach Inkrafttreten des AGG noch besteht bzw. bestand.906 Ist der betroffene Arbeitnehmer bereits vor dem 18.8.2006 aus dem Arbeitsver- 634 hältnis ohne Anwartschaft auf Leistungen der bAV ausgeschieden, bspw. weil er eine notwendige Wartezeit nicht erfüllt hatte oder die Anwartschaft verfallen ist, findet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz keine Anwendung.907 Findet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in zeitlicher Hinsicht keine 635 Anwendung, ist auf die unionsrechtlichen Vorgaben, hierbei insbesondere das primärrechtliche Gebot der Entgeltgleichheit für Männer und Frauen und das Verbot der Altersdiskriminierung sowie auf Art. 3 Abs. 3 GG zurückzugreifen. Außerdem finden nach § 33 Abs. 1 AGG diejenigen Vorschriften Anwendung, die durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz aufgehoben wurden. Hierzu gehören §§ 611a, 612 Abs. 3 BGB a.F., die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts untersagen.908

bb) Teilzeit- und Befristungsgesetz Im Teilzeit- und Befristungsgesetz finden sich Unterscheidungsverbote, die an die 636 Art des Arbeitsverhältnisses anknüpfen. Ohne sachlichen Grund dürfen nach § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer.909 Gleiches gilt nach § 4 Abs. 2 S. 1 TzBfG für befristet beschäftigte Arbeitnehmer im Verhältnis zu unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern.910

cc) Grundgesetz Art. 3 Abs. 3 GG verbietet jede Benachteiligung wegen des Geschlechts, der Ab- 637 stammung, der Rasse, der Sprache, der Heimat, der Herkunft, des Glaubens

_____ 905 Art. 4 Satz 1 des Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14. August 2006 – BGBl. I S. 1897. 906 BAG, Urt. v. 15.10.2013 – 3 AZR 707/11 – AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 30. 907 So für den Fall einer nicht erfüllten Wartezeit: BAG, Urt. v. 11.12.2012 – 3 AZR 611/10 – AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 67. 908 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Ahrendt, Teil 7 D Rn. 20. 909 Siehe hierzu Rn. 670 ff. 910 Siehe hierzu Rn. 676 ff.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

oder religiösen oder politischen Anschauung. Hiervon werden sowohl unmittelbare als auch mittelbare Diskriminierungen erfasst.911

dd) Europarechtliche Vorgaben 638 Neben den nationalgesetzlichen Diskriminierungsverboten bestehen europarechtli-

che Rechtsgrundlagen zur Gleichbehandlung, die immer dann für die Praxis relevant wurden bzw. werden, wenn die nationale Gesetzgebung die europarechtlichen Vorgaben nicht oder noch nicht umgesetzt hat. In Art. 157 AEUV findet sich das sog. Entgeltgleichheitsgebot. Danach hat je639 der Mitgliedstaat die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher und gleichwertiger Arbeit sicherzustellen. Zum Arbeitsentgelt im Sinne der Vorschrift gehören auch Leistungen der bAV. Art. 157 AEUV ist für die Gerichte der Staaten der Europäischen Union unmittelbar anwendbar.912 Das Entgeltgleichheitsgebot wird in der Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeitsund Beschäftigungsfragen konkretisiert.913 Zu berücksichtigen ist seit dem 1.12.2009914 außerdem die Charta der Grund640 rechte der Europäischen Union (GRC) als Primärrecht. Art. 21 Abs. 1 GRC untersagt Diskriminierungen wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder sexuellen Ausrichtung. Art. 23 Abs. 1 GRC sieht vor, dass die Gleichheit von Männern und Frauen in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitsentgelts, sicherzustellen ist. Der Europäische Gerichtshof hat 2005 ein primärrechtliches Verbot der Dis641 kriminierung wegen des Alters als allgemeinem Grundsatz des Unionsrechts anerkannt.915 Konkretisiert wird dieses Verbot im Bereich von Beschäftigung und Beruf durch die Richtlinie 2000/78/EG, die auch den Rahmen für Abweichungen vom Verbot regelt.

_____ 911 BVerfG, Beschl. v. 14.4.2010 – 1 BvL 8/08 – NJOZ 2011, 464. 912 Zur Vorgängerregelung des Art. 141 EG (davor Art. 119 EGV): BAG, Urt. v. 29.4.2008 – 3 AZR 266/06 – AP BetrAVG § 2 Nr. 58. 913 RL 2006/54/EG v. 5.7.2006, ABl. EU 2006 Nr. L 204 S. 23. 914 Inkrafttretenszeitpunkt des Vertrags von Lissabon. 915 EuGH v. 22.11.2005 – Rs. C-144/04 (Mangold) – BeckRS 9998, 93067, seitdem ständige Rechtsprechung.

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E. Erteilung der Zusage

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c) Praxisfälle aa) Diskriminierungen wegen des Geschlechts Während in neueren Versorgungsregelungen üblicherweise allenfalls noch mittel- 642 bare Diskriminierungen wegen des Geschlechts zu finden sind, hat die Rechtsprechung im Laufe der Zeit einige Fälle von unmittelbaren Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts zum Gegenstand gehabt: Die früher weit verbreiteten unterschiedlichen festen Altersgrenzen für 643 Männer und Frauen haben vor Gericht nicht standgehalten.916 Der Europäische Gerichtshof entschied am 17.5.1990 in der sog. Barber-Entscheidung (Douglas Harvey Barber gegen Guardian Royal Exchange Assurance Group), dass der Entgeltgleichheitsgrundsatz des Art. 119 EGV (später Art. 141 EG, heute Art. 157 AEUV) jede das Entgelt betreffende Ungleichbehandlung von Männern und Frauen verbietet, ohne Rücksicht darauf, woraus sich diese Ungleichbehandlung ergibt. Die Festsetzung unterschiedlicher Rentenalter je nach Geschlecht als Voraussetzung für die Eröffnung eines Rentenanspruchs im Rahmen eines betrieblichen Systems verstoße dagegen. Unterschiede im Rentenalter im Rahmen des nationalen gesetzlichen Systems stehen dem nicht entgegen. Aus Gründen der Rechtssicherheit hat der Europäische Gerichtshof die rechtlichen Wirkungen der Entscheidung auf die Zeit nach seiner Entscheidung begrenzt und damit Vertrauensschutz gewährt.917 Der Entgeltgleichheitssatz ist unmittelbar nur auf Leistungen anwendbar, die für nach dem 17.5.1990 liegende Beschäftigungszeiten gezahlt werden.918 Unterschiedliche feste Altersgrenzen in betrieblichen Versorgungssystemen für 644 Männer und Frauen sind daher unzulässig. Männer können unter den gleichen Voraussetzungen wie Frauen Versorgungsleistungen verlangen, also gilt auch für sie die für Frauen maßgebliche Altersgrenze (häufig Alter 60). Bei der Berechnung der Leistungshöhe sind aufgrund des Vertrauensschutzes zwei Leistungsstämme zu bilden, für die Zeit bis zum 17.5.1990 und für die Zeit danach. Nur für den Stamm, der die Zeit nach dem 17.5.1990 berücksichtigt, wird die niedrigere Altersgrenze für Frauen auch für Männer berücksichtigt. Dies gilt entsprechend für etwaige in der Versorgungsordnung enthaltene versicherungsmathematische Abschläge für den Fall des vorzeitigen Bezugs von Versorgungsleistungen. Wird die Versorgungsleistung durch einen Mann entsprechend der für Frauen geltenden Altersgrenze bereits

_____ 916 Hintergrund für die unterschiedlichen Altersgrenzen war, dass zwar die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung geschlechtsunabhängig bei 65 Jahren lag, weibliche Versicherte jedoch bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres altersrentenbezugsberechtigt waren, wenn sie während der letzten 20 Jahre überwiegend eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hatten. Männer konnten die gesetzliche Altersrente dagegen erst mit 63 in Anspruch nehmen. 917 EuGH, Urt. v. 17.5.1990 – Rs. C-262/88 (Barber) – NJW 1991, 2204. 918 EuGH, Urt. v. 6.10.1993 – Rs. C-109/91 (Ten Oever) – AP EWG-Vertrag Art. 119 Nr. 49.

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ab Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch genommen, ist hinsichtlich des Stamms bis zum 17.5.1990 eine Kürzung wegen des vorzeitigen Bezugs vorzunehmen.919 Ist für Frauen für den Bezug der Altersleistung mit 60 kein versicherungsmathematischer Abschlag vorgesehen, gilt dies auch für Männer bezogen auf die Beschäftigungszeit ab dem 18.5.1990. Sind bei späterem Bezug für Frauen Zuschläge vorgesehen, gilt dies bezogen auf den zweiten Stamm auch für Männer.920 Auch bei der unverfallbaren Anwartschaft ist die Berechnung nach zwei 645 Stämmen durchzuführen. Im Falle einer ratierlichen Berechnung nach § 2 Abs. 1 BetrAVG sind bei Männern für Beschäftigungszeiten bis zum 17.5.1990 die fiktive Vollrente als auch die erreichbare Betriebszugehörigkeit auf das 65. Lebensjahr zu beziehen. Für Beschäftigungszeiten ab dem 18.5.1990 ist bei der Berechnung des Teilanspruchs nach § 2 Abs. 1 BetrAVG die Altersgrenze für Frauen (Vollendung des 60. Lebensjahres) für den fiktiven Vollanspruch als auch die erreichbare Betriebszugehörigkeit zugrunde zu legen.921 Eine unzulässige unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt 646 vor, wenn eine Versorgungszusage lediglich eine Witwen-, nicht aber eine Witwerversorgung beinhaltet.922 Gleiches gilt, wenn die Leistungen für Witwer geringer sind als die für Witwen. Ebenfalls unzulässig ist es, wenn eine Witwerrente nur unter der Voraussetzung gewährt wird, dass die Mitarbeiterin den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten hat, während die Witwenrente dies nicht erfordert.923 Weitere Fälle unzulässiger Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts 647 sind: ■ Nichtberücksichtigung von Zeiten des Mutterschutzes bei der Berechnung des Betriebsrentenanspruchs924 ■ Unterschiedliche Aufnahmealter für Männer (55 Jahre) und Frauen (50 Jahre) in betrieblichen Versorgungssystemen925 ■ Unterschiedliche Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen für Männer und Frauen, z.B. in Bezug auf Dienst- oder Wartezeiten926 ■ Festsetzung unterschiedlicher versicherungsmathematischer Abschläge für Männer und Frauen für die vorgezogene Inanspruchnahme der Altersleistung für Beschäftigungszeiten ab dem 18.5.1990927

_____ 919 BAG, Urt. v. 29.4.2008 – 3 AZR 266/06 – AP BetrAVG § 2 Nr. 58. 920 BAG, Urt. v. 7.9.2004 – 3 AZR 550/03 – AP BetrAVG § 1 Gleichberechtigung Nr. 15. 921 BAG, Urt. v. 17.9.2008 – 3 AZR 1061/06 – AP BetrAVG § 2 Nr. 59. 922 BAG, Urt. v. 5.9.1989 – 3 AZR 575/88 – AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 8. 923 BAG, Urt. v. 11.12.2007 – 3 AZR 249/06 – AP AGG § 2 Nr. 1. 924 EuGH, Urt. v. 13.1.2005 – Rs. C 356/03 (Mayer) – AP Richtlinie 86/378/EWG Nr. 1. 925 BAG, Urt. v. 31.8.1978 – 3 AZR 313/77 – AP BetrAVG § 1 Gleichberechtigung Nr. 1. 926 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anh. zu § 1 Rn. 48. 927 BAG, Urt. v. 18.8.2008 – 3 AZR 530/06 – AP EG Art. 141 Nr. 18.

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Ausschluss von Frauen aus einem Versorgungswerk, aus dem bereits der Ehemann eine Anwartschaft auf Ruhegeld erworben hat928

Nicht höchstrichterlich geklärt ist, ob sog. Haupternährerklauseln, wonach Hin- 648 terbliebenenleistungen sowohl für Männer als auch für Frauen davon abhängig gemacht werden, dass der/die Verstorbene den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten hat, eine mittelbare Diskriminierung von Frauen bewirken.929 Ist die Haupternährerklausel Bestandteil Allgemeiner Geschäftsbedingungen, muss diese aus Transparenzgründen (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) erkennen lassen, welche Anforderungen im Einzelnen erfüllt sein müssen, um von einem überwiegenden Bestreiten des Familienunterhalts ausgehen zu können. Anderenfalls ist sie unwirksam.930 Keine mittelbare Geschlechtsdiskriminierung liegt in einer sog. gespaltenen 649 Rentenformel. Eine solche liegt vor, wenn bei gehaltsabhängigen Versorgungsformeln der Gehaltsbestandteil, der oberhalb der BBG in der gesetzlichen Rentenversicherung liegt, für die Bemessung der Versorgungsleistung höher bewertet wird als der Gehaltsbestandteil bis zur BBG.931 Selbst wenn man unterstellt, dass eine solche Regelung insbesondere für Teilzeitbeschäftigte und damit für Frauen nachteilig ist, wäre die Ungleichbehandlung gerechtfertigt. Um eine am tatsächlichen Versorgungsbedarf orientierte, dem Verdienst angemessene Altersversorgung zu gewähren, ist es angemessen und erforderlich, Gehaltsbestandteile oberhalb und bis zur BBG unterschiedlich zu gewichten. Nur auf diese Weise kann der Berücksichtigung der Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung Rechnung getragen werden, da Gehaltsbestandteile oberhalb der BBG bei der gesetzlichen Rentenhöhe unberücksichtigt bleiben.932 Unbedenklich ist eine Regelung in einer Versorgungsordnung, wonach Zeiten 650 des Erziehungsurlaubs oder der Elternzeit nicht versorgungserhöhend berücksichtigt werden. Hierin liegt keine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts, da eine damit verbundene Benachteiligung von Frauen gerechtfertigt ist. Während des Erziehungsurlaubs bzw. der Elternzeit ruht das Arbeitsverhältnis und der Arbeitgeber ist von der Verpflichtung zur Zahlung des Arbeitsentgelts befreit. Damit einhergehend kann er auch seine Aufwendungen zur bAV ruhen lassen.933 Zu berücksichtigen bleiben die Zeiten eines ruhenden Arbeitsverhältnisses freilich im Rahmen der Unverfallbarkeitsfristen nach § 1b BetrAVG und für die Betriebszugehörigkeit im Sinne des § 2 BetrAVG.934

_____ 928 BAG, Urt. v. 28.3.1958 – 1 AZR 336/57 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 19. 929 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Ahrendt, Teil 7 D Rn. 69 m.w.N. 930 BAG, Urt. v. 30.9.2014 – 3 AZR 930/12 – AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 32. 931 Rn. 106. 932 EuGH, Urt. v. 13.7.2017 – Rs. C-354/16 (Kleinsteuber) – NZA 2017, 1047; BAG, Urt. v. 11.12.2012 – 3 AZR 588/10 – AP BetrAVG § 1 Teilzeit Nr. 16. 933 BAG, Urt. v. 20.4.2010 – 3 AZR 370/08 – AP BEEG § 15 Nr. 3. 934 BAG, Urt. v. 15.2.1994 – 3 AZR 708/93 – NZA 1994, 794.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, ob aus gleichen Beiträgen bei beitragsorientierten Leistungszusagen und Beitragszusagen mit Mindestleistung unterschiedliche Leistungen für Männer und Frauen resultieren dürfen. Damit verbunden ist die Diskussion um die Notwendigkeit sog. Unisex-Tarife in der bAV. Für privatrechtliche Versicherungsverträge hat der EuGH entschieden, dass die Verwendung geschlechtsspezifischer versicherungsmathematischer Berechnungsfaktoren unzulässig sei. Die dies unbefristet erlaubende Bestimmung in Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2004/113 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hat das Gericht wegen Unvereinbarkeit mit dem Ziel der Richtlinie und mit Art. 21 und Art. 23 GRC mit Wirkung zum 21.12.2012 für ungültig erklärt.935 Die betreffende Richtlinie gilt zwar gemäß deren Art. 3 Abs. 4 nicht für die bAV. Allerdings ist für betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit die Richtlinie 2006/54/EG vom 5.7.2006 einschlägig. Diese kennt eine vergleichbare Ausnahme vom geschlechtsspezifischen Diskriminierungsverbot in Art. 9 Abs. 1 lit. h, wenn versicherungstechnischen Berechnungsfaktoren Rechnung getragen wird, die im Fall von Festbeitragssystemen je nach Geschlecht unterschiedlich sind. Ob diese Art. 21 und Art. 23 GRC standhält, wurde bislang nicht entschieden. Offen ist auch, ob auf nationaler Ebene das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das eine ausdrückliche Ausnahme vom Diskriminierungsverbot nicht beinhaltet, ein weitergehendes Gleichbehandlungsgebot als die Richtlinie enthält. Es spricht viel dafür, dass auch in der bAV in Versicherungsverträgen bzw. Zusagen ab dem 21.12.2012 bei beitragsbezogenen Zusagen die Leistungen nicht nach Geschlecht differieren dürfen.936 Die von den versicherungsförmigen Versorgungsträgern heute für die bAV angebotenen Tarife sind in der Regel Unisex-Tarife.

bb) Diskriminierungen wegen des Alters 652 Zunehmend Gegenstand der Rechtsprechung waren in jüngerer Vergangenheit Fragen der Altersdiskriminierung. § 10 S. 3 Nr. 4 AGG enthält wie die dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz 653 zugrunde liegende Richtlinie 2000/78/EG (Art. 6 Abs. 2) eine spezielle Ausnahmevorschrift. Nach § 10 S. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Dabei müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels gemäß § 10 S. 2 AGG angemessen und erforderlich sein. § 10 S. 3 AGG enthält eine Aufzählung von Tatbeständen, wonach unterschiedliche Behandlungen insbesondere gerechtfertigt sein können. Für die bAV erlaubt § 10 S. 3 Nr. 4 AGG die Festsetzung von Alters-

_____ 935 EuGH, Urt. v. 1.3.2011 – Rs. C-236/09 (Test-Achats) – VersR 2011, 377. 936 Ulbrich, DB 2011, 2775, 2778.

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E. Erteilung der Zusage

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§ 3 Abs. 2

§ 10 S. 1, 2

§ 10 S. 3 Nr. 4

grenzen im Rahmen der Alters- und Invaliditätsversorgung als auch die Verwendung von Alterskriterien für versicherungsmathematische Berechnungen. Hieraus resultiert für mögliche Altersdiskriminierungen im Anwendungsbereich 654 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes das folgende Prüfungsschema: Tatbestand

Rechtfertigung

Altersgrenzen bei Alters- oder Invaliditätsversorgung

Legitimes Ziel per se gegeben

Verwendung altersbezogener versicherungsmathematischer Berechnungen

Altersgrenzen bzw. altersbezogene versicherungsmathematische Berechnungen angemessen und erforderlich

Unmittelbare Ungleichbehandlung in sonstigen Fällen

Mittelbare Ungleichbehandlung

Objektiv legitimes Ziel aus dem Bereich „Sozialpolitik“937 Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich Legitimes Ziel sind alle von der Rechtsordnung anerkannten Gründe938 Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich

Abbildung 7: Prüfschema Altersdiskriminierung

Nach § 10 S. 3 Nr. 4 AGG sind Höchstaufnahmealter in betrieblichen Versorgungs- 655 systemen dem Grunde nach zulässig. Gleiches gilt, wenn nach der Versorgungsregelung bis zum Erreichen der Altersgrenze eine Mindestbetriebszugehörigkeit vorausgesetzt wird. Einschränkungen ergeben sich jedoch daraus, dass die verwendete Altersgrenze oder Mindestbetriebszugehörigkeit angemessen sein muss, um die altersbezogene Ungleichbehandlung zu rechtfertigen.939 Anerkannt hat das BAG in diesem Zusammenhang ein Höchstaufnahmealter von 50 Jahren bzw. eine Mindestbetriebszugehörigkeit von 15 Jahren bis zur Regelaltersgrenze.940 Gegen das Angemessenheitsgebot verstößt dagegen eine Bestimmung in einer Versorgungordnung, die dem Arbeitnehmer die Erfüllung einer 10-jährigen Wartezeit vor Vollendung des 55. Lebensjahres auferlegt. Diese Regelung beinhaltet ein faktisches Höchstauf-

_____ 937 Unionsrechtskonforme Auslegung; vgl. BAG, Urt. v. 23.7.2016 – 6 AZR 457/14 – NZA 2015, 1380. 938 EuGH, Urt. v. 5.3.2009 – Rs. C-388/07 (Age Concern England) – NZA 2009, 305. 939 BAG, Urt. v. 18.3.2014 – 3 AZR 69/12 – AP AGG § 10 Nr. 6. 940 BAG, Urt. v. 12.2.2013 – 3 AZR 100/11 – AP AGG § 10 Nr. 3.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

nahmealter von 45 Jahren, was dazu führt, dass während eines beträchtlichen Teils des typischen Erwerbslebens keine Versorgungsanwartschaft erworben werden kann.941 Die Wartezeit als solche ist dagegen nicht altersdiskriminierend. Unterschiedliche Behandlungen, die an das Alter anknüpfen, finden sich auch in Bestimmungen zur Höhe der Versorgungsleistungen. Zulässig sind die weit verbreiteten beitragsbezogenen Versorgungszusagen, bei denen sich aufgrund unterschiedlicher Verzinsungseffekte aus gleichen Beiträgen des Arbeitgebers zu unterschiedlichen Alterszeitpunkten unterschiedlich hohe Versorgungsleistungen ergeben können.942 Es handelt sich hierbei um „Alterskriterien für versicherungsmathematische Berechnungen“ nach § 10 S. 3 Nr. 4 AGG. Versorgungsregelungen, die eine Betriebszugehörigkeit vor Erreichen eines bestimmten Alters nicht versorgungserhöhend berücksichtigen, sind regelmäßig zulässig. Diese wirken wie eine Altersgrenze als Voraussetzung für die Mitgliedschaft in dem Versorgungswerk oder den Bezug von Altersrente im Sinne von § 10 Abs. 3 Nr. 4 AGG.943 Keine unzulässige Altersdiskriminierung liegt in einer Begrenzung der anrechnungsfähigen Dienstzeit auf 40 Dienstjahre. Diese wirkt sich bei jüngeren Mitarbeitern negativ aus, da deren Betriebszugehörigkeit nur teilweise versorgungssteigernd berücksichtigt wird, wenn sie länger ist als die anrechnungsfähige Dienstzeit. Diese mittelbare unterschiedliche Behandlung aufgrund des Alters ist gerechtfertigt, da der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran hat, zur besseren Kalkulierbarkeit sein finanzielles Risiko zu begrenzen und die Beschränkung auf 40 Dienstjahre ein typisches Erwerbsleben nahezu vollständig umfasst. Ob stärkere Dienstzeitbegrenzungen ebenfalls gerechtfertigt sind, hat das BAG offen gelassen.944 Unkritisch sind Regelungen, die die Versorgungsleistungen auf einen bestimmten Höchstbetrag begrenzen (z.B. 60% des ruhegeldfähigen Einkommens) und ältere Mitarbeiter benachteiligen könnten, wenn eine spätere Dienstzeit insoweit nicht versorgungserhöhend wirkt. Hierin liegt keine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters, da den Beschäftigungszeiten, die vor Erreichen eines bestimmten Lebensalters zurückgelegt werden, hinsichtlich des Erwerbs von Anwartschaften keine andere Wertigkeit zugemessen wird als den Zeiten, die danach zurückgelegt werden.945 Nicht höchstrichterlich entschieden wurde bislang über die Zulässigkeit von Versorgungsregelungen, die später im Arbeitsverhältnis erbrachte Dienstzeiten (zunehmend) stärker belohnen. Häufig will der Arbeitgeber mit einer solchen Re-

_____ 941 BAG, Urt. v. 18.3.2014 – 3 AZR 69/12 – AP AGG § 10 Nr. 6. 942 U.a. Rolfs, NZA 2008, 553, 558. 943 So EuGH, Urt. v. 16.6.2016 – Rs. C-159/15 (Lesar) – NZA 2016, 879 für den § 10 Abs. 3 Nr. 4 AGG zugrunde liegenden Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG. 944 BAG, Urt. v. 11.12.2012 – 3 AZR 634/10 – AP BetrAVG § 2 Nr. 68. 945 BAG, Urt. v. 28.5.2013 – 3 AZR 266/11 – AP BetrAVG § 1 Teilzeit Nr. 17.

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E. Erteilung der Zusage

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gelung einen Anreiz für eine weitere Betriebszugehörigkeit und gegen einen Arbeitgeberwechsel oder ein vorzeitiges Ausscheiden schaffen, was ein rechtmäßiges Ziel im Sinne von § 3 Abs. 2 AGG darstellen kann.946 Im Bereich der Invaliditätsversorgung ist eine Mindestaltersgrenze nach § 10 661 Abs. 3 Nr. 4 AGG aufgrund der steigenden Invalidisierungswahrscheinlichkeit gerechtfertigt, die den Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente auf Mitarbeiter begrenzt, die bei Eintritt des Versorgungsfalls mindestens das 50. Lebensjahr vollendet haben.947 Eine Höchstaltersgrenze, bspw. das 55. oder 60. Lebensjahr, dürfte aus Gründen der Begrenzung des finanziellen Risikos des Arbeitgebers gerechtfertigt sein, insbesondere wenn der eingeschaltete Versorgungsträger eine Versicherung des Risikos ab einem bestimmten Alter ablehnt. Eine Versorgungsregelung, die eine Hinterbliebenenversorgung versagt, 662 wenn die Ehe erst nach dem Ausscheiden des Mitarbeiters aus dem Arbeitsverhältnis geschlossen wurde (sog. Spätehenklausel)948, ist zulässig. Der Arbeitgeber darf seine Risiken auf die während des Arbeitsverhältnisses entstandenen begrenzen. Dies gilt entsprechend für das Erfordernis der Eheschließung vor Eintritt des Versorgungsfalls bzw. vor Vollendung des 65. oder 62. Lebensjahres,949 wenn es sich dabei um die in der Versorgungsregelung vorgesehene feste Altersgrenze handelt.950 Für unwirksam erklärt hat das BAG dagegen eine Regelung, wonach eine Hinterbliebenenversorgung nur dann gewährt wird, wenn der Mitarbeiter die Ehe vor Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen hat. Die zugesagte Hinterbliebenenversorgung sei Teil einer umfassenden Versorgungsregelung. Hierdurch sollten die Arbeitnehmer in der Sorge um die finanzielle Lage ihrer Hinterbliebenen entlastet werden. Für das Versorgungsinteresse sei es jedoch unerheblich, zu welchem Zeitpunkt die Ehe geschlossen wurde. Es existiere kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass die Versorgungsberechtigten, die die Ehe erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres schließen, ein geringeres Interesse an der Versorgung ihres hinterbliebenen Ehegatten haben. Gegen eine Angemessenheit des Ausschlusses spreche auch der Entgeltcharakter der betrieblichen Versorgung als Gegenleistung für die im Arbeitsverhältnis erbrachte Betriebszugehörigkeit.951 Eine Regelung in einer Versorgungsordnung, nach der Ehegatten, die mehr als 663 15 Jahre jünger als der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer sind (sog. Altersab-

_____ 946 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Ahrendt, Teil 7 D Rn. 87 m.w.N. 947 BAG, Urt. v. 10.12.2013 – 3 AZR 796/11 – NZA 2015, 50. 948 Rn. 189. 949 Rn. 189. 950 BAG, Urt. v. 15.10.2013 – 3 AZR 294/11 – NZA 2014, 1203 bzw. BAG, Urt. v. 14.11.2017 – 3 AZR 781/16 – NZA 2018, 453 und BAG, Urt. v. 22.01.2019 – 3 AZR 560/17 – NZA 2019, 991. 951 BAG, Urt. v. 4.8.2015 – 3 AZR 137/13 – AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 33; siehe ferner Rn. 24.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

standsklausel)952, von der Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung ausgeschlossen sind, bewirkt keine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters nach §§ 1, 3 AGG. Die mit einer solchen Regelung verbundene Ungleichbehandlung wegen des Alters, da regelmäßig nur Mitarbeiter mit einem Alter von mindestens 33 Jahren davon betroffen sind, ist gerechtfertigt. Der Arbeitgeber darf mit einer solchen Regelung sein finanzielles Risiko begrenzen. Einem Altersabstand von mehr als 15 Jahren sei es typischerweise immanent, dass der jüngere Ehepartner einen größeren Zeitabschnitt seines Lebens ohne die an die Einkommenssituation des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers gekoppelten Versorgungsmöglichkeiten erleben wird. Es sei daher legitim, wenn ein Arbeitgeber dieses bereits strukturell im Lebenszuschnitt des Arbeitnehmers angelegte Risiko nicht durch die Zusage einer Hinterbliebenenversorgung übernimmt. Bei einem Altersabstand von 15 Jahren und mehr liege ein den Ausschluss aus der Hinterbliebenenversorgung tragender Unterschied zum typischen „Normalfall“ von weniger als 7 Jahren Altersabstand bei 80% aller Ehepaare vor.953

cc) Sexuelle Identität 664 Eingetragene Lebenspartner sind in der bAV hinsichtlich der Hinterbliebenenver-

sorgung Ehegatten gleichzustellen. Erforderlich ist jedoch, dass am 1.1.2005 zwischen dem Versorgungsberechtigten und dem Versorgungsschuldner (noch) ein Rechtsverhältnis bestand.954 Bestand zu diesem Zeitpunkt kein Arbeitsverhältnis mehr, reicht es insoweit aus, wenn der Versorgungsberechtigte zu diesem Zeitpunkt bereits Versorgungsleistungen bezog oder mit unverfallbarer Anwartschaft ausgeschieden war.955

dd) Behinderung 665 Verbreitet werden Arbeitnehmer aufgrund von Krankheiten von Leistungen der bAV, insbesondere von Invaliditätsleistungen ausgeschlossen. Hintergrund ist in der Regel, dass der Arbeitgeber das höhere Invaliditätsrisiko nicht tragen will, bspw. weil eine versicherungsmäßige Absicherung nicht oder nur zu unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Wenn bei dem Ausschluss ausdrücklich auf die Behinderung abgestellt wird, liegt eine unmittelbare Benachteiligung im Sinne des § 3 Abs. 1 AGG vor, die nur schwer gerechtfertigt werden kann. Stellen Ausschlussklauseln auf bestimmte Krankheiten ab, kann dies zu einer mittelbaren oder unmittelba-

_____ 952 Siehe Rn. 189. 953 BAG, Urt. v. 20.2.2018 – 3 AZR 43/17 – AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 39. 954 BAG, Urt. v. 14.1.2009 – 3 AZR 20/07 – AP GG Art. 3 Nr. 315. 955 BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 294/09 – NZA 2010, 216.

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ren Benachteiligung wegen einer Behinderung führen. Zwar stellt nicht jede Krankheit eine Behinderung dar, jedoch gibt es Überschneidungen insbesondere im Bereich längerer oder dauerhafter Krankheiten. Wird die Zusage von betrieblichen Versorgungsleistungen von einer erfolgreichen Gesundheitsprüfung abhängig gemacht, kann hierin auch eine mittelbare Benachteiligung wegen einer Behinderung liegen.956 Praxistipp 3 In der Praxis ist bei der Gestaltung von Versorgungssystemen darauf zu achten, dass ein Ausschluss lediglich auf die Risiken bezogen wird, die nur mit Gesundheitsprüfung abgesichert werden können (i.d.R. Invaliditätsrisiko). Für Mitarbeiter, für die eine Risikoabsicherung infolge dessen nicht vorgenommen werden kann, sollten die dafür nicht benötigten Beitragsanteile zur Erhöhung anderer Leistungskomponenten (i.d.R. der Altersversorgung) verwendet werden.957

ee) Innendienst/Außendienst Ein Arbeitgeber kann bei der Gewährung von Leistungen der bAV insbesondere 666 wegen eines nachvollziehbar unterschiedlichen Interesses an fortdauernder Betriebstreue oder wegen eines typischerweise unterschiedlichen Versorgungsbedarfs einzelner Arbeitnehmergruppen grundsätzlich differenzieren. Der Differenzierungsgrund muss sich dabei aus der betrieblichen Versorgungsordnung selbst ergeben, was bedeutet, dass die Versorgungsordnung dem behaupteten Differenzierungsgrund zumindest nicht widersprechen darf. Ein vollständiger Ausschluss von Außendienstmitarbeitern aus einem betrieblichen Versorgungssystem kann jedoch nicht mit Unterschieden in der Art der Arbeitsleistung und der besonderen Vergütungsstruktur gerechtfertigt werden. Ein Arbeitgeber kann jedoch ohne Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz Arbeitnehmer von der bAV ausschließen, die ein erheblich höheres Einkommen als die in das Versorgungswerk einbezogene Gruppe haben. Er kann aus sozialen Gründen auch nur solchen Arbeitnehmern einen Zusatzversorgungsanspruch einräumen, die nicht in vergleichbarer Weise wie die von der Versorgung ausgenommenen Arbeitnehmer zur Eigenvorsorge in der Lage sind.958 Der Grundsatz der Gleichbehandlung gilt auch für die Ermittlung der für die Be- 667 rechnung einer Betriebsrente maßgeblichen Bemessungsgrundlagen (rentenfähiger Arbeitsverdienst). Einzelne Lohnbestandteile können hierbei unberücksichtigt bleiben, wenn es hierfür sachliche Gründe gibt. Der Ausschluss von variablen Lohnbestandteilen aus der Bemessungsgrundlage kann auch durch Gründe der

_____ 956 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Ahrendt, Teil 7 D Rn. 110 ff. m.w.N. 957 Siehe auch Rn. 151. 958 BAG, Urt. v. 9.12.1997 – 3 AZR 661/96 – NZA 1998, 1173.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Klarheit und der einfachen Handhabung gerechtfertigt sein. Die Grenze der zulässigen Gestaltung ist jedoch dann überschritten, wenn die Gruppe der Außendienstmitarbeiter tatsächlich keine oder keine angemessene Betriebsrente erhalten kann.959

ff) Arbeiter/Angestellte 668 Bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz bereits

dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Dementsprechend bildet der bloße Statusunterschied zwischen gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten keine Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung beider Personengruppen. Eine daran anknüpfende Unterscheidung beruht für sich genommen nicht auf sachgerechten Erwägungen. Eine unterschiedliche Behandlung von gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten kann allerdings dann zulässig sein, wenn mit der Anknüpfung an den Statusunterschied gleichzeitig auf einen Lebenssachverhalt abgestellt wird, der geeignet ist, die Ungleichbehandlung sachlich zu rechtfertigen. Das ist am Regelungszweck und dem aus ihm folgenden Differenzierungsgrund zu messen. Geeignet können bspw. gruppenspezifisch unterschiedlich ausgestaltete Vergütungssysteme sein.960 Eine Differenzierung nach typischerweise unterschiedlichem Versorgungs669 bedarf einzelner Arbeitnehmergruppen ist zwar grundsätzlich möglich, da sie in Übereinstimmung mit den üblichen Zwecken betrieblicher Versorgungswerke steht. Jedoch ist die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten hierfür nicht unbedingt geeignet. Durchschnittswerte innerhalb der Gruppen sind insoweit nicht aussagekräftig, weil sie die Unterschiede innerhalb der Gruppen verwischen. Bei der Frage, ob eine Gruppenbildung geeignet ist, kommt es darauf an, inwieweit innerhalb der Gruppe Konsistenz bezogen auf den Differenzierungsgrund besteht.961

gg) Teilzeitbeschäftigung 670 Nach § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der

Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Demgemäß ist nach § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG einem teil-

_____ 959 BAG, Urt. v. 17.2.1998 – 3 AZR 578/96 – NZA 1998, 782. 960 BAG, Urt. v. 10.11.2015 – 3 AZR 575/14 – NZA-RR 2016, 204. 961 BAG, Urt. v. 16.2.2010 – 3 AZR 216/09 – NZA 2010, 701.

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E. Erteilung der Zusage

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zeitbeschäftigten Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Diese Regelung beruht auf dem allgemeinen Prinzip, dass die Höhe des Entgelts 671 bei Teilzeitbeschäftigten quantitativ vom Umfang der Beschäftigung abhängt. Teilzeitarbeit unterscheidet sich von der Vollzeitarbeit nur in quantitativer, nicht in qualitativer Hinsicht. Eine geringere Arbeitszeit darf daher grundsätzlich auch nur quantitativ, nicht aber qualitativ anders abgegolten werden als Vollzeitarbeit. Der Pro-rata-temporis-Grundsatz erlaubt eine unterschiedliche Abgeltung von Teilzeit- und Vollzeitarbeit in quantitativer Hinsicht, indem er dem Arbeitgeber gestattet, das Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung für Teilzeitbeschäftigte entsprechend ihrer gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten verringerten Arbeitsleistung anteilig zu kürzen. Ein Arbeitnehmer, der Teilzeitarbeit leistet, kann nicht die gleiche Vergütung verlangen wie ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer. Diese Grundsätze gelten auch für Leistungen der bAV. Teilzeitkräfte können keine gleich hohe bAV fordern wie Vollzeitkräfte. Vielmehr ist es zulässig, Altersversorgungsleistungen anteilig nach dem Beschäftigungsumfang im Vergleich zu einem Vollzeitbeschäftigten mit gleicher Dauer der Betriebszugehörigkeit zu erbringen.962 Nach dem Pro-rata-temporis-Grundsatz in § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG soll der Teilzeit- 672 beschäftigte das Arbeitsentgelt und die sonstigen teilbaren geldwerten Leistungen mindestens in der Höhe erhalten, die dem Umfang seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigen entspricht. Die Regelung gebietet damit nur die (relative) Gleichbehandlung mit einem vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten. Zwar sind vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer i.S.d. § 4 Abs. 1 TzBfG nach § 2 Abs. 1 S. 3 TzBfG Arbeitnehmer „mit derselben Art des Arbeitsverhältnisses und der gleichen oder einer ähnlichen Tätigkeit“. Maßgeblich ist somit vor allem die Vergleichbarkeit der Tätigkeit. Diese funktionale Sichtweise ist allerdings dann nicht maßgeblich, wenn der 673 Arbeitgeber bei der Leistungserbringung nicht auf die Tätigkeit, sondern auf andere Faktoren – etwa die Betriebszugehörigkeit – abstellt, wenn also die Funktion bzw. die Art und der Inhalt der Tätigkeit für die Leistungserbringung nicht bestimmend sind. Ausschlaggebend für die Vergleichbarkeit ist dann vielmehr, wie der Arbeitgeber selbst die Gruppenbildung vorgenommen hat oder an welche Gesichtspunkte er für die Erbringung der Leistung anknüpft. Für die Gruppenbildung im Bereich der bAV ist entscheidend, dass den Leistungen der bAV nicht nur Entgeltcharakter zukommt, sondern mit ihnen in der Regel – zumindest auch – sowohl bereits er-

_____ 962 BAG, Urt. v. 19.4.2016 – 3 AZR 526/14 – AP BetrAVG § 1 Teilzeit Nr. 18.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

brachte als auch künftige Betriebszugehörigkeit entlohnt werden soll.963 Die Leistungen der bAV sind damit regelmäßig kein reines Äquivalent für die geleistete Arbeitszeit. Dies hat zur Folge, dass im Rahmen des § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG in der Regel nur Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte mit einer gleich langen Beschäftigungszeit vergleichbar sind. Sieht die Versorgungsregelung eine Begrenzung der für die Versorgungs674 höhe maßgeblichen jährlichen Steigerungsbeträge auf maximal 25 Dienstjahre vor, kann infolge dessen der durchschnittliche Beschäftigungsgrad während der gesamten Dienstzeit berücksichtigt werden. Er muss nicht nur bezogen auf die ersten 25 Dienstjahre der anrechenbaren Dienstzeit ermittelt werden.964 Bei einer sachlichen nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Voll- und 675 Teilzeitbeschäftigten liegt regelmäßig auch eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts vor, da Teilzeitarbeit typischerweise weit überwiegend von Frauen ausgeübt wird.965 Dies wird man im Regelfall auch für den Ausschluss von geringfügig Beschäftigten im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV annehmen müssen. Jedenfalls bei betrieblichen Versorgungssystemen, die unabhängig von der Sozialversicherungspflicht des Versorgungsberechtigten ausgestaltet sind, ist nach herrschender Lehre vor dem Hintergrund des Entgeltcharakters der bAV kein Grund ersichtlich, der einen Ausschluss der geringfügig Beschäftigten erlaubt. Nicht ausreichend dürften insoweit Aufwand und Kosten für die Verwaltung der in der Regel kleinen Anwartschaften sein.966

hh) Befristete Beschäftigung 676 Nach § 4 Abs. 2 S. 1 TzBfG darf ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer wegen der Befristung des Arbeitsvertrags nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Eine schlechtere Behandlung liegt vor, wenn befristet Beschäftigte für die gleiche Arbeitsleistung eine geringere Bezahlung als die unbefristet Tätigen erhalten. Auch dürfen Dauerbeschäftigten geleistete Vorteile befristet Beschäftigten nicht wegen der Befristung vorenthalten werden.967 Es ist sachlich gerechtfertigt, nur vorübergehend beschäftigte Arbeitnehmer von 677 betrieblichen Versorgungsleistungen auszuschließen. Die bAV bezweckt u.a., die Betriebstreue des Arbeitnehmers zu fördern und zu belohnen. Bei nur vorüberge-

_____ 963 Rn. 24. 964 BAG, Urt. v. 19.4.2016 – 3 AZR 526/14 – AP BetrAVG § 1 Teilzeit Nr. 18. 965 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Ahrendt, Teil 7 D Rn. 34. 966 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Ahrendt, Teil 7 D Rn. 40 m.w.N. 967 BAG, Urt. v. 15.1.2013 – 3 AZR 4/11 – BeckRS 2013, 68672.

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E. Erteilung der Zusage

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hender Beschäftigung ist der Arbeitgeber nicht daran interessiert, den Arbeitnehmer an den Betrieb zu binden.968 Das BAG hat es in den bislang entschiedenen Fällen als ausreichend angesehen, 678 wenn die während des befristeten Arbeitsverhältnisses erbrachte Betriebstreue dadurch berücksichtigt wird, dass die im befristeten Arbeitsverhältnis zurückgelegte Beschäftigungszeit bei der Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis angerechnet wird.969 Fettnapf 3 Dies mag bei Direktzusagen regelmäßig unproblematisch sein, in anderen Durchführungswegen kann eine nachträgliche Berücksichtigung der in befristeter Tätigkeit verbrachten Betriebszugehörigkeit steuer- und sozialversicherungsrechtliche Schwierigkeiten bereiten. So sind die steuer- und sozialversicherungsfreien Dotierungsmöglichkeiten in den versicherungsförmigen Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds begrenzt.970 Eine Erstdotierung, die die Betriebszugehörigkeit in befristeter Tätigkeit nachträglich mitumfasst, kann daher zu einer teilweisen Versteuerung und Verbeitragung des Beitrags führen. Im Durchführungsweg einer rückgedeckten Unterstützungskasse können nach einer hohen Erstzuwendung, die die vorherige Betriebszugehörigkeit mit abdeckt, vor dem Hintergrund des Erfordernisses gleichbleibender oder steigender Beiträge nach § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. c. S. 2 EStG künftige Zuwendungen nicht als Betriebsausgabe steuermindernd geltend gemacht werden.971

ii) Stichtagsregelungen Der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt auch „in der Zeit“. Stichtagsregelungen als 679 „Typisierung in der Zeit“ sind zwar zur Abgrenzung des begünstigten Personenkreises grundsätzlich zulässig. Im Bereich der bAV kommen stichtagsbezogene Abgrenzungen über den Eintritt eines Arbeitnehmers in das Unternehmen oder den Ruhestand oder über die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Arbeitnehmergruppe zu einem bestimmten Stichtag in Betracht. Eine solche Gruppenbildung muss aber mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar sein. 972 Entscheidend sind die Gründe, die sich hinter der Stichtagsregelung verbergen.973 Das LAG Düsseldorf hat eine Stichtagsregelung gebilligt, wonach eine neue Ver- 680 sorgungsordnung nur für Mitarbeiter galt, die ab einem bestimmten Zeitpunkt eingestellt worden waren. Die Wahl des Zeitpunkts müsse sich am gegebenen Sachverhalt orientieren und somit sachlich vertretbar sein. Dies müsse auch auf die

_____ 968 Ständige Rechtsprechung, zuletzt: BAG, Urt. v. 15.1.2013 – 3 AZR 4/11 – BeckRS 2013, 68672. 969 BAG, Urt. v. 15.1.2013 – 3 AZR 4/11 – BeckRS 2013, 68672. 970 Siehe Kap. 2 Rn. 130 ff., Kap. 3 Rn. 7 f. 971 Siehe ferner Kap. 2 Rn. 215. 972 BAG, Urt. v. 19.2.2008 – 1 AZR 1004/06 – AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 191. 973 BAG, Urt. v. 14.6.1983 – 3 AZR 565/81 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 58.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

zwischen den Gruppen gezogenen Grenzen zutreffen. Dies sei jedenfalls der Fall, wenn der Stichtag mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Versorgungsordnung übereinstimmt und den zuvor eingestellten Arbeitnehmern ein Anspruch aus einer älteren Versorgungsordnung zusteht. Bei einer solchen Konstellation liege auch dann kein Verstoß gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor, wenn die neue Versorgungsordnung für einen betroffenen Arbeitnehmer im Einzelfall deutlich günstiger wäre.974 Die stichtagsbezogene Aufspaltung einer bislang gleich behandelten Gruppe 681 bedarf besonderer, aus dem Zweck der Versorgungsleistung bestimmbarer Gründe.975 Zulässig ist aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten eine Schließung eines be682 stehenden Versorgungssystems für den Zugang von Arbeitnehmern anknüpfend an den Eintritt oder den Versorgungsfall, mit der Folge, dass für diese keine oder geringere Versorgungsleistungen vorgesehen werden.976 3 Praxistipp Stichtagsbezogene verschlechternde Eingriffe in Versorgungssysteme sind regelmäßig zulässig, da hierdurch die notwendige Besitzstandswahrung vorgenommen werden kann und der Grundsatz des Vertrauensschutzes beachtet wird. Bei Verbesserungen oder Neueinführungen betrieblicher Versorgungsleistungen ist dagegen eine differenziertere Betrachtung erforderlich. Eine stichtagsbezogene Unterscheidung der Mitarbeitergruppen muss sich dabei am besonderen Zweck der jeweiligen Leistung und an der beabsichtigten Differenzierung orientieren. Es ist insoweit zu prüfen, ob neue Mitarbeiter eine Verbesserung oder neue Leistung vollumfänglich erhalten sollen/müssen oder ob es angemessener wäre, eine teilweise Verbesserung bzw. geringere Leistung unter Einbeziehung aller Mitarbeiter zu gewähren.

II. Die Einstandspflicht des Arbeitgebers 1. Gesetzliche Grundlage und Ausgestaltung der Einstandspflicht 683 Nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG hat der Arbeitgeber für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann einzustehen, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt. Im Rahmen der bAV ist daher stets zwischen dem arbeitsrechtlichen Grundverhältnis und den Rechtsverhältnissen über den eingeschalteten Versorgungsträger zu unterscheiden.977 Der externe Versorgungsträger ist dabei ein Instrument des Arbeitgebers, um seine arbeitsrechtliche Versorgungsverpflichtung zu erfüllen.978 Der Arbeitgeber kann sich seiner Verpflichtungen aus der Ver-

_____ 974 LAG Düsseldorf, Urt. v. 14.7.2017 – 6 Sa 132/16 – BeckRS 2017, 123925. 975 BAG, Urt. v. 14.6.1983 – 3 AZR 565/81 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 58. 976 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Roth, Teil 7 A Rn. 56 m.w.N. 977 Rn. 344 ff. 978 Vgl. BAG, Urt. v. 29.8.2000 – 3 AZR 201/00 – NZA 2001, 163.

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sorgungszusage also nicht dadurch entledigen, dass er die bAV über einen externen Versorgungsträger organisiert.979 Dem Arbeitgeber obliegt im arbeitsrechtlichen Grundverhältnis eine Einstandspflicht, nach der er dem Arbeitnehmer im Versorgungsfall die zugesagten Leistungen ggf. zu verschaffen hat. Wird die geschuldete Versorgung auf dem vorgesehenen Durchführungsweg nicht erbracht, hat der Arbeitgeber dem Versorgungsberechtigten daher im Versorgungsfall erforderlichenfalls aus seinem eigenen Vermögen die Versorgungsleistungen zu verschaffen, die er dem Arbeitnehmer versprochen hat. Der Verschaffungsanspruch richtet sich darauf, eine Lücke zu schließen, die sich zwischen der Versorgungszusage einerseits und der Ausgestaltung des Durchführungswegs andererseits ergeben kann.980 Hierbei handelt es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers sondern um einen verschuldensunabhängigen Erfüllungsanspruch.981 Dabei ist unerheblich, aus welchem Grund der Versorgungsträger die in der Versorgungszusage versprochenen Leistungen nicht erbringt. Externer Versorgungsträger und Arbeitgeber sind gesamtschuldnerisch verpflichtet.982 Der Arbeitgeber kann die Einstandspflicht – wie sich aus § 19 Abs. 3 BetrAVG ergibt – nicht ausschließen.983 Die Einstandspflicht des Arbeitgebers nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG besteht nicht, wenn der Arbeitgeber nach § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG eine reine Beitragszusage im Rahmen des sog. Sozialpartnermodells erteilt hat. In diesem Fall gilt der Grundsatz des sog. „pay and forget“.984 Auch außerhalb der zum 1.1.2018 gesetzlich eingeführten reinen Beitragszusage im Rahmen eines Sozialpartnermodells war und ist es Arbeitgebern möglich, Zusagen ohne eine arbeitsrechtliche Einstandspflicht für die Leistung zu erteilen. Eine reine Beitragszusage, die nicht den Anforderungen des § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG entspricht, ist zwar rechtlich ohne Weiteres möglich. Sie wird jedoch vom BetrAVG nicht erfasst.985 Mit ihr werden keine künftigen Versorgungsleistungen versprochen, wie dies § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG verlangt. Es handelt sich vielmehr um zusätzliche Zahlungen während des aktiven Arbeitslebens, die ähnlich wie vermögenswirksame Leistungen zur Bildung von Vermögen oder von Versorgungsanwartschaften an Dritte geleistet werden und bei denen der Arbeitnehmer das volle An-

_____ 979 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Schlewing, Teil 5 G Rn. 1. 980 BAG, Urt. v. 13.12.2016 – 3 AZR 342/15 – AP BetrAVG § 1 Pensionskasse Nr. 14. 981 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Schlewing, Teil 5 G Rn. 1. 982 BAG, Urt. v. 31.7.2007 – 3 AZR 373/06 – AP BetrAVG § 7 Widerruf Nr. 27 und v. 18.11.2008 – 3 AZR 417/07 – BeckRS 2009, 55849, siehe aber Rn. 732. 983 BAG, Urt. v. 19.6.2012 – 3 AZR 408/10 – AP BetrAVG § 1 Pensionskasse Nr. 9, siehe Rn. 318 ff. 984 Rn. 523 ff. 985 Rn. 21.

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lage- und Insolvenzrisiko trägt.986 Auf solche Zusagen passt weder die gesetzliche Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG noch das Unverfallbarkeitsrecht des § 2 BetrAVG.987 Die Einstandspflicht ist grundsätzlich nachrangig gegenüber der Erbringung 689 der Versorgungsleistungen über den externen Versorgungsträger. Der Arbeitnehmer ist zunächst verpflichtet, den externen Versorgungsträger in Anspruch zu nehmen. Erst wenn der Versorgungsträger nicht leistet, kann der Arbeitnehmer auf den Arbeitgeber zurückgreifen. Hierfür ist zwar kein erfolgloser Vollstreckungsversuch erforderlich, der Arbeitnehmer muss den Versorgungsträger aber zur Leistung auffordern. Die Notwendigkeit zur Leistungsaufforderung besteht nicht, wenn sich der geltend gemachte Anspruch nicht aus dem Leistungsplan des Versorgungsträgers ergibt, weil er z.B. auf dem Gleichbehandlungsgrundsatz, einem Verstoß gegen Diskriminierungsverbote oder einer betrieblichen Übung beruht.988

2. Reichweite der Einstandspflicht 690 Schwierig ist die Abgrenzung der Reichweite der Einstandspflicht des Arbeitgebers von der Leistungsverpflichtung des externen Versorgungsträgers, wenn die Versorgungszusage eine (dynamische) Verweisung auf den Leistungsplan des externen Versorgungsträgers enthält. In diesem Fall könnte ein Gleichlauf zwischen (reduzierter) Leistung des Versorgungsträgers und Einstandspflicht des Arbeitgebers bestehen. Das BAG hat jedoch entschieden, dass wenn ein Arbeitgeber dem Arbeitnehmer 691 Leistungen der bAV über eine Pensionskasse zugesagt hat und die Pensionskasse von ihrem satzungsmäßigen Recht Gebrauch macht, Fehlbeträge durch Herabsetzung der Leistungen auszugleichen, der Arbeitgeber nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG dem Versorgungsempfänger gegenüber auch dann im Umfang der Leistungskürzungen einzustehen hat, wenn er auf die Verwaltung des Vermögens und die Kapitalanlage der Pensionskasse sowie auf deren Beschlussfassungen keinen Einfluss nehmen konnte. Mit einer dynamischen Verweisung auf die Satzung und die Leistungsbedingungen einer Pensionskasse wolle der Arbeitgeber lediglich die für das arbeitsrechtliche Grundverhältnis maßgeblichen Versorgungsbedingungen festlegen, mithin bestimmen, unter welchen Voraussetzungen, in welcher Höhe und wann der Versorgungsberechtigte Leistungen der bAV beanspruchen kann. Die dynamische Inbezugnahme der jeweils gültigen Satzung und der Leistungsbedingungen einer Pensionskasse diene daher ausschließlich dazu, die vom Arbeitgeber erteilte Versorgungszusage auszufüllen. Die Verweisung erstrecke sich hingegen nicht auf Satzungsbestimmungen, die ausschließlich die Durchführung der bAV betreffen

_____ 986 Siehe Rn. 242 ff. 987 Vgl. u.a. BAG, Urt. v. 19.6.2012 – 3 AZR 408/10 – AP BetrAVG § 1 Pensionskasse Nr. 9. 988 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Schlewing, Teil 5 G Rn. 16.

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und regeln, unter welchen Voraussetzungen ein sich aus der Satzung und den Versorgungsrichtlinien der Versorgungsträger ergebender Anspruch auf laufende Versorgungsleistungen durch den externen Versorgungsträger eingeschränkt werden kann. Satzungsbestimmungen, die einer Verhinderung des Zusammenbruchs der Pensionskasse dienen, können nicht wirksam für das arbeitsrechtliche Grundverhältnis in Bezug genommen werden. Eine dahingehende Auslegung verstoße gegen die zwingende betriebsrentenrechtliche Wertung, dass von der Einstandspflicht gemäß § 19 Abs. 3 BetrAVG nicht abgewichen werden kann.989 Praxistipp 3 Im Falle eines dynamischen Verweises in der Versorgungszusage auf die Leistungsbestimmungen eines externen Versorgungsträgers ist zur Ermittlung der Reichweite der arbeitgeberseitigen Einstandspflicht genau zu prüfen, welche Bestimmungen dem arbeitsrechtlichen Grundverhältnis (z.B. Voraussetzungen bzw. Art, Höhe und Fälligkeit der Leistungen) und welche dem Durchführungsweg (z.B. Sanierungsklauseln) zuzuordnen sind. Dabei sind bspw. Klauseln in Versicherungsbedingungen, die dem Versorgungsträger die Festlegung anderer Rechnungsgrundlagen für künftige Beiträge ermöglichen, keine Sanierungsklauseln im Sinne der Rechtsprechung des BAG. Gleiches gilt für Regelungen, wonach die Faktoren zur Umrechnung des angesammelten Kapitals in eine Rentenleistung ganz oder teilweise erst zum Zeitpunkt des Rentenbeginns feststehen.

3. Erfüllung der Einstandspflicht Wie die Einstandspflicht zu erfüllen ist, hängt von der arbeitsvertraglichen Ver- 692 sorgungsvereinbarung ab. Die Versorgung ist grundsätzlich in demjenigen Durchführungsweg über denjenigen Versorgungsträger zu verschaffen, wie ursprünglich zugesagt. Der Eintritt der Einstandspflicht führt nicht dazu, dass sich die Versorgungszusage insoweit in eine Direktzusage umwandelt. Die Einstandspflicht selbst unterliegt nicht dem gesetzlichen Insolvenzschutz nach §§ 7 ff. BetrAVG. Das BAG hat dem EuGH allerdings die Frage vorgelegt, ob eine Haftung des PSV sich aus Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG ergeben kann.990 Dieser hat geantwortet, dass die Richtlinie die EU-Staaten verpflichtet, „einen gewissen Schutz zu gewährleisten“, wenn Betriebsrentenkürzungen offensichtlich unverhältnismäßig sind, z.B. wenn ein ehemaliger Arbeitnehmer wegen der Kürzungen weniger als die Hälfte der erworbenen Ansprüche auf Altersrente bekommt oder unter die Armutsschwelle rutscht.991 Ist dem Arbeitgeber die Verschaffung über den zugesagten Versorgungsträger 693 rechtlich unmöglich oder unzumutbar, wird er gemäß § 275 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB

_____ 989 BAG, Urt. v. 30.9.2014 – 3 AZR 617/12 – AP BetrAVG § 1 Pensionskasse Nr. 10. 990 Vorlage des BAG an den EuGH v. 20.2.2018 – 3 AZR 142/16 (A) – NZA 2018, 1142. 991 EuGH, Urt. v. 19.12.2019 – Rs. C-168/18 (Pensions-Sicherungs-Verein) – NZA 2020, 107, siehe auch Kap. 8 Rn. 185.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

von dieser Verpflichtung frei und hat eine entsprechende Leistung unmittelbar aus seinem Vermögen zu erbringen. Eine rechtliche Unmöglichkeit kann u.a. vorliegen, wenn das Versicherungsunternehmen den maßgeblichen Tarif geschlossen hat oder der Arbeitgeber sich dem Versorgungsträger nicht anschließen kann. Eine Unzumutbarkeit kommt bspw. bei Missmanagement des Versorgungsträgers in Betracht.992

F. Finanzierungsmöglichkeiten der bAV F. Finanzierungsmöglichkeiten der bAV I. Arbeitgeberfinanzierte bAV 694 Die Ursprungsform der bAV ist arbeitgeberfinanziert. Sie beruht grundsätzlich auf

einem freien und rechtlich nicht erzwingbaren Entschluss des Arbeitgebers, betriebliche Versorgungsleistungen zu gewähren. Der Arbeitgeber kann frei entscheiden, ob er betriebliche Versorgungsleistungen gewähren, welcher Durchführungswege er sich bedienen, welche objektiv abgrenzbaren Personenkreise er einbeziehen und wie viel er aufwenden will.993

II. Arbeitnehmerfinanzierte bAV/Entgeltumwandlung 1. Entgeltumwandlung 695 Seit den 1980er Jahren hat die Umwandlung von Entgeltbestandteilen zur Finanzie-

rung betrieblicher Versorgungszusagen zunehmend an Bedeutung gewonnen, so dass der Gesetzgeber sie im Rahmen des RRG 1999 in das BetrAVG aufgenommen hat. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG liegt bAV vor, wenn künftige Entgeltansprüche 696 in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden. Bei einer Entgeltumwandlung vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien daher, dass der Anspruch auf Barauszahlung endgültig untergeht und durch eine Versorgungsanwartschaft ersetzt wird.994 Bei der Entgeltumwandlung handelt es sich trotz der eigenständigen Regelung 697 nicht um einen eigenständigen Zusagetypus nach § 1 BetrAVG, sondern lediglich um eine Finanzierungsvariante der bAV.995 Sie kann in allen Durchführungswegen vorgenommen werden.

_____ 992 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Schlewing, Teil 5 G Rn. 4 m.w.N. 993 Siehe Rn. 31, 35 ff. sowie BAG, Beschl. v. 12.6.1975 – 3 ABR 13/74, 137/73 und 66/74 – AP BetrVG 1972 § 87 Altersversorgung Nr. 1–3. 994 BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 17/09 – AP BetrAVG § 1 Nr. 60; die im Schrifttum diskutierte dogmatische Einordnung hat das BAG offen gelassen. 995 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Karst, Teil 6 B Rn. 1.

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F. Finanzierungsmöglichkeiten der bAV

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a) Künftige Entgeltbestandteile Umgewandelt werden können alle Vergütungsbestandteile, die Gegenstand des Arbeitsvertrags sind. Typischerweise sind dies bar auszuzahlende Vergütungs-, Lohn- oder Gehaltsbestandteile laufender oder einmaliger Art. Möglich ist aber auch eine Umwandlung von anderen Leistungen des Arbeitgebers, wie z.B. von Sachleistungen, Urlaubsansprüchen oder Deputaten. Dabei kann entweder das Brutto- oder das Nettoentgelt umgewandelt werden. Die unterschiedliche steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Förderung in Beitrags- und Leistungsphase kann je nach den individuellen Verhältnissen für den Mitarbeiter unterschiedlich vorteilhaft sein. Bei der Umwandlung von tariflichen Entgeltansprüchen ist darauf zu achten, dass eine Entgeltumwandlung dieser gemäß § 20 Abs. 1 BetrAVG durch Tarifvertrag vorgesehen oder zugelassen ist.996 Diese Einschränkung gilt nicht für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer und für außertarifliche Entgeltbestandteile. Der Arbeitnehmer muss einen Anspruch auf den umzuwandelnden Entgeltbestandteil haben. Nicht ausreichend sind bloße Erwartungen oder Aussichten auf zusätzliche oder erhöhte Entgeltbestandteile. Zudem muss es sich um künftige Ansprüche handeln. Wann ein Entgeltanspruch „künftig“ ist, ist umstritten. Im arbeitsrechtlichen Schrifttum wird wohl überwiegend davon ausgegangen, dass Ansprüche nur dann künftig sind, wenn sie noch nicht durch Arbeitsleistung erdient sind.997 Dagegen erkennt die Finanzverwaltung steuerlich auch die Umwandlung von Einmal-/Sonderzahlungen an, die für mehrere Jahre gewährt werden.998 Es spricht viel dafür, dass „künftig“ im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG so zu verstehen ist, dass im Umwandlungszeitpunkt der Entgeltbestandteil noch nicht fällig sein darf, während es auf das Erdienen durch die tatsächliche Arbeitsleistung nicht ankommt. Das Steuerrecht erlaubt die Umwandlung bereits erdienter Gehaltsbestandteile, so dass man insoweit einen einheitlichen gesetzgeberischen Willen unterstellen kann.999

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b) Wertgleichheit Die in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG genannte Wertgleichheit ist nicht Teil der Definition 703 für den Begriff der bAV, sondern lediglich ein gesetzliches Gebot. Eine bAV kann auch dann vorliegen, wenn dieses Gebot nicht eingehalten ist. Der Gesetzgeber wollte mit der gesetzlichen Regelung die Rechtsprechung des BAG zum Begriff der

_____ 996 Die Einschränkung des § 20 Abs. 1 BetrAVG gilt gemäß § 30h BetrAVG nur für Entgeltumwandlungen, die auf Zusagen beruhen, die nach dem 29. Juni 2001 erteilt wurden bzw. werden. 997 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1 Rn. 119 m.w.N. 998 BMF-Schreiben v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002, BStBl. I 2017. 999 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Karst, Teil 6 B Rn. 32 m.w.N.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

bAV bestätigen und den betriebsrentenrechtlichen Arbeitnehmerschutz nicht verringern, sondern verstärken. Eine Definition der Wertgleichheit enthält das BetrAVG nicht. Die Frage, ob dem 704 Erfordernis der Wertgleichheit Rechnung getragen ist, muss bei Abschluss der Entgeltumwandlungsvereinbarung beantwortet werden. Zu diesem Zeitpunkt müssen die künftigen Entgeltansprüche einerseits und die durch die Entgeltumwandlung zu erzielende Anwartschaft auf Versorgungsleistungen andererseits miteinander verglichen werden. Deren Wert muss sich bei objektiver wirtschaftlicher Betrachtung entsprechen und damit „gleich“ sein. Dabei kommt versicherungsmathematischen Grundsätzen jedenfalls bei Abschluss einer Direktversicherung entscheidende Bedeutung zu.1000 Die Wertgleichheit ist daher immer dann erfüllt, wenn der Arbeitgeber einen Beitrag in Höhe des umgewandelten Entgeltbestandteils als Versicherungsprämie an einen Versorgungsträger abführt, die dieser nach seinem Leistungsplan oder Versicherungstarif nach versicherungsmathematischen Grundsätzen in eine Versorgungsanwartschaft umrechnet.1001 Vor diesem Hintergrund sind auch auf sog. gezillmerten Tarifen beruhende 705 Direktversicherungen als wertgleich anzusehen. Bei der „Zillmerung“ handelt es sich um ein Kostenverteilungsverfahren, das von dem Versicherungsmathematiker Dr. August Zillmer entwickelt wurde. Die beim Zustandekommen des Versicherungsvertrags anfallenden einmaligen Abschluss- und Vertriebskosten werden mit den sog. Sparanteilen der ersten Versicherungsprämien verrechnet. Dies führt dazu, dass der Rückkaufswert anfangs sehr gering ist. Die Zillmerung ist eine versicherungsmathematisch anerkannte Methode zur Verrechnung der Abschluss- und Vertriebskosten, die vom Versicherungsnehmer und wirtschaftlich vom bezugsberechtigten Arbeitnehmer zu tragen sind. Bei der Zillmerung handelt es sich um ein gesetzlich geregeltes Verfahren, das aufsichtsrechtlich ohne Weiteres zulässig ist. Gleichwohl ist die Entgeltumwandlungsvereinbarung auch anhand der §§ 305 ff. 706 BGB (Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen) zu überprüfen.1002 Es spricht nach Ansicht des BAG einiges dafür, dass eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 BGB vorliegt, wenn bei einer auf Entgeltumwandlung beruhenden bAV ein (voll) gezillmerter Versicherungstarif verwendet wird und dadurch den vorzeitig ausscheidenden Versorgungsberechtigten erhebliche Nachteile entstehen können. Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Die Regelungen des BetrAVG deuten darauf hin, dass der Versorgungsberechtigte nach einer Entgeltumwandlung auch in sog. Störfällen – also bei vorzeitigem Ausscheiden aus

_____ 1000 BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 17/09 – AP BetrAVG § 1 Nr. 60. 1001 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Karst, Teil 6 B Rn. 21 m.w.N. 1002 Siehe dazu auch Rn. 37 ff.

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F. Finanzierungsmöglichkeiten der bAV

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dem Arbeitsverhältnis und einer dadurch veranlassten Beitragsfreistellung in der Lebensversicherung – eine Versorgungsleistung von ausreichendem wirtschaftlichen Wert erhalten muss. Zulässig ist im Lichte von § 169 Abs. 3 S. 1 VVG eine auf die ersten fünf Vertragsjahre beschränkte Verrechnung der Beiträge mit den Abschluss- und Vertriebskosten. Im Falle einer unangemessenen Benachteiligung fällt die unwirksame Verrechnungsklausel nicht ersatzlos weg, sondern es bedarf einer ergänzenden Vertragsauslegung, die zu einer Erhöhung der bAV führt.1003 Die von den Versorgungsträgern heute für die bAV angebotenen Tarife sind in der Regel ungezillmert. Bei unmittelbaren Versorgungszusagen und Unterstützungskassenzusagen 707 ist die Wertgleichheit angesichts der der bAV immanenten biologischen Risiken ebenfalls nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu bestimmen.1004 So sind insbesondere Lebenserwartung bzw. Sterbenswahrscheinlichkeit und das Invalidisierungsrisiko zu berücksichtigen. Keine Klarheit besteht jedoch bei den maßgeblichen Berechnungsfaktoren und 708 insbesondere bei der Frage, ob die Wertgleichheit einen Mindestzins erfordert. Für eine Berücksichtigung spricht, dass zwischen dem Entgeltverzicht und der Auszahlung der Versorgungsleistung oftmals viele Jahre, häufig sogar Jahrzehnte liegen. Die Höhe des Mindestzinses wird man an sicheren Geldanlagen am Kapitalmarkt ausrichten können, bspw. an Anleihen der öffentlichen Hand mit entsprechend langen Laufzeiten. Einen Mindestzins, der nur mit einer riskanteren Geldanlage erwirtschaftet werden kann, wird man dem Arbeitgeber insoweit nicht zumuten können.1005 Bei der Bewertung der Wertgleichheit wird man jedoch das gesamte Verhältnis zwischen Entgeltverzicht und Versorgungsleistung(en) betrachten müssen. So kann bspw. bei einem Altersrentenversprechen ein für den Versorgungsberechtigten günstiger Rentenfaktor eine ggf. schwächere Verzinsung in der Anwartschaftsphase kompensieren.1006

2. Eigenbeiträge Nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 Hs. 1 BetrAVG liegt bAV auch vor, wenn der Arbeitnehmer Bei- 709 träge aus seinem Arbeitsentgelt zur Finanzierung von Leistungen der bAV an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung leistet und die Zusage des Arbeitgebers auch die Leistungen aus diesen Beiträgen umfasst.

_____ 1003 BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 17/09 – AP BetrAVG § 1 Nr. 60. 1004 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, Band I, § 1 Rn. 93; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1 Rn. 190; a.A. Doetsch/Förster/Rühmann, DB 1998, 258. 1005 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, Band I, § 1 Rn. 94. 1006 Vgl. dazu auch Scheithauer in: FS Uebelhack, S. 421, 432, zu den Anforderungen an die „Werthaltigkeit“ im Rahmen des Umrechnungsmodus bei der beitragsorientierte Leistungszusage.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Im Falle einer Finanzierung der Altersversorgung aus dem Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers stellt sich die Frage, wann eine betriebliche und wann eine private Altersversorgung vorliegt. Entscheidendes Merkmal zur Abgrenzung der Eigenbeitragszusage von der privaten Altersversorgung ist die sog. „Umfassung“. Eine Versorgungsanwartschaft, die ganz oder teilweise durch Eigenbeiträge des Arbeitnehmers aufgebaut wird, ist nur dann bAV im Sinne des BetrAVG, wenn sich die Zusage des Arbeitgebers auch auf diejenigen Leistungen erstreckt, die auf die Eigenbeiträge des Arbeitnehmers zurückzuführen sind. Der Arbeitgeber kann daher selbst entscheiden, ob er die Umfassung wählt und für diese Leistungen dann die Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG gilt.1007 Eine solche „Umfassungszusage“ kann sich dabei sowohl aus einer entsprechenden ausdrücklichen Erklärung des Arbeitgebers als auch durch Auslegung seiner Zusage oder stillschweigend – konkludent – aus den Umständen ergeben. Liegt keine ausdrückliche Zusage vor, müssen die Gesamtumstände den Schluss darauf zulassen, dass die Zusage des Arbeitgebers auch die auf den Arbeitnehmerbeiträgen beruhenden Leistungen umfassen soll.1008 § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG wurde durch das Gesetz zur Einführung einer kapitalge711 deckten Hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherung und zur Änderung anderer Gesetze vom 21.6.2002 eingefügt und trat am 1.7.2002 in Kraft.1009 § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG findet auch auf Versorgungszusagen Anwendung, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bestimmung erteilt wurden.1010 Dabei sind vor dem Hintergrund der damals fehlenden gesetzlichen Regelung jedoch erhöhte Anforderungen an die Umfassungszusage zu stellen. Das BAG hat insoweit eine arbeitsvertragliche Pflichtmitgliedschaft in der Pensionskasse, eine endgehaltsbezogene Leistungsformel und eine Ausgleichspflicht der Arbeitgeberunternehmen zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Pensionskasse für sich genommen als nicht ausreichend erachtet.1011 Liegt eine wirksame Umfassungszusage des Arbeitgebers vor, sind gemäß § 1 712 Abs. 2 Nr. 4 Hs. 2 BetrAVG die Regelungen für Entgeltumwandlung entsprechend anzuwenden, soweit die zugesagten Leistungen aus diesen Beiträgen im Wege der Kapitaldeckung finanziert werden.

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III. Der gesetzliche Anspruch auf Entgeltumwandlung 713 Der Grundsatz der Freiwilligkeit der bAV1012 wurde ab dem 1.1.2001 dahingehend

eingeschränkt, dass Arbeitnehmern gemäß § 1a BetrAVG ein Anspruch auf bAV aus

_____ 1007 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Diller, Teil 4 A Rn. 68. 1008 BAG, Urt. v. 21.3.2017 – 3 AZR 464/15 – AP BetrAVG § 1 Pensionskasse Nr. 15. 1009 BGBl. I S. 2167. 1010 BAG, Urt. v. 15.3.2016 – 3 AZR 827/14 – AP BetrAVG § 1 Pensionskasse Nr. 13. 1011 BAG, Urt. v. 21.3.2017 – 3 AZR 464/15 – AP BetrAVG § 1 Pensionskasse Nr. 15. 1012 Siehe dazu Rn. 31.

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F. Finanzierungsmöglichkeiten der bAV

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Entgeltumwandlung eingeräumt wurde. Der Anspruch unterliegt Beschränkungen in Bezug auf den berechtigten Personenkreis, den wählbaren Versorgungsträger und die Höhe der umwandelbaren Entgeltbestandteile. Der Anspruch ist gemäß § 1a Abs. 2 BetrAVG ausgeschlossen, soweit bereits eine durch Entgeltumwandlung finanzierte bAV besteht.

1. Berechtigter Personenkreis Der Kreis der Anspruchsberechtigten ist in § 1a Abs. 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 BetrAVG ge- 714 regelt. Dieser umfasst zunächst alle Arbeitnehmer, also auch in Teilzeit oder geringfügig Beschäftigte, befristet Beschäftigte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten (§ 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG). Nach § 17 Abs. 1 S. 3 BetrAVG ist jedoch erforderlich, dass der Arbeitnehmer in 715 der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist. Ist dies nicht der Fall, besteht nur die Möglichkeit der „freiwilligen“ Entgeltumwandlung, die jedoch die Einwilligung des Arbeitgebers erfordert.

2. Inhalt des Anspruchs Der Arbeitnehmer muss einen jährlichen Mindestumwandlungsbetrag in Höhe 716 von 1/160 der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV zugunsten der bAV verwenden.1013 Der jährliche Höchstumwandlungsbetrag, der im Rahmen des Entgeltumwandlungsanspruchs geltend gemacht werden kann, beträgt 4% der jeweiligen jährlichen BBG in der allgemeinen Rentenversicherung.1014 Aufgrund der Bestimmung des Mindestumwandlungsbetrages anhand der Be- 717 zugsgröße West nach § 18 Abs. 1 SGB IV ist davon auszugehen, dass auch die Höchstgrenze bundesweit anhand der für die alten Bundesländer geltenden BBG zu bestimmen ist.1015 Der Höchstumwandlungsbetrag setzt nicht voraus, dass das Arbeitsverhältnis 718 während des gesamten Kalenderjahres besteht. Er kann daher im Falle eines Arbeitsplatzwechsels je Arbeitsverhältnis mehrmals in Anspruch genommen werden.1016 Praxistipp 3 Zur Reduzierung des Verwaltungsaufwands kann der Arbeitgeber bei der Umwandlung von regelmäßigem Entgelt gemäß § 1a Abs. 1 S. 5 BetrAVG verlangen, dass während eines laufenden Kalenderjahres gleichbleibende monatliche Beträge verwendet werden.

_____ 1013 Der Mindestumwandlungsbetrag liegt 2020 bei 238,88 € jährlich bzw. 19,91 € monatlich. 1014 Der Höchstumwandlungsbetrag liegt 2020 bei 3.312,00 € jährlich bzw. 276,00 € monatlich. 1015 So auch Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Huber, § 1a Rn. 18. 1016 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Karst, Teil 6 B Rn. 85.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

3. Durchführung des Anspruchs 719 Die Durchführung des Anspruchs erfolgt gemäß § 1a Abs. 1 S. 2 BetrAVG im Wege

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einer Vereinbarung. Dies setzt zunächst einen frist- und formlosen Antrag des Arbeitnehmers voraus, sofern nicht im Rahmen eines Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung Rahmenbedingungen zu Frist und Form geregelt sind. Der Anspruch auf Entgeltumwandlung kann im Grundsatz in allen Durchführungswegen erfüllt werden. § 1a Abs. 1 BetrAVG enthält jedoch eine stufenweise Rangfolge der Durchführungswege, die die Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber berücksichtigt. Ist der Arbeitgeber bereit, die Entgeltumwandlung über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Versorgungseinrichtung nach § 22 BetrAVG (im Rahmen eines Sozialpartnermodells) durchzuführen, so ist dies für den Arbeitnehmer bindend. Anderenfalls kann der Arbeitnehmer verlangen, dass der Arbeitgeber eine Direktversicherung abschließt. Der Arbeitgeber kann zwar auch die Durchführungswege Unterstützungskasse oder Direktzusage anbieten, der Arbeitnehmer ist jedoch nicht verpflichtet, dem zuzustimmen, und kann stattdessen die Umsetzung über die Direktversicherung verlangen. Nach Festlegung des Durchführungswegs obliegt es dem Arbeitgeber, den konkreten Versorgungsträger auszuwählen.1017 Wird die bAV über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung durchgeführt, kann der Arbeitnehmer nach § 1a Abs. 3 BetrAVG verlangen, dass die Voraussetzungen für eine Förderung nach den §§ 10a, 82 Abs. 2 EStG (sog. Riester-Förderung) erfüllt werden.1018 In sog. entgeltfreien Zeiten, wenn der Arbeitnehmer trotz fortbestehenden Arbeitsverhältnisses kein Entgelt enthält (z.B. Elternzeit, Langzeiterkrankung nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums, Pflegezeit, Sabbatical, Auslandsentsendung), hat er nach § 1a Abs. 4 BetrAVG das Recht, die Versicherung oder Versorgung mit eigenen Beiträgen fortzusetzen. Das Fortsetzungsrecht besteht nur in den versicherungsförmigen Durchführungswegen Pensionsfonds, Pensionskasse und Direktversicherung.1019 Macht der Arbeitnehmer davon Gebrauch, steht der Arbeitgeber gemäß § 1a Abs. 4 S. 2 BetrAVG für die Leistungen aus diesen Beiträgen ein. Die Regelungen über Entgeltumwandlung gelten hierfür nach § 1a Abs. 4 S. 3 BetrAVG entsprechend. Das Fortsetzungsrecht bezieht sich nur auf eine vom Arbeitnehmer finanzierte Versorgung. Ein Anspruch auf Fortsetzung einer allein vom Arbeitgeber finanzierten Versorgung besteht während eines ruhenden Arbeitsverhältnisses nicht.1020 Dagegen dürften die nach § 1a Abs. 1a BetrAVG verpflichtend zu gewährenden ge-

_____ 1017 BAG, Beschl. v. 19.7.2005 – 3 AZR 502/04 – NZA-RR 2006, 372. 1018 Siehe ferner Kap. 2 Rn. 153 ff. 1019 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Karst, Teil 6 B Rn. 132 m.w.N. 1020 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Karst, Teil 6 B Rn. 133.

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F. Finanzierungsmöglichkeiten der bAV

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setzlichen Arbeitgeberzuschüsse zur Entgeltumwandlung vom Fortsetzungsrecht umfasst sein.1021 Hierfür spricht neben der einheitlichen Regelung beider Tatbestände in § 1a BetrAVG der Sinn und Zweck des Fortsetzungsrechts, wonach ein lückenloser und ungeschmälerter Aufbau der bAV auch in entgeltlosen Zeiten ermöglicht werden soll. 1022 Das Fortsetzungsrecht besteht grundsätzlich in Höhe des Beitragsaufkommens vor Beginn der entgeltfreien Zeit (unter Einbeziehung der Arbeitgeberzuschüsse).1023 Praxistipp 3 Macht der Arbeitnehmer von dem Fortsetzungsrecht keinen Gebrauch, kann die damit verbundene Beitragsfreistellung des Versicherungsvertrags zu Nachteilen für den Arbeitnehmer führen, insbesondere bei Risikoabsicherungen für den Todes- oder Invaliditätsfall. Hierauf sollte der Arbeitnehmer bspw. im Rahmen der Entgeltumwandlungsvereinbarung oder Versorgungsordnung hingewiesen werden.

Der Arbeitgeber ist im Regelfall nicht verpflichtet, eine durch Entgeltumwandlung 725 finanzierte Versorgung gegenüber dem Versorgungsträger zu kündigen. Eine solche Pflicht lässt sich nach Auffassung des BAG weder aus der Entgeltumwandlungsvereinbarung noch aus der Rücksichtnahmepflicht des § 241 Abs. 2 BGB herleiten. Vielmehr spreche der Zweck des BetrAVG, die gesetzliche Rentenversicherung zu ergänzen, gegen eine versorgungsfremde Verwendung. Lediglich in akuten Notlagen, wenn etwa eine Zwangsversteigerung einer selbst genutzten Wohnimmobilie drohe und die Auszahlung des Rückkaufswerts dies verhindere, sei eine Kündigungspflicht denkbar.1024 Praxistipp 3 In der Praxis kommt es angesichts der langen Laufzeit von betrieblichen Versorgungszusagen regelmäßig dazu, dass Arbeitnehmer den Wunsch nach einer vorzeitigen Beendigung des Versorgungsvertrags äußern. Entspricht der Arbeitgeber einem solchen Wunsch, führt dies zu einer Abfindung des Versorgungsanspruchs im laufenden Arbeitsverhältnis unter Kündigung des Versorgungsvertrags durch den Arbeitgeber gegenüber dem Versorgungsträger bei regelmäßig gleichzeitiger Beendigung der Entgeltumwandlungsvereinbarung (für die Zukunft). Der Arbeitgeber ist gut beraten, für sich eine Linie festzulegen, wann er den Beendigungswünschen nachkommt und wann nicht, um sich nicht mit Gleichbehandlungsfragen konfrontiert zu sehen. Hierbei ist die restriktive Linie des BAG sicherlich eine sinnvolle Vorgehensweise.

_____ 1021 Vgl. hierzu Rn. 727 ff. 1022 Vgl. Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, Band I, § 1a Rn. 69. 1023 Vgl. Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Karst, Teil 6 B Rn. 134. 1024 BAG, Urt. v. 26.4.2018 – 3 AZR 586/16 – AP BetrAVG § 1a Nr. 4.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

IV. Mischsysteme 1. Matching-Modelle 726 In der Praxis verbreitet sind auch mischfinanzierte Modelle der bAV. Diese sehen

eine Verknüpfung des arbeitgeberfinanzierten Teils mit einer freiwilligen oder obligatorischen Eigenbeteiligung des Arbeitnehmers vor (sog. Matching-Modelle). Vorteil dieser Modelle ist, dass durch die gemeinsame Finanzierung ein deutlich höheres Versorgungsniveau geschaffen wird.

2. Gesetzliche Zuschusspflicht 727 Mit Wirkung ab dem 1.1.2019 hat der Grundsatz der Freiwilligkeit der bAV eine weite-

re Einschränkung erfahren. Nach dem dann in Kraft getretenen § 1a Abs. 1a BetrAVG muss der Arbeitgeber 15% des umgewandelten Entgelts zusätzlich als Arbeitgeberzuschuss an den Pensionsfonds, die Pensionskasse oder die Direktversicherung weiterleiten, soweit er durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart. Nach § 1b Abs. 5 S. 1 BetrAVG ist die Anwartschaft aus den Zuschüssen ebenso wie die aus der Entgeltumwandlung sofort gesetzlich unverfallbar. Die Zuschusspflicht besteht aufgrund ihrer systematischen Stellung in § 1a 728 BetrAVG unter den gleichen Voraussetzungen wie der Entgeltumwandlungsanspruch selbst. Sie besteht nur bis zu einem maximalen Entgeltumwandlungsbetrag von 4% der BBG in der gesetzlichen Rentenversicherung und bei Mitarbeitern, die in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind.1025 § 1a BetrAVG ist tarifdispositiv, so dass in einem Tarifvertrag von der Zu729 schussverpflichtung abgewichen werden kann. Für reine Beitragszusagen (im Rahmen eines Sozialpartnermodells) regelt der 730 bereits zum 1.1.2018 in Kraft getretene § 23 Abs. 2 BetrAVG, dass im Fall der Entgeltumwandlung im Tarifvertrag zu regeln ist, dass der Arbeitgeber 15% des umgewandelten Entgelts zusätzlich als Arbeitgeberzuschuss an die Versorgungseinrichtung weiterleiten muss, soweit der Arbeitgeber durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart. Die sofortige Unverfallbarkeit ergibt sich insoweit aus § 22 Abs. 2 S. 1 BetrAVG. a) Betroffene Durchführungswege und Höhe der Zuschusspflicht 731 Die Zuschusspflicht ist auf die versicherungsförmigen Durchführungswege beschränkt. Bei einer Entgeltumwandlung im Rahmen einer Direktzusage oder Unterstützungskasse sind keine Zuschüsse zu gewähren.

_____ 1025 Langohr-Plato, BetrAV 6/2017, 465, 466; Wilhelm, BetrAV 8/2017, 659, 661; für eine Geltung für sämtliche, d.h., auch für „freiwillige“ Entgeltumwandlungen: Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anh. zu § 1a Rn. 73; Ulbrich in: FS Uebelhack, S. 485, 493.

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F. Finanzierungsmöglichkeiten der bAV

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Die Zuschusspflicht besteht, soweit eine Sozialversicherungsersparnis auf Sei- 732 ten des Arbeitgebers erzielt wird. Ist dies nicht der Fall, weil bspw. Entgelt oberhalb einer BBG umgewandelt wird, ist insoweit auch kein Arbeitgeberzuschuss fällig. Im Fall einer teilweisen Sozialversicherungsersparnis aufgrund der Umwandlung von Entgelt im Bereich zwischen der BBG in der gesetzlichen Krankenversicherung und der BBG in der gesetzlichen Rentenversicherung, muss der Arbeitgeber nur die tatsächliche Sozialversicherungsersparnis weiterleiten.1026 Das Wort „soweit“ ist im Sinne von „in dem Maß, wie“ zu verstehen.1027 Ob tatsächlich eine Sozialversicherungsersparnis vorliegt, kann der Arbeitgeber aufgrund der sog. „März-Klausel“ des § 23a Abs. 4 SGB IV erst am 31. März des auf die Entgeltumwandlung folgenden Jahres feststellen. Aufgrund dessen ist es arbeitsrechtlich ausreichend, wenn der Zuschuss zur Entgeltumwandlung des vorangegangenen Kalenderjahres als Einmalbeitrag nach dem 31. März gezahlt wird.1028 Bei einem Ausscheiden des Mitarbeiters ist der Zuschuss freilich bereits im entsprechenden Monat zu zahlen, da dann feststeht, ob der Arbeitgeber eine Beitragsersparnis aus der Entgeltumwandlung erzielt hat und wie hoch diese ist. Unklar ist, ob auch eine durch die Entgeltumwandlung ausgelöste Ersparnis des 733 Arbeitgebers in der gesetzlichen Unfallversicherung die Zuschusspflicht auslöst. Rein nach dem Wortlaut der Vorschrift dürfte dies der Fall sein. Die gesetzliche Unfallversicherung wird jedoch – anders als in den anderen Sozialversicherungszweigen – allein vom Arbeitgeber finanziert. Die Beiträge werden im Rahmen eines Umlageverfahrens im Nachhinein erhoben. Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind zahlreiche Berufsgenossenschaften und Unfallkassen. Jeder Träger regelt in seiner Satzung eine sog. Höchstjahresarbeitsverdienstgrenze. Die Frage der Höhe der Sozialversicherungsersparnis hängt daher vom Träger der Unfallversicherung ab und ist dementsprechend je Arbeitgeber unterschiedlich. Ob die damit verbundene unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern verschiedener Arbeitgeber vom Gesetzgeber mit der Regelung bezweckt wurde, ist mehr als fraglich.1029 Ohne eine gesetzliche Klarstellung können Arbeitgeber der in dieser Frage bis zu einer eventuellen höchstrichterlichen Entscheidung bestehenden Rechtsunsicherheit nur entgehen, wenn sie auch die Unfallversicherungsersparnis an die Arbeitnehmer weitergeben.

_____ 1026 Langohr-Plato, BetrAV 6/2017, 465, 467; Wilhelm, BetrAV 8/2017, 659, 660; vgl. auch den Hinweis des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales in der Fußnote zu Rn. 26 des BMF-Schreibens v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002, BStBl. I 2017. 1027 Handbuch der Rechtsförmlichkeit v. 22.9.2008, Rn. 89. 1028 A.A. Rundschreiben der GKV-Spitzenverbands v. 21.11.2018, S. 24 f. 1029 Gegen eine Berücksichtigung der Ersparnis in der gesetzlichen Unfallversicherung: GKVSpitzenverband, Rundschreiben vom 21.11.2018, S. 24; Wilhelm, BetrAV 8/2017, 659, 660 f.; Höfer, DB 2017, 2481, 2482; a.A. Langohr-Plato, BetrAV 6/2017, 465, 467.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

b) Zeitliches Einsetzen der Zuschusspflicht 734 Nach § 26a BetrAVG gilt die Zuschusspflicht für individual- und kollektivrechtliche

Entgeltumwandlungsvereinbarungen, die vor dem 1.1.2019 geschlossen worden sind, erst ab dem 1.1.2022. Unklar ist, was mit einer kollektivrechtlichen Entgeltumwandlungsver735 einbarung gemeint ist. Denn im Regelfall ist die Entgeltumwandlung – jedenfalls außerhalb der zum 1.1.2018 gesetzlich eingeführten tariflichen Optionssysteme – so organisiert, dass es eine Regelung zur Entgeltumwandlung, z.B. auf Basis eines Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung, gibt, die die Rahmenbedingungen wie umwandelbare Entgeltbestandteile, mögliche Durchführungswege sowie Leistungs- und Zusagearten etc. enthält, und zusätzlich eine individuelle, umsetzende Entgeltumwandlungsvereinbarung besteht, die insbesondere die Höhe der Umwandlung sowie die umzuwandelnden Gehaltsbestandteile festlegt und damit die arbeitsvertragliche Entgeltregelung ändert. Vor diesem Hintergrund kann in § 26a BetrAVG mit kollektivrechtlicher Entgeltumwandlungsvereinbarung nicht die individuelle, umsetzende Entgeltumwandlungsvereinbarung gemeint sein, da die Regelung insoweit ansonsten weitestgehend inhaltsleer wäre. Vor dem Hintergrund des mit der Übergangsregelung verfolgten Zwecks, wonach die Beteiligten ausreichend Zeit haben sollen, sich auf die Neuregelung der Zuschussverpflichtung einzustellen, spricht viel dafür, dass mit der kollektivrechtlichen Entgeltumwandlungsvereinbarung auch eine kollektivrechtliche „Rahmenvereinbarung“ zur Entgeltumwandlung gemeint ist. Denn dann besteht im jeweiligen Unternehmen ein Versorgungssystem, dessen Umstellung auf die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen einen gewissen Aufwand erfordert. Es kommt dann für das Einsetzen der Zuschusspflicht erst zum 1.1.2022 nur darauf an, ob zum 1.1.2019 eine Betriebsvereinbarung oder ein Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung bestanden hat und nicht, ob der Mitarbeiter schon einmal von seinem Recht auf Entgeltumwandlung Gebrauch gemacht hat.1030 Hierfür spricht auch, dass nur in diesem Fall ein einheitlicher Umstellungsstichtag im Unternehmen besteht, was ebenfalls dem gesetzlichen Sinn und Zweck entsprechen dürfte. Folgerichtig fallen dann aber auch individualrechtliche Rahmenvereinbarungen mit kollektivem Bezug wie Gesamtzusagen oder vertragliche Einheitsregelungen zur Entgeltumwandlung als „individualrechtliche Entgeltumwandlungsvereinbarungen“ unter die Übergangsregelung.1031

_____ 1030 A.A. Langohr-Plato, BetrAV 6/2017, 465, 466. 1031 So auch Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Huber, § 1a Rn. 47; Bader, DB 2018, 1665, 1666.

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F. Finanzierungsmöglichkeiten der bAV

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c) Weiterleitung des Arbeitgeberzuschusses Nach § 1a Abs. 1a BetrAVG hat der Arbeitgeber den Zuschuss an den Pensionsfonds, 736 die Pensionskasse oder die Direktversicherung weiterzuleiten. An dieser Stelle stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeberzuschuss in die gleiche Versorgung eingebracht werden muss wie die Entgeltumwandlung. Der Wortlaut der Regelung spricht dafür, jedenfalls impliziert er den gleichen Durchführungsweg.1032 Praxistipp 3 In der Praxis werden Fälle auftreten, in denen der gewählte Versorgungsträger die Arbeitgeberzuschüsse nicht oder nicht mehr zu den gleichen Tarifbedingungen anzunehmen bereit ist. Diese Problematik dürfte stufenweise zu lösen sein. Ist bei dem gewählten Versorgungsträger lediglich der Tarif, der für die Entgeltumwandlung verwendet wird, nicht mehr für zusätzliche Beiträge offen, kann der Arbeitgeber für die Zuschüsse einen anderen Tarif des gleichen Durchführungswegs nutzen. Ist dagegen bei dem gewählten Versorgungsträger der Durchführungsweg insgesamt versperrt, weil bspw. eine Pensionskasse keine zusätzlichen Beiträge mehr annimmt, wird der Arbeitgeber einen anderen Durchführungsweg – sofern möglich – beim gewählten Versorgungsträger für die Arbeitgeberzuschüsse wählen können. Im Lichte von § 1a Abs. 1 S. 3 BetrAVG stehen ihm hier die versicherungsförmigen Durchführungswege zur Verfügung, sofern er nicht mit den Arbeitnehmern Einvernehmen über einen anderen Durchführungsweg erzielt.

d) Anrechenbarkeit bestehender Zuschüsse Die neue gesetzliche Zuschussverpflichtung wirft die Frage auf, ob und inwieweit 737 Arbeitgeber bestehende arbeitgeberfinanzierte Beiträge auf ihre Zuschussverpflichtung anrechnen können. Basis hierfür kann zunächst eine in der Versorgungsordnung vorhandene Anrechnungsklausel sein. Von einer Anrechenbarkeit bestehender Zuschüsse wird man auch ohne ent- 738 sprechende Klausel ausgehen können, wenn die bislang gezahlten Arbeitgeberleistungen an die Entgeltumwandlung gekoppelt sind, an einen versicherungsförmigen Durchführungsweg abgeführt werden und die aus den Arbeitgeberbeiträgen resultierende Anwartschaft sofort unverfallbar ist. Denn dann wird der vom Gesetzgeber mit der Zuschusspflicht verfolgte Zweck bereits erfüllt. Nicht erforderlich dürfte sein, dass die Weitergabe der Sozialversicherungsersparnis ausdrücklich benannt ist oder anderweitig Anklang in der Versorgungsregelung gefunden hat.1033 Demzufolge wäre es ausreichend, wenn bei rein wirtschaftlicher Betrachtung eine (teilweise) Finanzierung aus der Sozialversicherungsersparnis vorliegt.1034 Hiervon

_____ 1032 Wilhelm, BetrAV 8/2017, 659, 662. 1033 Wilhelm, BetrAV 8/2017, 659, 662 unter zutreffendem Hinweis auf BAG, Urt. v. 15.3.2016 – 3 AZR 827/14 – AP BetrAVG § 1 Pensionskasse Nr. 13, wonach Anforderungen an Willenserklärungen vor dem Hintergrund des bestehenden gesetzlichen Umfelds bewertet werden müssen. 1034 Langohr-Plato, BetrAV 6/2017, 465, 467.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

wird man in aller Regel ausgehen können. Dass bislang gewährte Zuschüsse geringer sind als die gesetzlich vorgeschriebenen, dürfte einer Anrechenbarkeit für sich genommen nicht im Wege stehen.

G. Informationspflichten im Rahmen einer bAV G. Informationspflichten im Rahmen einer bAV 739 Das BetrAVG enthält als spezielle Informationsnorm die Bestimmung des § 4a BetrAVG, die für spezifische Sachverhalte eine Informationspflicht für Arbeitgeber und Versorgungsträger statuiert. Daneben leiten sich aus anderen gesetzlichen Vorschriften weitere Informationsverpflichtungen ab. Im Folgenden werden die wesentlichen Verpflichtungen dargestellt. Hinsichtlich der Auskunftspflichten im Zusammenhang mit einem Versorgungsausgleich wird auf Kapitel 9 verwiesen. I. Gesetzliche Informationsverpflichtung nach § 4a BetrAVG 740 Bei der Informationsverpflichtung nach § 4a BetrAVG handelt es sich nicht um eine

proaktive Pflicht des Arbeitgebers oder des Versorgungsträgers. Sie wird nur auf das Verlangen des (ausgeschiedenen) Arbeitnehmers bzw. des versorgungsberechtigten Hinterbliebenen hin ausgelöst. 1. Auskunftsansprüche Betriebsangehöriger 741 Die Bestimmung enthält in Absatz 1 einen Katalog an Auskunftstatbeständen zur

bAV, die vom Arbeitgeber oder Versorgungsträger zu erfüllen sind: ■ Ob und Wie des Erwerbs einer Anwartschaft (Nr. 1) ■ Höhe des Anspruchs aus der bisher erworbenen Anwartschaft und bei Erreichen der in der Versorgungsregelung vorgesehenen Altersgrenze (Nr. 2) ■ Auswirkungen einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf die Anwartschaft sowie deren anschließende Entwicklung (Nr. 3 und 4) 742 Die Auskunft über den Erwerb einer Anwartschaft wird der Arbeitgeber nicht ein-

fach dadurch erfüllen können, dass er dem Arbeitnehmer die Versorgungsregelung (z.B. Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Gesamtzusage, Versorgungszusage) übergibt. Nach § 4a Abs. 4 BetrAVG muss die Auskunft verständlich sein, was aufgrund des häufig anspruchsvollen Regelungsgehalts, der juristisch geprägten Wortwahl und der Abstraktion der Regelung nicht für jeden Versorgungsberechtigten der Fall sein dürfte.1035 Es bedarf daher einer vereinfachten Beschreibung des jeweiligen Versorgungssystems.

_____ 1035 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, Band I, § 4a Rn. 67.

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G. Informationspflichten im Rahmen einer bAV

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Die Auskunft zur Höhe der Anwartschaft könnte nach dem Wortlaut der Re- 743 gelung auf die Altersleistung beschränkt sein, so dass Hinterbliebenen und Invaliditätsanwartschaften nicht erfasst wären. Dies wird aus dem Bezug zur „in der Versorgungsregelung vorgesehenen Altersgrenze“, die nur bei der Altersleistung relevant ist, gefolgert.1036 Der erkennbare Gesetzeszweck, eine umfassende Arbeitnehmerinformation zu gewährleisten, spricht jedoch dafür, dass auch der erreichte Stand der Hinterbliebenen- und Invaliditätsanwartschaft Gegenstand des Auskunftsrechts ist. Nur so kann der Versorgungsberechtigte seinen Versorgungsbedarf effektiv ermitteln und ggf. zusätzliche Vorsorge treffen. Eine Hochrechnung anhand der Altersgrenze entfällt freilich in diesen Fällen. Mit der „bisher erworbenen Anwartschaft“ ist die gesetzlich unverfallbare 744 Anwartschaft nach § 2 BetrAVG gemeint. Steht dem Arbeitnehmer eine vertraglich unverfallbare Anwartschaft zu, die die gesetzliche übersteigt, ist deren Wert mitzuteilen. Daneben ist die bei Erreichen der maßgeblichen Altersgrenze voraussicht- 745 liche Höhe des Anspruchs in Bezug auf die Altersleistung zu beauskunften. Hierbei ist zu unterstellen, dass der Arbeitnehmer durchgehend betriebstreu bleibt. Bei beitragsbezogenen Zusagearten ist die künftige Erhöhung durch weitere Aufwendungen zu berücksichtigen. Beinhaltet die Versorgungsformel ungewisse Bemessungsgrößen, wie z.B. das Gehalt, eine Überschussentwicklung oder sozialversicherungsrechtliche Größen, muss der Arbeitgeber bzw. Versorgungsträger eine plausible Schätzung der Entwicklung dieser Größen für die Zukunft vornehmen. Hierbei ist ihm ein großzügiger Einschätzungsspielraum zu gewähren.1037 Er ist nicht verpflichtet, bspw. die Schätzung der Gehaltsdynamik arbeitnehmerindividuell vorzunehmen. Praxistipp 3 Gegebenenfalls können auch verschiedene Dynamiksätze zugrunde gelegt werden, wie es bei Lebensversicherungen für die Einschätzung künftiger Entwicklungen üblich ist. Zwar können aus einer fehlerhaften Schätzung keine eigenen Ansprüche des Versorgungsanwärters erwachsen, da sie nur „voraussichtlich“ sind. Zu empfehlen ist jedoch, die der Schätzung zugrunde liegenden Prämissen in der Auskunft zu beschreiben, damit die genannten Werte vom Versorgungsberechtigten besser eingeschätzt werden können.

Nach § 4a Abs. 1 Nr. 3 und 4 BetrAVG bestehen Auskunftspflichten in Bezug auf eine 746 hypothetische Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Diese beinhalten zunächst die Frage, ob die Anwartschaft beim Ausscheiden verfällt oder erhalten bleibt. Bleibt sie erhalten, ist die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft in Bezug auf alle

_____ 1036 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, Band I, § 4a Rn. 71. 1037 So auch Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, Band I, § 4a Rn. 77.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Leistungsarten zu beauskunften.1038 Mitzuteilen ist auch, wie sich die Anwartschaft nach dem Ausscheiden entwickeln wird. Anders als bei § 4a Abs. 1 Nr. 2 BetrAVG, wo die voraussichtliche Höhe der Anwartschaft zu ermitteln ist, muss bei § 4a Abs. 1 Nr. 4 BetrAVG nur der „Entwicklungsmodus“ beschrieben werden, also ob eine Dynamisierung stattfindet und wenn ja, in welcher Form (z.B. durch die mögliche Zuteilung weiterer Überschussanteile oder eine Dynamisierung nach Maßgabe von § 2a Abs. 2 BetrAVG).1039

2. Auskunftsansprüche ausgeschiedener Arbeitnehmer bzw. Hinterbliebener 747 § 4a Abs. 3 S. 1 BetrAVG enthält Auskunftsrechte, die der ausgeschiedene Mitar-

beiter gegen den Arbeitgeber oder den Versorgungsträger hat. Sie betreffen die Höhe der Anwartschaft sowie die künftige Entwicklung der Anwartschaft. Die inhaltlichen Anforderungen an die Auskunft entsprechen denen gegenüber einem aktiven Arbeitnehmer nach § 4a Abs. 1 Nr. 2 Hs. 1 bzw. Nr. 4 BetrAVG. Entsprechende Auskunftsrechte hat nach § 4a Abs. 3 S. 2 BetrAVG der Hinter748 bliebene im Versorgungsfall. Das Mitteilungsrecht des Hinterbliebenen entsteht erst mit dem Eintritt des Todes des (ehemaligen) Arbeitnehmers.1040 Die bloße Begünstigtenstellung löst noch keine eigenen Auskunftsrechte aus. Die Auskunftsrechte zur Hinterbliebenenversorgung stehen nach § 4a Abs. 1 und Abs. 3 S. 1 BetrAVG bis zum Tod dem (ausgeschiedenen) Arbeitnehmer zu.

3. Auskunftsansprüche in Bezug auf den Übertragungswert 749 Nach § 4a Abs. 2 S. 1 BetrAVG kann der (ausgeschiedene) Arbeitnehmer vom Arbeitgeber oder Versorgungsträger eine Mitteilung darüber verlangen, wie hoch bei einer Übertragung nach § 4 Abs. 3 BetrAVG der Übertragungswert ist. Das Auskunftsrecht setzt voraus, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf 750 Übertragung nach § 4 Abs. 3 BetrAVG hat. Ein solcher besteht gemäß § 30b BetrAVG nur bei Zusagen, die ab dem 1.1.2005 in den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds erteilt wurden. Eine darüber hinausgehende Pflicht auf Mitteilung des Übertragungswerts in den Durchführungswegen Direktzusage und Unterstützungskasse besteht nicht.1041 Die Auskunftsansprüche in § 4a Abs. 2 BetrAVG sind akzessorisch zum Übertragungsanspruch nach § 4 Abs. 3 BetrAVG. In den Durchführungswegen Direktzusage und Unterstützungskasse ist

_____ 1038 So für § 4a Abs. 1 Nr. 3 und 4 BetrAVG auch Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, Band I, § 4a Rn. 84. 1039 A.A. wohl Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, Band I, § 4a Rn. 83. 1040 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, Band I, § 4a Rn. 115. 1041 A.A. Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, Band I, § 4a Rn. 89.

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G. Informationspflichten im Rahmen einer bAV

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eine Übertragung jedoch nur im Einvernehmen möglich. Ist der alte Arbeitgeber zur Übertragung nicht bereit, ginge ein solches Auskunftsrecht ins Leere. Ist er zur Übertragung bereit, benötigt es keinen Auskunftsanspruch, da der Arbeitgeber freiwillig Auskunft geben wird. Keine Voraussetzung für das Auskunftsrecht ist die Höhe der Anwartschaft. 751 Zwar besteht ein Übertragungsanspruch nur dann, wenn der Übertragungswert die BBG in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigt. Allerdings benötigt der Arbeitnehmer diese Information, um überhaupt feststellen zu können, ob der Anspruch auf Übertragung besteht.1042 Der neue Arbeitgeber oder dessen Versorgungsträger haben nach § 4a Abs. 2 S. 2 752 BetrAVG dem Arbeitnehmer auf dessen Verlangen mitzuteilen, in welcher Höhe aus dem Übertragungswert ein Anspruch auf Altersversorgung und ob eine Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung bestehen würde. In Bezug auf die Altersleistung besteht ein Anspruch auf bezifferte Aus- 753 kunft, welche Leistung aus dem Übertragungswert resultieren würde, während hinsichtlich der Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung der Arbeitgeber bzw. Versorgungsträger nur beauskunften muss, ob diese Versorgungsfälle Leistungen auslösen. Insoweit sind auch die allgemeinen Leistungsvoraussetzungen zu nennen.1043

4. Art, Form und Frist der Auskunft Die Auskunft muss nach § 4a Abs. 4 BetrAVG verständlich, in Textform und in an- 754 gemessener Frist erteilt werden. Bei der Verständlichkeit der Auskunft ist grundsätzlich auf den Empfängerho- 755 rizont eines verständigen und durchschnittlichen Arbeitnehmers abzustellen.1044 Textform bedeutet nach § 126b BGB, dass die lesbare Erklärung die Person des 756 Erklärenden nennt und auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist. Es muss zudem geeignet sein, die Erklärung unverändert wiederzugeben. Dies trifft bspw. für ein Computerfax, eine E-Mail, eine SMS und selbstverständlich auch ein Papier zu. Nicht ausreichend ist, wenn die entsprechende Information nur auf einer (inhaltlich durch den Erklärenden jederzeit veränderbaren) Website vorgehalten wird, soweit diese keine technischen Vorkehrungen enthält, die sicherstellt, dass der individuelle Empfänger die Informationen für

_____ 1042 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 4a Rn. 86. 1043 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 4a Rn. 90 ff. 1044 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, Band I, § 4a Rn. 120.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

sich persönlich durch Ausdrucken oder Speicherung konservieren kann (z.B. durch einen „Zwangsdownload“).1045 Die Auskunft muss in angemessener Frist erteilt werden. Mit diesem unbe757 stimmten Rechtsbegriff nimmt der Gesetzgeber Rücksicht auf die Tatsache, dass der zeitliche Aufwand der Auskunftserstellung je nach Einzelfall sehr unterschiedlich sein kann. Insbesondere aufwendige Berechnungen oder die Einholung notwendiger Auskünfte von Dritten kann einige Zeit in Anspruch nehmen. Insofern ist die tatsächliche Angemessenheit der Frist im Einzelfall zu beurteilen.1046

5. Auskunftspflichten der Versorgungseinrichtungen bei reinen Beitragszusagen 758 Nach § 22 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG hat der Arbeitnehmer gegenüber der Versorgungsein-

richtung das Recht, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Versorgung mit eigenen Beiträgen fortzusetzen oder innerhalb eines Jahres das gebildete Versorgungskapital auf die neue Versorgungseinrichtung, an die Beiträge auf der Grundlage einer reinen Beitragszusage gezahlt werden, zu übertragen. Dementsprechend gelten die in § 4a BetrAVG geregelten Auskunftspflichten 759 nach § 22 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG entsprechend für Versorgungseinrichtungen im Rahmen von Sozialpartnermodellen.

6. Folgen einer unrichtigen Auskunft 760 Erteilen Arbeitgeber oder Versorgungsträger eine Auskunft nach § 4a BetrAVG,

handelt es sich hierbei um eine sog. Wissenserklärung. Das bedeutet, dass nur das mitgeteilt wird, was in der jeweiligen Versorgungszusage geregelt ist. Sie soll dem Arbeitnehmer Klarheit über die Höhe der künftigen Versorgung verschaffen. Die Auskunft bildet keine neue Rechtsgrundlage, aus der eigene Ansprüche hergeleitet werden können. Sie ist kein abstraktes oder deklaratorisches Schuldanerkenntnis.1047 3 Praxistipp Zur Verdeutlichung des Rechtscharakters der reinen Wissenserklärung kann folgende Formulierung in die Auskunft aufgenommen werden: „Die mitgeteilten Werte stellen eine Information über den Stand Ihrer Anwartschaften aus der Ihnen erteilten Versorgungszusage dar. Aus der Information entstehen keine eigenen Ansprüche. Maßgeblich für das Bestehen, den Inhalt und insbesondere die Höhe von Ansprüchen auf Leistungen der bAV ist ausschließlich die Ihnen erteilte Versorgungszusage in der jeweils geltenden Fassung.“

_____ 1045 BeckOK BGB/Wendtland, § 126b Rn. 8 ff. 1046 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, Band I, § 4a Rn. 121. 1047 BAG, Urt. v. 9.12.1997 – 3 AZR 695/96 – AP BetrAVG § 2 Nr. 27.

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G. Informationspflichten im Rahmen einer bAV

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Dessen ungeachtet muss die Auskunft richtig und vollständig sein.1048 Ist eine Aus- 761 kunft unrichtig erteilt worden, muss sie korrigiert werden.1049 Aus der Erteilung einer unrichtigen oder unvollständigen Information können Schadensersatzansprüche des Versorgungsberechtigten resultieren. Erforderlich hierfür ist neben einem mindestens fahrlässigen Verhalten des Auskunftgebers, dass der Versorgungsberechtigte im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft Vermögensdispositionen getroffen hat. Im Regelfall erfolgt dies jedoch durch Umschichtung vorhandener Mittel, wodurch regelmäßig ein Schaden kaum festzustellen bzw. zu quantifizieren sein dürfte.1050

II. Weitere Informationsverpflichtungen des Arbeitgebers Das Nachweisgesetz verpflichtet den Arbeitgeber, die wesentlichen Vertragsbedin- 762 gungen für den Arbeitnehmer schriftlich niederzulegen, was nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 NachwG auch die Versorgungszusage umfasst. Daneben können sich Aufklärungspflichten aus dem Recht der Allgemeinen 763 Geschäftsbedingungen hinsichtlich überraschender Klauseln nach § 305c BGB ergeben.1051 Dies ist dann der Fall, wenn der Versorgungsberechtigte nicht mit ihnen zu rechnen braucht, mithin die durch die Umstände des Vertragsschlusses begründeten Erwartungen erheblich von dem tatsächlichen Vertragsinhalt abweichen. Überraschende Klauseln können bspw. dann vorliegen, wenn Leistungseinschränkungen nicht im Rahmen der Leistungsbeschreibung sondern an anderer, versteckter Stelle geregelt werden und der Versorgungsberechtigte damit nicht zu rechnen braucht.1052 Eine dynamische Bezugnahme auf Versorgungsrichtlinien ist keine überraschende Klausel.1053 Der Arbeitgeber ist aufgrund einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht gehalten, 764 die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitnehmers so zu wahren, wie dies unter Berücksichtigung der Interessen und Belange beider Vertragsparteien nach Treu und Glauben verlangt werden kann (Fürsorgepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB). Dies kann sich in Einzelfällen auch auf die Vermögensinteressen der Arbeitnehmer erstrecken. Aus der Fürsorgepflicht können sich Hinweis- und Informationspflichten des Arbeitgebers ergeben, insbesondere wenn

_____ 1048 BAG, Urt. v. 23.9.2003 – 3 AZR 658/02 – AP BetrAVG § 1 Auskunft Nr. 3. 1049 BAG, Urt. v. 9.12.1997 – 3 AZR 695/96 – AP BetrAVG § 2 Nr. 27. 1050 Vgl. Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, Band I, § 4a Rn. 54. 1051 Nach § 310 Abs. 4 BGB findet das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine Anwendung auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. 1052 Vgl. Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Reich, Band I, Kap. 13 Rn. 15. 1053 BAG, Urt. v. 16.2.2010 – 3 AZR 181/08 – AP BetrAVG § 1b Nr. 10.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer ein Kompetenz- und/oder Informationsgefälle besteht, welches nach Treu und Glauben eine Aufklärung erwarten lassen könnte.1054 Hiervon ist auszugehen, wenn der Arbeitnehmer in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang seiner Rechte im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis im Unklaren ist, während der Arbeitgeber unschwer Auskunft geben kann.1055 Über § 241 Abs. 2 BGB hinaus können sich im Einzelfall weitergehende Aufklä765 rungs- und Hinweispflichten des Arbeitgebers ergeben. Voraussetzungen und Umfang der Hinweis- und Aufklärungspflichten ergeben sich aus den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Sie beruhen auf den besonderen Umständen des Einzelfalls und sind das Ergebnis einer umfassenden Interessenabwägung. Zwar hat jeder Vertragspartner grundsätzlich selbst für die Wahrnehmung seiner Interessen zu sorgen, jedoch sind im konkreten Fall immer das erkennbare Informationsbedürfnis des Arbeitnehmers einerseits und die Beratungsmöglichkeiten des Arbeitgebers andererseits zu beachten und gegeneinander abzuwägen. Je größer das erkennbare Informationsbedürfnis des Arbeitnehmers und je leichter dem Arbeitgeber die entsprechende Information möglich ist, desto eher ergeben sich Auskunfts- und Hinweispflichten des Arbeitgebers.1056 Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn eine für den Arbeitnehmer nachteilige Vereinbarung auf Initiative des Arbeitgebers und in dessen Interesse zustande kommt.1057 Informationspflichten bestehen auch, wenn der Arbeitgeber die Beitragszahlung an einen externen Versorgungsträger einstellt, damit der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, den Versicherungsschutz selbstfinanziert aufrecht zu erhalten. Höchstrichterlich nicht entschieden ist, ob diese Pflicht auch den externen Versorgungsträger trifft.1058 Im Bereich der Entgeltumwandlung besteht weder nach § 241 Abs. 2 BGB noch 766 aus § 1a BetrAVG eine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer von sich aus auf den gesetzlichen Anspruch hinzuweisen.1059 Der Arbeitgeber ist hier dementsprechend auch nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer auf die Möglichkeit der Fortsetzung der Versicherung oder Versorgung mit eigenen Beiträgen hinzuweisen.1060

_____ 1054 BAG, Urt. v. 21.1.2014 – 3 AZR 807/11 – NZA 2014, 903. 1055 BAG, Urt. v. 18.1.1996 – 6 AZR 314/95 – AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 25. 1056 BAG, Urt. v. 26.7.2007 – 8 AZR 707/06 – BeckRS 2007, 47449; zu weit gehend LAG Hamm, Urt. v. 6.12.2017 – 4 Sa 852/17 – BeckRS 2017, 145344, das bereits während des Gesetzgebungsverfahrens eine Hinweispflicht auf die zum 1.1.2004 anstehende Änderung des § 229 Abs. 1 S. 3 SGB V, wonach die spätere Versicherungsleistung in Form einer Einmalzahlung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung beitragspflichtig werden würde, angenommen hat. 1057 BAG, Urt. v. 17.10.2000 – 3 AZR 605/99 – AP BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 116. 1058 BAG, Urt. v. 17.11.1992 – 3 AZR 51/92 – NZA 1993, 843. 1059 BAG, Urt. v. 21.1.2014 – 3 AZR 807/11 – NZA 2014, 903. 1060 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 4a Rn. 102.

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G. Informationspflichten im Rahmen einer bAV

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Der Arbeitgeber ist nicht zur Beratung verpflichtet und muss nicht über die 767 Zweckmäßigkeit unterschiedlicher Gestaltungsmöglichkeiten belehren. 1061 Etwas anderes gilt, wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine vergleichende Modellrechnung zur Ausübung eines Wahlrechts anbietet, z.B. um aus einer bestehenden Versorgungszusage in ein anderes Versorgungssystem zu wechseln. Ergibt sich aus einer unrichtigen Modellrechnung zu Unrecht, dass die Versorgungsalternative günstiger ist als die bestehende Zusage, und wechselt der Arbeitnehmer daraufhin in dieses Versorgungssystem, muss der Arbeitgeber ihn so stellen, wie er nach der ursprünglichen Versorgungszusage gestanden hätte.1062 Ungeklärt ist, ob der Arbeitgeber im Rahmen der Entgeltumwandlung verpflich- 768 tet ist, bei bestehenden Wahlrechten deren Vor- und Nachteile zu erläutern.1063 Jedenfalls reicht es aus, wenn der Arbeitgeber die Informationen des Versicherungsunternehmens weiterleitet, sofern diese insoweit ausreichend deutlich formuliert sind.1064 Ebenfalls nicht geklärt ist die Frage, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dar- 769 über aufklären muss, dass eine Entgeltumwandlung zu einer Minderung von Leistungen aus der gesetzlichen Sozialversicherung (gesetzliche Rente, Arbeitslosenund Krankengeld) bzw. zu einem Unterschreiten der Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung führen kann. Vergleichbares gilt für die Auswirkungen einer Entgeltumwandlung auf gehaltsabhängige Nebenleistungen wie Bonifikationen o.ä.1065 Praxistipp 3 Zur Vermeidung dieser Rechtsunsicherheit ist es üblich, folgende Regelungen in die Entgeltumwandlungsvereinbarung und/oder Versorgungsordnung aufzunehmen: „Der Mitarbeiter wird darüber informiert, dass mit der Entgeltumwandlung eine Minderung seiner Sozialversicherungsansprüche einhergehen kann (Rente, Arbeitslosengeld etc.), soweit durch die Entgeltumwandlung das sozialversicherungspflichtige Einkommen reduziert wird. Zudem kann die Entgeltumwandlung einen Verlust der Krankenversicherungsfreiheit gemäß SGB V bewirken. Soweit die Bezüge als Bemessungsgrundlage für die Festsetzung künftiger Bezüge sowie anderer Leistungen dienen, bleibt die Entgeltumwandlung zu Gunsten der betrieblichen Altersversorgung hierauf ohne Einfluss.“

Wenn der Arbeitgeber informiert, muss dies sachlich richtig, eindeutig und umfas- 770 send erfolgen, unabhängig davon, ob eine Informationspflicht besteht oder nicht.1066

_____ 1061 BAG, Urt. v. 18.12.1984 – 3 AZR 168/82 – NVwZ 1985, 941. 1062 BAG, Urt. v. 21.11.2000 – 3 AZR 13/00 – NZA 2002, 618. 1063 Vgl. Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 4a Rn. 104 m.w.N. 1064 BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 17/09 – AP BetrAVG § 1 Nr. 60. 1065 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Reich, Band I, Kap. 13 Rn. 42 m.w.N. 1066 BAG, Urt. v. 18.12.1984 – 3 AZR 168/82 – NVwZ 1985, 941.

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III. Informationspflichten des Versorgungsträgers 771 Neben den arbeitsrechtlichen Informationspflichten des Arbeitgebers gegenüber

seinen Versorgungsberechtigten bestehen in der bAV weitergehende, versicherungsrechtliche Pflichten des zur Umsetzung einer mittelbaren Zusage eingeschalteten Versorgungsträgers, Informationen zu erteilen. So haben Lebensversicherer und Pensionskassen nach dem VVG sowie nach der dazugehörigen Informationspflichten-Verordnung (VVG-InfoV) den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer über bestimmte Inhalte des Versicherungsvertrags zu informieren.1067 Darüber hinaus ergeben sich aus §§ 234k bis § 234p und § 235a VAG i.V.m. der VAG-InfoV besondere Informationspflichten für Pensionskassen und Lebensversicherungsunternehmen (§ 144 Abs. 1 VAG) sowie für Pensionsfonds (§ 237 Abs. 1 VAG) gegenüber den Versorgungsanwärtern und -empfängern.1068

H. Mitbestimmung des Betriebsrats H. Mitbestimmung des Betriebsrats 772 Aufgrund der umfassenden funktionellen Zuständigkeit des Betriebsrats in sämtli-

chen sozialen Angelegenheiten können mit dem Betriebsrat im Grundsatz alle Fragen der bAV im Wege einer freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG geregelt werden.1069 Einseitige Entscheidungen des Arbeitgebers sind nur möglich, soweit keine Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bestehen. Zuständiges Betriebsratsgremium ist bei ausschließlich betriebsbezogenen An773 gelegenheiten grundsätzlich der lokale Betriebsrat. Bestehen mehrere Betriebe, wird in Angelegenheiten der bAV häufig der Gesamtbetriebsrat nach § 50 Abs. 1 S. 1 BetrVG zuständig sein, da hier regelmäßig eine unternehmenseinheitliche Regelung notwendig ist.1070 Nach § 58 Abs. 1 S. 1 BetrVG ist für eine konzerneinheitliche Altersversorgung regelmäßig der Konzernbetriebsrat zuständig. 3 Praxistipp Neben der originären Zuständigkeit sind Beauftragungsbeschlüsse des Betriebsrats an den Gesamtbetriebsrat oder des Gesamtbetriebsrats an den Konzernbetriebsrat möglich, deren Abfassung bei Zuständigkeitszweifeln empfehlenswert ist. 774 Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats greift nicht bei individuellen Maßnah-

men, es setzt stets einen kollektiven Bezug voraus. Mitbestimmungsfrei sind dabei

_____ 1067 Kap. 6 Rn. 202 ff. 1068 Kap. 6 Rn. 75 ff. 1069 BAG, Beschl. v. 19.5.1978 – 6 ABR 25/75 – AP BetrVG 1972 § 88 Nr. 1. 1070 BAG, Beschl. v. 8.12.1981 – 3 ABR 53/80 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 1.

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H. Mitbestimmung des Betriebsrats

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nur solche Maßnahmen, die den individuellen Besonderheiten einzelner Arbeitsverhältnisse Rechnung tragen und deren Auswirkungen sich auf das Arbeitsverhältnis allein dieses Arbeitnehmers beschränken.1071 Eine Umgehung der Mitbestimmung durch Erteilung mehrerer Einzelzusagen ist nicht möglich.1072 Die Mitbestimmungskompetenz des Betriebsrats beschränkt sich auf die akti- 775 ven Arbeitnehmer i.S.d. § 5 Abs. 1 BetrVG. Keine Legitimation zur Vertretung hat der Betriebsrat für ausgeschiedene Mitarbeiter und Betriebsrentner.1073 Der Betriebsrat vertritt nicht die leitenden Angestellten i.S.d. § 5 Abs. 3 BetrVG sowie ferner Organe und Gesellschafter des Unternehmens. Keine Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bestehen gemäß § 87 Abs. 1 Ein- 776 gangshalbs. BetrVG, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung zur bAV besteht (Gesetzes- und Tarifvorrang). Nach § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG stehen dem Betriebsrat rechtzeitige und umfassen- 777 de Informationsrechte zu. Der Betriebsrat kann gemäß § 80 Abs. 3 BetrVG nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Hiervon wird man im Bereich der bAV häufig ausgehen können. Die Beauftragung eines betriebsfremden Sachverständigen kommt jedoch erst dann in Betracht, wenn die betriebsinternen Quellen ausgeschöpft sind.1074

I. Mitbestimmungsfreie Entscheidungen Die grundsätzliche gesetzliche Konzeption der bAV als freiwillige Leistung des Arbeit- 778 gebers bedingt, dass die Frage der Einführung einer arbeitgeberfinanzierten bAV nicht mitbestimmungspflichtig ist. Hieraus leiten sich drei weitere freie Entscheidungsmöglichkeiten des Arbeitgebers ab. Er ist ebenfalls frei in der Entscheidung über den Umfang der zur Verfügung gestellten Mittel (Dotierungsrahmen), die Auswahl des zu begünstigenden Arbeitnehmerkreises und die Durchführungsform.1075 Entsprechend der mitbestimmungsfreien Entscheidungsmöglichkeit über die 779 Einführung der bAV ist auch deren Einstellung oder die Einschränkung der eingesetzten Mittel nicht mitbestimmungspflichtig. Mit der freien Auswahl der Durch-

_____ 1071 BAG, Urt. v. 22.9.1992 – 1 AZR 460/90 – AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 60. 1072 BAG, Beschl. v. 17.12.1985 – 1 ABR 6/84 – AP BetrVG 1972 § 87 Tarifvorrang Nr. 5. 1073 An der ständigen Rechtsprechung wohl auch weiterhin festhaltend: BAG, Urt. v. 18.9.2012 – 3 AZR 431/10 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 58; vgl. zu den Möglichkeiten in der Praxis, auch ausgeschiedene Mitarbeiter im Wege einer Betriebsvereinbarung zu erreichen, Rn. 585 f. 1074 BAG, Beschl. v. 4.6.1987 – 6 ABR 63/85 – AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 30. 1075 BAG, Beschl. v. 12.6.1975 – 3 ABR 34/02 – AP BetrVG 1972 § 87 Sozialeinrichtung Nr. 18, 3 ABR 137/73 – AP BetrVG 1972 § 87 Altersversorgung Nr. 2, 3 ABR 66/74 – AP BetrVG 1972 § 87 Altersversorgung Nr. 3.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

führungsform geht die mitbestimmungsfreie Entscheidung über den Durchführungsweg,1076 den Versorgungsträger, die Leistungsarten (Alters-, Hinterbliebenen-, Invaliditätsleistungen) sowie die Leistungsform (Renten-, Kapitalleistungen) einher.1077 MITBESTIMMUNGSFREIE GRUNDENTSCHEIDUNGEN DES ARBEITGEBERS OB

WIE VIEL

WER

WIE

Abbildung 8: Mitbestimmungsfreie Grundentscheidungen

II. Mitbestimmungspflichtige Entscheidungen 780 Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei Angelegenheiten der bAV ergeben sich

insbesondere aus § 87 BetrVG. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG hat der Betriebsrat bei der Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist, ein zwingendes Mitbestimmungsrecht.1078 Eine Sozialeinrichtung im Sinne der Vorschrift ist ein zu sozialen Zwecken gebundenes Sondervermögen mit einer auf Dauer errichteten Organisation, die der Verwaltung bedarf.1079 Dieses Mitbestimmungsrecht findet daher regelmäßig Anwendung, wenn die bAV über eine Unterstützungskasse, eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds durchgeführt wird. Nicht zu den Sozialeinrichtungen im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG gehören 782 Gruppen-Unterstützungskassen, Gruppen-Pensionskassen und Gruppen-Pensionsfonds, die von mehreren Trägerunternehmen (konzernübergreifend) gemeinsam betrieben werden, da deren Wirkungsbereich über den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern hinausgeht. Keine Sozialeinrichtungen im Sinne der Vorschrift sind außerdem Treuhandlösungen (sog. Contractual Trust Arrangements) und Rückdeckungsversicherungen.1080 § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG findet außerdem bei Direktzusagen und Direktversicherungen mangels zweckgebundenen Sondervermögens keine Anwendung.1081 781

_____ 1076 Zum möglichen Mitbestimmungsrecht bei einem Wechsel des Durchführungswegs siehe Kap. 9 Rn. 98. 1077 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Wißmann, Teil 8 C Rn. 8 ff. m.w.N. 1078 „Konzern“ im Sinne der Vorschrift ist nur der Unterordnungskonzern im Sinne von § 18 Abs. 1 AktG, nicht jedoch der Gleichordnungskonzern nach § 18 Abs. 2 AktG; Schlewing/Henssler/Schipp/ Schnitker/Wißmann, Teil 8 C Rn. 205. 1079 BAG, Beschl. v. 10.2.2009 – 1 ABR 94/07 – AP BetrVG 1972 § 87 Sozialeinrichtung Nr. 21. 1080 Zu CTA siehe Kap. 8 Rn. 323 ff.; zu Rückdeckungsversicherungen siehe Rn. 370, Kap. 6 Rn. 343 ff. 1081 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 1 Rn. 399.

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H. Mitbestimmung des Betriebsrats

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Mitbestimmungspflichtig ist die Rechtsform der Sozialeinrichtung. Das Mitbestimmungsrecht in Bezug auf die Ausgestaltung der Sozialeinrichtung erfasst im Wesentlichen die grundsätzliche Festlegung der Organisation der Sozialeinrichtung, also insbesondere die Aufstellung einer Satzung, ggf. einer Geschäftsordnung, die Wahl der Verwaltungsgremien sowie als Kernelement die Aufstellung des Leistungsplans. Dieser legt fest, welcher Personenkreis in welchem Umfang unter welchen Voraussetzungen Leistungen der Sozialeinrichtung erhalten soll. Hinsichtlich der Verwaltung der Sozialeinrichtung bestimmt der Betriebsrat insbesondere in Fragen der Vermögensanlage sowie bei Entscheidungen über allgemeine organisatorische Umstände wie Personal, Räume oder Mobiliar mit.1082 Findet das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG keine Anwendung, bleibt das allgemeine zwingende Mitbestimmungsrecht in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, insbesondere bei der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung. Dieses Mitbestimmungsrecht dient als Auffangtatbestand und ist weniger umfangreich als das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG, da es sich auf die Mitbestimmung über den Leistungsplan beschränkt.1083 Unter Berücksichtigung der mitbestimmungsfreien Grundentscheidungen des Arbeitgebers konkretisiert sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Leistungsplangestaltung in beiden Mitbestimmungstatbeständen auf die Verteilung der vom Arbeitgeber mitbestimmungsfrei zur Verfügung gestellten Mittel zur Sicherstellung der Verteilungsgerechtigkeit.1084 Die Änderung einer bAV setzt üblicherweise zunächst die mitbestimmungsfreie Entscheidung des Arbeitgebers über eine Erhöhung oder Absenkung des Dotierungsrahmens voraus.1085 Dies hat zwangsläufig eine erneute Entscheidung über die Verteilung der Mittel zur Folge, so dass insoweit ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht.1086

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Praxistipp 3 Empfehlenswert ist ohnehin, eine Änderung im Wege einer ablösenden Betriebsvereinbarung umzusetzen, da individualvertragliche Maßnahmen wie (Massen-)Änderungskündigungen oder Einzelzustimmungen in der Regel wenig erfolgversprechend sind.

Trotz des Mitbestimmungsrechts bei der Mittelverteilung kann der Betriebsrat bei 787 bestehenden Systemen der bAV eine Verhandlung über eine Änderung nicht im

_____ 1082 ErfK/Kania, § 87 Rn. 76 ff. 1083 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Wißmann, Teil 8 C Rn. 206. 1084 BAG, Urt. v. 11.12.2001 – 3 AZR 512/00 – NZA 2003, 1414. 1085 Siehe ferner Kap. 9 Rn. 2 ff. 1086 BAG, Urt. v. 29.1.2008 – 3 AZR 42/06 – AP BetrVG 1972 § 87 Nr. 13.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

Wege seines Initiativrechts erzwingen. Denn das Mitbestimmungsrecht wurde bei der Implementierung des Versorgungssystems bereits verbraucht. Ihm bleibt insoweit nur der (riskante) Weg der Kündigung der Betriebsvereinbarung und der Neuverhandlung.1087

III. Mitbestimmung bei der Entgeltumwandlung 788 Im Bereich der Entgeltumwandlung besteht aufgrund der hohen gesetzlichen

Regelungsdichte nur wenig Raum für eine Mitbestimmung des Betriebsrats. So ist der begünstigte Personenkreis, das freie Entscheidungsrecht des Arbeitnehmers, der Rahmen für die Höhe des umzuwandelnden Entgelts, die Wertgleichheit der Umwandlung sowie das Verfahren zur Auswahl des Durchführungswegs gesetzlich in § 1a BetrAVG geregelt. Zudem gilt der Katalog an mitbestimmungsfreien Grundentscheidungen auch im Rahmen der Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG.1088 Daneben schließen Regelungen in Tarifverträgen zur Entgeltumwandlung gemäß § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus. Mitbestimmt auf der Entgeltseite ist lediglich die Ausübung des Rechts nach 789 § 1a Abs. 1 S. 5 BetrAVG, im laufenden Kalenderjahr gleichbleibende Zahlungen zu verlangen. Auf der Leistungsseite besteht ein Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung des Leistungsplans. Wird die Entgeltumwandlung über eine Sozialeinrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG durchgeführt, bestehen daneben Mitbestimmungsrechte über deren Form, Ausgestaltung und Verwaltung. Aufgrund der teilweise wegfallenden gesetzlichen Einschränkungen bei einer Entgeltumwandlung oberhalb der Höchstumwandlungsgrenze nach § 1a BetrAVG erweitert sich dort entsprechend auch das Mitbestimmungsrecht entsprechend den unter II. dargestellten Grundsätzen.1089

IV. Verfahren der Mitbestimmung 790 Zur Durchführung der Mitbestimmung nach § 87 BetrVG ist eine Einigung zwischen

Arbeitgeber und Betriebsrat erforderlich. Die Arbeitgeberseite ist verpflichtet, das zuständige Betriebsverfassungsorgan vor Durchführung der geplanten Maßnahme zu einer Stellungnahme aufzufordern und die Zustimmung einzuholen. Schweigen kann nicht als Zustimmung gewertet werden. Die Regelung sieht – anders als § 99

_____ 1087 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Wißmann, Teil 8 C Rn. 100 f. 1088 Hanau/Arteaga/Rieble/Veit/Rieble, Teil A Rn. 412. 1089 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Wißmann, Teil 8 C Rn. 361 ff.

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H. Mitbestimmung des Betriebsrats

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BetrVG – keine Fristen vor, nach deren fruchtlosem Ablauf die Zustimmung des Betriebsrats fingiert wird. Der Arbeitgeber hat also Einvernehmen über die geplante Änderung herzustellen oder das Einigungsstellenverfahren nach § 87 Abs. 2 BetrVG einzuleiten.1090 Besonderheiten bestehen, wenn die bAV über eine Sozialeinrichtung im Sinne 791 des § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG erfolgt. In diesem Fall kann die Mitbestimmung auf zwei Arten durchgeführt werden, die „zweistufige“ und die „organschaftliche Lösung“. Beim Regelfall der zweistufigen Lösung werden die mitbestimmungspflichti- 792 gen Fragen zunächst zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ausgehandelt (1. Stufe). Der Arbeitgeber hat dann dafür zu sorgen, dass das Verhandlungsergebnis von der Sozialeinrichtung durchgeführt wird (2. Stufe). Gelingt letzteres nicht, ist neu zu verhandeln. Die Mitbestimmung kann im Rahmen der organschaftlichen Lösung auch in der Form erfolgen, dass der Betriebsrat von ihm bestimmte Vertreter in die Organe der Sozialeinrichtung entsendet und mitbestimmungsrechtliche Fragen nur noch in den satzungsrechtlich vorgeschriebenen Gremien (Vorstand, Geschäftsführung, Mitgliederversammlung, Beirat etc.) behandelt werden.1091 Dabei muss die effektive Ausübung des Mitbestimmungsrechts in den Gremien gewährt sein.1092

V. Folgen der Nichteinbeziehung des Betriebsrats Versäumt es der Arbeitgeber, die zwingenden Mitbestimmungsrechte nach § 87 793 BetrVG zu beachten, kann der Betriebsrat mit dem sog. Initiativrecht seine Rechte im Beschlussverfahren nach §§ 2a, 80 ff. ArbGG vor dem zuständigen Arbeitsgericht verfolgen. Das Initiativrecht steht beiden Betriebsparteien zu, so dass sie eine Regelung in einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit – notfalls im Wege der Einigungsstelle – erzwingen können. Dem Betriebsrat steht zudem ein Unterlassungsanspruch zu, wenn der Arbeit- 794 geber gegen ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 verstößt.1093 Wird eine Maßnahme unter Verletzung eines Mitbestimmungsrechts aus dem 795 Katalog des § 87 BetrVG durchgeführt, ist diese grundsätzlich unwirksam.1094 Auf-

_____ 1090 BAG, Urt. v. 29.1.2008 – 3 AZR 42/06 – AP BetrVG 1972 § 87 Nr. 13. 1091 BAG, Beschl. v. 13.7.1978 – 3 ABR 108/77 – AP BetrVG 1972 § 87 Altersversorgung Nr. 5. 1092 Umstritten ist, ob dazu ein Stimmrechtsgleichgewicht ausreichend ist oder eine paritätische Besetzung erforderlich ist; Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Wißmann, Teil 8 C Rn. 302. 1093 BAG, Beschl. v. 3.5.1994 – 1 ABR 24/93 – AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 23, ständige Rechtsprechung; grober Verstoß im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG ist nicht erforderlich. 1094 So bereits BAG, Urt. v. 1.2.1957 – 1 AZR 521/54 – BeckRS 1957, 102701; ständige Rechtsprechung zur sog. „Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung”; die Unwirksamkeit gilt auch für individualvertragliche Vereinbarungen zum Nachteil des Arbeitnehmers.

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Kapitel 1 Arbeitsrechtliche Grundlagen und Ausgestaltung der bAV

grund des Schutzcharakters der Mitbestimmungsrechte ist die Maßnahme bzw. Regelung aber nur dann unwirksam, wenn sie die Arbeitnehmer belastet, nicht jedoch im Falle einer Begünstigung.1095

_____ 1095 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Wißmann, Teil 8 B Rn. 118.

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A. Besteuerung beim Arbeitgeber (Trägerunternehmen)

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Kapitel 2 Steuerrecht der bAV Kapitel 2 Steuerrecht der bAV A. Besteuerung beim Arbeitgeber (Trägerunternehmen)

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In diesem Kapitel werden die steuerlichen Grundlagen der bAV dargelegt. Steuer- 1 liche Besonderheiten bzw. Spezialfragen finden sich u.a. auch in den Kapiteln zum Versorgungsausgleich und zur bAV für bestimmte Personengruppen.32 Das vorliegende Kapitel stellt die steuerlichen Auswirkungen getrennt nach den unterschiedlichen Steuersubjekten dar. Steuersubjekte sind im Bereich der bAV: Arbeitgeber, Arbeitnehmer und etwaige steuerbefreite Versorgungsträger. Innerhalb der einzelnen Steuersubjekte orientiert sich die steuerliche Darstellung an den einzelnen Durchführungswegen. Die steuerlichen Auswirkungen insbesondere bei den Arbeitnehmern und bei den steuerbefreiten Versorgungsträgern sind häufig ähnlich, so dass teilweise zusammenfassende Darstellungen möglich sind.

A. Besteuerung beim Arbeitgeber (Trägerunternehmen) A. Besteuerung beim Arbeitgeber (Trägerunternehmen) https://doi.org/10.1515/9783110275247-002

Bei der Direktzusage gibt der Arbeitgeber unmittelbar gegenüber den Arbeitneh- 2 mern ein Leistungsversprechen nach § 1 Abs. 1 S. 2 1. Alt. BetrAVG ab.33 Wenn sich ein sog. biometrisches Risiko (Alter, Invalidität oder Tod) verwirklicht, muss der Arbeitgeber selbst die Leistungen erbringen.34 Natürlich kann der Arbeitgeber sich im Rahmen der Finanzierung der Direktzusage eines Dritten bedienen und z.B. bei einem Lebensversicherungsunternehmen sog. Rückdeckungsversicherungen abschließen, aus denen ihm im Leistungsfall die erforderlichen Mittel zur Erfüllung des Leistungsversprechens zufließen.35 Bedient sich der Arbeitgeber dagegen eines Dritten, um die Leistungen der bAV 3 zu erbringen, spricht man von einer mittelbaren Durchführung der bAV (§ 1 Abs. 1 S. 2 BetrAVG).36 Dies ist der Fall, wenn die bAV über einen der folgenden Durchführungswege erbracht wird: ■ Unterstützungskasse, ■ Direktversicherung, ■ Pensionskasse, ■ Pensionsfonds.

_____ 32 Vgl. Kap. 11 Rn. 296; Kap. 13 Rn. 21 ff. 33 Gleichbedeutend mit dem Begriff der unmittelbaren Versorgungszusage. 34 Siehe im Einzelnen Kap. 1 Rn. 342. 35 Siehe Kap. 1 Rn. 349. 36 Kap. 1 Rn. 345 ff.

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4 Bei den sog. mittelbaren Durchführungswegen bestehen daher Rechtsbeziehungen

zwischen folgenden drei Parteien: Arbeitgeber, Versorgungsträger und Arbeitnehmer. 3 Praxistipp Zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer besteht das arbeitsrechtliche Grundverhältnis, in welchem die Versorgungszusage über den mittelbaren Versorgungsträger erteilt wird.37 Daneben begründet der Arbeitgeber zum Versorgungsträger ein sog. Deckungsverhältnis, in welchem die Rahmenbedingungen zur Leistungserbringung sowie die Finanzierung geregelt werden. Ferner wird zwischen dem Versorgungsträger und dem Arbeitnehmer bzw. den Versorgungsberechtigten ein Zuwendungsverhältnis begründet.38 5 Die oben genannten zivil- und arbeitsrechtlichen Rechtsverhältnisse sind auch bei

der Betrachtung der steuerlichen Auswirkungen maßgebend. Ein biometrisches Risiko verwirklicht sich, wenn der Versorgungsberechtigte aufgrund seines Alters und der Erfüllung sonstiger Leistungsvoraussetzungen eine Altersleistung erhalten kann.39 Das Gleiche gilt, wenn er vor Erreichen der altersmäßigen Voraussetzungen invalide wird.40 Ein weiteres biometrisches Risiko verwirklicht sich, wenn der Versorgungsberechtigte verstirbt und für diesen Fall eine Hinterbliebenenleistung vorgesehen ist.41 Der Hinterbliebenenbegriff ist dabei im Arbeitsrecht der bAV nicht näher definiert.42 Damit die bAV aber in steuerlicher Hinsicht anerkannt wird, können nur fol7 gende Personen eine Hinterbliebenenleistung erhalten:43 ■ Witwe/Witwer des Versorgungsberechtigten, ■ Kinder im Sinne des § 32 EStG Abs. 3 und 4 S. 1 Nr. 1 bis 3 und Abs. 5 EStG, ■ frühere Ehegatte, ■ Lebensgefährtin/Lebensgefährte (umfasst auch den eingetragenen Lebenspartner nach § 1 LPartG)

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8 Bei der Begünstigung von Lebensgefährten oder Lebensgefährtinnen verlangt

das BMF für die Anerkennung der korrespondierenden Pensionsrückstellung eine Einzelfallprüfung. Allerdings soll es genügen, wenn zu Beginn der Hinterbliebenenzahlungen eine schriftliche Versicherung des verstorbenen Arbeitnehmers vorliegt, in der neben der namentlichen Benennung des Lebensgefährten bestätigt

_____ 37 Kap. 1 Rn. 342. 38 Kap. 1 Rn. 345 f. 39 Kap. 1 Rn. 72 ff. 40 Kap. 1 Rn. 123 ff. 41 Kap. 1 Rn. 174 ff. 42 Kap. 1 Rn. 182 ff. 43 Vgl. Erlass BMF v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002, Rn. 4.

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wird, dass eine gemeinsame Haushaltsführung bestand.44 Es ist verständlich, dass die Finanzverwaltung an den Nachweis der Begünstigung von Lebensgefährten erhöhte Anforderungen stellt, um missbräuchlichen Gestaltungen vorzubeugen. Ähnliche Anforderungen wird sie auch bei der Begünstigung von anderen natürlichen Personen, die nicht Lebensgefährten und nicht nahe Angehörige sind, stellen können, soweit sie sinnvoll sind. Ist jedoch die Ernsthaftigkeit der Begünstigung dieses Personenkreises nachgewiesen, muss die Pensionsrückstellung für die Todesfallleistung zu Gunsten einer natürlichen Person anerkannt werden. Die für die Lebensgefährten(-innen) geforderten Nachweise entfallen bei einer 9 eingetragenen Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz, da sie im Rahmen der Hinterbliebenenversorgung Ehegatten gleichzustellen sind. Seit dem 1.10.2017 können jedoch keine neuen Lebenspartnerschaften mehr begründet werden, da auch gleichgeschlechtlichen Paaren die Ehe nun offensteht.45 Die vorgenannten Personen gehören grundsätzlich zu denjenigen die als Hin- 10 terbliebene in Betracht kommen. Ob sie tatsächlich im konkreten Fall als Hinterbliebene begünstigt sind, richtet sich jedoch nicht nach dem Steuerrecht, sondern nach der arbeitsrechtlichen Ausgestaltung der Versorgungszusage. Rein arbeitsrechtlich betrachtet gelten im Hinblick auf die Hinterbliebenenversorgung die engen steuerlichen Anforderungen zwar nicht. Wenn aber die Versorgungszusage auch in steuerlichen Hinsicht anerkannt werden soll, sind diese einzuhalten.

I. Unmittelbare Durchführung: Direktzusage 1. Bilanzansatz Hat ein Arbeitgeber Leistungen auf bAV unmittelbar zugesagt (Direktzusage), muss 11 er zur Finanzierung dieser eingegangenen Verpflichtung handels- und steuerbilanziell Rückstellungen bilden.46 Eine Pensionsrückstellung kann mit steuerlicher Wirkung nur von solchen 12 pensionsverpflichteten (natürlichen oder juristischen) Personen gebildet werden, die ihren Gewinn aufgrund gesetzlichen Zwangs oder freiwillig gemäß § 5 Abs. 1 bzw. § 4 Abs. 1 EStG durch Bestandsvergleich ermitteln, also Bilanzen erstellen. Bei der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung wird nicht im vorgenannten Sinne bilanziert (vgl. § 4 Abs. 3 EStG). Dementsprechend ist es dort nicht möglich, Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen zu bilden.47

_____ 44 Vgl. Erlass BMF v. 25.7.2002 – IV A 6 – S 2176 – 28/02 – BStBl I 2002 S. 706. 45 Vgl. Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts, BGBl. Teil 1, S. 2787. 46 Zur handelsrechtlichen Pflicht zur Bildung einer Pensionsrückstellung vgl. Kap. 4 Rn. 18 f. 47 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 2 Rn. 36.

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Handelsbilanziell ergibt sich die Verpflichtung aus § 249 Abs. 1 S. 1 HGB. Danach sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste zu bilden. Nach Art. 28 Abs. 1 EGHGB gilt dies für alle nach dem 31.12.1986 erteilten Direktzusagen. Zu den ungewissen Verbindlichkeiten gehören auch die Direktzusagen, da hier für den Arbeitgeber im Vorfeld weder klar ist, ob er die als bAV zugesagte Leistung jemals und falls ja, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe erbringen muss. Darüber hinaus ist bei Rentenzusagen auch die Dauer des Zahlungszeitraums ungewiss. Bei der Bewertung von Pensionsrückstellungen gilt der Grundsatz der sog. Einzelbewertung, weil Schulden nach § 252 Abs. 1 Ziff. 3 HGB einzeln zu bewerten sind. Dies bedeutet, dass für jede einzelne Verpflichtung (also für jede einzelne Zusage) der korrespondierende Rückstellungswert zu errechnen ist. In der Bilanz muss jedoch nur die Summe der Rückstellungsbeträge ausgewiesen werden. Auch in der Gewinn- und Verlustrechnung wird regelmäßig nur der Saldo aus allen Zuführungen und Auflösungen der einzelnen Pensionsrückstellungen erfasst. Die sog. Pensionsrückstellung ist dem Grunde nach vergleichbar mit der Deckungsrückstellung eines Lebensversicherers. Die Deckungsrückstellung des Lebensversicherers spiegelt den Verpflichtungsumfang gegenüber den Versicherten wider. Sowohl Pensionsrückstellungen als auch die Deckungsrückstellungen werden unter der Anwendung versicherungsmathematischer Grundsätze entwickelt. Der Arbeitgeber nimmt aber – anders als das Versicherungsunternehmen – keine echten Beiträge ein, sondern kalkuliert die Rückstellungen unter der Fiktion einer laufenden Beitragszahlung an sich selbst.48 Generell richtet sich die Bilanzierung und Bewertung des Betriebsvermögens in der Steuerbilanz gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 EStG nach den sog. „handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung“ (GoB). Daraus folgt, dass aktive und passive Wirtschaftsgüter auch in der Steuerbilanz grundsätzlich wie in der Handelsbilanz zu erfassen und zu bewerten sind. Dieser allgemeine Grundsatz gilt allerdings nur eingeschränkt. Denn § 5 Abs. 1 S. 1 EStG enthält bereits die Einschränkung, dass die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz nicht mehr greift, wenn in Ausübung eines steuerlichen Wahlrechtes ein anderer Ansatz gewählt wird oder wurde. Ferner regelt aber auch § 5 Abs. 6 EStG u.a., dass die speziellen steuerlichen Vorschriften über die Betriebsausgaben sowie über die Bewertung zu befolgen sind. Folglich sind in der Steuerbilanz abweichend von der Handelsbilanz die speziellen Regeln des § 6a EStG zu beachten, die sowohl die Voraussetzung als auch die Höhe einer zu bildenden Pensionsrückstellung regeln.49 Steuerlich gesehen hat § 6a EStG als Spezialvorschrift Vorrang. Daraus darf man aber nicht schließen, dass die GoB keinerlei Bedeutung hätten. Denn z.B. für die

_____ 48 Ahrend/Förster/Rößler, 2.Teil, Rn. 551 f. 49 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 2 Rn. 13 ff.

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Möglichkeit der Bildung einer Pensionsrückstellung gilt, dass bei Direktzusage eine handelsbilanzielle Passivierungspflicht besteht und wegen der Maßgeblichkeit der GoB gilt dies dann auch grundsätzlich im Steuerrecht. Aber aufgrund der Spezialvorschrift des § 6a Abs. 2 Nr. 1 EStG darf steuerlich eine Rückstellung nur gebildet werden, soweit der Versorgungsanwärter das Mindestalter für die Bilanzierung von Versorgungsverpflichtungen erreicht hat und auch die sonstigen Voraussetzungen erreicht sind. Auch bei der Bewertung der Versorgungsverpflichtungen gibt es handelsbilanzielle Vorgaben für das Steuerrecht, so z. B. das Verbot aus § 249 Abs. 2 S. 2. HGB, eine gebildete Rückstellung aufzulösen, wenn der Verpflichtungsgrund nicht entfallen ist. Zusammenfassend ist also festzuhalten: Wenn zusätzlich die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 EStG vorliegen, muss bei einer Direktzusage steuerlich eine Rückstellung gebildet werden.

a) Steuerliche Voraussetzungen für die Bildung von Pensionsrückstellungen (§ 6a Abs. 1 EStG) § 6a EStG ist eine Bilanzierungs-, Bewertungs- und Gewinnermittlungsvor- 18 schrift, mit der die Verpflichtung aus einer Direktzusage in der Steuerbilanz erfasst und durch Pensionsrückstellungsbildung und -auflösung periodengerecht abgegrenzt werden soll.50 Im § 6a Abs. 1 S. 1 EStG werden weder die Begriffe Direktzusage oder unmittelbare Versorgungszusage, sondern der Begriff „Pensionsverpflichtung“ verwendet. Der Begriff der Pensionsverpflichtung ist insoweit als Synonym für den Begriff der Direktzusage zu sehen. Für mittelbare Versorgungszusagen (Unterstützungskassen-, Direktversiche- 19 rungs-, Pensionskassen- und Pensionsfondszusagen),51 bei denen das Unternehmen Beiträge, Prämien oder Zuwendungen an die Kassen, den Versicherer oder den Pensionsfonds leistet, kommt die Bildung einer Pensionsrückstellung nach § 6a EStG nicht in Frage, weil hier schon handelsrechtlich keine Passivierungspflicht, sondern nach Art. 28 Abs. 1 S. 2 EGHGB ein sog. Passivierungswahlrecht besteht.52 Ein handelsrechtliches Passivierungswahlrecht führt aber steuerlich zu einem Passivierungsverbot.53 § 6a EStG regelt die Voraussetzungen für den Ansatz einer Pensionsrückstellung 20 in der Ertragsteuerbilanz, den Zeitpunkt des Beginns der Pensionsrückstellungsbildung und die maximal zulässige Höhe der Rückstellung. Aus der Differenz der Pensionsrückstellung zum Beginn und zum Ende des Wirtschaftsjahres ergibt sich der jährliche Betrag der Zuführung zur oder der Auflösung der Rückstellung. Nur

_____ 50 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG. Bd. II, Kap. 2 Rn. 1. 51 Kap. 1 Rn. 344 f. 52 Beck Bil-Komm./Grottel/Rhiel, § 249 HGB Rn. 266, Kap. 4 Rn. 1. 53 BFH, Urt. v. 3.12.1969, GrS 2/68, BStBl. II 1969, 291.

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der Saldo aller Zuführungen und Auflösungen für die einzelnen Pensionsverpflichtungen ist in der Gewinn- und Verlustrechnung erfolgswirksam zu erfassen. Mit dem Teilwertprinzip soll die periodengerechte Verteilung des Versor21 gungsaufwandes verbessert werden.54 Hierdurch wird eher der Auffassung Rechnung getragen, dass die Pensionszusage eine Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer ab dem Beginn seines Dienstverhältnisses geleistete Betriebstreue ist (vgl. die dienstzeitanteilige Bemessung unverfallbarer Anwartschaften gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 BetrAVG). Denn beim Teilwertprinzip im Rahmen des § 6a EStG wird der gesamte Versorgungsaufwand auf die Zeit vom Diensteintritt bis zum Versorgungsbeginn gleichmäßig verteilt.55 3 Praxistipp Die Voraussetzungen, unter denen steuerlich eine Rückstellungsbildung für Direktzusagen gebildet werden kann, finden sich in § 6a Abs. 1 EStG: ■ Dem Versorgungsberechtigten muss ein Rechtsanspruch auf eine einmalige oder laufende Leistung zustehen (§ 6a Abs. 1 Nr. 1 EStG). ■ Die Pensionsleistungen dürfen nicht von zukünftigen, gewinnabhängigen Bezügen abhängen (§ 6a Abs. 1 Nr. 2 1. HS EStG). ■ Die Direktzusage darf keinen schädlichen Widerrufsvorbehalt enthalten. Unschädlich sind Widerrufsvorbehalte, deren Ausübung an billiges Ermessen gebunden ist (§ 6a Abs. 1 Nr. 2 2. HS EStG). ■ Ferner sind folgende formalen Erfordernisse einzuhalten: Die Pensionszusage muss schriftlich erteilt sein und eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten zukünftigen Leistungen enthalten (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG).

aa) Rechtsanspruch 22 Ein Rechtsanspruch bedeutet nicht, dass bereits das Vollrecht erstarkt sein muss.

Eine Anwartschaft ist hier durchaus ausreichend. Ob ein Rechtsanspruch auf Leistungen vorliegt, ist arbeitsrechtlich zu beurteilen.56 Grundsätzlich kommen als Rechtsgrundlage Einzelzusagen, Gesamtzusagen, 23 vertragliche Einheitsregelung, Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge aber auch betriebliche Übung und Gleichbehandlungsansprüche in Betracht.57

_____ 54 Siehe zum Teilwertverfahren auch Kap. 4 Rn. 26 ff. 55 Ahrend/Förster/Rößler, 2.Teil, Rn. 667. 56 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 2 Rn. 97. 57 Vgl. Kap. 1, Rn. 561 ff.

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bb) Keine Abhängigkeit von zukünftigen, gewinnabhängigen Bezüge Der Gesetzgeber wollte durch diese Regelung ein starkes Schwanken der Pensions- 24 rückstellungen verhindern. Eine Bindung an bereits entstandene Gewinne ist nach der Auffassung der Literatur im Umkehrschluss zulässig.58

cc) Kein schädlicher Widerrufsvorbehalt Es kommt hier darauf an, dass der Versorgungsberechtigte die in Aussicht gestellten 25 Leistungen nicht einfach, ohne weiteres wieder entzogen werden können. Das heißt, es greifen nur Widerrufsvorbehalte, bei denen nach allgemeinen (zivilrechtlichen) Rechtsgrundsätzen, die Leistungen wieder entzogen werden können, weil z.B. die Voraussetzungen für einen sog. Wegfall der Geschäftsgrundlage vorliegen (vgl. § 313 BGB).59 Die Finanzverwaltung hat in den R 6a Abs. 4 EStR 2012 hierzu entsprechende Mustervorbehalte aufgenommen. Bei der Gestaltung von Versorgungszusagen sollte man sich eng an die dort gewählten Formulierungen halten. 5

Beispiel Die Formulierung eines allgemeinen Vorbehalt könnte bspw. lauten: „Die Firma behält sich vor, die Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn die bei Erteilung der Pensionszusage maßgebenden Verhältnisse sich nachhaltig so wesentlich geändert haben, dass der Firma die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen auch unter objektiver Beachtung der Belange des Pensionsberechtigten nicht mehr zugemutet werden kann.“

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Beispiel Die Formulierung für eines speziellen Vorbehalts könnte bspw. lauten: „Die Firma behält sich vor, die zugesagten Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sich nachhaltig so wesentlich verschlechtert hat, dass ihm eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann, oder der Personenkreis, die Beiträge, die Leistungen oder das Pensionierungsalter bei der gesetzlichen Sozialversicherung oder anderen Versorgungseinrichtungen mit Rechtsanspruch sich wesentlich ändern, oder die rechtliche, insbesondere die steuerrechtliche Behandlung der Aufwendungen, die zur planmäßigen Finanzierung der Versorgungsleistungen von der Firma gemacht werden oder gemacht worden sind, sich so wesentlich ändert, dass der Firma die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann, oder der Pensionsberechtigte Handlungen begeht, die in grober Weise gegen Treu und Glauben verstoßen oder zu einer fristlosen Entlassung berechtigen würden.“

_____ 58 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 2 Rn. 113; a A. BFH, Urt. v. 3.3.2010 – I R 31/09 – BB 2010, 1015 = DB 2010, 757. 59 Siehe dazu auch Kap. 9 Rn. 27 ff.

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dd) Schriftform 26 Zweck des Schriftformerfordernisses ist es, Rechtsklarheit für die Berechtigung

zur Bildung einer Pensionsrückstellung zu schaffen. Nach der Gesetzesbegründung aus dem Jahr 1973 kommt dabei jede Fixierung in Betracht, in der der Anspruch nach Art und Höhe festgelegt ist. Ausreichend ist die sog. einfache Schriftform nach § 126 BGB. Nach der überwiegenden Meinung der Literatur soll hierbei heute die Textform ausreichen.60

ee) Eindeutigen Angaben 27 Ferner sind folgende formalen Erfordernisse einzuhalten: Die Pensionszusage muss

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eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten zukünftigen Leistungen enthalten (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG). Der Begriff der Art der zukünftig in Aussicht gestellten Leistungen umfasst die verschiedenen Leistungsarten: Alters-, Invaliditäts- und/oder Hinterbliebenenleistungen. Bei der Altersleistung ist noch zwischen der ab der festen Altersgrenze und einer ggf. vorgezogenen Altersrente zu unterscheiden. Die Form der Leistung bezieht sich darauf, ob eine Geld-, Sach- oder Nutzungsleistung in Aussicht gestellt wird. Geldleistungen können entweder als lebenslängliche oder zeitlich begrenzte Renten oder als Kapitalzahlungen (auch in Raten) gewährt werden.61 Ferner müssen auch die jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen, unter denen die vorgenannten Leistungen gewährt werden, aufgeführt werden. Bei den Angaben zur Leistungshöhe genügt es, festzulegen, wie sich die Leistungshöhe ermittelt. Absolute Beträge muss die Versorgungszusage nicht enthalten. Sind diese Voraussetzungen gegeben, so dürfen in der Bilanz Pensionsrückstellungen gebildet werden. Anders als in der Handelsbilanz darf in der Steuerbilanz keine Saldierung mit insolvenzsicher ausgelagerten Vermögensgegenständen vorgenommen werden.62

b) Frühestmögliche Bildung einer Pensionsrückstellung (§ 6a Abs. 2 EStG) 33 Nach § 6a Abs. 2 Nr. 1 EStG darf eine Pensionsrückstellung erstmalig in dem Wirtschaftsjahr gebildet werden, in dem der Versorgungsberechtigte das 23. Lebensjahr vollendet hat, sofern noch kein Versorgungsfall eingetreten ist. Für arbeitgeberfi-

_____ 60 BT-Drucks. 7/1281, S. 38.; BFH, Urt. v. 22.10.2003 – IR 37/02 – DStRE 2004, 121, Ahrend/Förster/ Rößler, 2. Teil Rn. 411; Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 2 Rn. 150, Blomeyer/Rolfs/ Otto/Otto, StR A Rn. 427, Blümich/Heger, EStG, § 6a Rn. 187. 61 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 2, Rn. 173. 62 Siehe zur Saldierung nach handelsrechtlichen Grundsätzen Kap. 4 Rn. 60 ff., 89 ff.

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nanzierte Pensionszusagen, die vor dem 1.1.2001 erteilt wurden, gilt, dass der Versorgungsberechtigte das 30. Lebensjahr, für Versorgungszusagen, die zwischen dem 1.1.2001 und dem 31.12.2008 erteilt wurden, dass der Versorgungsberechtigte das 28. Lebensjahr und für Versorgungszusagen die zwischen dem 1.1.2009 und dem 31.12.2017 erteilt wurden, dass der Versorgungsberechtigte das 27. Lebensjahr vollendet haben muss. Abweichend von der Grundregel der Vollendung des 23. Lebensjahres nach § 6a Abs. 1 Nr. 1 EStG darf auch dann eine Pensionsrückstellung gebildet werden, wenn die Anwartschaft im Rahmen einer Entgeltumwandlung gesetzlich unverfallbar wird. Das ist bei Entgeltumwandlungszusagen, die ab dem 1.1.2001 erteilt wurden, nach § 1 b Abs. 5 S. 1 BetrAVG sofort der Fall.63 Kapitel 2 Steuerrecht der bAV A. Besteuerung beim Arbeitgeber (Trägerunternehmen) Wilhelm-Werkle

Praxistipp 3 Ist ein Versorgungsfall eingetreten, so darf ab dem Jahr des Eintritts des Versorgungsfalls eine Pensionsrückstellung gebildet werden (§ 6a Abs. 2 Nr. 2 EStG).

Wie oben bereits dargelegt, kalkuliert der Arbeitgeber die Rückstellungen unter der 34 Fiktion einer laufenden Beitragszahlung an sich selbst.64 Diese fiktiven Beiträge nennt § 6 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 EStG „betragsmäßig gleichbleibende Jahresbeträge“. Die bei der Ermittlung der Pensionsrückstellung zur Anwendung kommenden versicherungsmathematischen Grundlagen sollen den Verpflichtungsumfang sachgerecht erfassen, indem sie die biometrischen Einflussgrößen, Sterblichkeit und Invalidität, aber auch Verheiratungswahrscheinlichkeit und Zinseffekte aus der bis zum Eintritt des Versorgungsfalls aufgeschobenen Versorgungszahlung beachten.65

c) Wertansatz der Pensionsrückstellung Der § 6a EStG ist eine steuerliche Spezialvorschrift zur Bewertung von Pensions- 35 verpflichtungen. Sie verdrängt für die Steuerbilanz die allgemeinen handelsbilanziellen Grundsätze aus § 5 Abs. 1 S. 1 EStG, die nur dann gelten, wenn wie hier keine steuerlichen Sonderregeln anzuwenden sind. Die Bewertungsregeln des § 6a EStG gehen überdies den steuerlichen Bewertungsregeln aus § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG für Rückstellungen vor. In der Steuerbilanz sind also zwingend die Bewertungsvorschriften des § 6a Abs. 3 u. 4 EStG zu beachten, es gilt dessen steuerlicher Teilwert für Pensionsverpflichtungen.66

_____ 63 Kap. 8 Rn. 43 ff. 64 Vgl. Rn. 15. 65 Ahrend/Förster/Rößler, 2.Teil Rn. 556. 66 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 2 Rn. 29, BT-Drucks. 7/1281, S. 2, 37, 39.

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d) Zuführung zur Pensionsrückstellung 36 Die jährliche Zuführung zur Pensionsrückstellung im Rahmen des § 6a Abs. 4 EStG

ist erfolgswirksam und mindert für den Arbeitgeber (im Rahmen des Personalaufwands über die Gewinn- und Verlustrechnung) den steuerpflichtigen Gewinn. Dabei werden dem Unternehmen in den Sätzen 3 bis 5 dieser Vorschrift für bestimmte Sachverhalte (z. B. Einführung oder Erhöhung einer bAV) besondere Wahlrechte eingeräumt, die eine Verteilung der Zuführung auf drei Wirtschaftsjahre ermöglichen. Gewinnmindernd sind auch Zuführungen zur Pensionsrückstellung, die auf ei37 ner Versorgungszusage aus Entgeltumwandlung (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG) beruhen (vgl. § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 1 EStG). Beim handelsrechtlichen Jahresabschluss dürfen die jährlichen Zuführungen zur Pensionsrückstellung, die sich aus der Teilwertprämie sowie dem Zinsaufwand und der Risikokomponente zusammensetzen, nicht undifferenziert dem Personalaufwand zugeordnet werden, sondern müssen bei der Aufwandsart, die der dahinterstehenden Funktion entspricht, gebucht werden. Daher ist der rechnerische Zinsaufwand bei der Position „Zinsen und ähnliche Aufwendungen“ (§ 275 Abs. 2 Nr. 13 HGB) in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen und nicht unter „Personalaufwand … Aufwendungen für Altersversorgung …“, wo die anderen Aufwandskomponenten eingehen (§ 275 Abs. 2 Nr. 6 Buchst. b HGB).67 Die Vorschrift des § 6a Abs. 4 S. 1 EStG beinhaltet auch das sog. Nachholverbot. 38 Denn jener Satz bestimmt, dass in einem Wirtschaftsjahr die Pensionsrückstellung höchstens um die Differenz der Teilwerte der Pensionsrückstellung zum Beginn und zum Ende des Wirtschaftsjahres erhöht werden darf. Nur dieser Verpflichtungszuwachs, die sog. jährliche Zuführung zur Pensionsrückstellung, mindert den steuerlichen Gewinn. Wurden in vorgelagerten Wirtschaftsjahren Zuführungen unterlassen, so sind sie aufgrund des eindeutigen Wortlautes des § 6a Abs. 4 S. 1 EStG grundsätzlich nicht mehr nachholbar. Nur im Jahr des Eintritts des Versorgungsfalls oder des Ausscheidens des Arbeitnehmers mit unverfallbarer Anwartschaft gilt das Nachholverbot nach dem Gesetzeswortlaut nicht mehr. Denn nach § 6a Abs. 4 S. 5 EStG darf in diesem Fall die Höhe der Pensionsrückstellung bis zur Höhe des Teilwert der Pensionsverpflichtung gebildet werden.68

e) Auflösung der Pensionsrückstellung bei Leistungserbringung 39 Umgekehrt ist beim Wegfall der einzelnen Verpflichtung die hierfür gebildete Pen-

sionsrückstellung aufzulösen. Dies findet sich zwar nicht ausdrücklich in § 6a EStG

_____ 67 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 1 Rn. 5 ff. 68 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 2 Rn. 21 ff, vgl. BFH, Urt. v. 14.1.2009 – I R 5/08 – BStBl. II 2009 S. 457 = DB 2009, 879.

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geregelt, ergibt sich aber zum einen aus § 6a Abs. 3 S. 1 EStG, wonach eine Pensionsrückstellung höchstens mit ihrem Teilwert angesetzt werden darf und für eine entfallende Pensionsverpflichtung ist der Teilwert Null und zum anderen auch aus den sog. GoB, da eine untergangene Pensionsverpflichtung nicht passiviert werden darf. Die Auflösung der Pensionsrückstellung erhöht den Gewinn. Ein Wegfall der Pensionsrückstellungen kommt z.B. in Betracht, wenn der Ver- 40 sorgungsberechtigte mit noch verfallbaren Anwartschaften ausscheidet oder bei seinem Tod keine Hinterbliebenenleistungen vorgesehen sind oder bei vorgesehener Hinterbliebenenleistung keine versorgungsberechtigten Hinterbliebenen vorhanden sind.69 Tritt der Versorgungsfall Altersrente ein, so ist die Pensionsrückstellung suk- 41 zessive wieder aufzulösen. Die Auflösung erfolgt in jedem Wirtschaftsjahr in dem Maße, wie der Barwert (der kapitalisierte Wert) der Versorgungsverpflichtung mit höherem Alter des Berechtigten abnimmt. So vermindert sich z. B. der Barwert zwischen dem 65. und 66. Lebensjahr um ca. ein Viertel bis ein Drittel der jährlichen Versorgungsleistung. Folglich beträgt die gewinnerhöhende Rückstellungsauflösung nur ca. ein Viertel bis ein Drittel der Jahresrentenleistung, die ihrerseits voll Betriebsausgabe ist.70 Das Auflösungsgebot ist aber auch dann zu beachten, wenn nach dem Eintritt 42 des Versorgungsfalles eine Kapitalleistung vollständig ausgezahlt worden ist oder wenn die Versorgungsverpflichtung abgefunden (vgl. die Grenzen des § 3 BetrAVG) oder auf einen Dritten mit befreiender Wirkung übertragen wird (vgl. § 4 BetrAVG).71 Da die Gewinnminderung aus der Zuführung zur Pensionsrückstellung durch die Gewinnerhöhung aus der Rückstellungsauflösung zeitversetzt wieder aufgehoben wird, entsteht im Ertragsteuerbereich lediglich ein Steuerstundungseffekt für das Unternehmen. Über alle Jahre hinweg betrachtet, ist die Bildung und Auflösung einer Pensionsrückstellung erfolgsneutral. Die Bildung der Pensionsrückstellung und deren Auflösung dient aber der korrekten, periodengerechten Gewinnermittlung. Eine steuerliche Vergünstigung kann hierin nicht gesehen werden. Die Rückstellungsbildung bewirkt einen Innenfinanzierungseffekt, wie er auch sonst beim Auseinanderfallen von Aufwand und Zahlung entsteht, so z. B. bei der Abschreibung. Nach dem Eintritt des Versorgungsfalles ist die Pensionsrückstellung sukzessive pro Jahr gewinnerhöhend aufzulösen, wenn Rentenleistungen vereinbart wurden.

_____ 69 Ahrend/Förster/Rößler, 2.Teil Rn. 947. 70 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 1 Rn. 9 f. 71 Vgl. Kap. 8 Rn. 101 ff, Rn. 449 ff.

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3 Praxistipp Die ausgezahlten Versorgungsleistungen an den Begünstigten sind im Jahre ihrer Fälligkeit Betriebsausgaben, weil sie genau wie Arbeitslohn betrieblich veranlasst sind. Eine dauerhafte Gewinnminderung und somit „Steuerersparnis“ ergibt sich erst aus dem Betriebsausgabenabzug für die Versorgungsleistungen im Wirtschaftsjahr ihrer Fälligkeit und nicht etwa schon aus der Zuführung zur Pensionsrückstellung. Die Steuerersparnis aus der Versorgungszahlung ist nichts Außergewöhnliches. Vor allem kann sie nicht als „Steuersubvention“ der unmittelbaren Versorgungszusage (Direktzusage) gewertet werden. Vielmehr entsteht die gleiche „Steuerersparniswirkung“ wie bei einer Gehaltszahlung an aktive Arbeitnehmer, die ja auch Betriebsausgabe ist. 43 Im Übrigen tritt ein Steuerstundungs- bzw. Steuerspareffekt nur ein, wenn das

Unternehmen zumindest auf Dauer steuerpflichtige Gewinne erwirtschaftet. Die vorstehend gemachten Ausführungen zum Betriebsausgabenabzug gelten für alle Leistungsformen, also für laufende Versorgungsleistungen: lebenslängliche und abgekürzte Leibrenten, Zeitrenten und für einmalige oder ratenweise auszuzahlende Kapitalleistungen.72

2. Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung 44 Die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) hat die Funktion, die Entstehung des

Jahresergebnisses aus den einzelnen Erfolgsquellen zu zeigen, um einen Einblick in die Ertragslage des Unternehmens zu ermöglichen. Ihr kommt somit eine Gewinnermittlungs- und Informationsfunktion zu. Dabei ermittelt die GuV das Ergebnis des abgelaufenen Geschäftsjahres durch Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres (§ 242 Abs. 2 HGB).73 Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, eine GuV aufzustellen: ■ Gesamtkostenverfahren und das ■ Umsatzkostenverfahren. 45 Beide Verfahren sind handelsrechtlich zugelassen, unterscheiden sich jedoch in

ihrer Gliederung und der Zuordnung der verschiedenen Kostenarten zu den Erlösen. Das Gesamtkostenverfahren gliedert die unterschiedlichen Kosten nach Aufwandsarten, während das Umsatzkostenverfahren seine Struktur an den verschiedenen innerbetrieblichen Funktionsbereichen ausrichtet. Allerdings sollten – eine identische Bewertung der Bestände vorausgesetzt – hinsichtlich des Jahresüberschusses beide Verfahren letztendlich zum selben Ergebnis führen.74 Unabhängig vom angewandten Verfahren für die Aufstellung der GuV bedeu46 tet, dass ein Zuwachs bei den Pensionsrückstellungen für das Unternehmen mit

_____ 72 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 1 Rn. 11 f. 73 Beck Bil-Komm./Schmidt/Peun, HGB, § 275 Rn. 7. 74 Beck Bil-Komm./Schmidt/Peun, HGB, § 275 Rn. 27.

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Aufwendungen – somit also mit Kosten – verbunden ist. Dieser Aufwand führt im Ergebnis zu einer Verminderung des Jahresüberschusses. Im Gegenzug führt eine Verringerung der Pensionsrückstellungen (in Form einer Auflösung) zu einem Ertrag, der den Jahresüberschuss erhöht. Beim Gesamtkostenverfahren erfolgt die Gliederung der GuV anhand der un- 47 terschiedlichen Arten von Aufwendungen im Unternehmen. Die Pensionsrückstellungen werden dabei den Personalkosten zugeordnet. Die Auflistung der Kosten für die betriebliche Altersvorsorge erfolgt hierbei ganz explizit unter „Personalaufwand, Löhne und Gehälter, soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und für Unterstützung, davon für Altersversorgung: Zuführung zur Pensionsrückstellungen“.75 Darüber hinaus sind die aus dem Aufzinsungseffekt resultierenden Erhöhungen der Pensionsrückstellungen in der GuV gesondert unter „Zinsen und ähnliche Aufwendungen“ auszuweisen. Bei einer nach dem Umsatzkostenverfahren aufgestellten GuV werden die 48 Pensionsrückstellungen auch berücksichtigt, aber nicht derart explizit ausgewiesen. Die Ursache hierfür liegt darin, dass bei diesem Verfahren sämtliche entstehende Kosten direkt dem jeweiligen verursachenden Funktionsbereich des Unternehmens zugeordnet werden. Es gibt demzufolge nicht nur einen Bereich „Personal“. Hintergrund ist, dass hier die Personalkosten aufgesplittet werden auf die Bereiche Herstellung, Vertrieb und Verwaltung. Entsprechend verhält es sich mit den Aufwendungen für die Pensionsrückstellungen. Was die Erhöhungen aus dem Aufzinsungseffekt angeht, so werden diese ebenfalls dem Posten „Zinsen und ähnliche Aufwendungen“ zugeordnet.76

3. Rückgedeckte Direktzusage Wie bereits oben festgestellt, werden Direktzusagen heute oft auch durch den Ab- 49 schluss von Rückdeckungsversicherungen finanziert.77 Der Arbeitgeber kann zur vollständigen (kongruenten) oder teilweisen (partiellen) Abdeckung seiner Verpflichtung aus einer unmittelbaren Versorgungszusage (Direktzusage) eine Rückdeckungsversicherung mit einem Lebensversicherungsunternehmen oder einer Pensionskasse abschließen.78 Eine Rückdeckungsversicherung im steuerlichen Sinn liegt vor, wenn ■ dem Arbeitnehmer ausreichend bestimmt eine Versorgung aus den Mitteln des Arbeitgebers zugesagt ist, ■ zur Gewährleistung der Mittel für die Ausführung dieser Versorgung eine Sicherung geschaffen ist,

_____ 75 Beck Bil-Komm./Schmidt/Peun, HGB, § 275 Rn. 30. 76 Beck Bil-Komm./Schmidt/Peun, HGB, § 275 Rn. 31. 77 Zum Begriff der Rückdeckungsversicherung siehe Kap. 1 Rn. 370 sowie Kap. 6 Rn. 343 ff. 78 Siehe auch Kap. 1 Rn. 379.

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die Sicherung nicht zusätzlich den Belangen des Arbeitnehmers dient, sondern allein oder überwiegend den Belangen des Arbeitgebers.79

3 Praxistipp Die vorgenannten Voraussetzungen gelten als erfüllt, wenn der Arbeitgeber Versicherungsnehmer, alleiniger Beitragszahler und Bezugsberechtigter auf die Versicherungsleistungen ist. Der Arbeitnehmer ist lediglich die versicherte Person, da in seiner Person das Risiko des Arbeitgebers liegt, im Erlebens-, Invaliditäts- oder Todesfalls eine Leistung erbringen zu müssen. Es können auch die aus der Hinterbliebenenversorgung Begünstigten versichert werden. Die Rückdeckungsversicherung kann in Kapital- oder Rentenform erfolgen.80

50 Die vorgenannten Voraussetzungen gelten als erfüllt, wenn der Arbeitgeber Versi-

cherungsnehmer, alleiniger Beitragszahler und Bezugsberechtigter auf die Versicherungsleistungen ist. Der Arbeitnehmer ist lediglich die versicherte Person, da in seiner Person das Risiko des Arbeitgebers liegt, im Erlebens-, Invaliditäts- oder Todesfalls eine Leistung erbringen zu müssen.81 Es können auch die aus der Hinterbliebenenversorgung Begünstigten versichert werden. Die Rückdeckungsversicherung kann in Kapital- oder Rentenform erfolgen.82 Die Beiträge zu einer Rückdeckungsversicherung sind regelmäßig „Aufwen51 dungen, die durch den Betrieb veranlasst sind“ (§ 4 Abs. 4 EStG), da sie den Sicherheitsinteressen des Betriebes dienen, im Leistungsfall über entsprechende Mittel zu verfügen, um die Verpflichtung aus der Versorgungszusage zu erfüllen. Dies gilt selbst dann, wenn die Leistungen der Rückdeckungsversicherung über den Verpflichtungsumfang aus der unmittelbaren Versorgungszusage (Direktzusage) hinausgehen. Auch in diesem Fall ist die gesamte Prämie als Betriebsausgabe abzugsfähig, weil es der Wertung des Unternehmens überlassen bleiben muss, wie weit es seinen Sicherheitsrahmen ziehen will. So können durch die Leistungen der Rückdeckungsversicherung nicht nur die Lasten aus der Versorgungszusage selbst aufgefangen werden, sondern auch sonstige mit dem Tod des Mitarbeiters entstehende Nachteile für das Unternehmen. Diese Nachteile sind häufig nur schwer quantifizierbar, wie z. B. die Kosten für die Beschaffung einer Ersatzkraft oder der Verlust des Arbeitnehmers schlechthin (Keyman-Versicherung).83 Die Leistung, die der Lebensversicherer aus der Rückdeckungsversicherung an 52 das Unternehmen auszahlen muss, stellt bei dem Unternehmen nur insoweit eine Betriebseinnahme dar, wie sie den bisher schon aktivierten Anspruch des Unter-

_____ 79 Vgl. H6a Abs. 23 EStR 2012. 80 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 6, Rn. 1 ff. 81 Kap. 6 Rn. 345 ff. 82 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 6 Rn. 1 ff. 83 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 6 Rn. 4.

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nehmens auf den Versicherungswert übersteigt. Nur dieser Differenzbetrag ist gewinnerhöhend zu verbuchen.84 Beispiel 5 Betrugen das Deckungskapital und der Wert, der beim Versicherer angesammelter Überschüsse aus einer Rückdeckungsversicherung am vorangegangenen Bilanzstichtag 50.000 € und die aufgrund des Todes des versicherten Arbeitnehmers an das Unternehmen auszuzahlende Leistung 70.000 €, so erhöht nur der Saldo von 20.000 € den Gewinn des Unternehmens, da der bereits aktivierte Anspruch von 50.000 € durch die Auszahlung der 70.000 € untergeht.

Aber auch der jährliche Zuwachs des Versicherungsanspruchs des Unternehmens 53 aus der noch nicht fälligen Rückdeckungsversicherung erhöht den Gewinn. Da dem Arbeitgeber die Leistungen aus der von ihm abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung zustehen, muss er den Wert der Versicherung auch schon vor der Fälligkeit der Leistungen aktivieren. Der Versicherungsanspruch umfasst sowohl die fällige Versicherungsleistung bzw. das Deckungskapital als auch den Wert angesammelter Überschussanteile. Die im jeweiligen Jahr angefallenen Überschussanteile sind wie der jährliche Deckungskapitalzuwachs erfolgswirksam zu erfassen, und zwar unabhängig davon, ob sie vom Versicherer gutgeschrieben, zur Aufstockung der Versicherung verbraucht oder verzinst werden, mit Beiträgen verrechnet oder ausgezahlt werden.85 Dieser Zuwachs wird grundsätzlich an dem Deckungskapitalzuwachs der zu 54 aktivierenden Rückdeckungsversicherung gemessen. Im Regelfall wächst das Deckungskapital der Rückdeckungsversicherung von Jahr zu Jahr. Die Aktivierung des Versicherungsanspruchs ist geboten, wenn der Arbeitgeber gemäß § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG bilanziert. Sachgerecht ist es, den Wert der Rückdeckungsversicherung im Anlagevermögen bei den Finanzanlagen zu erfassen (§ 266 Abs. 2 unter A III HGB). Eine Zuordnung der Rückdeckungsversicherung zum Umlaufvermögen, wie allerdings vom BFH86 angenommen, scheidet schon wegen des Langfristcharakters dieses Vermögensgegenstandes aus.87 Natürlich gibt es auch Tarife, bei denen sich im Zeitablauf auch eine De- 55 ckungskapitalminderung ergeben kann wie z. B. bei Todesfallversicherungen, in die keine Erlebensfallleistung eingeschlossen ist, oder bei reinen Berufsunfähigkeitsversicherungen. Eine jährliche Deckungskapitalabnahme stellt sich zudem bei Rentenrückdeckungsversicherungen ab Fälligkeit der Rentenzahlungen ein. Die Deckungskapitalminderung stellt natürlich wiederum Aufwand dar, da der An-

_____ 84 Ahrend/Förster/Rößler, 2.Teil Rn. 1442. 85 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 6 Rn. 9. 86 BFH, Urt. v. 25.2.2004 – I R 54/02 – BStBl. II 2004 S. 654. 87 Höfer, Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 6 Rn. 13.

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spruch des Unternehmens gegen das Lebensversicherungsunternehmen oder die Rückdeckungspensionskasse sinkt. Bei Rentenversicherungen muss die jährliche Rentenzahlung aus der Rentenrückdeckungsversicherung erfolgserhöhend verbucht werden.88 Der Anspruch aus der Rückdeckungsversicherung ist nach Ansicht der Finanz56 verwaltung in der Regel mit dem geschäftsplanmäßigen Deckungskapital bzw. bei seit 1994/1995 abgeschlossenen Rückdeckungsversicherungen mit dem Zeitwert zu aktivieren.89 Die Pensionsverpflichtungen und der Versicherungsanspruch sind steuerlich 57 getrennt zu bilanzieren, eine Saldierung der Pensionsrückstellung und des Aktivwertes der Rückdeckungsversicherung ist unzulässig, da verschiedene Wirtschaftsgüter und verschiedene Vertragsbeziehungen angesprochen werden.90 Bei der Rückdeckungsversicherung handelt es sich um die Forderung des Arbeitgebers gegen den Versicherer, bei der unmittelbaren Versorgungszusage (Direktzusage) um eine Verbindlichkeit des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern oder sonstigen Begünstigten. Der Grundsatz der Einzelbewertung gebietet die getrennte Bilanzierung. Dies gilt selbst dann, wenn die Rückdeckungsversicherung eng mit der Versorgungsverpflichtung verbunden ist und mangels Rückkauffähigkeit nicht mehr vom Unternehmen wirtschaftlich durch Rückgriff auf die Deckungsmittel durch Verpfändung, Beleihung oder Abtretung genutzt werden kann.91 Wenn am Bilanzstichtag ernsthaft mit der Auflösung des Versicherungsvertra58 ges zu rechnen ist, kann der niedrigere Rückkaufswert (Zeitwert mit Abzügen, § 176 Abs. 3 und 4 VVG) angesetzt werden.92

II. Mittelbare Durchführung 59 Bedient sich der Arbeitgeber dagegen einer Unterstützungs- oder Pensionskasse,

eines Pensionsfonds oder eines Lebensversicherers, so spricht man von einer mittelbaren Durchführung der bAV (§ 1 Abs. 1 S. 2 BetrAVG).93

_____ 88 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 6 Rn. 9. 89 Erlass BMF v. 19.11.1993 – IV B 2 – S 2176 – 66/93 – BB 1994, 112. 90 BFH, Urt. v. 25.2.2004 – I R 54/02 – DStR 2004, 1118; BFH, Urt. v. 28.6.2001 – IV R 41/00 – BStBl. II 2002 S. 724 = DB 2001, 2426. 91 vgl. BFH, Urt. v. 28.11.1961 – I R 191/59 – NJW 1962, 1079 = BFHE 74, 266 = BStBl. III 1962 S. 101. 92 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 6 Rn. 16 f. 93 Vgl. Hierzu auch Kap. 1 Rn. 344 ff.

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1. Unterstützungskasse Die Unterstützungskasse ist eine eigenständige, rechtsfähige Versorgungseinrich- 60 tung, allerdings darf sie im Gegensatz zur Pensionskasse und zum Pensionsfonds auf die von ihr erbrachten Leistungen gerade keinen Rechtsanspruch gewähren (§ 1b Abs. 4 BetrAVG).94 Rechtsfähig bedeutet, dass sie eine juristische Person sein muss. Aufgrund der 61 eigenen Rechtspersönlichkeit der Unterstützungskasse ist ihr Vermögen rechtlich und wirtschaftlich vom Vermögen des Trägerunternehmens getrennt. Praxistipp 3 Eine bestimmte Rechtsform ist nicht vorgeschrieben. In der Regel haben die Unterstützungskassen die Rechtsform eines eingetragenen Vereins oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, in wenigen Fällen auch die Form einer Stiftung.95

Diese Einschränkung ist historisch begründet. Durch das Entfallen des Rechtsan- 62 spruchs unterliegt die Unterstützungskasse anders als die anderen mittelbaren Durchführungswege nicht der Aufsicht durch die BAFin. Allerdings ist auch für die Unterstützungskasse durch die Rechtsprechung des BAG schon seit Langem klargestellt, dass der Arbeitgeber für die von der Unterstützungskasse in Aussicht gestellten Leistungen einzustehen hat.96 Nach der neueren Rechtsprechung des BAG haften Unterstützungskasse und Arbeitgeber auch als Gesamtschuldner.97 Seit der Änderung durch das AVmG hat der Gesetzgeber klargestellt, dass der Arbeitgeber immer für die zugesagten Leistungen haftet, auch wenn er sich für einen mittelbaren Durchführungsweg entschieden hat (§ 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG). Die Unterstützungskasse als mittelbarer Durchführungsweg der bAV ist prinzi- 63 piell im Vergleich zur Finanzierung bei der unmittelbaren Versorgungszusage durch einen steuerlich als Betriebsausgabe geltend zu machenden Abfluss für die Finanzierungsbeiträge (hier spricht man steuerlich gesehen von „Zuwendungen“) des Arbeitgebers (bei der Unterstützungskasse auch als „Trägerunternehmen“ bezeichnet) an die Unterstützungskasse gekennzeichnet. Die spätere Leistungserbringung erfolgt durch die Unterstützungskasse. Unterstellt man ein planmäßiges Finanzierungsverhalten, führt dies bei der Einschaltung einer Unterstützungskasse zur Abwicklung der bAV im Vergleich zur Rückstellungsfinanzierung zu einer Vorverlagerung der Liquiditätsbelastung.98 Dies ist insbesondere bei Einschaltung

_____ 94 Siehe zum Durchführungsweg Unterstützungskasse grundsätzlich Kap. 1 Rn. 446 ff. 95 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Schlewing, Teil 5F, Rn. 2. 96 Vgl. BAG, Urt. v. 25.1.2000 – 3 AZR 908/98 – EzA BetrAVG § 1 Unterstützungskasse Nr. 12, siehe vertiefend Kap. 1 Rn. 452 ff. 97 BAG, Urt. v. 16.2.2010 – 3 AZR 216/09 – NZA 210, 158. 98 Siehe auch Kap. 5 Rn. 96.

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einer rückgedeckten Unterstützungskasse der Fall, bei einer reservepolsterfinanzierten (auch pauschaldotierte) Unterstützungskasse wird während der Anwartschaftsphase wie der Name schon sagt, lediglich ein Polster angespart.99 Für eine erste Einordnung der Finanzierungseffekte einer Unterstützungskas64 senzusage ist aus Sicht des Unternehmens zwischen Unterstützungskassen mit Mittelanlage außerhalb des Trägerunternehmens und mit Mittelanlage als Darlehensgewährung an das Trägerunternehmen zu unterscheiden. Ist Letzteres der Fall, so ist in steuerlicher Hinsicht darauf zu achten, dass die Darlehensvereinbarung, insbesondere der vereinbarte Darlehenszins, einem Drittvergleich standhält.100 Die Zuwendungen zu einer Unterstützungskasse mindern den Gewinn des 65 Trägerunternehmens und somit die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerbelastung des Arbeitgebers (als Trägerunternehmen). Es kommt bei Trägerunternehmen, die im Rahmen der Unterstützungskassenversorgung nicht wieder die Mittel im Rahmen einer Darlehensgewährung zurückfließen lassen, zwar mit der Zuwendung an die Unterstützungskasse zu einer Liquiditätseinbuße.101 Diese wird jedoch steuerlich durch den flankierenden Betriebsausgabenabzug gemildert. Während der Zuwendungsphase kommt es somit beim Trägerunternehmen zu einem Vermögensverzehr, der sich aus dem kumulierten verzinslichen Schicksal der Liquiditätsveränderungen nach Steuern ergibt. Vorteilhaft wirkt dagegen, dass die Leistungserbringung an die Versorgungsberechtigten das Unternehmen regelmäßig nicht mehr belastet, da sie durch die Unterstützungskasse erfolgt. Aufgrund der eingeschränkten Anwartschaftsfinanzierung bei Unterstützungskassen tritt im Vergleich zur Pensionsrückstellungsbildung i.d.R. jedoch nur eine geringere Ertragsteuerentlastung ein. Da die vom Trägerunternehmen an die Unterstützungskasse gezahlten Darlehenszinsen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags gemäß § 8 Nr. 1a) GewStG wieder zu 25% hinzugerechnet werden müssen, wird die Ertragsteuerminderung gegenüber der Finanzierung über Pensionsrückstellungen weiterhin reduziert. Die Folge ist eine Beeinträchtigung der Kapitalausstattung des Unternehmens infolge höherer Gewerbeertragsteuer.102

a) Betriebsausgabenabzug (BA) 66 Der Arbeitgeber kann die Zuwendungen, welche er zur Finanzierung der über die Unterstützungskasse zugesagten Leistungen erbringt, als Betriebsausgabenabzug nach § 4d Abs. 1 EStG geltend machen. Bei der Frage der Zulässigkeit des Betriebsausgabenabzugs wird zunächst zwischen lebenslänglich laufenden (§ 4d

_____ 99 H-BetrAV/Böhm/Schu, Unterstützungskassen, Rn. 22 ff., vgl. auch Rn. 66 sowie Kap. 5 Rn. 90 ff. 100 Ahrend/Förster/Rößler, 3.Teil Rn. 15. 101 Vgl. Kap. 5 Rn. 96. 102 Ahrend/Förster/Rößler, 3.Teil Rn. 17.

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Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG) und nicht lebenslänglich laufenden (§ 4d Abs. 1 S.1 Nr. 2 EStG) Leistungen unterschieden. Innerhalb der Unterscheidung, ob lebenslänglich laufende und nicht lebenslänglich laufende Leistungen vorliegen, wird dann noch jeweils zunächst die grundsätzlich maximal abzugsfähige Zuwendung ermittelt, welche wiederum durch jeweils zulässige Kassenvermögen eine weitere Begrenzung erfährt. Bei der Frage der maximalen Abzugsfähigkeit der Zuwendungen wird bei 67 den lebenslänglichen Leistungen weiter zwischen der reservepolsterfinanzierten (auch pauschaldotierten) Unterstützungskasse und der rückgedeckten Unterstützungskasse unterschieden. Während die reservepolsterfinanzierte Unterstützungskasse frei in der Anlage ihrer Mittel ist, definiert § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1c) EStG die rückgedeckte Unterstützungskasse als Versorgungsträger, der sich die Mittel für die Versorgungsleistungen durch Abschluss einer Versicherung beschafft.

aa) Lebenslänglich laufende Leistungen bei reservepolsterfinanzierten (pauschaldotierten) Unterstützungskassen Lebenslänglich laufende Leistungen müssen grundsätzlich Leistungen der bAV im 68 Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG sein.103 Anderenfalls kann das Trägerunternehmen für sie keine Zuwendungen nach § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG als Betriebsausgabe geltend machen.104 Somit erfüllen z. B. an das Leben gebundene Kaufpreisrenten nicht die Voraussetzungen des § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, da sie zwar lebenslänglich gezahlt werden, nicht aber zur bAV gehören.105 Lebenslänglich laufende Leistungen sind alle laufenden (wiederkehrenden) Leistungen, soweit sie nicht von vornherein nur für eine bestimmte Anzahl von Jahren oder bis zu einem bestimmten Lebensalter des Leistungsberechtigten vorgesehen sind (R 4d Abs. 2 S. 7 EStR 2012). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen einer lebenslänglich laufenden Leistung ist das Abstellen der Zahlungsdauer auf das Leben einer Person. Lebenslänglich laufende Leistungen liegen danach regelmäßig vor, wenn die Leistungen bis zum Ableben des Leistungsberechtigten gewährt werden sollen. Das sind i.d.R. die Alters-, Invaliden- und Witwen- oder Witwerrenten. Die lebenslänglich laufenden Leistungen der Unterstützungskassen werden im 69 allgemeinen Sprachgebrauch als „Renten“ bezeichnet. Sie sind aber keine Renten im engeren Sinne, insbesondere keine Leibrenten,106 da sie nicht auf einem für die Annahme einer Rente erforderlichen selbständigen Verpflichtungsgrund – dem sog. Rentenstammrecht – beruhen, sondern nach der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung

_____ 103 Vgl. Kap. 1 Rn. 68 f. 104 Vgl. R4d Abs. 2 EStR 2012. 105 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 9 Rn. 62. 106 Ahrend/Förster/Rößler, 2. Teil Rn. 14.

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Gegenleistung (Entgelt) für die erbrachte Betriebstreue des Leistungsberechtigten sind. 3 Praxistipp Keine lebenslänglich laufenden Leistungen der bAV sind Notstandsleistungen und Waisenrenten sowie Leibrenten mit Maximallaufzeit (abgekürzte Leibrenten) oder abgekürzte Witwen- und Invaliditätsrenten (Zeitrenten) und Überbrückungszahlungen (R 4d Abs. 2 S. 10 EStR 2012). Das Gleiche gilt, wenn die einmalige Kapitalleistung einen typischen Altersversorgungsfall nicht voraussetzt, also auch vor Vollendung des 60. Lebensjahres (bzw. bei Zusagen, die nach dem 31.12.2011 erteilt wurden, vor Vollendung des 62. Lebensjahres) des Versorgungsberechtigten anfällt (R 4d Abs. 2 S. 4 EStR 2012). 70 Einmalige Kapitalleistungen einer Unterstützungskasse, die anstelle von lebens-

länglich laufenden Leistungen gewährt werden, sind gem. § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 7 EStG in Bezug auf die abziehbaren Zuwendungen des Trägerunternehmens den lebenslänglich laufenden Leistungen gleichgestellt. Allerdings muss die einmalige Kapitalleistung nach ihrem Zweck ebenfalls bAV-Charakter (d.h. einen Versorgungszweck)107 haben. Dabei ist es gleichgültig, ob die Unterstützungskasse nach ihrem Leistungsplan von vornherein einmalige Kapitalleistungen vorsieht oder sie sich die Option vorbehalten hat, eine lebenslänglich laufende Leistung beim Eintritt des Versorgungsfalls zu kapitalisieren. Das gilt auch dann, wenn die Unterstützungskasse aus verwaltungstechnischen Gründen generell nur einmalige Kapitalleistungen auszahlt. Die Gleichstellung ist generell gerechtfertigt, wenn der Versorgungsberechtigte die Wahl zwischen einmaliger Kapitalleistung und lebenslänglich laufenden Leistungen hat. Auch die nachträglich im Anwartschaftszeitraum getroffene Vereinbarung einer einmaligen Kapitalleistung anstelle der lebenslänglichen Rente kann den Betriebsausgabenabzug ermöglichen. Frühere Auffassungen, dass eine Kapitalleistung nur dann Versorgungscharakter hat und in lebenslänglich laufende Leistungen umgedeutet werden kann, wenn sie den Mindestbetragsvorschriften genügt, hat die Finanzverwaltung nach dem BFH-Urteil vom 15.6.1994 aufgegeben.108 Gewährt eine Unterstützungskasse eine einmalige Kapitalleistung anstelle 71 von lebenslänglich laufenden Leistungen, so gelten 10% der Kapitalleistung als Jahresbetrag einer lebenslänglich laufenden Leistung (§ 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 7 EStG). Die Umdeutung einer Kapitalleistung in eine lebenslänglich laufende Leistung hat bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Zuwendungen zum Reservepolster Bedeutung. Nach § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 7 EStG ist damit bei einer Kapitalzusage ein Zehntel der zugesagten Leistung Bemessungsgrundlage für die

_____ 107 Kap. 1 Rn. 65, 217 ff. 108 BFH, Urt. v. 15.6.1994 – II R 77/91 – BB 1994, 2067.

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Anwärterdotierung. Zum anderen sind zur Berechnung des für Leistungsempfänger zuwendbaren Deckungskapitals die Vervielfacher der Zuwendungstabelle auf diese 10% anzuwenden. Im Übrigen wirkt sich die Leistung bei der Prüfung der höchstzulässigen Kassenleistungen nach § 2 KStDV aus.109 Bei einer reservepolsterfinanzierten (auch pauschaldotierten) Unterstüt- 72 zungskasse ist weiterhin zu unterscheiden zwischen den Zuwendungen, die für Rentenempfänger geleistet werden können und solche, die für Anwärter geleistet werden können. Bei einer reservepolsterfinanzierten Unterstützungskasse, die lebensläng- 73 lich laufende Leistungen gewährt, können nach § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b) aa) EStG für Anwärter in jedem Wirtschaftsjahr 6% der jährlichen Versorgungsleistungen als Betriebsausgaben abgezogen werden, die der Versorgungsberechtigte oder die Hinterbliebenen erhalten können, wenn nur Leistungen der Invalidität oder des Hinterbliebenenschutzes zugesagt wurden. Die Zuführungsmöglichkeit erhöht sich auf 25% der jährlichen Versorgungsleistung, wenn auch eine Altersleistung mit oder ohne Hinterbliebenen- und Invaliditätsversorgung zugesagt wurde (§ 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst b) bb) EStG). Voraussetzung ist allerdings, dass der Versorgungsberechtigte am Schluss des Wirtschaftsjahres in dem die Zuwendung erfolgte, das 23. Lebensjahr bereits vollendet hat. Alternativ zu der gerade beschriebenen Ermittlung der Zuwendungsmöglichkeit für Anwärter auch die durchschnittlich von der Unterstützungskasse gezahlte Rente vervielfacht mit der Anzahl der Anwärter (aktive und mit unverfallbaren Anwartschaften ausgeschiedene), die das 50. Lebensjahr bereits vollendet haben, herangezogen werden.110 Ferner zuwendbar ist 74 ■ der Abfindungs- oder Ablösungsbetrag bei Abfindung eines Leistungsanwärters mit unverfallbarem Anspruch (§ 3 BetrAVG) oder bei ■ Übertragung der Leistungsverpflichtung der Kasse auf einen anderen Versorgungsträger (§ 4 Abs. 5 BetrAVG). Ähnlich der Regelung zur Bildung von Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG 75 gelten auch für die Zulässigkeit des Betriebsausgabenabzugs bei der Unterstützungskasse unterschiedliche Mindestalter, je nachdem wann die Unterstützungskassenversorgung erteilt wurde. Für arbeitgeberfinanzierte Unterstützungskassenversorgungen, die zwischen dem 1.1.2009 und dem 31.12.2017 erteilt wurden, gilt, dass der Versorgungsberechtigte das 27. Lebensjahr, für Versorgungszusagen, die vor dem 1.1.2009 erteilt wurden, dass der Versorgungsberechtigte das 28. Lebensjahr vollendet haben muss.111

_____ 109 Ahrend/Förster/Rößler, 3. Teil Rn. 170. 110 Ahrend/Förster/Rößler, 3. Teil Rn. 276. 111 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 9 Rn. 174.

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Tritt der Leistungsfall ein, dann kann für den einzelnen Leistungsanwärter das Deckungskapital zugewendet werden. Dieses bemisst sich nach der jährlichen Rente des Versorgungsberechtigten und einem sich aus der Anlage zu § 4d Abs. 1 EStG ergebenden sog. Vervielfacher. Dieser Vervielfacher hängt vom Alter bei Leistungseintritt ab und davon, ob es sich beim Versorgungsberechtigten um einen Mann oder eine Frau handelt, damit den unterschiedlichen Lebenserwartungen zwischen Frauen und Männern Rechnung getragen wird. Hinzuweisen ist darauf, dass das während der Anwartschaftsphase möglicherweise schon geleistete Reservepolster nicht in Abzug gebracht werden muss. Das gleiche gilt auch, wenn z.B. die Versorgungszusage eine Altersrente in Kombination mit einer Hinterbliebenenrente vorsieht.112 Verstirbt z.B. erst der Altersrentner und ist das Deckungskapital für die Altersrente bereits zugewendet worden, so darf für eine Hinterbliebenenrente erneut das Deckungskapital zugewendet werden, ohne dass Zuwendungen, die bereits für die Altersrente geleistet wurden und nicht verbraucht sind, berücksichtigt werden.

3 Praxistipp Bei Kassen mit lebenslänglich laufenden Leistungen sind die folgenden Zuwendungen abzugsfähig (§ 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG): ■ Für Rentner: Das Deckungskapital für die lebenslänglich laufenden Leistungen nach einer Vervielfachertabelle, ■ Für Anwärter: ■ jährlich für jeden Leistungsanwärter, der das 23., 27., 28. bzw. 30. Lebensjahr vollendet hat, ein bestimmter Vomhundertsatz (6% oder 25%) der ihm schriftlich zugesagten Leistung bzw. alternativ ■ jährlich für jeden Leistungsempfänger, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, ein bestimmter Vomhundertsatz des Durchschnittsbetrags der von der Kasse im Jahr gewährten Leistungen. 77 Ferner ist eine weitere Restriktion zu beachten: Der Betriebsausgabenabzug wird

durch das sog. zulässige Kassenvermögen begrenzt. Das zulässige Kassenvermögen stellt bei der reservepolsterfinanzierten (auch pauschaldotierten) Unterstützungskasse die Summe aus dem Deckungskapital für die Leistungsempfänger und der achtfachen Jahreszuwendung für die Anwärter dar. Wenn dieser Betrag erreicht ist, kann der Arbeitgeber keinen weiteren Betriebsausgabenabzug mehr vornehmen (§ 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG). Die jährlichen Zuwendungen für die Leistungsanwärter sollen der Kasse die Bil78 dung eines sog. Reservepolsters ermöglichen, damit sie bei Eintritt des Leistungsfalls sofort mit den Leistungen beginnen und sie eine Zeit lang erbringen kann, auch wenn das Trägerunternehmen das Deckungskapital für die Leistungen noch nicht zugewendet hat. Das Reservepolster hat nicht die Funktion einer Anwartschaftsfinanzierung, sondern nur eine Überbrückungsfunktion für den Zeitraum vom An-

_____ 112 R 4d Abs. 3 S. 4 EStR 2012.

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fall einer Leistung bis zur Zuwendung des Deckungskapitals für die Leistungen durch das Trägerunternehmen.113 Die Zuwendungen sind nur abzugsfähig, solange das tatsächliche Vermögen 79 ohne Berücksichtigung zukünftiger Versorgungsleistungen am Schluss eines Wirtschaftsjahres nicht das sog. zulässige Kassenvermögen übersteigt. Das tatsächliche Kassenvermögen wird wie folgt bewertet: 80 ■ Grundbesitz wird mit 200% des Einheitswertes angesetzt und ■ das übrige mit dem gemeinen Wert angenommen. Das zulässige Kassenvermögen setzt sich wie folgt zusammen: 81 ■ für Leistungsempfänger aus dem Deckungskapital gem. Anlage 1 zu § 4d EStG und ■ für jeden Leistungsanwärter aus dem Achtfachen der zulässigen jährlichen Zuwendungen. Durch diese Beschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Zuwendungen 82 während der Anwartschaftsphase auf maximal zwei Jahresrenten (bei Zusage einer Altersrente) ergibt sich, dass in der Anwartschaftsphase nur ein Reservepolster angespart werden darf.114 Übersteigt also das tatsächliche Kassenvermögen, das zulässige Kassenvermögen, ist kein Betriebsausgabenabzug mehr möglich.

bb) Lebenslänglich laufende Leistungen bei rückgedeckten Unterstützungskassen Bei einer rückgedeckten Unterstützungskasse, bei der die Unterstützungskasse 83 die zu gewährenden Versorgungsleistungen bei einem Lebensversicherungsunternehmen rückdeckt, können müssen gleichbleibende oder steigende Jahresbeiträge bis zu dem Zeitpunkt, in dem erstmals Leistungen der Altersversorgung vorgesehen sind, als Zuwendung für die Finanzierung der Rückdeckungsversicherung geleistet werden (§ 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst c) EStG). Auch hier gilt grundsätzlich, dass der Betriebsausgabenabzug nur möglich ist, wenn die Versorgungsberechtigten bereits das 23. Lebensjahr vollendet haben bzw. wenn die Unterstützungskassenversorgung zu einem früheren Zeitpunkt erfolgte, dass dann maßgebliche Mindestalter. Allerdings ist bei einer rückgedeckten Unterstützungskasse auch vor dem Erreichen des jeweiligen Mindestalters ein Betriebsausgabenabzug möglich, wenn die Leistungen entweder bereits unverfallbar sind oder nur Leistungen für den Fall der Invalidität oder der Hinterbliebenenleistung zugesagt wurden.

_____ 113 Ahrend/Förster/Rößler, 3. Teil Rn. 150. 114 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 9 Rn. 416, BT-Drucks. 12/1108, S. 52 f.

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3 Praxistipp Damit eine unverfallbare Anwartschaft im Sinne des § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1c) EStG bejaht werden kann, reicht es aus, wenn diese bereits vertraglich unverfallbar ist.115 Denn anders als in § 6a Abs. 2 Nr. 1 EStG wird hier nicht ausdrücklich darauf abgestellt, dass eine Unverfallbarkeit im Sinne des BetrAVG vorliegen muss.116 84 Neben der vollständigen Rückdeckung durch eine Versicherung gibt es auch sog.

partielle rückgedeckte Unterstützungskasse. In diesem Fall mindert sich die Zuwendungsmöglichkeit nach der Grundvorschrift der reservepolsterfinantierten (auch pauschaldotierten) Unterstützungskasse insofern, als die Leistungen durch die Rückdeckungsversicherung erbracht werden (§ 4d Abs. 1S. 1 Nr. 1 lit. c) S. 5 EStG). Auch hier sind die Zuwendungen nur abzugsfähig, solange das tatsächliche 85 Vermögen ohne Berücksichtigung zukünftiger Versorgungsleistungen am Schluss eines Wirtschaftsjahres nicht das sog. zulässige Kassenvermögen übersteigt. Das tatsächliche Vermögen stellt das Deckungskapital zuzüglich der Guthaben aus Beitragsrückerstattung bzw. dem Zeitwert dar. Das zulässige Kassenvermögen bestimmt sich nach dem geschäftsplanmäßige Deckungskapital bzw. dem Zeitwert.

cc) Nicht lebenslänglich laufende Leistungen 86 Bei Kassen mit nicht lebenslänglich laufenden Leistungen gibt es weder eine Un-

terscheidung hinsichtlich der Zuwendung zwischen Anwärtern und Rentnern noch im Hinblick auf die Finanzierungsform (reservepolsterfinanziert/pauschaldotiert oder rückgedeckt). Als Zuwendungen sind abzugsfähig (§ 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG): ■ jährlich 0,2% der Lohn- und Gehaltssumme des Trägerunternehmens, ■ mindestens jedoch der Betrag, den die Kasse in einem Wirtschaftsjahr für nicht lebenslänglich laufende Leistungen verausgabt hat, soweit diese Leistungen durch die Zuwendungen in den vorausgegangenen fünf Jahren abzüglich der im gleichen Zeitraum von der Kasse erbrachten Leistungen nicht gedeckt sind. 87 Auch hier gilt wie bei den lebenslänglich laufenden Leistungen die Beschränkung,

dass die Zuwendungen nur abzugsfähig sind, solange das tatsächliche Vermögen der Kasse das sog. zulässige Kassenvermögen nicht übersteigt. Das zulässige Kassenvermögen ■ ergibt sich aus 1% der durchschnittlichen Lohn- und Gehaltssumme der letzten drei Jahre.

_____ 115 Zum Begriff siehe Kap. 8 Rn. 6. 116 Ahrend/Förster/Rößler, 3. Teil, Rn. 381.

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darf – wenn die Kasse bereits zehn Wirtschaftsjahre bestanden hat – zusätzlich die Summe der in den letzten zehn Wirtschaftsjahren gewährten Leistungen nicht übersteigen.

Bei Kassen mit lebenslänglich laufenden und nicht lebenslänglich laufenden Leis- 88 tungen – sog. gemischten Kassen – summieren sich die Zuwendungsmöglichkeiten für die einzelnen Leistungen.

b) Auswirkungen auf die Bilanz Eine Unterstützungskassenzusage kann handelsrechtlich u.U. bilanzielle Auswirkun- 89 gen haben, wenn die Unterstützungskasse unterdeckt ist, dies kommt regelmäßig bei sog. reservepolsterfinanzierten (auch pauschaldotierten) Unterstützungskassen vor.117 Davon abgesehen dürfen steuerlich für eine Zusage auf Unterstützungskassenversorgung keine Rückstellungen gebildet werden, da handelsrechtlich gemäß Art. 28 Abs. 1 S. 2 EGHGB nur ein Passivierungswahlrecht besteht und somit steuerlich ein Passivierungsverbot.118 Im Übrigen würde eine Rückstellungsbildung steuerlich auch an dem fehlenden 90 Rechtsanspruch der Unterstützungskasse scheitern.119

2. Versicherungsförmige Durchführungswege Bei der Direktversicherung schließt der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer auf 91 das Leben des Arbeitnehmers eine Lebensversicherung ab, aus der der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind (§ 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG). Bei dem Direktversicherungsvertrag handelt es sich somit um einen sog. Vertrag zugunsten Dritter, den der Arbeitgeber und das Lebensversicherungsunternehmen auf das Leben des Arbeitnehmers abschließen.120 Die Pensionskasse stellt eine rechtsfähige Versorgungseinrichtung der bAV 92 dar, die dem Arbeitnehmer oder seinen Hinterbliebenen einen Rechtsanspruch auf Leistungen gewährt (§ 1b Abs. 3 BetrAVG).121 Nach der aufsichtsrechtlichen Definition in § 232 VAG handelt es sich bei einer Pensionskasse um ein rechtlich selbständiges Lebensversicherungsunternehmen, dessen Zweck die Absicherung weggefallenen Erwerbseinkommens wegen Alters, Invalidität oder Tod ist.122 Das

_____ 117 Vgl. Kap. 5 Rn. 102. 118 Kap. 4 Rn. 1. 119 Vgl. Kap. 1 Rn. 452 ff. 120 Vgl. Kap. 1 Rn. 374 ff. sowie Kap. 6 Rn. 151 ff. 121 Kap. 1 Rn. 410 ff., Kap. 6 Rn. 320 ff. 122 Vgl. Kap. 6, Rn. 84 ff.

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Versicherungsgeschäft wird dabei im Wege des Kapitaldeckungsverfahrens betrieben. Leistungsempfänger können im Todesfall nur Hinterbliebene sein. Sollen Dritte begünstigt werden, darf diesen nur ein Sterbegeld in Höhe der gewöhnlichen Bestattungskosten gewährt werden. In Abhängigkeit von der Rechtsform kann Versicherungsnehmer entweder der Arbeitnehmer selbst oder der Arbeitgeber sein. Bei den klassischen Firmenpensionskassen, die als kleinere VVaG organisiert sind, ist Versicherungsnehmer der Arbeitnehmer.123 Bei Wettbewerbspensionskassen, die in der Rechtsform einer AG organisiert sind und meist von Versicherungskonzernen betrieben werden, kann Versicherungsnehmer analog der Vorgehensweise bei der Direktversicherung auch der Arbeitgeber sein.124 Dem Arbeitnehmer muss lediglich ein Rechtsanspruch eingeräumt werden.125 Der Pensionsfonds ist mit Wirkung zum 1.1.2002 als fünfter Durchführungsweg 93 eingeführt worden und stellt wie die Pensionskasse eine rechtsfähige Versorgungseinrichtung dar, die dem Arbeitnehmer und seinen Hinterbliebenen einen Rechtsanspruch auf Leistungen gewährt; insofern gilt hier arbeitsrechtliche die identische Definition wie für die Pensionskasse (§ 1b Abs. 3 BetrAVG).126 § 236 Abs. 1 VAG regelt zum Pensionsfonds, dass der dieser zugunsten von einem oder mehreren Arbeitgebern im Wege des Kapitaldeckungsverfahrens Leistungen der bAV erbringt (§ 236 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VAG).127 3 Praxistipp Beim Pensionsfonds ist dabei im Unterschied zu den Durchführungswegen der Direktversicherung und Pensionskasse vorgesehen, dass entweder die Höhe der Leistungen oder die Höhe der für diese Leistungen zu entrichtenden künftigen Beiträge nicht für alle vorgesehenen Leistungsfälle durch versicherungsförmige Garantien zugesagt werden darf (§ 236 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VAG).

94 Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, einen zusätzlichen extern finanzierten

Durchführungsweg der bAV einzurichten, der die Möglichkeit hat, das Kapital freier anzulegen. Der Pensionsfonds ist ferner verpflichtet, die Altersversorgungsleistungen als lebenslange Zahlungen oder als Einmalkapital zu erbringen (§ 236 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 VAG). Eine lebenslange Zahlung kann dabei auch mit einem vollständigen oder teilweisen Kapitalwahlrecht verbunden sein. In Anbetracht der Tatsache, dass der Pensionsfonds nach dem Kapitaldeckungsverfahren arbeitet, die Risiken der Langlebigkeit und der Invalidität und der Hinterbliebenenabsicherung im vorzeiti-

_____ 123 Kap. 1 Rn. 418; Kap. 6 Rn. 324 ff. 124 Kap. 1 Rn. 408. 125 Vgl. hierzu Kap. 1 Rn. 417. 126 Kap. 1 Rn. 429. 127 Zu den aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen siehe Kap. 6 Rn. 114 ff., zu den vertraglichen Kap. 6 Rn. 380 ff. und zu den arbeitsrechtlichen Kap. 1 Rn. 436 ff.

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gen Todesfall tragen muss, wird der Pensionsfonds aufsichtsrechtlich wie ein Versicherungsunternehmen betrachtet. Steuerlich ist beim Pensionsfonds hervorzuheben, dass er ins Gesetz aufgenommen wurde, um die externe Finanzierung insbesondere von Direktzusagen zu fördern.128

a) Betriebsausgabenabzug Zur Finanzierung der Versorgungsleistungen über den jeweiligen externen Versor- 95 gungsträger erbringt der Arbeitgeber Prämien an das Lebensversicherungsunternehmen, Zuwendungen an die Pensionskasse oder Beiträge an einen Pensionsfonds.

aa) Direktversicherung Die Prämien zur Direktversicherung gelten dabei wie auch allgemein der Arbeits- 96 lohn als Betriebsausgaben im Sinne von § 4 Abs. 4 EStG i.V.m. R 4b Abs. 3 EStR, sofern die Direktversicherung aus betrieblichem Anlass nach § 4b Abs. 1 EStG gewährt wird. Einen betrieblichen Anlass wird man bejahen können, wenn eine natürliche Person zur Gesellschaft bzw. zum Arbeitgeber ein Dienstverhältnis bzw. ein Arbeitsverhältnis begründet hat und hierfür einen entsprechenden Lohn bzw. Vergütung erhält. Die Beiträge sind auch dann abzugsfähig, wenn der Versicherungsanspruch zu 97 aktivieren ist. Ihr Betriebsausgabencharakter wird dadurch nicht berührt. Der Arbeitgeber erkauft sich mit den Beiträgen Versicherungsschutz. Dagegen ist ein Abzug der Beiträge nicht möglich, wenn die Direktversicherung nicht betrieblich veranlasst ist.129 Die Prämie, die der Arbeitgeber für die Lebensversicherung des bezugsberech- 98 tigten Arbeitnehmers aufwendet, ist im Wirtschaftsjahre ihrer Fälligkeit voll Betriebsausgabe. Wie der laufende Beitrag, ist auch ein Einmalbeitrag für eine Direktversicherung voll abzugsfähig. Eine Rechnungsabgrenzung der Beiträge, wenn das Versicherungsjahr z.B. nicht dem Wirtschaftsjahr entspricht, kommt nicht in Betracht, da in ihnen kein Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Wirtschaftsjahr enthalten ist. Die Rechnungsabgrenzung kann nur bei Versicherungen greifen, aus denen der Arbeitgeber selbst begünstigt ist, dies ist bei einer Direktversicherung schon aufgrund ihrer arbeitsrechtlichen Definition nach § 1b Abs. 2 BetrAVG nicht der Fall. Auch die Finanzverwaltung erkennt die sofortige Abziehbarkeit der Beiträge an.

_____ 128 Rn. 233 ff. 129 Ahrend/Förster/Rößler, 4. Teil Rn. 90.

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bb) Pensionskasse 99 Die Zuwendungen an eine Pensionskasse sind nach § 4c S. 1 EStG als Betriebsaus-

gaben abziehbar, soweit sie auf einer in der Satzung bzw. im Geschäftsplan der Kasse festgelegten Verpflichtung oder einer Anordnung der Versicherungsaufsichtsbehörde beruhen oder der Abdeckung von Fehlbeträgen dienen. Die Verpflichtung zur Zahlung der Zuwendungen ist bei klassischen Firmenpen100 sionskassen (Rechtsform: VVaG)130 meist in den Satzungen geregelt. Dabei bestimmt diese regelmäßig, von wem und in welcher Höhe die Mittel zur Finanzierung der Leistungsverpflichtungen aufzubringen sind (von den Trägerunternehmen bzw. Versorgungsberechtigten). Die Höhe der Zuwendungen und ihre Berechnungsgrundlagen sowie die Grundsätze für die versicherungsmathematische Berechnung der Deckungsrückstellung bzw. des Deckungskapitals werden im sog. (technischen) Geschäftsplan festgelegt. Der Geschäftsplan und die darin enthaltenen versicherungstechnischen Grundlagen sollen die ständige Erfüllbarkeit der Leistungen gewähren.131 Bei den neueren Wettbewerbspensionskassen132 ergibt sich die Verpflichtung 101 zur Beitragsleistung in der Regel nicht mehr aus der Satzung, sondern aus den Allgemeinen Versicherungsbedingungen und den dazu gehörigen (Kollektiv-) Lebensversicherungsverträgen. Da aber bei Pensionskassen auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen als Bestandteil des Geschäftsplans der Pensionskasse gelten, stellen die geleisteten Zuwendungen Betriebsausgaben dar. Zuwendungen in diesem Sinne dürfen nach § 4c Abs. 2 EStG nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, soweit die Leistungen der Kasse, wenn sie vom Trägerunternehmen unmittelbar erbracht würden, bei diesem nicht betrieblich veranlasst wären. Nach § 4c Abs. 1 2. Alt. EStG sind neben den satzungs- oder geschäftsplanmäßi102 gen Zuwendungen auch Zuwendungen aufgrund aufsichtsrechtlicher Anordnung abzugsfähig. Die BaFin kann zur Sicherstellung der dauernden Erfüllbarkeit der Leistungsverpflichtungen der Pensionskasse Anordnungen treffen. 133 Die Anordnungsbefugnis der Aufsichtsbehörde erstreckt sich nur auf die Pensionskasse. Hat diese aufgrund von Anordnungen der Aufsichtsbehörde Maßnahmen zu treffen, die ihre Leistungsfähigkeit wiederherstellen und sichern, so muss die Pensionskasse ihr Trägerunternehmen zu entsprechenden Zuwendungen veranlassen oder ihre Leistungen herabsetzen. Die Zuwendungen des Trägerunternehmens beruhen dann mittelbar auf einer Anordnung der Versicherungsaufsichtsbehörde und sind nach § 4c Abs. 1 Alt. 2 EStG abzugsfähig. Eine unmittelbare Anordnung zu Zuwendungen gegenüber dem Trägerunternehmen ist nicht erforderlich.134

_____ 130 Zum Begriff siehe Kap. 1 Rn. 413. 131 Ahrend/Förster/Rößler, 5. Teil Rn. 426. 132 Zum Begriff siehe Kap. 1 Rn. 414. 133 Vgl. Kap. 6 Rn. 41 ff. 134 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 23 Rn. 72.

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Auch Zuwendungen zur Abdeckung von Fehlbeträgen bei der Kasse sind nach 103 § 4c Abs. 1 Alt. 3 EStG unbeschränkt abzugsfähig. Ein Fehlbetrag liegt bei einer Pensionskasse dann vor, wenn das Vermögen der Kasse an einem Bilanzstichtag niedriger ist als das nach dem Geschäftsplan erforderliche Sicherungsvermögen. Nach R 4c Abs. 3 S. 2 EStR 2012 ist für die Feststellung, ob und in welcher Höhe ein Fehlbetrag vorliegt, das Vermögen der Kasse nach den handelsrechtlichen GoB unter Berücksichtigung des von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplans anzusetzen. Maßgebend sind demnach die handelsrechtlichen und nicht die steuerlichen Grundsätze.135 Wenn auch § 4c EStG bezweckt, die Finanzierung der Pensionskasse möglichst 104 flexibel zu gestalten und an die der Direktversicherung anzunähern, so stellen die aufgeführten Bedingungen dennoch eine Begrenzung der abzugsfähigen Zuwendungen an Pensionskassen dem Grunde und der Höhe nach dar. Nach der Begründung zu § 4c EStG sollen diese Voraussetzungen verhindern, dass ein Trägerunternehmen einer Pensionskasse mehr Mittel zuwendet, als sie zur Finanzierung ihrer Leistungen benötigt. Offenbar wurde befürchtet, dass aufgrund der engen wirtschaftlichen Verflechtung von Trägerunternehmen und Pensionskasse Gewinnverschiebungen zwischen dem Trägerunternehmen und der Pensionskasse möglich wären, indem z.B. in guten Gewinnjahren ein Trägerunternehmen seiner Pensionskasse größere Zuwendungen als notwendig gibt und die von der Kasse dann nicht benötigten Beträge im Weg der Beitragsrückerstattung wieder zurückholt.136

cc) Pensionsfonds Pensionsfonds werden im Wesentlichen aus Mitteln der Vertrags- bzw. Trägerunter- 105 nehmen finanziert (Beiträge). Der Steuergesetzgeber benutzt den Begriff des Trägerunternehmens. Der ertragsteuerliche Abzug der Beiträge beim Trägerunternehmen ist in § 4e EStG geregelt. § 4e EStG ist eng an die entsprechende Regelung für Pensionskassen (§ 4c EStG) angelehnt.137 Das Trägerunternehmen kann also laufende Beiträge in gleichbleibender oder 106 variabler Höhe ebenso wie Einmalbeiträge steuerlich geltend machen. Abweichend von den Regelungen für Pensionskassen sieht § 4c Abs. 3 EStG Sonderregelungen für die Übernahme bestehender Versorgungsanwartschaften vor. Beiträge an einen Pensionsfonds sind als Betriebsausgaben abzugsfähig nach 107 § 4e EStG, wenn es sich um Beiträge zu einem Pensionsfonds handelt, der die versicherungsaufsichts-rechtlichen Kriterien des § 236 VAG erfüllt. Die Beiträge müssen auf einer festgelegten Verpflichtung beruhen oder der Abdeckung von Fehlbeträgen

_____ 135 Ahrend/Förster/Rößler, 5. Teil Rn. 450 f. 136 Ahrend/Förster/Rößler, 5. Teil Rn. 422. 137 Blümich/Heger, EStG, § 4e Rn. 6.

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dienen. Im Vergleich zur korrespondierenden Regelung für Pensionskassen des § 4c Abs. 1 S. 1 EStG wird bei Pensionsfonds auf die ausdrückliche Regelung für Beiträge, die auf einer Anordnung der Versicherungsaufsichtsbehörde beruhen, verzichtet. Dies ist auch entbehrlich, da in der Regel in diesen Fällen zugleich ein Fehlbetrag vorliegt. Ferner lässt sich das Fehlen der aufsichtsrechtlichen Anordnung mit der liberaleren Kapitalanlage für Pensionsfonds begründen.138 Beiträge i.S.d. § 4e Abs. 1 EStG dürfen nach § 4e Abs. 2 EStG nicht als Be108 triebsausgaben abgezogen werden, soweit die Leistungen des Pensionsfonds, wenn sie vom Trägerunternehmen unmittelbar erbracht würden, bei diesem nicht betrieblich veranlasst wären. 3 Praxistipp Als Sondervorschrift ergänzend zu § 4e Abs. 1 EStG existiert nach § 4e Abs. 3 EStG die Möglichkeit, die zur teilweisen oder vollständigen Übernahme einer bestehenden Versorgungsverpflichtung durch den Pensionsfonds insgesamt erforderlichen Leistungen erst in den dem Wirtschaftsjahr der Übertragung folgenden zehn Wirtschaftsjahren gleichmäßig verteilt als Betriebsausgaben geltend zu machen. Diese Regelung gewinnt insbesondere bei dem Wechsel des Durchführungsweges von der Direktzusage zum Pensionsfonds besondere Bedeutung.139

109 Ein derartiger Antrag führt also zu einer steuerlichen Aufwandsverteilung, die ge-

mäß § 4e Abs. 1 EStG nicht zwingend geboten wäre. Der Antrag ist an das Betriebsstättenfinanzamtes des Arbeitgebers zu richten. Der Antrag selbst kann formfrei gestellt werden.140 Ohne Antrag ist der Wechsel des Durchführungsweges nicht steuerbegünstigt, dies bedeutet, der vom Arbeitgeber an den Pensionsfonds geleistete Betrag zur Übernahme der Pensionsverpflichtungen ist sonst in vollem Umfang Betriebsausgabe. Soweit er ohne Antrag nach § 4e Abs. 3 EStG entrichtet wird, kommt eine Lohnsteuerfreiheit nach § 3 Nr. 66 EStG für die Versorgungsberechtigten nicht in Betracht. Etwaige Beiträge wären allenfalls in den Grenzen des § 3 Nr. 63 S. 1 EStG steuerfrei.141

b) Auswirkungen auf die Bilanz 110 Nach § 4b S. 1 EStG ist der Versicherungsanspruch aus einer Direktversicherung, die von einem Steuerpflichtigen aus betrieblichem Anlass abgeschlossen wird, dem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen nicht zuzurechnen, soweit am Schluss des Wirtschaftsjahrs hinsichtlich der Leistungen des Versicherers die Person, auf deren

_____ 138 Blümich/Heger, EStG, § 4e Rn. 21. 139 Vgl. Rn. 234 ff. 140 Blümich/Heger, EStG, § 4e Rn. 53. 141 Blümich/ Heger EStG, § 4e Rn. 53.

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Leben die Lebensversicherung abgeschlossen ist oder ihre Hinterbliebenen bezugsberechtigt sind. Der Versicherungsanspruch ist demnach vom Versicherungsnehmer in seiner Steuerbilanz nicht zu aktivieren. Für den Betriebsvermögensvergleich bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG bleibt der Versicherungsanspruch außer Ansatz. Das Aktivierungsverbot gilt unabhängig davon, ob das Bezugsrecht aus der Versicherung widerruflich oder unwiderruflich ist. Bei dem unwiderruflichen Bezugsrecht ergibt sich jedoch die Nichtaktivierung schon daraus, dass der Anspruch rechtlich nicht mehr zum Vermögen des Versicherungsnehmers gehört; insoweit wirkt § 4b S. 1 EStG nur deklaratorisch.142 Bei einer Pensionskasse bedarf es keiner Aktivierungspflicht, weil hier Ver- 111 sicherungsnehmer immer der Versorgungsberechtigte ist und ihm ein eigener Rechtsanspruch gegen die Pensionskasse einzuräumen ist. Das ergibt sich zum einen arbeitsrechtlich aus § 1b Abs. 3 BetrAVG.143 Zum anderen stellt auch die aufsichtsrechtliche Definition darauf ab, dass der versicherten Person ein eigener Rechtsanspruch gewährt wird (vgl. § 232 Abs. 1 Nr. 4 VAG). Zuwendungen sind jedoch regelmäßig vom Trägerunternehmen zu leisten. Dabei ist Folgendes zu beachten: Ein Trägerunternehmen muss zum Bilanzstichtag einen Passivposten für diejenigen Zuwendungen ausweisen, die es für einen Versicherungszeitraum vor dem eigenen Bilanzstichtag schuldet. Es kann sich dabei um eine Bestimmung in der Satzung oder im Geschäftsplan der Kasse oder um eine Anordnung der Aufsichtsbehörde handeln. Bei diesem Passivposten handelt es sich um eine echte Schuldverpflichtung, die nach den allgemeinen bilanzrechtlichen Grundsätzen in der Handels- und Steuerbilanz zu passivieren ist.144 Das Gleiche gilt für den Pensionsfonds. Arbeitsrechtlich ist dieser analog der 112 Pensionskasse definiert und das Versicherungsaufsichtsrecht folgt dieser Definition. § 236 Abs. 1 Nr. 3 VAG räumt den Arbeitnehmern ebenfalls einen eigenen Rechtsanspruch gegen den Pensionsfonds ein, so dass es auch hier keiner Aktivierungspflicht für den Pensionsfonds bedarf.

c) Steuerliche Förderung von Geringverdienern ab 1.1.2018 (§ 100 EStG) Zum 1.1.2018 wird mit dem § 100 EStG durch das Gesetz zur Stärkung der bAV und 113 zur Änderung anderer Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz) ein neues Fördermodell für Geringverdiener eingeführt. Der sog. bAV-Förderbetrag ist ein staatlicher Zuschuss zu einem vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleisteten Beitrag, sofern dieser für Arbeitnehmer mit geringem Einkommen (monatlich nicht mehr als 2.575 € brutto) geleistet wird und es sich um ein

_____ 142 Ahrend/Förster/Rößler, 4.Teil Rn. 85. 143 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 410 ff. 144 Ahrend/Förster/Rößler, 5.Teil Rn. 460.

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sog. erstes Dienstverhältnis handelt. Gefördert wird damit eine bAV über die Durchführungswege Pensionsfonds, Pensionskasse und Direktversicherung, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind: ■ Der Arbeitgeber muss jährlich mindestens 240 € zusätzlich erbringen. ■ Die Förderung der Arbeitgeberbeiträge ist bei 960 € jährlich gedeckelt. ■ Der gewährte Zuschuss beträgt 30% des gesamten zusätzlichen Arbeitgeberbeitrags, somit liegt er zwischen 72 und 288 € jährlich, ■ Die Förderung erfolgt im Rahmen einer Verrechnung mit der vom Arbeitgeber abzuführenden Lohnsteuer. Übersteigt der Förderbetrag die einzubehaltende Lohnsteuer, wird der übersteigende Betrag auf Antrag vom Finanzamt erstattet (§ 100 Abs. 1 EStG), ■ Die zugesagten Leistungen müssen in Form einer Rente oder eines Auszahlungsplans erbracht und über einen sog. ungezillmerten Tarif finanziert werden.

aa) Grundlegende Voraussetzungen des bAV-Förderbetrags 114 Nach § 100 Abs. 1 EStG ist es erforderlich, dass ein Arbeitgeber im Sinne des § 38 Abs. 1 EStG vorhanden ist. Zu diesen zählen: ■ Inländische Arbeitgeber, d.h. solche, die im Inland einen Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt, ihre Geschäftsleitung, ihren Sitz, eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter im Sinne der §§ 8 bis 13 AO haben (inländischer Arbeitgeber) oder ■ Ausländische Verleiher, die Arbeitnehmer gewerbsmäßig zur Arbeitsleistung im Inland überlassen, ohne selbst inländischer Arbeitgeber zu sein. 115 Inländischer Arbeitgeber ist im Rahmen der Arbeitnehmerentsendung auch das in

Deutschland ansässige aufnehmende Unternehmen, das den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt.145 Diese dürfen vom Gesamtbetrag der einzubehaltenden Lohnsteuer für jeden Arbeitnehmer mit einem ersten Dienstverhältnis, also für Arbeitnehmer mit den Steuerklassen I bis V, einen Teilbetrag des Arbeitgeberbeitrags zur kapitalgedeckten bAV in Abzug bringen.

bb) Begünstigte Personen 116 Grundsätzlich sind alle Arbeitnehmer begünstigt, deren laufender steuerlicher Ar-

beitslohn im Zeitpunkt der Beitragsleistung, innerhalb der von § 100 Abs. 3 Nr. 3 EStG festgelegten Grenzen liegt. Dies sind ■ bei einem täglichen Lohnzahlungszeitraum: 85,84 €

_____ 145 Vgl. Kap. 13 Rn. 519.

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bei einem wöchentlichen Lohnzahlungszeitraum: 600,84 € bei einem monatlichen Lohnzahlungszeitraum: 2.575 € oder bei einem jährlichen Lohnzahlungszeitraum: 30.900 €.

Bei der Prüfung, ob die Grenzen im Lohnzahlungszeitrum eingehalten sind, blei- 117 ben steuerfreie Lohnbestandteile (z.B. § 3 Nr. 63 EStG) außer Betracht. Praxistipp 3 Förderfähig sind alle Arbeitnehmer, auch diejenigen, die nicht in der gRV pflichtversichert sind. Es wird hier auch nicht zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten unterschieden, sondern allein auf den gezahlten Bruttoarbeitslohn abgestellt.

cc) Zusätzlicher Arbeitgeberbeitrag Es muss sich um einen zusätzlichen Arbeitgeberbeitrag handeln. Hierunter fallen 118 nach dem BMF-Schreiben vom 6.12.2017 ausdrücklich nicht die verpflichtende Weitergabe der ersparten Sozialversicherungsbeiträge.146 Der Förderbetrag wird gezahlt, wenn die Beiträge zur bAV zusätzlich zum Ar- 119 beitslohn und mindestens in Höhe von 240 € gezahlt werden. Der Förderbetrag beträgt 30% des Arbeitgeberbeitrags zur bAV, also mindestens 72 € und maximal 288 € im Kalenderjahr. Wurde für den Beschäftigten bereits 2016 ein Beitrag zur bAV gezahlt, ist der Förderbetrag auf den Betrag begrenzt, den der Arbeitgeber darüber hinaus zahlt, um eine Entlastung des Arbeitgebers ohne Vorteil für den Beschäftigten zu vermeiden (§ 100 Abs. 2 EStG). Der dem Förderbetrag zugrundeliegende Arbeitgeberbeitrag zur bAV des Ge- 120 ringverdieners ist nach § 100 Abs. 6 EStG steuerfrei, soweit er im Kalenderjahr 960 € nicht übersteigt. Die Steuerfreiheit dieses Arbeitgeberbeitrages wird nicht auf die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 S. 1 EStG angerechnet. Der Arbeitgeber könnte demnach zusätzlich über 480 € hinaus steuerfreie Beiträge zur bAV des Geringverdieners bis zu 8% der BBG zahlen.

dd) Wann müssen die Voraussetzungen erfüllt sein? Hier sind immer nur die Voraussetzungen im Zeitpunkt der Beitragsleistung maß- 121 geblich (§ 100 Abs. 4 EStG). Die gilt auch bei schwankenden oder steigenden Arbeitslöhnen. Um insbesondere bei Schwankungen in der Lohnzahlungsperiode nicht einzelne Beiträge als nicht nach § 100 EStG förderfähig qualifizieren zu müssen, sollte man nach Möglichkeit einen Jahresbeitrag zahlen.147

_____ 146 Erlass BMF v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002 – Rn. 111. 147 Harder-Buschner, NWB 2017, 2417, 2422.

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ee) Weitere Voraussetzungen 122 Es muss ein Lohnsteuerabzug im Inland vorliegen (§ 100 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Bei der

Auszahlungsform sieht das Gesetz analog der Regelung in § 3 Nr. 63 EStG eine Rente oder einen Auszahlungsplan vor. Es ist aber nach dem BMF-Schreiben vom 6.12.2017 nicht zu beanstanden, wenn ein Kapitalwahlrecht vorgesehen ist und dieses im letzten Jahr vor Bezug der Altersleistung ausgeübt wird. Grundsätzlich müssen die Abschluss- und Vertriebskosten gleichmäßig verteilt sein. Bei bestehenden Verträgen soll es nach der Auffassung des BMF ausreichend sein, sofern die Abschluss- und Vertriebskosten noch nicht abschließend getilgt sind, wenn die noch ausstehenden Kosten gleichmäßig auf die Vertragslaufzeit verteilt werden.148

B. Besteuerung beim Arbeitnehmer B. Besteuerung beim Arbeitnehmer 123 Im Folgenden werden die steuerlichen Auswirkungen für die Arbeitnehmer dargestellt. Bei der steuerlichen Betrachtung der Auswirkungen einer bAV wird zum einen zwischen Direktzusage und Unterstützungskasse und zum anderen zwischen Direktversicherung, Pensionskasse sowie Pensionsfonds unterschieden. Hintergrund dieser Aufteilung ist, dass bezogen auf die Betrachtung beim Arbeitnehmer Direktzusage und Unterstützungskasse einerseits den gleichen Regelungen und Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds andererseits im Wesentlichen vergleichbaren Regelungen folgen. Ferner muss man bei beiden Gruppen jeweils zwischen den steuerlichen Auswirkungen in der Anwartschafts- und in der Leistungsphase unterscheiden.

I. Direktzusage/Unterstützungskasse 1. Anwartschaftsphase 124 Bei der Direktzusage149 hat der Versorgungsberechtigte zwar einen Rechtsanspruch

gegenüber dem Arbeitgeber, allein dieser Rechtsanspruch löst aber noch keine Einkommens- bzw. Lohnsteuer aus. Grund hierfür ist, dass es am sog. Zufluss nach § 11 EStG fehlt. Zugeflossen sind Einnahmen dann, wenn der Steuerpflichtige über diese wirtschaftlich verfügen kann.150 Allein die Tatsache, dass der Versorgungsberechtigte ein Anwartschaftsrecht erworben hat, bewirkt jedoch noch keine Möglichkeit, darüber wirtschaftlich zu verfügen. Dies ist regelmäßig erst der Fall, wenn das Anwartschaftsrecht zum Vollrecht erstarkt, weil die Voraussetzungen für einen Leis-

_____ 148 Erlass BMF v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002 – Rn. 137. 149 Siehe zum Begriff der Direktzusage grundsätzlich Kap. 1 Rn. 365 ff. 150 Blümich/Glenck, EStG, § 11 Rn. 10.

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tungsbezug eingetreten sind.151 Die Steuerfreiheit der Versorgungsanwartschaften und die Steuerpflicht der jährlichen Versorgungszahlungen folgt steuersystematisch aus § 2 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. Abs. 2 Nr. 2 EStG, der bei „Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit“ den „Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten“ erfasst. Einnahmen sind aber gemäß § 8 Abs. 1 i. V. m. § 11 Abs. 1 S. 1 EStG nur Güter, die dem Steuerpflichtigen innerhalb eines Kalenderjahres zugeflossen sind. Folglich können nur die im Kalenderjahr zugeflossenen Versorgungszahlungen, nicht aber die Anwartschaft hierauf, der Lohnsteuer unterliegen. Die vorab geschilderte Lohnbesteuerung gilt nicht nur für den Arbeitnehmer selbst, sondern auch für Hinterbliebene sowie für Versorgungausgleichsberechtigte, denen aufgrund der Scheidung vom Arbeitnehmer ein Teil aus dessen unmittelbarer Versorgungszusage übertragen wurde (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG).152 Daher löst die Anwartschaft eines Arbeitnehmers auf künftige Leistungen der 125 bAV aus einer unmittelbaren Versorgungszusage (Direktzusage) des Arbeitgebers noch keine Einkommensteuer (Lohnsteuer) aus. Das Gleiche gilt für die Versorgungszahlungen (Renten, Raten) eines Versorgungsempfängers, die erst in künftigen Kalenderjahren fällig werden. Nur die im jeweiligen Kalenderjahr zugeflossenen Versorgungszahlungen selbst – sei es in Rentenform oder in Kapitalform – unterliegen gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG als „Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit“ der Lohnsteuer des Arbeitnehmers.153 Praxistipp Keinen Zufluss und somit auch keine Lohnsteuerpflicht löst beim Arbeitnehmer Folgendes aus: ■ (unverfallbare) Anwartschaften, ■ Kapitalwert des Rentenstammrechts, ■ die Zuführung zu einer Pensionsrückstellung, ■ die Leistungen aus einer Rückdeckungsversicherung an den (ehemaligen) Arbeitgeber, ■ ruhende Versorgungsleistungen.

3

Die einkommens- bzw. lohnsteuerliche Behandlung der Versorgungsanwartschaft 126 und der Versorgungsleistungen im Rahmen einer Direktzusage entspricht beim aus der Unterstützungskassenzusage 154 Begünstigten derjenigen bei unmittelbaren Versorgungszusagen. So lösen Zuwendungen an die Kasse noch keine Lohnsteuer aus, da es auch hier an einem Zufluss in diesem Zeitpunkt fehlt. Denn auch wenn hier der Arbeitgeber an einen Dritten eine Zuwendung erbringt, kann diese aufgrund des fehlenden Rechtsanspruchs des Arbeitnehmers gegenüber der Unter-

_____ 151 Kap. 1 Rn. 32 f. 152 Blümich/Geserich, EStG, § 19 Rn. 252. 153 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap.7 Rn. 1f, Erlass BMF v. 6.12.2017 – IV C5 – 2333/17/10002 – BStBl. I 2018 S. 147 Rn. 8. 154 Siehe zum Begriff grundsätzlich Kap. 1 Rn. 448 ff.

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stützungskasse155 diesem nicht zugeflossen sein. Im Übrigen spielt es für die Frage, ob die Zuwendung lohnsteuerfrei erfolgt, keine Rolle, ob es sich um arbeitgeberfinanzierte oder mittels Entgeltumwandlung (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG) finanzierte Leistungen der bAV handelt. Selbst wenn die Unterstützungskasse die erhaltenden Zuwendungen zum Abschluss von leistungskongruenten Rückdeckungsversicherung verwendet, bleiben die Zuwendungen des Trägerunternehmens zur Finanzierung der Rückdeckungsprämien lohnsteuerfrei. Erst die Versorgungszahlungen selbst sind aufgrund des Zuflussprinzips lohnsteuerpflichtpflichtig, da sie zu den nachträglichen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG). Dies gilt auch für Versorgungszahlungen an einen aus einem Versorgungsausgleich Begünstigten (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG).156 Ergänzend ist anzumerken, dass im Insolvenzfall des Arbeitgebers die Übertragung der Versicherungsnehmerstellung einer leistungsbestimmenden Rückdeckungsversicherung auf den Versorgungsberechtigten steuerfrei nach § 3 Nr. 65 S. 1 lit. d) EStG erfolgt. Die Übertragung der Rückdeckungsversicherung setzt nach § 8 Abs. 3 BetrAVG das Verlangen des Versorgungsberechtigten voraus und tritt an die Stelle des Anspruchs gegen den Träger der Insolvenzsicherung.157

2. Leistungsphase 127 Besteuert werden nur die jeweils tatsächlich zugeflossenen Leistungen aus der Direktzusage bzw. Unterstützungskassenversorgung.158 Diese stellen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG dar und sind nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 und Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten. Einnahmen wiederum sind nach § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldes Wert bestehen und dem Steuerpflichten im Rahmen einer der Einkunftsarten nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 bis 7 EStG zufließen. Das Lohnsteuerabzugsverfahren findet auf die Zahlung im Rahmen einer Direktzusage Anwendung (vgl. §§ 38, 41 f EStG). Der Pensionsberechtigte ist Arbeitnehmer im Sinne von § 1 LStDV.159 Von den Versorgungsbezügen bleibt ein Versorgungsfreibetrag und Zuschlag 128 zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei (§ 19 Abs. 2 EStG). Dieser wird aber für die Versorgungsberechtigten bezogen auf das Jahr des Beginns der Altersversorgung sukzessive abgeschmolzen und beträgt für Versorgungsberechtigte, die erstmalig ab dem Jahr 2040 eine Versorgungsleistung beziehen, 0 €. Ferner kann nach § 9a Nr. 1b) EStG für die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit soweit es sich um Ver-

_____ 155 Siehe Kap. 1 Rn. 452 ff. 156 Blümich/Geserich, EStG, § 19 Rn. 252. 157 Siehe Kap. 8 Rn. 281 ff. 158 Vgl. Rn. 124. 159 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 7 Rn. 3.

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sorgungsbezüge handelt ein Pauschbetrag von 102 € als Werbungskosten in Abzug gebracht werden. Insbesondere bei Kapitalzusagen spielt auch § 34 EStG eine wichtige Rolle. 129 Dieser enthält die sog. Fünftelungsregelung. Dadurch soll eine Milderung der Steuerprogression erreicht werden, wenn laufende Einkünfte mit sog. außerordentlichen Einkünften zusammentreffen. Hierbei wird zunächst die Steuerschuld ermittelt, die sich ohne die Berücksichtigung der außerordentlichen Einkünfte ergäbe. Dann erfolgt eine Vergleichsberechnung. Bei dieser wird die Steuerschuld ermittelt unter Berücksichtigung eines Fünftels der außerordentlichen Einkünfte. Der Unterschiedsbetrag zwischen der Steuerschuld ohne Berücksichtigung der außerordentlichen Einkünfte und unter Berücksichtigung eines Fünftels der außerordentlichen Einkünfte ist zu ermitteln und zu verfünffachen und dann der Steuerschuld ohne Berücksichtigung der außerordentlichen Einkünfte hinzuzuaddieren. Dadurch wird wie eben beschrieben zumindest eine Minderung der Progression erreicht. Beispiel 5 Ein lediger Betriebsrentner erhält im Veranlagungszeitraum aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 19 ein zu versteuerndes Einkommen von 15.000 €. Daneben erhält er aus einer Kapitalleistung eine Einmalkapitalzahlung in Höhe von 30.000 €. Welche Steuerersparnis bringt die Fünftelregelung?

Laufendes Einkommen aus der gRV (€) (§ 22 Nr. 1 S. 3a)aa) EStG)

15.000.– €

Einmalige Kapitalleistung (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG)

30.000.– €

Versorgungsfreibetrag (§ 19 Abs. 2 EStG)

./. 1.320.– €

Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag (§ 19 Abs. 2 EStG)

./. 396.– €

(§ 19 Abs. 2 EStG) Werbungskostenpauschbetrag (§ 9a S. 1 Nr. 2 EStG)

./. 102.– €

Einkünfte nach § 19 EStG

28.182.– €

Zu zahlende Steuer ohne Kapitalleistung (15.000.– €)

1.145.– €

Zu zahlende Steuer mit 1/5 der Einkünfte (15.000 € + 5.636,40 € = 20.6636,40 €)

2.583.– €

Mehrbetrag an Steuern durch 1/5 der Kapitalleistung (2.538- € – 1.145.– € = 1.438 €)

1.438.– €

(Mehrbetrag x 5) + Steuer ohne Kapitalleistung

8.335.– €

Im Vergleich dazu Steuern auf

9.708.– €

15.000 € zzgl. 28.182 = 43.182.– € Steuerersparnis durch Fünftelung

1.373.– €

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Kapitel 2 Steuerrecht der bAV

II. Versicherungsförmige Durchführungswege 1. Anwartschaftsphase a) Allgemeines 130 Die Zahlungen des Arbeitgebers an einen externen Versorgungsträger im Rah-

men der versicherungsförmigen Durchführungswege160 stellen grundsätzlich steuerpflichtigen Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 3 LStDV für den Versorgungsberechtigten dar. Denn nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 LStDV gehören zum Arbeitslohn auch Ausgaben, die der Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer oder diesem nahestehenden Personen für den Fall der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern.161 Allerdings stellt § 3 Nr. 63 S. 1 EStG Beiträge des Arbeitgebers aus dem ersten 131 Dienstverhältnis an ■ eine Pensionskasse, ■ eine Direktversicherung oder ■ einen Pensionsfonds zum Aufbau einer kapitalgedeckten bAV von der Einkommensteuer frei. Voraussetzung ist, dass ■ die Beiträge nicht die Grenze von 8% der BBG in der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen und ■ die Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenleistung in Form ■ einer Rente oder ■ eines Auszahlplans nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AltZertG erfolgt. 132 Bei der BBG kommt einheitlich die BBG West zur Anwendung, auch wenn die Be-

schäftigung in den neuen Ländern oder Berlin (Ost) erfolgt.162 Zum 1.1.2018 wurde das Dotierungsvolumen im Rahmen des § 3 Nr. 63 EStG geändert. Bislang setzte sich das Dotierungsvorlumen aus einem dynamischen Teil (4% der BBG) und einem statischen Teil (Festbetrag von 1.800 €) zusammen. Diese Aufteilung in einen dynamischen und einen statischen Teil wurde aufgelöst und der Dotierungsrahmen insgesamt auf 8% der BBG dynamisiert.163 Beiträge, die über den Grenzen des § 3 Nr. 63 EStG liegen, sind grundsätzlich mit 133 dem individuellen Steuersatz zu besteuern. Hier besteht zumindest steuerlich die

_____ 160 Siehe zum Begriff der versicherungsförmigen Durchführungswege siehe grundsätzlich Kap. 1 Rn. 347. 161 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG, Bd. II, Kap. 18 Rn. 1. 162 Erlass BMF v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002 – BStBl. I 2018 S. 147 Rn. 28. 163 BT-Drucks. 18/11286, S. 60.

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Möglichkeit, für diese Beiträge im Rahmen der sog. Riesterförderung nach § 10a i.V.m. Abschnitt XI EStG einen Sonderausgabenabzug in Anspruch zu nehmen oder eine Zulagenförderung zu beantragen. Im Rahmen des Sozialpartnermodells ist Folgendes zusätzlich zu beachten: Ist zur Absicherung der reinen Beitragszusage gem. § 23 Abs. 1 BetrAVG ein Sicherungsbeitrag tarifvertraglich vereinbart,164 ist dieser nach § 3 Nr. 63a EStG steuerfrei, soweit er nicht unmittelbar dem einzelnen Arbeitnehmer gutgeschrieben oder zugerechnet wird.

b) Vervielfältigungsregel Ferner besteht im Rahmen des § 3 Nr. 63 S. 3 EStG auch die Möglichkeit aus Anlass 134 des Ausscheidens die sog. Vervielfältigungsregel zu nutzen und z.B. etwaige Abfindungsbeträge in die bAV zu zahlen. Dabei gilt folgende Vorgehensweise: 135 ■ Ermittlung der Anzahl der Kalenderjahre, in denen ein Dienstverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestanden hat, maximal können 10 Dienstjahre berücksichtigt werden, ■ Multiplikation der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kalenderjahre mit 4% der BBG. Beispiel 5 Arbeitnehmer A ist vom 1.1.2002 bis 31.12.2019 für den Arbeitgeber X tätig. A wandelt seit 1.1.2005 jährlich 1.200 € im Rahmen einer Direktversicherung nach § 3 Nr. 63 EStG um. A erhält anlässlich seines Ausscheidens eine Abfindung in Höhe von 35.000 €. A überlegt, wieviel er davon steuerfrei in die Direktversicherung einzahlen kann. ■ 4% der BBG 2019 (80.400 €): 3.216.– €, ■ Beschäftigungszeitraum: 1.1.2002 bis 31.12.2019: 18 Jahre → maximal 10 Jahre, ■ 3.216.– € x 10 = 32.160.– € von 35.000.– € könnten steuerfrei in eine Direktversicherung eingezahlt werden.165

Aus dem oben genannten Beispiel ist ersichtlich, dass seit dem 1.1.2018 etwaige 136 Vorleistungen, die bereits in eine Direktversicherung eingezahlt wurden, nicht mehr zu berücksichtigten sind. Dadurch erhöht sich im Vergleich zu der bis zum 31.12.2017 geltenden Rechtslage die Möglichkeit, Abfindungen zum Aufbau einer bAV heranzuziehen. Voraussetzung für die Anwendung der Vervielfältigungsregelung ist, dass 137 diese Zahlungen aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses geleistet werden. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist ein derartiger Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses gegeben, wenn der Beitrag innerhalb

_____ 164 Siehe Kap. 1 Rn. 553. 165 Erlass BMF v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002 – BStBl. I 2018 S. 147 Rn. 43.

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von drei Monaten vor dem Beendigungs-/Auflösungszeitpunkt geleistet wird. Die Beitragsleistung kann auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses angewendet werden, allerdings setzt dies dann voraus, dass die Beitragsleistung oder Entgeltumwandlung spätestes bis zum Ende des Dienstverhältnisses vereinbart wurde.166 Die Vervielfältigungsregel kann im Rahmen eines Dienstverhältnisses nur ein 138 einziges Mal angewendet werden. Der Beitrag kann als Einmalbeitrag aber auch in Teilbeträgen geleistet werden. Ist Letzteres der Fall, so sind die Teilbeträge solange steuerfrei bis der maximal zulässige Höchstbetrag nach § 3 Nr. 63 S. 3 EStG ausgeschöpft ist.167

c) Nachzahlungsmöglichkeit 139 Seit dem 1.1.2018 gilt im Rahmen des § 3 Nr. 63 S. 4 EStG eine weitere Neuerung, sie

soll Versorgungslücken verhindern, die dadurch entstehen, dass bei ruhendem Arbeitsverhältnis kein steuerpflichtiger Arbeitslohn bezogen wird.168 Eine derartige Nachzahlung kommt also bspw. in Betracht bei Auslandsentsendungen, Elternzeit oder Sabbatjahren.169 Durch die Neuregelung in § 3 Nr. 63 S. 4 EStG wird erstmals die Möglichkeit 140 eingeräumt, Beiträge steuerfrei für Kalenderjahre nachzuzahlen, in denen das erste Dienstverhältnis ruhte. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass während des Zeitraums des ruhenden 141 Dienstverhältnisses, ■ der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber im Inland keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn bezogen haben darf, ■ in dieser Zeit für ihn von seinem Arbeitgeber keine Beiträge im Sinne des § 3 Nr. 63 S. 1 EStG geleistet worden sein dürfen, ■ der Arbeitnehmer im Zeitraum des Ruhens und im Zeitpunkt der Nachzahlung gegenüber dem Arbeitgeber ausschließlich in einem ersten Dienstverhältnis stand bzw. steht. 142 Die Nachholung ist steuerfrei ■ ■

in Höhe von 8 Prozent der BBG (West). Maßgebend für die Ermittlung der Höhe des Beitrags ist die Bemessung des Beitrags des Jahres der Nachzahlung. Erfolgt die Nachzahlung in Teilbeträgen, ist die BBG des ersten Jahres der ersten Teilzahlung maßgebend.

_____ 166 Erlass BMF v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 23333/17/10002 – BStBl. I 2018 S. 147 Rn. 43. 167 Erlass BMF v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002 – BStBl. I 2018 S. 147 Rn. 43. 168 BT-Drucks. 18/11286, S. 61. 169 BT-Drucks. 18/11286, S. 61.

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Vervielfältigung mit der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis ruhte, höchstens jedoch 10 Kalenderjahre.

Für die Vervielfältigung dürfen laut Auffassung der Finanzverwaltung nur Kalen- 143 derjahre berücksichtigt werden, in denen das Dienstverhältnis vom 1.1. bis 31.12. ruhte. Argument hierfür ist, dass ansonsten die Regelung des § 3 Nr. 63 S. 1 EStG in diesen Rumpfjahren zusätzlich greifen würde.170 Die Nachholung muss nach Auffassung der Finanzverwaltung spätestens bis zum Ende des Kalenderjahres erfolgen, das auf das Ende der Ruhensphase folgt.171 Wird im Jahr der Wiederaufnahme der Beschäftigung gleichzeitig auch die re- 144 gelmäßige Beitragszahlung zu einer bAV im Sinne des § 3 Nr. 63 S. 1 EStG wiederaufgenommen, können die Steuerbefreiungen – bezogen jedoch auf unterschiedliche Zeiträume – nebeneinander in Anspruch genommen werden. Die eingeführte Nachholungsregelung gilt erstmals ab 2018 und auch für Kalen- 145 derjahre vor 2018, sofern die Nachzahlung ab dem 1. Januar 2018 erfolgt. Beispiel 5 Der Arbeitnehmer A ist per 1.2.2015 in Elternzeit gegangen und nimmt seine Tätigkeit per 1.2.2018 wieder auf. Es bestand ein ruhendes erstes Dienstverhältnis. Es soll die Frage geklärt werden, ob in 2018 für den Zeitraum der Elternzeit eine Nachholung der ausgebliebenen Beiträge zur bAV erfolgen kann und in welcher Höhe eine steuerfreie Nachholung möglich ist. Zeitraum des ruhenden Dienstverhältnisses: 1.2.2016 – 1.2.2019 Anzahl der berücksichtigungsfähigen Jahre: 2 Jahre (wg. Jahres-Regelung des § 3 Nr. 63 S. 4 EStG) BBG (West): 80.400 € Prozentsatz: 8% Nachholungsbetrag: 2 * 80.400 € * 8% = 12.864 € Da die Voraussetzungen des § 3 Nr. 63 S. 4 EStG im Beispiel gegeben sind, kann eine Nachholung steuerfrei in Höhe von 12.480 € in einen der Durchführungswege des § 3 Nr. 63 S. 1 EStG vorgenommen werden.

d) Pauschalbesteuerung nach § 40b EStG a.F. Neben der steuerfreien Entrichtung von Beiträgen nach § 3 Nr. 63 EStG, kann es 146 auch dazu kommen, dass in der Anwartschaftsphase Beiträge, welche zu Direktversicherungen oder Pensionskassen geleistet werden pauschal mit 20% gemäß § 40b EStG a.F. versteuert werden. Dies gilt z.B. dann, wenn für den Arbeitnehmer im Durchführungsweg der Direktversicherung eine bAV mit Zusage vor dem 1.1.2005

_____ 170 Harder-Buschner, NWB 2017, 2417, 2420. 171 Erlass BMF v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 23333/17/10002 – BStBl. I 2018 S. 147 Rn. 49.

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bestand (Altzusage). Diese Möglichkeit der pauschalen Lohnversteuerung bestand in diesen Fällen grundsätzlich auch über den 31.12.2004 hinaus. Die Pauschalversteuerung besteht aufgrund der Gesetzesänderungen durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz auch über den 31.12.2017 hinaus, wenn vor dem 1. Januar 2018 mindestens ein Beitrag nach § 40b Abs. 1 und 2 EStG in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung aufgrund der bis zum 31.12.2017 geltenden gesetzlichen Regelungen (Altzusage vor dem 1.1.2005) pauschal besteuert wurde. Wenn die Beiträge für eine Direktversicherung die Voraussetzungen des § 3 Nr. 63 EStG erfüllen und im Rahmen einer Altzusage weiterhin pauschal versteuert werden sollen, gilt die Pauschalbesteuerung nur, wenn der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber für diese Beiträge auf die Anwendung des § 3 Nr. 63 EStG verzichtet hatte (§ 52 Abs. 40 S. 2 EStG). Werden diese Bedingungen erfüllt, liegen ab dem 1.1.2018 für diesen Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Pauschalbesteuerung sein ganzes Leben lang vor.172 Vertragsänderungen, Neuabschlüsse, Änderungen der Versorgungszusage, Arbeitgeberwechsel etc. sind unbeachtlich. Es sind insofern zukünftig keine Prüfungen mehr erforderlich – wie es bis zum 31.12.2017 erforderlich war, ob bspw. aufgrund von Vertragsänderungen (z.B. durch die Hinzunahme von zusätzlichen biometrischen Risiken) ggf. eine Neuzusage begründet wird und damit die Pauschalversteuerung nicht mehr angewendet werden kann. Die Neuregelung bewirkt jedoch nicht, dass die Möglichkeit der Pauschalversteuerung nach § 40b EStG a.F. auch bei Versorgungszusagen von Arbeitnehmern angewendet werden kann, die nach dem 31.12.2004 erteilt wurden oder werden. Denn das Erfordernis der Pauschalversteuerung mindestens eines ersten Beitrags vor dem 1.1.2018 hat zur Folge, dass hier noch vor dem 1.1.2018 eine Direktversicherung auf der Grundlage einer Altzusage nach den bis zum 31.12.2017 geltenden gesetzlichen Regelungen vorgelegen haben muss. Maßgebend dafür sind auch die Bedingungen des BMF-Schreibens vom 24.7.2013.173 Die Anwendung der pauschalen Lohnversteuerung der Beiträge zu einer Direktversicherung hatte bisher zur Folge, dass der zusätzliche Höchstbetrag des § 3 Nr. 63 EStG von 1.800 € generell nicht angewendet werden konnte. D.h., dass unabhängig von der Höhe des pauschalversteuerten Beitrags der zusätzliche Höchstbetrag in voller Höhe entfiel. Durch die Vereinheitlichung des Höchstbetrags nach § 3 Nr. 63 EStG und den Fortfall der Unterscheidung von Alt- und Neuzusagen war jedoch auch in diesem Bereich eine Änderung erforderlich. Neu ist ab dem 1.1.2018 auch das Zusammenspiel von Beiträgen die steuerfrei nach § 3 Nr. 63 S. 1 EStG und § 40b EStG a.F. geleistet werden. Galt bislang, dass die Nutzung des § 40b EStG a.F. z.B. im Rahmen einer Direktversiche-

_____ 172 Erlass BMF v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 23333/17/10002 – BStBl. I 2018 S. 147 Rn. 85. 173 Erlass BMF v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 23333/17/10002 – BStBl. I 2018 S. 147 Rn. 85.

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rung oder einer Pensionskassenversorgung dazu führte, dass steuerfrei im Rahmen des § 3 Nr. 63 S. 1 EStG nur 4% der BBG waren und der Festbetrag von 1.800.– € entfiel, unabhängig davon ob das Fördervolumen des § 40b EStG a.F. von 1.752.– € vollständig ausgeschöpft wurde, so gilt ab dem 1.1.2018 eine wesentlich angemessenere Regelung.174 Denn der Höchstbetrag nach § 3 Nr. 63 S. 1 EStG verringert sich lediglich noch um Zuwendungen/Beiträge, auf die § 40b Abs. 1 und 2 S. 1 und 2 EStG in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung angewendet wird. Diese zukünftige Gegenrechnung ist erforderlich, damit es auch weiterhin nicht zu einer doppelten bzw. zu einer höheren Inanspruchnahme der steuerlichen Förderung kommt, als bei Arbeitnehmern, die aufgrund eines späteren Betriebseintritts (nach dem 31.12.2004) die Voraussetzungen der Pauschalversteuerung des § 40b EStG a.F. nicht in Anspruch nehmen konnten. Das gesamte Fördervolumen für die genannten Durchführungswege wird damit auf maximal 8% der BBG begrenzt.175 Durch diese neu eingeführte Gegenrechnung wird jedoch auch vermieden, dass 151 gegenüber der bis zum 31.12.2017 geltenden Regelung bereits pauschal besteuerte Kleinstbeträge zu einem vollständigen Verlust des bisherigen zusätzlichen steuerfreien Betrags (1.800 €) führen. Im Übrigen kann auch Arbeitnehmern, die bisher die Pauschalversteuerung nach § 40b EStG a.F. genutzt haben, die Möglichkeit eröffnet werden, vom dynamischen 8 Prozent-Volumen des § 3 Nummer 63 S. 1 EStG zu profitieren. Beispiel 5 Der Arbeitgeber zahlt in 2017 für den Arbeitnehmer A Beiträge an eine Direktversicherung nach § 3 Nr. 63 EStG in Höhe von 3.048 € (4% der BBG in 2017) sowie zu Gunsten einer pauschal versteuerten Direktversicherung nach § 40b EStG in Höhe von 1.752 €. Er überlegt, ob er ab dem Jahr 2018 das Beitragsvolumen zu Gunsten der Direktversicherung nach § 3 Nr. 63 EStG erhöhen kann. Ergebnis: Aufgrund der pauschalversteuerten Direktversicherung war es bisher nicht möglich im § 3 Nr. 63 EStG über das Fördervolumen in Höhe von 4% der BBG hinauszugehen. Der zusätzliche Höchstbetrag von 1.800 € war wegen der pauschalversteuerten Direktversicherung nicht nutzbar. Ab 2018 kann jedoch aufgrund der Neuregelung das erhöhte Fördervolumen in Anspruch genommen werden. bisher

3.048 € + 1.752 € 4.800 €

Direktversicherung gemäß § 3 Nr. 63 EStG (4% BBG 2017) Direktversicherung gem. § 40b EStG a.F. Fördervolumen zum 31.12.2017

_____ 174 Harder-Buschner, NWB 2017, 2417, 2418. 175 Erlass BMF v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 23333/17/10002 – BStBl. I 2018 S. 147 Rn. 86.

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neu

6.240 €

Fördervolumen zum 1.1.2018 (8% der BBG 2018)

– 1.752 €

Direktversicherung gem. § 40b EStG a.F.

4.488 €

Verbleibendes Fördervolumen für A nach § 3 Nr. 63 EStG

– 3.048 €

Bislang bereits genutzt

1.440 €

Zusätzlich nutzbares Fördervolumen ab 1.1.2018

1.824 €

Zusätzlich nutzbares Fördervolumen ab 1.1.2020

Der Arbeitgeber kann demzufolge für seinen Arbeitnehmer A noch ein zusätzliches Fördervolumen nach § 3 Nr. 63 EStG in Höhe von 1.440 € ab 2018 bzw. 1.632 € ab 2019 durch den Anstieg der BBG im Durchführungsweg der Direktversicherung nutzen, ohne hier die früheren Abgrenzungen von Alt- und Neuzusage beachten zu müssen. Die Nutzung kann entweder durch Neuabschluss oder durch eine Beitragserhöhung der bestehenden Direktversicherung nach § 3 Nr. 63 EStG erfolgen.

e) Sonderausgabenabzug 152 Überschreiten die Beiträge die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 EStG bzw. kommt eine steuerliche Förderung nach § 40b EStG a.F. nicht in Betracht, so sind die Beiträge – wie eingangs dargelegt – als Arbeitslohn individuell zu versteuern. Den Versorgungsberechtigten bleibt hier jedoch entweder ein Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Nr. 1b) EStG. Dieser nutzt allerdings in der Regel dem Arbeitnehmer wenig, weil meist dieser Sonderausgabenabzug durch die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschöpft ist.

f) Riesterförderung 153 In Betracht kommt daher allenfalls noch die sog. Riesterförderung. Seit dem Jahre

2002 können in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherte, also Arbeitnehmer, Altersvorsorgebeiträge i. S. d. § 82 EStG in Verbindung mit der für diese Beiträge zustehenden Zulage i. S. d. Abschnittes XI EStG (§ 79 ff. EStG) als Sonderausgaben abziehen, wobei von Amts wegen eine Günstigerprüfung erfolgt (§ 10a Abs. 2 EStG). Für den Sonderausgabenabzug gilt ein Höchstbetrag von 2.100 € jährlich („Riester-Förderung“, § 10a Abs. 1 S. 1 EStG). Ist nur ein Ehegatte unmittelbar zulageberechtigt (§ 79 S. 1 EStG) und ist der andere Ehegatte nach § 79 S. 2 EStG mittelbar zulageberechtigt, sind bei dem unmittelbar zulageberechtigten Ehegatten die von beiden Ehegatten geleisteten Altersvorsorgebeiträge und die dafür zustehenden Zulagen beim Sonderausgabenabzug zu berücksichtigen. Der Höchstbetrag von 2.100 € erhöht sich in diesem Fall um 60 € (§ 10a Abs. 3 EStG). Dieser Sonderausgabenabzug wird unabhängig vom Sonderausgabenabzug 154 für Vorsorgeaufwendungen laut § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG gewährt. Auch kann er zusätzlich für Beiträge begehrt werden, die neben lohnsteuerfreien Beiträgen nach § 3 Wilhelm-Werkle

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Nr. 63 EStG aufgewendet werden. Lediglich die parallele Förderung nach Riester und § 3 Nr. 63 EStG und § 40b EStG a.F. ist ausgeschlossen. Die Zulage setzt sich aus einer Grundzulage von 175.– € jährlich ab dem Jahr 2018 (§ 84 EStG, S. 1) und für zum Kindergeld berechtigende Kinder von 185 € pro Kind (sogar 300 € für nach 2007 geborene Kinder) zusammen (§ 85 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG). Die Gewährung der vollen Zulagen setzt die Leistung eines „Mindesteigenbeitrags“ voraus (§ 86 EStG). Laut § 82 Abs. 2 EStG können Beiträge an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder zu einer Direktversicherung auch im Rahmen der „Riester-Förderung“ durch den Sonderausgabenabzug des § 10a EStG und durch die Zulagengewährung des Abschnittes XI EStG (§ 79 ff.) begünstigt werden. Voraussetzung ist, dass die durch den Beitrag finanzierte Altersversorgungsleistung in der Form einer Leibrente oder eines Auszahlungsplanes im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes (AltZertG) erfolgt. Es muss sich also um lebenslange Altersversorgungsleistungen handeln, sei es in der Form einer lebenslangen Leibrente oder eines Auszahlungsplanes mit anschließender Teilkapitalverrentung. Wenn anstelle der Leibrente oder des Auszahlungsplanes mit anschließender Teilverrentung eine Einmalkapitalauszahlung gewählt wird, liegt eine schädliche Verwendung im Sinne des § 93 EStG vor.176 Die „Riester-Förderung“ setzt voraus, dass die Beiträge aus dem individuell versteuerten Arbeitslohn des Arbeitnehmers geleistet werden (§ 82 Abs. 2 Buchst. a EStG). Es handelt sich dann i. d. R. um „Eigenbeiträge“ des Arbeitnehmers i. S. v. § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG.177 Förderungsfähig sind aber auch Beiträge, die Arbeitnehmer erbringen, wenn ihr Arbeitsverhältnis und damit der Lohnanspruch ruht (§ 1a Abs. 4 BetrAVG) oder wenn sie nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen eine zuvor durch Entgeltumwandlung finanzierte Altersversorgung durch eigene Beiträge fortsetzen (§ 1b Abs. 5 Nr. 2 BetrAVG). Dies folgt aus § 82 Abs. 2b) EStG. Jene Beiträge müssen nicht aus individuell versteuertem Einkommen des Arbeitnehmers stammen.178 Hinzuweisen ist ferner noch darauf, dass im Rahmen der reinen Beitragszusage, bei der es keine garantierten Leistungen geben darf,179 nach Auffassung des BMF die Auszahlung in Form einer lebenslangen Rente oder eines Auszahlplans gewährt ist.180 Eine Sonderrolle kommt hier noch dem Pensionsfonds zu. Anders als die Direktversicherung und die Pensionskasse kann der Pensionsfonds auch dazu dienen,

_____ 176 Erlass BMF v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 23333/17/10002 – BStBl. I 2018 S. 147 Rn. 167. 177 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG, Bd. II, Kap. 18 Rn. 35. 178 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG, Bd. II, Kap. 18 Rn. 33 ff. 179 Kap. 1 Rn. 538 ff. 180 Erlass BMF v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 23333/17/10002 – BStBl. I 2018 S. 147 Rn. 68.

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dass die bereits erdienter Past-Service auf einen Pensionsfonds ausgelagert wird. Diese steuerlichen Folgen werden jedoch gesondert im Kapitel zum Wechsel der Durchführungswege behandelt.181

2. Leistungsphase 161 Die Leistungen aus einer Direktversicherung, einer Pensionskasse oder einem

Pensionsfonds werden abhängig von der Besteuerung der Beiträge/Zuwendungen in der Anwartschaftsphase entsprechend versteuert. In der Leistungsphase ist zunächst zu unterscheiden, ob es sich um die Auszahlung einer Renten- oder einer Kapitalleistung handelt.

a) Rentenleistung 162 Wurden die Beiträge/Zuwendungen nach § 3 Nr. 63 EStG, § 100 EStG oder im Rah-

men der Riester-Förderung steuerlich gefördert, so werden die Versorgungsleistungen als sonstige Leistungen nach § 22 Nr. 5 EStG in vollem Umfang nachgelagert besteuert. Abzuziehen hiervon ist der sog. Altersentlastungsbetrag nach § 24a EStG. Einen Versorgungsfreibetrag bzw. einen Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nach § 19 Abs. 2 EStG – wie er bei der Direktzusage und der Unterstützungskassenversorgung vorhanden ist, gibt es für diese Einkunftsart nicht.182 Lediglich ein entsprechend hoher Werbungskostenpauschbetrag wird nach 163 § 9a S. 1 Nr. 3 EStG gewährt. Zu berücksichtigen ist dabei aber, dass der Werbungskostenpauschbetrag nach § 9a S. 1 Nr. 3 EStG in Höhe von 102.– € pro Jahr insgesamt von den Einnahmen im Sinne des § 22 Nr. 1, 1a, 1b, 1c und 5 EStG gewährt wird, wenn nicht höhere Werbungskosten nachgewiesen werden. 3 Praxistipp Folglich gilt dieser insgesamt für ■ Renten, die der „kohortenweisen Besteuerung“ gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 a) aa) EStG unterliegen (z. B. gesetzliche Renten oder Direktversicherungsrenten aus Beiträgen, für die der Sonderausgabenabzug begehrt wurde), ■ Renten, die nur mit dem Ertragsanteil gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 a) bb) EStG erfasst werden, und auch ■ Renten, die gemäß § 22 Nr. 5 EStG voll besteuert werden.183

164 Wurden dagegen die Beiträge nicht steuerfrei, sondern aus versteuertem Ein-

kommen bezahlt (z.B. Eigenbeiträge, auch während der Elternzeit etc.), so ist die

_____ 181 Vgl. Rn. 233 ff. 182 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG, Bd. II, Kap. 18 Rn. 130 f. 183 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG, Bd. II, Kap. 18 Rn. 128.

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aus einem Rentenversicherungsvertrag fließende Rente als Leibrente gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 a) bb) EStG zu versteuern, soweit die Beiträge versteuert werden oder als Sonderabgaben gemäß § 10 EStG geltend gemacht wurden. Danach gehören zu den sonstigen Einkünften die Erträge aus dem Rentenrecht. Der Ertrag des Rentenrechts, der sog. Ertragsanteil ist gem. § 22 Nr. 1 S. 3a) bb) EStG in Abhängigkeit von dem Renteneintritt geregelt. Die Höhe des Ertragsanteils ergibt sich aus der in § 22 EStG dieser Vorschrift aufgeführten Tabelle. Er beträgt bspw. bei einem Beginn der Rente im Alter 65 18%. Der Ertragsanteil ist während der Laufzeit der Rente konstant und richtet sich für lebenslängliche Leibrenten nach dem bei Rentenbeginn vollendeten Lebensalter des Berechtigten.184 Wurden die Beiträge zu einer Rentenversicherung nach § 40b EStG a.F. lediglich 165 mit 20% pauschal versteuert, so gilt für die daraus bezogenen Leistungen, dass hier ebenfalls der Ertragsanteil besteuert wird.185

b) Kapitalleistungen Handelt es sich um eine Kapitallebensversicherung, die vor dem 1.1.2005 abge- 166 schlossen wurde und werden die Beiträge nach § 40b EStG a.F. versteuert, so sind die Leistungen nach § 52 Abs. 28 S. 5 EStG grundsätzlich steuerfrei, wenn die Kapitalauszahlung frühestens 12 Jahre nach dem Vertragsabschluss bei einer Beitragszahlungsdauer von mindestens 5 Jahren erfolgt und der Vertrag einen Mindesttodesfallschutz in Höhe von 60% der Beitragssumme enthält.186 Kapitalleistungen, die auf nach § 3 Nr. 63 EStG oder § 10a EStG geförderten Bei- 167 trägen beruhen und bei denen gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 des AltZertG zu Beginn der Auszahlungsphase zur Verfügung stehenden Kapital in Höhe von bis zu 30% ausgezahlt wird, führen dazu dass die Leistungen weiter nach § 22 Nr. 5 wie die Rentenleistungen voll besteuert werden. Folglich muss die Versorgungsleistung bei Altersvorsorgeverträgen nicht notwendigerweise vollständig als lebenslange Leibrente oder in der Form von Ratenzahlungen im Rahmen eines Auszahlungsplanes gewährt werden. Das gilt auch für die volle Kapitalabfindung (Einmalkapitalauszahlung) bei Pensionskassen/Direktversicherungen (steuerliche Förderung im Rahmen von § 3 Nr. 63 EStG), wenn eine Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht abgeschlossen wurde. Die vollständige Kapitalabfindung sollte allerdings erst innerhalb des letzten Jahres vor dem Ausscheiden beantragt werden, weil ansonsten die Förderung nach § 3 Nr. 63 EStG oder die Förderung für den Beitrag nach § 10a EStG

_____ 184 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG, Bd. II, Kap. 18 Rn. 73. 185 Vgl. Rn. 148. 186 Erlass BMF v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 23333/17/10002 – BStBl. I 2018, 147, Rn. 152 i.V.m. Erlass BMF v. 21.12.2017 – IV C3 – S2015/17/10001:005 2017/1067450 – BStBl. I 2018 S. 93, Rn. 145.

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i. V. m. Abschnitt XI EStG versagt wird.187 Die Versorgungsleistungen können auch auf Beiträgen beruhen, die nur teilweise gefördert sind. So können aber bei einem Vertrag auch zeitweilig die Voraussetzungen für eine Förderung dem Grunde nach nicht vorgelegen haben (z.B. private Fortsetzung). In diesen Fällen richtet sich die Besteuerung der Versorgungsleistungen anteilig nach dem geförderten und nicht geförderten Beitragsanteil.188

C. Steuerbefreite Versorgungsträger C. Steuerbefreite Versorgungsträger 168 Die Unterstützungskasse und die Pensionskasse sind aufgrund ihrer Rechtsform

grundsätzlich Steuersubjekte im Bereich der Körperschafts- und Gewerbsteuer. Allerdings besteht für beide Durchführungswege die Möglichkeit, sowohl von der Körperschafts- als auch von der Gewerbesteuer befreit zu werden, wenn sie gewisse Voraussetzungen einhalten.

I. Unterstützungskasse 1. Allgemeines 169 Die Unterstützungskasse ist zwar auch eine eigenständige rechtsfähige Versor-

gungseinrichtung, allerdings darf sie im Gegensatz zur Pensionskasse und zum Pensionsfonds auf die von ihr erbrachten Leistungen gerade keinen Rechtsanspruch gewähren (§ 1b Abs. 4 BetrAVG).189 Diese Einschränkung ist historisch begründet. Durch das Entfallen des Rechtsanspruchs unterliegt die Unterstützungskasse anders als die anderen mittelbaren Durchführungswege nicht der Aufsicht durch die BAFin.190 Allerdings ist auch für die Unterstützungskasse durch die Rechtsprechung des BAG klargestellt, dass der Arbeitgeber für die von der Unterstützungskasse in Aussicht gestellten Leistungen einzustehen hat,191 was seit der Änderung durch das AVmG für sämtliche mittelbaren Durchführungswege in § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG festgelegt ist. 192 Unterstützungskassen müssen nach § 1b Abs. 4 BetrAVG rechtlich selbständige Versorgungsträger sein und haben meist die Rechtsform eines eingetragenen Vereins oder einer GmbH. Auch die Rechtsform der Stif-

_____ 187 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG, Bd. II, Kap. 18 Rn. 117.1. 188 Erlass BMF v. 6.12.2017, IV C 5 – S 23333/17/10002, BStBl. I 2018 S. 147 Rn. 155. 189 Siehe Kap. 1 Rn. 452 ff. 190 Vgl. Kap. 6 Rn. 33. 191 Vgl. BAG, Urt. v. 25.1.2000 – 3 AZR 908/98, EzA BetrAVG § 1 Unterstützungskasse Nr. 12; BAG, Urt. v. 28.4.1977 – 3 AZR 300/76. 192 Kap. 1 Rn. 683 ff.

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tung kommt in Betracht, sie wird jedoch wegen der bestehenden Staatsaufsicht eher selten gewählt.193

2. Unterstützungskasse als Steuersubjekt Aufgrund der vorgenannten Rechtsformen unterliegt eine Unterstützungskasse so- 170 mit grundsätzlich nach § 1 Abs. 1 KStG der Körperschaftsteuer und ggf. nach § 2 GewStG der Gewerbesteuer. Wegen ihrer sozialen Funktion als Durchführungsweg der bAV können sie aber von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit werden, sofern sie die Bedingungen über den Umfang ihrer Betätigung, die Verwendung ihres Vermögens und die Begrenzung ihrer Leistungen einhalten. Ein Verstoß gegen diese Bedingungen führt dazu, dass die Unterstützungskasse wieder in vollem Umfang steuerpflichtig wird. Neben der vollen Körperschaftsteuerpflicht kann auch eine sog. partielle Körperschaftsteuerpflicht eintreten. Dies ist der Fall, wenn die Unterstützungskasse überdotiert ist. Dann unterliegt der Teil der Einnahmen, der auf den überdotierten Teil entfällt der Steuerpflicht.194 Die Befreiung von der Gewerbesteuerpflicht ist dabei lediglich daran gebun- 171 den, dass die Voraussetzungen für die Befreiung von der Körperschaftsteuer vorliegen (§ 3 Nr. 9 GewStG).

3. Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung Die Voraussetzungen, unter denen eine Unterstützungskasse von der Körper- 172 schaftsteuerpflicht befreit werden, regeln sich nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG i.V.m. §§ 1 bis 3 KStDV. Liegen diese vor, so erfolgt auch eine Befreiung von der Gewerbesteuerpflicht. Da § 3 Nr. 9 GewStG nur darauf abstellt, dass die Voraussetzungen für die Körperschaftsteuer erfüllt sind. Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Körperschaftsteuerpflicht sind im Einzelnen.

a) Eingeschränkter Begünstigtenkreis Erste Voraussetzung für die Steuerbefreiung einer Unterstützungskasse ist, dass der 173 Kreis der Begünstigten sich im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 3 a) KStG bewegt. Begünstigungsfähig sind demnach ■ Zugehörige oder frühere Zugehörige einzelner oder mehrerer wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe, ■ Zugehörige oder frühere Zugehörige von Wohlfahrtsverbänden,

_____ 193 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Schlewing, Teil 5F Rn. 2 f. 194 Ahrend/Förster/Rößler, 3.Teil Rn. 542.

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Arbeitnehmer sonstiger Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i.S.d. §§ 1 und 2 KStG.

3 Praxistipp Durch die Beschränkung des Begünstigtenkreises wird die sog. Betriebsbezogenheit der Unterstützungskassen angesprochen und zu einer Voraussetzung der Körperschaftsteuerbefreiung gemacht. Leistungsempfänger der Unterstützungskassen dürfen nur Personen sein, die in einer Beziehung zu dem Träger der Kasse stehen oder gestanden haben oder Hinterbliebene solcher Personen sind. Der Kreis der Begünstigten erstreckt sich dabei auch auf die Angehörigen der vorgenannten Personen.195 In § 5 Abs. 1 Nr. 3a) cc) KStG werden die arbeitnehmerähnlichen Personen den Arbeitnehmern gleichgestellt.

b) Soziale Einrichtung 174 Weitere Voraussetzung für eine Körperschaftsteuerbefreiung ist, dass die Unterstüt-

zungskasse nach dem Geschäftsplan und nach Art und Höhe der Leistungen eine soziale Einrichtung darstellt (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) KStG). Die detaillierten Voraussetzungen für das Vorliegen einer sozialen Einrichtung finden sich in der Körperschaftsteuer-Durchführungsverordnung (§§ 1 bis 3 KStDV).

aa) Allgemeine Voraussetzungen an eine soziale Einrichtung 175 Nach § 1 Abs. 1 KStDV dürfen ■ ■



die Leistungsempfänger in der Mehrzahl nicht aus Unternehmern oder deren Angehörigen bestehen. Bei Auflösung der Unterstützungskasse darf das zweckgebundene Vermögen satzungsgemäß nur unter den Leistungsanwärtern oder deren Angehörigen verteilt werden oder gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken zu Gute kommen. Ferner müssen bei Unterstützungskassen noch die besonderen Anforderungen nach § 3 KStDV erfüllt sein.

bb) Besondere Anforderungen für Unterstützungskassen nach § 3 KStDV 176 Die Leistungsempfänger dürfen nicht zu laufenden Beiträgen oder Zuschüssen verpflichtet sein. Diese Regelung widerspricht im Übrigen nicht der Möglichkeit, über die Unterstützungskasse Entgeltumwandlungen durchzuführen. Denn aufgrund der arbeitsrechtlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbarten Entgeltumwandlung leistet rechtlich betrachtet nicht der Arbeitnehmer, sondern der Arbeitgeber die Zuwendungen an die Unterstützungskasse.196

_____ 195 Ahrend/Förster/Rößler, 3.Teil Rn. 546. 196 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 35 Rn. 33.

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Darüber hinaus muss den Leistungsempfängern oder den Arbeitnehmervertre- 177 tungen satzungsgemäß und tatsächlich die Möglichkeit eingeräumt werden, an der Verwaltung des Kassenvermögens beratend mitzuwirken (§ 3 Nr. 2 KStDV). „Beratende Mitwirkung“ bedeutet aber gerade nicht, dass eine Zustimmung zu den Maßnahmen der Geschäftsleitung der Unterstützungskasse erforderlich ist, sondern nur, dass eine Information darüber zu erfolgen hat und Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist. Hierdurch soll der Charakter der Kasse als soziale Einrichtung gesichert und ein Missbrauch in der Verwendung ihrer Mittel verhindert werden.197 Ein Verstoß gegen dieses Mitwirkungsrecht hat den Verlust der Steuerfreiheit der Kasse zur Folge. Die beratende Mitwirkung kann unterschiedlich ausgestaltet sein. In der Praxis findet man häufig, dass ein Beirat als Gremium etabliert ist, der sich entweder regelmäßig trifft oder zumindest beratend an der Mitgliederversammlung teilnimmt.198 Ferner gibt es auch Kassen, bei denen die Beiräte überwiegend schriftlich angehört und um Stellungnahme gebeten werden.

cc) Leistungshöchstgrenzen Schließlich darf die Unterstützungskasse Leistungen nicht in unbegrenzter Höhe ge- 178 währen, sondern muss nach § 3 Nr. 3 i.V.m. § 2 KStDV die geltenden Leistungshöchstgrenzen beachten. Für 88% der Versorgungsberechtigten einer Unterstützungskasse dürfen daher folgende Leistungshöchstgrenzen nicht überschritten werden: Jährliche Altersrente:

25.769 €

Jährliche Witwerrente:

17.179 €

Jährliche Waisenrente: a) Halbwaisenrente

10.308 €

b) Vollwaisenrente

5.154 €

Einmaliges Sterbegeld:

7.669 €

In 8% aller Fälle der Versorgungsberechtigten einer Unterstützungskasse gelten 179 folgende erhöhte Leistungsgrenzen: Jährliche Altersrente:

38.654 €

Jährliche Witwerrente:

25.769 €

Jährliche Waisenrente: a) Halbwaisenrente

15.461 €

b) Vollwaisenrente

7.731 €

Einmaliges Sterbegeld:

7.669 €

_____ 197 Weitergehende Rechte aus § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG ersetzen nicht Mitwirkungsrechte, vgl. BFH, Urt. v. 20.9.1967, BStBl. II 1968, S. 24. 198 Ahrend/Förster/Rößler, 3.Teil Rn. 615.

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180 4% aller Versorgungsberechtigten dürfen in unbegrenzter Höhe versorgt wer-

den.

c) Dauerhafte Zweckbindung 181 Ferner ist für die Körperschaftsteuerfreiheit darauf zu achten, dass das Vermögen

und die Einkünfte nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung für die Zwecke der Unterstützungskasse dauerhaft gesichert sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 c) KStG). Die Bindung des Vermögens einer Unterstützungskasse für die Kassenzwecke ist – neben der Beschränkung des Kreises der Leistungsempfänger und dem Charakter der Kasse als einer sozialen Einrichtung – die dritte und wichtigste Voraussetzung für die Steuerfreiheit einer Unterstützungskasse. Wird sie verletzt, so wird die Kasse im vollen Umfang steuerpflichtig.199 Die Zweckbindung des Unterstützungskassenvermögens soll verhindern, dass 182 eine steuerbefreite Unterstützungskasse, soweit sie nicht überdotiert und insoweit steuerpflichtig ist, ihr Vermögen anderen Zwecken als den Kassenzwecken zugutekommt.200 Außerdem sollen willkürliche bzw. rein steuerlich motivierte Vermögensverlagerungen zwischen dem Trägerunternehmen und Unterstützungskasse, insbesondere ein Rückfluss des Unterstützungskassenvermögens auf das Trägerunternehmen ausgeschlossen werden. Das steuerliche Verbot der Rückübertragung gilt natürlich nur, soweit die Unterstützungskasse nicht überdotiert ist. Ist die Unterstützungskasse überdotiert, entfällt die steuerliche Zweckbindung (§ 6 Abs. 6 KStG). Die Vermögensbindung für das nicht überdotierte Vermögen stellt daher gewissermaßen den „Preis“ für Steuerfreiheit. Der Unterstützungskasse dar.201 3 Praxistipp Unzulässige Begünstigte oder ein Verstoß gegen die Anforderungen, die eine Unterstützungskasse als sog. soziale Einrichtung erfüllen muss, sowie gegen die dauerhafte Zweckbindung des Kassenvermögens führen zum Verlust der Körperschaftsteuerfreiheit. Daran schließt sich der Verlust der Gewerbesteuerfreiheit an, weil die Befreiung von der Gewerbesteuer eine Befreiung von der Körperschaftsteuer voraussetzt.

d) Überdotierung 183 Ferner darf nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e) KStG das tatsächliche Kassenvermögen

am Schluss des Wirtschaftsjahres ohne Berücksichtigung zukünftiger Versorgungsleistungen nicht höher als das um 25% erhöhte zulässige Kassenvermögen nach

_____ 199 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 35 Rn. 59. 200 Vgl. Rn. 170. 201 Ahrend/Förster/Rößler, 3.Teil Rn. 625.

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§ 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 4 EStG sein. Wird diese Grenze überschritten, so tritt bei der Unterstützungskasse zwar keine vollständige, aber eine sog. partielle Steuerpflicht ein (§ 6 Abs. 5 KStG). Diese erfasst lediglich das die 125%-Grenze übersteigende Kassenvermögen, erschwert aber dennoch die Verwaltung der Unterstützungskasse, insbesondere im Hinblick auf den zu erstellenden Jahresabschluss. Hinzuweisen ist darauf, dass der Betriebsausgabenabzug für das Trägerunternehmen bereits schon dann nicht mehr möglich ist, wenn das tatsächliche Kassenvermögen größer ist als 100% des zulässigen Kassenvermögens.202Überdotiertes Vermögen unterliegt allerdings nicht der steuerlichen Zweckbindung und kann an das Trägerunternehmen zurückübertragen werden.203 Bei nur einem Trägerunternehmen oder einer Konzernunterstützungskasse ist das in der Regel leichter durchführbar als bei einer Gruppenunterstützungskasse, die für viele unterschiedliche, wirtschaftlich nicht miteinander verbundene Unternehmen Versorgungsleistungen in Aussicht stellt bzw. erbringt.204 Hier hat der BFH auch festgestellt, dass es bei der Prüfung, ob eine Überdotierung vorliegt auch bei der Gruppenunterstützungskasse auf die Kasse als Ganzes ankommt. Denn diese ist das Körperschaftsteuersubjekt und nicht das auf das einzelne Trägerunternehmen entfallende Segment.205 Zur Verdeutlichung der Auswirkungen einer partiellen Steuerpflicht dient 184 Folgendes Beispiel: 5

Beispiel Tatsächliche Kassenvermögen

1.000.000 €

Zulässige Kassenvermögen

600.000 €

Erhöhte zulässige Kassenvermögen

750.000 €

(125% des zulässigen Kassenvermögens) Überdotierung (tatsächliches Kassenvermögen – erhöhtes zulässiges Kassenvermögen) Grad der Überdotierung

250.000 € 25%

(250.000 € / 1.000.000 € = 025) Wenn die Unterstützungskasse um 25% überdotiert ist, bedeutet dies wiederum, dass die Einkünfte, die die Kasse z.B. im Bereich der Kapitalanlage erzielt zu 25% der Körperschaftsteuer unterworfen werden. Erzielt die die Kasse Kapitalerträge in Höhe von 100.000 €, so sind davon 25% der Steuer zu unterwerfen: 25% von 100.000 = 25.000 €

_____ 202 Vgl. Rn. 77. 203 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 35 Rn. 43. 204 Ahrend/Förster/Rößler, 3.Teil Rn. 788. 205 BFH, Urt. v. 26.11.2014 – I R 37/13 – DStR 2015, 691.

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Der Körperschaftsteuersatz liegt einheitlich bei 15%: Daraus ergibt sich eine steuerliche Belastung der Einkünfte in Höhe von 3.750 € (25.000.– € x 0,15) Dieser Betrag steht also nicht im Rahmen der Leistungserbringung zur Verfügung.

II. Pensionskasse 1. Allgemeines 185 Die Pensionskasse ist ebenfalls eine eigenständige rechtsfähige Versorgungseinrichtung. Im Gegensatz zur Unterstützungskasse muss sie sowohl arbeits- als auch versicherungsaufsichtsrechtlich den Versorgungsberechtigten einen Rechtsanspruch auf Leistungen einräumen (§ 1b Abs. 3 BetrAVG, § 232 VAG). Bei der Pensionskasse handelt es sich um ein auf bAV spezialisiertes Lebensversicherungsunternehmen, welches nach § 8 Abs. 2 VAG grundsätzlich in der Rechtsform einer AG, eines VVaG oder einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts in Erscheinung tritt.206 Dabei treten die Pensionskassen als betriebliche Firmenpensionskassen (für eine Firma oder einen Konzern) oder als überbetriebliche Wettbewerbspensionskassen in Erscheinung. Bei den klassischen, betrieblichen Pensionskassen handelt es sich regelmäßig um VVaG. Bei den überbetrieblichen Pensionskassen kommt insbesondere bei den von Versicherungskonzernen betriebenen Pensionskassen auch die Rechtsform der AG vor.207

2. Pensionskasse als Steuersubjekt 186 Aufgrund der vorgenannten verbreiteten Rechtsformen des VVaG und der AG unter-

liegt eine Pensionskasse somit grundsätzlich nach § 1 Abs. 1 KStG der Körperschaftsteuer und ggf. nach § 2 GewStG der Gewerbesteuer. Hier gilt wie auch bei der Unterstützungskasse, dass sie wegen ihrer sozialen Funktion als Durchführungsweg der bAV von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit werden, sofern sie die Bedingungen über den Umfang ihrer Betätigung, die Verwendung ihres Vermögens und die Begrenzung ihrer Leistungen einhalten. Genau wie bei der Unterstützungskasse führt ein Verstoß gegen diese Bedingungen dazu, dass die Pensionskasse wieder in vollem Umfang steuerpflichtig wird. Neben der vollen Steuerpflicht kann auch hier eine sog. partielle Körperschaftsteuerpflicht eintreten. Dies ist der Fall, wenn die Pensionskasse überdotiert ist. Dann unterliegt der Teil der Einnahmen, der auf den überdotierten Teil entfällt, der Steuerpflicht.208

_____ 206 Vgl. Kap. 6 Rn. 95 ff. 207 H-BetrAV/Fath/Herrmann/Linke/Schwind/Wolf, Pensionskassen, Rn. 54. 208 Vgl. Rn. 183 ff.

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Die Befreiung von der Gewerbesteuerpflicht ist wiederum an die Erfüllung 187 der Voraussetzungen für die Befreiung von der Körperschaftsteuer gekoppelt.

3. Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung a) Allgemeine Anforderungen Die Voraussetzungen, unter denen eine Pensionskasse von der Körperschaftsteuer- 188 pflicht befreit werden, regeln sich exakt wie bei der Unterstützungskasse nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG i.V.m. §§ 1 bis 3 KStDV.209 Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Körperschaftsteuerpflicht entsprechen bezogen auf den Begünstigtenkreis (§ 5 Abs. 1. Nr. 3a) KStG) und die Zweckbindung des Vermögens (§ 5 Abs. 1 Nr. 3c) KStG) denjenigen der Unterstützungskasse. Anzumerken ist, dass versicherungsaufsichtsrechtlich auch sog. Rückdeckungspensionskassen zulässig sind.210 Bei diesen sind jedoch nicht die in § 5 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) KStG genannten Personen die Leistungsempfänger, sondern z.B. der Arbeitgeber, der eine Direktzusage erteilt hat und diese bei der Pensionskasse rückdeckt. In diesem Fall, ist jedoch die Voraussetzung für eine Befreiung von der Körperschaftsteuerpflicht nicht mehr erfüllt.211 Auch die Anforderungen an eine Pensionskasse als soziale Einrichtung ent- 189 sprechen über weite Strecken denjenigen der Unterstützungskasse. Allerdings gilt für Pensionskassen nicht § 3 KStDV. Dies hat zur Folge, dass bei einer Pensionskasse Eigenbeiträge der Arbeitnehmer möglich und in der Praxis auch weit verbreitet sind. Ferner bedarf es bei der Pensionskasse auch keiner Mitwirkungsrechte der Leistungsempfänger bzw. Arbeitnehmervertretungen. Letzteres scheint bei einer Pensionskasse aufgrund der eigenen Rechtsanspruchs der Versorgungsberechtigten bzw. in der Rechtsform des VVaG auch über die Mitgliedschaftsrechte nicht als erforderlich.

b) Partielle Steuerpflicht Der größte Unterschied zur Steuerbefreiung von Unterstützungskassen liegt im 190 Bereich der sog. Überdotierung und der daraus resultierenden partiellen Steuerpflicht. Diese richtet sich nach § 5 Abs. 1 Nr. 3d) KStG i.V.m. § 6 KStG.

aa) Ermittlung der Überdotierung Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3d) KStG liegt eine Überdotierung einer Pensionskasse vor, wenn 191 am Schluss eines Wirtschaftsjahres, zu dem die sog. Deckungsrückstellung zu ermit-

_____ 209 Vgl. Rn. 172. 210 Kap. 6 Rn. 96. 211 Ahrend/Förster/Rößler, 5.Teil Rn. 560.

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teln ist, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen der GoB zu ermittelnde Vermögen höher ist als die Verlustrücklage. Die Folge einer Überdotierung ist, dass wie bei der Unterstützungskasse eine partielle Steuerpflicht eintritt. Das auf das überdotierte Vermögen entfallende Einkommen ist dann steuerpflichtig. Der Gesetzgeber hat die Feststellung des Vorliegens einer Überdotierung auf die Bilanzstichtage beschränkt, zu denen die Deckungsrückstellung versicherungsmathematisch zu ermitteln ist (§ 5 Abs. 1 Nr. 3d) S. 1 KStG). Somit geschieht diese Feststellung bei Pensionskassen in der Rechtsform des kleineren VVaG regelmäßig nur alle drei Jahre.212 Hierbei sind die Begriffe „Vermögen“ und „Verlustrücklage“ genau zu betrachten, da ihre Definition im steuerlichen Sinn vom herkömmlichen Sprachgebrauch abweicht. Unter dem Vermögen der Pensionskasse i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 3 d) KStG ist das in 192 der Handelsbilanz auszuweisende Eigenkapital zu verstehen. Das Vermögen einer Pensionskasse i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 3d) S. 1 KStG ergibt sich grundsätzlich aus der Differenz der Bilanzsumme und des Fremdkapitals. Der Gesetzgeber meint mit dem Vermögen das Eigenkapital oder die Eigenmittel der Pensionskasse. Dies entspricht nicht dem herkömmlichen Sprachgebrauch des Vermögens als Summe der Besitzposten (Aktiva). ■ Verbindlichkeiten, Rückstellungen und Passivische Rechnungsabgrenzungsposten wie in jeder Handelsbilanz, ■ die Deckungsrückstellung und sonstige versicherungstechnische Rückstellungen, ■ Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen (RfB) jedoch nur insoweit, als den Leistungsempfängern ein Anspruch auf Überschussbeteiligung zusteht.213 193 Dabei ist das Vermögen nach den handelsrechtlichen GoB zu bewerten. Das heißt

die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind höchstens mit den Anschaffungsoder Herstellungskosten vermindert die erforderlichen Abschreibungen und Wertberichtigungen anzusetzen. Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens sind unter Berücksichtigung des sog. Niederstwertprinzips anzusetzen.214 Damit ergibt sich als Eigenkapital bei Pensionskassen in der Rechtsform eines 194 VVaG, die nach § 193 VAG zu bildende Verlustrücklage.215 Denn diese Norm regelt, dass die Satzung einer Pensionskasse zu bestimmen hat, dass zur Deckung eines außergewöhnlichen Verlusts aus dem Geschäftsbetrieb eine Rücklage (Verlustrücklage, Reservefonds) zu bilden ist. Ferner muss die Satzung regeln, welche Beträge jährlich zurückzulegen sind und welchen Mindestbetrag die Rücklage erreichen

_____ 212 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 36 Rn. 10 f. 213 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG Bd. II, Kap. 36 Rn. 62. 214 Ahrend/Förster/Rößler, 5.Teil Rn. 626. 215 Vgl. insofern auch R 6 Abs. 4 S. 2 KStR 2015.

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muss. Somit überlässt das VAG die Bestimmung der Mindesthöhe der Satzung der Pensionskasse und stellt hier selbst keine Mindestanforderung auf. Eine bestimmte Höhe ergibt sich auch nicht aus den Vorschriften zur Solvabilitätskapitalanforderung.216 Da § 5 Abs. 1 Nr. 3d) KStG ohne weitere Spezifikation von „der Verlustrücklage“ 195 spricht, können damit gemeint sein ■ die tatsächlich gebildete Verlustrücklage (Istbetrag) ■ die satzungsgemäß mindestens zu erreichende Verlustrücklage (Sollbetrag) ■ die satzungsgemäß höchstens zulässige Verlustrücklage (Höchstbetrag) Praxistipp 3 Sinnvollerweise kann damit nach R6 Abs. 2 S. 3 KStR 2015 nur der Sollbetrag in Betracht kommen.217 Bei einem Abstellen auf den Istbetrag würden „junge“ Kassen, die den Mindestbetrag (Sollbetrag) noch nicht erreicht haben, von einer partiellen Steuerpflicht bedroht. Das gleiche gilt für Kassen, bei denen die Verlustrücklage wegen eines außergewöhnlichen Verlustes in Anspruch genommen werden musste und noch nicht wieder bis zum Sollbetrag aufgestockt werden konnte. Entscheidend ist jedoch, dass eine Kasse, deren Verlustrücklage noch nicht den Sollbetrag erreicht hat, auch nicht überdotiert sein kann. Die Finanzverwaltung teilt diese Auffassung.

Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ist erst ein erhebliches Eigenkapital steu- 196 erlich schädlich. Dies ist nach der Vorstellung des steuerlichen Gesetzgebers erst dann der Fall, wenn das Vermögen die Verlustrücklage überschreitet.218 Um also zu ermitteln, ob eine Überdotierung vorliegt, ist wie folgt vorzugehen: ■ Ermittlung der Höhe des Eigenkapitals ■ Übersteigt das Eigenkapital den Sollwert der Verlustrücklage, liegt eine Überdotierung vor. Das Eigenkapital wiederum ermittelt man, indem man die Summe der Besitzposten 197 der Kasse (die sog. Aktiva) der Summe der Verbindlichkeiten gegenstellt.

bb) Ermittlung einzelner Bilanzposten ■ Aktiva: 198 Als Aktiva kommen bei einer Pensionskasse insbesondere Forderungen und Geldanlagen in Betracht. Hierbei sind die Grundsätze über die Vermögensanlage zu beachten (§ 215 VAG). Als Aktiva kommen danach in erster Linie in Betracht: Grundstücke, Hypotheken-, Grund- und Rentenschuldforderungen, sonstige Schuldschein-

_____ 216 Vgl. hierzu im Detail Kap. 6 Rn. 87. 217 Ahrend/Förster/Rößler, 5.Teil Rn. 706. 218 H-BetrAV/Fath/Herrmann/Linke/Schwind/Wolf, Pensionskassen, Rn. 1101.

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forderungen und Darlehen, Wertpapiere und Aktien, Festgelder und Spareinlagen sowie Forderungen aus ausstehenden Mitgliedsbeiträgen bzw. Zuwendungen von Trägerunternehmen. 199 ■ Passiva:

Die bedeutsamste versicherungstechnische Rückstellung ist die Deckungsrückstellung. Versicherungsmathematisch ergibt sich die Höhe der Deckungsrückstellung als die Differenz zwischen der Summe der Barwerte aller künftigen Verpflichtungen und der Summe der Barwerte aller künftig noch eingehenden Nettobeiträge. In die Deckungsrückstellung gehen neben den zukünftigen Leistungen auch die zukünftigen Beiträge und die Vermögenserträgnisse mit ein. Die Deckungsrückstellung ist wie alle versicherungstechnischen Rückstellungen kein Eigenkapital, sondern eine Schuld gegenüber den Versicherten.219 Der Rückstellung für Beitragsrückerstattung kommt ebenfalls große Bedeu200 tung zu. Die Bildung einer Rückstellung für Beitragsrückerstattung hat die Aufgabe, die Kassenüberschüsse zunächst eine gewisse Zeit zu sammeln, um sie dann den Versicherten zugutekommen zu lassen, insbesondere zur Leistungserhöhung zu verwenden. In der Rückstellung für Beitragsrückerstattung sollen vorübergehend Überschüsse thesauriert werden. Die Verwendung der in der Rückstellung angesammelten Überschüsse zugunsten der Versicherten darf nicht allzu lange hinausgeschoben werden. Wird die Rückstellung für Beitragsrückerstattung auf Dauer beibehalten, nimmt sie den Charakter einer echten Rücklage und damit von Eigenkapital an. Die steuerliche Abzugsfähigkeit der Rückstellung für Beitragsrückerstattung ist generell für Unternehmen, die ein Geschäft nach Art der Lebensversicherung betreiben, in § 21 KStG geregelt. Nach der Neuregelung des § 21 KStG entsprechen grundsätzlich die im handelsrechtlichen Jahresabschluss enthaltenen Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen denen der Steuerbilanz.220 Um zu verhindern, dass eine überdotierte Kasse sich der Besteuerung dadurch 201 entziehen kann, dass sie Teile ihres Eigenkapitals steuerlich wirksam der Rückstellung für Beitragsrückerstattung zuweist, ohne gegenüber den Leistungsempfängern eine Verpflichtung einzugehen, wurde die steuerliche Abzugsfähigkeit der Rückstellung für Beitragsrückerstattung bei Pensionskassen eingeschränkt. Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 3 d) S. 2 KStG ist deshalb bei der Ermittlung des Vermögens der Pensionskassen eine Rückstellung für Beitragsrückerstattung nur insoweit abziehbar, als den Leistungsempfängern ein Anspruch auf die Überschussbeteiligung zusteht.221 Tritt eine partielle Körperschaftsteuerpflicht ein, so unterliegt das Einkom202 men der Pensionskasse nur anteilig der Körperschaftsteuer. Zur Ermittlung des

_____ 219 Ahrend/Förster/Rößler, 5.Teil Rn. 645. 220 BT-Drucks. 19/4455, S. 55. 221 H-BetrAV/Fath/Herrmann/Linke/Schwind/Wolf, Pensionskassen, Rn. 1075.

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steuerpflichtigen Anteils muss zunächst das Gesamteinkommen ermittelt werden. Dabei definiert § 6 KStG nicht das Einkommen der Pensionskasse. § 6 Abs. 4 KStG nennt aber bestimmte Aufwendungen, die bei der Einkommensermittlung nicht abzugsfähig sind. § 8 Abs. 1 KStG verweist für die Ermittlung des Einkommens auf die allgemeinen Regelungen des EStG. Allerdings gelten bei Steuerpflichtigen, die verpflichtet sind, Bücher nach den Vorschriften des HGB zu führen, sämtliche Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 8 Abs. 2 KStG). Dies ist für Pensionskassen, die in der Form des VVaG betrieben werden, wegen § 16 VAG der Fall. Bei Pensionskassen in der Rechtsform der Aktiengesellschaft ergibt sich das aus § 3 Abs. 1 AktG, wonach die Aktiengesellschaft als Handelsgesellschaft gilt. Vereinfacht dargestellt ist das Gesamteinkommen durch folgende Gegenüberstellung festzustellen: 3

Praxistipp Summe der jährlichen Beiträge (Zuwendungen) und Vermögenserträge ./. Summe der jährlichen Versorgungsleistungen ./. Nettozuführung (d. h. Saldo aus Zuführungen und Auflösungen) zur Deckungsrückstellung und zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) ./. Verwaltungsaufwendungen. Der Saldo ergibt den Gewinn oder Verlust.222

Nicht abzugsfähig ist gemäß § 10 Nr. 2 KStG die gezahlte oder geschuldete Körper- 203 schaftsteuer. Die Gewerbesteuer dagegen ist abzugsfähig. Wird eine bisher steuerbefreite Pensionskasse ganz oder teilweise steuerpflichtig, hat sie zum Zwecke der Einkommensermittlung gemäß § 13 Abs. 2 KStG eine eigenständige Steuerbilanz mit steuerlichen Wertansätzen aufzustellen. Wird die Kasse wieder von der Steuerpflicht befreit, hat sie gemäß § 13 Abs. 1 KStG eine entsprechende Schlussbilanz aufzustellen. Diese Steuerbilanzen sind aber nicht heranzuziehen für die Prüfung, ob überhaupt eine Überdotierung und damit die Steuerpflicht vorliegt. Insoweit sind gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d S.1 KStG die handelsrechtlichen GoB maßgeblich.223 Gemäß § 6 Abs. 4 S. 1 KStG sind Beitragsrückerstattungen und sonstige Ver- 204 mögensübertragungen an das Trägerunternehmen bei der Einkommensermittlung nicht abziehbar. Das Gleiche gilt nach § 6 Abs. 4 S. 2 KStG für Zuführungen zu einer Rückstellung für Beitragsrückerstattung, aber nur soweit den Leistungsempfängern kein Anspruch auf die Überschussanteile zusteht. Hiermit sollte verhindert werden, dass die Vorschriften über die partielle Steuer- 205 pflicht von Pensionskassen durch eine Minderung des Einkommens umgangen wer-

_____ 222 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, Bd. II, Kap. 36 Rn. 5 f. 223 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, Bd. II, Kap. 36 Rn. 8.

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den können, die nicht Versorgungszwecken, sondern letztlich den Interessen des Trägerunternehmens dient. Insoweit ist Abs. 4 lex specialis gegenüber § 21 KStG.224 Im Ergebnis stellt also eine partielle Steuerpflicht auch bei einer Pensionskasse 206 einen nicht unerheblichen Aufwand für die Kasse dar.

D. Steuerrechtliche Sonderfälle D. Steuerrechtliche Sonderfälle I. Wechsel des Durchführungsweges 207 Der Begriff des Durchführungswegewechsels ist gesetzlich nicht definiert oder

abschließend geregelt, gleichwohl aber vom Gesetzgeber und von der Rechtsprechung anerkannt. Er betrifft die Fälle, in denen der Arbeitgeber beschließt, entweder die Versorgung nicht mehr unmittelbar selbst durchzuführen oder den jeweiligen Versorgungsträger zu wechseln, ohne dass der Arbeitnehmer das Unternehmen verlässt. Somit wechselt der primäre Versorgungsschuldner.225 Grundsätzlich kann zwischen allen Durchführungswegen ein Wechsel stattfin208 den. Dabei erfolgt aus steuerlicher Sicht eine Einteilung in die internen (d.h. aus Sicht der Versorgungsberechtigten als nachträglicher Arbeitslohn besteuerte) Durchführungswege Direktzusage und Unterstützungskasse sowie die externen (d.h. grundsätzlich aus Sicht der Versorgungsberechtigten als sonstige Einkünfte besteuerte) Durchführungswege (Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds. Im Folgenden konzentriert sich die Darstellung jedoch auf diejenigen Wechsel, die in der Praxis am häufigsten vorkommen. Das ist zum einen der Wechsel zwischen Direktzusage und Unterstützungskasse und zum anderen der Wechsel von der Direktzusage/Unterstützungskasse auf den Pensionsfonds. Ein Aspekt, warum manche Wechselsituationen in der Praxis keine Rolle spielen, sind die steuerlich negativen Folgen für die Versorgungsberechtigten.

1. Auslagerung von Direktzusage auf Unterstützungskasse 209 Zunächst spielt der Durchführungswegewechsel zwischen den beiden internen

Durchführungen, Direktzusage und Unterstützungskassenversorgung eine größere Rolle. Denkbar sind hier sowohl Wechsel von der Direktzusage zur Unterstützungskasse als auch von der Unterstützungskasse zur Direktzusage. Der Wechsel von der Direktzusage zur Unterstützungskasse kommt vor, wenn 210 das Unternehmen sich von den gebildeten Pensionsrückstellungen lösen will. Der umgekehrte Wechsel kommt in der Praxis öfters vor, wenn die Versorgungsberech-

_____ 224 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 36 Rn. 5 ff. 225 vgl. Kap. 9 Rn. 96 ff.

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tigten über eine Firmen- oder Konzernunterstützungskasse versorgt wurden und ein Betrieb- oder Betriebsteil bzw. ein ganzes Unternehmen verkauft wurde und die Satzung der Unterstützungskasse vorsieht, dass sie nur Leistungen für Versorgungsberechtigte erbringt, die zu einem bestimmten Unternehmen oder einer bestimmten Gruppe gehören.226 Bei diesen Wechselsituationen gilt die Besonderheit, dass aus Sicht der Versor- 211 gungsberechtigten die steuerliche Behandlung in Anwartschafts- und Leistungsphase jeweils gleich gelagert ist. Mit dem Wechsel des Durchführungsweges von einer Direktzusage zu einer Un- 212 terstützungskassenversorgung ergibt sich aus zivilrechtlicher Sicht, dass der Arbeitgeber nicht mehr unmittelbar den Rechtsanspruch gewährt, sondern die Unterstützungskasse mit der Durchführung der bAV beauftragt.227 Beim Arbeitgeber verbleibt aber die Verpflichtung, nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG die zugesagten Leistungen zu erbringen, falls die Unterstützungskasse die Leistungen nicht erbringt. Diese Verpflichtung besteht verschuldensunabhängig, da der Arbeitgeber für die Verschaffung der Versorgungsleistungen einstehen muss.228 Praxistipp 3 Nach Art. 28 Abs. 1 S. 2 EGHGB besteht für mittelbare Verpflichtungen ein Passivierungswahlrecht, so dass dafür keine Pensionsrückstellungen gebildet werden.229 Dies wiederum hat zur Folge, dass bei einem Wechsel von der Direktzusage zur Unterstützungskasse die steuerlich gebildeten Pensionsrückstellungen gewinnerhöhend aufzulösen sind, da die Voraussetzung des Rechtsanspruchs gegen den Arbeitgeber nach § 6a Abs. 1 EStG entfallen ist.230

a) Im Hinblick auf die Unterstützungskasse Im Gegenzug zur gewinnerhöhenden Auflösung der Pensionsrückstellungen kann 213 der Arbeitgeber die Zuwendungen, welche er zur Finanzierung der über die Unterstützungskasse zugesagten Leistungen erbringt, als Betriebsausgabenabzug nach § 4d Abs. 1 EStG geltend machen. Für Leistungsanwärter ist dies allerdings nur begrenzt möglich. Hierbei ist zwischen einer reservepolsterfinanzierten (auch pauschaldotierten) und einer rückgedeckten Unterstützungskasse zu unterscheiden.231 Bei einer reservepolsterfinanzierten Unterstützungskasse, die lebenslänglich 214 laufende Leistungen gewährt, können nach § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1b) aa) EStG in jedem

_____ 226 vgl. Kap. 1 Rn. 450. 227 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anh. § 1 Rn. 954. 228 Vgl. Kap. 1 Rn. 683 ff. 229 Vgl. Rn. 18. 230 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer/Veit, BetrAVG, Bd. II, Kap. 38 Rn. 31. 231 Siehe zu den Begriffen Kap. 1 Rn. 463 f.

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Wirtschaftsjahr 6% der jährlichen Versorgungsleistungen als Betriebsausgaben abgezogen werden, die der Versorgungsberechtigte oder die Hinterbliebenen erhalten können, wenn nur Leistungen der Invalidität oder des Hinterbliebenenschutzes zugesagt wurden. Die Zuführungsmöglichkeit erhöht sich auf 25% der jährlichen Versorgungsleistung, wenn auch eine Altersleistung zugesagt wurde (§ 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1b) bb) EStG).232 Bei einer rückgedeckten Unterstützungskasse, bei der die Unterstützungskasse 215 die zu gewährenden Versorgungsleistungen bei einem Lebensversicherungsunternehmen rückdeckt, können ebenfalls im Jahr des Durchführungswegewechsels die bereits erdienten Versorgunganwartschaften nicht gegen einen Einmalbeitrag ausfinanziert werden, sondern müssen durch gleichbleibend oder steigende Jahresbeiträge bis zu dem Zeitpunkt, in dem erstmals Leistungen der Altersversorgung vorgesehen sind, finanziert werden (§ 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 c) EStG).233 Es besteht somit für Anwärter nur die Möglichkeit, die bereits erdienten Ver216 sorgungsanwartschaften gegen laufende Zuwendungen zu finanzieren. Aufgrund der fehlenden Ausfinanzierung der Unterstützungskassenversorgung ist der Arbeitgeber bei Eintritt eines Leistungsfalls zwar aufgrund seiner erwähnten Subsidiärhaftung (§ 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG) zum (teilweisen) Eintritt verpflichtet, aber die Voraussetzungen für die Bildung von (steuerlichen) Pensionsrückstellungen liegen in diesem Fall nicht vor.234 Für Leistungsempfänger dagegen kann die Ausfinanzierung im Rahmen einer 217 Einmalzuwendung sowohl bei der reservepolsterfinanzierten (auch pauschaldotierten) als auch bei der rückgedeckten Unterstützungskasse erfolgen, so dass hier der gewinnerhöhenden Auflösung der Pensionsrückstellungen ein Betriebsausgabenabzug gegenübersteht, der in der Regel mindestens den aufgelösten Rückstellungen entspricht. Bei einer reservepolsterfinanzierten Unterstützungskasse kann nämlich das Deckungskapital der laufenden Leistung nach § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. a) EStG zugewandt und somit als Betriebsausgabe abgezogen werden. Das Deckungskapital richtet sich nach dem Alter des Leistungsempfängers zu Beginn der Leistungen und nach der Höhe der jährlich nach dem Leistungsplan vorgesehenen Leistungen.235 3 Praxistipp Bei einer rückgedeckten Unterstützungskasse kann eine Einmalzuwendung entrichtet werden, weil die Forderung, dass die Rückdeckungsversicherung gegen gleichbleibende oder steigende Beiträge finanziert werden soll, nach § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 c) S. 2 EStG nur für die Leistungsanwärter gilt,

_____ 232 Rn. 76. 233 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 9 Rn. 293. 234 BFH, Urt. v. 16.12.2002 – VIII R 14/01 – DB 2003, 914. 235 Blümich/Heger, EStG, § 4d Rn. 58.

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nicht aber für Leistungsempfänger.236 Aufgrund der vorsichtigeren Rechnungsgrundlagen des Rückdeckungsversicherers werden die Zuwendungen für den Einmalbeitrag für die Rückdeckungsversicherung regelmäßig die aufgelösten Pensionsrückstellungen übersteigen.

b) Steuerliche Auswirkungen für die Unterstützungskasse Unterstützungskassen müssen nach § 1b Abs. 4 BetrAVG rechtlich selbständige Ver- 218 sorgungsträger sein und haben die Rechtsform eines eingetragenen Vereins, einer GmbH oder einer Stiftung.237 Sie sind somit grundsätzlich nach § 1 Abs. 1 KStG körperschaftsteuer- und ggf. nach § 2 GewStG gewerbesteuerpflichtig. Wegen ihrer sozialen Funktion als Durchführungsweg der bAV können sie aber von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit werden, sofern sie die Bedingungen über den Umfang ihrer Betätigung, die Verwendung ihres Vermögens und die Begrenzung ihrer Leistungen einhalten. Ein Verstoß gegen diese Bedingungen führt dazu, dass die Unterstützungskasse wieder in vollem Umfang steuerpflichtig wird.238 Die Befreiung von der Gewerbesteuerpflicht ist dabei lediglich daran gebunden, dass die Voraussetzungen für die Befreiung von der Körperschaftsteuer vorliegen.

aa) Allgemeine Voraussetzungen Bei einem Wechsel von der Direktzusage zur Unterstützungskasse müssen die all- 219 gemeinen Voraussetzungen im Hinblick auf den eingeschränkten Begünstigtenkreis, an die soziale Einrichtung und an die dauerhafte Zweckbindung des Kassenvermögens erfüllt sein.239

bb) Überdotierung Ferner darf nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e) KStG das Kassenvermögen am Schluss 220 des Wirtschaftsjahres ohne Berücksichtigung zukünftiger Versorgungsleistungen nicht höher als das um 25% erhöhte zulässige Kassenvermögen nach § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 4 EStG sein.240 Wird diese Grenze überschritten, so tritt bei der Unterstützungskasse zwar keine vollständige, aber eine sog. partielle Steuerpflicht ein (§ 6 Abs. 5 KStG). Diese erfasst lediglich das übersteigende Kassenvermögen, erschwert aber dennoch die Verwaltung der Unterstützungskasse.241 Insofern liegt es

_____ 236 Ahrend/Förster/Rößler, 3.Teil Rn. 375. 237 Vgl. Rn. 61. 238 Vgl. Rn. 170. 239 Rn. 172 ff. 240 Rn. 183. 241 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 13 Rn. 1.

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im gemeinsamen Interesse von Arbeitgeber und Unterstützungskasse, dass im Rahmen des Durchführungswegewechsels nur solche Zuwendungen erfolgen, die auch als Betriebsausgaben beim Trägerunternehmen abzugsfähig sind. Das bedeutet insbesondere, dass im Hinblick auf Anwärter eine Finanzierung 221 nur im Rahmen der steuerlich abzugsfähigen Betriebsausgaben stattfinden sollte. Bei einer rückgedeckten Unterstützungskasse bedeutet dies, dass keine Rückdeckungsversicherungen gegen Einmalbeitrag abgeschlossen werden dürfen, sondern nur gegen gleitend steigende Beiträge.

c) Steuerliche Auswirkungen für den Versorgungsberechtigten 222 Auf der Ebene der Versorgungsberechtigten löst der Wechsel von der Direktzusage

zur Unterstützungskasse keine steuerlichen Folgen aus. Bei der Direktzusage hat der Versorgungsberechtigte zwar einen Rechtsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber, allein der Rechtsanspruch gegen den Arbeitgeber löst aber noch keine Einkommens- bzw. Lohnsteuer aus.242 Für die Unterstützungskasse gilt, dass allein die Zuwendung des Arbeitgebers 223 an die Unterstützungskasse aufgrund des nach § 1b Abs. 4 BetrAVG fehlenden Rechtsanspruchs noch keinen lohnsteuerlichen Zufluss beim Arbeitnehmer auslöst.243 Mithin stellt sich die Frage eines steuerlichen Zuflusses bei einem derartigen Durchführungswegewechsel nicht. Dafür gelten die Leistungen der Unterstützungskasse als Arbeitslohn im 224 Sinne von § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG,244 so dass auch in der Leistungsphase durch den Wechsel des Durchführungsweges keine steuerlichen Veränderungen für den Versorgungsberechtigten verursacht werden.

2. Auslagerung von Unterstützungskasse auf Direktzusage 225 Bei dem umgekehrten Wechsel von der Unterstützungskasse zur Direktzusage erhält

der Arbeitgeber Deckungskapital von der Unterstützungskasse. Dieses führt bei ihm handelsbilanziell zu einem Ertrag und somit steuerlich zu Betriebseinnahmen.245 Da der Arbeitgeber jedoch gegenüber seinen Arbeitnehmern eine Direktzusage erteilt, kann er für diese in der Regel Rückstellungen bilden. Handelsrechtlich ist er dazu verpflichtet. Ob er in steuerlicher Hinsicht nach § 6a Abs. 1 EStG berechtigt ist, Rückstellungen zu bilden, hängt davon ab, ob die sonstigen Voraussetzungen des

_____ 242 Vgl. Rn. 125. 243 BFH, Urt. v. 27.05.1993 – VI R, 19/92 – BStBl. II 1994 S. 246 = DB 1994, 23. 244 BFH, Urt. v. 28.03.1958 – IV 233/56 S – BStBl. 1958 III S. 268. 245 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer/Veit, BetrAVG, Bd. II, Kap. 38 Rn. 57.

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§ 6a Abs. 1 EStG erfüllt sind. Insbesondere muss dazu eine den Formerfordernissen entsprechende Versorgungszusage vorliegen.246

a) Steuerliche Auswirkungen für die Unterstützungskasse Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c) KStG unterliegt aufgrund der Körperschaftsteu- 226 erbefreiung das einmal einer Unterstützungskasse zugeflossene Vermögen der sog. körperschaftsteuerlichen Zweckbindung des Kassenvermögens. 247 Durch diese Zweckbindung soll sichergestellt werden, dass Vermögen, welches einmal der Unterstützungskasse zugeflossen ist, nicht mehr ohne Weiteres von der Unterstützungskasse zu Zwecken, die nicht unmittelbar dem Versorgungszweck dienen, herausgegeben werden kann. Das Vermögen ist somit dauerhaft zweckgebunden.248 Nach R 5.4 Abs. 4 S. 2–3 KStR entfällt diese Zweckbindung jedoch wieder, 227 wenn die Versorgungszusage auf den Arbeitgeber übertragen wird. Allerdings regelt R 5.4 Abs. 4 S. 1 KStR, dass dies nur für Vermögen gilt, welches aufgrund einer Überdotierung am Ende des Jahres nicht mehr der Zweckbindung nach § 6 Abs. 6 KStG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 3 e) KStG unterliegt. Hier ist nun zu unterscheiden, ob es sich um eine Einzelunterstützungskasse 228 oder eine Konzern- bzw. Gruppenunterstützungskasse handelt. Eine Einzelunterstützungskasse dient der Versorgung der Mitarbeiter nur eines Trägerunternehmens, während eine Konzern- oder Gruppenunterstützungskasse die Versorgungsberechtigten mehrerer Trägerunternehmen versorgt.249 Bei einer Einzelunterstützungskasse führt ein Wechsel des Durchführungsweges dazu, dass das zwischen dem Trägerunternehmen und der Unterstützungskasse begründete Geschäftsbesorgungsvertrag erlischt und die Unterstützungskasse gegenüber dem Trägerunternehmen nicht mehr mit der Durchführung der bAV beauftragt ist, so dass hier eine Überdotierung vorhanden ist. Praxistipp 3 Bei Konzern- oder Gruppenunterstützungskassen mit einer Vielzahl von Trägerunternehmen stößt die eben beschriebene Verfahrensweise an ihre Grenzen. Denn die Zweckbindung des Kassenvermögens soll nicht getrennt nach dem den einzelnen Trägerunternehmen zuzurechnenden Kassenvermögen betrachtet werden können, sondern sich auf das gesamte Kassenvermögen beziehen.250 Danach entfällt die Zweckbindung nur für den Vermögensteil, um den die Kasse bezogen auf ihr Gesamtvermögen überdotiert wäre. Das heißt, bei einer Gruppenunterstützungskasse kämen diese

_____ 246 Blümich/Heger, EStG, § 6a Rn. 87. 247 Rn. 181 f. 248 Ahrend/Förster/Rößler, Teil 3, Rn. 623. 249 Böhm/Schu, Unterstützungskassen, 10 in: H-BetrAV Teil 1, Kap. 1 Rn. 450. 250 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 35 Rn. 99.

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frei werdenden Deckungsmittel allen verbleibenden Trägerunternehmen zu Gute, soweit die Kasse nicht überdotiert ist.251 229 Zu überlegen ist in diesen Fällen, ob ein Wechsel in zwei Stufen möglich ist: Zuerst

wird von der Konzern- oder Gruppenunterstützungskasse auf eine Einzelunterstützungskasse gewechselt und erst in einem zweiten Schritt wird der Durchführungsweg gewechselt. Hier besteht jedoch die Gefahr, dass eine derartige Gestaltung als eine Umgehung nach § 42 AO angesehen wird, wenn grundsätzlich der oben aufgezeigten Argumentation Folge zu leisten wäre. Letztlich kann die Frage einer Umgehung dahinstehen, wenn man ausschließen kann, dass eine Auskehrung der Deckungsmittel im Rahmen des Durchführungswegewechsels überhaut gegen die Zweckbindung verstößt. Hierzu kann man wie folgt argumentieren: Ist durch den Arbeitgeber als Versor230 gungsträger der Direktzusage sichergestellt, dass das Deckungskapital der Unterstützungskasse nach dem Durchführungswegewechsel zur Direktzusage weiterhin dauerhaft für die Finanzierung der bAV verwendet wird, kann man vertreten, dass kein Verstoß gegen die Zweckbindung vorliegt. Eine derartige dauerhafte Mittelverwendung für Zwecke der bAV dürfte als sichergestellt angesehen werden können, wenn der Arbeitgeber die ausgekehrten Deckungsmittel für den Abschluss von Rückdeckungsversicherungen verwendet, die er an die Versorgungsberechtigten verpfändet.252 Alternativ kann der Arbeitgeber das Deckungskapital auch in eine Treuhandlösung zugunsten der Versorgungsberechtigten im Rahmen eines sog. Contractual Trust Arrangements (CTA) einbringen und somit dauerhaft durch die Einbindung eines Treuhänders sicherstellen, dass das Vermögen der Finanzierung der bAV dient.253 Zivilrechtlich wurde jedenfalls durch das Urteil des LAG München vom 10.05.2006254 bestätigt, dass ein Anspruch auf Rückübertragung besteht, wenn dem Unterstützungskassenvermögen keine Versorgungsansprüche mehr gegenüber stehen. Diese zivilrechtliche Rechtsprechung lässt den Schluss zu, dass der Arbeitgeber auch im Fall eines Durchführungswegewechsels einen Anspruch auf Rückübertragung der Deckungsmittel hat, sofern keine wirksamen satzungsrechtlichen Regelungen entgegenstehen. Denn die Unterstützungskasse ist gegenüber dem Arbeitgeber nicht mehr verpflichtet, Leistungen gegenüber den Versorgungsberechtigten zu erbringen. Der Arbeitgeber kann nicht über den rechtsgrundlosen Einbehalt des Deckungskapitals dauerhaft gezwungen sein, an einem Durchführungsweg festzuhalten, den er aus unternehmerischen Entscheidungen nicht mehr fördern

_____ 251 Ahrend/Förster/Rößler, 3.Teil Rn. 788. 252 Buttler/Baier, Rn. 57b. 253 Vgl. Kap. 8 Rn. 323 ff. 254 LAG München, Urt. v. 10.05.2006 – 9 Sa 999/05 – www.juris.de.

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möchte oder kann. Andernfalls wäre die zivilrechtliche Vertragsfreiheit durch steuerliche Restriktionen ausgehöhlt. Als weiteres Argument dafür, dass die Zweckbindung des Vermögens bei ei- 231 nem Wechsel zur Direktzusage gewahrt bleibt, kann R 5.4 Abs. 3 KStR herangezogen werden. Hier ist für den Fall des Ausscheidens eines Arbeitnehmers mit unverfallbaren Anwartschaften vorgesehen, dass die Unterstützungskasse nicht gegen die Zweckbindung verstößt, wenn sie das auf den ausgeschiedenen Arbeitnehmer entfallende Vermögen der Unterstützungskasse zur Abfindung von Versorgungsanwartschaften im Rahmen der Grenzen des § 3 Abs. 2 BetrAVG oder zur Übertragung nach § 4 BetrAVG vorsieht. Hieraus ergibt sich m.E., dass für betriebstreue Arbeitnehmer keine engeren Regelungen als für ausgeschiedene Arbeitnehmer gelten können. Somit kann eine Auskehrung des Kassenvermögens auch hier nicht gegen die Zweckbindung verstoßen, wenn die Verwendung für die bAV gesichert ist. In der Praxis ist es jedoch aufgrund der bislang nicht eindeutig geklärten Rechtslage zu empfehlen, einen etwaigen Durchführungswegewechsel hier mit der Finanzverwaltung abzustimmen. Anzumerken ist schließlich jedoch, dass aufgrund der Rechtsprechung des BGH vom 8.12.2016 klargestellt wurde, dass die in vielen Unterstützungskassensatzungen enthaltenen Ausschlüsse von Rückübertragungsansprüchen zivilrechtlich haltbar sind.255

b) Steuerliche Auswirkungen für den Versorgungsberechtigten In steuerlicher Hinsicht ergeben sich bei diesem Wechsel keine Beeinträchtigun- 232 gen für die Versorgungsberechtigten. Insofern ist die vorliegende Situation dem umgekehrten Wechsel von Direktzusage zur Unterstützungskasse vergleichbar.256

3. Auslagerung von Direktzusage auf Pensionsfonds Der Pensionsfonds wird derzeit in Deutschland in erster Linie als Durchführungs- 233 weg eingesetzt, um die Ausfinanzierung bereits bestehender Versorgungsanwartschaften oder schon laufender Versorgungsleistungen zu erreichen. Hier erfolgt regelmäßig ein sog. Wechsel des Durchführungsweges. In der Praxis kommt es häufig vor, dass der im Rahmen einer Direktzusage erdiente Teil auf einen Pensionsfonds nach § 3 Nr. 66 EStG ausgelagert wird. Hierauf bezieht sich auch die nachfolgende Darstellung. Daneben lässt aber § 3 Nr. 66 EStG auch die Auslagerung von Leistungen, die über eine Unterstützungskasse in Aussicht gestellt worden sind, auf einen Pensionsfonds zu. Auch wenn dieser Wechsel grundsätzlich einem anderen steuerlichen Regime folgt und anders als Direktzusage und Unterstützungskassenversor-

_____ 255 BGH, Urt. v. 8.12.2016 – IX ZR 257/15 – DB 2017, 210. 256 Rn. 222 ff.

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gung nicht zu internen, sondern zu externen Durchführungswegen zählt, ist hier der Wechsel ausdrücklich steuerlich begleitet anders als sonstige Wechsel von internen zu externen Durchführungswegen.

a) Steuerliche Behandlung beim Arbeitgeber 234 Auf Ebene des Arbeitgebers führt ein Wechsel des Durchführungsweges dazu, dass

die steuerlich nach § 6a Abs. 1 EStG gebildeten Pensionsrückstellungen gewinnerhöhend aufzulösen sind. Für die Übernahme der Versorgungsverpflichtungen erhebt der Pensionsfonds einen Beitrag. Dieser ist im Rahmen des § 4e EStG als Betriebsausgabe für den Arbeitgeber abzugsfähig.

aa) Gegen laufenden Beitrag 235 Bei einem Wechsel des Durchführungsweges gegen laufenden Beitrag wird es re-

gelmäßig zu einem Ertrag kommen. Insbesondere wenn die Versorgungszusagen schon längere Zeit laufen und es sich nicht nur um Kleinstanwartschaften handelt, werden die aufzulösenden Pensionsrückstellungen regelmäßig den jährlich zu entrichtenden Beitrag übersteigen.

bb) Gegen Einmalbeitrag 236 Erfolgt dagegen der Wechsel des Durchführungsweges gegen Zahlung eines Einmalbeitrages, so wird dieser in der Regel die Höhe der aufgelösten Pensionsrückstellungen kompensieren. Hierbei ist zu beachten, dass der Pensionsfonds bei Zahlung eines Einmalbeitrags auch berechtigt ist, die Versorgungsverpflichtung unter Einschluss einer versicherungsförmigen Garantie abzubilden, da § 236 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VAG nur vorschreibt, dass die Höhe der Leistungen dann nicht fest zugesagt werden darf, wenn künftige Beiträge zu entrichten sind.257 Somit kann der Pensionsfonds also die Versorgungszusage unter Einschluss oder (teilweisem) Ausschluss von versicherungsförmigen Garantien übernehmen. Dies hat Einfluss darauf, ob der Höchstrechnungszins nach § 240 Nr. 10 VAG i.V.m. § 22 Abs. 1 PFAV, der dem der Lebensversicherung entspricht, im Rahmen der Rechnungsgrundlagen zu berücksichtigen ist, oder ob ein höherer Rechnungszins herangezogen werden kann, der sich auf Basis eines sog. besten Schätzwertes und unter Berücksichtigung einer Sicherheitsspanne ergibt. Regelmäßig liegt dieser unter dem steuerlichen Zinssatz von 6% nach § 6a Abs. 3 S. 3 EStG. Grundsätzlich besteht für den Arbeitgeber die Möglichkeit, den über die Pen237 sionsrückstellung hinausgehenden Beitrag im Jahr der Umstellung vollständig als

_____ 257 Siehe auch Kap. 1 Rn. 440.

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Betriebsausgaben abzuziehen. Dann kommt es allerdings bei den Arbeitnehmern zu einem entsprechenden lohnsteuerlichen Zufluss. Dies dürfte den Wechsel des Durchführungsweges für den Arbeitgeber erheblich erschweren, da die Versorgungsberechtigten durch den steuerlichen Zufluss einen Nachteil hätten, der ihrer Zustimmung bedarf. Da der Pensionsfonds aber gerade geschaffen wurde, um die externe Finan- 238 zierung der bAV zu fördern, hat der Gesetzgeber nach § 3 Nr. 66 EStG die Übernahme einer unmittelbaren Versorgungszusage steuerfrei gestellt. Bedingung ist allerdings, dass der Arbeitgeber einen Antrag nach § 4e Abs. 3 EStG stellt. Dies wiederum bedeutet für den Arbeitgeber, dass er im Jahr der Übernahme lediglich die Beiträge an den Pensionsfonds als Betriebsausgaben in der Höhe abziehen darf, die der Höhe der aufgelösten Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG entspricht. Der darüber hinaus gehende Beitrag ist in den der Übernahme folgenden 10 Wirtschaftsjahren gleichmäßig verteilt als Betriebsausgaben abziehbar (§ 4e Abs. 3 S. 3 EStG). Ferner stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber auch die zukünftig noch zu er- 239 dienenden Anwartschaften auf den Pensionsfonds im Rahmen eines Durchführungswegewechsels übertragen kann. Das hat in erster Linie lohnsteuerliche Folgen für den Arbeitnehmer hat und wird deshalb im Folgenden behandelt.258

b) Steuerliche Behandlung beim Arbeitnehmer aa) Anwartschaftsphase Der Beitrag des Arbeitgebers (Trägerunternehmen) an den Pensionsfonds in der 240 Anwartschaftsphase stellt grundsätzlich eine lohnsteuerpflichtige Leistung dar. Allerdings stellt § 3 Nr. 66 EStG die Leistungen des Arbeitgebers an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen und Versorgungsanwartschaften steuerfrei, wenn der Arbeitgeber auf den sofortigen Betriebsausgabenabzug verzichtet.259 Damit erfasst § 3 Nr. 66 EStG nur den bereits erdienten Teil einer Direktzusage.260 Fraglich ist ferner, was mit dem Future-Service (dem noch zu erdienenden Teil der Versorgungszusage) geschieht. Der Arbeitgeber könnte diese gegen laufenden Beitrag auf den Pensionsfonds übertragen. Dies hätte zur Folge, dass für die Arbeitnehmer nach § 3 Nr. 63 EStG jährlich 8% der BBG an den Pensionsfonds gezahlt werden könnten. Wenn dieser Betrag jedoch nicht ausreicht, hätte es zur Folge, dass den Arbeitnehmern die darüber hinaus geleisteten Beiträge zufließen und mit dem individuellen Steuersatz zu versteuern sind.

_____ 258 Rn. 240 ff. 259 Rn. 238. 260 Ahrend/Förster/Rößler, 5a.Teil Rn. 327.

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Fraglich ist, was unter einer Übernahme zu verstehen ist, da dieser Begriff zivilrechtlich nicht belegt ist. Da im Bereich des Betriebsrentenrechts eine befreiende Schuldübernahme abschließend in § 4 BetrAVG geregelt ist und einen Arbeitgeberwechsel (§ 4 Abs. 2 BetrAVG) oder die Übertragung auf eine Liquidationsversicherung (§ 4 Abs. 4 BetrAVG) erfordert,261 kommt diese nicht in Betracht. Dies verstieße zusätzlich gegen den Grundsatz in der bAV, dass der Arbeitgeber nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG subsidiär haftet.262 Allerdings könnte es sich auch um einen Schuldbeitritt mit Erfüllungsübernahme handeln. Dies hätte aber zivilrechtlich gesehen den Nachteil, dass es zu einer Gesamtschuldnerschaft von Pensionsfonds und Arbeitgeber käme und der Versorgungsberechtigte sich letztlich aussuchen könnte, von wem er die Leistungen verlangt. Da aber insbesondere in der Leistungsphase auch steuerliche Unterschiede bestehen können, ist dieser Weg nicht zielführend.

3 Praxistipp Daher hat sich in der Praxis die Auffassung durchgesetzt, dass hiermit der gesetzlich nicht definierte Wechsel des Durchführungsweges gemeint ist.263

bb) Leistungsphase 242 In der Leistungsphase richtet sich die Besteuerung danach, ob die Versorgung

eines Leistungsempfängers oder eines Anwärters vom Pensionsfonds übernommen wurde. Übernahme von laufenden Leistungen 243 Laufende Leistungen werden im Durchführungsweg der Direktzusage als nachgelagerter Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG besteuert. Somit wird der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nach § 19 Abs. 2 EStG und der Werbungskostenpauschbetrag nach § 9a Nr. 1b) EStG gewährt.264 Mit dem Wechsel des Durchführungsweges erfolgt die Besteuerung als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG. Allerdings regelt § 22 Nr. 5 S. 11 EStG, dass der Versorgungsfreibetrag, der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag und der Werbungskostenpauschbetrag nach § 9a Nr. 1 EStG weiterhin Anwendung findet. Dies bedeutet, dass sich zwar die Einkunftsart ändert, aber die mit der vorherigen Einkunftsart gewährten Vergünstigungen erhalten bleiben. Lediglich werden die Leistungen nicht im Lohnsteuerabzugsverfahren einbehalten, sondern brutto ausgezahlt.

_____ 261 Siehe im Detail Kap. 8 Rn. 449 ff. 262 Siehe im Detail Kap. 1 Rn. 683 ff. 263 Ahrend/Förster/Rößler, 5a.Teil Rn. 329. 264 Vgl. Rn. 125.

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Übernahme von Anwartschaften Für Versorgungsanwärter gilt die vorab genannte Übergangsregelung nicht. Soweit 244 die Leistungen auf steuerfreien Beiträgen nach § 3 Nr. 63 und/oder Nr. 66 EStG beruhen, sind diese als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 EStG steuerpflichtig. Hier kann es zumindest bei Versorgungsanwärtern, deren Renteneintritt noch vor dem Jahr 2040 liegt, theoretisch zu einer Verschlechterung im Hinblick auf die NettoLeistung kommen, weil die Versorgungsberechtigten im Leistungsfall keinen Versorgungsfreibetrag und keinen Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nach § 19 Abs. 2 EStG erhalten. Allerdings erhält der Arbeitnehmer die Bruttoversorgungsleistung vorab und hat somit auch einen entsprechenden Zinsvorteil. Ferner ist auch zu berücksichtigen, ob z.B. ein verbleibender Teil in der Direktzusage nicht sogar dazu führt, dass der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag noch vollständig genutzt werden kann und somit auch bei einer Netto-Betrachtung keine Verschlechterung eintritt. Dies wiederum bewirkt, dass die auf individuell versteuerten Beiträgen beru- 245 henden Leistungen lediglich mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) EStG zu besteuern sind. Ferner ist denkbar, dass der Arbeitgeber für den Future Service einen weiteren Durchführungsweg wählt und somit nur den Past-Service auf den Pensionsfonds überträgt. Hier bietet sich aufgrund der weiterreichenden Dotierungsmöglichkeiten grundsätzlich die Unterstützungskasse an. Zuletzt besteht auch die Möglichkeit, die unmittelbare Versorgungszusage nicht komplett untergehen zu lassen, sondern die Pensionsfondszusage additiv zu gestalten und die Leistungen aus der Pensionsfondszusage auf die unmittelbare Zusage anzurechnen, um weiterhin Pensionsrückstellungen bilden zu können. Fraglich ist jedoch, ob die steuerliche Rückstellungsbildung dadurch insgesamt gefährdet wird. Dies könnte man bejahen, wenn eine (bspw. jährlich) wiederkehrende Auslagerung der jeweils bis zu diesem Zeitpunkt erneut entstandenen Anwartschaften z.B. fest mit dem Pensionsfonds vertraglich vereinbart wurde, da dies die Ernsthaftigkeit der Zusage nach § 6a Abs. 1 EStG in Frage stellen könnte.265

4. Auslagerung von Unterstützungskasse auf einen Pensionsfonds Übernimmt ein Pensionsfonds nach § 3 Nr. 66 EStG Versorgungsleistungen oder 246 Anwartschaften von einer Unterstützungskasse in versicherungsförmiger Weise, so zahlt die Unterstützungskasse als Ablösungszahlung den versicherungsmathematischen Barwert nach § 4 Abs. 5 BetrAVG. Erfolgt die Übernahme nicht versicherungsförmig, so können variable Beiträge mit Nachschussverpflichtung vereinbart

_____ 265 Vgl. auch Erlass BMF v. 6.12.2017IV C 5 – S 2333/17/10002 – Rn. 56.

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werden.266 Der Arbeitgeber kann die hierzu erforderlichen Mittel der Unterstützungskasse nach § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. d) EStG zuwenden.267 3 Praxistipp Auch hier muss der Arbeitgeber, wenn er den lohnsteuerlichen Zufluss für die Arbeitnehmer vermeiden will, einen entsprechenden Antrag nach § 4d Abs. 3 EStG stellen. Dieser Wechsel ist dem Wechsel von der Direktzusage auf den Pensionsfonds vergleichbar: Insofern wird für Details auf die dort vorgenommenen Ausführungen verwiesen.268

a) Steuerliche Auswirkungen für die Unterstützungskasse 247 Im Hinblick auf die steuerlichen Auswirkungen für die Unterstützungskasse kommt

es wieder darauf an, ob die Auslagerung bei der Unterstützungskasse dazu führt, dass die steuerliche Zweckbindung durchbrochen wird. Hier gilt das schon beim Durchführungswegewechsel zur Direktzusage Gesagte.269

b) Steuerliche Auswirkungen für die Versorgungsberechtigten 248 Hier gelten die Ausführungen zum Wechsel des Durchführungsweges von der un-

mittelbaren Versorgungszusage auf den Pensionsfonds entsprechend.270

5. Sonstige Wechselsituationen a) Extern auf extern 249 Beim Durchführungswegewechsel von den drei als extern eingeordneten (mittelba-

ren) Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds ergeben sich insgesamt neun verschiedene Wechselsituationen. Da die steuerlichen Folgen aufgrund der weitegehend ähnlich steuerlichen Flankierung vergleichbar sind, erfolgt die Darstellung zusammenfassend.

aa) Steuerliche Auswirkungen für den Arbeitgeber 250 Hier werden die Deckungsmittel von einem externen Versorgungsträger auf einen anderen übertragen. Da dieses Deckungskapital aber aufgrund des nach § 1b Abs. 2

_____ 266 Zur versicherungsförmigen und zur nicht-versicherungsförmigen Ausgestaltung von Pensionsplänen siehe Kap. 1 Rn. 441 ff. 267 Blomeyer/Rolfs/Otto/Otto, BetrAVG, StR D Rn. 114. 268 Rn. 238. 269 Rn. 226 f. 270 Rn. 240 ff.

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BetrAVG zu gewährenden Bezugsrechts bzw. des nach § 1b Abs. 3 BetrAVG zu gewährenden eigenen Rechtsanspruchs zugunsten der Versorgungsberechtigten nicht mehr dem Vermögen des Arbeitgebers zugeordnet werden kann, ergibt sich auf der Ebene des Arbeitgebers durch die freiwerdenden Deckungsmittel kein Ertrag. Es kann aber zu außerordentlichen Aufwendungen kommen, wenn aufgrund geänderter Rechnungsgrundlagen des neuen Versorgungsträgers vom Arbeitgeber ein Nachschuss verlangt wird, um die zugesagten Leistungen zu finanzieren.

bb) Steuerliche Auswirkungen für den Versorgungsträger Sofern es sich bei dem abgebenden Versorgungsträger um eine steuerbefreite Pensi- 251 onskasse handelt, muss darauf geachtet werden, dass kein Verstoß gegen die Zweckbindung vorliegt.

cc) Steuerliche Auswirkungen für den Versorgungsberechtigten Solange das in den einzelnen Deckungsstöcken angesammelte Kapital weiterhin 252 versicherungsförmig bleibt, ergeben sich für die Versorgungsberechtigten keine steuerlichen Auswirkungen. Eine etwaig bisher gezahlte Lohnsteuer ist nicht zurückzuerstatten, genauso wenig wie die im Rahmen der Freistellung der Lohnsteuer im Rahmen der Grenzen des § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei eingezahlten Beträge aufgrund des Wechsels der Steuer unterliegen. Allerdings können beim Versorgungsberechtigten u.U. Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG entstehen, wenn durch die Übertragung der Deckungsmittel eine sog. Novation ausgelöst wird. Das heißt, die Übertragung wird als Abschluss eines neuen Versicherungsvertrages gewertet. Praxistipp 3 Daher ist nach dem Schreiben des BMF vom 22.8.2002 darauf zu achten, dass sich die Übertragung der Deckungsmittel als Fortsetzung der vorherigen Versicherung erweist.271 Dies setzt voraus, dass der bisherige Versicherer/Pensionskasse/Pensionsfonds keinen Stornoabzug und der neue Versicherer/Pensionskasse/Pensionsfonds keine Gesundheitsprüfung vornimmt und auch keine Abschlusskosten erhebt.

b) Extern auf intern Wird die bAV im Rahmen einer Direktversicherung, einer Pensionskasse oder eines 253 Pensionsfonds durchgeführt, so bildet das Lebensversicherungsunternehmen oder die Versorgungseinrichtung ein Deckungskapital zur dauernden Erfüllbarkeit der

_____ 271 Erlass BMF v. 22.8.2002 – IV C4 – S2221-211/02 – BStBl. I 2002 S. 827 Rn. 35.

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ursprünglich eingegangenen Verpflichtung. Wesensmerkmal der vorgenannten Durchführungswege ist, dass den Versorgungsberechtigten entweder ein sog. Bezugsrecht oder ein Rechtsanspruch auf die Leistungen zusteht. Dies ergibt sich bereits aus den Legaldefinitionen der einzelnen Durchführungswege in § 1b Abs. 2 und 3 BetrAVG.272

aa) Steuerliche Auswirkungen für den Arbeitgeber 254 Im Rahmen eines Wechsels von einem externen Durchführungsweg zu einer Direktzusage fließt das vom Arbeitgeber jeweils an das Lebensversicherungsunternehmen bzw. die Versorgungseinrichtung gezahlte Deckungskapital im Wege eines Rückkaufs zurück. Dieser ist für den Durchführungsweg Direktversicherung und Pensionskasse in § 169 VVG geregelt. Auf den Pensionsfonds findet zwar das VVG nach der Gesetzesbegründung keine unmittelbare Anwendung, man wird aber den Rechtsgedanken des Deckungsmittelrückkaufs auch auf den Pensionsfonds übertragen müssen. Die Beiträge an eine Direktversicherung, eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds stellen Arbeitslohn nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 LStDV dar. Steuerlich gesehen ist der Rückkauf der Deckungsmittel eine Rückzahlung von Arbeitslohn an den Arbeitgeber. Diese erhöhen beim Arbeitgeber im Zeitpunkt der Rückzahlung ertragsteuerlich gesehen den Gewinn. Dafür erteilt der Arbeitgeber eine unmittelbare Versorgungszusage. Ob der Rückkaufswert der Versorgung und die in dem Jahr des Durchführungswegewechsels erforderliche Rückstellungsbildung sich kompensieren, hängt von der Dauer des Bestehens der Versorgungszusage ab. Sofern die geleisteten Beiträge pauschal oder individuell versteuert wurden, kann dies zu einem Lohnsteuererstattungsanspruch des Arbeitgebers führen. Bemessungsgrundlage sind aber dann nicht die geleisteten Beiträge, sondern das zurückgezahlte Deckungskapital. Der Arbeitgeber kann die Steuererstattung nur für sich behalten, wenn er die Steuer getragen hat, ansonsten muss er die Erstattung weiterreichen.

bb) Steuerliche Auswirkungen für den Versorgungsträger 255 Sofern es sich bei dem abgebenden Versorgungsträger um eine steuerbefreite Pensionskasse handelt, ist darauf zu achten, dass es nicht zu einem Verstoß gegen die Zweckbindung des Kassenvermögens kommt.273

_____ 272 Kap. 1 Rn. 374, 410, 426. 273 Rn. 188, 181.

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cc) Steuerliche Auswirkungen für den Versorgungsberechtigten Die Deckungsmittelrückübertragung löst beim Arbeitnehmer keine Lohnsteuer 256 aus. Das Leistungsversprechen aus der Direktzusage löst ebenfalls keinen steuerlichen Zufluss aus. Erst die späteren Leistungen werden nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG besteuert. Eventuell fällt Kapitalertragsteuer wegen des vorzeitigen Rückkaufs nach § 20 257 Abs. 1 Nr. 6 EStG an. Diese ist aber vom Arbeitgeber zu tragen.

II. Übertragung von Versorgungsanwartschaften bei Arbeitgeberwechsel 1. Unterschiedliche Übertragungsvorgänge und steuerliche Flankierung Die Mitnahmemöglichkeiten von Versorgungsanwartschaften bei einem Arbeitge- 258 berwechsel sind seit dem 1.1.2005 durch Änderungen im Rahmen des § 4 BetrAVG und die steuerliche Flankierung im Rahmen des § 3 Nr. 55 ESt wesentlich erleichtert worden. Im Bereich der einvernehmlichen Übertragung stehen grundsätzlich zwei Mög- 259 lichkeiten offen: ■ Wie auch schon vor 2005 kann die Versorgungszusage von einem neuen Arbeitgeber unverändert im Rahmen einer sog. Schuldübernahme nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG übernommen werden.274 ■ Es kann aber auch nur lediglich der Wert der vom Arbeitnehmer beim bisherigen Arbeitgeber erworbenen unverfallbaren Anwartschaft (sog. Übertragungswert, § 4 Abs. 5 BetrAVG) auf den neuen Arbeitgeber übertragen werden. Der neue Arbeitgeber erteilt dem Arbeitnehmer eine wertgleiche Zusage.275 Neben der einvernehmlichen Übertragung steht dem Arbeitnehmer aber auch ein 260 Rechtsanspruch auf Übertragung nach § 4 Abs. 3 BetrAVG zu, wenn die Versorgung über die Durchführungswege Direktversicherung, Pensionskasse- und Pensionsfonds durchgeführt wird, die Zusage nach 2004 erteilt wurde der Übertragungswert die BBG der Rentenversicherung nicht übersteigt.276 Praxistipp 3 Die Übertragung als Schuldübernahme nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG kennt keine eigene steuerliche Flankierung. Das ist aber auch nicht erforderlich, da die reine Schuldübernahme kein steuerpflichtiges Einkommen beim Versorgungsanwärter auslöst. Bei den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds erfolgt sie derart, dass lediglich der Vertragspartner des

_____ 274 Kap. 8 Rn. 459 ff. 275 Kap. 8 Rn. 468 ff. 276 Kap. 8 Rn. 479 ff.

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externen Versorgungsträgers wechselt. Die Rechte des Versorgungsanwärters und die bis zum Übertragungszeitpunkt angesammelten Deckungsmittel bleiben gleich. Es kommt nicht zu einem Zufluss nach § 11 EStG.277

261 Wenn der Leistungsinhalt aus einer unmittelbaren Versorgungszusage (Direktzu-

sage) oder einer Unterstützungskassenzusage vom neuen Arbeitgeber übernommen wird, erhält der neue Arbeitgeber üblicherweise hierfür ein Entgelt vom bisherigen Arbeitgeber. Hierdurch entsteht aber ebenfalls kein steuerpflichtiges Einkommen beim wechselnden Arbeitnehmer, denn der Wert seines Versorgungsrechtes ändert sich nicht. Auch hier wird lediglich der Schuldner ausgetauscht, vergleichbar mit der Übertragung des Bankguthabens eines Arbeitnehmers von einer zu einer anderen Bank. Solange die Zusage auch nach der Übernahme unverändert bleibt, werden die 262 späteren Versorgungsleistungen trotz der Übernahme so besteuert, als ob diese nicht stattgefunden hätte. Der Leistungsinhalt und auch der Durchführungsweg sowie der eventuell eingeschaltete externe Versorgungsträger bleiben insoweit erhalten278 Die in § 4 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 BetrAVG vorgesehene Übertragung des Wer263 tes der vom Arbeitnehmer beim bisherigen Arbeitgeber erworbenen unverfallbaren Anwartschaft auf einen neuen Arbeitgeber wird steuerlich durch § 3 Nr. 55 EStG flankiert. Insoweit hat der Gesetzgeber die Mitnahme von Versorgungsanwartschaften auf einen neuen Arbeitgeber oder dessen Versorgungsträger wesentlich erleichtert. Es genügt, nur deren Wert – den Übertragungswert i. S. v. § 4 Abs. 5 BetrAVG – zu übertragen, während der Leistungsinhalt völlig verändert werden kann.279 So kann im Falle einer Zusage auf eine Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenleistung der neue Arbeitgeber eine Zusage nur auf eine Alters- und Hinterbliebenenleistung erteilen. Insofern unterscheiden sich die Fälle des § 4 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 BetrAVG grundlegend von dem des § 4 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG, der grundsätzlich von einer Übertragung des unveränderten Leistungsinhaltes ausgeht. Der § 3 Nr. 55 EStG stellt sicher, dass bei einem Arbeitgeberwechsel der nach § 4 Abs. 5 BetrAVG zu leistende Übertragungswert für den Arbeitnehmer steuerfrei bleibt, wenn die sowohl beim alten als auch beim neuen Arbeitgeber über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung durchgeführt wird (§ 3 Nr. 55 S. 1 EStG). Das Gleiche gilt, wenn beide Arbeitgeber die bAV über eine unmittelbare Versorgungszusage (Direktzusage) und/oder über eine Unterstützungskasse abwickeln (§ 3 Nr. 55 S. 2 EStG). Für die Steuerfreiheit ist es nicht Vorausset-

_____ 277 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer/Veit, BetrAVG, Bd. II, Kap. 38 Rn. 76. 278 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer/Veit, BetrAVG, Bd. II, Kap. 38 Rn. 78. 279 Arbeitsrechtlich allerdings sind die Grundsätze der Zulässigkeit einer Änderung von Versorgungszusagen zu beachten, siehe Kap. 9 Rn. 2 ff.

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zung, dass beide Arbeitgeber den gleichen Durchführungsweg gewählt haben. Es muss lediglich sichergestellt sein, dass der Wechsel innerhalb der externen Durchführungswege (Direktversicherungs-, Pensionskassen- oder Pensionsfondszusage) oder innerhalb der internen Durchführungswege (unmittelbare Versorgungszusage sowie Unterstützungskassenzusage) erfolgt.280 Um zu verhindern, dass die steuerliche Behandlung der vor der Übertragung an 264 einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung geleisteten Beiträge rückabgewickelt werden müssen, sieht § 3 Nr. 55 S. 3 EStG vor, dass die auf dem Übertragungswert beruhenden Versorgungsleistungen zu den Einkünften zählen, zu denen die Leistungen gehören würden, wenn die Übertragung nicht stattgefunden hätte. Für die Besteuerung der Versorgungsleistungen bleibt damit die steuerliche Behandlung der Beiträge vor der Übertragung maßgebend. Allerdings gilt dies nur, wenn die Übertragung jeweils innerhalb der Gruppe der externen oder der internen Durchführungswege stattfindet. Beruhen bei einer Übertragung zwischen versicherungsförmigen Durchführungswegen die späteren Versorgungsleistungen des Versorgungsträgers auf nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfreien Beiträgen, sind sie nach § 22 Abs. 5 EStG zu versteuern. Das Gleiche gilt, wenn sie auf mit Altersvorsorgezulage bzw. zusätzlichem Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG geförderten Beiträgen beruhen. Es greift also die sog. „nachgelagerte Besteuerung“ bei der der Beitrag steuerfrei bleibt oder zulagenbegünstigt ist, jedoch die spätere Versorgungsleistung „voll“ besteuert wird. Beruhen die Versorgungsleistungen dagegen auf individuell oder pauschal besteuerten Beiträgen, so gehören sie zu den Einkünften im Sinne von § 22 Nr. 1 S. 3a) aa) oder bb) EStG, wenn sie als Leibrenten gewährt werden. Für die Besteuerung der Versorgungsleistungen bleibt auch bei einer Übertragung zwischen nicht versicherungsförmigen Durchführungswegen die steuerliche Behandlung der Beiträge vor der Übertragung maßgebend (§ 3 Nr. 55 S. 3 EStG). Da es bei den vorgenannten Durchführungswegen in der Anwartschaftsphase an einem lohnsteuerrechtlichen relevanten Zufluss fehlt, greift die Besteuerung der späteren Versorgungsleistungen nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG.281

2. Steuerliche Flankierung der Liquidationsdirektversicherung Wenn ein Unternehmen seine Betriebstätigkeit einstellt und liquidiert wird, so 265 stellt sich die Frage, was mit der bAV passiert. Denn grundsätzlich stellen Anrechte auf bAV Schulden des Unternehmens dar. Diese müssen von einem Dritten übernommen werden, damit die Liquidation der Gesellschaft erfolgen kann. § 4 Abs. 4 BetrAVG sieht hierzu vor, dass Lebensversicherungsunternehmen und Pensionskassen die bAV übernehmen können, sofern die Betriebstätigkeit eingestellt und eine

_____ 280 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer/Veit, BetrAVG, Bd. II, Kap. 38 Rn. 79 f. 281 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer/Veit, BetrAVG, Bd. II, Kap. 38 Rn. 81 ff.

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Liquidation betrieben wird.282 Diese arbeitsrechtliche Vorschrift ist mittlerweile auch steuerrechtlich durch den § 3 Nr. 65 S. 1 lit. b) EStG flankiert. Übernimmt also ein Lebensversicherungsunternehmen oder eine Pensionskasse 266 die Versorgungsverpflichtungen, so muss das Unternehmen die handels- und steuerrechtlich gebildeten Pensionsrückstellungen gewinnerhöhend auflösen. Dem steht ein Betriebsausgabenabzug für den Abschluss der Liquidationsversicherung gegenüber. In der Regel wird der an das Lebensversicherungsunternehmen zu leistende Beitrag die Höhe der Pensionsrückstellungen übersteigen, da die Lebensversicherer und Pensionskassen vorsichtig kalkulieren müssen. Für die Versorgungsberechtigten bedeutet die Zahlung des Beitrags an ein 267 Lebensversicherungsunternehmen bzw. eine Pensionskasse wie oben dargestellt grundsätzlich einen lohnsteuerlichen Zufluss. Allerdings stellt § 3 Nr. 65 S. 1 lit. b) EStG diese Leistungen gerade von der Steuerpflicht frei. Ebenso regelt § 3 Nr. 65 S. 2 und 3 EStG, dass die Leistungen aus der Versicherung oder Pensionskasse so zu versteuern sind, wie sie zu versteuern wären, wenn die Übertragung nicht stattgefunden hätte. 3 Praxistipp Das heißt bei einer Übertragung einer Direktzusage oder einer Unterstützungskassenzusage auf eine Liquidationsversicherung, werden die Leistungen aus der Versicherung weiterhin wie nachgelagerter Arbeitslohn nach § 19 EStG besteuert. Das bedeutet auch, dass der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag erhalten bleiben.283

III. Abfindung von Versorgungsanwartschaften 268 Bei der Abfindung von Versorgungsanwartschaften ist zu unterscheiden, ob es sich

um eine Anwartschaft in einem internen Durchführungsweg oder einen externen Durchführungsweg handelt.284 Bei einem internen Durchführungsweg (Direktzusage und Unterstützungs269 kasse) ist die Abfindung wie Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 EStG zu versteuern. Ggf. ist es möglich, die Fünftelungsregelung nach § 34 EStG anzuwenden. Sofern es sich um eine Abfindung einer unverfallbaren Anwartschaft und nicht um die Abfindung einer Kleinstrente handelt, kommt allerdings hier die Anwendung des § 19 Abs. 2 EStG nicht in Betracht, da ein Versorgungsbezug erst gegeben ist, wenn das 63. bzw. im Fall der Schwerbehinderung das 60. Lebensjahr vollendet ist. Bei den externen Durchführungswegen (Direktversicherung, Pensionskasse 270 und Pensionsfonds) kommt es in der Regel bei der Abfindung zu einem Rückkauf

_____ 282 Kap. 8 Rn. 502 ff. 283 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer/Veit, BetrAVG, Bd. II, Kap. 38 Rn. 122. 284 Kap. 8, Rn. 101 ff.

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des Vertrages. Das bedeutet, dass sich die steuerliche Behandlung danach richtet, wie auch die Beiträge besteuert wurden. Wurden diese nach § 3 Nr. 63 EStG gefördert, so sind die Leistungen aus einer Abfindung sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 EStG und somit voll zu versteuern. Handelt es sich dagegen um einen alten Vertrag, bei dem die Beiträge nach § 40b EStG versteuert wurden, so wird die Leistung mit dem Ertragsanteil besteuert. Handelt es sich um eine alte Kapitalversicherung und läuft diese schon mindestens 12 Jahre, so ist die Abfindung daraus steuerfrei.285

IV. Bestandsübertragungen § 3 Nr. 55c S. 2 lit. a) EStG begünstigt die Übertragung von Anwartschaften aus der 271 bAV über eine Pensionskasse, einen Pensionsfonds oder eine Direktversicherung auf einen anderen Versorgungsträger und/oder Durchführungsweg dieser Durchführungswege. Dies gilt auch bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis. Es darf beim Wechsel des Versorgungsträgers und/oder des Durchführungswegs nur nicht zu einer unmittelbaren Zahlung an den Arbeitnehmer kommen. Auch der Wechsel des Versorgungsträgers und/oder des Durchführungswegs zwischen einer Direktzusage und einer Unterstützungskasse und umgekehrt löst unter diesen Bedingungen beim Versorgungsberechtigten keinen Zufluss aus, da beide Durchführungswege nachgelagert besteuert sind. Die Leistungen des neuen Versorgungsträgers unterliegen (weiterhin) der nachgelagerten Besteuerung. Ein Wechsel des Versorgungsträger und/oder des Durchführungswegs von Pen- 272 sionskasse, Pensionsfonds oder Direktversicherung hin zu einer Direktzusage oder einer Unterstützungskasse löst beim Versorgungsberechtigten ebenfalls keine lohnsteuerlichen Folgen aus. Hier unterliegen erst die Leistungen aus der Versorgung der Besteuerung. Wird der Versorgungsträger und/oder der Durchführungsweg hingegen umgekehrt von einer Direktzusage oder einer Unterstützungskasse gewechselt zu einer Pensionskasse, einem Pensionsfonds oder einer Direktversicherung, so stellen die Leistungen des Arbeitgebers an den externen Versorgungsträger Arbeitslohn im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 3 LStDV dar, so dass im Zeitpunkt des Wechsels grundsätzlich ein lohnsteuerlicher Zufluss beim Versorgungsberechtigten eintritt. Allerdings kann unter den Voraussetzungen des § 3 Nr. 66 EStG eine Ausnahme bestehen, wenn von einer Direktzusage oder einer Unterstützungskasse zu einem Pensionsfonds gewechselt wird.286

_____ 285 Rn. 151. 286 Siehe Rn. 233 ff., 246 ff.

Wilhelm-Werkle

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Kapitel 2 Steuerrecht der bAV

Wilhelm-Werkle

A. Einleitung

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Kapitel 3* bAV im Beitragsrecht der Sozialversicherung Kapitel 3 bAV im Beitragsrecht der Sozialversicherung A. Einleitung

A. Einleitung https://doi.org/10.1515/9783110275247-003

Schwebe

Die Aufwendungen zur bAV sowie die Versorgungsleistungen können zum bei- 1 tragspflichtigen Arbeitsentgelt zählen, für das Beiträge in der Sozialversicherung abzuführen sind. Dabei ist in vielfacher Hinsicht zu differenzieren. Der Versorgungsberechtigte kann der Beitragspflicht in der Anwartschaftsphase (als Versorgungsanwärter) und/oder in der Leistungsphase (als Versorgungsempfänger) des Versorgungsverhältnisses unterliegen. In den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung ist die Beitragspflicht unterschiedlich ausgeformt und in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ist zwischen pflichtversicherten und freiwilligen Mitgliedern zu unterscheiden. Darüber hinaus werden Renten- und Kapitalleistungen unterschiedlich behandelt. Rechtsgrundlage für die sog. Verbeitragung stellt das Sozialgesetzbuch, ins- 2 besondere mit seinem Vierten Buch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung), Fünften Buch (Gesetzliche Krankenversicherung), Sechsten Buch (Gesetzliche Rentenversicherung) und Elften Buch (Soziale Pflegeversicherung) dar. Hilfreich für das Verständnis und die Behandlung sind dabei die Rundschreiben und Besprechungsergebnisse des GKV-Spitzenverbands.1 Für die sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Sonderthemen wird auf 3 die jeweiligen Kapitel verwiesen: Versorgungsausgleich in der bAV siehe Kap. 11, bAV für besondere Personengruppen siehe Kap. 13 und Zeitwertkonten siehe Kap. 14.

B. In der Anwartschaftsphase B. In der Anwartschaftsphase I. Aufwendungen zur kapitalgedeckten bAV Die beitragsrechtliche Behandlung von Aufwendungen zur bAV stellt darauf ab, ob 4 Arbeitsentgelt i.S.v. § 14 SGB IV vorliegt. Dabei wird grundsätzlich an ihre steuerliche Bewertung angeknüpft. Es muss daher zunächst festgestellt werden, wie die

_____ * Die im Rahmen dieses Kapitels geäußerten Ansichten spiegeln ausschließlich die persönliche Meinung der Autorin wider. 1 Der GKV-Spitzenverband ist der Spitzenverband Bund der Krankenkassen gemäß § 217a SGB V; Rundschreiben und Besprechungsergebnisse sind z.B. abrufbar unter: https://www.aok.de/fk/ sozialversicherung.

Schwebe https://doi.org/10.1515/9783110275247-003

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Kapitel 3 bAV im Beitragsrecht der Sozialversicherung

Aufwendungen steuerlich zu beurteilen sind.2 Darüberhinausgehend sind jedoch auch Besonderheiten aus sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften und Rechtsprechung zu beachten.3

1. Direktzusage und Unterstützungskassenzusage 5 Bei Aufwendungen des Arbeitgebers zu Direktzusagen und Unterstützungskassen

handelt es sich nicht um Arbeitsentgelt nach § 14 Abs. 1 SGB IV. Denn Rückstellungen zu Direktzusagen und Beiträge/Zuwendungen zu Unterstützungskassen sind keine Einnahmen im steuerrechtlichen Sinne. Die Arbeitgeberrückstellungen und -beiträge in diesen Durchführungswegen sind daher in der Sozialversicherung beitragsfrei. Für Arbeitgeberaufwendungen gibt es sozialversicherungsrechtlich keine Höchstbeträge. Beiträge, die vom Arbeitnehmer im Wege der Entgeltumwandlung zu Direkt6 zusagen und Unterstützungskassen aufgewendet werden, gelten nach § 14 Abs. 1 S. 2 SGB IV bis zu 4% der BBG der allgemeinen Rentenversicherung nicht als sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt und sind somit beitragsfrei. Dabei ist es unerheblich ist, ob die Aufwendungen aus dem laufenden Arbeitsentgelt oder aus Einmalzahlungen finanziert werden.

2. Direktversicherungs-, Pensionskassen-, Pensionsfondszusage a) Steuerfreie Beiträge zu Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds (§§ 3 Nr. 63 S. 1 und 100 Abs. 6 S. 1 EStG) 7 Nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 SvEV sind die nach §§ 3 Nr. 63 S. 1 und 2 sowie 100 Abs. 6 S. 1 EStG steuerfreien Beiträge/Zuwendungen zu Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds im Kalenderjahr bis zur Höhe von insgesamt 4% der BBG der allgemeinen Rentenversicherung nicht dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen und somit beitragsfrei. Dies gilt auch für darin enthaltene Beträge, die aus einer Entgeltumwandlung stammen. Die Aufwendungen können sowohl aus dem laufenden Arbeitsentgelt als auch aus Einmalzahlungen finanziert werden. Die Beitragsfreiheit der Aufwendungen zu Direktversicherung, Pensionskasse 8 und Pensionsfonds (aus Arbeitgeberfinanzierung und Entgeltumwandlung) ist insgesamt auf 4% der BBG der allgemeinen Rentenversicherung begrenzt – auch

_____ 2 Siehe Kap. 2. 3 Zuwendungen an umlagefinanzierte Versorgungen siehe: Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger vom 21.11.2018, Beitragsrechtliche Beurteilung von Beiträgen und Zuwendungen zum Aufbau einer bAV, Abschnitt 6, S. 45 ff.

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B. In der Anwartschaftsphase

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wenn seit 1.1.2018 ein höherer Betrag steuerfrei verwendet werden kann (gemäß § 3 Nr. 63 S. 1 EStG max. 8% der BBG und gemäß § 100 Abs. 6 S. 1 EStG max. 480 € im Kalenderjahr4).

b) Pauschal besteuerte Beiträge zu Direktversicherung und Pensionskasse (§ 40b EStG a.F.) Nach § 40b Abs. 1 und 2 EStG a.F.5 pauschal besteuerte Beiträge zu Direktversiche- 9 rungen und Pensionskassenverträgen, die vor dem 1.1.2005 abgeschlossen wurden (Altzusagen),6 sind nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SvEV sozialversicherungsrechtlich dann kein Arbeitsentgelt, wenn es sich bei den Versicherungsbeiträgen um zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers handelt, die neben dem laufenden Arbeitsentgelt gezahlt werden. Werden pauschal besteuerte Beiträge durch Entgeltumwandlung finanziert, so 10 sind diese nur dann gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SvEV beitragsfrei, wenn für die Beiträge Einmalzahlungen im Sinne des § 23a SGB IV verwendet werden. Praxistipp 3 Einmalzahlungen werden nicht dem laufenden Arbeitsentgelt zugerechnet, sondern als zusätzliche Leistung des Arbeitgebers qualifiziert. Allerdings verliert eine Einmalzahlung ihren Charakter als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne des § 23a SGB IV, wenn sie in jedem Kalendermonat zu einem Zwölftel ausgezahlt wird. Dann ist die Einmalzahlung als laufendes Arbeitsentgelt einzustufen.

Wird für pauschal besteuerte Versicherungsbeiträge laufendes Arbeitsentgelt 11 verwendet, wird das beitragspflichtige Arbeitsentgelt dadurch nicht gemindert (Nettoentgeltverwendung). Das bedeutet, dass die aus dem laufenden Arbeitsentgelt finanzierten Versicherungsbeiträge der Beitragspflicht in der Sozialversicherung unterliegen, auch wenn die Versicherungsbeiträge nach § 40b EStG a.F. pauschal besteuert werden. Werden pauschal besteuerte Versicherungsbeiträge teils aus laufendem Arbeitsentgelt und teils aus Einmalzahlungen finanziert, so unterliegt nur der Beitragsteil aus der Einmalzahlung nicht der Beitragspflicht in der Sozialversicherung.

c) Sicherungsbeitrag zur reinen Beitragszusage (§ 3 Nr. 63a EStG) Der Sicherungsbeitrag des Arbeitgebers zur reinen Beitragszusage (§§ 1 Abs. 2 Nr. 2a, 12 23 Abs. 1 BetrAVG) ist nach § 3 Nr. 63a EStG steuerfrei, soweit er nicht unmittelbar

_____ 4 Siehe Kap. 2 Rn. 113 ff, 131 ff. 5 § 40b EStG in der bis zum 31.12.2004 gültigen Fassung. 6 Siehe Kap. 2 Rn. 146 ff.

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Kapitel 3 bAV im Beitragsrecht der Sozialversicherung

dem einzelnen Arbeitnehmer direkt gutgeschrieben oder zugerechnet wird.7 Bei derartigen Sicherungsbeiträgen handelt es sich nicht um einen geldwerten Vorteil für den einzelnen Arbeitnehmer. Diese Beiträge stellen somit kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in der Sozialversicherung dar.

d) Riesterförderung (§§ 10a, 82 Abs. 2 EStG) 13 Für Beiträge aus sozialversicherungspflichtigem Arbeitsentgelt, auf die die Vor-

schriften über die Riesterförderung (§§ 10a, 82 Abs. 2 EStG) angewendet werden,8 besteht keine Beitragsfreiheit zur Sozialversicherung. Denn die Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) sieht keine Ausnahme vor.

3. Auswirkungen a) Berücksichtigung der Steuerfreibeträge 14 Die Steuerfreibeträge (gemäß § 3 Nr. 63 S. 1 EStG max. 8% der BBG in der allgemeinen Rentenversicherung und gemäß § 100 Abs. 6 S. 1 EStG max. 480 € im Kalenderjahr) stellen echte Freibeträge dar. Allerdings ist nur ein Betrag von 4% der BBG in der allgemeinen Rentenversicherung beitragsfrei in der Sozialversicherung.9 Wird ein höherer Betrag zur bAV aufgewendet, ist nur der übersteigende Betrag sozialversicherungspflichtig. Der Steuerfreibetrag ist stets vom Bruttoarbeitsentgelt und nicht von dem auf 15 die BBG begrenzten Arbeitsentgelt in Abzug zu bringen. Das bedeutet, dass sich eine Entgeltumwandlung beitragsrechtlich dann nicht auswirkt, wenn ein Arbeitnehmer nach Abzug des Umwandlungsbetrags die auf ihn anzuwendende BBG in der allgemeinen Rentenversicherung nicht unterschreitet. 5 Beispiel Ein Arbeitnehmer hat ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 7.200 € (in den alten Bundesländern im Kalenderjahr 2020). Er wendet durch Entgeltumwandlung jeweils monatlich 276 € steuerfrei zur Direktversicherung auf. Das für die Bemessung der Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung maßgebende Arbeitsentgelt beträgt (7.200 € – 276 € =) 6.924 €. Damit wird die BBG in der allgemeinen Rentenversicherung (West) in Höhe von 6.900 € nicht unterschritten. Die Entgeltumwandlung hat somit keinerlei Auswirkungen auf die beitragsrechtliche Beurteilung des Arbeitsentgelts.

_____ 7 Siehe Kap. 1 Rn. 553, Kap. 2 Rn. 133. 8 Siehe Kap. 2 Rn. 153 ff. 9 Vgl. Rn. 8.

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B. In der Anwartschaftsphase

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b) Arbeitgeberbezogene Betrachtung Für die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit wird seit dem 1.1.2005 auf eine arbeit- 16 geberbezogene Betrachtung abgestellt. Wechselt ein Arbeitnehmer während des Kalenderjahres sein erstes Dienstverhältnis, kann im neuen Dienstverhältnis der Höchstbetrag des § 3 Nr. 63 S. 1 EStG erneut in Anspruch genommen werden. Gleiches gilt für den nach § 100 Abs. 6 S. 1 EStG steuerfreien Arbeitgeberbeitrag.10 Auch in der Sozialversicherung gilt diese arbeitgeberbezogene Betrachtung. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 SvEV können in den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds insgesamt bei jeweils einem Arbeitgeber Beiträge in der Summe von höchstens 4% der BBG der allgemeinen Rentenversicherung beitragsfrei aufgewendet werden.

c) Entgeltumwandlung mindert Sozialleistungen Werden Beiträge durch Entgeltumwandlung erbracht und sind diese beitragsfrei in 17 der Sozialversicherung, so mindert die Entgeltumwandlung die Ansprüche aus der Sozialversicherung. Das ist die Kehrseite der verminderten Sozialversicherungsbeiträge. Denn durch die beitragsfreie Umwandlung reduziert sich auch die Bemessungsgrundlage für Sozialversicherungsleistungen. Dies betrifft z.B. die gesetzliche Alters-, Hinterbliebenen- und Erwerbsminderungsrente (§§ 34, 43, 46, 48 SGB VI), das Arbeitslosengeld I (§§ 136, 149 ff. SGB III) und das Krankengeld (§ 47 SGB V), aber auch das Elterngeld (§ 2 BEEG).11 Praxistipp 3 Bedeutsam wird die Reduzierung der Leistungen erst dann, wenn der jeweilige Leistungsfall (Risiko) eintritt. Bei der Entscheidung über eine Teilnahme an einer beitragsfreien Entgeltumwandlung zugunsten einer bAV sollte bedacht werden, wie groß diese Verminderungen sind und ob diese durch die bAV (z.B. Alters- oder Invaliditätsabsicherung) bzw. anderweitig (z.B. private Krankentagegeldversicherung) abgedeckt werden können. Um Auswirkungen auf die Höhe des Elterngeldes zu vermeiden, bietet es sich an, Einmalzahlungen (sonstige Bezüge) und nicht das laufende, monatliche Gehalt umzuwandeln. Denn sonstige Bezüge werden für die Bemessung des Elterngeldes überhaupt nicht berücksichtigt (§ 2c Abs. 1 S. 2 BEEG).

d) Vervielfältigungsregelung Bei Auflösung eines Arbeitsverhältnisses kann die sog. Vervielfältigungsregelung 18 nach § 3 Nr. 63 S. 3 EStG12 zur steuerfreien Dotierung einer bAV genutzt werden. Häufig wird zur Finanzierung eine Abfindungszahlung des Arbeitgebers verwendet.

_____ 10 Erlass BMF v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002 – BStBl. I 2018 S. 147, Rn. 28 und 104. 11 BSG, Urt. v. 25.6.2009 – B 10 EG 9/08 R – NZA-RR 2010, 87; BSG, Urt. v. 5.4.2012 – B 10 EG 3/11 – FamRZ 2012, 1217 = DB 2012, 18. 12 Siehe Kap. 2 Rn. 134 ff.

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Kapitel 3 bAV im Beitragsrecht der Sozialversicherung

Durch die Bezugnahme in § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 SvEV auf § 3 Nr. 63 S. 1 und 2 EStG ist klargestellt, dass die Vervielfältigungsregelung des § 3 Nr. 63 S. 3 EStG nicht von der Beitragspflicht ausgenommen ist.

3 Praxistipp Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes im Sinne der Rechtsprechung des BSG13 gehören jedoch nicht zum Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung. Dies gilt allerdings unabhängig davon, ob die Abfindung dann mittels Vervielfältigungsregelung zur Finanzierung einer bAV verwendet oder ob sie bar ausgezahlt wird. Ob eine Abfindung sozialversicherungsrechtlich als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt anzusehen ist oder nicht, ist davon abhängig, ob sie ■ während des Arbeitsverhältnisses und in dessen Zusammenhang gezahlt wird, oder ■ sich auf eine Zeit nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bezieht. Denn sozialversicherungsrechtliches Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV) sind nur solche laufenden oder einmaligen Einnahmen aus dem Beschäftigungsverhältnis, die für die Dauer des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden. Eine Abfindung zur Abgeltung vertraglicher Ansprüche aus dem beendeten Arbeitsverhältnis – auch wenn sie erst nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fließt – ist Arbeitsentgelt und damit beitragspflichtig. Wie die Abfindungsvereinbarung dafür formuliert wird, spielt keine Rolle. (Beispiele: Zahlung von rückständigem Arbeitsentgelt; Zahlung von (anteiligen) Sonderzuwendungen wie Weihnachts-/Urlaubsgeld). Eine Abfindung wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes ist bei Pflichtversicherten nicht beitragspflichtig. Voraussetzung ist, dass die Abfindung zum Ausgleich für die mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses verbundenen Nachteile bestimmt ist. Eine solche Abfindung ist kein Arbeitsentgelt, weil sich die Abfindung nach der Rechtsprechung des BSG nicht der Zeit des beendeten Beschäftigungsverhältnisses zuordnen lässt, denn die Abfindung wird wegen des Wegfalls der künftigen Verdienstmöglichkeiten gezahlt.14 Bei freiwillig Versicherten hingegen wird eine Abfindung wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes in die Bemessungsgrundlage für den Krankenversicherungsbeitrag einbezogen. Rechtsgrundlage dafür ist § 240 SGB V. Danach ist für die Beitragsbelastung „die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen. „Abfindung bzw. Entlassungsentschädigung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ ist in dem Einnahmenkatalog des GKV-Spitzenverbands als beitragspflichtig aufgeführt.15

e) Nachholung von Beiträgen bei ruhenden Arbeitsverhältnissen 20 Im Rahmen des § 3 Nr. 63 S. 4 EStG ist es möglich Beiträge zur bAV steuerfrei nachzuzahlen.16 Bei nachgeholten Beiträgen handelt es sich um beitragspflichtiges Ar-

_____ 13 BSG, Urt. v. 21.2.1990 – 12 RK 20/88 – NJW 1990, 2274. 14 BSG, Urt. v. 21.2.1990 – 12 RK 20/88 – NJW 1990, 2274. 15 GKV-Spitzenverband, Katalog von Einnahmen und deren beitragsrechtliche Bewertung nach § 240 SGB V vom 18.3.2020, abrufbar unter: https://www.gkv-spitzenband.de/krankenversicherung/ kv_grundprinzipien/finanzierung/beitragsbemessung/beitragsbemessung.jsp. 16 Siehe Kap. 2 Rn. 139 ff.

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B. In der Anwartschaftsphase

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beitsentgelt gemäß § 14 SGB IV. Die Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 9 SvEV ist auf steuerfreie Zuwendungen nach § 3 Nr. 63 S. 1 und 2 EStG beschränkt und gilt nicht bei Anwendung des § 3 Nr. 63 S. 4 EStG.

f) Geringfügige Beschäftigung Für geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer ist relevant, ob Aufwendungen zur 21 bAV Auswirkungen auf den Status der geringfügigen Beschäftigung haben. Eine geringfügige Beschäftigung nach §§ 8 Abs. 1 Nr. 1, 8a SGB IV liegt vor, „wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450 Euro nicht übersteigt“. Übersteigt das Arbeitsentgelt regelmäßig 450 € monatlich, besteht ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Liegt das sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelt zwischen 450 und 850 € (sog. Gleitzone, § 20 Abs. 2 SGB VI), besteht die Besonderheit, dass der Arbeitnehmerbeitrag zur Sozialversicherung schrittweise ansteigt. Das Arbeitsentgelt ist in diesen Fällen normal zu versteuern. Zur Beurteilung ob Aufwendungen zur bAV dem sozialversicherungspflichtigen 22 Arbeitsentgelt hinzuzurechnen sind, ist – wie bei Vollzeit-Arbeitsverhältnissen – maßgeblich, ob beitragsfreies Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 2 SGB IV i.V.m. der SvEV vorliegt.17

II. Mehrere Durchführungswege Die Beitragspflicht in der Sozialversicherung ist für die Durchführungswege unter- 23 schiedlich geregelt. Werden mehrere Durchführungswege nebeneinander praktiziert (z.B. Direktzusage bzw. Unterstützungskassenversorgung neben Pensionskasse, Pensionsfonds oder Direktversicherung), gelten für jede Gruppe von Durchführungswegen (siehe sogleich) die jeweiligen Freibeträge. Nachfolgend sind die relevantesten drei Gruppen bei kapitalgedeckter Alters- 24 versorgung dargestellt. Je nach wirtschaftlicher Situation und Gestaltungswillen können die Freibeträge miteinander kombiniert werden, so dass mehrere Freibeträge in Anspruch genommen werden können. Die Kumulierung ist nicht innerhalb der einzelnen Gruppen möglich, sondern nur gruppenübergreifend. 1. Direktzusage und Unterstützungskasse 2. Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds (§§ 3 Nr. 63 S. 1 und 100 Abs. 6 S. 1 EStG) 3. Direktversicherung und Pensionskasse (§ 40b EStG a.F.)

_____ 17 Siehe Übersicht in Rn. 25.

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Kapitel 3 bAV im Beitragsrecht der Sozialversicherung

Durchführungswege

Pensionszusage und Unterstützungskasse

Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds, §§ 3 Nr. 63 S. 1 und 100 Abs. 6 S. 1 EStG

maximal steuerbegünstigter Betrag

maximal mögliche Sozialversicherungsfreiheit

je Kalenderjahr und pro erstem Dienstverhältnis

je Kalenderjahr und pro erstem Dienstverhältnis

unbegrenzt steuerfrei

insgesamt steuerfrei: – 480 € – plus 8% der BBG der allgemeinen Rentenversicherung

bei Entgeltumwandlung

unbegrenzt SV-frei, da kein Arbeitsentgelt vorliegt

insgesamt SV-frei gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 SGB IV: 4% der BBG der allgemeinen Rentenversicherung

insgesamt SV-frei gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 SvEV: – 4% der BBG der allgemeinen Rentenversicherung – übersteigende Beträge sind SVpflichtig, sofern beitragspflichtiges Arbeitsentgelt nur aus Einmalzahlung

Direktversicherung und Pensionskasse, § 40 b EStG a.F.

bei Arbeitgeberfinanzierung

insgesamt Pauschalbesteuerung:

insgesamt SV-frei gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SvEV:

1.752 € bzw. 2.148 € bei Durchschnittsbildung

1.752 € bzw. 2.148 € bei Durchschnittsbildung

III. Entgeltumwandlung und Jahresarbeitsentgelt in der gesetzlichen Krankenversicherung 26 Beitragsfreie Entgeltumwandlung wirkt sich auf die Beurteilung der Krankenversi-

cherungspflicht aus. Die umgewandelten Entgeltbestandteile, soweit sie nicht zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt gehören, bleiben bei der Berechnung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 6 oder Abs. 7 SGB V außer Betracht. Arbeitnehmer werden krankenversicherungspflichtig, wenn sie bisher aufgrund 27 der Höhe ihres regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts krankenversicherungsfrei waren und aufgrund Entgeltumwandlung ihr Jahresarbeitsentgelt die für sie maßgebliche Grenze nicht mehr überschreitet. Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze im Laufe eines Kalenderjahres nicht nur vorübergehend unterschritten, endet die Versicherungsfreiheit unmittelbar und nicht erst zum Ende des Kalenderjahres. Bei Umwandlung von laufendem Arbeitsentgelt tritt die Krankenversiche28 rungspflicht mit dem Monat ein, in dem erstmals laufendes Arbeitsentgelt umgewandelt wird. Die Krankenversicherungspflicht beginnt bei Umwandlung von Ein-

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B. In der Anwartschaftsphase

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malzahlungen mit dem Tag, an dem der Arbeitnehmer die Entgeltumwandlung gegenüber seinem Arbeitgeber wirksam erklärt. Wenn die Erklärung bereits erhebliche Zeit vor dem erstmaligen Beginn der Entgeltumwandlung abgegeben wird, gilt dies gleichermaßen, d.h. die Krankenversicherungspflicht beginnt ebenfalls mit dem Tag der wirksamen Erklärung. Das ist z.B. der Fall, wenn bereits zu Beginn eines Kalenderjahres die Umwandlung des im November oder Dezember zustehenden Weihnachtsgeldes erklärt wird. Sofern die Erklärung zur Entgeltumwandlung widerrufen wird, ist das regelmä- 29 ßige Jahresarbeitsentgelt vom Zeitpunkt des Widerrufs an neu zu berechnen. Beispiel 5 Ein Arbeitnehmer mit einem regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelt von 5.300 € – ohne Anspruch auf Sonderzahlungen – ist wegen Überschreitens der allgemeinen Jahresarbeitsentgeltgrenze (62.550 € im Jahr 2020) krankenversicherungsfrei. Der Arbeitnehmer vereinbart mit seinem Arbeitgeber vom 1.8.2020 an die Umwandlung von monatlich 250 € zugunsten einer Pensionsfondszusage. Die Zahlungen für die Monate August bis Dezember 2020 in Höhe von (5 × 250 € =) 1.250 € bleiben steuer- und beitragsfrei, da jährlich 4% der BBG in der allgemeinen Rentenversicherung (3.312 € im Jahr 2020) steuer- und beitragsfrei umgewandelt werden können. Das monatliche beitragspflichtige Arbeitsentgelt vermindert sich durch diese Entgeltumwandlung auf (5.300 € abzüglich 250 € =) 5.050 € monatlich. Dieses verminderte Arbeitsentgelt ist für die Prüfung der Krankenversicherungspflicht heranzuziehen. Damit unterschreitet dieses beitragspflichtige Arbeitsentgelt die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze des Jahres 2020 von 62.550 € jährlich (5.212,50 € monatlich). Der Arbeitnehmer wird daher ab 1.8.2020 krankenversicherungspflichtig.

IV. Übertragung von Versorgungsanwartschaften Wenn eine Übertragung die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 55, 30 Nr. 55a bis Nr. 55e oder Nr. 65 EStG erfüllt, dann besteht Sozialversicherungsfreiheit. Es gilt der allgemeine Grundsatz des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Hs. 1 SvEV, nach dem einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gewährt werden, sozialversicherungsfrei sind, soweit sie lohnsteuerfrei sind.18 Damit sind z.B. Übertragungen des Übertragungswertes bei Arbeitgeberwechsel (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 BetrAVG, § 3 Nr. 55 EStG),19 Übertragungen von Anwartschaften auf einen anderen versicherungsförmigen Versorgungsträger (§ 3 Nr. 55c S. 2 Buchst. a EStG)20 und Eintritt des Arbeitnehmers in die auf sein Leben abgeschlossene Rückdeckungsversicherung bei Insolvenz des Arbeitgebers (§ 8 Abs. 3 BetrAVG, § 3 Nr. 65 S. 1 Buchst. d EStG) erfasst.21

_____ 18 Figge/Sieben, 6.9.12.2.8. 19 Siehe Kap. 2 Rn. 258 ff. 20 Siehe Kap. 2 Rn. 271 ff. 21 Siehe Kap. 2 Rn. 126, Kap. 6 Rn. 375, Kap. 8 Rn. 281 ff.

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Kapitel 3 bAV im Beitragsrecht der Sozialversicherung

Leistungen eines Arbeitgebers oder einer Unterstützungskasse an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften durch den Pensionsfonds, die nach § 3 Nr. 66 EStG steuerfrei sind, zählen gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 10 SvEV nicht zum sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt.

V. Abfindung von Versorgungsanwartschaften 32 Seit April 2016 bewerten die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung unter

Bezugnahme auf die Rechtsprechung der Sozialgerichte22 die vor dem Eintritt des Versicherungs- bzw. Versorgungsfalles ausgezahlten Abfindungen von Anwartschaften auf bAV bzw. Auszahlungen von Rückkaufswerten z.B. aus Direktversicherungen als Versorgungsbezüge in Form einer Kapitalleistung nach § 229 Abs. 1 S. 3 SGB V. Dies gilt sowohl bei bestehendem als auch nach beendetem Arbeitsverhältnis. Durch eine Auszahlung noch vor Eintritt des vertraglich vereinbarten Versiche33 rungs- bzw. Versorgungsfalles geht die Eigenschaft der Abfindungszahlung als Versorgungsbezug nicht verloren. Dies gilt unabhängig von dem Alter der betreffenden Person zum Zeitpunkt der Auszahlung. Entscheidend für die Zuordnung zu § 229 SGB V ist allein der ursprünglich vereinbarte Versorgungszweck. Danach sind Abfindungen von Versorgungsanwartschaften, die in den Durchführungswegen Direktzusage, Unterstützungskasse, Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds aufgebaut wurden, ausschließlich dem sachlichen Anwendungsbereich der Versorgungsbezüge nach § 229 SGB V zuzurechnen, mit der Folge, dass sie kein Arbeitsentgelt nach § 14 SGB IV sind.23 Diese Bewertung zieht eine Meldepflicht der Zahlstelle der Versorgungsbezü34 ge gemäß § 202 SGB V nach sich: Die Zahlstelle muss der zuständigen Krankenkasse die Höhe der ausgezahlten Abfindung mitteilen.24 Arbeitgeber müssen damit in den versicherungsförmigen Durchführungswegen weder beitrags- noch steuerrechtlich tätig werden.

_____ 22 BSG, Urt. v. 25.8.2004 – B 12 KR 30/03 R – SozR 4-2500 § 229 Nr. 3 = BeckRS 2004, 41940 = NZS 2005, 370 (Ls.); BSG, Urt. v. 25.4.2012 – B 12 KR 26/10 R – NJOZ 2013, 132 = NZS 2012, 855; LSG BadenWürttemberg, Urt. v. 24.3.2015 – L 11 R 1130/14 – BeckRS 2015, 69793. 23 GKV-Spitzenverband, Grundsätzliche Hinweise „Versicherungs-, beitrags- und melderechtliche Regelungen für Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen und gesetzliche Renten aus dem Ausland bei Versicherungspflichtigen“ vom 10.7.2018, A.1.1.8.4, S. 32; Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger vom 21.11.2018, Beitragsrechtliche Beurteilung von Beiträgen und Zuwendungen zum Aufbau einer bAV, Abschnitt 11, S. 61. 24 Siehe Rn. 120 ff.

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C. In der Leistungsphase

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C. In der Leistungsphase C. In der Leistungsphase Betriebliche Versorgungsleistungen sind grundsätzlich beitragspflichtige Ein- 35 nahmen in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Im Gegensatz dazu sind Versorgungsberechtigte, die betriebliche Versorgungsleistungen erhalten und die nicht mehr versicherungspflichtig tätig sind, nicht in der gesetzlichen Rentenund Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig. In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ist danach zu unter- 36 scheiden, ob der Versorgungsempfänger versicherungspflichtiges oder freiwilliges Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist. Dies führt zur Anwendung unterschiedlicher Vorschriften, mit der sogar eine höhere Beitragslast für freiwillig Versicherte einhergehen kann.25 Praxistipp 3 Versorgungsempfänger, die privat kranken- und pflegeversichert sind, müssen keine Sozialversicherungsbeiträge auf ihre betrieblichen Versorgungsleistungen zahlen.

I. Versorgungsbezüge als beitragspflichtige Einnahmen Versorgungsbezüge sind „die der Rente vergleichbaren Einnahmen“ und stellen 37 beitragspflichtige Einnahmen in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung dar. Dies gilt insbesondere für versicherungspflichtig Beschäftigte (§ 226 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V), für Rentner der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 237 S. 1 Nr. 2 SGB V) sowie für freiwillig versicherte Mitglieder (§ 240 SGB V). § 229 Abs. 1 SGB V zählt abschließend auf, welche Versorgungsbezüge bei der 38 Beitragsbemessung berücksichtigt werden (in § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V heißt es: „Renten der bAV einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung; außer Betracht bleiben Leistungen aus Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 EStG sowie Leistungen, die der Versicherte nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses als alleiniger Versicherungsnehmer aus nicht durch den Arbeitgeber finanzierten Beiträgen erworben hat.“). Diese Einnahmen müssen wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, also Versorgungscharakter haben. Darüber hinaus knüpfen alle dort genannten Einnahmen an eine (frühere) Erwerbstätigkeit an. Daher stellen Leistungen, die nicht mit dem Erwerbsleben in Zusammenhang stehen, z.B. aus betriebsfremder privater Altersversorgung, keine Versorgungsbezüge dar. Nach § 229 Abs. 1 S. 2 SGB V sind auch Leistungen der genannten Art, die aus 39 dem Ausland oder von einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung bezogen werden, beitragspflichtige Einnahmen.

_____ 25 Z.B. bei privat fortgeführten Direktversicherungen, Rn. 64, und Pensionskassenverträgen, Rn. 70.

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Kapitel 3 bAV im Beitragsrecht der Sozialversicherung

II. Form der Auszahlung, Zahlbetrag 1. Form der Auszahlung 40 Zu den Versorgungsbezügen nach § 229 Abs. 1 SGB V gehören laufende und einma-

lige Bezüge bzw. Rentenzahlungen sowie Kapitalleistungen.26 Nicht zu den Versorgungsbezügen gehören Nutzungsrechte und Sachleistungen/Deputate, auch wenn diese in Geldeswert abgegolten werden. Auch Nachzahlungen von Versorgungsbezügen werden gemäß § 229 Abs. 2 SGB V von der Beitragspflicht erfasst.27

2. Zahlbetrag 41 Bei der Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen werden Versorgungsbezüge

– ebenso wie Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung – mit ihrem Zahlbetrag berücksichtigt (vgl. §§ 226 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 238 SGB V). Der Begriff Zahlbetrag ist nicht legal definiert. Nach der Rechtsprechung des BSG28 ist darunter der unter Anwendung aller Versagens-, Kürzungs- und Ruhensvorschriften vom Versorgungsträger zur Auszahlung gelangende Betrag zu verstehen. Anfallende Steuern sowie Abzweigungsbeträge infolge einer Aufrechnung, 42 Verrechnung, Abtretung oder Pfändung dürfen nicht in Abzug gebracht werden. Unterhaltszahlungen an den geschiedenen Ehegatten oder ein schuldrechtlicher Versorgungsausgleich wirken sich ebenfalls nicht auf die Beitragspflicht der Versorgungsbezüge aus.29 Auch eine Pfändung von Versorgungsbezügen durch eine Bank (und die damit verbundene direkte Auszahlung an die Bank) oder ein Verbraucherinsolvenzverfahren mindern den Zahlbetrag der Versorgungsbezüge nicht.30

III. Leistungen aus einer bAV 1. Eigenständige Definition im Beitragsrecht 43 Gemäß § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 und Abs. 1 S. 3 SGB V sind Leistungen (Rente und Kapi-

tal) der bAV beitragspflichtige Versorgungsbezüge. Ausgenommen sind hierbei Leistungen aus Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 EStG sowie Leistungen, die der Versicherte nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses als alleiniger Ver-

_____ 26 Näheres zu Kapitalleistungen der bAV siehe Rn. 56 ff. 27 Näheres siehe Rn. 99 f. 28 Siehe Rn. 42. 29 BSG, Urt. v. 28.1.1999 – B 12 KR 19/98 R – BeckRS 1999, 30044576; BSG, Urt. v. 28.1.1999 – 12 KR 24/98 R – NZS 1999, 395 = DB 1999, 484 = SozR 3-2500 § 237 Nr. 7; SG Stuttgart, Urt. v. 26.6.2017 – S 15 KR 33/17. 30 BSG, Urt. v. 16.12.2015 – B 12 KR 19/14 R – SozR 4-2500 § 226 Nr. 2; im Fall einer Kapitalleistung aus einer Direktversicherung.

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C. In der Leistungsphase

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sicherungsnehmer aus nicht durch den Arbeitgeber finanzierten Beiträgen erworben hat.31 Die Rechtsprechung des BSG definiert den Begriff der bAV im Beitragsrecht der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung eigenständig. Das beitragsrechtliche Verständnis geht erheblich über die in § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG normierte arbeitsrechtliche Definition hinaus. So liegt bAV nach der Rechtsprechung des BSG zur „institutionellen Abgrenzung von Leistungen der bAV von denen der privaten Altersversorgung“ im Wege einer typisierenden Betrachtung schon allein dann vor, wenn die Leistung aus einem der Durchführungswege des Betriebsrentengesetzes stammt (z.B. Direktversicherung).32 Wird die Leistung nicht bereits institutionell vom Betriebsrentenrecht erfasst, ist sie dennoch als Rente der bAV im beitragsrechtlichen Sinne anzusehen, wenn ein enger Zusammenhang zwischen dem Erwerb dieser Leistung und der früheren Beschäftigung besteht.33 Kein solcher Zusammenhang mit der früheren Beschäftigung besteht jedoch, wenn der Arbeitgeber bei der Beschaffung der Altersvorsorge nicht eingebunden war, z.B. bei der rein privaten Altersvorsorge.34 Weiteres Wesensmerkmal der Leistung ist der Versorgungscharakter, d.h. dass die Zahlung einen ursprünglich vereinbarten Versorgungszweck erfüllt, also auf eine Verbesserung der Versorgung des Betroffenen gerichtet ist.35 Der Charakter der Leistung ist objektiv zu bestimmen. Hierbei hat es nach der BSG-Rechtsprechung keinen Einfluss auf die beitragsrechtliche Bewertung, wie die Beteiligten die Leistung ursprünglich rechtlich eingeordnet haben oder welcher Charakter der Leistung zum Zeitpunkt der Zahlung zugeschrieben wird.36

_____ 31 Die gesetzliche Ausnahme von Leistungen aus Verträgen, die nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis privat fortgeführt wurden, wurde erst nach zahlreichen Gerichtsverfahren durch das Gesetz zur Beitragsentlastung der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versichertenentlastungsgesetz) vom 11.12.2018 (BGBl. I S. 2387), in Kraft getreten am 15.12.2018, ergänzt. 32 BSG, Urt. v. 30.3.2011 – B 12 KR 16/10 R – VersR 2012, 780 = SozR 4-2500 § 229 Nr. 12; BSG, Urt. 30.3. 2011 – B 12 KR 24/09 R – VersR 2012, 776 = SozR 4-2500 § 229 Nr. 13; kritisch hierzu Hager, NZS 2012, 281. 33 Zuletzt BSG, Urt. v. 23.7.2014 – B 12 KR 25/12 R – BeckRS 2014, 74261; BSG, Urt. v. 23.7.2014 – B 12 KR 26/12 R – BeckRS 2014, 74262 = NZA 2015, 216; BSG, Urt. v. 23.7.2014 – B 12 KR 28/12 R – SozR 42500 § 229 Nr. 18. 34 GKV-Spitzenverband, Grundsätzliche Hinweise „Versicherungs-, beitrags- und melderechtliche Regelungen für Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen und gesetzliche Renten aus dem Ausland bei Versicherungspflichtigen“ vom 10.7.2018, A.1.1.6.1, S. 16. 35 BSG, Urt. v. 26.3.1996 – 12 RK 44/94 – NZA 1996, 1064; GKV-Spitzenverband, Grundsätzliche Hinweise „Versicherungs-, beitrags- und melderechtliche Regelungen für Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen und gesetzliche Renten aus dem Ausland bei Versicherungspflichtigen“ vom 10.7.2018, A.1.1.1.2, S. 9. 36 Vgl. BSG, Urt. v. 25.4.2012 – B 12 KR 26/10 R – NJOZ 2013, 132 = NZS 2012, 855; BSG, Urt. v. 29.7.2015 – B 12 KR 4/14 R – SozR 4-2500 § 229 Nr. 19; GKV-Spitzenverband, Grundsätzliche Hinweise

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Unerheblich für die Zuordnung einer Leistung zu den Versorgungsbezügen ist, wer die Leistungen im Ergebnis finanziert hat.37 Eine Ausnahme stellen lediglich Leistungen dar, die der Versicherte nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis als alleiniger Versicherungsnehmer aus nicht durch den Arbeitgeber finanzierten Beiträgen erworben hat (z.B. privat fortgeführte Direktversicherungen und Pensionskassenversicherungen).38

2. Riestergeförderte bAV 49 Seit 1.1.2018 werden Leistungen, die aus einer „riestergeförderten“ bAV (Leistungen

aus Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 EStG) resultieren, von den beitragspflichtigen Versorgungsbezügen nach § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V ausgenommen. Damit werden Leistungen aus betrieblichen Riesterverträgen und Leistungen aus privaten Riesterverträgen gleich behandelt. Dies gilt auch in allen laufenden Leistungsfällen39, also wenn die Rentenzahlung vor dem 1.1.2018 begonnen hat. Nach Auffassung der Sozialversicherungsträger liegt Altersvorsorgevermögen 50 im Sinne des § 92 EStG immer nur dann vor, wenn sich die steuerpflichtige Person, also der Arbeitnehmer, bewusst für die Riesterförderung entschieden hat. Dazu muss der Arbeitnehmer der Versorgungseinrichtung in der Vergangenheit (z.B. sofort bei Abschluss des Vertrages) oder mit Wirkung für die Zukunft mitteilen, dass er die Riesterförderung in Anspruch nehmen möchte, und die Versorgungseinrichtung muss daraufhin ihre Pflichten als Anbieter nach § 80 EStG wahrnehmen. Ein Zulagenantrag muss nicht gestellt werden.40

3. Abgrenzung von Überbrückungszahlungen 51 In der Praxis ist es häufig erforderlich, Überbrückungszahlungen (Überbrückungs-

gelder, Übergangsleistungen etc.) von Versorgungsbezügen abzugrenzen.41 Das BSG stellt hierfür – in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BAG – auf die ob-

_____ „Versicherungs-, beitrags- und melderechtliche Regelungen für Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen und gesetzliche Renten aus dem Ausland bei Versicherungspflichtigen“ vom 10.7.2018, A.1.1.1.2, S. 9. 37 BSG, Urt. v. 21.8.1997 – 12 RK 35/96 – AuA 1999, 285; BSG, Urt. v. 25.4.2012 – B 12 KR 26/10 R – NJOZ 2013, 132 = NZS 2012, 855; kritisch hierzu Hager, NZS 2011, 801. 38 Siehe Rn. 60 ff., 68 ff.; für Pensionsfondsleistungen siehe Rn. 75 f. 39 Besprechungsergebnis der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs vom 8.11.2017, TOP 7. 40 GKV-Spitzenverband, Grundsätzliche Hinweise „Versicherungs-, beitrags- und melderechtliche Regelungen für Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen und gesetzliche Renten aus dem Ausland bei Versicherungspflichtigen“ vom 10.7.2018, A.1.1.6.3, S. 24. 41 Siehe Kap. 1 Rn. 239.

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jektive Zwecksetzung der Leistung ab.42 Wesensmerkmal von Versorgungsbezügen ist der Alterssicherungszweck (Versorgungscharakter).43 Leistungen, die ein Arbeitgeber an Arbeitnehmer nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zur Überbrückung der Zeit bis zum Eintritt in den gesetzlichen Ruhestand zahlt, sind keine beitragspflichtigen Versorgungsbezüge.44 Wenn für den Leistungsbeginn auf ein Lebensalter abgestellt wird, das nach der Verkehrsanschauung typischerweise nicht schon als Beginn des Ruhestands gelten kann, und diese Zuwendung bis zum Eintritt in den gesetzlichen Ruhestand befristet ist, so fehlt nach Ansicht des BSG bereits der Alterssicherungszweck. Eine weitergehende Prüfung ist nicht erforderlich. Das BSG hat seine Rechtsprechung fortentwickelt und sich damit der Rechtsprechung des BAG weiter angenähert45: Auch unbefristete Leistungen, die ein Arbeitgeber an Arbeitnehmer nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis anfänglich mit Überbrückungsfunktion auch über den Renteneintritt hinaus zahlt, sind zunächst keine Versorgungsbezüge. Jedoch sind sie ab dem Zeitpunkt des Renteneintritts, spätestens ab Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung als beitragspflichtige Versorgungsbezüge anzusehen. 46 Denn spätestens ab diesen Zeitpunkten hat sich der ursprüngliche Überbrückungszweck erledigt.47 Davon zu unterscheiden sind Leistungen der bAV, die im Anschluss an das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit (Invaliditätsleistungen48) gewährt werden und daher Versorgungsbezüge darstellen. Ebenso liegen Versorgungsbezüge vor, wenn die betriebliche Altersrente vorgezogen in Anspruch genommen wird; durch die vorzeitige Inanspruchnahme49 geht der ursprüngliche Alterssicherungszweck nicht verloren. Der Bezug von Einkommensersatzleistungen (z.B. Arbeitslosengeld) in der Zeit der Zahlung des Überbrückungsgeldes wirkt sich auf die beitragsrechtliche Bewertung der Überbrückungszahlung nicht aus.50

_____ 42 BSG, Urt. v. 29.7.2015 – B 12 KR 4/14 R – SozR 4-2500 § 229 Nr. 19; BSG, Urt. v. 29.7.2015 – B 12 KR 18/14 R – USK 2015-64. 43 Siehe Kap. 1 Rn. 67 ff., 239. 44 BSG, Urt. v. 29.7.2015 – B 12 KR 4/14 R – SozR 4-2500 § 229 Nr. 19; BSG, Urt. v. 29.7.2015 – B 12 KR 18/14 R – USK 2015-64. 45 Reinecke, BetrAV 2018, 7, 8. 46 Siehe Kap. 1 Rn. 76 ff. 47 BSG, Urt. v. 20.7.2017 – B 12 KR 12/15 R – NJW 2017, 3614 = DB 2017, 2551. 48 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 123 ff. 49 Siehe dazu Kap. 8 Rn. 146 ff. 50 GKV-Spitzenverband, Grundsätzliche Hinweise „Versicherungs-, beitrags- und melderechtliche Regelungen für Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen und gesetzliche Renten aus dem Ausland bei Versicherungspflichtigen“ vom 10.7.2018, A.1.1.6.4, S. 26.

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4. Kapitalleistungen 56 Kapitalleistungen der bAV51 gehören als „nicht regelmäßig wiederkehrende Leis-

tungen“ nach § 229 Abs. 1 S. 3 SGB V zu den beitragspflichtigen Versorgungsbezügen. Davon werden erfasst ■ Leistungen, die an die Stelle von laufenden Versorgungsbezügen treten, und ■ Leistungen, die bereits vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden sind. 57 Bei der Kapitalleistung gilt 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag, längs-

tens jedoch für 120 Monate, d.h. der Betrag wird für die Beitragsbemessung auf zehn Jahre verteilt. Die Frist von zehn Jahren beginnt mit dem Ersten des auf die Auszahlung der Kapitalleistung folgenden Kalendermonats und umfasst einen starren Zeitraum von 120 Monaten, und zwar unabhängig davon, ob zwischenzeitlich versicherungs- und beitragsrechtlich relevante Änderungen eintreten. Damit verlängert sich z.B. die Frist nicht, wenn zwischenzeitlich eine Familienversicherung besteht oder der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung gänzlich unterbrochen ist.52 Gleiches gilt, wenn die Beitragsfreigrenze53 unterschritten wird. Der Beitragsanspruch erlischt mit dem Tod des Versorgungsempfängers. Wird die Kapitalleistung in Raten ausgezahlt, so ist im Rahmen der 1/12058 Regelung der Gesamtbetrag der Kapitalleistung, also die Summe der Raten als beitragspflichtige Einnahme zu Grunde zu legen.54 Eventuelle Verzinsungen der einzelnen Rate, auf die ein Anspruch besteht, bleiben unberücksichtigt. Versorgungsbezüge, die aus Anlass der Wiederverheiratung einer Witwe oder 59 eines Witwers in Form einer einmaligen Kapitalleistung abgefunden werden, sind nicht beitragspflichtig.55

5. Private Fortführung einer Direktversicherung a) Ausnahme bei Direktversicherung 60 Leistungen der bAV sind beitragsrechtlich grundsätzlich als unteilbar anzusehen.

Sie verlieren ihren Charakter als Versorgungsbezüge im Sinne des § 229 SGB V nicht

_____ 51 Siehe dazu grundsätzlich Kap. 1 Rn. 220 ff. 52 GKV-Spitzenverband, Grundsätzliche Hinweise „Versicherungs-, beitrags- und melderechtliche Regelungen für Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen und gesetzliche Renten aus dem Ausland bei Versicherungspflichtigen“ vom 10.7.2018, A.1.1.8.1, S. 29. 53 Siehe Rn. 78 f. 54 BSG, Urt. v. 17.3.2010 – B 12 KR 5/09 R – SozR 4-2500 § 229 Nr. 9 = NZS 2011, 95. 55 BSG, Urt. v. 22.5.2003 – B 12 KR 12/02 R – SozR 4-2500 § 229 Nr. 1.

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deshalb, weil sie zum Teil oder ganz auf Leistungen des Arbeitnehmers bzw. Bezugsberechtigten beruhen.56 Eine Ausnahme gilt allerdings unter bestimmten Voraussetzungen für Leistun- 61 gen aus Direktversicherungen.57 Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass zwar grundsätzlich an der typisierenden Zuordnung von Altersvorsorgeleistungen zu Leistungen der bAV im Beitragsrecht festgehalten wird, wenn und solange der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts genutzt wird. Die Grenzen zulässiger Typisierung würden jedoch überschritten, soweit auch Kapitalleistungen, die auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat,58 der Beitragspflicht als Versorgungsbezug unterworfen werden. In diesem Fall bestehe kein Unterschied mehr zu Leistungen aus privaten Lebensversicherungen von Arbeitnehmern, welche (außerhalb des Anwendungsbereichs des § 240 SGB V, d.h. bei freiwillig Versicherten) nicht der Beitragspflicht unterliegen. Auf die Einzahlungen des Bezugsberechtigten auf einen von ihm als Versicherungsnehmer fortgeführten Kapitallebensversicherungsvertrag fänden hinsichtlich der von ihm nach der Vertragsübernahme eingezahlten Beiträge die Bestimmungen des Betriebsrentenrechts keine Anwendung mehr.59 Das BSG hat diese Grundsätze der Unterscheidung von betrieblichem und privatem Anteil von Leistungen aus einer Direktversicherung bestätigt.60 Die Gesamtversorgungsleistung aus einer Direktversicherung ist daher dann 62 in einen betrieblichen Anteil (Versorgungsbezüge nach § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V) und einen privaten Anteil aufzuteilen, wenn ■ der Vertrag nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses ■ von dem (ehemaligen) Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer übernommen und ■ von ihm bis zum Eintritt des Versicherungsfalls fortgeführt wurde. Soweit diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist der Teil der Versorgungsleistung, 63 der auf Beiträgen beruht, die der Bezugsberechtigte als Versicherungsnehmer für die Zeit nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses in den Lebensversicherungs-

_____ 56 BSG, Urt. v. 12.12.2007 – B 12 KR 6/06 R – USK 2008, 98; BSG, Urt. v. 12.12.2007 – B 12 KR 2/07 R – BeckRS 2009, 50875. 57 Die gesetzliche Ausnahme von Leistungen aus Verträgen, die nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis privat fortgeführt wurden, wurde erst nach zahlreichen Gerichtsverfahren durch das Gesetz zur Beitragsentlastung der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKVVersichertenentlastungsgesetz) vom 11.12.2018 (BGBl. I S. 2387), in Kraft getreten am 15.12.2018, ergänzt; siehe auch Rn. 74. 58 Siehe dazu Kap. 8 Rn. 70, Kap. 6 Rn. 275 ff. 59 BVerfG, Beschl. v. 28.9.2010 – 1 BvR 1660/08 – SozR 4-2500 § 229 Nr. 11 = NZS 2011, 539. 60 BSG, Urt. v. 30.3.2011 – B 12 KR 24/09 R – VersR 2012, 776 = SozR 4-2500 § 229 Nr. 13.

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vertrag eingezahlt hat, nicht als Versorgungsbezug im Sinne des § 229 SGB V anzusehen. Dabei ist es unerheblich, ob zunächst eine Direktversicherung vorlag, die vom 64 Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer fortgeführt wurde, oder ob zunächst der (spätere) Arbeitnehmer Versicherungsnehmer ist und dann der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer die Versicherung als Direktversicherung fortführt. Entscheidendes Abgrenzungskriterium ist nach Ansicht des BSG allein die Eigenschaft als Versicherungsnehmer; daher sei es auch unerheblich, wie oft und in welcher Reihenfolge ein Versicherungsnehmerwechsel erfolge.61 3 Praxistipp Bei freiwillig Versicherten gehört der private Anteil der Leistung jedoch zu den beitragspflichtigen sonstigen Einnahmen, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestimmen (§ 240 Abs. 1 S. 1 SGB V i.V.m. § 7 Abs. 6 S. 1 Nr. 5 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler62). Es gilt der ermäßigte Beitragssatz (§ 243 Abs. 1 SGB V), wenn kein Anspruch auf Krankengeld (§ 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB V) besteht.

b) Berechnung 65 Der betriebliche Anteil, also die Höhe des beitragspflichtigen Versorgungsbezugs ist

in rückschauender Betrachtung ausgehend von der tatsächlichen Gesamtablaufleistung zu berechnen. Unter der Gesamtablaufleistung ist die Leistung unter Einschluss aller über die gesamte Laufzeit angesammelten Zinsgewinne und Überschussbeteiligungen einschließlich der Beteiligungen an den Bewertungsreserven und eventuell vereinbarter hierüber hinausgehender Sonderleistungen zu verstehen. Nach Auffassung des BSG ist vorzugsweise eine prämienratierliche (beitrags66 proportionale) Berechnung durchzuführen. 63 Bei dieser Berechnungsmethode wird ein Näherungswert für den Teil der Gesamtablaufleistung bestimmt, der auf den für den Zeitraum bzw. die Zeiträume der Versicherungsnehmer-Eigenschaft des Arbeitgebers (oder mehrerer Arbeitgeber) gezahlten Prämien beruht. Hilfsweise ist eine zeitratierliche Berechnung der Versorgungsbezüge zulässig, soweit die zur prämienratierlichen Berechnung erforderlichen Prämiensummen auch nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten und Erkenntnisquellen nicht feststellbar sein sollten. Zeiten einer beitragsfreien Versicherung sind hierbei herauszurechnen.

_____ 61 BSG, Urt. v. 30.3.2011 – B 12 KR 24/09 R – VersR 2012, 776 = SozR 4-2500 § 229 Nr. 13. 62 GKV-Spitzenverband, Einheitliche Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) vom 27.10.2008, zuletzt geändert am 18.3.2020. 63 BSG, Urt. v. 30.3.2011 – B 12 KR 24/09 R – VersR 2012, 776 = SozR 4-2500 § 229 Nr. 13.

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C. In der Leistungsphase

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Nachrangig können weitere Berechnungsmodelle genutzt werden, wenn die oben genannten Verfahren nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand angewendet werden können. In Frage kommen z.B. die Ermittlung einer fiktiven „beitragsfreien Leistung“ oder das sog. Riester-Wertstandsverfahren.64

c) Feststellung des beitragspflichtigen Anteils durch die Zahlstelle Im Rahmen ihrer Meldepflicht nach § 202 Abs. 1 SGB V muss die Zahlstelle den be- 67 trieblichen und meldepflichtigen Anteil der Gesamtablaufleistung feststellen. Dabei muss die Zahlstelle die entsprechenden Werte einschließlich einer übersichtlichen und nachvollziehbaren Berechnung sowie die für die Berechnung maßgeblichen Regelungen vorhalten und Einzelheiten der Wertermittlung auf Nachfrage der Krankenkasse (oder in Streitverfahren des Gerichts) erläutern. Dabei genügt es, dass die Zahlstelle die Berechnung in begründeten Fällen nachvollziehbar darlegen kann.65

6. Private Fortführung einer Pensionskassenversicherung a) Rechtsprechung des BSG bis Juni 2018 Nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG galt die Unterscheidung von be- 68 trieblichem und privatem Anteil66 ausschließlich bei Direktversicherung. Das BSG hatte bei Pensionskassen allein auf die „institutionelle Abgrenzung“ der Pensionskasse als Einrichtung der bAV abgestellt und war der Ansicht, dass Leistungen, die von einer Pensionskasse gewährt werden, beitragsrechtlich stets in vollem Umfang Leistungen der bAV und damit Versorgungsbezüge darstellen. Dabei war unerheblich, ob es sich um eine regulierte oder eine deregulierte Pensionskasse handelt und ob die Leistungen ganz oder teilweise auf eigenen Beiträgen des Versicherten beruhen.67 Dieses Resultat wurde auch nicht berührt, wenn der Arbeitnehmer von Anfang an Versicherungsnehmer der Pensionskassenversicherung war.

_____ 64 GKV-Spitzenverband, Grundsätzliche Hinweise „Versicherungs-, beitrags- und melderechtliche Regelungen für Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen und gesetzliche Renten aus dem Ausland bei Versicherungspflichtigen“ vom 10.7.2018, A.1.1.6.2.2, S. 22. 65 GKV-Spitzenverband, Grundsätzliche Hinweise „Versicherungs-, beitrags- und melderechtliche Regelungen für Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen und gesetzliche Renten aus dem Ausland bei Versicherungspflichtigen“ vom 10.7.2018, A.1.1.6.2.2, S. 22. 66 Siehe Rn. 62. 67 BSG, Urt. v. 23.7.2014 – B 12 KR 25/12 R – BeckRS 2014, 74261; BSG, Urt. v. 23.7.2014 – B 12 KR 26/12 R – BeckRS 2014, 74262 = NZA 2015, 216; BSG, Urt. v. 23.7.2014 – B 12 KR 28/12 R – SozR 4-2500 § 229 Nr. 18.

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Kapitel 3 bAV im Beitragsrecht der Sozialversicherung

b) Korrektur durch das Bundesverfassungsgericht 69 Das Bundesverfassungsgericht hat der genannten Auffassung des BSG am 27.6.2018

eine Absage erteilt.68 Es hat entschieden, dass Rentenzahlungen von Pensionskassen an gesetzlich pflichtversicherte Rentner insoweit nicht beitragspflichtig sind, als sie auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis als alleiniger Vertragspartner der Pensionskasse in den Vertrag eingezahlt hat. Dem Beschluss des BVerfG lagen zwei Verfassungsbeschwerden gegen die 70 bisherige Rechtsprechung des BSG zugrunde. Sie wurden darauf gestützt, dass die Schlechterstellung von Leistungen aus privat fortgeführten Pensionskassenversicherungen gegenüber denen aus privaten Lebensversicherungen gegen das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Das BVerfG hat in seinem Beschluss festgestellt, dass eine grundsätzlich zu71 lässige Typisierung von Leistungen als bAV ausschließlich nach der auszahlenden Institution bei Pensionskassen in der Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit ihre zulässige Grenze überschreite, wenn die Zahlungen auf einem nach Ende des Arbeitsverhältnisses geänderten oder neu allein mit dem Arbeitnehmer abgeschlossenen Versicherungsvertrag beruhen, an dem der frühere Arbeitgeber nicht mehr beteiligt ist und in den allein der Arbeitnehmer Beiträge einzahlt. In diesem Fall wird der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts verlassen und der Versicherungsvertrag aus dem Betriebsbezug gelöst. Die Beiträge auf diesen Vertragsteil unterscheiden sich nur unwesentlich von Einzahlungen in von Anfang an privat abgeschlossene Lebensversicherungsverträge. Eine unterschiedliche Behandlung bei der Beitragspflicht in der Krankenversicherung der Rentner verstößt gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. In beiden Verfahren hat das BVerfG die gerügten Urteile der Sozialgerichte auf72 gehoben und an die jeweilige Tatsacheninstanz zurückverwiesen.69 3 Praxistipp Die Entscheidung des BVerfG betrifft eine Pensionskasse in der Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit (VVaG). Nach Auffassung der Autorin ist die Entscheidung auch auf deregulierte Pensionskassen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft übertragbar, bei denen der Arbeitnehmer nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis Versicherungsnehmer wird.

73 Im Ergebnis sind privat fortgeführte Pensionskassenversicherungen beitrags-

rechtlich so wie privat fortgeführte Direktversicherungen zu behandeln.70

_____ 68 BVerfG, Beschl. v. 27.6.2018 – 1 BvR 100/15, 1 BvR 249/15 – NJW 2018, 3169 = NZA 2018, 1325. 69 Die Fachgerichte hatten aufgrund der von ihnen vertretenen Rechtsauffassung die für eine neue Entscheidung notwendigen Tatsachen nicht hinreichend festgestellt. 70 Siehe Rn. 62 und 64.

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C. In der Leistungsphase

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c) Reaktion des Gesetzgebers Der Gesetzgeber hat auf die Entscheidung des BVerfG reagiert, indem er § 229 Abs. 1 74 S. 1 Nr. 5 SGB V ergänzt und somit die Rechtslage klargestellt hat.71 Danach werden nicht als Versorgungsbezüge gewertet „Leistungen, die der Versicherte nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses als alleiniger Versicherungsnehmer aus nicht durch den Arbeitgeber finanzierten Beiträgen erworben hat“. Davon erfasst werden alle Durchführungswege, in denen die genannten Voraussetzungen erfüllt werden. Praxistipp 3 Versorgungsempfänger, die Leistungen aus privat fortgeführten Pensionskassenverträgen erhalten bzw. erhalten haben, können bei der Krankenkasse Widerspruch gegen den Bescheid über die Beitragserhebung einlegen und unter Verweis auf die Entscheidung des BVerfG sowie den geänderten § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V eine Neufestsetzung künftiger Beiträge sowie die Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge72 beantragen. Insbesondere für den Erstattungsanspruch ist die sozialrechtliche Verjährung von vier Jahren zu beachten.73

7. Private Fortführung einer Pensionsfondsversorgung Ebenso wie bei der privaten Fortführung von Pensionskassenverträgen haben die 75 Sozialversicherungsträger bisher die Auffassung vertreten, dass bei Leistungen aus einer privat fortgeführten Pensionsfondsversorgung nicht zwischen betrieblichem und privatem Anteil zu unterscheiden ist. Im Wege der „institutionelle Abgrenzung“ des Pensionsfonds als Einrichtung der bAV wurden Leistungen, die von einem Pensionsfonds gewährt werden, beitragsrechtlich stets in vollem Umfang als Leistungen der bAV und damit als Versorgungsbezüge bewertet. Rechtsprechung zu dieser Fragestellung existierte bisher nicht. Nachdem der Gesetzgeber jedoch § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Hs. 2 SGB V ergänzt 76 hat, stellt sich die Situation anders dar. Die neue Gesetzesfassung und den Beschluss des BVerfG vom 27.6.2018 hält der GKV-Spitzenverband auch auf Leistungen von Pensionsfonds für anwendbar.74 Sofern nach Ausscheiden des Arbeitnehmers bei einer Pensionsfondsversorgung ein Wechsel des Versicherungsnehmers bzw. Vertragspartners durchgeführt wird, ist § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Hs. 2 SGB V auf privat fortgeführte Pensionsfondsverträge anwendbar und diese sind damit wie

_____ 71 Durch das Gesetz zur Beitragsentlastung der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versichertenentlastungsgesetz) vom 11.12.2018 (BGBl. I S. 2387), in Kraft getreten am 15.12.2018. 72 Siehe Rn. 105 ff. 73 Siehe Rn. 114 ff. 74 Zur neuen Gesetzesfassung siehe Rn. 74; zu BVerfG, Beschl. v. 27.6.2018 siehe Rn. 69 ff.; GKVSpitzenverband, Rundschreiben RS 2019/059 vom 4.2.2019.

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Kapitel 3 bAV im Beitragsrecht der Sozialversicherung

privat fortgeführte Direktversicherungen und Pensionskassenversicherungen zu behandeln.75 Da der ausgeschiedene Arbeitnehmer auch bei Pensionsfonds gemäß § 1b Abs. 5 S. 1 Nr. 2 BetrAVG das Recht zur Fortführung der Versicherung oder Versorgung mit eigenen Beiträgen hat, wird nach Auffassung des GKV-Spitzenverbands der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts beim Pensionsfonds ebenfalls verlassen. Signifikante Unterschiede zu privat fortgeführten Direktversicherungen oder Pensionskassenverträgen, bei denen der ausgeschiedene Arbeitnehmer in die Versicherungsnehmerstellung einrückt, sind nicht zu erkennen. „Die Tatsache, dass der ausgeschiedene Arbeitnehmer bei einem Pensionsfonds offenbar nicht als ‚alleiniger Versicherungsnehmer‘ im Sinne des Versicherungsvertragsgesetzes, sondern als ‚alleiniger Vertragspartner‘ zu bezeichnen ist, kann für die Bewertung nicht entscheidend sein.“76

8. Fortführung einer Rückdeckungsversicherung bei Insolvenz des Arbeitgebers 77 Übernimmt ein Arbeitnehmer nach § 8 Abs. 3 BetrAVG bei Insolvenz des Arbeitge-

bers die Rückdeckungsversicherung als Versicherungsnehmer, statt den PensionsSicherungs-Verein VVaG (PSVaG) in Anspruch zu nehmen, hat der Arbeitnehmer das Recht, die Versicherung mit eigenen Beiträgen fortzuführen.77 Für die Verbeitragung der Leistung ist in diesen Fällen die Gesamtversorgungsleistung in einen betrieblichen und privaten Anteil aufzuteilen – entsprechend den Aufteilungsgrundsätzen bei privat fortgeführten Direktversicherungen.78

9. Beitragsfreigrenze und Beitragsfreibetrag 78 Bei der Verbeitragung von Versorgungsbezügen ist zunächst die Beitragsfreigren-

ze gemäß §§ 226 Abs. 2 S. 1, 237 S. 4 SGB V zu beachten. Danach sind Beiträge aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen nur zu entrichten, wenn die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen insgesamt 1/20 der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV übersteigen (in 2020: 159,25 € monatlich). Bezieht ein Versorgungsempfänger mehrere Versorgungsbezüge oder Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen, so sind sie zusammenzurechnen. Wird die Beitragsfreigrenze lediglich durch eine Einmal-

_____ 75 Zu privat fortgeführten Direktversicherungen und Pensionskassenverträgen siehe Rn. 62, 64, 73. 76 GKV-Spitzenverband, Rundschreiben RS 2019/059 vom 4.2.2019, S. 2. 77 Siehe Kap. 8 Rn. 281 ff. 78 GKV-Spitzenverband, Grundsätzliche Hinweise „Versicherungs-, beitrags- und melderechtliche Regelungen für Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen und gesetzliche Renten aus dem Ausland bei Versicherungspflichtigen“ vom 10.7.2018, A.1.1.6.2.1, S. 21; Zu den Aufteilungsgrundsätzen bei privat fortgeführten Direktversicherungen siehe Rn. 65 f.

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zahlung überschritten, besteht aufgrund des Zuflussprinzips (§ 22 Abs. 1 S. 2 SGB IV) im Zahlungsmonat Beitragspflicht – und zwar selbst dann, wenn die Beitragsuntergrenze bei einer Umrechnung der Einmalzahlung auf das Kalenderjahr nicht überschritten würde.79 Praxistipp 3 Freigrenze bedeutet, dass die Beitragspflicht in vollem Umfang ausgelöst wird, wenn die gesamte Leistung die Untergrenze übersteigt. Bei einem Freibetrag wird nur der nach Abzug des Freibetrags verbleibende Anteil der Leistung der Beitragspflicht unterworfen.

Wird die Freigrenze überschritten, ist für Leistungen der bAV der Beitragsfrei- 79 betrag des § 226 Abs. 2 S. 2 SGB V zu beachten. Danach ist von den monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen aus bAV (§ 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V) ein Freibetrag von 1/20 der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV abzuziehen (in 2020: 159,25 € monatlich). Der Freibetrag ist ausdrücklich begrenzt auf bAV-Leistungen und nicht übertragbar auf andere Versorgungsbezugsarten oder Einnahmearten. Er gilt überdies nicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung (§ 57 Abs. 1 S. 1 SGB XI) – hier verbleibt es bei der Beitragsfreigrenze.80 Der Freibetrag ist zum 1.1.2020 eingeführt worden und gilt für Neu-Rentner als auch für sog. Bestandsfälle.81 Er dient dazu, die Beitragsbelastung der Betriebsrentner aufgrund der sog. Doppelverbeitragung82 zu mildern und die weitere Verbreitung der bAV zu fördern. Gleichzeitig mit der Einführung des Freibetrages wurden auch die Meldepflichten der Zahlstellen sowie der Krankenkassen erweitert. Da das Gesetzgebungsverfahren bis zum Inkrafttreten der Neuregelung nur etwa sechs Wochen dauerte, war eine Umsetzung nicht bereits zum 1.1.2020 möglich. Zur Umsetzung sind Anpassungen des maschinellen Zahlstellenmeldeverfahrens und der IT-Umgebungen bei den Krankenkassen und Zahlstellten erforderlich, die einige Zeit in Anspruch nehmen werden und erst im Laufe des Jahres 2020 umgesetzt werden können. Die zu viel gezahlten Beiträge werden rückwirkend berechnet, erstattet oder mit den Beitragszahlungen zukünftiger Monate verrechnet. Eine Verzinsung der insoweit zu Unrecht entrichteten Beiträge bis 31.12.2020 ist ausdrücklich ausgeschlossen (§ 226 Abs. 2 S. 2 letzter Halbsatz SGB V).

_____ 79 BSG, Urt. v. 18.3.1993 – 8 RKn 2/92 – BeckRS 1993, 30744299 = BetrAV 1993, 248 (L). 80 Detaillierte Beschreibung des Freibetrages mit Berechnungsbeispielen: GKV-Spitzenverband, Rundschreiben RS 2019/734 vom 20.12.2019. 81 Einführung durch das Gesetz zur Einführung eines Freibetrages in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Förderung der betrieblichen Altersvorsorge (GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz – GKV-BRG) vom 21.12.2019 (BGBl. I S. 2913), in Kraft getreten am 1.1.2020. 82 Umfassend zum Hintergrund und Handlungsbedarf bei der Doppelverbeitragung: Raulf in FS Uebelhack, S. 341 ff.; Meissner/Raulf, Gruppe 2, S. 47 ff.

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Kapitel 3 bAV im Beitragsrecht der Sozialversicherung

Die Beitragsfreigrenze und der Beitragsfreibetrag des § 226 Abs. 2 S. 1 und S. 2 SGB V gelten gemäß § 3 Abs. 4 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler83 nicht für freiwillig versicherte Mitglieder sowie nicht für Pflichtversicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Für beitragspflichtige Rentenantragsteller nach § 189 SGB V, bei denen die Anwendung des § 225 SGB V zur Beitragsfreiheit ausgeschlossen ist, werden die Untergrenzen ebenfalls nicht berücksichtigt.

IV. Beitragssatz und Beitragsbemessungsgrenze 1. Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung 81 Für die Bemessung der Krankenkassenbeiträge aus den Versorgungsbezügen gilt

der allgemeine Beitragssatz (§ 241 SGB V), der aktuell (in 2020) 14,6% der beitragspflichtigen Einnahmen beträgt. Dies ergibt sich für Versicherungspflichtige aus § 248 S. 1 SGB V und für freiwillig Versicherte aus § 240 Abs. 1 S. 1 SGB V i.V.m. § 7 Abs. 6 S. 2 Hs. 2 und S. 3 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler.84 Darüber hinaus sind auch auf Versorgungsbezüge Zusatzbeiträge in Höhe des kassenindividuellen Zusatzbeitragssatzes zu erheben, sofern die Krankenkasse in ihrer Satzung die Erhebung eines Zusatzbeitrages bestimmt hat (§ 242 Abs. 1 SGB V). Veränderungen des allgemeinen Beitragssatzes wirken direkt mit Wirksam82 werden der Beitragssatzveränderung. Veränderungen des Zusatzbeitragssatzes gelten für Versorgungsbezüge bei Anwendung des Zahlstellenverfahrens (§ 256 Abs. 1 S. 1 SGB V: nur bei Versicherungspflichtigen) gemäß § 248 S. 3 SGB V jeweils vom ersten Tag des zweiten auf die Veränderung folgenden Kalendermonats an. Damit soll den Zahlstellen von Versorgungsbezügen ausreichend Vorlaufzeit gegeben werden, um Veränderungen des Zusatzbeitragssatzes technisch umzusetzen. Im sog. Selbstzahlerverfahren, d.h. wenn die Krankenkasse den Beitrag aus Versorgungsbezügen unmittelbar vom Versicherten erhebt (z.B. bei freiwillig Versicherten), wirken sich Veränderungen des Zusatzbeitragssatzes hingegen ohne zeitliche Verzögerung aus.

_____ 83 GKV-Spitzenverband, Einheitliche Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) vom 27.10.2008, zuletzt geändert am 18.3.2020. 84 GKV-Spitzenverband, Einheitliche Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) vom 27.10.2008, zuletzt geändert am 18.3.2020.

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2. Beitragssatz in der sozialen Pflegeversicherung Nach § 55 Abs. 1 S. 1 SGB XI beträgt der Beitragssatz in der sozialen Pflegeversiche- 83 rung aktuell (in 2020) 3,05% der beitragspflichtigen Einnahmen der beitragspflichtigen Einnahmen – bei Pflichtversicherung sowie freiwilliger Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 20 Abs. 1 und 3 SGB XI). Daneben ist ggf. der Beitragszuschlag für Kinderlose in Höhe von 0,25 Beitrags- 84 satzpunkten zu zahlen (§ 55 Abs. 3 SGB XI). Der Beitragssatz beträgt damit aktuell (in 2020) 3,3%. Praxistipp 3 Bei Personen, die nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit und Pflege einen eigenen Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, gilt die Hälfte des normalen Beitragssatzes (§ 55 Abs. 1 S. 2 SGB XI). Ein abgeleiteter Beihilfe- bzw. Heilfürsorgeanspruch reicht nicht aus. Der Beitragszuschlag für Kinderlose wird nicht ermäßigt. Im Rahmen des Zahlstellenverfahrens muss die Zahlstelle dies zur korrekten Berechnung und Zahlung der Beiträge feststellen. Die Krankenkasse unterstützt jedoch die Zahlstelle dabei, indem sie – sofern ihr dies bekannt ist – einen derartigen Beihilfe- bzw. Heilfürsorgeanspruch in der Meldung gegenüber der Zahlstelle angibt.

3. Beitragsbemessungsgrenze Die beitragspflichtigen Einnahmen des Versorgungsempfängers werden nur bis zur 85 BBG in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt. Die Rangfolge der Einnahmearten der Versicherten bestimmt sich ■ nach § 238 SGB V für versicherungspflichtige Rentner, ■ nach § 238a SGB V für freiwillig versicherte Rentner und ■ nach § 230 SGB V für versicherungspflichtig Beschäftigte. Bei letztgenannter Gruppe kann es vorkommen, dass die BBG doppelt ausgeschöpft 86 wird, da hier die gesetzliche Rente und die übrigen beitragspflichtigen Einnahmen (Arbeitsentgelt, Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen) getrennt voneinander bis zu der BBG berücksichtigt werden (§ 230 S. 2 SGB V). Allerdings kann eine Erstattung nach § 231 SGB V beantragt werden. Auch in der sozialen Pflegeversicherung gelten die obenstehenden Regeln für 87 Pflichtversicherte (§ 57 Abs. 1 SGB XI) und für freiwillig Versicherte (§ 57 Abs. 4 SGB XI).

V. Tragung und Zahlung der Beiträge 1. Tragung der Beiträge Die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung aus Versorgungsbe- 88 zügen muss der Versicherte allein tragen. Dies gilt für Versicherungspflichtige (§ 250 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 59 Abs. 1 S. 1 SGB XI) wie für freiwillig Versicherte (§ 250

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Abs. 2 SGB V, § 59 Abs. 4 SGB XI) gleichermaßen. Dies gilt auch für die Zusatzbeiträge in der Krankenversicherung (§ 220 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 SGB V) und den Beitragszuschlag für Kinderlose in der Pflegeversicherung (§ 59 Abs. 5 SGB XI).

2. Zahlung der Beiträge 89 Der Versorgungsempfänger ist Schuldner der Beiträge aus dem Versorgungsbe-

zug (§ 250 SGB V, § 59 SGB XI). Soweit nichts Abweichendes geregelt ist, zahlt derjenige die Beiträge, der sie zu tragen hat (§ 252 Abs. 1 S. 1 SGB V, § 60 Abs. 1 S. 1 SGB XI). Beim Versorgungsbezug besteht eine Sonderregelung nur für die Zahlung der Beiträge durch die Zahlstelle (§ 256 Abs. 1 S. 1 SGB V, § 60 Abs. 1 S. 2 SGB XI) – wenn die entsprechenden Voraussetzungen für das Zahlstellenverfahren vorliegen. Die Zahlstelle wird dadurch aber nicht Beitragsschuldner.

3. Zahlstelle 90 Der Begriff der Zahlstelle von Versorgungsbezügen im Sinne der §§ 202, 256 Abs. 1 SGB V ist im SGB nicht legal definiert. Zahlstelle ist nach Auffassung der Sozialversicherungsträger grundsätzlich die91 jenige Stelle, die die Zahlung der Versorgungsbezüge tatsächlich vornimmt.85 Das hat z.B. zur Folge, dass das Versicherungsunternehmen als Zahlstelle betrachtet wird, wenn es Leistungen aus einer Rückdeckungsversicherung (aus der der Arbeitgeber bezugsberechtigt ist) direkt an den ehemaligen Arbeitnehmer zahlt. Diese Stelle ist dann zur Erstattung der Meldungen, zum Einbehalt und zur Zahlung der Beiträge im Zahlstellenverfahren verpflichtet.86 Dementsprechend wird in der Praxis regelmäßig gehandelt. Dennoch überzeugt diese Auffassung nicht ganz. Vieles spricht aus Sicht der 92 Autorin dafür, dass für die Definition der Zahlstelle an die schuldrechtliche Verpflichtung anzuknüpfen ist. Denn nur in diesem Verhältnis kann sichergestellt werden, dass die gesamte Verpflichtung erfüllt wird. Danach ist Zahlstelle derjenige, gegen den sich der Versorgungsanspruch richtet. Wenn Versicherer und Arbeitgeber bspw. vereinbaren, dass der Versicherer die Leistung im abgekürzten Zahlungsweg direkt an den Versorgungsempfänger zahlt, wäre der Versicherer danach „faktische Zahlstelle“, nicht aber Zahlstelle im rechtlichen Sinne. Anderenfalls würde allein die Tatsache des abgekürzten Zahlungsweges dazu führen, dass den Versicherer

_____ 85 BeckOK SozR/Männle, § 202 SGB V Rn. 6; GKV-Spitzenverband, Grundsätzliche Hinweise „Versicherungs-, beitrags- und melderechtliche Regelungen für Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen und gesetzliche Renten aus dem Ausland bei Versicherungspflichtigen“ vom 10.7.2018, A.1.4.2.1, S. 41. 86 Krauskopf/Baier, § 256 SGB V Rn. 5.

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C. In der Leistungsphase

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Pflichten (Meldung und Beitragsabführung) treffen. Eine gesetzliche Grundlage für die Auferlegung dieser Pflichten ist aber mangels einer gesetzlichen Definition des Zahlstellenbegriffs nicht erkennbar. Dies wiegt umso mehr als ein Verstoß gegen die Meldepflicht bußgeldbewehrt sein kann (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c Abs. 3 SGB V).

4. Zahlstellenverfahren Nach § 256 Abs. 1 S. 1 SGB IV müssen die Zahlstellen der Versorgungsbezüge die 93 Beiträge aus Versorgungsbezügen einbehalten und an die zuständige Krankenkasse abführen (sog. Zahlstellenverfahren), wenn und solange folgende Voraussetzung erfüllt ist: ■ Der Versorgungsempfänger ist in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert.87 Wenn also der Versorgungsempfänger nicht oder nicht mehr pflichtversichert ist 94 (z.B. bei freiwilliger Versicherung oder Familienversicherung), dann muss die Zahlstelle aus dem Versorgungsbezug keine Beiträge einbehalten und abführen. Die Zahlstellen müssen die Beiträge nachweisen und die Beitragsnachweise 95 durch Datenübertragung übermitteln (§ 256 Abs. 1 S. 4 SGB V).88 Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 S. 1 SGB V, nach denen die Zahlstellen 96 die Beiträge an die Krankenkasse abführen müssen, sind zum 1.7.2019 geändert worden. Bis zu diesem Zeitpunkt mussten Zahlstellen die Beiträge nur dann abführen, wenn der Versorgungsempfänger eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezog. Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vom 6.5. 201989 wurde die Voraussetzung des Bezugs einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gestrichen. Das bedeutet eine Ausweitung der Beitragsabführungspflicht. Seit dem 1.7.2019 müssen die Zahlstellen die Beiträge für alle versicherungspflichtigen Versorgungsbezieher berechnen und abführen.

5. Selbstzahler In einigen Fällen muss der Versorgungsempfänger selbst – und nicht die Zahl- 97 stelle – die Beiträge an die Krankenkasse zahlen.

_____ 87 Beachte Rn. 96 zur Rechtslage bis 30.6.2019. 88 Einzelheiten siehe: GKV-Spitzenverband, Grundsätze zum Aufbau der Datensätze für die Übermittlung von Beitragsnachweisen der Zahlstellen von Versorgungsbezügen durch Datenübertragung nach § 256 Abs. 1 S. 4 SGB V in der jeweils geltenden Fassung. 89 Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz – TSVG) vom 6.5.2019 (BGBl. I S. 646).

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Kapitel 3 bAV im Beitragsrecht der Sozialversicherung

3 Praxistipp Seit dem 1.7.2019 ist die Möglichkeit der sog. „kleinen Zahlstelle“ nach § 256 Abs. 4 SGB V weggefallen. Bis dahin konnten Zahlstellen mit regelmäßig weniger als insgesamt 30 beitragspflichtigen Versorgungsempfängern bei der zuständigen Krankenkasse beantragen, dass der pflichtversicherte Versorgungsempfänger die Beiträge selbst zahlt und nicht durch die Zahlstelle abgeführt werden. Dies wurde durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vom 6.5.2019 geändert. Aufgrund der heutigen technischen Möglichkeiten im elektronischen Zahlstellenverfahren ist es aus Sicht des Gesetzgebers auch kleinen Zahlstellen zumutbar, die Beitragsabführung umzusetzen.90 98 Die Fälle, in denen die Krankenkasse die Beiträge unmittelbar vom Versicher-

ten einzieht, sind z.B. wenn der Beitragseinzug durch die Zahlstelle unterblieben ist und Versorgungsbezüge nicht mehr gezahlt werden, ■ Beiträge von freiwillig Versicherten zu erheben sind, ■ Beiträge aus Kapitalleistungen (§ 229 Abs. 1 S. 3 SGB V) zu erheben sind oder ■ ausländische Versorgungsbezüge der Beitragspflicht unterliegen (§ 229 Abs. 1 S. 2 SGB V). ■

6. Nachzahlung von Versorgungsbezügen 99 Werden Versorgungsbezüge nachgezahlt (z.B. wenn eine Berufsunfähigkeitsrente

rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung bewilligt wird), gelten gemäß § 229 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 228 Abs. 2 SGB V die Nachzahlungen als beitragspflichtige Einnahmen, soweit sie auf einen Zeitraum entfallen, in dem der Versicherte Anspruch auf Leistungen nach dem SGB V hatte. Die Beiträge aus der Nachzahlung gelten als Beiträge für die Monate, für die die Versorgungsbezüge nachgezahlt werden (Entstehungsprinzip, § 22 Abs. 1 S. 1 SGB IV). D.h., für die Beitragsbemessung sind grundsätzlich die für die vergangenen Abrechnungszeiträume geltenden Rechengrößen, wie z.B. Beitragssatz und BBG anzuwenden. Gemäß § 256 Abs. 2 S. 2 SGB V zieht die zuständige Krankenkasse die Beiträ100 ge aus nachgezahlten Versorgungsbezügen ein. Nur wenn es sich um Nachzahlungen aufgrund Anpassungen der Versorgungsbezüge an die wirtschaftliche Entwicklung handelt, muss gemäß S. 3 die Zahlstelle im Zahlstellenverfahren Beiträge aus nachgezahlten Versorgungsbezügen abführen. In der Praxis übernehmen die Zahlstellen in der Regel die Beitragsabführung aufgrund (konkludenter) Vereinbarung mit den Krankenkassen (§ 256 Abs. 2 S. 5 SGB V).

_____ 90 Siehe auch Rn. 96; Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz – TSVG) vom 6.5.2019 (BGBl. I S. 646); zur Begründung siehe Entwurf eines Gesetzes für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz – TSVG), BT-Drucks. 19/6337 vom 7.12.2018, Gesetzentwurf der Bundesregierung, S. 36, 137.

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7. Beitragsnachforderungen der Krankenkasse (rückständige Beiträge) Die Zahlstelle ist nur dann verpflichtet, rückständige Beiträge aus Versorgungsbezügen einzubehalten und abzuführen, wenn der Versorgungsbezug weiterhin gezahlt wird und aus diesem Versorgungsbezug Beiträge einbehalten und abgeführt werden müssen (§ 256 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 255 Abs. 2 S. 1 SGB V). Dabei ist es nach Auffassung der Sozialversicherungsträger unerheblich, aus welchem Grund bei der Zahlung der Versorgungsbezüge die Einbehaltung und das Abführen von Beiträgen unterblieben ist. Schwebe Die Einbehaltung der rückständigen Beiträge ist bis zur Hälfte des laufenden Versorgungsbezugs zulässig, soweit der Versorgungsempfänger nicht nachweist, dass er bereits Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder Grundsicherung für Arbeitssuchende bezieht oder durch die Einbehaltung hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII oder SGB II werden würde (§§ 256 Abs. 2 S. 1, 255 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 SGB V i.V.m. § 51 Abs. 2 SGB I). Ist danach ein Beitragseinbehalt nicht möglich, muss die Zahlstelle die Krankenkasse entsprechend informieren. Werden die Versorgungsbezüge nicht mehr gezahlt, obliegt der Einzug von rückständigen Beiträgen der zuständigen Krankenkasse, nicht der Zahlstelle. Zudem sind die Regelungen über die Verjährung von Beitragsansprüchen nach § 25 SGB IV zu beachten.91 Kapitel 3 bAV im Beitragsrecht der Sozialversicherung C. In der Leistungsphase 8. Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge Die Erstattung von zu Unrecht gezahlten Beiträgen obliegt der zuständigen Krankenkasse (§ 256 Abs. 2 S. 4 SGB V, § 26 SGB IV). Im Rahmen des Zahlstellenverfahrens ist es jedoch möglich, dass die Krankenkasse gemäß § 256 Abs. 2 S. 5 SGB V mit der Zahlstelle der Versorgungsbezüge etwas Abweichendes vereinbart. Wenn der Erstattungsanspruch unstrittig ist, akzeptiert es die Krankenkasse auch ohne ausdrückliche Vereinbarung, dass eine Zahlstelle von sich aus die Erstattung durch Verrechnung mit laufend einzubehaltenden Beiträgen durchführt.92 Der Erstattungsanspruch steht gemäß § 26 Abs. 3 S. 1 SGB IV dem zu, der die Beiträge getragen hat. Das ist bei Versorgungsbezügen der Versicherte.93

_____ 91 Siehe Rn. 112 f. 92 GKV-Spitzenverband, Grundsätzliche Hinweise „Versicherungs-, beitrags- und melderechtliche Regelungen für Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen und gesetzliche Renten aus dem Ausland bei Versicherungspflichtigen“ vom 10.7.2018, A.1.4.2.5, S. 45. 93 Siehe Rn. 88.

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Bei dem Erstattungsanspruch ist die sozialrechtliche Verjährungsfrist von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind (§ 27 Abs. 2 S. 1 SGB IV) zu beachten.94

9. Keine Haftung der Zahlstelle im Zahlstellenverfahren 109 Die Zahlstelle ist zwar gesetzlich verpflichtet, die laufenden sowie ggf. rückstän-

digen Beiträge von den laufenden Versorgungsbezügen einzubehalten und zu zahlen. Dennoch haftet sie – anders als der Arbeitgeber in Bezug auf die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags – nicht für nicht entrichtete Beiträge. Denn im Gegensatz zum Arbeitgeber ist die Zahlstelle von Versorgungsbezügen nicht Beitragsschuldnerin und kann daher im Fall von nicht einbehaltenen und nicht abgeführten Beiträgen von der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen werden.95 Dadurch wird deutlich, dass die Zahlstelle nicht die gleiche Stellung wie der Arbeitgeber hat.

10. Beitragsüberwachung 110 Die zuständige Krankenkasse hat gemäß § 256 Abs. 3 SGB V die Entrichtung der Bei-

träge aus Versorgungsbezügen zu überwachen. Die Überwachung erstreckt sich auf die Feststellung der Höhe der Versorgungsbezüge und der hierauf entfallenden Beiträge sowie auf deren ordnungsgemäße Einbehaltung und Abführung.96

11. Fälligkeit der Beiträge 111 Die im Zahlstellenverfahren abzuführenden Beiträge werden fällig am 15. des Fol-

gemonats der Auszahlung der Versorgungsbezüge, von denen sie einzubehalten sind (§ 256 Abs. 1 S. 2 SGB V). Für die Beiträge, die die Krankenkasse unmittelbar von den Versorgungsempfängern einzieht, gilt nach § 23 S. 1 SGB IV i.V.m. § 10 Abs. 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler97, dass die Beiträge zur Krankenund Pflegeversicherung bis zum 15. des dem Beitragsmonat folgenden Monats zu zahlen sind.

_____ 94 Siehe Rn. 114 ff. 95 Vgl. BSG, Urt. v. 23.5.1989 – 12 RK 11/87 – BSGE 65, 100, zum früheren § 393a Abs. 2 RVO. 96 Einzelheiten siehe: GKV-Spitzenverband, Grundsätzliche Hinweise zur Überwachung des Meldeund Beitragsverfahrens zur Kranken- und Pflegeversicherung für Empfänger von Versorgungsbezügen (Zahlstellen-Beitragsüberwachungsverfahren) in der jeweils geltenden Fassung. 97 GKV-Spitzenverband, Einheitliche Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) vom 27.10.2008, zuletzt geändert am 18.3.2020.

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C. In der Leistungsphase

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12. Verjährung a) Beitragsansprüche Gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge zur gesetzlichen 112 Sozialversicherung – zu der sowohl die gesetzliche Kranken- als auch die Pflegeversicherung gehören – regelmäßig vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind (allgemeine Verjährung). Vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren hingegen erst in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind (§ 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV). Bedingter Vorsatz genügt; der Beitragsschuldner muss dabei nicht nur die Tatsachen für möglich halten und billigen, die zur Beitragspflicht führen, sondern auch die Beitragspflicht selbst.98 Die Verjährung beginnt mit dem ersten Tag des Kalenderjahres (1.1.), das dem 113 Kalenderjahr der Beitragsfälligkeit folgt, und endet mit dem letzten Tag des vierten Kalenderjahres (31.12.) nach dem Jahr der Beitragsfälligkeit. Für Hemmung, Ablaufhemmung, Neubeginn und Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des BGB sinngemäß (§ 25 Abs. 2 S. 1 SGB IV).

b) Erstattungsansprüche Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge verjähren gemäß § 27 114 Abs. 2 S. 1 SGB IV vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Die Verjährungsfrist gilt für alle Zweige der Sozialversicherung, also auch für die Kranken- und Pflegeversicherung. Die Verjährung beginnt mit dem ersten Tag des Kalenderjahres (1.1.), das dem 115 Kalenderjahr der Beitragsentrichtung folgt. Maßgeblich ist damit der Zeitpunkt der Zahlung der Beiträge. Unerheblich ist, für welche Zeiträume und damit für welche Versorgungsbezüge die Beiträge entrichtet wurden.99 Eine bestehende Unkenntnis von den Beitragserstattungsansprüchen und der Möglichkeit, sie (rechtzeitig) geltend zu machen, sind für die Frage des Fristablaufs ohne Bedeutung.100 Die Verjährungsfrist endet mit dem letzten Tag des vierten Kalenderjahres (31.12.) nach dem Jahr der Beitragszahlung. 5

Beispiel Beitragszahlung

Beginn der Verjährung

Ende der Verjährung

10.5.2015 3.8.2018

1.1.2016 1.1.2019

31.12.2019 31.12.2022

_____ 98 KassKomm/Zieglmeier, § 25 SGB IV Rn. 44, 47. 99 KassKomm/Zieglmeier, § 27 SGB IV Rn. 16. 100 BSG, Urt. v. 5.3.2014 – B 12 R 1/12 R – BeckRS 2014, 71161.

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Kapitel 3 bAV im Beitragsrecht der Sozialversicherung

116 Für Hemmung, Ablaufhemmung, Neubeginn und Wirkung der Verjährung gelten

die Vorschriften des BGB sinngemäß (§ 27 Abs. 3 S. 1 SGB IV). Damit gelten insoweit die gleichen Grundsätze wie für die Verjährung von Beitragsansprüchen.

VI. Meldepflichten 1. Allgemein 117 § 202 SGB V regelt die Meldepflichten der Zahlstelle, des Versicherten sowie der Krankenkasse bei Versorgungsbezügen. Die Vorschrift soll gewährleisten, dass das Beitragsverfahren reibungslos durchgeführt wird und die beitragspflichtigen Versorgungsbezüge rechtzeitig, korrekt und vollständig erfasst werden. Die Meldung zur gesetzlichen Krankenversicherung schließt die Meldung zur sozialen Pflegeversicherung ein (§ 50 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 SGB XI). Die Meldepflichten nach § 202 Abs. 1 S. 1 SGB V gelten – anders als bei der Bei118 tragsabführungspflicht nach § 256 SGB V – für alle gesetzlich krankenversicherten Versorgungsempfänger, also unabhängig davon, ob sie pflicht-, freiwillig oder familienversichert sind. Die Meldepflichten bestanden auch dann, wenn eine „kleine Zahlstelle“ nach § 256 Abs. 4 SGB V beantragt hatte, dass das Mitglied die Beiträge selbst zahlt. Die notwendigen Angaben zwischen den Zahlstellen und den Krankenkassen 119 müssen zwingend durch elektronische Datenübertragung übermittelt werden. Die Einzelheiten regeln § 202 Abs. 2 und 3 SGB V sowie die vom GKV-Spitzenverband erlassenen „Grundsätze zum Zahlstellen-Meldeverfahren nach § 202 Abs. 2 SGB V“ einschließlich Datensatzbeschreibung und Verfahrensbeschreibung in der jeweils geltenden Fassung.

2. Meldepflichten der Zahlstelle 120 Nach § 202 Abs. 1 S. 1 SGB V hat die Zahlstelle101 die zuständige Krankenkasse des

Versorgungsempfängers von sich aus zu ermitteln und ihr ■ Beginn, ■ Höhe, ■ Veränderungen und ■ Ende der Versorgungsbezüge unverzüglich zu melden. Darüber hinaus muss die Zahlstelle melden, ob der Versorgungsbezug eine Leistung der bAV (§ 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V) darstellt, für die der Freibetrag nach § 226 Abs. 2 S. 2 SGB V gilt.102

_____ 101 Siehe Rn. 90 ff. 102 Siehe Rn. 79.

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C. In der Leistungsphase

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Diese Pflicht besteht bei erstmaliger Bewilligung von Versorgungsbezügen und gleichermaßen, wenn die Zahlstelle von einem Wechsel der Krankenkasse oder vom Ende der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung erfährt. Die Zahlstelle muss ermitteln, ob die Versorgungsempfänger in der gesetzlichen Krankenversicherung und bei welcher Krankenkasse sie versichert sind. Das bedeutet, sie hat sich aktiv darum zu bemühen, in Erfahrung zu bringen wie der Versorgungsempfänger versichert ist. Dabei kann sie den Versorgungsempfänger auf seine Anzeigepflicht nach S. 3 – ggf. wiederholt – hinweisen. Eine die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung verneinende Äußerung des Versorgungsempfängers kann sie als zutreffend unterstellen, solange keine konkreten Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit sprechen.103 Die Meldepflicht knüpft unmittelbar an den Begriff der Versorgungsbezüge nach § 229 SGB V an. Damit sind auch Versorgungsbezüge in Form einer Kapitalleistung erfasst, wobei die Besonderheit gilt, dass als Beginn der Auszahlungszeitpunkt, als Höhe der gesamte Auszahlungsbetrag und als Ende das anzunehmende Ende der Beitragspflicht zu melden ist. Wenn eine Versorgungsleistung nur zum Teil einen Versorgungsbezug nach § 229 SGB V darstellt, z.B. bei Aufteilung der Leistung aus einer Direktversicherung in einen betrieblichen und einen privaten Anteil,104 ist nur der unter § 229 SGB V fallende Teil der Versorgungsleistung meldepflichtig. Dies gilt selbst dann, wenn bei freiwillig Versicherten nach § 240 SGB V dennoch die gesamte Versorgungsleistung – teils als Versorgungsbezug, teils als sonstige Einnahme – als beitragspflichtige Einnahme zu bewerten ist. Meldepflichtig sind auch Versorgungsbezüge, deren Höhe die Beitragsfreigrenze nach § 226 Abs. 2 SGB V unterschreiten.105 Wird eine Meldung durch die Zahlstelle vorsätzlich oder leichtfertig nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet, so liegt darin eine Ordnungswidrigkeit nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c SGB V.

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3. Meldepflichten des Versorgungsempfängers Gemäß § 202 Abs. 1 S. 3 SGB V müssen Versorgungsempfänger gegenüber der Zahl- 125 stelle ihre Krankenkasse angeben, einen Krankenkassenwechsel mitteilen sowie die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung anzeigen. Diese Anzeigepflicht korrespondiert mit der Mitteilungspflicht der Zahlstelle nach S. 1, denn erst dadurch wird die Zahlstelle in die Lage versetzt, ihre Meldepflicht gegenüber der zuständigen Krankenkasse zu erfüllen. Die Anzeigepflicht nach S. 3 besteht unabhängig von der Pflicht des Versor- 126 gungsempfängers, seiner Krankenkasse Beginn, Höhe, Veränderungen und die

_____ 103 Krauskopf/Baier, § 202 SGB V Rn. 5. 104 Siehe Rn. 67. 105 Siehe Rn. 78; Rn. 84 zum Sonderfall „eigener Beihilfe- bzw. Heilfürsorgeanspruch“.

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Kapitel 3 bAV im Beitragsrecht der Sozialversicherung

Zahlstelle der Versorgungsbezüge mitzuteilen. Für Versicherungspflichtige ergibt sich diese Meldepflicht aus der Spezialvorschrift des § 205 Nr. 2 SGB V. Für die anderen Versorgungsempfänger, vor allem für freiwillig Versicherte, resultieren diese Mitteilungspflichten aus der allgemeinen Vorschrift des § 206 SGB V.

4. Meldepflichten der Krankenkasse 127 Die Krankenkasse ist nach § 202 Abs. 1 S. 4 SGB V verpflichtet, der Zahlstelle und

dem Bezieher von Versorgungsbezügen unverzüglich die Beitragspflicht des Versorgungsempfängers und ■ deren Umfang (VB-max) mitzuteilen. Darüber hinaus muss die Krankenkasse gemäß § 202 Abs. 1 S. 5 SGB V der Zahlstelle im Falle des Mehrfachbezugs von Leistungen der bAV mitteilen, ob und in welcher Höhe der Freibetrag nach § 226 Abs. 2 S. 2 SGB V anzuwenden ist. Seit 1.1.2017 muss die Krankenkasse den Umfang der Beitragspflicht nur noch 128 dann melden, wenn die Summe aus Versorgungsbezügen und Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung die BBG überschreitet und die Versorgungsbezüge nicht in voller Höhe der Beitragspflicht unterliegen. Dadurch wird das Meldevolumen erheblich reduziert. Bei Kapitalleistungen muss die Zahlstelle keine Beiträge abführen. Daher gibt 129 die Krankenkasse in diesen Fällen keine Rückmeldung ab. ■

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A. Rechnungslegung nach deutschem Handelsrecht

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Kapitel 4 Rechnungslegung und Bilanzierung der bAV Kapitel 4 Rechnungslegung und Bilanzierung A. Rechnungslegung nach deutschem Handelsrecht

A. Rechnungslegung nach deutschem Handelsrecht https://doi.org/10.1515/9783110275247-004 Walddörfer

In der Rechnungslegung nach deutschem Handelsrecht werden in der Bilanz und 1 der Gewinn- und Verlustrechnung nur Pensionsverpflichtungen erfasst, die vom Unternehmen unmittelbar erbracht werden (Direktzusage). Bedient sich das Unternehmen eines externen (mittelbaren) Durchführungsweges (Unterstützungskasse, Pensionskasse, Pensionsfonds oder Direktversicherung)1, findet regelmäßig keine Bilanzberührung statt. Dieser Umstand basiert auf dem Bilanzierungswahlrecht des Art. 28 Abs. 1 S. 2 EGHGB, nachdem für eine mittelbare Verpflichtung in keinem Fall eine Pensionsrückstellung gebildet werden muss.

I. Einleitung Sagt ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer Leistungen der bAV im Sinne von § 1 2 Abs. 1 S. 1 BetrAVG zu und erbringt er diese Leistungen im Versorgungsfall ohne die Einschaltung eines externen Versorgungsträgers (Unterstützungskasse, Pensionsfonds, Pensionskasse oder Direktversicherung), so spricht man arbeitsrechtlich von einer unmittelbaren Versorgungszusage oder auch Direktzusage.2 Es handelt sich dabei im Sinne der Rechnungslegung um ungewisse Verbindlichkeiten, für die nach § 249 Abs. 1 S. 1 HGB Rückstellungen, sog. Pensionsrückstellungen in der Bilanz des zusagenden Arbeitgebers zu bilden sind. Wurde die Zusage vor dem 1.1.1987 erteilt, darf nach Art. 28 Abs. 1 S. 1 EGHGB die Bildung einer Pensionsrückstellung unterbleiben (Wahlrecht). Das Handelsgesetzbuch verwendet für die zugesagten Leistungen unterschied- 3 liche Begriffe. So wird in §§ 246 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 und 253 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 HGB der Begriff der Altersversorgungsverpflichtung verwendet, während in den §§ 266 Abs. 3 B.1. und 285 Nr. 24 HGB sowie Art. 28 Abs. 1 EGHGB auf Pensionsverpflichtungen abgestellt wird. Beide Begriffe stimmen im handelsrechtlichen Sinne überein. Ein Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die Pensionsrückstellungen mit speziell 4 für diesen Zweck gebildeten Vermögenswerten zu bedecken. Die Deckung kann durch das gewöhnliche Anlage- oder Umlaufvermögen (Betriebsvermögen) erfolgen. Gleichwohl sieht der Gesetzgeber die Möglichkeit der Bildung eines speziellen De-

_____ 1 Siehe zum Begriff Kap. 1 Rn. 344 ff. 2 Siehe Kap. 1 Rn. 365 ff.

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Kapitel 4 Rechnungslegung und Bilanzierung

ckungsvermögens vor. Nach § 246 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 HGB gelten solche Vermögensgegenstände als Deckungsvermögen, die dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind (Insolvenzschutz) und ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dienen (Zweckexklusivität). Bei Vorliegen von Deckungsvermögen sieht die Norm eine Verrechnung dieser Vermögensgegenstände mit den Schulden aus Pensionsverpflichtungen zwingend vor (sog. Saldierung).

II. Bilanzansatz von Verpflichtung und Deckungsvermögen 1. Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz 5 Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG)3 hat der Gesetzgeber 2009 die

handelsrechtlichen Vorschriften zur Bewertung und zur bilanziellen Erfassung von Pensionsverpflichtungen in erheblichem Umfang reformiert. Die wesentlichsten Neuerungen betreffen dabei:4 ■ Die Maßgabe, dass Pensionsrückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags anzusetzen sind. Dies bedingt insbesondere, dass zukünftige Entwicklungen von Bemessungsgrößen (z.B. Löhne, Gehälter, Beitragsbemessungsgrößen oder Renten) angemessen zu berücksichtigen sind.5 ■ Die Vorgabe, Pensionsrückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr mit einem restlaufzeitäquivalenten durchschnittlichen Marktzinssatz abzuzinsen.6 ■ Das Gebot, ggf. vorhandenes Deckungsvermögen mit seinem beizulegenden Zeitwert7 zu bewerten und mit den zugehörigen Pensionsrückstellungen zu verrechnen.8 In der Bilanz darf nur der aktivische bzw. passivische Überhang angesetzt werden. 6 Vor dem BilMoG waren im Handelsgesetzbuch nur sehr rudimentäre Regelungen

zur Ermittlung von Pensionsrückstellungen enthalten. Zwar hat der Hauptfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) 1988 eine Konkretisierung veröffentlicht,9 die jedoch sehr weit gefasst war und im Wesentlichen auf die Anwendung der anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik abstellte. Da das IDW

_____ 3 BGBl. I 2009 S. 1102. 4 Institut der Wirtschaftsprüfer Stellungnahme zur Rechnungslegung, IDW RS HFA 30, Rn. 1. 5 § 253 Abs. 1 S. 2 HGB, ausführlich hierzu Rn. 48 ff. 6 § 253 Abs. 2 S. 1 und 2 HGB, ausführlich hierzu Rn. 35 ff. 7 § 253 Abs. 1 S. 4 HGB. 8 § 246 Abs. 2 S. 2 HGB. 9 IDW Stellungnahme HFA 2/1988 „Pensionsverpflichtungen im Jahresabschluss“ in „Die Wirtschaftsprüfung“, 1988, S. 403.

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A. Rechnungslegung nach deutschem Handelsrecht

in dieser Stellungnahme schließlich zu der Erkenntnis kam, dass der ertragsteuerliche Teilwert nach § 6a EStG als Untergrenze auch in der Handelsbilanz angesetzt werden kann, führte dies in der Praxis dazu, dass ganz überwiegend der Teilwert auch tatsächlich als handelsbilanzielle Pensionsrückstellung herangezogen wurde. Das BilMoG ist am 28.5.2009 bekannt gemacht worden und am 29.5.2009 in 7 Kraft getreten. Eine verpflichtende Anwendung des BilMoG in Bezug auf die Regelungen zu Pensionsverpflichtungen und zugehörigem Deckungsvermögen ist gemäß Art. 66 Abs. 3 S. 1 EGHGB erstmals für Geschäftsjahre geregelt, die nach dem 31.12.2009 beginnen.

2. Effekt der Bewertungsänderungen Die neu eingeführten Bewertungsvorgaben führten regelmäßig zu deutlich höheren 8 Pensionsrückstellungen als nach dem bisherigen Recht gebildet wurden. Aus der Umbewertung ergab sich demnach i.d.R. ein Unterdeckungsbetrag in Höhe der Differenz zwischen der Pensionsrückstellung nach altem und neuen Recht. Beispiel 5 Die A GmbH hat als Geschäftsjahr das Kalenderjahr. Sie hat in ihrem Jahresabschluss zum 31.12. 2009 auch in der Handelsbilanz die Pensionsrückstellungen in Höhe des ertragsteuerrechtlichen Teilwerts nach § 6a EStG mit 250.000,00 € angesetzt. Zum 1.1.2010 ermittelt A eine Pensionsrückstellung nach Maßgabe der Vorschriften des BilMoG in Höhe von 325.000,00 €. Damit ergibt sich ein Unterdeckungsbetrag von 325.000,00 € – 250.000,00 € = 75.000,00 €.

Nach Art. 67 Abs. 1 S. 1 EGHGB besteht für den Bilanzierenden ein Wahlrecht, den re- 9 sultierenden Unterdeckungsbetrag im Umstellungsjahr in einer Summe den Pensionsrückstellungen zuzuführen, oder bis spätestens zum 31.12.2024 in jedem Geschäftsjahr zu mindestens einem Fünfzehntel anzusammeln. Der Unterdeckungsbetrag ist insgesamt und nur einmalig zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung des BilMoG zu ermitteln. Zweckmäßigerweise erfolgt die Berechnung des Unterdeckungsbetrags am Beginn des ersten nach dem 31.12.2009 beginnenden Geschäftsjahres. Die Ansammlung des Unterdeckungsbetrages muss bis spätestens 31.12.2024 er- 10 folgt sein und es muss in jedem Geschäftsjahr mindestens ein Fünfzehntel des Betrages angesammelt werden. Das bedeutet, dass auch eine schnellere Ansammlung erfolgen kann, indem in einzelnen Geschäftsjahren höhere Teilbeträge angesammelt werden. Auch muss die Ansammlung keinem vorab festgelegten Plan folgen, so dass das bilanzierende Unternehmen in jedem Geschäftsjahr neu festlegen kann, wie hoch der anzusammelnde Teilbetrag ausfallen soll.10 Weniger als ein

_____ 10 Institut der Wirtschaftsprüfer Stellungnahme zur Rechnungslegung, IDW RS HFA 28, Rn. 44.

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Kapitel 4 Rechnungslegung und Bilanzierung

Fünfzehntel des Unterdeckungsbetrages kann in einem Geschäftsjahr jedoch nicht angesammelt werden. 5 Beispiel Für die A GmbH hat sich zu Beginn des Geschäftsjahres 2010 eine Unterdeckung von 75.000,00 € ergeben. Daraus ergibt sich ein jährlicher Mindestansammlungsbetrag von 75.000,00 € / 15 = 5.000,00 €. Diesen Betrag darf A in keinem Jahr unterschreiten. Damit ist sichergestellt, dass spätestens zum 31.12.2024 der volle Betrag von 75.000,00 € angesammelt ist. A hat bisher jedes Jahr 5.000,00 € angesammelt. Sie entscheidet sich, zum 31.12.2018 einen höheren Betrag, nämlich 10.000,00 €, anzusammeln. Damit verkürzt sich der Ansammlungszeitraum um ein Jahr, mithin ist die Ansammlung spätestens zum 31.12.2023 beendet.

11 Die jährlichen Ansammlungsbeträge werden bei dem Bilanzierenden erfolgswirk-

sam in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst. Zunächst waren sie nach Art. 67 Abs. 7 EGHGB a.F. als außerordentliche Aufwendungen anzugeben. Durch das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRuG)11 vom 22.7.2015 ent12 fällt der Ausweis von außerordentlichen Aufwendungen und Erträgen. Stattdessen sind Aufwendungen und Erträge von außergewöhnlicher Größenordnung oder Bedeutung im Anhang anzugeben und zu erläutern. Die anteiligen Ansammlungsbeträge sind seither als sog. Davon-Vermerk unter den sonstigen betrieblichen Aufwendungen gesondert als „Aufwendungen nach Art. 67 Abs. 1 und 2 EGHGB“ zu erfassen.12 In seltenen Fällen kam es aufgrund der geänderten Rechnungslegungsvor13 schriften im Zuge des BilMoG zu einer Auflösung der Pensionsrückstellungen (Überdeckung). Bereits vor Inkrafttreten des BilMoG konnten Unternehmen ihre Pensionsrückstellungen in der Handelsbilanz mit anderen Rechnungsgrundlagen bewerten als in der Steuerbilanz. So wurde vereinzelt in der Handelsbilanz ein niedrigerer Rechnungszins (z.B. 4,0 oder 4,5%) als in der Steuerbilanz (6,0% nach § 6a Abs. 3 S. 3 EStG) angesetzt. In diesem Fall gestattet Art. 67 Abs. 1 S. 2 EGHGB die Beibehaltung der gebildeten Pensionsrückstellung, falls zum Umstellungszeitpunkt damit gerechnet werden konnte, dass der aufzulösende Betrag bis spätestens 31.12.2024 wieder zugeführt werden muss. Bei der Beurteilung, ob und inwieweit der Differenzbetrag bis spätestens zum 31.12.2024 wieder zugeführt werden müsste, ist nicht allein auf bereits bestehende Pensionsverpflichtungen abzustellen. Der Wortlaut des Art. 67 Abs. 2 S. 2 EGHGB schließt die Berücksichtigung zukünftiger Pensionszusagen nicht aus. Konkret bedeutet dies, dass eine zum 31.12.2009 gebildete Pensionsrückstel14 lung solange an jedem folgenden Bilanzstichtag unverändert beibehalten wird, bis

_____ 11 BGBl. I 2015 S. 1245. 12 Art. 75 Abs. 5 EGHGB.

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A. Rechnungslegung nach deutschem Handelsrecht

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die jährliche Neubewertung zu einem höheren Ergebnis führt. Dann ist die Pensionsrückstellung mit dem höheren Wert zu dotieren.

3. Deckungsvermögen Pensionsrückstellungen sind nach § 246 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 HGB mit ggf. vorhandenem 15 Deckungsvermögen13 zu saldieren. Das Deckungsvermögen ist dabei mit seinem beizulegenden Zeitwert anzusetzen. Als Deckungsvermögen qualifizieren solche Vermögensgegenstände, die ■ dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind (Insolvenzsicherheit) und ■ ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dienen (Zweckexklusivität). Mit dem Saldierungsgebot14 durchbricht der Gesetzgeber das ansonsten grundsätz- 16 lich geltende Verbot, Posten der Aktivseite mit Posten der Passivseite zu verrechnen. Dies ist der Zielsetzung des BilMoG geschuldet, das HGB-Bilanzrecht zu einer vollwertigen, aber kostengünstigen und einfacheren Alternative zu internationalen Rechnungslegungsstandards weiterzuentwickeln. 15 Das Saldierungsgebot drückt letztlich den Gedanken aus, dass Vermögen, das der Haftungsmasse des Unternehmens entzogen ist, auch nicht in der Bilanz ausgewiesen werden muss.16 Das so qualifizierte Deckungsvermögen hebt insoweit die wirtschaftliche Belastung des bilanzierenden Unternehmens aus der Pensionsverpflichtung auf, so dass nur ein ggf. verbleibender Rest bilanziell erfasst zu werden braucht.17 Vor Einführung des BilMoG waren Vermögenswerte grundsätzlich mit ihrem 17 Buchwert zu bilanzieren. Mit dem BilMoG erfolgte bei der Bewertung des Deckungsvermögens der Übergang auf die Zeitwertbilanzierung. Die Übergangsregelungen des Art. 67 Abs. 1 EGHGB beziehen sich auf den Betrag, der den Pensionsrückstellungen aufgrund der geänderten Bewertungsgrundsätze insgesamt zuzuführen ist, abzüglich des Betrages, um den der Wertansatz des Deckungsvermögens aufgrund der Zeitwertbewertung dessen letzten Buchwert übersteigt. Beispiel 5 Die A GmbH hat Vermögenswerte zur Finanzierung ihrer Pensionsverpflichtungen erworben und zum 31.12.2009 mit einem Buchwert in Höhe von 230.000,00 € bilanziert. Diese Vermögenswerte mögen als Deckungsvermögen im Sinne des § 246 Abs. 2 S. 2 HGB zu qualifizieren sein. Der Zeitwert zum selben Stichtag beträgt 290.000,00 €. Die Unterdeckung ergibt sich in diesem Fall, in

_____ 13 Zum Deckungsvermögen ausführlich Rn. 54 ff. 14 Siehe dazu ausführlich Rn. 60 ff. 15 BT-Drucks. 16/10067, S. 1. 16 BT-Drucks. 16/10067, S. 35. 17 BT-Drucks. 16/10067. S. 48 f.

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Kapitel 4 Rechnungslegung und Bilanzierung

dem zunächst die Differenz der Pensionsrückstellung nach neuem und alten Recht ermittelt wird (75.000,00 €, siehe oben). Davon ist die Differenz der Vermögenswerte nach Zeitwert und Buchwert, das sind 290.000,00 € – 230.000,00 € = 60.000,00 €, abzuziehen. Als Unterdeckung ergibt sich somit lediglich ein Betrag von 75.000,00 € – 60.000 € = 15.000,00 €. Dieser Betrag ergibt den bis spätestens zum 31.12.2024 anzusammelnden Umstellungsbetrag. Der jährliche Mindestbetrag für die Ansammlung beträgt daher noch 15.000,00 € / 15 = 1.000,00 €.

III. Bewertungsansatz der Pensionsverpflichtungen 1. Bilanzierungspflicht und Wechsel des Durchführungswegs 18 Grundsätzlich besteht für Pensionsverpflichtungen eine Bilanzierungspflicht nach

§ 249 Abs. 1 S. 1 HGB, da diese ungewisse Verbindlichkeiten darstellen. Dies gilt sowohl für die Zeit vor als auch nach dem Eintritt eines Versorgungsfalls (Alter, Invalidität oder Tod). Vor Eintritt des Versorgungsfalls begründet eine Pensionszusage eine aufschiebend bedingte Schuld (Anwartschaft).18 Einschränkende Vereinbarungen, wie etwa Wartezeiten oder Widerrufsrechte sowie die Möglichkeit der Kündigung des zugrundeliegenden Arbeitsverhältnisses, entbinden nicht von der Bildung einer Pensionsrückstellung. Wie alle Rückstellungen dürfen auch Pensionsrückstellungen nur aufgelöst werden, wenn der Grund für ihre Bildung entfallen ist. Allerdings erlaubt es Art. 28 Abs. 1 S. 1 EGHGB, auf die Bildung einer Pensions19 rückstellung zu verzichten, wenn der Pensionsberechtigte seinen Rechtsanspruch vor dem 1.1.1987 erworben hat (Altzusage) oder sich ein vor diesem Zeitpunkt erworbener Rechtsanspruch nach dem 31.12.1986 erhöht. Die Vorschrift ist im Sinne eines (Bilanzierungs-) Wahlrechtes ausgestaltet. Wird dieses Wahlrecht vom bilanzierenden Unternehmen ausgeübt, so müssen die nicht ausgewiesenen Pensionsrückstellungen im Bilanzanhang angegeben werden. Wechselt der Arbeitgeber den Durchführungsweg von der Direktzusage auf ei20 nen mittelbaren Durchführungsweg, schaltet er also bspw. eine Unterstützungskasse oder einen Pensionsfonds ein, darf eine Pensionsrückstellung nur insoweit aufgelöst werden, wie sich der Arbeitgeber seiner unmittelbaren Verpflichtung entledigt. Durch den Wechsel des Durchführungsweges entledigt sich der Arbeitgeber sei21 ner Pensionsverpflichtung nicht endgültig, da er aufgrund § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG auch dann für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen einsteht, wenn sie nicht unmittelbar von ihm erbracht werden (Subsidiärhaftung).19 Besteht bei der

_____ 18 Kap. 1 Rn. 32 ff. 19 Zu § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG siehe auch Kap. 1 Rn. 683 ff. Die Subsidiärhaftung des § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG besteht nicht für die reine Beitragszusage im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG. Diese Zusage ist jedoch nur bei Durchführung über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine

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externen Versorgungseinrichtung zum Zeitpunkt der Übertragung eine Unterdeckung im Sinne des Handelsrechtes, so besteht insoweit weiterhin eine Rückstellungspflicht. Insoweit liegt kein Wegfall des Rückstellungsgrundes im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 2 HGB vor. Auch kann für die Unterdeckung von dem Passivierungswahlrecht nach Art. 28 Abs. 1 S. 1 EGHGB nicht Gebrauch gemacht werden. Die Unterdeckung bemisst sich dabei als Differenz zwischen der handelsrechtlichen Pensionsrückstellung beim bilanzierenden Arbeitgeber und dem beizulegenden Zeitwert des Vermögens der Versorgungseinrichtung.20 Steigt der Unterdeckungsbetrag jedoch an folgenden Abschlussstichtagen oder 22 tritt eine Unterdeckung zu einem späteren Zeitpunkt erstmals auf, kann auf diese Beträge das Passivierungswahlrecht ausgeübt werden. Kommt es durch die Zuführung weiteren Vermögens an die Versorgungseinrichtung zu einer verbesserten Deckung, vermindert sich zunächst der im Anhang auszuweisende Betrag der Unterdeckung. Erst nach vollständiger Auflösung der ausgewiesenen Unterdeckung erfolgt eine Verminderung der Pensionsrückstellung. Beispiel 5 Die B GmbH hat für die vollständige Übertragung der Pensionsverpflichtungen an den Pensionsfonds PF AG einen Einmalbeitrag von 320.000,00 € bezahlt. Dieser Betrag entspricht auch dem handelsrechtlichen Wertansatz der Pensionsverpflichtungen zum Übertragungszeitpunkt. Dann kann B seine Pensionsrückstellung vollständig auflösen. Kommt es aufgrund ungünstiger Kapitalmarktentwicklungen bei PF später zu handelsrechtlichen Unterdeckungen, so braucht B diese Unterdeckungen weder bilanziell zu erfassen, noch in ihrem Bilanzanhang anzugeben.

2. Bewertung der Verpflichtung Das Gesetz fordert nach § 253 Abs. 1 S. 2 HGB, dass Rückstellungen in Höhe des 23 nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags anzusetzen sind. Damit ist keine Vorgabe eines bestimmten versicherungsmathematischen Berechnungsverfahrens gegeben. Die gesetzliche Forderung impliziert für ein Berechnungsverfahren zumindest folgende Anforderungen:21 ■ Die Anwendung der anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik. ■ Verpflichtungen gegenüber Rentnern und ausgeschiedenen Anwärtern müssen mit ihrem Barwert angesetzt werden.

_____ Direktversicherung möglich. Im Wege der Direktzusage können keine reinen Beitragszusagen erteilt werden siehe Kap. 1 Rn. 523 f. Durch den Wechsel von der Direktzusage auf einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung kann die übertragene Pensionsverpflichtung auch nicht in eine reine Beitragszusage umgewandelt werden, wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG nicht vorliegen. 20 Institut der Wirtschaftsprüfer Stellungnahme zur Rechnungslegung, IDW RS HFA 30, Rn. 78. 21 Institut der Wirtschaftsprüfer Stellungnahme zur Rechnungslegung, IDW RS HFA 30, Rn. 60.

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Kapitel 4 Rechnungslegung und Bilanzierung

Die Mittelansammlung für die im Unternehmen tätigen Anwärter muss über deren jeweilige Aktivitätsperiode erfolgen.

24 Diese Anforderungen sind recht allgemein gehalten, so dass verschiedene Be-

wertungsverfahren infrage kommen. Ihre Anwendung muss jedoch zu einer betriebswirtschaftlich sinnvollen und angemessenen Erfassung beim bilanzierenden Unternehmen führen. Dies ist dann gewährleistet, wenn das Bewertungsverfahren sicherstellt, dass der Pensionsaufwand perioden- und verursachungsgerecht über den Zeitraum verteilt wird, in dem der Anwärter seine Gegenleistung erbringt. Die Bewertung von Pensionsverpflichtungen wird in der Praxis ganz überwie25 gend mit zwei Bewertungsverfahren durchgefügt: ■ Das Anwartschaftsbarwertverfahren (Projected Unit Credit-Method i.S.d IAS. 19) oder ■ das (modifizierte) Teilwertverfahren. 26 Das Teilwertverfahren ist ein sog. Gleichverteilungsverfahren. Das bedeutet,

dass die Pensionsrückstellung mit gleichbleibendem Aufwand, den sog. fiktiven Jahresprämien, aufgebaut wird. Der jährliche Aufwand wird also gerade so kalkuliert, dass er unter den Bedingungen am jeweiligen Bilanzstichtag über die gesamte Finanzierungsdauer gleichbleibt. Dieses Verfahren ähnelt der Finanzierung eines Lebensversicherungsvertrages. Das bilanzierende Unternehmen unterstellt dabei eine fiktive, konstante Beitragszahlung an sich selbst. Die Finanzierungsdauer wird dabei als die Zeit vom Dienstbeginn bis zum erwarteten Renteneintritt angesetzt. Der gleichbleibende Jahresaufwand offenbart auch eine Schwäche des Teil27 wertverfahrens. Immer dann, wenn der jährliche Anwartschaftszuwachs nicht gleichmäßig erfolgt, ergibt sich durch das Teilwertverfahren keine periodengerechte Verteilung des gleichbleibenden Aufwands. Dies ist typischerweise bei Entgeltumwandlungen gegen Einmalbeitrag der Fall oder, wenn die Versorgungsordnung bspw. so geändert wird, dass der Anwartschaftszuwachs in späteren Jahren niedriger ausfällt als in früheren Jahren. Diese Schwäche kann durch eine Modifikation geheilt werden. Die Modifika28 tion besteht darin, dass für die Berechnung der fiktiven Jahresprämie an einem gegebenen Bilanzstichtag sämtliche Berechnungsparameter, außer dem Zins, für die Vergangenheit auf null gesetzt werden. Dies betrifft also die biometrischen Ausscheidewahrscheinlichkeiten und die Trendannahmen (z.B. Gehaltstrend). Dies kann so interpretiert werden, dass in die Berechnung der Jahresprämie das Wissen einfließt, dass in der Zeit zwischen Finanzierungsbeginn und Bilanzstichtag keine Versorgungsfälle eingetreten sind. Es ergibt sich dann zu jedem Bilanzstichtag eine neue Jahresprämie, mithin wird nicht mehr von einem gleichbleibenden, vergangenheitsbezogenen Aufwand ausgegangen.

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A. Rechnungslegung nach deutschem Handelsrecht

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Das Anwartschaftsbarwertverfahren22 i.S.d. IAS 19 führt in jedem Fall zu einem 29 handelsrechtlich zulässigen Wertansatz. Mit dieser Methode wird die Pensionsrückstellung in Höhe des Barwerts der am Bilanzstichtag erdienten Anwartschaften ermittelt. Im Allgemeinen bedeutet dies, dass für jede zukünftig zu erwartende Leistung derjenige Teil, der dem Verhältnis der am Bilanzstichtag bereits erbrachten zu der beim jeweiligen Leistungsbeginn erreichbaren Dienstzeit entspricht (degressives m/ n-tel), mindestens die zum Stichtag unverfallbare, aber dynamisierte Anwartschaft bewertet wird.23 Damit ergibt sich der Aufwand eines Geschäftsjahres aus der versicherungsmathematischen Bewertung des auf die Abrechnungsperiode entfallenden Anwartschaftszuwachses. Dies garantiert die periodengerechte Mittelansammlung.

3. Spezialfall: Wertpapiergebundene Zusagen Einen Sonderfall stellen sog. wertpapiergebundene Zusagen dar.24 Wertpapierge- 30 bunden sind Pensionszusagen nach § 253 Abs. 1 S. 3 HGB, soweit sich ihre Höhe ausschließlich nach dem beizulegenden Zeitwert von Wertpapieren bemisst. In diesem Fall werden die Pensionsrückstellungen mit ebendiesem Zeitwert der Wertpapiere angesetzt, soweit dieser Zeitwert eine zugesagte Mindestleistung übersteigt. Die Vorschrift stellt dabei auf den Wertpapierbegriff des § 266 Abs. 2 A.III.5 31 HGB ab (Wertpapiere des Anlagevermögens). Wertpapiere im Sinne der Vorschrift sind bspw. Aktien, Pfandbriefe, Investmentanteile, Anleihen, etc. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass das bilanzierende Unternehmen diese Wertpapiere tatsächlich im Bestand hält. Die Inbezugnahme ist ausreichend. Eine Besonderheit bilden Rückdeckungsversicherungen.25 Bestimmt sich die 32 Höhe einer Pensionszusage nach den Leistungen einer Rückdeckungsversicherung, so ist diese Pensionszusage bilanziell wie eine wertpapiergebundene Pensionszusage zu behandeln. Dies ist insbesondere im Falle von (leistungs-)kongruent rückgedeckten Pensionszusagen der Fall, die in der Praxis häufig anzutreffen sind. Von einer (leistungs-)kongruenten Rückdeckung spricht man, wenn die Zahlungen aus der Rückdeckungsversicherung der Höhe und dem Zeitpunkt nach identisch sind mit den Zahlungen aus der Pensionszusage.26 In der Praxis tritt dies häufig als beitragsorientierte Leistungszusage mit leistungsbestimmender Rückdeckungsversicherung in Erscheinung.

_____ 22 Siehe hierzu Rn. 80. 23 Fachgrundsatz der Deutschen Aktuarvereinigung e.V., Anwendung von IAS 19 Employee Benefits (2011) auf die betriebliche Altersversorgung in Deutschland, 17.9.2015, S. 11. 24 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 111 (Beispiele). 25 Kap. 1 Rn. 370, Kap. 6 Rn. 341 ff. 26 Institut der Wirtschaftsprüfer Stellungnahme zur Rechnungslegung, IDW RS HFA 30, Rn. 74, siehe auch Kap. 1 Rn. 349.

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Ist der beizulegende Zeitwert einer Pensionszusage jedoch niedriger als der notwendige Erfüllungsbetrag einer garantierten Mindestleistung, so ist der Erfüllungsbetrag zu bilanzieren. Für die Bewertung dieser garantieren Mindestleistung gelten die Abzinsungsvorschriften des § 253 Abs. 2 HGB sowie die Regelungen für den Unterschiedsbetrag nach § 253 Abs. 6 Satz 1 HGB.

4. Versicherungsmathematische Bewertungsparameter 34 Die wesentlichen versicherungsmathematischen Bewertungsparameter sind ■ der Rechnungszins, ■ die Ausscheideordnung, ■ die Trendannahmen und ■ die Altersgrenze. Ihre Blickrichtung ist zukunftsgerichtet, da sie dazu dienen, eine Bewertung von zukünftigen Zahlungsströmen zu einem bestimmten Stichtag zu ermöglichen. Die Herleitung der Bewertungsparameter muss Erfahrungswerte aus der Vergangenheit und zeitnahe Beobachtungswerte angemessen berücksichtigen. Hierzu zählen betriebsintern gesammelte Informationen ebenso wie branchenspezifische Beobachtungen. Jedoch kommt der Einschätzung ihrer zukünftigen Entwicklung ebenso entscheidende Bedeutung zu. Die Erwartung muss begründet sein und auf hinreichend objektiven Hinweisen beruhen.27 Die Trendannahmen stellen die langfristig beste Schätzung der zukünftigen Entwicklung der Bezugsgrößen einer Pensionszusage dar. Einzelne, singuläre Ereignisse, z.B. ein einzelner Tarifabschluss, dürfen daher nicht zu einer Änderung langfristigen Annahmen führen.

a) Rechnungszins 35 Grundsätzlich müssen Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz abgezinst werden.28 Anstelle der tatsächlichen Restlaufzeit darf bei Pensionsrückstellungen auch pauschal von einer Restlaufzeit von 15 Jahren ausgegangen werden. 3 Praxistipp Bestände, die ausschließlich aus Rentnern bestehen, haben erfahrungsgemäß regelmäßig Restlaufzeiten von etwa 10 Jahren. Reine Anwärterbestände können jedoch durchaus Restlaufzeiten von 25 Jahren und mehr aufweisen. Mischbestände liegen zwischen diesen Bereichen.

_____ 27 Institut der Wirtschaftsprüfer, Stellungnahme zur Rechnungslegung, IDW RS HFA 30, Rn. 52. 28 § 253 Abs. 2 S. 1 HGB.

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Typischerweise steigt der Abzinsungssatz mit länger werdender Restlaufzeit an. Höhere Abzinsungssätze führen zu niedrigeren Pensionsrückstellungen, so dass das bilanzierende Unternehmen zunächst genau prüfen sollte, ob es von der Pauschalregelung Gebrauch machen will oder nicht. Eine einmal getroffene Entscheidung bindet das Unternehmen nämlich. Nach § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB sind die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewendeten Bewertungsmethoden beizubehalten (Bilanzkontinuität). Nur in begründeten Ausnahmefällen darf hiervon abgewichen werden. Die Restlaufzeit ist hier als Duration im Sinne einer versicherungsmathematischen Schwerpunktbildung der zukünftigen Zahlungsströme zu verstehen. Sie ist nicht die voraussichtliche oder erwartete Restdauer bis zur vollständigen Beendigung der Verpflichtungen. Der zu verwendende Marktzinssatz wird als Durchschnittswert der vergangenen 10 Geschäftsjahre gebildet. Seine genaue Herleitung beschreibt die sog. „Verordnung über die Ermittlung und Bekanntgabe der Sätze zur Abzinsung von Rückstellungen“ (RückAbzinsV). Die Abzinsungssätze werden grundsätzlich aus einer um einen Aufschlag erhöhten Null-Kupon-Euro-Zinsswapkurve abgeleitet. Die Deutsche Bundesbank veröffentlicht monatlich sowohl die Null-Kupon-Euro-Zinsswapsätze als auch die Abzinsungssätze zu verschiedenen Restlaufzeiten auf ihrer Internetseite. Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften29 waren Pensionsrückstellungen mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre abzuzinsen. Die Umstellung auf den 10-jährigen Durchschnittszins erfolgt nach Art. 75 Abs. 6 EGHGB erstmals für Jahresabschlüsse für nach dem 31.12.2015 endende Geschäftsjahre. Die Umstellung des Durchschnittszeitraumes von sieben auf 10 Jahre hat weitergehende Folgen, so kommt es insbesondere zu einer Ausschüttungssperre des Effektes aus der Umstellung. Aufgrund der Durchschnittsbildung über den vergleichsweise langen Zeitraum von 10 Jahren kann die Entwicklung der Abzinsungssätze über einen kurzen bis mittleren Zeitraum mit hinreichender Genauigkeit abgeschätzt werden. Dies ermöglicht den Unternehmen eine zuverlässige Bilanzplanung in diesem Bereich. Die Umstellung von einem siebenjährigen auf einen zehnjährigen Durchschnittszeitraum wurde vorgenommen, um das Absinken des Rechnungszinses zu verlangsamen und den Unternehmen dadurch eine Entlastung zu gewähren. Es war jedoch nicht die Absicht des Gesetzgebers, den Unternehmen zusätzliche Ertragspositionen zu schaffen, so dass die ertragswirksamen Effekte der Umstellung

_____ 29 Gesetz vom 11.3.2016, BGBl. I S. 396.

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nicht für Ausschüttungen zur Verfügung stehen und der Effekt unter der Bilanz oder im Bilanzanhang anzugeben ist. Der Effekt wird dadurch ermittelt, dass eine Bewertung der Pensionsverpflichtungen mit einem Siebenjahres- und einem Zehnjahres-Durchschnittszins vorgenommen und die Differenz beider Ergebnisse bestimmt wird. Diese Doppelbewertung ist zu jedem Bilanzstichtag durchzuführen, nicht nur 42 einmalig zum Umstellungszeitpunkt. Entsprechend ist der ausschüttungsgesperrte Betrag jährlich neu zu bestimmen und fortzuführen.

b) Ausscheideordnung und Altersgrenze 43 Unter der Ausscheideordnung werden die versicherungsmathematischen Rech-

nungsgrundlagen verstanden, mithin die Sterbe- und Invalidisierungswahrscheinlichkeiten (biometrische Rechnungsgrundlagen) und die Fluktuation. Die biometrischen Rechnungsgrundlagen müssen unter Verwendung zeitnaher Beobachtungswerte und zulässiger mathematisch-statistischer Methoden erstellt werden.30 Sie werden üblicherweise allgemein anerkannten Tafelwerken entnommen. 5 Beispiel In der bAV im Wege der Direktzusage finden nahezu ausschließlich die biometrischen Rechnungsgrundlagen der ©Richttafeln 2018 G von Klaus Heubeck Verwendung. 44 Es ist grundsätzlich zulässig, dass die Grundwerte eines anerkannten Tafelwerkes

nach geeigneten Gruppen von Versorgungsberechtigten modifiziert werden.31 Dies muss allerdings den anerkannten Grundsätzen der Versicherungsmathematik entsprechen und auf Basis valider statistischer Daten erfolgen. 3 Praxistipp Regelmäßig kommt eine Modifikation daher nur bei sehr großen Beständen, mithin bei Großunternehmen mit mehreren tausend Versorgungsberechtigten infrage. Dies tritt daher in der Praxis nur vereinzelt auf.

45 Die Fluktuation drückt die Wahrscheinlichkeit aus, dass ein versorgungsberech-

tigter Anwärter das zusagende Unternehmen durch Kündigung verlässt, bevor ein Versorgungsfall eingetreten ist. Diese Wahrscheinlichkeiten sind regelmäßig vom Alter und vom Geschlecht abhängig. Verfügt ein Unternehmen über hinreichend viele Versorgungsberechtigte in allen Altersbereichen und beiderlei Geschlech-

_____ 30 Institut der Wirtschaftsprüfer, Stellungnahme zur Rechnungslegung, IDW RS HFA 30, Rn. 62. 31 Institut der Wirtschaftsprüfer, Stellungnahme zur Rechnungslegung, IDW RS HFA 30, Rn. 64.

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tern,32 kann eine unternehmensspezifische Fluktuation abgeleitet werden. Kleine Unternehmen können, soweit vorhanden, auf Branchenwerte zurückgreifen oder allgemein anerkannte Standardwerte heranziehen. Eine pauschale oder näherungsweise Berücksichtigung, wie bspw. im Steuerrecht durch die erstmalige Rückstellungsbildung nach Erreichen eines bestimmten Mindestalters33 kommt für die handelsrechtliche Bewertung nicht infrage. Die Altersgrenze stellt das Alter dar, auf das zur Finanzierung der Versor- 46 gungsleistungen abgestellt wird. Hier ist zunächst die in der Versorgungszusage genannte Altersgrenze zu berücksichtigen. Ältere Versorgungsordnungen nennen hier häufig das 65. Lebensjahr, neuere stellen meist auf das Erreichen der geburtsjahrgangsabhängigen Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung ab.34 Hiervon kann abgewichen werden, wenn die voraussichtlichen Pensionierungsgewohnheiten im Unternehmen nachvollziehbar abgeleitet werden können. Hierzu sind sowohl die Erfahrungswerte der Vergangenheit als auch die Erwartungen der Zukunft zu berücksichtigen. Häufig wird in der Praxis als Finanzierungsalter auf das 63. Lebensjahr abgestellt, da zu diesem Alter erstmals ein Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung besteht und viele Arbeitnehmer dann aus dem Berufsleben ausscheiden. Steht das altersbedingte Ausscheiden eines Arbeitnehmers bereits fest, so ist 47 dieses Alter für die Bewertung heranzuziehen. Das ist bspw. bei bereits abgeschlossenen Altersteilzeit- oder Vorruhestandsvereinbarungen der Fall.

c) Trendannahmen Gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG hat der Arbeitgeber alle drei Jahre die Anpassung der 48 laufenden Leistungen zu prüfen und darüber nach billigem Ermessen zu entscheiden.35 Er muss dabei insbesondere seine wirtschaftliche Lage und die Belange des Versorgungsempfängers berücksichtigen. Diese Anforderung führt zur Ermittlung eines Rententrends bei der Bewertung von Pensionsverpflichtungen. Die Belange der Versorgungsempfänger werden gem. 16 Abs. 2 BetrAVG ange- 49 messen berücksichtigt, wenn die Anpassung nicht geringer ausfällt als der Anstieg des Verbraucherpreisindex für Deutschland (Nr. 1)36 oder der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens (Nr. 2).37

_____ 32 Ein nach neuer Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (1 BvR 2019/16) zulässiges 3. Geschlecht findet derzeit keinen Niederschlag in den biometrischen Rechnungsgrundlagen der bAV, da hierfür schlicht die statistische Datenbasis fehlt. 33 Siehe Kap. 2 Rn. 17. 34 Kap. 1 Rn. 76 ff. 35 Kap. 8 Rn. 386 ff. 36 Vgl. Kap. 8 Rn. 406. 37 Vgl. Kap. 8 Rn. 408 ff.

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Die Nettolohnentwicklung des Unternehmens stellt jedoch in der Praxis zumeist keinen geeigneten Maßstab dar. Nach der ständigen Rechtsprechung ist es dafür erforderlich, dass das Unternehmen über eine lückenlose Historie ihrer Nettolohnentwicklung verfügen muss, was regelmäßig nicht der Fall ist.38 Überwiegend wird daher der Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI) 51 für die Anpassungsprüfung herangezogen. Der VPI ist eine Kennzahl für die Inflation in Deutschland. Eine Anpassung der Betriebsrenten in Höhe der Entwicklung des VPI stellt in der Theorie also sicher, dass den Versorgungsempfängern ein Ausgleich des Kaufkraftverlustes ihrer Renten gewährt wird. Als Mitgliedstaat der Eurozone wird auch die Geldmarktpolitik Deutschlands durch die Europäische Zentralbank als unabhängige Institution gesteuert. Die EZB verfolgt das erklärte Ziel, die durchschnittliche Inflationsrate bei knapp unter 2% zu steuern. Auf den ersten Blick wäre daher die Festlegung des Rententrends mit ebendiesen 2% naheliegend, wenn man unterstellt, dass sich die Inflation in Deutschland, mithin der VPI, langfristig ebenso entwickelt. Dieser Ansatz dürfte allerdings zu pauschal sein, da die spezifisch deutschen 52 Verhältnisse dabei nur unzureichend berücksichtigt werden. So entwickelte sich der VPI bspw. von Ende 2014 bis Ende 2016 nahe der Nulllinie und damit sehr deutlich unterhalb von 2% pro Jahr. Es bestehen also merkliche Divergenzen zwischen den Inflationsraten in Deutschland einerseits und der Eurozone andererseits. Ein Unternehmen wird also weitere Einflussfaktoren zu berücksichtigen haben. Dazu können Analysen professioneller Marktbeobachter zählen, aber auch der zukünftig zu erwartende Zahlungsstrom der Pensionsverpflichtungen und der dreijährige Anpassungszyklus. Auch bei der Festlegung von Gehaltstrends muss das Unternehmen eine lang53 fristig realistische, beste Schätzung zugrunde legen. Diese wird sich sicher an den Erfahrungswerten der Vergangenheit orientieren, aber auch die zukünftige Einschätzung wird zu berücksichtigen sein. Gegebenenfalls können Branchenwerte hinzugezogen werden.

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5. Bewertung des Deckungsvermögens 54 Vermögensgegenstände, die im Sinne des § 246 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 HGB als Deckungsvermögen zu betrachten sind, werden erfolgswirksam mit ihrem beizulegenden Zeitwert bewertet. Der Zeitwert eines Vermögensgegenstandes entspricht seinem Marktwert.39 Bei Wertpapieren, für die ein aktiver Markt besteht, lässt sich ein Marktpreis in der Regel zu jedem Marktzeitpunkt leicht ermitteln. Typische Beispiele

_____ 38 Siehe ausführlich zu den Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG: Kap. 8 Rn. 410 f. 39 § 255 Abs. 4 HGB.

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sind börsengehandelte Wertpapiere wie Aktien oder börsennotierte Inhaberschuldverschreibungen. Besteht jedoch kein aktiver Markt, so muss der Zeitwert mithilfe allgemein anerkannter Bewertungsmethoden bestimmt werden. Zu diesen gehören etwa Optionspreismodelle (Black-Scholes-Modell), Kapital- oder Ertragswertverfahren sowie Vergleichsverfahren. Die Anwendung ist in jedem Falle im Anhang der Bilanz näher zu erläutern, bspw. sind die berücksichtigten Annahmen anzugeben. Soweit auch mit diesen Methoden kein verlässlicher beizulegender Zeitwert ermittelt werden kann, gelten die fortgeführten Anschaffungs- und Herstellungskosten des Vermögensgegenstands unter Beachtung des strengen Niederstwertprinzips als beizulegender Zeitwert. Der beizulegende Zeitwert von Lebensversicherungsverträgen, bspw. Rückdeckungsversicherungen, entspricht ihrem Deckungskapital zuzüglich bereits zugeteilter Überschussanteile. Die einschlägige Rechtsnorm ist im Falle von deregulierten40 Versicherungsverträgen § 169 Abs. 3 VVG, wonach das Deckungskapital mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zu ermitteln ist. Bei regulierten Versicherungsverträgen kommt das Deckungskapital auf Grundlage genehmigter Geschäftspläne zum Tragen. Der beizulegende Zeitwert stimmt mit dem steuerlichen Aktivwert41 überein.42 Der Aktivwert wird üblicherweise einmal jährlich vom Lebensversicherungsunternehmen mitgeteilt. Ist das bilanzierende Unternehmen eine Kapitalgesellschaft, so besteht für diese eine Ausschüttungs- bzw. Abführungssperre für den die Anschaffungskosten übersteigenden Teil des beizulegenden Zeitwertes abzüglich ggf. korrespondierender passiver latenter Steuern.43 Kommt es zu einer Entwidmung von Deckungsvermögen oder entfallen auf andere Weise die Voraussetzungen für das Vorliegen von Deckungsvermögen, so müssen die Vermögensgegenstände wieder mit dem fortgeführten Buchwert in die Bilanz aufgenommen werden, den sie im Zeitpunkt der Widmung aufgewiesen haben. Eine Saldierung mit Pensionsverpflichtungen kommt dann nicht mehr infrage. Damit ist auch ein ggf. vorhandener aktivierter Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung aufzulösen und eine Ausschüttungssperre entfällt insoweit.44

_____ 40 Dies sind in der Regel Versicherungsverträge, die nach dem 29.07.1994 abgeschlossen wurden und denen kein aufsichtsbehördlich genehmigter Geschäftsplan zugrunde liegt. Vor diesem Stichtag übte die Aufsichtsbehörde BaFin eine materielle Aufsicht aus, dies umfasste die Vorabgenehmigung der Versicherungsbedingungen und Berechnungsgrundlagen. 41 R 4b Abs. 3 S. 3 EStR 2012, H 6a Abs. 23 EStH 2016. 42 Institut der Wirtschaftsprüfer, Stellungnahme zur Rechnungslegung, IDW RS HFA 30, Rn. 68. 43 Institut der Wirtschaftsprüfer, Stellungnahme zur Rechnungslegung, IDW RS HFA 30, Rn. 69. 44 Institut der Wirtschaftsprüfer, Stellungnahme zur Rechnungslegung, IDW RS HFA 30, Rn. 70.

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6. Saldierungsgebot und Ausschüttungssperre 60 Soweit Deckungsvermögen vorliegt, muss dieses gemäß § 246 Abs. 2 S. 2 HGB zum

beizulegenden Zeitwert mit den Verpflichtungen aus Pensionszusagen verrechnet werden. Ergibt sich dabei ein Vermögensüberhang, so ist dieser nach § 266 Abs. 2 E HGB als „Aktiver Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung“ zu aktivieren. Eine Unterdeckung wiederum ist nach § 266 Abs. 3 B.1 HGB als „Rückstellung für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen“ zu passivieren. Der Gesetzgeber hat auf die anhaltende Niedrigzinsphase am Kapitalmarkt rea61 giert und ist mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften45 dazu übergegangen, die Durchschnittsbildung für den zugrundeliegenden Marktzinssatz von sieben auf zehn Jahre zu erhöhen. Dies führt zu einer Erhöhung des Abdiskontierungssatzes der Pensionsverpflichtungen und somit zu einer niedrigeren Rückstellungsbildung. Das bilanzierende Unternehmen erzielt damit außerordentliche Erträge durch eine verminderte Rückstellung. 5 Beispiel Zum 31.12.2016 betrug der durchschnittliche Marktzins der vergangenen zehn Jahre 4,01%, während er mit sieben Jahren bei 3,24% liegt. Ein Unterschied von 0,77 Prozentpunkten führt bei einem durchschnittlichen Mischbestand zu einer um rd. 10 bis 15% niedrigeren Pensionsrückstellung. 62 Der Unterschied zwischen zehnjähriger und siebenjähriger Durchschnittsbildung

tritt in jedem Geschäftsjahr auf. Um zu vermeiden, dass den bilanzierenden Unternehmen ausschüttungsfähige Gewinne entstehen, hat der Gesetzgeber die Effekte der Zinsumstellung mit einer Ausschüttungssperre versehen. Nach § 253 Abs. 6 S. 2 HGB dürfen Gewinne nur ausgeschüttet werden, wenn die nach der Ausschüttung verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen, korrigiert um Gewinn- bzw. Verlustvorträge, mindestens dem Unterschiedsbetrag aus der Zinsumstellung entsprechen. Der ermittelte Unterschiedsbetrag ist in jedem Geschäftsjahr unter der Bilanz 63 oder im Anhang anzugeben. Dabei werden Unternehmen, die zulässigerweise keinen Anhang aufstellen, den Betrag direkt unter der Bilanz angeben. 5 Beispiel Die A GmbH ermittelt zum 31.12.2016 eine Pensionsrückstellung mit zehnjährigem Durchschnittszins (4,01%) in Höhe von 400.000 € und mit siebenjährigem Durchschnittszins (3,24%) in Höhe von 475.000 €. Den Unterschiedsbetrag in Höhe von 75.000 € gibt A im Anhang ihres Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2016 an.

_____ 45 Gesetz vom 11.3.2016, BGBl. I S. 396.

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Der Unterschiedsbetrag ist dabei vor der Verrechnung mit etwaigem Deckungsver- 64 mögen zu berechnen. In Fällen noch ausstehender Beträge aus der BilMoG-Umstellung darf eine Verminderung der Pensionsrückstellung aufgrund des geänderten Rechnungszinses zunächst gegen die ausstehenden Beträge verrechnet werden. Ebenfalls zulässig ist ein unverrechneter Ausweis.46

IV. Pensionsverpflichtungen in der Gewinn- und Verlustrechnung Aufgrund der Bilanzierungspflicht von unmittelbaren Pensionszusagen ergibt sich auch die Erfassung damit zusammenhängender Aufwands- und Ertragspositionen in der Gewinn- und Verlustrechnung des bilanzierenden Unternehmens. Die Direktzusage entfaltet also an mehreren Stellen eine Ertragswirkung auf das Unternehmen und beeinflusst somit letztlich auch dessen Jahresergebnis.47 Aufwendungen entstehen z.B. aus der Abzinsung oder dem sukzessiven Erdienen weiterer Anwartschaftssteigerungen, während Erträge bspw. aus Deckungsvermögen entstehen können. Abhängig vom Umfang der zugesagten Pensionsleistungen ist die unmittelbare Versorgungszusage ein wesentlicher bestimmender Faktor für das Jahresergebnis und sollte daher entsprechend gewissenhaft gesteuert und geplant werden. Analog zur Verrechnung von Pensionsverpflichtungen und dazu gehörendem Deckungsvermögen sind auch Aufwendungen und Erträge aus der Auf- bzw. Abzinsung von Pensionsverpflichtungen und Aufwendungen und Erträge aus dem Deckungsvermögen zu saldieren.48 Dabei ergeben sich die nachfolgenden Einzelpositionen. Aufwendungen aus der Abzinsung müssen in der Gewinn- und Verlustrechnung unter dem Posten „Zinsen und ähnliche Aufwendungen“ ausgewiesen werden. Die entsprechenden Erträge werden demgegenüber unter „Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge“ erfasst.49 Diese Positionen finden sich also im Finanzergebnis des Unternehmens. Erfolgswirkungen aus der Änderung des Abdiskontierungssatzes dürfen im Finanzergebnis erfasst werden. Gleiches gilt auch für laufende Erträge aus dem Deckungsvermögen und Erfolgswirkungen aus der Zeitwertänderung des Deckungsvermögens, soweit diese nicht bereits saldiert wurden. Für die drei beschriebenen Erfolgswirkungen darf das Ausweiswahlrecht nur einheitlich ausgeübt werden. Der in der Abrechnungsperiode anfallende sog. Dienstzeitaufwand, das ist der Wert der in der Periode zusätzlich erdiente Anwartschaftszuwachs, ist hingegen im

_____ 46 Institut der Wirtschaftsprüfer, Stellungnahme zur Rechnungslegung, IDW RS HFA 30, Rn. 55a. 47 Kap. 5 Rn. 25 f. 48 § 246 Abs. 2 S. 2 HS. 2 HGB. 49 § 277 Abs. 5 S. 1 HGB.

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operativen Ergebnis zu erfassen. Dasselbe gilt für Änderungen in den Trendannahmen und ggf. veränderten biometrischen Rechnungsgrundlagen. Je nach Sachverhalt erfolgt die Erfassung dabei im Personalaufwand oder im sonstigen betrieblichen Aufwand bzw. Ertrag.50 Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Zuordnung der einzelnen 70 Erfolgskomponenten. Operatives Ergebnis

Finanzergebnis

■ Dienstzeitaufwand

■ Effekte aus der Auf- bzw. Abzinsung von Pensionsrückstellungen

■ Änderung von Trendannahmen und biometrischen Rechnungsgrundlagen ■ Änderung der Zusammensetzung des Bestands der Versorgungsberechtigten ■ Wertänderungen durch Umstrukturierungen oder Zusageänderungen Ausweiswahlrecht (nur einheitlich zu erfassen) ■ Änderung des Abzinsungssatzes

■ Laufende Erträge aus dem Deckungsvermögen ■ Zeitwertänderungen des Deckungsvermögens (soweit nicht bereits mit Änderungen der Pensionsverpflichtungen verrechnet)

B. Rechnungslegung nach internationalem Handelsrecht (IFRS) B. Rechnungslegung nach internationalem Handelsrecht (IFRS) I. Einleitung 71 Für die Aufstellung und Anpassung internationaler Bilanzierungs- und Berichter-

stattungsgrundsätze ist das International Accounting Standards Board (IASB) zuständig. Es hat am 16.6.2011 eine wesentlich überarbeitete Version des International Accounting Standards Nr. 19, betreffend die Bilanzierung von Versorgungsverpflichtungen (und vergleichbaren langfristigen Verpflichtungen) veröffentlicht. Allgemein gilt, dass nach April 2001 verabschiedete oder nach diesem Zeitpunkt vollständig neugefasste internationale Standards International Financial Reporting Standards (IFRS) heißen, während davor ergangene Standards unter der bisherigen Bezeichnung International Accounting Standard (IAS) weitergeführt werden. Ein internationaler Jahresabschluss wird damit nach den IFRS aufgestellt, wobei die Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen nach den IAS 19 erfolgt. Der Geltungsbereich der IAS 19 umfasst zum einen Verpflichtungen aus Ver72 sorgungszusagen (post-employment benefits) und zum anderen mit der Pensio-

_____ 50 Institut der Wirtschaftsprüfer, Stellungnahme zur Rechnungslegung, IDW RS HFA 30, Rn. 88.

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nierung eng verknüpfte Leistungen. Ein in der Praxis vorzufindendes Beispiel hierfür ist die Zahlung von Beiträgen zu privaten Krankenversicherungen für die Zeit nach der Pensionierung. IAS 19 betrifft jedoch auch Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, z.B. Abfindungsprogramme bei Umstrukturierungen und andere langfristige Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis wie etwa Jubiläumszahlungen, Zeitwertkonten oder Sabbaticals. Grundlegend für die IAS 19 ist, dass keine Unterscheidung nach dem Durch- 73 führungsweg der bAV erfolgt. Hierin unterscheiden sich die internationalen Bilanzierungsgrundsätze fundamental von denen des deutschen Handelsrechts.

II. Begriffsbestimmungen 1. Beitrags- und Leistungspläne Von zentraler Bedeutung ist die Unterscheidung nach Beitrags- und Leistungsplä- 74 nen. Nach IAS 19.8 ist von einer Beitragszusage bzw. einem Beitragsplan (defined contribution plan) auszugehen, wenn für Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Unternehmen festgelegte Beiträge an eine eigenständige wirtschaftliche Einheit entrichtet und weder rechtlich noch faktisch zur Zahlung darüberhinausgehender Beträge verpflichtet ist. Dabei ist es unerheblich, ob die Einheit über ausreichende Vermögenmittel verfügt, um alle Leistungsverpflichtungen zu erfüllen. Auch Minderungen der Leistungen, etwa durch unzureichende Kapitalerträge dürfen nicht zu weitergehenden Beiträgen führen. Beitragspläne, die diese strengen formalen Kriterien erfüllen, existieren in 75 Deutschland erst seit Einführung der reinen Beitragszusage gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG zum 1.1.2018.51 Für alle anderen in Deutschland bestehenden Versorgungszusagen führt die Subsidiärhaftung des § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG stets zu einer Einstandspflicht des Arbeitgebers.52 Somit liegt auch dann noch kein Beitragsplan vor, wenn etwa im Durchführungsweg Direktversicherung, Pensionskasse oder im versicherungsförmigen Pensionsfonds die vereinbarten Beiträge aufsichtsrechtlich mit ausreichender Vorsicht kalkuliert wurden, so dass die zu erwartenden Vermögenserträge zu zuverlässigen Überschüssen führen. Somit könnte generell infrage gestellt werden, ob es in Deutschland vor dem 76 1.1.2018 überhaupt Beitragspläne im Sinne des IAS 19.8 gab. In der Praxis wird die Subsidiärhaftung bei versicherungsförmigen Plangestaltungen in der Regel als Eventualverbindlichkeit betrachtet und der zugrundeliegende plan demnach wie ein Beitragsplan behandelt. Dies wird üblicherweise solange als sachgerecht erachtet

_____ 51 BRSG vom 17.8.2017, BGBl. I 3214, Kap. 1 Rn. 522 ff. 52 Kap. 1 Rn. 726 ff.

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und nicht beanstandet, wie eine Inanspruchnahme realistischerweise nicht zu befürchten ist. Die Rechnungslegung von Beitragsplänen beschränkt sich darauf, die in der Be77 richtsperiode anfallenden Beiträge im Personalaufwand zu erfassen und im Anhang anzugeben. Leistungszusagen53 bzw. Leistungspläne (defined benefit plans) sind demnach 78 solche, die nicht zweifelsfrei als Beitragsplan klassifiziert werden können. Aufgrund der Vielzahl an Plangestaltungen und dem breiten Spektrum an Risikoverteilungen bedarf es stets einer eingehenden Untersuchung, welche Planart vorliegt.

2. Planbegriff 79 Vielfach wird in der Literatur oder im allgemeinen Sprachgebrauch der englische

Begriff plan im Sinne des IAS 19 mit dem deutschen Begriff der Versorgungszusage54 (Versorgungsordnung, etc.) gleichgesetzt. Dies ist häufig nicht richtig. Zwar gibt es im Standard keine präzise Definition, allerdings umfasst der plan das gesamte Regelwerk zur Erbringung der Pensionsleistungen einschließlich der Finanzierung. Letztere ist zumeist nicht Gegenstand von Versorgungsordnungen. 5 Beispiel Die Zuordnung von Pensionsverpflichtungen zu einem plan erfolgt in der Praxis im Allgemeinen gemäß der zugrundeliegenden Finanzierung. So könnten alle intern finanzierten Direktzusagen eines Unternehmens zu einem plan zusammengefasst werden. Ebenso könnten alle Tarifgenerationen einer Pensionskassenversorgung als ein plan aufgefasst werden. Umgekehrt kann es in der Praxis vorkommen, dass aufgrund der unterschiedlichen Finanzierung einer Pensionsverpflichtung, diese auf mehrere plans aufgeteilt werden muss. Beispielsweise im Falle einer rückstellungsfinanzierten Gesamtzusage, auf die eine Pensionskassenleistung angerechnet wird. Aus der unterschiedlichen Finanzierung ergibt sich eine Aufteilung in unterschiedliche plans. 80 Bei der Zusammenfassung von Versorgungsordnungen zu plans ist daher darauf zu

achten, dass unterschiedliche Finanzierungsformen nicht miteinander vermischt werden. Denn nach IAS 19.131 ist es im Allgemeinen nicht zulässig, dass ein Unternehmen Planvermögen eines plans mit Pensionsverpflichtungen eines anderen plans saldiert. Insbesondere können durch verpfändete Rückdeckungsversicherungen finanzierte Verpflichtungen nicht mit ungedeckten Verpflichtungen zu einem plan zusammengefasst werden, wenn es dadurch zu einer Saldierung der Rückdeckungsversicherung mit den ungedeckten Verpflichtungen kommt.

_____ 53 Zum Begriff nach dem BetrAVG siehe Kap. 1 Rn. 469 ff. 54 Zum Begriff der Zusage siehe Kap. 1 Rn. 466.

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3. Der Verpflichtungsumfang (defined benefit obligation – DBO) Die Pensionsverpflichtung wird nach IAS 19.67 ausschließlich nach der Methode der 81 laufenden Einmalprämien (auch projected unit credit method bzw. Anwartschaftsbarwertverfahren55) ermittelt. Die Zuordnung der Anwartschaften erfolgt dabei grundsätzlich entsprechend der gemäß Versorgungsordnung zugrundeliegenden Planformel. Dabei sind versicherungsmathematische Annahmen zugrunde zu legen, die nach IAS 19.75 unvoreingenommen und aufeinander abgestimmt sind. Dazu sind sie weder unvorsichtig, noch übertrieben vorsichtig anzusetzen, mithin gilt das Prinzip der besten Schätzung (best estimate). Aufeinander abgestimmt sind Annahmen, die die wirtschaftlichen Zusammenhänge zwischen Faktoren wie Inflation, Lohn- und Gehaltssteigerungen, Rentenanpassungen und Abzinsungssätzen plausibel widerspiegeln. Eine Zuordnung gemäß Versorgungsordnung bedeutet für Leistungszusagen 82 im Allgemeinen, dass für jede zukünftig zu erwartende Leistung derjenige Teil, der dem Verhältnis der am Stichtag bereits erbrachten zu der beim jeweiligen Leistungsbeginn erreichbaren Dienstzeit entspricht. Man spricht vom sog. degressiven m/n-tel. Mindestens ist jedoch die zum Stichtag unverfallbare dynamisierte Anwartschaft als erdient anzusehen. Der ermittelte Verpflichtungsumfang ist nach der Nomenklatur der IAS 19 die 83 defined benefit obligation, oder kurz DBO.

4. Bewertungsannahmen Hinsichtlich der demografischen Annahmen zur Biometrie, zu Trendannahmen 84 und zur Fluktuation gelten grundsätzlich dieselben Grundsätze wie im deutschen Handelsrecht.56 Es ist übliche Praxis, diese Rechnungsannahmen im deutschen und im internationalen Jahresabschluss gleich zu wählen. Ein unterschiedlicher Ansatz bedürfte jedenfalls einer sehr überzeugenden Begründung. Dies gilt jedoch nicht für den zu verwendenden Rechnungszins. Nach IAS 85 19.83 ff. ist dieser auf Grundlage der Renditen erstrangiger, festverzinslicher Industrieanleihen als Stichtagszins zu ermitteln. Eine Durchschnittsbildung wie im deutschen Handelsrecht erfolgt nicht, mithin ergibt sich dadurch u.U. eine höhere Volatilität. Dabei müssen Währung und Laufzeit der Anleihen mit der Währung und der voraussichtlichen Fristigkeit der zu erfüllenden Verpflichtungen übereinstimmen. Herrschende Meinung ist dabei, dass Unternehmensanleihen mit einem Rating von mindestens AA nach Standard & Poor’s oder Fitch Ratings, bzw. Aa nach Moody’s diese Voraussetzung erfüllen.

_____ 55 Siehe auch Rn. 29. 56 Siehe hierzu Rn. 34 ff.

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Kapitel 4 Rechnungslegung und Bilanzierung

Die Auswahl der Anleihen erfolgt auf Ebene des für den plan maßgeblichen Währungsgebiets und nicht des jeweiligen Sitzlandes des Unternehmens. Für Deutschland gilt also der in Euro lautende Markt erstrangiger Unternehmensanleihen. Er gilt nach herrschender Auffassung als ausreichend liquide. Der Standard gibt keine formal festgelegte Methodik zur Herleitung des Rech87 nungszinsfußes vor

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3 Praxistipp Üblicherweise stützen sich die bilanzierenden Unternehmen auf allgemein zugängliche Daten von anerkannten Informationsdiensten für Finanzdaten. Aus dieser Datengrundmenge wird im ersten Schritt nach bestimmten Kriterien (Marktpreise, Renditen, Ratings, Emissionsvolumen, Laufzeiten, etc.) eine Auswahl getroffen, die zur vorliegenden Verpflichtungsstruktur passt. Hieraus wird im zweiten Schritt eine Zinsstrukturkurve abgeleitet, die die Basis für die Bewertung darstellt. 88 Die Rechnungszinsbestimmung erfolgt dann in der Weise, dass eine Projektion der

zu bewertenden Cashflows (gewichtet mit dem degressiven m/n-tel) erstellt und mit der Zinsstrukturkurve abdiskontiert wird. Der Rechnungszins ist dann derjenige einheitliche Ersatzzins, der zu demselben Bewertungsergebnis führt. Diese theoretisch korrekte Vorgehensweise wird in der Praxis durch verschiedene Näherungsverfahren abgebildet. 5 Beispiel Basis können etwa am Markt beobachtete Renditen für europäische Unternehmensanleihen mit einem Rating von AA sein, die aus gebündelten Indexwerten durch geeignete Interpolation abgeleitet werden. Mittels bekannter Bootstrapping-Verfahren werden hieraus Nullkupon-Zinssätze erstrangiger Unternehmensanleihen gewonnen. Für lange Laufzeiten (über 10 Jahre) erfolgt mangels vorhandener Unternehmensanleihen eine Extrapolation entlang der von der Europäischen Zentralbank veröffentlichten Zinsstrukturkurve für europäische Staatsanleihen mit einem Rating von AAA. Dabei wird der Spread zwischen erstrangigen Unternehmensanleihen und Staatsanleihen im Extrapolationsbereich konstant gehalten. Die so gewonnene Zinsstrukturkurve wird dann auf Mustercashflows angewendet. Diese Mustercashflows können bspw. aus rentnerlastigen Beständen mit einer Duration von 10 Jahren, anwärterlastigen Beständen mit einer Duration von 20 Jahren und Mischbeständen mit einer Duration von 15 ermittelt werden. Ein Unternehmen wählt dann den Zins desjenigen Musterbestandes, der dem konkreten Bestand des Unternehmens am nächsten kommt.

5. Planvermögen 89 Unter bestimmten Voraussetzungen werden Vermögenswerte, die das bilanzieren-

de Unternehmen zur Finanzierung seiner Pensionsverpflichtungen bereithält, als Planvermögen (plan assets) behandelt. Hierzu kommen bspw. verpfändete Rückdeckungsversicherungen, 57 insolvenzgeschützte Treuhandvermögen 58 oder Vermö-

_____ 57 Kap. 8 Rn. 307 ff. 58 Bspw. sog. CTA, siehe Kap. 8 Rn. 323 ff.

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B. Rechnungslegung nach internationalem Handelsrecht (IFRS)

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gensgegenstände externer (mittelbarer) Durchführungswege (z.B. Pensionskassen, Pensionsfonds oder Unterstützungskassen) infrage. Planvermögen wird, analog zum deutschen Handelsrecht, zu seinem beizulegenden Zeitwert angesetzt, soweit es nicht einer Vermögenswertbegrenzung (asset ceiling) unterliegt. Nach IAS 19.8 müssen Vermögenswerte, die nicht sog. qualifizierende Versiche- 90 rungsverträge sind, folgende Anforderungen erfüllen, um als Planvermögen zu gelten: ■ Sie müssen ausschließlich der Erfüllung der Versorgungsverpflichtungen dienen (Zweckexklusivität). ■ Sie müssen dem Zugriff anderer Gläubiger des Unternehmens entzogen sein (Insolvenzschutz). ■ Sie müssen vom Rückfluss an das Unternehmen ausgeschlossen sein, es sei denn, sie dienen zur Erstattung der vom Unternehmen geleisteten Renten oder werden auf andere Weise nicht zur Erfüllung der Versorgungsverpflichtungen benötigt. ■ Sie werden von einer vom bilanzierenden Unternehmen rechtlich getrennten selbständigen Einheit gehalten. Zusätzlich gelten qualifizierende Versicherungsverträge, die vom Unternehmen 91 zur Rückdeckung direkt zugesagter Pensionsversprechen abgeschlossen werden, ebenfalls zum Planvermögen, wenn ■ die Versicherungsverträge auch im Insolvenzfall des Unternehmens nur für die Begleichung der Pensionsverpflichtungen verwendet werden können, ■ Mittelrückflüsse an das Unternehmen nur insoweit erfolgen können, wie sie der Erstattung bereits geleisteter Zahlungen dienen oder die erforderliche Deckung der Verpflichtungen übersteigen und ■ die Versicherungsgesellschaft nicht mit dem Unternehmen verbunden ist (related party). Der Insolvenzschutz kann in Deutschland durch die (in der Praxis häufig vorkom- 92 mende) Verpfändung der Versicherungsverträge an die Versorgungsberechtigten hergestellt werden.59 Der beizulegende Zeitwert eines Versicherungsvertrags wird in der Praxis regelmäßig mit dem sog. Aktivwert60 angesetzt, der vom Versicherungsunternehmen bestimmt und mitgeteilt wird. Im Falle von kongruenten Rückdeckungsversicherungen bestehen einige 93 Besonderheiten. Von einer kongruenten Rückdeckung spricht man, wenn die versicherten Leistungen der Höhe und dem Zeitpunkt nach exakt mit den Leistungen der

_____ 59 Kap. 8 Rn. 307 ff. 60 Vgl. Rn. 57.

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Kapitel 4 Rechnungslegung und Bilanzierung

Pensionszusage übereinstimmen.61 Nach IAS 19.115 ist in diesem Fall der beizulegende Zeitwert der Versicherungsverträge gleich dem Barwert der abgedeckten Verpflichtungen (der defined benefit obligation). Damit nimmt also der Vermögensgegenstand den Wert der Verpflichtung an.62 In der Praxis kann jedoch häufig auf eine versicherungsmathematische Bewertung verzichtet werden, da durch Berücksichtigung zukünftiger Überschüsse der Verpflichtungsumfang (defined benefit obligation) erwartungsgemäß dem Aktivwert der Versicherung entspricht. Der Aktivwert stellt also eine geeignete Näherung für die DBO dar. Gilt zusätzlich noch eine Kongruenz zwischen den Zahlungen aus dem Versicherungsvertrag und den Pensionsleistungen, ergibt sich ein Bilanzausweis von „Null“, so dass eine so ermittelte Näherung in jedem Fall sachgerecht erscheint.

6. Erstattungsansprüche (reimbursement rights) 94 Soweit Pensionszahlungen durch einen Dritten erstattet werden (z.B. einem Versi-

cherungsunternehmen) und diese Zahlungen mit hinreichender Sicherheit (virtually certain) erfolgen, ohne dass dieser Erstattungsanspruch als Planvermögen qualifizieren würde, so ist dieser Anspruch mit dem beizulegenden Zeitwert als gesonderter Vermögenswert zu erfassen. Veränderungen beim beizulegenden Zeitwert der Erstattungsansprüche sind dabei in der gleichen Weise zu behandeln wie Veränderungen beim beizulegenden Zeitwert des Planvermögens (IAS 19.116 (b)). Auch hier gilt in der Praxis, dass der Aktivwert von Rückversicherungsverträgen eine geeignete Näherung für die DBO darstellt, so dass auf eine gesonderte Bewertung verzichtet werden kann.

III. Ergebniskomponenten 95 In der internationalen Rechnungslegung kommt der Bestimmung der Ergebniskom-

ponenten eine besondere Bedeutung zu. Grundsätzlich wird zwischen erfolgswirksamen und erfolgsneutralen Komponenten unterschieden. Nach IAS 19.120 setzen diese sich wie folgt zusammen: ■ Erfolgswirksame Ergebniskomponenten, die im Personalaufwand erfasst werden ■ Dienstzeitaufwand (service cost) ■ Nettozinsen (net interest)

_____ 61 Kap. 1 Rn. 349. 62 Nach deutschem Handelsrecht entspricht dies einer wertpapiergebundenen Zusage, bei der die Verpflichtung den Wert des Vermögensgegenstandes annimmt (vgl. Rn. 30). Hier gilt also eine im Vergleich zum deutschen Handelsrecht umgekehrte Logik.

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B. Rechnungslegung nach internationalem Handelsrecht (IFRS)



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Erfolgsneutrale Ergebniskomponenten, die im sonstigen Ergebnis (other comprehensive income – OCI) erfasst werden ■ Neubewertungen (remeasurement rights)

Die Ergebniskomponenten werden in weitere Bestandteile zerlegt und nach Möglichkeit zu Beginn des Geschäftsjahres ermittelt. Dabei werden die Rechnungsannahmen sowie die Verpflichtungs- und Vermögenswerte zu diesem Zeitpunkt herangezogen. Da die tatsächlich beobachteten Entwicklungen (Bestandsentwicklung, Rechnungsannahmen, etc.) des plans jedoch naturgemäß von den versicherungsmathematischen Erwartungswerten abweichen, sind zusätzliche Neubewertungen durchzuführen und ihre Effekte im Jahresabschluss zu erfassen. Die vom Unternehmen erbrachten Zahlungen, also die Beitrags- und unmittelbaren Leistungszahlungen, stellen nach IAS 19 keinen Aufwand dar. Sie werden erfolgsneutral unmittelbar gegen die Rückstellung oder das Vermögen gebucht, es findet mithin ein Verbrauch der Rückstellung bzw. des Vermögens statt. Eine Berührung mit den anderen Ergebniskomponenten ergibt sich nicht. Die Erfassung der erfolgswirksamen Ergebniskomponenten kann insgesamt im Personalaufwand erfolgen. Es ist jedoch auch möglich, die Nettozinsen im Finanzergebnis zu erfassen, IAS 19.134 macht hierzu ausdrücklich keine Vorgaben. Im Bilanzanhang werden die Ergebniskomponenten inklusive ihrer einzelnen Bestandteile in sog. Überleitungen (reconciliations) von DBO, plan assets, reimbursement rights und ggf. asset ceilings angegeben.

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1. Dienstzeitaufwand Der Dienstzeitaufwand setzt sich gemäß IAS 19.8 zusammen aus 100 ■ laufendem Dienstzeitaufwand (current service cost), ■ nachzuverrechnendem Dienstzeitaufwand (past service cost) und ■ Gewinnen bzw. Verlusten aus Plankürzungen und Abgeltungen (gains or losses on settlements). Der laufende Dienstzeitaufwand ist der versicherungsmathematisch ermittelte 101 Barwert der im Geschäftsjahr planmäßig erdienten anteiligen Leistung. Dabei erfolgt die Barwertermittlung auf den Beginn des Geschäftsjahres. Da nach IAS 19.123 Zahlungsströme grundsätzlich bei Berechnung von Zinseffekten zu berücksichtigen sind, erfolgt die Wertstellung des laufenden Dienstzeitaufwands jedoch zum Ende des Geschäftsjahres. Die Verzinsung der current service cost ist also implizit enthalten. Nachzuverrechnender Dienstzeitaufwand entsteht, wenn ein plan mit Wir- 102 kung für die Vergangenheit geändert wird oder eine Leistungszusage erst nach Beginn dies Dienstverhältnisses des Versorgungsberechtigten erteilt wird. Die Auswirkungen solcher Planänderungen werden im Jahr der Änderung erfolgswirksam erWalddörfer

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Kapitel 4 Rechnungslegung und Bilanzierung

fasst. Soweit Änderungen bereits in den Bewertungsannahmen berücksichtigt wurden, liegt jedoch keine past service cost vor. Bei Zusageverschlechterungen, soweit diese arbeitsrechtlich überhaupt zulässig 103 sind,63 kommt es zu negativer past service cost, also einem Gewinn. 5 Beispiel Ein Beispiel für eine solche wirksame Verschlechterung könnte in einer tarifvertraglich geregelten Umstellung der Rentenanpassung von § 16 Abs. 1 nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG (1%-Regelung) gesehen werden, falls die zuvor angenommene Trendannahme höher als bei 1 Prozent gelegen hat. 104 Schließlich führen Plankürzungen (curtailments) und Abgeltungen (settlements)

regelmäßig zu nachzuverrechnendem Dienstzeitaufwand. Curtailments liegen gemäß IAS 19.8 vor, wenn das Unternehmen die Zahl der Teilnehmer an dem plan erheblich reduziert, etwa durch betriebsbedingte Kündigungen oder Werkschließungen. Settlements bezeichnen Abfindungen oder schuldbefreiende Übertragungen auf andere Arbeitgeber oder im Rahmen einer Liquidationsversicherung auf ein Versicherungsunternehmen.

2. Nettozinsen (net interest) 105 In der Bilanz erfasst das Unternehmen den Saldo aus DBO und plan assets als Net-

toschuld (net defined benefit liability) oder, im Falle einer Überdeckung als Nettovermögenswert (net defined benefit asset). Ein Nettovermögenswert ist dabei ggf. um einen Effekt aus der Vermögenswertbegrenzung (asset ceiling) zu korrigieren. Die Nettozinsen hierauf ergeben sich als Verzinsung derselben zum Jahresbeginn mit dem Rechnungszins des Jahresbeginns. Die Nettoschuld bzw. das Nettovermögen wird dazu mit dem Rechnungszins multipliziert, wobei die erwarteten unterjährigen Zahlungsströme explizit berücksichtigt werden. Die Aufteilung des Nettozinses erfolgt demnach nach den Einzelkomponenten 106 DBO (interest cost), Planvermögen (interest income) und Vermögenswertbegrenzung (interest on asset ceiling). Erstattungsansprüche werden analog behandelt wie Planvermögen, somit kann der Zinsertrag auf Erstattungsansprüche (interest on reimbursement rights) ebenfalls in die Nettozinsen einbezogen werden.

3. Neubewertungen (remeasurements) 107 Nach IAS 19.127 setzen sich Neubewertungen aus folgenden Komponenten zusammen: ■ versicherungsmathematische Gewinne und Verluste (actuarial gains and losses),

_____ 63 Kap. 9 Rn. 2 ff.

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B. Rechnungslegung nach internationalem Handelsrecht (IFRS)

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Ertrag aus Planvermögen (return on plan asset), soweit er nicht bereits in den Nettozinsen enthalten ist und Veränderungen in den Auswirkungen der Vermögensobergrenze (change in effect of asset ceiling), soweit sie nicht ebenfalls bereits in den Nettozinsen enthalten sind.

Versicherungsmathematische Gewinne und Verluste entstehen immer dann, 108 wenn die Realität vom erwarteten Verlauf abweicht. Dies kann zum einen der Fall sein, wenn Rechnungsannahmen geändert werden, etwa der Rechnungszins oder Trendannahmen (change in actuarial assumptions). Zum anderen entstehen Effekte dadurch, dass die erwarteten Annahmen hinsichtlich der Bestandszusammensetzung und der Bewertungsannahmen nicht eintreten (experience adjustments). Beispiel 5 Wenn bei einer endgehaltsbezogenen Pensionszusage ein Gehaltstrend von 2,75% p.a. unterstellt wird, es in einem Geschäftsjahr aber nur Gehaltssteigerungen von 2,00% gab, entsteht in diesem Geschäftsjahr ein versicherungsmathematischer Gewinn. Ebenfalls entsteht ein Gewinn, wenn in einem Geschäftsjahr weniger Invaliditätsrenten ausgelöst wurden, als es den biometrischen Rechnungsannahmen gemäß erwartet wurde.

IV. Der Bilanzansatz 1. Bilanz In der Bilanz erfasst das Unternehmen den tatsächlichen Finanzierungsstand 109 seiner Pensionsverpflichtungen als Saldo aus DBO und dem beizulegenden Zeitwert des Planvermögens (fair value of plan assets) auf Grundlage der Daten und Annahmen zum Jahresende. Ergibt dies eine Unterdeckung, so ist eine Pensionsrückstellung in Höhe der Nettoschuld auszuweisen, im umgekehrten Fall ein entsprechender Nettovermögenswert. Ein Vermögenswert ist ggf. auf eine Vermögensobergrenze (asset ceiling) zu beschränken. Der Pensionsaufwand wurde auf Basis der Daten und Annahmen zum Jahresbe- 110 ginn ermittelt. Dadurch kommt es bei der Überleitung des Bilanzansatzes vom Jahresanfang zum Jahresende zwangsläufig zu Abweichungen, die sich im Wesentlichen aus folgenden Positionen zusammensetzen: ■ gegenüber der Annahme zu Jahresbeginn veränderten Ein- und Auszahlungen (Beiträge an einen Versorgungsträger oder direkte Rentenzahlungen), ■ versicherungsmathematischen Gewinnen bzw. Verlusten, ■ Wertänderungen des Planvermögens, soweit sie noch nicht im Nettozins erfasst sind, ■ Eventuell vorzunehmenden Wertbegrenzungen aufgrund einer Vermögensobergrenze und

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Kapitel 4 Rechnungslegung und Bilanzierung

besonderen Ereignissen (plan amendments, curtailments, settlement), die einen nachzuverrechnenden Dienstzeitaufwand generieren.

111 Von diesen Positionen werden nur diejenigen Effekte erfolgswirksam erfasst, die

aus Planabgeltungen (settlements) entstehen oder nachzuverrechnenden Dienstzeitaufwand erzeugen. Alle anderen Effekte werden erfolgsneutral als Effekte aus Neubewertungen (remeasurement rights) im sonstigen Ergebnis (other comprehensive income) ausgewiesen. Soweit der Finanzierungsstand ein Pensionsvermögen ergibt, mithin ein Netto112 vermögenswert ausgewiesen wird, ist dieser auf seine Werthaltigkeit hin zu untersuchen. Nach IAS 19.64 darf nur der niedrigere der beiden folgenden Werte in der Bilanz erfasst werden: ■ die Vermögensüberdeckung, ■ die Vermögensobergrenze. 113 Die Vermögensobergrenze (asset ceiling) ermittelt sich nach IAS 19.65 (c) aus den

künftigen wirtschaftlichen Vorteilen, die dem Unternehmen aus der Überdeckung entstehen. Diese Vorteile können aus Rückerstattungen oder künftigen Beitragsminderungen bestehen. Das Unternehmen muss also den Barwert jeglichen wirtschaftlichen Nutzens (economic benefit) bestimmen, der sich aus den genannten Ursachen ergibt. Dabei ist es ohne Belang, ob eine Rückübertragung schon am Bilanzstichtag erfolgen kann oder erst später in der Zukunft erfolgt. Allein der Anspruch ist ausschlaggebend.

2. Anhangangaben (disclosures) 114 Die IAS 19 stellen hohe Anforderungen an den Bilanzanhang des Unternehmens.

Sie verfolgen nach IAS 19.135 das Ziel ■ die Merkmale seiner Versorgungspläne und die sich daraus ergebenden Risiken, ■ die daraus abgeleiteten Beträge im Jahresabschluss und ■ ihren Einfluss auf zukünftige Zahlungsströme hinsichtlich Betrag, Fälligkeit und Unsicherheit zu erklären. Das Unternehmen legt dabei selbst fest, welchen Detaillierungsgrad es dafür 115 für erforderlich hält, in welchem Umfang Zusammenfassungen oder Aufgliederungen notwendig sind und ob zusätzliche Angaben für den Nutzer des Abschlusses benötigt werden. Als Beispiele werden in IAS 19.137 u.a. Unterscheidungen nach Aktiven, unverfallbar Ausgeschiedenen und Rentnern oder zwischen verfallbaren und unverfallbaren Leistungen genannt. Bei der Aufgliederung von Plänen kann bspw. nach geografischen Standorten, Planformeln (Festbetrag, endgehaltsabhängige Beträge), regulatorischen Rahmenbedingungen oder Finanzierungsformen unterschieden werden. Walddörfer

B. Rechnungslegung nach internationalem Handelsrecht (IFRS)

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Hinsichtlich der Erläuterung der im Abschluss genannten Beträge geben IAS 19.140 und 141 detailliert vor, welche Überleitungsrechnungen (reconciliations) von der Eröffnungs- zur Abschlussbilanz dargestellt werden müssen. Hierzu zählen die Nettoschuld bzw. das Nettovermögen, mit getrennten Überleitungen für das Planvermögen, die DBO, die Auswirkungen der asset ceiling und ggf. vorhandener Erstattungsansprüche (reimbursement rights). In jeder Überleitungsrechnung sind die jeweiligen Erfolgskomponenten anzugeben. Mithin der laufende Dienstzeitaufwand, Zinserträge und -aufwendungen sowie Neubewertungen mit Einzelnachweisen für den Ertrag des Planvermögens, versicherungsmathematische Gewinne und Verluste aus demografischen und finanziellen Annahmen und schließlich die Auswirkungen auf die Vermögensobergrenze (asset ceiling). Weiterhin sind der nachzuverrechnende Dienstzeitaufwand einschließlich Gewinnen und Verlusten aus Abgeltung, die Auswirkung von Wechselkursänderungen, Beiträgen getrennt nach Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträgen, geleistete Zahlungen und die Auswirkungen von Unternehmenszusammenschlüssen oder Veräußerungen anzugeben. Der beizulegende Zeitwert des Planvermögens ist in Klassen aufzugliedern, die nach Beschaffenheit und Risiko diversifiziert werden können. Innerhalb der einzelnen Klassen ist weiterhin danach zu unterscheiden, ob für Vermögenswerte ein aktiver Markt zur Preisfeststellung existiert oder nicht. Mögliche Unterscheidungen könnten nach liquiden Mitteln, Aktien, Schuldscheinen, Immobilien, Derivaten, Investmentfonds und strukturierten Papieren erfolgen. Weiterhin sind selbstgenutzte Immobilien und vom Unternehmen selbst emittierte übertragbare Finanzinstrumente innerhalb des Planvermögens anzugeben. Nach IAS 1.38 sind für den Jahresabschluss Vergleichswerte aus mindestens einer Vorperiode anzugeben. Da die Überleitungen für eine Berichtsperiode auch die Startwerte zu Beginn der Periode beinhalten, hat die Offenlegung von zwei Perioden zur Folge, dass Bewertungen für insgesamt drei Stichtage erforderlich sind. Zur Erklärung des Einflusses der Versorgungspläne eines Unternehmens auf dessen Zahlungsströme gibt IAS 19.145 ff. vor, mithilfe von Sensitivitätsbetrachtungen jeder erheblichen versicherungsmathematischen Annahme aufzuzeigen, in welcher Weise die Leistungsverpflichtung durch Veränderung der Annahmen beeinflusst worden wäre. Dabei sind die Annahmen in einem Maße zu variieren, das nach vernünftiger Betrachtungsweise möglich erscheint. Die jeweiligen Annahmen sind dabei grundsätzlich einzeln zu variieren. Die Sensitivitätsanalysen können auf Basis konkreter versicherungsmathematischer Berechnungen oder qualifizierter Schätzungen erfolgen. Die dabei verwendeten Methoden sind ebenfalls offenzulegen. Ggf. müssen alternative Berechnungen nicht zu jedem Stichtag durchgeführt werden, wenn es sachgerecht erscheint, in Zeiträumen zwischen zwei Berechnungsstichtagen die Analysen mit hinreichender Qualität zu schätzen.

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Kapitel 4 Rechnungslegung und Bilanzierung

Schließlich sind Angaben darüber erforderlich, welche Finanzierungsvereinbarungen und -richtlinien für zukünftige Beiträge vereinbart sind, wie hoch die erwarteten Beiträge für die nächste Berichtsperiode sind und welches Fälligkeitsprofil die Pensionsverpflichtungen aufweisen. Hierzu werden zumeist Angaben über die Duration der Verpflichtungen herangezogen. Eine Darstellung der zukünftig erwarteten Leistungszahlungen über einen Zeitraum von bspw. zehn Jahren komplettiert im Allgemeinen die Anhangsangaben.

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A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege* https://doi.org/10.1515/9783110275247-005 Schanz

I. Einleitung Soll eine bAV neu eingeführt oder der bestehende Durchführungsweg gewechselt 1 werden, so stellt sich die Frage nach den Beurteilungskriterien, die für eine betriebswirtschaftlich fundierte Entscheidung notwendig sind. An erster Stelle steht häufig die mit der Erteilung einer Versorgungszusage ver- 2 bundene finanzielle Belastung für das Unternehmen. Hier stellt sich sofort die Frage, wie man „Belastung“ definiert; handelt es sich hierbei um jährliche Zahlungen, und wenn ja, über welchen Zeitraum erfolgt die Betrachtung? Inwieweit ist überhaupt die Rückstellungszuführung einer Direktzusage mit den Prämienzahlungen für eine Direktversicherung vergleichbar? Und wie kann man Zahlungsströme vergleichbar machen, wenn diese zu unterschiedlichen Zeitpunkten anfallen (z.B. die Prämienzahlung einer Direktversicherung und die Kapitalzahlung einer Direktzusage)? Damit ergibt sich für dieses Unterkapitel A folgender Aufbau: Im Rahmen einer 3 betriebswirtschaftlichen Einführung erfolgt eine Erläuterung der begrifflichen Grundlagen für betriebswirtschaftliche Fragestellungen. Im Anschluss werden verschiedene Verfahren der Investitionsrechnung vorgestellt, sie bilden die Grundlage für einen betriebswirtschaftlichen Vergleich verschiedener Durchführungswege. Für den Vergleich ist es zusätzlich notwendig, den zu analysierenden Mitarbeiterbestand in die Zukunft fortzuentwickeln, hier werden drei verschiedene Verfahren beschrieben. Auf dieser Grundlage erfolgt im Anschluss die Analyse verschiedener Durchführungswege aus betriebswirtschaftlicher Sicht. Sie werden untersucht auf der Basis der Kriterien ■ Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) ■ Auswirkungen auf die Liquidität ■ Auswirkungen auf die Bilanz ■ Periodengerechte Gewinnermittlung

_____ * Der Verf. bedankt sich bei Frau Dipl.-Math. Jelena Subotin und Herrn Dipl.-Math. Dr. Markus Schröder für die engagierte Unterstützung bei den diesem Analysemodell zugrunde liegenden versicherungsmathematischen Berechnungen.

Schanz https://doi.org/10.1515/9783110275247-005

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

Steuerliche Abzugsfähigkeit Lohnsteuerfreiheit der Versorgungsbeiträge Auswirkungen auf externe Adressaten

1. Buchhaltung, Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnung 4 Aufgabe der Buchhaltung ist es, alle wirtschaftlich relevanten Geschäftsvorfälle in

chronologischer Reihenfolge festzuhalten.1 Wirtschaftlich relevant ist ein Vorgang dann, wenn er zu einer Änderung der Vermögenshöhe bzw. -struktur des Unternehmens führt. Die Erfassung der Bestände erfolgt durch eine körperliche Bestandsaufnahme (Inventur). Das Bestandsverzeichnis, in das die mengenmäßige Erfassung aufgenommen wird, wird als Inventar bezeichnet. Vergleicht man nun die vorhandenen Positionen zweier Stichtage, so lassen sich Änderungen in der Vermögens- und Kapitalstruktur sowie ein Wertzuwachs bzw. Wertverbrauch feststellen. Der Wertverbrauch wird als Aufwand, der Wertzuwachs als Ertrag bezeichnet. Die an einem bestimmten Stichtag vorhandenen Vermögensgegenstände und Schulden werden in der Bilanz, die Aufwendungen und Erträge in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) dargestellt. Der Erfolg des Unternehmens lässt sich auf der Basis zweier unterschiedlicher Vorgehensweisen ermitteln: – über die Bilanz durch einen Vermögensvergleich (hier wird das Vermögen am Ende des Wirtschaftsjahres dem Vermögen bei Beginn des Wirtschaftsjahres gegenübergestellt) oder – über die Gewinn- und Verlustrechnung durch einen Aufwands- und Ertragsvergleich (der Erfolg ermittelt sich aus der Differenz von Summe aller Erträge abzüglich Summe aller Aufwendungen). 5 Da sich alle Durchführungswege der bAV (direkt oder indirekt) auf die Bilanz aus-

wirken, sind noch folgende Begriffe von Bedeutung: Aktivtausch: Hier ändert sich die Vermögensstruktur, die Bilanzsumme jedoch nicht. Das bedeutet, dass der Zugang auf einem Vermögenskonto genau dem Abgang auf einem anderen Vermögenskonto entspricht. Ein Aktivtausch liegt vor, wenn z.B. ein Wirtschaftsgut gegen Barzahlung erworben wird. In diesem Fall erhöht sich ein Vermögenskonto durch den Zugang des Wirtschaftsguts, der Kassenbestand nimmt um den entsprechenden Betrag ab. Passivtausch: Hier ändert sich die Kapitalstruktur des Unternehmens, die Bi7 lanzsumme verändert sich wie beim Aktivtausch ebenfalls nicht. Ein Passivtausch liegt z.B. vor, wenn durch eine Vereinbarung mit der Bank kurzfristige Bankverbindlichkeiten in langfristige Bankverbindlichkeiten umgeschichtet werden.

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_____ 1 Vgl. Horschitz/Groß/Fanck, S.1.

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A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

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Bilanzverlängerung: Diese liegt vor, wenn sowohl auf der Aktiv- als auch auf 8 der Passivseite ein Zugang vorliegt. Eine Bilanzverlängerung liegt bspw. vor, wenn ein Wirtschaftsgut erworben wurde und die Finanzierung über einen Kredit erfolgte. Dadurch nimmt die Bilanzsumme zu. Bilanzverkürzung: Hier vermindern sich die Aktiv- und Passivseite um den 9 gleichen Betrag. Eine Bilanzverkürzung liegt bspw. vor, wenn ein Kredit durch die Verminderung des Kassenbestands zurückbezahlt wird.

2. Kostenrechnung Während die Gewinn- und Verlustrechnung das Ziel verfolgt, den Periodenerfolg zu 10 ermitteln und darzustellen, setzt die Kostenrechnung an einer anderen Fragestellung an. Aufgabe der Kostenrechnung ist es, die Kosten zu erfassen und den Produkten entsprechend zuzuordnen2, damit eine Angebotskalkulation vorgenommen werden kann bzw. eine Wirtschaftlichkeitskontrolle ermöglicht wird. Damit ist das Zahlenwerk der Kostenrechnung nicht identisch mit dem Zahlenwerk einer Gewinnund Verlustrechnung, da die Kostenrechnung nur den Wertverzehr (=Kosten) betrachtet, der im Rahmen der betrieblichen Leistungserstellung angefallen ist. Andererseits wird hier auch ein Wertverbrauch erfasst, der in der Gewinn- und Verlustrechnung nicht erkennbar ist (z.B. der kalkulatorische Unternehmerlohn; dies ist bspw. bei dem Inhaber einer Einzelfirma der Fall, der sein zeitliches Engagement auch im Rahmen der Kostenkalkulation berücksichtigen muss). Der entstandene Wertzuwachs wird als Leistung bezeichnet.

3. Liquiditätsrechnung Allgemein versteht man unter Liquidität die Fähigkeit des Unternehmens, alle fälli- 11 gen Verbindlichkeiten fristgerecht erfüllen zu können. Hier soll ein etwas abweichender Liquiditätsbegriff gewählt werden3: unter Liquidität soll der Zahlungsmittelbestand des Unternehmens verstanden werden. Die Liquiditätsrechnung analysiert somit, wie sich der Bestand an Zahlungsmitteln im Zeitablauf ändert. Für das Unternehmen ist eine positive Liquiditätslage von besonderer Bedeutung, denn eine positive Ertragslage ohne die entsprechende Liquidität kann zur Insolvenz des Unternehmens führen, da es dann nicht mehr in der Lage ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen fristgerecht nachzukommen. Die Zahlungsströme des Unternehmens werden dabei durch Auszahlungen und Einzahlungen beeinflusst.

_____ 2 Vgl. Horschitz/Groß/Fanck, S. 2. 3 Zu den verschiedenen Liquiditätsbegriffen vgl. Perridon/Steiner, S. 10 ff.

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

4. Beispiele für die begriffliche Abgrenzung 12 Da die verschiedenen Begriffe zum Teil deckungsgleiche, zum Teil aber auch ver-

schiedene Vorgänge bezeichnen können, soll nachfolgend dargestellt werden, welche Zusammenhänge zwischen diesen verschiedenen Begriffen bestehen. Abbildung 1 zeigt das Grundmuster auf:

Abbildung 1: Grundbegriffe des Rechnungswesens 13 Nachfolgend werden nur für die Felder Beispiele gegeben, für die Abweichungen

vorliegen4: Feld

Begriff

Beispiel

1

AZ, keine AG

Zahlung einer gestundeten Direktversicherungsprämie des Vorjahres

6

AG, keine AZ

Versicherer stundet eine fällige Prämienzahlung

4

AG, kein AW

Die Zahlung einer erst im Folgejahr fälligen Direktversicherungsprämie

9

AW, keine AG

Zuführung zur Pensionsrückstellung

7

AW, keine KO

Rückstellungszuführung für Rentenanpassung gemäß § 16 BetrAVG

12

KO, kein AW

Rückstellungszuführung für den Inhaber einer Einzelfirma

II. Betriebswirtschaftliche Analyseverfahren 1. Verfahren der Investitionsrechnung 14 In der Praxis existieren verschiedene Verfahren der Investitionsrechnung, eines der bekanntesten dürfte die Kapitalwertmethode sein. Bei der Kapitalwertmethode werden die Zahlungsströme der zukünftigen Jahre auf den Beginn des Betrachtungszeitraumes abgezinst (diskontiert). Dadurch werden Zahlungen, die zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, schwächer gewichtet als diejenigen, die zu einem früheren Zeitpunkt geleistet werden. Die Ermittlung erfolgt damit auf folgender Basis:

_____ 4 Zur Vertiefung dieser Thematik sei verwiesen auf die Veröffentlichung von Heubeck/Löcherbach, S. 137 ff.

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A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

n

C0 = − A0 + ∑ (et − at ) ∗ t =0

mit C0 A0 et at i

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1 (1 + i )t

Kapitalwert Anfangsauszahlung Einzahlung im Jahr t Auszahlung im Jahr t Kalkulationszins

Die mit der Kapitalwertmethode vergleichbare Endwertmethode verfährt nach 15 einem identischen Rechenmuster, zinst aber alle Zahlungen auf das Ende des Betrachtungszeitraumes auf. Ein positiver Kapitalwert (oder Endwert) lässt somit erkennen, dass nicht nur die Anfangsauszahlung des Investitionsprojektes durch die Mittelrückflüsse erwirtschaftet wird, sondern auch die vorgegebene Verzinsung realisiert werden kann. Die vorgegebene Verzinsung wird durch den Kalkulationszinsfuß repräsentiert. Die positiven Mittelrückflüsse der zukünftigen Jahre werden bei der Kapitalwertmethode auf den Beginn des Planungszeitraumes diskontiert und davon die für das Investitionsprojekt erforderliche Anfangsauszahlung abgezogen. Damit lässt sich einfach erkennen, dass bei einem positiven Kapitalwert die Investition für das Unternehmen von Vorteil ist. Eine analoge Argumentation gilt für die Endwertmethode. Der Nachteil beider Verfahren ist erst auf den zweiten Blick erkennbar: alle Zahlungsströme werden durch den verwendeten Kalkulationszinsfuß automatisch mit einer Alternativanlage verglichen. Möchte man zudem die Auswirkungen für jedes Jahr des Planungszeitraums ermitteln und insbesondere die Auswirkungen auf Liquidität, Bilanz und GuV darstellen, so bietet sich mit der Vermögensendwertmethode ein weiteres Verfahren der Investitionsrechnung an. Es unterscheidet sich in der Vorgehensweise ganz erheblich von der Endwertmethode, denn die Vermögensendwertmethode benötigt einen Finanzplan, auf dessen Grundlage die einzelnen Auswirkungen analysiert werden können (einen auf ein Beispiel der bAV bezogenen Finanzplan enthält Kapitel C. III. 2. c.). Obwohl die Erstellung eines Finanzplans mit einem deutlichen Zusatzaufwand verbunden ist, ist dieser gerechtfertigt, da damit eine genauere Abbildung der Zahlungsströme sowie der Aufwendungen und Erträge zu jedem Bilanzstichtag des Planungszeitraumes ermöglicht wird. Insbesondere können beliebige Zinsannahmen für die Differenzanlage (zum Begriff der Differenzanlage vgl. Rn. 52) getroffen werden. Aufgrund dieser Vorteile wird nachfolgend die Vermögensendwertmethode als Berechnungsverfahren verwendet.5

_____ 5 Vgl. zu den Verfahren der Investitionsrechnung auch Schanz, S. 220 ff. Eine sehr anschauliche Darstellung der Vermögensendwertmethode findet sich in Scheffler, S. 118 ff.

Schanz

390

Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

2. Verfahren der Personenbestandsentwicklung 16 Die Höhe der mit einem bAV-System verbundenen Belastungen hängt im We-

sentlichen von dem Personenbestand und dessen Struktur ab. Da die einzelnen Durchführungswege der bAV sehr unterschiedlich auf Personenbestandsveränderungen reagieren, muss ein Verfahren gefunden werden, mit dem die Personenbestandsentwicklung wahrscheinlichkeitsgetreu simuliert werden kann. Ausgangsbasis ist der konkrete Personenbestand des Unternehmens (oder eines Teilbereichs davon), dieser wird dann für einen Zeitraum von 30 bis 50 Jahren weiterentwickelt. Damit soll für das Unternehmen erkennbar sein, mit wie vielen Abgängen (z.B. aufgrund von Invalidität oder Tod) im Zeitablauf zu rechnen ist. Auf dieser Grundlage können dann in einem weiteren Berechnungsgang die damit verbundenen Zahlungsströme ermittelt werden. Nachfolgend werden drei verschiedene Verfahren beschrieben, wie Personenbestände im Zeitablauf fortentwickelt werden können.

a) Fixpunktorientiertes Verfahren 17 Bei diesem Verfahren handelt es sich um ein sehr einfaches und transparentes Berechnungsverfahren. Grundlage für die Personenbestandsentwicklung ist in der Regel ein Mitarbeiter, der den Durchschnitt des Personenbestands repräsentiert. In der Regel werden das Durchschnittsalter und das durchschnittliche Eintrittsalter der Belegschaft zugrunde gelegt. Man unterstellt, dass der Mitarbeiter bis zum planmäßigen Rentenbeginn im Unternehmen verbleibt und dann seine Versorgungsleistungen erhält (entweder Altersrente für die Dauer der statistischen Lebenserwartung oder ein einmaliges Versorgungskapital). Obwohl dieses Verfahren den Vorteil der Einfachheit und guten Verständlichkeit hat, ist dennoch fraglich, ob das anhand einer Einzelfallbetrachtung gefundene Ergebnis auf den Gesamtbestand übertragen werden kann.

b) Deterministische Berechnung6 18 Dieses Verfahren ist versicherungsmathematisch begründet und baut auf dem Gesetz der großen Zahl und damit auf hinreichend großen Beständen auf. Auf der Basis einer aktuellen Sterbetafel wird ermittelt, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Mitarbeiter nach einem Jahr immer noch zu den aktiven Mitarbeitern gehört bzw. mit welcher Wahrscheinlichkeit er invalide wird oder verstirbt. Ist die Invalidisierungswahrscheinlichkeit bspw. in einem bestimmten Alter 8% und beträgt die jährliche Invalidenrente 1.000 €, so ergibt sich eine wahrscheinliche Invalidenrente in Höhe von 80 € für dieses Jahr. Im nächsten Jahr wird erneut untersucht, mit welcher

_____ 6 Vgl. Meier/Recktenwald, S. 160 f.

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A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

391

Wahrscheinlichkeit der Invalidenrentner verstirbt oder weiterhin invalide bleibt und die Rente wird entsprechend fortentwickelt. Damit wird der Mitarbeiter im Zeitablauf in Teilgesamtheiten mit den entsprechenden altersabhängigen Wahrscheinlichkeiten aufgeteilt. Auf dieser Grundlage erhält man die zu erwartende Personenbestandsentwicklung im Zeitablauf. c) Stochastische Simulation7 Das Verfahren der stochastischen Simulation verwendet für die Personenbestands- 19 entwicklung einen Zufallszahlengenerator. Auf der Basis der vorliegenden Wahrscheinlichkeiten wird ein Zahlenstrahl mit dem Anfangspunkt 0 und dem Endpunkt 1 abgebildet. Auf diesem Zahlenstrahl werden die entsprechenden Übergangswahrscheinlichkeiten eingetragen. Beträgt die Invalidisierungswahrscheinlichkeit (IW) 10%, die Sterbewahrscheinlichkeit (SW) 5% und die Fluktuationswahrscheinlichkeit (FW) 12%, so beträgt die Ausscheidewahrscheinlichkeit 27%. Dies bedeutet, dass der Mitarbeiter mit einer Wahrscheinlichkeit von 73% im nächsten Jahr noch im Unternehmen verbleibt. Jetzt wird eine Zufallszahl ermittelt und diese auf dem Zahlenstrahl eingetragen.

Abbildung 2: Stochastische Simulation

Je nach Wert fällt die Zufallszahl in einen unterschiedlichen Bereich; beträgt sie bspw. 20 0,45, so würde dies auf der Grundlage des vorangegangenen Beispiels bedeuten, dass der Mitarbeiter auch im nächsten Jahr noch aktiv im Unternehmen ist. Hätte sie 0,06 betragen, so wäre sie in den Bereich des Zahlenstrahls gefallen, der den Zustand der Invalidität abbildet. Auf der Basis dieser Zufallszahlen wird der Mitarbeiterbestand im Zeitablauf fortentwickelt. Diese Personenbestandsentwicklung stellt jedoch nur eine aus einer großen Anzahl von Möglichkeiten dar. Daher ist dieser Simulationsvorgang mehrfach zu wiederholen. Ist der Simulationsvorgang abgeschlossen, so werden alle Werte aufaddiert und die entsprechenden Durchschnittswerte gebildet. Praxistipp 3 Unter Verwendung eines guten Zufallszahlengenerators entspricht das Ergebnis der stochastischen Simulation dem der deterministischen Berechnung. Allerdings geht die stochastische Simulation noch einen Schritt weiter: mit ihr lässt sich auch darstellen, wie sich die Ergebnisse verteilen. Damit erhält man eine Verteilungsfunktion und kann genau angeben, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich die Ergebnisse innerhalb eines vorgegebenen Streubereichs bewegen (im Rahmen der deterministi-

_____ 7 Vgl. Meier/Recktenwald, S. 161 f.

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392

Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

schen Berechnung wird eine Normalverteilung unterstellt und eine Risikoanalyse auf dieser Grundlage durchgeführt; diese Annahme muss jedoch nicht zutreffen). Damit ist es auch möglich, Risikoanalysen durchzuführen und festzustellen, wie hoch der minimale oder der maximale Wert ist und mit welcher Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Auswirkung in einem bestimmten Intervall liegt.

III. Die Durchführungswege aus betriebswirtschaftlicher Sicht 1. Betrachtete Durchführungswege und Versorgungszusagen 21 Neben den fünf Originärdurchführungswegen der bAV8 existiert in der Praxis eine

Vielzahl von Ergänzungs- und Kombinationsformen. Ergänzungsformen sind dadurch gekennzeichnet, dass ein Originärdurchführungsweg mit einer Rückdeckungsversicherung oder einer Wertpapieranlage ergänzt wird. Kombinationsformen entstehen durch die Kombination zweier unterschiedlicher Originärdurchführungswege. Kombinationsformen bleiben nachfolgend unberücksichtigt, Ergänzungsformen gehen in die Analyse mit ein. Nachfolgend werden die untersuchten Gestaltungsmöglichkeiten dargestellt: Originärformen: ■ Direktzusage9 ■ Pauschaldotierte Unterstützungskasse10 ■ Direktversicherung11 Ergänzungsformen: ■ Kongruent rückgedeckte Direktzusage12 ■ Kongruent rückgedeckte Unterstützungskassenzusage13 22 Als Versorgungszusage wird eine beitragsorientierte Leistungszusage14 mit einem

jährlichen Versorgungsbeitrag in Höhe von € 1.000 unterstellt. Der Mitarbeiter erhält eine Zusage auf eine Kapitalleistung im Todes- und Erlebensfall (Vollendung des 67. Lebensjahres) in jeweils gleicher Höhe. Der untersuchte Mitarbeiter erhält die Versorgungszusage bei Eintritt in das Unternehmen im Alter 35, die Höhe des Versorgungsbeitrags bleibt im Zeitablauf unverändert. Grundlegend für einen aussagekräftigen Vergleich ist die Vorgabe gleichwerti23 ger Versorgungsleistungen aus Mitarbeitersicht. Liegt eine kongruent rückgedeckte

_____ 8 Siehe grundsätzlich Kap. 1 Rn. 339 ff. 9 Zu Begriff und weiteren Details siehe Kap. 1 Rn. 363 ff. 10 Zu Begriff und weiteren Details siehe Kap. 1 Rn. 463. 11 Zu Begriff und weiteren Details siehe Kap. 1 Rn. 373 ff. 12 Zu Begriff und weiteren Details siehe Kap. 1 Rn. 349. 13 Zu Begriff und weiteren Details siehe Kap. 1 Rn. 348, 464. 14 Zu Begriff und weiteren Details siehe Kap. 1 Rn. 477 ff.

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A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

393

Versorgungszusage oder eine Direktversicherung vor, so orientiert sich die Höhe der Todes- und Erlebensfallleistung an der Ausgestaltung des Versicherungsvertrages. Die jahrzehntelange Dominanz von Versicherungsverträgen mit einem garantierten Zins wurde weitestgehend abgelöst durch die Garantie einer Mindestleistung in Höhe der einbezahlten Beiträge. Für diese Untersuchung wird ein Versicherungsvertrag mit einem Garantiezins in Höhe von 0,9% einer großen Versicherungsgesellschaft unterstellt. Die aktuell prognostizierte Überschussbeteiligung geht mit einem Erwartungswert in Höhe von 66,7% in die Berechnungen mit ein.15 Im Gegensatz dazu wird bei den Durchführungswegen Direktzusage und pauschaldotierte Unterstützungskassenzusage die Leistung auf der Basis eines angenommenen Zinssatzes von 2,0% versicherungsmathematisch kalkuliert. Bei diesen beiden Durchführungswegen liegt es in der Entscheidung des zusagenden Unternehmens, wie die Versorgungszusage ausgestaltet und welche jährliche Verzinsung dem Mitarbeiter zugesagt werden soll. Anders bei den versicherungsförmigen Gestaltungsmöglichkeiten, hier gibt der konkret verwendete Versicherungstarif die Ausgestaltung vor.16 Für Zwecke dieser Analyse orientierte sich die Ausgestaltung der Durchführungswege Direktzusage und pauschaldotierte Unterstützungskasse weitestmöglich am Versicherungstarif der versicherungsförmigen Ausgestaltungen. Aus Gründen der Vergleichbarkeit erhält der Mitarbeiter in jedem Fall gleich hohe Versorgungsleistungen, gleichgültig, welcher Durchführungsweg gewählt wird.

2. Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens Nach § 264 Abs. 2 S. 1 HGB hat der Jahresabschluss einer Kapitalgesellschaft „unter 24 Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage“ zu vermitteln.17 Sollte dies nicht der Fall sein, so fordert § 264 Abs. 2 HGB ergänzende Angaben im Anhang.18 Diese Anforderungen bilden die Grundlage für die nachfolgende betriebswirtschaftliche Analyse der untersuchten Durchführungswege.

a) Auswirkungen auf die Ertragslage Unter dem Begriff der Ertragslage versteht man den Saldo der Aufwendungen und 25 Erträge und damit das Ergebnis eines Geschäftsjahres.19 Wie noch zu zeigen sein

_____ 15 Für die nachfolgenden Berechnungen wird unterstellt, dass die Garantieverzinsung einschließlich der Berücksichtigung von 66,7% der Überschussanteile zu einer Netto-Verzinsung (Bruttoverzinsung nach Abzug der Kosten der Versicherungsgesellschaft) in Höhe von 2,0% führt. 16 Vgl. Kap. 1 Rn. 347. 17 Siehe grundsätzlich Kap. 4 Rn. 18 ff. 18 Vgl. Castan/Böcking/Gros/Oser/Scheffler/Hinz, B 106 Rn. 2. 19 Vgl. Castan/Böcking/Gros/Oser/Scheffler/Hinz, B 106 Rn. 29 ff.

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

wird, wirken sich die hier untersuchten Gestaltungsmöglichkeiten der bAV sehr unterschiedlich auf die einzelnen Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung aus. Bevor auf die einzelnen Gestaltungsalternativen eingegangen wird, soll nachfolgend ein Finanzplan dargestellt werden, mit dessen Hilfe sich die Auswirkung auf die Gewinn- und Verlustrechnung analysieren lässt. Der Finanzplan erfasst für alle Durchführungswege die direkten Altersversor26 gungsaufwendungen. Dies sind Aufwendungen, die direkt dem einzelnen Durchführungsweg zugeordnet und auch – eine entsprechende Aufgliederung vorausgesetzt – der Gewinn- und Verlustrechnung entnommen werden können. Es erfolgt eine handelsbilanzielle Betrachtung (erkennbar am Zusatz „HB“), da die Handelsbilanz maßgebend ist für die Gewinnausschüttungen an die Anteilseigner. Alle Positionen der direkten Altersversorgungsaufwendungen sind im nachfolgenden Finanzplan in den Positionen 1 bis 10 aufgeführt:

Abbildung 3: Darstellung des Finanzplans

Schanz

A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

395

Der vorgestellte Finanzplan lässt sofort erkennen, dass – je nach Durchführungs- 27 weg – bestimmte Positionen im direkten Altersversorgungsaufwand nicht belegt sind (diese sind gekennzeichnet durch „–“). Auf die einzelnen Positionen wird nachfolgend in den einzelnen Unterkapiteln eingegangen. Durch die direkten Altersversorgungsaufwendungen verändern sich weitere 28 Aufwands- und Ertragspositionen des Unternehmens. Um diese Veränderung ermitteln zu können, erfolgt ein Vergleich mit einem Unternehmen ohne bAV (und damit ohne die direkten Altersversorgungsaufwendungen). Auf diesem Wege werden auch die weiter unten beschriebenen Steuerwirkungen ermittelt, indem die durch die bAV bewirkten Änderungen der steuerlichen Bemessungsgrundlagen ermittelt werden. Ergänzt man die direkten Altersversorgungsaufwendungen um Zinszahlungen, 29 die Zinsdifferenz und um eventuelle Zuführungen zu den aktiven latenten Steuern, so ergibt sich der Gesamtaufwand. Zinszahlungen können entstehen, wenn der Versorgungsträger (z.B. eine Unterstützungskasse) dem Unternehmen ein Darlehen gewährt und die vereinbarten Zinsen in Rechnung stellt. Die Zinsdifferenz ist eine Besonderheit, auf die nachfolgend unter Rn. 97 ff. noch näher eingegangen wird. Die Berücksichtigung der Zinsdifferenz stellt sicher, dass die bei den einzelnen Durchführungswegen unterschiedlich anfallenden Zahlungsströme auch korrekt und vergleichbar berücksichtigt werden. Erzeugt ein bestimmter Durchführungsweg positive Liquiditätseffekte (d.h. im Vergleich zu einem Unternehmen ohne bAV sind mehr liquide Mittel vorhanden), so werden diese entweder in Form von Wertpapieren angelegt oder zur Rückzahlung von Fremdkapital verwendet. In der Praxis wird der Fall der Fremdkapitalrückzahlung der Häufigere sein, so dass dies in den nachfolgenden Berechnungen unterstellt wird. Der geringere Bestand an Fremdkapital führt zu verminderten Fremdkapitalzinsen; liegt ein höherer Fremdkapitalbestand vor, so ergeben sich zusätzliche (erhöhte) Fremdkapitalzinsen. Während Zinszahlungen für ein Darlehen immer Aufwand darstellen (und damit den Gesamtaufwand erhöhen), kann die Berücksichtigung von Zinsdifferenzen auch dazu führen, dass der Gesamtaufwand niedriger ist als der direkte Altersversorgungsaufwand, wenn die Zinsdifferenz als Ertrag berücksichtigt wird. Dies ist dann der Fall, wenn die positiven Liquiditätseffekte zu einer Rückführung von Fremdkapital und damit zu Fremdkapitalzinsersparnissen führen. Die Position „Zuführung aktive latente Steuern“ stellt einen handelsbilanziellen Ertrag dar; dieser resultiert aus dem Umstand, dass die steuerbilanzielle Rückstellungszuführung die eingegangene Verpflichtung der Höhe nach nicht korrekt abbildet und die mit der Rückstellungszuführung verbundene Steuerentlastung daher zu niedrig ist. Aus der Differenz zwischen handelsbilanzieller und steuerbilanzieller Rückstellung werden die aktiven latenten Steuern ermittelt.20 Diese Position stellt eine Bilanzierungshilfe dar

_____ 20 Vgl. Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 48, Rn. 249.

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

(vergleichbar mit einer Forderung an den Fiskus), die erst zu einem späteren Zeitpunkt – gleiche steuerliche Gegebenheiten unterstellt – realisiert werden kann. Die Realisierung erfolgt in der Regel nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern im Zeitablauf. Während die Höhe der Zinszahlungen der Gewinn- und Verlustrechnung direkt entnommen werden kann, ist dies bei der Zinsdifferenz und der Zuführung zu den aktiven latenten Steuern nicht der Fall. Die direkten Altersversorgungsaufwendungen sowie die Berücksichtigung der 30 Zinsdifferenz und eventueller Darlehenszinsen führt zu einer geänderten Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte. Mit der Abschaffung der Substanzsteuern (Vermögensteuer und Gewerbesteuer vom Kapital) im Jahre 1997 müssen nur noch die Steuerarten Gewerbesteuer vom Ertrag und Körperschaftsteuer berücksichtigt werden. Die Zeile 23 gibt die aggregierten Steuerwirkungen an, die sich aus den geänderten steuerlichen Bemessungsgrundlagen21 ergeben. Ein negatives Vorzeichen weist immer darauf hin, dass sich eine – im Vergleich zu einem Unternehmen ohne bAV – verminderte Steuerbelastung ergibt. Diese Information steht allerdings nur intern zur Verfügung und kann der Gewinn- und Verlustrechnung nicht entnommen werden. Die Auswirkung auf die Gewinn- und Verlustrechnung eines bestimmten Durch31 führungsweges kann der Zeile 24 (Ertragsveränderung) entnommen werden. Die Ertragsveränderung gibt wieder, in welchem Umfang die Ertragslage (d.h. die Gewinn- und Verlustrechnung (nach Steuern)) durch einen bestimmten Durchführungsweg für ein bestimmtes Jahr beeinflusst wird. Nachfolgend wird für fünf Gestaltungsalternativen dargestellt, welche Aus32 wirkungen sich auf die Ertragslage ergeben. Um die Auswirkungen anschaulich darstellen zu können, werden die theoretischen Ausführungen durch ein konkretes Zahlenbeispiel unterlegt und grafisch dargestellt. Es gelten folgende Annahmen: Anzahl analysierte Mitarbeiter Eintritts- und Zusagealter Altersgrenze

1 35 Jahre 67 Jahre

Jahresgehalt Mitarbeiter: Jährlicher Versorgungsbeitrag: Versorgungsbeitrag trägt: Höhe Alterskapital Höhe Invalidenrente Höhe Todesfallkapital

50.000 € 1.000 € Unternehmen 44.591 € 0 € p.a. 44.591 €

Wartezeit

keine

_____ 21 Auf eine Darstellung der einzelnen Bemessungsgrundlagen wird nachfolgend verzichtet.

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A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

Garantiezins Kapitallebensversicherung Berücksichtigung der Überschussbeteiligung

0,9% 66,7%

Insolvenzsicherungsbeitrag Verzinsung Wertpapieranlage Fremdkapitalzins Verwendung Mehr-/Minderliquidität

3,0‰ 2,0% 4,0% Fremdkapitalrückzahlung/ -aufnahme

Ertragsteuersatz

29,175%22

397

Anmerkung: Um die Anzahl der gezeigten Grafiken in einem vertretbaren Maß zu halten, kann sich eine in einem bestimmten Unterkapitel aufgeführte Grafik auf mehrere Durchführungswege beziehen. Die nachfolgende Analyse basiert auf dem fixpunktorientierten Verfahren.

aa) Direktzusage Für die Direktzusage ergibt sich die Ertragsveränderung wie folgt: Position

Aufwand

Zuführung zur Pensionsrückstellung



Ertrag



Auflösung der Pensionsrückstellung Versorgungsleistungen



Insolvenzsicherungsbeitrag



Verwaltungsaufwand



Entgeltumwandlung



Sozialabgabenersparnis



Verminderte Fremdkapitalzinsen



Erhöhte Fremdkapitalzinsen

✓ ✓

Verminderte Steuerbelastung Erhöhte Steuerbelastung

33



_____ 22 Bei dem aufgeführten Ertragsteuersatz handelt es sich um einen kombinierten Körperschaft- und Gewerbesteuersatz. Der Körperschaftsteuersatz beträgt gem. § 23 Abs. 1 KStG 15% und der Gewerbesteuersatz 14,175% (Steuermesszahl: 3,5%; Hebesatz 405%). Bei der damit abgebildeten Gewerbesteuer vom Ertrag ist bei der Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage § 8 Nr. 1 Buchstabe a) zu berücksichtigen, wonach 25% des Fremdkapitalzinsaufwands steuerlich nicht abzugsfähig sind, sofern die Entgelte für Schulden sowie in dieser Ziffer aufgeführte andere Verpflichtungen den Betrag in Höhe von 100.000 € übersteigen. Für die Berechnungen wurde unterstellt, dass der Grenzwert nicht überschritten wird.

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

Position

Aufwand



Zuführung aktive latente Steuern Auflösung aktive latente Steuern

Ertrag



Abbildung 4: Ertragsveränderung durch eine Direktzusage 34 Die wichtigsten Aufwandspositionen stellen bei diesem Durchführungsweg die Rück-

stellungszuführungen und die erbrachten Versorgungsleistungen dar. Die Entwicklung der Zuführungen wird anhand der nachfolgenden Abbildung erläutert:

Abbildung 5: Vorsorgeaufwand (Jahre 1 bis 32) 35 Die vorangestellte Abbildung stellt den gesamten Analysezeitraum mit Ausnahme

des letzten Jahres dar, da in diesem Jahr Sondereffekte vorliegen. Die Zuführungen zur Pensionsrückstellung werden sowohl für die Handelsbilanz (HB) als auch für die Steuerbilanz (StB) dargestellt. In beiden Fällen ergibt sich die Rückstellungszuführung eines bestimmten Jahres aus der Differenz der Rückstellung zum aktuellen Bilanzstichtag und dem Vorjahreswert.23 Die Rückstellungszuführungen weichen

_____ 23 Dies gilt uneingeschränkt für die Steuerbilanz, handelsbilanziell wird die Rückstellungszuführung nochmals aufgeteilt in Personal- und Zinsaufwand. Da diese Aufteilung für diese betriebswirtschaftliche Analyse nicht benötigt wird, wird auf eine Aufteilung verzichtet.

Schanz

A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

399

für die beiden Bilanzarten deutlich voneinander ab, was im Wesentlichen auf die unterschiedlich hohen Rechnungszinsen zurückzuführen ist. Während die steuerbilanzielle Rückstellungszuführung bei rund 500 € startet, ist die handelsbilanzielle Rückstellungszuführung mit rund 800 € wesentlich höher. Ein Vergleich der beiden Kurvenverläufe lässt erkennen, dass die steuerlichen Rückstellungszuführungen nach dem Jahr 20 über den handelsbilanziellen Zuführungen liegen. Praxistipp 3 Der deutlich höhere steuerliche Rechnungszins führt dazu, dass der steuerlich abzugsfähige Aufwand in die Zukunft verschoben wird. Im Jahr 32 ist der steuerliche Aufwand fast doppelt so hoch wie der handelsbilanzielle.

Für den handelsbilanziellen Verlauf liegt im Vergleich zur steuerlichen Vari- 36 ante keine so stetige Entwicklung vor. Der stetige Anstieg ist erst ab dem 11. Jahr gegeben. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der handelsbilanziell zu verwendende Rechnungszins kein konstanter, sondern ein vom Kapitalmarkt abhängiger Rechnungszins ist.24 Da es sich um einen 10-jährigen Durchschnittszins handelt, wurde dessen Entwicklung für die Jahre 2 bis 10 des Analysezeitraums25 prognostiziert. Damit ergeben sich für die Rückstellungsermittlung folgende Rechnungszinsen:

Abbildung 6: Rechnungszinsen in der Handelsbilanz

_____ 24 Zur Herleitung vgl. Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 48, Rn. 76 ff. 25 Dies sind die Jahre 2020 bis 2028.

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

37 Die im Zeitablauf steigenden Rückstellungszuführungen sind auf den Zinseffekt

zurückzuführen. Dieser Zinseffekt soll anhand eines einfachen Beispiels (ohne Berücksichtigung von Sterbe- und Invalidisierungswahrscheinlichkeiten) dargestellt werden. 5 Beispiel Unterstellt wird eine Kapitalleistung, welche in drei Jahren fällig wird. Wird eine Verzinsung von 6% p. a. unterstellt, so müssen jährlich 29.633,00 € einbezahlt werden, damit am Ende der Laufzeit genau 100.000,00 € zur Verfügung stehen. 38 Die Ermittlung des Verpflichtungsbetrages kann nun auf zwei verschiedene Arten

vorgenommen werden: 1. Erläuterung auf der Grundlage von § 6a EStG (prospektives Verfahren) 39 Nach § 6a EStG ermittelt sich der Verpflichtungsbetrag am Ende des ersten Jahres aus der Differenz von Anwartschaftsbarwert und dem Barwert der ausstehenden Prämien zum Bilanzstichtag. Diskontiert man die zu erbringende Leistung um zwei Jahre mit 6%, so ergibt sich ein Anwartschaftsbarwert in Höhe von 88.999,64 €. Der Barwert der ausstehenden Prämien beträgt 57.588,66 € (nach einem Jahr stehen noch zwei Prämien aus, diese werden mit 6% diskontiert). Somit beträgt der Teilwert nach einem Jahr 31.410,98 €. 2. Erläuterung nach dem Sparbuchprinzip (retrospektives Verfahren) 40 Eine weitere Darstellungsmöglichkeit orientiert sich am Sparbuchprinzip. Zu Beginn

des Jahres wird die Prämie (29.633,00 €) einbezahlt, diese verzinst sich mit 6%, dies sind 1.777,98 €. Damit ergibt sich ein Kapital am Ende des Jahres in Höhe von 31.410,98 €. Das entspricht genau dem Teilwert nach dem oben dargestellten prospektiven Verfahren. Auch wenn die Erläuterung sehr vereinfacht dargestellt war, so verdeutlicht sie doch das zugrundeliegende Prinzip. Nachfolgend wird nun das Verfahren der Rückstellungsermittlung für alle drei 41 Berechnungsjahre dargestellt: Prospektives Verfahren Ende

Ende

Ende

1. Jahr

2. Jahr

3. Jahr 100.000,00

Anwartschaftsbarwert

88.999,64

94.339,62

Barwert der ausstehenden Prämien

57.588,66

29.633,00

0,00

Teilwert am Ende des Jahres

31.410,98

64.706,62

100.000,00

Zuführung

31.410,98

33.295,64

35.293,38

Abbildung 7: Darstellung des prospektiven Verfahrens

Schanz

A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

401

Retrospektives Verfahren Ende

Ende

Ende

1. Jahr

2. Jahr

3. Jahr

0,00

31.410,98

64.706,62

29.633,00

29.633,00

29.633,00

Anfangsbestand Einzahlung Zinsen

1.777,98

3.662,64

5.660,38

Endbestand

31.410,98

64.706,62

100.000,00

Zuführung

31.410,98

33.295,64

35.293,38

Abbildung 8: Darstellung des retrospektiven Verfahrens

Aus Abbildung 8 ist erkennbar, dass die jährliche Einzahlung (das ist die Prämie, 42 handelsbilanziell als Personalaufwand bezeichnet) im Zeitablauf konstant bleibt. Der Zinsanteil (handelsbilanziell als Zinsaufwand bezeichnet) steigt jedoch vom ersten Jahr mit 1.777,98 € auf 5.660,38 € an. Dies liegt daran, dass der Anfangsbestand des jeweiligen Jahres ebenfalls ansteigt (von 0,00 € auf 64.706,62 €). Die in der letzten Zeile angegebene Zuführung setzt sich zusammen aus der Einzahlung und den Zinsen. Die jährliche Rückstellungszuführung ergibt sich – wie oben bereits erwähnt – aus der Differenz Rückstellung aktuelles Jahr abzüglich Rückstellung Vorjahr. In Abbildung 526 wurden die Auswirkungen im letzten Planungsjahr nicht dar- 43 gestellt. Die folgende Abbildung 9 lässt erkennen, dass sich im letzten Jahr mit ca. -45.000 € eine hohe Rückstellungsauflösung (die zugesagte Versorgungsleistung ist erbracht und für eine Rückstellungsbildung daher kein Raum mehr) und damit ein Ertrag ergibt. Diese Auswirkung ist konsequent, denn mit den Rückstellungszuführungen der Vorjahre soll der Aufwand aus der Versorgungszusage auf die Tätigkeitsjahre des Mitarbeiters verteilt werden. Ansonsten würde sich nur in Höhe der Kapitalleistung im letzten Jahr ein Aufwand ergeben und alle anderen Tätigkeitsjahre des Mitarbeiters würden nicht belastet werden. Dem Ertrag aus der Rückstellungsauflösung im letzten Jahr steht (steuerlich abzugsfähiger) Versorgungsaufwand in Form der Kapitalleistung an den Mitarbeiter gegenüber (in Abbildung 9 nicht enthalten, da definitionsgemäß nicht zu den direkten Vorsorgeaufwendungen gehörend).

_____ 26 Siehe Rn. 34.

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

Abbildung 9: Vorsorgeaufwand (Jahre 29 bis 33) 44 Bei einer Direktzusage bestehen neben Rückstellungszuführungen/-auflösungen

und Versorgungszahlungen noch zwei weitere Aufwandspositionen, auf die kurz eingegangen werden soll. In Kapitel 8 wird dargestellt, dass es sich beim Durchführungsweg Direktzusa45 ge um einen insolvenzsicherungspflichtigen Durchführungsweg handelt.27 Damit ist das Unternehmen verpflichtet, für unverfallbare Versorgungsanwartschaften und für laufende Leistungen einen Insolvenzsicherungsbeitrag zu erbringen. Für die Berechnungen wurde ein für den gesamten Analysezeitraum konstanter Beitragssatz in Höhe von 3% unterstellt. Zusätzlich sind mit jedem Durchführungsweg Verwaltungskosten verbunden. 46 Für den Durchführungsweg Direktzusage ergeben sich Kosten für das jährliche versicherungsmathematische Gutachten und weitere Kosten für die Verwaltung der Zusage und Auszahlung der Versorgungsleistungen. Hier wurden Erfahrungswerte angesetzt und unterstellt, dass bei dem betrachteten Unternehmen insgesamt 500 Versorgungszusagen vorliegen. Damit wurden in der Analyse 1/500stel der gesamten Gutachten- und Verwaltungskosten berücksichtigt, dies entspricht einem jährlichen Betrag in Höhe von ca. 10 €, im Auszahlungsjahr ergibt sich – aufgrund der Kosten für die Auszahlung – ein erhöhter Aufwand in Höhe von 53 €.

_____ 27 Kap. 8 Rn. 180 ff.

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A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

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Fettnapf 3 Ein betriebswirtschaftlicher Vergleich verschiedener Durchführungswege muss zwingend die mit diesen verbundenen Verwaltungskosten berücksichtigen, da die Prämienzahlung des Durchführungswegs Direktversicherung bereits Kosten für die Verwaltung des Versicherungsvertrags enthält, während dies bei einer Rückstellungszuführung des Durchführungswegs Direktzusage nicht der Fall ist.

Abbildung 10: Sonstiger Versorgungsaufwand

Bei der Direktzusage ist der sonstige Versorgungsaufwand im Wesentlichen do- 47 miniert durch den Insolvenzsicherungsbeitrag, der ab dem 4. Jahr zu erbringen ist.28 Aufgrund der Abhängigkeit vom steigenden steuerlichen Teilwert steigt dieser im Zeitablauf ebenfalls an. Im letzten Jahr kann man den mit der Auszahlung der Versorgungsleistung verbundenen Aufwand erkennen. Im Rahmen dieser Darstellung wird eine arbeitgeberfinanzierte bAV untersucht. 48 Aus diesem Grund werden die ebenfalls dem direkten Altersversorgungsaufwand zuordenbaren Positionen Entgeltumwandlung und Sozialabgabenersparnis grafisch nicht dargestellt.29

_____ 28 Genaugenommen fließt der für ein bestimmtes Jahr zu entrichtende Insolvenzsicherungsbeitrag erst im letzten Quartal des folgenden Jahres ab. Aus Vereinfachungsgründen blieb diese Gegebenheit unberücksichtigt. 29 Vgl. dazu Kap. 3 Rn. 6, 8, 10 sowie zum u.U. bestehenden verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss zu einer Entgeltumwandlung gem. § 1a Abs. 1a BetrAVG: Kap. 1 Rn. 770 ff.

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

Abbildung 11: Direkter Altersversorgungsaufwand 49 Der direkt die GuV des Unternehmens beeinflussende Altersversorgungsaufwand

steigt bei einer Direktzusage im Zeitablauf kontinuierlich an, der unregelmäßige Verlauf in den ersten 10 Jahren ist auf die bereits erwähnte Durchschnittsbildung beim HGB-Rechnungszins zurückzuführen. Im Vorgriff auf die Analyse der beiden Durchführungswege Unterstützungskasse und Direktversicherung scheint sich aus Abbildung 11 die Schlussfolgerung ableiten zu lassen, dass es sich bei dem Durchführungsweg Direktversicherung um den „kostengünstigsten“ Durchführungsweg handelt. Inwieweit diese Schlussfolgerung gerechtfertigt ist, wird weiter unten im Rahmen der Eigenkapitalveränderung untersucht werden.30 Die Darstellung des Finanzplans in Abbildung 3 zeigte bereits auf, dass der di50 rekte Altersversorgungsaufwand nur einen, wenn auch wichtigen Teil der jährlichen Ertragsveränderung darstellt. Für die Bestimmung der Ertragsveränderung sind bei einer Direktzusage noch die Auswirkungen auf die Zinsdifferenz, die Zuführung aktive latente Steuern und die Steuerbelastung zu ermitteln. Es wurde bereits erwähnt, dass eine betriebswirtschaftliche Analyse ein Ver51 gleichsmodell in Form eines Unternehmens ohne bAV benötigt. Aus diesem Vergleich können alle zusätzlichen Auswirkungen ermittelt werden, die mit der Erteilung einer Versorgungszusage auf der Grundlage eines bestimmten Durchführungswegs verbunden sind. Bei der Position „Zinsdifferenz“ wird dies besonders deutlich. Die

_____ 30 Siehe Rn. 98.

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A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

405

Kurvenverläufe in Abbildung 11 legen bereits die Vermutung nahe, dass mit den verschiedenen Durchführungswegen sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die Liquidität verbunden sind. Für den hier untersuchten Durchführungsweg liegen für viele Jahre des Planungszeitraums sogar positive Liquiditätseffekte vor. Dies hat zur Folge, dass das zusagende Unternehmen im Vergleich zu einem Unternehmen ohne bAV sogar eine Mehrliquidität besitzt, über deren Verwendung entschieden werden muss (annahmegemäß wird diese für die Rückzahlung von Fremdkapital verwendet).

Abbildung 12: Steuerwirkungen

Abbildung 12 zeigt für die Direktzusage durchgehend – im Zeitablauf zunehmende – 52 negative Steuerwirkungen. Da für die Analyse der Ertragsveränderung alle Positionen mit einem positiven Vorzeichen einen Aufwand und alle Positionen mit einem negativen Vorzeichen einen Ertrag darstellen, bedeutet eine negative Steuerwirkung eine Steuerentlastung. Wie Gehaltszahlungen sind Aufwendungen für die bAV auf der Basis der relevanten gesetzlichen Bestimmungen steuerlich abzugsfähig und führen zu einer Steuerentlastung, die eine zusätzliche Liquidität darstellt. Grundlage für die steuerlichen Auswirkungen sind bei einer Direktzusage die jährlichen Zuführungen zur Pensionsrückstellung. Maßgebend sind die in Abbildung 531 dargestellten, auf der Basis von § 6a EStG ermittelten steuerlichen Rückstellungszu-

_____ 31 Siehe Rn. 34.

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

führungen (dort bezeichnet als „Zuführung DZ (StB)“). Diese weisen im Zeitablauf einen steigenden Verlauf auf. Die Besonderheit bei diesem Durchführungsweg ist, dass die Rückstellungszuführungen mit keinem Liquiditätsabfluss an einen Dritten, wie bspw. eine Prämie für eine Direktversicherung, verbunden sind. Trotzdem führen die Rückstellungszuführungen zu steuerlichen Betriebsausgaben und damit zu einer Steuerentlastung. Aufgrund der steigenden Rückstellungszuführung steigt auch die Steuerentlastung im Zeitablauf an. Die damit verbundene Mehrliquidität spiegelt sich in der Differenzanlage wider, deren Höhe sich unmittelbar auf die Zinsdifferenz auswirkt. Annahmegemäß wird die Mehrliquidität zur Rückführung von Fremdkapital verwendet, dies führt im Folgejahr zu Einsparungen an Fremdkapitalzinsen (alternativ wäre auch eine Anlage in Wertpapieren mit entsprechenden Zinserträgen möglich). Die eingesparten Fremdkapitalzinsen werden als Zinsdifferenz bezeichnet (vgl. Abbildung 13).

Abbildung 13: Zinsdifferenz 53 Für den Durchführungsweg Direktzusage ergibt sich für den gesamten Analysezeit-

raum ein negativer Wert, d.h. eine verminderte Belastung mit Fremdkapitalzinsen und damit ein Ertrag. Dies erklärt die vorherrschende Stellung dieses Durchführungswegs, da der Zinsdifferenzeffekt entscheidende Bedeutung für die Belastung des Unternehmens besitzt. Es wurde vorstehend bereits darauf hingewiesen, dass die nach den steuerli54 chen Vorschriften gebildete Pensionsrückstellung aufgrund des hohen Rechnungszinses von 6% die eingegangenen Verpflichtungen nicht adäquat abbildet. Daraus Schanz

A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

407

resultiert eine zu niedrige steuerliche Entlastung. Um dies auszugleichen, können in den Folgejahren in der Handelsbilanz Zuführungen zu den latenten Steuern vorgenommen werden.

Abbildung 14: Zuführung aktive latente Steuern

Auch hier gilt, dass es sich bei negativen Beträgen um Erträge, bei positiven um 55 Aufwendungen handelt. Bis zum 19. Jahr ergeben sich jährlich negative Beträge, d.h. Zuführungen zu den latenten Steuern. Damit wird die Bilanzposition „Aktive latente Steuern“ aufgebaut. Da die steuerlichen Rückstellungszuführungen im Vergleich zu den handelsbilanziellen zunehmen (vgl. auch Abbildung 532), wird die Position im Zeitablauf wieder abgebaut und besitzt im Bilanzjahr vor Auszahlung der Kapitalleistung den Wert 0 (zu diesem Bilanzstichtag besitzen die handels- und die steuerbilanzielle Rückstellung denselben Wert). Den Verlauf der Bilanzposition zeigt die folgende Abbildung.

_____ 32 Siehe Rn. 34.

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

Abbildung 15: Bilanzposition aktive latente Steuern 56 Das Maximum dieser Bilanzposition ist bei der Direktzusage im 19. Planungsjahr

erreicht, durch die kontinuierlich geringer werdende Differenz zwischen Handelsund Steuerbilanzwert nimmt sie danach ständig ab. Damit sind alle Positionen beschrieben, die bei einer Direktzusage die jährliche 57 Ertragsveränderung beeinflussen.

Abbildung 16: Jährliche Ertragsveränderung

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A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

409

Der Durchführungsweg Direktzusage führt in den Anfangsjahren zu einer steigen- 58 den Ertragsbelastung, d.h. der Gewinn nach Steuern vermindert sich zunehmend (in der oben dargestellten Abbildung liegen Ertragsbelastungen im positiven Wertebereich). Dieser Effekt verlangsamt sich im weiteren Verlauf und ab dem 18. Jahr sinkt die Ertragsbelastung. Diese Entwicklung ist auf die zunehmende Bedeutung der Zinsdifferenz zurückzuführen, da die eingesparten Fremdkapitalzinsen ein immer stärkeres Gewicht erhalten. Gut zu erkennen ist die Auswirkung im letzten Jahr, hier zeigt der negative Wert eine positive Ertragsveränderung an. Im letzten Jahr wird die Versorgungsleistung ausbezahlt und es wirken sich bei den direkten Altersversorgungsaufwendungen nur noch die (relativ geringen) Verwaltungskosten aus, da der mit der Auszahlung der Kapitalleistung verbundene Aufwand den Ertrag aus der Rückstellungsauflösung kompensiert. Da auch am Ende des Planungszeitraums noch ein niedrigerer Fremdkapitalbestand vorliegt (bedingt aus den positiven Liquiditätseffekten aus der Vergangenheit), wirkt die Einsparung an Fremdkapitalzinsen dauerhaft fort.

bb) Pauschaldotierte Unterstützungskassenzusage Dieser Durchführungsweg wurde ursprünglich vom Gesetzgeber eingeführt, um den 59 Unternehmen das – zum damaligen Zeitpunkt nur für Direktzusagen vorgesehene – jährliche versicherungsmathematische Gutachten für steuerbilanzielle Zwecke zu ersparen. Die Dotierung erfolgt – wie die Bezeichnung schon vermuten lässt – nach einem pauschalen Verfahren.33 Für die pauschaldotierte Unterstützungskasse beeinflussen folgende Positionen 60 die Ertragsveränderung: Position

Aufwand

Zuwendung an die Unterstützungskasse



Ertrag ✓

Vermögensrückübertragungen Insolvenzsicherungsbeitrag



Verwaltungsaufwand



Entgeltumwandlung



Sozialabgabenersparnis

✓ ✓

Verminderte Fremdkapitalzinsen Erhöhte Fremdkapitalzinsen

✓ ✓

Verminderte Steuerbelastung Erhöhte Steuerbelastung



_____ 33 Zu dem Verfahren vgl. im Einzelnen die Ausführungen in Kap. 2 Rn. 68 ff.

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

Position

Aufwand

Auflösung aktive latente Steuern

Ertrag ✓

Zuführung aktive latente Steuern ✓

Abbildung 17: Ertragsveränderung durch eine pauschaldotierte Unterstützungskasse 61 Die in Abbildung 534 dargestellten direkten Versorgungsaufwendungen, in diesem

Fall bezeichnet als Zuwendungen an die Unterstützungskasse, verlaufen sowohl im positiven als auch im negativen Bereich. In den Anfangsjahren betragen die möglichen Zuwendungen nach dem pauschalen Verfahren jährlich 1.115 €. Durch die jährlichen Zuwendungen und die durch die Wertpapieranlage erzielte Verzinsung baut sich im Zeitablauf das tatsächliche Kassenvermögen auf.35 Bei der Überprüfung der steuerlichen Abzugsfähigkeit ist auch das steuerlich zulässige Kassenvermögen mit zu berücksichtigen.36 Die folgende Abbildung zeigt das Verhältnis von zulässigem und tatsächlichem Kassenvermögen.

Abbildung 18: Verlauf des zulässigen und tatsächlichen Kassenvermögens

_____ 34 Siehe Rn. 34. 35 Zum Begriff siehe Kap. 2 Rn. 80. 36 Siehe im Detail Kap. 2 Rn. 77 ff.

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A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

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Im Jahr 8 erreicht das tatsächliche das zulässige Kassenvermögen, so dass keine 62 volle Zuwendung mehr möglich ist. Ab dem Folgejahr ist keine als Betriebsausgabe abzugsfähige Zuwendung mehr zulässig. Ab dem 20. Jahr liegen sogar negative Zuwendungen, d.h. Vermögensrückübertragungen vor. Zu diesem Zeitpunkt liegt das tatsächliche Kassenvermögen um mehr als 25% über dem zulässigen Kassenvermögen, so dass eine partielle Steuerpflicht der Unterstützungskasse37 eintritt. Praxistipp 3 Alternativ könnte die Unterstützungskasse auch die partielle Steuerpflicht in Kauf nehmen, falls diese zu einem günstigeren Ergebnis führt. Wird Vermögen zurückübertragen, so ist dies in voller Höhe beim Trägerunternehmen steuerpflichtig. Wird dagegen keine Vermögensrückübertragung vorgenommen und damit die partielle Steuerpflicht in Kauf genommen, so ist ein Teil der Erträge steuerpflichtig und von ihr zu versteuern.

Um die partielle Steuerpflicht zu vermeiden, wird das über dem Grenzwert von 63 125% liegende Vermögen zurückübertragen und führt beim Trägerunternehmen zu steuerpflichtigen Betriebseinahmen. Bei den in den Folgejahren vorliegenden Einnahmen handelt es sich um die Zinserträge aus der Kapitalanlage der Unterstützungskasse, die in jährlich gleichbleibender Höhe zurückübertragen werden. Eine Besonderheit der pauschaldotierten Unterstützungskasse ist in Abbildung 938 zu erkennen: Im letzten Planungsjahr ergibt sich mit rund 33.000 € ein außerordentlich hoher Aufwand in der GuV. Dieser ist auf die aus betriebswirtschaftlicher Sicht nachteilige Regelung von § 4d Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a) EStG zurückzuführen, wonach der wesentliche Teil der Finanzierung der Versorgungsleistungen durch das Trägerunternehmen erst bei Eintritt des Versorgungsfalls erfolgen darf. Erst dann ist es möglich, die Differenz von zugesagter Kapitalleistung (44.591 €) und vorhandenem tatsächlichem Kassenvermögen (11.148 €) der Unterstützungskasse mit steuerlicher Wirkung zuzuwenden. Im Umkehrschluss gilt, dass der Unterstützungskasse vor Eintritt des Versorgungsfalles bei der hier untersuchten Kapitalzusage gerade einmal 25% der zugesagten Versorgungsleistungen zugewendet werden können. Der Vorteil der in den Anfangsjahren im Vergleich zu einer Direktzusage höheren Zuwendungen wird durch den wesentlich stärker wirkenden Nachteil der fehlenden Dotierungsmöglichkeit in den Folgejahren erkauft. Konsequenterweise existiert für die Ermittlung des Insolvenzsicherungsbei- 64 trages ebenfalls ein pauschales Berechnungsverfahren: Ist die Versorgungsanwartschaft gesetzlich unverfallbar, so beträgt die Bemessungsgrundlage für die Insolvenzsicherung das Zwanzigfache der Zuwendung für Leistungsanwärter.39 Daraus

_____ 37 Zur partiellen Steuerpflicht der Unterstützungskasse vgl. Kap. 2 Rn. 183 f. 38 Siehe Rn. 43. 39 § 10 Abs. 3 Nr. 3 BetrAVG.

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

resultiert ein ab dem 3. Planungsjahr gleichbleibender Insolvenzsicherungsbeitrag (die Entwicklung stellt Abbildung 1040 dar, in den dargestellten Aufwendungen sind auch die Verwaltungskosten enthalten). Angesichts dem in Abbildung 541 und Abbildung 942 dargestellten Verlauf würde 65 man einen anderen Verlauf des direkten Altersversorgungsaufwands erwarten. Der Grund liegt darin, dass der direkte Altersversorgungsaufwand nur bis zum 7. Planungsjahr durch die Zuwendungen dominiert wird. Danach ist das zulässige Kassenvermögen erreicht und es sind keine Zuwendungen mehr möglich. Allerdings besteht für das Unternehmen gem. Art. 28 Abs. 1 S. 2 EGHGB ein Wahlrecht, eine Unterdeckung im Anhang zur Bilanz ergebnisneutral oder in Form einer Rückstellung ergebniswirksam auszuweisen. Für diese Analyse wurde letztere Alternative gewählt, so dass sich in den Folgejahren Rückstellungszuführungen ergeben, die den Altersversorgungsaufwand erhöhen. Die folgende Abbildung stellt die Rückstellungsverläufe dar: 66

Abbildung 19: Rückstellungsverläufe und Aktivwerte 67 Eine nennenswerte Rückstellung ist erst ab dem 8. Jahr zu erkennen, sie verläuft

dann fast vollständig parallel zu der HGB-Rückstellung, da sie sich aus der Differenz von HGB-Rückstellung und tatsächlichem Kassenvermögen ermittelt. Da

_____ 40 Siehe Rn. 46. 41 Siehe Rn. 34. 42 Siehe Rn. 43.

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A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

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die HGB-Rückstellung ab dem Jahr 6 erstmals das tatsächliche Kassenvermögen überschreitet, sind ab diesem Zeitpunkt erstmals Rückstellungszuführungen vorzunehmen, die den Altersversorgungsaufwand erhöhen. Steuerliche Entlastungen sind bei einer Unterstützungskasse nur in dem 68 Zeitraum möglich, in dem steuerlich abzugsfähige Zuwendungen möglich sind (in Abbildung 12 sind steuerliche Entlastungen bis zum Jahr 8 zu erkennen, danach sind sie in vermindertem Umfang leicht negativ und vermindern sich nochmals etwas, wenn die steuerpflichtigen Vermögensrückübertragungen vorgenommen werden). Fremdkapitalzinsersparnisse sind im gesamten Zeitraum keine vorhanden 69 (siehe Abbildung 13), da permanent Liquiditätsabflüsse vorliegen. Die später einsetzenden Vermögensrückübertragungen sind zu gering, um daran etwas zu ändern. Praxistipp 3 Etwas anderes würde dann gelten, wenn die Unterstützungskasse ihr Vermögen nicht in Wertpapieren anlegen, sondern dem Trägerunternehmen in Form eines verzinslichen Darlehens zur Verfügung stellen würde. Dann wären in den ersten Jahren positive Liquiditätseffekte zu verzeichnen, da die Zuwendungen steuerlich abzugsfähig sind und per Saldo im Unternehmen verbleiben.

Zuführungen zu den aktiven latenten Steuern (Abbildung 14) ergeben sich in den 70 ersten Jahren keine, da hier das tatsächliche Kassenvermögen über der HGBRückstellung liegt. Erst ab dem Jahr 9 ergeben sich nennenswerte Zuführungen, die aufgrund ihrer Ertragswirkung die jährliche Ertragsveränderung etwas vermindern.

cc) Direktversicherung Im Rahmen einer Direktversicherungszusage wirken folgende Positionen auf die 71 Ertragslage des Unternehmens: Position

Ertrags-

Ertragsminderung

erhöhung Prämienzahlung



Verwaltungsaufwand

✓ ✓

Erhöhte Fremdkapitalzinsen Verminderte Steuerbelastung



Erhöhte Steuerbelastung



Entgeltumwandlung



Sozialabgabenersparnis



Abbildung 20: Ertragsveränderung durch eine Direktversicherung

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

72 Im Vergleich zu einer Direkt- oder Unterstützungskassenzusage ist die Anzahl der

Positionen deutlich geringer, dominierende Position der direkten Altersversorgungsaufwendungen sind die jährlichen Prämienzahlungen des Arbeitgebers als Versicherungsnehmer. Die in Abbildung 543 dargestellten Prämienzahlungen sind im Zeitablauf konstant, da die versicherte Leistung im gesamten Analysezeitraum konstant bleibt. Die Jahresprämie wurde so bemessen, dass damit unter den in III. 1. beschriebenen Annahmen genau die festgelegte Kapitalleistung finanziert werden kann. Die berücksichtigten Verwaltungskosten betragen nur rund 40% der einer Direktzusage, da keine Kosten für ein jährliches versicherungsmathematisches Gutachten oder für die Auszahlung von Versorgungsleistungen entstehen. Eine Belastung mit Insolvenzsicherungsbeiträgen liegt nicht vor, da eine Insolvenzsicherungspflicht nur unter bestimmten Voraussetzungen besteht,44 die hier nicht gegeben sind. Einen weiteren wichtigen Belastungsfaktor stellt die Zinsdifferenz dar, da die 73 Prämienzahlung die Liquidität belastet und somit zu einem kontinuierlichen Anstieg des Fremdkapitalbestands (der Differenzanlage) und damit zu einer steigenden Zinsdifferenz führt. Die Entwicklung ist in Abbildung 13 gut zu erkennen. Da die mit den Prämienzahlungen und Zinsdifferenzen verbundenen Belastungen steuerlich abzugsfähig sind, führt dies im Zeitablauf zu steigenden Steuereinsparungen (siehe Abbildung 12). Die gesamten Auswirkungen auf die Ertragslage enthält Abbildung 16, bis zum vorletzten Planungsjahr ergibt sich eine steigende Ertragsbelastung. Im letzten Jahr sinkt die Belastung ab, dies ist auf die hier fehlende Prämienzahlung zurückzuführen, denn in diesem Jahr werden die Versorgungsleistungen ausbezahlt. Die Auszahlung erfolgt durch die Versicherungsgesellschaft und tangiert das Unternehmen nicht. Damit wirkt sich im letzten Planungsjahr nur die Zinsdifferenz aus.

dd) Direktzusage mit kongruenter Rückdeckungsversicherung 74 Als erste Ergänzungsform wird eine Direktzusage untersucht, die durch eine kon-

gruente Rückdeckungsversicherung ergänzt wird.45 Damit refinanziert das Unternehmen die zugesagten Versorgungsleistungen durch eine Kapitallebensversicherung. Für die Analyse ist derselbe Versicherungstarif maßgebend, der auch der Direktversicherung zu Grunde gelegt wurde. Für die kongruent rückgedeckte Direktzusage kann die Darstellung zur Direkt75 zusage ohne Rückdeckungsversicherung übernommen werden, eine Erweiterung ist allerdings um die rückdeckungsspezifischen Positionen vorzunehmen (fett markiert):

_____ 43 Siehe Rn. 34. 44 Vgl. Kap. 8 Rn. 194. 45 Siehe zum Begriff Kap. 1 Rn. 349.

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A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

Position

Aufwand

Zuführung zur Pensionsrückstellung



Versorgungsleistungen



Insolvenzsicherungsbeitrag



Verwaltungsaufwand

✓ ✓

Entgeltumwandlung ✓



Vereinnahmung Versicherungsleistung



Aktivwerterhöhung Aktivwertminderung

✓ ✓

Sozialabgabenersparnis



Verminderte Fremdkapitalzinsen Erhöhte Fremdkapitalzinsen

✓ ✓

Verminderte Steuerbelastung Erhöhte Steuerbelastung

✓ ✓

Zuführung aktive latente Steuern Auflösung aktive latente Steuern

Ertrag ✓

Auflösung der Pensionsrückstellung

Prämienzahlung Rückdeckungsversicherung

415



Abbildung 21: Ertragsveränderung durch eine rückgedeckte Direktzusage

Die Ergänzung einer Direktzusage um eine kongruente Rückdeckungsversicherung 76 führt zu keiner Veränderung des Rückstellungsausweises und damit der jährlichen Zuführungen (dies gilt uneingeschränkt für die steuerliche Betrachtung, handelsbilanziell für den Fall, dass kein Deckungsvermögen vorliegt und es zu keiner Saldierung kommt46). Ergänzend ist jedoch zu untersuchen, welche Auswirkungen die Rückdeckungsnahme auf die Gewinn- und Verlustrechnung hat. Ohne weitere Informationen erwartet man vielleicht, dass die Rückdeckungsnahme in Bezug auf die Gewinn- und Verlustrechnung neutral verläuft, da ja der Prämienzahlung in der Aktivitätsphase die Ertragserhöhungen aus der Deckungskapitalaktivierung und in der Auszahlungsphase den Versorgungsleistungen des Unternehmens die Versicherungsleistungen aus der Rückdeckungsversicherung gegenüberstehen. Ob dies tatsächlich so ist, zeigt die nachfolgende Abbildung anhand der Entwicklung des direkten Altersversorgungsaufwands:

_____ 46 Siehe auch Kap. 4 Rn. 54 ff., 60 ff., 89 ff.

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

Abbildung 22: Direkter Altersversorgungsaufwand (mit Ergänzungsformen)

77 Während anfangs der direkte Altersversorgungsaufwand der rückgedeckten Di-

rektzusage etwas oberhalb der reinen Direktzusage liegt, liegt er ab dem Jahr 7 leicht und ab dem 11. Jahr mit steigender Tendenz unter dem der reinen Direktzusage. Die Integration einer Rückdeckungsversicherung verläuft daher nicht erfolgsneutral. Der Grund für dieses starke Auseinanderlaufen der direkten Altersversorgungs78 aufwendungen ist in der Aktivierungspflicht des Deckungskapitals der Rückdeckungsversicherung begründet. Der steuerpflichtige Ertrag ergibt sich für die Gewinn- und Verlustrechnung aus der Differenz der Aktivwerte zweier aufeinander folgender Bilanzstichtage, zusätzlich ist die Prämienzahlung an die Versicherungsgesellschaft steuerlich abzugsfähig. Abbildung 23 stellt den jährlichen Prämienzahlungen die entsprechenden Deckungskapitalerhöhungen im Zeitablauf gegenüber. Während die jährliche Prämienzahlung mit 1.027 € im Zeitablauf konstant bleibt (als Aufwandsposition befindet sie sich im positiven Bereich), steigt die Zuführung zum Aktivwert von 906 € im ersten Jahr stetig an, entspricht im 6. Jahr der Prämienzahlung und steigt bis zum Jahr 32 auf 2.024 € an (als Ertragsposition befinden sich die Werte im negativen Bereich). Betrachtet man die Differenz der beiden Positionen (Zuführung zum Aktivwert abzgl. Prämienzahlung) im Zeitablauf, dann liegt ab dem 7. Jahr ein steigender negativer Wert vor. Dieser Ertrag vermindert einerseits den direkten Altersversorgungsaufwand, führt aber andererseits zu einer Erhöhung der steuerlichen Bemessungsgrundlage und damit zu einer zusätzlichen Steuerbelastung für das Unternehmen. Im letzten Planungsjahr fließt dem Unternehmen die Versicherungsleistung (dies stellt einen Ertrag dar) zu Schanz

417

A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

(Jahr 33) und der Aktivwert ist in derselben Höhe aufzulösen (dies stellt einen Aufwand für das Unternehmen dar).

Abbildung 23: Prämienzahlung/Zuführung zum Aktivwert bei einer rückgedeckten Direktzusage

Die beschriebene Steuerbelastung führt zu einer zusätzlichen Fremdkapitalauf- 79 nahme und damit zu einer zunehmenden Zinsdifferenz. Damit ergibt sich im Vergleich zur Direktzusage eine Zusatzbelastung. Die Zuführungen zu den aktiven latenten Steuern entsprechen denen der Direktzusage, insgesamt entsteht dadurch ein gegenläufiger Effekt in Bezug auf die niedrigeren direkten Altersversorgungsaufwendungen. Damit ergibt sich folgende Ertragsveränderung:

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

Abbildung 24: Ertragsveränderung (mit Ergänzungsformen)

80 Wird eine Direktzusage durch eine kongruente Rückdeckungsversicherung ergänzt,

so führt die Rückdeckungsnahme zu einer deutlichen zusätzlichen Ertragsbelastung. Dies ist zum einen auf die in der Versicherungsprämie enthaltenen Kosten und zum anderen auf die oben beschriebene zusätzliche Steuerbelastung zurückzuführen.

ee) Unterstützungskassenzusage mit kongruenter Rückdeckungsversicherung 81 Für die Unterstützungskassenzusage mit kongruenter Rückdeckung47 nachfolgend

aufgeführten Positionen kann inhaltlich auf die Beschreibung der Positionen der pauschaldotierten Unterstützungskasse in Abbildung 1748 zurückgegriffen werden, wobei zwei Änderungen zu berücksichtigen sind. Zum einen ermittelt sich die Zuwendung an die Unterstützungskasse nicht mehr auf der Grundlage von § 4d Abs. 1 Ziff. 1 Buchstaben a) und b) EStG, sondern es ist vielmehr gem. § 4d Abs. 1 Ziff. 1 Buchstabe c) EStG die Versicherungsprämie maßgebend. 49 Die Position Vermögensrückübertragung kann entfallen, da die Unterstützungskasse ihr Vermögen nicht in Wertpapieren anlegt, sondern mit der vom Unternehmen zur Verfügung gestellten Liquidität eine Kapitallebensversicherung finanziert. Wie schon bei der

_____ 47 Zum Begriff siehe Kap. 1 Rn. 348, 464. 48 Siehe Rn. 60. 49 Siehe Kap. 2 Rn. 83.

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A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

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rückgedeckten Direktzusage aufgeführt, ist für die Analyse derselbe Versicherungstarif maßgebend, der auch der Direktversicherung zu Grunde gelegt wurde. Position

Aufwand

Zuwendung an die Unterstützungskasse



Insolvenzsicherungsbeitrag



Verwaltungsaufwand



Ertrag

Entgeltumwandlung



Sozialabgabenersparnis

✓ ✓

Verminderte Fremdkapitalzinsen Erhöhte Fremdkapitalzinsen

✓ ✓

Verminderte Steuerbelastung Erhöhte Steuerbelastung



Abbildung 25: Ertragsveränderung durch eine rückgedeckte Unterstützungskasse

Vergleicht man die in Abbildung 24 dargestellte Ertragsveränderung einer rückge- 82 deckten Unterstützungskasse mit der einer Direktversicherung, so fällt auf, dass die rückgedeckte Unterstützungskasse mit einer etwas höheren Ertragsbelastung verbunden ist, die Kurvenverläufe (mit Ausnahme der ersten beiden Planungsjahre) parallel verlaufen. Dies ist darin begründet, dass beide Alternativen durch (gleich hohe) Versicherungsprämien finanziert werden, die rückgedeckte Unterstützungskasse aber zusätzlich mit Verwaltungskosten und dem Insolvenzsicherungsbeitrag belastet ist. Damit gelten die Ausführungen zur Direktversicherung in Bezug auf Zinsdifferenzen und steuerliche Auswirkungen analog.

b) Auswirkungen auf die Liquidität aa) Direktzusage Wie bereits erwähnt, gehen in die Liquiditätsveränderung nur die ein- oder auszah- 83 lungswirksamen Positionen ein. Position

Liquiditätsminderung

Versorgungsleistungen



Insolvenzsicherungsbeitrag



Verwaltungsaufwand



Liquiditätserhöhung

Entgeltumwandlung



Sozialabgabenersparnis

✓ ✓

Verminderte Fremdkapitalzinsen Erhöhte Fremdkapitalzinsen



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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

Position

Liquiditätsminderung



Verminderte Steuerbelastung Erhöhte Steuerbelastung

Liquiditätserhöhung



Abbildung 26: Liquiditätsveränderung durch eine Direktzusage 84 Vergleicht man die oben aufgeführten Positionen mit denen in Abbildung 450, so

fehlen bei der Liquiditätsveränderung die Rückstellungszuführungen/-auflösungen und die Zuführungen/Auflösungen aktiver latenter Steuern. Für den Durchführungsweg Direktzusage ergeben sich somit im Zeitablauf folgende Liquiditätsveränderungen:

Abbildung 27: Jährliche Liquiditätsveränderung in den Jahren 1 bis 32 85 Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurde in dieser Grafik das letzte Planungsjahr

nicht dargestellt. Die letzten fünf Planungsjahre sind in der folgenden Abbildung enthalten.

_____ 50 Siehe Rn. 33.

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A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

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Abbildung 28: Jährliche Liquiditätsveränderung in den Jahren 29 bis 33

Mit Ausnahme des letzten Jahres ergeben sich bei diesem Durchführungsweg per- 86 manent positive Liquiditätsveränderungen; diese steigen während der Aktivitätsphase des Mitarbeiters ständig an. Dies ist zum einen auf die steigenden steuerbilanziellen Rückstellungszuführungen zurückzuführen, damit sind auch steigende Steuerentlastungen verbunden. Die Rückstellungszuführung beträgt im letzten Jahr der Aktivitätsphase ca. 3.000 €, so dass damit bei einem kombinierten Ertragsteuersatz von 30% (Gewerbesteuer vom Ertrag und Körperschaftsteuer) lediglich eine Liquiditätserhöhung von 900 € erklärbar ist. Tatsächlich beträgt die Liquiditätserhöhung ca. 1.200 €, so dass die Differenz auf einen anderen Effekt zurückzuführen sein muss. Ursächlich hierfür ist der bereits mehrfach erwähnte Zinsdifferenzeffekt. Die- 87 ser soll auf der Grundlage des folgenden Beispiels beschrieben werden: 5

Beispiel Rückstellungszuführung: 10.000 € Kombinierter Ertragsteuersatz: 30% Fremdkapitalzins: 4% Eine Rückstellungszuführung in Höhe von 10.000 € führt zu einer Steuerminderzahlung in Höhe von 3.000 € (Rückstellungszuführung multipliziert mit dem kombinierten Ertragsteuersatz). Damit entsteht für das Unternehmen eine Mehrliquidität, die es z.B. für eine Rückführung von Fremdkapital verwenden kann. Die Verwendung dieser Mehrliquidität wird auch als Differenzanlage bzw. -investition bezeichnet. Anhand der Differenzanlage wird es möglich, unterschiedliche Zahlungsströme vergleichbar zu machen. Verwendet das Unternehmen diesen Betrag zur Rückführung von Fremdkapital, so sinkt der Fremdkapitalbestand am Ende des Jahres um 3.000 €. Dies hat wiederum

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

Auswirkungen auf die Zinszahlungen des Folgejahres. Aufgrund des geringeren Fremdkapitalbestands ergeben sich für das Unternehmen im Folgejahr Fremdkapitalzinsminderzahlungen in Höhe von 120 € (3.000 € multipliziert mit 4%). Diese Fremdkapitalzinsminderzahlungen werden hier als Zinsdifferenz bezeichnet. Mit jeder Rückstellungszuführung entstehen neue Steuerminderzahlungen, die wiederum zur Rückführung von Fremdkapital verwendet werden können. Allerdings muss noch ein weiterer Effekt berücksichtigt werden, da Fremdkapitalzinsen steuerlich abzugsfähig sind, beträgt die wahre Entlastung nicht 120 €, sondern nur 70% davon, d.h. 84 €. Nur um diesen Betrag kann letztendlich eine Entlastung herbeigeführt werden, so dass die Auswirkungen aufgrund der damit verbundenen Steuerbelastung letztendlich geringer sind. 88 Von der oben beschriebenen Liquiditätserhöhung in Höhe von 1.200 € entfallen

somit auf das vorletzte Planungsjahr nur 900 €, 300 € sind auf kumulierte Zinseffekte (Zinsdifferenzen) der Vorjahre zurückzuführen (vgl. dazu auch den Verlauf in Abbildung 1351). Im letzten Planungsjahr ergibt sich aufgrund der Auszahlung des Versorgungskapitals eine hohe Liquiditätsbelastung.

bb) Pauschaldotierte Unterstützungskassenzusage 89 Liegt eine pauschaldotierte Unterstützungskasse vor, so wirken die in Abbil-

dung 1652 aufgeführten Position liquiditätserhöhend, falls es sich um Erträge handelt, liegen dagegen Aufwendungen vor, so sind diese liquiditätsmindernd. Durch die hohen Zuwendungen an die Unterstützungskasse ergibt sich in den 90 ersten Jahren eine relativ hohe Liquiditätsbelastung, sind Zuwendungen nicht mehr möglich, so wirken sich im Wesentlichen nur noch die Zinsdifferenzen aus (vgl. Abbildung 2753). Sobald es zu Vermögensrückübertragungen kommt, sinkt die Liquiditätsbelastung wieder etwas. Eine hohe Liquiditätsbelastung ist im letzten Planungsjahr in Abbildung 2854 zu erkennen, hier wendet das Trägerunternehmen der Unterstützungskasse die fehlenden Mittel zu (Differenz von Kapitalleistung und tatsächlichem Kassenvermögen).

cc) Direktversicherung 91 Bei einer Direktversicherung wirken alle Aufwendungen liquiditätsmindernd und

– sofern vorhanden – alle Erträge liquiditätserhöhend, so dass alle in der Abbildung 20 aufgeführten Positionen für die Liquiditätswirkungen maßgebend sind. Einen starken Einfluss besitzt die Prämienzahlung (und die damit verbundene Steuerentlastung) sowie die steigende Zinsdifferenz, welche im Zeitauflauf zu einer steigenden

_____ 51 Siehe Rn. 52. 52 Siehe Rn. 57. 53 Siehe Rn. 84. 54 Siehe Rn. 71.

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A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

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Liquiditätsbelastung führt. Die jährliche Liquiditätsveränderung entspricht der jährlichen Ertragsveränderung, da bei einer Direktversicherung keine Rückstellungen gebildet werden und aktive latente Steuern ebenfalls nicht vorhanden sind.

dd) Direktzusage mit kongruenter Rückdeckungsversicherung Folgende Positionen beeinflussen die Liquidität bei einer kongruent rückgedeckten 92 Direktzusage: Position

Aufwand

Versorgungsleistungen



Insolvenzsicherungsbeitrag



Verwaltungsaufwand

✓ ✓

Entgeltumwandlung Prämienzahlung Rückdeckungsversicherung

Ertrag



Vereinnahmung Versicherungsleistung



Sozialabgabenersparnis

✓ ✓

Verminderte Fremdkapitalzinsen Erhöhte Fremdkapitalzinsen

✓ ✓

Verminderte Steuerbelastung Erhöhte Steuerbelastung



Abbildung 29: Liquiditätsveränderung durch eine rückgedeckte Direktzusage

Im Vergleich zur Ertragsveränderung fehlen die Positionen Rückstellungszuführungen/-auflösungen, Aktivwerterhöhungen/-minderungen und die Zuführung/Auflösung aktiver latenter Steuern. Daraus resultieren im Vergleich zur reinen Direktzusage wesentlich abweichende jährliche Liquiditätsveränderungen:

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

93

Abbildung 30: Jährliche Liquiditätsveränderung in den Jahren 1 bis 32 94 Auf die Aufnahme der Auswirkungen des letzten Planungsjahres wurde in Abbildung

30 verzichtet, da hier nur Besonderheiten bei den beiden bereits beschriebenen Durchführungswegen Direktzusage und pauschaldotierte Unterstützungskasse vorliegen. Durch die mit der Prämienzahlung verbundene Liquiditätsbelastung können 95 bei einer rückgedeckten Direktzusage keine positiven Liquiditätseffekte entstehen. Durch die zunehmenden Zinsdifferenzen ergeben sich im Zeitablauf steigende Liquiditätsbelastungen.

ee) Unterstützungskassenzusage mit kongruenter Rückdeckungsversicherung 96 Die liquiditätserhöhenden bzw. -mindernden Positionen entsprechen den in Abbil-

dung 2555 angegebenen Erträgen bzw. Aufwendungen, alle Positionen sind liquiditätswirksam. Da keine Vermögensrückübertragungen stattfinden können, wirken alle Positionen liquiditätsmindernd. Aufgrund der steigenden Zinsdifferenz ergibt sich im Zeitablauf eine steigende jährliche Liquiditätsbelastung.

c) Auswirkungen auf die Bilanz 97 Nachfolgend werden die Auswirkungen auf die deutsche Handelsbilanz nach HGB

beschrieben.56 Auswirkungen ergeben sich durch verschiedene Bilanzpositionen.

_____ 55 Siehe Rn. 81. 56 Siehe dazu grundsätzlich Kap. 4 Rn. 5 ff.

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A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

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Eine Bilanzposition ist bei allen Durchführungswegen betroffen, dies ist der Bestand an Fremdkapital (Differenzanlage). Annahmegemäß werden Liquiditätsüberschüsse zur Rückführung von Fremdkapital und Liquiditätsmehrbelastungen durch Aufnahme von Fremdkapital ausgeglichen. Somit ergibt sich für jeden Durchführungsweg am Ende des Planungszeitraumes ein unterschiedlich hoher Bestand an Fremdkapital. Je nach Durchführungsweg ergeben sich noch weitere Veränderungen, welche häufig direkt aus der Bilanz ablesbar sind (dies muss nicht in jedem Fall für einen externen Bilanzleser gelten, da die Bilanz aggregierte Positionen enthält, deren Aufgliederung nur dem internen Bilanzleser möglich ist). Da die unterschiedlichen Positionen unmittelbar Einfluss auf die Höhe des Eigenkapitals haben, wird die durch sie bewirkte Veränderung auch als Eigenkapitalveränderung bezeichnet. Die zu jedem Bilanzstichtag vorliegende Eigenkapitalveränderung wird in der folgenden Abbildung für die Originärdurchführungswege dargestellt.

aa) Direktzusage Beim Durchführungsweg Direktzusage ist neben der vorstehend erwähnten Diffe- 98 renzanlage zusätzlich noch die handelsbilanzielle Pensionsrückstellung zu berücksichtigen, diese wirkt eigenkapitalmindernd. Eigenkapitalerhöhend wirkt die Position „Aktive latente Steuern“. Ob es durch die Zusage einer bAV letztendlich zu einer Eigenkapitalerhöhung (entspricht einer Erhöhung des Unternehmensvermögens) oder zu einer Eigenkapitalminderung (entspricht einer Vermögensminderung) kommt, hängt von dem Saldo aus Fremdkapitalminderbestand und Höhe der Pensionsrückstellung ab.

Abbildung 31: Eigenkapitalveränderung

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

99 Im letzten Planungsjahr wird bei einer Direktzusage die Zahlung der Versorgungs-

leistungen durch den Arbeitgeber erbracht und die Versorgungsverpflichtung ist erfüllt und abgeschlossen. Damit kann man an der Eigenkapitalveränderung im letzten Planungsjahr ablesen, welche Minderung des Unternehmensvermögens durch die Gewährung der Versorgungszusage verbunden ist. 3 Praxistipp Nach Erfüllung der erteilten Versorgungszusage entfallen die Bilanzpositionen „Pensionsrückstellung“ und „Aktive latente Steuern“, so dass dann die Eigenkapitalveränderung der aufgelaufenen Zinsdifferenz entspricht. 100 Die durch eine Direktzusage bewirkte Eigenkapitalveränderung bewegt sich per-

manent im negativen Bereich, d.h. durch die Gewährung einer Direktzusage wird das Unternehmensvermögen gemindert. Im Vergleich mit den anderen in Abbilung 31 aufgeführten Durchführungswegen ergibt sich bei diesem Durchführungsweg mit rund -28.000 € die niedrigste Eigenkapitalbelastung und damit wäre die Direktzusage gegenüber den anderen beiden Alternativen die vorziehenswürdige Alternative. Zurückzuführen ist dies auf die bereit beschriebenen positiven Liquiditätseffek101 te während der Finanzierungsphase. Die mit keinem Liquiditätsabfluss verbundenen steuerbilanziellen Rückstellungszuführungen bewirken Steuerminderzahlungen, die noch durch Zinsdifferenzen verstärkt werden. Die Zinsdifferenzen sind umso höher (bzw. niedriger), je höher (bzw. niedriger) der unterstellte Fremdkapitalzins ist.

bb) Pauschaldotierte Unterstützungskassenzusage 102 Die mit diesem Durchführungsweg verbundene Eigenkapitalbelastung liegt mit

-37.000 € um mehr als 30% über der einer Direktzusage. Dies ist darauf zurückzuführen, dass für eine pauschaldotierte Unterstützungskasse keine steuerlich angemessene periodengerechte Finanzierung erfolgen kann und der steuerliche Hauptaufwand erst mit Eintritt des Versorgungsfalles und damit zum Ende des Planungszeitraumes entsteht. Ist ab dem 9. Planungsjahr keine steuerlich abzugsfähige Zuwendung mehr möglich, so führt die im Laufe der Folgejahre zu bildende HGBRückstellung zu einer Belastung des Eigenkapitals. Ebenfalls belastend wirkt sich die Annahme der Verzinsung des Kassenvermögens aus; der Prozentsatz liegt mit 2% deutlich unter der Verzinsung des Fremdkapitals (4%).

cc) Direktversicherung 103 Für den Durchführungsweg Direktversicherung ergibt sich mit -38.400 € eine gering-

fügig höhere Eigenkapitalbelastung im Vergleich zur pauschaldotierten Unterstützungskasse. Die Prämienzahlung stellt eine kontinuierliche Liquiditätsbelastung dar, Entlastungen sind – mit Ausnahme der Steuerersparnisse – keine vorhanden.

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A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

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dd) Direktzusage mit kongruenter Rückdeckungsversicherung Mit der Einbeziehung einer Rückdeckungsversicherung ergibt sich im Vergleich zu 104 einer reinen Direktzusage eine dritte Bilanzposition, die es zu berücksichtigen gilt: Dabei handelt es sich um den Aktivwert der Rückdeckungsversicherung. Dieser Aktivwert liegt allerdings nur so lange vor, so lange die Versorgungsverpflichtung besteht. Dies bedeutet, dass der Aktivwert aufzulösen ist, wenn die Versicherungsleistung beim zusagenden Unternehmen eingegangen ist. Wie die folgende Abbildung zeigt, weist dieser Durchführungsweg im Zeitablauf permanent negative Eigenkapitalveränderungen auf, diese steigen im Zeitablauf stark an. Die am Ende des Planungszeitraumes aufzulösende Pensionsrückstellung wird bilanziell kompensiert durch den ebenfalls aufzulösenden Aktivwert der Rückdeckungsversicherung. Insgesamt erzeugt die kongruent rückgedeckte Direktzusage mit -41.500 € eine 105 wesentlich höhere Eigenkapitalbelastung im Vergleich zu einer reinen Direktzusage. Aus den bisherigen Analyseergebnissen lässt sich dies auf drei Ursachen zurückführen: ■ Mit der jährlichen Prämienzahlung ist eine hohe Liquiditätsbelastung verbunden. ■ In die Prämie sind Kosten eingerechnet, so dass nur ein entsprechend geringerer Sparanteil zinswirksam verwendet werden kann. ■ Die Aktivierung des Versicherungsanspruchs führt im Zeitablauf zu Steuerzahlungen, die nicht mit einem Liquiditätszufluss in Zusammenhang stehen.

Abbildung 32: Eigenkapitalveränderung (mit Ergänzungsformen)

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

ee) Unterstützungskassenzusage mit kongruenter Rückdeckungsversicherung 106 Dieser Durchführungsweg erzeugt mit -40.600 € die zweithöchste Eigenkapitalbe-

lastung der untersuchten Gestaltungsalternativen. Die im Vergleich zu einer Direktversicherung um 2.200 € höhere Eigenkapitalbelastung ist auf die höheren Verwaltungskosten und den Insolvenzsicherungsbeitrag zurückzuführen. 107

Abschließend soll noch auf eine alternative Möglichkeit der Ergebnisdarstellung eingegangen werden, denn die bei den einzelnen Gestaltungsalternativen angegebene Eigenkapitalbelastung lässt einen entscheidenden Nachteil der hier verwendeten Vermögensendwertmethode erkennen: Durch den Bezug der Eigenkapitalveränderung auf das Ende des Planungszeitraums kommen aufgrund der Zinseffekte relativ hohe Beträge zustande. Die in der Praxis gelegentlich zu hörenden Überlegungen, statt einer bAV den Mitarbeitern ein entsprechend höheres Gehalt zu zahlen, liefert einen weiteren Berechnungsansatz: Wird über den gesamten Planungszeitraum jährlich ein konstanter zusätzlicher Gehaltsbetrag ausbezahlt (je nach Gehaltshöhe ist zusätzlich noch ein Arbeitgeberanteil in den vier Sozialversicherungszweigen zu berücksichtigen), so entsteht dadurch ebenfalls eine Eigenkapitalbelastung in bestimmter Höhe. Auf Basis der ermittelten Eigenkapitalbelastung kann dann die mit einem bestimmten Durchführungsweg verbundene Eigenkapitalbelastung in eine äquivalente Gehaltserhöhung umgerechnet werden.

Abbildung 33: Alternative Ergebnisdarstellung 108 Obwohl der Durchführungsweg Direktversicherung mit einer jährlichen Prämienbe-

lastung in Höhe von 1.027 € verbunden ist, beträgt die äquivalente Gehaltszahlung nur 858 €. Dieses Ergebnis überrascht auf den ersten Blick, ist aber folgerichtig, Schanz

A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

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denn eine Gehaltszahlung ist mit Sozialabgaben belastet (sofern das Jahresgehalt unter den maßgebenden BBG in der gesetzlichen Sozialversicherung liegt), die Prämienzahlung in eine Direktversicherung nicht, sofern die Prämienzahlung 4% der BBG nicht überschreitet.57 Sofern Leistungen der bAV aus den Durchführungswegen Direktzusage und Un- 109 terstützungskasse (mit bzw. ohne Rückdeckungsversicherung) durch den Arbeitgeber finanziert werden, ist der Finanzierungsaufwand in unbegrenzter Höhe sozialversicherungsfrei.58 Die mit der Erteilung einer Direktzusage (ohne Rückdeckungsversicherung) 110 verbundenen Finanzierungsvorteile sind in Abbildung 33 deutlich zu erkennen, die damit verbundene Belastung aus einer äquivalenten Gehaltszahlung beträgt nur 623 € jährlich. Damit ist die äquivalente Gehaltszahlung abhängig von der Höhe des Jahres- 111 gehalts des betrachteten Mitarbeiters. Sollte sein Jahresgehalt oberhalb der BBG in der allgemeinen Rentenversicherung liegen, so erhöhen sich die in der Abbildung angegebenen Beträge um rund 20%.

d) Auswirkungen der Berücksichtigung von Sterbe- und Invalidisierungswahrscheinlichkeiten Das bisher gewählte Analysemodell basierte auf einer fixpunktorientierten Be- 112 trachtungsweise, da unterstellt wurde, dass der Mitarbeiter bis zum Erreichen der Altersgrenze im Unternehmen verbleibt und nicht zuvor aufgrund eines Todes- oder Invaliditätsfalles aus dem Unternehmen ausscheidet. Berücksichtigt man dagegen auch den Umstand, dass ein Mitarbeiter aufgrund von Invalidität oder Tod aus dem Unternehmen ausscheiden kann, so hat dies Auswirkungen auf die mit der bAV verbundenen Zahlungsströme. Die Auswirkungen sollen am Beispiel einer Direktzusage und einer Direktversicherung dargestellt werden, dabei wird unverändert eine arbeitgeberfinanzierte bAV unterstellt. Die Berücksichtigung der genannten Wahrscheinlichkeiten führt bei einer Di- 113 rektzusage dazu, dass die Versorgungsleistungen nicht erst zum Zeitpunkt des Erreichens der Altersgrenze erbracht werden, sondern aufgrund von Leistungen an Hinterbliebene bereits zu Beginn des Planungszeitraumes. Da die unterstellten Planregeln ein gleich hohes Alters- und Todesfallkapital vorsehen, erhalten die Hinterbliebenen eine Versorgungsleistung in Höhe des zugesagten Alterskapitals. Scheidet ein Mitarbeiter wegen Invalidität aus dem Unternehmen aus, so erhält er nach den Regeln des unterstellten Versorgungsplans eine Altersleistung auf der Basis der einbezahlten und bis zum Auszahlungszeitpunkt verzinsten Versorgungsbeiträge.

_____ 57 § 1 Abs. 1 Nr. 9 SvEV. 58 Kap. 3 Rn. 5.

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

Liegt dagegen eine Direktversicherung vor, endet die Verpflichtung zur Prämienzahlung mit dem Ausscheiden des Mitarbeiters aus dem Unternehmen. Bevor die Kurvenverläufe der Prämienzahlungen und Versorgungsleistungen 115 nach dem deterministischen Verfahren dargestellt werden, wird in der folgenden Abbildung gezeigt, wie die Berücksichtigung von Invalidisierungs- und Sterbewahrscheinlichkeiten den Zustand eines Mitarbeiters im jeweiligen Planungsjahr beeinflusst. Ist er zu Beginn des Planungszeitraums noch zu 100% aktiv, teilt sich sein Zustand im weiteren Verlauf in die Zustandsbruchteile aktiv, gestorben und invalide auf. Am Ende des Planungszeitraums ist er mit einer Wahrscheinlichkeit von (alle Prozentsätze sind gerundet) ■ 76% aktiv (Bereich 1) ■ 14% invalide (Bereich 2) ■ 8% gestorben (Bereich 3).

114

116 Addiert man die Prozentsätze auf, so erhält man nicht die erwarteten 100%, sondern

nur 98%. Dies ist darauf zurückzuführen, dass bei den oben aufgeführten Zustandsbruchteilen im Bereich 3 nur diejenigen „gestorbenen“ enthalten sind, die Versorgungsleistungen erhalten haben. Da aber in der bAV ein eingeschränkter Hinterbliebenenbegriff gilt,59 können die Leistungen nicht vererbt werden.60 Dies hat zur Folge, dass nochmals 2%-Punkte berücksichtigt werden müssen (Bereich 4), bei denen die Hinterbliebenen keine Versorgungsleistungen erhalten können, weil sie nicht die Anforderungen der Finanzverwaltung an den berechtigten Personenkreis erfüllen.

_____ 59 Siehe aus arbeitsrechtlicher Perspektive Kap. 1 Rn. 179 ff. sowie aus steuerrechtlicher Perspektive Kap. 2 Rn. 7. 60 Kap. 1 Rn. 182 ff.

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A. Betriebswirtschaftliche Analyse verschiedener Durchführungswege

Abbildung 34: Zustandsbruchteile eines Mitarbeiters im Rahmen der deterministischen Analyse

Die folgende Abbildung stellt die Kurvenverläufe für Versorgungsleistungen und 117 Prämienzahlungen dar, wobei die Abkürzungen „fp“ für das fixpunktorientierte und „det“ für das deterministische Berechnungsverfahren stehen.

Abbildung 35: Fixpunktorientierte versus deterministische Analyse (Jahre 1 bis 32)

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

118 Betrachtet man die Entwicklung der Prämienzahlungen in Abbildung 35, so wird

deutlich, dass die Berücksichtigung von Sterbe- und Invalidisierungswahrscheinlichkeiten zu einer im Zeitablauf sinkenden Prämienbelastung führt. Da es sich hier um eine Einzelfallbetrachtung handelt, werden Neueinstellungen aufgrund von Abgängen wegen Tod oder Invalidität nicht berücksichtigt. Damit sinkt die Prämienbelastung im Zeitablauf. Ein gegensätzliches Bild ergibt sich für die Entwicklung der Versorgungsleis119 tungen bei einer Direktzusage. Während bei der fixpunktorientierten Betrachtung keine Versorgungsleistungen vor Erreichen der Altersgrenze entstehen können, werden bei der deterministischen Analyse bereits von Beginn des Planungszeitraums an Leistungen an Hinterbliebene entsprechend ihrem Erwartungswert berücksichtigt. Die zu erwartenden Versorgungsleistungen steigen im Zeitablauf deutlich an, liegen aber erwartungsgemäß wesentlich unter den jährlichen Prämienzahlungen. Deutliche Unterschiede liegen im letzten Jahr des Analysezeitraums vor:

Abbildung 36: Fixpunktorientierte versus deterministische Analyse (Jahre 29 bis 33) 120 Im letzten Planungsjahr werden von der Versicherungsgesellschaft die Versiche-

rungsleistungen ausbezahlt, Prämienzahlungen erfolgen nicht mehr. Bei einer Direktzusage erfolgt dagegen im letzten Planungsjahr die Auszahlung der Versorgungsleistungen, in der fixpunktorientierten Betrachtung werden ca. 44.600 € ausbezahlt, in der deterministischen Betrachtung dagegen nur 38.000 €, da bereits Schanz

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in den Vorjahren Leistungen für verstorbene Mitarbeiter erbracht wurden (bei einem Teil der Verstorbenen wurden keine Todesfallleistungen fällig, da die Hinterbliebenen die Voraussetzungen für den Bezug einer Hinterbliebenenleistung nicht erfüllten) und die wegen Invalidität ausgeschiedenen Mitarbeiter nicht das volle Alterskapital erhalten. Während bei einer Direktversicherung mit der im Zeitablauf sinkenden Prä- 121 mienbelastung nur eine Auswirkung vorhanden ist, liegen bei einer Direktzusage zwei Auswirkungen vor: einerseits sinkt die Belastung aufgrund der wegen Invalidität ausgeschiedenen Mitarbeiter, andererseits werden im Vergleich zur fixpunktorientierten Betrachtung die Versorgungsleistungen bereits viel früher erbracht. Die letztgenannte Auswirkung führt dazu, dass die Entlastungswirkung durch die deterministische Betrachtung geringer ausfällt als bei einer Direktversicherung. Während die Eigenkapitalbelastung bei dem Durchführungsweg Direktversicherung mit 2.900 € um rund 8% sinkt, vermindert sie sich beim Durchführungsweg Direktzusage mit 1.100 € mit rund 4% wesentlich geringer. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Berücksichtigung von biometrischen 122 Wahrscheinlichkeiten bei der hier untersuchten Kapitalzusage nur zu relativ geringfügigen Änderungen in der Eigenkapitalbelastung führt. Praxistipp 3 Wesentlich deutlichere Auswirkungen ergeben sich bei der hier aus Gründen der Anschaulichkeit nicht dargestellten Rentenzusage, die mit deutlich längeren Analysezeiträumen verbunden ist oder auch bei Berücksichtigung von Fluktuationswahrscheinlichkeiten. Hier ergeben sich wesentlich höhere Differenzen bei einem Vergleich der Eigenkapitalveränderungen. Während bei einer Kapitalzusage und einem niedrigen Fremdkapitalzinsniveau die fixpunktorientierte Betrachtungsweise noch vertretbar sein kann, ist dies bei einer Rentenzusage nicht der Fall.

3. Sonderfall Entgeltumwandlung Liegt ein Entgeltumwandlungsmodell vor, so trägt der Mitarbeiter die notwendi- 123 gen Versorgungsbeiträge über eine Entgeltumwandlung.61 Damit beträgt der Umwandlungsbetrag bei den ganz oder teilweise Durchführungswegen Direktzusage und Unterstützungskasse 1.000 € pro Jahr und bei den beiden dazugehörigen rückgedeckten Varianten 1.027 €.62 Für versicherungsförmige Durchführungswege, und hierzu gehört der Durchführungsweg Direktversicherung, gilt seit dem 1.1.2019 eine Sonderregelung: Nach § 1a Abs. 1a BetrAVG muss der Arbeitgeber einen Zuschuss in Höhe von 15% des Umwandlungsbetrags leisten, sofern er durch die

_____ 61 Kap. 1 Rn. 695 ff. 62 Der höhere Umwandlungsbetrag ist notwendig, um unter den in Rn. 32 beschriebenen Annahmen eine der Direktzusage gleichwertige Versicherungsleistung zu finanzieren.

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart.63 Diese Vorgabe wird im Berechnungsmodell dergestalt umgesetzt, indem der Umwandlungsbetrag des Mitarbeiters mit 86,957% der notwendigen Direktversicherungsprämie angesetzt wird. Der Umwandlungsbetrag des Mitarbeiters beläuft sich somit auf 893 €, zusammen mit dem Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 134 € ergibt sich dann die Prämienzahlung in Höhe von 1.027 € für die Direktversicherung. Damit wird die Prämie teilweise (mit rund 13%) durch den Arbeitgeber finanziert. Die damit verbundene äquivalente Gehaltszahlung kann für die fünf unter124 suchten Gestaltungsalternativen im Rahmen der fixpunktorientierten Betrachtungsweise der folgenden Abbildung entnommen werden (es gelten die Berechnungsannahmen des arbeitgeberfinanzierten Versorgungsmodells64 mit der Ausnahme, dass der unterstellte jährliche Versorgungsbeitrag durch Entgeltumwandlung und Arbeitgeberzuschuss finanziert wird):

Abbildung 37: Äquivalente Gehaltszahlung bei Entgeltumwandlung 125 Alle Beträge befinden sich im negativen Bereich, wirtschaftlich sind damit (Ge-

halts-)Einsparungen für den Arbeitgeber verbunden. Im Vergleich zu einer arbeitgeberfinanzierten bAV liegt somit bei allen fünf Durchführungswegen eine Entlastung vor, da der Hauptaufwand durch den Mitarbeiter über Entgeltumwandlung finanziert wird. Eine weitere Ersparnis entsteht für den Arbeitgeber – und dies gilt für ar-

_____ 63 Kap. 1 Rn. 732 f. 64 Siehe Rn. 32.

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beitgeber- und mitarbeiterfinanzierte Versorgungsmodelle gleichermaßen –, falls das jährliche Bruttogehalt des Mitarbeiters unter der BBG in der gesetzlichen Krankenversicherung liegt und damit Einsparungen in den vier Sozialversicherungszweigen vorliegen. Dies wurde im vorliegenden Berechnungsmodell unterstellt. Die geringste Einsparung liegt bei der Direktversicherung vor, dies ist durch den 126 gesetzlich vorgeschriebenen Zuschuss bedingt. Nennenswerte Einsparungen liegen für die beiden Unterstützungskassenvarianten vor, besonders deutlich ist die Einsparung bei der reinen Direktzusage, sie beträgt 377 € jährlich. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in der Finanzierungsphase dem Entgeltumwandlungsbetrag kein Liquiditätsabfluss in Form einer Prämienzahlung gegenübersteht und somit wesentliche Fremdkapitalzinsersparnisse im Zeitablauf entstehen.

4. Weitere betriebswirtschaftliche Beurteilungskriterien a) Periodengerechte steuerliche Abzugsfähigkeit der Aufwendungen Das Prinzip der periodengerechten steuerlichen Abzugsfähigkeit der Aufwen- 127 dungen bedeutet, dass der steuerlich abzugsfähige Aufwand entsprechend der Verursachung den Perioden zugerechnet wird, in denen der Mitarbeiter im Unternehmen beschäftigt und am betrieblichen Leistungserstellungsprozess beteiligt ist. Dies bedeutet, dass kein Aufwand mehr entstehen darf, wenn der Mitarbeiter nicht mehr im Unternehmen ist. Steuerlich abzugsfähig ist ein Versorgungsaufwand dann, wenn er betrieblich 128 veranlasst ist. Im Umkehrschluss ist eine Aufwendung dann steuerlich nicht abzugsfähig (d.h. keine Betriebsausgabe), wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ohne Gegenleistung eine Versorgungszusage erhalten soll.65 Eine weitere Einschränkung besteht nach Ansicht der Finanzverwaltung, wenn die zugesagte Versorgungsleistung einschließlich der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75% des Bruttoeinkommens übersteigt. Der übersteigende Teil wird als unangemessen bezeichnet und ist steuerlich nicht abzugsfähig.66

aa) Direktzusage Bei der Direktzusage werden planmäßig auf der Grundlage von § 6a EStG jährlich 129 Rückstellungen gebildet, um so den mit der Kapitalleistung verbundenen Aufwand auf die Aktivitätsphase des Mitarbeiters zu verteilen. Dabei gilt, dass die Summe aller Rückstellungszuführungen der Summe aller Rückstellungsauflösungen

_____ 65 Kap. 13 Rn. 46 ff. 66 Vgl. BMF-Schreiben vom 3.11.2004, 2004 IV B 2 – S 2176 – 13/04, Rn. 3 ff.

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entspricht, so dass sich nach Auszahlung der Kapitalleistung ein Saldo von 0 ergibt. 3 Fettnapf Insofern sollte auch von der mit der Rückstellungszuführung verbundenen Steuerentlastung gesprochen werden, denn folgerichtig entspricht die Summe der mit der Rückstellungsbildung verbundenen Steuerentlastungen der mit der Rückstellungsauflösung verbundenen Steuermehrbelastungen. Aus diesem Grund wird bei einer Direktzusage auch nicht der Begriff der Steuerersparnis verwendet, denn eine konkrete Steuerersparnis stellt sich erst mit der Auszahlung der Versorgungsleistungen ein. 130 Aus steuerlicher Sicht ist bei diesem Durchführungsweg aus verschiedenen Grün-

den keine periodengerechte steuerliche Abzugsfähigkeit der Aufwendungen gegeben. Hier ist zum einen der aktuelle, in § 6a EStG festgelegte Rechnungszins in Höhe von 6% zu nennen, der aufgrund seiner Höhe zu einer Verlagerung der steuerlich abzugsfähigen Aufwendungen in die Zeit vor Erreichen der Altersgrenze führt (vgl. dazu auch Abbildung 567). Dieser Rechnungszins wurde zuletzt 1982 von 5,5% auf 6,0% erhöht (vor 1982 lag er bei 3,5%). Eine Anpassung an veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen, wie z.B. das Kapitalmarktzinsniveau, findet hier nicht statt. Zum anderen können Erhöhungen der späteren Versorgungsleistungen nur dann in der steuerlichen Pensionsrückstellung berücksichtigt werden, wenn sie fest zugesagt und damit garantiert werden. Diese Problematik betrifft sowohl den Finanzierungszeitraum während der Aktivitätsphase des Mitarbeiters als auch bei einer Rentenzusage die Rentenphase. Der aus dem Stichtagsprinzip abgeleitete Bewertungsgrundsatz verstärkt den Effekt, dass die steuerlich abzugsfähigen Aufwendungen in die Zukunft verlagert werden.

bb) Pauschaldotierte Unterstützungskassenzusage 131 Hier erfolgt die Finanzierung der späteren Versorgungsleistungen gemäß § 4d Abs. 1 Buchstabe a) und b) EStG. Dies hat zur Folge, dass in der Anwartschaftsphase des Mitarbeiters lediglich das sog. Reservepolster finanziert werden kann; dieses beträgt rund 20% des später im Alter 67 notwendigen Barwerts einer Pensionsrückstellung (für Kapitalzusagen beträgt der Prozentsatz 25%).68 Die eigentliche Finanzierung der Versorgungsanwartschaft erfolgt bei der pauschaldotierten Unterstützungskassenzusage erst mit Eintritt des Versorgungsfalls, hier können der Unterstützungskasse dann die entsprechenden Mittel auf der Grundlage der Vorgaben von § 4d Abs. 1 Buchstabe a) EStG zur Verfügung gestellt werden.69 Damit liegt

_____ 67 Siehe Rn. 34. 68 Kap. 2 Rn. 73. 69 Kap. 2 Rn. 76.

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hier ein eklatanter Verstoß gegen die Anforderung der periodengerechten steuerlichen Abzugsfähigkeit der Aufwendungen vor, denn der Finanzierungsaufwand kann nicht periodengerecht auf die Aktivitätsphase des Mitarbeiters verteilt werden. Zusätzlich ist zu kritisieren, dass die verwendeten Deckungskapitalfaktoren mittlerweile veraltet sind und in Bezug auf Sterbewahrscheinlichkeiten und unterstellter Verzinsung einer Anpassung bedürfen.

cc) Direktversicherung Bei der Direktversicherung wird in der Regel eine bestimmte gleichbleibende oder 132 steigende Prämie zugesagt, mit der eine garantierte Kapital- oder Rentenzahlung verbunden ist.70 Ist der Mitarbeiter für alle abgesicherten Leistungen bezugsberechtigt (dies ist in der Praxis der Normalfall), so wirkt sich die Prämienzahlung in voller Höhe steuerlich abzugsfähig aus, da von Seiten des Arbeitgebers keine ertragswirksame Aktivierung von Versicherungsansprüchen vorzunehmen ist. Insofern ist der Grundsatz der periodengerechten steuerlichen Abzugsfähigkeit der Aufwendungen erfüllt.

dd) Direktzusage mit kongruenter Rückdeckungsversicherung Für diese Gestaltungsform gilt das zur Direktzusage unter aa) Gesagte gleichermaßen, 133 allerdings mit einer Ergänzung: Aus steuerlicher Sicht hat die Rückdeckungsnahme auf die Höhe der Pensionsrückstellung keinen Einfluss, diese ist unverändert zu bilden, da sich am Vertragsverhältnis zwischen Mitarbeiter und Unternehmen nichts geändert hat. Die mit der Rückdeckungsnahme verbundene Prämienzahlung ist in voller Höhe steuerlich abzugsfähig, allerdings entsteht durch die Bezugsberechtigung des Arbeitgebers ein ertragswirksamer Aktivposten, der Aktivwert der Rückdeckungsversicherung. Dieser Aktivwert wird mit dem für die Rückdeckungsversicherung maßgebenden Rechnungszins berechnet (in 2019 liegt dieser bei 0,9%). Die jährlichen Prämienzahlungen und die im Aktivwert enthaltene Verzinsung führen zu einem im Zeitablauf ansteigenden Wertansatz (siehe auch Abbildung 1971) und davon abgeleitet zu steigenden Zuführungen zum Aktivwert. Da diese in der Gewinn- und Verlustrechnung einen steuerpflichtigen Ertrag darstellen, resultiert daraus eine Steuerbelastung. Berücksichtigt man die steuerliche Abzugsfähigkeit der Rückdeckungsprämie, so war in Abbildung 2372 zu erkennen, dass ab dem 7. Jahr der Saldo der beiden Größen negativ ist und damit per Saldo ein steuerpflichtiger Ertrag mit der Rückdeckungsnahme verbunden ist. Zwar gelingt durch die mit der Rückdeckungsnahme

_____ 70 Siehe dazu auch Kap. 1 Rn. 397 ff. 71 Siehe Rn. 66. 72 Siehe Rn. 78.

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

verbundene Mittelauslagerung eine periodengerechte Finanzierung, allerdings wird dies mit dem Preis erkauft, dass damit für das Unternehmen insbesondere in der ersten Hälfte der Finanzierungsphase eine höhere Steuerbelastung verbunden ist.

ee) Unterstützungskassenzusage mit kongruenter Rückdeckungsversicherung 134 Ähnlich wie bei einer Direktversicherung erfolgt die Finanzierung der über die Unter-

stützungskasse zugesagten Leistungen über ein Versicherungsprodukt mit laufenden Prämienzahlungen. An die steuerliche Abzugsfähigkeit stellt der Gesetzgeber in § 4d Abs. 1 Buchstabe c) EStG besondere Anforderungen, sind diese erfüllt, so ist die Versicherungsprämie für das Unternehmen in voller Höhe steuerlich abzugsfähig.73 Aufgrund der Möglichkeit der periodengerechten Finanzierung und keiner zusätzlichen Aktivierung von Versicherungsansprüchen durch das Trägerunternehmen (bezugsberechtigt ist immer die Unterstützungskasse) ist der Grundsatz der periodengerechten steuerlichen Abzugsfähigkeit der Aufwendungen erfüllt.

b) Lohnsteuerfreiheit der Versorgungsbeiträge 135 Die Lohnsteuerfreiheit der Versorgungsbeiträge rückt immer dann in den Vorder-

grund, wenn ein einheitlicher Versorgungsplan für alle Mitarbeiter des Unternehmens gelten soll. In diesem Fall stellt sich für Mitarbeiter mit höheren Gehältern die Frage, ob der für sie vorgesehene Versorgungsbeitrag vollständig lohnsteuerfrei eingebracht werden kann. Ist dies ganz oder teilweise nicht der Fall, so fällt bereits in der Aktivitätsphase Lohnsteuer an und es muss sichergestellt werden, dass der Versorgungsträger darüber Kenntnis erhält. Ansonsten unterliegt der volle Auszahlungsbetrag der Einkommensteuer und der Mitarbeiter wäre sowohl in der Finanzierungsphase als auch in der Auszahlungsphase steuerlich belastet. Diese Problematik kann nur bei einem der fünf hier analysierten Durchführungswege, der Direktversicherung, entstehen, bei den vier anderen Gestaltungsmöglichkeiten ist der Finanzierungsvorgang nicht steuerbar und damit vollständige Lohnsteuerfreiheit gegeben.

c) Auswirkungen auf externe Adressaten 136 In diesem Zusammenhang soll die Fragestellung erörtert werden, welchen Einfluss

der Durchführungsweg auf das Rating des Unternehmens besitzt. Ein Rating soll Auskunft darüber geben, inwieweit der Schuldner in der Lage ist, seinen zukünftigen Zahlungsverpflichtungen fristgerecht und vollständig nachzukommen. Die Beurteilung erfolgt dabei in der Regel durch sog. Rating-Agenturen, wie z.B. Standard & Poors (S&P), Moody’s und Fitch.

_____ 73 Kap. 2 Rn. 83.

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Wie bereits bei der Analyse der betriebswirtschaftlichen Auswirkungen (Ertrags-, 137 Liquiditäts- und Eigenkapitalveränderung) aufgezeigt, beeinflussen alle Durchführungswege der bAV die aktuelle und zukünftige Zahlungsfähigkeit des Unternehmens. Wird bspw. ein Unternehmen, das bislang mit ’’A’’ beurteilt wurde, um eine Klasse herabgestuft, so können sich die die Refinanzierungskosten deutlich erhöhen. Mittlerweile dürfte ein weitgehender Konsens bestehen, dass es sich bei den Pen- 138 sionsrückstellungen um Fremdkapital handelt. Unstreitig stellen Pensionsrückstellungen ein Fremdkapital besonderer Art dar. Sicherlich besteht ein großer Unterschied darin, ob eine Verbindlichkeit bzw. Verpflichtung gegenüber einer Bank oder gegenüber den Mitarbeitern besteht. Während die Konditionen mit der Bank ausgehandelt werden können, legt die ’’Konditionen’’ bei einer Pensionsrückstellung der Gesetzgeber fest, hier beträgt der steuerliche Rechnungszins 6% p.a., der handelsbilanzielle Rechnungszins orientiert sich am Kapitalmarktzins. Damit unterliegen aber die Finanzierungskonditionen von Pensionsrückstellungen sowohl einem politischen Risiko als auch dem Kapitalmarktrisiko. Es stellt sich daher die Frage, ob es sich bei diesem Kredit wirklich um einen Kredit mit stabilen Konditionen handelt. Fraglich ist auch, ob die Tilgungsdauer wie so häufig aufgeführt mehrere Jahrzehnte beträgt, denn die Tilgung ist von der Veränderung der Personenbestandstruktur der Mitarbeiter abhängig. Auch verändert die Lebenserwartung die Konditionen eines normalen Bankkredits nicht, im Rahmen der bAV geht damit langfristig eine Erhöhung der Pensionsrückstellungen einher (dies gilt für Kapitalzusagen in deutlich verringertem Maße). Ferner führt die Zusage von Todesfall- und Invaliditätsleistungen dazu, dass der Kredit wesentlich früher zurückbezahlt werden muss als ursprünglich eingeplant (dieses Argument trifft insbesondere auf kleinere Unternehmen zu). Nicht korrekt ist es nach Ansicht des Verf., den Teil der Pensionsrückstellung als Eigenkapital zu behandeln, der sich nach Abzug der gesamten Ertragsteuerbelastung ergibt (setzt man den Ertragsteuersatz mit 30% an, so würde das bedeuten, dass 70% der Pensionsrückstellung als Eigenkapital betrachtet wird). Die mit der Rückstellungsbildung verbundene Steuerminderzahlung und die daraus resultierenden Liquiditäts- und Zinsdifferenzeffekte sind bereits in die Bilanzstruktur eingeflossen, denn sie haben entweder zu einer Veränderung des Fremdkapitalbestands oder des Wertpapiervermögens geführt. In der Praxis existieren noch weitere Aufteilungsüberlegungen, die aber an dieser Stelle nicht weiterdiskutiert werden sollen.74

IV. Weitere Kriterien zur Bestimmung des optimalen Durchführungsweges In der Praxis existiert eine Vielzahl von weiteren Kriterien, die für die Arbeitge- 139 ber – wenn es um die Frage der Bestimmung des richtigen Durchführungsweges

_____ 74 Vgl. Meier/Recktenwald, S. 206 ff.

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Kapitel 5 Durchführungswege der bAV aus betriebswirtschaftlicher Sicht

geht – von Bedeutung sind.75 An dieser Stelle sollen zwei weitere Kriterien kurz dargestellt werden: zum einen die Frage der Flexibilität im Finanzierungsverlauf und zum anderen die Frage der Attraktivität aus Mitarbeitersicht. Mit dem Kriterium Finanzierungsflexibilität ist die Frage angesprochen, inwie140 weit es möglich ist, bei diesem Durchführungsweg schwankende Finanzierungsbeiträge vorzusehen. Dies ist bspw. im Rahmen der Entgeltumwandlungsmodelle von Bedeutung, wenn Mitarbeiter ihren Finanzierungsbeitrag für das Versorgungsmodell aus variablen Vergütungsbestandteilen (Bonus, Tantieme) finanzieren. Hier ermöglicht bspw. der Durchführungsweg Direktzusage (ohne Rückdeckungsversicherung) eine problemlose Abbildung dieser Vorgabe, während die reservepolsterfinanzierte Unterstützungskassenzusage zwar eine flexible Finanzierung erlaubt, jedoch nicht eine volle steuerliche Abzugsfähigkeit der Einzahlungsbeträge ermöglicht.76 Die in Abbildung 577 dargestellten steuerlichen Zuwendungen belaufen sich in den Anfangsjahren auf 1.115 € und liegen damit über dem zur Finanzierung der zugesagten Kapitalleistung notwendigen Entgeltumwandlungsbetrag. Hat das tatsächliche das zulässige Kassenvermögen erreicht,78 sind keine Zuwendungen mehr möglich und der Arbeitgeber erfährt aufgrund der Ertragserhöhung durch die Entgeltumwandlung (sowie eventuell eingesparter Sozialversicherungsbeiträge) eine zusätzliche Steuerbelastung.79 Alle anderen betrachteten Durchführungswege sehen entweder die Ergänzung 141 durch eine Rückdeckungsversicherung vor oder basieren auf einem externen Versorgungsträger. In diesem Fall ist zu prüfen, ob der Versicherungstarif eine flexible Einzahlung erlaubt. Eine weitere Besonderheit liegt bei der rückgedeckten Unterstützungskassenzusage vor: auch wenn der Versicherungstarif diese Flexibilität zulässt, so sind diese Beiträge dennoch nicht steuerlich abzugsfähig, da die rückgedeckte Unterstützungskassenzusage keine schwankenden Beiträge erlaubt, sondern vielmehr konstante oder steigende Beitragszahlungen im Zeitablauf voraussetzt.80 Vermehrt setzen Unternehmen in letzter Zeit sog. Flexible-Benefits-Modelle 142 ein. Hier haben die Mitarbeiter die Möglichkeit, ihren Absicherungsumfang für die Bereiche Alter, Invalidität und Tod selbst festzulegen.81 Auf der Basis eines (entweder vom Unternehmen finanzierten oder vom Mitarbeiter über Entgeltumwandlung zur Verfügung gestellten) Finanzierungsbeitrags wird den Mitarbeitern eine Aufteilung dieses Beitrages entsprechend der persönlichen Präferenzen ermöglicht.

_____ 75 Siehe bspw. zu den arbeitsrechtlichen Folgen der Wahl des Durchführungswegs Kap. 1 Rn. 352 ff. 76 Siehe im Detail Kap. 2 Rn. 73 ff. 77 Siehe Rn. 34, Kap. 2 Rn. 83. 78 Siehe zu den Begriffen Kap. 2 Rn. 80 f. 79 Kap. 2 Rn. 79 ff. 80 § 4d Abs. 1 Buchstabe c) EStG. 81 Kap. 1 Rn. 75 ff., Rn. 123 ff., Rn. 174 ff.

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Auch hier gilt, dass der Versicherungstarif eine solche Aufteilung zulassen muss, im anderen Fall ist diese Gestaltungsalternative über den betrachteten Durchführungsweg nicht abbildbar. Ein weiteres betriebswirtschaftliches Kriterium stellt die Attraktivität der bAV 143 für die Mitarbeiter dar. Die Entscheidung, den Mitarbeitern eine bAV anzubieten, stellt nichts anderes als eine Investition (in Humankapital) dar. Dies hat zur Folge, dass auch vonseiten der Mitarbeiter eine entsprechende Wertschätzung vorhanden sein sollte. Auch hier gilt, dass sich nicht jedes personalwirtschaftlich attraktive Modell über einen bestimmten Durchführungsweg abbilden lässt (sei es, dass der Versorgungsträger keinen entsprechenden Versicherungstarif anbietet oder dass steuerliche Restriktionen vorhanden sind). Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass sich der Arbeitgeber für ein Versorgungsmodell entscheidet, welches auch von den Mitarbeitern entsprechend geschätzt wird. Ansonsten steht der Investition ein ROBI (Return On Benefit Investment) von 0 gegenüber.

B. Risiken von Versorgungszusagen und ihre Handhabung B. Risiken von Versorgungszusagen und ihre Handhabung I. Biometrische Risiken 1. Überdurchschnittliche Lebenserwartung Eine überdurchschnittliche Lebenserwartung führt dazu, dass die Rentenleistun- 144 gen für einen wesentlich längeren Zeitraum als erwartet erbracht werden müssen. Nachfolgend wird zuerst unterstellt, dass sich die überdurchschnittliche Lebenserwartung nur auf die Mitarbeiter bzw. Rentner eines bestimmten Unternehmens bezieht und nicht eine allgemeine Entwicklung darstellt. Finanziert das Unternehmen die Versorgungsleistung über Pensionsrückstel- 145 lungen, so ist es nichts anderes als ein (kleiner) Selbstversicherer. Damit trägt es alle Risiken, die sich aus einer veränderten Lebenserwartung ergeben, selbst. Da sich die überdurchschnittliche Lebenserwartung annahmegemäß nur auf das konkrete Unternehmen bezieht, ändert sich die Höhe der Rückstellungszuführungen während der Aktivitätsphase und auch für den größten Teil der Rentenzahlungsphase nicht. Durch die verlängerte Rentenzahlungsdauer erhöht sich der Rentenzahlungsaufwand, die Pensionsrückstellungen können für einen längeren Zeitraum gebildet werden. Insgesamt ergibt sich eine zusätzliche Belastung für das Unternehmen. Dies gilt auch dann, wenn als Durchführungsweg die pauschaldotierte Unterstützungskasse gewählt wurde. Fraglich ist, wie sich die Veränderung der Lebenserwartung bei einer Ergänzung 146 des Durchführungsweges um kongruente Rückdeckungsversicherungen auswirkt. Während sich bei der kongruent rückgedeckten Direktzusage eine zusätzliche Eigenkapitalbelastung ergibt (dies ist bedingt durch die zusätzliche Steuerbelastung, die aus der Differenz der über einen längeren Zeitraum zu bildenden Pensionsrück-

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stellungen und den Aktivwerten der Rückdeckungsversicherung resultiert), ergibt sich für den Durchführungsweg kongruent rückgedeckte Unterstützungskassenzusage nur eine geringe Mehrbelastung. Hier kann sich die zusätzliche Steuerbelastung aus der Differenz von Rückstellung und Aktivwert nicht auswirken. Damit lässt sich für die vier genannten Gestaltungsalternativen festhalten: durch den längeren Rentenzahlungszeitraum ergibt sich für alle vier Varianten eine höhere Belastung mit Rentenzahlungen und -anpassungen sowie eine höhere Belastung durch Verwaltungskosten und Insolvenzsicherungsbeiträge. Bei den rückgedeckten Varianten trägt der Versicherer die Belastung, die aus den zusätzlichen Rentenzahlungen resultiert (nicht garantiert ist dagegen, ob mit der in der Rentenphase gutgeschriebenen Überschussbeteiligung der Aufwand für die Rentenanpassungen finanziert werden kann). Finanziert das Unternehmen die bAV über eine Direktversicherung, so ergeben sich hier keine zusätzlichen Auswirkungen, da das Langlebigkeitsrisiko vom Versicherer getragen wird. Etwas anderes gilt, wenn die überdurchschnittliche Lebenserwartung einen allgemeinen Trend darstellt und nicht eine Besonderheit eines betrachteten Unternehmens. Ist die stärker als erwartet ansteigende Lebenserwartung nicht in die Versicherungsprämien eingepreist, werden sich auch Auswirkungen auf die Höhe der vom Versicherer gutgeschriebenen Überschussbeteiligung ergeben, denn diese zusätzliche Belastung wird aus den Erträgen finanziert werden müssen. Damit werden sich dann für das Unternehmen Auswirkungen ergeben, wenn es bezüglich der Versicherungsleistungen bezugsberechtigt ist (dies kann auch für den Fall der rückgedeckten Unterstützungskasse gelten, auch wenn hier die Unterstützungskasse bezugsberechtigt ist). Benötigt das Unternehmen in der Rentenphase die Überschussanteile, um die gem. § 16 Abs. 1 oder 3 BetrAVG zu erbringende Rentenanpassung zu finanzieren, kann hier eine Unterdeckung entstehen, die vom Unternehmen finanziert werden muss. Liegt die Bezugsberechtigung auf die Versicherungsleistungen vollumfänglich beim Mitarbeiter, so bei einer Direktversicherung trägt er das Risiko einer niedrigeren oder ausbleibenden Rentenanpassung. Generell hat die Entwicklung der letzten 15 Jahre gezeigt, dass Unternehmen82 aufgrund der besseren Kalkulierbarkeit vermehrt von Renten- auf Kapitalzusagen umgestellt haben. Davon ausgenommen sind Gestaltungsalternativen mit Mittelauslagerung, bei der der externe Versorgungsträger das Risiko einer veränderten Lebenserwartung trägt.

_____ 82 Siehe auch Kapitel 8 Rn. 441 ff.

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2. Invaliditätsrisiko Sagt ein Unternehmen nicht nur Alters- und Hinterbliebenenleistungen zu, sondern 152 auch Leistungen für den Fall der Invalidität, so ist der Mitarbeiter in Bezug auf ein weiteres biometrisches Risiko abgesichert.83 Das Unternehmen muss aufgrund dieser dritten Leistungsart mit zusätzlichen Belastungen rechnen. Betrachtet man auch hier die Entwicklung der letzten 15 Jahre, so muss man feststellen, dass Unternehmen häufig keine Absicherung mehr für den Fall der Invalidität vorsehen und die Absicherung der Eigeninitiative ihrer Mitarbeiter überlassen. Diese Entwicklung ist sicher auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass mit einem festgelegten Versorgungsaufwand eine möglichst hohe Altersabsicherung finanziert werden soll. Damit haben sich diese Unternehmen für einen Weg der Risikohandhabung entschlossen, der auf einem Ausschluss des Risikos basiert. Eine weitere Möglichkeit der Risikohandhabung besteht auch in der Möglichkeit, 153 Risikorückdeckungsversicherungen im Rahmen der Durchführungswege Direktund Unterstützungskassenzusage abzuschließen. Im Gegensatz zu einer kongruenten Rückdeckungsversicherung, bei der alle zugesagten Leistungsarten abgesichert werden, führt die partielle Rückdeckungsversicherung zur Absicherung eines bestimmten Risikos, in diesem Fall des Invaliditätsrisikos. Die Absicherung des Invaliditätsrisikos ist im Vergleich zur Absicherung einer reinen Altersleistung deutlich aufwendiger, da der Versicherer bei Überschreiten bestimmter Rentenhöhen eine Risikoprüfung vornimmt. Üblicherweise erfolgt dies durch Fragen nach dem Gesundheitszustand und bei einer hohen Absicherung durch eine ärztliche Untersuchung. Bei größeren Beständen besteht die Möglichkeit – die Zustimmung des Versicherers vorausgesetzt –, deutlich höhere Grenzwerte für die Rentenhöhe festzulegen, ab der Fragen nach dem Gesundheitszustand erforderlich werden bzw. eine ärztliche Untersuchung erfolgt.

II. Gesetzgeberische Risiken 1. Änderungsrisiko arbeitsrechtlicher Vorgaben Das Änderungsrisiko arbeitsrechtlicher Vorgaben sei am Beispiel der Entwicklung 154 der Unverfallbarkeitsfristen kurz erläutert. Mit Einführung des BetrAVG im Jahre 1974 wurde eine Unverfallbarkeitsfrist von 10 Jahren festgelegt. Schied ein Mitarbeiter innerhalb dieser Frist aus dem Unternehmen aus, so verfiel die erreichte Anwartschaft. In diesem Fall war die gebildete Pensionsrückstellung aufzulösen. Dies hatte zur Folge, dass den Steuerminderzahlungen der Vorjahre eine gleich hohe Steuermehrbelastung im Auflösungsjahr gegenüberstand.

_____ 83 Kap. 1 Rn. 123 ff.

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3 Fettnapf Aus diesem Grund sollte für die mit den Rückstellungszuführungen verbundenen Steuerminderzahlungen nicht der Begriff der Steuerersparnis verwendet werden, denn nach vollständiger Erbringung der zugesagten Versorgungsleistungen beträgt der Saldo aus Summe der Rückstellungszuführungen und -auflösungen 0. Mit der Bildung von Pensionsrückstellungen und den damit verbundenen Rückstellungszuführungen soll der Versorgungsaufwand der Aktivitätsphase des Mitarbeiters zugeordnet werden. Unter der Annahme gleichbleibender Steuersätze ist die realisierte Steuerersparnis von den tatsächlich erbrachten Versorgungsleistungen abhängig. 155 Ist der Versorgungsvorgang abgeschlossen und sind damit alle Versorgungsleistun-

gen für einen bestimmten Mitarbeiter erbracht, bleiben die bis dahin erreichten Fremdkapitalzinseinsparungen dem Unternehmen erhalten. Im Fall einer Direktversicherung bedeutete ein Ausscheiden des Mitarbeiters während der Unverfallbarkeitsfrist, dass das Unternehmen den Rückkaufswert gutgeschrieben erhielt. Erfolgte die Zusage nach dem 31.12.2008, so war eine Unverfallbarkeitsfrist von 156 fünf Jahren maßgebend84, liegt der Zusagezeitpunkt nach dem 31.12.2017, so beträgt die Unverfallbarkeitsfrist drei Jahre.85 Während am Ende der 10-Jahres-Frist eine nennenswerte Rückstellung bzw. Rückkaufswert vorliegt, ist dies bei einer Unverfallbarkeitsfrist von drei Jahren nicht der Fall. Damit ergeben sich nur noch unwesentliche Erträge, wenn eine Anwartschaft innerhalb der Unverfallbarkeitsfrist verfällt.

2. Steuersatzänderungsrisiko 157 Entscheidet sich der Gesetzgeber zu einer Senkung der Ertragsteuersätze (Körper-

schaftsteuer und Gewerbesteuer vom Ertrag), so wirkt sich dies auf alle Durchführungswege der bAV aus, da daraus eine geringere Entlastungswirkung aus der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Aufwendungen resultiert. Am stärksten betroffen ist der Durchführungsweg Direktzusage, da er von hohen Steuersätzen insofern profitiert, als aus der Rückstellungszuführung eine relativ hohe Steuerentlastung und damit Liquiditätserhöhung resultiert. Zusammen mit dem Zinsdifferenzeffekt sind die Auswirkungen umso stärker, je höher die Steuersätze sind. In etwas abgeschwächter Form betrifft eine Änderung des Steuersatzes alle an159 deren Durchführungswege, da auch hier ein höherer Steuersatz zu einer höheren steuerlichen Entlastungswirkung führt.

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_____ 84 Vgl. § 30f Abs. 2 und 3 BetrAVG. 85 Vgl. § 1b Abs. 1 BetrAVG, zu den Details siehe Kap. 8 Rn. 3 ff.

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III. Konjunkturelle Risiken 1. Inflationsrisiko Die inflatorische Entwicklung beeinflusst die verschiedenen Durchführungswege der bAV auf sehr unterschiedliche Weise. So kann sie sich bspw. auf die Höhe der zugesagten Leistungen auswirken, wenn der Versorgungsplan die zu zahlenden Leistungen von den Entwicklungen am Kapitalmarkt abhängig macht. In diesem Fall wirken sich die Änderungen beim berechtigten Mitarbeiter und nicht beim Unternehmen aus (dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Unternehmen mit dem Versorgungsplan versucht, soweit es rechtlich zulässig ist, eine Beitragszusage nachzubilden). Wirkt sich die inflatorische Entwicklung auf das Gehaltsniveau aus und liegt ein gehaltsabhängiger Versorgungsplan vor, so bewirkt eine steigende Inflationsrate im Zeitablauf steigende Versorgungsbeiträge bei einer beitragsorientierten Versorgungszusage. Damit steigt der Versorgungsaufwand für das Unternehmen an, in aller Regel jedoch entsprechend dem Anstieg des Gehaltsniveaus. Dies gilt häufig nicht für Leistungszusagen, denn hier wird die zugesagte Leistung und nicht der Finanzierungsaufwand (d.h. der Versorgungsbeitrag) angepasst. Je nach Dauer der verbleibenden Restdienstzeit des Mitarbeiters bis zur Altersgrenze kann sich hier ein Anstieg der Versorgungsaufwendungen ergeben, der deutlich über dem Anstieg des Gehaltsniveaus liegt. Besonders anfällig für inflatorische Entwicklungen sind Rentenzusagen, da hier – dies gilt zumindest für Versorgungszusagen, die vor dem Jahr 1999 erteilt worden sind – das Unternehmen gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG gesetzlich zwingend verpflichtet ist, alle drei Jahre zu überprüfen, inwieweit die gezahlte Rente noch kaufkraftstabil ist.86 Ist sie aufgrund der eingetretenen inflatorischen Auszehrung nicht mehr kaufkraftstabil und lässt es die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu, so ist sie entsprechend anzupassen. Die daraus resultierende Rentenerhöhung führt zu einem zusätzlichen steuerlichen Aufwand in der Rentenphase, da eine nicht garantierte Rentenanpassung während der Aktivitätsphase des Mitarbeiters in der steuerbilanziellen Rückstellungsermittlung grundsätzlich nicht berücksichtigt werden kann. Aufgrund einer Gesetzesänderung wurde es für alle nach dem 31.12.1998 erteilten Versorgungszusagen möglich, eine neue Form der Rentenanpassung vorzusehen. Nach dem neu eingeführten § 16 Abs. 3 BetrAVG konnte der Arbeitgeber die Verpflichtung zur Überprüfung der Rentenanpassung gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG vermeiden, wenn er bereit war, dem Mitarbeiter eine Rentenerhöhung von mindestens 1% p.a. für die gesamte Rentenbezugsphase zuzusagen.87

_____ 86 Siehe Kap. 8 Rn. 386 ff. 87 Siehe Kap. 8 Rn. 438.

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Damit stellt sich für den Arbeitgeber die Frage, welches Verfahren der Anpassung das für das Unternehmen günstigere ist. Wählt der Arbeitgeber das erstgenannte Verfahren, so muss er alle drei Jahre überprüfen, ob die Rente kaufkraftstabil ist. Über die Höhe der vorzunehmenden Anpassung besteht erst dann Klarheit, wenn die Rentenanpassungsüberprüfung durchgeführt worden ist. Ein Vorteil dieses Rentenanpassungsverfahrens besteht darin, dass nicht nur die Belange des Rentners berücksichtigt werden, sondern auch die wirtschaftliche Situation des Unternehmens. Dies ist bei dem zweitgenannten Verfahren nicht der Fall, hier verpflichtet sich der Arbeitgeber für die gesamte Rentenbezugsphase, die Rente um mindestens 1% pro Jahr anzupassen. Eine schlechte wirtschaftliche Lage führt damit nicht zu einer Verhinderung der Rentenanpassung.88

2. Änderung des (Fremdkapital-) Zinsniveaus 165 In der vorangegangenen Analyse wurde ein Fremdkapitalzinsniveau in Höhe von

konstant 4% unterstellt. Das unterstellte Fremdkapitalzinsniveau ist immer vom untersuchten Unternehmen abhängig, hier existieren in der Praxis große Unterschiede. Liegt ein niedrigeres Fremdkapitalzinsniveau vor, so betrifft dies über den Zinsdifferenzeffekt alle Durchführungswege der bAV. Der Zinsdifferenzeffekt basiert auf den Zins- und Zinseszinswirkungen der Liquiditätsveränderungen. Wie in der Analyse zu erkennen war, wirkt sich das Zinsniveau am stärksten beim Durchführungsweg Direktzusage aus. In diesem Fall sind die auf die Liquiditätseffekte entfallenden Zinswirkungen nicht mehr so hoch, so dass sich im Zeitablauf geringere Zinsdifferenzeffekte ergeben und daraus eine höhere Belastung für das Unternehmen resultiert. Bei den anderen Durchführungswegen mit Mittelauslagerung wirkt eine Sen166 kung des Fremdkapitalzinsniveaus potentiell entlastend, da die negativen Liquiditätsveränderungen nicht mehr zu einer so hohen zusätzlichen Fremdkapitalmehrbelastung führen.

3. Verlustsituation 167 Liegt bei einem Unternehmen ein negatives zu versteuerndes Einkommen vor, so kann dies zur Folge haben, dass sich die beschriebenen steuerlichen Auswirkungen (Steuerentlastung) ganz oder teilweise nicht einstellen.89 Daraus folgt, dass eine

_____ 88 Eine betriebswirtschaftliche Analyse der beiden Anpassungsvarianten findet sich in Schanz in FS Rößler, S. 209 ff. 89 Die beschriebene Auswirkung muss nicht sofort eintreten, denn in diesem Zusammenhang ist § 10d EStG zu berücksichtigen. Danach können negative Einkünfte vom Gesamtbetrag der Einkünfte des vorangegangenen Veranlagungszeitraumes abgezogen werden (Verlustrücktrag). Dies gilt auch

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Prämienzahlung in voller Höhe liquiditätsbelastend wirkt, bei einer Direktzusage können keine positiven Liquiditätseffekte entstehen. Allgemein gültige Aussagen können hier nicht getroffen werden, da die Auswirkung der Verlustsituation davon abhängig ist, in welchem Jahr bzw. in welchen Jahren sie eintritt. Ein Verlustjahr zu Beginn des Planungszeitraumes hat eine ganz andere Auswirkung als ein Verlustjahr, welches am Ende des Planungszeitraumes eintritt. Generell lässt sich jedoch sagen, dass sich eine (steuerliche) Verlustsituation, 168 sofern keine Verlustrücktragmöglichkeit besteht, bei allen Durchführungswegen negativ auswirkt.

_____ dann, wenn für diesen Veranlagungszeitraum bereits ein Steuerbescheid erlassen worden ist. Der Verlustrücktrag ist auf 1.000.000 € beschränkt. Sofern nicht alles ausgeglichen werden kann, kann ein Verlustvortrag gebildet werden. Übersteigt der Betrag 1.000.000 €, so wird der übersteigende Teil nur zu 60% berücksichtigt.

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A. Einleitung

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Kapitel 6 Versicherungsaufsichtsrecht und Versicherungsvertragsrecht der bAV Kapitel 6 Versicherungsaufsichtsrecht und Versicherungsvertragsrecht der bAV A. Einleitung

A. Einleitung https://doi.org/10.1515/9783110275247-006 Grote

I. Versorgungsträger der versicherungsförmigen Durchführungswege Soweit die bAV versicherungsförmig durchgeführt wird, sind neben den arbeitsrechtlichen Regelungen für das arbeitsrechtliche Grundverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen der Versorgungszusage1 auch die versicherungsaufsichts- und -vertragsrechtlichen Regelungen zu beachten, die das versicherungsrechtliche Deckungsverhältnis sowie das ebenfalls versicherungsrechtliche Leistungsverhältnis bestimmen.2 Das Deckungsverhältnis besteht zwischen einem Arbeitgeber und einem Versorgungsträger und das Leistungsverhältnis zwischen einem Arbeitnehmer als Versorgungsberechtigtem und diesem Versorgungsträger. 3 Versorgungsträger kann dabei ein Lebensversicherungsunternehmen, eine Pensionskasse oder ein Pensionsfonds sein. Lebensversicherungsunternehmen sind Versicherungsunternehmen, die ausschließlich die Lebensversicherung betreiben und daneben keine weiteren Versicherungssparten betreiben dürfen. § 8 Abs. 4 S. 2 VAG gibt insoweit nämlich vor, dass Lebensversicherungsunternehmen nur die Versicherungssparten der Nr. 19 bis 24 der Anlage 1 zum VAG betreiben dürfen (sog. Spartentrennungsprinzip). Eine Pensionskasse ist nach der Legaldefinition in § 232 Abs. 1 VAG ebenfalls ein Lebensversicherungsunternehmen. Ein Pensionsfonds ist dagegen kein Lebensversicherungsunternehmen, sondern nach der Legaldefinition in § 236 Abs. 1 VAG „eine rechtsfähige Versorgungseinrichtung (…)“. Die im Rahmen der bAV als Versorgungsträger auch noch bekannte Unterstützungskasse ist ebenfalls kein Versicherungsunternehmen, sondern nach der gesetzlichen Definition in § 1b Abs. 4 BetrAVG eine mit Sondervermögen ausgestattete rechtsfähige Versorgungseinrichtung, die die Durchführung der bAV für einen Arbeitgeber organisiert.4 Die im Rahmen der öffentlichen Zusatzversorgung als besondere Ausprägung der bAV im öffentlichen Dienst bekannten kommunalen und kirchlichen Zusatzver-

_____ 1 Kap. 1 Rn. 342. 2 Kap. 1 Rn. 347 f. 3 Kap. 1 Rn. 345 f. 4 Kap. 1 Rn. 446 ff.

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sorgungskassen und die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) nehmen dagegen eine Zwitterrolle ein – sie sind zwar keine Versicherungsunternehmen, sondern entweder rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts oder rechtlich unselbständige, nicht rechtsfähige Sondervermögen einer Körperschaft oder Anstalten des öffentlichen Rechts. Dennoch unterliegen sie im Rahmen der sog. freiwilligen Versicherung gemäß § 2 Abs. 1 VAG einer Teilaufsicht nach dem VAG. 3 Fettnapf Außerhalb der freiwilligen Versicherung im Bereich der öffentlichen Zusatzversorgung sollte man sich nicht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) über eine Zusatzversorgungskasse beschweren.

II. Funktion der versicherungsaufsichts- und -vertraglichen Regelungen 6 Die versicherungsaufsichtsrechtlichen Regelungen insbesondere des VAG sind

dabei an das Versicherungsunternehmen selbst gerichtet und machen ihm bestimmte Vorgaben, die es bei der Ausübung seiner Geschäftstätigkeit im Allgemeinen und bei der Durchführung von betrieblicher Altersversorgung im Besonderen zu beachten hat. Die versicherungsaufsichtsrechtlichen Regelungen betreffen insbesondere ■ die für Versorgungsträger zulässigen Rechtsformen, ■ seine innere Geschäftsorganisation, ■ die Kalkulation seiner Prämien und ■ einen besonderen Insolvenzschutz. 7 Die versicherungsvertragsrechtlichen Regelungen sind dagegen an die Ver-

tragsparteien des versicherungsrechtlichen Deckungsverhältnisses gerichtet und machen beiden bestimmte Vorgaben, die bei der Ausgestaltung des Versicherungsoder Pensionsfondsvertrages zu beachten sind. 3 Praxistipp Dabei ist die Anwendbarkeit der Vorgaben des VVG auf Pensionsfondsverträge umstritten, da Pensionsfonds eben keine Versicherungsunternehmen sind, das VVG aber gemäß § 1 VVG nur ein besonderes Schuldverhältnis für Verträge zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer darstellt.5 Ebenso ist umstritten, ob für die Vermittlung von Pensionsfondsverträgen eine Erlaubnis als Versicherungsvermittler nach § 34d Abs. 1 S. 1 GewO ausreicht oder ob es zusätzlich einer Erlaubnis nach § 34 f GewO bedarf.6

_____ 5 Rn. 384. 6 Vgl. dazu: Rundschreiben der BaFin 11/2018 zur Zusammenarbeit mit Versicherungsvermittlern sowie zum Risikomanagement im Vertrieb, das sich auch an Pensionsfonds richtet.

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B. Versicherungsaufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen

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Versicherungsvertraglich wird der Begriff des Versicherers im VVG – anders als im 8 VAG – nicht legal definiert, was die Bestimmung des Geltungsbereichs des VVG erschwert und zu diesen Meinungsstreitigkeiten führt. Dabei wird die Klärung dieser Streitfragen weiter dadurch erschwert, dass weder das VVG noch das VAG eine Definition des Begriffes „Versicherungsgeschäft“ enthält. Die Definition des Begriffes „Versicherungsgeschäft“ ist damit in die Hände der Rechtsprechung gelegt.7 Diese Unklarheit vorangestellt, ist im Allgemeinen noch festzuhalten, dass das 9 Versicherungsvertragsrecht Vorgaben enthält, die für die Vertragsparteien disponibel sind, soweit es sich nicht um zwingende oder halbzwingende Vorschriften handelt, die nicht oder nur nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abdingbar sind. Welche Vorschriften des VVG zwingend sind, ergibt sich in der Regel aus dem Wortlaut der Vorschriften, wenn dort z.B. von „muss“ o.Ä. die Rede ist. Die halbzwingenden Vorschriften werden dagegen in der Regel am Ende eines Abschnitts im VVG in einem eigenen Paragraphen enumerativ aufgezählt.

B. Versicherungsaufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen B. Versicherungsaufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen I. Einführung Versicherungsgeschäft ist in Deutschland verboten, soweit es einem Unternehmen 10 nicht aufgrund einer behördlichen Erlaubnis erlaubt worden ist. Insoweit ist von einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt die Rede. Ein Verstoß gegen dieses Verbot steht unter Strafe. Die Ausübung eines erlaubten Versicherungsgeschäfts wird dagegen durch eine Aufsichtsbehörde eng überwacht. Zu unterscheiden ist im Rahmen der Versicherungsaufsicht also zwischen der Zulassungs- und der laufenden Aufsicht durch eine Verwaltungsbehörde. Praxistipp 3 Mit diesem Regelungsmechanismus will der Gesetzgeber zweierlei erreichen – zum einen sollen Verbraucher, die mit dem „unsichtbaren“ Produkt Versicherung in Berührung kommen, geschützt werden; zum anderen soll die Funktionsfähigkeit des Versicherungsmarktes im allgemeinem Interesse gesichert werden. Insoweit ist die Versicherungsaufsicht Teil des öffentlichen Wirtschaftsrechts im Rahmen einer sektoralen Wirtschaftsaufsicht.

Auf Bundesebene ist grundsätzlich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauf- 11 sicht (BaFin) für die Aufsicht zuständig. Wie der Name der Behörde bereits sagt, ist diese Behörde nicht auf die Beaufsichtigung des Versicherungsmarktes begrenzt, sondern verfolgt einen sektorübergreifenden Aufsichtsansatz im Rahmen einer

_____ 7 MüKo-VVG/Grote, Versicherungsaufsichtsrecht Rn. 155 ff. m.w.N.

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Kapitel 6 Versicherungsaufsichtsrecht und Versicherungsvertragsrecht der bAV

Finanzdienstleistungsaufsicht bezogen auf die Sektoren Versicherung, Banken und Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Dieser Ansatz wird in Deutschland erst seit 2002 verfolgt. Bis dahin gab es für jeden Sektor eine eigene Aufsichtsbehörde – für den Sektor Versicherung war das das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV).

1. Rechtliche Grundlagen einschließlich europarechtlicher Bezüge 12 Hauptziel der Versicherungsaufsicht ist der Schutz der Versicherungsnehmer und der Begünstigten von Versicherungsleistungen.8 Dem entspricht es, dass die in Deutschland unter staatlicher Versicherungsaufsicht stehenden Unternehmen zahlreiche aufsichtsrechtliche Vorschriften zu beachten haben. In der bAV unterliegen von den insgesamt fünf Durchführungswegen nur die 13 Durchführungswege Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds der Versicherungsaufsicht.9 Dabei gelten für diese Durchführungswege teilweise verschiedene Aufsichtsbestimmungen.

a) Nationale Ebene 14 Auf nationaler Ebene ist dabei als wesentliche Rechtsgrundlage für sämtliche

der drei Durchführungswege zuvorderst das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) zu nennen, das die wesentlichen aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Geschäftstätigkeit im Versicherungswesen statuiert. Das VAG geht im Wesentlichen auf europarechtliche Rahmenbedingungen zurück – namentlich der Solvency II-Rahmenrichtlinie,10 die eine Vollharmonisierung des Aufsichtsrechts innerhalb der EU und des EWR herbeigeführt hat. Es gelten also in allen EU-Mitglieds- und EWR-Vertragsstaaten dieselben „Spielregeln“ für Versicherungsunternehmen. Dementsprechend regelt das VAG, dass Versicherungsunternehmen zum Ge15 schäftsbetrieb grundsätzlich der Erlaubnis der Aufsichtsbehörde bedürfen, § 8 VAG. Diese Vorschrift gilt unmittelbar im Rahmen der Direktversicherung, da hierbei z.B. der Arbeitgeber eine Lebensversicherung bei einem Lebensversicherungsunternehmen auf das Leben seiner Arbeitnehmer als versicherte Personen abschließt. Über entsprechende Verweisungsvorschriften im VAG findet diese Norm – wie eingangs bereits erwähnt – zudem Anwendung auf Pensionskassen, bei denen

_____ 8 Vgl. § 294 Abs. 1 VAG. 9 Die Durchführungswege Direktzusage und Unterstützungskasse stehen damit nicht unter Aufsicht der BaFin. 10 RL 2009/138/EG v. 25.11.2009, ABl EG Nr. L 335 S. 57, modifiziert durch die sog. Omnibus II-Richtlinie (RL 2014/51/EU v. 16.4.2014, ABl EG Nr. L 153 S. 1).

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B. Versicherungsaufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen

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es sich ebenfalls um Lebensversicherungsunternehmen handelt, aber auch auf Pensionsfonds, obwohl diese keine Versicherungsunternehmen sind.11 Weiter legt das Gesetz grundlegende Pflichten der Unternehmen fest (z.B. die 16 Verpflichtung zur Errichtung einer angemessenen Geschäftsorganisation, zur Berichterstattung und zu einer ordnungsgemäßen Rechnungslegung) und es normiert die laufende Überwachung der Geschäftsführungen durch die Aufsichtsbehörde sowie deren Eingriffsmöglichkeiten zur Gefahrenabwehr. Für einzelne Versicherungszweige und für Versicherungsgruppen, aber auch 17 für Einrichtungen der bAV (EbAV) enthält das Gesetz zudem Sonderbestimmungen. So ergeben sich die aufsichtsrechtlichen Regelungen betreffend Pensionskassen und Pensionsfonds aus Teil 4 des VAG, §§ 232 ff. VAG, sowie den darauf beruhenden Rechtsverordnungen. Dabei gehen wesentliche Regelungen des Teil 4 des VAG auf europarechtliche Rahmenbedingungen – nämlich die EbAV II-Richtlinie12 zurück.13 Zuständige Aufsichtsbehörde für alle drei Durchführungswege ist grundsätzlich die BaFin (§§ 320 f. VAG), die ihrerseits auf europäischer Ebene durch die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA = European Insurance and Occupational Pensions Authority) überwacht wird. Auf Grundlage des VAG sind zudem mehrere Rechtsverordnungen erlassen 18 worden, die als geltendes Recht von den adressierten Unternehmen ebenfalls beachtet werden müssen. Diese Verordnungen dienen dazu, das VAG in bestimmten Bereichen zu konkretisieren. Praxistipp 3 Für die Lebensversicherung ist hier bspw. die Deckungsrückstellungsverordnung (DeckRV) anzuführen, die auch für Pensionskassen gilt. Für Pensionskassen ist zudem die Anlagenverordnung (AnlV) besonders relevant. Für Pensionsfonds gilt im Besonderen die Pensionsfonds-Aufsichtsverordnung (PFAV). Für den Umfang der Informationspflichten gegenüber Versorgungsanwärtern und -empfängern in der bAV ist wiederum die Verordnung über Informationspflichten in der bAV, die von Pensionsfonds, Pensionskassen und anderen Lebensversicherungsunternehmen durchgeführt wird (VAG-InfoV) zu beachten.

Weitere allgemeine Rechtsquellen des Versicherungsaufsichtsrechts sind das 19 FKAG,14 das FinDAG15 sowie die allgemeinen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvorschriften des VwVfG, VwVG und der VwGO.16

_____ 11 Siehe hierzu sogleich unter Rn. 30 ff. 12 RL (EU) 2016/2341 v. 14.12.2016, ABl EG Nr. L 354 S. 37. Die EbAV II-Richtlinie ist am 13.1.2017 in Kraft getreten. 13 Siehe hierzu ausführlich unter III. und IV. 14 Finanzkonglomerate-Aufsichtsgesetz. 15 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz. 16 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) und Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

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Kapitel 6 Versicherungsaufsichtsrecht und Versicherungsvertragsrecht der bAV

3 Praxistipp Als „unechte Rechtsquellen“ nehmen ferner die Verlautbarungen der BaFin (u.a. Rundschreiben, Auslegungsentscheidungen und Merkblätter) einen nicht zu leugnenden Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der Unternehmen. Die Veröffentlichungen verfolgen das Ziel, eine einheitliche Verwaltungspraxis sicherzustellen. Beispiele für Rundschreiben sind das u.a. für Lebensversicherungsunternehmen (aber nicht für Pensionskassen und kleine Versicherer i.S.d. § 211 VAG) geltende und vergleichsweise umfangreiche Rundschreiben „Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation von Versicherungsunternehmen (MaGo)“17 sowie das auf Pensionskassen und Pensionsfonds anwendbare Kapitalanlagerundschreiben.18 Relevante Merkblätter betreffen etwa die fachliche Eignung und Zuverlässigkeit von Geschäftsleitern gemäß VAG bzw. von Aufsichtsratsmitgliedern bzw. von Personen, die für Schlüsselfunktionen verantwortlich oder für Schlüsselfunktionen tätig sind.19 In Auslegungsentscheidungen zum Thema Solvency II befasst sich die BaFin z.B. mit dem ORSA (Own Risk and Solvency Assessment)20 oder dem Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht (Prudent Personal Principle).21

b) EU-Ebene 20 Von ganz wesentlicher Bedeutung für die Versicherungsaufsicht sind ferner die be-

reits angesprochenen europarechtlichen Vorgaben. So sind auf EU-/EWR-Ebene sowohl das Primärrecht (Art. 56 ff. AEUV: Dienstleistungsfreiheit, Art. 49 ff. AEUV: Niederlassungsfreiheit, Art. 18 f. AEUV: Diskriminierungsverbot) als auch das Sekundärrecht (vor allem Verordnungen und Richtlinien) zu beachten. Im Versicherungsaufsichtsrecht kommt dabei insbesondere der sog. Solvency 21 II-Rahmenrichtlinie22 eine tragende Rolle zu, die im Wege einer grundlegenden Reform des VAG („VAG 2016“) zum 1. Januar 2016 in deutsches Recht umgesetzt23 wurde. Das neue EU-weite Aufsichtsregime („Solvency II“) findet grundsätzlich auf Versicherungsunternehmen, mithin auch in der Direktversicherung, Anwendung. Es gilt hingegen nicht für kleine Versicherungsunternehmen, EbAV und Sterbekassen. Hier ist die bereits erwähnten EbAV II-Richtlinie24 zu beachten.

_____ 17 Rundschreiben 2/2017 v. 25.1.2017. 18 Rundschreiben 11/2017 (VA) v. 12.12.2017. 19 Die drei Merkblätter der BaFin datieren vom 23.11.2016. 20 Auslegungsentscheidung v. 23.12.2015. 21 Auslegungsentscheidung v. 21.12.2015. 22 RL 2009/138/EG v. 25.11.2009, ABl EG Nr. L 335 S. 57, modifiziert durch die sog. Omnibus IIRichtlinie (RL 2014/51/EU v. 16.4.2014, ABl EG Nr. L 153 S. 1). 23 Durch das Gesetz zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen v. 1.4.2015 (BGBl. I S. 434). 24 RL (EU) 2016/2341 v. 14.12.2016, ABl EG Nr. L 354 S. 37. Die EbAV II-Richtlinie ist am 13.1.2017 in Kraft getreten.

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B. Versicherungsaufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen

455

Die Solvency II-Rahmenrichtlinie verfolgt einen risikoorientierten Ansatz, der 22 zu einer verbesserten Eigenkapitalausstattung der Unternehmen führen soll.25 Praxistipp 3 Konkretisiert werden die Richtlinienvorgaben zum einen durch zu diesem Zweck von der EU-Kommission erlassene Verordnungen,26 die – anders als Richtlinien – in den Mitgliedstaaten unmittelbar gelten und damit keiner Umsetzung in nationales Recht bedürfen.27 Zum anderen entfalten die von EIOPA zu Solvency II herausgegebenen „Leitlinien“ zwar keine rechtlich verbindliche, gleichwohl aber eine faktische Bindungswirkung für die nationalen Aufsichtsbehörden.28 Neben der Solvency II-Rahmenrichtlinie strahlen zunehmend auch weitere europäische Vorgaben auf das materielle Aufsichtsrecht aus, z.B. die Richtlinie über Versicherungsvertrieb29 (sog. „IDD“) und die sog. PRIIP-Verordnung.30

Für Unternehmen, auf die die Solvency II-Rahmenrichtlinie keine Anwendung fin- 23 det, gilt im Wesentlichen noch das Aufsichtsregime Solvency I.31 Im Bereich der bAV ist zudem seit Anfang dieses Jahres die sog. EbAV II-Richtlinie32 von besonderer Relevanz. Diese Richtlinie war von den Mitgliedstaaten zum 13. Januar 2019 in nationales Recht umzusetzen und ist in Deutschland auch umgesetzt worden. Der EbAV II-Richtlinie unterfallen in Deutschland Pensionskassen und Pensionsfonds. Inhaltlich sieht die EbAV II-Richtlinie insbesondere detailliertere Vorgaben zur Unternehmensführung, eine Ausweitung der Informationspflichten sowie eine Erleichterung der grenzüberschreitenden Tätigkeit vor. Auf EU-Ebene gibt es derzeit außerdem Bestrebungen, ein Europäisches Alters- 24 vorsorgeprodukt einzuführen (Pan-European Personal Pension Product – PEPP).

_____ 25 Vgl. MüKo-VVG/Langheid, Versicherungsaufsichtsrecht Rn. 84. Zum damit verfolgten „3-Säulen-Modell“: MüKo-VVG/Sasserath-Alberti, Versicherungsaufsichtsrecht Rn. 94). 26 Z.B. die Delegierte Verordnung (EU) 2015/35 v. 10.10.2014, ABl EG 2015 Nr. L 11 S. 1. 27 Zur mehrstufigen europäischen Rechtssetzung siehe MüKo-VVG/Sasserath-Alberti, Versicherungsaufsichtsrecht Rn. 92 ff. 28 Der faktische Umsetzungsdruck resultiert insbesondere aus dem „comply-or-explain“-Grundsatz, wonach die nationalen Behörden innerhalb von zwei Monaten nach Herausgabe der Leitlinie erklären müssen, ob sie der Leitlinie folgen wollen (vgl. MüKo-VVG/Sasserath-Alberti, Versicherungsaufsichtsrecht Rn. 100). 29 RL (EU) 2016/97 v. 20.1.2016, ABl EG Nr. L 26 S. 19. 30 VO (EU) Nr. 1286/2014 v. 26.11.2014, ABl EG Nr. L 352 S. 1. 31 Den Kern bilden dabei die §§ 213 ff. VAG, die Kapitalausstattungsverordnung (KapAusstV), die Anlageverordnung (AnlV) und die Pensionsfondsaufsichtsverordnung (PFAV). 32 RL (EU) 2016/2341 v. 14.12.2016, ABl EG Nr. L 354 S. 37. Die EbAV II-Richtlinie ist am 13.1.2017 in Kraft getreten.

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Kapitel 6 Versicherungsaufsichtsrecht und Versicherungsvertragsrecht der bAV

Ferner spielen auch im EbAV-Sektor Äußerungen von EIOPA eine nicht zu übersehende Rolle.33

2. Aufsichtspflichtige Unternehmen 25 § 1 Abs. 1 VAG regelt, dass u.a. Versicherungsunternehmen (Nr. 1) sowie Pensions26

fonds (Nr. 5) der Aufsicht nach dem VAG unterliegen. Bei Versicherungsunternehmen handelt es sich verkürzt gesagt um Erst- oder Rückversicherungsunternehmen, die den Betrieb von Versicherungsgeschäften zum Gegenstand haben und nicht Träger der Sozialversicherung sind, vgl. § 7 Nr. 33 und 34 VAG.

a) Lebensversicherungsunternehmen 27 Hierzu zählen auf dem Gebiet der bAV zunächst Lebensversicherungsunterneh-

men, die den Durchführungsweg der Direktversicherung anbieten. Sie können die Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG oder SE), eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit (VVaG) und einer Anstalt oder Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzen, § 8 Abs. 2 VAG. Was ein Lebensversicherungsunternehmen ist, ergibt sich also zum einen 28 aus der eben angesprochenen Legaldefinition des Begriffes „Versicherungsunternehmen“ gemäß § 7 Nr. 33 und 34 VAG als auch aus seiner Spartenerlaubnis nach § 8 Abs. 1 und 4 VAG i.V.m. der Anlage 1 zum VAG. § 7 Nr. 33 VAG definiert dabei allgemein den Begriff des Versicherungsunter29 nehmens als „Erst- oder Rückversicherungsunternehmen, die den Betrieb von Versicherungsgeschäften zum Gegenstand haben und nicht Träger der Sozialversicherung sind, (…)“. § 8 Abs. 1 VAG regelt, dass Versicherungsunternehmen zum Geschäftsbetrieb einer Erlaubnis der Aufsichtsbehörde bedürfen. § 8 Abs. 4 S. 2 VAG gibt vor, dass Lebensversicherungsunternehmen nur die Versicherungssparten der Nr. 19 bis 24 der Anlage 1 zum VAG betreiben dürfen (sog. Spartentrennungsprinzip), so dass diese Sparten solche sind, die nur von Lebensversicherungsunternehmen betrieben werden dürfen – nämlich die Sparten Leben, Heirats- und Geburtenversicherung, Fondsgebundene Lebensversicherung, Tontinengeschäfte, Kapitalisierungsgeschäfte und Geschäfte der Verwaltung von Versorgungseinrichtungen.

_____ 33 Wie z.B. die “Opinion to eu institutions on a common framework for risk assessment and transparency for iorps” (EIOPA-BoS-16/075) v. 14.4.2016.

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B. Versicherungsaufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen

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b) Pensionskassen und Pensionsfonds Aber auch bei Pensionskassen handelt es sich um rechtlich selbständige Lebens- 30 versicherungsunternehmen. Eine Pensionskasse ist nach der Legaldefinition in § 232 Abs. 1 VAG nämlich „ein rechtlich selbständiges Lebensversicherungsunternehmen, dessen Zweck die Absicherung wegfallenden Erwerbseinkommens wegen Alters, Invalidität oder Todes ist (…)“. Pensionsfonds sind hingegen keine Versicherungsunternehmen, sondern nach 31 der Legaldefinition in § 236 Abs. 1 VAG „eine rechtsfähige Versorgungseinrichtung (…)“. Pensionsfonds unterliegen dennoch der Aufsicht nach dem VAG gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 VAG und bedürfen ebenfalls der Erlaubnis der Aufsichtsbehörde nach § 236 Abs. 5 VAG. Pensionsfondsgeschäfte bilden die Sparte Nr. 25 der Anlage 1 zum VAG. Pensionsfonds existieren in Gestalt von AG oder Pensionsfondsvereinen auf Gegenseitigkeit (§ 237 Abs. 3 VAG). Wie bereits oben34 erwähnt, enthält das VAG sowohl für Pensionskassen als 32 auch für Pensionsfonds Sondervorschriften.35

c) Keine Aufsichtspflicht für Unterstützungskassen Die im Rahmen der bAV als Versorgungsträger auch noch bekannte Unterstützungs- 33 kasse ist dagegen kein Versicherungsunternehmen i.S.v. § 7 Nr. 33 und 34 VAG. Denn auf die Leistungen einer Unterstützungskasse besteht kein Rechtsanspruch.36 Sie unterliegen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 VAG daher auch nicht der Versicherungsaufsicht, so dass für sie faktisch keine aufsichtsrechtlichen Regelungen gelten und sie insbesondere gegenüber Lebensversicherungsunternehmen in der Kapitalanlage frei agieren können. Die Aufsichtsfreiheit in diesem bAV-Durchführungsweg ist konsequent, da die Unterstützungskasse auf ihre Leistungen eben keinen Rechtsanspruch gewährt und damit bereits kein aufsichtspflichtiges Versicherungsgeschäft vorliegt (vgl. insb. § 1 Abs. 1 VAG).37 Eine Unterstützungskasse ist nach der gesetzlichen Definition in § 1b Abs. 4 BetrAVG also eine mit Sondervermögen ausgestattete rechtsfähige Versorgungseinrichtung, die die Durchführung der bAV für einen Arbeitgeber organisiert.38 Unterstützungskassen können in Form einer GmbH, eines eingetragenen Vereins oder einer Stiftung organisiert sein. Gesetzliche Restriktionen ergeben sich indes aus den von Unterstützungskassen zu beachten steuerrechtlichen Vorgaben.39

_____ 34 Siehe Rn. 17. 35 Für Pensionskassen gelten die §§ 232 bis 235a VAG, für Pensionsfonds die §§ 236 bis 240 VAG. Für die grenzüberschreitende Tätigkeit von EbAV sehen die §§ 241 bis 244 VAG Besonderheiten vor. 36 Zu den Details siehe Kap. 1 Rn. 452 ff. 37 Vgl. Prölss/Dreher/Präve, § 3 Rn. 4. 38 Kap. 1 Rn. 448. 39 Kap. 2 Rn. 60 ff.

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Kapitel 6 Versicherungsaufsichtsrecht und Versicherungsvertragsrecht der bAV

3 Fettnapf Im Bereich der Unterstützungskassen sollte man sich nicht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) über eine Unterstützungskasse beschweren.

d) Keine Aufsichtspflicht für Sozialversicherungsträger 34 Nicht der Versicherungsaufsicht nach dem VAG unterliegen ferner die gesetzli-

chen Sozialversicherungsträger wie z.B. die gesetzlichen Rentenversicherungen. Sie betreiben zwar auch Versicherungsgeschäft (in der Regel nach dem sog. Umlageprinzip). Jedoch entsteht hier das Versicherungsverhältnis kraft Gesetzes und nicht wie es bei Versicherungsunternehmen der Fall ist, kraft vertraglicher Vereinbarung. Dementsprechend regelt auch ein Gesetz, nämlich insbesondere die einzelnen Bücher des Sozialgesetzbuches (SGB), sowohl die Errichtung als auch die Beaufsichtigung von Sozialversicherungsträgern. 3 Praxistipp Sozialversicherungsträger sind in der Regel Körperschaften des öffentlichen Rechts und werden durch das Bundesversicherungsamt beaufsichtigt. Die gesetzliche Sozialversicherung fällt in den Bereich des Sozialrechts und ist damit streng von der privaten Versicherungswirtschaft zu trennen. In Streitfragen sind hier die Sozialgerichte zuständig, während bei Streitfragen aus einem privaten Versicherungsvertrag mit einem Versicherungsunternehmen (im Deckungs- oder Leistungsverhältnis) in der Regel die Zivilgerichte und, soweit es um die Durchführung von bAV im Valutaverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geht, die Arbeitsgerichte zuständig sind. Bei Streitfragen zwischen einem Versicherungsunternehmen bzw. zwischen einem Sozialversicherungsträger und der zuständigen Aufsichtsbehörde sind dagegen stets die Verwaltungsgerichte zuständig.

e) Sonderfall: Zusatzversorgungskassen 35 Die im Rahmen der öffentlichen Zusatzversorgung als besondere Ausprägung der

bAV im öffentlichen Dienst bekannten kommunalen und kirchlichen Zusatzversorgungskassen und die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) nehmen dagegen eine Zwitterrolle ein – sie sind zwar keine Versicherungsunternehmen i.S.v. § 7 Nr. 33 und 34 VAG und unterliegen daher als solche auch nicht der Versicherungsaufsicht nach dem VAG. Etwas anderes ist hier aber im Rahmen der sog. freiwilligen Versicherung zu 36 beachten. Denn für diese Geschäfte haben diese öffentlich-rechtlichen Versorgungseinrichtungen gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 VAG einen eigenen Abrechnungsverband einzurichten, auf den gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 VAG das VAG entsprechend anzuwenden ist, soweit es sich um Vorschriften des VAG handelt, die Geschäfte der Pensionskassen betreffen. Dabei kann das Landesrecht nach § 2 Abs. 2 VAG Abweichendes bestimmen. Die VBL ist als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts organisiert. Die Zusatzversorgungskassen sind dagegen oftmals rechtlich unselbstGrote

B. Versicherungsaufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen

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ändige, nicht rechtsfähige Sondervermögen einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts. Für solche Einrichtungen auf Bundesebene ist die Anwendung des VAG dem- 37 entsprechend im Grundsatz bereits von vorneherein ausgeschlossen (s. § 3 Abs. 1 Nr. 6 und 7 VAG). So unterliegt etwa die VBL grundsätzlich nicht der Versicherungsaufsicht (§ 3 Abs. 1 Nr. 7 VAG). Allerdings gilt insoweit die bereits angesprochene Ausnahme für den Fall, dass es um Geschäfte der sog. freiwilligen Versicherung handelt.40 Denn mit einem solchen Leistungsangebot treten diese Einrichtungen in den Wettbewerb mit Pensionskassen. Begrenzt auf diesen Abrechnungsverband41 unterliegen diese Einrichtungen auch der Versicherungsaufsicht – entweder durch die BaFin oder durch die jeweils zuständige Versicherungsaufsichtsbehörde des Bundeslandes.42 Praxistipp 3 Eine solche „Teilaufsichtspflicht“ wirft mannigfache Probleme auf, wenn es z.B. um die Bereiche einer solchen Einrichtung geht, die sowohl in der Pflicht- als auch in der freiwilligen Versicherung zum Einsatz kommen. Denn die Reichweite dieser Teilaufsicht ist im Gesetz nicht hinreichend konturiert.

Was die Aufsichtspflicht entsprechender auf Landesebene errichteter Einrichtun- 38 gen anbelangt, überlässt das VAG es dagegen den Ländern, eigene Regelungen zu treffen. Dem sind die meisten Bundesländer durch entsprechende Landesaufsichtsgesetze nachgekommen. Ferner hat das BMF einige Versorgungsträger durch Rechtsverordnungen auf Grundlage des § 5 Abs. 3 VAG von der Aufsicht freigestellt.43 Fettnapf 3 Dabei dürfen diese öffentlich-rechtlichen Versorgungseinrichtungen nicht mit „öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen des öffentlichen Dienstes oder der Kirchen, die ausschließlich die Alters-, Invalidität- oder Hinterbliebenenversorgung zum Gegenstand haben“, verwechselt werden, die als Versicherungsunternehmen gemäß § 1 Abs. 3 VAG der Aufsicht nach dem VAG in eingeschränktem Umfang unterliegen.

_____ 40 Bei der freiwilligen Versicherung handelt es sich um Versorgungsverhältnisse, deren Abschluss den Arbeitnehmern nicht durch Gesetz oder Tarifvertrag vorgeschrieben ist, siehe BT-Drucks. 15/ 3418, S. 19 zu § 1a VAG a.F. 41 Die auf die Einrichtung als Ganzes bezogenen Vorschriften des VAG bleiben folglich unanwendbar, vgl. Brand/Baroch Castellví/Brand, § 2 Rn. 12. 42 Der Abrechnungsverband wird für die Zwecke der Versicherungsaufsicht wie ein eigenständiger Geschäftsbetrieb angesehen, BT-Drucks. 15/3418, S. 19 zu § 1a VAG a.F.; gemäß § 233 Abs. 2 VAG gelten separate Abrechnungsverbände nach § 2 Abs. 1 VAG immer als regulierte Pensionskassen. 43 Siehe Prölss/Dreher/Präve, § 5 Rn. 10.

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Kapitel 6 Versicherungsaufsichtsrecht und Versicherungsvertragsrecht der bAV

3. Rechts- und Finanzaufsicht 39 Gemäß § 294 Abs. 2 S. 1 VAG überwacht die Aufsichtsbehörde den gesamten Ge-

schäftsbetrieb der Versicherungsunternehmen im Rahmen einer rechtlichen Aufsicht im Allgemeinen und einer Finanzaufsicht im Besonderen. Im Rahmen dieser Rechts- und Finanzaufsicht hat die BaFin allgemein die Befugnis, u.a. gegenüber dem Unternehmen oder deren Geschäftsleitern alle Anordnungen zu treffen, die geeignet und erforderlich sind, um Missstände zu vermeiden oder zu beseitigen (vgl. § 298 Abs. 1 S. 1 VAG). Neben dieser allgemeinen Missstandsaufsicht, deren Reichweite ebenfalls umstritten ist,44 treten verschiedene im VAG geregelte spezielle Eingriffsbefugnisse, die sich insbesondere aus den §§ 299 ff. VAG ergeben.

a) Rechtsaufsicht 40 Gegenstand der Rechtsaufsicht ist die ordnungsgemäße Durchführung des Ge-

schäftsbetriebs einschließlich der Einhaltung der aufsichtsrechtlichen, der das Versicherungs- bzw. das Versorgungsverhältnis betreffenden und aller sonstigen die Versicherten betreffenden Vorschriften sowie der rechtlichen Grundlagen des Geschäftsplans, §§ 294 Abs. 3 S. 1, 237 Abs. 1 S. 1 und 2 VAG. Bei Pensionsfonds und Pensionskassen ist Gegenstand der Rechtsaufsicht zusätzlich auch die Einhaltung der im Bereich der bAV von den Einrichtungen zu beachtenden arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften, §§ 294 Abs. 3 S. 2, 237 Abs. 1 S. 1 VAG. 3 Praxistipp Wesentliches Ziel der Rechtsaufsicht ist die ausreichende Wahrung der Belange der Versicherten bzw. bei Pensionsfonds die Belange der Versorgungsanwärter und -empfänger, § 237 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VAG. Dem liegt die grundsätzlich angenommene Schutzbedürftigkeit dieser Personengruppen zugrunde. Bei seiner Zielsetzung nimmt das Gesetz das Kollektiv in den Blick, ein Individualschutz wird somit also nicht geboten.

b) Finanzaufsicht 41 Bei der Finanzaufsicht steht dagegen die dauernde Erfüllbarkeit der Versiche-

rungsverträge als übergeordnetes Ziel im Vordergrund (vgl. § 294 Abs. 4 VAG). Ein weiteres Ziel der Finanzaufsicht ist es, wirtschaftliche Schwierigkeiten eines Versicherungsunternehmens frühzeitig zu beseitigen.45 Demgemäß hat die Aufsichtsbehörde insgesamt auf die Einhaltung der entsprechenden gesetzlichen finanziellen Anforderungen zu achten.

_____ 44 MüKo-VVG/Sasserath-Alberti/Vogelgesang, Versicherungsaufsichtsrecht Rn. 427 m.w.N. 45 Grote/Ulbrich, BetrAV 3/2016, 84, 85.

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B. Versicherungsaufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen

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Für den Fall einer drohenden oder bestehenden wirtschaftlichen Krise des Ver- 42 sicherers stehen der Aufsichtsbehörde zum Schutz der Versicherten zahlreiche Eingriffsbefugnisse zur Verfügung.46 Dies sind zunächst allgemeine Befugnisse wie das Abberufungsverlangen in Bezug auf Geschäftsleiter nach § 303 VAG oder die Änderung des Geschäftsplans nach § 300 VAG. Daneben verfügt die Behörde aber auch über spezielle „finanzbezogene“ Befugnisse, zu denen u.a. die Anordnung eines Sanierungs- bzw. Finanzierungsplans im Fall der Nichtbedeckung der Solvabilitätskapitalanforderung bzw. der Mindestkapitalanforderung (§§ 134 f. VAG) gehören. Grote

Kapitel 6 Versicherungsvertragsrecht und Versicherungsaufsichtsrecht der bAV

Praxistipp 3 Diese Befugnisse gelten – teilweise mit Besonderheiten – grundsätzlich auch für Pensionskassen und Pensionsfonds.

B. Versicherungsaufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen Sollte ein Versicherer trotz der aufsichtsrechtlichen Insolvenzprophylaxe in eine 43 unmittelbare Insolvenzgefahr geraten, sind die Versorgungsberechtigten durch einen Sicherungsfonds geschützt, 47 in dem alle Lebensversicherer mit Sitz in Deutschland Pflichtmitglieder sind, § 221 VAG. Pensionsfonds und Pensionskassen sind von der Pflichtmitgliedschaft zwar nicht erfasst. Viele nichtregulierte Pensionskassen sind aber gemäß § 221 Abs. 2 S. 1 VAG freiwillig beigetreten.48 Die Finanzierung des Sicherungsfonds erfolgt durch die Beiträge seiner Mitglieder, § 226 VAG. Mit den Aufgaben und Befugnisse des Sicherungsfonds können gemäß § 224 VAG juristische Personen des Privatrechts beliehen werden. Das ist für die Lebensversicherung geschehen. Insoweit ist die Protektor Lebensversicherungs-AG seit dem 23.05.2006 mit den Aufgaben des Sicherungsfonds betraut. Sollte eine Krisensituation für einen Versicherer bestehen und hat die BaFin alle 44 anderen möglichen aufsichtsbehördlichen Maßnahmen zur Insolvenzvermeidung ausgeschöpft, kann sie als ultima ratio die Übertragung eines Versichertenbestandes auf den Sicherungsfonds anordnen.49 Sollten im Falle einer Übertragung

_____ 46 Siehe hierzu sowie grundsätzlich zu Maßnahmen der Insolvenzprophylaxe und des Insolvenzschutzes ausführlich Grote/Ulbrich, BetrAV 3/2016, 186, 187. 47 Siehe dazu im Detail Grote/Ulbrich, BetrAV 3/2016, 186, 190 ff. 48 Eine Pensionskasse kann beitreten, wenn sie nichtreguliert und am Markt tätig ist und nach ihrer Satzung kein Recht hat, Versicherungsleistungen zu kürzen, § 1 der „Internen Richtlinie des Sicherungsfonds zur Aufnahme von Pensionskassen“, siehe http://www.protektor-ag.de/de/wp-content/ uploads/sites/2/2015/07/Interne_Richtlinie_zur_Aufnahme_von_Pensionskassen1.pdf. Darüber hinaus hat das Bundesarbeitsministerium einen Gesetzesentwurf in die Diskussion gebracht, wonach Pensionskassen, die keinem Sicherungsfonds angehören, in das allgemeine Sicherungssystem für Betriebsrenten, den Pensionssicherungsverein (PSV), einzubeziehen sind, siehe https://www.bmas. de/DE/Service/Gesetze/aenderung-des-betriebsrentengesetzes.html. 49 Fahr/Kaulbach/Bähr/Pohlmann/Pohlmann, § 125 Rn. 6 zum insoweit inhaltsgleichen alten Recht; Bähr/Weustenfeld, § 33 Rn. 27 weist darauf hin, dass vorrangig auch an die privatrechtliche Be-

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Kapitel 6 Versicherungsvertragsrecht und Versicherungsaufsichtsrecht der bAV

die Mittel des Sicherungsfonds nicht ausreichen, um seine Verpflichtungen zu erfüllen, erhebt er Sonderbeiträge von den Versicherern. Nur wenn auch danach nicht genügend Mittel vorhanden sind, setzt die BaFin die vertraglich garantierten Leistungen aus den Verträgen um maximal 5% herab, § 222 Abs. 5 VAG.50 Eine Selbstbeteiligung der Versicherungsnehmer und Versicherten ist aber auch in diesem Fall nicht vorgesehen.51 Bislang erfolgte erst eine Übertragung eines notleidend gewordenen Versi45 chertenbestandes auf die Protektor Lebensversicherungs-AG. Dies geschah noch auf freiwilliger Basis im Jahr 2003 bezüglich der Mannheimer Lebensversicherung AG und diente als Vorbild für die späteren Vorschriften zum Sicherungsfonds. Die Protektor Lebensversicherungs-AG hat den übernommenen Bestand der Mannheimer Lebensversicherung AG bis in 2017 geführt und erfolgreich saniert. Im Anschluss daran erfolgte eine Ausgründung des Bestandes auf die Entis Lebensversicherung AG, die sodann an die Viridium Holding AG verkauft wurde. In dieser Gesellschaft wird der Bestand jetzt abgewickelt und es ist davon auszugehen, dass alle vereinbarten garantierten Leistungen erbracht werden. Leistungskürzungen konnten so bislang ausgeschlossen werden.

c) Abgrenzung zwischen Rechts- und Finanzaufsicht 46 Die Abgrenzung zwischen Rechts- und Finanzaufsicht spielt in der bAV insbesondere im Hinblick auf Lebensversicherungsunternehmen mit Sitz in einem anderen EU-/EWR-Staat eine Rolle, die in Deutschland durch eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr Versicherungsgeschäft betreiben. Denn in Bezug auf EU-/ EWR-Erstversicherer bestehen für die Aufsichtsbehörde ihres Herkunftsstaates (Sitzlandbehörde) und die Aufsichtsbehörde im Tätigkeitsland (Tätigkeitslandbehörde) gemäß der Abgrenzung von Rechts- und Finanzaufsicht getrennte Aufsichtszuständigkeiten. Während das Gesetz in § 62 Abs. 1 VAG der Sitzlandbehörde die alleinige Zu47 ständigkeit für die Finanzaufsicht zuweist, sieht die Vorschrift zugleich eine Doppelzuständigkeit der Sitzland- und Tätigkeitslandbehörde für die sonstige laufende Rechtsaufsicht vor.52

_____ standsübertragung auf ein anderes Unternehmen (§ 13 VAG) zu denken ist; ebenso Präve, VersR 2005, 1023 und Bürkle, VersR 2006, 302, der die Möglichkeit der Übertragung nach § 13 VAG durch einen zuvor von der BaFin eingesetzten Sonderbeauftragten als vorteilhafte Lösung nennt. 50 Siehe dazu im Detail Grote/Ulbrich, BetrAV 3/2016, 186, 190 ff. 51 Begr. RegE BT-Drucks. 15/3418, S. 26. 52 Die rechtsaufsichtliche Zuständigkeit (auch) der Tätigkeitslandbehörde für das im Inland abgeschlossene Versicherungsgeschäft dient nicht zuletzt der Sicherstellung des Verbraucherschutzes (so Beckmann/Matusche-Beckmann/Mönnich, § 2 Rn. 65), da die Tätigkeitslandbehörde die dort geltenden Vorschriften besser kennt als die Sitzlandbehörde, siehe Prölss/Dreher/Grote, § 62 Rn. 7.

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Unter Aufsicht der BaFin müssen die EU-/EWR-Versicherer bei ihrem Geschäfts- 48 betrieb in Deutschland neben den nach § 62 Abs. 1 S. 2 VAG anwendbaren Vorschriften des VAG (u.a. § 144 VAG, der die bAV-Informationspflichten unter Verweis auf die §§ 234k bis 234p und 235a VAG regelt, so dass auch die VAG-InfoV anwendbar ist) auch weitere inländische Vorschriften, die aus Gründen des Allgemeininteresses53 für alle Marktteilnehmer gelten, einhalten. Praxistipp 3 Die BaFin gibt hierzu ein Merkblatt „Vorschriften des Allgemeininteresses in Deutschland (General Good Requirements)“ 54 heraus. Danach sind bei Lebensversicherungsverträgen u.a. auch das BetrAVG und das Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (AltZertG) zu beachten.

Beispiel 5 Für die grenzüberschreitende Tätigkeit von EU-/EWR-ausländischen Pensionskassen und Pensionsfonds in Deutschland gelten die besonderen Bestimmungen der §§ 241 ff. VAG. Nach § 243 Abs. 5 S. 1 VAG ist der BaFin ausschließlich die Überwachung der Einhaltung der arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften sowie der Erteilung der Verbraucherinformationen nach § 144 VAG i.V.m. den §§ 234k bis 234p und 235a VAG und der VAG-InfoV zugewiesen. Die BaFin hat die zuständige Aufsichtsbehörde des Sitzlandes ferner laufend über Gesetzesänderungen im Bereich des inländischen Arbeits- und Sozialrechts zu informieren. Hierzu stellt sie auf ihrer Homepage ein entsprechendes Merkblatt,55 das fortlaufend aktualisiert wird, zur Verfügung. Um die grenzüberschreitende Tätigkeit von EbAV auf EU-Ebene zu fördern, sieht die EbAV II-Richtlinie in diesem Bereich sowie in Bezug auf die grenzüberschreitende Übertragung von Altersversorgungssystemen Erleichterungen vor.

Für die inländische Geschäftstätigkeit von Lebensversicherern sowie EbAV mit Sitz 49 in Drittstaaten – also alle Staaten außerhalb der EU und des EWR – ist die Abgrenzung von Rechts- und Finanzaufsicht hingegen nicht entscheidend. Denn gemäß § 67 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 VAG ist der Geschäftsbetrieb in Deutschland bereits nur mit einer von der BaFin erteilten Erlaubnis, die sowohl die Einhaltung rechtlicher als auch finanzieller Vorschriften durch die im Inland zwingend einzurichtende Niederlassung bescheinigt, möglich.

II. Lebensversicherung 1. Überblick Für den Durchführungsweg Direktversicherung finden die auf Lebensversiche- 50 rungsunternehmen anzuwendenden Vorschriften des VAG Anwendung.

_____ 53 Zum Begriff siehe Prölss/Dreher/Grote, § 62 Rn. 20 ff. 54 Vgl. zuletzt das Merkblatt v. 17.8.2017 abrufbar unter https://www.bafin.de. 55 „Informationen über die sozial- und arbeitsrechtlichen Bestimmungen im Bereich der bAV“, zuletzt geändert am 28.2.2018.

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Kapitel 6 Versicherungsvertragsrecht und Versicherungsaufsichtsrecht der bAV

a) Allgemeine Bestimmungen 51 Dies sind zunächst die allgemeinen, d.h. auch für andere Erstversicherer geltenden

Bestimmungen. Dazu zählen u.a. ■ die Vorgaben betreffend die Geschäftstätigkeit (u.a. müssen die Unternehmen zwingende Anforderungen an die Geschäftsorganisation und an die Zusammenarbeit mit Versicherungsvermittlern erfüllen sowie bestimmte Berichtspflichten einhalten) und ■ die finanzielle Ausstattung (hier sind insb. die Solvabilitätsanforderungen gemäß der Solvency II-Rahmenrichtlinie zu beachten).

b) Spezielle Bestimmungen 52 Darüber hinaus enthält das VAG, insbesondere in den §§ 138 bis 145 VAG, spezielle

Vorgaben nur für Lebensversicherungsunternehmen.56 Dies beruht letztlich darauf, dass das Produkt „Lebensversicherung“ von enormer sozialer Bedeutung ist, da die Alterssicherung häufig auf einem Lebensversicherungsvertrag gegründet wird.57 Diesem Umstand trägt allen voran das für den Betrieb der Lebensversicherung normierte Spartentrennungsgebot in § 8 Abs. 4 S. 2 VAG Rechnung, wonach die Erlaubnis zum Betrieb der Lebensversicherung und die Erlaubnis zum Betrieb anderer Versicherungssparten einander ausschließen.

aa) Prämienkalkulation Gleichbehandlung, Überschussbeteiligung 53 An der Spitze der Sonderregeln der §§ 138 ff. VAG stehen die Vorgaben zur Prämien-

kalkulation und zur Gleichbehandlung, die dem Zweck dienen, ein funktionierendes Versichertenkollektiv sicherzustellen.58 § 138 Abs. 1 VAG sieht eine vorsichtige Prämienkalkulation vor. Danach müs54 sen die Prämien in der Lebensversicherung unter Zugrundelegung angemessener versicherungsmathematischer Annahmen kalkuliert werden und so hoch sein, dass das Unternehmen allen seinen Verpflichtungen nachkommen kann. Dadurch entstehen – bei einem Ausbleiben von Krisensituationen – jedoch Überschüsse, an denen die Versicherten dann zu beteiligen sind.59 Der in § 138 Abs. 2 VAG niedergelegte Gleichbehandlungsgrundsatz besagt, 55 dass bei gleichen Voraussetzungen Prämien und Leistungen nur nach gleichen

_____ 56 Zum Teil gelten die Vorschriften aber auch entsprechend in anderen Versicherungszweigen (siehe z.B. § 161 Abs. 1 VAG, der die entsprechende Anwendung für die Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr anordnet). 57 MüKo-VVG/Grote, Versicherungsaufsichtsrecht Rn. 304. 58 Prölss/Dreher/Präve, § 138 Rn. 2. 59 Siehe MüKo-VVG/Heiss, § 153 Rn. 17 sowie unten unter II.3.

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Grundsätzen bemessen werden dürfen. Damit soll einer Bevorzugung einzelner Versicherungsnehmer (bzw. Gruppen von Versicherungsnehmern) zu Lasten anderer (Gruppen von) Versicherungsnehmer(n) begegnet werden. Hintergrund ist wiederum das besondere Schutzbedürfnis des Versicherungsnehmers in der Lebensversicherung. Bei einem Verstoß gegen § 138 VAG stehen der Aufsichtsbehörde die Eingriffsbefugnisse des § 298 VAG zur Verfügung. Eine besondere Ausprägung findet das allgemeine Gleichbehandlungsgebot bspw. in dem sog. Begünstigungs- und Sondervergütungsverbot des § 48b VAG.60 Von wesentlicher Bedeutung in der Lebensversicherung ist ferner die Beteili- 56 gung der Versicherungsnehmer an dem Überschuss und an den Bewertungsreserven (vgl. § 153 VVG). Die zentrale aufsichtsrechtliche Bestimmung zur Überschussbeteiligung bildet dabei § 139 VAG im Zusammenspiel mit § 140 VAG.61

bb) Verantwortlicher Aktuar und Treuhänder Eine besondere Stellung in der Sparte Lebensversicherung nimmt auch bezüglich 57 der Überschussbeteiligung der Verantwortliche Aktuar ein. Dem trägt die Vorschrift des § 141 VAG Rechnung, die im Ausgangspunkt verlangt, dass jedes Lebensversicherungsunternehmen einen Verantwortlichen Aktuar zu bestellen hat.62 Im Weiteren regelt die Norm die Anforderungen an seine Qualifikation, Näheres zu seiner Bestellung und Entlassung, zu seiner Rolle sowie zu seinen Aufgaben. Unter anderem hat der Verantwortliche Aktuar sicherzustellen, dass bei der Berechnung der Prämien und der Deckungsrückstellungen die Grundsätze des § 138 VAG und des § 341f HGB sowie die Grundsätze der DeckRV eingehalten werden. Dem Verantwortlichen Aktuar, der zur ausreichenden Wahrung dauerhafter Produktqualität und -solidität und damit ein Stück weit zur Eigenüberwachung der Unternehmen etabliert wurde, obliegt – bei gleichzeitiger Berücksichtigung auch der Interessen des Versicherungsunternehmens – die ausreichende Wahrung der Belange von Versicherungsnehmern.63 Er unterbreitet dem Vorstand eines Versicherungsunternehmens gemäß § 141 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 VAG einen Vorschlag zur Überschussbeteiligung. Eine weitere wichtige Person ist der Treuhänder in der Lebensversicherung. 58 Gemäß § 142 S. 1 VAG können nach dem 28. Juli 1994 geschlossene Lebensversicherungsverträge hinsichtlich der Prämien (bis zur VVG-Reform in 2008 auch der

_____ 60 Gemäß § 48b Abs. 1 S. 1 VAG ist es Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittlern untersagt, Versicherungsnehmern, versicherten Personen oder Bezugsberechtigten aus einem Versicherungsvertrag Sondervergütungen zu gewähren oder zu versprechen. 61 Siehe hierzu näher Rn. 69 ff. 62 Eine modifizierte Geltung der Vorschrift normieren die §§ 237 und 234 VAG für Pensionskassen und Pensionsfonds. 63 MüKo-VVG/Grote, VVG, Versicherungsaufsichtsrecht Rn. 304 f. m.w.N.

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AVB) nur unter dem Vorbehalt der Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders geändert werden.64 Hinsichtlich Eignung und Bestellungsverfahren verweist § 142 S. 2 VAG auf die für den Prämientreuhänder in der privaten Krankenversicherung geltenden Bestimmungen des § 157 Abs. 1 und 2 VAG.65 Bei EbAV ist zu beachten, dass der unabhängige Treuhänder über die dort genannten Qualifikationen hinaus zudem ausreichende Kenntnisse im Bereich der bAV erworben haben muss (vgl. §§ 234 Abs. 3 S. 3, 237 Abs. 1 S. 1 VAG).

cc) Anzeige- und Informationspflichten 59 Darüber hinaus bestehen in der Lebensversicherung besondere Anzeigepflichten

gegenüber der BaFin. Die maßgebliche Vorschrift des § 143 VAG bestimmt insoweit, dass das Lebensversicherungsunternehmen nach Erteilung der Erlaubnis unverzüglich der Aufsichtsbehörde die Grundsätze für die Berechnung der Prämien und Deckungsrückstellungen einschließlich der verwendeten Rechnungsgrundlagen, mathematischen Formeln, kalkulatorischen Herleitungen und statistischen Nachweise anzuzeigen hat. Entsprechendes gilt bei der Verwendung neuer oder geänderter Grundsätze. Ferner treffen die Unternehmen im Fall der Erbingung von bAV-Leistungen 60 spezielle Informationspflichten gegenüber den Versorgungsanwärtern und Versorgungsempfängern (§ 144 VAG i.V.m. den §§ 234k bis 234p und 235a VAG und der VAG-InfoV).66

2. Anlagegrundsätze und Sicherungsvermögen a) Anlagegrundsätze 61 Für Erstversicherungsunternehmen – und damit auch für Lebensversicherungsunternehmen in der bAV67 – gelten bestimmte vom Gesetz vorgegebene Anlagegrund-

_____ 64 Für Lebensversicherungsverträge, die vor dem 29.7.1994 geschlossen wurden (sog. Altbestand), gilt nach § 336 VAG die bis dato bestehende Rechtslage fort. 65 Aktuell steht das Institut des Prämientreuhänders in der privaten Krankenversicherung in der öffentlichen Diskussion, da Instanzgerichte die Unabhängigkeit des Treuhänders angezweifelt haben; vgl. hierzu Wendt, VersR 2018, 449. Dem ist der BGH (Urt. v. 19.12.2018 – IV ZR 255/17 – BGHZ 220, 297 = NJW 2019, 919) zu Recht entgegengetreten. Gegen die Entscheidung des BGH ist allerdings zur Zeit eine Verfassungsbeschwerde beim BVerfG anhängig (1 BvR 453/19). Grundlegend zur Rechtsstellung des Prämientreuhänders: Grote, Die Rechtsstellung der Prämien-, Bedingungs- und Deckungsstocktreuhänder nach dem VVG und dem VAG, 2002. 66 Siehe hierzu sogleich Rn. 75 ff. 67 Einschließlich Pensionskassen, vgl. § 234 Abs. 2 S. 1 VAG. Für Pensionsfonds gilt § 124 Abs. 1 VAG entsprechend, vgl. § 237 Abs. 2 S. 1 VAG.

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sätze (§ 124 VAG). Dabei verlangt das Aufsichtsrecht grundlegend, dass Versicherungsunternehmen ihre gesamten Vermögenswerte nach dem Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht anlegen müssen (§ 124 Abs. 1 S. 1 VAG). Welche Anforderungen dabei im Einzelnen zu erfüllen sind, ergibt sich aus dem in § 124 Abs. 1 S. 2 VAG normierten Katalog (Nr. 1 bis 8). ■ So fordert Nr. 1, dass die Versicherer ausschließlich in Vermögenswerte und Instrumente investieren dürfen, deren Risiken sie hinreichend identifizieren, bewerten, überwachen, steuern, kontrollieren und in ihre Berichterstattung einbeziehen sowie bei der Beurteilung ihres Solvabilitätsbedarfs hinreichend berücksichtigen können. ■ In Nr. 2 des Katalogs werden daraufhin die Anlagekriterien festgelegt, die darauf lauten, dass durch die Anlage die Punkte Sicherheit, Qualität, Liquidität und Rentabilität des Portfolios als Ganzes sichergestellt werden und dass die Belegenheit der Vermögenswerte ihre Verfügbarkeit gewährleisten muss. ■ Weitere Anlagegrundsätze betreffen die versicherungstechnischen Rückstellungen (Nr. 3), Interessenkonflikte (Nr. 4), derivative Finanzinstrumente (Nr. 5), nicht zum Handel an einem geregelten Finanzmarkt zugelassene Anlagen und Vermögenswerte (Nr. 6), Mischung und Streuung (Nr. 7) und Risikokonzentration (Nr. 8). Für die Anlage von Beiträgen aus fondsgebundenen und indexgebundenen Le- 62 bensversicherungsverträgen, nämlich Lebensversicherungsverträgen, bei denen der Versicherungsnehmer das Anlagerisiko trägt, gelten zum Teil hiervon abweichende und zum Teil zusätzliche spezifische Anforderungen (s. § 124 Abs. 2 VAG). Letztere werden ergänzt durch § 125 Abs. 5 VAG, der anordnet, dass für jede Anlageart eine Abteilung des Sicherungsvermögens (Anlagestock) zu bilden ist.

b) Sicherungsvermögen Die zentrale Vorschrift zum Sicherungsvermögen ist § 125 VAG. Im Kern wird der 63 Vorstand dazu verpflichtet, solange qualifizierte neue Vermögenswerte bzw. Vermögensgegenstände dem Sicherungsvermögen zuzuführen, bis ein näher bezeichneter Mindestumfang erreicht ist. Dieser Mindestumfang umfasst die Summe aus den Bilanzwerten der in § 125 Abs. 2 S. 1 VAG aufgeführten Beträge (u.a. Beitragsüberträge, Deckungsrückstellung, Rückstellung für Rückkäufe und erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattung).

aa) Allgemeine Vorschriften Einzelheiten zum Sicherungsvermögen sind in den §§ 125 bis 131 VAG geregelt: 64 ■ Insbesondere verlangt das Gesetz, dass die Versicherungsunternehmen dafür sorgen, dass die Bestände des Sicherungsvermögens in ein VermögensverGrote

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zeichnis einzeln eingetragen werden (§ 126 VAG). Zur Aufstellung und Führung des Vermögensverzeichnisses hat die BaFin ein Rundschreiben erlassen.68 Zur Überwachung des Sicherungsvermögens u.a. für die Lebensversicherung sind gemäß § 128 VAG ein Treuhänder und ein Stellvertreter für diesen zu bestellen.69 Der Treuhänder hat im Jahresabschluss zu bestätigen, dass das Sicherungsvermögen vorschriftsmäßig angelegt und aufbewahrt ist. Gemäß § 129 Abs. 1 VAG ist zudem das Sicherungsvermögen – zum Schutz der Versicherten – so sicherzustellen, dass nur mit Zustimmung des Treuhänders darüber verfügt werden kann.70 Eine Mittelentnahme aus dem Sicherungsvermögen ist nur unter den in § 130 VAG geregelten Voraussetzungen erlaubt. Dadurch soll es gegen beeinträchtigende Maßnahmen der Geschäftsführung und vor Zugriffen Dritter geschützt werden.71 Denn die dem Sicherungsvermögen zugeführten Vermögensanlagen dienen im Fall der Insolvenz eines Versicherungsunternehmens der bevorrechtigten Befriedigung der Versicherungsnehmer (§ 315 VAG).72

bb) Besondere Regelungen für ein Sozialpartnermodell 65 Mit der Einführung des Sozialpartnermodells durch das Betriebsrentenstärkungs-

gesetz (BRSG)73 ist in der bAV seit dem 1.1.2018 zudem eine weitere Vorschrift im Zusammenhang mit dem Sicherungsvermögen zu beachten. Führt nämlich ein Lebensversicherungsunternehmen die neu etablierte reine Beitragszusage durch,74 ist gemäß § 244c Nr. 2 VAG unter Berücksichtigung der jeweiligen Tarifverträge ein gesonderter Anlagestock i.S.d. § 125 Abs. 5 VAG, d.h. eine gesonderte Abteilung des Sicherungsvermögens75 wie bei fondsgebundenen Lebensversicherungen, einzurichten. Dies gilt auch für Pensionskassen. Im Fall eines Pensionsfonds ist entsprechend ein gesondertes Sicherungsvermögen einzurichten (§ 244c Nr. 1 VAG).

_____ 68 Rundschreiben 6/2017 (VA) v. 13.6.2017 – Aufstellung und Führung eines Vermögensverzeichnisses. Für Pensionskassen und Pensionsfonds gilt das BaFin-Rundschreiben 6/2016 (VA) v. 1.12. 2016 – Aufstellung und Führung des Vermögensverzeichnisses, Vorlage des Ausdrucks und Aufbewahrung des Sicherungsvermögens. 69 Siehe hierzu auch das BaFin-Rundschreiben 3/2016 v. 25.5.2016 – Treuhänder zur Überwachung des Sicherungsvermögens sowie grundlegend zur Rechtsstellung des Sicherungsvermögenstreuhänders: Grote, 1 ff. 70 Der Treuhänder hat insbesondere die Bestände des Sicherungsvermögens unter Mitverschluss des Versicherungsunternehmens zu verwahren (§ 129 Abs. 2 S. 1 VAG). 71 Brand/Baroch Castellví/Winter/van Meegen, § 130 Rn. 1. 72 Brand/Baroch Castellví/Winter/van Meegen, § 128 Rn. 3. 73 Gesetz zur Stärkung der bAV und zur Änderung anderer Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz) v. 17.8.2017, BGBl. I S. 3214. 74 Kap. 1 Rn. 523 ff. 75 Dies stellt auch der Gesetzgeber klar, BT-Drucks. 18/11286, S. 54.

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Diese Separierung in Anlagestock bzw. Sicherungsvermögen ist für alle Einrich- 66 tungen, die die reine Beitragszusage durchführen, verpflichtend.76 Praxistipp 3 Nach der Gesetzentwurfsbegründung können bei Tarifverträgen, die eine differenzierte Durchführung der reinen Beitragszusage vorsehen, auch mehrere getrennte Sicherungsvermögen bzw. Anlagestöcke erforderlich sein.77 Folglich ist je Modell mindestens ein eigener Anlagestock vorzuhalten. Durch die Einrichtung eines getrennten Anlagestocks wird die reine Beitragszusage – aufgrund Andersartigkeit des Risikos – insbesondere von dem anderen Geschäft des Versorgungsträgers getrennt.

Durch die Separierung wird die Möglichkeit einer Quersubventionierung ausge- 67 schlossen. Für die im getrennten Anlagestock vorgehaltenen Kapitalanlagen gelten die Regelungen zur Vermögensanlage bei Pensionsfonds (§§ 16–20 PFAV) einheitlich auch für Pensionskassen und andere Lebensversicherungsunternehmen (§ 34 S. 2 PFAV).

3. Überschussbeteiligung Wie bereits angesprochen 78 sind die Versicherungsnehmer bzw. die Bezugsbe- 68 rechtigten (§ 159 VVG) an den Überschüssen, die infolge der nach § 138 Abs. 1 VAG durchzuführenden vorsichtigen Prämienkalkulation bei den Erstversicherern entstehen, im Sinne einer Art Ausgleich für die höheren Prämien zu beteiligen.

a) Berechnung der Überschussbeteiligung Hinsichtlich der Berechnung der Überschussbeteiligung, die sich gemäß § 153 69 Abs. 1 VVG aus dem Überschuss und den Bewertungsreserven zusammensetzt, gelten sowohl versicherungsvertragsrechtliche als auch aufsichtsrechtliche Vorgaben. Im Aufsichtsrecht stehen die in § 139 VAG enthaltenen Regelungen im Mittelpunkt, die um Vorgaben nach § 140 VAG sowie § 145 VAG i.V.m. der Mindestzuführungsverordnung (MindZV) 79 ergänzt werden. Aber auch der Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 138 Abs. 2 VAG erlangt hier erneut Bedeutung. Denn

_____ 76 Zur Kritik hierzu mit Blick auf eine Benachteiligung der Direktversicherung siehe Grote, BetrAV 5/2017, 382. 77 BT-Drucks. 18/11286, S. 54. 78 Siehe Rn. 56. 79 Die Regelungen der MindZV in Bezug auf die Mindestzuführung zur RfB findet auch auf nicht regulierte Pensionskassen Anwendung; für regulierte Kassen gelten hingegen die satzungsmäßigen und sonstigen Regelungen zur Überschussbeteiligung. Auf Pensionsfonds ist die MindZV generell nicht anwendbar; hier halten die §§ 13 ff. PFAV Regelungen für die Überschussbeteiligung vor.

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zum einen gehört auch die Überschussbeteiligung zu den Leistungen im Sinne der Norm.80 Zum anderen verlangt § 153 Abs. 2 S. 1 VVG eine Überschussbeteiligung nach einem verursachungsorientierten Verfahren. 3 Praxistipp Anerkannt ist, dass Verursachungsorientiertheit keine Verursachungsgerechtigkeit bedeutet, sondern dass die Verteilung bzw. Belastung nach den Beiträgen von Abrechnungsverbänden oder Bestandsgruppen zur Überschussentstehung und im Sinne der Generationengerechtigkeit zu erfolgen hat.81 Diese Dimensionen sind letztlich ebenfalls Ausprägungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes.

b) Rückstellung für Beitragsrückerstattung 70 Der eng mit der vertragsrechtlichen Norm des § 153 VVG82 korrespondiere § 139 VAG

bestimmt in Absatz 1, dass die für die Überschussbeteiligung der Versicherten bestimmten Beträge, soweit sie den Versicherten nicht unmittelbar zugeteilt wurden (sog. Direktgutschrift), in der Bilanz in eine Rückstellung für Beitragsrückerstattung (kurz RfB)83 einzustellen sind. 71 Die der RfB zugewiesenen Beträge dürfen gemäß § 140 Abs. 1 S. 1 VAG nur für die Überschussbeteiligung der Versicherten verwendet werden, es sei denn, es liegt für die nicht festgelegten Überschussanteile eine Ausnahme nach Satz 2 vor (drohender Notstand, unvorhersehbare Verluste, Anpassung der Rechnungsgrundlagen aufgrund einer unvorhersehbarer Änderung der Verhältnisse). Gemäß § 140 Abs. 2 VAG liegt ein die Belange der Versicherten gefährdender Missstand u.a. dann vor, wenn keine angemessene Zuführung zur RfB erfolgt.

c) Höhe der Überschussbeteiligung 72 Die Höhe der Überschussbeteiligung hängt von verschiedenen Faktoren ab, u.a.

von der Zinsentwicklung am Kapitalmarkt. 73 Auswirkungen auf die Überschüsse hat u.a. die im Jahr 2011 als Reaktion auf die lang anhaltende Niedrigzinsphase eingeführte Zinszusatzreserve.84 Diese Reserve soll die spätere Finanzierung der Garantiezusagen, die bei zum Teil über Jahrzehnte

_____ 80 Vgl. BR-Drucks. 23/94, S. 165 zur Vorgängerregelung § 11 Abs. 2 VAG a.F. 81 Vgl. nur MüKo-VVG/Heiss, § 153 Rn. 41 ff. 82 Danach steht dem Versicherungsnehmer ein gesetzlicher Anspruch auf Beteiligung am Überschuss einschließlich der Bewertungsreserven zu. 83 Die RfB stellt eine versicherungstechnische Rückstellung dar (§ 341e Abs. 2 Nr. 2 HGB). 84 Der mit dem Aufbau der Zinszusatzreserve verbundene Aufwand vermindert in voller Höhe den Mindestanteil der Versicherten an den Kapitalerträgen nach der MindZV. Umgekehrt erhöht der mit einem möglichen Abbau der Reserve verbundene Ertrag diesen Anteil in voller Höhe.

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laufenden Lebensversicherungsverträgen erteilt werden, sicherstellen. Die Zinszusatzreserve ist von den Unternehmen als Teil der handelsrechtlichen Deckungsrückstellung (§ 341f Abs. 2 HGB, § 5 Abs. 3 DeckRV) zu bilden. Die notwendigen Mittel zu generieren, um diesen zusätzlichen Passivposten abzubilden, stellt die Unternehmen vor enorme Herausforderungen.85 Bei einem noch weiter anhaltenden Niedrigzinsumfeld ergibt sich bei einem weiter abfallenden Referenzzins ein hoher Nachreservierungsbedarf. Der Umstand, dass der RfB in den Jahren des Aufbaus der Zusatzreserve weniger zugeführt werden kann (und muss), hat zur Folge, dass die Überschussbeteiligung insgesamt niedriger ausfällt, da auch nur geringere Entnahmen möglich sind. Ein umgekehrter Effekt ergibt sich in den Jahren des Abbaus der Zinszusatzreserve. Beispiel 5 Auch EbAV haben in den vergangenen Jahren in Reaktion auf die Niedrigzinsphase ihre Deckungsrückstellungen verstärkt und die Überschussbeteiligung reduziert. 86 Der von EIOPA in 2017 durchgeführte europaweite Stresstest für EbAV87 bestätigte zudem die Einschätzung der BaFin, dass eine andauernde Niedrigzinsphase für die deutschen EbAV eine große Herausforderung bliebe.88

Nach Auffassung der BaFin könnte zwar die neu eingeführte reine Beitragszusage 74 ein guter Weg sein, um Probleme mit hohen Garantiezinsen künftig zu vermeiden, dies helfe aber nicht dabei, die hohen Garantien der Vergangenheit besser zu bewältigen.89 Mit Blick auf die – ggf. notwendig werdende – Zuführung externer Mittel (z.B. von Aktionären oder Arbeitgebern) weist die Aufsichtsbehörde darauf hin, dass eine entsprechende Zurverfügungstellung häufig mit komplexen Fragen verbunden sei, bspw. dann, wenn eine sehr große Anzahl an Arbeitgebern vorhanden ist. Die BaFin hält es deshalb für wichtig, dass die Pensionskassen die potentiellen externen Geldgeber frühzeitig einbeziehen.90

4. Informationspflichten Die aufsichtsrechtlichen Informationspflichten für den Durchführungsweg Direkt- 75 versicherung sind in § 144 VAG geregelt, der allerdings in seinem Absatz 1 insoweit

_____ 85 Ausführlich zur Direktversicherung in der Niedrigzinsphase siehe Grote/Ulbrich, BetrAV 03/2016, 84. 86 BaFinJournal 12/2017, 46. 87 Der Auswertungsbericht (EIOPA-BoS-17/370) v. 13.12.2017 ist auf der Webseite von EIOPA abrufbar. 88 BaFinJournal 12/2017, 46; die BaFin weist darauf hin, dass es trotz der bereits ergriffenen Maßnahmen in den nächsten Jahren bei einigen Pensionskassen zu Schieflagen kommen könnte, wenn nicht Mittel von außen zugeführt werden. 89 BaFinJournal 12/2017, 46. 90 BaFinJournal 12/2017, 46.

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nur die entsprechende Anwendbarkeit der §§ 234k bis 234p und 235a VAG anordnet, die wiederum für Pensionskassen den Umfang der Informationspflichten gegenüber Versorgungsanwärtern und -empfängern regeln. Aufgrund dieses Verweises sind dann auch die Vorschriften der VAG-InfoV zu beachten.91 Nach diesen Vorschriften haben Lebensversicherungsunternehmen, soweit sie Leistungen der bAV erbringen, den Versorgungsanwärtern und -empfängern, die nicht zugleich Versicherungsnehmer sind, mindestens die in diesen Vorschriften genannten Informationen zur Verfügung zu stellen.

a) Pflichten vor Beginn des Versorgungsverhältnisses 76 Der Versicherer hat zunächst bei Beginn des Versorgungsverhältnisses bestimm-

te Informationen zu übermitteln, s. insb. §§ 144 Abs. 1 i.V.m. 234m VAG. Dies sind u.a. ■ Angaben zum Anbieter (u.a. Name, Anschrift und Rechtsform), ■ die Vertrags- und Tarifbedingungen, ■ die Angabe des auf den Vertrag anwendbaren Rechts, ■ Angaben zur Laufzeit des Versorgungsverhältnisses, zur einschlägigen Steuerregelung und zu Risiken des Altersversorgungssystems, ■ Angaben darüber, ob und wie der Anbieter ethische, soziale und ökologische Belange bei der Verwendung der eingezahlten Beiträge berücksichtigt, sowie ■ Angaben darüber, inwieweit die Leistungen im Versorgungsfall der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterliegen. 77 Zum großen Teil entsprechen die danach geschuldeten Informationen den gegen-

über den Versicherungsnehmern nach der VVG-InfoV zu erteilenden Angaben.92 Ob es im Rahmen der §§ 144 i.V.m. 234m VAG hinsichtlich des Zeitpunkts der Informationserteilung („bei Beginn“) genügt, wenn die Informationen nicht schon „mit“ Beginn, sondern (erst) unverzüglich nach Beginn des Versorgungsverhältnisses überreicht werden, ist fraglich. Klarheit schafft insoweit § 234n VAG nur für den Fall, dass ein Versorgungsanwärter nicht automatisch in ein Versorgungssystem einbezogen wird. Denn diesen Personen sind die Informationen zur Verfügung zu stellen, bevor sie dem Versorgungssystem beitreten – also weder „mit“ Beginn noch unverzüglich danach, sondern vorher. Entsprechendes ergibt sich auch aus § 6 VAG-InfoV. All das spricht dann im Umkehrschluss dafür, dass es in allen anderen Fällen auch unverzüglich nach Beginn noch ausreicht, zumal ein

_____ 91 Auf Rückdeckungsversicherungen finden die Regelungen keine Anwendung, vgl. Brand/Baroch Castellví/Baroch Castellví, § 144 Rn. 3 m.w.N. (noch zur alten Rechtslage). 92 Vgl. allgemein zu den Unterschieden die Ausführungen unter Rn. 203 ff.

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früher Zeitpunkt bei einer automatischen Einbeziehung auch nur schlecht realisierbar ist.93

b) Pflichten während des Versorgungsverhältnisses Darüber hinaus haben die Unternehmen auch während des Versorgungsverhält- 78 nisses für eine laufende Unterrichtung der Versorgungsanwärter und -empfänger zu sorgen, s. insb. §§ 144 Abs. 1 i.V.m. 234o und 234p VAG, so bspw. ■ anlassbezogen durch die Mitteilung von Änderungen, die beim Anbieter eingetreten sind (z.B. bzgl. Name, Anschrift oder Rechtsform). ■ jährlich, erstmals bei Beginn des Versorgungsverhältnisses, durch die Zurverfügungstellung von Informationen ■ über die voraussichtlichen Leistungen. Die Angaben zur Höhe der voraussichtlichen Leistungen betreffen insbesondere die Überschussbeteiligung. Insofern muss der Auskunft deutlich zu entnehmen sein, dass künftig hochgerechnete Überschüsse nicht garantiert sind.94 ■ über die Anlagemöglichkeiten und die Struktur des Anlagenportfolios sowie ■ über das Risikopotential und – wenn der Anwärter das Anlagerisiko trägt – über mit der Anlage verbundene Kosten ■ (Kurzinformation) über die Lage der Einrichtung sowie über den aktuellen Stand der Finanzierung der Versorgungsansprüche. ■ auf Anfrage durch die Zurverfügungstellung ■ des Jahresabschlusses und des Lageberichts des letzten Geschäftsjahres sowie ggf. des Jahresberichts für ein gebildetes Sondervermögen, ■ der Erklärung über die Grundsätze der Anlagepolitik sowie ■ der Höhe der Leistungen und die Modalitäten der Übertragung von Anwartschaften im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Verfügung.

c) Weiteres zu den Informationspflichten Eine bestimmte Form der Übermittlung der anfänglichen und laufenden Auskünfte 79 sieht das Gesetz nicht ausdrücklich vor. Allerdings ordnet §§ 144 Abs. 1 i.V.m. 234k Abs. 1 VAG an, dass die Informationen in deutscher Sprache „gefasst“, klar, prägnant und verständlich „formuliert“ sowie in „lesefreundlicher Form“ sein müssen. Das deutet darauf hin, dass es sich um etwas „Geschriebenes“ handeln könnte.

_____ 93 Dafür spricht sich generell Brand/Baroch Castellví/Baroch Castellví, § 144 Rn. 8 aus (noch zur alten Rechtslage). 94 Brand/Baroch Castellví/Baroch Castellví, § 144 Rn. 15.

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3 Praxistipp Teilweise wird gleichwohl davon ausgegangen, dass die Angaben prinzipiell auch mündlich mitgeteilt werden könnten,95 was sich allerdings bereits unter dem Gesichtspunkt der erschwerten Nachweisbarkeit nicht empfiehlt. Dieser Auffassung dürfte zudem spätestens mit Erlass der VAGInfoV der Boden entzogen sein. Denn § 2 Abs. 1 VAG-InfoV, der gemäß §§ 144 Abs. 1 i.V.m. 235a VAG zu beachten ist, ordnet an, dass die Informationen „elektronisch oder in Papierform“ zu erteilen sind. 80 Damit ist zwar wiederum keine der in den §§ 126 ff. BGB geregelten Formen ange-

sprochen. Die amtliche Begründung zu § 2 VAG-InfoV spricht aber dafür, dass jede auf Papier gedruckte sowie auf einem dauerhaften Datenträger gespeicherte als auch über ein Internetportal dauerhaft abrufbare Information insoweit ausreichend ist, sofern der Versorgungsanwärter nicht von seinem Recht aus § 2 Abs. 2 VAG-InfoV Gebrauch macht, die Informationen in Papierform zu verlangen. Als ausreichend wird es im Übrigen angesehen, wenn das Lebensversiche81 rungsunternehmen dem Arbeitgeber die Informationen zur Verfügung stellt und dieser sie – auf Basis einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Versicherer – an die Arbeitnehmer weiterleitet.96 3 Praxistipp Der Versicherer sollte mit Blick auf eine mögliche BaFin-Prüfung bereits bei Vertragsabschluss eine klare Verpflichtung zur Weiterleitung der Unterlagen mit dem Arbeitgeber vereinbaren und sich die Weiterleitung bestätigen lassen. Der Arbeitgeber sollte wiederum im eigenen Interesse diese vertragliche Verpflichtung gegenüber dem Versicherer ernst nehmen, da sie auch arbeitsrechtlich97 im Verhältnis zu seinem Arbeitnehmer geschuldet ist. 82 Bei den mitzuteilenden Informationen handelt es sich um Mindestangaben. Die

Unternehmen sind somit nicht daran gehindert, den Empfängern weitere Informationen mitzuteilen. Die geschilderten Informationspflichten bestehen auch für Versicherungsge83 schäfte, die der Lebensversicherer in anderen EU- oder EWR-Staaten tätigt. Dies allerdings nur dann, wenn den Versicherungsverträgen deutsches Recht zugrunde liegt (§ 144 Abs. 2 VAG).

_____ 95 Brand/Baroch Castellví/Baroch Castellví, § 144 Rn. 6, der jedoch gleichzeitig darauf hinweist, dass für bestimmte Informationen die mündliche Form kaum geeignet erscheint. Nach a.A. sei im Hinblick auf den Informationsinhalt unter Heranziehung von § 7 Abs. 1 S. 1 VVG davon auszugehen, dass die Informationen in Textform zu geben sind, vgl. Prölss/Dreher/Präve, § 144 Rn. 6. 96 Brand/Baroch Castellví/Baroch Castellví, § 144 Rn. 6. 97 Siehe dazu auch Kap. 1 Rn. 59 ff.

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III. Pensionskasse 1. Überblick Für Pensionskassen finden sich im 4. Teil des VAG eigenständige aufsichtsrechtli- 84 che Regelungen. Zentrale Vorschrift ist der eingangs bereits erwähnte § 232 VAG, der festlegt, dass Pensionskassen Lebensversicherungsunternehmen sind. Weiter regelt diese Vorschrift die Grundsätze zur Leistungserbringung und des Betriebs des Versicherungsgeschäfts. Weiter werden dort die Sparten der Anlage 1 zum VAG benannt, die Pensionskassen betreiben dürfen. Es sind die Sparten Leben, fondsgebundene Lebensversicherung und Geschäfte der Verwaltung von Versorgungseinrichtungen. Demzufolge sind Pensionskassen also in ihrer Geschäftstätigkeit gegenüber Lebensversicherungsunternehmen eingeschränkt, da diese – wie eingangs erwähnt98 – auch in anderen Sparten der Anlage 1 zum VAG tätig werden dürfen, soweit diese Sparten generell der Lebensversicherung zuzuordnen sind. Dieser Unterschied erklärt sich damit, dass Pensionskassen als Einrichtungen der bAV nur in diesem Bereich tätig sein dürfen und daher z.B. die Heiratsversicherung nicht anbieten müssen (und eben auch nicht dürfen). Bei Pensionskassen wird zwischen regulierten und deregulierten Pensions- 85 kassen unterschieden. Regulierte Pensionskassen unterliegen einer stärkeren Aufsicht durch die BaFin und dürfen viele Entscheidungen nur mit deren Zustimmung umsetzen. Die von regulierten Pensionskassen zu beachtenden Vorschriften sind in § 233 VAG niedergelegt.99 Praxistipp 3 Vor der Umsetzung der EbAV II-Richtlinie sah § 234 Abs. 1 VAG a.F. noch vor, dass auf Pensionskassen die auf kleine Versicherungsunternehmen §§ 212 bis 216 VAG anwendbaren Vorschriften anzuwenden waren. Die §§ 212 bis 216 VAG enthielten wiederum zahlreiche Weiterverweisungen, wodurch bereits die Bestimmung der auf Pensionskassen anzuwendenden Vorschriften eine zum Teil beachtenswerte Fleißarbeit mit sich brachte. Diese Verweisungsketten sind mit Umsetzung der EbAV II-Richtlinie entfallen, was aus Sicht der Rechtsanwender nur zu begrüßen ist. Denn jetzt sind auf Pensionskassen schlicht die Vorschriften für Erstversicherer bzw., durch die Eingruppierung der Pensionskassen als Lebensversicherungsunternehmen, die für Lebensversicherer geltenden Vorschriften anzuwenden, soweit sich aus den Regelungen der §§ 232 ff. VAG nichts Anderweitiges ergibt.100 Allerdings hat diese Vereinfachung zu Beginn des Jahres 2019 auch dazu geführt, dass das gesamte Kapitel Pensionskassen umstrukturiert wurde. Anstatt einer zentralen Verweisungsnorm mit zahlreichen weiteren Verweisungsketten ist durch die Einführung der §§ 234a bis 234p und 235a VAG weitestgehend ein eigenständiger Regelungskanon für Pensionskassen geschaffen worden, der nur noch wenige direkte Verweisungen auf andere Vorschriften des VAG enthält.

_____ 98 Siehe dazu auch Rn. 29. 99 Siehe Rn. 104 ff. 100 BT-Drucks. 19/4673, S. 58.

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Kapitel 6 Versicherungsvertragsrecht und Versicherungsaufsichtsrecht der bAV

Dementsprechend steht der Rechtsanwender momentan vor der Herausforderung, festzustellen, was sich mit Umsetzung der EbAV II-Richtlinie in diesem Bereich geändert hat.101 Hinzu kommt, dass die Solvency II-Rahmenrichtlinie nicht für Pensionskassen gilt. Die EbAV II-Richtlinie hat hieran nichts geändert. Das führt dazu, dass es auch insoweit zu Unterschieden zwischen Pensionskassen und anderen Lebensversicherungsunternehmen kommen kann. 86 Überblicksmäßig hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang vor allem, ■







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dass bezüglich der Geschäftsorganisation auf Pensionskassen nunmehr die §§ 23 ff. VAG anzuwenden sind, soweit ihr Anwendungsbereich nicht durch §§ 234a ff. VAG eingeschränkt wird. dass Pensionskassen nach neuer Rechtslage über Schlüsselfunktionen gem. § 234b VAG verfügen müssen, die besonderen Anforderungen unterliegen. Es müssen in jedem Fall die Risikomanagementfunktion (Risikocontrollingfunktion) und die interne Revisionsfunktion vorhanden sein, im Regelfall auch eine versicherungsmathematische Funktion. Der Revisionsfunktion muss jedoch keine Compliance-Funktion i.S.v. § 29 Abs. 1 S. 1 VAG angegliedert sein. Wird die Pensionskasse aber als AG betrieben, folgt aus § 91 Abs. 2 AktG die Pflicht, eine Compliance-Funktion einzurichten. Diese gesellschaftsrechtlichen Anforderungen unterschreiten jedoch die versicherungsrechtlichen Vorgaben zu einer Compliance-Funktion, so dass trotz weitergehender aktienrechtlicher Vorgaben Pensionskassen immer noch gewisse Erleichterungen gegenüber anderen Lebensversicherungsunternehmen haben, die aus ihrer eingeschränkten Geschäftstätigkeit resultieren. dass gem. § 234a Abs. 1 S. 1 VAG die Geschäftsorganisation einer Pensionskasse auch bezüglich der Größenordnung ihrer Tätigkeit angemessen sein muss. Die Größenordnung der Tätigkeit kann dabei z.B. an der Bilanzsumme festgemacht werden. Auch das führt zu gewissen Erleichterungen. dass sich mit Blick auf die nach § 23 Abs. 3 VAG aufzustellenden Leitlinien, die nach § 234a Abs. 3 VAG nur alle drei Jahre überprüft werden müssen weitere Erleichterungen für Pensionskassen ergeben. dass die Regelungen zum Produktfreigabeverfahren für Pensionskassen auch nach neuer Rechtslage nicht. dass die Vergütungsregelungen und Praktiken (Vergütungssysteme) für die bei Pensionskassen tätigen Personen (Geschäftsleiter, Mitarbeiter und Aufsichtsratsmitglieder) zwar grundsätzlich § 25 VAG entsprechen und damit u.a. angemessen und transparent sein müssen. Jedoch ist auch insoweit nach § 234a Abs. 5 VAG der Größe und der internen Organisation der Pensionskasse sowie der Größenordnung, der Art, dem Umfang und der Komplexität ihrer Geschäftstätigkeiten angemessen Rechnung zu tragen.

_____ 101 Siehe dazu unten Rn. 86 ff. und 98 ff.

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B. Versicherungsaufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen

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In den §§ 234f bis 234j VAG finden sich ferner Vorschriften zur Kapitalausstattung 87 und zur Kapitalanlage, danach ■ müssen Pensionskassen nach § 234f VAG bezüglich der Kapitalausstattung nicht die Voraussetzungen wie Erstversicherer (§§ 89 bis 123 VAG) erfüllen, sondern gemäß § 234g VAG wie kleine Versicherungsunternehmen über Eigenmittel mindestens in Höhe der Solvabilitätskapitalanforderungen verfügen. Im Gegensatz zu kleinen Versicherungsunternehmen besteht aber keine Mindestkapitalanforderung. ■ enthält § 234h VAG speziell für Pensionskassen Modifizierungen zu den allgemeinen Anlagegrundsätzen für Erstversicherungsunternehmen bzw. Lebensversicherungsunternehmen.102 Die Norm dient im Wesentlichen der Umsetzung von Art. 19 Abs. 1 EbAV II-Richtlinie. Als eigenständiger ergänzender Teil zu § 124 VAG legt § 234h Abs. 1 und 2 VAG fest, dass Pensionskassen die Vermögenswerte zum größtmöglichen langfristigen Nutzen der Versorgungsanwärter und Versorgungsempfänger anzulegen haben und bei derivativen Finanzinstrumenten bestimmte Risikokonzentrationen zu vermeiden sind. Darüber hinaus ist ausdrücklich geregelt, dass ein Interessenkonflikt bei der Kapitalanlage im Interesse der Versorgungsanwärter als versicherte Personen und nicht im Interesse des Arbeitgebers als Versicherungsnehmer zu lösen ist. Pensionskassen können bei der Kapitalanlage mögliche langfristige Auswirkungen auf ökologische, soziale und die Unternehmensführung betreffende Belange berücksichtigen. Wenn sie dies machen möchten, sind sie trotzdem weiterhin an den Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht gebunden.103 Über die Grundsätze ihrer Anlagepolitik haben Pensionskassen die Aufsichtsbehörde im jährlichen Turnus zu informieren. Ändern sie ihre Anlagepolitik, ist die Aufsichtsbehörde über die Änderungen unverzüglich zu informieren. ■ haben Pensionskassen bei der Anlage des Sicherungsvermögens im Wesentlichen die gleichen Vorschriften zu beachten wie kleinere Versicherungsunternehmen. Dies folgt aus der Einzelverweisung des § 234j auf § 215 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 7 VAG. Die einzelnen in § 215 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 VAG aufgelisteten Anlageprodukte z.B.: Darlehensforderungen, Schuldverschreibungen, Aktien, Grundstücke und Anteile an Organismen für gemeinschaftliche Anlagen in Wertpapieren zeichnen sich dadurch aus, dass sie weniger komplex bzw. ausreichend geprüft sind und so sicherstellen, dass zur Begleichung der Ansprüche der Versorgungsempfänger solide Vermögenswerte vorhanden sind. ■ Die Informationspflichten der Pensionskasse gegenüber den Versorgungsanwärtern und Versorgungsempfängern sind in §§ 234k bis 234p VAG geregelt.104

_____ 102 Siehe Rn. 61 ff. 103 BT-Drucks. 19/4673, S. 58. 104 Siehe dazu sogleich Rn. 113.

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Kapitel 6 Versicherungsvertragsrecht und Versicherungsaufsichtsrecht der bAV

Über die gesetzlichen Regelungen hinausgehende Vorgaben können – wie im Versicherungsaufsichtsrecht üblich – in Rechtsverordnungen gemacht werden. Die Ermächtigung zum Erlass solcher Rechtsverordnungen ist in den §§ 235 und 235a VAG geregelt, wobei § 235 VAG zum Erlass von Rechtsverordnungen bzgl. der Finanzaufsicht ermächtigt und § 235a VAG die Informationspflichten betrifft. Insoweit ist als erste Rechtsverordnung die VAG-InfoV105 zu beachten.

2. Merkmale und mögliche Rechtsformen a) Merkmale 88 Nach § 232 VAG ist eine Pensionskasse ein selbständiges Lebensversicherungsunter-

nehmen. Das Erfordernis der Selbständigkeit verlangt insoweit, dass eine Pensionskasse als eigenständige juristische Person betrieben werden muss, welche vom Trägerunternehmen bzw. einer Träger-Berufsvereinigung rechtlich unabhängig ist. Das Trägerunternehmen und die Pensionskasse dürfen somit nicht identisch sein.106 Pensionskassen unterliegen als Einrichtung der bAV einer besonderen Zweck89 bindung dahingehend, dass ausschließlich der (teilweise) Wegfall des Erwerbseinkommens im Ruhestand absichert wird. Der Begriff des Erwerbseinkommens führt aufsichtsrechtlich grundsätzlich zu keiner Einschränkung des versicherbaren Personenkreises auf Arbeitnehmer, da unter Erwerbseinkommen sowohl Einkommen aus nichtselbständiger als auch aus selbständiger Tätigkeit zu fassen ist. Historisch dienen Pensionskassen zwar der Absicherung von Arbeitnehmern. Es können aber grundsätzlich auch Personen, die regelmäßig Dienstleistungen erbringen, ohne Arbeitnehmer zu sein (arbeitnehmerähnliche Personen), Versorgungsanwartschaften einer Pensionskasse erwerben und später Versorgungsleistungen erhalten.107 Die durch eine Pensionskasse absicherbaren Risiken für das Wegfallen des Er90 werbseinkommens sind auf Alter, Invalidität und Tod beschränkt. Dabei handelt es sich um sog. biometrische Risiken, von denen mindestens eines durch die arbeitsrechtliche Zusage des Arbeitgebers nach § 1 Abs. S. 1 BetrAVG abgedeckt sein muss und die typischer Weise auch durch eine Lebensversicherung abgesichert werden. Wie die Auszahlung der Versorgungsleistung erfolgt, also in Form von Renten- oder Kapitalzahlungen ist aus aufsichtsrechtlicher Sicht unerheblich.108 Die Pensionskasse ist gemäß § 232 Abs. 1 Nr. 1 VAG verpflichtet, ihr Versiche91 rungsgeschäft im Wege des Kapitaldeckungsverfahrens zu betreiben. Dabei handelt es sich um ein Kalkulations- und Finanzierungsverfahren, dass auf dem Grund-

_____ 105 Siehe Rn. 18. 106 Kaulbach/Bähr/Pohlmann/Schäfers, § 232 Rn. 24. 107 BeckOK VAG/Walddörfer/Wilhelm 4. Edition Stand: 1.12.2018, § 232 Rn. 1. 108 Zur arbeitsrechtlichen Perspektive Kap. 1 Rn. 205 ff.

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B. Versicherungsaufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen

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satz basiert, dass die während der Anwartschaftsphase erhaltenen Beiträge zum Aufbau eines Kapitalstocks verwendet werden, welcher in der Versorgungsphase zusammen mit den Erträgen für die Versorgungsleistungen aufzuzehren ist.109 Insoweit unterscheidet sich das Kapitaldeckungsverfahrens vom Umlageverfahren, bei dem die laufenden Versorgungsleistungen durch die laufenden Beiträge finanziert werden, so dass die Beitragszahler die Versorgungsleistungen der vorhergehenden Generationen von Beitragszahlern finanzieren. Praxistipp 3 Die beim Kapitaldeckungsverfahren herzustellende versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen dem Barwert der Leistungen und dem Barwert der Beiträge unterliegt keinen Beschränkungen und erfolgt in der Regel individuell.110 Allerdings erfolgt die Kapitalanlage immer im Kollektiv und nie einzelfallbezogen. Dieser kollektive Sparvorgang führt ebenfalls zu einem gewissen, Generationen von Beitragszahlern umfassenden Ausgleich.

Prägend für Pensionskassen ist weiterhin, dass sie die Versorgungsleistungen ge- 92 mäß § 232 Nr. 2 VAG erst erbringen dürfen, wenn Erwerbseinkommen zumindest teilweise wegfällt. Todesfallleistungen dürfen nach § 232 Nr. 3 VAG grundsätzlich nur an Hinterbliebene geleistet werden. Eine Ausnahme gilt für die gewöhnlichen Bestattungskosten, die auch an Dritte erbracht werden können, da der Versicherte so für die eigene Bestattung Vorsorge betreiben kann, auch wenn er keine Hinterbliebenen hat. Der Hinterbliebenenbegriff wurde aufsichtsrechtlich nicht konkretisiert und ist daher in üblicher Weise rentenversicherungsrechtlich zu konkretisieren.111 Hinterbliebene sind also Ehegatten, eingetragene Lebenspartner und Kinder. Die AVB der Pensionskassen belassen es aber regelmäßig nicht bei dieser Aufzählung, sondern nennen weitere Merkmale. Der Grund dafür liegt jedoch im Steuerund nicht im Aufsichtsrecht.112 Im Unterschied zu einer Unterstützungskasse muss eine Pensionskasse der ver- 93 sicherten Person nach § 232 Abs. 1 Nr. 4 VAG einen eigenen Rechtsanspruch auf die Versorgungsleistung einräumen. Nach § 232 Abs. 1 Nr. 4 VAG können Leistungen auch im Wege der Rückde- 94 ckungsversicherung erbracht werden. Ansprüche auf die Versorgungsleistungen stehen dann dem Arbeitgeber als Versicherungsnehmer und nicht der versicherten Person zu.113

_____ 109 Kaulbach/Bähr/Pohlmann/Schäfers, § 232 Rn. 25. 110 BeckOK VAG/Walddörfer/Wilhelm 4. Edition Stand: 1.12.2018, § 232 Rn. 7. 111 Zum arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Hinterbliebenenegriff siehe Kap. 1 Rn. 182 ff. bzw. Kap. 2 Rn. 7. 112 Zu einzelnen steuerrechtlichen Anforderungen siehe BMF-Rundschreiben v. 6.12.2017 (IV C 5 – S 2333/17/10002) Rn. 4.; Kap. 2 Rn. 7. 113 Siehe dazu vertieft Rn. 341 ff.

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Kapitel 6 Versicherungsvertragsrecht und Versicherungsaufsichtsrecht der bAV

b) Rechtsformen 95 Da eine Pensionskasse als ein selbständiges Lebensversicherungsunternehmen be-

trieben wird, gilt für sie auch die Rechtsformbeschränkung des § 8 Abs. 2 VAG. Zulässig ist der Betrieb als AG, SE, VVaG sowie Körperschaft und Anstalt des öffentlichen Rechts.114 Regelungen zum VVaG finden sich in den §§ 171 bis 210 VAG. Insoweit ist zwi96 schen einem „großen“ VVaG und dem kleineren Verein zu unterscheiden, der in § 210 VAG legal definiert ist. Die Organisation des „großen“ VVaG entspricht weitestgehend dem der AG. Der Betrieb von Pensionskasse erfolgt dagegen überwiegend in der Form des 97 kleineren Vereins.115 Nach § 210 VAG zeichnen sich diese Unternehmen dadurch aus, dass sie bestimmungsgemäß einen sachlichen, örtlichen oder dem Personenkreis nach eng begrenzten Wirkungskreis haben. Die aufsichtsrechtlichen Regelungen zu den Organen des kleinen Vereins knüpfen gemäß § 210 Abs. 2 VAG an das allgemeine Vereinsrecht des BGB an und nicht wie beim „großen“ VVaG gemäß §§ 188 ff. VAG an die AG. Der Grund für die Vereinfachung ist der wenig komplexe Geschäftsbetrieb „bei meist personalen Beziehungen zwischen den Mitgliedern“.116 Dies rechtfertigt es, soweit es um die Mitgliederversammlung geht, die wenig förmlichen vereinsrechtlichen Vorschriften des BGB anzuwenden und die Pflichten des Aufsichtsrates nach den §§ 36 Abs. 2 und 3 sowie 37 bis 40 des GenG zu bemessen. Bedeutende Unterschiede zum Aktienrecht ergeben sich daraus aber kaum. Beispielhaft ist hier zu nennen, dass Satzungsänderungen nicht notariell beurkundet werden müssen, Nichtmitgliedergeschäft nicht möglich ist und Vereinsbekanntmachungen nicht im Bundesanzeiger veröffentlicht werden müssen.117 3 Praxistipp Pensionskassen können in unterschiedlicher Gestalt auftreten. Die klassische Form ist die Firmenpensionskasse, die zum Zweck der Versorgung der Belegschaft eines einzelnen Unternehmens gegründet wird und die dementsprechend nur ein Trägerunternehmen hat. Gründen und unterhalten mehrere verbundene Unternehmen eine Pensionskasse, wird diese regelmäßig als Konzernpensionskasse bezeichnet. Sind die Unternehmen aber nicht gesellschaftsrechtlich miteinander verbunden, wird von Gruppenpensionskassen gesprochen. Tarifvertragspensionskassen werden aufgrund eines allgemein verbindlichen Tarifvertrages von den Tarifvertragsparteien selbst betrieben. Schließlich gibt es noch die Wettbewerbspensionskasse, die das Produkt der Pensionskassenversorgung frei am Markt anbietet und in der Regel zu einem Versicherungskonzern gehört, der von den Trägerunternehmen, deren bAV über eine solche Pensionskasse organisiert wird, unabhängig ist.

_____ 114 Siehe dazu Rn. 27. 115 Vgl. Bähr/Laars, § 31 Rn. 51. 116 Kaulbach/Bähr/Pohlmann/Kaulbach, § 210 Rn. 3. 117 Vgl. Bähr/Laars, § 31 Rn. 52.

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c) Regulierte und deregulierte Pensionskassen Von aufsichtsrechtlicher Bedeutung ist die bereits angesprochene Differenzierung 98 zwischen regulierten und deregulierten Pensionskassen. Der grundlegende Unterschied zwischen einer regulierten und einer deregulierten Pensionskasse besteht insoweit, dass die regulierte Pensionskasse gewissen Genehmigungserfordernissen durch die Versicherungsaufsichtsbehörde unterliegt, dafür aber einige formelle und materielle aufsichtsrechtliche Regelungen nicht angewendet werden, was in gewissem Umfang zu Erleichterungen führt.

aa) Regel- und Ausnahmefall Pensionskassen sind nach § 233 Abs. 1 S. 1 VAG grundsätzlich kraft Gesetzes der- 99 eguliert (das ist auch der Regelfall), soweit sie nicht auf Antrag reguliert wurden bzw. ausnahmsweise gemäß § 233 Abs. 2 VAG als reguliert gelten (das ist der Ausnahmefall). Vor der VAG-Novelle 2005 war das Regel-Ausnahmeverhältnis allerdings noch faktisch umgekehrt. Alle Pensionskassen waren reguliert, wenn nicht mittels besonderen Feststellungsverfahrens die Deregulierung aufgrund erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung erfolgte. Dereguliert wurden dadurch letztendlich nur Wettbewerbspensionskassen, die mit Lebensversicherungsunternehmen am Markt konkurrierten.118 Nach der VAG-Novelle 2005 sind nunmehr sowohl Firmen-, Konzernund Gruppen- als auch Wettbewerbspensionskassen grundsätzlich dereguliert. Wird eine Pensionskasse von einer Firma/einem Konzern ausschließlich für die Altersversorgung der eigenen Belegschaft betrieben und steht sie nicht im Wettbewerb, hat sie die Wahl, ob sie reguliert oder dereguliert beaufsichtigt werden möchte.119

bb) Verfahren und Voraussetzungen für eine Regulierung Das Verfahren und die Voraussetzungen für eine Regulierung finden sich in § 233 100 Abs. 1 S. 2 VAG. Liegen die Voraussetzungen vor, muss die Aufsichtsbehörde die Genehmigung erteilen (gebundene Entscheidung).120 Antragsberechtigt ist eine Pensionskasse nur dann, wenn sie nach § 233 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VAG in der Rechtsform des VVaG (§§ 171 ff. VAG) betrieben wird und die in § 233 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Buchst. a bis d VAG genannten Voraussetzung erfüllt. Durch diese Voraussetzungen soll sichergestellt werden, dass eine regulierte Pensionskasse in keinem Wettbewerbsverhältnis zu anderen Pensionskassen steht. Eine der im derzeitigen Niedrigzinsumfeld bedeutendsten Voraussetzungen die- 101 ser Norm ist die in Nr. 1 Buchst. a geregelte sog. Sanierungsklausel, die jede Sat-

_____ 118 Brand/Baroch Castellví/Baroch Castellví, § 233 Rn. 1; Bähr/Laars, § 31 Rn. 87. 119 Bähr/Laars, § 31 Rn. 88. 120 Brand/Baroch Castellví/Baroch Castellví, § 233 Rn. 4.

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Kapitel 6 Versicherungsvertragsrecht und Versicherungsaufsichtsrecht der bAV

zung einer regulierten Pensionskasse enthalten muss. Diese Klausel ermöglicht der regulierten Pensionskasse mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde die Kürzung von Versicherungsansprüchen im laufenden Versicherungsverhältnis.121 Weitere besondere Voraussetzung des § 233 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VAG ist, dass 102 mindestens 50% der Mitglieder der obersten Vertretung Versicherte oder ihre Vertreter sein sollen bzw. für den Fall des ausschließlichen Betriebes des Rückdeckungsgeschäfts nach der Satzung ein solches Recht den Versicherungsnehmern (Arbeitgebern) eingeräumt wird. Ferner verbietet diese Norm sowohl die rechnungsmäßige Erhebung von Abschlusskosten für die Vermittlung von Versicherungsverträgen als auch die Entrichtung von Vergütungen für die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen.122 Eine Pensionskasse kann auch nach § 233 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VAG reguliert werden 103 bzw. nach § 233 Abs. 2 VAG als reguliert gelten. Letzteres trifft auf die separaten Abrechnungsverbände der freiwilligen Versicherung in der öffentlichen Zusatzversorgen nach § 2 Abs. 1 VAG, auf Pensionskassen unter Landesaufsicht und auf Pensionskassen, die aufgrund eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags errichtete gemeinsamen Einrichtungen im Sinne des § 4 Abs. 2 TVG sind, zu.

cc) Aufsichtsrechtliche Besonderheit für regulierte Pensionskassen 104 Im Gegensatz zu deregulierten Pensionskassen müssen regulierte Pensionskassen die AVB sowie die Tarife und Grundsätze für die Berechnung der Prämien und der versicherungstechnischen Rückstellungen einschließlich der verwendeten Rechnungsgrundlagen durch BaFin genehmigen lassen.123 Für deregulierte Pensionskassen besteht diesbezüglich nur eine Pflicht zu Vorlage. Aufsichtsrechtliche Erleichterungen ergeben sich für eine regulierte Pensi105 onskasse dadurch, dass sie im Gegensatz zu einer deregulierten Pensionskasse bei der Berechnung der Deckungsrückstellungen nicht die Vorgaben der Deckungsrückstellungsverordnung einschließlich des Höchstrechnungszinses beachten müssen, soweit die Tarife von der Aufsichtsbehörde genehmigten wurden, s. § 1 DeckRV. Die Mindestzuführungsverordnung (MindZV) ist auf regulierte Pensions106 kassen ebenfalls gemäß § 1 Abs. 1 MindZV nicht anzuwenden. Die dort geregelte Mindestzuführung zur Rückstellung für Beitragsrückerstattungen gilt somit nur für deregulierte Pensionskassen. Maßgeblich für regulierte Pensionskassen ist damit allein, was diesbezüglich satzungsmäßig und in den sonstigen Regelungen zur Überschussbeteiligung festgelegt wurde. Zwar bleiben die Vorschriften der Lebensversicherung zivilrechtlich zu beachten, so dass die Überschussbeteiligung mit

_____ 121 Siehe Rn. 112 f. 122 Kaulbach/Bähr/Pohlmann/Schäfers, § 233 Rn. 8. 123 Vgl. § 233 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 219 Abs. 3 Nr. 1 lit. b VAG.

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Blick auf § 153 VVG nur insgesamt ausgeschlossen werden kann. Allerdings gestattet es § 233 Abs. 4 S. 1 VAG, der an § 211 Abs. 2 Nr. 2 VVG anknüpft, regulierten Pensionskassen, mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde in den AVB von § 153 VVG abweichende Bestimmungen aufzunehmen. Ursächlich ist insoweit, dass durch die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung von Arbeitnehmervertretern in der obersten Vertretung der regulierten Pensionskasse und die zwingend zu erfolgende Genehmigung der AVB durch die Aufsichtsbehörde eine Beteiligung, insbesondere an den Bewertungsreserven, in ausreichender Weise gewährleistet ist.124 Verwendet eine regulierte Pensionskasse keine von § 153 VVG abweichenden AVB, kann sie den Sicherungsbedarf nach § 139 Abs. 4 VAG mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde abweichend berechnen. Dies folgt aus § 233 Abs. 4 S. 2 VAG und § 211 Abs. 2 Nr. 2 VVG. Soweit es um die Überschussbeteiligung geht,125 werden durch den Ausschluss von § 140 Abs. 2 S. 2 VAG für die regulierte Pensionskasse die Regelung zum Missstand entschärft. Auch wenn die dort beschriebenen Situationen vorliegen, begründet dies allein keinen die Belange der Versicherten gefährdenden Missstand. Weiter entfällt für die regulierte Pensionskasse die Pflicht gemäß § 233 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 219 Abs. 2 S. 2 VAG der BaFin den Aktuarbericht sowie dessen Angemessenheitsbericht vorzulegen. Es kann sich schließlich die Situation ergeben, dass eine Pensionskasse vor ihrer Regulierung Versicherungsverhältnisse nach Tarifen abgeschlossen hat und diese nicht Bestandteil des von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplans waren. Für diesen Fall wird durch § 233 Abs. 3 S. 3 und 4 VAG klargestellt, dass diese Tarife auch nach der Regulierung nicht Bestandteil des Geschäftsplans sind und damit Änderungen dieser Versicherungsbedingungen das Verfahren nach § 234 Abs. 2 S. 3 VAG zu durchlaufen haben und nicht dem Genehmigungserfordernis unterliegen VAG.126

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dd) Sanierungsklauseln Eine Sanierungsklausel ermöglicht es einer regulierten Pensionskasse dann, wenn 111 ihr Vermögen nicht ausreicht, um ihre Verpflichtungen langfristig zu erfüllen, die Versicherungsansprüche zu kürzen. Damit soll letztlich die Insolvenz der Pensionskasse verhindert werden. Häufig enthalten Sanierungsklauseln insoweit eine Regelung, nach der die 112 Möglichkeit besteht, unter bestimmten Voraussetzungen die Rechnungsgrundlagen im laufenden Vertragsverhältnis nachträglich zu ändern. So senken im derzeitigen

_____ 124 Brand/Baroch Castellví/Baroch Castellví, § 233 Rn. 9. 125 Siehe Rn. 68 ff. 126 BT-Drucks. 19/4673, S. 59.

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Kapitel 6 Versicherungsvertragsrecht und Versicherungsaufsichtsrecht der bAV

Niedrigzinsumfeld gestützt auf diese Klauseln einige regulierte Pensionskassen den Rechnungszins für die zukünftigen Beitragsleistungen ab. 3 Praxistipp In diesem Zusammenhang stellen sich verschiedene Fragen. Zum einen wird diskutiert, ob einen Arbeitgeber ein Auswahlverschulden hinsichtlich der Wahl einer regulierten Pensionskasse, über die er seine bAV organisieren möchte, treffen kann.127 Denn günstiger könnte es aus Sicht der Arbeitnehmer als Versicherte und Versorgungsberechtigte sein, wenn er eine deregulierte Pensionskasse auswählt, der eine Anpassung der Rechnungsgrundlagen nicht kraft Aufsichtsrechts erlaubt ist. Diese Diskussion ist aber fernliegend. Denn regulierte Pensionskassen müssen kraft Aufsichtsrechts – wie gezeigt – eine solche Sanierungsklausel in ihrer Satzung enthalten. Führte die Auswahl einer solchen Kasse dann zu einem Auswahlverschulden auf Seiten des Arbeitgebers führte die aufsichtsrechtliche Pflicht faktisch zu einem Tätigkeitsverbot. Das kann aber nicht Sinn der gesetzlichen Regelung sein. Zudem wird bei dieser Diskussion auch außer Betracht gelassen, dass auch deregulierten Pensionskassen eine solche Anpassungsmöglichkeit über § 163 VVG offen steht. Dies gilt unstreitig für die biometrischen Rechnungsgrundlagen und nach hier vertretener Auffassung auch für die Rechnungsgrundlage Rechnungszins.128 Ein Auswahlverschulden des Arbeitgebers ist aber schließlich auch deshalb abzulehnen, weil der Arbeitgeber mit wenigen Ausnahmen ein freies Wahlrecht zwischen den verschiedenen Durchführungswegen der bAV hat.129 Zum anderen wird diskutiert, ob eine Sanierungsklausel, die letztlich eine AGB ist, einer AGBrechtlichen Prüfung standhält. Das ist zu bejahen – erst recht, wenn die Klausel sich an die Vorgaben des § 163 VVG orientiert. Im Übrigen gilt, dass bei einer regulierten Pensionskasse die Klausel Teil des von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplans ist, von dem die Pensionskasse versicherungsaufsichtsrechtlich gar nicht abweichen darf. Außerdem darf die Pensionskasse von dieser Klausel nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde Gebrauch machen, was im Rahmen einer AGB-rechtlichen Angemessenheitsprüfung ebenfalls für die Wirksamkeit dieser Klausel spricht. Denn die Aufsichtsbehörde achtet kraft Amtes dabei auf die ausreichende Wahrung der Belange der Arbeitnehmer als Versicherte. Dadurch wird die Problematik, die sich bezüglich eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts im Sinne des § 308 Nr. 4 BGB130 ergibt, in ausreichender Weise abgemildert. Die Anpassungsmöglichkeiten der Pensionskasse stellen zudem auch keine Einbahnstraße zur Absenkung von Versicherungsleistungen dar. Denn die Klausel ermöglicht auch eine Anhebung von Versicherungsleistungen bei sich langfristig ändernden Umständen. Insoweit kann zudem auch die Aufsichtsbehörde, falls die Pensionskasse von sich aus keinen Antrag stellt, diese zu einer entsprechenden Änderung der Rechnungsgrundlagen anhalten. Führt eine Änderung der Rechnungsgrundlagen zu einer Herabsetzung der Versorgungsansprüche durch die Pensionskasse, kann dies zulasten des Arbeitgebers zu einer arbeitsrechtlichen Einstandspflicht für den Differenzbetrag führen, der sich daraus ergibt, dass die vom Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern gemachte Versorgungszusage höher ist als die Leistungen der Pensionskasse.131

_____ 127 Siehe zur Thematik allgemein auch Kap. 1 Rn. 359. 128 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 201/17 – BGHZ 219, 129 = NJW 2018, 3021, Rn. 21; Langheid/ Rixecker/Grote, § 163 Rn. 7; a.A. bzgl. des Rechnungszinses MüKo-VVG/Wandt, § 163 Rn. 29. 129 Kap. 1 Rn. 356 ff. 130 Der über §§ 310, 307 BGB gegenüber Unternehmern seinem Rechtsgedanken nach Anwendung findet. 131 Kap. 1 Rn. 413.

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3. Informationspflichten Eine Pensionskasse hat gegenüber ihren Versorgungsanwärtern und Versorgungs- 113 empfängern bestimmte Informationspflichten zu erfüllen, die sich aus den §§ 234k bis 234o und 235 VAG und der nach § 235a VAG erlassenen Rechtsverordnung, der VAG-InfoV, ergeben. Da der § 144 Abs. 1 VAG für die Direktversicherung ohne Einschränkung auf diese Normen verweist, sind die Informationspflichten aber für beide Durchführungswege identisch.132

IV. Pensionsfonds 1. Überblick Die aufsichtsrechtliche Regelungen für Pensionsfonds sind, wie bei Pensionskassen, 114 in einem eigenständigen Kapitel des VAG niedergelegt. Zentrale Vorschrift ist § 236 VAG, der die Grundsätze für die Leistungserbringung und den Betrieb des „Versorgungsgeschäfts“ regelt. Pensionsfonds sind per gesetzlicher Definition rechtsfähige Versorgungsein- 115 richtung und nicht wie Pensionskassen rechtlich selbständige Lebensversicherungsunternehmen. Für sie gilt trotzdem das VAG.133 Konkret sind auf Pensionsfonds die auf Lebensversicherungsunternehmen anwendbaren Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sie nicht in § 236 VAG eingeschränkt wurden. Diese Regelungssystematik fußt ebenfalls auf der Umsetzung der EbAV II-Richtlinie. Vor der Umsetzung galt auch hier eine unübersichtliche Verweisungskette, die sich daraus ergab, dass auf Pensionsfonds die für kleine Versicherungsunternehmen geltenden Vorschriften anzuwenden waren.134 Da Pensionsfonds keine Versicherungsunternehmen sind, bedarf es für die An- 116 wendung der Normen des VAG einiger Klarstellungen. So ■ treten anstelle der AVB von Lebensversicherungsunternehmen die Pensionspläne und an die Stelle der Belange der Versicherten treten die Belange der Versorgungsanwärter und Versorgungsempfänger. ■ treten korrespondierend damit an die Stelle der Versicherungsverhältnisse die Versorgungsverhältnisse. ■ sind Pensionspläne gemäß § 237 Abs. 1 S. 3 VAG die im Rahmen des Geschäftsplans eines Pensionsfonds ausgestalteten Bedingungen zur planmäßigen Leistungserbringung im Versorgungsfall. Sie können Regelungen zur Finanzierung der Versorgungsleistung, der Überschussverteilung und auch Vereinbarungen

_____ 132 Siehe Rn. 75 ff. 133 Bezüglich der speziellen Ausprägung des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt und der Beaufsichtigung siehe Rn. 31. 134 Siehe Rn. 85.

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Kapitel 6 Versicherungsvertragsrecht und Versicherungsaufsichtsrecht der bAV

zur Vermögensanlage enthalten. Zu den Rechnungsgrundlagen oder den Grundsätzen der Anlagepolitik treffen sie jedoch keine Festlegungen.135 finden sich gesetzliche Regelungen zur finanziellen Ausstattung sich in § 238 VAG. Im Gegensatz zu Pensionskassen gilt ein Drittel der Solvabilitätskapitalanforderung als Mindestkapitalanforderung. sind Pensionsfonds nach § 239 Abs. 1 VAG dazu verpflichtet, Sicherungsvermögen zu bilden. Dabei müssen die jeweiligen Pensionspläne berücksichtigt werden. Per Gesetz gilt, dass das Sicherungsvermögen in einer für Altersversorgung tauglichen Art angelegt werden muss, wobei die konkrete Art und Dauer der zu erbringenden Altersversorgung zu berücksichtigen ist. Bei der Anlage sind auch die allgemeinen Anlagegrundsätze gemäß § 124 VAG zu beachten.136 Die Anwendbarkeit des § 234j VAG wird durch § 237 VAG aber explizit ausgeschlossen. Dadurch gelten die sehr eingeschränkten Anlagemöglichkeiten für Pensionskassen nicht für Pensionsfonds. Konkretisiert werden die Grundsätze für die Anlage des Sicherungsvermögens durch §§ 16 bis 20 PFAV, die bezüglich der möglichen Anlageformen einen sehr viel größeren Spielraum einräumen.

3 Praxistipp Eine zeitweilige Unterdeckung des Pensionsfonds mit Blick auf die von ihm eingegangen Verpflichtungen hat nicht zwingend zur Folge, dass die Erfüllbarkeit eines Pensionsplans als nicht mehr gewährleistet bewertet werden muss. Soweit die Unterdeckung bei versicherungsförmigen Garantien nicht mehr als 5% und bei nicht-versicherungsförmigen Garantien nicht mehr als 10% beträgt. Im Fall einer Unterdeckung müssen Pensionsfonds und Arbeitgeber aber einen Plan zur Wiederherstellung der Bedeckung ausarbeiten.

2. Spezifika und anwendbare Vorschriften 117 Wie eingangs erwähnt, sind Pensionsfonds per gesetzlicher Definition rechtsfähige

Versorgungseinrichtungen und nicht wie Pensionskassen rechtlich selbständige Lebensversicherungsunternehmen. Obwohl es nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt ist, wird aus systematischen Gründen dennoch zu Recht davon ausgegangen, dass der Pensionsfonds und der Arbeitgeber, der den Pensionsfonds zur Organisation seiner bAV eingebunden hat, unterschiedliche juristische Person sein müssen.137 Mit Blick auf die Pflicht, zur Leistungserbringung im Wege des Kapitalde118 ckungsverfahrens und auf die Pflicht dem Arbeitnehmer einen eigenen Anspruch auf die Leistung einräumen zu müssen, ergeben sich keine Unterschiede zur Pensionskasse.138

_____ 135 Kaulbach/Bähr/Pohlmann/Schäfers, § 236 Rn. 21. 136 Siehe Rn. 61. 137 Kaulbach/Bähr/Pohlmann/Schäfers, § 236 Rn. 7. 138 Siehe Rn. 91 und 93.

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Spezifisch für einen Pensionsfonds und maßgebliches Abgrenzungskriterium 119 zur Pensionskasse ist, dass der Pensionsfonds gemäß § 236 Abs. 1 Nr. 2 VAG die Höhe der Leistungen oder die Höhe der für diese Leistungen zu entrichtenden künftigen Beiträge nicht für alle vorgesehenen Leistungsfälle durch versicherungsförmige Garantien zusagen darf. Praxistipp 3 Wie weitreichend der Ausschluss, versicherungsförmige Garantien zusagen zu dürfen, tatsächlich reicht, ist letztendlich eine Auslegungsfrage. Die Verwendung der Worte „nicht alle“ würde es zulassen, nur für einen unbedeutenden Leistungsfall keine versicherungsförmige Garantie zu übernehmen. Dies würde jedoch dem Sinn und Zweck des Pensionsfonds als versicherungsförmiger Durchführungsweg entgegenstehen. Insoweit wird vertreten, dass die nicht-garantierten Leistungsfälle signifikant sein müssen.139

Altersversorgungsleistungen können durch den Pensionsfonds als lebenslange 120 Zahlung oder als Einmalkapitalzahlung erbracht werden, wobei lebenslange Zahlungen mit einem teilweisen oder vollständigen Kapitalwahlrecht verbunden werden können. Insoweit ergeben sich aufsichtsrechtlich keine Unterschiede zur Pensionskasse. Auch wenn in § 236 VAG an verschiedener Stelle der Begriff Arbeitnehmer ver- 121 wendet wird, ergibt sich dadurch im Verhältnis zu Pensionskassen keine Beschränkung bezüglich der Personen, die Anwartschaften erwerben und Leistungen erhalten können. Neben Arbeitnehmern können auch Personen berechtigt sein, die von § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG erfasst sind,140 wie z.B. Geschäftsführer und Vorstände von Kapitalgesellschaften, und auch ehemalige Arbeitnehmer.141 Dies wird ausdrücklich in § 236 Abs. 4 VAG klargestellt. Wie bereits eingangs erwähnt, sind nach § 237 VAG auf den Pensionsfonds die 122 auf Lebensversicherungsunternehmen anwendbaren Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit das VAG für den Pensionsfonds keine abweichenden Regelungen enthält. Gilt eine Vorschrift nicht für eine Pensionskasse, gilt sie auch nicht für den Pensionsfonds. Aufgeführt werden dementsprechend in § 237 Abs. 2 VAG nur Vorschiften, die für Pensionskassen aber nicht den Pensionsfonds gelten.

_____ 139 Kaulbach/Bähr/Pohlmann/Schäfers, § 236 Rn. 13. 140 Siehe Kap. 1 Rn. 288 ff. 141 BT-Drucks. 14/9442, S. 49; BeckOK VAG/Walddörfer/Wilhelm 4. Edition Stand: 1.12.2018, § 236 Rn. 23.

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3. Kalkulation bei nicht versicherungsförmiger Durchführung einschließlich Nachschusspflichten Pensionsfonds können gemäß § 236 Abs. 2 VAG gegenüber Arbeitnehmern auch nicht versicherungsförmige eingeschränkte Garantien abgeben. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sich die Arbeitgeber dazu verpflichten, auch noch in der Leistungsphase ohne zeitliche Beschränkung Beitragszahlungen zu erbringen (Nachschusspflicht). Der Pensionsfonds muss dem Arbeitnehmer auch in diesem Fall einen direkten Anspruch auf eine unbefristete, lebenslange Rente oder auf eine Einmalkapitalzahlung einräumen. Genügt das Kapital jedoch nicht zur Erbringung der Versorgungsleistung und erbringt der Arbeitgeber trotz bestehender Verpflichtung keinen Nachschuss, kann der Pensionsfonds seine Leistungen herabsetzten bzw. einstellen. Die Einschränkung der versicherungsförmigen Garantie führt aber nicht dazu, dass der Pensionsfonds und der Arbeitgeber bei einer Übertragung von Versorgungszusagen keinerlei Einschränkungen bei der Kalkulation unterliegen. Die Maßstäbe zur Finanzierung der Versorgungsleistungen entsprechen jedoch nicht denen bei einer versicherungsförmigen Durchführung. Insoweit gilt vielmehr nur, dass die Berechnung des Finanzierungsbeitrages für die Deckungsrückstellungen vorsichtig zu erfolgen hat. Auf die individuellen Verhältnisse des Pensionsfonds kann Rücksicht genommen werden. Die Rechnungsgrundlagen sind auf Basis eines besten Schätzwertes unter Einbeziehung ihrer künftigen Veränderungen abzuleiten. Der Rechnungszins ist ebenfalls vorsichtig zu wählen, kann aber – wie unter bestimmten Voraussetzungen bei einer regulierten Pensionskasse – auch über dem Höchstrechnungszins liegen. Bei der Bestimmung des Rechnungszinses sind die Vertragswährung und die im Bestand befindlichen Vermögenswerte sowie der Ertrag künftiger Vermögenswerte angemessen zu berücksichtigen. Leistet der Arbeitgeber keinen Nachschuss bzw. hat er die Nachschussvereinbarung gekündigt und kommt es zu einer Unterdeckung von 10% muss der Pensionsfonds auf eine versicherungsförmige Kalkulation umstellen, was in der Regel zu Leistungskürzungen führen wird, für die der Arbeitgeber arbeitsrechtlich einstandspflichtig bleibt.142 Der Pensionsfonds ist dagegen nicht verpflichtet, vor einer Umstellung den Nachschuss gegenüber dem Arbeitgeber gerichtlich durchzusetzen.

4. Informationspflichten 127 Die Informationspflichten des Pensionsfonds entsprechen denen der Pensions-

kasse.143 Insoweit wurden für den Pensionsfonds keine Ergänzungen und keine Ausschlüsse gesetzlich geregelt.

_____ 142 Kap. 1 Rn. 445. 143 Siehe Rn. 113.

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V. Besonderheiten bei einer reinen Beitragszusage 1. Überblick Führen Pensionsfonds, Pensionskassen und andere Lebensversicherungsunterneh- 128 men eine reine Beitragszusagen aufgrund einer tarifvertraglichen Vereinbarung nach § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG durch, werden die jeweils einschlägigen aufsichtsrechtlichen Vorschriften durch die §§ 244a bis 244d VAG ergänzt bzw. modifiziert. Unerheblich ist, ob die Sozialpartner einen Versorgungsträger selbst gründen und als „eigene“, juristisch selbständige gemeinsame Einrichtung betreiben oder sich eines Versorgungsträgers als „fremde“ Einrichtung für die Durchführung bedienen.144 Die Versorgungsträger müssen bei dieser Zusageform bestimmte abweichende 129 Verpflichtungen erfüllen. Diese sind in § 244b VAG geregelt. Zu beachtende Abweichungen bezüglich der Einrichtung des Sicherungsvermögens finden sich in § 244c VAG. Die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen, die die gesetzlichen 130 Vorschriften weiter konkretisieren und ausfüllen, findet sich in § 244d VAG. Durch Rechtsverordnung näher zu bestimmen ist insoweit ■ die Ermittlung und Anpassung der lebenslangen Zahlung, ■ die Anforderungen an das Risikomanagement, insb. mit dem Ziel, die Volatilität der Höhe der lebenslangen Zahlungen zu begrenzen, ■ die Informationspflichten gegenüber den Versorgungsanwärtern und Rentenempfängern sowie die Berichterstattung gegenüber der Aufsichtsbehörde. Diese Konkretisierungen sind durch die §§ 33–42 PFAV erfolgt, die gemäß § 33 131 Abs. 1 S. 1 PFAV für Pensionskassen, Pensionsfonds und Lebensversicherungsunternehmen gleichermaßen gelten, soweit sie reine Beitragszusagen durchführen.

2. Spezifika und maßgebliche Vorschriften Einrichtungen, die die reine Beitragszusage durchführen wollen, unterliegen einer 132 speziellen Erlaubnispflicht nach § 244b Abs. 2 VAG und müssen gemäß § 244b Abs. 1 Nr. 1. bis 3 VAG drei besondere produktbezogene Anforderungen erfüllen. Pensionskassen und Lebensversicherungsunternehmen bedürfen für die Erbrin- 133 gung dieser Zusageform einer aufsichtsbehördlichen Erlaubnis für den Betrieb der Sparte der fondsgebundenen Lebensversicherung. Die allgemeine Erlaubnis zum Betrieb eines Pensionsfonds erfasst diese Sparte dagegen bereits immer. Die produktspezifischen Anforderungen, die Versorgungsträger bei der 134 Durchführung einzuhalten haben, gelten in gleichem Umfang für Pensionskassen,

_____ 144 Siehe dazu auch Kap. 1 Rn. 530.

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Pensionsfonds und Lebensversicherungsunternehmen. Alle nachfolgenden aufgeführten Anforderungen müssen gleichzeitig vorliegen. ■ Prägend für die Zusageform der reinen Beitragszusage ist erstens das Garantieverbot. Versorgungsträgern ist es insoweit mithin untersagt, Verpflichtungen einzugehen, die garantierte Leistungen beinhalten.145 Enthält die Zusage eine Mindestleistung, fällt sie unter dieses Verbot und darf dementsprechend nicht abgegeben werden. ■ Die zweite Anforderung betrifft die Auszahlungsmodalitäten. Die AVB oder die Pensionspläne dürfen insoweit bei Altersversorgungsleistungen nur eine lebenslange Zahlung vorsehen; Altersversorgungsleistungen können somit nicht als Einmalzahlungen oder „Zeitrente“ erbracht werden.146 Eine Kapitalabfindungsoption ist dementsprechend für Altersversorgungsleistungen nicht zulässig. Invaliditäts- und Hinterbliebenenleistungen sind von dieser Beschränkung jedoch nicht erfasst. Denn „Altersversorgungsleistung“ in diesem Zusammenhang meint nicht den weiten betriebsrentenrechtliche Begriff der bAV, unter den nach § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG auch die Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung fällt. Gemeint ist hier der engere Begriff der tatsächlichen Leistung im Alter. Dies folgt aus der Verwendung dieses Begriffs in anderen VAG Normen im Zusammenhang mit Einmalkapitalzahlungen.147 ■ Des Weiteren muss als dritte Anforderung festgelegt sein, dass das planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital sowie die darauf entfallenden Zinsen und Erträge nur für laufende Leistungen verwendet werden. Fallen Zinsen und Erträge auf das kalkulierte (planmäßige) Versorgungskapital an, müssen sie bei diesem belassen werden und erhöhen es somit. Die Versorgungsleistungen erhöhen sich dadurch jedoch nicht automatisch in gleichem Umfang. Insoweit ist eine weitere Entscheidung der Einrichtung notwendig, bei der die Einrichtung auch die Bildung von „Puffervermögen“ vorsehen kann, mit dem weniger ertragreiche Jahre kompensiert werden können.

3. Ausgestaltung des Sicherungsvermögens 135 Für die Durchführung der reinen Beitragszusage haben Pensionsfonds ein geson-

dertes Sicherungsvermögen und Pensionskassen oder andere Lebensversicherungsunternehmen einen gesonderten Anlagestock einzurichten. Die Separierung des Sicherungsvermögens muss zwingend erfolgen. Gesetzliche Ausnahmen sind nicht vorgesehen.

_____ 145 Siehe auch Kap.1 Rn. 539 ff. 146 Siehe auch Kap.1 Rn. 537. 147 Brand/Baroch Castellví/Baroch Castellví, § 244b Rn. 4.

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Beispiel 5 Bei Tarifverträgen, die eine differenzierte Durchführung der reinen Beitragszusage vorsehen, können aber auch mehrere getrennte Sicherungsvermögen bzw. Anlagestöcke erforderlich sein. Das Gleiche gilt, wenn ein Versorgungsträger mehrere unterschiedliche Tarifverträge, die eine reine Beitragszusage vorsehen, umsetzt. Hier spricht viel dafür, dass je Modell mindestens ein eigener Anlagestock vorzuhalten ist.148

Durch die Einrichtung eines getrennten Anlagestocks wird die reine Beitragszu- 136 sage – aufgrund der Andersartigkeit des Risikos – insbesondere von dem anderen Geschäft des Versorgungsträgers getrennt. Die Möglichkeit einer Quersubventionierung wird hierdurch ausgeschlossen. Darüber hinaus gewährleistet die Trennung, dass für die Tarifvertragsparteien, die sich gemäß § 21 Abs. 1 BetrAVG an der Durchführung und Steuerung der reinen Beitragszusage beteiligen müssen,149 klar ersichtlich wird, was überhaupt Gegenstand der Durchführung und Steuerung ist. Für die im getrennten Anlagestock vorgehaltenen Kapitalanlagen gelten die Re- 137 gelungen zur Vermögensanlage bei Pensionsfonds (§§ 16–20 PFAV) einheitlich auch für Pensionskassen und andere Lebensversicherungsunternehmen (§ 34 S. 2 PFAV). Zur entsprechenden Anwendung gelangen deshalb für diese Einrichtungen u.a. die Vorschriften zur Streuung der Kapitalanlagen einschließlich der Anlagen bei Trägerunternehmen (§ 19 PFAV), wohingegen Versicherungsunternehmen, die in den Anwendungsbereich der Solvency II Rahmenrichtlinie fallen, bei der Anlage gemäß § 124 Abs. 1 VAG „nur“ den Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht beachten müssen. Das ist auch insoweit von Bedeutung, als dass nach der PFAV (praktisch) keine quantitativen Vorschriften zur Mischung der Kapitalanlagen gelten. Praxistipp 3 Die Regelungen zur Kapitalanlage in der reinen Beitragszusage bewegen sich also zwischen den Regelungen, die nach Solvency ll (§ 124 Abs. 1 VAG) bzw. Solvency l (§ 215 Abs. 1 VAG) gelten. Dies müssen insbesondere Lebensversicherungsunternehmen, die in den Anwendungsbereich der Solvency II Rahmenrichtlinie fallen und die auch die reine Beitragszusage anbieten, beachten und erschwert für sie die Vermögensverwaltung. Denn eine einheitliche Kapitalanlagestrategie, mit der gewisse Vorteile verbunden sind, ist insoweit nicht umzusetzen.150

4. Informationspflichten Die Informationspflichten für Pensionsfonds, Pensionskassen und die Direkt- 138 versicherung, die nach den §§ 144, 234k bis 234p und 235a sowie der VAG-In-

_____ 148 Diese Auffassung ist aber in der Praxis durchaus umstritten. 149 Kap. 1 Rn. 530 f. 150 Grote, BetrAV 5/2017, 382, 383 ff.

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foV zu beachten sind, wurden für Einrichtungen, die die reine Beitragszusage durchführen, weder erweitert noch beschränkt. Allerdings tritt hier eine weitere Vorschrift hinzu, die insoweit zu beachten ist: § 244d S. 1 Nr. 3 VAG i.V.m. § 41 PFAV. Diese Vorschrift vervollständigt dann den Strauß von Normen, die im Rahmen der bAV von Versorgungsträgern kumulativ ggf. zu beachten sind. Daher soll an dieser Stelle auch kurz auf die Unterschiede zwischen ■ den versicherungsvertragsrechtlichen Informationspflichten nach § 7 VVG und der VVG-InfoV, die bei Lebensversicherungsverträgen zu beachten sind, ■ den arbeitsrechtlichen Informationspflichten (insb. nach § 4a BetrAVG), die in der bAV arbeitsrechtlich generell zu beachten sind,151 ■ den allgemeinen versicherungsaufsichtsrechtlichen Informationspflichten nach den §§ 144, 234k bis 234p und 235a sowie der VAG-InfoV, die bei den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds zu beachten sind, und ■ den besonderen versicherungsaufsichtsrechtlichen Informationspflichten nach § 244d S. 1 Nr. 3 VAG i.V.m. § 41 PFAV, die nur bei der reinen Beitragszusage zu beachten sind, eingegangen werden. Die Unterschiede hinsichtlich des Anwendungsbereichs ergeben sich bereits aus der vorstehenden Aufzählung. Adressaten der verschiedenen Normen sind teils die Versorgungsträger und teils die Arbeitgeber und teils beide. Inhaltich regeln die verschiedenen Vorschriften zum Teil dasselbe und zum Teil Unterschiedliches. Dabei stehen die Informationspflichtigen vor der schwierigen Aufgabe, die verschiedenen Vorschriften umfassend zu berücksichtigen. Separate Dokumente für die Informationen nach den unterschiedlichen Vorschriften sind aber nicht erforderlich. Vielmehr können alle erforderlichen Informationen von einem Informationspflichtigen auch innerhalb einer Unterlage zusammenfassend gegeben werden. Für den hier interessierenden § 41 PFAV ist insoweit im Verhältnis zu den allgemeinen versicherungsaufsichtsrechtlichen Informationspflichten zu beachten, dass § 41 PFAV keine besonderen Informationspflichten gegenüber potentiellen Versorgungsanwärtern oder bei Beginn des Versorgungsverhältnisses statuiert. Denn § 41 PFAV regelt Informationspflichten „nur“ während der Dauer des Versorgungsverhältnisses (hier die Anwartschaftsphase) und gegenüber Versorgungsempfängern. Insoweit schreibt § 41 PFAV weitere Informationen vor, z.B. gegenüber Versorgungsanwärtern

_____ 151 Kap. 1 Rn. 740 ff.

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die Höhe des planmäßig zuzurechnenden Versorgungskapitals des Versorgungsanwärters und die Höhe der lebenslangen, aber nicht garantierten Zahlung aus diesem Kapital, ■ die Höhe der bisher insgesamt eingezahlten Beiträge und gesondert die Höhe der während des letzten Jahres eingezahlten Beiträge, ■ die jährliche Rendite, ■ zur Verfügung stehende Wahlrechte des Versorgungsanwärters oder gegenüber Rentenempfängern ■ mindestens jährlich die allgemeinen Regelungen zur Anpassung der Höhe der lebenslangen Zahlung und Einschätzungen darüber, wann sie zum Zuge kommen könnten, ■ die Höhe des ermittelten Kapitaldeckungsgrades. ■

Praxistipp 3 Erwähnenswert ist schließlich an dieser Stelle noch, dass allen Informationen gleich ist, dass sie ohne gesonderte Kostenrechnung zu erteilen sind. Dies wird zwar nur zum Teil ausdrücklich und dann sogar missverständlich geregelt, wenn z.B. in § 41 PFAV von „kostenlos“ die Rede ist. Denn natürlich verursachen diese Informationspflichten Kosten beim Informationspflichtigen, die ein Versorgungsträger z.B. in seine Verwaltungskosten einkalkuliert und versicherungsaufsichtsrechtlich auch einkalkulieren muss.

VI. Einrichtungen der Zusatzversorgung für den öffentlichen Dienst Wie bereits eingangs152 ausgeführt unterliegen die kommunalen und kirchlichen 144 Zusatzversorgungskassen sowie die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) nicht dem VAG. Bieten diese Einrichtungen jedoch im Wege der freiwilligen Versicherung Leistungen der Altersversorgung an, müssen sie das aus diesem Geschäft stammende Vermögen und die Verbindlichkeiten in einen separaten Abrechnungsverband überführen. Dieser Abrechnungsverband unterliegt gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 VAG der Aufsicht nach dem VAG.153 Eine freiwillige Versicherung im Sinne der Norm liegt vor, wenn Gegenstand der 145 Versicherung nicht die gesetzlich verpflichtend zu erbringende bAV ist (Pflichtversicherung), zu dessen Durchführung die Einrichtung gegründet wurde, sondern sie über diese gesetzliche Pflicht hinaus im Wege der freiwilligen Versicherung „Leistungen der Altersversorgung“ anbietet. Unter den Begriff „Leistungen der Altersversorgung“ fallen nicht nur Leis- 146 tungen aufgrund des Erreichens einer Altersgrenze, sondern auch Leistungen die

_____ 152 Siehe Rn. 35. 153 Siehe auch Kap. 13 Rn. 358 ff.

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wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Dienstunfähigkeit erbracht werden und die Hinterbliebenenversorgung.154 Für Abrechnungsverbände gelten nach der gesetzlichen Verweisung die Vorschriften für Pensionskassen entsprechend. Sie müssen daher bspw. das Versicherungsgeschäft im Kapitaldeckungsverfahren betreiben. Nach § 233 Abs. 2 VAG gelten für diese Abrechnungsverbände immer die Vorschriften für regulierte Pensionskassen. Die §§ 232 ff. VAG und die übrigen Normen des VAG, auf die hier verwiesen wird, sind also insoweit zu beachten.155 Für den Abrechnungsverband gelten bezüglich seiner Geschäftsorganisation 147 daher auch die §§ 23 ff. VAG, soweit diese nicht durch § 234a bis § 234e VAG eingeschränkt wurden.156 Für die Ausgestaltung der Geschäftsorganisation gilt damit bspw. ebenfalls der speziell für Pensionskassen geltende Proportionalitätsgrundsatz gemäß § 234a Abs. 1 VAG. Der für diese Geschäftstätigkeit einzurichtende Abrechnungsverband muss ge148 mäß § 2 Abs. 1 S. 2 VAG unabhängig von der Pflichtversicherung betrieben werden. Gesetzlich ausdrücklich festgeschrieben ist insoweit, dass die Vermögenswerte und die Verbindlichkeiten durch den Abrechnungsverband unabhängig von der sonstigen Geschäftstätigkeit der Einrichtung verwaltet und organisiert werden müssen und nicht zurückübertragen werden dürfen. Das Erfordernis der Trennung bezieht sich somit sowohl auf die Verwaltung als auch auf die Organisation. Für die Verwaltung bedeutet dies, dass eine eindeutige Zuordnung des Vermögens zum Abrechnungsverband zu erfolgen hat. Organisatorisch geht damit einher, dass alle Einnahmen und Ausgaben gesondert geführt werden müssen und auch die Kapitalanlage gesondert erfolgen muss. Dementsprechenden ist eine separate, nur dieses Vermögen betreffende, Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanzierung durchzuführen. Darüber hinaus muss für den separaten Abrechnungsverband ein eigener versicherungsmathematischer Geschäftsplan erstellt werden. 3 Praxistipp Die Verpflichtung zur eigenständigen Organisation des Abrechnungsverbandes stellt sich auch bezüglich seines Personals. Da § 2 Abs. 1 S. 2 VAG diesbezüglich keine eigenständige Regelung enthält, können Mitarbeiter grundsätzlich sowohl für die Einrichtung als auch den Abrechnungsverband tätig werden. Bei dieser „Doppeltätigkeit“ sind jedoch die §§ 234 ff. VAG, die für den Abrechnungsverband wie eingangs erörtert auch gelten, zu beachten. Wie sich aus der Verweisung ergibt, muss eine Einrichtung insoweit also für diesen Abrechnungsverband über die sog. Schlüsselfunktionen nach § 234b VAG verfügen. In jedem Fall muss die Risikomanagementfunktion (Risikocontrollingfunktion) und die interne Revisionsfunktion vorhanden sein, im Regelfall auch eine versicherungsmathematische Funktion.

_____ 154 Brand/Baroch Castellví/Brand, § 2 Rn. 9. 155 Siehe Rn. 91 ff. 156 Nach alter Rechtslage galten für Abrechnungsverbände in gleichlaufende mit Pensionskassen diesbezüglich die Vorschriften für kleiner Versicherungsunternehmen (§§ 212 bis 216 VAG).

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Wird eine Einrichtung nach Landesrecht errichtet und unterliegt sie der Landesauf- 149 sicht, besteht auf landesrechtlicher Ebene die Möglichkeit abweichende Vorschriften für diese Einrichtungen zu erlassen.157 Das jeweilige Bundesland ist jedoch in gleichem Maße wie der Bund an die Einhaltung der zwingenden europarechtlichen Vorgaben gebunden.

C. Versicherungsvertragsrechtliche Rahmenbedingungen C. Versicherungsvertragsrechtliche Rahmenbedingungen Britz Mit einem Versicherungsvertrag verpflichtet sich der Versicherer, ein bestimmtes 150 Risiko des Versicherungsnehmers oder eines Dritten durch eine Leistung abzusichern, die er bei Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalles zu erbringen hat (vgl. § 1 Abs. 1 VVG). Wesensbestimmendes Merkmal ist namentlich die Risikoübernahme durch den Versicherer auf Grundlage einer dem Gesetz der großen Zahl folgenden Kalkulation.158 Das gilt uneingeschränkt auch für die versicherungsförmige Durchführung von Versorgungszusagen,159 wenn sich z.B. der Versicherer zu einer lebenslang garantierten Altersrente oder zu einer Todesfallleistung zugunsten der Hinterbliebenen des Arbeitnehmers verpflichtet. Das Versicherungsvertragsrecht befasst sich von seinem Gegenstand her insbesondere mit der Rechtsbeziehung zwischen Versicherern und Versicherungsnehmern bzw. versicherten Personen. Es hat mit dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) eine weitreichende Kodifizierung erfahren, die allerdings im Bereich der bAV insbesondere durch die Bestimmungen des BetrAVG beeinflusst wird. Die für die bAV wesentlichen Aspekte des Versicherungsvertragsrechts werden im Rahmen der nachfolgenden Ausführungen zur Direktversicherung als einem durch den Gesetzgeber anerkannten Durchführungsweg für betriebsrentenrechtliche Versorgungszusagen im Detail beleuchtet (Ziff. II.). Darauf aufsetzend sind die Besonderheiten von Pensionskassenversicherungen, über die Versorgungsversprechen ebenfalls versicherungsförmig und mittelbar durchgeführt werden können, in den Blick zu nehmen (Ziff. III.). Demgegenüber handelt es sich bei sog. Rückdeckungsversicherungen zwar nicht um einen Durchführungsweg der bAV. Wohl aber spielen diese Versicherungen bei der Finanzierung von Direktzusagen bzw. der Finanzierung von Unterstützungskassen in der Praxis eine zentrale Rolle, weshalb sie im versicherungsrechtlichen Teil dieses Handbuchs ebenfalls Berücksichtigung finden (Ziff. IV). Wenngleich es sich bei Pensionsfonds nicht einmal um Versicherungsunternehmen handelt, ist zum Abschluss auch auf diesen Durchführungsweg kurz einzugehen, da eine deutliche Nähe zu Direktversicherungen besteht (Ziff. V.).

_____ 157 Siehe Rn. 36. 158 Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 22.3.1956 – I C 147.54 – BVerwGE 3, 220 = VersR 1956, 362; BVerwG, Urt. v. 29.9.1992 – 1 A 26/91 – VersR 1993, 1217. 159 Kap. 1 Rn. 347 ff.

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I. Direktversicherung 151 Bei einer Direktversicherung handelt es sich um eine durch den Arbeitgeber auf das

Leben des Arbeitnehmers abgeschlossene Lebensversicherung, bei der der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistung des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind (vgl. § 1 b Abs. 2 S. 1 BetrAVG). Da als Versorgungsträger ein Unternehmen der Lebensversicherung fungiert, zeichnet sich dieser Durchführungsweg durch seinen geringen administrativen Aufwand aus. Das macht ihn namentlich für kleinere und mittlere Unternehmen interessant. Die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorteile einer bAV können unkompliziert realisiert werden.160 Es besteht dem Grunde nach, d.h. außerhalb besonderer Sachverhalte wie z.B. im Fall einer Abtretung der Ansprüche aus der Versicherung im laufenden Arbeitsverhältnis, keine Pflicht zur Insolvenzsicherung; Beiträge an den PSVaG sind durch den Arbeitgeber in der Regel nicht abzuführen(vgl. §§ 7 ff. BetrAVG).161 In der Leistungsphase ist der Arbeitgeber von der Anpassungsprüfpflicht nach § 16 Abs. 1 BetrAVG unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG befreit.162 Unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 S. 2 ff. BetrAVG steht zudem im Fall eines vorzeitigen Ausscheidens des Arbeitnehmers mit unverfallbare Anwartschaften die sog. versicherungsförmige Lösung zur Verfügung.163 Die Portabilität ist im Falle eines Arbeitgeberwechsels i.d.R. gewährleistet, indem etwa der neue Arbeitgeber die Direktversicherung des Vor-Arbeitgebers als neuer Versicherungsnehmer Zwecks Fortsetzung übernimmt.164

1. Grundlagen 152 Wenngleich in der Praxis oft von „Direktversicherungszusage“ die Rede ist, han-

delt es sich bei der Direktversicherung nicht um eine eigene Zusageart. Es bleibt insoweit bei den Vorgaben des § 1 BetrAVG einschließlich der aus der Versorgungszusage des Arbeitgebers resultierenden Einstandspflicht, § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG.165 Der Arbeitgeber ist in Folge seiner Zusage verpflichtet, dem Arbeitnehmer die Leistungen des Direktversicherers zu verschaffen, d.h. eine entsprechende Direktversicherung abzuschließen (sog. betriebsrentenrechtlicher Verschaffungsanspruch).166

_____ 160 Vgl. dazu Kap. 2 Rn. 130, Kap. 3 Rn. 7 ff. 161 Vgl. Kap. 8 Rn. 194 ff. 162 Vgl. Kap. 8 Rn. 440 ff. 163 Vgl. Kap. 8 Rn. 70 ff. 164 Vgl. Kap. 8 Rn. 479 ff. 165 Vgl. § 1 Rn. 726 ff. Eine Ausnahme besteht nur, wenn eine Direktversicherung als reine Beitragszusage zugesagt wird, vgl. Kap. 1 Rn. 542. 166 Vgl. Kap. 1 Rn. 726 ff.

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Der Inhalt des Versicherungsvertrages, namentlich in Form der versicherten Leistungen, bestimmt also regelmäßig den Inhalt der Zusage.167 Beispiel 5 Der Arbeitgeber schließt einen Direktversicherungs-Vertrag zugunsten seines Arbeitnehmers mit einer garantierten monatlichen Rente von 300,00 € ab. Diese 300,00 € sind es dann, für die der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer einzustehen hat, wenn die Leistung durch den Versicherer ausbliebe.

Dass ein Arbeitnehmer mit seinen Ansprüchen gegen den Direktversicherer in Folge 153 einer Zahlungsunfähigkeit ausfällt, ist allerdings kein realistisches Szenario. Zum einen sind Direktversicherer aufsichtsrechtlich zu einer sicheren Kalkulation verpflichtet und zum anderen besteht ein gesetzlicher Sicherungsfonds für die Lebensversicherer, der von der Protektor AG verwaltet wird, die im Fall einer Insolvenz des Lebensversicherers die Verpflichtungen übernimmt.168 Ob eine Direktversicherungszusage als beitragsorientierte Leistungszusage 154 nach § 1 Abs. Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG oder als Beitragszusage mit Mindestleistung nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG zu beurteilen ist, richtet sich nach den Gegebenheiten des Versicherungsvertrages. Anders als im Fall einer unmittelbaren Durchführung tritt nämlich das versicherungsvertragsrechtliche Deckungsverhältnis als weiteres Rechtsverhältnis hinzu. Hierdurch kommt es zu dem für die mittelbare Durchführung typischen Dreiecksverhältnis.169 Allein der Arbeitgeber ist aber Vertragspartner des Versicherers und – auch im Fall der Entgeltumwandlung – Prämienschuldner. Über das Bezugsrecht wird sodann das Zuwendungsverhältnis (auch Leistungsverhältnis) zwischen Arbeitnehmer und Versicherer begründet. Wenngleich beiden Ebenen über spezifische Transmissionsriemen, wie etwa im Fall des sog. betriebsrentenrechtlichen Verfügungsverbots nach § 2 Abs. 2 S. 4 f. BetrAVG oder der Hinweispflicht nach § 166 Abs. 4 VVG, miteinander interagieren können, ist deren saubere Abgrenzung von nicht zu unterschätzender Bedeutung. So werden die versicherungsvertraglichen Rechte des Arbeitgebers als Versicherungsnehmer durch etwaige Rechte des Arbeitnehmers aus dem arbeitsrechtlichen Valutaverhältnis grundsätzlich nicht eingeschränkt.170 Beispiel 5 In seiner Position als Versicherungsnehmer kann beispielswiese der Arbeitgeber die Direktversicherung durch Kündigung vorzeitig beenden. Die Kündigung ändert aber zum einen nichts an der

_____ 167 Vertiefend: Kap. 1 Rn. 349. 168 So bislang lediglich einmal geschehen, als der Vertragsbestand der Mannheimer Lebensversicherung AG 2003 von Protektor übernommen, saniert und 2017 weiterübertragen wurde. 169 Vgl. Kap. 1 Rn. 345 f. 170 Vgl. BAG, Urt. v. 19.4.2011 – 3 AZR 267/09 – NZA-RR 2012, 92, siehe auch Kap. 1 Rn. 379 ff.

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Kapitel 6 Versicherungsvertragsrecht und Versicherungsaufsichtsrecht der bAV

Einstandspflicht des Arbeitgebers aus § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG171 und kann zum anderen zu Schadensersatzansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber führen, insbesondere dann, wenn letzterer arbeitsrechtlich nicht zur Kündigung berechtigt war.172

2. Bestimmende Merkmale der Direktversicherung und ihre Bedeutung 155 Die wesensbestimmenden Merkmale einer Direktversicherung ergeben sich unmit-

telbar aus der Legaldefinition des § 1b Abs. 2 BetrAVG.173

a) Lebensversicherung 156 Eine Lebensversicherung zeichnet sich dadurch aus, dass der Versicherer das wirtschaftliche Risiko des Versicherungsnehmers oder Versicherten übernimmt, welches aus der elementaren Unsicherheit des menschlichen Lebens in Form des Sterblichkeitsrisikos folgt.174 Im Hinblick auf die Grundformen einer Lebensversicherung ist zwischen der reinen Risikolebensversicherung einerseits und der kapitalbildenden Lebensversicherung andererseits zu unterscheiden. Bei der reinen Risikolebensversicherung ist der Eintritt des Versicherungsfalls, 157 d.h. der Tod der versicherten Person innerhalb des versicherten Zeitraums, nicht gewiss. Ihre Funktion besteht vor allem darin, Hinterbliebene des Versicherten vor den wirtschaftlichen Folgen eines Versterbens insbesondere des Hauptverdieners zu schützen. Die kapitalbildende Lebensversicherung zeichnet sich demgegenüber dadurch aus, dass es zu einem Ansparvorgang kommt und der Eintritt des Versicherungsfalls gewiss ist, weil die Leistung bspw. entweder im Fall eines Versterbens vor dem Versicherungsablauf oder spätestens als Erlebensfallleistung mit dem Erleben des Versicherungsablaufs fällig wird (sog. kombinierte Lebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall). Naturgemäß sind kapitalbildende Versicherungen deutlich kostenintensiver als reine Risikoversicherungen. Anders als bei einer reinen Risikolebensversicherung ist bei dieser Versicherungsart im Falle einer vorzeitigen Beendigung durch den Versicherer aber zwingend ein Rückkaufswert zu zahlen, wie aus § 169 Abs. 1 i.V.m. § 171 S. 1 VVG zugunsten des Versicherungsnehmers folgt. 3 Praxistipp Welche Versicherungsart in Betracht kommt, hängt immer von dem beabsichtigten Zweck der Versorgung ab. Sofern der Fokus allein auf einer Hinterbliebenenversorgung liegt, ist eine reine Risikolebensversicherung als Direktversicherung ausreichend und in der Regel die kostengünstigste Variante.

_____ 171 Ausnahme im Fall einer reinen Beitragszusage gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG, siehe auch Kap. 1 Rn. 542. 172 Vgl. BAG, Urt. v. 15.6.2010 – 3 AZR 334/06 – BAGE 134, 372 = VuR 2011, 111. 173 Siehe dazu auch Kap. 1 Rn. 374 f. 174 Vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann/Brömmelmeyer, § 42 Rn. 1.

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Die Erlebensfallversicherung, bei der ein vorzeitiges Versterben während der Auf- 158 schubphase nicht abgesichert ist, spielt in der Praxis der bAV vor allem als Rentenversicherung eine Rolle. Mit dem Terminus Rentenversicherung wird also keine von der Lebensversicherung zu unterscheidende Versicherungssparte bezeichnet. Auch die Rentenversicherung ist eine Lebensversicherung, bei der die Versicherungsleistung als Rente erbracht wird. In ihrer Reinform besteht bei dieser Versicherungsart die Möglichkeit, dass der Versicherte bereits kurze Zeit nach Eintritt in die Leistungsphase verstirbt, er also weit weniger Leistungen erhält, als Prämien aufgewandt wurden. Das ist zwar keineswegs unbillig, sondern denknotwendige Konsequenz des Versicherungsprinzips. Denn der Versicherer kalkuliert die von ihm in der Regel lebenslang zu erbringenden Renten nach dem Gesetz der großen Zahl, d.h. das Versichertenkollektiv ist insoweit auf ein ausgewogenes Verhältnis von Versicherten mit einer langen Lebensspanne und dementsprechend langen Rentenbezügen einerseits und Versicherten mit kürzerer Lebensspanne und dementsprechend kürzeren Rentenbezügen angewiesen. Jedoch wird die Konsequenz insbesondere in Extremfällen, d.h. bei langer Prämienzahlungsdauer und einem Versterben kurz nach Beginn der Leistungsphase, oftmals als hart empfunden. Praxistipp 3 Soll dieses „Risiko“ vermieden werden, dann ist auf die Vereinbarung einer sog. Rentengarantiezeit zu achten.175 Denn diese führt dazu, dass bei einem Versterben des Versicherten während der Abrufphase für eine bestimmte Dauer (z.B. 10 Jahre nach Beginn der ersten Rentenzahlung) durch den Versicherer weiter Leistungen an die Hinterbliebenen zu zahlen sind. Eine Rentengarantiezeit führt in der Regel aber zu höheren Prämien oder einer niedrigeren Rentenleistung.

Gemeinsam ist allen Formen der Lebensversicherung, dass es sich nicht um eine 159 Schadenversicherung (vgl. §§ 74 ff. VVG) handelt. Die Leistungspflicht des Versicherers hängt also nicht von dem Eintritt eines durch den Versicherungsfall ausgelösten, konkreten Schadens ab. Die Höhe der Versicherungsleistung wird vielmehr im Sinne einer abstrakten Bedarfsdeckung mit dem Versicherer vereinbart. Dabei ist Höhe der versicherten Leistungen naturgemäß wesentlicher Faktor bei der Bestimmung der Höhe der Prämien durch den Versicherer.

b) Auf das Leben des Arbeitnehmers Die Lebensversicherung muss nach § 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG ferner „auf das Leben 160 des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen“ werden, d.h. die Leistungspflicht des Versicherers hängt vom Tod des Arbeitnehmers oder dem Erle-

_____ 175 Siehe dazu auch Kap. 1 Rn. 234.

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ben des vereinbarten Abruftermins ab. Der Arbeitnehmer fungiert also als versicherte Person. Auf sein Leben wird die Versicherung abgeschlossen. Der Wortlaut des Gesetzes ist insoweit allerdings etwas zu eng.176 Denn zum ei161 nen liegt eine Direktversicherung unzweifelhaft auch noch dann vor, wenn der aktuelle Arbeitgeber sie zwar nicht abgeschlossen, jedoch als Versicherungsnehmer in Folge eines Arbeitnehmerwechsels übernommen hat.177 Zum anderen kann eine Direktversicherung durchaus auch auf das Leben anderer begünstigter Personen, wie z.B. im Falle einer Leibrentenversicherung zugunsten des überlebenden Ehegattens, abgeschlossen werden.178 Keine Direktversicherung liegt aber vor, wenn der Arbeitnehmer selbst Versicherungsnehmer ist, auch wenn der Lebensversicherungsvertrag auf Grundlage eines Rahmenvertrages zwischen Arbeitgeber und Versicherer mit vergünstigten Konditionen abgeschlossen wird. Dann handelt es sich um private Vorsorge, nicht aber um bAV.179

c) Bezugsberechtigung 162 Von essentieller Bedeutung – namentlich für die Interessen des versorgungsberechtigten Beschäftigten – ist die Ausgestaltung des sog. Bezugsrechts (vgl. § 159 VVG). Die nach § 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG zwingend erforderliche Bezugsrechtsbestellung zugunsten des Arbeitnehmers (und/oder seiner Hinterbliebenen) führt dazu, dass dem versicherten Arbeitnehmer im Erlebensfall bzw. dessen Hinterbliebenen im Todesfall ein unmittelbares Forderungsrecht gegenüber dem Versicherer zusteht. Damit erfüllt die Direktversicherung die Bedingungen eines Vertrags zugunsten Dritter (vgl. §§ 328 ff. BGB).180 Das Bezugsrecht kann auch gespalten sein, so dass ein Teil der Versicherungsleistung an den Versorgungsberechtigten und ein Teil an den Arbeitgeber fließt.181

aa) Arten der Bezugsberechtigung im Allgemeinen182 163 Dem Grunde nach kann das Bezugsrecht widerruflich oder unwiderruflich ausgestaltet sein, wobei nach § 159 Abs. 1 VVG das Bezugsrecht im Zweifel bis zum Eintritt des Versicherungsfalls in einem widerruflichen Sinne auszulegen ist, wenn die Unwiderruflichkeit nicht klar aus der Erklärung des Versicherungsnehmers hervor-

_____ 176 Vgl. statt aller Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 3 Rn. 21 f. 177 Siehe auch Kap. 1 Rn. 384 178 Siehe auch Kap. 1 Rn. 385. 179 Siehe auch Kap. 1 Rn. 378. 180 Vgl. BGH, Urt. v. 27.9.2012 – IX ZR 15/12 – VersR 2013, 438, 440, Rn. 15. 181 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 395 f. 182 Siehe dazu aus arbeitsrechtlicher Perspektive Kap. 1 Rn. 386 ff.

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geht. Sofern also ein unwiderrufliches Bezugsrecht bestellt werden soll, muss der Arbeitgeber auf hinreichende Klarheit seiner Erklärung achten. Die Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts kann durch arbeitsrechtliche Vorschriften des BetrAVG vorgeschrieben sein (vgl. § 1b Abs. 5 S. 2 BetrAVG, § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BetrAVG).183 Die Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts führt dann zu einem 164 sofortigen und endgültigen Rechtserwerb auf Seiten des Arbeitnehmers.184 Im Fall eines lediglich widerruflichen Bezugsrechts erwirbt der Bezugsberechtigte noch keine gesicherte – insbesondere noch keine insolvenzfeste – Rechtsposition, sondern nur die schlichte Hoffnung auf die spätere Leistung.185 Dementsprechend bedarf es auch keiner Zustimmung des versicherten Arbeitnehmers im Fall einer Änderung des widerruflichen Bezugsrechts, im Fall eines unwiderruflichen Bezugsrechts hingegen naturgemäß schon. Außerhalb entgeltumwandlungsfinanzierter Verträge, bei denen in Folge von § 1b Abs. 5 BetrAVG sofortige Unverfallbarkeit eintritt, wird die sofortige Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts für den Arbeitgeber regelmäßig nicht in Betracht kommen. Praxistipp 3 Beim Fortfall der Versorgungsverpflichtung zugunsten des versicherten Arbeitnehmers, d.h. bspw. im Fall eines Ausscheidens vor Eintritt der Unverfallbarkeit, sollte der Widerruf eines widerruflichen Bezugsrechts unverzüglich gegenüber dem Versicherer erklärt werden. Denn nach Eintritt des Versicherungsfalls ist ein Widerruf unzweifelhaft nicht mehr möglich. In der Regel kann der Versicherer in diesen Fällen leistungsbefreiend an den ausgeschiedenen Arbeitnehmer oder dessen Hinterbliebene auch dann leisten, wenn im arbeitsrechtlichen Valutaverhältnis mangels Unverfallbarkeit nicht besteht.186

Weiter ist aber zu beachten, dass auf Ebene des arbeitsrechtlichen Valutaverhältnis- 165 ses die freie Widerrufbarkeit auch eines durch den Arbeitgeber nur widerruflich eingeräumten des Bezugsrechts eingeschränkt sein kann.187 Beispiel 5 Hat der Arbeitnehmer bereits eine gesetzlich oder vertragliche unverfallbare Anwartschaft erworben, dann bleibt ein Widerruf des Arbeitgebers versicherungsvertragsrechtlich zwar möglich. Er ist

_____ 183 Kap. 1 Rn. 392 184 Vgl. BGH, Urt. v. 9.10.2014 – IX ZR 41/14 – NJW 2015, 341. 185 Vgl. nur BGH, Urt. v. 22.3.1984 – IX ZR 69/83 – VersR 1984, 632; BGH, Urt. v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01 – BGHZ 156, 350 = NJW 2004, 214. 186 In den Fällen können die Bezugsberechtigten aus ungerechtfertigter Bereicherung dem Arbeitgeber zu einer Erstattung der empfangenen Versicherungsleistung verpflichtet sein, wobei die Rechtsdurchsetzung für den Arbeitgeber insoweit regelmäßig mit Hürden verbunden ist (z.B. auch in Folge einer eingetretenen Entreicherung auf Seiten des Bezugsberechtigten). 187 Siehe Kap. 1 Rn. 390.

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aber in der Regel nur dann sinnvoll, wenn dies dem Arbeitgeber arbeitsrechtlich auch erlaubt ist. Andernfalls würde er durch den Widerruf gegen seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen. Darüber hinaus wäre er – abgesehen von einer reinen Beitragszusage – im Verhältnis zu dem Arbeitnehmer unmittelbar einstandspflichtig nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG. 166 Insbesondere bei einer arbeitgeberfinanzierten Zusage hat der Arbeitgeber ein

berechtigtes Interesse daran, dass das Bezugsrecht bis zum Eintritt der Unverfallbarkeit für ihn frei widerruflich ist. Denn andernfalls stünde dem Arbeitnehmer auch dann einen Anspruch auf die Versicherungsleistung zu, wenn er den Betrieb ohne unverfallbare Anwartschaften wieder verlässt. Als Versicherungsnehmer könnte der Arbeitgeber zwar die Kündigung erklären, der Rückkaufswert der Versicherung stünde als lediglich andere Erscheinungsform der Versicherungsleistung188 jedoch gleichwohl dem Arbeitnehmer zu. Anders als das unwiderrufliche Bezugsrecht begründet das widerrufliche Be167 zugsrecht im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers kein Aussonderungsrecht zugunsten des Arbeitnehmers.189

bb) Eingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht im Besonderen190 168 Da der Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse daran hat, dass die freie Widerrufbarkeit des Bezugsrechts zumindest in dem Zeitpunkt endet, indem er die Unverfallbarkeitsvoraussetzungen erfüllt, hat sich in der Praxis das sog. eingeschränkt unwiderrufliche Bezugsrecht etabliert. 5 Beispiel Die in der Praxis typischen Formulierungen gehen dahin, dass dem Arbeitnehmer ein unwiderrufliches Bezugsrecht unter „Vorbehalt“ eingeräumt wird. Der Vorbehalt erstreckt sich darauf, dass der Arbeitgeber künftig fällig werdende und auf seiner Finanzierung beruhende Versicherungsleistungen in Anspruch nehmen darf, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versicherungsfalles endet und der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt noch keine unverfallbare Anwartschaft erworben hat. 169 Die Auslegung entsprechender Klauseln führt im Falle der Insolvenz des Arbeitge-

bers gelegentlich zu Schwierigkeiten.191 Insoweit hat der BGH schon in den Jahren 2005 und 2006 vertreten, der Vorbehalt greife bei einem „insolvenzbedingten Ausscheiden“ des Arbeitnehmers nicht ohne Weiteres, selbst wenn die Vorausset-

_____ 188 BGH, Urt. v. 20.5.2009 – IV ZR 16/08 – NJW-RR 2009, 1327; BGH, Urt. v. 2.12.2009 – IV ZR 65/09 – NJW-RR 2010, 544. 189 Vgl. nur BAG, Urt. v. 26.2.1991 – 3 AZR 213/90 – NZA 1991, 845; BGH, Urt. v. 4.3.1993 – IX ZR 169/92 – NJW 1993, 1994. 190 Siehe dazu aus arbeitsrechtlicher Perspektive Kap. 1 Rn. 393 f. 191 Siehe dazu auch Kap. 8 Rn. 365 ff.

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zungen der Unverfallbarkeit noch nicht vorliegen.192 Im Fall eines insolvenzbedingten Ausscheidens kann der Arbeitnehmer also darauf hoffen, seine Anwartschaft trotz Verfallbarkeit behalten zu dürfen. Argumentativ wird diese - mit dem Wortlaut der Bezugsrechtsbestimmung nur 170 bedingt in Einklang zu bringende - Sichtweise damit begründet, dass der Vorbehalt jedenfalls seinem Sinn und Zweck nach lediglich solche Beendigungstatbestände erfasse, die auf die Person oder das Verhalten des Arbeitnehmers zurückzuführen sind, namentlich die freiwillige Aufgabe des Arbeitsplatzes.193 Das BAG tendierte insoweit zu einer anderen Sichtweise. Es ist davon ausgegangen, dass der Vorbehalt eines eingeschränkt unwiderruflichen Bezugsrechts abschließend gestaltet ist, sofern sich aus den Versicherungsbedingungen nicht ausdrücklich etwas anderes ergibt.194 Nachdem auch der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes 171 nach einer entsprechenden Vorlage des BAG195 keine Notwendigkeit zu einer abschließenden Entscheidung sah,196 kommt es insoweit auf eine am Einzelfall orientierter Auslegung an.197 Das ist der Rechtsicherheit naturgemäß nicht zuträglich. Geht etwa der Versicherer von einem wirksamen Widerruf aus, wird ihn voraussichtlich der Arbeitnehmer in Anspruch nehmen. Negiert er einen Widerruf, sieht er sich regelmäßig Ansprüchen des Insolvenzverwalters ausgesetzt. Insoweit ist anzumerken, dass eine Differenzierung danach, wer die Kündigung 172 des Arbeitsverhältnisses erklärt hat, jedenfalls in Insolvenzkonstellationen nicht allein maßgeblich sein kann. Kündigt etwa der Arbeitnehmer in der wirtschaftlichen Krise des Arbeitgebers aufgrund ausbleibenden Lohnzahlungen im Hinblick auf die bevorstehende Insolvenz, die dann in zeitlicher Nähe auch eintritt, kann durchaus eine einschränkende Auslegung des Vorbehalts im Sinne einer Unwiderruflichkeit in Betracht kommen, wie auch die Rechtsprechung bereits anerkannt hat.198 Praxistipp 3 Im Zweifel sollten sich Versicherer im Insolvenzfall auf den Standpunkt stellen, dass ein Widerruf des Insolvenzverwalters ins Leere geht. So kann das Risiko einer Doppelzahlung vermieden und das

_____ 192 Vgl. BGH, Urt. v. 8.6.2005 – IV ZR 30/04 – NJW-RR 2005, 1412; BGH, Urt. v. 3.5.2006 – IV ZR 134/05 – NJW-RR 2006, 1258. 193 Vgl. BGH, Urt. v. 8.6.2005 – IV ZR 30/04 – NZI 2005, 555; BGH, Urt. v. 3.5.2006 – IV ZR 134/05 – r + s 2006, 334. 194 Siehe bspw. BAG, Urt. v. 8.6.1999 – 3 AZR 136/98 – BAGE 92, 1 = NZA 1999, 1103. 195 Vgl. BAG, Beschl. v. 22.5.2007 – 3 AZR 334/06 (A) – BAGE 122, 351 = NZA 2007, 1169. 196 Vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschl. v. 8.3.2010 – GmS-OGB 2/07 – bitte genau so angeben. 197 Namentlich hat der BGH seine Sicht der Dinge mit zwei Urteilen v. 22.1.2014 erneut bestätigt, vgl. BGH, Urt. v. 22.1.2014 – IV ZR 201/13 – VersR 2014, 321 sowie BGH, Urt. v. 22.1.2014 – IV ZR 127/12 – BeckRS 2014, 2627. 198 LG Magdeburg, Beschl. v. 6.10.2014 und 19.12.2014 – 1 S 258/14 – (unveröffentlicht).

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Schicksal des Bezugsrechts zugunsten des Arbeitnehmers, dem i.d.R. der Streit zu verkünden ist, gerichtlich geklärt werden. 173 Besonderheiten gelten für die Auslegung eines eingeschränkt widerruflichen Be-

zugsrechts aber im Zusammenhang mit Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF). Soweit das BetrAVG nicht anwendbar ist, kommt es für die Frage der Verfallbarkeit allein auf die vertraglichen Vereinbarungen an. Ferner ist bei der Auslegung des Vorbehalts der besonderen Position dieser Versorgungsberechtigten Rechnung zu tragen und die Auslegungsgrundsätze zur Insolvenzfestigkeit des eingeschränkt unwiderruflichen Bezugsrechts können nicht pauschal auf sie übertragen werden.199 Zu berücksichtigen seien namentlich die Einflussmöglichkeiten eines maßgeblich beteiligten GGF. Zwar scheint der BGH eine einschränkende Auslegung des Vorbehalts bei GGF nicht per se für unzulässig zu halten. In der Praxis dürfte der Vorbehalt zumindest bei GGF mit einem maßgeblichen Einfluss aber keiner einschränkenden Auslegung mehr zu unterziehen sein, so dass der Rückkaufswert bspw. durch den Insolvenzverwalter zur Masse gezogen werden kann.

cc) Besonderheiten bei Kündigung und Zwangsvollstreckung 174 Kraft seiner Eigenschaft als Versicherungsnehmer kann der Arbeitgeber die Direkt-

versicherung durch Kündigung (vgl. § 168 VVG) beenden. Ist das Bezugsrecht unwiderruflich oder widerruft der Arbeitgeber ein widerrufliches Bezugsrecht nicht, so steht der Rückkaufswert als lediglich andere Erscheinungsform der Versicherungsleistung (vgl. § 169 VVG) dem versicherten Arbeitnehmer zu. Da unwiderrufliche oder eingeschränkt unwiderrufliche Bezugsrechte dazu füh175 ren, dass der wirtschaftliche Wert des Vertrages dem Vermögen des Arbeitnehmers zuzuordnen ist, können Gläubiger des Arbeitgebers nicht in eine Direktversicherung vollstrecken. Denn die Stellung des Versicherungsnehmers und die bei diesem allein verbleibenden Gestaltungsrechte haben keinen eigenen wirtschaftlichen Wert. Sie sind nur zusammen mit einer Forderung aus dem Versicherungsvertrag pfändbar.200 Eine Pfändung von Ansprüchen des Arbeitnehmers aus der Direktversiche176 rung nach §§ 829, 831 ZPO erfolgt jedoch in aller Regel zu einem Zeitpunkt, zu welchem die Leistungen aus dem Versicherungsvertrag noch nicht fällig sind. Insoweit war die Auffassung verbreitet, dass unverfallbare Anwartschaften des Arbeitnehmers gemäß § 1b Abs. 1 und 5 BetrAVG aus einer Direktversicherung aufgrund der

_____ 199 BGH, Urt. v. 24.6.2015 – IV ZR 240/14 – FD-VersR 2015, 371906; Vorinstanz: OLG Hamburg, Urt. v. 23.5.2014 – 9 U 95/13 – BeckRS 2015, 14224. 200 BGH, Urt. v. 18.6.2003 – IV ZR 59/02 – NJW 2003, 2679 unter Bezug auf BGH, Urt. v. 17.2.1966 – II ZR 286/63 – BGHZ 45, 162 = NJW 1966, 1071.

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gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen in § 2 Abs. 2 S. 4–6 BetrAVG201 grundsätzlich nicht gepfändet werden können, da das gesetzliche Abtretungs- und Beleihungsverbot eine Unpfändbarkeit nach § 851 Abs. 1 ZPO begründe.202 Der BGH dieser Auffassung jedoch eine Absage erteilt.203 Der Anspruch des Arbeitnehmers auf die zukünftige Versicherungsleistung ist danach schon in der Ansparphase als künftige Forderung, pfändbar.204 Dem Pfändungsgläubiger steht aber aufgrund des gesetzlichen Kündigungsausschlusses gemäß § 2 Abs. 2 S. 5, 6 BetrAVG zunächst kein Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes gemäß § 169 Abs. 3, 4 VVG zu.

3. Produktlinien und deren Einsatz in der bAV Klare und eindeutige Vorgaben für Lebens- und Rentenversicherungen, die als Di- 177 rektversicherungen im Sinne des § 1b Abs. 2 BetrAVG zum Einsatz kommen können, beinhaltet das Gesetz nicht.205 Umso wichtiger ist es daher insbesondere für Arbeitgeber vor dem Hintergrund von § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG, sich mit den unterschiedlichen am Markt anzutreffenden Produktlinien und den mit ihnen jeweils verbundenen Chancen und Risiken vertraut zu machen. Insoweit ist zunächst zu beachten, dass der Versicherer aus den durch den Arbeitgeber geleisteten Bruttoprämien in der Regel seine Kosten – namentlich in Form von Abschluss-, Verwaltungs- und Risikokosten – deckt. Der verbleibende Teil der Bruttoprämie, d.h. der sog. Sparanteil, steht dann bei kapitalbildenden Lebens- und Rentenversicherungen zur Kapitalbildung zur Verfügung, wodurch es zu einem laufzeitabhängigen Ansparvorgang kommt.

a) Ausprägungen der Lebensversicherung206 Die am Markt anzutreffenden Produktlinien lassen sich im Wesentlichen in drei Ka- 178 tegorien unterteilen, die – je nach Standpunkt – Vor- und Nachteile mit sich bringen können.

_____ 201 Kap. 8 Rn. 397. 202 Vgl. OLG Köln, Urt. v. 5.6.2002 – 5 U 267/01 – BeckRS 2003, 10400; LG Konstanz, Beschl. v. 17.8.2007 – 62 T 58/06 – VuR 2008, 274; LG Stuttgart, Beschl. v. 6.8.2009 – 2 T 133/09 – BeckRS 2009, 29601. 203 BGH, Beschl. v. 11.11.2010 – VII ZB 87/09 – r + s 2011, 32. 204 Vgl. zur Pfändbarkeit der Ansprüche auf betriebliches Ruhegeld aufgrund einer betrieblichen Direktzusage, BGH, Urt. v. 24.11.1988 – IX ZR 210/87 – NJW-RR 1989, 286. 205 Siehe Kap. 1 Rn. 397. 206 Siehe dazu vertiefend Kap. 1 Rn. 398 ff.

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aa) Konventionelle Produkte 179 Den größten Teil des Bestandes an Direktversicherungen in Deutschland dürften

nach wie vor konventionell kalkulierte Direktversicherungen als kapitalbildende Lebensversicherungen ausmachen.207 Welchen Garantiezins der Versicherer dem Ansparvorgang maximal zugrunde 180 legen darf, ist in der durch die BaFin auf Grundlage der entsprechenden aufsichtsrechtlichen Ermächtigungen (vgl. §§ 88 Abs. 3 S. 1 und 2 i.V.m. S. 4 und § 217 S. 1 Nr. 7 bis 10 i.V.m. S. 3 und 3 VAG; § 235 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 bis 7 i.V.m. Abs. 2 S. 2 d VAG) erlassenen Deckungsrückstellungsverordnung klar vorgegeben. In der Entwicklung dieses sog. Höchstrechnungszinses von z.B. 3,25% zwischen 07/2000 und 12/2003 zu 0,9% seit 01/2017 dokumentiert sich eindrücklich die Herausforderungen, vor denen konventionelle Produktkonzepte aktuell stehen. Denn das Konzept der klassischen Lebens- oder Rentenversicherung wird durch die seit einigen Jahren anhaltende Niedrigzinsphase in Frage gestellt, weil es im Hinblick auf das Verhältnis von vereinbarten Beiträgen und garantierten Leistungen erheblich an Attraktivität eingebüßt hat. Je geringer der Garantiezins, desto geringer fällt der garantierte und damit fest planbare Teil der Versicherungsleistung aus. Aufgrund der aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen, die den Versicherer zu einer hinreichend sicheren Anlagepolitik verpflichten, gehen die mit der Garantieerzeugung verbundenen Kosten naturgemäß zu Lasten der Rendite. Im Ergebnis muss Arbeitgebern und Versorgungsberechtigten also klar sein, dass eine konventionelle Direktversicherung zwar ein Höchstmaß an Sicherheit bietet, diese Sicherheit jedoch zu Lasten der Rendite geht. Die garantierte Versicherungsleistung erhöht sich in der Regel aber um erwirtschaftete Überschüsse und einer Beteiligung an den Bewertungsreserven (stillen Reserven), wobei diese bei Beginn der Versicherung nicht feststehen.208 3 Praxistipp Liegt der Fokus auf einem Höchstmaß an Sicherheit und Planbarkeit, so sind konventionelle Produkte auch vor dem Hintergrund der Niedrigzinsphase zu empfehlen. Andernfalls bieten sich Fondsprodukte oder – als Mischform – Hybridprodukte an, wobei dann die Chancen und Risiken gegeneinander abgewogen werden müssen.

bb) Fondsgebundene Produkte 181 Erheblich größere Renditechancen bestehen im Bereich fondsgebundener Lebens-

und Rentenversicherungen.

_____ 207 Zu den aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen, vgl. Rn. 10 ff. 208 Zur Überschussbeteiligung, siehe Rn. 251 ff.

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Zu Unrecht werden diese vereinzelt als per se für die bAV ungeeignet einge- 182 stuft.209 Denn in einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung sollte es Arbeitgebern und Arbeitnehmern überlassen bleiben, eine Entscheidung im Spannungsverhältnis zwischen Sicherheit und Wertzuwachs zu treffen. Zwar ist es richtig, dass es mit den vielfältigen Förderungstatbeständen einerseits und dem durch den Gesetzgeber intendierten Versorgungszweck andererseits nur schwer vereinbar wäre, in der bAV „Hochrisikoverträge“ zuzulassen, bei denen die nicht unbeachtliche Wahrscheinlichkeit eines Totalverlusts besteht. In aller Regel kann davon aber bei Versicherungsprodukten, die in Deutschland als Direktversicherungen angeboten werden, von vorneherein keine Rede sein. Auch im fondsgebundenen Bereich sind die Risiken mit Blick auf den kollektiven Ansparvorgang und die durch den Versicherer mögliche Streuung der Kapitalanlagen und in der Regel durch eine garantierte Leistungshöhe210 begrenzt. Das heißt zwar nicht, dass Renditeerwartungen nicht enttäuscht werden können. Ein über die kumulierten Prämienzahlungen hinausgehender Verlust dürfte – zumindest bezogen auf den Beginn der Abrufphase – jedoch bei der Mehrzahl der am Markt anzutreffenden Produkte kein realistisches Szenario sein. In der Reinform werden bei der fondsgebundenen, kapitalbildenden Lebens- 183 oder Rentenversicherung die Sparanteile der Prämien in Fonds, welche der Versicherungsnehmer oft selbst aus einem durch den Versicherer zur Verfügung gestellten Portfolio auswählen kann, investiert. Mit den Sparanteilen werden mithin durch den Versicherer entsprechende Anteile an dem jeweiligen Sondervermögen erworben oder zumindest in ihrer Wertentwicklung davon abhängig gemacht. Von der Wertentwicklung der entsprechenden Anteile hängt dann auch die Höhe der Versicherungsleistung ab. Hervorzuheben ist insoweit allerdings, dass die jeweiligen Fondsanteile im Eigentum des Versicherers stehen. Denn auch bei einer fondsgebundenen Direktversicherung erwirbt der Versicherungsnehmer nicht etwa Eigentum an dem zum Deckungsstock des Versicherers gehörenden Sondervermögen, sondern er erwirbt ausschließlich schuldrechtliche Ansprüche aufgrund des abgeschlossenen Versicherungsvertragsverhältnisses. Auch Fondsprodukte können mit Garantien – z.B. mit der endfälligen Garantie 184 einer Versicherungsleistung mindestens in Höhe der eingezahlten Beiträge, eines Teils davon oder festen Verrentungsfaktoren im Hinblick auf das angesammelte Kapital – versehen sein. Insoweit muss aber wiederum klar sein, dass die mit jeder Garantierzeugung verbundenen Kosten zwangsläufig zu Lasten der potentiellen Rendite gehen. Wird keinerlei Garantie übernommen, so beschränkt sich die Einstandspflicht des Versicherers für den Todes- oder Erlebensfall auf das vorhandene Fondsguthaben. Da – außerhalb der nach § 1 Abs. 2a BetrAVG nur tarifver-

_____ 209 In diesem Sinne hatte sich etwa OLG Köln, Urt. v. 23.12.2011 – 20 U 167/11 – BeckRS 2012, 2882, aufgrund des „spekulativen“ Charakters fondsgebundener Rentenversicherungen positioniert. 210 Vgl. Rn. 179.

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traglich möglichen reinen Beitragszusage211 – nach dem BetrAVG indes nur Leistungszusagen möglich sind, ist eine Ausgestaltung ohne jedwede Garantie nicht unproblematisch und kann für den Arbeitgeber auch vor dem Hintergrund von § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG mit Risiken verbunden sein.212

cc) Hybridprodukte213 185 Daher verdienen gerade in der bAV sog. Hybridprodukte vor dem Hintergrund des anhaltenden Niedrigzinsumfeldes größere Beachtung. Gemeinsam ist Hybridprodukten, die in unterschiedlichen Ausprägungen am Markt anzutreffen sind, im Regelfall, dass ein Teil der Prämien konventionell zwecks Erzeugung einer Garantie, ggf. bis hin zu einer endfälligen Garantie der Versicherungsleistung in Höhe der eingezahlten Prämien, und ein anderer Teil der Prämien fondsgebunden investiert wird. In welchem Umfang der eine oder andere „Topf“ bespart wird, kann bei einigen Produkten durch den Versicherungsnehmer proaktiv entschieden werden. So ist es bspw. für Arbeitgeber möglich, die endfällige Erlebensfallleistung auf einem Garantieniveau von bspw. 80% der eingezahlten Prämien festzulegen. Darüber hinausgehend nehmen die Policen an den Chancen und dementsprechend auch Risiken der Kapitalmärkte teil.

b) Ausgestaltung der Garantie 186 Im Hinblick auf die Ausgestaltung der Garantie einer Direktversicherung ist regel-

mäßig zwischen dem vorgesehenen Vertragsablauf bzw. dem Beginn einer flexiblen Abrufphase einerseits und der Aufbauphase andererseits, z.B. im Falle einer Beitragsfreistellung aufgrund eines vorzeitigen Ausscheidens des Arbeitnehmers, zu differenzieren. Typischerweise versteht sich die durch den Versicherer für den Erlebensfall 187 übernommene Garantie im Sinne einer endfälligen Garantie, d.h. nur bei Erreichen des vereinbarten Ablaufdatums bzw. des Beginns einer etwaig flexibel ausgestalteten Abrufphase greift die Garantie. Sofern für die Beitragsfreistellung kein Garantieversprechen des Versicherers vorliegt, richtet sich die Höhe der prämienfreien Leistung nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation unter Zugrundelegung des Rückkaufswertes (vgl. § 165 Abs. 2 VVG). Wenn und sofern der Versicherer das Versprechen abgibt, dass für den Fall einer vorzeitigen Beitragsfreistellung die beitragsfreie Versicherungsleistung mindestens auf Grundlage der bis dahin gezahlten

_____ 211 Kap. 1 Rn. 522 ff. 212 Kap. 1 Rn. 726 ff. 213 Siehe dazu auch Kap. 1 Rn. 400.

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Beiträge ermittelt wird, dann muss Arbeitgeber und Versorgungsberechtigtem wiederum klar sein, dass ein derartiges Garantieversprechen zu Lasten der Ertragschancen geht.

c) Bedeutung der Produktgestaltung für die Zusage Die konkrete Produktgestaltung ist von erheblicher Bedeutung für die Frage, ob und 188 ggf. mit welcher betriebsrentenrechtlichen Zusageart das Versorgungsversprechen im Wege der Direktversicherung durchgeführt werden kann. Diese Fragen lassen sich letztlich nur im Einzelfall anhand des konkreten Pro- 189 duktdesigns klären. In allgemeiner Hinsicht besteht die Herausforderung darin, dass bereits die Abgrenzung der – außerhalb nur tarifvertraglich möglicher Beitragszusagen – in Betracht kommenden Zusagearten beitragsorientierte Leistungszusage und Beitragszusage mit Mindestleistung im Schrifttum lebhaft diskutiert wird.214 Wer bspw. für die beitragsorientierte Leistungszusage als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal eine Mindestverzinsung und damit eine Versicherungsleistung fordert, die über 100% der kumulierten Beiträge liegt,215 kommt nicht umhin, den Einsatz bspw. von Hybridprodukten mit einer endfälligen Garantie von 80% der kumulierten Beiträge als unzulässig anzusehen. Entsprechendes gilt für diejenige Auffassung, nach der es sich bei der Beitragszusage mit Mindestleistung lediglich um einen Unterfall der beitragsorientierte Leistungszusage handelt, die ebenfalls mit dem zusätzlichen Erfordernis, mindestens die Summe der eingezahlten Beiträge zu garantieren, verbunden sei.216 Im versicherungsrechtlichen Teil dieses Werks kann auf den Abgrenzungsstreit 190 nur in der gebotenen Kürze eingegangen werden.217 Bereits der Wortlaut des Gesetzes spricht aber dafür, dass im Rahmen einer beitragsorientierte Leistungszusage keine (Brutto-)Beitragsgarantie von 100% erforderlich ist. Anhaltspunkt für die Notwendigkeit einer Mindestverzinsung können der Gesetzesbegründung ebenfalls nicht entnommen werden.218 Hätte der Gesetzgeber die Vertragsfreiheit der Parteien auf eine Bruttobeitragsgarantie beschränken wollen, so wäre eine ausdrückliche Anordnung zu erwarten gewesen. Hinzu kommt, dass auch bei der Beitragszusage mit Mindestleistung über den Abzug der Risikokosten hinaus gerade keine 100-%ige Beitragsgarantie erforderlich ist. Insoweit ist im Rahmen einer Beitragszusage mit

_____ 214 Vgl. Kap. 1 Rn. 512 ff. 215 So bspw. Schwark/Raulf, DB 2003, 940, 942: Für die Gegenauffassung, vgl. Britz, BetrAV 2020, S. 85 ff.; siehe dazu ausführlich Kap. 1 Rn. 490 ff. 216 Vgl. Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 1 Rn. 43; Friedrich/Kovac/Werner, BB 2012, 1557. 217 Ausführlicher dazu: Kap. 1 Rn. 512 ff. 218 Vgl. BT-Drucks. 13/8671, S. 120.

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Mindestleistung also als Mindestleistung eine Nettobeitragsgarantie ausreichend, was u.a. auch aus dem sog. Zillmer-Urteil des BAG aus 2009 abgeleitet werden kann.219 Es muss weiter vor Augen stehen, dass die Vorschriften des BetrAVG überwie191 gend aus dem Jahr 1974 und damit aus einer Zeit stammen, in der es noch keine fondsgebundenen Lebensversicherungsprodukte auf dem deutschen Markt gab. Selbst zum Zeitpunkt der Einführung der Beitragszusage mit Mindestleistung im Jahr 2002 war die aktuell anhaltende Niedrigzinsphase, die die Entwicklung vieler alternativer Produktkonzepte fördert, nicht absehbar. 5 Beispiel Wenn und sofern beispielswiese ein Hybridprodukt eine Garantie von 80% der Beiträge bietet, so stellt sich die Frage, um welche Zusageart es sich dabei handeln kann. Von einer reinen Beitragszusage kann keine Rede sein. Denn es wird eine feste Leistung garantiert. Der Arbeitnehmer trägt allerdings das Kapitalanlagerisiko bezogen auf die weiteren 20%. Dem steht indes der entscheidende Vorteil gegenüber, dass die mit der Garantiereduktion verbundene Kostenersparnis deutlich größere Renditechancen ermöglicht. Das Risiko, dass tatsächlich lediglich 80% der Beiträge als Versicherungsleistung bzw. als verrentungsfähiges Kapital zur Verfügung stehen, ist überdies durch die im kollektiven Ansparvorgang mögliche Diversifizierung der Anlagen in faktischer Hinsicht begrenzt. Nach richtiger Auffassung können daher auch solche Produkte zur Durchführung einer beitragsorientierten Leistungszusage herangezogen werden, wohingegen es für eine Beitragszusage mit Mindestleistung zumindest einer Garantie von 100% der kumulierten NettoBeiträge bedarf.220 Ist der Arbeitnehmer besonders schutzwürdig, weil er die für ihn eingerichtete bAV im Rahmen einer Entgeltumwandlungsvereinbarung finanziert, so wird dieser Schutz ausreichend durch das Tatbestandsmerkmal der Wertgleichheit in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG erreicht.221

3 Praxistipp Solange eine höchstrichterliche oder gesetzliche Klarstellung fehlt, sollte der Arbeitgeber also bei der Produktauswahl eine entsprechende Risikoanalyse vornehmen, d.h. unter Berücksichtigung der produktbestimmenden Merkmale sollte er prüfen, ob dieses den betriebsrentenrechtlichen Anforderungen genügt bzw. ob und ggf. in welchem Umfang Risiken bestehen.

d) Wertgleichheitsgebot und Entgeltumwandlung 192 Wird eine Zusage auf bAV durch Entgeltumwandlung finanziert, so ist auch bei

Direktversicherungen das in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG enthaltene Wertgleichheitsgebot zu beachten.222 Wählt der Arbeitgeber den versicherungsförmigen Durchführungsweg der Direktversicherung, so verpflichtet er sich zum Abschluss eines Versicherungsvertrages, d.h. der umzuwandelnde Entgeltanteil wird – gedanklich – in

_____ 219 BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 17/09 – BAGE 132, 100 = NZA 2010, 164. 220 Kap. 1 Rn. 517. 221 Vgl. hierzu nachfolgend Rn. 192 ff. 222 Siehe dazu auch Kap. 1 Rn. 746 ff.

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eine vom Arbeitgeber abzuführende Versicherungsprämie und sodann in eine Versicherungsanwartschaft nebst Bezugsrecht transformiert. 223 Dementsprechend kann Entgeltumwandlung dem Grunde nach bei Direktversicherungen nur bedeuten, dass der Arbeitgeber die umgewandelten Entgeltanteile als Versicherungsprämie einsetzt.224 Geschieht dies vollständig, so erscheint es an sich naheliegend, dass dies bereits zur Annahme der Wertgleichheit im Sinne des BetrAVG ausreicht. Allerdings hat sich das BAG im sog. Zillmer-Urteil225 auf eine objektive Betrach- 193 tung festgelegt, die der Vertragsgestaltung auf Seiten des Versicherers durchaus Grenzen setzt. Denn nach Auffassung des BAG kommt es darauf an, ob bei objektiver wirtschaftlicher Betrachtung eine Anwartschaft generiert wird, die mit den umgewandelten Entgeltansprüchen in einem gleichwertigen Verhältnis steht. Erforderlich ist insoweit naturgemäß eine Gesamtbetrachtung. Bei konventionellen Produkten dürften Bedenken an der Wertgleichheit nicht 194 bestehen. Die Frage stellt sich vielmehr vorrangig bei fondsgebundenen bzw. Hybrid-Produkten. Dort wiederum ist zu beachten, dass notwendiges Pendant der Renditechancen auch das Risiko eines Verlustes ist. Dass Wertgleichheit nur dann gegeben ist, wenn dem Arbeitnehmer im Leistungsfall mindestens eine Versicherungsleistung in Höhe von 100% der eingezahlten Brutto- oder Nettobeiträge zusteht, lässt sich dem Wortlaut des BetrAVG an keiner Stelle entnehmen. Mit Blick auf den Versorgungszweck und die vielfache Förderung der bAV erscheint es auf der anderen Seite allerdings ebenfalls zweifelhaft, der Wertgleichheit bei versicherungsförmiger Durchführung keinen objektiven Gehalt beizumessen. Wenn und sofern aber zumindest 70 bis 80% der eingezahlten Prämien bei endfälligem Ablauf als Versorgungsleistung zur Verfügung stehen, dann bestehen im Hinblick auf die Wertgleichzeit keine durchgreifenden Bedenken. Höchstrichterlich geklärt ist diese Frage indes nicht, was Arbeitgebern vor Augen stehen muss.

e) Haftungsrisiken Außerhalb von Direktversicherung mit einer 100%-igen Beitragsgarantie können, 195 wie aus den vorstehenden Ausführungen folgt, Haftungsrisiken nicht immer ausgeschlossen werden. Sollte nämlich mit Abschluss dem Versicherungsvertrag kongruente Verspre- 196 chen des Arbeitgebers im arbeitsrechtlichen Valutaverhältnis gegenüber dem Arbeitnehmer nicht ausreichen, um in rechtlicher Hinsicht die Anforderungen etwa an eine beitragsorientierte Leistungszusage zu erfüllen, kommt eine Auffüllungspflicht des Arbeitgebers im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in Betracht.

_____ 223 Vgl. Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1 Rn. 180 f. 224 Vgl. Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1 Rn. 180 f. 225 BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 17/09 – BAGE 132, 100 = NZA 2010, 164.

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Entsprechendes wäre im Rahmen einer durch Entgeltumwandlung finanzierten Zusage bei Nichteinhaltung des Wertgleichheitsgebots gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG der Fall. Nach Auffassung des BAG ist der Arbeitnehmer in diesen Fällen so zu stellen, als wären die gesetzlichen Vorschriften eingehalten worden.226 Sollte bspw. die Versicherungsleistung sich auf die einer Beitragsgarantie von 80% beschränken und dies für eine beitragsorientierte Leistungszusage nicht ausreichen, wäre eine entsprechende Auffüllungsverpflichtung des Arbeitgebers denkbar.

4. Zustandekommen der Direktversicherung 197 Im Hinblick auf das Zustandekommen des Vertragsverhältnisses ist zunächst zwi-

schen dem gesetzlichen Regelfall des sog. Antragsmodells,227 das auch in der Praxis den Regelfall bildet, und dem sog. Invitatio-Modell zu unterscheiden. Bei dem Antragsmodell ist der Versicherungsnehmer der antragende Vertragsteil, während der Versicherer den Antrag annimmt. Die Annahme erfolgt dabei meist durch Übersendung des Versicherungsscheins.228 Im Fall des Invitatio-Modells gibt der Versicherungsnehmer demgegenüber zunächst lediglich eine Interessenbekundung gegenüber dem Versicherer in Form einer Aufforderung zur Abgabe eines verbindlichen Vertragsangebots ab (sog. invitatio ad offerendum), das der Versicherungsnehmer bei Einverständnis dann annehmen kann.229 Relevant ist die Unterscheidung namentlich mit Blick auf die Beratungs- und Informationspflichten des Versicherers, da diese zu erfüllen sind, bevor der Versicherungsnehmer seine verbindliche Vertragserklärung abgibt. Insgesamt spielen bei (kapitalbildenden) Lebensversicherungen im Allgemeinen und Direktversicherungen im Besonderen insbesondere Beratungs- und Informationspflichten eine erhebliche Rolle. Insbesondere Arbeitgeber sollten sich bei der Implementierung von Direktversicherungszusagen auch die Haftungszusammenhänge vor Augen führen, etwa wenn Versicherungsvermittler involviert sind und diese Beratungstätigkeiten – ggf. auf ausdrücklichen Wunsch des Arbeitgebers – auch im Hinblick auf die zu versichernden Arbeitnehmer übernehmen.

a) Beteiligung von Versicherungsvermittlern und -beratern im Allgemeinen 198 Direktversicherungen kommen in der Praxis in der Regel über Versicherungsvertre-

ter, Versicherungsmakler (beide als Versicherungsvermittler bezeichnet, § 59 Abs. 1

_____ 226 Vgl. BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 17/09 – BAGE 132, 100 = NZA 2010, 164. 227 Vgl. BT-Drucks. 16/3945, S. 48 und 60. 228 Vgl. MüKo-VVG/Looschelders, § 1 Rn. 138 m.w.N. auch zur konkludenten Annahme durch den Versicherer, z.B. durch Prämieneinzug. 229 Vgl. MüKo-VVG/Looschelders, § 1 Rn. 141 f. m.w.N.

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VVG) oder auch – seltener – unter Beteiligung von Versicherungsberatern,230 vgl. § 59 Abs. 4 VVG, zustande. Ein Versicherungsmakler ist, wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber die 199 Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein, § 59 Abs. 3 VVG. Dabei ist insoweit zu beachten, dass der Versicherungsmakler nicht wie ein Versicherungsvertreter auf Seiten des Versicherers aktiv, sondern als Sachwalter der Interessen des Versicherungsnehmers, also des Arbeitgebers tätig wird. So kommt regelmäßig – zumindest konkludent – ein Maklervertrag zwischen Makler und Arbeitgeber zustande.231 Zentrale Konsequenz ist, dass im Falle der Verletzung von Beratungs- und/oder Informationspflichten eine Zurechnung des Fehlverhaltens des Maklers zu dem Versicherer in der Regel ausscheidet, weil der Versicherungsmakler weder Vertreter noch dessen Erfüllungsgehilfe des Versicherers ist.232 Im Falle eines Versicherungsvertreters stellt sich dies grundlegend anders 200 dar, weil schon nach den Regeln des Stellvertretungsrechts der Versicherer als Vertretener für etwaige Pflichtverletzungen seines Vertreters einzustehen hat. Versicherungsvertreter ist, wer von einem Versicherer oder einem Versicherungsvertreter damit betraut ist, gewerbsmäßig Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen, § 59 Abs. 2 VVG. Versicherungsberater sind spezialisierte Berater, die eine Erlaubnis gemäß 201 § 34d Abs. 2 GewO haben. Ebenso wie der Versicherungsmakler steht der Versicherungsberater auf Seiten des Versicherungsnehmers, ist also dessen Sachwalter. Praxistipp 3 Wegen der weitreichenden Bedeutung sollte der Arbeitgeber wissen, ob er es mit einem Versicherungsmakler, einem Versicherungsvertreter oder einem Versicherungsberater zu tun hat. Eine Objektivierung der Auswahl kann auch über das durch den Deutschen Industrie- und Handelskammertag e.V. betriebene Vermittlerportal (www. vermittlerregister.info) erfolgen.233

b) Beratungs- und Informationspflichten Leistungsvoraussetzungen und Leistungsinhalt einer Direktversicherung können 202 äußerst vielfältig ausgestaltet sein. Die vielfältigen Beratungs- und Informationspflichten tragen diesem Umstand Rechnung und sind aus Sicht des Arbeitgebers ein

_____ 230 Siehe vertiefend Kap. 12 Rn. 140 ff. 231 Vgl. BGH, Urt. v. 22.5.1985 – IVa ZR 190/83 – BGHZ 94, 356, 359. 232 Vgl. ausführlich zur Abgrenzung des Maklers vom Versicherungsvertreter, MüKo-VVG/Reiff, § 59 Rn. 57 ff. 233 Siehe generell zur Auswahl eines Vermittlers/Berater: Kap. 12 Rn 149 ff.

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entscheidender Vorteil. Denn außerhalb sog. Nettopolicen sind die Kosten dieser für ihn wichtigen Dienstleistung in die Prämien einkalkuliert und werden den Vermittlern über die Provision erstattet.

aa) Gesetzliche Grundlagen/Überblick 203 Verpflichtungen zur Beratung und Information beim Abschluss einer Direktversi-

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cherung können aus unterschiedlichen Rechtsquellen resultieren. Entscheidend ist immer, in welchem Verhältnis eine Beratungs- oder Informationsdienstleistung erbracht werden soll. Versicherungsvertragsrechtlich schuldet der Versicherer dem Versicherungsnehmer, also dem Arbeitgeber, eine Beratung nach Maßgabe des § 6 VVG, wobei er hier nach § 6 Abs. 6 VVG suspendiert ist, wenn auf Seiten des Arbeitgebers ein Makler aktiv ist. Welche Informationspflichten durch den Versicherer zu erfüllen sind, ist ebenfalls gesetzlich ausführlich geregelt (vgl. § 7 i.V.m. VVG-InfoVO). Auch die Versicherungsvermittler und den Versicherungsberater treffen nach §§ 60 f. eigene Beratungs- und Dokumentationspflichten im Verhältnis zu dem Arbeitgeber als Versicherungsnehmer. Im Verhältnis Versicherer und Arbeitnehmer als versicherter Person sind insbesondere die durch die Umsetzung der sog. EbAV II Richtlinie234 in nationales Recht ausgeweiteten Informationspflichten (auch) für Direktversicherungen, zu beachten, vgl. § 144 Abs. 1 i.V.m. §§ 234k bis 234p und 235a VAG. Da der Arbeitnehmer nicht Vertragspartei des Versicherers wird, sondern „nur“ als versicherte Person fungiert, treffen den Versicherer insoweit in der Regel keine versicherungsvertraglichen Beratungspflichten, wobei Grund und Grenzen in der Praxis umstritten sind.235 Auch den Arbeitgeber können im Verhältnis zu den Arbeitnehmern Beratungs- und Informationspflichten treffen, bspw. nach § 4a BetrAVG oder aus § 241 Abs. 2 BGB.236 Eine generelle und umfassende Beratungs- sowie Informationspflicht lehnt das BAG allerdings auch bei entgeltumwandlungsfinanzierten Verträgen zu Recht ab.237

bb) Pflichten im Verhältnis Versicherer/Arbeitgeber 208 Den Versicherer treffen die in § 6 Abs. 1 bis 4 VVG normierten Beratungs- und Do-

kumentationspflichten. Insoweit geht es um eine konkret-individuelle Beratung. Sie muss im Vorfeld des Vertragsschlusses stattfinden, kann aber auch nach Vertrags-

_____ 234 Richtlinie (EU) 2016/2341 v. 14.12.2016, Abl. EU L 354/37. 235 Vgl. mit Nachweisen zum Stand der Diskussion, MüKo-VVG/Armbrüster, § 6 Rn. 16. 236 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 782 ff.; vgl. hierzu Reinecke, DB 2006, 555, 557. 237 BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 17/09 – BAGE 132, 100 = NZA 2010, 164.

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schluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses bestehen, § 6 Abs. 4 VVG. Der Umfang der Beratungspflicht ist anlassbezogen und hängt maßgeblich – wie in § 6 Abs. 1 S. 1 VVG ausdrücklich klargestellt – von der Komplexität des Produkts ab. Die für den Vertragsabschluss aus Perspektive eines durchschnittlichen Arbeitgebers bedeutsamen Umstände und Risiken müssen in der Regel offen angesprochen und jedenfalls auf Nachfrage weiter erläutert werden. Die zur Umsetzung von Direktversicherungszusagen verwendeten kapitalbil- 209 denden Lebensversicherungsprodukte gehören zu den komplexeren Produkten in diesem Sinne. Denn neben der Risikoabsicherung ist hier in der Regel die Vorsorge durch Vermögensbildung von zentraler Bedeutung. Alle Einzelheiten des Versicherungsprodukts sind allerdings sicher nicht ungefragt durch den Versicherer darzulegen und zu erklären.238 Ob bestimmte Aspekte proaktiv zu erläutern sind oder nicht, hängt davon ab, inwiefern dem jeweils betroffenen Aspekt nach der Verkehrsanschauung für den Abschluss des Vertrages zentrale Bedeutung beigemessen wird.239 Die Beratungsintensität, welche der Versicherer zu erfüllen hat, steigt also mit 210 der Komplexität des angebotenen Produkts. Sie entspricht aber nicht wertpapierrechtlichen Grundsätzen.240 Allenfalls bei – in der bAV regelmäßig nicht anzutreffenden – Lebensversicherungen, bei denen die reine Kapitalanlage von überragender Bedeutung ist und der Risikoabsicherung keine Bedeutung zukommt, mag über eine Ausweitung der Beratungspflichten nachgedacht werden.241

cc) Pflichten im Verhältnis Versicherungsvermittler oder -berater/Arbeitgeber Die Versicherungsvertreter (aber auch den Versicherungsmakler) treffen im Ver- 211 hältnis zum Versicherungsnehmer eigene Beratungs- und Informationspflichten, § 61 VVG. Die entsprechenden Befragungs-, Beratungs- und Dokumentationspflichten des Versicherungsvermittlers unterscheiden sich in der Sache im Wesentlichen nicht von den Pflichten des VR.242 Die Verpflichtungen des Versicherungsmaklers im Verhältnis zu dem Arbeitge- 212 ber gehen deutlich über die Verpflichtungen eines Versicherungsvertreters hinaus. Der Versicherungsmakler ist zusätzlich zu den Vorgaben des § 61 VVG gemäß § 60 Abs. 1 S. 1 VVG verpflichtet, seinem konkreten Rat eine hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen zugrunde zu legen, so dass er

_____ 238 Vgl. etwa BGH, Urt. v. 5.2.1981 – IVa ZR 42/80 – VersR 1981, 621; OLG Hamm, Urt. v. 4.12.2009 – 20 U 131/09 – VuR 2010, 314; OLG Stuttgart, Urt. v. 21.8.2006 – 10 U 154/06 – VersR 2007, 1069; Prölss/Martin/Prölss, § 6 Rn. 3. 239 Vgl. etwa OLG Stuttgart, Urt. v. 9.6.2004 – 7 U 211/03 – NJOZ 2004, 3003. 240 Vgl. dazu Schaaf/Winkens, VersR 2016, 360, 361. 241 Vgl. BGH, Urt. 11. 7.2012 – IV ZR 164/11 – BGHZ 194, 39 = NJW 2012, 3647 Wealth­master Noble –; siehe auch kritisch dazu Grote/Schaaf, GWR 2012, 477 ff. 242 Vgl. Langheid/Rixecker/Rixecker, § 61 Rn. 8.

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nach fachlichen Kriterien eine Empfehlung dahingehend abgeben kann, welcher Versicherungsvertrag geeignet ist, die Bedürfnisse des Arbeitgebers optimal zu erfüllen (§ 60 Abs. 1 S. 1 VVG). Der Versicherungsmakler schuldet also dem Arbeitgeber dem Grunde nach den „besten Rat“, was bspw. auch mit der Berücksichtigung der mit einem konkreten Direktversicherungsprodukt verbundenen Kostenbelastung einhergeht. 3 Praxistipp Sofern der Arbeitgeber Wert darauf legt, das Versicherungsprodukt aus einer Vielzahl von Versicherern auszuwählen und eine Auswahlentscheidung auf Grundlage eines besten Preis-Leistungsverhältnisses zu treffen, ist die Beauftragung eines Versicherungsmaklers sinnvoll. 213 Das Pflichtenprogramm des Versicherungsberaters schließlich unterliegt gemäß

§ 68 VVG keinen geringen Anforderungen als ein Versicherungsmakler. Auch der Versicherungsberater muss seinen Rat zum Abschluss einer bestimmten Versicherung eine hinreichende Zahl von am Markt angebotenen Produkten zugrunde legen. Anders als die Bezugnahme auf § 61 Abs. 1 VVG vermuten lassen könnte, ist die Frage-, Beratungs- und Begründungspflicht für Versicherungsberater auch nicht etwa rein anlassbezogen auf ein bestimmtes Produkt.243

dd) Pflichten des Versicherers im Verhältnis Versicherter/Arbeitnehmer 214 Ob und in welchem Umfang auf Grundlage der § 6 VVG Beratungspflichten des Versicherers gegenüber den zu versichernden Arbeitnehmern erwachsen können, ist umstritten.244 Gegen eine Erstreckung der Beratungspflichten auch auf die Versicherten 215 spricht indes bereits der Wortlaut der genannten Normen, die sich mit der Beratung und Information des Versicherungsnehmers befassen. In historischer Hinsicht ist anzumerken, dass der Gesetzgeber mit der VVG-Reform im Jahr 2008 sowie der VAG-Reform im Jahr 2016 Gelegenheit gehabt hätte, eine solche Erstreckung vorzunehmen. Stattdessen wurden lediglich im Rahmen des § 144 VAG in der vor dem 13.01.2019 geltenden Fassung besondere Informationspflichten des Versicherers unmittelbar gegenüber den Versorgungsberechtigten aufgestellt. Die Annahme einer zusätzlichen Verpflichtung zur unmittelbaren Beratung und Information der Versicherten nach den §§ 6, 7 VVG erscheint daher fernliegend. Daran hat sich mit der Transformation der EbAV II Richtlinie in deutsches Recht nichts geändert. Gemäß § 144 Abs. 1 VAG in der ab dem 13.01.2019 maßgeblichen Fassung gelten

_____ 243 Vgl. Langheid/Rixecker/Rixecker, § 68 Rn. 3 m.w.N. 244 Vgl. MüKo-VVG/Armbrüster, § 6 Rn. 17 m.w.N.

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für die Information der Versicherten die für Pensionskassen vorgesehenen Bestimmungen der §§ 234k bis 234p und 235a VAG entsprechend.245

ee) Pflichten im Verhältnis Arbeitgeber/Arbeitnehmer Etwaige Informations- und Beratungspflichten im Verhältnis Arbeitgeber/Arbeit- 216 nehmer sind nicht Bestandteil des arbeitsrechtlichen Valuta- nicht aber des versicherungsrechtlichen Deckungsverhältnisses. Zum Verständnis an dieser Stelle gleichwohl Folgendes: Wenngleich – wie bereits erwähnt – eine generelle Beratungs- und Informationspflicht des Arbeitgebers nicht besteht246 und sich der Arbeitgeber in der Regel darauf beschränken kann, die Vertragsunterlagen dem Arbeitnehmer auszuhändigen,247 so ist doch allgemein anerkannt, dass im Bereich der bAV den Arbeitgeber unter besonderen Voraussetzungen Beratungs- und/oder Informationspflichten treffen können.248 Außerhalb speziell geregelter gesetzlicher Informationspflichten (vgl. etwa § 4 a Abs. 1 BetrAVG) bedürfen diese indes einer besonderen Rechtfertigung.249 Praxistipp 3 Da der Arbeitgeber eine etwaig bestehende Beratungspflicht auch delegieren kann, bietet der Durchführungsweg der Direktversicherung insoweit den Vorteil, dass die Beratung der Arbeitnehmer auch einem Versicherungsvermittler oder -berater überlassen werden kann (hierzu nachfolgend).

ff) Beratung der Arbeitnehmer durch Versicherungsvermittler oder -berater Wenngleich ein Versicherer, Versicherungsvermittler oder -berater – wie darge- 217 legt – den versicherten Personen gegenüber nicht unmittelbar zu einer Beratung verpflichtet ist, können sich Arbeitgeber zur Erfüllung u.U. bestehender oder freiwillig eingegangener Informations- und Beratungspflichten auch eines externen Dritten bedienen. 250 Dementsprechend können etwa Versicherungsvermittler oder -berater im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber als Versicherungsnehmer tätig werden. Bei dem dadurch entstehenden Rechtsverhältnis dürfte es sich um einen

_____ 245 Vgl. Rn. 75 ff. 246 BAG, Urt. v. 1.12.2004 – 5 AZR 664/03 – BAGE 113, 55 = NZA 2005, 289. 247 Eine entsprechende Information ist aber geschuldet, vgl. BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 17/09 – BAGE 132, 100 = VersR 2010, 1473, 1479; LAG Düsseldorf, Urt. v. 13.6.2012 – 12 Sa 751/12 – BeckRS 2013, 72979. 248 Vgl. ausführlich zu den wesentlichen Problemkreisen, Kap. 1 Rn. 782 ff. sowie Höfer/de Groot/ Küpper/Reich/Höfer/Reich, BetrAVG, Bd. I, Kap. 13 Rn. 10 ff. 249 BAG, Urt. v. 11.12.2001 – 3 AZR 339/00 – NZA 2002, 1150 ff. 250 Vgl. zum Ganzen Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Reich, BetrAVG, Bd. I, Kap. 13 Rn. 46 ff.

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Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 675 BGB handeln. Dieser kann auch konkludent – also ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung – zustande kommen. Zu beachten ist dann aber, dass ein Versicherungsvertreter regelmäßig auch 218 eigene Pflichten aus § 61 VVG gegenüber dem jeweiligen Arbeitgeber erfüllt. Kommt es in der Folgezeit zu einem Störfall aufgrund von Beratungsmängeln, kommt eine gesamtschuldnerische Haftung von Arbeitgeber und Versicherer und Versicherungsvertreter gegenüber dem Arbeitnehmer in Betracht.251 Der Arbeitgeber haftet in diesem Fall seinem Arbeitnehmer gegenüber aufgrund der Verletzung von Pflichten im arbeitsrechtlichen Grundverhältnis. Bedient sich der Arbeitgeber den Diensten eines Versicherungsmaklers, so ist 219 der Versicherer – wie bereits erwähnt – regelmäßig von seiner Beratungspflicht befreit (§ 6 Abs. 6 VVG). Berät der Versicherungsmakler auch versicherte Personen und kommt es infolgedessen zu einem Schaden des Arbeitnehmers, haftet im Verhältnis zu dem betroffenen Arbeitnehmer zunächst der Arbeitgeber gemäß § 271 BGB, dem dann in der Regel aber ein Regressanspruch gegen den Versicherungsmakler aus dem Maklervertrag zustehen dürfte. Gleiches gilt bei der Einschaltung eines Versicherungsberaters (vgl. auch § 68 S. 2 VVG).

gg) Die Informationspflicht des Versicherers gemäß § 7 VVG 220 Wie aus § 7 VVG i.V.m. §§ 1, 2 VVG-InfoV ersichtlich wird, unterliegt der Versicherer einer umfassenden Informationspflicht. Die in diesen Bestimmungen genannten Informationen sind zu erteilen, bevor 221 der Versicherungsnehmer seine auf den Abschluss des Vertrages gerichtete Erklärung abgibt, wie aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 S. 1 VVG und dem Sinn und Zweck der Norm, dem Versicherungsnehmer eine informierte Entscheidung zu ermöglichen, folgt.252 Erfolgt der Vertragsabschluss – wie im Regelfall – im Antragsmodell,253 hat der Versicherer die Informationen vor Stellung des für den Versicherungsnehmer verbindlichen Antrags in Textform zur Verfügung zu stellen. Erfolgt der Vertragsabschluss demgegenüber im sog. Invitatio-Modell, reicht es aus, wenn der Versicherer die vollständigen Informationen erst mit seinem an den Versicherungsnehmer gerichteten Angebot, d.h. nicht bereits im Zusammenhang mit der Invitatio des Versicherungsnehmers, zur Verfügung stellt.254 Im Detail sind viele Aspekte der Informationspflichten streitig, worauf im Rah222 men dieses Praxishandbuchs nicht eingegangen werden kann. Hervorzuheben ist aber, dass die Pflichten nach § 7 i.V.m. §§ 1, 2 VVG-InfoV gegenüber dem Versiche-

_____ 251 Vgl. Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Reich, BetrAVG, Bd. I, Kap. 13 Rn. 48 m.w.N. 252 Vgl. BT-Drucks. 16/3945, S. 59 ff. 253 Zur Begriffsbildung, vgl. oben Rn. 197. 254 Vgl. Prölss/Martin/Rudy, § 7 Rn. 9, mit Hinweisen zu möglichen Ausnahmen in Rn. 10.

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rungsnehmer zu erfüllen sind, was naturgemäß eine Information gegenüber dem Versicherungsmakler als Vertreter des Versicherungsnehmers einschließt.255 Gegenüber dem Versicherten bestehen indes aufsichtsrechtliche Informationspflichten des Versicherers gemäß § 144 ff. VAG i.V.m. VAG-InfoV, wobei mit Blick auf die Fülle der Informationspflichten durchaus kritisch zu fragen ist, ob diese ihren Zweck noch erfüllen oder auf Seiten des Adressaten nicht zu einer Überforderung und damit zu einem gegenteiligen Effekt führen können. Hervorzuheben ist weiter, dass die Erfüllung der Informationspflichten nament- 223 lich relevant für den Zeitpunkt ist, indem die Widerrufsfrist für den Versicherungsnehmer zu laufen beginnt (vgl. § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 VVG). Erteilt der Versicherer eine geschuldete Information verspätet (z.B. erst mit der Übermittlung des Versicherungsscheins), führt das zwar nicht zu einem unwirksamen Vertragsabschluss. Die Widerrufsfrist gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 VVG beginnt auch dann mit dem Zugang der dort genannten Unterlagen.256 Eine Verletzung der Rechtspflicht aus § 7 Abs. 1 S. 1 VVG kann aber zugunsten des Versicherungsnehmers einen auf Vertragsaufhebung gerichteten Schadensersatzanspruch auslösen, ohne dass die Widerrufsregeln der §§ 8, 9 VVG eine Sperrwirkung dagegen entfalten.257 Ob ein entsprechender Schadensersatzanspruch tatsächlich besteht, hängt aber namentlich davon ab, ob der Versicherungsnehmer einen kausalen Schaden nachweisen kann, was die Darlegung einschließt, dass er den Vertrag bei rechtzeitiger Information so nicht abgeschlossen hätte.258

c) Vorvertragliche Anzeigepflicht Mit welcher Intensität zur Übernahme angetragene Risiko geprüft und bewertet wer- 224 den, ist im Rahmen der sog. Risikoprüfung originär Sache des Versicherers. In der bAV kommen nicht selten gruppenbezogene oder vereinfachte Ansätze zum Einsatz. Gleichwohl können die versicherungsvertragsrechtlichen Anzeigepflichten ge- 225 mäß § 19 VVG eine wichtige Rolle spielen. Das gilt insbesondere bei individuell abgeschlossenen Policen, die nicht etwa nur den Erlebensfall, sondern das Todesfallrisiko oder das Risiko der Invalidität abdecken. Denn hier spielt die gesundheitliche Konstitution der zu versichernden Person für das Äquivalenzverhältnis von Prämie und Leistung eine maßgebliche Rolle. Gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 VVG hat der Versicherungsnehmer bis zur Abgabe seiner 226 Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des

_____ 255 Vgl. Prölss/Martin/Rudy, § 7 Rn. 5 m.w.N. 256 Vgl. BGH, Urt. v. 28.6.2017 – IV ZR 440/14 – BGHZ 215, 126 = VersR 2017, 997; BGH, Beschl. v. 13.12.2017 – IV ZR 353/15 – r+s 2018, 103. 257 Vgl. BGH, Urt. v. 28.6.2017 – IV ZR 440/14 – BGHZ 215, 126 = VersR 2017, 997; BGH, Beschl. v. 13.12.2017 – IV ZR 353/15 – r+s 2018, 103. 258 Vgl. BGH, Urt. v. 28.6.2017 – IV ZR 440/14 – BGHZ 215, 126 = VersR 2017, 997.

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Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt abzuschließen, erheblich sind dem Versicherer gegenüber anzuzeigen. Das gilt aber nur, wenn und soweit der Versicherer danach in Textform gefragt hat.

aa) Adressat der Anzeigepflicht und der Erklärung 227 Es handelt sich dabei um eine Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers, mithin

des Arbeitgebers. Ihm werden unmittelbar durch den versicherten Arbeitnehmer vorgenommene Falschangaben zugerechnet. Er kann sich also nicht darauf berufen, von der Unrichtigkeit der Angaben der versicherten Person nichts gewusst zu haben. Erklärungsempfänger ist der Versicherer einschließlich seiner Organe und 228 Angestellten.259 Der Versicherungsvertreter ist ebenfalls zur Entgegennahme entsprechender Anzeigen ermächtigt, auch soweit diese mündlich erfolgen.260 Nach der sog. Auge-und-Ohr-Rechtsprechung ist alles, was dem Versicherungsvertreter gegenüber erklärt wird, auch dem Versicherer zugegangen.261 Eine Verletzung der Anzeigepflicht kommt also nicht in Betracht, wenn dem Vertreter der gefahrerhebliche Umstand mündlich angezeigt wurde, jedoch keinen Eingang in das Antragsformular gefunden haben sollte. Demgegenüber kommt der Versicherungsmakler nicht als Erklärungsempfänger in Betracht, da er – wie bereits dargelegt – ausschließlich im Lager des Versicherungsnehmers steht.262 5 Beispiel Der Versicherungsvertreter wird mündlich von einer Krankheit der versicherten Person, also des Arbeitnehmers, unterrichtet, die für den Abschluss des Vertrages bedeutsam ist und nach der der Versicherer im Antragsformular gefragt hat. Das reicht aus, um die Anzeigepflicht zu erfüllen, selbst wenn die entsprechende mündliche Erklärung keinen Niederschlag im Antragsformular gefunden hat. Eine mündliche Erklärung gegenüber dem Versicherungsmakler führt indes nicht zur Entlastung des Versicherungsnehmers, weil diese Erklärung dem Versicherer nicht zugerechnet werden kann.

bb) Inhalt der Erklärung 229 Da – wie ausgeführt – eine Anzeigepflicht nur besteht, wenn der Versicherer nach gefahrerheblichen Umständen in Textform gefragt hat, muss der Versicherer entscheiden, ob und in welchem Umfang er Fragen nach gefahrerheblichen Umständen stellt.263 Eine spontane Anzeigepflicht außerhalb etwaig gestellter Gefahr-

_____ 259 BGH, Urt. v. 17.4.1996 – IV ZR 202/95 – VersR 1996, 742. 260 BGH, Urt. v. 18.12.1991 – IV ZR 299/90 – VersR 1992, 217. 261 Vgl. grundlegend BGH, Urt. v. 25.1.1989 – 7 IV a ZR 333/87 – VersR 1989, 398. 262 Vgl. BGH, Beschl. v. 12.3.2008 – IV ZR 330/06 – VersR 2008, 809. 263 Vgl. etwa BGH, Urt. v. 16.10.1996 – IV ZR 218/95 – VersR 1996, 1529.

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fragen ist nach strittiger, aber zutreffender Fassung lediglich bei besonders gravierenden Umständen denkbar.264 Im Übrigen darf der Versicherer auch weit gefasste Fragen stellen und es obliegt alleine ihm, die Bedeutung der angezeigten Umstände für den Abschluss des Versicherungsvertrages (sog. Gefahrerheblichkeit) zu beurteilen. Unklare Fragen sind aber zu Lasten des Versicherers auszulegen.265 Im Falle unklarer Antworten trifft den Versicherer eine Nachfrageobliegen- 230 heit.266 Er darf aber auf die Redlichkeit des Versicherungsnehmers und die Korrektheit seiner Antworten vertrauen. Klare Antworten auf klare Fragen verpflichten den Versicherer weder zu Nachfragen noch weiteren Ermittlungen. Allerdings muss der Versicherungsnehmer von den Fragen in zureichender 231 Weise Kenntnis erlangen, wobei der Versicherer erforderlichenfalls die sachgerechte Kenntnisnahmemöglichkeit nachzuweisen hat.267 Bisweilen kommt es in der Praxis vor, dass Versicherungsvertreter die Gefahrfragen nicht in sachgerechter Weise bei Antragstellung behandeln, deren Bedeutung bspw. herunterspielen. Das kann zu Lasten des Versicherers gehen.

cc) Zeitpunkt der Erklärung In zeitlicher Hinsicht greift die Anzeigepflicht bei Antragstellung, wenn da- 232 mit – wie regelmäßig – die Abgabe der Vertragserklärung durch den Versicherungsnehmer erfolgt (sog. Antragsmodell).268 Handelt es sich bei dem Antrag ausnahmsweise noch nicht um die Vertragser- 233 klärung des Versicherungsnehmers, weil der Versicherer das sog. Invitatiomodell269 anwendet, kann es auf einen späteren Zeitpunkt ankommen. Denn hier stellt der Antrag nur eine unverbindliche Interessenserklärung des Versicherungsnehmers dar, woraufhin der Versicherer sein Angebot abgibt, das der Versicherungsnehmer (konkludent) annehmen kann. In dieser Konstellation muss der Versicherer mit seiner Vertragserklärung allerdings erneut Fragen stellen. Sieht der Versicherer davon ab, gilt der Zeitpunkt der ursprünglich gestellten Fragen als maßgeblicher Zeitpunkt vereinbart.270 Im Übrigen besteht eine proaktive Nachmeldepflicht des Versicherungsneh- 234 mers bis zur Annahme durch den Versicherer nach § 19 Abs. 1 S. 2 VVG nur bei entsprechenden Fragen.

_____ 264 Str., zum Streitstand ausführlich: OLG Karlsruhe, Urt. v. 20.4.2018 – 12 U 156/16 – r+s 2018, 313. 265 Vgl. OLG Hamm, Urt. v. 29.1.1993 – 20 U 174/91 – VersR 1993, 1135. 266 Vgl. zur Nachfrageobliegenheit MüKo-VVG/Langheid, § 19 Rn. 87 ff. 267 Vgl. BGH, Urt. v. 11.7.1990 – IV ZR 156/89 – VersR 1990, 1002. 268 Vgl. zur Begriffsbildung, oben Rn. 197. 269 S.u. zu ersten wiederum durch. Vgl. zur Begriffsbildung, oben Rn. 197. 270 Vgl. mit diversen Nachweisen Prölss/Martin/Armbrüster, § 19 Rn. 100.

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dd) Belehrungspflicht 235 Schließlich ist zu beachten, dass der Versicherer gemäß § 19 Abs. 5 VVG den Versi-

cherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung belehren muss. Geschieht das nicht, besteht zwar dem Grunde nach die Anzeigepflicht gleichwohl. Sie ist aber insoweit folgenlos, so dass der Versicherer Rücktritt oder Vertragsanpassung nach § 19 Abs. 3, 4 VVG nicht erklären kann. 3 Praxistipp An die Wirksamkeit entsprechender Belehrungen stellt die Rechtsprechung hohe Anforderungen, so dass Versicherungsnehmer bei feststehender Verletzung der Anzeigepflicht nicht selten ihren Ausweg in Angriffen gegen die Belehrung suchen. Unabhängig von der Wirksamkeit der Belehrung führt das jedenfalls dann nicht zum Erfolg, wenn auf Seiten des Versicherungsnehmers bzw. dem ihm zuzurechnenden Versicherten Arglist vorliegt. Denn eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 22 VVG i.V.m. § 123 BGB bleibt weiterhin möglich.

ee) Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung im Deckungsverhältnis 236 Das System der Rechtsfolgen einer Verletzung der Anzeigepflicht ist von hoher und

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in der Praxis nur bedingt handhabbarer Komplexität. Welche Rechtsfolge konkret eintritt, hängt von der subjektiven Schwere der Anzeigepflichtverletzung (Vorsatz, grobe oder leichte Fahrlässigkeit, schuldlos) ab. Zentrale Rechtsfolge ist der Rücktritt gemäß § 19 Abs. 3 VVG, mit dem der Versicherer den Versicherungsschutz ex tunc beseitigen kann. Das gilt uneingeschränkt allerdings nur bei vorsätzlichem Handeln des Versicherungsnehmers. Von vornherein ausgeschlossen ist das Rücktrittsrecht, wenn die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt wurde (§ 19 Abs. 3 S. 1 VVG). In diesem Fall kann der Versicherer allerdings den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat kündigen (§ 19 Abs. 3 S. 2 VVG). Wurde die Anzeigepflicht lediglich grob fahrlässig verletzt, so kommt es entscheidend auf die Frage der Gefahrerheblichkeit an. Hätte der Versicherer den Vertrag auch in Kenntnis des nicht angezeigten Umstandes abgeschlossen, so sind wiederum die Rücktritts- und Kündigungsrechte ausgeschlossen (§ 19 Abs. 4 S. 1 VVG). Sofern der Versicherungsvertrag unter anderen Bedingungen durch den Versicherer abgeschlossen worden wäre, steht diesem gemäß § 19 Abs. 4 S. 2 VVG ein Anpassungsrecht zu. Auf sein Verlangen werden die anderen Bedingungen rückwirkend, also ab Beginn des Versicherungsvertrages bzw. bei einer durch den Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode, Vertragsbestandteil. Welcher Verschuldensgrad vorliegt, lässt sich, da es sich um einen subjektiven Umstand handelt, in der Praxis nur anhand aller Umstände des Einzelfalls beurteilen. Den Nachweis des Verschuldens kann der Versicherer in der Regel nur über Indizien führen. Britz

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Beispiel 5 Für Vorsatz kann bspw. sprechen, wenn vergleichsweise banale Erkrankungen im anzeigepflichtigen Zeitraum angegeben, jedoch gravierende Erkrankungen verschwiegen werden. Grobe Fahrlässigkeit wiederum liegt regelmäßig vor, wenn sich der Versicherungsnehmer bzw. die ihm zuzurechnende versicherte Person über präzise Fragen hinwegsetzt oder die eigene Einschätzung der Gefahrerheblichkeit anstelle der Einschätzung des Versicherers setzt.271 Letzteres führt dann regelmäßig zu dem unerheblichen Einwand, der Versicherungsnehmer oder Versicherte habe angenommen, der Umstand sei für eine Anzeige nicht bedeutsam genug. Es kann aber auch vorkommen, dass der Versicherte von einer anzeigepflichtigen Erkrankung tatsächlich nichts weiß, so bspw. bei sog. „Abrechnungsdiagnosen“ d.h., Diagnosen, die aus der dokumentierten Krankenakte des Versicherten ersichtlich sind, über die der Versicherte indes nie informiert wurde. Das bringt den Versicherten in eine missliche Situation. Denn einen Abrechnungsbetrug oder aber eine unsaubere Patientenbetreuung wird ein Arzt als Zeuge selten einräumen. In diesen Fällen kommt es dann auf die Glaubwürdigkeit des Versicherten und etwaiger Zeugen sowie die Glaubhaftigkeit der Aussagen an.

Hervorzuheben ist schließlich, dass der Versicherer die Rechte gemäß § 19 Abs. 2 bis 241 4 VVG innerhalb einer Frist von einem Monat geltend machen muss (§ 21 Abs. 1 S. 1 VVG), nachdem er von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erlangt hat (§ 21 Abs. 1 S. 2 VVG). Ist die Frist verstrichen, bleibt dem Versicherer noch die Arglistanfechtung, die nach § 124 Abs. 1, 2 BGB ein Jahr ab Kenntnis erklärt werden kann und auf subjektiver Ebene an höhere Voraussetzungen geknüpft ist als der Rücktritt. Arglist setzt zwar kein gezielt auf eine planmäßige Täuschung abstellendes Verhalten voraus. Ausreichend ist hier eine objektiv gewichtige Verletzung der Aufklärungspflicht, bei der subjektiv die Täuschungswirkung, d.h. die Einflussnahme auf die Annahmeerklärung des Versicherers auch nur billigend in Kauf genommen wird.272 Jedoch kann auch dieser Nachweis nur über Indizien geführt werden.

ff) Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung im Valutaverhältnis Übt der Versicherer wirksam Rechte wegen einer Verletzung der vorvertraglichen 242 Anzeigepflicht aus, stellt sich die Frage nach den Auswirkungen auf das arbeitsrechtliche Valutaverhältnis. Allein der Umstand, dass eine vertragliche Beziehung im versicherungsrechtli- 243 chen Deckungsverhältnis nicht (mehr) besteht, führt nicht zwangsläufig zu einer Enthaftung des Arbeitgebers. Denn eine entsprechende kausale Verknüpfung würde der Einstandspflicht des Arbeitgebers gemäß § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG273 auch bei mittelbarer Durchführung zuwiderlaufen. Selbst im Falle einer reinen Beitrags-

_____ 271 Vgl. etwa Prölss/Martin/Armbrüster, § 19 Rn. 10 m.w.N. 272 Vgl. Palandt/Ellenberger, § 123 Rn. 11 m.w.N. 273 Im Rahmen einer reinen Beitragszusage greift die Einstandspflicht des Arbeitgebers nicht, Kap. 1 Rn. 543.

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zusage, in der eine Einstandspflicht des Arbeitgebers für die Leistung nicht besteht, verbleibt es bei dessen Verpflichtung zur Erbringung der zugesagten Beiträge.274 Mit Blick auf die hohen Voraussetzungen, welche die Rechtsprechung des BAG an den Widerruf von Versorgungszusagen stellt,275 ist in einer solchen Situation auch keineswegs gesagt, dass sich der Arbeitgeber auf diese Weise von seinen Verpflichtungen befreien kann. Indes kann es nicht angehen, dass der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf ein et244 waiges Verschulden seines Arbeitnehmers voll umfassend in der Haftung steht. 5 Beispiel Der Arbeitgeber erteilt eine „Direktversicherungszusage“ und schließt eine entsprechende Direktversicherung zugunsten seines Arbeitnehmers ab, die auch das Berufsunfähigkeitsrisiko abdeckt. Der Arbeitnehmer wird berufsunfähig. Der Versicherer braucht allerdings aufgrund wirksamer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht zu leisten. Ursächlich für die Anfechtung waren massiv unrichtige Angaben des Versicherten zu seinem Gesundheitszustand. 245 In diesem Fall ist fraglich, welche arbeitsrechtliche Rechtsfolge bei Anfechtung

oder Rücktritt des Versicherers eintritt. Wenn der Arbeitgeber den Verschaffungsanspruch des Arbeitnehmer aus der Zusage i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG nicht (mehr) erfüllen kann, weil eine Versicherung aufgrund dessen falscher Angaben des Arbeitnehmers beim zugsagten Versicherungsunternehmen nicht mehr möglich ist, wird der Arbeitgeber, gemäß § 275 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB von dieser Verpflichtung frei und hat eine entsprechende Leistung unmittelbar aus seinem Vermögen zu erbringen.276 Daneben können Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer bestehen. 3 Praxistipp Insbesondere bei dem Abschluss einer Berufsunfähigkeits(zusatz)versicherung sollte der Arbeitgeber im Hinblick auf die möglichen Rechtsfolgen einer Anzeigepflichtverletzung im eigenen Interesse gegenüber dem Arbeitnehmer klarstellen, dass im Falle einer Leistungsfreiheit des Versicherers wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht durch Angaben des Arbeitnehmers seinerseits ebenfalls keine Einstandspflicht besteht. Ob die Rechtsprechung einen entsprechenden Vorbehalt akzeptieren wird, bleibt abzuwarten. 246 Erfährt der Arbeitgeber von einer Verletzung der Anzeigepflicht bei Antragstellung,

die er sich aufgrund von Angaben seines Arbeitnehmers zurechnen lassen muss, so ist er gut beraten, auch die Anfechtung der Zusage zu erklären. Allerdings hängt es

_____ 274 Kap. 1 Rn. 534 f. 275 Vgl. Kap. 9 Rn. 2 ff. 276 Vgl. zur Einstandspflicht Kap. 1 Rn. 350.

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von den Umständen des Einzelfalls ab, ob die Täuschung gegenüber dem Versicherer zugleich auch als Täuschung gegenüber dem Arbeitgeber gewertet werden kann.

d) Schriftliche Einwilligung des Arbeitnehmers Wird eine Lebensversicherung auf die Person eines anderen abgeschlossen, wie es 247 bei der Direktversicherung immer der Fall ist, so ist nach § 150 Abs. 2 S. 1 VVG für die Wirksamkeit des Vertrages – sofern die vereinbarte Leistung den Betrag der gewöhnlichen Beerdigungskosten übersteigt – die schriftliche Einwilligung des Versicherten, mithin des Arbeitnehmers, erforderlich. Eine wesentliche Ausnahme gilt aber für „Lebensversicherungen im Bereich der bAV“ gemäß § 150 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 VVG. Denn hier sieht der Gesetzgeber keine relevante Gefährdungslage für versicherte Leben und möchte der Praxis den mit der Beibringung schriftlicher Einwilligungserklärungen verbundenen Aufwand nicht zumuten.277

e) Datenschutz Lebensversicherer benötigen im Hinblick auf die Verarbeitung etwaiger Gesund- 248 heitsdaten oder sonstiger besonders schutzwürdiger Daten der Versicherten im Sinne des Art. 9 Abs. 1 DSGVO eine Einwilligung. Hierfür liegt eine mit den Datenschutzbehörden abgestimmte Mustererklärung vor, die den Anforderungen des Datenschutzes Rechnung trägt, die derzeit allerdings in Folge der DSGVO einer Novellierung unterzogen wird. Im Übrigen greifen auf Seiten des Versicherers für die Verarbeitung personen- 249 bezogener Daten auch der Versicherten regelmäßig die gesetzlichen Erlaubnistatbestände (namentlich Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO). Allerdings müssen sich Arbeitgeber als verantwortliche Stelle im Sinne des Datenschutzes vor Augen führen, dass sie dem Versicherer und damit einem Dritten regelmäßig auch sensible Daten ihrer Arbeitnehmer zur Verfügung stellen. Darüber hinaus ist anzumerken, dass die meisten Lebensversicherungsunter- 250 nehmen in Deutschland dem sog. Code of Conduct beigetreten sind. Es handelt sich um einen mit den Datenschutzbehörden abgestimmten Verhaltenskatalog zum Umgang mit personenbezogenen Daten, der die Einhaltung der Regeln des Datenschutzes sicherstellt. Ist ein Lebensversicherer dem Code of Conduct beigetreten, kann sich der Arbeitgeber daher guten Gewissens darauf verlassen, dass die Anforderungen des Datenschutzes mit Blick auf die Daten seiner Arbeitnehmer eingehalten werden. Es bedarf allerdings auch einer Rechtsgrundlage auf Seiten des Arbeitgebers für die Übermittlung der Daten, die in der bAV regelmäßig unproble-

_____ 277 Vgl. RegE BT-Drucks. 16/3945, S. 95.

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matisch vorliegt bzw. – soweit es um sensible Daten der Arbeitnehmer geht – über eine Einwilligung hergestellt werden kann.278

5. Die Überschussbeteiligung 251 Nach § 153 VVG steht dem Versicherungsnehmer jedenfalls eine Beteiligung an dem

Überschuss und an den Bewertungsreserven zu, wobei Überschüsse und die Beteiligung an den stillen Reserven durch den Gesetzgeber zusammenfassend als Überschussbeteiligung bezeichnet werden. Die Beteiligung an den Überschüssen kann gemäß § 153 Abs. 1 VVG auch ausgeschlossen werden. Dazu bedarf es einer ausdrücklichen Vereinbarung. Ein Ausschluss muss sich immer auf sämtliche Überschüsse beziehen.

a) Begriff 252 Überschüsse sind eine logische Folge sicherheitsorientierter Kalkulation. Bleibt

nämlich der tatsächliche Aufwand hinter dem für die Leistungsfälle kalkulierten Aufwand zurück, z.B. in Folge einer geringen Sterblichkeit innerhalb eines Kollektivs auf den Todesfall versicherter Leben, erwirtschaftet der Versicherer einen Überschuss. Bewertungsreserven wiederum entstehen dadurch, dass Kapitalanlagen im 253 HGB-Jahresabschluss regelmäßig gemäß dem sog. Niederstwertprinzip, d.h. zu ihren Anschaffungskosten, bilanziert werden müssen. Über den tatsächlichen Marktwert, z.B. eines festverzinslichen Wertpapiers oder einer Immobilie, sagt dieser Wert aber nichts aus. Aufgrund der vorsichtigen Bilanzierung entstehen bei professioneller Kapitalanlage daher zwangsläufig stille Reserven, mithin Bewertungsreserven. Insbesondere in Zeiten niedriger Garantiezinsen kommt der Überschussbeteiligung bei konventionellen Lebensversicherungsprodukten eine besondere Bedeutung zu, wenngleich die Versicherer die Überschussbeteiligung in den vergangenen Jahren gerade aufgrund des schwierigen Finanzmarktumfeldes (Stichwort: Niedrigzinsumfeld) sukzessive abschmelzen mussten. Die Erwirtschaftung zukünftiger Überschüsse kann – denknotwendig – nicht 254 garantiert werden, was aus den vertraglichen Unterlagen und Informationen in aller Regel auch in unmissverständlicher Deutlichkeit hervorgeht.

b) Überschussermittlung 255 Gemäß § 153 Abs. 2 S. 1 VVG hat der Versicherer die Beteiligung an dem Überschuss

in einem verursachungsorientierten Verfahren durchzuführen, wobei andere vergleichbare angemessene Verteilungsgrundsätze vereinbart werden können. Mit

_____ 278 Vgl. zu Einzelheiten Kap. 7 Rn. 47 ff.

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dem Terminus verursachungsgerechtem Verfahren ist gemeint, dass die Versicherer nach sachlichen Kriterien Abrechnungsverbände für die Überschussermittlung bilden können, um zu vermeiden, dass eine Gruppe von Versicherte an Überschüssen partizipiert, an deren Erwirtschaftung ausschließlich die Verträge einer anderen Gruppe von Versicherten beteiligt gewesen ist. Im Übrigen ist das Verfahren von hoher Komplexität und kann einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer als finanz- und versicherungsmathematischem Laien naturgemäß nicht verständlich erklärt werden. Durch die aufsichtsrechtlichen Regularien für die Überschussbeteiligung279 und die Beteiligung an den Bewertungsreserven ergeben sich dadurch indes keine Schutzdefizite. Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Zuteilung findet sich im Gesetz keine Rege- 256 lung, soweit es um Überschüsse geht. Bezogen auf die Bewertungsreserven ist allerdings in der Gesetzesbegründung klargestellt, dass maßgeblich der Betrag „für den Zeitpunkt der Vertragsbeendigung“ ist.280 Das heißt aber nicht, dass eine taggenaue Abrechnung geschuldet ist. Ausreichend ist ein Fortschreiben des letzten Jahresabschlusses vor Beendigung des einzelnen Vertrages auf den Tag der Beendigung desselben.281 Bei Unklarheiten im Detail gilt Entsprechendes für die Überschüsse, da der Versicherungsnehmer ein berechtigtes Interesse daran an, bei Vertragsende (zeitnah) die Summe des Gesamtanspruchs ausgezahlt zu bekommen.282

c) Überschussverwendung Werden durch den Versicherer Überschüsse zugeteilt, so sind unterschiedliche 257 Arten der Überschussverwendung denkbar. So können Überschüsse bspw. ■ zur Beitragsreduktion herangezogen oder ■ verzinslich zur Leistungserhöhung angesammelt oder ■ gesondert ausgeschüttet werden. Nicht alle möglichen Gestaltungsoptionen, sind indes in der bAV sinnvoll. Betriebs- 258 rentenrechtlich sind nämlich Besonderheiten im Hinblick auf die von Seiten des Arbeitgebers regelmäßig erstrebte Befreiung von der Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 1 BetrAVG einerseits sowie mit Blick auf die Möglichkeit der versicherungsförmigen Lösung gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 ff. BetrAVG andererseits zu beachten.

_____ 279 Vgl. ausführlich oben Rn. 68 ff. 280 BT-Drucks. 16/3945, S. 96 f. 281 Langheid/Rixecker/Langheid, 5. Aufl. 2016, § 153 Rn. 45. 282 Langheid/Rixecker/Langheid, 5. Aufl. 2016, § 153 Rn. 32 ff.

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aa) Befreiung von der Anpassungsprüfungspflicht 259 Die Pflicht zur Überprüfung und Anpassung von laufenden Leistungen gemäß § 16

Abs. 1 BetrAVG entfällt, mithin einer der entscheidenden Vorteile einer Direktversicherung, gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG nur dann, wenn ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallende Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistung verwendet werden.283 Für den Zeitraum vor Rentenbeginn können also auch andere Formen der 260 Überschussverwendung vereinbart werden, ohne die Anwendbarkeit des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG zu gefährden. Im Rahmen einer arbeitgeberfinanzierten Versorgung wäre sogar eine Auszahlung an den Arbeitgeber zulässig, solange dies in der Zusage arbeitsrechtlich wirksam vereinbart ist.284 Ab Rentenbeginn indes müssen sämtliche Überschussanteile, die auf die indi261 viduell für die Rente des Berechtigten vorhandenen Rückstellungen anfallen, zu Erhöhung der Leistung verwandt werden.285 Nicht erforderlich ist insoweit, dass eine kontinuierliche Steigerung der laufenden Leistungen erzielt wird.286 Aus Sicht des Arbeitgebers ist es also unschädlich, wenn in Folge des anhaltenden Niedrigzinsumfelds aktuell etwa keine oder im Vergleich zu den Vorjahren niedrigere Überschussbeteiligungen zu verzeichnen sind. 3 Praxistipp Wenngleich am Markt als Direktversicherung angebotene Lebensversicherungen mit Überschussbeteiligung die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG regelmäßig erfüllen, sollte der Arbeitgeber hier vorsorglich gezielt nachfragen.

bb) Überschussverwendung und versicherungsförmige Lösung 262 Für die Anwendbarkeit der versicherungsförmigen Lösung gemäß § 2 Abs. 2 S. 2

BetrAVG reicht eine Zuteilung der Überschüsse zugunsten des Versicherten erst ab Rentenbeginn indes nicht aus. Denn gemäß der sozialen Auflage nach § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BetrAVG ist es erfor263 derlich, dass die Überschüsse von Beginn der Versicherung an zur Verbesserung der Versicherungsleistung verwandt werden.287 Die Norm ist auch auf reine Risikoversicherungen (Risikolebensversicherung oder Berufsunfähigkeitsversicherung) anzuwenden, bei denen regelmäßig ein Deckungskapital nicht aufgebaut wird, wohl aber Überschüsse entstehen können.288

_____ 283 Siehe auch Kap. 8 Rn. 441 ff. 284 Siehe auch Kap. 1 Rn. 395 ff. 285 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 Rn. 307. 286 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 Rn. 311. 287 Siehe auch Kap. 8 Rn. 71. 288 Vgl. Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 2 Rn. 208.

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Beispiel 5 Bei kombinierten Produkten, z.B. einer kapitalbildenden Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, spricht allerdings nichts dagegen, wenn die Überschussanteile aus der Zusatzversicherung von Beginn des Vertrages an ausschließlich zur Erhöhung der Leistungen aus der Hauptversicherung verwandt werden. Denn auch dadurch wird die „Versicherungsleistung aus dem Versicherungsvertrag“ verbessert. Dieses in der Praxis anzutreffende Vorgehen ist aus Sicht der Arbeitnehmer zudem sinnvoll. Denn anderenfalls würden von einer höheren Berufsunfähigkeitsleistung nur diejenigen profitieren, die tatsächlich berufsunfähig werden.

Sofern keine Überschussbeteiligung anfällt, bleibt die versicherungsförmige Lö- 264 sung gleichwohl möglich. Denn deren Zweck besteht darin, dem Versicherten im Hinblick auf die Überschüsse eine dem Versicherungsnehmer angenäherte Stellung zu verschaffen.289 Fällt aber eine Überschussbeteiligung nicht an, dann ist auch ausgeschlossen, dass sich der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer zu Lasten des Arbeitnehmers einen Vorteil verschafft.

d) Auskunftsrechte Es kommt in der Praxis durchaus vor, dass Versicherte mit den ihnen zugeteilten 265 Überschüssen nebst Bewertungsreserven unzufrieden sind und Einzelheiten über deren Ermittlung in Erfahrung bringen möchten. Unabhängig davon, dass selbst eine Auskunft, die einen vollständigen rechnerischen Nachvollzug ermöglicht, aufgrund ihrer notwendigen Komplexität für einen Laien schlicht unverständlich wäre, sind die Auskunftsansprüche mit Blick auf das Geschäftsgeheimnis des jeweiligen Versicherers begrenzt. Sie umfassen grundsätzlich nicht die Verpflichtung zur Vorlage der versicherungstechnischen Bilanzen oder anderer Geschäftsunterlagen und auch kein entsprechendes Einsichtsrecht oder eine Rechnungslegung.290 Ihr Inhalt bestimmt sich vielmehr unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. So schuldet der Versicherer eine geordnete Auskunft im Hinblick auf Überschussanteil, Schlussüberschussanteil und Beteiligung an den Bewertungsreserven. In einem gerichtlichen Verfahren können die Angaben des Versicherers erfor- 266 derlichenfalls, insbesondere durch eine amtliche Auskunft der BaFin, die das Prozessgericht im Wege der Amtshilfe einholt, verifiziert werden. Als Aufsichtsbehörde ist die BaFin zur Verschwiegenheit verpflichtet und in der Lage, die entsprechenden Geschäftsunterlagen des Versicherers einzusehen und die konkrete Überschussermittlung nebst Zuteilung zu überprüfen.

_____ 289 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 2 Rn. 207. 290 Vgl. BGH, Urt. v. 26.6.2013 – IV ZR 39/10 – r + s 2014, 295.

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6. Besondere Ereignisse 267 Nachfolgend werden abschließend besondere Ereignisse aus versicherungsvertrag-

licher Perspektive beleuchtet, die im „Leben“ einer Direktversicherung eintreten können und denen eine praxisrelevante Bedeutung zukommt.

a) Widerruf, Widerspruch und Rücktritt aa) Widerruf im laufenden Arbeitsverhältnis 268 Gemäß § 8 i.V.m. § 152 Abs. 1 VVG steht dem Arbeitgeber bei Abschluss einer Direkt-

versicherung ein Widerrufsrecht von 30 Tagen zu. Die Frist beginnt, wenn dem Arbeitgeber die in § 8 Abs. 2 VVG genannten Unterlagen (Versicherungsschein, Bedingungen nebst Information gemäß VVG-InfoVO und Belehrung über das Widerrufsrecht) zugegangen sind. Soweit der Versicherer eine Belehrung gemäß dem Muster als Anlage zum VVG verwendet, greift die Wirksamkeitsfiktion nach § 8 Abs. 5 VVG. Ihre Wirksamkeit kann dann nicht in Zweifel gezogen werden. Wenngleich der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer verfügungsbefugt ist und 269 einen Widerruf erklären kann, beseitigt dieser seinen Verpflichtungstatbestand aus der Zusage im arbeitsrechtlichen Valutaverhältnis nicht. Ist der Widerruf davon nicht gedeckt, besteht der arbeitsrechtliche Anspruch des Arbeitsnehmers fort. Schwierigkeiten treten auf, wenn der Arbeitgeber aufgrund des Widerrufs diesen zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr in gleichwertiger Weise erfüllen kann, weil z.B. Produkte mit dem ursprünglichen Garantiezins für Neuabschlüsse nicht mehr zur Verfügung stehen. Ist dem Arbeitgeber die Verschaffung über den zugesagten Versorgungsträger rechtlich unmöglich oder unzumutbar, wird er gemäß § 275 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB von dieser Verpflichtung frei und hat eine entsprechende Leistung unmittelbar aus seinem Vermögen zu erbringen.291 Aus diesem Grund dürfte es in der Praxis auch nur selten vorkommen, dass ein 270 Widerruf erklärt wird. Entsprechendes gilt, sofern das Vertragsverhältnis noch unter der Ägide des VVG a.F. zustande gekommen ist, auch für Widersprüche nach § 5a VVG a.F. oder Rücktritte nach § 8 VVG a.F.

bb) Widerruf nach privater Fortsetzung 271 Sehr viel häufiger sind in der Praxis Konstellationen anzutreffen, in denen vormali-

ge Arbeitnehmer nach Übernahme des Vertrages in Vollzug der versicherungsförmigen Lösung versuchen, eine vorzeitige Kapitalisierung durch Geltendmachung eines Vertragslösungsrechtes herbeizuführen.

_____ 291 Siehe dazu vertiefend Kap. 1 Rn. 736.

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Soweit bislang aus der Praxis ersichtlich, betrifft das allerdings lediglich Fälle, 272 in denen das Vertragsverhältnis noch unter Geltung des VVG a.F. zustande gekommen ist, da hier im Rahmen einer teleologischen Reduktion der Ausschlussfristen gemäß des § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. einerseits und § 8 Abs. 5 S. 4 VVG a.F. andererseits von Seiten des BGH vor dem Hintergrund europarechtlicher Bezüge292 ein ewiges Widerspruchs-/Rücktrittsrechts begründet wurde. Ein solch „ewiges“ Vertragslösungsrecht kommt in Betracht, wenn etwa die Belehrung des Versicherers unzureichend gewesen ist oder nicht alle notwendigen Unterlagen (Belehrung, AVB, Verbraucherinformationen) ausgehändigt wurde. Die entsprechende Rechtsprechung hat eine wahre Klagewelle ausgelöst, die vor ehemaligen Direktversicherungen nicht Halt macht.293 Rechtskonstruktiv erscheint dem Grunde nach ein Vertragslösungsrecht aus 273 übergegangenem Recht durchaus denkbar. Denn bei einem Versicherungsnehmerwechsel tritt der Arbeitnehmer als neuer Versicherungsnehmer vollumfänglich in die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers als des ursprünglichen Versicherungsnehmers ein. Soweit es um den durch Beitragszahlung des Arbeitgebers gebildeten Teil des Deckungskapitals geht, hat die Rechtsprechung diesem Ansinnen bereits zutreffend mit Blick auf das dann analog heranzuziehende Verfügungsverbot gemäß § 2 Abs. 2 S. 5 BetrAVG eine Absage erteilt.294 Durch das Verfügungsverbot soll nämlich gerade sichergestellt werden, dass der ursprüngliche Versorgungszweck auch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten bleibt.295 Damit wäre die Annahme eines Vertragslösungsrechtes, das auf den Zeitpunkt vor der privaten Übernahme zurückwirkt, schlechterdings unvereinbar. Im Übrigen ergäbe sich auch eine Unvereinbarkeit mit dem Sinn und Zweck der versicherungsförmigen Lösung.296 Denn das versicherungsrechtliche Deckungsverhältnis wäre dann – bei einem Widerspruch nach § 5a VVG a.F. – nicht wirksam zustande gekommen bzw. würde sich – bei einem Rücktritt nach § 8 VVG a.F. – in ein Rückabwicklungsverhältnis umwandeln. Der Verschaffungsanspruch des Arbeitnehmers wäre dann vom Arbeitgeber nicht erfüllt. Der ausgeschiedene Arbeitnehmer könnte sich dem Grun-

_____ 292 Konkret geht es um das Urteil des EuGH v. 19.12.2013 – C-209/12 – VersR 2014, 225, das seinerseits auf einer Auslegung der sog. Lebensversicherungsrichtlinien beruht. 293 Zum § 5a-Komplex im Allgemeinen, vgl. hierzu etwa Harsdorf-Gebhardt, r+s 2016, 433; Michael/Payandeh, NJW 2015, 2392; Schmitz-Elvenich, VersR 2017, 266; zum § 5a-Komplex und bAVVerträgen, vgl. etwa OLG Hamm, Urt. v. 10.6.2015 – 20 U 76/15 (unveröffentlicht); OLG Hamm, Beschl. v. 18.2.2015 – 20 U 183/14 – BeckRS 2016, 19781; LG München I, Urt. v. 12.7.2018 – 25 O 2141/ 18 (unveröffentlicht); LG Heilbronn, Urt. v. 1.3.2019 – 4 O 138/17 (unveröffentlicht); LG Stuttgart, Urt. v. 4.4.2019 – 18 O 431/18 (unveröffentlicht). 294 Vgl. etwa OLG Hamm, Urt. v. 10.6.2015 – 20 U 76/15 (unveröffentlicht); OLG München, Urt. v. 10.1.2019 – 25 U 3403/18 (unveröffentlicht). 295 Vgl. Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 2 Rn. 260. 296 Vgl. zur versicherungsförmigen Lösung etwa, Kap. 1 Rn. 392 sowie oben Rn. 262 ff.

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de nach auf § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG berufen. Deswegen erfasst die Erklärung des Arbeitgebers zur Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft bei interessengerechter Auslegung ein etwaig in diesem Zeitpunkt noch bestehendes Widerspruchsoder Rücktrittsrecht nicht. 3 Praxistipp Wenngleich bis dato ausgeschiedene Arbeitnehmer mit einem derartigen Vorgehen noch keinen Erfolg hatten, erscheint es – abschließende Rechtsprechung des BGH fehlt bislang – sinnvoll, für den Fall eines Versicherungsnehmerwechsels klarzustellen, dass der Vertrag ohne etwaig fortbestehende Lösungsrechte übergehen soll. 274 Auch ein originär eigenes Vertragslösungsrecht des vormaligen Arbeitnehmers

und neuen Versicherungsnehmers bezogen auf den Zeitpunkt der Vertragsübernahme kommt nach richtiger Auffassung nicht in Betracht. Zwar entspricht es der herrschenden Auffassung, dass eine entsprechende Belehrung bei wesentlichen Vertragsänderungen zu erteilen ist, was den Versicherungsnehmerwechsel dem Grunde nach einschließt. Wird in Vollzug der versicherungsförmigen Lösung aber ein Versicherungsvertragsverhältnis übertragen, dann besteht ein mit einer privaten Übertragung vergleichbares Schutzbedürfnis regelmäßig schon deshalb nicht, weil der ausscheidende Arbeitnehmer als versicherte Person den Vertragsinhalt kannte. Das gilt insbesondere in Konstellationen, in denen bereits bei Vertragsabschluss festgelegt wurde, dass im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens der Versicherungsnehmerwechsel durchzuführen ist. Für diesen Fall hat der BGH das Nichtbestehen eines Vertragslösungsrechtes im Rahmen eines obiter dictum bereits ausdrücklich festgehalten.297

b) Versicherungsförmige Lösung nebst Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft 275 Bei der versicherungsförmigen Lösung gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 f. BetrAVG handelt es sich um ein betriebsrentenrechtlich vorgesehenes Verfahren, das den Umgang mit unverfallbaren Anwartschaften im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens regelt und das sich auf Ebene des Deckungsverhältnisses abspielt.298 Mit ihm wird der ausgeschiedene Arbeitnehmer auf den Wert der abgeschlossenen Versicherung und das ihm eingeräumte Bezugsrecht verwiesen, wobei der Arbeitgeber ferner dafür zu sorgen hat, dass der Arbeitnehmer den Vertrag mit eigenen Mitteln fortsetzen kann. Die Regelung hat eine überragende Bedeutung für die Praxis, geht mit ihr doch ein weiterer entscheidender Vorteil bei der Durchführung der bAV über eine Direktversiche-

_____ 297 BGH, Beschl. v. 21.12.2016 – IV ZR 365/13 – BeckRS 2016, 118153. 298 Siehe Kap. 8 Rn. 71.

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rung einher. Zu den Voraussetzungen der versicherungsförmigen Lösung und ihren arbeitsrechtlichen Aspekten wird auf die betreffenden Ausführungen verwiesen.299

aa) Versicherungsnehmerwechsel In Vollzug der versicherungsförmigen Lösung kommt es in der Praxis regelmäßig zu 276 einem Versicherungsnehmerwechsel. Bei diesem handelt es sich – wie bei jeder anderen Vertragsübernahme auch – nach ständiger Rechtsprechung des BGH um einen dreiseitigen Vertrag sui generis. Erforderlich ist mithin zunächst die Erklärung des Arbeitgebers gegenüber 277 dem Versicherer, dass er den Vertrag zur privaten Fortsetzung durch den Arbeitnehmer freigibt. Insoweit verfügen die Versicherer regelmäßig über entsprechende Formblätter, mit der auch zugleich die Zustimmungserklärung des Arbeitnehmers eingereicht werden kann. Diese ist als weitere (ausdrückliche oder konkludente) Erklärung nämlich erfor- 278 derlich, weil nach dem Gesetzeswortlaut ein Versicherungsnehmerwechsel nicht zwingende Voraussetzung der versicherungsförmigen Lösung ist. Dem Grunde nach ist es auch möglich, dass der Arbeitgeber den Vertrag als Versicherungsnehmer fortsetzt,300 der ausgeschiedene Arbeitnehmer nunmehr unwiderruflich bezugsberechtigt ist und den Vertrag mit eigenen Beiträgen fortsetzen kann. In der Praxis anzutreffen ist ein solches Vorgehen indes regelmäßig nicht. Denn sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer haben gleichermaßen ein Interesse daran, dass nach dem Ausscheiden allein der Arbeitnehmer Vertragspartner des Versicherers wird. Praxistipp 3 Die versicherungsförmige Lösung sollte durch einen Versicherungsnehmerwechsel flankiert werden. So geht die Prämienzahlungspflicht ipso jure auf den Arbeitnehmer und neuen Versicherungsnehmer über und es entsteht zwischen allen Parteien vollständige Rechtsklarheit. Überdies bestehen hier keinerlei Zugriffsbefugnisse des Arbeitgebers mehr auf den Versicherungsvertrag.

bb) Versicherungsvertragliche Besonderheiten Voraussetzung für die versicherungsförmige Lösung ist es, dass der Direktversiche- 279 rungsvertrag die versicherungsvertraglichen Auflagen des § 2 Abs. 2 S. 2 BetrAVG erfüllt.301 ■ Das Bezugsrecht muss spätestens nach drei Monaten seit dem Ausscheiden unwiderruflich und eine Abtretung oder Beleihung der Rechte aus dem Versiche-

_____ 299 Siehe zur Thematik Kap. 8 Rn. 70. 300 Vgl. Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 2 Rn. 233. 301 Siehe dazu auch Kap. 8 Rn. 71 ff.

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rungsvertrag durch den Arbeitgeber sowie Beitragsrückstände dürfen nicht vorhanden sein. Unberührt lässt die Vorschrift also Abtretungen und Beleihungen durch den bereits unwiderruflich bezugsberechtigten Arbeitnehmer, wobei hier allerdings wiederum die Verfügungsbeschränkungen zu beachten sind.302 Weiter müssen die Überschussanteile vom Beginn der Versicherung an zur Erhöhung der Versicherungsleistung verwandt werden (§ 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BetrAVG).303 Dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer muss schließlich nach dem Versicherungsvertrag das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen zustehen (§ 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 BetrAVG).

280 Am Markt anzutreffende Direktversicherungen erfüllen diese Voraussetzungen in

aller Regel.

cc) Verfügungsbeschränkungen 281 Gemäß § 2 Abs. 2 S. 4 BetrAVG besteht nach dem Ausscheiden und der Durchfüh-

rung der versicherungsförmigen Lösung ein umfassendes Verwertungsverbot für den vormaligen Arbeitnehmer im Hinblick auf das durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers gebildete (geschäftsplanmäßige) Deckungskapital.304

dd) Abtretungen, Beleihungen, Pfändung 282 In diesem Umfang darf weder eine Abtretung noch eine Beleihung vorgenommen

werden. Der Norm stehen allerdings – wie der BGH ausdrücklich klargestellt hat – Pfändungen in die zukünftige Versicherungsleistung nicht entgegen.305 Fraglich und höchstrichterlich ungeklärt ist allerdings, ob Abtretungen wäh283 rend der Aufschubzeit im Hinblick auf die zukünftige Erlebensfallleistung (z.B. zum Zwecke der Kreditsicherung) möglich sind. Eine Auffassung verneint dies mit Blick auf den Schutzzweck des Abtretungsverbots.306 Das Verfügungsverbot nach § 2 Abs. 2 S. 4 BetrAVG schützt allerdings lediglich den Versorgungszweck. Auch hat der BGH insoweit klargestellt, dass die Norm nur verhindern soll, dass der Arbeitnehmer vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit die Anwartschaft liquidiert. Eine vollständige Liquidation liegt aber dann nicht vor, wenn sich die Abtretung ausdrücklich lediglich auf die zukünftige Erlebensfallleistung bezieht und dem Zessionar keine vorzeitige Verwertungsmöglichkeit eingeräumt wird. Dann ist es aber weder sachlich noch rechtlich gerechtfertigt, eine Abtretung bezogen auf die zukünftige Erle-

_____ 302 S.u. Rn. 281 ff. 303 S.o. Rn. 262 ff. 304 Kap. 8 Rn. 78 ff. 305 S.o. Rn. 176. 306 OLG Koblenz, Urt. v. 12.10.2012 – 10 U 1151/11 – BeckRS 2013, 14850.

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bensfallleistung vor dem Hintergrund von § 134 BGB die Wirksamkeit zu versagen. Insoweit ist also der Gegenauffassung zu folgen.307

ee) Auszahlung des Rückkaufswerts Gemäß § 2 Abs. 2 S. 5 BetrAVG darf im Umfang des durch Zahlung des Arbeitgebers gebildeten Deckungskapitals auch der Rückkaufswert nicht in Anspruch genommen werden. Wie im Fall des § 2 Abs. 2 S. 4 BetrAVG handelt es sich um ein Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB, das gemäß § 2 Abs. 2 S. 6 BetrAVG den Anwendungsbereich der versicherungsvertragsrechtlich zwingenden Norm des § 169 Abs. 1 VVG einschränkt: Im Fall einer Kündigungserklärung kommt also lediglich eine Beitragsfreistellung des Versicherungsvertrags in Betracht. Das gilt auch, wenn der Vertrag nach privater Übernahme zunächst beitragspflichtig fortgesetzt wurde und dann von einem neuen Arbeitgeber übernommen wird. Wenn und sofern bedingungsgemäß allerdings die Möglichkeit einer Teilkündigung vorgesehen ist, spricht nichts gegen eine Auszahlung desjenigen Teils des Rückkaufswertes, der auf privaten Zahlungen des Arbeitnehmers nach privater Fortsetzung beruht. Diese Grundsätze gelten auch, wenn die Beiträge im Wege der Entgeltumwandlung finanziert wurden. Denn das Verfügungsverbot schließt gerade auch im Wege der Entgeltumwandlung finanzierte Direktversicherungen ein.308

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c) Prämienverzug des Arbeitgebers Bleibt der Arbeitgeber Prämien zur Direktversicherung schuldig, so greifen – wie bei 288 jeder anderen Lebensversicherung auch – zunächst die Regelungen des Prämienfolgeverzugs (vgl. §§ 38, 166 VVG). Der Versicherer kann in diesem Fall eine Zahlungsfrist von mindestens zwei Wochen bestimmen, wobei er die rückständigen Beiträge der Prämien, Zinsen und etwaige Kosten im Einzelnen beziffern und über die Rechtsfolgen belehren muss, die im Falle fortgesetzten Verzugs eintreten (§ 38 Abs. 1 VVG). Rechtsfolgenseitig sieht § 8 Abs. 2 VVG zwar vor, dass der Versicherer bei einem 289 Eintritt des Versicherungsfalls nach Ablauf der Frist nicht zu einer Leistung verpflichtet ist. Diese Vorschrift wird durch § 166 Abs. 2 VVG für die Lebensversicherung allerdings dahingehend modifiziert, dass der Versicherer doch die Leistung erbringen muss, die er zu erbringen hätte, wenn mit dem Versicherungsfall be-

_____ 307 OLG Saarbrücken, Urt. v. 8.5.2019 – 5 U 75/18 – NZA-RR 2019, 494, nicht rechtskräftig, Revision eingelegt unter BGH IV ZR 151/19 – BeckRS 2020, 11976; OLG Stuttgart, Urt. v. 4.4.2019 – 7 U 247/18 – VersR 2020, 21. 308 Vgl. BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 17/09 – BAGE 132, 100 = NZA 2010, 164.

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reits die Umwandlung einer prämienfreien Versicherung vollzogen worden wäre. Geschuldet wird also lediglich die prämienfreie Versicherungsleistung, wenn eine solche bedingungsgemäß in Betracht kommt, was z.B. bei reinen Risiko(zusatz)versicherungen nicht immer der Fall ist. Die Rechtsfolge der Prämienfreistellung tritt auch ein, wenn der Versicherer 290 nach Ablauf der Mahnfrist gemäß § 38 Abs. 3 VVG die Kündigung erklärt, wobei die Kündigung bereits mit der Mahnung erklärt werden kann (sog. qualifiziertes Mahn- und Kündigungsschreiben).309 Da die beitragsfreien Leistungen in der Regel weit hinter den Leistungen einer prämienpflichtigen Versicherung zurückbleiben, hat der Arbeitgeber insbesondere bei Absicherung von biometrischen Risiken in Form von Invalidität ein originär eigenes Interesse daran, dass es nicht zu einer Kündigung durch den Versicherer und damit zur Beitragsfreistellung kommt. Allerdings hat daran auch der Versicherte ein Interesse. Deswegen stellt § 166 291 Abs. 4 VVG klar, dass bei Direktversicherungen auch die versicherte Person über die Bestimmung einer Zahlungsfrist nach § 38 Abs. 1 VVG und die eintretende Umwandlung in Textform zu informieren ist. Dem Versicherten ist weiterhin eine Frist von mindestens zwei Monaten einzuräumen, bis zu deren Ablauf er die Prämien selbst zahlen kann. Dabei sind auch ihm gegenüber die Höhe der Prämien, etwaige Zinsen und Kosten präzise zu bezeichnen. Unterbleibt die entsprechende Information oder ist sie unzureichend, kann der Arbeitnehmer auch noch nach Ablauf der Frist die Beitragsfreistellung durch eine Nachzahlung der Prämien vermeiden. Führt der Versicherer die Beitragsfreistellung in Folge der Mahnung/Kündigung 292 allerdings in wirksamer Weise durch, besteht auf Seiten des Arbeitgebers kein gesetzlicher Anspruch darauf, den Vertrag wieder beitragspflichtig in Kraft zu setzen. Es bleibt dann bei den beitragsfreien Versicherungsleistungen. Ist der Prämienverzug im Verhältnis zu dem Arbeitnehmer als pflichtwidriges Verhalten des Arbeitgebers zu beurteilen, hat der Arbeitgeber für eine etwaig verbleibende Differenz nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG einzustehen oder Schadensersatz zu leisten.

d) Kündigung und Beitragsfreistellung im laufenden Arbeitsverhältnis 293 Kündigung und Beitragsfreistellung des Versicherungsvertrags kommen auch im

laufenden Arbeitsverhältnis in Betracht.

aa) Kündigung 294 Im laufenden Arbeitsverhältnis kann der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer die

Kündigungserklärung nach Maßgabe des § 168 VVG mit der Rechtsfolge des § 169 VVG erklären. Das gilt auch bei (bereits) unwiderruflichem Bezugsrecht des Arbeit-

_____ 309 Vgl. MüKo-VVG/Staudinger, § 38 Rn. 20.

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nehmers.310 Der Rückkaufswert als andere Erscheinungsform der Versicherungsleistung steht in diesem Fall aber dem bezugsberechtigten Arbeitnehmer zu, wenn und sofern nicht zuvor oder zeitgleich ein wirksamer Widerruf des Bezugsrechts erfolgt.311 Denkbar ist zwar auch, dass sich der Widerruf des Bezugsrechtes aus den Umständen und damit einer konkludenten Erklärung des Arbeitgebers ergibt. Das dürfte aber im Hinblick auf die erforderliche Eindeutigkeit des Bezugsrechtswiderrufs als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung die Ausnahme sein. Praxistipp 3 Wenn im Falle einer Kündigung im laufenden Arbeitsverhältnis der Rückkaufswert an den Arbeitgeber gezahlt werden soll, muss zunächst ein wirksamer Widerruf des Bezugsrechts erfolgen. Andernfalls kann der Versicherer leistungsbefreiend nur an den Arbeitnehmer zahlen bzw. der Arbeitnehmer muss der Auszahlung an den Arbeitgeber zustimmen.

Das Verbotsgesetz gemäß § 2 Abs. 2 S. 5 BetrAVG steht der versicherungsver- 295 traglichen Kündigung nicht entgegen.312 Zwar wäre daran zu denken, ob eine Kündigung im laufenden Arbeitsverhältnis bei bereits feststehendem Ausscheiden des Arbeitnehmers nicht als unzulässiger Umgehungstatbestand zu werten wäre. Der BGH hat mit Urteil vom 8.6.2016313 allerdings klargestellt, dass § 2 Abs. 2 S. 5 BetrAVG eine Inanspruchnahme des Rückkaufswertes nur ausschließt, wenn die Kündigungserklärung dem Versicherer erst nach dem Ausscheiden des versicherten Arbeitnehmers zugeht. Allerdings kann die Kündigung gleichwohl unwirksam sein, wenn ihr im Valu- 296 taverhältnis eine nach § 3 Abs. 1 BetrAVG unzulässige Abfindungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zugrunde liegt. Denn eine unzulässige Abfindung führt zur Nichtigkeit der Abfindungsvereinbarung gemäß § 134 BGB.314 Liegen die Voraussetzungen einer zulässigen Abfindung nicht vor, dann ist von der Unwirksamkeit auch das Erfüllungsgeschäft (hier: Kündigung der Police) erfasst und der Versicherer darf den Rückkaufswert nicht auszahlen.315 Wann eine unzulässige Abfindung vorliegt, richtet sich also nach originär betriebsrentenrechtlichen Grundsätzen.316 Im Übrigen besteht kein Anspruch des Arbeitnehmers gegenüber seinen Arbeitgeber auf Abgabe einer Kündigungserklärung.317

_____ 310 Vgl. BGH, Urt. v. 2.12.2009 – IV ZR 65/09 – NJW-RR 2010, 544. 311 S.o. Praxistipp nach Rn. 164. 312 S.o. Rn. 166 sowie Praxistipp nach Rn. 154. 313 BGH, Urt. v. 8.6.2016 – IV ZR 346/15 – NJW-RR 2017, 222. 314 Kap. 8 Rn. 130 ff.; BGH, Urt. v. 8.6.2016 – IV ZR 346/15 – NZA 2017, 128. 315 BGH Urt. v. 8.6.2016 – IV ZR 346/15 – NZA 2017, 128. 316 Kap. 8 Rn. 101 ff. 317 Kap. 1 Rn. 380; BAG, Urt. v. 26.4.2018 – 3 AZR 586/16 – NJW 2018, 2346 m.w.N.; siehe auch Ulbrich/Britz, BB 2015, 2677 m.w.N.

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bb) Beitragsfreistellung 297 Gemäß § 165 Abs. 1 S. 1 VVG kann der Versicherungsnehmer jederzeit für den

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Schluss der laufenden Versicherungsperiode die Umwandlung der Versicherung in eine prämienfreie Versicherung verlangen. Bei der Prämienfreistellungserklärung handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die nach Zugang bei dem Versicherer einseitig durch den Versicherungsnehmer in der Regel nicht mehr zurückgenommen werden kann. Es sind allerdings auch Versicherungsbedingungen am Markt anzutreffen, die eine beitragspflichtige Wiederinkraftsetzung ohne Gesundheitsprüfung zumindest innerhalb bestimmter Zeiträume ermöglichen. Eine Beitragsfreistellung ist aber von vorne herein nur möglich, wenn die dafür vereinbarte Mindestversicherungsleistung erreicht wird. Ist Letzteres nicht der Fall, so hat der Versicherer den auf die Versicherung entfallenden Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile nach § 169 VVG zu zahlen. Sofern allerdings ein Rückkaufswert bei dem in Rede stehenden Produkt zulässigerweise nicht gezahlt werden muss, weil bspw. eine Rückkaufswertzahlung im Falle einer reinen Berufsunfähigkeitsversicherung ausgeschlossen wurde, erlischt die Police. Ist keine Mindestversicherungsleistung vereinbart, muss der Versicherer die Beitragsfreistellung auch unabhängig davon akzeptieren.318 Die Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung ist mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden. Denn gemäß § 165 Abs. 2 VVG schuldet der Versicherer dann lediglich noch die prämienfreie Leistung, die sich nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation unter Zugrundelegung des Rückkaufswertes ergibt. Da die Beitragsfreistellung naturgemäß dazu führt, dass keine weiteren Prämien mehr gezahlt werden, womit auch ein etwaiger Ansparvorgang endet, muss die Abgabe einer Beitragsfreistellungserklärung gut überlegt sein. Die Rechtsprechung stellt aufgrund der nachteilhaften Folgen an die Eindeutigkeit einer entsprechenden Erklärung hohe Anforderungen.319 Sofern die Erklärung nicht eindeutig ist oder auf einem erkennbaren Fehlverständnis des Versicherungsnehmers von den Auswirkungen der Beitragsfreistellung beruht, muss der Versicherer proaktiv nachfragen. In der bAV kann eine Beitragsfreistellung allerdings durchaus das Mittel zur Wahl sein. Erlischt bspw. der Anspruch auf Arbeitslohn nach Ablauf des Fortzahlungsanspruches im Krankheitsfall, so besteht wegen des Entgeltcharakters der bAV auch kein Anspruch des Arbeitnehmers mehr auf unveränderten Fortbestand der Versorgungszusage und damit unveränderter Fortzahlung der Beiträge zur Direktversicherung. Im Falle einer entgeltumwandlungsfinanzierten Direktversicherung besteht dann allerdings die Möglichkeit des Arbeitnehmers, die Prämien aus seinem

_____ 318 Vgl. MüKo-VVG/Mönnich, § 165 Rn. 18. 319 Vgl. etwa OLG Köln, Urt. v. 15.3.2013 – 20 U 230/12 – NJOZ 2014, 1484.

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versteuerten Einkommen selbst weiterzuzahlen (vgl. § 1a Abs. 4 BetrAVG). Bei der arbeitgeberfinanzierten Versorgung könnte zwar über eine zeitweise Ruhendstellung, sofern diese bedingungsgemäß möglich ist oder der Versicherer sich darauf im Wege einer individuellen Vereinbarung einlässt, nachgedacht werden. Eine solche kann sich aber durchaus nachteilhaft auswirken. Denn eine Ruhendstellung des Versicherungsverhältnisses führt dazu, dass für die Dauer der Ruhendstellung überhaupt keine Versicherungsleistungen geschuldet werden. Träte der Versicherungsfall (z.B. in Form eines versicherten Todesfalls oder einer versicherten Berufsunfähigkeit) während der Ruhendstellung ein, so wäre der Versicherer nicht – auch nicht im beitragsfreien Umfang – zur Leistung verpflichtet. Praxistipp 3 Der Arbeitgeber muss also genau prüfen, ob er die Beitragsfreistellungserklärung abgibt. Ggf. sollte er, wenn die Bedingungen eine entsprechende Möglichkeit nicht vorsehen, mit dem Versicherer die Möglichkeit einer beitragspflichtigen Wiederinkraftsetzung zumindest innerhalb eines bestimmten Zeitraums vereinbaren. Das gilt insbesondere dann, wenn noch offen ist, ob der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis wieder aufnehmen kann.

Sofern es sich bei der Direktversicherung um eine Berufsunfähigkeits(Zusatz)ver- 302 sicherung handelt, ist höchstrichterlich ungeklärt, ob auch in diesem Fall eine Beitragsfreistellung möglich ist. Zum VVG 2008 wurde es von der Rechtsprechung teilweise als Selbstverständlichkeit angesehen, dass die Beitragsfreistellung einer reinen Risikoversicherung, mithin von Berufsunfähigkeits(zusatz)versicherungen oder Risiko(zusatz)versicherungen auf den Todesfall nicht in Betracht kommt und diese im Fall der Beitragsfreistellung der Hauptversicherung erlöschen.320 Vor dem Hintergrund von § 176 VVG wird im Schrifttum eine andere Auffassung vertreten.321 Die besseren Argumente sprechen bei reinen Risikoversicherungen – unabhängig davon, ob diese als selbständige Versicherung oder als Zusatzversicherung abgeschlossen werden –für die Zulässigkeit eines bedingungsgemäßen Ausschlusses der Beitragsfreistellung. In systematischer Hinsicht ist namentlich darauf hinzuweisen, dass § 176 VVG zwar auf die §§ 150–170 VVG verweist. Die Regelung des § 171 VVG, mit der Abweichungen zu Lasten des Versicherungsnehmers untersagt werden, wurde aber gerade nicht einbezogen. Allein aus § 171 VVG ergibt sich jedoch, dass es sich bei § 165 VVG um eine zugunsten des Versicherungsnehmers zwingende Norm handelt.

_____ 320 Vgl. LG München, Urt. v. 1.3.2018 – 23 O 1307/16 (unveröffentlicht); OLG München, Urt. v. 5.6.2018 – 25 U 1078/18 (unveröffentlicht). 321 Langheid/Rixecker/Rixecker, § 176 Rn. 2; BeckOK VVG/Mangen, § 176 Rn. 2.

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Kapitel 6 Versicherungsvertragsrecht und Versicherungsaufsichtsrecht der bAV

e) Verfügungen über die Versicherungsleistung im Übrigen 303 Außerhalb der Verfügungsverbote gemäß § 2 Abs. 2 S. 3 und 4 VVG richtet sich die

Zulässigkeit von Verfügungen im Hinblick auf die Versicherungsleistung nach dem jeweiligen Versicherungsvertrag. Zu beachten ist im Hinblick auf Abtretungen oder Verpfändungen, dass diese nach den Versicherungsbedingungen in der Regel nur wirksam sind, wenn sie durch den Berechtigten gegenüber dem Versicherer angezeigt werden. Verzichtet der Arbeitnehmer für die Dauer einer Abtretung auf sein Bezugsrecht, was im Falle eines unwiderruflichen Bezugsrecht obligatorisch ist, muss der Arbeitgeber aber gleichwohl bedenken, dass dies regelmäßig zu einer Insolvenzsicherungspflicht führt. Mit Eintritt in die Auszahlungsphase ist der bezugsberechtigte Arbeitnehmer 304 dem Grunde nach umfassend verfügungsbefugt im Hinblick auf die Versicherungsleistung. Zu beachten sind aber etwaige Abtretungsverbote – z.B. bei Nichtüberschreiten der Pfändungsfreigrenzen (§§ 850 Abs. 3 lit. b, 850 c ZPO). Namentlich das OLG Hamm hat mit Urteil vom 16.10.2013322 einen weitergehenden und in den Bedingungen geregelten Abtretungsausschluss auch für die Zeit der Rentenbezugsphase gebilligt, und zwar im Hinblick auf den Versorgungszweck, obgleich damit in die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Arbeitnehmers eingegriffen wird.

f) Absicherung von Invaliditätsrisiken 305 Auch Invaliditätsrisiken können über eine Direktversicherung abgesichert werden,

wobei das im Rahmen einer unselbständigen Zusatzversicherung oder einer eigenständigen Direktversicherung geschehen kann.

aa) BetrAVG-konforme Risikoabsicherung 306 Allerdings ist zu beachten, dass die Grenzen des betriebsrentenrechtlichen Invaliditätsbegriffs umstritten sind.323 Nach zutreffender Auffassung erfüllen zwar auch Grundfähigkeitsversicherungen oder Erwerbsunfähigkeitsversicherungen in der Regel den betriebsrentenrechtlichen Invaliditätsbegriff.324 Außerhalb bAV-etablierter Produkte (z.B. Berufsunfähigkeitsversicherungen) ist das im Einzelfall aber erforderlichenfalls zu prüfen.

bb) Begriff der Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit 307 Nach den gebräuchlichen Bedingungen der Berufsunfähigkeitsversicherer liegt Be-

rufsunfähigkeit vor, wenn der Versicherte in Folge Krankheit, Körperverletzung

_____ 322 OLG Hamm, Urt. v. 16.10.2013 – 20 U 67/13 – VersR 2013, 737. 323 Siehe Kap. 1 Rn. 123 ff. 324 Vgl. hierzu, Kap. 1 Rn. 151 und Rn. 159 f.

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oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, zu mindestens 50% auszuüben. Ein einheitlicher Begriff der Berufsunfähigkeit existiert aber nicht.325 Insbesondere kann der Begriff der Berufsunfähigkeit im Sinne einer privaten Berufsunfähigkeits(zusatz)versicherung nicht mit dem Begriff der Erwerbsunfähigkeit gleichgesetzt werden.326 Im Übrigen wird ein breites Portfolio an Berufsunfähigkeits(zusatz)versiche- 308 rungen am Markt angeboten. Praxistipp 3 Sinnvoll können aus Sicht des Arbeitgebers und Arbeitnehmers insbesondere Regelungen sein, die den Prognosezeitraum begrenzen. Denn „voraussichtlich“ dauernd i.S.d. oben genannten Definition bedeutet, dass der körperlich-geistige Gesamtzustand des Versicherten so beschaffen sein muss, dass eine günstige Prognose für die Wiederherstellung der verlorengegangenen Fähigkeiten in einem überschaubaren Zeitraum nicht gestellt werden kann.327 In der Regel ist das bei einem – oftmals bedingungsgemäß auch klargestellten – Prognosezeitraum von drei Jahren der Fall.328 Die Prognose eines entsprechenden Zeitraums ist in medizinischer Hinsicht nicht immer leicht möglich. In solchen Fällen lässt sich die Stellung des Versicherten dadurch verbessern, dass ein Verzicht auf die Beweislast des Versicherungsnehmers für das voraussichtlich dauernde Außerstandesein erfolgt. Anzutreffen ist oft eine Regelung dahingehend, dass die Dauerhaftigkeit feststeht, wenn die versicherte Person zumindest in einem Zeitraum von sechs Monaten tatsächlich bedingungsgemäß berufsunfähig gewesen ist. Fingiert wird mit diesen Regelungen regelmäßig ausschließlich der zeitliche Aspekt der Berufsunfähigkeit, was auch betriebsrentenrechtlich nicht zu beanstanden ist.

cc) Versicherungsfall und Geltendmachung Im Hinblick auf die Geltendmachung des Versicherungsfalls ist zunächst zu beach- 309 ten, dass regelmäßig ein ärztlicher Nachweis der Berufsunfähigkeit zu erbringen ist. Das führt aber nicht zwangsläufig zu einer Anerkennung der Berufsunfähigkeit, sondern stellt lediglich eine wesentliche Anspruchsvoraussetzung dar. Selbstredend kann der Versicherer den Eintritt des Versicherungsfalls durch ein ausführliches medizinisches Gutachten überprüfen lassen. In einem etwaigen Klageverfahren ist die klagende Partei, vollumfänglich dar- 310 legungs- und beweisbelastet für den Eintritt der Berufsunfähigkeit, insbesondere dazu wie diejenige berufliche Tätigkeit ausgestaltet gewesen ist, zu der sie in Folge

_____ 325 Vgl. BGH, Urt. v. 25.1.1989 – IV a ZR 178/87 – VersR 1989, 392; OLG Hamm, Urt. v. 1.7.1988 – 20 U 6/88 – r+s 1989, 169. 326 BGH, Urt. v. 30.9.1992 – IV ZR 227/91 – VersR 1992, 1386. 327 BGH, Urt. v. 21.3.1990 – IV ZR 39/89 – VersR 1990, 729; BGH, Urt. v. 3.4.1996 – IV ZR 344/94 –VersR 1996, 830. 328 Vgl. etwa OLG Hamm, Urt. v. 11.2.1994 – 20 U 151/93 – VersR 1995, 84; OLG Hamm, Urt. v. 25.1. 1995 – 20 U 252/94 – VersR 1995, 1039.

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der gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mehr in der Lage ist.329 Denn der insoweit maßgebliche Sachverhalt ist dem gerichtlichen Sachverständigen, der den Versicherte begutachten soll, unverrückbar vorzugeben. In medizinischer Hinsicht kommt es darauf an, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen tatsächlich bestehen und wie sie sich konkret auf die Berufsausübung auswirken. Letzteres muss der Versicherungsnehmer, um eine taugliche Grundlage für die Beweiserhebung zu schaffen, ebenfalls ausführlich darlegen.

7. Gruppenversicherungen 311 Gerade in der bAV spielen Gruppenversicherungen eine wichtige Rolle. Denn oft geht es um die Absicherung einer Vielzahl von Arbeitnehmern, so dass sich Gruppenlösungen anbieten. Bei Gruppenversicherungen ist zwischen der sog. echten Gruppenversicherung einerseits und der unechten Gruppenversicherung andererseits zu differenzieren. Bei der echten Gruppenversicherung ist lediglich die Gruppenspitze, mithin 312 der Arbeitgeber, Versicherungsnehmer eines einheitlichen Vertragsverhältnisses, innerhalb dessen die einzelnen Arbeitnehmer versicherte Personen sind.330 Es wird also nicht bezüglich jedes einzelnen Arbeitnehmers ein eigenständiger Vertrag abgeschlossen, sondern es erfolgt in der Regel lediglich eine Anmeldung zu dem bestehenden Vertragsverhältnis. Besondere betriebsrentenrechtliche Schwierigkeiten bestehen diesbezüglich nicht. Im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens und der Durchführung der versicherungsförmigen Lösung erfolgt dann regelmäßig die Herausnahme aus dem Gruppentarif und die Begründung einer Einzelversicherung. Insoweit ist es in der Regel nicht zu beanstanden, wenn infolge der Umtarifierung in eine Einzelversicherung besondere Konditionen, die allein dem Arbeitgeber auf Grundlage des Gruppentarifs angeboten werden können, entfallen. Herausforderungen können sich aber ergeben, wenn der Versicherer z.B. im Hinblick auf die Rechnungsgrundlagen über keinen Tarif verfügt, der für derartige Zugänge im Zeitpunkt des Ausscheidens offen ist. In diesem Fall können sich auch entsprechende Hinweispflichten des Versicherers gegenüber dem ausscheidenden Arbeitnehmer als seinem neuen Versicherungsnehmer ergeben, die im Fall eines schlichten Versicherungsnehmerwechsels bei Einzelversicherungen mangels Tarifwechsels oftmals nicht bestünden. Davon zu unterscheiden sind unechte Gruppenversicherungen im Sinne 313 von Rahmenverträgen, mit denen lediglich die Modalitäten der Vertragsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Versicherer im Allgemeinen festgelegt und ggf. – soweit aufsichtsrechtlich zulässig – Vergünstigungen bezogen auf die zu versichernden

_____ 329 Vgl. grundlegend BGH, Urt. v. 30.9.1992 – IV ZR 227/91 – VersR 1992, 1386. 330 Vgl. ausführlich zur Begriffsbildung und Abgrenzung von der unechten Gruppenversicherung, Herdter, S. 36 ff.

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Arbeitnehmer gewährt werden. Hier kommen stets eigenständige Versicherungsverträge zustande.331 Beide Typen von Gruppenversicherungen haben zunächst in der Praxis den Vor- 314 teil, dass mit ihnen die grundlegenden Rahmenbedingungen der auf Dauer angelegten Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Versicherer leicht in einer Weise geregelt werden können, die zur Vereinfachung der administrativen Abläufe beiträgt. Namentlich Vereinfachungen im Hinblick auf die versicherungsvertragsrechtlichen Folgen des Ein- und Austritts von Arbeitnehmern spielen in der Praxis eine entscheidende Rolle. So erfolgt bei echten Gruppenversicherungen die Aufnahme neue eintretender und die Abmeldung ausscheidender Arbeitnehmer in der Regel via Liste, d.h. der Arbeitgeber nennt dem Versicherer turnusmäßig die lediglich die neu zu versichernden Arbeitnehmer, ohne dass es einer erneuten Antragstellung bedarf. Bei unechten Gruppenversicherungen ist zwar, da hier noch kein Versicherungsvertrag besteht, eine auf Abschluss einer (weiteren) Direktversicherung gerichtete Vertragserklärung des Arbeitgebers obligatorisch. Aber auch hier bestehen Möglichkeiten, das Antragsverfahren zu vereinfachen. Je nach Größe des zu versichernden Bestands und gewähltem Tarif wird der Ver- 315 sicherer auch bereit sein, von einer individuellen Risikoprüfung ganz abzusehen oder zumindest nur eine vereinfachte Risikoprüfung durchzuführen, die sich bspw. im Hinblick auf gefahrerhebliche Umstände in der Frage nach Arbeitsunfähigkeitszeiten o.ä. erschöpft. Im Gegenzug wird der Versicherer zwar in der Regel verlangen, dass der Arbeitsgeber alle bzw. einen nach allgemeinen Merkmalen beschriebenen Personenkreis zur Direktversicherung auch tatsächlich anmeldet. Auch feste Durchdringungsquoten, z.B. Teilnahme von 80% der Belegschaft, können vereinbart werden. Derartige Erfordernisse dienen der Vermeidung negativer Selektion, d.h. auf diese Weise soll etwa vermieden werden, dass der Arbeitgeber vorrangig – aus Sicht des Versicherers – schlechte Risiken (z.B. zu einer Berufsunfähigkeits(Zusatz)Versicherung) anmeldet. Sie sind in der Regel nicht zu beanstanden, sondern sachgerecht. Aufgrund der vereinfachten Verwaltung der einzelnen Versicherungsverhält- 316 nisse sowie mit Blick die Quantität der zu versichernden Risiken kann der Arbeitgeber in der Praxis auf diese Weise regelmäßig auch deutlich günstigere Konditionen mit dem Versicherer verhandeln, als dieser auf Grundlage individuell abgeschlossener Versicherungen anbieten könnte. Aus diesem Grund kann es – abhängig von den Umständen des Einzelfalls – sich auch um eine Pflichtverletzung des Maklers gegenüber dem Arbeitgeber handeln, wenn der Makler anstelle eines günstigen Gruppenversicherungstarifs lediglich Einzelversicherungen vermittelt, ohne dass er auf die Möglichkeit des Abschlusses einer kostengünstigeren Gruppenversicherung hingewiesen hat.

_____ 331 Vgl. Herdter, S. 36 ff.

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3 Praxistipp Arbeitgeber sollten sich ggf. auch pro aktiv nach der Möglichkeit des Abschlusses einer Gruppenversicherung erkundigen. Namentlich bei echten Gruppenversicherungen sollten sie dabei auch die Frage adressieren, wie die versicherungsförmige Lösung durch den versicherungstechnisch umgesetzt würde und welche Konsequenzen das für die versicherten Leistungen und/oder die Beiträge haben kann. Verjährung 317 Bezogen auf die Verjährung von versicherungsvertraglichen Ansprüchen aus Di-

rektversicherungen ist hervorzuheben, dass § 18a S. 1 BetrAVG nicht anwendbar ist.332 Denn die Norm betrifft lediglich den „Anspruch auf Leistung aus der bAV“, womit nur solche Ansprüche gemeint sind, die dem Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber bezüglich der bAV unmittelbar zustehen.333 Dazu gehören nicht etwa nur Rentenansprüche, sondern auch Ansprüche auf Kapitalauszahlung. Das gilt aber nur dann, wenn der Arbeitgeber diese unmittelbar schuldet, etwa wenn er eine unmittelbare Versorgungszusage erteilt hat.334 Bezogen auf die versicherungsrechtlichen Ansprüche gegen den Versicherer 318 bleibt es also bei den allgemeinen Regeln der Verjährung. Die fünfjährige Verjährungsfrist gemäß § 12 Abs. 1 VVG a.F., die nach der Übergangsregelung des Art. 3 EGVVG dem Grunde nach auch nach dem 1.1.2008 zur Anwendung gelangen kann, kommt es in der Praxis regelmäßig nicht mehr an. Bei Kapitalauszahlungen ist vielmehr die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB maßgeblich. Entsprechendes gilt für einzelne Rentenzahlungen. Auch das Stammrecht zu 319 einer auf Rentenleistungen gerichteten Lebensversicherung unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist nach BGB.335 Voraussetzung des Verjährungsbeginns ist allerdings der Eintritt der Fälligkeit der Versicherungsleistung. Mit Blick auf die Sonderregelung des § 14 VVG kann es hier im Einzelfall vorkommen, dass die Verjährung auch mit Eintritt des versicherten Ereignisses noch nicht einsetzt, weil bspw. der Versicherer noch Nachforschungen im Hinblick auf die Feststellungen des Versicherungsfalls anstellen muss.

_____ 332 Vgl. zu dieser Norm auch Kap. 1 Rn. 217 ff. 333 Vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.3.2019 – I-24 U 59/18 (unveröffentlicht), rkr. (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BGH, Beschl. v. 5.2.2020 – IV ZR 153/19 (unveröffentlicht)). 334 OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.3.2019 – I-24 U 59/18 (unveröffentlicht). 335 Vgl. zur Berufsunfähigkeitsversicherung BGH, Urt. v. 3.4.2019 – IV ZR 90/18 – VersR 2019, 669 m.w.N.

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II. Pensionskassenversicherungen Pensionskassen zählen gemeinsam mit den Unterstützungskassen zu den traditio- 320 nellen Versorgungsträgern der bAV. Die Pensionskassen sind den versicherungsförmigen Durchführungswegen zuzurechnen.

1. Begriff Nach § 1b Abs. 3 BetrAVG handelt es sich bei einer Pensionskasse um eine rechtsfä- 321 hige Versorgungseinrichtung zu Durchführung der bAV, die dem Arbeitnehmer oder seinen Hinterbliebenen auf ihre Leistungen einen Rechtsanspruch gewährt.336 Flankiert und präzisiert wird diese knappe arbeitsrechtliche Legaldefinition 322 durch die aufsichtsrechtliche Begriffsbildung nach § 232 Abs. 1 VAG. Danach handelt es sich bei einer Pensionskasse zunächst einmal um „ein rechtlich selbständiges Lebensversicherungsunternehmen“. Pensionskassen werden also als Lebensversicherungsunternehmen eingeordnet, für die aber im Hinblick auf ihre Geschäftsorganisation sowie ihren Geschäftsgegenstand einige aufsichtsrechtliche Besonderheiten gelten, § 232 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 VAG.337 Bezogen auf den versicherbaren Personenkreis werden in der Praxis regelmäßig 323 unterschieden:338 ■ Firmen- oder Betriebspensionskassen, die sich auf die Durchführung der Zusagen zugunsten von Beschäftigen eines einzigen Unternehmens beschränken. ■ Konzernpensionskassen, welche die bAV für mehrere, konzernverbundene Unternehmen durchführen. ■ Überbetriebliche Pensionskassen (auch Wettbewerbspensionskassen genannt), welche offen für eine Vielzahl voneinander unabhängiger Unternehmen – ggf. aber wiederum beschränkt auf bestimmte Branchen – sind.

2. Rechtsverhältnisse Von wesentlicher Bedeutung auch für die Ausgestaltung der versicherungsvertrags- 324 rechtlichen Beziehung zwischen den Beteiligten ist die Frage, ob es sich bei der jeweiligen Pensionskasse um eine sog. regulierte oder eine deregulierte Pensionskasse handelt (vgl. § 233 VAG).339 Bei deregulierten Pensionskassen in der Rechtsform einer AG ergeben sich keine grundlegenden Abweichungen zum Durchführungsweg

_____ 336 Kap. 1 Rn. 410. 337 Siehe Rn. 84 ff. 338 Vgl. zum „großen“ VVaG einerseits und zum kleineren Verein andererseits Rn. 96 f. (Grote). 339 Vgl. Rn. 97 ff.

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der Direktversicherung. Insoweit kann auf die dazu getroffenen versicherungsvertraglichen Aussagen verwiesen werden.340 Regulierte Pensionskassen sind stets in der Rechtsform eines Versicherungs325 vereins auf Gegenseitigkeit (VVaG) organisiert, § 233 Abs. 1 Nr. 1 VAG. Doch auch bei deregulierten Pensionskassen ist diese Organisationsform anzutreffen. In beiden Fällen gelten schon mit Blick auf die mitgliedschaftliche Verfasstheit Besonderheiten, die bei den regulierten Pensionskassen durch die mit der Regulierung verbundenen Rechtsfolgen ergänzt werden.

a) Besonderheiten einer Pensionskasse als VVaG 326 Die Rechtsverhältnisse bei einer Durchführung der bAV über eine Pensionskas-

senversicherung in der Rechtsform eines VVaG können deutlich komplexer und vielfältiger ausgestaltet sein, als es etwa bei Direktversicherungen der Fall ist. Dann nämlich tritt neben das Versicherungsverhältnis das Mitgliedsverhältnis zum VVaG, wobei nicht nur der Arbeitgeber, sondern – je nach Satzung – auch der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer Mitglied werden kann. Rechtskonstruktiv ist das Mitgliedsverhältnis von dem Versicherungsvertrag 327 zu unterscheiden. Die Pensionskassenversicherung kommt zwar auch hier erst durch den Abschluss eines entsprechenden Versicherungsvertrags zu Stande. Das kann allerdings auch konkludent mit der Aufnahme eines durch den Arbeitgeber bei der Pensionskasse angemeldeten Arbeitnehmers als Mitglied im VVaG geschehen. Der Inhalt des Versicherungsverhältnisses wird regelmäßig in AVB präzisiert, die 328 neben der Satzung gelten. Es sind aber auch enge Kopplungen von Mitgliedschaft einerseits und Versicherungsverhältnis andererseits anzutreffen, was versicherungsvertragsrechtliche Regelungen unmittelbar in den Satzungen einschließen kann. Bei als VVaG organisierten Pensionskassen verhält es sich überdies regelmäßig 329 so, dass der Arbeitnehmer nicht nur Versicherter, sondern auch Partei des Versicherungsvertrages wird. Der Arbeitnehmer ist dann zugleich – worin ein wesentlicher Unterscheid zur Direktversicherung und zu als AG organisierten Pensionskassen liegt – Versicherungsnehmer mit den entsprechenden Rechten und Pflichten. Das heißt freilich nicht, dass der Arbeitnehmer die Beiträge zur Finanzierung der Versorgung allein zu tragen hat. Zwar kann er im Hinblick auf einen Teil der Versicherungsleistungen (nach Ausscheiden auch vollständig, s.u.) beitragspflichtig sein. Im Übrigen schuldet aber in der Regel der Arbeitgeber der Pensionskasse die Beiträge aus versicherungsvertraglicher Sicht. Der Grund dafür kann insoweit in einer gesonderten Vereinbarung zwischen Pensionskasse oder Arbeitgeber liegen oder aber der Arbeitnehmer fungiert als (weiterer) Versicherungsnehmer.

_____ 340 S.o. Rn. 155 ff.

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b) Beratungs- und Informationspflichten Der Variantenreichtum bezogen auf die möglichen Rechtsverhältnisse bleibt nicht 330 ohne Auswirkung auf etwaige Beratungs- und Informationspflichten.

aa) Pensionskassen als VVaG Bei regulierten Pensionskassen ist die Anwendbarkeit der §§ 6, 7 VVG, mithin der 331 entsprechenden Beratungs- und Informationspflichten, nach § 211 Abs. 2 Nr. 1 VVG ausgeschlossen. Der Gesetzgeber hält die Anwendbarkeit dieser Vorschriften mit Blick auf die mit der Regulierung verbundene öffentlich-rechtliche Kontrolle, auf die aus dem VAG resultierenden Informationspflichten sowie auf die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für entbehrlich.341 Selbst wenn also der Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer fungiert, besteht keine unmittelbar aus § 6 VVG resultierende Beratungspflicht der Pensionskasse. Wenngleich die §§ 60 ff. VVG nicht erwähnt werden, führt das mittelbar auch zu einem reduzierten Pflichtenprogramm des Vertreters der Kasse. Demgegenüber bleiben Versicherungsberater und auch Makler aufgrund der mit dem Arbeitgeber abgeschlossenen Vereinbarung zu umfassender Beratung verpflichtet. Im Übrigen bedeutet die durch den Gesetzgeber vorgenommene Beschränkung nicht, dass eine Beratungspflicht der Pensionskasse immer ausgeschlossen ist. Sie kommt aber nur im Einzelfall in Betracht, etwa wenn aufgrund einer erkennbaren Fehlvorstellung des Versicherungsnehmers aufklärende Beratung nach Treu und Glauben erwartet werden kann. Im Übrigen ergeben sich die gegenüber dem Arbeitnehmer geschuldeten Informationen auch im Falle einer Pensionskasse in der Form eines VVaG aus den §§ 234k ff VAG.342 Bei deregulierten Pensionskassen bleibt es dem Grunde nach bei den gesetzli- 332 chen Bestimmungen der §§ 6, 7 VVG, wobei im Einzelfall den aus der mitgliedschaftlichen Organisation resultierenden Besonderheiten Rechnung zu tragen ist. In vielen Fällen wird es schon aufgrund der Mitgliedschaft des Arbeitgebers und/oder Arbeitnehmers und der damit verbundenen mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten an einem weitergehenden Beratungsanlass fehlen. Zudem ist, sofern die ausschließliche Durchführung über eine bestimmte Pensionskasse auf Grundlage eines bestimmten Tarifs im Unternehmen bereits implementiert ist, in der Regel keine Auswahlentscheidung zu treffen, was eine weitergehende Beratung in der Regel ebenfalls entbehrlich macht. Auch hier gelten im Übrigen die aufsichtsrechtlichen Informationspflichten gegenüber dem Versorgungsberechtigten gemäß §§ 234k ff. VAG.

_____ 341 Vgl. MüKo-VVG/Looschelders, § 211 Rn. 13. 342 Zu den aufsichtsrechtlichen Informationspflichten, s.o. Rn. 214 ff.

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bb) Deregulierte Pensionskassen als AG 333 Agiert die Pensionskasse in der Rechtsform einer AG, ergeben sich keine Besonder-

heiten zur Direktversicherung.343

c) Bezugsrecht 334 Aus dem Versicherungsvertrag folgt der eigene Leistungsanspruch des Arbeitneh-

mers in Form eines Bezugsrechts. Insoweit wird auf die Ausführungen zur Direktversicherung verwiesen.344 Zu beachten ist aber, dass – insbesondere bei gemischter Finanzierung durch Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile – eine Spaltung des Bezugsrechts in Betracht kommt.345 Im Hinblick auf die mit seinem Beitragsteil gebildete Versicherungsleistung ist der Arbeitnehmer dann unwiderruflich und im Hinblick auf den arbeitgeberfinanzierten Anteil bis zum Eintritt der Unverfallbarkeit lediglich widerruflich bezugsberechtigt.

d) Widerrufsrecht 335 Unabhängig davon, dass bei regulierten Pensionskassen Abweichungen von §§ 8,

152 VVG schon aufgrund von § 211 Abs. 2 Nr. 1 VVG möglich sind, stellt § 8 Abs. 3 Nr. 3 VVG klar, dass bei einer Pensionskasse, die auf arbeitsrechtlichen Regelungen beruht, kein Widerrufsrecht besteht. Mit dem Terminus „auf arbeitsrechtlichen Regelungen beruhen“ ist lediglich gemeint, dass es sich um eine Pensionskassenversicherung zur Durchführung einer bAV handeln muss,346 was in der Praxis aber zwangsläufig der Fall ist.

3. Weitere Besonderheiten bei regulierten Pensionskassen und kleineren Vereinen 336 Bei regulierten Pensionskassen und Pensionskassen in der Rechtsform eines kleine-

ren Vereins sind weitere versicherungsvertragsrechtliche Besonderheiten zu beachten.

a) Unanwendbarkeit bestimmter Vorschriften des VVG 337 Nach § 211 Abs. 1 VVG sind einige Vorschriften des VVG unanwendbar, wenn in den

Versicherungsbedingungen mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde abweichende Bestimmungen getroffen sind. Die möglichen Abweichungen betreffen:

_____ 343 Vgl. zum Zustandekommen und zu den Informationspflichten, oben Rn. 197 ff., 202 ff. 344 Zum Bezugsrecht ausführlich, s.o. Rn. 162 ff. 345 Vgl. zum gespaltenen Bezugsrecht, Kap. 1 Rn. 395 f. 346 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.4.2017 – I-4 U 31/17 – VersR 2018, 87.

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den Prämienfolgeverzug (§§ 37, 38 VVG), die Beitragsfreistellung (§§ 165, 166 VVG), das Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers (§ 168 VVG) und die Pflicht des Versicherers zur Zahlung eines Rückkaufwerts (§ 169 VVG).

Hervorzuheben sind die möglichen Ausschlüsse von Beitragsfreistellung und 338 Kündigung. Diese sind notwendig, weil andernfalls – anders als bei Direktversicherungen – der Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer einseitig die bAV beenden könnte, was mit der Einbindung der Zusage in das Arbeitsverhältnis naturgemäß unvereinbar wäre.347 Ausreichend für den Kündigungsausschluss ist bereits die Klarstellung in den AVB, dass das Versicherungsverhältnis ausschließlich mit dem Ausscheiden des Versicherten aus dem Arbeitsverhältnis endet.348

b) Sanierungsklauseln Hervorzuheben ist, dass insbesondere bei regulierten Pensionskassen Sanierungs- 339 klauseln für den Fall von Deckungslücken anzutreffen sein können. Sanierungsklauseln berechtigten die Kasse die zu einer Kürzung der versicherten Leistungen im Fall des Auftretens einer Deckungslücke. Bei regulierten Pensionskassen sind entsprechende Klauseln obligatorische Regulierungsanforderung (§ 233 Abs. 1 Nr. 1 VAG).349 Entsprechende Klauseln sind deshalb notwendig, weil regulierte Pensionskas- 340 sen nicht in gleichem Maße wie deregulierte Pensionskassen oder Lebensversicherer an den mit der Deckungsrückstellungsverordnung vorgegebenen Höchstrechnungszins gebunden sind. Aus Sicht des Arbeitgebers ist dabei zu beachten, dass eine im Deckungsverhältnis zulässige Kürzung keineswegs ipso jure auf die Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Valutaverhältnis durchschlägt, wie das BAG mit seinem Grundsatzurteil aus dem Jahr 2012 klargestellt hat.350 Eine Leistungskürzung durch die Pensionskasse kann also dazu führen, dass der Arbeitgeber unmittelbar einstandspflichtig im Hinblick auf die sich ergebende Differenz wird.351

4. Vorzeitiges Ausscheiden/Versicherungsförmige Lösung Auch bei Pensionskassen besteht im Fall eines vorzeitigen Ausscheidens des Ar- 341 beitnehmer mit unverfallbaren Anwartschaften die Möglichkeit der versicherungs-

_____ 347 Vgl. MüKo-VVG/Looschelders, § 211 Rn. 10 f. m.w.N. 348 BAG, Urt. v. 13.5.1997 – 3 AZR 79/96 – VersR 1998, 789. 349 Rn. 101. 350 Vgl. BAG, Urt. v. 19. 6.2012 – 3 AZR 408/10 – BAGE 142, 72 = NZA-RR 2013, 426. 351 Vgl. dazu, Kap. 1 Rn. 691.

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förmigen Lösung (§ 2 Abs. 3 S. 3 i.V.m. § 2 Abs. 2 S. 3 bis 7 BetrAVG). Auf die entsprechenden Ausführungen zur Direktversicherung wird verwiesen.352 Bei deregulierten Pensionskassen in der Rechtsform einer AG ergeben sich kei342 ne Besonderheiten. Bei mitgliedschaftlich organisierten Pensionskassen in der Rechtsform eines VVaG kann ein Versicherungsnehmerwechsel entbehrlich sein, wenn der Arbeitnehmer bereits während des Arbeitsverhältnisses Versicherungsnehmer gewesen ist. Bezogen auf das – hier nicht unmittelbar zu betrachtende Mitgliedsverhältnis – kann vorgehsehen sein, dass der Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden weiterhin freiwilliges Mitglied in der Pensionskasse bleibt. Erfolgt keine Fortzahlung der Beiträge, wird die Pensionskassenversicherung beitragsfrei gestellt (§ 165 VVG).

III. Rückdeckungsversicherung 343 Bei einer sog. Rückdeckungsversicherung handelt zwar um eine Lebens- oder Ren-

tenversicherung im Sinne des VVG. Sie ist jedoch – anders als eine Direktversicherung – kein Durchführungsweg der bAV,353 wie bereits im Umkehrschluss aus §§ 1 und 1 b Abs. 1–4 BetrAVG folgt.

1. Begriff 344 Der Begriff der „Rückdeckungsversicherung“ ist nicht legaldefiniert. Eine Rückde-

ckungsversicherung wird von einem Arbeitgeber (s.u. Ziff. 2.) oder einer Unterstützungskasse (s.u. Ziff. 3.) abgeschlossen, um die Finanzierung der Ansprüche des Versorgungsberechtigten sicherzustellen, mithin die aus betriebsrentenrechtlichen Versorgungszusagen resultierenden Risiken abzudecken.354 Mit einer Rückversicherung hat die Rückdeckungsversicherung dementsprechend nichts zu tun. Denn mit Rückversicherungen sichern Versicherungsunternehmen ihrerseits bei einem weiteren Versicherungsunternehmen, dem sog. Rückversicherer, auf Ebene der Erstversicherung übernommene Risiken ab.

_____ 352 S.o. Rn. 275 ff.; s.a. Kap. 8 Rn. 70 ff. 353 BAG, Urt. v. 19.5.2016 – 3 AZR 766/14 – NZA-RR 2016, 550, zu den Durchführungswegen: Kap. 1 Rn. 339 ff. 354 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 2 Rn. 93; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1 Rn. 78.

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a) Abgrenzung Direktversicherung Die Abgrenzung zur Direktversicherung fällt leicht: Anders als gesetzlich für Direkt- 345 versicherungen gemäß § 1 b Abs. 2 S. 1 BetrAVG vorgesehen, sind der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen bei der Rückdeckungsversicherung gerade nicht bezugsberechtigt i.S.d. § 159 VVG, sondern der Arbeitnehmer ist lediglich versicherte Person. Dem Arbeitnehmer oder seinen Hinterbliebenen steht also kein unmittelbarer Anspruch aus der Rückdeckungsversicherung zu, sondern alleine der aus der Direktzusage resultierende Anspruch gegen den Arbeitgeber oder der – nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsprechung des BAG355 anerkannte – unmittelbare Anspruch an die Unterstützungskasse. Praxistipp 3 Mangels unmittelbarer Forderungszuständigkeit des Versorgungsberechtigten kommt eine unmittelbare Klage gegen den Versicherer im Streitfall in der Regel nicht in Betracht. Ein Einziehungsrecht im Hinblick auf die Versicherungsleistung kann sich aber aus einem zugunsten des Versorgungsberechtigten Pfandrechts bei Eintritt der Pfandreife ergeben.

b) Einsatzmöglichkeiten An der Rechtsnatur der Zusage ändert sich durch den Abschluss einer Rück- 346 deckungsversicherung nichts, so dass der Arbeitgeber durch ihn – auch im Fall einer Verpfändung der Ansprüche aus der Versicherung an den Arbeitnehmer – nicht von einer etwaig bestehenden Verpflichtung zur Insolvenzsicherung und dem damit verbundenen Beitragsaufwand befreit wird.356 Im Hinblick auf die mit ihr erzielbaren positiven steuerlichen und bilanziellen Effekte bietet sie sich daher insbesondere im Bereich der Durchführung solcher Versorgungszusagen an, die – wie etwa im Fall eines beherrschenden GGF – nicht in den personellen Anwendungsbereich des BetrAVG fallen.357 Neben dem planmäßigen Vermögensaufbau durch die Rückdeckungsversicherung im Allgemeinen sind als Vorteile von Rückdeckungsversicherungs-Lösungen im Besonderen die durch die (teilweise) Entbindung der Verpflichtung zur Bildung eigener Rückstellungen erzielbaren, positiven Effekte (z.B. höhere Kreditwürdigkeit, erleichterter Firmenverkauf, leichtere Übertragung von Pensionsverpflichtungen und Insolvenzschutz durch Verpfändung) zu nennen.358

_____ 355 Vgl. etwa BAG, Urt. v. 5.7.1979 – 3 AZR 197/78 – NJW 1980, 79, s. zu dieser Rechtsprechung auch Ulbrich, BetrAV 2015, 547 ff. 356 BVerwG, Urt. v. 25.8.2010 – 8 C 40/09 – VersR 2011, 94 –; zur gesetzlichen Insolvenzsicherung siehe Kap. 8 Rn. 180 ff. 357 Vgl. dazu Kap. 1 Rn. 283 ff. 358 Siehe dazu grundsätzlich Kap. 5 Rn. 21 ff.

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2. Direktzusage und Rückdeckungsversicherung a) Kongruente und inkongruente Rückdeckungsversicherung 347 Von zentraler Bedeutung für den Arbeitgeber ist insbesondere die Entscheidung, ob

eine kongruente oder inkongruente Rückdeckungsversicherung abgeschlossen werden soll, wobei Mischformen möglich sind. Im Falle einer voll kongruenten Rückdeckung werden die Leistungen der 348 Rückdeckungsversicherung so festgelegt, dass die Abdeckung aller aus der Zusage resultierenden, möglichen Versorgungsfälle sichergestellt ist.359 Den Arbeitgeber trifft also im Ergebnis kein aus der Zusage resultierendes finanzielles Risiko. Decken die Leistungen aus der Rückdeckungsversicherung demgegenüber die aus der Zusage resultierenden Leistungen nur teilweise ab, so handelt es sich um eine inkongruente Rückdeckung. 5 Beispiel Die Direktzusage ist auf eine monatliche, lebenslange Rente von 400,00 € gerichtet. Volle Kongruenz liegt nur vor, wenn mit der Rückdeckungsversicherung eine monatliche, lebenslange Garantierente versichert ist. 349 Eine derart umfassende Sicherheit hat naturgemäß ihren Preis. Denn die Kosten

der Garantieerzeugung sind vor dem Hintergrund des aufsichtsrechtlichen Grundsatzes der sicheren Kalkulation und dem weiter anhaltenden Niedrigzinsumfeld erheblich und werden durch den Versicherer über die Prämie an den Arbeitgeber weiter gegeben. Weiter ist zu beachten, dass sich die garantierte Leistung des Versicherers in der Regel um nicht garantierte Überschüsse oder – bei Fondspolicen mit fester Garantie im Übrigen – um Fondserträge erhöhen kann. Um einen entsprechenden „Überschuss“ und unnötigen Finanzierungsaufwand 350 zu vermeiden, werden in der Praxis regelmäßig lediglich Kapitallebensversicherungen als Rückdeckungsversicherung auch zur Rückdeckung von Rentenzusagen abgeschlossen. Dabei kann die Kapitalleistung für den Erlebensfall so kalkuliert sein, dass sie bei regulärem Rentenbeginn (ggf. unter Berücksichtigung nicht garantierter Überschüsse) den versicherungsmathematischen Barwert der Versorgungsverpflichtung des Arbeitgebers abbildet. Gleichwohl trägt der Arbeitgeber in diesem Fall das Risiko, dass dieses Kapital nicht ausreicht, um eine lebenslange Rente in geschuldeter Höhe an den Arbeitnehmer zu zahlen. Denn das sog. Langlebigkeitsrisiko liegt grundsätzlich bei dem Arbeitgeber. Um dem Arbeitgeber ein finanziell möglichst attraktives Angebot unterbreiten 351 zu können, beziehen Versicherer in ihre Vorschläge zum Abschluss von Rückdeckungsversicherungen oftmals auch nicht garantierte, d.h. bei Vertragsabschluss

_____ 359 Vgl. dazu Kap. 1 Rn. 371.

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lediglich prognostizierte Überschüsse ein. Bleiben die Überschüsse hinter den Prognosen zurück, kann dies auf Seiten des Arbeitgebers zu Überraschungen im Leistungsfall führen, wie auch entsprechende Rechtsstreitigkeiten zeigen.360 In diesen geht es dann regelmäßig um die Frage, ob auf das Risiko einer in Folge der Reduktion von nicht-garantierten Bestandteilen der Versicherungsleistungen eingetretenen Unterdeckung hätte hingewiesen werden müssen bzw. in ausreichender Weise hingewiesen worden ist. Derartige Klagen von Arbeitgebern haben oft keine guten Erfolgsaussichten, weil die Versicherer in der Regel – wie gesetzlich vorgesehen (vgl. § 154) – deutlich zwischen garantierten und nicht-garantierten Leistungen in den vertraglichen Unterlagen differenzieren und überdies im Leistungsfall bereits Verjährung361 eingetreten sein kann. Auch könnte der Arbeitgeber in diesem Fall nur so gestellt werden, wie er bei aus seiner Sicht ordnungsgemäßer Beratung stünde. Den bei ordnungsgemäßer Beratung mit dem Abschluss einer Lebens- oder Rentenversicherung mit höheren Garantieleistungen verbundenen Kostenaufwand wird sich der Arbeitgeber überdies auf Ebene des Vorteilsausgleichs entgegenhalten lassen müsse. Praxistipp 3 Wieviel Sicherheit im Hinblick auf das Verhältnis der Ansprüche aus der Zusage einerseits und den Ansprüchen aus der Rückdeckungsversicherung andererseits gewünscht ist, muss jeder Arbeitgeber bei Vertragsabschluss selbst bewerten. Im Verlauf der Versicherung sollte jeder Arbeitgeber ferner die Entwicklung der Versicherungsleistung im Verhältnis zu der jeweiligen Höhe der unverfallbaren Anwartschaft im Auge behalten, indem er etwa jährliche Rückstellungsgutachten einholt, was viele Versicherer insbesondere über entsprechende Tochter- und Servicegesellschaften auch proaktiv anbieten.

Ist eine volle Kongruenz zwischen arbeitsrechtlicher Verpflichtung auf eine Alters- 352 leistung und garantierter Versicherungsleistung oftmals nur zu einem finanziellen Aufwand zu haben, der für den Arbeitgeber wirtschaftlich nicht immer sinnvoll ist, so gilt das im Hinblick auf die Versorgungsfälle Tod oder Invalidität keineswegs. Denn diese Risiken können vor allem bei jüngeren Versorgungsberechtigten oder – namentlich wenn der Arbeitgeber dem Versicherer einen entsprechend großen Bestand anbieten kann – über Rahmenverträge/Kollektivverträge vielfach zu sehr guten Konditionen vollständig abgesichert werden. Eine derartige Mischform, d.h. vollständige Kongruenz im Hinblick auf die Risiken Tod und Invalidität und lediglich inkongruente Rückdeckung im Hinblick auf die Altersversorgung,

_____ 360 Vgl. etwa LG Berlin, Urt. v. 10.8.2017 – 23 O 173/16 (unveröffentlicht), rkr.; LG Köln – 26 O 393/17 – (beendet durch Klagerücknahme nach entsprechenden Hinweisen des Gerichts). 361 Zur Verjährung im Zusammenhang mit derartigen Ansprüchen, vgl. LG Berlin, Urt. v. 10.8. 2017 – 23 O 173/16 (unveröffentlicht), rkr.; zur Verjährung versicherungsvertragsrechtlicher Ansprüche, vgl. ferner oben Rn. 317; s.a. Kap. 1 Rn. 217 ff.

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kann im Vergleich zu einer eigenen Rückstellungsbildung von großem Vorteil sein.362 3 Praxistipp Zumindest bei den Leistungsfällen wie Tod und Invalidität sollte der Arbeitgeber und Versicherungsnehmer der Rückdeckungsversicherung auf eine möglichst umfassende Kongruenz achten, wohingegen bezogen auf Altersrentenleistungen eine volle Kongruenz zwischen garantierter Versicherungsleistung und arbeitsrechtlicher Verpflichtung in der Regel nicht wirtschaftlich sein dürfte, wenn die arbeitsrechtlich zugesagte Höhe der Altersleistung als Ausgangspunkt für die Bemessung der Versicherungsleistung gewählt wird.363 353 In der Praxis ist aber häufiger der Fall anzutreffen, dass sich die Kongruenz der

Rückdeckung nicht nach der Höhe der arbeitsrechtlichen Zusage bestimmt, also die Rückdeckungsversicherung an die bestehende arbeitsrechtliche Verpflichtung angepasst wird, sondern umgekehrt. Handelt es sich nicht um eine Einzelzusage, sondern um individualrechtliche Zusagen mit kollektivem Charakter oder kollektivrechtliche Zusagen dürfte dies sogar die Regel sein. Dann richtet sich die Höhe der arbeitsrechtlichen Verpflichtung nach der Versicherungsleistung der Rückdeckungsversicherung.364

b) Beratungs- und Informationspflichten des Rückdeckungsversicherers 354 Im Hinblick auf die Beratungs- und Informationspflichten gelten zunächst die zur

Direktversicherung ausgeführten Grundsätze entsprechend.365 Einige Aspekte sind aber in besonderem Maße hervorzuheben.

aa) Beratungs- und Informationspflicht im Allgemeinen 355 Auch bei der Rückdeckungsversicherung bestehen die versicherungsvertragsrechtlichen Informations- und Beratungspflichten zunächst im Verhältnis Versicherer/Arbeitgeber. Insoweit wird auf die Ausführungen zur Direktversicherung verwiesen.366 In Folge der fehlenden Bezugsberechtigung auf Seiten des Versorgungsberechtigten kann eine originär zugunsten des Versorgungsberechtigten wirkende Beratungsund Informationspflicht des Versicherers erst recht nicht vertreten werden.367 Insbesondere die Hinweispflicht des § 166 Abs. 4 VVG im Falle einer Kündigung durch

_____ 362 Vgl. zu den Effekten einer Rückdeckung grundsätzlich Kap. 5 Rn. 21 ff. 363 Kap. 1 Rn. 349. 364 Kap. 1 Rn. 349. 365 S.o. Rn. 202 ff., 220 ff. 366 S.o. Rn. 208 ff. 367 S.o. Rn. 214 ff.

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den Versicherer wegen Prämienfolgeverzugs kann weder unmittelbar noch analog auf die Rückdeckungsversicherung angewandt werden. Denn die Rückdeckungsversicherung wird gerade nicht, wie es der Wortlaut der Norm voraussetzt, durch den Arbeitgeber „zugunsten seiner Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgeschlossen“.368 Auch die Informationspflichten nach § 144 VAG i.V.m. §§ 234k ff. VAG greifen zugunsten des Versorgungsberechtigten nicht, da der Versicherer im Fall einer Rückdeckungsversicherung keine „Leistungen der bAV“ erbringt, wie es indes nach § 144 Abs. 1 S. 1 VAG i.V.m. §§ 234k ff. VAG Voraussetzung für die aufsichtsrechtlich normierten Informationspflichten ist.369

bb) Beeinträchtigung des Pfandrechts Eine andere Frage ist aber, ob und in welchem Umfang Informations- und/oder Be- 356 ratungspflichten bei solchen Einwirkungen des Arbeitgebers auf den Versicherungsvertrag zu beachten sind, die zugleich Auswirkungen auf ein zugunsten des Versorgungsberechtigten bestelltes Pfandrecht zeitigen können, etwa wenn der Arbeitgeber die versicherten Leistungen reduziert. Dass das Pfandrecht als solches nur mit Zustimmung des Pfandgläubigers 357 aufgehoben werden kann, ist eine in § 1276 Abs. 1 S. 1 BGB gesetzlich klargestellte Selbstverständlichkeit. Denn anderenfalls könnte das Pfandrecht seine Aufgabe als Sicherungsmittel von vornherein nicht erfüllen. Nach § 1276 Abs. 2 BGB ist die Zustimmung des Pfandgläubigers aber auch „im Falle einer Änderung des Rechts“, also der verpfändeten Forderung aus der Rückdeckungsversicherung, erforderlich, „sofern sie das Pfandrecht beeinträchtigt“. Insoweit fragt sich, wie es um die Wirksamkeit von Einwirkungen auf das Versicherungsvertragsverhältnis selbst bestellt ist. Nach verbreiteter Auffassung kann der Arbeitgeber trotz seiner Stellung als Versicherungsnehmer in diesem Fall eine wirksame Kündigungs- oder Beitragsfreistellungserklärung nur mit Zustimmung des Versorgungsberechtigten abgeben.370 So soll etwa eine durch den Arbeitgeber erklärte Beitragsfreistellung, die zu einer deutlichen Herabsetzung der Todesfallleistung führt, ohne die Zustimmung des Pfandgläubigers unwirksam sein.371 Beispiel 5 Nach LG Köln, 22.11.2017, 26 O 109/17: Die Versicherungsnehmerin stellt die zur Finanzierung einer Zusage an ihren beherrschenden GGF abgeschlossene Rückdeckungsversicherung beitragsfrei. Hiernach treten Todesfall und – insolvenzbedingt – Pfandreife ein. Der Versicherer wollte lediglich die beitragsfreie Todesfallleistung erbringen. In Folge der fehlenden Zustimmung der versorgungs-

_____ 368 HK-VVG/Brambach, § 166 Rn. 4. 369 Zum VAG a.F., vgl. Prölss/Dreher/Präve, § 144 Rn. 4; vgl. auch BT-Drucks. 15/1653, S. 22. 370 MüKo-VVG/Mönnich, § 165 Rn. 10, § 168 Rn. 19 jeweils m.w.N. 371 LG Köln, Urt. v. 22.11.2017 – 26 O 109/17 (unveröffentlicht).

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berechtigten Hinterbliebenen hat das Landgericht Köln die Beitragsfreistellung aber als unwirksam eingestuft. 358 Die vorgenannte Auffassung, die einen größtmöglichen Schutz des Pfandgläubigers

bezweckt, erscheint indes angreifbar. Denn schon nach seinem Wortlaut erfasst § 1276 Abs. 2 BGB nur Verfügungen des Verpfänders und nicht rechtsgeschäftliche Erklärungen, die – wie eine Beitragsfreistellung – lediglich zu einer mittelbaren Beeinträchtigung des Pfandrechts führen. Sofern die Versorgungsberechtigten als Pfandgläubiger stärker geschützt werden sollen, empfiehlt es sich in der Praxis, das Recht zur Kündigung und Beitragsfreistellung auf diese im Rahmen der Verpfändung zu übertragen, was nach richtiger Auffassung möglich ist.372 Selbst wenn man aber eine Zustimmungsnotwendigkeit des Pfandgläubigers anerkennt, könnte diese alleine dazu führen, dass der Versicherer den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer auf die Zustimmungsnotwendigkeit hinweisen und dieser sie beibringen muss. Eine Beratungs- und Informationspflicht des Versicherers zugunsten der/des versicherten Pfandgläubiger/s würde ersichtlich mit § 166 Abs. 4 VVG konfligieren, der lediglich bei Direktversicherungen und lediglich bei Kündigung wegen Prämienfolgeverzugs entsprechende Pflichten gegenüber dem Versorgungsberechtigten statuiert. Ein anderes Verständnis würde zu weit gehen und wäre auch nicht praxisgerecht, da der Versicherer bei Rückdeckungsversicherungen oftmals nicht einmal über die Anschriften der Pfandgläubiger verfügt und mit den Kosten entsprechender Ermittlungsmaßnahmen das Versichertenkollektiv belasten müsste. 3 Praxistipp Wenngleich es sich bei Beitragsfreistellungserklärungen um einseitig empfangsbedürftige Willenserklärungen des Arbeitgebers als Versicherungsnehmer handelt, sollten Arbeitgeber mit Blick auf die strittige Rechtslage, zur Vermeidung von Rückfragen und dem damit verbundenen Zeitverlust eine Zustimmungserklärung der/des Versorgungsberechtigten ihrer Erklärung sogleich beifügen. Andernfalls sollte der Versicherer zur Vermeidung eines späteren Zahlungsrisikos den Versicherungsnehmer zur Vorlage der Zustimmung der/des Versorgungsberechtigten auffordern.

cc) Keine arbeits- oder bilanzrechtliche Beratung 359 Im Übrigen ist für das Verhältnis von Arbeitgeber und Versicherer zu beachten, dass der Versicherer naturgemäß keine arbeits- oder bilanzrechtliche Beratung schuldet und diese auch nicht leisten kann. Es ist also originär Sache des Arbeitgebers, für sich abzuklären, ob und in welchem Umfang bspw. eine kongruente Rückdeckung der von ihm zugesagten Leistungen gewünscht ist. Selbstredend darf indes auch der Vertrieb des Versicherers nicht etwa den Eindruck von vollständiger Kongruenz er-

_____ 372 Schwintowski/Brömmelmeyer/Ortmann/Rubin, § 168 Rn. 42.

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wecken, wenn diese tatsächlich nicht besteht, etwa weil die Höhe einer zugesagten Kapitalleistung für den Altersfall im versicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis nur dann erreicht wird, wenn nicht-garantierte Leistungsbestandteile ausgelöst werden. Während des Vertragsverlaufs ist der Versicherer keineswegs proaktiv zu einer anlasslosen Beratung etwa im Hinblick auf etwaige Deckungslücken verpflichtet (vgl. § 6 Abs. 4 VVG). Es ist Sache des Arbeitgebers, den Rückdeckungsgrad zu überprüfen. Nur im Falle einer entsprechenden „Servicevereinbarung“ mit dem Versicherer oder einem Servicedienstleister mag etwas anderes gelten.

c) Verpfändung Insbesondere wenn gesetzlicher Insolvenzschutz nicht besteht, etwa bei Zusagen an 360 beherrschende GGF, handelt es sich bei der Verpfändung der Leistungen aus der Rückdeckungsversicherung an den Versorgungsberechtigten und/oder seine Hinterbliebenen um ein probates Mittel, mit dem zumindest Insolvenzschutz im Umfang der Leistungen aus der Rückdeckungsversicherung (ggf. abzüglich Kosten des Insolvenzverwalters, s.u.) herbeigeführt werden kann.373

aa) Anzeige durch den bisher Berechtigten Für den Arbeitgeber und Versorgungsberechtigten gleichermaßen von Bedeutung 361 ist zunächst der Umstand, dass nach § 1280 BGB einer Verpfändung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag eine Anzeige durch den bisher Berechtigten, i.d.R. also durch den Arbeitgeber, erforderlich ist. Dementsprechend findet sich diese Bestimmung regelmäßig auch in den Versicherungsbedingungen.374 Entsprechende Bedingungen sind zulässig, wobei es sich nach der Rechtsprechung des BGH bei dem Anzeigeerfordernis um eine absolute, d.h. gegenüber Jedermann wirkende, Wirksamkeitsvoraussetzung für die Verpfändung handelt.375 Unterbleibt die Anzeige oder kann sie durch den Arbeitgeber bzw. den Versorgungsberechtigten bei Eintritt der Pfandreife nicht nachgewiesen werden, so ist die Verpfändung gegenüber Jedermann unwirksam. Praxistipp 3 Im Allgemeinen ist darauf zu achten, dass der Versicherer den Eingang der Verpfändungsanzeige bestätigt. Sofern der Versorgungsberechtigte die Anzeige vornehmen soll, ist im Besonderen darauf zu achten, dass dessen Berechtigung zu Anzeige in der Verpfändungserklärung oder einer separaten Vereinbarung klargestellt wird.

_____ 373 Siehe dazu auch Kap. 8 Rn. 307 ff. 374 Vgl. etwa § 9 Abs. 4 der GDV Musterbedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung. 375 Vgl. nur BGH, Urt. v. 19.2.1992 – IV ZR 111/91 – VersR 1992, 561.

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bb) Bestimmtheit der Verpfändungserklärung 362 Bei Formulierung der Verpfändungserklärung ist zudem auf hinreichende Be-

stimmtheit zu achten. Unter Angabe der Versicherungsschein-Nummer oder – wenn eine solche zum Zeitpunkt der Verpfändung noch nicht vorliegt – Angabe der Angebotsnummer des Versicherers sollten die verpfändeten Ansprüche aus der Police möglichst klar benannt werden. Bei Hinterbliebenen ist die Klarstellung sinnvoll, dass das Pfandrecht des Versorgungsberechtigten zu dessen Lebzeiten dem Pfandrecht der Hinterbliebenen vorgeht.

cc) Pfandreife/Fälligkeit der Versicherungsleistung 363 Sinnvoll ist auch eine klare Regelung zur Pfandreife. Pfandreife tritt grundsätzlich

ein, wenn die gesicherte Forderung, also die Ansprüche aus der Direktzusage fällig sind und der Arbeitgeber die Ansprüche aus der Direktzusage nicht fristgerecht erfüllt. Bei Fälligkeit der verpfändeten Forderung, also der Ansprüche auf die Versiche364 rungsleistung, vor Eintritt der Pfandreife (z.B. mangels Fälligkeit der Ansprüche aus der Zusage oder weil der Arbeitgeber die Rentenzahlung gemäß Zusage erbringt und die Versicherungsleistung in einer einmaligen Kapitalleistung besteht) wird der Versicherer Leistungen aus der Rückdeckungsversicherung nur gemeinschaftlich an Versicherungsnehmer und Pfandgläubiger erbringen (vgl. § 1281 S. 1 BGB). Es liegt also gerade keine Gesamtgläubigerschaft im Sinne des § 428 BGB vor, was in concreto bedeutet, dass beide die zum Erhalt der Leistungen notwendigen Erklärungen gemeinsam oder mit Zustimmung des jeweils anderen abgeben müssen.376 Ist eine Einigung der Parteien der Verpfändungsvereinbarung in einer solchen 365 Situation nicht möglich, so kann nach § 1281 S. 2 BGB jede der Parteien verlangen, dass die Versicherungsleistung hinterlegt wird. Das für die Hinterlegung zuständige Amtsgericht bestimmt sich nach dem Erfüllungsort (§§ 269, 270 BGB). Grundsätzlich können sich die Parteien der Verpfändungsvereinbarung selbstredend auch mit dem Versicherer darauf verständigen, dass die fällige Versicherungsleistung zunächst bei dem Versicherer verbleibt. 3 Praxistipp Um Streitigkeiten in einem solchen Fall über eine mögliche Verzinsung zu vermeiden, sollte eine klare Vereinbarung mit dem Versicherer getroffen werden. In der Regel wird der Versicherer nur bereit sein, den Betrag zinslos zu reservieren. 366 Nach Eintritt der Pfandreife steht dem Versorgungsberechtigten ein alleiniges

Einziehungsrecht zu (vgl. § 1282 Abs. 1 BGB). Besteht die mit dem Pfandrecht gesicherte Versorgungszusage in einer monatlichen Rentenleistung, so ist zu beachten,

_____ 376 Vgl. statt aller Palandt/Wicke, § 1281 Rn. 2.

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dass eine Einziehung stets nur im jeweils fällig werdenden Umfang in Betracht kommt.377 Denn mit Blick auf zukünftige Leistungen aus der Versorgungszusage fehlt es bereits an der erforderlichen Fälligkeit der gesicherten Forderung.378 Beispiel 5 Ist Pfandreife mangels Zahlung des Arbeitgebers z.B. für die Monate Januar bis Mai eines Jahres eingetreten, dann steht dem Versorgungsberechtigten allein in diesem Umfang ein Einziehungsrecht zu. Nur insoweit hat er ein Recht, die Zahlung vom Versicherer zu verlangen. Besteht die Versicherungsleistung der Rückdeckungsversicherung in einer Kapitalleistung, dann kann er insbesondere nicht – wenngleich entsprechende Versuche in der Praxis durchaus zu beobachten sind – die volle Versicherungsleistung einziehen.

d) Rückdeckungsversicherung in der Insolvenz des Arbeitgebers379 In der Insolvenz des Arbeitgebers kommt es mit Blick auf das Schicksal der Rückde- 367 ckungsversicherung darauf an, ob ein Pfandrecht wirksam bestellt worden und/oder der Versorgungsberechtigte in den personellen Anwendungsbereich des BetrAVG fällt, mithin gesetzliche Insolvenzsicherung besteht.380

aa) Kein gesetzlicher Insolvenzschutz und kein Pfandrecht Besteht kein gesetzlicher Insolvenzschutz gemäß §§ 7 ff. BetrAVG und wurde dem 368 Versorgungsberechtigten kein Pfandrecht eingeräumt bzw. kann dessen wirksame Bestellung nicht nachgewiesen werden, so sind die Konsequenzen ebenso klar wie aus Sicht des Versorgungsberechtigten unerfreulich: Die Rückdeckungsversicherung fällt in die Insolvenzmasse des Arbeitgebers. Der Insolvenzverwalter kann die Versicherung insbesondere kündigen und den Rückkaufswert zur Masse ziehen.

bb) Kein gesetzlicher Insolvenzschutz aber Pfandrecht381 Besteht kein gesetzlicher Insolvenzschutz, jedoch ein Pfandrecht zugunsten 369 des Versorgungsberechtigten und scheidet der Versorgungsberechtigte insolvenzbedingt aus dem Arbeitsverhältnis vorzeitig aus, so kann der Insolvenzverwalter – zwar die Kündigung der Rückdeckungsversicherung erklären. Bestehen jedoch unverfallbare Anwartschaften, d.h. bleibt die gesicherte Forderung aus der Direktzu-

_____ 377 Vgl. nur Blomeyer, VersR 1999, 653, 659. 378 Vgl. statt aller MüKo-BGB/Damrau, § 1282 BGB Rn. 4 f. 379 Siehe dazu auch Kap. 8 Rn. 311 ff. 380 Vgl. zum Ganzen: Britz, in: Praxishandbuch, Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsrecht (Teil IV). 381 Siehe zu dieser Thematik auch Kap. 8 Rn. 311 ff.

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sage bestehen, dann der Insolvenzverwalter den Rückkaufswert nicht etwa gemäß § 166 Abs. 2 InsO einziehen und verwerten. Denn die Vorschrift erfasst nach ihrem Wortlaut nur Abtretungskonstellationen und ist auf verpfändete Forderungen auch nicht entsprechend anwendbar. Das hat BGH für die verpfändete Rückdeckungsversicherung bereits mit Urteil vom 7.4.2005 klargestellt hat.382 Wählt der Insolvenzverwalter – wie es in der Praxis üblicherweise der Fall sein 370 wird – nicht Erfüllung, sondern kündigt die Rückdeckungsversicherung, dann steht ihm lediglich ein Einzugsrecht entsprechend § 173 Abs. 2 S. 2 InsO zu. Dem Versorgungsberechtigten steht demgegenüber in Folge der Verpfändung ein von Seiten des Insolvenzverwalters zu respektierendes Absonderungsrecht gemäß § 50 Abs. 1 InsO zur Seite. Der Insolvenzverwalter ist daher verpflichtet, ihn als Pfandgläubiger aus dem durch die Einziehung der Versicherungsleistung erzielten Erlös zu befriedigen.383 Der Insolvenzverwalter darf allerdings entsprechend § 170 Abs. 1 S. 1 InsO die Kosten der Feststellung und Verwertung (§ 171 InsO) absetzen, ist aber im Gegenzug mit der Auskehr des Erlöses nach Maßgabe der Pfandreife an den Gläubiger befasst. Wird das Insolvenzverfahren schließlich aufgehoben, so ist ein etwaig noch vorhandener Betrag gemäß §§ 191 Abs. 1, 198 InsO zugunsten des Pfandgläubigers zu hinterlegen. Dieses Verfahren ist aus Sicht der Insolvenzverwaltung naturgemäß wenig 371 sachgerecht, da das Schicksal der Kapitalleistung – auch in Form eines Rückkaufswertes – im laufenden Insolvenzverfahren wegen fehlender Pfandreife regelmäßig nicht abschließend geklärt werden kann. Dem Grunde nach ist es aber richtig, weil etwaig nach endgültigem Erlöschen der Ansprüche aus der Zusage (z.B. aufgrund Tod) verbleibendes Kapital dann zugunsten der verwertet werden kann. In der Praxis sind daher in solchen Fällen regelmäßig auch Vereinbarungen mit dem Insolvenzverwalter, dem Versorgungsberechtigten und Versicherer zu erzielen. Zum Zwecke einer endgültigen Bereinigung kann das sinnvoll und im Interesse aller beteiligten Parteien sein.

cc) Sonderfall: Nachtragsliquidation 372 Im Übrigen kann in der Praxis auch der Sonderfall auftreten, dass das Insolvenz-

verfahren über das Vermögen des Arbeitgebers bei Fälligkeit der Leistungen aus der Rückdeckungsversicherung bereits beendet ist und die Rückdeckungsversicherungen im Verfahren nicht berücksichtigt wurden oder das Verfahren mangels Masse schon nicht eröffnet wurde. Nicht selten stehen die Versorgungsberechtigten dann auf dem Standpunkt, dass ihnen die volle Kapitalleistung aus der Rückdeckungsversicherung zustehe, selbst wenn im arbeitsrechtlichen Grundverhältnis

_____ 382 Vgl. BGH, Urt. v. 7.4.2005 – IX ZR 138/04 – NJW 2005, 2231. 383 Vgl. BGH, Urt. v. 11.4.2013 – IX ZR 176/11 – NZI 2013, 596.

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eine Rentenleistung zugesagt worden ist.384 In der Regel ist diese Erwartung aber nicht berechtigt. Taucht nämlich nach der Beendigung eines Insolvenzverfahrens Vermögen in 373 Form einer Rückdeckungsversicherung auf, das nicht berücksichtigt wurde, so handelt es sich in der Regel um einen typischen Fall der Nachtragsverteilung gemäß § 203 Abs. 1 InsO. Tatbestandliche Voraussetzung ist stets die nachträgliche Ermittlung eines zur Masse gehörenden Gegenstands, d.h. ein zu erwartender Massezufluss.385 Aufgrund der Absonderungsberechtigung in Folge der Verpfändung mag es auf den ersten Blick nicht der Fall sein. Eine solche Sichtweise griffe aber zu kurz, da – wie bereits erläutert – es sehr wohl denkbar ist, dass nach Erlöschen der Ansprüche aus der Versorgungszusage ein verteilungsfähiges Kapital aus der Rückdeckungsversicherung verbleibt. Ob eine Nachtragsliquidation allerdings auch dann notwendig wird, wenn das Insolvenzverfahren schon mangels Masse nicht eröffnet worden ist, ist unklar.386 Selbst wenn eine unmittelbare Anwendung der Vorschriften zur Nachtragsliquidation nicht in Betracht kommt, so erscheint eine entsprechende Anwendung der Normen gerechtfertigt. Denn es ist vorstellbar, dass die in der Rückdeckungsversicherung gebundenen Werte zu einer Verteilung zugunsten der Insolvenzgläubiger führen kann. Möglicherweise wäre sogar die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht abgelehnt worden, wäre seinerzeit die Rückdeckungsversicherung bekannt gewesen. Praxistipp 3 Für Versorgungsberechtigte: Eine Einziehungsklage in voller Höhe der Versicherungsleistungen kann in der Regel nur dann empfohlen werden, wenn bereits Ansprüche aus der Direktzusage in entsprechendem Umfang fällig geworden sind und insoweit Pfandreife eingetreten ist. Für Versicherer: Soweit Pfandreife eingetreten ist, kann leistungsbefreiend an den Versorgungsberechtigten unmittelbar gezahlt werden. Im Übrigen aber nicht. Bei Zweifel an der Pfandreife sollte die Auszahlung in der Regel verweigert werden. Das kann zwar zu einem Klageverfahren führen. In diesem Klageverfahren lässt sich allerdings, ggf. auch via Streitverkündung gegenüber dem Versorgungsberechtigten, die Forderungszuständigkeit abschließend klären und auf diese Weise ein Doppelzahlungsrisiko vermeiden.

dd) Gesetzlicher Insolvenzschutz besteht387 Für den Fall, dass für das betroffene Versorgungsverhältnis Insolvenzsicherung- 374 pflicht gemäß §§ 7 ff. BetrAVG besteht, ist zunächst der gesetzliche Anspruchs-

_____ 384 Vgl. LG Köln, Urt. v. 31.3.2014 – 26 O 82/13 (unveröffentlicht), rkr. 385 Vgl. BGH, Beschl. v. 20.6.2013 – IX ZB 10/13 – ZinsO 2013, 1409. 386 Vgl. hierzu LG Marburg, Beschl. v. 27.2.2002 – 3 T 214/02 – NZI 2003, 101; Gottwald/Haas/ Kohlmann/Pauw, § 92 Rn. 578. 387 Siehe dazu ausführlich Kap. 8 Rn. 291, 314 ff.

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übergang nach § 9 Abs. 2 S. 1. BetrAVG zu beachten. Nach dieser Vorschrift gehen die Ansprüche oder Anwartschaften des Versorgungsberechtigten gegen den Arbeitgeber mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Träger der Insolvenzsicherung (PSVaG) über. Nach ständiger Rechtsprechung werden von diesem gesetzlichen Anspruchsübergang auch mit der Zusage akzessorisch verbundene Sichrungsrechte erfasst,388 so dass auch das Pfandrecht an einer Rückdeckungsversicherung auf den Träger der Insolvenzsicherung nach § 412 i.V.m. § 401 Abs. 1 BGB analog übergeht. Besteht eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft, so bestimmt § 9 Abs. 2 S. 3 BetrAVG weiter, dass die mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens übergegangene Anwartschaft im Insolvenzverfahren als unbedingte Forderung nach § 45 InsO geltend gemacht werden kann. Das in der Norm zum Ausdruck kommende Insolvenzprivileg des PSVaG führt also dazu, dass die übergegangenen Versorgungsanwartschaften als unbedingt gelten, selbst wenn aus der Zusage im Zeitpunkt der Insolvenz noch kein fälliger Anspruch des Arbeitnehmers besteht, z.B. weil die Altersgrenze noch nicht erreicht ist.389 Aus dem Insolvenzprivileg folgt zugleich, dass der Rückkaufswert aus einer verpfändeten Rückdeckungsversicherung als Verwertungserlös sogleich an den PSVaG auszuzahlen ist. Für ein daneben bestehendes Einziehungsrecht des Insolvenzverwalters ist kein Raum.390 Sofern es zu einem entsprechenden Anspruchsübergang kommt, ist seit dem 375 1.1.2018 auch § 8 Abs. 3 BetrAVG zu beachten. Verweist die Versorgungszusage auf Leistungen der Rückdeckungsversicherung, so kann der Versorgungsberechtigte nämlich nach § 8 Abs. 3 S. 1 BetrAVG verlangen, dass die Versicherungsleistung an die Stelle seines Anspruchs gegen den PSVaG tritt. Es handelt sich insoweit um ein Wahlrecht des Berechtigten, das allerdings – wie § 8 Abs. 3 S. 2 BetrAVG deklaratorisch klarstellt – naturgemäß dann nicht besteht, wenn die Rückdeckungsversicherung in die Insolvenzmasse des Arbeitgebers fällt oder eine Übertragung des Anspruchs durch den PSVaG nach § 8 Abs. 2 BetrAVG erfolgt. Übt der Versorgungsberechtigte sein Wahlrecht aus, so kann er als Versicherungsnehmer in die Rückdeckungsversicherung eintreten und hat sogar nach § 8 Abs. 3 S. 3 BetrAVG das Recht, diese Versicherung mit eigenen Beiträgen fortzusetzen. Die Frist für die Ausübung des Wahlrechts beträgt sechs Monate und beginnt mit der Information des Versorgungsberechtigten über sein Wahlrecht durch den PSVaG (§ 8 Abs. 3 S. 4–5 BetrAVG).

_____ 388 Vgl. zur verpfändeten Rückdeckungsversicherung, OLG Hamm, Beschl. v. 30.8.2012 – 22 U 139/12 – BeckRS 2012, 19335; zur Bürgschaft, BGH, Urt. v. 13.5.1993 – IX ZR 166/92 – NJW 1993, 293; BAG, Urt. v. 12.12.1989 – 3 AZR 540/88 – NZA 1990, 465; BAG, Urt. v. 6.10.1992 – 3 AZR 533/91 – NZA 1993, 701. 389 Vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 30.8.2012 – 22 U 139/12 – BeckRS 2012, 19335. 390 A.A. LG Chemnitz, Urt. v. 25.9.2018 – 5 O 361/18 (unveröffentlicht), n. rkr. Berufung anhängig bei dem OLG Dresden – 6 U 1582/18 (unveröffentlicht).

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Praxistipp 3 Insbesondere bei Rückdeckungsversicherungen mit hohen Garantiezinsen kann es sich bei der Übernahme der Versicherungsnehmereigenschaft im Zuge des Wahlrechts nach § 8 Abs. 3 S. 1 BetrAVG um ein für den Versorgungsberechtigten attraktives Vorgehen handeln, da er so die Möglichkeit erhält, die Police mit eigenen Beiträgen – ggf. allerdings unter Wegfall von alleine dem Arbeitgeber eingeräumten Sonderkonditionen (z.B. in Folge eines Rahmenvertrags) – fortzuführen.

Übt der Versorgungsberechtigte sein Wahlrecht nicht entsprechend aus, so bleibt es 376 in Folge § 9 Abs. 2, Abs. 3 BetrAVG bei dem gesetzlichen Anspruchsübergang zugunsten des PSVaG.

3. Rückgedeckte Unterstützungskassen Auch Unterstützungskassen schließen Lebens- oder Rentenversicherungen zwecks 377 Rückdeckung der von ihnen zu erbringenden Versorgungsleistungen ab.

a) Arten von Unterstützungskassen In diesem Fall spricht man von einer rückgedeckten Unterstützungskasse, wobei die 378 Rückdeckung – vergleichbar einer unmittelbaren Rückdeckung durch den Arbeitgeber – kongruent oder inkongruent ausgestaltet werden kann.391 Es geht also um die Frage, ob und in welchem Umfang die durch die Unterstüt- 379 zungskasse gemäß Leistungsplan zu erbringenden Leistungen den Leistungen aus der Rückdeckungsversicherung entsprechen. Kongruent rückgedeckt ist die Kasse nur, wenn sich die Leistungen gemäß Leistungsplan und die Leistungen aus der Rückdeckungsversicherung entsprechen. Dabei bestimmt sich in der Praxis die Höhe der Unterstützungskassenleistung – und damit auch die Höhe der Verpflichtung des Arbeitgebers im arbeitsrechtlichen Grundverhältnis – in der Regel nach der Versicherungsleistung und nicht umgekehrt.392

b) Rückdeckungsversicherung und Kassenvermögen Die Rückdeckungsversicherung gehört ausschließlich zum Kassenvermögen der 380 jeweiligen Unterstützungskasse. Denn allein die Unterstützungskasse ist bezugsberechtigt für Leistungen aus der von ihr als Versicherungsnehmerin abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung. Der Versorgungsberechtigte ist zwar versicherte Person. Weder er noch der Arbeitgeber, d.h. das Trägerunternehmen der Unterstützungskasse, sind aber bezüglich der Leistungen aus der Rückdeckungsversicherung unmittelbar forderungsberechtigt.

_____ 391 S.o. Rn. 347 ff. 392 Vgl. dazu Kap. 1 Rn. 464.

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Kapitel 6 Versicherungsvertragsrecht und Versicherungsaufsichtsrecht der bAV

5 Beispiel Ist an den Versorgungsberechtigten gemäß Leistungsplan eine Leistung erst dann zu erbringen, wenn er aus dem arbeitsrechtlichen Grundverhältnis endgültig ausgeschieden ist, dann führt auch nicht eine etwaig zuvor eintretende Fälligkeit der Leistungen aus der Rückdeckungsversicherung zu einem Anspruch gegen die Unterstützungskasse. Trägerunternehmen und Versorgungsberechtigter können auch nicht verlangen, dass die Unterstützungskasse als Versicherungsnehmerin einen Antrag auf Vorverlegung des Rentenbeginns stellt. 381 Wie in der Praxis vorkommende Klagen unmittelbar gegen Rückdeckungsversiche-

rer zeigen, scheinen diese Zusammenhänge nicht in allen Fällen dem Trägerunternehmen oder den Versorgungsberechtigten vor Augen zu stehen. Das mag auch daran liegen, dass die Verwaltung der Unterstützungskasse nicht selten unmittelbar durch den Rückdeckungsversicherer erfolgt und im Rahmen der Korrespondenz mit Trägerunternehmen oder Versorgungsberechtigten nicht immer auf eine klare Trennung der rechtlichen Beziehungen geachtet wird. Derartige Umstände ändern aber nichts daran, dass Vertragspartner des Rückdeckungsversicherers und Bezugsberechtigter aus der Rückdeckungsversicherung ausschließlich die Unterstützungskasse ist. 3 Praxistipp Unmittelbare Klagen von Trägerunternehmen und Versorgungsberechtigten gegen den Rücktrittsversicherer versprechen in der Regel keine ausreichende Aussicht auf Erfolg. In der Regel ist im Streitfall eine Klage gegen den Arbeitgeber oder die Unterstützungskasse zu erheben. 382 Aus dem versicherungsvertragsrechtlichen Verhältnis folgt auch kein Anspruch

des Trägerunternehmens auf Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft der Rückdeckungsversicherung für den Fall, dass bspw. der Durchführungsweg der bAV insgesamt oder lediglich die mit der Durchführung der bAV beauftragte Unterstützungskasse gewechselt werden soll. Ein entsprechender Anspruch des Trägerunternehmens kann sich – ggf. nach ergänzender Auslegung – aus der Satzung oder zwischen Unterstützungskasse und Trägerunternehmen abgeschlossenen Vereinbarungen ergeben. Er ist dann darauf gerichtet, dass die Unterstützungskasse ihre Zustimmung zu einer Übertragung der Rückdeckungsversicherung im Wege des Versicherungsnehmerwechsels bspw. auf eine andere Unterstützungskasse erteilt. Dabei sind von der Unterstützungskasse aber das Zweckbindungsprinzip und die ihm zugrunde liegenden rechtlichen Rahmenbedingungen, wie z.B. ein satzungsgemäßer Rückforderungsausschluss, zu beachten. 3 Praxistipp Insbesondere Arbeitgeber sollten bei dem Eintritt in eine Unterstützungskasse darauf achten, dass klare Regelungen zur Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft aus Rückdeckungsversicherungen im Falle eines Versorgungsträgerwechsels vorhanden sind, da insbesondere ein Vermögensrückfluss an das Trägerunternehmen selbst regelmäßig ausgeschlossen ist.

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C. Versicherungsvertragsrechtliche Rahmenbedingungen

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IV. Pensionsfondsversorgung Mit Blick auf den vergleichsweise jungen Durchführungsweg des Pensionsfonds393 383 ist zunächst hervorzuheben, dass es sich bei einem Pensionsfonds nicht um ein Versicherungsunternehmen handelt. Da aber mit Blick auf die Grundkonstruktion dieses Durchführungswegs eine deutliche Nähe zu Direktversicherungen besteht und das VAG auf den Pensionsfonds anwendbar ist,394 weil es sich – in den Worten des Gesetzgebers – bei einem Pensionsfonds um ein der Lebensversicherung angenähertes Versorgungsunternehmen handelt,395 ist auf diesen Durchführungsweg auch im versicherungsvertragsrechtlichen Teil dieses Handbuchs kurz einzugehen.

1. Unanwendbarkeit des VVG Das VVG gilt lediglich für Versicherungsunternehmen, soweit diese Versicherungs- 384 geschäft betreiben (§ 1 Abs. 1 S. 1 VVG). Da der Pensionsfonds aber gerade kein Versicherungsunternehmen ist und der Gesetzgeber von der Anordnung einer entsprechenden Geltung des VVG im Allgemeinen oder einzelner Bestimmungen im Besonderen abgesehen hat, ist das VVG auf Pensionsfonds-Versorgungen nicht – auch nicht entsprechend396 – anwendbar.397

2. Versicherungsförmige und nicht versicherungsförmige Durchführung Die Nähe zur Direktversicherung wird insbesondere dann deutlich, wenn der Pensi- 385 onsfonds versicherungsförmige Garantien übernimmt, was ihm aufsichtsrechtlich in begrenztem Umfang gestattet ist.398 Der Pensionsfonds kann überdies die von den Trägerunternehmen zur Verfü- 386 gung gestellten Finanzierungsmittel in Rückdeckungsversicherungen anlegen. Das schließt die Übernahme der Versicherungsnehmereigenschaft im Hinblick auf solche Rückdeckungsversicherungen ein, die der Arbeitgeber bspw. bereits vor Auslagerung der Versorgungsverpflichtungen auf den Pensionsfonds zum Zwecke der Finanzierung mit Zusagen abgeschlossen hat. Das Rückdeckungsversicherungsverhältnis ist zwar zweifellos versicherungsvertragsrechtlicher Natur.399 Betroffen davon ist aber das Verhältnis zwischen dem Pensionsfonds als Versicherungsnehmer und dem jeweiligen Rückdeckungsversicherer.

_____ 393 In das BetrAV erst durch das AVmG v. 26.6.2001 (BGBl. I S. 1310) aufgenommen. 394 Rn. 31 (Grote). 395 BT Drucks. 14/5150, S. 44. 396 S.u. Rn. 387 f. 397 Vgl. OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 23.10.2018 – 7 U 121/17 (unveröffentlicht). 398 Vgl. Rn. 114 ff., 119 (Grote); s.a. Kap. 1 Rn. 439. 399 Vgl. zu Rückdeckungsversicherungen, Rn. 343 ff.

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Kapitel 6 Versicherungsvertragsrecht und Versicherungsaufsichtsrecht der bAV

3. Zustandekommen und Durchführung a) Informations- und Beratungspflichten 387 Aufgrund der Unanwendbarkeit des VVG gelten die §§ 6, 7 VVG für den Pensions-

fonds nicht unmittelbar.400 Auch eine analoge Anwendbarkeit dieser Bestimmungen scheidet aus. Denn Voraussetzung hierfür wäre eine planwidrige Regelungslücke. Da die Nähe des Pensionsfonds zu Unternehmen der Lebensversicherung dem Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung401 aber vor Augen stand, er von der Anordnung einer entsprechenden Anwendbarkeit der Bestimmungen des VVG abgesehen hat, kann davon keine Rede sein. Im Verhältnis zu dem Arbeitgeber als Trägerunternehmen darf aber nicht ver388 kannt werden, dass namentlich die versicherungsvertragsrechtliche Beratungspflicht gemäß § 6 VVG auf die durch Treu und Glauben geprägte sog. Anlassrechtsprechung zurückgeht. 402 Schon vor Implementierung der Beratungspflicht gemäß § 6 VVG hat die Rechtsprechung eine Pflicht des Versicherers zur Beratung angenommen, wenn ein entsprechender Anlass bestand. Aufgrund seiner überlegenen Sachkunde hat die Rechtsprechung den Versicherern zudem zur Aufklärung über solche Umstände verpflichtet, die von wesentlicher Bedeutung sind und den Vertragszweck vereiteln können.403 Mit Blick auf die Komplexität des durch einen Pensionsfonds angebotenen Produkts erscheint es daher naheliegend, dass die Rechtsprechung im Streitfall vergleichbare Maßstäbe heranziehen wird. Der sicherste Weg besteht für den Pensionsfonds daher darin, sich im Hinblick auf die Beratungspflicht am versicherungsvertragsrechtlichen Pflichtenprogramm zu orientieren, 404 wenngleich eine schematische Übertragung nicht in Betracht kommt.

b) Pensionsfondsvertrag 389 Das Verhältnis zwischen Arbeitgeber als Trägerunternehmen und dem Pensionsfonds wird in der Praxis regelmäßig durch einen Pensionsfondsvertrag näher ausgestaltet, wenn es sich bei dem Pensionsfonds um eine AG oder eine SE handelt. Sofern der Pensionsfonds als Pensionsfondsverein auf Gegenseitigkeit agiert, bestimmt sich das Rechtsverhältnis auf Grundlage einer entsprechenden Mitgliedschaftsvereinbarung.

_____ 400 OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 23.10.2018 – 7 U 121/17 (unveröffentlicht). 401 S.o. Rn. 115. 402 Vgl. zu dieser Rechtsprechung ausführlich, MüKo-VVG/Armbrüster, § 6 Rn. 27 ff. 403 Vgl. die diversen Nachweise aus der Rechtsprechung zum VVG a.F. bei MüKo-VVG/Armbrüster, § 6 Rn. 30. 404 Vgl. dazu oben Rn. 208 ff.

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C. Versicherungsvertragsrechtliche Rahmenbedingungen

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Der Arbeitgeber ist auf dieser Grundlage verpflichtet, den Pensionsfonds ver- 390 tragsgemäß zu dotieren, was die Zahlung etwaiger Nachschüsse, die in Folge einer ungünstigen Deckungsprüfung festgesetzt wurden, einschließt.

c) Versorgungsverhältnis Die eigentliche Versorgungsvereinbarung ist in der Regel als sog. Pensions- oder 391 Leistungsplan ausgestaltet. Dort werden die Einzelheiten des durch den Arbeitgeber ausgewählten Pensionsfondsprodukts und die Grundlagen der Leistungserbringung geregelt, wobei es spezifische Grenzen der Vertragsfreiheit nicht gibt. Der Pensionsplan kann auch einen gesonderten Pensionsfondsvertrag ersetzen bzw. der Pensionsplan in den Pensionsfondsvertrag integriert sein. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Fonds sind naturgemäß den Versicherungsbedingungen eines Versicherers vergleichbar, so dass für deren Auslegung auch entsprechend Grundsätze herangezogen werden können.

d) Sanierungsklauseln Entsprechend den aufsichtsrechtlichen Vorgaben405 kann sich als Konsequenz der 392 im Vergleich zu Unternehmen der Lebensversicherung freieren und regelmäßig auf eine größere Rendite ausgelegten Kapitalanlage des Pensionsfonds eine Nachschussverpflichtung des Arbeitgebers ergeben. Wird der Nachschuss nicht erbracht, so ist der Pensionsfonds zur Leistungskürzung berechtigt.406 An der Einstandspflicht des Arbeitgebers407 ändert eine entsprechende Kürzung nichts.

_____ 405 Vgl. Rn. 119, 123 ff. 406 Vgl. Rn. 126. 407 Vgl. Kap. 1 Rn. 691.

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A. Rechtliche Grundlagen

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Kapitel 7 Datenschutzrecht der bAV Kapitel 7 Datenschutzrecht der bAV https://doi.org/10.1515/9783110275247-007 Britz Unbestritten kommt dem Datenschutz in Zeiten der (fortschreitenden) Digitalisie- 1 rung eine erhebliche und kontinuierlich ansteigende Bedeutung zu. Ebenso wie der Schutz vor Altersarmut durch Systeme der sozialen Sicherheit einschließlich der bAV darf der Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts als gewichtige Herausforderung des modernen Staates begriffen werden, der zur Sicherstellung eines hinreichenden Schutzniveaus regulatorische Rahmenbedingungen schaffen muss. Gemeinsam mit dem Betriebsrentenrecht ist dem Datenschutzrecht die hohe gesellschaftspolitische Bedeutung, die daher den entsprechenden Normkomplexen beigemessen wird. Mit der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates 2 vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/ 46/EG (DSGVO) haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen des Datenschutzes in grundlegender Hinsicht geändert.1 Denn allein ein Vergleich zwischen den auf Grundlage des BDSG a.F. zur Verfügung stehenden Sanktionsmöglichkeiten im Fall von Datenschutzverstößen einerseits2 und dem Bußgeldrahmen gemäß EUDSGVO andererseits3 belegt eindrücklich, dass von einem „zahnlosen Tiger“ keine Rede mehr sein kann. Anders gewendet: Mit Blick auf die potentiellen Rechtsfolgen haben sich die Spielräume, innerhalb derer bspw. aus geschäftspolitischen Gründen datenschutzrechtliche Risiken eingegangen werden konnten, deutlich reduziert. Unverzichtbar ist es daher für jedes Unternehmen, bei der Implementierung und Durchführung einer bAV die datenschutzrechtlichen Anforderungen in hinreichender Weise zu berücksichtigen. Die nachfolgenden Ausführungen verstehen sich insoweit als Überblick über 3 solche Aspekte innerhalb des komplexen datenschutzrechtlichen Regelungssystems, die in der Praxis der bAV regelmäßig Bedeutung erlangen und insbesondere Arbeitgeber, Dienstleister und Versorgungsträger vor Herausforderungen stellen können. Wenngleich die Befassung mit den Anforderungen des Datenschutzes nicht selten als lästige Notwendigkeit angesehen wird, sollte nicht verkannt werden, dass

_____ 1 Wybitul, ZD 2016, 253, handelt es sich um die „gewichtigste Reform des europäischen Datenschutzes seit über 20 Jahren“, wohingegen etwa Kühling/Martini, EuZw 2016, 448, 450, zureichende konzeptionelle Umwälzungen vermissen. 2 § 43 Abs. 2 BDSG a.F.: Max. 300.000,00 € Geldbuße für fahrlässige oder vorsätzliche materiellrechtliche Datenschutzverstöße. 3 Vgl. Art. 83 DSGVO: Bußgelder von bis zu 4% des Jahresumsatzes eines Unternehmens bzw. 20 Mio. € kommen in Betracht, vgl. hierzu auch unten Rn. 16 ff.

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Kapitel 7 Datenschutzrecht der bAV

etwa ein sorgfältiger Umgang mit den personenbezogenen Daten der Versorgungsberechtigten durchaus zu einer positiven Außenwirkung und damit zum wirtschaftlichen Erfolg der verantwortlichen Stelle beitragen kann, wohingegen „Datenpannen“ und Beanstandungen nicht selten in erhebliche Imageprobleme münden.

A. Rechtliche Grundlagen A. Rechtliche Grundlagen 4 Verantwortlich für die Einhaltung datenschutzrechtlicher Anforderungen, deren

Rechtsquellen nachfolgend kursorisch bezogen auf ihren Anwendungsbereich dargestellt werden, ist zunächst einmal die sog. verantwortliche Stelle. Es handelt sich nach Art. 4 Ziff. 7 DSGVO um diejenige Stelle, die alleine oder gemeinsam mit anderen Stellen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet. In der bAV kommen als verantwortliche Stellen insbesondere Arbeitgeber, Dienstleister (z.B. Aktuare oder Abrechnungsdienstleister)4, Vermittler und externe Versorgungsträger in Betracht.

I. DSGVO 5 Maßstabsbildend für diese Stellen ist seit dem 25.5.2018 die DSGVO, die zweifellos

als das Herzstück des europäischen Datenschutzrechts bezeichnet werden kann.

1. Sachlicher Anwendungsbereich 6 Mit Blick auf den sachlichen Anwendungsbereich ist zunächst zu erwähnen, dass

die DSGVO – anders als die Datenschutzrichtlinie 955 – unmittelbare Geltung beansprucht. Nur im Bereich der sog. Öffnungsklauseln6 sind Konkretisierungen und Präzisierungen durch den jeweils nationalen Gesetzgeber zulässig.7 Im Übrigen kommt es naturgemäß darauf an, ob personenbezogene Daten verarbeitet werden (Art. 2 Abs. 1 DSGVO). Der Terminus „Verarbeitung“ meint dabei gemäß Art. 4 Ziff. 2 DSGVO „jeden 7 mit oder ohne die Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen,

_____ 4 Insoweit kommt aber in der Praxis oftmals eine Auftragsverarbeitung in Betracht, s.u. Rn. 92 ff. 5 RL 95/46/EG v. 24.10.1995, ABl EG Nr. L 281 S. 31. 6 Vgl. zur Systematisierung Kühling/Martini/Raab, Einführung Rn. 98. 7 Vgl. etwa in Bezug auf die Verarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO, im öffentlichen Interesse oder in Ausübung hoheitlicher Gewalt, Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO.

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die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung“. Aus dem klaren Wortlaut der Norm wird ersichtlich, dass es für die Anwendbar- 8 keit der DSGVO zunächst unerheblich ist, ob der konkret in Rede stehende Vorgang mit oder ohne die Hilfe automatisierter Verfahren durchgeführt wird. Dementsprechend gilt die DSGVO im Ausgangspunkt für jedweden Umgang mit personenbezogenen Daten und zwar unabhängig davon, ob Datenverarbeitungsanlagen zum Einsatz kommen oder nicht. An einer fehlenden Verarbeitung wird die Anwendbarkeit der DSGVO in der bAV-Praxis also in der Regel nicht scheitern. Denn die Speicherung der personenbezogenen Daten einer versorgungsberechtigten Person, deren Übermittlung an einen Dienstleister oder Versorgungsträger etc. pp. wird erfasst. Von einem Erheben ist aber bspw. dann nicht auszugehen, wenn einer verantwortlichen Stelle Daten aufgedrängt werden. Beispiel 5 Ein Dienstleister des Arbeitgebers übermittelt dem Versorgungsträger unaufgefordert Daten zu einer zu versichernden Person.

Erheben setzt nämlich – wie unter Geltung des BDSG a.F. auch – voraus, dass sich 9 der Verantwortliche proaktiv Daten bei dem Betroffenen oder einem Dritten beschafft,8 woran es bei einem Aufdrängen von Daten fehlt. Sobald aber die aufgedrängten Daten weiterverarbeitet werden, indem sie z.B. durch den Verantwortlichen zu einer Vertragsakte gespeichert werden, liegt naturgemäß eine Verarbeitung vor. Mit Blick auf den Personenbezug legt der Verordnungsgeber ein relatives, je- 10 doch weites Verständnis an den Tag, indem er darauf abstellt, ob die jeweilige Information sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person bezieht (vgl. Art. 4 Ziff. 1 DSGVO). Da das Merkmal der Identifizierbarkeit wertungsoffen ist, werden in der Praxis immer Grenzfälle verbleiben. Eine Hilfestellung leistet der Verordnungsgeber in den Erwägungsgründen, indem er darauf abhebt, ob dem Verantwortlichen oder einem Dritten Mittel zur Verfügung stehen, die nach allgemeinem Ermessen wahrscheinlich genutzt werden, um die natürliche Person direkt oder indirekt zu identifizieren.9 Praxistipp 3 Im Zweifel sollte von hinreichendem Personenbezug ausgegangen werden. So handelt es sich aus Sicht vieler Datenschutzbehörden etwa bei einer Versicherungsscheinnummer auch ohne eine Nen-

_____ 8 Vgl. Kühling/Buchner/Herbst, Art. 4 Nr. 2 Rn. 21. 9 Vgl. Erwägungsgrund 26 DSGVO.

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Kapitel 7 Datenschutzrecht der bAV

nung weiterer Angaben zur versicherten Person um ein personenbezogenes Datum. Liegt ein entsprechender Zweifelsfall vor und ist die Legitimation für den avisierten Verarbeitungsvorgang zweifelhaft, so sollte eine Anonymisierung oder Pseudonymisierung (vgl. Art. 4 Nr. 5 DSGVO) in Erwägung gezogen werden.

11 Unanwendbar ist die DSGVO gemäß Erwägungsgrund 14 aber, „für die Verar-

beitung personenbezogener Daten juristischer Personen und insbesondere als juristische Person gegründeter Unternehmen, einschließlich Name, Rechtsform oder Kontaktdaten der juristischen Person“. Die Reichweite dieses Ausnahmetatbestands, die etwa im Hinblick auf Adressdateien relevant werden kann, ist jedoch umstritten.10 Die EU-Kommission etwa steht auf dem Standpunkt, dass bei einer auf den 12 konkreten Mitarbeiter individualisierten E-Mail-Adresse (z.B. max.mustermann@ unternehmen.de im Unterschied zu [email protected]) bereits der Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet ist.11 Überzeugend erscheint das mit Blick auf die Schutzzwecke der DSGVO einerseits und das Schutzbedürfnis des von der Speicherung der Kontaktdaten betroffenen Mitarbeiters jedoch nicht. Weitere Voraussetzung für die sachliche Anwendbarkeit der DSGVO ist nach 13 Art. 2 Abs. 1 DSGVO indes das Vorliegen eines reglementierten Verfahrens. Denn die DSGVO gilt nur für „die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen.“ Da aus der modernen Geschäftsorganisation der Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen (Var. 1.) bzw. eine strukturierte Sammlung und Verwaltung der Daten (Var. 2) nicht mehr hinwegzudenken ist, ist der sachliche Anwendungsbereich für bAVrelevante Verarbeitungen in der Regel eröffnet.12

2. Zeitlicher Anwendungsbereich 14 In zeitlicher Hinsicht gilt die DSGVO seit dem 25. Mai 2018 uneingeschränkt (Art. 99

Abs. 2 DSGVO). Ein Nebeneinander von Alt und Neu gibt es mithin nicht. Vielmehr

_____ 10 Vgl. dazu Gola/Gola, Art. 4 Rn. 23 ff. 11 https://ec.europa.eu/info/law/law-topic/data-protection/reform/rules-business-and-organisa tions/application-regulation/do-data-protection-rules-apply-data-about-company_de. 12 Zweifel bestehen aber im Hinblick auf Einzeldaten, die in elektronisch archivierten Dokumenten enthalten sind. Erfolgt die Archivierung z.B. als Bilddatei, ohne Umwandlung in eine auslesbare Textdatei, dann ist insbesondere bezogen auf in diesem Dokument enthaltene Einzeldaten (z.B. Daten Dritter) keineswegs klar, dass der sachliche Anwendungsbereich eröffnet ist. Denn nur das Dokument als solches wird elektronisch verarbeitet und im Hinblick auf seinen Inhalt kann es an der Strukturiertheit fehlen. Der Verantwortliche hat hier oft keinerlei Möglichkeit, auf ein konkretes Datum gezielt zuzugreifen. Es kommt aber auf die Umstände des Einzelfalls an.

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mussten bis zum 25. Mai 2018 auch bereits begonnene Verarbeitungsprozesse in Einklang mit den Anforderungen der DSGVO gebracht werden.13 Praxistipp 3 Sofern noch nicht abschließend geschehen, ist also jedem Akteur der bAV dringend zu empfehlen, auch langjährig eingespielte Verarbeitungsprozesse auf ihre Datenschutzkonformität zu überprüfen, um etwaige Schwachstellen zu erkennen und zu beseitigen. Eine entsprechende Analyse ist bspw. mit Blick auf die Dokumentationspflichten der verantwortlichen Stelle oder die in technischer und organisatorischer Hinsicht zu treffenden Maßnahmen der Datensicherheit ohnehin obligatorisch.14

3. Räumlicher Anwendungsbereich In räumlicher Hinsicht ist es aufgrund des sog. Marktortprinzips gemäß Art. 3 15 Abs. 1 DSGVO15 unerheblich, ob die Verarbeitung personenbezogener Daten in der Union stattfindet, wenn der jeweilige Verarbeitungsprozess im Rahmen der Tätigkeit einer Niederlassung, eines Verantwortlichen oder eines Auftragverarbeiters in der EU erfolgt. Auch für außereuropäische Unternehmen sind die Anforderungen der DSGVO gemäß Art. 3 Abs. 2 DSGVO obligatorisch, sofern sich deren Angebot an einen nationalen Markt der EU richtet (lit. a) oder die Datenverarbeitung der Beobachtung des Verhaltens von Personen innerhalb der EU dient (lit. b). Beispiel 5 Ein nicht in der EU niedergelassenes Unternehmen beschäftigt Bürger aus Drittstaaten innerhalb der EU. Auch dann ist die DSGVO auf die Verarbeitung von Daten dieser Beschäftigten dem Grunde nach anwendbar. Denn Anknüpfungspunkt ist die Verarbeitung der Daten von Personen, die sich in der EU befinden, wobei es auf die Staatsangehörigkeit der Betroffenen nicht ankommt.16

4. Haftung und Sanktionen Unter der Ägide des BDSG n.F. wurden datenschutzrechtliche Bedenken auch bei 16 der Implementierung von Lösungen zur bAV oftmals aus Praktikabilitätsgründen hintenangestellt. Mit Blick auf die umfassenden Rechtsbehelfe (vgl. Art. 79 Abs. 1 DSGVO), Haftungsrisiken und Sanktionsmöglichkeiten, welche mit der DSGVO in Kraft getreten sind, ist vor einem laxen Umgang mit datenschutzrechtlichen Anforderungen ausdrücklich zu warnen. Die DSGVO sieht mit Art. 82 Abs. 1 DSGVO eine

_____ 13 Vgl. Erwägungsgrund 171 DSGVO. 14 Zu den Dokumentationspflichten, vgl. unten Rn. 73 ff.; zu den sog. TOMs, vgl. unten Rn. 96 ff. 15 Vgl. bereits das sog. Google-Urteil des EuGH (Große Kammer) v. 13.5.2014 – C-131/12 – EuZW 2014, 541. 16 Vgl. Plath/Plath, Art. 3 Rn. 15.

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Anspruchsgrundlage für die Geltendmachung von Schadenersatz vor, wobei die Betroffenen einen „vollständigen und wirksamen Schadenersatz“ erhalten sollen17 und – anders als unter der Geltung des § 7 BDSG a.F.18 – nicht alleine materielle, sondern auch immaterielle Schäden erfasst werden.19 Die Einführung einer eigenständigen Deliktsnorm für Nichtvermögensschäden auf Ebene der DSGVO, zuvor musste auf § 823 Abs. 1 BGB rekurriert werden, zeitigt in der Praxis bereits Wirkungen. Das belegen etwa entsprechende Schadenmeldungen von Unternehmen bei ihren Haftpflichtversicherern, welche die Geltendmachung eines immateriellen Schadens in Folge einer Datenschutzverletzung durch das Unternehmen betreffen. Da nach Art. 82 Abs. 2 DSGVO jeder an der Verarbeitung beteiligte Verantwortliche haftet und eine Haftungsbefreiung lediglich durch den Nachweis möglich ist, für den entsprechenden Schaden in keinerlei Hinsicht verantwortlich zu sein (Art. 82 Abs. 3 DSGVO), wird dem Verantwortlichen eine Exkulpation bei einem nachgewiesenen Verstoß gegen Anforderungen der DSGVO regelmäßig schwerfallen.20 Hinzu kommt, dass im Bereich der Bußgelder nicht nur der Bußgeldrahmen mit 4% des Jahresumsatzes bzw. bis zu 20 Mio. € deutlich ausgeweitet worden ist, sondern der Verordnungsgeber geht offensichtlich von einem kartellrechtlichen Unternehmensbegriff im Sinne der Art. 101, 102 AEUV aus, wie Erwägungsgrund 150 entnommen werden kann. Sofern ein bestimmender Einfluss gegeben ist, kommt eine Zurechnung von unten nach oben in Betracht, wobei Mutter- und Tochtergesellschaft gesamtschuldnerisch haften.21 3 Fettnapf Übt eine Muttergesellschaft aus wirtschaftlichen, organisatorischen oder rechtlichen Gründen einen bestimmenden Einfluss auf die Tochtergesellschaft aus, so haftet die Muttergesellschaft für etwaige Verstöße der Tochter. Für die Höhe des Bußgelds ist dann je nach Fallgestaltung nicht alleine der Umsatz der Tochter maßgeblich ist, sondern es kann auf den Umsatz des Konzerns ankommen. 17 Die Kriterien für die Verhängung einer Geldbuße nach Art. 83 Abs. 2 DSGVO bele-

gen, dass es für die Höhe der Geldbuße nicht isoliert auf den festgestellten Verstoß ankommt. Entscheidend ist vielmehr insbesondere, welche Maßnahmen zur Vermeidung entsprechender Verstöße vorab getroffen wurden (vgl. Art. 83 Abs. 2 lit. d,

_____ 17 Vgl. Erwägungsgrund 146 DSGVO. 18 Zu § 7 BDSG a.F., vgl. Gola/Schomerus/Gola/Klug/Körffer, § 7 Rn. 12 m.w.N. 19 Vgl. Gola/Gola/Piltz, Art. 82 Rn. 11 f. 20 Der Verantwortliche muss nämlich gemäß Art. 24 Abs. 1 DSGVO sicherstellen, dass die Datenverarbeitung den entsprechenden Anforderungen genügt, und er muss hierfür den entsprechenden Nachweis erbringen können, vgl. zu der daraus ableitbaren Beweislastumkehr Wybitul, ZD 2016, 243, 254. 21 Vgl. Faust/Spittka/Wybitul, ZD 2016, 120, 121.

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lit. i, j), welcher Verschuldensgrad vorliegt (lit. b) und wie nach entsprechender Feststellung mit dem Verstoß umgegangen wurde (lit c, lit. f und h). Da Verstöße gegen Bestimmungen der DSGVO nie mit letzter Gewissheit ausge- 18 schlossen werden können, ist es umso wichtiger, mit Blick auf einen etwaigen Störfall über eine solide Dokumentation der Verarbeitungsprozesse und der ergriffenen Maßnahmen zur Datensicherheit zu verfügen. Das belegen wiederum die Anfragen der Behörden, die – sofern sie einer gemeldeten Datenpanne nachgehen – regelmäßig die Dokumentation der dem konkreten Vorfall zugrundeliegenden Verarbeitung anfordern.

II. BDSG Das Bundesdatenschutzgesetz vom 30. Juni 201722 hat – wie bereits erwähnt – weitestgehend lediglich eine konkretisierende Funktion in Form der Ausgestaltung der in der DSGVO vorgesehenen Öffnungsklauseln. Hervorzuheben ist für den bAV-Bereich § 26 BDSG. Denn eigenständige Regelungen für den Beschäftigtendatenschutz beinhaltet die DSGVO nicht – wohl aber eine grundlegende Öffnungsklausel. Denn nach Art. 88 DSGVO können die Mitgliedstaaten „durch Rechtsvorschriften oder durch Kollektivvereinbarungen spezifischere Vorschriften zur Gewährleistung des Schutzes der Rechte und Freiheiten hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten im Beschäftigungskontext, insbesondere für Zwecke der Einstellung, der Erfüllung des Arbeitsvertrags einschließlich der Erfüllung von durch Rechtsvorschriften oder durch Kollektivvereinbarungen festgelegten Pflichten (…) sowie für Zwecke der Inanspruchnahme der mit der Beschäftigung zusammenhängenden individuellen oder kollektiven Rechte und Leistungen (…) vorsehen.“ Zu einer Regelung des Beschäftigtendatenschutzes im Detail, die auf Grundlage der Öffnungsklausel nahegelegen hätte, fehlte dem bundesdeutschen Gesetzgeber indes der politische Wille, obwohl der Bundesrat den Regelungsbedarf erkannt und entsprechende Regelungen angemahnt hatte.23 Vielmehr hat der Gesetzgeber Art. 88 DSGVO lediglich mit § 26 BDSG ausgefüllt, der im Wesentlichen § 32 BDSG a.F. entspricht. Trotz der insoweit geübten Kritik, bestimmt die Norm zusammen mit den kollektivrechtlichen Regelungen in Betriebs- oder Dienstvereinbarungen den Beschäftigtendatenschutz in Deutschland.24 Sie bietet im Hinblick auf eine ebenso effiziente wie rechtsicherer Ausgestal-

_____ 22 Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 v. 30.6.2017 (BGBl. I S. 2097). 23 Vgl. BT-Drucks. 18/11655, S. 15 (Rn. 26). 24 Vgl. Kühling/Buchner/Maschmann, § 26 Rn. 2 f.

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tung von Datenströmen im bAV-Bereich durchaus praxisrelevante relevante Möglichkeiten.25 Denn § 26 BDSG stellt die datenschutzrechtliche Kollektivgewalt im nationa23 len Recht ausdrücklich klar und ermöglicht es damit, die zahllosen unbestimmten Rechtsbegriffe des Datenschutzrechts konzern-, unternehmens- oder auch nur betriebsspezifisch zu konkretisieren. Die Einhaltung der allgemeinen Grundsätze der DSGVO (insb. Art. 5 DSGVO) ist auch auf Ebene einer Kollektivvereinbarung zum Datenschutz freilich obligatorisch.

B. Berechtigung zur Datenverarbeitung B. Berechtigung zur Datenverarbeitung 24 Bevor auf Einzelheiten eingegangen wird, sollen zunächst die Erlaubnistatbestände

in den Blick genommen werden, die bei der Einführung und Durchführung einer bAV von Bedeutung sein können. Denn die Verarbeitung personenbezogener Daten eines Betroffenen ist gemäß Art. 6 Abs. 1 DSGVO nur zulässig, wenn entweder eine Einwilligung erteilt wurde (lit. a) oder einer der gesetzlichen Erlaubnistatbestände (lit. b–f) vorliegt. Sofern es um besonders sensible personenbezogene Daten geht, sind ferner die Anforderungen nach Art. 9 Abs. 2 DSGVO zu beachten. Im Allgemeinen muss der Verantwortliche jederzeit in der Lage sein, die Einhal25 tung der allgemeinen Grundsätze für die Verarbeitung im Allgemeinen (vgl. Art. 5 Abs. 1 DSGVO) sowie seine Berechtigung zur Verarbeitung personenbezogener Daten der jeweils betroffenen Personen im Besonderen nachzuweisen (sog. Rechenschaftspflicht, vgl. Art. 5 Abs. 2 DSGVO). Ihn trifft mithin eine entsprechende Dokumentationspflicht.26 Betroffene Person kann dabei jede natürliche Person sein, auf die sich die zu verarbeitenden personenbezogenen Daten beziehen (vgl. Art. 4 Nr. 1 DSGVO). In der bAV können das mithin insbesondere Arbeitnehmer und deren Hinterbliebenen, aber auch der Arbeitgeber sein, sofern es sich bei diesem nicht um eine juristische Person handelt.27 3 Praxistipp Der Verantwortliche, namentlich der Arbeitgeber, muss sich insbesondere im bAV-Bereich alle relevanten Datenströme vor Augen führen und jeweils die Frage beantworten können, ob und von welcher Rechtsgrundlage die konkrete Verarbeitung (z.B. Übermittlung an einen Dienstleister oder Versorgungsträger) gedeckt ist.

_____ 25 Vgl. insb. unten, Rn. 54 ff., 59 ff. Überdies erfolgte mit dem BDSG 2018 die Umsetzung der RL (EU) 2016/680 v. 27.4.2016, ABl EG Nr. L 119 S. 89. Ferner sind Regelungen für den Anwendungsbereich außerhalb der DSGVO und der RL 2016/680 enthalten. 26 S.u. Rn. 73 ff. 27 S.o. Rn. 11 ff.

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B. Berechtigung zur Datenverarbeitung

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I. Einwilligung Es kann also – wie bislang auch – nach Art. 6 Abs. 1 lit. a Art. 9 Abs. 2 lit. a DSGVO 26 mit einer Einwilligung der betroffenen Personen gearbeitet werden.

1. Grundlagen Dabei ist aber zu beachten, dass die Anforderungen an wirksame Einwilligungs- 27 erklärungen mit der DSGVO verschärft worden sind. Dies ist insbesondere von Bedeutung, wenn zur weiteren Verarbeitung auf Alt-Einwilligungserklärungen zurückgegriffen werden soll. Das ist zwar dem Grunde nach zulässig, wie Erwägungsgrund 171 ausdrücklich klarstellt,28 jedoch muss die Einwilligung den Bedingungen der DSGVO entsprechen. Anders als nach dem BDSG a.F. ist eine schriftliche Einwilligung im Allgemeinen nicht mehr notwendig. Da jedoch der Verantwortliche zu jeder Zeit nachweisen können muss, dass eine – den Anforderungen der DSGVO entsprechende – Einwilligung erteilt worden ist (Art. 7 DSGVO; s.a. Erwägungsgrund 42), und die Einwilligungserklärung in verständlicher und leicht zugänglicher Form sowie in einer klaren und einfachen Sprache verfasst sein soll, ist in der Praxis Textform einzuhalten. Im Verhältnis Arbeitgeber/Beschäftigter ist im Besonderen aber § 26 Abs. 2 28 BDSG zu beachten.29 Nach § 26 Abs. 2 S. 3 HS 1 BDSG ist hier wiederum Schriftform (§ 126 BGB) erforderlich. Der nationale Gesetzgeber hat mithin die Anforderungen gegenüber der DSGVO verschärft. Es ist zwar bedauerlich, dass der nationale Gesetzgeber ein – wenig zeitgemäßes – Schriftformerfordernis vorgesehen hat, obwohl der Bundesrat noch auf die dadurch verursachten Friktionen hingewiesen hat.30 Jedoch ist dieses Erfordernis, wenn auf Grundlage § 26 BDSG auf eine Einwilligung zurückgegriffen werden soll, zu beachten. Denn der Ausnahmetatbestand nach § 26 Abs. 2 S. 3 HS 2 BDSG (besondere Umstände) erscheint wenig belastbar, war doch bereits unter der Geltung des BDSG a.F. umstritten, wann zureichende Umstände ein Absehen von der Schriftform gestatten.31 Richtigerweise sollte Schriftform für Einwilligungen im Zusammenhang mit der Einrichtung und Durchführung einer bAV dann nicht verlangt werden, wenn der Arbeitgeber in diesem Bereich über voll digitale Abläufe z.B. über ein Firmenportal verfügt. Praxistipp 3 Trotz Formfreiheit sollte schon im Hinblick auf die Nachweisbarkeit keine Verarbeitung alleine aufgrund mündlicher Einwilligungen in Gang gesetzt werden. Wird für Zwecke der Einrichtung und

_____ 28 Vgl. zur zeitlichen Anwendbarkeit, oben Rn. 14. 29 Vgl. zu weiteren Einzelheiten, unten Rn. 59 ff. 30 Vgl. BT-Drucks. 18/11655, S. 14 f. (Rn. 25). 31 Vgl. zum BDSG a.F. ausführlich, Simitis/Simitis, BDSG, 8. Aufl. 2014, § 4a Rn. 43 ff.

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Durchführung eines Beschäftigungsverhältnisses auf Grundlage von § 26 BDSG eine Einwilligung eingeholt, so sollte – wenn möglich – Schriftform gewahrt werden.

29 Die Bedingungen für eine rechtswirksame Einwilligung sind in Art. 7 DSGVO

ausführlich beschrieben. Hervorzuheben ist, dass Pauschaleinwilligungen für Verarbeitung zu unterschiedlichen Zwecken nicht empfohlen werden können. Denn es ist nach der DSGVO notwendig, dass die entsprechenden Sachverhalte klar voneinander abgegrenzt und für den Betroffenen unterscheidbar sind (Art. 7 Abs. 2 DSGVO). Es bedarf einer eindeutigen bestätigenden Handlung, wie Erwägungsgrund 32 klarstellt. Konkludente oder stillschweigende Erklärungen reichen also nicht aus. Sofern die Einwilligung in digitaler Form eingeholt werden soll, reicht eine Opting-Out-Möglichkeit, d.h. eine Abwahlmöglichkeit, nicht aus. Denn die Einwilligung muss eindeutig, freiwillig, für jeden Fall im Einzelnen und nach ausreichender Information32 über Zweck und Folgen der Erhebung erteilt werden.33 In diesem Fall ist die Einwilligung über ein Opting-In, d.h. ein proaktives Auswählen durch den Betroffenen, vorzusehen.

2. Verhältnis zu gesetzlichen Erlaubnistatbeständen 30 Ob eine Einwilligung auch dann sinnvoll ist, wenn ein gesetzlicher Erlaubnistatbestand eingreift (hierzu sogleich), ist nicht frei von Zweifeln. Denn gemäß Art. 7 Abs. 3 DSGVO ist der Betroffene mit der Einwilligungserklärung davon in Kenntnis zu setzen, dass er diese für die Zukunft widerrufen kann (vgl. auch § 26 Abs. 2 BDSG). Es könnte daher auf Seiten des Betroffenen der Eindruck entstehen, dass im 31 Falle eines Widerrufs für die Zukunft eine Datenverarbeitung unterbleibt. Das ist aber in vielen Fällen im Zusammenhang mit der Durchführung eines Beschäftigungsverhältnisses weder möglich noch sachgerecht. Gleichwohl wird die Auffassung vertreten, dass ein Wechsel der Rechtsgrundlage bei Widerruf der Einwilligung nicht zulässig ist.34 Aufgrund der Wertungsoffenheit der gesetzlichen Erlaubnistatbestände ist es indes nachvollziehbar, dass verantwortliche Stellen in der Praxis auf eine (zusätzliche) Einwilligung nicht verzichten möchten. Es ist dann aber darauf zu achten, dass eine Formulierung gewählt wird, aus der hervorgeht, dass im Fall eines Widerrufs die Datenverarbeitung infolge gesetzlicher Erlaubnistatbestände unberührt bleibt. Sofern eine Datenverarbeitung auf eine Einwilligung einerseits und einen ge32 setzlichen Erlaubnistatbestand andererseits gestützt werden kann, ist dem gesetzli-

_____ 32 Vgl. insbesondere zum Zeitpunkt der Information, Rn. 85. 33 Zu den Informationspflichten, vgl. unten Rn. 81 ff. 34 Vgl. Artikel-29-Arbeitsgruppe, Leitlinien in Bezug auf die Einwilligung gemäß Verordnung 2016/ 679 v. 10.4.2018, S. 27 f.

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chen Erlaubnistatbestand der Vorrang einzuräumen. Wenn das nicht gewünscht ist, sollten beide Rechtsgrundlagen gegenüber dem Betroffenen klargestellt werden. Weiter sollte dann klargestellt werden, dass ein Widerruf der Einwilligung die Datenverarbeitung aufgrund eines gesetzlichen Erlaubnistatbestands insoweit unberührt lässt.

3. Besondere Kategorien von Daten Unter dem Terminus besonderer Kategorien personenbezogener Daten versteht der 33 Verordnungsgeber neben Gesundheitsdaten auch Daten, aus denen politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen. Deren Verarbeitung ist dem Grunde nach untersagt (Art. 9 Abs. 1 DSGVO). Gerade in der bAV ist es insbesondere von Bedeutung, dass sich der Verantwort- 34 liche zunächst klarmacht, wann derartige Kategorien von Daten durch ihn verarbeitet werden. Beispiel 5 Bei sog. Gesundheitsdaten (vgl. Art. 4 Nr. 15 DSGVO) liegt das in der Regel auf der Hand. Entsprechende Daten müssen z.B. durch einen Lebensversicherer zwangsläufig verarbeitet werden, wenn im Rahmen des Antrags auf Abschluss einer Direktversicherung eine Gesundheitsprüfung durchgeführt werden soll oder es zu einer Leistungsprüfung kommt. Lebensversicherer und Pensionskassen als mittelbare Versorgungsträger holen dementsprechend regelmäßig eine entsprechende Einwilligungserklärung ein, welche der zu versichernde bzw. versicherte Arbeitnehmer abgibt. Diese sog. Einwilligungs- und Schweigepflichtentbindungserklärung erfasst aber in der Regel nicht die Weitergabe der Gesundheitsdaten durch den Arbeitgeber an den Versicherer und schon gar nicht eine etwaig weitere Verarbeitung auf Seiten des Arbeitgebers selbst. Hierfür ist naturgemäß der Arbeitgeber verantwortlich.

Im Übrigen steht Arbeitgebern der besondere Charakter bestimmter Daten nicht 35 immer vor Augen. So ergibt sich z.B. aus den Gehaltsabrechnungen der Beschäftigten in der Regel deren Konfessionszugehörigkeit, weshalb z.B. bei deren Weiterleitung an einen Dritten die strengen Anforderungen nach Art. 9 Abs. 2 DSGVO zu berücksichtigen sind. Im Hinblick auf die Einwilligung gilt bei dieser Art von Daten ein Ausdrücklich- 36 keitserfordernis, d.h. der Betroffene muss ausdrücklich in die Verarbeitung dieser Daten für einen oder mehrere Zwecke eingewilligt haben (vgl. Art. 9 Abs. 2 lit. a DSGVO), so dass ein erhöhtes Maß an Bestimmtheit und Genauigkeit an den Tag zu legen ist. Zu beachten ist aber bei Verarbeitungen solcher Daten zum Zwecke eines Beschäftigungsverhältnisses die Besonderheiten des § 26 BDSG.35

_____ 35 Vgl. Rn. 59 ff.

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II. Gesetzliche Erlaubnistatbestände 1. Vertragserfüllung/Vorvertragliche Maßnahmen 37 Außerhalb der Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten

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kommt in der bAV insbesondere eine Verarbeitung gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO in Betracht. Denn diese Norm gestattet eine Verarbeitung, wenn diese für die Erfüllung eines Vertrages mit betroffener Person als Vertragspartei oder als vorvertragliche Maßnahme in Folge einer Anfrage der betroffenen Person erforderlich ist. Der Terminus „Vertrag“ ist weit im Sinne eines jeden privatautonom zustande gekommenen Schuldverhältnisses zu verstehen.36 Damit ist nicht nur der Arbeitsvertrag, sondern auch die Zusage des Arbeitgebers dem Grunde nach erfasst. Entsprechendes gilt für die Mitgliedschaft in einem Verein (z.B. einer Unterstützungskasse e.V.).37 Das bedeutet, dass ein Arbeitgeber bspw. auf dieser Grundlage personenbezogene Daten an einen Lebensversicherer weiterleiten darf, um auf diese Weise den betriebsrentenrechtlichen Anspruch seines Mitarbeiters auf Verschaffung der durch den Arbeitgeber individualrechtlich zugesagten Direktversicherung (§ 1b Abs. 2 BetrAVG) zu erfüllen. Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen sind indes nicht erfasst. Insoweit ist in der bAV aber der bereits erwähnte Art. 88 DSGVO und dessen Umsetzung durch § 26 BDSG zu beachten.38 Geht die Initiative von dem Arbeitnehmer aus, der von seinem Anspruch auf Entgeltumwandlung Gebrauch macht, so liegt auch eine „Anfrage der betroffenen Person“ vor. Der Arbeitgeber kann dann auch im vorvertraglichen Bereich die personenbezogenen Daten des Arbeitnehmers an z.B. einen Direktversicherer weiterleiten, um ein entsprechendes Angebot einzuholen. Das gilt auf Grundlage von Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO aber – wie bereits erwähnt – nur, wenn keine besonderen Kategorien personenbezogener Daten in Rede stehen. Andernfalls sind die weiteren Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 2 DSGVO zu beachten. Soweit der Arbeitgeber zunächst „im Hintergrund“, z.B. zwecks Angebotseinholung vor erfolgter Zusage einer arbeitgeberfinanzierten Versorgung, Daten seiner Arbeitnehmer an externe Versorgungsträger weiterleiten möchte, hilft die Norm ebenfalls nicht weiter. Denn dann fehlt es an einer Anfrage der betroffenen Person, mithin des Arbeitnehmers. In diesen Fällen kann aber – wiederum außerhalb sensibler Daten – Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO helfen.39 Problematisch kann sich im Übrigen der wertungsoffene Begriff der „Erforderlichkeit“ erweisen. Im Sinne einer absolut zwingenden Notwendigkeit, d.h. anderenfalls völlige Undurchführbarkeit des Schuldverhältnisses, ist der Begriff nach

_____ 36 Vgl. Plath/Plath, Art. 6 Rn. 11. 37 Vgl. zur Einordnung von Mitgliedschaft = Vertrag, Plath/Plath, Art. 6 Rn. 32. 38 Vgl. unten Rn. 54 ff. und 59 ff. 39 Vgl. unten Rn. 43 ff.

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richtiger Auffassung nicht zu verstehen.40 Eine bloße Zweckdienlichkeit genügt aber nicht, sondern es muss ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem konkreten Zweck des Schuldverhältnisses bestehen.41 Praxistipp 3 Es sollte dokumentiert werden, worin der unmittelbare Zusammenhang der Verarbeitung bestimmter Datenkategorien zur Einrichtung/Durchführung der bAV liegt.

2. Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen Sofern es um die Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen geht, z.B. die elektroni- 42 sche Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung gemäß § 41b EStG oder die Meldepflichten gemäß § 202 SGB V gegenüber dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung, bestehen in der Praxis aufgrund der Klarstellung in Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO keine besonderen Schwierigkeiten. Denn nach dieser Norm ist eine Datenverarbeitung zulässig, wenn sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der Verantwortliche unterliegt.

3. Berechtigte Interessenwahrnehmung Auch eine Anwendung des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO, wonach eine Datenverarbei- 43 tung zulässig ist, wenn diese zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht Interessen, Grundrechte oder Grundfreiheiten des Betroffenen überwiegen, kommt in der bAV in Betracht. Die Problematik dieses Erlaubnistatbestands liegt allerdings in seiner Abwägungsoffenheit, wobei (wie bereits bei § 28 BDSG a.F.) hier unterschiedliche Interessen in wirtschaftlicher, rechtlicher oder ideeller Natur in Betracht kommen.42 Es ist also dem Grunde nach ein weites Verständnis anzulegen.43 Aus dem Wortlaut der Norm lassen sich folgende Prüfungsschritte ableiten: 44 ■ Welches Interesse verfolgt der Verantwortliche mit der Verarbeitung? ■ Handelt es sich um ein „berechtigtes“ Interesse des Verantwortlichen oder eines Dritten? ■ Ist die Verarbeitung erforderlich zur Wahrung des Interesses? ■ Feststellung ggf. gegenläufiger Interessen, Grundrechte und/oder Grundfreiheiten des Betroffenen ■ Überwiegen die Interessen pp des Betroffenen das Interesse)?

_____ 40 Gola/Schulz, Art. 6 Rn. 37. 41 Vgl. Gola/Schulz, Art. 6 Rn. 38 m.w.N. 42 Vgl. Gola/Schulz, Art. 6 Rn. 57; Kühling/Buchner/Buchner/Petri, Art. 6 Rn. 146. 43 Vgl. auch BGH, Urt. v. 12.7.2018 – III ZR 183/17 – NJW 2018, 3178, Vererbbarkeit Facebook-Nutzungsvertrag.

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Kapitel 7 Datenschutzrecht der bAV

45 Schwierigkeiten bereiten in der Praxis dabei vorrangig die Feststellung etwaig ge-

genläufiger Interessen des Betroffenen sowie die Abwägung. Orientierung bietet insoweit EWG 47 DSGVO. Abzustellen ist namentlich auf die vernünftige Erwartung der betroffenen Personen und das Verhältnis zwischen Betroffenen und verantwortlicher Stelle. Wenn und sofern etwa ein durchschnittlicher Arbeitnehmer mit der Verarbeitung rechnen muss, spricht das für die Zulässigkeit der Maßnahme. Da eine Datenverarbeitung zwecks Durchführung des eigentlichen Versor46 gungsversprechens in der bAV regelmäßig auf Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO gestützt werden kann, kommt eine Heranziehung der Norm auf Seiten des Arbeitgebers primär in Betracht im Hinblick auf Verarbeitungsmaßnahmen, die insoweit nicht erforderlich sind, an denen aber ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers besteht. Beispiele können etwa Maßnahmen zur Verbreitung der bAV im Unternehmen, die Einrichtung eines bAV-Portals oder die Unterbreitung zusätzlicher Angebote im Kontext der Versorgungszusage sein. Auch eine Übermittlung personenbezogener Daten an externe Dritte vor Erteilung der Zusage und ohne Anfrage der betroffenen Arbeitnehmer kann in Einzelfällen auf die Norm gestützt werden.44 Der Arbeitgeber sollte aber hier sehr genau prüfen, ob in diesem Stadium nicht auch eine Übermittlung ohne Offenlegung des Personenbezugs, d.h. ohne Namhaftmachung der potentiell zu versichernden Personen, ausreichend ist. Dann fehlte es nämlich jedenfalls an der Erforderlichkeit.

4. Sensible Daten a) Kollektivvereinbarungen 47 Im Fall besonderer Kategorien personenbezogener Daten, z.B. Gesundheits-

daten, könnte im bAV-Bereich zunächst daran gedacht werden, Art. 9 Abs. 2 lit. b DSGVO unmittelbar heranzuziehen. Danach dürfen aus solche Daten verarbeitet werden, wenn dies erforderlich ist, 48 „damit der Verantwortliche oder die betroffene Person die ihm bzw. ihr aus dem Arbeitsrecht und dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erwachsenden Rechte ausüben und seinen bzw. ihren diesbezüglichen Pflichten nachkommen kann.“ Da allerdings weitere Voraussetzung der Norm ist, dass dies „nach Unionsrecht 49 oder dem Recht der Mitgliedstaaten oder einer Kollektivvereinbarung nach dem Recht der Mitgliedstaaten, das geeignete Garantien für die Grundrechte und die Interessen der betroffenen Person vorsieht, zulässig ist“, handelt es sich nicht um einen eigenständigen Erlaubnistatbestand, sondern um eine Öffnungsklausel.45 Es ist zusätzlich eine staatliche Norm (§ 26 Abs. 3 BDSG, hierzu sogleich) oder der Abschluss einer

_____ 44 Andernfalls greift i.d.R. bereits Art. 9 Abs. 1 lit. b DSGVO. 45 Vgl. Gola/Schulz, Art. 9 Rn. 20.

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Kollektivvereinbarung (z.B. einer entsprechenden Betriebsvereinbarung) erforderlich, die allerdings auch in Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen enthalten sein kann.46 Außerhalb von Kollektivvereinbarungen bzw. außerhalb des engen Anwen- 50 dungsbereichs nach § 26 Abs. 3 BDSG ist für die Verarbeitung zum Zwecke der bAV mithin eine Einwilligung in der Regel obligatorisch. Dementsprechend holen externe Versorgungsträger, die z.B. zur Durchführung einer Direktversicherung Gesundheitsdaten des zu versichernden Arbeitnehmers verarbeiten müssen, immer auch die Einwilligung des Arbeitnehmers ein. Zu differenzieren ist also wiederum, in welchem Verhältnis die sensiblen Daten verarbeitet werden sollen. Praxistipp 3 Soll eine bAV aufgrund einer Kollektivvereinbarung durchgeführt werden, ist es sinnvoll, dort eine Regelung zur Datenverarbeitung zu treffen, wenn durch den Arbeitgeber Gesundheitsdaten (z.B. zur Invaliditätsabsicherung) verarbeitet werden müssen.

b) Verteidigung von Rechtsansprüchen Im Übrigen kann es erforderlich werden und gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. f DSGVO zuläs- 51 sig sein, derartigen Daten zum Zwecke der Verteidigung von Rechtsansprüchen – etwa im Rahmen einer Auseinandersetzung über Invaliditätsleistungen – zu verarbeiten, ohne dass der Betroffene darin eingewilligt haben muss. Die Regelung erfasst auch den außergerichtlichen Bereich (vgl. EWG 52 DSGVO) 52 und ermöglicht auf diese Weise einem Arbeitgeber oder Versorgungsträger die Verarbeitung von Gesundheitsdaten um z.B. unberechtigte Ansprüche eines Arbeitnehmers abwehren zu können. Nach zutreffender Auffassung sind im Hinblick auf die Erforderlichkeit keine 53 überzogenen Anforderungen zu stellen, sondern es reicht eine plausible Begründung bspw. der Beweiserheblichkeit.47 Ob auch eine zusätzliche Interessenabwägung im Hinblick auf entgegenstehende Interessen des Betroffenen erforderlich ist, wird streitig diskutiert.48 Der Wortlaut der Norm spricht klar dagegen. Allerdings dürfte die praktische Relevanz dieses Streits überschaubar sein. Denn die Verteidigung von Rechtsansprüchen pp ist ein derart hohes Gut auf Seiten des Verantwortlichen, dass schon gegenläufige Interessen von ganz erheblichem Gewicht vorliegen und dem Verantwortlichen ein Verzicht auf Verarbeitung zumutbar sein müsste. Das dürfte in der Praxis selten bis nie der Fall sein.

_____ 46 Vgl. Gola/Schulz, Art. 9 Rn. 20. 47 Vgl. Kühling/Buchner/Weichert, Art. 9 Rn. 86. 48 Vgl. Plath/Plath, Art. 9 Rn. 20 (zusätzliche Interessenabwägung bejahend); Kühling/Buchner/ Weichert, Art. 9 Rn. 86 (eher verneinend).

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5. Kollektivvereinbarungen nach Art. 88 Abs. 1 DSGVO 54 Nach Art. 88 DSGVO können – neben nationalen Gesetzen – auch durch Kollektiv-

vereinbarungen spezifischere Vorschriften zum Datenschutz aufgestellt werden.

a) Persönlicher Anwendungsbereich 55 Die Reichweite der Norm in personeller Hinsicht bestimmt sich nach dem Beschäf-

tigtenbegriff, über dessen Auslegung bis dato keine Einigkeit besteht.49 Klar ist aber, dass der Beschäftigtenbegriff DSGVO spezifisch auszulegen ist. Auf hergebrachte Grundsätze des nationalen Rechts kann daher nicht zurückgegriffen werden. Vielmehr ist bei der Auslegung der freizügigkeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff des EU-Rechts zugrunde zu legen. Damit fallen Arbeitnehmer i.S.d. deutschen Arbeitsrechts, d.h. einschließlich der auf Teilzeitbasis und befristet Beschäftigten, sowie etwa Beamte, Richter oder Soldaten sowie Personen, die zu ihrer Wiedereingliederung beschäftigt werden (z.B. Rehabilitanden oder Beschäftigte in Behindertenwerkstätten) unter die Norm. 50 Auch leitende Angestellte und Geschäftsführer z.B. einer GmbH können als Beschäftigte i.S.d. Art. 88 DSGVO einzuordnen sein.51

b) Sachlicher Anwendungsbereich 56 Die nicht abschließende Aufzählung der Verarbeitungszwecke gibt die Reichweite

der Norm in sachlicher Hinsicht vor. Insoweit ist nicht erforderlich, dass Verarbeitung durch den Arbeitgeber erfolgt. Auch eine Auftragsverarbeitung kann auf Grundlage von Kollektivvereinbarungen gestattet werden. Immer erforderlich ist aber ein innerer Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis, der in der Regel dann gegeben ist, wenn mit Arbeitnehmern neben Arbeitsvertrag Schuldverhältnisse begründet werden, die zur Erfüllung arbeitsrechtlicher Pflichten notwendig sind.52 Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Arbeitgeber (einschließlich der Datenübermittlung an externe Dienstleister oder Versorgungsträger) zu Zwecken der bAV ist damit dem Grunde nach erfasst. Bei Gesundheitsdaten bleibt es indes bei Art. 9 DSGVO, der aber mit Abs. 2 lit. b. ebenfalls Reglungen durch Kollektivvereinbarungen zulässt.53

_____ 49 Vgl. Kühling/Buchner/Maschmann, Art. 88 Rn. 12 f. m.w.N. zum Streitstand. 50 Vgl. Simitis/Hornung/Spiecker gen. Döhmann/Seifert, Art. 88 Rn. 18. 51 Vgl. Simitis/Hornung/Spiecker gen. Döhmann/Seifert, Art. 88 Rn. 18. 52 Vgl. Kühling/Buchner/Maschmann, Art. 88 Rn. 17 f. 53 S.o. Rn. 47 ff.

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c) Art der Kollektivvereinbarung Zu den Kollektivvereinbarungen i.S.d. Art. 88 DSGVO gehören neben Tarifverträ- 57 gen auch die zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat geschlossenen Betriebsvereinbarungen (§ 77 BetrVG), die in EWG 155 DSGVO ausdrücklich genannt werden. Auch die Gesamtbetriebsvereinbarung und die Konzernbetriebsvereinbarung, die zwischen Arbeitgeber und Sprecherausschuss zustande gekommenen Sprecherausschussrichtlinien (§ 28 SpAuG), die zwischen Dienststelle und Personalrat abgeschlossenen Dienstvereinbarungen (§ 73 BPersVG) sowie schließlich etwa Dienstvereinbarungen, die Mitarbeitervertretungen mit kirchlichen Arbeitgebern nach Maßgabe der Mitarbeitervertretungsordnungen der katholischen Kirche oder einer evangelischen Landeskirche abgeschlossen werden, fallen unter den datenschutzrechtlichen Begriff der Kollektivvereinbarung.54 Praxistipp 3 Bei dem Abschluss oder der Neuverhandlung entsprechender Vereinbarungen sollte mithin immer auch der Beschäftigtendatenschutz unter bAV-Gesichtspunkten berücksichtigt werden.

Im Übrigen müssen Kollektivvereinbarungen den Anforderungen des Art. 88 Abs. 2 58 DSGVO (Maßnahmen zur Wahrung der menschlichen Würde, der berechtigten Interessen und der Grundrechte der betroffenen Person, Transparenz der Verarbeitung) genügen.

6. § 26 BDSG Für die bAV ist ferner die Sonderregelung gemäß § 26 BDSG von Bedeutung, die mit 59 Blick auf § 26 Abs. 3 BDSG in Folge der erwähnten Öffnungsklausel nach Art. 9 Abs. 2 lit. b DSGVO auch als taugliche Rechtgrundlage zur Verarbeitung sensibler Daten herangezogen werden kann.

a) § 26 Abs. 1 BDSG § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG stellt zunächst klar, dass personenbezogene Daten von Beschäf- 60 tigten (zur Legaldefinition, im Sinne des nationalen Rechts vgl. § 26 Abs. 8 BDSG) für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden dürfen, „wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung oder zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus einem Gesetz oder einem Tarifvertrag, einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung (Kollektivvereinbarung) ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich ist.“

_____ 54 Vgl. Simitis/Hornung/Spiecker gen. Döhmann/Seifert, Art. 88 Rn. 26 f.

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Von diesem Erlaubnistatbestand wird mithin auch die Durchführung einer bAV erfasst. Denn eine bAV liegt von vorne herein nur vor, wenn das Versorgungsversprechen aus Anlass des Dienstverhältnisses abgegeben worden ist (vgl. § 1 Abs. 1 BetrAVG).55 Für das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit gilt das oben Gesagte entsprechend.56 Es muss also ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Datenverarbeitung einerseits und der Einrichtung, Durchführung und Erfüllung des Versorgungsverhältnisses andererseits bestehen. Bei der Verarbeitung von Daten Zwecks Durchführung einer bAV ist das i.d.R. unproblematisch. Problematisch könnte die Datenübermittlung an externe Versorgungsträger 62 sein. Insoweit wird bezogen auf Datenübermittlungen an externe Dritte in allgemeiner Hinsicht gesagt, dass derartiges im Regelfall nicht zur Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich und sind deshalb in den meisten Fällen nicht von § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG abgedeckt sei.57 Diese Sichtweise erscheint eindeutig zu eng. Denn wenn eine Zusage – gleich ob individualrechtlich oder kollektiver Natur – besteht, die auf eine mittelbare Durchführung der bAV gerichtet ist, dann kann externe Versorgungsträger seinen Auftrag ohne Beschäftigtendaten nicht erfüllen. Die Erforderlichkeit ist aber im Rahmen des § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG auch auf solche Daten beschränkt. Die Übermittlung von Daten, die der externe Versorgungsträger zur Durchführung nicht benötigt und dementsprechend schon nicht anfragt, ist unzulässig. Im Übrigen ist die Diskussion für den bAV Bereich aber deshalb nicht von ausschlaggebender Bedeutung, weil – wie dargelegt – die Übermittlung personenbezogener Daten zwecks Durchführung einer bAV auch über Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO legitimiert werden kann. 61

b) § 26 Abs. 2 BDSG 63 § 26 Abs. 2 BDSG dokumentiert wiederum, dass aufgrund des regelmäßig gegebenen

strukturellen Ungleichgewichts zwischen den Parteien eines Arbeitsverhältnisses nicht ohne Weiteres von der Freiwilligkeit einer etwaig eingeholten Einwilligung zur Datenverarbeitung ausgegangen werden kann. Ferner wird klargestellt, dass Schriftform einzuhalten ist und der Arbeitgeber die beschäftigte Person über den Zweck der Datenverarbeitung und über das Widerrufsrecht nach Art. 7 Abs. 3 DSGVO in Textform aufzuklären hat.58

_____ 55 Vgl. Kap. 1 Rn. 22 ff. 56 S.o. Rn. 41. 57 In diesem Sinn etwa Simitis/Hornung/Spiecker gen. Döhmann/Seifert, Art. 88 Rn. 188, der aber die Übermittlung an gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien wiederum als zulässig ansieht. 58 Zu Einzelheiten der Einwilligung, vgl. Rn. 26 ff.

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c) § 26 Abs. 3, Abs. 4 BDSG Besonders hervorzuheben ist ferner der Erlaubnistatbestand gemäß § 26 Abs. 3 64 BDSG. Denn dieser stellt abweichend von Art. 9 Abs. 1 DSGVO im Sinne des Art. 9 Abs. 2 lit. b DSGVO klar, dass auch besondere Kategorien personenbezogener Daten, mithin insbesondere Gesundheitsdaten, für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden dürfen. Das gilt aber nur, wenn diese Daten „zur Ausübung von Rechten oder zur Erfül- 65 lung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht, dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erforderlich ist und kein Grund zur Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt.“ Insoweit kann dem Grunde nach auf lit. aa) verwiesen werden. Da allerdings bereits bei einfachen personenbezogenen Daten strittig ist, unter welchen Voraussetzungen personenbezogene Daten an Dritte übermittelt werden dürfen, sollte ein Arbeitgeber für die Ermittlung von sensiblen Daten (insb. Gesundheitsdaten) an externe Versorgungsträger – außerhalb von Kollektivvereinbarungen – immer eine Einwilligung einholten. Zulässig sind, wie in der DSGVO vorgesehen, auch Verarbeitungsprozesse auf- 66 grund von Kollektivvereinbarungen (§ 26 Abs. 4 BDSG).59

d) § 26 Abs. 5 BDSG Deklaratorischer Natur ist § 26 Abs. 5 BDSG, wonach der Verantwortliche/Arbeit- 67 geber geeignete Maßnahmen ergreifen muss, um sicherzustellen, dass die allgemeinen Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Art. 5 DSGVO (z.B. Zweckbindung)60 eingehalten werden. Denn diese Grundsätze sind immer einzuhalten, so dass die Regelung eher die Bedeutung der Dokumentationspflichten in arbeitsrechtlichen Konstellationen im Allgemeinen und der bAV im Besonderen unterstreicht.

III. Allgemeine Grundsätze, insbesondere Zweckbindung Im Hinblick auf die allgemeinen Grundsätze der Datenverarbeitung, wie z.B. 68 Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz (Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO), besonders hervorzuheben ist der Zweckbindungsgrundsatz gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO, wonach Daten stets nur für zuvor festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden und nicht in einer mit diesen Zwecken unvereinbaren Weise weiterverarbeitet werden dürfen.

_____ 59 Vgl. Rn. 54 ff. 60 Vgl. hierzu sogleich Rn. 68 ff.

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Vorsicht ist also geboten bei Zweckänderungen. Hat der Arbeitnehmer beispielweise seine Einwilligung zur Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Durchführung einer bAV erteilt, dann ist die Verarbeitung der Daten auf diesen Zweck festgelegt. Eine Änderung des Verarbeitungszwecks ist in der Regel unzulässig,61 bedürfte also einer besonderen Rechtfertigung. Eine Zweckänderung kommt nur in Betracht, wenn sie mit dem ursprünglichen Erhebungszweck vereinbar ist, wobei es insbesondere auf den Gesamtkontext der Datenerhebung ankommt (vgl. Art. 6 Abs. 4 lit. b DSGVO).

5 Beispiel Hat ein Arbeitnehmer seine Einwilligung zur Verarbeitung von Daten zur Durchführung eines betriebsrentenrechtlichen Versorgungsversprechens erklärt, so dürfen diese Daten nicht zu Zwecken verwandt werden, die hiermit – wie bspw. im Rahmen einer Mitarbeiterwerbung – nichts mehr zu tun haben. 70 Besteht allerdings eine entsprechende Vereinbarkeit der Zwecke, ist die Zweck-

änderung also insgesamt zulässig, dann bedarf es bezogen auf die zweckändernde Verarbeitung keiner anderen Rechtgrundlage als sie der ursprünglichen Verarbeitung zugrunde liegt (vgl. 50 DSGVO).62 Der Betroffene ist aber über die zweckändernde Verarbeitung zu informieren. Zu den weiteren Grundsätzen gemäß Art. 5 Abs. 1 DSGVO zählen die Beschrän71 kung auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß („Datenminimierung“, lit. c); die Gewährleistung der sachlichen Richtigkeit und Aktualität (lit. d); die Speicherbegrenzung (lit. e), Integrität und Vertraulichkeit (lit. f). Die Einhaltung dieser Grundsätze muss der Verantwortliche jederzeit nach72 weisen können (Art. 5 Abs. 2 DSGVO), was einmal mehr die Bedeutung belegt, die der bereits mehrfach erwähnten Pflicht zur Dokumentation von Datenverarbeitungsprozessen zukommt.

C. Dokumentations- und Informationspflichten C. Dokumentations- und Informationspflichten 73 Erhebliche Bedeutung kommt unter der Geltung der DSGVO also den sog. Dokumen-

tationspflichten zu. Denn die Einhaltung der Grundsätze einer ordnungsgemäßen Datenverarbeitung63 muss der Verantwortliche jederzeit nachweisen können (vgl. Art. 24 Abs. 1 DSGVO).

_____ 61 Vgl. Gola/Pötters, Art. 5 Rn. 18. 62 So etwa zutreffend, Gola/Schulz, Art. 6 Rn. 210 ff.; a.A. unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des Art. 6 Abs. 4 und ein angebliches Redaktionsversehen in EWG 50, Kühling/Buchner/ Buchner/Petri, Art. 6 Rn. 181 ff. 63 Namentlich in Form von Rechtmäßigkeit, Treu und Glauben, Transparenz (Art. 5 Abs. 1a DSGVO), Zweckbindung (Art. 5 Abs. 1b DSGVO), Datenminimierung (Art. 5 Abs. 1c DSGVO) und Richtigkeit (Art. 5 Abs. 1d DSGVO), vgl. oben Rn. 68 ff.

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C. Dokumentations- und Informationspflichten

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I. Analyse der Datenflüsse Voraussetzung einer hinreichenden Dokumentation ist zunächst, dass der Verant- 74 wortliche umfassend diejenigen Prozesse analysiert, in denen personenbezogene Daten verarbeitet werden. Im Bereich der bAV spielt neben der unmittelbaren Verarbeitung bei der verantwortlichen Stelle, z.B. der Datenspeicherung bei dem Arbeitgeber, vor allem die Weitergabe personenbezogener Daten eine erhebliche Rolle. Wird die Versorgung bspw. mittelbar durchgeführt oder ist der Rückdeckungsversicherer involviert, so gibt es neben den Datenflüssen zwischen Mitarbeiter und Arbeitgeber regelmäßig ein Datenfluss zwischen Arbeitgeber, Vermittler und Versorgungsträger. Gegebenenfalls sind auf Seiten des Versorgungsträgers externe Dienstleister eingebunden oder eine Rückversicherung ist abgeschlossen, so dass weitere Datenströme hinzukommen. Für all diese Datenströme sind die Anforderungen der DSGVO einzuhalten. Fettnapf 3 Da jede verantwortliche Stelle zu überprüfen hat, ob bereits vor Inkrafttreten der DSGVO begonnene Verarbeitungsvorgänge deren Voraussetzungen entsprechen, ist eine Analyse aller Verarbeitungsprozesse – sollte sie nicht bereits abgeschlossen sein – dringend zu empfehlen.

II. Verarbeitungsverzeichnis Darauf aufsetzend sollte ein Verarbeitungsverzeichnis (vgl. Art. 30 DSGVO) er- 75 stellt werden, das dem Nachweis einer den Anforderungen der DSGVO genügenden Verarbeitung dient.

1. Pflicht zur Erstellung Von der Erstellung eines entsprechenden Verzeichnisses kann gemäß Art. 30 Abs. 5 76 DSGVO nämlich nur im Fall von Unternehmen bis 250 Mitarbeiter abgesehen werden. Das gilt wiederum dann nicht, wenn die Verarbeitung ein Risiko für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen birgt, nicht nur gelegentlich erfolgt oder besondere Datenkategorien (Art. 9 DSGVO) oder Daten über strafrechtliche Verurteilungen (Art. 10 DSGVO) betrifft. Im Übrigen trifft die Dokumentationspflicht trifft zukünftig auch den Auftragsverarbeiter (vgl. Art. 30 Abs. 2 DSGVO). Praxistipp 3 Die Erstellung eines entsprechenden Verzeichnisses ist auch für Unternehmen sinnvoll, die weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigten. bAV-spezifische Verarbeitungsmaßnahmen (wie z.B. die Übermittlung an Dienstleister oder Versorgungsträger) sollten dort erfasst werden.

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Kapitel 7 Datenschutzrecht der bAV

2. Inhalt 77 Die von dem Verantwortlichen in das Verzeichnis aufzunehmenden Informatio-

nen der Datenverarbeitung64 sind gemäß Art. 30 Abs. 2 lit. a) bis g) zu entnehmen. Für die bAV sind insbesondere die Nennung der Verarbeitungszwecke (lit. b) und der Empfängerkategorien (lit. d), z.B. Übermittlung an eine Pensionskasse oder einen Lebensversicherer) zu nennen.

3. Verhaltensregeln Dokumentationspflichten (Forts.) 78 Die Einhaltung der Anforderungen der DSGVO kann auch durch die Einhaltung ge-

nehmigter Verhaltensregeln gemäß Art. 40 Abs. 2 DSGVO oder durch eine Zertifizierung nach Art. 42 DSGVO nachgewiesen werden. Für den Bereich der Lebens-Pensionskassenversicherung ist hier der sog. Code 79 of Conduct in der Fassung vom 29.6.2018 zu nennen, der dem Arbeitgeber – sofern der von ihm zur mittelbaren Durchführung der bAV oder zum Abschluss einer Rückdeckungsversicherung ausgewählte Versorgungsträger diesen Verhaltensregeln beigetreten ist – die Sicherheit bietet, dass der Versorgungsträger als Empfänger der Daten über die Beschäftigten seinerseits die Anforderungen der DSGVO einhält. Der Code of Conduct kann aber naturgemäß nicht als Rechtsgrundlage für Ver80 arbeitungsmaßnahmen durch den Arbeitgeber herangezogen werden. So stellt auch Art. 8 Abs. 1 S. 2 DSGVO klar, dass Versicherer bei Gruppenversicherungen Daten ohne Mitwirkung der betroffenen Personen erheben dürfen, wenn der Gruppenversicherungsnehmer – in der bAV mithin der Arbeitgeber – diese „zulässigerweise (…) angibt“. Ob die Datenübermittlung aber – z.B. auf Grundlage von Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO zulässig ist, ist aus dem Verhältnis Arbeitgeber/Arbeitnehmer heraus zu beantworten.

III. Informationspflichten 81 Deutlich komplexer als auf Grundlage des BDSG a.F. gestaltet wurden mit der

DSGVO die Informationspflichten, wobei zwischen der Direkterhebung gemäß Art. 13 DSGVO einerseits und Dritterhebung gemäß Art. 14 DSGVO andererseits zu differenzieren ist. 5 Beispiel Erhebt der Arbeitgeber personenbezogene Daten zur Durchführung einer bAV unmittelbar bei seinem Arbeitnehmer, liegt in diesem Verhältnis eine Direkterhebung vor. Erhebt er über seinen Ar-

_____ 64 Vgl. bereits die Systematik des § 11 BDSG a.F., wobei es sich – anders als im Fall des § 4g Abs. 2 S. 2 BDSG a.F. – nicht um ein Jedermannsverzeichnis handelt.

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C. Dokumentations- und Informationspflichten

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beitnehmer zusätzlich personenbezogene Daten Dritter, z.B. über potentielle Hinterbliebene, so liegt ein Fall der Dritterhebung vor.

1. Direkterhebung Vor Geltung der DSGVO (vgl. § 4 Abs. 3 BDSG a.F.) waren neben der Identität der 82 verantwortlichen Stelle, die Zweckbestimmung der Verarbeitung sowie die Kategorien von Empfängern, soweit der Betroffene nicht mit der Übermittlung ohnehin rechnen musste, anzugeben. Nunmehr ist der Umfang der Mitteilungspflichten gemäß Art. 13 Abs. 1 DSGVO deutlich ausgeweitet worden.

a) Geschuldete Informationen Anzugeben sind die Kontaktdaten des für die Verarbeitung Verantwortlichen und 83 des Datenschutzbeauftragten (lit. a und b), so dass die Angabe alleine der Identität der verantwortlichen Stelle nicht mehr genügt. Anzugeben sind die Rechtsgrundlage und das berechtigte Interesse, sofern die Datenverarbeitung auf einem solchen beruht (lit. c und d). Ferner sind etwaige Kategorien von Empfängern der Daten (z.B. Versorgungsträger) mitzuteilen (lit. e), wie auch eine etwaige beabsichtigte Übermittlung von personenbezogenen Daten an ein Drittland oder eine internationale Organisation zu kommunizieren ist (lit. f). Zusätzlich ist nach Art. 13 Abs. 2 EU-DSGVO u.a. zu informieren über die Dauer 84 der Speicherung bzw. die Kriterien der Festlegung der Dauer (lit. a), die Betroffenenrechte wie insbesondere die Auskunfts- und Widerspruchsrechte (lit. b), die Möglichkeit eines Widerrufs (lit. c) sowie die Beschwerderechte (lit. d).

b) Zeitpunkt der Information Dabei besteht die Informationspflicht im Zeitpunkt der Erhebung, wie Art. 13 85 Abs. 1, Abs. 2 DSGVO ausdrücklich hervorheben.65 Aus Sicht des Verordnungsgebers ist also die Informationspflicht durch den Verantwortlichen zu erfüllen, bevor der avisierte Datenfluss einsetzt.66 Diese Vorstellung geht in vielen Fällen an der Lebenswirklichkeit vorbei, wie etwa der Fall einer telefonischen Beratung über die Möglichkeiten einer entgeltumwandlungsfinanzierten bAV durch einen vom Arbeitgeber beauftragten Dienstleister zeigt. Würden die Informationspflichten hier eng verstanden, wäre dieser auch aus Sicht eines Betroffenen in der Regel wünschenswerte Kommunikationsweg kaum mehr praktikabel. Eine Vorab-Information, die lediglich in gebotener Kürze (z.B. über eine Bandansage) über ggf. notwendig wer-

_____ 65 Vgl. auch Erwägungsgrund 61 DSGVO. 66 Vgl. Gola/Franck, Art. 13 Rn. 33.

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dende Speicherung personenbezogener Daten informiert, mit nachfolgend ausführlicher Information in Textform (z.B. via E-Mail), sollte nicht als unzulässig bewertet werden.67 Es kommt dann zwar unweigerlich zu einem Medienbruch innerhalb einer Unterrichtung. Die DSGVO lässt das aber zu, beinhaltet sie doch keineswegs ein Verbot entsprechender Medienbrüche bei der Erfüllung der Informationspflichten.68 3 Praxistipp Im Fall von Beschäftigungsverhältnissen ist es sinnvoll, die Unterrichtung (soweit möglich bereits unter Berücksichtigung der Datenverarbeitung zu bAV-Zwecken) als Anhang zum Arbeitsvertrag zu formulieren. Werden die Verarbeitungszwecke zu einem späteren Zeitpunkt geändert, ist aber eine gesonderte Unterrichtung vorzunehmen.

2. Dritterhebung 86 Im Falle einer Dritterhebung ergeben sich die Informationspflichten im Detail aus

Art. 14 Abs. 1, Abs. 2 DSGVO. Im Rahmen einer mittelbar durchgeführten bAV69 dürfte diese Verpflichtung vorrangig auf Seiten desjenigen Versorgungsträgers virulent werden, der bspw. im Rahmen der Vertragsanbahnungsphase Daten von Seiten des Arbeitgebers (ggf. über einen Vermittler) erhält. Während der Vertragsanbahnungsphase sollte der Arbeitgeber daher keine 87 personenbezogenen Daten seiner Beschäftigten an einen Dritten, d.h. weder an den Vermittler noch dem potentiellen Versorgungsträger, weitergeben. Denn andernfalls können Informationspflichten des Empfängers nach Art. 14 DSGVO ausgelöst werden, was – gerade in Anbahnungsphasen – unerwünscht sein kann. Unmittelbar wird der Arbeitgeber ggf. personenbezogene Daten von potentiel88 len Hinterbliebenen seiner Arbeitnehmer erheben. Der Verordnungsgeber lässt von dieser Verpflichtung, die spätestens innerhalb eines Monats nach Erlangung der personenbezogenen Daten zu erfüllen ist (vgl. Art. 14 Abs. 3 lit. a DSGVO), nur wenige Ausnahmen zu. Einschlägig sein kann im Falle einer zugesagten Hinterbliebenenversorgung 89 insbesondere Art. 14 Abs. 5 lit. a DSGVO, wonach eine Informationspflicht nicht besteht, wenn die betroffene Person bereits über die Informationen verfügt. Das wird dann der Fall sein, wenn der Hinterbliebene bspw. aufgrund vertragsgestaltender Maßnahmen, z.B. Unterzeichnung der Versorgungszusage, bereits informiert ist. Was die Einschränkung im Fall eines unverhältnismäßigen Aufwands (Art. 14 Abs. 5 lit. b DSGVO) angeht, so sollte sich der Verantwortliche auf die Anwendung

_____ 67 Verstöße des Verantwortlichen gegen seine Informationspflichten nach Art. 13 DSGVO sind gemäß Art. 83 Abs. 5 lit. b DSGVO bußgeldbewehrt. 68 Vgl. Gola/Franck, Art. 13 Rn. 34. 69 Kap. 1 Rn. 344 ff.

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D. Weitere Aspekte

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strenger Maßstäbe durch Aufsicht und/oder Rechtsprechung einstellen und sich darauf also in der Regel nicht alleine verlassen, zumal ihm die Beweislast für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands obliegt.70 Möchte sich ein Verantwortlicher aber auf den Tatbestand berufen, dann muss er im Detail ermitteln und vor allem in nachvollziehbarer Weise dokumentieren, welcher Aufwand (Stichwort: Kosten) besteht und warum dieser als unverhältnismäßig angesehen wird.

D. Weitere Aspekte D. Weitere Aspekte I. Datenschutzbeauftragter (DSB) Was die Bestellung und die Funktion eines Datenschutzbeauftragten71 angeht, so 90 gibt es weiterhin die 10 Personen-Regel. Wenn in der Regel mindestens 10 Personen ständig mit Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt sind, ist nach Art. 37 Abs. 4 DSGVO i.V.m. § 38 Abs. 1 BDSG ein DSB zu bestellen.72 Erleichterungen ergeben sich daraus, dass Unternehmensgruppen unter den 91 Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 DSGVO einen gemeinsamen DSB benennen können. Die Bestellung externer Dienstleister bleibt gemäß § 37 Abs. 6 DSGVO möglich.

II. Auftragsverarbeitung Auftragsverarbeiter ist nach Art. 4 Nr. 8 DSGVO eine Stelle, die personenbezo- 92 gene Daten im Auftrag des Verantwortlichen, z.B. eines Arbeitgebers, verarbeitet. Diese Stelle ist kein Dritter, an den der verantwortliche Arbeitgeber Daten weiterleitet, sondern in einem solchen Fall bleibt Verantwortlicher nach Art. 4 DSGVO der Arbeitgeber. Die Auftragsverarbeitung hat also einen privilegierenden Effekt, weil für die Datenübermittlung keine gesonderte Rechtsgrundlage (z.B. nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO) erforderlich ist. Hintergrund der Privilegierung ist, dass ein im Auftrag eines Anderen tätiger Dienstleister nach Art. 29 DSGVO weisungsgebunden ist. Aus diesem Grund wird die Verarbeitung durch den Auftragsverarbeiter grund- 93 sätzlich dem Verantwortlichen zugerechnet.73 Da die Gesamtverantwortung für die

_____ 70 Einen Anhaltspunkt gibt insoweit Erwägungsgrund 62, der auf die Zahl der betroffenen Personen, das Alter der Daten oder das Vorhandensein geeigneter Garantien abstellt. 71 Zu den Qualifikationsanforderungen, vgl. Art. 39 DSGVO. 72 Entsprechendes gilt nach § 38 Abs. 1 BDSG, wenn eine Datenschutz-Folgeabschätzung notwendig wird oder Daten zum Zweck der Übermittlung, der anonymisierten Übermittlung oder für Zwecke der Markt- oder Meinungsforschung verarbeitet werden.

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Datenverarbeitung und Nachweispflicht mithin auch die Verarbeitung durch den Auftragsverarbeiter erfasst, hat der Verantwortliche im eigenen Interesse eine hinreichend präzise Vereinbarung mit dem Auftragsverarbeiter abzuschließen, die u.a. berücksichtigt, ■ Gegenstand und Dauer der Verarbeitung, Art und Zweck der Verarbeitung, Art der personenbezogenen Daten und Kategorien betroffener Personen; ■ Pflichten und Rechte des Verantwortlichen; ■ klar dokumentierte Weisungsbefugnis; ■ Verpflichtung der verarbeitenden Personen zur Vertraulichkeit; ■ Einhaltung der technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Datensicherheit (Art. 32 DSGVO); ■ Verpflichtung zur Löschung bzw. Rückgabe bei Beendigung des Auftragsdatenverarbeitungsverhältnisses; ■ Unterstützung bei der Erfüllung etwaige Auskunftsansprüche und Informationen bei Verstößen (Art. 33 Abs. 2 DSGVO); ■ keine Unterbeauftragung ohne Genehmigung (Art. 28 Abs. 2 DSGVO); ■ Dokumentation und Inspektionsrechte des Verantwortlichen. 94 Hervorzuheben ist, dass der Auftragsverarbeiter, wenngleich er nicht Dritter ist, als

Empfänger nach Art. 4 Nr. 9 DSGVO eingestuft wird, so dass die Informationspflicht eingreift (vgl. Art. 13 Abs. 1 lit. e DSGVO). Für etwaige Verstöße gegenüber Betroffenen haftet der Auftragsverarbeiter mit dem Verantwortlichen gesamtschuldnerisch auf Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1, 4 DSGVO, wobei ein Rückgriffsanspruch nach Art. 82 Abs. 5 DSGVO besteht (vgl. auch Art. 28 Abs. 10 DSGVO). Nach wie vor sind im Übrigen die Grenzen dessen, was materiell-rechtlich als 95 Auftragsverarbeitung ausgestaltet werden kann, unscharf. Nach richtiger Auffassung ist nicht entscheidend, ob nur reine Hilfsfunktionen übertragen werden,74 sondern es kommt maßgeblich auf die Ausgestaltung der Übertragung an, d.h. maßgeblich ist die Weisungsunterworfenheit des Auftragsverarbeiters.75 Jedenfalls ohne Zweifel können technische Dienstleistungen für die Lohn- und Gehaltsabrechnung oder die Finanzbuchhaltung als Auftragsdatenverarbeitung ausgestaltet wer-

_____ 73 Vgl. etwa das Kurzpapier der DSK (Datenschutzkonferenz) Nr. 13 v. 16.1.2018; Privilegierung greift nicht bei gesetzlicher Geheimhaltungspflicht, Berufs- oder Amtsgeheimnissen (vgl. § 1 Abs. 2 S. 3 BDSG, wobei in der Praxis insoweit durch § 203 StGB n.F. Erleichterungen geschaffen wurden). 74 Vgl. zu einem derart engen Verständnis bezogen auf Inkassodienstleistungen auf Grundlage des BDSG a.F., OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.2.2015 – I-16 U 41/14 – ZD 2015, 336 unter Verweis auf Petri in: Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 11 Rn. 34; ein tendenziell enges Verständnis vertritt nach wie vor auch die Datenschutzaufsicht, wie aus dem Kurzpapier der DSK (Datenschutzkonferenz) Nr. 13 v. 16.1.2018 folgt. 75 Vgl. Gola/Klug, Art. 28 Rn. 5; ausführlich auch im Vergleich zur Rechtslage gemäß BDSG a.F., vgl. Kühling/Buchner/Hartung, Art. 28 Rn. 24 ff.

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D. Weitere Aspekte

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den76 Dementsprechend können auch im bAV-Bereich Dienstleister auf Grundlage einer Auftragsverarbeitung eingeschaltet werden (z.B. Zwecks Meldung von Entgeltsummen an einen Versorgungsträger), wenn und sofern es weiterhin der Verantwortliche ist, der über die Zwecke der Mittel und Verarbeitung entscheidet und die weiteren Anforderungen eingehalten werden.

III. Technischer Datenschutz Schließlich ist hervorzuheben, dass die DSGVO klar auf einen technischen Daten- 96 schutz ausgerichtet ist. Der Verantwortliche muss mithin ein angemessenes Schutzniveau für die bei ihm verarbeiteten Daten seiner Beschäftigten Gewähr leisten, das insbesondere dem derzeitigen Stand der Technik entspricht (vgl. Art. 32 DSGVO). Er muss überdies technische und organisatorische Maßnahmen (TOM) proaktiv ergreifen, um die Sicherheit der bei ihm verarbeiteten Personendaten zu gewährleisten (vgl. Art. 25 DSGVO). Praxistipp 3 Insbesondere größere Unternehmen werden sich insoweit regelmäßig einem entsprechenden ITDienstleister bedienen müssen, wobei die Rechtssicherheit durch entsprechende Zertifikate (z.B. ISO 27001) erhöht werden kann. Es ist aber zu beachten, dass entsprechende Zertifikate (vgl. Art. 42, 43 DSGVO) regelmäßig nur Teilbereiche des technischen Datenschutzes abdecken.

Von den aus dem Grundsatz der Datensicherheit resultierenden und potentiell zu 97 ergreifenden Maßnahmen in Form von Verschlüsselung, Datenstabilität, Wiederherstellbarkeit und regelmäßiger Überprüfung hervorzuheben ist insbesondere die Verschlüsselung. Auch heute noch werden in der Praxis oftmals personenbezogene Daten von Arbeitnehmern via E-Mail an Dritte oder Auftragsverarbeiter versandt. Dabei geht die Datenschutzaufsicht teilweise bereits von einer proaktiven Verschlüsselungspflicht des Verantwortlichen aus, jedenfalls wenn es um sensible personenbezogene Daten geht. Sinnvoll ist daher jedenfalls im Falle solcher Daten stets eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (z.B. S/MIME und PGP). Demgegenüber handelt es sich bei TLS um eine reine Transportverschlüsse- 98 lung. TLS baut insoweit einen Transporttunnel zwischen dem absendenden und dem empfangenden Mail-Gateway auf. Wie sicher dieser Tunnel ist, hängt zwischen den beiden Mail-Gateways vereinbarten Cipher-Suites ab. TLS ist daher überhaupt nur dann eine sichere Übertragungsmethode, wenn beide Gateways jeweils vom

_____ 76 Vgl. in diesem Sinne auch Kurzpapier der DSK (Datenschutzkonferenz) Nr. 13 v. 16.1.2018, S. 4, wobei nach dortiger Auffassung im Falle des Cloud-Computing inhaltlicher Datenzugriffe durch den Cloud-Betreiber offenbar als nicht mehr von einer EDV erfasst angesehen werden.

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Absender bzw. Empfänger auch selbst gehostet werden bzw. unter deren Kontrolle stehen. Wenn hingegen Gateways eines Dritten (z.B. web.de, gmx.de) verwandt, dann ist TLS per se keine Technologie für eine sichere Übertragung von Absender und Empfänger. Schließlich ist zu beachten, dass selbst bei Einrichtung einer Verschlüsselung 99 die Betreffzeile der jeweiligen E-Mail oftmals nicht verschlüsselt wird. Daher sollten dort jedenfalls keine sensiblen Angaben eingepflegt werden. Auch insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Dokumentationspflichten in der DSGVO von erheblicher Bedeutung sind. 3 Praxistipp Es sollte in jedem Unternehmen ein entsprechendes Dokument geben, das die Bemühungen um den technischen Datenschutz, z.B. durch Zugangs- und Zugriffkontrolle, Speicherkontrolle, Übertragungskontrolle, Wiederherstellbarkeit, Zuverlässigkeit und Datenintegrität, im Einzelnen darstellt und belegt. Auf dieses Papier kann und sollte in dem nach Art. 30 zu erstellenden Verarbeitungsverzeichnung verwiesen werden.

IV. Datenschutzfolgenabschätzung (DSFA) 100 War bereits im BDSG eine Vorabkontrolle durch den betrieblichen Datenschutz-

Beauftragten nach § 4d Abs. 5 BDSG a.F. ohne bestimmte Anforderungen an Ablauf und Dokumentation vorgesehen, so wurde mit der Datenschutzfolgenabschätzung durch die DSGVO ein förmliches Verfahren zur Risikobewertung eingeführt. Es geht darum, eine objektive sowie nachvollziehbare Bewertung von Datenver101 arbeitungspraktiken mit Blick auf verschiedene damit verbundene Interessen vorzulegen, um auf dieser Grundlage typischen Risiken mit adäquaten Gegenmaßnahmen im Sinne einer Risikominimierung begegnen zu können.77 Art. 35 Abs. 1 DSGVO stellt klar, dass eine DSFA insbesondere durchzuführen 102 ist, wenn bei Verwendung neuer Technologien unter Berücksichtigung von Art, Umfang, Umständen und Zwecken der Datenverarbeitung ein hohes Risiko besteht, dass Rechte und Freiheiten Betroffener verletzt werden. Art. 35 Abs. 3 DSGVO enthält Regelbeispiele für Durchführungspflichten einer DSFA, die allerdings für die Durchführung einer bAV unergiebig sind, da keine typischen bAV-Konstellationen erwähnt werden.78

_____ 77 Vgl. Kühling/Buchner/Jandt, Art. 35 Rn. 1. 78 Art. 35 Abs. 4 DSGVO: Die Aufsichtsbehörden erstellen und veröffentlichen Listen der Verarbeitungsvorgänge, für die eine DSFA vorzunehmen ist, was Orientierung bieten kann, Download z.B. unter: https://www.ldi.nrw.de/mainmenu_Aktuelles/submenu_EU-Datenschutzreform/Inhalt/EUDatenschutzreform/DSK_DSFA_Muss-Liste_Version_1_1_Deutsch.pdf.

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D. Weitere Aspekte

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Erkennt der Verantwortliche ein entsprechendes Risiko für die von ihm beab- 103 sichtigte (neue) Verarbeitungsvorgänge und soll eine DSFA durchgeführt werden, so ist in inhaltlicher Hinsicht Art. 35 Abs. 7 DSGVO zu beachten. Steht danach fest, dass die Verarbeitung zu einem hohen Risiko führt, ist gemäß Art. 36 DSGVO die Datenschutzaufsicht zu informieren. Es handelt sich also um die Verzahnung eines zweistufigen Verfahrens. 104 Zunächst sind die Risiken auf erster Stufe (Art. 35 Abs. 1 DSGVO) intern zu untersuchen. Bestätigt sich ein vermutetes hohes Risiko, so ist das Konsultationsverfahren nach Art. 36 DSGVO durchzuführen, d.h. die Aufsichtsbehörde ist zu informieren.

V. § 213 VVG Insbesondere im Falle einer etwaigen Leistungsprüfung durch einen externen Ver- 105 sorgungsträger, der dem Anwendungsbereich des VVG unterfällt, z.B. wenn Leistungen wegen Erwerbsunfähigkeit aus einer Direktversicherung geltend gemacht werden, kann die datenschutzrechtliche Vorschrift des § 213 VVG eine Rolle spielen. Nach dieser Norm ist die Erhebung personenbezogener Gesundheitsdaten 106 durch den Versicherer bei Dritten (Ärzten, Krankenhäusern und sonstigen Krankenanstalten, Pflegeheimen und Pflegepersonen, anderen Personenversicherern und gesetzlichen Krankenkassen sowie Berufsgenossenschaften und Behörden) nur zulässig, soweit die Kenntnis der Daten für die Beurteilung des zu versichernden Risikos oder der Leistungspflicht erforderlich ist und die betroffene Person, in der bAV mithin der versicherte Arbeitnehmer, seine Einwilligung erteilt hat. Die entsprechende Erklärung ist höchstpersönlicher Natur79 und ist vom Ar- 107 beitnehmer abzugeben. Insoweit ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet, eine generelle Einwilligungs- und Schweigepflichtsentbindungserklärung zur Datenerhebung, z.B. bei seinen behandelnden Ärzten, abzugeben. Er kann vielmehr auch eine sog. Spezialeinwilligung abgeben, wobei der Versorgungsträger diese Möglichkeit ausdrücklich anbieten muss.80 Der Arbeitnehmer kann selbstredend auch eine entsprechende Weigerung erklären. Das wird allerdings in aller Regel dazu führen, dass keine Ansprüche aus der Versorgung wirksam durchgesetzt werden können. Nach (weitestgehend)81 einhelliger Auffassung werden in einem solchen Falle Leistungen des Versicherers/der Pensionskasse nicht fällig (vgl. § 14 VVG), was auch für solche Informationen gilt, die der Versicherer zur Überprüfung etwaig vorvertragli-

_____ 79 Vgl. statt aller, HK-VVG/Muschner, § 213 Rn. 25. 80 Vgl. ausführlich und mit den entsprechenden Nachweisen aus Rechtsprechung und Entstehungsgeschichte, Britz, S. 50 ff. 81 Vgl. zu dieser Mindermeinung, Egger, VersR 2012, 810, 813; ders., VersR 2014, 1304, 1307.

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cher Anzeigepflichten in der Leistungsprüfung einholen möchte.82 Um Leistungen zu erhalten, müsste der Arbeitnehmer die erforderlichen Informationen mithin beschaffen und selbst vorlegen. Die damit verbundene zeitliche Streckung der Leistungsprüfung wäre hinzunehmen. Verweigert der Arbeitnehmer eine entsprechende Mitwirkung, vereitelt er mithin die Ansprüche gegen den externen Versorgungsträger, so wird er auch nicht gegenüber dem Arbeitgeber Leistungen durchsetzen können. 3 Praxistipp Arbeitgeber sollten im Fall einer mittelbaren Durchführung der bAV ihre Arbeitnehmer auf diese nachteilige Rechtsfolge hinweisen, was auch durch die Übermittlung der entsprechenden Formulare des Versicherers geschehen kann.

_____ 82 Vgl. mit diversen Nachweisen, BGH, Urt. v. 22.2.2017 – IV ZR 289/14 – BGHZ 214, 127, Rn. 54; s. dazu auch Britz, VersR 2015, 410, 412.

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A. Vorzeitiges Ausscheiden des Arbeitnehmers

Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung A. Vorzeitiges Ausscheiden des Arbeitnehmers

A. Vorzeitiges Ausscheiden des Arbeitnehmers https://doi.org/10.1515/9783110275247-008 Biedlingmeier

I. Unverfallbarkeit der Anwartschaften 1. Überblick Endet das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls (vorzeitiges Ausschei- 1 den), dann bleiben dem Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen seine bis dahin erdienten Anwartschaften, d.h. die Aussicht auf künftige Leistungen der bAV, erhalten. Dies bezeichnet das BetrAVG als Unverfallbarkeit der Anwartschaften. § 1b BetrAVG bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Anwartschaften vorzei- 2 tig ausgeschiedener Arbeitnehmer erhalten bleiben (Unverfallbarkeit dem Grunde nach).1 § 2 und § 2a BetrAVG beantworten die Frage nach der Höhe der unverfallbaren Anwartschaften (Unverfallbarkeit der Höhe nach).2

2. Unverfallbarkeit der Anwartschaften dem Grunde nach a) Voraussetzungen der gesetzlichen Unverfallbarkeit Eine heute erteilte arbeitgeberfinanzierte Versorgungszusage wird gesetzlich un- 3 verfallbar, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls, aber nach Vollendung des 21. Lebensjahres des Arbeitnehmers endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens drei Jahre bestanden hat (§ 1b Abs. 1 S. 1 BetrAVG). Wird die bAV durch Entgeltumwandlung finanziert, so behält der Arbeit- 4 nehmer seine Anwartschaft bei vorzeitigem Ausscheiden in jedem Fall. Sein Alter und die Zusagedauer spielen dabei – anders als bei der arbeitgeberfinanzierten Versorgung – keine Rolle, § 1b Abs. 5 S. 1 BetrAVG. Die Voraussetzungen der gesetzlichen Unverfallbarkeit, nämlich das Alter des 5 Arbeitnehmers beim vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis sowie die erforderliche Dauer des Bestands der Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt, sind vom Gesetzgeber mehrfach angepasst worden, § 30f BetrAVG. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über diese Anpassungen.

_____ 1 Rn. 3 ff. 2 Rn. 49 ff.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

Datum der Erteilung der Zusage

Arbeitgeberfinanzierung

Entgeltumwandlung

Vor dem 1.1.2001

Variante 1:

Wie bei der Arbeitgeberfinanzierung.

Das Arbeitsverhältnis endet nach Vollendung des 35. Lebensjahres. Die Zusage besteht zu diesem Zeitpunkt mindestens zehn Jahre oder alternativ drei Jahre bei einer mindestens zwölfjährigen Betriebszugehörigkeit. Variante 2: Die Versorgungszusage ist jedenfalls dann unverfallbar, wenn sie ab dem 1.1.2001 fünf Jahre bestanden hat und das Arbeitsverhältnis nach Vollendung des 30. Lebensjahres des Arbeitnehmers endet. Nach dem 31.12.2000 und vor dem 1.1.2009

Variante 1: Das Arbeitsverhältnis endet nach Vollendung des 30. Lebensjahres und die Zusage besteht zu diesem Zeitpunkt mindestens fünf Jahre.

Die Zusage ist sofort gesetzlich unverfallbar. Auf das Alter des Arbeitnehmers bei Ausscheiden und die Dauer der Zusage kommt es nicht an.

Variante 2: Die Versorgungszusage ist jedenfalls dann unverfallbar, wenn sie ab dem 1.1.2009 fünf Jahre bestanden hat und das Arbeitsverhältnis nach Vollendung des 25. Lebensjahres endet. Nach dem 31.12.2008 und vor dem 1.1.2018

Variante 1: Das Arbeitsverhältnis endet nach Vollendung des 25. Lebensjahres und die Zusage besteht zu diesem Zeitpunkt mindestens drei Jahre. Variante 2: Die Versorgungszusage ist jedenfalls dann unverfallbar, wenn sie ab dem 1.1.2018 drei Jahre bestand und das Arbeitsverhältnis nach Vollendung des 21. Lebensjahres endet.

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Die Zusage ist sofort gesetzlich unverfallbar. Auf das Alter des Arbeitnehmers bei Ausscheiden und die Dauer der Zusage kommt es nicht an.

A. Vorzeitiges Ausscheiden des Arbeitnehmers

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Der Arbeitgeber ist frei darin, in der Versorgungszusage günstigere Regelungen zu 6 treffen und z.B. auf die Einhaltung der Unverfallbarkeitsvoraussetzungen ganz zu verzichten bzw. die erforderliche Dauer für den Bestand der Versorgungszusage abzukürzen (vertragliche Unverfallbarkeit). Regelungen, die für den Arbeitnehmer ungünstiger sind, sind dagegen nichtig, § 19 Abs. 3 BetrAVG i.V.m. § 134 BGB. Lediglich Tarifvertragsparteien könne zu Lasten der Arbeitnehmer von diesen Regelungen abweichen, § 19 Abs. 1 BetrAVG.

b) Eintritt des Versorgungsfalls Die Frage nach der Unverfallbarkeit der Versorgungszusage stellt sich nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers vor Eintritt des Versorgungsfalls endet (sog. vorzeitiges Ausscheiden). Das BetrAVG definiert den Begriff „Versorgungsfall“ nicht. Da § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG die bAV jedoch als Leistungen aus Anlass des Alters, der Invalidität oder des Todes definiert, sind Versorgungsfälle im Sinne des § 1b BetrAVG ein bestimmtes Alter des Arbeitnehmers, seine Invalidität oder sein Tod.3 Unter dem Eintritt des Versorgungsfalls „Alter“ versteht das BAG das Erreichen der in der Versorgungszusage festgelegten Altersgrenze, zu der der Arbeitnehmer die Altersleistungen ungekürzt in Anspruch nehmen kann.4 Sieht die Versorgungszusage eine solche Altersgrenze nicht ausdrücklich vor, so tritt an ihre Stelle das Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung.5 Scheidet der Arbeitnehmer vorzeitig aus und nimmt er Altersleistungen der bAV vorzeitig in Anspruch, § 6 BetrAVG,6 dann ist dies zwar nach dem Verständnis des BAG kein Eintritt des Versorgungsfalls „Alter“ im Sinne des § 1b BetrAVG.7 Dennoch kommt es hier nicht darauf an, wie lange die Versorgungszusage bestanden hat, denn dem Arbeitnehmer steht der Anspruch auf die vorzeitige Altersleistung von Gesetzes wegen zu.8 Dasselbe gilt für den Fall, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 BetrAVG ab einem bestimmten Alter die Möglichkeit einräumt, Leistungen der Altersversorgung vorzeitig in Anspruch zu nehmen und er aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Den Versorgungsfall Invalidität kann der Arbeitgeber in der Versorgungszusage definieren und tut dies üblicherweise auch.9 Dabei ist er nicht verpflichtet, an

_____ 3 Kap. 1 Rn. 41 ff. 4 Kap. 1 Rn. 42. 5 BAG, Urt. v. 23.01.2001 – 3 AZR 164/00. 6 Siehe dazu Rn. 146. 7 BAG, Urt. v. 22.2.1983 – 3 AZR 546/80, BAG, Urt. v. 23.01.2001 – 3 AZR 164/00. 8 Siehe dazu Rn. 146 ff. 9 Kap. 1 Rn. 122 ff.

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die Definitionen des gesetzlichen Rentenversicherungsrechts anzuknüpfen.10 Ist der Begriff „Invalidität“ in der Versorgungszusage jedoch ausnahmsweise nicht definiert, dann wird man im Zweifel die jeweils geltenden Begriffe der gesetzlichen Rentenversicherung heranziehen müssen.11 3 Praxistipp Erteilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Direktversicherungszusage, eine Pensionskassenzusage oder eine Pensionsfondszusage, dann empfiehlt es sich, die Definition des Begriffs „Invalidität“ in der Versorgungszusage an die Definition dieses Begriffs in den Versicherungsbedingungen anzupassen oder darauf zu verweisen, so wie es in der Praxis auch regelmäßig zu beobachten ist. Dadurch wird soweit wie möglich ein Gleichlauf zwischen der Versorgungszusage und deren Finanzierung gewährleistet.12 Dasselbe empfiehlt sich bei einer kongruent durch eine Rückdeckungsversicherung finanzierten Unterstützungskassenzusage oder Direktzusage.13 11 Tritt der Versorgungsfall ein während das Arbeitsverhältnis noch besteht, wird

der Arbeitnehmer z.B. invalide, erfüllt er also die Leistungsvoraussetzungen der Versorgungszusage, dann kommt es nicht darauf an, wie lange sein Arbeitsverhältnis bestanden hat oder wie alt er ist. In diesem Fall stehen dem Arbeitnehmer bzw. im Falle seines Todes und einer bestehenden Zusage auf Hinterbliebenenversorgung seinen Hinterbliebenen Ansprüche auf Leistungen der bAV zu. c) Vollendung eines bestimmten Lebensjahres 12 Einem Arbeitnehmer bleibt die Anwartschaft auf Leistungen der bAV gemäß § 1b

Abs. 1 S. 1 BetrAVG erhalten, wenn das Arbeitsverhältnis nach Vollendung des 21. Lebensjahres endet. Wie oben in der Übersicht dargestellt, kann bei früher erteilten Zusagen ein anderes Lebensjahr maßgeblich sein.14 Die Vollendung des 21. Lebensjahres tritt am 21. Geburtstag des Arbeitneh13 mers um 0 Uhr ein, vgl. § 187 Abs. 2 BGB.15 d) Bestand der Versorgungszusage von mindestens drei Jahren aa) Grundsatz 14 Soll die Anwartschaft bei einem vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers erhal-

ten bleiben, so muss die Versorgungszusage zum Zeitpunkt des Ausscheidens des

_____ 10 BAG, Urt. v. 19.12.2000 – 3 AZR 174/00. 11 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 7 Rn. 77, Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1b Rn. 181. 12 Siehe auch Kap. 1 Rn. 347. 13 Kap. 1 Rn. 348 f. 14 Rn. 5. 15 Palandt, § 2 BetrAVG Rn. 1.

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A. Vorzeitiges Ausscheiden des Arbeitnehmers

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Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis mindestens drei Jahre bestanden haben, § 1b Abs. 1 S. 1 BetrAVG. Diese Frist beginnt mit der Erteilung der Versorgungszusage. Hier kommt es darauf an, wie die Versorgungszusage zustande kommt: Bei einer Einzelzusage ist die konkrete Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer maßgeblich. In der Regel wird der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Angebot erteilen. Mit der Annahme dieses Angebots durch den Arbeitnehmer kommt die Versorgungszusage zustande.16 Beruht die Versorgungszusage auf einer individualrechtlichen Regelung mit kollektivem Bezug, z.B. einer vertraglichen Einheitsregelung oder einer Gesamtzusage,17 dann beginnt die Frist ab dem Tag, an dem der Arbeitnehmer vom Geltungsbereich dieser Regelung erfasst wird. Dies wird in der Regel der Tag seines Diensteintritts sein.18 Das Gleiche gilt, wenn die Zusage durch eine kollektivrechtliche Regelung erteilt wird, bspw. durch eine Betriebsvereinbarung oder einen Tarifvertrag.19 Beruht die Versorgungszusage auf betrieblicher Übung oder auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung,20 dann ist sie in dem Zeitpunkt erteilt, wenn die Voraussetzungen der betrieblichen Übung bzw. des Grundsatzes der Gleichbehandlung eintreten.21 Für die Berechnung der Frist gelten die §§ 187 bis 193 BGB. Sie beginnt gemäß § 187 Abs. 2 BGB mit dem Tag, an dem die Versorgungszusage erteilt worden ist. Sie endet gemäß § 188 Abs. 2 BGB mit dem Ablauf des Tages, der drei Jahre später diesem Tag vorangeht.22 Dabei genügt es, dass die Unverfallbarkeitsfrist gleichzeitig mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abläuft.23

15 16

17

18

19

Beispiel 5 Die Zusage wird am 1.5.2018 erteilt. Die Dreijahresfrist des § 1b Abs. 1 S. 1 BetrAVG wird um 24:00 Uhr am 30.4.2021 enden.

_____ 16 Kap. 1 Rn. 591 ff.; Förster/Cisch/Karst/Löschhorn, § 1b, Rn. 9; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1b Rn. 20 ff.; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 1b Rn. 72 ff. 17 Kap. 1 Rn. 600 ff., Rn. 608 ff. 18 Förster/Cisch/Karst/Löschhorn, § 1b, Rn. 9; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1b Rn. 22 ff.; Höfer/ de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 1b Rn. 92 ff. 19 Kap. 1 Rn. 580 ff., 562 ff. 20 Kap. 1 Rn. 618 ff., 610 ff. 21 Karst/Cisch/Löschhorn, § 1b, Rn. 9; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1b Rn. 28 ff.; Höfer/de Groot/ Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 1b Rn. 107 ff., 110 ff. 22 BAG, Urt. v. 14.1.2009 – 3 AZR 529/07 – DB 2009, 2724. 23 BAG, Urt. v. 14.1.2009 – 3 AZR 529/07 – DB 2009, 2724.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

bb) Sonderfall: Vorschaltzeiten 20 Häufig sehen Versorgungsregelungen die Erteilung der Versorgungszusage nach

einer bestimmten Dauer des Arbeitsverhältnisses vor. Dies bezeichnet man als Vorschaltzeiten.24 Hier stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber durch die Regelung einer Vorschaltzeit den Beginn der Unverfallbarkeitsfrist aufschieben und sie damit faktisch verlängern kann. Das BAG hat sich schon häufig mit dieser Frage befasst und differenziert da21 nach, ob dem Arbeitgeber nach Ablauf der Vorschaltzeit noch ein Entscheidungsspielraum über die Erteilung der Versorgungszusage zusteht. Steht ihm kein Entscheidungsspielraum mehr zu, dann ist die Vorschaltzeit für den Lauf der Unverfallbarkeitsfrist irrelevant.25 5 Beispiel In der Praxis wird die Erteilung von Versorgungszusagen häufig vom erfolgreichen Ablauf der Probezeit abhängig gemacht. Besteht der Arbeitnehmer die Probezeit, wird er also in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen, dann muss der Arbeitgeber ihm in diesen Fällen die Versorgungszusage erteilen – dazu hat er sich verpflichtet. Die Unverfallbarkeitsfrist beginnt dann nicht erst mit dem Ablauf der Probezeit, sondern mit dem Diensteintritt des Arbeitnehmers. Man bezeichnet dies als „Zusage auf eine Zusage“.

cc) Sonderfall: mittelbare Durchführungswege 22 Im Unterschied zur Direktzusage bestimmt der Gesetzgeber für die mittelbaren

Durchführungswege, die Direktversicherung, die Pensionskasse, den Pensionsfonds und die Unterstützungskasse, den Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage. Bei der Direktversicherung, der Pensionskasse und dem Pensionsfonds ist dies der Versicherungsbeginn, frühestens jedoch der Beginn der Betriebszugehörigkeit, § 1b Abs. 2 und 3 BetrAVG. Bei der Unterstützungskassenzusage ist dies der Zeitpunkt, von dem an der Arbeitnehmer zum Kreis der Begünstigten der Unterstützungskasse gehört, § 1b Abs. 4 S. 2 BetrAVG. Dennoch wird man auch bei diesen Durchführungswegen von einer „Zusage 23 auf eine Zusage“ ausgehen müssen, wenn der Arbeitgeber den Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrags auf einen späteren Zeitpunkt hinausschiebt.26

_____ 24 Kap. 1 Rn. 96. 25 BAG, Urt. v. 24.2.2004 – 3 AZR 5/03. 26 BAG, Urt. v. 7.7.1977 – 3 AZR 572/76 – BetrAV 1977, 222, BAG, Urt. v. 21.8.1980 – 3 AZR 143/80, Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1b Rn. 251 und 324; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 1b Rn. 376, 384, 391; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Huber, § 1b Rn. 129, 132, 134.

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dd) Sonderfall: Wartezeiten In Versorgungszusagen finden sich zudem häufig sog. Wartezeiten.27 Das sind Re- 24 gelungen dazu, welche Mindestzeiten der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis zurückgelegt haben muss oder welches Alter er erreicht haben muss, um die Versorgungsleistung zu erhalten. Während die Vorschaltzeit die Erteilung der Versorgungszusage auf einen spä- 25 teren Zeitpunkt als den Beginn des Arbeitsverhältnisses hinausschiebt, „schiebt“ die Wartezeit den Zeitpunkt der Leistung aus der Versorgungszusage hinaus. Beispiel 5 Die Versorgungszusage kann vorsehen, dass ein Anspruch auf Invaliditätsleistungen erst nach 10 Jahren Betriebszugehörigkeit entsteht.28 Wird der Arbeitnehmer z.B. nach 7 Jahren Betriebszugehörigkeit invalide, dann steht ihm ein Anspruch auf Leistungen nicht zu.

Wartezeiten sind grundsätzlich zulässig, sie ändern jedoch nichts am Lauf der Un- 26 verfallbarkeitsfrist, § 1b Abs. 1 S. 5 BetrAVG. Überschreiten sie die Dreijahresfrist des § 1b Abs. 1 S. 1 BetrAVG, so können sie auch außerhalb des Unternehmens abgeleistet werden, wenn ihre Erfüllung bei einem unterstellten weiteren Verbleib des Arbeitsnehmers beim Arbeitgeber möglich gewesen wäre.29 Die Vereinbarung von Wartezeiten wirft allerdings die Frage nach deren Ver- 27 einbarkeit mit dem Verbot der Altersdiskriminierung nach dem AGG auf.30 So sehen Versorgungsregelungen manchmal vor, dass Mitarbeiter eine Mindestbetriebszugehörigkeit haben müssen, um arbeitgeberfinanzierte Leistungen zu erhalten. Diese der Formulierung nach neutralen Regelungen führen vor allem bei älteren Arbeitnehmern zu einem faktischen Ausschluss von Leistungen der bAV. Arbeitgeber dürfen nach Rechtsprechung des BAG grundsätzlich Mindestbe- 28 triebszugehörigkeiten für den Bezug von arbeitgeberfinanzierten Leistungen der bAV festlegen. Denn bei freiwilligen zusätzlichen Leistungen wie der arbeitgeberfinanzierten bAV steht ihnen ein Gestaltungs- und Ermessensspielraum zu.31 Bei der Festlegung der Mindestbetriebszugehörigkeiten müssen sie jedoch die Belange der Arbeitnehmer, sowie den Versorgungs-, und Entgeltcharakter der bAV berücksichtigen.32

_____ 27 Siehe auch Kap. 1 Rn. 95. 28 BAG, Urt. v. 19.12.2000 – 3 AZR 174/00 – DB 2002, 226. 29 BAG, Urt. v. 18.3.1986 – 3 AZR 641/84 – BetrAV 1986, 206. 30 Kap. 1 Rn. 652. 31 BAG, Urt. v. 12.02.2013 – 3 AZR 100/11 – BetrAV 2013, 2540. 32 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 65 ff.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

ee) Änderungen von Versorgungszusagen 29 Änderungen der Versorgungszusage oder deren Übernahme durch eine andere

Person unterbrechen den Lauf der Unverfallbarkeitsfristen nicht, § 1b Abs. 1 S. 3 BetrAVG. Eine Änderung der Versorgungszusage etwa durch Erhöhung der Leistung soll 30 nach dem Willen des Gesetzgebers keinen Einfluss auf die Unverfallbarkeitsfristen haben.33 Das gilt nicht nur für die Erhöhung der Leistung, sondern für sonstige Änderungen der Leistungsvoraussetzungen wie z.B. der Fälligkeit der Leistung oder die Änderung der Leistungsart.34 Auch dann, wenn der Arbeitgeber den Durchführungsweg wechselt, z.B. eine Pensionszusage im Wege der sog. Neuordnung durch eine Kombination aus Pensionsfonds (Past-Service) und Unterstützungskasse (Future-Service) ablöst, bleibt der Lauf der Unverfallbarkeitsfristen ununterbrochen.35 Wird neben der bestehenden Versorgungszusage dem Arbeitnehmer eine wei31 tere Versorgungszusage erteilt, dann stellt sich die Frage, ob es sich dabei um eine Änderung der bestehenden oder um eine von dieser unabhängige, neue Zusage handelt. Im ersten Fall ist für den Lauf der Unverfallbarkeitsfristen der Zeitpunkt der Erteilung der ersten Zusage maßgeblich. Im zweiten Fall laufen die Unverfallbarkeitsfristen für beide Zusagen unabhängig voneinander. Die Frage, ob eine weitere Zusage den Lauf der Unverfallbarkeitsfristen neu aus32 löst, kann nicht pauschal beantwortet werden – es kommt stets auf die Umstände des konkreten Einzelfalls an. Selbst eine weitere Zusage in einem anderen Durchführungsweg kann lediglich als Änderung der ursprünglichen Zusage angesehen werden.36 Entscheidend sind die zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer getroffenen Vereinbarungen und ggf. weitere Umstände. 5 Beispiel Nimmt der Arbeitnehmer eine neue Position im Unternehmen ein, wird er Prokurist oder Geschäftsführer (sog. Statuswechsel) und erhält er eine mit dieser Position verbundene zusätzliche Zusage, dann wird man sie unabhängig von einer vorangegangenen Zusage betrachten können. Die Unverfallbarkeitsfristen dieser Zusage beginnen mit deren Erteilung.37 33 Die Versorgungszusage kann bei Arbeitgeberwechsel durch einen dreiseitigen

Vertrag zwischen dem Arbeitnehmer, seinem ehemaligen Arbeitgeber und seinem

_____ 33 BT-Drucks. 7/1281, 23. 34 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1b Rn. 117; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 1b Rn. 136; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Huber, § 1b Rn. 68. 35 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1b Rn. 116; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 1b Rn. 143 ff.; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Huber, § 1b Rn. 68. 36 BAG, Urt. v. 28.4.1992 – 3 AZR 354/91 – BetrAV 1992, 229. 37 Ähnlich Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1b Rn. 122; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/BetzRehm/Huber, § 1b Rn. 71.

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neuen Arbeitgeber von diesem übernommen werden, § 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BetrAVG.38 Geschieht dies, bevor die gesetzlichen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen erfüllt sind, dann unterbricht die Übernahme deren Lauf nicht, § 1b Abs. 1 S. 3 BetrAVG. Bei einem Betriebsübergang wird diese Rechtsfolge durch § 613a BGB herbeigeführt.39

ff) Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses und ihr Einfluss auf die Zusagedauer Ruht das Arbeitsverhältnis, entfallen also ohne Beendigung des Arbeitsverhält- 34 nisses die wechselseitigen Hauptpflichten des Arbeitgebers (z.B. die Pflicht zur Vergütung) und des Arbeitnehmers (das Erbringen der vereinbarten Arbeitsleistung), dann laufen die Unverfallbarkeitsfristen weiter, das Ruhen des Arbeitsverhältnisses unterbricht sie nicht.40 Das gilt bspw. für die gesetzliche Elternzeit. Die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt grundsätzlich zu ei- 35 ner Unterbrechung der Unverfallbarkeitsfrist.41 Ausnahmsweise kommt nach der Rechtsprechung des BAG jedoch eine Anrechnung von früheren Beschäftigungszeiten in Betracht. Sie setzt allerdings voraus, dass ein Arbeitsverhältnis sich nahtlos an das andere anschließt, ihm somit unmittelbar vorangeht und beide von einer Versorgungszusage des jeweiligen Arbeitgebers begleitet werden.42 Scheidet der Arbeitnehmer aufgrund einer Vorruhestandsregelung aus,43 so 36 behält er seine Anwartschaft unabhängig davon, ob die Unverfallbarkeitsfristen zum Zeitpunkt des Ausscheidens erfüllt sind oder nicht, §1b Abs. 1 S. 2 BetrAVG. Voraussetzung für den Erhalt der Anwartschaft ist allerdings, dass der Arbeitnehmer ohne das Ausscheiden die Voraussetzungen für die Leistung der bAV, bspw. Wartezeiten, hätte erfüllen können. Mit dieser Regelung sollen Vorruhestandsregelungen unterstützt werden.

_____ 38 Rn. 459 ff. 39 Kap. 9 Rn. 105. 40 BAG, Urt. v. 21.01.2003 – 3 AZR 11/02 – DB 2003, 2711. 41 BAG, Urt. v. 22.2.2000 – 3 AZR 4/99 – DB 2001, 2203; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1b Rn. 62; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Huber, § 1b Rn. 31. 42 BAG, Urt. v. 22.2.2000 – 3 AZR 4/99 – DB 2001, 2203; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 1b Rn. 63; Höfer/ de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 1b Rn. 189 ff. 43 Kap. 1 Rn. 241 ff.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

e) Besonderheiten der einzelnen Durchführungswege – arbeitgeberfinanzierte Versorgung aa) Direktzusage, Pensionskasse und Pensionsfonds 37 Für die Direktzusage die Pensionskasse und den Pensionsfonds gelten die oben dargestellten Grundsätze ohne Einschränkungen und ohne zusätzliche Besonderheiten.

bb) Direktversicherung 38 Ist eine arbeitgeberfinanzierte Versorgungszusage auf Leistungen der Direktversi-

cherung gesetzlich unverfallbar, so legt § 1b Abs. 2 BetrAVG dem Arbeitgeber zusätzliche Pflichten auf.44 Zum einen darf der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer des Lebensversiche39 rungsvertrags das zu Gunsten des Arbeitnehmers eingeräumte Bezugsrecht nicht mehr widerrufen. Ist das Bezugsrecht auflösend bedingt vereinbart, darf die auflösende Bedingung nicht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der Unverfallbarkeitsfristen eintreten. Eine abweichende Vereinbarung ist nichtig, § 1b Abs. 2 S. 2 BetrAVG, § 134 BGB. Hat der Arbeitgeber zum anderen die Ansprüche aus dem Versicherungsver40 trag abgetreten oder beliehen, dann ist er bei Eintritt des Versorgungsfalls verpflichtet, den Arbeitnehmer so zu stellen, als wäre die Abtretung oder Beleihung nicht erfolgt, § 1b Abs. 2 S. 3 BetrAVG.45 Mit diesen beiden Voraussetzungen möchte der Gesetzgeber verhindern, dass 41 der Arbeitgeber den Versicherungsvertrag nach Eintritt gesetzlicher Unverfallbarkeit wirtschaftlich für sich nutzt und dem Versorgungsberechtigten daraus Nachteile entstehen.

cc) Unterstützungskasse 42 Die Unterstützungskasse ist definiert als eine rechtsfähige Versorgungseinrich-

tung, die auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewährt, § 1b Abs. 4 BetrAVG.46 Deshalb kann der Gesetzgeber hier nicht von aufrecht zu erhaltenden Anwartschaften sprechen. Um eine Gleichbehandlung der Durchführungswege sicherzustellen, stellt er in § 1b Abs. 4 S. 1 BetrAVG Arbeitnehmer, die vor Eintritt des Versorgungsfalls aber nach Vollendung des 21. Lebensjahres ausscheiden und deren Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens drei Jahre bestanden

_____ 44 Siehe dazu auch Kap. 1 Rn. 386 ff. sowie Kap. 6 Rn. 281 ff. 45 Kap. 1 Rn. 383. 46 Siehe vertiefend Kap. 1 Rn. 448.

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hat, dem Unternehmen angehörenden Arbeitnehmern gleich. Im Ergebnis besteht damit kein sachlicher Unterschied zur Unverfallbarkeit der Anwartschaften bei einer Direktzusage.

dd) Durch Entgeltumwandlung und durch Eigenbeiträge finanzierte Versorgungszusagen Wird eine Versorgungszusage durch Entgeltumwandlung finanziert, dann sind die 43 Anwartschaften der Arbeitnehmer unabhängig von deren Alter und der Dauer des Bestands der Versorgungszusage sofort unverfallbar, § 1b Abs. 5 BetrAVG. Besonderheiten gelten für die versicherungsförmigen Durchführungswege, also 44 für Direktversicherungs-, Pensionskassen- und Pensionsfondszusagen: Der Arbeitgeber ist hier zur wirtschaftlichen Nutzung des jeweiligen Vertrags (auch schon vor einem möglichen vorzeitigen Ausscheiden) nicht befugt. Daher müssen gemäß § 1b Abs. 5 S. 1 Nr.1 bis 3 BetrAVG ■ Überschussanteile (§ 153 VVG) von Beginn der Beitragszahlung an nur zur Verbesserung der Leistung verwendet werden ■ ausgeschiedene Arbeitnehmer das Recht haben, nach Ausscheiden die Direktversicherung mit eigenen Beiträgen fortsetzen zu können ■ müssen Rechte zur Verpfändung, Abtretung oder Beleihung des Vertrags durch den Arbeitgeber ausgeschlossen sein. Bei einer Direktversicherung ist der Arbeitgeber zudem dazu verpflichtet, dem Ar- 45 beitnehmer mit Beginn der Entgeltumwandlung ein unwiderrufliches Bezugsrecht nach § 159 Abs. 3 VVG einzuräumen, § 1b Abs. 5 S. 2 BetrAVG.47 Diese Regelungen zur Entgeltumwandlung sind entsprechend anwendbar auf 46 die aus eigenen Beiträgen des Arbeitnehmers gemäß § 1a Abs. 4 BetrAVG finanzierte Anwartschaften (sog. Eigenbeiträge).

f) Reine Beitragszusage Auf die reine Beitragszusage ist § 1b Abs. 1 BetrAVG nicht anwendbar, § 1 Abs. 2 47 Nr. 2a BetrAVG. Die Anwartschaft auf eine Altersrente aus einer reinen Beitragszusage ist sofort gesetzlich unverfallbar, § 22 Abs. 2 S. 1 BetrAVG. Dabei differenziert der Gesetzgeber nicht zwischen einer durch den Arbeitgeber und einer durch den Arbeitnehmer finanzierten Versorgung – die sofortige Unverfallbarkeit gilt unabhängig von der Art ihrer Finanzierung.48

_____ 47 Siehe vertiefend Kap. 1 Rn. 386 ff., Kap. 6 Rn. 162 ff. 48 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 22, Rn. 48, 50.

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Die Unverfallbarkeit der Leistungen der Hinterbliebenen- und Berufsunfähigkeitsversorgung ist dagegen im Gesetz nicht vorgesehen. Im Umkehrschluss zur ausdrücklich geregelten Unverfallbarkeit der Altersleistungen ist davon auszugehen, dass Hinterbliebenen- und Berufsunfähigkeitsleistungen nicht von Gesetzes wegen unverfallbar werden.49 Den Tarifvertragsparteien ist es indes unbenommen, deren Unverfallbarkeit nach eigenen Vorstellungen zu regeln.50 Wenn aber der Tarifvertrag dazu nichts bestimmt, verfallen diese Anwartschaften bei einem vorzeitigen Ausscheiden, übrigens auch im Falle einer Entgeltumwandlung.51

3. Unverfallbarkeit der Anwartschaft der Höhe nach a) Überblick 49 Bei der Berechnung der Höhe unverfallbarer Anwartschaften differenziert der Gesetzgeber zwischen den Durchführungswegen, Zusagearten und der Art der Finanzierung. ■ Für arbeitgeberfinanzierte Leistungszusagen in den Durchführungswegen Direktzusage, Pensionsfonds und Unterstützungskasse gilt das sog. ratierliche Verfahren (auch genannt m/n-tel-Verfahren oder pro-rata-temporis-Verfahren), § 2 Abs. 1 BetrAVG.52 ■ Bei arbeitgeberfinanzierten beitragsorientierten Leistungszusagen und durch Entgeltumwandlung finanzierten Versorgungszusagen in den Durchführungswegen Direktzusage, Pensionsfonds und Unterstützungskasse tritt an Stelle des ratierlichen Verfahrens die Anwartschaft auf Leistungen aus den bis zum Ausscheiden des Arbeitnehmers umgewandelten Entgeltbestandteilen bzw. eingezahlten Beiträgen, § 2 Abs. 5 BetrAVG.53 ■ Bei arbeitgeberfinanzierten Direktversicherungs- und Pensionskassenzusagen kann der Arbeitgeber von der ratierlichen Berechnung der Leistung unter bestimmten Voraussetzungen abweichen und seine Verpflichtung auf die Leistung der Direktversicherung oder Pensionskasse begrenzen, § 2 Abs. und 3 BetrAVG. Dies gilt sowohl für Leistungszusagen als auch für beitragsorientierte Leistungszusagen.54

_____ 49 Siehe auch Kap. 1 Rn. 545. 50 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 22, Rn. 48, 50, BT-Drucks. 18/11286 S. 43: „Die sofortige Unverfallbarkeit wird als gesetzliche Mindestschutznorm auf den Fall der Altersrentenanwartschaft beschränkt. Damit wird den Tarifvertragsparteien im Hinblick auf Invaliditäts- oder Hinterbliebenenrentenanwartschaften Spielraum für passgenaue und effiziente Lösungsmöglichkeiten im Sinne der Beschäftigten eröffnet.“ 51 Ulbrich, BB 2017, 2423, 2425. 52 Rn. 51 ff. 53 Rn. 67 ff. 54 Rn. 69 ff.

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A. Vorzeitiges Ausscheiden des Arbeitnehmers









Bei durch Entgeltumwandlung finanzierten Versorgungszusagen in den Durchführungswegen Direktversicherung und Pensionskasse beschränkt sich die Leistungspflicht auf die bis zum Ausscheiden des Arbeitnehmers finanzierte Versicherungsleistung.55 Bei Beitragszusagen mit Mindestleistung regelt § 2 Abs. 6 BetrAVG, dass der Arbeitgeber mindestens die Summe der bis zum Ausscheiden zugesagten Beiträge schuldet, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden.56 Bei einer reinen Beitragszusage erbringt die Versorgungseinrichtung bei vorzeitigem Ausscheiden des Arbeitnehmers nach § 22 BetrAVG eine Leistung auf der Grundlage des planmäßig zuzurechnenden Versorgungskapitals; die Erträge der Versorgungseinrichtung müssen gemäß § 22 Abs. 2 BetrAVG auch dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer zugutekommen.57 Für die Berechnung der unverfallbaren Anwartschaften sind grundsätzlich Versorgungsregelungen und Bemessungsgrundlagen im Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers maßgeblich. Von diesem Grundsatz hat der Gesetzgeber in Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie Ausnahmen geregelt, § 2a Betr AVG.58

Schließlich ist der Arbeitgeber auch mit Blick auf die Höhe einer unverfallbaren 50 Anwartschaft frei, den Arbeitnehmer besser zu stellen, als es das Gesetz vorsieht. Regelungen, die für den Arbeitnehmer ungünstiger sind, sind dagegen nichtig, § 19 Abs. 3 BetrAVG i.V.m. § 134 BGB.59 Lediglich Tarifvertragsparteien könne zu Lasten der Arbeitnehmer von diesen Regelungen abweichen, § 19 Abs. 1 BetrAVG.60

b) Arbeitgeberfinanzierte Leistungszusagen (Direktzusage, Pensionsfonds und Unterstützungskasse) aa) Grundsatz Ein vorzeitig ausgeschiedener Arbeitnehmer bzw. seine Hinterbliebenen haben im 51 Falle eines vorzeitigen Ausscheidens des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch in Höhe eines Teiles der ihnen ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistung. Dieser Teil ergibt sich aus der Multiplikation der fikti-

_____ 55 Rn. 84 ff. 56 Rn. 91 ff. 57 Rn. 93. 58 Rn. 94 ff. 59 Siehe auch Kap. 1 Rn. 318 ff. 60 Siehe auch Kap. 1 Rn. 322 ff.

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ven vollen Versorgungsleistung (dazu dd) mit dem Verhältnis der tatsächlichen Dauer der Betriebszugehörigkeit (Zähler = m, dazu bb)) zu der möglichen Betriebszugehörigkeit (Nenner = n, dazu cc), daher kommt die Bezeichnung m/n-tel-Verfahren).

bb) Tatsächliche Betriebszugehörigkeit 52 Für die Berechnung der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit ist grundsätzlich der

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Beginn des Arbeitsverhältnisses beim konkreten Arbeitgeber maßgeblich, der die Versorgungszusage erteilt hat. Ausnahmsweise können auch vor Beginn des Arbeitsverhältnisses liegende Dienstzeiten angerechnet werden. Vereinzelt geschieht dies bereits aufgrund Gesetzes.61 Geht ein Arbeitsverhältnis aufgrund eines Rechtsgeschäfts, z.B. eines Unternehmenskaufs auf einen neuen Arbeitgeber über, dann tritt der Erwerber in die bestehenden Anwartschaften ein, § 613a BGB (Betriebsübergang).62 Die bisherige Betriebszugehörigkeit wird automatisch angerechnet. 63 Bei einem Übergang des Arbeitsverhältnisses im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (z.B. bei Erbschaft oder aufgrund von Umwandlung), bleiben die Arbeitsverhältnisse unverändert erhalten; es bleibt somit beim ursprünglichen Beginn der Betriebszugehörigkeit. Darüber hinaus werden frühere Beschäftigungszeiten bei der Berechnung der gesetzlichen Unverfallbarkeit nach Rechtsprechung des BAG zwar grundsätzlich nicht berücksichtigt. Hiervon macht die Rechtsprechung allerdings Ausnahmen.64 Die Frage nach der Anrechnung früherer Beschäftigungszeiten wird insbesondere dann aufgeworfen, wenn der Arbeitnehmer mehrere befristete Arbeitsverhältnisse bei dem Arbeitgeber hatte. Gehen sie lückenlos ineinander über und werden sie jeweils von einer Versorgungszusage des Arbeitgebers begleitet, dann ist der Beginn des ersten befristeten Arbeitsverhältnisses als Zeitpunkt für den Beginn der Betriebszugehörigkeit heranzuziehen.65 Bestehen zwischen den einzelnen befristeten Arbeitsverhältnissen allerdings Unterbrechungen, dann wird man die Rechtsprechung des BAG so verstehen müssen, dass die für die Berechnung maßgebliche Betriebszugehörigkeit mit Beginn des letzten Arbeitsverhältnisses beginnt und eine

_____ 61 Vgl. z.B. für Mitglieder des Bundestages § 2 AbgG, oder § 12 Abs. 1 ArbPlSchG bei Einberufung zum Wehrdienst, vgl. auch § 10 Abs. 2 S. 2 MuSchG. 62 Kap. 9 Rn. 105 ff. 63 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 2, Rn. 57; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 2 Rn. 27, 1b Rn. 222; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 2 Rn. 65. 64 BAG, Urt. v. 22.2.2000 – 3 AZR 4/99 – DB 2001, 2203. 65 BAG, Urt. v. 22.2.2000 – 3 AZR 4/99 – DB 2001, 2203, Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 2, Rn. 67; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 1b Rn. 259.

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Anrechnung vorangegangener befristeter Arbeitsverhältnisse nicht stattfindet. In der Literatur wird dies zum Teil anders gesehen.66 Die tatsächliche Betriebszugehörigkeit endet mit der Beendigung des Arbeits- 57 verhältnisses.

cc) Mögliche Betriebszugehörigkeit Das Gesetz definiert die mögliche Betriebszugehörigkeit als die Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (gesetzliche Regelaltersgrenze). An die Stelle des Erreichens der Regelaltersgrenze tritt ein früherer Zeitpunkt, wenn dieser in der Versorgungsregelung als feste Altersgrenze vorgesehen ist. Scheidet der Arbeitnehmer aus und nimmt eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung für besonders langjährig Versicherte in Anspruch, dann gilt spätestens der Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres als Ende der möglichen Betriebszugehörigkeit, § 2 Abs. 1 S. 1 BetrAVG. Zum Beginn der möglichen Betriebszugehörigkeit gilt das oben Gesagte.67 § 2 Abs. S. 1 BetrAVG knüpft wie dargestellt zunächst an die gesetzliche Regelaltersgrenze an. Bis Ende 2007 lag diese bei der Vollendung des 65. Lebensjahres. Das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz hat sie auf das 67. Lebensjahr angehoben und für Geburtsjahrgänge 1947 bis 1963 Übergangsregelungen geschaffen, § 235 Abs. 2 SGB VI. Sieht die Versorgungsregelung (Zusage) einen früheren Zeitpunkt für den Bezug der Altersleistung vor, dann tritt dieser gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 BetrAVG an die Stelle der gesetzlichen Regelaltersgrenze. Eine solche Situation liegt nach BAG dann vor, wenn die Versorgungszusage vorsieht, dass der Arbeitnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Vollendung der gesetzlichen Regelaltersgrenze mit einer ungekürzten Betriebsrente in den Ruhestand treten soll.68 Damit ist weder die vorzeitige Altersleistung nach § 6 BetrAVG, noch eine ggf. vom Arbeitgeber in der Versorgungszusage freiwillig eingeräumte Möglichkeit einer vorzeitigen Altersleistung mit Abschlägen gemeint. Sieht eine vor dem 1.1.2008 vereinbarte Versorgungsregelung das 65. Lebensjahr als feste Altersgrenze vor, so kann das zweierlei bedeuten: Der Arbeitgeber kann damit – deklaratorisch – die jeweils maßgebliche gesetzliche Regelaltersgrenze (seinerzeit das 65. Lebensjahr) gemeint und lediglich zur Klarheit das seinerzeit maßgebliche Alter in seine Versorgungsregelung aufgenommen haben. Er kann aber auch – konstitutiv – konkret das 65. Lebensjahr gemeint haben.

_____ 66 Blomeyer/Otto/Rolfs/Rolfs, § 2, Rn. 69. 67 Rn. 52 ff. 68 BAG, Urt. v. 22.2.1983 – 3 AZR 546/80 – BetrAV 1983, 206.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

Das BAG hatte bereits mehrfach derartige Versorgungsregelungen zu beurteilen.69 Durch Auslegung kam es in den konkreten Fallkonstellationen zum Ergebnis, dass der Arbeitgeber trotz der ausdrücklichen Nennung des 65. Lebensjahres das Renteneintrittsalter in der bAV an die jeweilige gesetzliche Regelaltersgrenze koppeln wollte. Die Entscheidungen des BAG sind allerdings nicht so weit auszulegen, dass bei 64 jeder vor dem 1.1.2008 erlassenen Versorgungsordnung, die das 65. Lebensjahr als Renteneintrittsalter vorsieht, automatisch eine Bezugnahme auf die gesetzliche Regelaltersgrenze angenommen werden muss. Entscheidend ist stets der konkrete Einzelfall.70 63

dd) Höhe der vollen Versorgungsleistung 65 Steht sowohl die tatsächliche als auch die mögliche Betriebszugehörigkeit des Ar-

beitnehmers fest, so muss ermittelt werden, wie hoch sein Leistungsanspruch bei Erfüllung der möglichen Betriebszugehörigkeit wäre. § 2 Abs. 1 S. 1 BetrAVG spricht hier von der „ohne das vorherige Ausscheiden zustehende[n] Leistung“. Maßgeblich ist die Höhe der Leistung, die der Arbeitnehmer bei unterstellter Betriebstreue bis zur relevanten Altersgrenze erhalten hätte. Die Höhe des Anspruchs ergibt sich aus der Versorgungsregelung, d.h. aus der 66 Versorgungszusage. Im ersten Schritt sind dabei die Umstände (Versorgungsregelung und Bemessungsgrundlagen) im Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers maßgeblich. Ob nach seinem Ausscheiden eingetretene Veränderungen zu berücksichtigen sind, regelt § 2a BetrAVG.71 5 Beispiel In der Praxis existiert eine große Bandbreite an Versorgungsordnungen mit sehr unterschiedlichen Formeln zur Bemessung der Leistung.72 Hier werden daher lediglich einige beispielhaft aufgegriffen: Die Leistung kann als nominales Anrecht (Festbetragszusage) festgelegt werden: Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf eine monatliche Rente in Höhe von 200,00 €, wenn er nach Erreichen des 65. Lebensjahres aus den Diensten der Firma ausscheidet. Die Höhe der vollen Versorgungsleistung steht daher fest. Die Leistung kann einen anfänglichen Betrag vorsehen, der mit fortschreitender Dienstzugehörigkeit des Arbeitnehmers steigt. Sie kann sich z.B. nach drei Jahren Dienstzugehörigkeit um 50 €, nach fünf Jahren Dienstzugehörigkeit um weitere 50 € erhöhen. Auch hier kann die mögliche Leistung unschwer berechnet werden.

_____ 69 BAG, Urt. v. 15.5.2012 – 3 AZR 11/10 – DB 2012, 1756, BAG, Urt. v. 10.3.2015 – 3 AZR 56/14 – BetrAV 2015, 606, BAG, Urt. v. 25.4.2017 – 3 AZR 540/15 – BetrAV 2017, 542. 70 Karst/Cisch/Jumpertz, § 2 BetrAVG Rn. 13; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 2 Rn. 62; für eine automatische Erhöhung und damit anders Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/ Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 2 Rn. 28, siehe auch Kap. 1 Rn. 78. 71 Rn. 94 ff. 72 Siehe bspw. zur Bemessung der Höhe der Altersleistung Kap. 1 Rn. 100 ff.

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Die Leistung kann an die Gehaltsentwicklung des Arbeitnehmers gekoppelt sein, so bspw. in endgehaltsabhängigen Zusagen. Die fiktive Einkommensentwicklung des Arbeitnehmers ist zum Zeitpunkt seines Ausscheidens nicht bekannt und ist bei der Berechnung der Höhe seiner unverfallbaren Anwartschaft zunächst außer Acht zu lassen.73

c) Arbeitgeberfinanzierte beitragsorientierte Leistungszusage und durch Entgeltumwandlung finanzierte Versorgungen (Direktzusage, Pensionsfonds und Unterstützungskasse) Für Zusagen durch Entgeltumwandlung und beitragsorientierte Leistungszusagen 67 sieht § 2 Abs. 5 BetrAVG eine andere Methode für die Berechnung der Höhe unverfallbarer Anwartschaften vor. An Stelle der ratierlich berechneten Anwartschaft tritt die Anwartschaft auf Leistung aus den bis zum Ausscheiden des Arbeitnehmers umgewandelten Entgeltbestandteilen bzw. bis zu diesem Zeitpunkt aufgebrachten Beiträgen. Die vom Zeitpunkt der Versorgungszusage bis zum Ausscheiden des Arbeit- 68 nehmers zu erbringende Beiträge werden nach den in der Versorgungszusage festgelegten Grundsätzen in eine Anwartschaft umgerechnet.74 Eine Entgeltumwandlung muss zudem wertgleich sein, § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG.75

d) Durchführungswege Direktversicherung und Pensionskasse Wenn eine Versorgungszusage über die Durchführungswege Direktversicherung 69 und Pensionskasse umgesetzt wird, so sind einige Besonderheiten zu beachten.

aa) Leistungszusagen und beitragsorientierte Leistungszusagen (arbeitgeberfinanziert) Das versicherungsförmige Verfahren Arbeitgeber wählen den Durchführungsweg Direktversicherung oder Pensionskasse 70 untern anderem, um eine Planbarkeit und Finanzierbarkeit der zugesagten Leistungen sicherzustellen. Der Gesetzgeber kommt ihnen entgegen, indem er bei vorzeitigem Ausscheiden des Arbeitnehmers das sog. versicherungsförmige Verfahren (auch genannt versicherungsförmige Lösung, Anspruchsbegrenzung oder Ersatzverfahren) zulässt, vgl. § 2 Abs. 2 S. 2 und § 2 Abs. 3 S. 2 BetrAVG. Demnach kann der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf die Leistung der Direkt-

_____ 73 Siehe zur Dynamisierung der Anwartschaften Rn. 94 ff. 74 Vgl. Kap. 1 Rn. 485 ff. 75 Vgl. Kap. 1 Rn. 192 ff.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

versicherung oder Pensionskasse beschränken, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: ■ Das Bezugsrecht des Arbeitnehmers aus der Direktversicherung muss spätestens nach 3 Monaten seit seinem Ausscheiden unwiderruflich sein, ■ eine Abtretung oder Beleihung des Rechts aus dem Versicherungsvertrag durch den Arbeitgeber und Beitragsrückstände dürfen nicht vorhanden sein. In der Praxis sind arbeitsrechtliche Zusagen auf Leistungen der Direktversicherung häufig so gestaltet, dass das Bezugsrecht unmittelbar mit Eintritt der gesetzlichen Unverfallbarkeit unwiderruflich wird. ■ Zudem dürfen vom Beginn der Direktversicherung oder Pensionskassenversorgung, frühestens jedoch vom Beginn der Betriebszugehörigkeit an, die Überschussanteile nach dem Versicherungsvertrag nur zur Verbesserung der Versicherungsleistung verwendet werden. Die Überschüsse verbessern die Versicherungsleistung bspw. dann nicht, wenn sie mit fällig werdenden Beiträgen verrechnet werden.76 ■ Der Arbeitnehmer muss darüber hinaus die Möglichkeit haben, den Versicherungs- bzw. Pensionskassenvertrag mit eigenen Beiträgen fortzusetzen. 3 Praxistipp In der Praxis wird mit dem Ausscheiden häufig auch die Versicherungsnehmereigenschaft auf den Arbeitnehmern übertragen.77 Dies ist zulässig78 und für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen praktisch, denn der Versicherer kommuniziert dann ausschließlich mit dem Arbeitnehmer als seinem Versicherungsnehmer. Der Arbeitgeber erteilt in der Regel bereits bei Abschluss des Versicherungsvertrags seine Einwilligung zur Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft und hat insoweit keinen Verwaltungsaufwand mehr. Einen gesetzlichen Anspruch auf die Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft hat der Arbeitnehmer indes nicht – das BetrAVG räumt ihm lediglich den Anspruch ein, Beiträge in den Versicherungsvertrag zu bezahlen. Das Fortsetzungsrecht setzt nicht voraus, dass der Versicherungsvertrag zu den gleichen Konditionen fortgesetzt wird. So erhält der Arbeitgeber häufig bei Kollektivlebensversicherungen günstigere Konditionen.79 Auf die Fortsetzung des Versicherungsvertrags zu diesen Konditionen hat der Arbeitnehmer nach dem BetrAVG keinen Anspruch.80

Erklärung der versicherungsförmigen Lösung – alte Rechtslage 71 Die alte Fassung des § 2 Abs. 2 S. 3 BetrAVG sah als zusätzliche Voraussetzung der

versicherungsförmigen Lösung eine entsprechende Erklärung voraus. Der Arbeitge-

_____ 76 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 2 Rn. 217; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/KistersKölkes, § 2 Rn. 153; siehe zur Frage der Überschussverwendung auch Kap. 6 Rn. 259 ff. 77 Siehe dazu Kap. 6 Rn. 273 ff. 78 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 2 Rn. 227; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 2 Rn. 218; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 2 Rn. 159. 79 Kap. 6 Rn. 309 ff. 80 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 2 Rn. 228; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 2 Rn. 223.

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ber musste gegenüber dem Arbeitnehmer und gegenüber dem Versicherer innerhalb von drei Monaten seit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers erklären, dass er von der versicherungsförmigen Lösung Gebrauch macht (Verlangen der versicherungsförmigen Lösung), § 2 Abs. 2 S. 3 BetrAVG. Seit dem 23.6.2020 ist dieses Erfordernis weggefallen. Eine Übergangsregelung hat der Gesetzgeber nicht getroffen. Die Änderungen gelten somit auch für Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes mit unverfallbaren Anwartschaften ausgeschieden waren (Rückwirkung). Diese Erklärung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers, die mit dem jeweiligen Zugang bei den Adressaten – Arbeitnehmer und Versicherer – wirksam wird, § 130 BGB.81 § 2 Abs. 2 S. 3 BetrAVG bestimmt, dass der Arbeitgeber die Begrenzung seiner Einstandspflicht auf die Versicherungsleistung nur innerhalb von 3 Monaten seit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers erklären kann. Die herrschende Auffassung hielt es für mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes vereinbar, diese Erklärung bereits mit Erteilung der Versorgungszusage abzugeben.82 Das BAG folgte dieser Einschätzung nicht und entschied, dass die Erklärung der versicherungsförmigen Lösung zwar bereits vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen kann, allerdings im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers stehen muss.83 Das BAG vertritt die Auffassung, dass ein Verlangen der versicherungsförmigen Lösung ohne Bezug zu einer konkret bevorstehenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Gesetzeszweck nicht erfülle. Diese Entscheidung überzeugte nicht. Denn auch eine bereits mit der Erteilung der Versorgungsregelung erfolgte Erklärung verschafft dem Arbeitnehmer Klarheit über seine Rechtsposition. Sie hat zudem den Vorteil, dass der Arbeitnehmer schon frühzeitig weiß, mit welchen Ansprüchen er im Versorgungsfall rechnen kann, so dass er seine eigene zusätzliche private Vorsorge danach ausrichten kann. Der grundsätzliche Verzicht auf die Erklärung ist daher zu begrüßen. Um aber die Anforderungen des BAG umzusetzen, sollten Arbeitgeber das Verlangen der versicherungsförmigen Lösung im Zusammenhang mit der konkreten Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklären. Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages oder die Erklärung der Kündigung bietet sich insoweit als geeigneter Zeitpunkt an.

_____ 81 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 2 Rn. 238; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 2 Rn. 175; BAG, Urt. v. 19.5.2016 – 3 AZR 794/14 – BetrAV 2016, 531. 82 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 2 Rn. 226. 83 BAG, Urt. v. 19.5.2016 – 3 AZR 794/14 – BetrAV 2016, 531.

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Folgen des Verlangens nach der versicherungsförmigen Lösung 77 Erfüllt der Arbeitgeber die oben genannten Voraussetzungen, beschränkt sich der

Anspruch des Arbeitnehmers bei Eintritt des Versorgungsfalles auf die Leistung aus dem Versicherungs- bzw. dem Pensionskassenvertrag. Für den Arbeitnehmer hat das Verlangen des Arbeitgebers nach der versiche78 rungsförmigen Lösung weiterhin Folgen in Gestalt sog. Verfügungsbeschränkungen, § 2 Abs. 2 S. 4 bis 6 und § 2 Abs. 3 S. 3 BetrAVG.84 Diese gelten für eine Direktversicherung und eine Pensionskassenversorgung gleichermaßen: ■ Der ausgeschiedene Arbeitnehmer darf die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag weder abtreten, noch beleihen. ■ Der Versicherungsvertrag darf zudem nicht gekündigt werden. Erfolgt das dennoch, führt dies in Abweichung von der Regelung des § 169 VVG nicht zur Auszahlung eines Rückkaufswerts, sondern zur Fortsetzung des Versicherungsvertrags als beitragsfreie Versicherung. Damit soll nach dem Willen des Gesetzgerbers die Anwartschaft für den Versorgungszweck erhalten bleiben.85 79 Diese Verfügungsbeschränkungen gelten nur für den Teil der Anwartschaft, der

gesetzlich unverfallbar ist. Setzt der Arbeitnehmer den Versicherungsvertrag z.B. mit eigenen Beiträgen fort, so kann der auf diesen Beiträgen beruhende Teil des Versicherungsvertrags gekündigt werden (vorausgesetzt die Versicherungsbedingungen sehen die Möglichkeit einer Teilkündigung vor). Dasselbe gilt für Teile der Leistung, die zwar als bAV zu betrachten sind, aber auf vertraglich unverfallbaren Anwartschaften beruhen.86 Ratierliche Berechnung des Anspruchs 80 Macht der Arbeitgeber von der versicherungsförmigen Lösung keinen Gebrauch oder

erfüllt er deren Voraussetzungen nicht, so gilt auch für Ansprüche aus der Direktversicherung bzw. Pensionskasse die bereits oben beschriebene ratierliche Bewertung, § 2 Abs. 2 S. 1 und § 2 Abs. 3 S. 1 BetrAVG.87 Übersteigt der ratierlich berechnete Anspruch die Leistung aus dem Versicherungs- bzw. Pensionskassenvertrag, so richtet sich der Anspruch des Arbeitnehmers auf die Differenz gegen den Arbeitgeber. Bei der Berechnung der ratierlichen Leistung ist somit die tatsächliche zur 81 möglichen Betriebszugehörigkeit ins Verhältnis zu setzen und dieser Wert mit der dem Arbeitnehmer zustehenden Leistung zu multiplizieren. Die Höhe der dem Arbeitnehmer zustehenden Leistung wird idealerweise in 82 der Versorgungszusage geregelt sein. Dabei nimmt sie in der Praxis häufig Bezug

_____ 84 Siehe auch Kap. 6 Rn. 278 ff. 85 BT-Drucks. 7/1281, S. 26. 86 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 2 BetrAVG Rn. 262. 87 Rn. 51 ff.

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auf die garantierte Leistung der Direktversicherung oder Pensionskasse. Denn dem Arbeitgeber wird daran gelegen sein, einen Gleichlauf zwischen seiner Versorgungsregelung und der Leistung der Direktversicherung oder Pensionskasse herzustellen. Auch andere Gestaltungen sind aber denkbar. Im Zweifel muss die Höhe der Leistung durch Auslegung ermittelt werden. Hat der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer lediglich eine Zusage „in Höhe der 83 Leistung der Direktversicherung oder Pensionskasse“ erteilt, dann ist die bei Eintritt des Versorgungsfalles – oder falls ein anderer, früherer Zeitpunkt in der Versorgungsregelung vereinbart ist, zu diesem Zeitpunkt – garantierte Leistung des Lebensversicherers bzw. der Pensionskasse maßgeblich. Hinzu kommen die bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers dem Versicherungsvertrag zugeteilte Überschüsse, wenn sie nach der Versorgungsregelung dem Arbeitnehmer zustehen.88

bb) Leistungszusagen und beitragsorientierte Leistungszusagen (vollständig oder teilweise durch Entgeltumwandlung finanziert) Finanziert der Arbeitnehmer die Direktversicherung oder die Pensionskassenver- 84 sorgung durch Entgeltumwandlung und scheidet er vorzeitig aus, so steht ihm gegenüber dem Lebensversicherer oder der Pensionskasse ein Anspruch auf die Versicherungsleistung zu, die aus den umgewandelten Beiträgen finanziert werden kann. Ein darüberhinausgehender Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber steht ihm grundsätzlich nicht zu. Dies gilt auch dann, wenn Macht der Arbeitgeber von der versicherungsförmigen Lösung keinen Gebrauch oder deren Voraussetzungen nicht erfüllt. Die grundsätzliche Beschränkung des Anspruchs des Arbeitnehmers auf die 85 bis zum Ausscheiden finanzierte Versicherungsleistung ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes: Der Anspruch gegen den Arbeitgeber ist nach § 2 Abs. 2 S. 1 und § 2 Abs. 3 S. 1 BetrAVG auf den vom Arbeitgeber zu finanzierenden Teilanspruch beschränkt. Diese Auslegung entspricht dem Willen des Gesetzgebers. Bei der Berechnung 86 des ratierlichen Anspruchs nach § 2 Abs. 1, § 2 Abs. 2 S. 1 und § 2 Abs. 3 S. 1 BetrAVG sowie des Anspruchs aus dem Versicherungsvertrag, der davon abzuziehen ist, sind demnach „jeweils nur die Teile der Ansprüche zu berücksichtigen, die vom Arbeitgeber zu finanzieren sind. Soweit der Arbeitnehmer seine bAV mitfinanziert hat, bleibt sein Anteil unberührt und ist bei der Berechnung der Verpflichtungen des Arbeitgebers nicht zu berücksichtigen.“89

_____ 88 BAG, Urt. v. 20.07.1986 – 3 AZR 15/85 – BetrAV 1987, 41; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 2 Rn. 157 ff.; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 2 Rn. 146 ff. 89 BT-Drucks. 7/1281, S. 25.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

Dieses Vorgehen ist zudem unter Berücksichtigung des sachlichen Zusammenhangs folgerichtig: Auch bei Versorgungszusagen in den Durchführungswegen Direktzusage, Pensionsfond und Unterstützungskasse differenziert der Gesetzgeber zwischen der Finanzierung durch den Arbeitgeber (§ 2 Abs. 1 BetrAVG) und durch Entgeltumwandlung (§ 2 Abs. 5 BetrAVG). Bei der Finanzierung durch Entgeltumwandlung beschränkt der Gesetzgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf die Leistung aus den bis zum Ausscheiden umgewandelten Entgeltbestandteilen. Dass der Arbeitgeber bei vorzeitigem Ausscheiden eine Leistung erbringen soll, die ggf. über der durch die Entgeltumwandlung finanzierten liegt, hat der Gesetzgeber als unbillig empfunden. Finanziert der Arbeitnehmer die Versorgung selbst, dann stellt die Leistung daraus jedenfalls keine Belohnung für seine Betriebstreue dar.90 Das BAG folgt dieser Einschätzung: Bei der Berechnung der fiktiven Vollleis88 tung einer unverfallbaren Anwartschaft aus einer mischfinanzierten Pensionskasse ließ das BAG den vom Arbeitnehmer finanzierten Anteil in Höhe von 40% des Beitrags unberücksichtigt.91 In der Kommentarliteratur wird dies zum Teil anders gesehen und sowohl 89 bei durch den Arbeitgeber als auch durch Entgeltumwandlung finanzierten Direktversicherungs- und Pensionskassenzusagen eine ratierliche Bewertung vorgenommen.92 Zur Begründung wird ausgeführt, dass Beiträge aus Entgeltumwandlung begrifflich ebenfalls zur bAV gehören und daher der vom Arbeitgeber finanzierte Teil somit auch die Entgeltumwandlung umfasst. Dieses Argument überzeugt nicht. Richtig ist, dass auch durch Entgeltumwandlung finanzierte Beiträge rechtlich als Beiträge des Arbeitgebers gelten. Indes hat der Gesetzgeber in § 2 Abs. 1 S. 1 BetrAVG anders als sonst den Wortlaut „durch den Arbeitgeber zu finanzierende Teil“ gewählt. Im Übrigen spricht er von „Beitragszahlungen des Arbeitgebers“, vgl. z.B. in § 2 Abs. 2 S. 4 BetrAVG. Auch im Rahmen einer Mischfinanzierung, also einer Kombination von Ar90 beitgeberfinanzierung und Entgeltumwandlung finanzierten Versorgung, bleibt bei der Berechnung der fiktiven Vollleistung der vom Arbeitnehmer finanzierte Anteil somit unberücksichtigt.93 Die im Zeitpunkt der Regelaltersgrenze – oder falls ein anderer, früherer Zeitpunkt in der Versorgungsregelung vereinbart ist, zu diesem Zeitpunkt – fällige Leistung der Direktversicherung muss fiktiv unter Herausrechnung des Beitragsanteils des Arbeitnehmers ermittelt werden. 87

_____ 90 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 2 Rn. 392. 91 BAG, Urt. v. 24.1.2017 – 3 AZR 289/15. 92 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 2 Rn. 126, Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 2 Rn. 152 f., wobei die Überschrift keine Anwendung auf Entgeltumwandlung vermuten lässt, während im Text von einer Einbeziehung der Entgeltumwandlung und der Eigenbeiträge des Arbeitnehmers gesprochen wird. 93 BAG, Urt. v. 24.1.2017 – 3 AZR 289/15.

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cc) Beitragszusage mit Mindestleistung Wird eine Direktversicherungs-, Pensionskassen- oder Pensionsfondsversorgung 91 als Beitragszusage mit Mindestleistung erteilt, so schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer beim Altersrentenbeginn das ihm planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der bis zum Ausscheiden geleisteten Beiträge, mindestens aber die Summe der bis zum Ausscheidezeitpunkt zugesagten Beiträge (ggf. abzüglich eines biometrischen Risikoausgleichs), § 2 Abs. 6 BetrAVG.94 Praxistipp 3 Bei der Einrichtung einer Beitragszusage mit Mindestleistung sollte der Arbeitgeber darauf achten, dass der vom Anbieter dafür bereitgestellte Tarif auch im Fall eines vorzeitigen Ausscheidens zum regelmäßigen und vorzeitigen Altersrentenbeginn die gesetzlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 6 BetrAVG erfüllt. Anderenfalls muss der Arbeitgeber die Differenz aus eigenen Mitteln begleichen.95

In der Praxis wird gelegentlich die Behauptung aufgestellt, dieses planmäßig zuzu- 92 rechnende Versorgungskapital müsse bereits zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers zur Verfügung stehen. Das ist nicht richtig. Ansprüche in der so definierten Höhe sind erst im Versorgungsfall fällig.

dd) Reine Beitragszusage Die Höhe der Altersleistung einer reinen Beitragszusage im Falle des vorzeitigen 93 Ausschiedens des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis ergibt der systematische Zusammenhang des § 22 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 BetrAVG: Der Arbeitnehmer kann gegenüber der Versorgungseinrichtung eine Versorgungsleistung auf der Grundlage des ihm planmäßig zuzurechnenden Versorgungskapitals verlangen, das auf den bis zu seinem Ausscheiden eingezahlten Beiträgen beruht.96 Dabei müssen ihm auch die Erträge der Versorgungseinrichtung zugutekommen, § 22 Abs. 2 S. 2 BetrAVG. Damit meint der Gesetzgeber die in den Jahren nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers erwirtschafteten Erträge und setzt damit die Vorgaben der EU-Mobilitätsrichtlinie auch für die reine Beitragszusage um.97

_____ 94 Siehe dazu grundsätzlich Kap. 1 Rn. 500 ff. 95 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 509 ff. 96 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 510 ff. 97 BT-Drucks. 18/11286 S. 43; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 22; Rn. 55; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Betz-Rehm/Huber § 22, Rn. 28.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

e) Dynamisierung der Anwartschaften aa) Grundsatz 94 § 2a BetrAVG setzt die EU-Mobilitätsrichtlinie98 um und regelt die Anpassung von 95

Anwartschaften ausgeschiedener Arbeitnehmer. Grundsätzlich sind für die Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft nach § 2 BetrAVG Versorgungsregelungen und Bemessungsgrundlagen im Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers maßgeblich (§ 2a Abs. 1 BetrAVG).

bb) Ausnahme: Verbot der Benachteiligung ausgeschiedener Arbeitnehmer 96 Von diesem Grundsatz weicht § 2a Abs. 2 BetrAVG ab: Ein ausgeschiedener Arbeit-

nehmer darf im Hinblick auf den Wert seiner Anwartschaft gegenüber den betriebstreuen Arbeitnehmern nicht benachteiligt werden. Eine Benachteiligung des ausgeschiedenen Arbeitnehmers ist nur dann mög97 lich, wenn er mit anderen Arbeitnehmern vergleichbar ist. Vergleichbarkeit setzt zunächst voraus, dass Arbeitnehmer entweder eine individualrechtliche Zusage mit kollektivem Bezug (bspw. vertragliche Einheitsregelung, Gesamtzusage)99 oder eine kollektivrechtliche Zusage (Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag) erhalten haben.100 Beruht die Anwartschaft des Arbeitnehmers auf einer Einzelzusage,101 fehlt es an einer Vergleichbarkeit und damit auch an einer Anpassungspflicht.102

cc) Gesetzliche Vermutung fehlender Benachteiligung 98 Die Prüfung der im Einzelfall ggf. nicht einfachen Frage der Vergleichbarkeit ist dann entbehrlich, wenn auf die Anwartschaft eines der in § 2a Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BetrAVG genannten Beispiele zutrifft. Dort hat der Gesetzgeber Gestaltungen aufgeführt, bei deren Vorliegen eine Benachteiligung als ausgeschlossen gilt, so bspw.: ■ wenn die Anwartschaft als nominales Anrecht festgelegt ist, § 2a Abs. 2 S. 2 Nr. 1a). Eine Anwartschaft ist bspw. dann als nominales Anrecht festgelegt, wenn dem Arbeitnehmer eine monatliche Rente in Höhe von 100 € zusteht103 oder ■ oder wenn die Anwartschaft eine Verzinsung enthält, die auch dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer zugutekommt, § 2a Abs. 2 S. 2 Nr. 1b). Vom Vorliegen

_____ 98 Richtlinie 2014/50/EU (EU-Mobilitätsrichtlinie), Abl. I 128 v. 30.4.2014 – BetrAV 2014, 379. 99 Kap. 1 Rn. 600 ff. 100 Kap. 1 Rn. 562 ff. 101 Kap. 1 Rn. 591 ff. 102 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 2a Rn. 11; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 2a Rn. 26; Diller, DB 2019, 608 ff. 103 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 2a Rn. 28.

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A. Vorzeitiges Ausscheiden des Arbeitnehmers



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einer Verzinsung ist nicht nur dann auszugehen, wenn sie ausdrücklich in der Versorgungszusage genannt wird. Auch dann, wenn die Versorgungszusage bspw. Bezug nimmt auf Leistungen einer Rückdeckungsversicherung oder wertpapiergebunden ist, 104 wird man von einer die Benachteiligung ausschließenden Verzinsung ausgehen können.105 Eine bestimmte Höhe dieser Verzinsung schreibt das Gesetz nicht vor – entscheidend ist ausschließlich, dass sich die Zinsen für aktive und ausgeschiedene Anwärter parallel entwickeln.106 oder wenn die Versorgung über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung durchgeführt wird und die Erträge des Versicherungsvertrags auch dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer zugutekommen, § 2 Abs. 2 Nr. 1 c) BetrAVG. Der Begriff „Erträge“ ist dabei weit zu verstehen. Er umfasst auch die Überschussanteile der versicherungsförmigen Durchführungswege.107 Dabei genügt es, dass dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer das Recht auf die Überschussbeteiligung eingeräumt wird.108

Erfüllt die Anwartschaft die oben genannten Kriterien jedoch nicht, dann ist gemäß 99 § 2a Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG eine Benachteiligung des ausgeschiedenen Arbeitnehmers dennoch ausgeschlossen, ■ wenn sie jährlich um 1% angepasst wird, ■ oder wenn der Arbeitgeber eine Anpassung entsprechend der Entwicklung der Anwartschaften oder Nettolöhne vergleichbarer nicht ausgeschiedener Arbeitnehmer bzw. entsprechend der Entwicklung der laufenden Leistungen der Versorgungsempfänger vornimmt ■ oder wenn die Anpassung entsprechend der Entwicklung des Verbraucherpreisindex erfolgt. Die Varianten § 2a Abs. 2 Nr. 2 a, b und d BetrAVG orientieren sich an § 16 BetrAVG, 100 daher können die dortigen Ausführungen auch hier herangezogen werden.109

_____ 104 Siehe zum Begriff Kap. 1 Rn. 111 ff. (Beispiele). 105 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 2a Rn. 29 f.; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 2a Rn. 44. 106 Rolfs, BetrAV 2016, S. 383 ff; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 2a BetrAVG Rn. 26; anders Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 2a Rn. 46. 107 BT-Drucks. 18/6283, S. 12. 108 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 2a BetrAVG Rn. 34; Blomeyer/Rolfs/ Otto/Rolfs, § 2a Rn. 95. 109 Rn. 402 ff.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

II. Abfindung der Ansprüche auf bAV 1. Überblick 101 Die bAV hat als zweite Säule der Alterssicherung eine gewichtige sozialpolitische

Bedeutung. Daher ist die rechtlich wirksame Abfindung von Anwartschaften und laufenden Leistungen nur begrenzt möglich. Denn Ziel des Gesetzgebers ist es, den vorzeitigen Verbrauch der für die bAV angesparten Mittel weitgehend zu beschränken.110 § 3 BetrAVG legt fest, unter welchen Voraussetzungen die Anwartschaften und Ansprüche der Arbeitnehmer durch Vertrag oder einseitig abgefunden werden dürfen und welche Höhe die Abfindungsleistungen haben müssen. Gesetzlich unverfallbare Anwartschaften und laufende Leistungen dürfen 102 mit wenigen Ausnahmen nicht abgefunden werden (Abfindungsverbot). Zulässig ist deren Abfindung nur, wenn es sich um Anwartschaften und Leistungen geringer Höhe handelt (sog. Kleinstanwartschaften), wenn dem Arbeitnehmer die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erstattet worden sind (in der Regel also, wenn er Deutschland verlässt) sowie bei Anwartschaften, die während des Insolvenzverfahrens erdient worden sind.111 Im laufenden Arbeitsverhältnis können Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich 103 dagegen uneingeschränkt auf eine Abfindung von Versorgungsanwartschaften einigen. Dasselbe gilt für lediglich vertraglich unverfallbare Anwartschaften oder solche Teile der Anwartschaft, die über den gesetzlich unverfallbaren Teil hinausgehen.112

2. Abfindung gesetzlich unverfallbarer Anwartschaften und laufender Leistungen a) Grundsatz: Das Abfindungsverbot aa) Überblick 104 Eine Abfindung i.S.d. § 3 BetrAVG ist eine einmalige Geldleistung zur Ablösung

von Rechtsansprüchen. Der Zahlung der Abfindung liegt eine Abfindungsvereinbarung zugrunde. In dieser wird in der Regel vereinbart, dass die Anwartschaft oder der Anspruch des Versorgungsberechtigten untergehen soll und der Arbeitgeber im Gegenzug dafür eine Geldleistung zu erbringen hat. Für gesetzlich unverfallbare Anwartschaften und Ansprüche auf laufende 105 Leistungen gilt dabei das Abfindungsverbot des § 3 Abs. 1 BetrAVG – sie dürfen mit wenigen Ausnahmen nicht abgefunden werden.

_____ 110 BT-Drucks. 15/2150, 52. 111 Rn. 125. 112 Rn. 133 sowie Rn. 123.

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Dieses Abfindungsverbot gilt für alle Durchführungswege der bAV und unab- 106 hängig von ihrer Finanzierung: Durch den Arbeitgeber, im Wege der Entgeltumwandlung oder in Kombination dieser Finanzierungsarten. Es gilt zudem für jede Leistungsart (Alters-, Invaliditäts-, oder Hinterbliebenenleistung). Schließlich sind auch Teilabfindungen113 nur im Rahmen des § 3 BetrAVG erlaubt. Praxistipp 3 Auch in einem gerichtlichen Vergleich können unverfallbare Anwartschaften und laufende Leistungen nur dann abgefunden werden, wenn § 3 BetrAVG dies zulässt.114 Zulässig ist es allerdings, sich über das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 BetrAVG zu einigen. Ist zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bspw. umstritten, ob die Anwartschaften bereits gesetzlich unverfallbar sind, so können sie sich in einem gerichtlichen Vergleich darauf einigen, dass dies nicht der Fall ist. In Folge dessen wären die Anwartschaften gesetzlich verfallbar und damit abfindbar.115

Das Abfindungsverbot hat keine Auswirkungen auf die Zulässigkeit der Kapital- 107 leistung als Leistungsart der bAV.116 Denn während mit der Abfindung Ansprüche gegen Zahlung eines Geldbetrags abgelöst werden, ist die in der Versorgungszusage vereinbarte Kapitalleistung eine rechtlich zulässige und in der Praxis häufig anzutreffende Leistungsart. Dies gilt auch für das ebenfalls verbreitete Kapitalwahlrecht:117 Dabei sagt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Rentenleistungen zu mit der Option, dass vor Eintritt des Versorgungsfalls an Stelle der Rentenleistung eine einmalige Kapitalleistung gewählt werden kann.118 Tarifvertragsparteien sind an das Abfindungsverbot des § 3 Abs. 1 BetrAVG nicht 108 gebunden, wenn sie im Tarifvertrag davon abweichende Regelungen vorsehen, § 19 Abs. 1 BetrAVG.119

bb) Gesetzlich unverfallbare Anwartschaften Das Abfindungsverbot gilt zunächst für gesetzlich unverfallbare Anwartschaften. 109 Wann Anwartschaften gesetzlich unverfallbar sind, regelt § 1b BetrAVG.120

_____ 113 BAG, Urt. v. 17.10.2000 – 3 AZR 7/00 – BetrAV 2001, 791. 114 BGH, Urt. v. 15.7.2002 – II ZR 192/00 – BetrAV 2003, 473. 115 BAG, Urt. v. 18.12.1984 – 3 AZR 125/84 – BetrAV 1985, 177, BAG, Urt. v. 23.08.1994 – 3 AZR 825/93 – DB 1995, 421. 116 Siehe Kap. 1 Rn. 220 ff. 117 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 3 BetrAVG Rn. 20; Blomeyer/Rolfs/Otto/ Rolfs, § 3 BetrAVG Rn. 35; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 3 Rn. 21. 118 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 115 f. 119 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 215 ff. 120 Rn. 3 ff.

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Führt der Arbeitnehmer nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis seine Versorgung mit eigenen Beiträgen fort (private Fortführung), dann sind die aus diesen Beiträgen finanzierten Anwartschaften unbegrenzt abfindbar.121

cc) Laufende Leistungen 111 Laufende Leistungen (Rentenzahlungen) der bAV sind regelmäßig wiederkeh-

rende Ansprüche auf Zahlungen. Sie werden in der Regel lebenslänglich gewährt, können aber auch zeitlich befristet zugesagt werden.122 Ein typisches Beispiel für befristet laufende Leistungen sind Leistungen für den Fall der Invalidität – sie werden in der Regel nur so lange gezahlt, wie der Arbeitnehmer invalide, also nach in der Versorgungszusage definierten Voraussetzungen außerstande ist, seine Arbeitsleistung zu erbringen.123 112 Für laufende Leistungen gilt das Abfindungsverbot des § 3 Abs. 1 BetrAVG ebenfalls, wenn sie erstmals nach dem 31.12.2004 gezahlt wurden, § 30g Abs. 3 BetrAVG. Sind laufende Leistungen bereits vor dem 1.1.2005 gezahlt worden, so können sie unbeschränkt abgefunden werden. b) Ausnahme: Recht des Arbeitgebers auf Abfindung von Kleinstanwartschaften 113 Der Arbeitgeber kann eine gesetzlich unverfallbare Anwartschaft oder eine laufende

Leistung ohne Zustimmung des Arbeitnehmers abfinden, wenn deren Höhe eine bestimmte Grenze nicht übersteigt, § 3 Abs. 2 BetrAVG (Kleinstanwartschaften, auch Bagatellanwartschaften genannt). aa) Höhe der abfindbaren Anwartschaft und laufenden Leistung 114 Eine abfindbare Kleinstanwartschaft liegt vor, wenn der Monatsbetrag der aus der

Anwartschaft resultierenden laufenden Leistung bei Erreichen der vorgesehenen Altersgrenze 1 vom Hundert, bei Kapitalleistungen zwölf Zehntel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV nicht übersteigt, § 3 Abs. 2 BetrAVG.124 Der erwähnte Begriff der „vorgesehenen Altersgrenze“ ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitnehmer nach der in der Versorgungszusage getroffenen Vereinbarung Leistungen der bAV erstmalig in ungekürzter Höhe Anspruch nehmen kann (Eintritt des Versorgungsfalles).125

_____ 121 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 3 BetrAVG Rn. 12; Blomeyer/Rolfs/Otto/ Rolfs, § 3 Rn. 19. 122 Kap. 1 Rn. 214. 123 Siehe Kap. 1 Rn. 214. 124 Die Höhe der nach § 3 Abs. 2 BetrAVG abfindbaren Rente beträgt daher in 2020 maximal 31,85 € (West) und 31,15€ (Ost) sowie die Höhe der abfindbaren Kapitalleistung maximal 3.822,00 € (West) und 3.612,00€ (Ost). 125 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 3 BetrAVG Rn. 37.

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Die Berechnung der Höhe der Anwartschaft des Berechtigten richtet sich mit Blick auf § 3 Abs. 2 BetrAVG nach den allgemeinen Grundsätzen.126 Zu beachten ist aber, dass In den versicherungsförmigen Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds sich die Anwartschaft möglicherweise durch die Zuteilung von Überschüssen weiter erhöht. Dasselbe gilt auch bei rückgedeckten Pensionszusagen mit Bezugnahme auf die Leistung einer Rückdeckungsversicherung und kongruent rückgedeckte Unterstützungskassen. Für die Berechnung der zukünftigen Altersleistung nach § 3 Abs. 2 BetrAVG sind die im Zeitpunkt der Abfindung bereits zugeteilten Überschüsse zu berücksichtigen.127 Häufig haben Arbeitnehmer bei einem Arbeitgeber mehrere Anwartschaften aus Leistungen aus einem oder unterschiedlichen Durchführungswegen der bAV. Fraglich ist, ob bei der Berechnung der Höhe jede Anwartschaft separat zu betrachten ist oder ob die Höhe der Anwartschaften aus unterschiedlichen Durchführungswegen zusammengerechnet werden müssen. Gerichtliche Entscheidungen zu dieser Frage sind bislang nicht veröffentlicht worden. Der Gesetzgeber hat die Ausnahme vom Abfindungsverbot für Kleinstanwartschaften geschaffen, um unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand für den Arbeitgeber zu vermeiden.128 Einen unverhältnismäßigen Aufwand hat der Arbeitgeber natürlich und erst recht dann, wenn er für einen Arbeitnehmer mehrere Kleinstanwartschaften fortführen und auszahlen muss. Das Argument des unverhältnismäßigen Aufwands spricht daher für die separate Betrachtung der Anwartschaften. Die wohl herrschende Literatur betont dagegen die Bedeutung von Betriebsrenten für die Alterssicherung und will sicherstellen, dass die Betriebsrente den Versorgungsberechtigten bei Eintritt des Versorgungsfalls auch tatsächlich zur Verfügung steht.129 Durch das Abfindungsverbot sollen Arbeitnehmer davon abgehalten werden, die ausgezahlte Summe vor Eintritt des Versorgungsfalls für Konsum zu verwenden.130 Demnach müssen nach dieser Auffassung die Anwartchaften aus unterschiedlichen Durchführungswegen zusammengerechnet werden.

_____ 126 Rn. 49 ff. 127 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 3 BetrAVG Rn. 52 f. 128 BT-Drucks. 15/2150, S. 52. 129 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 3 BetrAVG Rn. 43; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz/Rehm/Kisters-Kölkes, § 3 Rn. 48. 130 BAG, Urt. v. 20.11.2001 – 3 AZR 28/01 – DB 2002, 2333.

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bb) Keine Zustimmung des Arbeitnehmers 119 Kleinstanwartschaften können grundsätzlich ohne Zustimmung des Arbeitneh-

mers abgefunden werden. Dies gilt in Umsetzung EU-Mobilitäts-Richtlinie131 lediglich in folgendem Fall nicht: Wechselt der Arbeitnehmer nach Ausscheiden in ein neues Arbeitsverhältnis 120 in einen anderen Mitgliedstaat der EU, so bedarf die Abfindung seiner Zustimmung. Der Arbeitnehmer muss diesen Wechsel allerdings innerhalb von drei Monaten nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber mitteilen, § 3 Abs. 2 S. 3 BetrAVG. Die Mitteilung des Arbeitnehmers ist formlos möglich. Überschreitet der Arbeitnehmer die Frist, dann ist die Abfindung der Anwartschaft ohne seine Zustimmung möglich. 3 Praxistipp Es kann daher sinnvoll sein, die Entscheidung über die Abfindung von Kleinstanwartschaften erst nach Ablauf von drei Monaten ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu treffen.

cc) Zeitpunkt der Abfindung 121 Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die Anwartschaft sofort nach Ausscheiden des

Arbeitnehmers abzufinden. Das Gesetz macht bezüglich des Zeitpunktes der Abfindung keine Vorgaben. So kann bspw. eine bei Ausscheiden des Arbeitnehmers noch nicht abfindbare Anwartschaft durch die Entwicklung der dynamischen Bezugsgröße abfindbar werden.132

dd) Ausnahme: Keine Abfindung bei Ausübung des Rechts auf Übertragung der Anwartschaft, § 3 Abs. 2 S. 4 BetrAVG 122 Macht der Arbeitnehmer von seinem Recht auf Übertragung der Anwartschaft auf einen neuen Arbeitgeber gebrauch (§ 4 Abs. 3 BetrAVG), so ist die Abfindung von Kleinstanwartschaften durch den bisherigen Arbeitgeber unzulässig.

c) Ausnahme: Recht des Arbeitnehmers auf Abfindung bei Erstattung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung 123 Nach § 3 Abs. 3 BetrAVG hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Abfindung der Anwartschaft, wenn die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung an ihn erstattet worden sind. Wann Beiträge zu erstatten sind, regelt § 210 SGB VI. Das ist bspw.

_____ 131 Richtlinie 2014/50/EU (EU-Mobilitätsrichtlinie), Abl. I 128 v. 30.4.2014 – BetrAV 2014, 379. 132 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 3 BetrAVG Rn. 56, anders Blomeyer/ Rolfs/Otto/Rolfs, § 3 BetrAVG Rn. 47.

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dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer aus der Versicherungspflicht der gesetzlichen Rentenversicherung ausscheidet und sich danach auch nicht mehr freiwillig dort versichern darf, § 210 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, also bspw. wenn der Arbeitnehmer Deutschland verlässt. Da man sich als Deutscher stets freiwillig versichern kann, wird dieser Sachverhalt in der Regel nur auf ausländische Arbeitnehmer anwendbar sein. Beiträge werden nur erstattet, wenn seit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis 24 Kalendermonate abgelaufen sind und der Arbeitnehmer nicht erneut in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig geworden ist. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Abfindung entsteht, wenn die Beiträge 124 zur gesetzlichen Rentenversicherung erstattet worden sind und er dem Arbeitgeber sein Abfindungsverlangen mitgeteilt hat. Zulässig ist dann die Abfindung der gesamten Anwartschaft, unabhängig von deren Höhe.

d) Ausnahme: Recht des Arbeitgebers auf Abfindung während des Insolvenzverfahrens erdienter Anwartschaften Die Anwartschaft eines Arbeitnehmers kann zudem teilweise abgefunden werden, 125 wenn sie während des Insolvenzverfahrens erdient worden ist, die Betriebstätigkeit vollständig eingestellt und das Unternehmen liquidiert wird, § 3 Abs. 4 BetrAVG. Der Arbeitgeber hat in diesem Fall ein einseitiges Abfindungsrecht. Auch hier ist die Abfindung der gesamten während der Insolvenz erdienten Anwartschaft zulässig, unabhängig von deren Höhe. Außerhalb des Insolvenzverfahrens, also bei Liquidation eines solventen Un- 126 ternehmens, besteht eine solche Abfindungsmöglichkeit nicht.

e) Besonderheiten bei mittelbaren Durchführungswegen Führt der Arbeitgeber die bAV über eine Direktversicherung, eine Pensionskasse 127 oder einen Pensionsfonds durch, dann bedarf es neben der Erklärung der Abfindung der Versorgungszusage auch der Kündigung des Direktversicherungsvertrags, des Pensionskassenvertrags oder des Pensionsfondsvertrags. Das in § 2 Abs. 2 S. 5 und 6 sowie in § 2 Abs. 3 S. 3 BetrAVG geregelte Verbot der Inanspruchnahme des Rückkaufswerts bei Kündigung gilt im Fall der zulässigen Abfindung nicht, § 2 Abs. 2 S. 7 BetrAVG. Auch Anwartschaften und Ansprüche auf Unterstützungskassenleistungen 128 können abgefunden werden.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

3 Praxistipp Abfindungen von Unterstützungskassenversorgungen sind aus steuerlichen Gründen beschränkt.133 Daher empfiehlt es sich, vor Schluss einer Abfindungsvereinbarung über Unterstützungskassenleistungen mit der Unterstützungskasse Kontakt aufzunehmen. 129 Das Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG regelt ausdrücklich nur das Vertragsverhält-

nis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer. Dennoch sollten externe Versorgungsträger an einer unzulässigen Abfindung nicht mitwirken.

f) Rechtsfolgen des Verstoßes gegen das Abfindungsverbot 130 Das Abfindungsverbot ist ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB.134 Eine

entgegen diesem Verbot vorgenommene Abfindung ist daher nichtig. Dies gilt für die schuldrechtliche Abfindungserklärung bzw. die Abfindungsvereinbarung.135 Der Arbeitnehmer kann daher in diesen Fällen trotz der durch den Arbeitgeber erklärten Abfindung und ausgezahlten Abfindungsleistung im Versorgungsfall die zugesagten Leistungen verlangen. 131 Fraglich ist, ob der Arbeitgeber den Abfindungsbetrag aus ungerechtfertigter Bereicherung vom Arbeitnehmer zurückfordern kann. Der Rückforderung steht § 817 BGB entgegen, denn der Arbeitgeber verstößt mit der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot.136 Der Arbeitgeber trägt die Beweislast für eine gemäß § 3 zulässige Abfindung.137 132

3. Abfindung von Anwartschaften im laufenden Arbeitsverhältnis 133 Im laufenden Arbeitsverhältnis können Anwartschaften uneingeschränkt abge-

funden werden.138 Voraussetzung ist allerdings, dass die Abfindung nicht im zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang mit dem Ausscheiden erfolgt.139 Ein zeit-

_____ 133 KStR 2015 R 5.4; siehe auch Kap. 2 Rn. 231. 134 BAG, Urt. v. 22.3.1983 – 3 AZR 499/80 – DB 1984, 727; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 3 BetrAVG Rn. 78, Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 3 BetrAVG Rn. 40; Kemper/KistersKölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 3 Rn. 97. 135 Rn. 104. 136 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 3 BetrAVG Rn. 43; anders Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/ Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 3 Rn. 99. 137 BGH, Urt. v. 15.7.2002 – II ZR 192/00 – BetrAV 2003, 473. 138 BT-Drucks. 15/2150, S. 52, BAG, Urt. v. 14.6.2005 – 3 AZR 185/04 – DB 2006, 959; Blomeyer/ Rolfs/Otto/Rolfs, § 3 Rn. 24; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 3 Rn. 23; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 3 Rn. 27. 139 BT-Drucks. 15/2150, S. 52, BAG Urt. v. 11.12.2001 – 3 AZR 334/00 – DB 2002, 2335;, 959; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 3 Rn. 24; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 3 Rn. 23.

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licher und sachlicher Zusammenhang liegt z.B. dann vor, wenn die Abfindung nach Erklärung der Kündigung des Arbeitsverhältnisses oder mit Blick auf den bevorstehenden Ablauf eines befristeten Vertrags erfolgt. Einen Anspruch auf Abfindung der bAV im laufenden Arbeitsverhältnis hat 134 der Arbeitnehmer indes nicht und zwar unabhängig von der Finanzierungsart. Selbst wenn er die bAV durch Entgeltumwandlung finanziert, kann er deren Abfindung vom Arbeitgeber nicht verlangen.140

4. Abfindung vertraglich unverfallbarer Anwartschaften Vertraglich unverfallbare Anwartschaften, bei denen noch keine gesetzliche Un- 135 verfallbarkeit eingetreten ist, dürfen ebenfalls unbegrenzt abgefunden werden, also auch bei vorzeitigem Ausscheiden.141 Vertraglich unverfallbar sind Anwartschaften dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in der Versorgungszusage über das gesetzlich Verpflichtende hinaus zusagt, die Anwartschaft nach seinem vorzeitigen Ausscheiden aufrecht zu erhalten. So kommt es häufig vor, dass Arbeitnehmer auch arbeitgeberfinanzierte Anwartschaften unabhängig davon behalten können, wie lange ihr Arbeitsverhältnis bestanden hat. Auch im Hinblick auf die Höhe der Anwartschaft kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer besserstellen, als § 2 BetrAVG dies vorgibt – der über den gesetzlich unverfallbaren Teil hinausgehende Teil der Anwartschaft kann abgefunden werden.

5. Abgrenzung zum Verzicht und der Umgestaltung der Zusage Nach Auffassung des BAG ist ein entgeltloser Verzicht auf Anwartschaften und 136 Leistungen der bAV nur unter denselben Voraussetzungen möglich, wie deren Abfindung.142 Zwar verbietet § 3 BetrAVG seinem Wortlaut nach nur die Abfindung, nicht aber den Verzicht. Jedoch ist in einer Abfindung stets auch ein Verzicht – wenn auch gegen Entgelt – enthalten. Daher kann nach Auffassung des BAG für einen entschädigungslosen Verzicht nichts anderes gelten. Eine Umgestaltung der Zusage fällt nach Ansicht des BAG jedoch nicht unter 137 das Verbot des § 3 Abs. 1 BetrAVG.143 Wird also die Versorgungszusage lediglich inhaltlich verändert und bleibt die Versorgungsleistung wirtschaftlich gleichwertig, dann liegt darin kein Verstoß gegen § 3 BetrAVG.

_____ 140 BAG, Urt. v. 26.4.2018 – 3 AZR 586/16 – BetrAV 2018, 406, siehe auch Kap. 1 Rn. 725. 141 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 3 BetrAVG Rn. 22, Blomeyer/Rolfs/Otto/ Rolfs, § 3 BetrAVG Rn. 18; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 3 Rn. 16. 142 BAG, Urt. V. 22.9.1987 – 3 AZR 194/86 – BetrAV 1988, 179, BAG, Urt. v. 14.08.1990 – 3 AZR 301/ 89 – BetrAV 1991, 39; anders Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 3 Rn. 26; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 3 Rn. 10. 143 BAG, Urt. v. 20.11.2001 – 3 AZR 28/01 – DB 2002, 2333.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

5 Beispiel So können Arbeitgeber und Arbeitnehmer anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbaren, dass eine Invaliditätsversorgung durch eine entsprechend höhere Altersversorgung abgelöst wird.144

6. Höhe des Abfindungsbetrags und dessen Auszahlung 138 Bezüglich der Berechnung des Abfindungsbetrags verweist § 3 Abs. 5 BetrAVG auf

den in § 4 Abs. 5 BetrAVG geregelten Übertragungswert.145 Die Abfindung ist zudem gesondert auszuweisen und einmalig zu zahlen, § 4 139 Abs. 6 BetrAVG. Eine Zahlung der Abfindung in Raten ist demnach nicht zulässig.146

7. Besonderheiten der reinen Beitragszusage 140 Für die reine Beitragszusage regelt § 22 Abs. 4 S. 2 und 3 BetrAVG das Recht auf Ab-

findung von Anwartschaften und laufenden Leistungen durch die Versorgungseinrichtung. § 3 BetrAVG findet auf sie keine unmittelbare Anwendung, § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG.147 Gemäß § 22 Abs. 4 S. 2 BetrAVG kann die Versorgungseinrichtung Anwartschaf141 ten und laufende Leistungen bis zur Wertgrenze von Kleinstanwartschaften abfinden. Auch hier bedarf es, wie bei der Abfindung von Kleinstanwartschaften nach § 3 Abs. 2 BetrAVG, keiner Zustimmung des Arbeitnehmers. Verwiesen wird in § 22 Abs. 4 S. 2 BetrAVG allerdings lediglich auf die Wert142 grenze und nicht auf die sonstigen Voraussetzungen des § 3 BetrAVG. Dennoch wird der Verweis im Hinblick auf den Zweck der Abfindung von Kleinstanwartschaften so verstanden werden müssen, dass die Versorgungseinrichtung Anwartschaften einseitig nicht schon im laufenden Arbeitsverhältnis, sondern erst im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abfinden darf. Der Wortlaut und der systematische Zusammenhang des § 22 Abs. 4 S. 2 und S. 3 143 sprechen hingegen dafür, dass die Vereinbarung einer einvernehmlichen Abfindung der Anwartschaften zwischen der Versorgungseinrichtung und dem Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis rechtlich nicht wirksam ist. Denn § 22 Abs. 4 S. 2 bestimmt, dass eine Verwertung der Anwartschaften einer reinen Beitragszusage grundsätzlich nicht erfolgen darf. § 22 Abs. 4 S. 3 BetrAVG macht von diesem Verwertungsverbot lediglich eine Ausnahme, indem er in den Grenzen des § 3 Abs. 2 eine (einseitige) Abfindung durch die Versorgungseinrichtung zulässt.

_____ 144 BAG, Urt. v. 20.11.2001 – 3 AZR 28/01 – DB 2002, 2333. 145 Siehe dazu Rn. 468 ff. 146 Höfer, § 3 BetrAVG Rn. 74, Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 3 Rn. 85. 147 Siehe dazu grundsätzlich Kap. 1 Rn. 543.

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B. Vorgezogene Inanspruchnahme der bAV

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Wechselt der Arbeitnehmer nach Ausscheiden in ein neues Arbeitsverhältnis in 144 einen anderen Mitgliedstaat der EU, so bedarf die Abfindung auch im Rahmen einer reinen Beitragszusage seiner Zustimmung.148 Anders als bei der Regelung des § 3 BetrAVG fehlt im § 22 Abs. 4 S. 2 BetrAVG 145 eine Regelung, nach der das Recht des Arbeitnehmers auf Übertragung der Versorgungsanwartschaft dem Recht der Versorgungseinrichtung auf Abfindung vorgeht. Auch fehlt eine Regelung zu einem Anspruch auf Abfindung bei Erstattung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Ob dies vom Gesetzgeber tatsächlich so gewollt ist, ist allerdings fraglich.

B. Vorgezogene Inanspruchnahme der bAV B. Vorgezogene Inanspruchnahme der bAV I. Voraussetzungen der vorgezogenen Inanspruchnahme 1. Gesetzlicher Anspruch Der Zeitpunkt für den Bezug der gesetzlichen Rente stimmt nicht notwendiger- 146 weise mit dem Zeitpunkt überein, zu dem Arbeitnehmer nach der Versorgungszusage Leistungen der bAV verlangen können. Daher hat der Gesetzgeber in § 6 BetrAVG (bzw. bei einer reinen Beitragszusage in § 22 Abs. 3 Nr. 3 in Verbindung mit § 6 BetrAVG) einen Anspruch der Arbeitnehmer auf Leistungen der bAV bei Bezug der gesetzlichen Rente als Vollrente geregelt (vorzeitige Altersleistung). Der Gesetzgeber verwendet in § 6 S. 1 BetrAVG allgemein den Begriff „Leistun- 147 gen der bAV“. Im Zusammenhang mit der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung kann hier nur die Altersleistung aus der bAV gemeint sein und nicht die Hinterbliebenen- oder Invaliditätsversorgung.149 Voraussetzungen des Anspruchs auf vorzeitige Altersleistung sind neben 148 der Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente als Vollrente (unten a)) die Erfüllung der Wartezeit und sonstiger Leistungsvoraussetzungen der Versorgungszusage (unten b)). Der Arbeitnehmer muss zudem seinen Anspruch geltend machen (unten c)).

a) Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente als Vollrente Die Voraussetzungen der Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente als Vollrente 149 regeln die §§ 36 bis 38, 40 und 236, 236a, 237, 237a und 238 SGB VI.

_____ 148 Der aktuell in § 22 Abs. 4 S. 3 BetrAVG enthaltene Verweis dürfte unzutreffend sein. Eine Korrektur durch den Gesetzgeber bleibt abzuwarten. 149 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 6 BetrAVG Rn. 8; Blomeyer/Rolfs/Otto/ Rolfs, § 6 BetrAVG Rn. 12; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 6 Rn. 7.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

3 Praxistipp Dem Arbeitgeber ist es nicht möglich, das Vorliegen bzw. die Berechtigung der Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zu prüfen. In der Praxis kann und sollte der Arbeitgeber sich daher darauf beschränken, die Vorlage des entsprechenden bestandskräftigen Rentenbescheides zu verlangen.150 Die bloße, nicht rechtsverbindliche Auskunft des Trägers der gesetzlichen Rentenversicheung über die Höhe der Anwartschaft muss der Arbeitgeber dagegen nicht als Nachweis gelten lassen – denn diese Auskunft trifft keine Aussage über das Vorliegen der Voraussetzungen der Rentenleistung.151

b) Erfüllung sonstiger Voraussetzungen 150 Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung der vorgezogenen betrieblichen Altersrente hängt von der „Erfüllung der Wartezeit152 und sonstiger Leistungsvoraussetzungen“ ab, § 6 S. 1 BetrAVG. Damit sind sonstige in der Versorgungszusage enthaltenen Voraussetzungen der Leistung gemeint. Eine in der Praxis häufig anzutreffende „sonstige“ Leistungsvoraussetzung ist 151 das Ausscheiden des Arbeitnehmers aus den Diensten des Arbeitgebers.153 Sie kann zum einen dem Versorgungscharakter der Leistungen der bAV geschuldet sein. Sie kann zum anderen die steuerliche Anerkennung der bAV beeinflussen.154 Unschädlich ist es indes, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der vorzeiti152 gen Inanspruchnahme der Leistungen der bAV die Unverfallbarkeitsfristen noch nicht erfüllt hat. Denn Unverfallbarkeitsfristen spielen im Rahmen des § 6 BetrAVG nur dann eine Rolle, wenn der Arbeitnehmer vor Eintritt des Versorgungsfalls aus dem Unternehmen ausscheidet. Ist der Arbeitnehmer jedoch aus dem Unternehmen nicht ausgeschieden und macht er Ansprüche auf vorzeitige Altersleistung geltend, dann kommt es auf die Erfüllung der Unverfallbarkeitsfristen nicht an.155

c) Verlangen der Leistung aus der bAV 153 Liegen die Voraussetzungen für die vorzeitige Altersleistung vor, so muss der Ar-

beitnehmer sie verlangen, also aktiv fordern. Das Verlangen der Leistung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Frist und Form für das Verlangen sind gesetzlich nicht vorgeschrieben. Die Versorgungszusage kann aller-

_____ 150 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 6 BetrAVG Rn. 44 ff., Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 6 BetrAVG Rn. 16 ff. 151 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 6 BetrAVG Rn. 16. 152 Zu Wartezeiten vgl. Kap. 1 Rn. 95 ff. 153 Vgl. Kap. 1 Rn. 88 ff. 154 Vgl. Kap. 1 Rn. 91, BMF-Schreiben v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002 Rn. 3. 155 BT-Drucks. 7/1281, S. 30, Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 6 BetrAVG Rn. 56.

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B. Vorgezogene Inanspruchnahme der bAV

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dings Vorgaben zu Form und Frist machen (so kann die Versorgungszusage bspw. Textform für das Verlangen vorsehen, § 126b BGB). Bei einer Direktzusage (Pensionszusage) ist der Adressat des Verlangens un- 154 streitig der Arbeitgeber. Führt der Arbeitgeber die bAV mittels eines externen Versorgungsträgers durch 155 (Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds oder Unterstützungsasse), ist der korrekte Adressat jedoch umstritten. So wird zum Teil vertreten, dass der Arbeitnehmer sein Verlangen gegenüber dem Versorgungsträger erklären muss.156 Zum Teil wird danach differenziert, ob der Arbeitnehmer aufgrund seiner Rechtsbeziehung zum Versorgungsträger befugt ist, ihm gegenüber die Erklärung abzugeben:157 So soll bspw. ein aus der Direktversicherung unwiderruflich bezugsberechtigter Arbeitnehmer sein Verlangen nach vorzeitiger Altersleitung gegenüber dem Versicherer erklären müssen. Die praktische Bedeutung dieser unterschiedlichen Positionen ist überschau- 156 bar. Erklärt der Arbeitnehmer sein Verlangen gegenüber dem Arbeitgeber, so wird dieser ihn jedenfalls nach Treu und Glauben an den Versorgungsträger verweisen müssen. In der Praxis wirken Arbeitgeber und Versorgungsträger häufig zusammen.158 Bspw. erfolgt die Auszahlung der Leistung einer Unterstützungskasse in der Regel über den Arbeitgeber, der zur Abführung der Steuern verpflichtet ist. Doch auch bei einer Direktversicherungszusage, einer Pensionskassenzusage oder einer Pensionsfondszusage wird der Arbeitgeber häufig in die Abwicklung durch den Versorgungsträger einbezogen. So kann der Versorgungsträger bspw. nicht wissen, ob ggf. die Versorgungszusage das Entstehen des Anspruchs auf eine Versorgungsleistung von weiteren Voraussetzungen abhängig macht.

d) Entstehen des Anspruchs auf eine Leistung Dem Arbeitnehmer steht die vorzeitige Altersleistung frühestens ab dem Zeitpunkt 157 zu, der im Rentenbescheid für die Leistungen des Rentenversicherungsträgers ausgewiesen ist. Ob sich die tatsächliche Rentenzahlung durch den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung ggf. aus verwaltungstechnischen Gründen verzögert, ist dabei irrelevant.159

_____ 156 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 6 BetrAVG Rn. 90; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 6 Rn. 25 vertritt die Auffassung, dass der Arbeitnehmer wählen kann, ob er sein Verlangen gegenüber dem Arbeitgeber oder gegenüber dem Versorgungsträger erklärt. 157 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 6 Rn. 64 ff. 158 So im Ergebnis auch Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 6 Rn. 25. 159 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 6 BetrAVG Rn. 14, Blomeyer/Rolfs/Otto/ Rolfs, § 6 Rn. 44.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

Enthält die Versorgungszusage weitere Leistungsvoraussetzungen (siehe oben b)), so müssen diese für die Entstehung des Anspruchs auf eine Leistung ebenfalls erfüllt sein. Zudem ist auch die Geltendmachung des Anspruchs durch den Arbeitnehmer Fälligkeitsvoraussetzung.

e) Wegfall des Anspruchs wegen Änderung der Umstände 159 Wie ausgeführt, knüpft § 6 BetrAVG den Anspruch des Arbeitnehmers aus Zahlung

der vorzeitigen Altersleistung an die Leistung der Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Dies gilt nicht nur für das Entstehen, sondern auch für das Fortbestehen seines Anspruchs aus der bAV. Fällt etwa die Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung weg oder wird sie 160 auf eine Teilrente reduziert, dann kann der Arbeitgeber auch die vorgezogene Leistung aus der bAV einstellen. 5 Beispiel Der Anspruch auf Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung als Vollrente kann bei Überschreiten der gesetzlichen Hinzuverdienstgrenzen entfallen, § 34 SGB VI. 161 Hat der Arbeitnehmer allerdings das für die Leistung der regulären Rente aus der

bAV vorgesehene Alter (Regelaltersgrenze) in der Zwischenzeit erreicht, so bleibt sein Anspruch bestehen. § 6 S. 3 BetrAVG verpflichtet den Arbeitnehmer, den Wegfall der Leistung der 162 gesetzlichen Rentenversicherung oder deren Reduktion auf eine Teilrente dem Arbeitgeber oder dem Versorgungsträger anzuzeigen. Adressat der Anzeige ist derjenige, der die Leistungen an den Arbeitnehmer erbringt.160 Der Arbeitgeber ist in diesen Fällen zur Einstellung der Leistungen nicht ver163 pflichtet – das Gesetz gibt ihm die Möglichkeit dazu – er „kann“ die Leistungen einstellen, § 6 S. 2 BetrAVG. Macht er hiervon Gebrauch und stellt Leistungen ein, so muss er bei Kollektiven jedoch darauf achten, dies unter Beachtung des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes161 zu tun. Steht dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Zahlung einer Kapitalleistung zu, 164 dann hat der Arbeitgeber mit der Zahlung seine Verpflichtung aus der arbeitsrechtlichen Zusage erfüllt.162 Ein Rückforderungsrecht steht ihm bei späterem Wegfall der gesetzlichen Vollrente nicht zu.

_____ 160 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 6 BetrAVG, Rn. 226; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/BetzRehm/Kisters-Kölkes, § 6 Rn. 39. 161 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 618 ff. 162 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 210, 220 ff.

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B. Vorgezogene Inanspruchnahme der bAV

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Praxistipp 3 In der Praxis machen Arbeitgeber und Versorgungsträger in der Regel keinen Gebrauch von ihrem Recht auf Einstellung der Leistung, wenn die Voraussetzungen des § 6 BetrAVG später wieder wegfallen.

2. Besonderheiten der reinen Beitragszusage Auch bei einer reinen Beitragszusage hat der Arbeitnehmer nach § 22 Abs. 3 Nr. 3 165 i.V.m. § 6 BetrAVG das Recht, die vorzeitige Altersleistung zu verlangen. Die Voraussetzungen seines Anspruchs bleiben unverändert. Der Anspruch des Arbeitnehmers richtet sich hier jedoch nicht gegen den Arbeitgeber, sondern ausschließlich gegen die Versorgungseinrichtung.163

3. Vertragliche Regelungen zum vorzeitigem Ausscheiden über den gesetzlichen Anspruch hinaus Häufig enthalten Versorgungszusagen einen Anspruch des Arbeitnehmers auf vor- 166 gezogene Inanspruchnahme der Altersleistung unabhängig vom Bezug der gesetzlichen Rente. So knüpfen sowohl Versorgungszusage als auch Versicherungsbedingungen das Recht auf vorzeitige Inanspruchnahme der Leistung häufig an die steuerlich anerkannten Endalter. Bei Versorgungszusagen, die vor dem 1.1.2012 erteilt wurden ist das das 60. Lebensjahr, bei Versorgungszusagen, die nach dem 31.12.2011 erteilt wurden, das 62. Lebensjahr.164

II. Umfang des Anspruchs Das BetrAVG regelt die Höhe des Anspruchs auf vorzeitige Altersleistung nicht.165 167 Der Arbeitgeber ist daher frei darin, deren Höhe in der Versorgungszusage zu regeln. Um die Rechtssicherheit zu erhöhen, empfiehlt sich die Aufnahme einer solchen Regelung in die Versorgungszusage.166 Das BAG hat in zahlreichen Entscheidungen Grundsätze zur Berechnung der 168 vorzeitigen Altersleistung aufgestellt.167

_____ 163 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 523. 164 BMF-Schreiben v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002 Rn. 3. 165 BAG, Urt. v. 23.1.2001 – 3 AZR 164/00 – BetrAV 2002, 316. 166 Vgl. Kap. 1 Rn. 100. 167 Vgl. dazu detailliert Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 6 Rn. 140 ff.; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 6 BetrAVG, Rn. 88 ff.; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/ Kisters-Kölkes, § 6 Rn. 52 ff.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

1. Ausscheiden, um die vorzeitige Leistung in Anspruch zu nehmen 169 Scheidet der Arbeitnehmer aus den Diensten des Arbeitgebers aus, um die vorzeitige

Altersleistung in Anspruch zu nehmen, dann erbringt er nach Auffassung des BAG seine Betriebstreue nur teilweise. Denn er verbleibt nicht bis zu der in der Versorgungszusage vorgesehenen festen Altersgrenze im Unternehmen. Dabei ist unter der festen Altersgrenze der in der Versorgungszusage genannte Zeitpunkt zu verstehen, zu dem der Arbeitnehmer die ungekürzte Altersleitung in Anspruch nehmen kann.168 Der Arbeitgeber ist daher grundsätzlich berechtigt, die zugesagte Altersleistung – sowohl eine Rentenleistung als auch eine Kapitalleistung169 - nach Maßgabe des § 2 BetrAVG zu kürzen. Dies gilt auch dann, wenn die Versorgungszusage eine Kürzung in diesem Fall nicht vorsieht. Hinzu kommt, dass dieser Arbeitnehmer die Altersleistung jedenfalls früher 170 und – bei lebenslangen Renten – auch länger in Anspruch nimmt. Das BAG erlaubt daher dem Arbeitgeber, dies durch einen sog. versicherungsmathematischen Abschlag, auch genannt Kürzungsfaktor zu berücksichtigen.170 In der Praxis haben sich in Anlehnung an die gesetzliche Rentenversicherung Kürzungsfaktoren in Höhe von 0,3 bis 0,6% für jeden Monat der vorgezogenen Altersleistung herausgebildet. Das BAG hält dies für angemessen.171 Für unangemessen erachtete das BAG indes eine Kürzung um über 1% (bspw. um 1,07%) für jeden Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme.172 Einen versicherungsmathematischen Abschlag kann der Arbeitgeber allerdings nur dann vornehmen, wenn dies in der Versorgungszusage vorgesehen ist.173

2. Ausscheiden und Inanspruchnahme der vorzeitigen Leistung zu einem späteren Zeitpunkt 171 Scheidet der Arbeitnehmer vorzeitig mit unverfallbaren Anwartschaften aus und möchte er dann die vorzeitige Altersleistung in Anspruch nehmen, so gilt nach Rechtsprechung des BAG folgendes: Sein Anspruch wird im ersten Schritt gemäß § 2 BetrAVG gekürzt. Hinzu kommt ein zweiter Schritt: ■ Sieht die Versorgungszusage einen versicherungsmathematischen Abschlag vor, dann erfolgt im zweiten Schritt die Kürzung entsprechend dieses Abschlags.

_____ 168 BAG, Urt. v. 23.1.2001 – 3 AZR 164/00 – BetrAV 2002, 316. 169 BAG, Urt. v. 25.6.2013 – 3 AZR 219/11 – BetrAV 2013, 717. 170 BAG, Urt. v. 23.1.2001 – 3 AZR 164/00 – BetrAV 2002, 316. 171 BAG, Urt. v. 29.9.2010 – 3 AZR 557/08 – BetrAV 2011, 287, BAG, Urt. v. 29.4.2008 – 3 AZR 266/ 06 – BetrAV 2009, 75. 172 BAG, Urt. v. 28.5.2002 – 3 AZR 358/01 – BAGE 101, 163. 173 BAG, Urt. v. 23.1.2001 – 3 AZR 164/00 – BetrAV 2002, 316.

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B. Vorgezogene Inanspruchnahme der bAV



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Sieht die Versorgungszusage keinen versicherungsmathematischen Abschlag vor und ergibt sich auch durch deren Auslegung nicht, dass der Arbeitgeber darauf verzichten wollte, dann kann die frühere und längere Inanspruchnahme der Altersrente durch eine zweite ratierliche Kürzung berücksichtigt werden. Dabei wird die Zeit zwischen dem Beginn der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers und dem Zeitpunkt der vorgezogenen Inanspruchnahme der Altersrente ins Verhältnis gesetzt zur Zeit zwischen dem Beginn der Betriebszugehörigkeit und der festen Altersgrenze (sog. „untechnischer versicherungsmathematischer Abschlag“).

Beispiel 5 Der Arbeitnehmer beginnt mit 30 Jahren seine Betriebstätigkeit in der Firma. Der Arbeitgeber sagt ihm eine monatliche Rente in Höhe von 100 € zu, wenn er nach Vollendung des 67. Lebensjahres aus der Firma ausscheidet. Die Höhe der Rente bei vorzeitiger Altersleistung regelt die Versorgungszusage nicht. Variante 1: Der Arbeitnehmer scheidet aus dem Unternehmen aus, weil er mit 63. die gesetzliche Rente als Vollrente in Anspruch nimmt. Der Arbeitgeber ist berechtigt, in Anlehnung an § 2 BetrAVG die zum 67. Lebensjahr zugesagte Rente zu kürzen. Die tatsächliche Dienstzeit des Arbeitnehmers beträgt 33 Jahre, seine mögliche Dienstzeit 35 Jahre. Die Höhe der vorzeitigen Altersleistung beträgt daher 33:35 x 100 = 94,29 €. Eine darüber hinausgehende Kürzung kann der Arbeitgeber nicht vornehmen, weil die Versorgungszusage eine solche nicht vorsieht. Variante 2: Der Arbeitnehmer scheidet in diesem Beispiel bereits mit 45 Jahren aus der Firma aus und nimmt mit Vollendung des 63. Lebensjahres die gesetzliche Rente als Vollrente in Anspruch. Die Höhe seiner unverfallbaren Anwartschaft beträgt 42,86 € (das Verhältnis der tatsächlichen Dienstzeit von 15 Jahren zur möglicher Dienstzeit von 35 Jahren wird multipliziert mit der zugesagten Rente von 100 €). Diese Anwartschaft kann der Arbeitgeber erneut kürzen. Dabei wird die mögliche Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers bis zur vorzeitigen Inanspruchnahme (33 Jahre) ins Verhältnis gesetzt zur insgesamt möglichen Betriebszugehörigkeit (35 Jahre) und multipliziert mit der unverfallbaren Anwartschaft. Der Arbeitnehmer kann daher als vorgezogene Altersleistung vorzeitig eine Rente in Höhe von 40,4 € in Anspruch nehmen.

3. Grundsätze für die Regelung der vorzeitigen Altersleistung Ob eine Versorgungszusage die Höhe der vorzeitigen Altersleistung regelt, ist durch 172 Auslegung zu ermitteln. Werden Versorgungsregelungen formuliert, so empfiehlt es sich, die Höhe der Leistung bei vorzeitiger Inanspruchnahme ausdrücklich zu regeln. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Versorgungszusagen im Hinblick auf die 173 Höhe der Altersleitung sind sehr vielfältig.174 Entsprechend vielfältig sind auch die Möglichkeiten, die Höhe der vorzeitigen Altersleistung zu berechnen.175 Nachfolgend werden die wichtigsten Grundsätze dargestellt:

_____ 174 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 97 ff., 101 ff.

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■ ■











Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

Dem Arbeitgeber steht bei der Berechnung der Kürzung grundsätzlich ein Gestaltungsspielraum zu.176 Die Kürzung darf allerdings nicht unbillig sein. Sie muss somit die Interessen des Arbeitgebers und des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers gleichermaßen berücksichtigen.177 Arbeitnehmer, die von der Möglichkeit der vorzeitigen Altersleistung Gebrauch machen, sollen – unter Berücksichtigung der dem Arbeitgeber dadurch entstehenden Mehrbelastungen – nicht schlechter gestellt werden als Arbeitnehmer, die ihre Altersleistung regulär in Anspruch nehmen. Eine Kürzung der Renten- oder Kapitalleistung ist in Anlehnung an die Regelung des § 2 Abs. 1 S. 1 BetrAVG zulässig.178 Mehr noch: Wie oben gezeigt, findet diese Kürzung regelmäßig statt. Sie unterbleibt nur dann, wenn der Versorgungsregelung deutlich zu entnehmen ist, dass sie unterbleiben soll.179 Wie ebenfalls oben bereits ausgeführt, ist die Regelung versicherungsmathematischer Abschläge in Höhe von 0,3 bis 0,6% für jeden Monat der vorgezogenen Altersleistung angemessen. Der Arbeitgeber zu einer Kürzung jedoch nicht verpflichtet – er kann auch im Fall der vorzeitigen Inanspruchnahme Leistung in derselben Höhe erbringen, wie sie bei regulärer Inanspruchnahme zu erbringen wäre.180 In der Praxis entscheiden sich Arbeitgeber jedoch in der Regel für eine Kürzung. Für die Zusagearten beitragsorientierte Leistungszusage oder Zusage durch Entgeltumwandlung sieht das BetrAVG bei vorzeitigem Ausscheiden der Arbeitnehmer einen Anspruch auf vom Zeitpunkt der Zusage auf bAV bis zum Ausscheiden des Arbeitnehmers erreichte Anwartschaft auf Leistungen aus den bis dahin umgewandelten Entgeltbestandteilen bzw. eingezahlten Beiträgen vor, § 2 Abs. 5 BetrAVG. Dadurch ist eine kürzere Dienstzeit bereits berücksichtigt. Die Zusage kann darüber hinaus eine Kürzung bzw. Ausgleich für die längere Rentenzahlung und die frühere Inanspruchnahme vorsehen. Die Regelung zur Kürzung muss frei von Diskriminierungen sein und darf nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.181

_____ 175 Weitere Beispiele finden sich bei Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 6 BetrAVG Rn. 111 ff. und Höfer, § 6 BetrAVG Rn. 146 ff. 176 BAG, Urt. v. 1.6.1978 – 3 AZR 216/77 – BetrAV 1978, 1793; BAG, Urt. v. 23.1.2001 – 3 AZR 164/00 – BetrAV 2002, 316. 177 BAG, Urt. v. 1.6.1978 – 3 AZR 216/77 – BetrAV 1978, 1793. 178 BAG, Urt. v. 18.2.2014 – 3 AZR 542/13 – BetrAV 2014, 394. 179 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 6 BetrAVG Rn. 140. 180 BAG, Urt. v. 1.6.1978 – 3 AZR 216/77 – BetrAV 1978, 1793. 181 Siehe zu den Grundsätzen der Gleichbehandlung in der bAV: Kap. 1 Rn. 618 ff.

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B. Vorgezogene Inanspruchnahme der bAV

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4. Besonderheiten der versicherungsförmigen Durchführungswege Versorgungszusagen auf Leistungen einer Direktversicherung, einer Pensions- 174 kasse oder eines Pensionsfonds nehmen in der Regel u.a. bezüglich der Höhe der Leistung Bezug auf die jeweils maßgeblichen Versicherungsbedingungen, Vertragsinformationen und Standmitteilungen des Versicherers oder orientieren sich zumindest daran.182 Denn dem Arbeitgeber ist an einem Gleichlauf zwischen der arbeitsrechtlichen Zusage und der Leistung der Direktversicherung, Pensionskasse oder des Pensionsfonds gelegen. Die Versicherungsbedingungen sehen für die vorzeitige Altersleistung in der Regel bereits Abschläge nach versicherungsmathematischen Grundsätzen vor.183 Sie berücksichtigen sowohl die frühere Inanspruchnahme als auch die längere Dauer der Rentenzahlung. Bei Direktversicherungen und Pensionskassenzusagen muss der Arbeite- 175 ber allerdings beachten, dass die Versicherungsleistung nur dann maßgeblich ist, wenn er bei Ausscheiden des Arbeitnehmers von der Anspruchsbegrenzung (versicherungsförmigen Verfahren) Gebrauch macht (§ 2 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 2 BetrAVG),184 was üblicherweise in seinem Interesse liegt. Gelingt dies nicht und ist die Anspruchsbegrenzung unwirksam, dann wird die Versorgungszusage im Zweifel keine Regelung für die Höhe der vorgezogenen Altersleistung vorsehen. Für die Berechnung der Leistungshöhe gelten dann die in den Beispielsfällen genannten Berechnungsmethoden. Bei einer Beitragszusage mit Mindestleistung ist auch für die vorzeitige Al- 176 tersleistung das dem Arbeitnehmer planmäßig zuzurechnenden Versorgungskapital auf der Grundlage von (mindestens) der bis zur vorzeitigen Altersleistung geleisteten Beiträge, zu verlangen, soweit sie nicht für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht werden, § 2 Abs. 6 BetrAVG.185

III. Von der Sozialversicherungspflicht befreite Personen Mitglieder der berufsständischen Versorgungseinrichtungen beziehen keine 177 Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und haben daher keinen gesetzlichen Anspruch auf vorzeitige Altersleistung der bAV.186 Dies gilt auch für sonstige von der Sozialversicherungspflicht befreite Personen.

_____ 182 Vgl. Kap. 1 Rn. 347. 183 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 6 BetrAVG Rn. 156. 184 Vgl. Rn. 70 ff. 185 Rn. 91 ff. 186 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 6 BetrAVG Rn. 23; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/BetzRehm/Kisters-Kölkes, § 6 Rn. 8.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

Da § 6 BetrAVG dem Wortlaut nach auf die tatsächliche Inanspruchnahme der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung abstellt, ist er auf von der Sozialversicherungspflicht befreite Personen nicht anwendbar. Auch eine analoge Anwendung scheidet aus, denn mit dieser Vorschrift sollen Arbeitnehmer in die Lage versetzt werden, die betriebliche Rente zugleich mit der gesetzlichen Rente zu erhalten.187 Bei Personen, die keine Ansprüche auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung haben, bedarf es dieser Verknüpfung nicht. Dies muss bei der Gestaltung von Zusagen an diese Personen berücksichtigt werden. Vorstandsmitglieder einer AG oder Gesellschafter-Geschäftsführer einer 179 GmbH sind zudem häufig arbeitsrechtlich beherrschend.188 Auf deren Versorgungsregelungen findet dann das BetrAVG insgesamt keine Anwendung. Daher haben sie schon aus diesem Grund keinen gesetzlichen Anspruch auf eine vorgezogene Altersleistung. Auch darauf ist bei der Formulierung von Versorgungsregelungen zu achten.

178

3 Praxistipp Bei der Gestaltung von Versorgungszusagen an diesen Personenkreis sollte deswegen darauf geachtet werden, einen Anspruch auf vorgezogene Altersleistung ausdrücklich zu regeln.

C. Sicherung gegen Insolvenz des Arbeitgebers C. Sicherung gegen Insolvenz des Arbeitgebers I. Gesetzliche Insolvenzsicherung 1. Überblick 180 Gesetzlich unverfallbare Anwartschaften und Ansprüche der Arbeitnehmer auf

Leistungen der bAV sind gegen eine aus der Insolvenz des Arbeitgebers folgende Nichtleistung geschützt (Ausfallhaftung), §§ 7 ff BetrAVG. Gesetzlich bestimmter Träger der Insolvenzsicherung für die bAV ist der 181 Pensions-Sicherungs-Verein, Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (PSV), § 14 Abs. 1 BetrAVG. Sein Zweck ist es, die Zahlung der bAV im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers in der Bundesrepublik Deutschland und im Großherzogtum Luxemburg zu gewährleisten. Neben der Insolvenz erstreckt sich der Schutz auf drei weitere sog. Sicherungs182 fälle: ■ Die Abweisung des Antrags auf Insolvenzeröffnung mangels Masse, ■ den außergerichtlichen Vergleich des Arbeitgebers mit seinen Gläubigern, sowie

_____ 187 BT-Drucks. 7/1281, S. 29. 188 Vgl. Kap. 1 Rn. 301 ff.

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C. Sicherung gegen Insolvenz des Arbeitgebers



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die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit durch den Arbeitgeber, wenn ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt, § 7 Abs. 1 S. 4 BetrAVG.189

Voraussetzung des Schutzes ist, dass es sich um Anwartschaften und Leistungen 183 der bAV im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG handelt.190 Geschützt sind Ansprüche und Anwartschaften von Arbeitnehmern sowie Personen, die aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen Zusagen erhalten haben (§ 17 Abs. 1 S. 1 und 2 BetrAVG).191 Das BetrAVG sichert nicht alle Durchführungswege gegen die Insolvenz des 184 Arbeitgebers. Dahinter steht der Gedanke, dass Versorgungszusagen, die für den Arbeitnehmer ein geringeres Risiko bedeuten, aus dem Insolvenzschutz ausgeklammert und Arbeitgeber, die solche Versorgungzusagen erteilen, nicht mit Beiträgen belastet werden sollen.192 Pensionszusagen, Versorgungszusagen auf Leistungen einer Unterstützungskasse und eines Pensionsfonds sind geschützt. Versorgungszusagen auf Leistungen einer Direktversicherung sind dann geschützt, wenn der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag abgetreten oder beliehen hat bzw. das Bezugsrecht aus dem Versicherungsvertrag widerruflich ist. Zusagen auf Leistungen der Pensionskasse sind gegen Insolvenz des Arbeitgebers geschützt, wenn der Sicherungsfall nach dem 31.12.2021 eintritt. Dies gilt nicht für Pensionskassen, die einem Sicherungsfonds nach dem dritten Teil des Versicherungsaufsichtsgesetzes angehören oder in Form einer gemeinsamen Einrichtung nach § 4 des Tarifvertragsgesetzes organisiert sind. Versorgungszusagen über diese Pensionskassen sind – wie in der Vergangenheit auch – vom Insolvenzschutz durch den PSV ausgenommen. Bis zum Inkrafttreten des Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches 185 Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (7. SGB IV-ÄndG) am 1.7.2020 waren Versorgungszusagen über Pensionskassen vom Insolvenzschutz durch den PSV ausgenommen. Ob dieses System des Insolvenzschutzes der Richtlinie 2008/94/EG über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers193 entsprach (sog. Insolvenzschutzrichtlinie), war aktuell Gegenstand eines Revisionsverfahrens vor dem BAG.194 Denn die Insolvenzschutzrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, notwendige Maßnahmen zum Schutz der Interessen der aktiven und der ausgeschiedenen Arbeitnehmer hinsichtlich ihrer erworbenen Rechte auf Leistun-

_____ 189 Rn. 232. 190 Kap. 1 Rn. 22 ff. 191 Kap. 1 Rn. 288 ff. 192 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 7 BetrAVG, Rn. 48; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 7 Rn. 95; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 7 Rn. 24. 193 Abl. 2008 L 283. 194 BAG, Beschluss v. 20.2.2018 – 3 AZR 142/16 (A).

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

gen der bAV zu treffen, Art. 8. Die Erwägungsgründe der Richtlinie konkretisieren diese Pflicht dahingehend, dass Bestimmungen notwendig sind, die den Arbeitnehmern bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers ein Minimum an Schutz im Hinblick auf ihre nicht erfüllten Ansprüche gewährleisten.195 Deshalb sollten die Mitgliedstaaten Einrichtungen schaffen, die die Befriedigung der nicht erfüllten Arbeitnehmeransprüche garantieren. 3 Praxistipp Im konkreten vom BAG zu entscheidenden Fall reduzierte eine regulierte Pensionskasse aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten die laufenden Leistungen um insgesamt etwa 14%. Gleichzeitig wurde der ehemalige Arbeitgeber des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers insolvent. Der Arbeitnehmer hat daraufhin den PSV auf Zahlung der Differenz zwischen den zugesagten und tatsächlich gezahlten Rentenleistungen in Anspruch genommen. Das BAG hat das Verfahren ausgesetzt und den EuGH um Auslegung der Insolvenzschutzrichtlinie gebeten.196 Der EuGH hat zunächst festgestellt, dass die Insolvenzschutzrichtlinie auf Sachverhalte wie den vorliegenden – das Zusammentreffen der Leistungskürzung durch die Versorgungseinrichtung mit der Insolvenz des Arbeitgebers – grundsätzlich Anwendung findet.197 Er hat zudem das erforderliche Mindestsicherungsniveau konkretisiert. Demnach ist die Kürzung der einem ehemaligen Arbeitnehmer gezahlten Leistung dann offensichtlich unverhältnismäßig, wenn der Betroffene nicht mindestens die Hälfte der sich aus seinen erworbenen Rechten ergebenden Leistungen erhält bzw. wenn er wegen dieser Kürzung bereits unterhalb der von Eurostat für den betreffenden Mitgliedstaat ermittelten Armutsgefährdungsschwelle lebt oder künftig leben müsste. Die Richtlinie entfaltet nach der Entscheidung des EuGH zudem unmittelbare Wirkung. Trifft der Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen nicht, so kann der Betroffene auf der Grundlage der Richtlinie unmittelbar Ansprüche gegenüber dem Mitgliedstaat geltend machen.198 Schließlich hat der EuGH dazu Stellung genommen, ob der PSV als eine staatliche Einrichtung angesehen werden kann, der gegenüber Betroffene Ansprüche geltend machen können. Dies ist nach Einschätzung des EuGH dann der Fall, wenn das deutsche Recht dem PSV die Aufgabe der konkreten Sicherung übertragen hat. Da nach der damals geltenden Fassung des BetrAVG Pensionskassenzusagen nicht durch den PSV gesichert waren, dürfte dieser auch nicht Einstandspflichtig sein. 186 Der Schutz besteht für die Zusagearten Leistungszusage, beitragsorientierte Leis-

tungszusage und Beitragszusage mit Mindestleistung.199 Reine Beitragszusagen sind hingegen nicht gegen Insolvenz des Arbeitgebers geschützt. Geschützt sind zudem alle Arten der Finanzierung (durch den Arbeitgeber, 187 durch Entgeltumwandlung oder die Mischung aus diesen Finanzierungsarten).200

_____ 195 Dritter Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/94/EG. 196 BAG, Beschluss v. 20.2.2018 – 3 AZR 142/16 (A). 197 EuGH, Urteil vom 19.12.2019 – C-168/18 – BetrAV 2020, 79. 198 Siehe auch Kap. 1 Rn. 185. 199 Zu den Zusagearten siehe Kap. 1 Rn. 465 ff. 200 Zu den Finanzierungsarten der bAV siehe Kap. 1 Rn. 694 ff.

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C. Sicherung gegen Insolvenz des Arbeitgebers

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Auch dann, wenn der Arbeitgeber die bAV nicht selbst durchführt, sondern 188 mittelbar z.B. über eine Unterstützungskasse oder einen Pensionsfonds, schützt der PSV nur gegen die Insolvenz des Arbeitgebers, nicht aber gegen die Insolvenz des Versorgungsträgers. Arbeitgeber, die eine insolvenzsicherungspflichtige bAV durchführen, sind 189 nach § 10 BetrAVG verpflichtet, Beiträge zur Durchführung der Insolvenzsicherung an den PSV zu entrichten. Für diese Arbeitgeber besteht eine Zwangsversicherungspflicht. Die Rechtsverhältnisse zwischen dem PSV und den von der Insolvenzsicherung erfassten Arbeitgebern bezüglich der Melde- und Beitragspflichten sind dem öffentlichen Recht zugeordnet. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können keinen Einfluss nehmen auf die Einstands- 190 pflicht des PSV. Sie können sie also weder vertraglich abbedingen, noch deren Umfang bestimmen. Dies gilt auch für Tarifvertragsparteien: Die Regelungen des BetrAVG zur Insolvenzsicherung in §§ 7 bis 15 sind nicht tarifdispositiv, § 19 Abs. 2 BetrAVG. Praxistipp 3 Der PSV hat auf seiner Homepage https://www.PSV.de zu den wesentlichen Fragen des Insolvenzschutzes Merkblätter veröffentlicht. Dort sind zudem die wesentlichen einschlägigen Rechtsgrundlagen (u.a. die Satzung des PSV sowie die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Insolvenzsicherung der bAV (AIB)) und alle erforderlichen Vordrucke abrufbar.

Dieses System des Insolvenzschutzes hat somit Auswirkungen bereits bei der Ein- 191 richtung und Durchführung der bAV. So sind bspw. Mitteilungspflichten zu erfüllen, Beiträge zu bezahlen etc.201

2. Bedeutung des Insolvenzschutzes bei Einrichtung und Durchführung der bAV a) Geschützte Zusagen Verpflichtet zur Erfüllung der Pflichten gegenüber dem PSV sind alle Arbeitgeber, 192 die Leistungen der bAV erteilt oder Versorgungszusagen übernommen haben (im Wege eines Betriebsübergangs, einer Gesamtrechtsnachfolge wie z.B. einer Erbschaft oder Umwandlung oder nach § 4 BetrAVG).202 Bei Rentnern und vor Eintritt des Versorgungsfalls mit gesetzlich unverfallbaren Anwartschaften ausgeschiedenen Arbeitnehmern sind dies ihre ehemaligen Arbeitgeber. Uneingeschränkt insolvenzsicherungspflichtig sind Versorgungszusagen 193 aber nur in den Durchführungswegen Pensionszusage, Unterstützungskasse und Pensionsfonds, § 7 Abs. 1 S. 2, S. 2 Nr. 2 BetrAVG.

_____ 201 Rn. 220 sowie Rn. 202 ff. 202 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 7 BetrAVG, Rn. 51.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

Bei Versorgungszusagen auf Leistungen einer Direktversicherung besteht Insolvenzschutz über den PSV für Versorgungsempfänger nur dann, wenn der Arbeitgeber die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag abgetreten oder beliehen hat, § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BetrAVG. Anwärter einer Direktversicherung sind vor Insolvenz über den PSV geschützt, wenn der Arbeitgeber Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag abgetreten oder beliehen hat – insoweit entspricht der Schutz dem des Versorgungsempfängers. Sie sind zusätzlich auch dann durch den PSV geschützt, wenn das Bezugsrecht aus dem Versicherungsvertrag widerruflich gestaltet ist, § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BetrAVG. Denn ist das Bezugsrecht widerruflich, so kann der Insolvenzverwalter den Widerruf ausüben und der Anspruch auf die Versicherungsleistung steht der Insolvenzmasse zu.203 Versorgungszusagen im Durchführungsweg Pensionskasse sind vor Insolvenz 195 des Arbeitgebers geschützt, wenn der Sicherungsfall nach dem 31.12.2021 eintritt. Ausgenommen von diesem Schutz sind Pensionskassen die einem Sicherungsfonds nach dem dritten Teil des Versicherungsaufsichtsgesetzes angehören oder in Form einer gemeinsamen Einrichtung nach § 4 des Tarifvertragsgesetzes organisiert sind, § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BetrAVG.204 Häufig sichern Arbeitgeber ihre Versorgungszusagen über die §§ 7 ff. BetrAVG 196 zusätzlich („privatrechtlich“) gegen Insolvenz ab. So werden Pensionszusagen häufig durch Verpfändung der Ansprüche aus einer Rückdeckungsversicherung an die Arbeitnehmer geschützt.205 Dennoch unterliegen auch derart gesicherte Versorgungszusagen der Insolvenzsicherungspflicht gemäß §§ 7 ff. BetrAVG – an den Melde-, Mitteilungs- und Auskunftspflichten sowie an der Pflicht zur Beitragszahlung durch den Arbeitgeber ändert sich dadurch nichts. Die Frage, ob eine zusätzliche privatrechtliche Insolvenzsicherung besteht, spielt erst im Sicherungsfall eine Rolle.206

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b) Erstmeldung an den PSV aa) Zeitpunkt 197 Erteilt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Versorgungszusagen in einem insol-

venzsicherungspflichtigen Durchführungsweg, so hat er dies dem PSV innerhalb von drei Monaten nach Erteilung zu melden, § 11 Abs. 1 BetrAVG. Der Wortlaut des Gesetzes knüpft die Meldepflicht an die Erteilung der Versor198 gungszusage, § 11 Abs. 1 S. 1 BetrAVG. Allerdings schützt der PSV ausschließlich

_____ 203 BAG, Urt. v. 26.2.1991 – 3 AZR 213/90 – DB 1991, 2242. 204 Rn. 184. 205 Rn. 307 ff. 206 Rn. 182.

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C. Sicherung gegen Insolvenz des Arbeitgebers

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gesetzlich unverfallbare Anwartschaften und laufende Leistungen der bAV, § 7 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 BetrAVG. Daher verlangt der PSV in der Praxis eine Meldung erst dann, wenn die Voraussetzungen der gesetzlichen Unverfallbarkeit der Versorgungszusage erfüllt sind.207 Dies bedeutet: 199 ■ für Versorgungszusagen aus Entgeltumwandlung, die ab 2002 erteilt sind, eine Meldung innerhalb von drei Monaten nach Erteilung der Versorgungszusage. Denn die sofortige gesetzliche Unverfallbarkeit von Versorgungszusagen durch Entgeltumwandlung gemäß § 1b Abs. 5 BetrAVG besteht nach § 30f Abs. 1 BetrAVG erst für Versorgungszusagen ab dem 1.1.2002. ■ für sonstige Versorgungszusagen eine Meldung innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der gesetzlichen Unverfallbarkeit208 oder Beginn der laufenden Versorgungsleistung. ■ für Versorgungszusagen im Durchführungsweg Direktversicherung setzt nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BetrAVG die Insolvenzsicherung und damit auch die Meldepflicht neben der gesetzlichen Unverfallbarkeit ein widerrufliches Bezugsrecht, eine Beleihung oder eine Abtretung der Ansprüche voraus.209 Eine Meldung ist daher innerhalb von drei Monaten nach Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen zu machen. Dies gilt sowohl für arbeitgeberfinanzierte als auch für durch Entgeltumwandlung finanzierte Versorgungszusagen. Praxistipp 3 Meldet der Arbeitgeber die Erteilung der Versorgungszusage vor Eintritt der gesetzlichen Unverfallbarkeit bzw. vor den oben genannten sonst erforderlichen Voraussetzungen, dann registriert der PSV diese Meldung nicht und fordert den Arbeitgeber auf, die Meldung innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Insolvenzsicherungspflicht vorzunehmen.210 Die Merkblätter des PSV 210/M 21 und 210 M 21a enthalten allgemeine Hinweise zur Meldung.211 Unter der Überschrift „Merkblätter und Formulare/Informationen“ sind zudem Formulare für die Meldepflichten des Arbeitgebers abrufbar. Der Arbeitgeber kann dem PSV die Versorgung formlos unter Angabe seiner Betriebsnummer nach DEÜV212 melden. Alternativ kann er das Anmeldeformular nutzen.

bb) Folgen verspäteter Meldung Überschreitet der Arbeitgeber die Meldefrist, so kann dies zur Folge haben, dass der 200 PSV Beiträge erst nach deren Fälligkeit erheben kann. In diesem Fall ist der PSV

_____ 207 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 11 BetrAVG Rn. 3. 208 Rn. 3 ff. 209 Rn. 38 ff. 210 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 11 BetrAVG Rn. 4. 211 https://www.psvag.de/insolvenz-leistung/merkblaetter.html. 212 Verordnung über die Erfassung und Übermittlung von Daten für die Träger der Sozialversicherung – Datenerfassungs- und Übermittlungsverordnung – DEÜV.

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berechtigt, für jeden angefangenen Monat vom Zeitpunkt der Fälligkeit an einen Säumniszuschlag bis zu 1% der Beiträge zu erheben, § 10a Abs. 1 BetrAVG. Handelt der Arbeitgeber dabei vorsätzlich oder fahrlässig, so ist der Verstoß 201 gegen die Meldepflicht eine Ordnungswidrigkeit, § 12 BetrAVG.

c) Höhe der Beiträge an den PSV 202 Die Finanzierung der Insolvenzsicherung erfolgt im Wege der vollständigen Kapi-

taldeckung des Beitragsbedarfs des PSV.213 Die finanziellen Mittel werden gemeinsam durch alle Arbeitgeber aufgebracht, die einen insolvenzsicherungspflichtigen Durchführungsweg der bAV gewählt haben. Auf das individuelle Insolvenzrisiko des einzelnen Arbeitgebers kommt es dabei nicht an.214 Die Berechnung der Beiträge regelt § 10 Abs. 2 und 3 BetrAVG. Dabei wird zu203 nächst der Beitragsbedarf des PSV sowie die (Gesamt-) Beitragsbemessungsgrundlage ermittelt. Die (Gesamt-) Beitragsbemessungsgrundlage ist der Wert der bAV aller insolvenzsicherungspflichtigen Arbeitgeber. Das Verhältnis dieser beiden Werte ergibt den für alle Arbeitgeber einheitlichen Beitragssatz. Er wird vom Vorstand des PSV mit Zustimmung seines Aufsichtsrates jährlich festgesetzt. Die Höhe des vom konkreten Arbeitgeber zu erbringenden Beitrags bemisst sich auf der Grundlage seiner individuellen Beitragsbemessungsgrundlage (d.h., dem Wert seiner bAV) und des Beitragssatzes.

aa) Beitragsbedarf 204 Zunächst zum Beitragsbedarf: Er setzt sich zusammen aus ■ dem Barwert der im laufenden Kalenderjahr entstehenden Ansprüche auf Leistungen der Insolvenzsicherung, ■ einem Betrag für die aufgrund eingetretener Insolvenzen zu sichernden unverfallbaren Anwartschaften, ■ den Verwaltungskosten, ■ den sonstigen mit der Gewährung der Leistung zusammenhängenden Kosten, ■ den Zuführungen zu einem von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht festgesetzten Ausgleichsfonds sowie Zuführungen zur Verlustrücklage,

_____ 213 Die Finanzierung in den Jahren 1975 bis 2005 erfolgte im sog. Rentenwertumlageverfahren (Ausfinanzierung der im betreffenden Jahr entstehenden Ansprüche, nicht aber der unverfallbaren Anwartschaften). 2006 erfolgte eine Umstellung auf vollständige Kapitaldeckung. 214 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 10 BetrAVG, Rn. 7; Blomeyer/Rolfs/ Otto/Rolfs, § 10 Rn. 2; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 10 Rn. 50 ff.

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vermindert um die vom PSV durch Forderungsübergang nach § 9 BetrAVG erzielten Erträge215 sowie sonstige Erträge, wie bspw. Erträge aus Kapitalanlagen, Überschussbeteiligung etc.216

Der Barwert der im laufenden Kalenderjahr entstehenden Ansprüche gegen- 205 über dem PSV ist der Betrag, der unter Berücksichtigung eines angenommenen Zinsertrags (Rechnungszinsfuß) ausreicht, um den Versorgungsberechtigten die zugesagten Leistungen (bei Rentenleistungen ggf. lebenslang) zu zahlen.217 Die Berechnung erfolgt nach versicherungsmathematischen Grundsätzen. Der Rechnungszinsfuß ist gesetzlich vorgegeben und entspricht dem Rechnungszinsfuß, der bei einem Unternehmen der Lebensversicherung der Kalkulation der Tarife zugrunde gelegt wird, § 10 Abs. 2 S. 2 BetrAVG i.V.m. § 235 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 VAG.218 Der Betrag für die aufgrund der eingetretenen Insolvenzen zu sichernden ge- 206 setzlich unverfallbaren Anwartschaften wird mit der Methode der Differenzfinanzierung ermittelt: Er bestimmt sich nach der Differenz zwischen dem Barwert des gesamten Bestandes dieser Anwartschaften am Ende des maßgeblichen Kalenderjahres und deren Barwert am Ende des Vorjahres. Der Barwert der gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft wird entsprechend dem Barwert der Ansprüche berechnet. Der für die Berechnung maßgebliche Rechnungszinsfuß ist um ein Drittel höher als der für die Berechnung der Ansprüche maßgebliche.

bb) Beitragsbemessungsgrundlage Die (Gesamt-) Beitragsbemessungsgrundlage ist die Summe der individuellen 207 Beitragsbemessungsgrundlagen aller insolvenzsicherungspflichtigen Arbeitgeber. Deren Berechnung regelt § 10 Abs. 3 BetrAVG. Ihr liegen die Werte zum Schluss des Wirtschaftsjahres des Arbeitgebers (Bilanzstichtag), das im abgelaufenen Kalenderjahr geendet hat, zugrunde. ■ Bemessungsgrundlage bei Pensionszusagen ist der Teilwert der Pensionsverpflichtung nach § 6a EStG, § 10 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG. ■ Bei Unterstützungskassen ist Bemessungsgrundlage das Deckungskapital für die laufenden Leistungen (§ 4d Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EStG) zuzüglich des Zwanzigfachen der nach § 4d Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b S. 1 EStG errechneten jährlichen Zuwendungen für Leistungsanwärter im Sinne von § 4d Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b S. 2 EStG. Geregelt ist dies in § 10 Nr. 3 BetrAVG.

_____ 215 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 10 BetrAVG, Rn. 72. 216 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 10 BetrAVG, Rn. 73. 217 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 10 BetrAVG, Rn. 42. 218 Kap. 6 Rn. 18.

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Bemessungsgrundlage bei insolvenzsicherungspflichtigen Direktversicherung ist dass das geschäftsplanmäßige Deckungskapital (oder, soweit die Berechnung des Deckungskapitals nicht zum Geschäftsplan gehört, die Deckungsrückstellung) zuzüglich der dem Arbeitnehmer zustehenden Gewinnanteile, § 10 Nur. 2 BetrAVG. zum 30. September eines Kalenderjahres, § 11 Abs. 2 S. 1 BetrAVG. Bei sicherungspflichtigen Pensionskassen beträgt die Beitragsbemessungsgrundlage für unverfallbare Anwartschaften auf lebenslange Altersleistungen die Höhe der jährlichen Versorgungsleistung, die im Versorgungsfall, spätestens zum Zeitpunkt des Erreichens der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung, erreicht werden kann, bei ausschließlich lebenslangen Invaliditäts- oder lebenslangen Hinterbliebenenleistungen jeweils ein Viertel dieses Wertes; bei Kapitalleistungen gelten 10 Prozent der Kapitalleistung, bei Auszahlungsplänen 10 Prozent der Ratensumme zuzüglich des Restkapitals als Höhe der lebenslangen jährlichen Versorgungsleistung, § 10 Abs. 3 Nr. 4a BetrAVG. Für lebenslang laufende Versorgungsleistungen beträgt die Bemessungsgrundlage 20 Prozent des nach Anlage 1 Spalte 2 zu § 4d Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes berechneten Deckungskapitals; bei befristeten Versorgungsleistungen gelten 10 Prozent des Produktes aus maximal möglicher Restlaufzeit in vollen Jahren und der Höhe der jährlichen laufenden Leistung, bei Auszahlungsplänen 10 Prozent der zukünftigen Ratensumme zuzüglich des Restkapitals als Höhe der lebenslangen jährlichen Versorgungsleistung. Für die Bemessungsgrundlage der Pensionsfonds gilt das zu den Pensionskassen oben Ausgeführte. Für Sicherungsfälle, die vor dem 1.1.2022 eingetreten sind, betragt die Beitragsbemessungsgrundlage 20% des Rückstellungswertes der Pensionsverpflichtung nach § 6a EStG, § 10 Abs. 3 Nr. 4 BetrAVG in der am 31.12.2019 geltenden Fassung, vgl. § 30 Abs. 4 BetrAVG. Für die Beitragsjahre 2020 bis 2022 haben Arbeitgeber die Wahl zwischen diesen beiden Regelungen, § 30 Abs. 4 BetrAVG.

208 Beitragspflichtige Arbeitgeber sind verpflichtet, dem PSV die Bemessungsgrundlage

bis zum 30. September eines Kalenderjahres mitzuteilen. Bei Direktzusagen und Pensionsfonds ist die Bemessungsgrundlage aufgrund eines versicherungsmathematischen Gutachtens mitzuteilen, bei Unterstützungskassen aufgrund einer nachprüfbaren Berechnung und bei Direktversicherungen aufgrund einer Bescheinigung des Versicherers, § 11 Abs. 2 S. 1 BetrAVG. Im ersten Jahr der Insolvenzsicherungspflicht erhebt der PSV einen anteiligen 209 Jahresbeitrag, der dem Verhältnis der insolvenzpflichtigen Tage zur Gesamtzahl der Tage in diesem Jahr entspricht, § 180 Abs. 1 VAG, § 6 Abs. 3 AIB.219 Dasselbe gilt, wenn die Insolvenzsicherungspflicht im Laufe eines Kalenderjahres endet.

_____ 219 BVerwG, Urt. v. 14.3.1991 – 3 C 24/90 – ZIP 1991, 668.

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d) Beitragspflicht aa) Beginn der Beitragspflicht Die Beitragspflicht beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem die Anwartschaft die Frist für 210 die gesetzliche Unverfallbarkeit erfüllt220 bzw. mit Aufnahme einer Versorgungsleistung. Besonderheiten gelten allerdings bei durch Entgeltumwandlung finanzierten 211 Versorgungszusagen: Teile der Anwartschaft, die auf umgewandelten Entgelten bis zu 4% der BBG beruhen, sind sofort insolvenzsicherungspflichtig, da gemäß § 1b Abs. 5 BetrAVG sofort unverfallbar. Für Teile dieser Anwartschaft aber, die darüber hinausgehen, gilt die Insolvenzsicherungspflicht erst zwei Jahre nach Erteilung der Versorgungszusage. Grund für diese Differenzierung ist die Regelung des § 7 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 BetrAVG. Denn demnach besteht Insolvenzschutz bei Versorgungszusagen, die in den beiden letzten Jahren vor Eintritt des Sicherungsfalls erteilt worden sind, nur dann, wenn es sich um Versorgungszusagen durch Entgeltumwandlung mit Beiträgen bis zu 4% der BBG handelt.

bb) Ende der Beitragspflicht Die Beitragspflicht endet zum einen, wenn ein Sicherungsfall221 eintritt: 212 ■ Wird über das Vermögen des Arbeitgebers das Insolvenzverfahren eröffnet, so endet die Beitragspflicht grundsätzlich mit dem Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Kommt es zu einem Insolvenzplan und wird in der Folge eine insolvenzpflichtige bAV weiter durchgeführt, dann besteht auch weiterhin Beitragspflicht.222 ■ Wird ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen, dann endet die Beitragspflicht des Arbeitgebers mit dem Tag des Abweisungsbeschlusses. ■ Wird bei einem außergerichtlichen Vergleich das Unternehmen weitergeführt und wird eine insolvenzsicherungspflichtige bAV weiter durchgeführt, dann besteht die Beitragspflicht weiter (Stundungs- und Quotenvergleich). Wird das Unternehmen nicht weitergeführt (Liquidationsvergleich), dann endet die Beitragspflicht sobald das Unternehmen nicht mehr weitergeführt wird.223 ■ Wird die Betriebstätigkeit des Unternehmens vollständig beendet, dann endet die Beitragspflicht des Arbeitgebers mit dem Tag der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit.

_____ 220 Rn. 3 ff. 221 Siehe dazu genauer Rn. 225 ff. 222 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 10 BetrAVG, Rn. 14. 223 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 10 BetrAVG, Rn. 14.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

213 Zum anderen endet die Beitragspflicht auch dann, wenn die Zusage erlischt,224

bspw. wenn sie rechtswirksam aufgehoben wird oder wenn der Versorgungsberechtigte verstirbt.

cc) Fälligkeit der Beiträge 214 Die Beiträge zur Insolvenzsicherung werden nach § 10 Abs. 2 S. 4 BetrAVG am Ende

eines Kalenderjahres fällig, allerdings erst nachdem der verpflichtete Arbeitgeber einen Beitragsbescheid des PSV erhalten hat.225 Der PSV darf auf die Beiträge Vorschüsse erheben, § 10 Abs. 2 S. 4 BetrAVG. Der 215 Gesetzgeber hat zudem Maßnahmen bei außergewöhnlich hohen Beiträgen vorgesehen, § 10 Abs. 2 S. 5 BetrAVG. So kann der PSV im Zusammenwirken mit der BaFin zu deren Ermäßigung den Ausgleichsfonds heranziehen oder die Beiträge auf insgesamt fünf Kalenderjahre verteilen. Kommt der Arbeitgeber mit der Zahlung in Verzug, so erhebt der PSV für jeden 216 Monat Verzugszinsen in Höhe von 0,5% der rückständigen Beiträge. Auch die Verzugszinsen erhebt der PSV durch Bescheid.226 Zum Ende des 1. Quartals eines Kalenderjahres wird ggf. eine Vorschusszah217 lung fällig. Die Feststellung des endgültigen PSV-Beitrags erfolgt nach Mitteilung des endgültigen Beitragssatzes, in der Regel im November.

dd) Verjährung 218 Der Anspruch des PSV auf Zahlung der Beiträge verjährt in sechs Jahren beginnend

mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragspflicht entstanden ist, § 10a Abs. 3 BetrAVG. Dasselbe gilt für die Verjährung der Ansprüche der Arbeitgeber auf Erstattung 219 nicht geschuldeter Beiträge.

e) Meldepflichten zur Ermittlung der Beitragshöhe 220 Beitragspflichtige Arbeitgeber haben jährlich, spätestens bis zum 30. September

eines Kalenderjahres, dem PSV die Höhe der nach § 10 Abs. 3 BetrAVG maßgeblichen Beitragsbemessungsgrundlage mitzuteilen und dafür den Erhebungsbogen des PSV zu nutzen. Zu dieser jährlichen Mitteilungspflicht sind die Arbeitgeber verpflichtet, ohne dass es einer Aufforderung durch den PSV bedarf.

_____ 224 Siehe § 1 Kap. 48 ff. 225 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 10 BetrAVG, Rn. 31. 226 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 10 BetrAVG, Rn. 13.

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Praxistipp 3 Der Arbeitgeber kann mit der Erfüllung seiner Mitteilungspflicht Dritte bevollmächtigen. Neben externen Dienstleistern bieten bspw. Gruppenunterstützungskassen oder Pensionsfonds diesen Service an.

Der Arbeitgeber und der jeweilige Versorgungsträger – Unterstützungskasse, 221 Pensionsfonds oder das Lebensversicherungsunternehmen – sind zudem verpflichtet, dem PSV alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, die zur Beurteilung der Beitragspflicht bzw. seiner Einstandspflicht erforderlich sind, § 11 Abs. 1 S. 2 BetrAVG. Ein Verstoß gegen diese Pflichten ist eine Ordnungswidrigkeit, § 12 Abs. 1 222 BetrAVG. Sie kann mit einem Bußgeld bis zu 2.500 € pro Zuwiderhandlung geahndet werden, § 12 Abs. 2 BetrAVG.

f) Rechtsmittel, Streitigkeiten, Vollstreckbarkeit Die Mittel zur Finanzierung der Insolvenzsicherung werden gemäß § 10 Abs. 1 223 BetrAVG aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtung erbracht. Das Verhältnis zwischen dem PSV und den insolvenzsicherungspflichtigen Arbeitgebern ist im Hinblick auf die Beitragspflicht und die damit verbundenen Zahlungs-, Melde-, Auskunfts- und Mitteilungspflichten ein öffentlich-rechtliches und unterliegt dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Beitragsbescheide des PSV sind daher Verwaltungsakte im Sinne des § 35 224 VwVfG. Sie sind Grundlage für eine mögliche Zwangsvollstreckung, § 10 Abs. 4 BetrAVG. Gegen die Bescheide ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 ff. VwGO eröffnet. Hält der Arbeitgeber den Bescheid für unberechtigt, kann er dagegen zunächst Widerspruch einlegen, § 69 VwGO. Der PSV ist zugleich Widerspruchsbehörde, § 73 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VwGO und erlässt den Widerspruchsbescheid. Hilft der PSV dem Widerspruch nicht oder nicht im vollen Umfang ab, so kann der Arbeitgeber Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht erheben. Praxistipp 3 Der Widerspruch des Arbeitgebers und auch seine Klage gegen den Beitragsbescheid haben keine aufschiebende Wirkung. Der Arbeitgeber ist somit auch in diesem Fall zur Zahlung des im Bescheid festgesetzten Betrags verpflichtet, § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

3. Der Sicherungsfall und seine Folgen a) Überblick Der PSV tritt in den bereits genannten abschließend geregelten Sicherungsfällen 225 ein, § 7 Abs. 1 BetrAVG:

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■ ■ ■ ■

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die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers, die Abweisung des Antrags auf Insolvenzeröffnung mangels Masse, der außergerichtliche Vergleich des Arbeitgebers mit seinen Gläubigern, wenn der PSV dem Vergleich zustimmt, sowie die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit durch den Arbeitgeber, wenn ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt.

226 Entscheidend ist dabei immer der Sicherungsfall beim Arbeitgeber, nicht beim Ver-

sorgungsträger. Mit dem Eintritt des Sicherungsfalls erwerben Versorgungsempfänger Ansprüche gegenüber dem PSV und Anwärter mit gesetzlich unverfallbaren Anwartschaften eine Anwartschaft auf Leistungen des PSV. Dabei wird der PSV nicht Rechtsnachfolger des Arbeitgebers. Die Rechte der Anwärter und Versorgungsempfänger gegenüber dem PSV basieren vielmehr auf gesetzlicher Grundlage. Ihre bisherigen Ansprüche und Anwartschaften gegenüber dem Arbeitgeber gehen im Wege der Legalzession auf den PSV über, § 9 Abs. 2 bis 3a BetrAVG. Die Höhe und die Art der vom PSV zu erbringenden Leistung bestimmen sich 228 grundsätzlich nach der Versorgungszusage (akzessorisch). Sie ist allerdings der Höhe nach begrenzt, § 7 Abs. 3 BetrAVG und vermindert sich zudem soweit wie der Arbeitgeber, der Versorgungsträger oder ein Dritter trotz Eintritts des Sicherungsfalls eine Leistung der bAV entsprechend der Versorgungszusage an den Arbeitnehmer erbringt, § 7 Abs. 4 BetrAVG. Der PSV hat auch dann für die Leistung aus einem insolvenzgesicherten Durch229 führungsweg einzustehen, wenn der Arbeitgeber in der Vergangenheit keine Beiträge an den PSV gezahlt hat. Andererseits steht der PSV ausschließlich für sicherungsfähige Ansprüche und Anwartschaften ein. Hat der Arbeitgeber hingegen Beiträge gezahlt, ist der geltend gemachte Anspruch aber nicht sicherungsfähig, so begründet die Beitragszahlung an den PSV keine Einstandspflicht für diesen.227 227

5 Beispiel Versorgungszusagen an Geschäftsführer bzw. Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH bedürfen zur Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses.228 In der Praxis kommt es gelegentlich vor, dass im Insolvenzfall der Gesellschafterbeschluss nicht vorgelegt werden kann (sei es, weil er nicht gefasst wurde, sei es, weil er nicht mehr auffindbar ist). In diesem Fall steht der PSV für die Ansprüche oder Anwartschaften des Versorgungsberechtigten auch dann nicht ein, wenn die GmbH als aus der Zusage verpflichtete Schuldnerin Beiträge an den PSV entrichtet hat.

_____ 227 BAG, Urt. v. 19.1.2010 – 3 AZR 409/09 – juris. 228 BGH, Urt. v. 25.3.1991 – II ZR 169/90 – DB 1991, 1065.

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b) Sicherungsfälle aa) Eröffnung des Insolvenzverfahrens Der Hauptsicherungsfall ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Ver- 230 mögen des Arbeitgebers, § 7 Abs. 1 S. 1 BetrAVG. Das Insolvenzverfahren wird eröffnet auf Antrag des Gläubigers oder des 231 Schuldners durch den Eröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts, §§ 13, 27 InsO. Der Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist im Beschluss angegeben. Ist er das nicht, dann gilt als Zeitpunkt der Eröffnung die Mittagsstunde des Tages, an dem der Beschluss erlassen worden ist, § 27 Abs. 3 InsO. Dieser Zeitpunkt ist damit auch der Zeitpunkt des Eintritts dieses Sicherungsfalls, vgl. auch § 3 Abs. 3 a) AIB.

bb) Abweisung der Verfahrenseröffnung mangels Masse Der zweite Sicherungsfall ist die Abweisung der Eröffnung des Insolvenzverfah- 232 rens mangels Masse, § 7 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 BetrAVG, § 26 Abs. 1 InsO. Das Insolvenzgericht weist den Antrag ab, wenn das Vermögen des Schuldners (des Arbeitgebers) voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Auch hier tritt der Sicherungsfall mit der Verkündung des Beschlusses ein, § 26 Abs. 1 InsO, § 3 Abs. 3 b AIB.

cc) Außergerichtlicher Vergleich Darüber hinaus ist der außergerichtliche Vergleich (Stundungs-, Quoten- oder 233 Liquidationsvergleich) des Arbeitgebers mit seinen Gläubigern zur Abwendung des Insolvenzverfahrens ein Sicherungsfall, § 7 Abs. 1 S. 4 Nr. 2 BetrAVG. Der außergerichtliche Vergleich dient in der Regel der Sanierung des Schuldners (des Arbeitgebers) und besteht aus einer Vielzahl von Einzelverträgen zwischen ihm und seinen Gläubigern. Eine zusätzliche Voraussetzung für die Eintrittspflicht des PSV in diesem Siche- 234 rungsfall ist seine Zustimmung zu diesem Vergleich. Im Merkblatt 110/M 1 hat der PSV allgemeine Kriterien für seine Zustimmung zusammengefasst.229 So darf der Vergleich nicht im Wesentlichen zu Lasten der Pensionäre gehen, alle Gläubiger, Anteilseigner und die aktive Belegschaft sollen angemessen zur Erhaltung des Unternehmens beitragen. Reicht das Vermögen Dritter, z.B. eines persönlich haftenden Gesellschafters, zur ungekürzten Zahlung der Versorgungsleistungen aus, dann wird der PSV seine Zustimmung verweigern.

_____ 229 https://www.PSV.de/fileadmin/doc/merkblaetter/110/110_m_1_grundsaetze_des_aussergericht lichen_vergleichs.pdf.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

Die Zustimmung des PSV setzt einen begründeten Antrag des Arbeitgebers voraus, in dem dieser substantiiert Dauer und Umfang der für die bAV geplanten Maßnahmen sowie deren voraussichtlichen Einfluss auf die beabsichtigte Sanierung darlegen muss. Dies erfordert in der Regel eine Betriebsanalyse und einen Sanierungsplan.230 Der Sicherungsfall tritt am Tag der Zustimmungserklärung des PSV zum au236 ßergerichtlichen Vergleich ein, § 3 Abs. 3 c) AIB. 235

dd) Vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit 237 Schließlich tritt der PSV bei vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit des

Arbeitgebers im Geltungsbereich des BetrAVG ein, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt, § 7 Abs. 1 S. 4 Nr. 3 BetrAVG. Der Eintritt der Sicherungsfälle Insolvenz, Abweisung der Eröffnung des In238 solvenzverfahrens mangels Masse sowie außergerichtlicher Vergleich ist an formale Akte geknüpft (Gerichtsbeschluss, Abschluss eines Vergleichs) und damit für den Versorgungsberechtigten einfach nachzuweisen. Der Sicherungsfall „Beendigung der Betriebstätigkeit“ ist dagegen für den versorgungsberechtigten Arbeitnehmer nicht einfach feststellbar. Dennoch müssen die Arbeitnehmer auch hier die Voraussetzungen ihres Anspruchs gegen den PSV darlegen und erforderlichenfalls auch beweisen.231 Die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit ist nach Rechtsprechung 239 des BAG dann gegeben, wenn der mit dem Unternehmen verfolgte arbeitstechnische und unternehmerische Zweck eingestellt und die organisatorische Einheit des Unternehmens aufgelöst wird.232 5 Beispiel In dem vorab genannten vom BAG entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber, ein Hotelier, sein Personal entlassen, den Hotelbetrieb beim Gewerbeamt abgemeldet und das Hotel verkauft. Darin hat das BAG eine vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit gesehen. 240 Der Eintritt des Sicherungsfalls „Beendigung der Betriebstätigkeit“ setzt darüber

hinaus voraus, dass kein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt worden ist. Zudem darf ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Be241 tracht kommen, § 7 Abs. 1 S. 4 Nr. 3 BetrAVG. Die voraussichtlichen Verfahrenskosten

_____ 230 BAG, Urt. v. 24.4.2001 – 3 AZR 402/00 – DB 2001, 1787, Merkblatt 110/M 1 des PSV, 231 BAG. Urt. V. 9.12.1997 – 3 AZR 429/96 – DB 1998, 1570. 232 BAG, Urt. V. 20.11.1984 – 3 AZR 444/82 – DB 1985, 673.

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müssen also höher sein, als die anzunehmende Insolvenzmasse, § 26 InsO.233 Dabei kommt es nicht auf die individuelle Sicht bzw. Kenntnisse des Betriebsrentners oder des PSV an, sondern auf die Sicht eines entsprechend unterrichteten (mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten), unvoreingenommenen Betrachters.234 Der Sicherungsfall tritt bei Vorliegen aller Voraussetzungen ein. Sie müssen al- 242 lerdings nicht in einer bestimmten Reihenfolge erfüllt werden – die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers kann vor, aber auch erst nach Einstellung der Betriebstätigkeit eintreten.235

c) Umfang des Versicherungsschutzes durch den PSV aa) Überblick Gesichert sind Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen der bAV im Sinne 243 des § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG.236 Mit dem Eintritt des Sicherungsfalls erwerben Versorgungsempfänger Ansprüche gegenüber dem PSV. Anwärter mit gesetzlich unverfallbaren Anwartschaften erwerben eine Anwartschaft auf Leistungen des PSV. Der Umfang des Insolvenzschutzes für Ansprüche (geregelt in § 7 Abs. 1 Be- 244 trAVG) und Anwartschaften (geregelt in § 7 Abs. 2 BetrAVG) ist unterschiedlich, so dass es in der Praxis einer Abgrenzung zwischen einem Versorgungsempfänger und einem Anwärter bedarf.

bb) Ansprüche Gesicherte Ansprüche liegen dann vor, wenn Arbeitnehmer nach der Versorgungs- 245 zusage Leistungen aus Anlass des Alters, der Invalidität oder die Hinterbliebene des Arbeitnehmers aus Anlass dessen Todes geltend machen können, wenn also der in der Versorgungszusage definierte Versorgungsfall bereits vor Eintritt des Sicherungsfalls eingetreten war.237 Sie können sich auf Einmalzahlungen (z.B. Kapitalleistungen) oder laufende Leistungen (Renten) richten. Darauf, ob der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen zum Zeitpunkt des Si- 246 cherungsfalls bereits Leistungen erhalten haben, kommt es hingegen nicht an.238 Es

_____ 233 BAG, Urt. V. 20.11.1984 – 3 AZR 444/82 – DB 1985, 673. 234 BAG, Urt. V. 9.12.1997 – 3 AZR 429/96 – DB 1998, 1570. 235 BAG, Urt. V. 9.12.1997 – 3 AZR 429/96 – DB 1998, 1570. 236 BAG, Urt. v. 3.11.1998 – 3 AZR 454/97 – DB 1999, 1403. 237 Siehe auch Kap. 1 Rn. 32. 238 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 7 BetrAVG, Rn. 24.

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genügt daher, dass der Versorgungsanspruch zum Zeitpunkt des Sicherungsfalls entstanden war, fällig werden kann er auch später.239 5 Beispiel Invaliditätsleistungen werden in Versorgungszusagen häufig vom Vorliegen eines Bescheides des Sozialversicherungsträgers abhängig gemacht.240 Wird der Bescheid nach Eintritt des Sicherungsfalls erlassen, weist jedoch aus, dass die Erwerbsunfähigkeit im Zeitpunkt vor Eintritt des Sicherungsfalls bereits vorlag, dann ist der Arbeitnehmer nach Rechtsprechung des BAG Versorgungsempfänger im Sinne des § 7 Abs. 1 BetrAVG.241 247 Ob die gesicherten Ansprüche auf gesetzlich unverfallbaren Anwartschaften be-

ruhen, ist für den Insolvenzschutz irrelevant.242 Ist der Arbeitnehmer bspw. spät in ein Unternehmen eingetreten oder sind ihm Leistungen der bAV spät zugesagt worden, so dass er im Zeitpunkt des Leistungsbezugs die Unverfallbarkeitsfristen (§ 1b Abs. 1 BetrAVG) noch nicht erfüllt hatte, so sind seine Ansprüche dennoch vor Insolvenz des Arbeitgebers geschützt. Kann der Arbeitnehmer allerdings nur eine vorzeitige Altersleistung nach § 6 248 BetrAVG verlangen, so ist er nur dann Versorgungsempfänger im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 BetrAVG, wenn er sie vor Eintritt des Sicherungsfalls verlangt hat, also gegenüber dem Arbeitgeber bereits geltend gemacht hat.243 Macht er sein Verlangen erst nach Eintritt des Sicherungsfalls geltend, dann wird er als Anwärter behandelt.244 Der Anspruch auf Leistung gegen den PSV entsteht mit dem Beginn des Kalen249 dermonats, der auf den Eintritt des Sicherungsfalls folgt, § 7 Abs. 1a S. 1 BetrAVG. Die Fälligkeit des Anspruchs gegenüber dem PSV bestimmt sich zunächst nach 250 der Versorgungszusage. Doch selbst wenn die Ansprüche nach der Versorgungszusage bereits fällig sind, muss der PSV die Möglichkeit haben, seine Einstandspflicht zu prüfen. Die erstmalige Fälligkeit der Leistung gegenüber dem PSV bestimmt sich nach § 7 Abs. 1 S. 3 BetrAVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 VVG.245 Danach sind Geldleistungen mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistungen notwendigen Erhebungen fällig.

_____ 239 BAG, Urt. v. 5.10.1982 – 4 AZR 403/80 – DB 1983, 507, BAG, Urt. v. 26.1.1999 – 3 AZR 464/97 – DB 1999, 1563. 240 Siehe auch Kap. 1 Rn. 128 ff. 241 BAG, Urt. v. 5.10.1982 – 4 AZR 403/80 – DB 1983, 507. 242 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 7 BetrAVG, Rn. 25, Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/BetzRehm/Berenz, § 7 BetrAVG, Rn. 6. 243 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 7 BetrAVG, Rn. 26; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 7 Rn. 36. 244 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 7 BetrAVG, Rn. 8. 245 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 7 BetrAVG, Rn. 191, Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/BetzRehm/Berenz, § 7 BetrAVG, Rn. 59.

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Der Anspruch endet mit Ablauf des Sterbemonats des versorgungsberechtig- 251 ten Arbeitnehmers, es sei denn, die Versorgungszusage sieht etwas anderes vor, § 7 Abs. 1a S. 1 BetrAVG. Für rückständige Versorgungsleistungen steht der PSV ein, sofern sie bis zu 252 zwölf Monaten vor Entstehen seiner Leistungspflicht entstanden sind, § 7 Abs. 1a S. 3 BetrAVG. Dies gilt allerdings nur für die Sicherungsfälle Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Abweisung des Antrags auf Eröffnung mangels Masse und vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit. Bei einem außergerichtlichen Vergleich steht der PSV nur dann für rückständige Forderungen ein, wenn er sie im Vergleich ausdrücklich übernommen hat. Nach der Rechtsprechung des BAG findet die Vorschrift des § 7 Abs. 1a S. 3 253 BetrAVG lediglich auf laufende Rentenleistungen Anwendung. Voraussetzung für eine Eintrittspflicht des PSV bei rückständigen Kapitalleistungen ist, dass die Nichtleistung des Arbeitgebers im Zeitpunkt seiner Zahlungspflicht schon auf dem späteren Insolvenzeintritt beruhte.246

cc) Anwartschaften Allgemeines Den Schutz der Arbeitnehmer mit Anwartschaften auf eine bAV regelt § 7 Abs. 2 254 und 2a BetrAVG.247 Geschützt sind diese Anwartschaften nur, wenn sie die gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen bereits erfüllen. Dann vermitteln sie bei künftigen Leistungsfällen einen gesetzlichen Anspruch gegenüber dem PSV. Die betreffenden Arbeitnehmer erwerben mithin gegen diesen eine gesetzliche Anwartschaft. Die Voraussetzungen der gesetzlichen Unverfallbarkeit richten sich nach 255 § 1b BetrAVG248 mit einer Besonderheit: Der Insolvenzschutz setzt nicht voraus, dass die Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Eintritts des Sicherungsfalls bereits aus dem Unternehmen ausgeschieden sind.249 Bei Arbeitnehmern, die zum Zeitpunkt des Sicherungsfalls noch im Unternehmen beschäftigt sind, tritt für die Berechnung der Dauer ihrer Anwartschaften dieser Zeitpunkt an die Stelle des in § 1b BetrAVG genannten Ausscheidens. Wird das Arbeitsverhältnis nach Eintritt des Sicherungsfalls fortgeführt und wird die Anwartschaft erst danach gesetzlich unverfallbar, dann begründet dies keinen Insolvenzschutz.250 Den nicht insolvenzgesicherten Teil

_____ 246 BAG, Urt. v. 20.9.2016 – 3 AZR 411/15 – BB 2017, 185. 247 Zum Begriff der Anwartschaft siehe grundsätzlich Kap. 1 Rn. 33. 248 Rn. 3 ff. 249 BAG, Urt. v. 25.4.2006 – 3 AZR 78/05. 250 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 7 BetrAVG, Rn. 143, LAG Köln, 13.1.2005 – 11 Sa 1137/04 – BB 2005, 1396.

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der Anwartschaft können die betroffenen Arbeitnehmer lediglich gegenüber ihrem ehemaligen Arbeitgeber verlangen, d.h. gegenüber der Insolvenzmasse. Inhalt und Umfang der Einstandspflicht des PSV bestimmt sich grundsätzlich 256 nach der Versorgungszusage.251 Dies gilt im Grundsatz auch für die Höhe der gesicherten Anwartschaft: Diese richtet sich nach § 2 BetrAVG und ist damit nach Art des gewählten Durchführungswegs und der erteilten Zusage unterschiedlich.252 Für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen in der Versorgungszusage sind für die Einstandspflicht des PSV allerdings unbeachtlich. Denn der Insolvenzschutz ist gesetzlich geregelt und unterliegt weder der Disposition von Arbeitgeber und Arbeitnehmer noch der Disposition der Tarifvertragsparteien.253 Der PSV schuldet zudem nicht die Anwartschaftsdynamik nach § 2a BetrAVG,254 siehe § 7 Abs. 2a S. 4 BetrAVG. Ansprüche gegenüber dem PSV kann der Anwärter erst geltend machen, wenn 257 die in der Versorgungszusage geregelten Voraussetzungen erfüllt sind, wenn also der dort definierte Versorgungsfall eingetreten ist. Besonderheiten der Durchführungswege und Zusagearten 258 Bei einer arbeitgeberfinanzierten Leistungszusage (in den Durchführungswe-

gen Pensionszusage, Unterstützungskasse, Pensionsfonds) wird die Anwartschaft gemäß § 7 Abs. 2a Nr. 1 BetrAVG ratierlich berechnet,255 entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen zur erreichbaren Betriebszugehörigkeit. Ist der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Sicherungsfalls ausgeschieden, dann ist der Ausscheidezeitpunkt für die Berechnung maßgeblich. Ist er im Zeitpunkt des Sicherungsfalls noch im Unternehmen tätig, dann gilt der Zeitpunkt des Sicherungsfalls als Zeitpunkt des fiktiven Ausscheidens für die Berechnung der ratierlichen Anwartschaft, § 7 Abs. 2 S. 4 BetrAVG. Bei einer vor 2001 erteilten beitragsorientierten Leistungszusage (in den 259 Durchführungswegen Pensionszusage, Unterstützungskasse, Pensionsfonds) oder einer durch Entgeltumwandlung finanzierten Zusage wird die Anwartschaft ratierlich berechnet, wie bei einer arbeitgeberfinanzierten Leistungszusage, § 7 Abs. 2a S. 3 i.V.m. § 30g Abs. 2 S. 1 BetrAVG. Sind die vorgenannten Zusagen hingegen seit 2001 erteilt worden, so gilt § 7 Abs. 2a S. 3 i.V.m. § 2 Abs. 5 BetrAVG: Die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft bemisst sich dann nach den bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens (bzw. bis zum Zeitpunkt des Sicherungsfalls) umgewandelten Entgeltbestandteilen bzw. eingezahlten Beiträgen.

_____ 251 BAG, Urt. v. 21.11.2000 – 3 AZR 91/00 – DB 2001, 2455. 252 Rn. 49 ff. 253 BAG, Urt. v. 4.4.2000 – 3 AZR 458/98 – DB 2000, 774. 254 Rn. 94 ff. 255 Siehe dazu Rn. 51 ff.

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Bei Versorgungszusagen auf Leistungen einer Direktversicherung besteht In- 260 solvenzschutz über den PSV für Versorgungsempfänger nur dann, wenn der Arbeitgeber die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag abgetreten oder beliehen hat.256 Anwärter sind zusätzlich dann vor Insolvenz über den PSV geschützt, wenn das Bezugsrecht aus dem Versicherungsvertrag widerruflich gestaltet ist, § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BetrAVG. Die Abtretung oder Beleihung muss vor dem Sicherungsfall erfolgt sein und zum Zeitpunkt des Sicherungsfalls noch bestehen. Weiterhin muss der Insolvenzverwalter das Bezugsrecht widerrufen haben.257 Der Umfang der Leistung einer Anwartschaft auf eine Direktversicherungszu- 261 sage durch den PSV bestimmt sich nach Eintritt des Versorgungsfalles bei einer Leistungszusage oder beitragsorientierten Leistungszusage (unabhängig von der Art der Finanzierung) nach der versicherungsförmigen Lösung,258 § 7 Abs. 2a Ziffer 2 i.V.m. § 2 Abs. 2 S. 2 BetrAVG. Entscheidend ist die vom Versicherer aufgrund des Versicherungsvertrags zu erbringende Versicherungsleistung. Dabei ist die Beitragszahlung des Arbeitgebers bis zum Sicherungsfall zu fingieren. Ist der Arbeitnehmer vor dem Sicherungsfall mit gesetzlich unverfallbaren Anwartschaften ausgeschieden, dann ist dieser Zeitpunkt maßgeblich. Der PSV hat die Leistung zu erbringen, die der Versicherer ohne den Eintritt des Sicherungsfalls zu erbringen hätte.259 Dies ist die auf den Zeitpunkt des Sicherungsfalls zurückgerechnete Versicherungsleistung aus den tatsächlich eingezahlten Beiträgen nebst der bis dahin zugeteilten Überschüsse, sofern diese nach der Versorgungszusage dem Arbeitnehmer zustehen.260 Der PSV ist berechtigt, eine durch Beleihung oder Abtretung beschädigte Di- 262 rektversicherung zu „heilen“ durch Zahlung eines Abfindungsbetrags in den Versicherungsvertrag, § 8a S. 3 und 4 BetrAVG. Das Gesetz nennt dies zwar Abfindung, faktisch handelt es sich jedoch um eine Fortführung des Durchführungswegs Direktversicherung.261 Das Recht steht dem PSV einseitig zu. Der Gesetzgeber erklärt die Vorschriften zur Verfügungsbeschränkung und dem Kündigungsverbot des § 2 Abs. 2 S. 4 bis 6 BetrAVG262 auf den Versicherungsvertrag für anwendbar. Damit wird sichergestellt, dass der Versorgungsberechtigte über den Vertrag nicht verfügen kann und die Leistung für Zwecke der bAV erhalten bleibt. Der PSV wird durch die Zahlung des Abfindungsbetrags in die Direktversicherung von seiner Verpflichtung frei.

_____ 256 Rn. 38 ff. 257 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 7 BetrAVG, Rn. 151. 258 Rn. 70 ff. 259 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 7 BetrAVG, Rn. 225, Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/BetzRehm/Berenz, § 7 BetrAVG, Rn. 113. 260 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 395 f. 261 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 8a BetrAVG, Rn. 8; Höfer/de Groot/ Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 8a Rn. 17. 262 Siehe Rn. 77 ff.

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Bei einer Beitragszusage mit Mindestleistung (in den Durchführungswegen Pensionsfonds und Direktversicherung) wird die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft nach § 2 Abs. 6 BetrAVG263 berechnet. Demnach ermittelt sich Höhe der Anwartschaft nach dem planmäßig zuzurechnenden Versorgungskapital auf der Grundlage der bis zum vorzeitigem Ausscheiden oder dem Sicherungsfall geleisteten Beiträge, mindestens jedoch die Summe der bis dahin zugesagten Beiträge, sofern sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht worden sind, § 7 Abs. 2 S. 5 i.V.m. § 2 Abs. 6 BetrAVG.264 Eine Regelung für die reine Beitragszusage fehlt im Gesetz, denn diese Zusage 264 ist bereits dem Grunde nach nicht vom System der gesetzlichen Insolvenzsicherung erfasst, § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG.265 263

d) Höhe und Fälligkeit des Anspruchs gegenüber dem PSV 265 Der Umfang des Anspruchs gegenüber dem PSV bestimmt sich grundsätzlich nach

der Versorgungszusage. § 7 Abs. 1 S. 1 BetrAVG formuliert dies wie folgt: „Versorgungsempfänger … und ihre Hinterbliebenen haben gegen den Träger der Insolvenzsicherung einen Anspruch in Höhe der Leistung, die der Arbeitgeber aufgrund der Versorgungszusage zu erbringen hätte…“. Geht es um eine gesicherte Anwartschaft, so richtet sich der Anspruch nach Eintritt des Versorgungsfalles danach, in welcher Höhe ein Insolvenzschutz für diese Anwartschaft besteht, § 7 Abs. 2 S. 3 ff.266 Die Höhe der Ansprüche gegenüber dem PSV ist aber beschränkt, § 7 Abs. 3 266 BetrAVG: Der Anspruch auf laufende Leistungen beträgt im Monat höchstens das Dreifache der im Zeitpunkt der ersten Fälligkeit maßgebenden monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV (Höchstgrenzen). Bei einem Anspruch auf Kapitalleistungen gilt dies mit der Maßgabe, dass zehn vom Hundert der Leistung als Jahresbetrag einer laufenden Leistung anzusetzen sind. Hat der Versorgungsberechtigte Ansprüche aus mehreren insolvenzgeschützten Versorgungszusagen desselben Arbeitgebers, dann gelten diese Höchstgrenzen für die Summe der Ansprüche aus diesen Versorgungszusagen.267 Der PSV ist zudem nicht zu einer gesetzlichen Anpassung der Versorgungs267 leistungen nach § 16 BetrAVG verpflichtet.268 Da der Umfang seiner Einstandspflicht durch die Versorgungszusage bestimmt ist, muss er Leistungen jedoch dann an-

_____ 263 Rn. 91 ff. 264 Rn. 91 ff. 265 Kap. 1 Rn. 543 ff. 266 Rn. 256 ff. 267 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 8 BetrAVG, Rn. 139; Höfer/de Groot/ Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, §7 Rn. 222. 268 BAG, Urt. v. 21.2.2006 – 3 AZR 216/05 – BetrAV 2006, 684; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/ Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 8 BetrAVG, Rn. 54.

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passen, wenn die Versorgungszusage eine Anpassung ausdrücklich vorsieht.269 Dabei ist allerdings zu unterschieden, ob die Versorgungszusage lediglich auf § 16 BetrAVG verweist und daher nur deklaratorischen Charakter hat (dann findet keine Anpassung durch den PSV statt) oder ob sie eine eigene Anpassungspflicht begründet.270 Zeitpunkt für die Feststellung der Anspruchshöhe ist der Zeitpunkt der ers- 268 ten Fälligkeit des Anspruchs gegenüber dem PSV, d.h. mit dem Beginn des Kalendermonats, der auf den Eintritt des Sicherungsfalls folgt, § 7 Abs. 1a BetrAVG.271 Der Anspruch gegenüber dem PSV vermindert sich in dem Umfang, in dem der 269 Versorgungsberechtigte Versorgungsleistungen vom Arbeitgeber oder vom Versorgungsträger (Versicherer, Pensionskasse, Pensionsfonds oder Unterstützungskasse) erhält, § 7 Abs. 4 BetrAVG. Beispiel 5 Gibt der Insolvenzverwalter eine zur Finanzierung der Pensionszusage abgeschlossene Rückdeckungsversicherung zur Verwertung durch den Versorgungsberechtigten frei, dann vermindert sich der Anspruch des Versorgungsberechtigten gegenüber dem PSV um die Leistung der Rückdeckungsversicherung.272 Sind die Ansprüche nicht gleichartig, hat der Versorgungsberechtigte bspw. aus der Versorgungszusage einen Anspruch auf eine monatliche Rente, aus der freigegebenen Rückdeckungsversicherung dagegen einen Anspruch auf eine Kapitalleistung, dann ist sein Versorgungsanspruch gegen den PSV um den Rentenbetrag zu kürzen, der sich bei einer Verrentung des Kapitals ergeben hätte.273

In Missbrauchsfällen ist der PSV nicht zu einer Leistung verpflichtet. Die Erteilung 270 oder Verbesserung der Zusage (z.B. durch Erhöhung der zugesagten Leistung) ist missbräuchlich, wenn dies zum Zweck der Inanspruchnahme des PSV geschehen ist, § 7 Abs. 5 S. 1 BetrAVG. War bei Erteilung oder Verbesserung der Zusage aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers nicht zu erwarten, dass er seine Zusage erfüllen kann, dann wird die Missbrauchsabsicht vermutet, § 7 Abs. 5 S. 2 BetrAVG. Schließlich ist der PSV nicht einstandspflichtig bei Zusagen, die zwei Jahre vor Eintritt des Sicherungsfalls erteilt worden sind (ausgenommen bei Anspruch auf Entgeltumwandlung und bei Übertragung von Zusagen im Rahmen des Arbeitgeberwechsels), § 7 Abs. 5 S. 3 BetrAVG.

_____ 269 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 8 BetrAVG, Rn. 54. 270 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 7 BetrAVG, Rn. 201. 271 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 7 BetrAVG, Rn. 254, Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/BetzRehm/Berenz, § 8 BetrAVG, Rn. 143. 272 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 7 BetrAVG, Rn. 272, Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/BetzRehm/Berenz, § 7 BetrAVG, Rn. 160. 273 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 7 Rn. 279.

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Die Fälligkeit der laufenden Leistung bestimmt sich grundsätzlich nach der Regelung in der Versorgungszusage.274 Doch selbst wenn die Ansprüche nach der Versorgungszusage bereits fällig sind, muss der PSV die Möglichkeit haben, seine Einstandspflicht zu prüfen. Die erstmalige Fälligkeit der Leistung gegenüber dem PSV bestimmt sich nach § 7 Abs. 1 S. 3 BetrAVG i.V.m. § 14 Abs. 1 VVG. Danach sind Geldleistungen mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistungen des Versicherers notwendigen Erhebungen fällig. Leistungen aus insolvenzgeschützten Anwartschaften werden mit Eintritt des 272 Versorgungsfalls fällig. Ist der Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber nach § 18 BetrAVG verjährt,275 273 dann wirkt die Verjährung auch zugunsten des PSV.276 271

e) Leistungserbringung durch den PSV aa) Überblick 274 Der PSV kann Leistungen an die Versorgungsberechtigten direkt erbringen. Das BetrAVG räumt ihm darüber hinaus jedoch noch weitere Handlungsmöglichkeiten ein: ■ So steht ihm das einseitige Recht zu, Anwartschaften und laufende Leistungen abzufinden, § 8a BetrAVG. Die Voraussetzungen dafür sind an § 3 Abs. 2 und 3 BetrAVG angelehnt. ■ Darüber hinaus kann der PSV seine Leistungspflicht auf eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Direktversicherung übertragen, § 8 Abs. 1 BetrAVG. ■ Ein Sonderrecht steht dem Pensionsfonds zu, der versicherungsförmig agiert: Die BaFin überträgt die Erfüllung der Ansprüche der Versorgungsberechtigten auf diesen, § 9 Abs. 3b BetrAVG. ■ Schließlich kann der PSV dann, wenn die Versorgungszusage auf die Leistungen einer Rückdeckungsversicherung Bezug nimmt, dem Versorgungsberechtigten anbieten, an Stelle der Ansprüche gegenüber dem PSV diese Rückdeckungsversicherung als Versicherungsnehmer zu übernehmen, § 8 Abs. 3 BetrAVG.

bb) Abfindung der Anwartschaften und laufenden Leistungen durch den PSV 275 Der PSV kann eine Anwartschaft oder eine laufende Leistung einseitig ohne Zu-

stimmung des Versorgungsberechtigten abfinden, § 8a BetrAVG. Voraussetzung

_____ 274 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 7 BetrAVG, Rn. 57 ff. 275 Rn. 217 ff. 276 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 7 BetrAVG, Rn. 68.

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dafür ist, dass es sich dabei um Kleinstanwartschaften oder -leistungen handelt, entsprechend § 3 Abs. 2 BetrAVG,277 oder dass dem Arbeitnehmer die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erstattet worden sind. Einen Anspruch auf Abfindung haben die Versorgungsberechtigten allerdings nicht und zwar – anders als bei der Abfindung durch den Arbeitgeber – auch nicht bei Erstattung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Mit Blick auf die Rechtswirkungen einer Abfindung durch den PSV kann auf die 276 Ausführungen zu § 3 BetrAVG verwiesen werden.278

cc) Übertragung der Leistungspflicht auf ein Unternehmen der Direktversicherung Der PSV kann die Leistungen an den Versorgungsberechtigten direkt erbringen. 277 Das erfolgt bei einmaligen Kapitalleistungen, bei Abfindungen und bei zeitlich befristeter Übernahme von Verpflichtungen bei einem außergerichtlichen Vergleich.279 In der Regel macht er jedoch Gebrauch von der Ermächtigung des § 8 Abs. 1 BetrAVG. Demnach ist der PSV berechtigt, die Leistungspflicht auf ein Unternehmen der Direktversicherung zu übertragen, wenn dieses sich zur Erbringung der Leistung verpflichtet und den Versorgungsberechtigten einen unmittelbaren Anspruch auf Leistungen einräumt. Der PSV überträgt seine Leistungspflicht in der Regel auf ein Konsortium von 278 zurzeit 49 Unternehmen der Lebensversicherung.280 Die Übertragung erfolgt für den PSV mit befreiender Wirkung. Einer Zustimmung des Versorgungsberechtigten bedarf sie nicht.

dd) Übertragung der Ansprüche auf den Pensionsfonds Wird ein Trägerunternehmen eines Pensionsfonds insolvent oder tritt einer der 279 anderen Sicherungsfälle ein und agiert dieser Pensionsfonds versicherungsförmig, dann überträgt die BaFin die Ansprüche der Versorgungsberechtigten auf diesen Pensionsfonds, § 9 Abs. 3b BetrAVG.281 Die Regelung des § 9 Abs. 3b BetrAVG beruht auf der Änderung des BetrAVG 280 durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (7. SGB IV-ÄndG).282

_____ 277 Rn. 119 ff. 278 Rn. 104. 279 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 8 BetrAVG, Rn. 2. 280 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 8 BetrAVG, Rn. 2. 281 Hersch, BetrAV 2015, 535, 535 ff. 282 Siehe dazu Rn. 185.

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ee) Versorgungszusagen mit Bezug zu Leistungen einer Rückdeckungsversicherung Für insolvenzgeschützte Versorgungszusagen, die auf die Leistungen einer auf das Leben des Versorgungsberechtigten abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung verweisen (kongruente Rückdeckungen),283 hat der Gesetzgeber mit dem BRSG 2018 in § 8 Abs. 3 BetrAVG ein Wahlrecht eingeführt: Versorgungsempfänger oder Anwärter können unter bestimmten Voraussetzungen wählen, ob sie die insolvenzgeschützten Leistungen über den PSV als Träger der Insolvenzsicherung beziehen oder als Versicherungsnehmer die Rückdeckungsversicherung übernehmen wollen.284 Voraussetzung ist also, dass auf das Leben des Versorgungsberechtigten eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen ist und die Versorgungszusage auf die Leistungen dieser Rückdeckungsversicherung verweist. Der praktische Anwendungsbereich dieser Vorschrift wird daher in erster Linie im Bereich der rückgedeckten Unterstützungskassen, Direktzusagen und ggf. Pensionsfonds liegen.285 Zudem darf die Rückdeckungsversicherung nicht in die Insolvenzmasse des Arbeitgebers fallen, sondern muss dem Zugriff des PSV unterliegen. Das ist bspw. dann gegeben, wenn das Bezugsrecht aus der Rückdeckungsversicherung an den Versorgungsberechtigten verpfändet wurde, denn dann hat der Versorgungsberechtigte ein Recht auf absonderte Befriedigung gemäß § 49 InsO.286 Besteht ein vorrangiger Insolvenzplan oder ist der Anspruch aus einer Pensionsfondsversorgung bereits gemäß § 8 Abs. 2 BetrAVG vom PSV auf den Pensionsfonds übertragen worden, dann scheidet dieses Wahlrecht allerdings aus. Der PSV prüft in solchen Konstellationen im Insolvenzfall die Anwendbarkeit der Fortführungsmöglichkeit. Sieht er diese als gegeben an, informiert er die betroffenen Versorgungsberechtigten darüber, dass sie binnen einer Frist von sechs Monaten die Möglichkeit haben, als Versicherungsnehmer in die bestehende Rückdeckungsversicherung einzutreten. Wird die Frist versäumt oder wählt der Versorgungsberechtigte die Durchführung durch den PSV, wird der gesetzliche Insolvenzschutz wie bisher durchgeführt. Die Rückdeckungsversicherung geht in diesem Fall auf den PSV über, § 9 BetrAVG.287 Übernimmt der Versorgungsberechtigte als Versicherungsnehmer jedoch die Rückdeckungsversicherung, entfällt der gesetzliche Insolvenzschutz durch den PSV. Für den betroffenen Versicherer besteht in diesen Fällen ein gesetzlicher Kontrahierungszwang, d.h. die Versicherungsnehmereigenschaft muss auf den Versorgungsberechtigten übertragen werden.

_____ 283 Kap. 1 Rn. 347 ff. sowie Kap. 6 Rn. 341 ff. 284 Simpfendörfer, BetrAV 2020, 35, siehe zu der steuerrechtlichen Begleitung Kap. 2 Rn. 126. 285 Kap. 1 Rn. 347 ff. 286 Rn. 311. 287 Rn. 289 ff.

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Nach Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft besteht für den 286 Versorgungsberechtigten im Rahmen der für die übertragene Versicherung geltenden Versicherungsbedingungen die Möglichkeit, die Versicherung mit eigenen Mitteln weiterzuführen. Auch können bestehende Risikoabsicherungen aufrechterhalten werden und der Versorgungsberechtigte profitiert von der künftigen Wertentwicklung der Versicherung. Um sicherzustellen, dass der übernommene Vertrag weiterhin zu Versorgungs- 287 zwecken eingesetzt wird, regelt § 8 Abs. 3 BetrAVG die entsprechende Geltung der Verfügungsbeschränkungen nach § 1 b Abs. 5 S. 1 Nr. 1 und § 2 Abs. 2 S. 4 bis 6 BetrAVG für den übernommenen Vertrag. Die neue Fortführungsmöglichkeit ist seit 1.1.2018 in Kraft und gilt für alle 288 Ansprüche, die ab diesem Zeitpunkt gegenüber dem PSV entstehen und für die der PSV den Insolvenzschutz nicht bereits übernommen hatte. Erfasst sind daher laufende Rentenzahlungen, wenn das Insolvenzverfahren nach dem 30.11. 2017 eröffnet wurde, sowie Ansprüche von Anwärtern, wenn das Insolvenzverfahren nach dem 1.1.2018 eröffnet wird oder der Versorgungsfall nach dem 31.12. 2017 eintritt, auch, wenn das Insolvenzverfahren bereits früher eröffnet worden war.

f) Der gesetzliche Forderungsübergang Der Versorgungsberechtigte erwirbt mit Eintritt des Sicherungsfalls einen gesetzli- 289 chen Anspruch gegenüber dem PSV.288 Zugleich gehen Ansprüche und Anwartschaften des Versorgungsberechtigten gegenüber seinem Arbeitgeber auf den PSV über, § 9 Abs. 2 S. 1 BetrAVG (Forderungs- bzw. Vermögensübergang). Der Zeitpunkt des Übergangs ist im Sicherungsfall „Insolvenz“ die Eröffnung 290 des Verfahrens, in den anderen Sicherungsfällen der Zeitpunkt, zu dem der PSV dem Versorgungsberechtigten seine Ansprüche oder Anwartschaften nach § 9 Abs. 1 S. 1 BetrAVG mitteilt. Der PSV erwirbt kraft Legalzession alle Ansprüche und Anwartschaften des 291 Versorgungsberechtigten gegenüber dessen Arbeitgeber, die den Anspruch gegenüber dem PSV begründen. Dabei erfasst der Forderungsübergang auch alle mit diesen Ansprüchen akzessorisch verbundenen Rechte, insbesondere also insolvenzfeste Sicherungsrechte, §§ 412, 401 Abs. 1 BGB.289 Dazu können bspw. Pfandrechte des Versorgungsberechtigten an der Rückdeckungsversicherung und sonstigen Finanzierungsinstrumenten wie einem Wertpapierdepot, zur Sicherung der bAV

_____ 288 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 7 BetrAVG, Rn. 9, Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/BetzRehm/Berenz, § 7 BetrAVG, Rn. 3. 289 BAG, Urt. v. 12.12.1989 – 3 AZR 540/88 – DB 1990, 895, siehe auch Rn. 315.

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eingeräumte Bürgschaften, Forderungsrechte des Versorgungsberechtigten bei CTAModellen (Contractual Trust Arrangements) gehören.290 Der PSV darf den Forderungsübergang dieser Sicherungsrechte allerdings nicht 292 zum Nachteil des Versorgungsberechtigten geltend machen, § 9 Abs. 2 S. 2 BetrAVG. Wird der Anspruch des Versorgungsberechtigten durch den PSV nicht voll befriedigt, so hat der Versorgungsberechtigte deswegen im Ergebnis ein vorrangiges Zugriffsrecht auf das Sicherungsrecht. 5 Beispiel Der Versorgungsberechtigte hat einen Anspruch gegenüber seinem Arbeitgeber aus einer Pensionszusage auf Zahlung einer monatlichen Rente in Höhe von 10.000 €. Zur Finanzierung dieses Anspruchs hat sein Arbeitgeber eine Rückdeckungsversicherung auf das Leben des Versorgungsberechtigten abgeschlossen, deren Leistungen der Verpflichtung aus der Pensionszusage entsprechen, und die Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung an ihn verpfändet. Wird der Arbeitgeber insolvent, so beschränkt sich die Leistungspflicht des PSV auf 9.135,00 € (das Dreifache der maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße gemäß § 18 SGB IV im Jahre 2018). Das Pfandrecht an der Rückdeckungsversicherung geht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den PSV über. Da der PSV das Pfandrecht gemäß § 9 Abs. 2 S. 2 BetrAVG nicht zu Lasten des Versorgungsberechtigten geltend machen kann, hat er die teilweise Rückübertragung des Pfandrechts an den Versorgungsberechtigten vorzunehmen. 293 Das Vermögen einer Unterstützungskasse mit nur einem Trägerunternehmen

geht im Sicherungsfall einschließlich der Verbindlichkeiten gemäß § 9 Abs. 3 BetrAVG auf den PSV über. Dies gilt aber nur für die Sicherungsfälle Insolvenzeröffnung, Abweisung des Antrags auf Insolvenzeröffnung mangels Masse sowie vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit des Unternehmens. Bei einem außergerichtlichen Vergleich geht das Vermögen der Unterstützungskasse nur dann auf den PSV über, wenn das Trägerunternehmen seine Betriebstätigkeit nicht fortsetzt und aufgelöst wird (Liquidationsverglich). Kommt es aber zu einem Vermögensübergang, so hat der PSV dann, wenn das Vermögen der Unterstützungskasse den Barwert der Anwartschaften und Ansprüche gegen den PSV übersteigt, den übersteigenden Betrag entsprechen der Satzung der Unterstützungskasse zu verwenden, § 9 Abs. 3 S. 2 BetrAVG. 294 Bei einer Unterstützungskasse mit mehreren Trägerunternehmen (Gruppenunterstützungskasse) hat der PSV einen Anspruch gegen die Unterstützungskasse auf einen Betrag, der dem Teil des Vermögens der Unterstützungskasse entspricht, der auf das insolvente Unternehmen entfällt, § 9 Abs. S. 3 BetrAVG. Denn im Unterschied zu einer Unterstützungskasse mit nur einem Trägerunternehmen existiert eine Gruppenunterstützungskasse nach Eintritt des Sicherungsfalls bei einem der Trägerunternehmen weiter. Das Vermögen der anderen Trägerunternehmen der Un-

_____ 290 Rn. 323 ff.

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terstützungskasse wird dadurch nicht beeinträchtigt.291 Dabei geht das gesamte auf das insolvente Trägerunternehmen entfallende segmentierte Kassenvermögen auf den PSV über. Dies gilt auch dann, wenn es den Barwert der Ansprüche und Anwartschaften der Versorgungsberechtigten übersteigt.292

g) Pflichten im Sicherungsfall aa) Pflichten des PSV Der PSV ist verpflichtet, den versorgungsberechtigten Leitungsempfängern und 295 Anwärtern die ihnen zustehenden (künftigen) Ansprüche schriftlich mitzuteilen, § 9 Abs. 1 S. 1 BetrAVG. Damit korrespondiert ein Auskunftsanspruch der Versorgungsberechtigten.293 Leistungsempfänger Leistungsempfänger erhalten vom PSV Auskunft in Form eines Leistungsbe- 296 scheids über den Grund und die Höhe ihrer Leistung.294 Unterbleibt die Mitteilung des PSV, so muss der Versorgungsberechtigte seinen Anspruch spätestens ein Jahr nach dem Sicherungsfall beim PSV anmelden, § 9 Abs. 1 S. 2 BetrAVG. Wird der Anspruch rechtzeitig angemeldet, dann ist der PSV zur Zahlung der Leistungen auch rückwirkend verpflichtet.295 Erfolgt die Anmeldung später, so erfolgt die Leistung frühestens ab dem Ersten des Monats der Anmeldung, es sei denn, der Versorgungsberechtigte war an der rechtzeitigen Anmeldung ohne sein Verschulden verhindert, § 9 Abs. 1 S. 2 BetrAVG. Der Versorgungsberechtigte ist dann ohne sein Verschulden an der Anmeldung verhindert, wenn ihm der Sicherungsfall nicht bekannt war und diese Unkenntnis nicht fahrlässig war.296 Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

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Beispiel 5 Stellt der Arbeitgeber seine Rentenzahlungen ein, so besteht für den Versorgungsberechtigten Veranlassung, sich nach dem Grund zu erkundigen. Versäumt er dies und meldet er seine Ansprüche beim PSV nicht innerhalb der Jahresfrist an, so stehen ihm keine rückwirkenden Ansprüche gegen den PSV zu. C. Sicherung gegen Insolvenz des Arbeitgebers

_____ 291 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 9 BetrAVG, Rn. 33. 292 BAG, Urt. v. 16.10.2018 – 3 AZR 402/16 – BetrAV 2019, 91. 293 BAG, Urt. v. 28.6.2011 – 3 AZR 385/09 – BB 2011, 2356. 294 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 9 BetrAVG, Rn. 3. 295 Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 9 BetrAVG, Rn. 6. 296 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 9 BetrAVG, Rn. 24; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/BetzRehm/Berenz, § 9 BetrAVG, Rn. 8.

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Anwärter 297 Versorgungsberechtigte mit einer unverfallbaren Anwartschaft erhalten vom

PSV eine Auskunft über die Höhe ihrer Anwartschaft in Form eines Anwartschaftsausweises. Auch für Anwärter gilt: Unterbliebt die Mitteilung des PSV über die Anwartschaft, dann muss der Versorgungsberechtigte seine Anwartschaft spätestens ein Jahr nach dem Sicherungsfall beim PSV anmelden, § 9 Abs. 1 S. 2 BetrAVG.297 Allerdings beginnt bei Anwärtern die Leistungspflicht des PSV erst später, nämlich bei Eintritt des Versorgungsfalls. Im Versorgungsfall sollten die Anwärter ihren Anspruch dennoch erneut geltend machen, denn leistet der PSV nicht, so gelten für deren Ansprüche die allgemeinen Verjährungsregelungen.298 3 Praxistipp Sowohl die Anwartschaftsausweise als auch die Leistungsbescheide enthalten nach der Rechtsprechung des BAG lediglich eine Wissenserklärung und keine Willenserklärung. Ansprüche über die Höhe der gesetzlich zustehenden Ansprüche können daraus nicht hergeleitet werden.299 Unterläuft dem PSV bei der Berechnung der Leistungshöhe ein Fehler und übersteigt der ausgewiesene Betrag die dem Versorgungsberechtigten gesetzlich zustehenden Leistungen, dann erwirbt er aus dem Leistungsbescheid keinen zusätzlichen Anspruch. Ihm kann allenfalls im Einzelfall ein Anspruch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zustehen.300

bb) Pflichten des Insolvenzverwalters, des Arbeitgebers und des Versorgungsträgers 298 Damit der PSV im Sicherungsfall seine Leistungspflicht und deren Umfang feststellen kann, legt das BetrAVG allen Beteiligten Mitwirkungspflichten auf. Insolvenzverwalter, Arbeitgeber, Versorgungsträger, Anwärter und Leistungsempfänger sind verpflichtet, dem PSV alle Auskünfte zu erteilen, die zur Durchführung der Insolvenzsicherung erforderlich sind, § 11 Abs. 1 S. 2 BetrAVG. Der Insolvenzverwalter hat dem PSV die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, 299 Namen und Anschriften der Versorgungsempfänger und Anwärter und die Höhe ihrer Versorgung bzw. Anwartschaft nach § 7 BetrAVG unverzüglich mitzuteilen, § 11 Abs. 3 BetrAVG. Er ist verpflichtet, für seine Auskünfte die Vordrucke des PSV zu verwenden, § 11 Abs. 7 BetrAVG. In den anderen Sicherungsfällen (Abweisung der Insolvenz mangels Masse, bei 300 einem außergerichtlichen Vergleich mit den Gläubigern und der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit bei gleichzeitiger offensichtlicher Masselosigkeit)

_____ 297 BAG, Urt. v. 21.3.2000 – 3 AZR 72/99 – DB 2000, 1236, Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 9 BetrAVG, Rn. 24, a.A. Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Berenz, § 9 BetrAVG, Rn. 10. 298 BAG, Urt. v. 21.3.2000 – 3 AZR 72/99 – DB 2000, 1236. 299 BAG, Urt. v. 29.9.2010 – 3 AZR 546/08 – DB 2011, 247. 300 BAG, Urt. v. 29.9.2010 – 3 AZR 546/08 – DB 2011, 247.

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oder wenn das Insolvenzverfahren mangels Masse eingestellt wird (§ 207 InsO), trifft diese Verpflichtung den Arbeitgeber, § 11 Abs. 5 BetrAVG. Arbeitgeber und Versorgungsträger sind verpflichtet, dem Insolvenzverwalter 301 Auskünfte über alle Tatsachen zu erteilen und ihn damit in die Lage versetzen, seiner Pflicht nachzukommen, § 11 Abs. 4 BetrAVG. Der Verstoß gegen diese Pflichten ist eine Ordnungswidrigkeit, § 12 Abs. 1 BetrAVG. Sie kann mit einem Bußgeld bis zu 2.500 € geahndet werden, § 12 Abs. 2.

h) Rechtsweg Für Klagen der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer und deren Hinterbliebenen 302 gegen den PSV sind Arbeitsgerichte zuständig, § 2 Abs. 2 Nr. 5 ArbGG. Örtlich zuständig ist ausschließlich das Arbeitsgericht Köln.301 Für Klagen der Nicht-Arbeitnehmer gegen den PSV (§ 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG) sind ordentliche Gerichte zuständig.

II. Privatrechtliche Sicherung gegen Insolvenz des Arbeitgebers 1. Überblick Der Schutz von Anwartschaften und Leistungen der bAV durch den PSV ist nicht 303 lückenlos. Wie oben gezeigt, schützt der PSV lediglich gesetzlich, nicht aber vertraglich unverfallbare Anwartschaften.302 Er schützt zudem Versorgungszusagen nur bis zu einer bestimmten Höhe, § 7 Abs. 3 BetrAVG.303 Schließlich sind Versorgungszusagen an Personen, die nicht dem Anwendungsbereich des BetrAVG unterliegen, nicht durch den PSV geschützt.304 Hinzu kommt, dass Direktversicherungszusagen nur in bestimmten Fällen305 und Pensionskassenzusagen nur dann dem Insolvenzschutz durch den PSV unterliegen,306 wenn sie nicht einem Sicherungsfonds nach dem dritten Teil des Versicherungsaufsichtsgesetzes angehören oder nicht in Form einer gemeinsamen Einrichtung nach § 4 des Tarifvertragsgesetzes organisiert sind. Direktzusagen werden häufig durch Verpfändung der Ansprüche aus dem zu 304 deren Finanzierung eingerichteten Finanzprodukt gegen Insolvenz des Arbeitgebers

_____ 301 BAG, Beschluss vom 22.11.1983 – 5 AS 19/83 – BAGE 44, 223. 302 Rn. 6, Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 12, Rn. 2, 8. 303 Rn. 266, Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 12, Rn. 2, 22. 304 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 12, Rn. 2, 4 ff, bspw. Versorgungszusagen an arbeitsrechtlich beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer, vgl. Kap. 13 Rn. 1 ff. 305 Rn. 194, Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 12, Rn. 15, 27. 306 Rn. 195, Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 12, Rn. 27.

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geschützt (dargestellt unten am Beispiel der Verpfändung einer Rückdeckungsversicherung). Ein weiteres in der Praxis jedenfalls bei größeren Kollektiven verbreitetes Instrument der Insolvenzsicherung ist das Contractual Trust Arrangement (CTA). Bei kongruent rückgedeckten Unterstützungskassen bietet der weitgehende 305 Ausschluss jeglicher Rückforderungsansprüche des Arbeitgebers gegen die Unterstützungskasse in deren Satzung einen wirksamen Schutz gegen Insolvenz des Arbeitgebers. Zusätzlich können Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung an den Arbeitnehmer verpfändet werden. Bei Direktversicherungs-, Pensionskassen- und Pensionsfondszusagen ha306 ben Arbeitnehmer und deren Hinterbliebene einen unmittelbaren Anspruch auf Leistungen gegenüber dem Versicherer, der Pensionskasse bzw. dem Pensionsfonds. Er bietet in der Regel einen wirksamen Schutz gegen die Insolvenz des Arbeitgebers.307

2. Verpfändung 307 Die Verpfändung von Forderungen ist nach wie vor eine wichtige Möglichkeit der privatrechtlichen Insolvenzsicherung. In der Regel geht es dabei um die Verpfändung des Bezugsrechts aus einer zur Rückdeckung von Versorgungsverpflichtungen abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung. Verpfändungen sind in der Praxis hauptsächlich im Bereich der (kongruent rückgedeckten) Direktzusage und teilweise auch im Bereich der kongruent rückgedeckten Unterstützungskassenzusage zu finden.308 Auch bei Bestehen eines CTA können Verpfändungen zur Anwendung kommen.309

a) Die wirksame Verpfändung 308 Bei einer Rückdeckungsversicherung schließt der Arbeitgeber als Versicherungs-

nehmer auf das Leben des Versorgungsberechtigten einen Versicherungsvertrag, aus dem der Arbeitgeber selbst bezugsberechtigt ist. Im Bezugsrecht liegt der Unterschied zwischen einer Direktversicherung und einer Rückdeckungsversicherung: Versicherungsnehmer ist in beiden Fällen der Arbeitgeber.310 Bei einer Direktversicherung allerdings steht das Bezugsrecht allein dem Versorgungsberechtigten bzw. seinen Hinterbliebenen zu. Die Verpfändung setzt einen Verpfändungsvertrag zwischen dem Arbeitgeber 309 und dem versorgungsberechtigten Arbeitnehmer bzw. seinen Hinterbliebenen vor-

_____ 307 Rn. 363. 308 Siehe zu den Begriffen Kap. 1 Rn. 348 f. 309 Rn. 340 ff. 310 Siehe dazu auch Kap. 1 Rn. 370 sowie Kap. 6 Rn. 341 ff.

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aus, § 1274 Abs. 1 Satz 1 BGB. Zudem muss die Verpfändung zu ihrer Wirksamkeit dem Versicherer angezeigt werden, § 1280 BGB. Wichtig ist dabei, dass die Sicherung unabhängig vom Eintritt eines Insolvenzfalls bspw. für jeden Fall der Nichtleistung durch den Arbeitgeber besteht. Anderenfalls könnte die Bestellung des Pfandrechts wegen Gläubigerbenachteiligung nach § 133 InsO anfechtbar sein.311 Praxistipp 3 Zur Wirksamkeit der Verpfändung von Rückdeckungsversicherungen an Gesellschafter-Geschäftsführer bedarf es nach der Rechtsprechung eines Gesellschafterbeschlusses.312 Auch wenn dieses Erfordernis in der Kommentarliteratur bezweifelt wird,313 so empfiehlt es sich dennoch, einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss zu fassen.

Zum Abschluss eines Verpfändungsvertrags müssen sich der Verpfänder, in diesem 310 Fall der Arbeitgeber als Inhaber der Forderung aus der Rückdeckungsversicherung, und der Versorgungsberechtigte bzw. seine Hinterbliebenen als Pfandgläubiger über die Begründung des Pfandrechts einigen. Die rechtsgeschäftliche Bestellung eines Pfandrechts richtet sich gemäß §§ 1279, 1274 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den für die Abtretung der Forderung geltenden Vorschriften.314 Die Abtretung der Forderung aus einem Versicherungsvertrag unterliegt keinen besonderen Formvorschriften, so dass grundsätzlich eine formlose Verpfändung möglich wäre. Beispiel 5 Zu Beweiszwecken empfiehlt es sich, den Verpfändungsvertrag schriftlich zu fassen. So wird dies in der Praxis üblicherweise auch gehandhabt. Dies kann vom Arbeitgeber in etwa wie folgt formuliert werden: „Wir haben bei der [Name der Versicherungsgesellschaft] folgende Rückdeckungsversicherung(en) abgeschlossen: [Bezeichnung des Versicherungsvertrags mit Versicherungsscheinnummer]. Aus dieser (diesen) Versicherung(en) sind wir anspruchsberechtigt. Zur Sicherung der jeweiligen Versorgungsansprüche aus der von uns erteilten Direktzusage [alt. Pensionszusage] verpfänden wir die Versicherungsleistung einschließlich etwaiger Zusatzversicherungen an Sie und Ihren versorgungsberechtigten Ehegatten, Frau/Herrn [alt. Lebensgefährtin /Lebensgefährten, ggf. zusätzlich die versorgungsberechtigten Kinder].“

_____ 311 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Wortmann, Teil 16 A, Rn. 705. 312 OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.4.2009 – 6 U 58/08. 313 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 12 Rn. 50. 314 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 12 Rn. 49.

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b) Wirkung der Verpfändung bei Insolvenz während der Anwartschaftsphase aa) Keine Insolvenzsicherung gemäß §§ 7 ff. BetrAVG 311 Zunächst soll die Wirkung einer Verpfändung in den Fällen betrachtet werden, in

denen die Anwartschaften nicht gemäß §§ 7 ff. BetrAVG geschützt sind: Ein wirksam bestelltes Pfandrecht berechtigt dessen Gläubiger (im konkreten Fall somit den versorgungsberechtigten Arbeitnehmer bzw. seine Hinterbliebenen) grundsätzlich zur abgesonderten Befriedigung nach § 50 InsO. Er hat gemäß § 173 InsO auch grundsätzlich das Recht zur Verwertung.315 Die Besonderheit der Insolvenz des Arbeitgebers in der Anwartschaftsphase besteht jedoch darin, dass dem Versorgungsberechtigten zu diesem Zeitpunkt noch keine Ansprüche auf Leistungen der bAV aus der Direktzusage zustehen, also noch keine Pfandreife i.S.d. § 1228 Abs. 2 BGB eingetreten ist. Daher könnte er gemäß § 1281 BGB nur Leistung an sich und den Arbeitgeber gemeinschaftlich verlangen. Nach Ansicht des BGH kann der Insolvenzverwalter in diesem Fall die verpfändete Forderung verwerten: Er kann den Versicherungsvertrag kündigen und vom Versicherer die Auszahlung des Rückkaufswerts an sich verlangen, §§ 35, 80, 103 InsO.316 Der Insolvenzverwalter darf den Wert der Rückdeckungsversicherung jedoch 312 nicht verteilen. Denn der Anspruch des Arbeitnehmers auf Leistungen der Direktzusage ist nach Auffassung des BGH eine aufschiebend bedingte Forderung im Sinne des § 191 InsO. Das Erleben der Anspruchsvoraussetzungen (reguläres Eintrittsalter, Voraussetzungen der vorgezogenen Inanspruchnahme, der Eintritt der Berufsunfähigkeit oder der Tod des Arbeitnehmers) ist eine aufschiebende Bedingung im Sinne dieser Vorschrift. Daher muss der Insolvenzverwalter den auf diese Forderung entfallenden Anteil der Insolvenzmasse zurückbehalten und hinterlegen, §§ 191 Abs. 1, § 198 InsO.317 Diese Hinterlegung muss an einer geeigneten Stelle erfolgen, § 198 InsO. Die 313 beitragsfreie Fortführung der Versicherung bei der Versicherungsgesellschaft ist bspw. eine Möglichkeit der geeigneten Hinterlegung.318 Nach Eintritt der Anspruchsvoraussetzungen – Erreichen des versorgungsfähigen Alters, ggf. der Berufsunfähigkeit oder Tod des Arbeitnehmers – ist der Insolvenzverwalter verpflichtet, den Arbeitnehmer bzw. seine Hinterbliebenen als absonderungsberechtigte Pfandgläubiger aus dem durch die Einziehung der verpfändeten Forderung aus der Rückdeckungsversicherung erzielten Erlös zu befriedigen, § 170 Abs. 1 Satz 2 InsO analog.319 Ob die-

_____ 315 Siehe auch Rn. 313. 316 BGH, Urt. v. 11.4.2013 – IX ZR 176/11 – DB 2013, 1105. 317 BGH, Urt. v. 11.4.2013 – IX ZR 176/11 – DB 2013, 1105; a.A. BAG, Urt. v. 7.10.1989 – 3 AZR 48/88 – BB 1990, 561. 318 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 12 Rn. 55. 319 BGH, Urt. v. 11.4.2013 – IX ZR 176/11 – DB 2013, 1105.

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se Grundsätze auch auf Berechtigte anwendbar sind, die nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich des BetrAVG fallen, ist umstritten. Das BAG befürwortet das, der BGH ist dagegen.320 Praxistipp 3 Der Wert der verpfändeten Rückdeckungsversicherung bleibt somit trotz des Verwertungsrechts (Kündigungsrechts) des Insolvenzverwalters für die Finanzierung der Ansprüche des Arbeitnehmers bzw. seiner Hinterbliebenen stets erhalten. Der Insolvenzverwalter ist lediglich dazu berechtigt, entsprechend § 170 Abs. 1 Satz 1 InsO und § 171 InsO die Kosten der Feststellung der Forderung und der Verwertung der Rückdeckungsversicherung abzurechnen.321

bb) Insolvenzsicherung gemäß §§ 7 ff. BetrAVG Soweit die Anwartschaften jedoch nach § 7 BetrAVG insolvenzgeschützt sind, 314 gehen sie bei Eintritt des Sicherungsfalls gemäß § 9 Abs. 2 BetrAVG auf den PSV über. Dann greift die Sonderregelung des § 9 Abs. 2 S. 3 BetrAVG. Danach werden die Anwartschaften im Insolvenzverfahren als unbedingte Forderungen nach § 45 InsO behandelt, also ebenso wie bereits laufende Ansprüche. Das Pfandrecht als akzessorisches Sicherungsrecht geht im Sicherungsfall 315 gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG i.V.m. §§ 412, 401 BGB ebenfalls auf den PSV über.322 Ergibt sich allerdings aus der Verpfändungserklärung und der Rückdeckung, dass damit im Falle einer Sicherung von nur teilweise vom PSV geschützten Anwartschaften (bspw. im Falle einer Exzedentenabsicherung) mit der Verpfändung nur der vom PSV nicht geschützte Teil gesichert werden soll, so kommt es insoweit nicht zu einem Übergang des Pfandrechts auf den PSV.323 Liegt eine solche Beschränkung nicht vor, deckt die Eintrittspflicht des PSV al- 316 lerdings dennoch nur einen Teil der Anwartschaft ab, so darf er gemäß § 9 Abs. 2 S. 2 BetrAVG den Forderungsübergang nicht zum Nachteil des Berechtigten geltend machen.324 Deswegen muss er die Sicherung für den nicht durch ihn abgedeckten Teil der Anwartschaft freigeben und das Pfandrecht insoweit an den Versorgungsberechtigten zurückübertragen.325

_____ 320 BAG, Urt. v. 7.11.1989 – 3 AZR 48/88; BGH, Urt. v. 10.7.1997 – IX ZR 161/96. 321 BGH, Urt. v. 11.4.2013 – IX ZR 176/11 – DB 2013, 1105, Höfer/de Groot/Küpper/Höfer/Reich, BetrAVG, Bd. I, Kap. 12 Rn. 53. 322 Siehe Rn. 291. 323 BAG, Urt. v. 9.11.1999 – 3 AZR 361/9, Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Wortmann, Teil 16 A, Rn. 716. 324 Rn. 293. 325 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Wortmann, Teil 16 A, Rn. 623.

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c) Wirkung der Verpfändung bei Insolvenz während der Leistungsphase aa) Keine Insolvenzsicherung gemäß §§ 7 ff. BetrAVG 317 Trifft der Insolvenzfall während der Rentenphase ein, können in den Fällen, in de-

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nen kein gesetzlicher Insolvenzschutz besteht, der versorgungsberechtigte Rentner bzw. seine Hinterbliebenen als Pfandgläubiger die Auszahlung der fälligen Versicherungsleistungen in Höhe der Ansprüche aus der Direktzusage unmittelbar an sich verlangen, §§ 50 Abs. 1, 173 Abs.1 InsO. In der Praxis kommt es gelegentlich vor, dass die Form der Leistungen aus der Direktzusage nicht mit der Form der Leistungen der Rückdeckungsversicherung übereinstimmt. Der Versorgungsberechtigte kann bspw. aus der Direktzusage einen Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Rente haben, während der Versicherer dem Arbeitgeber aus der Rückdeckungsversicherung eine Kapitalleistung schuldet. Nach Einschätzung des BGH erlaubt § 1282 Abs. 1 Satz 2 BGB dem Versorgungsberechtigten bzw. seinen Hinterbliebenen als Pfandgläubiger die Einziehung der Forderung nur insoweit, als sie zu ihrer Befriedigung erforderlich ist. Handelt es sich bei der gesicherten Forderung um eine Rente, ist eine Einziehung nur entsprechend den vereinbarten Rentenzahlungen möglich.326 Der versorgungsberechtigte Rentner hat keinen Anspruch auf Befriedigung der noch nicht entstandenen und nicht fälligen Forderungen und kann daher nicht die Auszahlung des Kapitals an sich verlangen.327 Der Versicherer ist wiederum weder vertraglich noch gesetzlich verpflichtet, die fällige Kapitalleistung ratierlich an den Rentner auszuzahlen, sondern hat einen Anspruch darauf, die von ihm geschuldete Kapitalzahlung als solche erbringen zu dürfen. Daher ist der Insolvenzverwalter auch in diesem Fall dazu verpflichtet, die Versicherungssumme entgegenzunehmen. Er muss allerdings die Rechte des versorgungsberechtigten Rentners wahren, den aus der Verwertung der Versicherungsleistung erzielten Erlös separieren und die ratenweise Auszahlung des eingezogenen Betrags nach Fälligkeit des Versorgungsanspruchs gewährleisten.328 Auch hier wird der Insolvenzverwalter die Versicherungssumme in der Regel hinterlegen, § 198 InsO.

3 Praxistipp Es empfiehlt sich daher auf die Gleichartigkeit der Ansprüche aus der Direktzusage und der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung zu achten. Stehen dem Arbeitnehmer aus der Direktzusage Ansprüche auf Zahlung einer Rente zu, dann sollte die Rückdeckungsversicherung ebenfalls Rentenleistungen vorsehen.

_____ 326 Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Wortmann, Teil 16 A, Rn. 709. 327 BGH, Urt. v. 11.4.2013 – IX ZR 176/11 – DB 2013, 1105. 328 BGH, Urt. v. 11.4.2013 – IX ZR 176/11 – DB 2013, 1105, Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/ Wortmann, Teil 16 A Rn. 709.

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bb) Insolvenzsicherung gemäß §§ 7 ff. BetrAVG Soweit die laufenden Ansprüche nach § 7 BetrAVG insolvenzgeschützt sind, ge- 322 hen sie gemäß § 9 Abs. 2 BetrAVG auf den PSV über. Das Pfandrecht als akzessorisches Sicherungsrecht folgt auch in diesem Fall dem Forderungsübergang, so dass es danach dem PSV zusteht, § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG i.V.m. §§ 412, 401 BGB. Für das Pfandrecht gelten die zu den Anwartschaften dargelegten Grundsätze entsprechend.329

3. CTA Neben der beschriebenen Verpfändung von Rückdeckungsversicherungen sind 323 Treuhandmodelle die häufigsten in der Praxis anzutreffenden Instrumente der privaten Insolvenzsicherung für Direktzusagen. Ihre Verbreitung hat in der jüngeren Vergangenheit zugenommen. Ulbrich

a) Begriff des CTA CTA (Contractual Trust Arrangements) sind Treuhandlösungen, die nicht im BGB 324 geregelt, aber im Rahmen der Vertragsfreiheit zulässig sind. In der Regel werden CTA in der Rechtsform einer GmbH oder eines e.V. geführt. Zu finden sind sie als sog. Einzel-CTA, die von einem Unternehmen zur Siche- 325 rung und Durchführung seiner eigenen Direktzusagen betrieben werden. Es gibt aber auch CTA, die von einem Konzern für seine Konzernunternehmen geführt werden. Dann spricht man von einem Konzern-CTA. In der Praxis sind häufig auch sog. Gruppen-CTA anzutreffen. Diese übernehmen die Treuhänderfunktionen zu Gunsten mehrerer Arbeitgeber. Gruppen-CTA werden in der Praxis in erster Linie von Versicherungsunternehmen und Beratungshäusern betrieben. Sie sind insbesondere für Arbeitgeber interessant, die die Kosten und den Aufwand der Einrichtung eines eigenen Einzel-CTA nicht tragen können oder wollen. Die fehlende gesetzliche Definition von Treuhandlösungen führt dazu, dass es 326 in der Praxis verschiedene Gestaltungen von CTA gibt. Grundsätzlich geht es aber stets darum, Vermögen des Arbeitgebers auf einen Treuhänder zu übertragen und es auf diese Weise ausschließlich für die Zwecke einer Direktzusage vom sonstigen Arbeitgebervermögen insolvenzfest zu separieren. Dabei ist der Arbeitgeber – vorbehaltlich möglicher anderslautender Verpflichtungen in der Zusage – grundsätzlich frei, ob er ein CTA nutzt, welches er nutzt, ob er es wechselt sowie welchen Ausfinanzierungsgrad er wählt.

_____ 329 Siehe Rn. 315 f.

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Ein CTA ist also kein Durchführungsweg der bAV, sondern eine Form der externen Finanzierung im Rahmen einer unmittelbaren Versorgungszusage.330 Dementsprechend kann – je nach Ausgestaltung der Direktzusage – der Anlageerfolg des CTA mit der Höhe der Versorgungsleistung arbeitsrechtlich verknüpft sein, z.B. im Falle wertpapiergebundener Zusagen.331 Ein CTA unterliegt nicht der Versicherungsaufsicht nach dem VAG. Eine Auf328 sicht nach dem KWG,332 besteht nur, wenn das CTA seine Tätigkeit gewerbsmäßig betreibt und es nicht nur für einen Treugeber oder ausschließlich innerhalb eines Konzerns tätig wird. 327

b) Wirkungen und Anwendungsgebiete von CTA 329 Die Anwendung eines CTA im Bereich der Direktzusage kann verschiedene Vorteile haben. ■ Bilanztechnische Effekte: Sowohl bei einer Rechnungslegung nach International Financial Reporting Standards (IFRS – hier IAS Nr. 19) als auch nach HGB (hier § 246 Abs. 2 S. 2 HGB) bewirkt die Verwendung eines CTA bei Erfüllung der dort genannten Voraussetzungen, dass das separierte Vermögen (auch Planoder Deckungsvermögen genannt) mit den Altersvorsorgeverpflichtungen und anderen vergleichbar langfristig fälligen Verpflichtungen saldiert werden kann oder muss.333 ■ Privatrechtlicher Insolvenzschutz für den Versorgungsberechtigten: Bei hinreichender Gestaltung des Treuhandvertrags bewirkt die Separierung des Planbzw. Deckungsvermögens, dass es bei Insolvenz des Arbeitgebers zur Erfüllung der Versorgungszusagen zur Verfügung steht. ■ Ausfinanzierung der Versorgungsverpflichtungen des Arbeitgebers: Die Separierung des Plan- bzw. Deckungsvermögens von dem sonstigen Vermögen des Arbeitgebers hat zur Folge, dass die aus Direktzusagen fließenden Verpflichtungen des Arbeitgebers – je nach Ausfinanzierungsgrad vollständig oder teilweise – bei Eintritt des Versorgungsfalls aus den Mitteln des CTA bestritten werden können. 330 Aufgrund dieser Möglichkeiten und Wirkungen kommen Treuhandlösungen in der

Praxis nicht nur in Verbindung mit Pensionszusagen gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG (Direktzusagen) zum Einsatz. Sie werden auch für Verpflichtungen aus Zeitwert-

_____ 330 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 363 ff. 331 Siehe Kap. 1 Rn. 111 (Beispiele). 332 Gemäß § 32 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 1 KWG. 333 Siehe Kap. 4 Rn. 60 ff., 89 ff.

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konten (Wertguthaben gemäß §§ 7d ff. SGB IV)334 sowie aufgrund von Altersteilzeitvereinbarungen gemäß Altersteilzeitgesetz genutzt. Der Schwerpunkt der nachfolgenden Ausführungen liegt auf den Treuhandlösungen im Rahmen einer Direktzusage.

c) Funktionsweise eines CTA Grundlage eines jeden CTA ist der Treuhandvertrag zwischen dem Arbeitgeber 331 (Treugeber) und dem Treuhänder. Dabei handelt es sich um ein Auftragsverhältnis gemäß § 662 BGB oder um einen entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 675 BGB.

aa) Schuldrechtliche Komponente Durch den Treuhandvertrag wird ein sog. Verwaltungstreuhandverhältnis 332 zwischen Treugeber und Treuhänder begründet, das aus zwei Komponenten besteht.335 Zum einen enthält es einen schuldrechtlichen Teil (Treuhandabrede). Darin verpflichtet sich der Treugeber, dem Treuhänder bestimmte Vermögenswerte zu übereignen (Treugut), während sich der Treuhänder verpflichtet, das Treugut bzw. dessen Surrogate im Interesse des Treugebers zu verwalten. Da mit dem Treuhandverhältnis in den hier betrachteten Konstellationen in der Regel keine eigenen Ansprüche des Treuhänders gesichert werden, handelt es sich um eine sog. fremdnützige Treuhand. In der Treuhandabrede ist weiterhin geregelt, dass der Treuhänder zwar Eigen- 333 tum am Treugut (und ggf. an dessen Surrogaten) erwerben soll, wirtschaftlich aber diese Vermögenswerte weiterhin dem Treugeber, also dem Arbeitgeber, zugeordnet werden (sog. fiduziarische Treuhand). Im Falle einer doppelseitigen Treuhand336 entsteht nach umstrittener aber rich- 334 tiger Ansicht durch den Treuhandvertrag ein weiteres Verwaltungstreuhandverhältnis, nämlich zwischen Treuhänder und dem Drittbegünstigten (hier dem Arbeitnehmer).337 Insoweit handelt es sich bei der Treuhandabrede um einen echten Vertrag zugunsten Dritter gemäß § 328 Abs. 1 BGB.338

_____ 334 Siehe Kap. 14 Rn. 87 f. 335 BGH, Urt. v. 24. 6. 2003 – IX ZR 75/01 – BGHZ 155, 227 = NJW 2003, 3414. 336 Siehe Rn. 347 ff. 337 MüKo/InsO/Ganter, § 47 Rn. 388f m.w.N. 338 Siehe Rn. 349.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

bb) Dingliche Komponente 335 Die dingliche Komponente des Treuhandvertrages setzt die schuldrechtlichen Vor-

gaben der Treuhandabrede um. Der Treuhänder wird Volleigentümer der Vermögensrechte und ihrer Surrogate. Von diesen Rechten darf er aber nur nach Maßgabe der Treuhandabrede Gebrauch machen.

cc) Einstöckige und doppelstöckige Treuhandmodelle 336 Nimmt der Treuhänder die Kapitalanlage des Treuhandvermögens selbst vor oder erfolgt das durch eine Kapitalanlagegesellschaft, so liegt ein sog. einstöckiges (oder auch einstufiges) Treuhandmodell vor. In der Praxis finden sich aber auch Modelle, in denen der Treuhänder einen Dritten, einen sog. Custodian (bspw. einen Vermögensverwalter) damit beauftragt, die Kapitalanlage durchzuführen. In diesem Fall wird im Verhältnis zwischen dem Treuhänder und diesem Dritten ein weiteres Verwaltungstreuhandverhältnis begründet. Dann wird von einem doppelstöckigen (oder auch doppelstufigen) Treuhandmodell gesprochen.

dd) Checkliste Verwaltungstreuhand 337 Exemplarisch sind nachfolgend einige typische Regelungspunkte eines Treuhand-

vertrags zum Verwaltungstreuhandverhältnis aufgeführt:339 3 Checkliste ■ Art und Höhe des zu übereignenden Treuguts: In der Praxis werden meist Geldmittel übereignet, es können aber bspw. auch Forderungen oder bestehende Rückdeckungsversicherungsverträge sein. Die Höhe richtet sich in der Regel nach dem Verpflichtungsumfang aus der Direktzusage. In den meisten Fällen wird diese vollumfänglich ausfinanziert. ■ Grundsätze der Verwaltung des Treuhandvermögens: In der Praxis sind hier vielfältige Gestaltung zu finden. Einige typische Regelungspunkte sind bspw.: ■ Verwendung bzw. Anlage des Treuguts: Oftmals sind die Mittel durch den Treuhänder anzulegen (bspw. Erwerb von Fondsanteilen; Weitergabe an eine KAG). ■ Bei einem Gruppen-CTA: Verwaltung des Treuhandvermögens getrennt in separaten Abrechnungsverbänden für die einzelnen Treugeber. ■ Auszahlungsmodalitäten durch das CTA nach Eintritt des Versorgungsfalles: Hier kann bspw. vereinbart werden, dass der Treuhänder die Zahlung der Versorgungsleistungen als Zahlstelle des Arbeitgebers übernimmt. ■ Rückübertragungen und Erstattungen an den Treugeber: Diese sind in der Regel nur vorgesehen, wenn der Arbeitgeber selbst Leistungen an den Arbeitnehmer erbracht hat, wenn der Treuhänder überdotiert ist, der Treuhandvertrag beendet wird oder nach Eintritt des Sicherungsfalls nicht benötigtes Treuhandvermögen vorhanden ist.

_____ 339 Dabei handelt es sich lediglich um ein Beispiel, das nach den Umständen des Einzelfalls erweitert oder variiert werden muss.

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Leistungspflicht des Treuhänders im Verzögerungsfall: In der Regel tritt der Treuhänder ein, wenn ein fälliger, unbestrittener oder rechtskräftig festgestellter Anspruch durch den Arbeitgeber mehr als 60 Tage nach seiner Fälligkeit nicht erfüllt wird. Regelungen zum Datenschutz.340 Regelungen für das Vorgehen bei einem möglichen Betriebsübergang.341 Höhe des Honorars (bei Gruppen-CTA). Regelungen zu Informationspflichten und Laufzeit des Vertrags sowie zu möglichen Kündigungsrechten.

d) Insolvenzsicherung (einseitige Treuhand/Verpfändungsmodell) Die Schaffung einer privatrechtlichen Insolvenzsicherung ist eines der Hauptmo- 338 tive bei der Einrichtung von CTA. Dafür werden in der Praxis im Wesentlichen zwei Modelle verwendet: die einseitige Treuhand (Verpfändungsmodell) und die doppelseitige Treuhand. In älteren Treuhandmodellen wird der privatrechtliche Insolvenzschutz oftmals 339 über die Verpfändungslösung, also eine einseitige Treuhand sichergestellt. Hier besteht lediglich ein Treuhandverhältnis, nämlich das Verwaltungstreuhandverhältnis, zwischen Treugeber und Treuhänder.342

aa) Verpfändete Forderung und Absonderungsrecht Zur Insolvenzsicherung eines einstöckigen CTA343 wird im Rahmen der einseitigen 340 Treuhand der Rückübertragungsanspruch des Treugebers (Arbeitgeber) gegen den Treuhänder an den Versorgungsberechtigten verpfändet.344 Dieser Anspruch entsteht spätestens bei Beendigung bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens. In diesem Fall erlischt die auf einem Auftrag oder Geschäftsbesorgungsvertrag beruhende Verwaltungstreuhand zwischen Treugeber und Treuhänder, §§ 115, 116 InsO, sodass der Rückforderungsanspruch entsteht. Die Verwaltungstreuhand zwischen dem berechtigten Arbeitnehmer und dem Treuhänder jedoch besteht fort.345 Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Treugebers (Arbeitgeber) 341 eröffnet, so kann der Versorgungsberechtigte aufgrund seines Pfandrechts abgesonderte Befriedigung gemäß § 50 Abs. 1 InsO verlangen. Mit Blick auf die dafür

_____ 340 Siehe Kap. 7. 341 Zum Betriebsübergang siehe Kap. 9 Rn. 105 ff. 342 Siehe Rn. 332. 343 Siehe Rn. 335. 344 Zu den Anforderungen an eine Verpfändung siehe Rn. 308 ff. 345 MüKo/InsO/Ganter, § 47 Rn. 389.

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erforderliche Verpfändungsvereinbarung kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.346 Im doppelstöckigen Treuhandmodell wird das Verpfändungsmodell durch 342 eine Verpfändungsvereinbarung zwischen dem Versorgungsberechtigten und dem Treuhänder umgesetzt. Gegenstand der Verpfändung ist dann der Rückübertragungsanspruch des Treuhänders gegen den Custodian. Damit soll die Insolvenzfestigkeit des Modells erhöht werden.347 3 Praxistipp Grundsätzlich empfiehlt es sich, im Rahmen des Verpfändungsmodells, in die Versorgungszusage eine Regelung aufzunehmen, aus der sich die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Verpfändung ergibt. Damit wird einerseits ein Rechtsgrund i.S.d. § 812 BGB für die Verpfändung geschaffen. Darüber hinaus wird damit verhindert, dass im Insolvenzfall der Insolvenzverwalter wegen inkongruenter Deckung gemäß § 131 InsO anfechten kann und dass die Saldierungsfähigkeit gemäß § 246 Abs. 2 S. 2 HGB oder gemäß IAS 19.8 gefährdet wird.348

Abbildung 1: Verpfändungsmodell (einstöckige Treuhand)

bb) Verhältnis zur Eintrittspflicht des PSV 343 Eine privatrechtliche Insolvenzsicherung durch ein CTA im Verpfändungsmodell erfolgt in der Praxis oft, obgleich die betreffenden Anwartschaften und Ansprüche vom gesetzlichen Insolvenzschutz durch den PSV erfasst sind.

_____ 346 Rn. 308 ff. 347 Kritisch dazu: Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anhang zu § 1 Rn. 684m. 348 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Reich, BetrAVG, Bd I., Kap. 12, Rn. 133; zur Saldierungsfähigkeit siehe Kap. 4 Rn. 60 ff., 89 ff.

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Fettnapf 3 Ein solches Vorgehen ändert nichts an der Pflicht des Arbeitgebers zur Entrichtung der PSV-Beiträge für die Direktzusage gem. § 10 BetrAVG. Überdies geht das Pfandrecht als akzessorisches Sicherungsrecht im Sicherungsfall gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 BetrAVG i.V.m. §§ 412, 401 BGB auch in diesen Fällen auf den PSV über. Insoweit kann auf die Ausführungen zum Pfandrecht an einer Rückdeckungsversicherung verwiesen werden.349

cc) Verwertungsrecht Eine wichtige Rolle im Insolvenzfall spielt die Frage, wem das Verwertungsrecht an 344 der verpfändeten Forderung zusteht. Nach h. M. ist das nicht der Insolvenzverwalter nach § 166 Abs. 2 InsO,350 sondern gemäß § 173 Abs. 1 InsO der Versorgungsberechtigte. Allerdings gibt es – je nach vorliegender Konstellation – Abweichungen von 345 diesem Grundsatz: Anwartschaftsphase ■ Für Versorgungsberechtigte, deren Anwartschaften im Insolvenzfall nicht unter den Schutz der §§ 7 ff. BetrAVG fallen, gelten die bereits zur Verpfändung einer Rückdeckungsversicherung ausgeführten Grundsätze:351 Zwar ist also im Insolvenzfall die verpfändete Forderung (hier das Rückübertragungsrecht des Treugebers gegen den Treuhänder) fällig, nicht aber die gesicherte Hauptforderung (hier der Anspruch auf Leistung aus der Direktzusage). Es fehlt also an der Pfandreife. Deswegen hat gemäß § 173 Abs. 2 Satz 2 InsO der Insolvenzverwalter das Recht zur Verwertung.352 Er muss allerdings die bereits im Rahmen der verpfändeten Rückdeckungsversicherung dargestellten Grundsätze beachten und den Erlös gemäß §§ 191 Abs. 1, 198 InsO hinterlegen.353 ■ Für die Versorgungsberechtigten, deren Anwartschaften durch §§ 7 ff. BetrAVG gesichert sind, gelten ebenfalls die bereits zur Verpfändung einer Rückdeckungsversicherung ausgeführten Grundsätze:354 Diese Anwartschaften gehen gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 BetrAVG auf den PSV über und werden nach § 9 Abs. 2 S. 3 BetrAVG im Insolvenzverfahren als unbedingte Forderungen nach § 45 InsO behandelt. Das Pfandrecht als akzessorisches Sicherungsrecht folgt diesem Übergang gemäß §§ 412, 401 BGB, so dass dem PSV das Verwertungsrecht zusteht.355

_____ 349 Siehe Rn. 316 ff. 350 BGH, Urt. v. 7.4.2005 – IX ZR 138/04 – NJW 2005, 2231; MüKo/InsO/Kern, § 47 Rn. 71 m.w.N. 351 Siehe Rn. 312 ff. 352 BGH, Urt. v. 11.4.2013 – IX ZR 176/11 – DB 2013, 1105. 353 Siehe Rn. 312 ff. 354 Siehe Rn. 315 ff. 355 Siehe Rn. 292 f.

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Leistungsphase ■ Handelt es sich um Versorgungsberechtigte, deren Leistungsansprüche nicht nach §§ 7 ff. BetrAVG gesichert sind, so haben diese grundsätzlich das Verwertungsrecht, § 173 Abs. 1 InsO. Allerdings kommen auch hier die zur Verpfändung einer Rückdeckungsversicherung ausgeführten Grundsätze entsprechend zur Anwendung.356 ■ Die Ansprüche der Versorgungsberechtigten, die unter §§ 7 ff. BetrAVG fallen, gehen gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 BetrAVG auf den PSV über, was nach §§ 412, 401 BGB auch für das Pfandrecht als akzessorisches Sicherungsrecht gilt.357 So steht dem PSV das Verwertungsrecht der verpfändeten Forderung zu.

dd) Verwaltungsaufwand 346 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass Verpfändungsmodelle insbesondere bei

größeren Arbeitnehmerkollektiven den Nachteil haben, dass mit jedem Versorgungsberechtigten eine eigene Verpfändungsvereinbarung geschlossen werden bzw. dieser die Verpfändungsvereinbarung genehmigen muss, § 177 Abs. 1, § 184 Abs. 1 BGB. Denn Verpfändungen zugunsten Dritter sind unwirksam, da § 328 BGB auf dingliche Rechte nicht anwendbar ist.358 Das löst in der Regel einen hohen Verwaltungsaufwand beim Arbeitgeber aus.

e) Insolvenzsicherung (Doppelseitiges Treuhandmodell) 347 CTA werden heute in der Praxis oftmals als sog. doppelseitige Treuhand-Modelle

gestaltet. Zur Insolvenzsicherung erfolgt hier keine Verpfändung, sondern es wird neben den Verwaltungstreuhandverhältnissen359 ein weiteres Treuhandverhältnis, nämlich eine sog. Sicherungstreuhand begründet. Dadurch erhält der Versorgungsberechtigte einen eigenen – insolvenzfesten – Anspruch gegen den Treuhänder. 3 Praxistipp Der Vorteil doppelseitiger Treuhandmodelle besteht im Vergleich zu den Verpfändungsmodellen u.a. darin, dass der Verwaltungsaufwand für den Arbeitgeber gesenkt wird, da eine Beteiligung der Versorgungsberechtigten an der Einrichtung nicht erforderlich ist. Darüber hinaus können später hinzutretende Berechtigte ranggleich abgesichert werden.360

_____ 356 Siehe Rn. 318 ff.; BGH, Urt. v. 11.4.2013 – IX ZR 176/11 – DB 2013, 1105. 357 Siehe Rn. 292 f. 358 BGH, Urt. v. 8.7.1993 – IX ZR 222/92 – NJW 1993, 2617. 359 Diese bestehen im doppelseitigen Treuhandverhältnis in gleicher Weise wie im Verpfändungsmodell, so dass entsprechend auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann, siehe Rn. 332. 360 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anhang zu § 1 Rn. 684n.

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aa) Sicherungstreuhand und Forderungsrecht des Versorgungsberechtigten Die Sicherungstreuhand ist ein rechtlich unabhängig von den Verwaltungstreuhandverhältnissen bestehendes Treuhandverhältnis zwischen dem berechtigten Arbeitnehmer, dem Treugeber (Arbeitgeber) und dem Treuhänder. Schuldrechtliche Grundlage ist – wie im Fall der Sicherungsabrede bei der Sicherungsübereignung – ein Vertrag sui generis.361 Zur Sicherung der Forderung aus der Direktzusage werden auf den Treuhänder Vermögensgegenstände übertragen, wobei der Treuhänder sowohl gegenüber dem berechtigten Arbeitnehmer als auch gegenüber dem Treugeber durch den Treuhandvertrag gebunden ist.362 Es handelt sich also auch hier um eine sog. fremdnützige Treuhand, da der Treuhänder keinen eigenen Sicherungszweck verfolgt. Die Insolvenzsicherung der Anwartschaften und Ansprüche aus einer Direktzusage erfolgt im Rahmen der Sicherungstreuhand dadurch, dass dem Versorgungsberechtigten ein eigener Anspruch gegen den Treuhänder auf Zahlung im Sicherungsfall eingeräumt wird. Die Treuhandabrede ist in diesen Fällen ein echter Vertrag zugunsten Dritter gemäß § 328 Abs. 1 BGB. Eine Beteiligung des Versorgungsberechtigten daran ist nicht erforderlich. Es sind in der Praxis auch Gestaltungen verbreitet, die die Sicherungstreuhand durch einen dreiseitigen Vertrag zwischen Treugeber (Arbeitgeber), Treuhänder und Versorgungsberechtigtem begründen. Der dem Versorgungsberechtigten eingeräumte Anspruch wird abredegemäß bei Eintritt des im Treuhandvertrag definierten Sicherungsfalls fällig. Sein Umfang richtet sich nach den Vereinbarungen im Treuhandvertrag. In der Regel bestimmt er sich nach der Höhe der jeweils erdienten Anwartschaft bzw. der fälligen Versorgungsleistung. Es gibt auch Gestaltungen, nach denen der Treuhänder der Verpflichtung des Arbeitgebers aus der Direktzusage beitritt (nichtschuldbefreiender Schuldbeitritt). Ob tatsächlich ein solcher Schuldbeitritt vorliegt, muss im Zweifel durch Auslegung des Treuhandvertrags ermittelt werden. Erfolgt kein Schuldbeitritt, erstreckt sich der Umfang des Anspruchs des Versorgungsberechtigten bei Eintritt des Sicherungsfalls nach dem Treuhandvertrag typischerweise auf die Herausgabe der zur Sicherung seiner künftigen Versorgungsleistungen vorhandenen Mittel.

_____ 361 BAG, Urt. v. 18.7.2013 – 6 AZR 47/12 – NZI 2014, 167. 362 BAG, Urt. v. 18.7.2013 – 6 AZR 47/12 – NZI 2014, 167.

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Abbildung 2: Doppelseitige Treuhand (einstöckig)

bb) Absonderungsrecht des Treuhänders im Insolvenzfall 352 Die im Treuhandvertrag festgelegte Definition des leistungsauslösenden Siche-

rungsfalls umfasst regelmäßig auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Treugebers. In diesem Fall erlischt zwar die auf einem Auftrag oder Geschäftsbesorgungsvertrag beruhende Verwaltungstreuhand zwischen Treugeber und Treuhänder, §§ 115, 116 InsO. Die Verwaltungstreuhand zwischen dem berechtigten Arbeitnehmer und dem Treuhänder jedoch besteht fort, ebenso wie die Sicherungstreuhand.363 Das Treuhandvermögen fällt, da es wirtschaftlich nach wie vor dem Treugeber 353 zuzuordnen ist,364 bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens in die Insolvenzmasse des Arbeitgebers. Der Fortbestand der Sicherungstreuhand bewirkt jedoch, dass der Treuhänder ein Recht auf abgesonderte Befriedigung (Absonderungsrecht) gemäß § 51 Nr. 1 InsO hat. Zwei jüngere Urteile der höchstrichterlichen Rechtsprechung haben bestätigt, dass die doppelseitige Treuhand „insolvenzfest“ in diesem Sinne ist.365 3 Fettnapf Bei der Frage der Insolvenzfestigkeit muss jedoch beachtet werden, dass das Bestehen einer Sicherungstreuhand die Anwendung der Regeln zur Insolvenzanfechtung gemäß §§ 129 ff. InsO grundsätzlich nicht ausschließt.366 Fraglich ist insoweit, wann der Lauf der in den §§ 130 ff. InsO genann-

_____ 363 MüKo/InsO/Ganter, § 47 Rn. 389. 364 Rn. 334. 365 BAG, Urt. v. 18.7.2013 – 6 AZR 47/12 – NZI 2014, 167; BGH, Urt. v. 24.9.2015 − IX ZR 272/13 – NZI 2016, 21. 366 BAG, Urt. v. 18.7.2013 – 6 AZR 47/12 – NZI 2014, 167.

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ten Fristen beginnt. Bei mehraktigen Rechtsgeschäften ist dafür grundsätzlich der letzte Teilakt im Rahmen der Vermögensverschiebung relevant.367 Es kommt also auf die letzte Übertragung von Treugut auf den Treuhänder an. Übertragungen, die innerhalb der Fristen der §§ 130 ff. InsO liegen, könnten somit – bei Vorliegen der sonstigen dort genannten Voraussetzungen – angefochten werden.

cc) Verhältnis zur Eintrittspflicht des PSV Für das Verhältnis einer Insolvenzsicherung über ein doppelseitiges Treuhandmodell 354 zur Eintrittspflicht des PSV gilt grundsätzlich das oben zum Verpfändungsmodell Gesagte entsprechend.368 Allerdings ist hier sowohl für Anwartschaften als auch für Ansprüche umstritten, ob deren Übergang auf den PSV gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 BetrAVG zur Folge hat, dass auch der dem Versorgungsberechtigten im Rahmen der doppelseitigen Treuhand zustehende Anspruch gegen den Treuhänder nach §§ 412, 401 BGB auf den PSV übergeht.369 Bei der Sicherungstreuhand handelt es sich um ein fiduziarisches (selbstständiges) Sicherungsmittel.370 Folglich spricht viel dafür, dass es in diesen Fällen nicht zu einem Übergang auf den PSV kommt.371 Allerdings muss sich der Versorgungsberechtigte – obgleich der Treuhänder kein „Versorgungsträger“ im engeren Sinne ist – in diesen Fällen die vom CTA an ihn erbrachten Leistungen auf seinen Anspruch gegen den PSV in analoger Anwendung des § 7 Abs. 4 BetrAVG anrechnen lassen.372 Etwas anderes gilt dann, wenn der Treuhänder der Schuld des Arbeitgebers 355 aus der Versorgungszusage beigetreten ist (im Sinne einer nichtschuldbefreienden Schuldmitübernahme373). Denn für einen Schuldbeitritt ist die entsprechende Anwendung des § 401 Abs. 1 BGB anerkannt.374 Sollte ein Schuldbeitritt vorliegen und es zu einem Forderungsübergang auf den PSV kommen, darf dieser vom PSV gemäß § 9 Abs. 2 S. 2 BetrAVG – wie ausgeführt – aber nicht zum Nachteil des Versorgungsberechtigten geltend gemacht werden.375

_____ 367 BAG, Urt. v. 18.7.2013 – 6 AZR 47/12 – NZI 2014, 167. 368 Siehe Rn. 343. 369 Siehe zum Meinungsstand bspw. Berenz, BetrAV 2010, 322, 323; Birkel/Obenberger, BB 2011, 2051, 2051 ff.; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anhang zu § 1 Rn. 45a; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Reich, BetrAVG, Bd. I, Kap. 12, Rn. 206. 370 Siehe dazu MüKO-BGB/Roth/Kieninger, § 401, 14. 371 Ebenso Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Reich, BetrAVG, Bd. I, Kap. 12, Rn. 206; wohl auch Birkel/Obenberger, BB 2011, 2051, 2054; a.A.: Kemper/Kisters-Kölkers/Berenz/Betz-Rehm/Berenz, § 9 Rn. 17; Karst/Cisch/Karst, § 9 Rn. 7; Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Wortmann, Teil 16 A, Rn. 577; wohl auch Rößler, BB 2010, 1405, 1413 sowie Birkel/Hölscher, BetrAV 2018, 349, 351. 372 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Reich, BetrAVG, Bd. I, Kap. 12, Rn. 208 ff.; Birkel/Obenberger, BB 2011, 2051, 2054. 373 Siehe Rn. 350. 374 BGH, Urt. v. 23.11.1999 – XI ZR 20/99 – NJW 2000, 575; MüKo-BGB/Roth/Kieninger, § 401 Rn. 9. 375 Siehe Rn. 293.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

Kommt es im Fall eines Schuldbeitritts im Zuge der Abwicklung nach Eintritt eines Sicherungsfalls – u.U. in Abstimmung mit dem PSV – zu Zahlungen des Treuhänders an den Versorgungsberechtigten,376 ist der Treuhänder wegen des Schuldbeitritts als „Versorgungsträger“ i.S.d. § 7 Abs. 4 BetrAVG analog zu betrachten. Deswegen muss sich der Versorgungsberechtigte die vom Treuhänder erhaltenen Leistungen auf seinen Anspruch gegen den PSV in diesen Fällen ebenfalls anrechnen lassen.377

dd) Verwertungsrecht 357 Auch beim doppelseitigen Treuhandmodell stellt sich die Frage wem das Recht zur

Verwertung der Sicherheit im Insolvenzfall zusteht. Grundsätzlich ist das – vorbehaltlich der nachfolgenden besonderen Konstellationen – gemäß § 173 InsO der Treuhänder und nicht der Insolvenzverwalter oder der Versorgungsberechtigte. Der Treuhänder ist gegenüber dem Versorgungsberechtigten verpflichtet, sein Absonderungsrecht geltend zu machen. 5 Beispiel So liegt das Verwertungsrecht bspw. grundsätzlich beim Treuhänder, wenn es sich beim übereigneten Treugut um Fondsanteile handelt.378 Das gilt aber auch dann, wenn das Treuhandvermögen aus Geldforderungen besteht.379 358 Etwas Anderes gilt nur dann, wenn es sich bei dem übereigneten Treugut um be-

wegliche Sachen handelt und der Insolvenzverwalter diese ausnahmsweise in seinem Besitz haben sollte, § 166 Abs. 1 InsO. Ein Verwertungsrecht für zur Sicherheit abgetretene Forderungen nach § 166 Abs. 2 InsO besteht für ihn hingegen nicht.380 Denn bei der Übereignung des Treuguts geht es nicht um eine Sicherungsabtretung. Allerdings gibt es – je nach vorliegender Konstellation – auch hier Abweichun359 gen von diesem Grundsatz: Anwartschaftsphase ■ Für die Versorgungsberechtigten, deren Anwartschaften nicht unter den Schutz der §§ 7 ff. BetrAVG fallen, gilt das zur Verwertung einer verpfändeten Rückdeckungsversicherung bei fehlender Pfandreife Gesagte entsprechend, zu-

_____ 376 Siehe bspw. Birkel/Hölscher, BetrAV 2018, 349, 351. 377 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anhang zu § 7 Rn. 272a. 378 BAG, Urt. v. 18.7.2013 – 6 AZR 47/12 – NZI 2014, 167. 379 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Reich, BetrAVG Bd. I, Kap. 12, Rn. 158.; a.A.: Blomeyer/ Rolfs/Otto/Rolfs, Anhang zu § 1 Rn. 684s. 380 BAG, Urt. v. 18.7.2013 – 6 AZR 47/12 – NZI 2014, 167; ebenso: Höfer/de Groot/Küpper/Reich/ Höfer/Reich, BetrAVG Bd. I, Kap. 12, Rn. 158; a.A. MüKo/InsO/Ganter, § 47 Rn. 389.

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C. Sicherung gegen Insolvenz des Arbeitgebers



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mindest dann, wenn man der Ansicht des BGH folgt und diese als aufschiebend bedingte Ansprüche i.S.d. § 191 InsO betrachtet.381 Das gilt auch für Anwartschaften, die gemäß §§ 7 ff. BetrAVG gesichert sind. Allerdings liegt das Verwertungsrecht hier beim PSV, sofern ein Schuldbeitritt des Treuhänders besteht und es deswegen zu einem Übergang des dem Versorgungsberechtigten zustehenden Anspruchs gegen den Treuhänder nach §§ 412, 401 BGB kommt.382

Leistungsphase Handelt es sich um Versorgungsberechtigte, deren Leistungsansprüche nicht nach §§ 7 ff. BetrAVG gesichert sind, steht das Verwertungsrecht nach § 173 Abs. 1 InsO dem Treuhänder zu. ■ Fallen die Ansprüche unter §§ 7 ff. BetrAVG, so gehen die Ansprüche des Versorgungsberechtigten gegen den Treuhänder gemäß §§ 412, 401 BGB auf den PSV über, wenn ein Schuldbeitritt vorliegt.383 In diesem Fall ist der PSV verwertungsberechtigt. Andernfalls steht auch hier das Verwertungsrecht dem Treuhänder zu. ■

ee) Insolvenz des Treuhänders Sollte über das Vermögen des Treuhänders das Insolvenzverfahren eröffnet 360 werden, so kann der Treugeber (Arbeitgeber) aufgrund der auch in diesem Fall fortbestehenden Sicherungstreuhand mit Wirkung für den Versorgungsberechtigten nicht die Herausgabe des Treuhandvermögens an sich verlangen. Gleichzeitig hat der Insolvenzverwalter des Treuhänders nicht das Recht, das Treuhandvermögen für die Masse zu verwerten. Es wird in diesen Fällen ein mit Aussonderungskraft ausgestatteter Anspruch des Treugebers auf Herausgabe an einen von ihm und dem berechtigten Arbeitnehmer einvernehmlich neu bestimmten Treuhänder befürwortet.384

ff) Checkliste Sicherungstreuhand Exemplarisch sind nachfolgend einige typische Regelungspunkte zum Siche- 361 rungstreuhandverhältnis im Rahmen einer doppelseitigen Treuhand aufgeführt,

_____ 381 Siehe Rn. 312, 345; BGH, Urt. v. 11.4.2013 – IX ZR 176/11 – DB 2013, 1105, so wohl ebenfalls Obenberger/Birkel, BB 2011, 2051, 2059, a.A. BAG, Urt. v. 7.10.1989 – 3 AZR 48/88 – BB 1990, 561. Siehe grundsätzlich zu dieser Frage Uhlenbruck/Knof, § 41 Rn. 6. 382 Siehe Rn. 354 f. 383 Siehe Rn. 354 f. 384 MüKo/InsO/Ganter, § 47 Rn. 390 m.w.N.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

die ergänzend zu den Regelungen der Verwaltungstreuhand385 berücksichtigt werden sollten:386 3 Checkliste ■ Eigene Regelung zur Sicherungstreuhand: Aus der Gestaltung des Treuhandvertrages muss klar erkennbar sein, dass neben einer Verwaltungstreuhand auch eine Sicherungstreuhand eingerichtet werden soll. Es empfiehlt sich in jedem Fall, die Regelungen zur Sicherungstreuhand in einer gesonderten Bestimmung niederzulegen. ■ Definition der zu sichernden Rechte (Anwartschaften und Ansprüche aus der Direktzusage) und deren zu sichernden Umfangs. ■ Regelung und Ausgestaltung des Anspruchs des Versorgungsberechtigten gegen den Treuhänder im Sicherungsfall. ■ Unter Umständen Vereinbarung einer Sicherungsrangfolge: Das kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn neben Rechten aus einer Direktzusage bspw. auch Ansprüche aus Wertguthaben gesichert werden sollen. Des Weiteren wird oftmals den Anwartschaften und Ansprüchen, die nicht von der gesetzlichen Sicherung durch den PSV erfasst sind, eine höhere Rangfolge eingeräumt als denen, für die der PSV einsteht. ■ Definition des Sicherungsfalles: Der Sicherungsfall ist der zentrale Regelungspunkt der Sicherungstreuhand. Üblicherweise entsprechen seine Voraussetzungen denen des § 7 Abs. 1 S. 1, 2 BetrAVG. ■ Abwicklung des Sicherungsfalles, ggf. unter Beachtung einer vereinbarten Sicherungsrangfolge: Auf diese Regelungen sollte Sorgfalt verwandt werden, um eine vertragskonforme und effiziente Abwicklung zu ermöglichen.387 Wird vereinbart, dass der Treuhänder – in Abstimmung mit dem ggf. ebenfalls involvierten PSV – die Durchführung der bAV gemäß den Versorgungszusagen übernimmt, sind zahlreiche weitere Aspekte zu berücksichtigen.

4. Direktversicherung

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362 Bei einer Direktversicherung steht dem Arbeitnehmer bzw. seinen Hinterbliebenen

bereits definitionsgemäß ein Anspruch auf Leistungen gegenüber dem Versicherer zu (Bezugsrecht), § 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG.388 Der Insolvenzschutz des Anspruchs des Arbeitnehmers aus einer Direktversicherung hängt von der Gestaltung seines Bezugsrechts aus dem Versicherungsvertrag ab.389 Ist dem Arbeitnehmer ein uneingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht an 363 den Leistungen der Direktversicherung eingeräumt, so ist dies ein wirksamer Schutz gegen die Insolvenz des Arbeitgebers. Denn das uneingeschränkt unwiderrufliche

_____ 385 Siehe Rn. 337. 386 Dabei handelt es sich lediglich um ein Beispiel, das nach den Umständen des Einzelfalls erweitert oder variiert werden muss. 387 Siehe hierzu mit Beispielen auch Birkel/Hölscher, BetrAV 2018, 349. 388 Kap. 1 Rn. 386 ff. 389 Vgl. Kap. 1 Rn. 386 ff.; Kap. 6 Rn. 159 ff.; siehe auch Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, vor § 7, Rn. 34 ff; Meissner/Marian, Gruppe 4, 85 ff.

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C. Sicherung gegen Insolvenz des Arbeitgebers

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Bezugsrechts führt zum sofortigen Erwerb des Rechts auf die Versicherungsleistung, § 159 Abs. 3 VVG.390 Dem uneingeschränkt unwiderruflich bezugsberechtigten Arbeitnehmer steht bei Insolvenz des Arbeitgebers daher ein Recht auf Aussonderung nach § 47 InsO zu mit der Folge, dass der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Arbeitgebers den Wert der Direktversicherung nicht zur Masse ziehen kann.391 Wichtig dabei ist, dass das uneingeschränkt unwiderrufliche Bezugsrecht sowohl im Verhältnis Arbeitgeber – Arbeitnehmer als auch im Verhältnis Arbeitgeber – Versicherer vereinbart wird.392 Für den Fall, dass Arbeitnehmer vor Ablauf der gesetzlichen oder vertraglich 364 vereinbarten Unverfallbarkeitsfrist ausscheiden, behalten sich Arbeitgeber in Versorgungszusagen häufig vor, über die Leistungen der Direktversicherung selbst zu verfügen. In diesem Fall wird das Bezugsrecht unter den Vorbehalt der Unverfallbarkeit gestellt (sog. unwiderrufliches Bezugsrecht mit Vorbehalt bzw. ein eingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht).393 Ist die Versorgungszusage derart gestaltet und wird der Arbeitgeber vor Eintritt der Unverfallbarkeit insolvent, so stellt sich die Frage, ob die Leistung aus der Direktversicherung dem Arbeitnehmer zusteht oder ob sie in die Insolvenzmasse fällt. Der BGH und das BAG beantworten diese Frage unterschiedlich.394 Der BGH schränkt den Vorbehalt, die Versicherungsleistung dem Arbeitneh- 365 mer zu entziehen, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt der Unverfallbarkeit endet, für den Fall insolvenzbedingten Ausscheidens des Arbeitnehmers ein. Der Arbeitgeber habe ein Interesse an der Betriebstreue des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer habe ein Interesse am Schutz seiner Anwartschaften vor negativen wirtschaftlichen Entwicklungen des Unternehmens. Beide Interessen gelte es zu berücksichtigten. Verlässt der Arbeitnehmer freiwillig oder aus Gründen betrieblichen Verhaltens das Unternehmen, dann greife der Vorbehalt. Wird sein Arbeitsverhältnis jedoch insolvenzbedingt beendet, dann bestehe für den Arbeitgeber keine Veranlassung, ihm die Anwartschaft zu entziehen.395 Dies hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer mit dem Eintritt des Insolvenzfalls ein uneingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht und damit ein Anspruch auf Aussonderung nach § 47 InsO erwirbt. Das BAG meint dagegen, der Gleichlauf von Unwiderruflichkeit der Bezugsbe- 366 rechtigung und gesetzlicher Unverfallbarkeit entspreche sowohl Interessen des

_____ 390 Kap. 1 Rn. 391 f.; Kap. 6 Rn. 161; BAG, Urt. v. 26.6.1990 – 3 AZR 2/89 – VersR 1991, 942; BGH, Urt. v. 8.6.2005 – IV ZR 30/04 – BetrAV 2005, 786; Meissner/Marian, Gruppe 4, 90. 391 Dabei bleibt dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit der Anfechtung der Einräumung des Bezugsrechts. 392 BGH, Urt. v. 19.06.1996 – IV ZR 243/95. 393 Kap. 1 Rn. 393 f.; Kap. 6 Rn. 165 ff.; Meissner/Marian, Gruppe 4, 91 f. 394 Siehe zu dieser Frage auch Kap. 6 Rn. 166 ff. 395 BGH, Urt. v. 8.6.2005 – IV ZR 30/04 – BetrAV 2005, 786; BGH, Beschl. v. 22.9.2005 – IX ZR 85/04 – ZIP 2005, 1836; BGH, Urt. v. 3.5.2006 – IV ZR 134/05 – BetrAV 2006, 587.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers. Die Unverfallbarkeitsregelungen des BetrAVG machten keine Unterschiede zwischen den Gründen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Daher sieht das BAG kein Erfordernis der einschränkenden Auslegung des Bezugsrechts bei insolvenzbedingtem Ausscheiden des Arbeitnehmers.396 Mit Ausübung des Widerrufsrechts durch den Insolvenzverwalter fällt die Versicherungsleistung in die Insolvenzmasse. Der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes hat das 367 Verfahren über eine entsprechende Vorlagefrage des BAG eingestellt.397 Die Rechtsprechung des BAG und des BGH zu dieser Frage ist daher weiterhin unterschiedlich.398 Ist das Bezugsrecht des Arbeitnehmers zum Zeitpunkt der Eintritt der Insolvenz 368 widerruflich,399 dann gehört der Anspruch auf die Versicherungsleistung zur Insolvenzmasse, § 35 Abs. 1 InsO. Der Insolvenzverwalter ist berechtigt, an Stelle des Arbeitgebers das Widerrufsrecht auszuüben. 3 Praxistipp Soll der Anspruch des Arbeitnehmers aus einer Direktversicherungszusage wirksam vor der Insolvenz des Arbeitgebers geschützt werden, so sollte dies bei der Gestaltung sowohl der arbeitsrechtlichen Zusage als auch des Versicherungsvertrags berücksichtigt werden. In der Zusage kann eine vertragliche Unverfallbarkeit der Anwartschaften vereinbart werden. Im Versicherungsvertragsverhältnis kann das Bezugsrecht des Arbeitnehmers uneingeschränkt unwiderruflich ausgestaltet sein.

5. Pensionskasse 369 Die Pensionskasse ist gesetzlich definiert als eine Einrichtung, die dem Arbeitneh-

mer oder seinen Hinterbliebenen einen Rechtsanspruch auf ihre Leistungen gewährt, § 1b Abs. 3 S. 1 BetrAVG, § 232 Abs. 1 Nr. 4 VAG.400 Ist die Pensionskasse reguliert,401 dann ist der Arbeitnehmer in der Regel selbst 370 Versicherungsnehmer.402 Der Anspruch aus dem Pensionskassenvertrag steht daher ihm zu. Der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Arbeitgebers kann auf diesen Anspruch nicht zugreifen.

_____ 396 BAG, Beschl. v. 22.5.2007 – 3 AZR 334/06 (A) – BetrAV 2007, 671; BAG, Urt. v. 15.6.2010 – 3 AZR 31/07 – DB 2010, 2678. 397 GmS-OGB, 8.3.2010 – GmS-OGB 2/07. 398 Siehe zu dieser Frage auch Kap. 6 Rn. 166 ff. 399 Siehe Kap. 1 Rn. 389 f. 400 Kap. 1 Rn. 410 ff.; Kap. 6 Rn. 88 ff. 401 Kap. 6 Rn. 98 ff. 402 Kap. 1 Rn. 418; Kap. 6 Rn. 323.

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Ist die Pensionskasse dereguliert, so gelten die Ausführungen zum Schutz ei- 371 nes Anspruchs aus einer Direktversicherung vor Insolvenz für die Pensionskasse entsprechend.403

6. Unterstützungskasse Wird über das Vermögen des Arbeitgebers das Insolvenzverfahren eröffnet und hat dieser Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Leistungen über eine Unterstützungskasse zugesagt,404 so tritt der PSV in die Verpflichtung des Arbeitgebers nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BetrAVG ein. § 9 Abs. 3 S. 1 BetrAVG bestimmt für diesen Fall den Übergang des Vermögens der Unterstützungskasse auf den PSV.405 Bei einer Gruppenunterstützungskasse geht nicht deren gesamtes Vermögen, sondern lediglich der Betrag in Höhe des auf das Trägerunternehmen entfallenden segmentierten406 Kassenvermögens auf den PSV über, § 9 Abs. 3 S. 2 BetrAVG. Dies gilt auch dann, wenn das (segmentierte) Kassenvermögen den Barwert der Ansprüche und Anwartschaften der Versorgungsberechtigten übersteigt. Diese Regelung hat zur Folge, dass dann, wenn im Fall der Insolvenz des Trägerunternehmens auch nur ein Versorgungsberechtigter mit einer gesetzlich unverfallbaren Versorgungsanwartschaft vorhanden ist, das gesamte auf das Trägerunternehmen entfallende Kassenvermögen auf den PSV übergeht und somit keine Ansprüche der Insolvenzmasse gegen die Unterstützungskasse bestehen.407 In diesem Fall hat der PSV den Barwert der Ansprüche und Anwartschaften der Versorgungsberechtigten mit gesetzlich unverfallbaren Anwartschaften übersteigenden Teil des Kassenvermögens entsprechend der Satzung der Unterstützungskasse zu verwenden, § 9 Abs. 2 S. 2 BetrAVG.408 Sieht die Satzung der Unterstützungskasse vor, dass auch Leistungen an ehemalige Angehörige des Trägerunternehmens zu erbringen sind, dann muss der PSV diese Leistungen erbringen. Dennoch wird es auch bei Unterstützungskassenversorgungen Fälle geben, in denen ein privatrechtlicher Insolvenzschutz empfehlenswert ist. So kann bspw. eine Unterstützungskassenzusage lediglich Personen erteilt werden, die nicht dem Schutz des BetrAVG unterfallen. Schutz vor Insolvenz des Arbeitgebers bietet zum einen der Ausschluss von Rückforderungsansprüchen in der Satzung der Unter-

_____ 403 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, vor § 7, Rn. 40. 404 Kap. 1 Rn. 446 ff. 405 Rn. 293 ff. 406 Siehe zum Begriff Kap. 2 Rn. 183 sowie BFH, Urt. v. 26.11.2014 – I R 37/13 – DStR 2015, 691. 407 BAG, Urt. v. 16.10.2018 – 3 AZR 402/16 – BetrAV 2019, 91. 408 BAG, Urt. v. 16.10.2018 – 3 AZR 402/16 – BetrAV 2019, 91.

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stützungskasse.409 Zudem können die Ansprüche der Unterstützungskasse aus der Rückdeckungsversicherung an den Versorgungsberechtigten verpfändet werden. Zunächst zum Ausschluss der Rückforderungsansprüche: Die Unterstüt376 zungskasse ist aufgrund des zwischen ihr und dem jeweiligen Trägerunternehmen bestehenden Rechtsverhältnisses verpflichtet, im Rahmen ihrer Satzung und des Leistungsplans die Versorgungsleistungen an die Versorgungsberechtigten auszuzahlen.410 Bei diesem Rechtsverhältnis handelt es sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Ziel der Durchführung der bAV.411 Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Trägerunter377 nehmens endet dieser Geschäftsbesorgungsvertrag, §§ 115, 116 InsO.412 Enthält die Satzung der Unterstützungskasse keine besonderen Bestimmungen, so endet damit auch die Leistungspflicht der Unterstützungskasse. Die Unterstützungskasse hat in diesen Fällen jedoch Kassenvermögen. Daraus resultiert grundsätzlich ein Rückforderungsrecht des Trägerunternehmens und damit auch Insolvenzverwalters auf Herausgabe des Kassenvermögens nach Beendigung eines Auftragsverhältnisses, §§ 675 i.V.m. 667 BGB und ggf. wegen ungerechtfertigter Bereicherung, § 812 BGB. Diese Rückforderungsansprüche können nach Rechtsprechung des BAG 378 wirksam in der Satzung der Unterstützungskasse ausgeschlossen werden.413 Zusätzlich muss die Satzung der Unterstützungskasse jedoch vorsehen, dass das Kassenvermögen unabhängig vom Schicksal des Trägerunternehmens satzungsgemäß verwandt wird, damit im Leistungsfall die Versorgungsleistungen entsprechend dem Leistungsplan direkt an den Versorgungsberechtigten erbracht werden. 3 Praxistipp Es empfiehlt sich, vor Einrichtung der Unterstützungskassenversorgung sich bei der gewählten Unterstützungskasse über die konkreten Satzungsbestimmungen und insbesondere die Regelungen zum Insolvenzschutz zu erkundigen. 379 Neben dem oder alternativ zum Ausschluss des Rückforderungsanspruchs besteht

die Möglichkeit der Verpfändung der von der Unterstützungskasse zur Finanzierung der Versorgung auf das Leben des Versorgungsberechtigten abgeschlossene

_____ 409 Britz/Ulbrich, BetrAV 2017, 9 ff. 410 Kap. 1 Rn. 453. 411 Kap. 1 Rn. 455; BAG, Urt. v. 16.10.2018 – 3 AZR 402/16 -BetrAV 2019, 91, BGH, Urt. v. 8.12.2016 – IX ZR 257/15 – BetrAV 2017, 351, LAG München, Urt. v. 10.5.2006 – https://www.juris.de/perma?d= KARE600016131. 412 Viele Satzungen von Unterstützungskassen sehen sogar explizit vor, dass die Mitgliedschaft mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens automatisch beendet wird. 413 BAG, Urt. v. 29.9.2010 – 3 AZR 107/08 – BetrAV 2019, 91, Urt. v. 16.10.2018 – 3 AZR 402/16 – BetrAV 2019, 91.

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Rückdeckungsversicherung an den Versorgungsberechtigten. Zum Zwecke der Verpfändung schließt die Unterstützungskasse als Inhaberin der Forderung aus der Rückdeckungsversicherung und der Versorgungsberechtigte bzw. seine Hinterbliebenen den Verpfändungsvertrag. Die Unterstützungskasse zeigt die Verpfändung dem Lebensversicherer an. In diesen Fällen gelten die zur Verpfändung einer Rückdeckungsversicherung bei Direktzusagen getroffenen Aussagen entsprechend.414

7. Pensionsfonds Wie bei einer Unterstützungskasse auch, geht das Vermögen des Pensionsfonds nach Maßgabe von § 9 Abs. 3a und Abs. 3 BetrAVG regelmäßig auf den PSV über. Bei einem Pensionsfonds, der Versorgungszusagen mehrerer Trägerunternehmen finanziert, betrifft das allerdings nicht sein gesamtes Vermögen, sondern lediglich einen Betrag in Höhe des auf das Trägerunternehmen entfallenden Pensionsfondsvermögens, § 9 Abs. 3 S. 2 i.V.m. Abs. 3 S. 2 BetrAVG. Übersteigt dieser Betrag den Barwert der Ansprüche und Anwartschaften der Versorgungsberechtigten mit durch den PSV gesicherten Anwartschaften und Leistungen, so wird man in Heranziehung der Rechtsprechung des BAG zur Unterstützungskasse415 davon auszugehen haben, dass dennoch das gesamte auf das Trägerunternehmen entfallende Vermögen des Pensionsfonds auf den PSV übergeht. In diesem Fall hat der PSV den übersteigenden Teil entsprechend dem Pensionsplan zu verwenden, § 9 Abs. 3a i.V.m. 9 Abs. 3 S. 2 BetrAVG. Ist somit im Fall der Insolvenz des Trägerunternehmens auch nur ein Versorgungsberechtigter mit durch den PSV zu sichernden Versorgungsanwartschaften vorhanden, so bestehen keine Ansprüche der Insolvenzmasse gegen den Pensionsfonds. In diesem Fall erbringt der PSV Leistungen auch an die Versorgungsberechtigten, die seinem Schutz nicht unmittelbar unterfallen. Genehmigt die BaFin die Übernahme der Ansprüche der Versorgungsberechtigten durch den Pensionsfonds nach § 8 Abs. 2 BetrAVG,416 so erbringt der Pensionsfonds die Leistungen an die Versorgungsberechtigten unmittelbar. Ansprüche der Insolvenzmasse gegen den Pensionsfonds bestehen auch in diesem Fall nicht. In Einzelfällen könnte es dennoch Konstellationen geben, in denen ein Insolvenzschutz über den PSV nicht besteht, bspw. weil über den Pensionsfonds ausschließlich Anwartschaften und Leistungen von Personen finanziert wurden, die nicht dem Schutz des PSV unterliegen. Der Pensionsfonds ist ähnlich der Pensionskasse gesetzlich definiert als eine Einrichtung, die dem Arbeitnehmer oder seinen Hinterbliebenen einen Rechtsan-

_____ 414 Rn. 307 ff. 415 BAG, Urt. v. 16.10.2018 – 3 AZR 402/16 – BetrAV 2019, 91. 416 Rn. 279.

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spruch auf ihre Leistungen gewährt, § 1b Abs. 3 S. 1 BetrAVG, § 236 Abs. 1 Nr. 3 VAG.417 Damit dürfte der Arbeitnehmer sofort das Recht auf die Versicherungsleistung erwerben. Schließt der Pensionsfonds zur Finanzierung der Leistungen Rückdeckungs385 versicherungen ab, so ist zudem die Verpfändung der Ansprüche des Pensionsfonds gegen den Lebensversicherer an den Versorgungsberechtigten als Insolvenzsicherung denkbar.418

D. Anpassung der Versorgungsleistungen D. Anpassung der Versorgungsleistungen I. Überblick 386 Erhält der Arbeitnehmer eine Rente (laufende Leistung) aus seiner bAV und würde

deren Höhe über die gesamte Dauer des Bezugs konstant bleiben, dann würde die Inflation ihren Wert mindern. Daher hat der Gesetzgeber den Arbeitgeber in § 16 BetrVG dazu verpflichtet, laufende Leistungen der bAV anzupassen. Die Überschrift des § 16 BetrAVG lautet zwar „Anpassungsprüfpflicht.“ In der Sache kann bei Vorliegen bestimmter Voraussetzung aus der Prüfpflicht aber eine Pflicht zur Anpassung mit korrespondierendem Anspruch des Arbeitnehmers entstehen. ■ Für laufende Leistungen aus allen Durchführungswegen gilt der Grundsatz, dass der Arbeitgeber alle drei Jahre eine Anpassungsprüfung durchführen und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Belange des Unternehmens und des Versorgungsempfängers über eine Anpassung entscheiden muss, § 16 Abs. 1 BetrAVG. ■ Diese Verpflichtung gilt als erfüllt, wenn die Anpassung dem Anstieg des Verbraucherpreisindex oder dem Anstieg der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens entspricht. Alternativ kann der Arbeitgeber sich zu einer jährlichen mindestens 1%-igen Anpassung verpflichten, § 16 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG. ■ Die Anpassungsprüfpflicht bei Direktversicherungs- und Pensionskassenzusagen kann durch Verwendung aller Überschussanteile zur Rentenerhöhung erfüllt werden, § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG. ■ Bei durch Entgeltumwandlung finanzierten Zusagen ist eine jährliche mindestens 1%-ige Anpassung Pflicht. Bei Durchführung der Entgeltumwandlung über eine Direktversicherung oder Pensionskasse können zur Erfüllung der

_____ 417 Kap. 1 Rn. 429 ff.; Kap. 6 Rn. 117 ff. 418 Siehe dazu die Ausführungen zur Verpfändung der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung bei einer Direktzusage, Rn. 307 ff. und der Unterstützungskasse, Rn. 379.

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D. Anpassung der Versorgungsleistungen





Anpassungsverpflichtung alternativ alle Überschussanteile zur Erhöhung der Leistung verwendet werden. Beitragszusagen mit Mindestleistung sowie monatliche Raten innerhalb eines Auszahlungsplans müssen nicht angepasst werden, § 16 Abs. 3 Nr. 3 und Abs. 6 BetrAVG. Für reine Beitragszusagen sieht das BetrAVG eine Anpassung der laufenden Leistungen weder durch den Arbeitgeber (vgl. § 1 Abs. 2a BetrAVG), noch durch den Versorgungträger (vgl. § 22 BetrAVG) vor. Denn eine konkrete Leistung wird durch keinen von beiden zugesagt bzw. garantiert. Eine Anpassung der laufenden Leistungen – nach unten und nach oben – sieht § 244d VAG i.V.m. § 38 PFAV vor.419

Schließlich kann durch Tarifvertrag von den Vorgaben zur Anpassungsprüfpflicht 387 abgewichen werden, § 19 Abs. 1 BetrAVG.420 Der Gesetzgeber hat die Regelungen zur Anpassung im Laufe der Zeit mehrfach 388 angepasst, § 30c BetrAVG. Dies zeigt die folgende Übersicht über die von diesen Anpassungen betroffenen Zusagearten Leistungszusage und beitragsorientierte Leistungszusage.421 Arbeitgeberfinanziert

Entgeltumwandlung

Zusagen bis zum 31.12.1998

Dreijährige Anpassungsprüfpflicht

Dreijährige Anpassungsprüfpflicht

Zusagen vom 1.1.1999 bis zum 31.12.2000

Dreijährige Anpassungsprüfpflicht, es sei denn, 1%-ige Anpassung ist vereinbart422

Dreijährige Anpassungsprüfpflicht, es sei denn, 1%-ige Anpassung ist vereinbart

Zusagen ab dem 1.1.2001

Dreijährige Anpassungsprüfpflicht, es sei denn, 1%-ige Anpassung ist vereinbart423

Anpassung um jährlich mindestens 1% ohne weitere Anpassungsprüfpflicht424

Direktzusagen/ Unterstützungskassenzusagen (Leistungszusage und beitragsorientierte Leistungszusage)

_____ 419 Kap. 1 Rn. 539 ff. 420 Kap. 1 Rn. 318 ff. 421 Die nur in den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds zulässigen Zusagearten Beitragszusage mit Mindestleistung und reine Beitragszusage sind von § 16 BetrAVG nicht erfasst und deswegen in diese Übersicht nicht enthalten. 422 § 30c Abs. 1 BetrAVG. 423 § 30c Abs. 1 BetrAVG. 424 § 30c Abs. 3 BetrAVG.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

Arbeitgeberfinanziert

Entgeltumwandlung

Zusagen bis zum 31.12.1998

Dreijährige Anpassungsprüfpflicht, es sei denn, Überschussanteile werden vereinbarungsgemäß nur zur Erhöhung der Leistung verwendet

Dreijährige Anpassungsprüfpflicht, es sei denn, Überschussanteile werden vereinbarungsgemäß nur zur Erhöhung der Leistung verwendet

Zusagen vom 1.1.1999 bis zum 31.12.2000

Dreijährige Anpassungsprüfpflicht, es sei denn Überschussanteile werden vereinbarungsgemäß nur zur Erhöhung der Leistung verwendet oder 1%-ige Anpassung ist vereinbart425

Dreijährige Anpassungsprüfpflicht, es sei denn Überschussanteile werden vereinbarungsgemäß nur zur Erhöhung der Leistung verwendet oder die 1%-ige Anpassung ist vereinbart

Zusagen ab dem 1.1.2001

Verwendung der Überschüsse Dreijährige Anpassungsprüfnur zur Verbesserung der Leispflicht, es sei denn, Überschussanteile werden vereinba- tung426 rungsgemäß nur zur Erhöhung der Leistung verwendet oder 1%-ige Anpassung ist vereinbart

Pensionsfonds

Arbeitgeberfinanziert

Entgeltumwandlung

Dreijährige Anpassungsprüfpflicht, es sei denn, 1%-ige Anpassung ist vereinbart

Anpassung um jährlich mindestens 1% ohne weitere Anpassungsprüfpflicht427

Direktversicherung/ Pensionskassenzusagen (Leistungszusage und beitragsorientierte Leistungszusage)

(Leistungszusage und beitragsorientierte Leistungszusage) Anerkennung des Durchführungswegs am 1.1.2002

1. Betroffene Leistungen 389 Anzupassen sind laufende Leistungen der bAV, d.h. Leistungen, die regelmäßig

wiederkehren.428 Darunter fallen lebenslänglich oder temporär gezahlte Renten, unabhängig davon, ob sie aus Gründen des Alters-, des Todes (Hinterbliebenenrenten) oder der Invalidität gezahlt werden.

_____ 425 § 30c Abs. 1 BetrAVG. 426 § 30c Abs. 3 BetrAVG. 427 § 30c Abs. 3 BetrAVG. 428 BAG, Urt. v. 28.4.1992 – 3 AZR 356/91 – BetrAV 1993, 48.

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Einmalige Kapitalleistungen sind dagegen nicht anzupassen.429 Dasselbe gilt 390 auch für Abfindungen in Form eines Kapitals und das Sterbegeld.430 Werden Kapitalleistungen in Raten erbracht, so ist umstritten, ob und wenn ja 391 ab wann in diesem Fall die Anpassungsprüfpflicht besteht. Zum Teil wird mit Bezug auf § 16 Abs. 6 BetrAVG die Auffassung vertreten, dass Kapitalleistungen in Raten nicht anzupassen sind. Denn dort werden Zahlungen von monatlichen Raten im Rahmen eines Auszahlungsplans von der Anpassung befreit.431 Mit dieser Regelung – so die Argumentation – sollte klargestellt werden, dass nur Leibrentenzahlungen als laufende Leistungen zu verstehen sind. Andererseits tritt auch bei Zahlung von Kapitalleistungen auf Raten der Effekt der Auszehrung durch Inflation ein. Daher wird man mit Höfer jedenfalls bei Ratenzahlungen über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren eine Anpassungsprüfpflicht annehmen müssen.432 Grundsätzlich fallen auch Sachleistungen mit Versorgungszweck unter den 392 Begriff der bAV, bspw. die Gewährung eines Bier- oder Kohledeputats oder Wohnrechts in einer Werkwohnung.433 Da deren Wert aber nicht inflationsbedingt sinkt, sind sie nicht vom Anwendungsbereich des § 16 BetrAVG erfasst.434

2. Zur Anpassung Verpflichteter § 16 BetrAVG verpflichtet den Arbeitgeber zur Anpassungsprüfung. Anzupassen 393 sind indes laufende Leistungen eines in der Regel bereits ausgeschiedenen Versorgungsberechtigten, so dass die Anpassungsprüfpflicht korrekterweise den ehemaligen Arbeitgeber trifft. Versorgungsträger (Lebensversicherer, Pensionskasse, Pensionsfonds, Unterstützungskasse) sind zur Anpassung nicht verpflichtet. Arbeitgeber ist das Unternehmen, das die Versorgungszusage erteilt hat oder 394 das Unternehmen, das die Versorgungszusage im Wege der Rechtsnachfolge (z.B. durch Erbschaft oder bei einer Unternehmensumwandung wie einer Spaltung oder einer Verschmelzung zweier Unternehmen) übernommen hat.435 Bei einem Betriebsübergang gehen die bestehenden Arbeitsverhältnisse auf den neuen Inhaber über, § 613a BGB. Die Pflichten gegenüber den zum Zeitpunkt des Betriebsüber-

_____ 429 BAG, Urt. v. 30.3.1973 – 3 AZR 26/72 – BetrAV 1973, 130; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 BetrAVG Rn. 41; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 16 BetrAVG Rn. 20. 430 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 16 Rn. 20; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 BetrAVG Rn. 42; Förster/Cisch/Karst/Kruip, § 16 BetrAVG Rn. 7. 431 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 BetrAVG Rn. 332. 432 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 16 Rn. 19. 433 Kap. 1 Rn. 392; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 2 Rn. 34, Blomeyer/ Rolfs/Otto/Rolfs, § 1, Rn. 9. 434 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 BetrAVG Rn. 35. 435 BAG, Urt. v. 10.02.2009 – 3 AZR 727/07 –; BAG, Urt. v. 28.5.2013 – 3 AZR 125/11 – BB 2013, 2489.

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gangs bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern verbleiben dagegen beim Veräußerer.436 Leistungen der bAV können auch Personen aus Anlass ihrer Tätigkeit für das 395 Unternehmen erteilt werden, die nicht Arbeitnehmer sind.437 Auch diesen Personen zugesagte laufende Leistungen sind anzupassen, § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG. Zur Anpassung verpflichtet ist deren Vertragspartner, der die Versorgungszusage erteilt hat.

II. Direktzusagen und Unterstützungskassenzusagen 1. Grundsatz: Dreijährige Prüfung der Anpassung 396 Der Arbeitgeber hat alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der

bAV zu prüfen und darüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei hat er insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und seine eigene wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen, § 16 Abs. 1 BetrAVG. Diese Anpassungsprüfpflicht gilt für arbeitgeberfinanzierte Direktzusagen 397 und Unterstützungskassen. Werden Versorgungszusagen durch Entgeltumwandlung finanziert, dann gilt 398 diese Anpassungsprüfpflicht nur, wenn die Zusage vor dem 1.1.2001 erteilt worden ist, § 30c Abs. 3 BetrAVG. Später erteilte Zusagen durch Entgeltumwandlung sind nach § 16 Abs. 5 BetrAVG jährlich wenigstens um 1% anzupassen, ohne eine darüber hinausgehende Anpassungsprüfpflicht gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG.

2. Prüfungszeitpunkt 399 Der Arbeitgeber hat alle drei Jahre die Anpassung der laufenden Leistung zu prüfen

(und bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen anzupassen). Der Lauf der Frist beginnt grundsätzlich mit der Zahlung der ersten Rente.438 Die Frist endet gemäß §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB mit dem Ablauf des Tages, der dem Tag vorgeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl der Anfangstag der Frist entspricht. 5 Beispiel Beginnt die Zahlung der Renten am 1.1. eines Jahres, dann ist Anpassungsstichtag jeweils der 1.1. des darauffolgenden dritten Jahres. Der Arbeitgeber hat somit grundsätzlich nach dem individuellen Leistungsbeginn der jeweiligen Rente die Anpassungsprüfung vorzunehmen.439

_____ 436 Kap. 9 Rn. 109; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 Rn. 54. 437 Kap. 1 Rn. 288 ff. 438 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 BetrAVG Rn. 63; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 16 Rn. 49. 439 BAG, Urt. v. 14.2.2012 – 3 AZR 685/09 – BetrAV 2012, 522.

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Passt der Arbeitgeber die laufenden Leistungen der Versorgungsberechtigten ent- 400 sprechend diesen Grundsätzen jeweils individuell an, so kann dies in Abhängigkeit von der Anzahl der Versorgungsberechtigten zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand führen. Das BAG hält daher eine Bündelung der in einem Unternehmen anfallenden Anpassungen an einem Termin für zulässig. Denn die dem Versorgungsempfänger aus einer späteren ersten Anpassung entstehende Nachteile werden typischerweise durch einen entsprechend höher angewachsenen Ausgleich (Ausgleich für einen längeren Zeitraum als drei Jahre) gemindert. Die Anpassung darf sich allerdings für den einzelnen versorgungsberechtigten Rentner nicht mehr als um sechs Monate verzögern.440 Bei jeder weiteren Prüfung muss der Dreijahreszeitraum für diesen konkreten Versorgungsempfänger dann künftig eingehalten werden. Beispiel 5 Möchte der Arbeitgeber die Anpassungen bündeln und bspw. alle drei Jahre eine gebündelte Prüfung vornehmen, dann wird er in der Praxis auch Versorgungsempfänger einbeziehen, die zu diesem Zeitpunkt ihre Rente noch keine drei, sondern bspw. zweieinhalb Jahre beziehen. Auch dies ist nach Rechtsprechung des BAG zulässig.441

Das BAG erachtet es zudem für zulässig, den Prüfungstermin zu ändern, z.B. von 401 einer individuellen auf eine gebündelte Prüfung umzustellen oder den Termin vom Anfang auf die Mitte des Jahres zu verschieben.442 Eine solche Änderung bedarf eines sachlichen Grundes, der in der Regel in der Verwaltungsvereinfachung liegen wird. Auch hier gilt: Die Anpassung darf sich durch die Verschiebung des Termins für die einzelnen Versorgungsempfänger nicht um mehr als sechs Monate verzögern.

3. Maßstab der Anpassung a) Überblick Der Arbeitgeber hat im ersten Schritt den Anpassungsbedarf des Versorgungsbe- 402 rechtigten anhand der Entwicklung des Verbraucherpreisindex (VPI) oder der Entwicklung der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmer im Unternehmen (genannt reallohnbezogene Obergrenze) zu ermitteln. Der Arbeitgeber hat dann im zweiten Schritt die Wahl: Er kann die Renten ent- 403 sprechend des ermittelten Bedarfs anpassen. Damit gilt seine Pflicht zur Anpas-

_____ 440 BAG, Urt. v. 14.2.2012 – 3 AZR 685/09 – BetrAV 2012, 522. 441 Vgl. z.B. BAG, Urt. v. 14.2.2012 – 3 AZR 685/09 – BetrAV 2012, 522. 442 BAG, Urt. v. 11.10.2011 – 3 AZR 732/09 – BetrAV 2012, 172.

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sungsprüfung als erfüllt, § 16 Abs. 2 BetrAVG. Er kann aber alternativ auch die wirtschaftliche Lage des Unternehmens berücksichtigen und – sofern diese schlecht ist – die Renten nicht bzw. geringer anpassen als es unter Berücksichtigung des Anpassungsbedarfs nach VPI oder der reallohnbezogenen Obergrenze der Fall wäre. Zu einer Begründung der Anpassungsentscheidung ist der Arbeitgeber nicht 404 verpflichtet. Sie kann jedoch u.U. sinnvoll sein, weil er durch die Erfüllung bestimmter formeller Voraussetzungen seine Anpassungspflicht beschränken kann (§ 16 Abs. 4 BetrAVG).443

b) Anpassungsbedarf des Versorgungsberechtigten 405 Der Arbeitgeber hat bei der Anpassungsprüfung im ersten Schritt die Belange des

Versorgungsberechtigten zu berücksichtigen. Die Belange des Versorgungsberechtigten werden durch den Anpassungsbedarf und die reallohnbezogene Obergrenze bestimmt.444

aa) Ermittlung des Anpassungsbedarfs 406 Der Anpassungsbedarf richtet sich zunächst nach dem seit Rentenbeginn eingetre-

tenen Kaufkraftverlust.445 Für die Ermittlung des Kaufkraftverlusts ist auf die Werte des VPI für Deutschland446 vom Rentenbeginn bis zum aktuellen Anpassungsstichtag abzustellen.447 Die prozentuale Differenz zwischen diesen Werten ergibt den Kaufkraftverlust. 5 Beispiel Der Arbeitgeber ist zur Zahlung der ersten Rente im März 2012 verpflichtet. Die erste Anpassungsprüfung ist daher für die Renten ab März 2015 durchzuführen. Der VPI lag im Februar 2012 bei 97 und im Februar 2015 bei 99,7. Die Teuerungsrate zum Anpassungsstichtag beträgt damit [(99,7:97) – 1 x 100] = 2,78%.448 407 Passt der Arbeitgeber die Renten entsprechend der so ermittelten Teuerungsrate an,

gilt seine Pflicht zur Anpassungsprüfung als erfüllt, § 16 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG.

_____ 443 Vgl. Rn. 428 ff.: Beurteilungszeitraum für den Anpassungsbedarf. 444 BAG, Urt. v. 28.5.2013 – 3 AZR 125/11 – BB 2013, 2489. 445 Siehe auch Rn. 425. Der Index wird im u.a. im Internet veröffentlicht www.statistik-portal.de. 446 Siehe dazu näher Kap. 4 Rn. 51. 447 BAG, Urt. v. 19.6.2012 – 3 AZR 464/11 – BetrAV 2012, 450. 448 Siehe Rechenbeispiel auch bei BAG, Urt. v. 14.2.2012 – 3 AZR 685/09 – BetrAV 2012, 522.

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bb) Reallohnbezogene Obergrenze Der Arbeitgeber ist berechtigt, zusätzlich zum Kaufkraftverlust die Nettolohnentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmergruppen im Unternehmen zu berücksichtigen. Dies ist auch dann zulässig, wenn die Nettolohnentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmergruppen hinter der Entwicklung des VPI zurückbleibt (reallohnbezogene Obergrenze). Denn gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG erfüllt der Arbeitgeber seine Pflicht zur Anpassung auch dann, wenn sie nicht geringer ausfällt, als die Entwicklung der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen im Unternehmen.449 Dies ist gerecht, denn das Versorgungsniveau der Rentner wird in diesem Fall in demselben Umfang angepasst, wie auch das Einkommen der aktiven Arbeitnehmer des Unternehmens stieg.450 Das BetrAVG sieht für die Ermittlung der reallohnbezogenen Obergrenze keine bestimmte Methode vor. Es ist daher dem Arbeitgeber überlassen, wie er diese Obergrenze im Einzelnen ermittelt.451 Er muss für eine hinreichend zuverlässige Datenermittlung sorgen. Zulässig sind Typisierungen, Pauschalierungen und Generalisierungen.452 Auch bei der Festlegung der Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer hat der Arbeitgeber einen Ermessensspielraum. Es bleibt ihm überlassen, ob er eine gröbere oder differenziertere Einteilung vornimmt.453 Die Gruppenbildung muss allerdings nach klaren, verdienstbezogenen Abgrenzungskriterien erfolgen.454 So kann es vertretbar sein, alle außertariflichen Angestellten zu einer Gruppe zusammenfassen, denn die Abgrenzung der tariflichen von den außertariflichen Angestellten ist aus Sicht des BAG klar und beruht auf verdienstbezogenen Kriterien.455 Dasselbe gilt für die Gruppe der Organmitglieder.456 Bei der Berechnung der reallohnbezogenen Obergrenze sind alle Vergütungsbestandteile – zunächst ausgehend vom Bruttolohn – der maßgeblich Beschäftigten zu berücksichtigen. Dazu gehören sowohl monatliche als auch jährliche Zahlungen, zeit-, leistungs-, und ergebnisbezogene Entgeltbestandteile. Unberücksichtigt bleiben dürfen einmalige Zahlungen wie Jubiläumsentgelte.457

_____ 449 BAG, Urt. v. 28.5.2013 – 3 AZR 125/11 – BB 2013, 2489. 450 BAG, Urt. v. 28.5.2013 – 3 AZR 125/11 – BB 2013, 2489, Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 Rn. 135. 451 BAG, Urt. v. 19.6.2012 – 3 AZR 464/11 – BetrAV 2012, 529. 452 BAG, Urt. v. 19.6.2012 – 3 AZR 464/11 – BetrAV 2012, 529. 453 BAG, Urt. v. 10.9.2002 – 3 AZR 593/01 – DB 2003, 1800. 454 BAG, Urt. v. 30.8.2005 – 3 AZR 395/04 – BetrAV 2006, 290. 455 BAG, Urt. v. 30.8.2005 – 3 AZR 395/04 – BetrAV 2006, 290. 456 BAG, Urt. v. 30.8.2005 – 3 AZR 395/04 – BetrAV 2006, 290. 457 BAG, Urt. v. 19.6.2012 – 3 AZR 408/10 – BetrAV 2012, 710.

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Von diesem so ermittelten vergleichbaren Bruttolohn ist im zweiten Schritt die Steuer- und Abgabenlast in Abzug zu bringen. Auch hier ist der Arbeitgeber zu einer typisierenden Betrachtung berechtigt.458

5 Beispiel So kann der Arbeitgeber bspw. einheitlich die Lohnsteuerklasse III ohne Kinderfreibetrag, den Solidaritätszuschlag, die Sozialversicherungsabgaben eines gesetzlichen (alternativ freiwilligen) Mitglieds einer Krankenkasse, sowie die Beiträge zur Pflegeversicherung in Abzug bringen.459 Auf die individuelle Steuerlast des einzelnen Versorgungsberechtigten kommt es demnach nicht an. 413 Passt der Arbeitgeber die Renten diesen Grundsätzen entsprechend an, so gilt seine

Verpflichtung zur Anpassungsprüfung gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG als erfüllt.

cc) Wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers 414 Der Arbeitgeber kann bei der Anpassungsprüfung neben den Belangen des Versor-

gungsempfängers seine wirtschaftliche Lage berücksichtigten. Ist sie schlecht, kann dies dazu führen, dass die Anpassung der Renten unter der Entwicklung des Verbraucherpreisindex oder der Löhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen bleibt bzw. vollständig unterbleibt. Es mag den einzelnen Versorgungsberechtigten ggf. überraschen, doch auch 415 ein Unternehmen, das Gewinne erzielt, kann die Rentenanpassung u.U. aussetzen. Der Erhalt der Substanz des Unternehmens, die Sicherung der Arbeitsplätze, sowie der finanzielle Spielraum für Erhaltungsinvestitionen gehen einer Rentenanpassung vor. Das BAG hat in zahlreichen Entscheidungen Aussagen zur Beurteilung der wirt416 schaftlichen Lage des Arbeitgebers getroffen. Hier soll lediglich stichpunktartig ein grober Überblick über die dafür maßgeblichen Faktoren gegeben werden.460 ■ Die Entscheidung über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ist eine Prognoseentscheidung. Für diese Prognose muss der Arbeitgeber die bisherige tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens über einen längeren repräsentativen Zeitraum von in der Regel mindestens drei Jahren auswerten und daraus eine Tendenz ableiten.461 ■ Die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers rechtfertigt dann die Ablehnung einer Rentenanpassung, wenn das Unternehmen dadurch übermäßig belastet und

_____ 458 BAG, Urt. v. 23.5.2000 – 3 AZR 103/99 – DB 2001, 2506. 459 BAG, Urt. v. 23.5.2000 – 3 AZR 103/99 – DB 2001, 2506. 460 Vertiefende Ausführungen mit zahlreichen Beispielen bei Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 16 BetrAVG, Rn. 158 ff und Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 BetrAVG, Rn. 168 ff 461 Ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. BAG, Urt. v. 28.5.2013 – 3 AZR 125/11 –, BAG, Urt. v. 15.4.2014 – 3 AZR 51/12 – BetrAV 2014, 571.

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in seiner Wettbewerbsfähigkeit gefährdet würde.462 Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Arbeitgeber annehmen darf, dass es ihm mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein wird, den Teuerungsausgleich aus den Unternehmenserträgen und den verfügbaren Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag aufzubringen. Demzufolge kommt es auf die Eigenkapitalverzinsung und Eigenkapitalausstattung des Unternehmens an.463 Die angemessene Eigenkapitalverzinsung besteht aus einem Basiszins und einem Zuschlag für das Risiko, dem das im Unternehmen investierte Kapital ausgesetzt ist. Der Basiszins entspricht der Rendite öffentlicher Anleihen. Der Risikozuschlag beträgt nach ständiger Rechtsprechung des BAG für alle Unternehmen (Rentner- und Abwicklungsgesellschaften ausgenommen) einheitlich 2%.464 Bei der Berechnung der Eigenkapitalverzinsung ist einerseits auf die Höhe des Eigenkapitals, andererseits auf das erzielte Betriebsergebnis an Hand der handelsrechtlichen Jahresabschlüsse abzustellen.465 Die Steuerbilanz und die Bilanzierung nach internationalen Rechnungslegungsstandards (IAS, IFRS) dienen dagegen nicht dem Gläubigerschutz, sondern haben eine andere Zielsetzung und werden vom BAG daher nicht als Maßstab für die Bewertung herangezogen.466 Dabei sind betriebswirtschaftlich gebotene Korrekturen vorzunehmen, bspw. für Scheingewinne, überhöhte Abschreibungen, ggf. für außerordentliche Erträge.467 Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers ist zudem seine Eigenkapitalausstattung relevant. Denn die Anpassung soll eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens nicht verhindern und Arbeitsplätze nicht gefährden. Vom Arbeitgeber kann nicht verlangt werden, dass er zur Finanzierung der Betriebsrentenanpassung in die Vermögenssubstanz des Unternehmens eingreift.468 Bei der Bemessung des vorhandenen Eigenkapitals ist auf § 266 Abs. 3 A HGB abzustellen. Dabei ist der Durchschnittswert des Eigenkapitals während eines Geschäftsjahres entscheidend.469

_____ 462 BAG, Urt. v. 11.10.2011 – 3 AZR 732/09 – DB 2012, 1278. 463 Ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. Urt. v. 11.10.2011 – 3 AZR 732/09 – DB 2012, 1278, BAG, Urt. v. 20.8.2013 – 3 AZR 750/11 – BetrAV 2013, 721. 464 BAG, Urt. v. 28.05.2013 – 3 AZR 125/11 – BB 2013, 2489. 465 BAG, Urt. v. 28.05.2013 – 3 AZR 125/11 – BB 2013, 2489. 466 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 BetrAVG, Rn. 176. 467 BAG, Urt. v. 28.05.2013 – 3 AZR 125/11 – BB 2013, 2489. 468 BAG, Urt. v. 28.05.2013 – 3 AZR 125/11 – BB 2013, 2489. 469 BAG, Urt. v. 28.05.2013 – 3 AZR 125/11 – BB 2013, 2489.

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417 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unter-

nehmens ist der Prüfungsstichtag. Kommt es zum Rechtsstreit zwischen dem Arbeitgeber und dem Versorgungsempfänger, dann kann jedoch die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens in der Zeit bis zur letzten mündlichen Verhandlung die getroffene Prognose bestätigen oder entkräften.470

4. Entscheidung des Arbeitgebers

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a) Maßstab für die Entscheidung Der Arbeitgeber hat über die Anpassung der Renten nach billigem Ermessen zu entscheiden, § 16 Abs. 1 BetrAVG. Nach Rechtsprechung des BAG steht ihm zwar grundsätzlich ein Ermessen bei der Entscheidung über die Anpassung zu. Allerdings dürfte dieses Ermessen über das schon oben beschriebene Ermessen bei der Beurteilung der Belange des Versorgungsberechtigten und bei der Beurteilung seiner eigenen wirtschaftlichen Lage hinaus keine eigene, zusätzliche Bedeutung haben. Der Arbeitgeber muss bei seiner Entscheidung insbesondere den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz beachten.471 Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist dann verletzt, wenn Renten bestimmter Rentenempfänger angepasst werden, Renten anderer dagegen nicht und diese Differenzierung ohne einen sachlichen Grund erfolgt.472 Die Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers unterliegt nicht der Mitbestimmung durch den Betriebsrat, denn dessen Mitbestimmungsrecht erstreckt sich lediglich auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer im Betrieb, § 87 Abs. 1 Nr. 8 oder 10 BetrVG.473 Die Pflicht des Arbeitgebers zur Anpassungsprüfung beschränkt sich dagegen auf Rentner, die ihr Arbeitsverhältnis definitionsgemäß bereits beendet haben.474 Die Entscheidung des Arbeitgebers kann zudem eine betriebliche Übung475 begründen. Das BAG stützt dies auf § 1b Abs. 1 S. 4 BetrAVG.476 Demnach stehen Verpflichtungen aus betrieblicher Übung Verpflichtungen aus einer Versorgungszusage gleich. Versorgungsberechtigte Rentner könnten dann aus dem Anpassungsverhalten des Arbeitgebers Ansprüche für die Zukunft herleiten, wenn der Arbeitgeber

_____ 470 BAG, Urt. v. 15.4.2014 – 3 AZR 51/12. 471 BAG, Urt. v. 10.2.2009 – 3 AZR 610/07 – BB 2009, 2589, Blomeyer/Rolft/Otto/Rolfs, § 16 Rn. 251 ff. 472 BAG, Urt. v. 10.2.2009 – 3 AZR 610/07 – BB 2009, 2589, Kap. 1 Rn. 661 ff. 473 Kap. 1 Rn. 775 ff. 474 18.5.1977 3 AZR 371/76 – BetrAV 1977, 194. Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 Rn. 263. 475 Kap. 1 Rn. 610 ff. 476 BAG, Urt. v. 25.4.2006 – 3 AZR 50/05 – DB 2007, 580.

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sich wiederholt gleichförmig verhält, den Eindruck erweckt, sich vertraglich binden zu wollen und die betroffenen Rentner auf die Fortsetzung dieser Übung vertrauen.477 Beispiel 5 So ist denkbar, dass Ansprüche auf Anpassung dann entstehen können, wenn der Arbeitgeber an drei aufeinander folgenden Anpassungsterminen eine über die gesetzliche Verpflichtung hinausgehende Anpassung vornimmt und dies vorbehaltlos tut und auch sonstige Umstände nicht für eine Einzelfallentscheidung sprechen.478

Der Arbeitgeber ist dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass seine Anpas- 422 sungsentscheidung billigem Ermessen entspricht und sich in den Grenzen des § 16 BetrAVG hält. Diese Darlegungs- und Beweislast erstreckt sich auf alle die Anpassungsentscheidung beeinflussenden Umstände.479

b) Form der Entscheidung Das Gesetz sieht nicht vor, dass der Arbeitgeber dem Rentner seine Entscheidung 423 über die Anpassung mitteilt und diese begründet. In der Literatur und zum Teil auch Rechtsprechung wird dies als planwidrige Regelungslücke des Gesetzes angesehen und eine Erklärung darüber als erforderlich erachtet, ob und in welchem Umfang die Renten in Folge der jeweiligen Anpassungsprüfung angepasst werden.480 Da diese Erklärung aber nach dieser Ansicht auch formlos in Gestalt der Zahlung einer erhöhten Rente oder Weiterzahlung der ursprünglich gezahlten Rente möglich sein soll, kommt es auch nach dieser Ansicht auf eine gesonderte Mitteilung und Begründung des Arbeitgebers dazu nicht an. Allerdings soll der Arbeitgeber darüber hinaus – auf ausdrückliche Aufforde- 424 rung des Rentners hin – zu einer Begründung verpflichtet sein.481 Die Begründung soll dann Angaben enthalten, die den Arbeitnehmer in die Lage versetzen zu entscheiden, ob er dagegen vorgehen soll. Dieses Ergebnis überzeugt, denn nur der Arbeitgeber, nicht jedoch der Rentner kennt die Umstände, die für die Entscheidung über eine Anpassung erheblich sind. Die Alternative wäre eine sofortige Stufenklage des Rentners auf Auskunft und Anpassung.

_____ 477 BAG, Urt. v. 25.4.2006 – 3 AZR 50/05 – DB 2007, 580. 478 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 BetrAVG, Rn. 259. 479 BAG, Urt. v. 25.4.2006 – 3 AZR 50/05 – DB 2007, 580. 480 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 BetrAVG, Rn. 269 mit Verweis auf LAG Hamm, Urt. v. 19.3.1991 – 6 Sa 697/90, Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 16 BetrAVG Rn. 298. 481 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 BetrAVG, Rn. 270 mit Verweis auf LAG Hamm, Urt. v. 19.3.1991 – 6 Sa 697/90, Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 16 BetrAVG Rn. 300.

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5. Berechnung des Anpassungsbedarfs a) Grundsatz: Nachholende Anpassung 425 Der Zeitraum für die Beurteilung des Anpassungsbedarfs (d.h. sowohl des Kauf-

kraftverlusts bzw. der reallohnbezogenen Obergrenze482) ist stets der Beginn der Rentenzahlung (Eintritt des Versorgungsfalles) bis zum aktuellen Prüfungsstichtag (sog. nachholende Anpassung).483 Dies gilt sowohl für die erste als auch für die darauffolgenden Anpassungen. Der Zeitraum beschränkt sich somit nicht – wie es ggf. mit Blick auf den dreijährigen Prüfungsturnus des § 16 Abs. 1 BetrAVG naheliegend erscheinen könnte – auf die letzten drei Jahre. 5 Beispiel Der Arbeitnehmer bezieht seit dem 1.1.2010 eine monatliche Rente. Diese Rente wird zum ersten Anpassungsstichtag am 1.1.2013 angepasst. Bei der Beurteilung der Anpassungshöhe zum zweiten Anpassungsstichtag am 1.1.2016 ist der Anpassungsbedarf vom Rentenbeginn am 1.1.2010 bis zum aktuellen Anpassungsstichtag am 1.1.2016 zu ermitteln. 426 Die Verpflichtung zu einer nachholenden Anpassung richtet sich aber immer nur

auf künftige Leistungen. Sie ist von der nachträglichen Anpassung zu unterscheiden, bei der der Arbeitgeber Leistungen für die Vergangenheit nachzahlen muss, wenn er die Anpassung zu Unrecht nicht vorgenommen hat.484

b) Ausnahme von der Pflicht zur nachholenden Anpassung 427 Der Arbeitgeber kann allerdings die Anpassung auf die Entwicklung des Kaufkraftverlusts bzw. der reallohnbezogenen Obergrenze seit dem Zeitpunkt des letzten Prüfungsstichtages beschränken, wenn sie zu diesem letzten Prüfungsstichtag zu Recht nicht oder nicht im vollen Umfang stattfand, § 16 Abs. 4 S. 1 BetrAVG.485 5 Beispiel Der Arbeitnehmer bezieht seit dem 1.1.2010 eine monatliche Rente. Diese Rente wird zum ersten Anpassungsstichtag am 1.1.2013 aus wirtschaftlichen Gründen zu Recht nicht angepasst. Zum nächsten Anpassungsstichtag am 1.1.2016 ist der Anpassungsbedarf wie folgt zu ermitteln: Zunächst ist der Anpassungsbedarf für die Zeit vom Rentenbeginn (1.1.2010) bis zum aktuellen Anpassungsstichtag (1.1.2016) zu ermitteln. Davon der Anpassungsbedarf vom Rentenbeginn (1.1.2010) bis zum vorgelagerten Anpassungsstichtag (1.1.2013) abzuziehen.486

_____ 482 BAG, Urt. v. 28.5.2013 – 3 AZR 125/11 – BB 2013, 2489. 483 BAG, Urt. v. 30.8.2005 – 3 AZR 395/04, BAG, Urt. v. 19.6.2012 – 3 AZR 464/11 – BetrAV 2012, 529. 484 Rn. 434. 485 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 BetrAVG Rn. 96. 486 BAG, Urt. v. 28.5.2013 – 3 AZR 125/11 – BB 2013, 2489.

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Unabhängig von der Frage, ob eine Anpassung nach dem Maßstab des § 16 Abs. 1 BetrAVG tatsächlich zu Recht unterblieben ist, stellt § 16 Abs. 4 S. 2 BetrAVG eine entsprechende unwiderlegliche Vermutung auf. Eine Anpassung gilt danach als zu Recht unterblieben, wenn der Arbeitgeber dem Versorgungsempfänger die wirtschaftliche Lage des Unternehmens schriftlich darlegt, der Versorgungsempfänger nicht binnen drei Kalendermonaten nach Zugang der Mitteilung schriftlich widerspricht und er auf die Folgen des nicht rechtmäßigen Widerspruchs hingewiesen wurde, § 16 Abs. 4 S. 1 BetrAVG. Der Arbeitgeber muss dem Versorgungsempfänger dabei die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ausführlich schriftlich erläutern. Der Versorgungsempfänger muss der schriftlichen Information des Arbeitgebers entnehmen können, aufgrund welcher Umstände davon auszugehen ist, dass das Unternehmen voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die Anpassungen zu leisten. Die Darstellung der wirtschaftlichen Lage muss so detailliert sein, dass der Versorgungsempfänger allein durch diese Darstellung in die Lage versetzt wird, die Entscheidung des Arbeitgebers auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen.487 Die schriftliche Information des Arbeitgebers muss zudem einen Hinweis auf die Möglichkeit eines schriftlichen Widerspruchs, die für den Widerspruch vorgesehene Dreimonatsfrist und die Folgen des nicht oder verspätet eingelegten Widerspruchs enthalten.488 Erhebt der Versorgungsberechtigte keinen Widerspruch, dann darf der Arbeitgeber am nächsten Prüfungsstichtag die Entwicklung des Kaufkraftverlusts bzw. der reallohnbezogenen Obergrenze bis dem Zeitpunkt des letzten Prüfungsstichtages abziehen. Das Gesetz formuliert hinsichtlich der Frist für den Widerspruch wie folgt: „[wenn] der Versorgungsempfänger nicht binnen drei Kalendermonaten nach Zugang der Mitteilung schriftlich widersprochen hat…“ Das BetrAVG verwendet mit diesem Wortlaut nicht die Formulierungen der Regelungen des BGB für Fristen in den §§ 187 ff. Die Frist endet nach herrschender Meinung am letzten Tag des dritten Monats nach Zugang der Mitteilung des Arbeitgebers.489 Ob bei Fristbeginn angefangene Kalendermonate mitzuzählen sind oder nicht, ist noch nicht höchstrichterlich entscheiden.

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Praxistipp 3 Aus der Perspektive des Versorgungsempfängers ist es daher sinnvoll, den Monat, in dem ihm die Mitteilung des Arbeitgebers zugegangen ist, bei der Berechnung der Widerspruchsfrist mitzuzählen. Geht ihm bspw. die Mitteilung am 15.4. zu, dann ist es empfehlenswert, den Widerspruch spätestens am 31.6. dem Arbeitgeber zukommen zu lassen.

_____ 487 BAG, Urt. v. 11.10.2011 – 3 AZR 732/09 – BetrAV 2012, 172. 488 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 BetrAVG Rn. 101. 489 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 BetrAVG Rn. 102.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

433 Umstritten ist, ob der Versorgungsempfänger den Widerspruch begründen

muss.490 Für die Begründung wird angeführt, nur so könne eine Widerspruchsflut verhindert werden. Das Gesetz stellt indes keine Anforderungen an den Inhalt des Widerspruchs, dies spricht bereits dafür, dass es einer Begründung zur Wahrung der Frist nicht bedarf. Zudem wird die Komplexität der Materie den durchschnittlichen Versorgungsempfänger überfordern – von ihm kann innerhalb der Frist ein begründeter Widerspruch nicht erwartet werden.

6. Nachträgliche Anpassung 434 Passt der Arbeitgeber die laufenden Renten zu Unrecht nicht an, so steht dem Ver-

sorgungsberechtigten grundsätzlich ein Anspruch auf Nachzahlung dieser zu Unrecht unterbliebenen Anpassungen (sog. nachträgliche Anpassung). Diesen Anspruch kann der Versorgungsberechtigte allerdings verwirken. Denn 435 nach ständiger Rechtsprechung des BAG muss er bei einer unterbliebenen oder einer geringeren als der geschuldeten Anpassung seinen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich geltend machen. Die Frist für die Geltendmachung des Anspruchs hängt davon ab, ob der Arbeitgeber seine Entscheidung gegenüber dem Versorgungsberechtigten begründet oder nicht. Begründet der Arbeitgeber gegenüber dem Versorgungsempfänger zum Prü436 fungsstichtag seine Entscheidung ausdrücklich, so muss der Versorgungsberechtigte nach ständiger Rechtsprechung des BAG dies grundsätzlich vor dem nächsten Anpassungsstichtag dem Arbeitgeber gegenüber wenigstens außergerichtlich schriftlich geltend machen. Unterlässt er das, erlischt mit dem nächsten Anpassungsstichtag ein möglicher Anspruch auf die Korrektur einer früheren Anpassungsentscheidung.491 Das BAG stützt dies auf die § 16 BetrAVG zu entnehmende Befriedungsfunktion.492 Begründet der Arbeitgeber seine Entscheidung jedoch nicht, dann kann der 437 Versorgungsberechtigte aus dem Schweigen des Arbeitgebers erst nach drei Jahren zum nächsten Prüfungsstichtag schließen, dass der Arbeitgeber keine Anpassung vornehmen wird. In diesem Fall beginnt die Drei-Jahres-Frist zur außergerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs auf Anpassung mit dem neuen Stichtag.493

_____ 490 Für eine Begründung Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 16 BetrAVG, Rn. 443, gegen eine Begründungspflicht Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 BetrAVG Rn. 104. 491 Ständige Rechtsprechung, vgl. BAG, Urt. v. 17.8.2004 – 3 AZR 367/03 – DB 2005, 732, BAG, Urt. v. 10.2.2009 – 3 AZR 610/07 – DB 2010, 176. 492 BAG, Urt. v. 17.8.2004 – 3 AZR 367/03 – DB 2005, 732, BAG, Urt. v. 10.2.2009 – 3 AZR 610/07 – DB 2010, 176. 493 BAG, Urt. v. 17.4.1996 – 3 AZR 56/95 – BetrAV 1996, 322.

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D. Anpassung der Versorgungsleistungen

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Beispiel 5 Der Arbeitnehmer bezieht seit dem 1.1.2010 eine monatliche Rente. Diese Rente wird zum ersten Anpassungsstichtag am 1.1.2013 zu Unrecht nicht angepasst. Der Arbeitgeber begründet seine Entscheidung gegenüber dem Versorgungsberechtigten ausdrücklich. Der Versorgungsberechtigte hat nun Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag am 1.1.2016 diese Entscheidung des Arbeitgebers zu rügen und eine nachträgliche Anpassung zu verlangen. Erhöht der Arbeitgeber die Renten zum Anpassungsstichtag am 1.1.2013 zu Unrecht nicht und teilt er seine Entscheidung dem Versorgungsberechtigten auch nicht ausdrücklich mit, so gilt nach der Rechtsprechung des BAG die Erklärung des Arbeitgebers, nicht anpassen zu wollen, erst nach Ablauf von drei Jahren ab Anpassungstermin als abgegeben. Der Versorgungsberechtigte kann die stillschweigend negative Anpassungsentscheidung dann bis zum übernächsten Anpassungstermin – also bis zum 1.1.2019 – rügen und eine nachträgliche Anpassung seit dem 1.1.2013 verlangen.

7. Verpflichtung zur 1%-igen jährlichen Anpassung Nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG entfällt die Verpflichtung zur Anpassungsprüfung 438 wenn der Arbeitgeber sich verpflichtet, die laufenden Leistungen jährlich um mindestens eins vom Hundert anzupassen.494 Der Vorteil für den Arbeitgeber besteht hier in einer genauen Kalkulation seiner Anpassungsverpflichtung. Versorgungsberechtigte profitieren davon, dass die Anpassung nicht mehr von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens abhängig ist.495 Wird die bAV durch Entgeltumwandlung finanziert, dann müssen laufende 439 Leistungen aus nach dem 31.12.2001 erteilte Zusagen jährlich um mindestens 1% angepasst werden, § 16 Abs. 5 und § 30c Abs.3 BetrAVG.

III. Direktversicherungen und Pensionskassen Grundsätzlich kann der Arbeitgeber Leistungen aus Direktversicherungszusagen 440 und Pensionskassenzusagen nach denselben Grundsätzen anpassen, wie bei II. beschrieben.496 Auch hier gilt, dass er alle drei Jahre die Anpassung prüfen muss, § 16 Abs. 1 BetrAVG. Der Arbeitgeber erfüllt seine Pflicht auch dann, wenn die Leistungen entsprechend der Steigerung des Verbraucherpreisindex oder der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmer steigen, § 16 Abs. 2 BetrAVG bzw. wenn er sich dazu verpflichtet, die laufenden Leistungen jährlich um 1% anzupassen, § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG.

_____ 494 Zu betriebswirtschaftlichen Sicht auf diese Möglichkeit siehe Kap. 5 Rn. 163 f. 495 BAG, Urt. v. 19.6.2012 – 3 AZR 464/1; BT-Drucks. 13/8011, 73. 496 Rn. 396 ff.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

1. Verwendung der Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistung 441 In der Praxis ist indes eine weitere Ausnahme für Direktversicherungs- und Pensi-

onskassenzusagen von wesentlich größerer Bedeutung: Wird die Direktversicherungszusage oder die Pensionskassenzusage als Leistungszusage oder beitragsorientierte Leistungszusage erteilt, so entfällt die Anpassungsprüfpflicht, wenn ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallende Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistung verwendet werden, § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG. Dies gilt sowohl für arbeitgeberfinanzierte als auch für durch Entgeltumwandlung finanzierte Versorgungszusagen, § 16 Abs. 5 BetrAVG. Dabei genügt allein die Tatsache, dass sämtliche auf den Rentenbestand entfal442 lende Überschussanteile zur Erhöhung der Leistung verwendet werden; eine Überschussbeteiligung in bestimmter Höhe ist insoweit nicht erforderlich und wird durch eine entsprechende Vertragsgestaltung auch nicht versprochen.497 Dem Zweck der Anpassungsprüfpflicht genügt auch die vorgezogene Verwen443 dung der Überschussanteile zur Finanzierung einer anfänglich höheren Leistung, die dann ggf. nicht weiter ansteigt. Denn auch in diesem Fall kommen dem versorgungsberechtigten Arbeitnehmer alle durch Verrentungseffekte erzielten Gewinne zugute.498 Entscheidend ist lediglich, dass die Verwendung der Überschüsse zur Erhöhung 444 der Leistung dem Arbeitnehmer unwiderruflich zugesagt wird.499

2. Keine Anpassung bei Beitragszusage mit Mindestleistung und bei reiner Beitragszusage 445 Wird die Direktversicherungszusage oder die Pensionskassenzusage als Beitragszusage mit Mindestleistung erteilt, entfällt die Anpassungsprüfpflicht vollständig, § 16 Abs. 3 Nr. 3 BetrAVG. Dies gilt sowohl für arbeitgeberfinanzierte Zusagen als auch für Zusagen durch Entgeltumwandlung. Denn bei einer Beitragszusage mit Mindestleistung steht dem Arbeitnehmer definitionsgemäß eine Leistung in Höhe des planmäßig zuzurechnenden Versorgungskapitals auf der Grundlage der gezahlten Beiträge zuzüglich der erzielten Erträge zu, § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG. Der Arbeitnehmer profitiert somit sowohl in der Anwartschafts- als auch in der Leistungsphase von den Überschüssen des Versicherungsvertrags. Ebenfalls keine gesetzlich vorgeschriebene Anpassung besteht für die reine 446 Beitragszusage, § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG. Das ist nach dem Konzept dieser Zusageart auch konsistent. Denn zum einen ist der Arbeitgeber hier kein Leistungsschuld-

_____ 497 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 16 BetrAVG Rn. 397; Herrmann, BetrAV 2017, 671, 672; siehe auch Kap. 6 Rn. 256 ff. 498 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 BetrAVG Rn. 311 499 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 16 BetrAVG Rn. 309.

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E. Übertragung von Zusagen auf Leistungen der bAV

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ner,500 während § 16 BetrAVG eine Vorschrift ist, die ausschließlich den Arbeitgeber verpflichtet. Zum zweiten besteht im Rahmen einer reinen Beitragszusage auch in der Rentenbezugsphase ein arbeitsrechtliches und aufsichtsrechtliches Garantieverbot, § 22 Abs. 1 S. 2 BetrAVG und § 244b Abs. 1 Nr. 1 VAG i.V.m. PFAV.501 Das führt dazu, dass die Leistungshöhe in der Rentenbezugsphase einer reinen Beitragszusage nicht erhöht werden muss, um eine inflationsbedingte Auszehrung zu vermeiden, ja sogar sinken kann, § 38 Abs. 1 Nr. 2 PFAV.502

IV. Pensionsfonds Für Versorgungszusagen über einen Pensionsfonds gilt das zu Direktzusagen und 447 Unterstützungskassenzusagen Ausgeführte. Im Durchführungsweg Pensionsfonds ist zudem auch die Erteilung von Bei- 448 tragszusagen mit Mindestleistung und von reinen Beitragszusagen zulässig. In diesem Fall entfällt die Anpassungsprüfpflicht, § 16 Abs. 3 Nr. 3 BetrAVG und § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG.503

E. Übertragung von Zusagen auf Leistungen der bAV E. Übertragung von Zusagen auf Leistungen der bAV I. Überblick Die rechtsgeschäftliche schuldbefreiende Übernahme von Zusagen auf Leistun- 449 gen der bAV im Sinne des § 1 Abs. 1 BetrAVG504 wird durch § 4 BetrAVG gegenüber den allgemeinen Regelungen der §§ 414 ff. BGB eingeschränkt.505 Sie ist grundsätzlich verboten (Übertragungsverbot) und nur in begrenzten, in § 4 Abs. 2 bis 4 BetrAVG genannten Fällen zulässig. § 4 BetrAVG gilt nur für gesetzlich unverfallbare Anwartschaften. Anwart- 450 schaften, die lediglich vertraglich unverfallbar sind, können dagegen nach den allgemeinen Vorschriften für die Schuldübernahme übertragen werden, §§ 414 BGB.506 Das Übertragungsverbot erfasst zudem laufende, also regelmäßig wiederkeh- 451 rende Leistungen der bAV. Darunter fallen lebenslänglich oder temporär gezahlte

_____ 500 Kap. 1 Rn. 523. 501 Kap. 1 Rn. 539 ff. und Kap. 6 Rn. 134. 502 Kap. 1 Rn. 542. 503 Rn. 386. 504 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 4 Rn. 22. 505 BAG, Urt. v. 24.2.2011 – 6 AZR 626/09 – BetrAV 2011, 568. 506 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 4 Rn. 16.

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Renten, unabhängig davon, ob sie aus Gründen des Alters, des Todes (Hinterbliebenenrenten) oder der Invalidität gezahlt werden. Kapitalleistungen, Kapitalabfindungen oder das Sterbegeld werden vom Übertragungsverbot des § 4 Abs. 1 BetrAVG hingegen nicht erfasst.507 § 4 BetrAVG schränkt lediglich die rechtsgeschäftliche Übertragung von Versorgungszusagen ein. Gesetzlich angeordnete Übertragungen von Anwartschaften und/oder Leistungen wie im Rahmen eines Betriebsübergangs, § 613a BGB oder im Rahmen einer Gesamtrechtsnachfolge bei Erbschaft oder einer Umwandlung nach dem UmwG sind davon nicht betroffen.508 Das Übertragungsverbot hat ebenfalls keinen Einfluss auf Änderungen von Versorgungszusagen.509 § 4 Abs. 2 bis 4 BetrAVG sehen Ausnahmen vom Übertragungsverbot vor: Der Arbeitnehmer, sein ehemaliger und sein neuer Arbeitgeber können nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Übernahme der Versorgungszusage durch den neuen Arbeitgeber oder die Übertragung des Übertragungswerts der Versorgungszusage auf den neuen Arbeitgeber vereinbaren, § 4 Abs. 2 BetrAVG. Die Übernahme der Versorgungszusage bzw. die Übertragung des Übertragungswerts kann in allen Durchführungswegen und grundsätzlich für alle Zusagearten vereinbart werden. Lediglich die Übertragung der reinen Beitragszusage ist durch § 22 Abs. 4 S. 1 und Abs. 3 Nr. 1b BetrAVG eingeschränkt.510 Der Arbeitnehmer hat zudem unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Übertragung des Übertragungswerts seiner Versorgungszusage auf den neuen Arbeitgeber. Dieser ist wiederum verpflichtet, eine dem Übertragungswert wertgleiche Versorgungszusage zu erteilen, § 4 Abs. 3 BetrAVG. Der Anspruch besteht allerdings nur in den Durchführungswegen Pensionsfonds, Pensionskasse und Direktversicherung und ist zeitlich begrenzt. Schließlich kann der Arbeitgeber ohne Zustimmung des Arbeitnehmers die Versorgungszusage auf eine Pensionskasse oder eine Lebensversicherung übertragen, wenn er die Betriebstätigkeit einstellt und das Unternehmen liquidiert, § 4 Abs. 4 BetrAVG. Das Übertragungsverbot des § 4 BetrAVG ist tarifdispositiv. In Tarifverträgen können somit davon abweichende Regelungen getroffen werden, § 19 Abs. 2 BetrAVG.511

_____ 507 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 4 Rn. 29, Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 4 Rn. 3662. 508 BT-Drucks 15/2150, S. 53, Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 4 Rn. 11, Höfer/de Groot/Küpper/Reich/ Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 4 Rn. 27 ff. 509 BT-Drucks 15/2150, S. 53, Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 4 Rn. 11, Höfer/de Groot/Küpper/Reich/ Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 4 Rn. 26. 510 Rn. 494. 511 Kap. 1 Rn. 318 ff.

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E. Übertragung von Zusagen auf Leistungen der bAV

Eine Übertragung entgegen den Einschränkungen des § 4 BetrAVG ist nach § 134 458 BGB nichtig.512

II. Einvernehmliche Übernahme der Versorgungszusage und einvernehmliche Übertragung des Übertragungswerts 1. Übernahme der Versorgungszusage Eine Versorgungszusage kann vom neuen Arbeitgeber des Arbeitnehmers über- 459 nommen werden, § 4 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG. Dies gilt für Versorgungszusagen in allen Durchführungswegen. Die Übernahme setzt eine Einigung zwischen dem ehemaligen Arbeitgeber, 460 dem Arbeitnehmer und seinem neuen Arbeitgeber voraus. Es bedarf somit eines dreiseitigen Übertragungsvertrags.513 Praxistipp 3 Das BetrAVG sieht für den Übertragungsvertrag keine Form vor – er kann somit formfrei geschlossen werden.514 Dennoch empfiehlt es sich in der Praxis zu Beweiszwecken, diesen Vertrag schriftlich oder in Textform zu fassen.

Die Übernahme der Versorgungszusage ist nur durch den neuen Arbeitgeber des 461 versorgungsberechtigten Arbeitnehmers zulässig. Sie kann daher nicht durch andere natürliche oder juristische Personen schuldbefreiend übernommen werden. Zugleich bleibt die Erfüllungsübernahme durch Dritte, § 329 BGB, oder ein 462 Schuldbeitritt zulässig. In diesem Fall tritt der Übernehmer neben den Arbeitgeber in die Verpflichtung aus der Versorgungszusage ein. Die Rechte des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber, der die Versorgungszusage erteilt hat, werden dadurch jedoch nicht berührt.515 Die Übernahme der Versorgungszusage ist erst nach Beendigung des Arbeits- 463 verhältnisses zulässig. Das Arbeitsverhältnis ist beendet, wenn entweder die Kündigungsfrist oder – bei befristeten Arbeitsverhältnissen – deren Befristung abgelaufen ist. Bei einvernehmlicher Aufhebung des Arbeitsverhältnisses endet es entsprechend der Aufhebungsvereinbarung.

_____ 512 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 4 Rn. 43, Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 4 Rn. 30. 513 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 4 Rn. 58, Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 4 Rn. 43. 514 BAG, Urt. v. 24.2.2011 – 6 AZR 626/09 – BetrAV 2011, 568, Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 4 Rn. 64, Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 4 Rn. 50. 515 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 4 Rn. 23 ff.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

Allerdings ist es nicht erforderlich, dass das neue Arbeitsverhältnis sich unmittelbar an das anschließt, in dem der Arbeitnehmer die Versorgungszusage erhalten hat. Eine zeitliche Begrenzung für die Übernahme der Zusage sieht § 4 BetrAVG nicht vor.516 Überwiegend wird die Auffassung vertreten, dass die Versorgungszusage im 465 Zeitpunkt der Übernahme inhaltlich unverändert übernommen werden muss.517 Eine spätere Veränderung der Versorgungszusage wird wiederum für zulässig gehalten.518

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5 Beispiel Der ehemalige Arbeitgeber des Arbeitnehmers hat ihm eine arbeitgeberfinanzierte Direktversicherungszusage erteilt. Diese Versorgungszusage und der zu deren Finanzierung abgeschlossene Lebensversicherungsvertrag bestehen bereits seit geraumer Zeit, so dass der Lebensversicherungsvertrag mit einem hohen Rechnungszins abgeschlossen wurde. Der Arbeitnehmer hat daher ein Interesse an der Übernahme der Versorgungszusage durch seinen neuen Arbeitgeber. Der neue Arbeitgeber des Arbeitnehmers bietet allerdings in seinem Unternehmen keine arbeitgeberfinanzierte bAV. Er ist jedoch bereit, die Versorgungszusage zu übernehmen und die Direktversicherung als Versicherungsnehmer fortzusetzen unter der Prämisse, dass der Arbeitnehmer deren zukünftige Finanzierung durch Entgeltumwandlung vornimmt. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind unstreitig berechtigt, Versorgungszusagen einvernehmlich zu ändern. Es sind daher keine Argumente ersichtlich, die einer solchen Modifikation der Versorgungszusage im Zeitpunkt der Übernahme entgegenstehen. 466 Durch die Übernahme der Versorgungszusage tritt der neue Arbeitgeber an Stelle

des ehemaligen. Der ehemalige Arbeitgeber wird von seiner Verpflichtung befreit, § 414 BGB. 519 Alle aus der Versorgungszusage resultierenden Rechte und Pflichten obliegen nach Übernehme dem neuen Arbeitgeber: Ist die Versorgungszusage bspw. insolvenzgeschützt, so ist der neue Arbeitgeber zur Zahlung des Beitrags an den PSV und den sonstigen aus dem Insolvenzschutz folgenden Handlungen verpflichtet. Ihn trifft die Pflicht zur Anpassung der gesamten aus der Versorgungszusage resultierenden Leistungen nach § 16 BetrAVG, usw. Eine gesetzlich unverfallbare Anwartschaft bleibt auch nach Übernahme durch den neuen Arbeitgeber gesetzlich unverfallbar – die Unverfallbarkeitsfristen beginnen somit nicht neu zu laufen.520

_____ 516 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 4 Rn. 45. 517 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 4 Rn. 62, Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 4 Rn. 44, wobei er offenbar von der Zulässigkeit des Wechsels des Durchführungswegs ausgeht, Rn. 37, Kemper/Kisters-Kölkers/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 4 Rn. 17. 518 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 4 Rn. 89. 519 BAG, Urt. v. 24.2.2011 – 6 AZR 626/09 – BetrAV 2011, 568. 520 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 4 Rn. 55.

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E. Übertragung von Zusagen auf Leistungen der bAV

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Der neue Arbeitgeber darf dem Arbeitnehmer alle Einwendungen entgegenhal- 467 ten, die bereits dem ehemaligen Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer zugestanden haben, § 417 BGB.521

2. Übertragung des Übertragungswerts der Versorgungszusage a) Voraussetzungen und Rechtsfolgen Der neue Arbeitgeber des Arbeitnehmers wird zur Übernahme der Versorgungszusage nicht immer bereit sein. Denn zum einen hat er ggf. bereits ein Versorgungssystem in seinem Unternehmen und möchte dieses auch für neue Arbeitnehmer nutzen. Zum anderen scheuen Arbeitgeber gelegentlich die Übernahme fremder Versorgungszusagen, weil sie befürchten, den Inhalt der auf sie zukommenden Verpflichtung nicht zu überblicken. Alternativ zur Übernahme der Versorgungszusage können der alte Arbeitgeber, der neue Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sich daher auf die Übertragung des sog. Übertragungswerts der Versorgungszusage einigen. Die Übertragung des Übertragungswerts bedeutet, dass der Wert der vom Arbeitnehmer beim alten Arbeitgeber erworbenen unverfallbaren Anwartschaft in einen bezifferbaren Kapitalbetrag umgerechnet und dieser auf den neuen Arbeitgeber übertragen wird.522 Die einvernehmliche Übertragung des Übertragungswerts ist in jedem Durchführungsweg, für jede Zusageart523 und jede Art der Finanzierung möglich. Sie setzt wie die Übernahme der Versorgungszusage524 einen dreiseitigen Übertragungsvertrag zwischen dem Arbeitnehmer, seinem ehemaligen und seinem neuen Arbeitgeber voraus, kann erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen und ist zeitlich nicht befristet. Auch wenn es sich vorliegend um eine einvernehmliche Übertragung des Übertragungswerts handelt, hat der Gesetzgeber dennoch bestimmte Voraussetzungen für die Gestaltung der Anwartschaft beim neuen Arbeitgeber definiert: ■ Der neue Arbeitgeber muss sich dazu verpflichten, eine dem Übertragungswert wertgleiche Versorgungszusage zu erteilen, § 4 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG. ■ Für die beim neuen Arbeitgeber entstehende Anwartschaft gelten die Regeln über die Entgeltumwandlung entsprechend, § 4 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG: ■ Sie ist daher gemäß § 1b Abs. 5 BetrAVG sofort unverfallbar. ■ Bei Direktversicherungs- und Pensionskassenzusagen dürfen die Überschussanteile nur zur Verbesserung der Leistung verwendet werden.

_____ 521 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 4 Rn. 60. 522 BT-Drucks 15/2150, S. 53. 523 Zu den Beschränkungen bei der reinen Beitragszusage siehe Rn. 492. 524 Rn. 459.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung



Dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer muss das Recht auf Fortsetzung der Versicherung oder Versorgung mit eigenen Beiträgen eingeräumt werden, zudem muss das Recht zur Verpfändung, Abtretung und Beleihung durch den Arbeitgeber ausgeschlossen werden, § 1b Abs. 5 Nr. 1 bis 3 BetrAVG. Der neue Arbeitgeber ist darüber hinaus verpflichtet, die laufenden Leistungen jährlich mindestens um 1% anzupassen oder alternativ bei Direktversicherungs- und Pensionskassenzusagen ab Rentenbeginn sämtliche Überschussanteile zur Erhöhung der Leistung zu verwenden, § 16 Abs. 5 BetrAVG.

472 Mit der vollständigen Übertragung des Übertragungswerts erlischt die Versorgungs-

zusage des alten Arbeitgebers, § 4 Abs. 6 BetrAVG.

b) Übertragungswert und Wertgleichheit der Versorgungszusage des neuen Arbeitgebers 473 Der Übertragungswert ist der Wert der vom Arbeitnehmer erworbenen unverfallbaren Anwartschaft auf bAV, § 4 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG. Er wird für die einzelnen Durchführungswege in § 4 Abs. 5 BetrAVG definiert. Bei einer Direktzusage oder einer Unterstützungskassenzusage entspricht 474 der Übertragungswert dem Barwert der nach § 2 BetrAVG bemessenen künftigen Versorgungsleistung im Zeitpunkt der Übertragung. Bei der Berechnung des Barwerts sind die Rechnungsgrundlagen sowie die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik maßgebend. Soweit die bAV über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Di475 rektversicherung durchgeführt worden ist, entspricht der Übertragungswert dem gebildeten Kapital im Zeitpunkt der Übertragung. Die Versicherungswirtschaft flankiert die Übertragung durch ein freiwilliges Abkommen, nämlich das „Abkommen zur Übertragung zwischen den Durchführungswegen Direktversicherungen, Pensionskassen oder Pensionsfonds bei Arbeitgeberwechsel“.525 Ausgenommen sind jedoch nicht-versicherungsförmige Gestaltungen eines Pensionsfonds.526 3 Praxistipp Die Berechnung des Übertragungswerts einer Direktzusage oder Unterstützungskassenzusage werden bspw. von Anbietern versicherungsmathematischer Gutachten vorgenommen. Den Übertragungswert einer Direktversicherungs-, einer Pensionskassen- oder einer Pensionsfondszusage berechnen in der Regel die jeweiligen Versorgungsträger.

_____ 525 https://www.gdv.de/resource/blob/21430/cc7cd2794f8d5369bd1be866d7c41407/pdf---text-desuebertragungsabkommens-inkl--der-antragsformulare-data.pdf, zuletzt abgerufen am 28.3.2020. 526 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 442 ff.

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E. Übertragung von Zusagen auf Leistungen der bAV

Der Übertragungswert ist im Zeitpunkt der Übertragung zu bestimmen. 476 Der neue Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, eine dem Übertragungswert wert- 477 gleiche Versorgungszusage zu erteilen. Dabei entspricht der Begriff „wertgleich“ dem in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG.527 In der Gestaltung der Versorgungszusage ist der neue Arbeitgeber dagegen frei. 478 Er kann daher einen anderen Durchführungsweg, andere Leistungsarten und/ oder eine andere Zusageart vorsehen als die vom ehemaligen Arbeitgeber erteilte Versorgungszusage. Die bisherige Versorgungszusage kann somit inhaltlich vollkommen verändert werden.528 Der Arbeitnehmer ist hinreichend dadurch geschützt, dass er mit der Übertragung des Übertragungswerts einverstanden sein muss.

III. Anspruch des Arbeitnehmers auf Übertragung des Übertragungswerts 1. Voraussetzung des Anspruchs Wird die bAV des Arbeitnehmers über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung durchgeführt, so hat er gemäß § 4 Abs. 3 BetrAVG einen Anspruch auf Übertragung des Übertragungswerts der bAV auf seinen neuen Arbeitgeber oder auf eine Versorgungseinrichtung nach § 22 BetrAVG (in eine reine Beitragszusage). Der Anspruch richtet sich ausschließlich auf die Übertragung des Übertragungswerts nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG – die Übernahme der Versorgungszusage nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG kann der Arbeitnehmer von seinem neuen Arbeitgeber dagegen nicht verlangen. Der Anspruch besteht weiterhin nur für gesetzlich unverfallbare Anwartschaften (und den in der Praxis selten vorkommenden Fall des Arbeitgeberwechsels bei Bezug laufender Leistungen der bAV). Erfasst sind nur nach dem 31.12.2004 erteilte Versorgungszusagen, § 30b BetrAVG. Der Anspruch besteht zudem nur dann, wenn der Übertragungswert die BBG der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigt, § 4 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG. Schließlich ist der Anspruch auch zeitlich begrenzt: Er steht dem Arbeitnehmer nur innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu, § 4 Abs. 3 S. 1 BetrAVG. Die Frist beginnt am ersten Tag nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Sie endet gemäß § 188 Abs. 2, 2. Halbsatz BGB mit dem Ablauf desje-

_____ 527 Kap. 1 Rn. 704 ff. 528 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 4 Rn. 74, Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 4 Rn. 68.

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nigen Tages, welcher dem Tag vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.529 5 Beispiel Endet das Arbeitsverhältnis am 31.3.2018, so beginnt die Frist für die Geltendmachung des Übertragungsanspruchs am 1.4.2018 an zu laufen. Sie endet am 31.3.2019.

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2. Anspruch gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber oder dem ehemaligen Versorgungsträger Der Anspruch richtet sich grundsätzlich gegen den ehemaligen Arbeitgeber des Arbeitnehmers. Hat der ehemalige Arbeitgeber eine Versorgungszusage im Durchführungsweg Direktversicherung oder Pensionskasse erteilt und liegen die Voraussetzungen der versicherungsförmigen Lösung nach § 2 Abs. 2 oder 3 BetrAVG530 vor, so richtet sich der Anspruch allerdings gegen den Versorgungsträger. Er richtet sich auch dann gegen den Versorgungsträger (den Pensionsfonds, den Versicherer oder die Pensionskasse), wenn der Arbeitnehmer die Versicherung oder Versorgung mit eigenen Beiträgen fortgeführt hat, bspw. während eines Zeitraums, indem er bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis kein Entgelt erhält, § 1a Abs. 4 BetrAVG.531 Der ehemalige Arbeitgeber des Arbeitnehmers bzw. der Versorgungsträger ist zur Auszahlung des Übertragungswerts verpflichtet, wenn der Anspruch besteht. Mit der vollständigen Übertragung des Übertragungswerts erlischt die Versorgungszusage des ehemaligen Arbeitgebers, § 4 Abs. 6 BetrAVG.

3. Anspruch gegenüber dem neuen Arbeitgeber 487 Der neue Arbeitgeber des Arbeitnehmers muss eine dem Übertragungswert wert-

gleiche Versorgungszusage erteilen532 und diese über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung durchführen, § 4 Abs. 3 S. 2 und 3 BetrAVG. Alternativ kann der neue Arbeitgeber die bAV in Form einer reinen Beitragszusage über eine Versorgungseinrichtung nach § 22 BetrAVG durchführen; diese muss allerdings nicht wertgleich sein, § 4 Abs. 3 S. 5 BetrAVG.533

_____ 529 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 4 Rn. 122. 530 Rn. 70. 531 Kap. 1 Rn. 709 ff. 532 Rn. 477. 533 Siehe auch Kap. 1 Rn. 703 ff.

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E. Übertragung von Zusagen auf Leistungen der bAV

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Den Pensionsfonds, die Pensionskasse oder die Direktversicherung kann der 488 neue Arbeitgeber des Arbeitnehmers frei wählen.534 Dasselbe gilt für die zugesagten Leistungen – auch hier kann der neue Arbeitgeber frei entscheiden, ob er z.B. neben einer Altersversorgung auch eine Hinterbliebenen- und ggf. eine Invaliditätsversorgung einrichten möchte.535 Er wird sich dabei in der Regel an der in seinem Unternehmen geltenden Versorgungsordnung orientieren, falls eine solche besteht. Für die neue Anwartschaft des Arbeitnehmers sind die Regelungen über die 489 Entgeltumwandlung entsprechend, § 4 Abs. 3 S. 4 BetrAVG anwendbar.536 Das gilt allerdings dann nicht, wenn der neue Arbeitgeber die Versorgung über eine Versorgungseinrichtung nach § 22 BetrAVG durchführt (reine Beitragszusage), § 4 Abs. 3 S. 5 BetrAVG.537

4. Auskunftsansprüche Um dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, sich über die Höhe und Modalitä- 490 ten der Versorgungszusage beim neuen Arbeitgeber ein Bild zu verschaffen, regelt § 4a Abs. 2 BetrAVG einen Auskunftsanspruch. Der Arbeitnehmer kann von seinem ehemaligen Arbeitgeber oder dem Versor- 491 gungsträger Auskunft über die Höhe des Übertragungswerts verlangen. Das Gleiche gilt für die Auskunft darüber, in welcher Höhe aus dem Übertragungswert ein Anspruch auf Altersversorgung bestehen würde und ob der neue Arbeitgeber eine Hinterbliebenen- oder Invaliditätsversorgung anbietet.

5. Besonderheiten bei reinen Beitragszusagen Übertragungen im Zusammenhang mit reinen Beitragszusagen regelt neben § 4 492 BetrAVG auch § 22 BetrAVG. Die Möglichkeiten der Übertragung von einer und in eine reine Beitragszusage sind durch diese beiden Vorschriften gegenüber den anderen Zusagearten eingeschränkt. Bei Vorliegen einer reinen Beitragszusage ist für deren Übertragung § 4 BetrAVG 493 nicht anwendbar, § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG. Soll eine bestehende reine Beitragszusage übertragen werden, so richtet sich dies allein nach § 22 BetrAVG.

_____ 534 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 4 Rn. 132, Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 4 Rn. 94. 535 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 4 Rn. 134, kritisch, jedoch im Ergebnis ebenfalls so Höfer/de Groot/ Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 4 Rn. 96 ff. 536 Siehe die Ausführungen zu Rn. 477, soweit sie die Regelungen zur Entgeltumwandlung betreffen. 537 Siehe auch Kap. 1 Rn. 550.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

§ 22 Abs. 4 S. 1 und Abs. 3 Nr. 1 b) BetrAVG regelt die Übertragung des für eine reine Beitragszusage gebildeten Kapitals bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Auch hier gilt ein Übertragungsverbot: Die Anwartschaft auf eine reine Beitragszusage ist grundsätzlich nicht übertragbar, § 22 Abs. 4 S. 1 BetrAVG. Von diesem Verbot lässt § 22 Abs. 3 Nr. 1 b) BetrAVG eine Ausnahme zu: Das für die reine Beitragszusage gebildete Versorgungskapital darf auf eine neue Versorgungseinrichtung übertragen werden, die ihrerseits eine reine Beitragszusage anbietet, § 22 Abs. 3 Nr. 1b BetrAVG. Der Gesetzgeber hat diese Ausnahme als Anspruch des Arbeitnehmers gestaltet. Der Arbeitnehmer hat gegenüber der Versorgungseinrichtung seines ehemaligen Arbeitgebers das Recht, die Übertragung zu verlangen. Er muss seinen Anspruch innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend machen. Für die Berechnung der Frist gilt das oben Gesagte.538 Anders als § 4 BetrAVG regelt § 22 BetrAVG jedoch keine damit korrespondierende Pflicht des neuen Arbeitgebers eine (wertgleiche) neue Versorgungszusage auf Basis des Übertragungswertes zu erteilen. Die Übertragung setzt jedenfalls voraus, dass der neue Arbeitgeber eine reine Beitragszusage tatsächlich anbietet.539 Fraglich ist, ob der neue Arbeitgeber und seine Versorgungseinrichtung zur Aufnahme des Versorgungskapitals verpflichtet sind. Vieles spricht dafür, dass der Gesetzgeber dies bei der Konzeption der Vorschrift beabsichtigt hat.540 Die Übertragung des für die reine Beitragszusage gebildeten Versorgungskapitals auf eine Leistungszusage, beitragsorientierte Leistungszusage oder Beitragszusage mit Mindestleistung hat der Gesetzgeber dagegen nicht vorgesehen. Dies gilt auch für einvernehmliche Übertragungen, denn § 22 Abs. 4 S. 1 BetrAVG bestimmt, dass die bei einer Versorgungseinrichtung nach § 22 BetrAVG bestehende Anwartschaft nicht übertragbar ist.541 Die einzige Ausnahme ist der oben beschriebene Anspruch auf Übertragung des Versorgungskapitals.542 § 4 BetrAVG regelt – umgekehrt – die Übertragung einer Leistungszusage, beitragsorientierten Leistungszusage oder Beitragszusage mit Mindestleistung auf eine Versorgungseinrichtung nach § 22 BetrAVG, also in eine reine Beitragszusage, und beschränkt diese auf die Übertragung des Übertragungswerts. Macht der Arbeitnehmer den Anspruch auf Übertragung des Übertragungswerts geltend und bietet der neue Arbeitgeber eine reine Beitragszusage an, so ist die bAV dort durchzuführen, § 4 Abs. 3 S. 5 BetrAVG.543 Die Vorschriften über die Entgeltumwandlung

_____ 538 Rn. 482. 539 BT-Drucks 18/1128, S. 43, Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 22 Rn. 62, Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 22 Rn. 37. 540 BT-Drucks 18/1128, S. 43, Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 22 Rn. 64. 541 Ulbrich, BB 2017, 2423, 2425. 542 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 22 Rn. 66. 543 Kap. 1 Rn. 568 ff.

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E. Übertragung von Zusagen auf Leistungen der bAV

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sind – anders als bei der Übertragung des Übertragungswerts in eine der anderen Zusagearten – auf die reine Beitragszusage nicht anwendbar. Bietet der neue Arbeitgeber neben der reinen Beitragszusage auch andere Zusa- 499 gearten in den Durchführungswegen Pensionsfond, Pensionskasse oder Direktversicherung an, dann kann er die Verwendung des Übertragungswerts für eine dieser Zusagearten bestimmen. Darauf lässt der Wortlaut des § 4 Abs. 3 S. 5 BetrAVG schließen, wonach der neue Arbeitgeber zu einer Durchführung über eine reine Beitragszusage „bereit“ sein muss. Die Übertragung des Übertragungswerts einer Leistungszusage, beitragsori- 500 entierten Leistungszusage und Beitragszusage mit Mindestleistung auf eine Versorgungseirichtung gemäß § 22 BetrAVG und damit auf eine reine Beitragszusage ist somit möglich. Mehr noch: Sie wird gegenüber den üblichen Zusagearten privilegiert.544 Die einvernehmliche Übertragung des Übertragungswerts einer Leistungs- 501 zusage, beitragsorientierten Leistungszusage und Beitragszusage mit Mindestleistung auf eine Versorgungseinrichtung nach § 22 BetrAVG hat der Gesetzgeber in § 4 Abs. 2 BetrAVG zwar nicht ausdrücklich geregelt. Es sind allerdings keine Gründe ersichtlich, die dagegen sprechen.545

IV. Liquidation des Unternehmens Arbeitgeber müssen die Möglichkeit haben, die Geschäftstätigkeit ihrer Unterneh- 502 men einzustellen. Haben sie ihren Arbeitnehmern Leistungen der bAV zugesagt, so besteht Bedarf, diese schuldbefreiend auf einen Dritten übertragen zu können. Wird die Betriebstätigkeit des Unternehmens eingestellt und das Unter- 503 nehmen liquidiert, so kann eine Versorgungszusage daher von einer Pensionskasse oder einem Lebensversicherungsunternehmen ohne Zustimmung des Arbeitnehmers oder des Versorgungsempfängers übernommen werden, § 4 Abs. 4 BetrAVG. Dies gilt für Versorgungszusagen in jedem Durchführungsweg, sowohl für Anwartschaften als auch für laufende Leistungen. Einer Zustimmung des Arbeitnehmers oder Versorgungsempfängers bedarf 504 es dabei weder für die Auflösung der bestehenden Versorgungszusage, noch für die Begründung des Lebensversicherungs- bzw. Pensionskassenvertrages zu deren Übernahme, § 150 Abs. 2 S. 1 VVG.546

_____ 544 Ulbrich, BB 2017, 2423, 2425; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 4 Rn. 140a, Höfer/de Groot/Küpper/ Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 4 Rn. 100.1. 545 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 4 Rn. 96 scheint ebenfalls zu der Zulässigkeit einer einvernehmlichen Übertragung auszugehen.

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Kapitel 8 Störfälle der bAV und Anpassung der Versorgungsleistung

Die Betriebstätigkeit des Unternehmens ist dann eingestellt, wenn der Arbeitgeber seine gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeiten einstellt.547 Die Liquidation erfolgt unterschiedlich in Abhängigkeit von der Gesellschaftsform. Die Auflösung und Auseinandersetzung einer BGB-Gesellschaft regeln §§ 730 ff. BGB. Die Liquidation von Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) regeln §§ 145 ff. HGB, die Liquidation der GmbH §§ 66 ff. GmbHG. Die Abwicklung einer AG regeln §§ 264 ff. AktG. Fraglich ist, ob eine inhaltliche Änderung der Zusage aus Anlass der Einstel506 lung der Betriebstätigkeit und der Liquidation zulässig ist. Dagegen spricht der Wortlaut des § 4 Abs. 4 BetrAVG: Er lässt lediglich die Übernahme der Zusage zu. In der Literatur wird indes die Auffassung vertreten, dass eine am Übertragungswert im Sinne des § 4 Abs. 4 BetrAVG orientierte Übertragung möglich sein muss, weil ansonsten der Anwendungsbereich dieser Vorschrift eingeengt würde.548 Die Übernahme der Zusage setzt zudem gemäß § 4 Abs. 4 BetrAVG voraus, dass 507 die Überschussanteile des Lebensversicherungs- bzw. Pensionskassenvertrags ab Rentenbeginn entsprechend § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG ausschließlich zur Erhöhung der Leistung verwendet werden. Für den Versicherungs- bzw. Pensionskassenvertrag gelten zudem die Verfügungsbeschränkungen und das Verwertungsverbot des § 2 Abs. 2 S. 4 bis 6 BetrAVG.549 505

_____ 546 § 150 Abs. 2 S. 1 VVG gilt nicht für regulierte Pensionskassen nach § 211 VAG, kleinere Vereine nach § 210 VAG, vgl. § 211 VVG; Kap. 1 Rn. 412. 547 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 4 Rn. 104. 548 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 4 Rn. 108, Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, § 4 Rn. 145. 549 Rn. 78.

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A. Änderung von Versorgungszusagen

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Kapitel 9 Änderung von Zusagen, Durchführungsweg und Schuldner der bAV Kapitel 9 Änderung von Zusagen, Durchführungsweg und Schuldner der bAV

Versorgungszusagen sind Dauerschuldverhältnisse, die typischerweise für einen 1 langen Zeitraum Gültigkeit haben sollen. Im Laufe der Zeit können Veränderungen der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Veränderungen von bestehenden Versorgungszusagen erfordern. Bei einer Pflichtverletzung des Versorgungsanwärters bzw. Versorgungsempfängers kann die Frage aufkommen, ob und in welchem Umfang Versorgungsanwartschaften bzw. -leistungen entziehbar sind. Bei Unternehmensumstrukturierungen und Wechsel des Versorgungsschuldners sind bestehende Versorgungszusagen rechtlich und wirtschaftlich zu bewerten und ggf. Änderungsmöglichkeiten zu prüfen. https://doi.org/10.1515/9783110275247-009 Böhm

A. Änderung von Versorgungszusagen A. Änderung von Versorgungszusagen Vor jeder Änderung einer Versorgungszusage sind die Ziele klar zu definieren, die 2 das Unternehmen mit der jeweiligen Änderung anstrebt. So ist zu fragen, ob eine Verbesserung, Umstrukturierung, Verschlechterung oder eine bloße Schließung einer Versorgungszusage angestrebt wird. Wenn die Zielrichtung der geplanten Änderung definiert ist, ist das zutreffende Gestaltungsinstrument zu wählen. Dafür ist entscheidend, auf welcher Rechtsgrundlage die zu ändernde Zusage basiert. Unter Beachtung der Grundsätze von Vertrauensschutz und Verhältnismäßigkeit ist zu prüfen, ob und in welchem Maße etwaige Besitzstände zu wahren sind. 3

Checkliste ■ Festlegung der Ziele einer geplanten Änderung ■ Wahl des richtigen Gestaltungsinstruments ■ Wahrung der Grundsätze von Vertrauensschutz und Verhältnismäßigkeit

I. Begriff der Änderung einer Versorgungszusage Die Änderungen einer Versorgungszusage kann beinhalten deren Verbesserung, ■ wertneutrale Umstrukturierung, ■ Schließung oder ■ Verschlechterung.

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Kapitel 9 Änderung von Zusagen, Durchführungsweg und Schuldner der bAV

3 Fettnapf Die bloße Klarstellung von auslegungsbedürftigen Regelungen in einer Versorgungszusage stellt keine Änderung einer Versorgungszusage dar.1

II. Verbesserung einer Versorgungzusage 4 Mittels eines versicherungsmathematischen Barwertvergleiches ist festzustel-

len, ob eine Versorgungszusage verbessert wird.2 5 Beispiel Eine Verbesserung einer Versorgungszusage kann bspw. erfolgen durch ■ eine Erhöhung der zugesagten Versorgungsleistung, ■ die Einführung zusätzlicher Versorgungsleistungen wie Hinterbliebenen- oder Invalidenleistung oder durch die ■ Erweiterung des Kreises der Begünstigten.

5 Eine Änderung von Kollektivzusagen bzw. Individualzusagen mit kollektivem

Bezug3 kann eine Verbesserung für den Einzelnen aber eine Verschlechterung für das Kollektiv darstellen oder umgekehrt. Verbesserungen von Versorgungszusagen dürfen nicht gegen den allgemeinen 6 Gleichbehandlungsgrundsatz4 verstoßen. Stichtagsregelungen, die auf den Zeitpunkt des Diensteintrittes abstellen, sind aber in der Regel sachlich gerechtfertigt.5 7 Versorgungszusagen können grundsätzlich mit dem gleichen Regelungsinstrument verbessert werden, mit der die jeweilige Zusage auch begründet wurde. Wenn ein individueller Änderungsvertrag zur Verbesserung einer bestehenden Versorgungszusage abgeschlossen wird, kann der Arbeitgeber nach § 151 S. 1 BGB regelmäßig auf eine ausdrückliche Annahme des Verbesserungsangebots verzichten.6 Im Verhältnis zwischen Individual- und Kollektivvereinbarung ist das Güns8 tigkeitsprinzip zu beachten. Dieses Prinzip besagt, dass eine Individualzusage einer Kollektivvereinbarung dann vorgeht, wenn die Individualzusage für den Ar-

_____ 1 Vgl. zur Auslegung einer Versorgungsordnung im Hinblick auf das vereinbarte Rentenalter: BAG, Urt. v. 15.5.2012 – 3 AZR 11/10 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 55 = NZA – RR 2012, 433 und im Hinblick auf den Invaliditätsbegriff: BAG, Urt. v. 9.10.2012 – 3 AZR 539/10 – AP BetrAVG § 1 Invaliditätsrente Nr. 16 = NZA – RR 2013, 256. 2 Siehe zum Begriff des Barwertvergleiches: Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 8 Rn. 38–39. 3 Kap. 1 Rn. 562 ff. und 600 ff. 4 Kap. 1 Rn. 618 ff. 5 Vgl. Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Küpper, BetrAVG, Bd. I, Kap. 5 Rn. 7. 6 Vgl. Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Rößler, Teil 15 Rn. 17.

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A. Änderung von Versorgungszusagen

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beitnehmer günstiger ist. Für das Verhältnis zwischen Tarifvertrag und Individualvertrag ist dieses Prinzip in § 4 Abs. 3 TVG verankert. Daraus ergibt sich insbesondere Folgendes: ■ Eine Kollektivzusage kann durch eine Individualzusage verbessert werden. ■ Eine Individualzusage kann durch eine Betriebsvereinbarung oder durch einen Tarifvertrag verbessert werden. Im Verhältnis zwischen Betriebsvereinbarung und Tarifvertrag ist der Vorrang 9 des Tarifvertrages nach § 87 Abs. 1 BetrVG bzw. der Tarifvorbehalt nach § 77 Abs. 3 BetrVG zu beachten. Eine Verbesserung einer auf einem Tarifvertrag beruhenden Versorgungszusage durch eine Betriebsvereinbarung scheidet daher i.d.R. aus, es sei denn der Tarifvertrag enthält eine entsprechende Öffnungsklausel. Eine Versorgungszusage, die auf einer Betriebsvereinbarung basiert, kann aber durch einen Tarifvertrag verbessert werden. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bzw. des Sprecherausschusses 10 sind auch bei einer Verbesserung einer Versorgungszusage zu beachten.7 Wichtig 3 Der Betriebsrat hat nach derzeitiger Rechtsprechung des BAG keine Regelungskompetenz für ausgeschiedene Mitarbeiter und Rentner.8 Dagegen erstreckt sich die Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien grundsätzlich auch auf Betriebsrentner.9

III. Wertneutrale Umstrukturierung einer Versorgungszusage Wertneutrale Umstrukturierungen einer Versorgungszusage, die sich bei einem 11 Barwertvergleich für den Berechtigten bzw. Anwärter weder zu Gunsten noch zu Ungunsten auswirken, sind selten. 10 Eine wertneutrale Umstrukturierung kann bspw. bei einem bloßen Wechsel des Durchführungsweges oder des Versorgungsträgers vorliegen.11 Allerdings sind dabei neben einem Barwertvergleich auch die weiteren Folgen eines solchen Wechsels wie z.B. steuerliche Effekte für den Berechtigten zu berücksichtigen.12 Wertneutrale Umstrukturierungen können bei einer Individualzusage einzel- 12 vertraglich oder durch eine Änderungskündigung umgesetzt werden. Für eine

_____ 7 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anh. zu § 1 Rn. 460; siehe zum Mitbestimmungsrecht grundsätzlich Kap. 1 Rn. 772 ff. 8 ErfK/Kania, § 77 BetrVG Rn. 34 m.w.N. 9 Vgl. BAG, Urt. v. 27.2.2007 – 3 AZR 734/05 – AP BetrAVG § 1 Nr. 44 = NZA 2007, 1371. 10 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anh. zu § 1 Rn. 462. 11 Siehe näher dazu unter Rn. 95–99. 12 Siehe dazu Kap. 2 Rn. 207 ff.

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Kapitel 9 Änderung von Zusagen, Durchführungsweg und Schuldner der bAV

Änderungskündigung ist eine soziale Rechtfertigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG erforderlich, sofern das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet.13 Kollektivzusagen können nicht wertneutral durch Individualvereinbarungen 13 umstrukturiert werden.14 Im Übrigen gilt für eine wertneutrale Umstrukturierung von Kollektivzusagen Entsprechendes wie bei einer Verbesserung der Zusage.15

IV. Schließung einer Versorgungszusage 14 Die Schließung einer Versorgungszusage für neu in das Unternehmen eintreten-

de Arbeitnehmer ist grundsätzlich jederzeit möglich. Es besteht dabei kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates.16 Die Schließung einer Versorgungszusage für Neueintritte wird aufgrund fehlender Vergleichbarkeit der neu eintretenden Arbeitnehmer mit den Bestandsarbeitnehmern auch i.d.R. nicht als ein Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsätze gewertet.17 Die Art und Weise, wie die Schließung einer Versorgungszusage umgesetzt wird, ist abhängig von der Rechtsgrundlage der Zusage. 5 Beispiel ■ Gesamtzusagen18 können für Neueintritte geschlossen werden, indem die Schließung auf die gleiche Weise bekannt gegeben wird wie die Erteilung der Zusage (z.B. Intranet oder Schwarzes Brett).19 ■ Zusagen aufgrund betrieblicher Übung20 werden geschlossen, indem dies gegenüber den neu eintretenden Mitarbeiter ausdrücklich kommuniziert und im Arbeitsvertrag mit neu eintretenden Arbeitnehmer entsprechend festgehalten wird.21 ■ Zusagen aufgrund von Kollektivzusagen22 können grundsätzlich durch Kündigung dieser Zusagen für Neueintritte geschlossen werden.23

_____ 13 Siehe dazu Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anh. zu § 1 Rn. 465. 14 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anh. zu § 1 Rn. 579 und Rn. 605. 15 Siehe dazu Rn. 4–10. 16 Vgl. Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Beetz-Rehm/Kisters-Kölkes, § 1 Rn. 277 m.w.N. 17 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anh. zu § 1 BetrAVG Rn. 588. 18 Siehe zum Begriff Kap. 1 Rn. 600 ff. 19 Siehe Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Rößler, Teil 15 Rn. 47. 20 Siehe zum Begriff Kap. 1 Rn. 610 ff. 21 Reichel/Schmand, Teil C Rn. 276. 22 Siehe zum Begriff Kap. 1 Rn. 562 ff. 23 Siehe zur Kündigung einer Betriebsvereinbarung näher unter Rn. 59–62. Zur Kündigung eines Tarifvertrages sieh unter Rn. 68.

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V. Verschlechterung einer Versorgungszusage Für eine wirksame Verschlechterung einer Versorgungszusage bedarf es grund- 15 sätzlich des ausdrücklichen Einverständnisses des jeweiligen Vertragspartners. Einseitig kann der Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen eine Versorgungszusage kündigen oder widerrufen. Die Rechtsgrundlage der Versorgungszusage ist maßgeblich dafür, welches Gestaltungsinstrument zur Umsetzung einer Verschlechterung einer Versorgungszusage zu wählen ist.

1. Verschlechterung einer Individualzusage Eine Individualzusage kann unter bestimmten Voraussetzungen durch eine Indivi- 16 dualvereinbarung aufgehoben oder verschlechtert werden. Eine einseitige Änderungsmöglichkeit ist die Änderungskündigung oder der Widerruf durch den Arbeitgeber. Beides ist allerdings nur unter engen Voraussetzungen zulässig.

a) Verschlechterung mittels Individualvereinbarungen Arbeitgeber und Versorgungsanwärter bzw. Versorgungsberechtigter können durch 17 Abschluss eines Aufhebungs-, Abfindungs- oder eines Erlassvertrages, durch ein vertraglich negatives Schuldanerkenntnis oder durch einen Vergleich individualvertragliche Ansprüche oder Anwartschaften auf bAV verschlechtern oder auch vollständig aufheben24. Die entsprechende Vereinbarung darf weder gegen zwingendes Recht im Sinne von § 134 BGB noch gegen das Verbot sittenwidriger Geschäfte nach § 138 BGB verstoßen. Bei arbeitgeberseitig vorformulierten Erklärungen ist außerdem das AGB-Recht nach §§ 305 ff. BGB zu beachten.

aa) Vertragsabschluss Grundsätzlich bedarf eine Vereinbarung zur Verschlechterung einer individualver- 18 traglich zugesagten Versorgungsanwartschaft bzw. eines Versorgungsanspruches der ausdrücklichen Annahme des Versorgungsanwärters bzw. Versorgungsberechtigten.25 Das Weiterarbeiten des Arbeitnehmers nach der Erklärung des Arbeitgebers, die Individualzusage verschlechtern zu wollen, ist regelmäßig noch keine konkludente Zustimmung zur Änderung der Zusage.26 Aus den Gesamtumständen kann sich aber etwas anderes ergeben.

_____ 24 Vgl. Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anh. zu § 1 Rn. 470. 25 Vgl. Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Küpper, BetrAVG, Bd. I, Kap. 5 Rn. 14. 26 Vgl. Schaub/Vogelsang, Arbeitsrechtshandbuch § 274 Rn. 60 m.w.N.

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Kapitel 9 Änderung von Zusagen, Durchführungsweg und Schuldner der bAV

5 Beispiel Ein Arbeitgeber darf erwarten, dass ein Personalleiter, der die maßgeblichen Vertragsänderungsangebote zu einer Einheitszusage selbst formuliert und für das Unternehmen mitunterschreibt, seinen Arbeitgeber auf eine Ablehnung des Angebots in eigener Sache hinweist.27

bb) Abfindungsverbot 19 Bei einer Verschlechterung einer Individualzusage ist ein besonderes Augenmerk

auf das Abfindungsverbot nach § 3 BetrAVG zu richten.28 3 Wichtig Auch die einvernehmliche Aufhebung einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft oder eines Versorgungsanspruchs kann u.U. einen Verstoß gegen das grundsätzliche Abfindungsverbot des § 3 Abs. 1 BetrAVG darstellen.29 20 Der Verzicht auf Anwartschaften im bestehenden Arbeitsverhältnis ist von dem

grundsätzlichen Abfindungsverbot nicht umfasst.30 Zudem ist die Übergangsvorschrift nach § 30g Abs. 3 BetrAVG zu beachten, wonach das Abfindungsverbot keine Anwendung findet auf laufende Leistungen, die erstmals vor dem 1.1.2005 gezahlt worden sind.

cc) Besonderheit im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang 21 Im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang ist die Aufhebung von Versor-

gungsanwartschaften grundsätzlich unzulässig, wenn damit die gesetzlich zwingenden Vorgaben des § 613a Abs. 1 BGB umgangen werden.31 5 Beispiel Der Veräußerer eines Betriebs vereinbart mit einem übergehenden Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer geplanten Betriebsveräußerung einen Verzicht auf die beim Veräußerer erdienten Versorgungsanwartschaften. Der Arbeitnehmer schließt sodann mit dem Erwerber einen neuen Arbeitsvertrag ohne eine betriebliche Versorgungszusage ab. Eine solche Vorgehensweise ist nach Ansicht des BAG eine Umgehung des § 613a BGB. Ein solcher Verzicht des Arbeitnehmers auf seine Versorgungsanwartschaften ist unwirksam. Ein Betriebserwerber muss grundsätzlich im Anwendungsbereich des

_____ 27 BAG, Urt. v. 12.2.1985 – 3 AZR 183/83 – AP § 1 BetrAVG Nr. 12 = NZA 1986, 64. 28 Siehe dazu Kap. 8 Rn. 104 ff. 29 Vgl. BAG, Urt. v. 22.9.1987- 3 AZR 194/86 – AP BetrAVG § 17 Nr. 13 = NZA 1988, 470. 30 Siehe BAG, Urt. v. 14.6.2005 – 3 AZR 185/04 – AP BetrAVG § 3 Nr. 14 = NZA – RR 2006, 336 und Kap. 8 Rn. 133. 31 Vgl. BAG, Urt. v. 12.5.1992 – 3 AZR 247/91 – AP BetrAVG § 1 Betriebsveräußerung Nr. 14 = NZA 1992, 1080.

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A. Änderung von Versorgungszusagen

§ 613a BGB die bAV des Veräußerers gegenüber dem übergehenden Arbeitnehmer übernehmen und fortführen.

dd) Kein Verstoß gegen die guten Sitten Wenn eine Individualvereinbarung über die (teilweise) Aufhebung einer Versor- 22 gungsanwartschaft oder von Versorgungsansprüche gegen die guten Sitten verstößt, führt dies zur Nichtigkeit dieser Vereinbarung. Dies kann nach der Rechtsprechung des BAG bei einem groben Missverhältnis des beiderseitigen Nachgebens im Rahmen eines Vergleichs zu einer Aufhebung einer Versorgungsanwartschaft durch eine Kapitalzahlung der Fall sein etwa, wenn die Abfindungssumme für eine Versorgungsanwartschaft nur einen geringfügigen Bruchteil des zeitanteilig erdienten Anwartschaftswertes bildet und für einen solchen Verzicht kein Grund ersichtlich ist.32

ee) AGB-Kontrolle Die vom Arbeitgeber formularmäßig vorformulierten Änderungsvereinbarun- 23 gen zu einer Individualzusage müssen einer Transparenz- und Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhalten.33 Eine Vertragsklausel in einer formularmäßig vorformulierten Änderungsvereinbarung kann nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam sein, wenn sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt. Eine unangemessene Benachteiligung ist nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB auch zu bejahen, wenn die Vertragsklausel nicht klar und verständlich ist.

b) Verschlechterung mittels Jeweiligkeitsklausel Individualzusagen, die auf eine „jeweils“ gültige anderweitige Regelung des Ar- 24 beitgebers zur bAV Bezug nehmen, können auch verschlechtert werden, wenn die in Bezug genommene Regelung wirksam abgeändert wird. I.d.R. sind solche Jeweiligkeitsklauseln dynamisch zu verstehen und der Arbeitgeber behält sich damit lediglich solche Änderungen vor, die im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit zulässig sind.34

_____ 32 Siehe BAG, Urt. v. 30.7.1985 – 3 AZR 401/83 – AP BGB § 138 Nr. 39 = NZA 1986, 519. 33 Siehe auch Kap. 1 Rn. 37 ff. 34 Vgl. BAG, Urt. v. 18.9.2012 – 3 AZR 415/10 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 57 = NZA 2013, 210.

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Kapitel 9 Änderung von Zusagen, Durchführungsweg und Schuldner der bAV

c) Verschlechterung mittels Änderungskündigung 25 Eine Teilkündigung eines Arbeitsverhältnisses, d.h. die einseitige Änderung von

bestimmten Vertragsbedingungen unter Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses im Übrigen, ist unzulässig.35 Wenn der Arbeitgeber eine Individualzusage auf bAV kündigen will, muss der Arbeitgeber eine Änderungskündigung in Bezug auf das gesamte Arbeitsverhältnis aussprechen und dabei anbieten, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzuführen.36 Die Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes sind in dessen Anwendungsbereich zu beachten. Danach bedarf es eines sozialen Rechtfertigungsgrundes für eine Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG und die Kündigung muss wegen eines personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Grund gerechtfertigt sein. Anhörungsrechte des Betriebsrates nach §§ 102 ff. BetrVG sind zu wahren.

d) Widerruf durch den Arbeitgeber 26 Der Entgeltcharakter einer Versorgungszusage37 sowie der Grundsatz „pacta sunt

servanda“ stehen einem Widerruf einer Versorgungszusage grundsätzlich entgegen. Ein einseitiger Widerruf einer Versorgungszusage ist nur in den Ausnahmefällen der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB oder der unzulässigen Rechtsausübung nach § 242 BGB möglich.38 Nach der Rechtsprechung des BAG darf der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Widerrufsgrundes sein Leistungsbestimmungsrecht nur nach billigem Ermessen ausüben und in geltende Vereinbarungen nicht stärker eingreifen, als es durch die Anpassung an die Geschäftsgrundlage geboten ist.39 3 Wichtig Der Widerruf einer Versorgungszusage über Entgeltumwandlung ist grundsätzlich unzulässig.40

aa) Widerrufsvorbehalt 27 Viele Versorgungszusagen enthalten Widerrufsvorbehalte, deren Wortlaut sich an

den sog. steuerunschädlichen Vorbehalten orientiert, wie sie in den Einkommensteuerrichtlinien41 formuliert sind. Nach der Rechtsprechung des BAG haben diese steuerunschädlichen Vorbehalte jedoch lediglich deklaratorischen Charak-

_____ 35 Vgl. BAG, Urt. v. 7.10.1982 – 2 AZR 455/80 – AP BGB § 620 Teilkündigung Nr. 5 = ZIP 1983, 719. 36 Vgl. Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Rößler, Teil 15 Rn. 88. 37 Siehe Kap. 1 Rn. 24. 38 Vgl. Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anh. zu § 1 BetrAVG Rn. 486. 39 BAG, Urt. v. 13.11.2007 – 3 AZR 455/06 – AP BGB § 313 Nr. 3 = NZA-RR 2008, 520. 40 Siehe Blomeyer/Otto/Rolfs/Rolfs, Anh. zu § 1 Rn. 487–488. 41 Siehe R 6a Abs. 4 Einkommensteuer-Richtlinien 2012; näher dazu Kap. 2 Rn. 25.

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ter.42 Die Rechtsgrundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage gelten unabhängig davon.

bb) Störung der Geschäftsgrundlage Nach § 313 BGB liegt eine Störung der Geschäftsgrundlage vor, wenn sich die rechtlichen oder faktischen Rahmenbedingungen, die zwar nicht Inhalt des Vertrages geworden sind, wohl aber die Voraussetzungen für die Versorgungszusage gebildet haben, seit der Erteilung der Zusage wesentlich und nachhaltig geändert haben. Für den Arbeitgeber muss das Festhalten am unveränderten Vertrag unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, unzumutbar sein.43 Die Rechtsprechung hat dazu verschiedene Fallgruppen entwickelt. Im Fall einer unerwarteten Rechtsänderung kann es zu erheblichen Mehrbelastungen für den Arbeitgeber und damit zu einer Äquivalenzstörung bzw. zu einer Zweckverfehlung kommen, die einen Widerruf bzw. eine Anpassung der Versorgungszusage rechtfertigen können. Von einer unerwarteten Rechtsänderung ist aber nicht auszugehen, wenn nur der ohnehin zu beachtende Grundsatz von Treu und Glauben oder der Gleichbehandlungsgrundsatz konkretisiert wird.44 Änderungen des Sozialrechts können insbesondere auf Gesamtversorgungszusagen45 erhebliche Auswirkungen haben. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Übernahme des Risikos der Veränderung der gesetzlichen Rentenversicherung gerade eine Gesamtversorgungszusage ausmacht.46 Die Grenze des vom Arbeitgeber zu tragenden Risikos in diesem Zusammenhang soll nach der Rechtsprechung des BAG erst bei einem Anstieg des ursprünglichen Dotierungsrahmens um mehr als 50% überschritten sein.47 Zu einer Zweckverfehlung, die zu einem Widerruf berechtigt, kann es bei einer planwidrigen Überversorgung kommen.48 Ob eine planwidrige Überversorgung vorliegt, hängt von dem in der jeweiligen Versorgungszusage angestrebten Versorgungszweck ab.49

_____ 42 St. Rspr. des BAG, vgl. etwa BAG, Urt. v. 17.6.2003 – 3 AZR 396/02 – AP BetrAVG § 7 Widerruf Nr. 24. 43 Vgl. BAG, Urt. v. 23.4.2013 – 3 AZR 475/11 – NZA 2013, 1275. 44 Vgl. BAG, Urt. v. 22.4.1986 – 3 AZR 496/83 – AP BetrAVG § 1 Unterstützungskassen Nr. 8 = NZA 1986, 746. 45 Siehe zum Begriff Kap. 1 Rn. 102. 46 Vgl. Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schnitker, Teil J Rn. 675. 47 Vgl. BAG, Urt. v. 19.2.2008 – 3 AZR 290/06 – AP BGB § 313 Nr. 5 = NZA – RR 2008, 600. 48 Vgl. Karst/Cisch/Rihn, § 1 Rn. 246. 49 Vgl. BAG, Urt. v. 17.1.2012 – 3 AZR 555/09 – AP BetrAVG § 1 Überversorgung Nr. 14.

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5 Beispiel Eine Gesamtversorgungszusage enthält eine Obergrenze für die Gesamtversorgungsleistung in Höhe von 75% der Aktivbezüge vergleichbarer Arbeitnehmer. Wenn nun die Abzüge für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge für die Aktiven um insgesamt ca. 50% ansteigen und dies zur Folge hat, dass Betriebsrentner über eine Gesamtversorgung von 115% der Nettobezüge vergleichbarer aktiver Arbeitnehmer verfügen, liegt eine planwidrige Überversorgung vor.50

cc) Treuepflichtverletzung 32 Nach der Rechtsprechung des BAG berechtigen Pflichtverletzungen des Arbeit-

nehmers dann zu einer Verweigerung von Versorgungsleistungen, wenn die Berufung des Versorgungsberechtigten auf die Versorgungszusage rechtsmissbräuchlich nach § 242 BGB ist.51 Wenn der Arbeitgeber durch eine grobe Pflichtverletzung des Versorgungsberechtigten in eine existenzgefährdende Situation gebracht wird, kann ein Widerruf der Versorgungszusage berechtigt sein.52 Der Arbeitgeber ist im Übrigen vorrangig gehalten, Ersatz für ein vom Arbeitnehmer verursachten Vermögensschaden im Wege der Schadensersatzklage geltend zu machen. 3 Fettnapf Nicht jedes Fehlverhalten des Arbeitnehmers, das zu einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt, berechtigt auch zu einem Widerruf der Versorgungszusage. 33 Auch das Erschleichen einer unverfallbaren Anwartschaft durch Vertuschung

schwerer Verfehlungen kann zum Widerruf der Versorgungszusage berechtigen, wenn ansonsten das Arbeitsverhältnis vor Eintritt der Unverfallbarkeit beendet worden wäre.53 Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann u.U. ein nachvertrag34 liches Verhalten des ehemaligen Arbeitnehmers ebenfalls zu einem Widerruf berechtigen. Dafür ist es erforderlich, dass eine Berufung des ehemaligen Arbeitnehmers auf die Versorgungszusage arglistig wäre.54 Dabei sind jedoch alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

_____ 50 So BAG, Urt. v. 9.7.1985 – 3 AZR 546/82 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 6 = NZA 1986, 517. 51 BAG, Urt. v. 17.6.2014 – 3 AZR 412/13 – AP BetrAVG § 1 Treuebruch Nr. 1 = DB 2014, 2534. 52 Vgl. BAG, Urt. v. 17.6.2014 – 3 AZR 412/13 – AP BetrAVG § 1 Treuebruch Nr. 1 = DB 2014, 2534; siehe aber auch BGH, Urt v. 2.7.2019, II ZR 252/16, DB 2019, 1954, wonach es bei einem extrem hohen Schaden ev. nicht auf eine Existenzgefährdung ankommen soll. 53 Vgl. BAG, Urt. v. 13.11.2012 – 3 AZR 444/10 – 9 Sa 1506/09 – AP BetrAVG § 1 Treuebruch Nr. 14 = NZA 2013, 1279. 54 Vgl. BAG, Urt. v. 3.4.1990 – 3 AZR 211/89 – AP BetrAVG § 1 Treuebruch Nr. 9 = DB 1990, 1870.

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dd) Kein Widerruf aufgrund wirtschaftlicher Notlage Mit Wirkung zum 1.1.1999 wurde der in § 7 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 BetrAVG a.F. geregelte 35 Sicherungsfall der wirtschaftlichen Notlage gestrichen. Bis dahin konnte die Kürzung oder die Einstellung von Versorgungsleistungen wegen einer wirtschaftlichen Notlage des Arbeitgebers einen Sicherungsfall gegenüber dem PSV begründen. Nach der Rechtsprechung des BAG ist mit dem Wegfall des Insolvenzschutzes für den Fall eines Widerrufs wegen wirtschaftlicher Notlage auch ein entsprechendes Widerrufsrecht weggefallen.55 Fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers stellt demnach kein Grund dafür dar, sich von einer Versorgungsverpflichtung durch Widerruf lösen zu können.

ee) Besonderheit bei Unterstützungskassenzusage Bei einer Unterstützungskassenzusage steht dem Arbeitnehmer nach § 1b Abs. 4 S. 1 36 BetrAVG kein Rechtsanspruch gegenüber der Unterstützungskasse zu.56 Der Ausschluss des Rechtsanspruchs in Satzung und Versorgungsplänen einer Unterstützungskasse begründet nach der Rechtsprechung des BAG ein Widerrufsrecht, das an sachliche Gründe gebunden ist.57

ff) Besonderheit bei Vorstandszusagen Mit dem Vorstandsvergütungsgesetz58 wurde in § 87 Abs. 1 und 2 AktG eine Rege- 37 lung aufgenommen, wonach Ruhegehälter von Vorstandsmitgliedern unter bestimmten Voraussetzungen herabgesetzt werden können. Der Aufsichtsrat muss sich innerhalb von drei Jahren nach dem Ausscheiden des Vorstandsmitgliedes dazu zu entscheiden. Voraussetzung für einen Eingriff ist nach § 87 Abs. 2 S. 1 AktG, dass sich die Lage der Gesellschaft nach der Festsetzung der Ruhegehälter derart verschlechtert, dass eine Weitergewährung der Bezüge für die Gesellschaft unbillig wäre.59 Entscheidend kommt es daher auf die Entwicklung der Gesellschaft nach Abschluss der anspruchsbegründenden Vereinbarung an.60

_____ 55 Siehe BAG, Urt. v. 17.6.2003 – 3 AZR 396/02 – AP BetrAVG § 7 Widerruf Nr. 24 = BAGE 106, 327; siehe auch BVerfG, Beschl. v. 29.2.2012 – 1 BvR 2378/10 – NZA 2012, 788 = ZIP 2012, 1979. 56 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 452 ff. 57 Vgl. etwa BAG, Urt. v. 15.2.2011 – 3 AZR 45/09 – AP § 1 BetrAVG Auslegung Nr. 20; siehe auch Kap. 1 Rn. 453. 58 Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung vom 31.7.2009, BGBl. I S. 2509. 59 Siehe näher dazu Diller, NZG 2009, 1006, 1008. 60 Vgl. Hüffer/Koch/Koch, § 87 AktG Rn. 51.

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Kapitel 9 Änderung von Zusagen, Durchführungsweg und Schuldner der bAV

e) Verschlechterung mittels Kollektivvereinbarungen 38 Individualzusagen können wegen des Günstigkeitsprinzips61 durch eine Betriebs-

vereinbarung oder einen Tarifvertrag grundsätzlich nicht verschlechtert werden.

2. Verschlechterung einer Individualzusage mit kollektivem Bezug 39 Gesamtzusagen, vertragliche Einheitszusagen oder betriebliche Übungen ha-

ben einen kollektiven Bezug und können daher nicht in jedem Fall wie Versorgungszusagen abgeändert werden, die individuell zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgehandelt worden sind.

a) Verschlechterung mittels Individualvereinbarungen 40 Für die Möglichkeiten der Verschlechterung einer Individualzusage mit kollektivem Bezug durch eine Individualvereinbarung gilt grundsätzlich Entsprechendes wie für die Änderungen von reinen Individualzusagen, die individuell zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgehandelt worden sind.62 3 Praxistipp Eine individualvertragliche einheitliche Änderung von Individualzusagen mit kollektivem Bezug wird in der Regel nur schwer zu erreichen sein. Insbesondere bei einer Vielzahl von Berechtigten erweist sich ein solches Gestaltungsinstrument in der Regel als praxisuntauglich.

b) Verschlechterung mittels Jeweiligkeitsklausel 41 Wie reine Individualzusagen können auch Individualzusagen mit kollektivem Be-

zug verschlechtert werden, wenn die in einer Jeweiligkeitsklausel in Bezug genommene Vorschrift bzw. das in Bezug genommene Regelungswerk wirksam geändert wird.63 Vom Arbeitgeber formularmäßig vorformulierte Jeweiligkeitsklauseln unterliegen aber einer AGB-Kontrolle nach den Maßgaben der §§ 305 ff. BGB. Danach ist Folgendes zu beachten:64 ■ Eine dynamische Verweisung auf Vorschriften eines anderen Regelungswerks führt für sich genommen i.d.R. nicht zur Intransparenz. Zur Wahrung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB reicht es aus, wenn die im Zeitpunkt der Anwendung in Bezug genommenen Regelungen bestimmbar sind.

_____ 61 Zum Günstigkeitsprinzip siehe Rn. 8. 62 Siehe dazu Rn. 17–23. 63 Siehe dazu Rn. 24. 64 Siehe Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anh. zu § 1 Rn. 550–551 und BAG, Urt. v. 18.9.2012 – 3 AZR 415/10 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 57 = NZA 2013, 210.

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Wird auf ein Gesetz, auf einen einschlägigen Tarifvertrag (d.h. auf den Tarifver-

trag, dessen Rechtsnormen bei beiderseitiger Tarifgebundenheit nach § 4 Abs. 1 S. 1 TVG auf das Arbeitsverhältnis der Parteien unmittelbar zur Anwendung gekommen wäre) oder auf eine Betriebsvereinbarung verwiesen, muss keine Inhaltskontrolle der in Bezug genommenen Regelungen vorgenommen werden. Eine solche findet gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB nämlich nur bei einer Abweichung von Rechtsvorschriften statt und Tarifverträge bzw. Betriebsvereinbarungen stehen nach § 310 Abs. 4 S. 3 BGB Rechtsvorschriften in diesem Sinne gleich. Im Übrigen sind die Jeweiligkeitsklauseln i.d.R. sowohl mit den Vorgaben einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB als auch mit denen zu einem wirksamen Änderungsvorbehalt nach § 308 Nr. 4 BGB vereinbar.

c) Verschlechterung mittels Änderungskündigung Bei Änderungskündigungen von Gesamtzusagen oder vertraglichen Einheitszusa- 42 gen sind individuelle Kündigungsfristen sowie ggf. das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates zu Fragen der betrieblichen Lohngestaltung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG und die Anhörungsrechte des Betriebsrates nach §§ 102 BetrVG ff. zu beachten. Außerdem besteht bei einer Massenkündigung nach § 17 KSchG eine Anzeigepflicht gegenüber der Agentur für Arbeit unter rechtzeitiger Information des Betriebsrates. Praxistipp 3 Änderungskündigungen von Gesamtzusagen oder vertraglichen Einheitszusagen sind im Regelfall in der Praxis untauglich dafür, eine größere Anzahl einzelvertraglicher Versorgungszusagen einheitlich abzuändern.

d) Widerruf des Arbeitgebers Grundsätzlich gilt für einen Widerruf des Arbeitgebers von Individualzusagen mit 43 kollektivem Bezug Entsprechendes wie bei einem Widerruf von Individualzusagen.65 Zwar erfüllen manche steuerunschädliche Widerrufsvorbehalte nicht die Vorgaben des § 308 Nr. 4 BGB.66 Danach muss nämlich in einer Widerrufsklausel in AGB selbst schon zum Ausdruck kommen, dass der Arbeitgeber von dem Widerrufsvorbehalt nur insoweit Gebrauch machen wird, wie dies unter Berücksichtigung seiner Interessen dem anderen Vertragsteil zumutbar ist. Die Möglichkeit des Widerrufs

_____ 65 Siehe dazu unter Rn. 26–35. 66 Siehe Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anh. zu § 1 BetrAVG Rn. 554–556.

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aus den kraft Gesetzes anerkannten Gründen bleibt jedoch auch dann noch bestehen, wenn der Widerrufsvorbehalt in der Zusage unwirksam ist.67 3 Praxistipp War die Versorgung im Wege einer Gesamtzusage versprochen worden, darf auch der Widerruf in gleicher Weise wie die Erteilung der Zusage bekannt gemacht werden.68 44 Bei einem kollektiven Bezug des Widerrufs sind Mitbestimmungsrechte des Be-

triebsrates hinsichtlich der Ausgestaltung des Leistungsplanes zu beachten.69 Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bezieht sich dabei nur auf die nach dem Widerruf notwendige Anpassung der Versorgungsregelung.70

e) Verschlechterung mittels betrieblicher Übung 45 Eine Versorgungszusage kann nicht durch eine gegenläufige betriebliche Übung

verschlechtert werden. Nach der früheren Rechtsprechung des 10. Senats des BAG konnten durch eine betriebliche Übung begründete Ansprüche zwar unter bestimmten Voraussetzungen durch eine gegenläufige nachteilige betriebliche Übung ersetzt oder aufgehoben werden.71 Diese Rechtsprechung hat das BAG aber mit dem Verweis auf das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts aufgegeben.72 Die gegenläufige betriebliche Übung war im Übrigen nach Ansicht des 3. Senats des BAG für die bAV sowieso nicht anzuerkennen gewesen.73

f) Verschlechterung mittels Betriebsvereinbarung 46 Lange Zeit konnten vertragliche Einheitsregelungen und Gesamtzusagen zur bAV

wie Betriebsvereinbarungen grundsätzlich durch eine ablösende Betriebsvereinbarung geändert werden.74 Nach dem Beschluss des Großen Senats des BAG vom 16.9.1986 müssen dabei aber die Besonderheiten der Individualzusagen mit kollektivem Bezug berücksichtigt werden.75 Danach kann eine Betriebsvereinbarung eine Individualzusage mit kollektivem Bezug grundsätzlich nur abändern, wenn ■ die Versorgungszusage betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet ist,

_____ 67 Vgl. Rn. 27. 68 Vgl. BAG, Urt. v. 24.1.2006 – 3 AZR 583/04 – AP BGB § 313 Nr. 1 = DB 2006, 1621. 69 Vgl. Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schnitker, Teil J Rn. 679. 70 Vgl. BAG, Urt. v. 28.7.1998 – 3 AZR 357/97 – AP LVPG Baden-Württemberg § 79 Nr. 9. 71 Siehe näher dazu: Schaub/Ahrendt, Arbeitsrechtshandbuch, § 110 Rn. 32. 72 Vgl. BAG, Urt. v. 18.3.2009 – 10 AZR 281/08 – AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 83. 73 Siehe BAG, Urt. v. 16.2.2010 – 3 AZR 118/08 – AP BetrAVG § 1 b Nr. 11 = NZA 2011, 104. 74 Vgl. BAG, Urt. v. 30.1.1970 – 3 AZR 44/68 – AP BGB § 242 Ruhegehalt Nr. 142 = DB 1970, 1393. 75 Siehe BAG, Beschl. v. 16.9.1986 – GS 1/82 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 17 = NZA 1987, 168.

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die Änderung bei einem kollektivem Günstigkeitsvergleich nicht zu einer Verschlechterung führt oder eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt.

Wichtig 3 Die Drei-Stufen-Theorie und die allgemeinen Prinzipien der Verhältnismäßigkeitsprüfung sind in allen drei Konstellationen jeweils zusätzlich zu beachten.76

Die dargestellten Grundsätze des Großen Senats des BAG sollen grundsätzlich nicht 47 rückwirkend gelten. Nach Ansicht des BAG durfte der Arbeitgeber zumindest bis Ende 1982 auf die frühere Rechtsprechung vertrauen.77 Allerdings sind die dargestellten Grundsätze des Großen Senats des BAG zur Abänderung einer Individualzusage mit kollektivem Bezug durch neuere Rechtsprechung des BAG erheblich aufgeweicht worden.78

aa) Betriebsvereinbarungsoffenheit Eine Individualzusage mit kollektivem Bezug wird dann als betriebsvereinbarungs- 48 offen angesehen, wenn sich ein entsprechender Änderungsvorbehalt aus den Gesamtumständen ergibt. Ein solcher Vorbehalt muss nicht ausdrücklich formuliert sein. Auch ein stillschweigender Vorbehalt reicht nach der Rechtsprechung des BAG aus.79 Bislang musste das Vorliegen einer Betriebsvereinbarungsoffenheit einer Zusage vom Arbeitgeber allerdings im Streitfall dargelegt und nachgewiesen werden. Nach neuerer Rechtsprechung des BAG kann eine Gesamtzusage, vertragliche 49 Einheitsregelung oder eine betriebliche Übung zur bAV durch eine Betriebsvereinbarung grundsätzlich abgelöst werden.80 Der Arbeitgeber, so die neuere Rechtsprechung des BAG, wolle mit einer solchen Zusage i.d.R. nur eine Versorgung nach den jeweils bei ihm geltenden Versorgungsregelungen zusagen und diese sei somit i.d.R. betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet.

_____ 76 Siehe dazu Rn. 71–91. 77 Vgl. BAG, Urt. v. 22.10.1991 – 3 AZR 850/90 – AP BetrAVG § 1 Geschäftsgrundlage Nr. 3; kritisch dazu: Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Küpper, BetrAVG, Bd. I, 5. Kap. Rn. 64 ff. 78 Siehe dazu Diller/Beck, BetrAV 2014, 345, 347 und Neufeld/Flockenhaus, BB 2016, 2357 ff. 79 Siehe BAG, Urt. v. 15.2.2011 – 3 AZR 35/09 – AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 13 = NZA – RR 2011. 541. 80 Siehe BAG, Urt. v. 10.3.2015 – 3 AZR 56/14 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 68 = NZA-RR 2015, 371; BAG, Urt. v. 23.2.2016 – 3 AZR 44/14 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 73 und BAG, Urt. v. 11.12.2018 – 3 AZR 380/17 – NZA 2019, 1082.

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bb) Kollektiver Günstigkeitsvergleich 50 Wenn eine Individualzusage mit kollektivem Bezug ausnahmsweise nicht betriebs-

vereinbarungsoffen ist, kommt es für die Möglichkeit der Abänderung durch eine Betriebsvereinbarung darauf an, ob der kollektive Günstigkeitsvergleich gewahrt und die neue Versorgung für die Belegschaft nicht ungünstiger wäre als die vorherige Versorgung. Der Dotierungsrahmen des Arbeitgebers ist zu wahren, wobei aber aufzubringende Mittel nicht mitberücksichtigt werden, die dem Arbeitgeber überhaupt erst aufgrund der Neuregelung zur Verfügung stehen.81 Nach der Rechtsprechung des BAG ist bei einem kollektiven Günstigkeitsver51 gleich zwischen einem geschlossenen und einem neuen offenen Versorgungswerk grundsätzlich der Aufwand für das geschlossene Versorgungswerk mit dem Aufwand zu vergleichen, der sich bei nächstmöglicher Schließung des neuen Versorgungswerkes durch Kündigung der ablösenden Betriebsvereinbarung ergibt.82 Abweichendes soll für den Sonderfall gelten, dass bei der Schließung des alten Versorgungswerkes bereits feststeht, dass auch die neu eintretenden Arbeitnehmer Altersversorgung erhalten sollen (gestreckter Ablösevorgang). In diesem Fall soll für einen Günstigkeitsvergleich unterstellt werden, dass das frühere Versorgungswerk nicht geschlossen worden ist.

cc) Wirkung der Ablösung 52 Wenn eine Individualzusage mit kollektivem Bezug durch eine Betriebsvereinba-

rung abgelöst wird, stellt sich die Frage, welche Wirkung eine spätere Kündigung der ablösenden Betriebsvereinbarung hat. Nach derzeitiger Rechtsprechung des BAG ist wohl davon auszugehen, dass die durch Betriebsvereinbarung abgelöste Individualzusage mit kollektivem Bezug nach einer Kündigung der Betriebsvereinbarung nicht wieder auflebt, sondern endgültig abgelöst wird.83

g) Verschlechterung mittels einer Vereinbarung mit dem Sprecherausschuss 53 Noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ob Individualzusagen mit kollektivem

Bezug durch Richtlinien nach dem Sprecherausschussgesetz verschlechtert werden können. Dagegen wird eingewandt, dass der ausdrückliche Hinweis des Gesetzes in § 28 Abs. 2 S. 2 SprAuG die Anwendung der Kriterien des Großen Senats für eine Verschlechterung durch eine Betriebsvereinbarung ausschließt.84

_____ 81 Vgl. BAG, Urt. v. 23.10.2001 – 3 AZR 74/01 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 33 = NZA 2003, 986. 82 BAG, Urt. v. 17.6.2003 – 3 ABR 43/02 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 44 = NZA 2004, 1110. 83 Vgl. BAG, Urt. v. 15.2.2011 – 3 AZR 35/09 – AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 13; a.A.: Rengier, BB 2004, 2185, 2189. 84 Blomeyer/Otto/Rolfs/Rolfs, Anh. zu § 1 Rn. 574.

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h) Verschlechterung mittels eines Tarifvertrages Im Verhältnis zwischen einer Individualzusage mit kollektivem Bezug und einem 54 Tarifvertrag gilt ebenfalls das Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs. 3 TVG.85 Danach scheidet die Möglichkeit einer verschlechternden Ablösung von Individualzusagen mit kollektivem Bezug durch einen Tarifvertrag aus.

3. Verschlechterung einer Betriebsvereinbarung Eine Zusage auf bAV, die auf einer Betriebsvereinbarung basiert, kann durch indi- 55 vidualvertragliche Maßnahmen nur sehr eingeschränkt verschlechtert werden. Dagegen können Verschlechterungen durch eine Kündigung der Betriebsvereinbarung oder eine ablösende Betriebsvereinbarung bzw. einen Tarifvertrag unter bestimmten Voraussetzungen erreicht werden.

a) Verschlechterung mittels individualrechtlicher Maßnahmen Auf Ansprüche oder Anwartschaften auf bAV, die in einer Betriebsvereinbarung 56 zugesagt wurden, kann gemäß § 77 Abs. 4 S. 2 BetrVG individualrechtlich ganz oder teilweise nur mit Zustimmung des Betriebsrates verzichtet werden.

b) Verschlechterung mittels Jeweiligkeitsklauseln Eine Verschlechterung einer Betriebsvereinbarung zur bAV kann nicht durch Ver- 57 schlechterung einer etwaig in dieser Betriebsvereinbarung in Bezug genommenen anderen Betriebsvereinbarung eines anderen Unternehmens oder Betriebes erreicht werden. Dynamische Jeweiligkeitsklauseln in Betriebsvereinbarungen, die auf die jeweils gültigen Betriebsvereinbarungen eines anderen Unternehmens oder Betriebes verweisen, sind nach der Rechtsprechung des BAG unwirksam.86 Die Betriebsparteien sollen sich ihrer gesetzlichen Normsetzungsbefugnis nicht auf diese Weise entledigen dürfen.

c) Verschlechterung mittels ablösender Betriebsvereinbarung Nach dem Ablösungsprinzip wird eine ältere Betriebsvereinbarung durch eine 58 neue Betriebsvereinbarung über den gleichen Regelungsgegenstand verdrängt.87 Somit kann bspw. eine arbeitgeberfinanzierte Versorgungszusage, die auf einer Be-

_____ 85 Siehe zum Günstigkeitsprinzip auch unter Rn. 8. 86 BAG, Urt. v. 22.8.2006 – 3 AZR 319/05 – AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 30 = NZA 2007, 1187. 87 St. Rspr. vgl. BAG, Urt. v. 15.5.2012 – 3 AZR 11/10 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 55.

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Kapitel 9 Änderung von Zusagen, Durchführungsweg und Schuldner der bAV

triebsvereinbarung beruht, grundsätzlich durch eine neue ebenfalls auf einer Betriebsvereinbarung basierenden arbeitgeberfinanzierten Versorgungszusage abgeändert werden.88 Allerdings sind die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und insbesondere die Drei-Stufen-Theorie zu beachten.89 Die Zustimmung des Betriebsrates zu einer Verschlechterung der Versorgungszusage kann ein Anzeichen dafür sein, dass ein Bedürfnis für die Neuregelung besteht und diese ausgewogen ist.90

d) Kündigung der Betriebsvereinbarung 59 Es ist zwischen der Kündbarkeit der Betriebsvereinbarung zur bAV und den

Rechtsfolgen einer solchen Kündigung zu unterscheiden.

aa) Voraussetzungen für eine Kündigung 60 Wenn nichts anderes vereinbart ist, kann eine Betriebsvereinbarung über bAV vom

Arbeitgeber oder Betriebsrat gemäß § 77 Abs. 5 BetrVG mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Eines Kündigungsgrundes bedarf es dabei nicht.91 Wenn das Festhalten an einer Betriebsvereinbarung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen der Betroffenen unzumutbar ist, kann eine Betriebsvereinbarung auch fristlos gekündigt werden.92

bb) Rechtsfolgen einer Kündigung 61 Eine Kündigung einer Betriebsvereinbarung kann die bloße Schließung des Versorgungswerkes für Neueintritte oder aber darüber hinaus auch Eingriffe in Besitzstände bezwecken. Maßgeblich ist, ob und ggf. welche Gründe für den Eingriff in die Besitzstände der Versorgungsanwärter bzw. Versorgungsberechtigten vorliegen.93 Die Grundsätze des Besitzstandsschutzes sind zu wahren.94 Die Kündigung einer Betriebsvereinbarung über bAV entfaltet grundsätzlich 62 keine Nachwirkung, da es sich bei einer Versorgungszusage zu einer bAV lediglich um eine teilmitbestimmte Angelegenheit handelt und es nach § 77 Abs. 6 BetrVG zu

_____ 88 Siehe zur Regelungsbefugnis der Betriebsparteien bzgl. Rentner und unverfallbar Ausgeschiedenen Rn. 10. 89 Siehe dazu im Einzelnen unter Rn. 71–91. 90 Vgl. BAG, Urt. v. 23.9.1997 – 3 AZR 529/96 – DB 1998, 318. 91 St. Rspr. vgl. etwa BAG, Urt. v. 11.5.1999 – 3 AZR 21/98 – AP BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 6 = NZA 2000, 322. 92 Siehe dazu Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anh. zu § 1 Rn. 592. 93 Vgl. Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Küpper, BetrAVG, Bd. I, 5. Kap. Rn. 107. 94 Vgl. dazu Rn. 71–91.

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A. Änderung von Versorgungszusagen

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einer Nachwirkung nur bei einer Kündigung einer Betriebsvereinbarung über Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung kommt.95 Soweit die Kündigungswirkungen eingeschränkt sind, bleibt die Betriebsvereinbarung aber jedenfalls als unmittelbar und zwingend fortwirkende Grundlage der Versorgungsansprüche erhalten.96

e) Eingriffe mittels Tarifvertrag Betriebsvereinbarungen können grundsätzlich aufgrund des Vorrangs des Tarif- 63 vertrages durch einen Tarifvertrag verschlechtert werden, solange die Tarifvertragsparteien die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit beachten.97

4. Verschlechterung eines Tarifvertrages Tarifverträge können durch abändernde Tarifverträge verschlechtert werden. An- 64 ders als bei einer Betriebsvereinbarung führt allerdings die Kündigung eines Tarifvertrages nicht unmittelbar zu der geplanten Änderung.

a) Verschlechterung mittels individualrechtlicher Maßnahmen Ein individualvertraglicher Verzicht auf Anwartschaften oder Ansprüche aus ei- 65 nem Versorgungstarifvertrag ist nach § 4 Abs. 4 S. 1 TVG nur zulässig, wenn er in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich erfolgt.

b) Verschlechterung mittels Betriebsvereinbarung Ein Tarifvertrag kann grundsätzlich durch eine Betriebsvereinbarung nicht ver- 66 schlechtert werden, da ein Tarifvertrag ranghöher ist.98 Allerdings kann der Tarifvertrag in einer Öffnungsklausel nach § 4 Abs. 3 TVG abweichende Regelungen durch die Betriebspartner auch zu Lasten der Arbeitnehmer zulassen.

_____ 95 Vgl. BAG, Urt. v. 9.12.2008 – 3 AZR 384/07 – NZA 2009, 13413. Der 3. Senat des BAG hat im Urt. v. 15.2.2011 – 3 AZR 35/09 – NZA-RR 2011, 541 allerdings offengelassen, ob unter bestimmten Umständen eine Nachwirkung möglich ist. 96 Vgl. BAG, Urt. v. 11.5.1999 – 3 AZR 21/98 = AP BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 6. 97 Siehe dazu Rn. 92–94. 98 So Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Küpper, BetrAVG, Bd. I, 5. Kap. Rn. 84.

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Kapitel 9 Änderung von Zusagen, Durchführungsweg und Schuldner der bAV

c) Verschlechterung mittels eines Tarifvertrages 67 Im Verhältnis zweier tarifvertraglicher Regelungen über denselben Gegenstand gilt

grundsätzlich das Ablösungsprinzip.99 Allgemeine Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes sind zu wahren.100

d) Kündigung eines Tarifvertrages 68 Auch mit einer wirksamen Kündigung eines Tarifvertrages zur bAV kann eine ge-

plante Änderung von Tarifverträgen nicht unmittelbar umgesetzt werden.101 Nach § 4 Abs. 5 TVG bleiben die Normen des Tarifvertrages auch nach einer Kündigung durch eine der Vertragsparteien so lange rechtswirksam, bis sie durch eine neue Abmachung ersetzt werden. Im Zeitraum dieser Nachwirkung können die Individualnormen des Tarifvertrages einzelvertraglich abgeändert werden.102 Es gelten die Grenzen für Änderungsverträge, die individualrechtliche Versorgungszusagen verschlechtern.103 Im Nachwirkungszeitraum eines gekündigten Tarifvertrages zur bAV können neu eintretende Arbeitnehmer keine Rechte mehr aus der maßgeblichen Versorgungszusage erwerben.104

e) Verbandsaustritt 69 Mit einem Verbandsaustritt allein kann die Bindung an einen Tarifvertrag zur bAV nicht beendet werden. Bei einem Verbandsaustritt kommt es zu einer Nachbindung des Tarifvertrages gemäß § 3 Abs. 3 TVG. Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarif endet. Wenn während dieses Zeitraumes ein Arbeitnehmer und Mitglied der den Tarifvertrag abschließenden Gewerkschaft neu in das Unternehmen eintritt, besteht eine beiderseitige Tarifbindung, so dass auch dieser Arbeitnehmer Leistungen nach dem maßgeblichen Tarifvertrag fordern kann.105

5. Besitzstandsschutz 70 Jede Änderung einer Versorgungszusage muss den allgemeinen Grundsätzen des

Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit genügen. Das BAG hat die all-

_____ 99 Vgl. dazu Schaub/Treber, Arbeitsrechtshandbuch, § 208 Rn. 20. Zur Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien bzgl. Rentner und unverfallbar Ausgeschiedener siehe Rn. 10. 100 Siehe unter Rn. 92–94. 101 Vgl. Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Küpper, BetrAVG, Bd. I, Kap. 5 Rn. 94. 102 Vgl. ErfK/Franzen, § 4 TVG Rn. 63. 103 Siehe dazu Rn. 17–23. 104 Vgl. BAG, Urt. v. 28.1.1987 – 5 AZR 323/86 – AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 16 und Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Küpper, BetrAVG, Bd. I, 5. Kap. Rn. 94. 105 Vgl. BAG, Urt. v. 4.8.1993 – 4 AZR 499/92 – AP TVG § 3 Nr. 15.

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A. Änderung von Versorgungszusagen

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gemeinen Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit für Eingriffe in die Höhe von Versorgungsanwartschaften in der sog. „Drei-Stufen-Theorie“ konkretisiert.

a) Anwendungsbereich der Drei-Stufen-Theorie Die Drei-Stufen-Theorie wurde entwickelt als Maßstab der Inhaltskontrolle für ab- 71 ändernde und ablösende Betriebsvereinbarungen. 106 Die Drei-Stufen-Theorie soll nur für Eingriffe in die Höhe von Versorgungsanwartschaften gelten.107 Andere Eingriffe in Anwartschaften oder Eingriffe in Versorgungsansprüche sind unmittelbar an den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit zu messen.108 Aufgrund des Prinzips der Vertragsfreiheit findet die Drei-Stufen-Theorie kei- 72 ne Anwendung auf individualrechtliche Änderungs- und Verzichtsverträge109 und wegen des verfassungsrechtlich verankerten Grundsatzes der Tarifautonomie auch nicht auf ablösende oder abändernde Tarifverträge.110 Für Eingriffe in Versorgungsregelungen von Gewerkschaften soll die Drei-Stufen-Theorie nur eingeschränkt Anwendung finden.111

b) Die verschiedenen Besitzstandsstufen nach der Drei-Stufen-Theorie Die Rechtsprechung unterscheidet drei Stufen des Besitzstandes mit unterschied- 73 lichen Anforderungen an den jeweiligen Rechtfertigungsgrund für einen Eingriff. Besitzstandstufe

Schutzbereich

Rechtfertigungsgrund für einen Eingriff

Erste Besitzstandstufe

Erdiente Anwartschaft

Zwingende Gründe

Zweite Besitzstandstufe

Erdiente Dynamik

Triftige Gründe

Dritte Besitzstandstufe

Zukünftige Dynamik

Sachlich-proportionale Gründe

_____ 106 Vgl. Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Rößler, Teil 15 A Rn. 296. 107 Vgl. bzgl. Eingriffe in Anpassungsregelungen für Versorgungsanwärter während des Arbeitsverhältnisses: BAG, Urt. v. 11.7.2017 – 3 AZR 601/16 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 77; bzgl. der Einführung von versicherungsmathematischen Abschläge für den Fall der vorzeitigen Altersleistung: BAG, Urt. v. 13.10.2016 – 3 AZR 439/15 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 74. 108 Siehe Rn. 87–91. 109 Vgl. Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Rößler, Teil 15 A Rn. 291. 110 Vgl. BAG, Urt. v. 27.2.2007 – 3 AZR 734/05 – AP BetrAVG § 1 Nr. 44 = NZA 2007, 1371. 111 Vgl. BAG, Urt. v. 12.2.2013 – 3 AZR 414/12 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 61.

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Kapitel 9 Änderung von Zusagen, Durchführungsweg und Schuldner der bAV

aa) Erste Besitzstandsstufe 74 Die erste Besitzstandsstufe nach der Drei-Stufen-Theorie ist der bereits erdiente

Teil der Versorgung.112 Die erste Besitzstandstufe wird bei einer reinen Leistungszusage grundsätzlich entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG als die zeitanteilig erdiente Versorgungsanwartschaft mit den Bemessungsgrundlagen zum Änderungszeitpunkt berechnet.113 Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Voraussetzungen der gesetzlichen oder vertraglichen Unverfallbarkeit erfüllt sind.114 5 Beispiel Arbeitgeber U hatte in der Vergangenheit eine Versorgungszusage auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung erteilt. Altersleistungen werden mit Erreichen des Rentenalters 67 erbracht. Die Leistungsformel lautet: 1% des ruhegehaltfähigen Einkommens pro Dienstjahr als Altersleistung. Arbeitnehmer A ist mit 27 Jahren in das Unternehmen eingetreten. Fünf Jahre nach seinem Diensteintritt wird die Versorgungszusage für neu eintretende Arbeitnehmer geschlossen und das ruhegehaltfähige Einkommen im Übrigen eingefroren. Die neue Versorgungsordnung sieht vor, dass zukünftige Dienstjahre mit 10,00 € pro Dienstjahr honoriert werden. Das Einkommen von A beträgt zum Neuordnungsstichtag 2.000,00 €. Die erste Besitzstandstufe der Anwartschaften errechnet sich wie folgt: 2.000,00 € (Gehalt zum Neuordnungsstichtag) * 40 (erreichbare Dienstjahre) * 1%* 5/40 (erreichte Dienstjahre zum Neuordnungsstichtag/ maximal erreichbare Dienstjahre) = 100,00 €. 75 Bei beitragsorientierten Leistungszusagen ist der Teil der zugesagten Leistung

nach § 2 Abs. 5 BetrAVG maßgeblich, der bis zum Änderungsstichtag aus den bisherigen Beiträgen finanziert wurde, ggf. unter Berücksichtigung einer Anpassungsgarantie. Bei Beitragszusagen mit Mindestleistung ist entsprechend § 2 Abs. 6 BetrAVG das planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital maßgebend, das sich aus den bis zum Änderungsstichtag geleisteten Beiträgen ergibt. Offen ist, ob auch eine etwaige gesetzlich verpflichtende Dynamisierung der unverfallbaren Anwartschaft von der ersten Besitzstandstufe geschützt ist.115 Für einen Eingriff in die erste Besitzstandsstufe sind zwingende Gründe erfor76 derlich.116 Ein solcher zwingender Grund liegt nach der Rechtsprechung des BAG dann vor, wenn eine Situation auch zu einem Widerruf der Zusage berechtigen würde.117

_____ 112 St. Rspr., vgl. BAG, Urt. v. 17.4.1985 – 3 AZR 72/83 – AP BetrAVG § 1 Unterstützungskasse Nr. 4 = NZA 1986, 57. 113 Vgl. Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Küpper, BetrAVG, Bd. I, Kap. 5 Rn. 306. 114 Vgl. BAG, Urt. v. 15.1.2013 – 3 AZR 169/10 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 60 = NZA 2013, 1028; kritisch dazu: Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Küpper, BetrAVG, Bd. I, Kap. 5 Rn. 309. 115 Siehe Diller/Günther, DB 2017, 908, 909; vgl. auch Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Rößler, Teil 15 Rn. 393. 116 St. Rspr. vgl. BAG, Urt. v. 11.12.2001 – 3 AZR 512/00 – AP BetrAVG § 1 Unterstützungskasse Nr. 43 = NZA 2003, 1414. 117 Siehe dazu Rn. 26–35.

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A. Änderung von Versorgungszusagen

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Fettnapf 3 Eine wirtschaftliche Notlage des Arbeitgebers stellt keinen zwingenden Grund im Sinne der DreiStufen-Rechtsprechung dar.118

bb) Zweite Besitzstandstufe Die zweite Besitzstandstufe im Sinne der Drei-Stufen-Theorie ist die sog. erdiente 77 Dynamik.119 Dies ist die nach dem m/n-tel Verfahren berechnete erdiente Dynamik.120 Nach der Rechtsprechung des BAG ist zur Ermittlung der zweiten Besitzstandsstufe eine ergebnisbezogene Betrachtung erforderlich.121 Ein Eingriff in die erdiente Dynamik ist danach nur dann zu bejahen, wenn der Versorgungsberechtigte bei Eintritt des Versorgungsfalls nach der Neuzusage weniger erhält als er bis zum Ablösungsstichtag bei Aufrechterhaltung der in der Altzusage vorgesehenen Dynamik erdient hat. Beispiel 5 Arbeitnehmer A aus dem vorgenannten Beispiel wird 35 Jahre nach der Neuordnung in Altersrente gehen. Unter der Annahme, dass sein ruhegehaltfähiges Einkommen dann 4.000,00 € beträgt, stellt sich die Frage, ob mit der Neuordnung in die zweite Besitzstandstufe seiner Anwartschaft eingegriffen wurde. Dies ist bei Rentenbeginn mittels einer Vergleichsrechnung zu ermitteln: Dynamisierter Besitzstand nach der alten Versorgungsordnung: 4.000,00 € (Einkommen bei Eintritt des Versorgungsfalls) * 40 (erreichbare Dienstjahre) *1% * 5/40 (erreichte Dienstjahre zur Neuordnung/ erreichbare Dienstjahre) = 200,00 € Leistung nach Neuordnung: 35 (erreichte Dienstjahre seit Neuordnung) *10 € + 100,00 € (erdienter Besitzstand ohne Dynamisierung) = 450,00 € Es liegt somit kein Eingriff in die zweite Besitzstandstufe vor, da die dynamisierte Besitzstandsrente nicht höher ist als die Leistung, die der Arbeitnehmer im Versorgungsfall nach der neuen Versorgungszusage erhält.

Auf beitragsorientierte Leistungszusagen und Beitragszusagen mit Mindest- 78 leistungen findet die zweite Stufe der Drei-Stufen-Theorie keine Anwendung.122 Ein Eingriff in die zweite Besitzstandsstufe ist nur bei sog. triftigen Gründen ge- 79 rechtfertigt. Ein triftiger Grund wird vom BAG dann angenommen, wenn sich die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers so verschlechtert hat, dass ein unverändertes Fortbestehen der bisherigen Versorgungsregelung eine langfristige Substanzge-

_____ 118 Vgl. BAG, Urt. v. 17.6.2003 – 3 AZR 396/02 – AP BetrAVG § 7 Widerruf Nr. 24 = BAGE 106, 327. 119 St. Rspr., vgl. BAG, Urt. v. 17.4.1985 – 3 AZR 72/83 – AP BetrAVG § 1 Unterstützungskasse Nr. 4 = NZA 1986, 57. 120 Vgl. Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Rößler, Teil 15 Rn. 342. 121 Vgl. BAG, Urt. v. 10.9.2002 – 3 AZR 635/01 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 37. 122 Vgl. Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Küpper, BetrAVG, Bd. I, 5. Kap. Rn. 314.

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Kapitel 9 Änderung von Zusagen, Durchführungsweg und Schuldner der bAV

fährdung des Unternehmens mit sich bringen würde.123 Dabei orientiert sich das BAG an seiner Rechtsprechung zur wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers im Sinne des § 16 BetrAVG.124 Auch dringende betriebliche Bedürfnisse nichtwirtschaftlicher Art können 80 nach der Rechtsprechung des BAG einen triftigen Grund im Sinne der Drei-StufenTheorie darstellen, wenn ohne Schmälerung des Gesamtaufwandes für die Versorgung Leistungskürzungen durch Verbesserungen des Versorgungsschutzes aufgewogen werden.125

cc) Dritte Besitzstandstufe 81 Die dienstzeitabhängigen Steigerungsraten stellen den noch nicht erdien

ten Besitzstand, die dritte Besitzstandstufe im Sinne der Drei-Stufen-Theorie, dar.126 5 Beispiel Arbeitgeber U aus dem vorgenannten Beispiel entscheidet bei der Neuordnung der Versorgungszusage, dass zwar der dynamisierte Besitzstand gewahrt werden soll, es aber für zukünftige Dienstjahre überhaupt keine Steigerungsbeträge mehr geben wird. Die dritte Besitzstandstufe für A zum Rentenalter errechnet sich wie folgt: 4.000,00 € (Einkommen bei Eintritt des Versorgungsfalles) * 1% * 40 (erreichbare Dienstjahre) = 1.600,00 € abzgl. 200,00 € (dynamisierter Besitzstand) = 1.400,00 € 82 In die dritte Besitzstandstufe darf mit sachlich-proportionalen Gründen eingegrif-

fen werden. Diese Gründe müssen nach der Rechtsprechung willkürfrei, nachvollziehbar und anerkennenswert sein und können auf einer Fehlentwicklung der bAV oder einer wirtschaftlich ungünstigen Lage des Arbeitgebers beruhen.127 Sachlich proportionale Gründe im Sinne der Drei-Stufen-Theorie können vorlie83 gen, wenn ein unabhängiger Sachverständiger einen dringenden Sanierungsbedarf des Unternehmens darlegt.128 Eine langfristige Substanzgefährdung oder eine dauerhafte unzureichende Eigenkapitalverzinsung ist nicht erforderlich.

_____ 123 Vgl. BAG, Urt. v. 5.6.1984 – 3 AZR 33/84 – AP BetrAVG § 1 Unterstützungskassen Nr. 3 = NZA 1985, 22. 124 Siehe dazu Kap. 8 Rn. 414 ff. 125 Vgl. BAG, Urt. v. 11.9.1990 – 3 AZR 380/89 – AP BetrAVG § 1 Besitzstand Nr. 8 = NZA 1991, 176. 126 St. Rspr., vgl. BAG, Urt. v. 17.4.1985 – 3 AZR 729/83 – AP BetrAVG § 1 Unterstützungskasse Nr. 4 = NZA 1986, 57. 127 Vgl. BAG, Urt. v. 9.12.2014 – 3 AZR 323/13 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 67. 128 Vgl. BAG, Urt. v. 18.9.2001 – 3 AZR 728/00 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 34 = DB 2002, 1114.

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A. Änderung von Versorgungszusagen

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Praxistipp 3 Einen Sanierungsplan muss der Arbeitgeber zum Nachweis seiner wirtschaftlichen schwierigen Situation nicht vorlegen. Es genügt nach der Rechtsprechung des BAG, wenn sich die Kürzung der bAV in einen Zusammenhang mit anderen Maßnahmen ergibt, die insgesamt der Kostenersparnis dienen.129

Damit eine Fehlentwicklung der bAV einen Eingriff in dritte Besitzstandstufe 84 rechtfertigen kann, muss aufgrund von Änderungen im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung oder im Steuerrecht eine erhebliche, zum Zeitpunkt der Schaffung des Versorgungswerkes nicht vorhersehbare Mehrbelastung eingetreten sein.130 Nach der Rechtsprechung des BAG kann eine vom Arbeitgeber angestrebte Ver- 85 einheitlichung der bAV im Konzern ein sachlich-proportionaler Eingriffsgrund für die dritte Besitzstandstufe sein.131 Allerdings müssen für die Reduzierung des Versorgungsaufwandes Gründe vorliegen, die sich auf die wirtschaftliche Belastbarkeit des Unternehmens beziehen. Auch nach einem Betriebsübergang rechtfertigt allein das Interesse des Arbeitgebers, unterschiedliche Versorgungsordnungen vereinheitlichen zu wollen, einen Eingriff in die dritte Besitzstandstufe nicht.132 Es müssen weitere Voraussetzungen hinzukommen. Das BAG hält insoweit nicht mehr an früheren Entscheidungen133 fest, als daraus etwas anderes entnommen werden könnte. Eingriffe in die dritte Besitzstandstufe im Zusammenhang mit einer neuen Ver- 86 teilungsentscheidung des Arbeitgebers können gerechtfertigt sein, wenn der Dotierungsrahmen im Wesentlichen zumindest gleich hoch bleibt und der Eingriff für die nachteilig betroffenen Arbeitnehmer zumutbar ist.134

c) Allgemeine Prinzipien des Vertrauensschutz und Verhältnismäßigkeitsprüfung Neben der Drei-Stufen-Theorie als besondere Ausprägung des allgemeinen Prinzips 87 des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit ist bei der Ablösung einer Betriebsvereinbarung auch auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, wenn einzelne Arbeitnehmer besonders hart getroffen werden.135

_____ 129 Vgl. BAG, Urt. v. 19.4.2005 – 3 AZR 468/04 – AP BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 9 = NZARR 2005, 598. 130 BAG, Urt. v. 10.11.2015 – 3 AZR 390/14 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 72 = BB 2016, 442. 131 Siehe dazu: BAG, Urt. v. 24.1.2006 – 3 AZR 483/04 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 50 = NZA-RR 2007, 595. 132 Siehe BAG, Urt. v. 22.10.2019 – 3 AZR 429/18 – BetrAV 2020, 249. 133 Siehe dazu: BAG, Urt. v. 24.7.2001 – 3 AZR 660/00 – AP BetrAVG § 1 Betriebsveräußerung Nr. 18 und BAG, Urt. v. 29.7.2003 – 3 AZR 630/02 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 45. 134 Vgl. BAG, Urt. v. 13.10.2016 – 3 AZR 439/15 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 74. 135 Vgl. Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Küpper, BetrAVG, Bd. I, Kap. 5 Rn. 344.

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Kapitel 9 Änderung von Zusagen, Durchführungsweg und Schuldner der bAV

Rentennahe Jahrgänge bedürfen u.U. eines besonderen Schutzes.136 Nach der Rechtsprechung braucht eine ablösende Betriebsvereinbarung aber keine besondere Regelungen für rentennahe Jahrgänge, wenn eine allgemeine Härteklausel vorgesehen ist.137

3 Praxistipp Bei einer verschlechternden Betriebsvereinbarung empfiehlt sich die Aufnahme von Härteklausel, in der Personengruppen berücksichtigt werden, die besonders hart getroffen sind. Zu prüfen ist auch ob Besitzstandsklauseln und Übergangsregelungen zum Schutz der rentennahen Jahrgänge erforderlich sind. 89 Auch beim Eingriff in laufende Rentenverpflichtungen ist das Prinzip der Ver-

hältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu beachten. In diese Versorgungsrechte darf in der Regel nur geringfügig eingegriffen werden und es bedarf dafür sachlich nachvollziehbare willkürfreie Gründe.138 Besondere Rechtfertigungsgründe sind nach der Rechtsprechung des BAG er90 forderlich, wenn der Arbeitgeber eine bestehende Rentenzusage in eine Kapitalzusage auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung umstellt.139 Nach Ansicht des BAG haben laufende Rentenleistungen für den Arbeitnehmer einen besonderen Wert. Daher hat der Arbeitgeber eine Umstellung besonders zu rechtfertigen. Auch Eingriffe in die Hinterbliebenenversorgung müssen anhand des Vertrau91 ensschutzes und der Verhältnismäßigkeit überprüft werden. Wenn durch Änderungen einer Betriebsvereinbarung die bAV von Rentenleistung auf Kapitalleistung umgestellt wird, rechtfertigt dies z.B. noch nicht, die Hinterbliebenenleistung auf den Fall des Anwärtertodes zu beschränken.140

d) Besonderheit Tarifvertrag 92 Mit Blick auf die verfassungsrechtliche Tarifautonomie gilt ein modifiziertes Kontrollprinzip für tarifvertragliche Eingriffe in Versorgungsanwartschaften bzw. Versorgungsansprüche.141 Die Drei-Stufen-Theorie des BAG findet bei einer Abänderung einer Versorgungszusage durch einen Tarifvertrag keine Anwendung. Allerdings

_____ 136 Vgl. BAG, Urt. v. 8.12.1981 – 3 ABR 53/80 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 1. 137 Vgl. BAG, Urt. v. 21.1.1992 – 3 AZR 21/91 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 24 = NZA 1992, 659. 138 Siehe BAG, Urt. v. 28.6.2011 – 3 AZR 282/09 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 54 = NZA 2012, 1229. 139 Vgl. BAG, Urt. v. 15.5.2012 – 3 AZR 11/10 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 55 = NZA-RR 2012, 433. 140 Vgl. BAG, Urt. v. 21.11.2000 – 3 AZR 91/00 – AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 21 = NZA 2002, 851. 141 Siehe dazu Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/Rößler, Teil 15 Rn. 176.

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A. Änderung von Versorgungszusagen

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gelten für die Tarifvertragsparteien die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit.142 Für eine rückwirkende Herabsetzung bereits entstandener Versorgungsansprü- 93 che durch Tarifvertrag gelten die für die echte rückwirkende Gesetzgebung entwickelten Grenzen.143 Demnach ist eine echte Rückwirkung eines Tarifvertrages, mit der nachträglich ändernd in abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen wird, grundsätzlich unzulässig.144 Wichtig 3 Wenn ein Tarifvertrag rückwirkend eine unklare und verworrene Rechtslage klarstellt, wird dadurch nicht in schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand einer etwa begünstigenden Rechtslage eingegriffen.145 Eine solche klarstellende Regelung verstößt nicht gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit.

Nach Ansicht des BAG entfalten tarifliche Regelungen, die zu einem Eingriff in Ver- 94 sorgungsrechte oder in laufende Betriebsrenten führen, regelmäßig eine unechte Rückwirkung, da sie typischerweise auf die noch nicht abgeschlossenen Rechtsbeziehungen der aktiven Arbeitnehmer oder der Betriebsrentner einwirken.146 Wie gewichtig die dafür erforderlichen Rechtfertigungsgründe sein müssen, hängt von den Nachteilen ab, die den Versorgungsberechtigten durch die Änderung der Versorgungsregelungen entstehen. Beispiel 5 In die zum Zeitpunkt des Versorgungsfalles geschuldete Ausgangsrente dürfen die Tarifvertragsparteien i.d.R. nicht eingreifen.147 Führt die tarifliche Regelung für die betroffenen Arbeitnehmer oder Betriebsrentner aber nur zu geringfügigen Nachteilen, sollen nach der Rechtsprechung des BAG sachliche Gründe ausreichen.148

_____ 142 Vgl. Blomeyer/Otto/Rolfs/Rolfs, Anh. zu § 1 Rn. 610a m.w.N. 143 Vgl. BAG, Urt. v. 27.6.2006 – 3 AZR 255/05 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 49 = NZA 2006, 1285. 144 Vgl. BGH, Urt. v. 10.10.2012 – IV ZR 10/11 – NZA-RR 2013, 319 = BGHZ 195, 93. 145 Vgl. BAG, Urt. v. 15.11.2011 – 3 AZR 113/10 – AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 27 = NZA-RR 2012, 544. 146 Siehe BAG, Urt. v. 20.9.2016 – 3 AZR 273/15 – AP BetrAVG § 1 Gesamtversorgung Nr. 7 = NZA 2017, 64. 147 BAG, Urt. v. 27.2.2007 – 3 AZR 734/05 – AP BetrAVG § 1 Nr. 44. 148 BAG, Urt. v. 20.9.2016 – 3 AZR 273/15 – AP BetrAVG § 1 Gesamtversorgung Nr. 7 = NZA 2017, 64. Siehe zu einem „mehr als geringfügigen Eingriff“ auch BAG, Urt. v. 28.6.2011 – 3 AZR 282/09 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 54.

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Kapitel 9 Änderung von Zusagen, Durchführungsweg und Schuldner der bAV

B. Wechsel des Durchführungsweges B. Wechsel des Durchführungsweges 95 Ein Durchführungswegwechsel kann für den Arbeitgeber aus vielerlei Gründen wie

z.B. aus steuerlichen, bilanziellen und/oder wirtschaftlichen Gründen in Betracht kommen. Arbeitsrechtliche Vorgaben und steuerrechtliche Folgen sind zu beachten.

I. Arbeitsrechtliche Vorgaben 96 Bei einem Durchführungswegwechsel gelten die allgemeinen Vorgaben zur Ände-

rung von Versorgungszusagen.149 Ein einseitiger Wechsel des Durchführungsweges ist nach der Rechtsprechung des BAG ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber sich in der Versorgungszusage auf einen bestimmten Durchführungsweg festgelegt hat.150 Ein Wechsel des Durchführungsweges bedarf in einem solchen Fall der Zustimmung des jeweiligen Vertragspartners. In der Literatur wird diese Rechtsprechung des BAG durchaus unterschiedlich 97 interpretiert.151 Wenn der Wechsel des Durchführungsweges nur Vorteile für die Versorgungsempfänger bzw. Versorgungsanwärter mit sich bringt, soll der Arbeitgeber einen Anspruch auf Erteilung der entsprechenden Zustimmung des jeweiligen Vertragspartners haben.152 Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates zu Fragen der betrieblichen 98 Lohngestaltung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG umfasst nicht die Entscheidung darüber, welcher Durchführungsweg oder Versorgungsträger gewählt wird.153 Der bloße Wechsel des Durchführungsweges oder des Versorgungsträgers ist daher grundsätzlich auch keine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, solange mit diesem keine Änderung des Leistungsplans bzw. der Zusage verbunden ist.154 Der Betriebsrat ist aber zu beteiligen, wenn ein bestimmter Durchführungsweg oder Versorgungsträger in der Betriebsvereinbarung festgesetzt wurde und dies nun abgeändert werden soll.155

_____ 149 Siehe dazu Rn. 1–94. 150 Siehe BAG, Urt. v. 12.6.2007 – 3 AZR 186/06 – AP BetrAVG § 1 Nr. 47 = BAGE 123,82. 151 Siehe dazu: Reinecke, DB 2010, 2392, 2393. 152 So Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/de Groot, BetrAVG, Bd. I, Kap. 9 Rn. 152; Willemsen/ Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schnitker, Teil J Rn. 745; siehe aber zu den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates Rn. 98. 153 Vgl. Kap. 1 Rn. 779 sowie BAG, Beschl. v. 29.7.2003 – 3 ABR 34/92 – NZA 2004, 1344 und BAG, Beschl. v. 16.2.1993 – 3 ABR 29/92 – AP BetrVG 1972 § 87 Altersversorgung Nr. 19. 154 Vgl. BAG, Beschl. v. 16.2.1993 – 3 ABR 29/92 – AP BetrVG § 87 Altersversorgung Nr. 19. 155 Siehe Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schnitker, Teil J Rn. 746.

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C. Wechsel des Versorgungsschuldners

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II. Steuerrechtliche Folgen Bei einem Wechsel des Durchführungsweges sind auch die steuerlichen Folgen zu 99 bedenken.156 Bei einem Wechsel von einer unmittelbaren Versorgungszusage zu einer Unterstützungskassenzusage ergeben sich für die Arbeitnehmer i.d.R. keine einkommenssteuerlich relevanten Folgen. Anders kann dies bei einem Wechsel von einer unmittelbaren Versorgungszusage bzw. Unterstützungskassenzusage mit einer nachgelagerten Besteuerung zu einem externen Durchführungsweg mit einer vorgelagerten Besteuerung sein. Bei einem Wechsel des Durchführungsweges hin zu einem externen Versorgungsträger sind die Grenze für die Steuerfreiheit der Beiträge nach § 3 Abs. 1 Nr. 63 EStG zu beachten. Die Leistungen eines Arbeitgebers oder einer Unterstützungskasse an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften durch einen Pensionsfonds sind allerdings im Rahmen des § 3 Nr. 66 EStG steuerfrei. Bei einem Wechsel zu einer rückgedeckten Unterstützungskasse ist zu beachten, dass nur laufend gleich bleibende oder steigende Beiträge steuerlich gemäß § 4d EStG zugewendet werden dürfen.

C. Wechsel des Versorgungsschuldners C. Wechsel des Versorgungsschuldners Zu einem Wechsel des Versorgungsschuldners kann es kommen aufgrund ■ von Umstrukturierungen von Unternehmen, ■ einer Firmenfortführung bzw. ■ einer rechtsgeschäftlichen Schuld- oder Vertragsübernahme.

100

Ein bloßer Anteilskauf (Share Deal) führt nicht zum Wechsel des Versorgungs- 101 schuldners, wohl aber ein Betriebsübergang im Rahmen eines Kaufes von Vermögenswerten (Asset Deal).

I. Versorgungsverpflichtungen bei einem Share Deal Bei einem Share Deal werden die Parteien des Arbeitsverhältnisses und des Versor- 102 gungsverhältnisses nicht ausgetauscht. Lediglich die Zuordnung der Anteile an dem die Versorgung zusagenden Unternehmen ändert sich. Es findet kein Wechsel des Versorgungsschuldners statt. Anders als beim Betriebsübergang übernimmt der Käufer bei einem Anteilskauf auch die Verpflichtungen gegenüber ausgeschiedenen Mitarbeitern und Rentnern.

_____ 156 Siehe dazu in Detail Kap. 2 Rn. 207 ff.

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Kapitel 9 Änderung von Zusagen, Durchführungsweg und Schuldner der bAV

3 Praxistipp Im Fall eines Anteilskaufs sollte der potentielle Käufer im Rahmen einer Due Dilligence insbesondere Folgendes prüfen und im Kaufvertrag bspw. durch Kaufpreisanpassung oder Freistellungs- oder Gewährleistungsklauseln berücksichtigen:157 ■ Höhe und Ausgleich von nicht ausfinanzierten Versorgungsverpflichtungen der Zielgesellschaft; ■ Risiken hinsichtlich der Versorgungszusagen der Zielgesellschaft insbesondere im Hinblick auf unwirksame Regelungen und frühere Umstrukturierungen der Versorgungszusagen; ■ Bestehen von konzernbezogenen Versorgungseinrichtungen und Möglichkeiten, diese auch nach dem Kauf der Zielgesellschaft fortzuführen bzw. die erworbenen Anwartschaften über diese Versorgungseinrichtungen aufrechtzuerhalten sowie ■ etwaige nachholende und nachträgliche Anpassungsverpflichtungen der Zielgesellschaft. 103 Bei einem Ausscheiden einer Gesellschaft aus einem Konzernverbund stellt sich die

Frage, wie die Gesellschaft zukünftig ihre Versorgungsverpflichtung erfüllen kann, wenn bestehende Versorgungseinrichtungen wie bspw. Pensions- oder Unterstützungskassen oder Treuhandvereinbarungen (Contractual Trust Arrangements158) einen Konzernbezug haben. Manche Pensionskassen sehen vor, dass die Mitgliedschaft des Unternehmens und/oder der Mitarbeiter auch nach Ausscheiden aus dem Konzernverbund freiwillig fortgeführt werden oder eine außerordentliche beitragsfreie Mitgliedschaft begründet werden kann. Bei einer Konzernunterstützungskasse159 stellt sich insbesondere die Frage, ob das aus dem Konzern ausscheidende Unternehmen weiterhin Trägerunternehmen sein kann bzw. ob dies sinnvoll ist. Wenn das Zielunternehmen Partei einer konzernbezogenen Treuhandver104 einbarung ist, wird es i.d.R. nach dem Ausscheiden aus dem Konzernverbund nicht in dieser Treuhandvereinbarung bleiben können. Dann ist zu prüfen, ob und wie eine Übertragung der maßgeblichen Vermögenswerte (plan assets) erfolgen kann. I.d.R. wird es dafür erforderlich sein, dass eine Übertragung auf ein gleichwertiges Sicherungsrecht stattfindet. 3 Wichtig Wird eine konzernbezogene Treuhandvereinbarung bei einem Ausscheiden eines Unternehmens aus einem Konzern für dieses Unternehmen nicht beendet, kann eine Erlaubnis- und Aufsichtspflicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nach § 32 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 1 KWG begründet werden, wenn damit die Voraussetzungen für die Anwendung des Konzernprivilegs nicht mehr vorliegen.160

_____ 157 Siehe dazu auch Kap. 10. 158 Siehe dazu im Detail Kap. 8 Rn. 323 ff. 159 Siehe zum Begriff Kap. 1 Rn. 450. 160 Vgl. Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schnitker, Teil J Rn. 415.

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II. Versorgungsverpflichtungen bei einem Asset Deal Im Rahmen eines Asset Deals werden einzelne Wirtschaftsgüter von einer Gesell- 105 schaft auf eine andere Gesellschaft übertragen. Nach § 613a Abs. 1 BGB tritt der neue Inhaber bei einer Übertragung eines Betriebes oder Betriebsteils durch Rechtsgeschäft in die Rechte und Pflichten aus den zur Zeit des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. § 613a BGB regelt damit die Wirkungen eines Betriebsüberganges ohne den Betriebsübergang selbst zu definieren.

1. Voraussetzung eines Betriebsüberganges Für die Frage, ob ein Betriebsübergang vorliegt, kommt es nach der Rechtspre- 106 chung des EuGH und des BAG auf den Übergang einer wirtschaftlichen Einheit an bzw. darauf, dass ein neuer Rechtsträger eine solche wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt.161 Diese wirtschaftliche Einheit wird definiert als ■ eine auf Dauer angelegte organisatorische Gesamtheit von Personen und/ oder Sachen ■ zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ■ mit eigener Zielsetzung.162 Die vollständige Beibehaltung der konkreten Organisation der verschiedenen Pro- 107 duktionsfaktoren ist für einen Betriebsübergang zwar nicht erforderlich, wohl aber die funktionelle Verknüpfung der Wechselbeziehung und gegenseitigen Ergänzungen der Produktionsfaktoren.163 Bei der Prüfung, ob ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang vorliegt, müssen die Gesamtumstände berücksichtigt werden. Wichtig 3 Die bloße Funktionsnachfolge, d.h. die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen ohne Übernahme von Betriebsmitteln stellt keinen Betriebsübergang dar.164

Dem Übergang eines gesamten Betriebs steht nach § 613a Abs. 1 S. 2 BGB der Über- 108 gang eines Betriebsteils gleich. Ein Übergang eines Betriebsteils setzt voraus, dass die übernommenen Betriebsmittel und/oder Beschäftigten bereits beim Veräußerer

_____ 161 Vgl. EuGH, Urt. v. 12.2.2009 – Rs C – 466/07 – AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 4 = NZA 2009, 251 – Klarenberg. 162 Vgl. EuGH, Urt. v. 10.12.1998 – Rs C – 173/96 u. C – 247/96 – NJW 1999, 1697 = NZA 1999, 189 – Sánchez Hidalgo. 163 BAG, Urt. v. 17.12.2009 – 8 AZR 1019/08 – AP BGB § 613a Nr. 383 = NJW 2010, 1689. 164 Vgl. BAG, Urt. v. 25.9.2008 – 8 AZR 607/07 – AP BGB § 613a Nr. 355 = NZA-RR 2009, 469.

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eine abgrenzbare organisatorische wirtschaftliche Einheit waren, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wurde.165

2. Erfasste Arbeitsverhältnisse 109 Von § 613a BGB erfasst sind grundsätzlich die zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs

dem maßgeblichen Betrieb zugeordneten und bestehenden Arbeitsverhältnisse, einschließlich etwaiger Altersteilzeitarbeitsverhältnisse. Nicht erfasst sind hingegen Dienstverhältnisse mit einem Organmitglied166 oder die Versorgungsverhältnisse mit Rentnern und ausgeschiedenen Arbeitnehmern.167 3 Praxistipp Soll ein aktiver Mitarbeiter oder ein Geschäftsführer einer GmbH, der nicht von § 613a BGB erfasst ist, auf vertraglicher Grundlage auf den Betriebserwerber übergehen und auch versorgungsrechtlich so gestellt werden als ob § 613a BGB auf ihn Anwendung fände, ist nach Maßgabe des § 4 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG eine entsprechende dreiseitige Vereinbarung zur Übertragung der Zusage zu treffen.168 110 Erforderlich für einen Übergang eines Arbeitsverhältnisses nach § 613a BGB ist es,

dass der Arbeitnehmer dem übergehenden Betrieb bzw. Betriebsteil tatsächlich zugeordnet ist.169 Problematisch ist die Zuordnung regelmäßig bei Arbeitnehmern, die in verschiedenen Betriebsabteilungen oder in Stabs- und Querschnittsbereichen arbeiten oder überbetriebliche Leitungsfunktionen wahrnehmen. 3 Praxistipp Um festzustellen, ob ein Mitarbeiter dem übergehenden Betrieb bzw. Betriebsteil zuzuordnen ist, empfiehlt sich folgende Prüfungsreihenfolge:170 ■ Gibt es eine wirksame vertragliche Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien zur Zuordnung? ■ Fehlt es an einer solchen Vereinbarung, ist zu klären, wie die Zuordnung durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers erfolgt. ■ Fehlt es an einer einseitigen Entscheidung des Arbeitgebers zur Zuordnung, ist zu klären, wo der Schwerpunkt der Tätigkeit nach objektiven Kriterien liegt.

_____ 165 BAG, Urt. v. 13.10.2011 – 8 AZR 455/10 – AP BGB § 613a Nr. 415 = NZA 2012, 504. 166 Siehe BAG, Urt. v. 13.2.2003 – 8 AZR 654/01 – AP BGB § 611 Organvertreter Nr. 24 = NJW 2003, 2473. 167 Vgl. BAG, Urt. v. 23.3.2004 – 3 AZR 151/03- AP BGB § 613a Nr. 265 = EWiR 2004, 853. 168 Siehe dazu näher: Kap. 8 Rn. 449 ff. 169 Vgl. BAG, Urt. v. 13.2.2003 – 8 AZR 102/02 – AP BGB § 613a Nr. 245. 170 Vgl. ErfK/Preis, § 613a BGB Rn. 72.

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3. Informationspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber müssen die übergehende Arbeit- 111 nehmer nach § 613a Abs. 5 BGB in Textform über den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs, den Grund für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und über die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen unterrichten. Im Hinblick auf die bAV ist insbesondere über den Umfang der Mithaftung des 112 Veräußerers nach den Vorschriften § 613a Abs. 2 BGB bzw. §§ 133, 134 UmwG zu informieren. Aus § 613a Abs. 5 BGB ergibt sich nach Ansicht des BAG kein Auskunftsanspruch der übergehenden Arbeitnehmern gegenüber dem Betriebsveräußerer hinsichtlich der Höhe der zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs erworbenen Anwartschaften auf bAV.171 Ein derartiger Anspruch gegen den Veräußerer kann jedoch aus Treu und Glauben bestehen.172 Der Arbeitnehmer kann nach § 613a Abs. 6 BGB innerhalb eines Monats nach 113 der Unterrichtung dem Betriebsübergang widersprechen. Der Widerspruch hat zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis nicht auf den Betriebserwerber übergeht, sondern mit dem Betriebsveräußerer bestehen bleibt. Fettnapf 3 Ist das Informationsschreiben unrichtig oder unvollständig, beginnt die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 BGB nicht zu laufen.

Im Fall von bestimmten umwandlungsrechtlichen Vorgängen kann das Wider- 114 spruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB ins Leere laufen, wenn der bisherige Arbeitgeber im Zuge des Betriebsübergangs erlischt. Nach der Rechtsprechung des BAG soll ein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB nicht bestehen, wenn der bisherige Rechtsträger erlischt und der neue Arbeitgeber durch Gesamtrechtsnachfolge in die Arbeitsverhältnisse eintritt.173

4. Wirkung eines Betriebsüberganges Die Wirkung eines Betriebsüberganges auf Versorgungszusagen unterscheidet sich 115 danach, auf welcher Rechtsgrundlage die Versorgungszusage des Veräußerers beruht und welche Zusagen es ggf. beim Erwerber gibt. Außerdem ist zu prüfen, welche Durchführungswege beim Veräußerer genutzt wurden. Ein Übergang et-

_____ 171 Vgl. BAG, Urt. v. 22.5.2007- 3 AZR 834/05 – AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 1. 172 Siehe zu einem Auskunftsanspruch nach § 4a BetrAVG: Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/ Reich, BetrAVG, Bd. I, Kap. 13 Rn. 60. 173 Vgl. BAG, Urt. v. 21.2.2008 – 8 AZR 157/07 – AP BGB § 613a Nr. 342= NZA 2008, 815.

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waiger Vermögenswerte des Veräußerers oder etwaiger Versicherungsverhältnisse erfolgt nicht von Gesetzes wegen, sondern ist zu vereinbaren.

a) Versorgungszusagen nur beim Erwerber 116 Wenn der Veräußerer über keine Versorgungszusage verfügt und beim Erwerber

Versorgungszusagen bestehen, ist zu prüfen, ob die Versorgungszusagen des Erwerbers auf die übergehenden Arbeitnehmer Anwendung finden. Dies bestimmt sich nach dem Anwendungsbereich der Erwerberzusage. Einzelvertragliche Versorgungszusagen oder Einheitszusagen des Erwer117 bers gelten grundsätzlich nicht für die übergehenden Mitarbeiter. Bei einer Gesamtzusage oder Betriebsvereinbarung des Erwerbers ist zu prüfen, ob diese auch auf die übergehenden Mitarbeiter Anwendung finden soll. Ein expliziter Ausschluss von Arbeitnehmern, die nach § 613a BGB übergehen, aus dem Geltungsbereich einer Gesamtzusage oder Betriebsvereinbarung ist grundsätzlich zulässig.174 Für die Frage der Anwendbarkeit von Tarifverträgen des Erwerbers kommt es zunächst auf die Tarifbindung der übergehenden Arbeitnehmer bzw. der Formulierung etwaiger Bezugnahmeklauseln in den maßgeblichen Arbeitsverträgen an. Wenn der Erwerber die übernommenen Arbeitnehmer in seine Altersversorgung 118 einbezieht, zählen die beim Veräußerer zurückgelegten Beschäftigungszeiten bei der Unverfallbarkeitsfrist mit, soweit diese von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängt.175 Soweit die Unverfallbarkeitsfrist aber auf die Dauer der Zusageerteilung abstellt, beginnt diese erst mit der Aufnahme des Arbeitnehmers in das Versorgungswerk des Erwerbers.176 Der Erwerber ist im Übrigen nicht verpflichtet, im Fall eines Betriebsübergangs diejenigen Beschäftigungszeiten für die Höhe der vertraglichen Versorgungsanwartschaften anzurechnen, welche die übernommenen Arbeitnehmer beim Veräußerer verbracht haben.177

b) Versorgungszusagen nur beim Veräußerer 119 Wenn Versorgungszusagen nur beim Veräußerer bestehen, ist danach zu unter-

scheiden, auf welcher Rechtsgrundlage diese beruhen.

_____ 174 So auch Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schnitker, Teil J Rn. 444. 175 Vgl. BAG, Urt. v. 19.12.2000 – 3 AZR 451/99 – AP BetrAVG § 1 Unverfallbarkeit Nr. 10 = NZA 2002, 615. 176 Vgl. Karst/Cisch/Rihn, § 1 Rn. 221. 177 Vgl. BAG, Urt. v. 30.8.1979 – 3 AZR 58/78 – AP BGB § 613a Nr. 16 = NJW 1980, 416.

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aa) Individualzusagen nur beim Veräußerer Im Falle eines Betriebsübergangs tritt der neue Betriebsinhaber gemäß § 613a Abs. 1 120 S. 1 BGB an die Stelle des bisherigen Versorgungsschuldners bzgl. Verpflichtungen aus etwaigen Individualzusagen gegenüber den übergehenden Arbeitnehmern. Der Erwerber haftet für die Erfüllung der bestehenden Anwartschaft der übernommenen Arbeitnehmer.178 Der Lauf der gesetzlichen oder vertraglichen Unverfallbarkeitsfrist wird durch den Betriebsübergang nicht unterbrochen.179 Zudem sind die übergegangenen Arbeitnehmer berechtigt, auch in der Zeit nach dem Betriebsübergang weitere Anwartschaften aus der übergehenden Zusage des Veräußerers zu erwerben.

bb) Betriebsvereinbarung nur beim Veräußerer Nach § 613a Abs. 1 S. 2 BGB werden Rechte und Pflichten eines im Zeitpunkt des 121 Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisses, die durch eine Betriebsvereinbarung geregelt sind, bei einem Betriebsübergang Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Betriebsinhaber und dem Arbeitnehmer. Die entsprechend transformierten Regelungen dürfen nicht vor Ablauf eines 122 Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Nach der Rechtsprechung des BAG sind die entsprechenden Regelungen allerdings vor einer Ablösung durch eine spätere Betriebsvereinbarung nicht in weiterem Umfang geschützt, als wenn sie kollektivrechtlich weitergelten würden.180 Im Verhältnis zu einer neuen Betriebsvereinbarung gilt damit nicht das Günstigkeits-, sondern das Ablösungsprinzip.181 Die Betriebsvereinbarung des Veräußerers gilt normativ weiter, wenn der Betrieb im Wesentlichen seine Betriebsidentität behält.182

cc) Tarifvertrag nur beim Veräußerer Ist der Erwerber nicht tarifgebunden, geht die Versorgungszusage des Veräuße- 123 rers, die auf einem Tarifvertrag beruht, nach § 613a Abs. 1 S. 2 BGB auf den Erwerber über und wird Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Auch bei einem Firmenta-

_____ 178 Vgl. BAG, Urt. v. 29.10.1985 – 3 AZR 485/83 – AP BetrAVG § 1 Betriebsveräußerung Nr. 4 = ZIP 1986, 1001. 179 Vgl. Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schnitker, Teil J Rn. 430. 180 BAG, Urt. v. 14.8.2001 – 1 AZR 619/00 – AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 85 = NZA 2002, 276. 181 Vgl. dazu Rn. 58. 182 Vgl. BAG, Beschl. v. 27.7.1994 – 7 ABR 37/93 – AP BGB § 613a Nr. 118 = NZA 1995, 222. Zur Fortgeltung einer Gesamtbetriebsvereinbarung siehe BAG, Beschl. v. 18.9.2002 – 1 ABR 54/01 – AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 7 = NZA 2003, 670.

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rifvertrag des Veräußerers scheidet eine kollektivrechtliche Fortgeltung nach einem Betriebsübergang i.d.R. aus, es sei denn, der Erwerber hat die tarifrechtliche Geltung mit der am Tarifvertragsabschluss beteiligten Gewerkschaft in der Form des § 1 Abs. 2 TVG vereinbart.183

dd) Sonderfall Einzelvertragliche Bezugnahme auf Tarifverträge 124 Individualvertragliche Bezugnahmeklauseln auf den im Betrieb des Veräußerers

anwendbaren Tarifvertrag können unterschiedliche Auswirkungen bei einem Betriebsübergang haben. Grundsätzlich tritt der Erwerber in die arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB ein. Bei dynamischen Bezugnahmeklauseln auf ein Tarifwerk in dessen jeweiliger 125 Fassung ist zwischen Alt- und Neuzusagen zu unterscheiden. Nach früherer Rechtsprechung des BAG waren solche Bezugnahmeklauseln, wenn sie von einem entsprechend tarifgebundenen Arbeitgeber vereinbart wurden, in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen.184 Danach endete die vereinbarte Dynamik des Tarifvertrags für den Fall eines Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf einen nicht tarifgebundenen Erwerber. An diesen Auslegungsregelungen hält das BAG nicht mehr fest, wendet sie aber aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf die Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind.185 Dynamische Bezugnahmeklauseln im oben genannten Sinne, die nach dem 126 31.12.2001 vereinbart wurden, sind hingegen nach der Rechtsprechung des BAG als konstitutive Verweisung auf einen Tarifvertrag zu verstehen.186 Diese sollen durch einen Verbandsaustritt des Arbeitgebers oder einen sonstigen Wegfall seiner Tarifgebundenheit nicht berührt werden, wenn die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an dem im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag nicht in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist. Geht ein Betriebsteil von einem nicht tarifgebundenen Veräußerer auf einen nicht tarifgebundenen Erwerber über, so ist der Betriebserwerber an die Dynamik einer mit dem Veräußerer vereinbarten Bezugnahmeklausel auf einen Tarifvertrag so gebunden, als hätte er sie selbst vereinbart.187

_____ 183 Vgl. BAG, Urt. v. 26.8.2009 – 4 AZR 280/08 – AP BGB § 613a Nr. 376 = NZA 2010, 238. 184 Siehe BAG, Urt. v. 25.9.2002 – 4 AZR 294/01 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 26. 185 Vgl. BAG, Urt. v. 22.10.2008 – 4 AZR 793/07 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67. 186 Vgl. BAG, Urt. v. 23.9.2009 – 4 AZR 331/08 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 71. 187 So BAG, Urt. v. 30.8.2017 – 4 AZR 95/14 – NZA 2018, 255. Vgl. zur Zulässigkeit einer solchen Auslegung nach Europarecht EuGH, Urt. v. 27.4.2017 – C-680/15 u. C-681/15 – AP Richtlinie 2001/23/ EG Nr. 13 = NZA 2017, 517 – Asklepios Kliniken.

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c) Versorgungszusagen beim Erwerber und Veräußerer Wenn sowohl Erwerber als auch Veräußerer über Versorgungszusagen verfügen, ist 127 zu prüfen, auf welcher Rechtsgrundlage diese jeweils beruhen und ob es zu Verdrängungen bzw. Doppelversorgungen kommt.

aa) Individualzusagen beim Veräußerer und Kollektivzusagen des Erwerbers Wenn ein übergehender Arbeitnehmer Anwartschaften auf bAV aufgrund einer In- 128 dividualzusage des Veräußerers hat, so gehen diese nach § 613a Abs. 1 S. 1 BGB über, unabhängig davon, ob (zusätzlich) beim Erwerber Versorgungszusagen bestehen. Es stellt sich dann aber die Frage, ob kollektivrechtliche Zusagen des Erwerbers zusätzlich für die übergehenden Arbeitnehmer neben den übergehenden Individualzusagen gelten sollen.

bb) Gleichrangige Kollektivregelungen bei Veräußerer und Erwerber Bei einer gleichrangigen Kollektivregelung beim Veräußerer und Erwerber kann 129 es zu einer Verdrängung der Veräußererzusage nach § 613a Abs. 1 S. 3 BGB kommen. Eine Voraussetzung dafür ist, dass sich beide Regelungen auf denselben Regelungsgegenstand beziehen. Dies ist bspw. nicht der Fall, wenn eine arbeitgeberfinanzierte Zusage auf eine arbeitnehmerfinanzierte Zusage trifft. Wichtig 3 Für eine Verdrängung des Tarifvertrages des Veräußerers durch einen Tarifvertrag des Erwerbers nach § 613a Abs. 1 S. 3 BGB ist nach der Rechtsprechung des BAG erforderlich, dass sowohl der neue Arbeitgeber als auch der jeweilige Arbeitnehmer an den neuen Tarifvertrag kraft Verbandsmitgliedschaft gebunden ist (beiderseitige Tarifgebundenheit).188

Trifft eine Betriebsvereinbarung des Veräußerers auf eine Betriebsvereinba- 130 rung des Erwerbers zu dem gleichen Regelungsgegenstand, so verdrängt nach § 613a Abs. 1 S. 3 BGB grundsätzlich die Betriebsvereinbarung des Erwerbers die des Veräußerers. Nach neuerer Rechtsprechung des BAG gilt allerdings auch in diesem Fall die Drei-Stufen-Rechtsprechung und § 613a Abs. 1 S. 3 BGB ist dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass eine Betriebsvereinbarung des Erwerbers zur bAV eine Betriebsvereinbarung des Veräußerers zur bAV nur dann ablöst, wenn das dreistufige Prüfungsschema gewahrt wird.189 Die Regelung des § 613a Abs. 1 S. 3 BGB soll nicht dazu dienen, gerade bei einem Betriebsübergang dem Erwerber

_____ 188 Vgl. BAG, Urt. v. 7.7.2010 – 4 AZR 1023/08 – AP BGB § 613a Nr. 388 = NZA-RR 2011, 30. 189 Vgl. BAG, Urt. v. 22.10.2019 – 3 AZR 429/18 – BetrAV 2020, 249. Siehe zur Möglichkeit von Eingriffen in Besitzstandstufen nach der Drei-Stufen-Rspr. Rn. 71–91.

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strukturell weiter gehende Möglichkeiten einzuräumen, als sie der Veräußerer gehabt hätte.

cc) Nicht gleichrangige Kollektivverträge bei Veräußerer und Erwerber 131 Nach Ansicht des BAG ist gemäß § 613a Abs. 1 S. 3 BGB eine Ablösung eines Tarif-

vertrages durch eine Betriebsvereinbarung im Wege der Überkreuzablösung nicht möglich.190 Dafür, so das BAG, fehle es an der Kongruenz des Umfangs der erzwingbaren Regelungsmacht der Tarifpartner und der Betriebspartner. Der transformierte Tarifvertrag gilt in einer solchen Konstellation nach § 613a Abs. 1 S. 1 BGB im Arbeitsverhältnis weiter. Eine Betriebsvereinbarung des Veräußerers kann aber durch einen Tarifvertrag des Erwerbers verdrängt werden.191

5. Mittelbare Versorgungszusagen und Unterstützungskassen 132 Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Veräußerer und einem externen Versor-

gungsträger oder Unterstützungskasse gehen nicht nach § 613a BGB auf den Erwerber über. Ihre Übertragung bzw. Fortführung muss vielmehr vereinbart werden.192 Ggf. ist dabei auch die Zustimmung Dritter erforderlich. So bedarf etwa die Übertragung einer Direktversicherung auch der Zustimmung der Versicherungsgesellschaft. Bei etwaigen Pensionskassenzusagen des Veräußerers ist zu prüfen, ob die 133 bereits finanzierten Versorgungsanwartschaften beitragsfrei aufrechterhalten bleiben können bzw. ob die weitere Nutzung der Pensionskasse möglich ist. Eine reservepolsterfinanzierte (pauschaldotierte) Unterstützungskassenzusage193 soll nach – allerdings älterer – Rechtsprechung im gleichen Umfang wie das ursprüngliche Trägerunternehmen als Betriebsveräußerer zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs von ihrer Leistungspflicht frei werden.194 Zu prüfen ist, ob der Erwerber Träger der Unterstützungskasse werden kann und ob dies sinnvoll ist. Wenn der Arbeitgeber die Versorgungsleistungen nicht über den ursprünglich 134 eingeschalteten rechtlich selbständigen Träger erfüllen kann, muss der Arbeitgeber gleichwertige Leistungen erbringen.195 Dabei ist zu bedenken, dass der Wechsel des Durchführungsweges oder des Versorgungsträgers im Zweifel der Zustim-

_____ 190 Siehe BAG, Urt. v. 13.11.2007 – 3 AZR 191/06 – AP BGB § 613a Nr. 336 = DB 2008, 1506. Siehe dazu: Reichel/Böhm, BetrAV 2008, 359 ff; Döring/Grau, BB 2009, 158 ff. 191 Vgl. BAG, Urt. v. 14. 8. 2001 – 1 AZR 619/00 – AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 27. 192 Vgl. zur Situation bei konzernbezogenen Einrichtungen im Rahmen eines Share Deals Rn. 103. 193 Zum Begriff siehe Kap. 1 Rn. 462 f. 194 Vgl. BAG, Urt. v. 15.3.1979 – 3 AZR 859/77 – AP BGB § 613a Nr. 15. 195 Vgl. BAG, Urt. v. 13.11.2007 – 3 AZR 191/06 – AP BGB § 613a Nr. 336 = DB 2008, 1506.

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mung der betroffenen Mitarbeiter bzw. Vertragspartner der jeweiligen Versorgungszusage bedarf.196

6. Treuhandvereinbarungen Die Folgen eines Betriebsüberganges auf eine Treuhandvereinbarung hängen im 135 Wesentlichen von deren konkreter Ausgestaltung ab.197 Zu prüfen ist, ob es eine Verpflichtungen für den Erwerber zur Errichtung und zum Abschluss einer Treuhandvereinbarung etwa aufgrund entsprechender Regelung in einer Betriebsvereinbarung gibt. Für den Erwerber ist es von Bedeutung, ob und in welchem Umfang die zur Absicherung der übergehenden Versorgungsverpflichtung bestehenden Vermögenswerte (plan assets) von ihm – bspw. in einem eigenen Treuhandvertrag – genutzt werden können.198

7. Haftung des Veräußerers Nach § 613a Abs. 2 BGB haftet der Veräußerer gesamtschuldnerisch neben dem 136 Erwerber für Verpflichtungen, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind und innerhalb eines Jahres nach diesem Zeitpunkt fällig werden. Diese Ansprüche sind gemäß § 613a Abs. 2 S. 2 BGB allerdings nur zeitanteilig zu erfüllen. Der Veräußerer des Betriebs haftet nur in den engen Grenzen des § 613a Abs. 2 BGB, d.h. nur für Forderungen, die vor dem Übergangszeitpunkt begründet wurden und spätestens in einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden. Die Haftung für eine entsprechende Verbindlichkeit ist in der Höhe beschränkt auf den Umfang, der im Zeitpunkt des Übergangs dem abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraus entspricht. Praxistipp 3 In der Praxis kann eine gesamtschuldnerische Haftung des Veräußerers nach § 613a Abs. 2 S. 2 BGB für betriebliche Versorgungsansprüche nur gegenüber den übergehenden Arbeitnehmer in Betracht kommen, bei denen innerhalb eines Jahres nach dem Betriebsübergang ein Versorgungsfall eintritt.

8. Sonderfall: Betriebsübergang aus der Insolvenz In der Insolvenz des Veräußerers eines Betriebes sind die Verteilungsgrundsätze 137 des Insolvenzverfahrens zu beachten, die den Regelungen des § 613a BGB nach

_____ 196 Siehe Rn. 95–99. 197 Vgl. Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schnitker, Teil J Rn. 520, siehe zur Ausgestaltung von Treuhandmodellen (CTA) auch Kap. 8 Rn. 337. 198 Zum Begriff „plan assets“ siehe Kap. 4 Rn. 89 ff.

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zumindest bisheriger Rechtsprechung des BAG im Hinblick auf bereits beim Veräußerer erworbenen Anwartschaften und Ansprüche der übergehenden Arbeitnehmer vorgehen.199 Bei einem Erwerb eines Betriebes aus der Insolvenz heraus ist danach § 613a BGB im Wege der teleologischen Reduktion einschränkend auszulegen. Der Erwerber haftet nicht für die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens erdienten verfallbaren und unverfallbaren Anwartschaften und Ansprüche. Der Betriebserwerber tritt nur in die nach Insolvenzeröffnung erdienten und nicht von einem möglicherweise bestehenden Insolvenzschutz erfassten Teile der Anwartschaft ein. 3 Fettnapf Die Rechtsprechung zur einschränkenden Auslegung des § 613a BGB bei einem Betriebsübergang aus der Insolvenz findet keine Anwendung, wenn der Betrieb vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens übergeht.

III. Wechsel des Schuldners durch Umwandlung 1. Umwandlungsarten 138 Nach dem Umwandlungsgesetz gibt es folgende vier Arten der Umwandlung, näm-

lich ■ ■ ■ ■

die Verschmelzung (§§ 2–122 UmwG), die Spaltung (§§ 123–173 UmwG), die Vermögensübertragung (§§ 174–189 UmwG) und den Formwechsel (§§ 190–304 UmwG).

139 Bei einer Verschmelzung wird das Vermögen eines oder mehrerer Rechtsträger als

Ganzes auf einen bestehenden oder einen neu gegründeten Rechtsträger übertragen. Der Verschmelzungsvertrag muss nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG Angaben über die Folgen der Verschmelzung für die Arbeitnehmer und ihre Vertretung sowie die insoweit vorgesehenen Maßnahmen enthalten. Dazu zählen auch die Auswirkungen der Umwandlung auf die in den betroffenen Rechtsträgern bestehenden Versorgungszusagen. Bei einer Spaltung erfolgt die Zuordnung der bestehenden Rechtsverhältnisse 140 und Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträger auf den übernehmenden Rechtsträger nach § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG durch den Spaltungs- und Übernahme-

_____ 199 Bislang st. Rspr. vgl. etwa BAG, Urt. v. 19.5.2005 – 3 AZR 649/03 – AP BGB § 613a Nr. 283 = NZARR 2006, 373. Siehe aber zur Frage der Vereinbarkeit dieser Rechtsprechung mit Unionsrecht: BAG, Vorlagebeschl. v. 16.10.2018 – 3 AZR 139/17 (A) – ZIP 2018, 2179 und BAG, Vorlagebeschl. v. 16.10.2018 – 3 AZR 878/16 (A) – AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 19.

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C. Wechsel des Versorgungsschuldners

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vertrag. Bei einer Spaltung von Rechtsträgern nach dem UmwG wird unterschieden zwischen der Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung. Bei einer Vermögensübertragung bestehen im Hinblick auf die gläubiger- und 141 arbeitnehmerschützenden Vorschriften keine wesentlichen Unterschiede zur Verschmelzung oder Spaltung.200 Der Formwechsel führt nicht zum Wechsel des Versorgungsschuldners und ist 142 daher für die bAV eines Unternehmens ohne größere Bedeutung.201

2. Gesamtrechtsnachfolge und Anwendbarkeit von § 613a BGB Nach § 324 UmwG bleiben die Rechtsvorschriften zum Betriebsübergang in 143 § 613a Abs. 1, 4 bis 6 BGB durch eine Spaltung, Verschmelzung oder Vermögensübertragung unberührt. Insoweit handelt es sich um eine Rechtsgrundverweisung, d.h., die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB müssen vorliegen, damit dessen Rechtsfolgen eintreten.202 Zu unterscheiden ist in diesem Zusammenhang eine Gesamtrechtsnachfolge 144 von einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge. Bei einer Gesamtrechtsnachfolge tritt ein neuer Rechtsträger kraft Gesetzes an die Stelle eines bisherigen Rechtsträgers, bei einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge bezieht sich dies nur auf einen Teil der Aktiva und Passiva.203 So übernimmt bei einer Verschmelzung der maßgebliche Rechtsträger beispielsweise auch die Verbindlichkeiten gegenüber den ehemaligen Arbeitnehmern mit unverfallbaren Anwartschaften und Rentnern. Bei einer Spaltung besteht jedoch eine gewisse Zuordnungsfreiheit.

3. Rentnergesellschaften Rentnergesellschaften können durch umwandlungsrechtliche Vorgänge entstehen 145 und dienen allein dem Zweck, die Versorgungsansprüche und Versorgungsanwartschaften ehemaliger Mitarbeiter abzuwickeln. Bei einer Spaltung besteht Zuordnungsfreiheit hinsichtlich der nicht von 146 § 613a BGB erfassten Personen, insbesondere hinsichtlich der bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern und Betriebsrentner.204 Die freie Zuordnung der Versorgungsverpflichtung gegenüber diesen Personen bedarf auch nicht der Zustimmung

_____ 200 Vgl. Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schnitker, Teil J Rn. 627. 201 Siehe aber Rn. 150 zum Anspruch auf Sicherheitsleistungen nach § 22 UmwG. 202 Vgl. BAG, Urt. v. 25.5.2000 – 8 AZR 416/99 – AP BGB § 613a Nr. 209 = NZA 2000, 1115. 203 Vgl. Schaub/Ahrendt, Arbeitsrechtshandbuch, § 116 Rn. 1. 204 Vgl. Blomeyer/Otto/Rolfs/Rolfs, Anh. zu § 1 Rn. 308; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/Reinhard, BetrAVG, Bd. I, Kap. 9 Rn. 12.

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Kapitel 9 Änderung von Zusagen, Durchführungsweg und Schuldner der bAV

der Versorgungsberechtigten oder des PSV.205 Das BAG hat aber Mindestanforderungen an die Dotierung einer Rentnergesellschaft zum Zeitpunkt der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister aufgestellt.206 Danach gilt Folgendes: ■ Die Berechnung der Versorgungsverpflichtung hat auf Basis der Sterbetafeln der Versicherungswirtschaft zu erfolgen. ■ Beim Rechnungszinsfuß ist von der auf einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung beruhenden Bandbreite der Zinssätze auszugehen und wegen der gebotenen Bewertungsvorsicht die Untergrenze dieser Bandbreite zu Grunde zu legen.207 ■ Künftige gesetzlich erforderliche Rentenanpassungen sind zu berücksichtigen. Dafür ist eine Prognose bzgl. des Kaufkraftverlustes auf der Grundlage der Erfahrungen der Vergangenheit mit einem Referenzzeitraum von 20 Kalenderjahren erforderlich. 147 Die erforderliche Dotierung der Rentnergesellschaft kann durch eine entsprechende

Kapitalausstattung erfolgen. Möglich ist aber auch ein Schuldbeitritt oder ein Garantieversprechen.208 Wenn die Mindestanforderungen an die Dotierung einer Rentnergesellschaft 148 nicht erfüllt sind, können Schadensersatzansprüche der Betroffenen gegenüber dem früheren Versorgungsschuldner bestehen.209 3 Wichtig Die oben genannten Grundsätze für eine Rentnergesellschaft gelten nicht für sog. abgeleitete Rentnergesellschaften, die durch eine Übertragung des operativen Geschäfts auf eine andere Gesellschaft entstehen.210 Grundsätzlich können die Betriebsrentner in einem solchen Fall auch keine Betriebsrentenanpassung im Wege des Schadensersatzes verlangen. Allerdings kann die übertragende Gesellschaft bei einer Übertragung ihres operativen Geschäfts innerhalb eines Konzerns ausnahmsweise im Wege eines Schadensersatzes nach § 826 BGB zur Anpassung von Betriebsrenten verpflichtet sein, ohne dass es auf die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers ankommt.211

_____ 205 So ausdrücklich BAG, Urt. v. 11.3.2008 – 3 AZR 358/06 – AP UmwG § 131 Nr. 1 = NZA 2009. 790. 206 Siehe BAG, Urt. v. 11.3.2008 – 3 AZR 358/06 – AP UmwG § 131 Nr. 1 = NZA 2009, 790. 207 Das BAG ging für das Jahr 2004 von einem Zinssatz von 3% aus. Die dargestellte Rspr. ist zunehmend auf Kritik gestoßen. Siehe dazu Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schnitker, Teil J Rn. 596–598. 208 Siehe Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/de Groot, BetrAVG, Bd. I, Kap. 9 Rn. 15. 209 Vgl. BAG, Urt. v. 11.3.2008 – 3 AZR 358/06 – AP UmwG § 131 Nr. 1 = NZA 2009, 790. 210 BAG, Urt. v. 17.6.2014 – 3 AZR 298/13 – BB 2015, 190. 211 Vgl. BAG, Urt. v. 15.9.2015 – 3 AZR 839/13 – AP BetrAVG § 16 Nr. 118 = NZA 2016, 235.

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C. Wechsel des Versorgungsschuldners

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4. Gesamtschuldnerische Haftung nach §§ 133 ff. UmwG Bei einer Spaltung gilt nach § 133 Abs. 1 S. 1 UmwG eine gesamtschuldnerische 149 Haftung der an der Spaltung beteiligten Rechtsträger für solche Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers, die vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründet worden sind. Diese ist gemäß § 133 Abs. 3 S. 2 UmwG bei Versorgungsverbindlichkeiten nach dem Betriebsrentengesetz für diejenigen Rechtsträger, denen die Verbindlichkeiten im Spaltungs- und Übernahmevertrag nicht zugewiesen worden ist, begrenzt auf die im Laufe von zehn Jahren nach der Spaltung fällig werdenden Versorgungsansprüche. Wenn die Spaltung eines Rechtsträgers eine Betriebsaufspaltung in eine Anla- 150 gegesellschaft und eine Betriebsgesellschaft zur Folge hat, haftet die Anlagegesellschaft nach § 134 Abs. 1, 2 UmwG für vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründeten Versorgungsverpflichtung im Sinne des Betriebsrentengesetzes, soweit die Ansprüche binnen fünf Jahren nach Eintragung der Spaltung begründet werden.

5. Sicherheitsleistungen Bei Umwandlungsvorgängen ist zugunsten der Versorgungsberechtigten auch die 151 Vorschrift zum Gläubigerschutz in § 22 UmwG zu beachten. Diese Vorschrift findet gemäß §§ 125, 176, 177, 204 UmwG Anwendung bei der Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung und Formwechsel. Danach ist dem Gläubiger der an der Umwandlung beteiligten Rechtsträger un- 152 ter bestimmten Voraussetzungen Sicherheit zu leisten. Dieser Anspruch besteht nur, wenn innerhalb von sechs Monaten nach dem Tag der Eintragung der Ausgliederung in das Handelsregister glaubhaft gemacht werden kann, dass durch den entsprechenden Umwandlungsvorgang die Erfüllung seiner Forderung gefährdet wird. Für den Zeitraum der gesamtschuldnerischen Haftung fehlt es an einer solchen Gefährdung. Außerdem kommt eine Sicherheitsleistung nur in Betracht, wenn die Ansprüche nicht bereits über den PSV geschützt sind.212 Ein Anspruch für Sicherheitsleistungen für Anpassungsleistungen besteht ebenfalls nicht.213

IV. Firmenfortführung Wer ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma 153 mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortführt, haftet nach § 25 Abs. 1 S. 1 HGB für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten

_____ 212 Vgl. Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer/de Groot BetrAVG, Bd. I, Kap. 9 Rn. 17; BAG, Urt. v. 30.7.1996 – 3 AZR 397/95 – AP Nr. 1 zu § 374 AktG Nr. 1 = NZA 1997, 436. 213 Vgl. BAG, Urt. v. 26.5.2009 – 3 AZR 369/07 – NZA 2010, 641. Siehe dazu: Böhm, DB 2009, 2376 ff.

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Kapitel 9 Änderung von Zusagen, Durchführungsweg und Schuldner der bAV

Verbindlichkeiten des früheren Inhabers. Danach haftet der Erwerber eines Handelsgeschäfts, der das Geschäft unter der bisherigen Firma fortführt für die im Zeitpunkt der Übertragung bereits begründeten Versorgungsverbindlichkeiten des Veräußerers gegenüber den aktiven Arbeitnehmern, den Rentnern und den mit unverfallbaren Anwartschaften ausgeschiedenen ehemaligen Arbeitnehmern. Die Haftung des Erwerbers kann nach § 25 Abs. 2 HGB durch eine abweichende 154 Vereinbarung zwischen Veräußerer und Erwerber ausgeschlossen werden, sofern diese entweder ins Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht wird oder vom Erwerber oder dem Veräußerer dem maßgeblichen Dritten mitgeteilt wird. Neben dem Erwerber haftet der Veräußerer nach Maßgabe des § 26 HGB.

V. Rechtsgeschäftliche Schuld- und Vertragsübernahme 155 Ein Wechsel des Versorgungsschuldners kann auch durch eine vertraglich verein-

barte befreiende Schuldübernahme oder eine Vertragsübernahme erfolgen.214 Die Möglichkeiten der befreienden Schuldübernahme bzw. der Vertragsübernahme von Versorgungszusagen sind aber durch die Vorschriften des § 4 BetrAVG wesentlich eingeschränkt.215

_____ 214 Vgl. Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anh. zu § 1 Rn. 343. 215 Siehe Einzelheiten dazu unter Kap. 8 Rn. 449 ff.

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A. Betriebliche Versorgungsverpflichtungen in einer Unternehmenstransaktion

Kapitel 10 bAV und M&A Kapitel 10 bAV und M&A

A. Betriebliche Versorgungsverpflichtungen in einer Unternehmenstransaktion

A. Betriebliche Versorgungsverpflichtungen in einer Unternehmenstransaktion https://doi.org/10.1515/9783110275247-010 Jungblut

I. Rechtsfolgen einer Gesamt- und einer Einzelrechtsnachfolge Unternehmenstransaktionen sind regelmäßig zu beobachten, wenn auch Anzahl 1 und Umfang maßgeblich durch das gesamtwirtschaftliche Umfeld beeinflusst werden. Eine der häufigsten Transaktionsformen ist die Unternehmensveräußerung (Trade Sale), bei der Unternehmen oder einzelne Unternehmensteile ganz oder teilweise an einen Investor veräußert werden.1 Daneben finden sich die Verschmelzung nach § 2 UmwG und die verschiedenen Formen der Spaltung nach § 123 UmwG2, 3 sowie als Sonderfall die Bildung von rechtlich selbständigen Gemeinschaftsunternehmen (Joint Venture). Entscheidend für die Organisation und Folgen einer Transaktion ist in jedem 2 Fall deren Struktur. Während Verschmelzungen stets Gesamtrechtsnachfolgen und Unternehmensspaltungen (partielle) Gesamtrechtsnachfolgen darstellen, kann eine Unternehmensveräußerung als Gesamtrechtsnachfolge oder als Einzelrechtsnachfolge organisiert sein. Bei dem sog. Share Deal kommt es durch Übertragung der Unternehmensanteile vom Veräußerer an den Erwerber auf Gesellschafterebene zu einer Gesamtrechtsnachfolge. Es erfolgt lediglich ein Eigentumswechsel auf Gesellschafterebene. Zu einer Einzelrechtsnachfolge hingegen führt der sog. Asset Deal. Hier werden sämtliche oder ausgewählte Vermögensgegenstände eines Unternehmens einzeln übertragen. Im Rahmen einer Unternehmensveräußerung stellt der Asset Deal in aller Regel einen (Teil-)Betriebsübergang nach § 613a BGB dar.4 Für die Festlegung der Transaktionsstruktur sind zumeist steuerliche, haftungsrechtliche und verfahrenstaktische Gründe maßgebend.5 Verpflichtungen aus Zusagen der bAV oder ähnlichen Regelungen, wie Alters- 3 teilzeit-, Vorruhestands-, Sterbegeld- oder auch Jubiläumsgeldplänen, spielen bei Unternehmenstranskationen häufig eine wesentliche Rolle. Dabei wird der Umfang

_____ 1 Schramm/Hansmeyer/Wagner, Transaktionen erfolgreich managen, Kap. 2.3, S. 26. 2 Aufspaltung nach § 123 Abs. 1 UmwG, Abspaltung nach § 123 Abs. 2 UmwG, Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG. 3 Das Umwandlungsgesetz sieht zudem die Vermögensübertragung nach § 174 UmwG vor, die jedoch nur zwischen im Gesetz abschließend bestimmten Rechtsträgern möglich ist. 4 Kap. 9 Rn. 105 ff. 5 Schramm/Hansmeyer/Wagner, Transaktionen erfolgreich managen, Kap. 2.3, S. 26.

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Kapitel 10 bAV und M&A

der auf den Käufer übergehenden Versorgungsverpflichtungen durch die Transaktionsstruktur bestimmt. Bei einem Share Deal bleiben sämtliche Vertragsverhältnisse des veräußerten Unternehmens unangetastet, da diese eine Verpflichtung des Rechtsträgers – und nicht der Gesellschafter dieses Rechtsträgers – bedingen.6 Der Erwerber übernimmt somit sowohl die Rechte und Pflichten aus den zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen als auch bestehende Verpflichtungen gegenüber ehemaligen Mitarbeitern.7 Dagegen tritt der Erwerber bei einem Asset Deal lediglich in die zum Übergangszeitpunkt existierenden Arbeitsverhältnisse ein; Verpflichtungen gegenüber ehemaligen Mitarbeitern verbleiben beim Verkäufer.8 Die hiermit verbundenen Rechte und Pflichten aus den bestehenden Dienstverträgen sind für den Fall des Betriebsübergangs in § 613a BGB geregelt. Dienstverhältnisse von versorgungsberechtigten Nichtarbeitnehmern 9 (arbeitnehmerähnlichen Personen) gehen im Falle eines Asset Deal nicht auf den Erwerber über.10 Für die bAV bedeutet das: Im Fall eines Share Deal übernimmt der Erwerber 4 sämtliche betriebliche Versorgungsverpflichtungen gegenüber aktiven sowie mit unverfallbarer Anwartschaft ausgeschiedenen Mitarbeitern und gegenüber Rentnern. Er ist grundsätzlich verpflichtet, die bestehenden Versorgungsregelungen unverändert fortzuführen, den betroffenen Arbeitnehmern also im Versorgungsfall die Leistungen zu gewähren, welche diese ohne die Transaktion erhalten hätten. Sofern Pensionspläne geändert werden sollen, ist die einschlägige Rechtsprechung des BAG zu beachten.11 Dagegen tritt der Erwerber bei einem Asset Deal lediglich in die betrieblichen 5 Versorgungszusagen der aktiven Mitarbeiter ein.12 Dies umfasst sowohl vor der Transaktion erdiente als auch während künftiger Dienstzeiten zu erwerbende Anwartschaften. Auch hier muss er grundsätzlich die vorhandenen Versorgungsregelungen unverändert weiterführen. Ausnahmen gibt es jedoch dann, wenn die bAV sowohl auf Seiten des Veräußerers als auch beim Erwerber kollektivrechtlich geregelt ist. Hier kann es zu einer Ablösung der übernommenen Regelungen durch die Versorgungsprogramme des Käufers kommen.13 Zudem muss bei kollektivrechtli-

_____ 6 Kap. 9 Rn. 102. 7 Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schnitker, Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen, 5. Aufl. 2016, Teil J, Rn. 392, S. 1.300, siehe ferner Kap. 9 Rn. 102 f. 8 § 613a Abs. 1 S. 1 BGB, vgl. auch Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schnitker, Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen, 5. Aufl. 2016, Teil J, Rn. 424, S. 1.310; siehe ferner Kap 9 Rn. 109 ff. 9 Kap. 1 Rn. 291 ff. 10 BAG Urt. v. 13.2.2003 – 8 AZR 654/01; siehe ferner Kap. 9 Rn. 109. 11 Kap. 9 Rn. 2 ff. 12 Kap. 9 Rn. 109 ff. 13 § 613a Abs. 1 S. 3 BGB; siehe ferner Kap. 9 Rn. 129 ff.

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A. Betriebliche Versorgungsverpflichtungen in einer Unternehmenstransaktion

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cher Regelung der Altersversorgung auf Seiten des Verkäufers u.U. eine einjährige Änderungssperre berücksichtigt werden.14 Bei einer späteren Änderung der bAV ist wiederum die Rechtsprechung des BAG zu beachten.15 Somit richten sich nach einem Asset Deal die Versorgungsansprüche der von 6 der Transaktion betroffenen Arbeitnehmer grundsätzlich gegen den Erwerber. Diese Rechtsfolge steht im Anwendungsbereich des § 613a BGB nicht zur Disposition der Parteien.16 Gleichwohl haftet der Veräußerer neben dem Käufer gesamtschuldnerisch für solche Versorgungsverpflichtungen, die vor der Unternehmenstransaktion erdient wurden und vor Ablauf von einem Jahr nach der Transaktion fällig werden.17

Abbildung 1: Übergehende Versorgungsverpflichtungen

Da Dienstverhältnisse von Nichtarbeitnehmern gem. § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG18 7 nicht auf den Erwerber übergehen, verbleiben auch die Versorgungsverpflichtungen gegenüber diesen Personen beim Veräußerer. Dies gilt auch dann, wenn der Erwerber die Versorgungsberechtigten außerhalb des Anwendungsbereichs von § 613a

_____ 14 § 613a Abs. 1 S. 2 BGB; siehe ferner Kap. 9 Rn. 121 ff. 15 Kap. 9 Rn. 2 ff. 16 Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schnitker, Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen, 5. Aufl. 2016, Teil J, Rn. 439, S. 1.315. 17 Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schnitker, Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen, 5. Aufl. 2016, Teil J, Rn. 490, S. 1.331; siehe ferner Kap. 9 Rn. 136. 18 Kap. 1 Rn. 291 ff.

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Kapitel 10 bAV und M&A

BGB übernimmt, da dies auf Grundlage eines neuen Dienstvertrages erfolgt. Eine beim Verkäufer erworbene Versorgungsanwartschaft kann – wenn der Versorgungsberechtigte unter den persönlichen Anwendungsbereich des BetrAVG fällt – nach § 4 BetrAVG oder – wenn das nicht der Fall ist – in entsprechender Anwendung des § 4 BetrAVG auf den Erwerber übertragen werden. Dies erfordert jedoch eine explizite dreiseitige Vereinbarung.19

II. Pensionsverpflichtungen als Nettoschuldposten 8 In jedem Fall übernimmt der Käufer also Versorgungsverpflichtungen, die vor der

Transaktion erdient wurden. Diese Tatsache wird bei der Festlegung des Kaufpreises regelmäßig berücksichtigt. Basis des Kaufpreises bildet der Unternehmens(gesamt-)wert. Um diesen zu 9 bestimmen, gibt es unterschiedliche Ansätze.20 Dieser Wert wird sodann um den Saldo aus Schuldposten und Liquidität, die Nettoschuld (Net Debt), korrigiert, um den Transaktionswert zu erhalten. Darüber hinaus beeinflussen subjektive Faktoren sowie das marktwirtschaftliche Prinzip von Angebot und Nachfrage den letztendlichen Kaufpreis: Je höher die erwarteten Synergieeffekte auf Käuferseite, desto größer wird dessen Bereitschaft sein, einen höheren Preis zu zahlen – und je mehr sich der Verkäufer bspw. aus finanziellen Gründen gezwungen sieht, sein Unternehmen zu veräußern, desto eher wird er bereit sein, einen geringeren Kaufpreis zu akzeptieren.21 Je mehr Bieter sich für das zum Verkauf stehende Unternehmen interessieren, desto höher wird der Kaufpreis in der Regel ausfallen. Vor dem Transaktionszeitpunkt erworbene Versorgungsverpflichtungen wer10 den in diesem Prozess in aller Regel wie Fremdkapital behandelt. Der Wert der ungedeckten Pensionsverpflichtungen wird als Teil der Nettoschuld vom Unternehmens(gesamt-)wert in Abzug gebracht. Dabei kommen nur in seltenen Fällen die in der Bilanz ausgewiesenen Pensionsrückstellungen zum Tragen. Vielmehr erfolgt regelmäßig eine Anpassung des Fremdkapitals (Net Debt Adjustment).22 Dies ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass Vermögenswerte, die der Finanzierung der Versorgungsverpflichtungen dienen, nicht in allen Fällen automatisch auf den Erwerber übergehen. Zum anderen erfolgt eine Unternehmenstransaktion in aller Regel nicht auf der Basis von Buchwerten, sondern von Marktwerten.23

_____ 19 Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schnitker, Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen, 5. Aufl. 2016, Teil J, Rn. 432, S. 1.313 f. 20 Schramm/Hansmeyer/Beyer/Castedello, Transaktionen erfolgreich managen, Kap. 4.1. 21 Schramm/Hansmeyer/Beyer/Castedello, Transaktionen erfolgreich managen, Kap. 4.1.4. 22 Jungblut/Burg, BB 8.2011, S. 491. 23 Vgl. Rn. 46 ff.

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A. Betriebliche Versorgungsverpflichtungen in einer Unternehmenstransaktion

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Abbildung 2: Ermittlung des Kaufpreises

III. Garantieklauseln im Kaufvertrag Die Berücksichtigung der Versorgungsverpflichtungen als Teil der Nettoschuld fin- 11 det naturgemäß dort ihre Grenze, wo die Verpflichtungen nur schwer oder gar nicht quantifizierbar sind. In der Regel handelt es sich hierbei um Risiken, also um Kosten, die sich nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit realisieren werden. Derartige Risiken ergeben sich zumeist aus wirtschaftlichen oder arbeitsrechtlichen, seltener aus steuerlichen Zweifelsfragen.24 Da diese Risiken also bei der Kaufpreisfindung unberücksichtigt bleiben, wer- 12 den sie in der Regel im Kaufvertrag in Form von Garantieklauseln berücksichtigt. Derartige Garantien beschränken sich nicht auf die bAV. Sie sind vielmehr zentraler Bestandteil nahezu jedes Unternehmenskaufvertrags. Der Käufer lässt sich wesentliche wertbildende Faktoren des Zielunternehmens zusichern, um im Falle des Nicht-Vorliegens einen Schadenersatzanspruch geltend machen zu können.25

IV. Ziel der Pension Due Diligence Ziel der Pension Due Diligence ist es, die vom Erwerber zu übernehmenden Versor- 13 gungsverpflichtungen zu identifizieren und verlässlich einzuschätzen. Dazu gehört

_____ 24 Rn. 70 ff. 25 Schramm/Hansmeyer/Balda, Transaktionen erfolgreich managen, Kap. 8.5, S. 307.

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neben einer bestmöglichen Quantifizierung des übergehenden Verpflichtungsumfangs sowie der künftig anfallenden Kosten und Liquiditätsabflüsse eine Analyse der mit der bAV verbundenen Risiken. Hierbei sind insbesondere arbeitsrechtliche, steuerliche und administrative Risiken zu untersuchen. Das bestehende Versorgungssystem ist also auch daraufhin zu prüfen, ob seine Regelungen im Einklang mit dem geltenden Arbeits- und Steuerrecht stehen und ob bzw. wie eine ordnungsgemäße Durchführung und Administration auch nach dem Übergang auf den Erwerber sichergestellt werden kann.26 Idealerweise ist in diesem Zusammenhang bereits abzuwägen, ob die übernommenen Versorgungsregelungen unverändert fortgeführt werden sollen oder in die Versorgungslandschaft des Erwerbers integriert werden können. In der Praxis steht dieser Gedanke bei der Due Diligence aber zumeist im Hintergrund. Letztendlich liegt der Fokus der Due Diligence in aller Regel auf den finanziellen und weniger auf den HR-politischen Implikationen.

B. Ablauf einer Pension Due Diligence B. Ablauf einer Pension Due Diligence I. Fact Book und Vendor Due Diligence 14 Damit sich der Kaufinteressent ein angemessenes Bild vom zu erwerbenden Unter-

nehmen machen kann, muss der Verkäufer umfangreiche Informationen zur Verfügung stellen. Dies betrifft selbstverständlich auch die betrieblichen Versorgungsverpflichtungen. Für die erste Ansprache der potentiellen Investoren wird zumeist ein Informa15 tion Memorandum erstellt. Dieses enthält grundlegende Informationen über das Zielunternehmen. Dazu gehören vor allem das Produktportfolio, die aktuelle Strategie, Struktur und Historie der Organisation und des operativen Geschäfts, die Vorstellung von Management und Schlüsselpersonen sowie zentrale Finanzinformationen über das Unternehmen.27 Die bAV bleibt hier noch ohne Erwähnung. Die potentiellen Erwerber, mit denen auf dieser Grundlage das Eingehen von 16 Kaufverhandlungen vereinbart wird, erhalten sodann detailliertere Informationen über das Unternehmen. Hierzu gehören auch Angaben über die bAV. Hierfür werden Dokumente in den Datenraum eingestellt.28 Darüber hinaus wird im Auftrag des Verkäufers häufig ein Fact Book oder ein Vendor Due Diligence Bericht verfasst und den Interessenten zur Verfügung gestellt.

_____ 26 Schramm/Hansmeyer/Jungblut/Pearce, Transaktionen erfolgreich managen, Kap. 5.5.1, S. 133. 27 Schramm/Hansmeyer/Hansmeyer/Roling, Transaktionen erfolgreich managen, Kap. 5.1.1.1, S. 83. 28 Vgl. Rn. 19 ff.

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B. Ablauf einer Pension Due Diligence

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Bei einem Fact Book handelt es sich um die Zusammenstellung relevanter und 17 nachvollziehbarer Finanzinformationen.29 Eine Bewertung oder Interpretation der dargestellten Fakten unterbleibt. Im Hinblick auf die betrieblichen Versorgungsverpflichtungen enthält das Fact Book also eine kurze Beschreibung der Versorgungslandschaft sowie quantitative Angaben zu Beitragszahlungen, Pensionsrückstellungen und Planvermögen sowie zum Pensionsaufwand. Ein Vendor Due Diligence Bericht geht darüber hinaus. Ein solcher Bericht 18 adressiert typische Fragestellungen eines Erwerbers im Voraus. Den Interessenten soll eine möglichst zutreffende Bewertung des Unternehmens und der mit einer Akquisition verbundenen Chancen und Risiken ermöglicht werden.30 Somit beinhaltet die Vendor Due Diligence, VDD, hinsichtlich der bAV neben den reinen Fakten auch eine Bewertung bspw. des der Pensionsrückstellung zugrunde liegenden Bewertungsansatzes oder des Finanzierungsstatus eines externen Versorgungsträgers, idealerweise aber ebenso Hinweise auf Möglichkeiten und Folgen bspw. einer Fortführung bzw. Änderung der derzeitigen Finanzierung.

II. Datenraum Unabhängig von Fact Book oder Vendor Due Diligence Bericht gilt es für den Ver- 19 käufer, möglichen Kaufinteressenten angemessene operative, rechtliche, steuerliche und finanzwirtschaftliche Informationen im Datenraum zur Verfügung zu stellen. Während diese Datenräume bis vor einigen Jahren zumeist eine physische Sammlung von Ordnern in einem festen Raum darstellten, sind sie heute i.d.R. elektronisch (elektronischer Datenraum) organisiert. Die Möglichkeit, Dokumente herunterzuladen oder auszudrucken bzw. im Falle eines physischen Datenraums zu kopieren, ist nicht immer gegeben. Die Bestückung des Datenraums erfolgt zum Teil in zwei Schritten, indem 20 kommerziell sensible Dokumente erst in einer zweiten Phase einem bereits eingeschränkten Kreis von Bietern zur Einsicht überlassen werden.31 Die Informationen zur bAV werden i.d.R. bereits in weiten Teilen im ersten Schritt in den Datenraum eingestellt. Relevante Dokumente sind in diesem Zusammenhang vor allem versicherungsmathematische Gutachten, Pensionspläne, Versicherungsverträge sowie Verträge mit externen Versorgungsträgern oder Finanzierungsinstrumenten wie Unterstützungskassen, Pensionsfonds oder Treuhändern.32

_____ 29 Schramm/Hansmeyer/Hansmeyer/Roling, Transaktionen erfolgreich managen, Kap. 5.1.4, S. 86. 30 Schramm/Hansmeyer/Hansmeyer/Roling, Transaktionen erfolgreich managen, Kap. 5.1.4, S. 85. 31 Schramm/Hansmeyer/Hansmeyer/Roling, Transaktionen erfolgreich managen, Kap. 5.1.4, S. 84. 32 Jungblut, VVBmagazin 3/2017, S. 87.

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Kapitel 10 bAV und M&A

Abbildung 3: Datenrauminhalt

3 Praxistipp Häufig werden die in den Datenraum einzustellenden Dokumente dezentral vorgehalten. Daher empfiehlt es sich für den Verkäufer, mit der Bestandserfassung und dem Zusammenstellen dieser Unterlagen frühzeitig zu beginnen. Dabei sollte auch berücksichtigt werden, dass u.U. nur Teilbestände der vorhandenen Belegschaft von der Transaktion betroffen sein werden, versicherungsmathematische Gutachten und ähnliche Berechnungen und Zusammenstellungen aber i.d.R. die gesamte Belegschaft der übergeordneten Einheit erfassen.33

III. Fragen- und Antwortenprozess 21 Parallel zu der – i.d.R. zeitlich begrenzten – Öffnung des Datenraums gibt es zumeist

einen strukturierten Fragen- und Antwortenprozess. In diesem können Interessenten zu den einzelnen Sachverhalten den Verkäufer befragen.34 Es werden regelmäßig Fragen zugelassen, welche sich auf in den Datenraum eingestellte Dokumente beziehen. Teilweise ist die Anzahl der Fragen pro Bieter begrenzt. Die Fragen sind schriftlich einzureichen, wobei diese üblicherweise zu priorisie22 ren sind. Antworten werden ebenfalls schriftlich gegeben. Darüber hinaus gibt es in vielen Fällen sog. Expertentreffen, Expert Sessions, 23 zwischen den einzelnen Bietern und dem Verkäufer. Ziel dieser Expertentreffen ist

_____ 33 Jungblut, VVB magazin 3/2017, S. 87. 34 Schramm/Hansmeyer/Hansmeyer/Roling, Transaktionen erfolgreich managen, Kap. 5.1.4, S. 84.

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B. Ablauf einer Pension Due Diligence

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es, komplexe Fragestellungen persönlich oder telefonisch zu besprechen, die aufgrund ihres Erläuterungsbedarfs im Datenraum nicht darstellbar sind.35 Darüber hinaus werden aus Datenraum und schriftlichem Frage- und Antwortenprozess offen gebliebene Punkte behandelt. Fragen zu Pensionsthemen können zumeist in den Finance Expert oder allge- 24 meinen Vergütungs-/HR Sessions gestellt werden. Nur in den Fällen, in denen das Zielunternehmen umfangreiche Versorgungsverpflichtungen hat, werden gesonderte Expertentreffen zur bAV angeboten. In der Praxis sind für die bAV allgemeine Finance Expert Sessions zumeist nur dann hilfreich, wenn hieran auf Verkäuferseite ein Altersversorgungsspezialist teilnimmt. Praxistipp 3 Da die Anzahl der zugelassenen Fragen und auch der zeitliche Umfang der Expertentreffen i.d.R. begrenzt sind, ist es auf der Seite des Bieters elementar, die Fragen sorgfältig auszuwählen und zu priorisieren. Der Fokus sollte stets auf den wesentlichen Versorgungsverpflichtungen und Risiken liegen.

IV. Buy Side Due Diligence Berichterstattung Kernbestandteile eines Due Diligence Berichts sind Financial, Tax und Legal Due 25 Diligence.36 Diese Untersuchungen können durch weitere spezielle Analysen ergänzt werden. Die Pension Due Diligence stellt zumeist einen Teil der Financial Due Diligence dar; auch in der Legal Due Diligence finden die Versorgungsverpflichtungen aber Berücksichtigung. Seltener gibt es eine eigene, separate Pension Due Diligence. Auf Basis der in Fact Book, Vendor Due Diligence Bericht und Datenraum zur 26 Verfügung gestellten Informationen erfolgt eine Analyse der bestehenden Versorgungsverpflichtungen und der mit diesen verbundenen Risiken. Dazu gehören ■ eine umfassende Bestandserfassung der vorhandenen Versorgungsregelungen und ihrer jeweiligen Finanzierung, ■ soweit möglich, eine Quantifizierung der mit den einzelnen Versorgungsregelungen verbundenen, bereits erdienten Verpflichtungen sowie der künftigen Kosten und Liquiditätsabflüsse, ■ eine Diskussion der möglichen Einflüsse auf die ermittelten Verpflichtungsumfänge und künftigen Kosten (bspw. Sensibilitätsanalysen im Hinblick auf die gewählten Annahmen oder Einflüsse eines geplanten Personalabbaus), ■ die Identifizierung der mit den Versorgungsregelungen verbundenen Risiken, ■ Hinweise auf mögliche Ausgliederungsthemen.

_____ 35 Schramm/Hansmeyer/Hansmeyer/Roling, Transaktionen erfolgreich managen, Kap. 5.1.4, S. 85. 36 Schramm/Hansmeyer/Hansmeyer/Roling, Transaktionen erfolgreich managen, Kap. 5.1.6, S. 96.

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27 Die Ergebnisse dieser Analysen werden in einem Due Diligence Bericht darge-

stellt. Sofern die Pension Due Diligence einen Teil der Financial Due Diligence bildet, werden deren Erkenntnisse häufig den jeweiligen Abschnitten der Financial Due Diligence zugeordnet, also bspw. die Quantifizierung der Versorgungsverpflichtungen und die diesbzgl. Sensibilitätsanalysen der Bewertung von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten und die Liquiditätsabflussanalyse der Liquiditätsentwicklung. Stellt die Pension Due Diligence einen selbständigen Abschnitt des Due Diligence Berichts dar, ergibt sich ihre Struktur aus der vorgefundenen Versorgungslandschaft, folgt im Wesentlichen aber den oben dargestellten Inhalten. Die wesentlichsten Erkenntnisse (Key Issues) sollten jedoch stets gesondert hervorgehoben werden. Häufig geht dem Due Diligence Bericht ein sog. Red Flag Bericht voran. Hierfür 28 werden lediglich erste Analysen vorgenommen, die deutlich weniger umfänglich sind. Ziel ist es, die wesentlichen Chancen und Risiken eines Unternehmenserwerbs zu erfassen, um sodann zu entscheiden, ob in Kaufverhandlungen und die hierfür erforderlichen detaillierteren Untersuchungen eingestiegen werden soll. Für die betrieblichen Versorgungsverpflichtungen bedeutet dies, dass nur die materiell herausragenden Versorgungsprogramme analysiert und zu diesen nur die wesentlichsten Fakten und Risiken aus dem oben aufgeführten Katalog dargestellt werden.

C. Inhalt einer Pension Due Diligence C. Inhalt einer Pension Due Diligence 29 Die bisherigen Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf die bAV. Gleichwohl

ist der Begriff „Pensionen“ im Rahmen einer Pension Due Diligence häufig als Oberbegriff für alle langfristigen Arbeitgeberleistungen zu verstehen. Dazu rechnen bspw. auch Deputate (die i.d.R. als bAV einzuordnen sind), Vorruhestandsleistungen, Altersteilzeitverpflichtungen oder Jubiläumsleistungen.37 Die folgenden Erläuterungen sind auf die bAV abgestellt, analog aber auf die weiteren jeweils zu berücksichtigenden Verpflichtungen anzuwenden. 3 Praxistipp Es empfiehlt sich, gleich zu Beginn der Due Diligence verbindlich zu klären, welche Verpflichtungen unter dem Begriff „Pensionen“ berücksichtigt werden sollen und welche hiervon abzugrenzen sind.

30 Betriebliche Versorgungsverpflichtungen sind nicht auf Deutschland beschränkt.

Insbesondere in den USA, in Großbritannien, den Niederlande, Belgien, Schweden, Norwegen und der Schweiz gibt es häufig umfangreiche Versorgungsprogramme.

_____ 37 Schramm/Hansmeyer/Jungblut/Pearce, Transaktionen erfolgreich managen, Kap. 5.5.1, S. 133.

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C. Inhalt einer Pension Due Diligence

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Auch wenn die folgenden Ausführungen sich auf deutsche bAV konzentrieren, sind die dargestellten Überlegungen analog auf Versorgungsregelungen außerhalb Deutschlands anzuwenden. Dabei sind jedoch die jeweiligen nationalen arbeitsrechtlichen und sonstigen Rahmenbedingungen zu beachten. Hierzu gehört auch, dass in einigen Ländern die Verpflichtungen aus den erdienten Versorgungsanwartschaften beim Verkäufer verbleiben können. Praxistipp 3 In einem ersten Schritt der Pension Due Diligence gilt es zu untersuchen, in welchen Ländern es Versorgungsverpflichtungen gibt, inwieweit diese auf den Erwerber übergehen und welche dieser Pensionsprogramme im Gesamtkontext der Due Diligence wesentlich sind. Nur diese werden in der Pension Due Diligence detailliert analysiert.

I. Bestandserfassung In einem ersten Schritt sind die vom Erwerber zu übernehmenden Versorgungs- 31 verpflichtungen zu identifizieren. Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis zur übergehenden Versorgungslandschaft, d.h. der bestehenden Pläne, ihrer Finanzierung und ihrer jeweiligen Kostentragung durch Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer, zu erlangen. Die auf den Erwerber übergehenden Versorgungsverpflichtungen können auf 32 Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen, Gesamtzusagen, vertraglichen Einheitsregelungen oder Individualzusagen sowie auf betrieblicher Übung oder auf Gleichbehandlungsgrundsätzen beruhen.38 Insbesondere die beiden letztgenannten Kategorien sind oft schwer zu erfassen, können aber nichtsdestoweniger einen erheblichen Verpflichtungsumfang bedingen. Ferner ist das Augenmerk auch auf gekündigte Vereinbarungen zu legen, da diese nachwirken können oder die Kündigung bei Nichteinhalten der höchstrichterlichen Anforderungen u.U. sogar rechtsunwirksam sein kann.39 Im Rahmen der Bestandserfassung sind die unterschiedlichen Versorgungsplä- 33 ne entsprechend ihrer grundlegenden Struktur zu ordnen:

1. Leistungsorientierte Versorgungspläne Obwohl das BetrAVG eine Unterscheidung in leistungs- und beitragsorientierte Ver- 34 sorgungspläne nicht in aller Deutlichkeit vornimmt, wird eine solche Differenzie-

_____ 38 Siehe Kap. 1 Rn. 561 ff. 39 Schramm/Hansmeyer/Jungblut/Pearce, Transaktionen erfolgreich managen, Kap. 5.5.1, S. 134.

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rung in der Praxis, insbesondere in Zusammenhang mit einer Pension Due Diligence, regelmäßig vorgenommen. Dabei werden als leistungsorientierte Versorgungszusagen (Defined Benefit Plan) solche Zusagen bezeichnet, welche dem Leistungsprimat folgen. Dem Mitarbeiter wird also eine Versorgungsleistung in einer vorgegebenen Höhe in Aussicht gestellt. Dies kann bspw. mittels einer Leistungszusage als Festbetragszusage oder als endgehaltsabhängigen Zusage geschehen40, aber auch auf Basis einer beitragsorientierten Leistungszusage,41 bei der sich die sich aus den Beiträgen ergebende Versorgungsleistung ausschließlich anhand einer feststehenden Tabelle, Verzinsung oder Formel ergibt. Zumeist sind leistungsorientierte Zusagen in Deutschland als Direktzusage organisiert.42 Werden leistungsorientierte Versorgungspläne über einen externen Durchführungsweg, bspw. eine Pensionskasse, durchgeführt, ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, die hierfür erforderlichen Beiträge zu erbringen.

2. Beitragsorientierte Versorgungspläne 35 Unter beitragsorientierten Versorgungsplänen ergeben sich die späteren Versorgungsleistungen unmittelbar aus den während der aktiven Dienstzeit erbrachten Beiträgen und den hieraus im Rahmen einer externen Kapitalanlage – wie bspw. einer Treuhandeinrichtung43, aber auch einer Direkt- oder Rückdeckungsversicherung – erzielten Erträgen.44 Dabei ist danach zu differenzieren, ob es sich um eine reine Beitragszusage45 (Defined Contribution Plan) handelt oder ob es darüber hinaus eine Mindestleistung gibt.46 Bei Vorliegen einer Mindestleistung setzt eine Klassifizierung als beitragsorientierte Versorgungszusage voraus, dass sich der Aufwand des Arbeitgebers stets an den zugesagten Beiträgen ausrichtet und die erworbenen Anwartschaften durch die erbrachten Beitragszahlungen grundsätzlich ausfinanziert sind, die zugesagte Mindestleistung für den Arbeitgeber also aller Voraussicht nach keine zusätzlichen Kosten impliziert.

_____ 40 Siehe Kap. 1 Rn. 469 ff. 41 § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG. 42 Kap. 1 Rn. 471 ff. 43 Kap. 1 Rn. 372 sowie Kap. 8 Rn. 323 ff. 44 Zur Direktversicherung siehe Kap. 1 Rn. 373 ff., Kap. 6 Rn. 148 ff.; zur Rückdeckungsversicherung siehe Kap. 1 Rn. 370. 45 In Deutschland als unter das BetrAVG fallende bAV im sog. Sozialpartnermodell möglich seit 2018, §§ 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG, 21–25 BetrAVG, siehe Kap. 1 Rn. 523 ff. 46 Beitragsorientierte Leistungszusage nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG, siehe Kap. 1 Rn. 477 ff., Beitragszusage mit Mindestleistung nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG, siehe Kap. 1 Rn. 500 ff.

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3. Gemeinschaftliche Versorgungspläne Gemeinschaftliche Versorgungspläne mehrerer Arbeitgeber (Multi Employer Plan) 36 sind grundsätzlich extern finanzierte Zusagen. Sie verdienen dann besondere Aufmerksamkeit, wenn sie leistungsorientiert ausgestaltet sind, gleichwohl aber die Besonderheit aufweisen, dass das dem jeweiligen Unternehmen zuzurechnende Vermögen der externen Versorgungseinrichtung nicht ohne weiteres identifiziert werden kann. Beispiele hierfür sind häufig öffentlich-rechtliche Versorgungseinrichtungen, aber auch einige unternehmensübergreifende Pensionskassen und nicht-segmentierte Gruppenunterstützungskassen.

4. Unternehmenserwerb aus der Insolvenz Besonderheiten sind bei einem Unternehmenserwerb aus der Insolvenz im An- 37 wendungsbereich des § 613a BGB zu beachten.47 In diesem Fall ist im Zuge der Bestandsaufnahme auch zu untersuchen, welcher Teil der Versorgungsverpflichtungen vom Erwerber künftig zu erfüllen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG beschränkt sich dieser in aller Regel auf die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erdienten Anwartschaften.48 Vor diesem Zeitpunkt erworbene Versorgungsanwartschaften und -ansprüche werden, soweit sie zum Zeitpunkt der Insolvenz gesetzlich unverfallbar waren, vom PSV übernommen; bei Insolvenz gesetzlich verfallbare Anwartschaften können als Insolvenzforderung geltend gemacht werden.49 Soweit anderweitige insolvenzsichernde Maßnahmen getroffen wurden, bspw. durch Einrichtung eines geeigneten Treuhandkonstruktes, kommen diese zum Tragen. Inwieweit die oben geschilderte Auffassung mit EU-rechtlichen Vorgaben in 38 Einklang steht und also beibehalten werden kann, hat das BAG dem EuGH aktuell zur Prüfung vorgelegt.50 Sofern der EuGH die eingeschränkte Geltung von § 613a Abs. 1 BGB im Falle eines Betriebsübergangs in der Insolvenz als unvereinbar mit hier maßgeblichen EU-Richtlinien51 beurteilt, werden Erwerber in derartigen Fällen künftig u.U. auch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens gesetzlich noch verfallbare Anwartschaften übernehmen müssen. Dies würde nicht nur übergehende Mitarbeiter betreffen, die zu diesem Zeitpunkt die gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen noch nicht vollendet haben, sondern auch Anwartschaftssteigerungen aufgrund von dynamischen Bezugsgrößen. Die finanziellen Auswirkungen für potentielle Käufer

_____ 47 Siehe dazu auch Kap. 9 Rn. 137 ff. 48 So auch BAG Urt. v. 17.1.1980 – 3 AZR 160/79 = NJW 1980, 1124; BAG Urt. v. 29.10.1985 – 3 AZR 485/83; BAG Urt. v. 25.5.2005 – 3 AZR 649/03 = NZA-RR 2006,373; siehe ferner Kap. 9 Rn. 137. 49 Gantenberg/Hinrichs/Janko, ZinsO 22.2009, 1000, 1001; Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker/ Schnitker/Sittard, Teil 17A, Rn. 780 f. 50 BAG Beschl. v. 16.10.2018 – 3 AZR 139/17 (A), 3 AZR 878/17 (A). 51 Im Wesentlichen Art. 3 Abs. 4 und Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2001/23/EG sowie Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG.

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dürften allerdings in Anbetracht der zuletzt zum 1.1.2018 verkürzten Unverfallbarkeitsfristen sowie der zunehmenden Verbreitung beitragsorientierter Pläne in den meisten Fällen überschaubar sein.

II. Quantifizierung der Verpflichtungen 1. Leistungsorientierte Versorgungspläne a) Verpflichtungsumfang 39 Bei einem leistungsorientierten Versorgungsplan gehen Versorgungsanwartschaf-

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ten und ggf. auch -ansprüche auf den Erwerber über (im Folgenden einheitlich „Versorgungsansprüche“), welche sich unmittelbar aus den einschlägigen Planregelungen ergeben. Da der Erwerber nach erfolgter Transaktion für diese einzustehen hat, steht ihm hierfür eine finanzielle Kompensation zu, die sich letztendlich im Kaufpreis niederschlägt.52 Die angemessene Kompensation entspricht dem wirtschaftlichen Wert der übergehenden Versorgungsansprüche, soweit dieser nicht durch ebenfalls zu transferierendes externes Vermögen gedeckt ist. Eine erste Indikation hierfür stellt der Bilanzausweis, also die ausgewiesene Pensionsrückstellung, dar. In diesem Zusammenhang sind jedoch zahlreiche Überlegungen anzustellen, welche die Bewertung des übergehenden Verpflichtungsumfangs aus leistungsorientierten Zusagen zu einem der wesentlichsten Inhalte einer Pension Due Diligence machen. Die Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen unter deutschem Handelsrecht, HGB, folgt dem gewählten Finanzierungsweg. Nur für unmittelbare Zusagen ist grundsätzlich ein Bilanzausweis erforderlich. Versorgungsverpflichtungen aus mittelbaren Zusagen unterliegen dagegen dem Bilanzierungswahlrecht. Im Falle einer Unterdeckung genügt hier also ein Ausweis im Bilanzanhang.53 Internationale Bilanzierungsstandards, also IFRS, aber auch US GAAP, orientieren sich dagegen an dem Typus der Versorgungszusage. Ungedeckte Verpflichtungen aus leistungsorientierten Programmen sind unabhängig von ihrer Finanzierungsform bilanziell auszuweisen.54 Unter gewissen Voraussetzungen erfolgt sowohl unter HGB als auch unter IFRS (sowie auch unter US GAAP) eine Saldierung von Verpflichtungsumfang und Deckungs- bzw. Planvermögen.55

_____ 52 Rn. 8 ff. 53 Art. 28 EGHGB; siehe ferner Kap. 4 Rn. 1 ff. 54 IAS 19.63; ASC 715-30-20-1. 55 Siehe Kap. 4, Rn. 15 f., 60; IAS 19.63, zur Definition von Planvermögen vgl. IAS 19.8; ASC 715-3020-1, zur Definition von Planvermögen vgl. ASC 715-30-20 Glossary; § 246 Abs. 2 HGB. Da sich IFRS

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Im Hinblick auf HGB ist darüber hinaus zu beachten, dass u.U. der sich aus 44 der Einführung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes ergebende Unterschiedsbetrag bislang nicht vollständig aufgelöst wurde und ein Teil des Verpflichtungsumfangs also noch nicht in der bilanziellen Pensionsrückstellung berücksichtigt ist.56 Fettnapf 3 Aus der Tatsache, dass unter HGB keine Pensionsrückstellung ausgewiesen ist, darf nicht geschlossen werden, dass es keine erheblichen leistungsorientierten Versorgungsverpflichtungen gibt. Stets ist auch der Bilanzanhang zu beachten.

Soweit für die Bedeckung der Versorgungsverpflichtungen externes Vermögen 45 reserviert ist und dieses ebenfalls auf den Käufer übergeht, wird auf einen Kaufpreisabzug verzichtet. Unter HGB bzw. IFRS anerkanntes Deckungs- bzw. Planvermögen ist leicht identifizierbar, da es mit den Verpflichtungen saldiert und im Bilanzanhang dargestellt wird. Daneben kann es jedoch weiteres Vermögen geben, welches zwar für Versorgungszwecke reserviert, nicht aber saldiert wird. Dies können bspw. nicht verpfändete Rückdeckungsversicherungen oder sonstige Kapitalanlagen sein, die nicht in ein als Deckungs- bzw. Planvermögen qualifizierendes Treuhandmodell eingebracht sind. Praxistipp 3 Auch nicht als Deckungs- bzw. Planvermögen qualifizierendes Vermögen kann mit der übergehenden Versorgungsverpflichtungen verrechnet werden. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass diese Vermögenswerte nicht auch als sonstige Vermögenswerte Berücksichtigung finden und somit doppelt angesetzt werden. Dies ist mit dem Team, das die Financial Due Diligence durchführt, abzustimmen.

Nachdem der in der Bilanz oder im Bilanzanhang ausgewiesene Umfang der Versor- 46 gungsverpflichtungen sowie ggf. das diesen Verpflichtungen zuzurechnende externe Vermögen identifiziert sind und somit als Ergebnis der Wert der ungedeckten Versorgungsansprüche vorliegt, gilt es in einem zweiten Schritt, die Angemessenheit dieses Wertes zu hinterfragen. Hierbei liegt der Fokus zunächst auf dem Umfang der Versorgungsverpflichtungen, also vor dessen Verrechnung mit eventuellen Vermögenswerten.

_____ und US GAAP in den für eine Pensions Due Diligence maßgeblichen Vorgaben weitgehend entsprechen, wird im Folgenden lediglich auf IFRS Bezug genommen. 56 Art. 67 Abs. 1 EGHGB: Soweit aufgrund der durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz geänderten Bewertung der Pensionsverpflichtungen eine Zuführung zu den Pensionsrückstellungen erforderlich wurde, musste der Differenzbetrag nicht sofort gebucht werden, sondern ist bis spätestens zum 31.12.2024 anzusammeln; siehe auch Kap. 4 Rn. 9 ff.

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Der für Bilanz bzw. Bilanzanhang ermittelte Umfang der Versorgungsverpflichtungen wird bestimmt durch die versicherungsmathematische Bewertungsmethode und durch die der Bewertung zugrunde gelegten Annahmen.57 Die Vorschriften von HGB und IFRS weisen in dieser Hinsicht einige wesentliche Unterschiede auf: ■ Bewertungsverfahren: Während unter HGB sowohl das Teilwertverfahren gem. § 6a Abs. 3 S. 2 EStG als auch das Anwartschaftsbarwertverfahren zulässig sind,58 erlaubt IFRS lediglich das Anwartschaftsbarwertverfahren.59 ■ Versicherungsmathematische Annahmen: Sowohl unter HGB als auch unter IFRS sind die Annahmen zu Biometrie, Inflation, Gehalts- und Rententrend so zu wählen, dass diese die bestmögliche Schätzung der künftigen Entwicklung darstellen.60 Der Diskontierungszinssatz, mit dem die künftigen Zahlungsverpflichtungen aus der Versorgungszusage abgezinst werden, wird unter IFRS aus der Verzinsung hochwertiger Unternehmensanleihen hergeleitet, deren Fristigkeit derjenigen der bewerteten Pensionsverpflichtungen entspricht.61 HGB bestimmt hingegen hierfür den durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen zehn Jahre, wobei aus Vereinfachungsgründen stets eine Duration von 15 Jahren angesetzt werden darf.62

48 Grundsätzlich gilt im Transaktionsumfeld das Bewertungsergebnis nach IFRS als

beste Schätzung des wirtschaftlichen Werts der übergehenden Versorgungsverpflichtungen. Sofern das Zielunternehmen lediglich eine Bilanz nach HGB erstellt hat, ist der Verpflichtungsumfang gemäß IFRS also zu berechnen oder zumindest aus dem HGB-Wert qualifiziert zu schätzen. Aber auch, wenn eine IFRS-Bilanz vorliegt, sind die der Bewertung der Versorgungsverpflichtungen zugrundeliegenden Annahmen kritisch zu hinterfragen. Die größte Bedeutung kommt dabei dem Rechnungszins zu. 3 Checkliste ■ Entspricht der Diskontierungszinssatz dem aktuellen Stand und der Duration der übergehenden Versorgungsverpflichtungen? Marktzinssätze verändern sich unterjährig, und die Duration der zu übernehmenden Verpflichtungen kann von der Duration des Bestandes, für den die Annahmen auf Seiten des Veräußerers einheitlich festgelegt wurden, abweichen. Zudem gibt IFRS keinen konkreten Zins vor, sondern nur die Grundprinzipien zu dessen Herleitung. Der vom Verkäufer gewählte Diskontierungszinssatz kann also am unteren oder am oberen Ende des vertretbaren Korridors liegen.

_____ 57 Siehe Kap. 4 Rn. 34 ff., 81. 58 IDW RS HFA 30 n.F., Rn. 60–61; siehe ferner Kap. 4 Rn. 24 ff. 59 IAS 19.67–69; siehe ferner Kap. 4 Rn. 81. 60 § 253 Abs. 1 HGB; IAS 19.76, Kap. 4 Rn. 34, 81. 61 IAS 19.83. 62 § 253 Abs. 2 HGB.

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■ ■

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Stellt der Marktzinssatz den besten Ansatz für den Diskontierungszinssatz dar? Denkbare Alternativen können die interne Unternehmensrendite, der Fremdkapitalzins des Unternehmens oder auch sog. Forward Rates sein. Forward Rates berücksichtigen eine sich aus der Betrachtung unterschiedlicher Zeiträume ergebende implizite Markterwartung, sind in Zusammenhang mit Unternehmenstransaktion en aber nicht unumstritten. Spiegeln die weiteren ökonomischen Annahmen, also Inflation, Gehalts- und Rententrend, realistische Erwartungen wider? Schätzen die verwendeten biometrischen Rechnungsgrundlagen die Lebenserwartung der übergehenden Versorgungsberechtigten realistisch ein? Überwiegend werden in Deutschland für die Bewertung betrieblicher Versorgungsverpflichtungen die Richttafeln von Dr. Klaus Heubeck, RT 2018 G, zugrunde gelegt. Diese Richttafeln beruhen auf Beobachtungen repräsentativer Bevölkerungsgruppen.63 Sofern die von der Transaktion betroffenen Versorgungsberechtigten demgegenüber Besonderheiten ausweisen, kann eine Anpassung der Lebenserwartung angemessen sein.

Die den vorliegenden Bewertungen der Versorgungsverpflichtungen zugrunde lie- 49 genden Annahmen sind vor dem Hintergrund der hier dargestellten Überlegungen zu hinterfragen und zu beurteilen. Eine qualifizierte Schätzung des Wertes der Verpflichtungen, der sich bei Berücksichtigung von als angemessen angesehenen Annahmen ergibt, ist unerlässlich und stellt einen zentralen Bestandteil der Pension Due Diligence dar. Soweit für die Erfüllung der Versorgungsverpflichtungen reservierte Ver- 50 mögensmittel existieren und diese auf den Erwerber übertragen werden sollen, ist der ermittelte Verpflichtungswert diesem Vermögen gegenüberzustellen. Dabei ist das Vermögen in aller Regel mit seinem Marktwert anzusetzen. Übersteigt der Wert des Vermögens den der Versorgungsverpflichtungen, ist zu analysieren, ob diese Überdeckung einen wirtschaftlichen Wert besitzt oder es sich lediglich um eine rechnerische oder bilanzielle Größe handelt. Ist die Überdeckung wirtschaftlich valide, ist darüber hinaus zu untersuchen, ob der Erwerber diese Überdeckung für versorgungsfremde Zwecke oder ausschließlich zugunsten der Versorgung der Mitarbeiter verwenden darf. Unabhängig vom Vorliegen einer Überdeckung ist Vorsicht geboten, soweit das 51 berücksichtigte Vermögen Rückdeckungsversicherungen beinhaltet. Aufgrund der von den Versicherern zu verwendenden Rechnungsgrundlagen kann deren Aktivwert den Verpflichtungsumfang übersteigen, obwohl beiden Größen dieselben Versorgungsverpflichtungen zugrunde liegen. Sofern die Rückdeckungsversicherungen vom Erwerber nicht gekündigt werden können oder sollen, bleibt die diesbezügliche (partielle) Überdeckung ohne wirtschaftlichen Belang. In derartigen

_____ 63 Herleitung aus Materialien von Trägern der bAV, der gesetzlichen Rentenversicherung sowie von berufsständischen Versorgungswerken, zudem aus Bevölkerungsstatistiken und ausländischem Beobachtungsmaterial, siehe Heubeck-Richttafeln 2018G, Textband zu den Richttafeln, Kap. A.1, S. 1 ff.

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Situationen gilt es vielmehr zu prüfen, welche Teile der bestehenden Versorgungsverpflichtungen durch die Rückdeckungsversicherungen gedeckt sind.

b) Kosten 52 Neben dem Wert der übergehenden Versorgungsansprüche sind auch die künftig

anfallenden Kosten der Versorgungspläne wichtige Parameter für die wirtschaftlichen Planungen des Erwerbers und damit für seine Bewertung des zu erwerbenden Unternehmens. Sie fließen in das EBITDA64 ein. Auch für diese Betrachtung hat sich in der Praxis ein IFRS-Ansatz durchgesetzt. Als Kosten eines leistungsorientierten Versorgungsplans gilt danach der laufende Dienstzeitaufwand gemäß IFRS.65 Über dessen künftige Entwicklung können auf Basis von Informationen über die Zusammensetzung und Altersstruktur der Versorgungsberechtigten Aussagen getroffen werden; teilweise liegen entsprechende Prognosen des Verkäufers auch bereits vor. 3 Checkliste Ggf. sind die vom Verkäufer angegebenen Kosten der Versorgungspläne zu bereinigen. Folgende Einflüsse sind herauszurechnen: ■ Zinskosten – diese sind keine Kosten der Versorgungspläne, sondern Teil des Finanzergebnisses. ■ Nachzuverrechnender Dienstzeitaufwand – dieser kann sich aus in der Vergangenheit liegenden Planänderungen oder Restrukturierungs-maßnahmen ergeben und stellt somit i.d.R. keine regelmäßigen Kosten oder Erträge des Versorgungsplans dar.

c) Liquiditätsabfluss 53 Weiterhin ist die Entwicklung des künftigen Liquiditätsabflusses für den Bieter von

Interesse. Bei leistungsorientierten Plänen stimmt dieser häufig nicht mit den Kosten überein. Dies ist insbesondere bei deutschen Direktzusagen ohne vollständige externe Gegenfinanzierung, bspw. über Rückdeckungsversicherungen, der Fall. Aus den ungedeckten Versorgungsverpflichtungen ergibt sich ein Liquiditätsabfluss erst dann, wenn Versorgungsleistungen fällig werden. Der Liquiditätsabfluss aus leistungsorientierten Versorgungsplänen ergibt sich 54 also aus Beiträgen an einen externen Durchführungsweg bzw. ein externes Finan-

_____ 64 Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization, Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände; somit Beschreibung der operativen Leistungsfähigkeit vor Investitionsaufwand (operativer Gewinn). 65 IAS 19.70–74.

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zierungsinstrument sowie aus den Leistungszahlungen, soweit diese nicht aus der externen (Gegen)Finanzierung gedeckt sind. Darüber hinaus sind Beiträge an den PSV für die gesetzliche Insolvenzsicherung zu zahlen. Praxistipp 3 Eine Schätzung von Kosten und Liquiditätsabfluss ist regelmäßig, aber nicht immer, Bestandteil des Pension Due Diligence-Berichts. In welchem Umfang eine solche Prognose gewünscht ist, sollte bereits zu Beginn der Due Diligence mit dem Bieter abgestimmt werden.

2. Beitragsorientierte Versorgungspläne a) Verpflichtungsumfang Reine Beitragszusagen,66 bei denen sich die Verpflichtung des Arbeitgebers in je- 55 dem Falle auf die Zahlung der zugesagten Beiträge beschränkt, spielen im Rahmen einer Pension Due Diligence keine wesentliche Rolle. Es kann davon ausgegangen werden, dass die in der Vergangenheit erdienten Versorgungsansprüche durch die bereits erbrachten Beitragszahlungen ausfinanziert sind. Somit ist lediglich zu prüfen, ob für die Zeit vor der Transaktion sämtliche anfallenden Beiträge beglichen wurden. Anders verhält es sich bei beitragsorientierten Versorgungsplänen, die zwar 56 bilanziell als Beitragszusage n behandelt werden, jedoch eine gewisse Mindestleistung beinhalten.67 In diesen Fällen steht der Arbeitgeber über die Beitragszahlung hinaus auch für die Finanzierung der zugesagten Mindestleistung ein.68 Vor dem Hintergrund des Niedrigzinsumfeldes gewinnt dieses Einstandsrisiko 57 des Arbeitgebers zurzeit an Bedeutung. Wesentliche und praxisrelevante Beispiele hierfür sind: ■ Pensionskassenzusagen mit hohem Rechnungszins: Älteren Pensionskassentarifen liegen Höchstrechnungszinsen von bis zu 4% zugrunde. Auf dem derzeitigen Kapitalmarkt ist eine Verzinsung in dieser Höhe langfristig nicht mehr ohne weiteres erzielbar. Vor diesem Hintergrund haben einzelne (regulierte) Pensionskassen bereits ihre Tarifleistungen gekürzt.69 Die betroffenen Arbeitgeber müssen diese Maßnahme durch höhere Beitragszahlungen oder durch die Übernahme der Leistungsdifferenz ausgleichen.70

_____ 66 Rn. 35. 67 Rn. 35. 68 Für externe Durchführungswege vgl. § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG; siehe ferner Kap. 1 Rn. 350 ff. 69 Siehe Kap. 6 Rn. 111 ff. 70 Kap. 1 Rn. 350 ff.

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Kongruent rückgedeckte Versorgungszusagen,71 bei denen die Höhe der Beiträge an die Rückdeckungsversicherung vorgegeben ist und die Versorgungsleistung der Versicherungsleistung entspricht, werden häufig bilanziell als Beitragszusage n betrachtet, wenngleich es sich arbeitsrechtlich in der Regel um beitragsorientierte Leistungszusagen handelt. In vielen Fällen ist die vorgeschriebene Anpassung laufender Rentenzahlungen durch die versicherte Leistung jedoch nicht garantiert, sondern wird aus der Überschussbeteiligung beglichen. Im derzeitigen Niedrigzinsumfeld reicht die Überschussbeteiligung in vielen Fällen aller Voraussicht nach allerdings nicht mehr aus, um die anstehenden Rentenanpassung en vollständig zu finanzieren.

3 Fettnapf Bilanziell als Beitragszusagen behandelte Versorgungsversprechen bleiben im Rahmen der Pension Due Diligence häufig von vornherein unbeachtet. Diese können aber durchaus Risiken beinhalten oder sogar Unterdeckungen aufweisen, die es im Rahmen der Due Diligence zu identifizieren gilt.

58 Trotz dieser Einstandsrisiken werden derartige Versorgungspläne häufig vom Veräu-

ßerer als Beitragszusagen dargestellt und unter IFRS bei als gering betrachtetem Einstandsrisiko des Arbeitgebers auch als solche behandelt. Im Rahmen der Pension Due Diligence ist zu analysieren, ob diese Interpretation korrekt oder das Risiko aus der Einstandspflicht des Arbeitgebers materiell bedeutsam ist bzw. sich in der Vergangenheit bereits materialisiert hat. Im Falle eines erheblichen Risikos sollte versucht werden, dieses – zumindest näherungsweise – zu quantifizieren. Dies kann durch eine IFRS-Bewertung der betroffenen Versorgungsregelungen als leistungsorientierter Plan geschehen. Gleichwohl kann ein solcher Ansatz zu verzerrten Ergebnissen führen, so dass andere Methoden zielführender sein können. Beispielsweise kann eine gesonderte Betrachtung einzelner Planelemente und somit eine Aufspaltung des Plans in leistungs- und beitragsorientierte Komponenten sinnvoll sein. Ein weiterer Sonderfall sind beitragsorientierte Zusagen auf dem Durchfüh59 rungsweg der Direktzusagen, 72 bei den die zugesagten Beiträge auf dem Kapitalmarkt angelegt werden und die späteren Versorgungsleistungen sich aus dieser Kapitalanlage herleiten.73 Gleichwohl liegt muss auch solchen Zusagen stets eine garantierte Mindestleistung zugrunde liegen, sollen sie als beitragsorientierte Leistungszusagen anerkannt werden.74 Es wird in der Regel entweder direkt eine Min-

_____ 71 Dies kann sowohl Direktzusagen als auch Zusagen über eine Unterstützungskasse betreffen, Kap. 1 Rn. 348 f., Kap. 6 Rn. 344, 374. 72 Rn. 34 f. 73 Siehe bspw. Kap. 1 Rn. 108 f. 74 So auch BAG Urt. v. 30.8.2016 – 3 AZR 361/15; siehe ferner Kap. 1 Rn. 488.

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destverzinsung der Beiträge zugesichert oder es erfolgt eine Ermittlung der Mindestleistung mittels einer Umrechnungstabelle, deren altersabhängige Umrechnungsfaktoren neben biometrischen Annahmen auch eine feste Verzinsung der Beiträge beinhalten. Auch solche Versorgungspläne werden bilanziell häufig als Beitragszusagen dargestellt. Hier gilt es zu hinterfragen, ob die Garantieleistungen stets mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch die Kapitalanlage erwirtschaftet werden können. Da eine bereits vor der Transaktion entstandene Deckungslücke bilanziell auszuweisen ist, handelt es sich hierbei jedoch grundsätzlich um eine zukunftsorientierte Betrachtung unter Berücksichtigung der vorgegebenen bzw. beabsichtigten Kapitalanlagestrategie.

b) Kosten und Liquiditätsabfluss Unter Beitragszusagen und, soweit sie korrekterweise als Beitragspläne behandelt 60 werden, unter beitragsorientierten Zusagen entsprechen sich Kosten und Liquiditätsabfluss. Im Wesentlichen stimmen diese mit den zu entrichtenden Beiträgen überein. In Abhängigkeit von der Finanzierung können zudem Beiträge für die gesetzliche Insolvenzsicherung anfallen.75 Für den Due Diligence Bericht ist zumeist die künftige Entwicklung der Bei- 61 träge aus dem Versorgungsplan zu prognostizieren. Sofern die Beiträge vom Gehalt des Mitarbeiters – oder von sonstigen Größen – abhängen, sind dabei die weiteren Gehaltssteigerungen – bzw. die Steigerungen der sonstigen Größen – zu schätzen. Darüber hinaus hat naturgemäß die künftige Entwicklung des versorgungsberechtigten Personalbestandes einen erheblichen Einfluss auf den Beitragsabfluss. In Sonderfällen kann es weitere Einflussgrößen geben, die bereits zum Trans- 62 aktionsdatum bekannt sind. Beispiele hierfür sind vom Versorgungsträger bereits angekündigte Beitragserhöhungen zum Ausgleich einer – bestehenden oder drohenden – Unterdeckung oder auch die künftige Verpflichtung des Arbeitgebers, bei durch Entgeltumwandlung finanzierten Versorgungszusagen einen Zuschuss zum Ausgleich der ersparten Sozialversicherungsbeiträge zu gewähren.76 Im Rahmen der Due Diligence kann es von Interesse sein, das Erfordernis solcher Zuschüsse bereits im Vorfeld zu prüfen und zumindest näherungsweise zu quantifizieren.

_____ 75 Bspw. bei kongruent rückgedeckten Unterstützungskassenzusagen oder ab 2021 bei Pensionskassen. 76 Für ab dem 1.1.2019 geschlossene Entgeltumwandlungsvereinbarungen, die über Pensionsfonds, Pensionskasse oder Direktversicherung durchgeführt werden, gem. § 1a Abs. 1a BetrAVG, für vor dem 1.1.2019 geschlossene Entgeltumwandlungsvereinbarungen, die über einen der genannten Durchführungswege finanziert werden, ab dem 1.1.2022 gem. § 26a BetrAVG; siehe Kap. 1 Rn. 727 ff.

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3. Gemeinschaftliche Pläne a) Verpflichtungsumfang 63 Gemeinschaftliche Pläne mehrerer Arbeitgeber (im Folgenden „Gemeinschaftli-

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che Pläne“) sind extern finanzierte Pläne, an denen sich mehrere Arbeitgeber beteiligen. Sofern derartige Pläne leistungsorientiert77 ausgestaltet sind, gehören diese im Rahmen der Pension Due Diligence gesondert betrachtet. Aufgrund ihrer mittelbaren Finanzierung unterliegen sie gemäß HGB dem Bilanzierungswahlrecht, d.h. eine evtl. bestehende Deckungslücke ist also zumindest im Bilanzanhang auszuweisen. Nach IFRS unterliegt ein solcher Plan grundsätzlich den Bilanzierungsregeln für leistungsorientierte Zusagen. Nun weisen gemeinschaftliche Pläne regelmäßig aber die Besonderheit auf, dass keine ausreichenden Informationen zur Verfügung stehen, um die Bilanzierungsregeln für leistungsorientierte Pläne anzuwenden bzw. die Deckungslücke verlässlich zu bestimmen. Daher unterbleibt in diesen Fällen ein nominaler Ausweis der Unterdeckung bzw. wird ein solcher Plan bilanziell als Beitragsplan behandelt.78 Bei gemeinschaftlichen Plänen kann es also durchaus vor der Transaktion erdiente Versorgungsansprüche geben, die nicht vollständig durch externe Vermögensmittel gedeckt, gleichwohl aber in Bilanz bzw. Bilanzanhang nicht ausgewiesen sind. Solche Verpflichtungen gilt es, in der Pension Due Diligence zu identifizieren und nach Möglichkeit zu quantifizieren. Dabei gestaltet sich die Einschätzung der Deckungslücke häufig als schwierig, da in vielen Fällen grundsätzliche Informationen über die finanzielle Situation des externen Finanzierungsvehikels – welche die Grundlage für eine Schätzung einer evtl. bestehenden Deckungslücke darstellen können – nicht zur Verfügung stehen. Gleichwohl sollte nach einer grundlegenden Einschätzung des Finanzierungsstatus, ggf. für den Plan in seiner Gesamtheit, gefragt werden. Vor dem Hintergrund der Niedrigzinsphase erhöhen die hier in Frage kommenden Versorgungsträger teilweise nicht nur die künftig zu zahlenden Beiträge, sondern erheben auch Defizitbeiträge zum Ausgleich bereits entstandener Deckungslücken. Solche Defizitbeiträge dienen dem Ausgleich einer vor der Transaktion entstandenen Deckungslücke. Der Barwert der noch ausstehenden Defizitbeiträge ist also für die Zwecke der Transaktion als Schuldposten zu betrachten und somit kaufpreisrelevant. Einen weiteren Spezialfall stellen Gegenwertforderungen und Ausgleichsbeträge öffentlich-rechtlicher Versorgungseinrichtungen dar, die dann erhoben werden, wenn ein Unternehmen seine Mitgliedschaft in der jeweiligen Einrichtung kündigt. Diese Gegenwert- bzw. Ausgleichsforderungen dienen der Ausfinanzierung

_____ 77 Rn. 36. 78 IDW RS HFA 30 n.F. Rn. 94; IAS 19.34.

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der bei der Einrichtung verbleibenden erdienten Versorgungsansprüche. Ein Käufer kann also davon ausgehen, dass er diese Forderung im Falle seines Austritts sofort79 und im Falle seines teilweisen Verbleibs bei der Einrichtung sukzessive begleicht. Insofern kann es durchaus berechtigt sein, Gegenwertforderung bzw. Ausgleichsbetrag in Zusammenhang mit der Transaktion als kaufpreismindernden Schuldposten zu betrachten.

b) Kosten und Liquiditätsabfluss Grundsätzlich entsprechen Kosten und Liquiditätsabfluss den zu zahlenden Beiträ- 69 gen und sind also wie für beitragsorientierte Pläne zu schätzen. Dazu kommen jedoch u.U. Beitragserhöhungen und künftig notwendig werdende Sanierungsbeiträge aufgrund des Niedrigzinsumfeldes. Für beide Effekte können i.d.R. nur mögliche Bandbreiten angegeben werden. Praxistipp 3 Nicht alle Versorgungsverpflichtungen sind aus Bilanz und Bilanzanhang erkennbar. Daher sollte der Veräußerer stets um eine Bestätigung dafür gebeten werden, dass es neben den im Rahmen der Pension Due Diligence identifizierten keine weiteren Versorgungspläne gibt.

III. Identifikation sonstiger Risiken Versorgungspläne können eine ganze Reihe von Risiken beinhalten, die den Anga- 70 ben in Bilanz und Bilanzanhang nicht entnommen werden können. Daher ist es erforderlich, die vorhandenen Regelungen kritisch durchzusehen und zu diesen im Rahmen des Fragen- und Antwortenprozesses weitere, ggf. auch historische, Informationen zu erbitten. Eine vollständige Aufzählung der möglichen Risiken ist nicht möglich. Daher ist 71 die folgende Checkliste lediglich beispielhaft zu verstehen. Checkliste 3 ■ Entsprechen die Versorgungsregelungen in jeder Hinsicht den arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen, die durch Gesetz, bestehende kollektivrechtliche Regelungen (Tarifverträge/ Betriebsvereinbarungen/Dienstvereinbarungen) und Rechtsprechung gesetzt sind? Insbesondere bei älteren Versorgungsplänen wird teilweise gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot gemäß der Rechtsprechung von BAG und EuGH verstoßen.80

_____ 79 Häufig durch eine einmalige Kapitalzahlung, teilweise besteht auch die Möglichkeit einer Ratenzahlung. 80 Vgl. Kap. 1 Rn. 642 ff.

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Kapitel 10 bAV und M&A

Mögliche Konsequenz: Die benachteiligte Arbeitnehmergruppe kann zusätzliche Ansprüche gegen den Käufer geltend machen. Wurden bei einer Planumstellung in der Vergangenheit die Anforderungen der Rechtsprechung des BAG umfänglich beachtet?81 Mögliche Konsequenz: Die Mitarbeiter können höhere Leistungen aus einer alten Versorgungsordnung beanspruchen. Beachten die Versorgungsregelungen die geltenden steuerlichen Rahmenbedingungen? Können sich in dieser Hinsicht durch die Transaktion Änderungen ergeben? Mögliche Konsequenz: Dem Käufer können zusätzliche Kosten entstehen oder er kann den vom Verkäufer gewählten Durchführungsweg nicht unverändert fortführen. Beispielsweise kann sich aus einem Betriebsübergang und dem damit verbundenen Transfer nur eines Teils der begünstigen Mitarbeiter ergeben, dass die steuerlichen Höchstgrenzen für die Leistungen einer Unterstützungskasse nicht mehr eingehalten werden.82 Wurden – im Fall eines Share Deal – die laufenden Renten in der Vergangenheit stets entsprechend Versorgungsplan und rechtlichen Vorschriften angepasst bzw. wurden, sofern dies nicht der Fall war, die erforderlichen Informationsvorgaben des BetrAVG umfassend beachtet?83 Mögliche Konsequenz: Der Käufer muss unterlassene Rentenanpassung en ausgleichen.84 Wurden bei der Administration der bAV die arbeitsrechtlichen Erfordernisse berücksichtigt? Mögliche Konsequenz: Der Käufer ist zu Ausgleichshandlungen oder -zahlungen verpflichtet. Wurde bspw. die Ausübung eines Wahlrechts durch den Mitarbeiter in der Vergangenheit nicht ausreichend dokumentiert, kann der Mitarbeiter u.U. weitere Leistungen geltend machen.

3 Praxistipp Eine ganze Reihe von Risiken kann sich aus (arbeits-)rechtlichen oder steuerlichen Aspekten ergeben.85 Bereits zu Beginn der Pension Due Diligence sollte abgestimmt werden, in welchem Umfang die Legal Due Diligence sowie die Tax Due Diligence auch mit der bAV verbundene Gesichtspunkte berücksichtigen. Im Zweifelsfall sollte die Pensions Due Diligence derartige Sachverhalte zumindest kurz aufzeigen, um so zu verhindern, dass diese gänzlich unberücksichtigt bleiben. 72 Bei weitem nicht alle der so identifizierten Risiken sind quantifizierbar. Wo dies

nicht der Fall ist, empfiehlt es sich, Garantieklauseln im Kaufvertrag zu verhandeln, durch die der Veräußerer die eventuellen finanziellen Folgen übernimmt, also bspw. die Kosten einer zu einem späteren Zeitpunkt eingeklagten nachträglichen Rentenanpassung trägt.

_____ 81 Kap. 9 Rn. 2 ff. 82 § 3 Nr. 3 KStDV 1994; siehe ferner Kap. 2 Rn. 178 ff. 83 § 16 Abs. 4 BetrAVG; Kap. 8, Rn. 386 ff. 84 Nachholende oder sogar nachträgliche Rentenanpassung, Kap. 8 Rn. 425 ff., 434 ff. 85 Siehe bspw. auch Kap. 5 Rn. 144 ff.

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IV. Ausgliederungsthemen Grundsätzlich ist der Erwerber verpflichtet, die übernommenen Versorgungsrege- 73 lungen unverändert fortzuführen. In aller Regel stellt ihn dies im Falle eines Share Deal vor keine größeren Probleme, übernimmt er doch das gesamte Unternehmen inklusive der mit der bAV in Zusammenhang stehenden Verträge mit externen Parteien, wie Versicherer, Treuhänder oder Gutachter, und der mit der Administration der bAV betrauten Mitarbeiter. Nichtsdestoweniger ergeben sich in den Sonderfällen, in denen die bAV über konzerneigene externe Versorgungsträger oder Finanzierungsinstrumente organisiert ist, Ausgliederungsthemen in Zusammenhang mit der Frage, ob eine Fortsetzung der Mitgliedschaft in diesen Versorgungsträgern bzw. Finanzierungsinstrumenten möglich und gewünscht ist. Bei einem Asset Deal ist diese Thematik deutlich häufiger relevant. Daneben 74 kann sich hier eine ganze Reihe von weiteren Herausforderungen ergeben, die teilweise weniger komplex, gleichwohl aber rechtzeitig zu beachten sind. In jedem Fall sollten die wesentlichsten Ausgliederungsthemen bereits im Rah- 75 men des Due Diligence Berichts thematisiert werden.

1. Unternehmensübergreifende externe Versorgungsträger Der Veräußerer kann die bestehenden Versorgungsregelungen über unternehmens- 76 übergreifende externe Versorgungsträger durchführen oder über externe Finanzierungsinstrumente gegenfinanzieren. Dies kann Gruppen- oder Einzellebensversicherungsverträge, Verträge mit Pensionskassen, Pensionsfonds oder Treuhändern oder die Mitgliedschaft in einer Unterstützungskasse bedeuten. Als Konsequenz eines Asset Deal sind diese Verträge auf den Erwerber zu übertragen. Dies ist im Wesentlichen unproblematisch. Auf diese Thematik ist jedoch dann ein Augenmerk zu legen, wenn aufgrund der geringen Anzahl der von der Transaktion betroffenen versorgungsberechtigten Mitarbeiter die dem Verkäufer gewährten Konditionen nicht ohne weiteres auch dem Erwerber geboten werden. Dies ist typischerweise bei Gruppenversicherungsverträgen der Fall, wenn nur wenige versicherte Personen übergehen. Während die oben geschilderten Konstellationen in aller Regel unproblematisch 77 sind und also nur eine Randnotiz im Due Diligence Bericht verdienen, kann die Mitgliedschaft in einer öffentlich-rechtlichen Versorgungseinrichtung ein wesentliches Thema der Due Diligence darstellen. In Abhängigkeit von den Statuten der betreffenden Versorgungseinrichtung und dem Geschäftsbereich des Erwerbers muss eine Mitgliedschaft in dieser Versorgungseinrichtung nach der Transaktion u.U. beendet werden. Der aus diesem Grunde fällig werdende Gegenwert bzw. Ausgleichsbetrag ist kaufpreismindernd anzusetzen. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass der Käufer den übernommenen Mitarbeitern grundsätzlich identische betrieb-

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iche Versorgungsleistungen zur Verfügung stellen muss.86 Wie und über welchen Finanzierungsweg dies bewerkstelligt werden kann, sollte bereits im Due Diligence Bericht thematisiert werden. 3 Praxistipp Um Zeitverlust durch die Verkaufsverhandlungen zu vermeiden, empfiehlt es sich für den Veräußerer, bei Mitgliedschaft in einer öffentlich-rechtlichen Versorgungseinrichtung die Voraussetzungen für den Verbleib in dieser Einrichtung sowie die Höhe der Gegenwertforderung bzw. des Ausgleichsbetrags bereits im Vorfeld der Verkaufsverhandlungen zu erfragen.

2. Konzern- oder unternehmenseigene externe Versorgungsträger 78 Hat der Erwerber die bAV über Versorgungsträger oder Finanzierungsinstrumente

organisiert, die seinem Unternehmen oder seinem Konzern zuzurechnen sind, kann der Erwerber an diesen Einrichtungen im Falle eines Asset Deal in aller Regel, bei eines Share Deal in Sonderfällen nicht mehr teilnehmen. Die in diesem Zusammenhang relevantesten Konstellationen sind Pensionskassen, Unterstützungskassen und Treuhandkonstruktionen. 79 ■ Pensionskassen: Insbesondere in der chemischen Industrie sind konzerneigene Pensionskassen verbreitet. Für den Erwerber gilt es in diesen Fällen zu klären, ob die bAV der zu übernehmenden Mitarbeiter für künftige Dienstzeiten über die Pensionskasse fortgeführt werden kann. Ist dies nicht der Fall, ist der Erwerber gezwungen, über eine anderweitige Bereitstellung der zugesagten Versorgungsleistungen nachzudenken. In diesem Zusammenhang ist es hilfreich, wenn zumindest die erdienten Versorgungsansprüche bei der Pensionskasse verbleiben können und eine Fortführung der Pensionskassenmitgliedschaft in Bezug auf nach der Transaktion zu erwerbende Anwartschaften für einen Übergangszeitraum möglich bleibt. Dies gibt dem Erwerber Zeit, eine alternative bAV zu organisieren, was in Abhängigkeit von den betroffenen Pensionskassentarifen aufwendig sein kann. Aufgrund dieser Komplexität wird in diesen Fällen zumeist eine inhaltliche Änderung der erteilten Versorgungszusagen notwendig, was wiederum die Beachtung der einschlägigen arbeitsrechtlichen Anforderungen erfordert.87 80 ■ Unterstützungskassen: Die Fortsetzung der Mitgliedschaft in einer unternehmens- oder konzerneigenen Unterstützungskasse ist zumeist nicht möglich, und zwar weder in Bezug auf die erworbenen noch hinsichtlich der künftig zu erdienenden Versorgungsanwartschaften. Zumindest bei pauschal dotierten Unterstützungskassen ist dies vom Käufer auch häufig nicht gewünscht, da die-

_____ 86 Rn. 4 ff. 87 Zur Änderung von Versorgungszusagen siehe Kap. 9 Rn. 2 ff.

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se Kassen i.d.R. eine erhebliche Deckungslücke aufweisen und zudem das Vermögen häufig lediglich aus Forderungen gegenüber den Trägerunternehmen besteht. Der Erwerber kann in diesen Fällen entweder eine eigene Unterstützungskasse gründen oder die erteilten Zusagen als Direktzusagen fortführen. In beiden Fällen ist im Vorfeld zu klären, ob bzw. in welchem Umfang das für den betroffenen Personenbestand in der Unterstützungskasse angesammelte Vermögen auf den Erwerber oder auf seine Unterstützungskasse übertragen werden kann. Bei der Beantwortung dieser Frage sind die Satzung der Unterstützungskasse des Veräußerers und die einschlägigen steuerlichen Rahmenbedingungen sowie die hierzu ergangene Rechtsprechung zu beachten.88 Treuhandkonstruktionen (Contractual Trust Arrangement, CTA): Bei wei- 81 tem nicht in allen Fällen ist der Erwerber aus dem Wortlaut des zu übernehmenden Pensionsplans heraus dazu verpflichtet, die Versorgungsanwartschaften auch weiterhin über ein Treuhandmodell abzusichern. Stets stellt sich im Rahmen der Pension Due Diligence aber die Frage, ob das auf die von der Transaktion betroffenen Versorgungsanwartschaften entfallende Treuhandvermögen dem Erwerber mitgegeben werden kann. Hierfür ist der Treuhandvertrag des Verkäufers zu prüfen. I.d.R. sehen Treuhandverträge vor, dass Treuhandvermögen auf eine Einrichtung übertragen werden kann, die eine der existierenden Treuhandkonstruktion gleichwertige Sicherung darstellt. Um das anteilige Treuhandvermögen erhalten zu können, muss der Käufer also eine entsprechende Sicherung einrichten. In den allermeisten Fällen wird hierfür ein neuer Treuhandvertrag mit einem überbetrieblichen Treuhänder oder dem – ggf. neu gegründeten – Treuhänder des Erwerbers geschlossen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Gleichwertigkeit der Sicherung vor Übertragung der Vermögensmittel häufig von einem Wirtschaftsprüfer zu testieren ist.

Fettnapf 3 Versorgungsverpflichtungen und korrespondierendes Treuhandvermögen werden in der Bilanz des Veräußerers saldiert.89 Es darf nicht davon ausgegangen werden, dass dies auch beim Erwerber möglich ist. Zum einen erfordern das Aufsetzen eines neuen Treuhandvertrags und die Prüfung seiner Gleichwertigkeit Zeit, so dass möglicherweise zum ersten Jahresabschluss des Erwerbers nach der Transaktion die Treuhandmittel noch nicht übertragen werden konnten. Zum anderen ist die Anerkennung des Treuhandvermögens als Deckungs- bzw. Planvermögen durch den Wirtschaftsprüfer des Erwerbers zu beurteilen.

_____ 88 Siehe dazu Kap. 2 Rn. 181 ff. 89 Rn. 43; siehe ferner Kap. 4 Rn. 60 ff., 89.

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3 Praxistipp Für den Veräußerer empfiehlt es sich, bei den hier angesprochenen Konstellationen Alternativlösungen für einen Bieter bereits im Vorfeld zu eruieren und entsprechende Vorschläge im Vendor Due Diligence Bericht darzulegen. Dies kann die Verkaufsverhandlungen deutlich beschleunigen.

3. Administrative Erfordernisse 82 Obwohl die administrativen Anforderungen, die sich dem Erwerber nach Übernah-

me der bAV stellen, erheblich sein können, sind diese i.d.R. kein Inhalt des Due Diligence Reports. Eine Ausnahme kann es dann geben, wenn die Versorgungsregelungen des Veräußerers außerordentlich komplex sind und also umfangreiche administrativen Anforderungen stellen. In diesen Fällen ist es ratsam, im Due Diligence Report auf diesen Umstand hinzuweisen. U.U. ist eine Fortführung der Verwaltung durch den Verkäufer für einen Übergangszeitraum möglich.

V. Inhalt des Unternehmenskaufvertrags 83 Unternehmenskaufverträge sind umfangreiche und komplexe Regelungswerke, die

einschlägige rechtliche Kenntnisse erfordern. Im Hinblick auf die betrieblichen Versorgungsverpflichtungen – sowie auch hinsichtlich weiterer Spezialthemen – sollten bei deren Vereinbarung darüber hinaus fachliche Experten herangezogen werden. Grundsätzlich enthält der Unternehmenskaufvertrag Ausführungen zu 84 ■ Vertragsparteien, ■ Kaufgegenstand, ■ Kaufpreis und ggf. Kaufpreisanpassung, ■ Festlegung von Unterzeichnung (Signing) und Vertragsvollzug (Closing) sowie Verhaltenspflichten für die Zwischenzeit und Regelungen für den Fall von Veränderungen während dieses Zeitraums, ■ Garantien und Rechtsfolgen einer Garantieverletzung, ■ Freistellungen sowie zu ■ sonstigen wichtigen Bestimmungen, die sich aus dem konkreten Einzelfall ergeben (z.B. Wettbewerbs- und Abwerbeverbote oder Rechtsfolgen einer nur unter Auflagen erteilten Kartellfreigabe).90 85 In Abhängigkeit von ihrer – gemessen am gesamten Transaktionsvolumen – finan-

ziellen Bedeutung kann die bAV einen mehr oder weniger großen Teil des Unter-

_____ 90 Schramm/Hansmeyer/Balda, Transaktionen erfolgreich managen, Kap. 8, S. 300 ff.

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nehmenskaufvertrags einnehmen. In jedem Fall ist aber darauf zu achten, dass dieses Thema angemessen berücksichtigt und abschließend geregelt wird. Fettnapf 3 Insbesondere bei weniger umfangreichen Transaktionen, bei denen betriebliche Versorgungsverpflichtungen nur eine geringe bis mittlere finanzielle Bedeutung haben, wird bei Aufsetzen des Unternehmenskaufvertrags auf die Einbeziehung von Pensionsexperten häufig verzichtet. Auslassungen und Ungenauigkeiten in der Formulierung können aber anschließend zu erheblichen Diskussionen und finanziellen Nachteilen für die eine oder andere Seite führen.

Zur bAV sind im Unternehmenskaufvertrag regelmäßig die folgenden Aspekte fest- 86 zulegen:

1. Übergehende Versorgungsverpflichtungen Die auf den Erwerber übergehenden Versorgungsregelungen sowie die von ihnen 87 jeweils betroffenen Mitarbeiter sind abschließend aufzulisten. Dabei sind auch sämtliche Nachträge zu den einzelnen Versorgungsplänen sowie einzelvertragliche Regelungen zu erfassen. Vorzugsweise geschieht dies in einer Anlage zum Kaufvertrag.

2. Berücksichtigung der Versorgungsverpflichtungen im Kaufpreis Der Teil der vor der Transaktion erdienten Versorgungsanwartschaften und -an- 88 sprüche, der nicht durch externes Vermögen gedeckt ist, wird bei der Festlegung des Kaufpreises i.d.R. als Schuldposten betrachtet und wirkt – ggf. soweit er den Bilanzausweis übersteigt – kaufpreismindernd. Der Ermittlung dieses Schuldpostens kommt somit erhebliche Bedeutung zu.91 Da der Betrag des Verpflichtungsumfangs durch die Berechnungsannahmen 89 ganz wesentlich beeinflusst wird, sind im Unternehmenskaufvertrag die Berechnungsmethodik und die versicherungsmathematischen Annahmen festzuhalten. Besondere Beachtung ist in dabei dem Diskontierungssatz zu schenken. Dieser verändert sich in aller Regel zwischen Signing und Closing, so dass eine finale nominale Festlegung bereits bei Signing die Ausnahme darstellt. Vielmehr sollte der zum Zeitpunkt des Closing relevante Diskontierungssatz für die Bewertung des übergehenden Verpflichtungsumfangs herangezogen werden.

_____ 91 Rn. 8 ff., 39 ff.

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3 Praxistipp In der Praxis finden sich Regelungen, die Bezug nehmen auf den vom Verkäufer oder Käufer in der letzten Bilanz vor Closing verwendeten Diskontierungssatz oder den zum Stichtag des Closing relevanten Diskontierungssatz unter IFRS. Es ist offensichtlich, dass derartige Bestimmungen entweder einer gewissen Beeinflussung einer der beiden Parteien unterliegen oder nicht eindeutig sind. Schließlich gibt IFRS keinen speziellen Diskontierungssatz vor, sondern regelt vielmehr die Grundlage zu dessen Bestimmung, welches letztendlich eine Bandbreite vertretbarer Zinssätze liefert. Um spätere und dann zumeist langwierige und kontrovers geführten Diskussionen zu vermeiden, empfiehlt es sich, einen bei Signing relevanten Diskontierungssatz zu vereinbaren und sodann einen eindeutigen Mechanismus zu dessen Anpassung bis zum Closing zu definieren. 90 Auch ist festzulegen, zu welchem Stichtag die Berechnung des Verpflichtungsum-

fangs zu erfolgen hat. Grundsätzlich sollte dies zum Closing geschehen. Jedoch ist zu regeln, ob zu diesem Datum eine vollständige Neuberechnung erfolgen oder lediglich ein sog. Roll Forward des zum Signing gegebenen Verpflichtungsumfangs samt einer Umschätzung auf den letztendlichen Diskontierungssatz vorgenommen wird. Im letzteren Fall empfiehlt es sich, als Basis für die Umschätzung sogleich Sensitivitäten zu bestimmen und festzuhalten. Ebenfalls zu regeln ist, welcher Aktuar die erforderlichen Berechnungen durch91 führt. Da der Aktuar des Veräußerers über alle notwenigen Daten verfügt, wird i.d.R. er mit dieser Tätigkeit betraut. Auch bei feststehenden Annahmen können verschiedene Aktuare aufgrund unterschiedlicher Detailansätze abweichende Ergebnisse erhalten. Daher sollte der Erwerber sich das Recht vorbehalten, die vom Aktuar der Gegenseite ermittelten Zahlen zu überprüfen. Für den Fall erheblich voneinander abweichender Resultate sollte ein Einigungsverfahren, i.d.R. unter Einbeziehung eines dritten Aktuars, vereinbart werden.92 Für Berechnungen, Umschätzungen und Einigungsverfahren sind angemessene 92 Fristen festzulegen.

3. Vermögenswerte 93 Soweit beim Veräußerer für die übergehenden Versorgungsverpflichtungen reser-

vierte Vermögenswerte existieren, ist zu regeln, ob und wie diese auf den Erwerber übertragen werden. Sofern Käufer und Verkäufer hierfür zunächst geeignete Voraussetzungen schaffen müssen (z.B. Einrichtung eines Treuhandvertrags oder Erklärung des Einverständnisses zur Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft), ist dies ebenfalls im Unternehmenskaufvertrag festzuhalten. Auch hierfür sind, soweit möglich, Fristen zu definieren.

_____ 92 Schramm/Hansmeyer/Jungblut/Pearce, Transaktionen erfolgreich managen, Kap. 5.5.3, S. 139.

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4. Garantien In jedem Fall sollte der Kaufvertrag eine Garantieerklärung des Veräußerers enthal- 94 ten, welche die folgenden Punkte abdeckt: ■ Dem Käufer wurden alle in Zusammenhang mit der Transaktion relevanten Versorgungsregelungen vorgelegt. Dies beinhaltet sowohl sämtliche Vertragsunterlagen also auch darüber hinausgehende wesentliche Informationen.93 ■ Bis zum Closing fällige Beiträge an externe Versorgungsträger oder Refinanzierungsvehikel wurden vom Verkäufer entrichtet. ■ Die in Zusammenhang mit den Versorgungsregelungen maßgeblichen rechtlichen Vorgaben wurden vom Verkäufer stets und vollumfänglich eingehalten. ■ Neben den vom Verkäufer offen gelegten gibt es keine weiteren Rechtsstreitigkeiten in Zusammenhang mit den betrieblichen Versorgungsverpflichtungen. Weitere Garantien ergeben sich aus der spezifischen Situation. Diese können sich 95 bspw. auf folgende Aspekte beziehen: ■ Bis zum Closing wurden Rentenanpassungen durch den Verkäufer stets entsprechend den rechtlichen Anforderungen gewährt. ■ Vom Verkäufer vorgenommene Umstrukturierungen der Versorgungspläne standen in Einklang mit den hierfür maßgeblichen rechtlichen Vorgaben. ■ In der nahen Zukunft – welche es zu definieren gilt – wird die überbetriebliche Versorgungseinrichtung keine Sanierungsbeiträge erheben. Sofern die jeweils gegebenen Garantien verletzt werden, wird der Veräußerer für die 96 finanziellen Folgen einstehen, soweit diese aus vor dem Closing erdiente Versorgungsanwartschaften und -ansprüche resultieren. Wie für den Kaufpreis gilt auch für die Garantien, dass deren Umfang von der 97 jeweiligen Verhandlungsmacht der beiden Parteien abhängt. Zudem ist zu bedenken, dass manche vom Erwerber gewünschte Garantien nur für einen gewissen Zeitraum handhabbar sind und die finanziellen Folgen einer Verletzung sich nicht ohne weiteres aufteilen lassen auf die vor und nach dem Closing erdienten Versorgungsansprüche. U.U. ist es daher sinnvoller, bei entsprechender Verhandlungsstärke des Käufers zur Berücksichtigung der nicht quantifizierbaren Risiken einen pauschalen Aufschlag auf den festgelegten Umfang der Versorgungsverpflichtungen und damit auf den Kaufpreisabzug vorzunehmen.

5. Zukunft der Versorgungspläne Zumindest bei größeren Transaktionen ist es nicht untypisch, dass der Veräußerer 98 zum Schutz der übergehenden Mitarbeiter vom Käufer verlangt, dass dieser die

_____ 93 Schramm/Hansmeyer/Jungblut/Pearce, Transaktionen erfolgreich managen, Kap. 5.5.1, S. 138.

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übernommenen Versorgungspläne für einen gewissen Zeitraum – der über die ggf. zu berücksichtigende Sperrfrist des § 613a Abs. 1 S. 2 BGB von einem Jahr94 hinausgeht – unverändert fortführt. Eine solche Vereinbarung ist ebenfalls im Unternehmenskaufvertrag zu regeln.

6. Administrative und sonstige Details 99 Hierunter fallen alle Regelungen, die mit der Fortführung bzw. Beendigung einer

Organisation der bAV über unternehmens- oder konzerneigene Versorgungsträger oder Finanzierungsinstrumente des Verkäufers oder mit der Administration in Zusammenhang stehen. Daneben kann es weitere transaktionsspezifische Vereinbarungen geben. Diese können eine spätere Überprüfung des pensionsspezifischen Kaufpreisabzugs oder Vorgaben zur Investition von externem Vermögen zum Inhalt haben. Derlei Regelungen hängen ausschließlich von den Positionen der Vertragsparteien, ihrer jeweiligen Verhandlungsmacht und der spezifischen Organisation der bAV ab.

VI. Betriebliche Versorgungsverpflichtungen als Transaktionshindernis 100 In seltenen Fällen können sich die betrieblichen Versorgungsverpflichtungen als

Transaktionshindernis (Deal Breaker) erweisen. Dies ist typischerweise dann der Fall, wenn die übergehenden Versorgungsprogramme einen gemessen am Transaktionsvolumen außerordentlich hohen Verpflichtungsumfang oder eine ungewöhnlich hohe Komplexität aufweisen oder wenn die übergehenden Versorgungsverpflichtungen einen erheblichen Rentnerbestand umfassen. Aber auch bei der Veräußerung kleinerer Gesellschaften können Versorgungsverpflichtungen gegenüber den bisherigen (Gesellschafter-) Geschäftsführern ein ernsthaftes Transaktionshindernis darstellen. Um die Transaktion dennoch zu ermöglichen, sind verschiedene Maßnahmen 101 denkbar. Inwieweit diese in der jeweiligen Situation praktikabel sind, ist im Einzelfall zu prüfen. Auch können sich in Abhängigkeit von der individuellen Situation Schritte anbieten, die im Folgenden nicht erwähnt werden.

1. Ausgliederung einer Rentnergesellschaft 102 Im Fall eines Share Deal ist ein Erwerber häufig nicht bereit, umfangreiche Ver-

pflichtungen gegenüber Betriebsrentnern und mit unverfallbarer Anwartschaft ausgeschiedener Arbeitnehmer aus Direktzusage n zu übernehmen. In solchen Konstel-

_____ 94 Siehe Kap. 9 Rn. 122.

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lationen kann es sinnvoll sein, auf Seite des Veräußerers über eine Ausgliederung nachzudenken, welche die Trennung von operativem Geschäft und Erfüllung der Versorgungsverpflichtungen gegenüber ehemaligen Mitarbeitern, also eine Rentnergesellschaft, zur Folge hat. Veräußert wird in der Folge lediglich die Gesellschaft, welche das operative Geschäft hält; die Rentnergesellschaft verbleibt beim Verkäufer.95

2. Schuldbeitritt Soweit das Gesetz einen rechtlichen Übergang der Versorgungsverpflichtungen der 103 zu veräußernden Gesellschaft auf den Erwerber vorschreibt, ist dies nach deutschem Recht nicht disponibel. Das betrifft im Fall eines Asset Deal die Versorgungsverpflichtungen gegenüber den von der Transaktion erfassten aktiven Mitarbeiter (§ 613a BGB) und bei einem Share Deal sämtliche Versorgungsberechtigte des zu veräußernden Unternehmens.96 Dies umfasst auch die jeweils betroffenen Versorgungsanwartschaften und -ansprüche, die vor der Transaktion erdient wurden. Soll diese Folge hinsichtlich der erdienten Anwartschaften und Ansprüche zu- 104 mindest wirtschaftlich vermieden werden, kann ein Schuldbeitritt erwogen werden. Hierbei wird zwischen Veräußerer und Erwerber im Innenverhältnis vereinbart, dass der Veräußerer für diese erdienten Versorgungsumfänge weiterhin haftet und dem Käufer die hieraus resultierenden Zahlungen erstattet. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass der Rechtsanspruch der (ehemaligen) Mitarbeiter sich weiterhin gegen den Erwerber und nun auch gleichzeitig gegen den Veräußerer richtet. Zu einer solchen Lösung müssen sowohl Verkäufer als auch Käufer bereit sein. 105 Insbesondere auf Erwerberseite stößt eine solche Konstruktion häufig auf Vorbehalte. Sie bindet den Erwerber bis zur Fälligkeit der letzten Versorgungsverpflichtung an den Veräußerer und dessen wirtschaftliches Schicksal. Spätestens im Falle einer Insolvenz des Veräußerers fallen die Versorgungsverpflichtungen auch wirtschaftlich an den Käufer zurück, ohne dass dieser hierfür eine finanzielle Kompensation erhalten hat. Die Bereitstellung geeigneter Sicherheiten durch den Verkäufer, bspw. durch ein geeignetes Treuhandkonstrukt, kann eine (teilweise) Lösung dieser Problematik darstellen.

3. Auslagerung Versorgungsanwartschaften und -ansprüche können auf einen externen Versor- 106 gungsträger ausgelagert werden. Da die Übertragung laufender Renten und erdien-

_____ 95 Siehe auch Kap. 9 Rn. 145 ff. 96 § 324 UmwG.

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ter Anwartschaften auf einen Pensionsfonds steuerlich flankiert ist,97 wird in der Regel diese Variante gewählt. Aus Kostenerwägungen bietet sich hierfür ein nichtversicherungsförmiger Pensionsfonds an. Die Kalkulationsgrundlagen des zu entrichtenden Einlösebeitrags sind zwischen Unternehmen und Pensionsfonds zu vereinbaren. Transferiert der Veräußerer Renten und erdiente Anwartschaften vor der Trans107 aktion auf einen Pensionsfonds, übernimmt der Erwerber insoweit also lediglich mittelbare Verpflichtungen. Zwar steht er für deren Erfüllung (subsidiär) ein.98 Bei Wahl vorsichtiger Annahmen für die Ermittlung des Einlösebeitrags kann jedoch argumentiert werden, dass die übertragenen Verpflichtungen vom Pensionsfonds mit hinreichender Wahrscheinlichkeit umfänglich erfüllt werden können. Inwieweit dennoch ein Abschlag vom Kaufpreis zur Berücksichtigung des Risikos aus der Einstandspflicht vereinbart wird, unterliegt den Verhandlungen zwischen Veräußerer und Erwerber.

4. Abfindung 108 Innerhalb der vom BetrAVG gesteckten Grenzen können Versorgungsanwartschaf-

ten und -ansprüche abgefunden werden.99 Keine Restriktionen bestehen grundsätzlich für Rentenempfänger, die Kleinstrenten beziehen oder bei denen die Rentenzahlung vor dem Jahr 2005 eingesetzt hat, sowie für aktive Mitarbeiter.100 Während der Spielraum für die Abfindung von Rentenempfängern also durch Zeitverlauf von Jahr zu Jahr abnimmt, kann die Abfindung der Anwartschaften aktiver Mitarbeiter durchaus erwägenswert sein. Die Versorgungsanwartschaften der aktiven Mitarbeiter setzen sich aus vor der 109 Transaktion erdienten und in deren Anschluss zu erwerbenden Anwartschaften zusammen. Die Abfindung des erdienten Teils erfordert in jedem Fall die Zahlung eines einmaligen Kapitalbetrags. Eine Abfindung der künftig zu erdienenden Anwartschaften erfolgt sinnvollerweise durch Gewährung einer jährlichen Zahlung, die zusätzlich zum Gehalt erfolgt, stellt also eher eine Ablösung dar. Werden eine solche Abfindung und Ablösung zwischen Veräußerer und Mitarbeitern rechtzeitig vor der Transaktion vereinbart, übernimmt der Erwerber in der Folge lediglich die Verpflichtung zu einer regelmäßigen zusätzlichen Barzahlung, die als eine Art Ge-

_____ 97 Kap. 2 Rn. 233 ff. 98 § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG. 99 Kap. 8 Rn. 104 ff. 100 § 3 Abs. 1 BetrAVG i.V.m. § 30g Abs. 3 BetrAVG sowie § 3 Abs. 2 BetrAVG; bei aktiven Mitarbeitern ist darauf zu achten, dass der Abfindungsvorgang nicht in Zusammenhang mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht.

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C. Inhalt einer Pension Due Diligence

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haltszuschlag angesehen werden kann. Denkbar ist natürlich auch die Kombination mit einem Schuldbeitritt oder einer Auslagerung. Wird ein solcher Abfindungsprozess erwogen, ist zu beachten, dass die einma- 110 ligen und laufenden Zahlungen an die Mitarbeiter mindestens wertgleich sein sollten, diese Zahlungen für die Mitarbeiter zu versteuerndes Einkommen darstellen und die Mitarbeiter diesem Vorgang zustimmen müssen. Wurde die Zusage auf kollektivrechtlicher Ebene erteilt, können weitere Voraussetzungen zu beachten sein. In jedem Falle ist der Prozess arbeitsrechtlich zu begleiten.

VII. Nach der Transaktion Aus der durchgeführten Pension Due Diligence sollte der Erwerber einen guten 111 Überblick über die auf ihn übergehenden Versorgungsprogramme und die mit ihnen verbundenen Risiken erhalten haben. Nach der Transaktion gilt es, zunächst die reibungslose Administration dieser Versorgungsprogramme sicherzustellen. Während die nahtlose Fortführung der Administration bei einem Share Deal aufgrund der Übernahme sämtlicher Verträge und aller Mitarbeiter, also auch derjenigen mit den erforderlichen Kenntnissen zu der gegebenen bAV, zumeist gegeben sein sollte, kann dies nach einem Asset Deal eine erhebliche Herausforderung darstellen. In einem zweiten Schritt sollten die Möglichkeiten einer Anpassung der Versorgungsprogramme und ggf. der Harmonisierung mit der Versorgungslandschaft des Käufers untersucht werden. Praxistipp 3 Nach der Transaktion stehen in aller Regel – und nicht zu Unrecht – zunächst andere Themen als die bAV im Fokus. Gleichwohl sollte aufgrund seiner finanziellen und personalpolitischen Bedeutung dieser Aspekt nicht „auf die lange Bank“ geschoben werden.

1. Einrichtung der administrativen Prozesse Unmittelbar nach der Transaktion ist zu gewährleisten, dass die übernommenen 112 Versorgungsprogramme korrekt und umfänglich administriert werden können.101 Sofern der Veräußerer die hiermit verbundenen Tätigkeiten für einen Übergangszeitraum weiterhin durchführt, verbleibt dem Erwerber für die Einrichtung der notwendigen Prozesse ein zeitlicher Puffer. Einen solchen gilt es, aktiv zu nutzen. In Zusammenhang mit der Administration sind eine Reihe von Schlüsselfragen 113 zu beantworten und entsprechende Aktivitäten zu ergreifen. Einige dieser Fragen

_____ 101 Siehe dazu grundlegend Kap. 12.

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Kapitel 10 bAV und M&A

sollten bereits im Rahmen der Pension Due Diligence adressiert und zumindest ansatzweise auch diskutiert worden sein. 3 Checkliste ■ Externe Versorgungsträger ■ Sofern die beim Veräußerer vorhandenen externen Versorgungsträger oder Finanzierungsinstrumente unverändert fortgeführt werden können: Müssen hierfür Versicherungsnehmereigenschaft oder Mitgliedschaft auf den Erwerber übertragen werden? ■ Sofern der Erwerber neue Versorgungsträger oder Finanzierungsinstrumente aufsetzen muss: Auf welcher Grundlage wird ein neuer Anbieter ausgewählt? Ist aus Compliance Gründen eine formale Ausschreibung erforderlich? Gibt es spezielle Anforderungen, die bei der Auswahl zu beachten sind? ■ Interne Expertise und IT-Plattformen ■ Ist sichergestellt, dass alle relevanten Dokumente und Informationen vorliegen? ■ Sind HR, Finance und Payroll mit den spezifischen Anforderungen der übernommenen Versorgungsprogramme ausreichend vertraut? ■ Müssen HR und Payroll Systeme angepasst werden? ■ Prozesse ■ Sind die für die Administration der übernommenen Versorgungs-programme erforderlichen Prozesse, die damit verbundenen Verantwortlichkeiten und die dabei zu beachtenden Termine hinreichend definiert und kommuniziert? ■ Sofern die vom Veräußerer involvierten externen Dienstleister weiterhin beauftragt werden sollen: Wurden neue Dienstleistungsverträge abgeschlossen? ■ Sofern neue Dienstleister beauftragt werden sollen: Nach welchen Kriterien werden die neuen Dienstleister ausgewählt? Ist sichergestellt, dass diesen alle erforderlichen Daten und Dokumente vorliegen? 114 Die aufgeführten Punkte sind zeitnah zu bearbeiten. Anderenfalls können sich zu-

sätzliche Kosten und Risiken manifestieren. Im Folgenden sind lediglich einige davon aufgeführt: 3 Fettnapf ■ Solange benötigte Finanzierungsvehikel beim Käufer nicht implementiert sind, können u.U. die laut Kaufvertrag mitzugebenden Vermögenswerte nicht transferiert werden. ■ Sofern Finanzierungsvehikel vom Käufer erst verspätet eingerichtet werden, können u.U. die in den Versorgungspläne n definierten Beiträge nicht fristgerecht eingezahlt werden; ein Nachholen dieser Beitragszahlung ist häufig nicht ohne weiteres möglich. ■ Sind Prozesse und Zuständigkeiten nicht ausreichend definiert, stehen die für den Jahresabschluss benötigten Beträge u.U. erst verspätet zur Verfügung und sind u.U. unvollständig oder fehlerhaft. ■ Liegen Informationen über die übernommenen Versorgungspläne nur unvollständig vor, kann dies fehlerhafte Leistungsberechnungen und –auszahlungen zur Folge haben.

2. Harmonisierung der bAV 115 Gab es auf Seiten des Erwerbers bereits vor der Transaktion eine bAV, finden sich

nach der Transaktion auf seiner Seite also – sofern die Versorgung des Veräußerers Jungblut

C. Inhalt einer Pension Due Diligence

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nicht aufgrund des Zusammentreffens kollektivrechtlicher Regelungen durch die des Käufers abgelöst wird102 – mindestens zwei unterschiedliche Versorgungssysteme. Sofern nicht alle sodann existierenden Versorgungsprogramme für neu eintretenden Mitarbeiter geschlossen sind, sollte über die Einrichtung einer einheitlichen bAV nachgedacht werden. Zwar gibt es keine arbeitsrechtliche Verpflichtung des Erwerbers, die betrieblichen Versorgungsregelungen zu harmonisieren. Gleichwohl kann ein solcher Schritt aus personalpolitischen und administrativen Gründen sinnvoll sein. Bei den hierfür erforderlichen Anpassungen der bestehenden Systeme sind die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen, die insbesondere durch die Rechtsprechung des BAG gesetzt werden, zu beachten.103 Eine solche Maßnahme ist insbesondere dann als wesentlich zu erachten, wenn 116 im Unternehmen aufgrund mehrerer getätigter Transaktionen bereits eine Vielzahl von Versorgungsplänen existiert, unter denen Mitarbeiter weitere Anwartschaften erwerben und die ggf. auch für neu eintretende Arbeitnehmer noch geöffnet sind. Sind weitere Unternehmenskäufe zu erwarten, empfiehlt es sich, den neuen Versorgungsplan derart zu gestalten, dass künftig zu übernehmende Versorgungsregelungen in der Regel ebenfalls integriert werden können. Die hierfür notwendigen Prozesse sollten mit Einführung des neuen Versorgungsplans sogleich definiert werden.

_____ 102 Kap. 9 Rn. 127 ff. 103 Kap. 9 Rn. 2 ff.

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Kapitel 10 bAV und M&A

A. Einführung in das VersAusglG

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV* Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV A. Einführung in das VersAusglG

A. Einführung in das VersAusglG https://doi.org/10.1515/9783110275247-011 Lange/Witthöft

Der Versorgungsausgleich (VersAusgl) beschäftigt seit vielen Jahrzehnten FamG und spezialisierte Fachleute. Da das in der Vergangenheit geltende Recht nicht immer zu einer gerechten Teilhabe der Eheleute im Versorgungsfall führte,1 trat am 1.9.2009 ein neues Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) in Kraft. Dies brachte auch für die bAV Veränderungen mit sich. So sind neben den Rentenzusagen seitdem teilweise auch Kapitalzusagen in den VersAusgl mit einzubeziehen. Der Ausgleich findet nun nicht mehr über die gesetzliche Rentenversicherung, sondern im jeweiligen System des Anrechts statt. Dem Nachteil, dass jedem geschiedenen Ehegatten mehrere Anrechte bei verschiedenen Versorgungsträgern (VT) zustehen, steht der Vorteil gegenüber, dass die Teilung regelmäßig sofort im Rahmen der Scheidung und nicht mehr erst zu Rentenbeginn vollzogen wird. Die VT werden durch das neue Recht verstärkt in die Pflicht genommen. Ihre Tätigkeit beschränkt sich nicht mehr allein darauf, dem FamG über Art und Umfang des Anrechts Auskunft zu geben. Sie müssen darüber hinaus Teilungsvorschläge unterbreiten, die Beschlüsse des FamG prüfen und nach Eintritt der Rechtskraft die Teilung durchführen. Im Folgenden wird nur das heute praktisch relevante neue Recht betrachtet.

1

2 3

4

5

I. Definition des VersAusgl Durch den VersAusgl werden die gemeinschaftlich in der Ehe erworbenen Vor- 6 sorgeanrechte im Fall der Ehescheidung zwischen den Eheleuten geteilt.2 Was oberflächig betrachtet einfach scheint, birgt ein großes Potential an Kom- 7 plikationen. Denn nicht jedes Anrecht ist einfach „durch zwei“ teilbar. So führen vor allem Unterschiede in Alter und Geschlecht der geschiedenen Ehegatten zu unterschiedlichen Sterbewahrscheinlichkeiten und Restlaufzeiten der Versorgungen, deren Auswirkungen im VersAusgl zu berücksichtigen sind.

_____ * Dieses Kapitel spiegelt ausschließlich die persönliche fachliche Meinung der Autoren wider. 1 BT-Drucks. 16/10144, S. 1, A. 2 Nach § 20 LPartG findet, wenn eine Lebenspartnerschaft aufgehoben wird, in entsprechender Anwendung des VersAusglG ein Ausgleich von im In- oder Ausland bestehenden Anrechten (§ 2 Abs. 1 VersAusglG) statt, soweit sie in der Lebenspartnerschaftszeit begründet oder aufrechterhalten worden sind.

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

II. Grundsätze des VersAusgl 8 Ziel des VersAusglG ist es, eine gerechte Teilhabe der geschiedenen Eheleute im

Versorgungsfall zu garantieren.3 Dieses Ziel soll u.a. durch die nachfolgend genannten Grundsätze und Prinzipien erreicht werden.

1. Halbteilungsgrundsatz 9 Im VersAusgl sind die in der Ehezeit erworbenen Anteile von Anrechten (Ehezeitan-

teile) jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen, § 1 Abs. 1 VersAusglG.

a) Hintergrund 10 Der VersAusgl hat die Aufgabe, die gleiche Teilhabe der Eheleute an den in der Ehe

gemeinsam erwirtschafteten Vorsorgeanrechten zu gewährleisten.4 Grundgedanke ist dabei, dass die Versorgungsanrechte – als die wirtschaftliche Basis des Lebensabends – das Ergebnis der gemeinsamen gleichwertigen Lebensleistung beider Eheleute sind, ohne Rücksicht darauf, ob es sich bei dieser Leistung um Erwerbstätigkeit oder Haushaltsführung handelt.5

b) Geschiedene Ehegatten 11 Das VersAusglG knüpft bei der Definition „geschiedene Ehegatten“ an ihre Rechts-

position zum jeweils auszugleichenden Anrecht an: Die Person, deren Anrecht geteilt wird, ist die ausgleichspflichtige Person (AP), die andere, die von diesem Anrecht profitiert, die ausgleichsberechtigte Person (AB), § 1 Abs. 2 VersAusglG. 3 Praxistipp Je nachdem, um welches Anrecht es sich handelt, ist der Ehegatte AP oder AB; die Bezeichnungen verändern sich also je Anrecht für den gleichen Ehegatten.

c) Anrechte 12 Anrechte im Sinne des VersAusglG sind im In- oder Ausland6 bestehende Anwart-

schaften auf Versorgungen und Ansprüche auf laufende Versorgungen. Dazu gehören beispielsweise Anwartschaften und Ansprüche aus der gesetzlichen Renten-

_____ 3 BT-Drucks. 16/10144, S. 1, A. 4 BT-Drucks. 16/10144, S. 42 re. Sp. 5 BT-Drucks. 7/4361, S. 19 li. Sp. 6 Hierzu gehören auch zwischen- und überstaatliche Anrechte.

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A. Einführung in das VersAusglG

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versicherung, aus anderen Regelsicherungssystemen wie der Beamtenversorgung oder der berufsständischen Versorgung, aus der bAV oder aus der privaten Altersund Invaliditätsvorsorge, § 2 Abs. 1 VersAusglG. Hierbei handelt es sich nicht um eine abschließende Aufzählung, sondern vielmehr um Regelbeispiele in Anlehnung an das „Drei-Säulen-Modell“.7 d) Ehezeit Der Zeitraum der Ehezeit wird in § 3 Abs. 1 VersAusglG definiert. Ihr Beginn ist der 13 erste Tag des Monats, in dem die Ehe geschlossen worden ist. Das Ehezeitende ist der letzte Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags beim Antragsgegner; damit wird der Scheidungsantrag rechtshängig, § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 253 Abs. 1 und § 261 Abs. 1 ZPO. Beispiel 5 Die Ehe wird am 31.8.2012 geschlossen. Der Scheidungsantrag wird dem Antragsgegner vom FamG am 1.4.2016 zugestellt. Beginn der Ehezeit ist folglich der 1.8.2012, das Ehezeitende der 31.3.2016.

e) Ehezeitanteil Der Ehezeitanteil ist der in der Ehezeit erworbene Anteil eines Anrechts, § 1 Abs. 1 14 VersAusglG. Der Ehezeitanteil des Anrechts berechnet sich in Form der für das jeweilige Ver- 15 sorgungssystem maßgeblichen Bezugsgröße, insbesondere also in Form von Entgeltpunkten, eines Rentenbetrags oder eines Kapitalwerts, § 5 Abs. 1 VersAusglG. Der AB steht die Hälfte des Werts des jeweiligen Ehezeitanteils – der Aus- 16 gleichswert – zu, § 1 Abs. 2 S. 2 VersAusglG. Praxistipp 3 Es ist darauf zu achten, dass das Ehezeitende im Beschluss genau angegeben wird,8 damit der Zinsvorteil bei der Übertragung bzw. Begründung eines Anrechts eindeutig definiert werden kann, der zwischen Ehezeitende und dem Zeitpunkt der Rechtskraft bzw. des Vollzugs der Entscheidung entsteht.

2. Stichtagsprinzip a) Grundsatz Nach dem Stichtagsprinzip ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung des Ehe- 17 zeitanteils – und damit die Bestimmung des Ausgleichswerts – das Ehezeitende, § 5

_____ 7 BT-Drucks. 16/10144, S. 46 li. Sp. 8 Zum Inhalt eines Beschlusses über den VersAusgl vgl. Checkliste nach Rn. 196.

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

Abs. 2 S. 1 VersAusglG, also der letzte Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags; die Anrechte sind grundsätzlich zu diesem Zeitpunkt zu bewerten.

b) Ausnahme 18 Eine Ausnahme vom Stichtagsprinzip ist in § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG geregelt: Da-

nach sind rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit zu berücksichtigen, die auf den Ehezeitanteil zurückwirken. ■ Um welche Veränderungen es sich dabei handelt, ist durch die Rechtsprechung näher konkretisiert worden. Dementsprechend wirken Veränderungen nach dem Ehezeitende auf den Ehezeitanteil zurück: ■ Invaliditätsrente, die erst nach Ehezeitende bewilligt wurde, deren materiell-rechtlichen Voraussetzungen jedoch bereits am Stichtag vorlagen;9 ■ nachehezeitliche Einkommenssteigerung bei der AP bei endgehaltsbezogenen Zusagen;10 ■ Änderungen des Gesetzes;11 ■ Änderung einer Versorgungsordnung, auf der das Anrecht beruht;12 ■ Pfändung eines künftigen Auszahlungsanspruchs;13 ■ Wertverlust bei einer fondsgebundenen Rentenversicherung, soweit er vom FamG konkret festgestellt wurde;14 ■ Wertzuwachs bei einer fondsgebundenen Rentenversicherung;15 ■ Erlöschen einer Versorgung aufgrund einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Tat.16

_____ 9 BGH, Beschl. v. 12.10.1988 – IVb ZB 129/86 – FamRZ 1989, 35, Leitsatz 1, entschieden für ein Anrecht aus einem berufsständischen Versorgungswerk. 10 BGH, Beschl. v. 24.4.2019 – XII ZB 185/16 – FamRZ 2019, 1314, Leitsatz 1 und Rn. 23 m.w.N.; OLG Koblenz, Beschl. v. 13.1.2017 – 11 UF 635/16 – FamRZ 2017, 1213, 2 B, entschieden für ein Anrecht aus einer bAV; zum Begriff der endgehaltsabhängigen Zusage vgl. Kap. 1 Rn. 101, Beispiele. 11 BGH, Beschl. v. 23.1.2002 – XII ZB 66/01 – FamRZ 2002, 1401, II 4, entschieden für ein Anrecht aus einer bAV bei der Zusatzversorgung der bayerischen Gemeinden (ZVK). 12 BGH, Urt. v. 9.7.1986 – IVb ZB 32/83, – FamRZ 1986, 976, Leitsatz, entschieden für ein Anrecht aus einer bAV. 13 OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.9.2013 – 11 UF 273/12 – juris, Leitsatz 1, entschieden für ein Anrecht aus einer bAV. 14 BGH, Beschl. v. 29.2.2012 – XII ZB 609/10 – juris, Leitsatz 2, entschieden für ein Anrecht aus einer privaten Altersvorsorge. 15 BGH, Beschl. v. 19.7.2017 – XII ZB 201/17, – juris, Leitsatz 2, entschieden für ein Anrecht aus einer bAV; Hinweis: ausdrückliche Aufgabe der Rechtsprechung aus BGH, Beschl. v. 29.2.2012 – XII ZB 609/10 – FamRZ 2012, 694, entschieden für ein Anrecht aus einer privaten Altersvorsorge. 16 OLG Hamm, Beschl. v. 1.10.2012 – II-3 UF 186/11 – FamRZ 2013, 1044, Leitsatz 4, entschieden für ein Anrecht aus einer bAV bei der VBL.

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A. Einführung in das VersAusglG

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Reduzierung des Anrechts zwischen Ehezeitende und Zeitpunkt Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich17 Folgende Veränderungen nach dem Ehezeitende wirken dagegen nicht auf den Ehezeitanteil zurück: ■ Kürzung des Anrechts der AP wegen eines von ihr nach Ehezeitende in Anspruch genommenen vorzeitigen Altersruhegeldes;18 ■ einzelvertragliche Änderung einer Zusage, auf der das Anrecht beruht und in der die Altersgrenze für die Inanspruchnahme der Altersrente nach Ehezeitende von Endalter 62 auf Endalter 67 heraufgesetzt wird;19 ■ Teilzeitbeschäftigung bei zeitratierlicher Bewertung eines Ehezeitanteils aus einer bAV beeinflusst die Dauer einer Betriebszugehörigkeit nicht.20 ■



3. Keine Mehrbelastung des VT Durch den VersAusgl soll der VT so wenig wie möglich belastet werden.21

19

a) Schutz des Versorgungsträgers Durch die rechtsgestaltende Entscheidung des FamG ändert sich die bisherige Leis- 20 tungspflicht des VT und es tritt u.U. eine neue hinzu.22 Daher normiert § 30 Abs. 1 S. 1 VersAusglG, dass der VT nach einer rechtskräftigen Entscheidung für eine Übergangszeit gegenüber der AB von der Leistungspflicht befreit wird, um so Doppelleistungen zu vermeiden. Die Übergangszeit dauert nach § 30 Abs. 2 VersAusglG bis zum letzten Tag des 21 Monats, der dem Monat folgt, in dem der VT von der Rechtskraft der Entscheidung Kenntnis erlangt hat. Hierdurch wird dem VT Zeit zur technischen Umsetzung des Beschlusses eingeräumt.23 Beispiel 5 Der Beschluss über den VersAusgl über eine laufende Altersrente aus bAV wird am 15.5.2017 rechtskräftig. Der VT erfährt am 1.8.2017 durch Mitteilung des FamG von der Rechtskraft. Er zahlt

_____ 17 BGH v. 11.9.2019 – XII ZB 627/15 – FamRZ 2019, 1993, Rn. 23 f. 18 BGH, Beschl. v. 7.3.2012 – XII ZB 599/10 – FamRZ 2012, 851, Leitsatz 2, entschieden für ein Anrecht aus einem berufsständischen Versorgungswerk. 19 OLG Koblenz, Beschl. v. 5.7.2012 – 11 UF 1132/11 – FamRZ 2013, 462, II 1, entschieden für ein Anrecht aus einer bAV. 20 BGH, Urt. v. 22.7.2009 – XII ZB 176/06 – FamRZ 2009, 1986, Leitsatz 1, entschieden für ein Anrecht aus einer bAV bei der VBL. 21 BT-Drucks. 16/10144, S. 1, A. 22 BT-Drucks. 16/10144, S. 70 li. Sp., auch zum Folgenden. 23 BT-Drucks. 16/10144, S. 70 li. Sp.

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

die bisherige Altersrente bis zum 30.9.2017 an die AP und setzt den Beschluss über den VersAusgl zum 1.10.2017 um.

3 Fettnapf Die Kenntnis von der Rechtskraft in anderer Weise als durch Mitteilung des FamG ist ebenfalls ausreichend, wenn die Information entsprechend verlässlich ist. Beispiel hierfür ist die Übersendung des Rechtskraftzeugnisses durch die AB.24 22 Diese Regelungen gelten nach § 30 Abs. 1 S. 2 VersAusglG für Zahlungen an Witwen 23

und Witwer der AP entsprechend. § 30 Abs. 3 VersAusglG stellt klar, dass es sich bei § 30 VersAusglG um eine reine Schutzvorschrift für den VT handelt25; Bereicherungsansprüche zwischen AP und AB sowie deren Witwen und Witwer bleiben daher unberührt.

b) Leistungsverbot bis zum Abschluss des Verfahrens über den VersAusgl 24 Bis zum wirksamen Abschluss eines Verfahrens über den VersAusgl ist der VT nach

§ 29 VersAusglG verpflichtet, Zahlungen an die AP zu unterlassen, die sich auf die Höhe des Ausgleichswerts auswirken können. Hierdurch soll verhindert werden, dass die AP durch die Inanspruchnahme einer Austrittsleistung wie einer Abfindung die Ausgleichsbilanz manipuliert.26 Neben der AB wird auch der VT vor doppelter Inanspruchnahme geschützt: 25 Leistet er in nicht vorwerfbarer Unkenntnis des rechtshängigen Versorgungsausgleichsverfahrens, so kommt ihm der Schuldnerschutz nach § 407 BGB zugute.27 Zahlt der VT bspw. in nicht vorwerfbarer Unkenntnis eine Kapitalleistung an die AP, so ist er von einer weiteren Leistungspflicht befreit und kann auch nicht von der AB in Anspruch genommen werden.

4. Keine nachträgliche Anpassungsmöglichkeit der Teilung von Anrechten aus der bAV 26 Anpassungen nach Rechtskraft der Entscheidung über den VersAusgl sind nach § 32 VersAusglG nur in den Regelsicherungssystemen zulässig. Anpassungen in der bAV sind folglich ausgeschlossen. Gleichzeitig haben Beschlüsse über den VersAusgl rechtsgestaltende Wirkung.28

_____ 24 MüKo-BGB/Ackermann-Sprenger, § 30 VersAusglG Rn. 15. 25 BVerwG, Urt. v. 26.6.2017 – 10 B 25/16 – FamRZ, 2017, 1566, 2 b). 26 BT-Drucks. 16/10144, S. 70; Palandt/Brudermüller, BGB, 68. Aufl./2009, § 10d VAHRG Rn. 1. 27 BT-Drucks. 16/10144, S. 70; Palandt/Brudermüller, BGB, 68. Aufl./2009, § 10d VAHRG Rn. 4. 28 BT-Drucks. 16/10144, S. 70; vgl. bspw. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.2.2019 – 24 U 21/18 – FamRZ 2019, 1410, Leitsatz.

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A. Einführung in das VersAusglG

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Fettnapf 3 Dies bedeutet, dass auch Beschlüsse über den VersAusgl von Anrechten der bAV, die dem materiellen Recht widersprechen, rechtskräftig werden und damit umgesetzt werden müssen. Hieraus können Haftungsrisiken, insbesondere für die Rechtsbeistände von AP und AB resultieren.

III. Teilung eines Anrechts aus der bAV Im VersAusgl sind – unter anderem – Anrechte aus der bAV zu teilen.

27

1. Anrechte aus der bAV Wie bereits oben29 erwähnt sind Anrechte im Sinne des VersAusglG im In- oder Aus- 28 land bestehende Anwartschaften auf Versorgungen und Ansprüche, grundsätzlich auf laufende Versorgungen, § 2 Abs. 1 VersAusglG.

a) Arbeitsrechtliche Anrechte Anrechte aus der bAV sind damit zunächst einmal aufgrund des Arbeitsrechts be- 29 stehende Anwartschaften und Ansprüche, die die AP gegenüber ihrem Arbeitgeber aufgrund des arbeitsrechtlichen Grundverhältnisses [das sog. Valutaverhältnis] hat.30 Bei reinen Beitragszusagen kann eine gemeinsame Einrichtung der Tarifver- 30 tragsparteien an die Stelle des Arbeitgebers treten, § 21 Abs. 4 BetrAVG.31

b) Zusätzliche Rechte Je nach Durchführungsweg können jedoch zusätzlich Rechte gegenüber einem 31 eingeschalteten Dritten bestehen, soweit dieser VT ist. Bei diesen sog. mittelbaren Durchführungswegen können VT ein Lebensversicherer, ein Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Unterstützungskasse sein.32 Praxistipp 3 Bei der Teilung des Anrechts sollte darauf geachtet werden, dass bei den mittelbaren Durchführungswegen neben dem VT auch der Arbeitgeber der AP als Beteiligter zur Teilung des Anrechts verpflichtet wird. Dies kann bspw. bei Anpassung der laufenden Versorgungsleistungen eine Rolle spielen: Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG richtet sich die Anpassungsprüfungspflicht nämlich grundsätzlich gegen den

_____ 29 Vgl. Rn. 12. 30 Vgl. allgemein zum arbeitsrechtlichen Grundverhältnis Kap. 1 Rn. 27. 31 Vgl. Kap. 1 Rn. 523 ff. 32 Vgl. allgemein zu mittelbaren Durchführungswegen Kap. 1 Rn. 344 ff.

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

Arbeitgeber33 und nicht gegen den eingeschalteten dritten VT. Außerdem besteht – wenn es sich nicht um eine reine Beitragszusage handelt – nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG eine Einstandspflicht des Arbeitgebers, soweit der eingeschaltete dritte VT seine Leistung nicht erbringt.

32 Geteilt werden also auch Fonds sowie Versicherungen, auch wenn diese fonds-

basiert sind. Ebenso ist die Teilung einer Rückdeckungsversicherung34 – die nicht zur bAV gehört, sondern reines Finanzierungsinstrument ist35 – möglich, teilweise sogar notwendig. Letzteres ist vor allem der Fall, wenn der Inhalt der Zusage direkt auf die Rückdeckungsversicherung abstellt, wie es bei beitragsorientierten Leistungszusagen regelmäßig vorkommt (kongruente Rückdeckung).36 Da die Zusage in aller Regel allein durch die Rückdeckungsversicherung finanziert wird, wird ihre Teilung erforderlich sein, um keinen weiteren zusätzlichen Finanzierungsaufwand zu generieren. 3 Praxistipp In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit der Rückdeckungsversicherer in das Verfahren vor dem FamG eingebunden werden kann. Da er nicht VT ist37, kommt nur eine Beteiligung als sonstige Stelle nach § 220 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 FamFG in Betracht. U.E. kann aber das FamG die Einbeziehung des Rückdeckungsversicherers über den VT – den Arbeitgeber bei der Direktzusage und die Unterstützungskasse – mittelbar sicherstellen, so dass es insoweit keiner direkten Einbeziehung bedarf.38

c) Kein güterrechtlicher Ausgleich im VersAusglG 33 § 3 Abs. 2 VersAusglG stellt noch einmal klar, dass alle Anrechte in den VersAusgl

einzubeziehen sind, die in der Ehezeit erworben wurden. Ein güterrechtlicher Ausgleich für Anrechte im Sinne des VersAusglG findet nicht statt, § 2 Abs. 4 VersAusglG.

_____ 33 BGH, Beschl. v. 7.3.2018 – XII ZB 408/14 – FamRZ 2018, 894, Leitsatz 3, zur Frage, wie der Barwert einer bAV in Erwartung künftiger Versorgungsanpassungen im Leistungsstadium (Rententrend) zu berücksichtigen ist, wenn für den Versorgungsträger eine Anpassungsüberprüfungspflicht nach § 16 Abs. 1 BetrAVG besteht. 34 Vgl. allgemein zu Rückdeckungsversicherungen Kap. 1 Rn. 370, Kap. 6 Rn. 343 ff. 35 Vgl. BGH v. 11.9.2019 – XII ZB 627/15 – FamRZ 2019, 1993, Rn. 12. 36 Vgl. Kap. 1 Rn. 349. 37 Vgl. Rn. 173. 38 Vgl. auch Rn. 77, erster „Fettnapf“ und danach.

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A. Einführung in das VersAusglG

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2. Auszugleichende Anrechte a) Voraussetzungen für den Ausgleich von Anrechten Auszugleichen ist ein Anrecht im Sinne von § 2 Abs. 1 VersAusglG nach § 2 Abs. 2 34 VersAusglG nur, sofern es ■ Nr. 1: durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden ist; auf andere Weise erworbene Anrechte fußen nicht auf der gemeinsamen gleichwertigen Lebensleistung beider Eheleute, wie bspw. Entschädigungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, also selbst wenn zu dem schädigenden Ereignis ein beruflicher Bezug besteht;39 ■ Nr. 2: der Absicherung im Alter oder bei Invalidität, insbesondere wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Berufsunfähigkeit oder Dienstunfähigkeit, dient; entgegen diesem Gesetzeswortlaut ist auch eine Hinterbliebenenversorgung mit einzubeziehen, soweit sie zum Leistungsspektrum des auszugleichenden Anrechts gehört. Nur selbständige Hinterbliebenenversorgungen sind nicht auszugleichen;40 ■ Nr. 3: auf eine Rente gerichtet ist. Eine Ausnahme gilt für Anrechte im Sinne des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) oder des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes: Diese sind unabhängig von der Leistungsform – Rente oder Kapital – auszugleichen.41 Folglich unterliegen Kapitalzusagen eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH42 nicht dem VersAusgl.43 Praxistipp 3 Ein bei einer Rentenversicherung bestehendes Kapitalwahlrecht kann bis zum Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung ausgeübt werden, da nur die Anrechte in den VersAusgl einbezogen werden dürfen, die in diesem Moment noch dem VersAusgl unterfallen.44 Durch die Ausübung des Kapitalwahlrechts bis zu diesem Zeitpunkt kann ein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer also das Anrecht dem VersAusgl entziehen.45

_____ 39 BT-Drucks. 16/10144, S. 46 li. Sp. 40 BT-Drucks. 16/10144, S. 46 re. Sp. 41 BGH, Beschl. v. 16.7.2014 – XII ZB 16/14 – FamRZ 2014, 1613, II 2, entschieden für ein Anrecht aus einer bAV bei einer AP, die dem BetrAVG unterliegt und die das Kapitalwahlrecht nach Ehezeitende ausübt. 42 Kap. 1 Rn. 299 ff., Kap. 13 Rn. 7 ff.; Gleiches gilt auch für andere beherrschende Mitunternehmer, die nicht dem Geltungsbereich des BetrAVG unterliegen, aber für das Unternehmen tätig sind, wie bspw. Vorstände von AG mit beherrschenden Gesellschaftsanteilen. Zu weiteren Einzelheiten des Ausgleichs der Anrechte von AP, die zu diesen Personengruppen gehören, vgl. Rn. 274 f. 43 BGH, Beschl. v. 16.1.2014 – XII ZB 455/13 – FamRZ 2014, 731, II 2 b). 44 BGH, Beschl. v. 18.4.2012 – XII ZB 325/11 – FamRZ 2012, 1039, II 2 a), entschieden für ein Anrecht aus einer private Rentenversicherung. 45 Zur Frage der groben Unbilligkeit eines solchen Handelns vgl. Rn. 141 (Beispiel).

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

3 Fettnapf Auch die versicherungsförmige Lösung – die sog. Mitnahme des Versicherungsvertrags – nach Ausscheiden der AP aus den Diensten ihres Arbeitgebers mit unverfallbaren Anwartschaften beseitigt nicht den ehezeitlichen Rechtscharakter der bAV.46 Jedenfalls unterliegt der unverfallbare Teil der Beträge, die der Arbeitgeber während der Betriebszugehörigkeit der AP als Arbeitnehmerin für diese in die bAV eingezahlt hat, dem VersAusgl; dies gilt unabhängig davon, ob die AP die Versicherung mit eigenen Beiträgen fortgeführt hat.

b) Anwartschaften im Sinne des VersAusglG 35 § 2 Abs. 3 VersAusglG stellt klar, dass es bei einer Anwartschaft nicht darauf ankommt, ob am Ehezeitende eine für das Anrecht maßgebliche Wartezeit, Mindestbeschäftigungszeit, Mindestversicherungszeit oder ähnliche zeitliche Voraussetzung erfüllt ist; insoweit noch nicht verfestigte Anrechte sind dennoch auszugleichen. 3 Fettnapf Das bedeutet jedoch nicht, dass diese Anwartschaften – entgegen der grundsätzlichen Idee, die Teilung regelmäßig sofort im Rahmen der Scheidung zu vollziehen47 – direkt im Zeitpunkt der Entscheidung über den VersAusgl ausgeglichen werden. In Betracht kommen insoweit schuldrechtliche Ausgleichszahlungen nach den §§ 20 ff. VersAusglG.48

IV. Information des FamG 36 Damit das FamG eine Entscheidung über den VersAusgl nach § 224 FamFG herbei-

führen kann, benötigt es die hierfür erforderlichen Angaben.

1. Verfahrensrechtliche Auskunftspflichten 37 Die Auskunftspflichten gegenüber dem FamG bestimmen sich nach § 220 FamFG.

a) Auskunftspflichtige Personen 38 Der Kreis der auskunftspflichtigen Personen wird in § 220 Abs. 1 FamFG festgelegt. Auskunftspflichtig sind zunächst einmal die am Versorgungsausgleichsver39 fahren Beteiligten nach § 219 FamFG. Dies sind

_____ 46 So richtiger Weise OLG Oldenburg (Oldenburg), Beschl. v. 7.3.2019 – 11 UF 7/19 – Leitsatz und Rn. 22 ff., auch zum Folgenden; anderer Ansicht OLG Brandenburg, Beschl. v. 31.3.2014 – 9 UF 142/13 – FamRZ 2014, 1636. 47 Vgl. Rn. 3. 48 Vgl. Rn. 101 ff.

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■ ■ ■ ■

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die Ehegatten, die VT, bei denen ein auszugleichendes Anrecht besteht, die VT, bei denen ein Anrecht zum Zwecke des Ausgleichs begründet werden soll, und die Hinterbliebenen und die Erben der Ehegatten.

Darüber hinaus sind sonstige Stellen zur Auskunft verpflichtet, soweit es ihrer Aus- 40 künfte bedarf, insbesondere der frühere Arbeitgeber der AP.49 Fettnapf 3 Wurde ein VT am Verfahren zur Durchführung des VersAusgl nicht beteiligt und ihm auch nicht die Entscheidung zugestellt, kann er auch nach Ablauf der einmonatigen Frist gem. § 63 Abs. 1 FamFG Beschwerde einlegen;50 diese Auffassung ist jedoch umstritten. Fraglich ist darüber hinaus, ob für ihn die Beschwerdefrist von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses nach § 63 Abs. 3 S. 2 FamFG gilt.51

Praxistipp 3 Verstößt die AP gegen ihre Auskunftspflicht, kann sie gegenüber der AB schadensersatzpflichtig sein. Dies ist bspw. dann denkbar, wenn die AP unvollständige Angaben hinsichtlich ihrer Anrechte auf bAV macht und sie es in der Folge unterlässt, das FamG auf die Unvollständigkeit ihrer Angaben hinzuweisen, wenn das FamG aufgrund dessen das entsprechende Anrecht nicht ausgleicht.52

b) Auskunftspflichten des VT aa) Werte, Berechnung und maßgebliche Regelungen Der VT ist nach § 220 Abs. 4 S. 1 VersAusglG verpflichtet, die nach § 5 des 41 VersAusglG benötigten Werte einschließlich einer übersichtlichen und nachvollziehbaren Berechnung sowie der für die Teilung maßgeblichen Regelungen53 mitzuteilen. Übersichtlich und nachvollziehbar bedeutet, dass u.a. über die Benennung 42 des angewandten versicherungsmathematischen Berechnungsverfahrens sowie

_____ 49 Johannsen/Henrich/Holzwarth, Familienrecht, § 220 FamFG Rn. 1. 50 So MüKo-FamFG/Stein, § 228 FamFG Rn. 13 m.w.N. aus Literatur und Rechtsprechung, auch zur Gegenansicht; Gegenansicht: OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.2010 – I-15 W 111/10, 15 W 111/10 – FamRZ 2011, 396, Leitsatz 2. 51 Dagegen: MüKo-FamFG/Stein, § 228 FamFG Rn. 13 m.w.N., auch zur Gegenansicht; Musielak/ Borth/Borth/Grandel, FamFG, § 228 Rn. 26. 52 AG Ludwigshafen, Urt. v. 12.12.2018 – 5c F 412/17 – FamRZ 2019, 787. 53 Vgl. Rn. 56 ff.

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die grundlegenden Annahmen der Berechnung, insbesondere Zinssatz und angewandte Sterbetafeln, informiert werden muss. Der VT muss jedoch keine Geschäftsgeheimnisse – bspw. spezifische geschäftsinterne Kalkulationen – offen legen.54 Darüber hinaus kann das FamG den VT von Amts wegen oder auf Antrag eines 43 Beteiligten auffordern, die Einzelheiten der Wertermittlung zu erläutern, § 220 Abs. 4 S. 2 VersAusglG. Die Auskunftspflicht besteht aber auch bei Antrag eines Beteiligten nur gegenüber dem FamG.55 3 Praxistipp Seitens des VT genügt es in der Praxis häufig, ein Telefonat mit dem FamG zu führen und ggf. weitere Unterlagen nachzureichen. In der Regel kann damit vermieden werden, einer Ladung zu einem Gerichtstermin56 nachkommen zu müssen. Besteht das FamG auf einem Erscheinen, muss der VT sich jedoch daran halten, § 220 Abs. 5 FamFG.

bb) Vorschlag für Ausgleichswert und korrespondierenden Kapitalwert 44 Der VT muss dem FamG nach § 5 Abs. 3 VersAusglG einen Vorschlag für die Be-

stimmung des Ausgleichswerts, den sog. Teilungsvorschlag und – falls es sich dabei nicht um einen Kapitalwert handelt – für einen korrespondierenden Kapitalwert nach § 47 VersAusglG unterbreiten. Hier zeigt sich die Verteilung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten: 45 Während dem VT, der die beste Kenntnis über die Versorgung besitzt, die Aufgabe obliegt, einen Vorschlag für die Teilung zu machen, entscheidet das FamG auf dieser Basis über den VersAusgl.57

c) Korrespondierender Kapitalwert aa) Sinn und Zweck 46 Der korrespondierende Kapitalwert ist eine Hilfsgröße, § 47 Abs. 1 VersAusglG.

Durch ihn soll den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit eröffnet werden, eine Vergleichbarkeit zwischen den unterschiedlichen Anrechten herstellen zu können und sie ggf. im Rahmen einer „Vermögensbilanz“ einander gegenüberzustellen; die wirtschaftliche Bedeutung des auszugleichenden Anrechts soll durch den korrespondierenden Kapitalwert besser veranschaulicht werden.58

_____ 54 BT-Drucks. 16/10144, S. 94 li. Sp. 55 BT-Drucks. 16/10144, S. 94 re. Sp. 56 BT-Drucks. 16/10144, S. 94 re. Sp. 57 BT-Drucks. 16/10144, S. 50 li. Sp. 58 BT-Drucks. 16/10144, S. 50 li. Sp. und S. 84 li. und re. Sp.

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Allerdings hat der Gesetzgeber erkannt, dass ein Wertevergleich anhand von 47 Kapitalwerten und korrespondierenden Kapitalwerten allein nicht in allen Fällen ausreicht. So ist in § 47 Abs. 6 VersAusglG normiert, dass in bestimmten Fällen auch weitere Faktoren der Anrechte zu berücksichtigen sind, die sich auf die Versorgung auswirken: ■ bei Vereinbarungen über den VersAusgl nach den §§ 6 bis 8 VersAusglG, ■ bei der Feststellung einer geringen Differenz der Ausgleichswerte von Anrechten gleicher Art nach § 18 Abs. 1 VersAusglG, ■ bei der Feststellung nach § 27 VersAusglG, dass der VersAusgl wegen grober Unbilligkeit ausnahmsweise nicht stattfindet. Weitere Faktoren im Sinne von § 47 Abs. 6 VersAusglG sind vor allem wertbildende 48 Faktoren, die sich auf die zu erwartende oder die tatsächlich gezahlte Versorgung auswirken, wie bspw. Leistungsspektrum, Finanzierungsverfahren und Anpassung.59

bb) Höhe des korrespondierenden Kapitalwerts In der bAV gilt der Übertragungswert nach § 4 Abs. 5 BetrAVG als korrespondie- 49 render Kapitalwert, § 47 Abs. 4 S. 1 VersAusglG.60 Für ein Anrecht, das bei einem Träger einer Zusatzversorgung des öffentli- 50 chen oder kirchlichen Dienstes besteht, ist als korrespondierender Kapitalwert der nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ermittelter Barwert61 maßgeblich, § 47 Abs. 4 S. 2 i.V.m. Abs. 5 VersAusglG. Diese Vorschriften gehen der Bestimmung des korrespondierenden Kapitalwerts 51 nach § 47 Abs. 2 VersAusglG vor, nach dem auf den „Einkaufspreis“ des auszugleichenden Anrechts abgestellt wird.62 Fettnapf 3 Auch wenn der Gesetzgeber den am VersAusgl Beteiligten mit dem korrespondierenden Kapitalwert ein Hilfsmittel zur Hand geben wollte, so muss seine eingeschränkte Aussagekraft beachtet werden: Aufgrund der unterschiedlichsten Ausgestaltungen der Anrechte, allein in der bAV, sollte dieses Hilfsmittel nur mit äußerster Vorsicht eingesetzt und seine Ergebnisse stets sehr kritisch hinterfragt werden, gerade wenn eine „Vermögensbilanz“63 erstellt werden soll.

_____ 59 MüKo-BGB/Scholer, § 47 VersAusglG Rn. 5. 60 Zum Übertragungswert vgl. Kap. 8 Rn. 473 ff. 61 Zum nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ermittelten Barwert vgl. Höfer/de Groot/ Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 8 Rn. 38. 62 BT-Drucks. 16/10144, S. 84 re. Sp. 63 Vgl. Rn. 46 und 276.

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d) Formular 52 Nach § 220 Abs. 2 S. 1 FamFG muss der VT das vom FamG übersandte Formular für

die Auskunft verwenden. Der VT muss für Anrechte aus der bAV das Formular V3164 ausfüllen. Eine Ausnahme gilt nach § 220 Abs. 2 S. 2 FamFG für automatisiert erstellte 53 Auskünfte, die es aber nur bei bestimmten VT wie den gesetzlichen Rentenversicherungsträgern, nicht aber bei VT der bAV gibt.65

e) Mitwirkungshandlungen 54 Das FamG kann anordnen, dass die Ehegatten oder ihre Hinterbliebenen oder Erben

gegenüber dem VT Mitwirkungshandlungen zu erbringen haben, die für die Feststellung der in den VersAusgl einzubeziehenden Anrechte erforderlich sind, § 220 Abs. 3 FamFG. Eine typische Mitwirkungshandlung ist das Stellen eines Kontenklärungsantrags an gesetzliche Rentenversicherungsträger zur Klärung des Versicherungsverlaufs.66 In der bAV kommt der Vorschrift eine eher untergeordnete Bedeutung zu.

2. Weitere Auskunftspflichten 55 Von geringer praktischer Bedeutung sind die materiell-rechtlichen Auskunftspflichten zwischen den Ehegatten, ihren Hinterbliebenen oder Erben sowie den VT nach § 4 VersAusglG, die diese Personen gegeneinander haben. Da die vorgenannten verfahrensrechtlichen Auskünfte von Amts wegen eingeholt werden, bedarf es weitergehender Auskünfte in der Regel nicht mehr.67

V. Maßgeblichen Regelungen im VersAusgl 56 Die im Folgenden dargestellten maßgeblichen Regelungen entsprechen denen in

§ 220 Abs. 4 S. 1 FamFG.68

_____ 64 Zu finden unter https://justiz.de/formulare/zwi_bund/betriebliche_Altersversorgung.pdf. 65 Johannsen/Henrich/Holzwarth, Familienrecht, § 220 FamFG Rn. 2. 66 Musielak/Borth/Borth/Grandel, FamFG, § 220 Rn. 10. 67 Johannsen/Henrich/Holzwarth, Familienrecht, § 4 VersAusglG Rn. 1. 68 Vgl. Rn. 41 ff.

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1. Zusage Die Zusage – oder Versorgungszusage – beschreibt das arbeitsrechtliche Grund- 57 verhältnis, das sog. Valutaverhältnis.69 Hier sind die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Rechte und Pflichten geregelt.70 Da die Zusage Anspruch und Anwartschaft des Arbeitnehmers – also das zu 58 teilende Anrecht – regelt, ist diese vertragliche Regelung zentral für den VersAusgl. Fettnapf 3 Daher muss in der Beschlussformel der gerichtlichen Entscheidung – neben anderen Inhalten – auch die Fassung oder das Datum der Zusage benannt werden, um den konkreten Inhalt des für die AB beim VT geschaffenen Anrechts klarzustellen.71

Die Zusage kann die Form einer einzelvertraglichen Vereinbarung, einer vertragli- 59 chen Einheitsregelung, einer Gesamtzusage, einer Betriebsvereinbarung, einer Sprecherausschuss-Richtlinie oder eines Tarifvertrags haben. In Betracht kommen auch Ansprüche aus Gleichbehandlung oder betrieblicher Übung.72

2. Regelung des VT Der Arbeitgeber kann die bAV als VT selbst erbringen oder externe VT zur Durchfüh- 60 rung einschalten.73 Diese VT besitzen eigene für den VersAusgl wesentliche vertragliche Regelungen, bspw. Satzungen oder Versicherungsbedingungen.

3. Teilungsordnung Schließlich können VT selbst Regelungen treffen, die die Teilung der Anrechte im 61 Rahmen des VersAusgl festlegen, sog. Teilungsordnungen, um so ein einheitliches Verfahren festzulegen. Die wesentlichen Inhalte einer Teilungsordnung ergeben sich aus der folgenden 62 Checkliste. Checkliste 3 ■ Überschrift – Wiedergabe des wesentlichen Regelungsgehalts, bspw. „Ordnung für die interne und externe Teilung von Lebensversicherungen im Rahmen des VersAusglG (Teilungsordnung)“ ■ Anwendungsbereich, bspw. ■ Personenkreis

_____ 69 In diesem Sinne bspw. BAG, Urt. v. 19.4.1983 – 3 AZR 24/81 – DB 1983, 2474, II 1; vgl. auch Rn. 29. 70 Vgl. Kap. 1 Rn. 35. 71 BGH, Beschl. v. 26.1.2011 – XII ZB 504/10 – FamRZ 2011, 1139, Leitsatz und Rn. 22 und 24. 72 Zu weiteren Einzelheiten vgl. Kap. 1 Rn. 561 ff. 73 Vgl. Kap. 1 Rn. 344.

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■ Produkt und/oder Tarif ■ Zusagearten74 ■ Leistungsarten75 ■ Negative Abgrenzung, für wen/wofür die Teilungsordnung nicht gilt Vorrang der internen vor der externen Teilung ■ Interne Teilung – Festlegung des Berechnungsweges ■ Ermittlung des Ehezeitanteils ■ Ermittlung des Ausgleichswerts ■ Kosten – Festlegung der Höhe und Durchführung des Abzugs ■ Herabsetzung des Anrechts der AP ■ Einrichtung des Anrechts der AB, bspw. Beschränkung des Risikoschutzes auf eine Altersleistung Externe Teilung – Festlegung des Berechnungsweges ■ Ermittlung des Ehezeitanteils ■ Ermittlung des Ausgleichswerts ■ Feststellung, dass im Durchführungsweg Direktversicherung sowie Pensionsfonds und -kasse die Wertgrenzen nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG, bei Direktzusage und Unterstützungskasse die nach § 17 VersAusglG nicht überschritten sind76 ■ Herabsetzung des Anrechts der AP ■ Zahlung des Kapitalbetrags an den Träger der Zielversorgung der AB Salvatortische Klausel und Schlussbestimmungen

3 Praxistipp Bei der Gestaltung der Teilungsordnung ist – wie bei jeder Vertragsgestaltung – u.a. zu überlegen, inwieweit darin zwingende gesetzliche Vorschriften inhaltlich wiedergegeben werden sollen. Gegen eine solche Wiedergabe spricht vor allem, dass die Teilungsordnung hierdurch einen erheblich größeren Umfang erhält. Da zwingendes Gesetzesrecht ohnehin gilt, reicht – will man auf gesetzliche Vorschriften Bezug nehmen – ein klarstellender Hinweis auf das VersAusglG und andere Gesetze am Anfang oder am Ende der Teilungsordnung aus.

3 Fettnapf Bei der Gestaltung der Teilungsordnung ist darauf zu achten, dass die Regelungen über das zu begründende Anrecht den gesetzlichen Anforderungen genügen, sonst ist die Regelung nach § 134 BGB unwirksam und damit nicht anwendbar; in diesem Fall gelten gemäß § 11 Abs. 2 VersAusglG die für das auszugleichende Anrecht bestehende Regelung analog.77

_____ 74 Vgl. Kap. 1 Rn. 465 ff. 75 Vgl. Kap. 1 Rn. 25. 76 Der maßgebliche Zeitpunkt für die Ermittlung dieser Wertgrenze ist das Ende der Ehezeit, vgl. BGH, Beschl. v. 24.4.2019 – XII ZB 185/16 – FamRZ 2019, 1314, Leitsatz 2 und Rn. 33 m.w.N.; zu weiteren Anforderungen vgl. Rn. 89a ff. 77 MüKo-BGB/Siede, § 11 VersAusglG Rn. 32 m.w.N.

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VI. Ausgleichsformen im VersAusglG 1. Übersicht Das VersAusglG unterscheidet in seinen Ausgleichsformen nach dem Zeitpunkt des 63 Ausgleichs: ■ Wertausgleich im Zeitpunkt der Scheidung ■ Vereinbarung über den VersAusgl ■ interne Teilung ■ externe Teilung ■ Ausgleichsansprüche nach der Scheidung ■ schuldrechtliche Ausgleichsrente ■ Abfindung ■ Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung Praxistipp 3 Verbleiben nach dem Wertausgleich bei der Scheidung noch Anrechte für Ausgleichsansprüche nach der Scheidung, muss das FamG diese Anrechte in der Begründung des Beschlusses benennen, § 224 Abs. 4 FamFG. Damit wird die AB daran erinnert, dass ihr insoweit noch Ansprüche zustehen können.78

2. Vereinbarungen über den VersAusgl a) Allgemeines Obwohl in den §§ 6 bis 8 VersAusglG bestimmt ist, dass Vereinbarungen über den 64 VersAusgl vorrangig gegenüber den übrigen Ausgleichsformen im Zeitpunkt der Scheidung sind, bilden solche Vereinbarungen in der Praxis weiterhin die Ausnahme.

b) Regelungsbefugnis der Ehegatten Die Ehegatten können Vereinbarungen über den VersAusgl schließen, § 6 Abs. 1 S. 1 65 VersAusglG. Dies eröffnet eine weitgehende Möglichkeit, wie die Regelbeispiele in § 6 Abs. 1 S. 2 VersAusglG zeigen:79 Die Ehegatten können den VersAusgl insbesondere ganz oder teilweise in die Regelung der ehelichen Vermögensverhältnisse einbeziehen, ihn ausschließen sowie Ausgleichsansprüche einer schuldrechtlichen Ausgleichsrente vorbehalten. Ihre Grenzen hat die Regelungsbefugnis dort, wo materiell-rechtlich keine Ver- 66 fügungsbefugnis des Ehegatten besteht. So kann der Arbeitnehmer weder im lau-

_____ 78 BT-Drucks. 16/10144, S. 62 li. Sp. 79 BT-Drucks. 16/10144, S. 51 li. Sp.

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fenden Arbeitsverhältnis noch nach Ausscheiden mit gesetzlich unverfallbaren Anwartschaften – unter Nutzung der versicherungsförmigen Lösung – über das Anrecht aus einer Direktversicherungszusage verfügen.80 Auch darf die Vereinbarung nicht zulasten Dritter gehen.81

c) Kontrollpflicht des FamG 67 Das FamG hat die Vereinbarung der Eheleute von Amts wegen zu prüfen, wenn

Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Wirksamkeits- und Durchsetzungshindernisse bestehen.82 Liegen keine solchen Anhaltspunkte vor oder hält die Vereinbarung der Inhalts- und Ausübungskontrolle des FamG stand, ist es an die Vereinbarung gebunden, § 6 Abs. 2 VersAusglG. Bei der Inhalts- und Ausübungskontrolle nach § 8 Abs. 1 VersAusglG sind vor al68 lem § 138 und § 242 BGB zu beachten und die höchstrichterliche Rechtsprechung heranzuziehen.83 Rechtswidrig ist eine Vereinbarung danach insbesondere, wenn ein Ehegatte bei deren Abschluss in einer erheblich schwächeren Verhandlungsposition war und sie evident einseitig zu seinen Lasten geht oder – bei völligem oder teilweisem Ausschluss des VersAusgl – ein Ehegatte über keine hinreichende Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot ehelicher Solidarität unvereinbar erscheint.

d) Schutz der VT 69 Nach § 8 Abs. 2 VersAusglG können durch die Vereinbarung Anrechte nur übertra-

gen oder begründet werden, wenn die maßgeblichen Regelungen dies zulassen und die betroffenen VT zustimmen.

e) Formelle Wirksamkeitsvoraussetzungen 70 Vereinbarungen über den VersAusgl bedürfen der notariellen Beurkundung,

§ 7 Abs. 1 VersAusglG, im Rahmen eines Ehevertrags unter gleichzeitiger Anwesenheit beider Vertragspartner, § 7 Abs. 3 VersAusglG i.V.m. § 1410 BGB. Im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens genügt eine gerichtliche Protokollierung, § 7 Abs. 2 VersAusglG i.V.m. § 127a BGB.

_____ 80 OLG Celle, Beschl. v. 18.6.2012 – 15 UF 95/12 – FamRZ 2013, 470, Leitsatz 3. 81 Johannsen/Henrich/Holzwarth, Familienrecht, § 6 VersAusglG Rn. 1. 82 BT-Drucks. 16/10144, S. 52 li. Sp. 83 BT-Drucks. 16/10144, S. 52 re. Sp., auch zum Folgenden unter Verweis auf die Rechtsprechung des BGH.

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3. Interne Teilung Die Regelungen zur internen Teilung sind die zentralen Ausgleichsbestimmun- 71 gen des VersAusglG.84

a) Allgemeines Bei der internen Teilung überträgt das FamG für die AB zulasten des Anrechts der 72 AP ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts bei dem VT, bei dem das Anrecht der AP besteht, § 10 Abs. 1 VersAusglG. Durch diesen richterlichen Gestaltungsakt wird eine versorgungsrechtliche – 73 keine arbeitsrechtliche – Beziehung zwischen dem VT und der AB hergestellt. Die Einzelheiten des Vollzugs der Teilung und insbesondere der Kürzung des Anrechts der AP richten sich nach den für das Anrecht maßgeblichen Regelungen, § 10 Abs. 3 VersAusglG, also nach Zusage und Teilungsordnung.85

b) Möglichkeit der Verrechnung Um einen „Hin-und-her-Ausgleich“ zu vermeiden, verrechnet der VT die Anrechte; 74 der Ausgleich ist nur in Höhe des Wertunterschieds zu vollziehen, § 10 Abs. 2 S. 1 VersAusglG. Dies setzt voraus, dass es sich um Anrechte gleicher Art86 handelt, sie also in Struktur und Wertentwicklung in wesentlichen Fragen – z.B. Leistungsspektrum (Absicherung von Alter, Invalidität und/oder Tod), Finanzierungsart, Anpassung von Anwartschaften und laufenden Versorgungen – entsprechen.87 Fettnapf 3 Im Einzelfall kann dies fraglich sein, bspw. bei Anrechten bei einem Versicherer, die auf unterschiedlichen Produkten basieren. Dies muss der VT prüfen und dann dem FamG einen entsprechenden Vorschlag machen.

c) Anforderungen Das Gesetz normiert für die interne Teilung in § 11 VersAusglG bestimmte Anforde- 75 rungen. Diese Vorschrift gilt insbesondere für VT, die auf kollektivvertraglicher Basis handeln, also für VT der bAV.88

_____ 84 BT-Drucks. 16/10144, S. 54 re. Sp. 85 BT-Drucks. 16/10144, S. 54 re. Sp und S. 57 li. Sp. 86 Vgl. auch Rn. 129. 87 BT-Drucks. 16/10144, S. 54 re. Sp und S. 55 li. Sp., auch zum Folgenden. 88 BT-Drucks. 16/10144, S. 55 li. und re. Sp.

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aa) Gleichwertige Teilhabe 76 Die interne Teilung muss die gleichwertige Teilhabe der Ehegatten an den in der

Ehezeit erworbenen Anrechten sicherstellen, § 11 Abs. 1 S. 1 VersAusglG.

bb) Einzelheiten 77 Diese gleichwertige Teilhabe wird durch Mindestanforderungen in § 11 Abs. 1 S. 2

Nr. 1 bis 3 konkretisiert, die in Zusage und Teilungsordnung zu beachten sind.89 Damit bleibt den VT ein Spielraum für passgenaue Regelungen in Bezug auf das jeweilige Versorgungssystem eröffnet. Im Vergleich zum Anrecht der AP müssen folgende Anforderungen erfüllt werden: ■ Für die AB ein eigenständiges und entsprechend gesichertes Anrecht übertragen werden. ■ Einerseits muss also für die AB ein selbständiger Anspruch gegen den VT begründet werden, der vom Versorgungsschicksal der AP unabhängig ist. Bei Direktversicherungen geschieht dies dadurch, dass die AB selbst versicherte Person wird. ■ Die andererseits erforderliche entsprechende Sicherung ist bei AB, die dem Schutzbereich des BetrAVG unterliegen, regelmäßig gegeben, da sie nach § 12 VersAusglG die Stellung eines ausgeschiedenen Arbeitnehmers im Sinne des BetrAVG haben und daher die gesetzliche Insolvenzsicherung der §§ 7 ff. BetrAVG für sie gilt. 3

Praxistipp Anders sieht es bei Gesellschafter-Geschäftsführern aus, für die das BetrAVG nicht gilt.90 Ihre Anrechte sind nicht durch die §§ 7 ff. BetrAVG gegen Insolvenz gesichert, sondern bedürfen eines vertraglichen Schutzes, wie durch die Bestellung eines Pfandrechts an der zur Finanzierung einer Pensionszusage abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung.91

3

Fettnapf Zu beachten ist jedoch, dass die Rückdeckungsversicherung grundsätzlich ein reines Finanzierungsinstrument zur Erfüllung der Zusage ist.92 Zwar kann ihre Teilung bei beitragsorientierten Versorgungszusagen erforderlich sein, um keinen weiteren zusätzlichen Finanzierungsaufwand beim VT zu generieren.

_____ 89 BT-Drucks. 16/10144, S. 55 re. Sp. und S. 56, auch zum Folgenden. 90 Vgl. Kap. 1 Rn. 299 ff.; Gleiches gilt auch für andere beherrschende Mitunternehmer, die zwar für das Unternehmen tätig sind, aber nicht dem Geltungsbereich des BetrAVG unterliegen, wie bspw. Vorstände von AG mit beherrschenden Gesellschaftsanteilen. Zu weiteren Einzelheiten des Ausgleichs der Anrechte von AP, die zu diesen Personengruppen gehören, vgl. Rn. 274 f. 91 Vgl. Rn. 281 ff. 92 Vgl. Rn. 32, auch zum Folgenden.

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Allerdings muss die Rückdeckungsversicherung nicht geteilt werden, um ein „entsprechend gesichertes Anrecht“ i.S.v. § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VersAusglG zu erhalten. Die Sicherung eines Teils der Rückdeckungsversicherung kann und darf nicht dadurch bewirkt werden, dass sie „in entsprechender Höhe dem Ausgleichswert zugeordnet“ wird.93 Als reines Finanzierungsinstrument obliegt es allein dem bezugsberechtigten Versicherungsnehmer, d.h. dem Arbeitgeber, zu entscheiden, wie damit zu verfahren ist.94 Etwas anderes ergibt sich nur, wenn der AP zur Sicherung ihres Anrechts ein Pfandrecht am Bezugsrecht aus der Rückdeckungsversicherung bestellt wurde. In diesem Fall wird mit der internen Teilung des Anrechts auch das Pfandrecht geteilt, da es streng akzessorisch ist, § 1250 BGB.95 U.E. kann damit jedoch kein „entsprechend gesichertes Anrecht“ zugunsten der AB eingerichtet werden, da die Rückdeckungsversicherung auf das Leben der AP abgeschlossen wurde und folglich ihre biometrischen Risiken abgesichert sind. Notwendig wird daher sein, eine neue Rückdeckungsversicherung in entsprechender Höhe zum Ausgleichswert auf das Leben der AB abzuschließen und ihr daran ein Pfandrecht zu bestellen. Gleichzeitig wird die AB auf ihr bislang bestehendes (nachrangiges) Pfandrecht an der anderen Rückdeckungsversicherung verzichten müssen, um nicht gegenüber der AP besser gestellt zu sein. Praxistipp 3 Zur rechtssicheren Umsetzung ist es u.E. zulässig, die notwendigen Erklärungen der AP hinsichtlich der Pfandrechte durch den Beschluss analog § 894 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 95 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 FamFG zu ersetzen. Dies gilt sowohl für den Verzicht auf das Pfandrecht an der Rückdeckungsversicherung der Versorgung der AP als auch für die Zustimmung zur Begründung des Pfandrechts an der Rückdeckungsversicherung der Versorgung der AP, wie nachfolgend im Einzelnen beschrieben wird.

Zur Einrichtung eines eigenständigen und entsprechend gesicherten Anrechts muss aus unserer Sicht zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits noch keine Versorgung beim VT für die AP einschließlich des Abschlusses einer entsprechenden Rückdeckungsversicherung bestehen. Der

_____ 93 So jedoch BGH v. 11.9.2019 – XII ZB 627/15 – FamRZ 2019, 1993, Rn. 36 ff. mit Verweis auf die Gesetzesbegründung; OLG Hamm, Beschl. v. 1.12.2014 – II-6 UF 86/14, 6 UF 86/14 – FamRZ 2016, 139, Orientierungssatz 1; OLG Stuttgart, Beschl. v. 28.7.2017 – 15 UF 251/16 – FamRZ 2017, 1923, II 3 b). 94 Allgemein zur Rückdeckungsversicherung vgl. Kap. 1 Rn. 370, Kap. 6 Rn. 343 ff. 95 Anderer Ansicht Hufer/Karst, BetrAV 2016, 297, 303, VII 3, nach denen das Pfandrecht durch die interne Teilung erlischt und insoweit der Erwähnung der Verpfändung in der Beschlussformell eine konstitutive Bedeutung zukommt; ähnlich auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.2.2019 – 8 UF 21/17 – NZFam 2019, 389, Leitsatz 5.

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Beschluss über den VersAusgl wird den VT zur Einrichtung der Versorgung und zum Abschluss der Rückdeckungsversicherung verpflichten. Der Beschluss ist vollstreckbar gemäß den §§ 86 ff. FamFG; damit ist die Umsetzung durch den VT u.E. hinreichend sicher gestellt. Insoweit muss der Rückdeckungsversicherer selbst nicht am Verfahren beteiligt werden. Darüber hinaus kann auch die Pfandrechtsbestellung sichergestellt werden. Zwar kann an zukünftigen Rechten kein Pfandrecht bestellt werden. Es können aber alle Erfordernisse der Pfandrechtsbestellung – Einigung sowie die Erfordernisse von §§ 1274 Abs. 2 und 1280 BGB – schon vor der Entstehung des Rechts vorgenommen werden, so dass das Pfandrecht zum gleichen Zeitpunkt entsteht, zu dem das Recht existent wird.96 Erforderlich ist, dass das verpfändete Recht zweifelsfrei bestimmbar ist, was im vorliegenden Fall möglich ist. Für die AB muss ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts mit vergleichbarer Wertentwicklung entstehen; ■ in der Regel wird der VT eine Teilung auf Grundlage des Deckungskapitals vornehmen, um eine Mehrbelastung für sich zu vermeiden.

3

Fettnapf Veränderungen von Zusagen und Bemessungsgrundlagen, die nach dem Ehezeitende eintreten, bleiben grundsätzlich außer Betracht, § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG.97 ■

Bei dem neu geschaffenen Anrecht der AB muss der gleiche Risikoschutz gewährt werden. Der VT kann den Risikoschutz auf eine Altersleistung98 beschränken, wenn er für das nicht abgesicherte Risiko einen zusätzlichen Ausgleich bei der Altersleistung schafft. ■ Der Grundsatz des gleichen Risikoschutzes bedeutet, dass das Anrecht der AB grundsätzlich die gleichen biometrischen Risiken wie das der AP abdecken muss. ■ Die Entscheidung über die ausnahmsweise Beschränkung des Risikoschutzes auf eine reine Altersleistung trifft der VT. Er hat jedoch in der Auskunft nach § 220 Abs. 4 FamFG nachvollziehbare Angaben hierzu zu machen, insbesondere zum finanziellen Ausgleich als Kompensation für wegfallenden Risikoschutz.

3

Praxistipp Beschränkt der VT den Risikoschutz für das zu begründende Anrecht auf eine Altersleistung, muss nicht bereits in einer besonderen Regelung festgelegt sein, wie sich der not-

_____ 96 MüKo-BGB/Damrau, § 1273 BGB Rn. 4. 97 BT-Drucks. 16/10144, S. 49 re. Sp.; vgl. Rn. 17 f. 98 In § 11 Abs. 1 Nr. 3 VersAusglG als „Altersversorgung“ bezeichnet.

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wendige zusätzliche Ausgleich bei der Altersleistung errechnet. Es genügt, wenn der VT dies im Versorgungsausgleichsverfahren darlegt.99

cc) Kontrollpflicht des FamG Die vom VT vorgegebenen Bestimmungen hat das FamG auf Grundlage der nach 78 § 220 FamFG erteilten Auskünfte zu prüfen.100 Fettnapf 3 Hat der VT keine besonderen Regelungen für den VersAusgl aufgestellt, gelten die Regelungen des Anrechts der AP für das Anrecht der AB entsprechend, § 11 Abs. 2 VersAusglG. Damit ist ihm insbesondere die Möglichkeit der Beschränkung des Risikoschutzes auf eine reine Altersleistung versperrt.

d) Rechtsfolgen bei Anrechten im Sinne des BetrAVG Gilt für das auszugleichende Anrecht das BetrAVG, so erlangt die AB mit der Über- 79 tragung des Anrechts die Stellung eines ausgeschiedenen Arbeitnehmers im Sinne des BetrAVG, § 12 VersAusglG. Mit dieser Stellung ist keine arbeitsrechtliche, sondern eine versorgungsrechtliche Beziehung gemeint.101 Diese gesetzliche Fiktion bedeutet u.a., dass bei Vorliegen der entsprechen- 80 den Voraussetzungen für die AP die Anpassungsregelungen für laufende Leistungen nach § 16 BetrAVG und die Insolvenzsicherung nach den §§ 7 ff. BetrAVG gelten, sie ein Recht zur Fortsetzung der Versorgung mit eigenen Beiträgen gemäß § 1b Abs. 5 S. 1 Nr. 2 BetrAVG hat und ihr das Recht auf Portabilität gemäß § 4 Abs. 3 BetrAVG zusteht. Entsprechendes muss u.E. auch für die Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG102 gelten, da auch diese Vorschrift die versorgungsrechtliche Stellung der AB sichert und sich der Umfang der Haftung des Arbeitgebers nicht erhöht.

e) Teilungskosten Der VT kann die bei der internen Teilung entstehenden Kosten jeweils hälftig mit 81 den Anrechten beider Ehegatten verrechnen, soweit sie angemessen sind, § 13 VersAusglG.

_____ 99 BGH, Beschl. v. 25.2.2015 – XII ZB 364/14 – FamRZ 2015, 911, Leitsatz 1. 100 BT-Drucks. 16/10144, S. 55 re. Sp. 101 BT-Drucks. 16/10144, S. 57 li. Sp., auch zum Folgenden. 102 Vgl. hierzu Kap. 1 Rn. 350.

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

3 Fettnapf Unter Teilungskosten versteht der Gesetzgeber nicht die Kosten, die dem VT durch die Teilung selbst – etwa durch die Ermittlung des Ehezeitanteils – entstehen, sondern die, die ihm durch die Aufnahme des zusätzlichen Versorgungsberechtigten in sein Versorgungssystem entstehen. Erfasst werden auch die im Rahmen der Kontenverwaltung erwachsenden Mehrkosten.103 82 Die Kosten müssen angemessen sein. Grundsätzlich müssten sie im Einzelnen

nachgewiesen werden, was jedoch in der Regel zu einem unverhältnismäßig hohen Aufwand führen wird. Es ist aber nach Gesetzesbegründung104 und Rechtsprechung anerkannt, dass grundsätzlich auch pauschalierte Teilungskosten angemessen sein können. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat eine im Rahmen einer Mischkalkulation vorgenommene Pauschalierung der Teilungskosten in Form eines Prozentsatzes in Höhe von 2 bis 3% des ehezeitlichen Kapitalwerts eines Anrechts grundsätzlich für unbedenklich gehalten; in diesem Fall wäre bei einem Höchstbetrag für jedes Anrecht von nicht mehr als 500 € in der Regel ein angemessener Kostenansatz gewährleistet.105 Ob die Teilungskosten angemessen sind, obliegt der Kontrolle des FamG.106 83

4. Externe Teilung 84 Ausnahmsweise kann statt der internen Teilung die externe Teilung durchgeführt werden.

a) Allgemeines 85 Bei der externen Teilung begründet das FamG für die AB zulasten des Anrechts der

AP ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts bei einem anderen VT als demjenigen, bei dem das Anrecht der AP besteht, § 14 Abs. 1 VersAusglG.

b) Voraussetzungen 86 Damit eine externe Teilung durchgeführt werden darf, müssen bestimmte Voraus-

setzungen vorliegen, § 14 Abs. 2 VersAusglG.

_____ 103 BGH, Beschl. v. 1.2.2012 – XII ZB 172/11 – FamRZ 2012, 610, II 2 c) aa) (2), auch zum Folgenden. 104 BT-Drucks. 16/10144, S. 57 li. Sp. 105 BGH, Beschl. v. 25.3.2015 – XII ZB 156/12 – NSW VersAusgl § 13 (BGH-intern), II 2 b) und c). 106 BT-Drucks. 16/10144, S. 57 li. Sp.

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aa) Vereinbarung zwischen AB und VT Eine externe Teilung ist durchzuführen, wenn die AB und der VT der AP eine exter- 87 ne Teilung vereinbaren, § 14 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG. Eine solche Einigung wird immer dann in Betracht kommen, wenn der VT ein Interesse daran hat, die AB nicht in das eigene Versorgungssystem aufzunehmen und die AB ihrerseits eine neue Versorgung bei einem anderen VT begründen oder eine bestehende ausbauen will.107 Die Einigung unterliegt keinen besonderen Formerfordernissen.

bb) Kleinere Ausgleichswerte Eine externe Teilung ist außerdem durchzuführen, wenn der VT der AP eine exter- 88 ne Teilung verlangt und es sich um einen kleineren Ausgleichswert handelt, § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG. Das Verlangen des VT unterliegt nicht dem Anwaltszwang nach § 114 Abs. 12 FamFG.108 Zeitpunkt der Betrachtung ist das Ehezeitende. Die maximale Höhe dieses Ausgleichswerts beträgt grundsätzlich in allen Durchführungswegen: ■ bei einem Rentenbetrag höchstens 2%, ■ in allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 240% der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV betragen, § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG. Der Rentenbetrag beläuft sich damit im Jahr 2020 auf maximal 63,70 €, der Kapitalwert auf höchstens 7.644 €. Die Zustimmung der AB ist in diesen Fällen nicht erforderlich. Sie kann die externe 89 Teilung aber auch nicht verhindern.

cc) Besonderheiten bei der externen Teilung von Anrechten aus Direktzusagen und Unterstützungskassen nach § 17 VersAusglG Nach § 17 VersAusglG kann der VT eine externe Teilung bei Anrechten aus Direktzu- 89a sage und Unterstützungskasse einseitig verlangen, wenn der Ausgleichswert als Kapitalwert höchstens die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nach den §§ 159 und 160 SGB VI erreicht; dies sind im Jahr 2020 82.800 €. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist § 17 VersAusglG aber nur verfassungs- 89b konform, wenn die Zielversorgung, bei der das Anrecht der AB eingerichtet wird, um nicht mehr als 10% von der Ausgangsversorgung abweicht.109

_____ 107 BT-Drucks. 16/10144, S. 58 li. Sp. 108 BT-Drucks. 16/10144, S. 93 li. Sp. 109 BVerfG, Urt. v. 26.5.2020 – 1 BvL 5/18 – BetrAV 2020, 325, Rn 77 ff.

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

3 Fettnapf Um herauszufinden, ob § 17 VersAusglG anwendbar ist, ist es also nicht mehr ausreichend zu prüfen, ob der Ausgleichswert als Kapitalwert die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht überschreitet. Allein der Blick in das Gesetz hilft nicht weiter. Vielmehr müssen eine ganze Reihe weiterer Prüfungsschritte vorgenommen werden, wie die folgende Checkliste zeigt.

3 Checkliste 1

Folgende Fragen müssen mit „ja“ beantwortet werden, damit § 17 VersAusglG angewendet werden darf.

1.1

Handelt es sich um ein Anrecht aus einer Direktzusage oder einer Unterstützungskasse?

1.2

Hat der VT der AP einseitig die externe Teilung verlangt?

1.3

Übersteigt der Ausgleichswert am Ende der Ehezeit die in § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG festgelegten Grenzen?110

1.4

Ist der Ausgleichswert als Kapitalwert am Ende der Ehezeit kleiner oder gleich der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung?

1.5

Weicht die Zielversorgung, bei der das Anrecht der AB eingerichtet wird, um nicht mehr als 10% von der Ausgangsversorgung ab? („10%-Grenze“)

2

Folgende Informationen müssen vom FamG eingeholt werden, damit eine externe Teilung nach § 17 VersAusglG umgesetzt werden kann.

2.1

vom VT der AP: Höhe des Ausgleichswerts am Ende der Ehezeit als Kapitalwert, bei Rentenzusagen als Rentenwert

2.2

ggf. vom VT der AP:111 Höhe des Anrechts der AB, unterstellt es würde intern geteilt112

2.3

vom VT der AB:113 Höhe des bei ihm begründeten Anrechts auf der Grundlage des vom VT der AP mitgeteilten Ausgleichswerts (vgl. oben, Punkt 2.1)

2.4

ggf. von weiteren möglichen VT der AB:114 Höhe des bei ihnen begründeten Anrechts auf der Grundlage des vom VT der AP mitgeteilten Ausgleichswerts (vgl. oben, Punkt 2.1)

2.5

vom VT der AP bei einer Abweichung von mehr als 10% (vgl. oben, Punkt 1.5): Höhe des Ausgleichswerts nach Punkt 2.1, damit die „10%-Grenze“ bei der Einrichtung des Anrechts für die AB bei den (möglichen) VT eingehalten wird.

_____ 110 Vgl. hierzu Rn 88, „Kleinere Ausgleichswerte“. 111 Alternativ von einem gerichtlich bestellten Gutacher, sollte der VT der AP nicht dazu verpflichtet sein, dem FamG diese Information zu geben (offene Rechtsfrage). 112 Bei der Berechnung ist der Rechnungszins zugrunde zu legen, mit dem das Anrecht der AP kalkuliert wurde; vgl. BVerfG, Urt. v. 26.5.2020 – 1 BvL 5/18 – BetrAV 2020, 325, Rn 67 und 9. 113 Die AB kann einen eigenen VT wählen, vgl. Rn. 90. 114 Soweit das FamG verpflichtet sein sollte feststellen zu müssen, ob es aus Sicht der AB günstigere VT für die Zielversorgung gibt als den von ihr gewählten VT (offene Rechtsfrage); BVerfG, Urt. v. 26.5.2020 – 1 BvL 5/18 – BetrAV 2020, 325, Rn 90.

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Anhand der aus Punkt 2 der Checkliste vorliegenden Informationen muss das 89c FamG aufklären, ob „aus dem vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Ausgleichswert bei dem von der ausgleichsberechtigten Person gegebenenfalls gewählten Zielversorgungsträger oder bei der gemäß § 15 Abs. 5 Satz 2 VersAusglG aufnahmeverpflichteten Versorgungsausgleichskasse oder – sofern die Anrechtsbegründung dort möglich ist – bei der gesetzlichen Rentenversicherung eine verfassungsrechtlich ausreichende Versorgung begründet werden kann.“115 Soweit nach diesen Vorgaben ein Anrecht bei einem externen VT unter Einhal- 89d tung der „10%-Grenze“ nicht begründet werden kann, muss das FamG den vom VT der AP mitgeteilten Ausgleichswert so anpassen, dass die „10%-Grenze“ eingehalten wird.116 Mit anderen Worten: Das FamG holt eine weitere Information vom VT der AP darüber ein, wie hoch der Ausgleichswert bei Ehezeitende sein müsste, damit die „10%-Grenze“ bei der Begründung des Anrechts für die AB bei den zur Verfügung stehenden VT eingehalten werden kann.117 Diesen, im Vergleich zur ersten Auskunft des VT der AP höheren, Ausgleichswert legt es bei seiner Entscheidung über den VersAusgl zugrunde. Das FamG wird den Verfahrensbeteiligten dann diesen Wert mitteilen. Der VT der AP hat nun die Möglichkeit, sein Verlangen der externen Teilung 89e rückgängig zu machen und stattdessen die interne Teilung zu wählen.118 Fettnapf 3 Vor dem Hintergrund des vorstehend beschriebenen komplizierten Verfahrens und den für alle Beteiligten höheren Aufwendungen, ist aus unserer Sicht davon auszugehen, dass die externe Teilung nach § 17 VersAusglG künftig in der Praxis eine nur noch geringe Rolle spielen wird. Es zeigt sich, dass die externe Teilung nach § 17 VersAusglG auf jedem Fall ein Expertenwissen erfordert.

dd) Wahlrecht hinsichtlich der Zielversorgung Die AB kann die Zielversorgung – und somit den VT – wählen. Sie bestimmt da- 90 mit, ob ein für sie bestehendes Anrecht ausgebaut oder ein neues Anrecht begründet werden soll, § 15 Abs. 1 VersAusglG. 91 Die Wahl ist aber nur unter folgenden Voraussetzungen möglich: ■ Die gewählte Zielversorgung muss eine angemessene Versorgung gewährleisten, § 15 Abs. 2 VersAusglG. Es müssen also bestimmte Mindestanforderung er-

_____ 115 BVerfG, Urt. v. 26.5.2020 – 1 BvL 5/18 – BetrAV 2020, 325, Rn 90. 116 BVerfG, Urt. v. 26.5.2020 – 1 BvL 5/18 – BetrAV 2020, 325, Rn 91. 117 Vgl. oben, Punkt 2.5 der Checkliste. 118 BVerfG, Urt. v. 26.5.2020 – 1 BvL 5/18 – BetrAV 2020, 325, Rn 91.

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

füllt werden. Bspw. muss es sich um ein eigenständiges und hinreichend gesichertes Anrecht handeln.119 Das FamG prüft, ob eine angemessene Versorgung vorliegt.120 Die Zahlung des Kapitalbetrags darf nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen121 oder zu einer schädlichen Verwendung bei der AP führen, § 15 Abs. 3 VersAusglG; dies gilt nicht, wenn sie der Wahl der Zielversorgung zustimmt.

92 Anrechte bei bestimmten Zielversorgungen erfüllen gemäß § 15 Abs. 4 VersAusglG

stets diese Anforderungen, nämlich solche ■ in der gesetzlichen Rentenversicherung, ■ bei einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder einer Direktversicherung oder ■ aus einem Vertrag, der nach § 5 AltZertG zertifiziert ist.122 3 Praxistipp Bei Ausübung dieser vorstehend beschriebenen Wahlrechte, nämlich das der AB über die Zielversorgung und das der AP, trotz steuerpflichtiger Einnahmen oder einer schädlichen Verwendung der externen Teilung zuzustimmen, ist keine Vertretung durch einen Rechtsanwalt notwendig, § 114 Abs. 4 Nr. 7 FamFG.

3 Fettnapf Wird keine Zielversorgung durch die AB gewählt oder erfolgt diese Wahl nicht rechtzeitig, so wird ein Anrecht zugunsten der AB bei der Versorgungsausgleichskasse Pensionskasse VVaG123 begründet, § 15 Abs. 5 S. 2 VersAusglG. Dieser Versorgungsträger wurde von 38 Lebensversicherern gegründet, um als „Auffang-Zielversorgung“ für die externe Teilung in der bAV zu fungieren.124

ee) Unzulässigkeit der externen Teilung 93 Eine externe Teilung ist unzulässig, wenn ein Anrecht durch Beitragszahlung nicht

mehr begründet werden kann, § 14 Abs. 5 VersAusglG.

_____ 119 Zu den Einzelheiten vgl. MüKo-BGB/Siede, § 15 VersAusglG Rn. 8 ff. 120 BT-Drucks. 16/10144, S. 59 re. Sp. 121 Vgl. auch Rn. 302, nach dem Fettnapf. 122 Hiermit sind Altersvorsorgeverträge („Riester“-Verträge) gemeint. 123 Näheres hierzu vgl. Gesetz über die Versorgungsausgleichskasse (VersAusglKassG), BGBl. I 2009 S. 1947 f. 124 https://www.va-kasse.de/Gesetzlicher-Auftrag.

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ff) Verfahrensrechtliche Anforderungen Das FamG kann gemäß § 222 Abs. 1 FamFG eine Frist setzen, bis zu der die Wahl- 94 rechte nach § 14 Abs. 2 VersAusglG – die Einigung zwischen VT und AB über eine externe Teilung sowie das Verlangen des VT, dass extern geteilt wird – ausgeübt werden müssen. Bei der Wahl der Zielversorgung nach § 15 Abs. 1 VersAusglG kann das FamG 95 ebenfalls eine Frist setzen. Innerhalb dieser muss die AB die Zielversorgung benennen und gleichzeitig nachweisen, dass der ausgewählte VT damit einverstanden ist, § 222 Abs. 2 FamFG. Der VT der Zielversorgung ist in der Beschlussformel zu nennen.125 Fettnapf 3 Wird die Frist nicht eingehalten, können die oben genannten Wahlrechte nicht mehr ausgeübt werden126, es sei denn, das FamG verlängert die Frist. Allerdings kann das Wahlrecht auch noch im Beschwerdeverfahren nachgeholt oder vervollständigt werden.127

c) Rechtsfolgen Die Entscheidung über die externe Teilung obliegt dem FamG. Liegen die oben beschriebenen Voraussetzungen vor, so ist das FamG aber an die Wahl der externen Teilung gebunden.128 Das FamG setzt in der Endentscheidung über den VersAusgl den Ausgleichswert als Kapitalbetrag fest, den der VT der AP an den VT der AB nach § 14 Abs. 4 VersAusglG zu zahlen hat, § 222 Abs. 3 FamFG.129 Die im Gesetz vorgeschriebene Halbteilung erfordert generell eine Verzinsung des Ausgleichswertes vom Ehezeitende bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den VersAusgl.130 Die Höhe der Verzinsung wird entweder vom FamG festgesetzt oder orientiert sich an der Höhe des Rechnungszinses, der gesetzlich vorgegeben ist oder auf versicherungsmathematischen Grundlagen basiert. Die Regelungen für den Vollzug der externen Teilung ergeben sich aus dem Recht des zu teilenden Anrechts und des VT der Zielversorgung, § 14 Abs. 3 i.V.m. § 10 Abs. 3 VersAusglG.131

_____ 125 BGH, Beschl. v. 17.7.2019 – XII ZB 437/18 – FamRZ 2019, 1775, Leitsatz 3 und Rn. 23 ff. m.w.N. 126 BT-Drucks. 16/10144, S. 95 li. Sp. 127 KG Berlin, Beschl. v. 12.2.2014 – 17 UF 155/13, Leitsatz; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 5.8.2015 – 16 UF 130/15 – II 3. 128 BT-Drucks. 16/10144, S. 58 li. Sp. 129 Vgl. Rn. 198 ff. 130 BGH, Beschl. v 7.9.2011 – XII ZB 546/10 – FamRZ 2011, 1785, II 2 c) ee). Zur umstrittenen Frage, ob dabei ein Zinseszins zu berücksichtigen ist, vgl. MüKo-BGB/Siede, § 14 VersAusglG Rn. 55. 131 BT-Drucks. 16/10144, S. 59 li. Sp.

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d) Keine Teilungskosten 100 Im Gegensatz zur internen Teilung darf der VT der AP keine Teilungskosten in Ab-

zug bringen, da bei ihm kein neues Anrecht begründet wird.132

5. Schuldrechtliche Ausgleichsrente 101 Ist ein VersAusgl im Zeitpunkt der Scheidung nicht möglich, kommt es häufig

zur schuldrechtlichen Ausgleichsrente nach § 20 VersAusglG, kurz auch „schuldrechtlicher Ausgleich“ genannt. 3 Praxistipp Zulässig ist es auch, dass AP und AB den schuldrechtlichen VersAusgl vereinbaren.133

a) Definition 102 Bei einer schuldrechtlichen Ausgleichsrente bezieht die AP eine laufende Versor-

gung aus einem noch nicht ausgeglichenen Anrecht; die AB kann von der AP den Ausgleichswert als Rente verlangen, § 20 Abs. 1 S. 1 VersAusglG. Die AP muss also einen Teil ihrer Rente an die AB zahlen. Ein nicht ausgeglichenes Anrecht liegt in der bAV bspw. vor, wenn die Anwart103 schaft der AP im Zeitpunkt der Scheidung noch verfallbar ist.134

b) Fälligkeit 104 Der Anspruch der AB ist gemäß § 20 Abs. 2 VersAusglG fällig, sobald sie ■ ■ ■

eine eigene laufende Versorgung im Sinne des § 2 VersAusglG135 bezieht, die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht hat oder die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine laufende Versorgung wegen Invalidität erfüllt. Entscheidend hierfür ist, dass amtsärztlich die Voraussetzungen zum Bezug einer gesetzlichen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bescheinigt werden.136

_____ 132 Näheres zu Teilungskosten vgl. Rn. 81 ff. 133 Zu den Einzelheiten vgl. MüKo-BGB/Ackermann-Sprenger, § 20 VersAusglG Rn. 47. 134 Zu weiteren Gründen vgl. BT-Drucks. 16/10144, S. 63 re. Sp. 135 Vgl. Rn. 12 und 34 f. 136 MüKo-BGB/Ackermann-Sprenger, § 20 VersAusglG Rn. 18.

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c) Höhe Der Ausgleichswert ist vom VT grundsätzlich nur als Rentenbetrag zu ermitteln, § 5 105 Abs. 4 S. 1 VersAusglG.137 ■ Dabei sind allgemeine Wertanpassungen des Anrechts zu berücksichtigen, § 5 Abs. 4 S. 2 VersAusglG. ■ Die auf den Ausgleichswert entfallenden Sozialversicherungsbeiträge oder vergleichbaren Aufwendungen wie Beiträge zur privaten Krankenversicherung138 sind abzuziehen, § 20 Abs. 1 S. 2 VersAusglG. ■ Steuerliche Abzüge sind dagegen nicht zulässig.139 ■ Die Regeln über geringfügige Ausgleichswerte gelten entsprechend, § 20 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 18 VersAusglG;140 dabei ist auf den Stichtag der Geltendmachung und nicht auf das Ehezeitende abzustellen.141

d) Zahlungsmodalitäten Die schuldrechtliche Ausgleichsrente ist monatlich im Voraus von der AP an die 106 AB zu zahlen, § 20 Abs. 3 VersAusglG i.V.m. § 1585 Abs. 1 S. 2 BGB. Für die Vergangenheit kann die AB ggf. Erfüllung oder Schadensersatz von der AP verlangen, § 20 Abs. 3 VersAusglG i.V.m. § 1585b Abs. 2 BGB.

e) Erlöschen Der Anspruch auf Zahlung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente erlischt mit Tod 107 der AB.142 Die AP schuldet den vollen Monatsbetrag aber auch dann, wenn der Anspruch im Laufe des Monats durch Tod der AB erlischt, § 20 Abs. 3 VersAusglG i.V.m. § 1585 Abs. 1 S. 3 BGB.

f) Abtretung Die AB kann von der AP verlangen, ihr den Anspruch gegen den VT in Höhe der 108 Ausgleichsrente abzutreten, § 21 Abs. 1 VersAusglG. Eine Abtretung ist auch dann wirksam, wenn andere Vorschriften die Übertra- 109 gung oder Pfändung des Versorgungsanspruchs ausschließen, § 21 Abs. 3 Vers-

_____ 137 BT-Drucks. 16/10144, S. 50 re. Sp.; zur Ausnahme vgl. Rn. 111. 138 MüKo-BGB/Ackermann-Sprenger, § 20 VersAusglG Rn. 55. 139 MüKo-BGB/Ackermann-Sprenger, § 20 VersAusglG Rn. 56. 140 Zu geringfügigen Ausgleichswerten vgl. Rn. 128 ff. 141 MüKo-BGB/Ackermann-Sprenger, § 20 VersAusglG Rn. 60. 142 MüKo-BGB/Ackermann-Sprenger, § 20 VersAusglG Rn. 58.

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

AusglG. Dies gilt auch in Fällen eines gesetzlichen Verbots wie bei der versicherungsförmigen Lösung nach § 2 Abs. 2 S. 4 BetrAVG.143 Verstirbt die AB, so geht der abgetretene Anspruch gegen den VT wieder auf 110 die AP über, § 21 Abs. 4 VersAusglG.

g) Kapitalzahlungen 111 Erhält die AP Kapitalzahlungen aus einem noch nicht ausgeglichenen Anrecht,

so kann die AB von ihr die Zahlung des Ausgleichswerts verlangen, § 22 S. 1 VersAusglG. Dabei gilt das vorstehend Beschriebene entsprechend, § 22 S. 2 VersAusglG.

h) Geltendmachung 112 Will die AB ihren Anspruch auf schuldrechtliche Ausgleichsrente gerichtlich geltend machen, muss sie einen Antrag beim FamG stellen, § 223 FamFG.

6. Abfindung 113 Die AB kann für ein noch nicht ausgeglichenes Anrecht von der AP eine zweckge-

bundene Abfindung verlangen. Die Abfindung ist an den VT zu zahlen, bei dem ein bestehendes Anrecht ausgebaut oder ein neues Anrecht begründet werden soll, § 23 Abs. 1 VersAusglG. 3 Praxistipp Dieser gesetzlich normierte Abfindungsanspruch ist für den Zeitpunkt nach Scheidung vorgesehen. Zulässig ist es aber auch, wenn AP und AB bspw. im laufenden Versorgungsausgleichsverfahren eine Abfindung einvernehmlich regeln.144 114 Der Anspruch besteht nur, wenn die Zahlung der Abfindung für die AP zumutbar

ist, § 23 Abs. 2 VersAusglG. Unzumutbar kann es bspw. sein, wenn die AP den ihr zustehenden Teil einer Veräußerung des gemeinsamen Eigenheims verwenden muss.145 Erforderlich ist stets eine Gesamtabwägung der Interessen von AP und AB unter Berücksichtigung aller Einzelfallumstände.146 Die Erfüllung des Abfindungsanspruch kann durch Ratenzahlung erfolgen, § 23 Abs. 3 VersAusglG.

_____ 143 Grundlegend zum Sinn und Zweck der Vorschrift BGH, Beschl. v. 27.2.2019 – XII ZB 183/16 – FamRZ 2019 785, Rn. 18 f.; vgl. auch MüKo-BGB/Weber, § 21 VersAusglG Rn. 7 mit weiteren Beispielen; zur versicherungsförmigen Lösung vgl. Kap. 8 Rn. 70 ff. 144 MüKo-BGB/Weber, § 6 VersAusglG Rn. 4 m.w.N. 145 BGH, Beschl. v. 9.10.1996 – XII ZB 188/94 – FamRZ 1997, 166, II 3 b) der Gründe. 146 Zu weiteren Nachweisen aus der umfangreichen Rechtsprechung und Literatur vgl. MüKo-BGB/ Ackermann-Sprenger, § 23 VersAusglG Rn. 12 ff.

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Für die Höhe der Abfindung ist der Zeitwert des Ausgleichswerts maßgeblich, 115 wobei die Regeln über geringfügige Ausgleichswerte entsprechend gelten, § 24 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 18 VersAusglG.147 Für das Wahlrecht der AB gelten die Regeln über die externe Teilung entsprechend, § 24 Abs. 2 i.V.m. § 15 VersAusglG.148 Will die AB ihren Anspruch auf schuldrechtliche Ausgleichsrente gerichtlich 116 geltend machen, muss sie einen Antrag beim FamG stellen, § 223 FamFG.

7. Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung Da die schuldrechtliche Ausgleichsrente keinen eigenständigen Anspruch der AB 117 gegen den VT schafft, kann eine Versorgungslücke entstehen, wenn die AP stirbt.149 Gewährt der VT eine Hinterbliebenenversorgung, so wird diese Versorgungslücke geschlossen.

a) Voraussetzungen Stirbt die AP und besteht ein noch nicht ausgeglichenes Anrecht, so kann die AB 118 vom VT eine Hinterbliebenenversorgung verlangen, § 25 Abs. 1 VersAusglG. Dabei ist es unerheblich, ob die AP vor oder nach Erreichen des eigenen Ren- 119 tenalters starb.150 Wesentlich ist insoweit lediglich, dass die AB eine Rente wegen Alters oder Invalidität bezieht oder die Voraussetzungen dafür erfüllt.151 Darüber hinaus hätte der AB eine Hinterbliebenenrente bei Fortbestand der 120 Ehe zustehen müssen.

b) Ausschluss Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn das Anrecht wegen 121 ■ einer Vereinbarung der Ehegatten nach § 6 VersAusglG oder ■ fehlender Ausgleichsreife152 ■ soweit das Anrecht auf eine abschmelzende Leistung gerichtet ist, ■ soweit der Ausgleich des Anrechts für die AB unwirtschaftlich wäre oder ■ wenn das Anrecht bei einem ausländischen, zwischenstaatlichen oder überstaatlichen VT besteht bei Scheidung ausgenommen war, § 25 Abs. 2 VersAusglG.

_____ 147 Zu geringfügigen Ausgleichswerten vgl. Rn. 128 ff. 148 Vgl. Rn. 90 ff. 149 BT-Drucks. 16/10144, S. 66 li. Sp., auch zum Folgenden. 150 BT-Drucks. 16/10144, S. 66 re. Sp. 151 MüKo-BGB/Ackermann-Sprenger, § 25 VersAusglG Rn. 6. 152 Vgl. Rn. 136 ff.

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

c) Höhe 122 Bei der Berechnung der Höhe kommt es zu einer doppelten Wertberechnung:153 ■ ■

Maßgeblich ist zunächst die Hinterbliebenenrente, die der VT der AB bei Fortbestand der Ehe hätte zahlen müssen, § 25 Abs. 1 VersAusglG. Die Höhe des Anspruchs ist auf den Betrag beschränkt, den die AB als schuldrechtliche Ausgleichsrente von der AP verlangen könnte, wäre der Todesfall der AP nicht eingetreten, § 25 Abs. 3 S. 1 VersAusglG.

123 Hinterbliebenenleistungen, die die AB vom VT erhält, sind anzurechnen, § 25 124

Abs. 3 S. 2 VersAusglG. Bei der Ermittlung der Höhe sind – anders als bei der schuldrechtlichen Ausgleichsrente – Sozialversicherungsbeiträge nicht abzuziehen.154

d) Fälligkeit und Zahlungsmodalitäten 125 In Bezug auf Fälligkeit und Zahlungsmodalitäten gelten die Regelungen für die

schuldrechtliche Ausgleichsrente entsprechend, § 25 Abs. 4 i.V.m. § 20 Abs. 2 und 3 VersAusglG.155

e) Kürzung der Leistung der Witwe/des Witwers der AP 126 Eine Hinterbliebenenversorgung, die der VT an die Witwe oder den Witwer der AP

zahlt, ist um den Betrag zu kürzen, den die AB erhält, § 25 Abs. 5 VersAusglG. Damit soll der VT vor doppelter Inanspruchnahme geschützt werden, wenn die AP erneut geheiratet hat.

f) Geltendmachung 127 Die AB muss ihren Anspruch auf schuldrechtliche Ausgleichsrente durch Antrag

beim FamG geltend machen, § 223 FamFG.

_____ 153 BT-Drucks. 16/10144, S. 67 li. Sp. 154 MüKo-BGB/Ackermann-Sprenger, § 25 VersAusglG Rn. 22 und 29. 155 Vgl. Rn. 104 und 106; beachte jedoch OLG Hamm, Beschl. v. 9.5.2019 – 2 UF 189/18, II-2 UF 189/18 – FamRZ 2019, 1692, Leitsatz, nach dem keine Verpflichtung des VT besteht, die Leistung an den Hinterbliebenen vorschüssig zu zahlen, wenn seine Versorgungsordnung eine nachschüssige Auszahlung der Rente an den Rentenempfänger vorsieht.

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VII. Fälle, in denen Anrechte nicht ausgeglichen werden sollen In bestimmten Fällen normiert das Gesetz, dass das FamG ausgleichsreife Anrech- 128 te156 im Falle der Geringfügigkeit weder intern noch extern ausgleichen soll, § 9 Abs. 4 VersAusglG.157 Wird weder intern noch extern ausgeglichen, muss das FamG dies in der Beschlussformel feststellen, § 224 Abs. 3 FamFG.158

1. Geringe Differenz der Ausgleichswerte bei beiderseitigen Anrechten gleicher Art So soll das FamG beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die 129 Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist, § 18 Abs. 1 VersAusglG. Anrechte gleicher Art liegen vor, wenn sie sich in Struktur und Wertentwicklung in wesentlichen Fragen – z.B. Leistungsspektrum (Absicherung von Alter, Invalidität und/ oder Tod), Finanzierungsart, Anpassung von Anwartschaften und laufenden Versorgungen – entsprechen.159 Beispielsweise sind arbeitgeberfinanzierte Direktzusagen dann nicht gleichartig, wenn sie sich hinsichtlich der Anpassung während der Anwartschaftsphase und während der Bezugsdauer deutlich unterscheiden.160

2. Geringe Ausgleichswerte von Anrechten Weiter soll das FamG einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert nicht 130 ausgleichen, § 18 Abs. 2 VersAusglG.161 Fettnapf 3 Dabei gilt eine Einschränkung: Auf Anrechte gleicher Art im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG findet § 18 Abs. 2 VersAusglG keine Anwendung.162

3. Geringfügigkeit Wertunterschied und Ausgleichswert im oben genannten Sinne sind nach § 18 131 Abs. 3 VersAusglG gering, wenn ihr Wert am Ende der Ehezeit ■ bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße höchstens 1%, ■ in allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 120%

_____ 156 Vgl. zur fehlenden Ausgleichsreife Rn. 136 ff. 157 BT-Drucks. 16/10144, S. 60 li. und re. Sp. 158 Vgl. Rn. 181. 159 Vgl. Ausführungen zu § 10 Abs. 2 VersAusglG, Rn. 74. 160 OLG Brandenburg, Beschl. v. 25.11.2013 – 3 UF 75/12 – FamRZ 2014, 1301, Leitsatz 3 und II 4 a). 161 Vgl. Fall 3 Abwandlung, Rn. 218 ff. 162 BGH, Beschl. v. 30.11.2011 – XII ZB 328/10 – FamRZ 2012, 277, Leitsatz 3.

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV beträgt. Der Rentenbetrag beläuft sich damit im Jahr 2020 auf maximal 31,85 €, der Kapitalwert auf höchstens 3.822 €.

4. Ermessensentscheidung des FamG 132 Der Gesetzgeber eröffnet dem FamG eine Ermessensentscheidung, einen Ausgleich

trotz Geringfügigkeit vorzunehmen. Hierbei sind Aspekte der Verwaltungsökonomie beim VT gegen die Interessen der AB, geringe Anrechte zu erlangen, gegeneinander abzuwägen.163 So kann das Interesse des VT zurückstehen, wenn er die externe Teilung gewählt hat und hierdurch ein wesentlicher Teil des Verwaltungsaufwands bei ihm von vornherein nicht anfällt.164 3 Praxistipp Aus Gründen der Verwaltungsökonomie sollte der VT in seiner Auskunft an das FamG in Fällen der Geringfügigkeit darauf hinweisen, dass keine Teilung erfolgen soll. Bereits mit der Auskunft sollte der VT – falls das FamG dennoch das Anrecht teilt – vorsorglich die externe Teilung verlangen und das FamG darauf hinweisen, dass arbeits- und steuerrechtliche Vorgaben zu beachten sind.

VIII. Fälle, in denen VersAusgl nicht stattfindet 133 Das Gesetz schließt in bestimmten Konstellationen den VersAusgl aus.

1. Kurze Ehedauer 134 So findet ein VersAusgl bei einer Ehezeit von bis zu drei Jahren nur auf Antrag eines Ehegatten statt, § 3 Abs. 3 VersAusglG. Dieser Antrag kann auch ohne Vertretung durch einen Rechtsanwalt gestellt werden, § 114 Abs. 4 Nr. 7 FamFG. Wird kein Antrag gestellt, entfällt der Wertausgleich. Das FamG muss dies in der Beschlussformel feststellen, § 224 Abs. 3 FamFG.165

2. Vereinbarung eines Ausschlusses 135 Treffen die Ehegatten eine Vereinbarung über den Ausschluss des VersAusgl, so ist diese nach einer bestandenen Inhalts- und Ausübungskontrolle durch das FamG

_____ 163 MüKo-BGB/Siede, § 18 VersAusglG Rn. 21 f. 164 BGH, Beschl. v. 30.11.2011 – XII ZB 79/11 – FamRZ 2012, 189, II 2 c) bb). 165 Vgl. Rn. 181.

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A. Einführung in das VersAusglG

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wirksam.166 Das FamG muss in der Beschlussformel feststellen, wenn ein Wertausgleich bei Scheidung nicht stattfindet, § 224 Abs. 3 FamFG.167

3. Fehlende Ausgleichsreife Ein VersAusgl findet im Zeitpunkt der Scheidung nicht statt, soweit ein Anrecht 136 nicht ausgleichsreif ist, § 19 Abs. 1 S. 1 VersAusglG.

a) Definition Ein Anrecht ist nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 VersAusglG nicht ausgleichsreif, 137 ■ wenn es dem Grund oder der Höhe nach nicht hinreichend verfestigt ist, wie bspw. bei einem noch verfallbaren Anrecht i.S.d. BetrAVG – dies ist der Hauptanwendungsfall in der bAV –, Fettnapf 3 Eine hinreichende Verfestigung liegt dagegen vor, wenn die Versorgungszusage einseitige deklaratorische Widerrufsvorbehalte für die Fälle des Rechtsmissbrauchs oder der Störung der Geschäftsgrundlage vorsieht.168 Denn sonst könnte eine einmal erteilte Versorgungszusage praktisch nie in den Wertausgleich bei der Scheidung einbezogen werden.169







soweit das Anrecht auf eine abschmelzende Leistung gerichtet ist, bspw. bei Leistungen, auf die meist aus Gründen des Bestandsschutzes ein Anspruch besteht, die auf Anpassungen der Versorgung angerechnet und somit letztlich abgeschmolzen werden,170 soweit sein Ausgleich für die AB unwirtschaftlich wäre, sich also bspw. der Ausgleich voraussichtlich nicht zu Gunsten des Ausgleichsberechtigten auswirken wird,171 oder wenn es bei einem ausländischen, zwischenstaatlichen oder überstaatlichen VT besteht; hat ein Ehegatte solche letztgenannten, nicht ausgleichsreifen Anrechte erworben, ist der Wertausgleich ausnahmsweise ausgeschlossen, soweit dies für den anderen Ehegatten unbillig wäre, § 19 Abs. 3 VersAusglG.

_____ 166 Vgl. Rn. 65 ff. 167 Vgl. Rn. 181. 168 BGH v. 11.9.2019 – XII ZB 627/15 – FamRZ 2019, 1993, Rn. 20 m.w.N., auch zum Folgenden; zu den sog. steuerunschädlichen Vorbehalten vgl. Kap. 2 Rn. 25 ff. 169 Lange, FamRZ 2014, 1599. 170 BT-Drucks. 16/10144, S. 62 li. und re. Sp.; MüKo-BGB/Siede, § 19 VersAusglG Rn. 15. 171 MüKo-BGB/Siede, § 19 VersAusglG Rn. 16.

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

b) Zeitpunkt für die Feststellung der (fehlenden) Ausgleichsreife 138 Grundsätzlich ist für die Frage, ob ein Anrecht ausgleichsreif ist, auf das Ehezei-

tende abzustellen; rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit, die auf den Ehezeitanteil zurückwirken, sind aber zu berücksichtigen, § 19 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 VersAusglG.172 Zu solchen Veränderungen gehören die Fälle, in denen ein Anrecht aus einer bAV nach dem Ende der Ehezeit, aber noch vor der Entscheidung über den Wertausgleich unverfallbar geworden ist und somit Ausgleichsreife erlangt hat.173

c) Folgen 139 Fehlt es an der Ausgleichsreife des Anrechts, wird der Wertausgleich jedoch nicht

vollständig ausgeschlossen. Vielmehr wird er auf den Zeitpunkt nach Scheidung174 verschoben, § 19 Abs. 4 VersAusglG.

4. Grobe Unbilligkeit 140 Nach § 27 S. 1 VersAusglG findet ein VersAusgl ausnahmsweise nicht statt, soweit er

grob unbillig wäre. Dies ist nur der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung175 abzuweichen, § 27 S. 2 VersAusglG. Bei § 27 VersAusglG handelt es sich um eine Generalklausel, die bewusst 141 knapp formuliert wurde.176 Damit sollen u.a. Härtefälle aufgefangen werden, wie die eines erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewichts zwischen den Eheleuten oder, wenn die AP auf die Versorgung insgesamt angewiesen ist – etwa wegen langfristiger Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen.177 5 Beispiel Einer der Ehegatten entzieht ein von ihm zum Zwecke der Alterssicherung erworbenes Anrecht durch Ausübung des Kapitalwahlrechts178 dem VersAusgl. Dieser Entzug kann nicht dadurch kompensiert werden, dass der andere Ehegatte über ein anderes Ausgleichssystem an dem Vermögenswert teilhat. In einem solchen Fall kann in demselben Umfang der Ausgleich der von dem anderen Ehegatten erworbenen Anrechte unter Anwendung von § 27 VersAusglG beschränkt werden.179

_____ 172 Zum Stichtagsprinzip und den Ausnahmen vgl. Rn. 17 f. 173 BT-Drucks. 16/10144, S. 62 li. Sp. 174 Vgl. Rn. 101 ff. 175 Zum Halbteilungsgrundsatz vgl. Rn. 9 ff. 176 BT-Drucks. 16/10144, S. 68 li. und re. Sp, auch zum Folgenden. 177 Zu weiteren Fallgestaltungen vgl. MüKo-BGB/Siede, § 27 VersAusglG Rn. 10 ff. 178 Zur Ausübung des Kapitalwahlrechts vgl. Rn. 34, Praxistipp. 179 BGH, Beschl. v. 1.4.2015 – XII ZB 701/13 – FamRZ 2015, 998, Leitsatz und II 2 b) bb).

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Soweit der Wertausgleich bei der Scheidung wegen grober Unbilligkeit nicht 142 stattfindet, muss das FamG dies in der Beschlussformel feststellen, § 224 Abs. 3 FamFG.180

IX. Bewertung eines Anrechts Im VersAusglG sind die Bewertungsmethoden in einem besonderen Teil geregelt, § 5 143 Abs. 5 VersAusglG. Es werden zwei grundlegende Methoden der Bewertung von Anwartschaften unterschieden: Die unmittelbare und die zeitratierliche Bewertung. Daneben stehen die Bewertung von laufenden Versorgungen und eine Auffangbestimmung für die Fälle, in denen weder eine unmittelbare noch eine zeitratierliche Bewertung zu einem angemessenen Ergebnis führen. Neben Sondervorschriften für besondere Versorgungssysteme existiert die Hilfsgröße des korrespondierenden Kapitalwerts.181

1. Unmittelbare Bewertung Die unmittelbare Bewertung ist anzuwenden, wenn sich ein Anrecht in der An- 144 wartschaftsphase befindet und sich sein Wert nach einer Bezugsgröße richtet, die unmittelbar bestimmten Zeitabschnitten zugeordnet werden kann; dann entspricht der Wert des Ehezeitanteils dem Umfang der auf die Ehezeit entfallenden Bezugsgröße, § 39 Abs. 1 VersAusglG. Folgende Beispiele für eine unmittelbare Bewertung sind in § 39 Abs. 2 Nr. 1 145 bis 5 VersAusglG – nicht abschließend182 – aufgezählt. Anrechte, bei denen für die Höhe der (laufenden) Versorgung Folgendes be- 146 stimmend ist: ■ die Summe der Entgeltpunkte, wie bei der gesetzlichen Rentenversicherung,183 oder vergleichbarer Rechengrößen wie Versorgungspunkte oder Leistungszahlen, ■ die Höhe eines Deckungskapitals; dies kann bei privaten Versicherungsverträgen, aber auch bei Anrechten der bAV in den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionsfonds und -kasse der Fall sein184, wobei in der bAV die Sondervorschrift des § 45 VersAusglG185 zu beachten ist;

_____ 180 Vgl. Rn. 181. 181 Zum korrespondierenden Kapitalwert vgl. Rn. 46 ff. 182 BT-Drucks. 16/10144, S. 78 li. und re. Sp. 183 BT-Drucks. 16/10144, S. 78 re. Sp. 184 MüKo-BGB/Scholer, § 39 VersAusglG Rn. 18. 185 Vgl. Rn. 161 ff.

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■ ■ ■

Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

die Summe der Rentenbausteine, wie bei Bausteinsystemen der bAV186, der beitragsorientierten Leistungszusage187 oder der Entgeltumwandlung,188 die Summe der entrichteten Beiträge, wie in bestimmten berufsständischen Versorgungswerken,189 oder die Dauer der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem; in der bAV finden sich häufig Sockelbeträge oder Dienstzeitbegrenzungen190, die eine solche unmittelbare Bewertung (insoweit) ausschließen.191

147 Die unmittelbare Bewertung ist vorrangig vor der zeitratierlichen anzuwenden,

§ 40 Abs. 1 VersAusglG. 3 Praxistipp Anrechte, die sowohl unmittelbar als auch zeitratierlich zu bewertende Elemente haben, sind differenziert zu berechnen: Wegen des vorstehend beschriebenen Vorrangs der unmittelbaren Bewertung ist nur der Teil zeitratierlich zu bewerten, der nicht unmittelbar bewertet werden kann.192

5 Beispiel Bei einer Zusatzversorgungskasse des öffentlichen oder kirchlichen Dienstes wurde zum Stichtag 31.12.2001 vom Gesamtversorgungsmodell auf das Punktemodell umgestellt. Die bis zu diesem Stichtag erworbenen Anwartschaften sind in einer Startgutschrift enthalten, während die Anwartschaften ab dem 1.1.2002 auf Basis von Versorgungspunkten kalkuliert werden. Bei der Bestimmung des Ehezeitanteils eines solchen Anrechts kann man die erworbenen Versorgungspunkte eindeutig der Ehezeit zuordnen, so dass diese unmittelbar zu bewerten sind. Die Startgutschrift dagegen kann nicht direkt zugeordnet und muss daher zeitratierlich bewertet werden.193

2. Zeitratierliche Bewertung 148 Die zeitratierliche Bewertung ist anzuwenden, wenn kein direkter Zusammen-

hang zwischen einer Bezugsgröße aus der Ehezeit und der Höhe der Versorgung besteht.194 Voraussetzungen sind, dass sich ein Anrecht in der Anwartschaftsphase be149 findet und sich der Wert des Anrechts nicht nach den Grundsätzen der unmit-

_____ 186 Vgl. hierzu Kap. 1 Rn. 101 (Beispiele). 187 Vgl. hierzu Kap. 1 Rn. 477 ff. 188 MüKo-BGB/Scholer, § 39 VersAusglG Rn. 19 f. und § 40 VersAusglG Rn. 16; zur Entgeltumwandlung vgl. Kap. 1 Rn. 695 ff. 189 MüKo-BGB/Scholer, § 39 VersAusglG Rn. 21. 190 Vgl. hierzu Kap. 1 Rn. 164 (Beispiele). 191 MüKo-BGB/Scholer, § 39 VersAusglG Rn. 22. 192 BT-Drucks. 16/10144, S. 78 li. Sp., auch zum nachfolgenden Beispiel. 193 BT-Drucks. 16/10144, S. 78 li. Sp. 194 BT-Drucks. 16/10144, S. 79 li. Sp.

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telbaren Bewertung richtet; in diesen Fällen ist der Wert des Ehezeitanteils auf der Grundlage eines Zeit-Zeit-Verhältnisses zu berechnen, § 40 Abs. 1 VersAusglG. Hierbei wird das in der bAV bekannte ratierliche Verfahren nach § 2 Abs. 1 S. 1 150 Hs. 1 BetrAVG entsprechend angewandt. Nach § 40 Abs. 2 S. 1 und 2 VersAusglG müssen zunächst folgende Faktoren ermittelt werden: ■ Zeitdauer, die bis zu der für das Anrecht maßgeblichen Altersgrenze höchstens erreicht werden kann (n), ■ Teil dieser Zeitdauer, der mit der Ehezeit übereinstimmt (m), ■ zu erwartende Versorgung (R). Hieraus wird dann nach folgender Formel der Wert des Ehezeitanteils berech- 151 net, § 40 Abs. 2 S. 3 VersAusglG: m/n x R, in Worten Wert des Ehezeitanteils =

ehezeitliche Zeitdauer × zu erwartende Versorgung erreichbare Zeitdauer bis zur Altersgrenze

Klarstellend weist das Gesetz darauf hin, dass bei der Ermittlung der zu erwarten- 152 den Versorgung von den zum Ende der Ehezeit geltenden Bemessungsgrundlagen auszugehen ist und tatsächliche oder rechtliche Änderungen zwischen Ehezeitende und Zeitpunkt der Entscheidung zu berücksichtigen sind, § 40 Abs. 3 S. 1 und S. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG. Fettnapf 3 Maßgeblich für die erreichbare Zeitdauer bis zur Altersgrenze sind die Bestimmungen des jeweiligen Versorgungssystems. 195 Dabei ist zu beachten, dass bei beherrschenden GesellschafterGeschäftsführern bereits aus steuerlichen Gründen regelmäßig nicht – wie nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgeschrieben – der Beginn des Dienstverhältnis maßgeblich ist, sondern der Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage.196

Die zeitratierliche Bewertung ist insbesondere bei Anrechten anzuwenden, bei 153 denen die Höhe der Versorgung vom Endgehalt, also von dem Entgelt abhängt, das bei Eintritt des Versorgungsfalls gezahlt werden würde, § 40 Abs. 4 VersAusglG. Solche Versorgungen finden sich in der bAV u.a. bei Direktzusagen.197

_____ 195 MüKo-BGB/Scholer, § 40 VersAusglG Rn. 6. 196 BGH v. 11.9.2019 – XII ZB 627/15 – FamRZ 2019, 1993, Rn. 2 f. m.w.N; zu den steuerlichen Vorgaben bei Zusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer vgl. Kap. 13 Rn. 12 (Praxistipp). 197 BT-Drucks. 16/10144, S. 79 li. Sp.

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3 Praxistipp In der bAV ist die Abhängigkeit der Leistung von einer veränderlichen Bezugsgröße – nicht nur die vom Endgehalt – regelmäßig ein Indiz für die Anwendung der zeitratierlichen Bewertung.198 154 Familienbezogene Bestandteile des Ehezeitanteils, die die Ehegatten nur auf-

grund einer bestehenden Ehe oder für Kinder erhalten, die also temporär gewährt werden199, dürfen nicht berücksichtigt werden, § 40 Abs. 5 VersAusglG. Hierzu gehören bspw. Kindererziehungszuschläge. Solche Bestandteile spielen in der bAV i.d.R. keine Rolle.

3. Bewertung einer laufenden Versorgung 155 Für die Bewertung einer laufenden Versorgung schreibt das Gesetz die entsprechende Anwendung der unmittelbaren und zeitratierlichen Bewertung vor, § 41 VersAusglG. So ist auch hier zwischen den beiden vorstehend beschriebenen Bewertungsarten, auf die verwiesen wird,200 zu unterscheiden. Bei der unmittelbaren Bewertung von in der Leistungsphase befindlichen 156 Anrechten ist es im Regelfall so, dass sich die Bezugsgröße nach Erreichen der für das Anrecht maßgeblichen Altersgrenze nicht mehr ändert.201 Die in der Gesetzesbegründung genannten Ausnahmen werden in der bAV praktisch nicht vorkommen, da Versorgungszusagen – anders bspw. als Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung – auf vertraglichen Vereinbarungen beruhen. Deren nachträgliche Änderung ist – gerade unter Vertrauensschutzgedanken zugunsten der Versorgungsberechtigten – nur im absoluten Ausnahmefall und sehr eingeschränkt zulässig.202 Auch für die zeitratierliche Bewertung der Anrechte in der Leistungsphase 157 gilt das zu den in der Anwartschaftsphase befindlichen Anrechten Ausgeführte entsprechend. Allerdings sind die Annahmen für die höchstens erreichbare Zeitdauer und für die zu erwartende Versorgung durch die tatsächlichen Werte zu ersetzen, § 41 Abs. 2 S. 2 VersAusglG: ■ tatsächliche Zeitdauer, die bis zu der für das Anrecht maßgeblichen Altersgrenze höchstens erreicht wurde (n), ■ Teil dieser Zeitdauer, der mit der Ehezeit übereinstimmt (m), ■ tatsächliche Versorgung (R).

_____ 198 MüKo-BGB/Scholer, § 40 VersAusglG Rn. 13. 199 BT-Drucks. 16/10144, S. 79 re. Sp. 200 Zu den Besonderheiten der Teilung laufender Leistungen vgl. Rn. 288 ff. 201 BT-Drucks. 16/10144, S. 79 re. Sp., auch zum Folgenden. 202 Vgl. zu Änderung von Zusagen bei laufenden Leistungen Kap. 9 Rn. 89.

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Hieraus wird dann nach folgender Formel der Wert des Ehezeitanteils berech- 158 net, § 40 Abs. 2 S. 3 i.V.m. § 41 Abs. 2 S. 2 VersAusglG: m/n x R, in Worten: Wert des Ehezeitanteils =

ehezeitliche Zeitdauer × tatsächliche Versorgung. tatsächliche Zeitdauer bis zur Altersrente

4. Bewertung nach Billigkeit Führt weder die unmittelbare Bewertung noch die zeitratierliche Bewertung zu ei- 159 nem Ergebnis, das dem Grundsatz der Halbteilung entspricht203, so ist der Wert nach billigem Ermessen zu ermitteln, § 42 VersAusglG. Diese Auffangbestimmung bietet die Möglichkeit, Anrechte entsprechend den 160 Besonderheiten des jeweiligen Versorgungssystems zu bewerten, falls eine Bewertung nach den zuvor genannten Regeln nicht zu angemessenen Ergebnissen führt.204 Der praktische Anwendungsbereich der Vorschrift ist gering, da die Wertermittlung nach dem VersAusglG durch die Festlegung von Bewertungsmethoden offener ist als nach dem „alten Recht“.205

5. Sondervorschriften für Anrechte nach dem BetrAVG Für die Bewertung von Anwartschaften gilt die Sondervorschrift des § 45 VersAusglG neben der unmittelbaren und der zeitratierlichen Bewertung.206 Laufende Versorgungen aus Betriebsrenten sind nach der allgemeinen Vorschrift des § 41 VersAusglG zu bewerten.207 Bei einem Anrecht i.S.d. BetrAVG ist der Wert des Anrechts als Rentenbetrag nach § 2 BetrAVG oder der Kapitalwert nach § 4 Abs. 5 BetrAVG maßgeblich, § 45 Abs. 1 S. 1 VersAusglG. Der Kapitalwert entspricht folglich dem korrespondierenden Kapitalwert.208 Bei dieser Bewertung ist – entsprechend § 4a BetrAVG209 – anzunehmen, dass die Betriebszugehörigkeit der AP spätestens zum Ehezeitende beendet ist, § 45 Abs. 1 S. 2 VersAusglG.

_____ 203 Zum Halbteilungsgrundsatz vgl. Rn. 9 ff. 204 BT-Drucks. 16/10144, S. 80 re. Sp. 205 MüKo-BGB/Scholer, § 42 VersAusglG Rn. 3, auch zu möglichen Anwendungsfällen. 206 BT-Drucks. 16/10144, S. 81 re. Sp. 207 BT-Drucks. 16/10144, S. 82 li. Sp. 208 BT-Drucks. 16/10144, S. 82 li. Sp.; zum korrespondierenden Kapitalwert vgl. Rn. 46 ff. 209 MüKo-BGB/Weber, § 45 VersAusglG Rn. 50.

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Hinsichtlich der Bewertungsmethoden stellt die Sondervorschrift auf die allgemeinen Bestimmungen ab: ■ Der Wert des Ehezeitanteils ist vorrangig nach den Grundsätzen der unmittelbaren Bewertung zu ermitteln, § 45 Abs. 2 S. 1 VersAusglG. ■ Nur wenn das nicht möglich ist,210 ist nachrangig eine zeitratierliche Bewertung durchzuführen, § 45 Abs. 2 S. 2 VersAusglG. Hierzu ist der nach § 45 Abs. 1 VersAusglG ermittelte Wert des Anrechts mit dem Quotienten zu multiplizieren, der aus der ehezeitlichen Betriebszugehörigkeit und der gesamten Betriebszugehörigkeit bis zum Ehezeitende zu bilden ist: Im Ergebnis kommt es zu einer doppelten Quotierung, zunächst betriebsrentenrechtlich, dann versorgungsausgleichsrechtlich211, in Worten: Zeitdauer Betriebseintritt bis Ehezeitende Wert des Ehezeitanteils = × erreichbare Zeitdauer bis zur Altersgrenze

ehezeitliche Zeitdauer Zeitdauer Betriebseintritt bis Ehezeitende

×

zu erwartende Versorgung

166 Für Anrechte aus der Zusatzversorgung des öffentlichen oder kirchlichen Diens-

tes gelten dagegen die allgemeinen Bewertungsvorschriften, § 45 Abs. 3 VersAusglG.

B. Ablauf eines VersAusgl B. Ablauf eines VersAusgl 167 Im Folgenden wird zunächst der wesentliche Ablauf eines VersAusgl unter Berücksichtigung des gerichtlichen Verfahrens im Überblick dargestellt. Auf wesentliche Punkte wird danach im Einzelnen eingegangen.

I. Übersicht 168 Der VersAusgl folgt, vereinfacht dargestellt, folgendem Ablauf: ■ ■

Ehegatte leitet Verfahren durch Scheidungsantrag beim zuständigen FamG ein FamG eröffnet Verfahren, vergibt Aktenzeichen und stellt Antrag dem anderen Ehegatten, dem Antragsgegner, zu

_____ 210 Vgl. Rn. 148 ff. 211 BT-Drucks. 16/10144, S. 83 oben li. und re. Sp.

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B. Ablauf eines VersAusgl

■ ■ ■ ■ ■

■ ■

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Antrag wird Antragsgegner zugestellt (Rechtshängigkeit)212 FamG holt Auskünfte ein213 und gibt Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit zur Stellungnahme FamG setzt Termin zur Erörterung an214 FamG entscheidet durch Beschluss215, der den Beteiligten bekanntgegeben wird; der Beschluss enthält eine Rechtbehelfsbelehrung216 ggf. Beschwerde217 (oder in zweiter Instanz: Rechtsbeschwerde) gegen den Beschluss; in diesem Fall: ■ Verfahrensbeteiligte gehen durch (Rechts-)Beschwerde gegen Beschluss vor ■ Beschwerdegericht holt ggf. Auskünfte ein und gibt Verfahrensbeteiligten Möglichkeit zur Stellungnahme ■ Beschwerdegericht entscheidet selbst und gibt den Beschluss den Beteiligten bekannt oder verweist Sache an Vorinstanz zur Entscheidung zurück Abschluss des Verfahrens durch rechtskräftigen Beschluss (Endentscheidung)218, der den Beteiligen bekanntgegeben wird Umsetzung der Entscheidung durch die Beteiligten, insbesondere die VT

II. Ausgangsfall und Einleitung des Verfahrens Für alle nachfolgend beschriebenen Fallstudien wurden diese Ausgangsdaten zu 169 Grunde gelegt: Ehepartner 1 stellt den Scheidungsantrag beim FamG. Damit wird die Scheidung inklusive VersAusgl eingeleitet. Wenn der Antrag Ehepartner 2 vom FamG zugestellt wird, ist die Scheidung rechtshängig. Geheiratet haben die Eheleute am 17.2.2010. Der Ehebeginn ist nach § 3 Abs. 1 170 VersAusglG der erste Tag des Monats, in dem die Ehe geschlossen worden ist, hier also der 1.2.2010. Zugestellt wird der Scheidungsantrag Ehepartner 2 am 15.7.2017. Als Ehezei- 171 tende ist im § 3 Abs. 1 VersAusglG der letzte Tag des Monats festgelegt, der vor Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags liegt. Das Ehezeitende ist somit der 30.6.2017.

_____ 212 Vgl. Rn. 171. 213 Vgl. Rn. 172 ff. 214 Vgl. Rn. 177. 215 Vgl. Rn. 177 ff. 216 Vgl. Rn. 185. 217 Vgl. Rn. 189 ff. 218 Vgl. Rn. 196.

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III. Auskünfte zum VersAusgl 172 Die Ehegatten haben über das Formular V10 (Fragebogen zum VersAusgl (Ehe-

scheidung))219 das FamG über ihre erworbenen Anrechte zu informieren. Das FamG fordert aufgrund dieser Angaben bei den VT Auskünfte über die bei ihnen bestehenden Anrechte an. Das FamG ist nämlich von Amts wegen verpflichtet, die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen (Amtsermittlungs- oder Untersuchungsgrundsatz)220, § 26 FamFG.

1. VT in der bAV 173 Der VT muss dann dem FamG mit dem Formular V31 (Auskunftsbogen betriebliche Altersversorgung) alle bestehenden Versorgungsformen offenlegen. Dazu gehören ■ Direktversicherungen, die der Arbeitgeber auf das Leben des Arbeitnehmers abschließt. VT ist der Versicherer; ■ Versicherungen bei Pensionskassen, die der Arbeitgeber auf das Leben des Arbeitnehmers abschließt. VT ist die Pensionskasse; ■ Versorgungen bei Pensionsfonds, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer einrichtet. VT ist der Pensionsfonds; ■ Versorgungen bei Unterstützungskassen, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer einrichtet. VT ist die Unterstützungskasse, die in der Regel bei einem Versicherer Rückdeckungsversicherungen zur Finanzierung ihrer Leistungen abschließt; ■ Direktzusagen, die dem Arbeitnehmer direkt vom Arbeitgeber erteilt werden. Hier ist der Arbeitgeber VT, der häufig bei einem Versicherer Rückdeckungsversicherungen zur Finanzierung zumindest eines Teils seiner Leistungen abschließt. Der Arbeitgeber holt sich für die Erteilung der Auskunft in der Regel Unterstützung von einem versicherungsmathematischen Gutachter sowie seinem Steuerberater und/oder Wirtschaftsprüfer.

2. Auskunftspflichten 174 Die VT müssen alle bei sich bestehenden Anrechte, die dem VersAusgl unterliegen,

beauskunften. 3 Praxistipp Kam es – bspw. bei einer Direktversicherung – im Rahmen einer Übertragung nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 BetrAVG zu einem Wechsel des VT, ist es für die Beauskunftung notwendig, die Werte des ursprünglichen VT zu kennen, um einen Teilungsvorschlag zu erstellen.

_____ 219 Zu finden unter https://justiz.de/formulare/zwi_bund/versorgungsausgleichfragebogen.pdf. 220 Musielak/Borth/Borth/Grandel, FamFG, § 26 Rn. 5.

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B. Ablauf eines VersAusgl

853

Hier kann es sinnvoll sein, dass der aktuelle VT sich die erforderlichen Werte vom ursprünglichen VT mitteilen lässt, um dann einen einheitlichen Teilungsvorschlag zu erstellen. Dabei sollte der aktuelle VT aus Haftungsgründen die Information, die er erhalten hat, dem Teilungsvorschlag beifügen. Soweit der aktuelle VT diesen Weg nicht direkt beschreiten will, muss er dem FamG zumindest mitteilen, wer der ursprüngliche VT war.

Die Auskünfte müssen die persönlichen Daten des Versorgungsberechtigten (Vor- 175 und Nachname, Geburtsdatum und Personal-/Mitglieds-/Versicherungsnummer) sowie die Bezeichnung und Anschrift des VT enthalten, woraus sich regelmäßig der Durchführungsweg des Anrechts ergibt. Außerdem müssen sie über Folgendes informieren: ■ die Form des Anrechts. Dazu gehören ■ die Bezeichnung der Zusageart – Leistungszusage, beitragsorientierte Leistungszusage, Beitragszusage mit Mindestleistung oder reine Beitragszusage – und ■ die Leistungsform – Kapital oder Rente; ■ bei einer Anwartschaft die Auskunft darüber, ob sie bereits unverfallbar ist; ■ den Ehezeitanteil gemäß § 5 VersAusglG. Dieser ergibt sich aus den während der Ehezeit erworbenen Rentenbeträgen oder Kapitalwerten (Barwert oder Deckungskapital); ■ das auszugleichende Anrecht (Vorschlag für den Ausgleichswert). Das ergibt sich aus der Hälfte des Ehezeitanteils, abzüglich der Hälfte der Teilungskosten, die zumeist in der Teilungsordnung festgelegt werden; ■ bei Rentenzusagen den korrespondierenden Kapitalwert; ■ die Teilungsform. Dies kann interne oder externe Teilung sein. ■ Bei interner Teilung ist anzugeben, wie das neue Anrecht eingerichtet wird. Praxistipp 3 Die Teilungsordnung kann Beschränkungen nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 VersAusglG auf reine Altersleistungen und andere abweichende Regelungen von der ursprünglichen Versorgung vorsehen.

Bei externer Teilung ist der Zinssatz, bspw. der Rechnungszins des Ursprungsanrechts, anzugeben. Darüber hinaus sind die Voraussetzungen zu benennen, aufgrund derer eine externe Teilung möglich ist. Wenn eine Teilungsordnung existiert, muss diese beigefügt werden. Gleiches gilt für weitere maßgebliche Rechtsgrundlagen von Versorgung oder Teilung wie Versorgungszusage, Versicherungsbedingungen, Leistungsplan und/oder Satzung des VT. ■



Danach kommt es gelegentlich zu Rückfragen durch die FamG, in den meisten Fäl- 176 len zu den Teilungskosten oder dem ungleichen Risikoschutz bei Beschränkung

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854

Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

auf reine Altersleistung bei interner Teilung. Häufig schicken die FamG vor der Beschlussfassung einen Beschlussentwurf. Der VT hat dann die Möglichkeit, auf Fehler hinzuweisen und Verbesserungsvorschläge zu machen.

IV. Beschlussfassung durch das FamG 177 Das nach § 218 FamFG örtlich zuständige FamG entscheidet – regelmäßig nach

Erörterung mit den Ehegatten, § 221 Abs. 1 FamFG – durch Beschluss über den VersAusgl, § 116 Abs. 1 FamFG.

1. Allgemeines 178 Zu beachten ist, dass es sich bei der Entscheidung des FamG über den VersAusgl

um einen richterlichen Gestaltungsakt handelt.221 3 Fettnapf Das hat zur Folge, dass rechtskräftige Beschlüsse über den VersAusgl, die gegen das materielle Recht, also insbesondere die gesetzlichen Vorgaben des VersAusglG verstoßen, wirksam und damit umzusetzen sind. Dies gilt auch für den Fall, dass Anrechte der bAV nicht im Beschluss berücksichtigt werden, da sie „vergessen“ wurden. Eine Anpassung nach Rechtskraft ist für Anrechte der bAV nicht möglich, § 32 VersAusglG.

3 Praxistipp Damit sind alle am VersAusgl Beteiligten aufgefordert, den Beschluss genau zu prüfen.222 Vor allem der VT hat ein Interesse daran, dass das FamG Beschlüsse so fasst, dass sie für ihn umsetzbar sind. Wichtig ist dabei, dass der VT am Verfahren mit der korrekten Firmierung beteiligt ist. Das ist für das Einlegen eines Rechtsmittels unabdingbar. 179 Ein Beschluss muss grundsätzlich Folgendes enthalten: Die Bezeichnung der Betei-

ligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten, die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Gerichtspersonen, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, sowie die Beschlussformel, den Tatbestand und die Begründung, § 38 Abs. 2 und Abs. 3 S. 1 FamFG.

_____ 221 BT-Drucks. 16/10144, S. 30 li. Sp. und S. 109 re. Sp; Musielak/Borth/Borth/Grandel, FamFG, § 224 Rn. 2 f. 222 Vgl. Checkliste, Rn. 196.

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B. Ablauf eines VersAusgl

855

2. Beschlussformel Die Beschlussformel enthält das Ergebnis des Verfahrens.223 Sie bestimmt über den 180 Umfang der Rechtskraft sowie der Vollzieh- oder Vollstreckbarkeit der Entscheidung. Sie muss daher so exakt formuliert sein, dass die Beteiligten und die Organe der Zwangsvollstreckung ihr zweifelsfrei entnehmen können, was zu tun oder zu unterlassen ist und welche Rechtswirkungen sich aus ihr ergeben.224 Soweit ein Wertausgleich bei der Scheidung wegen kurzer Ehedauer,225 Ver- 181 einbarung,226 Geringfügigkeit227 oder grober Unbilligkeit228 nicht stattfindet, stellt das FamG dies in der Beschlussformel fest, § 224 Abs. 3 FamFG.

3. Begründung Die Endentscheidung im Beschluss über den VersAusgl ist zu begründen, § 224 182 Abs. 2 FamFG. Eine Begründung ist auch vorzunehmen, wenn ein VersAusgl bei Scheidung 183 nicht stattfindet.229 Verbleiben nach dem Wertausgleich bei der Scheidung noch Anrechte für 184 Ausgleichsansprüche nach der Scheidung, benennt das Gericht diese Anrechte in der Begründung, § 224 Abs. 4 FamFG.

4. Rechtsbehelfsbelehrung Jeder Beschluss hat eine Belehrung über das statthafte Rechtsmittel sowie das 185 Gericht, bei dem diese Rechtsbehelfe einzulegen sind, dessen Sitz und die einzuhaltende Form und Frist zu enthalten, § 39 S. 1 FamFG. Es wird also auch darauf hingewiesen, ob zum Einlegen der Beschwerde ein Rechtsanwalt eingeschaltet werden muss (sog. Anwaltszwang).

5. Änderung nach Scheidung In den Fällen der schuldrechtlichen Ausgleichsrente230, ihrer Abtretung231 und 186 der Teilhabe an der Hinterbliebenenleistung232 können Entscheidungen über den

_____ 223 MüKo-FamFG/Ulrici, § 38 FamFG Rn. 14, auch zum Folgenden. 224 Zu den Einzelheiten vgl. Checkliste, Rn. 196. 225 Vgl. Rn. 134. 226 Vgl. Rn. 64 ff. und Rn. 135. 227 Vgl. Rn. 128 ff. 228 Vgl. Rn. 140 ff. 229 Musielak/Borth/Borth/Grandel, FamFG, § 224 Rn. 9. 230 Vgl. Rn. 101 ff. 231 Vgl. Rn. 108 ff. 232 Vgl. Rn. 117 ff.

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

Versorgungsausgleich bei Scheidung geändert werden, wenn sich die zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nachträglich wesentlich geändert hat, § 227 Abs. 1 i.V.m. § 48 Abs. 1 FamFG. In der bAV kann es bspw. zu einer solchen Änderung kommen, wenn eine An187 passung der laufenden Leistungen nach § 16 BetrAVG vorgenommen wurde.233 Zwischen Endentscheidung bei Scheidung und Eintritt des Rentenfalls eingetretenen Änderungen fallen nicht darunter: Eine nachehelichen Beförderungen – sog. Karrieresprung – hat nämlich keinen Ehezeitbezug. Auch eine Korrektur eines Fehlers der Erstentscheidung ist nicht zulässig. Allgemein anerkannt ist, dass eine Änderung bei einer Abweichung des Versor188 gungswerts von mindestens 10% wesentlich ist.234

6. Beschwerde 189 Rechtsmittel gegen den Beschluss des FamG im Versorgungsausgleichsverfahren

ist die Beschwerde, § 58 Abs. 1 FamFG. Zuständiges Beschwerdegericht ist das OLG.235 Gegen Beschlüsse des OLG ist die Rechtsbeschwerde vor dem BGH zulässig, wenn das OLG sie zugelassen hat, § 70 Abs. 1 FamFG. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, der durch den Beschluss in seinen 190 Rechten beeinträchtigt ist, § 59 Abs. 1 FamFG. Ein Eingriff in eine Rechtsposition im VersAusgl liegt bspw. vor, wenn die AP eine höhere Anwartschaft abgeben muss als gesetzlich geschuldet; Gleiches gilt, wenn die AB weniger erhält als ihr zusteht.236 Etwas anderes gilt grundsätzlich für die Beschwerdeberechtigung eines VT: Denn als Wächter über die rechtmäßige Durchführung des VersAusgl verfolgt er mit seiner Beschwerde stets auch die Interessen der Solidargemeinschaft. Deshalb ist der VT stets beschwert, wenn das FamG eine Entscheidung trifft, die nicht der Sachund Rechtslage entspricht.237 3 Fettnapf VT verzichten dennoch in der Praxis immer wieder auf eine Beschwerde, soweit für sie durch den Beschluss finanziell keine Mehrbelastung entsteht, um Kosten zu sparen. Die übrigen Beteiligten können sich also nicht darauf verlassen, dass insoweit eine inhaltliche Überprüfung durch den VT durchgeführt und das Ergebnis dieser Prüfung offen gelegt wird.

_____ 233 Musielak/Borth/Borth/Grandel, FamFG, § 227 Rn. 3 ff., auch zum Folgenden. 234 Musielak/Borth/Borth/Grandel, FamFG, § 227 Rn. 4. 235 BT-Drucks. 16/6308, S. 167 li. Sp. 236 Musielak/Borth/Borth/Grandel, FamFG, § 228 Rn. 4. 237 BGH, Beschl. v. 19.7.2017 – XII ZB 201/17 – FamRZ 2017, 1655, II 2 a).

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B. Ablauf eines VersAusgl

857

Inwieweit Anwaltszwang bei Beschwerden besteht, ist der Rechtsbehelfsbelehrung 191 zu entnehmen.238 Rechtsbeschwerden können stets nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden, der beim BGH zugelassen ist § 10 Abs. 4 S. 1 FamFG. Die Beschwerde ist bei dem FamG einzulegen, dessen Beschluss angefochten 192 wird, § 64 Abs. 1 S. 1 FamFG. Die Einlegung hat, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat seit Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten zu erfolgen, § 63 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 3 FamFG.239 Eine Beschwerde ist in Versorgungsausgleichssachen grundsätzlich unabhän- 193 gig von ihrem Wert zulässig,240 § 228 i.V.m. § 61 FamFG.

7. Berichtigung Von der Beschwerde als Rechtsmittel ist die Berichtigung nach § 42 FamFG zu unter- 194 scheiden. Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Beschluss sind danach jederzeit vom FamG auch von Amts wegen zu berichtigen, § 42 Abs. 1 FamFG. Die Berichtigung ist zu beantragen und kann durch Beschluss des FamG, der 195 nicht anfechtbar ist, zurückgewiesen werden, § 42 Abs. 3 S. 1 FamFG.

8. Rechtskraft Formell rechtskräftig wird ein Beschluss, wenn er mit Rechtsmitteln nicht mehr 196 angegriffen werden kann, § 45 S. 1 FamFG. Erst nach Eintritt der Rechtskraft ist der Beschluss wirksam, § 224 Abs. 1 FamFG.

9. Checkliste241 3

Checkliste Schritt 1

Beschlussformel242

1.1

Sind AP, AB und VT (richtige Firmierung) und die Anrechte (ggf. mit den Vertragsnummern) richtig bezeichnet?

_____ 238 Vgl. Rn. 185. 239 Zur Problematik des „vergessenen VT“ vgl. Rn. 40, Fettnapf. 240 BT-Drucks. 16/10144, S. 99 li. Sp. 241 Nach Musielak/Borth/Borth/Grandel, FamFG, § 224 Rn. 6. 242 Vgl. hierzu die Beschlussformeln der Fälle 1 bis 6, Kap. 10 Rn. 201, 207, 217, 224, 228, 238, 258, 268, jeweils das Beispiel.

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858

Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

1.2

Ist ein in Euro ausgedrückter monatlicher Rentenbetrag, ein Kapitalwert oder eine andere für das jeweilige Versorgungssystem maßgebliche Bezugsgröße der zu übertragenden bzw. der zu begründenden Rentenanwartschaften (bspw. Fondsanteile) enthalten?

1.3

Wurde die Art des Ausgleichs (interne oder externe Teilung) festgelegt?

1.4

Wurden die Fassung oder das Datum der Versorgungszusage benannt, die der Entscheidung zugrunde liegt?243

1.5

nur bei externer Teilung: Wurde der VT der Zielversorgung genannt?244

1.6

Wurde der zwischen Ehezeitende und Zeitpunkt der Entscheidung anfallende Zins festgelegt?

1.7

Wurde das Ehezeitende genau angegeben?

1.8

nur bei interner Teilung: Wurde die Teilungsordnung des VT konkret benannt?245

1.9

bei einem Anrecht wegen Alters und Invalidität, das aus mehreren Bausteinen besteht: Wurde der Ausgleich hinsichtlich jedes einzelnen Bausteins angeordnet?

1.10

bei einem Anrecht, bei dem der Wertausgleich nicht stattfindet Wurden das Anrecht und der Grund dafür genannt, dass das Anrecht nicht ausgeglichen wird oder ein Wertausgleich nicht stattfindet?

1.11

Ist die Beschlussformell so exakt formuliert, dass die Beteiligten und die Organe der Zwangsvollstreckung ihr zweifelsfrei entnehmen können, was zu tun oder zu unterlassen ist und welche Rechtswirkungen sich aus ihr ergeben?

2

Begründung

2.1

Gibt es eine Begründung?

2.2

bei Anrechten, die für einen VersAusgl nach Scheidung verbleiben: Wurden diese Anrechte in der Begründung benannt?

2.3

Bilden Beschlussformel und Begründung eine Einheit und widersprechen sich nicht?

3

Rechtsbehelfsbelehrung Gibt es eine Rechtsbehelfsbelehrung?

4.

Abschlusscheck

4.1

Wurde kein Anrecht vergessen?

4.2

Entspricht der Beschluss dem materiellen Recht?

4.3

Kann der Beschluss so vom/von den VT umgesetzt werden?

_____ 243 BGH, Beschl. v. 26.1.2011 – XII ZB 504/10 – FamRZ 2011, 1139, Leitsatz und Rn. 22 und 24; vgl. auch Rn. 58, Fettnapf. 244 Vgl. BGH, Beschl. v. 17.7.2019 – XII ZB 437/18 – FamRZ 2019, 1775, Leitsatz 3 und Rn. 23 ff. m.w.N. 245 Zur Rechtsfolge bei Fehlen der Benennung der Teilungsordnung im Beschluss vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.2.2019 – 24 U 21/18 – FamRZ 2019, 1410, Leitsatz.

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C. Direktversicherung/Pensionsfonds/Pensionskasse

859

C. Direktversicherung/Pensionsfonds/Pensionskasse C. Direktversicherung/Pensionsfonds/Pensionskasse Der VersAusgl ist in den versicherungsförmigen Durchführungswegen weitest- 197 gehend gleich. Die folgenden Beispiele für die Direktversicherung lassen sich auf die Pensionskasse und den versicherungsförmig ausgestalteten Pensionsfonds übertragen.

I. Fall 1: Externe Teilung einer beitragsorientierten Leistungszusage – Direktversicherung – gesetzlich unverfallbare Altersrente Der Arbeitgeber hat im Jahr 2011 für die AP eine Direktversicherung abgeschlos- 198 sen. Die Versicherungsbeiträge wurden steuerlich nach § 3 Nr. 63 EStG behandelt. Daraus resultiert folgendes Anrecht: gesetzlich unverfallbare Rentenanwartschaft, beitragsorientierte Leis- 199 tungszusage Werte der Anlage zur Formularvorgabe V31: Ehebeginn

1.2.2010

Ehezeitende

30.6.2017

Deckungskapital Überschüsse Deckungskapital Überschüsse gesamt

200

0€ 0€ 5.000 € 500 € 5.500 €

Bezugsgrößen von SchlussüberschüsEhezeitanteil sen und Bewertungsreserven werden zu Ehebeginn und Ehezeitende ermittelt.

2.750 €

mittels externer Teilung

Ausgleichswert

2.750 €

Bei externer Teilung gibt es keinen Kostenabzug.

abzüglich hälftiger Kosten Ausgleichswert (netto)

Folgende Wertgrenzen sind nicht überschritten:

§ 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG

Zinssatz (z.B. Rechnungszins)

2,25%

0€ 2.750 €

Rechtskräftige Beschlussfassung durch das FamG:

201

Lange/Witthöft

860

Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

5 Beispiel Im Wege der externen Teilung wird nach Maßgabe des Teilungsvorschlags vom ww.ww.wwww [Datum des Teilungsvorschlags] von xxx [VT], bezogen auf den 30.6.2017, zulasten des Anrechts der AP yyy [Bezeichnung des Anrechts] zugunsten der AB ein Anrecht in Höhe von 2.750 € nebst 2,25% Zinsen hieraus vom 30.6.2010 bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den VersAusgl auf die Versorgungsausgleichskasse Pensionskasse VVaG begründet. xxx wird verpflichtet, diesen Betrag nebst 2,25% Zinsen hieraus vom 30.6.2010 bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den VersAusgl auf das Konto der AB bei der Versorgungsausgleichskasse Pensionskasse VVaG, Versicherungsnummer zzz, einzuzahlen. 202 Durch diese Beschlussfassung ist klar, dass die nacheheliche Entwicklung des

Anrechts (vom 30.6.2017 bis zum Eintritt der Rechtskraft) bei der Übertragung zu berücksichtigen ist, ebenso wie die Bezugsgrößen von Schlussüberschüssen und Bewertungsreserven. Das Anrecht der AP wird entsprechend gekürzt und es wird für die AB das 203 nachehelich verzinste (im Normalfall mit dem Rechnungszins des Ursprungsvertrags) Anrecht an die Versorgungsausgleichskasse Pensionskasse VVaG überwiesen. 3 Praxistipp Aufgrund des geringen Ausgleichswerts des Kapitals246 könnte ein Ausgleich entfallen, § 18 Abs. 2 und Abs. 3 VersAusglG. Dies steht jedoch im Ermessen des FamG.247

II. Fall 2: Interne Teilung einer beitragsorientierten Leistungszusage – Direktversicherung – gesetzlich unverfallbare Alters- und Berufsunfähigkeitsrente ohne Kapitalwahlrecht 204 Der Arbeitgeber hat für die AP im Jahr 2006 eine Direktversicherung mit einer Zu-

satzversicherung für eine Berufsunfähigkeitsrente abgeschlossen. Die Versicherungsbeiträge wurden steuerlich nach § 3 Nr. 63 EStG gefördert. Daraus resultiert folgendes Anrecht: gesetzlich unverfallbare Rentenanwartschaft mit Berufsunfähigkeits205 schutz ohne Kapitalwahlrecht, beitragsorientierte Leistungszusage 206 Werte der Anlage zur Formularvorgabe V31:

Ehebeginn

_____ 246 Vgl. Rn. 130 f. 247 Vgl. Rn. 132.

Lange/Witthöft

1.2.2010

Deckungskapital Rente

5.000 €

Überschüsse Rente

500 €

Deckungskapital BU

900 €

C. Direktversicherung/Pensionsfonds/Pensionskasse

Ehezeitende

30.6.2017

Überschüsse BU gesamt Deckungskapital Rente Überschüsse Rente Deckungskapital BU Überschüsse BU gesamt Ehezeitanteil

Bezugsgrößen von Schlussüberschüssen und Bewertungsreserven werden zu Ehebeginn und Ehezeitende ermittelt. mittels interner Teilung Ausgleichswert Kosten in Höhe von 2% vom Ehezeitan- abzüglich hälftiger teil, mindesten 200 €, höchstens 450 € Kosten

Ausgleichswert (netto)

861 500 € 6.900 € 25.000 € 5.000 € 3.000 € 1.500 € 34.500 € 27.600 €

13.800 € 225 € 13.575 €

Rechtskräftige Beschlussfassung durch das FamG:

207

Beispiel 5 Im Wege der internen Teilung wird, bezogen auf den 30.6.2017, zulasten des Anrechts der AP yyy [Bezeichnung des Anrechts] zugunsten der AB nach Maßgabe der Teilungsordnung vom ww.ww.wwww [Datum der Teilungsordnung] von xxx [VT] ein Anrecht in Höhe von 13.575 € übertragen.

Durch diese Beschlussfassung ist klar, dass die nacheheliche Entwicklung des 208 Anrechts (vom 30.6.2017 bis zum Eintritt der Rechtskraft) bei der Übertragung zu berücksichtigen ist, ebenso wie die Bezugsgrößen von Schlussüberschüssen und Bewertungsreserven. Das Anrecht der AP wird entsprechend gekürzt und es wird für die AB eine ei- 209 gene, ehemalige Direktversicherung auf Rentenleistung ohne Kapitalwahlrecht und ohne Zusatzversicherungen – mit steuerlicher Behandlung der Versicherungsbeiträge nach § 3 Nr. 63 EStG – abgeschlossen. Die im Beschluss erwähnte Teilungsordnung sieht bei der Neubegründung nur 210 Altersleistungen vor. Durch die Übertragung der Hälfte des Gesamtdeckungskapitals aus dem Ursprungsvertrag – dieser beinhaltet Todes- und Erlebensfallleistung – wird im Neuvertrag eine höhere Altersleistung generiert. Die neue Versicherung wird nach der Teilungsordnung mit einem Tarif des VT eingerichtet, der mit dem Rechnungszins des zu teilenden Anrechts kalkuliert ist.248

_____ 248 BGH, Beschl. v. 19.8.2015 – XII ZB 443/14 – Leitsatz 2, entschieden für ein Anrecht aus einer Direktzusage bei interner Teilung.

Lange/Witthöft

862

Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

III. Fall 3 1. Ausgangsfall: Interne Teilung einer beitragsorientierten Leistungszusage – Direktversicherung – verfallbare Altersrente, arbeitgeberfinanziert 211 Der Arbeitgeber hat im Jahr 2011 für die AP eine Direktversicherung abgeschlossen. Die Versicherungsbeiträge wurden steuerlich nach § 3 Nr. 63 EStG gefördert. Daraus resultiert folgendes Anrecht: gesetzlich verfallbare Rentenanwartschaft, beitragsorientierte Leistungs212 zusage, arbeitgeberfinanziert 213 Werte der Versicherung zum Ehezeitende

Ehebeginn

1.2.2010

Ehezeitende

30.6.2017

Deckungskapital Überschüsse

0€ 0€

Deckungskapital

7.500 €

Überschüsse

1.500 €

gesamt

9.000 €

Ehezeitanteil

4.500 €

214 In der Formularvorgabe V31 wird angemerkt, dass die arbeitgeberfinanzierte Zu215

sage noch bis zum 30.6.2019 verfallbar ist. Eine Anlage zur Formularvorgabe V31 wird normaler Weise nicht beigefügt.

3 Praxistipp Manche FamG fordern die Werte dennoch ab. In diesem Fall ist es ratsam, die Werte mitzuteilen, um Nachfragen des FamG zu vermeiden. Bei Fortdauer des Arbeitsverhältnisses bis zum Eintritt der Unverfallbarkeit entsteht ein auszugleichendes Anrecht oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze. 216 Das Anrecht ist nicht geringfügig im Sinne von § 18 Abs. 3 VersAusglG. Sofern kei-

ne Unverfallbarkeit bis zur Entscheidung zum VersAusgl eintritt, wird das Anrecht schuldrechtlich ausgeglichen. 217 Rechtskräftige Beschlussfassung durch das FamG: 5 Beispiel Bezüglich des Anrechts der AP yyy [Bezeichnung des Anrechts] bleibt der schuldrechtliche VersAusgl vorbehalten.

Lange/Witthöft

C. Direktversicherung/Pensionsfonds/Pensionskasse

863

2. Abwandlung: Externe Teilung einer beitragsorientierten Leistungszusage – Direktversicherung – gesetzlich unverfallbare/verfallbare Altersrente, mischfinanziert Der Arbeitgeber hat für die AP im Jahr 2011 eine Direktversicherung abgeschlossen. 218 Die Versicherungsbeiträge wurden steuerlich nach § 3 Nr. 63 EStG behandelt. Daraus resultiert folgendes Anrecht: gesetzlich unverfallbare (Entgeltumwandlung)/verfallbare Rentenanwart- 219 schaft (arbeitgeberfinanziert), beitragsorientierte Leistungszusage, mischfinanziert (50% durch den Arbeitgeber, 50% durch Entgeltumwandlung) Werte der Anlage zur Formularvorgabe V31: Ehebeginn Ehezeitende

1.2.2010 30.6.2017

220

Deckungskapital

0€

Überschüsse

0€

Deckungskapital Überschüsse gesamt

4.000 € 400 € 4.400 €

Bezugsgrößen von Schlussüberschüssen Ehezeitanteil und Bewertungsreserven werden zu Ehebeginn und Ehezeitende ermittelt.

2.200 €

mittels externer Teilung

2.200 €

Ausgleichswert

Bei externer Teilung gibt es keinen Kos- abzüglich hälftiger tenabzug. Kosten Ausgleichswert (netto)

0€ 2.200 €

Folgende Wertgrenzen sind nicht überschritten: § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG Zinssatz (z.B. Rechnungszins)

1,25%

In der Formularvorgabe V31 wird angemerkt, dass in der Anlage nur der Teil der Zusage beauskunftet wird, der aus der Entgeltumwandlung des Arbeitnehmers entstanden ist. Dieser Teil ist ab Beginn gesetzlich unverfallbar. Der arbeitgeberfinanzierte Teil der Zusage ist noch bis zum 30.6.2019 verfallbar und kann daher bei Scheidung nicht ausgeglichen werden. Das bisher unverfallbare Anrecht aus der Entgeltumwandlung ist geringfügig im Sinne von § 18 Abs. 3 VersAusglG und wird aufgrund der Ermessensentscheidung des FamG bei Scheidung nicht ausgeglichen, § 18 Abs. 2 VersAusglG. Rechtskräftige Beschlussfassung durch das FamG:

221

222 223

224

Beispiel 5 Bezüglich des Anrechts der AP yyy [Bezeichnung des Anrechts] bleibt der schuldrechtliche VersAusgl vorbehalten.

Lange/Witthöft

864

Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

IV. Fall 4: Interne Teilung einer beitragsorientierten Leistungszusage – Direktversicherung – gesetzlich unverfallbares Alterskapital, arbeitgeberfinanziert 1. Ausgangsfall 225 Der Arbeitgeber hat im Jahr 1998 für den AP eine Direktversicherung abgeschlos-

sen. Die Versicherungsbeiträge wurden steuerlich gemäß § 40b EStG a.F. (vorgelagerte, pauschalierte Besteuerung)249 behandelt. Daraus resultiert folgendes Anrecht: gesetzlich unverfallbare Kapitalanwartschaft, beitragsorientierte Leistungs226 zusage, arbeitgeberfinanziert. 227 Werte der Anlage zur Formularvorgabe V31:

Ehebeginn

1.2.2010

Ehezeitende

30.6.2017

Deckungskapital Überschüsse Deckungskapital Überschüsse gesamt Ehezeitanteil

Bezugsgrößen von Schlussüberschüssen und Bewertungsreserven werden zu Ehebeginn und Ehezeitende ermittelt. mittels interner Teilung Ausgleichswert Kosten in Höhe von 2% vom Ehezeitan- abzüglich hälftiger teil, mindesten 200 €, höchstens 450 € Kosten Ausgleichswert (netto)

25.000 € 4.000 € 85.000 € 7.500 € 92.500 € 63.500 €

31.750 € 225 € 31.525 €

228 Rechtskräftige Beschlussfassung durch das FamG: 5 Beispiel Im Wege der internen Teilung wird, bezogen auf den 30.6.2017, zulasten des Anrechts der AP yyy [Bezeichnung des Anrechts] zugunsten der AB nach Maßgabe der Teilungsordnung vom ww.ww.wwww [Datum der Teilungsordnung] von xxx [VT] ein Anrecht in Höhe von 31.525 € übertragen. 229 Durch diese Beschlussfassung ist klar, dass die nacheheliche Entwicklung des

Anrechts (vom 30.6.2017 bis zum Eintritt der Rechtskraft) bei der Übertragung zu berücksichtigen ist, ebenso wie die Bezugsgrößen von Schlussüberschüssen und Bewertungsreserven. Das Anrecht der AP wird entsprechend gekürzt und es wird für die AB eine 230 eigene, ehemalige Direktversicherung auf Rentenleistung mit Kapitalwahlrecht

_____ 249 Vgl. Kap. 2 Rn. 146 ff.

Lange/Witthöft

D. Unterstützungskasse

865

(weil das Anrecht aus einer Kapitalanwartschaft entspringt) und ohne Zusatzversicherungen – mit steuerlicher Behandlung der Versicherungsbeiträge nach § 40b EStG a.F. – abgeschlossen. Die im Beschluss erwähnte Teilungsordnung sieht bei der Neubegründung nur 231 Altersleistungen vor. Durch die Übertragung der Hälfte des Gesamtdeckungskapitals aus dem Ursprungsvertrag – dieser beinhaltet Todes- und Erlebensfallleistung –, wird im Neuvertrag eine höhere Altersleistung generiert. Die neue Versicherung wird nach der Teilungsordnung im aktuellen Tarif des VT eingerichtet; dieser ist mit dem bei Einrichtung des Vertrags aktuell geltenden Rechnungszins kalkuliert.

2. Abwandlung Komplikationen bei der Auskunft von Kapitaldirektversicherungen nach § 40b 232 EStG a.F. gibt es, wenn während der Vertragsdauer durch Arbeitgeberwechsel verfallbare Anwartschaften und/oder durch die private Fortführung des Arbeitnehmers eigene Beitragszahlungsphasen entstanden sind. Praxistipp 3 Die Werte müssen bei der Auskunft zum VersAusgl herausgerechnet werden. Die entstehende Differenz zwischen Gesamtdeckungskapital und dem Deckungskapital, welches in den VersAusgl fällt, ist im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen.

Probleme entstehen dann zumeist, weil der Zugewinnausgleich in diesen Fällen oft 233 schon abgeschlossen ist. Einige FamG berücksichtigen diese Differenzen, die im Zugewinnausgleich nicht mehr berücksichtigt werden können, im VersAusgl durch Verrechnung unter Anwendung von § 27 VersAusglG.

D. Unterstützungskasse D. Unterstützungskasse Der Arbeitgeber erteilt dem Arbeitnehmer eine Zusage im Durchführungsweg Unter- 234 stützungskasse. Diese Unterstützungskassenzusage ist kongruent rückgedeckt. Als VT erfragt die Unterstützungskasse die entsprechenden Werte beim Versicherungsunternehmen und nutzt sie für die Auskunft gegenüber dem FamG.

Fall 5: Interne Teilung einer beitragsorientierten Leistungszusage – Unterstützungskasse, kongruent rückgedeckt – gesetzlich unverfallbare Altersrente Der Arbeitgeber hat im Jahr 2008 für die AP eine Versorgung im Wege einer Unter- 235 stützungskasse eingerichtet. Die Höhe der Zusage ergibt sich aus der bei einem

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

Versicherer abgeschlossene Rückdeckungsversicherung. Daraus resultiert folgendes Anrecht: gesetzlich unverfallbare Rentenanwartschaft, beitragsorientierte Leis236 tungszusage Die Unterstützungskasse holt beim Versicherer die relevanten Werte ein. Die 237 Beauskunftung wird durch die Unterstützungskasse vorgenommen. Werte der Anlage zur Formularvorgabe V31: Ehebeginn

1.2.2010

Deckungskapital Überschüsse

Ehezeitende

30.6.2017

Deckungskapital Überschüsse

1.000 € 200 € 8.500 € 1.500 €

gesamt

10.000 €

Ehezeitanteil

8.800 €

mittels interner Teilung

Ausgleichswert

4.400 €

Kosten in diesem Fall von der Unterstützungskasse festgelegt 250 €

abzüglich hälftiger Kosten Ausgleichswert (netto)

125 € 4.275 €

238 Rechtskräftige Beschlussfassung durch das FamG: 5 Beispiel Im Wege der internen Teilung wird, bezogen auf den 30.6.2017, zulasten des Anrechts der AP yyy [Bezeichnung des Anrechts] zugunsten der AB nach Maßgabe der Teilungsordnung vom ww.ww.wwww von xxx [VT] ein Anrecht in Höhe von 4.275 € übertragen. 239 Durch diese Beschlussfassung ist klar, dass die nacheheliche Entwicklung des

Anrechts (vom 30.6.2017 bis zum Eintritt der Rechtskraft) bei der Übertragung zu berücksichtigen ist, ebenso wie die Überschüsse. Die Unterstützungskasse beantragt beim Versicherer einen Teilrückkauf der für 240 die AP bestehenden Rückdeckungsversicherung. Aus diesem Teilrückkauf wird für die AB eine Rückdeckungsversicherung eingerichtet, die die Grundlage der neuen Zusage bildet.

E. Direktzusage E. Direktzusage 241 Bei der Direktzusage erteilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine schriftliche

Zusage.

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E. Direktzusage

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In der Steuer- und Handelsbilanz des Arbeitsgebers müssen hierfür Pensions- 242 rückstellungen gebildet werden.250 Zur Absicherung der Verbindlichkeiten wird zumeist eine Rückdeckungsversicherung bei einem Versicherer abgeschlossen. Im Rahmen einer Leistungszusage verspricht der Arbeitgeber in der Regel eine 243 Altersrente. Als Pensionsalter wird meistens die Regelaltersgrenze des Arbeitnehmers in der gesetzlichen Rentenversicherung festgelegt.251 Die Zusage kann um eine Hinterbliebenen- und Invaliditätsversorgung ergänzt werden, so bspw.: ■ Hinterbliebenenversorgung: x% der Altersrente als Witwenrente; die Zusage kann kollektiv (für den in gültiger Ehe lebenden Ehegatten oder den Lebenspartner) oder individuell (mit Angabe von Namen und Geburtsdatum des Hinterbliebenen) und/oder x% der Altersrente als Waisenrente erfolgen.252 ■ Invaliditätsversorgung: Es kann ein fester Betrag zugesagt werden, oder es wird im Versorgungsfall die Invaliditätsrente gezahlt, die sich aus der vorhandenen Pensionsrückstellung ergibt.253 Statt einer Rente kann auch eine Kapitalleistung versprochen werden.254 Ebenso können Berufsjahre und Gehälter für die Höhe der zugesagten Leistungen eine Rolle spielen.255 Diese Zusagegestaltungen machen den VersAusgl noch komplizierter. Sollte eine Leistungszusage mit einer Rückdeckungsversicherung versehen sein, so findet die Versicherung in der Regel keine Berücksichtigung. Denn der Versicherungsvertrag sieht den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer und Bezugsberechtigten im Todes- und Erlebensfall vor und gehört somit zu seinem Vermögen.256 Die Direktzusage kann auch als beitragsorientierte Leistungszusage erteilt werden. Dabei wird in der Zusage oftmals Bezug auf die Rückdeckungsversicherung genommen und die Leistungshöhe anhand der Versicherungsleistung festgeschrieben.257 In diesem Fall ist die Rückdeckungsversicherung im VersAusgl zu berücksichtigen. Die Berechnung der Pensionsrückstellungen für die Bilanzen wird durch einen Versicherungsmathematiker erstellt.

_____ 250 Vgl. Kap. 2 Rn. 18 ff.; Kap. 4 Rn. 18 ff. 251 Vgl. im Detail Kap. 1 Rn. 75 ff. 252 Siehe für weitere Bsp.: Kap. 1 Rn. 197, 199. 253 Siehe für weitere Bsp.: Kap. 1 Rn. 164, 166. 254 Vgl. im Detail Kap. 1 Rn. 217 ff. 255 Siehe bspw. Kap. 1 Rn. 101 (Beispiele). 256 Kap. 1 Rn. 370, Kap. 6 Rn. 343 ff. 257 Vgl. im Detail Kap. 1 Rn. 349.

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244 245

246

247

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

3 Praxistipp Auch die Anrechte im Rahmen der Auskunft für den VersAusgl berechnet der Versicherungsmathematiker. Deshalb sollte dieser auf jeden Fall in die Entwicklung der Teilungsordnung involviert werden und die Auskunft an das FamG fachlich begleiten.

249

250 251 252 253

254

255

I. Fall 6 – Ausgangsfall: Interne Teilung einer Leistungszusage – Direktzusage – gesetzlich unverfallbare Altersrente Der Arbeitgeber hat im Jahr 2011 der AP eine Versorgung auf Altersrente von 2.400 € Jahresrente zur Regelaltersrente der gesetzlichen Rentenversicherung zugesagt. Die Finanzierung erfolgt allein durch den Arbeitgeber. Dafür werden Pensionsrückstellungen in seiner Bilanz gebildet. Die Direktzusage wird kongruent über eine Rückdeckungsversicherung finanziert. Daraus resultiert folgendes Anrecht: gesetzlich unverfallbare Rentenanwartschaft, Leistungszusage Der Arbeitgeber lässt das Auskunftsersuchen nach Begutachtung durch einen Versicherungsmathematiker erstellen. Die Berechnung des Ehezeitanteils erfolgt nach der zeitratierlichen Methode (§ 45 Abs. 2 S. 2 VersAusglG). Der Ausgleichswert entspricht dem Kapitalwert des in der Ehezeit erworbenen Anrechts. Dabei wird der Zinssatz an den Rechnungszins für handelsrechtliche Bewertungen nach § 253 Abs. 2 HGB – ermittelt als 7-Jahres-Durchschnittszins zum Ende der Ehezeit – angesetzt. In diesem Fall beträgt der Zinssatz 3,52% p.a. Außerdem wird eine Rentendynamik von 1,80% p.a. und ein Kostensatz von 2,00% des Kapitalwerts zu Grunde gelegt. Die Teilungsordnung des Arbeitgebers sieht eine interne Teilung des Anrechts vor.

256 Werte der Anlage zur Formularvorgabe V31:

78 Monate

Dauer der Ehe während der Betriebszugehörigkeit vom 1.1.2011 bis 30.6.2017 Dauer der Betriebszugehörigkeit

78 Monate

vom 1.1.2011 bis 30.6.2017 Verhältnis der beiden Komponenten

100%

Ehezeitanteil des unverfallbaren Anrechts auf eine Jahresrente im Alter 67 100% von 600 € = Kapitalwert zum Ende der Ehezeit

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600 € Ehezeitanteil

10.500 €

E. Direktzusage

mittels interner Teilung

Ausgleichswert (ohne 50% Kosten)

Kosten 2% von 10.500 € =

210 €

Kosten in Höhe von 210 €

abzüglich hälftiger Kosten Ausgleichswert (netto)

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5.250 €

105 € 5.145 €

Da der Ausgleichswert als Kapitalwert ausgewiesen wird, entfällt die Ermittlung des 257 korrespondierenden Kapitalwerts. Rechtskräftige Beschlussfassung durch das FamG: 258 Beispiel 5 Im Wege der internen Teilung wird, bezogen auf den 30.6.2010, zulasten des Anrechts der AP yyy [Bezeichnung des Anrechts] zugunsten der AB nach Maßgabe der Teilungsordnung vom ww.ww.wwww von xxx [VT] ein Anrecht in Höhe von 5.145 € übertragen.

Durch diese Beschlussfassung ist klar, dass die nacheheliche Entwicklung des 259 Anrechts (vom 30.6.2017 bis zum Eintritt der Rechtskraft) bei der Übertragung zu berücksichtigen ist. Für die AB wird nunmehr ein Anrecht eingerichtet, das – auf ihre Biometrie be- 260 zogen – vom Versicherungsmathematiker in eine Altersrente umgerechnet wird. Die Basis dieser Berechnung wird die Grundlage der neuen Zusage. Praxistipp 3 Der Arbeitgeber hat bei der Ausgestaltung der Rückdeckungsversicherung freie Hand. Die Versicherung kann unverändert bestehen bleiben. Das bedeutet für die Zusage der AP eine Überdeckung der Finanzierung; bei der AB besteht keine finanzielle Abdeckung. Es kann aber bei der Teilung auch zur bestehenden Rückdeckungsversicherung ein Teilrückkauf erfolgen. Das frei werdende Deckungskapital kann zur Begründung einer Rückdeckungsversicherung für die AB verwendet werden.

II. Fall 6 – Abwandlungen 1. Kapitalzusage Die Zusage kann auch auf ein Kapital im Erlebensfall zum Pensionsalter mit einer 261 entsprechenden Invaliditätsrente erfolgen. Die Höhe der Invaliditätsrente kann mit einer Monatsrente bestimmt werden 262 oder von der Höhe der Rückstellung für das Alterskapital im Leistungsfall abhängig sein. Zusätzlich kann ein Todesfallkapital für die Hinterbliebenen zugesagt wer- 263 den.

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

Zur Finanzierung kann auch eine Rückdeckungsversicherung dienen. Je nach Zusage wird hierbei eine Risiko- oder Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht mit einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung abgeschlossen.

2. Endgehaltsbezogene Zusage 265 Diese Zusage wird abhängig von der Betriebszugehörigkeit und der Höhe des Ge-

halts gemacht. Es wird ein Rentenanspruch ermittelt, z.B.: Pro Dienstjahr erwirbt der Arbeitnehmer einen Anspruch auf 1% seines pensi266 onsfähigen Gehalts, maximiert auf 25 Dienstjahre. Das bedeutet für den VersAusgl, dass der zukünftig anwachsende Anspruch 267 durch die nachehezeitliche Einkommenssteigerung der AP im Zeitpunkt des Ehezeitendes nicht verfestigt ist, auf die Ehezeit aber zurückwirkt.258 Rechtskräftige Beschlussfassung durch das FamFG: 268 5 Beispiel Bezüglich des Anrechts der AP yyy [Bezeichnung des Anrechts] bleibt der schuldrechtliche VersAusgl vorbehalten.

F. Sonderfälle F. Sonderfälle I. Fondsversorgung – Fall 7: Interne Teilung einer beitragsorientierten Leistungszusage – fondsgebundene Direktversicherung – gesetzlich unverfallbare Altersrente 269 Der Arbeitgeber hat im Jahr 2011 für die AP eine fondsgebundene Direktversiche-

rung abgeschlossen. Die Versicherungsbeiträge wurden steuerlich gemäß § 3 Nr. 63 EStG behandelt. Daraus resultiert folgendes Anrecht: gesetzlich unverfallbare Rentenanwartschaft, beitragsorientierte Leistungs270 zusage, arbeitgeberfinanziert 271 Werte der Anlage zur Formularvorgabe V31:

Ehebeginn Ehezeitende

1.2.2010 30.6.2017

fondsgebundenes Deckungskapital

0€

fondsgebundenes Deckungskapital

12.000 €

_____ 258 OLG Koblenz, Beschl. v. 13.1.2017 – 11 UF 635/16 – FamRZ 2017, 1213, 2 B; zu Veränderungen, die auf das Ehezeitende zurückwirken, vgl. Rn. 18.

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F. Sonderfälle

Zusammensetzung: Anzahl der Fondsanteile Kurs pro Fondsanteil

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120 100 €

Bezugsgröße Anzahl der Fondsanteile wird zu Ehebeginn und Ehezeitende ermittelt.

Ehezeitanteil am fondsgebundenen Deckungskapital

12.000 €

mittels interner Teilung

fondsgebundener Ausgleichswert

6.000 €

Zusammensetzung:

Kosten in Höhe von 240 €

Anzahl der Fondsanteile Kurs pro Fondsanteil

60 100 €

abzüglich hälftiger Kosten

120 €

entsprechen folgendem Wert: Anzahl der Fondsanteile Kurs pro Fondsanteil

1,20 100 €

Ausgleichswert (netto)

5.880 €

Der korrespondierende Kapitalwert entspricht dem Ausgleichswert netto. 272 Bis zur Entscheidung über den VersAusgl durch das FamFG vergehen sechs 273 Monate. Der Kurs der Fondsanteile sinkt während dieser Zeit. Er beträgt zum Zeitpunkt der Entscheidung statt 100 € nunmehr 50,00 € pro Fondsanteil. Bei einer Teilung, wie oben vorgeschlagen, würde der Vertrag der AP auf 0 € Fondsguthaben absinken. Deshalb ist es wichtig, eine neue Auskunft zeitnah zum Scheidungstermin abzufordern, um die Verluste auf beide Parteien zu verteilen.259 Praxistipp 3 Auch bei Teilung von fondsgebundener Anrechten muss die Beschlussformel hinreichend bestimmt sein. Stellt sie auf den künftigen Rücknahmepreis für eine bestimmte Anzahl von Fondsanteilen ab, muss bei externer Teilung hierfür eine Veröffentlichungspflicht für die Ausgabe- und Rücknahmepreise dieser Anteile bestehen, damit der künftige Geldkurs des Anteils taggenau aus jedermann zugänglichen Quellen ermittelt werden kann.260 Bei interner Teilung sind die Anforderungen geringer. Hier reicht die bloße Bestimmbarkeit aus, da die Teilung innerhalb des System des abgebenden VT anhand seiner Teilungsordnung durchgeführt wird; die Vollstreckung wegen einer Geldforderung ist nicht erforderlich.

_____ 259 BGH, Beschl. v. 19.7.2017 – XII ZB 201/17– FamRZ 2017, 1655, Leitsatz 2. 260 BGH, Beschl. v. 11.7.2018 – XII ZB 336/16 – FamRZ 2018, 568, Rn. 24; Nedden-Boeger, BetrAV 2019, 111, 116, X, mit weiteren Einzelheiten, auch zum Folgenden.

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

3 Praxistipp Trotz der vorgenannten höchstrichterlichen Rechtsprechung kann der Ausgleich eines fondsgebundenen Anrechts durch Teilung des Kapitalbetrags erfolgen, wenn der Ehezeitanteil der Bezugsgröße als Kapitalbetrag berechnet worden ist.261

II. Beherrschende Mitunternehmer 274 Eine Kapitalgesellschaft kann ihrem beherrschenden Mitunternehmer, 262 der für

sie tätig ist, eine Renten- oder Kapitalzusage erteilen. Damit die Zusage steuerlich anerkannt wird, müssen – im Vergleich zu Zusagen an Personen, die keine beherrschende Mitunternehmerstellung haben – zusätzliche Voraussetzungen erfüllt werden.263 Zusagen für diesen Personenkreis fallen nicht unter das BetrAVG. Das bedeutet 275 für Kapitalzusagen, dass sie dem Zugewinnausgleich264 unterliegen. Rentenzusagen hingegen sind auch bei beherrschenden Mitunternehmern im Rahmen des VersAusgl zu teilen.265

III. Tod eines Ehegatten 276 Stirbt ein Ehegatte, so hat dies Auswirkungen auf den VersAusgl. Dabei sind fol-

gende Fälle zu unterscheiden: Bei Tod eines Ehegatten vor Rechtskraft der Scheidung, gilt das Verfahren als in der Hauptsache erledigt, § 131 FamFG. Dies bedeutet vor allem, dass das FamG an einer Sachentscheidung gehindert ist.266 Eine Entscheidung ergeht jedoch insbesondere über die Kosten des Verfahrens. Zu einer Entscheidung über den VersAusgl kommt es also nicht mehr.267 ■ Bei Tod eines Ehegatten zwischen Rechtskraft der Scheidung und Rechtskraft der Entscheidung über den VersAusgl ist das Recht des überlebenden Ehegatten auf Wertausgleich gegen die Erben des verstorbenen Ehegatten geltend zu machen, § 31 Abs. 1 S. 1 VersAusglG. Dabei soll der überlebende Ehegatte nicht besser gestellt werden als wenn der VersAusgl durchgeführt worden wäre (sog. Besserstellungsverbot), § 31 ■

_____ 261 OLG Nürnberg, Beschl. v. 23.4.2018 – 7 UF 328/18 – FamRZ 2019, 104, Leitsatz und Rn. 27 ff. 262 Zum Beherrschungsbegriff vgl. Kap. 13 Rn. 8. 263 Vgl. Kap. 13 Rn. 21. 264 Vgl. Rn. 232, Praxistipp und Rn. 233. 265 Zur Frage der Ausübung des Kapitalwahlrechts bei Rentenversicherungen vgl. Rn. 34, Praxistipp. 266 Musielak/Borth/Borth/Grandel, FamFG, § 131 Rn. 2 f., auch zum Folgenden. 267 BT-Drucks. 16/10144, S. 70 re. Sp.

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F. Sonderfälle



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Abs. 2 S. 1 VersAusglG.268 Zu diesem Zweck muss das FamG eine „Vermögensbilanz“ aufstellen.269 Hierbei sind ggf. auch geringfügige Anrechte im Sinne von § 18 VersAusglG heranzuziehen.270 Resultiert hieraus, dass die an sich auszugleichenden Anrechte des überlebenden Ehegatten geringer sind als die des verstorbenen, so besteht ein Anspruch auf Wertausgleich in Höhe der Wertdifferenz der beiderseitig ermittelten Ausgleichswerte. Im umgekehrten Fall entfällt der VersAusgl; die Erben haben kein Recht auf Wertausgleich, § 31 Abs. 1 S. 2 VersAusglG. Im Falle des Todes eines Ehegatten nach durchgeführtem Wertausgleich nach Scheidung gemäß §§ 20–24 VersAusglG – schuldrechtliche Ausgleichsrente271, Abtretung272, Ausgleich von Kapitalzahlungen273 und Abfindung274 –, erlöschen diese Ausgleichsansprüche der AB mit dem Tod eines Ehegatten, § 31 Abs. 3 S. 1 VersAusglG. Die Ausgleichspflicht geht also nicht mit dem Tod der AP als Nachlassverbindlichkeit auf die Erben über.275 Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche, unabhängig davon, ob sie bei der AB oder der AP entstanden sind, bleiben jedoch bestehen,276 § 31 Abs. 3 S. 3 i.V.m. § 1586 Abs. 2 S. 1 BGB. Dagegen kann die überlebende AB ein noch nicht ausgeglichenes Anrecht nach § 25 VersAusglG277 vom VT der verstorbenen AP beanspruchen, § 31 Abs. 3 S. 2 VersAusglG.278

IV. Rechte Dritter Wird ein Anrecht im Rahmen des VersAusgl geteilt, stellt sich die Frage, welche 277 Auswirkungen dies auf ein Recht eines Dritten hat, das vor der Teilung an diesem Anrecht begründet wurde. Dem VersAusgl können nämlich nur solche Anrechte unterliegen, die der AP und nicht einem Dritten zustehen. In der bAV liegt ein solches Recht eines Dritten insbesondere vor bei: ■ einer Sicherungsabtretung,

_____ 268 MüKo-BGB/Ackermann-Sprenger, § 31 VersAusglG Rn. 8 ff., auch zum Folgenden und mit weiteren Einzelheiten. 269 Vgl. Rn. 46 und 51, Fettnapf. 270 BGH, Beschl. v. 19.7.2017 – XII ZB 201/17– FamRZ 2017, 1655, Leitsatz 2. 271 Vgl. Rn. 101 ff. 272 Vgl. Rn. 108 ff. 273 Vgl. Rn. 111. 274 Vgl. Rn. 113 ff. 275 BT-Drucks. 16/10144, S. 71 li. Sp. 276 MüKo-BGB/Ackermann-Sprenger, § 31 VersAusglG Rn. 22 ff. 277 Vgl. Rn. 118 ff. 278 BT-Drucks. 16/10144, S. 71 li. Sp.

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■ ■

Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

einem vertraglich begründeten Pfandrecht, einer Pfändung.

1. Sicherungsabtretung 278 Bei einer Sicherungsabtretung tritt der Zedent – der Sicherungsgeber – dem Zessio-

nar – dem Sicherungsnehmer – zur Sicherung von Forderungen des Zessionars gegen den Zedenten die volle Gläubigerstellung ab.279 Im Außenverhältnis zum Drittschuldner erlangt der Zessionar alle Gläubigerrechte.

a) Interne Teilung 279 Im VersAusgl kann ein sicherungshalber abgetretenes Anrecht intern ausgeglichen werden.280 Insbesondere fehlt es nicht an der Ausgleichsreife nach § 19 VersAusglG. Die Sicherungsabtretung stellt das verfestigte Anrecht gegenüber dem VT nicht in Frage, da ein hierdurch gesichertes Darlehen bspw. weder durch den Darlehensnehmer noch in anderer Weise getilgt werden kann.281 Auch kann ein bestehendes Bezugsrecht insgesamt nicht widerrufen werden, soweit die AP Versicherungsnehmerin oder unwiderruflich bezugsberechtigt ist. Vielmehr wird lediglich ein Rangrücktritt gegenüber dem Zessionar bewirkt.282 Die Verminderung des Sicherungsguts durch den Abzug der Teilungskosten283 muss der Sicherungsnehmer hinnehmen.284 3 Praxistipp In der Beschlussformel285 – und nicht nur in der Begründung des Beschlusses – ist auszusprechen, dass der Anspruch aus der Sicherungsvereinbarung auf Rückgewähr des Bezugsrechts auf beide Ehegatten als Mitgläubiger übertragen wird.286 Damit wird die Voraussetzung bei der internen Teilung nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 VersAusglG erfüllt, dass für die AB ein entsprechend gesichertes Anrechts begründet werden muss. Dagegen muss das bestehende Sicherungsrecht als solches nicht in der Beschlussformel erwähnt werden.

_____ 279 Jauernig/Stürner, § 398 BGB Rn. 14, auch zum Folgenden. 280 BGH, Beschl. v. 7.8.2013 – XII ZB 673/12 – FamRZ 2013, 1715, Leitsatz 1 und II 2 b), entschieden für ein Anrecht aus einer privaten Altersvorsorge. 281 BGH, Beschl. v. 7.8.2013 – XII ZB 673/12 – FamRZ 2013, 1715, II 2 a). 282 BGH, Beschl. v. 7.8.2013 – XII ZB 673/12 – FamRZ 2013, 1715, II 2 b). 283 Vgl. Rn. 81 ff. 284 BGH, Beschl. v. 7.8.2013 – XII ZB 673/12 – FamRZ 2013, 1715, II 2 d). 285 Vgl. Rn. 180 f. 286 BGH, Beschl. v. 7.8.2013 – XII ZB 673/12 – FamRZ 2013, 1715, Leitsatz 2 und II 2 c), auch zum Folgenden.

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F. Sonderfälle

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Fettnapf 3 Der Sicherungsnehmer muss – ebenso wenig wie bei einer rechtsgeschäftlichen Übertragung eines nachrangigen Bezugsrechts und des Sicherheitsrückgewähranspruchs – weder der Teilung zustimmen noch muss er am Verfahren über den VersAusgl beteiligt werden.287

b) Externe Teilung Extern kann ein sicherungshalber abgetretenes Anrecht nicht ausgeglichen 280 werden.288 Bei der externen Teilung zahlt der VT der AP den Ausgleichswert als Kapitalbetrag an den von der AB gewählten VT. Durch die Auszahlung eines Teils des sicherungshalber abgetretenen Kapitals würde die AP gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen aus der Sicherungsabrede verstoßen. Gleichzeitig würde in die Rechte des Sicherungsnehmers eingegriffen werden, denn er verlöre den vom Ausgleich betroffenen Teil seiner Sicherung.

2. Vertraglich begründetes Pfandrecht Das Pfandrecht gewährt dem Berechtigten ein dingliches Verwertungsrecht, um sich 281 für seine pfandgesicherte Forderung aus dem Pfand zu befriedigen.289

a) Interne Teilung Im VersAusgl kann ein Anrecht intern ausgeglichen werden, an dem vertrag- 282 lich ein Pfandrecht begründet wurde.290 Die vorstehend beschriebenen Grundsätze für die Sicherungsabtretung gelten für das vertraglich begründete Pfandrecht insoweit entsprechend. Dabei sind aber die Unterschiede zwischen Sicherungsabtretung und Pfandrecht zu berücksichtigen.291 Durch die Bestellung eines Pfandrechts am Anrecht der AP verliert diese nicht endgültig ihre Rechte aus dem Versicherungsvertrag.292 Da schon eine Sicherungsabtretung nicht dazu führt, dass eine interne Teilung ausgeschlossen ist, muss dies erst Recht gelten, wenn der Sicherungsgeber dinglicher Inhaber des Anrechts bleibt und lediglich ein vertragli-

_____ 287 BGH, Beschl. v. 7.8.2013 – XII ZB 673/12 – FamRZ 2013, 1715, II 2 c). 288 OLG Oldenburg, Beschl. v. 23.4.2014 – 13 UF 27/13 – FamRZ 2014, 1370, Leitsatz und II m.w.N., entschieden für ein Anrecht aus einer privaten Altersvorsorge, auch zum Folgenden; ebenso Johannsen/Henrich/Holzwarth, Familienrecht, § 2 VersAusglG Rn. 12. 289 Jauernig/Berger, § 1204 BGB Rn. 1. 290 OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.3.2017 – 2 UF 269/16 – n.v., II. 291 OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.3.2017 – 2 UF 269/16 – n.v., II. 292 OLG Hamm, Beschl. v. 2.9.2015 – II-13 UF 119/09, 13 UF 119/09 – FamRZ 2016, 561, 3 e) cc), entschieden für das vor Inkrafttreten des VersAusglG geltende Recht.

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

ches Anrecht begründet wird.293 Im Gegensatz zur Sicherungsabtretung wird die AB aufgrund der internen Teilung unmittelbare Inhaberin des geteilten (mit dem Pfandrecht belasteten) Anrechts. 3 Praxistipp Anders als bei der Sicherungsabtretung muss in der Beschlussformel nicht ausgesprochen werden, dass der Anspruch aus der Sicherungsvereinbarung auf Rückgewähr des Bezugsrechts auf beide Ehegatten als Mitgläubiger übertragen wird.294 Das folgt aus der Akzessorietät des Pfandrechts, nach der es automatisch mit dem Untergang der zu sichernden Forderung erlischt, § 1251 BGB. Wie bei der Sicherungsabtretung muss das bestehende Sicherungsrecht als solches nicht in der Beschlussformel erwähnt werden. Ebenso wenig ist der Pfandgläubiger am Verfahren zu beteiligen.

b) Externe Teilung 283 Ob ein mit einem vertraglich begründeten Pfandrecht belastetes Anrecht extern ge-

teilt werden kann, wurde unseres Wissens nach bisher nicht höhergerichtlich entschieden.

3. Pfändung 284 Im Falle einer Pfändung kommt es zur Beschlagnahme (Verstrickung) des An-

rechts.295 Gleichzeitig wird ein Pfändungspfandrecht begründet, § 804 ZPO.

a) Interne Teilung 285 Ob ein gepfändetes Anrecht intern geteilt werden kann, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten.296 Zwar steht ein gepfändetes und zur Einziehung überwiesenes Anrecht rechtlich 286 und wirtschaftlich der AP zu, solange die Verwertung nicht tatsächlich erfolgt ist, und unterliegt damit grundsätzlich dem VersAusgl.297 Ob jedoch ein gepfändetes Anrecht intern geteilt werden kann und es damit wie ein Anrecht zu behandeln ist, das zur Sicherheit abgetreten oder an dem ein vertragliches Pfandrecht bestellt wurde, wurde bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden.

_____ 293 OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.3.2017 – 2 UF 269/16 – n.v., II, auch zum Folgenden. 294 OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.3.2017 – 2 UF 269/16 – n.v., II, auch zum Folgenden. 295 Zu den Einzelheiten vgl. MüKo-ZPO/Smid, § 829 ZPO Rn. 42. 296 OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.7.2017 – 7 UF 133/17 – FamRZ 2018, 336, II 2 mit umfassender Darstellung. 297 OLG Stuttgart, Beschl. v. 27.12.2012 – 17 UF 237/12 – FamRZ 2013, 1658, II 3.

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F. Sonderfälle

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b) Externe Teilung Die vorstehenden Ausführungen zur externen Teilung von Anrechten, an denen ein 287 vertragliches Pfandrecht begründet wurde,298 gelten auch bei der externen Teilung von gepfändeten Anrechten.

V. Teilung laufender Leistungen Auch laufende Alters- und Invaliditätsleistungen unterliegen der Teilung im Rah- 288 men des VersAusgl. In beiden Fallkonstellationen treten spezielle Fragestellungen auf.

1. Teilung laufender Altersleistungen Bei der Teilung laufender Altersleistungen werden nach Ehezeitende und Rechts- 289 kraft der Entscheidung über den VersAusgl bereits Rentenzahlungen an die AP erbracht. Es stellt sich die Frage, wie diese im VersAusgl zu berücksichtigen sind, insbesondere ob es durch die Zahlungen zu einer Verminderung des Deckungskapitals der kapitalgedeckten Versorgung kommt. Die zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung über den Vers- 290 Ausgl eingetretene oder noch zu erwartende Barwertminderung des zu teilenden Anrechts ist grundsätzlich im Wege eines gleichmäßigen Abzugs auf beide Ehegatten zu verteilen, indem der Ausgleichswert anhand des noch vorhandenen „(Rest-)Kapitalwerts“ zeitnah zur Entscheidung über den VersAusgl oder vorausschauend auf den Zeitpunkt der mutmaßlichen Rechtskraft ermittelt wird.299 Praxistipp 3 Umsetzungszeitpunkt der internen Teilung ist gemäß § 30 VersAusglG der erste Tag des übernächsten Monats, in dem der VT Kenntnis von der Rechtskraft der Entscheidung erlangt hat.300 Wenn die AP unterhaltspflichtig ist, sollte der Ausgleichswert ins Verhältnis zu dem Vertragsvermögen am Ehezeitende gesetzt werden, so dass sich ein prozentualer Anteil am Vertragsvermögen ergibt. Der auszugleichende Wert zum Zeitpunkt der Teilung ergibt sich aus der Anwendung des prozentualen Anteils auf das Vertragsvermögen zum Zeitpunkt der Umsetzung.

_____ 298 Vgl. auch Rn. 283. 299 BGH, Beschl. v. 17.2.2016 – XII ZB 447/13 – FamRZ, 2016, 775, II 2 c) dd) m.w.N; BGH, Beschl. v. 1.8.2018 – XII ZB 159/18 – FamRZ, 2018, 1816, II 2 b), auch zum hinausgeschobenen Bewertungszeitpunkt. 300 Vgl. Rn. 21.

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

5 Beispiel Zum Ehezeitende 31.1.2015 beträgt das Deckungskapital inklusive Überschüsse/der Barwert der Verpflichtung 100.000 €. Der Ehezeitanteil beläuft sich auf 80.000 €, das auszugleichende Anrecht somit auf 40.000 €. Mit Rechtskraft am 15.3.2018 richtet der VT zum 1.5.2018 die neue Versicherung ein. Das Deckungskapital inklusive Überschüsse/Barwert beträgt zum 1.5.2018 80.000 €, somit 80% vom Wert zum Ehezeitende (100.000 €). Bei der AB wird eine Versicherung mit einem Ausgleichswert von 32.000 € (80% von 40.000 €) eingerichtet. 291 Allerdings kann es bei dieser Vorgehensweise zu nicht nur unerheblichen Beein-

trächtigung des Halbteilungsgrundsatzes kommen.301 Ob dies der Fall ist, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Bspw. kann die AP gänzlich vom Differenzwert zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung über den VersAusgl ausgeschlossen sein, wenn sich die zwischenzeitlich ausgezahlte Rente nicht zu ihren Gunsten auf einen Trennungsunterhalt oder nachehelichen Unterhalt ausgewirkt hat. Hier kann der Halbteilungsgedanke ggf. dadurch verwirklicht werden, dass Anrechte der AB, die in umgekehrter Richtung auszugleichen wären, ganz oder teilweise gemäß § 27 VersAusglG vom VersAusgl ausgenommen werden. 3 Praxistipp Da sich in der Praxis kaum ein FamG darauf einlassen wird, dem VT einen Zeitpunkt für die mutmaßliche Rechtskraft der Entscheidung mitzuteilen, wird der VT zeitnah zur Entscheidung über den VersAusgl mindestens ein weiteres Mal eine Neuberechnung für den Teilungsvorschlag vornehmen müssen. Diese höchstrichterliche Rechtsprechung kann unseres Erachtens in bestimmten Konstellationen eine komplizierte Einzelfallbetrachtung für die Praxis zur Folge haben.

3 Fettnapf Soweit das FamG den Bewertungszeitpunkt – wie vorstehend beschrieben – auf den Zeitpunkt der mutmaßlichen Rechtskraft der Entscheidung hinausschiebt, muss es das auch mit dem Wirkungszeitpunkt tun.302 Dem ist dadurch Rechnung zu tragen, dass die interne Teilung des Anrechts mit Bezug auf das Datum der zugrundeliegenden Wertbemessung ausgesprochen wird. Maßgeblich ist also der Ausgleichswert zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Rechtskraft der Entscheidung und nicht der zum Zeitpunkt des Ehezeitendes.

_____ 301 BGH, Beschl. v. 17.2.2016 – XII ZB 447/13 – FamRZ, 2016, 775, II 2 c) dd), auch zum Folgenden. 302 BGH, Beschl. v. 1.8.2018 – XII ZB 159/18 – FamRZ, 2018, 1816, II 2 b) bb), auch zum Folgenden.

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F. Sonderfälle

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2. Teilung laufender Invaliditätsleistungen Für den Fall, dass die AP eine laufende Invaliditätsleistung erhält, sieht das Gesetz 292 für die private Altersvorsorge eine besondere Regelung in § 28 VersAusglG vor. Danach ist ein Anrecht wegen Invalidität nur auszugleichen, wenn der Versicherungsfall in der Ehezeit eingetreten ist und die AB am Ende der Ehezeit eine laufende Versorgung wegen Invalidität bezieht oder die gesundheitlichen Voraussetzungen dafür erfüllt. Die naheliegende Möglichkeit einer direkten oder zumindest analogen Anwen- 293 dung von § 28 VersAusglG hat die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht ergriffen.303 Allerdings sei dieser Vorschrift „ein allgemeiner und über den Bereich der Privatvorsorge hinausgreifender Rechtsgedanke dahingehend zu entnehmen, dass die Einbeziehung einer laufenden Invaliditätsrente in den VersAusgl grundsätzlich unbillig erscheint, wenn und soweit der ungekürzte Ausgleich dazu führt, dass dem ausgleichsberechtigten Ehegatten bei eigener fortbestehender Erwerbsfähigkeit der gesamte Ausgleichswert vollständig für die Altersversorgung zur Verfügung steht, während das bei der ausgleichspflichtigen Person verbleibende Anrecht (auch) die Zeit seiner Invalidität bis zum Erreichen der Altersgrenze mit abdecken muss; dieser Rechtsgedanke ist bei der Abwägung nach § 27 VersAusglG in besonderem Maße zu berücksichtigen.“304 Praxistipp 3 Wie bei der Teilung laufender Altersleistung führt diese höchstrichterliche Rechtsprechung unseres Erachtens auch hier zu einer komplizierten Einzelfallbetrachtung für die Praxis. Um dem FamG die Abwägung seiner Entscheidungsmöglichkeiten zu erleichtern, empfiehlt es sich, ihm gleich zwei Auskünfte an die Hand zu geben: eine mit einem Teilungsvorschlag zum Eheende, der beim Ausgleichswert auf den Kapitalwert der laufenden Invaliditätsleistung abstellt, und eine andere, die den fiktiven Kapitalwert ausweist, der sich ohne den Eintritt einer Invalidität ergeben hätte.305

VI. Reine Beitragszusage Durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz wurde das BetrAVG um eine weiteren Zu- 294 sageart, die reine Beitragszusage gem. § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG, ergänzt.306 Die Teilung von Anrechten aus reinen Beitragszusagen kann anhand der gel- 295 tenden gesetzlichen Regelungen, konkretisiert durch die Rechtsprechung, vorge-

_____ 303 BGH, Beschl. v. 21.6.2017 – XII ZB 636/13 – FamRZ, 2017, 1749, Leitsatz 1. 304 BGH, Beschl. v. 21.6.2017 – XII ZB 636/13 – FamRZ, 2017, 1749, Leitsatz 2 und Beschl. v. 16.8.2017 – XII ZB 21/17 – FamRZ 2017, 1914, Leitsatz 2. 305 Vgl. Raupers/Müthel, BetrAV 2019, 544. 306 Zur Beitragszusage allgemein vgl. Kap. 1 Rn. 523 ff.

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880

Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

nommen werden.307 Dabei kommt es auf die Ausgestaltung der Versorgung im Einzelnen an.308

G. Steuerrecht G. Steuerrecht 296 Im Steuerrecht ist zwischen der Besteuerung bei den Eheleuten und der Besteuerung beim VT zu unterscheiden.

I. Besteuerung bei den Eheleuten 297 Aus Sicht der Eheleute ist wiederum zwischen interner und externer Teilung zu dif-

ferenzieren.309

1. Interne Teilung 298 Bei der internen Teilung ergeben sich für die betroffenen Personen im Zeitpunkt des

VersAusgl keine belastenden steuerlichen Konsequenzen.310

a) Besteuerung zum Teilungszeitpunkt 299 Die interne Teilung ist im Teilungszeitpunkt sowohl für die AP als auch für die AB steuerfrei, § 3 Nr. 55a S. 1 EStG.

b) Besteuerung in der Leistungsphase 300 Die Leistungen aus dem Anrecht, das auf die AB durch interne Teilung übertragen

wurde, werden bei ihr grundsätzlich so wie die Leistungen besteuert, die die AP aus dem geteilten Anrecht erhält, § 3 Nr. 55a S. 2 EStG. Für die Besteuerung der Leistungen aus dem Anrecht, das bei der AP verbleibt, 301 ändert sich durch die interne Teilung nichts.

_____ 307 Hufer/Karst, BetrAV 2017, 562, 567. 308 Hufer/Karst, BetrAV 2017, 562, 563 ff. 309 BMF v. 21.12.2017 – IV C 3 – S 2015/17/10001 :005, 2017/1067450, BStBl. I 2018 S. 93, mit weiteren Einzelheiten. 310 BT-Drucks. 16/10144, S. 108 re. Sp.

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G. Steuerrecht

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2. Externe Teilung a) Besteuerung zum Teilungszeitpunkt aa) Darstellung der steuerlichen Systematik Anders als bei der internen Teilung ist die Systematik der Besteuerung bei der 302 externen Teilung komplizierter. Da es nicht vorgegeben ist, welche Zielversorgung die AB wählt, kann es durch die externe Teilung zu einer Änderung in der Besteuerung kommen, bspw. von einem Wechsel von vor- zu nachgelagerter Besteuerung311 oder umgekehrt. Der Gesetzgeber möchte aber grundsätzlich Steuerausfälle durch externe Teilung vermeiden und hat daher folgende Systematik vorgegeben: ■ Grundsätzlich besteht zum Teilungszeitpunkt Steuerfreiheit bei externer Teilung, soweit die Anrechte der AB zu steuerpflichtigen Einkünften nach den §§ 19, 20 oder 22 EStG führen würden, § 3 Nr. 55b S. 1 EStG; in diesem Fall kommt es zu keinen Steuerausfällen beim Staat, denn die Leistung wird von der AB vollständig versteuert. ■ Ausnahmsweise gilt der vorstehende Grundsatz nicht – und damit ist die externe Teilung ein im Teilungszeitpunkt steuerpflichtiger Vorgang –, soweit Leistungen, die auf dem begründeten Anrecht beruhen, bei der AB zu Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 oder § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG führen würden, § 3 Nr. 55b S. 2 EStG. Zwar kommt es in diesen Fällen zu einer Besteuerung. Allerdings werden nur Erträge und nicht die gesamte Leistung bei der AB besteuert. Hier kann es zu Steuerausfällen für den Staat bei externer Teilung von Anrechten auf bAV kommen. Gleiches gilt für Anrechte, bei denen eine Förderung nach § 10a und Abschnitt XI EStG312 vorliegt. In beiden Fällen werden die Leistungen beim Versorgungsberechtigten normaler Weise voll besteuert. Fettnapf 3 Soweit keine Steuerfreiheit bei externer Teilung im Zeitpunkt der Teilung besteht, kommt es immer nur zu negativen steuerlichen Auswirkungen bei der AB und nicht bei der AP. ■

Die Zahlung des Kapitalbetrags darf nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen313 oder zu einer schädlichen Verwendung bei der AP führen, § 15 Abs. 3 VersAusglG; dies gilt nicht, wenn die AP der Wahl der Zielversorgung zustimmt.314

_____ 311 Zu vor- und nachgelagerter Besteuerung vgl. Kap. 2 Rn. 124 ff. und 130 ff. 312 Altersvorsorgeverträge, umgangssprachlich „Riester“-Verträge genannt. 313 Vgl. Rn. 91. 314 Vgl. Rn. 91.

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

bb) Fälle externer Teilung, die steuerlich negative Folgen für die Eheleute haben 303 Im Folgenden werden abschließend alle externen Teilungsvorgänge dargestellt,

die negative Folgen für die AP und/oder die AB haben und daher vermieden werden sollten. Dabei wird stets ein Anrecht aus einer bAV geteilt. Im Umkehrschluss resultieren in allen anderen Fällen keine steuerlich negativen Folgen für die Eheleute. 3 Praxistipp An dieser Stelle sind Berater und VT besonders gefragt, achtsam zu sein. Die Eheleute überblicken meist nicht, welche steuerlichen Folgen die externe Teilung nach sich zieht. Auch achten nicht alle FamG darauf. Daher sollte die AB die Auswahl der Zielversorgung nicht allein vornehmen. ■

3

Zu teilendes Anrecht der AP in den Durchführungswegen Direktzusage und Unterstützungskasse Anrecht der AP

Zielversorgung: Anrecht der AB

Direktzusage oder Unterstützungskasse

private Altersvorsorge

Steuerliche Folge im Zeitpunkt der externen Teilung steuerpflichtige Einnahme bei der AP

Praxistipp Eine – ggf. vorgenommene – Teilung einer Rückdeckungsversicherung, die zur Finanzierung der Direktzusage oder Unterstützungskassenversorgung abgeschlossen wurde, ist für AP und AB steuerlich neutral. Versicherungsnehmereigenschaft und Bezugsberechtigung liegen bei Arbeitgeber und Unterstützungskasse. ■

Zu teilendes Anrecht der AP in den versicherungsförmigen Durchführungswegen ■ Steuerliche Behandlung der Beiträge und Zuwendungen nach § 3 Nr. 63 EStG Anrecht der AP

Zielversorgung: Anrecht der AB

Direktversicherung oder Pensionskasse

private Altersvorsorge



Steuerliche Folge im Zeitpunkt der externen Teilung steuerpflichtige Einnahme bei der AP

Steuerliche Behandlung der Beiträge und Zuwendungen nach § 10a und Abschnitt XI EStG („Riester“-Verträge)

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G. Steuerrecht

Anrecht der AP Direktversicherung oder Pensionskasse

Direktversicherung oder Pensionskasse

Direktversicherung oder Pensionskasse Direktversicherung oder Pensionskasse

Zielversorgung: Anrecht der AB Direktversicherung oder Pensionskasse mit Behandlung der Beiträge/Zuwendungen nach § 40b EStG a.F. kapitalgedeckte Altersversorgung mit Behandlung der Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa EStG316 Direktzusage

Unterstützungskasse

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Steuerliche Folge im Zeitpunkt der externen Teilung keine steuerpflichtige Einnahme bei der AP, aber schädliche Verwendung nach § 93 EStG315 keine steuerpflichtige Einnahme bei der AP, aber schädliche Verwendung nach § 93 EStG

keine steuerpflichtige Einnahme bei der AP, aber schädliche Verwendung nach § 93 EStG keine steuerpflichtige Einnahme bei der AP, aber schädliche Verwendung nach § 93 EStG

cc) Informationspflichten des Versorgungsträgers Der VT der AP hat den VT der AB über die für die Besteuerung der Leistungen 304 erforderlichen Grundlagen zu informieren, § 3 Nr. 55b S. 3 EStG. Dadurch soll die sachgerechte Erfassung, Dokumentation und Mitteilung der steuerlich zu erfassenden Leistungen für die AB sichergestellt werden.317 Die Informationspflicht des VT der AP besteht nicht, wenn der VT der AB die Grundlagen bereits kennt oder aus den bei ihm vorhandenen Daten feststellen kann und dieser Umstand dem VT der AP mitgeteilt worden ist, § 3 Nr. 55b S. 4 EStG. In diesem Fall wäre die Information des VT der AP überflüssig.318

b) Besteuerung in der Leistungsphase Die Besteuerung der später zufließenden Leistungen erfolgt bei jedem Ehegatten 305 unabhängig davon, zu welchen Einkünften die Leistungen beim jeweils anderen Ehegatten führen. Die Besteuerung der Leistungen richtet sich danach, aus welchem Versorgungssystem sie jeweils gezahlt werden.319

_____ 315 Vgl. hierzu Kap. 2 Rn. 156. 316 umgangssprachlich „Basisrenten“- oder „Rürup“-Verträge genannt. 317 BT-Drucks. 16/10144, S. 109 li. Sp. 318 BT-Drucks. 16/10144, S. 109 li. Sp. 319 BMF v. 21.12.2017 – IV C 3 – S 2015/17/10001 :005, 2017/1067450, BStBl. I 2018 S. 93, Rn. 318.

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

5 Beispiel So werden Leistungen, die die AB aufgrund einer internen oder externen Teilung später aus einer Direktzusage oder von einer Unterstützungskasse erhält, als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG voll besteuert. Leistungen, die die AB aus einer Direktversicherung erhält, bei denen die Beiträge nach § 3 Nr. 63 EStG behandelt wurden, werden ebenfalls voll besteuert, und zwar als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG.

3. Ausgleichsansprüche nach Scheidung 306 Da es bei den Ausgleichsansprüchen nach Scheidung zu keiner Teilung im Schei-

dungszeitpunkt kommt, interessiert hier allein die steuerliche Behandlung zum Leistungszeitpunkt.

a) Steuerliche Behandlung bei der ausgleichspflichtigen Person 307 Für die AP sind bestimmte Zahlungen an die AB als Sonderausgaben steuerlich abzugsfähig. Hierzu gehören ■ Ausgleichszahlungen zur Vermeidung eines VersAusgl, § 10 Abs. 1a Nr. 3 EStG: ■ Ausschluss eines VersAusgl durch Vereinbarung nach § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VersAusglG320 und ■ Abfindung von Ausgleichsansprüchen nach Scheidung nach § 23 VersAusglG321 sowie ■ Ausgleichszahlungen im Rahmen des VersAusgl, § 10 Abs. 1a Nr. 4 EStG: ■ schuldrechtliche Ausgleichsrente nach § 20 VersAusglG,322 ■ Abtretung nach § 21 VersAusglG323 und ■ Ausgleich von Kapitalzahlungen nach § 22 VersAusglG.324

b) Steuerliche Behandlung bei der ausgleichsberechtigten Person 308 Bei der AB sind die vorstehend325 genannten Zahlungen nach § 22 Nr. 1a EStG voll

zu versteuern.

_____ 320 Vgl. Rn. 65 f. 321 Vgl. Rn. 113 ff. 322 Vgl. Rn. 101 ff. 323 Vgl. Rn. 108 ff. 324 Vgl. Rn. 111. 325 Vgl. Rn. 307.

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G. Steuerrecht

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II. Besteuerung bei den VT Darüber hinaus zieht der VersAusgl steuerliche Folgen bei den Versorgungsträ- 309 gern nach sich. Betrachtet werden hier die Folgen in den Durchführungswegen (kongruent rückgedeckte) Unterstützungskasse und Direktzusage bei interner und externer Teilung.

1. Kongruent rückgedeckte Unterstützungskasse Im Durchführungsweg Unterstützungskasse ist wiederum zwischen den Auswir- 310 kungen beim Trägerunternehmen – dem Arbeitgeber – und denen beim VT Unterstützungskasse zu unterscheiden.

a) Auswirkungen beim Trägerunternehmen aa) Interne Teilung Bei kongruent rückgedeckten Unterstützungskassen kann der zur vollständigen Ab- 311 deckung des Anrechtes der AB erforderliche Betrag bei interner Teilung steuerunschädlich aus dem für die AP angesammelten Kassenvermögen entnommen und als Einmalbetrag beim gleichen Versicherungsunternehmen übertragen werden.326 Eine dadurch entstehende Finanzierungslücke beim Anrecht der AP kann 312 durch der Höhe nach gleich bleibende oder steigende laufende Beiträge i. S. v. § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 Buchst. c S. 2 EStG ausgeglichen werden. Entsprechende Nachschüsse des Trägerunternehmens sind nur steuerunschädlich, soweit auf das Deckungskapital der bestehenden Rückdeckungsversicherung zurückgegriffen wird, die für die Anrechte der AP bereits abgeschlossen wurde.

bb) Externe Teilung Bei der externen Teilung ist in Bezug auf die steuerlichen Auswirkungen beim Trä- 313 gerunternehmen danach zu differenzieren, ob es sich bei der Unterstützungskassenversorgung um die der AP handelt oder die der AB, also den Zielversorgungsträger. Die Zuwendung des Trägerunternehmens der AP in Höhe des Betrages, den 314 die Unterstützungskasse im Rahmen des VersAusgl an den anderen VT zahlt, ist nach § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d EStG als Betriebsausgabe beim Trägerunternehmen abzugsfähig; dabei sind die Regelungen des § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 ff. EStG zum Kassenvermögen zu beachten.327

_____ 326 BMF v. 12.11.2010 – IV C 6 – S 2144-c/07/10001, BetrAV 2010, 753, Rn. 5 f., auch zum Folgenden. 327 BMF v. 12.11.2010 – IV C 6 – S 2144-c/07/10001, BetrAV 2010, 753, Rn. 3.

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315

Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

Ist die Unterstützungskasse dagegen Zielversorgungsträger, gibt es keine entsprechende Verlautbarung der Finanzverwaltung. Für das Trägerunternehmen der AB besteht, soweit der Ausgleichswert einer bereits bestehende Unterstützungskassenversorgung zugewendet werden soll, das Risiko, dass dies als Einmalbeitrag gesehen und folglich die Betriebsausgabenabzugsfähigkeit künftiger Zuwendungen gefährdet wird.

3 Praxistipp Das Trägerunternehmen der AP sollte eine verbindliche Auskunft bei seinem Betriebsstättenfinanzamt einholen, um Rechtssicherheit herzustellen. Für die steuerliche Unschädlichkeit der Zuwendung des Ausgleichswerts spricht u.E. die Auffassung der Finanzverwaltung zum Betriebsausgabenabzug beim Trägerunternehmen der AP.328 Ein weiteres Argument ist, dass die Übertragung des Anrechts auf einem rechtsgestaltenden Beschluss des FamG basiert und nicht auf einem rechtsgeschäftlichen Vorgang, so dass insoweit eine steuerlich missbräuchliche Gestaltung nicht vorliegen kann.

b) Auswirkungen bei der Unterstützungskasse aa) Interne Teilung 316 Im Rahmen einer internen Teilung sollte es zu keinen Auswirkungen bei der Un-

terstützungskasse kommen. Die Verpflichtung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c KStG, dass die ausschließliche und unmittelbare Verwendung des Vermögens und der Einkünfte der Kasse nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung für die Zwecke der Kasse dauernd gesichert ist (sog. Vermögensbindungspflicht),329 wird dabei regelmäßig eingehalten sein, da sich die Übertragung des Anrechts innerhalb der Unterstützungskasse vollzieht und auf einem rechtsgestaltenden Beschluss des FamG basiert.

bb) Externe Teilung 317 Wie bei den steuerlichen Auswirkungen beim Trägerunternehmen sind auch hier die steuerlichen Auswirkungen bei der Unterstützungskasse der AP und die bei der Unterstützungskasse der AB als Zielversorgung getrennt zu beurteilen. Durch eine Vermögensübertragung verstößt die Unterstützungskasse der AP 318 nicht gegen ihre Vermögensbindungspflicht (dauerhafte Zweckbindung) nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c KStG.330

_____ 328 BMF v. 12.11.2010 – IV C 6 – S 2144-c/07/10001, BetrAV 2010, 753, Rn. 3. 329 Zur Vermögensbindungspflicht, auch „Zweckbindung“ genannt, vgl. Kap. 2 Rn. 181. 330 BMF v. 31.8.2010 – IV C 2 – S 2723/07/10001, BetrAV 2010, 662, Nr. 1.

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H. Sozialversicherungsrecht

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In Bezug auf die steuerlichen Auswirkungen der Unterstützungskasse der AB 319 als Zielversorgungsträger gilt das für diesen Fall zum Trägerunternehmen Geschriebene.331

2. Direktzusage Beim Arbeitgeber als VT einer Direktzusage ist das verbleibende Versorgungs- 320 anrecht der AP vor Beendigung des Dienstverhältnisses mit dem Teilwert nach § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 EStG auf Basis des geminderten Pensionsanrechtes zu passivieren.332 Dies wird sowohl für die interne wie auch die externe Teilung gelten. Bei der internen Teilung ist das Anrecht der AB nach § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 2 und 321 S. 3 EStG mit dem Barwert des durch den VersAusgl begründeten Anrechtes auf künftige Pensionsleistungen zu bewerten.333 Bei externer Teilung wird dies von der Situation beim VT der AB als Zielver- 322 sorgung abhängen.334

H. Sozialversicherungsrecht H. Sozialversicherungsrecht Im Sozialversicherungsrecht ist zwischen der internen und der externen Teilung 323 einerseits sowie den Ausgleichsansprüchen nach Scheidung – insbesondere der schuldrechtlichen Ausgleichsrente und der Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung – andererseits zu unterscheiden.335

I. Interne Teilung Zum Teilungszeitpunkt löst der Vorgang der Übertragung eines Ausgleichswerts 324 für die AB zulasten des Anrechts der AP innerhalb eines VT bei der internen Teilung für beide Eheleute keine beitragsrechtlichen Konsequenzen aus, unabhängig davon, in welchem Versorgungssystem der jeweilige Ausgleich stattfindet.336 In der Leistungsphase werden die Versorgungsleistungen der AB grund- 325 sätzlich sozialversicherungsrechtlich so wie die Leistungen behandelt, die die AP

_____ 331 Vgl. Rn. 315, Praxistipp. 332 BMF v. 12.11.2010 – IV C 6 – S 2144-c/07/10001, BetrAV 2010, 753, 754, Rn. 10. 333 BMF v. 12.11.2010 – IV C 6 – S 2144-c/07/10001, BetrAV 2010, 753, 754, Rn. 11. 334 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 2 Rn. 484 f. 335 GKV Spitzenverband, v. 15.12.2009, Anlage zu Top 1, BetrAV 2010, 563, 565. 336 GKV Spitzenverband, v. 15.12.2009, Top 1, BetrAV 2010, 563, 564, 1.1.

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Kapitel 11 Versorgungsausgleich in der bAV

aus dem geteilten Anrecht erhält.337 Für die späteren – aufgrund des VersAusgl geminderten – Versorgungsleistungen der AP gelten beitragsrechtlich keine Besonderheiten. Die Regelung in der Sozialversicherung entspricht damit der im Steuerrecht.338

II. Externe Teilung 326 Zum Teilungszeitpunkt gilt bei der externen Teilung Entsprechendes: Sowohl für

die AP als auch für die AB erfolgt die Teilung bzw. Übertragung der Anrechte – anders als im Steuerrecht – beitragsrechtlich stets neutral.339 In der Leistungsphase ist die Art der Versorgung des VT der AB maßgeblich.340 327 Für die AP gelten beitragsrechtlich keine Besonderheiten.

III. Ausgleichsansprüche nach Scheidung 1. Schuldrechtliche Ausgleichszahlungen und Abfindungen 328 Die schuldrechtlichen Ausgleichszahlungen wirken sich nicht mindernd auf die

beitragspflichtigen Einnahmen der AP aus; dies gilt auch, wenn die Leistung aufgrund einer Abtretung direkt durch den VT gezahlt wird.341 Die auf den Ausgleichswert entfallenden Sozialversicherungsbeiträge oder vergleichbare Aufwendungen werden jedoch abgezogen (sog. Nettoprinzip), § 20 Abs. 1 S. 2 VersAusglG; die AB erhält eine entsprechend gekürzte Leistung.

2. Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung 329 Bei der Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung dürften sich grundsätzlich die

üblichen beitragsrechtlichen Folgen der Zahlung bzw. des Anspruchs einer bzw. auf eine Hinterbliebenenrente oder der Zahlung einer Hinterbliebenenversorgung ergeben.342

_____ 337 GKV Spitzenverband, v. 15.12.2009, Top 1, BetrAV 2010, 563, 564, 1.2, auch zum Folgenden. 338 Vgl. zum Letzteren Rn. 296 ff. 339 GKV Spitzenverband, v. 15.12.2009, Top 1, BetrAV 2010, 563, 564, 2.1. 340 GKV Spitzenverband, v. 15.12.2009, Top 1, BetrAV 2010, 563, 564 ff., 2.2, auch zum Folgenden. 341 GKV Spitzenverband, v. 15.12.2009, Top 1, BetrAV 2010, 563, 566, 3, auch zum Folgenden. 342 GKV Spitzenverband, v. 15.12.2009, Top 1, BetrAV 2010, 563, 566, 4.

Lange/Witthöft

A. Verwaltung einer Direktzusage

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Kapitel 12 Verwaltung und Administration der bAV Kapitel 12 Verwaltung und Administration der bAV https://doi.org/10.1515/9783110275247-012

A. Verwaltung einer Direktzusage A. Verwaltung einer Direktzusage Cera

Den größtmöglichen Spielraum bei der Gestaltung der bAV hat der Arbeitgeber, 1 wenn er Versorgungszusagen unmittelbar in Form der Direktzusage erteilt. Die Versorgung wird in der Regel kollektiv einseitig in Form von Gesamtzusagen, zusammen mit den Betriebspartnern in Form von Betriebsvereinbarungen oder gegenüber einzelnen Arbeitnehmern in Form von Einzelzusagen gewährt. Praxistipp 3 Um die getroffenen Regelungen nach der Erteilung noch relativ einfach ändern zu können, bietet es sich bei Versorgungszusagen mit kollektivem Charakter an, eine Betriebsvereinbarung zur Regelung der bAV abzuschließen.

I. Datenerfassung 1. Erforderliche Daten Grundsätzlich muss der Arbeitgeber dafür Sorge tragen, dass alle für die Versor- 2 gungszusage relevanten Daten erhoben bzw. im Personalverwaltungssystem gespeichert werden und verfügbar sind. Die Art der relevanten Daten ist individuell und hängt von der Gestaltung der Versorgungszusage ab. Typischerweise werden jedoch folgende Daten benötigt:

a) Zeitdaten Vor allem traditionelle, leistungsorientierte Versorgungszusagen richten sich oft- 3 mals nach der Zeit, die der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer im Unternehmen verbracht hat (Betriebszugehörigkeit, rentenfähige Dienstzeit, o. ä.). Um diese korrekt ermitteln zu können, werden in der Regel folgende Daten benötigt: ■ Eintrittsdatum ■ Datum der Erteilung der Versorgungszusage (wird zusätzlich zur Bestimmung der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen bzw. als Grundlage für die Insolvenzsicherung benötigt)1 ■ Beginn der anrechenbaren Betriebszugehörigkeit

_____ 1 Vgl. Rn. 17 ff.

Cera https://doi.org/10.1515/9783110275247-012

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Kapitel 12 Verwaltung und Administration der bAV

Abwesenheitsdaten, die die anrechenbare Betriebszugehörigkeit beeinflussen, z. B. Dauerkrankheit, Mutterschutz, Elternzeit (und ggf. zusätzlich gewährter tariflicher Elternurlaub), Streik, unbezahlter Urlaub, Sabbatical etc. Austrittsdatum

3 Praxistipp Oftmals führen Unterbrechungen der anrechenbaren Betriebszugehörigkeit (z. B. durch Dauerkrankheit, Elternzeit/-urlaub, unbezahlten Urlaub, Sabbatical etc.) zu einer Kürzung der anrechenbaren Betriebszugehörigkeit. Die Kürzung wird zur Vereinfachung häufig in Form einer Verschiebung des Beginns der anrechenbaren Betriebszugehörigkeit umgesetzt. Um potentielle Konflikte mit dem Versorgungsberechtigten zum Zeitpunkt des Austritts oder bei Inanspruchnahme der Versorgungsleistungen lösen zu können, sollte jede Veränderung (idealerweise elektronisch) im Personalverwaltungssystem nachgehalten werden. Oftmals liegen Jahrzehnte zwischen dem die anrechenbare Betriebszugehörigkeit beeinflussenden Ereignis und dem Rentenbeginn – eine nachträgliche Rekonstruktion der Änderung nach Aktenlage ist oftmals nur sehr mühsam (wenn überhaupt) möglich.

b) Beschäftigungsgrade 4 Da teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter in der Regel nur entsprechend ihres Beschäfti-

gungsgrades an den Versorgungssystemen teilnehmen, muss dieser (vor allem im Zeitablauf des Beschäftigungsverhältnisses) nachvollziehbar vorgehalten werden. 3 Praxistipp Kaum ein Arbeitgeber wird seine Personalverwaltungs- und Abrechnungssysteme über den gesamten Anwartschafts- bzw. Rentenzahlungszeitraum beibehalten und unverändert lassen. Beim Wechsel des EDV-Systems sollte unbedingt darauf geachtet werden, die historischen Daten elektronisch zu sichern und idealerweise in die neuen Systeme zu integrieren, da sie spätestens beim Erstellen einer Anwartschaftsbescheinigung, bei der Rentenberechnung oder im Falle eines Versorgungsausgleichs auch weit nach Eintritt des Versorgungsfalls, im Höchstfall gar ein Leben lang, relevant werden können.

c) Entgeltdaten 5 Die Mehrzahl der internen Versorgungszusagen orientiert sich bei der Leistungsbemessung in irgendeiner Form an der Höhe des Entgelts. Bei vielen traditionellen Zusagen wird auf das rentenfähige Einkommen bzw. auf rentenfähige Gehaltsbestandteile und bei neueren beitragsorientierten Systemen auf einen prozentualen Anteil am (regelmäßigen) Einkommen oder auf fest definierte Beiträge abgestellt. Unabhängig davon, worauf die Zusage im Detail basiert, müssen die entsprechenden Entgelt- und Abrechnungsdaten vorgehalten und gespeichert werden. Darunter können z. B. folgende Daten fallen: ■ (regelmäßige) Grundvergütung ■ (regelmäßige) Zulagen und Zuschläge Cera

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Umsatz- und Leistungsprämien Boni und Sondervergütungen gezahlte Beiträge, ggf. aufgeteilt nach Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil vermögenswirksame Leistungen Aufstockungsleistungen bei Altersteilzeit

d) Statusdaten Einige Versorgungssysteme sehen für unterschiedliche Mitarbeitergruppen jeweils 6 eigene Versorgungssysteme vor. Dann kann es erforderlich sein, auch folgende Daten vorzuhalten: ■ Status/Hierarchiestufe ■ Ernennungsdatum bzw. Datum des Status-/Stufenwechsels

2. Arbeitnehmerdatenschutz2 Mit der spätestens zum 25.5.2018 umzusetzenden europäischen Datenschutz- 7 grundverordnung und der lokalen Umsetzung im deutschen Bundesdatenschutzgesetz wurde vielen Arbeitgebern vor allem aufgrund des empfindlichen Höchststrafmaßes bei Verstoß (bis zu 20 Mio. € oder 4% des weltweiten Jahresumsatzes) erneut vor Augen geführt, dass Datenschutz und insbesondere der Mitarbeiterdatenschutz ein ernst zu nehmendes Thema ist.

a) Aktive Mitarbeiter Die Verarbeitung von Mitarbeiter- und Gehaltsdaten soll an dieser Stelle nicht 8 weitergehend thematisiert werden. Es sei lediglich darauf hingewiesen, dass Mitarbeiter des Personalbereiches über die Sensibilität der Daten aufgeklärt und entsprechende Verschwiegenheitserklärungen zur vertraulichen Verarbeitung der Daten unterzeichnet werden sollten.

b) Ausgetretene Mitarbeiter und Rentner Auch wenn es sich bei dieser Personengruppe nicht mehr um aktive Mitarbeiter 9 handelt, greifen die gesetzlichen Anforderungen zum Datenschutz natürlich trotzdem. Abgesehen von den selbstverständlichen Grundsätzen ■ der Zweckbindung, ■ der Datenminimierung, ■ der Richtigkeit,

_____ 2 Siehe dazu grundsätzlich Kap. 7.

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der Integrität und Vertraulichkeit, der Rechtmäßigkeit, ■ der Verarbeitung nach Treu und Glauben sowie ■ der Transparenz gegenüber dem Versorgungsberechtigten ist für die Verwaltung der bAV vor allem der Grundsatz der Speicherbegrenzung (oft auch als „Recht auf Löschung“ bezeichnet) von enormer Relevanz.3 Demnach dürfen personenbezogene Daten nur so lange gespeichert werden, wie es für die Zwecke der Verarbeitung erforderlich ist. Sobald die Speicherung personenbezogener Daten für den Verarbeitungszweck nicht mehr erforderlich ist, müssen die personenbezogenen Daten gelöscht werden.4 Alternativ kann auch die Möglichkeit zur Identifizierung der betroffenen Person aufgehoben werden (Anonymisierung oder Pseudonymisierung).5 ■ ■

3 Fettnapf Weder in der Datenschutzgrundverordnung noch im Bundesdatenschutzgesetz werden explizit Ausnahmen für die bAV benannt. Dennoch gelten in der bAV teilweise lebenslange Aufbewahrungsfristen, denn im Falle eines Versorgungsausgleichs im hohen Rentenalter können Daten aus dem Anfang des Arbeitsverhältnisses für die Auskunft an das Familiengericht erforderlich und die Speicherung der Daten deshalb im Sinne und im Interesse des Versorgungsberechtigten sein (z. B. um den Umfang der Entgeltumwandlung außerhalb der Ehezeit nachzuweisen, damit die daraus resultierenden Versorgungsbezüge nicht geteilt werden müssen).6

3 Praxistipp Die Speicherung der Daten ehemaliger Mitarbeiter kann auch dann für den Arbeitgeber relevant sein, wenn keine Ansprüche auf bAV gegenüber dem ehemaligen Mitarbeiter bestehen (z. B. weil die Unverfallbarkeitsfristen gemäß § 1b BetrAVG nicht erfüllt wurden).7 In der Praxis hat es sich bewährt, zumindest rudimentäre Grunddaten wie Personalnummer (oder ein anderes eindeutiges Zuordnungsmerkmal), Name, Geburtsdatum, Eintritts- und Austrittsdatum dauerhaft bzw. bis zum Ende der 30-jährigen Verjährungsfrist zu speichern.8 Dabei ist zu beachten, dass die Verjährungsfrist typischerweise erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze beginnt. Sollte der Mitarbeiter (oder dessen Erben) dann ggf. Jahre später dennoch Ansprüche gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber geltend machen, kann dieser nachweisen, dass keine Ansprüche bestehen.

10 Unabhängig von der grundsätzlichen Notwendigkeit der Aufbewahrung und Spei-

cherung der Daten ist der Arbeitgeber im Hinblick auf den Datenschutz aufgefordert

_____ 3 Vgl. Art. 5 VO (EU) Nr. 2016/679 v. 27.4.2016 (EU-DSGVO). 4 Vgl. Art. 17 Abs. 1 lit. a) VO (EU) Nr. 2016/679 v. 27.4.2016 (EU-DSGVO). 5 Zur Pseudonymisierung siehe § 46 Abs. 5 BDSG, siehe auch Kap. 7 Rn. 10 (Praxistipp). 6 Vgl. Rn. 78 ff. 7 Vgl. Rn. 17 ff. 8 Vgl. Rn. 30.

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und verpflichtet, den Zugriff auf die Daten größtmöglich einzuschränken und nur den Mitarbeitern des Personalbereichs Zugriff auf die Daten zu gestatten, die auch für die Betreuung der bAV verantwortlich sind. Ebenso gilt es, Prozessabläufe lückenlos zu dokumentieren, um auch für den Fall, dass keine personenbezogenen Daten mehr vorhanden sein sollten, gewappnet zu sein. Beispiel 5 Ist systemseitig bzw. prozessual sichergestellt, dass nach Austritt bei Erfüllung der Unverfallbarkeitsvoraussetzungen automatisch eine Anwartschaftsbescheinigung erzeugt und archiviert wird, dann können keine Ansprüche für ehemalige Mitarbeiter bestehen, für die keine entsprechende Bescheinigung archiviert wurde.

II. Dokumentenverwaltung Wie alle arbeitsrechtlich relevanten Dokumente werden auch die Unterlagen zur 11 bAV in der Personalakte abgelegt. Da sie aber anders als die meisten sonstigen Dokumente der Personalakte ihre Wirkung auch weit über das aktive Arbeitsverhältnis hinaus entfalten, sollten sie mit Beginn des Arbeitsverhältnisses separat in einem eigenen Abschnitt der Personalakte abgelegt werden. Damit kann sichergestellt werden, dass sie später bei der Vernichtung der sonstigen Dokumente in der Akte leicht zur weiteren Aufbewahrung separiert werden können.

1. Austritt aus dem Unternehmen oder Eintritt des Versorgungsfalles Die Personalakte wird grundsätzlich nur für aktive Mitarbeiter geführt. Nach dem 12 Austritt aus dem Unternehmen wird sie in der Regel für sechs bis zehn Jahre aufbewahrt und anschließend vernichtet.9 Die Dokumente für die bAV bleiben aber auch nach dem Austritt aus dem Unternehmen relevant. Hat der Mitarbeiter eine unverfallbare Anwartschaft erworben, dann muss spätestens mit Austritt des Mitarbeiters sichergestellt werden, dass die für die Altersversorgung relevanten Dokumente gesondert abgelegt und nicht nach den sonstigen Aufbewahrungsfristen vernichtet werden. In der Praxis werden sie häufig in größeren Unternehmen an die interne Verwaltungsstelle für bAV oder das Service Center für die Betriebsrentner weitergegeben.

_____ 9 Vgl. § 147 Abs. 3 AO i. V. m. § 147 Abs. 1 Nr. 1, 4 und 4 a) AO sowie § 257 Abs. 4 HGB und § 28f Abs. 1 SGB IV.

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2. Relevante Dokumente 13 Zu den für die bAV relevanten Dokumenten gehören sämtliche Unterlagen, die im

Zusammenhang mit der Versorgungszusage stehen und zur Berechnung der Höhe der Versorgungsleistung benötigt werden. In Abhängigkeit von der Ausgestaltung der Versorgungszusage können das z. B. sein: ■ Versorgungszusage und Änderungen/Ergänzungen der Versorgungszusage ■ Anträge für die Versorgungszusage (z. B. bei Entgeltumwandlung) ■ Veränderungen des Beschäftigungsgrades, des Entgelts oder des Status (bei statusabhängigen Versorgungszusagen) ■ Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses ■ Vereinbarungen zur Übernahme der Versorgungszusage von einem Vorarbeitgeber ■ Vereinbarungen zur Anerkennung von abweichender Betriebszugehörigkeit 3 Praxistipp Auch nicht unmittelbar für die bAV relevante Dokumente können relevant sein. So hat das Kündigungsschreiben eine wichtige Rolle bei der Frage, ob die Unverfallbarkeitsfrist zum Zeitpunkt des Austritts erfüllt ist oder nicht. Macht ein Arbeitnehmer Jahrzehnte später eine Anwartschaft geltend und behauptet bspw., das Arbeitsverhältnis wäre ruhend und nie wirksam beendet worden, dann hat das Kündigungsschreiben plötzlich eine Schlüsselfunktion für die bAV. Des Weiteren können Informationsschreiben zu Betriebsübergängen oder zu Umfirmierungen wichtige Hinweise geben, ob bzw. wie eine betriebliche Versorgungszusage bei Umstrukturierungen mit dem Mitarbeiter von einem Unternehmen auf ein anderes übergangen ist oder nicht.

3. Elektronische Daten und digitale Personalakte 14 In der Praxis wird man in den seltensten Fällen die vorgenannten Dokumente voll-

ständig aufbewahren. Dank der elektronischen Datenverarbeitung kann die Aufbewahrung der Original-Dokumente unterbleiben, sofern sichergestellt ist, dass die elektronischen Daten gesichert und korrekt sind und zur Berechnung der Versorgungsansprüche verlässlich herangezogen werden können. Dies gilt insbesondere für abrechnungsrelevante Daten wie den Verlauf des Beschäftigungsgrades, des Entgelts oder für die gezahlten Beiträge zur Entgeltumwandlung. 3 Fettnapf Im Durchführungsweg Direktzusage ist zu beachten, dass die Versorgungszusage zur Bildung von steuerlichen Rückstellungen schriftlich erteilt worden sein muss.10 Das bedeutet, dass alle Versorgungszusagen aufbewahrt werden müssen (also nicht nur Muster und ein elektronischer Verweis auf die Erteilung) und dass bei der Entgeltumwandlung sämtliche Anträge Bestandteil der Versorgungszusage sind und ebenfalls aufbewahrt werden müssen. Insbesondere muss der Antrag

_____ 10 Vgl. § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG, Kap. 2 Rn. 26 ff.

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schriftlich gemäß den Anforderungen von § 126 BGB und § 126a BGB gestellt werden, d. h. vom Mitarbeiter handschriftlich unterschrieben oder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur elektronisch beantragt sein.11 Laut BMF ist insbesondere die Authentizität und die Unveränderbarkeit der zwingend notwendigen Daten zu gewährleisten. In einem speziellen Fall, in dem beitragsorientierte Direktzusagen über ein Online-Portal gewährt werden, haben die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder beschlossen, dass eine portalbasierte und EDV-technisch dokumentierte und archivierte Entgeltumwandlung im Durchführungsweg der Direktzusage, die der Arbeitgeber unmittelbar für und gegen sich gelten lässt, die Voraussetzungen einer schriftlich erteilten Pensionszusage nach § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG erfüllt.12

Dem Arbeitgeber steht es grundsätzlich frei, seine Personalakten digitalisiert in 15 Form einer digitalen Personalakte statt traditionell in Papierform zu führen. Führt er die Personalakte digital, dann ist zu beachten, dass bei allen Prozessen, bei denen aus arbeitsrechtlicher oder aus steuerrechtlicher Sicht die Schriftform gefordert wird, diese zum Zeitpunkt der Unterzeichnung auch vorgelegen haben muss. In diesen Fällen ist eine Digitalisierung (und anschließende Vernichtung) der unterzeichneten Unterlagen möglich. Eine komplett papierlose Abwicklung der Prozesse ist jedoch nur erreichbar, wenn eine qualifizierte elektronische Signatur für alle Beteiligten vorliegt.13

III. Vorzeitiger Austritt und unverfallbare Anwartschaft Mit seiner Zusage auf bAV möchte der Arbeitgeber den Versorgungsberechtigten bei 16 Eintritt eines Versorgungsfalles, d. h. bei Eintritt eines der biometrischen Ereignisse ■ Erreichen der Altersgrenze (Alter), ■ Invalidität oder ■ Tod unterstützen.14 Mit Einführung des Betriebsrentengesetzes im Jahr 1974 wurde durch den Gesetzgeber geregelt, welche Ansprüche im Falle des vorzeitigen Austritts aus dem Unternehmen ohne gleichzeitigen Eintritt eines Versorgungsfalles vom Arbeitgeber aufrecht zu erhalten sind (gesetzlich unverfallbare Anwartschaft).15 Insbesondere im Rahmen der zunehmenden Vereinheitlichung der europäischen Regelungen zur bAV wurden die für den Arbeitnehmer zum Erreichen einer gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft zu erfüllenden Fristen immer wieder gekürzt.16

_____ 11 Vgl. VO (EU) Nr. 910/2014 v. 23.7.2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG. 12 BMF-Schreiben v. 11.7.2018 – IV C 6 – S 2176/11/10001, BetrAV 06/2018, 465. 13 Ergänzend siehe Lüthge/Springer, BB 2017, 1397, 1398. 14 Kap. 1 Rn. 25 ff. 15 Siehe dazu grundsätzlich Kap. 8 Rn. 1 ff. 16 Vgl. § 30f BetrAVG.

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1. Austritt mit gesetzlich unverfallbarer Anwartschaft a) Voraussetzungen zum Erreichen einer unverfallbaren Anwartschaft 17 Gemäß § 1b BetrAVG muss der Arbeitgeber eine unverfallbare Anwartschaft für eine

ab dem 1.1.2018 erteilte Versorgungszusage auch nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen aufrechterhalten, wenn die gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen erfüllt sind, d. h. ■ die Versorgungszusage zum Zeitpunkt des Austritts mindestens drei Jahre bestanden hat und ■ der Versorgungsberechtigte mindestens das 21. Lebensjahr vollendet hat. 18 Für Zusagen, die vor dem 1.1.2018, also vor Wirksamwerden der EU-Mobilitätsricht-

linie, erteilt wurden, gelten gemäß der Übergangsregelung in § 30f Abs. 3 BetrAVG die abweichenden Voraussetzungen ■ fünfjähriges Bestehen der Versorgungszusage und ■ Mindestalter 25 Jahre.17 19 In diesen Fällen bleibt die Anwartschaft auch erhalten, wenn die Zusage ab dem

1.1.2018 drei Jahre bestanden hat und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 21. Lebensjahr vollendet ist (Günstiger-Regelung). 5 Beispiel Die Versorgungszusage wurde am 1.1.2017 erteilt. Der Versorgungsberechtigte verlässt das Unternehmen zum 31.12.2020 im Alter von 21 Jahren. Obwohl die Zusage keine fünf Jahre bestanden hat, sind die Voraussetzungen aufgrund der Günstiger-Regelung erfüllt. 20 In vielen Altbeständen finden sich noch weitere unverfallbare Anwartschaften, die

aufgrund vorangehender Regelungen erteilt wurden.18 Manchmal sind in Tarifverträgen oder in den Versorgungszusagen für die Ver21 sorgungsberechtigten günstigere Unverfallbarkeitsfristen wie z. B. eine sofortige Unverfallbarkeit der Ansprüche enthalten. Da diese Regelungen auch dann zur Unverfallbarkeit der Ansprüche führen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Unverfallbarkeit nicht erfüllt sind, spricht man in diesen Fällen von vertraglicher Unverfallbarkeit.19

_____ 17 EU-Mobilitätsrichtlinie siehe RL 2014/50/EU v. 16.4.2014. 18 Vgl. § 30f Abs. 1, 2 BetrAVG. 19 Siehe auch Kap. 8 Rn. 6.

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Praxistipp 3 Der gesetzliche Insolvenzschutz durch den Pensions-Sicherungs-Verein aG (PSVaG) gilt nur für gesetzlich unverfallbare Anwartschaften.20 Tritt die Insolvenz des Arbeitgebers ein und sind die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, kommt der PSVaG nicht für die Leistungen auf. Ist dennoch seitens des Arbeitgebers ein Insolvenzschutz der lediglich vertraglich unverfallbaren Anwartschaften gewünscht, muss der Insolvenzschutz vom Arbeitgeber z. B. durch eine Treuhandlösung (sog. Contractual Trust Arrangement, kurz CTA) oder eine verpfändete Rückdeckungsversicherung organisiert werden.21

Bei der Entgeltumwandlung ist zu beachten, dass bei den daraus resultierenden 22 Ansprüchen verständlicherweise die sofortige Unverfallbarkeit gilt, da die Versorgungsleistungen vom Mitarbeiter finanziert werden und somit ein besonderes Schutzbedürfnis besteht.22 Praxistipp 3 Auch wenn für die Entgeltumwandlung grundsätzlich die sofortige gesetzliche Unverfallbarkeit gilt, sichert der Pensions-Sicherungs-Verein aG einen 4% der BBG in der gesetzlichen Rentenversicherung übersteigenden Umwandlungsbetrag wegen der zweijährigen Ausschlussfrist des § 7 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 BetrAVG erst zwei Jahre nach Erteilung der Versorgungszusage gegen die Insolvenz.23

b) Höhe der gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft Die Höhe der aufrechtzuerhaltenden Anwartschaft entspricht gemäß § 2 BetrAVG 23 grundsätzlich der Höhe der Leistung, die der Versorgungsberechtigte ohne Austritt aus dem Unternehmen erreicht hätte. Der Anspruch wird allerdings zeitanteilig quotiert in Höhe des Teils, den der Mitarbeiter sich in Bezug auf die Betriebszugehörigkeit „erdient“ hat (pro-rata temporis, erreichte Betriebszugehörigkeit geteilt durch erreichbare Betriebszugehörigkeit bis zur Altersgrenze). Als Altersgrenze ist grundsätzlich die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung, oder – falls in der Versorgungszusage vereinbart – eine entsprechend abweichende Altersgrenze anzusetzen.24

c) Auskunftsanspruch des Mitarbeiters Damit sich die Versorgungsberechtigten im Falle des vorzeitigen Ausscheidens auch 24 ihrer Versorgungsansprüche bewusst sind, wird beim Austritt normalerweise eine

_____ 20 Vgl. § 7 Abs. 2 BetrAVG, zum PSVaG siehe www.psvag.de, Kap. 8 Rn. 243 ff. 21 Kap. 8 Rn. 303 ff. 22 Kap. 8 Rn. 43 ff. 23 Vgl. Pensions-Sicherungs-Verein aG, Merkblatt 300/M 12. 24 Vgl. § 2 Abs. 1 BetrAVG, siehe dazu vertiefend Kap. 8 Rn. 51 ff.

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sog. Unverfallbarkeitsbescheinigung erstellt (durch den Arbeitgeber oder einen von ihm beauftragten Dienstleister). Der Inhalt der Bescheinigung über die bis zum Austritt erreichten Ansprüche richtet sich üblicherweise nach den Anforderungen von § 4a BetrAVG, wo die Auskunftspflicht des Arbeitgebers sowohl für aktive als auch für ausgeschiedene Mitarbeiter geregelt ist. Demnach müssen die folgenden Informationen enthalten sein: ■ Ob und wie eine Anwartschaft auf bAV erworben wird, ■ wie hoch der Anspruch auf bAV aus der bisher erworbenen Anwartschaft ist und bei Erreichen der in der Versorgungsregelung vorgesehenen Altersgrenze voraussichtlich sein wird, ■ wie sich eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf die Anwartschaft auswirkt und ■ wie sich die Anwartschaft nach einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses entwickeln wird. 25 Bei den traditionellen Leistungszusagen reicht es normalerweise aus, den Ver-

sorgungsberechtigten einmalig beim Austritt über seinen Anspruch zu informieren. Anschließend ist es grundsätzlich nicht mehr notwendig, Kontakt zu dem Versorgungsberechtigten zu halten, da es sich bei der unverfallbaren Anwartschaft um eine Holschuld des Arbeitnehmers handelt. Da nur er Kenntnis über den Eintritt des Versorgungsfalles hat, muss er sich im Falle des Eintritts beim Arbeitgeber melden und seinen Anspruch geltend machen.25 Anders kann es hingegen aussehen, wenn die Versorgungszusage wertpapier26 gebunden oder kapitalmarktorientiert26 ist und sich der Anspruch im Laufe der Zeit auch nach dem Austritt noch verändert. Seit dem 1.1.2018 gelten zudem gesetzliche Vorgaben zur Dynamisierung der 27 Versorgung auch bei unverfallbaren Anwartschaften. Diese Regelung wurde ebenfalls im Zuge der Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie eingeführt und gilt für Austritte ab 2018 bei Versorgungswerken, die noch für die Aufnahme neuer Mitarbeiter geöffnet sind. Nach dem Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie dürfen ausgeschiedene Arbeitnehmer im Hinblick auf den Wert der unverfallbaren Anwartschaft nicht schlechter gestellt werden als vergleichbare aktive Arbeitnehmer. Dies gilt nach Auffassung des Gesetzgebers bei Direktzusagen und Unterstützungskassenzusagen dann, wenn die Anwartschaft ■ als nominales Anrecht festgelegt ist, ■ eine Verzinsung enthält, die auch dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer zugutekommt oder die Anwartschaft wie folgt angepasst wird:

_____ 25 Siehe vertiefend auch Kap. 1 Rn. 740 ff. 26 Kap. 1 Rn. 111.

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um 1% jährlich, wie die Anwartschaften oder die Nettolöhne vergleichbarer nicht ausgeschiedener Arbeitnehmer, wie die laufenden Leistungen, die an die Versorgungsempfänger des Arbeitgebers erbracht werden, oder entsprechend des Verbraucherpreisindexes für Deutschland.27

Die Pflicht zur Dynamisierung gilt nur für Beschäftigungszeiten ab dem 1.1.2018. 28 Wurde das Versorgungssystem zudem vor dem 20.5.2014 für neu eintretende Mitarbeiter geschlossen, braucht keine Dynamisierung zu erfolgen.28

d) Eintritt des Versorgungsfalles Da die Versorgungshöhe in der Regel vom Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungs- 29 falles abhängig ist und die Unverfallbarkeitsbescheinigungen üblicherweise auf die Leistung bei Erreichen der Altersgrenze Bezug nehmen, wird der Arbeitgeber die tatsächliche Höhe des Versorgungsanspruchs regelmäßig erst dann final feststellen können, wenn der Versorgungsberechtigte ihm den tatsächlichen Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles mitteilt.

e) Verjährung Meldet sich der Versorgungsberechtigte nicht bei Eintritt des Versorgungsfalles oder 30 meldet er sich verspätet, hat er im Rahmen einer 30-jährigen Verjährungsfrist des Rentenstammrechts gem. § 18a BetrAVG29 trotzdem Anspruch auf die Versorgungsleistungen. Der Anspruch kann sogar rückwirkend (in Abhängigkeit von der Regelung zum Zahlungsbeginn in der Versorgungszusage) geltend gemacht werden.30 Beginnt die Zahlung ohne weitere Einschränkungen mit Eintritt des Versorgungsfalles, dann muss der Arbeitgeber unter Beachtung eventuell zu berücksichtigender Rentenanpassungen im Rahmen der gesetzlichen Verjährungsfrist für den konkreten Zahlungsanspruch (drei Jahre zuzüglich des laufenden Jahres) rückwirkend zahlen.31 Beispiel 5 Die Anspruchsvoraussetzungen für die Zahlung einer Betriebsrente in Höhe von monatlich 100,00 € sind ab dem 1.7.2014 erfüllt. Der Versorgungsberechtigte ruft die Rente jedoch nicht ab und macht

_____ 27 Vgl. § 2a Abs. 2 BetrAVG, zu den Details siehe Kap. 8 Rn. 94 ff. 28 Vgl. § 30g Abs. 1 BetrAVG. 29 Kap. 1 Rn. 217 ff. 30 Kap. 1 Rn. 93 f. 31 Vgl. § 18a BetrAVG, siehe auch § 195 BGB i. V. m. § 199 Abs. 1 BGB.

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seine Ansprüche im Juli 2019 geltend. Die Versorgungsleistungen sind nach Wortlaut der Versorgungszusage gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG pro Jahr um 1% anzuheben.32 Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt Ende 2014. Entsprechend sind die Rentenzahlungen für die Jahre 2014 und 2015 verjährt. Eine Nachzahlung hat für die Kalenderjahre 2016, 2017, 2018 sowie für die ersten sechs Monate des Jahres 2019 zu erfolgen. Die Nachzahlung beläuft sich (unter Berücksichtigung der rückwirkenden Rentenanpassungen jeweils im Juli) auf insgesamt 4.315,20 € brutto.

2. Austritt ohne Anwartschaft 31 Sind die Voraussetzungen zum Erreichen einer unverfallbaren Anwartschaft zum

Zeitpunkt des Austritts nicht erfüllt, dann verfällt der Anspruch auf die Versorgungsleistungen. In diesem Fall braucht der Arbeitgeber den ehemaligen Versorgungsberechtigten nicht über die verfallenen Leistungen zu informieren.

3. Abfindung von Kleinstanwartschaften 32 Scheidet ein Versorgungsberechtigter aus dem Unternehmen aus, dann möchte der

Arbeitgeber ggf. auch zukünftig keinen Aufwand mehr für diesen ehemaligen Arbeitnehmer haben. Der Gesetzgeber ist sich dessen bewusst und regelt deshalb in § 3 BetrAVG, in welchen Fällen eine Abfindung von Versorgungsansprüchen möglich ist.

a) Abfindungen gemäß § 3 BetrAVG33 33 Eine Abfindung durch den Arbeitgeber ohne Zustimmung des Arbeitnehmers ist im Zusammenhang mit dem Austritt aus dem Unternehmen oder bei einer laufenden Rentenleistung in der Regel nur dann möglich, wenn ■ der Rentenanspruch nicht höher ist als 1% der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV oder ■ der Anspruch auf ein Einmalkapital nicht höher ist als zwölf Zehntel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV. 34 Darüber hinaus ist es möglich,

laufende Rentenleistungen mit Rentenbeginn vor dem 1.1.2005, ■ nicht gesetzlich und lediglich vertraglich unverfallbare Versorgungsansprüche ausgeschiedener Mitarbeiter sowie ■ Versorgungsansprüche aktiver Mitarbeiter, sofern für diese ein Austritt aus dem Unternehmen noch nicht absehbar ist, abzufinden. ■

_____ 32 Vgl. Rn. 72. 33 Siehe dazu grundsätzlich Kap. 8 Rn. 101 ff.

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Die Höhe der Abfindung entspricht dem Übertragungswert gemäß § 4 Abs. 5 35 BetrAVG, also dem Barwert der künftigen Versorgungsleistung.34 Bei der Berechnung des Barwerts sind die Rechnungsgrundlagen sowie die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik maßgebend.35 Praxistipp 3 Es ist ratsam, den Abfindungsprozess dauerhaft und lückenlos zu dokumentieren (Antrag, Bestätigungsschreiben, Abrechnung). Zwischen der Abfindung bei vorzeitigem Austritt und dem eigentlichen Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles können 40 Jahre und mehr liegen. Macht der abgefundene Mitarbeiter dann trotz Erhalt der Abfindung seine Versorgungsansprüche geltend, sollte der Arbeitgeber in der Lage sein nachzuweisen, dass keine Ansprüche mehr bestehen.

b) Abfindungen und Grenzgänger gemäß EU-Mobilitätsrichtlinie Eine weitere Änderung im Rahmen der Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie hat 36 der Gesetzgeber für ehemalige Mitarbeiter eingeführt, die innerhalb der EU grenzübergreifend den Arbeitgeber wechseln (Grenzgänger-Regelung). Für diesen Fall ist selbst die ansonsten einseitige Abfindungsmöglichkeit von Kleinstanwartschaften durch den Arbeitgeber nicht gegeben, sofern der Mitarbeiter der Abfindung nicht zustimmt.36 Denn gibt der Arbeitnehmer seine Zustimmung nicht und macht innerhalb von drei Monaten nach Austritt und Abfindung die Grenzgänger-Regelung geltend, muss die zuvor gezahlte Abfindung rückabgewickelt und die Versorgungsanwartschaft aufrechterhalten werden.

IV. Eintritt eines Versorgungsfalles: Alter, Invalidität, Tod 1. Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen Im eigenen Interesse ist der Arbeitgeber angehalten, die Voraussetzungen zur Zah- 37 lung der Versorgungsansprüche bei Eintritt des Versorgungsfalles gründlich zu prüfen. Der Nachweis für den Eintritt des Versorgungsfalles wird – je nach Gestaltung der Zusage – in der Regel durch Vorlage des Rentenbescheids des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers erbracht. In Ausnahmefällen kann dies bei bestimmten Personengruppen aber auch ein entsprechender Nachweis eines anderen Versorgungsträgers (z. B. eines berufsständischen Versorgungswerks) oder lediglich das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze sein. Üblicherweise wird im Rahmen einer Zusage der Bezug der Versorgungsleistungen – dem Gedanken der sozialen Ab-

_____ 34 Vgl. § 3 Abs. 5 BetrAVG. 35 Siehe dazu bspw. Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 8 Rn. 38. 36 Vgl. § 3 Abs. 2 BetrAVG.

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sicherung folgend – an den Austritt aus dem Unternehmen und den Eintritt in den Ruhestand geknüpft, um mit der bAV den Einkommenseinbußen durch den Wegfall des bisherigen Arbeitsentgelts entgegenzuwirken.37 In jedem Fall ist der Arbeitgeber gut beraten, wenn er sich bereits bei der For38 mulierung der Versorgungszusagen Gedanken zur späteren Umsetzbarkeit macht. Erfahrungsgemäß stellen gerade alte Versorgungswerke die Arbeitgeber regelmäßig vor Probleme bei der Interpretation der unterschiedlichen in der Praxis auftretenden Sachverhalte. So sollte klar und eindeutig definiert sein, welche Daten für die Festsetzung und den Beginn der Leistung anzusetzen sind und wie der Arbeitgeber diese Daten ermitteln bzw. prüfen kann. 5 Beispiel Oft wird in Versorgungszusagen eine Invalidenversorgung ab Beginn der Invalidität gewährt. Wenn keine weiterführende und klarstellende Definition erfolgt, gibt es diverse Interpretationsmöglichkeiten: So ist z.B. ein Eintritt ab Beginn der Beschwerden (z.B. bei einem Rückenleiden) oder ab Feststellung des einschränkenden Befunds durch den Facharzt denkbar. Ebenso wären jedoch der vom Rentenversicherungsträger festgesetzte Zahlungsbeginn der gesetzlichen Erwerbsminderungs- bzw. Berufsunfähigkeitsrente oder das Datum der Zustellung des Rentenbescheids mögliche Daten für den Beginn der Invalidität.38

3 Praxistipp Es ist durchaus sinnvoll, bei der Definition des Eintritts des Versorgungsfalles auf ein amtlich festgestelltes, nicht manipulierbares Datum wie z. B. das auf dem Rentenbescheid des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers ausgewiesene Datum, ab dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, zurückzugreifen. Damit wird sichergestellt, dass zum Erreichen einer möglicherweise in der Zusage vereinbarten Wartezeit39 zu erfüllende Fristen objektiv geprüft und beurteilt werden können.

2. Beginn, Aussetzen und Ende des Leistungsbezugs 39 Neben den Parametern zur Leistungsbemessung wie z. B. der Betriebszugehörigkeit,

der rentenfähigen Dienstzeit, den rentenfähigen Bezügen und dem durchschnittlichen Beschäftigungsgrad oder den geleisteten Beiträgen bzw. dem erreichten Versorgungskapital ist es wichtig, die Modalitäten zu Beginn und zum Ende des Leistungsbezuges in der Versorgungsregelung klar zu definieren. Nur so kann erreicht werden, dass es im Rahmen der späteren Administration keine Probleme gibt. Es empfiehlt sich, mindestens das Folgende zu regeln:40

_____ 37 Siehe Kap. 1 Rn. 88 ff. 38 Siehe vertiefend Kap. 1 Rn. 123 ff. 39 Kap. 1 Rn. 95 ff. 40 Siehe auch Kap. 1 Rn. 122.

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Beginn der Zahlung (i. d. R. Austritt aus dem Unternehmen und Bezug einer gesetzlichen Rente)41 Ende der Zahlung (i. d. R. durch Tod oder Wegfall der Leistungsvoraussetzungen, z. B. durch Wiederheirat bei Witwen/Witwern oder Ende der Ausbildung bzw. Überschreiten der Höchstaltersgrenze bei Waisen)42 Ruhen der Zahlung (z. B. bei Bezug weiterer Einkünfte oder ggf. zwischen Ausbildung und Studium bei Waisen) Zahlungsmodalitäten: Kapital, Ratenzahlung oder monatliche Rente (inkl. Zahlungszeitpunkt)43 Anforderungen an das Bankkonto (z. B. inländisch, europäisch mit IBAN/BIC) (Melde-)Pflichten des Versorgungsberechtigten (z. B. bei Wiederheirat, Wechsel der Krankenkasse, Adressänderung)

Praxistipp 3 Aus der Versorgungsordnung sollte sich unbedingt ergeben, wie mit rückwirkenden Rentenbescheiden umzugehen ist, die vor allem im Zusammenhang mit der Invaliditätsversorgung immer wieder in der Praxis vorkommen.

Vom rückwirkenden Rentenbescheid, den der Versorgungsberechtigte nicht früher 40 beibringen konnte, ist grundsätzlich der verspätet eingereichte Rentenbescheid bzw. die verspätet beantragte Versorgungsleistung zu unterscheiden. So kommt es immer wieder vor, dass die Versorgungsberechtigten die Versorgungsleistungen nicht rechtzeitig zum eigentlichen Rentenbeginn beantragen oder die Beantragung gar gänzlich vergessen. In diesem Fall greifen die gesetzlichen Verjährungsfristen gemäß § 18a BetrAVG bzw. § 195 BGB, wonach der Arbeitgeber zur Nachzahlung verpflichtet ist, sofern die Anspruchsvoraussetzungen bereits bei Eintritt des Versorgungsfalles erfüllt waren. Der Nachzahlungszeitraum beträgt drei Kalenderjahre zuzüglich des aktuellen Kalenderjahres.44 Praxistipp 3 Auch die Hinterbliebenen können nicht geltend gemachte Versorgungsansprüche noch nach dem Tod des originären Versorgungsberechtigten im Rahmen der Verjährungsfristen rückwirkend geltend machen.

_____ 41 Siehe auch Kap. 1 Rn. 76 ff., 88 f., 125 ff., 137 ff. 42 Kap. 1 Rn. 193 f. 43 Kap. 1 Rn. 210 ff. 44 Vgl. Rn. 30.

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3. Zu unterscheidende Versorgungsfälle 41 In Abhängigkeit vom eingetretenen biometrischen Ereignis sind die jeweiligen

Versorgungsfälle zu definieren. Grundsätzlich sind folgende Fälle zu unterscheiden, wobei die gewährte Leistung – je nach Inhalt der Zusage – üblicherweise als lebenslange Altersrente, als Einmalzahlung oder als Ratenzahlung mit fest definierter Anzahl an Zahlungen gewährt wird:

a) Alter 42 Den klassischen und auch namensgebenden Versorgungsfall stellt die Altersversor-

gung dar, die nach Erreichen eines vorher definierten Pensionsalters oder bei Bezug einer vorgezogenen gesetzlichen Altersrente gewährt wird.45 3 Praxistipp Auch wenn dieser Fall in der Praxis heutzutage kaum noch vorkommt, ist hier darauf hinzuweisen, dass das BMF steuerliche Restriktionen bezüglich der Höhe der Versorgungsleistungen macht (Überversorgung). Versorgungszusagen werden nicht oder nur teilweise als bAV vom BMF anerkannt, soweit sie im späteren Leistungsbezug zusammen mit der gesetzlichen Rente nicht mehr als 75% des bisherigen Einkommen überschreiten.46 Reduziert der Versorgungsberechtigte vor Eintritt des Versorgungsfalles seine Arbeitszeit und somit sein Einkommen z. B. für einen gleitenden Übergang in den Ruhestand, sind Auswirkungen aufgrund dieser Regelung jedoch nach wie vor denkbar (insbesondere im Zusammenhang mit Zusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer).47

b) Invalidität 43 Die Absicherung der Invalidität oder der Arbeitsunfähigkeit hat sich im Laufe der

Zeit gewandelt. Während es bis zum 31.12.2000 auch in der gesetzlichen Rentenversicherung noch eine Absicherung der Berufsunfähigkeit gab, wurden die gesetzlichen Leistungen für nach dem 1.1.1961 Geborene auf die heutige Erwerbsminderungsrente umgestellt.48 Während also in der Vergangenheit die Unfähigkeit einer Erwerbstätigkeit im originären Beruf zum Rentenanspruch führte, wird heute u. a. mithilfe von Umschulungen auf Weisungsberufe auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen. Die Versorgungsregelungen sollten die zuvor aufgeführten Entwicklungen berücksichtigen und klar definieren, für welche Art des Rentenbezuges eine betriebliche Versorgungsleistung und in welcher Höhe sie gewährt werden soll. So wäre es trotz des Wegfalls der gesetzlichen Berufsunfähigkeitsrente z. B. denkbar,

_____ 45 Kap. 1 Rn. 75 ff.; Kap. 8 Rn. 146 ff. 46 BMF-Schreiben v. 3.11.2004, IV B 2 – S 2176 – 13/04, Rn. 7 ff. 47 Vgl. BFH, Urt. v. 27.3.2012 – I R 56/11 oder BFH, Urt. v. 20.12.2016 – I R 4/15, siehe Kap. 13 Rn. 35 ff. 48 Kap. 1 Rn. 129 ff.

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dass ein spezialisierter Arbeitgeber seinen Fachkräften nach ärztlicher Begutachtung dennoch eine Absicherung gegen die Berufsunfähigkeit gewährt. Praxistipp 3 Die Zahlung einer befristeten gesetzlichen Erwerbsminderungsrente kann je nach Regelung im Arbeits- oder Tarifvertrag mitunter nicht zum Ausscheiden aus dem Unternehmen sondern lediglich zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses führen.49 Das ist dadurch begründet, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber eine unangemessene Maßnahme darstellt, sofern die gesetzliche Rente nicht dauerhaft gewährt wird. Da in den Leistungsvoraussetzungen jedoch häufig der Austritt aus dem Unternehmen gefordert wird, führt dies zum Konflikt. Soll in diesen Fällen eine Invalidenleistung gewährt werden, muss sichergestellt sein, dass dies nach den Leistungsvoraussetzungen entsprechend ermöglicht wird.

Die in der Praxis auftretenden gesetzlichen Erwerbsminderungsrenten unterschei- 44 den sich wie folgt:

aa) Teilweise/Volle Erwerbsminderungsrente Kann ein Arbeitnehmer zwar nicht vollständig aber zumindest teilweise am Arbeits- 45 leben teilnehmen, dann wird der gesetzliche Rentenversicherungsträger lediglich eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß §§ 43 ff. SGB VI gewähren. Bei dieser Art der Invaliditätsversorgung kann und soll der Erwerbsgeminderte zusätzlich zu seiner gesetzlichen Rentenleistung auf reduzierter Basis weiterarbeiten. Für die betrieblichen Versorgungsleistungen muss in den Versorgungszusagen definiert werden, ob auch in diesem Fall eine betriebliche Invaliditätsversorgung gewährt werden soll oder nicht. Praxistipp 3 Soll in Analogie zur Vorgehensweise bei der gesetzlichen Rentenversicherung auch im betrieblichen Versorgungssystem eine (teilweise) Invalidenrente gewährt werden, dann ist zu beachten, dass diese Versorgungsleistung auch dann gewährt wird, wenn der Mitarbeiter neben den Leistungen aus der bAV ein Einkommen bezieht und nicht aus dem Unternehmen austritt.50

bb) Befristete/Unbefristete Erwerbsminderungsrente Leistungen der Erwerbsminderung werden im Rahmen einer Zusage oftmals und 46 gerade beim erstmaligen Bezug nicht dauerhaft sondern nur für einen befristeten Zeitraum gewährt. Der gesetzliche Rentenversicherungsträger geht davon aus, dass bei vielen Arten der gesundheitlichen Einschränkung ein Genesungsprozess lang-

_____ 49 Vgl. BAG Urt. v. 14.1.2015 – 7 AZR 880/13, siehe dazu auch Kap. 1 Rn. 145. 50 Siehe auch Kap. 1 Rn. 137 ff.

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fristig wieder zu einer Teilnahme am Arbeitsleben führt und gewährt diese Leistungen gemäß § 102 Abs. 2 S. 1 SGB VI nur noch befristet für längstens drei Jahre. Entsprechend sollte auch in den betrieblichen Versorgungssystemen und in den Verwaltungsprozessen vorgesehen und geregelt sein, dass die betriebliche Versorgungsleistung in diesem Fall ebenfalls nicht dauerhaft gewährt wird.51

c) Tod und Hinterbliebenenversorgung52 47 Ein wichtiger Wesenszug der gesetzlichen und in der Regel auch der betrieblichen Versorgungssysteme ist die Absicherung der Hinterbliebenen des Versorgungsberechtigten.

aa) Witwen/Witwer 48 Wird der Witwe bzw. dem Witwer eine Versorgungsleistung gewährt, dann sind

auch hier klar definierte Anspruchsvoraussetzungen und Prozesse notwendig. Der Eintritt des Versorgungsfalles wird üblicherweise mithilfe der amtlichen Sterbeurkunde nachgewiesen. Bei einer reinen Witwen- bzw. Witwerversorgung muss zudem nachgewiesen werden, dass die oder der Hinterbliebene bei Eintritt des Versorgungsfalles mit dem originären Versorgungsberechtigten verheiratet war. Dieser Nachweis kann zur Vereinfachung durch Einreichen des Witwen-/Witwerrentenbescheids der gesetzlichen Rentenversicherung erbracht werden. Häufig werden vom Arbeitgeber jedoch noch weitere Voraussetzungen zur Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung verlangt, die separat geprüft werden müssen (in der Regel sog. Späteheklauseln).53 Viele Arbeitgeber schließen z. B. eine Hinterbliebenenversorgung aus, falls die Ehe nach Beginn des Altersrentenbezugs geschlossen wurde.54 Ebenfalls gibt es Versorgungswerke, die den Beginn der Ehe vor einem vorzeitigen Austritt mit unverfallbarer Anwartschaft verlangen. Diese Einschränkung wurde vom BAG für rechtmäßig erachtet, da nur so eine wirksame Beschränkung auf die Hinterbliebenen möglich ist, die dem Arbeitgeber „bekannt“ sind.55 Kritisch zu sehen ist die Voraussetzung der Heirat vor einem bestimmten Alter (sofern es nur für die Hinterbliebenenversorgung und nicht für die Altersrente gilt) oder eine unverhältnismäßig lange Mindestehedauer (z. B. 10 Jahre), da dies gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ver-

_____ 51 Siehe auch Kap. 1 Rn. 171. 52 Siehe dazu grundsätzlich Kap. 1 Rn. 174 ff. 53 Kap. 1 Rn. 189, 662. 54 Zulässig gem. BAG Urt. v. 15.10.2013 – 3 AZR 294/11. 55 Vgl. BAG, Urt. v. 20.4.2010 – 3 AZR 509/08, siehe auch Kap. 1 Rn. 662.

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stößt.56 Aus dem AGG folgt übrigens auch die Gleichstellung eingetragener Lebenspartner, die mit der Einführung der Heirat für gleichgeschlechtliche Paare aber zunehmend an Bedeutung verliert.57 Fettnapf 3 In einigen sehr alten Versorgungswerken wird zwar eine Witwen- aber keine Witwerversorgung zugesagt. Aufgrund der arbeitsrechtlichen Gleichberechtigung von Männern und Frauen muss der Arbeitgeber auch ohne entsprechend erteilte Zusage eine Witwerrente gewähren.58 Steuerlich hingegen darf eine Rückstellung für die Witwerrente erst dann gebildet werden, wenn diese in der Versorgungszusage auch schriftlich erteilt wird.59

Dem Grundgedanken der Hinterbliebenenabsicherung folgend, wird in vielen Zusa- 49 gen eine Witwen- bzw. Witwerversorgung üblicherweise nur bis zur Wiederheirat gewährt.60 In diesen Fällen ist es bei der Hinterbliebenenversorgung sehr wichtig, neben dem Leistungsbeginn auch das Ende der Leistung in der Versorgungszusage zu regeln und dem begünstigten Hinterbliebenen eine Meldepflicht bei Wiederheirat aufzuerlegen. Praxistipp 3 Da die reine Meldepflicht leider nicht immer dazu führt, dass die erneute Heirat in der Praxis auch tatsächlich angezeigt wird, ist es ratsam, die Steuerklasse der Witwen bzw. Witwer von Zeit zu Zeit zu überprüfen, da sich diese bei einer Heirat üblicherweise ändert (außer bei Steuerklasse VI). Sollte der oder die Hinterbliebene die Meldung der Wiederheirat tatsächlich unterlassen, kann der Arbeitgeber die zu viel erbrachten Versorgungsleistungen zurückfordern.

bb) Lebensgefährten Über die Ehe und die eingetragene Lebenspartnerschaft hinaus ist es grundsätz- 50 lich ebenso möglich, einen Lebensgefährten als Hinterbliebenen in der Versorgungszusage vorzusehen. Restriktionen sind lediglich für die steuerliche Anerkennung der zugehörigen Pensionsrückstellungen bei Direktzusagen zu beachten.61 So gilt zum einen die aus steuerlicher Sicht üblicherweise notwendige Schriftformerfordernis sowie zum anderen die Erfüllung einiger Anhaltspunkte, dass es sich bei

_____ 56 Vgl. BAG, Urt. v. 19.2.2019 – 3 AZR 215/18 und BAG, Urt. v. 19.2.2019 – 3 AZR 150/18, Kap. 1 Rn. 662. 57 Vgl. BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 294/09, Kap. 1 Rn. 184, 664. 58 Vgl. BAG, Urt. v. 5.9.1989 – 3 AZR 575/88, Kap. 1 Rn. 185. 59 Vgl. § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG, Kap. 2 Rn. 26 ff. 60 Kap. 1 Rn. 192. 61 BMF-Schreiben v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002 – Rn. 4 i. V. m. BMF-Schreiben vom 25.7. 2002 – IV B 2 – S 2176 – 13/04 –, Kap. 2 Rn. 7 f.

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der Beziehung zu dem Versorgungsberechtigten auch tatsächlich um eine eheähnliche Gemeinschaft handelt, aus der sich der Versorgungsbedarf ableitet. Ein wesentliches Merkmal der bAV ist schließlich, dass sie nicht vererbbar ist,62 was sich ebenfalls aus den Anforderungen des BMF ergibt.63 Einer Anerkennung der Pensionsrückstellung durch die Finanzbehörde sollte nichts entgegenstehen, wenn64 ■ die versorgungsberechtigte Lebenspartnerin oder der versorgungsberechtigte Lebenspartner in der Zusage schriftlich mit Name, Anschrift und Geburtsdatum genannt wird, ■ eine von der Lebenspartnerin oder dem Lebenspartner schriftlich bestätigte Kenntnisnahme der in Aussicht gestellten Versorgungsleistungen vorliegt, ■ eine zivilrechtliche Unterhaltspflicht des Mitarbeiters gegenüber der Lebenspartnerin oder dem Lebenspartner besteht und ■ eine gemeinsame Haushaltsführung besteht. 51 Dabei gelten die letzten drei Punkte als Anhaltspunkte und werden nicht in jedem 52

Fall zwingend vorausgesetzt. Aus arbeitsrechtlicher Sicht kann die Hinterbliebenenversorgung auch wesentlich weiter gefasst werden.65 Insofern wäre prinzipiell auch eine weitergehende Absicherung möglich, allerdings handelt es sich dann aus steuerlicher Sicht nicht mehr um bAV, so dass eine entsprechende steuerliche Begünstigung durch das Bilden von gewinnmindernden Pensionsrückstellungen versagt bliebe.

cc) Waisen 53 Im Falle einer zugesagten Waisenleistung ist in der Regel der Nachweis zu erbrin-

gen, dass es sich um die eigenen, um adoptierte oder um in Obhut oder Pflege genommene Kinder handelt. Dies kann z. B. durch die Geburtsurkunde oder die Adoptionsurkunde erfolgen. Abgesehen davon, dass der Arbeitgeber eine Waisenversorgung vermutlich nur solange gewähren möchte, bis die versorgungsberechtigten Waisen eigenständig für ihren Lebensunterhalt aufkommen können, gibt es auch hier wie schon bei den Lebensgefährten Restriktionen durch das BMF. So gilt für Waisen, dass bAV nur vorliegt, wenn die Voraussetzungen von § 32 Abs. 3, 4 S. 1 Nr. 1 bis 3 und Abs. 5 EStG erfüllt werden, d. h. im Wesentlichen die Altersbeschränkungen, dass die Waise ■ das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat,

_____ 62 Kap. 1 Rn. 230 ff. 63 BMF-Schreiben v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002 – Rn. 6. 64 Siehe auch Kap. 2 Rn. 8. 65 Kap. 1 Rn. 182 ff.

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das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchende(r) gemeldet ist oder das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird oder ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilliges ökologisches Jahr leistet.66

Die vorgenannte Aufstellung ist stark verkürzt und nicht vollständig. Für einen voll- 54 ständigen Überblick sei an dieser Stelle auf das BMF-Schreiben vom 6.12.201767 in Verbindung mit § 32 EStG verwiesen. Bei Waisen über 18 Jahren ist zu beachten, dass entsprechende Statusnach- 55 weise, d. h. insbesondere Ausbildungsbestätigungen und Immatrikulationsbescheinigungen, schriftlich von den Versorgungsberechtigten erbracht werden müssen und für die Betriebsprüfung vorzuhalten sind.

V. Abrechnung von Versorgungsleistungen Sagt der Arbeitgeber Leistungen in Form der Direktzusage (oder auch der reserve- 56 polsterfinanzierten bzw. pauschal dotierten Unterstützungskasse) zu, dann muss er dafür Sorge tragen, die zugesagten Versorgungsleistungen bei Eintritt des Versorgungsfalles auch aus seinen bzw. aus den von ihm zur Verfügung gestellten Mitteln erbringen zu können. Neben der Bereitstellung der finanziellen Mittel aus der originären Pensionsverpflichtung bestehen zudem weitere Verpflichtungen öffentlich-rechtlicher Art, die sich aus der Durchführung der ordnungsgemäßen Abrechnung der Versorgungsbezüge in Bezug auf die Abführung der Lohnsteuer und der Sozialversicherungsbeiträge ergeben. Der Arbeitgeber sollte sich bewusst sein, dass somit zusätzliche Verwaltungs- und Administrationskosten (Kosten der Abrechnung, der versicherungsmathematischen Gutachten, der Insolvenzsicherung usw.) entstehen.

1. Grundsätzliches zur Abrechnung von Versorgungsleistungen Die Abrechnung von Betriebsrenten ist ähnlich bzw. ist ein Spezialfall der Abrech- 57 nung „normaler“ Bezüge aktiver Arbeitnehmer. Laufende Versorgungsbezüge sind allerdings abgesehen von der Rentenanpassung aufgrund der Rentenanpassungsprüfungspflicht gemäß § 16 BetrAVG68 in der Regel jedoch konstant und unterliegen selten unterjährigen Schwankungen.

_____ 66 BMF-Schreiben v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002 – Rn. 4 67 BMF-Schreiben v. 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002 – Rn. 4. 68 Kap. 8 Rn. 386 ff.

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3 Praxistipp Da sich die monatlichen Abrechnungen an einen Versorgungsbezieher aufgrund der monatlich gleichbleibenden Rentenbezüge in der Regel nicht voneinander unterscheiden, ist es aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung ausreichend, den entsprechenden Abrechnungsbeleg nur bei Änderung des Zahlbetrags (z. B. aufgrund Änderungen in der Lohnsteuer oder Sozialversicherung einmalig im Januar) zu erstellen.

58 Besonders im fortgeschrittenen Alter kommt es bei Versorgungsberechtigten vor,

dass sie ihre Rechtsgeschäfte nicht mehr eigenständig durchführen können. In diesem Fall übernimmt in der Regel ein Familienmitglied die Betreuung (im Rahmen einer Vorsorgevollmacht) oder es kommt ein durch das Betreuungsgericht eingesetzter Betreuer zum Einsatz (ggf. unter Berücksichtigung einer Betreuungsverfügung). In jedem Fall ist es für den Arbeitgeber notwendig, sich die Übernahme der rechtlichen Betreuung durch den Betreuer schriftlich nachweisen zu lassen, da es ansonsten leicht zu Missbrauch (z. B. durch die Änderung des Bankkontos) und somit zu Haftungsrisiken kommen kann.

2. Elektronische Meldeverfahren 59 Die zunehmende Digitalisierung der Arbeitsprozesse macht auch vor der Abrech-

nung nicht halt. So sind für die Abrechnung von Versorgungsbezügen im Wesentlichen zwei elektronische Meldeverfahren aufgrund der öffentlich-rechtlichen Anforderungen gegenüber der Abrechnungsstelle zwangsläufig anzuwenden.

a) ELStAM-Verfahren für die Lohnsteuer 60 ELStAM steht für Elektronische Lohnsteuer Abzugs-Merkmale und das ELStAM-

Verfahren ersetzt seit 2013 die bis dahin gültige Lohnsteuerkarte. Die Daten werden in einer Datenbank des Bundeszentralamtes für Steuern zentral gespeichert und können dort vom Arbeitgeber abgerufen bzw. müssen dahin übermittelt werden.69 Das Meldeverfahren für Versorgungsempfänger entspricht grundsätzlich dem 61 Verfahren für aktive Mitarbeiter. Es gibt jedoch ein paar Besonderheiten: ■ Aufgrund der sukzessiven Anhebung des zu versteuernden Anteils bei der gesetzlichen Rentenversicherung durch das Alterseinkünftegesetz (2005: 50%, 2040: 100%) muss das Datum des Rentenbeginns, welches relevant für die Bestimmung des Rentenfreibetrags ist, gespeichert und im Rahmen des ELStAMVerfahrens übermittelt werden.

_____ 69 Informationen auf der Elster-Homepage, https://www.elster.de.

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Beim Bezug von Versorgungsleistungen kann es durchaus vorkommen, dass eine Person gleichzeitig mehrere Arten von Versorgungsleistungen bezieht. So kommt es z. B. bei einer Ehe unter zwei Versorgungsberechtigten nach dem Tod des einen Versorgungsberechtigten zum gleichzeitigen Bezug einer Altersund einer Hinterbliebenenrente. Oder ein teilweise erwerbsgeminderter Arbeitnehmer bezieht parallel zum Arbeitsentgelt eine betriebliche Invalidenrente. Solch ein Zusammenfallen gleichartiger Bezüge führt regelmäßig zu Problemen: Während für die Steuer alle Einkünfte beim Arbeitgeber grundsätzlich mit einem Datensatz unter der (je Individuum eindeutigen) Steueridentifikationsnummer zu melden sind, hat bei der Bewertung der Pensionsverpflichtungen aufgrund der separaten Bewertung der beiden Verpflichtungen jeweils eine Meldung pro Verpflichtung zu erfolgen. Versorgungsleistungen aus bAV gelten in der steuerlichen Betrachtung erst dann als Versorgungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, falls er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat.70

Praxistipp 3 Soweit ein Arbeitgeber bisher für einen Arbeitnehmer unter mehreren Personalnummern mit verschiedenen Steuerklassen Lohnabrechnungen vorgenommen hat, darf diese Praxis fortgeführt werden. Der zweite Bezug muss dann mit Steuerklasse VI versteuert werden. Ein Abruf der ELStAM ist zudem weder erforderlich noch möglich. Die Möglichkeit zur Berücksichtigung eines Hinzurechnungsbetrags (Nichtausschöpfung des Grundfreibetrags im ersten Beschäftigungsverhältnis) besteht in diesen Fällen ebenfalls nicht.71

b) Zahlstellen-Meldeverfahren der gesetzlichen Krankenkassen Auch die gesetzlichen Krankenkassen haben seit 2009 ein elektronisches Daten- 62 austauschverfahren etabliert.72 Im Rahmen des elektronischen Zahlstellenverfahrens müssen die Zahlstellen von Versorgungsbezügen der zuständigen Krankenkasse Beginn, Höhe, Veränderung und Ende der Versorgungsbezüge mitteilen.73 Die gesetzlichen Krankenkassen melden den Zahlstellen u. a. Angaben zur Beitragspflicht. Für Versorgungsbezieher kommt somit nicht das ansonsten bei aktiven Arbeitnehmern anzuwendende DEÜV-Meldeverfahren zur Anwendung.74

_____ 70 Vgl. § 19 Abs. 2 Nr. 2 EStG. 71 https://www.elster.de/elsterweb/helpGlobal?themaGlobal=help_arbeitgeber_elsterweb#faq_elst am. 72 Informationen auf der Homepage des GKV-Spitzenverbands, https://www.gkv-datenaustausch. de. 73 Vgl. § 202 Abs. 1 SGB V, Kap. 3 Rn. 93 ff. 74 Zur DEÜV-Meldung vgl. § 28a SBG IV.

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Kapitel 12 Verwaltung und Administration der bAV

Anders als beim ELStAM-Verfahren ist der gleichzeitige Bezug mehrerer Versorgungsleistungen beim elektronischen Zahlstellenverfahren kein Problem. Die Versicherungsträger verlangen jedoch üblicherweise für jeden Bezug ein eigenes, zuordnendes Kennzeichen (z. B. eine Personalnummer für die Altersrente und eine zweite Personalnummer für die Hinterbliebenenrente). Zudem sind gemäß §§ 226 ff. SGB V und §§ 55 ff. SGB XI die abzuführenden Bei64 träge in der Sozialversicherung durch die jeweilige BBG in der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. gesetzlichen Pflegeversicherung begrenzt. 75 Werden dem Sozialversicherungsträger mehrere Bezüge (entweder vom gleichen oder von unterschiedlichen Arbeitgebern) gemeldet, dann werden diese von ihm aufgrund des sog. Mehrfachbezugs zusammengeführt.76 Überschreiten die gemeldeten Zahlungen die BBG, wird den Zahlstellen der maximal beitragspflichtige Teil des jeweiligen Versorgungsbezugs (VB-max) aufgegeben. Neben der Höchstbeitragsbegrenzung gibt es in der Sozialversicherung auch 65 eine Untergrenze für beitragspflichtige Versorgungsbezüge (Einnahmenuntergrenze). Mit dem GKV-Betriebsrentenfreibetrags-Gesetz wurde mit Wirkung zum 1.1.2020 die bisherige Freigrenze um einen Freibetrag ergänzt.77 Während bis Ende 2019 bereits die Überschreitung der Grenze um einen Cent zur Beitragspflicht der vollen Betriebsrente führte, fallen Krankenversicherungsbeiträge nach der Einführung des Freibetrags nur auf den überschreitenden Teil der Betriebsrente an. Die Freigrenze bzw. der Freibetrag beträgt 1/20 der jeweils gültigen monatlichen Bezugsgröße gemäß § 18 SGB IV.78 Es ist zu beachten, dass der neue Freibetrag nur für die Kranken- und nicht für die Pflegeversicherung anzuwenden ist, da für die Pflegeversicherung weiterhin die bisherige Freigrenze gilt. Ebenso bleibt es für freiwillig Krankenversicherte bei der bisherigen Freigrenzen-Regelung.79 In der Praxis wird der neue Freibetrag frühestens Mitte 2020 und bei Bezug von mehreren Betriebsrenten im Herbst 2020 (dann aber rückwirkend) umgesetzt werden können, da zuerst noch das elektronische Meldeverfahren angepasst und in den Abrechnungssystemen der über 46.000 Zahlstellen und Krankenkassen implementiert werden muss.80 Wird ein Versorgungsbezug aus einer Direktzusage bereits vor dem Bezug 66 der gesetzlichen Rente gewährt, handelt es sich nicht um einen in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragspflichtigen Versorgungsbezug, sondern um sog. 63

_____ 75 Vgl. § 6 Abs. 7 SGB V. 76 Siehe dazu auch Kap. 3 Rn. 127. 77 Siehe vertiefend Kap. 3 Rn. 78 ff. 78 Vgl. § 226 Abs. 2 SGB V. 79 Vgl. § 240 Abs. 2 S. 5 SGB V. 80 Siehe auch https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/kv_grundprinzipien/ finanzierung/beitragsbemessung/beitragsbemessung.jsp.

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Überbrückungsleistungen.81 Leistungen, die ein Arbeitgeber an einen Arbeitnehmer nach dessen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zur Überbrückung der Zeit bis zum Renteneintritt zahlt, sind keine beitragspflichtigen Versorgungsbezüge, falls für den Leistungsbeginn auf ein Lebensalter abgestellt wird, das typischerweise nicht schon als Beginn des Ruhestands gelten kann. Mit Renteneintritt, spätestens aber mit Erreichen der Regelaltersgrenze, unterliegen solche Leistungen als Versorgungsbezug dann der Beitragspflicht.82 Im Gegensatz zur steuerlichen Betrachtung gelten Leistungen, die wegen einer 67 Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung gewährt werden, ohne zusätzliche Voraussetzung an das Lebensalter als Versorgungsbezüge im Sinne der Sozialversicherungsträger. Werden die Versorgungsbezüge nicht in Form einer lebenslangen Rente sondern als Einmalkapital zugesagt und bei Eintritt des Versorgungsfalles erbracht, werden sie für die sozialversicherungsrechtliche Betrachtung fiktiv mit 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag angesetzt und der fällige Sozialversicherungsbeitrag längstens auf einen Zeitraum von 120 Monate verteilt.83 Kommt es zur Abfindung der Versorgungsleistungen im Rahmen von § 3 68 BetrAVG, dann geht die Eigenschaft der Abfindungszahlung als Versorgungsbezug durch die Auszahlung vor Eintritt des Versorgungsfalles nicht verloren. Dies gilt unabhängig vom Lebensalter zum Zeitpunkt der Auszahlung und sowohl nach beendetem als auch bei noch bestehendem Beschäftigungsverhältnis. Entscheidend ist allein der ursprünglich vereinbarte Versorgungszweck.84 Praxistipp 3 Wird der Arbeitgeber beim Tod eines Versorgungsbeziehers ohne versorgungsberechtigte Hinterbliebene zu spät über den Todesfall informiert, kann es zu einer Überzahlung kommen. In diesem Fall ist die Rückforderung des überzahlten Betrages in der Regel schwierig. Der Arbeitgeber sollte sich deshalb bei Beginn des Bezugs der Versorgungsleistungen vom Versorgungsberechtigten eine sog. Ermächtigungserklärung für das kontoführende Geldinstitut unterzeichnen lassen, dass in diesem Fall über seinen Tod hinaus und somit zu Unrecht geleistete Betriebsrentenzahlungen vom Arbeitgeber zurückgefordert werden können. Zudem sollte die Ermächtigungserklärung enthalten, dass die über den Tod hinaus geleisteten Versorgungsleistungen nicht dem Nachlass des Versorgungsberechtigten zuzurechnen sind.

_____ 81 Kap. 1 Rn. 249. 82 Vgl. BSG, Urt. v. 20.7.2017 – B 12 KR 12/15 R sowie BSG, Urt. v. 29.7.2015 – B 12 KR 4/14 R und B 12 KR 18/14 R. 83 Vgl. § 229 Abs. 1 SGB V; Kap. 3 Rn. 57 ff. 84 Vgl. Besprechung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs vom 20.4.2016; Kap. 3 Rn. 32 ff.

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VI. Rentenanpassung in der Rentenbezugsphase 1. Regelungen des § 16 BetrAVG 69 Mit der Erteilung der Versorgungszusage hat der Arbeitgeber nicht nur die Ver-

pflichtung zur Zahlung eines bestimmten Rentenbetrages übernommen. Das BetrAVG verpflichtet ihn, die Anpassung der laufenden Zahlung regelmäßig zu überprüfen, um die Werthaltigkeit der Zusage zu erhalten.

a) Prüfung im 3-Jahres-Turnus 70 Der Arbeitgeber hat alle drei Jahre die Anpassung der laufenden Leistungen der bAV

zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden.85 Die Verpflichtung gilt als erfüllt, wenn die Anpassung mindestens dem Anstieg ■ des Verbraucherpreisindexes für Deutschland oder ■ der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens im Prüfungszeitraum entspricht.86 In die Prüfung sind die Belange des Versorgungsberechtigten und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers einzubeziehen. In der Praxis ist der Anstieg der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergrup71 pen schwer zu ermitteln. Dies liegt hauptsächlich an der in der Regel fehlenden Vergleichsgruppe der vergleichbaren Arbeitnehmer, so dass die Anpassung üblicherweise auf Basis des Verbraucherpreisindexes durchgeführt wird.87 5 Beispiel Die Zahlung der Betriebsrente in Höhe von 100,00 € beginnt zum 1.7.2016. Die erste Anpassungsprüfung erfolgt zum 1.7.2019. Die Anpassung ist bei einer Orientierung am Verbraucherpreisindex wie folgt vorzunehmen: Verbraucherpreisindex Juni 2016: 100,7 Verbraucherpreisindex Juni 2019: 105,7 Anpassungssatz zum 1.7.2019: 105,7 : 100,7 – 1 = 5,0% Die Rente ist zum 1.7.2019 auf 105,00 € zu erhöhen.

b) Jährliche Anhebung um 1% 72 Für ab 1999 erteilte Versorgungszusagen ermöglicht der Gesetzgeber dem Arbeitge-

ber ein vereinfachtes Anpassungsverfahren: Die vorgenannte Anpassungsprüfung im 3-Jahres-Turnus kann unterbleiben, sofern der Arbeitgeber sich verpflichtet, die laufenden Leistungen jährlich um wenigstens 1% anzupassen.88 Hierbei schreibt

_____ 85 Vgl. § 16 Abs. 1 BetrAVG, grundsätzlich dazu Kap. 8 Rn. 386 f. 86 Verbraucherpreisindex ist abrufbar beim Statistischen Bundesamt unter www.destatis.de. 87 Siehe dazu Kap. 8 Rn. 408 ff. 88 Vgl. § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG; siehe auch Kap. 8 Rn. 438.

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der Gesetzgeber ganz bewusst vor, dass diese Vereinfachungsregelung nur auf Zusagen anwendbar ist, die nach dem 31.12.1998 erteilt wurden.89 Lediglich die Tarifpartner können hier etwas anderes bestimmen, da die Anpassungsvorschriften tarifdispositiv sind.90 Praxistipp 3 Die Anpassungszeitpunkte lassen sich zur Verwaltungsvereinfachung für alle Rentner auf einen gemeinsamen Stichtag (z. B. den Jahresanfang) legen.91 Bei dieser Vorgehensweise ist zu beachten, dass die Anpassung für einzelne Rentner bereits bis zu sechs Monate früher und für andere erst bis zu sechs Monate später erfolgt.92 Die dadurch entstehende Abweichung ist bei der erstmaligen Ermittlung der jeweiligen Anpassungssätze bei Verwendung der individuellen Verbraucherpreisindizes entsprechend zu berücksichtigen. Ab der zweiten Anpassung kann die Anpassung dann z. B. auf Basis der Indizes zum 1.1. erfolgen. Bei einer Anpassung im 3-Jahres-Turnus teilt man den Rentnerbestand in drei Teilbestände, die jeweils rollierend anzupassen sind.

Wird die bAV im Durchführungsweg Direktzusage oder Unterstützungskasse durch 73 Entgeltumwandlung finanziert, ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, die laufenden Versorgungsleistungen mindestens um 1% pro Jahr anzupassen.93

2. Geringere Anpassung Die Formulierung von § 16 Abs. 1 BetrAVG stellt bewusst auf die Prüfung der An- 74 passung und nicht auf die Anpassung selbst ab. Der Arbeitgeber hat also die Prüfung durchzuführen und nach „billigem Ermessen“ zu entscheiden, ob bzw. in welcher Höhe er eine Rentenanpassung durchführt.94 Die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stellt hohe Anforderungen an eine Anpassung unterhalb der gesetzlichen Vorgaben. Praxistipp 3 Es besteht keine Verpflichtung zur Anpassung bei monatlichen Raten im Rahmen eines Auszahlungsplans sowie bei Renten ab Vollendung des 85. Lebensjahres im Anschluss an einen Auszahlungsplan.95 Im Rahmen eines Auszahlungsplans trägt der Arbeitgeber jedoch das Risiko, die zugesagten Leistungen auch über den Tod hinaus erbringen zu müssen.

_____ 89 Vgl. § 30c Abs. 1 BetrAVG. 90 Vgl. § 19 Abs. 1 BetrAVG. 91 Vgl. BAG, Urt. v. 28.4.1992 – 3 AZR 142/91; Kap. 8 Rn. 399 ff. 92 Vgl. BAG, Urt. v. 11.11.2014 – 3 AZR 117/13. 93 Vgl. § 16 Abs. 5 BetrAVG. 94 Siehe zu den Details Kap. 8 Rn. 418 ff. 95 Vgl. § 16 Abs. 6 BetrAVG.

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3. Zu Recht unterbliebene Rentenanpassungen 75 Sind die Voraussetzungen für eine (teilweise) Unterlassung der Rentenanpassung

erfüllt, dann braucht der Arbeitgeber diese zu Recht unterbliebene Anpassung auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht nachzuholen.96 3 Checkliste Eine Anpassung gilt als zu Recht unterblieben, wenn der Arbeitgeber ■ dem Versorgungsempfänger die wirtschaftliche Lage des Unternehmens schriftlich dargelegt, ■ der Versorgungsempfänger nicht innerhalb von drei Kalendermonaten nach Zugang der Mitteilung schriftlich widersprochen hat und ■ er auf die Rechtsfolgen eines nicht fristgemäßen Widerspruchs hingewiesen wurde.97 76 Soweit eine Anpassung wegen der wirtschaftlichen Lage zu früheren Anpas-

sungsstichtagen zu Recht unterblieben ist und deshalb bei späteren Anpassungen nicht mehr nachgeholt werden muss, dürfen sowohl der damals zu verzeichnende Anstieg des Verbraucherpreisindexes als auch die damals zu verzeichnenden Reallohnerhöhungen bei den späteren Anpassungsentscheidungen unberücksichtigt bleiben.98 5 Beispiel Die Zahlung der Betriebsrente in Höhe von 100,00 € beginnt zum 1.7.2010. Die erste Anpassungsprüfung wurde zum 1.7.2013, die zweite zum 1.7.2016 und die dritte zum 1.7.2019 zu Unrecht unterlassen. Verbraucherpreisindex Juni 2010: 93,2 Verbraucherpreisindex Juni 2013: 98,5 Verbraucherpreisindex Juni 2016: 100,7 Verbraucherpreisindex Juni 2019: 105,7 Der Versorgungsberechtigte fordert im Juni 2019 eine Anpassung. Der Arbeitgeber muss die Renten (teilweise rückwirkend) gemäß der ständigen BAG-Rechtsprechung wie folgt erhöhen:99 zum 1.7.2013 um 5,7% auf 105,70 € zum 1.7.2016 um 2,2% auf 108,03 € zum 1.7.2019 um 5,0% auf 113,43 € Aufgrund der Verjährungsfristen muss der Arbeitgeber die erhöhten Renten für max. vier Jahre nachzahlen.100 Somit sind seit dem 1.7.2013 insgesamt 323,28 € nachzuzahlen.

_____ 96 Vgl. § 16 Abs. 4 S. 1 BetrAVG; siehe dazu Kap. 8 Rn. 427 f. 97 Vgl. § 16 Abs. 4 S. 2 BetrAVG. 98 Vgl. BAG Urt. v. 28.5.2013 – 3 AZR 125/11 und BAG Urt. v. 20.8.2013 – 3 AZR 750/11. 99 Siehe auch BAG, Urt. V. 17.4.1996 – 3 AZR 56/95, BAG, Urt. V. 25.4.2006 – 3 AZR 372/05, BAG, Urt. v. 21.8.2007 – 3 AZR 330/06, BAG, Urt. v. 10.2.2009 – 3 AZR 610/07, BAG, Urt. v. 21.10.2014 – 3 AZR 937/12. 100 Vgl. Rn. 30.

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4. Nachholpflicht Die Regelung, dass zu Recht unterbliebene Rentenanpassungen nicht nachgeholt 77 werden müssen, gilt nicht für alle zu Recht unterbliebenen Rentenanpassungen (nach der vorangehenden Definition). Für Rentenanpassungen, die vor Aufnahme der entsprechenden Regelung in das BetrAVG (also vor 1999) zu Recht unterlassen wurden, gilt eine Nachholpflicht.101 Beispiel 5 Ein Arbeitgeber hat nach einer langen Phase der wirtschaftlichen Schwäche im Zeitraum von 1990 bis 2010 zu Recht auf eine Rentenanpassung verzichtet. Bei den ab 2011 durchzuführenden Anpassungsprüfungen sind die zu Recht unterlassenen Rentenanpassungen für die Jahre 1990 bis einschließlich 1998 im Rahmen der nächsten Anpassung nachzuholen. Die Anpassungen der Jahre 1999 bis 2010 brauchen hingegen nicht nachgeholt zu werden.

VII. Verfahren bei Versorgungsausgleich102 1. Auskunftspflicht des Arbeitgebers Führt der Arbeitgeber die bAV im Durchführungsweg Direktzusage durch, ist er im 78 Rahmen des familiengerichtlichen Versorgungsausgleichsverfahrens verpflichtet, Auskünfte über die erwarteten Versorgungsleistungen des ausgleichspflichtigen Mitarbeiters zu erteilen. Die zu erteilenden Auskünfte sind standardisiert und beinhalten neben Aussagen zur Art der Versorgungszusage (Rente, Kapital) und zum Status der Unverfallbarkeit im Wesentlichen den „Wert“ des berechneten Ehezeitanteils sowie einen Vorschlag für den „Ausgleichswert“ für den ausgleichsberechtigten Ehepartner. Bei der Berechnung des Ausgleichswertes dürfen Kosten für die Teilung berücksichtigt werden.

_____ 101 Vgl. § 30c Abs. 2 BetrAVG. 102 Siehe dazu grundsätzlich Kap. 11.

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Abbildung 1: Offizieller Auskunftsbogen zum Versorgungsausgleich, Seite 1

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Abbildung 2: Offizieller Auskunftsbogen zum Versorgungsausgleich, Seite 2

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2. Bestimmung des Ausgleichswerts 79 In der Regel wird der Wert der Versorgungszusage als Kapitalwert in Höhe des Über-

tragungswertes gemäß § 4 Abs. 5 BetrAVG angegeben. Dies ist der unter versicherungsmathematischen Grundsätzen ermittelte Barwert der voraussichtlichen zukünftigen Versorgungsleistungen, d. h. umgangssprachlich ausgedrückt, das Kapital, das benötigt wird, um unter Berücksichtigung der angenommenen Verzinsung, des Rententrends sowie der Sterbewahrscheinlichkeiten die zugesagte Versorgungsleistung zu erfüllen.103 Diese Art der Berechnung wird deshalb im Normalfall von einem Aktuar oder Versicherungsmathematiker durchgeführt. Selbstverständlich ist auf die Begebenheiten der Ehezeit abzustellen, d. h. spätere Erhöhungen der Versorgungszusage oder Entgeltumwandlung außerhalb des Ehezeitraums bleiben unberücksichtigt. Alternativ besteht die Möglichkeit, die Versorgungszusage ohne Berücksichti80 gung der Versicherungsmathematik gemäß der Rentenformel bzw. der zugesagten Leistungen zu teilen.104 5 Beispiel Eintritt im Alter 27, Ende der Ehezeit im Alter 47, Versorgungzusage: 1.000,00 €, Altersgrenze 67 Beginn der Ehezeit im Alter 37 ■ Unverfallbarkeit erreicht, somit teilungsreif ■ Unverfallbarer Anteil der Versorgung zum Ehezeitende: 500,00 € = (47 – 27) / (67 – 27) = 20/40 von 1.000,00 € ■ Ehezeitanteil: 250,00 € = (47 – 37) / (47 – 27) = 10/20 von 500,00 € ■ Vorschlag für Ausgleichswert (entspricht der Hälfte des Ehezeitanteils): 125,00 € (ohne Berücksichtigung von Teilungskosten) 81 Die Einfachheit der Berechnung in diesem Beispiel wird so in der Praxis üblicherwei-

se nicht zu finden sein, so dass sich selbst diese vereinfachte Berechnungsweise in der Regel komplizierter darstellen wird. Zudem ergibt sich das Problem, dass die Berechnung die individuellen Gegebenheiten wie z.B. das Alter und damit die Lebenserwartung des ausgleichsberechtigten Ehepartners nicht berücksichtigt. Da unabhängig von der Art der Berechnung des Ehezeitanteils bzw. des Aus82 gleichswertes der korrespondierende Kapitalwert angegeben werden muss, ist eine Bewertung durch einen Aktuar oder Versicherungsmathematiker unumgänglich.

3. Interne oder externe Teilung 83 In der bisherigen Darstellung des Versorgungsausgleichs wird von einer Aufnahme

des ausgleichsberechtigten Partners in das unternehmenseigene Versorgungswerk,

_____ 103 Siehe Kap. 11 Rn. 49. 104 Kap. 11 Rn. 15.

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der sog. internen Teilung,105 ausgegangen. Soll die Aufnahme unternehmensfremder Personen in das eigene Versorgungswerk vermieden werden, besteht die Möglichkeit zur sog. externen Teilung.106 Bei der externen Teilung braucht der Arbeitgeber sich nicht um die Administration zu kümmern und er übernimmt keine unbekannten Risiken in das eigene Versorgungswerk. Zahlt er den korrespondierenden Kapitalwert im Rahmen der externen Teilung in einen Versicherungsvertrag oder an die Versorgungsausgleichskasse, dann werden die späteren Leistungen für den Ausgleichsberechtigten in der Regel niedriger ausfallen als bei einer internen Teilung. Die Unternehmen der Versicherungsbranche müssen mit konservativeren Bewertungsannahmen kalkulieren, weshalb der zum Ehezeitende noch gleiche Kapitalwert oftmals zu einer geringeren monatliche Rentenleistung führt, was immer wieder zu Kritik an der externen Teilung führt.

4. Kosten beim Arbeitgeber Die Einbindung des Arbeitgebers in das Versorgungsausgleichsverfahren verursacht 84 bei den Arbeitgebern einen nicht unerheblichen Aufwand. Angefangen beim zeitlichen Aufwand für die Beantwortung der Fragen des Familiengerichts entstehen in der Regel Kosten durch die versicherungsmathematische Bewertung für die Teilung des Versorgungsanspruches sowie im Falle der internen Teilung durch die Aufnahme des ausgleichsberechtigten Ehepartners in das Versorgungswerk. Der Arbeitgeber ist berechtigt, diese Aufwendungen von dem Kapitalwert abzuziehen, damit er durch die Scheidung des Mitarbeiters nicht zusätzlich belastet wird. In der Praxis hat sich aufgrund der Rechtsprechung des BGH ein pauschaler Ansatz in Höhe von 2 bis 3% des Kapitalwertes, limitiert auf einen Höchstbetrag von regelmäßig nicht mehr als 500,00 €, etabliert.107 Der Versorgungsträger kann jedoch geltend machen, dass ein Höchstbetrag von 500,00 € für seine Mischkalkulation nicht ausreicht und unter Beibringung der durchschnittlich zu erwartenden Teilungskosten im Rahmen einer Angemessenheitsprüfung höhere Kosten ansetzen. Der pauschale Ansatz entspricht einer Mischkalkulation und somit keinem rea- 85 listischen Kostenansatz, da durch den prozentualen Ansatz suggeriert wird, dass Personen mit einem höheren Rentenanspruch auch einen höheren Verwaltungsaufwand beim Arbeitgeber erzeugen. In der Praxis ist dies normalerweise jedoch nicht der Fall, da der Aufwand für alle betreuten Personen regelmäßig gleich oder zumindest ähnlich ist und nur von den biometrischen Daten, also von der Dauer der Zahlung und somit von der Lebenserwartung abhängt. Will man also die tatsächlich

_____ 105 Siehe Kap. 11 Rn. 71 ff. 106 Kap. 11 Rn. 84 ff. 107 BGH, Beschl. v. 25.3.2015 – XII ZB 156/12 und Beschl. v. 18.3.2015 – XII ZB 74/12; siehe auch Kap. 11 Rn. 82 f.

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voraussichtlich anfallenden Verwaltungskosten berücksichtigen, muss man die für die Verwaltung entstehenden monatlichen Kosten ebenso wie die auszuzahlende Rentenverpflichtung versicherungsmathematisch mit dem Barwert bewerten.108 Zudem ist zu kritisieren, dass die Grenze von 500,00 € starr ist und die Steigerung der Lohn- und Gehaltskosten, die Inflation sowie wie das Absinken des Rechnungszinssatzes (von 5,14% zum Ehezeitende 2011 aus dem vorgenanntem BGH-Urteil auf etwa 2% Ende 2019), das zu höheren Kapitalwerten führt, nicht berücksichtigt werden.

B. Management eines internen Versorgungsträgers B. Management eines internen Versorgungsträgers Herrmann 86 Das Management der bAV bei einem Versorgungsträger wird durch das Dreiecks-

verhältnis von Arbeitgebern, Arbeitnehmern bzw. Leistungsempfängern sowie dem Träger selbst bestimmt.109 Ziel ist es, die Erwartungen an die Einfachheit von Geschäftsprozessen, Verständlichkeit der Kommunikation und Sicherheit von Daten bei niedriger Kostenquote dauerhaft zu erfüllen. Bei der Darstellung der praktischen Erfahrungen aus der Verwaltung von Daten 87 und Dokumenten sowie der grundlegenden Anforderungen an Aufbau- und Ablauforganisation wird grundsätzlich unterschieden zwischen Prozessen/Meldungen des Arbeitgebers (Unternehmen) und der Anwärter/Leistungsempfänger (Versicherte).

I. Datenverwaltung 1. Erfassung/Änderung von Personendaten bei Firmenmeldungen 88 Ziel muss es sein, die Prozesse so nah wie möglich an die Gehaltsabrechnung zu koppeln, da nur so sichergestellt werden kann, dass die Daten am Anfang des Prozesses nur einmal erfasst bzw. gepflegt und korrigiert werden und so über den Gesamtprozess der Aufwand niedrig und die Datenqualität hochgehalten werden können. Einige Gehaltsabrechnungssysteme bieten die Erstellung eines Datenträgers bei der Gehaltsabrechnung, der alle bAV-relevanten Daten zur Person und zum Beitrag enthält. Dazu gehören neben den Stammdaten der Person Beitragsmerkmale wie Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil sowie die steuerliche Aufteilung. In Abstimmung mit dem Versorgungsträger können die konkreten Ausprägungen der Vertragsdaten so an Lohnarten geknüpft werden, dass eine automatisierte Prüfung und Übernahme in das Bestandssystem des Versorgungsträgers möglich ist. Vor-

_____ 108 Siehe Lucius/Veit/Groß, BetrAV 1/2011, 52, 54. 109 Für die Rechtsbeziehungen in dem für einen mittelbaren Durchführungsweg typischen Dreiecksverhältnis siehe Kap. 1 Rn. 345 ff.

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aussetzung sind eine detaillierte Schnittstellenbeschreibung und eine übersichtliche Darstellung der zu meldenden Vertrags- und Tarifmerkmale. Im Sinne des Datenschutzes und des Prinzips der Datensparsamkeit sollten keine für das Vertragsverhältnis irrelevanten Daten übermittelt werden. In der Regel haben Personalabrechnungssysteme eine Personensicht, Versi- 89 cherer aber eine Vertragssicht. Neben der Möglichkeit mehrerer rechtlich eigenständiger Verträge der Person (wie Grundversorgung und Entgeltumwandlung) können auf Seiten des Versicherers rechtliche Verträge mehrere eher technische Ausprägungen haben, angefangen bei der Fortführung eines Vertrages bei Arbeitgeberwechsel und Übernahme der Zusage (Wechsel des Versicherungsnehmers) bis hin zu unterschiedlichen Rechnungszins-Generationen. Darüber hinaus haben Arbeitgeber zum Teil Leistungen mit ihren Mitarbei- 90 tern vereinbart, die über eine Klammer wie (Gesamt-)Zusagen in Versorgungsordnungen/Betriebsvereinbarungen in Abhängigkeit zueinanderstehen. So kann es unterschiedliche Daten zu Eintrittsbeginn (Eintritt in das Unternehmen, Beginn der Zusage, Beginn des Vertrages) und/oder Leistungsbeginn geben (Rentenbeginn zu einem konkreten Lebensjahr, zum Start der gesetzlichen Rente, nach einer fixen Laufzeit). Arbeitgeber und Versorgungsträger sollten Lösungen finden, die die Aufwände 91 auf Seiten der Personalabrechnung geringhalten und die Differenzierung auf Seiten der Versicherungsvertragsverwaltung sicherstellen. Die Notwendigkeit der unterschiedlichen Behandlung von Verträgen ergibt sich aus den Informationspflichten gegenüber dem Versicherten110 und den Anforderungen einer korrekten Leistungsfestsetzung und -abrechnung. Praxistipp 3 In der Praxis kommt es trotz Abstimmung und Dokumentation zu Abweichungen zwischen erwarteten und gemeldeten Daten, bspw. bei Tarifkennzeichen, in der steuerlichen Aufteilung des Beitrages oder der Behandlung von Abwesenheitszeiten wie Elternzeit. Diese können durch Qualitätssicherungen auf der Basis von Plausibilitäten gut ermittelt und ausgesteuert werden: Zum Vergleich zieht man sowohl die letzten Meldedaten als auch die Bestandsdaten heran – siehe dazu auch Meldungen von Anwärtern und Leistungsempfängern. Der zuständige Versorgungsträger-Sachbearbeiter korrigiert alle gemeldeten Abweichungen, im Zweifel durch Rücksprache mit dem FirmenPersonalsachbearbeiter, und löst die Übernahme der Daten in das Bestandssystem aus. Gibt es keine Abweichungen, kann dieser Schritt auch automatisiert erfolgen. Durch die standardisierte Form des Datenaustausches können Korrektur-Meldungen auf dem gleichen Weg vom Versorgungsträger an das Unternehmen gemeldet werden, was die Bereinigung von Fehlern in Datenträgermeldungen bei großen Beständen wesentlich erleichtert.

_____ 110 Siehe zu den arbeitsrechtlichen Informationspflichten Kap. 1 Rn. 782 ff. und zu den versicherungsaufsichtsrechtlichen und versicherungsvertraglichen Informationspflichten Kap. 6 Rn. 75 ff, 113, 127, 199 ff.

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92 Ziel ist eine Quote zu korrigierender Datenmeldungen von unter einem Prozent; eine

hohe Datenqualität ist die Voraussetzung für die sichere, automatisierte Verarbeitung von Massendaten. Insbesondere rückwirkende Änderungen in den Meldungen verlangen ein komplexes Regelwerk zur Plausibilisierung und Steuerung der Folgeprozesse, automatisierte Testverfahren und ein strukturiertes Controlling. Der automatisierte Abgleich von Beitragsmeldungen, Haupt- und Nebenbüchern zur korrekten Zuordnung der Zahlungen zu Verträgen und eine standardisierte Differenzerklärung an das meldende Unternehmen gehören genauso dazu wie die datenschutzrechtlichen Aspekte in Verträgen und bei der Datenübertragung. Für Arbeitgeber, deren Gehaltsabrechnungssystem diese Möglichkeit nicht bie93 tet, kann das Datenträgerformat über ein Erfassungsprogramm des Versorgungsträgers (als lokale PC-Anwendung oder online als Portallösung) erstellt werden, die Verarbeitung erfolgt dann in gleicher Weise. Der Effizienzvorteil in der Personalabteilung des Arbeitgebers liegt in der Bearbeitung der Bestandsdatei, lediglich die analog zur Gehaltsabrechnung durchgeführten Geschäftsvorfälle/Änderungen müssen erfasst werden, um einen kompletten Datenträger zu erstellen. Bei kleinen Unternehmen (oder einem den bestehenden Vertrag fortführenden 94 Arbeitgeber) ist aufgrund der geringen Personenzahl und seltener Änderungen die formlose, im besten Fall (Online-)Formular-basierte Meldung weiterhin ein praktikabler Weg: Wichtig ist, dass der Firmen-Personalsachbearbeiter weiß, wohin er sich bei Änderungen und Fragen wenden kann, das bAV-Know-how besitzt der Sachbearbeiter des Versorgungsträgers.

2. Erfassung/Änderung von Personendaten bei Meldungen von Anwärtern und Leistungsempfängern 95 Die Änderungen von Personendaten erreichen einen Versorgungsträger auf allen verfügbaren Wegen: Anruf, Brief, Fax, E-Mail und Online-Formular erfordern zum Teil unterschiedliche Folgeprozesse. Die Herausforderung beginnt bei der korrekten Identifikation des Anrufers/Absenders, da insbesondere E-Mails beim Erstkontakt selten eine gültige Postadresse noch eine vertrauenswürdige Absenderangabe haben. Weder DeMail noch epost haben nennenswerte Nutzerzahlen erreicht und praktisch jeder „MaxMustermann@xxx“ kann ein Alias sein. Der Versorgungsträger muss definieren, anhand welcher Kriterien er die Identifikation prüfen kann und vornimmt; so kann eine Vorschrift zur Prüfung der Unterschrift im Zeitalter digitaler Kommunikation oder nach Namensänderungen ins Leere laufen. Kombinationen aus Name, Anschrift, Versicherungs-/Vertragsnummer, Geburtsdatum und E-Mailadresse können am Telefon oder über Pflichtfelder in (Online-)Formularen Sicherheit bieten. Die Daten werden entweder an einer Schnittstelle übernommen (Online-For96 mular) oder erfasst. Welche Technologie (Stichworte OCR und ICR) oder wieviel Personalaufwand dabei zum Einsatz kommt, muss nach Stückzahlen, Kundenerwartung und Verarbeitungsqualität entschieden werden. Herrmann

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Neben den Stammdaten einer Person sind aber auch die vertraglichen Konstel- 97 lationen von Relevanz. Hierbei ist zu differenzieren zwischen Anwärtern und Leistungsempfängern mit unterschiedlichem Status. Die Auswirkungen auf die Datenmeldungen seien hier kurz skizziert:

a) Fallgruppe 1 Anwärter, die als Arbeitnehmer versicherte Person mit dem Arbeitgeber als 98 Versicherungsnehmer sind: Alle vertragsrelevanten Daten meldet der Arbeitgeber. Aufgrund der bei Stammdaten in der Regel zeitlichen Verzögerung zwischen den Meldungen des Arbeitgebers und des Versicherten – bspw. bei Umzug – ist die Historisierung der Daten unerlässlich und bei der Dunkelverarbeitung (automatische Verarbeitung über Nacht) mit zu berücksichtigen, um bereits aktualisierte Stände nicht mit veralteten Meldungen zu überschreiben.

b) Fallgruppe 2 Anwärter, die als Arbeitnehmer einen zur Grundversorgung des Arbeitgebers 99 zusätzlich privat finanzierten Vertrag haben (bspw. Weiterversicherung oder Entgeltumwandlung): Ob der Arbeitgeber den Entgeltumwandlungsvertrag seines Mitarbeiters meldet und finanziert oder ein Anwärter eine bestehende Versorgung selbst weiterzahlt (Weiterversicherung), hat Auswirkungen sowohl auf die Vertragseigenschaften (Versicherungsnehmer) als auch auf Dienstleistungsmerkmale (wie Bescheinigungen). Zu berücksichtigen ist die Versicherungsnehmereigenschaft bspw. bei der Auskunft der Versorgungsansprüche an den Arbeitgeber. Hier sollte die private Vorsorge keine Berücksichtigung finden.

c) Fallgruppe 3 Anwärter, die ihre Versorgung nach Ausscheiden aus dem Unternehmen pri- 100 vat fortführen (als „freiwillige Weiterversicherung“) und somit Versicherungsnehmer sind ebenso wie Versorgungsausgleichsberechtigte, die den Vertrag mit eigenen Beitragszahlungen fortführen: Um Nacharbeiten wegen ausstehender oder ungenauer Zahlungen zu vermeiden, agiert man idealerweise mit SEPA-Mandat und Lastschriftverfahren. Dies erleichtert die Zuordnung zum richtigen Vertrag. Für Versorgungsausgleichsberechtigte muss es die Möglichkeit des „manuel- 101 len“ Zuganges geben, da hier keine initiale Meldung des Arbeitgebers vorliegt. Zu beachten ist dabei die korrekte Erfassung der vom Gericht verfügten Versorgungsausgleichsdaten und Fristen (Wirksamkeit des Beschlusses). Herrmann

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d) Fallgruppe 4 102 „Beitragsfreie“ oder unverfallbar Ausgeschiedene ebenso wie Versorgungsaus-

gleichsberechtigte, die den Vertrag nicht fortführen: Da es außer der jährlichen Renteninformation für den Anwärter möglicherweise keinen Grund zur Kommunikation gibt, kann – sofern der Versicherte seiner Pflicht zur Umzugsmeldung nicht nachkommt – die Verbindung seitens des Versorgungsträgers kaum wiederhergestellt werden. Abgesehen vom finanziellen Aufwand zur Adressermittlung, ist ohne Post-Nachsendeauftrag die Quellenlage aus Sicht von Datenschutzaspekten schwierig. In der Praxis können Anspruchsberechtigte oder deren Hinterbliebene sich erst nach Jahrzehnten wieder melden.

e) Fallgruppe 5 103 Leistungsempfänger, zu denen hier auch Hinterbliebene und Bevollmächtigte ge-

hören: Die Unterschiede zu den Anwärtern liegen auf der Hand: Neben dem Statuswechsel des Einzahlers zum Empfänger, sind in Abhängigkeit von der zugesagten Leistung Kinderzuschüsse und Hinterbliebene oder in Einzelfällen auch Bevollmächtigte/Vertreter zu erfassen. Wenn in der Anwartschaftsphase unterschiedliche Schreibweisen von Bearbeitern und Systemen toleriert werden können, ist für Leistungsempfänger mit dem Einzug des elektronischen Datenaustauschs mit Finanzämtern und Krankenkassen diese Zeit vorbei. Allein differierende Schreibweisen von Umlauten führen zum Interpretationsergebnis verschiedene Personen. Bei mehreren Empfängern aus einem Leistungsanspruch – wie bei mehreren 104 Hinterbliebenen, aber auch nach einem Versorgungsausgleich – behalf man sich zu früheren Zeiten mit gemeinsamen Akten, Suffixen oder Insiderwissen. Heute ist jeder Leistungsempfänger eine eigenständige Person mit eigener Personal- und Steuernummer; das gilt auch für Hinterbliebene, die eine Sterbefall-Leistung als Einmalzahlung erhalten. Für alle Fälle gilt: eine im System sichtbare Verknüpfung wie auch eine personalnummernübergreifende Dokumentensuche sind hier hilfreich. Eine zusätzliche Herausforderung für Systeme kann bei mehreren Verträgen oder Leistungen mit unterschiedlichem Leistungsbeginn für dieselbe Person der gleichzeitige Status als Anwärter und Rentner sein. Gewollte wie ungewollte Redundanzen erfordern in jedem Fall Aufmerksamkeit und Systemunterstützung. Will man standardisierte Folgeprozesse wie die Erstellung von Meldungen und Bescheinigungen nutzen, sollte man Sonderbestände vermeiden. Das ist bei Geschäftsvorfällen mit geringen Stückzahlen und wenig standardisierter Systemunterstützung (bspw. als Drittschuldner in einem Pfändungsverfahren) nicht immer möglich. Man sollte die Konstellationen jedoch definieren, laufend überprüfen und keine Kategorie „Sonstiges“ einführen.

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f) Datenqualität Solange ein Versicherter Arbeitnehmer ist und die Daten von seinem Arbeitgeber 105 kommen oder zumindest verifiziert werden können, ist die Datenqualität relativ einfach sicherzustellen. Jeder selbstzahlende Versicherungsnehmer oder Leistungsempfänger muss zwar selbst für die Aktualität seiner Daten beim Versorgungsträger sorgen – unzustellbare Briefe, zurückkommende Zahlungen oder wiederholte Mahnschreiben bei nicht gedeckter Lastschrift sind bei Hunderttausenden Versicherten allerdings betrieblicher Alltag. Um den Aufwand gering zu halten, bieten sich neben einer guten, einfach zu handhabenden Unterstützung über verständliche Formulare, auskunftsfähige Webauftritte/Portale oder eine kostenfreie Hotline externe Unterstützer an: für Leistungsempfänger Vereinbarungen mit Kreditinstituten, für die Post Dienstleistungen wie Zustellbarkeitsprüfung und Adressermittlung. Fettnapf 3 Bei der Anbieter- und Dienstleistungs-Auswahl dürfen Datenschutzaspekte nicht vergessen werden.

II. Dokumentenverwaltung Versicherungsunterlagen Geschäftsvorfallbearbeitung muss heute längst nicht mehr dokumentenbasiert 106 sein, historisch geprägt und bis heute finden sich Anträge und Versicherungsscheine, Bescheinigungen und Bescheide, mit Stempeln und Unterschriften und Durchschlägen für die Ablage. Aktuell nimmt die Idee von Protokollierung und Nachweisen immer mehr Raum ein, Verbraucherinformationen und Datenschutzerklärungen gibt es zwar auch online, weniger Dokumente werden es jedoch nicht. In der Praxis stellt sich also die Frage, wo und wie und wie lange aufbewahrt werden muss. Versorgungseinrichtungen mit über hundertjähriger Geschichte haben einige 107 Etappen der historischen Entwicklung von Archiven durchlebt. Nach der AktenRegistratur begann vor etwa 50 Jahren die Verfilmung erloschener Versicherungsverträge, vor 25 Jahren die Digitalisierung von Unterlagen, ab den 90er Jahren wurden keine neuen Papierakten für Versicherte mehr angelegt. Die optischen Platten (WORM) wurden kleiner, die Schreibdichte höher – und heute gilt der Magnetspeicher als preiswert und sicher genug, um Terrabytes von Daten über lange Zeiträume aufzubewahren. Zudem finden Cloud-Lösungen auch unter IT-Sicherheitsaspekten immer mehr Akzeptanz und Zuspruch. Die Vorschriften für die Aufbewahrung haben sich zwar im Bereich des 108 Rechnungswesens geändert (Stichworte GoBS, GDPdU, GoBD), im Grunde gelten aber HGB und AO unverändert. Zur Klarstellung empfiehlt sich innerbetrieblich die Veröffentlichung einer Organisationsanweisung zur Archivierung, in der alle relevanten Dokumenten-Gruppen mit Aufbewahrungsart und -dauer, Rechtsgrundlage und fachlich Verantwortlichem (auch für das Löschen/Vernichten) aufgeführt sind. Herrmann

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Mit Blick auf die Art der Aufbewahrung sind Dokumentenmanagement-Systeme heute weit verbreitete Standardprodukte, die in der Regel alle gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen erfüllen; bei der Auswahl sollten die Anforderungen der innerbetrieblichen Abläufe des Versorgungsträgers also im Vordergrund stehen. Die Größe des Speicherbedarfs, kalkulierter Zuwachs, Schnittstellen zu Bestandssystemen und Nutzer-Oberflächen sind nicht nur wichtig hinsichtlich Zukunftssicherheit und Preis, sondern auch für die Akzeptanz. Alles, was trotz Digitalisierung im Original aufbewahrt werden soll, passt je nach Bedeutung in brandsichere Safes oder weitgehend zutrittsgeschützte zentrale Räume.

3 Praxistipp Wichtig ist in der Praxis auch die Frage der Umsetzung mit Posteingang, Digitalisierung und Bearbeitung bis zum Postausgang. Unter Posteingang werden alle eingehenden Dokumente, die einerseits archiviert und andererseits bearbeitet werden müssen, erfasst. Das sind Briefe und E-Mails (Faxe können technisch wie E-Mails verarbeitet werden), aber auch Telefonnotizen, Anfragen aus Web-Formularen oder Datenmeldungen, die als Dokument eingehen (bspw. Dateien im csv-Format). Sobald die eingegangenen Papierdokumente gescannt und digitale Unterlagen im Archiv gespeichert sind, kann bei der weiteren Bearbeitung von einer Gleichbehandlung ausgegangen werden. Entscheidendes Kriterium für eine korrekte Zuordnung von Geschäftsvorfällen an die richtigen Bearbeitungsstellen (oder eine automatisierte Verarbeitung) sowie die Wiederauffindbarkeit sind eine gute Indexierung. 110 „Gut“ bedeutet dabei nicht „so viel wie möglich“: Indexieren kostet Aufwand. Zu

differenzieren sind Archiv-Informationen für die Dokumentensuche im Archiv, die für die „Ewigkeit“ gedacht sind und Steuerungsinformationen für die Geschäftsvorfallbearbeitung, die nach Abschluss der Bearbeitung lediglich als historischer Laufzettel abgelegt werden, aber keine Datenbankfelder für Jahrzehnte füllen müssen. Die einfachste Methode, den korrekten Index für die Archiv-Informationen zu 111 finden, ist den mit der Geschäftsvorfallbearbeitung betrauten Sachbearbeiter zu fragen, wonach er sucht. Wer lediglich eine Personal-/Vertrags- oder Versichertennummer plus Eingangs-Datum anbietet, zwingt bei der Suche möglicherweise dazu, viel zu blättern und zu lesen. Wer das Dokumentendatum hinzufügt, wird auf den Hinweis „mein/unser Schreiben vom …“ direkt fündig. Wer das Ganze um fachliche Register, Dokumententypen/-arten (wie Antrag, Bescheid, Zahlung) erweitert, kann in umfangreichen Akten nicht nur gut sortieren, sondern hat bereits Steuerungsinformationen erfasst. Was wann richtig ist, muss anhand der Aufgaben, der Häufigkeit und des Umfanges der Bearbeitungsfälle bewertet werden. Natürlich wird ein solcher Index über die Jahre angepasst, es kommen Felder oder Ausprägungen hinzu oder entfallen schlicht. Die Klärung zum Start ist deshalb so wichtig, weil in der Regel die Änderungen erst ab ihrer Einführung gelten und den Bestand um Informationen anzureichern, einfach zu aufwendig und teuer ist.

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Praxistipp 3 Als Steuerungsinformationen sind unterschiedlichste Modelle vorstellbar und im Einsatz: Nummernkreise und Endnummern lassen sich leicht zuordnen, passen aber nicht zur Idee von Vertretung und gesamthafter Betrachtung des Arbeitsanfalls. Organisations-Strukturen passen zur klassischen Post-Verteilung und können ebenso an Geschäftsvorfällen ausgerichtet werden Möglich sind auch Mischformen als eine etwas differenziertere Zuordnung. Man kann aber auch mit einer einfachen Steuerungsinformation starten und diese in der Bearbeitung zu einem gewünschten Archivierungsindex ausweiten, dazu weiter unten mehr. (Bei Versorgungsträgern mit wenigen Sachbearbeitern sind all diese Überlegungen sicherlich überflüssig: Was gut und effizient funktioniert, muss nicht durch Steuerung ersetzt werden.)

Für die Indexierung bzw. Erfassung der Archiv- und Steuerungsinformationen bie- 112 ten sich verschiedene Verfahren an, die durch die Struktur der eingehenden Dokumente bestimmt werden.

1. Barcode oder Data-Matrix-Code Nicht nur auf einzusendenden Unterlagen wie Anträgen, man kann diese struktu- 113 rierte Information auch auf praktisch alle Briefe aufbringen, wenn man die Rückläufer (unzustellbare Postsendungen) entsprechend verarbeiten will. Der Index beinhaltet hier nicht nur alle Archivierungsdaten, sondern auch die entsprechenden Zielpostkörbe. Nach dem Scanvorgang wird durch eine Erkennungssoftware der Barcode ausgelesen und die Werte ohne manuelle Eingriffe/Ergänzungen (das Eingangsdatum kommt aus dem Zeitstempel der Archivierung) in die Datenbanken übernommen. Wurde der Barcode im Bestandssystem generiert, kann die bloße Eingangsin- 114 formation (Antrag eingegangen) bereits Geschäftsvorfälle im Bestandssystem starten oder auch beenden. Diese Vorgehensweise birgt weitere Vorteile: Die Vergabe einer eindeutigen, einmaligen Nummer statt des Versuchs, möglichst viele Indexinformationen im Code unterzubringen. Zu der Nummer kann in einer Tabelle der komplette Index plus sämtlicher Steuerungsinformationen für den Eingang hinterlegt werden, die Tabelle wird beim Erkennen des Codes ausgelesen. Für eine Veränderung im betrieblichen Ablauf bei der Zuordnung/Verteilung des Posteinganges reicht die Änderung der Steuerungsinformation in der Tabelle für die entsprechenden Vorgänge. So können selbst sehr späte Rücksendungen oder Kopien von Antragsformularen leicht automatisch zugeordnet oder erkannt werden.

2. Daten lesen Besteht das Eingangsdokument bereits aus digitalen Daten, so können diese auch 115 von Programmen erkannt und extrahiert werden. Das betrifft natürlich alle dafür angelegten Datenstrukturen wie Online-Formulare, aber auch Betreff-Zeilen oder Texte in E-Mails. Bei den Formularen kann je nach Pflichtfeldern, Auswahlmöglich-

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keiten und Befüllung durch den Absender auch der Geschäftsvorfall klar erkennbar sein. Bei E-Mails sollte der Einsatz einer intelligenten Software zur Textinterpretation vom Mengengerüst und realisierbaren Effekten abhängen. Je nach Befüllungsoder Erkennungsqualität liegt eine strukturierte oder in wichtigen Punkten unstrukturierte Information vor.

3. Erfassung bei unstrukturierten Informationen 116 Dazu gehören praktisch alle eingesandten Dokumente und Informationen, deren Inhalt gelesen und bewertet, vor allem aber erfasst werden muss. Die klassische Briefpost hat daran den nach wie vor größten Anteil, die Menge an Briefen geht allerdings kontinuierlich zurück, eine Umkehrung dieser Entwicklung ist derzeit nicht zu erwarten. Mit einigen Scan- und Indizier-Arbeitsplätzen können die Posteingänge taggleich verarbeitet werden, insbesondere bei technisch gut unterstützter Stapelverarbeitung (wie bei der oben beschriebenen Verarbeitung von Eingangspost mit Bar- oder Data-Matrix-Code). Es reicht hier, die Informationen zu erfassen, die für eine korrekte Ablage und Zuordnung für die Bearbeitung benötigt werden und zur schnellen Erfassung geeignet sind (Nummern, Zahlen, Daten).

4. Postverteilung und Bearbeitung 117 Alle gescannte oder digital erfasste Eingangspost liegt nun in einem Archiv mit mehr

oder weniger Indexinformationen vor; wie beschrieben, sollte anhand dieser eine automatische Zuordnung/Verteilung zur Bearbeitung möglich sein. Das kann bei entsprechender Software-Unterstützung mengengesteuert erfolgen (bspw. anhand von Prozentwerten analog der Arbeits-/Einsatzzeit), als Sicht auf Sammel-/GruppenPostkörbe oder als ein einzeln angezeigter Geschäftsvorfall, dem nach der Bearbeitung der nächste folgt. Die Arbeitsweise kann in Abhängigkeit von der Komplexität des Vorganges mit fixen Workflows unterstützt oder viel Entscheidungsfreiheit des Sachbearbeiters versehen werden, bspw. durch eine automatische Weiterleitung an einen Prüfer (4-Augen-Prinzip), einen direkten Einstieg in das Bestandsverwaltungssystem oder eben Wahlmöglichkeiten für den nächsten Bearbeitungsschritt. Dabei kann auch eine Anreicherung der Indexwerte für das Archiv erfolgen, wenn diese für die Wiedervorlage oder Archivsuche sinnvoll erscheint. Nebeneffekt kann eine detaillierte Auswertungsmöglichkeit von Bearbeitungsmengen sein, die zukünftige Arbeitsplanungen erleichtert. Entscheidend für die Effektivität und Effizienz sind klare Vorstellungen über 118 das Verhältnis von Bearbeitungsaufwand und Kosten für die technische Unterstützung; in letztere sind neben Beschaffungs- oder Lizenzkosten auch Softwarepflege, Tests und Support einzubeziehen. In der Praxis finden sich neben einer umfangreichen, automatisierten Verarbeitung für Massendaten auch einzelne GeschäftsHerrmann

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vorfälle, deren technische Unterstützung sich auf Standard-Funktionalitäten für Archive und Postkorbsteuerung beschränkt. Zu entscheiden ist neben Archivierungsformaten, Indexstruktur und Steue- 119 rung der Geschäftsvorfallbearbeitung über die Geschwindigkeit der Bearbeitung: Hier gilt es, Kundenerwartung (wie lang darf eine Antwort auf eine E-Mail dauern, wie lang ein rechtzeitig eingereichter Rentenantrag) und interne Abläufe in Einklang zu bringen, die erforderlichen quantitativen und qualitativen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, über Service Level zu messen und Kundenreaktionen zu erfassen und zu bewerten.

5. Löschen von Daten Wie oben bereits erwähnt, empfiehlt es sich, in einer Organisationsanweisung zur 120 Archivierung die Vorschriften und gesetzlichen Regelungen für Dokumente und Daten zusammenzufassen und Verantwortliche zuzuordnen. Nicht nur im Sinne des Datenschutzes (Datensparsamkeit)111 ist es erforderlich, Löschkonzepte zu haben, die regeln, welche Dokumente/Daten wann, wie und mit wessen Wissen/Entscheidung gelöscht oder vernichtet werden. Die Besonderheit des Versorgungsträgers, dessen Verpflichtung eine lebenslange Leistung darstellt, hat mit der schnelllebigen Welt sozialer Medien oder einer zweijährigen Herstellergarantie wenig gemein. Insofern müssen aktuell dafür geschaffene Regeln im Interesse der Versicherten – Arbeitgeber wie Arbeitnehmer und Leistungsempfänger – mit Sorgfalt auf ihre Bedeutung und Anwendung geprüft werden. Das „Recht vergessen zu werden“ sollte weder einen potentiellen Leistungsempfänger treffen (auch wenn er als unverfallbar Ausgeschiedener Jahrzehnte seiner Verrentung harrt), noch einen Arbeitgeber in Verlegenheit bringen, eine nachweislich bei ihm beschäftigte Person mit einem Leistungsanspruch aus allen Unterlagen entfernt zu haben und als „unbekannt“ klassifizieren zu müssen. Fettnapf 3 Achtung, genau regeln, wann Daten dauerhaft gelöscht werden, sonst drohen unliebsame Überraschungen.

Als Grundregel gilt eine Aufbewahrungspflicht von 10 Jahren nach HGB für zah- 121 lungsrelevante Vorgänge und damit ein Löschzeitpunkt für einen Vertrag 10 Jahre nach dem Ableben des letzten möglichen Leistungsempfängers. Abrechnungsunterlagen u. ä. werden selbstverständlich schon während der Vertragslaufzeit/des Leistungsbezugs nach den gesetzlichen Aufbewahrungsfristen gelöscht, nicht aber Personen- und Vertragsdaten.

_____ 111 Siehe dazu grundsätzlich Kap. 7.

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Für die Vernichtung von Papierdokumenten und Datenträgern empfiehlt sich ein zertifiziertes Unternehmen, in dem sich der Datenschutzbeauftragte von der Ordnungsmäßigkeit der Abläufe überzeugen kann.

III. Dokumentenverwaltung 123 Die Gesamtheit der Dokumente des Versorgungsträgers wird als sog. schriftlich

fixierte Ordnung bezeichnet. Arbeitsanweisungen, Prozessdokumentation und interne Richtlinien sind in der Regel in einem Organisations- (OHB) oder Unternehmens-Handbuch (UHB) zusammengefasst. Dieses kann im Unternehmen zentral in einem Dokumenten- oder Content-Management-System inklusive Berechtigungssystematik verfügbar gemacht und über eine Intranet-Lösung leicht zugänglich und kommentiert/erklärt werden.

1. Prozesse und verantwortliche Abteilungen inkl. Arbeitsanweisungen 124 Alle wesentlichen Prozesse sind in einem Prozessdokumentationstool abgebildet,

der Umfang der Lösung variiert von bloßer Abbildung über integrierte Dokumente und Datenschnittstellen bis hin zur standardisierten Beschreibung nach Standards, die in Softwarelösungen umgesetzt werden können. Wichtig sind klare Abstimmungen und Festlegungen zu Verantwortlichkeiten, Schnittstellen zwischen Abteilungen und die Integration der Informationen, die im Prozess/Arbeitsschritt genutzt werden: von Dokumenten wie Arbeitsanweisungen über Checklisten/Entscheidungsmatrizen bis hin zur Software. So können alle in den Prozessen verlinkten Dokumente im Unternehmenshandbuch und alle an den Arbeitsschritten erfassten Daten in einer gut auszuwertenden Datenbank verfügbar gemacht werden, was den Export (bspw. csv-Dateien) oder die Erstellung von Standardreports ermöglicht. Ziele sind die Vermeidung von Redundanzen, um eine Pflege der Dokumente zu gewährleisten und eine zentrale Ablage, um neben einer vollständigen Sammlung der Unternehmensdokumentation auch einen Dokumentations-Support bieten zu können: Zentrale Formatvorlagen, Erinnerungsfunktion für die Wiedervorlage, Unterstützung bei der Versionierung, Verlinkungen im Intranet etc.

2. Risikomanagement (Prozessrisiken) 125 Mit der Integration der Prozessrisiken und ihrer Brutto-/Netto-Bewertung (vor und nach Prävention) werden die oben beschriebenen Möglichkeiten der Integration/ Schnittstellen optimal genutzt, da Risiken bei Prozessveränderungen leicht neu bewertet und angepasst werden können, bspw. zusätzliche Kontrollen ergänzt. So kann in der Praxis der Risikoeigner seine Einschätzung zu einem Risiko erfassen, das Risikomanagement die Auswertung auf Prozessebene erhalten und sich daraus Herrmann

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ergebende kumulierte Risiken erkennen. Operative Risiken und Bestands- oder Kapitalanlage-Risiken können zusammen mit Schlüsselkontrollen und Prozessverantwortlichen in einem Standard-Reporting zusammengefasst werden.

3. Organisationsanweisungen Diese regeln nicht nur auf oberster Ebene Verhalten und Zuständigkeit im Unter- 126 nehmen, sondern können auch die Verfahren der Erstellung und Pflege der schriftlich fixierten Ordnung festlegen, bspw. zur Prozessdokumentation, zur Archivierung und dem Management von Compliance, Informationssicherheit, Risiken und Datenschutz.

IV. Definition von Administrationsprozessen In der Praxis von hoher Bedeutung ist die Frage wie sich ein Versorgungsträger hin- 127 sichtlich seiner internen Organisation aufstellt.

1. Aufbau- und Ablauforganisation Das klassische Organigramm wird zumindest in Abteilungen/Fachbereichen mit 128 der Verantwortung für übergreifende Prozesse kollidieren: Verarbeitung der Beitragsmeldung nebst Zahlungseingang wird bei den wenigsten Versorgungsträgern in Personalunion mit Rentenfestsetzung und Krankenkassenmeldung einhergehen. Die Organisation der Unternehmensstruktur sollte daher – abgesehen von Stabsabteilungen – eine klare Zuordnung der Verantwortlichkeiten sicherstellen, wie sie in Prozessen als Schnittstellen oder parallele „Schwimmbahnen“ abgebildet und festgelegt sind. Das ermöglicht nicht nur die Identifikation derer, die übergreifende Fragen miteinander an definierten Übergabepunkten bis ins Detail klären können/sollen, sondern auch das Verständnis für die Weitergabe von Anforderungen, Auswirkungen und Wissen: Wenn der Rentenabrechner dem Beitragsverbucher erklärt, warum die korrekte steuerliche Aufteilung von so großer Bedeutung ist, muss er sich nicht Jahrzehnte später über mangelnde Sorgfalt in der Datenqualität grämen. Der Prozess bestimmt also, wie gearbeitet wird, das Organigramm zeigt, wer im 129 jeweiligen Prozessabschnitt die dort benannten Rollen besetzt. Das Rollen- und Berechtigungskonzept orientiert sich daher an den Prozessen, die mit den genutzten Softwareanwendungen und damit den bei der Bearbeitung verarbeiteten Daten verknüpft wurden; hilfreich und wichtig für eine Inventur der (digitalen) Informationswerte und das für die Prüfung der Datenschutzanforderungen zu erstellende Verfahrensverzeichnis.

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Daher gibt es neben den Betriebsprozessen eine Reihe von Administrationsprozessen, die regeln, wie Software zu testen und in Produktion zu stellen ist, wie Berechtigungen vergeben und überprüft werden, wer Prozesse ändert und freigibt, wie die innerbetrieblichen Abläufe funktionieren, wer welche Aufgaben darin hat und wie diese einer Kontrolle/Qualitätssicherung unterzogen werden. Das interessiert zu Recht den Wirtschaftsprüfer und es macht nach dem Initialaufwand in der Pflege wenig Arbeit, wenn man die Vermeidung von Redundanzen durchhält. Dezentrale Ablage erschwert nicht nur finden und zusammenstellen, sie birgt die Risiken mangelnder Aktualität und lückenhafter Beschreibungen. Haben die Prozess- und Risiko-Eigner den positiven Effekt eines gemeinsamen, zentral unterstützten Dokumentationsbereiches – idealerweise in Prozessform – erlebt und verstanden, werden Mitarbeit und Verantwortung für die zumindest jährliche Überprüfung zur Selbstverständlichkeit.

5 Beispiel Die Betriebsorganisation als zentrale Prozesspflegestelle organisiert gemeinsam mit der internen Revision, die alle Schlüsselkontrollen prüft, einmal jährlich mit jedem Prozess- und Risikoeigner, einen Workshop zur Überprüfung seiner Prozesse mit den Schwerpunkten Schlüsselkontrollen und Änderungen/Anpassungsbedarf. In Abhängigkeit der zu prüfenden Prozesse können Risikomanagement, Datenschutz oder Informationssicherheit eingebunden werden. Neue gesetzliche oder aufsichtsrechtliche Anforderungen können miteinander bewertet und ihre Auswirkungen direkt auf der Prozessebene besprochen und angepasst werden. Die erforderlichen Folgeaktivitäten für neue oder anzupassende Rollen und Berechtigungen bis hin zu Erweiterungen der Softwareanwendungen werden sofort abgestimmt und protokolliert. Im Ergebnis sind die Prozesse auf einem aktuellen Stand, die Schlüsselkontrollen neu bewertet und die Beteiligten sicher, eine Reihe formaler und informeller Anforderungen effektiv und effizient bearbeitet zu haben.

2. Datenschutz und Informationssicherheit 131 Die Themen sind aufgrund ihrer wachsenden praktischen Bedeutung im Fokus, das

sollte angesichts der Diskussionen um die Praktikabilität der neuen regulatorischen Anforderungen nicht übersehen werden. Darauf mit konsequenter, an den Geschäftszielen orientierter Lösungsfindung und Umsetzung zu reagieren, ist geboten. Betrachtet werden also die Themen Einrichtung, Betrieb und Folgeaktivitäten an einem praktischen Beispiel. 3 Fettnapf Achtung! Die DSGVO hat in der betrieblichen Praxis die Aspekte Datenschutz und Informationssicherheit in den Fokus gerückt und damit betriebsinterne Umsetzungsanforderungen auf ein neues Level gehoben.112

_____ 112 Siehe dazu grundlegend Kap. 7.

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Zuerst muss die Frage beantwortet werden, wo die Rollen und Aufgaben des/der Datenschutzbeauftragten (DSB)113 und Informationssicherheitsbeauftragten (ISB) angesiedelt werden sollen. Möglich ist, sich gegen eine explizite Stabsstelle und für die Integration in die Betriebsorganisation zu entscheiden. Vorteilhaft ist dabei die traditionelle Nähe der Abteilung zum IT-Betrieb (Softwareentwicklung, Testmanagement, Rollen und Berechtigungen, Transportwesen, Systembetrieb, Protokollierung), zum Prozess- und Projektmanagement und zu übergreifenden Themen wie Datenqualität und Notfallmanagement (inklusive Wiederanlauf). Unabhängig in Entscheidungen und Berichtswegen, aber eingebunden in die betrieblichen Strukturen und Abläufe, ihre Veränderungen und Pflege. Mit einem Informationssicherheits-Managementsystem (ISMS) als Gremium kann der ISB regelmäßig auf den Austausch und die Entscheidungen eines kompetenten Teams setzen. Die Verantwortlichen aus IT, Betriebsorganisation und Notfallmanagement, unterstützt durch die Revision in beratender Funktion, legen Maßstäbe und Aufgaben fest, sorgen für deren Erledigung und das Controlling. Bei Bedarf tagt das Gremium kurzfristig, steht als Ansprechpartner im Vertretungsfall zur Verfügung und entscheidet über die Maßnahmen bei Sicherheitsvorfällen. Auch dafür werden Prozesse mit Verantwortlichkeiten festgelegt. Es geht um die schnelle, abgestimmte Reaktion, sei es auf aktuelle Meldungen/Warnhinweise mit möglichen Auswirkungen auf das Unternehmen oder Fehler in den Arbeitsprozessen, wie bspw. eine fehlerhafte Kuvertierung und in der Folge Zustellung an den falschen Adressaten. In solchen Fällen sollen die Fachbereiche auf bekannte und getestete Verfahren zur Information der Betroffenen und zu Unterrichtenden zurückgreifen können, ebenso bei der Beantwortung von Anfragen zu Datenauskünften. Bei der Erstellung und Prüfung von Datenschutzvereinbarungen, Verträgen und Kundeninformationen ist eine Zusammenarbeit mit der Rechtsabteilung unabdingbar, auch hier bietet sich eine Kooperation an: Compliance und Risikomanagement haben mit ähnlichem Fokus die gleiche Zielgruppe im Blick. Ein gemeinsames Verzeichnis regulatorischer Anforderungen einerseits und unternehmensweit bestehender Verträge andererseits vermeidet Doppelarbeiten und erleichtert die Pflege. Die differierenden Bewertungen und Auswertungsbedarfe können über Filter gesteuert und in unterschiedliche Berichte überführt werden. Auch hier gilt der Grundsatz: Die gemeinsame Erstellung und Pflege führen schnell und nachhaltig zu besseren Ergebnissen bei weniger Aufwand. Der Erfahrungsaustausch wird gefördert, das Unternehmen entwickelt ein für alle Beteiligten nachvollziehbares Erfassungs- und Bewertungssystem. Spätestens bei internen oder externen Prüfungen und Audits bis hin zu Zertifizierungen zahlt sich die Arbeit auch monetär nachweisbar aus.

_____ 113 Siehe auch Kap. 7 Rn. 90.

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C. Auswahl und Einbindung eines externen Versorgungsträgers/Anbieters C. Auswahl und Einbindung eines externen Versorgungsträgers/Anbieters 136 Die Auswahl eines geeigneten externen Anbieters zur Durchführung und/oder Ver-

waltung in der bAV ist an verschiedenen Punkten der gesamten bAV-Wertschöpfungskette notwendig. Von der Plangestaltung über die Finanzanlage bis hin zu Prozessen und Organisation stellt sich die Grundsatzfrage „Interne Leistungserbringung oder Fremdbezug?“ (also „make or buy“?). Aufgrund des allgemeinen Kostendrucks, der Reduzierung von Risiken und des eigenen Verwaltungsaufwandes ist ein Trend zur Einbindung externer Anbieter zu erkennen. Typischerweise lässt sich die Durchführung und/oder Verwaltung der bAV in 137 folgende Prozesse unterteilen, die Auswahl des besten Anbieters kann hierbei jeweils getrennt oder in Kombination einzelner Teile erfolgen. ■ Gestaltung der Versorgung inkl. Auswahl des Durchführungsweges ■ Ggf. Versicherungsunternehmen inkl. konkreter Produktauswahl ■ Finanzanlage ■ Kommunikation ■ Administration ■ Aktuarielle Dienstleistungen Kiefer/Heunemann 138 Im Folgenden soll Unternehmen, die eine bAV im Unternehmen neu einrichten

oder bestehende Systeme zukunftsfest gestalten möchten, ein Leitfaden für die Auswahl und Einbindung eines externen Anbieters gegeben werden. Hierzu wird im ersten Schritt der komplette Prozess der Anbieterauswahl am Beispiel der Auswahl eines Versicherers für eine Direktversicherung dargestellt. Anschließend werden die Besonderheiten der Auswahlverfahren für weitere bAV-Dienstleistungen, sowie die bAV-Administration, beleuchtet und abschließend wird ein kurzer Ausblick auf die Anbieterauswahl im Rahmen des Sozialpartnermodells gegeben.

I. Hintergrund 139 Der Auswahl und Einbindung eines externen Anbieters von Versicherungspro-

dukten geht im Bereich der bAV die konkrete Gestaltung des betrieblichen Versorgungssystems voraus. Es sind verschiedene Entscheidungsprozesse denkbar. Entweder geht die Initiative vom Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer aus. Untertützung erfahren Arbeitgeber oder Arbeitnehmer bei der Entscheidungsfindung in diesen Fällen in der Regel durch Versicherungsexperten. Geht die Initiative vom Arbeitnehmer aus, dann nutzt er meist den Rat seines persönlichen Versicherungsexperten. Durch den seit dem 1.1.2002 bestehenden und in § 1a Abs. 1 BetrAVG gereKiefer/Heunemann

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gelten Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung114 erfolgte in den zurückliegenden Jahren ein stetiger Aufbau betrieblicher Altersversorgung. Arbeitgeber hingegen hatten seit Bestehen des Rechtsanspruchs auf Entgeltumwandlung ihre eigenen Aktivitäten im Bereich der bAV sukzessive reduziert. Erst in den letzten Jahren, aufgrund von Fachkräftemangel und wirtschaftlichem Wachstum, ist ein Umdenken bei Arbeitgebern zu erkennen. Das Interesse an der Einführung und aktiven Begleitung einer bAV steigt wieder. Die Auswahl des Anbieters spielt für den Arbeitnehmer in der Regel eine eher 140 untergeordnete Rolle, obgleich es in der Praxis auch Gestaltungen gibt, die dem Arbeitnehmer die Auswahl eines von mehreren zur Auswahl gestellten Anbieters überlässt. Die Motivation des Arbeitnehmers zum Abschluss einer bAV liegt in der Regel darin, bestehende Versorgungslücken zu schließen sowie die steuer- und sozialversicherungsfreien Dotierungsmöglichkeiten zu nutzen, die eine bAV im Wege einer Direktversicherung, einer Pensionskasse oder eines Pensionsfonds bietet.115 Für den Arbeitgeber hingegen ist die Auswahl des Anbieters aus rechtlicher 141 Sicht von größerer Bedeutung. Aufgrund der in § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG geregelten Einstandspflicht hat der Arbeitgeber aus dem arbeitsvertraglichen Grundverhältnis für die versprochene Leistung einzustehen,116 es sei denn er erteilt eine reine Beitragszusage im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG.117 Von dieser Einstandspflicht kann der Arbeitgeber sich nach § 19 Abs. 1, Abs. 3 BetrAVG nicht befreien.118 Die Wahl eines Anbieters kann also Auswirkungen auf das Risiko einer Realisierung der Einstandspflicht haben, z.B. im Falle von Leistungskürzungen einer regulierten Pensionskasse119 oder bei unterlassenen Anpassungen laufender Renten. Den Unternehmen ist daher zu raten, eine professionelle und zukunftssichere bAV, unter Einbindung eines oder mehrerer externer Anbieter, zu etablieren.

II. Anbieterauswahl am Beispiel einer Direktversicherung Unabhängig von der konkreten Dienstleistung für die ein Anbieter gesucht wird, 142 bietet es sich an, einem einheitlichen und strukturierten Prozess zu folgen. Das Schaubild stellt die einzelnen Phasen des Prozesses grafisch dar.

_____ 114 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 713 ff. 115 Siehe grundsätzlich dazu Kap. 2 und Kap. 3 . 116 Kap. 1 Rn. 683 ff. 117 Siehe Kap. 1 Rn. 523 ff. 118 Kap. 1 Rn. 318 ff. 119 Kap. 6 Rn. 111 ff.

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Motive und Zielsetzung Auswahl eines geeigneten Beraters Konkrete Gestaltung des Versorgungssystems Ausschreibeverfahren Abbildung 1: Phasen des Auswahlprozesses

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1. Motive und Zielsetzung Impulse für eine bAV-Maßnahme entstehen in Unternehmen durch Anlässe, die von außen an das Unternehmen herangetragen werden oder sich aus der Belegschaft heraus ergeben. Beispielhaft sind das der Wunsch eines neuen Mitarbeiters seine Bestandszusagen beim neuen Arbeitgeber fortzuführen oder das Verlangen eines Mitarbeiters nach seinem Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung, eine durch tarifvertragliche Regelung einzuführende bAV oder die Absicht des Unternehmens, für die Belegschaft eine arbeitgeber- oder mischfinanzierte bAV anzubieten. Ein Anlass für eine bAV-Maßnahme kann aber auch ein Unternehmenszukauf oder ein Betriebsübergang120 sein, der in der Folge eine Anpassung der Zusagen erforderlich macht. Sobald eine Personalabteilung sich im Rahmen eines Personalmanagements aktiv um die Beschäftigungsverhältnisse kümmert, kann auch von dieser ein Impuls für eine bAV-Maßnahme kommen. Vielfach sind die Möglichkeiten einer bAV-Maßnahme im Unternehmen nicht bekannt. In Form von Publikationen oder einer direkten Ansprache regen Berater die Unternehmen an, eine Maßnahme umzusetzen. Eine bAV-Maßnahme kann sich dabei von der erstmaligen Einrichtung einer bAV über die Ausweitung einer bestehenden Zusage bis hin zu einer Neuordnung oder Harmonisierung verschiedener Zusagen erstrecken. Meist schalten die Unternehmen externe Berater ein, um eine bAV-Maßnahme zu diskutieren und umzusetzen. Externe Berater sind Sachverständige die dem Unternehmen Handlungsempfehlungen aussprechen, im Bereich der bAV kommen als Berater z.B. Versicherungsvermittler, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwälte in Frage. Gerade kleine und mittelständische Betriebe, die vielfach keine eigene Personalabteilung haben, sind auf externen Rat angewiesen. Unternehmen sollten sich zunächst fragen, aufgrund welcher Grundlagen sie bereit wären, eine bAV im Unternehmen einzurichten, auszuweiten oder abzuän-

_____ 120 Siehe Kap. 9 Rn. 100 ff. sowie Kap. 10.

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dern. Erste Hilfestellung kann hier eine Checkliste sein, anhand der Unternehmen den Umfang und die Prioritäten ihres künftigen bAV-Engagements festlegen. 3

Checkliste Definition und Priorisierung der Unternehmensziele ■ Personalpolitische Perspektive ■ Attraktivität der bAV / Mitarbeiterbindung ■ Wahlmöglichkeiten für Mitarbeiter ■ Portabilität der Lösung ■ Steuerfreier Aufbau einer Versorgung (Rente oder Kapital) ■ Gleichbehandlung ■ Administrative Perspektive ■ Integration bestehender Zusagen ■ Verwaltungsaufwand ■ Transparenz / Verständlichkeit ■ Direkter Rechtsanspruch der Mitarbeiter ■ Einbettung Geschäftsführer- / Vorstandsversorgung ■ Finanzielle Perspektive ■ Kostensenkung durch Entgeltumwandlung ■ Bilanzneutralität ■ Planbarkeit der Finanzierung ■ Beitragsflexibilität ■ Insolvenzsicherheit

Die Einordnung der unternehmensspezifischen Wünsche und Anforderun- 147 gen dient insbesondere einem ersten Überblick für externe Berater und zur laufenden Überwachung für den Arbeitgeber, ob sich die eigenen Prioritäten im Projektverlauf wiederfinden. Eine Einteilung in 5 Kategorien (sehr wichtig, wichtig, neutral, eher unwichtig, unwichtig) ist für diese Zielstellung aussagekräftig und ausreichend. Je mehr sich die Unternehmen über den Umfang, Art und Inhalt ihres bAV-En- 148 gagements im Vorfeld klarwerden, desto eher lässt sich eine passgenaue Anbieterauswahl treffen.

2. Auswahl eines geeigneten Beraters Aufgrund der Komplexität der bAV-Materie fällt es den Unternehmen schwer, ei- 149 genverantwortlich erste Ideen und Vorstellungen zu definieren. Sie agieren in der Regel aufgrund der von ihrem betreuenden Berater oder seitens der Berater des Arbeitnehmers eingebrachten Umsetzungsvorschläge. Der für die meisten kleinen und mittelständischen Unternehmen engste ex- 150 terne Berater ist ihr Steuerberater. Dieser allerdings verfügt im Themenfeld der bAV oftmals nur über partielle Praxiserfahrung. Er kann seine Mandanten daher in der Regel nicht umfassend zu Fragen im Bereich der Einrichtung und Umsetzung

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einer bAV beraten. Im Bereich von Versicherungslösungen fehlt ihm in der Regel neben der Praxiserfahrung auch der Ermächtigungsrahmen zur Umsetzung. Daher ist es wichtig, dass sich Unternehmen bei externem Beratungsbedarf an spezialisierte Berater wenden. Für die Unterstützung in der Auswahl und Einbindung eines Anbieters kommen 151 verschiedene Berater in Betracht: ■ Gebundener Vermittler/Versicherungsvertreter ■ Ungebundener Vermittler/Versicherungsmakler ■ Honorarberater/Versicherungsberater 152 Der Begriff des Versicherungsvermittlers wird in § 59 VVG definiert. Versiche-

rungsvermittler sind danach Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler. Wichtigste Unterscheidungskriterien sind: – Versicherungsvertreter ist, wer von einem Versicherungsunternehmen oder einem anderen Versicherungsvertreter damit beauftragt ist, gewerbsmäßig Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. – Versicherungsmakler ist, wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter beauftragt zu sein. Der Versicherungsmakler wird ausschließlich im Interesse seiner Kunden tätig. 153 Gemäß §§ 6 Abs. 1, 61 Abs. 1 VVG sind sowohl die Versicherungsunternehmen als

auch die Versicherungsvermittler verpflichtet, den Versicherungsnehmer nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämie, zu beraten sowie die Gründe für jeden seiner erteilten Ratschläge anzugeben (sog. anlassbezogene Beratungspflicht).121 Entsprechend §§ 84 ff. HGB ist der Versicherungsvertreter als Handelsvertreter 154 ein Interessenvertreter des Versicherers. Im Regelfall sind die Vertreter an ein Versicherungsunternehmen gebunden und vermitteln ausschließlich das Versicherungsgeschäft dieser Gesellschaft (Ausschließlichkeitsvertreter). Der Versicherungsvertreter ist ein Erfüllungsgehilfe der Versicherungsgesellschaft. Neben seiner eigenen Pflicht erfüllt er also zugleich auch die entsprechende Beratungspflicht des Versicherers. Der Umfang einer Beratung orientiert sich somit am Versicherungsprodukt und seiner Komplexität sowie der Person und Situation des Kunden. Mehrfachvertreter (auch Mehrfachagenten genannt) stellen eine Abwandlung 155 des Versicherungsvertreters dar. In Abgrenzung zur Ausschließlichkeit werden sie für mehrere Versicherungsunternehmen tätig. Mehrfachagenten können im Allge-

_____ 121 Siehe auch Kap. 6 Rn. 208.

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meinen eine größere Anzahl von Produkten anbieten. Unabhängige Versicherungsvermittler sind sie allerdings nicht, da auch sie nur der Pflicht zur anlassbezogenen Beratung unterliegen und somit nur auf die Versicherungen und deren Produkte zurückgreifen müssen, für die sie tätig sind. Versicherungsmakler werden aufgrund eines separaten Vertrages (Maklervertrag) mit dem Kunden tätig. Sie vermitteln Versicherungsverträge zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsnehmern. Ergänzend zum Maklervertrag gibt es die dazugehörige Maklervollmacht. Diese Vollmacht legitimiert den Makler, z.B. gegenüber den Versicherungsunternehmen, als Sachwalter des Kunden nach außen.122 Er hat die Interessen seines Kunden zu vertreten, einen ausreichenden Marktüberblick zu gewährleisten, diesen nachzuweisen und kann vom Kunden haftbar gemacht werden. Versicherungsmakler sind nach §§ 93 ff. HGB Handelsmakler, handeln also im Auftrag ihres Kunden und können somit theoretisch alle Produkte, die am Markt verfügbar sind vermitteln. In der Praxis unterhält der Makler mit etwa 8–10 Produktpartnern Courtagevereinbarungen und ist daher als marktneutral einzustufen. Einem möglichen Interessenkonflikt durch unterschiedlich hohe Courtagen der Versicherungsunternehmen, steht das Interesse des Maklers gegenüber, eine langfristige Kundenbeziehung aufzubauen. Darüber hinaus ist der Makler gem. § 61 VVG ebenfalls verpflichtet, seine Ratschläge zu begründen, sowie nach § 60 VVG eine Empfehlung abzugeben, welcher Versicherungsvertrag geeignet ist, die Bedürfnisse des Versicherungsnehmers zu erfüllen.123 Es besteht die Möglichkeit, diese Empfehlungen über Versicherungsvergleiche nachzuprüfen. Um für den Kunden das richtige Produkt zu bestimmen, ist die Beratung unter Einschaltung eines Maklers im Allgemeinen deutlich umfänglicher und zeitintensiver im Vergleich zu einem Versicherungsvertreter. Die Vergütung der Versicherungsvermittler erfolgt für die erfolgreiche Vermittlung eines Versicherungsvertrages durch die Versicherungsgesellschaften. Bei Versicherungsvertretern spricht man von einer Provision, im Bereich der Makler wird die Vergütung als Courtage bezeichnet. Im Bereich der Lebensversicherungen wird die Vergütung zum größten Teil als einmalige Abschluss-Vergütung gezahlt. Die Höhe der Vergütung ermittelt sich meist durch Multiplikation eines vereinbarten Prozentsatzes mit der Bewertungssumme des Vertrages. Die Bewertungssumme richtet sich nach den garantierten Beiträgen der vereinbarten Vertragslaufzeit und kann durch Laufzeitfaktoren und Bewertungsfaktoren seitens des Versicherers begrenzt oder erhöht werden. Versicherungsberater sind spezialisierte Berater, die eine Erlaubnis gemäß § 34d Abs. 2 GewO erhalten haben. Die für Versicherungsmakler geltenden Pflichten

_____ 122 BGH, Urt. v. 22.5.1985 – IVa ZR 190/83 – BGHZ 94, S. 356. 123 Kap. 6 Rn. 211 f.

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zur Beratung gelten gem. § 68 VVG auch für Versicherungsberater. Die Vergütung der Versicherungsberater wird direkt vom Kunden gezahlt, daher werden die Versicherungsberater oftmals auch als Honorarberater bezeichnet. Bei einer Honorarberatung erhält der Berater keine Provision von der Versicherungsgesellschaft124 bzw. muss diese in vollständiger Höhe an seine Kunden weitergeben.125 Der Kunde entlohnt den Versicherungsberater in der Regel nach einem zu vereinbarenden Stunden- oder Tagessatz. Für die Höhe des Honorars besteht keine Richtlinie oder eine Gebührenordnung (wie z.B. bei einem Steuerberater oder Rechtsanwalt). Die Vergütung erfolgt in Abgrenzung zu den Versicherungsvermittlern, bei denen die Provision nur im Erfolgsfall gezahlt wird, unabhängig vom Abschluss eines Versicherungsproduktes. Durch die direkte Beauftragung und Vergütung der Versicherungsberater ist de160 ren unbedingte Neutralität gegenüber Versicherungsunternehmen gewahrt. Darüber hinaus ergeben sich aus der Erlaubnis der Gewerbeordnung (und der optionalen Mitgliedschaft in der berufsständischen Vereinigung) strenge Berufspflichten. Insbesondere sind die Versicherungsberater verpflichtet neutral und unabhängig zu beraten und sich regelmäßig fortzubilden. Bei der Beratung steht somit nicht die Vermittlung von Produkten im Vordergrund, sondern die unabhängige Analyse der individuellen Kundensituation. Am Ende der Beratungsleistung stehen allerdings nur eine Handlungsempfehlung und kein Versicherungsvertrag. Dies kann in einigen Fällen für den Arbeitgeber und/oder den Arbeitnehmer zu einer Doppelbelastung führen, wenn als Ergebnis der Beratung ein Tarif empfohlen wird, in dessen Preis die Beratungsleistung eines Versicherungsvermittlers einkalkuliert ist. 3 Fettnapf Bereits mit der Auswahl des Beraters erfolgt eine erste Einschränkung der möglichen Produkte. ■ Nicht jeder Produktanbieter bietet eine Lösung für jeden Durchführungsweg der bAV, somit sollte bei der Auswahl eines Vermittlers im Vorfeld geklärt werden, ob der gewünschte Durchführungsweg möglich ist. ■ Vermittler werden über die Provision vergütet, daher werden sie in der Regel keine Tarife ohne Provision anbieten. ■ Tarife ohne Beratungsleistung sind nur bei einer Begleitung des Prozesses durch einen Honorarberater bzw. bei ausreichender interner Erfahrung zu empfehlen. 161 In Abhängigkeit vom Volumen der bAV-Maßnahme sollte somit auch aus finanziel-

ler Sicht abgewogen werden, ob die Vergütung der fachlichen Begleitung mitteloder unmittelbar erfolgt. Gleiches gilt auch für die im jeweiligen Angebot enthalten Dienstleistungen wie z.B. versicherungsmathematische Gutachten oder Administration. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass die zusätzlichen Kosten bei

_____ 124 Provisionsverbot gem. § 34d Abs. 2 S. 4 GewO. 125 Durchleitungsgebot gem. § 34d Abs. 2 S. 6 GewO, § 48c VAG.

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C. Auswahl und Einbindung eines externen Versorgungsträgers/Anbieters

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Trennung der einzelnen Dienstleistungen in der Regel – je nach Ausgestaltung der Zusage – auch für den arbeitnehmerfinanzierten Teil der bAV durch den Arbeitgeber allein getragen werden müssen. Für beitragsorientierte arbeitgeberfinanzierte bAV gilt die Überlegung analog, entweder werden die Kosten zusätzlich fällig oder sie reduzieren indirekt die Versicherungsleistung. Welcher Berater126 gut zum Unternehmen passt, hängt von vielen Faktoren ab. 162 Neben dem persönlichen Eindruck, kann ein Unternehmen durch Nachweise über das Tätigkeitsfeld und den persönlichen Spezialisierungsgrad des Experten erkennen, ob eine bAV-Expertise vorliegt. Praxisberichte, abgelegte Qualifizierungsmaßnahmen und Zertifizierungen im Bereich der bAV, Firmen-Referenzlisten sowie Vortragstätigkeiten können hier wichtige Anhaltspunkte für die fachliche Eignung des Beraters sein. Die Auswahl eines passenden Beraters ist ein erster wichtiger Schritt zur Umset- 163 zung einer bAV-Maßnahme. Ein versierter Berater wird anhand eines Beratungsbogens die vom Unternehmen bereits getätigten Überlegungen zur Gestaltung seiner bAV sammeln und mit diesem auswerten.

3. Konkrete Gestaltung des Versorgungssystems a) Erfassung der Daten (Beratungsbogen) Folgende Punkte sollte der Berater in einem Beratungsbogen vom Unternehmen 164 abfragen. Checkliste 3 ■ Stammdaten des Unternehmens: ■ Rechtsform ■ Gründungsdatum ■ Branche ■ Unternehmensgröße ■ Angaben zu den Beschäftigten: ■ Vorhandensein eines Betriebsrates ■ Bindung an einen Tarifvertrag ■ Regelungen zum Mindestlohn ■ Information zur Mitarbeiterstruktur (Alter und Geschlecht) ■ Fluktuation in den letzten Jahren ■ Lohnstruktur ■ Umgang mit Sonderzahlungen ■ Analyse der bisherigen bAV: ■ Besteht bereits eine bAV-Regelung im Unternehmen? ■ Gibt es bereits eine entsprechende Betriebsvereinbarung oder eine Versorgungsordnung?

_____ 126 Im Weiteren wird allgemein von Beratern im Sinne der Definition gem. Rn. 145 gesprochen.

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Kapitel 12 Verwaltung und Administration der bAV

■ ■ ■ ■

Wie erfolgte bisher die Anbieterauswahl? Welche Gründe lagen für die Auswahl des bisherigen Anbieters vor? Gibt es eine Dokumentation der bisherigen bAV-Maßnahmen? Wurden die Mitarbeiter über die bAV informiert?

165 Je vollständiger diese Informationen sind, umso genauer und passender kann die

externe Versicherungslösung ausgestaltet werden. Im weiteren Abfrageprozess ergänzt der Berater die Ziele und Wünsche des Arbeitgebers127 um offene Punkte.

b) Vorschlag zur Umsetzung der bAV-Maßnahme 166 Anhand der zusammengetragenen Informationen und Wünsche des Unternehmens

kann in einem zweiten Schritt ein Vorschlag für die Umsetzung einer bAV-Maßnahme erarbeitet werden. Der Aufwand und Umfang des Vorschlages hängt maßgeblich von Art128 und Umfang der geplanten Maßnahme ab. Durch die im Rahmen des BRSG neu eingeführte gesetzliche Zuschusspflicht nach § 1a Abs. 1a BetrAVG129 wird das Thema Erhöhung von Altverträgen, isolierter Neuvertrag bzw. Umstellung des Altvertrages auf Mischfinanzierung aus Entgeltumwandlungsbetrag und arbeitgeberfinanziertem Zuschuss in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen. Allen Beratungssituationen gemein ist, dass rechtliche,130 bilanzielle,131 und 167 betriebswirtschaftliche132 Grundüberlegungen einen wesentlichen Baustein für ein zufriedenstellendes Beratungsergebnis darstellen. Diese konzeptionellen Vorüberlegungen sind für die Auswahl und Einbindung eines Anbieters zwingend notwendig, denn nicht jeder Anbieter ist in der Lage, die vom Arbeitgeber favorisierte Versorgungslösung anzubieten. Als Anbieter (Versorgungsträger) kommen Versicherungsunternehmen, Unterstützungskassen oder Einrichtungen der bAV (Pensionskassen, Pensionsfonds) grundsätzlich in Frage. Daher sollte der Berater gemeinsam mit dem Unternehmen definieren, welche 168 Parameter in eine Anbieterauswahl einfließen. Aufgrund des gewählten Durchführungsweges, der Zusageart, der Risikobausteine, der Anforderungen des BRSG, z.B. im Bereich der bAV-Förderrente nach § 100 EStG133, ergeben sich erste Ausschlüsse möglicher Anbieter.

_____ 127 Siehe Checkliste Rn. 146. 128 Vgl. Rn. 144. 129 Siehe Kap. 1 Rn. 727 ff. 130 Siehe bspw. Kap. 1, 2, 3, 6, 7, 8, 9, 13. 131 Kap. 4. 132 Kap. 5. 133 Kap. 2 Rn. 113 ff.

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C. Auswahl und Einbindung eines externen Versorgungsträgers/Anbieters

945

Für die Auswahl eines bestimmten Durchführungsweges müssen u.a. die 169 Themen Bilanzneutralität, steuerliche Effekte, Minderung von Lohnnebenkosten und flexible Möglichkeiten der Portabilität bedacht werden.134 Dazu ist es erforderlich, dem Unternehmen vertiefte Hinweise auf Besonderheiten der in Fragen kommenden Ausgestaltungsvarianten geben zu können. Letztlich werden der Beratungsumfang und die Beratungstiefe von den Fähigkeiten des Beraters abhängen, das Bewusstsein der handelnden Akteure für die Notwendigkeit einer ausführlichen Analyse zu schärfen. Checkliste 3 Umfang der Analyse und des Vorschlags zur Umsetzung einer bAV-Maßnahme ■ Auswahl des Durchführungsweges135 unter Berücksichtigung von: ■ Ggf. Höhe Beitrag Arbeitgeber? ■ Ggf. Höhe Beitrag Arbeitnehmer? ■ Notwendigkeit eines verpflichtenden Arbeitgeber-Zuschusses zur Entgeltumwandlung?136 ■ Berücksichtigung bestehender Entgeltumwandlungen? ■ Absicherung welcher biometrischen Risiken?137 ■ Erstselektion der Anbieter unter Berücksichtigung von: ■ Durchführungsweg? ■ Zusageart?138 ■ Gewünschte Risikoleistungen? ■ Möglichkeit zum Abschluss eines Gruppentarifs?139 ■ Sonstige Empfehlungen: ■ Arbeitsrechtliche Grundlage zur Einführung der Versorgung140/Notwendigkeit zur Änderung einer bestehenden Regelung141? ■ Einbindung/Information Betriebsrat?142 ■ Art der Mitarbeiterinformation? ■ Umgang mit dem verpflichtenden-Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung?

Schließlich kommt es zu der Frage, auf welcher rechtlichen Grundlage (Einzelver- 170 trag, individualrechtliche Maßnahme mit kollektivem Bezug oder Tarifvertrag) die bAV-Maßnahme geregelt werden soll. Steht das Konzept, dann rückt die Konzeption der Kommunikation gegenüber der Belegschaft in den Vordergrund.

_____ 134 Für einen betriebswirtschaftlichen Vergleich der Durchführungswege siehe Kap. 5. 135 Kap. 1 Rn. 339 ff. 136 Kap. 1 Rn. 727 ff. 137 Kap. 1 Rn. 72 ff., 120 ff., 171 ff. 138 Kap. 1 Rn. 465 f. 139 Kap. 6 Rn. 311 f. 140 Kap. 1 Rn. 561. 141 Kap. 9 Rn. 2 ff. 142 Zum Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats siehe Kap. 1 Rn. 772 ff.

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946

Kapitel 12 Verwaltung und Administration der bAV

Überlegungen wie die Belegschaft informiert wird und wie in der Zukunft die bAVMaßnahme begleitet werden soll, müssen besprochen und geklärt werden.

4. Ausschreibeverfahren 171 Dem umfassenden Entscheidungsprozess zur Umsetzung einer bAV-Maßnahme

folgt die Ausarbeitung eines Ausschreibeverfahrens. Der Berater143 wird anhand der festgelegten Parameter tätig und trifft eine Vorselektion aller Anbieter am Markt. Das Unternehmen bzw. dessen Berater gehen auf die nach bislang durchgeführten Selektionen verbliebenen Anbieter (sog. long list) zu und erbitten anhand der ausgehändigten Ausschreibungsunterlagen die Erstellung einer Ausarbeitung zu der beabsichtigten bAV-Maßnahme (request for proposal).

a) Grundlagen 172 Damit werden entweder Anbieter direkt angesprochen oder die Ansprache erfolgt

über einen gebundenen Vermittler oder einen Makler. Einige Berater führen losgelöst von einem konkreten Auftrag einmal jährlich eine Ausschreibung durch. Anhand festgelegter Parameter werden, neben einer eigenen grundlegenden Marktrecherche, die Anbieter um die Erstellung einer Ausarbeitung gebeten. Hierzu werden konkrete Informationen und Musterberechnungen angefordert. Dies erfolgt bei Jahresausschreibungen in der Regel anhand von Beispielfällen zu aktuellen Tarifen der jeweiligen Anbieter. Im Rahmen einer mandantenspezifischen Anbieterauswahl erfolgt dann keine 173 erneute Anfrage mehr, es wird vielmehr anhand der vorhandenen Informationen eine Empfehlung gegeben. Andere Berater fragen bei jeder Ausschreibung die relevanten Anbieter individuell an. Bei beiden Vorgehensweisen unterscheidet sich der grundlegende Prozess der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen nicht wesentlich. Werden periodisch abgefragte Informationen verwendet, so ist darauf zu ach174 ten, dass Alttarife bei vielen Anbietern nicht mehr für Erhöhungen oder für Neuabschlüsse von Versicherungsverträgen nutzbar sind, da aufsichtsrechtliche Vorgaben und Ertragsgesichtspunkte dies unterbinden. Erhöhungen und Neuverträge werden seit einiger Zeit bei den meisten Anbietern über neue Produkte mit modernen Garantieformen umgesetzt.144 Ein weiterer Punkt, der im Rahmen der Anbieterauswahl berücksichtigt werden 175 muss, ist die Diskussion über den sog. „run-off“ von Versicherungsgesellschaf-

_____ 143 Dieser Prozessschritt erfordert einen neutralen Berater, der nicht an einen oder mehrere Anbieter gebunden ist (Ausschließlichkeits- oder Mehrfachvertreter). 144 Siehe dazu näher Kap. 1 Rn. 400.

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C. Auswahl und Einbindung eines externen Versorgungsträgers/Anbieters

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ten. Eine Versicherungsgesellschaft im „run-off“ ist eine Gesellschaft, die kein Neugeschäft mehr betreibt. Der vorhandene Bestand an Versicherungsverträgen wird – wie vertraglich vereinbart – bis zum Ende der Laufzeit fortgeführt. Da keine neuen Verträge hinzukommen, reduziert sich der Bestand nach und nach und läuft aus. Praxistipp 3 Im Rahmen einer gesamthaften Umgestaltung bietet es sich für Arbeitgeber die vom „run-off“ einer Versicherung betroffen sind an, zu prüfen, ob der Bestand auf einen neuen Anbieter übertragen werden kann. Im laufenden Arbeitsverhältnis wird die Übertragung von bAV-Anwartschaften lohnsteuerlich flankiert.145 Es sind in diesem Rahmen aber u.U. bestehende arbeitsrechtliche Restriktionen zu beachten.146

Umfang und Tiefe einer Ausschreibung sollte vom Umfang und der Anzahl der 176 von der bAV-Maßnahme erfassten Mitarbeiter abhängig gemacht werden. Die folgenden Beschreibungen beschränken sich auf Empfehlungen für Unternehmen die keinen weiteren gesetzlichen Restriktionen unterliegen.147

b) Erstellung der Ausschreibungsunterlagen Die Ausschreibungsunterlagen sollten so gestaltet sein, dass sowohl quantitative 177 als auch qualitative Informationen beim Anbieter abgefragt werden. Bereits bei der Erstellung der Ausschreibung ist darauf zu achten, die Rückmeldungen möglichst einfach vergleichen zu können. Die Rückmeldungen sollten sowohl für eine weitere Einschränkung der Anbieter, als auch für die finale Auswahl nutzbar sein. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Anforderungen keinen unnötigen Aufwand verursachen und den Anbietern eine angemessene Frist eingeräumt wird, um auf die Anfrage zu reagieren. 3

Checkliste Mindestinhalte einer Ausschreibung ■ Erläuterungen zur Ausschreibung ■ Informationen zur Versorgungszusage ■ Spezifische Tarifanforderungen ■ Anforderungen an das Angebot und die Modellrechnungen ■ Modellrechnungsparamater ■ Anforderungen zur Ergebnisdarstellung ■ Anforderungen an ergänzende Unterlagen

_____ 145 § 3 Nr. 55c S. 2 EStG, siehe auch Kap. 2 Rn. 271. 146 Siehe Kap. 9 Rn. 96 ff. 147 Öffentliche Auftraggeber und Unternehmen in öffentlicher Hand unterliegen weitreichenden vergaberechtlichen Vorschrift, vgl. hierzu z.B. Reidt/Stickler/Glahs Vergaberecht, Kommentar, 4. Aufl.

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Kapitel 12 Verwaltung und Administration der bAV

Frageliste Zuständige Stelle für Rückfragen Schlusstermin für Abgabe des Angebots

178 Zunächst wird die konkrete Ausschreibung dem Anbieter erläutert. Es werden

zudem Informationen zur Versorgungszusage gegeben und es wird auf spezifische Tarifanforderungen eingegangen. 5 Beispiel ■ Klassischer Rententarif ■ Reine Altersrentenversorgung (keine BU- und/oder Hinterbliebenenrente) ■ Riesterfähigkeit nicht erforderlich ■ Möglichkeit von Zuzahlungen erforderlich ■ Vorzeitiger Abruf möglich ■ Kapitalabfindung möglich ■ Abschluss über Makler 179 Die Ausschreibung definiert auch die Anforderungen an das Angebot und die Erstel-

lung der Modellrechnungen. Gewährleistet wird dies durch die Vorgabe der Modellrechnungsparameter. 5 Beispiel ■ Versicherungsbeginn: 1.1.2020 ■ Geschlecht: Frau | Mann ■ Eintrittsalter: 25 | 40 | 50 | 55 ■ Endalter: 65 | 67 ■ Beitrag: 1.200 € p.a. ■ Zahlart: Laufende Einmalbeiträge ■ Beitragszahlungsweise: monatlich nachschüssig ■ Rentenzahlungsweise: monatlich nachschüssig ■ Überschussverwendung Anwartschaftsphase: Leistungserhöhung ■ Überschussverwendung Rentenphase: Leistungserhöhung ■ Courtage: Abschluss 20‰ und Bestandspflege 10‰

180 Es erfolgen auch Hinweise, wie der Anbieter die Ergebnisse der erbetenen Modell-

rechnungen darstellen soll und welche ergänzenden Unterlagen (z.B. AVB der Tarife oder Annahmerichtlinien) vom Anbieter beigefügt werden sollen. 3 Praxistipp Für eine einheitliche Ergebnisdarstellung und einfachere Auswertung bietet es sich an, den Ausschreibungsunterlagen ein Template zum Ausfüllen beizufügen. 181 Die Ausschreibungsunterlagen enthalten auch Fragen zu den Kosten und ggf. zur

Angabe der Vertriebskanäle und Beratungsmöglichkeiten. Dies ist meist bei AusKiefer/Heunemann

C. Auswahl und Einbindung eines externen Versorgungsträgers/Anbieters

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schreibungen zu tariflichen Regelungen, zu Rahmenvereinbarungen und bei bundesweit tätigen Unternehmen ein wichtiges Kriterium für die Umsetzung der bAVMaßnahme. Beispiel 5 ■ Übergeordnete Informationen ■ Möglichkeit persönlicher Ansprechpartner ■ Möglichkeit listenmäßiger Anmeldung ■ Voraussetzungen für Gruppenkonditionen ■ Referenzen aus gleicher Branche ■ Angebot eines Tarifrechners für Mitarbeiter ■ Informationen zum Versicherungstarif ■ Wahlmöglichkeit klassisch vs. fondsgebunden ■ Wahlmöglichkeit Überschussverwendung ■ Wahlmöglichkeit Art der Rentenerhöhung ■ Kosten nach § 2 Abs. 1 VVG-InfoV unter der Annahme gleichbleibender Prämien bis Rentenbeginn für eine Musterperson ■ Höhe der Verzugszinsen ■ Möglichkeit alle künftigen Einmalbeiträge in einer Police darzustellen ■ Garantie der Rechnungsgrundlagen zum Zeitpunkt der ersten Zahlung des Einmalbeitrages auch für künftige Einmalbeiträge ■ Sonstige Serviceleistungen ■ Möglichkeit vers.-math. Bewertung sämtlicher Verpflichtungen ■ Möglichkeit Administration sämtlicher unmittelbarer Verpflichtungen ■ Möglichkeit Standmitteilungen direkt an Mitarbeiter zu senden ■ Kennzahlen der letzten Jahre ■ Höhe des bAV-Marktanteils ■ Höhe der gebuchten Bruttobeiträge ■ Höhe der Kapitalanlage ■ Durchschnittsverzinsung der Kapitalanlagen ■ Nettoverzinsung der Kapitalanlagen ■ Gesamtverzinsung exkl. Schlussüberschüsse und Bewertungsreserven ■ Gesamtverzinsung inkl. Schlussüberschüsse und Bewertungsreserven ■ RfB in Mio. € ■ Freie RfB in Mio. € ■ Höhe der Bewertungsreserven in % der Kapitalanlage ■ Verwaltungskostensatz ■ Aktuelle nationale und internationale Ratings (bspw. S&P, Moody’s)

Abschließend enthält die Ausschreibung einen Ansprechpartner für etwaige Rück- 182 fragen und einen Schlusstermin, bis zu dem die Angebote der Anbieter bei der zuständigen Stelle des ausschreibenden Unternehmens, oder bei dem ausgewählten Berater oder Vermittler eingehen müssen. Praxistipp 3 Für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen bestimmt § 97 Abs. 4 S. 1 GWB, dass „mittelständische Interessen vornehmlich zu berücksichtigen“ sind. In der Praxis wird dieser Pflicht durch die loswei-

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Kapitel 12 Verwaltung und Administration der bAV

se Vergabe nachgekommen. Hierunter versteht man die Aufteilung der Leistungen der Menge nach (Teillose) oder nach Art und Fachgebiet (Fachlose). Dieses Verfahren bietet sich auch für größere Aufträge im nicht öffentlichen Bereich an, wenn die einzelnen Leistungen klar trennbar sind. Denkbar ist hier z.B. die Trennung nach verschiedenen Risiken (bspw. separate Berufsunfähigkeitsleistung) und Durchführungswegen. 183 Der Anbieter seinerseits sollte in seiner Ausarbeitung anschließend darstellen, ob

und wenn ja wie er sämtliche Ausschreibungsparameter und die spezifischen Tarifanforderungen erfüllen kann. Das gilt auch für die Darstellungen seiner Kompetenz im Bereich der Produkte und Tarife, im Bereich der Serviceleistungen als Versicherer, in der Bestandsbetreuung sowie bei der Beratung und im Vertrieb.

c) Auswertung der Rückmeldungen 184 Nachdem alle Antworten eingegangen sind bzw. die Frist für die Rückmeldung verstrichen ist, folgt die Auswertung der Rückmeldungen. Die eingereichten Unterlagen werden hierzu in drei Hauptkategorien eingeteilt. In der ersten Hauptkategorie werden die Produktkriterien zusammengefasst und in der zweiten Hauptkategorie die Bilanzkennzahlen der Versicherungsunternehmen beleuchtet. In der dritten Hauptgruppe werden qualitative Merkmale beurteilt. Die Hauptkategorien sind wiederum in Einzelkriterien unterteilt. Die Einzelkriterien werden jeweils mit vorgegebenen Prozentsätzen gewichtet. 5 Beispiel Gewichtung der Bilanzkennzahlen: Kriterium in%

Bewertungsmaßstab

Höhe des bAV-Marktanteils

höchster Wert

Gewichtung in%

Höhe der gebuchten Bruttobeiträge

höchster Wert

5,0

Höhe der Kapitalanlagen

höchster Wert

5,0

Durchschnittsverzinsung der Kapitalanlagen

höchster Wert

10,0

Nettoverzinsung der Kapitalanlagen

höchster Wert

10,0

Gesamtverzinsung exkl. Überschüsse148

höchster Wert

7,5

5,0

Gesamtverzinsung inkl. Überschüsse

höchster Wert

7,5

RfB in Mio. €

höchster Wert

10,0

Freie RfB in Mio. €

höchster Wert

10,0

Höhe Bewertungsreserven der Kapitalanlage

höchster Wert

10,0

Verwaltungskostensatz

niedrigster Wert

20,0

_____ 148 Schlussüberschüsse und Bewertungsreserven.

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C. Auswahl und Einbindung eines externen Versorgungsträgers/Anbieters

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Die Bewertung der Einzelkriterien der ersten beiden Kategorien erfolgt nach einem 185 Punktesystem. Die höchste zu erreichende Bewertung für ein Einzelkriterium sind 10 Punkte. Die Punkteverteilung erfolgt linear, je nachdem ob der höchste oder niedrigste Wert ausschlaggebend ist. Der Punktwert ergibt sich aus dem Verhältnis des Unterschiedsbetrags zwischen Anbieterwert und kleinsten bzw. größten Wert zu dem Unterschiedsbetrag aus dem größten und kleinsten Wert. Dieser Quotient wird mit der maximalen Punktzahl 10 multipliziert. 5

Beispiel Bestimmung Punktzahl mit höchstem/niedrigstem Wert als Bewertungsmaßstab:

PA =

WA − Wmin Wmax − Wmin

PA WA Wmin Wmax Phoch

× Phoch

PA =

Wmax − WA Wmax − Wmin

× Phoch

Punktzahl für den Anbieter für das jeweilige Einzelkriterium Wert des zu beurteilenden Einzelkriteriums niedrigster Wert aller jeweiligen Einzelkriterien höchster Wert aller jeweiligen Einzelkriterien Höchstpunktzahl (10)

Zur Einschätzung der qualitativen Merkmale in der dritten Hauptgruppe bietet 186 sich eine Bewertung in Anlehnung an das Notensystem des Schulwesens an, diese werden anschließend in das Punktesystem überführt. 5

Beispiel Beurteilung

Angebot erfüllt die Erwartungen und Ziele…

Punkte

Sehr gut

…in höchstem Maße und lässt besonders hervorragende Leistungen erwarten.

10

Gut

…sehr weitgehend, lässt gemessen an den Zielen ohne jede Einschränkung eine überdurchschnittlich gute Erfüllung erwarten.

8

Befriedigend

…recht weitgehend, lässt gemessen an den Zielen eine Erfüllung im oberen Durchschnitt erwarten.

6

Ausreichend

…mittelmäßig, lässt gemessen an den Zielen eine durchschnittliche Erfüllung erwarten.

4

Mangelhaft

…nicht mehr im Durchschnittsbereich, gerade noch im geforderten Mindestmaß, gerade noch brauchbar.

2

Ungenügend

…unterschreitet die Mindestanforderungen, nicht mehr ausreichend und nicht mehr brauchbar.

0

Erreicht das am höchsten bewertete Einzelkriterium in der dritten Hauptgruppe „qua- 187 litative Merkmale“ nicht die Höchstpunktzahl von 10, erfolgt eine Normierung.

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Kapitel 12 Verwaltung und Administration der bAV

Durch das Normierungsverfahren wird das am höchsten bewertete Einzelkriterium mit weniger als 10 Punkten auf die Höchstpunktzahl gesetzt und alle anderen bewerteten Angebote werden um einen Faktor im Verhältnis aus der Höchstpunktzahl und der vergebenen Punktzahl des besten Angebots und der Höchstpunktzahl angehoben. 5 Beispiel Normierungsverfahren für qualitative Merkmale:

PA = *

P∗ A PA Pmax Phoch

max(1; PA ) Pmax

× Phoch

normierte Punktzahl für das Einzelkriterium vergebene Punktzahl für das Einzelkriterium höchster vergebener Punktwert aller jeweiligen Einzelkriterien Höchstpunktzahl (10)

188 Einzelkriterien, die mit 0 Punkten bewertet wurden, werden für Zwecke der Normie-

rung auf 1 Punkt gesetzt, soweit die Vergabe von 0 Punkten nicht ein Ausschlusskriterium darstellt. 3 Praxistipp Ausschlusskriterien (K.O.-Kriterien) sollten in einer separaten Liste definiert werden. Es empfiehlt sich, alle Angebote in einem ersten Schritt anhand dieser Liste zu filtern und nur die verbliebenen Angebote in die konkrete Auswertung einzubeziehen. 189 Die vergebenen Punkte werden im Anschluss zunächst innerhalb der Hauptkatego-

rien anhand ihrer jeweiligen Gewichtung aufsummiert. Aus diesen Zwischensummen werden dann, entsprechend der Gewichtung der Hauptkategorien, die Gesamtsummen der einzelnen Anbieter gebildet. Das wirtschaftlich günstigste Angebot ist das Angebot mit dem höchsten Gesamtsummenwert, wobei 10 Punkte der höchsten und 0 Punkte der niedrigsten Wertung entsprechen.

d) Klärung offener Punkte/Herstellung Vergleichbarkeit 190 Insbesondere bei umfangreicheren Ausschreibungen werden die abgegeben Ange-

bote nicht komplett vergleichbar sein. Denkbar ist, dass einige Anforderungen nicht durch alle Anbieter vollumfänglich abbildbar sind oder es gab einen Interpretationsspielraum in der Fragestellung. Die Antworten basieren somit auf unterschiedlichen Annahmen, was die Auswertung erschwert oder unmöglich macht. 3 Praxistipp Um dieses Problem möglichst zu verringern, muss die Ausschreibung so konkret wie möglich gestaltet werden. Darüber hinaus bietet es sich an, eine grundsätzliche Gewichtung der einzelnen

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C. Auswahl und Einbindung eines externen Versorgungsträgers/Anbieters

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Bewertungskriterien den Ausschreibungsunterlagen beizulegen. Dies ermöglicht den Anbietern eine Indikation, wie umfangreich einzelne Anfragen zu beantworten sind.

Im Rahmen der Auswertung kann es daher notwendig werden, Nachfragen zu stel- 191 len und etwaige Nachbesserungen der Angebote zuzulassen. Um einen neutralen Prozess nicht zu beeinflussen, muss vermieden werden, dass einzelne Anbieter mit Informationen bevorzugt werden. Wenn relevante Informationen zu einer Neueinschätzung führen, kann es somit sinnvoll sein, diese Information an alle Anbieter zu geben und ein überarbeitetes Angebot anzufordern. Nach der ersten Prüfung der Angebote kann auch in Verhandlungen hinsicht- 192 lich der konkreten Leistung, des angebotenen Preises und ggf. auch der Vertragsbedingungen eingetreten werden. Hier ist es ebenfalls zweckmäßig, zeitgleich mit allen Anbietern zu verhandeln und abschließend die letzten Angebote (last call) anzufordern. Dass keine Informationen über die konkreten Angebote der Mitbewerber herausgegeben werden sollten, versteht sich von selbst.

e) Anbieter-Workshop Nach Abschluss der Auswertung und Klärung aller offenen Punkte sollte die Aus- 193 wahl auf zwei bis drei Anbieter (sog. short list) eingeschränkt sein. Zu diesem Zeitpunkt können auch weichere Faktoren (soft facts) in den Auswahlprozess mit einfließen. 3

Checkliste Mögliche soft facts im Rahmen der Anbieterselektion ■ Unabhängige Testempfehlungen ■ Langjährige Erfahrung ■ Hoher Servicegrad ■ Kulanzregelungen ■ Kulturelle Übereinstimmung (cultural fit)

Zur Unterstützung der finalen Entscheidung werden die verbliebenen Anbieter zu 194 Präsentationen oder Workshops eingeladen (sog. beauty contest). Bei diesem Treffen erhält jeder Anbieter nochmals die Gelegenheit, seine Lösung zu präsentieren und weitergehende Fragen zu beantworten. Diese Treffen bieten somit eine gute Gelegenheit, dass sich die handelnden Personen auch persönlich kennenlernen.

f) Ermittlung Anbieter/Zuschlagserteilung Die im beauty contest gesammelten Informationen und Eindrücke werden schließ- 195 lich genutzt, um den Anbieter auszuwählen. Daraufhin wird der präferierte Anbieter gebeten einen Vertrag aufzusetzen, in dem die vereinbarten Leistungsmaßstäbe klar definiert sind. Da es darum geht, den Anbieter für eine langfristige Beziehung

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Kapitel 12 Verwaltung und Administration der bAV

zu finden, sollte auch in diesen letzten Schritt ausreichend Zeit und Sorgfalt investiert werden.

III. Anbieterauswahl für weitere bAV-Dienstleistungen 196 Der in Abschnitt II. dargestellte Prozess umfasst das komplette Spektrum einer An-

bieterauswahl. Im Folgenden werden nun einige Besonderheiten aufgezeigt, die im Einzelfall Abweichungen oder Ergänzungen des vorab dargestellten Prozesses erfordern können.

1. Auswahl des Durchführungswegs und des Versorgungsträgers 197 Die Festlegung des Durchführungsweges149 beeinflusst den weiteren Auswahlpro-

zess insbesondere bei der Festlegung der Auswahlkriterien und der damit verbundenen Fragenliste.

a) Pensionskasse 198 Deregulierte Pensionskassen150 sind Lebensversicherungsunternehmen gleichgestellt und somit im Neugeschäft mit ihren Tarifen an den Höchstbetrag für den Rechnungszins 151 (Höchstrechnungszins) gebunden. Pensionskassen, in der Rechtsform des VVaG können bei der BaFin beantragen, reguliert zu werden.152 Regulierte Kassen dürfen nur mit ihren einmal zugelassenen Tarifen arbeiten, diese aber auch bei zwischenzeitlich niedrigerem, gesetzlich vorgegebenem Höchstrechnungszins weiterhin im Neugeschäft anbieten, solange ihr Aktuar oder die BaFin keine Solvabilitäts-Probleme sehen.153 Es stellt sich bei der Anbieterauswahl zunächst die Frage, ob regulierte Pensi199 onskassen grundsätzlich berücksichtigt werden sollen. Die Satzung von regulierten Pensionskassen muss vorsehen, dass Leistungen gekürzt werden können.154 Darüber hinaus kann es vorkommen, dass bei den Angeboten der verschiedenen Anbieter unterschiedliche Rechnungsgrundlagen zur Anwendung kommen. Beides erschwert eine Vergleichbarkeit der Angebote und sollte im Auswahlprozess angemessen berücksichtigt werden.

_____ 149 Kap. 1 Rn. 339 ff.; für einen betriebswirtschaftlichen Vergleich der Durchführungswege siehe Kap. 5. 150 Vgl. Kap. 6 Rn. 99. 151 Seit 1.1.2017 0,9%, gem. § 2 DeckRV. 152 § 233 Abs. 1 VAG; siehe auch Kap. 6 Rn. 100. 153 Siehe Kap. 6 Rn. 104. 154 § 233 Abs. 1 S.1 Nr. 1 VAG; siehe auch Kap. 6 Rn. 111.

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Die BaFin nutzt diverse Frühwarnsysteme, um eine Minderung der Risiko- 200 tragfähigkeit der Versicherer zu erkennen.155 Eines dieser Instrumente ist der sog. Stresstest. Dieser bezieht sich auf den Kapitalmarkt und simuliert krisenhafte Veränderungen auf die Bilanz des Versicherers. Der Stresstest ist der BaFin von den Versicherern jeweils bis zum 31.3. eines Jahres einzureichen. Das Ergebnis für die einzelnen Unternehmen wird aufgrund der Verschwiegenheitspflicht der Bundesaufsicht nicht veröffentlicht.156 Es wird lediglich eine allgemeine Übersicht157 gegeben, daher empfiehlt es sich, die aktuellen Ergebnisse mit abzufragen. Checkliste Relevante Aspekte für die Auswahl einer Pensionskasse ■ Regulierung durch BaFin ■ Ergebnisse des nationalen Stresstests ■ Deckungsgrad ■ Genutzter Höchstrechnungszins ■ Überschussbeteiligung der letzten Jahre ■ Verwaltungskosten ■ Teilnahme am GDV-Übertragungsabkommen158 ■ Bei entsprechender Ausgestaltung Befreiung von der Anpassungsprüfpflicht159

3

b) Pensionsfonds Der Pensionsfonds ist wie die Pensionskasse ein externer Versorgungsträger. Er ist 201 eine rechtsfähige Versorgungseinrichtung und gewährt dem Arbeitnehmer oder seinen Hinterbliebenen einen Rechtsanspruch auf ihre Leistungen der bAV.160 Seit der 7. Novellierung des VAG im September 2005 und den danach folgenden weiteren VAG-Reformen hat der Pensionsfonds an Attraktivität gewonnen, da er sowohl mit als auch ohne versicherungsförmige Leistungsgarantien kalkulieren kann und auch Kapitalleistungen zugesagt werden dürfen.161 In der Praxis wird der Pensionsfonds meist mit Einmalbeiträgen des Arbeitge- 202 bers dotiert, um bestehende Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften aus Direktzusagen liquiditätsschonend und gem. § 3 Nr. 66 EStG ohne

_____ 155 Siehe dazu Kap. 6 Rn. 39 ff. 156 § 309 VAG. 157 Basierend auf den Bilanzdaten zum 31.12.2017 haben 9 von 137 unter Bundesaufsicht stehenden Pensionskassen den Stresstest nicht in allen Szenarien bestanden, BaFin Jahresbericht 2017. 158 Abkommen zur Übertragung zwischen den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds bei Arbeitgeberwechsel des Gesamtverbands der Versicherungsunternehmen, siehe auch Kap. 8 Rn. 475. 159 Vgl. Kap. 8 Rn. 441 ff. 160 § 236 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VAG, § 1b Abs. 3 BetrAVG, vgl. Kap. 6 Rn. 114 ff. 161 Vgl. Kap. 6 Rn. 119 ff.; Kap. 1 Rn. 437 ff.

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Lohnsteuerzufluss zu übernehmen.162 Eine Ausschreibung wird in solchen Fällen gesondert erfolgen, da nicht jedes Versicherungsunternehmen in Deutschland einen eigenen Pensionsfonds unterhält. Die für die Aufsicht eines Pensionsfonds zuständige Behörde BaFin führt mit Stand September 2018 in ihrer Statistik 31 Pensionsfonds, mit Stand September 2019 sind es 33 Pensionsfonds, von denen ca. die Hälfte Anbieterpensionsfonds sind.163 Der Pensionsfonds genießt im Unterschied zur Lebensversicherung und Pensi203 onskasse eine größere Freiheit in der Kapitalanlage.164 Er ist in Zeiten des Niedrigzinsumfeldes ein immer stärker genutztes Mittel zur Bilanzbereinigung und wirtschaftlichen Ausfinanzierung der bestehenden Verpflichtungen. 3 Checkliste Relevante Aspekte für die Auswahl eines Pensionsfonds können u.a. sein: ■ Abgleich des benötigten Leistungsspektrums mit dem Leistungsspektrum der Anbieterpensionsfonds ■ Abdeckung sämtlicher Risiken im Wege versicherungsförmiger Leistungsgarantien165 ■ Liquiditätsschonende Modelle im Wege nichtversicherungsförmiger Gestaltung mit eingeschränkter Leistungsgarantie ■ Nachschussrisiken – Bereitstellung Sicherheitsreserven ■ Möglichkeit, Kapitalleistung zuzusagen ■ Kapitalanlagestruktur ■ Kapitalanlageerfolg der letzten Jahre ■ Bandbreite Rechnungszins – Bestimmung Rechnungszins je nach Risikoneigung ■ Verwaltungskosten ■ Verwertung vorhandener Vermögenswerte, z.B. Auflösung oder Übernahme bestehender Rückdeckungsversicherungen

c) Unterstützungskasse 204 Bei einer Unterstützungskasse wird die bAV von einer rechtsfähigen Versorgungsein-

richtung durchgeführt, die auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewährt.166 Im Rahmen einer Unterstützungskassenzusage verpflichtet sich der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer zu einer Versorgungsleistung. Der Versorgungsberechtigte hat gegenüber der Unterstützungskasse nach Ansicht der Rechtsprechung des BAG nur einen faktischen Anspruch.167

_____ 162 Kap. 2 Rn. 233 ff. 163 Vgl. Unternehmensdatenbank der BaFin, https://portal.mvp.bafin.de/database/InstInfo/, zuletzt abgerufen am 17.3.2020. 164 § 240 S. 1 Nr. 8 VAG; vgl. auch Kap. 6 Rn. 116. 165 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 438 ff. 166 § 1b Abs. 4 S. 1 BetrAVG, vgl. Kap. 1 Rn. 448 ff. 167 Siehe Kap. 1 Rn. 452 ff.; BAG, Urt. v. 31.7.2007 – 3 AZR 373/06 = DB 2007, S. 2849f, BVerfG, Urt. v. 14.1.1987 – 1 BvR 1052/79 = DB 1987, S. 638.

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C. Auswahl und Einbindung eines externen Versorgungsträgers/Anbieters

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Die Unterstützungskasse, ist eine selbständige Versorgungseinrichtung mit ei- 205 genem Vermögen. In der Praxis schließen Unterstützungskassen zur Finanzierung der übernommenen Zusage häufig kongruente Rückdeckungsversicherungen ab. Traditionell sind Unterstützungskassen hingegen reservepolsterfinanziert bzw. pauschaldotiert. Bei einer pauschaldotierten Unterstützungskasse erfolgen die Zuwendungen zum Deckungskapital aufgrund § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG.168 In der Praxis sind bAV-Maßnahmen über eine Unterstützungskasse oftmals 206 Neueinrichtungen oder Auslagerungen. Ein Ausschreibungswunsch kann auch aufgrund einer geplanten Sanierung in Betracht kommen, wenn eine reservepolsterfinanzierte Unterstützungskasse in eine kongruent rückgedeckte Unterstützungskasse gewandelt werden soll und dies einen Wechsel des Anbieters notwendig macht. Weitere Motive für eine Ausschreibung im Bereich der Unterstützungskasse sind: ■ Individuelle Gestaltung der Leistungspläne ■ Betriebsausgabenabzugsfähigkeit der Zuwendungen169 ■ Übernahme der Versorgungsrisiken durch den Rückdeckungsversicherer170 ■ Bilanzneutralität171 ■ Grundsätzlich steuerfreie Dotierung ohne Höchstgrenzen172 Checkliste Relevante Aspekte für die Auswahl einer Unterstützungskasse ■ Vergleich Satzung ■ Art und Umfang der Leistungspläne ■ Kongruent rückgedeckte Unterstützungskasse als Gruppenunterstützungskasse173 ■ Gründung einer unternehmenseigenen Unterstützungskasse ■ Reservepolsterfinanzierte vs. kongruent rückgedeckte Unterstützungskasse174 ■ Kosten und Umfang der Verwaltung ■ Vergleich Tarifspektrum

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2. Wahl der Finanzanlage Besonderheiten im Prozess der Anbieterauswahl können auch dann bestehen, wenn 207 kein Versorgungsträger über einen der Durchführungswege des BetrAVG gesucht wird, sondern lediglich eine Möglichkeit, eine Direktzusage extern zu finanzieren und gleichzeitig einen (privatrechtlichen) Insolvenzschutz zu erreichen. Im Zu-

_____ 168 Siehe Kap. 2 Rn. 67 ff. 169 Kap. 2 Rn. 66 ff. 170 Kap. 1 Rn. 464. 171 Kap. 4 Rn. 1. 172 Kap. 2 Rn. 126 f. 173 Kap. 1 Rn. 450. 174 Kap. 1 Rn. 462 ff.

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sammenhang mit der Ausfinanzierung bestehender Direktzusagen bzw. begleitend bei der Einrichtung neuer Zusagen führt die virtuelle Verpflichtungsauslagerung nicht zu einem Wechsel des Primärschuldners. D.h. im Leistungsfall haftet weiterhin das Unternehmen. Ein bewährtes Instrument für die Ausfinanzierung von hohen Einzelzusagen stellen Rückdeckungsversicherungen175 dar. Durch eine vertragliche Verpfändung der Rückdeckungsversicherungen an den Mitarbeiter kann zudem ein nachhaltiger Insolvenzschutz – auch über einen etwaigen gesetzlichen Insolvenzschutz hinaus – erreicht werden.176 Über eine Rückdeckungsversicherung kann das Unternehmen eine Absicherung 208 der versprochenen Leistungen vornehmen und sich von den Kapitalmarkt-, Liquiditäts- und biometrischen Risiken teilweise oder vollständig befreien. Für die Übernahme der Risiken ist allerdings eine Prämie fällig und darüber hinaus hat das Unternehmen keinen Einfluss mehr auf die Kapitalanlage. Möchte das Unternehmen im Bereich der Absicherung der versprochenen Leistungen flexibler agieren, dann kommt alternativ eine Ausgliederung von Vermögenswerten auf ein Treuhandmodell, ein sog. Contractual Trust Arrangement (CTA), in Betracht. Im Rahmen eines CTA erfolgt ebenfalls kein Schuldnerwechsel, es wird lediglich eine wirtschaftliche Entpflichtung durch eine zweckgebundene Auslagerung des Vermögens vorgenommen.177 Ein CTA kann einerseits unternehmensintern gestaltet werden, andererseits be209 steht aber auch die Möglichkeit, sich einem überbetrieblichen CTA (Gruppen-CTA) anzuschließen.178 Durch die handelsbilanzielle Saldierung der Pensionsrückstellungen mit den zweckgebundenen Vermögenswerten gem. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB, zu denen ein CTA aber auch eine Rückdeckungsversicherung zählen können, kommt es zu einer (teilweisen) wirtschaftlichen Enthaftung, zur Bilanzbereinigung und zur Verbesserung der Bilanzkennzahlen.179 3 Praxistipp Vor Abschluss des Treuhandvertrages sollte dieser vom zuständigen Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer des Unternehmens geprüft werden. So können im Vorfeld etwaige Probleme rechtzeitig erkannt werden, die einer Saldierung entgegenstehen.

210 Am Markt werden von verschiedenen Anbietern (Beratungshäuser, Banken, Versi-

cherer etc.) Gruppen-Treuhand-Lösungen angeboten. Im Rahmen einer Anbieterauswahl sind Fragen zur Gestaltung des Treuhandmodells (rechtliche Gestaltung

_____ 175 Vgl. Kap. 6 Rn. 343 ff.; Kap. 1 Rn. 370 f. 176 Kap. 8 Rn. 308 ff. 177 Siehe zu CTA grundsätzlich Kap. 8 Rn. 323 ff. 178 Siehe Kap. 8 Rn. 325. 179 Siehe Kap. 8 Rn. 329.

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der doppelseitigen Treuhand in Form einer Sicherungs- und Verwaltungstreuhand) wichtig.180 Hier geht es u.a. um die Sicherstellung der Insolvenzfestigkeit des Treuhandmodells. Ein weiterer Bereich für Fragestellungen an mögliche Anbieter ist die Kapitalanlage und das Kapitalanlagemanagement. Zweckgebundene Vermögenswerte können auch Immobilien sein. Allerdings gibt es für Gruppen-CTA unterschiedliche Vorgaben, welche Vermögenswerte eingebracht werden können. Immobilien und Unternehmensbeteiligungen sind i.d.R. nicht frei handelbar, was Schwierigkeiten in der Bemessung des einzubringenden Vermögenswertes mit sich bringt. Ein CTA stellt keinen bAV-Durchführungsweg dar, sondern die Kapitalunterle- 211 gung einer Direktzusage mit dem Zweck der Saldierung. Dies gilt es auch bei der Auswahl eines Beraters für die CTA-Anbieterauswahl zu berücksichtigen. Der Berater sollte sich durch Kenntnisse der Kapitalanlage sowie der Vorschriften zur Einstufung als Plan- bzw. Deckungsvermögen auszeichnen. Darüber hinaus sind Erfahrungen im Bereich des Insolvenzrechts empfehlenswert.

Checkliste Relevante Aspekte für die Auswahl eines CTA-Anbieters ■ Rechtsform des CTA ■ Saldierungsfähigkeit nach den jeweils anzuwendenden Rechnungslegungsvorschriften181 ■ Administrationskosten ■ Bewertung Anschaffungskosten182 ■ Sicherungsrangfolge183 ■ Mitbestimmungsrechte Kapitalanlage184 ■ Möglichkeit zur Einbringung der gewünschten Vermögensgegenstände185 ■ Erwartete Rendite

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3. Auslagerung der Administration Auch das Thema Administration kann Besonderheiten im Ausschreibungspro- 212 zess nach sich ziehen. Wird die bAV in den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds durchgeführt, erfolgt die Administration in der Regel durch die Verwaltungs- und Kommunikationsprozesse des Anbieters. Deswegen sollten im Rahmen einer Anbieterauswahl für den Versor-

_____ 180 Siehe zu den Details Kap. 8 Rn. 347 ff. 181 Vgl. Kap. 4 Rn. 15, 89. 182 Mit Blick auf ausschüttungsgesperrte Beträge gem. § 268 Abs. 8 HGB. 183 Vgl. Kap. 8 Rn. 361. 184 Siehe auch Kap. 8 Rn. 337. 185 Siehe auch Kap. 8 Rn. 337.

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gungsträger Bewertungskriterien für die Administration aufgestellt und abgefragt sowie in der Auswertung entsprechend hoch gewichtet werden. In der Regel ist es für Unternehmen von Vorteil, einen Versorgungsträger zu wählen, der ein Komplettpaket und damit einen ganzheitlichen Administrationsprozess bietet. In vielen Fällen weist die bAV eines Unternehmens aus historischen Gründen eine hohe Komplexität auf, so werden bspw. verschiedene Durchführungswege und u.U. zusätzlich verschiedene Versorgungsträger genutzt. Die erforderlichen internen Administrationslösungen sind insbesondere in diesen Fällen für viele Unternehmen aufgrund fehlenden fachlichen und technischen Know-how und aus Kostengesichtspunkten nicht umsetzbar. Hier werden in der Praxis oftmals externe Anbieter eingeschaltet, die ausschließlich die Administration der bAV übernehmen. Die Verbesserung der bAV-Administration kann u.U. eine Neuausrichtung und Harmonisierung des Versorgungssystems des Unternehmens erfordern, bspw. um bestehende Prozesse zu vereinheitlichen. Dies bringt mehr Transparenz und Verständlichkeit, erleichterte Kommunikation, weniger Ausnahmen und Sonderfälle und damit auch eine Erleichterung für die Administration mit sich. Allerdings sind bei dem Wunsch nach einer Neuausrichtung oder einer Harmonisierung arbeitsrechtliche Grundsätze zu beachten.186 In der Praxis wird daher das Ziel einer kompletten Bereinigung der Komplexität eines bestehenden Versorgungswerkes nur schwer zu erreichen sein. Im Rahmen einer Ausschreibung gilt also, zunächst das Anforderungsprofil und den Standard der externen bAV-Administration genau herauszuarbeiten. Dabei werden in der Regel auch Fähigkeiten im Bereich Beratung und zur Anpassung von Verwaltungsprozessen erforderlich sein. Sollte eine Harmonisierung des Versorgungssystems angestrebt werden, muss der Anbieter einer externen bAVAdministration auch Kompetenzen für eine rechtliche, versicherungsmathematische und produktseitige Überprüfung haben. Bei einer Ausschreibung wird somit in Zukunft derjenige Anbieter Vorteile haben, der eine bAV-Administration von Neuund Bestandszusagen nicht nur für seine Leistungen, sondern auch für Leistungen anderer Versorgungsträger bieten kann. Ziel einer Auslagerung der Administration sollte immer eine Reduzierung des Aufwands sein. Vor dem Hintergrund steigender Komplexität von Prozessen, strengeren gesetzlichen Auflagen und dem steigenden Informationsbedarf der Mitarbeiter ist dies in vielen Fällen nur durch eine Digitalisierung der bAV-Administration erreichbar. Mögliche Ansatzpunkte einer Digitalisierung sind: ■ Prozesse werden elektronisch erfasst ■ Kommunikation mit Arbeitnehmern oder Rentnern erfolgt über Portallösungen

_____ 186 Siehe grundsätzlich Kap. 9 Rn. 2 ff.

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Posteingänge werden gescannt und digital weiterverarbeitet Unternehmen können sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren Einsparungen im Bereich Personal und bei den IT-Kosten Qualitätssteigerung in der bAV

Für den Ausschreibungsprozess ist es wichtig, dass der Fragenkatalog die Bedürf- 217 nisse des Unternehmens abbildet und das Leistungsspektrum der Anbieter gezielt abfragt. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine gesonderte Ausschreibung der bAV-Administration handelt oder um eine ganzheitliche Ausschreibung. Hierzu bieten sich folgende Fragestellungen an, um festzustellen welche Verwaltungsleistungen extern übernommen werden und welche Aufgaben im Unternehmen verbleiben sollen. Checkliste 3 Relevante Fragestellungen vor Ausschreibung einer Administration ■ Hilft eine externe bAV-Verwaltung, mein Versorgungswerk effizienter und zu niedrigeren Kosten zu administrieren? ■ Kann eine externe bAV-Verwaltung die gewachsene bAV-Historie, die vielfältigen Versorgungszusagen und die bestehenden Strukturen abbilden? ■ Welche Möglichkeiten bietet eine externe bAV-Verwaltung in der Kommunikation zu den Mitarbeitern? ■ Können alle Versorgungsversprechen in einem System eingesehen und verwaltet, digitale Standmitteilungen versendet und im HR-System angestoßene Änderungen automatisch im bAV-System einpflegt werden? ■ Können Mitarbeiter auf das bAV-Angebot der Firma online zugreifen, individuelle Berechnungen vornehmen, Beratung und Services sowie bAV-Erhöhungen anstoßen? ■ Erfolgt die Übermittlung der erweiterten Auskunftspflichten nach § 4a BetrAVG auf elektronischem Weg? ■ Kann die Leistungsprüfung bezüglich Grund und Höhe der Versorgungsleistung und die Erstellung einer Mitteilung für den Arbeitnehmer über das bAV-System abgebildet werden? ■ Bietet der Anbieter weitere bAV-Dienstleistungen an?

IV. Anbieterauswahl durch Tarifpartner im Rahmen des Sozialpartnermodells Die Tarifvertragsparteien können im Rahmen des Sozialpartnermodells zur Durch- 218 führung der reinen Beitragszusage187 einen Versorgungsträger oder eine sog. „Gemeinsame Einrichtung“188 auswählen. Sie müssen sich allerdings gem. § 21 Abs. 1 BetrAVG an der Durchführung und Steuerung des beschlossenen Sozialpartnermodells beteiligen. Dies beinhaltet auch eine Mitentscheidung in den jeweiligen Gremien

_____ 187 Vgl. Kap. 1 Rn. 523 ff. 188 Gem. § 4 TVG.

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wie z.B. Aufsichtsrat, Beirat oder Kapitalanlageausschuss über die Anbieterauswahl und Einbindung des Anbieters, so dass eine diesbezügliche Verantwortung nicht nur der jeweiligen Versorgungseinrichtung bzw. dem Unternehmen anheimfällt.189 In Ermangelung begleitender Vorschriften zur Anbieterauswahl sind die Sozial219 partner deswegen gut beraten, sich an ein etabliertes Ausschreibungsverfahren anzulehnen. Hier bietet sich die oben beschriebene Vorgehensweise zur Anbieterauswahl an. Alternativ kann es auch sinnvoll sein – aufgrund der Bedeutung der Entscheidung – ein an den vergaberechtlichen Grundsätzen orientierten Auswahlprozess zur Anbieterauswahl anzuwenden, insbesondere dann, wenn es um ein Sozialpartnermodell geht, das für eine gesamte Branche gilt. Denn der Wechsel eines in einem Sozialpartnermodell festgelegten Anbieters ist aufgrund des langfristigen Sparvorganges (Zielrente) und der volatilen Kapitalanlage nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Vorteil einer Anwendung vergaberechtlicher Grundsätze auf freiwilliger Ebene ist, dass so auf umfangreiche Erfahrungsberichte insbesondere hinsichtlich der Ausschreibungstiefe zurückgegriffen werden kann. Diese können die Sozialpartner für ihren Auswahlprozess nutzen, ohne gleichzeitig allen Anforderungen des Vergaberechts genügen zu müssen. Ein Sozialpartnermodell basiert immer auf einer tarifvertraglichen Grundlage. 220 Es ist also – insbesondere, wenn es sich um ein Branchenmodell handelt – darauf ausgerichtet, eine große Anzahl von Arbeitnehmern zu erfassen. Deswegen werden in der Regel in einem Sozialpartnermodell nennenswerte Beträge zum Aufbau einer kapitalgedeckten Altersversorgung gesammelt. Die Bedeutung eines solchen Sozialpartnermodells, dessen Langfristigkeit und die begleitenden gesetzlichen Regelungen rechtfertigen daher ein aufwendiges Verfahren bei der Auswahl eines oder mehrerer Anbieter. Dieses muss dabei eine ausreichende Flexibilität aufweisen, da bei den Verhandlungen zu Sozialpartnermodellen sehr individuelle Beratungsprozesse stattfinden. In Summe wird es sich um eine überschaubare Anzahl an Sozialpartnermodel221 len handeln, die zur Umsetzung kommen. Dabei wird den Sozialpartnern bewusst sein, dass sie für die Durchführung und Steuerung des Sozialpartnermodells verantwortlich sind. Sie werden daher mit Augenmaß den Prozess für die Auswahl eines externen Versorgungsträgers bzw. die Entscheidung zur Umsetzung der Lösung im Rahmen einer Gemeinsamen Einrichtung begleiten. Dabei ist ihnen insbesondere zu raten, das Kriterium der Langfristigkeit des Bestehens der Versorgungseinrichtung besonders zu gewichten. Die Sozialpartner können sich der Entstehung von Haftungsrisiken grundsätzlich nicht entziehen, aber sie können durch ein umfassendes Auswahlverfahren den Auswahlprozess transparent gestalten, um Fehler möglichst zu vermeiden.

_____ 189 Siehe Kap. 1 Rn. 530 f.

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Haftungsrisiken könnten aufgrund der Ausgestaltung des Sozialpartnermodells 222 dadurch entstehen, dass der Wechsel zu einer reinen Beitragszusage bei Bestehen von Anwartschaften vorgegeben wird. Inwieweit bei wirtschaftlicher Schieflage der Versorgungseinrichtung Arbeitnehmer neben den Sicherungsmechanismen dieser Versorgungseinrichtung (z.B. Protektor) versuchen werden, Rückgriff nicht nur beim Arbeitgeber, sondern auch beim Sozialpartner zu nehmen, kann heute nicht beurteilt werden. Auszuschließen ist es aber nicht. Risiken können sich für die Sozialpartner auch durch eine ungenügende Um- 223 setzung der Vorstellung des Gesetzgebers ergeben,190 nach der die Sozialpartner bei Gründung und im laufenden Betrieb dazu angehalten sind, an der Durchführung und Steuerung ihres Sozialpartnermodells fortlaufend beteiligt zu sein.191 Den Tarifvertragsparteien wird damit die Verantwortung aufgetragen Lösungen zu finden, die den rechtlichen Anforderungen entsprechen. Ein Fehlverhalten kann hier zu Haftungssituationen im Rahmen der Verletzung von Informationspflichten oder der mangelnden Überwachung des Versorgungsträgers führen. Daneben können für Arbeitgeber trotz des Wegfalls der subsidiären Einstandspflicht gem. § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG Haftungstatbestände verbleiben. Diese können sich aus betrieblicher Übung oder einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, aber auch in einer unwirksamen Ablösung des bestehenden Versorgungswerkes oder der Zurechnung falscher oder unklarer Erklärungen Dritter ergeben.192 Für die Sozialpartner ist darüber hinaus entscheidend, dass sie im weiteren Ver- 224 lauf dokumentieren können, nach welchen Kriterien sie eine Anbieterauswahl und den Umfang der Einbindung des Anbieters, sowie die Rahmenbedingungen für die weitere Begleitung des Sozialpartnermodells organisiert haben. Ob dies in einem frei gewählten Prozess oder in Anlehnung an vergaberechtliche Grundsätze erfolgt, ist ihnen freigestellt. Denn eine gesetzliche Verpflichtung, einen Auswahlprozess nach bestimmten Kriterien umzusetzen, besteht für die Sozialpartner nicht.

_____ 190 § 21 Abs. 1 BetrAVG. 191 Kap. 1 Rn. 530 f. 192 Siehe auch Kap. 1 Rn. 556.

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A. Gesellschafter-Geschäftsführer

Kapitel 13 bAV für besondere Personengruppen Kapitel 13 bAV für besondere Personengruppen https://doi.org/10.1515/9783110275247-013

A. Gesellschafter-Geschäftsführer A. Gesellschafter-Geschäftsführer Teckentrup I. Einleitung Betriebliche Versorgungszusagen an Arbeitnehmer können sowohl für diesen als auch für den Arbeitgeber steuerlich vorteilhaft sein. Insbesondere bei Direktzusagen, für die Unternehmen steuermindernde Pensionsrückstellungen bilden müssen, ist sorgfältig zu prüfen, ob die erteilte Pensionszusage tatsächlich eine Gegenleistung für die Arbeitsleistung ist, oder ob es sich um eine vertragliche Gestaltung handelt, die vorwiegend steuerlichen Zwecken dient. Besondere Relevanz hat diese Frage bei Personen, die zu dem Versorgungsverpflichteten, der GmbH, in einer besonderen vertraglichen Beziehung stehen: Der Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) ist der GmbH einerseits in seiner Rolle als Gesellschafter auf Arbeitgeberseite und andererseits als Arbeitnehmer im Rahmen seines Dienstvertrages verbunden. Im Gegensatz dazu besteht bei einem Fremdgeschäftsführer keine Besorgnis, dass eine Versorgungszusage aus steuerlich nicht anerkennenswerten Gründen erteilt wurde. Denn dieser steht zur GmbH lediglich in einem Dienstverhältnis, nicht aber in einem Gesellschaftsverhältnis. GGF dagegen sind weiter danach zu unterscheiden, in welchem Umfang sie auf die Entscheidungen der Gesellschaft Einfluss nehmen können. Ein besonderes Augenmerk liegt daher auf dem Geschäftsführer, der in der Gesellschafterversammlung aufgrund seiner Stimmrechtsmehrheit Beschlüsse durchsetzen kann. Die Vereinbarungen sind daher bei GGF daraufhin zu prüfen, ob sie entweder eine verdeckte Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG darstellen oder ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 AO vorliegt. Der Maßstab für die Prüfung in beiden Vorschriften ist, ob und inwieweit ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die Versorgungszusage auch ohne die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen erteilt hätte. Soweit die Versorgungszusage gesellschaftsrechtlich veranlasst ist, liegt in Höhe der Vermögensminderung bei der Kapitalgesellschaft eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. von § 8 Abs. 3 S. 2 KStG vor.1 Auch im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht wird ein beherrschender GGF anders behandelt als normale Arbeitnehmer. Sämtliche Rechtsgebiete beantworten jedoch die Frage, wann eine Beherrschung vorliegt, leicht unterschiedlich.

_____ 1 Zur Auswirkung der verdeckten Gewinnausschüttung vgl. Rn. 40 ff.

Teckentrup https://doi.org/10.1515/9783110275247-013

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Die weitaus meisten gerichtlichen Entscheidungen zu Organpersonen, die gleichzeitig Gesellschafter ihrer Kapitalgesellschaft sind, betreffen GmbH. Bei einer AG besteht im Gegensatz zur GmbH zwingend ein Aufsichtsrat, der für die Bestellung des Vorstands, seinen Dienstvertrag seine Versorgungszusage zuständig ist. Deswegen ist bei der AG keine generelle Gefahr gegeben, dass bei den Beschlüssen zur Versorgungszusage eine Identität der Vertragsparteien besteht – der Vorstand also über seine eigene Versorgung beschließt. Diese Aufgabe ist dem Aufsichtsrat als selbständiges Organ der Gesellschaft zugewiesen. Wegen dieser unterschiedlichen Zuständigkeitsverteilung können die Grundsätze 6 zur steuerlichen Anerkennung für GGF nicht pauschal auf Gesellschafter-Vorstände einer AG übertragen werden. Die Einflussmöglichkeit eines Mehrheitsaktionärs wird geringer bewertet als die eines GGF einer GmbH.2 Wenn allerdings der GesellschafterVorstand, z.B. aufgrund familiärer Beziehungen zu den Aufsichtsratsmitgliedern, in einer Weise auf den Aufsichtsrat Einfluss nehmen kann, die einer unmittelbaren Beherrschung gleich kommt, so sollten die für den beherrschenden GGF geltenden Prüfkriterien auch für den faktisch beherrschenden Vorstand beachtet werden. 5

II. Besonderheiten der Zusage 7 Das BetrAVG in seiner Funktion als Arbeitnehmerschutzgesetz gilt gemäß § 17 Abs. 1

BetrAVG für Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen, nicht aber für Unternehmer.3 Der beherrschende GGF fällt deswegen nicht in den persönlichen Geltungsbereich des BetrAVG, denn in seinem Fall ist davon auszugehen, dass die Versorgungszusage wegen der Beteiligung an der GmbH erteilt wurde, und nicht „aus Anlass der Tätigkeit“ für das Unternehmen.

1. Anwendbarkeit des BetrAVG 8 Die Anwendbarkeit des BetrAVG ist einerseits maßgeblich für den vertraglichen Re-

gelungsbedarf im Rahmen einer GGF-Zusage. Denn falls der Anwendungsbereich des Gesetzes nicht eröffnet ist, kann im Falle von Regelungslücken in der Versorgungszusage nicht einfach auf die gesetzlichen Regeln zurückgegriffen werden. Andererseits können ohne die gesetzlichen Schranken Regelungen getroffen werden, die den Belangen des Unternehmens und/oder des Versorgungsberechtigten u.U. besser gerecht werden.4

_____ 2 BFH, Urt. v. 18.12.2002 – I R 93/01 – GmbHR 2003, 846; FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 9.11.2011 – 12 K 12174/08 – DStRE 2012, 1133. 3 Vgl. Kap. 1 Rn. 291. 4 Auch für Organpersonen, die nicht beherrschend sind, kann in größerem Umfang vom BetrAVG abgewichen werden (vgl. Kap. 1 Rn. 332).

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Checkliste Mit Blick auf die Anwendbarkeit des BetrAVG lassen sich folgende Fallgruppen bilden5: ■ ■



Der Geschäftsführer hat keine Anteile am Stimmrecht/Kapital der GmbH: BetrAVG anwendbar. Die GmbH hat nur einen GGF und dieser hat ■ die Mehrheit der Stimmrechte: BetrAVG nicht anwendbar. ■ keine Mehrheit der Stimmrechte: BetrAVG anwendbar. Die GmbH hat mehrere GGF und ■ einer der GGF hat ein Stimmrecht von weniger als 10%: für diesen GGF: BetrAVG anwendbar. ■ einer der GGF verfügt über die Mehrheit der Stimmrechte (Mehrheitsgesellschafter): für den Mehrheitsgesellschafter BetrAVG nicht anwendbar, für die übrigen GGF BetrAVG anwendbar. ■ keiner der GGF ist Mehrheitsgesellschafter und die Stimmrechte aller GGF (zwischen 10% und 50%) ergeben zusammen über 50%: BetrAVG ist auf keinen GGF anwendbar.

2. Regelungsbedarf für den beherrschenden GGF Unabhängig vom arbeits- und steuerrechtlichen Status ist es bei jeder Versorgungs- 9 zusage erforderlich, die Art und Höhe der Versorgungsleistungen zu definieren,6 die Versorgungszusage an den GGF weist insofern keine Besonderheiten auf. Während diese Bestimmungen bei Arbeitnehmern grundsätzlich bereits ausreichend sind, weil das BetrAVG viele mögliche Fragen beantwortet, kann darauf für einen als Unternehmer geltenden GGF nicht zurückgegriffen werden. Daher sind in einer Versorgungszusage noch weitere Regelungen zu treffen, die – sofern aufgrund des Status erforderlich oder empfehlenswert – im Folgenden als Praxistipp aufgeführt sind:

a) Ausscheiden ohne Eintritt eines Versorgungsfalls (Unverfallbarkeit) Scheidet ein Versorgungsberechtigter aus den Diensten seines Arbeitgebers aus, 10 ohne dass ein Leistungsfall eingetreten ist, bedarf es einer Regelung, ob und in welchem Umfang ihm eine Anwartschaft auf spätere Leistungen aufrechterhalten bleibt. Dabei muss zum einen geregelt sein, nach welcher Mindestdienstzeit eine Ver- 11 sorgungsanwartschaft dem Grunde nach aufrechterhalten bleibt. Das kann z.B. mit einer sofortigen Unverfallbarkeit geschehen oder erst nach Ablauf einer bestimmten Frist, wie es auch für Arbeitnehmer in § 1b BetrAVG vorgesehen ist.

_____ 5 Details siehe Kap. 1 Rn. 301 ff. 6 Kap. 1 Rn. 72 ff., 117 ff., 169 ff.

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3 Praxistipp Eine Regelung zur sofortigen Unverfallbarkeit könnte bspw. lauten: „Scheidet der Geschäftsführer vor Eintritt eines Leistungsfalls aus den Diensten der Gesellschaft aus, bleiben ihm Anwartschaften auf spätere Versorgungsleistungen aus dieser Zusage dem Grunde nach aufrechterhalten.“ 12 Auch für die Höhe der aufrechtzuerhaltenden Versorgungsleistungen bedarf es

einer Regelung. Wie der Arbeitnehmer, so erdient der GGF seinen Versorgungsanspruch im Verlauf seiner gesamten Dienstzeit. Für die Höhe seiner unverfallbaren Anwartschaft ist im Rahmen einer Leistungszusage daher auf das Verhältnis der tatsächlichen Dienstzeit zur möglichen Dienstzeit abzustellen. Aus steuerlichen Gründen ist hierbei allerdings für Leistungszusagen nicht die Dienstzeit ab Eintritt in das Unternehmen, sondern erst ab Erteilung der Versorgungszusage zu berücksichtigen.7 3 Praxistipp Eine Regelung zur Höhe der unverfallbaren Anwartschaft könnte bspw. lauten: „Die Höhe der jeweiligen aufrechtzuerhaltenden Versorgungsanwartschaft entspricht dem zugesagten Anspruch, der zeitanteilig im Verhältnis der tatsächlich erbrachten Dienstzeit zur insgesamt möglichen Dienstzeit (jeweils ab dem Zusagedatum) gekürzt wird.“ 13 Bei beitragsorientierten Leistungszusagen ist es dagegen zweckmäßig, entspre-

chend § 2 Abs. 5 BetrAVG auf die Leistungen abzustellen, die aus den während der Dienstzeit gezahlten Beiträgen finanziert wurden.

b) Leistungsvoraussetzungen und Altersgrenze 14 Die Versorgungszusage sollte neben den allgemeinen Leistungsvoraussetzungen insbesondere eine Festlegung der Altersgrenze enthalten.8 3 Praxistipp Eine Regelung zu den Leistungsvoraussetzungen sowie zur Festlegung der Altersgrenze könnte bspw. lauten: „Die Gesellschaft gewährt dem Geschäftsführer nach Vollendung des 67. Lebensjahres (vertragliche Altersgrenze) und seinem Ausscheiden aus den Diensten der Gesellschaft eine lebenslängliche Altersrente in Höhe von monatlich 1.000 €.“

_____ 7 Rn. 51. 8 Siehe allgemein für Versorgungsberechtigte, die unter den Anwendungsbereich des BetrAVG fallen, Kap. 1 Rn. 75 ff.

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c) Vorzeitige Inanspruchnahme Ergänzend zur Festlegung der Altersgrenze sollten die Voraussetzungen für einen 15 Rentenbezug vor Erreichen dieser Altersgrenze bestimmt sein. Insbesondere sollte ein Kürzungsfaktor festgelegt werden, mit dem der frühere und damit wahrscheinlich längere Rentenbezug kompensiert wird.9 3

Praxistipp Eine Regelung zur vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersleistung könnte bspw. lauten: „Scheidet der Geschäftsführer vor Erreichen der vertraglichen Altersgrenze aus den Diensten der Gesellschaft aus und hat er mindestens das 62. Lebensjahr vollendet, so kann er die Altersrente vorzeitig in Anspruch nehmen. Die zugesagte Altersrente wird in diesem Fall um 0,5% für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme für die gesamte Dauer des Rentenbezuges gekürzt.“

Zu beachten ist außerdem, dass das Anstellungsverhältnis des Versorgungsbe- 16 rechtigten vor Leistungsbeginn beendet sein sollte.10 Auf die Gesellschaftsanteile kommt es dagegen nicht an, diese können auch während des Rentenbezugs gehalten werden.

d) Anpassung laufender Leistungen Wenn eine Anpassung der laufenden Leistung zum Zweck des Inflationsausgleiches 17 gewünscht ist, so muss auch hierfür eine Regelung getroffen werden. Möglich ist dies durch eine Regelung, die dem § 16 Abs. 2 BetrAVG entspricht, also eine Anhebung entsprechend der Entwicklung des Verbraucherpreisindex.11 Alternativ kann auch eine feste prozentuale Anpassung zugesagt werden,12 die den Vorzug hat, im Vorhinein fest kalkulierbar zu sein, und auch bei der steuerlichen Rückstellungsbildung berücksichtigt werden muss. 3

Praxistipp Eine Regelung zur Rentenanpassung könnte bspw. lauten: „Die Gesellschaft wird die laufenden Versorgungsleistungen jährlich um 1% der zuletzt gezahlten Rente anheben.“

_____ 9 Siehe zu den Grundsätzen für Versorgungsberechtigte, die unter den Anwendungsbereich des BetrAVG fallen, Kap. 8 Rn. 167 ff. 10 Vgl. Rn. 90 zum gleichzeitigen Bezug von Rente und Aktivgehalt. 11 Vgl. Kap. 8 Rn. 406. 12 Siehe zu den Grundsätzen für Versorgungsberechtigte, die unter den Anwendungsbereich des BetrAVG fallen, Kap. 8 Rn. 438 f.

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e) Anpassung der Versorgungsanwartschaft 18 Aus steuerlichen Gründen ist in den letzten zehn Jahren vor dem frühestmöglichen

Bezug der Altersleistung bei beherrschenden GGF eine Anhebung der Versorgungszusage nicht mehr möglich.13 Um dieser Beschränkung entgegenzuwirken, ist es möglich anstelle eines festen Altersrentenbetrages eine vom Gehalt abhängige Rentenformel zu verwenden. 3 Praxistipp Eine Regelung zur einer gehaltsabhängigen Rentenhöhe könnte bspw. lauten: „Die Gesellschaft gewährt dem Geschäftsführer […] eine lebenslängliche monatliche Altersrente in Höhe von 40% seines zuletzt vereinbarten monatlichen Grundgehalts.“ 19 Bei einer gehaltsabhängigen Bestimmung der Versorgungsleistung ist es zweckmä-

ßig, einen direkten Bezug auf die entsprechenden Regelungen des Anstellungsvertrags aufzunehmen, damit hinsichtlich der zu berücksichtigenden Gehaltsbestandteile keine Zweifel aufkommen.

f) Insolvenzschutz 20 Während für gesetzlich unverfallbare Versorgungsanwartschaften und laufende

Leistungen von Arbeitnehmern ein gesetzlicher Insolvenzschutz durch den PSVaG (§§ 7ff BetrAVG) gegeben ist, muss außerhalb des BetrAVG der Insolvenzschutz durch privatrechtliche Vereinbarungen gewährleistet werden,14 sofern nicht schon aufgrund des gewählte Durchführungswegs eine Absicherung gegen die Insolvenz des Arbeitgebers überflüssig ist. In den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds besteht ein unmittelbarer Anspruch des Versorgungsberechtigten gegen den Versorgungsträger. In diesen Fällen ist es also in der Regel ausreichend, wenn dem Versorgungsberechtigten ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt wurde.

III. Besteuerung bei der Gesellschaft (Direktzusage) 21 Insbesondere eine Versorgungszusage an einen beherrschenden GGF wird kritisch

daraufhin überprüft, ob sie steuerlich anerkannt wird und damit als Betriebsausgabe abzugsfähig ist. Es kommt insbesondere darauf an, ob die zugesagten Leistungen auf der Stellung des Versorgungsberechtigten als Gesellschafter beruhen oder ob sie eine adäquate Gegenleistung für die Tätigkeit sind. Dabei bestimmt

_____ 13 Rn. 81 ff. 14 Einzelheiten zum vertraglichen Insolvenzschutz siehe Kap. 8 Rn. 303 ff. und Rn. 104 ff.

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sich die Frage, ob ein GGF beherrschend ist oder nicht grundsätzlich nach vergleichbaren Maßstäben, die auch im Rahmen des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG angewendet werden.15 Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf Versorgungszusagen im Durch- 22 führungsweg der Direktzusage. Auch auf die anderen Durchführungswege sind diese steuerlichen Besonderheiten teilweise übertragbar.16 Checkliste 3 Folgende Punkte müssen für eine steuerliche Abzugsfähigkeit erfüllt sein17: ■ Zivilrechtlich wirksame Versorgungszusage Für die Bildung von Pensionsrückstellungen in der Steuer- und der Handelsbilanz und die Anerkennung von Betriebsausgaben ist bei allen Durchführungswegen eine zivilrechtlich wirksame Versorgungszusage erforderlich.18 ■ Allgemeine steuerliche Voraussetzungen Weiter sind die allgemeinen Voraussetzungen für den Steuerabzug zu erfüllen, die das EStG für den jeweiligen Durchführungsweg vorsieht.19 Für die Versorgungszusage eines GGF sind dabei jeweils weitere Besonderheiten zu beachten.20 ■ Betriebliche Veranlassung Zuletzt ist die Zusage daraufhin zu prüfen, ob der Aufwand auf einer betrieblichen Veranlassung beruht (→ Betriebsausgabenzug möglich) oder durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist (→ verdeckte Gewinnausschüttung).21

1. Zivilrechtlich wirksame Versorgungszusage22 In der GmbH ist für den Abschluss, die Änderung und eine Beendigung des 23 Dienstvertrags des Geschäftsführers grundsätzlich die Gesellschafterversammlung zuständig (§ 46 Nr. 5 GmbHG). Vertragliche Vereinbarungen, die nicht vom zuständigen Organ vorgenommen worden sind, sind nach Auffassung des BGH zivilrechtlich unwirksam.23 Der Begriff des Dienstvertrages umfasst dabei auch die Versorgungszusage. Ohne die Zustimmung der Gesellschafterversammlung ist der Dienstvertrag 24 bzw. die Pensionszusage nicht zivilrechtlich wirksam geworden. Im Fall einer EinPersonen-GmbH ist die Zusage unwirksam, wenn der Geschäftsführer nicht vom Selbstkontrahierungsverbot (§ 181 BGB) befreit gewesen ist.

_____ 15 Rn. 8; siehe ausführlich Kap. 1 Rn. 299 ff. 16 Rn. 92 ff. 17 Entsprechend R 8.7 KStR 2015. 18 Rn. 23. 19 Siehe Kap. 2 Rn. 18 ff., 65 ff. und 91 ff. 20 Rn. 26 ff. 21 Rn. 46 ff. 22 Siehe dazu allgemein Kap. 2 Rn. 22 ff. 23 BGH, Urt. v. 25.3.1991 – II ZR 169/90 – DStR 1991, 751.

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In diesem zivilrechtlich wirksamen Rahmen muss die Versorgungszusage dem Berechtigten bereits als Anwärter einen aufschiebend bedingten Rechtsanspruch auf Pensionsleistungen einräumen.

2. Allgemeine steuerliche Voraussetzungen (Bilanzierung bei der GmbH) 26 Eine Pensionsrückstellung gemäß § 6a EStG darf nur gebildet werden,24 wenn und

soweit ■ der Versorgungsberechtigte einen Rechtsanspruch auf Versorgungsleistungen hat, ■ die Versorgungszusage schriftlich erteilt ist und eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen enthält. ■ die Versorgungszusage keine (Widerrufs-)Vorbehalte enthält, dass sie gemindert oder entzogen werden kann, und ■ die Höhe der Versorgungsleistungen nicht von künftigen gewinnabhängigen Bezügen abhängt.

a) Schriftform und Eindeutigkeit 27 Die Versorgungszusage muss gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG in schriftlicher Form erteilt werden.25 Darin müssen die Voraussetzungen, die für den Leistungsbezug erfüllt sein müssen, eindeutig bestimmt sein. An einer klaren Vereinbarung fehlt es nach Ansicht des BFH bspw., wenn die Leistungsermittlung vom Gewinn abhängt, nach dem Ergebnis der Steuerbilanz erfolgen soll oder nur bei ausreichendem Gesellschaftsgewinn gezahlt werden soll.26 Im Wesentlichen ist eine Zusage dann klar und eindeutig, wenn das „Ob“ der 28 Leistung ohne Auslegung ermittelbar ist und die Höhe der Leistung durch Rechenvorgänge bestimmt werden kann.

b) Keine steuerschädlichen Widerrufsvorbehalte 29 Die Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz darf gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG nur gebildet werden, wenn die Versorgungszusage nicht einseitig durch die Gesellschaft entzogen oder reduziert werden kann.27 Werden die Leistungen „freiwillig

_____ 24 Siehe dazu im Detail Kap. 2 Rn. 18 ff. 25 Siehe dazu allgemein Kap. 2 Rn. 26 ff. 26 BFH, Urt. vom 29.4.1992 – I R 21/90 – BStBl II 1992, 851 bzw. Urt. vom 1.7.1992 – I R 78/91 – DStR 1992, 1398. 27 Siehe dazu allgemein Kap. 2 Rn. 25.

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und ohne Rechtsanspruch“ oder „unverbindlich“ zugesagt, sind die Voraussetzungen für eine Rückstellungsbildung nicht gegeben. Die R 6a Abs. 4 EStR enthalten verschiedene Vorbehaltstexte, die die Fi- 30 nanzverwaltung als unschädlich im Sinne von § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG ansieht. Die Vorbehalte werden in der Praxis deswegen vereinbart, um eine Anpassung 31 der zugesagten Leistungen an nicht voraussehbare künftige Entwicklungen zu ermöglichen, insbesondere bei einer wesentlichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens, einer wesentlichen Änderung der Sozialversicherungsverhältnisse oder der Vorschriften über die steuerliche Behandlung der Pensionsverpflichtungen oder bei einer Treupflichtverletzung des Arbeitnehmers.28 3

Praxistipp Die Regelung eines unschädlichen Vorbehalts könnte bspw. lauten: „Die Firma behält sich vor, die Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn die bei Erteilung der Pensionszusage maßgebenden Verhältnisse sich nachhaltig so wesentlich geändert haben, dass der Firma die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen auch unter objektiver Beachtung der Belange des Pensionsberechtigten nicht mehr zugemutet werden kann.“29

c) Keine Abhängigkeit von künftigen gewinnabhängigen Bezügen Die Versorgungszusage ist auch dann nicht rückstellungsfähig, wenn sie von künf- 32 tigen gewinnabhängigen Bezügen abhängt und damit gegen § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG verstößt. Der BFH versteht unter künftigen gewinnabhängigen Bezügen solche, die nach 33 Erteilung der Pensionszusage entstehen – nicht bloß nach dem Bilanzstichtag.30 Dem ist die Finanzverwaltung jedoch nicht gefolgt. Nach der Vorgabe des BMF darf die von künftigen Gewinnen abhängige Versorgungsleistung berücksichtigt werden, wenn und soweit sie am Bilanzstichtag bereits feststeht, dem Grunde und der Höhe nach eindeutig bestimmt ist und die Erhöhung schriftlich im Wege einer Ergänzung der Zusage festgehalten wird.31

d) Überversorgung Gemäß § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 4 EStG dürfen Veränderungen der Pensions- 34 leistungen, die hinsichtlich ihres Eintritts oder ihres Umfangs ungewiss sind, bei der Rückstellungsberechnung erst berücksichtigt werden, wenn sie eingetreten

_____ 28 Siehe dazu auch Kap. 2 Rn. 25. 29 Siehe dazu auch Kap. 2 Rn. 25. 30 BFH, Beschl. vom 3.3.2010 – I R 31/09 – DStR 2010, 691. 31 BMF-Schreiben vom 18.10.2013, IV C 6 – S2176/12/10001.

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sind.32 Eine Versorgungszusage, die bereits bei ihrer Erteilung einen Versorgungsbedarf abdeckt, der sich erst aus der zukünftigen, angenommenen Gehaltsentwicklung ergeben wird, verschiebt die Rückstellungsbildung in frühere Zeiträume. Bei Versorgungszusagen, in denen die Leistung als Festbetrag bestimmt ist, geht der BFH davon aus, dass eine Versorgung oberhalb der 75%-Grenze unzulässiger Weise an vermuteten künftigen Lohnsteigerungen ausgerichtet ist und dass daher schon die Pensionsrückstellungsbildung aus § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 4 i. V. m. Satz 2 EStG für den übersteigenden Teil unzulässig sei.33 Nach ständiger Rechtsprechung des BFH liegt eine unzulässige Vorwegnahme künftiger Gehaltserhöhungen dann vor, wenn die gesamte Versorgung des Begünstigten (aus betrieblichen Versorgungszusagen in allen Durchführungswegen und den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung, nicht jedoch solche, die auf Entgeltumwandlung beruhen) 75% der am Bilanzstichtag fälligen Aktivbezüge übersteigt.34 Für den diese 75%-Grenze übersteigenden Teil der Versorgung kann keine Pensionsrückstellung gebildet werden. Diese Bilanzierungsbeschränkung greift allerdings nur in der Anwartschaftsphase, denn nach Rentenbeginn ist eine Vorwegnahme künftiger Gehaltsentwicklungen nicht mehr denkbar. Die 75%-Grenze ist an jedem Bilanzstichtag zu beachten, so dass jährlich zu prüfen ist, ob die gesamten Versorgungsanwartschaften noch in einem zulässigen Verhältnis zu den Aktivbezügen stehen. Für die Bestimmung der Aktivbezüge wird auf § 2 LStDV zurückgegriffen. Deswegen zählen neben dem Gehalt z.B. auch Sachzuwendungen, variable Bezüge und arbeitgeberfinanzierte Beiträge z.B. zur Direktversicherung als Aktivbezüge im Rahmen der Überversorgungsprüfung. Die Überversorgung führt zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Für die Kapitalgesellschaft bewirkt das im Bereich der Körperschaft- und Gewerbesteuer die außerbilanzielle Zurechnung des gesellschaftsrechtlich (mit-)veranlassten geminderten Unterschiedsbetrages. Beim Gesellschafter führt die verdeckte Gewinnausschüttung zu einem Beteiligungsertrag, unabhängig davon, ob es bei der Gesellschaft zu einer außerbilanziellen Hinzurechnung gekommen ist. Hat die verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der Gesellschaft nicht gemindert, findet beim Anteilseigner der Abgeltungsteuertarif von 25% Anwendung. Führt die verdeckte Gewinnausschüttung aber zu einer Minderung des Einkommens der Gesellschaft, findet der normale Einkommensteuer-Tarif Anwendung. Entscheidend ist immer der Zufluss der Einkünfte (§§ 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, 11 Abs. 1 EStG). Zur steuerlichen Erfassung von verdeckten Gewinnausschüttungen auf der Ebene des Gesellschafters kommt es also nur so-

_____ 32 Siehe dazu auch Kap. 2 Rn. 35 ff. 33 BFH, Urt. v. 17.5.1995 – I R 16/94 – DStR 1995, 1544. 34 Vgl. BMF-Schreiben vom 3.11.2004, IV B 2 – S 2176 – 13/04.

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weit, wie der Gesellschafter über die Leistung verfügt hat, i.d.R. also dann, wenn sie ihm tatsächlich zugeflossen ist. Die Höhe der festgestellten verdeckten Gewinnausschüttung ist die Differenz zwischen der vereinbarten Leistung und der nach dem Fremdvergleich35 angemessenen Leistung. Der Fremdvergleich orientiert sich 41 ■ an einem vergleichbaren Fremdgeschäftsführer im Unternehmen (konkreter interner Fremdvergleich) oder ■ an vergleichbare Geschäftsführern in anderen Unternehmen (konkreter externer Fremdvergleich) oder ■ der hypothetischen Entscheidung eines gedachten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (hypothetischer Fremdvergleich). Die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung stimmt daher mit der Vermögensminderung bzw. der verhinderten Vermögensmehrung überein, die bei der Gesellschaft aus gesellschaftlichen Gründen eingetreten ist. Damit die verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der Kapitalgesellschaft nicht mindert, ist der steuerliche Gewinn entsprechend außerhalb der Bilanz zu korrigieren.36 Dazu wird ausgehend von der Steuerbilanz zunächst die Vermögensminderung ermittelt, die dann außerbilanziell zu korrigieren ist. Wurde für eine Versorgungszusage eine Rückstellung passiviert und ist diese ganz oder teilweise als verdeckte Gewinnausschüttung einzustufen, so hat dies auf die Passivierung zunächst keinen Einfluss, weil die Leistungsverpflichtung tatsächlich zivilrechtlich besteht. Die Steuerbilanz weist dann auch den Umfang der Verpflichtung zutreffend aus und ist im Hinblick auf die verdeckte Gewinnausschüttung nicht zu korrigieren. Hierzu ist für jeden Passivposten eine Nebenrechnung zu führen.37 Der BFH behandelt die Auswirkung auf die Höhe des Unterschiedsbetrages geschäftsvorfallbezogen. D.h. obwohl zwei Vorgänge wirtschaftlich betrachtet zusammen gehören, dürfen sie nicht saldiert werden.38

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3. Betriebliche Veranlassung Es ist zu unterscheiden, ob die Zusage auf bAV betrieblich oder durch das Ge- 46 sellschaftsverhältnis veranlasst ist. Im letztgenannten Fall ist die Zusage grundsätzlich als verdeckte Gewinnausschüttung zu betrachten. Ob eine betriebliche Veranlassung vorliegt, ist im Bereich der bAV anhand zahlreicher Einzelfallent-

_____ 35 Zum Fremdvergleich siehe auch Rn. 63. 36 BFH, Urt. v. 29.6.1994 – I R 137/93 – DStR 1994, 1802. 37 Teilbetragsrechnung nach BMF-Schreiben vom 28.5.2002, IV A 2 – S 2742 – 32/02. 38 BFH, Urt. v. 14.3.2006 – I R 38/05 – DStR 2006, 1172.

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scheidungen und für viele Aspekte von Versorgungszusagen zu prüfen. Die Kriterien hierfür sind in den folgenden Absätzen erläutert.

a) Person des Zusageempfängers 47 In der Praxis werden Zusagen auf bAV in der Regel direkt dem GGF erteilt. Es stellt

sich aber gelegentlich die Frage, wie Zusagen an Personen, die zwar selbst nicht an der Gesellschaft beteiligt sind, aber dem GGF nahestehen, bewertet werden müssen. Wenn die Verschaffung dieses Vorteils durch das Gesellschaftsverhältnis und nicht betrieblich veranlasst ist, führt auch diese Zusage zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Auf der Ebene der Kapitalgesellschaft kommt es für die verdeckte Gewinnaus48 schüttung nicht auf den tatsächlichen Zufluss beim Gesellschafter an, sondern es genügt eine (objektive) Vorteilseignung. Die Annahme des Vorteils durch den Dritten und die persönliche Zurechnung beim Gesellschafter setzen eine Verknüpfung durch die gesellschaftliche Veranlassung voraus.39 Das Nahestehen von Gesellschafter und Begünstigtem ist ein widerlegbares Indiz für die gesellschaftliche Veranlassung. Als nahestehenden Personen werden in erster Linie der Ehegatte, die Kinder 49 und die Angehörigen i. S. d. § 15 AO angesehen, darüber hinaus aber z.B. auch den nichtehelichen Lebensgefährten des Gesellschafters.40

b) Rechtzeitig erteilte Versorgungszusage 50 Die Versorgungszusage eines GGF muss nicht nur klar und eindeutig sein, sondern auch rechtzeitig erteilt werden. Denn bei Leistungen einer GmbH an den beherrschenden GGF ist eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann gegeben, wenn nicht von vornherein klar und eindeutig bestimmt ist, ob und in welcher Höhe ein Entgelt an den Gesellschafter gezahlt wird. Die erst nachträgliche Bestimmung eines Entgelts für den GGF ist damit steuerschädlich. Das sog. Nachzahlungsverbot soll verhindern, dass der GGF erst dann Be51 triebsausgaben zur Reduzierung der Steuerbelastung schafft, wenn das Jahresergebnis feststeht. Somit dient das Nachzahlungsverbot dazu, willkürliche Beeinflussungen des zu versteuernden Gewinns zu verhindern. Praktisch bedeutsam ist dies vor allem bei der vertraglichen Vereinbarung für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens ohne Eintritt eines Leistungsfalls:41 Beim Arbeitnehmer wird die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft bei Leistungszusagen auch unter Berücksichtigung von

_____ 39 Gosch, § 8 Rn. 227. 40 BFH, Urt. v. 29.11.2000 – I R 90/99 – DStR 2001, 392. 41 Vgl. Rn. 9.

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Dienstzeiten ermittelt, die vor der Erteilung der Versorgungszusage liegen. Beim beherrschenden GGF dagegen dürfen sich Dienstzeiten vor Erteilung der Versorgungszusage nicht auf die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft auswirken. Eine Folge des Nachzahlungsverbotes ist es auch, dass nach der Beendi- 52 gung des Dienstverhältnisses keine Verbesserung der Leistung mehr möglich ist, wenn sie nicht schon zuvor vereinbart wurde. Daher ist es umso wichtiger, eine vertragliche Regelung für die Anpassung laufender Leistungen rechtzeitig zu treffen.42 Nur unter besonderen Voraussetzungen kann eine bereits laufende Versor- 53 gungszahlung an den beherrschenden GGF ohne vertragliche Grundlage an die gestiegenen Lebenshaltungskosten angepasst werden, ohne dabei das Nachzahlungsverbot zu verletzten. Das setzt voraus, dass ■ die Lebenshaltungskosten erheblich gestiegen sind und ■ dass auch die Versorgungsleistungen der Arbeitnehmer des Unternehmens an die gestiegenen Lebenshaltungskosten angepasst werden. Der erhebliche Anstieg der Lebenshaltungskosten (der BFH betrachtet eine Steige- 54 rung von 20% als erheblich43) rechtfertigt zwar eine Anpassung der Leistungen, nicht aber die Aufnahme einer Wertsicherungsklausel. Spätere Anpassungen können erst erfolgen, wenn die Steigerung der Lebenshaltungskosten nach der letzten Anpassung die Erheblichkeitsschwelle aufs Neue überschritten hat, die Zusage ist also nicht einer regelmäßigen Anpassungsprüfung zu unterziehen.

c) Unverfallbarkeit Scheidet der Versorgungsberechtigte ohne Eintritt eines Versorgungsfalls aus den 55 Diensten des Arbeitgebers aus, richtet es sich beim (arbeitsrechtlich) beherrschenden GGF ausschließlich nach den vertraglichen Vereinbarungen, ob und in welcher Höhe er Anwartschaften auf spätere Leistungen behält. Ohne eine vertragliche Unverfallbarkeitsregelung behält er, auch nach langer Dienstzeit, keine Anwartschaft auf spätere Leistungen.44 Die Unverfallbarkeit dem Grunde nach kann entweder sofort vereinbart werden, 56 oder – wie bei Arbeitnehmern – erst nach Ablauf einer Unverfallbarkeitsfrist eintreten.45 Die Vereinbarung einer Unverfallbarkeitsfrist hat keinen Einfluss auf die personen- oder unternehmensbezogene Probezeiten, die vor der Erteilung der Zusage einzuhalten sind.

_____ 42 Vgl. zur Anpassung laufender Renten Rn. 21. 43 BFH, Urt. v. 6.4.1979 – I R 39/76 – BStBl II 1979, 687. 44 Siehe Rn. 8. 45 Bei Arbeitnehmern seit 1.1.2018 nach einer Zusagedauer von 3 Jahren, vgl. Kap. 8 Rn. 5 ff.

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Unabhängig von der Länge der Unverfallbarkeitsfrist muss die Versorgungszusage auch eine Regelung zur Höhe der unverfallbaren Anwartschaft enthalten. Dabei ist eine von der Regelung für Arbeitnehmer abweichende Regelung geboten, um das Nachzahlungsverbot nicht zu verletzen.46 Denn weil für Arbeitnehmer bei Leistungszusagen die Höhe der unverfallbaren 58 Anwartschaft gemäß § 2 Abs. 1 BetrAVG aus dem Verhältnis von tatsächlicher zu möglicher Dienstzeit, multipliziert mit der zugesagten Leistung, berechnet wird, ist der Zeitpunkt der Zusageerteilung für die Berechnung irrelevant. In den Dreisatz fließen also auch Dienstzeiten leistungserhöhend ein, die vor der Zusageerteilung absolviert wurden. Mit Blick auf eine Zusage eines beherrschenden GGF verletzt dieses Vorgehen 59 jedoch das Nachzahlungsverbot, weswegen die ratierliche Berechnungsmethode für beherrschende GGF entsprechend zu modifizieren ist. Es darf bei ihnen nicht die gesamte Dienstzeit, sondern nur die ab der Erteilung der Versorgungszusage berücksichtigt werden.47 57

5 Beispiel Der Fremd-Geschäftsführer F und der beherrschende GGF B treten im Jahr 1990 in die Dienste der GmbH ein, sie erhalten beide im Jahr 2007 eine Versorgungszusage über eine monatliche Altersrente von 1.000 € ab dem 67. Lebensjahr. Beide erreichen das 67. Lebensjahr im Jahr 2030 und scheiden bereits im Jahr 2022 bei der GmbH aus. Der Anspruch des F beläuft sich gemäß § 2 BetrAVG auf 1990–2022=32 J (tatsächliche Dienstzeit) / 1990–2030=40 J (mgl. Dienstzeit) x 1.000 € = 32/ 40 x 1.000 € = 800 € Der Anspruch des B beläuft sich nach vertraglicher Regelung auf 2007–2022=15 J (tatsächliche Dienstzeit ab Zusage) / 2007–2030=23 J (mgl. Dienstzeit ab Zusage) x 1.000 € = 15/23x1.000 € = 652,17 € 3 Fettnapf In alten (vor 2002 erteilten) Versorgungszusagen war es üblich, auch für beherrschende GGF die gleiche Regelung zur Höhe der unverfallbaren Anwartschaft zu verwenden, wie für Arbeitnehmer. Teilweise ist eine unzulässige Unverfallbarkeitsberechnung schwer erkennbar, z.B. wenn vereinbart ist, dass beim vorzeitigen Ausscheiden die zugesagten Leistungen „um 1/40 für jedes Jahr des Ausscheidens vor Erreichen des 65. Lebensjahres“ zu kürzen sind.

d) Angemessenheit und Üblichkeit 60 Die Angemessenheit der Versorgung hat Indizwirkung für die betriebliche oder ge-

sellschaftsrechtliche Veranlassung. Dabei ist auch von Bedeutung, ob und inwieweit die Versorgung „üblich“ ist, obwohl dieses Kriterium im Gesetz selbst nicht

_____ 46 Vgl. BMF-Schreiben vom 9.12.2002, IV A 2 – S 2742 – 68/02. 47 Das Klauselmuster in Rn. 12 berücksichtigt das Nachzahlungsverbot.

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angelegt ist. Denn eine unübliche Zusage legt eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung und damit eine verdeckte Gewinnausschüttung nahe. § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG schreibt vor, dass betriebliche Aufwendungen den Gewinn nicht mindern dürfen, soweit sie die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren und nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind. Dies gilt nicht nur für laufende Leistungen, sondern auch für die Zuführungsbeträge zur Pensionsrückstellung. Die Angemessenheitsprüfung umfasst sowohl die inhaltliche Ausgestaltung als auch den Zusagezeitpunkt. Ob eine Versorgungszusage üblich ist, kann anhand eines Fremdvergleiches ermittelt werden.48 Dabei wird geprüft, ob ein Fremdgeschäftsführer, der also weder direkt oder indirekt am Unternehmen beteiligt ist und auch kein naher Angehöriger ist, unter ansonsten den gleichen Rahmenbedingungen eine entsprechende Versorgungszusage erhalten hätte. Wird bspw. neben dem GGF auch ein Fremdgeschäftsführer beschäftigt, der einen vergleichbaren Aufgaben- und Verantwortungsbereich und eine mindestens gleich lange Betriebszugehörigkeit hat und wird dem Fremdgeschäftsführer keine Versorgungszusage erteilt, so führt eine Versorgungszusage gegenüber dem GGF zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, soweit der jährliche Aufwand der Gesellschaft für den GGF den (fiktiven) Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung übersteigt.49

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aa) Vertragliches Pensionsalter Versorgungszusagen müssen, damit sie klar und eindeutig sind, das Lebensalter 65 festlegen, ab dessen Erreichen der Versorgungsberechtigte seine Altersleistung in Anspruch nehmen kann. Daneben enthalten Versorgungszusagen, die eine vorzeitige Inanspruchnahme ermöglichen, eine Untergrenze, vor deren Erreichen ein Bezug vorgezogener Altersleistungen nicht möglich ist.50 Eine vertragliche Regelung, die einen (vorgezogenen) Bezug der Altersleistung 66 vor dem Erreichen des 62. Lebensjahres zulässt, wird von der Finanzverwaltung nicht als bAV anerkannt und stellt daher in voller Höhe eine verdeckte Gewinnausschüttung dar.51 Für die Bildung der steuerlichen Pensionsrückstellung hat sich die Finanzver- 67 waltung der Rechtsprechung des BFH angeschlossen, so dass für die Bewertung das

_____ 48 Vgl. Rn. 40 f. 49 Blomeyer/Rolfs/Otto, Kap. F Rn. 38. 50 Siehe Kap. 1 Rn. 38 ff. 51 BMF-Schreiben vom 9.12.2016, IV C 6 – S 2176/07/10004 :003, Rn. 8. Bei Zusagen bis zum 9.12. 2016 gilt das 60. Lebensjahr.

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vertragliche Pensionsalter anzusetzen ist.52 Allerdings macht die Finanzverwaltung Vorgaben zu Altersgrenzen, bei deren Unterschreiten sie die Zusagen für eine verdeckte Gewinnausschüttung auslösend hält. Nach Ansicht des BMF ist bei beherrschenden GGF bei Neuzusagen nach dem 68 9.12.2016 grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Pensionszusage insoweit unangemessen ist, als eine geringere vertragliche Altersgrenze als 67 Jahre vereinbart wird.53 Zuführungen zur Pensionsrückstellung sollen dann anteilig eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen, wie die Rückstellungszuführung auf die Altersdifferenz zwischen dem zugesagten Pensionsalter und dem 67. Lebensjahr entfällt. Für vor dem Stichtag 9.12.2016 bereits erteilte Versorgungszusagen beanstan69 det die Finanzverwaltung auch ein Pensionsalter von 65 Jahren nicht. Die steuerlichen Restriktionen sollen nur dann gelten, wenn der GGF bereits bei 70 Erteilung der Versorgungszusage beherrschend war. Wurde ihm die Zusage zu einem Zeitpunkt erteilt, als er noch nicht beherrschend war, so ist eine Anpassung der Altersgrenzen beim Statuswechsel zum beherrschenden GGF nicht erforderlich. Wird aber die Zusage wesentlich geändert, ist auch im Hinblick auf das vereinbarte Pensionsalter erneut zu prüfen, ob die Pensionszusage durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. 3 Fettnapf Beim Heraufsetzen des Pensionsalters in einer bereits bestehenden Pensionszusage ist Vorsicht geboten, da das Pensionsalter nicht nur für die Rückstellungsberechnung maßgeblich ist, sondern auch für die Leistungsbestimmung, so bspw. für ■ eine höhere Kürzung für eine vorzeitige Inanspruchnahme, ■ eine niedrigere Abfindungszahlung bei Abfindung zum Rentenbeginn im (erhöhten) Pensionsalter, ■ eine geringere Unverfallbarkeitsquote bei vorzeitigem Ausscheiden, ■ eine u.U. längere Laufzeit der Invaliditätsrente bis zum neuen Altersrentenbeginn, ■ ein u.U. vorliegendes Auseinanderfallen von Rückdeckungsversicherung und Zusage.

bb) Personenbezogene Probezeit 71 Die Versorgungszusage an einen GGF wird steuerlich nur anerkannt, wenn bei Zu-

sageerteilung die Eignung, Befähigung und fachlich Leistung des Geschäftsführers zuverlässig beurteilt werden kann. Während die Rechtsprechung den Zeitraum, in dem diese Beurteilung vor der 72 Erteilung der Versorgungszusage erfolgen soll, in einem Rahmen von 18 Mona-

_____ 52 BMF-Schreiben vom 9.12.2016, IV C 6 – S 2176/07/10004 :003, Rn. 3 ff.; BFH, Urt. v. 11.9.2013 – I R 72/12 – DStR 2014, 633. 53 BMF-Schreiben vom 9.12.2016, IV C 6 – S 2176/07/10004 :003, Rn. 3 ff.; BFH, Urt. v. 11.9.2013 – I R 72/12 – DStR 2014, 633.

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ten54 bis zu fünf Jahren55 festlegt, nennt das BMF eine persönliche Probezeit von zwei bis drei Jahren als regelmäßig ausreichend.56 Diese Probezeit wird zwar generell für erforderlich gehalten, sie kann jedoch im Einzelfall kürzer ausfallen oder ganz entfallen.57 Das soll insbesondere dann der Fall sein, wenn der GGF seine Befähigung der Gesellschaft gegenüber bereits ausreichend nachgewiesen hat, z.B. bei längerer Tätigkeit vor einem Rechtsformwechsel, für eine Vorgänger- oder Schwestergesellschaft oder im Falle eines managementbuy-out. Eine Pensionszusage, die wegen der nicht ausreichenden Probezeit unüblich ist, ist gesellschaftlich veranlasst. Der Aufwand aus der Zuführung zur Pensionsrückstellung ist als verdeckte Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG zu behandeln und dem Gewinn außerhalb der Steuerbilanz hinzuzurechnen. Der BFH hat entschieden, dass für die steuerliche Anerkennung einer Pensionszusage allein die Verhältnisse im Zusagezeitpunkt maßgeblich sind.58 Wurde die Probezeit nicht eingehalten, ist die Pensionszusage durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, die Bildung einer Pensionsrückstellung ist deswegen ausgeschlossen. Eine zunächst unzulässige Pensionszusage könne in diesen Fällen auch nicht durch Verstreichen der Zeit einer erforderlichen Probezeit zu einer steuerlich zulässigen Pensionszusage werden. Die späteren Versorgungsleistungen beruhen nach Ansicht des BFH dann auf einer steuerlich nicht anzuerkennenden Pensionszusage und sind deswegen dauerhaft eine verdeckte Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG. Als Ausweg schlägt das BMF die Aufhebung der ohne eine Probezeit erteilten Versorgungszusage und die Erteilung einer neuen vor.59

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cc) Unternehmensbezogene Probezeit Nach Auffassung von Rechtsprechung und Finanzverwaltung ist eine Versorgungs- 77 zusage weiterhin als unüblich zu betrachten, wenn eine Kapitalgesellschaft kurz nach ihrer Gründung ihrem GGF eine Versorgungszusage erteilt. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer neu gegründeten Gesellschaft würde dem Geschäftsführer üblicherweise erst dann eine Versorgungszusage gewähren, wenn er die künftige Entwicklung und damit die künftige wirtschaftliche Leistungsfähig-

_____ 54 FG Berlin, Urt. v. 15.9.1997 – 8534/96 – EFG 1998, 137. 55 BFH, Urt. v. 15.10.1997 – I R 42/97 – DStR 1998, 418. 56 BMF-Schreiben vom 14.12.2012, IV C 2 – S 2742/10/10001. 57 BMF-Schreiben vom 14.12.2012, IV C 2 – S 2742/10/10001; BFH, Urt. v. 24.4.2002 – I R 18/01 – DStR 2002, 1614; BFH, Urt. v. 23.2.2005 – I R 70/04 – DStR 2005, 918. 58 BFH, Urt. v. 28.4.2010 – I R 78/08 – BB 2010, 2167. 59 BMF-Schreiben vom 14.12.2012, IV C 2 – S 2742/10/10001.

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keit der Gesellschaft zuverlässig abschätzen kann. Der BFH begründet diese Annahme damit, dass ein junges Unternehmen sich erst am Markt bewähren müsse und die langfristig wirkende Verpflichtung zugunsten des Geschäftsführers für eine bAV deshalb sorgfältig überlegt sein müsse.60 Als Dauer dieser unternehmensbezogenen Probezeit geht die Finanzverwal78 tung von in der Regel maximal fünf Jahren aus.61 Der BFH hat bislang offen gelassen, wie eine Mindestfrist zu ermitteln wäre.62 Auch bei der unternehmensbezogenen Probezeit sind Konstellationen denkbar, 79 in denen die Gesellschaft schon nach kurzer Zeit ihre Gewinnerwartungen abschätzen kann. Das könnte etwa dann gegeben sein, wenn der Geschäftsbetrieb einer Einzelfirma als GmbH fortgeführt wird und die bisherige Entwicklung der Einzelfirma eine Prognose für die GmbH erlaubt. Fraglich ist, ob im Falle einer als beitragsorientierte Leistungszusage erteilten 80 Direktzusage, die durch eine Rückdeckungsversicherung kongruent abgesichert ist,63 die unternehmensbezogene Probezeit entbehrlich wird. Durch die rückdeckungsbezogene Zusage beschränkt sich die mögliche Leistungspflicht der Gesellschaft auf die Entrichtung der Versicherungsprämien. Für sämtliche Versorgungsfälle besteht eine Rückdeckung, so dass ein früh eintretender Versorgungsfall kein finanzielles Risiko für die Gesellschaft darstellt. Für die Gesellschaft macht es keinen erheblichen finanziellen Unterschied, ob sie dem GGF eine höhere Barvergütung zahlt oder eine um die Versicherungsprämie reduzierte Vergütung.64

dd) Erdienbarkeit 81 Nicht nur eine zu frühe Erteilung der Pensionszusage, auch eine zu späte Erteilung soll auf einer gesellschaftlichen Veranlassung beruhen. Das wird damit begründet, dass aufgrund des Nachzahlungsverbotes der begünstigte GGF die ihm erteilte Versorgungszusage noch durch zukünftige Tätigkeit erdienen können muss, andernfalls würde seine Tätigkeit in der Vergangenheit honoriert, ohne dass dafür im Voraus eine Vereinbarung getroffen wurde. Die Erdienbarkeitsfrist beträgt beim beherrschenden GGF 10 Jahre, sie ist 82 nach verschiedenen Entscheidungen des BFH i.d.R. unabhängig von den Verhältnissen des Einzelfalls einzuhalten. Die Finanzverwaltung geht ebenfalls von einer zehnjährigen Erdienbarkeitsfrist aus.65

_____ 60 BFH, Urt. v. 23.2.2005 – I R 70/04 – DStR 2005, 918 m.w.N. 61 BMF-Schreiben v. 14.12.2012, IV C 2 – S 2742/10/10001. 62 BFH, Urt. v. 11.2.1998 – I R 73/97 – BetrAV 1998, 302. 63 Kap. 1 Rn. 347. 64 Doetsch/Lenz, S. 77. 65 BMF-Schreiben vom 9.12.2002, IV A 2 – S 2742 – 68/02.

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Beim nicht-beherrschenden GGF ist die Erdienbarkeit auch dann gege- 83 ben, wenn zwischen Zusageerteilung und Pensionsalter mindestens 3 Jahre liegen, sofern die Dienstzeit bis zum Pensionsalter insgesamt mindestens 12 Jahre beträgt. Diese Fristen sind bis zur frühestmöglichen planbaren Inanspruchnahme ein- 84 zuhalten, sie müssen also nicht nur bis zur vertraglichen Altersgrenze erfüllbar sein, sondern auch bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme tatsächlich eingehalten werden. Um die Erdienbarkeit sicherzustellen, kann die zehnjährige Frist schon in der Versorgungszusage explizit geregelt sein: Praxistipp 3 Eine Regelung zur vorzeitigen Inanspruchnahme der Leistung und zur Erdienbarkeit könnte bspw. lauten: „Scheidet der Geschäftsführer vor Erreichen der vertraglichen Altersgrenze aus den Diensten der Gesellschaft aus, kann er die Altersrente vorzeitig in Anspruch nehmen, wenn er mindestens das 62. Lebensjahr vollendet hat und seit der Erteilung der Versorgungszusage mindestens 10 Jahre vergangen sind.“

Auch bei einer Abfindung einer rentennah erteilen Versorgungszusage kann die 85 Erdienbarkeit eine Rolle spielen: Fettnapf 3 Die Versorgungszusage wird so (rechtzeitig) erteilt, dass die Erdienbarkeitsfrist bis zum vertraglichen Pensionsalter noch eingehalten werden kann. Tatsächlich wird die Zusage aber bereits nach einer vorzeitigen Beendigung des Dienstvertrages vor Ablauf von 10 Jahren abgefunden. Dies bewirkt eine verdeckte Gewinnausschüttung.66

Fettnapf 3 Die Erdienbarkeitsfristen sind nicht nur bei erstmaliger Erteilung einer Versorgungszusage, sondern auch bei ihrer Verbesserung zu beachten.67 Eine zu erdienende Verbesserung kann auch mittelbar bei einer gehaltsabhängigen Zusage eintreten, wenn durch die Gehaltserhöhung eine Zusageverbesserung bewirkt wird, die einer Neuzusage gleichkommt.68

ee) Finanzierbarkeit Weiteres Erfordernis für die steuerliche Anerkennung einer Versorgungszusage für 86 einen GGF ist die Finanzierbarkeit der Versorgungszusage. Die Prüfung einer Ver-

_____ 66 BFH, Urt. v. 25.6.2014 – I R 76/13 – DStR 2014, 1769. 67 BFH, Urt. v. 23.9.2008 – I R 62/07 – DStR 2009, 43. 68 BFH, Urt. v. 20.5.2015 – I R 17/14 – DStR 2015, 2064.

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sorgungszusage im Hinblick auf ihre Finanzierbarkeit erfolgt unter der Maßgabe, dass ein ordentlicher Geschäftsleiter keine Versorgungszusage erteilen würde, die die Gesellschaft wirtschaftlich überfordert. Der BFH überprüft dabei, ob die Passivierung des Anwartschaftsbarwerts zu einer bilanziellen Überschuldung führen würde.69 Dabei kommt es jedoch nicht auf die steuerlich Bewertung an, sondern es soll eine zutreffende versicherungsmathematische Bewertung der Verpflichtung erfolgen. Der Wert, den ein ordentlicher Kaufmann der Verpflichtung zumessen würde, ergibt sich aus der Handelsbilanz.70

ff) Höhe der Versorgungsleistungen 87 Neben der Prüfung einer Überversorgung, der vier Grundvoraussetzungen des § 6a

EStG und der Finanzierbarkeit ist im Falle eines beherrschenden GGF zu prüfen, ob die Höhe der zugesagten Leistungen üblich ist. Unangemessen hohe Versorgungszusagen, die den Rahmen des (für einen 88 Fremdgeschäftsführer) Üblichen übersteigen, sind in der den angemessenen Rahmen übersteigenden Höhe als verdeckte Gewinnausschüttung zu werten. Die praktische Relevanz dieser Frage ist eher gering, denn bei außerordentlich hohen Versorgungszusagen scheidet die steuerliche Berücksichtigung schon aufgrund der Überversorgung aus.71 Unabhängig von der Frage, ob die Versorgungszusage vollständig oder teilweise 89 rückstellungsfähig ist, ist die Höhe bzw. der wirtschaftliche Wert der Versorgungsleistungen bei der Prüfung, ob die Gesamtvergütung des GGF angemessen ist, von Bedeutung. Hierfür wird eine fiktive Jahresnettoprämie gebildet, also eine Prämie, die die Gesellschaft an ein Versicherungsunternehmen zahlen müsste, um die zugesagten Versorgungsleistungen zu versichern. Anzuwenden sind die Rechnungsgrundlagen, die für die Berechnung der steuerlichen Pensionsrückstellung verwendet werden. Das bedeutet, dass die fiktive Versicherung mit einem Zins von 6% zu kalkulieren ist, Abschluss- und Verwaltungskosten sind nicht zu berücksichtigen.

gg) Gleichzeitiger Bezug von Rente und Aktivgehalt 90 Während bei Arbeitnehmern der gleichzeitige Bezug von betrieblicher Rente

und Aktiveinkommen unproblematisch möglich ist,72 hält der BFH dies für einen GGF für problematisch. Denn „ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter

_____ 69 BFH, Urt. v. 4.9.2002 – I R 7/01 – DStR 2003, 113. 70 Siehe dazu Kap. 4 Rn. 23. 71 Siehe dazu Rn. 34. 72 Kap. 1 Rn. 85 ff., 134 ff.

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[würde] verlangen, dass das Einkommen aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsleistung angerechnet wird“.73 Die Nichtanrechnung soll eine verdeckte Gewinnausschüttung bewirken, was 91 im Ergebnis dazu führt, dass wirtschaftlich ein paralleler Bezug von Rente und Gehalt ausgeschlossen ist. Unschädlich soll es dagegen sein, wenn die Tätigkeit nicht unverändert, sondern tatsächlich anders, etwa im Rahmen eines Beratervertrages, ausgeübt wird.74 Fettnapf 3 Eine Abfindung der Versorgungszusage zum vertraglichen Pensionsalter trotz Weiterarbeit ist ebenfalls problematisch. Denn nach Ansicht des BFH müsste in diesem Fall ein versicherungsmathematischer Abschlag beim Abfindungsbetrag vorgenommen werden, der den späteren Rentenbeginn aufgrund der Weiterarbeit kompensiert.75

IV. Besteuerung bei der Gesellschaft (mittelbare Durchführungswege) Während die vorangehenden Erläuterungen im Wesentlichen den Durchführungs- 92 weg der Direktzusage betrafen, so stehen doch auch für den GGF die anderen Durchführungswege der bAV offen.76 Bei den übrigen Durchführungswegen sind die obigen Ausführungen zur Di- 93 rektzusage überwiegend auch zu beachten. Die Frage, ob eine Versorgungszusage als verdeckte Gewinnausschüttung zu werten ist, stellt sich nämlich bei allen Durchführungswegen.

1. Unterstützungskasse77 Auch bei einer Versorgungszusage über eine Unterstützungskasse ist es für die 94 steuerliche Anerkennung erforderlich, dass für die Gesellschafterversorgung – wie bei einer Direktzusage – eine betriebliche Veranlassung für die Zusage besteht. Denn die Zuwendungen an die Unterstützungskasse sind nur dann steuerlich abzugsfähig, wenn die zugesagten Leistungen, wären sie vom Trägerunternehmen

_____ 73 BFH, Urt. v. 5.3.2008 – I R 12/07 – DStR 2008, 1037; erläuternd hierzu: Lenz/Teckentrup, BetrAV 2008, 672. 74 BFH, Urt. v. 23.10.2013 – I R 60/12 – DStR 2014, 641. Die Beratertätigkeit darf aber nicht lediglich vorgeschoben sein, vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 6.9.2016 – 6 K 6168/13 – DStRE 2017, 794. 75 BFH, Urt. v. 23.10.2013 – I R 89/12 – DStR 2014, 637. 76 Kap. 1 Rn. 344 ff. 77 Allgemeines zur Unterstützungskasse siehe Kap. 1 Rn. 446 ff. und zu den steuerlichen Rahmenbedingungen siehe Kap. 2 Rn. 60 ff.

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(der Gesellschaft) selbst als Direktzusage erbracht worden, betrieblich veranlasst gewesen wären. Weiterhin existieren bei der Unterstützungskasse in § 4d EStG umfangreiche steuerliche Vorgaben, die aber keine Spezialität der Gesellschafter-Versorgung sind.78 Auch bei der Zusage über eine Unterstützungskasse muss das Schriftformerfordernis beachtet werden und eine zivilrechtlich wirksame Vereinbarung (Gesellschafterbeschluss) bestehen.79 Ebenso ist die Erdienbarkeitsfrist zu beachten, die Unterstützungskassenzusage darf also nicht nach Erreichen des 60. Lebensjahres und muss mindestens zehn Jahre vor dem frühestmöglichen Bezug der Altersleistung erteilt werden.80 Die Angemessenheit der Gesamtvergütung ist auch bei einer Unterstützungskassenversorgung zu beachten.81

2. Direktversicherung/Pensionskasse/Pensionsfonds 99 Auch eine Versorgungszusage über eine Direktversicherung oder eine Pensionskasse ist für GGF möglich. Sie ist allerdings bislang wegen des begrenzten steuerlich geförderten Dotierungsrahmens des § 3 Nr. 63 EStG bis zu 8% der BBG zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht von großer praktischer Bedeutung.82 Die allgemeinen und für die Direktzusage erläuterten Rahmenbedingungen sind 100 auch hier einzuhalten, da ansonsten keine abzugsfähige Betriebsausgabe vorliegt (§ 4 Abs. 4 EStG).83

V. Die Besteuerung beim GGF 101 Für die steuerliche Behandlung der Versorgungsanwartschaften und -leistungen

zugunsten des GGF gelten die gleichen Regelungen wie für Arbeitnehmer.84 Lediglich bei der Hinterbliebenenversorgung besteht ein Unterschied zwi102 schen Arbeitnehmern sowie nicht beherrschenden GGF und beherrschenden GGF. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG unterliegt jeder Vermögensvorteil, der aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages bei seinem Tode von einem Dritten (hier

_____ 78 Siehe dazu Kap. 2 Rn. 60 ff. 79 Siehe Rn. 23 ff. 80 Siehe Rn. 81 ff. 81 Siehe Rn. 87 ff. 82 Siehe dazu Kap. 2 Rn. 131 ff. Bis 2017 belief sich der steuerfreie Höchstbeitrag gem. § 3 Nr. 63 EStG auf 4% der Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Rentenversicherung. 83 Vgl. § 4c Abs. 2 EStG für die Pensionskasse und § 4e Abs. 2 EStG für den Pensionsfonds. 84 Siehe Kap. 2 Rn. 123 ff.

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also dem Hinterbliebenen) unmittelbar erworben wird, der Erbschaftsteuer. Der BFH nimmt dennoch Ansprüche der Hinterbliebenen eines Arbeitnehmers auf die Hinterbliebenenversorgung von der Erbschaftsteuer aus, wenn diese Ansprüche auf einer vom Erblasser abgeschlossenen vertraglichen Vereinbarung über die Altersversorgung beruhen.85 Dies gilt hinsichtlich der Hinterbliebenen von GGF jedoch nur dann, wenn der 103 GGF „wie ein Nichtgesellschafter als abhängiger Geschäftsführer anzusehen ist“.86 Bei einem beherrschenden GGF sei die Freistellung der Hinterbliebenenleistung aber nicht zu rechtfertigen. Somit kommen nur die Hinterbliebenen von nicht beherrschenden Gesellschaftern in den Genuss der Steuerfreiheit.

VI. Insolvenzschutz von Versorgungszusagen Die Versorgungszusage hat u.U. einen erheblichen Wert und ist von großer Bedeutung für den GGF, weil sie, insb. bei beherrschenden GGF, oft die einzige oder jedenfalls eine wesentliche Komponente der Altersvorsorge darstellt. Daher ist es wichtig, Vorkehrungen für die Insolvenz der Gesellschaft zu treffen. Während der Fremdgeschäftsführer und der arbeitsrechtlich nicht beherrschende GGF dem persönlichen Geltungsbereich des BetrAVG unterfallen,87 muss ein beherrschender GGF auf andere Weise den Insolvenzschutz herstellen.88 Das gilt auch dann, wenn der GGF während des Bestands der Versorgungszusage teilweise beherrschend war und teilweise nicht. Denn dann wird er nur zeitanteilig vom BetrAVG geschützt und seine Versorgungszusage im gleichen Verhältnis gesetzlich insolvenzgesichert. Auch der gesetzliche Insolvenzschutz kann sich allerdings im Hinblick auf die Sicherungshöchstgrenze des § 7 Abs. 3 BetrAVG als zu gering erweisen,89 so dass hinsichtlich des übersteigenden Betrages eine vertragliche Insolvenzsicherung insoweit auch dann sinnvoll ist, wenn es um einen arbeitsrechtlich nicht beherrschenden GGF geht. Eine vertragliche Insolvenzsicherung ist in allen Durchführungswegen möglich. Bei einer Direktversicherungszusage kann der versicherten Person ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt werden.90 Im Insolvenzfall besteht dann ein Aussonderungsrecht an der Versicherung, so dass die Ansprüche auf Versicherungsleis-

_____ 85 BFH, Urt. v. 15.7.1998 – II R 80/96 – DStRE 1999, 401. 86 BFH, Urt. v. 24.5.2005 – II B 40/04 – ZEV 2005, 407. 87 Siehe Rn. 8. 88 Vgl. zum gesetzlichen Insolvenzschutz nach § 7 BetrAVG Kap. 8 Rn. 180 ff. 89 Kap. 8 Rn. 266. 90 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 391, Kap. 6 Rn. 160 ff.

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tungen nicht in die Insolvenzmasse fallen. Ein nur widerrufliches Bezugsrecht hingegen kann vom Insolvenzverwalter widerrufen werden. Bei einer Pensionskassen- oder eine Pensionsfondszusage besteht spätes108 tens ab Eintritt der Unverfallbarkeit ein unwiderruflicher Rechtsanspruch des Versorgungsberechtigten,91 was auch diese Zusagen insolvenzfest macht. Bei Direktzusagen und Unterstützungskassenzusagen wird die Insolvenzsi109 cherung typischerweise durch Verpfändung von Rückdeckungsinstrumenten, meist einer Rückdeckungsversicherung, bewirkt.92 Sämtliche Leistungsansprüche aus der Rückdeckungsversicherung, die die Gesellschaft oder die Unterstützungskasse abgeschlossen hat, werden zur Sicherung der in der Versorgungszusage versprochenen Leistungen an den Versorgungsberechtigten und ggf. auch seine Hinterbliebenen verpfändet. Die Verpfändung der Rückdeckungsversicherung wird allgemein als insolvenzfest betrachtet. 3 Fettnapf Das OLG Düsseldorf93 ist der Auffassung, dass die Verpfändung der Rückdeckungsversicherung (einer Direktzusage) nur dann wirksam ist, wenn eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung vorliegt. 110 Weiterhin besteht die Möglichkeit, Versorgungszusagen durch ein Treuhand-Mo-

dell gegen eine Insolvenz der Gesellschaft abzusichern. Die dazu verwendete vertragliche Konstruktion wird als CTA (contractual trust arrangement) bezeichnet.94 Für Gesellschaften mit wenigen oder wertmäßig geringen Versorgungszusagen kann ein Gruppen-CTA genutzt werden, das die Versorgungsansprüche vieler Unternehmen absichert. 3 Fettnapf Werden die Leistungen der Rückdeckungsversicherung fällig, ohne dass bereits ein Leistungsanspruch besteht (z.B. bei einer auf das 65. Lebensjahr abgeschlossenen Kapitallebensversicherung und Weiterarbeit über das Pensionsalter hinaus, so dass die Leistungsvoraussetzungen noch nicht erfüllt sind), stellt sich die Frage, was mit den Versicherungsleistungen geschehen soll. Damit keine Lücke im Insolvenzschutz auftritt, wird gelegentlich der Wunsch geäußert, das Kapital auf ein Bankkonto zu zahlen und dieses zu verpfänden. Banken und Sparkassen haben jedoch aus ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Pfandrecht an den Einlagen. Eine Verpfändung an den GGF wäre u.U. also nachrangig. Um dies zu vermeiden, kann entweder ein Kreditinstitut gewählt werden, mit dem sonst keine Geschäftsbeziehung besteht oder es wird mit der Hausbank eine Vereinbarung getroffen, dass diese auf ihr AGB-Pfandrecht für das konkrete Konto verzichtet.

_____ 91 Siehe dazu Kap. 6 Rn. 331; Kap. 1 Rn. 417, 433. 92 Kap. 8 Rn. 307 ff. 93 OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.4.2009 – I-6 U 58/08 – ZInsO 2009, 1599. 94 Siehe dazu Kap. 8 Rn. 323 ff.

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VII. Entlastung der Gesellschaft von Versorgungsverpflichtungen Bei vielen Unternehmen bestehen Versorgungszusagen seit vielen Jahren oder Jahr- 111 zehnten, teilweise stand bei ihrer Erteilung die Reduzierung der Steuerlast durch die Pensionsrückstellung eher im Fokus als der Versorgungszweck. Aufgrund der Änderungen durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, das in der Handelsbilanz eine Bewertung mit einem marktgerechten Zins (und damit einem viel niedrigeren Zins als in der Steuerbilanz) fordert und zudem auch rückstellungswirksame Trendannahmen enthält,95 ist der wirklich Wert der eingegangenen Versorgungsverpflichtung offenkundig geworden. Die wirtschaftlichen Risiken, die aus einer Pensionszusage erwachsen kön- 112 nen, sind vielgestaltig, so bspw.: ■ Rentenzusagen: Langlebigkeit des Versorgungsberechtigten, ■ eine deutlich steigende handelsbilanzielle Rückstellung schmälert den ausschüttungsfähigen Gewinn, ■ es ergeben sich geringere Überschüsse der Rückdeckungsversicherung als prognostiziert, ■ ein Unternehmensverkauf soll an einen Erwerber erfolgen, der die Pensionsverpflichtung nicht übernehmen möchte.96 Die Risiken können entweder, sofern jeweils möglich, gegen Entgelt auf einen 113 Dritten übertragen werden. Sie können aber auch bspw. durch nachfolgende gestaltende Maßnahmen reduziert werden, wobei jeweils die steuerlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Schranken setzen können.

1. Verzicht des GGF Der Verzicht ist die entschädigungslose volle oder teilweise Aufgabe der Ansprü- 114 che aus der Versorgungszusage. Ein Verzicht eines GGF auf eine werthaltige Forderung gegenüber der Gesell- 115 schaft führt bei dieser gem. § 6 Abs.1 Nr. 5 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG zu einer verdeckten Einlage, wenn der Verzicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Daran fehlt es bspw. in der Regel, wenn der Verzicht auf einer geänderten Rechtslage oder den Ergebnissen einer steuerlichen Betriebsprüfung beruht. 97 Im Fall eines Verzichts aufgrund schlechter wirtschaftlicher Lage des Unternehmens ist die Frage, ob der Verzicht betrieblich oder gesellschaftlich veranlasst ist, durch ei-

_____ 95 Siehe dazu Kap. 4 Rn. 48 ff. 96 Siehe dazu grundlegend auch Kap. 5. 97 Höfer/Veit/Verhuven/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 44 Rn. 366.

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nen Fremdvergleich zu ermitteln. Eine betriebliche Veranlassung liegt vor, wenn ein Fremdgeschäftsführer dem Verzicht zustimmen würde. Ob die Forderung des GGF werthaltig ist, hängt davon ob, wie sicher der GGF sie durchsetzen kann. Eine verpfändete Rückdeckungsversicherung dürfte immer als voll werthaltig anzusetzen sein, bei einer ungesicherten Forderung hängt dies von der Bonität der Gesellschaft ab. Der Verzicht führt beim GGF zu einem steuerlichen Zufluss in Höhe des noch werthaltigen Teils der Forderung und er hat in Höhe der verdeckten Einlage nachträgliche Anschaffungskosten auf seine Beteiligung. Die vertragliche Ausgestaltung ist dabei irrelevant, die einverständliche Entlastung der Gesellschaft von der Verpflichtung ist ausreichend. Zur Bewertung einer verdeckten Einlage aufgrund des Verzichts hat der BFH entschieden, dass die Wiederbeschaffungskosten entscheidend sein sollen. Also der Betrag, den der verzichtende GGF zum Zeitpunkt des Verzichts hätte aufwenden müssen, um eine vergleichbare Versorgungsanwartschaft gegen einen vergleichbaren Schuldner zu erwerben.98 Schwierigkeiten bei der Bewertung macht dabei, was ein vergleichbarer Schuldner ist. So dürfte der Einmalbeitrag in eine Versicherung mit gleichem Leistungsumfang zu hoch bemessen sein, weil der Versicherer mit anderen Rechnungsgrundlagen kalkuliert, aufsichtsrechtlich in der Kapitalanlage beschränkt ist, aber auch Abschluss- und Vertriebskosten gezahlt werden müssen. Zunächst dürfte die handelsbilanzielle Bewertung99 für den Wert des Verzichts einen guten Ausgangspunkt darstellen, evtl. ist dieser Betrag noch nach unten zu korrigieren, falls die Bonität der Gesellschaft solche Abschläge nahelegt. Hat der GGF auf eine nicht werthaltige Forderung verzichtet, dann liegt keine verdeckte Einlage vor. Die Pensionsrückstellung ist aufzulösen, was bei der Gesellschaft zu einem steuerpflichtigen Gewinn führt. Beim GGF tritt kein Zufluss ein. Ebenfalls keine verdeckte Einlage liegt vor, wenn der Verzicht zur Vermeidung einer (drohenden) Überschuldung der Gesellschaft im insolvenzrechtlichen Sinne dient und zu diesem Zweck weitere Maßnahmen getroffen wurden sowie sich auch ein Fremdgeschäftsführer zu einem Verzicht bereit erklärt hätte.

3 Praxistipp Der Verzicht auf die Pensionszusage sollte nicht die einzige Maßnahme zur Abwendung der Überschuldung sein. Insbesondere sollten auch eine Gehaltsreduzierung und ein Rangrücktritt hinsichtlich eventueller Gesellschafter-Darlehen überlegt werden.

_____ 98 BFH, Urt. v. 15.10.1997 – I R 58/93 – DStR 1998, 236. 99 Siehe dazu Kap. 4.

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Die Finanzverwaltung betrachtet den Verzicht auf zukünftig noch zu erdienende 123 Teile der Versorgungsanwartschaft nicht als verdeckte Einlage.100 Als bereits erdienter Teil wird dabei der nach der für beherrschende GGF modifizierten Unverfallbarkeitsberechnung 101 bei einem fiktiven Ausscheiden zum Verzichtszeitpunkt aufrecht zu erhaltende Anspruchsteil behandelt. Beispiel 5 Der beherrschende GGF A hat eine Versorgungszusage auf eine monatliche Altersrente i.H.v. 5.000 € nach Vollendung des 67. Lebensjahres erhalten. Die Zusage wurde ihm im Alter 42 erteilt, zum Zeitpunkt des Verzichts ist der GGF 57 Jahre alt. Der erdiente Teil ergibt sich aus der tatsächlichen Dienstzeit ab Erteilung der Versorgungszusage bis zum Verzicht (42 bis 57 = 15 Jahre), dividiert durch die mögliche Dienstzeit (42 bis 67 = 25 Jahre), multipliziert mit der zugesagten Leistung (5.000 €). Der A kann also auf bis zu 5.000 – (15/25 x 5.000) = 2.000 € verzichten, ohne dass eine verdeckte Einlage anzunehmen wäre.

Noch weitergehend eröffnet das BMF in seinem Schreiben die Möglichkeit eines 124 umstrukturierenden Verzichts.102 Solange der Barwert der veränderten Versorgungszusage nach dem Verzicht nicht kleiner ist als der Barwert der zum Zeitpunkt der Umstrukturierung bereits erdienten Anwartschaft, liegt kein Verzicht vor.103 Das bedeutet, dass eine Reduzierung einzelner Leistungsarten – bis hin zum völligen Wegfall – möglich ist, da es nur auf den Barwert der gesamten Versorgungsanwartschaft ankommt und nicht für jede Leistungsart ihr erdienter Teil zur Vermeidung einer verdeckten Einlage aufrechterhalten werden muss. Beispiel 5 Der beherrschende GGF A hat folgende Versorgungszusage erhalten: Altersrente nach Vollendung des 67. Lebensjahres 5.000 € Invaliditätsrente 5.000 € Hinterbliebenenrente 3.000 € Die Zusage wurde ihm im Alter 42 erteilt, zum Zeitpunkt des umstrukturierenden Verzichts ist der GGF 57 Jahre alt. Neue Versorgungszusage: Altersrente nach Vollendung des 67. Lebensjahres 4.000 € Invaliditätsrente 1.500 € Hinterbliebenenrente 2.000 € Der Barwert der neuen Versorgungszusage liege oberhalb des Barwertes der bereits erdienten Anwartschaft. Daher ist es zulässig, dass die Invaliditätsrente auf 1.500 € reduziert wurde, obwohl ihr erdienter Teil bereits 3.000 € beträgt.

_____ 100 BMF, Schreiben vom 14.8.2012, IV C 2 – S 2743/10/10001 :001. 101 Rn. 9. 102 Doetsch/Lenz, S. 156. 103 Zum Begriff des Barwertvergleiches: Höfer/de Groot/Küpper/Reich/Höfer, BetrAVG, Bd. I, Kap. 8 Rn. 38.

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3 Fettnapf Das BMF-Schreiben regelt nur den Verzicht, es ermöglicht nicht jede beliebige Umstrukturierung unter Beibehaltung des Barwertes. Insbesondere die Erdienbarkeitsfrist kann nicht umgangen werden, indem eine Leistungsart über ihre ursprünglich zugesagte Höhe angehoben wird – selbst dann nicht, wenn der Barwert der gesamten Versorgungszusage wegen der Reduzierung bei anderen Leistungsarten gleich bleibt oder sogar sinkt.

2. Abfindung 125 Die Abfindung ist der Verzicht auf die versprochenen bzw. bereits laufenden, zu-

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künftigen Versorgungsleistungen gegen Zahlung eines Einmalbetrags. Sie wird häufig im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Veräußerung, einem Generationswechsel in der Unternehmensleitung oder zur Vorbereitung der Liquidation in Betracht gezogen, um die Gesellschaft von der Pensionsverbindlichkeit zu entlasten. Zunächst ist zu beachten, dass die Abfindung zulässig sein muss. Sofern der GGF arbeitsrechtlich unter den Geltungsbereich des BetrAVG gem. § 17 BetrAVG fällt oder die Geltung des BetrAVG vertraglich vereinbart ist, so greift u.U. das Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG.104 Weiterhin ist eine Abfindung nur möglich, wenn sich beide Vertragspartner der Versorgungszusage einig sind oder die Versorgungszusage bereits eine Regelung für ein einseitiges Abfindungsrecht enthält. Zivilrechtlich ist es jederzeit möglich, dass sich beide Vertragsparteien darauf einigen, die langfristig angelegte Versorgungszusage durch eine einmalige Zahlung zu ersetzen. Allerdings folgen aus der Rechtsprechung des BFH auch hier Restriktionen. Werden diese nicht beachtet, so gilt die Abfindung als gesellschaftlich und nicht als betrieblich veranlasst. Die Folge ist dann die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung mit den entsprechenden steuerlichen Folgen.105 Der BFH verlangt zum einen, dass eine Abfindung nicht ad hoc durchgeführt wird, sondern dass sie auf einer im Voraus getroffenen, klaren und eindeutigen Vereinbarung beruhen muss.106 Wie lange dieser Zeitraum vor der Abfindung sein muss, ist jedoch nicht näher konkretisiert worden. In der Literatur werden Dauern von 2 bis zu 10 Jahren vertreten.107

3 Praxistipp Eine Abfindungsklausel sollte am besten schon bei der Erteilung der Versorgungszusage aufgenommen werden.

_____ 104 Siehe dazu Kap. 8 Rn. 101 ff. 105 Siehe Rn. 40 f. 106 BFH, Urt. v. 11.9.2013 – I R 28/13 – DStR 2014, 635. 107 Briese, DB 2014, S. 801; Blomeyer/Rolfs/Otto, Kap. F. Rn. 417a.

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Eine Abfindungsvereinbarung ist steuerlich grundsätzlich anzuerkennen, wenn sie die Abfindung bei Eintritt des Versorgungsfalls vorsieht. Sie verstößt dann nicht gegen das Rückwirkungs- bzw. das Nachzahlungsverbot, weil lediglich die Zahlungsart geändert wird.108 Soll die Abfindung vor Eintritt des Versorgungsfalls geschehen, ist danach zu unterscheiden, ob die Anwartschaft bereits unverfallbar war oder noch nicht. Die Abfindung einer noch verfallbaren Anwartschaft ist i.d.R. als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln, weil ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter diese Versorgungsanwartschaft eines Fremdgeschäftsführers nicht abgefunden hätte. Denn um die Versorgungsverpflichtung zu beseitigen, hätte die Gesellschaft das Dienstverhältnis beenden können, dem Versorgungsberechtigten hätte dann keine Versorgungsanwartschaften zugestanden.109 War die Anwartschaft bereits unverfallbar, das Dienstverhältnis aber noch nicht beendet, so ist fraglich, ob die Abfindung betrieblich oder gesellschaftlich veranlasst ist. Ein Fremdgeschäftsführer würde wahrscheinlich einer Abfindung nicht zustimmen, weil damit auch der Verzicht auf Anwartschaftszuwächse während seiner zukünftigen Dienstzeit einhergeht. Das ist auch nachvollziehbar, denn die Abfindung vor Erreichen des Pensionsalters ist schließlich nicht bloß eine Umstellung der Leistungsart, sondern eine Vorverlegung des Auszahlungszeitpunktes in ein Lebensalter, das für den Bezug einer Altersleistung im steuerlichen Sinne nicht ausreichend ist.110

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Praxistipp 3 Um die steuerlichen Risiken eines vorzeitigen Bezugs der Abfindungsleistung zu minimieren, könnte statt der sofortigen Abfindung ein Kapitalwahlrecht vereinbart werden, das frühzeitig – etwas beim Ausscheiden – ausgeübt wird, dessen Kapitalleistung aber erst z.B. im Alter 67 fällig wird.111

Die Höhe des Abfindungsbetrages ist ebenfalls unter Beachtung der steuerlichen 134 Rahmenbedingungen festzulegen. Bei einer bereits zu Beginn in der Pensionszusage vereinbarten Abfindungsmöglichkeit muss beachtet werden, dass diese nicht als steuerschädlicher Vorbehalt (§ 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG) zu qualifizieren ist und deswegen eine Rückstellungsbildung versagt ist.112 Die Finanzverwaltung hat sich der Rechtsauffassung des BFH angeschlossen, 135 dass eine Pensionszusage, bei der die Versorgungsverpflichtung in Höhe des Teil-

_____ 108 Doetsch/Lenz, S. 145. 109 Blomeyer/Rolfs/Otto, Kap. F Rn. 421. 110 Gosch, BFH/PR 2014, 198, 199. 111 Vgl. BFH, Urt. v. 5.3.2008 – I R 12/07 – DStR 2008, 1037. 112 Siehe dazu Rn. 49 f.

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wertes gem. § 6a Abs. 3 EStG abgefunden wird, einen solchen steuerschädlichen Vorbehalt enthalte.113 Dagegen sei ein Abfindungsrecht, das sich für aktive Anwärter nach dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen im Sinne von § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 EStG (d.h. der volle, unquotierte Anspruch) zum Zeitpunkt der Abfindung bemisst, unschädlich. Das Gleiche gilt für die Abfindung von laufenden Versorgungsleistungen und unverfallbaren Ansprüchen gegenüber ausgeschiedenen Anwärtern, wenn als Abfindungsbetrag der Barwert der künftigen Pensionsleistungen gemäß § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 2 EStG vorgesehen ist. Ist deswegen für die Höhe des Abfindungsbetrags ausschließlich auf den nach steuerlich vorgeschriebener Methode berechneten Barwert abzustellen? In der Vergangenheit wurde ein nach § 6a EStG berechneter Abfindungsbetrag von der Finanzverwaltung jedenfalls stets akzeptiert. Angesichts sinkender Marktzinsen und damit infolgedessen höheren handelsbilanziellen Rückstellungen ist kritisch zu hinterfragen, ob der soeben genannte steuerliche Abfindungswert noch angemessen ist, oder ob bei neu abgeschlossenen Abfindungsvereinbarungen nicht der Ansatz des Barwerts gemäß § 253 Abs. 2 S. 2 HGB angezeigt ist. Schließlich wird auch der Verzicht anhand der Wiederbeschaffungskosten bewertet,114 die sich an der handelsrechtlichen Bewertung orientieren. Für die Abfindung, bei der für den Verzicht eine Gegenleistung gewährt wird, ist daher schwer begründbar, warum der Abfindungsbetrag unter diesem Wert liegen sollte. In vielen Versorgungszusagen sind jedoch bereits Regelungen enthalten, die eine Abfindung mit einem Barwert gemäß § 6a EStG vorsehen. Damit wurde klar, eindeutig und im Vorhinein eine Vereinbarung getroffen, die auch weiterhin Bestand hat. Zwischen dem steuerlichen und dem handelsrechtlichen Barwert liegt daher die Spanne, in der steuerlich akzeptabel der Abfindungsbetrag definiert werden kann.

3. Liquidationsversicherung 141 Die Liquidationsversicherung ist eine Lebensversicherung, die zur Übertragung der

Versorgungsverpflichtung auf ein Versicherungsunternehmen oder eine Pensionskasse abgeschlossen wird. Die Versicherung tritt an die Stelle des Arbeitgebers, insbesondere zahlt sie die Versorgungsleistungen aus und rechnet diese ab.115 Damit ist eine Befreiung der GmbH von langfristigen Verpflichtungen möglich, die ansonsten zunächst vollständig erfüllt werden müssten, bevor die Gesellschaft liquidiert werden kann.

_____ 113 BMF-Schreiben vom 6.4.2005, IV B 2 – S 2176 – 10/05; BFH, Urt. v. 10.11.1998 – I R 49/97 – DStR 1999, 313. 114 Rn. 118. 115 Kap. 8 Rn. 504 ff.

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A. Gesellschafter-Geschäftsführer

Für Geschäftsführer, die unter den Geltungsbereich des BetrAVG fallen, richtet 142 sich die Übertragung nach § 4 Abs. 4 BetrAVG. Für den beherrschenden GGF ist eine einvernehmliche Übertragung der Versor- 143 gungszusage in eine Lebensversicherung möglich. Zu beachten ist allerdings, dass dabei weder ein Verzicht noch ein nicht mehr erdienbarer Vorteil eintreten sollte. Das kann geschehen, wenn die angebotenen Versicherungstarife die bisher in der Versorgungszusage versprochenen Leistungen nicht exakt abbilden.116

4. Auslagerung auf einen externen Versorgungsträger Soll eine bestehende Pensionszusage ausgelagert werden, so kann dies in rein bilanzieller Weise geschehen oder durch eine tatsächliche Übertragung auf einen externen Versorgungsträger. Bei der bilanziellen Auslagerung handelt es sich um eine Ausfinanzierung der Versorgungsansprüche in einer Weise, die in der Handelsbilanz dazu führt, dass die Pensionsverpflichtung wegen der Saldierung mit dem vorhandenen Deckungskapital nur noch im Anhang auszuweisen ist.117 Schuldner der Versorgungsleistungen ist jedoch unverändert der Arbeitgeber bzw. die Gesellschaft. Bei einer Übertragung auf einen externen Versorgungsträger ist der Arbeitgeber bzw. die Gesellschaft nicht mehr (oder ggf. nur noch subsidiär) Versorgungsschuldner, der Versorgungsberechtigte soll Leistungen unmittelbar von den externen Versorgungsträgern erhalten.118 Aus steuerlichen Gründen, insbesondere weil die Direktversicherung und die Pensionskasse nur eingeschränkt steuerfrei dotierbar sind,119 kommen für eine Auslagerung effektiv nur der Pensionsfonds und die Unterstützungskasse in Betracht.120 Beim Pensionsfonds besteht ein unmittelbarer Rechtsanspruch der Versorgungsberechtigten auf seine Leistungen, der Pensionsfonds untersteht der Aufsicht durch die BaFin. Er erbringt Leistung der bAV im Wege des Kapitaldeckungsverfahrens, wobei er nicht für alle vorgesehenen Leistungsfälle eine versicherungsförmige Garantie zusagen darf.121 Aus der Einschränkung bei den versicherungsförmigen Garantien folgt unmittelbar eine Nachschussverpflichtung des Arbeitgebers bzw. der Gesellschaft für den Fall, dass die Leistung vom Pensionsfonds nicht erbracht werden kann, und aus der

_____ 116 Siehe dazu auch Kap. 8 Rn. 508. 117 Siehe hierzu Kap. 4 Rn. 60 ff. 118 Siehe grundsätzlich zum Thema Auslagerung aus steuerrechtlicher Sicht Kap. 2 Rn. 207 ff. 119 Kap. 2 Rn. 130 ff. 120 Vertiefend Kap. 2 Rn. 209 ff., 233 ff. 121 Kap. 1 Rn. 439 f.; Kap. 6 Rn. 119.

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grundsätzlichen Nachschussverpflichtung folgt eine weitgehende Freiheit des Pensionsfonds im Hinblick auf seine Kapitalanlage.122 Der Pensionsfonds unterscheidet sich hauptsächlich dadurch von Lebensver150 sicherungen und Pensionskassen, dass die eingegangenen Verpflichtungen nicht ausschließlich versicherungsförmig erbracht werden dürfen. Bei den nichtversicherungsförmigen Zusagen dürfen Beitrag und Leistung bezogen auf einen bestimmten Zeitpunkt nicht in einem festen Verhältnis stehen.123 Dies gilt nach § 236 Abs. 2 VAG im Übrigen nicht nur für die Anwartschaftsphase, sondern auch für die Leistungsphase. Der Rechtsanspruch auf Leistungen führt dazu, dass der Pensionsfonds 151 grundsätzlich auch steuerlich so behandelt wird wie Direktversicherungen bzw. Pensionskassen, d.h. dass die Beiträge an ihn grundsätzlich steuerlich als Arbeitslohn zu betrachten und nur im Rahmen des § 3 Nr. 63 EStG mit den dort geltenden Obergrenzen steuerfrei gestellt sind.124 Allerdings gibt es eine Besonderheit, die den Pensionsfonds auszeichnet: § 3 152 Nr. 66 EStG stellt Beiträge an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen unter bestimmten Bedingungen steuerfrei, so dass der Pensionsfonds sich zur Aufnahme bestehender Versorgungsverpflichtungen anbietet.125 Als „bestehend“ sieht die Finanzverwaltung dabei nur die bis zum Zeitpunkt der Übertragung erdienten Versorgungsanwartschaften an. Das sind ■ bei Rentenempfängern die laufenden Renten, ■ bei Ausgeschiedenen mit unverfallbarer Anwartschaft die volle aufrecht erhaltene Anwartschaft und ■ bei Aktiven die zeitratierlich erdiente Anwartschaft nach § 2 BetrAVG, für beherrschende GGF nach der modifizierten Unverfallbarkeitsquote (Rn. 12). 153 Der erdiente Teil kann gegen Zahlung eines Einmalbeitrages an den Pensions-

fonds von diesem übernommen werden. Im Gegensatz zu Direktversicherungen bzw. Pensionskassen, wo Einmalbeiträge, die die Obergrenzen des § 3 Nr. 63 EStG überschreiten beim Arbeitnehmer individuelle Lohnsteuer auslösen, bzw. zur rückgedeckten Unterstützungskasse, wo ein Einmalbeitrag für aktive und/oder ausgeschiedene Anwärter Steuerschäden bei der Kasse auslösen kann, sind mit einem solchen Einmalbeitrag beim Pensionsfonds weder negative steuerliche Konsequenzen für die Anwärter noch für den Arbeitgeber verbunden. Einzige Voraussetzung für die Anwendung von § 3 Nr. 66 EStG ist die Stellung eines Antrags nach § 4e Abs. 3 EStG.

_____ 122 Vgl. § 239 Abs. 1 VAG. 123 Siehe vertiefend Kap. 1 Rn. 439 f. 124 Siehe Kap. 2 Rn. 130 ff. 125 Vertiefend zur Thematik Kap. 2 Rn. 233 ff.

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Mit seinem Antrag nach § 4e Abs. 3 EStG erklärt sich der Arbeitgeber bereit, 154 den anfallenden Betriebsausgabenabzug, der über die Höhe der aufzulösenden steuerlichen Rückstellungen hinausgeht, auf die 10 der Übertragung folgenden Wirtschaftsjahre zu verteilen. Der Antrag ist formlos beim zuständigen Betriebsstätten-Finanzamt vor Übertragung der Versorgungsverpflichtungen auf einen Pensionsfonds zu stellen.126 Nach der Übertragung des Past Service einer unmittelbaren Versorgungszusage 155 auf einen Pensionsfonds sind grundsätzlich keine Pensionsrückstellungen mehr zu bilden, da die Versorgungszusage nach Übertragung über einen mittelbaren Durchführungsweg erfolgt. Die Pensionsrückstellung in der Handelsbilanz kann jedoch nur in dem Maße aufgelöst werden, wie Deckungsvermögen im Pensionsfonds vorliegt. Praxistipp 3 Übersteigt die an den Pensionsfonds zu zahlende Prämie die bislang in der Handelsbilanz gebildete Pensionsrückstellung, kann die gesamte Rückstellung aufgelöst werden. Allerdings sind bei Unterdeckungen und im Hinblick auf mögliche Nachschussverpflichtungen zum Ausgleich von Fehlbeträgen des Pensionsfonds weitere Angaben im Anhang erforderlich. Dies gilt Sinngemäß auch für den internationalen Jahresabschluss, da auch die IFRS-Pensionsrückstellungen mit vorhandenem reserviertem Vermögen (Plan As-sets) saldiert werden können.127

Laufende Leistungen werden im Durchführungsweg der Direktzusage als nachgela- 156 gerter Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG besteuert.128 Somit wird der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nach § 19 Abs. 2 EStG und der Werbungskostenpauschbetrag nach § 9a Nr. 1b) EStG gewährt. Mit dem Wechsel des Durchführungsweges erfolgt die Besteuerung als sonstige 157 Einkünfte nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG. Allerdings regelt § 22 Nr. 5 S. 11 EStG, dass der Versorgungsfreibetrag, der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag und der Werbungskostenpauschbetrag nach § 9a Nr. 1 EStG weiterhin Anwendung findet, wenn es sich um eine bereits vor der Übertragung auf den Pensionsfonds laufende Rentenleistung handelt.129 Für Anwärter greift diese Regelung jedoch nicht, die Besteuerung ihres späte- 158 ren Versorgungsbezugs aus dem Pensionsfonds richtet sich nur nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG. Die veränderten Freibeträge können bei den Versorgungsberechtigten geburtsjahrgangsabhängig zu steuerlichen Nachteilen führen, es sind jedoch auch Konstellationen denkbar, die für den Versorgungsberechtigten günstiger sind.130

_____ 126 Kap. 2 Rn. 238. 127 Kap. 4 Rn. 89 f. 128 Kap. 2 Rn. 243. 129 Kap. 2 Rn. 243. 130 Kap. 2 Rn. 240.

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Für den noch nicht erdienten Teil der Versorgung gilt der § 3 Nr. 66 EStG nicht, bei der laufenden Dotierung führt das dazu, dass die künftigen Beiträge an den Pensionsfonds nur im engen Rahmen des § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei sind.131 Aus diesem Grund bietet sich für die Auslagerung der zukünftigen Dienstzeit 160 (nur) die Unterstützungskasse an. Soll es sich dabei um eine rückgedeckte Unterstützungskasse handeln, müssen gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 c) EStG dabei gleichbleibende oder steigende Jahresbeiträge bis zu dem Zeitpunkt, in dem erstmals Leistungen der Altersversorgung vorgesehen sind, entrichtet werden. Eine Ausfinanzierung gegen einen Einmalbeitrag kommt für Anwärter nicht in Betracht. Da dies aber explizit nur für Anwärter vorgeschrieben ist, könnte für Rentner ein Einmalbeitrag entrichtet werden.132 Auf der Ebene der Versorgungsberechtigten löst der Wechsel von der Direkt161 zusage zur Unterstützungskasse keine steuerlichen Folgen aus. Hier gilt, dass die Zuwendung des Arbeitgebers an die Unterstützungskasse aufgrund des fehlenden Rechtsanspruchs keinen lohnsteuerlichen Zufluss beim Arbeitnehmer darstellt. Die Leistungen der Unterstützungskasse gelten als Arbeitslohn im Sinne von § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, so dass auch in der Leistungsphase durch den Wechsel des Durchführungsweges keine steuerlichen Veränderungen für den Versorgungsberechtigten verursacht werden.133 159

5. Übertragung auf einen anderen Arbeitgeber 162 Wechselt der GGF zu einem neuen Arbeitgeber, so kann auch seine Pensionszusage

zu diesem übertragen werden.134 Unter der Voraussetzung des Arbeitgeberwechsels ist die Übertragung lohnsteuerfrei. Bei einer Übertragung entsprechend § 4 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG, der Übernahme der Zusage durch den neuen Arbeitgeber,135 liegt ein Schuldnerwechsel vor, der nicht zu einem steuerlichen Zufluss beim GGF führt. Bei einer Übertragung mit dem Übertragungswert analog § 4 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG,136 also der Erteilung einer wertgleichen Zusage durch den neuen Arbeitgeber, beruht die Steuerfreiheit auf § 3 Nr. 55 EStG.137 3 Fettnapf Zur Vermeidung eines lohnsteuerlichen Zuflusses sollte darauf geachtet werden, dass die Übertragungsvereinbarung auf Ebene der beteiligten Arbeitgeber stattfindet und der Versorgungsberech-

_____ 131 Kap. 2 Rn. 240. 132 Kap. 2 Rn. 246. 133 Kap. 2 Rn. 248. 134 Siehe dazu grundlegend aus steuerrechtlicher Sicht Kap. 2 Rn. 253 ff. 135 Siehe Kap. 8 Rn. 459 ff. 136 Kap. 8 Rn. 468 ff. 137 BMF-Schreiben vom 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002, Rn. 57 ff., siehe vertiefend Kap. 2 Rn. 263.

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B. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes

tigte keine (Wahl-)Rechte eingeräumt bekommt, die über seine zwingend erforderliche Mitwirkung am Schuldnerwechsel hinausgehen.

Die Übertragung auf den neuen Arbeitgeber ist betrieblich veranlasst, wenn dabei 163 die Zusage nicht verbessert oder verschlechtert wird. Bei einem zu hohen oder zu niedrigen Übertragungswert kommt es u.U. zu einer verdeckten Gewinnausschüttung oder Einlage. Fraglich ist, welcher Übertragungswert angemessen ist. Einen Anhaltspunkt 164 hierfür liefert § 4 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 5 BetrAVG.138 Dieser ist zwar auf beherrschende GGF nicht unmittelbar anwendbar, bietet aber einen Anhaltspunkt für die Üblichkeit. Auch hier bietet es sich an, den Übertragungswert nach handelsrechtlichen Bi- 165 lanzierungsregeln zu bestimmen. Als Untergrenze sollte jedoch der Barwert nach § 6a EStG nicht unterschritten werden. Praxistipp 3 Falls bei abgebenden Arbeitgeber eine Rückdeckungsversicherung besteht, so kann diese durch einen Versicherungsnehmerwechsel auf den neuen Arbeitgeber übertragen und in Höhe ihres Wertes als Zahlungsmittel betrachtet werden.

Für die Passivierung der Pensionsrückstellungen gelten §§ 4f und 5 Abs. 7 EStG.

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B. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes B. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes Mühlstädt I. Überblick Die Zusatzversorgung des öffentlichen und kirchlichen Dienstes blickt auf eine sehr 167 lange Tradition zurück. Anfang des 20. Jahrhunderts begannen vor allem mittlere und größere Städte damit, nicht nur – wie schon bisher – ihren Beamten, sondern auch ihren Arbeitnehmern Alters- und Hinterbliebenenversorgungsleistungen anzubieten. Zu Beginn waren die Leistungen jedoch von Arbeitgeber zu Arbeitgeber sehr unterschiedlich und gingen von Einzelfallentscheidungen bis hin zu einer der Beamtenversorgung vergleichbaren Leistung. Im Laufe der Zeit wurden die Leistungen immer weiter vereinheitlicht und waren zunächst als statische Rentenleistungen ausgestaltet. Im Jahr 1967 wurde in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ein Gesamtversorgungssystem eingeführt. Dieses Gesamtversorgungssystem wurde im Rahmen einer grundlegenden Reform der Zusatzversorgung im Jahr

_____ 138 Siehe dazu Kap. 8 Rn. 473 ff.

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2002 in das sog. Punktemodell überführt. Bei dem Punktemodell handelt es sich um eine beitragsorientierte Leistungszusage i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG. Gegenwärtig bietet die Zusatzversorgung mit der Pflichtversicherung eine flä168 chendeckende bAV für alle Arbeitnehmer im öffentlichen und kirchlichen Dienst nach einem einheitlichen, tarifvertraglich vorgegebenen Leistungsrecht. Über 45.000 öffentliche und kirchliche Arbeitgeber bieten ihren Beschäftigten mit der Zusatzversorgung einheitliche Leistungen der bAV. Insgesamt haben derzeit ca. 12 Mio. aktive und ehemalige Beschäftigte des öffentlichen Dienstes eine Anwartschaft in der Zusatzversorgung. 2,8 Mio. ehemalige Beschäftigte erhalten eine Rente nach dem einheitlichen Leistungsrecht von einer der 23 Zusatzversorgungskassen. Neben der Pflichtversicherung können die Beschäftigten mit der freiwilligen Versicherung zusätzlich vorsorgen und hierfür auch steuerliche Förderungen beanspruchen. Wenn man sich das Hauptziel des Betriebsrentenstärkungsgesetzes vor Au169 gen führt, nämlich den Verbreitungsgrad der bAV weiter auszubauen, dann lässt sich feststellen, dass in der Zusatzversorgung diese Zielsetzung seit Langem erfüllt wird. Die Zusatzversorgung des öffentlichen und kirchlichen Dienstes deckt die bAV für die gesamte Branche und für alle Arbeitnehmer, inklusive der Geringverdiener, ab. Sowohl große Arbeitgeber, wie Bund, Länder und große Städte, als auch kleine Arbeitgeber, wie z.B. Kindergärten, bieten ihren Beschäftigten eine einheitliche bAV mit einem relativ hohem Leistungsniveau. Sowohl tarifgebundene wie auch nichttarifgebundene Arbeitgeber können Mitglied einer der Zusatzversorgungskassen werden.

II. Rechtsgrundlagen 170 Die bAV der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes wird auf der arbeits-

rechtlichen Ebene durch Tarifvertrag regelt. Diese arbeitsrechtlichen Vorgaben werden auf der versicherungsrechtlichen Ebene durch die Satzungen der Zusatzversorgungskassen umgesetzt. Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes sind auf der Arbeitgeberseite die Bundesrepublik Deutschland unter Federführung des Bundesinnenministeriums (BMI), die Tarifgemeinschaft der deutschen Länder (TdL) und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). Die Arbeitnehmerseite wird vertreten durch die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und durch den dbb beamtenbund und tarifunion. Im kirchlichen Bereich gibt es eine Vielzahl von Rechtsgrundlagen in denen 171 die Zusatzversorgung geregelt wird (z.B. Arbeitsvertragsordnungen (AVO), Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR)). Die Rechtsgrundlagen im kirchlichen Bereich sind in der Regel keine Tarifverträge, sondern eigene kirchenrechtliche Normen. Da die kirchlichen Regelungen regelmäßig inhaltlich weitgehend mit dem Tarifrecht des öffentlichen Dienstes identisch sind, wird aus Gründen der Vereinfachung im Folgenden nur das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes beschrieben. Mühlstädt

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1. Tarifvertragliche Grundlagen Auf der arbeitsrechtlichen Ebene haben die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes 172 gegenüber ihren Arbeitgebern nach den für den öffentlichen Dienst geltenden grundlegenden Tarifverträgen einen Verschaffungsanspruch auf eine Zusatzversorgung entsprechend den Regelungen eines besonderen Versorgungstarifvertrags. Für die Beschäftigten des Bundes und der kommunalen Arbeitgeber ist dies in § 25 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) bzw. für die Beschäftigten der Länder in § 25 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) geregelt. Die besonderen Versorgungstarifverträge sind: 173 ■ der Tarifvertrag über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes – Altersvorsorge-TV – (ATV) und ■ der Tarifvertrag über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes – Altersvorsorge-TV-Kommunal – (ATV-K). Die beiden Tarifverträge sind weitgehend inhaltsgleich. Der ATV ist für Arbeit- 174 nehmer anwendbar, deren Arbeitgeber Beteiligte bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) bzw. bei der Ruhegehalts- und Zusatzversorgungskasse des Saarlandes sind. Damit gilt der ATV für die Arbeitnehmer des Bundes, der Länder (außer Hamburg) und der kommunalen Arbeitgeber in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und teilweise in Nordrhein-Westfalen. Für die Beschäftigten der übrigen kommunalen Arbeitgeber gilt der ATV-K. Entsprechend den allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen gelten die Tarif- 175 verträge gemäß § 4 Abs. 1 TVG bei beiderseitiger Tarifbindung der Arbeitsvertragsparteien unmittelbar und zwingend. Abweichungen sind nur zugunsten des Arbeitnehmers möglich (§ 4 Abs. 3 TVG). Für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer gelten die tarifvertraglichen Rege- 176 lungen nur dann, wenn dies arbeitsrechtlich einzelvertraglich vereinbart wurde. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme ist auch dann möglich, wenn der Arbeitnehmer nicht unter den persönlichen, fachlichen oder betrieblichen Geltungsbereich des Tarifvertrags fällt. Anders als im tarifgebundenen Bereich könnte im nicht tarifgebundenen Bereich auf der arbeitsrechtlichen Ebene auch zu Lasten der Beschäftigten abgewichen werden. Nicht tarifgebundene Arbeitnehmer können die Anwendung der tarifvertraglichen Regelungen aus Gründen der Gleichbehandlung arbeitsrechtlich auch dann einfordern, wenn andere nicht tarifgebundene Arbeitnehmer eine Zusatzversorgung erhalten.139

_____ 139 Zum Gleichbehandlungsgrundsatz siehe Kap. 1 Rn. 618 ff.

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Kapitel 13 bAV für besondere Personengruppen

2. Satzungsrechtliche Regelungen 177 Die rechtliche Wirkung des Tarifvertrags beschränkt sich auf das arbeitsrechtliche

Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer. Änderungen des Tarifvertrags gelten nicht unmittelbar auf der versicherungsrechtlichen Ebene im Verhältnis der Zusatzversorgungskasse und dem Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer. Hierzu ist stets eine satzungsrechtliche Umsetzung erforderlich. Um einen Gleichklang zwischen den tarifvertraglichen Grundlagen auf der arbeitsrechtlichen Ebene und der Satzung auf der versicherungsrechtlichen Ebene sicherzustellen, übernehmen die Zusatzversorgungskassen die tarifvertraglichen Vorgaben inhaltsgleich in ihre Satzungen und fixieren deckungsgleich sowohl auf der versicherungsrechtlichen Ebene, welche Beschäftigten zur Zusatzversorgung anzumelden sind, als auch welche Leistungen diese Beschäftigten in der Zusatzversorgung erwerben. Zur weiteren Absicherung der einheitlichen Umsetzung der tarifvertraglichen Vorgaben beschließt die AKA (Arbeitsgemeinschaft kommunale und kirchliche Altersversorgung) e.V. eine einheitliche Mustersatzung (MS),140 die bezüglich des Leistungsrechts von den 22 in der AKA zusammengeschlossenen Zusatzversorgungskassen einheitlich umzusetzen ist. Die VBL setzt die tarifvertraglichen Vorgaben eigenständig in ihrer Satzung (VBLS141) um. Im Gegensatz zum Leistungsrecht können die Zusatzversorgungskassen die 178 Themenbereiche Organisatorische Verfassung, Mitgliedschaft und die Finanzierung satzungsautonom regeln.

Abbildung 1: Rechtsbeziehungen

_____ 140 Abrufbar unter www.aka.de. 141 Abrufbar unter www.vbl.de.

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3. Verhältnis Tarifrecht/Satzungsrecht a) Erfüllung der arbeitsrechtlichen Verpflichtungen durch die Versicherung in der Zusatzversorgung Die Satzungen sind deckungsgleich mit dem Tarifvertrag, so dass für den Ar- 179 beitgeber sichergestellt wird, dass er alle Arbeitnehmer bei seiner Zusatzversorgungskasse versichern kann, die er auf der arbeitsrechtlichen Seite nach dem Tarifvertrag in der Zusatzversorgung versichern muss. Da die Satzungen auch der Höhe nach das tarifvertragliche Leistungsrecht umsetzen, erfüllt der Arbeitgeber auch insoweit seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen. Nach den Satzungen der Zusatzversorgungskassen können die tarifgebunde- 180 nen Arbeitgeber Mitglied/Beteiligte bei der zuständigen Zusatzversorgungskasse werden. Auch darüber hinaus eröffnen die Zusatzversorgungskassen den Arbeitgebern ihrer jeweiligen Branche, also dem öffentlichen und kirchlichen Dienst, die Mitgliedschaft. Wenn Arbeitgeber ihre versicherungspflichtigen Beschäftigten nicht anmelden, 181 können die Beschäftigten auf der arbeitsrechtlichen Ebene die Anmeldung bei einer Zusatzversorgungskasse durchsetzen. Auf der versicherungsrechtlichen Ebene haben die Kassen gegenüber den beigetretenen Arbeitgebern aufgrund des Mitgliedschaftsverhältnisses einen Anspruch auf Anmeldung der versicherungspflichtigen Beschäftigten.

b) Überprüfungsmaßstab von Änderungen im Leistungsrecht der Zusatzversorgung Wie der BGH anlässlich der Systemumstellung festgestellt hat, unterliegt die tarif- 182 vertraglich geregelte Zusatzversorgung weder einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB, noch ist insoweit die 3-Stufen-Theorie142 anwendbar.143 Derartige tarifvertragliche Grundentscheidungen sind von der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG geschützt und deshalb nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Dies gilt auch für das in den Satzungen der Zusatzversorgungskassen geregelte Leistungsrecht, da dies insoweit auf den tarifvertraglichen Grundentscheidungen beruht. Den Tarifvertragsparteien steht aufgrund der größeren Sachnähe selbst im Vergleich zum Gesetzgeber ein größerer Gestaltungsspielraum zu.144 Tarifvertragliche Regelungen unterliegen lediglich einer Inhaltskontrolle anhand der Grundrechte und des Rechtsstaatsprinzips nach Art. 20 Abs. 3 GG (Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit). Bei Änderungen von tarifver-

_____ 142 Kap. 9 Rn. 70 ff. 143 BGH, Urt. v. 14.11.2007 – IV ZR 74/06 – BGHZ 174, 127 = VersR 2008, 1625. 144 BGH, Urt. v. 14.11.2007 – IV ZR 74/06 – VersR 2008, 1625.

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traglichen Versorgungszusagen sind insbesondere der allgemeine Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG und die Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG zu beachten.145 Der BGH hat in dieser Entscheidung ferner festgestellt, dass die Eigentumsga183 rantie nach Art. 14 GG auf die Systemumstellung in der Zusatzversorgung bei dem zu beurteilenden Sachverhalt nicht anwendbar war, da die Satzungen wirksame Änderungsvorbehalte enthielten, die durch die Tarifvertragsautonomie gerechtfertigt sind. Zudem konnte aufgrund der Besonderheiten des Gesamtversorgungssystems der Zusatzversorgung eine eigentumsrechtlich schützenswerte Rechtsposition in Form einer konkreten Anwartschaftshöhe häufig erst bei Eintritt des Versicherungsfalls entstehen.

III. Pflichtversicherung 184 Die Pflichtversicherung ist grundsätzlich eine arbeitgeberfinanzierte Versorgung,

die ggf. durch eine Eigenbeteiligung des Arbeitnehmers146 ergänzt wird. Ausgangspunkt der Pflichtversicherung ist der tarifvertragliche Verschaffungsanspruch.147 In den Tarifverträgen wird vorgegeben, welche Beschäftigte der Versicherungspflicht unterliegen und von daher bei der jeweiligen Zusatzversorgungskasse anzumelden sind, damit sie von dieser die tarifvertraglich vorgegebenen Anwartschaften erhalten.

1. Versicherungspflicht 185 Nach § 2 Abs. 1 ATV/ATV-K, § 18 Abs. 1 MS, § 26 Abs. 1 VBLS sind – vorbehaltlich der

ausdrücklich geregelten Ausnahmen – grundsätzlich alle Beschäftigten versicherungspflichtig, wenn sie das 17. Lebensjahr vollendet haben und die Wartezeit von 60 Monaten erfüllen können. Beschäftigte sind tarifvertraglich und satzungsrechtlich in § 1 S. 1 ATV/ATV-K, 186 § 18 Abs. 1 S. 3 MS bzw. § 26 Abs. 1 S. 2 VBLS definiert als Arbeitnehmer und Auszubildende. Keine Beschäftigten in diesem Sinne sind also Beamte, da diese in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen und damit kein arbeitsrechtliches Beschäftigungsverhältnis haben. Bei Beschäftigten, die vor Vollendung des 17. Lebensjahres ein Beschäftigun187 gsverhältnis aufgenommen haben, beginnt die Versicherungspflicht am Tag des 17. Geburtstags.

_____ 145 Kap. 9 Rn. 67. 146 Siehe dazu Rn. 289–290. 147 Siehe Rn. 172.

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Versicherungspflichtig sind nur die Beschäftigten, die die tarifvertragliche/ satzungsrechtliche Wartezeit erfüllen können, da keine Beschäftigten versichert werden sollen, bei denen von vornherein ausgeschlossen ist, dass sie jemals eine Altersrente aus der Zusatzversorgung erhalten können. Die Beschäftigten müssen also bis zu dem individuellen Alter, zu dem sie abschlagsfrei die Regelaltersrente beanspruchen können, die Wartezeit von 60 Monaten erreichen können (§ 32 Abs. 1 S. 1 MS, § 34 Abs. 1 S. 1 VBLS, § 6 Abs. 1 S. 1 ATV/ATV-K). Dabei sind auch Zeiten aus früheren Versicherungsverhältnissen bei der gleichen Zusatzversorgungskasse oder auch bei anderen Zusatzversorgungskassen zu berücksichtigen. Seit dem 1.1.2018 ist die gesetzliche Unverfallbarkeitsfrist nach § 1b Abs. 1 S. 1 BetrAVG von fünf auf drei Jahre abgesenkt.148 Seitdem sind auch die Beschäftigten versicherungspflichtig, die zwar nicht mehr die 60 Umlagemonate erfüllen können, aber aus dem konkreten Arbeitsverhältnis auf mindestens 36 Monate Beschäftigungszeit kommen können. Bei befristeten Beschäftigungsverhältnissen ist für die Frage der Erfüllbarkeit der Wartezeit bzw. Unverfallbarkeitsfrist, die Befristung nicht zu berücksichtigen; es ist nur maßgebend, ob sie – ohne die Befristung – bis zur Regelaltersgrenze erfüllbar wären. Dies hat den Hintergrund, dass nur die Beschäftigten ausgenommen werden sollen, bei denen definitiv ausgeschlossen ist, dass sie Leistungen aus der Pflichtversicherung erhalten können. Da bei Befristungen, da die Möglichkeit einer Verlängerung oder der Erfüllung der Wartezeit durch eine andere Beschäftigung im öffentlichen Dienst besteht, sind Befristungen insoweit unbeachtlich. Für Beschäftigte im Tarifgebiet Ost kann die Versicherungspflicht frühestens ab dem 1.1.1997 beginnen, da die Zusatzversorgung dort erst zu diesem Zeitpunkt eingeführt wurde. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seine versicherungspflichtigen Beschäftigten unverzüglich (§ 13 Abs. 3 S. 2 Buchst. a MS), d. h, ohne schuldhaftes Zögern, bei der Zusatzversorgungskasse anzumelden. Bei verspäteter Anmeldung kann der Arbeitgeber dem Beschäftigten gegenüber schadensersatzpflichtig werden, weil die Zusatzversorgungskasse bei verspäteter Anmeldung nach Eintritt eines Versicherungsfalls keine Versicherung mehr annehmen kann, da nach dem allgemeinen Versicherungsprinzip bereits eingetretene Risiken nicht mehr versichert werden können.

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a) Geltungsbereich der Versicherungspflicht Die Versicherungspflicht erfasst alle Beschäftigten, die in den Anwendungsbe- 193 reich der Manteltarifverträge fallen (§ 1 ATV/ATV-K in Verbindung mit der dorti-

_____ 148 Siehe Kap. 8 Rn. 3 ff.

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gen Anlage 1). Dies sind insbesondere der TVöD, der TV-L, der Tarifvertrag für Versorgungsbetriebe (TV-V) und der Tarifvertrag für Auszubildende des öffentlichen Dienstes (TVAöD). Da der Arbeitgeber sich mit Erwerb der Mitgliedschaft bei der Kasse zur Anwendung des Versorgungstarifrechts (ATV/ATV-K) verpflichtet (§ 11 Abs. 2 MS, § 19 Abs. 2 VBLS), sind auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber satzungsrechtlich zur Anmeldung verpflichtet, wenn der Beschäftigte bei unterstellter Tarifbindung versicherungspflichtig wäre. Beschäftigte, die nicht unter den Geltungsbereich der Manteltarifverträge 194 fallen (z.B. leitende Angestellte, Chefärzte (§ 1 Abs. 2 Buchst. a TVöD), sind nicht versicherungspflichtig; jedoch kann auch für diesen Personenkreis arbeitsvertraglich die Zusatzversorgung vereinbart werden (§ 19 Abs. 1 Buchst. k letzter Halbsatz MS, § 26 Abs. 2 VBLS). Wenn ein Arbeitgeber Beschäftigten, die nicht unter den Geltungsbereich der Manteltarifverträge fallen, eine bAV in der Zusatzversorgung verschaffen will, hat er die Wahl, ob er sie in der Pflichtversicherung anmeldet oder ihnen stattdessen eine sog. Arbeitgeber-Höherversicherung in der freiwilligen Versicherung verschaffen möchte. 3 Praxistipp Es ist empfehlenswert, sich im Vorfeld dieser Entscheidung bei der Zusatzversorgungskasse umfassend beraten zu lassen. Dies gilt insbesondere bei Beschäftigten, die nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind und bereits über Anrechte in der Pflichtversicherung aufgrund früherer Beschäftigungszeiten verfügen.

b) Ausnahmen von der Versicherungspflicht 195 Die Tarifverträge sehen für bestimmte Beschäftigungsgruppen, die die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht erfüllen, Ausnahmen von der Versicherungspflicht vor (§ 2 Abs. 3 i.V.m. Anlage 2 ATV/ATV-K, § 19 MS, § 28 VBLS). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Beschäftigte eine Anwartschaft oder einen Anspruch auf eine beamtenrechtliche Versorgung oder auf eine Versorgung nach einer Ruhelohnordnung hat. Ferner sind bspw. auch Beschäftigte von der Versicherungspflicht ausgenommen, die bereits eine Altersrente als Vollrente erhalten.

c) Beginn und Ende der Versicherungspflicht 196 Die Pflicht zur Versicherung beginnt grundsätzlich an dem Tag, an dem ihre Vor-

aussetzungen erfüllt sind (§ 17 S. 1 MS, § 27 Abs. 1 S. 1 VBLS). Die Pflichtversicherung entsteht jedoch erst mit der Anmeldung des versicherungspflichtigen Beschäftigten durch das Mitglied bei der Zusatzversorgungskasse (§ 17 S. 2 MS, § 27 Abs. 1 S. 2 VBLS). Während der Pflichtversicherung muss der Arbeitgeber für seinen Beschäftigten die von der Zusatzversorgungskasse festgesetzten Aufwendungen zur Pflichtversicherung zahlen. Mühlstädt

B. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes

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Die Versicherungspflicht endet mit der Beendigung des Beschäftigungsver- 197 hältnisses oder zu dem Zeitpunkt, in dem ihre Voraussetzungen entfallen (§ 20 Abs. 1 MS, § 27 Abs. 2 VBLS, § 2 Abs. 1 S. 4 ATV/ATV-K). Das Pflichtversicherungsverhältnis endet – im Gegensatz zur Anmeldung – automatisch. Wird der Versicherte dennoch nicht von seinem Arbeitgeber abgemeldet, ist die weitere Versicherung ohne Rechtsgrund erfolgt und die insoweit entrichteten Umlagen und Beiträge sind dem Arbeitgeber zu erstatten. Wird ein Beschäftigter abgemeldet, ohne dass die Versicherungspflicht geendet hat, endet das Pflichtversicherungsverhältnis und der Arbeitgeber macht sich ggf. für die unberechtigte Abmeldung ggü. dem Beschäftigten schadensersatzpflichtig. Die Zusatzversorgungskasse hat gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf Anmeldung des versicherungspflichtigen Beschäftigten. Bei ruhendem Beschäftigungsverhältnis (z.B. bei Elternzeit, Sonderurlaub) 198 bleibt die Pflichtversicherung bestehen. Die Pflichtversicherung endet auch dann, wenn die Mitgliedschaft des Arbeit- 199 gebers bei der Zusatzversorgungskasse beendet wird.149

d) Beitragsfreie Versicherung Endet die Pflichtversicherung, ohne dass ein Rentenanspruch entsteht, wird die 200 Versicherung als beitragsfreie Versicherung fortgeführt (§ 21 Abs. 1 MS, § 30 VBLS, § 3 ATV/ATV-K).

2. Leistungsrecht Das Leistungsrecht der Pflichtversicherung ist seit dem Systemwechsel von der Ge- 201 samtversorgung zum Punktemodell im Jahr 2002 in Form einer beitragsorientierten Leistungszusage (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG) ausgestaltet. Die Beschäftigten des öffentlichen und kirchlichen Dienstes bekommen seit dem Systemwechsel entsprechend ihrem jährlichen Entgelt und einem tarifvertraglich festgelegten Altersfaktor jährlich Versorgungspunkte gutgeschrieben (§ 34 MS, § 36 VBLS, § 8 ATV/ATV-K). Soweit Beschäftigte Anrechte aus der Zeit des früheren Gesamtversorgungssystems erworben haben, werden diese in Form der Startgutschrift ebenfalls in Versorgungspunkten berücksichtigt (§ 72 Abs. 1 MS, § 78 Abs. 1 VBLS, § 32 Abs. 1 ATV/ATVK). Sofern die Zusatzversorgungskasse Bonuspunkte ausgeschüttet hat, werden diese ebenfalls dem Versorgungskonto gutgeschrieben. Im Leistungsfall werden die Versorgungs- und Bonuspunkte aufsummiert und 202 mit dem Messbetrag von 4 € multipliziert (§ 33 Abs. 1 MS, § 35 Abs. 1 VBLS, § 7 Abs. 1 ATV/ATV-K).

_____ 149 Siehe dazu Rn. 346.

Mühlstädt

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203

Kapitel 13 bAV für besondere Personengruppen

Die Rentenarten der Pflichtversicherung entsprechen denen der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Zusatzversorgung zahlt also Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrenten. Neben dem Eintritt des Versicherungsfalls ist Voraussetzung für eine Betriebsrente aus der Zusatzversorgung, dass die Wartezeit erfüllt ist und der Versicherte die Betriebsrente bei der Zusatzversorgungskasse schriftlich beantragt.

a) Versicherungsfall und Rentenbeginn aa) Gesetzlich Rentenversicherte 204 Bei Versicherten, die in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, tritt

der Versicherungsfall in der Zusatzversorgung am Ersten des Monats ein, von dem an ein Anspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf Alters-, (teilweiser oder voller) Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrenten besteht (§ 31 MS, § 33 VBLS, § 5 ATV/ATV-K). Bei einer Altersrente wird aus der Zusatzversorgung nur dann eine Betriebs205 rente gezahlt, wenn aus der gesetzlichen Rentenversicherung ein Anspruch auf eine Vollrente besteht. Eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Form einer Teilrente gemäß § 42 SGB VI löst in der Zusatzversorgung nach den im Juli 2020 geltenden Rechtsgrundlagen keinen Rentenanspruch aus. Es bleibt der Entscheidung der Tarifvertragsparteien vorbehalten, ob und in welcher Weise sie die Flexirente in der Zusatzversorgung in der Zusatzversorgung umsetzen. Der Eintritt des Versicherungsfalls ist vom Versicherten durch Vorlage des Be206 scheids des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung zu belegen (§ 31 S. 2 MS, § 33 S. 2 VBLS, § 5 S. 2 ATV/ATV-K).

bb) Sonderfall: nicht gesetzlich Rentenversicherte 207 Für Beschäftigte, die nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind,

sondern dort zugunsten einer berufsständischen Versorgung (z.B. Ärzteversorgung) befreit sind oder die Voraussetzungen für die gesetzliche Rentenversicherung nicht erfüllen, gelten die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen für Leistungsansprüche aus der Zusatzversorgung entsprechend (§ 43 MS, § 45, § 14 ATV/ATV-K). Soweit die Satzungen auf das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung Bezug nehmen, sind die Regelungen in der Weise entsprechend anzuwenden, wie es bei einer unterstellten Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung der Fall wäre. Anstelle von Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung sind die Zeiten der Pflichtversicherung zu berücksichtigen. Es ist also anhand der Pflichtversicherungszeiten in der Zusatzversorgung zu prüfen, ob die in der Rentenversicherung geforderten Wartezeiten und Beitragsmonate erfüllt sind. Der Beginn der Rente Mühlstädt

B. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes

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von einem berufsständischen Versorgungswerk löst keinen Versicherungsfall in der Zusatzversorgung aus. Praxistipp 3 Plant ein Beschäftigter, der nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert ist, sein Arbeitsverhältnis wegen einer Altersrente vor Beginn der Regelaltersrente zu beenden, ist es empfehlenswert, im Vorfeld bei der Zusatzversorgungskasse zu klären, ob die erforderlichen Versicherungszeiten in der Zusatzversorgung vorliegen.

Bei Beschäftigten, die nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, 208 beginnt die Betriebsrente frühestens mit der Antragstellung bei der Zusatzversorgungskasse (§ 43 Abs. 1 S. 4 MS). Praxistipp 3 Beschäftigte, die nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, sollten ganz besonders darauf achten, rechtzeitig den Antrag auf Betriebsrente aus der Zusatzversorgung zu stellen.

Das Vorliegen der Voraussetzungen einer teilweisen oder vollen Erwerbsminderung 209 entsprechend den Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung ist durch einen von der Zusatzversorgungskasse zu bestimmenden Facharzt nachzuweisen (§ 43 S. 5 MS § 45 Abs. 2 VBLS, § 14 S. 4 ATV/ATV-K).

b) Wartezeit und Unverfallbarkeit Leistungen aus der Pflichtversicherung werden nur dann gezahlt, wenn entweder 210 die satzungsrechtliche Wartezeit oder die gesetzlichen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen erfüllt sind.

aa) Wartezeit Die Satzungen der Zusatzversorgungskassen sehen entsprechend den tarifvertragli- 211 chen Vorgaben vor, dass Betriebsrenten erst dann gezahlt werden, wenn die Wartezeit von 60 Kalendermonaten erfüllt ist (§ 32 Abs. 1 S. 1 MS, § 34 Abs. 1 S. 1 VBLS, § 6 Abs. 1 S. 1 ATV/ATV-K). Dabei wird jeder Kalendermonat berücksichtigt, für den mindestens für einen Tag Aufwendungen zur Pflichtversicherung erbracht wurden.150 Im Rahmen von Überleitungsabkommen können auch Zeiten bei einer anderen Zusatzversorgungskasse berücksichtigt werden. 151 Mutterschutzzeiten werden ebenfalls berücksichtigt. Sofern die Mutterschutzzeit vor dem 1.1.2012 liegt, muss die Berück-

_____ 150 Siehe dazu Rn. 291–292. 151 Siehe dazu Rn. 298–301.

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Kapitel 13 bAV für besondere Personengruppen

sichtigung der Mutterschutzzeit allerdings bei der Zusatzversorgungskasse beantragt werden.152 Elternzeiten werden dagegen nicht bei der Wartezeit berücksichtigt. Die Wartezeit gilt nach § 32 Abs. 2 MS, § 34 Abs. 2 VBLS, § 6 Abs. 2 ATV/ATV-K 212 als erfüllt, wenn der Versicherungsfall durch einen Arbeitsunfall eingetreten ist, der im Zusammenhang mit dem die Pflichtversicherung begründenden Arbeitsverhältnis steht. Bei derartigen Arbeitsunfällen entsteht auch vor Erfüllung der Wartezeit von 60 Kalendermonaten ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente oder Hinterbliebenenleistungen. Hat der Beschäftigte eine Eigenbeteiligung an Zusatz- oder Pflichtbeiträgen 213 geleistet,153 zahlt die Zusatzversorgungskasse für diesen Anteil auch bei nicht erfüllter Wartezeit eine Altersrente (§ 32 Abs. 4 MS, § 34 Abs. 4 VBLS). Bei den Rentenarten Erwerbsminderung und Hinterbliebenenleistungen werden insoweit alle Zeiten ab Beginn des Beschäftigungsverhältnisses bis zum Eintritt des Versicherungsfalls berücksichtigt. Der Anteil der Leistungen der auf Umlagen und arbeitgeberfinanzierten Zusatz- und Pflichtbeiträgen beruht, wird bei nicht erfüllter Wartezeit nicht ausgezahlt.

bb) Gesetzliche Unverfallbarkeit 214 Wenn bei Eintritt des Versicherungsfalls zwar die satzungsrechtliche Wartezeit

nicht erreicht wird, aber für ein Arbeitsverhältnis die gesetzlichen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen nach § 1b BetrAVG erfüllt werden,154 zahlt die Zusatzversorgungskasse die Leistungen, die auf diesem Arbeitsverhältnis beruhen.

c) Antrag 215 Leistungen aus der Zusatzversorgung werden nur auf Antrag gezahlt (§ 45 MS, § 46

VBLS, § 5 S. 3 ATV/ATV-K). Dem Antrag sind die erforderlichen Unterlagen beizufügen (insbesondere der Nachweis des Beginns der gesetzlichen Rente). Die Zusatzversorgungskassen stellen die Antragsunterlagen zur Verfügung. 216 Geht der Versicherte direkt aus einem Beschäftigungsverhältnis in Rente, muss auch sein Arbeitgeber Angaben im Rentenantrag machen und seinen Beschäftigten bei der Zusatzversorgungskasse abmelden. Deshalb ist es empfehlenswert, dass der Beschäftigte den Antrag gemeinsam mit dem Arbeitgeber ausfüllt. Der Anspruch auf Betriebsrente für einen Zeitraum, der mehr als zwei Jahre vor 217 dem Ersten des Monats der Antragstellung zurückliegt, kann nicht mehr geltend gemacht werden (Ausschlussfrist - § 52 MS, § 52 VBLS, § 23 ATV/ATV-K).

_____ 152 Siehe dazu Rn. 229. 153 Siehe dazu Rn. 290. 154 Siehe Kap. 8 Rn. 3 ff.

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B. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes

d) Leistungshöhe nach Punktemodell aa) Versorgungspunkte Seit der Systemumstellung von der Gesamtversorgung zum Punktemodell im Jahr 218 2002 werden die Anrechte aus der Zusatzversorgung in Versorgungspunkten geführt. Die Berechnungsweise der Versorgungspunkte ist tarifvertraglich in § 8 ATV/ATV-K genau vorgegeben und wird von den Satzungen der Zusatzversorgungskassen inhaltsgleich umgesetzt (§ 34 MS, § 36 VBLS). Die Höhe der Anwartschaft in Versorgungspunkten errechnet sich aus dem 219 steuerpflichtigen Jahresentgelt und dem jeweiligen im Tarifvertrag fixierten Altersfaktor nach der folgenden Formel:

Jahresentgelt Referenzentgelt

× Altersfaktor = Versorgungspunkte

Das Referenzentgelt wurde tarifvertraglich auf 12.000 € festgelegt. Der Altersfaktor 220 richtet sich nach der folgenden – ebenfalls tarifvertraglich vereinbarten – Altersfaktorentabelle: Alter

Altersfaktor

Alter

Altersfaktor

Alter

Altersfaktor

Alter

Altersfaktor 1,0

17

3,1

29

2,1

41

1,5

53

18

3,0

30

2,0

42

1,4

54

1,0

19

2,9

31

2,0

43

1,4

55

1,0

20

2,8

32

1,9

44

1,3

56

1,0

21

2,7

33

1,9

45

1,3

57

0,9

22

2,6

34

1,8

46

1,3

58

0,9

23

2,5

35

1,7

47

1,2

59

0,9

24

2,4

36

1,7

48

1,2

60

0,9

25

2,4

37

1,6

49

1,2

61

0,9

26

2,3

38

1,6

50

1,1

62

0,8

27

2,2

39

1,6

51

1,1

63

0,8

28

2,2

40

1,5

52

1,1 64 und älter

0,8

Die im Laufe des Erwerbslebens im öffentlichen und kirchlichen Dienst erworbenen 221 Versorgungspunkte werden im Versicherungsfall mit dem tarifvertraglich fixierten Messbetrag von 4 € multipliziert (§ 33 Abs. 1 MS, § 35 Abs. 1 VBLS, § 7 Abs. 1 ATV/ATV-K).

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Kapitel 13 bAV für besondere Personengruppen

5 Beispiel Ein 25-jähriger Arbeitnehmer hat ein Jahreseinkommen von 25.000 €. Seine Versorgungspunkte werden wie folgt ermittelt:

25.000€ 12.000€

× 2,4 (Faktor beim Alter 25)=5 Versorgungspunkte

Im Leistungsfall erhält der Versicherte für dieses eine Jahr (vorbehaltlich eines Abschlags wegen vorzeitiger Inanspruchnahme) eine Leistung von: 5 Versorgungspunkte x 4 € = 20 €. Wäre dieser Beschäftigte mit 25 Jahren und einem Jahreseinkommen von 25.000 € in den öffentlichen Dienst eingetreten, würde er bei einer unterstellten Beschäftigung im öffentlichen Dienst bis zum 65. Lebensjahr und einer unterstellten jährlichen Gehaltsdynamik von einem Prozent aus der Zusatzversorgung eine monatliche Rente von 550 € (vorbehaltlich eines Abschlags wegen vorzeitiger Inanspruchnahme) erhalten. 222 Die Tarifvertragsparteien haben das Verhältnis des zusatzversorgungspflichtigen

Entgelts zu den Leistungen aus der Zusatzversorgung so kalkuliert, dass es mit einem unterstellten Beitrag von 4% des Entgelts einer Verzinsung in der Anwartschaftsphase von 3,25% und von 5,25% in der Leistungsphase entspricht. Mit diesen tarifvertraglichen Annahmen wird aber nur die Leistungsseite definiert. Dies bedeutet nicht, dass die Kassen auf der Finanzierungsseite bei der Bestimmung Höhe der für die Finanzierung der tarifvertraglich vorgegebenen Leistungen erforderlichen Umlage- und Beitragszahlungen an die tarifvertraglichen Annahmen (Beitrag von 4% und Verzinsung von 3,25/5,25%)gebunden sind. Die Finanzierung der tarifvertraglich fixierten Leistungen wird von den Kassen in eigener Verantwortung der Kassen festgelegt (Finanzierungshoheit der Kassen155). Sofern der Versicherte vor dem 1.1.2002 in der Zusatzversorgung versichert 223 war, werden diese Anrechte ebenfalls als Versorgungspunkte dem Versorgungskonto in Form einer Startgutschrift gutgeschrieben.156 Zusätzlich können Versorgungspunkte aus sog. sozialen Komponenten und für 224 Bonuspunkte entstehen.

bb) Soziale Komponenten 225 Für das Punktemodell haben die Tarifvertragsparteien neben entgeltabhängigen

Leistungen auch Leistungen aus folgenden sozialen Komponenten vereinbart: ■ Elternzeit und Mutterschutzzeiten (§ 35 Abs. 1 MS, § 37 Abs. 1 VBLS, § 9 Abs. 1 ATV/ATV-K),

_____ 155 Siehe dazu Rn. 278. 156 Siehe dazu Rn. 259–275.

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B. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes

■ ■

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Erwerbsminderung (§ 35 Abs. 2 MS, § 37 Abs. 2 VBLS, § 9 Abs. 2 ATV/ATV-K), Mindeststartgutschrift (§ 35 Abs. 3, § 37 Abs. 3 VBLS, § 9 Abs. 3 ATV/ATV-K).

Da die sozialen Komponenten nicht unmittelbar aus Beiträgen/Umlagen finanziert 226 werden, muss der Verantwortliche Aktuar die Aufwendungen für Leistungen aus Sozialen Komponenten in das Finanzierungsverfahren einkalkulieren. Elternzeit Nach § 35 Abs. 1 MS, § 37 Abs. 1 VBLS, § 9 Abs. 1 ATV/ATV-K wird bei Beschäftigten, 227 bei denen das versicherungspflichtige Arbeitsverhältnis wegen einer Elternzeit nach § 15 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz nach der Geburt ruht, für jeden Monat ohne Arbeitsentgelt und für jedes anspruchsberechtigte Kind ein Entgelt von 500 € unterstellt. Je Kind werden maximal 36 Kalendermonate berücksichtigt. Die Zusatzversorgungskasse rechnet diese Entgelte entsprechend dem normalen Verfahren in Versorgungspunkte um. Für diese Zeiten werden jedoch keine Umlagen/Beiträge erhoben. Mutterschutzzeiten Während eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses liegende Mut- 228 terschutzzeiten nach § 3 Abs. 1 und 2 Mutterschutzgesetz werden ab dem 1.1.2012 Beschäftigungszeiten gleichgestellt (§ 35 Abs. 1 S. 3 MS, § 37 Abs. 1 S. 4 VBLS, § 9 Abs. 1 S. 4 ATV/ATV-K). Dies erfolgt in der Zusatzversorgung in der Weise, dass der Arbeitgeber fiktiv eine Entgeltfortzahlung wie bei einem Krankheitsfall unterstellt. Für die Zeiten ab dem 1.1.2012 meldet der Arbeitgeber der Zusatzversorgungskasse automatisch im Rahmen des Meldeverfahrens die fiktiven Entgelte und Zeiten zur Berücksichtigung bei der Wartezeit. Vor diesem Zeitpunkt liegende Mutterschutzzeiten werden in der Zusatzver- 229 sorgung nur dann berücksichtigt, wenn dies schriftlich bei der Zusatzversorgungskasse beantragt wird und ein entsprechender Nachweis z.B. durch einen Versicherungsverlauf der gesetzlichen Rentenversicherung erbracht wird (§ 78 Abs. 2 MS, § 84a Abs. 3 VBLS, § 36a Abs. 2 ATV/ATV-K). Zurechnungspunkte bei Erwerbsminderung Die volle/teilweise Erwerbsminderungsrente aus der Zusatzversorgung kann sich 230 bei Eintritt der Erwerbsminderung vor dem 60. Lebensjahr um sog. Zurechnungspunkte erhöhen, wenn die Erwerbsminderung während eines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen oder kirchlichen Dienst eintritt. Damit sollen diese Versicherten so gestellt werden, als wenn sie bis zum 60. Lebensjahr gearbeitet hätten. Für jeweils zwölf volle, bis zur Vollendung des 60. Lebensjahrs fehlende Kalendermonate werden so viele Versorgungspunkte hinzugerechnet, wie dies dem Verhältnis des durchschnittlichen Entgelts der letzten drei Jahre zum Referenzentgelt entspricht (§ 35 Abs. 2 MS, § 37 Abs. 2 VBLS, § 9 Abs. 2 ATV/ATV-K). Mühlstädt

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Kapitel 13 bAV für besondere Personengruppen

cc) Bonuspunkte 231 Zusätzlich zu den unmittelbar aus dem zusatzversorgungspflichtigen Entgelt an-

hand der Altersfaktoren (mit einer unterstellten Verzinsung von 3,25% in der Anwartschaftsphase und 5,25% in der Rentenphase) errechneten Versorgungspunkte, können die Versicherten bei einem Überschuss der Zusatzversorgungskasse Bonuspunkte erhalten (§ 66 MS, § 68 VBLS, § 19 ATV/ATV-K). Da grundsätzlich nur in einem Kapitaldeckungsverfahren Überschüsse entstehen können, haben die Tarifvertragsparteien ein Verfahren festgelegt, nach dem auch für umlagefinanzierte Anrechte Überschüsse ermittelt werden können. Soweit keine Kapitaldeckung vorhanden ist, wird nach diesem Verfahren für die Überschussermittlung die durchschnittliche laufende Verzinsung der zehn nach der Bilanzsumme größten Pensionskassen nach dem jeweiligen aktuellen Geschäftsbericht der BaFin zugrunde legt. Sofern dann ein Überschuss vorliegt, entscheidet der Verwaltungsrat der Zusatzversorgungskasse auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars über die Zuteilung von Bonuspunkten. Für die Zuteilung von Bonuspunkten kommen, die Pflichtversicherten und die beitragsfrei Pflichtversicherten in Betracht, die eine Wartezeit von 120 Umlagemonaten erfüllt haben (§ 66 Abs. 3, § 68 Abs. 1 VBLS, § 19 Abs. 1 S. 2 ATV/ATV-K). Dementsprechend würden keine Bonuspunkte an Rentner und an beitragsfrei Pflichtversicherte verteilt werden, die die Wartezeit von 120 Umlagemonaten nicht erfüllt haben.

dd) Besonderheiten bei den einzelnen Rentenarten 232 Die Zusatzversorgung zahlt in allen Rentenarten der gesetzlichen Rentenversiche-

rung eine Betriebsrente.157 Für die einzelnen Rentenarten sind jedoch folgende Besonderheiten zu beachten: Altersrente 233 Bei den Altersrenten ist zu beachten, dass aus der Zusatzversorgung nur dann eine Betriebsrente gezahlt wird, wenn die die gesetzliche Rentenversicherung die Altersrente als Vollrente gewährt (§ 31 S. 1 MS, § 33 S. 1 VBLS, § 5 S. 1 ATV/ATV-K). Die Zusatzversorgungskasse zahlt eine Betriebsrente also bei folgenden Altersrenten der gesetzlichen Rentenversicherung: ■ Regelaltersrente als Vollrente (§ 35 SGB VI), ■ Altersrente für langjährig Versicherte als Vollrente (§§ 36, 236 SGB VI), ■ Altersrente für schwerbehinderte Menschen als Vollrente (§§ 37, 236a SGB VI), ■ Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit als Vollrente (§ 237 SGB VI),

_____ 157 Das steht im Einklang mit den in § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG genannten biometrischen Risiken Alter, Invalidität und/oder Tod, siehe auch Kap. 1 Rn. 76.

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B. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes

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Altersrente für Frauen als Vollrente (§ 237a SGB VI), Altersrente für besonders langjährig Versicherte als Vollrente (§§ 38, 236 SGB VI), Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Versicherte als Vollrente (§§ 40, 238 SGB VI).

Erwerbsminderungsrente Die Zusatzversorgungskassen zahlen bei einer Rente wegen voller oder teilweiser 234 Erwerbsminderung (§§ 43, 240 SGB VI) eine Betriebsrente (§ 31 S. 1 MS, § 33 S. 1 VBLS, § 5 S. 1 ATV/ATV-K). Bei einer teilweisen Erwerbsminderungsrente wird die Betriebsrente zu 50% und bei einer vollen Erwerbsminderungsrente die Betriebsrente zu 100% gezahlt. Hinterbliebenenrenten Nach § 36 MS, § 38 VBLS, § 10 ATV/ATV-K zahlt die Zusatzversorgung eine Betriebsrente auch bei Witwen/Witwerrenten. War die Ehe vor dem 1.1.2002 geschlossen und war mindestens ein Ehegatte vor dem 2.1.1962 geboren, bekommt der überlebende Ehegatte bei Erfüllung der Voraussetzungen für eine große Witwen/Witwerrente gemäß § 46 Abs. 2 SGB VI aus der Zusatzversorgung 60% der Rente, die der oder die Verstorbene aus der Zusatzversorgung zum Zeitpunkt des Todes erhalten hat bzw. erhalten hätte. War die Ehe nach dem 31.12.2001 geschlossen oder waren beide Ehegatten nach dem 1.1.1962 geboren, bekommt der überlebende Ehegatte bei einer großen Witwen/Witwerrente 55%. Bei einer kleinen Witwen/Witwerrente gemäß § 46 Abs. 1 SGB VI zahlt die Zusatzversorgung 25% der Rente, die der Verstorbene aus der Zusatzversorgung zum Zeitpunkt des Todes erhalten hat bzw. erhalten hätte. Haben der oder die Verstorbene vor seinem oder ihrem Tod eine Rente aus der Zusatzversorgung bezogen, ist die zum Zeitpunkt des Todes bezogene Rente Maßstab für die kleine/große Witwen/Witwerrente. Haben der oder die Verstorbene noch keine Rente bezogen, wird als Maßstab die Rente herangezogen, die der oder die Verstorbene zum Zeitpunkt des Todes als Erwerbsminderungsrente (ggf. unter Berücksichtigung von Zurechnungspunkten) bekommen hätte; für den Bezug einer Hinterbliebenenrente aus der Zusatzversorgung ist es in diesem Fall auch erforderlich, dass der oder die Verstorbene die Wartezeit oder die gesetzliche Unverfallbarkeitsfrist erfüllt hat. Seit 2005 haben auch Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz einen Anspruch auf Witwen/Witwerrente aus der Zusatzversorgung (§ 36 Abs. 4 MS, § 38 Abs. 4 VBLS, § 10 Abs. 4 ATV/ATV-K). Anders als die gesetzliche Rentenversicherung zahlt die Zusatzversorgung nicht während des sog. „Sterbevierteljahres“ die bisherige Rente des Verstorben weiter. Die Zusatzversorgung zahlt also auch bereits während des Sterbevierteljahres die mit dem jeweils maßgebenden Faktor (60%, 55% oder 25%) berechnete Witwen/ Witwerrente. Mühlstädt

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Die Zusatzversorgung zahlt keine Witwen/Witwerrente, wenn die Ehe mit dem Verstorbenen weniger als zwölf Monate gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat, war der Witwe/dem Witwer eine Betriebsrente zu verschaffen (§ 36 Abs. 2 MS, § 38 Abs. 2, § 10 Abs. 2 ATV/ATV-K). Bei Zahlung einer Halbwaisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung 241 gemäß § 48 Abs. 1 SGB VI erbringt die Zusatzversorgung 10% und bei einer Vollwaisenrente gemäß § 48 Abs. 2 SGB VI 20% der Rente, die der Verstorbene aus der Zusatzversorgung erhalten hat bzw. erhalten hätte. Enkel-, Stief- und Pflegekinder haben nach § 36 Abs. 1 S. 5 MS, § 38 Abs. 1 S. 4 VBLS, § 10 Abs. 1 S. 5 ATV/ATV-K nur dann einen Anspruch auf eine Waisenrente, wenn sie Kinder im Sinne des Einkommensteuergesetzes nach § 32 Abs. 3, Abs. 4 S. 1 Nr. 1 bis 3 und Abs. 5 EStG sind. Die Witwen-/Witwer- und Waisenrenten dürfen zusammen den Betrag der ihrer 242 Berechnung zugrunde liegenden Betriebsrente nicht übersteigen. Sofern dieser Betrag überschritten wird, sind die Hinterbliebenenrenten anteilig zu kürzen (§ 36 Abs. 3 MS, § 38 Abs. 3 VBLS, § 10 Abs. 3 ATV/ATV-K).

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ee) Abschläge wegen vorzeitiger Inanspruchnahme 243 Die Abschläge wegen vorzeitiger Inanspruchnahme aus der gesetzlichen Rentenver-

sicherung liegen gemäß § 77 SGB VI je nach Rentenart zwischen 0,3 und 18% und werden grundsätzlich auch in der Zusatzversorgung übernommen. In der Zusatzversorgung sind die Abschläge jedoch auf maximal 10,8% begrenzt (§ 33 Abs. 3 MS, § 35 Abs. 3 VBLS, § 7 Abs. 3 ATV/ATV-K).

ff) Nichtzahlung und Ruhen 244 Entsprechend den tarifvertraglichen Vorgaben (§ 12 ATV/ATV-K) werden bestimmte

Nichtzahlungs- und Ruhensregelungen aus den Bestimmungen zur gesetzlichen Rente auf das Leistungsrecht der Zusatzversorgung übertragen (§ 39 MS, § 41 VBLS). Aus sozialpolitischen Gründen wollen die Tarifvertragsparteien damit in bestimmten Fallkonstellationen verhindern, dass es zu einer Anhäufung verschiedener Leistungen kommt und damit das von ihnen vorgesehene Sicherungsziel überschritten wird. Das Stammrecht158 als solches wird durch die Nichtzahlungs- und Ruhensregelungen nicht berührt, so dass bspw. die Betriebsrente weiterhin „im Hintergrund“ jährlich angepasst wird oder bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Neuberechnung durchgeführt wird. Wird eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen Hinzuver245 dienstes ganz oder teilweise nicht gezahlt, kann dies auch dazu führen, dass die

_____ 158 Siehe dazu Kap. 1 Rn. 217.

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Betriebsrente aus der Zusatzversorgung ganz oder teilweise nicht gezahlt wird (§ 39 MS § 41 VBLS, § 12 ATV/ATV-K). Sollte die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ganz oder teilweise versagt werden, führt dies in der Zusatzversorgung zu einem vollem Ruhen. Die Zusatzversorgungsrente kann auch dann ruhen, wenn der Betriebsrentner seinen Wohnsitz außerhalb der EU hat und keinen Empfangsbevollmächtigten im Inland benannt hat. Der Bezug von Krankengeld kann bei einer vollen oder teilweisen Erwerbsminderungsrente ebenfalls zum Ruhen führen.

gg) Anpassung der Renten Entsprechend den tarifvertraglichen Vorgaben (§ 11 Abs. 1 ATV/ATV-K) ist in den 246 Satzungen (§ 37 MS, § 39 VBLS) geregelt, dass die Betriebsrenten aus der Pflichtversicherung jährlich zum 1. Juli jeweils um 1% angepasst werden. Dies entspricht auch der Anpassungsregelung für gesetzlich unverfallbare Anrechte in § 18 Abs. 4 S. 1 BetrAVG.

hh) Neuberechnung Die Betriebsrente ist neu zu berechnen, wenn ein neuer Versicherungsfall ein- 247 tritt und seit dem Beginn der bisherigen Betriebsrente zusätzliche Versorgungspunkte zu berücksichtigen sind. Die Betriebsrente wird dann um die neu zu berücksichtigenden Versorgungspunkte erhöht (§ 38 Abs. 1 u. 2 MS, § 40 Abs. 2 VBLS, § 11 Abs. 2 S. 2 ATV/ATV-K). Soweit die bisherige Betriebsrente um Zurechnungspunkte erhöht wurde, werden neue Versorgungspunkte, die in dem Zurechnungszeitraum, erworben wurden, nur insoweit berücksichtigt, als sie die bisherigen Zurechnungspunkte übersteigen (§ 38 Abs. 4 MS, § 40 Abs. 4 VBLS, § 11 Abs. 2 S. 6 ATV/ATV-K). Wird aus einer teilweisen Erwerbsminderungsrente eine volle, wird die bisheri- 248 ge Betriebsrente verdoppelt. Wird umgekehrt aus einer vollen Erwerbsminderungsrente eine teilweise, wird die bisherige Rente nur noch zur Hälfte gezahlt (§ 38 Abs. 3 MS, § 40 Abs. 3 VBLS, § 11 Abs. 2 S. 3 und 4 ATV/ATV-K).

ii) Erlöschen des Betriebsrentenanspruchs Aufgrund der tarifvertraglichen Vorgaben in § 13 ATV/ATV-K erlischt in bestimmten 249 Fallgestaltungen der Anspruch auf Betriebsrente. Dementsprechend entfällt nach § 40 MS, § 42 VBLS die Betriebsrente mit Ablauf des Monats ■ in dem der Rentner gestorben ist oder ■ in dem die Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung letztmals gezahlt worden ist.

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250 Der Rentenanspruch erlischt ferner, wenn der Rentner aufgrund einer Überlei-

tung159 nun die Betriebsrente von der neuen Zusatzversorgungskasse ausgezahlt wird. Eine Witwen/Witwerrente erlischt, wenn die Witwe bzw. der Witwer erneut heiratet. Wird diese Ehe wieder geschieden oder verstirbt der andere Ehegatte, lebt die Witwen/Witwerrente wieder auf.

jj) Auszahlung und Abfindung 251 Die Betriebsrenten aus der Zusatzversorgung werden monatlich im Voraus gezahlt (§ 47 Abs. 1 MS, § 47 Abs. 1 VBLS, § 22 Abs. 1 ATV/ATV-K). In § 22 Abs. 2 ATV/ATV-K wird den Zusatzversorgungskassen tarifvertraglich er252 öffnet, Betriebsrentenansprüche bis zu einer Höhe von 30 € abzufinden. Bei höheren Renten kann die Kasse die Betriebsrente abfinden, wenn die Kosten der Übermittlung der Betriebsrenten unverhältnismäßig hoch sind. Die Satzungen sehen in § 41 MS, § 43 VBLS dementsprechend eine Abfindung vor, wenn der Monatsbetrag nach § 3 Abs. 2 BetrAVG nicht überschritten wird160 oder wenn die Überweisungskosten unverhältnismäßig hoch sind.

3. Übergangsrecht 253 Vor dem Jahr 2002 war die Zusatzversorgung als Gesamtversorgungssystem ausgestaltet. Die Zusatzversorgung hatte mit der Gesamtversorgung das Ziel, die gesetzliche Rente der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes so weit aufzustocken, dass beide Leistungen zusammen ungefähr das Niveau einer Beamtenversorgung erreichen. Die Tarifvertragsparteien haben sich bei der Systemumstellung auf das Punktemodell darauf verständigt, dieses Gesamtversorgungssystem für den gesamten Bestand zum 1.1.2002 zu schließen und die bis dahin erworbenen Anrechte in das neue Punktemodell zu überführen. Dabei wurde unterschieden zwischen der Überführung der Anrechte der Personen, die zum Zeitpunkt des Systemwechsels bereits eine Rente aus der Zusatzversorgung bezogen haben (Bestandsrentner,161 den Beschäftigten, die zu diesem Zeitpunkt in der Zusatzversorgung pflichtversichert waren (rentenferne bzw. rentennahe Versicherte162) und Personen, die zu diesem Zeitpunkt eine beitragsfreie Versicherung hatten (beitragsfrei Versicherte163).

_____ 159 Zur Überleitung siehe Rn. 298–305. 160 Siehe dazu Kap. 8 Rn. 113 ff. 161 Siehe dazu Rn. 258. 162 Siehe dazu Rn. 262–274. 163 Siehe dazu Rn. 275.

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a) Gründe für Systemwechsel Einer der Gründe für die Reform der Zusatzversorgung war die Entscheidung des BVerfG.164 Zwar hat das BVerfG die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, da die Regelung zumindest für die damalige Rentnergeneration noch verfassungsgemäß war. Da das Gericht davon ausging, dass auch die seinerzeitige Regelung des § 18 BetrAVG zum 1.1.2001 geändert werden müsste, hat das BVerfG die Tarifvertragsparteien in dem Nichtannahmebeschluss aufgefordert, zeitgleich auch die sog. Halbanrechnung165 neu zu regeln. Die Gesamtversorgung war zu sehr von externen Bezugssystemen, wie der Beamtenversorgung, der Sozialversicherung und dem Steuerrecht abhängig. Steuersenkungen und auch die geplante Absenkung des Rentenniveaus in der gesetzlichen Rentenversicherung hätten deutliche Leistungssteigerungen zur Folge gehabt. Aufgrund dieser Abhängigkeit von den Bezugssystemen mussten die Tarifvertragsparteien sehr häufig das Leistungsrecht anpassen, um auf deren Rechtsänderungen in der Zusatzversorgung zu reagieren bzw. um Mehrausgaben zu vermeiden. Durch die häufigen Anpassungen hatte das Leistungsrecht eine Komplexität erreicht, die auch nach Ansicht des BVerfG sehr nah an einer Verfassungswidrigkeit war. Die Tarifvertragsparteien haben den Systemwechsel faktisch nicht – wie vom BVerfG angenommen – bereits zum 1.1.2001 durchgeführt, sondern aus Gründen des Besitzstandsschutzes erst ein Jahr später. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 10.11.2004 bestätigt, dass die Anwendung des Gesamtversorgungsrechts im Jahr 2001 zulässig war.166

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b) Regelung für die Bestandsrentner Die am 1.1.2002 bereits laufenden Versorgungs- und Versicherungsrenten 258 wurden zum 1.1.2002 in Höhe des bisherigen Zahlbetrags weitergezahlt (§§ 69–71 MS, §§ 75–77 VBLS, §§ 30, 31 ATV/ATV-K). Auch die Besitzstandsrenten werden – wie alle Renten aus der Pflichtversicherung – jeweils zum 1. Juli um 1% erhöht. Die Versorgungsrenten sind damit nicht mehr von der Entwicklung der Beamtenversorgung und den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung abhängig. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 10.11.2004 bestätigt, dass die Überführung der Besitzstandsrenten kein unzulässiger Eingriff ist, da in den vorherigen Jahren auch die Versorgungsrenten nur in geringerem Umfang gestiegen sind.167

_____ 164 BVerfG, Beschl. v. 22.3.2000 – 1 BvR 1136/96 – NZA 2000, 996. 165 Die Halbanrechnung waren Regelungen in der Zusatzversorgung, wonach bei der Berechnung der sog. gesamtversorgungsfähigen Zeit auch Zeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes zur Hälfte zu berücksichtigen waren. Zeiten innerhalb des öffentlichen Dienstes waren in voll zu berücksichtigen. 166 BGH, Urt. v. 10.11.2004 – IV ZR 391/02 – VuR 2005, 80. 167 BGH, Urt. v. 10.11.2004 – IV ZR 391/02 – VuR 2005, 80.

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c) Regelung für aktive Beschäftigte und beitragsfrei Versicherte (Startgutschriften) 259 Bei den Versicherten, die zum Zeitpunkt der Systemumstellung noch keine Rente bezogen, wurden die in der Gesamtversorgungszeit erworbenen Anrechte in Form einer Startgutschrift in das Punktemodell überführt. Hierzu wurden die vor dem 1.1.2002 erworbenen Anrechte entsprechend den von den Tarifvertragsparteien festgelegten Vorgaben durch den Messbetrag von 4 € geteilt und dem Versorgungskonto des Versicherten als Startgutschrift in Form von Versorgungspunkten gutgeschrieben (§ 72 Abs. 1 MS, § 78 Abs. 1 VBLS, § 32 Abs. 1 ATV/ATV-K). Soweit der Versicherte nach dem Systemwechsel im öffentlichen oder kirchlichen Dienst beschäftigt ist, erwirbt er zusätzliche Versorgungspunkte, die ebenfalls seinem Versorgungskonto gutgeschrieben werden. Bei der Berechnung der Startgutschrift haben die Tarifvertragsparteien – abge260 stuft nach den Anforderungen des Besitzstandsschutzes – wie folgt differenziert: ■ Pflichtversicherte, d.h. Versicherte, die am 31.12.2001 und am 1.1.2002 pflichtversichert waren (§ 73 MS, § 79 VBLS, § 33 ATV/ATV-K). Hier wurde zwischen ■ Startgutschriften für rentennahe Jahrgänge,168 ■ und Startgutschriften für rentenferne Jahrgänge169 unterschieden. ■ Versicherte, die am 31.12.2001 und/oder am 1.1.2002 beitragsfrei versichert waren, haben eine Startgutschrift für beitragsfrei Versicherte170 erhalten.

Abbildung 2: Übersicht Startgutschriften

_____ 168 Siehe Rn. 262–265. 169 Siehe Rn. 266–274. 170 Siehe Rn. 275.

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Alle Startgutschriften wurden anhand der zum 31.12.2001 maßgebenden Berech- 261 nungsgrundlagen ermittelt. Von daher waren insbesondere ■ die Steuertabellen und der Familienstand für die Ermittlung der maßgebenden Steuerklasse, ■ die Sozialversicherungsbeitragssätze einschließlich der BBG und ■ bei Teilzeitbeschäftigung der Gesamtbeschäftigungsquotient zu diesem Stichtag maßgebend. Dementsprechend war bei der Ermittlung der gesamtversorgungsfähigen Entgelte auf die entsprechenden Kalenderjahre vor dem 1.1.2002 abzustellen. Die stichtagsbezogene Fixierung der Berechnungsgrundlagen ist zulässig.171

aa) Startgutschrift für rentennahe Jahrgänge Ähnlich wie die Bestandsrentner hatten die rentennahen Versicherten ein berechtigtes Vertrauen in die Höhe der bisherigen Leistungen der Zusatzversorgung. Aufgrund der zeitlichen Nähe zum Rentenbeginn hatte diese Personengruppe kaum Chancen, Kürzungen auszugleichen. Deshalb erhielten Pflichtversicherte im Tarifgebiet West, die spätestens am 1.1.1947 geboren sind, eine Startgutschrift in der Höhe, die sie als Versorgungsrente aus dem bisherigen Gesamtversorgungsrecht erhalten hätten, wenn sie bis zum 63. Lebensjahr in der Zusatzversorgung pflichtversichert gewesen wären (§ 73 Abs. 2 MS, 79 Abs. 2 VBLS, § 33 Abs. 2 ATV/ ATV-K). Die Berechnung der Startgutschrift für rentennahe Jahrgänge wurde vom BGH für rechtmäßig erachtet.172 Pflichtversicherte, die spätestens am 31.12.1949 geboren wurden und zum Systemwechsel eine Rente für schwer behinderte Menschen hätten erhalten können, wenn sie dann das 60. Lebensjahr vollendet hätten, erhielten ebenfalls eine Startgutschrift für rentennahe Jahrgänge. Bei ihnen wurde die Startgutschrift nicht bezogen auf das 63. Lebensjahr berechnet, sondern bezogen auf den Zeitpunkt, zu dem sie aufgrund ihrer individuellen Kriterien frühestens eine abschlagsfreie Rente für schwerbehinderte Menschen aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten konnten. Auch Pflichtversicherte im Tarifgebiet West, die vor dem 14.11.2001 eine Altersteilzeit- oder Vorruhestandsvereinbarung geschlossen hatten, erhielten eine Startgutschrift für rentennahe Versicherte. Bei ihnen wurde die Startgutschrift für rentennahe Jahrgänge auf das vereinbarte Ende des Altersteilzeitverhältnisses bzw. den in der Vorruhestandsvereinbarung vereinbarten Rentenbeginn bezogen. Ferner erhielten die Pflichtversicherten eine Startgutschrift für rentennahe Jahrgänge, die ursprünglich eine Startgutschrift für rentenferne Versicherte erhalten hat-

_____ 171 BGH, Urt. v. 14.11.2007 – IV ZR 74/06 – VersR 2008, 1625. 172 BGH, Urt. v. 24.9.2008 – IV ZR 134/07 – BGHZ 178, 101 = VersR 2008, 1677.

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ten, bei denen dann aber bis zum 1.1.2007 der Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung eintrat, sie spätestens am 31.12.1954 geboren sind und bis zum Systemwechsel bereits 120 Umlagemonate in der Zusatzversorgung hatten (sog. faktisch rentennahe Versicherte – § 73 Abs. 3a MS, § 79 Abs. 3a VBLS, §§ 33 Abs. 3a ATV/ATV-K). Bei ihnen wurde die Startgutschrift bezogen auf das 63. Lebensjahr berechnet.

bb) Startgutschrift für rentenferne Jahrgänge 266 Die Pflichtversicherten, die nicht zu den rentennahen Pflichtversicherten gehörten,

erhielten eine Startgutschrift für rentenferne Versicherte. Die Berechnung dieser wurde von den Tarifvertragsparteien aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung mehrfach angepasst: ■ Zunächst wurde die Startgutschrift für rentenferne Jahrgänge in enger Anlehnung an die Regelung in § 18 Abs. 2 BetrAVG berechnet.173 ■ Im Jahr 2011 verständigten sich die Tarifvertragsparteien auf eine Vergleichsberechnung in Anlehnung an die Berechnungsmethode nach § 2 BetrAVG174.175 ■ Im Jahr 2017 passten die Tarifvertragsparteien aufgrund erneuter höchstrichterlicher Rechtsprechung die ursprüngliche Berechnungsregelung der Startgutschrift erneut an.176 267 Demzufolge haben die Zusatzversorgungskassen die Startgutschriften für rentenfer-

ne Jahrgänge dreimal berechnet. Ursprüngliche Berechnungsmethode in Anlehnung an § 18 Abs. 2 BetrAVG 268 Die von den Tarifvertragsparteien ursprünglich vorgesehene Berechnung der rentenfernen Startgutschriften richtete sich nach der Regelung zur Berechnung der Höhe gesetzlich unverfallbarer Anwartschaften in § 18 Abs. 2 BetrAVG (§ 73 Abs. 1 MS, § 79 Abs. 1 VBLS, § 33 Abs. 1 ATV/ATV-K). Bei der Berechnung der Startgutschrift wurden – anders als bei der gesetzlichen Regelung – nicht nur Zeiten aus Arbeitsverhältnissen berücksichtigt, bei denen die gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen erfüllt waren, sondern sämtliche Zeiten im öffentlichen und kirchlichen Dienst zusammengenommen. In seiner ersten Grundsatzentscheidung zu den Startgutschriften für rentenfer269 ne Jahrgänge hat der BGH177 zwar die Systemumstellung vom Gesamtversorgungssystem auf das Punktemodell gebilligt und auch die Berechnungsmethode der Start-

_____ 173 Siehe hierzu Rn. 268 f. 174 Siehe dazu Kap. 8 Rn. 51 ff. 175 Siehe hierzu Rn. 270–273. 176 Siehe hierzu Rn. 274.

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gut schriften für rentenferne Jahrgänge nach § 18 Abs. 2 BetrAVG im Grundsatz nicht beanstandet. Jedoch verstößt nach Ansicht des BGH der Versorgungssatz von 2,25% für jedes Pflichtversicherungsjahr gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz, da hierdurch insbesondere Versicherte mit langen Ausbildungszeiten benachteiligt werden können. Viele Versicherte könnten den höchstmöglichen Versorgungssatz von 100% nicht erreichen, da hierfür 44,44 Pflichtversicherungsjahre erforderlich sind. Das BVerfG hat in zwei Nichtannahmebeschlüssen die BGH-Rechtsprechung bestätigt.178 Vergleichsberechnung in Anlehnung an § 2 BetrAVG Als Reaktion auf die BGH-Rechtsprechung zu den rentenfernen Startgutschriften ha- 270 ben sich die Tarifvertragsparteien am 30.5.2011 auf eine neue Berechnungsmethode im Wege einer Vergleichsberechnung verständigt (§ 73 Abs. 1a MS, § 79 Abs. 1a VBLS, §§ 33 Abs. 1a ATV/ATV-K). Diese Vergleichsberechnung orientiert sich nicht wie die ursprüngliche Startgutschriftsberechnung an der gesetzlichen Regelung des § 18 BetrAVG zur Berechnung der Höhe unverfallbarer Anwartschaften in der Zusatzversorgung, sondern an der für die allgemeine bAV geltende Regelung des § 2 BetrAVG. Die zunächst tarifvertraglich vereinbarte Regelung sah eine zweistufige Prü- 271 fung vor. Auf der ersten Stufe wurde der bisherige Vomhundertsatz nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 BetrAVG von 2,25% pro Pflichtversicherungsjahr mit dem Unverfallbarkeitsquotienten nach § 2 BetrAVG abzüglich eines von den Tarifvertragsparteien festgelegten Kürzungssatzes von 7,5% verglichen. War der gekürzte Unverfallbarkeitsquotient höher, wurde auf der zweiten Stufe eine Vergleichsstartgutschrift ermittelt. Für diese Vergleichsstartgutschrift wurde anhand des individuellen Versorgungssatz nach dem Gesamtversorgungssystem auf der Grundlage der Berechnungsparameter zum Systemwechsel eine Gesamtversorgung ermittelt, die der Versicherte bei unterstellter Beschäftigung bis zum 65. Lebensjahr erworben hätte. Von dieser Gesamtversorgung wurde eine nach dem sog. Näherungsverfahren ermittelte gesetzliche Rente abgezogen. Dieser Unterschiedsbetrag wurde mit dem um 7,5% gekürzten Unverfallbarkeitsquotienten nach § 2 BetrAVG ins Verhältnis gesetzt. Sofern diese Vergleichsstartgutschrift höher als die bisherige Startgutschrift war, erhielt der Versicherte die Differenz als Zuschlag zu seiner bisherigen Startgutschrift. Die Versicherten, die seit dem Systemwechsel bis zum Zeitpunkt der Berech- 272 nung der Vergleichsstartgutschrift bereits in Rente gegangen sind, haben rückwirkend ohne Anwendung der Ausschlussfrist die höhere Rente unter Berücksichtigung des Zuschlags aufgrund der Vergleichsstartgutschrift erhalten.

_____ 177 BGH, Urt. v. 14.11.2007 – IV ZR 74/06 – BGHZ 174, 127 = VersR 2008, 1625; vgl. hierzu Hügelschäffer, Die Entscheidung des BGH zur Systemumstellung in der Zusatzversorgung des öffentlichen und kirchlichen Dienstes – Eine Zwischenbilanz, BetrAV 2008, 254. 178 BVerfG, Beschl. v. 29.3.2010 – 1 BvR 1373/08 – FamRZ 2010, 797 und 1 BvR 1433/08 –.

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Die Vergleichsstartgutschrift wurde erneut vom BGH in seiner Entscheidung vom 9.3.2016 geprüft.179 Der BGH ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Vergleichsstartgutschrift zwar die in der BGH-Entscheidung vom 14.11.2007 beanstandeten Systembrüche vermeidet. Die Neuregelung führt aber zu neuen Ungleichbehandlungen, da aufgrund des tarifvertraglich festgelegten Kürzungsfaktors von 7,5% erneut bestimmte Versichertengruppen von vornherein von einem Zuschlag ausgeschlossen werden. Da diese Ungleichbehandlung nicht nur von geringer Intensität ist und nicht nur eine verhältnismäßig kleine Anzahl von Personen betrifft, ist eine Überführung der Anwartschaften auf der Grundlage der Vergleichsstartgutschrift nicht rechtmäßig. Angepasste Berechnung in Anlehnung an § 18 Abs. 2 BetrAVG

274 Die Tarifvertragsparteien haben mit ihrer Tarifeinigung vom 8.6.2017 auf die BGH-

Entscheidung vom 9.3.2016 reagiert und eine neue zusätzliche Berechnungsmethode für die Startgutschriften vereinbart (§ 73 Abs. 1 S. 3 MS, § 79 Abs. 1 S. 3 VBLS, § 33 Abs. 1 S. 3 ATV/ATV-K). Diese Berechnungsmethode setzt auf der ursprünglichen Startgutschriftberechnung in Anlehnung an § 18 Abs. 2 BetrAVG auf. Abweichend von der bisherigen Berechnung wird der einheitliche Anteil von 2,25% pro Jahr der Pflichtversicherung abhängig vom Beginn der erstmaligen Pflichtversicherung so festgesetzt, dass der Versicherte bis zum 65. Lebensjahr 100% der Voll-Leistung erreichen kann. Der Faktor beträgt mindestens 2,25% und höchstens 2,5%. Die Vergleichsstartgutschrift aus der Neuregelung im Jahr 2011 bleibt unverändert. Die Versicherten bekommen also die die höchste Startgutschrift aus den drei Berechnungen.180 Versicherte, die seit dem Systemwechsel in Rente gegangen sind, bekommen auch diese Erhöhung rückwirkend ab Rentenbeginn ausgezahlt.

cc) Startgutschrift für beitragsfrei Versicherte 275 Beitragsfrei Versicherte haben entsprechend den Regelungen des bis 2001 geltenden

Zusatzversorgungsrechts ihre bisherigen Anwartschaften in Höhe der sog. Versicherungsrente als Startgutschrift erhalten (§ 74 MS, § 80 VBLS, § 34 ATV/ATV-K).

IV. Freiwillige Versicherung 276 Entsprechend der tarifvertraglichen Aufforderung in § 26 Abs. 1 S. 1 ATV/ATV-K wird

den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes seit der Reform der Zusatzversorgung

_____ 179 BGH, Urt. v. 9.3.2016 – IV ZR 9/15 – BGHZ 209, 201 = VersR 2016, 583. 180 Das LG Karlsruhe hat in mehreren Entscheidungen vom 22.5.2020 diese Startgutschriftenregelung für rechtmäßig erachten (Az. 6 O 85/19 (nicht rechtskräftig)).

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die Möglichkeit eröffnet, neben der arbeitgeberfinanzierten Pflichtversicherung zusätzliche Anrechte über eine freiwillige Versicherung bei der Zusatzversorgungskasse zu erwerben. Der Arbeitnehmer kann über die freiwillige Versicherung von der steuerlichen Förderung im Rahmen der Entgeltumwandlung oder der RiesterFörderung profitieren.181 Er kann aber auch eine freiwillige Versicherung ohne jegliche steuerliche Förderung abschließen. Zudem kann der Arbeitgeber in eine freiwillige Versicherung für seine Beschäftigten einzahlen und so z.B. die Leistungen der Pflichtversicherung noch weiter aufstocken. Die Anwartschaften in den einzelnen Tarifen der Zusatzversorgungskassen 277 werden regelmäßig in Versorgungspunkten geführt. Das Leistungsrecht der freiwilligen Versicherung entspricht jedoch nicht völlig dem der Pflichtversicherung. So gibt es häufig die Möglichkeit, den Versicherungsschutz für die Absicherung des Erwerbsminderungsrisikos und/oder den Hinterbliebenenschutz abzuwählen und dadurch die Leistungen für die weiterhin abgesicherten Risiken – insbesondere die Altersrente – zu erhöhen. Zudem haben die Zusatzversorgungskassen aufgrund der Kapitalmarktentwicklung im Laufe der Zeit neue Tarife mit einem geringeren Rechnungszins als den ursprünglichen Zins von 3,25% für Neuabschlüsse eingeführt.

V. Finanzierung Da den Zusatzversorgungskassen das einheitliche Leistungsrecht in der Pflichtver- 278 sicherung von den Tarifvertragsparteien vorgegeben ist und sie insoweit keinen Gestaltungsspielraum haben, verbleibt ihnen die Zusatzversorgungskassen als notwendige Stellschraube die Gestaltungshoheit über die Finanzierung der vorgegebenen Leistungen. Diese Finanzierungshoheit haben die Tarifvertragsparteien in § 15 Abs. 1 S. 1 ATV/ATV-K ausdrücklich anerkannt. Im Bereich der Finanzierung geben die Tarifvertragsparteien lediglich einen gewissen Rahmen vor. So ist in den §§ 16–18 ATV/ATV-K bspw. geregelt, welche Arten von Aufwendungen grundsätzlich möglich sind. Die Auswahl der Finanzierungsarten einschließlich der Höhe des Finanzierungssatzes obliegt der Zusatzversorgungskasse in eigener Verantwortung entsprechend ihren Gegebenheiten und des von ihr gewählten Finanzierungssystems.

1. Finanzierungsverfahren Die Zusatzversorgungskassen können die Pflichtversicherung im Umlageverfah- 279 ren, im Kapitaldeckungsverfahren und einem Mischfinanzierungsverfahren

_____ 181 Siehe dazu Kap. 2 Rn. 130 ff., 153 ff.

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finanzieren. Die Auswahl des Finanzierungsverfahrens obliegt dem Verwaltungsrat der Zusatzversorgungskasse entsprechend der jeweiligen Geschäftsstrategie. Unabhängig vom Finanzierungsverfahren haben alle Zusatzversorgungskassen das Ziel einer möglichst hohen Stabilität der Finanzierungssätze. Diese langfristige Perspektive wird je nach gewähltem Finanzierungsverfahren unterschiedlich umgesetzt. Beim Kapitaldeckungsverfahren wird die langfristige Perspektive über das Anlegen des für die künftigen Leistungen erforderlichen Kapitals erreicht. Bei den umlage- und mischfinanzierten Zusatzversorgungskassen der AKA wird die langfristige Perspektive über das sog. gleitende Abschnittsdeckungsverfahren mit langen Deckungsabschnitten erreicht. 3 Praxistipp Viele kommunale Zusatzversorgungskassen haben neben einem umlage- bzw. mischfinanzierten Abrechnungsverband I einen zusätzlichen Abrechnungsverband II eingerichtet, der im Kapitaldeckungsverfahren finanziert ist. Die beiden Abrechnungsverbände werden sowohl hinsichtlich der Verpflichtungen als auch hinsichtlich Kapitalanlagen gesondert voneinander verwaltet (§ 55 Abs. 3 MS). Das Mitglied kann sich hier entscheiden, ob es sich lohnt, gegen Zahlung eines finanziellen Ausgleichs für die im Abrechnungsverband I verbleibenden Lasten in den Abrechnungsverband II zu wechseln (§ 55 Abs. 1a S. 2 MS). Neue Mitglieder können sich mit Beginn der Mitgliedschaft frei entscheiden, ob sie in den Abrechnungsverband I oder II eintreten wollen.

a) Umlageverfahren 280 Beim Umlageverfahren dienen die Einzahlungen nicht der konkreten Finanzierung

der Leistungen des Beschäftigten, für den der Arbeitgeber die Umlage zahlt. Die Umlagen dienen vielmehr der solidarischen Finanzierung der laufenden Leistungen des Versorgungsträgers. In der reinen Form des Umlageverfahrens sind die Umlagen so bemessen, dass sie gerade ausreichen, um die aktuellen Ausgaben des Versorgungsträgers (zuzüglich einer geringen Reserve) zu finanzieren. Die Zusatzversorgungskassen wenden – anders als die gesetzliche Rentenversicherung – hingegen kein reines Umlageverfahren an. Sie haben eine längerfristige Perspektive. Die Mustersatzung der AKA sieht für die Umlagefinanzierung ein sog. gleiten281 des Abschnittdeckungsverfahren vor (§ 60 MS). Ziel dieses Verfahrens ist, dass die Finanzierungsbelastung der Arbeitgeber in Form des Umlage-/Sanierungsgeldsatzes langfristig stabil bleibt. Dies wird nach der § 60 Abs. 1 S. 2 MS über den langen Deckungsabschnitt von 100 Jahren erreicht. Der Finanzierungssatz wird so bemessen, dass die sich daraus ergebenden Einnahmen zusammen mit dem vorhandenen Vermögen und den sich daraus ergebenden Einnahmen ausreichen, um die Leistungen während des Deckungsabschnitts zu erfüllen. Die Regelungen der MS in § 60 Abs. 2 S. 3 u. 4 MS eröffnen zudem die Möglichkeit, eine gewisse Bandbreite für das Vermögen zu definieren, dass am Ende des Deckungsabschnitts vorhanden sein muss. Zudem können Untergrenzen definiert werden, die während des Deckungsabschnitts nicht unterschritten werden sollen. Diese Berechnungen sind Mühlstädt

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spätestens alle fünf Jahre für den dann neuen hundertjährigen Deckungsabschnitt vom Verantwortlichen Aktuar zu überprüfen. Die umlagefinanzierten Zusatzversorgungskassen der AKA wenden dieses Modell des gleitenden Abschnittdeckungsverfahrens mit gewissen Abweichungen unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Besonderheiten an. Die VBL wendet dagegen nicht das gleitende Abschnittsdeckungsverfahren an (§ 61 VBLS). Bei ihr wird nur betrachtet, ob die Einnahmen für einen Zeitraum von 5,5 Jahren ausreichend sind. Dies wird jeweils nach fünf Jahren überprüft. Die Höhe des Umlagesatzes wird vom Verwaltungsrat auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars festgesetzt. Ein Teil der im Umlageverfahren zu finanzierenden Leistungen kann anstelle von Umlage durch ein Sanierungsgeld finanziert werden (§ 63 MS, 65 VBLS, § 17 ATV/ATV-K). Die tarifvertraglichen und satzungsrechtlichen Grundlagen sind in Ziff. 4.1 des Altersvorsorgeplans, in § 17 ATV/ATVK, in § 63 MS und in § 65 VBLS geregelt.182 Sanierungsgeld ist der Teil des Finanzbedarfs der Zusatzversorgungskassen, der durch die Schließung des Gesamtversorgungssystems und den Wechsel zum Punktemodell besteht und der über den für die jeweilige Zusatzversorgungskasse zum 1.11.2001 maßgebenden Umlagesatz hinausgeht. Für Kassen bei denen der Umlagesatz zu diesem Zeitpunkt unterhalb von 4% lag, ist das Sanierungsgeld ausgeschlossen. Das Sanierungsgeld ist eine besondere Umlage, die entsprechend den Anforderungen in § 19 Abs. 1 S. 4 EStG steuerfrei ist.183

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b) Kapitaldeckungsverfahren Beim Kapitaldeckungsverfahren dienen die Einzahlungen in Form von sog. Pflicht- 286 beiträgen der Finanzierung der jeweils gerade entstehenden Leistungsverpflichtungen der Beschäftigten, für die die Beiträge gezahlt werden, mit dem Ziel im Sinne einer dauerhaften Erfüllbarkeit. Die Höhe des Pflichtbeitragssatzes wird vom Verwaltungsrat der jeweiligen Zusatzversorgungskasse auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars beschlossen. Die freiwillige Versicherung184 wird stets im Rahmen des Kapitaldeckungsver- 287 fahrens finanziert.

_____ 182 Vgl. umfassend zum Sanierungsgeld: Hebler/Langenbrinck, Das Sanierungsgeld und der Systemwechsel in der Zusatzversorgung, BetrAV 2018, 32. 183 Siehe Rn. 320. 184 Siehe Rn. 276–277.

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c) Mischfinanzierungsverfahren 288 Einige Zusatzversorgungskassen wenden ein Mischfinanzierungsverfahren an. Bei

diesem Mischfinanzierungsverfahren wird in dem gleichen Abrechnungsverband ein Teil der Leistungen über Umlagen und ein Teil der Leistungen über sog. Zusatzbeiträge im Kapitaldeckungsverfahren finanziert. Entsprechend den steuerrechtlichen Anforderungen185 werden auch die beiden Vermögenstöpfe getrennt voneinander verwaltet. Das Mischfinanzierungsverfahren wird insbesondere in den neuen Bundesländern, einschließlich des Abrechnungsverbands Ost der VBL verwendet. Aber auch einige westdeutsche kommunale Zusatzversorgungskassen wenden dieses Verfahren an, da mit diesem Verfahren sehr gut die jeweiligen Vorteile aus der Umlagefinanzierung und dem Kapitaldeckungsverfahren genutzt werden können. So ist das Umlageverfahren weniger abhängig von den Kapitalmärkten und kann auch flexibler auf plötzliche Leistungsänderungen reagieren. Das Kapitaldeckungsverfahren ist weniger abhängig von demografischen Entwicklungen, da es insoweit nicht auf einen Neuzugang an Pflichtversicherten angewiesen ist. Bei diesem Verfahren werden auch keine Lasten in die Zukunft verschoben.

2. Aufwendungen zur Pflichtversicherung a) Schuldner der Aufwendungen zur Pflichtversicherung 289 Auf der satzungsrechtlichen Ebene ist der Arbeitgeber Schuldner der Aufwendun-

gen zur Pflichtversicherung gegenüber der Kasse. Dies gilt auch hinsichtlich einer eventuell arbeitsvertraglich vereinbarten Eigenbeteiligung (§ 61 MS, § 63 VBLS). Auf der arbeitsrechtlichen Ebene gibt es folgende tarifvertraglich geregelte 290 Eigenbeteiligungen zur Pflichtversicherung: ■ Mit der Systemumstellung auf das Punktemodell wurde die für die jeweilige Zusatzversorgungskasse zum 1.11.2001 maßgebenden Eigenbeteiligungen fixiert (§ 16 Abs. 1 S. 4 ATV/ATV-K). Die Tarifverträge sahen seit 1999 vor, dass der Arbeitnehmer sich zur Hälfte an den Aufwendungen zu beteiligen hatte, soweit der Umlagesatz der Zusatzversorgungskasse 5,2 Prozentpunkte übersteigt. Die Eigenbeteiligung bei der VBL lag im Abrechnungsverband West bspw. bei 1,41 Prozentpunkten. ■ Für das Tarifgebiet Ost sehen die Tarifverträge in § 37a Abs. 1 ATV/ATV-K als Sonderregelung eine Eigenbeteiligung von 2 Prozentpunkten vor. ■ Darüber hinaus müssen die Versicherten von sieben, von den Tarifvertragsparteien im ATV/ATV-K bestimmten Zusatzversorgungkassen seit 2015 bzw. 2016 einen zusätzlichen Arbeitnehmerbeitrag leisten (§ 37 Abs. 1 ATV, § 15a Abs. 1

_____ 185 Siehe Rn. 317.

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ATV-K). Für Versicherte bei den anderen Zusatzversorgungskassen greift die zusätzliche Eigenbeteiligung erst dann, wenn die Zusatzversorgungskasse ihre Aufwendungen zur Pflichtversicherung erhöht (§ 15a Abs. 2 ATV-K).

b) Zusatzversorgungspflichtiges Entgelt Das tarifvertraglich in § 15 Abs. 2 ATV/ATV-K i.V.m. der Anlage 3 und satzungsrechtlich in § 62 Abs. 2 MS und § 64 Abs. 4 VBLS definierte zusatzversorgungspflichtige Entgelt ist nicht nur Grundlage für die Bemessung der Höhe der Anwartschaften,186 sondern gleichzeitig auch Bemessungsgrundlage für die Höhe der an die Zusatzversorgungskasse zu zahlenden Aufwendungen zur Finanzierung der Leistungen aus der Zusatzversorgung. Das zusatzversorgungspflichtige Entgelt entspricht grundsätzlich dem steuerpflichtigen Arbeitslohn (§ 62 Abs. 2 S. 1 MS, § 64 Abs. 4 S. 1 VBLS, § 15 Abs. 2 S. 1 ATV/ATV-K). Damit sind grundsätzlich die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu berücksichtigen. Steuerfreie Einkünfte sind (mit Ausnahme der steuerfreien Entgeltbestandteile aufgrund einer Entgeltumwandlung) kein zusatzversorgungspflichtiges Entgelt. Für steuerfreie Entgeltumwandlungen ist in § 62 Abs. 2 S. 8 MS bzw. § 64 Abs. 4 S. 2 VBLS geregelt, dass diese steuerfreien Einkommensanteile als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt zählen. Für das zusatzversorgungspflichtige Entgelt ist nicht der tatsächlich zu versteuernde Arbeitslohn maßgebend. Von daher mindern bspw. Lohnsteuerfreibeträge nicht das zusatzversorgungspflichtige Entgelt. Bestimmte lohnsteuerpflichtige Entgeltbestandteile sind kein zusatzversorgungspflichtiges Entgelt (§ 62 Abs. 2 MS, Ausführungsbestimmungen zu § 64 Abs. 4 VBLS, Anlage 3 zum ATV/ATV-K). Dies sind bspw.: ■ vermögenswirksame Leistungen, ■ einmalige Zahlungen (z.B. Zuwendungen, Urlaubsabgeltungen), die aus Anlass der Beendigung, des Eintritts des Ruhens oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden, ■ Krankengeldzuschüsse (während des Zeitraums, für den Anspruch auf Krankengeldzuschuss besteht ist jedoch nach § 21 TVöD ein fiktives Entgelt als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt zu melden), ■ Aufwandsentschädigungen; reisekostenähnliche Entschädigungen; Entschädigungen aus Nebentätigkeiten; Tantiemen, Provisionen, Abschlussprämien und entsprechende Leistungen; einmalige und sonstige nicht laufend monatlich gezahlte über- und außertarifliche Leistungen, ■ Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit.

_____ 186 Siehe Rn. 218–221.

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295 Das zusatzversorgungspflichtige Entgelt ist der Höhe nach begrenzt. Kein zusatz-

versorgungspflichtiges Entgelt ist der Teil des steuerpflichtigen Arbeitslohns, der den 2,5-fachen Wert der monatlichen BBG in der gesetzlichen Rentenversicherung (West bzw. Ost) übersteigt (§ 62 Abs. 2 S. 3 MS, Abs. 2 der Ausführungsbestimmungen zu § 64 Abs. 4 VBLS, Satz 2 der Anlage 3 zum ATV/ATV-K). Bei diesem Höchstbetrag handelt es sich um eine monatliche Grenze, d.h. es ist jeder Monat getrennt zu prüfen. Ein Ausgleich über eine Monatsgrenze ist nicht möglich. Bekommt ein Beschäftigter nur eine Teilvergütung, weil bspw. sein Arbeitsverhältnis zur Monatsmitte beginnt/endet, dann ist die Höchstgrenze anteilig zu reduzieren. Sofern ein Beschäftigter eine zusatzversorgungspflichtige Jahressonderzahlung erhält, verdoppelt sich einmal jährlich der Grenzbetrag im Monat der Jahressonderzahlung. Hinsichtlich der zeitlichen Zuordnung des steuerpflichtigen zusatzversorgun296 gspflichtigen Entgelts gilt das steuerrechtliche Zuflussprinzip (§ 11 EStG). Maßgebend ist also der Zeitpunkt zu dem das Entgelt dem Beschäftigten zugeflossen ist. Nicht entscheidend ist der Zeitraum, für den das Entgelt gezahlt worden ist (sozialversicherungsrechtliches Für-Prinzip). Unerheblich ist insoweit auch der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber der Kasse die entsprechenden Umlagen und Beiträge zahlt.

c) Meldeverfahren 297 Damit die Zusatzversorgungskassen die Anrechte der Beschäftigten verwalten kön-

nen, sind die Arbeitgeber verpflichtet, die Daten entsprechend dem von der Zusatzversorgungskasse festgelegten Meldeverfahren zu übermitteln. Der Arbeitgeber muss seine Beschäftigten bei Beginn/Ende der Versicherungspflicht nicht nur an-/abmelden, er muss auch jährlich die zusatzversorgungspflichtigen Entgelte melden (Jahresmeldung). Aus diesen Jahresmeldungen ermittelt die Zusatzversorgungskasse die jeweiligen Versorgungspunkte für die Versicherten und errechnet aus diesen Daten zugleich die Höhe der Aufwendungen (Umlagen/ Beiträge),die der Arbeitgeber an die Zusatzversorgungskasse zur Finanzierung der Anrechte zahlen muss. Der Meldeverfahren erfolgt überwiegend im Rahmen eines automatisierten Datenaustauschs. Damit die Meldungen für die gesamte Zusatzversorgung einheitlich erfolgen, haben die Zusatzversorgungskassen einheitliche Meldevorschriften festgelegt (Allgemeine Richtlinien der Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen und kirchlichen Dienstes für ein einheitliches Verfahren der automatisierten Datenübermittlung (DATÜV-ZVE)). Diese Standardisierung erleichtert nicht nur den Arbeitgebern die Meldungen, zumal viele Arbeitgeber, die Mitglied bei unterschiedlichen Zusatzversorgungskassen sind, auch gemeinsame Rechenzentren nutzen. Ein weiterer Vorteil ist, dass bei einem Arbeitsplatzwechsel zu einem Arbeitgeber, der Mitglied bei einer anderen Zusatzversor-

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gungskasse ist, das bisherige Anrecht auf die neue Kasse übertragen werden kann.187

VI. Überleitung Die Überleitung von Anwartschaften innerhalb der Zusatzversorgung hat eine sehr lange Tradition. Die Überleitung dient einem wesentlichen Ziel der Tarifvertragsparteien, dass der Wechsel des Arbeitsplatzes innerhalb des öffentlichen Dienstes ohne Nachteile in der Zusatzversorgung möglich ist. Wechselt der Arbeitnehmer zu einem Arbeitgeber, der Mitglied der gleichen Kasse ist, hat dieser Wechsel keine Auswirkungen auf die Höhe seiner bisherigen Zusatzversorgung. Die bisherigen Versorgungspunkte bleiben vollständig auf dem Versorgungskonto erhalten und werden um die Versorgungspunkte aus dem neuen Arbeitsverhältnis erhöht. Im Leistungsfall bekommt er eine Betriebsrente aus dem gesamten Beschäftigungszeitraum (§ 17 S. 3 MS). Wechselt der Arbeitnehmer zu einem Arbeitgeber, der Mitglied bei einer anderen Zusatzversorgungskasse ist, wird zwischen den Kassen sichergestellt, dass auch solche Wechsel ohne Nachteile in der Zusatzversorgung durchgeführt werden können. Anders als nach § 4 BetrAVG188 werden nicht nur unverfallbare Anwartschaften übergeleitet. Die Überleitung zwischen den Zusatzversorgungskassen erfolgen auch bei gesetzlich verfallbaren Anwartschaften und auch dann wenn die satzungsrechtliche Wartezeit nicht erfüllt ist. Unterstützend verpflichten die Tarifvertragsparteien auf der arbeitsrechtlichen Ebene in § 4 ATV/ATV-K den Beschäftigten zur Beantragung der Überleitung. Die beiden innerhalb der Zusatzversorgung bestehenden Überleitungsabkommen sehen für Anwartschaften aus der Pflichtversicherung folgende Verfahren zum nachteilsfreien Kassenwechsel vor: ■ Bei einer Überleitung wird die bisher erworbene Anwartschaft aus der Pflichtversicherung mit dem gesamten Versicherungsverlauf und den erworbenen Versorgungspunkten auf die neue Kasse übertragen. Bei der neuen Kasse werden also sowohl die bisherigen Zeiten so gestellt, als wenn sie bei der neuen Kasse erworben wurden, als auch werden die Versorgungspunkte unverändert von der neuen Kasse übernommen. Zum finanziellen Ausgleich erhält die neue Kasse von der bisherigen Kasse einen Barwertausgleich. Dieses Verfahren der Überleitung ist der Regelfall bei Wechseln zwischen Zusatzversorgungskassen, die Mitglied der AKA sind.

_____ 187 Siehe Rn. 298–304. 188 Siehe Kap. 9 Rn. 449 ff.

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Des Weiteren gibt es noch für die Pflichtversicherung das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung. Bei diesem Verfahren bleibt das aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses beim alten Arbeitgeber erworbene Anrecht bei der bisherigen Kasse bestehen. Die Anrechte aufgrund des neuen Beschäftigungsverhältnisses werden bei der anderen Kasse erworben. Im Leistungsfall erhält der Beschäftigte also zwei getrennte Betriebsrenten von den beiden Kassen. Damit trotz der Trennung sichergestellt wird, dass der Beschäftigte keinen Nachteil hat, wird über ein Meldeverfahren sichergestellt, dass die bei der einen Kasse erworbenen Zeiten bei der anderen Kasse (und umgekehrt) für die Wartezeit und bei einer eventuellen Bonuspunktvergabe berücksichtigt werden. Im Leistungsfall wird zudem sichergestellt, dass insbesondere bei der Einkommensanrechnung das Einkommen nicht getrennt jeweils bei beiden Kassen, also doppelt berücksichtigt wird. Dieses Verfahren findet vor allem im Verhältnis zur VBL Anwendung. Es wird aber auch innerhalb der Mitgliederkassen verwendet, wenn bei der bisherigen Kasse riestergeförderte Anrechte erworben wurden und die neue Kasse in der Pflichtversicherung keine Riesterförderung anbietet.

302 Die beiden beschriebenen Verfahren gelten nur für den Arbeitsplatzwechsel des

Beschäftigten, sie gelten nicht für die Fälle, bei den der Arbeitgeber Mitglied einer anderen Kasse wird. Dies ist als eigenverantwortliche unternehmerische Entscheidung nicht von den entsprechenden Vorschriften in § 28 MS und § 32 VBLS erfasst. Auf Wunsch der Versicherten können auch die erworbenen Anrechte aus der 303 freiwilligen Versicherung übertragen werden. Hier wird aber nicht das bisher erworbene Anrecht im Wege einer Schuldübernahme übertragen, sondern die bisherige Kasse errechnet den Barwert für dieses Anrecht und dieser Barwert wird dann bei der neuen Kasse in eine neue freiwillige Versicherung übertragen, indem die Kasse anhand ihrer Kriterien aus dem Barwert Versorgungspunkte errechnet. 3 Praxistipp Es ist dringend zu empfehlen, sich vor der Durchführung einer Übertragung von Anrechten zu erkundigen, welches Anrecht nach der Übertragung bei der neuen Kasse entsteht. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Vertrag übertragen werden soll, der eine höhere garantierte Leistung hat als bei der neuen Kasse. 304 Zur Umsetzung der Überleitung haben die Kassen ein Meldeverfahren vereinbart

(DATÜV-Überleitung), das sich sehr stark an den Meldungen orientiert, die die Arbeitgeber an die Zusatzversorgungskassen erstellen. Soweit der Beschäftigte zu einem Arbeitgeber außerhalb des öffentlichen 305 und kirchlichen Dienstes wechselt, ist zu beachten, dass der in § 4 BetrAVG geregelte Anspruch auf Portabilität nach § 18 Abs. 1 BetrAVG nicht für Anrechte gilt, die

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ganz oder teilweise umlagefinanziert sind.189 Für Anrechte im Umlage- oder im Mischfinanzierungsverfahren erfolgt dementsprechend keine Übertragung außerhalb des Kreises der Zusatzversorgung.

VII. § 18 BetrAVG Nach § 18 Abs. 1 BetrAVG gelten für Versicherte bei einer öffentlichen oder kirchlichen Zusatzversorgungskasse die Regelungen der §§ 2, 2a Abs. 1, 3, 4, sowie der §§ 5, 16, 27 und 28 BetrAVG grundsätzlich nicht. § 4 BetrAVG gilt nicht für ganz oder teilweise umlagefinanzierte Anrechte. Damit fixiert der Gesetzgeber zwar abweichende Regelungen für den öffentlichen Dienst. Diese Sonderregelung geht aber nicht über den durch § 19 Abs. 1 BetrAVG auch den Tarifvertragsparteien der Privatwirtschaft eröffneten Gestaltungsspielraum hinaus. Arbeitnehmer, die bei einer Zusatzversorgungskasse versichert sind und die die gesetzlichen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen des § 1b BetrAVG erfüllen, haben einen gesetzlich unverfallbaren Anspruch dem Grunde nach. Die Unverfallbarkeitskriterien sind also insoweit identisch mit denen der Privatwirtschaft. Anders als für die Privatwirtschaft in § 2 BetrAVG geregelt, richtet sich dieser Anspruch aber nicht gegen den Arbeitgeber sondern nur gegen die Zusatzversorgungskasse. Bei der Berechnung der Höhe der gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft wird zwischen Anrechten aus dem Gesamtversorgungssystem und Anrechten aus dem Punktemodell differenziert. Für Anrechte aus dem Gesamtversorgungssystem wird für Arbeitnehmer, bei denen der Versorgungsfall vor dem 2.1.2002 eingetreten ist, die Höhe der gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft nach den spezifischen Berechnungsvorgaben des § 18 Abs. 2 BetrAVG berechnet. Dies gilt nach § 30d Abs. 2a BetrAVG entsprechend auch für Anrechte, die vor dem Systemwechsel in der Zusatzversorgung unverfallbar geworden sind, bei denen der Versicherte aber erst nach dem Systemwechsel in Rente geht. Für Anrechte aus dem Punktemodell richtet sich die Höhe der gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft gemäß § 18 Abs. 2a BetrAVG nach der Versorgungsregelung der jeweiligen Zusatzversorgungseinrichtung, also danach wie viele Versorgungspunkte der Arbeitnehmer in der Pflichtversicherung und/oder der freiwilligen Versicherung erworben hat. Diese Regelung entspricht von den Rechtsfolgen her den allgemeinen Regelungen zur sog. versicherungsvertraglichen Lösung nach § 2 Abs. 3 S. 2 BetrAVG bzw. den Regelungen in § 2 Abs. 5 BetrAVG.190 Vergleichbare Regelungen wären den Tarifvertragsparteien in der Privatwirtschaft über § 19 Abs. 1 BetrAVG möglich.

_____ 189 Siehe Rn. 280–285, 288. 190 Siehe Kap. 8 Rn. 67 f., 69 ff.

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VIII. Versorgungsausgleich 310 Die Zusatzversorgung war bereits vor der Reform des Eheversorgungsausgleichs im

Jahr 2009 enger als der überwiegende Teil der bAV in die Prozesse des Eheversorgungsausgleichs eingebunden. Die Anrechte aus der Zusatzversorgung unterlagen nicht nur dem schuldrechtlichen Ausgleich, sondern dem öffentlich-rechtlichen Ausgleich in Form des sog. analogen Quasisplittings. Danach hat die ausgleichsberechtigte Person zum Ausgleich von Anrechten aus der Zusatzversorgung zusätzliche Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Für diese Leistungen konnten die gesetzlichen Rentenversicherungsträger von den Zusatzversorgungskassen einen finanziellen Ausgleich fordern. Die Zusatzversorgungskassen haben im Gegenzug die Anrechte der ausgleichspflichtigen Person gekürzt. Mit der Reform des Versorgungsausgleichs zum 1.9.2009 standen die Zusatzver311 sorgungskassen vor der Wahl einer Durchführung in Form einer internen oder einer externen Teilung.191 Sie haben sich für die Durchführung in Form der internen Teilung entschieden, da dies die vom Gesetzgeber bevorzugte Ausgleichsform ist und sie – anders als eine externe Teilung – auch bei höherwertigen Anrechten in einem einheitlichen Verfahren durchgeführt werden kann. Die Einzelheiten zum Versorgungsausgleich haben die Zusatzversorgungskas312 sen in ihren Satzungen geregelt (§ 44 MS, § 32a VBLS). Die Teilung erfolgt in Form von Versorgungspunkten (Ausgleichswert nach § 5 Abs. 1 VersAusglG). Der Ausgleichswert wird ermittelt: ■ indem der hälftige Ehezeitanteil der Anrechte der ausgleichspflichtigen Person anhand seiner versicherungsmathematischen Barwertfaktoren in einen Kapitalwert umgerechnet wird, ■ von diesem Kapitalwert werden die hälftigen Teilungskosten abgezogen und ■ dann anhand der versicherungsmathematischen Barwertfaktoren der ausgleichsberechtigten Person in Versorgungspunkte umgerechnet. 313 Der ausgleichsberechtigten Person wird der vom Gericht festgesetzte Ausgleichs-

wert als eigenständiges Anrecht in Versorgungspunkten gutgeschrieben. Das Anrecht der ausgleichspflichtigen Person wird um die Versorgungspunkte gekürzt, die sich errechnen, indem der vom Gericht festgesetzte Ausgleichswert anhand der oben beschriebenen Methode mit den Barwertumrechnungen zurückgerechnet wird.

_____ 191 Siehe dazu Kap. 11 Rn. 71 ff., 84 ff.

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IX. Steuer und Sozialversicherung 1. Steuerrechtliche Behandlung von Aufwendungen zur Zusatzversorgung Für die Aufwendungen zur Pflichtversicherungen gibt es folgende steuerliche Op- 314 tionen: ■ Umlagezahlungen ■ Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 56 EStG ■ Pauschalversteuerung nach § 40b EStG ■ individuelle Besteuerung nach § 19 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 EStG ■ Pflichtbeiträge, Zusatzbeiträge und Beiträge zur freiwilligen Versicherung ■ Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 EStG ■ Riesterförderung nach §§ 10a, 79 ff. EStG ■ Förderung für arbeitgeberfinanzierte bAV für geringfügig Beschäftigte nach § 100 EStG ■ individuelle Besteuerung nach § 19 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 EStG ■ Sanierungsgeld ■ Steuerfreiheit nach § 19 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Buchst. d i. V m. S. 4 EStG

Abbildung 3: Steuerliche Optionen

a) Steuerfreie Umlage § 3 Nr. 56 EStG Bei Umlagezahlungen an eine Zusatzversorgungskasse ist vorrangig zu prüfen, ob 315 die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 56 EStG erfüllt werden. Die Regelung setzt voraus, dass die Zahlung aus einem ersten Dienstverhältnis erfolgt. Der Höhe nach ist die Steuerfreiheit für Zahlungen bis zum 31.12.2019 auf 2% der allgemeinen BBG in der gesetzlichen Rentenversicherung beschränkt. Danach wird dieser Wert auf 3% angehoben (im Jahr 2020 sind 2.484 € jährlich steuerfrei) und beträgt ab dem 1.1.2025 schließlich 4%. Nach § 3 Nr. 56 S. 3 EStG sind diese Beträge jeweils um die steuerfreien Beiträge nach § 3 Nr. 63 EStG zu mindern.

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5 Beispiel Für einen Beschäftigten werden im Jahr 2020 steuerfreie Beiträge nach § 3 Nr. 63 EStG in Höhe von 1.000 € gezahlt. Für die steuerfreie Umlage nach § 3 Nr. 56 EStG bleiben dann nur noch 1.484 € übrig, da von den maximal möglichen 2% BBG = 2.484 € steuerfreien Beiträge in Höhe von 1.000 € abzuziehen sind (§ 3 Nr. 56 S. 3 EStG). 316 Mit dieser Anrechnungsvorschrift werden Umlagezahlungen – im Vergleich zum

steuerfreien Dotierungsrahmen des § 3 Nr. 63 EStG mit 8% der BBG in der gesetzlichen Rentenversicherung192 ohnehin deutlich geringeren Höchstbetrag – nochmals benachteiligt. Zur Vermeidung einer „doppelten“ Förderung wäre es angemessen gewesen, wenn die Förderung nach § 3 Nr. 56 EStG insoweit auf den noch verfügbaren Rahmen des § 3 Nr. 63 EStG begrenzt worden wäre. Zusatzversorgungskassen mit einem mischfinanzierten Abrechnungsverband193 317 und solche mit einem umlage-/mischfinanzierten Abrechnungsverband I und einem im Kapitaldeckungsverfahren finanzierten Abrechnungsverband II müssen zur Anwendung des § 3 Nr. 56 EStG die beiden Vermögensmassen getrennt verwalten und abrechnen (Trennungsprinzip194).

b) Pauschalversteuerung nach § 40b EStG 318 Anders als für Beiträge in ein Kapitaldeckungsverfahren kann bei Umlagezahlun-

gen auch in Neufällen vom Arbeitgeber eine Pauschalversteuerung nach § 40b EStG für Umlagen in Höhe von jährlich bis zu 1.752 € gewählt werden.195 Der Pauschalsteuersatz beträgt 20% zuzüglich pauschalem Solidaritätszuschlag und ggf. pauschaler Kirchensteuer. Ein tarifgebundener Arbeitgeber muss nach § 16 Abs. 2 ATV-K die an eine Zu319 satzversorgungskasse gezahlte Umlage bis zu einem Betrag von monatlich 89,48 € pauschal versteuern. Für den Versichertenbereich der VBL beträgt die Grenze im Abrechnungsverband West 92,03 € und im Abrechnungsverband Ost 89,48 € (§ 16 Abs. 2 ATV). Nicht tarifgebundene Arbeitgeber können den Jahresgrenzbetrag des § 40b EStG von 1.752 € voll ausschöpfen und auch noch das sog. Durchschnittsberechnungsverfahren anwenden.

_____ 192 Siehe Kap. 2 Rn. 130 ff. 193 Siehe dazu Rn. 288. 194 Vgl. BMF-Schreiben vom 6.12.2017 – IV C 5 – S 2333/17/10002 – Rn. 25 und 78. 195 Zur Pauschalversteuerung nach § 40b EStG generell siehe Kap. 2 Rn. 146 ff.

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c) Sanierungsgeld Steuerrechtlich werden Sanierungsgelder196 in § 19 Abs. 1 S. 4 EStG definiert und in- 320 soweit nach § 19 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d EStG steuerfrei gestellt. Die Steuerfreiheit der Sanierungsgelder ist vergleichbar mit den steuerrechtlichen Optionen bei Sanierungsklauseln für im Kapitaldeckungsverfahren finanzierte Systeme nach in § 19 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EStG. In beiden Fällen fehlt es an einem geldwerten Vorteil beim Arbeitnehmer.197

d) Steuerfreie Beiträge nach § 3 Nr. 63 EStG Soweit an eine Zusatzversorgungskasse Beiträge für im Kapitaldeckungsverfahren198 321 finanzierte Leistungen gezahlt werden, sind diese unter den allgemein geltenden Voraussetzungen des § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei.199 Zur Anwendung der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 EStG müssen die Zusatzversorgungskassen das Trennungsprinzip200 beachten. In der Zusatzversorgung kann die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 EStG in der 322 Pflichtversicherung für mischfinanzierte Anrechte hinsichtlich des Zusatzbeitrags und für den Pflichtbeitrag für Anrechte im Kapitaldeckungsverfahren genutzt werden. Auch Beiträge zur freiwilligen Versicherung sind im Rahmen des § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei.

e) bAV-Förderbeitrag nach § 100 EStG Für arbeitgeberfinanzierte Beiträge von im Kapitaldeckungsverfahren finanzierten 323 Anrechten201 von Beschäftigte mit einem geringen Einkommen kann der Arbeitgeber auch in der Zusatzversorgung den Förderbeitrag nach § 100 EStG202 nutzen. Im Gegensatz zur steuerlichen Förderung nach § 3 Nr. 63 EStG ist zu beachten, dass der Förderbeitrag nach § 100 EStG nur für arbeitgeberfinanzierte Leistungen in Betracht kommt. Er kann also nicht für arbeitnehmerfinanzierte Leistungen, wie z.B. im Rahmen der Entgeltumwandlung oder der Arbeitnehmereigenbeteiligung an der Pflichtversicherung genutzt werden.

_____ 196 Siehe dazu Rn. 284. 197 BFH, Urt. v. 14.9.2005 – VI R 32/04 – DB 2005, 2445. 198 Siehe dazu Rn. 286 f. 199 Siehe dazu Kap. 2 Rn. 130 ff. 200 Siehe dazu Rn. 317. 201 Siehe dazu Rn. 289 f. 202 Zu den Details siehe Kap. 2 Rn. 113 ff.

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f) Riesterförderung 324 Beiträge für Anrechte, die im Kapitaldeckungsverfahren finanziert werden, sind

entsprechend den allgemeinen Voraussetzungen auch in der Zusatzversorgung grundsätzlich riesterförderfähig.203 In der Pflichtversicherung hat sich eine Reihe von Zusatzversorgungskassen im Rahmen ihrer freien unternehmerischen Entscheidungshoheit dagegen entschieden, als Anbieter einer Riester-Förderung aufzutreten. Im Rahmen der freiwilligen Versicherung kann aber auch bei diesen Kassen die Riesterförderung genutzt werden.

2. Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Aufwendungen zur Zusatzversorgung 325 Für Zusatzbeiträge, Pflichtbeiträge oder Beiträge zur freiwilligen Versicherung, die nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei sind oder für die der bAV-Förderbeitrag nach § 100 EStG genutzt wurde, sind nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 SvEV bis zu 4% der BBG sozialversicherungsfrei. Individuell besteuerte Beiträge inkl. der riestergeförderten Beiträge sind dagegen sozialversicherungspflichtig. Sanierungsgelder204 sind nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 12 SvEV sozialversicherungs326 frei. Nach § 3 Nr. 56 EStG steuerfreie Umlagen und Umlagen, die nach § 40b EStG 327 pauschal versteuert wurden, sind dem sozialversicherungsrechtlichen Entgelt nicht hinzuzurechnen (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4a SvEV). Allerdings sind steuerfreie und pauschal versteuerte Beiträge bis zu einem Betrag von 100 € mit dem sog. Hinzurechnungsbetrag zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 1 S. 3 SvEV). Hierzu wird die Umlage mit 2,5% multipliziert und dann um monatlich 13,30 € vermindert. Steuerfreie und pauschalversteuerte Umlagen, die über 100 € hinausgehen, sind mit dem übersteigenden Betrag zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 1 S. 4 SvEV). Individuell versteuerte Umlagen sind sozialversicherungspflichtig.

3. Steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Leistungen der Zusatzversorgungskassen 328 Der vollen Besteuerung nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG unterliegen die Leistungen aus der Zusatzversorgung, die auf Umlagen bzw. Beiträgen beruhen, die ■ nach § 3 Nr. 56 oder Nr. 63 EStG steuerfrei waren, ■ nach § 10a oder Abschnitt VI EStG riestergefördert wurden oder ■ der steuerlichen Förderung über einen Förderbeitrag nach § 100 EStG unterlagen.

_____ 203 Siehe dazu grundsätzlich Kap. 2 Rn. 153 ff. 204 Siehe dazu Rn. 284 u. 320.

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Die übrigen Leistungen aus der Zusatzversorgung, also die auf individuell besteuer- 329 ten (nicht geförderten) oder pauschal versteuerten Umlagen bzw. Beiträgen beruhen, sind nach § 22 Nr. 5 S. 2 EStG mit dem sog. Ertragsanteil zu versteuern. Sofern der Rentner Mitglied der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversiche- 330 rung ist, sind die Leistungen aus der Zusatzversorgung grundsätzlich beitragspflichtig (§ 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V).205 Dies gilt sowohl dann, wenn der Rentner in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung versicherungspflichtig ist, als auch, wenn er dort freiwilliges Mitglied ist. Ab dem 1.1.2018 sind in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung die Leistungen von der Beitragspflicht ausgenommen, die aus einer „riestergeförderten“ bAV resultieren.206 In der Zusatzversorgung sind von daher beitragsfrei, Leistungen aus Riester-Verträgen im Rahmen der freiwilligen Versicherung. Gleiches kann für kapitalgedeckt finanzierte Leistungen aus der Pflichtversicherung gelten, wenn die Zusatzversorgungskasse in der Pflichtversicherung eine Riesterförderung angeboten hat und die Riesterförderung auch vom Versicherten gewählt wurde. Ab dem 1.1.2019 sind nach 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V auch Leistungen beitragsfrei, die der Versicherte nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses als alleiniger Versicherungsnehmer aus nicht durch den Arbeitgeber finanzierten Beiträgen erworben hat.207 In der Pflichtversicherung können diese Voraussetzungen aufgrund der zeitweise im Gesamtversorgungsrecht eröffneten Möglichkeit einer freiwilligen Weiterversicherung der Pflichtversicherung vorliegen. Zudem gibt es in der freiwilligen Versicherung die Versicherung fortzuführen und damit die Voraussetzungen für die Beitragsfreiheit zu erfüllen.

X. Mitgliedschaft von Arbeitgebern in der Zusatzversorgungskasse Die Mitgliedschaft208 ist das Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der 331 Zusatzversorgungskasse. Es handelt sich um einen Gruppenversicherungsvertrag209 auf der versicherungsrechtlichen Ebene. Anders als das Leistungsrecht unterliegt das Mitgliedschaftsrecht der Satzungsautonomie der Zusatzversorgungskassen, wird also nicht durch Tarifrecht vorgegeben. Deshalb gibt es zwischen den Zusatzversorgungskassen auch gewisse Unterschiede bei den Voraussetzungen und der inhaltlichen Ausgestaltung des Mitgliedschaftsverhältnisses.

_____ 205 Siehe dazu grundsätzlich Kap. 3 Rn. 37 ff. 206 Kap. 3 Rn. 49 ff. 207 Kap. 3 Rn. 74. 208 Bei einigen Zusatzversorgungskassen wird das Mitgliedschaftsverhältnis als Beteiligungsverhältnis bezeichnet. Aus Gründen der Vereinfachung wird im folgenden Text nur der Begriff Mitgliedschaft verwendet. 209 Siehe dazu Kap. 6 Rn. 311 ff.

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Das Mitgliedschaftsverhältnis ist regelmäßig privatrechtlich ausgestaltet. Lediglich beim Kommunalen Versorgungsverband Brandenburg ist die Mitgliedschaft öffentlich-rechtlich ausgestaltet.

1. Zuständigkeiten der einzelnen Zusatzversorgungskassen 333 Die Zusatzversorgung des öffentlichen und kirchlichen Dienstes wird von 23 Zu-

satzversorgungskassen betreut. Anhand der Zuständigkeiten der einzelnen Zusatzversorgungskassen kann der Arbeitgeber erkennen, bei welcher Zusatzversorgungskasse er Mitglied werden kann. Die größte Zusatzversorgungseinrichtung, die Versorgungsanstalt des Bun334 des und der Länder (VBL) betreut die bAV der Arbeitnehmer des Bundes und der meisten Bundesländer. Aus historischen Gründen werden die Arbeitnehmer des Saarlandes nicht von der VBL, sondern von der Ruhegehalts- und Zusatzversorgungskasse des Saarlandes betreut. Ferner wird die Zusatzversorgung für die Arbeitnehmer der Freien und Hansestadt Hamburg, der Arbeiter der Freien Hansestadt Bremen und des (geschlossenen) Versichertenbestandes Berlins in Eigenregie dieser Bundesländer durchgeführt. Demgegenüber führt die VBL die Zusatzversorgung in Schleswig-Holstein, Niedersachsen (mit Ausnahme der Stadt Hannover) und teilweise in Nordrhein-Westfalen auch für die kommunalen Arbeitgeber durch. Die VBL verwaltet für insgesamt ca. 5.300 Arbeitgeber die Zusatzversorgung von ca. 4,5 Mio. Arbeitnehmern, wovon ca. 1,9 Mio. Versicherte eine Pflichtversicherung aus einem derzeit aktiven Beschäftigungsverhältnis bei der VBL haben. Von der VBL erhalten ca. 1,3 Mio. ehemalige Versicherte eine Betriebsrente. Die Arbeitnehmer kommunaler Arbeitgeber sind in der Regel bei einer der 16 335 kommunalen Zusatzversorgungskassen versichert. Die Zuständigkeit der kommunalen Zusatzversorgungskassen erstreckt sich zum Teil auf das Gebiet eines Bundeslandes. Bei einigen Zusatzversorgungskassen beschränkt sich die Zuständigkeit aus historischen Gründen auf Teile eines Bundeslandes bzw. auch auf mehrere Bundesländer. Es gibt auch Zusatzversorgungskassen, die sich auf das Gebiet einer Stadt beschränken. Die Arbeitnehmer des kirchlichen Dienstes werden von einer der drei evangelischen bzw. bei einer katholischen Zusatzversorgungskasse betreut, soweit sie nicht bei einer der oben genannten Kassen versichert sind. Es gibt zudem zwei Zusatzversorgungseinrichtungen für Sparkassenangestellte. Die kommunalen und kirchlichen Zusatzversorgungskassen haben sich in der AKA (Arbeitsgemeinschaft kommunale und kirchliche Altersversorgung) e.V. zusammengeschlossen. Die Zusatzversorgungskassen der AKA betreuen für ca. 40.000 Arbeitgeber die Zusatzversorgung von ca. 7,5 Mio. Beschäftigten, davon 3,6 Mio. Beschäftigte mit einem aktiven Pflichtversicherungsverhältnis. Sie zahlen an ca. 1,5 Mio. ehemalige Versicherte eine Betriebsrente. Für die Beschäftigten der Deutschen Bahn AG führt die Knappschaft-Bahn-See 336 (KBS) die bAV durch. Der geschlossene Bestand der Nachfolgeunternehmen der Mühlstädt

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Deutschen Bundespost wird von der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost (VAP) betreut.

2. Begründung der Mitgliedschaft in der Zusatzversorgungskasse Die Mitgliedschaft bei einer Zusatzversorgungskasse können nur Arbeitgeber und nicht die Beschäftigten erwerben. Die Satzungen regeln, welche Arbeitgeber Mitglied der jeweiligen Zusatzversorgungskasse werden können (§ 11 MS, § 19 Abs. 2 VBLS). Da die Zusatzversorgung ein tarifvertraglich vorgegebenes Leistungsrecht ist, können Mitglieder, der jeweils für die Zusatzversorgungskasse zuständigen Tarifvertragsparteien auf Arbeitgeberseite bzw. deren Arbeitgeberverbände (Bund, Länder und Mitglieder der Kommunalen Arbeitgeberverbände), die Mitgliedschaft bei der Zusatzversorgungskasse erwerben. Neben den Mitgliedern der Arbeitgeberverbände steht die Mitgliedschaft bei einer Zusatzversorgungskasse auch sonstigen Arbeitgebern, die als juristische Personen des öffentlichen Rechts organisiert sind, offen. Dies sind im kommunalen Bereich insbesondere Gemeinden, Gemeindeverbände, sonstige Gebietskörperschaften, Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts und im kirchlichen Bereich die verfasste Kirche, die diakonischen Werke und karitative Einrichtungen. Ferner können auch privatrechtlich organisierte Arbeitgeber Mitglied werden, sofern sie unter den Geltungsbereich des ATV/ATV-K fallen. Darüber hinaus können privatrechtlich organisierte Arbeitgeber gegen Insolvenzsicherung (z.B. Bürgschaft) Mitglied werden, die überwiegend öffentliche Aufgaben erfüllen oder gemeinnützige Arbeitgeber, bei denen eine juristische Person des öffentlichen Rechts einen maßgeblichen Einfluss ausübt.210 Da die Zusatzversorgung ein tarifvertraglich vorgegebenes Leistungsrecht umsetzt, sind die Mitglieder verpflichtet, dieses Leistungsrecht arbeitsrechtlich anzuwenden (§ 11 Abs. 2 MS, § 19 Abs. 2 VBLS). Mit dieser Regelung soll die Einheitlichkeit des Leistungsrechts bei allen Kassenmitgliedern sichergestellt werden. Die Zusatzversorgungskassen bieten nur Leistungen in dem Rahmen an, der ihnen von den Tarifvertragsparteien eröffnet wurde. In § 19 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 VBLS stellt die VBL im Vergleich zu § 11 Abs. 2 MS nicht nur darauf ab, dass das tarifvertragliche Leistungsrecht, sondern umfassender darauf, dass das Tarifrecht insgesamt angewendet wird und nicht nur die tarifvertraglichen Regelungen zur bAV.

_____ 210 Bei der VBL müssen diese Arbeitgeber zudem mindestens 20 versicherungspflichtige Beschäftigte haben.

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Kapitel 13 bAV für besondere Personengruppen

3. Inhalt der Mitgliedschaft 341 Das Mitgliedschaftsverhältnis ist – wie bereits erwähnt – regelmäßig ein privat-

rechtliches Versicherungsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Kasse (§ 13 Abs. 1 MS, § 20 Abs. 1 VBLS). Ausnahmen gibt es nur beim Kommunalen Versorgungsverband Brandenburg. Bei vielen Zusatzversorgungskassen kann der Arbeitgeber wählen, ob er Mit342 glied in einem umlagefinanzierten Abrechnungsverband werden (Abrechnungsverband I – AV I) oder einem im Kapitaldeckungsverfahren finanzierten Abrechnungsverband (Abrechnungsverband II – AV II) beitreten will.211 Die Leistungen aus diesen Abrechnungsverbänden unterscheiden sich nicht, nur die Art der Finanzierung der Leistungen. Mit der Mitgliedschaft verpflichtet sich der Arbeitgeber – auf der versiche343 rungsrechtlichen Ebene – insbesondere zur Anmeldung seiner versicherungspflichtigen Beschäftigten und zur Abmeldung bei Wegfall der Versicherungspflicht. Der Arbeitgeber ist ferner verpflichtet, der Zusatzversorgungskasse die für die Ermittlung der Anwartschaften der Beschäftigten notwendigen Daten zur Verfügung zu stellen. Zur Finanzierung der Leistungen muss der Arbeitgeber die satzungsmäßigen Umlagen, Beiträge und Sanierungsgelder zahlen.

4. Fortsetzung der Mitgliedschaft 344 Im Laufe des Mitgliedschaftsverhältnisses können beim Mitglied Veränderungen

eintreten, die – wie z.B. eine Privatisierung des Arbeitgebers – zu einem Verlust der Mitgliedsfähigkeit nach § 11 MS, § 19 Abs. 2 VBLS führen und damit eigentlich die Zusatzversorgungskasse nach § 14 MS, § 22 VBLS berechtigen würden, die Mitgliedschaft zu kündigen. Zur Vermeidung dieser Rechtsfolge kann die Kasse mit dem Arbeitgeber aufgrund eigener Entscheidungsfreiheit die Fortsetzung der Mitgliedschaft vereinbaren (§ 12 MS, § 20 Abs. 3 VBLS). Die Zusatzversorgungskassen unterliegen insoweit keinem Kontrahierungszwang. Es gibt zwei unterschiedliche Optionen zur Fortsetzung der Mitgliedschaft: ■ Zum einen kann die Mitgliedschaft unverändert fortgesetzt werden, d.h. der Arbeitgeber meldet – wie bisher – auch alle neuen Beschäftigten bei der Zusatzversorgung zur Pflichtversicherung an. ■ Die zweite Option sieht eine Fortsetzung der Pflichtversicherung nur für den bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens vorhandenen Beschäftigtenkreis vor (Zäsurmodell), die zu einem sog. geschlossenen Bestand führt. Neue Beschäftigte werden nicht mehr versichert. Für Umlageverfahren ist ein geschlossener Bestand von den Auswirkungen durchaus mit einer Kündigung vergleichbar, da der für Umlageverfahren erforderliche Neuzugang fehlt. Deshalb sieht § 12

_____ 211 Siehe dazu Rn. 279.

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B. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes

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Abs. 2 MS bzw. Abs. 2 der Ausführungsbestimmungen zu § 20 Abs. 3 VBLS vor, dass das Mitglied der Zusatzversorgungskasse beim Zäsurmodell einen sog. Abgeltungsbetrag zahlt. Bei Privatisierungen ist zu beachten, dass eine Absicherung des Risikos einer In- 345 solvenz des Arbeitgebers erforderlich ist (z.B. Bürgschaft). Einige Satzungen sehen vor, dass das Mitglied anstelle der normalen satzungsrechtlichen Insolvenzsicherungsmaßnahmen einen Zuschlag von 15% zur Umlage zahlt.

5. Beendigung der Mitgliedschaft in der Zusatzversorgungskasse a) Beendigungsgründe Das Mitgliedschaftsverhältnis kann sowohl vom Arbeitgeber, als auch von der Zu- 346 satzversorgungskasse durch ordentliche Kündigung mit sechsmonatiger Frist zum Jahresende bzw. außerordentliche Kündigung (z.B. bei mehr als dreimonatigem Zahlungsverzug des Arbeitgebers) beendet werden (§ 14 MS, § 22 VBLS). Eine Reihe von Satzungen sehen eine automatische Beendigung der Mitgliedschaft vor, wenn der Arbeitgeber aufgelöst oder in eine andere juristische Person überführt wird. Eine Kündigung ist bspw. zulässig, wenn beim Arbeitgeber die in § 11 MS, § 19 VBLS geregelten Mitgliedschaftsvoraussetzungen entfallen sind oder wenn das Mitglied keinen versicherungspflichtigen Beschäftigten mehr beschäftigt.212

b) Finanzieller Ausgleich beim Ausscheiden Wird die Mitgliedschaft des Arbeitgebers bei der Zusatzversorgungskasse beendet, 347 verbleiben die Verpflichtungen aus den bis dahin erworbenen Anwartschaften und Ansprüche der Beschäftigten des Arbeitgebers bei der Zusatzversorgungskasse. Die Anwartschaften werden dann als beitragsfreie Versicherungen geführt (§ 21 Abs. 1 MS, § 23 VBLS). Für diese bei der Zusatzversorgungskasse verbleibenden Lasten muss der ausgeschiedene Arbeitgeber einen finanziellen Ausgleich entrichten. Der BGH hat die grundsätzliche Zulässigkeit der Forderung eines finanziellen Ausgleichs beim Ausscheiden aus der Zusatzversorgung bestätigt.213 Umlagefinanzierte Zusatzversorgungseinrichtungen sind auf einen dauer- 348 haften Zugang an neuen Pflichtversicherten angewiesen, da sie nur so dauerhaft

_____ 212 Das OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.7. 2012 – 6 U 31/11 – (n.v.) hat die Zulässigkeit einer Kündigung bei Wegfall der versicherungspflichtigen Beschäftigten bestätigt. 213 BGH, Urt. v. 10.10.2012 – IV ZR 10/11 – BGHZ 195, 93 = NZA-RR 2013, 319, siehe dazu auch: Hügelschäffer, Die Neuregelung des Ausgleichsbetrags im kommunalen und kirchlichen Bereich, BetrAV 2013, 310.

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Kapitel 13 bAV für besondere Personengruppen

Umlagezahlungen erhalten. Allerdings erhält die Zusatzversorgungskasse für die bei ihr verbleibenden bis zum Ausscheiden des Mitglieds erworbenen Anrechte der Beschäftigten von dem Mitglied nach dessen Ausscheiden keine Umlage zur Finanzierung mehr. Deswegen muss das ausgeschiedene Mitglied einen finanziellen Ausgleich entrichten. Ihm stehen dabei folgende Optionen zur Verfügung: Es kann einen einmaligen finanziellen Ausgleich zahlen (Ausgleichswert ge349 mäß § 15a MS bzw. Gegenwert gemäß § 23a VBLS). Die Höhe des Einmalausgleichs richtet sich nach dem Barwert der auf der Mitgliedschaft lastenden Verpflichtungen aus der Pflichtversicherung für die Ansprüche der Leistungsbezieher (Rentner) und die für die gesetzlich oder satzungsrechtlich unverfallbaren Anwartschaften der Versicherten. Dieser finanzielle Ausgleich erreicht oftmals erhebliche Größenordnungen, so 350 dass der ausgeschiedene Arbeitgeber mit einer einmaligen Zahlung überfordert wäre. Der Arbeitgeber kann deshalb wählen, ob er statt einer Einmalzahlung ein sog. Erstattungsverfahren wählt und damit die Zahlung zeitlich streckt (§ 15b MS, § 23c VBLS). Das Erstattungsverfahren nach der Mustersatzung sieht über einem vom Arbeitgeber wählbaren Zeitraum von bis zu 20 Jahren vor, dass er der Zusatzversorgungskasse während dieses Zeitraums alle laufenden Aufwendungen erstattet. Darunter fallen die Zahlungen der Kasse an die Rentner. Ferner sind die Aufwendungen der Kasse zu erstatten, die sie bei Überleitungen bei einem Beschäftigungswechsel eines ehemaligen Beschäftigten des Arbeitgebers an eine an eine andere Zusatzversorgungseinrichtung zahlen muss. Wechselt ein ehemaliger Beschäftigter zu einem anderen Mitglied der gleichen Kasse, muss der ausgeschiedene Arbeitgeber der Kasse ebenfalls den Barwert der Anrechte ausgleichen. Am Ende des bis zu zwanzigjährigen Erstattungszeitraums muss der ausgeschiedene Arbeitgeber, für die zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Lasten einen abschließenden Einmalausgleich zahlen. 3 Praxistipp In seiner Entscheidung vom 15.9.2016 hat der BGH214 bestätigt, dass ein auf 20 Jahre begrenztes Erstattungsverfahren mit anschließender Schlusszahlung zulässig ist. Dieser Zeitraum biete dem ausgeschiedenen Mitglied ausreichend Möglichkeiten, Rücklagen für die Schlusszahlung zu bilden. Durch den Erstattungszeitraum verringere sich das Prognoserisiko des Arbeitgebers. Auf der anderen Seite haben die Zusatzversorgungskassen auch nach Ansicht des BGH ein berechtigtes Interesse an einem Ende eines laufenden Erstattungsverfahrens nach 20 Jahren. Die Kassen haben zudem ein berechtigtes Interesse an Insolvenzsicherungsmaßnahmen. 351 Nicht nur im Rahmen des Umlageverfahrens,215 sondern auch bei kapitalgedeckt

finanzierten Kassen bzw. Abrechnungsverbänden216 ist ein finanzieller Ausgleich

_____ 214 BGH, Urt. v. 15.9.2016 – IV ZR 172/15 – BGHZ 211, 350 = NZA-RR 2017, 47. 215 Siehe dazu Rn. 280–285. 216 Siehe dazu Rn. 286.

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B. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes

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zu zahlen (§ 59a bis c MS). Da nach § 60a MS der Pflichtbeitrag für den Abrechnungsverband II auf der Grundlage bester Schätzwerte, d.h. ohne Berücksichtigung zusätzlicher Sicherheiten, berechnet wird, werden während der laufenden Mitgliedschaft von den Mitgliedern keine Beiträge für zusätzliche Sicherheitsreserven erhoben. Mit dem Ausscheiden entzieht sich das Mitglied seiner Verpflichtung, bei Eintritt unvorhergesehener Veränderungen sich an dem Ausgleich der dann entstehenden Unterfinanzierung zu beteiligen. Deswegen muss das Mitglied beim Ausscheiden einen Einmalbetrag in Höhe eines Barwerts zahlen, der die zusätzlichen Sicherheitsreserven enthält. Anstelle einer Einmalzahlung sind auch hier verschiedene Formen einer zeitlichen Streckung möglich. Die Zahlungen beim Ausscheiden aus dem Abrechnungsverband I und Abrech- 352 nungsverband II sind nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG steuerpflichtig und sind nach § 40b Abs. 4 EStG pauschal mit 15% vom Arbeitgeber zu versteuern. Des Weiteren sind sie nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4a SvEV sozialversicherungspflichtig.

XI. Organisatorischer Aufbau der Zusatzversorgungskassen Die Rechtsgrundlagen der Zusatzversorgungskassen ergeben sich im Regelfall aus landesgesetzlichen Errichtungsgesetzen, nach denen sich der organisatorische Gestaltungsspielraum der einzelnen Zusatzversorgungskasse richtet und in denen auch die aufsichtsrechtlichen Aspekte geregelt werden. Einige Zusatzversorgungskassen sind als eigenständige Anstalten oder Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert. Die kommunalen Zusatzversorgungskassen sind regelmäßig ein nicht rechtsfähiges Sondervermögen von kommunalen Beamtenversorgungskassen, die wiederum Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Die laufende Geschäftsführung in den Zusatzversorgungskassen wird durch einen Geschäftsführer, Direktor oder ein Vorstandsgremium wahrgenommen. Die Geschäftsführung wird von einem Verwaltungsrat oder Verwaltungsausschuss kontrolliert. Dieses Kontrollgremium setzt sich aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern zusammen. Zum Teil sind die Gremien paritätisch besetzt. Eine wichtige Rolle nimmt auch der Verantwortliche Aktuar der Zusatzversorgungskasse war (§ 7 MS, § 15 VBLS). Insbesondere überprüft er jährlich die Finanzlage der Zusatzversorgungskasse daraufhin, ob die dauernde Erfüllbarkeit der Verpflichtungen gewährleistet ist. Ferner prüft er, ob Überschüsse vorliegen und macht dem Verwaltungsrat Vorschläge zur Überschussverwendung. Obwohl eine gewisse Nähe zwischen den Tarifvertragsparteien und den Zusatzversorgungskassen besteht, sind die Zusatzversorgungskassen keine Gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien i. S. v. § 4 Abs. 2 TVG. Dies würde voraussetzen, dass im Tarifvertrag unmittelbar geltende Regelungen für die Zusatzversorgungskasse enthalten wären bzw. auch unmittelbare Rechte der Zusatzversorgungskasse gegen die Arbeitsvertragsparteien begründet wären. Derartige RechtsanMühlstädt

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Kapitel 13 bAV für besondere Personengruppen

sprüche bestehen jedoch nicht. Die Versicherung des Arbeitnehmers erfolgt nur nach Maßgabe der Satzung und auch das Mitgliedschaftsverhältnis des Arbeitgebers zur Zusatzversorgungskasse erfolgt ebenfalls nur auf der Grundlage der Satzung.

XII. Aufsichtsrecht 357 Das Versicherungsaufsichtsrecht gilt nach § 1 Abs. 3 VAG für die Zusatzversor-

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gungskassen nur eingeschränkt. Für die Zusatzversorgungskassen gelten nur § 12 Abs. 1, die §§ 13, 37 Abs. 1, § 38 Abs. 1, die §§ 39, 47 Nummer 12 sowie die §§ 294 bis 298, 300, 302, 305 bis 307, §§ 310 bis 312 und 314 VAG. Zudem kann nach § 1 Abs. 3 S. 2 VAG das Landesrecht für die nach Landesrecht errichteten und der Landesaufsicht unterliegenden Zusatzversorgungskassen Abweichendes bestimmen. Für die freiwillige Versicherung ergeben sich aus § 2 VAG folgende Vorgaben: Für die freiwillige Versicherung ist ein separater Abrechnungsverband einzurichten, auf den die Vorschriften des VAG für Pensionskassen entsprechend anzuwenden sind.217 Der Landesgesetzgeber kann auch insoweit für die in seinen Zuständigkeitsbereich fallenden Zusatzversorgungseinrichtungen Abweichendes regeln. Da sich die Anwendung der Vorschriften über die Geschäfte der Pensionskassen nur auf den Abrechnungsverband der freiwilligen Versicherung beschränken, sind die Regelungen des VAG, die sich auf die Einrichtung als Ganzes beziehen (z.B. Erlaubnis des Geschäftsbetriebs, Änderung des Geschäftsplans, Bestellung/Ausscheiden von Vorständen) nicht anzuwenden. Die VBL unterliegt nach § 3 Abs. 1 VBLS in der Pflichtversicherung der Aufsicht durch das BMF. In der freiwilligen Versicherung unterliegt sie nach § 3 Abs. 3 VBLS der Aufsicht durch die BaFin. Die kommunalen Zusatzversorgungskassen unterliegen demgegenüber für die Pflichtversicherung und die freiwillige Versicherung einer einheitlichen Aufsicht durch die jeweils zuständige Landesbehörde (i .d. R. das jeweilige Landesinnenministerium) als Rechtsaufsicht, teilweise zusätzlich auch als Fachaufsicht. Die Errichtungsgesetze vieler Zusatzversorgungskassen sehen vor, dass die Satzungen und deren Änderung von der jeweiligen Aufsichtsbehörde genehmigt werden müssen.

XIII. Bilanzierung 362 Soweit für Arbeitgeber, die Mitglied/Beteiligte bei einer Zusatzversorgungskasse

sind, kein kameralistisches Haushaltssystem, sondern eine Bilanzierung nach dem

_____ 217 Siehe dazu Kap. 6 Rn. 144 ff.

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C. bAV bei Auslandstätigkeit

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Prinzip der doppelten Buchführung (Doppik) durchzuführen ist, stellt sich die Frage einer Bilanzierung der Zusatzversorgung. Für die mittelbare Pensionsverpflichtung aus der Zusatzversorgung besteht keine Passivierungspflicht nach dem HGB, da es an der hierfür erforderlichen Voraussetzung einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit einer tatsächlichen Inanspruchnahme fehlt.218 Unabhängig davon kann es sinnvoll sein, bestimmte Angaben im Anhang zur Bilanz auszuweisen (Art und Ausgestaltung der Versorgungszusagen, Angabe der durchführenden Zusatzversorgungskasse, Finanzierungsverfahren, Höhe der Umlagen/Beiträge und deren voraussichtliche Entwicklung, Summe der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte).

C. bAV bei Auslandstätigkeit C. bAV bei Auslandstätigkeit Beeger I. Einführung Die Globalisierung wird maßgeblich vom internationalen Engagement von Unter- 363 nehmen geprägt. Unternehmen erschließen sich neue Märkte, was mit der Entsendung von Mitarbeitern ins Ausland verbunden ist. In diesem Kontext ergeben sich regelmäßig Berührungspunkte zur bAV.

1. Fragen der Praxis Entsandte Mitarbeiter, die Zusagen nach deutschem Recht besitzen, stehen z.B. 364 vor der Herausforderung, die Zusage an sich wie auch den Insolvenzschutz durch das BetrAVG im Rahmen der grenzüberschreitenden Tätigkeit nicht zu verlieren, weil der Rechtsrahmen im Ausland eine Fortführung stark erschweren kann. Ähnliche Fragen stellen sich bei der Versendung ausländischer Arbeitnehmer nach Deutschland. Im Umgang mit bAV sind für die Vertragsparteien arbeitsrechtliche, steuer- 365 rechtliche und ggf. sozialversicherungsrechtliche Fragen wichtig, so bspw.: Arbeitgeber

Arbeitnehmer

Welche Rechtsordnung ist anwendbar?

Wie kann die bAV auch in Auslandszeiten fortgeführt und nach dem BetrAVG geschützt werden (z.B. Unverfallbarkeit, Insolvenzschutz)?

Kann der Versorgungsaufwand steuerlich geltend gemacht werden?

Wie wirkt sich die bAV während des Auslandsaufenthaltes steuerlich, insbesondere lohnsteuerlich, aus?

_____ 218 Vgl. Rhiel, Bilanzierung bei Mitgliedern/Beteiligten in Zusatzversorgungskassen, BetrAV 2006, 521 (522) siehe dazu auch Kap. 4 Rn. 1.

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Kapitel 13 bAV für besondere Personengruppen

Arbeitgeber

Arbeitnehmer

Wie kann die inländische Versorgung (auch bei ruhendem Arbeitsverhältnis) fortgeführt werden?

Wie wirkt sich der Umzug ins Ausland in der Rentenbezugsphase aus?

Wie kann die Versorgung nach deutschem Recht ausgeschlossen werden zugunsten einer Auslandsversorgung?

Wie wirkt sich eine Rückkehr nach Deutschland im Anschluss an eine Entsendung aus?

Wie werden im Ausland absolvierte Zeiten im Rahmen der inländischen Versorgung behandelt (Dienstzeiten, Gehaltsniveau etc.)?

2. Allgemeines, Definitionen 366 Die Begrifflichkeiten im Recht der Entsendung/Versetzung/Delegation sind in Lite-

ratur und Rechtsprechung nicht trennscharf. Obgleich der Gesetzgeber den Begriff Entsendung verwendet (bspw. in §§ 4 und 5 SGB IV, Art. 12 Verordnung 883/2004219) fehlt es an einer gesetzlichen Definition.

a) Entsendung 367 Eine Arbeitnehmerentsendung ist nach hiesigem Verständnis dann gegeben,

wenn ein Arbeitnehmer auf Weisung seines inländischen Arbeitgebers (entsendendes Unternehmen) im Ausland eine Beschäftigung für ihn ausübt. Wesentliches Merkmal der Entsendung ist die zeitliche Begrenzung der Auslandstätigkeit (z.B. zur Durchführung eines bestimmten Projektes) und die geplante und vereinbarte Rückkehr des Arbeitnehmers ins Inland, weswegen oftmals auch von „vorübergehender“ Entsendung gesprochen wird.220 Die Tätigkeit im Inland muss vor der Entsendung noch gar nicht begonnen ha368 ben, sie kann auch mit der Entsendung beginnen. Hält sich der aus dem Inland stammende Arbeitnehmer hingegen bereits länger im Ausland auf und nimmt dort anschließend eine Tätigkeit für den inländischen Arbeitgeber auf, ist keine Entsendung gegeben.221 Es handelt sich hierbei um die Einstellung einer sog. Ortskraft. Der Begriff Entsendung wird meist dann gebraucht, wenn keine eigene arbeits369 vertragliche Beziehung zum ausländischen Unternehmen besteht,222 ein zwingendes Merkmal ist das aber nach hiesigem Verständnis nicht. Es ist in der Praxis auch anzutreffen, dass der Arbeitnehmer beim entsendenden Arbeitgeber nicht ausscheidet,

_____ 219 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004. 220 Rn. 393. 221 Rn. 397. 222 Nach Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Teil 2, Rn. 66 eine „Delegation“.

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C. bAV bei Auslandstätigkeit

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sondern die fortbestehenden arbeitsvertraglichen Beziehungen in einer Ruhendvereinbarung geregelt werden.223 Unter den Oberbegriff der Entsendung fallen in diesem Kapitel demzufolge: 370 ■ kurzfristige Entsendungen bspw. Dienstreisen (maximal 3 Monate), ■ mittelfristige Entsendungen bspw. Abordnungen (3 bis 12 Monate), sowie ■ langfristige Entsendungen bspw. Delegationen (12 bis 36 Monate). Alle Maßnahmen zeichnen sich durch ihre befristete, d.h. vorübergehende Natur 371 aus. Daher ist die Entsendung in ein ausländisches oder aus einem (Tochter-)Unternehmen ins Inland häufig mit der unveränderten Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses zum inländischen oder ausländischen Arbeitgeber (Konzernmutter) gekennzeichnet.

b) Versetzung Im Unterschied zur Entsendung wird in der Praxis und so auch nachfolgend von 372 einer Versetzung gesprochen, wenn der inländische Arbeitnehmer dauerhaft, d.h. nicht vorübergehend im Ausland beschäftigt ist. Hier wird das inländische Arbeitsverhältnis in der Regel beendet zugunsten eines ausländischen Arbeitsverhältnisses.224 Man spricht dann auch von einem sog. Übertritt.

c) Outbound und Inbound Eine Entsendung oder eine Versetzung eines Arbeitnehmers kann sowohl von 373 Deutschland zu einem ausländischen Arbeitgeber erfolgen als auch umgekehrt von einem ausländischen Arbeitgeber zu seinem Arbeitgeber in Deutschland. Ersteres wird in der Praxis und so auch hier als Outbound bezeichnet und Letzteres als Inbound. In diesem Rahmen können Entsendungen und Versetzungen bspw. innerhalb 374 eines Konzerns erfolgen. Dann wird der entsandte oder versetzte Arbeitnehmer in einer ausländischen Tochtergesellschaft oder Betriebsstätte des entsendenden Arbeitgebers tätig. Eine grenzüberschreitende Tätigkeit in diesem Sinne ist in der Praxis aber auch dergestalt anzutreffen, dass der entsandte Arbeitnehmer für ein mit dem entsendenden Arbeitgeber nicht in einem Konzernverbund stehenden ausländischen Unternehmen tätig wird.

_____ 223 Rn. 377. 224 PSV-Merkblatt 300/M7/12.10, Ziff. 2.2.1; LAG Hamm, Urt. v. 17.1.2001 – 18 Sa 1411/00 = ZTR 2002, 129.

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Kapitel 13 bAV für besondere Personengruppen

3. Gestaltungsmodelle a) Einvertragsmodell 375 In der Praxis sind zwei Grundmodelle verbreitet, um die Entsendung arbeitsvertrag-

lich abzubilden. Beim sog. Einvertragsmodell wird die Entsendung zum Bestandteil des inländischen Arbeitsvertrags, entweder als Zusatzvereinbarung oder innerhalb des Arbeitsvertrags selbst. Hier besteht lediglich ein Arbeitsverhältnis mit dem entsendenden Unternehmen. 3 Praxistipp In diesem Fall ist es empfehlenswert, in der Zusatzvereinbarung auch Regelungen zu dem Vorgehen mit Blick auf die vom entsendenden Arbeitgeber erteilte Zusage auf bAV für den Zeitraum der Entsendung zu treffen. 376 Ist nach der Zusatzvereinbarung das Ruhen des bisherigen Arbeitsverhältnisses ver-

einbart und soll die Zusatzvereinbarung an dessen Stelle treten, so handelt es sich bereits um ein Mehrvertragsmodell.225

b) Mehrvertragsmodell und dreiseitiger Vertrag 377 Beim Mehrvertragsmodell schließt der Arbeitnehmer meist für den Zeitraum der

Entsendung einen lokalen Arbeitsvertrag mit dem aufnehmenden Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat ab. Daneben wird der Arbeitsvertrag mit dem entsendenden Arbeitgeber meist ruhend gestellt (Ruhendvereinbarung) oder so angepasst, dass beide Verträge nebeneinander durchführbar sind. Je länger die vorgesehene Entsendedauer ist, desto eher wird in der Praxis das Mehrvertragsmodell gewählt. In Konzernen ist zudem ein dreiseitiger Vertrag gängig, nach dem ein Ar378 beitsvertrag mit einer „Obergesellschaft“ besteht, die befugt ist, den Arbeitnehmer zu ausländischen Konzerntöchtern zu entsenden. Daneben erhält der Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag mit dem Konzernunternehmen, für das er jeweils tatsächlich tätig ist. Bleiben in diesem Fall Rechtsbeziehungen zum bisherigen Arbeitgeber erhalten, so werden diese ebenfalls in einer eigenen Vereinbarung geregelt.

II. Arbeitsrechtlicher Rahmen 379 Für die bAV als Bestandteil des Arbeitsverhältnisses226 liegt es nahe, dass das Versor-

gungsverhältnis sich grundsätzlich nach dem Rechtsstatut des Arbeitsvertrags rich-

_____ 225 BAG, Urt. v. 14.7.2005 – 8 AZR 392/04 = NZA 2005, 1411; Rn. 377. 226 Kap. 1 Rn. 23 ff.

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tet.227 Sind von einem grenzüberschreitenden Tatbestand mehrere Rechtsordnungen betroffen, so ist – kollisionsrechtlich – daher zu fragen, welches arbeitsrechtliche Rechtsstatut objektiv gilt bzw. ob die Parteien subjektiv die Geltung eines bestimmten Rechts vereinbart haben, ggf. separat für das eingegangene Versorgungsverhältnis.

1. Geltung des Internationalen Privatrechts (Rom I-VO und EGBGB) Im Rahmen der Vertragsfreiheit können die Arbeitsvertragsparteien grundsätzlich 380 festlegen, welchem Recht das Arbeitsverhältnis (bzw. die bAV als dessen Bestandteil) unterliegen sollen.228 Dabei richtet sich das für Ansprüche bzw. Anwartschaften auf bAV anwendbare Recht grundsätzlich nach dem Statut des Arbeitsvertrags, mit dem sie verknüpft sind oder waren.229 Entscheidend sowohl für die Frage, in welchem Rahmen die Parteien eine 381 Rechtswahl treffen können als auch für die Frage, welches Recht bei fehlender Vereinbarung gilt, ist das internationale Privatrecht in Form der Rom I-VO bzw. der Art. 27 ff. EGBGB.

a) Sachlicher und räumlicher Anwendungsbereich Die Eröffnung des sachlichen Anwendungsbereichs der Rom I-VO230 sowie des 382 Art. 27 EGBGB setzt ein vertragliches Schuldverhältnis voraus, das eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweist. Für die Rom I-VO muss einer dieser Staaten im Hoheitsbereich der Europäischen Union (EU) liegen, Art. 1 Abs. 1 Rom I-VO.231 Die Rom I-VO gilt nicht für Dänemark.232

b) Zeitlicher und persönlicher Anwendungsbereich In zeitlicher Hinsicht richten sich die anwendbaren Normen des Internationalen 383 Privatrechts nach dem Datum des Arbeitsvertragsschlusses;233 in der bAV also nach dem Datum der Erteilung der Zusage. Änderungen der Zusage nach ihrer Erteilung haben auf die Frage des zeitlichen Anwendungsbereichs grundsätzlich keine Auswirkung, solange sie nicht so substantiell sind, dass sie als neue Vereinbarung betrachtet werden müssen.234

_____ 227 BAG, Urt. v. 25.06.2013 – 3 AZR 138/11 = RIW 2013, 803–806. 228 Rn. 407. 229 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/de Groot, BetrAVG, Bd. I, Kap. 10, Rn. 46 m.w.N. 230 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008
 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht. 231 Fehlt es an einer Verbindung zur EU, gilt das Kollisionsrecht der jeweils involvierten Staaten. 232 46. Erwägungsgrund zur Rom I-VO, ABl.EU Nr. L 177/6 v. 4.7.2008 mit weiteren Hinweisen. 233 BAG, Urt. v. 19.3.2014 – 5 AZR 252/12 (B). 234 Wurmnest, EuZA 2009, 481, 486.

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Kapitel 13 bAV für besondere Personengruppen

Für Zusagen, die nach dem 17.12.2009 erteilt wurden, kommt die Rom I-VO zur Anwendung, Art. 28 Rom I-VO. Für frühere Zusagetermine sind die Vorschriften des nationalen Kollisionsrechts, mithin Art. 27 ff. EGBGB235 und das EGVVG für Versicherungsrecht relevant.236 Zusagen, die vor dem 1.9.1986 erteilt wurden, werden nach den Grundsätzen des zum Zusagezeitpunkt geltenden Internationalen Privatrechts behandelt. Indes sind die Unterschiede zwischen dem EGBGB (insb. Art. 30) sowie der Rom I-VO für individuelle Arbeitsverträge gering,237 weshalb nachfolgend die Vorschriften der Rom I-VO im Vordergrund stehen. Eine Einschränkung der Rom I-VO mit Blick auf den persönlichen Anwen385 dungsbereich gibt es nicht.

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5 Beispiel So kommt die Rom I-VO bspw. zur Anwendung, wenn ein mexikanischer Staatsbürger, der in einem deutschen Unternehmen beschäftigt ist, mit diesem für seinen Arbeitsvertrag und auch für die Versorgungszusage vereinbart, dass französisches Recht anwendbar sein soll.

2. Objektive Bestimmung (Keine vertragliche Rechtswahl) 386 Haben die Parteien weder für den Arbeitsvertrag, noch separat für eine indivi-

dualrechtliche Versorgungszusage eine Rechtswahl getroffen, so gelten die nachfolgend dargestellten objektiven Grundsätze zur Bestimmung der anwendbaren Rechtsordnung.

a) Gewöhnlicher Arbeitsort 387 Die bAV ist Bestandteil des Arbeitsvertrags. Maßgeblich für die Frage der einschlä-

gigen Rechtsordnung der bAV ist daher in erster Linie der gewöhnliche Arbeitsort des Arbeitnehmers gemäß Art. 8 Abs. 2 S. 1 Rom I-VO bzw. nach Art. 30 EGBGB.238 Der Arbeitsort als Schwerpunkt der Tätigkeit weist oftmals die engste Verbin388 dung zur einschlägigen Rechtsordnung auf. Ist der Arbeitnehmer in einen Betrieb eingegliedert, bildet der Sitz dieser Be389 triebsstätte den gewöhnlichen Arbeitsort.239 In weniger eindeutigen Fällen als bei einer Eingliederung kommt es auf den 390 Mittelpunkt der arbeitsrechtlichen Beziehungen an. Der Ort, an dem der Arbeit-

_____ 235 Das gilt, obgleich diese Vorschriften aufgehoben wurden, BT-Drucks. 16/12104, S. 10. 236 BAG, Urt. v. 19.3.2014 – 5 AZR 252/12 (B) = NZA 2014, 1076. 237 Vertiefend: Wurmnest, EuZA 2009, 481, 498. 238 Zu den (geringfügigen) Unterschieden zwischen beiden Vorschriften Höfer/de Groot/Küpper/ Reich/de Groot, BetrAVG, Bd. I, Kap. 10, Rn. 88. MüKo-BGB/Martiny, Bd. 12, Rom I-VO, Art. 8 Rn. 49.

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nehmer seine Rechtspflichten gegenüber dem Arbeitgeber im Wesentlichen erfüllt, ist entscheidend.240 Ist der Arbeitnehmer z.B. an mehreren internationalen Standorten tätig, kommt es auf den Ort an, der Zentrum der arbeitsrechtlichen Beziehungen ist.241 In diesen Fällen ist also der Ort entscheidend, von dem aus der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, Art. 8 Abs. 2 S. 1 Rom IVO.242 Dabei sind sämtliche individuellen Aspekte zu berücksichtigen. Beispiel 5 Bei Außendienstlern mit internationalem Radius oder Mitarbeitern mit wechselndem Einsatzort ist z.B. danach zu fragen, von wo aus sie ihre Tätigkeit steuern, was sowohl die Betriebsstätte des Arbeitgebers als auch der Wohnsitz („Home Office“) sein kann. Für Flug-, Fahr- und Schiffspersonal kann der Ort entscheidend sein, von dem aus der Arbeitnehmer seine Arbeit aufnimmt und an den er regelmäßig zurückkehrt.243

Ergänzend ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs rein zeitlich 391 zu fragen, wo der Arbeitnehmer den Schwerpunkt seiner Tätigkeit verrichtet.244

b) Vorübergehende Verrichtung Eine vorübergehende Verrichtung der Arbeit in einem anderen Staat ändert nicht 392 den gewöhnlichen Arbeitsort im Inland. Das deutsche Recht ist gem. § 8 Abs. 2 S. 2 Rom I-VO weiterhin anwendbar (sog. Ausstrahlung). Für den Fall, dass der Arbeitnehmer üblicherweise im Ausland beschäftigt und nur vorübergehend Tätigkeiten in Deutschland verrichtet, gilt spiegelbildlich das Recht des ausländischen Beschäftigungsortes weiter (sog. Einstrahlung). Im Rahmen des Art. 8 Abs. 2 S. 2 Rom I-VO sowie des Art. 30 EGBGB ist das 393 Merkmal „vorübergehend“ dabei weniger zeitlich245 zu bewerten, als vielmehr danach, ob nach dem Willen der Parteien eine Rückkehr des Arbeitnehmers zum Ort der gewöhnlichen Tätigkeit beabsichtigt ist.246 War den Parteien (subjektiv) von Anfang an klar, dass der Arbeitnehmer nach seinem Auslandseinsatz die Tätigkeit im Inland wieder aufnimmt, so handelt es sich um eine vorübergehende Verrichtung, die den gewöhnlichen Arbeitsort nicht ändert.

_____ 240 EuGH, Urt. v.15.3.2011, Rs. C-29/10. 241 BAG, Urt. v. 20.11.1997 – 2 AZR 631/96 = NZA 1998, 813. 242 Im Ergebnis wird man im Rahmen des Art. 30 EGBGB hier aufgrund der Rechtsprechung des EuGH zu ähnlichen Ergebnissen kommen, siehe Deinert, RdA 2009, S. 144, 145 f. m.w.N. 243 BAG, Urt. v. 25.6.2013 – 3 AZR 138/11 = RIW 2013, 803; EuGH, Urt. v. 15.12.2011, Rs. C – 384/10; Höfer/de Groot/Küpper/Reich/de Groot, BetrAVG, Bd. I, Kap. 10, Rn. 94. 244 EuGH, Urt. v. 15.12.2011, Rs. C – 384/10 = ZIP 2012, 143. 245 „Vorübergehend“ ist zeitlich kaum zu quantifizieren. Es ist aber jedenfalls das Gegenteil von „dauerhaft“ – siehe dazu auch Deinert, RdA 2009, 144, 146 m.w.N. 246 36. Erwägungsgrund zur Rom I-VO, ABl.EU Nr. L 177/6 v. 4.7.2008.

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Des Weiteren muss der Parteiwille nach außen treten, etwa durch eine Projektbezogenheit der Maßnahme (z.B. Bindung an ein bestimmtes Bauprojekt oder eine Ausbildungsmaßnahme) oder durch entsprechende vertragliche Regelungen. Ist diese Voraussetzung erfüllt, so schadet auch der Abschluss eines eigenen Arbeitsvertrags mit dem lokalen ausländischen Arbeitgeber im Rahmen des Mehrvertragsmodells mit einer Ruhendvereinbarung247 der Annahme einer Entsendung grundsätzlich nicht.248 Es wird allerdings bezweifelt, ob der Parteiwille allein entscheidend für die An395 nahme einer vorübergehenden Entsendung sein kann.249 Sinnvoll erscheint es aus Gründen der Rechtssicherheit, auch objektiven Indizien ein gewisses Gewicht beizumessen.

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3 Praxistipp Objektive Kriterien können bspw. die zeitliche Obergrenze einer Dauer der Entsendung oder die Eingliederung des entsandten Arbeitnehmers in die Betriebsorganisation des ausländischen Betriebs sein. 396 Kurzzeitige Dienstreisen und Abordnungen in einen anderen Staat sind natur-

gemäß nur vorübergehend. Mittel- und langfristige Entsendungen ins Ausland sind unterschiedlich zu bewerten. Durchgeführt als sog. Delegation,250 mit unverändertem Arbeitsvertrag im Inland (Einvertragsmodell),251 bleibt das inländische Recht anwendbar. Dies gilt auch bei einer Versetzung mit Eingliederung in einen ausländischen Betrieb, wenn mit dem Arbeitnehmer ein Rückkehrrecht zum inländischen Betrieb vereinbart ist.252 Keine vorübergehende Verrichtung in einem anderen Staat ist gegeben, 397 wenn der Arbeitnehmer ausschließlich für einen Auslandseinsatz eigestellt wird, selbst wenn er zuvor im Inland kurzzeitig in die Tätigkeit eingearbeitet wurde, sofern keine Rückkehr vereinbart ist.253 Auch im Falle einer Versetzung ins Ausland ohne Rückkehroption ist das Arbeitsrecht des Auslands anwendbar.

c) Ort der einstellenden Niederlassung 398 Ist eine Bestimmung des gewöhnlichen Arbeitsortes nicht möglich, so ist an den Ort der einstellenden Niederlassung anzuknüpfen (Art. 8 Abs. 3 Rom I-VO, Art. 30 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB). Zum Tragen kann diese Regelung bspw. bei Arbeitnehmern mit

_____ 247 Rn. 377. 248 Erwägungsgrund 36 der Rom I-VO. 249 Siehe Höfer/de Groot/Küpper/Reich/de Groot, BetrAVG, Bd. I, Kap. 10, Rn. 94. 250 Rn. 370. 251 Rn. 375. 252 Rn. 372. 253 BAG, Urt. v. 21.10.1980 – 6 AZR 640/79 = NJW 1981, 1175.

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ständig wechselndem Arbeitsort („Baupersonal“, Arbeitnehmer in der Luftfahrt) kommen, sofern hier nicht bereits eine Lösung über Art. 8 Abs. 2 S. 1 Rom I-VO bzw. Art. 30 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB möglich ist.254 Praxistipp 3 Angesichts der teilweise offenen Fragen ist eine Rechtswahlvereinbarung bei Arbeitsverhältnissen mit unübersichtlicher geografischer Zuordnung das eindeutig vorzugswürdige Mittel, um für die Parteien Rechtssicherheit zu erzeugen.

Als „Niederlassung“ wird eine „arbeitsorganisatorische Einheit eines Unterneh- 399 mens“ betrachtet, die auf Dauer angelegt ist. Eine eigene Rechtspersönlichkeit der Niederlassung ist nicht zwingend erforderlich. Die „einstellende“ Niederlassung ist grundsätzlich der Ort des Vertragsschlus- 400 ses, also dort wo der Arbeitnehmer eingestellt, nicht notwendigerweise eingesetzt, wird. Für diese formale Auslegung des „Orts der Unterschrift“ spricht die einfache Handhabbarkeit. Missbrauch wird vorgebeugt einerseits durch die Nachrangigkeit des § 8 Abs. 3 Rom I-VO bzw. des Art. 30 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB zum gewöhnlichen Arbeitsort,255 andererseits durch den zwingenden Vorrang des Orts der engeren Verbindung (Art. 8 Abs. 4 Rom I-VO bzw. Art. 30 Abs. 2 EGBGB).256

d) Engere Verbindung zu einer anderen Rechtsordnung Liegt eine engere Verbindung zu einer anderen Rechtsordnung als der nach § 8 401 Abs. 2, 3 Rom I-VO bzw. Art. 30 Abs. 2 Nr. 1, 2 EGBGB festgestellten vor, so ist stets deren Statut für das Arbeitsverhältnis bzw. das Versorgungsverhältnis maßgeblich. Diese Sonderanknüpfung (Art. 8 Abs. 4 Rom I-VO, Art. 30 Abs. 2 EGBGB) verdrängt die Regelanknüpfung aus Art. 8 Abs. 2 und 3 Rom I-VO (gewöhnlicher Arbeitsort und Ort der einstellenden Niederlassung). Das gilt selbst dann, wenn die Einstellung bzw. die Verrichtung der Tätigkeit 402 sich eindeutig einem anderen Staat zuordnen lässt.257 Bei der engeren Verbindung handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand, der unsachgemäße Ergebnisse für den Einzelfall verhindern soll.258 Die engere Verbindung zu einer Rechtsordnung ist allein nach objektiven Kri- 403 terien des jeweiligen Einzelfalls festzustellen. Obgleich es insoweit keinen abschließenden Katalog von objektiven Kriterien gibt,259 können sog. primäre Anknüp-

_____ 254 auch Deinert, RdA 2009, 144, 147. 255 Rn. 387. 256 Rn. 401. 257 Vgl. EuGH, Urt. v. 12.9.2013, Rs. C-64/12, Rn. 42. 258 16. Erwägungsgrund zur Rom I-VO, ABl.EU Nr. L 177/6 v. 4.7.2008. 259 BAG, Urt. v. 13.11.2007 – 9 AZR 134/07.

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fungskriterien in Kombination ausschlaggebend sein, so bspw. der Sitz des Arbeitgebers260 oder dieselbe Staatsangehörigkeit von Arbeitgeber und Arbeitnehmer.261 Zwar Indizfunktionen, aber keine für sich genommen ausschlaggebende Be404 deutung, können darüber hinaus folgende weitere Anknüpfungspunkte haben:262 ■ Ort des Vertragsschlusses, ■ Wohnsitz des Arbeitnehmers, ■ Währung der Vergütung, ■ Vertragssprache, ■ u.U. sozialversicherungs- und steuerrechtlicher Rahmen.263 405 Es ist notwendig, dass mehrere, nicht alle (!) dieser Tatbestände erfüllt sind und

nach einer Gesamtbetrachtung der Umstände derart gravierend auf eine bestimmte Rechtsordnung verweisen, dass sie die Regelanknüpfungstatbestände264 verdrängen. Der EuGH hat in der „Schleckerentscheidung“ hierzu ausgeführt, es seien „...sämtliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die das Arbeitsverhältnis kennzeichnen, und den- oder diejenigen zu würdigen, die am maßgeblichsten sind.“

e) Prüfschema: Keine Rechtswahl 406

Abbildung 1: Prüfschema ohne Rechtswahlvereinbarung

_____ 260 BAG, Urt. v. 29.10.1992 – 2 AZR 267/92 = ZIP 1993, 850 unter Gründe III.4.c) aa) – bezogen auf die Vorgängerregelung Art. 30 EGBGB. 261 Nicht herangezogen von EuGH in der „Schleckerentscheidung“ (vgl. EuGH, Urt. v. 12.9.2013, Rs. C-64/12, Rn. 40). 262 BAG, Urt. v. 29.10.1992 – 2 AZR 267/92; siehe auch Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Teil 2, Rn. 71. 263 BAG, Urt. v. 11.12.2003 – 2 AZR 627/02 II 3. d) bb); Schlecker-Entscheidung (s.o.). 264 Rn. 387 ff.

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3. Subjektive Bestimmung (Rechtswahl) a) Allgemeines Arbeitgeber und Arbeitnehmer können im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit das für das Arbeitsverhältnis und die individualrechtliche Zusage auf bAV265 anwendbare Recht vereinbaren, Art. 3 Rom I-VO. Das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung beurteilen sich nach dem Recht, das anzuwenden wäre, wenn die Rechtswahlvereinbarung wirksam wäre, Art. 3 Abs. 5 i.V.m. Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO, Art. 31 Abs. 1 EGBGB. Zwingendes Recht geht jedoch vor. Muss deutsches Recht auf den Sachverhalt angewendet werden, so ist eine davon abweichende subjektive wie auch objektive Rechtsanwendung gegenstandslos, Art. 9 Rom I-VO. Die Rechtswahl wird oft explizit im Arbeitsvertrag, bspw. als Klausel, vereinbart. Sie kann sich zwar auch konkludent aus den Umständen ergeben, der Hinweis auf den Arbeitsort dürfte dafür aber nicht genügen.266 Jedoch kann eine Gerichtsstandklausel für eine konkludente Rechtswahl ausreichen267 wie auch der Verweis auf einen bestimmten Tarifvertrag bzw. eine Betriebsvereinbarung. Die konkludente Vereinbarung muss sich mit hinreichender Sicherheit durch Auslegung aus den Bestimmungen des Vertrages oder den Umständen des Einzelfalls ergeben.268 Im Hinblick auf das Nachweisgesetz, das eine Benennung der geltenden Tarifverträge vorschreibt, sollte erst recht die geltende Rechtsordnung schriftlich vereinbart werden. Die Rechtswahl für den Arbeitsvertrag umfasst regelmäßig auch eine Versorgungszusage, die aus Anlass dieses Arbeitsvertrages erteilt wird (§ 1 BetrAVG). Dies trifft stets dann zu, wenn beide zum gleichen Zeitpunkt begründet werden. Tritt eine Versorgungszusage erst wesentlich später in Kraft als der Arbeitsvertrag, so ist der Gleichlauf weniger offensichtlich. Auch im Rahmen der objektiven Bestimmung des anwendbaren Rechts hat das BAG zwischen dem Arbeitsvertrag und der Versorgungszusage differenziert.269 Bezüglich der bAV ist eine Teilrechtswahl möglich, da sie eine abgeschlossene, klar abgrenzbare Materie darstellt.270 Es können aber Besonderheiten zu beachten sein, insbesondere mit Blick auf den gesetzlichen Insolvenzschutz nach §§ 7 ff. BetrAVG.271

_____ 265 Also durch Einzelvertrag und durch individualrechtliche Zusagen mit kollektivem Bezug (siehe dazu Kap. 1 Rn. 30) begründete Versorgungsverhältnisse. 266 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Teil 2, Rn. 74. 267 Junker RIW 2001, 94, 97. 268 BAG, Urt. v. 13.11.2007 – 9 AZR 134/07 = NZA 2008, 761. 269 BAG, Urt. v. 20.5.2014 – 3 AZR 1094/12 = ZIP 2014, 1453. 270 BAG, Urt. v. 20.4.2004 – 3 AZR 301/03 = DB 2004, 2483. 271 Rn. 435 ff.

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3 Praxistipp Von Rechtswahlvereinbarungen zu unterscheiden sind Vereinbarungen, die anlässlich der Entsendung (bspw. im Rahmen des Einvertrags- oder des Mehrvertragsmodells) getroffen werden und die den Inhalt der Zusage abändern oder ergänzen. Darin kann es bspw. um die Frage einer Anrechnung von im Ausland verbrachten Dienstzeiten gehen.

b) Schranken 412 Die Rechtswahl stößt auf Grenzen, wo sie zwingenden Arbeitnehmerschutz beeinträchtigen würde.272 Die Rechtswahl der Parteien darf nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm nach dem Recht zusteht, das mangels einer Rechtswahl anzuwenden wäre, Art. 8 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO (ähnlich auch Art. § 30 Abs. 1 EGBGB).273 Das betrifft zwingendes Gesetzesrecht aber auch tarifvertraglich vereinbarte Re413 gelungen, sofern Arbeitgeber und Arbeitnehmer tarifgebunden sind oder der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wurde.274

aa) Günstigkeitsvergleich 414 Die Rechtswahl stößt also an Grenzen, wo zwingender Arbeitnehmerschutz beein-

trächtigt würde. Daher ist ein Günstigkeitsvergleich zwischen dem nach Rechtswahl anwendbaren Recht sowie dem nach objektiven Kriterien maßgeblichen Rechtsstatut vorzunehmen (Art. 8 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO; Art. 30 Abs. 1 EGBGB). Der Günstigkeitsvergleich ist mithin dann entbehrlich, wenn sich die subjektive Rechtswahl mit der objektiv anwendbaren Rechtsordnung275 deckt. Würde man im Rahmen des Günstigkeitsvergleichs Einzelnormen miteinander 415 vergleichen, so liefe dies auf eine „Atomisierung des Rechts“276 hinaus, da das Herauspicken der jeweils günstigeren Norm verkennt, dass Rechtsnormen in eine Gesamtsystematik eingebettet sind. Gegen den einzelnormbezogenen Günstigkeitsvergleich spricht zudem, dass der Arbeitnehmer sich dann auf die jeweils bessere Einzelnorm verschiedener Rechtsordnungen berufen könnte („greatest hits“ des Arbeitsrechts). Eine solche „Rosinenpickerei“ würde letztlich die freie Rechtswahl gemäß Art. 3 Rom I-VO als wesentliches Prinzip des internationalen Privatrechts torpedieren. Erst die Gesamtheit der Normen prägt die Rechtslage. Dabei ist nicht

_____ 272 Dabei ist grundsätzlich von dem allgemeinen Arbeitnehmerbegriff nach deutschem Verständnis auszugehen, Wurmnest, EuZA 2009, 481, 481. 273 Zu den Abweichungen siehe Höfer/de Groot/Küpper/Reich/de Groot, BetrAVG, Bd. I, Kap. 10, Rn. 35. 274 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Teil 2, Rn. 78; Markovska RdA 2007, 352, 354. 275 Rn. 386 ff. 276 Hohloch, RIW 1987, 353, 358.

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auf die gesamte Rechtsordnung, sondern auf die für den zu beurteilenden Sachverhalt einschlägigen Normenkomplexe abzustellen (sog. Sachgruppenvergleich277). Vergleichsgegenstand für die bAV als ein geschlossener, abgrenzbarer Teil 416 des Arbeitsverhältnisses sind demzufolge nicht deren Einzelbereiche, sondern die Gesamtheit ihrer Vorschriften. Das kann beinhalten, dass Pflichtsysteme (z.B. das schweizerische Renten-Obligatorium) mit freiwilligen Versorgungssystemen (bAV in Deutschland) verglichen werden müssen. Im Rahmen des Günstigkeitsvergleichs ist ein objektiver Maßstab zu wählen. 417 Dabei kommt es nicht auf subjektive Interessen (konkreter Begehr) des Arbeitnehmers an, sondern ausschließlich auf objektive Umstände, die in der Person des Arbeitnehmers erfüllt sind.278 Auch ein kollektiver (subjektiver) Günstigkeitsvergleich findet nicht statt.279 Beispiel 5 Es ist bspw. unerheblich, ob der Arbeitnehmer eine unverfallbare Anwartschaft in bestimmter Höhe für sich reklamiert (subjektiver Begehr). Für den Günstigkeitsvergleich ist es hingegen relevant, dass der Arbeitnehmer objektiv eine unverfallbare Anwartschaft hat. In diesem Fall wird der Günstigkeitsvergleich mit Blick auf die Gruppe der Arbeitnehmer mit unverfallbaren Anwartschaften objektiv durchgeführt.

Soweit einzelne Vorschriften des BetrAVG abdingbar sind, weil es sich beim Ver- 418 sorgungsberechtigten um eine Organperson handelt,280 sind diese Vorschriften nicht mehr als Teil der zu vergleichenden Normengesamtheit zu berücksichtigen. Denn sind Vorschriften des nationalen Rechts aufgrund des Vorliegens persönlicher Voraussetzungen ohnehin abdingbar, dann dürfen sie nicht „durch die Hintertür“ im Rahmen des Günstigkeitsvergleichs unabdingbar werden. bb) Eingriffsnormen/„ordre public“ Nach Art. 9 Rom I-VO bzw. Art. 34 EGBGB281 gehen sog. Eingriffsnormen stets einer 419 entgegenstehenden Rechtswahl vor. Bei einer Eingriffsnorm handelt es sich um ein Gesetz zum Schutz der schwächeren Vertragspartei, das aufgrund überragenden öffentlichen Gemeinwohlinteresses282 unabdingbar ist. „Eine Eingriffsnorm ist eine zwingende Vorschrift, deren Einhaltung von einem Staat als so entscheidend für die Wahrung seines öffentlichen Interesses, insbesondere

_____ 277 H. M., Staudinger/Magnus, Internationales Vertragsrecht 1, Rom I-VO, Art. 8 Rn. 84 ff. m.w.N. 278 BAG, Urt. v.10.4.2014 – 2 AZR 741/13. 279 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/de Groot, BetrAVG, Bd. I, Kap. 10, Rn. 73. 280 Siehe Kap. 1 Rn. 332; BGH, Urt. v. 23.05.2017 – II ZR 6/16 = WM 2017, 1368. 281 Zu den Unterschieden zwischen Art. 9 Rom I-VO und Art. 34 EGBGB siehe Höfer/de Groot/ Küpper/Reich/de Groot, BetrAVG, Bd. I, Kap. 10, Rn. 77. 282 BAG, Urt. v. 29.10.1992 – 2 AZR 267/92 = MDR 1993, 1213.

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seiner politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Organisation, angesehen wird, dass sie ungeachtet des nach Maßgabe dieser Verordnung auf den Vertrag anzuwendenden Rechts auf alle Sachverhalte anzuwenden ist, die in ihren Anwendungsbereich fallen.“ (Legaldefinition in Art. 9 Abs. 1 Rom I-VO). Eingriffsnormen des deutschen Arbeitsrechts sind bspw. § 14 Mutterschutzge420 setz oder § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz. Die Vorschriften des BetrAVG sind nach h. M. keine Eingriffsnormen.283 Der 421 gesetzliche Insolvenzschutz nach §§ 7 ff. BetrAVG ist zwar eine zentrale Errungenschaft für die Versorgungssicherheit, allerdings ist er sozialpolitisch nicht dermaßen zentral, dass ihm die Qualität einer Eingriffsnorm zukommt. Dazu trägt bei, dass gesetzlicher Insolvenzschutz mit zahlreichen Einschränkungen verbunden ist, nicht alle Durchführungswege umfasst und im Rahmen der reinen Beitragszusage (§ 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG) gar nicht vorhanden ist. Die Vorschriften des BetrAVG haben gleichsam auch grundsätzlich nicht den 422 Rang des „ordre public“ (Art. 21 Rom I-VO, Art. 6 EGBGB), wie bspw. die Grundrechte. Deswegen kann das BetrAVG eine Rechtswahl nicht gem. Art. 21 Rom I-VO bzw. Art. 6 EGBGB einschränken.

cc) Prüfschema 423

Abbildung 2: Prüfschema Rechtswahlvereinbarung

_____ 283 So finden sie bspw. keine Erwähnung in § 2 Arbeitnehmer-Entsendegesetz; vertiefend: Höfer/ de Groot/Küpper/Reich/de Groot, BetrAVG, Bd. I, Kap. 10, Rn. 82 f.

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4. Besonderheiten für Nicht-Arbeitnehmer Auch für die Zusagen auf bAV an Personen, die nicht unter den allgemeinen Arbeit- 424 nehmerbegriff fallen, gelten die Grundsätze der Rom I-VO bzw. der Art. 27 ff. EGBGB.284 Das betrifft zum einen Personen, die zwar keine Arbeitnehmer sind, denen aber gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG dennoch eine Zusage auf bAV erteilt werden kann.285 Erfasst sind aber auch Personen, die nach den Grundsätzen der Rechtsprechung als Unternehmer gelten und deshalb keine Zusage im Anwendungsbereich des BetrAVG, sondern nur außerhalb dessen, erhalten können, also insbesondere beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer.286 Diese Personen haben gem. Art. 3 Rom I-VO; Art. 27 EGBGB die Möglichkeit, das 425 auf ihre bAV anwendbare Recht zu bestimmen. Liegt keine Rechtswahl vor, so richtet sich das anwendbare Recht nach Art. 4 Abs. 2 ff. Rom I-VO, d.h., es kommt in erster Linie darauf an, in welcher Rechtsordnung der Zusageempfänger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ist der Anwendungsbereich des EGBGB eröffnet, so kommt es demgegenüber darauf an, zu welchem Recht eines Staates das Arbeitsoder Dienstverhältnis die engste Verbindung hat, Art. 28 Abs. 1, 2 und 5 EGBGB.

5. Besonderheiten des kollektiven Arbeitsrechts a) Betriebsvereinbarungen Gründet sich die bAV auf eine Betriebsvereinbarung, so ist keine Rechtswahl mög- 426 lich. Art. 8 Rom I-VO bzw. Art. 27 EGBGB sind auf Betriebsvereinbarungen nicht anwendbar, denn diese unterliegen der Rechtsordnung der Betriebsstätte (Territorialitätsprinzip), da sie entsprechend eng mit der inländischen Wirtschafts- und Sozialordnung verknüpft sind.287 Dies folgt aus dem räumlichen Anwendungsbereich des BetrVG, das an den Ort des Betriebssitzes anknüpft.288 Daher ist die Geltung einer Betriebsvereinbarung nur in sog. Ausstrahlungsfäl- 427 len möglich. Auf die Arbeitnehmer, die vom deutschen Unternehmen ins Ausland entsandt wurden, findet das BetrVG daher nur Anwendung, wenn sie nur vorübergehend im Ausland tätig, d.h. vorübergehend entsandt sind i.S.d. Art. 8 Abs. 2 S. 2 Rom I-VO. Das Gleiche gilt entsprechend für Zusagen nach dem Sprecherausschussge- 428 setz.

_____ 284 Rn. 380 ff. 285 Kap. 1 Rn. 288 ff. 286 Kap. 1 Rn. 302 ff. 287 Vgl. BAG, Urt. v. 9.11.1977 – 5 AZR 132/76 = NJW 1978, 1124. 288 Vgl. BAG Urt. v. 22.7.2008 – 1 ABR 40/2007 = NZA 2008, 1248.

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b) Tarifverträge 429 Das auf einen Tarifvertrag zur bAV anwendbare Recht können die Parteien (Sozial-

partner) hingegen ausdrücklich oder konkludent durch Rechtswahl bestimmen (Art. 3 Rom I-VO bzw. Art. 27 EGBGB).289 Fehlt es an einer Rechtswahl, so gilt die Rechtsordnung des Staates, zu dem die engste Verbindung des Tarifvertrags besteht, insbesondere der Staat, in dem der Tarifvertrag seinen räumlichen Schwerpunkt hat (Art. 4 Abs. 4 Rom I-VO, Art. 28 Abs. 1 EGBGB). Enthält der Tarifvertrag keine Rechtswahlregelung, so bestimmt sich die Frage, 430 ob er auf das Arbeits- und Versorgungsverhältnis einwirkt, danach, welche Rechtsordnung auf das betreffende Arbeitsverhältnis anwendbar ist. Handelt es sich um deutsches Arbeitsrecht, so bleibt ein deutscher Tarifvertrag auch während einer Entsendung anwendbar, Art. 8 Abs. 2 S. 2 Rom I-VO bzw. Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB. Bspw. dann, wenn der Arbeitgeber seinen Sitz in Deutschland hat und der Tarifvertrag einschlägig bzw. allgemeinverbindlich ist.290 5 Beispiel Für einen in Deutschland gewerblich Beschäftigten in der Baubranche, der lediglich vorübergehend entsendet, nicht versetzt wird,291 ist das deutsche Recht für den Arbeitsvertrag maßgeblich. Aufgrund der Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrags über eine zusätzliche Altersversorgung im Baugewerbe (TZA Bau) erwirbt dieser Beschäftigte auch für Entsendungszeiten außerhalb von Deutschland Anwartschaften nach dem TZA Bau. 431 Bei Sachverhalten innerhalb der EU darf der Wechsel ins Ausland bei Fortsetzung

des Arbeitsverhältnisses beim gleichen Arbeitgeber tarifvertraglich nicht wie ein Ausscheiden bewertet werden.292

6. Folgen für die bAV 432 Wird speziell auf die Folgen einer Entsendung oder Versetzung für die bAV des Ar-

beitnehmers geblickt, so ist zwischen einer Konstellation ohne Rechtswahl und einer Konstellation, in der die Parteien eine Rechtswahl getroffen haben, zu unterscheiden.

a) Objektive Anknüpfung (fehlende Rechtswahl) 433 Ist im Zusammenhang mit einer grenzüberschreitenden Tätigkeit keine Rechtswahl

getroffen, so ist das objektiv anwendbare Recht zu beachten.293

_____ 289 Str.; offenlassend Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Teil 2, Rn. 88. 290 BAG, Urt. v. 20.6.2007 – 10 AZR 302/06 = NZA-RR 2008, 24. 291 Rn. 372. 292 EuGH, Urt. v. 11.3.2011 C-379/09 („Casteels-Entscheidung“) = NZA 2011, 561. 293 Rn. 386 ff.

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Kommt im Anwendungsbereich von Rom I-VO oder Art. 27 ff. EGBGB das deut- 434 sche Recht (auch) auf das Versorgungsverhältnis zur Anwendung,294 wird die Versorgungszusage in Zeiten des Auslandsaufenthaltes nach deutschem Recht fortgeführt. Das Versorgungsverhältnis unterliegt dann dem Grunde nach in vollem Umfang den Schutzvorschriften des BetrAVG. Im Einzelnen ergeben sich aber Sonderfragen.

aa) Insolvenzschutz Von ganz grundlegendem Interesse ist die Frage, welchen Einfluss Auslandszeiten 435 auf den gesetzlichen Insolvenzschutz gemäß §§ 7 ff. BetrAVG haben. Grundsatz Da der gesetzliche Insolvenzschutz durch den PSV durchgeführt wird,295 also durch 436 einen Dritten, der nicht von möglichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erfasst wird, ist die Anwendbarkeit der §§ 7 ff. BetrAVG unabhängig von dem für das Arbeitsverhältnis im Übrigen geltenden Recht.296 Entscheidend ist insoweit, ob der Sicherungsfall, der den Insolvenzschutz gem. § 7 BetrAVG auslöst, bei einem Arbeitgeber eintritt, der dem deutschen (oder luxemburgischen) Insolvenzrecht unterliegt, was sich grundsätzlich nach der VO (EG) Nr. 1346/2000 richtet.297 Nur dann kann eine Einstandspflicht des PSV und somit auch eine Beitragspflicht des Arbeitgebers gem. § 10 BetrAVG entstehen. Ansichten des PSV Den ausgeführten Grundsätzen entsprechend, macht der PSV die gesetzliche Insol- 437 venzsicherung davon abhängig, dass der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses, das Grundlage für die Versorgungszusage ist, arbeitsvertraglich wie auch faktisch in Deutschland (bzw. Luxemburg) liegt.298 Kein Insolvenzschutz liegt nach Ansicht des PSV somit vor, wenn der Arbeit- 438 nehmer ins Ausland versetzt wird und das inländische Arbeitsverhältnis vollständig endet. Unerheblich ist nach dieser Ansicht, ob sich der deutsche Arbeitgeber nach Versetzung zur Wiedereinstellung des Arbeitnehmers verpflichtet hat. Der PSV bejaht gesetzlichen Insolvenzschutz in folgenden drei Konstell- 439 ationen:299

_____ 294 Rn. 380. 295 Kap. 8 Rn. 180 ff. 296 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Teil 2, Rn. 106. 297 VO (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29.5.2000 über Insolvenzverfahren (ABl. 2000 L 160, S. 1). 298 PSV Merkblatt 300/M7/Ziff. 2.1.2. 299 PSV Merkblatt 300/M7/Ziff. 2.1.2.

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Wenn der Arbeitnehmer zwar zeitweise oder ständig im Ausland beschäftigt, die arbeitsrechtlichen Verpflichtungen des Auslandseinsatzes aber mit dem deutschen Arbeitgeber geregelt sind (Einvertragsmodell300). Der Ort der Erbringung der Arbeitsleistung ist für die Insolvenzsicherung ohne Belang. Es muss nur die Verbindung zur deutschen bzw. luxemburgischen Wirtschafts- und Sozialordnung gewahrt bleiben. Wenn der Arbeitnehmer zwar im Wege der Entsendung befristet durch separaten Arbeitsvertrag in ein ausländisches Unternehmen (Arbeitgeber) eingegliedert wurde (bspw. im Mehrvertragsmodell301) ■ das Arbeitsverhältnis mit dem inländischen Arbeitgeber jedoch aufgrund einer Ruhendvereinbarung302 ruht (vgl. hierzu auch 300/M 5 Ziff. 3.1 bis 3.2.3.2) und ■ in der Entsendungsvereinbarung festgelegt wurde, dass die Versorgungszusage fortgeführt wird und ■ die Beschäftigungszeiten bei dem ausländischen Arbeitgeber auf die Betriebszugehörigkeit im Inland angerechnet werden. ■ Dabei bedeutet Entsendung nach Ansicht des PSV die vertraglich vereinbarte, vorübergehende Zuweisung zu einem anderen Betrieb. Von einem ruhenden Arbeitsverhältnis kann danach ausgegangen werden, wenn die Entsendung zum ausländischen Arbeitgeber entweder von vornherein zeitlich oder durch die Erfüllung eines Zwecks begrenzt ist; dadurch bleibt die Verbindung zur deutschen bzw. luxemburgischen Wirtschafts- und Sozialordnung gewahrt. ■ Für die wirksame Vereinbarung eines ruhenden Arbeitsverhältnisses im Rahmen einer Entsendungsvereinbarung ist eine inländische Vorlaufzeit des Arbeitsverhältnisses nicht erforderlich. Diese Auffassung des PSV deckt sich mit der Rechtsprechung des BAG für Konzern-Sachverhalte, in denen das Arbeitsverhältnis zur deutschen Konzernobergesellschaft ruhend gestellt und mit der ausländischen Tochtergesellschaft ein zweites begründet wird.303 Wenn die gewöhnliche Arbeitsverrichtung des Arbeitnehmers für eine deutsche oder luxemburgische Betriebsstätte/ unselbständige Zweigniederlassung eines ausländischen Arbeitgebers erfolgt. ■ Diese Konstellation stellt auf den Ort der Betriebsstätte ab und somit auf den Ort, an dem die Arbeit gewöhnlich verrichtet wird, Art. 8 Abs. 2 S. 1; Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB. Befindet sich diese in Deutschland oder Luxem-

_____ 300 Rn. 375. 301 Rn. 377 f. 302 Rn. 377. 303 BAG, Urt. v. 25.10.1988 – 3 AZR 64/87 = DB 1989, 278.

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burg und wurde im Rahmen der für diese Betriebsstätte bestehenden Tätigkeit eine Versorgungszusage deutschen Rechts begründet, so besteht gesetzlicher Insolvenzschutz. Im Konzernverbund gelten die gleichen Grundsätze. Der PSV stellt auf die rechtliche Selbständigkeit der einzelnen Konzernarbeitgeber ab. So kann die deutsche Konzernmutter nicht durch eine Versorgungsordnung ausländische Tochtergesellschaften in den deutschen Insolvenzschutz einbeziehen.

Praxistipp 3 Eine Ruhendvereinbarung304 sollte die Vorgaben des PSV-Merkblattes 300/ M6 möglichst exakt erfüllen und insbesondere die zeitliche bzw. sachliche Befristung der Auslandstätigkeit nachvollziehbar zum Ausdruck bringen.

bb) Unverfallbarkeit Es ist zwischen der Unverfallbarkeit dem Grunde (§ 1b BetrAVG bzw. § 22 BetrAVG) 440 und der Höhe nach (§ 2 BetrAVG) zu differenzieren.305 Solange ein (ggf. ruhendes) Arbeitsverhältnis nach deutschem Recht besteht, prägt dieses die gesetzliche Unverfallbarkeit dem Grunde nach. Für die Zusagedauer (und die Betriebszugehörigkeit) ist es dann unbeachtlich, dass der Arbeitnehmer zeitweise im Ausland tätig war.306 Endet das Arbeitsverhältnis in Deutschland, ist auch die Unverfallbarkeitsfrist unterbrochen. Mit Blick auf die Höhe der unverfallbaren Anwartschaften können sich z.B. bei 441 endgehaltsabhängigen Zusagen307 Probleme ergeben. Ruht das deutsche Arbeitsverhältnis und wird im Ausland ein erheblich höheres Gehalt fällig, so kann daraus grundsätzlich auch eine höhere Betriebsrente resultieren, wenn die Ruhendvereinbarung insoweit uneindeutig ist, da dies in der Regel zulasten des Arbeitgebers geht, § 305c Abs. 2 BGB.308 Das wirkt sich bei vorzeitigem Ausscheiden auf die Unverfallbarkeit der Höhe nach aus. Die seit 1.1.2018 bestehende Dynamisierungspflicht für unverfallbare Anwartschaften gemäß § 2a BetrAVG kann das Problem zusätzlich verschärfen, wenn z.B. auf die Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmer abgestellt werden soll,309 es aber aufgrund der Auslandstätigkeit an vergleichbaren Arbeitnehmern fehlt.

_____ 304 Siehe auch Rn. 377 305 Kap. 8 Rn. 3 ff., 49 ff. 306 Vgl. § 1b Abs. 1 S. 6 BetrAVG. 307 Siehe bspw. Kap. 1 Rn. 102. 308 BAG, Urt. v. 17.4.2013 – 10 AZR 281/12 = NJW 2013, 3051. 309 Kap. 8 Rn. 99.

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3 Praxistipp Die Ruhendvereinbarung310 sollte grundsätzlich auch Regelungen zur bAV enthalten. Erforderlichenfalls sollte sie bspw. alle Bemessungsgrundlagen zur Ermittlung der Betriebsrente definieren. Bei endgehaltsabhängigen Zusagen ist u.a. auf die Dynamisierung unverfallbarer Anwartschaften einzugehen, die gem. § 2a Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG z.B. 1% p.a. betragen kann.

cc) Übertragung von Versorgungsverpflichtungen 442 Wird das deutsche Arbeitsverhältnis während eines Auslandsaufenthaltes beendet,

so richtet sich die Übertragbarkeit der Anwartschaften aus einer bAV auf einen Folgearbeitgeber nach § 4 BetrAVG.311 Handelt es sich um eine nach dem BetrAVG gesetzlich verfallbare Anwart443 schaft, ist eine schuldbefreiende Übertragung in jedweder Form, auch auf einen ausländischen Arbeitgeber, grundsätzlich möglich. Besteht nach dem BetrAVG eine unverfallbare Anwartschaft, so dürfte die Übertragung der Zusage auf ein ausländischen Normen unterliegendes Folgearbeitsverhältnis hingegen für den deutschen Arbeitgeber in der Regel nicht schuldbefreiend sein. Ansonsten würde der Insolvenzschutz, dem jede nach §§ 7 ff. BetrAVG geschützte unverfallbare Anwartschaft unterliegt, zu Lasten des Arbeitnehmers ausgehöhlt.312 Etwas anderes mag dann gelten, wenn der ausländische Arbeitgeber seinerseits an den deutschen Insolvenzschutz gebunden ist (z.B. durch wirksame Rechtswahlvereinbarung).

dd) Abfindung 444 Besteht das Arbeitsverhältnis in Deutschland während einer Auslandstätigkeit fort,

so kann im Einvernehmen auch eine Abfindung der damit verbundenen Versorgungszusage erfolgen. Wird das deutsche Arbeitsverhältnis beendet, gilt für gesetzlich unverfallbare Anwartschaften das Abfindungsverbot nach § 3 BetrAVG mit dessen engen Ausnahmetatbeständen.313

ee) Rechtsanspruch auf vorzeitige Altersleistung 445 § 6 BetrAVG setzt den Bezug einer Vollrente aus der gesetzlichen (deutschen) Ren-

tenversicherung voraus.314 Bezieht der Arbeitnehmer eine gesetzliche Rente aus einer ausländischen Sozialversicherung, den er während einer Tätigkeit im Aus-

_____ 310 Rn. 377. 311 Kap. 8 Rn. 449 ff. 312 Höfer/de Groot/Küpper/Reich/de Groot, BetrAVG, Bd. I, Kap. 10, Rn. 226. 313 Kap. 8 Rn. 101 ff. 314 Kap. 8 Rn. 149.

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land erworben hat, ist ihm der Rechtsanspruch auf eine vorzeitige Betriebsrente gem. § 6 BetrAVG verwehrt. Soll er in diesem Fall dennoch bereits eine vorzeitige Altersleistung beanspruchen können, bedarf es einer vertraglichen Sonderregelung.

ff) Anpassungsprüfungspflicht Unabhängig davon, ob der Rentenbezieher im In- oder Ausland lebt, gilt § 16 446 BetrAVG315 auch für die während der Auslandstätigkeit erworbenen Ansprüche aufgrund einer deutschem Recht unterliegenden Versorgungszusage. Gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG sind bei der Rentenanpassungsprüfung die Belange 447 des Versorgungsberechtigten zu berücksichtigen.316 Dabei muss es außer Acht bleiben, wenn etwa im Ausland die Lebenshaltungskosten stark gestiegen sind. Dieses Risiko kann nach Beendigung der Entsendung nicht der Arbeitgeber tragen. Die Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 2 BetrAVG gilt als erfüllt, wenn der Arbeitgeber nach dem deutschen Verbraucherpreisindex anpasst.

gg) Anrechnung ausländischer Versorgung Es kann vereinbart werden, dass im Ausland erworbene sozialversicherungsrechtli- 448 che Rentenansprüche auf die deutsche Betriebsrente angerechnet werden. Ist deutsches Recht anwendbar, so ist dabei § 5 BetrAVG zu beachten, nach dem die anzurechnenden Ansprüche nicht ausschließlich317 auf eigenen Beiträgen des Arbeitnehmers beruhen dürfen (vgl. § 5 Abs. 2 BetrAVG.318 Sieht die Anrechnungsklausel ohne weitere Spezifizierung lediglich eine Berücksichtigung der „gesetzlichen Rente“ vor, kann darunter auch eine im Ausland erworbene Anwartschaft fallen, wenn diese ähnlich der deutschen Sozialversicherung finanziert wurde.319 Praxistipp 3 Es empfiehlt sich auch insoweit stets eine konkrete Abrede, die dem Auslandssachverhalt Rechnung trägt. Dabei sind die Schranken von § 5 Abs. 2 BetrAVG zu beachten, so dass ausschließlich oder überwiegend auf Eigenbeiträgen beruhende Auslandsrenten nicht Gegenstand der Anrechnung sein dürfen. Dies dürfte ebenfalls für Rentensysteme gelten, die zwar nicht ausschließlich, aber überwiegend vom Arbeitnehmer finanziert werden.

_____ 315 Kap. 8 Rn. 386 ff. 316 Kap. 8 Rn. 405 ff. 317 Vertiefend: BAG, Urt. v. 11.12.2018 – 3 AZR 453/17. 318 Kap. 1 Rn. 262 ff. 319 BAG, Urt. v. 27.11.1984 – 3 AZR 436/81 = BB 1985, 1795.

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hh) Leistungshöhe 449 Die Vereinbarung der Parteien über eine Auslandstätigkeit sollte bspw. auch Rege-

lungen darüber enthalten, welchen Einfluss im Ausland geleistete Dienstzeiten oder das während dieser Zeit bezogene Entgelt auf die Leistungshöhe haben. Diese Problematik stellt sich insbesondere bei beitragsorientierten Zusagen, 450 so bspw. bei Bausteinsystemen und endgehaltsabhängigen Zusagen oder Zusagen mit einer Durchschnittsbetrachtung.320 Fehlt es an einer stringenten Regelung, so läuft der Arbeitgeber Gefahr, die nicht selten deutlich erhöhten Auslandsbezüge in der Rentenphase berücksichtigen zu müssen. Maßgeblich ist nach dem BAG eine einzelfallbezogene Vertragsauslegung nach §§ 133, 145 BGB.321 Enthält ein Ruhendvertrag keinerlei Einschränkung, so dürfte das Auslandsgehalt in aller Regel zu berücksichtigen sein. Ein stark erhöhtes Auslandsgehalt ist allerdings weniger Ausdruck eines gestie451 genen Lebensstandards, der durch eine bAV erhalten werden soll. Denn Gehaltssteigerungen im Ausland dienen überwiegend der Kompensation von Nachteilen, die mit der Verlagerung der Lebensführung dorthin verbunden sind. Daher sollte abgewogen werden, ob auslandsbedingte Gehaltssteigerungen rentenwirksam sein sollten.

b) Subjektive Anknüpfung (Rechtswahl) 452 Haben die Parteien im Falle einer grenzüberschreitenden Tätigkeit eine Rechtswahl-

vereinbarung getroffen, so findet auf das Versorgungsverhältnis im Rahmen der Vorgaben der Rom I-VO bzw. des EGBGB grundsätzlich das gewählte Recht Anwendung.322

aa) Wahl des deutschen Rechts 453 Wenn nach objektiven Kriterien die ausländische Rechtsordnung Anwendung findet, die Parteien aber die Geltung deutschen Arbeitsrechts bzw. des BetrAVG subjektiv vereinbaren, so kann die Versorgungszusage nach dem deutschen Rechtsrahmen ausgestaltet werden. Die Rechtswahl kann sich grundsätzlich auf das gesamte BetrAVG oder auf einzelne Vorschriften beziehen. Dabei sind aber die Grenzen des Art. 8 Abs. 2 S. 1 Rom I-VO bzw. des Art. 30 Abs. 1 EGBGB zu beachten.323

_____ 320 Siehe bspw. Kap. 1 Rn. 102. 321 BAG, Urt. v. 2.12.1986 – 3 AZR 312/86 = BB 1987, 1467. 322 Rn. 407 ff. 323 Rn. 412.

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Beispiel 5 Vereinbaren die Parteien die Geltung des gesamten BetrAVG, bedarf es bspw. zur Nutzung einer reinen Beitragszusage nach § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG eines einschlägigen Tarifvertrags.

Im Hinblick auf die einzelnen Vorschriften des BetrAVG gilt grundsätzlich das oben 454 Gesagte.324 Allerdings ist mit Blick auf den gesetzlichen Insolvenzschutz gem. §§ 7 ff BetrAVG das Folgende zu beachten: Unterliegt das Arbeitsverhältnis nach objektiven Kriterien ausländischem Recht, führt die Rechtswahl zugunsten des BetrAVG nach Ansicht des PSV nur dann zu Insolvenzschutz, wenn sich die Wahl auf das gesamte BetrAVG bezieht.325

bb) Wahl des ausländischen Rechts Es ist den Parteien in den Grenzen des Art. 8 Abs. 2 S. 1 Rom I-VO bzw. des Art. 30 455 Abs. 1 EGBGB auch möglich, im Falle eines objektiv anwendbaren deutschen Rechts für die bAV, die Anwendung ausländischen Rechts vollständig oder teilweise zu vereinbaren. Dann richten sich die Gestaltungsmöglichkeiten für die Versorgungszusage nach dem vereinbarten ausländischen Recht. Sollten die Regelungen des BetrAVG vollständig abbedungen werden, so 456 empfiehlt es sich (abhängig vom Inhalt des vereinbarten ausländischen Rechts) mindestens vertragliche Regelungen zu treffen: ■ zur Leistungshöhe, ■ zur Unverfallbarkeit der Anwartschaften dem Grund und der Höhe nach, ■ zu Abfindung, Übertragbarkeit und möglicher Anrechnung von Sozialversicherungsrenten sowie zu einer vorzeitigen Altersleistung, ■ zum Insolvenzschutz, ■ zur Anpassung der laufenden Leistungen. Praxistipp 3 Grundsätzlich sollten die Parteien dann, wenn die Geltung gesetzlichen Insolvenzschutzes mit Rechtsunsicherheiten verbunden ist, (zusätzlich) einen vertraglichen Insolvenzschutz einrichten (bspw. Verpfändungsmodell oder CTA)326 bzw. externe Durchführungswege nutzen, deren Leistungen einem Massezugriff entzogen sind (z.B. Unterstützungskasse).

7. Checkliste Vereinbarung zur bAV Wie bereits erwähnt, empfiehlt es sich insbesondere im Fall einer Entsendung, Rege- 457 lungen zu einer bestehenden inländischen Versorgungszusage zu treffen. Das betrifft

_____ 324 Rn. 432. 325 PSV-Merkblatt 300/M 6 Ziffer 2.3. 326 Kap. 8 Rn. 303 ff.

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Entsendungen, in denen das bisherige Arbeitsverhältnis fortgesetzt wird, was vor allem im Bereich der kurzfristigen Entsendungen der Fall ist.327 Entsendungen, in denen eine Ruhendstellung des deutschen Arbeitsvertrages erfolgt und mit dem aufnehmenden Arbeitgeber ein eigenes Arbeitsverhältnis begründet wird. ■ Versetzungen, in denen das bisherige Arbeitsverhältnis endet und mit dem

3 Checkliste In eine Vereinbarung zur bAV im Rahmen einer Entsendung/Versetzung sollten – je nach den Umständen des Einzelfalls – u.a. folgende Punkte aufgenommen werden: ■ Um welche Art der Entsendung/Versetzung handelt es sich bzw. welchem Zweck unterliegt sie (abgrenzbares Projekt)? ■ Soll mit Blick auf den Arbeitsvertrag bzw. auf das Versorgungsverhältnis eine Rechtswahl getroffen werden? Sollen im Falle einer Rechtswahl des deutschen Rechts (nur) bestimmte Regelungen des BetrAVG für die Zeit des Auslandeinsatzes angewendet werden? ■ (Wie) wird die Versorgungszusage fortgeführt? Falls sie fortgeführt wird, soll sie mit Blick auf den Auslandseinsatz angepasst werden? ■ Welche Dienstzeiten und welche Gehaltsbestandteile im Ausland sollen maßgeblich für die bAV sein (Fragen für die Bewertung von Bemessungsgrundlagen sowie der Leistungshöhe der bAV)? ■ Sollen im Ausland erworbene Zusatzversorgung oder Sozialversicherungsrenten auf die deutsche bAV angerechnet werden? ■ Soll ein vertraglicher Insolvenzschutz vereinbart werden? Diese Frage ist insbesondere von Bedeutung, wenn nicht eindeutig ist, ob aufgrund der Entsendungskonstellation der Insolvenzschutz vom PSV getragen wird.

8. Rechtsweg 458 Nicht nur das anwendbare materielle Recht, sondern auch die gerichtliche Zustän-

digkeit richtet sich in grenzüberschreitenden Konstellationen unmittelbar nach europäischem Recht, nämlich nach der „Brüssel Ia-VO, auch EuGVVO“ genannt.328

a) Anwendungsbereich 459 Die Brüssel Ia-VO gilt in Zivil- und Handelssachen, Art. 1 Abs. 1 Brüssel Ia-VO, also auch mit Blick auf Arbeitsverträge und Versorgungszusagen. Voraussetzung für die Eröffnung des räumlichen Anwendungsbereichs ist das Vorliegen eines grenzüberschreitenden Tatbestandes, so bspw., dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer ihren Sitz bzw. Wohnsitz in unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten haben.

_____ 327 Rn. 370. 328 Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Rates vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Neufassung) ABl.EU 2012 L351,1.

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b) Bestimmungen zur Zuständigkeit Grundsätzlich sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen, Art. 1 Abs. 1 Brüssel Ia-VO. Für die arbeitsrechtlichen Beziehungen existieren aber Sondervorschriften. Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer lediglich in dem Mitgliedstaat verklagen, in dem der Arbeitnehmer ansässig ist (Art. 22 Abs. 1 Brüssel Ia-VO). Der Arbeitnehmer kann den Arbeitgeber an dessen Sitz verklagen (Art. 21 Abs. 1 Buchst. a Brüssel Ia-VO i.V.m. Art. 63 Brüssel Ia-VO). Hat er keinen Sitz in einem Mitgliedstaat kann er auch in dem Mitgliedstaat verklagt werden, in dem er eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung hat (Art. 20 Abs. 2 Brüssel Ia-VO). Zusätzlich kann der Arbeitnehmer den Arbeitgeber in dem Staat verklagen, in dem er gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat (Art. 21 Abs. 1 Buchst. b Ziffer i Brüssel Ia-VO). Selbst wenn der Arbeitgeber keinerlei Sitz im Hoheitsgebiet der EU hat, kann er damit grundsätzlich vor einem EU-Gericht verklagt werden. Kann kein gewöhnlicher Arbeitsort festgestellt werden, ist der Ort der einstellenden Niederlassung Gerichtsstand (Art. 21 Abs. 1 Buchst. b Ziff. ii Brüssel Ia-VO). Gerichtsstandvereinbarungen sind nur zulässig, wenn die Vereinbarung nach Entstehen des Rechtsstreits getroffen wird oder wenn dem Arbeitnehmer darin das Wahlrecht eingeräumt wird, neben dem zuständigen Gericht auch andere Gerichte anzurufen (Art. 23 Nr. 2 Brüssel Ia-VO). Außerhalb der EU richtet sich die gerichtliche Zuständigkeit nach dem jeweiligen nationalen Recht.329

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9. EU-einheitliche Rahmenbedingungen a) Allgemein Die EU hat sich zunehmend auch der Harmonisierung des Rechtsrahmens für die 465 bAV angenommen. Aufgrund des in Teilbereichen kongruenten Rechtsrahmens ist es für Unternehmen auf EU-Ebene theoretisch möglich, ein in Grundzügen einheitliches Versorgungssystem zu schaffen. Die Harmonisierung betrifft das Arbeitsrecht, aber auch u.a. das Aufsichtsrecht für Versicherungsunternehmen (Lebensversicherungs-Richtlinie330 und Pensionsfonds-Richtlinie331). Für den Umgang

_____ 329 Müko-ZPO/Patzina, § 12 Rn. 57 ff., 82 ff. 330 3. Lebensversicherungs-Richtlinie (3. Durchführungsgesetz/EWG zum VAG 21.7.1994, BGBl. I S. 1630). 331 Pensionsfonds-Richtlinie (Richtlinie 2003/41/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3.6.2003.

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mit grenzüberschreitender bAV innerhalb der EU sind daher Kenntnisse über die vereinheitlichten Bereiche sinnvoll, um den bAV-Rechtsrahmen des Zielstaates einschätzen zu können.

b) EU-Vertrag aa) Art. 45 AEUV 466 Das Verbot der an die Staatsangehörigkeit anknüpfenden Ungleichbehandlung hinsichtlich der Beschäftigung, Entlohnung oder sonstiger Arbeitsbedingungen enthält Art. 45 des Vertrags über die Arbeitsweise in der Europäischen Union (AEUV). Geschützt ist neben der Gleichbehandlung gleichermaßen die Freizügigkeit 467 unabhängig von der Nationalität. Art. 45 AEUV hat eine unmittelbare Drittwirkung auch für die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.332 Aufgrund von Art. 45 AEUV hat der EuGH eine tarifvertragliche Norm für unwirksam erklärt, die Dienstzeiten eines Arbeitnehmers aberkannte, die dieser aufgrund eines unverändert geltenden Arbeitsvertrages in einem anderen Mitgliedsstaat ableistete. Die damit verbundene Kürzung der Betriebsrente verstieß gegen Art. 45 AEUV.333

bb) Art. 157 AEUV (vormals Art. 141 EG) 468 Der Grundsatz der Entgeltgleichheit für beide Geschlechter bei gleicher oder gleich-

wertiger Tätigkeit gilt auch in der bAV. Auch hier besteht eine unmittelbare Drittwirkung. c) Richtlinien aa) „Freizügigkeits-Richtlinie“ (Richtlinie 98/49/EG) 469 Die Freizügigkeits-Richtlinie adressiert die bAV. Sie hat das Ziel, Hindernisse abzubauen, die beim Wechsel des Arbeitsplatzes von einem Mitgliedstaat zum anderen durch die bAV entstehen. Die Richtlinie stellt in Art. 4 S. 1 klar, dass Anwartschaften von Arbeitnehmern 470 oder Selbständigen, die von einem Mitgliedstaat in einen anderen wechseln, in gleicher Weise aufrechtzuerhalten sind wie beim Wechsel im Inland. Die Richtlinie mündete in § 1b Abs. 1 S. 6 BetrAVG. Art. 5 verlangt, dass der Bezug fälliger Ansprüche auch im EU-Ausland möglich sein muss. Nach Art. 6 Abs. 1 ist sicherzustellen, dass während einer Entsendung in einen 471 anderen Mitgliedstaat die Beitragszahlung in das „bisherige Versorgungssys-

_____ 332 EuGH 28.6.2012 – C-172/11 = NZA 2012, 863 Rn. 36; ErfK/Wißmann, § 20 AEUV Rn. 16. 333 EuGH, Urt. v. 10.3.2011 – C-379/09 (Casteels).

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tem“ möglich ist. Zugleich müssen gem. Art. 6 Abs. 2 während der Fortzahlung von Beiträgen im bisherigen Versorgungssystem keine Beiträge in ein betriebliches Versorgungssystem im Zielstaat aufgebracht werden. Beispiel 5 Wird ein deutscher Mitarbeiter mit einer Zusatzversorgung in die Niederlande entsandt, kann für die Zeit der Entsendung ein Beitrag zur deutschen bAV fortgezahlt werden, Art. 3 e) FreizügigkeitsRichtlinie. Unerheblich ist, wer den Beitrag finanziert (Arbeitgeber oder Arbeitnehmer). In den Niederlanden ist der Arbeitnehmer von Beitragszahlungen in ein möglicherweise bestehendes Zusatzversorgungssystem entbunden. Die für die Freizügigkeit wichtige Frage, wie die Beitragszahlung zu versteuern ist, ist grundsätzlich nicht Gegenstand der Richtlinie.

bb) „Insolvenzschutz-Richtlinie“ (Richtlinie 2008/94/EG) Eine Verpflichtung zur Umsetzung von Maßnahmen zur Erhaltung von Ansprüchen 472 und Anwartschaften der bAV bei Zahlungsunfähigkeit enthielt erstmals die Richtlinie 80/987/EWG. Für Deutschland, das gesetzlichen Insolvenzschutz mit dem PSV seit 1974 gewährt, ergaben sich keine Änderungen. Die novellierte Richtlinie 2008/94/EG berücksichtigt auch grenzüberschrei- 473 tende Sachverhalte (Art. 9), wonach für die Insolvenzsicherung die Einrichtung des Mitgliedstaates zuständig ist, in dessen Hoheitsgebiet der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Tätigkeit verrichtet hat. Maßgeblich ist der Schutzumfang dieser Einrichtung. Zur Klärung der Frage, ob aus Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG eine Sicherungspflicht des PSV für Pensionskassenzusagen abzuleiten ist, hat das BAG den Europäischen Gerichtshof um eine Vorabentscheidung ersucht, in deren Rahmen der EuGH eine Insolvenzsicherungspflicht für Pensionskassen unter bestimmten Umständen bejahte.334

cc) „Mobilitäts-Richtlinie“ (Richtlinie 2014/50/EU) Nach einigen Anläufen trat am 16.4.2014 die „Richtlinie über Mindestvorschriften 474 zur Erhöhung der Mobilität von Arbeitnehmern zwischen den Mitgliedstaaten durch Verbesserung des Erwerbs und der Wahrung von Zusatzrentenansprüchen“ in Kraft.335 Die Mobilitäts-Richtlinie schafft einen einheitlichen Rechtsrahmen für grenz- 475 überschreitende Fälle, in denen der Arbeitnehmer von einem Mitgliedstaat in einen anderen wechselt. Allerdings hat der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben der Mobilitäts-Richtlinie ganz überwiegend auch auf rein innerstaatliche Sachverhalte erwei-

_____ 334 BAG, Beschl. v. 20.2.2018 – 3 AZR 142/16 – EuGH, Urt. v. 19.12.2019, Az. C-168/18. 335 Abl.EU L 128/1 v. 30.4.2014.

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tert durch das „Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie“ vom 21.12. 2015,336 das am 1.1.2018 in Kraft getreten ist. Im Wesentlichen wurden mit der „Mobilitäts-Richtlinie“ vier Bereiche gere476 gelt: ■ Unverfallbarkeit dem Grunde nach ■ Die Unverfallbarkeitsfristen für die arbeitgeberfinanzierte bAV wurden weiter abgesenkt auf inzwischen 3 Jahre Zusagedauer bei einem Mindestalter von 21 Jahren (Art. 4 der Richtlinie).337 ■ Die vom ausscheidenden Arbeitnehmer gezahlten Beiträge (Entgeltumwandlung) sind, falls nach nationalem Recht nicht unverfallbar, dem Arbeitnehmer zu erstatten. Für das BetrAVG (§ 1b Abs. 5) ergaben sich damit keine Änderungen.338 ■ Wahrung unverfallbarer Anwartschaften ■ Unverfallbar ausgeschiedene Arbeitnehmer dürfen im Hinblick auf den Wert der unverfallbaren Anwartschaft nicht schlechter gestellt werden als vergleichbare aktive Arbeitnehmer, Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie. Abhängig vom Versorgungssystem kann damit für unverfallbare Anwartschaften eine Dynamisierungspflicht entstehen. ■ Für unverfallbare Anwartschaften aus Versorgungssystemen mit einem Nominalwert ist das nicht der Fall. Darunter fallen Festbetragszusagen (z.B.: „Mit Eintritt des Versorgungsfalls erhält der Arbeitnehmer 15 EUR pro abgeleistetes Dienstjahr“ oder „Sie erhalten mit Vollendung der Altersgrenze 200,– EUR mtl.“). ■ Anders sieht es aus, wenn die Zusage einer Anwartschaftsdynamik unterliegt, wie es besonders bei endgehaltsabhängigen Zusagen der Fall ist.339 Davon sollen nicht nur Aktive, sondern genauso unverfallbar Ausgeschiedene profitieren. Nach Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie erfüllt ein Versorgungssystem diese Pflicht u.a., wenn unverfallbare Anwartschaften von einer bestimmten Verzinsung oder Kapitalrendite profitieren. Daneben ist eine Anpassung entsprechend der Inflationsrate oder des Lohnniveaus (ähnlich dem § 16 Abs. 2 BetrAVG) ausreichend. Die Anforderungen des Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie wurde durch § 2a Abs. 2 BetrAVG ins deutsche Recht umgesetzt.340 ■ Abfindungsverbot ■ Im direkten Zusammenhang mit der Wahrung unverfallbarer Anwartschaften steht das Abfindungsverbot aus Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie. Die Abfin-

_____ 336 BGBl. I 2015 S. 2553. 337 Kap. 8 Rn. 3 ff. 338 Kap. 8 Rn. 43 ff. 339 Siehe bspw. Kap. 1 Rn. 102. 340 Kap. 8 Rn. 94 ff.

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dung von unverfallbaren Anwartschaften ist nur bis zu geringen Schwellenwerten möglich (z.B. sog. Bagatellanwartschaften nach § 3 Abs. 2 S. 1 BetrAVG341). Eine Abfindung bedarf stets der Zustimmung des Arbeitnehmers. Im deutschen Recht gilt das aber nach § 3 Abs. 2 S. 3 BetrAVG nur bei EU-grenzüberschreitenden Sachverhalten und nicht für reine Inlandssachverhalte.342 Informationspflichten ■ Die Richtlinie enthält umfangreiche Informationsrechte des Arbeitnehmers (Art. 6 Richtlinie). Der Arbeitgeber oder der Versorgungsträger sind verpflichtet, dem Arbeitnehmer schriftlich, verständlich und in angemessener Frist auf dessen Verlangen mitzuteilen, ob und wie die Betriebsrentenanwartschaft erworben wird, wie hoch sie ist, wie sich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf sie auswirkt und wie sie sich anschließend weiterentwickelt. Die Umsetzung erfolgte im deutschen Recht in § 4a BetrAVG.343

III. Sozialversicherungsrechtlicher Rahmen Bei einer Entsendung oder einer Versetzung ins Ausland stellt sich stets auch die 477 Frage nach der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung der bAV, die im Inland fortbesteht oder im Tätigkeitsstaat begründet wird.

1. Allgemein Im Sozialversicherungsrecht gilt grundsätzlich das Territorialitätsprinzip. Die so- 478 ziale Sicherung erfasst solche Beschäftigungsverhältnisse, die im staatlichen Hoheitsgebiet durchgeführt werden, so auch im deutschen Recht (§ 3 Nr. 1 SGB IV). Daher richtet sich die beitragsrechtliche Behandlung der bAV in der Anwartschaftsphase nach dem jeweiligen Sozialversicherungsstatut im Beschäftigungsstaat. Ausnahmen erfährt das Territorialitätsprinzip lediglich in Fällen der Ein- und Ausstrahlung (§§ 4, 5 SGB IV).344 In Fällen kurzfristiger Auslandstätigkeit sollen auf diese Weise Durchbrechungen und Lücken bei der sozialen Sicherung vermieden werden. Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts verdrängen jedoch die 479 Bestimmungen zur Ein- und Ausstrahlung (§ 6 SGB IV). Dies ist besonders im Rah-

_____ 341 Siehe Kap. 8 Rn. 113 ff. 342 Siehe Kap. 8 Rn. 120. 343 Kap. 1 Rn. 740 ff. 344 Rn. 480 ff.

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men von grenzüberschreitenden Sachverhalten innerhalb der EU von großer praktischer Relevanz. Hier ist die Verordnung Nr. 883/04345 anzuwenden.346

2. Grenzüberschreitende Sachverhalte außerhalb der EU a) Ausstrahlung 480 Das deutsche Sozialversicherungsrecht gilt ausnahmsweise auch für inländisch Be-

schäftigte, die ins Ausland entsendet werden, „wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist“ (§ 4 Abs. 1 SGB IV). Die Befristung muss von Beginn an feststehen.347 Eine Ausstrahlung liegt auch bei mehreren Entsendungen hintereinander in verschiedene Staaten vor und selbst dann, wenn das inländische Beschäftigungsverhältnis eigens für die Entsendung begründet wurde.348 Ein inländisches Beschäftigungsverhältnis erfordert die unveränderte, organi481 satorische Eingliederung der entsendeten Person in den inländischen Betrieb. Hier ist primär auf das Weisungsrecht und die Gehaltszahlungspflicht des inländischen Arbeitgebers abzustellen.349 5 Beispiel Die Entsendung einer Arbeitnehmerin zu einer ausländischen Tochtergesellschaft, mit dem Zweck der Errichtung einer Windkraftanlage, erfüllt die Voraussetzungen der Ausstrahlung (§ 4 SGB IV). Es gilt das deutsche Sozialversicherungsrecht für Beiträge, die zugunsten der Arbeitnehmerin in Deutschland während der Entsendung aufgrund einer bestehenden Zusage der Unterstützungskasse zugewandt werden. Zuwendungen des Arbeitgebers sind mithin beitragsfrei.350

b) Einstrahlung 482 Spiegelbildlich sorgt § 5 SGB IV dafür, dass nach Deutschland befristet entsendete

Arbeitnehmer, die unverändert organisatorisch in den ausländischen Betrieb eingegliedert sind, nach deutschem Recht sozialversicherungsfrei sind. Ähnlich zur Ausstrahlung ist auch hier entscheidend, ob der Arbeitneh483 mer Weisungen aus dem Ausland erhält und auch von dort seine Vergütung be-

_____ 345 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl.EU L 200, zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndVO (EU) 2017/492 vom 21.3.2017 (ABl.EU L 76). 346 Rn. 487. 347 BSG, Urt. v. 5.12.2006, B 11a AL 3/06 R; Kreikebohm/Marschner SGB IV, § 4 Rn. 13. 348 BT-Drucks. 7/4122, S. 30. 349 Vgl. § 7 SGB IV; BSG, Urt. v. 11.12.1990, 1 RR 3/89. 350 Kap. 3 Rn. 5.

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zieht.351 In der Praxis wird häufig geprüft, ob der inländische Betrieb das Arbeitsentgelt steuerlich als Betriebsausgabe geltend macht.

c) Sozialversicherungsabkommen Regelungen zur Ein- und Ausstrahlung gem. §§ 4 ff. SGB IV werden von Regelungen 484 des über- und zwischenstaatlichen Rechts verdrängt (§ 6 SGB IV). Für Entsendungen in Staaten außerhalb der EU ist die Existenz von sog. Sozialversicherungsabkommen (SVA) wichtig.352 Diese regeln die beitragsrechtliche Behandlung der Einkünfte von Arbeitnehmern, die im jeweils anderen Vertragsstaat beschäftigt sind. Deren wesentliches Ziel besteht darin, Doppelversicherungen zu vermeiden. Der sachliche Anwendungsbereich der SVA erfasst jedoch nicht in allen Fällen 485 sämtliche Zweige der Sozialversicherung. So ist bspw. nach Art. 2 Nr. 2 SVA China353 mit Bezug auf Deutschland lediglich die gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) und die Arbeitsförderung (SGB III) von den Vereinbarungen erfasst. In der Regel richtet sich die Versicherungspflicht von Arbeitnehmern nach den 486 Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, in dem sie beschäftigt sind (bspw. Art. 3 SVA China). Des Weiteren enthalten die SVA regelmäßig auch Bestimmungen zur Behandlung entsandter Arbeitnehmer. Ähnlich wie in § 4 SGB IV gilt im Falle einer Entsendung regelmäßig das Recht des Staates, aus dem der Arbeitnehmer entsandt wurde (bspw. Art. 4 SVA China).

3. Grenzüberschreitende Sachverhalte innerhalb der EU/EWR Die allgemeinen Regeln zur Ein- und Ausstrahlung gem. §§ 4 ff. SGB IV werden für 487 grenzüberschreitende Entsendungen innerhalb der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums354 durch die Verordnung 883/04 verdrängt.355

_____ 351 Rn. 481. 352 Siehe für eine Übersicht der bestehenden Abkommen: https://www.deutsche-rentenversiche rung.de/DRV/DE/Rente/Ausland/Sozialversicherungsabkommen/sozialversicherungsabkommen_ detailseite.html. 353 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China über die Sozialversicherung vom 12.7.2001 (BGBl. 2002, Teil II, Nummer 3, S. 83 ff.). 354 Dazu zählen die EU-Mitgliedstaaten sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und eingeschränkt die Schweiz. 355 Abweichend von der VO 883/04 gilt im Verhältnis zu Island, Liechtenstein, Norwegen und zur Schweiz weiterhin die bis zum 30. April 2010 geltende Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14.6.1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu– und abwandern (Konsolidierte Fassung — ABl. Nr. L 28 vom 30.1.1997). Dort ist eine maximale Entsendungsdauer von 12 Monaten festgelegt, wobei eine Verlängerung möglich ist.

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a) Anwendungsbereich der VO 883/04 488 Der persönliche Anwendungsbereich der Verordnung erstreckt sich auf Staats-

angehörige der Mitgliedstaaten, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie auf deren Familienangehörigen und Hinterbliebenen, Art. 2 Abs. 1 VO. Die VO gilt in gleicher Weise für Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat und deren Familienangehörige oder Hinterbliebene. Sie gilt weiterhin für Hinterbliebene von Personen, für die die Rechtsvorschrif489 ten eines oder mehrerer Mitgliedstaaten galten, und zwar ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit dieser Personen, wenn die Hinterbliebenen Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind oder als Staatenlose oder Flüchtlinge in einem Mitgliedstaat wohnen, Art. 2 Abs. 2 VO. 3 Praxistipp Voraussetzung für die Eröffnung des Anwendungsbereiches der VO ist es also, dass auf die genannten Personen ein grenzüberschreitender Sachverhalt, wie bspw. eine Entsendung, vorliegt. 490 Nach der sog. Drittstaatenverordnung356 gilt die VO 883/04 auch für Drittstaatsan-

gehörige, die ausschließlich aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht bereits unter die VO 883/04 fallen. Das gilt auch für deren Familienangehörige und Hinterbliebene, wenn sie ihren rechtmäßigen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben und sich in einer Lage befinden, die nicht ausschließlich einen einzigen Mitgliedstaat betrifft. 5 Beispiel Wenn ein türkischer Staatsbürger, der in einem deutschen Unternehmen in Deutschland beschäftigt ist, zur französischen Tochtergesellschaft dieses deutschen Unternehmens entsandt wird, so ist also nach der Drittstaatenverordnung der persönliche Anwendungsbereich der VO 883/04 für diesen Arbeitnehmer eröffnet. 491 Der sachliche Anwendungsbereich der VO 883/04 ist grundsätzlich für sämtliche

deutschen Sozialversicherungsvorschriften eröffnet, wobei die Besonderheiten des Anhangs XI zu beachten sind, Art. 3 Abs. 1, 2 VO.

_____ 356 Verordnung (EU) 1231/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Ausdehnung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 auf Drittstaatsangehörige, die ausschließlich aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht bereits unter diese Verordnungen fallen (ABl.EU L 344/1).

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b) Anwendbares Recht bei grenzüberschreitenden Tatbeständen Grundsätzlich unterliegen Personen, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung 492 oder selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, den sozialversicherungsrechtlichen Rechtsvorschriften dieses Mitgliedsstaates, Art. 11 Abs. 3 a) VO. Im Falle einer Entsendung bestehen allerdings abweichende Vorschriften. 493 Nach Art. 12 Abs. 1 VO 883/04 unterliegt der Arbeitnehmer der Sozialversicherung des Mitgliedstaates, aus dem er entsandt wurde, wenn: ■ ein Beschäftigungsverhältnis mit einem im Entsendungsstaat („Quellstaat“) ansässigen Unternehmen besteht, ■ es sich um eine Entsendung, also eine tatsächliche Bewegung aus dem Mitgliedstaat heraus, handelt, ■ die Entsendung von vornherein auf höchstens 24 Monate befristet ist, ■ kein Arbeitnehmer abgelöst wird, dessen Entsendezeit abgelaufen ist. Eine Verlängerung des Entsendezeitraums über 24 Monate hinaus ist nur bei ent- 494 sprechender Vereinbarung zwischen den zuständigen Sozialversicherungsträgern der Mitgliedstaaten möglich (Art. 16 VO 883/04). Zwischen zwei Entsendungen in denselben Mitgliedstaat ist eine Pause von mindestens zwei Monaten vor Beginn der neuerlichen Entsendung einzuhalten.357 Zur Vereinfachung des Verfahrens haben Mitgliedstaaten den Einsatz ein- 495 heitlicher Vordrucke vereinbart. Die gesetzliche Krankenkasse358 erstellt auf Antrag des Arbeitgebers zu diesem Zweck einen sog. Entsendeausweis (Formular A 1).359 Bei Entsendungen von Deutschland ins EU-Ausland bis maximal 24 Monate 496 bedeutet das für die bAV regelmäßig, dass weiterhin deutsches Recht gilt. Folglich ist der Aufwand für die nichtversicherungsförmigen Durchführungswege während dieser Zeit vollständig oder teilweise beitragsfrei360 und der Beitrag zu den versicherungsförmigen Durchführungswegen in den Grenzen von § 1 Abs. 1 Nr. 4 bzw. Nr. 9 SvEV, wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind.361

4. Leistungsphase Leistungsempfänger, die in Deutschland gesetzlich kranken- und pflegeversichert 497 sind (pflichtig oder freiwillig), unterliegen mit einer im Ausland oder in einer zwi-

_____ 357 Beschluss A2, 3.c der Verwaltungskommission, ABl.EU C 106 vom 24.4.2010, S. 5. 358 Für privat Krankenversicherte ist die Deutsche Rentenversicherung Bund zuständig. 359 Antragsvordruck unter: https://www.dvka.de/de/arbeitgeber_arbeitnehmer/antraege_finden/ antraege_finden.html. 360 Kap. 3 Rn. 5 f. 361 Kap. 3 Rn. 7 ff.

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schen- bzw. überstaatlichen Einrichtung erworbenen Betriebsrente gleichermaßen der Beitragspflicht wie mit einer deutschen bAV (§ 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, S. 2 SGB V).362 Voraussetzung ist, dass die Leistung aus dem Ausland der Art nach mit einem 498 inländischen Versorgungsbezug im Sinne des § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V vergleichbar ist. Hierzu genügt eine Entsprechung im Wesentlichen.

IV. Steuerrechtlicher Rahmen 499 Neben dem Arbeits- und Sozialversicherungsrecht betreffen Auslandsentsendungen

auch immer Bereiche des Steuerrechts. Für den Arbeitgeber steht die Frage nach der steuerlichen Behandlung des Versorgungsaufwands während einer Auslandstätigkeit des Arbeitnehmers im Vordergrund. Ebenso stellt sich einem deutschen Arbeitgeber die Frage nach der steuerlichen Behandlung der Aufwendungen für einen aus dem Ausland entsandten Arbeitnehmer. Für den entsandten Arbeitnehmer ist es von Bedeutung, ob der vom deutschen 500 Arbeitgeber betriebene Versorgungsaufwand zu einem steuerlichen Zufluss führt oder wie die Besteuerung bei Leistungsbezug erfolgt. Handelt es sich bei dem Versorgungsträger um eine Unterstützungskasse oder eine Pensionskasse können sich körperschaftsteuerliche Fragen stellen.

1. Allgemein a) Rechtslage in Deutschland 501 Im deutschen Steuerrecht wird zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuer-

pflicht unterschieden. Die unbeschränkte Steuerpflicht363 liegt gem. § 1 Abs. 1 EStG vor, wenn der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt (§§ 8, 9 AO) im Inland hat. Die unbeschränkte Steuerpflicht erfasst alle Einkünfte des Steuerpflichtigen, d.h. auch solche, die ihre Quelle nicht im Inland haben (sog. Welteinkommen). Die beschränkte Steuerpflicht364 besteht in Deutschland, wenn dort inländi502 sche Einkünfte nach dem Quellenstaatsprinzip bezogen werden, der Steuerpflichtige aber weder Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt, noch Geschäftssitz oder Geschäftsleitung dort hat, § 1 Abs. 4 EStG.

_____ 362 Kap. 3 Rn. 43 ff. 363 § 1 EStG und § 1 KStG. 364 § 1 Abs. 4 EStG i.V.m. § 49 EStG und § 2 KStG.

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Nach § 8 AO liegt der Wohnsitz dort, wo jemand eine Wohnung u.U. innehat, 503 die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Demgegenüber wird der gewöhnliche Aufenthalt nach § 9 AO nach dem Ort definiert, wo sich jemand u.U. aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Praxistipp 3 Als gewöhnlicher Aufenthalt ist nach § 9 S. 2, 3 AO ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen; kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt.

Es kommt vor diesem Hintergrund also für das Vorliegen einer unbeschränkten 504 Steuerpflicht stets auf die Umstände des Einzelfalls an. Aus Sicht der Praxis lässt sich allerdings festhalten, dass oftmals der Zeitraum der Entsendung365 gewisse Hinweise darauf geben wird, ob ein Arbeitnehmer dennoch unbeschränkt steuerpflichtig ist (Verlagerung des Wohnortes ins Ausland oder Inland oder Wechsel des gewöhnlichen Aufenthaltsortes). Bei einer Versetzung hingegen wird der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz häufig aufgeben oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr in Deutschland haben. Damit entfällt auch seine unbeschränkte Steuerpflicht. Juristische Personen sind unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie ihre Ge- 505 schäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben (§§ 10, 11 AO).

b) Doppelbesteuerungsabkommen Im Steuerrecht gilt grundsätzlich das Welteinkommensprinzip, wonach sämtliche 506 Einkünfte in dem Staat steuerpflichtig sind, in dem der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz bzw. das Unternehmen seine Firmenniederlassung hat (Wohnsitzstaat). Zusätzlich wird Einkommen häufig dort besteuert, wo es entsteht (Quellenstaat). Weichen Quellen- und Wohnsitzstaat voneinander ab, kann es zu einer Doppelbesteuerung kommen. Das sollen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) verhindern. Sie existieren mit 507 allen bedeutenden Industrienationen und regeln die Zuweisung des Besteuerungsrechts. Die Finanzverwaltung veröffentlicht periodisch eine Übersicht über den aktuellen Stand der DBA und anderer Abkommen.366 Besteht kein DBA mit dem ausländischen Tätigkeitsstaat, richtet sich die Be- 508 steuerung nach nationalem Steuerrecht. Neben den Entlastungsmöglichkeiten des

_____ 365 Rn. 370. 366 BMF, Schreiben v. 18.1.2017, IV B 2 – S 1301/07/10017-08, BStBl. I 2017 S. 140.

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nationalen Rechts (bspw. nach § 34c EStG) ist insoweit auch der Auslandstätigkeitserlass367 (ATE) zu beachten. aa) Grundsatz: Besteuerungsrecht beim Tätigkeitsstaat 509 Viele DBA orientieren sich am OECD-Musterabkommen.368 Nach dem OECD-Mus-

terabkommen wird das Steueraufkommen für Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit (Gehälter, Löhne und sonstige Vergütungen) dem Staat zugewiesen, in dem der Arbeitnehmer tätig ist (Tätigkeitsstaat), Art. 15 Abs. 1 OECD-Musterabkommen. Weitere Einzelheiten, bspw. woher bzw. wohin die Zahlung des Arbeitsentgelts erfolgt oder wo der Arbeitgeber ansässig ist, spielen insoweit keine Rolle.369 bb) Ausnahmen: Besteuerungsrecht beim Wohnsitzstaat 510 Ausnahmsweise hat der Wohnsitzstaat das Besteuerungsrecht, wenn drei Voraus-

setzungen – kumulativ – erfüllt sind, Art. 15 Abs. 2 OECD-Musterabkommen: ■ Der Arbeitnehmer darf sich nicht länger als 183 Tage im Tätigkeitsstaat aufhalten.370 ■ Die Vergütung wird vom oder für den inländischen Arbeitgeber gezahlt (dieser trägt sie wirtschaftlich371). ■ Die Vergütung wird nicht von einer ausländischen Betriebsstätte getragen (wirtschaftliche Betrachtungsweise372). 5 Beispiel Wird ein deutscher Mitarbeiter für fünf Monate nach Norwegen entsandt und von einer dort ansässigen Betriebsstätte bezahlt, so kommen für die Zeit der Entsendung sowohl Norwegen aufgrund des Quellenstaatsprinzips als auch Deutschland aufgrund des unveränderten Wohnsitzes in Betracht. Aus dem DBA Deutschland-Norwegen373 ergibt sich das Besteuerungsrecht hier ausschließlich für Norwegen (Art. 15 Abs. 1 S. 2), da die ausländische Betriebsstätte das Gehalt trägt.

_____ 367 BMF, Schreiben v. 31.10.1983, BStBl. I 1983 S. 470 = Anhang 7 LStH 2018. 368 OECD-Musterabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, Konsolidierte Fassung vom 21. November 2017. 369 BMF, Schreiben v. 5.1.1994, IV C 5-S 1300-197/93, BStBl. I S. 11. 370 Zu den Details der Fristermittlung: BMF, Schreiben v. 5.1.1994, IV C 5-S 1300-197/93, BStBl. I S. 11. 371 BFH, Urt. v. 18.12.2002 – I R 96/01. Nach Ansicht des BMF wird der Arbeitslohn dann zu Lasten einer ausländischen Betriebsstätte gezahlt, wenn die Vergütungen wirtschaftlich gesehen von dieser Betriebsstätte getragen werden. Nicht entscheidend ist, wer die Vergütungen ausbezahlt oder wer die Vergütungen in seiner Buchführung abrechnet, BMF, Schreiben v. 5.1.1994, IV C 5-S 1300197/93, BStBl. I S. 11. 372 BFH, Urt. v. 22.2.2006 – I R 14/05. 373 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und über gegenseitige Amtshilfe auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen, v. 4.10.1991, BGBl. 1993 II S. 970, 972) geändert durch Änderungsprotokoll vom 24.6.2013, BGBl. 2014 II S. 906, 907, i.V.m. Bek. v. 23.2.2015, BGBl. II S. 346.

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Steht dem ausländischen Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht für den Lohn zu, 511 hat das Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers auf Antrag des Arbeitnehmers oder Arbeitgebers eine Freistellungsbescheinigung für Lohsteuerzwecke auszustellen. Darin wird bescheinigt, dass der Arbeitslohn nicht der deutschen Lohnsteuer unterliegt. Anderenfalls kann der deutsche Arbeitgeber nicht von der Lohnsteuererhebung absehen. Ausnahmen von den vorgenannten Prinzipien bestehen für Beschäftigte des öf- 512 fentlichen Dienstes, Art. 19 Abs. 1 OECD-Musterabkommen.374

2. Besteuerung beim Arbeitgeber allgemein Während einer Auslandsentsendung stellt sich für den inländischen Arbeitgeber 513 die Frage, wie während dieses Zeitraums eine bestehende Versorgungszusage steuerlich behandelt wird. Dabei können folgende Konstellationen eintreten: ■ eine inländische (Outbound) oder eine ausländische (Inbound) Zusage wird mit Zuführungen weitergeführt, ■ eine inländische (Outbound) oder eine ausländische (Inbound) Zusage wird ohne Zuführungen weitergeführt, ■ der entsandte Arbeitnehmer wird in das inländische Versorgungswerk aufgenommen (Inbound)

a) Outbound Die in der Praxis häufigsten Fälle einer Entsendung ins Ausland (Outbound375) fin- 514 den innerhalb eines Konzerns statt, bei denen Arbeitnehmer kurz-, mittel- oder langfristig in einer ausländischen Betriebsstätte oder einer selbständigen Tochteroder Schwestergesellschaft tätig sind. Die nachfolgenden Darstellungen gelten aber auch für Entsendungen außerhalb einer Konzernstruktur.376

aa) Fortführung des Arbeitsverhältnisses durch den entsendenden Arbeitgeber Bei Entsendungen wird oftmals der Arbeitsvertrag mit dem entsendenden Unter- 515 nehmen in Deutschland fortgesetzt oder zumindest eine Ruhendvereinbarung377 abgeschlossen. Steuerlich stellt sich für den Arbeitgeber dann die Frage, inwieweit die Versorgung im Inland während der Entsendung des Mitarbeiters mit steuerli-

_____ 374 Zu weiteren besonderen Gruppen von Versorgungsberechtigten siehe Art. 16, 17 OECD-Musterabkommen. 375 Rn. 373. 376 BMF, Schreiben vom 9.11.2001, IV B 4 – S 1341 – 20/01, unter 6. 377 Rn. 377.

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cher Wirkung fortgeführt werden kann. Dazu bedarf es einer betrieblichen Veranlassung. Vorliegen einer Entsendung aus steuerrechtlicher Sicht 516 Ob eine solche betriebliche Veranlassung vorliegt, richtet sich zunächst danach, ob es sich nach Ansicht der Finanzverwaltung bei der Auslandstätigkeit des Arbeitnehmers um eine Entsendung im steuerrechtlichen Sinne handelt. Das ist grundsätzlich dann der Fall, wenn ein Arbeitnehmer mit seinem bisheri517 gen Arbeitgeber vereinbart, für eine befristete Zeit bei einem verbundenen Unternehmen (aufnehmendes Unternehmen) tätig zu werden und das aufnehmende Unternehmen entweder eine arbeitsrechtliche Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer abschließt oder wirtschaftlich als Arbeitgeber anzusehen ist.378 3 Praxistipp Keine Arbeitnehmerentsendung liegt danach vor, wenn ein Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses bei einem anderen verbundenen Unternehmen tätig wird und sein Arbeitslohn Preisbestandteil der Dienst- bzw. Werkleistung ist. 518 Die Finanzverwaltung geht also nicht nur von einem arbeitsrechtlichen Arbeitge-

berbegriff aus, sondern auch von einem wirtschaftlichen. Demnach ist (auch) das aufnehmende Unternehmen als Arbeitgeber anzusehen, wenn ■ entweder dieses eine eigene arbeitsrechtliche Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer abschließt oder ■ es den Arbeitnehmer in seinen Geschäftsbetrieb integriert, ihm gegenüber weisungsbefugt ist und die Vergütungen für dessen Arbeit wirtschaftlich trägt. Bei einer Entsendung von mehr als drei Monaten ist regelmäßig von einer Integration in das aufnehmende Unternehmen auszugehen.379 Betriebliche Veranlassung 519 Handelt es sich bei der Auslandstätigkeit des Arbeitnehmers nach diesen Grundsät-

zen um eine Entsendung, so liegt die für die steuerliche Anerkennung der Aufwendungen einer fortbestehenden Zusage durch den inländischen Arbeitgeber erforderliche betriebliche Veranlassung nach Literatur und Rechtsprechung nur dann vor, wenn dieser ein (alleiniges oder teilweises) wirtschaftliches Interesse an der Entsendung hat.380 Ist das der Fall, kann die Zusage dem Grunde nach steuerlich wie für einen in520 ländischen Arbeitnehmer fortgeführt werden. Mit Blick auf die Höhe der anzuer-

_____ 378 BMF, Schreiben vom 9.11.2001, IV B 4 – S 1341 – 20/01, unter 2.1. 379 BMF, Schreiben vom 9.11.2001, IV B 4 – S 1341 – 20/01, unter 2.1. 380 Höfer/Veit/Verhufen/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 41 Rn. 45 m.w.N.

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kennenden Betriebsausgaben ist allerdings ein Fremdvergleich anzustellen.381 Zu fragen ist, ob ein gewissenhafter Betriebsleiter den Aufwand für den entsandten Arbeitnehmer in gleicher Höhe tragen würde.382 Bei Prüfung des wirtschaftlichen Interesses gehen Rechtsprechung und Finanz- 521 verwaltung grundsätzlich davon aus, dass eine Entsendung im steuerrechtlichen Sinne383 im Interesse und für Rechnung des ausländischen Unternehmens erfolgt.384 Es können aber auch Anhaltspunkte für das Gegenteil sprechen, bspw., wenn dem entsandten Arbeitnehmer eine überdurchschnittliche Vergütung gezahlt wird, die oberhalb des Lohnniveaus im Staat des aufnehmenden Unternehmens liegt.385 Beispiel 5 Das wirtschaftliche Interesse des entsendenden Arbeitgebers kann sich bspw. auch darin zeigen, dass der entsandte Arbeitnehmer Planungs-, Koordinierungs- oder Kontrollfunktionen für das entsendende Unternehmen wahrnimmt und diese nicht gesondert abgegolten werden. Weiterhin kann ein Interesse des entsendenden Arbeitgebers darin gesehen werden, dass der Arbeitnehmer nach seiner Rückkehr seine Auslandserfahrungen dort einsetzen kann.386

Wird ein (ausschließliches oder teilweises) wirtschaftliches Interesse des entsenden- 522 den Unternehmens bejaht, kann dieses seinen Versorgungsaufwand (vollständig oder teilweise) während der Entsendungszeit als Betriebsausgabe geltend machen.387 Falls das ausländische Unternehmen den Aufwand des inländischen Unternehmens in angemessener Form erstattet, dürfte der Aufwand für dessen Zuführungen während des Entsendungszeitraums im Ergebnis erfolgsneutral sein („Erstattungsmodell“).388 Erfolgt dagegen der Auslandseinsatz ausschließlich im Interesse des auslän- 523 dischen Unternehmens, ist eine steuerliche Geltendmachung der Zuführungen durch den entsendenden Arbeitgeber nicht möglich. In diesem Fall fehlt es bereits an der erforderlichen betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen.

_____ 381 Zu den von der Finanzverwaltung akzeptierten Methoden, BMF, Schreiben vom 9.11.2001, IV B 4 – S 1341 – 20/01, unter 3.2. 382 Vgl. BMF, Schreiben vom 9.11.2001, IV B 4 – S 1341 – 20/01, unter 3.1., BStBl. I 2001, S. 796. 383 Rn. 516 ff. 384 BFH, Urt. v. 3.2.1993 – I R 80-81/91, BStBl. II S. 462; BMF, Schreiben vom 9.11.2001, IV B 4 – S 1341 – 20/01, unter 3.1.1. 385 Führungskraft weitere Indizien für die Feststellung der Interessenlage siehe BMF, Schreiben vom 9.11.2001, IV B 4 – S 1341 – 20/01, unter 3.3. 386 Vgl. BMF, Schreiben vom 9.11.2001, IV B 4 – S 1341 – 20/01, unter 3.1.1 und zu besonderen Fallgestaltungen unter 3.4. 387 Vgl. BMF, Schreiben vom 9.11.2001, Ziffer 2.3. 388 Höfer/Veit/Verhufen/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 41 Rn. 47 m.w.N.

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bb) Keine Fortführung des Arbeitsverhältnisses mit dem entsendenden Arbeitgeber 524 Insbesondere im Falle einer Versetzung389 scheidet der Arbeitnehmer oftmals aus dem inländischen Arbeitsverhältnis aus und bindet sich arbeitsvertraglich an die ausländische Gesellschaft.390 In diesem Fall verbleibt dem Arbeitnehmer in der Regel eine unverfallbare Anwartschaft aus bAV im Inland. Wird im Falle der Versetzung hingegen neben dem Arbeitsvertrag mit dem 525 aufnehmenden Arbeitgeber ein Ruhendvertrag abgeschlossen (Mehrvertragsmodell),391 der (auch) die Fortführung einer Versorgungszusage vorsieht, stellt sich auch die Frage der betrieblichen Veranlassung. Sie ist nach den oben ausgeführten Grundsätzen (wirtschaftliches Interesse) zu beantworten.392

b) Inbound 526 Wird ein Mitarbeiter eines ausländischen Unternehmens nach Deutschland ent-

sandt (Inbound393), gibt es in Bezug auf die bAV zwei Möglichkeiten: ■ die im Ausland bestehende Versorgung wird für die Dauer der Tätigkeit beim deutschen Unternehmen unverändert fortgesetzt. Erfolgt die Entsendung im Interesse des deutschen Unternehmens, werden in der Regel Erstattungszahlungen an den ausländischen Arbeitgeber geleistet, die dann betrieblich veranlasst sind und in Deutschland steuerlich als Betriebsausgabe anerkannt werden oder ■ der Arbeitnehmer wird in das deutsche Versorgungswerk aufgenommen. Werden die steuerlichen Bedingungen, die nach deutschem Recht gelten, erfüllt (z.B. erstes Dienstverhältnis, Mindestalter etc.),394 und erfolgt die Entsendung im Interesse des aufnehmenden Arbeitgebers, so werden die Zuführungen steuerlich anerkannt. Für die Frage, in wessen Interesse die Entsendung erfolgt, gelten die zum Out527 bound getroffenen Aussagen entsprechend.395

_____ 389 Rn. 372. 390 Rn. 372. 391 Rn. 377. 392 Rn. 519 ff. 393 Rn. 373. 394 Kap. 2 Rn. 2 ff. 395 Rn. 519 ff.

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3. Besteuerung beim Arbeitgeber in den verschiedenen Durchführungswegen a) Outbound In dem Fall, dass ein Mitarbeiter eines inländischen Unternehmens in das Ausland 528 entsandt wird (Outbound), gibt es bezogen auf die einzelnen Durchführungswege folgende Besonderheiten:

aa) Direktzusage Kurz-, mittel- und längerfristige Entsendungen Handelt es sich um eine Dienstreise oder eine kurzfristige Entsendung, so besteht 529 das Arbeitsverhältnis in der Regel unverändert fort.396 Gleiches kann für mittelfristige (bspw. Abordnung) und längerfristige Entsendungen (bspw. Delegation) gelten.397 Liegt die Entsendung (auch) im wirtschaftlichen Interesse des entsendenden 530 Arbeitgebers,398 sind die Zuführungen zur inländischen Zusage während der Entsendung also entsprechend betrieblich veranlasste Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 4 EStG. Darüber hinaus werden für die Entsendungszeit Pensionsrückstellungen für einen Aktiven nach dem Teilwertverfahren gemäß § 6a Abs. 3 Nr. 1 EStG gebildet wie bei inländischen versorgungsberechtigten Arbeitnehmern.399 Versetzungen Bei längerfristigen Entsendungen, die zur vollständigen Integration in das ausländi- 531 sche Unternehmen führen (Versetzung, u.U. Delegation, Abordnung)400 wird der deutsche Arbeitsvertrag nicht unverändert fortgeführt. Bei einer schlichten Beendigung des deutschen Arbeitsvertrags wird in der Re- 532 gel das wirtschaftliche Interesse an der Entsendung ausschließlich beim aufnehmenden Arbeitgeber liegen.401 Zuführungen des bisherigen Arbeitgebers zur inländischen Zusage sind dann nicht betrieblich veranlasst und somit steuerlich nicht als Betriebsausgabe i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG anzuerkennen. Aufgrund des Ausscheidens wird der sog. Anwartschaftsbarwert der Zusage nach § 6a Abs. 3 Nr. 2 EStG gebildet, sofern sie gesetzlich oder vertraglich unverfallbar ist.402

_____ 396 Rn. 370. 397 Rn. 370. 398 Rn. 521. 399 Kap. 2 Rn. 21. 400 Rn. 370, 372. 401 Rn. 523, 524. 402 Zum Anwartschaftsbarwert siehe Kap. 4 Rn. 29. Denkbar ist auch die Übertragung einer Anwartschaft auf den ausländischen Arbeitgeber, solange keine gesetzliche Unverfallbarkeit eingetreten ist.

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Nach einem Ausscheiden des Arbeitnehmers beim inländischen Arbeitgeber ist es in der Praxis auch zu beobachten, dass mit ihm ein „Beratervertrag“ (Dienstleistungs- oder Geschäftsbesorgungsvertrag) abgeschlossen wird. Dieser kann seinerseits Rechtsgrund für die (fortgeführte) Pensionszusage sein (§ 6a Abs. 5 EStG).403 In diesem Fall sind die Zuwendungen betrieblich veranlasst. Erfolgt die Versetzung im „Mehrvertragsmodell“ (ruhender Arbeitsvertrag in 534 Deutschland, zusätzlicher Arbeitsvertrag im Tätigkeitsstaat),404 so können Zuführungen steuerlich relevant fortgeführt werden, wenn die Auslandstätigkeit – aus steuerlicher Sicht vollständig oder teilweise im wirtschaftlichen Interesse des entsendenden Unternehmens erfolgt und somit eine entsprechende betriebliche Veranlassung der Zuführungen besteht.405 533

3 Praxistipp Ersetzt hingegen im Falle eines fehlenden wirtschaftlichen Interesse des entsendenden Unternehmens das ausländische Unternehmen den Versorgungsaufwand der inländischen Zusage, so soll dies steuerlich nicht zu beanstanden sein.406 So kann bei längeren Entsendungszeiten eine steuerlich neutrale Handhabung beim inländischen Unternehmen erreicht werden (Erstattungsmodell).407

bb) Unterstützungskasse 535 Im Fall einer Unterstützungskassenzusage wird analog zur Direktzusage verfah-

ren.408 Hier geht es um die Geltendmachung der Zuwendungen zur Unterstützungskasse als Betriebsausgaben nach § 4d Abs. 1 EStG. Mit Blick auf das Erstattungsmodell409 kann im Fall einer rückgedeckten Un536 terstützungskasse zwecks Erfolgsneutralität die versicherungstechnische Prämie erstattet werden (§ 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. c EStG). Schließt der entsandte Arbeitnehmer mit dem aufnehmenden Arbeitgeber einen 537 eigenen Arbeitsvertrag, so ist bei einer Fortführung der Zusage während der Entsendung zusätzlich mit Blick auf die Körperschaftsteuerfreiheit der Unterstützungskasse zu prüfen, ob die Satzung der Unterstützungskasse die Versorgung von im Ausland tätigen Arbeitnehmern zulässt, § 5 Abs. 1 Nr. 3 c) KStG.410

_____ 403 Höfer/Veit/Verhufen/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 41 Rn. 54 und Kap. 2 Rn. 49 ff. 404 Rn. 377. 405 Rn. 522. 406 Höfer/Veit/Verhufen/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 41 Rn. 60 f. m.w.N sowie zur Frage der Höhe einer angemessenen Erstattung. 407 Siehe auch Rn. 522. 408 Rn. 529. 409 Rn. 522. 410 Zur Zweckbindung der Unterstützungskasse siehe Kap. 2 Rn. 181 ff.

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Ist das der Fall, so gilt für Entsendungen aus Sicht der Finanzverwaltung fol- 538 gender Grundsatz:411 Der Unterstützungskasse des inländischen Unternehmens geht die Steuerfreiheit nicht dadurch verloren, dass zu ihren Leistungsempfängern Arbeitnehmer gehören, die das inländische Unternehmen zur Beschäftigung bei seinen ausländischen Tochtergesellschaften oder Betriebsstätten abgeordnet hat. Somit ist davon auszugehen, dass bei einer Entsendung ins Ausland bei einer 539 Weiterdotierung für die Unterstützungskasse dann keine körperschaftsteuerlichen Schwierigkeiten auftreten sollten, wenn das Arbeitsverhältnis zum entsandten Arbeitnehmer nicht beendet wird, insoweit dürfte auch eine Ruhendvereinbarung412 ausreichen. Fraglich ist aber, ob der Abschluss eines Beratervertrags für Unterstüt- 540 zungskassenzusagen gangbar ist. Denn der Abschluss eines Beratervertrags im Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt dazu, dass es sich bei dem Versorgungsberechtigten während der Auslandstätigkeit nicht mehr um einen Arbeitnehmer handelt. Zwar ist es der Unterstützungskasse aus steuerlicher Sicht nicht versagt, auch Nicht-Arbeitnehmer zu versorgen. Allerdings müsste gem. R 5.3 Abs. 1 S. 2 KStR 2015 die Tätigkeit des Versorgungsberechtigten als Berater für das Trägerunternehmen der Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit sein, was bei Abschluss eines Beratervertrags anlässlich einer Entsendung nicht der Fall sein dürfte.

cc) Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds Kurz-, mittel- und längerfristige Entsendungen Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen Entsendungen im Interesse des deut- 541 schen Arbeitgebers erfolgen und daher Zuführungen zu einer bestehenden inländischen bAV betrieblich veranlasst sind, kann auf die Ausführungen zur Direktzusage verwiesen werden.413 Der Versorgungsaufwand ist in diesen Fällen Betriebsausgabe. Des Weiteren ist anzumerken, dass nur in den Fällen, in denen das Arbeitsver- 542 hältnis in Deutschland unverändert fortgesetzt wird, die Voraussetzungen nach § 3 Nr. 63 S. 1 EStG, § 100 EStG bzw. § 40b EStG a.F. erfüllt sein können, wonach insbesondere ein erstes Dienstverhältnis erforderlich ist.414 Wird bspw. das inländische Arbeitsverhältnis ruhend gestellt und mit dem aufnehmenden Arbeitgeber ein neues Arbeitsverhältnis begründet, ist diese Voraussetzung in der Regel nicht erfüllt.

_____ 411 BMF, R 5.3 Abs. 3 KStR 2015. 412 Rn. 377. 413 Rn. 529. 414 Kap. 2 Rn. 113 ff., 130 ff., 146 f.

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Versetzungen 543 Bei Versetzungen fehlt oftmals die betriebliche Veranlassung einer weiteren Dotie-

rung durch den entsendenden Arbeitgeber, da die Auslandstätigkeit in der Regel im Interesse des ausländischen Unternehmens liegt, insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer beim bisherigen Arbeitgeber ausscheidet.415 Es kann aber zur Herstellung steuerlicher Neutralität das Erstattungsmodell angewandt werden,416 insbesondere im Fall einer Ruhendstellung des bisherigen Arbeitsverhältnisses. Maßgeblich ist insoweit die Höhe der Versicherungsprämie. Mit Blick auf die Nutzung der §§ 3 Nr. 63 S. 1 EStG bzw. 100 EStG in diesen Fällen kann auf die obenstehenden Ausführungen verwiesen werden.417 Besonderheiten der Pensionskasse 544 Zu den körperschaftsteuerlichen Folgen einer Entsendung für die Pensionskasse kann entsprechend auf die Ausführungen zur Unterstützungskasse verwiesen werden.418

b) Inbound 545 In dem Fall, dass ein Mitarbeiter eines ausländischen Unternehmens nach Deutsch-

land entsandt wird (Inbound), kommt es für die steuerliche Anerkennung von Zuführungen des inländischen Arbeitgebers zu einer bAV zu dessen Gunsten darauf an, ob er in das inländische Versorgungswerk aufgenommen wird oder nicht.

aa) Aufnahme in ein inländisches Versorgungswerk 546 Erhält der aus dem Ausland entsandte Mitarbeiter im Rahmen seiner Tätigkeit in

Deutschland eine Zusage auf bAV, so richtet sich deren steuerliche Anerkennung danach, ob sie betrieblich veranlasst ist.419 Es kommt auch insoweit darauf an, ob die Zuführungen zu dieser bAV im wirtschaftlichen Interesse des inländischen Unternehmens oder des entsendenden ausländischen Unternehmens erfolgen. Insoweit kann entsprechend auf die Ausführungen zu einem Outbound verwiesen werden.420 Das gilt für alle Durchführungswege in gleicher Weise. Die jeweils erforderliche betriebliche Veranlassung wird in aller Regel dann er547 füllt sein, wenn ein Arbeitsverhältnis beim deutschen Arbeitgeber begründet wur-

_____ 415 Rn. 523, 524. 416 Rn. 522. 417 Rn. 542. 418 Rn. 537. 419 Siehe bspw. für die Pensionskasse Kap. 2 Rn. 101. 420 Rn. 519 ff.

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de. Fehlt es hieran, können die Zuführungen steuerlich geltend gemacht werden, wenn sie vom ausländischen Arbeitgeber erstattet werden.421 Für eine ggf. angestrebte Nutzung des § 3 Nr. 63 EStG bzw. des § 40b EStG a.F. 548 oder des § 100 EStG sind die dort genannten Voraussetzungen zu erfüllen.422 Fettnapf 3 Soll der ausländische Arbeitnehmer dann, wenn die oben genannten Voraussetzungen vorliegen, eine Zusage auf eine bAV in einem der versicherungsförmigen Durchführungswege423 erhalten, so ist bei der Gestaltung zu beachten, dass dann der Abschluss des Versicherungsvertrages auch mit Blick auf die versicherungsvertraglichen Bedingungen sinnvoll und möglich sein muss. Das dürfte insbesondere bei Aufenthalten über einen kürzeren Zeitraum zweifelhaft sein.

Bei den Durchführungswegen Pensions- und Unterstützungskasse ist es nach 549 Ansicht der Finanzverwaltung mit der Körperschaftsteuerfreiheit vereinbar, wenn nach Deutschland entsandte Mitarbeiter dort eine Versorgung erhalten, wenn der ausländische Arbeitgeber entsprechende Beiträge an die Pensions- oder Unterstützungskasse abführt: ■ Auch die Mitgliedschaft anderer, auch ausländischer, Arbeitnehmer der ausländischen Tochtergesellschaften oder Betriebsstätten des inländischen Unternehmens ist für die Kasse steuerunschädlich, wenn für diese Arbeitnehmer von der ausländischen Tochtergesellschaft oder Betriebsstätte entsprechende Beiträge (Zuwendungen) an die Kasse des inländischen Unternehmens abgeführt werden.424 Zu den satzungsrechtlichen Voraussetzungen in einer solchen Konstellation kann in 550 entsprechender Weise auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.425

bb) Ausländische bAV wird fortgeführt Wird der Arbeitnehmer nicht in das deutsche Versorgungswerk aufgenommen, son- 551 dern seine im Ausland bestehende Zusage fortgeführt, so stellt sich die Frage nach der steuerlichen Anerkennung von Zahlungen, die der deutsche Arbeitgeber an den ausländischen Versorgungsträger bzw. das ausländische Unternehmen leistet. Dies setzt eine betriebliche Veranlassung der Zahlungen voraus, die dann vor- 552 liegt, wenn die Entsendung des ausländischen Arbeitnehmers (ausschließlich oder

_____ 421 Zum Erstattungsmodell siehe Rn. 522. 422 Rn. 542 und Kap. 2 Rn. 113 ff., 130 ff., 146 f. 423 Kap. 1 Rn. 347. 424 BMF, R 5.3 Abs. 3 KStR 2015. 425 Rn. 537.

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teilweise) im wirtschaftlichen Interesse des aufnehmenden, inländischen Arbeitgebers liegt.426 Dieses wird in aller Regel durch die Existenz eines in Deutschland bestehenden Arbeitsverhältnisses anzunehmen sein. Dazu sowie zur Höhe der Erstattungszahlungen kann in entsprechender Weise auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.427

4. Besteuerung beim Arbeitnehmer 553 Wesentlich für jedes Gestaltungsmodell im Rahmen von Entsendungen ist die Frage nach den steuerlichen Auswirkungen beim Arbeitnehmer. Im Falle einer Entsendung kann der Arbeitnehmer unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland sein, wenn er hier seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§§ 8, 9 AO) behält, § 1 Abs. 1 EStG. Ist das nicht der Fall, hat er aber im Inland Einkünfte, so ist er beschränkt steuerpflichtig, § 1 Abs. 4 EStG.428 In beiden Fällen kann also eine Steuerpflicht des Arbeitnehmers mit Blick auf die Zuführungen zu einer inländischen oder ausländischen Versorgungszusage für die Zeit seiner Entsendung entstehen. Um eine gleichzeitige Besteuerung dieser Zuführungen im Ausland zu verhindern, existieren mit vielen Staaten DBA.429 Nachfolgend wird zwischen Fällen, in denen der deutsche Arbeitgeber einen 554 Mitarbeiter ins Ausland entsendet (Outbound) und der Beschäftigung eines ausländischen Mitarbeiters in Deutschland (Inbound) differenziert.

a) Outbound aa) Direktzusage/Unterstützungskasse 555 Während der Anwartschaftsphase löst die bAV in den Durchführungswegen Direkt-

zusage und Unterstützungskasse generell keinen einkommensteuerlichen Zufluss aus,430 auch möglicherweise vorgenommene Erstattungszahlungen zwischen den Unternehmen nicht. Daher ist die Fortführung der inländischen Versorgung generell ohne steuerlichen Einfluss auf den ins Ausland entsandten oder (mit einer Ruhendvereinbarung431) versetzten Mitarbeiter. Leistet das entsendende Unternehmen an eine ausländische Versorgungsein556 richtung Zuführungen zu einer dort für den entsandten Arbeitnehmer eingerichte-

_____ 426 Rn. 546. 427 Rn. 547. 428 Rn. 502. 429 Rn. 506. 430 Kap. 2 Rn. 124 ff. 431 Rn. 377.

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ten bAV, sind diese Zahlungen beim im Inland steuerpflichtigen Arbeitnehmer nach den gleichen Grundsätzen wie eine inländische bAV zu behandeln. Überträgt das entsendende Unternehmen die Versorgungsverpflichtung im 557 Rahmen des arbeitsrechtlich Möglichen432 auf das ausländische aufnehmende Unternehmen so löst dies beim Arbeitnehmer in Deutschland regelmäßig keine Steuerpflicht aus, wenn § 3 Nr. 55 S. 1, 2 EStG erfüllt ist. Die Steuerfolgen im Aufnahmestaat sind hierbei gesondert zu prüfen.433

bb) Direktversicherung/Pensionskasse/Pensionsfonds Im Gegensatz zu Pensionszusagen und Unterstützungskassenzusagen sind Beiträge 558 zu den versicherungsförmigen Durchführungswegen (Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds) in der Anwartschaftsphase grundsätzlich steuerpflichtig. Zuführungen zu einer inländischen Versorgung (Erstes Dienstverhältnis) Für den Fall, dass die Zuführungen zu einer während der Entsendungsdauer fortge- 559 setzten inländischen Versorgungszusage steuerbar sind, finden die Vorschriften der §§ 3 Nr. 63 EStG, 40b EStG a.F. und § 100 EStG434 nur dann Anwendung, wenn das erste Dienstverhältnis des Arbeitnehmers in Deutschland fortbesteht. Ist das nicht der Fall, führen Beitragszahlungen zu den versicherungsförmigen 560 Durchführungswegen grundsätzlich zu einem Zufluss. Ein u.U. abgeschlossener Beratervertrag mit dem entsandten Arbeitnehmer435 ist kein erstes Dienstverhältnis im Sinne der §§ 3 Nr. 63 S. 1 EStG, § 40b EStG a.F., § 100 EStG. Das Gleiche gilt für einen Ruhendvertrag, da das erste Dienstverhältnis hier mit dem ausländischen Arbeitgeber besteht.436 Nach Ansicht der Finanzverwaltung werden aber Beiträge bei Vorliegen der 561 sonstigen Voraussetzungen u.U. doch nach § 3 Nr. 63 EStG – sowie auch im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach § 32b EStG – behandelt, wenn der Arbeitslohn bei Entsendung des Arbeitsnehmers in das Ausland aufgrund eines DBA in Deutschland nicht besteuert wird.437

_____ 432 Rn. 442. 433 Richter/Schanz, BB 1994, 397, 405. 434 Kap. 2 Rn. 113 ff., 130 ff., 146 f. 435 Rn. 553. 436 Vgl. Höfer/Veit/Verhufen/Höfer, BetrAVG, Bd. II, Kap. 41 Rn. 63. A.A. Otto, der ein erstes Dienstverhältnis auch während der Ruhendstellung des Arbeitsvertrags bejaht, solange zuvor ein erstes Arbeitsverhältnis bestand (Blomeyer/Rolfs/Otto/Otto, Kapitel H, Rn. 40). 437 OFD Nordrhein-Westfalen v. 21.1.2014 – S 2333 – 1008 – St 215, Punkt 4.1.6.

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5 Beispiel Es besteht während einer Entsendung die Vereinbarung, dass während der Entsendungszeit weitere Zuführungen zu einer inländischen Versorgungszusage vom entsendenden Arbeitgeber getätigt werden. Nach einem DBA mit dem anderen Staat wird der Arbeitslohn des Arbeitnehmers nicht in Deutschland besteuert. In diesem Fall wird das in § 3 Nr. 63 EStG enthaltene Tatbestandsmerkmal des ersten Dienstverhältnisses durch die Ansicht der Finanzverwaltung ersetzt, so dass die Zuführungen nach § 3 Nr. 63 EStG behandelt werden können.

Zuführungen zu einer inländischen Versorgung (nach Ende eines Ruhens des Arbeitsverhältnisses) 562 Nach dem neugefassten § 3 Nr. 63 S. 4 EStG können des Weiteren Zahlungen zur Direktversicherung für Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis entgeltfrei ruhte, steuerfrei nachgeholt werden. Pro Kalenderjahr des Ruhens sind steuerfreie Dotierungen in Höhe von 8% der BBG West zur Deutschen Rentenversicherung zusätzlich zu laufenden Dotierungen nach § 3 Nr. 63 S. 1 EStG möglich.438 Entgeltfreie Ruhendzeiten können auch Zeiten einer Entsendung ins Ausland sein, wenn eine Ruhendvereinbarung439 abgeschlossen wurde. Der Arbeitnehmer darf während dieser Zeiten im Inland keinen steuerpflichti563 gen Arbeitslohn bezogen haben. Im Zeitraum des Ruhens und im Zeitpunkt der Nachzahlung muss außerdem ein erstes Dienstverhältnis vorliegen. Der Nachweis eines ersten Dienstverhältnisses über den Abruf der ELStAM erfordert einen Wohnsitz in Deutschland.440 Selbst wenn der Arbeitnehmer über die gesamte Ruhendzeit ein erstes Dienst564 verhältnis zum deutschen Arbeitgeber unterhält, dürfte jedoch eher die reguläre Fortsetzung der lohnsteuerfreien Zahlungen während der Entsendungszeit die erste Wahl sein, sofern dies nach den dargestellten Grundsätzen441 möglich ist. Für die Nachzahlung besteht dann nur Bedarf, wenn auslandsbedingte bAV-Lücken im Nachhinein kompensiert werden sollen, weil dies zuvor nicht möglich war (vgl. die Zeit vor Inkrafttreten des § 3 Nr. 63 S. 4 EStG) oder außer Acht gelassen wurde. Zuführungen zu einer inländischen Versorgung (nach Ende des Arbeitsverhältnisses) 565 Scheidet der entsandte Arbeitnehmer im Rahmen einer Versetzung aus dem deutschen Arbeitsvertrag aus, ist es in allen versicherungsförmigen Durchführungswegen möglich, dem entsandten Arbeitnehmer im Rahmen der Beendigung des inländischen Dienstverhältnisses nach dem Vervielfältiger (§ 3 Nr. 63 S. 3 EStG)

_____ 438 Kap. 2 Rn. 139 ff. 439 Rn. 377. 440 Rn. 503. 441 Rn. 559 ff.

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Zuführungen zu gewähren.442 Auf diese Weise lassen sich künftige Dienstzeiten ohne erstes Dienstverhältnis kompensieren. Der Nachteil besteht allerdings darin, dass der Arbeitgeber insoweit in Vorleistung geht. Auch muss das Dienstverhältnis bereits einige Jahre bestanden haben, ansonsten fehlt es an Volumen zur Vervielfältigung (4% der Beitragsbemessungsgrenze pro Dienstjahr, maximal 10, sind steuerfrei). Zuführungen zu einer ausländischen Versorgung Bei Beiträgen des entsendenden inländischen Arbeitgebers an ausländische be- 566 triebliche Versorgungssysteme kann § 3 Nr. 63 EStG dann angewendet werden, wenn ■ dieses Versorgungssystem mit einem versicherungsförmigen Durchführungsweg der bAV nach dem BetrAVG vergleichbar ist bzw. einem der Durchführungswege als vergleichbar zugeordnet werden kann und ■ die sonstigen Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung einer bAV im Inland erfüllt werden und ■ die ausländische Versorgungseinrichtung in vergleichbarer Weise den für inländische Versorgungseinrichtungen maßgeblichen Aufbewahrungs-, Mitteilungs- und Bescheinigungspflichten nachkommt.443 Übertragung der Versorgung auf den ausländischen Arbeitgeber Überträgt das entsendende Unternehmen die Versorgungsverpflichtung im Rahmen 567 des arbeitsrechtlich Möglichen444 auf das ausländische aufnehmende Unternehmen, so gelten die zur Direktzusage und Unterstützungskasse getroffenen Ausführungen entsprechend.445

b) Inbound Wie im Falle eines Outbounds kann der aus dem Ausland nach Deutschland ent- 568 sandte Arbeitnehmer in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sein, wenn er hier seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§§ 8, 9 AO) hat, § 1 Abs. 1 EStG. Ist das nicht der Fall, hat er aber im Inland Einkünfte, so ist er beschränkt steuerpflichtig, § 1 Abs. 4 EStG.446 Um eine gleichzeitige Besteuerung dieser Zuführungen im Ausland zu verhindern, existieren mit vielen Staaten DBA.447

_____ 442 Kap. 2 Rn. 134 ff. 443 OFD Nordrhein-Westfalen v. 21.1.2014 – S 2333 – 1008 – St 215, Punkt 4.1.5. 444 Rn. 442. 445 Rn. 529 ff., 535 ff. 446 Rn. 502. 447 Rn. 506 ff.

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Nachfolgend werden die Fälle betrachtet, in denen während der Entsendungszeit eine Steuerpflicht des ausländischen Arbeitnehmers im Inland besteht.

aa) Besteuerung bei Aufnahme in deutsches Versorgungswerk 570 Wird ein ausländischer Arbeitnehmer nach Deutschland entsandt und erhält dort

eine Versorgungszusage, so gelten im Fall der Steuerbarkeit dieser Zuwendungen in Deutschland die gleichen Voraussetzungen wie bei einer Inlands-bAV. In den Durchführungswegen Pensionszusage und Unterstützungskasse kommt es zu keinem steuerlichen Zufluss beim Arbeitnehmer,448 auch nicht hinsichtlich möglicher Erstattungszahlungen, die das deutsche Unternehmen ggf. aus dem Ausland erhält. Beiträge zu den versicherungsförmigen Durchführungswegen sind grund571 sätzlich lohnsteuerpflichtig. Bei Erfüllen der Voraussetzungen nach § 3 Nr. 63 EStG kann die Besteuerung hingegen vermieden werden. Dies setzt ein erstes Dienstverhältnis in Deutschland voraus.449

bb) Körperschaftsteuer: Möglichkeit zur Aufnahme in deutsches Versorgungswerk 572 Hinsichtlich der Durchführungswege Unterstützungskasse und Pensionskasse sind körperschaftsteuerliche Belange zu beachten. Die Mitgliedschaft ausländischer Arbeitnehmer (von ausländischen Tochterge573 sellschaften oder Betriebsstätten) gefährdet die Körperschaftsteuerfreit grundsätzlich nicht.450 Nach der Satzung und dem Leistungsplan muss die Aufnahme von Arbeitnehmern ausländischer Tochtergesellschaften und Betriebsstätten zulässig sein. Fehlt es hieran, ist die Steuerfreiheit der Pensions- oder Unterstützungskasse nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG hingegen gefährdet.

cc) Fortführung der Auslands-bAV 574 Insbesondere bei Arbeitnehmerentsendungen innerhalb eines Konzerns nach

Deutschland werden häufig weiterhin Beiträge vom aufnehmenden Unternehmen an eine ausländische Versorgungseinrichtung geleistet. Werden sämtliche Voraussetzungen erfüllt, sind diese Zahlungen beim im Inland steuerpflichtigen ausländischen Arbeitnehmer nach den gleichen Grundsätzen wie eine inländische bAV zu behandeln.

_____ 448 Kap. 2 Rn. 124 ff. 449 Kap. 2 Rn. 130 ff. 450 R 5.3 Abs. 3 KStR 2015.

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Im Falle einer versicherungsförmigen Zusage gilt das bei erstem Arbeitsverhält- 575 nisses zum aufnehmenden Arbeitgeber auch für die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 63 S. 1 EStG. Voraussetzung ist aber die Vergleichbarkeit des Versorgungsträgers mit einem der versicherungsförmigen Durchführungswege in Deutschland.451

c) Leistungsphase Die Besteuerung von Leistungen aus Versorgungszusagen im Kontext einer vormaligen Entsendung kann Fragen aufwerfen, wenn der Versorgungsberechtigte nicht im selben Staat seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, in dem die Anwartschaften auf bAV erworben wurden. Das Besteuerungsrecht in der Leistungsphase steht dem Staat zu, in dem der Versorgungsberechtigte seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, § 1 Abs. 1 EStG i.V.m. §§ 8, 9 AO.452 Das gilt in der Regel auch dann, wenn ein DBA besteht, Art. 18, 21 OECD-DBA. Zahlt der deutsche Arbeitgeber eine Betriebsrente an einen ausschließlich im Ausland wohnhaften Rentner aus, so richtet sich das Besteuerungsrecht bei Existenz eines DBA nach dessen Inhalt. Besteht kein DBA mit dem Wohnsitzstaat, ist die Betriebsrente in Deutschland steuerpflichtig im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht (§§ 1 Abs. 4, 49 EStG). Nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 a) EStG steht Deutschland ein Besteuerungsrecht für Pensionszusagen und Unterstützungskassenzusagen mit Blick auf im Inland ausgeübte nichtselbständige Arbeit sowie für die Tätigkeit von Geschäftsführer, Prokuristen und Vorstandsmitglieder zu. Für Leistungen der versicherungsförmigen Durchführungswege ergibt sich eine beschränkte Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 10 EStG. Für die Besteuerung der Ruhegelder gilt bei deutschem Besteuerungsrecht die übliche, durchführungswegabhängige Systematik. Leistungen aus Pensionszusagen und Unterstützungskassen, auch bei ausländischer Herkunft, werden nach § 19 EStG besteuert. 453 Leistungen aus den versicherungsförmigen Durchführungswegen unterliegen als sonstige Einkünfte der Besteuerung gem. § 22 Nr. 5 EStG.454

_____ 451 OFD Nordrhein-Westfalen v. 21.1.2014 – S 2333 – 1008 – St 215, Punkt 4.1.5; Rn. 566. 452 Rn. 503. 453 Kap. 2 Rn. 127 ff. 454 Kap. 2 Rn. 161 ff.

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben) Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben) https://doi.org/10.1515/9783110275247-014 Misterek

Wie kann der starre Zusammenhang zwischen Arbeitsleistung, Arbeitszeit und 1 Arbeitsentgelt gelockert und innerhalb der Beschäftigung flexibel gestaltet werden? Ein in der Praxis noch verhältnismäßig neues Instrument dazu sind Zeitwertkonten. Der Gegenwert für die Arbeitsleistung in Form von Arbeitsentgelt oder Freizeitausgleich wird nicht unmittelbar ausgezahlt bzw. in Anspruch genommen, sondern einem Zeitwertkonto und Wertguthaben zugeführt, welches der Arbeitnehmer nach seinen Wünschen zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt im Beschäftigungsverhältnis für eine bezahlte Freistellung verwenden kann. Das zeitliche Entkoppeln der Arbeitsleistung einerseits und der Fälligkeit und Auszahlung des Arbeitsentgelts andererseits stellen besondere Anforderungen an die arbeitsrechtliche Ausgestaltung sowie die Behandlung von Zeitwertkonten im Rahmen von Lohnsteuer und Sozialversicherung. Das „Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen“ 2 trat zum 1.1.1998 in Kraft. Es war Teil von Maßnahmen im Rahmen des damaligen „Bündnis für Arbeit und zur Standortsicherung“ mit dem erklärten Ziel, die Rahmenbedingungen für Arbeitszeitkonten zu verbessern und rechtliche Hemmnisse auszuräumen. Das damals bestehende Recht sollte weiterentwickelt werden, so dass es den berechtigten Interessen der beteiligten Arbeitnehmer, Arbeitgeber und der Sozialversicherung Rechnung trägt.1 Circa 10 Jahre später, zum 1.1.2009, folgt das „Gesetz zur Verbesserung der 3 Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen“ (das sog. Flexi II Gesetz). Die Bundesregierung sieht bei Vorlage des Gesetzesentwurfs folgende Kernbereiche für notwendige Verbesserungen:2 ■ Ergänzung der Definition von Wertguthaben und praxisorientierte Abgrenzung zu anderen Formen von Arbeitszeitflexibilisierungen, ■ Konkretisierung von Pflichten bei der Führung von Wertguthaben, ■ Verbesserung des Insolvenzschutzes von Wertguthaben, ■ Einführung einer beschränkten Portabilität von Wertguthaben. Die gesetzliche Neureglung durch Flexi II macht deutlich, dass im Vordergrund der 4 Schutz der Arbeitnehmer durch eine Absicherung der angesparten Wertguthaben steht. Mit Blick auf den Insolvenzschutz ist dies nachvollziehbar, da wie die Praxis zeigt der Aufbau der Wertguthaben auf einer in aller Regel zuvor bereits erbrachten Arbeitsleistung beruht. Das Gesetz enthält jedoch darüber hinaus eine Reihe zusätz-

_____ 1 So die Gesetzesbegründung, BR-Drucks. 1000/97, S. 13. 2 BT-Drucks. 16/10289, S. 2.

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)

licher Schutzmaßnahmen, z.B. durch strenge Vorgaben bezüglich der Führung und Anlage von Wertguthaben. Letztlich geht es im Gesetz aber auch um die Interessen der Sozialversicherung, 5 indem Ausfälle bei der Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen verhindert und eventuellen Gestaltungen zulasten der Sozialversicherungsträger vorgebeugt werden soll. Das Ergebnis ist ein für die Handhabung von Zeitwertkonten in der Praxis sehr komplexes und von den Unternehmen erheblichen Aufwand erforderndes Geflecht an fachlichen und abrechnungstechnischen Spezialregelungen. Die ursprüngliche Zielsetzung, den Arbeitnehmern den Schutz der Sozialversicherung auch in Zeiten zu erhalten, in welchen aufgrund einer Freistellung keine tatsächliche Beschäftigung vorliegt, wird dadurch überlagert. Der Großteil der Vorschriften von Flexi II wurde in das Vierte Buch Sozialge6 setzbuch (SGB IV) eingefügt (insbesondere §§ 7 bis 7f, 22, 23b, 116 SGB IV).

A. Begrifflichkeiten A. Begrifflichkeiten 7 Es gibt keine Legaldefinition für den Begriff Zeitwertkonto. Der Begriff wird im Ge-

setz nicht verwendet. Das Gesetz spricht nur von Wertguthaben und von Arbeitsentgeltguthaben (siehe § 7d Abs. 1 SGB IV). Diese (abrechnungs-) technischen Begrifflichkeiten haben in die Praxis jedoch kaum Eingang gefunden. Dafür findet sich eine Vielzahl anderer Bezeichnungen. Neben Zeitwertkonto ist häufig die Rede von Langzeitkonto, Lebensarbeitszeitkonto, Wertkonto, Flexi-Konto, Sabbaticalkonto oder auch einfach Arbeitszeitkonto (obwohl hierbei eine Verwechslungsgefahr mit Gleitzeitkonten u. ä. besteht). Die Bezeichnung des Kontos ist aus rechtlicher Sicht jedoch unerheblich. Maß8 gebend ist allein, ob sich der Inhalt der betreffenden Regelung an den gesetzlichen Vorgaben für eine Wertguthabenvereinbarung3 gemäß § 7b SGB IV orientiert.

I. Zeitkonten und Wertkonten 9 Eine für die Praxis wichtige Unterscheidung bei Zeitwertkonten lässt sich nach der

Art der Gutschrift auf dem Konto treffen. Auf Zeitkonten wird eine Gutschrift in Zeit (z.B. Stunden oder Tage) gebucht, auf Wertkonten eine Gutschrift als Euro-Betrag. Das Gesetz verlangt seit 2009 grundsätzlich die Führung als Arbeitsentgeltguthaben. Sofern Arbeitszeit bzw. Zeitguthaben in ein Wertguthaben eingebracht werden, sind sie vorher in Arbeitsentgelt umzurechnen (§ 7d Abs. 1 SGB IV).

_____ 3 Siehe Rn. 20.

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A. Begrifflichkeiten

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Nach der Übergangsregelung in § 116 SGB IV dürfen jedoch am 1.1.2009 bereits 10 bestehende Wertguthaben als Zeitguthaben (wahlweise auch als Entgeltguthaben) fortgeführt werden. Dies gilt ausdrücklich auch „für neu vereinbarte Wertguthabenvereinbarungen auf der Grundlage früherer Vereinbarungen“. Selbst eine spätere Änderung einer solchen früheren Vereinbarung (z.B. eines Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung) ist für die Übergangsregelung unschädlich, sofern die Änderung keine Umstellung auf eine Wertguthabenführung in Geld zwingend vorsieht.4 Die Nutzung der Übergangsregelung steht schließlich noch für neu eingeführ- 11 te Modelle offen, sofern die rechtliche Grundlage für das Modell z.B. ein alter (vor 2009 abgeschlossener) Tarifvertrag ist, der eine Zeitguthabenführung erlaubt. Eine Führung von Zeitguthaben bedeutet allerdings vor allem, dass der An- 12 spruch des Arbeitnehmers aus dem Zeitwertkonto automatisch an die Lohn- und Gehaltsentwicklung geknüpft und von der Anlage der Wertguthaben5 abgekoppelt wird. Praxistipp 3 Für die Praxis hat die Frage der Wertguthabenführung in Geld oder in Zeit gravierende Auswirkungen u.a. für die Anlage der Wertguthaben, die Verteilung möglicher Risiken aus der Anlage zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die vom Arbeitgeber zu erbringende Mindestleistung und den Werterhalt bis hin zur Einstellung des Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag ins Wertguthaben.

II. Auszeit, Sabbatical und Lebensarbeitszeit Eine weitere Unterscheidung von Zeitwertkonten richtet sich nach dem Verwen- 13 dungszweck. Konten, die ausschließlich für eine Freistellung unmittelbar vor Eintritt in den Ruhestand genutzt werden können, werden oftmals als Lebensarbeitszeitkonten bezeichnet, da sie den Arbeitnehmern eine finanzielle Gestaltung bei der Frage ermöglichen, wie lange sie im Arbeitsleben stehen möchten. Freistellungen inmitten des Arbeitsverhältnisses (und unabhängig vom nahenden Ruhestand) werden in der Praxis als Auszeit oder auch Sabbatical bezeichnet. Neben den möglichen organisatorischen Herausforderungen, die mit der betrieblichen Umsetzung verschiedener Freistellungen verbunden sind, bestehen auch unterschiedliche rechtliche Anforderungen z.B. mit Blick auf die zulässige Anlage von Wertguthaben.6

_____ 4 GKV-Spitzenverband, Deutsche Rentenversicherung, Bundesagentur für Arbeit, Frage-/Antwortkatalog zum Versicherungs-, Beitrag-, und Melderecht für flexible Arbeitszeitregelungen v. 13.4. 2010, S. 5. 5 Siehe Rn. 76. 6 Siehe Rn. 71.

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)

Das Gesetz enthält eine beispielhafte Aufzählung für die Verwendung von Wertguthaben im Rahmen gesetzlicher und vertraglicher Freistellungen (§ 7c Abs. 1 SGB IV), wobei ausdrücklich neben der vollständigen auch die teilweise Freistellung genannt wird. Gesetzlich geregelt sind insbesondere Freistellungen 15 ■ für die Pflege eines nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung nach dem Pflegezeitgesetz (§ 3) und dem Familienpflegezeitgesetz (§ 2) ■ für die eigene Betreuung und Erziehung eines Kindes nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (§ 15) ■ zur Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nach dem Teilzeitund Befristungsgesetz (§ 8).

14

16 Vertraglich vereinbart sind insbesondere Freistellungen ■ ■

unmittelbar vor Bezug der gesetzlichen Altersrente für die Teilnahme an beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen.

17 Die Aufzählung der Freistellungen im Gesetz stellt nur eine Auffangregelung dar.

Für die möglichen Verwendungszwecke für Wertguthaben und Anspruchsvoraussetzungen gelten vorrangig die Festlegungen in der Wertguthabenvereinbarung (§ 7c Abs. 2 SGB IV).

B. Rechtliche Rahmenbedingungen B. Rechtliche Rahmenbedingungen 18 Durch Zeitwertkonten werden Regelungen zu Arbeitsentgelt, Arbeitszeit und Be-

schäftigung getroffen. Damit ergeben sich Auswirkungen in einer großen Bandbreite von Rechtsgebieten. Neben den im Sozialgesetzbuch verankerten Spezialregelungen zu Zeitwertkonten werden im Rahmen der Modelleinführung, des Aufbaus und der Nutzung von Wertguthaben insbesondere Fragen des kollektiven Arbeitsrechts, allgemeinen Arbeitsrechts, Steuerrechts und Insolvenzrechts berührt.

I. Sozialversicherungsrecht 19 Die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften bilden den wesentlichen gesetzli-

chen Rahmen für die Gestaltung und Abwicklung von Zeitwertkonten. Das Gesetz bestimmt, dass auch in Zeiten der Freistellung von mehr als einem Monat eine Beschäftigung besteht (§ 7 Abs. 1a SGB IV). Dadurch werden die Anwendung und der Schutz der Sozialversicherung für den Arbeitnehmer auch während einer Freistellung sichergestellt. Außerhalb einer Wertguthabenvereinbarung endet die Sozialversicherung im Falle einer bezahlten Freistellung aus einem Arbeitszeitkonto nach 3 Monaten (§ 7 Abs. 1a S. 2 SGB IV) und in anderen Fällen der Freistellung bereits nach einem Monat. Misterek

B. Rechtliche Rahmenbedingungen

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1. Die Wertguthabenvereinbarung Die Wertguthabenvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist das 20 Kernstück eines Zeitwertkontenmodells. In sozialversicherungsrechtlicher und auch steuerlicher Hinsicht dient der Begriff der Wertguthabenvereinbarung in erster Linie der Abgrenzung von sonstigen flexiblen Arbeitszeitregelungen. Die Anwendung der Regelungen des Flexi-II-Gesetzes setzt das Vorliegen einer Wertguthabenvereinbarung voraus. Diese ist nach § 7b SGB IV dann gegeben, wenn ■ eine schriftliche Vereinbarung über den Aufbau eines Wertguthabens geschlossen wird, ■ die Vereinbarung nicht (vorrangig) das Ziel der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeitflexibilisierung oder den Ausgleich von Produktionsschwankungen verfolgt, ■ das Wertguthaben mit einer vor oder nach der Freistellung oder der Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit erbrachten Arbeitsleistung aufgebaut wurde ■ und das fällige Arbeitsentgelt die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (450 €) übersteigt, sofern nicht vor der Freistellung bereits eine nur geringfügige Beschäftigung ausgeübt wurde. Die obigen Vorgaben sind allerdings für eine arbeitsrechtliche Umsetzung von 21 Zeitwertkonten völlig unzureichend. Die Wertguthabenvereinbarung ist in der Praxis Bestandteil der Zeitwertkontenregelung, welche neben den oben genannten gesetzlichen Inhalten die weiteren allgemeinen Spielregeln für das Zeitwertkontenmodell definiert. Checkliste 3 Die typischen Inhalte eines Zeitwertkontenmodells umfassen folgende Regelungspunkte: ■ Rechtsgrundlage (Tarifvertrag, (Gesamt-)Betriebsvereinbarung, Gesamtzusage oder Einzelvertrag), ■ Teilnahmeberechtigte Arbeitnehmergruppen, ■ Mögliche Einbringungen (z.B. aus Arbeitsentgelt, Gegenwert von Arbeitszeit), ■ Mindest- und Höchstgrenze für Einbringungen, ■ Umrechnung Arbeitszeit/Arbeitsentgelt, ■ Anlage des Wertguthabens, ■ Mögliche Freistellungszwecke und Umfang einer Freistellung (vollständig bzw. teilweise), ■ Mindest- und Höchstdauer einer Freistellung, ■ Ankündigungsfristen für eine Freistellung, ■ Entscheidungsprozess, ■ Höhe des Arbeitsentgelts während der Freistellung, ■ Regelungen zu Krankheit und Urlaub während der Freistellung, ■ Regelungen zu bAV, Sonderzahlungen, Firmenwagen etc. während der Freistellung, ■ Werterhaltungsgarantie und Insolvenzsicherung des Arbeitgebers, ■ Tragung von Kosten.

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)

22 Das Gesetz sagt nicht, wer Vertragspartner des Arbeitgebers für den Abschluss der

Wertguthabenvereinbarung bzw. der Zeitwertkontenregelung sein muss. Nach Ansicht der Sozialversicherungsträger kann die Wertguthabenvereinbarung sowohl durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung als auch einzelvertraglich getroffen werden.7 Nach Einschätzung der Bundesregierung zu Flexi II ergibt sich jedoch aus dem Gesamtkonzept der gesetzlichen Regelungen, dass es sich „stets auch um eine individualarbeitsrechtliche Vereinbarung handeln sollte“.8 In der Konsequenz bedeutet dies, dass kollektivrechtliche Regelungen im Tarifvertrag und/oder in einer Betriebsvereinbarung allein nicht als ausreichend angesehen werden, obwohl diese unmittelbar und zwingend für die betroffenen Arbeitsverhältnisse gelten (siehe z.B. § 77 Abs. 4 S. 1 BetrVG). Allerdings gibt das Gesetz dem Arbeitnehmer im Falle des fehlenden Insolvenzschutzes ein Recht zur Kündigung der Wertguthabenvereinbarung (§ 7e Abs. 5 SGB IV). Ein solches Kündigungsrecht würde ins Leere gehen, wenn die Wertguthabenvereinbarung ausschließlich eine kollektivrechtliche Grundlage hat. Nach Ansicht des Verfassers muss daher differenziert werden zwischen der im Regelfall kollektivrechtlichen Vereinbarung der Einzelheiten der Modellgestaltung und der individualrechtlich mit dem Arbeitnehmer vereinbarten Teilnahme am Zeitwertkonto. Die individualrechtliche Teilnahmevereinbarung umfasst inhaltlich die Erklärung, dass sich der Arbeitnehmer am Aufbau eines Wertguthabens beteiligt. Mitunter enthält sie auch Erklärungen zum Datenschutz. Im Übrigen kann die Teilnahmevereinbarung hinsichtlich der Einzelheiten der Modellgestaltung auf den Tarifvertrag und/oder die Betriebsvereinbarung Bezug nehmen. Damit werden die vorgenannten Anforderungen an eine individualrechtliche Bestätigung grundsätzlich erfüllt. Für die Wertguthabenvereinbarung verlangt das Gesetz die Schriftform. Soweit 23 die Zeitwertkonten auf einer kollektivrechtlichen Grundlage beruhen, ergibt sich das Schriftformerfordernis bereits aus § 1 Abs. 2 TVG und § 77 Abs. 2 S. 1 BetrVG. Die Schriftform nach § 7b SGV IV hat daher vor allem Bedeutung für die individualrechtliche Teilnahmevereinbarung mit dem Arbeitnehmer. Fraglich ist dabei zunächst, welche Anforderungen an die Schriftform zu stellen sind. Die Vorschrift des § 126 BGB, die eine eigenhändige Unterschrift vorsieht, gilt nur im Bereich des Privatrechts. Für das Verwaltungsrecht und auch das Sozialrecht ist hingegen grundsätzlich anerkannt, dass der Begriff der Schriftform nicht stets die eigenhändige Unterzeichnung verlangt; die konkreten Anforderungen sind vielmehr durch Aus-

_____ 7 Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung v. 31.3.2009, Sozialrechtliche Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen, S. 19. 8 Siehe Einschätzung der Bundesregierung D.I. 2., in Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze, BT-Drucks. 17/8991.

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B. Rechtliche Rahmenbedingungen

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legung der gesetzlichen Bestimmung zu ermitteln.9 Nach § 36a Abs. 2 S. 1 SGB I kann eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. Die elektronische Form bedeutet dabei mittels einer qualifizierten elektronischen Signatur (ähnlich wie in § 126a Abs. 1 BGB) oder mittels eines vergleichbaren sicheren Verfahrens. Für die Praxis von Bedeutung ist, ob auch eine weitergehende vereinfachte Form entsprechend § 127 Abs. 2 und 3 BGB z.B. durch eine rein telekommunikative Übermittlung der Erklärungen ohne qualifizierte elektronische Signatur zulässig ist. Die herrschende Meinung geht jedoch auch im Verwaltungsrecht davon aus, dass bei einer gesetzlich angeordneten Schriftform einfache Formen elektronischer Kommunikation im Zweifel nur bei einer ausdrücklichen Regelung genügen.10 Dies ist bei § 7b SGB IV nicht der Fall. Aus Gründen der Rechtssicherheit empfiehlt sich daher für die Teilnahmevereinbarung mit dem Arbeitnehmer die eigenhändige Unterschrift oder Unterzeichnung mittels qualifizierter elektronischer Signatur.

2. Ansparphase Während die Teilnahmevereinbarung mit dem Arbeitnehmer in der Regel nur ein- 24 mal vor Beginn der Teilnahme abgeschlossen wird, unterliegen die Erklärungen des Arbeitnehmers zu den Einbringungen ins Wertguthaben, z.B. aus einer Entgeltumwandlung, in der Praxis häufigeren Anpassungen und Änderungen. In der Umsetzung bei den Unternehmen finden sich überwiegend zwei Vorgehensweisen: ■ Für die Erklärung von Einbringungen durch den Arbeitnehmer wird einmal oder auch zweimal im Kalenderjahr ein bestimmtes Zeitfenster von z.B. 2 bis 3 Wochen festlegt. Oftmals liegt das Zeitfenster in zeitlicher Nähe zu einer bevorstehenden Auszahlung von Sonderzahlungen, für deren Einbringung ins Wertguthaben sich der Arbeitnehmer noch vor Fälligkeit der Zahlung entscheiden kann. Die Festlegung eines Zeitfensters hat aus Arbeitgebersicht den Vorteil, dass die Kommunikation mit den Arbeitnehmern zeitlich gebündelt wird und die mit der Umsetzung der Einbringungen verbundenen Tätigkeiten insbesondere in der Entgeltabrechnung und der Anlage der Wertguthaben nur dann stattfinden müssen. Der Nachteil liegt in der eingeschränkten Flexibilität für die Arbeitnehmer, z.B. mit Blick auf gewünschte Veränderungen bei der Höhe einer laufenden monatlichen Entgeltumwandlung, und darin, dass neu ins Unternehmen eintretende Mitarbeiter u.U. längere Zeit bis zum nächsten Zeitfenster für die Teilnahme am Zeitwertkonto warten müssen.

_____ 9 Siehe Begründung zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften, BT-Drucks. 14/9000, S. 26. 10 BT-Drucks. 14/9000, S. 27.

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)

Alternativ findet sich in der Praxis auch die Möglichkeit einer laufenden bzw. monatlichen Einbringungserklärung. Hierbei kann der Arbeitnehmer entsprechend ohne Beschränkung auf ein Zeitfenster eine Einbringung erstmals erklären, eine laufende Einbringung mit Wirkung für die Zukunft ändern oder stoppen. Für den Arbeitnehmer bedeutet dies eine hohe Flexibilität und Entscheidungsfreiheit. Für den Arbeitgeber ergibt sich daraus allerdings eine mögliche ständige administrative Beschäftigung mit dem Zeitwertkonto.

3 Praxistipp Neben den materiellen Inhalten zu Art, Höhe und Zeitpunkt der Einbringungen sollte die Einbringungserklärung ferner Hinweise enthalten auf ■ die Voraussetzungen für eine Entgeltumwandlung (z.B. steuerlich zulässig nur für künftigen Arbeitslohn und nur, wenn Anspruch auf den umgewandelten Arbeitslohn tatsächlich entsteht), ■ die Beschränkung für eine Entgeltumwandlung, dass das verbleibende auszuzahlende Monatsentgelt die Grenze für eine geringfügige Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung übersteigen muss (es sei denn, es besteht bereits zuvor eine nur geringfügige Beschäftigung) ■ sowie mögliche sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen einer Entgeltumwandlung (z.B. eine mögliche Verringerung gesetzlicher Sozial- und Versicherungsleistungen und ggf. die Beachtung der Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung). 25 Schließlich kann die Einbringungserklärung zu einer Einbringungs- und Anlage-

erklärung erweitert werden, wenn z.B. mehrere Anlageformen für das Wertguthaben möglich sind und der Arbeitnehmer eine Auswahlentscheidung treffen soll. Ein wachsender Trend in der Praxis ist die rein elektronische Abgabe der Ein26 bringungserklärung über z.B. eine Webanwendung oder ein Webportal. Jedoch stellt sich zunächst auch bei der Einbringungserklärung des Arbeitnehmers die Frage nach einem Schriftformerfordernis. Sofern die Einbringungserklärung als Bestandteil der Wertguthabenvereinbarung zu betrachten ist, würde die Schriftform gemäß § 7b SGB IV auch hierfür gelten und zwar gleich, ob die Einbringungserklärung unmittelbar in der Wertguthabenvereinbarung enthalten ist oder davon getrennt in einer Nebenabrede getroffen wird. Welche Inhalte sachlich Teil eines formbedürftigen Rechtsgeschäfts sind, richtet sich nach dem Zweck der Formvorschrift. Aus der Gesetzesbegründung zu § 7b SGB IV ergibt sich, dass eine Wertguthabenvereinbarung vor allem das Ziel einer längerfristigen Freistellung beinhalten muss. Dagegen befasst sich die Vorschrift laut der Gesetzesbegründung nicht mit dem Aufbau von Wertguthaben. Der tatsächliche Vorgang der Einbringung von Arbeitszeit bzw. Arbeitsentgelt in ein Wertguthaben kann danach unabhängig von der Wertguthabenvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer festgelegt und vereinbart werden.11 Das Schriftformerfordernis nach § 7b SGB IV erfasst daher nicht die Einbringungserklärung des Arbeitnehmers.

_____ 11 BT-Drucks. 16/10289, S. 15.

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B. Rechtliche Rahmenbedingungen

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Eine weitere rechtliche Hürde für eine rein elektronische Abgabe der Einbrin- 27 gungserklärung könnte das Nachweisgesetz enthalten. Danach muss der Arbeitgeber die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses schriftlich niederlegen und auch spätere (individualrechtliche) Änderungen schriftlich mitteilen (§§ 2 Abs. 1, 3 S. 1 NachwG). Hierzu gehören gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Ziff. 6–8 NachwG u.a. die Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts, die vereinbarte Arbeitszeit und die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs. Nach dem Gesetz ist ferner ein Nachweis in elektronischer Form ausdrücklich ausgeschlossen (§ 2 Abs. 1 S. 2 NachwG). Eine Einbringungserklärung über die Umwandlung von Arbeitsentgelt oder die Einbringung von Zeitguthaben oder Erholungsurlaub zugunsten des Aufbaus von Wertguthaben verändert die im NachwG genannten Vertragsbedingungen. Jedoch ist das Erfüllen der Verpflichtung zur schriftlichen Mitteilung nach dem NachwG keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Inhalt des Arbeitsvertrags. Das NachwG bezweckt die Information der Arbeitnehmer und Dokumentation der Inhalte des Arbeitsverhältnisses und berührt nicht die Gültigkeit der getroffenen Vereinbarungen. So hat das Bundessozialgericht entschieden, dass eine mündlich vereinbarte Entgeltumwandlung wirksam ist, da die gesetzlichen und insbesondere sozialrechtlichen Vorschriften keine Schriftform für beitragsrechtlich erhebliche Entgeltumwandlungen vorsehen.12 Dies eröffnet die Möglichkeit, den Prozess für die Abgabe und Abwicklung der Einbringungserklärung des Arbeitnehmers administrativ flexibler zu gestalten und z.B. einfache Formen elektronischer Kommunikation zu nutzen anstelle einer Niederschrift auf Papier sowie einer eigenhändigen Unterzeichnung oder einer qualifizierten elektronischen Signatur. Allerdings geht der Arbeitgeber dabei das Risiko ein, dass er im Falle eines Bestreitens durch den Arbeitnehmer dessen Urheberschaft an der Einbringungserklärung nicht rechtssicher nachweisen kann.

3. Statischer und dynamischer Wertguthabenbegriff Das Gesetz enthält keine unmittelbare Definition von Wertguthaben, sondern um- 28 schreibt den Begriff über ihren Aufbau und die Zielsetzung. Nach § 7b Nr. 3 SGB IV wird Arbeitsentgelt in das Wertguthaben eingebracht, um es für Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung oder der Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu entnehmen. Arbeitszeitguthaben sind in Arbeitsentgelt umzurechnen. Die Sozialversicherung folgert daraus, dass sich das Wertguthaben aus dem Entgeltguthaben und den Arbeitgeberbeitragsanteilen zur Sozialversicherung zusammensetzt. Der Begriff des Arbeitsentgelts ist im Sinne der Sozialversicherung zu verste- 29 hen, d.h., er umfasst gemäß § 14 SGB IV alle laufenden und einmaligen Einnah-

_____ 12 BSG, Urt. v. 2.3.2010 – B 12 R 5/09 R.

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)

men aus einer Beschäftigung. Nach dem Gesetz ist es gleichgültig, ob die Einnahmen unmittelbar aus der Beschäftigung oder nur im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Daher zählen zum Arbeitsentgelt auch zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers wie z.B. ein Zuschuss zu den Einbringungen des Arbeitnehmers oder eine Erhöhung des Wertguthabens für bestimmte Verwendungszwecke (sog. Freistellungsbonus). Entgeltteile, die kein Arbeitsentgelt darstellen, z.B. steuerfreie Zuschläge und Zuschüsse (siehe § 1 SozialversicherungsentgeltVO), können als besonderes Entgeltguthaben im Zeitwertkonto geführt werden. Die daraus erzielten Erträge gehören aber wiederum zum Arbeitsentgelt und müssen daher separat erfasst und geführt werden.13 Werden Zeitelemente, z.B. Mehrarbeit oder Urlaubstage, in Geld umgerechnet und eingebracht, gehört dies grundsätzlich auch zu den Einnahmen aus Beschäftigung und damit zum Arbeitsentgelt. Wird das Zeitwertkonto aufgrund der Übergangsregelung (§ 116 Abs. 1 SGB IV) als Zeitguthaben geführt, kommt es aus Sicht der Sozialversicherungsträger darauf an, dass den eingebrachten Arbeitszeiten Arbeitsentgelt zugrunde liegt.14 Das Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV ist nicht auf die verschiedenen BBG 30 der Sozialversicherung beschränkt. Daher können auch Entgeltteile oberhalb der BBG in das Wertguthaben eingebracht werden. Eine Besonderheit stellt die Berücksichtigung des Arbeitgeberanteils am Ge31 samtsozialversicherungsbeitrag dar. Nach Ansicht der Sozialversicherungsträger muss der Arbeitgeberanteil auf die volle Höhe des Arbeitsentgelts ohne Begrenzung auf die BBG in das Wertguthaben eingestellt werden. Dies ergebe sich daraus, dass in der Freistellungsphase auch über der BBG erzieltes und ins Wertguthaben eingestelltes Arbeitsentgelt regelmäßig beitragspflichtig entspart wird. Dafür sehe das Gesetz keine Nachschusspflicht des Arbeitgebers in den Fällen vor, in denen aufgrund gestiegener Beitragssätze der eingestellte Arbeitgeberbeitragsanteil den sich in der Freistellungsphase nach den aktuellen Beitragssätzen ergebenden Arbeitgeberbeitragsanteil unterschreitet. Im umgekehrten Fall, dass der eingestellte Arbeitgeberbeitragsanteil bei Auszahlung des Wertguthabens nicht für die Beitragszahlung an die Sozialversicherung vollständig verbraucht wird, soll auch kein Entnahmerecht des Arbeitgebers bestehen, d.h., der nicht verbrauchte Arbeitgeberbeitragsanteil ist mit dem Wertguthaben an den Arbeitnehmer auszuzahlen. Die Höhe des in das Wertguthaben einzustellenden Sozialversicherungsbeitrags richtet sich somit ausschließlich nach den Bemessungsgrundlagen zum Zeitpunkt der Einbringung. Diese Sichtweise wird als „statischer Wertguthabenbegriff“ bezeichnet. Die Einbringungen ins Wertguthaben und die Arbeitgeberbeitragsanteile können dabei

_____ 13 Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung v. 31.3.2009, Sozialrechtliche Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen, S. 24. 14 Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung v. 31.3.2009, Sozialrechtliche Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen, S. 23.

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B. Rechtliche Rahmenbedingungen

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aus Sicht der Sozialversicherung gemeinsam in einem Konto für den Arbeitnehmer geführt werden. Der statische Wertguthabenbegriff bedeutet für den Arbeitgeber eine zusätzli- 32 che Belastung mit Sozialversicherungsbeiträgen für das ins Wertguthaben eingebrachte Arbeitsentgelt, selbst wenn diese bei Auszahlung nicht von der Sozialversicherung beansprucht werden. Auf der anderen Seite erlangt der Arbeitgeber Planungssicherheit, da Änderungen der Beitragsbemessungsgrundlagen ihn nicht mehr berühren. Eine deutliche Entlastung kann sich schließlich beim statischen Wertguthabenbegriff daraus ergeben, dass der Arbeitgeber durch das Abstellen auf den Zeitpunkt der Einbringungen keine Sozialversicherungsbeiträge auf die Verzinsung und Wertzuwächse des Wertguthabens leisten muss. Allerdings ist die Rechtslage nicht eindeutig. Nach § 7d Abs. 1 S. 1 SGB IV sind 33 Wertguthaben als Arbeitsentgeltguthaben einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu führen. Daraus ist weder zu entnehmen, dass das Gesetz damit auch einen fiktiven Arbeitgeberanteil auf Arbeitsentgelt oberhalb der BBG meint, noch ergibt sich daraus eine Festschreibung der Berechnung auf die Verhältnisse bei Einbringung. Das Bundessozialgericht hat festgestellt, dass die Beitragspflicht in der Freistellung erst mit der Auszahlung des Arbeitsentgelts entsteht, eine eventuelle Herkunft des Wertguthabens aus Entgelt oberhalb der BBG sei dabei unbeachtlich. Nach Ansicht des Landessozialgerichts Hessen würde aufgrund des Geldbedarfs für die Auszahlungsphase ein Verständnis, dass nur Arbeitgeberanteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag einzustellen sind, soweit das Arbeitsentgelt während der Ansparphase unterhalb der BBG lag, die Zielsetzungen des Gesetzes verkennen. Zu den weiteren Schlussfolgerungen der Sozialversicherungsträger aus dem statischen Wertguthabenbegriff liegt jedoch bisher keine Rechtsprechung vor.15 Somit besteht grundsätzlich ein rechtliches Risiko, ob der Arbeitgeber bei einer Auszahlung von Wertguthaben in der Freistellung nicht doch zu einem Nachschuss von Sozialversicherungsbeiträgen verpflichtet ist. Hinzu kommt, dass auch die Sozialversicherung Ausnahmen bei der Anwen- 34 dung des statischen Wertguthabenbegriffs sieht. Die Arbeitgeberbeitragsanteile sind nicht in das am 31.12.2008 vorhandene Wertguthaben sowie allgemein nicht bei den auf Grundlage von § 116 Abs. 1 SGB IV in Zeit geführten Wertguthaben einzustellen. Ferner ist nach dem Gesetz nur der Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 28d SGB IV) ins Wertguthaben einzustellen. Nicht erfasst werden daher z.B. Arbeitgeberzu-

_____ 15 Siehe dazu insgesamt: GKV-Spitzenverband, Deutsche Rentenversicherung, Bundesagentur für Arbeit, Frage-/Antwortkatalog zum Versicherungs-, Beitrag-, und Melderecht für flexible Arbeitszeitregelungen v. 13.4.2010, S. 6 f.; BSG, Urt. v. 20.3.2013 – B 12 KR 7/11 R; LSG Hessen, Urt. v. 16.11. 2017 – L 8 KR 335/16 und LSG Hessen, Urt. v. 16.11.2017 – L 8 KR 329/16 (das Revisionsverfahren wurde durch Vergleich beendet – BSG, Terminbericht v. 1.4.2019 – B 12 KR 15/18 R).

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)

schüsse zum Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung für freiwillig gesetzlich oder privat Versicherte und Rentenversicherungsbeiträge zu einer berufsständischen Versorgung. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber bei einer Auszahlung die Sozialversicherungsbeiträge nach den jeweils aktuellen Beitragssätzen zusätzlich zum Wertguthaben erbringen. Der statische Wertguthabenbegriff mit dem Wegfall einer Nachschusspflicht und eines Entnahmerechts gilt hier nicht. Eine Alternative stellt der sog. dynamische Wertguthabenbegriff dar, der 35 nach der bis Ende 2008 geltenden Gesetzeslage auch von der Sozialversicherung anerkannt war. Hierbei werden in das Wertguthaben nur Arbeitgeberbeitragsanteile eingestellt, soweit die Einbringungen als ausgezahltes Arbeitsentgelt tatsächlich der Beitragspflicht unterlegen hätten. Ergibt sich bei Auszahlungen aus dem Wertguthaben in der Freistellung oder im Störfall aufgrund der dann geltenden aktuellen Bemessungsgrundlagen ein höherer oder niedrigerer Arbeitgeberbeitragsanteil, muss der Arbeitgeber einen Nachschuss leisten oder kann die nicht benötigten Beitragsanteile für sich entnehmen. Im Hinblick auf die abweichende Auffassung der Sozialversicherungsträger und aus Gründen der rechtlichen Eindeutigkeit empfiehlt sich für Arbeitgeber, die diesen dynamischen Wertguthabenbegriff anwenden, eine ausdrückliche Regelung zur Nachschusspflicht bei nicht ausreichenden Arbeitgeberbeitragsanteilen und zum Entnahmerecht bei nicht von der Sozialversicherung beanspruchten Beitragsanteilen für den Fall der Auszahlung in die Zeitwertkontenregelung aufzunehmen. 3 Fettnapf Es ist jedoch zu beachten, dass die Deutsche Rentenversicherung Bund die Anwendung des dynamischen Wertguthabenbegriffs nicht akzeptiert und z.B. in Übertragungsfällen die Übernahme des Wertguthabens davon abhängig macht, dass die Arbeitgeberbeitragsanteile auf das vollständige Wertguthaben eingebracht worden sind.

4. Freistellungsphase 36 Die Freistellung von der Arbeitsleistung ist nach dem Leitbild des Gesetzes das primäre Ziel jeder Wertguthabenregelung (siehe §§ 7 Abs. 1a, 7b, 7c SGB IV). Ein wesentliches Merkmal von Zeitwertkonten ist dabei zum einen, dass es sich um eine bezahlte Freistellung handelt, indem während der Freistellung Arbeitsentgelt aus dem Wertguthaben fällig wird. Damit grenzt sich die Freistellung aus einem Zeitwertkonto ab von anderen Freistellungen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses wie z.B. unbezahltem Urlaub, Elternzeit, Pflegezeit oder Familienpflegezeit. In den letztgenannten Fällen gibt es zwar in begrenztem Umfang staatliche Leistungen und Förderung, jedoch keine Zahlung von Arbeitsentgelt durch den Arbeitgeber. Zum anderen richten sich die in § 7c SGB IV aufgezählten Freistellungszwecke an den Bedürfnissen des Arbeitnehmers aus. Es geht nicht um – meistens im Interesse des Arbeitgebers liegende - Freistellungen zum Ausgleich von Auslastungs- und Misterek

B. Rechtliche Rahmenbedingungen

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Produktionsschwankungen (siehe § 7b Ziff. 2. SGB IV). Damit grenzt sich eine Freistellung aus einem Zeitwertkonto ab von einer Freizeitentnahme aus einem Gleitzeit- oder sonstigen Arbeitszeitkonto, in welchem z.B. die Anordnung von Freizeitentnahmen durch den Arbeitgeber möglich ist oder eine Kappung des Zeitguthabens etwa am Monatsende erfolgen kann. Schließlich geht es bei Zeitwertkonten um eine Freistellung von mehr als einem Monat (§ 7 Abs. 1a S. 1 SGB IV) und daher um längerfristige Freistellungen. Praxistipp 3 Die im Gesetz enthaltene Aufzählung möglicher Verwendungszwecke für Wertguthaben16 kann gemäß § 7c Abs. 2 SGB IV vertraglich auf bestimmte Verwendungszwecke (auch solche, die nicht in § 7c Abs. 1 SGB IV genannt sind) beschränkt werden.17 Im Hinblick auf die organisatorischen und sonstigen betrieblichen Anforderungen für die Umsetzung von Freistellungen empfiehlt es sich stets, die möglichen Verwendungszwecke positiv zu regeln und andere in § 7c Abs. 1 genannte Verwendungszwecke auszuschließen. Dies kann z.B. für Modelle von Bedeutung sein, die den Einsatz von Zeitwertkonten nur zur Finanzierung bestimmter Freistellungen, z.B. nur für ruhestandsnahe Freistellungen, erlauben wollen, oder wenn teilweise Freistellungen und/oder eine erst im Nachhinein erfolgende Finanzierung einer Freistellung nicht gewollt sind.

Die allgemeinen Voraussetzungen und Bedingungen für eine Freistellung werden 37 in der Zeitwertkontenregelung festgelegt. Zusätzlich wird mit dem Arbeitnehmer eine individuelle Freistellungsvereinbarung getroffen für die Durchführung der Freistellung im konkreten Fall.18 Praxistipp 3 Der Entscheidungsprozess über eine beantragte Freistellung richtet sich nach den betrieblichen Regeln. Es empfiehlt sich jedoch, den Ablauf für den Arbeitnehmer transparent darzustellen. Zum Beispiel enthalten Zeitwertkontenregelungen häufig eine Frist, innerhalb welcher der Arbeitgeber über den Freistellungsantrag entscheidet oder unter normalen Umständen entscheiden soll. Weitere mögliche Inhalte zum Entscheidungsprozess betreffen insbesondere die Fragen, ob eine ablehnende Entscheidung vom Arbeitgeber begründet werden muss und ob der Arbeitnehmer im Falle der Ablehnung ein vermittelndes Gremium im Betrieb anrufen kann.

a) Status des Arbeitsverhältnisses während der Freistellung Während einer Freistellung bleibt das Arbeitsverhältnis als solches bestehen. Ins- 38 besondere arbeitsvertragliche Nebenpflichten, wie Fürsorgepflichten und Treuepflichten, aber auch Verschwiegenheitspflichten und Wettbewerbsverbote bleiben aufrechterhalten. Die Betriebszugehörigkeit wird durch eine Freistellung

_____ 16 Siehe Rn. 14 ff. 17 Siehe auch KassKomm/Zieglmeier, § 7c SGB IV Rn. 17 f. 18 Siehe dazu ausführlich Rn. 149 ff.

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)

nicht unterbrochen. Dementsprechend entstehen Ansprüche, die allein an den Bestand eines Arbeitsverhältnisses anknüpfen, z.B. Ansprüche bei Erreichen eines bestimmten Dienstjubiläums, auch in der Freistellung. Der wesentliche Unterschied zu einem ruhenden Arbeitsverhältnis liegt bei einer Freistellung aus einem Zeitwertkonto jedoch darin, dass die wechselseitigen Hauptpflichten des Arbeitsverhältnisses nicht auf beiden Seiten des Vertragsverhältnisses suspendiert sind. Der Arbeitnehmer muss zwar bei einer vollständigen Freistellung keine Arbeitsleistung erbringen. Der Arbeitgeber bleibt jedoch zur Zahlung von Arbeitsentgelt aus dem Wertguthaben verpflichtet. Die Freistellung aus einem Zeitwertkonto führt damit nicht zu einem ruhenden Arbeitsverhältnis.

b) Angemessenheit des Arbeitsentgelts in der Freistellung 39 Nach § 7 Abs. 1a S. 1 Nr. 2 SGB IV darf das monatliche fällige Arbeitsentgelt in der

Freistellung „nicht unangemessen“ von dem Arbeitsentgelt für die vorausgegangenen 12 Kalendermonate, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde, abweichen. Die systematische Stellung im Gesetz bedeutet, dass die Angemessenheit des Arbeitsentgelts eine Grundvoraussetzung für das Fortbestehen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in der Freistellung darstellt. Umso weniger verständlich ist es, warum der Gesetzgeber hier eine so vage und unbestimmte Formulierung gewählt hat. Das Rundschreiben der Sozialversicherungsträger konkretisiert die Angemessenheit dahingehend, dass das Arbeitsentgelt in der Freistellung mindestens 70% und maximal 130% des durchschnittlich gezahlten Arbeitsentgelts der unmittelbar vorausgegangenen 12 Kalendermonate der Arbeitsphase beträgt.19 Dieser Rahmen erscheint willkürlich gegriffen. Er orientiert sich an der Zielsetzung, den Lebensstandard des Arbeitnehmers durch das Entgelt in der Freistellung in etwa aufrecht zu erhalten sowie auch Manipulationen hinsichtlich des Umfangs und der Dauer der Versicherungspflicht zu verhindern.20 Für die Berechnung des Durchschnittsentgelts der vorangegangenen Arbeits40 phase sind aus Sicht der Sozialversicherung insbesondere folgende Aspekte zu berücksichtigen: ■ Es wird das in der Arbeitsphase fällige Bruttoarbeitsentgelt ohne Begrenzung auf eine BBG berücksichtigt. Einmalzahlungen in der Arbeitsphase zählen nur dann nicht mit, wenn sie auch in der Freistellung gezahlt werden. Sachbezüge (z.B. Firmenwagennutzung) und beitragsfreie Entgeltbestandteile bleiben außen vor.

_____ 19 Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung v. 31.3.2009, Sozialrechtliche Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen, S. 21. 20 So Hauck/Noftz/Oppermann/Knospe, K § 7 Rn. 45; nach BSG, Urt. v. 20.3.2013 – B 12 KR 7/11 R ist die von den Sozialversicherungsträgern für die Feststellung des unangemessenen Abweichens nach unten angewandte 70vH-Grenze rechtlich nicht zu beanstanden.

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B. Rechtliche Rahmenbedingungen

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Eine Entgeltumwandlung in der Arbeitsphase reduziert das maßgebende Entgelt. Für Zeiten ohne Entgelt oder mit Bezug von Lohnersatz-/Sozialleistungen enthält das Rundschreiben der Sozialversicherungsträger keine Hinweise. Diese Zeiten sind jedoch in der Regel nicht prägend für den Lebensstandard des Arbeitnehmers. Diese Zeiten müssen daher aus dem 12-Monatszeitraum herausgerechnet werden, d.h., der Durchschnitt ist ggf. aus einem Zeitraum von weniger als 12 Monaten zu bilden. Vereinbart der Arbeitnehmer für die Freistellung ein Entgelt über 100% des Durchschnittsentgelts der Arbeitsphase und überschreitet dadurch eine BBG, ist der 100% übersteigende Teil des Entgelts in der Freistellung wie bei einem Störfall zu verbeitragen.

5. Störfälle Als Störfall wird die aus Sicht des Gesetzes zweckwidrige Verwendung von Wert- 41 guthaben bezeichnet. Es geht hierbei vor allem um folgende Fallgruppen: ■ Eine Auszahlung aus dem Wertguthaben außerhalb einer Freistellung, insbesondere, wenn das Arbeitsverhältnis durch Kündigung oder infolge Erwerbsminderung oder Tod, endet, ohne dass das Wertguthaben zuvor vollständig durch Freistellung abgebaut wurde, ■ eine Auszahlung im Arbeitsverhältnis ohne Freistellung oder während einer Freistellung, bei der jedoch die sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben (teilweise) nicht eingehalten werden sowie ■ eine Übertragung von Wertguthaben auf Dritte oder eine Übertragung zugunsten der bAV des Arbeitnehmers, ohne dass die Voraussetzungen nach § 23b Abs. 3a SGB IV gegeben sind. Der Eintritt des Störfalls ist grundsätzlich die zweckwidrige Verwendung von Wert- 42 guthaben, d.h., die Auszahlung oder Übertragung in einer der o. g. Fallgruppen. Für die sozialversicherungsrechtliche Behandlung und Abrechnung wird bei bestimmten Störfällen auf den Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses als Auslöser des Störfalls abgestellt. Eine Aufzählung und Darstellung der Fallgruppen enthält das Rundschreiben der Sozialversicherungsträger.21 Die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge tritt gemäß § 23b Abs. 2 S. 8 43 SGB IV grundsätzlich in dem auf den Störfall folgenden Kalendermonat ein. Das betroffene Wertguthaben wird der Verbeitragung in der Sozialversicherung ohne Berücksichtigung einer BBG unterworfen.22

_____ 21 Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung v. 31.3.2009, Sozialrechtliche Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen, S. 50 f. 22 Zu den Grundlagen der Verbeitragung siehe Rn. 95 ff.

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)

Eine Besonderheit gilt gemäß § 23b Abs. 3 SGB IV bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und unmittelbar anschließender Arbeitslosigkeit. Meldet sich der frühere Arbeitnehmer bei der Agentur für Arbeit arbeitslos und bezieht eine öffentlich-rechtliche Leistung (oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht), wird die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge um bis zu 6 Monate hinausgeschoben, damit die Möglichkeit besteht, mit einem späteren Arbeitgeber noch die Übernahme des Wertguthabens zu vereinbaren. Sofern der alte Arbeitgeber keine Information über die weitere Vorgehensweise hinsichtlich der Verwendung des Wertguthabens erhält, muss er die Beiträge spätestens im 7. Kalendermonat nach dem letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses abführen.

3 Fettnapf In der Praxis findet sich oftmals die Regelung, dass die Störfallauszahlung und -abrechnung generell erst 6 Monate nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses vorgenommen wird. Dies kann bei einer Prüfung durch den Rentenversicherungsträger zu einer Beanstandung führen, da die Frist als Ausnahme und nur unter den im Gesetz genannten Bedingungen besteht. 45 Wird bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Übertragung des Wertguthabens

auf einen neuen Arbeitgeber oder die Deutsche Rentenversicherung Bund vereinbart,23 kommt es damit nicht zu einem Störfall. Wechselt der Arbeitnehmer im Konzern zu einem anderen Arbeitgeber, wird in 46 der Regel das Wertguthaben auf den neuen Arbeitgeber übertragen. Besteht jedoch beim neuen Arbeitgeber keine Zeitwertkontenregelung und kann das Wertguthaben daher nicht übernommen werden (z.B. beim Wechsel zu einer Konzerngesellschaft im Ausland), stellt sich die Frage, ob das Wertguthaben beim alten Arbeitgeber stehen bleiben kann, solange der Arbeitnehmer innerhalb des Konzerns beschäftigt ist. Die Sozialversicherungsträger bejahen dies, d.h., es tritt kein Störfall ein, wenn und solange dem Arbeitnehmer vom alten Arbeitgeber eine Wiedereinstellungszusage erteilt wurde. Wird dem Arbeitnehmer eine (befristete) gesetzliche Rente wegen Erwerbs47 minderung zuerkannt und wird das Ruhen des Arbeitsverhältnisses während des Rentenbezugs oder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit gleichzeitiger Zusage auf Wiedereinstellung, falls die gesetzliche Rente endet, vereinbart, tritt solange ebenfalls kein Störfall ein.24

_____ 23 Siehe Rn. 48 ff. 24 Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung v. 31.3.2009, Sozialrechtliche Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen, S. 49 f.

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6. Übertragung von Wertguthaben bei Ausscheiden Die Möglichkeit einer (steuer- und sozialversicherungsfreien) Übertragung von 48 Wertguthaben, das vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine Freistellung verbraucht wurde, ist für die Praxis ein wichtiges Instrument. Da sich der Aufbau von Wertguthaben über viele Jahre – oftmals bis wenige Jahre vor Renteneintritt – erstrecken kann, ist das Risiko, dass dieser Vorgang durch eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses unterbrochen wird, sehr hoch. Bliebe für solche Fälle nur die steuer- und sozialversicherungspflichtige Auszahlung des Wertguthabens (Störfall), wäre die Zielsetzung einer Freistellung im Arbeitsverhältnis nur in wenigen Fällen tatsächlich erreichbar. Der Sinn von Wertguthabenmodellen wäre dann überwiegend auf das „Brutto-Sparen“ reduziert. Eine Lösung des Problems enthält das Gesetz. In § 7f SGB IV werden Fälle einer 49 Übertragung von Wertguthaben bei Beendigung der Beschäftigung geregelt. Praxistipp 3 Für den Arbeitnehmer ergeben sich aus einer Übertragung des Wertguthabens vor allem folgende Vorteile: ■ Das Wertguthaben wird bei der Übertragung nicht mit Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen belastet. ■ Die Möglichkeit einer künftigen Freistellung aus dem aufgebauten Wertguthaben bleibt trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten. ■ Das Wertguthaben bleibt nicht beim alten Arbeitgeber, der dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer ja keine Freistellung mehr einräumen kann, zurück.

Der alte Arbeitgeber hat bei Übertragung des Wertguthabens im Wesentlichen den 50 Vorteil, dass keine Verpflichtung gegenüber dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer zurückbleibt und weiterhin in den Büchern geführt werden muss. Der Nachteil einer Übertragung von Wertguthaben liegt vor allem in der Klä- 51 rung der Umstände und dem Abschluss notwendiger Vereinbarungen, um die Voraussetzungen für eine Übertragung von Wertguthaben zu schaffen, sowie in der oftmals Wochen oder sogar Monate erfordernden Zeitdauer für diesen Prozess.

a) Übertragung auf einen neuen Arbeitgeber Der Arbeitnehmer kann nach § 7f Abs. 1 Nr. 1 SGB IV bei Beendigung der Beschäfti- 52 gung vom bisherigen Arbeitgeber verlangen, das Wertguthaben auf den zur Übernahme bereiten neuen Arbeitgeber zu übertragen. Das Übertragungsverlangen muss schriftlich erklärt werden. Fraglich ist, ob „bei Beendigung der Beschäftigung“ eine zeitliche Beschrän- 53 kung darstellt in dem Sinne, dass der Arbeitnehmer den Anspruch auf Übertragung z.B. bereits zusammen mit einer von ihm erklärten Kündigung des Arbeitsverhältnisses geltend machen muss, oder dass er das Übertragungsverlangen spätestens bis zum Beendigungstermin des Arbeitsverhältnisses stellen kann, nicht jedoch

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mehr danach. Für eine solche Interpretation als zeitliche Beschränkung lässt sich aber weder dem Gesetzeszusammenhang noch der Gesetzesbegründung ein Hinweis entnehmen. Meines Erachtens regelt das Gesetz mit dem Hinweis auf die Beendigung der Beschäftigung lediglich den Anlass, der den Übertragungsanspruch entstehen lässt. Erklärt sich der Arbeitnehmer jedoch nicht schriftlich und zahlt der Arbeitgeber das Wertguthaben aus, erlischt der Übertragungsanspruch. Ein Anspruch auf Übertragung besteht nur gegenüber dem bisherigen Arbeit54 geber. Der neue Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, zuzustimmen und die Übertragung anzunehmen. Die Übernahme und Fortführung von Wertguthaben ist mit Pflichten und Aufwand verbunden. Auch mit dem Fürsorgeaspekt gegenüber dem Arbeitnehmer lässt sich eine Pflicht zur Zustimmung des neuen Arbeitgebers nicht begründen. Dies gilt meines Erachtens selbst dann, wenn im Betrieb des neuen Arbeitgebers bereits ein Wertguthabenmodell besteht und der Arbeitnehmer für die künftigen Dienstzeiten daran teilnehmen kann. Mit der Zustimmung zur Übertragung würde der neue Arbeitgeber hinsichtlich dieses Wertguthabens die Pflichten u.a. aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht und zur Insolvenzsicherung übernehmen. Hierzu kann man ihn gegen seinen Willen nicht zwingen. Eine weitere Übertragungsvoraussetzung ist, dass der neue Arbeitgeber mit 55 dem Arbeitnehmer eine schriftliche Wertguthabenvereinbarung im Sinne von § 7b SGB IV abschließt. Hier wird deutlich, dass der neue Arbeitgeber nur das Wertguthaben in Form von Geld oder Vermögenswerten übernimmt, nicht jedoch in die Wertguthabenvereinbarung des bisherigen Arbeitgebers eintritt. Der neue Arbeitgeber kann daher für das übernommene Wertguthaben von der bisherigen Wertguthabenvereinbarung abweichende Regelungen zum möglichen Freistellungszweck und zur Freistellungsdauer, zu Ankündigungsfristen, zur Vermögensanlage etc. vereinbaren. Auch wenn das Gesetz dies nicht erwähnt, so wird die Übertragung von Wert56 guthaben in der Regel in einer Vereinbarung zwischen dem bisherigen und dem neuen Arbeitgeber (mitunter auch unter Beteiligung/mit Zustimmung des Arbeitnehmers) festgelegt. 3 Checkliste Die typischen Inhalte einer Übertragungsvereinbarung sind: ■ Festlegung des Übertragungswertes bestehend aus dem Arbeitsentgeltguthaben und dem Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag zum Übertragungsstichtag, ■ Festlegung ob und ggf. in welcher Höhe Arbeitgeberbeiträge/-zuschüsse zur Sozialversicherung, welche nicht zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag gehören (z.B. Beiträge/Zuschüsse zur freiwilligen oder privaten Kranken- und Pflegeversicherung und zu berufsständischen Versorgungswerken) ebenfalls übertragen werden,25

_____ 25 Während einer Freistellung hat der Arbeitnehmer z.B. einen Anspruch auf einen Beitragszuschuss des (neuen) Arbeitgebers, sofern er weiterhin wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Krankenversicherung versicherungsfrei ist.

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Bestätigung des bisherigen Arbeitgebers, dass das im Übertragungswert enthaltene Arbeitsentgeltguthaben mindestens der Summe der im Wertguthaben angelegten Beträge entspricht, Bestätigung des bisherigen Arbeitgebers, dass ggf. auch für Einbringungen aus Arbeitsentgelt oberhalb der BBG der Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungsbeiträgen im Übertragungswert enthalten ist, Bestätigung des neuen Arbeitgebers, dass der Übertragungswert zugunsten des Arbeitnehmers für eine Wertguthabenvereinbarung gemäß § 7b SG IV verwendet und gemäß § 7e SGB IV gegen das Risiko der Insolvenz abgesichert wird, Pflicht des bisherigen Arbeitgebers, dem neuen Arbeitgeber einen Nachweis über die sozialrechtlichen Beitragsbemessungs- und Meldegrundlagen zum übertragenen Wertguthaben zu übermitteln, Feststellung, dass der neue Arbeitgeber keine Verpflichtungen aus den Vereinbarungen zwischen dem bisherigen Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer übernimmt und dass mit Durchführung der Übertragungsvereinbarung die Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Wertguthaben gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber erlöschen.

Ein Risiko für den neuen Arbeitgeber besteht dann, wenn der bisherige Arbeitgeber 57 nicht den vollen Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungsbeiträgen in das Wertguthaben eingestellt hat und mitüberträgt, z.B. weil er nur den Gesamtsozialversicherungsbeitrag und/oder Beiträge auf Arbeitsentgelt bis maximal zu den BBG der Sozialversicherung berücksichtigt hat. Nach § 7f Abs. 1 S. 2 SGB IV sind nach der Übertragung die mit dem Wertguthaben verbundenen Arbeitgeberpflichten vom neuen Arbeitgeber zu erfüllen. Sollte sich daher später herausstellen, dass hinsichtlich des übernommenen Wertguthabens nicht alle Vorgaben der Sozialversicherungsträger beachtet wurden, kann sich daraus für den neuen Arbeitgeber eine Haftung ergeben. Im Falle eines Arbeitgeberwechsels zwischen verbundenen Unternehmen im 58 Konzern, welche die gleiche Wertguthabenregelung haben, wird häufig eine vereinfachte Übertragung durchgeführt durch Umbuchung des Wertguthabens in der Kontenverwaltung vom bisherigen auf den neuen Arbeitgeber. Allerdings empfiehlt sich auch hier zur eindeutigen Dokumentation eine schriftliche Vereinbarung zwischen den beteiligten Arbeitgebern/Konzernunternehmen einschließlich der Erklärung der Zustimmung des Arbeitnehmers.

b) Übertragung auf die Deutsche Rentenversicherung Bund Anstelle einer Übertragung des Wertguthabens auf den neuen Arbeitgeber, kann der 59 Arbeitnehmer die Übertragung auf die Deutsche Rentenversicherung Bund verlangen (§ 7f Abs. 1 Nr. 2 SGB IV). Diese Alternative bietet sich an, wenn der Arbeitnehmer wegen des dann erfolgenden Abzugs von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen keine Auszahlung möchte und der neue Arbeitgeber eine Übernahme des Wertguthabens ablehnt. Bei Übertragung auf die Deutsche Rentenversicherung Bund wird das Wertgut- 60 haben dort getrennt vom sonstigen Vermögen angelegt und verwaltet. Es wird nicht

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Teil der Finanzmittel für die gesetzliche Rentenversicherung, sondern bleibt dem Arbeitnehmer als Wertguthaben zur Finanzierung einer späteren Freistellung erhalten. Eine Übertragung des Wertguthabens ist jedoch mit einigen Bedingungen und 61 Einschränkungen verbunden. ■ Die Höhe des Wertguthabens einschließlich des Gesamtsozialversicherungsbeitrags muss das Sechsfache der monatlichen Bezugsgröße (§ 18 SGB IV) übersteigen. Für darunterliegende Wertguthaben ist damit eine Übertragung nicht möglich. ■ Eine Rück- oder Weiterübertragung durch die Deutsche Rentenversicherung Bund z.B. auf einen neuen Arbeitgeber, der zur Übernahme bereit wäre, ist ausgeschlossen. ■ Weitere Einzahlungen in das Wertguthaben bei der Deutsche Rentenversicherung Bund sind nicht möglich. Sofern aber bei einem Arbeitgeber neues Wertguthaben angespart wurde, kann dies unter den gesetzlichen Voraussetzungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses wiederum auf die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragen werden. ■ Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt das Wertguthaben an und schreibt Erträge gut, sie entnimmt aber auch Verwaltungskosten aus dem Wertguthaben. ■ Eine Auszahlung aus dem übertragenen Wertguthaben ist möglich während einer mit dem Arbeitgeber vereinbarten Freistellung oder außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses nur für Zeiten unmittelbar bevor eine gesetzliche Rente bezogen werden kann. 62 Die Übertragung des Wertguthabens auf die Deutsche Rentenversicherung Bund

wird vom Arbeitnehmer beantragt. Der Arbeitgeber muss dabei jeweils getrennt für den Rechtskreis West und den Rechtskreis Ost das Wertguthaben aus versicherungspflichtiger Beschäftigung, das Wertguthaben aus versicherungsfreier geringfügiger Beschäftigung sowie die mitgeführte SV-Luft je Sozialversicherungszweig angeben. Arbeitgeberbeiträge/-zuschüsse, die nicht zum Gesamtsozialversicherungs63 beitrag gehören, müssen hingegen nicht übertragen werden. Diese Beiträge/Zuschüsse werden in der Freistellung von der Deutsche Rentenversicherung Bund nicht gezahlt.

7. Anlage der Wertguthaben und Werterhaltungsgarantie 64 In der Praxis besteht für Wertguthaben in der Regel eine externe Vermögens-

anlage. Gängige Anlageformen sind z.B. Lebensversicherungsverträge bzw. sog. Kapitalisierungsgeschäfte, Investmentfonds oder auch Fest- bzw. Termingeldeinlagen. Die Vermögensanlage kann dem einzelnen Arbeitnehmer individuell zugeMisterek

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ordnet sein, z.B. als Lebensversicherungsvertrag, der je Arbeitnehmer abgeschlossen wird, oder als Wertpapierdepot je Arbeitnehmer, oder als kollektive Anlage, die den Gesamtanspruch aus den Wertguthaben aller Arbeitnehmer deckt. Im Falle einer kollektiven Anlage erfolgt eine buchungsmäßige Zuordnung der Anlage zum individuellen Wertguthaben des Arbeitnehmers häufig durch eine sog. Kontenverwaltung. Ist der Anspruch des Arbeitnehmers aus dem Wertguthaben an die Wertent- 65 wicklung der Vermögensanlage gekoppelt, spricht die Praxis von einem sog. Partizipationsmodell. Das heißt, das Wertguthaben des Arbeitnehmers wächst mit einer positiven Wertentwicklung bzw. Verzinsung der Vermögensanlage und verringert sich im Falle von Anlageverlusten. Für die Anlage von Wertguthaben verweist das Gesetz in § 7d Abs. 3 SGB IV auf 66 die Anlagevorschriften für Sozialversicherungsträger mit bestimmten Modifikationen („…mit der Maßgabe, dass…“). Die Grundregel für Sozialversicherungsträger lautet, die Mittel „sind so anzulegen und zu verwalten, dass ein Verlust ausgeschlossen erscheint, ein angemessener Ertrag erzielt wird und eine ausreichende Liquidität gewährleistet ist“ (§ 80 Abs. 1 SGB IV). Auch wenn die Erzielung eines Ertrags hier ausdrücklich erwähnt wird, so steht der Ertrag nicht an erster Stelle. Vielmehr gilt in der Sozialversicherung bei Geldanlagen der Grundsatz: Sicherheit und Liquidierbarkeit haben Vorrang vor Rendite. Rechtlich umstritten ist, ob der Verweis auf die Anlagevorschriften für Sozial- 67 versicherungsträger auch die besonders strengen Vorschriften für die Anlage der Rücklage nach § 83 SGB IV umfasst. Danach sind nur bestimmte Anlageformen erlaubt, insbesondere ■ Einlagen bei Kreditinstituten – wie z.B. Termingelder – einschließlich Schuldscheindarlehen, soweit diese der Einlagensicherung unterliegen, ■ Schuldverschreibungen, die der Einlagensicherung unterliegen, ■ Anleihen bei öffentlich-rechtlichen Emittenten, insbesondere Staatsanleihen, ■ Pfandbriefe und andere Wertpapiere, für die kraft Gesetzes eine besondere Deckungsmasse besteht. Anlagen in Investmentfonds sind nur zulässig, soweit sie ausschließlich aus den 68 vorgenannten Anlageformen bestehen. Nach Ansicht der Sozialversicherungsträger findet die Regelung allerdings nur 69 eine entsprechende Anwendung bei der Anlage von Wertguthaben und zwar im Wesentlichen bei sog. Partizipationsmodellen, bei denen Anlageverluste nicht ausgeschlossen sind.26 Entscheidend ist hierbei jedoch nicht die Frage, ob Anlageverluste entstehen können, sondern ob sie ggf. den arbeitsrechtlichen Anspruch des Arbeit-

_____ 26 Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung v. 31.3.2009, Sozialrechtliche Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen, S. 25.

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nehmers aus dem Wertguthaben negativ beeinflussen. Ziel der Anlagevorschriften ist nicht die Erfüllbarkeit des Anspruchs aus dem Wertguthaben, sondern der Schutz des Arbeitnehmers vor einer anlagebedingten Minderung seiner Ansprüche. Sofern den Arbeitnehmer durch die arbeitsrechtliche Ausgestaltung der Wertguthabenvereinbarung keine Anlageverluste treffen können, ist das gesetzliche Ziel bereits erfüllt, ohne dass es auf weitere Anlagevorschriften der Sozialversicherungsträger noch ankommen kann. Die Gesetzesbegründung erwähnt in diesem Zusammenhang den Schutz der Sozialversicherungsträger und des Fiskus vor Beitrags- und Steuerausfällen als Hintergrund der Anlagevorschriften.27 Das deckt sich jedoch mit dem Schutz des Arbeitnehmers, da die Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuern an den Anspruch auf Auszahlung des Arbeitsentgelts anknüpfen. Das Rundschreiben der Sozialversicherungsträger nennt als Beispiel Verzinsungsmodelle, die den Verlustausschluss aufgrund einer Verzinsungszusage erfüllen. Konsequenterweise ist ein Verlustausschluss stets dann gegeben, wenn der Arbeitgeber zusagt, in allen Fällen einer Auszahlung aus dem Wertguthaben mindestens die Summe der in das Wertguthaben eingezahlten bzw. der angelegten Beträge zur Verfügung zu stellen.

a) Höchstquote für Aktien und Aktienfonds 70 Zu den eingangs erwähnten Modifikationen bei den Anlagevorschriften gehört die

gesetzliche Regelung, dass eine Anlage in Aktien oder Aktienfonds bis zu einer Höhe von 20% zulässig ist. Die Handhabung und Umsetzung dieser Regelung wirft eine Reihe von Fragen und Schwierigkeiten auf. Zunächst ist zu beachten, dass die 20% in zwei Fällen überschritten werden 71 dürfen: ■ Ein höherer Anteil an Aktien und Aktienfonds ist durch Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags durch Betriebsvereinbarung vereinbart. In der Praxis ist dieser Fall eher selten anzutreffen. ■ Das Wertguthaben kann ausschließlich für eine Freistellung unmittelbar vor Eintritt in den Ruhestand verwendet werden. Dieser Fall hat große praktische Bedeutung, da die ruhestandsnahe Freistellung in der Regel das Hauptziel von Wertguthaben-Modellen darstellt. Bietet der Arbeitgeber jedoch daneben auch eine Freistellung unabhängig vom Eintritt in den Ruhestand an, muss er entweder eine einheitliche Anlage, welche die 20% nicht übersteigt, für alle Verwendungszwecke festlegen, oder separate Anlagetöpfe definieren, z.B., einen Anlagetopf für Auszeiten/Freistellungen inmitten des Arbeitsverhältnisses, in welchem die 20% für Aktien und Aktienfonds nicht überschritten werden, und einen anderen Anlagetopf nur für ruhestandsnahe Freistellungen, für wel-

_____ 27 BT-Drucks. 16/10289, S. 16.

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chen die Begrenzung dann nicht gilt.28 Bei der Einbringung in das Wertguthaben muss dann aber bereits festgelegt werden, für welchen späteren Verwendungszweck und in welchem Anlagetopf das Wertguthaben angespart wird. Ein späterer Wechsel des Verwendungszwecks für die bereits angelegten Beträge ist zulässig, wenn der Arbeitnehmer das für eine Auszeit angesparte Wertguthaben doch für die ruhestandsnahe Freistellung aufheben möchte. Der umgekehrte Fall einer Verwendung von Wertguthaben, welches für die ruhestandsnahe Freistellung angespart wurde, für eine vorherige Auszeit, würde jedoch gegen die gesetzliche Anlagebeschränkung verstoßen. Eine weitere Frage betrifft den Zeitpunkt, zu welchem die Einhaltung der 20% gewährleistet sein muss. Das Gesetz enthält dazu keine Hinweise. Die Sozialversicherungsträger sind der Ansicht, dass die Begrenzung von Aktien und Aktienfonds auf 20% nur im Zeitpunkt der Anlage beachtet werden muss, später aber durch die Wertentwicklung auch überschritten werden darf.29 Sofern für die Fälle einer ausschließlichen Verwendung des Wertguthabens für eine ruhestandsnahe Freistellung eine Anlage auch zu 100% in Aktien oder Aktienfonds zulässig ist, lässt sich dies allerdings mit den Grundsätzen der Anlageregeln für Sozialversicherungsträger, insbesondere dem Vorrang der Sicherheit der Anlage nicht in Einklang bringen.30 Die Gesetzesbegründung verweist hierzu nur auf die Möglichkeit des „längerfristig abdämpfbaren Risikos bei Lebenszyklusmodellen“ sowie darauf, dass der Bestand durch die „generell geltende Garantieklausel des Rückflusses“ vor Verlusten geschützt wird.31 Im Ergebnis zeigt dies, dass der Verweis im Gesetz auf die Anlagevorschriften für Sozialversicherungsträger gewisse Wertungswidersprüche beinhaltet und die Anlagevorschriften nicht unmittelbar auf Wertguthaben übertragbar sind. Die Anlagevorschriften spielen ferner dann keine Rolle, wenn es tatsächlich keine Vermögensanlage für die Wertguthaben gibt. Ohne Bezug zu einer Vermögensanlage besteht kein anlagebedingtes Verlustrisiko. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf das Wertguthaben kann auch nur in einem buchungsmäßig auf einem (z.B. virtuellen) Konto geführten Wert dokumentiert sein. Das gesetzliche Leitbild ist zwar eine externe Anlage der zur Deckung der Wertguthaben dienenden Vermögenswerte. Zwingend ist dies jedoch nicht. Es ist z.B. denkbar, den Anspruch

_____ 28 Siehe Ergebnisse des Forschungsberichts B. 6., in Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze, BT-Drucks. 17/8991. 29 Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung v. 31.3.2009, Sozialrechtliche Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen, S. 26. 30 Siehe Rn. 66. 31 BT-Drucks. 16/10289, S. 16.

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auf das Wertguthaben losgelöst von einer Anlage zu definieren und nur durch eine Bankgarantie oder externe Bürgschaft zu sichern. Denkbar ist auch, dass zwar eine externe Anlage von Vermögensmitteln zur De76 ckung der Wertguthaben besteht, jedoch die Höhe des Anspruchs aus dem Wertguthaben nicht an die Wertentwicklung dieser Anlage gekoppelt ist. Das kann z.B. der Fall sein bei Wertguthaben, die aufgrund der Übergangsregelung nach § 116 Abs. 1 SGB IV in Zeit geführt werden. Das Wertguthaben ist hier mit der Lohnentwicklung verknüpft. Sofern der Arbeitgeber in diesem Zusammenhang Vermögensmittel extern anlegt, handelt sich um eine bloße Rückdeckung und keine Anlage von Wertguthaben im Sinne von § 7d Abs. 3 SGB IV. Einen etwaigen Anlageverlust trägt dabei allein der Arbeitgeber. Es besteht weder ein Verlustrisiko für den Arbeitnehmer noch für die Sozialversicherung und den Fiskus. Die Anlagevorschriften gelten für solche Fälle nicht.

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b) Werterhaltungsgarantie Unter der Überschrift „Führung und Verwaltung von Wertguthaben“ enthält das Gesetz eine der zentralen Anforderungen für Wertguthaben-Modelle. Nach § 7d Abs. 3 SGB IV muss „ein Rückfluss zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Wertguthabens mindestens in der Höhe des angelegten Betrages gewährleistet“ sein. Die Sozialversicherungsträger sprechen dabei von der Werterhaltungsgarantie während das BMF die Bezeichnung der Zeitwertkontengarantie verwendet (nachfolgend wird einheitlich der Begriff Werterhaltungsgarantie verwendet). Der Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Wertguthabens ist nicht mit allen Fällen einer Auszahlung gleichzusetzen. Nach § 7c SGB IV kann Wertguthaben in Anspruch genommen werden für eine gesetzlich geregelte oder vertraglich vereinbarte vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass für Zahlungen aus dem Wertguthaben außerhalb einer Freistellung die gesetzliche Werterhaltungsgarantie nicht gilt. Beim Umfang der Werterhaltungsgarantie weichen die sozialversicherungsrechtliche und die steuerliche Sicht voneinander ab. Nach Ansicht der Sozialversicherungsträger umfasst die Werterhaltungsgarantie das in das Wertguthaben eingezahlte Arbeitsentgelt (ohne den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag) abzüglich ggf. von Kosten der Kapitalanlage, wenn diese vereinbarungsgemäß aus dem Wertguthaben finanziert werden. Ferner bleiben Erträge aus der Wertentwicklung der Anlage, auch wenn diese dem Arbeitnehmer zustehen, unberücksichtigt.32 Das Rundschreiben des BMF vertritt demgegenüber eine etwas engere Sicht und hält einen Abzug von Kosten aus dem Wertguthaben nur dann für steuerlich

_____ 32 Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung v. 31.3.2009, Sozialrechtliche Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen, S. 27.

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unschädlich, wenn bei Beginn einer Freistellungsphase mindestens die eingezahlten Beträge zur Verfügung stehen. Ferner bezieht sich das BMF allgemein auf den Abzug von Verwaltungskosten und nicht nur auf die Kosten der Kapitalanlage.33 Für die Sicht des BMF spricht, dass die Möglichkeit eines Abzugs von Kosten 81 beim Umfang der Werterhaltungsgarantie dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen ist. Darüber hinaus wird ein Arbeitgeber das Risiko einer fehlenden steuerlichen Anerkennung der Wertguthaben kaum eingehen und sich daher im Zweifel an der engeren Sicht des BMF orientieren. Bei Wertguthaben, die bereits vor dem 1.1.2009 angespart worden sind, gilt die 82 Werterhaltungsgarantie für die Wertguthabenhöhe am 31.12.2008. Ebenso wie die Anlagevorschriften findet die Werterhaltungsgarantie keine 83 Anwendung auf Wertguthabenvereinbarungen, bei denen das Wertguthaben von der Wertentwicklung einer Vermögensanlage abgekoppelt ist und damit kein anlagebedingtes Verlustrisiko besteht.34 Ob in einem solchen Fall das Wertguthaben bei Beginn einer Freistellung einen geringeren Wert haben darf als der Summe der Einzahlungen entsprechen würde, ist eine Frage des Allgemeinen Schuldrechts und des Arbeitsrechts.

8. Insolvenzsicherung von Zeitwertkonten Die Pflicht zur Insolvenzsicherung nach § 7e SGB IV umfasst das Wertguthaben 84 einschließlich des Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Diese Verpflichtung bestand auch bereits nach der vor 2009 geltenden Gesetzeslage (vgl. § 7d Abs. 1 SGB IV, alte Fassung). Daher muss für Wert- und Zeitguthaben, die vor 2009 aufgebaut wurden, der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ebenfalls mit abgesichert werden. Die Pflicht zur Insolvenzsicherung entsteht 85 ■ soweit für das Wertguthaben kein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht. Insolvenzgeld wird nach § 165 Abs. 1 SGB III für den Ausfall von Arbeitsentgelt (bis maximal zur BBG in der Arbeitslosenversicherung) in den letzten 3 Monaten vor dem Insolvenzereignis gezahlt. Bei Vereinbarungen über flexible Arbeitszeitregelungen (Zeitwertkonten) gilt als maßgebendes Arbeitsentgelt „der Betrag, der aufgrund der schriftlichen Vereinbarung zur Bestreitung des Lebensunterhalts im jeweiligen Zeitraum bestimmt war“ (§ 165 Abs. 2 S. 2 SGB III). Das heißt, in der Ansparphase sind die Einbringungen in das Wertguthaben, z.B. aufgrund einer Entgeltumwandlung, nicht über Insolvenzgeld abgesichert. In der Freistellung

_____ 33 BMF-Schreiben v. 17.6.2009, Lohn-/einkommensteuerliche Behandlung sowie Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung von Zeitwertkonten-Modellen, S. 6. 34 Siehe Rn. 75, 76.

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ist für einen Anspruch auf Insolvenzgeld das vereinbarungsgemäß in der Freistellung fällige Arbeitsentgelt maßgebend. Weitere Voraussetzung ist, dass das Wertguthaben einschließlich des Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag die monatliche Bezugsgröße (§ 18 SGB IV) übersteigt. Nach Ansicht der Sozialversicherungsträger muss die Insolvenzsicherung bereits mit der ersten Einbringung ins Wertguthaben eingerichtet werden, sofern „in vorausschauender Betrachtungsweise absehbar ist, dass das Wertguthaben in der Ansparphase die monatliche Bezugsgröße überschreiten und die Freistellungsphase den Zeitraum übersteigen wird, in dem ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht“.35 In einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebsvereinbarung kann ein abweichender Schwellenwert festgelegt werden (§ 7e Abs. 1 S. 2 SGB IV)

86 Die Verpflichtung zur Insolvenzsicherung gilt für alle Arbeitgeber mit Ausnahme

von Bund, Ländern und Gemeinden sowie Einrichtungen und juristische Personen des öffentlichen Rechts, bei denen ein Insolvenzverfahren nicht zulässig ist oder für die kraft Gesetzes eine Gewährträgerschaft durch den Bund, ein Land oder eine Gemeinde besteht (§ 7e Abs. 9 SGB IV). Bei den zulässigen Maßnahmen für die Insolvenzsicherung spricht das Gesetz 87 in erster Linie Treuhandverhältnisse an (§ 7e Abs. 2 S. 1 SGB IV), lässt aber auch gleichwertige Sicherungsmittel wie z.B. ein Versicherungsmodell oder Verpfändungs- oder Bürgschaftsmodell zu. Die inhaltlichen Anforderungen an die Maßnahme zur Insolvenzsicherung sind: 88 ■ Das Wertguthaben bzw. die zur Deckung dienenden Vermögensmittel sind durch einen Dritten zu führen. Dies ist beim Treuhandmodell der Treuhänder und beim Versicherungsmodell in Form einer kapitalbildenden Versicherung der Versicherer. Bei der Kautionsversicherung und bei der Bankbürgschaft und Bankgarantie entfällt diese Voraussetzung, da der Dritte hier (nur) eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Erfüllung der Wertguthaben bei Insolvenz des Arbeitgebers übernimmt. ■ Die Rückführung der Wertguthaben durch den Dritten muss ausgeschlossen bzw. es muss eine ausreichende Sicherung gegen Kündigung vereinbart sein. Diese Bedingung ist dann erfüllt, wenn die Vermögensmittel ausschließlich für die Erfüllung der Ansprüche der Arbeitnehmer aus dem Wertguthaben verwendet werden können. Da die Pflicht zur Insolvenzsicherung der Höhe nach begrenzt ist auf das Wertguthaben, darf übersteigendes Vermögen an den Arbeitgeber zurückfließen.

_____ 35 Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung v. 31.3.2009, Sozialrechtliche Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen, S. 28.

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Ähnlich wie bei der Altersteilzeit erfüllen schließlich konzerninterne Maßnahmen und Einstandspflichten nicht die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 7e Abs. 3 SGB IV).

Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer über die Vorkehrungen zum Insolvenz- 89 schutz unverzüglich und in geeigneter Weise schriftlich unterrichten (§ 7e Abs. 4 SGB IV). Die Vorschrift stellt sicher, dass der Arbeitnehmer von der konkret getroffenen Maßnahme zuverlässig Kenntnis erhält. „Unverzüglich“ dürfte in Anlehnung an die Definition in § 121 BGB als ohne schuldhaftes Zögern zu verstehen sein. Die Anforderungen an die Schriftform sind hingegen fraglich.36 Nach Ansicht des Verfassers verlangt die Regelung nicht eine eigenhändige Unterzeichnung seitens des Arbeitgebers. Das Ziel einer zuverlässigen Unterrichtung des Arbeitnehmers erfordert nicht notwendig eine unterschriebene Mitteilung. Auch der im Gesetz vorangestellte Text „in geeigneter Weise“ deutet auf einen Spielraum bei der Form der Unterrichtung hin. Die Pflicht zur Unterrichtung des Arbeitnehmers wird ferner dadurch ergänzt, 90 dass der Arbeitnehmer einen Nachweis über die Erfüllung der Pflicht zur Insolvenzsicherung verlangen und bei Nichterfüllung durch den Arbeitgeber die Wertguthabenvereinbarung nach § 7e Abs. 5 SGB IV mit sofortiger Wirkung kündigen kann. Ein zusätzlicher Schutz für den Arbeitnehmer ergibt sich schließlich aus der ge- 91 setzlichen Vorgabe in § 7e Abs. 8 SGB IV, dass eine Beendigung, Auflösung oder Kündigung der Vorkehrungen zum Insolvenzschutz nur zulässig ist, wenn der Beschäftigte zustimmt und ein mindestens gleichwertiger Insolvenzschutz eingerichtet wird. Bei wörtlicher Interpretation würde dies bedeuten, dass jeder Arbeitnehmer bei einer geplanten Änderung der Insolvenzschutzmaßnahme, z.B. dem Wechsel des Treuhänders, zustimmen muss. Eine Änderung wäre damit für den Arbeitgeber praktisch undurchführbar. Nach Ansicht des Verfassers kann jedoch ein individuelles und höchstpersönliches Interesse des einzelnen Arbeitnehmers am Verhindern eines Wechsels der Insolvenzschutzmaßnahme nicht Sinn des gesetzlichen Zustimmungserfordernisses sein. Die Insolvenzschutzmaßnahme für Wertguthaben ist im Regelfall Teil eines für viele Arbeitnehmer geltenden Modells. Das Zustimmungserfordernis soll verhindern, dass der Arbeitgeber einseitig und in aller Stille den Insolvenzschutz ändern kann. Dabei wir allerdings das Interesse des Arbeitnehmers an der Qualität des Insolvenzschutzes durch die inhaltlichen Vorgaben des § 7e geschützt. Es bleibt damit noch der Schutz vor einer heimlichen Änderung (und somit davor, dass der Arbeitnehmer im Sicherungsfall gar nicht weiß, an wen er sich wenden muss). Diese Informations- und Transparenzwirkung kann aber auch erfüllt werden, wenn ein Wechsel der Insolvenzschutzmaßnahme mit Zu-

_____ 36 Siehe auch oben Rn. 23.

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stimmung des Betriebsrats erfolgt und die Arbeitnehmer über die neue Sicherung informiert werden.37 Die Gleichwertigkeit der neuen Insolvenzschutzmaßnahme ist aus Sicht des Verfassers stets dann gegeben, wenn die gesetzlichen Mindestanforderungen an den Insolvenzschutz erfüllt werden.

9. Haftung des Arbeitgebers und der Organe bei Zeitwertkonten 92 Werden die im vorstehenden Abschnitt beschriebenen Anforderungen an die Maß-

nahmen zum Insolvenzschutz nicht erfüllt, ordnet das Gesetz die Haftung des Arbeitgebers sowie der organschaftlichen Vertreter für einen dadurch entstehenden Schaden des Arbeitnehmers aus der Verringerung oder dem Verlust des Wertguthabens an (§ 7e Abs. 7 SGB IV). Besonders hervorzuheben ist hierbei die persönliche Haftung der Organe (Geschäftsführer, Vorstände) als Gesamtschuldner. Das heißt, jeder organschaftliche Vertreter kann nach Wahl des Arbeitnehmers auf den Schaden in voller Höhe in Anspruch genommen werden (siehe § 421 BGB). Der Umfang der Haftung bezieht sich auf den infolge der mangelhaften Insol93 venzschutzmaßnahme eingetretenen Schaden. Der Insolvenzschutz umfasst das Wertguthaben einschließlich des Arbeitsgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Befindet sich der Arbeitnehmer bereits in der Freistellung, muss mindestens der Anspruch aus der gesetzlichen Werterhaltungsgarantie (§ 7d Abs. 3 S. 1 SGB IV) gesichert sein. 3 Fettnapf Sofern in der Zeitwertkontenregelung über die gesetzliche Regelung hinaus ein Werterhalt oder eine Wertentwicklung des Wertguthabens zugesagt ist, wird dies von der Haftung miterfasst. 94 Der organschaftliche Vertreter kann die Ersatzpflicht durch den Nachweis abwen-

den, dass er den Schaden nicht zu vertreten hat (§ 7e Abs. 7 S. 2 SGB IV). Zu vertreten ist grundsätzlich Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 1 S. 1 BGB).

II. Beitragsrechtliche Behandlung 1. Sozialversicherungsrechtliche Aspekte in der Ansparphase 95 Für den Fall, dass Wertguthaben nicht für eine Freistellung verwendet wird, d.h. im

Störfall, sind die Teile des Wertguthabens beitragspflichtig, die ohne eine Einbringung ins Zeitwertkonto zum Zeitpunkt der Arbeitsleistung bereits beitragspflichtig gewesen wären. Nach dem Gesetz (§ 23b Abs. 2 SGB IV) müssen die Bemes-

_____ 37 So auch die Anhörung der Sachverständigen im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Ausschussdrucksache 16(11)1119, S. 8.

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B. Rechtliche Rahmenbedingungen

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sungsgrundlagen für die Beiträge während der Ansparphase nach einem besonderen Verfahren berechnet und in den Lohnunterlagen geführt werden. Dabei ist vom Abrechnungsmonat der ersten Gutschrift im Wertguthaben bis zum Störfall der Betrag zu ermitteln, der bei einer weiteren Arbeitsentgeltzahlung noch der Beitragspflicht unterliegen würde. Dies ist die sog. SV-Luft. Sie wird für jeden Zweig der Sozialversicherung sowie für die Rentenversicherung getrennt nach Rechtskreis Ost und West ermittelt und summiert. Die SV-Luft ist nur für die Versicherungszweige festzustellen, zu denen bei Auszahlung des Arbeitsentgeltguthabens Versicherungspflicht besteht. Die Einzelheiten der Berechnung werden im Rundschreiben der Sozialversicherungsträger beschrieben.38 Die Sozialversicherung sieht grundsätzlich zwei alternative Berechnungsmodelle, zwischen denen der Arbeitgeber auch wechseln kann, vor.

a) Summenfelder-Modell Diese Methode soll der Vereinfachung für den Arbeitgeber dienen. Die SV-Luft wird 96 mindestens zum Ende eines jeden Kalenderjahres aus der Differenz der jeweiligen BBG und dem im Kalenderjahr ausgezahlten beitragspflichtigen Arbeitsentgelt berechnet. Wurde dem Arbeitnehmer z.B. in einem Jahr ein Arbeitsentgelt bis zur Höhe der halben BBG in der Rentenversicherung ausgezahlt, ist eine SV-Luft ebenfalls in Höhe der halben BBG zu bilden. Hatte der Arbeitnehmer durchgehend ein Arbeitsentgelt oberhalb der BBG, ist die SV-Luft null. Nach der ersten Gutschrift von Wertguthaben muss SV-Luft auch in Zeiträumen 97 gebildet werden, in denen keine weiteren Einbringungen ins Wertguthaben erfolgen. Beitragsfreie Zeiten (z.B. bei Bezug von Krankengeld) sind bei der Bildung der (anteiligen) BBG hingegen nicht zu berücksichtigen. Gleiches gilt für Zeiten einer vollständigen oder teilweisen Freistellung, sofern in dieser Zeit kein neues Wertguthaben aufgebaut wird. Das Summenfelder-Modell ist unproblematisch bei Arbeitnehmern, deren Ar- 98 beitsentgelt während der gesamten Teilnahme am Zeitwertkonto durchgehend unterhalb aller BBG bleibt oder die BBG durchgehend übersteigt. In anderen Fällen, z.B. falls durch Gehaltssteigerungen oder einen Wechsel von Teilzeit zu Vollzeitbeschäftigung das Arbeitsentgelt erst im Laufe der Teilnahme am Zeitwertkonto eine BBG überschreitet, kann in einem späteren Störfall ein Teil des Wertguthabens über den gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen hinaus mit Beiträgen belastet werden.

_____ 38 Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung v. 31.3.2009, Sozialrechtliche Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen, S. 30 ff.

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)

b) Alternativ-/Optionsmodell 99 Diese Methode ermöglicht eine genauere Ermittlung der Beitragsbemessungs-

grundlagen für den Störfall. Hierbei wird zum Jahresende - oder auch monatlich – ein Vergleich zwischen dem Wertguthabenzuwachs (aus Einbringungen und Erträgen) einerseits und der Differenz zwischen der BBG des jeweiligen Versicherungszweigs und dem ausgezahlten beitragspflichtigen Arbeitsentgelt durchgeführt. Der jeweils niedrigere Vergleichswert bildet die sog. abgegrenzte SV-Luft und ist als Bemessungsgrundlage für den Störfall zu bilden und fortzuschreiben.

2. Sozialversicherungsrechtliche Aspekte bei Auszahlungen und Übertragungen 100 Für die Beitragspflicht bei Verwendung von Wertguthaben ist zwischen der Über-

tragung von Wertguthaben sowie einer Auszahlung im Störfall und bei Freistellung zu unterscheiden.

a) Beitragsbemessungsgrundlagen bei Übertragung von Wertguthaben 101 Im Falle der Übertragung von Wertguthaben auf einen neuen Arbeitgeber oder die

Deutsche Rentenversicherung Bund findet keine Verbeitragung statt. Der frühere Arbeitgeber muss jedoch im Rahmen der Übertragung die Beitragsbemessungsgrundlagen für eine Störfallabrechnung, d.h. die Summe der gebildeten SV-Luft in den einzelnen Versicherungszweigen, melden bzw. angeben. Sollte die gebildete SV-Luft höher sein als das im übertragenen Wertguthaben enthaltene Entgeltguthaben, wird die SV-Luft auf die Höhe des Entgeltguthabens begrenzt. Der neue Arbeitgeber, der Wertguthaben übernimmt, muss die SV-Luft als Vor102 trag ab Beginn der Beschäftigung des Arbeitsnehmers in den Lohnunterlagen ausweisen.

b) Verbeitragung im Störfall 103 Im Störfall ist das Wertguthabens bis zur Höhe der in den einzelnen Versicherungs-

zweigen gebildeten SV-Luft beitragspflichtig. BBG sind nicht zu beachten. Für die Berechnung der Beiträge sind die im Zeitpunkt der Fälligkeit jeweils geltenden Beitragssätze maßgebend.

c) Freistellungsphase 104 Die Auszahlungen aus dem Wertguthaben sind als Arbeitsentgelt beitragspflich-

tig. Es gelten die jeweils aktuellen Beitragssätze und BBG. Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung richten sich im Falle einer vollständigen Freistellung unmittelbar vor Eintritt in den Ruhestand nach dem ermäßigten Beitragssatz,

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B. Rechtliche Rahmenbedingungen

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wenn davon auszugehen ist, dass die Arbeit nach der Freistellung nicht wieder aufgenommen wird.39 Die SV-Luft wird in der Freistellung in Höhe des entnommenen Arbeitsentgelt- 105 guthabens abgebaut. Sie darf jedoch nicht niedriger werden als der Gesamtbetrag des verbleibenden Entgeltguthabens. Wird das Wertguthaben vollständig abgebaut, ist die SV-Luft auf null zu berichtigen.

d) Übertragung von Wertguthaben in die bAV Die sog. BAV-Option (§ 23b Abs. 3a SGB IV) gilt nur noch für Wertguthabenverein- 106 barungen, die bis einschließlich 13.11.2008 abgeschlossen worden sind. Aus Sicht der Sozialversicherung muss dazu vom Arbeitnehmer zumindest schon die beabsichtigte Teilnahme an einem Zeitwertkonto, das die BAV-Option beinhaltet, bis zum Stichtag schriftlich erklärt worden sein. Im Rahmen der BAV-Option stellt die Verwendung des Wertguthabens für eine 107 bAV keinen Störfall dar, wenn ■ die Zeitwertkontenregelung die BAV-Option beinhaltet, ■ die Übertragung des Wertguthabens anlässlich der Beendigung der Beschäftigung wegen Erwerbsminderung, Erreichen einer Altersgrenze, von der an eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten erfolgt, ■ der Leistungskatalog der bAV Leistungen im Fall des Todes, der Invalidität oder des Erreichens einer Altersgrenze vorsieht und keine Abfindungsregelung enthält.

III. Die Prüfung von Wertguthaben durch den RV-Träger Der Insolvenzschutz für Wertguthaben ist in die Prüfung durch den Träger der Ren- 108 tenversicherung einzubeziehen (§ 7e Abs. 6 SGB IV). Die Prüfung bezieht sich darauf, ■ ob eine Insolvenzschutzmaßnahme getroffen worden ist, ■ die Feststellung grundsätzlich ungeeigneter Sicherungsmittel, ■ ob der Umfang der Sicherung das Wertguthaben um mehr als 30% unterschreitet, ■ ob die Sicherung den Gesamtsozialversicherungsbeitrag umfasst.

_____ 39 Siehe Besprechung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 13./14.10.2009, TOP 3: Fortbestand des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses bei Freistellung von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts oder vergleichbarer Bezüge.

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)

109 Im Falle eines Mangels erhält der Arbeitgeber 2 Monate Zeit, um die Erfüllung der

gesetzlichen Pflichten nachzuweisen. Nach Ablauf der Ablauf der Frist wird die Wertguthabenvereinbarung als von Anfang an unwirksam angesehen. Das Wertguthaben ist wie im Störfall aufzulösen und zu verbeitragen. 3 Checkliste Zur Vorbereitung und Durchführung der Prüfung verlangt der Träger der Rentenversicherung typischerweise folgende Unterlagen: ■ die schriftliche Wertguthabenvereinbarung, ■ den Nachweis über die geeignete Sicherungsmaßnahme für den Insolvenzfall, ■ den Nachweis über die Höhe und Zusammensetzung der Sicherungsmittel, ■ Aufzeichnungen über die Berechnung des Wertguthabens in Störfällen, ■ Aufzeichnungen über die beitragsrechtliche Behandlung von Wertguthaben, ■ Aufzeichnungen über die Auszahlung von Wertguthaben.

IV. Verwaltung der Konten 110 Die Führung von Wertguthaben wird zum Teil in der Entgeltabrechnung und zum

Teil in einer sog. Kontenverwaltung umgesetzt. Die Aufgabe der Entgeltabrechnung liegt vor allem in der Ermittlung und Bereitstellung der Bemessungsgrundlagen für die Sozialversicherung. Die Kontenverwaltung betrifft demgegenüber die Ermittlung des arbeitsrechtlichen Anspruchs und enthält häufig den umfassenden Informationsstand zum Wertguthaben. In der Praxis kann daher oftmals die Entgeltabrechnung über eine Datenschnittstelle auf die in der Kontenverwaltung geführten Informationen zugreifen. Für die Berechnung und Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags muss 111 der Arbeitgeber in den Entgeltunterlagen für jeden Beschäftigten u.a. folgende Informationen führen ■ das Wertguthaben aus flexibler Arbeitszeit, ■ die Änderungen des Wertguthabens (Zu- und Abgänge), ■ den Abrechnungsmonat der ersten Gutschrift und für jede Änderung, ■ einen Nachweis über die getroffenen Vorkehrungen zum Insolvenzschutz, ■ das von Dritten übertragene Wertguthaben,40 ■ die Beitragsberechnungsgrundlagen für die Störfallabrechnung für jeden Versicherungszweig (SV-Luft),41 ■ einen Rechtskreiswechsel (Ost/West).42

_____ 40 § 8 Abs. 1 Nr. 7 Verordnung über die Berechnung, Zahlung, Weiterleitung, Abrechnung und Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages (Beitragsverfahrensverordnung – BVV). 41 § 23b Abs. 2 SGB IV. 42 § 7 Abs. 1a S. 7 SGB IV, § 11a Verordnung über die Erfassung und Übermittlung von Daten für die Träger der Sozialversicherung (Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung – DEÜV).

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Für die Ermittlung und Führung des arbeitsrechtlichen Anspruchs müssen zunächst die Einbringungen ins bzw. Zuführungen zum Wertguthaben erfasst werden. Eine Trennung nach den möglichen unterschiedlichen Quellen der Einbringungen (z.B. Entgeltumwandlung aus einmaligen oder laufenden Bezügen, Einbringung von Mehrarbeitsvergütung, Verzicht auf Urlaub) ist grundsätzlich nicht vorgeschrieben. Trotzdem kann sich dies zur besseren Nachvollziehbarkeit bei eventuellen Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer empfehlen. Insbesondere bei einer etwaigen Korrektur zurückliegender Einbringungen muss zumindest feststellbar sein, ob die Korrektur Auswirkung auf die Entgeltabrechnung (Lohnsteuern und Sozialversicherung) hat oder dies nicht der Fall ist wie z.B. bei der Bewertung eines ins Wertguthaben eingebrachten Urlaubstages. Schließlich ist eine administrativ getrennte Führung arbeitnehmerfinanzierter Einbringungen (z.B. aus Entgeltumwandlung) einerseits und Einbringungen des Arbeitgebers andererseits jedenfalls dann sinnvoll, wenn für diese Einbringungen bzw. das sich daraus ergebende Wertguthaben nach der Wertguthabenvereinbarung teilweise unterschiedliche Regelungen gelten sollen (z.B. im Falle einer Verknüpfung der Einbringungen des Arbeitgebers mit bestimmten Bedingungen oder Verfallklauseln). Entwickelt sich das Wertguthaben in Abhängigkeit von der Wertentwicklung aus der Kapitalanlage, sollten die entsprechenden Veränderungen (Erträge, Wertzuwächse bzw. Wertminderungen) ebenfalls in der Kontenverwaltung geführt werden. Eine Besonderheit ergibt sich bei der Einbringung steuerfreier Arbeitsentgeltbestandteile. Damit die Steuerfreiheit auch in der Auszahlung aus dem Wertguthaben erhalten bleibt, müssen sie als eigenes besonderes Entgeltguthaben geführt werden. Die Erträge und Wertzuwächse daraus sind in der Auszahlung jedoch steuerpflichtiger Arbeitslohn und daher getrennt von den Einbringungen zu erfassen.43 Schließlich bildet der Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag eine gesonderte Position. Nach Ansicht der Sozialversicherungsträger kann der Arbeitgeberbeitrag als Bestandteil des Wertguthabens mit diesem in einem Konto geführt werden. In der Praxis empfiehlt sich jedoch eine getrennte Führung, z.B. um im Falle einer Prüfung einen Nachweis nach § 7e Abs. 6 Nr. 4 SGB IV verfügbar zu haben, dass der Gesamtsozialversicherungsbeitrag in das Wertguthaben eingestellt wurde und in den Mitteln für die Insolvenzsicherung enthalten ist.

_____ 43 Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung v. 31.3.2009, Sozialrechtliche Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen, S. 24.

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)

V. Arbeitsrechtliche Fragen 116 Bei den arbeitsrechtlichen Fragen geht es vor allem um Fragen der Lohngestaltung

und Vergütung. Arbeitszeitthemen sind häufig zwar ebenfalls betroffen. Jedoch wird Arbeitszeit dabei als Spiegelbild zur Vergütung gesehen. Das heißt, im Vordergrund stehen die Bewertung von Arbeitszeit und die Umrechnung in Arbeitsentgelt. Daher ist z.B. das Arbeitszeitgesetz im Rahmen von Zeitwertkonten nur selten von Bedeutung.

1. Tarifvertragsrecht und Betriebsverfassung 117 Die Spielregeln für Zeitwertkontenmodelle werden im Regelfall in einer Betriebs-

vereinbarung definiert. Ferner gibt es in zahlreichen Branchen Tarifverträge mit einer Rahmenregelung zu Wertguthaben. Die Regelungskompetenz bzw. das Verhältnis von Regelungen durch Tarifvertrag einerseits und Regelungen durch Betriebsvereinbarung andererseits ist auch bei Zeitwertkonten nicht immer eindeutig. Ausgangspunkt ist jedoch stets, dass die Einführung von Zeitwertkonten grundsätzlich eine Entscheidung des Arbeitgebers darstellt. Soweit Tarifverträge eine Regelung zu Zeitwert- bzw. Langzeitkonten enthalten, ist in aller Regel vorgesehen, dass diese Konten durch freiwillige Betriebsvereinbarung eingerichtet werden können.44 Die Ausgestaltung von Zeitwertkonten im Rahmen einer Betriebsvereinbarung 118 fällt unter das Mitbestimmungsrecht in sozialen Angelegenheiten für Entlohnungsgrundsätze und Entlohnungsmethoden (§ 87 Abs. 1 Ziff. 10 BetrVG). Zunächst ist hierbei jedoch der Tarifvorbehalt nach § 87 Abs. 1, Eingangssatz BetrVG zu beachten, d.h., eine Regelung durch Betriebsvereinbarung ist nur möglich, soweit keine Regelung durch Tarifvertrag besteht oder ein bestehender Tarifvertrag eine Öffnungsklausel enthält. In der Praxis ergeben sich diesbezüglich nur selten Kollisionen zwischen Tarifrecht und Betriebsverfassungsrecht, da die einschlägigen Tarifverträge ausdrücklich Spielraum für die Ausgestaltung von Zeitwertkonten einräumen. Dies gilt insbesondere für die Regelung der möglichen Verwendungszwecke des Wertguthabens, Ankündigungsfristen für eine Freistellung sowie die Art der Anlage des Wertguthabens. Bei Festlegungen in einer Betriebsvereinbarung über die möglichen Einbrin119 gungen in ein Wertguthaben ist jedoch zu beachten, dass u.U. Berührungspunkte und Überschneidungen zu bestehenden allgemeinen Regelungen z.B. in Mantel-

_____ 44 Siehe z.B. § 8 Tarifvertrag „Lebensarbeitszeit und Demografie“ für die chemische Industrie v. 25.5.2016, Ziff. 7.7 der Manteltarifverträge v. 14.6.2005 für die Metall- und Elektroindustrie im Bereich Südwestmetall, § 2 Tarifvertrag über Langzeitkonten in der Metall- und Elektroindustrie NRW v. 15.12.2005.

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oder Entgelttarifverträgen auftreten. Dies gilt insbesondere für Einbringungen in das Wertguthaben aus ■ einer Entgeltumwandlung aus laufendem Tarifentgelt und/oder tariflichen Sonderzahlungen, ■ Arbeitszeit, z.B. einer Erhöhung der regulären Wochenarbeitszeit oder aus geleisteter Mehrarbeit, ■ Zeitguthaben auf Arbeitszeitkonten, ■ tariflichen Urlaubsansprüchen. Tarifverträge können diesbezüglich zum einen Obergrenzen (z.B. für Einbringun- 120 gen aus laufendem Entgelt oder aus Mehrarbeit) enthalten und zum anderen eine Öffnung der tariflichen Regelung für die Ausgestaltung von Wertguthaben durch Betriebsvereinbarung vorsehen. Fettnapf 3 Enthält eine tarifvertragliche Regelung keine Öffnung für den Aufbau von Wertguthaben, sind Einbringungen aus Tarifentgelten oder tariflichen Zeitguthaben grundsätzlich nicht möglich.

Etwas anderes gilt wiederum dann, wenn nur eine Tarifüblichkeit für bestimmte 121 Regelungsgegenstände besteht, der Arbeitgeber aber tatsächlich keiner Tarifbindung unterliegt. Der Tarifvorrang nach § 77 Abs. 3 BetrVG für Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt werden, sperrt nach herrschender Meinung nicht die Mitbestimmung in den Angelegenheiten nach § 87 Abs. 1 BetrVG.45

2. Zuführungen und Einbringungen Die Frage, welche Quellen für Zuführungen zum bzw. Einbringungen in ein Zeit- 122 wertkonto zugelassen werden sollen, stellt viele Unternehmen vor einen Konflikt. Zum einen soll durch vielfältige Einbringungsoptionen einer breiten Belegschaft die Teilnahme am Zeitkonto ermöglicht werden. Zum anderen kann dem mit Zeitwertkonten verbundenen administrativen Aufwand – z.B. hinsichtlich der Entgeltabrechnung und Kontenführung - nur mit Einschränkungen in der Ausgestaltung des Zeitwertkontos begegnet werden. In der betrieblichen Praxis spielen die nachfolgenden Erwägungen eine Rolle. 123 ■ Die Mehrzahl der Modelle für Zeitwertkonten erlaubt die grundsätzliche Einbringung von Arbeitsentgelt auf Grundlage einer Entgeltumwandlung durch die Arbeitnehmer. Eine Ausnahme bilden (oftmals ältere) Modelle mit einer

_____ 45 Vgl. BAG, Urt. v. 24.1.1996 – 1 AZR 597/95.

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)

Wertguthabenführung in Zeit, welche hauptsächlich als Überlaufkonto für Arbeitszeitkonten eingerichtet wurden. Viele Modelle in der Praxis erlauben sowohl die Einbringung von laufendem als auch von einmaligem Arbeitsentgelt. Die Nutzung durch die Arbeitnehmer verändert sich erfahrungsgemäß im Laufe der Zeit nach Einführung von Zeitwertkonten mal zugunsten der Einbringung von laufendem und mal zugunsten von einmaligem Arbeitsentgelt. Zuschläge z.B. für Mehrarbeit und Arbeit an Sonn- und Feiertagen werden im Hinblick auf die sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten46 und den sich daraus ergebenden administrativen Aufwand oftmals nicht als Einbringung zugelassen. Die Einbringung einer Abfindung wegen Auflösung des Arbeitsverhältnisses in ein Wertguthaben kann unter zwei Gesichtspunkten rechtlich problematisch sein. Zum einen stellt eine Abfindung kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV dar (soweit sie keine Abgeltung entstandener vertraglicher Ansprüche enthält), sondern hat Entschädigungscharakter. Damit ist fraglich, ob es die Voraussetzungen nach § 7b SGB IV, dass Wertguthaben mit Arbeitsentgelt aus einer „erbrachten Arbeitsleistung“ erzielt wurde, erfüllt. Zum anderen werden Einbringungen steuerlich und sozialversicherungsrechtlich nur zugelassen, wenn ein vollständiger Abbau des Wertguthabens durch Freistellung noch möglich ist. Umstritten ist hierbei, ob die Freistellung noch beim selben Arbeitgeber möglich sein muss oder eine spätere Freistellung im Rahmen der Wertguthabenübertragung auf einen Folgearbeitgeber oder die Deutsche Rentenversicherung ausreicht. Nach Auffassung des Verfassers sind zumindest solche Gestaltungen zulässig, bei welchen die Einbringung ins Wertguthaben anstelle einer Abfindung als Aliud und zusätzliche Arbeitgeberleistung vereinbart und noch vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses z.B. durch eine ruhestandsnahe Freistellung genutzt wird. Die Einbringung von Zeit bzw. Zeitguthaben, die mit Mehrarbeit oder Überstunden aufgebaut wurden, findet sich in der Praxis sehr häufig. Das Bedürfnis nach einer Flexibilisierung der Arbeitszeit überwiegt auf Seiten der Arbeitgeber offenbar die häufig bestehenden Einwände.47 Auf Seiten der Arbeitnehmer fällt hier ins Gewicht, dass gerade bei den unteren Verdienstgruppen wenig tatsächlicher Spielraum für eine Entgeltumwandlung vorhanden, hingegen ein Zeitguthaben verfügbar ist. Ein Sonderfall stellt die sog. Vertrauensarbeitszeit dar. Der Anfall von Mehrarbeit und Überstunden ist bei Vertrauensarbeitszeit zwar nicht ausgeschlossen. Ein Problem stellt jedoch die (fehlende) Erfassung und Dokumentation

_____ 46 Siehe Rn. 29. 47 Siehe Rn. 209.

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B. Rechtliche Rahmenbedingungen

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dar. Eine Lösung können pauschale Ausgleichszeiten (z.B. als halbe oder ganze Ausgleichstage) sein, die in ein Zeitwertkonto, mitunter erst nach Genehmigung durch die Führungskraft, eingebracht werden.

3. Umrechnung Zeit in Geld und Geld in Zeit Die Frage der Umrechnung von Zeit in Geld und umgekehrt stellt sich typischerwei- 124 se in zwei Ablaufphasen des Zeitwertkontos: ■ In der Ansparphase bei der Einbringung von Zeit, die nach dem Gesetz (§ 7d Abs. 1 SGB IV) in Arbeitsentgelt umzurechnen ist. Denkbar ist auch der umgekehrte – in der Praxis eher seltene – Fall, dass bei einem in Zeit geführten Zeitwertkonto Arbeitsentgelt eingebracht und in Zeit umgerechnet wird. ■ In der Auszahlungsphase, wenn das (in Geld geführte) Wertguthaben herangezogen wird, um die mögliche Dauer der Freistellung von der Arbeitsleistung zu ermitteln. Für den Aufbau und Abbau von Arbeitszeitkonten hat das BAG entschieden, dass 125 nicht zwangsläufig eine Korrelation bei der Bewertung der Arbeitszeit in diesen Phasen bestehen muss. Die Gutschrift auf dem Konto ist lediglich eine abstrakte Recheneinheit, die von der dafür erbrachten Arbeitsleistung losgelöst betrachtet werden kann. Insbesondere können danach Arbeitsleistungen bei der Gutschrift auf dem Konto höher oder niedriger bewertet werden, als es ihrem zeitlichen Einsatz entspricht.48 Wendet man diese Grundsätze analog auf Zeitwertkonten an, bedeutet das, dass die Umrechnung von Zeit in Geld und Geld in Zeit für die Ansparund Auszahlungsphase des Zeitwertkontos innerhalb der allgemeinen Grenzen des Arbeitsrechts frei vereinbart werden kann. Die betriebliche Praxis verwendet häufig die in Manteltarifverträgen vorgese- 126 hene Berechnung für Arbeitsstunden und -tage, wobei ein Kalendermonat pauschal mit 4,35 Wochen zugrunde gelegt und mit der für den Arbeitnehmer geltenden täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit multipliziert wird.49 Beispiel 5 Dies ergibt z.B. nachfolgende Faktoren für die Berechnung des Arbeitsentgeltwertes einer Arbeitsstunde ■ bei einer Arbeitszeit von 7,2 Stunden/Tag bzw. 36 Stunden/Woche: Arbeitsstunde = Monatsgehalt dividiert durch Faktor 156,6 (4,35*36) ■ bei einer Arbeitszeit von 7,5 Stunden/Tag bzw. 37,5 Stunden/Woche: Arbeitsstunde = Monatsgehalt dividiert durch Faktor 163,125 (4,35*37,5)

_____ 48 BAG, Urt. v. 17.3.2010 – 5 AZR 296/09. 49 Vgl. Manteltarifvertrag mit der IGBCE, Fassung v. 17.10.2013, Fußnote zu § 4; Manteltarifvertrag 2014 IG Metall Baden-Württemberg, Bereich Metallbau, § 8.5.

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)

bei einer Arbeitszeit von 8 Stunden/Tag bzw. 40 Stunden/Woche: Arbeitsstunde = Monatsgehalt dividiert durch Faktor 174 (4,35*40).

Der Wert eines Arbeitstages entspricht danach im Falle einer 5-Tage-Woche stets dem Monatsgehalt dividiert durch Faktor 21,75 (4,35*5). Bei Teilzeitbeschäftigung wird der Faktor mit dem Teilzeitgrad multipliziert. Mit dem Faktor erfolgt eine pauschale Bewertung auf Grundlage der vereinbarten Arbeitszeit. Die (in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche) Anzahl der Feiertage im Kalenderjahr spielen dabei ebenso wenig eine Rolle wie die Frage, an welchen Tagen der Mitarbeiter tatsächlich gearbeitet hätte. Eine Teilzeitbeschäftigung fließt ggf. ausschließlich wie oben dargestellt über den Teilzeitfaktor ein. Dies erleichtert insbesondere die Ermittlung der Dauer einer möglichen Freistellung und behandelt Vollzeit und Teilzeit im Ansatz gleich.

4. Sonderfall: Einbringung von Resturlaub 127 Die Behandlung von nicht genommenen Urlaubstagen (Resturlaub) ist sowohl mit Blick auf die grundsätzliche Frage der möglichen Einbringung in ein Zeitwertkonto als auch ggf. hinsichtlich des Ablaufs umstritten. Für den Urlaubsanspruch gibt es eine gesetzliche Regelung im Bundesurlaubsgesetz, welche im Zweifel auch auf den über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Teil des Urlaubs anzuwenden ist. Daneben sind häufig Bestimmungen in Tarifverträgen zu beachten. Das Ziel der genannten Regelungen ist, dass der Urlaub vom Arbeitnehmer möglichst zeitnah, d.h. im Kalenderjahr der Entstehung, zu Erholungszwecken genommen wird. Ein Hinausschieben des Urlaubs (Übertragung auf einen späteren Zeitraum) ist nach dem Gesetz (§ 7 BUrlG) nur als Ausnahmefall und zeitlich beschränkt auf die ersten 3 Monate des jeweils folgenden Kalenderjahres vorgesehen und eine finanzielle Abgeltung ist außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses unzulässig. Der Spielraum für eine Einbringung von Urlaub in ein Zeitwertkonto ist damit 128 beschränkt. Ein rechtlich zulässiger Ansatzpunkt ist jedoch die Einbringung von etwaigem Resturlaub nach Ablauf möglicher Übertragungsfristen, z.B. zum 1.1. oder 1.4. des Folgejahres (der 1.1. des Folgejahres als Übertragungstermin würde bewirken, dass der Resturlaub nicht in der Urlaubsrückstellung berücksichtigt werden muss). 5 Beispiel Eine gängige Vereinbarung in der Praxis sieht dabei vor, dass ■ Resturlaub ins Zeitwertkonto nur dann einbracht werden kann, wenn er bis zum Folgejahr tatsächlich nicht genommen wurde, d.h., der Arbeitnehmer bleibt frei, seinen vollen Urlaub vorher in Anspruch zu nehmen, ■ eine Übertragung von Urlaubstagen, für die der Arbeitnehmer die Einbringung ins Zeitwertkonto wählt, vereinbarungsgemäß ausgeschlossen ist (eine solche Festlegung ist für die Ermittlung der Urlaubsrückstellung von Bedeutung, aber auch z.B. für einen Teilurlaub im Sinne von § 5 Abs. 1 BUrlG, da andernfalls der Arbeitnehmer eine Übertragung ins nächste Kalenderjahr verlangen kann, § 7 Abs. 3 BUrlG),

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die Einbringung ins Zeitwertkonto beschränkt wird auf Resturlaub, der oberhalb des gesetzlichen Mindesturlaubs liegt. Zudem wird häufig die Einbringung von zweckgebundenem Urlaub, z.B. Sonderurlaubstagen oder Zusatzurlaub für Schwerbehinderte, ausgeschlossen, damit dieser Urlaub vom Arbeitnehmer zweckentsprechend tatsächlich genommen wird.

5. Förderung durch den Arbeitgeber Die betriebliche Praxis bei Zuschüssen und Beiträgen des Arbeitgebers zum Zeit- 129 wertkonto ist sehr unterschiedlich. Nach der Studie der Bundesregierung bieten 4% der Betriebe mit 50 und mehr Beschäftigten zusätzliche Anreize, um die Nutzung von Wertguthaben zu fördern.50 An anderer Stelle wird für „große deutsche Unternehmen“ der Anteil von Unternehmen mit Arbeitgeberzuschüssen/-beiträgen mit 36% angegeben.51 Schließlich gibt es in verschiedenen Branchen tarifvertragliche Regelungen, die die Möglichkeit vorsehen, bestimmte Arbeitgeberleistungen optional auch für Zeitwertkonten zu verwenden.52

a) Beispiele für eine Arbeitgeberförderung Die möglichen Formen für Arbeitgeberzuschüsse und -beiträge für ein Zeitwert- 130 konto sind ebenfalls vielfältig. Beispiel 5 Nachstehend erfolgt eine beispielhafte Aufzählung. ■ Startbonus: Einmaliger Arbeitgeberbeitrag als Festbetrag oder in Relation zum Monatsgehalt bei erstmaliger Teilnahme des Arbeitnehmers am Zeitwertkonto. Ein solcher Startbonus soll einen Anreiz für den Beginn der Teilnahme am Zeitwertkonto geben bei einem gleichzeitig begrenzten Aufwand für den Arbeitgeber. ■ Dienstzeitbonus: Ähnlich wie der Startbonus, jedoch gestaffelt nach der bei Einführung von Zeitwertkonten zurückgelegten Betriebszugehörigkeit der Arbeitnehmer. Der Dienstzeitbonus soll in der Regel nur die Modelleinführung unterstützen und keine Verpflichtung gegenüber Neueintritten schaffen. Er kann auch als ein Instrument dienen, Arbeitnehmer mit langer Betriebszugehörigkeit, die häufig aufgrund des Lebensalters keine lange Freistellung im Zeitwertkonto mehr aufbauen können, gezielt zu fördern.

_____ 50 BMAS, Forschungsbericht Arbeitsmarkt 418, Evaluation des Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen („Flexi II“-Gesetz), S. 76. 51 Deloitte Consulting/Baumgartner und Partner, Zeitwertkonten, Verbreitung, Nutzung und Ausgestaltung bei großen deutschen Unternehmen, 2014, S. 9. 52 Z.B. Tarifvertrag zum flexiblen Übergang in die Rente für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg, 2015 (nach § 14.2 können die Mittel für tarifliche Altersteilzeit auch für andere Zwecke einer „demografieorientierten Personalpolitik“ vorgesehen und damit z.B. für Langzeitkonten verwendet werden); Tarifvertrag „Lebensarbeitszeit und Demografie“ v. 25.5.2016 in der chemischen Industrie (der Demografiebetrag nach § 7 kann u.a. für Langzeitkonten verwendet werden).

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)

Zuschuss für belastende Tätigkeiten: Arbeitnehmer mit definierten (körperlich belastenden) Tätigkeiten erhalten hierbei einen zusätzlichen Arbeitgeberzuschuss ins Zeitwertkonto, um den bei belastenden Tätigkeiten wahrscheinlichen vorzeitigen Ausstieg aus dem Erwerbsleben finanziell abzufedern. Beitragszuschuss: Ein dauerhafter Zuschuss des Arbeitgebers zu den Einbringungen (z.B. der Entgeltumwandlung) des Arbeitnehmers. Der Zuschuss kann als jährlicher Festbetrag definiert sein und daran anknüpfen, dass der Arbeitnehmer einen bestimmten Mindestbetrag als Eigenbeitrag ins Zeitwertkonto einbringt, oder als prozentualer Zuschuss zum Eigenbeitrag des Arbeitnehmers. Hierbei werden häufig Obergrenzen definiert. Ein dauerhafter Zuschuss bietet einen anhaltenden Anreiz für die Teilnahme am Zeitwertkonto, der von Unternehmen zur Steuerung im demografischen Kontext eingesetzt wird. Freistellungsbonus: Das vom Arbeitnehmer angesparte Wertguthaben wird hierbei im Falle der Freistellung durch den Arbeitgeber aufgestockt, um eine Verlängerung der Freistellungsphase zu finanzieren. Der Freistellungsbonus wird oftmals für bestimmte Freistellungszwecke angeboten, z.B. nur für eine ruhestandsnahe Freistellung, und als Prozentsatz des für die Freistellung angesparten Wertguthabens definiert. Eine Staffelung des Freistellungsbonus nach Tätigkeit (z.B. körperlich belastend oder nicht) findet sich in der Praxis ebenfalls.

b) Steuerung und Anreizwirkung 131 Bei allen Formen von Arbeitgeberzuschüssen und -beiträgen stellt sich die Frage

nach der zielgerichteten Steuerung durch den Arbeitgeber und dem möglichen Anreiz für den Arbeitnehmer. Von einem in der Ansparphase zum Zeitwertkonto geleisteten Arbeitgeberbeitrag, der dem Wertguthaben unmittelbar und ohne Bedingung hinsichtlich des Verwendungs- bzw. Freistellungszwecks gutgeschrieben wird, geht eine hohe Anreizwirkung für eine Teilnahme des Arbeitnehmers am Zeitwertkonto aus. Allerdings fließt der Arbeitgeberbeitrag dann dem Arbeitnehmer auch zu, wenn keine Freistellung genommen wird, im Falle eines Arbeitgeberwechsels oder wenn der Arbeitnehmer bis zur Regelaltersgrenze arbeitet und sich das Wertguthaben in einer Summe auszahlen lässt. Die Vereinbarung einer Verfallklausel für den Arbeitgeberbeitrag, z.B. bei Ar132 beitgeberwechsel und anderen Störfällen, ist arbeitsrechtlich möglich. Es sind aber hohe Anforderungen an die Transparenz und Nachvollziehbarkeit derartiger Einschränkungen zu stellen, die den von einem Arbeitgeberbeitrag ausgehenden Anreiz wiederum deutlich dämpfen. Ein Freistellungsbonus erscheint oft als mögliche Lösung für die oben darge133 stellten Fälle. Der Arbeitgeber muss den zusätzlichen Aufwand nur leisten, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich die mit dem Freistellungsbonus geförderte Freistellung in Anspruch nimmt. Ein Arbeitnehmer, der vorher ausscheidet, geht leer aus. In dem in der Praxis häufigen Fall eines Freistellungsbonus nur für eine ruhestandsnahe Freistellung wird der Arbeitgeber damit jedoch junge Arbeitnehmer kaum für eine Teilnahme am Zeitwertkonto gewinnen. Die Anreizwirkung konzentriert sich hier auf Arbeitnehmer mit einer gewissen Nähe zum Ruhestand, die die Erwartung haben, den Freistellungsbonus in absehbarer Zeit zu nutzen. Misterek

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Schließlich wirft ein Freistellungsbonus die besondere Frage auf, wie er bilan- 134 ziell abzubilden ist.53

6. Arbeitsrechtliche Fragen der Freistellung Das Gesetz enthält keinen Anspruch auf Freistellung aus einem aufgebauten 135 Wertguthaben.54 Die Gesetzesbegründung formuliert lediglich die Zielsetzung, den Aufbau von Wertguthaben für eine spätere Entnahme in Form der Freistellung zu ermöglichen.55 § 7c SGB IV zählt auf, für welche Zwecke ein Wertguthaben in Anspruch genommen werden „kann“ und verweist damit auf den möglichen Inhalt einer Wertguthabenvereinbarung. Fettnapf 3 Da die Vereinbarung über den Aufbau von Wertguthaben grundsätzlich die spätere Nutzung für eine Freistellung impliziert, muss die Möglichkeit einer Ablehnung durch den Arbeitgeber im Einzelfall ggf. schon aus Gründen der Transparenz für den Arbeitnehmer eindeutig erkennbar sein. Das heißt, in der Wertguthabenvereinbarung ist zu regeln, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitnehmer eine Freistellung auf Grundlage des Wertguthabens verlangen oder unter welchen Bedingungen der Arbeitgeber eine beantragte Freistellung ablehnen kann.

Die Anordnung der Nutzung bzw. des (kollektiven) Abbaus von Wertguthaben 136 durch den Arbeitgeber ist rechtlich umstritten. Nach § 7b Nr. 2 SGB IV darf eine Wertguthabenvereinbarung „nicht das Ziel der flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder den Ausgleich betrieblicher Produktions- oder Arbeitszeitzyklen“ verfolgen. Die Regelung wurde 2009 im Gesetz eingeführt, um Wertguthaben deutlicher abzugrenzen und zu trennen von sonstigen Arbeitszeitkonten, die in den Unternehmen als Instrumente der Zeitwirtschaft genutzt werden. Eine Anordnung des (kollektiven) Abbaus von Wertguthaben durch den Arbeitgeber dient jedoch in der Regel dem Ausgleich von Produktions- und Arbeitszeitzyklen und würde somit dem Wortlaut des Gesetzes widersprechen. Nach Ansicht der Bundesregierung soll mit der gesetzlichen Regelung jedoch nur verhindert werden, dass eine Freistellung im Vergleich zur Nutzung von Wertguthaben für Auslastungsschwankungen nicht lediglich ein untergeordneter Notbehelf ist. Die gesetzlichen Regelungen zu Wertguthaben greifen danach immer dann, wenn ein Ziel einer Arbeitszeitflexibilisierungsvereinbarung eine Freistellung von der Arbeits-

_____ 53 Siehe Rn. 187. 54 Dies ist z.B. einer der Kritikpunkte des DGB am Gesetz – siehe Zentrale Punkte aus den Stellungnahmen der Länder und Verbände C.I.1., in Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze, BT-Drucks. 17/8991. 55 BT-Drucks. 16/10289, S. 1.

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leistung ist, die nicht ausschließlich durch betriebliche Arbeitszyklen determiniert ist.56 Im Vergleich zur möglichen Anordnung eines kollektiven Abbaus von Wertgut137 haben finden sich in der Praxis häufiger Regelungen, dass ein Arbeitnehmer, der im Rahmen der Teilnahme an einem Zeitwertkonto Wertguthaben aufbaut, verpflichtet wird, dieses vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Freistellung abzubauen. Eine Pflicht zur individuellen Inanspruchnahme des Wertguthabens ist dem Gesetz zwar nicht zu entnehmen. Der Sinn der gesetzlichen Regelung besteht jedoch gerade darin, bezahlte Freistellungen zu ermöglichen und zu fördern. Wenn sich alle Teilnehmer an einem Zeitwertkonto gegen eine Freistellung entscheiden würden und die Wertguthaben am Ende des Arbeitsverhältnisses als Störfall ausgezahlt werden müssten, würde dies das Ziel des Gesetzes konterkarieren. Gegen eine individuelle Verpflichtung zum Abbau des Wertguthabens vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehen daher rechtlich keine Bedenken. Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass diese Verpflichtung ausdrücklich in der Wertguthabenvereinbarung enthalten und daher für den Arbeitnehmer eindeutig erkennbar ist.

a) Ankündigungsfristen 138 Ein in der Praxis viel diskutierter Punkt ist die erforderliche Ankündigungsfrist für

die vom Arbeitnehmer gewünschte Inanspruchnahme von Wertguthaben. Eine gesetzliche Regelung hierzu gibt es nicht. Für den Arbeitgeber kann eine ausreichende Frist jedoch wichtig sein, um aus arbeitsorganisatorischer Sicht abzuklären, ob im gewünschten Zeitraum eine Freistellung auf dem betreffenden Arbeitsplatz möglich ist, sowie um die Umsetzung der Freistellung vorzubereiten. Übliche Ankündigungsfristen in Wertguthabenvereinbarungen liegen daher zwischen 3 und 9 Monaten für eine Freistellung inmitten des Arbeitsverhältnisses (mitunter wird die Länge der Ankündigungsfrist von der gewünschten Länge der Freistellung abhängig gemacht) und zwischen 9 und 12 Monaten für eine Freistellung unmittelbar vor Eintritt in den Ruhestand. Eine Besonderheit stellen Freistellungen zur Inanspruchnahme von Pflegezei139 ten dar. Bei Eintritt eines Pflegefalles sind Ankündigungsfristen von mehreren Monaten für eine entsprechende Freistellung oftmals nicht praktikabel. Daher sollten für solche Fälle Sonder- bzw. Ausnahmeregelungen bei den Ankündigungsfristen vereinbart werden.

_____ 56 Siehe Einschätzung der Bundesregierung D.I. 4., in Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze, BT-Drucks. 17/8991.

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b) Einmal- und Sonderzahlungen in der Freistellung Einmal- und Sonderzahlungen in der Freistellung werden in der Praxis überwiegend 140 nicht gewährt. Wenn das Wertguthaben durch Einbringung von Entgeltansprüchen aus zuvor geleisteter Arbeit aufgebaut wird, hat der Arbeitnehmer Einmal- und Sonderzahlungen in der Ansparphase in der Regel bereits erhalten. Eine nochmalige Gewährung in der Freistellung würde zu einer unerwünschten doppelten Einmaloder Sonderzahlung für dieselbe Arbeitsleistung führen. Allerdings ist insbesondere bei tarifvertraglich geregelten Einmal- und Sonderzahlungen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Einmal- und Sonderzahlungen nicht auch in der Freistellung gegeben sind. Sofern die tarifliche Regelung das Entstehen des Anspruchs an die im Bezugszeitraum geleistete Arbeitszeit oder das erarbeitete Monatsentgelt knüpft, entsteht in der Freistellung der Anspruch auf Einmal- und Sonderzahlungen nicht erneut. Tarifliche Spezialregelungen sind jedoch zu beachten. Zum Beispiel werden in der chemischen Industrie die tariflichen Einmalzahlungen für unterjährige Freistellungen gewährt, nicht jedoch bei Freistellungen ab einem Jahr Dauer.57 Von der Frage, ob ein Anspruch auf Einmal- und Sonderzahlungen in der Frei- 141 stellung entsteht und damit auszuzahlen ist, muss die Frage der Finanzierung unterschieden werden. Auch ein etwa gegebener Anspruch auf Einmal- und Sonderzahlungen in der Freistellung bedeutet nicht automatisch, dass der Arbeitgeber die Zahlung zusätzlich zum bereits vorhandenen Wertguthaben erbringen muss. Tarifverträge enthalten meistens keine Aussage zur Finanzierung bei den in Rede stehenden Fallgestaltungen. Da Zeitwertkonten Rechte und Pflichten bzw. Belastungen für den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer beinhalten, wäre eine pauschale Zuweisung der Finanzierungslast im Einzelfall schwierig. Es kommt daher auf die betriebliche Regelung im Zeitwertkontenmodell an, ob solche Zahlungen in der Freistellung zusätzlich zum Wertguthaben finanziert werden müssen oder dem bereits vorhandenen Wertguthaben entnommen werden können.

c) BAV in der Freistellung Bestehende Anwartschaften aus bAV werden durch eine Freistellung nicht un- 142 terbrochen. Ob jedoch während der Freistellung Zuwächse zur Altersversorgung erworben bzw. weitere Beiträge gezahlt werden, richtet sich nach den dazu getroffenen Vereinbarungen und Regelungen. Die Bestimmungen des Pensionsplans enthalten üblicherweise keinen Hinweis auf die geltenden Regeln im Falle einer Freistellung. Der Regelungsbedarf ist daher bei der Ausgestaltung der Zeitwertkonten zu lösen. Dabei sind grundsätzlich die zwei nachfolgenden Fälle zu betrachten.

_____ 57 Siehe Übereinkunft der Tarifvertragsparteien zu § 8 „Langzeitkonten“ des Tarifvertrages Lebensarbeitszeit und Demografie v. 2.10.2009 in der chemischen Industrie.

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)

Arbeitgeberfinanzierte bAV: Sofern im Pensionsplan der Erwerb von Anwartschaften oder die Leistung von Versorgungsbeiträgen allein an den Bestand des Arbeitsverhältnisses anknüpft, wird dies durch eine Freistellung nicht berührt. Wird nach dem Pensionsplan kein Versorgungsbeitrag während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses geleistet, gilt dies nicht für den Fall der Freistellung aus dem Zeitwertkonto, da die Freistellung kein Ruhen des Arbeitsverhältnisses bewirkt. Richtet sich die Höhe der Versorgungsbeiträge nach dem vertraglich vereinbarten oder vom Arbeitnehmer bezogenen Arbeitsentgelt, ist insofern das in der Freistellung ausgezahlte Arbeitsentgelt maßgebend. Da das Arbeitsentgelt in der Freistellung in der Praxis jedoch häufig innerhalb des sozialversicherungsrechtlich zulässigen Rahmens frei zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden kann, wird im Zeitwertkontenmodell mitunter festgelegt, dass für Zwecke der Altersversorgung das Arbeitsentgelt vor Beginn der Freistellung als fiktiver versorgungsfähiger Bezug in der Freistellung unterstellt wird. Grundsätzlich empfiehlt es sich, die auf die bAV Bezug nehmenden Regelungen des Zeitwertkontos mit den Bestimmungen des Pensionsplans in Einklang zu bringen und Widersprüche zu vermeiden. Gegebenenfalls sollte der Pensionsplan mit Blick auf die für die Freistellung im Zeitwertkonto gewünschte Regelung angepasst werden. Arbeitnehmerfinanzierte bAV: Wandelt der Arbeitnehmer bereits vor Beginn einer Freistellung Arbeitsentgelt zugunsten einer bAV um,58 hat er die Wahl, ob er dies in der Freistellung fortsetzt, reduziert oder damit aufhört. Gegebenenfalls sind die sozialversicherungsrechtlichen Anforderungen zur Berechnung der zulässigen Höhe des Arbeitsentgelts in der Freistellung59 zu beachten. Soll mit der Entgeltumwandlung jedoch erstmals in der Freistellung begonnen werden, sehen dies die Sozialversicherungsträger kritisch. Begründet wird dies damit, dass es sich bei dem Arbeitsentgelt im Wertguthaben nicht um künftige Entgeltansprüche handelt.60 Unschädlich wäre es danach aber, wenn mit der Entgeltumwandlung zugunsten der Altersversorgung erst im letzten Monat vor der Freistellung begonnen wurde und es ist ferner unerheblich, ob die Entgeltumwandlung bisher regelmäßig oder unregelmäßig erfolgt ist. Ob eine Entgeltumwandlung während der Freistellung grundsätzlich zugelassen wird, ergibt sich häufig schon aus der Zeitwertkontenregelungen selbst. Ob und ggf. in welchem Umfang der Arbeitnehmer davon Gebrauch macht, wird in der Freistellungsvereinbarung festgelegt.

_____ 58 Siehe Kap. 1 Rn. 737 ff. 59 Siehe Rn. 39 f. 60 GKV-Spitzenverband, Deutsche Rentenversicherung, Bundesagentur für Arbeit, Frage-/Antwortkatalog zum Versicherungs-, Beitrag-, und Melderecht für flexible Arbeitszeitregelungen v. 13.4. 2010, S. 10; zum Begriff der „künftigen“ Entgeltansprüche siehe Kap. 741 ff.

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d) Firmenwagen in der Freistellung Hinsichtlich der Nutzung eines Firmenwagens zeigt sich in der Praxis ähnlich wie 143 bei Pensionsplänen, dass die entsprechenden Firmenwagenregelungen und -vereinbarungen allenfalls den Fall eines ruhenden Arbeitsverhältnisses ansprechen, jedoch im Regelfall keine Festlegung zur Handhabung bei Freistellungen aus einem Zeitwertkonto enthalten. In Zeitwertkontenregelungen finden sich daher mitunter Bestimmungen, dass ein Firmenwagen ab einer definierten Freistellungsdauer oder bei Beginn einer Freistellung unmittelbar vor Eintritt in den Ruhestand vom Arbeitnehmer abgegeben werden muss. Sofern der Firmenwagen dem Arbeitnehmer auch zur privaten Nutzung überlassen wurde, ist dabei zu beachten, dass der darin liegende geldwerte Vorteil nicht einseitig entzogen werden kann. Wurde die Überlassung eines Firmenwagens im Arbeitsvertrag zugesagt, kann dies nicht durch kollektivrechtliche Regelung eingeschränkt werden. Selbst wenn der Arbeitsvertrag nur eine dynamische Verweisung auf die jeweils geltende Firmenwagenregelung enthält, würden eventuelle Widersprüche zwischen der Firmenwagenregelung einerseits und der Zeitwertkontenregelung andererseits zulasten des Arbeitgebers gehen. Eine Änderung der Vereinbarung zur Firmenwagenüberlassung bedarf daher im Zweifel der Zustimmung des Arbeitnehmers. Soll der Arbeitnehmer in der Freistellung den Firmenwagen abgeben, stellt sich daher auch die Frage, ob er dafür eine monatliche Ausgleichszahlung z.B. in Höhe des geldwerten Vorteils (nach der 1%-Methode) erhalten soll.

e) Krankheit in der Freistellung Ist ein Arbeitnehmer während des Beschäftigungsverhältnisses arbeitsunfähig er- 144 krankt, stehen ihm im Regelfall Ansprüche auf Entgeltfortzahlung (§ 3 Abs. 1 EFZG) gegen den Arbeitgeber sowie im Anschluss daran auf Krankengeld (§§ 44, 46 SGB V) gegen die Krankenkasse zu. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung knüpft daran an, dass der Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist. Die Kausalität zwischen Krankheit und Arbeitsunfähigkeit ist jedoch nicht erfüllt, wenn der Arbeitnehmer bereits aus anderen Gründen, nämlich infolge einer Freistellung aus dem Zeitwertkonto, nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet ist. In der Sozialversicherung besteht bei Arbeitsunfähigkeit während der Freistellungsphase zwar grundsätzlich ein Krankengeldanspruch. Der Anspruch ruht jedoch, soweit und solange für Zeiten der Freistellung eine Arbeitsleistung nicht geschuldet wird (§ 49 Abs. 1 Nr. 6 SGB V). In der Konsequenz bedeutet dies, dass das Risiko einer Erkrankung während der Freistellung allein in die Sphäre des Arbeitnehmers fällt. Den Arbeitnehmer trifft dabei allerdings kein wirtschaftliches Risiko, da das Arbeitsentgelt aus dem Wertguthaben unabhängig von der Krankheit weitergezahlt wird. Für eine Ausfall- oder Lohnersatzleistung besteht daher keine gesetzliche Grundlage.

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Im Falle einer nur teilweisen Freistellung würden für die fortbestehende Teilzeitbeschäftigung die vorgenannten Vorschriften zur Entgeltfortzahlung und zum Krankengeld, jeweils bezogen auf das Teilzeit-Arbeitsentgelt, Anwendung finden. Dennoch wird die vorstehende Systematik aus Arbeitnehmersicht mitunter als 146 unbefriedigend wahrgenommen. Wurde das Wertguthaben im Zeitwertkonto z.B. ganz oder zu großen Teilen aus einer Entgeltumwandlung angespart, wird das in der Freistellung ausgezahlte Arbeitsentgelt vom Arbeitnehmer (mit-) finanziert. Demgegenüber müsste im Falle einer Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit im aktiven Arbeitsverhältnis der Arbeitgeber allein die wirtschaftliche Belastung aus der Entgeltfortzahlung tragen. 145

5 Beispiel In der Praxis finden sich dazu die nachfolgend beschriebenen Lösungsansätze. ■ Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber: Die Zeitwertkontenregelung kann vorsehen, dass die im Betrieb für die aktive Beschäftigung geltenden Regeln zur Entgeltfortzahlung bei Krankheit analog auch in der Freistellung Anwendung finden. Das heißt, im Krankheitsfall wird das Arbeitsentgelt weiterhin gezahlt, ohne dass sich jedoch der Wert des Zeitwertkontos für diesen Zeitraum abbaut. Es sollten dabei folgende Besonderheiten beachtet werden: ■ Die Fallgestaltungen, in welchen eine analoge Entgeltfortzahlung geleistet wird, sollten festgelegt werden. Zum Beispiel, ob Entgeltfortzahlung in allen Fällen einer Freistellung gilt oder nur für bestimmte Freistellungszwecke wie etwa eine Qualifizierungsmaßnahme.61 Es findet sich auch häufig in Zeitwertkontenmodellen eine Regelung, dass bei einer ruhestandsnahen Freistellung grundsätzlich keine Entgeltfortzahlung geleistet wird. ■ Die Voraussetzungen und der erforderliche Nachweis für eine Krankheit sollten ggf. bestimmt sein. So könnte z.B. festgelegt werden, dass die Entgeltfortzahlung erst ab dem 5. Tag einer ununterbrochenen und durch ärztliches Attest nachgewiesenen Erkrankung, die eine Arbeitsunfähigkeit begründen würde, einsetzt. ■ In Zeitwertkontenmodellen finden sich mitunter vereinfachte Regelungen zur Höchstdauer, z.B., dass je Freistellung maximal für 6 Wochen eine Entgeltfortzahlung erfolgt. ■ Sofern in der Freistellung eine analoge Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber geleistet wurde, stellt sich schließlich die Frage, ob dies Auswirkung auf die Dauer der Freistellung hat. Es sollte daher festgelegt werden, ob die Freistellung sich automatisch um die Krankheitstage verlängert, oder ob die Freistellung planmäßig endet und das während der Krankheit nicht verbrauchte Wertguthaben im Rahmen einer eventuellen späteren Freistellung zur Verfügung steht oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgezahlt wird. ■ Regelung zum Krankengeld: Das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld gilt für den Zeitraum der Freistellung. Wird die Freistellung im Krankheitsfall durch eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterbrochen bzw. beendet, entfällt der gesetzliche Ruhenstatbestand. Gegen ein solches Vorgehen wird aber mitunter von Seiten der Krankenkassen der Einwand erhoben, die Vereinbarung über die Unterbrechung der Freistellung erfolge allein zu dem Zweck, die Leistungspflicht der Krankenkasse herbeizuführen, und sei daher ein rechtlich

_____ 61 So z.B. die Übereinkunft der Tarifvertragsparteien zu § 2b MTV-Langzeitkonten in der chemischen Industrie v. 31.7.2003.

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unwirksamer Vertrag zu Lasten Dritter, der Sozialversicherungsträger. Dieses Argument ist jedoch nach Ansicht des Verfassers rechtlich nicht stichhaltig. Eine zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbarte Unterbrechung ändert lediglich die zuvor getroffene arbeitsrechtliche Freistellungsvereinbarung. Damit wird keine Disposition über den Anspruch auf Krankengeld getroffen. Die Leistungspflicht der Krankenkasse ergibt sich ausschließlich aus dem Gesetz und kann nicht durch Vertrag begründet werden. Allerdings ist zu beachten, dass die Zahlung von Krankengeld im Falle der Unterbrechung der Freistellung erst nach dem Ende eines etwaigen Anspruchs auf Entgeltfortzahlung einsetzt (siehe § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Der Zeitraum von 6 Wochen für die Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 EFZG beginnt mit dem ersten Tag nach dem Ende der Freistellung, auch wenn die Krankheit bereits während der Freistellung ausgebrochen ist.

f) Urlaub in der Freistellung Das Entstehen eines Urlaubsanspruchs in der Freistellung ist bisher rechtlich noch 147 nicht eindeutig geklärt. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG ist für das Entstehen des Mindesturlaubsanspruchs nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Voraussetzung. Der gesetzliche Urlaubsanspruch steht nicht unter der Bedingung, dass der Arbeitnehmer eine Arbeitsleistung erbracht hat. Die bisherige Rechtsprechung, wonach der Arbeitgeber selbst bei einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses den Jahresurlaub nicht anteilig kürzen durfte, sofern eine Quotelung nicht ausdrücklich im Gesetz vorgesehen ist (wie z.B. im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz), und auch ein Vergleich mit der anteiligen Urlaubsgewährung bei Teilzeitbeschäftigung nicht in Betracht kommt, wird in einer aktuellen Entscheidung zum Teil aufgegeben. Befindet sich ein Arbeitnehmer im Urlaubsjahr ganz oder teilweise im unbezahlten Sonderurlaub, ist bei der Urlaubsdauer zu berücksichtigen, dass die Arbeitsvertragsparteien ihre Hauptleistungspflichten durch die Vereinbarung von Sonderurlaub vorübergehend ausgesetzt haben. Dies führt dazu, dass einem Arbeitnehmer für ein Kalenderjahr, in dem er sich durchgehend im unbezahlten Sonderurlaub befindet, mangels einer Arbeitspflicht kein Anspruch auf Erholungsurlaub zusteht bzw. bei einer unterjährigen Freistellung von der Arbeitspflicht der Urlaubsanspruch zeitanteilig entsprechend der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht zu kürzen ist.62 Eine entsprechende Entscheidung des BAG zum Urlaubsanspruch in der Freistellung aus einem Zeitwertkonto liegt bisher nicht vor, so dass noch eine rechtliche Unsicherheit bleibt. Allerdings ist die Freistellung aus einem Zeitwertkonto der Freistellung in der Altersteilzeit, über welche das BAG bereits entschieden hat, vergleichbar. Wie bei einer Altersteilzeit (im Blockmodell) ergibt sich bei der Freistellung aus einem Zeitwertkonto die Beson-

_____ 62 BAG, Urt. v. 19.3.2019 – 9 AZR 315/17 unter ausdrücklicher Aufgabe von BAG, Urt. v. 6.5.2014 – 9 AZR 678/12; BAG, Urt. v. 24.9.2019 – 9 AZR 481/18 zum Urlaubsanspruch in der Freistellungsphase der Altersteilzeit – Pressemitteilung.

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derheit, dass das Wertguthaben mit der Einbringung von Entgeltansprüchen aus einer bereits zuvor erbrachten Arbeitsleistung aufgebaut wird. In dieser Ansparphase hat der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch bereits in vollem Umfang erhalten. Würde in der Freistellung ein neuer Urlaubsanspruch entstehen, käme es bezogen auf die erbrachte Arbeitsleistung zu einem doppelten Urlaubsanspruch. Andererseits greift dieses Argument beim Zeitwertkonto dann nicht, wenn das Wertguthaben mit der Einbringung von Mehrarbeit oder Urlaubstagen aufgebaut wurde, da vorgearbeitete Arbeitszeit und nicht genommene Urlaubstage wie reguläre Arbeitszeit einen anteiligen Urlaubsanspruch einschließen. Für die Ausgestaltung einer Zeitwertkontenregelung ist daher zu überlegen, in welcher Form ein Ausgleich geschaffen wird. Eine vermittelnde Lösung könnte so aussehen, dass in der Freistellung nur der 148 gesetzliche Mindesturlaub gewährt wird und die Zeitwertkontenregelung darüber hinaus einen übergesetzlichen Urlaubsanspruch ausdrücklich ausschließt. Sofern der Urlaubsanspruch jedoch tarifvertraglich geregelt ist, muss zusätzlich geprüft werden, ob der Tarifvertrag eine Quotelung des Urlaubs für Zeiten ohne Arbeitsleistung zulässt. Ferner sind ggf. tarifliche Spezialregelungen zu beachten. So z.B. wird in der chemischen Industrie der tarifliche Urlaub auch in der Freistellung in ungekürzter Höhe gewährt und bei der Berechnung der Dauer einer Freistellung berücksichtigt.63

g) Freistellungsvereinbarung 149 Die Freistellung aus einem Zeitwertkonto wirft eine Reihe organisatorischer und

rechtlicher Fragen auf, deren Regelung im Rahmen einer zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abzuschließenden Freistellungsvereinbarung sinnvoll ist. Der organisatorische Rahmen umfasst zunächst die zeitlichen Eckpunkte, d.h., 150 das Datum des Beginns und des Endes der Freistellung. Ferner gehört dazu eine Regelung zum der Umfang der vollständigen oder nur teilweisen Freistellung. Ein weiterer Regelungspunkt betrifft die Höhe des in der Freistellung zu zah151 lenden Arbeitsentgelts. 3 Checkliste Aus arbeitsrechtlicher Sicht umfasst das insbesondere folgende Aspekte: ■ Soll ein gleichbleibender monatlicher Betrag aus dem Wertguthaben ausgezahlt werden? Der Vorteil eines gleichbleibenden Betrages liegt in der guten Berechenbarkeit und Planbarkeit, welcher Freistellungszeitraum aus dem Wertguthaben finanziert werden kann bzw. um welchen Betrag das Wertguthaben in der Freistellung abgebaut wird. Inwieweit ein Spielraum bei

_____ 63 Siehe Übereinkunft der Tarifvertragsparteien zu § 8 „Langzeitkonten“ des Tarifvertrages Lebensarbeitszeit und Demografie vom 2.10.2009 in der chemischen Industrie.

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der Festlegung des auszuzahlenden Arbeitsentgelts besteht, sollte sich grundsätzlich aus der Wertguthabenvereinbarung ergeben. Allerdings kann sich ggf. aufgrund tarifvertraglicher Vereinbarungen eine Verpflichtung zur Teilhabe an allgemeinen Tariferhöhungen ergeben. Sofern das Arbeitsentgelt in der Freistellung an Gehalts- oder Tariferhöhungen teilnimmt, stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber die Erhöhungen zusätzlich ins Wertguthaben einstellt oder die Beträge aus dem bereits vorhandenen Wertguthaben entnommen werden. Selbst, wenn sich die Erhöhung zwingend aus einem Tarifvertrag ergibt, bedeutet das zunächst nur, dass der Betrag des auszuzahlenden Arbeitsentgelts anzupassen ist. Die Finanzierung ist hingegen in den Regelungen des Zeitwertkontenmodells festzulegen. Die sozialversicherungsrechtlichen Anforderungen zur Höhe des Arbeitsentgelts in der Freistellung wurden bereits oben behandelt.64 Schließlich sollte die Freistellungsvereinbarung eine Regelung zur Rückgabe betrieblicher Arbeitsmittel wie Mobiltelefon und Laptop etc. enthalten. In der Praxis wird dabei mitunter für Freistellungen inmitten des Arbeitsverhältnisses nach der Länge der Freistellung unterschieden, z.B., dass Arbeitsmittel nur bei einer Freistellung von mindestens 6 Monaten abzugeben sind. Für ruhestandsnahe vollständige Freistellungen wird hingegen in der Regel die Rückgabe betrieblicher Arbeitsmittel zum Freistellungsbeginn vereinbart.

VI. Steuerrecht Zu den Grundsätzen der lohnsteuerlichen Behandlung von Zeitwertkonten hat 152 das BMF im Schreiben v. 7.6.200965 Stellung genommen. Danach unterliegen Zeitwertkonten der sog. nachgelagerten Besteuerung, d.h., die Einbringungen ins Zeitwertkonto in der Ansparphase bleiben steuerfrei und erst die späteren Auszahlungen sind wie Arbeitslohn der Besteuerung zu unterwerfen.66 Allerdings lässt das BMF-Schreiben eine Reihe von Detailfragen, die typischerweise bei vielen Modellgestaltungen auftreten, offen. Daraus ergeben sich in der Praxis häufige Diskussionen mit Finanzämtern sowie Risiken für die lohnsteuerliche Beurteilung.

1. Teilnehmerkreis Aus steuerlicher Sicht können alle Arbeitnehmer (§ 1 LStDV) in einem gegenwärti- 153 gen Dienstverhältnis an Zeitwertkonten teilnehmen. Dies gilt auch für Arbeitnehmer in geringfügiger Beschäftigung (§ 8 SGB IV). Die Teilnahme wird hingegen bei Arbeitnehmern in befristeten Dienstver- 154 hältnissen nur dann steuerlich anerkannt, wenn das Wertguthaben bei normalem Ablauf noch innerhalb der Befristung durch Freistellung abgebaut werden

_____ 64 Siehe Rn. 39 f. 65 BMF-Schreiben v. 17.6.2009, IV C 5 – S. 2332/07/0004, Lohn-/einkommensteuerliche Behandlung sowie Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung von Zeitwertkonten-Modellen. 66 BMF-Schreiben v. 17.3.2009, A. II.

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kann.67 Diese steuerliche Einschränkung ist wenig plausibel. Die Möglichkeit der Übertragung von Wertguthaben auf einen Folgearbeitgeber oder die Deutsche Rentenversicherung Bund ermöglicht es, eine Freistellung auch noch außerhalb der befristeten Beschäftigung zu realisieren. Die Befristung ist daher kein zwingender Grund für einen Ausschluss vom Aufbau eines Zeitwertkontos und dürfte als Grundlage für eine abweichende Behandlung im Vergleich zu unbefristet Beschäftigten unter dem Gesichtspunkt der arbeitsrechtlichen Gleichbehandlung kaum genügen. Ein weiterer kritischer Punkt ist die lohnsteuerliche Anerkennung von Zeitwert155 konten für Organe einer Körperschaft wie Geschäftsführer und Vorstände. Die frühere Ansicht der Finanzverwaltung, dass Zeitwertkonten nicht mit dem Aufgabenbild des Organs einer Körperschaft vereinbar und daher grundsätzlich steuerlich nicht anzuerkennen sind, hat der BFH nur für den alleinigen Gesellschafter und alleinvertretungs-berechtigten Geschäftsführer einer GmbH als Ausnahmefall bestätigt.68 Für den nicht an der Körperschaft beteiligten Fremd-Geschäftsführer erkennen der BFH und ihm folgend neuerdings auch die Finanzverwaltung an, dass dieser hinsichtlich des Zuflusses von Arbeitslohn und der lohnsteuerlichen Behandlung von Gutschriften auf einem Wertguthabenkonto ebenso zu behandeln ist wie ein normaler Arbeitnehmer.69 Bei einem an der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer oder Vorstand, der die Gesellschaft nicht beherrscht (z.B. einem Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer), werden nach Ansicht der Finanzverwaltung Vereinbarungen über Zeitwertkonten steuerlich jedoch nur anerkannt, wenn nach allgemeinen Grundsätzen keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt.

2. Ansparphase – Dotierung des Zeitwertkontos 156 Die Zulässigkeit einer Entgeltumwandlung von laufendem Arbeitslohn und von

Einmal- und Sonderzahlungen zugunsten des Aufbaus von Wertguthaben wird schon seit vielen Jahren von der Finanzverwaltung anerkannt. Wesentliche Voraussetzung ist, dass die Vereinbarung über die Entgeltumwandlung vor Fälligkeit abgeschlossen wird. Die Fälligkeit bezeichnet gemäß § 271 BGB den Zeitpunkt, ab welchem der Gläubiger (Arbeitnehmer) die Leistung vom Schuldner (Arbeitgeber) verlangen kann. Arbeitslohn ist grundsätzlich erst nachträglich zu entrichten, d.h.,

_____ 67 BMF-Schreiben v. 17.3.2009, A. IV. 2. a). 68 BFH, Urt. v. 11.11.2015, I R 26/15. 69 BFH, Urt. v. 22.2.2018, VI R 17/16; das Urteil gibt im Übrigen einen guten Überblick zur Thematik des steuerlichen Zuflusses und ist auch deshalb lesenswert; BMF-Schreiben v. 8.8.2019, IV C 5 – S 2332/07/0004:004, Lohn-/einkommensteuerliche Behandlung sowie Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung von Zeitwertkonten-Modellen; Organe von Körperschaften.

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nach Ablauf des Zeitabschnitts, für den der Arbeitslohn gezahlt wird (§ 614 BGB). Bei monatlicher Vergütung kann die Entgeltumwandlungsvereinbarung daher mit steuerlicher Wirkung noch bis zum jeweiligen Monatsende getroffen werden. Bei einmaligem Entgelt kommt es auf den Ablauf des Monats an, in welchem das einmalige Entgelt ohne die Entgeltumwandlung zur Auszahlung gelangen würde. Arbeitgeberbeiträge werden im BMF-Schreiben vom 17.6.2009 nicht ausdrücklich erwähnt. Dort wird allgemein nur die Gutschrift von Arbeitslohn, insbesondere im Kontext einer Gehaltsänderungsvereinbarung beschrieben. Das Rundschreiben der Sozialversicherungsträger präzisiert demgegenüber, dass zum Entgelt- und Wertguthaben im sozialversicherungsrechtlichen Sinne alle aus einer Beschäftigung aufgebauten Arbeitsentgelte nach § 14 SGB IV gehören, u.a. auch Einmalzahlungen sowie freiwillige zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers.70 Die steuerliche Beurteilung dürfte sich damit jedoch decken. Das heißt, der Aufbau eines Zeitwertkontos ist aus allen laufenden oder einmaligen Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis möglich, gleichgültig, ob darauf ein Rechtsanspruch besteht, in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Bei der Einbringung von nicht genommenen Urlaubstagen ist zu beachten, dass der Urlaubsanspruch keinen Arbeitslohn verkörpert, sondern einen Anspruch auf eine künftige befristete Freistellung von der Arbeitsleistung. Der Anspruch, die Arbeitsleistung ganz oder teilweise einstellen zu können, ohne dass die Vergütung in dieser Zeitspanne entsprechend dem Umfang der tatsächlich geleisteten Arbeit reduziert wird, führt erst dann zu Arbeitslohn, wenn die bezahlte Freistellung aus dem Urlaub tatsächlich erfolgt. Aus steuerlicher Sicht kann daher jederzeit die Einbringung von nicht genommenen Urlaubstagen ins Zeitwertkonto vereinbart werden. Da hierdurch jedoch der Urlaubsanspruch reduziert und eine Wertgutschrift im Zeitwertkonto vorgenommen wird, ist die Zulässigkeit ggf. nach tarifvertraglichen Regelungen sowie dem Bundesurlaubsgesetz zu beurteilen. Die Einbringung von Mehrarbeit richtet sich danach, ob für Mehrarbeit nur ein Freizeitausgleich gewährt wird oder auch eine finanzielle Abgeltung erfolgen kann. Sofern eine Abgeltung möglich ist, muss die Einbringung ins Zeitwertkonto vor Fälligkeit vereinbart werden. Zeitwertkontenmodelle sehen in der Praxis häufig vor, dass auch Zeitguthaben z.B. aus Gleitzeit- oder sonstigen Arbeitszeitkonten, ggf. umgerechnet in Geld, ins Zeitwertkonto übertragen werden können. Nach der Gesetzesbegründung zu § 7b SGB IV ist die Einbringung von Arbeitszeit bzw. Arbeitsentgelt in ein Wertguthaben naturgemäß immer produktionsbedingt. Es entstehen Überstunden, deren Einbringung in ein Wertguthaben oder in ein sonstiges Konto zur Arbeitszeitflexibilisie-

_____ 70 Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung v. 31.3.2009, Sozialrechtliche Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen, S. 23.

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rung (z.B. Gleitzeitkonto) je nach Vereinbarung festgelegt wird. „Ein Transfer von Guthaben zwischen diesen Konten bleibt zulässig“.71 Aus steuerlicher Sicht ist bei Flexi- oder Gleitzeitkonten der Arbeitslohn erst mit Auszahlung bzw. anderweitiger Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Arbeitnehmers zugeflossen und zu versteuern.72 Sofern die Übertragung in das Zeitwertkonto nicht automatisch erfolgt, sondern mit dem Arbeitnehmer vereinbart wird, argumentieren die Finanzämter allerdings, dass diese gesonderte Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Schuldumschaffung (sog. „Novation“) bewirke. Die geschuldete Leistung werde fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet. Darin liege dann eine Verfügung des Gläubigers (Arbeitnehmers) über seine bisherige Forderung, die einkommensteuerrechtlich so anzusehen sei, als ob der Schuldner die Altschuld begleicht und zugleich eine Neuverpflichtung für die Rückzahlung desselben Betrags eingeht. Nach der Rechtsprechung des BFH kann auch eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldbuchverpflichtung zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck kommt, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verfügung steht.73 Der Finanzverwaltung ist in den beschriebenen Fällen jedoch entgegen zu halten, dass der Arbeitnehmer durch die Vereinbarung der Übertragung von Zeitguthaben in ein Zeitwertkonto tatsächlich nicht die wirtschaftliche Verfügungsmacht erhält. Eine Auszahlung aus dem Zeitwertkonto kann der Arbeitnehmer nur bei Eintreten des Verwendungszwecks (Verkürzung der Lebensarbeitszeit, Inanspruchnahme eines Sabbaticals bzw. einer Auszeit, Umwandlung in eine betriebliche Altersvorsorge etc.) verlangen. Anders als in den vom BFH entschiedenen Gutschriften-Fällen ist ein einseitiger beliebiger Abruf des Wertguthabens beim Zeitwertkonto nicht möglich. Es bedarf einer gesonderten Vereinbarung über die Freistellung mit dem Arbeitgeber unter Beachtung von Ankündigungsfristen und ist ggf. daran geknüpft, dass der Arbeitgeber unter arbeitsorganisatorischen Gesichtspunkten der Freistellung zustimmt. Die Gutschrift in einem Zeitwertkonto begründet damit noch keine wirtschaftliche Zurechnung.74 Erhöhungen des Wertguthabens im Zeitwertkonto durch Zinsen oder eine 161 Wertentwicklung bzw. Zuwächse aus der Vermögensanlage sind nach dem BMFSchreiben erst bei tatsächlicher Auszahlung an den Arbeitnehmer als Arbeitslohn zu erfassen.75

_____ 71 BT-Drucksache 16/10289, S. 15. 72 BMF-Schreiben v. 17.3.2009, A. I. 73 BFH, Urt. v. 11.2.2010 – VI R 47/08 m.w.N. 74 BFH, Urt. v. 22.2.2018 – VI R 17/16; Hessisches Finanzgericht, Urt. v. 19.1.2012 – 1 K 250/11. 75 BMF-Schreiben v. 17.3.2009, B. II.

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3. Lohnsteuer bei Auszahlungen und Übertragungen Die monatlichen Auszahlungen aus dem Zeitwertkonto während einer Freistellung werden wie Arbeitslohn (§ 19 EStG) besteuert. Steuerliche Vorgaben an die Höhe des Arbeitslohns in der Freistellung gibt es nicht. Allerdings verweist das BMF-Schreiben zum steuerlichen Begriff des Zeitwertkontos grundsätzlich auf den Begriff der Wertguthabenvereinbarung im Sinne von § 7b SGB IV.76 Grundlegende sozialversicherungsrechtliche Wertungen für die Anerkennung von Zeitwertkonten können damit auch steuerlich von Bedeutung sein. Die Angemessenheit des Arbeitsentgelts in der Freistellung (§ 7 Abs. 1a S. 1 Nr. 2 SGB IV) gehört aber offenbar nicht dazu.77 Die Übertragung von Guthaben aus dem Zeitwertkonto bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Arbeitgeber löst keine Lohnsteuer aus. Das BMFSchreiben spricht in diesen Fällen von einer Schuldübernahme der Verpflichtungen aus der Zeitwertkontenvereinbarung.78 Diese Sicht ist rechtlich unzutreffend, da lediglich das Wertguthaben auf den neuen Arbeitgeber übertragen wird, dieser jedoch nicht in die Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und früherem Arbeitgeber eintritt. Aus Sicht des Verfassers, ist diese Frage aber für die steuerliche Beurteilung unerheblich. Die Steuerfreiheit der Übertragung von Wertguthaben auf die Deutsche Rentenversicherung Bund ergibt sich aus dem Gesetz (§ 3 Nr. 53 EStG). Eine Übertragung von Wertguthaben vor Fälligkeit (Freistellung) zugunsten der bAV (sog. BAV-Option) wird steuerlich wie eine Entgeltumwandlung für die Altersversorgung anerkannt.79 Die sozialversicherungsrechtlichen Einschränkungen, insbesondere die zeitliche Beschränkung auf Vereinbarungen vor dem 14.11.2008, gelten steuerlich nicht. Die BAV-Option ist daher vor allem noch für Arbeitnehmer interessant, deren Wertguthaben aus Arbeitsentgelt oberhalb der BBG der Sozialversicherung aufgebaut und für welches daher keine SV-Luft gebildet wurde. Außerhalb der oben beschriebenen Fallgestaltungen einer laufenden Auszahlung während der Freistellung oder einer Übertragung stellen alle übrigen Fälle der Auszahlung oder Übertragung grundsätzlich eine planwidrige Verwendung von Wertguthaben dar und lösen die Besteuerung aus. Wurde das Wertguthaben über einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten hinweg angespart, findet die besondere Besteuerung für Arbeitslohn aus mehrjähriger Tätigkeit (sog. Fünftelregelung) Anwendung.80

_____ 76 BMF-Schreiben v. 17.3.2009, A. I. 77 Nach dem BMF-Schreiben (B. I) wird für Zeitwertkonten, die die Anforderungen an die Angemessenheit des Entgelts in der Freistellung nicht gewährleisten, eine Prognoseentscheidung über den möglichen vollständigen Abbau des Wertguthabens verlangt. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die Angemessenheit keine Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung darstellt. 78 BMF-Schreiben v. 17.3.2009, D. 79 BMF-Schreiben v. 17.3.2009, A. III. 80 Siehe dazu grundsätzlich Kap. 2 Rn. 129.

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In der Praxis kommt häufig die Frage auf, ob auf Wunsch des Arbeitnehmers z.B. bei einem unerwarteten finanziellen Bedarf eine (Teil-)Auszahlung während des Arbeitsverhältnisses erfolgen darf. Das BMF-Schreiben erlaubt jedoch eine solche Auszahlung nur „bei existenzbedrohender Notlage“.81 Eine Beschreibung der Fälle enthält das BMF-Schreiben nicht. Liegt aber ein solcher Fall vor, ist nur der ausgezahlte Betrag der Besteuerung zu unterwerfen. Sofern das Wertguthaben nicht vollständig ausgezahlt wird und das Finanzamt eine existenzbedrohende Notlage nicht anerkennt, wird auch das verbleibende Wertguthaben durch eine planwidrige Teilauszahlung steuerlich infiziert. Es empfiehlt sich daher in diesen Fällen, vorab eine Klärung z.B. über eine lohnsteuerliche Anrufungsauskunft herbeizuführen. Für den Fall des Todes des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis bestehen 168 grundsätzlich zwei Möglichkeiten. ■ Die Auszahlung des Wertguthabens erfolgt an den vom Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber benannten Begünstigten, sofern die Wertguthabenvereinbarung die Möglichkeit der Benennung eines Begünstigten vorsieht. ■ Ist die Benennung eines Begünstigten nicht möglich bzw. nicht erfolgt, wird das Wertguthaben an die Erben ausgezahlt. Will der Arbeitnehmer für diesen Fall das Wertguthaben gezielt einer bestimmten Person zuwenden, kann er dies nach den erbrechtlichen Vorschriften im Testament verfügen (z.B. durch Einsetzung als Erbe oder durch ein Vermächtnis). 167

169 Steuerlich handelt es sich bei der Auszahlung an Erben oder Begünstigte um Ar-

beitslohn, welcher nach den Besteuerungsmerkmalen des Zahlungsempfängers abzurechnen ist.82

4. Sonstige steuerliche Anforderungen 170 Die Zuführung unversteuerter Gutschriften zum Wertguthaben ist nur zulässig, solange die dem Zeitwertkonto zugeführten Beträge noch vollständig durch eine Freistellung verbraucht werden können. Die Formulierung „dem Konto zugeführten Beträge“ deutet darauf hin, dass damit nur Einbringungen gemeint sind, Zinsen oder Wertzuwächsen jedoch nicht berücksichtigt werden müssen. Das BMFSchreiben unterstellt für Zeitwertkontenregelungen, die die Angemessenheit des während der Freistellung fälligen Entgelts im Sinne der Sozialversicherung berücksichtigen, dass diese steuerliche Anforderung erfüllt wird.83 Ist die Angemessenheit in der Zeitwertkontenregelung nicht vorgesehen, muss jährliche eine Prognose

_____ 81 BMF-Schreiben v. 17.3.2009, C. I. 82 Siehe § 1 Abs. 2 S. 1 LStDV, R19.9 LStR 2015. 83 BMF-Schreiben v. 17.3.2009, B. I.

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über den voraussichtlichen Zeitraum der maximal zu beanspruchenden Freistellung bis zur gesetzlichen Regelaltersgrenze vorgenommen werden. Der Arbeitnehmer darf vor einer Auszahlung von Wertguthaben keinen Rechtsanspruch gegen die Bank, das Kreditinstitut oder den Vermögensverwalter, bei welchem die Vermögensanlage geführt wird, erhalten. Sofern der Arbeitnehmer die Kapitalanlage auswählen kann, ist dies steuerlich unschädlich.84 Im Falle der Insolvenzsicherung der Wertguthaben über einen Treuhänder löst der Rechtsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Treuhänder für den Insolvenzfall noch keine Besteuerung aus (§ 3 Nr. 65 Buchstabe c) 2. Halbsatz EStG). Erst die Leistung des Treuhänders an den Arbeitnehmer ist als Arbeitslohn zu versteuern. Für die Erhebung der Lohnsteuer gilt der Treuhänder gilt als Arbeitgeber (§ 3 Nr. 65 S. 4 EStG). Die Zeitwertkontenregelung muss ausdrücklich eine Zusage des Arbeitgebers enthalten, dass bei planmäßiger Inanspruchnahme mindestens die zugeführten Arbeitslohnbeträge (Brutto-Arbeitslohn ohne Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag) gewährleistet sind. 85 Diese Zeitwertkontengarantie im steuerlichen Sinne ähnelt der sozialversicherungsrechtlichen Werterhaltungsgarantie.86 Die Zeitwertkontengarantie kann auch anstelle des Arbeitgebers durch das Anlageinstitut gegeben werden. Zeitwertkontenmodell, die bereits vor 2009 bestanden haben, müssen bis zum 31.12.2009 eine Zeitwertkontengarantie in das Modell aufgenommen haben, sofern nicht nur der Wertguthabenstand zum 31.12.2008 bis zu Auszahlung steuerfrei bleiben soll, sondern auch die seit 2009 vorgenommenen Einbringungen.

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VII. Betriebswirtschaftliche Effekte eines Zeitwertkontos Wertguthaben setzen voraus, dass sie mit einer vor oder nach der Freistellung oder 175 der Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit erbrachten Arbeitsleistung erzielt wurden (§ 7b Nr. 4 SGB IV). Beginnt die Wertguthabenvereinbarung mit einer Freistellung, so entsteht für den Arbeitnehmer eine Wertguthabenschuld, die er durch die an die Freistellung anschließende Arbeitsleistung abbauen bzw. ausgleichen muss. In der Praxis kommen solche Fälle jedoch selten vor. Der Normalfall ist vielmehr, dass zuerst ein Wertguthaben angespart werden muss, dessen Verbrauch bzw. Abbau dann durch Freistellung ermöglicht wird. Das Ansparen des Wertguthabens erstreckt sich in der Regel über mehrere Jahre. Der Arbeitnehmer erbringt dabei eine Arbeitsleistung, für die er die Gegenleistung (einen Teil des Ar-

_____ 84 BMF-Schreiben v. 17.3.2009, B. IV. 85 BMF-Schreiben vom 17.03.2009, B. V. 1. 86 Näher dazu und auch zu den Unterschieden siehe Rn. 77 ff.

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beitslohns) erst entsprechend später während der Freistellung erhält. Mit dem Aufbau des Wertguthabens entsteht somit eine erst in Zukunft zu erfüllende Verpflichtung des Arbeitgebers. Das heißt, der Arbeitgeber befindet sich in einem Erfüllungsrückstand.

1. Bilanzierung von Zeitwertkonten nach Handelsgesetzbuch 176 Die wesentliche Zielsetzung von Zeitwertkonten liegt in der Praxis beim Aufbau

eines Wertguthabens für eine ruhestandsnahe Freistellung. Der Höchststand des Wertguthabens wird erst gegen Ende der möglichen Beschäftigung, also vor Eintritt in den Ruhestand, erreicht, so dass auch der wirtschaftliche Schwerpunkt der Verpflichtung in der Regel hier liegt. Eine Inanspruchnahme des Wertguthabens kann ferner jederzeit auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses u.a. aufgrund von Invalidität oder im Todesfall (sog. „Störfälle“) eintreten. Ein entscheidendes Merkmal ist hierbei jeweils die Anknüpfung an biometrische Risiken. Die Verpflichtungen aus Zeitwertkonten werden daher handelsbilanziell als mit Altersversorgungsverpflichtungen vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen im Sinne von § 246 Abs. 2 HGB betrachtet.87 Sind neben der ruhestandsnahen Freistellung als weiterer Zweck Freistellungen für eine zu vereinbarende Auszeit/ein Sabbatical inmitten des Arbeitsverhältnisses möglich, ist dies für die Frage der Bewertung untergeordnet und steht der Einordnung als mit Altersversorgung vergleichbaren Verpflichtungen nicht entgegen. Für unmittelbare Verpflichtungen aus Altersversorgung und vergleichbare Ver177 pflichtungen besteht eine Rückstellungspflicht für ungewisse Verbindlichkeiten nach § 249 Abs. 1 S. 1 HGB.88

a) Deckungsvermögen 178 Wertguthaben sind in aller Regel mit einer Vermögensanlage verknüpft. 89 Bei Partizipationsmodellen ergibt sich eine Abhängigkeit zwischen dem Wert der Vermögensanlage und der Höhe des Wertguthabens. Darüber hinaus dient die Vermögensanlage der Erfüllung der gesetzlichen Pflicht nach § 7e SGB IV zur Absicherung der Wertguthaben gegen das Risiko einer Insolvenz des Arbeitgebers. Auch wenn der Arbeitgeber die Vermögensanlage zur Insolvenzsicherung auf 179 einen Dritten, insbesondere einen Treuhänder, überträgt, ist sie steuerlich und bi-

_____ 87 Siehe die Gesetzesbegründung zum Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 16/10067, S. 48. 88 Siehe dazu auch Kap. 4 Rn. 18 89 Siehe Rn. 64 ff.

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lanziell weiterhin dem Arbeitgeber als Treugeber und damit wirtschaftlich Berechtigtem zuzurechnen.90 Ferner stellen Vermögensgegenstände, die der Insolvenzsicherung von 180 Wertguthaben nach § 7e Abs. 2 SGB IV dienen, grundsätzlich sog. Deckungsvermögen dar.91 Deckungsvermögen sind Vermögensgegenstände, die dem Zugriff sonstiger Gläubiger des Arbeitgebers entzogen sind und ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienen. Nach § 246 Abs. 2 HGB muss Deckungsvermögen in der Handelsbilanz stets mit der Verpflichtung bzw. der dafür anzusetzenden Rückstellung verrechnet bzw. saldiert werden. Deckungsvermögen ist zum Bilanzstichtag gemäß § 253 Abs. 1 S. 4 HGB mit dem 181 Zeitwert zu bewerten. Für die in der Praxis häufig gewählten Formen der Vermögensanlage bei Zeitwertkonten bedeutet dies: ■ Lebensversicherungen (einschließlich Kapitalisierungsgeschäfte) werden mit dem geschäftsplanmäßigen Deckungskapital zuzüglich der dem Vertrag bereits zugeteilten Überschussbeteiligung angesetzt. ■ Fondsgebundene Lebensversicherungen ohne garantierte Überschussbeteiligung werden (nur) mit dem geschäftsplanmäßigen Deckungskapital angesetzt. ■ Für Wertpapiere gilt der Marktwert. Dieser entspricht z.B. der Anzahl der Fondsanteile multipliziert mit dem Börsenkurs/Rücknahmepreis.

b) Rückstellungen Verpflichtungen sind in der Handelsbilanz grundsätzlich mit dem Erfüllungsbe- 182 trag zu bewerten. Bei den in Praxis häufigen Zeitwertkonten in der Form von Partizipationsmodellen,92 die an die Wertentwicklung der Vermögensanlage gekoppelt sind, gelten die Grundsätze für wertpapiergebundene Versorgungszusagen gemäß § 253 Abs. 1 S. 3 HGB. Soweit sich die Verpflichtung nach dem Wert der Vermögensanlage richtet, sind danach die Rückstellungen grundsätzlich mit dem Zeitwert der Wertpapiere anzusetzen. Das heißt, der Wertansatz für die Verpflichtung einerseits und für die zur Deckung dienende Vermögensanlage andererseits entspricht sich. Die Rückstellung wird dadurch aufgrund der gemäß § 246 Abs. 2 HGB zwingenden Verrechnung mit dem Deckungsvermögen auf null reduziert.93

_____ 90 Siehe § 39 Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung; OFD Frankfurt S 2137 A – 57 – St 210 vom 9.3.2016, Verfügung betr. Zurechnung der zur Sicherung von Wertguthaben ausgelagerten Vermögenswerte im Zusammenhang mit Arbeitszeitkontenmodellen oder Zusagen der bAV; Abzinsung von Rückstellungen für Verpflichtung aus wertpapiergebundenen Zeitwertkonten. 91 Siehe IDW RS HFA 30, Rn. 26. 92 Zum Begriff siehe Rn. 65. 93 Siehe auch Kap. 4 Rn. 60 ff.

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Das gilt über den Wortlaut des Gesetzes hinaus auch, wenn sich die Höhe des Wertguthabens nicht nach Wertpapieren bzw. einer Anlage in Fonds richtet, sondern an die Wertentwicklung einer Lebensversicherung gekoppelt ist.94 Unterschreitet allerdings der Zeitwert der Vermögensanlage die gesetzliche oder eine vertraglich zugesagte Werterhaltungs- oder Mindestleistungsgarantie, richtet sich die Höhe der Rückstellung nach der Werterhaltungs- bzw. Mindestleistungsgarantie. Im Falle der gesetzlichen Werterhaltungsgarantie ist das die abgezinste Summe der im Wertguthaben angelegten Beträge. Hiervon ist dann der Zeitwert des vorhandenen Deckungsvermögens gemäß § 246 Abs. 2 HGB abzuziehen. Werden Zeitwertkonten in Zeit geführt, d.h. als Guthaben von Stunden und Tagen, richtet sich die Höhe des Wertguthabens nach der Lohn- und Gehaltsentwicklung. Die Vorschriften für wertpapiergebundene Versorgungszusagen gelten dann nicht. Für die Ermittlung der Rückstellung wird das Zeitguthaben mit dem aktuellen Lohn- und Gehaltswert multipliziert. Ferner ist, da die Inanspruchnahme des Wertguthabens in der Zukunft liegt, die künftige Lohn- und Gehaltsentwicklung z.B. bis zum vorzeitigen Renteneintrittsalter zu berücksichtigen und der sich daraus ergebende künftige Erfüllungsbetrag abzuzinsen. Für die Abzinsung der Rückstellung kann pauschal der durchschnittliche Marktzinssatz verwendet werden, der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt (§ 253 Abs. 2 S. 2 HGB).95 Sagt der Arbeitgeber für den Fall der Freistellung eine zusätzliche Leistung z.B. in Form eines prozentualen Freistellungsbonus96 zu, ist diese Verpflichtung bei der Bewertung der Rückstellung zu berücksichtigen. Hierbei sind Annahmen zur Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme des Freistellungsbonus zu treffen. Ist bei einem Partizipationsmodell zum Zeitpunkt der Bewertung noch kein Vermögen für die Finanzierung des Freistellungsbonus angelegt worden, ist insoweit eine Rückstellung zu bilden. Im Übrigen bleibt es für die durch die Vermögensanlage gedeckte Verpflichtung bei der Anwendung der Vorschriften für wertpapiergebundene Versorgungszusagen.

2. Bilanzierung von Zeitwertkonten nach IFRS 188 Im Rahmen der International Financial Reporting Standards (IFRS) werden

Zeitwertkonten durch den Standard IAS 19 „Leistungen an Arbeitnehmer“ („Employee Benefits“) erfasst.97 Im Regelfall erfolgt hierbei eine Behandlung als

_____ 94 Vgl. IDW RS HFA 30, Rn. 74 zu wertpapiergebundenen Versorgungszusagen. 95 Siehe dazu auch Kap. 4 Rn. 35. 96 Siehe Rn. 130. 97 Zu IAS 19 allgemein siehe Kap. 4 Rn. 71 ff.

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„andere langfristig fällige Leistungen an Arbeitnehmer“ im Sinne von IAS 19.153 ff.98 Ein grundlegender Aspekt nach IAS 19 ist zunächst die Unterscheidung zwischen „Defined Contribution“-Plan („Beitragsplan“) und „Defined Benefit“-Plan („Leistungsplan“). Eine Einordnung als „Defined Contribution“-Plan bedeutet vereinfacht dargestellt, dass der Arbeitgeber keine biometrischen Risiken und keine Risiken der Kapitalanlage trägt. Ein nur theoretisches Eventualrisiko aus einer möglichen Subsidiärhaftung des Arbeitgebers kann dabei außer Acht bleiben. Die Einordnung als „Defined Contribution“ würde dazu führen, dass in der Bilanz keine Verpflichtung versicherungsmathematisch ermittelt und ausgewiesen werden muss.99 In Bezug auf Zeitwertkonten könnte bei Partizipationsmodellen die Einordnung als „Defined Contribution“-Plan in Betracht kommen. Zumindest dann, wenn die gesetzliche Werterhaltungsgarantie bzw. eine zugesagte Mindestleistung vollständig und jederzeit über die Vermögensanlage mit einer entsprechenden Garantie des Anlageproduktes abgedeckt wird, ist eine mögliche zu bilanzierende Verpflichtung des Arbeitgebers kaum ersichtlich. Letztlich ist dies aber eine Frage der Beurteilung und Einordnung der jeweiligen konkreten Modellgestaltung. In den Richtlinien der Deutsche Aktuarvereinigung werden wertpapiergebundene Zusagen mit einer Mindestgarantie im Zweifel als „Defined Benefit“-Plan angesehen, so dass eine Verpflichtung (DBO) ermittelt werden muss.100 Die Systematik der Bilanzierung von Zeitwertkonten unter IAS 19 ist ähnlich wie nach HGB. Es ist nur die Nettoschuld in der Bilanz auszuweisen, d.h. der nach Saldierung mit dem vorhandenen Planvermögen noch verbleibende Verpflichtungsumfang (DBO – Defined Benefit Obligation).101 Die Vermögensanlage zur Deckung und Sicherung von Wertguthaben wird mit dem Zeitwert in der Regel als Planvermögen im Sinne von IAS 19.8 anerkannt. Dies gilt sowohl im Falle einer Vermögensanlage in Fonds als auch bei sog. qualifizierenden Lebensversicherungen. Die Voraussetzungen für Planvermögen ähneln den Bedingungen für Deckungsvermögen nach HGB. Für die Anerkennung als Planvermögen sind insbesondere folgende Kriterien zu erfüllen: ■ Das Vermögen ist nur verfügbar, um ausschließlich die Leistungen an die Arbeitnehmer zu zahlen oder zu finanzieren, ist aber nicht für die Gläubiger des berichtenden Unternehmens verfügbar (auch nicht im Falle eines Insolvenzverfahrens),

_____ 98 Siehe Fachgrundsatz der Deutschen Aktuarvereinigung e.V., Anwendung von IAS 19 Employee Benefits (2011) auf die bAV in Deutschland, Richtlinie (17.9.2015), Abschnitt 3.2.2. 99 Kap. 4 Rn. 74 ff. 100 Siehe Fachgrundsatz der Deutschen Aktuarvereinigung e.V., Anwendung von IAS 19 Employee Benefits (2011) auf die bAV in Deutschland, Richtlinie (17.9.2015), Abschnitt 2.4.4. 101 Siehe auch Kap. 4 Rn. 89 ff.

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)

es kann nicht an das berichtende Unternehmen zurückgezahlt werden (es sei denn, in bestimmten definierten Ausnahmesituationen, z.B. als Erstattung für die an Berechtigte bereits gezahlten Leistungen) und wird im Falle von Fonds von einer Einheit gehalten, die von dem berichtenden Unternehmen rechtlich unabhängig ist und die ausschließlich besteht, um Leistungen an Arbeitnehmer zu zahlen oder zu finanzieren.

194 Bei einer Vermögensanlage, welche die Voraussetzungen für die Insolvenzsiche-

rung nach § 7e SGB IV erfüllt, z.B. einer Übertragung des Vermögens auf einen Treuhänder, sind die genannten Kriterien im Regelfall gegeben. Im Falle von Partizipationsmodellen gelten auch nach IAS 19 besondere Grund195 sätze für die Bilanzierung wertpapiergebundener Zusagen. Das heißt, der Verpflichtungsumfang (DBO) ist anzusetzen mit dem Maximum aus dem Marktwert (Zeitwert) der Vermögensanlage und dem Barwert der gesetzlichen oder etwaiger vertraglich zugesagter Werterhaltungs- oder Mindestleistungsgarantien. Ist der Zeitwert der Vermögensanlage gleich oder höher als die Werterhaltungs- oder Mindestleistungsgarantie, wird der Verpflichtungsausweis durch die Saldierung auf null reduziert. Der Barwert der Werterhaltungs- oder Mindestleistungsgarantie ist grundsätz196 lich versicherungsmathematisch nach IAS 19 zu ermitteln. Das Gleiche gilt für die Ermittlung des Verpflichtungsumfangs bei Zeitwertkonten, die in Zeit geführt werden.

C. Das Zeitwertkonto in der betrieblichen Praxis C. Das Zeitwertkonto in der betrieblichen Praxis 197 Es gibt keine geschlossene gesetzliche Regelung zu Zeitwertkonten. Während z.B.

das Betriebsrentengesetz für Versorgungszusagen die wesentlichen Rahmenbedingungen definiert, sind für Zeitwertkonten nur die Anforderungen aus Sicht der sozialversicherungsrechtlichen Zielsetzung im Gesetz enthalten. Das bedeutet zum einen Spielraum für die Unternehmen bei der Modellgestaltung. Zum anderen zwingt es jedoch Unternehmen dazu, die Spielregeln für ihr Modell bis in die Einzelheiten hinein z.B. in der betreffenden Betriebsvereinbarung auszuhandeln und festzulegen.102 Regelungslücken können dabei zu einer hohen Rechtsunsicherheit führen, da ggf. allgemeine Rechtsgrundsätze herangezogen werden müssen, die der Eigenart von Zeitwertkonten nur bedingt Rechnung tragen. Dem gesetzlichen Freiraum entsprechend zeigt die Breite der Modellgestaltun198 gen für Zeitwertkonten in der betrieblichen Praxis ein buntes Bild.

_____ 102 Siehe die Checkliste in Rn. 21.

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C. Das Zeitwertkonto in der betrieblichen Praxis

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I. Das Zeitwertkonto als Mittel zur Flexibilisierung der Arbeitszeit Die Sicht auf Zeitwertkonten wurde im Laufe der Jahre nach Einführung der gesetz- 199 lichen Regelungen einem Wandel unterzogen. Frühe Modelle in der Praxis, die es in Einzelfällen schon vor Inkrafttreten des Gesetzes in 1998 gab, regelten Zeitwertkonten bzw. deren Vorläufer als eine Ergänzung zu Arbeitszeitkonten mit einer verlängerten zeitlichen Laufzeit bis zum Aufbrauchen des Kontos durch den Arbeitnehmer. Die Konten standen den Instrumenten der Zeitwirtschaft (d.h. Regelungen zur Arbeitszeit- und Kapazitätsplanung) nahe und wurden oftmals als Zeitguthaben geführt – ein Tag Arbeitszeit, der in das Konto eingebracht wurde, wurde bei der späteren Entnahme zu einem Tag Freistellung (es galt: „ein Tag bleibt ein Tag“). Seit Einführung von Flexi II103 verlangt das Gesetz eine Trennung zwischen Ar- 200 beitszeitkonten und Wertguthaben bzw. Zeitwertkonten.104 Im Fokus neu eingeführter Zeitwertkonten-Modelle steht seither das Ansparen von Wertguthaben insbesondere für eine Freistellung, die unmittelbar in den Ruhestand übergeht (sog. ruhestandsnahe Freistellung). Zeitwertkonten werden als Alternative zu Altersteilzeitvereinbarungen gesehen und sollen dem Arbeitnehmer ermöglichen, schon vor Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze die Erwerbstätigkeit zu beenden. Mit dieser Zielsetzung überschneiden sich Zeitwertkonten teilweise auch mit der bAV, die je nach Ausgestaltung der Versorgungszusage eine Leistung bereits ab Vollendung des 60. Lebensjahres bzw. 62. Lebensjahres vorsehen kann.105 Allerdings ist zu beachten, dass zwischen Zeitwertkonten und bAV grundlegende strukturelle Unterschiede bestehen.106 Die Idee einer Nutzung von Zeitwertkonten für eine Freistellung inmitten des 201 Arbeitsverhältnisses, d.h. nicht im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Ruhestand, ist ein weiterer Aspekt, der in der Praxis zunehmend an Bedeutung gewinnt. Aus Sicht von Arbeitnehmervertretern, insbesondere Gewerkschaften, sind hierbei die Frage der Zeitautonomie für die Arbeitnehmer sowie die Förderung der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben (z.B. durch lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle) wichtig.

_____ 103 Siehe Rn. 3 ff. 104 Zu den Begrifflichkeiten siehe Rn. 7 ff. und 20. 105 Aus steuerlicher Sicht siehe BMF-Schreiben v. 6.12.2017, Steuerliche Förderung der bAV, Rz. 3; aus arbeitsrechtlicher Sicht siehe BAG, Urt. v. 17.9.2008 – 3 AZR 865/06. 106 Die bAV erbringt Leistungen (mitunter lebenslang) zur Versorgung des Arbeitnehmers und seiner Hinterbliebenen nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis wegen Erreichen der Altersgrenze oder bei Eintritt von Berufsunfähigkeit oder im Todesfall. Das Ziel von Zeitwertkonten ist demgegenüber die bezahlte Freistellung während des Arbeitsverhältnisses. Zeitwertkonten sichern zudem keine biometrischen Risiken wie Langlebigkeit, Berufsunfähigkeit oder Tod ab.

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)

II. Pros und Cons von Zeitwertkonten aus Unternehmenssicht 202 In den letzten Jahren wurden Zeitwertkonten von einer wachsenden Zahl von Un-

ternehmen eingeführt. Gleichzeitig lehnen manche Unternehmen Zeitwertkonten aus grundsätzlichen Erwägungen ab. Es stellt sich daher zunächst die Frage nach den Hintergründen für solch gegensätzliche Einstellungen.

1. Zeitwertkonten und Ruhestand 203 Die in der Praxis vorherrschenden Gründe für die Einführung von Zeitwertkonten

wurden bereits genannt.107 Im Vordergrund steht die Nutzung für einen vorzeitigen und flexiblen Eintritt der Arbeitnehmer in den Ruhestand. Rechtlich gesehen geht es dabei jedoch nicht um den Ruhestand, sondern um einen unmittelbar vorausgehenden Zeitraum in Form einer Freistellung. Die Wirkung für den Arbeitnehmer ist ähnlich wie ein vorzeitiger Ruhestand dadurch, dass die Pflicht zur Arbeitsleistung entfällt. Es gibt keine Altersgrenze für Zeitwertkonten, sie müssen lediglich im noch 204 laufenden Arbeitsverhältnis durchführt werden (Altersleistungen der bAV knüpfen demgegenüber in der Regel an die Altersgrenzen der gesetzlichen Rentenversicherung an). Zeitwertkonten unterliegen ferner nicht den engen gesetzlichen Vorgaben des Altersteilzeitgesetzes z.B. im Hinblick auf die Reduzierung der Arbeitszeit und die Aufstockungsleistungen des Arbeitgebers.108 Es besteht daher ein größerer Gestaltungsspielraum insbesondere auch bei der Finanzierung und Aufteilung der finanziellen Lasten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

2. Zeitwertkonten und Arbeitszeitkonten 205 Ein weiterer Aspekt für die Nutzung von Zeitwertkonten ist das Zusammen-

spiel mit Arbeitszeitkonten, z.B. Gleitzeit- und anderen Kurzzeitkonten. Arbeitszeitkonten haben in der Regel einen betrieblich festgelegten Kontenrahmen mit einer Obergrenze und Vorgaben für einen Abbau von Zeitguthaben. Bei anhaltender Zuführung von Zeitgutschriften ohne entsprechenden Abbau bei Arbeitszeitkonten können Zeitwertkonten zu deren Entlastung und Funktionsfähigkeit beitragen. Ergänzend werden Zeitwertkonten schließlich in Zusammenhang mit der Frage 206 der Arbeitgeberattraktivität in der Praxis diskutiert. Sie erlauben den Arbeitnehmern durch die Möglichkeit von Auszeiten oder einer ruhestandsnahen Freistellung flexible Gestaltungen innerhalb der Beschäftigung und können damit ein wichtiges

_____ 107 Siehe Rn. 199 f. 108 Siehe §§ 2, 3 Altersteilzeitgesetz.

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C. Das Zeitwertkonto in der betrieblichen Praxis

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Instrument bei der Gewinnung und Bindung von Fach- und Führungskräften sein.

3. Hemmnisse für Zeitwertkonten Die Gegenposition stützt sich vor allem auf die begrenzte Steuerungsfähigkeit des 207 Arbeitgebers hinsichtlich der Teilnahme an und Nutzung von Zeitwertkonten durch die Arbeitnehmer. In der Regel liegt das Prinzip der Freiwilligkeit für die Arbeitnehmer zugrunde. Hindernisse in der betrieblichen Praxis sind zudem die Bilanzberührung109 der 208 Verpflichtungen aus Zeitwertkonten sowie die für die Umsetzung erforderlichen administrativen Prozesse.110

4. Sonderthema: Einbringung von Zeit Ein gravierender Einwand ergibt sich wiederum aus der Verknüpfung von Arbeits- 209 zeit und Zeitwertkonten. Viele Unternehmen fürchten, dass die Möglichkeit der Einbringung von Überstunden und Mehrarbeit in ein Zeitwertkonto und das Ansparen für einen früheren Ausstieg aus dem Erwerbsleben falsche Anreize für Arbeitnehmer setzen kann. Eine typische Reaktion hierauf ist das Festlegen von Beschränkungen für die Einbringung von Zeit, z.B. ■ Obergrenzen für Stunden/Tage, ■ qualitative Voraussetzungen, z.B. nur angeordnete/genehmigte Überstunden oder nur zweckgerichtet (z.B. in einem definierten Projekt) entstandene Überstunden, ■ Ausschluss von Zeitzuführungen.

III. Verbreitung von Zeitwertkonten Die Verbreitung von Zeitwertkonten wurde in 2011 umfassend in einer von der Bun- 210 desregierung in Auftrag gegebenen Studie untersucht, bei welcher u.a. 4700 Betriebe befragt wurden.111 Neuere Untersuchungen mit einem annähernd vergleichbaren Umfang gibt es nicht. Erwähnenswert sind jedoch eine aktuelle Umfrage der Arbeitsgemeinschaft Zeitwertkonten unter circa 300 Unternehmen (AGZWK-Stu-

_____ 109 Siehe Rn. 175 ff. 110 Siehe Rn. 110 ff. 111 BMAS, Forschungsbericht Arbeitsmarkt 418, Evaluation des Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen („Flexi II“-Gesetz), v. 7.11. 2011.

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)

die)112 sowie die Befragung des BAVC zum Tarifvertrag Lebensarbeitszeit und Demografie113 mit circa 500 teilnehmenden Betrieben, welche auch die Nutzung von Zeitwertkonten (Langzeitkonten) einschließt. Die Studie der Bundesregierung stellt eine Verbreitung von Zeitwertkonten in 211 13% der befragten Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten fest und von unter 10% in kleineren Unternehmen. Nach der neuen AGZWK-Studie bieten Zeitwertkonten bereits 15% der kleinen Unternehmen (bis 250 Mitarbeiter), circa 21% der mittleren Unternehmen (250 bis unter 1000 Mitarbeiter) und circa 33% der großen Unternehmen (ab 1000 Mitarbeiter) an. Andere Studien zeigen eine Verbreitung von circa 37% der Unternehmen mit 212 mehr als 500 Beschäftigten und von circa 60% der Unternehmen mit über 1000 Beschäftigten114 bis hin zu bis zu über 70% bei DAX-Unternehmen.115

IV. Verwendungsoptionen und tatsächliche Nutzung 213 Nach dem Wegfall der staatlichen Förderung für Altersteilzeitarbeitsverhältnisse in

2010 konzentrierte sich die Praxis zu Zeitwertkonten vor allem auf die Möglichkeit der ruhestandsnahen Freistellung. Zeitwertkonten wurden damit zum einen als Ersatzmodell zur Altersteilzeit gesehen. Zum anderen wurde mit Zeitwertkonten der Übergang in den Frühruhestand oftmals einem breiteren Teilnehmerkreis angeboten im Vergleich zu der die in der Regel auf einen bestimmten Prozentsatz der Belegschaft begrenzten Altersteilzeit. Eine aktuelle Auswertung zur Nutzung von Wertguthaben enthält die BAVC214 Studie für den Bereich der Chemie-Arbeitgeber. 116 Danach ist die vollständige Freistellung unmittelbar vor Eintritt in den Ruhestand mit 95% der nach wie vor vorherrschende Nutzungszweck für Wertguthaben. Eine Teilfreistellung vor der Rente wird von gut der Hälfte der Unternehmen (52%) angeboten. Ähnliches gilt für Freistellungen für Qualifizierungsmaßnahmen (54%), für eine Pflegezeit (56%) und für Elternzeit (42%). Deutlich seltener sind im Vergleich dazu die Möglichkeiten für ein Sabbatical (29%) sowie lebensphasenorientierte Teilzeitbeschäftigung (19%).

_____ 112 Arbeitsgemeinschaft Zeitwertkonten e.V., Zeitwertkonten – Nutzungsmöglichkeiten und Chancen in der modernen Arbeitswelt, Frankfurt Business Media GmbH, April 2018. 113 Bundesarbeitgeberverband Chemie, Umfrage zum Tarifvertrag „Lebensarbeitszeit und Demografie“ und „Einmalzahlungen und Altersvorsorge“; aktueller Stand 31.12.2016. 114 BAVC Studie, siehe Rn. 210. 115 Deloitte Consulting/Baumgartner und Partner, Zeitwertkonten, Verbreitung, Nutzung und Ausgestaltung bei großen deutschen Unternehmen, 2014. 116 Siehe Rn. 210.

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D. Berührung von Zeitwertkonten mit anderen Rechtsgebieten

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Die Gründe für diese unterschiedliche Verteilung der Nutzungsmöglichkeiten 215 liegen vor allem in den Herausforderungen einer Umsetzung von Freistellungen. Bei einer befristeten Freistellung inmitten des Arbeitsverhältnisses muss der Arbeitsausfall für den begrenzten Zeitraum der Freistellung organisatorisch aufgefangen werden. Zudem stellt sich die Frage nach den Rückkehrmodalitäten, wenn ein Arbeitnehmer den Arbeitsplatz für z.B. 12 Monate verlassen hat.

D. Berührung von Zeitwertkonten mit anderen Rechtsgebieten D. Berührung von Zeitwertkonten mit anderen Rechtsgebieten Zeitwertkonten haben Ausstrahlung in eine Vielzahl anderer Leistungssysteme und 216 Rechtsgebiete, z.B. bei Ehescheidung und bei Bezug von Sozialleistungen. Nachstehend erfolgt eine kurze Darstellung der in der Praxis häufigsten Berührungspunkte.

I. Zeitwertkonten und Altersteilzeit Zeitwertkonten und Altersteilzeit haben verschiedene Gemeinsamkeiten, z.B. die 217 flexible Gestaltung des Übergangs in den Ruhestand, den Aufbau von Wertguthaben, die Anforderungen an die Insolvenzsicherung und die SV-Luft-Führung. Es sind jedoch eigenständige Instrumente mit weitgehend getrennten Zielsetzungen und Rechtsgrundlagen. Eine Verknüpfung von Zeitwertkonten und Altersteilzeit ist daher nicht zwingend, sondern hängt von der jeweiligen Modellgestaltung ab. In der Praxis finden sich Verknüpfungen in folgenden Bereichen: ■ Ein typischer Anwendungsbereich ist die Verwendung von Wertguthaben aus einem Zeitwertkonto, welches vor Beginn der Altersteilzeit aufgebaut wurde, um die Arbeitsphase der Altersteilzeit zu verkürzen bzw. mit einer zusätzlichen Freistellung zu ersetzen. Die Sozialversicherungsträger117 sehen dies ausdrücklich als zulässig an und nicht als Verstoß gegen die gesetzliche Anforderung einer Arbeitsleistung von 50% während der Altersteilzeit. ■ Während der Freistellung in der Altersteilzeit kann das Altersteilzeitentgelt durch laufendes zusätzliches Arbeitsentgelt aus dem Wertguthaben des Zeitwertkontos erhöht werden. Eine Finanzierung von Aufstockungsleistungen nach dem Altersteilzeitgesetz mittels eines Wertguthabens aus dem Zeitwertkonto ist jedoch nicht zulässig.118

_____ 117 Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung v. 2.11.2010, Altersteilzeitgesetz; Versicherungs-, beitrags-, melde- und leistungsrechtliche Auswirkungen, S. 24 f. 118 GKV-Spitzenverband, Deutsche Rentenversicherung, Bundesagentur für Arbeit, Frage-/Antwortkatalog zum Versicherungs-, Beitrag-, und Melderecht für flexible Arbeitszeitregelungen v. 13.4. 2010, S. 11.

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Kapitel 14 Zeitwertkonten (Wertguthaben)

Nach Beginn der Altersteilzeit ist ein Aufbau von zusätzlichem Wertguthaben in einem Zeitwertkonto grundsätzlich nicht möglich. Eine Ausnahme sehen die Sozialversicherungsträger, wenn das Zeitwertkonto ausschließlich aus Überstunden aus der Arbeitsphase der Altersteilzeit aufgebaut und während der Altersteilzeit für eine zusätzliche Freistellung wieder verwendet wird.119

II. Zeitwertkonten bei Ehescheidung 218 Zeitwertkonten dienen nicht der Versorgung. Ziel des Zeitwertkontos ist eine Leis-

tung während des bestehenden Arbeitsverhältnisses. Biometrische Risiken wie Langlebigkeit, Erwerbsminderung oder Tod werden nicht abgesichert. Wertguthaben gehören daher nicht zu den bei Ehescheidung im Versorgungsausgleich auszugleichenden Anrechten (§ 2 VersAusglG).120 Wertguthaben stellen Vermögen dar und können daher unter den Zugewinn219 ausgleich (§ 1376 BGB) fallen. Dies gilt auch, wenn das Wertguthaben noch nicht fällig ist. Allerdings ergäbe sich dann eine Überschneidung mit möglichen Unterhaltszahlungen. In der Freistellung wird dem Wertguthaben das Arbeitseinkommen entnommen, welches die Grundlage für die Höhe von Unterhaltszahlungen bildet. Wertguthaben würde damit doppelt berücksichtigt. Sachlich richtig wäre es daher, Wertguthaben nur im Rahmen des Unterhalts zu berücksichtigen, nicht jedoch beim Vermögensausgleich. Entgeltumwandlungen zugunsten eines Zeitwertkontos haben keinen Einfluss 220 auf die Bedürftigkeit im Sinne von § 1577 BGB, da der Arbeitnehmer in der Regel eine Entgeltumwandlung ändern oder aufheben kann, um den entsprechenden Betrag für den Lebensunterhalt wieder verfügbar zu haben. Ein bereits aufgebautes Wertguthaben wird hingegen erst im Falle einer Auszahlung berücksichtigt und mindert ggf. die Bedürftigkeit. Bei der Höhe des Unterhaltsanspruchs und der Leistungsfähigkeit des Ver221 pflichteten kommt es u.a. auf die Lebensverhältnisse an. Das heißt, bestand eine Entgeltumwandlung bereits während der Ehezeit, waren diese Beträge nicht für den Lebensbedarf verfügbar. Allerdings kommt es hier auf den Einzelfall an, da sowohl beim Unterhaltsanspruch wie auch bei der Frage der Leistungsfähigkeit nach dem Gesetz Billigkeitsgesichtspunkte beachtet werden.

_____ 119 GKV Spitzenverband, Rundscheiben RS 2011 / 108 v. 3.3.2011. 120 Siehe dazu Kap. 11.

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D. Berührung von Zeitwertkonten mit anderen Rechtsgebieten

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III. Zeitwertkonten bei Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit Ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht bei einem erheblichen Arbeitsausfall, der nicht vermeidbar ist. Vor dem Bezug von Kurzarbeitergeld müssen daher Guthaben zur betrieblichen Arbeitszeitflexibilisierung im Regelfall abgebaut werden. Dies gilt jedoch nicht für Arbeitszeitguthaben, soweit es „ausschließlich für die in § 7c Abs. 1 SGB IV genannten Zwecke bestimmt ist“ (§ 96 Abs. 4 S. 3 Nr. 2 SGB III). Der Verweis auf § 7c Abs. 1 SGB IV beinhaltet nicht nur die dort ausdrücklich gennannten Verwendungszwecke, sondern aufgrund der nicht abschließenden Aufzählung in § 7c Abs. 1 SGB IV („insbesondere“) jegliche Wertguthaben zur persönlichen Verfügung des Arbeitnehmers auf Grundlage einer Wertguthabenvereinbarung.121 Die vom Arbeitnehmer in das Zeitwertkonto vorgenommenen Einbringungen aus einer Entgeltumwandlung mindern nicht den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Für die geleistete Arbeit wird das fiktive Entgelt zugrunde gelegt, welches der Arbeitslose ohne Einzahlungen in das Zeitwertkonto erhalten hätte (§ 151 Abs. 3 Nr. 2 SGB III). Für Zeiten einer Freistellung ermittelt sich jedoch das Arbeitslosengeld aus dem erzielten Arbeitsentgelt. Im Falle der Arbeitslosigkeit erfolgt spätestens nach Ablauf von 6 Monaten die Auszahlung und Störfallabrechnung des Wertguthabens. Die Auszahlung des Wertguthabens stellt jedoch weder eine Entlassungsentschädigung dar (es handelt sich um keine Abfindung oder Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes) noch ist sie Arbeitsentgelt für den Zeitraum, für welchen ein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht. Die Auszahlung des Wertguthabens wird daher weder auf das Arbeitslosengeld angerechnet noch führt sie zu einem Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld. Bei der Prüfung eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld II (Grundsicherung) wird Einkommen und Vermögen nach Abzug der allgemeinen Freibeträge grundsätzlich berücksichtigt. Sollte daher ausgezahltes Wertguthaben noch im Vermögen des Arbeitslosen vorhanden sein, erfolgt eine Anrechnung.

_____ 121 So auch Gagel/Bieback, § 96 SGB III Rn. 169.

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Stichwortverzeichnis

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Stichwortverzeichnis Stichwortverzeichnis Stichwortverzeichnis https://doi.org/10.1515/9783110275247-015

A Abfindung (Arbeitsrecht) Abfindungsbetrag Kap. 8 138 f. Abfindungsverbot Kap. 8 104 ff., Kap. 9 19 f. aktive Mitarbeiter Kap. 10 108 Änderung (Umgestaltung) der Zusage Kap. 8 137 Anwartschaften, gesetzliche Unverfallbarkeit Kap. 8 109 f., Kap. 12 32 ff. Anwartschaften, vertragliche Unverfallbarkeit Kap. 8 135 Arbeitsverhältnis, laufendes Kap. 8 133 f., Kap. 12 34 Begriff Kap. 8 104 Beitragszusage, reine Kap. 8 140 ff. Beweislast Kap. 8 132 Direktversicherung Kap. 8 127 Dokumentation Kap. 12 35 EU-Mobilitätsrichtlinie Kap. 8 119 gerichtliche Geltendmachung Kap. 11 116 Grenzgänger Kap. 12 36 Höhe Kap. 11 115, Kap. 12 35 Kapitalleistung, Abgrenzung Kap. 8 107 Kleinstanwartschaften Kap. 8 113 ff., Kap. 13 476 Pensionsfonds Kap. 8 127 Pensionskasse Kap. 8 127 Recht auf ~ Kap. 8 123 ff. Rentenempfänger Kap. 10 108 Rentenzahlungen Kap. 8 111, Kap. 12 34 Tarifvertrag Kap. 8 108 Unterstützungskasse Kap. 8 128 Vergleich, gerichtlicher Kap. 8 106 Verlust Arbeitsplatz Kap. 1 248, Kap. 3 19 (Beitragsrecht) Versorgungsausgleich Kap. 11 113 ff. Versorgungsträger Kap. 8 129 Verstoß, Abfindungsverbot Kap. 8 130 ff. Verzicht Kap. 8 136 Zeitpunkt Kap. 8 121 Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 252 Zustimmung, ohne Kap. 8, 113 ff., Kap. 12 33

https://doi.org/10.1515/9783110275247-015

Abfindung (Beitrags- und Steuerrecht) Abgeltung vertraglicher Ansprüche (Beitragsrecht) Kap. 3 19 beitragsrechtliche Behandlung Kap. 3 32 f. externe Durchführungswege, steuerrechtlich Kap. 2 270 interne Durchführungswege, steuerrechtlich Kap. 2 269 Abfindung (GGF) Grundsatz Kap. 13 125 ff. Höhe Kap. 13 134 Abgeltungen (Settlements) Handelsbilanz Kap. 4 104 Ablösung Ablösungsprinzip Kap. 9 58, 67, 122 Ablösungsstichtag Kap. 9 77 Ablösungsvorgang, gestreckter Kap. 9 51 Betriebsvereinbarung Kap. 9 46, 51 f., 58, 88 Wirkung Kap. 9 52 Abordnung (siehe Entsendung) Abrechnung (Verwaltung einer Direktzusage) Abfindung Kap. 12 68 Abrechnungsbeleg Kap. 12 57 Bankkonto, Änderung des Kap. 12 58 BBG Kap. 12 64 Beitragspflicht Kap. 12 62 Betreuungsverfügung Kap. 12 58 Bezüge, gleichartige Kap. 12 61 DEÜV-Meldeverfahren, kein Kap. 12 62 Direktzusage Kap. 12 56 Einmalkapital Kap. 12 67 Einnahmenuntergrenze Kap. 12 65 ELStAM-Verfahren Kap. 12 60 Ermächtigungserklärung Kap. 12 68 Höchstbeitragsbegrenzung Kap. 12 65 Krankenkasse Kap. 12 62 Mehrfachbezug Kap. 12 64 Meldeverfahren, elektronische Kap. 12 59 ff. Rentenfreibetrag Kap. 12 61 Rückforderung Kap. 12 68 Steueridentifikationsnummer Kap. 12 61 Steuerklasse Kap. 12 61 Überbrückungsleistungen Kap. 12 66 Überzahlung Kap. 12 68

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Stichwortverzeichnis

Unterstützungskasse Kap. 12 56 VB-max Kap. 12 64 Verpflichtungen öffentlich-rechtlicher Art Kap. 12 56 Versorgungsbezüge, sozialversicherungsrechtliche Kap. 12 67 Versorgungsbezüge, steuerliche Kap. 12 61 Versorgungsleistungen, mehrere Kap. 12 61 ff. Verwaltungskosten, zusätzliche Kap. 12 56 Vorsorgevollmacht Kap. 12 58 Zahlstellenverfahren Kap. 12 62 Abrechnungsverband anwendbare Vorschriften Kap. 6 146 eindeutige Zuordnung des Vermögens Kap. 6 148 interne Revisionsfunktion Kap. 6 148 (Praxistipp) Proportionalitätsgrundsatz Kap. 6 147 Risikocontrollingfunktion Kap. 6 148 (Praxistipp) Schlüsselfunktionen Kap. 6 148 (Praxistipp) unabhängiger Betrieb Kap. 6 148 Absonderungsrecht Rückdeckungsversicherung Kap. 6 370 CTA Kap. 8 340, 352 Abtretung Abtretungsverbot (siehe Verfügungsverbot) während der Aufschubzeit Kap. 6 283 Actuarial Gains and Losses Handelsbilanz Kap. 4 107 Aktivierungspflicht/-verbot Direktversicherung Kap. 2 110 Pensionskasse Kap. 2 111 Aktivwert Handelsbilanz Kap. 4 57, 92 ff. Alleingesellschafter Begriff Kap. 1 304 Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) AGB-Recht Kap. 9 17 Bezugnahme auf Tarifvertrag Kap. 1 326 individualrechtliche Zusage mit kollektivem Bezug Kap. 1 38 Kontrolle Kap. 9 23, 41

Transparenz- und Inhaltskontrolle Kap. 9 23 Unwirksamkeit einer Klausel Kap. 1 38 Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (siehe dort) Altersabstandsklausel Begriff Kap. 1 189 Altersgrenze Bewertung Pensionsverpflichtung Kap. 4 34, 43, 46 Festlegung in der Zusage Kap. 1 78 ff. GGF Kap. 13 14, 65 Altersteilzeit Pension Due Diligence Kap. 10 29 Unternehmenstransaktion Kap. 10 3 Zeitwertkonten Kap. 14 217 Altersversorgungsleistung Altersgrenze Kap. 1 78 ff. Antragserfordernis Kap. 1 93 Ausscheidensklausel Kap. 1 88 ff. Auszahlung Kap. 1 121 Checkliste zur Gestaltung der Altersleistung Kap. 1 122 Dauer Kap. 1 120 Form, Rente, Kapital Kap. 1 117 ff. Höhe, beitragsorientierte Zusagen Kap. 1 104 ff. Höhe, Leistungszusagen Kap. 1 100 ff. kongruent rückgedeckte Unterstützungskassen- und Direktzusagen Kap. 1 97 ff. Regelaltersgrenze Kap. 1 78 ff. versicherungsförmige Zusagen Kap. 1 97 ff., 112 ff. Versorgungszweck Kap. 1 79 verspätete Altersleistung Kap. 1 86 vorgezogene Altersleistung Kap. 1 83 ff., 647, Kap. 8 146 ff., Kap. 13 65 f. (GGF) Vorschaltzeit Kap. 1 96 Wartezeit Kap. 1 95 Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 233 Altersvorsorgebeiträge Riesterförderung Kap. 2 153 Altzusage Änderung von Versorgungszusagen Kap. 9 77 Handelsbilanziell Kap. 4 146 steuerrechtlich Kap. 2 146 ff.

Stichwortverzeichnis

Anbieterauswahl Administration Kap. 12 212 Ausschreibeverfahren Kap. 12 171 Ausschreibungsunterlagen Kap. 12 177 Auswertung Rückmeldungen Kap. 12 184 Berater Kap. 12 149 Beratungsbogen Kap. 12 164 Direktversicherung Kap. 12 142 Gestaltung des Versorgungssystems Kap. 12 164 Modellrechnungen Kap. 12 179 Motivation Kap. 12 139 Pensionsfonds Kap. 12 201 Pensionskasse Kap. 12 198 Prozess Kap. 12 142 Sozialpartnermodell Kap. 12 218 Treuhandmodell Kap. 12 208 Unterstützungskasse Kap. 12 204 Vorschlag zur Umsetzung Kap. 12 166 Zielsetzung Kap. 12 143 Änderung von Personendaten Anwärter als Arbeitnehmer mit privat finanziertem Vertrag Kap. 12 99 Anwärter als Arbeitnehmer, Versicherte Person Kap. 12 98 Anwärter, die ihre Versorgung privat fortführen Kap. 12 100 Ausgeschiedene und Versorgungsausgleichsberechtigte Kap. 12 102 Datenqualität Kap. 12 105 Identifikation des Anrufers/Absenders Kap. 12 95 Leistungsempfänger Kap. 12 103 Änderung von Versorgungszusagen Begriff Kap. 9 3 Drei-Stufen-Theorie Kap. 9 71 ff. (siehe auch dort) Fehlentwicklung der bAV Kap. 9 82 Grundlagen Kap. 9 2 ff. Grundsatz Kap. 1 50 Individualzusage (siehe dort) Individualzusage mit kollektivem Bezug (siehe dort) Rückwirkung (siehe dort) Schließung Kap. 9 14 ff. (siehe auch Schließung einer Versorgungszusage) Sittenwidrigkeit Kap. 9 17

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Störung der Geschäftsgrundlage (siehe dort) Substanzgefährdung des Unternehmens (siehe dort) Treuepflichtverletzung (siehe dort) Umstrukturierung, wertneutrale Kap. 9 3, 11 f. Verbesserung Kap. 9 4 ff. (siehe auch dort) Vereinheitlichung der bAV im Konzern Kap. 9 85 Verschlechterung Kap. 9 15 f. (siehe auch dort) Vertrauensschutz und Verhältnismäßigkeit Kap. 9 24, 67, 70 ff., 88 ff. wirtschaftliche Notlage Kap. 9 35, 76 (Fettnapf) Änderungskündigung Begriff und Grundsatz Kap. 9 12, 25 Änderungssperre Betriebsübergang Kap. 10 5 Angemessenheit ~ des Arbeitsentgelts, Zeitwertkonten Kap. 14 39 f., 170 Datenschutz (siehe dort) GGF (siehe dort) Anlagegrundsätze ~ Zeitwertkonten Kap. 14 64, 70 Anlagekriterien Kap. 6 61 Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht Kap. 6 19, 61, 87, 137 Anlagestock gesonderter Kap. 6 65 Anpassung der Versorgungsleistungen Anpassungsbedarf Kap. 8 406 ff. Befreiung von der Anpassungsprüfungspflicht Kap. 6 258 f. Beitragszusage mit Mindestleistung Kap. 8 445 ff. Beitragszusage, reine Kap. 8 445 f. Beweislast Kap. 8 422 Bündelung der Anpassungen Kap. 8 400 Direktversicherung Kap. 8 440 ff. Direktzusagen Kap. 8 396 ff. Dreijahreszeitraum Kap. 8 396 Eigenkapitalausstattung Kap. 8 416 Eigenkapitalverzinsung Kap. 8 416 Entsendung (siehe dort) GGF Kap. 13 17

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Stichwortverzeichnis

Gleichbehandlungsgrundsatz Kap. 8 419 Kapitalleistungen, einmalige Kap. 8 390 Kaufkraftverlust Kap. 8 406 Maßstab Kap. 8 402 ff. Mitbestimmung Kap. 8 420 nachholende Kap. 8 425 ff., Kap. 9 102, Kap. 10 71 nachträgliche Kap. 8 434 ff., Kap. 10 72 Nettolohnentwicklung Kap. 8 408, Kap. 12 27 Obergrenze, reallohnbezogene Kap. 8 408, Kap. 12 27 Pensionsfondszusagen Kap. 8 447 Pensionskassenzusagen Kap. 8 440 ff. Prognose Kap. 8 416 Prüfungszeitpunkt Kap. 8 399 ff. Prüfungszeitpunkt, Änderung Kap. 8 401 Ratenzahlung Kap. 8 391 Sachleistungen Kap. 8 392 Überblick Kap. 8 386 ff. Überschussanteile Kap. 8 441 ff. Übung, betriebliche Kap. 8 421 Unterstützungskassenzusagen Kap. 8 396 ff. Widerspruch Kap. 8 430 Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 246 Anpassung der Versorgungsleistungen (Verwaltung einer Direktzusage) 1%-Anpassung Kap. 12 27 1%-Anpassung Kap. 12 72 3-Jahres-Turnus Kap. 12 70 Auszahlungsplan Kap. 12 74 Entgeltumwandlung Kap. 12 73 geringere ~ Kap. 12 74 Lage, wirtschaftliche Kap. 12 70, 75 Nachholpflicht Kap. 12 77 Nettolohnentwicklung Kap. 12 70 Raten Kap. 12 74 Stichtag, gemeinsamer Kap. 12 72 Überprüfung, regelmäßige Kap. 12 69 unterbliebene ~, zu Recht Kap. 12 75 Verbraucherpreisindex Kap. 12 70 Verwaltungsvereinfachung Kap. 12 72 Widerspruch Kap. 12 75 Anrechnungsklauseln Anrechnungsverbot Kap. 1 254 Gestaltung der Zusage Kap. 1 102, 164, 200

verpflichtender Arbeitgeberzuschuss Kap. 1 737 Anrechnungsverbot Grundsatz Kap. 1 253 f. Rechtsfolgen eines Verstoßes Kap. 1 263 Wahl des Durchführungswegs Kap. 1 357, 358 Zweck und Inhalt Kap. 1 262 ff. Ansparphase (siehe Zeitwertkonten) Antragserfordernis Altersleistung, Grundsatz Kap. 1 93 ff. Hinterbliebenenleistung Kap. 1 188 Invaliditätsleistung Kap. 1 144 Anwartschaften auf bAV Begriff Kap. 1 33 Dynamisierung Kap. 8 94 ff., Kap. 12 27 Insolvenzsicherung, gesetzliche (siehe dort) Unverfallbarkeit dem Grunde nach (siehe dort) Unverfallbarkeit der Höhe nach (siehe dort) Verjährung, keine Kap. 1 219, Kap. 12 30 wertgleiche ~ (siehe Wertgleichheitsgebot) Anwartschaften auf bAV (Verwaltung einer Direktzusage) Dynamisierung Kap. 12 27 Eintritt des Versorgungsfalles Kap. 12 29 Entgeltumwandlung Kap. 12 22 EU-Mobilitätsrichtlinie Kap. 12 18, 27 gesetzlich unverfallbare ~ Kap. 12 16 Günstigerregelung Kap. 12 19 Höhe, gesetzliche Kap. 12 23 Holschuld Kap. 12 25 Insolvenzschutz Kap. 12 21 kapitalmarktorientierte ~ Kap. 12 26 Nettolohn-Anpassung Kap. 12 27 Neuberechnung Kap. 12 29 pro-rata temporis Kap. 12 23 Regelaltersgrenze Kap. 12 23 Übergangsregelung Kap. 12 18 Unverfallbarkeit, sofortige Kap. 12 21 Unverfallbarkeit, vertragliche Kap. 12 21 Unverfallbarkeitsbescheinigung Kap. 12 24 Unverfallbarkeitsfrist, gesetzliche Kap. 12 17 Unverfallbarkeitsfrist, nicht erfüllt Kap. 12 31

Stichwortverzeichnis

Verbraucherpreisindex-Anpassung Kap. 12 27 Verfall der ~ Kap. 12 31 Verjährung Kap. 12 30 wertpapiergebundene ~ Kap. 12 26 Zahlung, rückwirkende Kap. 12 30 Anwartschaftsbarwertverfahren Bilanzierung Kap. 4 25, 29, 81 Unternehmenstransaktion Kap. 10 47 Anwartschaftsphase Zufluss, kein, Direktzusage Kap. 2 124 Zuwendungen Kap. 2 126 Arbeitgeberbezogene Betrachtung im Beitragsrecht der Sozialversicherung Kap. 3 16 Arbeitgeberfinanzierte bAV Begriff und Grundsätze Kap. 1 694 Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung Anrechenbarkeit bestehender Zuschüsse Kap. 1 737 Beginn Zuschusspflicht Kap. 1 734 Beitragszusage, reine Kap. 1 730 Durchführung Kap. 1 736 Durchführungswege Kap. 1 731 Höhe des Zuschusses Kap. 1 727 Sozialversicherungsersparnis Kap. 1 732 Arbeitnehmer Begriff Kap. 1 272 Arbeitnehmerentsendung (siehe Entsendung) Arbeitnehmer-Pauschbetrag Begriff und Inhalt Kap. 2 128, 243 Arbeitnehmerfinanzierte bAV Begriff Kap. 1 695 ff. Arbeitsentgelt beitragsrechtlich Kap. 3 4, 10 ff., 19 ff. Arbeitsort, gewöhnlicher (siehe Entsendung) Arbeitsrechtliches Grundverhältnis (siehe Valutaverhältnis) Arbeitsverhältnis Arbeitgeber und Arbeitnehmer Kap. 1 62 Grund für die Erteilung einer Zusage Kap. 1 59 f. Konzernobergesellschaft Kap. 1 61 Ruhestandsverhältnis Kap. 1 23, 60 Arbeitszeitkonten (siehe Zeitwertkonten) Archivierung Archivierungsformate Kap. 12 119 Archivierungsindex Kap. 12 111 Archivierungsinformationen Kap. 12 110

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Asset Deal Administration Kap. 10 111 Begriff Kap. 9 101 ff., Kap. 10 2 ff., 74 ff., 103, 111 Schuldbeitritt Kap. 10 103 Unternehmenstransaktion Kap. 10 2 ff., 74 ff. Versorgungsträger Kap. 10 76 ff. Aufbau- und Ablauforganisation Management interner Versorgungsträger Kap. 12 128 Aufbewahrung Management interner Versorgungsträger Kap. 12 108 Aufdrängen von Daten (siehe Datenschutz) Aufklärungspflichten (siehe Informations-, Auskunfts- und Beratungspflichten) Aufnahme in inländisches Versorgungswerk (siehe Entsendung) Aufrechterhaltung einer Anwartschaft (siehe Unverfallbarkeit im Grunde nach) Aufsichtspflichtige Unternehmen Grundsatz Kap. 6 25 Lebensversicherungsunternehmen Kap. 6 27 nicht Sozialversicherungsträger Kap. 6 34 nicht Unterstützungskassen Kap. 6 33 Pensionsfonds Kap. 6 30 Pensionskassen Kap. 6 30 Zusatzversorgungskassen Kap. 6 35 Aufsichtsratsmitglieder persönlicher Anwendungsbereich des BetrAVG Kap. 1 298 Versicherungsaufsichtsrecht Kap. 6 19 Auftragsverarbeitung (siehe Datenschutz) Aufwendungen zur bAV beitragsrechtlich Kap. 3 4 Beitragsschuldner Kap. 3 89 betriebswirtschaftliches Analyseverfahren Kap. 5 15, 25 f.127 ~ als betriebswirtschaftliches Beurteilungskriterium Kap. 5 127 ff. geringfügige Beschäftigung Kap. 3 21 GuV, Kap. 2 37, 44 ff., Kap. 4 11 f., 66 f. Aufzeichnungspflichten (siehe Zeitwertkonten) Ausgleichsansprüche eines Handelsvertreters keine bAV Kap. 1 244

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Stichwortverzeichnis

Ausgleichsberechtigte Person im VersAusgl Begriff Kap. 11 11 Ausgleichsformen im VersAusgl Übersicht Kap. 11 62 Ausgleichswert Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 349 Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter Abgrenzung zur bAV Kap. 1 244 Auskunftspflichten (siehe Informations-, Auskunfts- und Beratungspflichten) Auslagerung Pensionsfonds, Anwartschaftsphase Kap. 2 240 Pensionsfonds, Leistungsphase Kap. 2 242 Unterstützungskasse, Pensionsfonds Kap. 2 246 Auslands-Rentner (siehe Entsendung) Auslandstätigkeit (siehe Entsendung) Auslandstätigkeitserlass (siehe Entsendung) Auslegung von Versorgungszusagen Einzelzusagen Kap. 1 42 ergänzende Vertragsauslegung Kap. 1 44, 540 individualrechtliche Zusagen mit kollektivem Bezug Kap. 1 42 kollektivrechtliche Zusagen Kap. 1 43 Auslegungsentscheidungen BaFin Merkblätter Kap. 6 19 (Praxistipp) Ausscheiden, vorzeitiges Anwartschaft, erdiente Kap. 8 1 ff. GGF Kap. 13 16 Unverfallbarkeit Kap. 8 3 ff. Vervielfältigungsregel Kap. 2 134 (siehe auch dort) Ausscheidensklausel Altersleistung Kap. 1 88 Invaliditätsleistung Kap. 1 137 ff. Versorgungszweck Kap. 1 90 Ausscheideordnung Begriff Kap. 4 43 GGF Kap. 13 90 Ausschluss des Versorgungsausgleichs fehlende Ausgleichsreife Kap. 11 136 Grundsatz Kap. 11 133 Ausschreibung/Ausschreibeverfahren Anbieterauswahl Kap. 12 171 Ausschlusskriterium Kap. 12 188

Ausschreibungsunterlagen Kap. 12 177 Auswertung von Rückmeldungen Kap. 12 184 Ergebnisdarstellung Kap. 12 180 Inhalte der Ausschreibung Kap. 12 177 Modellrechnungen Kap. 12 179 Normierung Kap. 12 187 Präsentation Kap. 12 194 Sozialpartnermodell Kap. 12 219 Vergabe, losweise Kap. 12 182 Vergleichbarkeit Kap. 12 190 Verhandlungen Kap. 12 192 Zuschlag Kap. 12 195 Ausschüttungssperre Effekte der Zinsumstellung Kap. 4 62 Entfallen der ~ Kap. 4 59 Umstellung des Durchschnittszinses Kap. 4 39 Ausstrahlung (siehe Entsendung) Auszahlung Zeitwertkonten Kap. 14 167 Auszahlungsplan Anpassung laufender Leistungen, keine Kap. 1 227 Begriff und Grundsatz Kap. 1 225 ff. Pensionsfonds Kap. 1 438 Auszehrungsverbot Grundsatz Kap. 1 253 f. Rechtsfolgen eines Verstoßes Kap. 1 261 Zweck und Inhalt Kap. 1 255 ff. Auszubildende persönlicher Anwendungsbereich BetrAVG Kap. 1 285 B BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen) Banken Kap. 6 11 sektorübergreifender Aufsichtsansatz Kap. 6 11 Sicherungsfonds Kap. 6 43 Verlautbarungen (unechte Rechtsquellen) Kap. 6 19 Versicherung Kap. 6 11 Wertpapierdienstleistungsunternehmen Kap. 6 11 Zuständigkeit Kap. 6 11

Stichwortverzeichnis

Barcode Archivierungsdaten und Erkennungssoftware Kap. 12 113 Steuerungsinformationen Kap. 12 114 Barwert ~ bei Überdeckung Kap. 4 113 ~ der Versorgungsverpflichtungen Kap. 4 93, 101, Kap. 8 204 f. ~ der Werterhaltungsgarantie/ Zeitwertkontengarantie Kap. 14 195 ~ im Rahmen einer Überleitung (Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes) Kap. 13 301 ff. Abfindung Kap. 12 35, 79, Kap. 13 136 ff. Anrecht der AB bei interner Teilung Kap. 11 321 Barwertvergleich Kap. 9 4, 11 bei Auflösung der Pensionsrückstellung Kap. 2 41 finanzieller Ausgleich bei Ausscheiden (Zusatzversorgung des üblichen Dienstes) Kap. 13 351 Höhe der Rückdeckungsversicherung Kap. 6 350 Höhe des korrespondierenden Kapitalwerts Kap. 11 50 Rentenleistung Kap. 1 216 Übertragung von Anwartschaften Kap. 8 474, Kap. 13 165 (GGF) umstrukturierender Verzicht eines GGF Kap. 13 124 Bausteinzusagen (siehe Leistungszusagen bzw. beitragsorientierte Zusagen) BDSG (siehe Datenschutz) Beamte Datenschutz Kap. 7 55 persönlicher Geltungsbereich des BetrAVG Kap. 1 273 Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 186 Begünstigungs- und Sondervergütungsverbot Grundsatz Kap. 6 55 Beherrschender GesellschafterGeschäftsführer (siehe GGF) Beihilfen (Unterstützungsleistungen) Abgrenzung zur bAV Kap. 1 245

1173

Beitragsbemessungsgrundlagen zur gesetzlichen Insolvenzsicherung (siehe Insolvenzsicherung, gesetzliche) Beitragsfreistellung im laufenden Arbeitsverhältnis Berufsunfähigkeits-(zusatz)-versicherung Kap. 6 298, 302, 308 Prämienfreistellungserklärung Kap. 6 298 Zulässigkeit eines bedingungsgemäßen Ausschlusses Kap. 6 302 Beitragsorientierte Leistungszusagen Abgrenzung zur Beitragszusage mit Mindestleistung Kap. 1 513 Abgrenzung zur Leistungszusage Kap. 1 486 Aufwendung von Beiträgen Kap. 1 480 f. Ausgestaltung Kap. 1 494 (Beispiel) Bedeutung und Hintergrund Kap. 1 477 Beiträge, Höhe und Dauer der Zahlung Kap. 1 482 f. biometrische Risiken Kap. 1 484 Definition Kap. 1 478 Durchführungswege Kap. 1 479 Feststehen der Leistungshöhe Kap. 1 477 Garantien Kap. 1 490 ff. Kosten, Vertriebs-, Abschluss- und Verwaltungskosten Kap. 1 477 Leistungsformen, Rente, Kapital Kap. 1 484 Leistungshöhe Kap. 1 490 ff. Sparprinzip Kap. 1 489 Teilung im VersAusgl Kap. 11 32 Umwandeln von Beiträgen in Leistung Kap. 1 485 ff. Unmittelbarkeitserfordernis Kap. 1 486 ff. versicherungsförmige Durchführungswege Kap. 1 488 Versicherungsprinzip Kap. 1 489 Versorgungsleistung Kap. 1 484 ff. Vor- und Nachteile Kap. 1 495 ff. Werthaltigkeit Kap. 1 493 ff. Beitragsorientierte Zusagen (allgemein) Altersleistung, Gestaltungsmöglichkeiten Kap. 1 104 ff. Bausteinzusagen Kap. 1 110 f., 166, 202 Bedeutung Kap. 1 467 (Praxistipp) Begriff Kap. 1 54 467 Beitragshöhe zur Altersleistung Kap. 1 105 ff.

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Stichwortverzeichnis

Beitragsplan Kap. 4 74 ff., Kap. 10 64 ff. bilanziell Kap. 10 56 ff. CTA (siehe CTA) Erlöschen Kap. 1 54 Hinterbliebenenleistung, Gestaltungsmöglichkeiten Kap. 1 202 ff. Invaliditätsleistung, Gestaltungsmöglichkeiten Kap. 1 166 ff. kongruente Rückdeckungsversicherung Kap. 1 111 Kosten Kap. 10 60 Liquiditätsabfluss Kap. 10 60 wertpapiergebundene Zusagen Kap. 1 111, 372, 488 (Praxistipp) Zurechnungsmodelle Kap. 1 166, 202 Beitragspflicht zur gesetzlichen Insolvenzsicherung (siehe Insolvenzsicherung, gesetzliche) Beitragsplan Bilanzierung IFRS Kap. 4 74, 77 Beitragsrecht der Sozialversicherung Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes Kap. 3 19 Abfindung von Anwartschaften Kap. 3 32 f. Abfindung zur Abgeltung vertraglicher Ansprüche Kap. 3 19 Anwartschaftsphase Kap. 3 4 ff. arbeitgeberbezogene Betrachtung Kap. 3 16 Arbeitsentgelt Kap. 3 4, 10 ff., 20 ff. Aufwendungen zur bAV Kap. 3 4 ff. Beitragspflicht, Auslandsrente (siehe Entsendung) Direktversicherung, pauschal besteuerte Beiträge Kap. 3 9 Direktversicherung, steuerfreie Beiträge Kap. 3 7 Direktzusage, Aufwendungen des Arbeitgebers Kap. 3 5 Direktzusage, Entgeltumwandlung Kap. 3 6 Durchführungswege, mehrere Kap. 3 23 ff. Entgeltumwandlung, Minderung von Ansprüchen aus Sozialversicherung Kap. 3 17 geringfügige Beschäftigung, Aufwendungen zur bAV Kap. 3 21 f.

Jahresarbeitsentgelt bei Entgeltumwandlung Kap. 3 26 ff. Kapitalleistung Kap. 3 43, 56 Kumulierung Freibeträge Kap. 3 24 Leistungsphase Kap. 3 35 f. Nachholung von Beiträgen bei ruhenden Arbeitsverhältnissen Kap. 3 20 Pensionsfonds, steuerfreie Beiträge Kap. 3 7 Pensionskasse, pauschal besteuerte Beiträge Kap. 3 9 Pensionskasse, steuerfreie Beiträge Kap. 3 7 Renten Kap. 3 43 Riesterförderung, Beiträge Kap. 3 13 Sicherungsbeitrag zur reinen Beitragszusage Kap. 3 12 Steuerfreibeträge Kap. 3 14 Übertragung Versorgungsanwartschaft Kap. 3 30 f. Unterstützungskasse, Aufwendungen des Arbeitgebers Kap. 3 5 Unterstützungskasse, Entgeltumwandlung Kap. 3 6 Versorgungsbezüge Kap. 3 37 ff. Vervielfältigungsregelung Kap. 3 19 Beitragsrückstände versicherungsförmige Lösung Kap. 8 70 versicherungsvertraglich Kap. 6 279 Beitragszusage, reine Abfindung Kap. 8 140 ff. Abschluss eines Versicherungs-/Pensionsfondsvertrags Kap. 1 534 Abweichungen vom BetrAVG Kap. 1 321 Allgemeinverbindlichkeitserklärung Kap. 1 529 Anforderungen an das Risikomanagement Kap. 6 130 Anpassung laufender Leistungen Kap. 1 542 Ausgestaltung Kap. 1 555 (Beispiel) Bedeutung und Hintergrund Kap. 1 523 Beiträge, Höhe und Dauer der Zahlung Kap. 1 534 ff. biometrische Risiken (Leistungsarten) Kap. 1 537 Definition Kap. 1 524 Durchführungswege Kap. 1 525

Stichwortverzeichnis

Einrichtung des Sicherungsvermögens Kap. 6 129 Enthaftung des Arbeitgebers Kap. 1 557 Garantieverbot Kap. 1 539 ff., Kap. 6 134 gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien Kap. 1 530 Inanspruchnahme, vorgezogene Kap. 8 165 ff. Informationspflichten Kap. 6 138 Insolvenzsicherung Kap. 8 264 Invaliditäts- und Hinterbliebenenleistungen Kap. 6 134 Kapitalanlage Kap. 6 137 Konkretisierungen Kap. 6 131 Leistungsform, laufende Leistungen Kap. 1 537 Leistungshöhe Kap. 1 538 ff. Nichttarifgebundene Kap. 1 529 Pay-and-Forget-Prinzip Kap. 1 535 produktbezogene Anforderungen Kap. 6 132 Rechtsverordnungen Kap. 6 130 Rückdeckungsversicherung Kap. 1 542 (Praxistipp) Sondervorschriften des BetrAVG Kap. 1 543 ff. spezielle Erlaubnispflicht Kap. 6 132 Steuerung und Durchführung, Tarifvertragsparteien Kap. 1 530 f. tarifvertraglicher Rahmen Kap. 1 526 ff. Übertragung Kap. 8 492 Unternehmenstransaktion Kap. 10 35, 55 Unverfallbarkeit, dem Grunde nach Kap. 8 47 Unverfallbarkeit, der Höhe nach Kap. 8 93 Verhältnis zu bestehenden bAV-Systemen Kap. 1 532 f. Versicherungsnehmer Kap. 1 534 Versorgungskapital Kap. 6 134 Versorgungsleistung Kap. 1 537 ff. Vor- und Nachteile Kap. 1 556 Zielrente Kap. 1 539 Beitragszusage mit Mindestleistung Abgrenzung zur beitragsorientierten Leistungszusage Kap. 1 513 Abschluss eines Versicherungs- oder Pensionsfondsvertrags Kap. 1 504 Ausgestaltung Kap. 1 512 (Beispiel) Bedeutung und Hintergrund Kap. 1 500

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Beiträge, Höhe und Dauer der Zahlung Kap. 1 504 ff. biometrische Risiken (Leistungsarten) Kap. 1 507 Definition Kap. 1 501 Durchführungswege Kap. 1 502 f. Leistungsform , Rente, Kapital Kap. 1 507 Leistungshöhe Kap. 1 508 ff. Mindestleistung Kap. 1 510 ff. Versorgungsleistung Kap. 1 507 ff. Vor- und Nachteile Kap. 1 520 ff. Zurverfügungstellung des Versorgungskapitals Kap. 1 509 Belange der Versicherten aufsichtsrechtlich Kap. 6 40 (Praxistipp) Belegschaftsgeschäft (siehe Direktversicherung) Beleihung einer Rückdeckungsversicherung (Steuerrecht) Kap. 2 57 Insolvenzsicherung, gesetzliche Kap. 8 199, 260 versicherungsförmige Lösung Kap. 6 279, Kap. 8 70 Versicherungsvertrag Kap. 1 381, Kap. 6 40 Beleihungsverbot Beitragszusage, reine Kap. 1 548 Entgeltumwandlung und Eigenbeiträge Kap. 6 44, Kap. 8 471 Berater Anbieterauswahl Kap. 12 149 Versicherungsberater Kap. 12 159 Versicherungsmakler Kap. 12 156 Versicherungsvermittler Kap. 12 152 Versicherungsvertreter Kap. 12 154 Beratungspflichten (siehe Informations-, Auskunfts- und Beratungspflichten) Berechtigung zur Datenverarbeitung (siehe Datenschutz) Berufsunfähigkeit Begriff Kap. 1 130, Kap. 6 307 f. Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (siehe unter Versicherungsverträge) Beschäftigtendatenschutz (siehe Datenschutz) Beschluss über den Versorgungsausgleich Allgemeines Kap. 11 177 Änderung nach Scheidung Kap. 11 185 Begründung Kap. 11 181

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Stichwortverzeichnis

Berichtigung Kap. 11 193 Berichtigung, Antrag Kap. 11 195 Beschlussformel Kap. 11 179 Beschwerdeberechtigung Kap. 11 190 Checkliste Kap. 11 196 Inhalt Kap. 11 179 Rechtsbehelfsbelehrung Kap. 11 184 rechtskräftig, formell Kap. 11 195 richterlicher Gestaltungsakt Kap. 11 178 wirksam Kap. 11 196 Beschränkte Steuerpflicht Begriff und Grundsätze Kap. 13 501 f., 578 Besitzstand/Besitzstandsstufe allgemeine Prinzipien der Verhältnismäßigkeit Kap. 9 46 Besitzstandsschutz Kap. 9 61 Drei-Stufen-Theorie Kap. 9 71 ff. dritte Besitzstandsstufe Kap. 9 73, 81 ff. erste Besitzstandsstufe Kap. 9 73 ff. zweite Besitzstandsstufe Kap. 9 73, 77 ff. Besonders langjährige Versicherte Unverfallbarkeit der Höhe nach Kap. 8 58 Bestandsdaten (Verwaltung der bAV) Abwesenheitsdaten Kap. 12 3, 13 Anträge Kap. 12 13 Austrittsdatum Kap. 12 3 Beschäftigungsgrad Kap. 12 4, 13 Bestandssystem Kap. 12 88, 91 Bestandsverwaltungssystem Kap. 12 117 Betriebszugehörigkeit, anrechenbare Kap. 12 3 Betriebszugehörigkeit, Unterbrechung Kap. 12 3, 13 Datenschutz Kap. 12 7 ff. Dauerkrankheit Kap. 12 3 EDV-System, Wechsel Kap. 12 4 Einkommen, rentenfähiges Kap. 12 5 Eintrittsdatum Kap. 12 3 Elternzeit Kap. 12 3 Entgelt Kap. 12 5, 13 Entgeltumwandlung Kap. 12 14 Kündigung Kap. 12 13 Mitarbeitergruppe Kap. 12 6 Mutterschutz Kap. 12 3 Personalakte Kap. 12 11 Personalakte, digitale Kap. 12 14 Sabbatical Kap. 12 3 Schriftformerfordernis Kap. 12 14 Status Kap. 12 6, 13

Teilzeit Kap. 12 4, 13 Übertragungsvereinbarung Kap. 12 13 Unverfallbarkeit Kap. 12 13 Urlaub, unbezahlter Kap. 12 3 Versorgungszusage Kap. 12 13 Zeitdaten Kap. 12 3 Bestandsübertragungen Steuerrecht Kap. 2 271 f. Besteuerung der Leistungen Entsendung, Leistungsphase (siehe dort) Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 328 BetrAVG (Betriebsrentengesetz) Arbeitnehmerschutzgesetz Kap. 1 269, 318 persönlicher Anwendungsbereich Kap. 1 269 ff. sachlicher Anwendungsbereich Kap. 1 22 ff. Betriebliche Altersversorgung (bAV) ~ Legaldefinition Kap. 1 22 ~ und Zeitwertkonten Kap. 14 106 f., 142 Abgrenzung von anderen Arbeitgeberleistungen Kap. 1 21, 238 ff., (Checkliste), 242 Anspruch auf ~ Kap. 1 32 ff. Anwartschaft auf ~ Kap. 1 33 Aussicht auf ~ Kap. 1 33 Begriff Kap. 1 19 ff. biometrische Risiken, Leistungsarten (siehe biometrische Risiken) Entgeltcharakter Kap. 1 24, 453, 527 Freiwilligkeit, Grundsatz und Grenzen Kap. 1 28, 31 ff. Geldleistungen Kap. 1 209 Gesamtvergütungskonzept Kap. 1 24 Grundrechte Kap. 1 31 Inhalt, Grundsatz und Grenzen Kap. 1 35 Kapitalleistung Kap. 1 220 Rentenleistung Kap. 1 210 ff., 220 ff. Sachleistungen Kap. 1 209, 251 Verjährung Kap. 1 217 ff. Versicherungscharakter Kap. 1 25, 230, 5 145 Vertragsfreiheit Kap. 1 20 Betriebliche Übung Änderung Kap. 1 616, Kap. 9 39 ff. Entstehung Kap. 1 611 Erteilung der Zusage Kap. 1 30

Stichwortverzeichnis

gegenläufige Kap. 9 45 Irrtum Kap. 1 613 negative Kap. 1 617 Unverfallbarkeit und ~ Kap. 8 18 Vermeidung einer ~ Kap. 1 617 Betriebsausgaben/Betriebsausgabenabzug Abdeckung Fehlbeträge Kap. 2 103, 107 Abzugsfähigkeit Kap. 5 3, 127 Anordnung, aufsichtsrechtliche Kap. 2 102 Anwärter Kap. 2 72 Beiträge Pensionsfonds Kap. 2 107 Direktversicherungsprämien Kap. 2 96 Kassenvermögen, tatsächliches Kap. 2 80 Kassenvermögen, zulässig Kap. 2 77 Leistungen, lebenslänglich laufend Kap. 2 68 Leistungen, nicht lebenslänglich laufend Kap. 2 86 Leistungsfall Kap. 2 76 Mindestalter Kap. 2 75 Rentenempfänger Kap. 2 72 Verpflichtung, festgelegt Kap. 2 107 Vervielfacher Kap. 2 76 Betriebsorganisation Management interner Versorgungsträger Kap. 12 130 Betriebsrat Mitbestimmungsrechte Kap. 9 10, 44 Regelungskompetenz Kap. 9 10 Betriebsstätte, Entsendung (siehe dort) Betriebstreue ~ und Gleichbehandlung Kap. 1 666, 677 f. vergütete ~ Kap. 1 24, 66 vorgezogene Altersleistung Kap. 8 169 Betriebsübergang Arbeitsverhältnisse, erfasste Kap. 9 109 einzelvertragliche Bezugnahme Kap. 9 124 Fortsetzung Durchführungsweg Kap. 10 71 Informationspflicht Kap. 9 111 ff. Insolvenz Kap. 9 137, Kap. 10 38 Insolvenzschutz Kap. 8 192 Leistungen, Anpassung der Kap. 8 394 Überkreuzablösung Kap. 9 131 Übernahme von Versorgungszusagen Kap. 9 155

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Unternehmenstransaktion Kap. 10 2 f., 71 Unverfallbarkeit Kap. 8 54 Versorgungszusage bei Erwerber und Veräußerer Kap. 9 127 ff. Versorgungszusage nur bei Erwerber Kap. 9 116 f. Versorgungszusage nur bei Veräußerer Kap. 9 119 ff. Versorgungszusage, Übertragung Kap. 8 425 Voraussetzung Kap. 9 106 ff. Betriebsvereinbarung Auslegung Kap. 1 583 Datenschutz Kap. 7 38, 49, 57 Form Kap. 1 580 Geltung für ausgeschiedene Arbeitnehmer Kap. 1 585 Inhaltskontrolle Kap. 1 584 Jeweiligkeitsgeltung Kap. 1 586 Kündigung Kap. 9 55, 59 ff. Sperrwirkung Kap. 1 581 Umdeutung Kap. 1 582 Unverfallbarkeit Kap. 8 17 Verschlechterung mittels ~ Kap. 9 46 f. Verzicht Kap. 1 580 Zeitwertkonten Kap. 14 117 ff. Betriebsvereinbarungsoffenheit Änderung von Versorgungszusagen Kap. 9 46 ff. Betriebszugehörigkeit Abwesenheitsdaten Kap. 12 3, 13 anrechenbare ~ Kap. 12 3, Kap. 13 439 Betriebsübergänge Kap. 12 13 Dauerkrankheit Kap. 12 3 Elternzeit Kap. 12 3 Entsendung (siehe dort) Kündigungsschreiben Kap. 12 13 mögliche ~ Kap. 8 58 ff. Mutterschutz Kap. 12 3 Sabbatical Kap. 12 3 tatsächliche ~ Kap. 8 52 ff Umfirmierungen Kap. 12 13 Unterbrechung Kap. 12 3, 13 Urlaub, unbezahlter Kap. 12 3 Betroffenenrechte (siehe Datenschutz) Bewertungsannahmen ~, biometrisch Kap. 10 59 ~, feststehend Kap. 10 91

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Stichwortverzeichnis

~, versicherungsmathematisch Kap. 10 47, 89 ~, vorsichtig Kap. 10 107 Angemessenheit Kap. 10 49 Bewertung Pensionsverpflichtungen Kap. 4 34, 43, 46 Diskontierungszins Kap. 10 47 f. Duration Kap. 10 48 Fluktuation Kap. 4 43, 45, 84 IFRS-Bilanz Kap. 10 48 Rechnungszins Kap. 10 48 Trendannahmen Kap. 4 28, 34, 48, 69 f., 84, 108 Unternehmenstransaktion Kap. 10 47 Zinssatz Kap. 10 89 Bewertungsverfahren Anwartschaftsbarwertverfahren Kap. 4 25, 29, 81 Begriff Kap. 4 24 f., Kap. 10 47 Projected Unit Credit Method Kap. 4 25, 29, 81 Teilwertverfahren, modifiziertes Kap. 4 25 ff. Bezugnahme (siehe Verweisung) Bezugsrecht Arten Kap. 6 163, 165 f. Begriff und Grundsatz Kap. 1 387 Bezugsrecht der Pensionskassen Kap. 6 334 Direktversicherung Kap. 1 386 ff. eingeschränkt unwiderrufliches ~ Kap. 1 393, Kap. 6 168, 173 Einschränkung der freien Widerrufbarkeit Kap. 6 165 Fortfall der Versorgungsverpflichtung Kap. 6 164 (Praxistipp) gesetzliches Abtretungs- und Beleihungsverbot Kap. 6 17 gespaltenes ~ Kap. 1 395 f. Kap. 6 162 insolvenzbedingtes Ausscheiden Kap. 6 169 Kündigung Kap. 6 166 Pfändung von Ansprüchen des Arbeitnehmers Kap. 6 176 Umfang Kap. 1 388 unmittelbares Forderungsrecht Kap. 6 162 Unverfallbarkeit Kap. 6 164 ff., 169 unwiderrufliches ~ Kap. 1 391 f., Kap. 6 163 f.

Vertrag zugunsten Dritter Kap. 1 387 widerrufliches ~ Kap. 1 389 f. Bilanzierung (siehe Handelsbilanz) Billigkeitskontrolle (siehe Inhaltskontrolle) Biometrische Risiken (Leistungsarten) Alter (siehe Altersleistung) Begriff Kap. 1 71 Dread Disease (schwere Krankheit) Kap. 1 157 f. Grundfähigkeiten Kap. 1 159 f. Invalidität (siehe Invaliditätsleistung) Krankheit Kap. 1 155 ff. Langlebigkeitsrisiko Kap. 1 374 Numerus clausus Kap. 1 74 Pflegebedürftigkeit Kap. 1 53 steuerlich Kap. 2 6 Tod (siehe Hinterbliebenenleistung) Bochumer Verband (siehe Direktzusage) Bonuspunkte Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 231 Brüssel Ia-VO (siehe Entsendung) Bruttobeiträge (siehe Versicherungsverträge) C Closing Unternehmenstransaktion Kap. 10 89, 94 ff. Code of Conduct, Datenschutz (siehe dort) Content-Management-System Management interner Versorgungsträger Kap. 12 123 CPPI-Modelle (siehe Versicherungsverträge) CTA (Contractual Trust Arrangement), Treuhand Altersteilzeit Kap. 8 329 Anbieterauswahl Kap. 12 208 Aufsicht, VAG, KWG Kap. 8 328 Ausfinanzierung der Versorgungsverpflichtungen Kap. 8 329 Ausgestaltung Sicherungstreuhand Kap. 8 361 Ausgestaltung Verwaltungstreuhand Kap. 8 337 Bedeutung Kap. 8 323 Begriff Kap. 8 324 ff. bilanzielle Effekte Kap. 8 329, 342 (Praxistipp) Checkliste Sicherungstreuhand Kap. 8 361

Stichwortverzeichnis

Checkliste Verwaltungstreuhand Kap. 8 337 Custodian Kap. 8 331, 342 Deckungsvermögen Kap. 8 329 Direktzusage Kap. 1 111, Kap. 8 330 doppelseitige Treuhand Kap. 8 347, 353 doppelstöckige Treuhand Kap.8 336 Due Diligence Kap. 10 20 Durchführungsweg, kein Kap. 8 327 einseitige Treuhand/Verpfändungsmodell Kap. 8 339 einstöckig/einstufig Kap. 8 336 Einzel-CTA Kap. 8 325 fiduziarische Treuhand Kap. 8 333 Finanzierung von Versorgungsverpflichtungen Kap. 8 329 Freiheit des Arbeitgebers Kap. 8 326 fremdnützige Treuhand Kap. 8 332, 348 Funktionsweise Kap. 8 331 ff. Gruppen-CTA Kap. 8 325 Insolvenz des Treuhänders Kap. 8 360 Insolvenzsicherung/Insolvenzschutz Kap. 8 329, 338 ff., Kap. 12 21 Kongruenz der Versorgungsleistung Kap. 8 327 Konzern-CTA Kap. 8 325 Planvermögen (Plan Assets) Kap. 8 329 PSV, Sicherung Kap. 8 343 Rechtsform Kap. 8 324 Schuldbeitritt Kap. 8 350, 355 Sicherungstreuhand Kap. 8 348 ff., 354 Treugut Kap. 8 332 Treuhandvertrag Kap. 8 331 ff., Kap. 10 81, 93 Unternehmenstranskation Kap. 9 103, Kap. 10 81 Verwaltungstreuhand Kap. 8 332 ff., 337 Verwertungsrechte Kap. 8 344, 357 Vorteile Kap. 8 329 Wirkungen Kap. 8 329 Zeitwertkonten Kap. 8 330, Kap. 14 87 f. Curtailments (Plankürzungen) Handelsbilanz IFRS Kap. 4 104, 110 D Data-Matrix-Code Archivierungsdaten Kap. 12 113 Erkennungssoftware Kap. 12 113 Steuerungsinformationen Kap. 12 114

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Daten (Verwaltung einer Direktzusage) Abwesenheitsdaten Kap. 12 3, 13 Anträge Kap. 12 13 Austrittsdatum Kap. 12 3 Beschäftigungsgrad Kap. 12 4, 13 Betriebszugehörigkeit, anrechenbare Kap. 12 3 Betriebszugehörigkeit, Unterbrechung Kap. 12 3, 13 Datenaustausch Kap. 12 91 Datenqualität Kap. 12 88, 92, 105 Datenträger Kap. 12 88, 93 Datenverwaltung Kap. 12 88, 123 Dauerkrankheit Kap. 12 3 digitale ~ Kap. 12 115 EDV-System, Wechsel Kap. 12 4 Einkommen, rentenfähiges Kap. 12 5 Eintrittsdatum Kap. 12 3 Elternzeit Kap. 12 3 Entgelt Kap. 12 5, 13 Entgeltumwandlung Kap. 12 14 Kündigung Kap. 12 13 Mitarbeitergruppe Kap. 12 6 Mutterschutz Kap. 12 3 Personalakte, Kap. 12 11, 14 Sabbatical Kap. 12 3 Schriftformerfordernis Kap. 12 14 Status Kap. 12 6, 13 Teilzeit Kap. 12 4, 13 Übertragungsvereinbarung Kap. 12 13 Unverfallbarkeit Kap. 12 13 Urlaub, unbezahlter Kap. 12 3 Versorgungszusage Kap. 12 3, 13 Zeitdaten Kap. 12 3 Datenraum ~, elektronisch Kap. 10 19 ~, physisch Kap. 10 19 Datenschutz allgemeine Grundsätze der Datenverarbeitung Kap. 7 68 Analyse der Datenflüsse Kap. 7 74 Anfrage der betroffenen Person Kap. 7 37 ff. Anwendungsbereich Kap. 7 5, 14 f. Arbeitnehmerbegriff Kap. 7 55 Aufdrängen von Daten Kap. 7 9 Auftragsverarbeitung Kap. 7 56, 92 ff. außereuropäische Unternehmen Kap. 7 15

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Stichwortverzeichnis

BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) Kap. 7 2, 9, 16, 19 ff., 27 ff., 36 ff., 38, 49 f., 59 ff., 81 ff. Bedeutung Kap. 7 1 Berechtigung zur Datenverarbeitung Kap. 7 24 Beschäftigtenbegriff Kap. 7 55 Beschäftigtendatenschutz Kap. 7 20 ff., 57 Betriebsvereinbarungen Kap. 7 38, 49, 57 Betroffenenrechte Kap. 7 84 Bußgelder Kap. 7 17 Code of Conduct Kap. 7 80 Datenschutzbeauftragte Kap. 7 83, 90, Kap. 12 132 Datenschutzfolgenabschätzung (DSFA) Kap. 7 100 ff. datenschutzrechtliche Kollektivgewalt Kap. 7 23 Datenschutzvereinbarungen Kap. 12 135 Datenstabilität Kap. 7 97 Datenübermittlung an externe Versorgungsträger Kap. 7 62 Direkterhebung Kap. 7 81 f. Dokumentation Kap. 7 18, 72 ff., 93, 100 Dokumentationspflicht Kap. 7 14, 25, 67, 73, 76 ff., 99 Dritterhebung Kap. 7 81, 86 DSGVO, Geltungsbereich Kap. 7 6 Einwilligung Kap. 7 27 ff., 63 Einwilligung, Ausdrücklichkeitserfordernis Kap. 7 36 Einwilligung, Freiwilligkeit Kap. 7 29, 63 Einwilligung, Pauschaleinwilligung Kap. 7 29 Einwilligung, Spezialeinwilligung Kap. 7 107 Einwilligungserklärung, Form Kap. 7 27 f. elektronische Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung Kap. 7 42 Erforderlichkeit Kap. 7 41, 46, 53, 61 f. Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen Kap. 7 42 Erheben von Daten Kap. 7 7 ff. Erhebung personenbezogener Gesundheitsdaten durch den Versicherer bei Dritte Kap. 7 106 Erlaubnistatbestände Kap. 7 24, 31, 37 Gesamtbetriebsvereinbarung Kap. 7 57

Gesundheitsdaten Kap. 7 33 ff., 47 ff., 56, 64 ff., 106 Grundsatz der Datensicherheit Kap. 7 97 Grundsätze der Datenverarbeitung Kap. 7 68 Haftung und Sanktionen Kap. 7 16 Haftung von Auftragsverarbeiter und Verantwortlichem Kap. 7 94 Haftung von Mutter- und Tochtergesellschaft Kap. 7 16 Hinterbliebenenversorgung Kap. 7 89 Identifizierbarkeit Kap. 7 10 immaterielle Schäden Kap. 7 16 individualisierte E-Mail-Adresse Kap. 7 12 Informationspflichten Kap. 7 73, 81, 85 ff. kartellrechtlicher Unternehmensbegriff Kap. 7 16 kollektivrechtliche Vereinbarungen Kap. 7 20, 47, 50, 54 ff., 65 f. Löschkonzepte Kap. 12 120 Marktortprinzip Kap. 7 15 Maßnahmen der Datensicherheit Kap. 7 14 Medienbruch Kap. 7 85 mittelbare Durchführungswege Kap. 7 107 Öffnungsklauseln Kap. 7 6, 19 Opting-Out-Möglichkeit Kap. 7 29 personenbezogene Daten Kap. 7 3 ff., 24 f., 39, 60, 64 f., 83 f., 87 f., 93 Personenbezug Kap. 7 10 Praktikabilität Kap. 12 131 privilegierender Effekt Kap. 7 92 Rechenschaftspflicht Kap. 7 25 Rechtsgrundlage für Verarbeitung sensibler Daten Kap. 7 80 regelmäßige Überprüfung Kap. 7 97 reglementiertes Verfahren Kap. 7 13 Risikobewertung Kap. 7 100 f. Rückgriffsanspruch Kap. 7 94 Schadensersatzanspruch Kap. 7 94 sensible Daten Kap. 7 47 Sprecherausschussrichtlinien Kap. 7 57 Tarifverträge Kap. 7 38 technische und organisatorische Maßnahmen Kap. 7 96 Transportverschlüsselung (TLS) Kap. 7 98 Übermittlung ohne Offenlegung des Personenbezugs Kap. 7 46 unverhältnismäßiger Aufwand Kap. 7 89

Stichwortverzeichnis

verantwortliche Stelle Kap. 7 4, 74 Verarbeitungsbegriff Kap. 7 7 Verarbeitungsverzeichnis Kap. 7 75 Verarbeitungszwecke Kap. 7 56, 77, 85 Verschlüsselung Kap. 7 97, 99 Verteidigung von Rechtsansprüchen Kap. 7 51, 53 Vertragsanbahnungsphase Kap. 7 86 f. Vertragsbegriff, weites Verständnis Kap. 7 38 Vertragserfüllung/vorvertragliche Maßnahmen Kap. 7 37 Verwendung neuer Technologien Kap. 7 102 Wahrung der berechtigten Interessen Kap. 7 43 f. Wechsel der Rechtsgrundlage Kap. 7 31 Weisungsgebundenheit Kap. 7 92 Weitergabe personenbezogener Daten Kap. 7 74 Wiederherstellbarkeit Kap. 7 97 ff. Zertifikate Kap. 7 96 (Praxistipp) Zusammenarbeit mit Rechtsabteilung Kap. 12 135 Zweckänderungen Kap. 7 69 Zweckbindung Kap. 7 67 f. Zweckdienlichkeit Kap. 7 41 zweistufiges Verfahren Kap. 7 10 Deckungslücke bilanzieller Ausweis Kap. 10 59, 63 Defizitbeiträge Kap. 10 67 gemeinschaftlicher Plan Kap. 10 64 Schätzung Kap. 10 66 Unterstützungskasse Kap. 10 80 Deckungsrückstellungsverordnung (siehe versicherungsrechtliche Rahmenbedingungen) Deckungsverhältnis Begriff Kap. 1 46, 345, Kap. 6 154 Inhalt Kap. 1 345 Deckungsvermögen Handelsbilanz Kap. 4 4 f., 7, 15 ff., 54, 59 f., 64 ff., 68, 70 Zeitwertkonten Kap. 14 178 ff. Defined Benefit Begriff Kap. 1 467, Kap. 10 34 Defined Benefit Obligation Kap. 4 81 ff., 93 Defined Benefit Plan Kap. 4 78

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Defined Contribution Begriff Kap. 1 467, Kap. 10 35 Defined Contribution Plan Kap. 4 74 Delegation (siehe Entsendung) Deputate Begriff und Grundsätze Kap. 1 698, Kap. 8 392 Unternehmenstransaktion Kap. 10 29 Deregulierte Pensionskasse (siehe unter Pensionskasse) Deterministische Analyse Begriff und Grundsätze Kap. 5 18, 116, 119 ff. Dienstunfähigkeit Absicherung der ~ Kap. 1 172 Begriff Kap. 1 131 Dienstzeitabhängige Zusagen (siehe Leistungszusagen) Dienstzeitaufwand Handelsbilanz Kap. 4 69 f., 95, 100 ff., 110 f., 116 f. Direkterhebung (siehe Datenschutz) Direktversicherung (Arbeitsrecht) Abfindung Kap. 8 127 Abgrenzung zu anderen Versicherungsverträgen Kap. 1 402 ff. Abtretung Kap. 1 381 anwendbare Vorschriften Kap. 6 50 Ausgestaltung des Versicherungsvertrags Kap. 1 397 ff., Kap. 6 177, 185 Belegschaftsgeschäft Kap. 1 251, 378 (Fettnapf) Beleihung Kap. 1 381 ff. Berufsunfähigkeit-/Erwerbsunfähigkeitsversicherung Kap. 1 403, 405 betriebsrentenrechtliches Verfügungsverbot Kap. 6 154 biometrisches Risiko, Leistungsarten Kap. 1 398, 402 ff., Kap. 6 305 Deckungsverhältnis Kap. 1 376, Kap. 6 154 Definition Kap. 1 374, Kap. 6 155 Dread-Disease-Versicherung Kap. 1 403, 405 Entsendung (siehe dort) fondsgebundene Produkte (siehe dort) Garantie und Garantiemodelle Kap. 1 400, Kap. 6 186

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Stichwortverzeichnis

Grundfähigkeitsversicherung Kap. 1 403, 405 hybride Produkte (siehe dort) Inanspruchnahme, vorgezogene Kap. 8 174 ff. Insolvenzsicherung, private Kap. 8 260 ff. kapitalbildende Lebensversicherung Kap. 1 398 Kapitalisierungsgeschäfte Kap. 1 374 (Fettnapf) Lebensversicherung (siehe dort) Leistungsformen, Kapital, Rente Kap. 1 399 Leistungshöhe Kap. 1 400 Leistungsverhältnis/ Zuwendungsverhältnis Kap. 1 376, Kap. 6 154 Pflegeversicherung Kap. 1 403 Portabilität Kap. 6 151 Prämienverzug des Arbeitgebers Kap. 6 288 Rechtsverhältnisse Kap. 1 376, Kap. 6 154 Rentenversicherung Kap. 1 399 Risikolebensversicherung Kap. 1 398 Rückdeckungsversicherung, Abgrenzung zur Kap. 1 387 (Praxistipp) Überschussbeteiligung Kap. 1 401 Unfallversicherung Kap. 1 403, 406 Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückzahlung Kap. 1 403 Unverfallbarkeit dem Grunde nach Kap. 8 38 ff. Unverfallbarkeit der Höhe nach Kap. 8 69 ff. Verpfändung Kap. 1 381 ff. Verschaffungsanspruch Kap. 6 152 Versicherte Person Kap. 1 385 Versicherungsnehmer, Arbeitgeber Kap. 1 377 ff., Kap. 6 154 Versicherungsnehmer, Arbeitnehmer Kap. 1 384 Versicherungsvertrag Kap. 1 378 Versorgungsleistung, Anpassung der Kap. 8 440 ff. vorvertragliche Anzeigepflicht Kap. 6 224 Zusagearten Kap. 1 375 Direktversicherung (Steuer- und Beitragsrecht) Altersentlastungsbetrag Kap. 2 162 Altzusage Kap. 2 146 f.

Aufwendungen, beitragsrechtlich Kap. 3 7 ff. Besteuerung, Beiträge Kap. 2 130 ff. Besteuerung, Kapitalleistung Kap. 2 166 f. Besteuerung, Rentenleistung, Grundsatz Kap. 2 162 Besteuerung, Rentenleistung Kap. 2 164 Betriebsausgabenabzug Kap. 2 96 ff. Gegenrechnung, § 3 Nr. 63 EStG und § 40b EStG Kap. 2 151 Leistungen, beitragsrechtlich Kap. 3 35 f., 60 ff., 74 Nachzahlungsmöglichkeit, Beiträge, steuerrechtlich Kap. 2 139 ff Pauschalbesteuerung, Beiträge Kap. 2 146 Riesterförderung, Beiträge, steuerrechtlich Kap. 2 153 ff. Sonderausgabenabzug, Beiträge Kap. 2 152, 153 ff. Vertrag zugunsten Dritter Kap. 2 91 Vervielfältigungsregel, Beiträge, steuerrechtlich Kap. 2 134 ff. Werbungskostenpauschale, Leistung, steuerrechtlich Kap. 2 163 Direktversicherung (Versicherungsrecht) Ausgestaltung des Versicherungsvertrags Kap. 1 397 ff., Kap. 6 177, 185 Beitragsfreistellung Kap. 6 293 Bezugsrecht (siehe auch dort) Kap. 6 162 Deckungsverhältnis Kap. 1 376, Kap. 6 154 Gruppenversicherung Kap. 6 311 Haftungszusammenhänge Kap. 6 197 Informations-, Auskunfts- und Beratungspflichten Kap. 6 197, 202 (siehe auch dort) Inhalt Kap. 6 152 keine Pflicht zur Insolvenzsicherung Kap. 6 151 Kündigung Kap. 1 380 ff., Kap. 6 293 Leistungsverhältnis/ Zuwendungsverhältnis Kap. 1 376, Kap. 6 154 Prämienverzug des Arbeitgebers Kap. 6 288 schriftliche Einwilligung des Arbeitnehmers Kap. 6 247

Stichwortverzeichnis

Verfügungen über die Versicherungsleistung Kap. 1 381 ff., Kap. 6 303 Versorgungsträger Kap. 6 151 Direktversicherung (weiteres) Anbieterauswahl Kap. 12 142 Bedeutung und Hintergrund Kap. 1 373, Kap. 6 155 betriebswirtschaftliche Betrachtung Kap. 5 91, 103, 132 Datenschutz Kap. 6 248 GGF (siehe dort) Vorteile Kap. 1 373, Kap. 6 151 Direktzusage (Arbeitsrecht) Ausgestaltung Kap. 1 366 ff. Begriff Kap. 1 349, 365 Bochumer Verband Kap. 1 368 CTA Kap. 1 372 Entsendung (siehe dort) Essener Verband Kap. 1 368 Finanzierung Kap. 1 369 ff. kongruent rückgedeckte ~ (siehe rückgedeckte Direktzusage) Rückdeckungsversicherung (siehe rückgedeckte Direktzusage) rückgedeckte ~ (siehe dort) Versorgungsleistung, Anpassung der Kap. 8 396 Zusagearten Kap. 1 366 Direktzusage (Steuer- und Beitragsrecht) Aufwendungen, beitragsrechtlich Kap. 3 5 Besteuerung Arbeitnehmer, Anwartschaftsphase Kap. 2 124 f. Besteuerung Arbeitnehmer, Leistungsphase, Fünftelungsregelung Kap. 2 129 Besteuerung Arbeitnehmer, Leistungsphase, Grundsatz Kap. 2 127 Besteuerung Arbeitnehmer, Leistungsphase, Versorgungsfreibetrag und Zuschlag Kap. 2 128 Besteuerung, Arbeitgeber Kap. 2 2 Bilanzansatz Kap. 2 11 Gewinn- und Verlustrechnung (siehe dort) Leistungen, beitragsrechtlich Kap. 3 35 f. Pensionsrückstellungen (siehe dort) Rechtsanspruch, steuerrechtlich Kap. 2 22 ff. rückgedecke ~ (siehe dort) Steuerprogression, gemilderte Kap. 2 129

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Verfügungsmacht, wirtschaftliche Kap. 2 124 Zufluss, steuerlich Kap. 2 125 ff. Direktzusage (weiteres) Bedeutung und Hintergrund Kap. 1 363 f. betriebswirtschaftliche Betrachtung Kap. 5 33, 44 ff., 49, 52 f., 57 f., 63, 72 ff., 92 ff., 99 ff., 119 ff., 146, 158 Gesellschafter-Geschäftsführer (siehe dort) Handelsbilanz Kap. 4 1, 3 ff., 13, 17 f., 22, 25, 41, 48, 52, 59, 61, 65 f., 70 f., 79 f., 89, 91, 109, 122 Unternehmenstransaktion, Fortführung Unterstützungskasse Kap. 10 80 Unternehmenstransaktion, Liquiditätsabfluss Kap. 10 53 Unternehmenstransaktion, Rentnergesellschaft Kap. 10 102 Vorteile Kap. 1 364 Disclosures Handelsbilanz Kap. 4 114 Diskriminierung (siehe Gleichbehandlung) Dokumentationspflicht, Datenschutz (siehe dort) Dokumentenmanagement Dokumentenverwaltung Kap. 12 123 Systeme Kap. 12 109 Doppelbesteuerungsabkommen (siehe Entsendung) Doppelseitige Treuhand Absonderungsrecht Kap. 8 352 f. Begriff Kap. 8 347 ff. Begründung Kap. 8 349 Funktionsweise Kap. 8 349 ff. Insolvenzanfechtung Kap. 8 353 (Fettnapf) PSV, Eintrittspflicht Kap. 8 354 ff. Schuldbeitritt Kap. 8 350 f., 355 Sicherungsfall Kap. 8 361 (Checkliste) Sicherungsrangfolge Kap. 8 361 Sicherungstreuhand Kap. 8 348, 361 (Checkliste) Verwaltungstreuhand Kap. 8 337 (Checkliste) Verwertungsrechte Kap. 8 357 ff. Vorteile Kap. 8 347 (Praxistipp)

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Stichwortverzeichnis

Dotierungsrahmen ~ des § 3 Nr. 63 EStG Kap. 2 132 Änderung von Versorgungszusagen Kap. 8 30, 50 Mitbestimmung des Betriebsrats, keine Kap. 1 778 Dread-Disease-Versicherungen (siehe unter Versicherungsverträge) Drei-Stufen-Theorie Anwendungsbereich Kap. 9 71, 73 Besitzstandsstufen Kap. 9 73 ff. Betriebsvereinbarung Kap. 9 71 Eingriffe in die zeitanteilig erdiente Dynamik Kap. 9 77 ff. Eingriffe in dienstzeitabhängige Steigerungsraten Kap. 9 81 ff. Eingriffe in erdiente Anwartschaften Kap. 9 74 ff. Gründe, sachliche Kap. 9 36, 94 Gründe, sachlich-proportionale Kap. 9 73, 82 Gründe, zwingende Kap. 9 73, 76 Substanzgefährdung des Unternehmens (siehe dort) Tarifvertrag, Besonderheit Kap. 9 92 ff. Wegfall der Geschäftsgrundlage (siehe dort) Dritterhebung (siehe Datenschutz) Drittstaatenverordnung (siehe Entsendung) DSGVO (siehe Datenschutz) Due Diligence Buy Side Due Diligence Kap. 10 25 Datenraum Kap. 10 16, 26 Expertentreffen Kap. 10 23 f. Fact Book Kap. 10 14 ff., 26 Financial Due Diligence Kap. 10 25 ff., 45 Fragen- und Antwortenprozess Kap. 10 22 ff. Information Memorandum Kap. 10 15 Legal Due Diligence Kap. 10 25, 71 Pension Due Diligence Kap. 10 13 f., 25 ff., 40, 49, 54 ff., 63 ff., 69 ff., 81, 113 Pensionsfonds Kap. 10 20 Red Flag-Bericht Kap. 10 28 Tax Due Diligence Kap. 10 25, 71 Treuhänder Kap. 10 20 Unterstützungskasse Kap. 10 20 Vendor Due Diligence Kap. 10 14 ff, 26, 81

Dunkelverarbeitung Begriff und Grundsätze Kap. 12 98 Durchführungswege (betriebswirtschaftlicher Vergleich) Aufwand Kap. 5 127 deterministische Analyse Kap. 5 116, 119 Direktversicherung Kap. 5 91, 103, 132 Entgeltumwandlung Kap. 5 123 Ertragslage Kap. 5 25 Finanzlage Kap. 5 24 Gewinnermittlung, periodengerechte Kap. 5 3 Gewinn- und Verlustrechnung Kap. 5 4, 10, 25 ff., 76 Handels- und Steuerbilanzwert Kap. 5 56 Investitionsrechnung Kap. 5 14 kongruent rückgedeckte Direktzusage Kap. 5 21 kongruent rückgedeckte Unterstützungskasse Kap. 5 21, 81, 96, 106, 134 Liquidität Kap. 5 11 Lohnsteuerfreiheit Kap. 5 135 pauschaldotierte/reservepolsterfinanzierte Unterstützungskasse Kap. 5 21 Personenbestandsentwicklung Kap. 5 16 Prämienzahlung Kap. 5 134 Rückdeckungsversicherung Kap. 5 133 Vermögenslage Kap. 5 4, 24 Durchführungswege (rechtlich) Direktversicherung (siehe Direktversicherung) Direktzusage (siehe Direktzusage) gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien Kap. 1 344 (Praxistipp), 530 mittelbare Durchführungswege (siehe mittelbare Zusage) Numerus clausus Kap. 1 339 Pensionsfonds (siehe Pensionsfonds) Pensionskassen (siehe Pensionskasse Pensionszusage (siehe Direktzusage) rechtliche Folgen Kap. 1 352 ff. Rechtsgrundlage, national Kap. 6 14 Übersicht Kap. 1 341 ff. unmittelbare ~ (siehe unmittelbare Zusage) Unterstützungskasse (siehe Unterstützungskasse)

Stichwortverzeichnis

versicherungsförmige ~ (siehe versicherungsförmige Versorgungszusagen) Wahl des ~ Kap. 1 356 ff. Zusagearten, mögliche Kap. 1 560 zuständige Aufsichtsbehörde Kap. 6 17 Durchführungswegewechsel (siehe Wechsel des Durchführungswegs) Dynamik, erdiente Änderung von Versorgungszusagen Kap. 9 77 Dynamisierung gesetzlich unverfallbare Anwartschaften Kap. 8 94 ff., Kap. 12 27 Pflicht zur ~, Änderung von Versorgungszusagen Kap. 9 75 Pflicht zur ~, Entsendung Kap. 13 441 Rentenleistungen Kap. 1 213 E EbAV II-Richtlinie Begriff und Inhalt Kap. 6 17, 48 (Beispiel), 85 (Praxistipp), 215 Erleichterungen Kap. 6 48 Echte Gruppenversicherung (siehe Gruppenversicherung) Ehegatten mitarbeitende ~ Kap. 1 64 Ehescheidung (siehe Versorgungsausgleich) Eigenbeiträge Begriff und Grundsätze Kap. 1 709 Umfassungszusage Kap. 1 710 Eigenbeteiligung Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 290 Eigenkapital ~, Verzinsung, Änderung von Versorgungszusagen Kap. 9 83 ~, Verzinsung, Anpassung der Versorgungsleistung Kap. 8 416 Begriff und Bedeutung Kap. 8 709 Vergleich der Durchführungswege Kap. 5 97, 99 f., 105 ff., 121, 146 Einbringung in Zeitwertkonten (siehe dort) Eindeutigkeit der Versorgungszusage GGF Kap. 13 27 Eingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht (siehe Bezugsrecht)

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Eingliederung, organisatorische (siehe Entsendung) Eingriffsnorm (ordre public) (siehe Entsendung) Einrichtungen der Zusatzversorgung für den öffentlichen Dienst (siehe unter Zusatzversorgungskassen) Einsatzort, wechselnd (siehe Entsendung) Einseitige Treuhand Begriff und Bedeutung Kap. 8 329 Checkliste Verwaltungstreuhand Kap. 8 337 PSV, Eintrittspflicht Kap. 8 343 Verpfändungsgegenstand Kap. 8 340 ff. Verwaltungsaufwand Kap. 8 346 Verwertungsrechte Kap. 8 344 ff. Einstandspflicht des Arbeitgebers Begriff und Grundsatz Kap. 1 350 f., 683 Erfüllung Kap. 1 692 Sanierungsklausel Kap. 1 691 Einstrahlung (siehe Entsendung) Einvertragsmodell (siehe Entsendung) Einwilligung (siehe Datenschutz) Einzelunternehmer persönlicher Anwendungsbereich des BetrAVG Kap. 1 300 Einzelvertragliche Bezugnahme auf Tarifvertrag (siehe Verweisung) Einzelzusage Änderung Kap. 1 592 Auslegung Kap. 1 596 Form Kap. 1 593 Günstigkeitsprinzip Kap. 1 595 Inhaltskontrolle Kap. 1 597 EIOPA Stresstest für EbAV Kap. 6 73 Elektronische Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung (siehe Datenschutz) Elternzeit Unverfallbarkeit Kap. 8 34 Endgehaltsabhängige Zusagen (siehe Leistungszusagen) Engere Verbindung (siehe Entsendung) Entgeltcharakter der bAV Änderung von Versorgungszusagen Kap. 8 26 Grundsatz Kap. 1 24, 673 Entgeltumwandlung Abfindung Kap. 8 106

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Stichwortverzeichnis

Anspruch auf Kündigung Versorgungsvertrag Kap. 1 725 Anspruch auf, gesetzlicher Kap. 1 713 Anwartschaft Kap. 6 193 Arbeitgeberzuschuss (siehe dort) Begriff und Grundsatz Kap. 1 31 Beitragspflicht Kap. 8 211 betriebswirtschaftlich Kap. 5 123 Durchführungsweg Kap. 1 720 Fortführung in entgeltfreien Zeiten Kap. 1 723 Höchstumwandlungsbetrag Kap. 1 716 Insolvenzsicherung, gesetzliche Kap. 8 259 Jahresarbeitsentgeltgrenze Kap. 3 26 ff. Minderung von Ansprüchen aus Sozialversicherung Kap. 3 17 Mindestumwandlungsbetrag Kap. 1 716 objektive Betrachtung Kap. 6 193 Riester-Förderung Kap. 1 722 Tarifentgelt Kap. 1 700 Unverfallbarkeit dem Grunde nach Kap. 8 43 ff. Unverfallbarkeit der Höhe nach Kap. 8 67 ff. Wertgleichheit Kap. 1 703 Zeitwertkonten (siehe dort) Entnahmerechte (siehe Zeitwertkonten) Entsendung Abfindung Kap. 13 444, 476 Abordnung Kap. 13 396 Anpassungsprüfung Kap. 13 446 f. Anrechnung Auslandsversorgung Kap. 13 448 Arbeitsort, gewöhnlicher Kap. 13 387 ff. arbeitsrechtlicher Rahmen Kap. 13 379 ff. Aufnahme in inländisches Versorgungswerk Kap. 13 546 f., 570 f. Auslands-Rentner Kap. 13 578 Auslandstätigkeitserlass Kap. 13 508 Ausstrahlung Kap. 13 392, 480 f. Bagatellanwartschaften Kap. 13 476 Beitragspflicht, Auslandsrente Kap. 13 497 f. Beratervertrag Kap. 13 533, 540, 559 Besteuerung, Leistungsphase Kap. 13 576 ff. betriebliche Veranlassung Kap. 13 519 f. Betriebsstätte Kap. 13 439

Betriebsvereinbarung Kap. 426 Betriebszugehörigkeit Kap. 439, 440 Brüssel Ia-VO Kap. 13 459 Delegation Kap. 13 370 Dienstreise Kap. 13 396 Direktversicherung Kap. 13 541 ff., 558 ff. Direktzusage Kap. 13 529 ff., 555 ff. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) Kap. 13 506 Drittstaatenverordnung Kap. 13 490 Dynamisierungspflicht Kap. 13 441 Eingliederung, organisatorische Kap. 13 481 Eingriffsnorm (siehe „ordre public“) Einsatzort, wechselnd Kap. 13 390 Einstrahlung Kap. 13 392, 482 f. Einvertragsmodell Kap. 13 375 f. engere Verbindung Kap. 13 401 ff. entgeltfreie Zeiten, Nachdotierung Kap. 13 562 ff. Entsendeausweis Kap. 13 495 Entsendung, Definition Kap. 13 367 ff., 516 ff. Erstattungsmodell Kap. 13 522, 534 (Praxistipp) Erstattungszahlungen Kap. 13 526 erstes Dienstverhältnis Kap. 13 542, 559 ff. EU-einheitliche Rahmenbedingungen Kap. 13 465 ff. EuGVVO Kap. 13 458 EU-Vertrag Kap. 13 466 Formular A1 Kap. 13 495 Fortführung Auslands-bAV Kap. 13 551, 566, 574 f. Fortführung Inlands-bAV Kap. 13 528 ff. Freistellungsbescheinigung Kap. 13 511 Freizügigkeits-Richtlinie Kap. 13 469 f. Fremdvergleich Kap. 13 520 Gerichtsstandsvereinbarung Kap. 13 463 gewöhnlicher Aufenthalt Kap. 13 503 GGF (siehe Nicht-Arbeitnehmer) Günstigkeitsvergleich, Rechtswahl Kap. 13 414 ff. Inbound Kap. 13 372 f., 526 f., 545 ff., 568 ff. Informationspflichten Kap. 13 476 Insolvenzschutz Kap. 13 435 ff. Insolvenzschutz-Richtlinie Kap. 13 472 f.

Stichwortverzeichnis

Internationales Privatrecht Kap. 13 380 f. Konzern Kap. 13 371, 774, 378, 439, 514, 574 Körperschaftsteuerfreiheit Kap. 13 537 ff., 549, 572 f. Leistungshöhe Kap. 13 449 ff. Leistungsphase Kap. 13 576 ff. Mehrvertragsmodell Kap. 13 377 f. Mittelpunkt der arbeitsrechtlichen Beziehungen Kap. 13 390 Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit, Unterstützungskasse Kap. 13 540 Mobilitäts-Richtlinie Kap. 13 474 ff. Nachweisgesetz Kap. 13 409 Nicht-Arbeitnehmer Kap. 13 424 Niederlassung, einstellende Kap. 13 399 f. OECD-Musterabkommen Kap. 13 509, 577 Öffentlicher Dienst Kap. 13 512 ordre public Kap. 13 419 ff. organisatorische Eingliederung Kap. 13 481 Ortskraft Kap. 13 368 Outbound Kap. 13 372 f., 514 ff., 528 ff. Pensionsfonds Kap. 13 541 ff., 558 ff. Pensionskasse Kap. 13 541 ff., 558 ff. Progressionsvorbehalt Kap. 13 561 Projektbezogenheit Kap. 13 394 PSV Kap. 13 437 ff. Quellenstaat Kap. 13 506 Rechtswahl Kap. 13 423 (Prüfschema) Kap. 13 452 ff. Rechtswahl, keine (Prüfschema) Kap. 13 406 Rechtswahl, konkludente Kap. 13 409 Rechtswahl, zwingendes Recht Kap. 13 408, 412 f. Rechtsweg Kap. 13 458 ff. Rom I-VO Kap. 13 380 ff. Rückkehroption Kap. 13 397 Ruhendvereinbarung Kap. 13 377, 525, 457 (Checkliste), 560 Sachgruppenvergleich Kap. 13 415 Schleckerentscheidung Kap. 13 405 Sozialversicherungsabkommen Kap. 13 484 Sozialversicherungsrechtlicher Rahmen Kap. 13 477 ff. Sozialversicherungsstatut Kap. 13 478

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Steuerpflicht, beschränkte Kap. 13 502, 553, 578 Steuerpflicht, unbeschränkte Kap. 13 501, 553 steuerrechtlicher Rahmen, Arbeitgeber Kap. 13 499 ff. steuerrechtlicher Rahmen, Arbeitnehmer Kap. 13 553 ff. Tarifvertrag, engste Verbindung Kap. 13 429 ff. Tätigkeit, vorübergehend Kap. 13 392 Tätigkeitsstaat, Besteuerungsrecht Kap. 13 509 Teilrechtswahl Kap. 13 411 Territorialitätsprinzip Kap. 13 426, 478 Tochtergesellschaft, ausländische Kap. 13 439, 481 Übertragung Kap. 13 442 f., 557, 567 Übertritt Kap. 13 372 Unterstützungskasse Kap. 13 535 ff., 555 ff. Unverfallbarkeit Kap. 13 440 ff. Vergleichbarkeit. Versorgungsträger Kap. 13 575 Verordnung 883/04 Kap. 13 487 ff. Verpfändungsmodell Kap. 13 456 Versetzung Kap. 13 372, 504 Vertrag, dreiseitiger Kap. 13 378 Vervielfältiger Kap. 13 565 vorübergehende Verrichtung Kap. 13 392 f. vorzeitige Altersleistung Kap. 13 445 Welteinkommen Kap. 13 501, 506 wirtschaftliche Betrachtungsweise Kap. 13 510 wirtschaftliches Interesse Kap. 13 519 Wohnsitz Kap. 13 503 Wohnsitzstaat, Besteuerungsrecht Kap. 13 510 Erbschaftssteuer Besteuerung der Versorgungsleistung, GGF Kap. 13 102 f. Erdienbarkeit GGF Kap. 13 81 Erfüllungsbetrag Bilanzierung Kap. 4 5, 23

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Stichwortverzeichnis

Ergänzende Vertragsauslegung Begriff und Grundsätze Kap. 1 44 bei unangemessener Benachteiligung Kap. 1 706 bei Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot Kap. 1 44 (Beispiel) Erhebung von Daten (siehe Datenschutz) Erlassvertrag Änderung von Versorgungszusagen Kap. 8 17 Erlaubnistatbestände (siehe Datenschutz) Erlöschen der Versorgungsverpflichtung Beitragszusage mit Mindestleistung Kap. 1 509 durch Änderung/Aufhebung Kap. 1 50 durch Erfüllung Kap. 1 51 ff. durch vorzeitiges Ausscheiden Kap. 1 55 durch Wechsel des Versorgungsschuldners Kap. 1 56 ff. reine Beitragszusage Kap. 1 535 Erstattungsansprüche Bilanzierung IFRS Kap. 4 94, 106 Erstattungsmodell (siehe Entsendung) Erstattungsverfahren Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 350 Erstes Dienstverhältnis beitragsrechtlich Kap. 2 16 Entsendung Kap. 13 526, 542, 559 ff. steuerrechtlich Kap. 2 113, 145 (Beispiel) Erteilung einer Versorgungszusage (siehe Versorgungszusage) Ertragsanteilbesteuerung Begriff und Grundsätze Kap. 2 164 f. Übernahme von Anwartschaften Kap. 2 245 Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 329 Erwerbsminderung Begriff und Absicherung Kap. 1 129, 171 (Fettnapf), Kap. 12 45 Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 204, 209, 225, 234 Erwerbsunfähigkeit Absicherung Kap. 1 151 Begriff Kap. 1 129, Kap. 6 307

Erwerbsunfähigkeitsversicherung (siehe Versicherungsverträge) Essener Verband (siehe Direktzusage) EUGVVO (siehe Entsendung) Europäisches Altersvorsorgeprodukt Begriff und Inhalt Kap. 6 24 Ewiges Widerspruchs-/Rücktrittsrecht Versicherungsvertrag Kap. 6 272 Externe Finanzierung Bausteinzusagen Kap. 1 111 (Beispiel) Begriff Kap. 1 111, 369 CTA Kap. 8 327 Direktzusage Kap. 1 369 Rückdeckungsversicherung Kap. 1 111 (Beispiel) wertpapiergebundene Zusagen Kap. 1 111 (Beispiel), 488 (Praxistipp) Externe Teilung angemessene Zielversorgung Kap. 11 91 Ausgleichswert, Festsetzung Kap. 11 97 Ausgleichswert, maximale Höhe Kap. 11 88 Definition Kap. 11 85 Fristsetzung des Familiengerichts Kap. 11 94 kleinerer Ausgleichswert Kap. 11 87 Kontrollpflicht des Familiengerichts Kap. 11 91 Rechtsfolgen Kap. 11 95 Sicherungsabtretung Kap. 11 279 Sozialversicherungsrecht (siehe dort) steuerliche Folgen bei Ausgleichspflichtigem Kap. 11 91, 302 Teilungskosten, keine Kap. 11 99 unzulässig Kap. 11 92 Vereinbarung Kap. 11 87 verfahrensrechtliche Anforderungen Kap. 11 93 Verlangen des Versorgungsträgers Kap. 11 88 Versorgungsausgleichskasse Kap. 11 92 Verwaltung Kap. 12 83 Voraussetzungen Kap. 11 86 Wahlrecht der ausgleichsberechtigten Person bzgl. Zielversorgung Kap. 11 89 Wahlrechtsausübung ohne Rechtsanwalt Kap. 11 92 Zielversorgung Kap. 11 90

Stichwortverzeichnis

F Fact Book (siehe Due Diligence) Familienmitglieder mitarbeitende ~ Kap. 1 64 Fehlende Ausgleichsreife (Versorgungsausgleich) abschmelzende Leistung Kap. 11 137 ausländischer Versorgungsträger Kap. 11 137 Definition Kap. 11 136 Folgen Kap. 11 138 nicht hinreichend verfestigtes Anrecht Kap. 11 137 überstaatlicher Versorgungsträger Kap. 11 137 Unwirtschaftlichkeit für ausgleichsberechtigte Person Kap. 11 137 Zeitpunkt für die Feststellung der ~ Kap. 11 137 zwischenstaatlicher Versorgungsträger Kap. 11 137 Fehlentwicklung der bAV Änderung von Versorgungszusagen Kap. 9 82 Festbetragszusagen (siehe Leistungszusagen) Finanzaufsicht Abgrenzung zur Rechtsaufsicht Kap. 6 46 spezielle finanzbezogene Befugnisse Kap. 6 42 Ziel Kap. 6 41 Zuständigkeit Kap. 6 47 Finanzierbarkeit der Zusage GGF Kap. 13 86 Firmenfortführung Wechsel des Versorgungsschuldners Kap. 9 153 Flexible-Benefits-Modelle Begriff Kap. 1 73 Fluktuation Bewertungsannahmen Kap. 4 43, 45, 84 Fondsgebundene Lebensversicherung begrenzte Risiken Kap. 6 182 Eigentum an Fondsanteilen Kap. 6 183 garantierte Leistungshöhe Kap. 6 182 Grundsatz Kap. 1 400 kollektiver Ansparvorgang Kap. 6 182 Reinform Kap. 6 183 Renditechancen Kap. 6 181 Sondervermögen Kap. 6 183

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Sparanteile Kap. 6 183 Streuung der Kapitalanlagen Kap. 6 182 Versorgungsausgleich Kap. 11 18, 269 ff. Wertentwicklung Kap. 6 183 Wertgleichheit Kap. 6 194 Zeitwertkonten Kap. 14 181 Forderungsübergang auf den PSV CTA Kap. 8 345, 354 ff., 359 gesetzliche Insolvenzsicherung Kap. 8 289 ff., 316 verpfändete Rückdeckungsversicherung Kap. 8 322 Formular A1 Entsendung Kap. 13 495 Freistellung, Zeitwertkonto (siehe dort) Freiwillige Versicherung Definition Kap. 6 145 eigener Abrechnungsverband Kap. 6 36 Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 276 Freiwilligkeit der bAV (siehe betriebliche Altersversorgung) Freizügigkeit-Richtlinie Entsendung Kap. 13 469 f. Fremdgeschäftsführer Begriff Kap. 13 2 Fremdvergleich Entsendung Kap. 13 520 GGF Kap. 13 40, 63 mitarbeitende Familienangehörige, Ehegatten und Gesellschafter Kap. 1 64 (Praxistipp) Frühestmögliche Inanspruchnahme GGF Kap. 13 84 G Garantiemodelle beitragsfreie Versicherungsleistung Kap. 6 187 nicht-versicherungsförmige Garantien Kap. 6 116 (Praxistipp) versicherungsförmige Garantien Kap. 6 119 Versicherungsvertrag, Aufbauphase Kap. 6 186 Versicherungsvertrag, endfällige Garantie Kap. 6 187 Versicherungsvertrag, Höhe der prämienfreien Leistung Kap. 6 187

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Versicherungsvertrag, Übersicht Kap. 1 400 Versicherungsvertrag, Vertragsablauf Kap. 6 186 Garantien Unternehmenstransaktion Kap. 10 94 ff. Garantieverbot Pensionsfonds Kap. 4 42 ff. reine Beitragszusage Kap. 1 539 Gegenwert Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 349 Gehaltsabhängige Versorgungszusage Begriff und Ausgestaltung Kap. 1 101 (Beispiele), 164 (Beispiele), 649 Entsendung Kap. 13 441 GGF Kap. 13 18 f., 85 Inflationsrisiko Kap. 5 161 Unternehmenstransaktion Kap. 10 34 vorzeitiges Ausscheiden Kap. 8 66 Gerichtsstandsvereinbarung Entsendung Kap. 13 463 Geringfügige Beschäftigung Auswirkungen auf beitragsrechtlichen Status Kap. 3 21 f. Geringverdiener ausländische Verleiher Kap. 2 114 Dienstverhältnis, erstes Kap. 2 113 Förderung Kap. 2 113 inländische Arbeitgeber Kap. 2 114 Lohnzahlungszeitraum Kap. 2 116 Geringverdienerförderung Abschluss- und Vertriebskosten Kap. 2 122 Arbeitgeberbeitrag, zusätzlich Kap. 2 118 Kapitalwahlrecht Kap. 2 122 Rente, Auszahlungsplan Kap. 2 113 Vorliegen Voraussetzungen Kap. 2 121 Gesamtrechtsnachfolge Anwendbarkeit von § 613a BGB Kap. 9 143 Unternehmenstransaktion Kap. 10 2 Unverfallbarkeit Kap. 8 54 Gesamtschuldnerschaft gesamtschuldnerische Haftung (siehe unter Haftung) von Arbeitgeber und Unterstützungskasse Kap. 1 454 Gesamtversorgungszusage (siehe Leistungszusage)

Gesamtzusage Änderung Kap. 1 602 Auslegung Kap. 1 606 Betriebsvereinbarungsoffenheit Kap. 9 48 Dotierungsrahmen Kap. 9 30, 55, 86 Erteilung der Zusage Kap. 1 30 Günstigkeitsvergleich, kollektiver Kap. 9 46, 50 f. Inhaltskontrolle Kap. 1 607 Jeweiligkeitsgeltung Kap. 1 602 Verschlechterung durch Betriebsvereinbarung Kap. 9 46 f. Geschäftsführer (siehe Organmitglieder) Geschäftsvorfallbearbeitung Aufbewahrung Kap. 12 108 Cloud-Lösungen Kap. 12 107 Digitalisierung Kap. 12 109 Index für Archiv-Informationen Kap. 12 110 ff. Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft Geschäftsführer (siehe GesellschafterGeschäftsführer) persönlicher Anwendungsbereich des BetrAVG Kap. 1 301 ff. Gesellschafter einer Personengesellschaft GmbH & Co KG Kap. 1 313 ff. Kommanditist Kap. 1 311 Komplementär einer KG Kap. 1 310 OHG Kap. 1 310 persönlich haftender Gesellschafter Kap. 1 309 f. persönlicher Anwendungsbereich des BetrAVG Kap. 1 308 ff. Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) Abfindung Kap. 13 125 Abfindungsbetrag, Höhe Kap. 13 134 Altersgrenze Kap. 13 14 Angemessenheit Kap. 13 60 Anpassung der Anwartschaft Kap. 13 18 Anpassung der Versorgungsleistung Kap. 13 17 Anwendbarkeit des BetrAVG Kap. 13 7 Ausscheiden als Leistungsvoraussetzung Kap. 13 90 Ausscheiden vor Leistungsbezug Kap. 13 16 Begriff GGF Kap. 1 302, Kap. 13 104 beherrschender GGF, Begriff Kap. 1 303 Besteuerung der Leistungen Kap. 13 101

Stichwortverzeichnis

CTA Kap. 13 110 Direktversicherung Kap. 13 99 Eindeutigkeit der Versorgungszusage Kap. 13 27 Erdienbarkeit Kap. 13 81 Finanzierbarkeit Kap. 13 86 Fremdgeschäftsführer Kap. 13 2 Fremdvergleich Kap. 13 40, 63 frühestmögliche Inanspruchnahme Kap. 13 84 gehaltsabhängige Versorgungszusage Kap. 13 18 Gesellschafterversammlung, Zuständigkeit der Kap. 13 23 gewinnabhängige Versorgungszusage Kap. 13 32 GmbH & Co KG Kap. 1 313 ff. Hinterbliebenenleistungen, Besteuerung Kap. 13 102 Insolvenzsicherung Kap. 13 20,104 Insolvenzsicherung nach Erreichen des Pensionsalters Kap. 13 110 Insolvenzsicherung Verpfändung Kap. 13 109 Insolvenzsicherung, Gesellschafterbeschluss Kap. 13 109 interne Teilung (siehe dort) Leitungsmacht Kap. 1 303 ff., 314 Liquidationsversicherung Kap. 13 141 Mehrheitsgesellschafter Kap. 1 305 Minderheitsgesellschafter Kap. 1 306 ff. Nachzahlungsverbot Kap. 13 51 Pensionsalter Kap. 13 65 Pensionsfonds Kap. 13 99 Pensionskasse Kap. 13 99 Probezeit (siehe dort) Rechtsanspruch auf Versorgungsleistung Kap. 13 23 rechtzeitig erteilte Versorgungszusage Kap. 13 50 Rentenanpassung Kap. 13 17 Rentenbezug und Aktivgehalt Kap. 13 90 Schriftform der Versorgungszusage Kap. 13 27 Statuswechsel, Insolvenzsicherung (siehe dort) steuerliche Abzugsfähigkeit Kap. 13 22 Stimmrechte Kap. 1 307 Überversorgung Kap. 13 34

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übliche Höhe der Versorgungszusage Kap. 13 87 Unterstützungskasse Kap. 13 94 Unverfallbarkeit Kap. 13 55 Verbesserung der Versorgungszusage Kap. 13 85 verdeckte Gewinnausschüttung Kap. 13 3 Verpfändung der Rückdeckungsversicherung Kap. 13 109 verwandtschaftliche Beziehungen Kap. 1 307 Verzicht auf eine Versorgungszusage (siehe dort) Voraussetzungen für eine steuerliche Pensionsrückstellung Kap. 13 26 vorgezogene Inanspruchnahme Altersleistung Kap. 13 66 Vorwegnahme künftiger Gehaltserhöhungen, Überversorgung (siehe dort) Weiterarbeit nach Erreichen der Altersgrenze Kap. 13 90 Wert der Versorgungszusage Kap. 13 89 wesentliche Beteiligung Kap. 1 307 Widerrufsvorbehalte Kap. 13 29 Gesetzlicher Anspruch auf Entgeltumwandlung (siehe Entgeltumwandlung) Gesetzlicher Sicherungsfonds (Protektor) Begriff und Grundsätze Kap. 6 153 Gespaltene Rentenformel (Splitbeiträge) Begriff und Grundsätze Kap. 1 106, 649 Gesundheitsdaten (siehe Datenschutz) Getrenntebendklausel Hinterbliebenenversorgung Kap. 1 192 Versicherungsvertrag Kap. 6 316 Gewinn- und Verlustrechnung Ertragswirkung Pensionszusage Kap. 2 44 ff., Kap. 4 1, 11, 65 ff. Gesamtkostenverfahren Kap. 2 47 Umsatzkostenverfahren Kap. 2 48 Zuführung zu den und Auflösung der Pensionsrückstellungen Kap. 2 14, 36 Gewinnabhängige Versorgungszusage GGF Kap. 13 32 steuerrechtlich Kap. 2 24 Gewinnbeteiligungen, Tantiemen Abgrenzung zur bAV Kap. 1 246

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Gewinnermittlung periodengerechte Kap. 5 3 Gewöhnlicher Aufenthalt Entsendung Kap. 13 503 Gleichbehandlung (Arbeitsrecht) Abschläge, versicherungsmathematische Kap. 1 647 allgemeiner arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz Kap. 1 30 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Kap. 1 628 Alter Kap. 1 652 Altersabstandsklausel Kap. 1 663 Arbeiter/Angestellte Kap. 1 668 Aufnahmealter Kap. 1 647 Ausschluss Ehefrau Kap. 1 647 Barber Kap. 1 642 Befristung Kap. 1 676 Begrenzung Dienstzeit, anrechnungsfähige Kap. 1 658 Behinderung Kap. 1 665 betriebsverfassungsrechtliche ~ Kap. 1 625 Elternzeit Kap. 1 650 europarechtliche Rechtsgrundlagen Kap. 1 638 Geschlecht Kap. 1 642 Grundgesetz Kap. 1 637 Gruppenbildung Kap. 1 619 Haupternährerklausel Kap. 1 648 Höchstaufnahmealter Kap. 1 655 Höchstbetrag Kap. 1 659 Identität, sexuelle Kap. 1 664 Innen-/Außendienst Kap. 1 666 Mutterschutz Kap. 1 647 Reichweite Kap. 1 624 Rentenformel, gespaltene (Splitbeiträge) Kap. 1 649 Schließung Versorgungssystem Kap. 1 682 Spätehenklausel Kap. 1 176, 662 Stichtagsregelungen Kap. 1 679 tarifvertragliche ~ Kap. 1 626 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) Kap. 1 636 Teilzeitbeschäftigung Kap. 1 670 Unisex-Tarife Kap. 1 651 Witwerversorgung Kap. 1 646

Gleichbehandlung (Versicherungsrecht) Begünstigungs- und Sondervergütungsverbot Kap. 6 55 bei Überschussbeteiligung Kap. 6 69 Gleichbehandlungsgrundsatz Kap. 6 55, 69 (Praxistipp) Gleichgeschlechtliche Partnerschaften und Ehen Hinterbliebenenversorgung Kap. 1 183, Kap. 12 48 steuerrechtlich Kap. 2 10 Gnadengehälter (siehe Überbrückungsgelder) Gratifikationen, Weihnachtsgelder, Jubiläumsund Treueprämien Abgrenzung zur bAV Kap. 1 247 Grundfähigkeitsversicherung (siehe Versicherungsverträge) Grundsätze der Datensicherheit (siehe Datenschutz) Grundsätze der Datenverarbeitung (siehe Datenschutz) Gruppenpensionskassen (siehe Pensionskassen) Gruppenunterstützungskasse (siehe Unterstützungskasse) Gruppenversicherung Absehen von individueller Risikoprüfung Kap. 6 315 echte ~ Kap. 6 311 Erkundigungsmöglichkeit für Arbeitgeber Kap. 6 316 (Praxistipp) Pflichtverletzung des Maklers Kap. 6 316 unechte ~ Kap. 6 313 Verjährung Kap. 6 316 Vermeidung negativer Selektion Kap. 6 315 Günstigerprüfung steuerrechtlich, Riesterförderung Kap. 2 153 Günstigkeitsprinzip Änderung von Versorgungszusagen Kap. 9 38, 54 Begriff und Inhalt Kap. 1 31, 563, 595 Günstigkeitsvergleich Entsendung, Rechtswahl Kap. 13 414 ff. kollektiver Kap. 9 50

Stichwortverzeichnis

H Haftung ~ bei Schuldbeitritt Kap. 10 104 ~ bei Spaltung Kap. 9 144, 151 Datenschutz (siehe dort) gesamtschuldnerische ~ von Erwerber und Veräußerer Kap. 9 136, 149, Kap. 10 6 gesamtschuldnerische ~ von Arbeitgeber, Versicherer und Versicherungsvermittler Kap. 6 218 Zeitwertkonten (siehe dort) Halbteilungsgrundsatz (siehe Versorgungsausgleich) Handelsbilanz Actuarial gains and losses Kap. 4 107 Aktivwert Kap. 4 57, 92 ff. Anwartschaftsbarwertverfahren Kap. 4 25, 29, 81 Ausschüttungssperre (siehe dort) Beitragsplan Kap. 4 74, 77 Bewertungsannahmen (siehe dort) Bilanzanhang Kap. 4 114, Kap. 10 41, 44 ff., 63 ff., 69 f. Bilanzausweis Kap. 10 40 f. Bilanzierungsregeln Kap. 10 63 Bilanzierungsstandard Kap. 10 42 Bilanzierungswahlrecht Kap. 10 41, 63 Bilanzrechtmodernisierungsgesetz Kap. 4 5, Kap. 10 44 Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz Kap. 4 12 biometrische Rechnungsgrundlagen Kap. 4 43 CTA Kap. 8 329 Curtailments (Plankürzungen) Kap. 4 104, 110 Deckungsvermögen Kap. 4 4 f., 7, 15 ff., 54, 59 f., 64 ff., 68, 70 Defined benefit obligation Kap. 4 81 ff., 93 Defined benefit plans Kap. 4 78 Defined contribution plan Kap. 4 74 Dienstzeitaufwand Kap. 4 69 f., 95, 100 ff., 110 f., 116 f. Direktzusage Kap. 4 1, 3 ff., 13, 17 f., 22, 25, 41, 48, 52, 59, 61, 65 f., 70 f., 79 f., 89, 91, 109, 122 Disclosures Kap. 4 114 Diskontierungssatz Kap. 10 89

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Erfüllungsbetrag Kap. 4 5, 23 Erstattungsansprüche Kap. 4 94, 106 gemeinschaftliche Versorgungspläne Kap. 10 65 HGB Kap. 4 1 ff., Kap. 10 48 IFRS Kap. 4 71 ff., Kap. 10 48, Kap. 14 189 ff. Leistungsplan Kap. 4 74, 78 Pensionsrückstellung Kap. 4 1 f., 4 ff., 8 f., 13 ff., 17 ff., 22, 26, 29 f., 35 f., 39, 61, 63 f., 70, 109 Pensionsverpflichtung Kap. 4 1, 3 ff., 13, 17 f., 22, 25, 41, 48, 52, 59, 61, 65 f., 70 f., 79 f., 89, 91, 109, 122 Plankürzungen Kap. 4 104 Planvermögen (Plan Assets) (siehe dort) Prinzip der besten Schätzung Kap. 4 81 Projected Unit Credit Method Kap. 4 25, 29, 81 qualifizierende Versicherungsverträge Kap. 4 90 f. Rechnungszins Kap. 4 13, 34, 35, 85, 88, 105, 108 Reconciliations (Überleitungen) Kap. 4 99, 116 Reimbursement Rights (Erstattungsansprüche) Kap. 4 94, 99, 106, 116 Remeasurements (Neubewertungen) Kap. 4 107 Risiken, erkennbar Kap. 10 70 Rückdeckungsversicherung, Planvermögen Kap. 4 89, 93 Saldierungsgebot Kap. 4 16, 60 Settlements (Abgeltungen) Kap. 4 100, 104, 111 Teilwertverfahren, modifiziertes Kap. 4 25 ff. Trendannahmen Kap. 4 28, 34, 48, 69 f., 84, 108 Treuhandvermögen Kap. 10 81 Umfang Versorgungsverpflichtungen Kap. 10 46 ff. Unterdeckung Kap. 4 8 ff., 22, Kap. 10 41 Unternehmenstransaktion Kap. 10 10 wertpapiergebundene Zusage Kap. 4 30 Zeitwert, beizulegender Kap. 4 5, 15, 21, 30 ff., 54 ff., 89 ff.,109, 118 Zeitwertkonten Kap. 14 175 ff., 188 ff.

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Stichwortverzeichnis

Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 362 Hinterbliebene Begriff Kap. 1 182 ff., 196 f., Kap. 6 92 Hinterbliebenenleistung ~, steuerrechtlich Kap. 2 7 Abgrenzung Erbrecht Kap. 1 175 Altersabstandsklausel Kap. 1 189 Antragserfordernis Kap. 1 188 berechtigter Personenkreis Kap. 1 182 ff., 196 f., Kap. 6 92 Checkliste zur Gestaltung Kap. 1 207 Doppelversorgung Kap. 1 193 (Fettnapf) Ehegatte Kap. 1 183, 185 (Praxistipp) Getrenntlebendklauseln Kap. 1 192 GGF (siehe dort) Höhe der ~, beitragsorientierte Zusagen Kap. 1 201 ff. Höhe der ~, Leistungszusagen Kap. 1 199 ff. Lebensgefährte Kap. 1 186 Lebenspartner Kap. 1 184 Mindestdauer der Ehe, Versorgungsehe Kap. 1 191 noch in Diensten des zusagenden Arbeitgebers Kap. 1 190 Spätehenklausel Kap. 1 176, 189, 662 Todesursache Kap. 1 181 versicherungsförmige Zusagen Kap. 1 194 ff. Versorgungszweck Kap. 1 174, 178, 182 Vertrag zugunsten Dritter Kap. 1 176 Vorschaltzeit Kap. 1 188 Waisen Kap. 1 187, 193 Wartezeit Kap. 1 188 Wiederverheiratungsklausel Kap. 1 192 Witwe/Witwer Kap. 1 185 Zeitpunkt des Todes Kap. 1 179 ff. Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 235 Hinzuverdienstgrenze vorgezogene Altersleistung Kap. 8 160 (Beispiel) Höchstrechnungszins (siehe Rechnungszins, Versicherungsverträge) Höhe der unverfallbaren Anwartschaft (siehe Unverfallbarkeit der Höhe nach)

Hybride Versicherungsverträge fondsgebundene Investierung der Prämien Kap. 6 185 Begriff und Grundsätze Kap. 1 400 Wertgleichheit Kap. 6 194 I Identifizierbarkeit (siehe Datenschutz) IFRS-Bilanzierung (siehe Handelsbilanz) Inbound Entsendung (siehe dort) Indexierung Management interner Versorgungsträger Kap. 12 109 Individualisierte E-Mail-Adresse (siehe Datenschutz) Individualrechtliche Versorgungszusage Begriff Kap. 1 130 Verschlechterung mittels Betriebsvereinbarung Kap. 9 46 ff., 66 f. Verschlechterung mittels Individualvereinbarung Kap. 9 17 ff., 40 Widerruf Kap. 9 16 Individualrechtliche Versorgungszusage mit kollektivem Bezug Begriff Kap. 1 130 Schließung Kap. 9 2 Verschlechterung, Änderungskündigung Kap. 9 42 Verschlechterung, betriebliche Übung Kap. 9 45 Verschlechterung, Betriebsvereinbarung Kap. 9 46 ff., 66 Verschlechterung, Individualvereinbarung Kap. 9 17, 40 Verschlechterung, Jeweiligkeitsklausel Kap. 9 24, 41, 57 Verschlechterung, Tarifvertrag Kap. 9 67 Widerruf Kap. 9 43 Informationen, unstrukturierte Briefpost Kap. 12 116 Scan- und Indizier-Arbeitsplätze Kap. 12 116 Informations-, Auskunfts- und Beratungspflichten (Arbeitsrecht) AGB Kap. 1 763 Auskunftsanspruch Ausgeschiedener und Hinterbliebener Kap. 1 747

Stichwortverzeichnis

Auskunftsanspruch Betriebsangehöriger Kap. 1 741 Auskunftsverpflichtung des Arbeitgebers bzw. Versorgungsträgers Kap. 1 740 Auswirkungen der Entgeltumwandlung auf Sozialversicherung Kap. 1 769 Entgeltumwandlung Kap. 1 766 Entsendung Kap. 13 476 Form Kap. 1 756 Frist Kap. 1 757 Fürsorgepflicht des Arbeitgebers Kap. 1 764 Nachweisgesetz Kap. 1 762 reine Beitragszusage Kap. 1 758 Treu und Glauben Kap. 1 765 Übertragungswert Kap. 1 749 unrichtige ~ Kap. 1 760 Wahlrechte des Arbeitnehmers Kap. 1 767 Informations-, Auskunfts- und Beratungspflichten (Versicherungsrecht) Adressaten Kap. 6 141 allgemeine versicherungsaufsichtsrechtliche Kap. 6 143 Anwendungsbereich Kap. 6 140 bester Rat Kap. 6 212 Direktversicherung Kap. 6 75,202 Erteilung ohne gesonderte Kostenrechnung (Praxistipp) Kap. 6 143 gegenüber dem Arbeitgeber Kap. 1 771 gesamtschuldnerische Haftung von Arbeitgeber, Versicherer und Versicherungsvertreter Kap. 6 218 Geschäftsbesorgungsvertrag Kap. 6 217 gesetzliche Grundlagen Kap. 6 203 Pensionsfonds Kap. 6 127, 387 Pensionskassen Kap. 6 113, 330 Pflichten vor Beginn des Versorgungsverhältnisses Kap. 6 76 Pflichten während des Versorgungsverhältnisses Kap. 6 78 Regressanspruch Kap. 6 219 reine Beitragszusage Kap. 6 130 Rückdeckungsversicherer Kap. 6 354 Schadensersatzanspruch zugunsten des Versicherungsnehmers Kap. 6 223 Unterschiede Kap. 6 139 Versicherer im Verhältnis Versicherter/ Arbeitnehmer Kap. 6 214 Versicherer Kap. 6 220

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Versicherungsgeschäfte in EU- oder EWRStaaten Kap. 6 83 versicherungsvertragsrechtliche Kap. 6 139 VVG-InfoV Kap. 6 77 Zeitpunkt der Informationserteilung Kap. 6 77 Informations-, Auskunfts- und Beratungspflichten (weiteres) Datenschutz Kap. 7 73, 81, 85 ff. Management interner Versorgungsträger Kap. 12 109 Informationssicherheit (Management interner Versorgungsträger) Aufbewahrungspflicht Kap. 12 121 Datenschutzbeauftragte/r (DSB) Kap. 12 132 Informationssicherheitsbeauftragte/r (ISB) Kap. 12 132 Informationssicherheits-Managementsystem (ISMS) Kap. 12 13 Löschkonzepte Kap. 12 120 Praktikabilität Kap. 12 131 zivilrechtliche Sicherung Kap. 13 109 Zusammenarbeit mit Rechtsabteilung Kap. 12 135 Inhaltskontrolle AGB-Kontrolle Kap. 1 38 Betriebsvereinbarungen, grundsätzlich keine ~ Kap. 1 38 Einzelzusagen Kap. 1 38 Tarifverträge, keine ~ Kap. 1 38 Insolvenzschutz (siehe auch Insolvenzsicherung) Insolvenzschutz-Richtlinie Kap. 8 185, Kap. 13 472 f. Insolvenzsicherung, gesetzliche Abfindung Kap. 8 275 Abweisung des Antrags auf Insolvenzeröffnung Kap. 8 232 Altersleistung, vorzeitige Kap. 8 248 Ansprüche, Fälligkeit der Kap. 8 271 ff. Ansprüche, gesicherte Kap. 8 245 ff. Ansprüche, Höhe der Kap. 8 265 ff. Anwartschaften, gesicherte Kap. 8 254 ff. Anwartschaftsausweis Kap. 8 297 Arbeitsgericht Kap. 8 302 Ausfallhaftung Kap. 8 180 Beitrag, Fälligkeit des Kap. 8 214 ff.

1196

Stichwortverzeichnis

Beitrag, Höhe des Kap. 8 202 ff. Beitragsbedarf Kap. 8 204 ff. Beitragsbemessungsgrundlage Kap. 8 207 ff. Beitragspflicht, Beginn der Kap. 8 210 f. Beitragszusage mit Mindestleistung Kap. 8 263 Beitragszusage, reine Kap. 8 264 Betriebstätigkeit, Beendigung der Kap. 8 237 Direktversicherung Kap. 8 260 ff. Entgeltumwandlung Kap. 8 259 Entsendung Kap. 13 435 Eröffnung des Insolvenzverfahrens Kap. 8 230 f. Erstmeldung Kap. 8 197 f. Forderungsübergang Kap. 8 289 ff. Gericht, ordentliches Kap. 8 302 Gruppenunterstützungskasse Kap. 8 294 Insolvenzschutzrichtlinie Kap. 8 185, Kap. 13 472 Invaliditätsleistungen Kap. 8 246 Leistungsbescheid Kap. 8 296 Leistungspflicht, Übertragung der Kap. 8 277 f. Leistungszusage, arbeitgeberfinanzierte Kap. 8 258 Leistungszusage, beitragsorientierte Kap. 8 259 Meldepflicht Kap. 8 220 Missbrauch Kap. 8 270 Mitwirkungspflicht Kap. 8 298 Ordnungswidrigkeit Kap. 8 301 Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) Kap. 8 181 Rechtsmittel Kap. 8 223 f. Rechtsweg Kap. 8 302 Rückdeckungsversicherung, Bezug zur Leistung Kap. 8 281 ff. Sicherungsfall Kap. 8 255 ff. Umfang Kap. 8 243 ff. Vergleich, außergerichtlicher Kap. 8 233 ff. Verjährung Kap. 8 218 f. Verzug Kap. 8 216 Vorschuss Kap. 8 215 Insolvenzversicherung, privatrechtliche Anwartschaftsphase Kap. 8 311 ff. Befriedigung, abgesonderte Kap. 8 311

Bezugsrecht Kap. 8 362 ff. Contractual Trust Arrangement, CTA (siehe dort) Forderung, aufschiebend bedingte Kap. 8 312 Gesellschafter-Geschäftsführer, GGF (siehe dort) Gläubigerbenachteiligung Kap. 8 309 Hinterlegung Kap. 8 313 Leistungsphase Kap. 8 317 ff. Pensionsfonds Kap. 8 380 ff. Pensionskasse Kap. 8 369 ff. Pfandgläubiger Kap. 8 310 Pfandrecht, Übergang auf den PSV Kap. 8 315 Rückdeckungsversicherung Kap. 8 308, Kap. 12 21 Überblick Kap. 8 303 ff. Unterstützungskasse Kap. 8 372 ff. Verpfändung Kap. 8 307 ff. Verpfändungsvertrag Kap. 8 309 Zeitwertkonten (siehe dort) Institutionelle Abgrenzung beitragsrechtlich Kap. 3 44, 61, 68, 71, 75 f. Internationales Arbeits-, Sozial- und Steuerrecht (siehe Entsendung) Interne Finanzierung Begriff Kap. 1 110, 369 Direktzusage Kap. 1 369 Interne Teilung Anforderungen Kap. 11 74 Definition Kap. 11 72 eigenständiges Anrecht Kap. 11 77 gesichertes Anrecht bei GesellschafterGeschäftsführern (GGF) Kap. 11 77 gesichertes Anrecht Kap. 11 77 gleicher Risikoschutz Kap. 11 77 gleichwertige Teilhabe Kap. 11 75 Kontrollpflicht des Familiengerichts über die Angemessenheit der Teilungskosten Kap. 11 83 Kontrollpflichten des FamG Kap. 11 77 Rechtsfolgen bei Anrechten im Sinne des BetrAVG Kap. 11 78 Sicherungsabtretung Kap. 11 279 Sozialversicherungsrecht (siehe dort) steuerliche Folgen bei Ausgleichspflichtigem Kap. 11 298

Stichwortverzeichnis

Teilungskosten Kap. 11 80 Teilungskosten, pauschalierte Kap. 11 82 vergleichbare Wertentwicklung Kap. 11 77, 175 Verrechnung, Möglichkeit der Kap. 11 73 Verwaltung Kap. 12 83 Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 311 Interner Versorgungsträger Einfachheit von Geschäftsprozessen Kap. 12 86 praktische Erfahrungen aus der Verwaltung Kap. 12 87 Invaliditätsleistung (Berufs- und Erwerbsunfähigkeit) Abgrenzung zur Arbeitsunfähigkeit Kap. 1 134 Absicherung über Versicherungsverträge Kap. 1 147 ff., 167 ff., Kap. 6 302 ff. ärztlicher Nachweis Kap. 6 307 Ausscheiden mit unverfallbaren Anwartschaften Kap. 1 143 Ausscheidensklauseln Kap. 1 137 Berufsunfähigkeit Kap. 1 130, 136, 149 f. Checkliste zur Gestaltung Kap. 1 173 Darlegungs- und Beweislast, Versicherungsrecht Kap. 6 308 ff. Definition Kap. 1 126 ff., Kap. 6 306 f. Dienstunfähigkeit Kap. 1 131 Dread Disease (schwere Krankheit) Kap. 1 157 f. Einschränkung der Erwerbstätigkeit Kap. 1 133 ff. Erwerbsunfähigkeit Kap. 1 130, 136, 151 Form der ~, Rente, Kapital Kap. 1 169 ff. Geltendmachung des Versicherungsfalls Kap. 6 309 Genesungsklausel Kap. 1 145 Grundfähigkeiten, Einschränkungen oder Verlust Kap. 1 159 f. Grundsatz Kap. 1 123 f. Höhe der ~, beitragsorientierte Zusagen Kap. 1 165 ff. Höhe der ~, Leistungszusagen Kap. 1 163 ff. Krankheit Kap. 1 155 ff. Nachweis der Invalidität Kap. 1 146 noch in Diensten des zusagenden Arbeitgebers Kap. 1 143

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Pflegebedürftigkeit Kap. 1 152 ff. Risikolebensversicherung Kap. 1 195 Ruhendstellungen des Arbeitsverhältnisses Kap. 1 145 Ursache der Invalidität Kap. 1 132, 162 versicherungsförmige Zusagen Kap. 1 147 ff., 167 ff. Versorgungszweck Kap. 1 125 Verweisung auf SGB VI/berufsständische Versorgung Kap. 1 128 ff. Vorschaltzeit Kap. 1 144 Wartezeit Kap. 1 144 Wiedereinstellungsgarantie Kap. 1 145 Invitatio-Modell Begriff und Grundsätze Kap. 6 197, 221 J Jahresprämie fiktive, Teilwertverfahren Kap. 4 26 Jeweiligkeitsklausel Änderung von Versorgungszusagen Kap. 9 24, 57 Begriff und Inhalt Kap. 1 39, 586 dynamische ~ Kap. 9 57 formularmäßig vorformulierte ~ Kap. 9 41 Transparenzgebot Kap. 9 42 Jubiläumsleistungen als bAV Kap. 1 247 Anpassung der Versorgungsleistung Kap. 8 411 handelsbilanziell Kap. 4 72 Unternehmenstransaktion Kap. 10 3, 29 K Kapitaldeckungsverfahren Pensionskasse Kap. 1 411, Kap. 2 92, Kap. 6 91 Pensionsfonds Kap. 1 430, Kap. 2 93 Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 279, 286 Kapitalleistung 1/120-Regelung Kap. 3 57 Abfindung Kap. 8 107 Altersleistung Kap. 1 118 Grundsätze Kap. 1 220 ff. Hinterbliebenenleistung Kap. 1 205 f. Höhe der Kapitalleistung Kap. 1 224 Invaliditätsleistung Kap. 1 169 ff. Verjährung Kap. 1 228 f.

1198

Stichwortverzeichnis

Versorgungsbezüge, beitragsrechtlich Kap. 3 43, 56 ff. Versorgungsleistung, Anpassung der Kap. 8 390 Zulässigkeit Kap. 1 222 ff. Kapitalwahlrecht Altersleistung Kap. 1 118 f., 215 ff. Hinterbliebenenleistung Kap. 1 205 f., 215 ff. Pensionsfonds Kap. 1 438 Versorgungsausgleich, Zeitpunkt der möglichen Ausübung Kap. 11 34 Kassenvermögen von Unterstützungskasse Betriebsausgabenabzug Arbeitgeber Kap. 2 66, 77, 85 Deckungskapital Kap. 2 81 Einheitswert Kap. 2 80 gemeiner Wert Kap. 2 80 Körperschaftssteuer Unterstützungskasse Kap. 2 226 ff. Lohn- und Gehaltssumme Kap. 2 87 tatsächliches ~ Kap. 2 80 Überdotierung Kap. 2 220 zulässiges ~ Kap. 2 81 Kaufpreis (Unternehmenstransaktion) Abschlag Kap. 10 107 Abzug Kap. 10 97, 99 Angebot und Nachfrage Kap. 10 9 Anpassung Kap. 10 84 Kaufpreisabzug Kap. 10 45 Kompensation Versorgungsansprüche Kap. 10 39 Nettoschuld Kap. 10 8 Risiken Kap. 10 12 Schuldposten Kap. 10 88 Unternehmenswert Kap. 10 9 Kaufvertrag (Unternehmenstransaktion) Aspekte Kap. 10 86 Ausführungen Kap. 10 84 Berechnungsannahmen Kap. 10 89 Berücksichtigung bAV Kap. 10 85 Garantieklausel Kap. 10 11, 72 Garantien Kap. 10 94 Regelungswerk Kap. 10 83 übergehende Versorgungsverpflichtungen Kap. 10 87 Unternehmenstransaktion Kap. 10 11 f. Vermögenswerte Kap. 10 93, 114 Zukunft der Versorgungspläne Kap. 10 98

Kirchlicher Bereich Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 171 Klare und eindeutige Vereinbarungen steuerrechtlich Kap. 2 27 Kombinierte Zusagen (siehe Mischfinanzierung) Kommanditisten als Nichtarbeitnehmer i.S.d. § 17 Abs. 1 BetrAVG Kap. 1 311 f. Komplementäre als Nichtarbeitnehmer i.S.d. § 17 Abs. 1 BetrAVG Kap. 1 309 f. Kontenverwaltung, Zeitwertkonten (siehe dort) Konventionelle/klassische Produkte Bedeutung Kap. 1 179 Deckungsrückstellungsverordnung Kap. 6 180 Garantiezins Kap. 6 180 Leistungshöhe Kap. 1 400 Niedrigzinsphase Kap. 6 180 Wertgleichheit Kap. 6 194 Konzern als Versorgungsschuldner Kap. 1 61 (Praxistipp) Entsendung Kap. 13 371, 378, 514, 574 Gleichbehandlung Kap. 1 624 Konzernunterstützungskasse (siehe Unterstützungskasse) Körperschaftsteuer Befreiung von der ~, Entsendung Kap. 13, 537 ff., 549 572 f. Pensionskasse (siehe dort) Unterstützungskasse (siehe dort) Korrespondierender Kapitalwert eingeschränkte Aussagekraft Kap. 11 51 Höhe Kap. 11 48 Sinn und Zweck Kap. 11 46 weitere Faktoren Kap. 11 47 f. Kosten (Unternehmenstransaktion, M & A) ~, künftige Kap. 10 52 ~, zusätzliche Kap. 10 71, 114 allgemein Kap. 10 11, 13 ff., 26, 31, 35 Bereinigung Kap. 10 52 Garantieklausel Kap. 10 72 Liquiditätsabfluss Kap. 10 53, 60, 69 nachzuverrechnender Dienstzeitaufwand Kap. 10 52 Schätzung Kap. 10 54 Zinskosten Kap. 10 52

Stichwortverzeichnis

Krankentagegeldversicherung (siehe Versicherungsverträge) Krankenversicherung Abgrenzung zur bAV Kap. 1 155 f. Krankenversicherung, gesetzliche beitragsrechtlich (siehe Beitragsrecht der Sozialversicherung) Krankheitskostenversicherung (siehe Versicherungsverträge) Kündigung ~ einer Betriebsvereinbarung Kap. 9 55, 59 ff. Änderungskündigung Kap. 9 12, 16, 25, 42 Besitzstandsschutz Kap. 9 61, 70 Nachwirkung Kap. 9 62, 68 Rechtsfolge Kap. 9 59, 61 Voraussetzung einer ~ Kap. 9 60 Kündigung des Versicherungsvertrags bezugsberechtigter Arbeitnehmer Kap. 6 294 Grundsatz Kap. 1 380 ff., Kap. 6 293 kein Anspruch des Arbeitnehmers auf ~ Kap. 6 296 Kündigungserklärung Kap. 6 296 Rückkaufswert Kap. 6 294 Unwirksamkeit der ~ bei unzulässiger Abfindungsvereinbarung Kap. 6 296 Kurzarbeit Zeitwertkonten Kap. 14 222 Kürzungs- und Widerrufsvorbehalt (siehe Widerruf) L Langlebigkeitsrisiko (siehe biometrische Risiken) Laufende Leistungen Anrechnungsverbot Kap. 1 263 Anpassung von Versorgungsleistungen Kap. 8 389 ff. Verjährung Kap. 1 229 Lebensarbeitszeitkonten (siehe Zeitwertkonten) Lebenspartner Gleichbehandlung Kap. 1 664 Hinterbliebenenversorgung Kap. 1 184 ff., Kap. 12 50 steuerrechtlich Kap. 2 9 Versorgungsausgleich Kap. 11 6 (Fußnote)

1199

Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 238 Lebensversicherung allgemeine Bestimmungen Kap. 6 50 Ausprägungen Kap. 6 178 (siehe auch unter Versicherungsverträge) Definition Kap. 1 374, Kap. 6 155 Direktversicherung (siehe dort) Eintritt des Versicherungsfalls Kap. 6 157 fondsgebundene ~ (siehe dort) Gesetz der großen Zahl Kap. 6 158 Gleichbehandlung Kap. 6 53 indexgebundene ~ Kap. 1 400, Kap. 6 62, 185 Informationspflichten Kap. 6 75 (siehe auch Informations-, Aufklärungs- und Beratungspflichten) kapitalbildende ~ Kap. 1 398 ff., Kap. 6 157 klassische/konventionelle ~ Kap. 1 400, Kap. 6 179 ff. 204, 399, Kap. 6 157 Rentengarantiezeit (siehe dort) Rentenversicherung Kap. 1 119, 399, Kap. 6 158 Risikolebensversicherung, reine Kap. 1 195, 204, 399, Kap. 6 157 Spartentrennungsgebot Kap. 6 52 spezielle Bestimmungen Kap. 6 51 Sterblichkeitsrisiko Kap. 6 156 Überschussbeteiligung Kap. 6 53 Verantwortlicher Aktuar Kap. 6 57 Verantwortlicher Treuhänder Kap. 6 57 ff. Versicherungsprinzip Kap. 6 158 Lebensversicherungsunternehmen Begriff Kap. 6 28 Rechtsform Kap. 6 27 Leistungsart (siehe biometrische Risiken) Leistungsplan Begriff Kap. 1 451 (Praxistipp) Bilanzierung IFRS Kap. 4 74, 78 Leistungsverbot Versorgungsausgleich, bis zum Abschluss des Verfahrens Kap. 11 23 Leistungsverhältnis (Zuwendungsverhältnis) Begriff und Inhalt Kap. 1 46, 346 Leistungszusage Altersleistung, Gestaltungsmöglichkeiten Kap. 1 100 ff.

1200

Stichwortverzeichnis

Anrechnungsmodelle Kap. 1 102, 164, 200, 254 Bausteinzusagen Kap. 1 101, 164, 200 Bedeutung und Hintergrund Kap. 1 469 biometrische Risiken (Leistungsarten) Kap. 1 473 Definition Kap. 1 470 dienstzeitabhängige Zusagen Kap. 1 101, 164 Durchführungswege Kap. 1 471 endgehaltsabhängige Zusagen Kap. 1 101, 164 Festbetragszusagen Kap. 1 101 Gesamtversorgungszusagen Kap. 1 102, 164, 200, 254 Hinterbliebenenleistung Kap. 1 199 f. Invaliditätsleistung Kap. 1 163 f. Leistungsformen, Rente, Kapital Kap. 1 473 Leistungshöhe Kap. 1 472 f. Versorgungsleistung Kap. 1 472 f. Vor- und Nachteile Kap. 1 474 Zurechnungsmodelle Kap. 1 164, 200 Liquidationsdirektversicherung Arbeitslohn Kap. 2 130 Begriff Kap. 13 141 GGF Kap. 13 143 steuerrechtlich Kap. 2 265 f. Übertragung von Versorgungszusagen Kap. 8 502 ff. Liquidität Auswirkungen auf die ~ Kap. 10 83 ff. Abfluss von ~ Kap. 10 13, 27, 53, 60, 69 Entwicklung der ~ Kap. 10 27 Liquiditätsrechnung Kap. 5 11 ff. Löschung von Daten (siehe auch Datenschutz) Unternehmenstransaktion Kap. 10 9, 13 Verwaltung Kap. 12 120 M m/n-tel-Verfahren (siehe ratierliches Verfahren) Management eines internen Versorgungsträgers Archivierung (siehe dort) Aufbau- und Ablauforganisation Kap. 12 128 Aufbewahrung Kap. 12 108 Aufbewahrungspflicht Kap. 12 121 Betriebsorganisation Kap. 12 130

Content-Management-System Kap. 12 123 Dunkelverarbeitung Kap. 12 98 Geschäftsvorfallbearbeitung (siehe dort) Indexierung Kap. 12 109 Informationen, unstrukturierte (siehe dort) Informationspflichten Kap. 12 91 Informationssicherheit Kap. 12 131 Informationssicherheitsbeauftragte/r (ISB) Kap. 12 132 Informationssicherheits-Managementsystem (ISMS) Kap. 12 133 Massendaten Kap. 12 92 Organigramm Kap. 12 128 Organisation-Handbuch (siehe dort) Organisationsanweisungen Kap. 12 126 Organisationsstrukturen Kap. 12 111 Personalabrechnungssystem Kap. 12 89 Personendaten (siehe dort) Postverteilung (siehe dort) Prozessdokumentationstool Kap. 12 124 Qualitätssicherungen Kap. 12 91 Risikoeigner Kap. 12 125 Risikomanagement Kap. 12 125 risikoorientierter Administrationsansatz Kap. 6 22 Rollen- und Berechtigungskonzept Kap. 12 129 Schlüsselkontrollen Kap. 12 125 Schnittstellenbeschreibung Kap. 12 88 Service Level Kap. 12 119 Stammdaten Kap. 12 97 standardisierte Folgeprozesse Kap. 12 104 Steuerungsinformationen Kap. 12 110 Testverfahren Kap. 12 92 unstrukturierte Informationen (siehe dort) Unternehmens-Handbuch (siehe dort) Unternehmensstruktur Kap. 12 128 Verfahrensverzeichnis Kap. 12 129 Vertragseigenschaften Kap. 12 99 Zuordnung von Geschäftsvorfällen Kap. 12 109 Marktortprinzip (siehe Datenschutz) Maßgeblichkeit der Handelsbilanz Begriff und Bedeutung Kap. 2 17 Maßnahmen der Datensicherheit (siehe Datenschutz) Matching-Zusagen (siehe Mischfinanzierung) Medienbruch (siehe Datenschutz)

Stichwortverzeichnis

Mehrheitsgesellschafter persönlicher Anwendungsbereich des BetrAVG Kap. 1 284, 305 ff., Kap. 13 8 (Checkliste) Mehrvertragsmodell (siehe Entsendung) Meldepflicht der Zahlstelle Abfindung von Anwartschaften Kap. 3 34 beitragspflichtiger Anteil bei privater Fortführung Kap. 3 67 Ermittlung der Krankenkasse Kap. 3 122 Ordnungswidrigkeit Kap. 3 124 Versorgungsbezüge Kap. 3 120 ff. Zahlstellen-Meldeverfahren, elektronisch Kap. 3 119 Meldeverfahren Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 297, 304 Mergers & Aquisitions (siehe Unternehmenstransaktionen) Messbetrag Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 221 Minderheitsgesellschafter als Nichtarbeitnehmer Kap. 1 284, 306 f. Mindestalter Gleichbehandlung Kap. 1 661 steuerlich Kap. 2 17, 75, 83 Mindestzuführungsverordnung (MindZV) Begriff und Grundsätze Kap. 6 69, 106 Mischfinanzierung Begriff und Bedeutung Kap. 1 726 Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 288 Missstandsaufsicht, allgemeine Versicherungsaufsichtsrecht Kap. 6 39 Mitarbeiter, aktiv (Unternehmenstransaktion) Asset Deal Kap. 10 5 Schuldbeitritt Kap. 10 103 Share Deal Kap. 10 4 Versorgungsanwartschaft Kap. 10 109 Mitarbeiter, ausgeschieden (Unternehmenstransaktion) Asset Deal Kap. 10 3 Rentnergesellschaft Kap. 10 102 Share Deal Kap. 10 4 Mitarbeiterdaten (siehe auch Datenschutz) Abwesenheitsdaten Kap. 12 3, 13 Anträge Kap. 12 13 Austrittsdatum Kap. 12 3

1201

Beschäftigungsgrad Kap. 12 4, 13 Betriebszugehörigkeit Kap. 12 3 ,13 Datenschutz Kap. 12 7 ff. (siehe auch dort) Dauerkrankheit Kap. 12 3 EDV-System, Wechsel Kap. 12 4 Einkommen, rentenfähiges Kap. 12 5 Eintrittsdatum Kap. 12 3 Elternzeit Kap. 12 3 Entgelt Kap. 12 5, 13 Entgeltumwandlung Kap. 12 14 Kündigung Kap. 12 13 Mitarbeitergruppe Kap. 12 6 Mutterschutz Kap. 12 3 Personalakte Kap. 12 11 Personalakte, digitale Kap. 12 14 Sabbatical Kap. 12 3 Schriftformerfordernis Kap. 12 14 Status Kap. 12 6, 13 Teilzeit Kap. 12 4, 13 Übertragungsvereinbarung Kap. 12 13 Unverfallbarkeit Kap. 12 13 Urlaub, unbezahlter Kap. 12 3 Versorgungszusage Kap. 12 3,13 Zeitdaten Kap. 12 3 Mitbestimmung des Betriebsrats Änderung von Versorgungszusagen Kap. 1 786, Kap. 9 14, 44 Betriebsratsgremium, zuständiges Kap. 1 773 Bezug, kollektiver Kap. 1 774 Entgeltumwandlung Kap. 1 788 Gesetzes-/Tarifvorrang Kap. 1 776 Informationsrechte Kap. 1 777 Lohngestaltung, betriebliche Kap. 1 784 Mitbestimmungsfreiheit Kap. 1 778 Sozialeinrichtungen Kap. 1 781 Verfahren Kap. 1 790 Verstoß gegen Mitbestimmungsrechte Kap. 1 793 Zeitwertkonten (siehe dort) Mitgliedschaft Pensionsfonds Kap. 6 389 Pensionskasse Kap. 1 418, Kap. 6 97, 326 ff., 342 Sicherungsfonds (Protektor) Kap. 6 43 Unterstützungskasse Kap. 1 455 Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 180 ff.

1202

Stichwortverzeichnis

Mitteilungspflichten beitragsrechtlich Kap. 3 126 Datenschutz Kap. 7 82 gegenüber dem PSV Kap. 6 220 Mittelbare Zusagen Begriff und Grundsatz Kap. 1 45 ff., 344 Deckungsverhältnis Kap. 1 345 Direktversicherung (siehe dort) Einstandspflicht des Arbeitgebers (siehe dort) Erlöschen Kap. 1 54 Ermittlung der Leistungshöhe Kap. 1 112, 167, 203 Kongruenz Zusage und Vertrag mit Versorgungsträger Kap. 1 48, 112, 167, 203, 345, 451 (Praxistipp) mittelbare Durchführungswege Kap. 11 31 Rechtsverhältnisse Kap. 1 345 f., 378 Rückdeckungsverhältnis Kap. 1 348 (Abbildung 3) Valutaverhältnis Kap. 1 345 Wahl des Versorgungsträgers Kap. 1 359 Wechsel des Versorgungsträgers Kap. 1 362 Mittelpunkt der arbeitsrechtlichen Beziehungen (siehe Entsendung) Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit, Unterstützungskasse (siehe Entsendung) Mustervorbehalte steuerlich Kap. 2 25 Mutterschutz Betriebszugehörigkeit (siehe dort) N Nachfrageobliegenheit Versicherungsvertrag Kap. 6 230 Nachholende Anpassung (siehe Anpassung von Versorgungsleistungen) Nachholung von Beiträgen bei ruhendem Arbeitsverhältnis beitragsrechtlich Kap. 3 20 Nachholverbot Versorgungsfall, eingetretener Kap. 2 38 Nachschusspflicht Auslagerung auf einen Pensionsfonds Kap. 2 246 Pensionsfonds Kap. 1 444, Kap. 6 123 ff., 392, Kap. 13 149 ff.

Wechsel des Durchführungswegs Kap. 2 250 Zeitwertkonten Kap. 14 31, 34 ff. Nachträgliche Anpassung (siehe Anpassung von Versorgungsleistungen) Nachweisgesetz (siehe Informations-, Beratungs- und Auskunftspflichten) Nachzahlung Dienstverhältnis, ruhendes Kap. 2 143 Nachzahlungsverbot GGF Kap. 13 51 Nettobeiträge (siehe unter Versicherungsverträge) Nichtarbeitnehmer (siehe persönlicher Anwendungsbereich des BetrAVG) Niederlassung, einstellende Entsendung Kap. 13 399 f. O OECD-Musterabkommen Entsendung Kap. 13 509, 577 Öffentliche Zusatzversorgung (siehe Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes) Öffnungsklausel Änderung von Versorgungszusagen Kap. 9 66 datenschutzrechtliche ~ Kap. 7 6, 19 f., 49, 59 tarifvertragliche ~ Kap. 1 533 (Praxistipp), 563, 581, Kap. 14 118 Opting out (siehe Optionssystem/ Optionsmodell) Optionssystem/Optionsmodell Begriff und Inhalt Kap. 1 567, 575, 735 Ordre public Entsendung Kap. 13 419 ff. Organisations-Handbuch Content-Management-System Kap. 12 123 Datenbank Kap. 12 124 Prozessdokumentationstool Kap. 12 124 Schlüsselkontrollen im Risikomanagement Kap. 12 125 Organmitglieder Anwendbarkeit des § 19 Abs. 2 und 3 BetrAVG Kap. 1 332 f., 338 Betriebsübergang Kap. 9 109 persönlicher Anwendungsbereich BetrAVG Kap. 1 281, 289

Stichwortverzeichnis

Organschaftlichen Lösung Mitbestimmung Kap. 1 791 f. ORSA (Own Risk and Solvency Assessment) Begriff und Grundsätze Kap. 6 19 (Praxistipp) Ortskraft Entsendung Kap. 13 368 Outbound Entsendung Kap. 13 372 f., 514 ff., 528 ff. P Partizipationsmodell (siehe Zeitwertkonten) Passivierungspflicht handelsbilanzielle ~ Kap. 2 17 Passivierungsverbot handelsbilanzielles ~ Kap. 2 19 Passivierungswahlrecht handelsbilanzielles ~ Kap. 2 19 Pauschale Lohnsteuer (Pauschalbesteuerung) Begriff und Inhalt Kap. 2 146 ff. Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 318 Pauschaldotierte Unterstützungskasse Begriff Kap. 1 463 (siehe auch Unterstützungskasse) betriebswirtschaftliche Betrachtung Kap. 5 21 Pensionsalter Begriff und Grundsätze Kap. 1 243 GGF Kap. 13 65 ff. Pensionsfonds (Arbeitsrecht) Abfindung Kap. 8 127 Aufwendungen, beitragsrechtlich Kap. 3 7 ff. biometrische Risiken (Leistungsarten) Kap. 1 437 Definition Kap. 1 428 ff., Kap. 6 31 Entsendung Kap. 13 541 ff., 558 ff. GGF Kap. 13 99 Insolvenzsicherung, privatrechtliche Kap. 8 380 f.,383 Versorgungsleistung, Anpassung Kap. 8 447 vorgezogene Altersleistung Kap. 8 174 ff. Zusagearten Kap. 1 436 Pensionsfonds (Beitrags- und Steuerrecht) Betriebsausgabenabzug Kap. 2 105 ff. Besteuerung der Beiträge, Arbeitnehmer Kap. 2 130 ff.

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Besteuerung der Leistungen, Arbeitnehmer Kap. 2 161 Leistungen des ~, beitragsrechtlich Kap. 3 35 f., 75 f. Trägerunternehmen, steuerrechtlich Kap. 2 105 Übertragung auf ~, beitragsrechtlich Kap. 3 31 Versorgungseinrichtung, rechtsfähige, steuerrechtlich Kap. 2 93 Pensionsfonds (Versicherungsrecht) Altersversorgungsleistungen Kap. 6 120 anwendbare Vorschriften, VVG Kap. 6 115 f.,122, 384 aufsichtsrechtliche Regelungen Kap. 6 17 Informations-, Aufklärungs- und Beratungspflichten Kap. 6 387 (siehe auch dort) Definition Kap. 1 428 ff., Kap. 6 31 Leistungskürzung Kap. 1 445, Kap. 6 126 Mindestkapitalanforderung Kap. 6 116 Nachschussverpflichtung des Arbeitgebers Kap. 1 444 f., Kap. 6 123, 392 Pensionsfonds-Aufsichtsverordnung (PFAV) Kap. 6 18, 116, 131, 137 ff. Pensionsfondsvertrag, Ausgestaltung Kap. 1 436 ff. Pensionsfondsvertrag, Begriff Kap. 1 431, Kap. 6 389 Pensionsplan, Begriff Kap. 1 431, Kap. 6 116 Pensionsplan, nicht-versicherungsförmig Kap. 1 439, 442 ff., Kap. 6 123 Pensionsplan, versicherungsförmig Kap. 1 439 ff., Kap. 6 119 Rechnungszins Kap. 6 112, 125 Rechtsaufsicht Kap. 6 40 Rechtsform Kap. 1 432 Regelungssystematik Kap. 6 115 Rückdeckungsversicherung Kap. 1 443 Sicherungsvermögen Kap. 6 116 Solvabilitätsanforderungen Kap. 6 116 Spezifika Kap. 6 117 Versicherungsaufsicht Kap. 6 13 Versorgungsanwärter und -empfänger Kap. 6 116 Versorgungsverhältnis Kap. 6 116, 391 zeitweilige Unterdeckung Kap. 6 116 (Praxistipp)

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Stichwortverzeichnis

Pensionsfonds (weiteres) Anbieterauswahl Kap. 12 201 Bedeutung und Hintergrund Kap. 1 426 betriebliche ~ Kap. 1 434 Rechtsverhältnisse Kap. 1 433 überbetriebliche ~ Kap. 1 434 Vorteile Kap. 1 427 Pension-Sicherung-Verein aG (siehe Insolvenzsicherung, gesetzliche) Pensionskasse (als VVaG) Beiträge Kap. 6 329 Besonderheiten Kap. 6 332 Mitgliedschaft Kap. 6 328 Mitgliedsverhältnis Kap. 6 326 Pensionskasse (Arbeitsrecht) Abfindung Kap. 8 127 Ausgestaltung des Versicherungsvertrags Kap. 1 420 ff. Bedeutung und Hintergrund Kap. 1 407 biometrisches Risiko (Leistungsarten) Kap. 1 421 f. Definition Kap. 1 410 f. Entsendung Kap. 13 541 ff., 558 ff. Inanspruchnahme, vorgezogene Kap. 8 174 Insolvenzversicherung, privatrechtliche Kap. 8 369 ff. Leistungsformen, Rente, Kapital Kap. 1 424 Sanierungsklausel (siehe regulierte Pensionskasse) Unverfallbarkeit Kap. 8 69 ff. Versorgungsleistung, Anpassung Kap. 8 440 ff. Zusagearten Kap. 1 420 Pensionskasse (Beitrags- und Steuerrecht) Aufwendungen, beitragsrechtlich Kap. 3 7 ff. Befreiung von der Körperschafts- und von der Gewerbesteuer Kap. 2 188 ff. Betriebsausgabenabzug Kap. 2 99 ff. Besteuerung der Beiträge, Arbeitnehmer Kap. 2 130 ff. Besteuerung der Leistungen, Arbeitnehmer Kap. 2 161 Bilanzposten Kap. 2 198 Eigenkapital Kap. 2 194 Einrichtung, soziale Kap. 2 189 Firmenpensionskassen Kap. 2 92,100

Körperschaftsteuerpflicht, partielle Kap. 2 186 Leistungen, beitragsrechtlich Kap. 3 35 f., 68 ff., 74 Mindestbetrag Verlustrücklage Kap. 2 194 partielle Steuerpflicht Kap. 2 190 ff. Rechtsform Kap. 2 185 Steuerbefreiung Kap. 2 188 ~ als Steuersubjekt Kap. 2 186 Überdotierung Kap. 2 191 Verlustrücklage Kap. 2 194 f. Vermögen Kap. 2 192 Versorgungseinrichtung, rechtsfähige Kap. 2 92 Pensionskasse (Versicherungsrecht) Anlagegrundsätze Kap. 6 87 aufsichtsrechtlichen Regelungen Kap. 6 17 besondere Zweckbindung Kap. 6 89 Bezugsberechtigung Kap. 1 417 Deckungsrückstellungsverordnung Kap. 6 105 deregulierte ~ Kap. 1 414, Kap. 6 85, 98, 104, 333 Erfordernis Selbständigkeit Kap. 6 88 Informations-, Beratungs- und Aufklärungspflichten Kap. 6 87, 330 (siehe auch dort) interne Revisionsfunktion Kap. 6 86 Kapitalausstattung Kap. 6 87 Kapitaldeckungsverfahren Kap. 6 91 Lebensversicherungsunternehmen Kap. 6 99 Legaldefinition Kap. 6 3, 30 Merkmale Kap. 6 88 Rechtsformen Kap. 1 412, Kap. 6 88, 95 Rechtsverordnungen Kap. 6 87 regulierte ~ Kap. 1 413 ff., Kap. 6 85, 98, 101, 106, 111 f., 125, 324 f., 339 (siehe auch dort) Risikomanagementfunktion Kap. 6 86 Rückdeckungsversicherung Kap. 1 419 Sanierungsklauseln Kap. 6 339 Schlüsselfunktionen Kap. 6 86 Sterbegeld Kap. 1 423 Tarifvertragspensionskasse Kap. 6 97 Umlageverfahren Kap. 6 91 Unanwendbarkeit bestimmter Vorschriften VVG Kap. 6 337

Stichwortverzeichnis

Vergütungsregelungen und Praktiken Kap. 6 86 versicherte Person Kap. 1 417 Versicherungsaufsicht Kap. 6 13 versicherungsmathematische Funktion Kap. 6 86 Versicherungsnehmer Kap. 1 417 ff. Versorgungsleistungen Kap. 6 92 Verweisungsketten Kap. 6 85 (Praxistipp) Wegfall des Erwerbseinkommens Kap. 1 422, Kap. 6 89 Pensionskasse (weiteres) Anbieterauswahl Kap. 12 198 Firmen- oder Betriebspensionskassen Kap. 1 408, 413, Kap. 6 97 (Praxistipp), 323, Kap. 13 99 Konzernpensionskassen Kap. 6 323 Mitgliedschaftsverhältnis Kap. 1 418 Rechtsverhältnisse Kap. 1 415, Kap. 6 324 überbetriebliche ~, Gruppenpensionskasse Kap. 6 97, 323 Vorteile der ~ Kap. 1 409 Wettbewerbspensionskasse Kap. 1 408, Kap. 2 92, 101, Kap. 6 97 Pensionsplan (siehe Pensionsfonds) Pensionsrückstellung Angaben, eindeutige Kap. 2 21, 27 Auflösung Kap. 2 39 Bezüge, gewinnabhängig Kap. 2 21, 24 Bildung, frühestmögliche Kap. 2 33 Einzelbewertung Kap. 2 14 Entgeltumwandlung Kap. 2 33 Gewinn- und Verlustrechnung Kap. 2 44 Gewinnermittlung, periodengerecht Kap. 2 42 Grundsatz ordnungsgemäßer Buchführung Kap. 2 16 Grundsätze Kap. 2 11 ff. handelsbilanzielle ~ Kap. 2 13, Kap. 4 1 f., 4 ff., 8 f., 13 ff., 17 ff., 22, 26, 29 f., 35 f., 39, 61, 63 f., 70, 109 Innenfinanzierung Kap. 2 42 Nachholverbot Kap. 2 38 Rechtsanspruch Kap. 2 21 f. Schriftform Kap. 2 26 Steuerstundungs- bzw. Steuerspareffekt Kap. 2 42 f. Versorgungsfall, eingetretener Kap. 2 33 Voraussetzungen, steuerlich Kap. 2 18

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Wahlrechte Kap. 2 36 Widerrufsvorbehalte Kap. 2 21 ff. Zuführung, jährlich Kap. 2 36 Pensionsverpflichtung (siehe Direktzusage) Pensionszusagen (siehe Direktzusage) Personenbezogene Daten (siehe Datenschutz) Personendaten (Verwaltung einer Direktzusage) Änderung Kap. 12 95 automatisierte Verarbeitung von Massendaten Kap. 12 92, 118 Informationspflichten gegenüber den Versicherten Kap. 12 91 Personalabrechnungssysteme Kap. 12 88 Persönlicher Anwendungsbereich des BetrAVG Arbeitnehmer, Definition und Abgrenzung Kap. 1 272 ff. arbeitnehmerähnliche Personen Kap. 1 296 Aufsichtsratsmitglieder Kap. 1 298 Auszubildende Kap. 1 285 ff. Beamte Kap. 1 273 Bund, Länder, Gemeinden, Körperschaften des öffentlichen Rechts Kap. 1 270 Einzelunternehmer Kap. 1 300 freie Berufe Kap. 1 292, 296 f., 300 Geschäftsführer Kap. 1 281 f., 298 Gesellschafter Kap. 1 283 f., 291 (Praxistipp), 301 ff. Gesellschafter einer Personengesellschaft (siehe dort) Gesellschafter-Geschäftsführer (siehe dort) Handelsvertreter Kap. 1 297 Handwerker Kap. 1 292 mitarbeitende Familienangehörige Kap. 1 273 Nichtarbeitnehmer Kap. 1 288 ff., 334, 335 ff. Organmitglieder Kap. 1 281 f., 298, 299, 332 f. Personenidentität Kap. 1 290 Praktikanten Kap. 1 287 (Beispiel) Prokuristen Kap. 1 302 ff., 307 Rechtsanwälte Kap. 1 292, 296 Soldaten Kap. 1 273 Statuswechsel Kap. 1 299 (Praxistipp) Steuerberater Kap. 1 292, 293 (Beispiel), 296

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Stichwortverzeichnis

Unternehmer Kap. 1 290, 294, 297 Volontäre Kap. 1 287 (Beispiel) Vorstand Kap. 1 281 f., 298, Kap. 13 5 Werkstudenten Kap. 1 287 (Beispiel) Pfändung ~ des Bezugsrechts Kap. 6 176 f. beitragsrechtlich Kap. 3 41 f. externe Teilung Kap. 11 287 interne Teilung Kap. 11 285 f. Pflegebedürftigkeit als bAV Kap. 1 152 ff. Pflegeergänzungsversicherung (siehe unter Versicherungsverträge) Pflegeversicherung, gesetzliche (siehe Beitragsrecht der gesetzlichen Sozialversicherung) Pflichtversicherung Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 184 Plan assets (siehe Planvermögen) Planvermögen Begriff Kap. 4 89 Bilanzanhang Kap. 4 99 Bilanzansatz Kap. 4 109 Insolvenzschutz Kap. 4 4, 90, 92 Nettozinsen Kap. 4 105 Zweckexklusivität Kap. 4 4, 15, 90 Plankürzungen (siehe Handelsbilanz) Portabilität (siehe Übertragung der Versorgungszusage/des Übertragungswert) Postverteilung, Verwaltung Archivierungsformate Kap. 12 119 automatische Zuordnung/Verteilung Kap. 12 117 Prämienkalkulation, vorsichtige Grundsätze Kap. 6 54 Prämienverzug des Arbeitgebers Beitragsfreistellung Kap. 6 292 Informationspflicht Kap. 6 291 Prämienfolgeverzug Kap. 6 288 Prämienfreistellung Kap. 6 290 qualifiziertes Mahn- und Kündigungsschreiben Kap. 6 290 Prämienzahlung betriebswirtschaftlich Kap. 5 134 PRIIP-Verordnung Begriff und Inhalt Kap. 6 22

Prinzip der besten Schätzung Handelsbilanz Kap. 4 81 Probezeit (GGF) beitragsorientierte Leistungszusage Kap. 13 80 Heilung bei unterschrittener Probezeit Kap. 13 76 personenbezogen Kap. 13 71 unternehmensbezogen Kap. 13 77 Produktgestaltung, Bedeutung für die Versorgungszusage Abgrenzung der Zusagearten Kap. 6 189 Ausgestaltung der Garantie Kap. 6 186 beitragsorientierte Leistungszusage Kap. 6 154, 189, 191 Beitragszusage mit Mindestleistung Kap. 6 154, 189 ff. Entgeltumwandlungsvereinbarung Kap. 6 191 fondsgebundene Produkte Kap. 6 181 Nettobeitragsgarantie Kap. 6 190 Niedrigzinsphase Kap. 6 191 Risikoanalyse Kap. 6 191 (Praxistipp) Wertgleichheitsgebot und Entgeltumwandlung Kap. 6 192 Zusagearten Kap. 6 189 Prognose, Freistellungszeitraum (siehe Zeitwertkonten) Progressionsvorbehalt Entsendung Kap. 13 561 Projected Unit Credit Method Handelsbilanz Kap. 4 25, 81 Projektbezogenheit Entsendung Kap. 13 394 Pro-rata-temporis (siehe ratierliche Berechnung) Protektor Sicherungsfonds Kap. 6 43 ff., 153 Prüfung, Rentenversicherungsträger (siehe Zeitwertkonten) PSV (siehe Insolvenzsicherung, gesetzliche) Q Qualifizierende Versicherungsverträge (siehe Handelsbilanz) Quellenstaat Entsendung Kap. 13 506 Quotierungsprinzip (siehe ratierliche Berechnung)

Stichwortverzeichnis

R Rahmenverträge Abgrenzung zur bAV Kap. 1 251, 161 versicherungsvertraglich Kap. 6 313 Ratenzahlung ~ beitragsrechtlich Kap. 3 58 Altersleistung Kap. 1 118 Begriff Kap. 1 225 Hinterbliebenenleistung Kap. 1 205 f. Pensionsfonds Kap. 1 438 Verjährung Kap. 1 229 Zulässigkeit Kap. 1 223 Ratierliche Berechnung Begriff und Grundsatz Kap. 8 80 ff. (siehe auch Unverfallbarkeit der Höhe nach) Reallohnbezogene Obergrenze (siehe Anpassung der Versorgungsleistung) Rechnungszins Auslagerung von Direktzusage auf Pensionsfonds, steuerrechtlich Kap. 2 236 Beitragsbedarf PSV Kap. 8 205 Handelsbilanz Kap. 4 13, 34, 35, 85, 88, 105, 108 Kapitalisierung der Rentenzusage Kap. 1 216 Pensionsfonds Kap. 6 125 Pensionsrückstellungen Kap. 5 130, 138 regulierte Pensionskassen Kap. 1 413 (Praxistipp), Kap. 6 105, 112 Rentnergesellschaft Kap. 9 146 Unternehmenstransaktion Kap. 10 48, 57 Versicherungsverträge Kap. 1 400, Kap. 5 133, Kap. 6 180 Versorgungsausgleich Kap. 11 98, 175, 253 Rechtsaufsicht Abgrenzung zur Finanzaufsicht Kap. 6 41, 46 Gegenstand Kap. 6 40 Ziel Kap. 6 40 Rechtsbegründungsakte der bAV betriebliche Übung Kap. 1 610 Betriebsvereinbarung Kap. 1 580 Einzelzusage Kap. 1 591 Gesamtzusage Kap. 1 600 Gleichbehandlungsgrundsatz Kap. 1 618

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Richtlinien und Vereinbarungen nach dem SprAuG Kap. 1 587 Tarifvertrag Kap. 1 562 Überblick Kap. 1 561 vertragliche Einheitsregelung Kap. 1 608 Rechtswahl Entsendung (siehe dort) Reconciliations (Überleitungen) Bilanzierung IFRS Kap. 4 99, 116 Red Flag-Bericht (siehe Due Diligence) Referenzentgelt Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 220 Regelaltersgrenze Begriff Kap. 1 78 flexibler Renteneintritt Kap. 1 99 Mindestalter Kap. 1 81 Verknüpfung mit der sozialversicherungsrechtlichen Regelaltersgrenze Kap. 1 79 Reglementiertes Verfahren (siehe Datenschutz) Regulierte Pensionskassen Abschlusskosten Kap. 6 102 abweichende Bestimmungen Kap. 6 106 Antragsberechtigung Kap. 6 100 aufsichtsrechtliche Besonderheiten Kap. 6 104 Begriff Kap. 1 412 f. Informations-, Aufklärungs- und Beratungspflichten Kap. 6 330 (siehe auch dort) Entfall der Verpflichtung eines Aktuarberichts Kap. 6 109 freiwillige Versicherung Kap. 6 103 Regel- und Ausnahmefall Kap. 6 99 Sanierungsklausel Kap. 1 413 (Praxistipp), Kap. 6 101, 339 Sicherungsbedarf Kap. 6 107 Überschussbeteiligung Kap. 6 108 Unanwendbarkeit bestimmter Vorschriften des VVG Kap. 6 337 Reimbursement rights (Erstattungsansprüche) IFRS Kap. 4 94, 99, 106, 116 Reine Beitragszusage (siehe Beitragszusage, reine) Remeasurements (Neubewertungen) Bilanzierung IFRS Kap. 4 107

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Stichwortverzeichnis

Rente/Rentenzahlung Altersleistung Kap. 1 118 Anpassung (siehe Anpassung der Versorgungsleistung) Barwert (siehe dort) Begriff Kap. 1 211 Dauer Kap. 1 214 Dynamisierung Kap. 1 213 Hinterbliebenenleistung Kap. 1 205 f. höchstpersönliches Recht Kap. 1 211 Höhe Kap. 1 212 f. Invaliditätsleistung Kap. 1 169 ff. Kapitalwahlrecht (siehe dort) lebenslange ~ Kap. 1 120, 171, 214 Rentengarantiezeit (siehe dort) Rentenstammrecht Kap. 1 211 temporäre ~ Kap. 1 120, 170, 172, 193, 206, 214 Verjährung Kap. 1 217 ff. Rentenanpassung (siehe Anpassung der Versorgungsleistung) Rentenbezug und Aktivgehalt GGF Kap. 13 90 Rentengarantiezeit Begriff und Inhalt Kap. 1 237, Kap. 6 158 (Praxistipp) Rentenstammrecht Begriff und Bedeutung Kap. 1 211, 463 betriebswirtschaftlich Kap. 5 21 Verjährung Kap. 1 217, Kap. 13 30 Rentnergesellschaft Begriff Kap. 9 145 Mindestanforderungen Kap. 9 146 ff. Schadensersatz Kap. 9 148 Transaktionshindernis, Deal Breaker Kap. 10 100, 102 Zuordnungsfreiheit Kap. 9 144 Richtlinien und Vereinbarungen nach dem SprAuG Änderung von Versorgungszusagen Kap. 9 10, 53 Auslegung Kap. 1 590 Begriff und Grundsätze Kap. 1 587 Datenschutz Kap. 7 57 Entsendung Kap. 13 428 Inhaltskontrolle Kap. 1 590 Riesterförderung Altersversorgungsleistungen, lebenslang Kap. 2 156

beitragsrechtlich Kap. 3 13, 49 f. Verwendung, schädliche Kap. 2 156 Zulage Kap. 2 155 Zulagengewährung Kap. 2 156 Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 324 Risiken einer Unternehmenstransaktion ~, administrativ Kap. 10 13 ~, arbeitsrechtlich Kap. 10 13 ~, quantifizierbar Kap. 10 72 ~, sonstige Kap. 10 70 ~, steuerlich Kap. 10 13, 71 administrative Prozesse Kap. 10 114 Aufzählung Kap. 10 71 Beitragszusage Kap. 10 57 Einstandsrisiko Kap. 10 57 f. Risikoversicherung (siehe Versicherungsverträge) ROM I-VO Entsendung Kap. 13 380 ff. Rückdeckungsversicherung ~ in der Insolvenz des Arbeitgebers Kap. 6 369 ff. ~ und Kassenvermögen Kap. 6 380 ff. ~, nicht verpfändet Kap. 10 45 Begriff und Bedeutung Kap. 1 370, Kap. 6 345 betriebswirtschaftlich Kap. 5 133 Direktversicherung, Abgrenzung Kap. 1 387 (Praxistipp) Direktzusage Kap. 1 349, 370 Einbindung des Versicherers in das Familiengerichtsverfahren (siehe Versorgungsausgleich) Fortführung bei Insolvenz des Arbeitgebers, beitragsrechtlich Kap. 3 77 inkongruente ~ Kap. 6 347 Kapitallebensversicherungen Kap. 6 350 keine arbeits- oder bilanzrechtliche Beratung Kap. 6 359 teilweise kongruente ~ (Mischform) Kap. 6 352 Pensionsfonds Kap. 1 443 Pensionskasse Kap. 1 419 reine Beitragszusage Kap. 1 542 (Praxistipp) Teilung von Anrechten (siehe Versorgungsausgleich)

Stichwortverzeichnis

Überdeckung Kap. 10 51 Überschüsse Kap. 6 351 Unterstützungskasse Kap. 1 348, 464 Verpfändung Kap. 1 370, Kap. 6 356 ff. Rückdeckungsversicherung (Steuer-, Beitragsund Bilanzrecht) Aktivierung Kap. 2 52, 54 beitragsrechtliche Behandlung Kap. 3 77 Betriebsausgabe Kap. 2 51 Betriebseinnahme Kap. 2 52 Handelsbilanz, Planvermögen Kap. 4 89, 93 Saldierung, steuerrechtlich Kap. 2 57 Voraussetzungen, steuerrechtlich Kap. 2 49 Zeitwert, steuerrechtlich Kap. 2 56 Rückgedeckte Direktzusage Altersleistung Kap. 1 97 ff., 111 Begriff und Grundsatz Kap. 1 349, 365 beitragsorientierte Leistungszusage Kap. 1 481 (Praxistipp), 488, 494 (Beispiel) betriebswirtschaftlich Kap. 5 21 Hinterbliebenenleistung Kap. 1 194 ff., 203 ff. Invaliditätsleistung Kap. 1 167 ff. kongruent und inkongruent ~ Kap. 1 349, 370 (Beispiel) steuerrechtlich Kap. 2 49 ff. Rückgedeckte Unterstützungskasse Altersleistung Kap. 1 97 ff., 111 Anpassung der laufenden Leistung Kap. 1 116 (Beispiel) Begriff und Grundsatz Kap. 1 348, 464, Kap. 6 377 beitragsorientierte Leistungszusage Kap. 1 481 488 (Praxistipp) betriebswirtschaftlich Kap. 5 21, 81, 96, 106, 134 Hinterbliebenenleistung Kap. 1 194 ff., 203 ff. Invaliditätsleistung Kap. 1 167 ff. kongruent und partiell ~, Begriff Kap. 1 348, 464 Versicherte Person Kap. 1 464 Versicherungsnehmer Kap. 1 464 Rückkaufswert Verbot der Inanspruchnahme (siehe versicherungsförmige Lösung)

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Rückkehroption (siehe Entsendung) Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) Direktgutschrift Kap. 6 70 Missstand (Ausnahme) Kap. 6 71 Rückwirkung echte Kap. 9 93 f. unechte Kap. 9 94 Ruhendes Arbeitsverhältnis Entsendung Kap. 13 377, 394, 439, 450, 457 (Checkliste), 525, 560 Fortsetzungsrecht Entgeltumwandlung Kap. 1 724 Invaliditätsleistung Kap. 1 145 Nachzahlungsmöglichkeit, beitragsrechtlich Kap. 3 20 Nachzahlungsmöglichkeit, steuerrechtlich Kap. 2 139 ff. Zeitwertkonten Kap. 14 38, 143 Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 198 Ruhendvereinbarung, Checkliste Entsendung Kap. 13 377, 457 (Checkliste), 525, 560 Run-off Anbieterauswahl Kap. 12 175 S Sabbatical (siehe Zeitwertkonten) Sachgruppenvergleich Entsendung Kap. 13 415 Nachteiligkeitsermittlung Kap. 1 319 Sachleistungen als bAV Kap. 1 209 Anpassung Kap. 8 392 beitragsrechtlich Kap. 3 40 Sachliche Gründe (siehe Drei-Stufen-Theorie) Saldierungsgebot CTA Kap. 8 329, 342 (Praxistipp), Kap. 12 209, 211 Handelsbilanz Kap. 4 16, 60, Kap. 10 43 Zeitwertkonten Kap. 14 191 Saldierungsverbot steuerrechtlich Kap. 2 32, 57 Sanierungs- bzw. Finanzierungsplan Versicherungsaufsichtsrecht Kap. 6 42 Sanierungsklausel Absenkung des Rechnungszinses Kap. 6 112

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Stichwortverzeichnis

Absenkung von Versicherungsleistungen Kap. 6 112, 339 AGB-rechtliche Prüfung Kap. 6 112 Anhebung von Versicherungsleistungen Kap. 6 112 Anpassungsmöglichkeit Kap. 6 112 (Praxistipp) Auswahlverschulden Kap. 6 112 (Praxistipp) Deckungslücken Kap. 6 339 Einstandspflicht des Arbeitgebers Kap. 1 413 (Praxistipp), Kap. 6 340 freies Wahlrecht des Arbeitgebers Kap. 6 112 (Praxistipp) Kürzung der Versicherungsansprüche Kap. 6 101 reguliert Pensionskassen (siehe dort) Schädliche Verwendung Riesterförderung Kap. 2 156 Scheidung (siehe Versorgungsausgleich) Schließung einer Versorgungszusage Gesamtzusage Kap. 9 14, 39, 117 Gleichbehandlungsgrundsätze Kap. 9 14 Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates Kap. 9 14, 44 Rechtsfolge einer Kündigung Kap. 9 61 Zusage aufgrund betrieblicher Übung Kap. 9 14 Zusage aufgrund von Kollektivzusagen Kap. 9 14 Schriftform ~ der Versorgungszusage, steuerrechtlich Kap. 2 26 ~ der Versorgungszusage, GGF Kap. 13 27 Einbringungserklärung (siehe Zeitwertkonten) Einwilligung Abschluss Versicherungsvertrag Kap. 6 247 Wertguthabenvereinbarung (siehe Zeitwertkonten) Schuldbeitritt CTA Kap. 8 350 f., 355 f. Übernahme der Versorgungszusage Kap. 8 462, Kap. 9 147 Unternehmenstransaktion Kap. 10 104 Schuldrechtliche Ausgleichsrente Abtretung Kap. 11 107 Anpassung Kap. 11 105 Definition Kap. 11 101

Erlöschen Kap. 11 106 Fälligkeit des Anspruchs der ausgleichsberechtigten Person Kap. 11 103 gerichtliche Geltendmachung Kap. 11 111 Höhe Kap. 11 104 Kapitalzahlung Kap. 11 110 nicht ausgeglichenes Anrecht Kap. 11 103 Sozialversicherung Kap. 11 105 Steuer Kap. 11 105 Zahlungsmodalitäten Kap. 11 105 Schutz der Begünstigten von Versicherungsleistungen (siehe versicherungsrechtliche Rahmenbedingungen) Segmentiertes Kassenvermögen Übergang auf den PSV Kap. 9 294, 373 Selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherung (siehe Versicherungsverträge) Sensible Daten (siehe Datenschutz) Settlements (Abgeltungen) Bilanzierung IFRS Kap. 4 100, 104, 111 Share Deal Administration Kap. 10 111 Ausgliederung Kap. 10 73 Begriff Kap. 9 101, Kap. 10 2 ff. Rentnergesellschaft Kap. 10 102 Schuldbeitritt Kap. 10 103 Versorgungsverpflichtungen bei einem ~ Kap. 9 102 ff. Versorgungsträger Kap. 10 78 Sicherungsbeitrag arbeitsrechtlich Kap. 1 571 beitragsrechtlich Kap. 3 12 Sicherungsvermögen Insolvenz Kap. 6 64 Mindestumfang Kap. 6 63 Sozialpartnermodell Kap. 6 65 Sittenwidrigkeit (siehe Änderung von Versorgungszusagen) Solvency I Begriff und Grundsätze Kap. 6 23 Solvency II risikoorientierter Ansatz Kap. 6 22 Vollharmonisierung des Aufsichtsrechts innerhalb der EU und des EWR Kap. 6 14 Sonderausgabenabzug ~ im Versorgungsausgleich Kap. 11 307 nach § 10 Abs. 2 Nr. 1 b) EStG Kap. 2 152

Stichwortverzeichnis

nach § 10a EStG i. V. m. Abschnitt XI EStG Kap. 2 133, 156, 264 Sonstige Einkünfte gem. § 22 EStG Abfindungen Kap. 2 270 Auslagerung von Direktzusage auf Pensionsfonds Kap. 2 243 f. Versorgungsleistungen als ~ Kap. 2 164 Wechsel des Durchführungswegs Kap. 13 157 Sonderzahlungen Zeitwertkonten Kap. 14 141 Soziale Einrichtung Unterstützungskasse, steuerrechtlich Kap. 2 175 Soziale Komponente Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (siehe dort) Sozialpartnermodell Anbieterauswahl Kap. 12 218 Arbeitgeberzuschuss Kap. 1 574 Ausschreibeverfahren Kap. 12 219 Beitragszusage, reine Kap. 1 568, Kap. 6 65 (siehe auch dort) Durchführung und Steuerung Kap. 1 572 (siehe auch dort) Garantieverbot Kap. 1 569 (siehe auch dort) Sicherungsbeitrag Kap. 1 571 Zielrente Kap. 1 570 (siehe auch dort) Sozialversicherungsabkommen Entsendung Kap. 13 484 Sozialversicherungsrecht Ausgleichsansprüche nach Scheidung Kap. 11 327 f. beitragsrechtlich Kap. 3 1 ff. externe Teilung Kap. 11 326 f. interne Teilung Kap. 11 324 f Sozialversicherungsträger Zuständigkeit Kap. 6 34(Praxistipp) Spaltung (siehe Unternehmenstransaktion) Sparbeiträge (siehe Versicherungsverträge) Spätehenklausel (siehe Hinterbliebenenversorgung) Sprecherausschuss (siehe Richtlinien und Vereinbarungen nach dem SprAuG) Stammdaten (siehe Administration eines internen Versorgungsträgers)

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Standardisierte Folgeprozesse (siehe Administration eines internen Versorgungsträgers) Startgutschriften Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (siehe dort) Statuswechsel GGF Kap. 13 70 persönlicher Anwendungsbereich des BetrAVG Kap. 1 299 (Praxistipp) Unverfallbarkeit der Anwartschaft Kap. 8 32 (Beispiel) Verwaltung einer Direktzusage Kap. 12 6 Sterbegeld ~ statt Hinterbliebenenleistung Kap. 1 197 (Praxistipp) Abgrenzung zur bAV Kap. 1 245 (Beispiel) Pensionsfonds Kap. 1 437 Pensionskassen Kap. 1 423 Unternehmenstransaktion Kap. 10 3 Sterbetafeln (siehe Versicherungsverträge) Steuerfreiheit Aufwendungen, Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 314 Beiträge, Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 321 Pensionskasse, Unterstützungskasse Kap. 2 168 Umlage, Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 315 Steuerpflicht, Entsendung beschränkte Kap. 13 502, 553, 578 unbeschränkte Kap. 13 501, 553 Steuerrechtliche Folgen Versorgungsausgleich für das Trägerunternehmen der Unterstützungskasse Kap. 11 310 ff. für den Arbeitgeber Kap. 11 319 für den Versorgungsträger Kap. 11 308 für die Eheleute bei Ausgleichsansprüchen nach Scheidung Kap. 11 305 für die Eheleute bei externer Teilung Kap. 11 301 für die Eheleute bei interner Teilung Kap. 11 297 ff. für die Unterstützungskasse Kap. 11 315 f.

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Stichwortverzeichnis

Stichtagsregelungen Änderung von Versorgungszusagen Kap. 9 6 Gleichbehandlung Kap. 1 622, 679 Störfall, Zeitwertkonten (siehe unter Zeitwertkonten) Störung der Geschäftsgrundlage Änderung von Versorgungszusagen Kap. 9 26, 28, 46 Subsidiärhaftung des Arbeitgebers (siehe Einstandspflicht des Arbeitgebers) Substanzgefährdung des Unternehmens langfristige ~ Kap. 9 79 SV-Luft (siehe Zeitwertkonten) T Tantiemen Begriff, Abgrenzung zur bAV Kap. 1 246 kein zusatzversorgungspflichtiges Entgelt Kap. 13 294 Tarifbindung beiderseitige ~ Kap. 9 69 Tarifdispositivität (siehe Unabdingbarkeit) Tarifvertrag Abfindung Kap. 8 108 Auslegung Kap. 1 565 Besonderheit Kap. 9 92 Datenschutz Kap. 7 38 engste Verbindung, Zeitwertkonten (siehe dort) Erteilung der Zusage Kap. 1 29 Geltung, unmittelbare und zwingende Kap. 1 562 Inhaltskontrolle Kap. 1 566 Kündigung Kap. 9 68 Öffnungsklausel Kap. 1 563 Optionssystem Kap. 1 575 Regelungen, abweichende Kap. 1 563 Unverfallbarkeit Kap. 8 17 Verbandsaustritt Kap. 9 69 Verschlechterung eines ~ Kap. 9 65 ff. Tarifvorrang Mitbestimmung des Betriebsrats Kap. 1 776, Kap. 14 121 Tätigkeit, vorübergehend (siehe Entsendung) Tätigkeitsstaat Entsendung, Besteuerung Kap. 13 509 Technische und organisatorische Maßnahmen (siehe Datenschutz)

Teilaufsichtspflicht (siehe versicherungsrechtliche Rahmenbedingungen) Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung, VersAusgl Ausschluss des Anspruchs Kap. 11 120 doppelte Wertberechnung Kap. 11 122 Fälligkeit Kap. 11 124 Geltendmachung Kap. 11 126 Höhe Kap. 11 121 Sozialversicherung Kap. 11 124 Voraussetzungen Kap. 11 117 Zahlungsmodalitäten Kap. 11 124 Teilung ~ laufender Altersleistungen Kap. 11 288 ~ laufender Invaliditätsleistungen Kap. 11 291 ~ laufender Leistungen Kap. 11 287 ~ von Anrechten, nachträgliche Anpassung Kap. 11 25 Teilungsordnung Beschränkung auf reine Altersleistung bei interner Teilung Kap. 11 62 Definition Kap. 11 61 wesentliche Inhalte Kap. 11 62 Teilwertverfahren Handelsbilanz Kap. 4 25 ff. Pensionsrückstellung Kap. 2 21 Temporäre Rentenzahlung Begriff und Grundsätze Kap. 1 120, 170, 172, 193, 206, 214 Territorialitätsprinzip (siehe Entsendung) Tochtergesellschaft, ausländisch Insolvenzschutz Kap. 13 439 Tod eines Ehegatten, VersAusgl Besserstellungsverbot Kap. 11 276 nach durchgeführtem Wertausgleich Kap. 11 276 vor Rechtskraft der Scheidung Kap. 11 276 zwischen Rechtskraft der Scheidung und Rechtskraft der Entscheidung über den VersAusgl Kap. 11 276 Todesfallleistungen (siehe Hinterbliebenenleistungen) Trade Sale (siehe Unternehmenstransaktion) Transaktionswert (siehe Unternehmenstransaktion) Transportverschlüsselung (TLS) (siehe Datenschutz) Trendannahmen (siehe Bilanzierung)

Stichwortverzeichnis

Treuepflichtverletzung Situation, existenzgefährdende Kap. 9 32 Treuhand (siehe CTA) Treuhänder Due Diligence Kap. 10 20 Prämientreuhänder Kap. 6 58 Treuhandvereinbarung konzernbezogene Kap. 9 104 Triftige Gründe Änderung von Versorgungszusagen Kap. 9 73 U Überbrückungsgelder (Gnadengehälter) Abgrenzung zur bAV Kap. 1 249 beitragsrechtlich Kap. 3 51 ff. Überdotierung, Pensionskasse, Unterstützungskasse Entfall Zweckbindung Kap. 2 183 Rückstellung für Beitragsrückerstattung Kap. 2 200 Verlustrücklage Kap. 2 191, 199 Vermögen Kap. 2 191 Übergangsgelder Abgrenzung zur bAV Kap. 1 239 f. Überleitung Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 298 Übermittlung oder Offenlegung des Personenbezugs (siehe Datenschutz) Überschussbeteiligung Auskunftsrechte Kap. 6 265 Begriff Kap. 6 252 Berechnung Kap. 6 69 Geschäftsgeheimnis Kap. 6 265 Gleichbehandlungsgrundsatz Kap. 6 69 Höhe Kap. 6 72 Überschussermittlung Kap. 6 255 Verschwiegenheitsverpflichtung der BaFin Kap. 6 266 Verursachungsgerechtigkeit Kap. 6 69 (Praxistipp) verursachungsorientiertes Verfahren Kap. 6 69 (Praxistipp), 255 Zinszusatzreserve Kap. 6 73 Überschussverwendung Arten Kap. 6 257 Ausschreibungsunterlagen Kap. 12 179 (Beispiel)

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Direktversicherung Kap. 1 401 kombinierte Produkte Kap. 6 263 Überschussverwendung und versicherungsförmige Lösung Kap. 6 262 Übertragung der Versorgungszusage/des Übertragungswerts (Arbeitsrecht) Anspruch Kap. 8 479 ff. Anspruchsgegner Kap. 8 483 ff. Auskunftsanspruch Kap. 8 490 Betriebsübergang (siehe dort) Beitragszusage, reine Kap. 8 492 Entsendung Kap. 13 442 f., 557, 567 Erfüllungsübernahme Kap. 8 462 Liquidation Kap. 8 502 ff. Schuldbeitritt Kap. 8 462 Umwandlung (siehe dort) Übernahme Kap. 8 459 ff. Übertragung, einvernehmliche Kap. 8 459 ff. Übertragungsverbot Kap. 8 449 ff Übertragungsvertrag Kap. 8 460 Übertragungswert, Übertragung des Kap. 8 468 ff. Wertgleichheit Kap. 8 477 Übertragung von Versorgungszusagen/ Übertagungswert (Steuer- und Beitragsrecht) Arbeitgeberwechsel Kap. 2 258 auf einen Pensionsfonds, steuerrechtlich Kap. 2 107, 234, 238, 241, 243 ff. beitragsrechtlich Kap. 3 30 f. Liquidationsdirektversicherung Kap. 2 265 ff. Schuldübernahme Kap. 2 260 ff. Übertragung des Übertragungswertes Kap. 2 263 ff. Übertragung, Versicherungsnehmereigenschaft Fortführung einer Rückdeckungsversicherung Kap. 8 281 ff. versicherungsförmige Lösung Kap. 6 275, 382, Kap. 8 70 (Praxistipp) Übertragungen, Zeitwertkonten (siehe dort) Übertragungswert, Versorgungsausgleich korrespondierender Kapitalwert Kap. 11 49 Übertritt Entsendung Kap. 13 372 Überversorgung GGF Kap. 13 34 ff.

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Stichwortverzeichnis

steuerrechtlich Kap. 12 42 (Praxistipp) planwidrige ~ Kap. 8 31 Vorwegnahme künftiger Gehaltserhöhungen, GGF Kap. 13 36 Umlagefinanzierung Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 280 Umwandlung Formwechsel Kap. 9 138, 142, 151 Spaltung Kap. 9 138, 140 Vermögensübertragung Kap. 9 138, 141, 151 Verschmelzung Kap. 9 138, 151 Unangemessene Benachteiligung des Versorgungsberechtigten (voll-) gezillmerter Versicherungstarif Kap. 1 706 AGB Kap. 1 38 Änderung von Versorgungszusagen Kap. 9 23 Berücksichtigung von Kosten bei einer Beitragszusage mit Mindestleistung Kap. 1 512 Mindesthöhe der garantierten Leistung, beitragsorientierte Leistungszusage Kap. 1 493 vorzeitiger Altersleistung, Kürzung Kap. 8 170 Unabdingbarkeit des BetrAVG Ausnahmen Kap. 1 330 ff. Betriebsvereinbarung Kap. 1 318, 327 gesetzliches Verbot Kap. 1 320 Grundsatz Kap. 1 318 individualrechtliche Zusage Kap. 1 318 Nichtarbeitnehmer Kap. 1 328 f., 334 ff. Nichttarifgebundene Kap. 1 324 ff. Organmitglieder Kap. 1 332 f. Richtlinie nach dem SprAuG Kap. 1 318 Tarifdispositivität Kap. 1 322 ff. Unechte Gruppenversicherung (siehe Gruppenversicherung) Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückzahlung (siehe Versicherungsverträge) Unfallzusatzversicherung (siehe Versicherungsverträge) Unisex-Tarife Verwendung in der bAV Kap. 1 651 Unmittelbare Versorgungszusage (siehe Direktzusage)

Unstrukturierte Informationen Briefpost Kap. 12 116 Scan- und Indizier-Arbeitsplätze Kap. 12 116 Unterdeckung Beitragszusage Kap. 10 57 Bilanzierung Kap. 4 8 ff., 22 gemeinschaftlicher Plan Kap. 10 64 Versorgungsträger Kap. 10 62 Unternehmen Begriff, arbeitsrechtlich Kap. 1 289 Unternehmens-Handbuch Content-Management-System Kap. 12 123 Datenbank Kap. 12 124 Prozessdokumentationstool Kap. 12 124 Schlüsselkontrollen im Risikomanagement Kap. 12 125 Unternehmenstransaktion (Mergers & Aquisitions) Altersteilzeitverpflichtungen Kap. 10 3 Anpassung der Versorgungsleistung Kap. 10 71 f., 95 Asset Deal Kap. 10 2 ff., 74 ff., 103, 111 Ausgleichsbetrag/Ausgleichsforderung Kap. 10 68, 77 Ausgleichszahlung/Ausgleichshandlung Kap. 10 71 Ausgliederung Kap. 10 27, 73 ff., 102 Auslagerung auf Pensionsfonds Kap. 10 106 f. Beitragszusage und Beitragsplan, bilanziell Kap. 10 35, 55 ff. Berechnungsannahmen Kap. 10 89 Betriebsübergang (siehe dort) biometrische Annahmen Kap. 10 59 CTA/Treuhand (siehe dort) Deal Breaker Kap. 10 100 Defizitbeiträge Kap. 10 67 Diskontierungszins Kap. 10 47 f. Due Diligence (siehe dort) Einzelrechtsnachfolge Kap. 10 2 Forward Rates Kap. 10 48 Fremdkapital, Anpassung, Zins Kap. 10 10 Fremdkapitalzins Kap. 10 48 Garantieerklärung Kap. 10 94 ff. Garantieklausel Kap. 10 11 ff., 72 Garantieverletzung Kap. 10 96 Gegenwert Kap. 10 77 Gegenwertforderung Kap. 10 68

Stichwortverzeichnis

Gemeinschaftsunternehmen Kap. 10 1 Gesamtrechtsnachfolge Kap. 10 2 Harmonisierung Kap. 10 111 Höchstrechnungszins Kap. 10 57 Insolvenz Kap. 10 37, 105 Joint Venture Kap. 10 1 Jubiläumsleistungen Kap. 10 3 Kaufpreis Kap. 10 88 Kaufvertrag (siehe dort) Kosten (siehe dort) Liquidität (siehe dort) Löschung von Daten (siehe dort) Marktzins Kap. 10 47 f. Mindestverzinsung Kap. 10 59 Mitarbeiter (siehe dort) Nichtarbeitnehmer Kap. 10 3 Niedrigzinsumfeld Kap. 10 69 Pensionskasse unternehmensübergreifend Kap. 10 36, 76 ff. Pensionskassenmitgliedschaft Kap. 10 79 Pensionskassentarif Kap. 10 57, 79 Pensionskassenzusage Kap. 10 57 Person, arbeitnehmerähnliche Kap. 10 3 Rechnungszins Kap. 10 48, 57 Rentner Kap. 10 102 Rentnergesellschaft (siehe dort) Risiken einer ~ (siehe dort) Rückdeckungsversicherung (siehe dort) Schuldposten Kap. 10 9 Share Deal (siehe dort) Signing Kap. 10 84 Spaltung Kap. 10 1 f. Sterbegeld (siehe dort) Sterbegelder Kap. 10 3 Trade Sale Kap. 10 1 Unternehmenstransaktion Kap. 10 1 f., 9 f. Unterstützungskasse, übergehendes Vermögen Kap. 10 80 Vermögensgegenstände Kap. 10 2 Verpflichtungsumfang (siehe dort) Verschmelzung (siehe Umwandlung) versicherungsmathematische Annahmen Kap. 10 47 Versorgungseinrichtung/Versorgungsträger (siehe dort) Versorgungspläne (siehe dort) Vorruhestandsleistungen Kap. 10 3 Zinssatz Kap. 10 89

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Unterstützungskasse (Arbeitsrecht) Abfindung Kap. 8 128 Ausgestaltung des Leistungsplans Kap. 1 459 ff. Ausgleichskassen Kap. 1 455 (Fettnapf) biometrische Risiken (Leistungsarten) Kap. 1 460 Entsendung (siehe dort) Gesamtschuldner Kap. 1 454 GGF Kap. 13 94 Leistungen von Fall zu Fall Kap. 1 460 Leistungsformen, Rente, Kapital Kap. 1 461 Rechtsanspruch, Ausschluss Kap. 1 452, 456 ff. Unverfallbarkeit dem Grunde nach Kap. 8 42 Unverfallbarkeit der Höhe nach Kap. 8 42 ff. Zusagearten Kap. 1 459 Unterstützungskasse (Steuer- und Beitragsrecht) ~ als soziale Einrichtung Kap. 2 174 ff. ~ als Steuersubjekt Kap. 2 170 Aufwendungen, beitragsrechtlich Kap. 3 5 Befreiung von der Körperschafts-/ Gewerbesteuer, Voraussetzungen Kap. 2 172 ff. Begünstigtenkreis, eingeschränkt Kap. 2 173 beratende Mitwirkung Kap. 2 177 Besteuerung, Arbeitnehmer, Anwartschaftsphase, Kap. 2 126 Besteuerung, Arbeitnehmer, Versorgungsleistung, Kap. 2 126 Betriebsausgabenabzug, Grundsatz Kap. 2 65 f. Betriebsausgabenabzug, lebenslänglich laufende Leistungen Kap. 2 68 ff., 83 Betriebsausgabenabzug, nicht lebenslänglich laufende Leistungen Kap. 2 86 ff. Darlehen Kap. 2 64 Ertragssteuerentlastung Kap. 2 65 gemischte Kassen Kap. 2 88 Leistungen, beitragsrechtlich Kap. 3 35 f. Leistungen, tatsächlich zugeflossen Kap. 2 127 Leistungshöchstgrenzen Kap. 2 178 ff.

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Stichwortverzeichnis

partiell rückgedeckte ~ Kap. 2 84 partielle Körperschaftsteuerpflicht Kap. 2 170, 202 Passivierungsverbot, steuerliches Kap. 2 89 pauschaldotierte ~ Kap. 2 63 reservepolsterfinanzierte ~ Kap. 2 63, 78 rückgedeckte ~ Kap. 2 63, 83 steuerliche Höchstgrenzen Kap. 10 71 Überdotierung ~ Kap. 2 183 f. Vermögen, zweckgebunden Kap. 2 175 volle Steuerpflicht der ~ Kap. 2 170 Zuwendungen an eine ~ Kap. 2 65 Zweckbindung, dauerhafte Kap. 2 181 f. Unterstützungskasse (weiteres) ~, konzerneigene Kap. 10 78 Anbieterauswahl Kap. 12 204 Bedeutung und Hintergrund Kap. 1 446 betriebliche Unterstützungskasse Kap. 1 450 Definition Kap. 1 448, Kap. 2 60, Kap. 6 4 Due Diligence Kap. 10 20 Geschäftsbesorgungsvertrag Kap. 1 455 Gruppenunterstützungskasse Kap. 1 450, Kap. 8 294, Kap. 10 36 Insolvenzsicherung, privatrechtliche Kap. 8 372 keine Aufsichtspflicht Kap. 6 33 kongruent rückgedeckte ~ (siehe dort) Konzernunterstützungskasse Kap. 1 450 Mitgliedschaftsverhältnis Kap. 1 455, Kap. 10 76, 80 pauschaldotierte ~ Kap. 1 463 Rechtsform Kap. 1 449, Kap. 2 61 Rechtsverhältnisse Kap. 1 451 reservepolsterfinanzierte ~ Kap. 1 463 Rückdeckungskassen Kap. 1 455 (Fettnapf) Rückforderungsausschluss Kap. 8 305 rückgedeckte ~ (siehe dort) Vorteile Kap. 1 447 Unverfallbarkeit (Verwaltung der bAV) 1%-Anpassung Kap. 12 27 Abfindung Kap. 12 33 Altersgrenze Kap. 12 23 Anwartschaft, gesetzlich unverfallbare Kap. 12 16 Anwartschaft, kapitalmarktorientierte Kap. 12 26

Anwartschaft, vertragliche Kap. 12 21 Anwartschaft, wertpapiergebundene Kap. 12 26 Betriebsübergänge Kap. 12 13 Dynamisierung Kap. 12 27 Erteilung der Versorgungszusage Kap. 12 3 EU-Mobilitätsrichtlinie Kap. 12 27 gesetzliche ~ Kap. 12 16 Höhe, gesetzliche Kap. 12 23 Holschuld Kap. 12 25 Insolvenzschutz Kap. 12 21 Kündigungsschreiben Kap. 12 13 Nettolohn-Anpassung Kap. 12 27 Personalakte Kap. 12 12 pro-rata temporis Kap. 12 23 sofortige ~ Kap. 12 21 Spätehenklauseln Kap. 12 48 Umfirmierungen Kap. 12 13 Unverfallbarkeitsbescheinigung Kap. 12 24 Unverfallbarkeitsfrist Kap. 12 17 Verbraucherpreisindex-Anpassung Kap. 12 27 Versorgungsausgleich Kap. 12 78 vertragliche ~ Kap. 12 21 Unverfallbarkeit dem Grunde nach Alter Kap. 8 7 Altersdiskriminierung Kap. 8 27 f. Arbeitgeberwechsel Kap. 8 33 Arbeitsverhältnis, Unterbrechung Kap. 8 34 Auslandstätigkeit Kap. 13 440 Begriff Kap. 8 2 Beschäftigungszeiten, Anrechnung von Kap. 8 35 betriebliche Übung Kap. 8 18 Betriebsvereinbarung Kap. 8 17 Direktversicherung Kap. 8 38 ff. Durchführungswege, mittelbare Kap. 8 22 Eigenbeträge Kap. 8 43 ff. Einzelzusage Kap. 8 16 Elternzeit Kap. 8 34 Entgeltumwandlung Kap. 8 43 ff. Entsendung Kap. 13 440 ff. Fristberechnung Kap. 8 19 gesetzliche ~ Kap. 8 3 ff. GGF Kap. 13 55

Stichwortverzeichnis

Grundsatz der Gleichbehandlung Kap. 8 18 Invalidität Kap. 8 10 f. Lebensjahr, Vollendung Kap. 8 12 Probezeit Kap. 8 21 reine Beitragszusage Kap. 8 47 f. Tarifvertrag Kap. 8 17 Unterstützungskasse Kap. 8 42 Versorgungsfall Kap. 8 7 ff. Versorgungszusage, Änderung Kap. 8 29 ff. Versorgungszusage, arbeitgeberfinanzierte Kap. 8 3 Versorgungszusage, Bestand Kap. 8 14 vertragliche ~ Kap. 8 6 Vorruhestand Kap. 8 36 Vorschaltzeiten Kap. 8 20 f. Wartezeiten Kap. 8 24 ff. Unverfallbarkeit der Höhe nach Befristung Kap. 8 56 Begriff Kap. 8 2 Beitragszusage mit Mindestleistung Kap. 8 91 Beitragszusage, reine Kap. 8 93 Berechnung, ratierliche Kap. 8 80 ff. Beschäftigungszeiten Kap. 8 55 f. Betriebszugehörigkeit, mögliche Kap. 8 58 ff. Betriebszugehörigkeit, tatsächliche Kap. 8 52 ff. Direktversicherung Kap. 8 69 ff. Dynamisierung der Anwartschaften Kap. 8 94 ff. Entgeltumwandlung Kap. 8 67 f. Festbetragszusage Kap. 8 66 GGF Kap. 13 55 Leistung, Höhe der Kap. 8 49 Leistungszusage Kap. 8 51 ff. Leistungszusage, beitragsorientierte Kap. 8 67 f. Mischfinanzierung Kap. 8 90 Pensionskasse Kap. 8 69 ff. Regelaltersgrenze, gesetzliche Kap. 8 61 ff. Unterstützungskasse Kap. 8 42 Verfügungsbeschränkungen Kap. 8 78 ff. versicherungsförmiges Verfahren Kap. 8 70 ff. (siehe auch dort)

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Unverhältnismäßiger Aufwand (siehe Datenschutz) V VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz) Eingriffsmöglichkeiten, Aufsichtsbehörde Kap. 6 16 laufende Überwachung, Aufsichtsbehörde Kap. 6 16 Rechtsverordnungen auf Grundlage des ~ Kap. 6 17 Sonderbestimmungen Kap. 6 17 VAG-InfoV Kap. 6 18 Valutaverhältnis Begriff Kap. 1 27, 466 Inhalt Kap. 1 342 Variable Annuitäten (siehe Versicherungsverträge) Verantwortliche Stelle (siehe Datenschutz) Verarbeitung (siehe Datenschutz) Verarbeitungsverzeichnis (siehe Datenschutz) Verarbeitungszweck (siehe Datenschutz) Verbesserung (einer Versorgungzusage) Gleichbehandlungsgrundsatz Kap. 9 6, 29 Grundsatz Kap. 9 4 f. Stichtagsregelung Kap. 9 6 Verbraucherschutz Versicherungsaufsichtsrecht Kap. 6 10 (Praxistipp) Verbraucherpreisindex (siehe Anpassung der Versorgungsleistung) Verdeckte Gewinnausschüttung Auswirkung bei dem Gesellschafter Kap. 13 40 Auswirkung bei der Kapitalgesellschaft Kap. 13 39 Leistung an nahestehende Person Kap. 13 47 Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich Allgemeines Kap. 11 63 Ausschluss Kap. 11 65, 134 formelle Wirksamkeitsvoraussetzungen Kap. 11 69 Kontrollpflicht des Familiengerichts Kap. 11 66 korrespondierender Kapitalwert Kap. 11 47

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Stichwortverzeichnis

Regelungsbefugnis der Ehegatten Kap. 11 64 Vererbung und bAV Grundsatz Kap. 1 230 ff. Schädlichkeit von Vererbungsklauseln Kap. 1 236 f. Verfahrensrechtliche Auskunftspflichten, Versorgungsausgleich ~ des Versorgungsträgers Kap. 11 40 auskunftspflichtige Personen Kap. 11 38 Erläuterung Kap. 11 43 Formular Kap. 11 51 Inhalt Kap. 11 175 maßgebliche Regelungen Kap. 11 40 Mitwirkungshandlungen Kap. 11 53 übersichtliche und nachvollziehbare Berechnung Kap. 11 40 Werte Kap. 11 40 Verfallklausel Zeitwertkonten Kap. 14 132 Verfügungen über die Versicherungsleistung Abtretungen Kap. 1 381, Kap. 6 303 Beleihung Kap. 1 381 Grundsatz Kap. 1 379 f. Verfügungsverbot Kap. 6 303 Verpfändungen Kap. 1 381, Kap. 6 303 Verfügungsbeschränkungen Fortführung einer Rückdeckungsversicherung Kap. 8 287 versicherungsförmige Lösung Kap. 6 154, 281, Kap. 8 78 Verhältnismäßigkeit allgemeine Prinzipien Kap. 9 46, 87 Besonderheit Tarifvertrag Kap. 9 92 Grundsätze Kap. 9 58, 63, 67 ff., 92 f. Jahrgänge, rentennahe Kap. 9 88 Verjährung ~ der Beiträge zur gesetzlichen Insolvenzsicherung Kap. 8 218 f. ~ versicherungsvertraglicher Ansprüche Kap. 6 317 ff. arbeitsrechtlich, Grundsatz Kap. 1 217 beitragsrechtlich Kap. 3 104, 108, 112 ff. Ratenzahlung Kap. 1 229 Rentenstammrecht Kap. 1 217 Rentenzahlung Kap. 1 218, Kap. 12 30 Vermögen (Unternehmenstransaktion) ~, externe Versorgungseinrichtung Kap. 10 36

~, externes Kap. 10 39, 45 f., 65, 88, 99 ~, reserviertes Kap. 10 50 ~, weiteres Kap. 10 45 Deckungsvermögen Kap. 10 43, 45 Planvermögen Kap. 10 17, 43, 45, 81 Rückdeckungsversicherung Kap. 10 51 Treuhandvermögen Kap. 10 81 Übergang Kap. 10 10 Unternehmenstransaktion Kap. 10 2 Unterstützungskasse Kap. 10 80 Vermögensgegenstände Kap. 10 2, 27 Vermögenswerte Kap. 10 10, 45 f., 114 Versorgungsverpflichtungen Kap. 10 10 Vermögensbildende/Vermögenswirksame Leistungen Abgrenzung zur bAV Kap. 1 250 Vermögenslage betriebswirtschaftlich Kap. 5 4, 24 Vermögensübergang Vermögen der Unterstützungskasse auf PSV Kap. 8 293 Verordnung 883/04 Entsendung Kap. 13 487 ff. Verpfändung (Rückdeckungsversicherung) Einziehungsrecht Kap. 6 366 GGF Kap. 13 109 Hinterlegung Kap. 6 365 Insolvenzschutz Kap. 6 360 Pfandreife/Fälligkeit der Versicherungsleistung Kap. 6 363 Wirksamkeitsvoraussetzung Kap. 6 361 Verpfändungsmodell CTA Kap. 8 338 ff. Verpflichtungsumfang (Unternehmenstransaktion) beitragsorientierte Versorgungspläne Kap. 10 55 Bewertung Kap. 10 40 Bewertungsannahmen Kap. 10 89 gemeinschaftliche Pläne Kap. 10 63 HGB, IFRS Kap. 10 48 leistungsorientierte Versorgungspläne Kap. 10 39 Rückdeckungsversicherung Kap. 10 51 Saldierung mit Vermögen Kap. 10 43 übergehende Versorgungsverpflichtungen Kap. 10 32 Unternehmenstransaktion Kap. 10 13 Unterschiedsbetrag BilMoG Kap. 10 44

Stichwortverzeichnis

Verrentungsfaktoren (siehe Versicherungsverträge) Verschaffungspflicht (siehe Einstandspflicht des Arbeitgebers) Verschlechterung (einer Versorgungszusage) ~ einer Betriebsvereinbarung Kap. 9 55 ff. ~ einer Individualzusage Kap. 9 16, 18 ~ einer Individualzusage mit kollektivem Bezug Kap. 9 39 ff. ~ einer Versorgungszusage, allgemein Kap. 9 15 ff. ~ eines Tarifvertrages Kap. 9 64 Besonderheiten im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang Kap. 9 21 Verschlüsselung (siehe Datenschutz) Verschmelzung (siehe Umwandlung) Versetzung Entsendung Kap. 13 372, 504 Versicherte Person Direktversicherung Kap. 1 385 Grundsatz Kap. 1 374, Kap. 6 160 Leibrentenversicherung Kap. 6 161 Leistungspflicht des Versicherers Kap. 6 160 Pensionskasse Kap. 1 417 Rückdeckungsversicherung Kap. 1 370, 464 Versicherungsaufsicht Finanzaufsicht Kap. 6 41 Hauptziel Kap. 6 12 laufende Aufsicht Kap. 6 10 Pensionsfonds Kap. 6 13 sektorale Wirtschaftsaufsicht (Praxistipp) Kap. 6 10 Zuständigkeit der Gerichte Kap. 6 34 Versicherungsförmige Lösung ~ im Versorgungsausgleich Kap. 11 34 Abtretungen, Beleihungen, Pfändung Kap. 6 282 Beitragsfreistellung Kap. 6 285 Entgeltumwandlung Kap. 6 287 Grundlagen Kap. 8 70 ff. Teilkündigung des Versicherungsvertrags Kap. 6 286 Verbotsgesetz Kap. 6 285, Kap. 8 70 ff. Verfügungsbeschränkungen (siehe dort) Versicherungsnehmerwechsel Kap. 6 276 versicherungsvertragliche Besonderheiten Kap. 6 279

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Versicherungsförmige Versorgungszusage Begriff Kap. 1 48, 112, 347, Kap. 6 150 beitragsorientierte Leistungszusage Kap. 1 488 Besonderheiten Definition Invalidität Kap. 1 147 ff. Besonderheiten Regelaltersgrenze Kap. 1 97 ff. Direktversicherung (siehe dort) Höhe der Altersleistung Kap. 1 113 ff. Höhe der Hinterbliebenenleistung Kap. 1 203 ff. Höhe der Invaliditätsleistung Kap. 1 167 ff. Kongruenz Zusage und Versicherungsvertrag Kap. 1 48, 112, 167, 203, 347, 397, 415 versicherungsförmige Garantien Kap. 6 119 versicherungsförmige Kalkulation Kap. 6 126 Versicherungsgeschäft Begriff Kap. 6 8 erlaubtes ~ Kap. 6 10 Verbot mit Erlaubnisvorbehalt Kap. 6 10 Versicherungsmakler Beratungs- oder Informationspflichten Kap. 6 199 Definition Kap. 6 199 Maklervertrag Kap. 6 199 Versicherungsnehmerwechsel Erklärung des Arbeitgebers Kap. 6 277 versicherungsförmige Lösung Kap. 6 276 Zustimmungserklärung des Arbeitnehmers Kap. 6 277 Versicherungsrechtliche Rahmenbedingungen allgemeine Rechtsquellen Kap. 6 19 Anwendbarkeit des VVG auf Pensionsfondsverträge Kap. 6 7 (Praxistipp) Aufsichtspflicht für Unterstützungskassen, keine Kap. 6 33 aufsichtspflichtige Unternehmen Kap. 6 25 Begriff des Versicherers im VVG Kap. 6 8 besonderer Insolvenzschutz Kap. 6 6 Deckungsrückstellungsverordnung Kap. 6 180 disponible Vorgaben Kap. 6 9 Durchführungswege Kap. 6 13

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Stichwortverzeichnis

Eingriffsmöglichkeiten, Aufsichtsbehörde, Gefahrenabwehr Kap. 6 16 Erlaubnis des Versicherungsvermittlers Kap. 6 7 (Praxistipp) halbzwingende Vorschriften Kap. 6 9 innere Geschäftsorganisation Kap. 6 6 Kalkulation von Prämien Kap. 6 6 keine Aufsichtspflicht für Sozialversicherungsträger Kap. 6 34 Konkretisierung Richtlinienvorgaben Kap. 6 22 (Praxistipp) Lebensversicherungsunternehmen Kap. 6 27 nationale Rechtsgrundlage für Durchführungswege Kap. 6 14 Pensionskassen und Pensionsfonds Kap. 6 30 Rechtsverordnungen Kap. 6 18 Schutz der Versicherungsnehmer und der Begünstigten von Versicherungsleistungen Kap. 6 12 Sicherung der Funktionsfähigkeit des Versicherungsmarktes Kap. 6 10 (Praxistipp) Solvency I (siehe dort) Solvency II (siehe dort) Teilaufsichtspflicht Kap. 6 37 (Praxistipp) Überwachung der Geschäftsführung, Aufsichtsbehörde Kap. 6 16 unechte Rechtsquellen (Praxistipp) Kap. 6 19 VVG als besonderes Schuldverhältnis Kap. 6 7 zulässige Rechtsformen für Versorgungsträger Kap. 6 6 zwingende und halbzwingende Vorschriften Kap. 6 9 Versicherungsunternehmen aufsichtspflichtige Kap. 6 25 Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb Kap. 6 29 Erstversicherungsunternehmen Kap. 6 29 Lebensversicherungsunternehmen Kap. 6 27 Rückversicherungsunternehmen Kap. 6 29 Spartenerlaubnis Kap. 6 28 Spartentrennungsprinzip Kap. 6 29 Versicherungsverträge abstrakte Verweisung Kap. 1 150

Altersleistung Kap. 1 113 ff. Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung Kap. 1 147, 168 Bruttobeiträge Kap. 1 510 CPPI-Modelle Kap. 1 400 Direktversicherung (siehe dort) Dread-Disease-Versicherung Kap. 1 157 f., 403 Erwerbsunfähigkeitsversicherung Kap. 1 151, 168 fondsgebundene Lebensversicherung (siehe dort) Garantiemodelle (siehe dort) Grundfähigkeitsversicherung Kap. 1 159 f., 403 Gruppen- und Einzelkonditionen Kap. 1 401 hybride Versicherungsverträge (siehe dort) kapitalbildende Lebensversicherung (siehe dort) klassische/konventionelle Lebensversicherung (siehe dort) konkrete Verweisung Kap. 1 150 Krankentagegeldversicherung Kap. 1 156 Krankheitskostenversicherung Kap. 1 156 Leistungsausschluss Kap. 1 162, 198 Nettobeiträge Kap. 1 510 neue klassische Lebensversicherung Kap. 1 400 Pflegeergänzungsversicherung Kap. 1 152, 403 Produktkonzepte, Altersleistung Kap. 1 114 Rechnungsgrundlagen Kap. 1 113, 168 reine Beitragszusage Kap. 1 400 Rentenversicherung (siehe Lebensversicherung) Risikolebensversicherung (siehe Lebensversicherung) Risikoversicherung Kap. 1 168 selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherung (SBV) Kap. 1 148, 168 Sparbeiträge Kap. 1 113 Sterbetafeln Kap. 1 113 Überschuss (siehe unter Überschussbeteiligung) Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückzahlung Kap. 1 403

Stichwortverzeichnis

Unfallzusatzversicherung Kap. 1 403 variable Annuitäten Kap. 1 400 Verrentungsfaktoren Kap. 1 113 versicherungsvertragliche Auflagen Kap. 6 279 Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) allgemein Kap. 6 35 f. Begriff und Grundsätze Kap. 6 144 keine Versicherungsaufsicht (Grundsatz) Kap. 6 37 Teilaufsicht (Ausnahme) Kap. 6 37 Zusatzversorgung für den öffentlichen Dienst Kap. 13 174 Versorgungsausgleich Abfindung Kap. 11 113 ff. Ablauf, Übersicht Kap. 11 167 ff. Anrechte der bAV, Definition Kap. 11 27 Anrechte gleicher Art, Geringfügigkeit Kap. 11 129 Anrechte gleicher Art, interne Teilung Kap. 11 74 Beschluss über den Versorgungsausgleich (siehe dort) Beteiligte am Versorgungsausgleichsverfahren Kap. 11 39 Ehebeginn Kap. 11 13, 170 Ehezeitanteil Kap. 11 9, 14 f. Ehezeitende Kap. 11 13, 171 Einleitung des Verfahrens Kap. 11 168 Erörterung im ~ Kap. 11 177 externe Teilung (siehe dort) fehlende Ausgleichsreife (siehe dort) formelle Rechtskraft, Beschluss über den ~ Kap. 11 196 Formular V10 Kap. 11 172 Formular V31 Kap. 11 52, 173 geringe Ausgleichswerte Kap. 11 130 geringe Differenz der Ausgleichswerte Kap. 11 47, 129 grobe Unbilligkeit Kap. 11 139 Halbteilungsgrundsatz Kap. 11 9, 98, 140, 159, 291 individuelle Witwen-/Witwerleistung Kap. 11 243 Instanzenzug im ~ Kap. 11 189 interne Teilung (siehe dort) Kapitalwahlrecht, Zeitpunkt der möglichen Ausübung Kap. 11 34

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Karrieresprung Kap. 11 187 kollektive Witwen-/Witwerleistung Kap. 11 243 korrespondierender Kapitalwert (siehe dort) kurze Ehedauer, Ausschluss des ~ Kap. 11 133 Leistungsverbot (siehe dort) maßgebliche Regelungen im ~ Kap. 11 56 materiell-rechtliche Auskunftspflichten Kap. 11 55 Rechte Dritter Kap. 11 276 Rechtshängigkeit Kap. 11 13, 169 reine Beitragszusage Kap. 11 293 Rückdeckungsversicherung, Einbindung des Versicherers in den ~ Kap. 11 32 Rückdeckungsversicherung, Teilung von Anrechten Kap. 11 32, 77 schuldrechtliche Ausgleichsrente (siehe dort) Sozialversicherungsrecht (siehe dort) Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung (siehe dort) Teilung (siehe dort) Teilungsanordnung (siehe dort) Teilungsvorschlag Kap. 11 44 Tod eines Ehegatten (siehe dort) Vereinbarungen über den ~ (siehe dort) verfahrensrechtliche Auskunftspflichten (siehe dort) vergessene Anrechte Kap. 11 178 vergessener Versorgungsträger Kap. 11 40 vertragliches Pfandrecht Kap. 11 280 ff. Zeitwertkonten Kap. 14 218 Zusatzversorgung des öffentlichen oder kirchlichen Dienstes, Grundsatz Kap. 13 310 Zusatzversorgung des öffentlichen oder kirchlichen Dienstes, korrespondierender Kapitalwert Kap. 11 50 Versorgungsausgleich (Verwaltung einer Direktzusage) Ausgleichswert Kap. 12 78 f. Auskunftsbogen Kap. 12 78 Auskunftspflicht Kap. 12 78 Grundsätze, versicherungsmathematische Kap. 12 79 Kapitalwert Kap. 12 82 Kosten Kap. 12 84

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Stichwortverzeichnis

Rentenformel Kap. 12 80 Teilungskosten Kap. 12 78 Übertragungswert Kap. 12 79 Versorgungsausgleichskasse Kap. 12 83 Verwaltungsaufwand Kap. 12 85 Versorgungsbezüge (Beitragsrecht) 1/120-Regelung Kap. 3 57 Abfindung von Anwartschaften Kap. 3 32 f. Abgrenzung von Überbrückungszahlungen Kap. 3 51 ff. Aufteilung Gesamtversorgungsleistung Kap. 3 62, 77 aus dem Ausland Kap. 3 39 Ausnahme privat fortgeführte Direktversicherung Kap. 3 60 ff., 74 Ausnahme privat fortgeführte Pensionsfondsversorgung Kap. 3 75 f. Ausnahme privat fortgeführte Pensionskassenversorgung Kap. 3 68 ff., 74 BBG Kap. 3 85 ff. Beitragseinzug durch die Krankenkasse Kap. 3 97 f.,103, 111 Beitragsfreibetrag Kap. 3 78 f. Beitragsfreigrenze Kap. 3 78 f. beitragspflichtige Einnahmen Kap. 3 37 ff. Beitragssatz Kap. 3 81 ff. Beitragsüberwachung Kap. 3 110 Berechnung, privat fortgeführte Direktversicherung Kap. 3 65 f. Definition Kap. 3 44 Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge Kap. 3 74, 105 ff. Fälligkeit der Beiträge Kap. 3 111 Finanzierung der Leistungen Kap. 3 48, 60 Form der Auszahlung Kap. 3 40 grundsätzlich unteilbar Kap. 3 48, 60 institutionelle Abgrenzung Kap. 3 44, 61, 68 f., 75 Kapitalleistung Kap. 3 43, 56 ff. kleine Zahlstelle Kap. 3 97 Leistungen aus Altersvorsorgevermögen Kap. 3 49 f. Leistungen der bAV Kap. 3 43 ff. Meldepflichten der Krankenkasse Kap. 3 127 ff. Meldepflichten, Grundsatz Kap. 3 117 ff. Meldepflichten, Versorgungsempfänger Kap. 3 125 f.

Meldepflichten, Zahlstelle Kap. 3 120 ff. Nachzahlung von Versorgungsbezügen Kap. 3 99 f. Neufestsetzung Beiträge Kap. 3 74 private Fortführung Direktversicherung und Pensionskasse, Gleichbehandlung mit privater Lebensversicherung Kap. 3 61, 71 Renten Kap. 3 43 riestergeförderte bAV Kap. 3 49 f. rückständige Beiträge Kap. 3 101 f. Selbstzahler Kap. 3 82, 97 f. Tragung der Beiträge Kap. 3 88 Verjährung, Beitragsansprüche Kap. 3 104, 112 f. Verjährung, Erstattungsansprüche Kap. 3 74, 108, 114 ff. Versorgungscharakter Kap. 3 47 Wiederverheiratung, Abfindung Kap. 3 59 Zahlbetrag Kap. 3 41 f. Zahlstelle, Beitragsabführung Kap. 3 93 ff., 100 f. Zahlstelle, Definition Kap. 3 90 ff. Zahlstelle, Ermittlung der Krankenkasse Kap. 3 122 Zahlstelle, keine Haftung Kap. 3 109 Zahlstelle, Ordnungswidrigkeit Kap. 3 124 Zahlstellenverfahren Kap. 3 93 ff. Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 325 Versorgungsfall Ausscheiden, vorzeitiges Kap. 8 7 ff. Begriff Kap. 1 32 f. Versorgungsfall (Verwaltung einer Direktzusage) Abrechnung Kap. 12 56 ff. Adoptionsurkunde Kap. 12 53 Alter Kap. 12 42 Altersgrenze Kap. 12 37 Altersrente, vorgezogene Kap. 12 42 Anspruchsvoraussetzungen Kap. 12 37 Antrag, verspätet Kap. 12 40 Ausbildungsbestätigung Kap. 12 55 Austritt aus dem Unternehmen Kap. 12 37, 43 Bankkonto Kap. 12 39 Berufsunfähigkeit Kap. 12 43 Definition, eindeutige Kap. 12 38 Erwerbsminderung Kap. 12 43

Stichwortverzeichnis

Erwerbsminderung, befristete Kap. 12 43, 46 Erwerbsminderung, teilweise/volle Kap. 12 45 Erwerbsminderung, unbefristete Kap. 12 46 Geburtsurkunde Kap. 12 53 Gemeinschaft, eheähnliche Kap. 12 50 Haushaltsführung, gemeinsame Kap. 12 50 Hinterbliebenenversorgung Kap. 12 47 Immatrikulationsbescheinigung Kap. 12 55 Invalidität Kap. 12 43 Kapitalzahlung Kap. 12 39 Lebensgefährte Kap. 12 50 Lebenspartner, eingetragene Kap. 12 48 Leistungen, Festsetzung und Beginn Kap. 12 38 Leistungsbezug Kap. 12 39 Nachzahlung Kap. 12 40 Pflichten des Versorgungsberechtigten Kap. 12 39, 49 Ratenzahlung Kap. 12 39 Rente, monatliche Kap. 12 39 Rentenbescheid, gesetzlicher Kap. 12 37 Rentenbescheid, rückwirkender Kap. 12 39 Rentenbescheid, verspätet eingereichter Kap. 12 40 Ruhen des Arbeitsverhältnisses Kap. 12 43 Ruhestand Kap. 12 37 Spätehenklausel Kap. 12 48 Sterbeurkunde Kap. 12 48 Tod Kap. 12 47 Überversorgung Kap. 12 42 Vererbbarkeit, keine Kap. 12 50 Verjährungsfrist Kap. 12 40 Versorgungswerk, berufsständisches Kap. 12 37 Waisen Kap. 12 53 Wiederheirat Kap. 12 49 Witwe, Witwer Kap. 12 48 Witwerversorgung, keine Kap. 12 48 Zahlungsmodalitäten Kap. 12 39 Versorgungsordnung Begriff Kap. 1 49

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Versorgungspläne (Unternehmenstranskation) ältere ~ Kap. 10 71 Beiträge Kap. 10 114 beitragsorientierte ~ Kap. 10 35, 55 f., 59 f., 60, 69 Beitragszusage Kap. 10 35, 58 Defined Benefit Kap. 10 34 Defined Contribution Kap. 10 35 gemeinschaftliche ~ Kap. 10 36, 63 ff. Harmonisierung Kap. 10 116 Kosten Kap. 10 52 leistungsorientierte ~ Kap. 10 34, 39 ff., 53 f., 58, 63 f. Rentenanpassung Kap. 10 71 Risiken Kap. 10 70 übergehende ~ Kap. 10 87 übernommene ~ Kap. 10 114 weitere ~ Kap. 10 69 Zukunft Kap. 10 98 Versorgungspunkte Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 218 Versorgungsträger (Unternehmenstranskation) ~, extern Kap. 10 18 ff., 36, 73, 76 ff., 94, 113 ~, konzerneigen Kap. 10 99 ~, neu aufzusetzen Kap. 10 113 ~, öffentlich-rechtlich Kap. 10 36, 68, 77 ~, überbetrieblich Kap. 10 95 Beitragserhöhungen Kap. 10 62 Defizitbeiträge Kap. 10 67 Due Diligence Kap. 10 18 (siehe auch dort) Versorgungsträger (Versicherungsaufsichtsrecht) BaFin Kap. 6 5 freiwillige Versicherung Kap. 6 5 Lebensversicherungsunternehmen Kap. 6 3 öffentliche Zusatzversorgung Kap. 6 5 rechtsfähige Versorgungseinrichtung Kap. 6 3 f. Spartentrennungsprinzip Kap. 6 3 Teilaufsicht nach VAG Kap. 6 5 versicherungsförmige Durchführungswege Kap. 6 1 zulässige Rechtsformen Kap. 6 6

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Stichwortverzeichnis

Versorgungszusage Änderung und Aufhebung Kap. 1 50 (siehe auch Änderung von Versorgungszusagen) Angemessenheitskontrolle Kap. 1 37 ff. aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses (siehe Arbeitsverhältnis) Ausgestaltung, allgemein, Checkliste Kap. 1 39 Auslegung Kap. 1 42 ff. Begriff Kap. 1 26 Begründungsakte Kap. 1 28 f., 561 ff. beitragsorientierte ~ (siehe beitragsorientierte Zusage) einzelvertragliche ~ Kap. 1 30 Erlöschen (siehe Erlöschen einer Versorgungszusage) Erteilung einer ~ Kap. 1 28 ff., 561 individualrechtliche ~ Kap. 1 30 individualrechtliche ~ mit kollektivem Bezug Kap. 1 30 Inhalt Kap. 1 35 ff. kein Gegenseitigkeitsverhältnis Kap. 1 24 kollektivrechtliche ~ Kap. 1 29 mittelbare ~ Kap. 1 45 (siehe auch mittelbare Zusage) Motiv Kap. 1 59, 65 Rechtskontrolle Kap. 1 36 versicherungsförmige ~ (siehe dort) Versorgungszweck (siehe dort) Zusagearten (siehe dort) Versorgungszweck Altersleistung Kap. 1 76 Ausscheiden aus dem Erwerbsleben Kap. 1 69 Bedürftigkeit des Versorgungsberechtigten Kap. 1 70 Begriff Kap. 1 68 biometrische Risiken (Leistungsarten) Kap. 1 71 Hinterbliebenenleistung Kap. 1 174, 178, 182 Invaliditätsleistung Kap. 1 125 Kapitalleistung Kap. 1 220 Leistung in geringfügiger Höhe Kap. 1 69 Pflegebedürftigkeit Kap. 1 153 Sachleistung Kap. 1 209 Vertragliche Einheitsregelung Begriff Kap. 1 607

Erteilung der Zusage Kap. 1 30 Vertragsfreiheit Grundsatz Kap. 1 28 Vertragsparität Nichtarbeitnehmer Kap. 1 288 Organmitglieder Kap. 1 332 f. strukturelle Störung der ~ Kap. 1 38, 269 Vervielfältigungsregel Beendigung Dienstverhältnisses Kap. 2 137 beitragsrechtlich Kap. 3 19 Einmalbeitrag Kap. 2 138 Entsendung Kap. 13 565 Verweisung (Bezugnahme) auf einen einschlägigen Tarifvertrag Kap. 1 324 ff. Bezugnahmeklausel, dynamische Kap. 9 126 mittelbare Zusage Kap. 1 345 rückgedeckte Direktzusage Kap. 1 370 f. rückgedeckte Unterstützungskasse Kap. 1 348 versicherungsförmige Zusage Kap. 1 347, 397 Verwendungszweck Zeitwertkonten Kap. 14 13 f., 36 Verwertungsverbot (siehe versicherungsförmige Lösung) Verzicht auf die Anwendung des § 3 Nr. 63 EStG Grundsatz Kap. 2 147 Verzicht auf eine Versorgungszusage ~, Betriebsvereinbarung Kap. 1 580 (Fettnapf) ~, Richtlinien und Vereinbarungen nach dem SprAuG Kap. 1 588 Verzicht auf eine Versorgungszusage (GGF) Änderung der Versorgungszusage Kap. 13 124 Bewertung des Verzichts Kap. 13 118 Future Service Kap. 13 123 nicht werthaltige Forderung Kap. 13 121 umstrukturierend Kap. 13 124 werthaltige Forderungen Kap. 13 115 Wiederbeschaffungskosten Kap. 13 118 zukünftige Dienstzeiten Kap. 13 123 Vorgezogene Altersleistung Abschlag, versicherungsmathematischer Kap. 8 170 Anspruch Kap. 8 146 ff.

Stichwortverzeichnis

Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis Kap. 8 151 Beitragszusage mit Mindestleistung Kap. 8 176 Beitragszusage, reine Kap. 8 165 Direktversicherung Kap. 8 174 ff. GGF Kap. 8 179, Kap. 13 15, 66 Grundsatz Kap. 1 83 ff. Höhe des Anspruchs Kap. 8 167 ff. Kürzungsfaktor Kap. 8 170 Pensionsfonds Kap. 8 174 ff. Pensionskasse Kap. 8 174 ff. Regelung in der Versorgungszusage Kap. 8 172 f. Rentenbescheid Kap. 8 157 Unverfallbarkeitsfristen Kap. 8 152 Verlangen der Leistung Kap. 8 153 ff. Versorgung, berufsständische Kap. 8 177 Vollrente Kap. 8 149 Vorstandsmitglied Kap. 8 179 Wartezeit Kap. 8 150 ff. Wegfall des Anspruchs Kap. 8 159 ff. Vorruhestandsgelder Abgrenzung zur bAV Kap. 1 241 Pension Due Diligence Kap. 10 29 Vorschaltzeiten Altersleistung Kap. 1 96 Begriff Kap. 1 96, Kap. 8 20 f. Hinterbliebenenleistung Kap. 1 188 Invaliditätsleistung Kap. 1 144 Vorsorgeaufwendungen steuerrechtlich Kap. 2 154 Vorstände (siehe persönlicher Anwendungsbereich des BetrAVG) Vorübergehende Verrichtung Entsendung Kap. 13 392 f. Vorvertragliche Anzeigepflicht Adressat Kap. 6 227 Anpassungsrecht Kap. 6 239 Antragsmodell Kap. 6 232 Arglistanfechtung Kap. 6 241 Auge-und-Ohr-Rechtsprechung Kap. 6 228 Berufsunfähigkeitsversicherung Kap. 1 161, Kap. 6 245 (Praxistipp) Direktversicherungszusage Kap. 6 244 (Beispiel) Erklärungsempfänger Kap. 6 228 Folgen einer Pflichtverletzung im Valutaverhältnis Kap. 6 242

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Gefahrerheblichkeit Kap. 6 239 Inhalt der Erklärung Kap. 6 229 Kündigung Kap. 6 238 Nachfrageobliegenheit Kap. 6 230 Nachmeldepflicht Kap. 6 234 Risikoprüfung Kap. 6 224 Rücktritt Kap. 6 237 Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers Kap. 6 245 Verschuldensgrad Kap. 6 240 Zeitpunkt der Erklärung Kap. 6 232 W Wahrung berechtigter Interessen Datenschutz Kap. 7 43 Wartezeit Altersdiskriminierung Kap. 8 27 ff. Altersleistung Kap. 1 95 Begriff Kap. 1 95, Kap. 8 24 ff. Hinterbliebenenleistung Kap. 1 188 Invaliditätsleistung Kap. 1 144 leistungsaufschiebende ~ Kap. 1 95 leistungsausschließende ~ Kap. 1 95 Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Kap. 13 211 Wechsel der Rechtsgrundlage Datenschutz Kap. 7 31 Wechsel des Durchführungsweges (Arbeitsrecht) Grundsätze Kap. 1 360 f., Kap. 9 1 f., 11, 95 ff. Zustimmung des Vertragspartners Kap. 9 96 Wechsel des Durchführungsweges (Steuerrecht) Anwärter Kap. 2 216, 243 Arbeitgeber Kap. 2 234 Arbeitnehmer Kap. 2 240 Auswirkungen Unterstützungskasse Kap. 2 218, 226 Auswirkungen Versorgungsberechtigter Kap. 2 222, 232 Auswirkungen Versorgungsträger Kap. 2 255 Beitrag, laufend Kap. 2 235 Betriebsausgaben, abzugsfähige Kap. 2 221, 238 Direktzusage, Pensionsfonds Kap. 2 233 Einmalbeitrag Kap. 2 236

1226

Stichwortverzeichnis

extern auf extern Kap. 2 249 ff. extern auf intern Kap. 2 253 ff. Konzern- oder Gruppenunterstützungskassen Kap. 2 228 Leistungen, laufende Kap. 2 242 Leistungsempfänger Kap. 2 217 Sonstige Wechselsituationen Kap. 2 249 Übernahme Kap. 2 241 Unterstützungskasse Kap. 2 213 Versorgungsberechtigte Kap. 2 256 Zweckbindung, Kassenvermögen Unterstützungskasse Kap. 2 219, 231 Wechsel des Versorgungsträgers Bindung des Arbeitgebers an den gewählten Versorgungsträger Kap. 1 362 Umstrukturierung, wertneutrale Kap. 9 11 f., 100 ff. Wegfall der Geschäftsgrundlage (siehe Störung der Geschäftsgrundlage) Weihnachtsgeld als bAV Kap. 1 69 Weisungsgebundenheit Datenschutz Kap. 7 92 Weiterarbeit nach Erreichen der Altersgrenze GGF Kap. 13 90 Weitergabe personenbezogener Daten Datenschutz Kap. 7 74 Welteinkommen Entsendung Kap. 13 506 Werterhaltungsgarantie (Zeitwertkontengarantie) Zeitwertkonten Kap. 14 77 Wertermittlung im Versorgungsausgleich ~ von Anwartschaften, Rangfolge Kap. 11 147 Bewertung einer laufenden Versorgung, Grundsatz Kap. 11 154 Bewertung nach Billigkeit Kap. 11 158 Sondervorschriften für Anrechte nach dem BetrAVG Kap. 11 160 unmittelbare Bewertung, Beispiele Kap. 11 145 unmittelbare Bewertung, Voraussetzungen Kap. 11 144 zeitratierliche Bewertung Kap. 11 148 zeitratierliche Bewertung, Berechnung Kap. 11 150 ff.

zeitratierliche Bewertung, endgehaltsbezogene Zusage Kap. 11 153 zeitratierliche Bewertung, temporäre Bestandteile des Ehezeitanteils mit Familienbezug Kap. 11 154 Wertgleichheitsgebot Direktzusage und Unterstützungskassenzusage Kap. 1 707 f. fondsgebundene Produkte Kap. 6 194 Grundsatz Kap. 1 703 hybride Produkte Kap. 6 194 konventionelle Produkte Kap. 6 194 versicherungsförmige Durchführungswege Kap. 1 704, Kap. 6 192 Versorgungszweck Kap. 6 194 Wertguthaben (siehe Zeitwertkonten) Wertpapiergebundene Zusage arbeitsrechtlich (siehe beitragsorientierte Zusage) Handelsbilanz, Bewertungsansatz Kap. 4 30 Wesentliche Vertragsänderungen Versicherungsvertrag Kap. 6 274 Widerruf Bezugsrecht (siehe Bezugsrecht) Widerruf Versicherungsvertrag ewiges Widerspruchs-/Rücktrittsrechts Kap. 6 272 Widerruf Versorgungszusage durch den Arbeitgeber Kap. 6 243, Kap. 9 16, 26 f. Notlage, wirtschaftliche Kap. 9 35, 76 Störung der Geschäftsgrundlage Kap. 9 26 ff. Treueverpflichtung Kap. 9 32 Widerrufsvorbehalt Kap. 9 27, 43 Zweckverfehlung Kap. 9 29, 31 Widerrufsfrist Versicherungsvertrag Kap. 6 223 Widerrufsvorbehalt deklaratorischer Kap. 9 27 GGF Kap. 13 29 steuerunschädlicher Kap. 9 27, 43 Widerspruchsrecht Betriebsübergang Kap. 9 114 Datenschutz Kap. 7 84 Optionssysteme Kap. 1 576 Wiedereinstellungsgarantie Invaliditätsleistung Kap. 1 145 Zeitwertkonten Kap. 14 46

Stichwortverzeichnis

Wiederherstellbarkeit (siehe Datenschutz) Wiederverheiratungsklausel Hinterbliebenenversorgung Kap. 1 192 Wirtschaftliche Notlage (siehe Änderung von Versorgungszusagen) Witwe/Witwer Hinterbliebenenversorgung Kap. 1 185, 646 Wohnsitz Entsendung Kap. 13 81 Wohnsitzstaat, Besteuerungsrecht Entsendung Kap. 13 510 Z Zahlstelle von Versorgungsbezügen Beitragsabführung Kap. 3 93 ff., 100 ff. Definition Kap. 3 90 ff. Ermittlung der Krankenkasse Kap. 3 122 keine Haftung Kap. 3 109 kleine Zahlstelle Kap. 3 97 Meldepflichten Kap. 3 34, 120 ff. Ordnungswidrigkeit Kap. 3 124 Zahlstellen-Meldeverfahren, elektronisch Kap. 3 119 Zahlstellenverfahren Kap. 3 93 Zeitrente (siehe temporäre Rentenzahlung) Zeitwert, beizulegender Handelsbilanz Kap. 4 5, 15, 21, 30 ff., 54 ff., 89 ff., 109, 118 Zeitwertkonten Abgrenzung zur bAV Kap. 1 252 Ablehnung Kap. 14 37 Altersteilzeit Kap. 14 217 Angemessenheit Arbeitsentgelt Kap. 14 39 f., 170 Anlage Aktienquote Kap. 14 70 Anlage Wertguthaben Kap. 14 64 Anreizwirkung Kap. 14 131 Ansparphase Kap. 14 24, 95 Arbeitgeberbeiträge Kap. 14 130 Arbeitgeberwechsel Kap. 14 52, 56 (Checkliste), 101 f. Arbeitgeberwechsel Lohnsteuer Kap. 14 163 Arbeitslosengeld II Kap. 14 225 Arbeitslosengeld Kap. 14 223 f. Arbeitslosigkeit Kap. 14 44, 222 Arbeitsrecht Kap. 14 116 f. Arbeitszeitkonto Kap. 14 200, 205

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Aufzeichnungspflichten Kap. 14 111 Ausscheiden Kap. 14 41 f., 48 Auszahlung Wertguthaben Kap. 14 41 Auszeit Kap. 14 13 bAV Kap. 14 106 f.,142 bAV Lohnsteuer Kap. 14 165 Begriff Kap. 14 7 Begünstigter Kap. 14 168 betriebliche Praxis Kap. 14 197 Betriebsvereinbarung Kap. 14 117 ff. Bilanzierung, Deckungsvermögen Kap. 14 178 f. Bilanzierung, Erfüllungsbetrag Kap. 14 182 Bilanzierung, Freistellungsbonus Kap. 14 187 Bilanzierung, Grundsatz Kap. 14 175 f. Bilanzierung, IFRS Kap. 14 188 ff. Bilanzierung, Rückstellungen Kap. 14 182 ff. Deckungsvermögen Kap. 14 178 ff. Ehescheidung Kap. 14 218 Einbringung steuerfreies Arbeitsentgelt Kap. 14 114 Einbringungen Abfindung Kap. 14 123 Einbringungen Mehrarbeit Kap. 14 123 Einbringungen Urlaub Kap. 14 127 ff. Einbringungen Zeitguthaben Kap. 14 123, 209 Einbringungen, Grundsatz Kap. 14 122 f. Entgeltumwandlung Kap. 14 24, 40, 156 Entgeltunterlagen Kap. 14 111 Entnahmerecht Kap. 14 31, 34 ff. Erben Kap. 14 168 Erfüllungsrückstand Kap. 14 175 Erwerbsminderung Kap. 14 41, 47 Flexi II-Gesetz Kap. 14 3 Flexibilisierung Arbeitszeit Kap. 14 199 Förderung durch Arbeitgeber Kap. 14 129 f. Freistellung, Ablehnung Kap. 14 135 Freistellung, Ankündigungsfrist Kap. 14 138 f. Freistellung, Anordnung Kap. 14 136 Freistellung, Anspruch Kap. 14 135 Freistellung, bAV Kap. 14 142 Freistellung, Entgeltfortzahlung Kap. 14 144 ff. Freistellung, Firmenwagen Kap. 14 143

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Stichwortverzeichnis

Freistellung, Grundsatz Kap. 14 13 f.,36 ff. Freistellung, Krankheit Kap. 14 144 ff. Freistellung, Pflege Kap. 14 139 Freistellung, Produktions- oder Arbeitszeitzyklen Kap. 14 136 Freistellung, Sonderzahlungen Kap. 14 140 f. Freistellung, Sozialversicherung Kap. 14 104 Freistellung, Teilzeit Kap. 14 145 Freistellung, Urlaubsanspruch Kap. 14 147 f. Freistellungsbonus Kap. 14 130 ff. Freistellungsphase Kap. 14 36 Freistellungsphase, Durchschnittsentgelt Kap. 14 40 Freistellungsvereinbarung Kap. 14 149 ff. Freistellungszwecke gesetzliche Kap. 14 15 Freistellungszwecke vertragliche Kap. 14 16 Haftung Organe Kap. 14 92 Haftung Schaden Kap. 14 92 f. Handelsbilanz Kap. 14 176 Hemmnisse Kap. 14 207 IFRS Kap. 14 188 f. Insolvenzsicherung, Beendigung Kap. 14 91 Insolvenzsicherung, CTA Kap. 14 87 f. Insolvenzsicherung, Grundsatz Kap. 14 84 Insolvenzsicherung, Maßnahmen Kap. 14 87 f. Insolvenzsicherung, Unterrichtung Arbeitnehmer Kap. 14 89 Kontenverwaltung Kap. 14 110 ff. Konzernwechsel Kap. 14 46 Kurzarbeit Kap. 14 222 Lebensarbeitszeitkonten Kap. 14 13 Lohnsteuer, Arbeitgeberbeiträge Kap. 14 157 Lohnsteuer, Auszahlungen Kap. 14 162 ff. Lohnsteuer, befristet Beschäftigte Kap. 14 154 Lohnsteuer, Einbringung Mehrarbeit Kap. 14 159 Lohnsteuer, Einbringung Urlaubstage Kap. 14 158 Lohnsteuer, Einbringung Zeitguthaben Kap. 14 160

Lohnsteuer, Einbringungen Kap. 14 156 Lohnsteuer, Fünftelregelung Kap. 14 166 Lohnsteuer, Geschäftsführer Kap. 14 155 Lohnsteuer, Grundsatz Kap. 14 152 Lohnsteuer, Notlage Kap. 14 167 Lohnsteuer, Novation Kap. 14 160 Lohnsteuer, planwidrige Verwendung Kap. 14 166 Lohnsteuer, Teilnahme Kap. 14 153 Lohnsteuer, Todesfall Kap. 14 168 Lohnsteuer, Treuhand (CTA) Kap. 14 172 Lohnsteuer, Übertragung Wertguthaben Kap. 14 163 Lohnsteuer, Zufluss Kap. 14 160 Lohnunterlagen Kap. 14 95 Mitbestimmungsrecht Kap. 14 118 Modellgestaltung, Checkliste Kap. 14 21 Nachschusspflicht Kap. 14 31, 34 ff. Nutzung Kap. 14 213 Partizipationsmodell Kap. 14 65, 69 Prognose, Freistellungszeitraum Kap. 14 170 Prüfung RV-Träger, (Checkliste) Kap. 14 108 f. rechtliche Rahmenbedingungen Kap. 14 18 ruhendes Arbeitsverhältnis Kap. 14 38 Ruhestand Kap. 14 203 Sabbatical Kap. 14 13 Schriftform, allgemein Kap. 14 23 Schriftform, Einbringungserklärung Kap. 14 26 Schriftform, Nachweisgesetz Kap. 14 27 Schriftform, Wertguthabenvereinbarung Kap. 14 23 Sozialversicherungsrecht Kap. 14 19, 95 Störfall, allgemein Kap. 14 41 Störfall, Arbeitslosigkeit Kap. 14 44 SV-Luft, allgemein Kap. 14 95 SV-Luft, Alternativmodell Kap. 14 99 SV-Luft, Optionsmodell Kap. 14 99 SV-Luft, Summenfelder-Modell Kap. 14 96 ff. Tarifvertrag Kap. 14 117 ff. Tarifvorbehalt Kap. 14 118 Tarifvorrang Kap. 14 121 Übergangsregelung Kap. 14 10 ff. Übertragung, neuer Arbeitgeber Kap. 14 52 ff., 101

Stichwortverzeichnis

Übertragung, Rentenversicherung Kap. 14 59 Übertragung, Rentenversicherung Lohnsteuer Kap. 14 164 Übertragung, Wertguthaben Kap. 14 48 Übertragung, zugunsten bAV Kap. 14 106 Umrechnung Zeit/Geld Kap. 14 124 ff. Verbreitung Kap. 14 210 Verfallklausel Kap. 14 132 Verpflichtung, Abbau Wertguthaben Kap. 14 137 Versorgungsausgleich Kap. 14 218 Verwendungszweck Kap. 14 13 f., 36 Werterhaltungsgarantie, allgemein Kap. 14 77 Werterhaltungsgarantie, Lohnsteuer Kap. 14 173 f. Wertguthaben Kap. 14 7 Wertguthabenbegriff, allgemein Kap. 14 28 Wertguthabenbegriff, dynamischer Kap. 14 35 Wertguthabenbegriff, statischer Kap. 14 31 Wertguthabenvereinbarung Kap. 14 20 Wertkonten Kap. 14 9 Wiedereinstellungszusage Kap. 14 46 Zeitguthaben Kap. 14 10 ff. Zeitkonten Kap. 14 9 Zeitwertkontengarantie (Werterhaltungsgarantie) Kap. 14 77 zweckwidrige Verwendung Kap. 14 41 f. Zertifikate (siehe Datenschutz) Zugewinnausgleich Verhältnis zum Versorgungsausgleich Kap. 11 232, 275 Zeitwertkonten Kap. 14 219 Zuordnung von Geschäftsvorfällen Management interner Versorgungsträger Kap. 12 109 Zusage auf bAV (siehe Versorgungszusage) Zusagearten Begriff Kap. 1 467 Durchführungswege, Kombinationen Kap. 1 560 rechtliche Folgen Kap. 1 468 Übersicht Kap. 1 465 ff.

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Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes § 18 BetrAVG Kap. 13 306 Abfindung Kap. 13 252 Abschläge Kap. 13 243 Abschnittdeckungsverfahren, gleitendes Kap. 13 281 AGB-Kontrolle Kap. 13 182 Altersrente Kap. 13 233 analoges Quasisplitting Kap. 13 310 Aufsichtsrecht Kap. 13 357 Aufwendungen zur Pflichtversicherung Kap. 13 289 Ausgleich, finanzieller Kap. 13 347 Ausgleichswert Kap. 13 349 Ausnahmen Versicherungspflicht Kap. 13 195 Auszahlung Kap. 13 251 Beginn der Versicherungspflicht Kap. 13 196 Begründung der Mitgliedschaft Kap. 13 337 Besteuerung der Leistungen Kap. 13 328 Bilanzierung Kap. 13 362 Bonuspunkte Kap. 13 231 Eigenbeteiligung Kap. 13 290 Ende der Versicherungspflicht Kap. 13 197, 200 Erlöschen Kap. 13 249 Erstattungsverfahren Kap. 13 350 Erwerbsminderungsrente Kap. 13 234 Finanzierung Kap. 13 278 Förderbeitrag Kap. 13 323 freiwillige Versicherung Kap. 13 276 gegenseitige Anerkennung Kap. 13 301 Gegenwert Kap. 13 349 Geltungsbereich der Versicherungspflicht Kap. 13 193 gesetzliche Unverfallbarkeit Kap. 13 214 Hinterbliebenenrente Kap. 13 235 Inhalt der Mitgliedschaft Kap. 13 341 interne Teilung Kap. 13 311 Kapitaldeckungsverfahren Kap. 13 286 kirchlicher Bereich Kap. 13 171 Kranken- und Pflegeversicherung Kap. 13 330 Leistungsantrag Kap. 13 215 Leistungsrecht Kap. 13 201 Meldeverfahren Kap. 13 297, 304 Messbetrag Kap. 13 221

1230

Stichwortverzeichnis

Mischfinanzierungsverfahren Kap. 13 288 Mitgliedschaft, Beendigung Kap. 13 346 Mitgliedschaft, Fortsetzung Kap. 13 344 Mitgliedschaft, Grundsatz Kap. 13 331 nicht tarifgebundene Arbeitnehmer Kap. 13 176 Nichtzahlung und Ruhen Kap. 13 244 organisatorischer Aufbau Kap. 13 353 Pauschalversteuerung Kap. 13 318 Pflichtversicherung Kap. 13 184 Rechtsgrundlagen Kap. 13 170 Referenzentgelt Kap. 13 220 Rentenanpassung Kap. 13 246 Rentenneuberechnung Kap. 13 247 Riesterförderung Kap. 13 324 Ruhen Kap. 13 244 Sanierungsgeld Kap. 13 284, 320 Satzung Kap. 13 177 soziale Komponente, Elternzeit Kap. 13 227 soziale Komponente, Mutterschutzzeit Kap. 13 228 soziale Komponente, Zurechnungspunkte bei Erwerbsminderung Kap. 13 230 soziale Komponenten, Grundsatz Kap. 13 225 Startgutschriften, beitragsfrei Versicherte Kap. 13 275 Startgutschriften, Grundsatz Kap. 13 259 Startgutschriften, rentenfern Kap. 13 266 Startgutschriften, rentennah Kap. 13 262 steuerfreie Beiträge Kap. 13 321 steuerfreie Umlage Kap. 13 315 steuerliche Behandlung der Aufwendungen Kap. 13 314 tarifvertragliche Grundlagen Kap. 13 172 tarifvertragliche Kalkulationsgrundlagen Kap. 13 222 Überblick Kap. 13 167 Übergangsrecht, Bestandsrentner Kap. 13 258 Übergangsrecht, Grundsatz Kap. 13 253 Überleitung Kap. 13 298

Umlagefinanzierung Kap. 13 280 Umlagesatz Kap. 13 283 Verbeitragung Kap. 13 325 Verhältnis Tarifrecht/Satzungsrecht Kap. 13 179 Versicherungsfall gesetzlich Rentenversicherter Kap. 13 204 Versicherungsfall nicht gesetzlich Rentenversicherter Kap. 13 207 Versicherungspflicht Kap. 13 185 Versorgungsausgleich Kap. 13 310 Versorgungspunkte Kap. 13 218 Wartezeit Kap. 13 211 zusatzversorgungspflichtiges Entgelt Kap. 13 291 zusatzversorgungspflichtiges Entgelt, Ausnahmen Kap. 13 294 Zusatzversorgungskassen freiwillige Versicherung Kap. 6 36, 145 kirchliche ~ Kap. 6 35 Landesaufsicht Kap. 6 149 Leistungen der Altersversorgung Kap. 6 144 ff. öffentliche Zusatzversorgung Kap. 6 35 Organisation Kap. 6 36, Kap. 13 353 separater Abrechnungsverband Kap. 6 148 Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) Kap. 6 35 Zuwendungsverhältnis (siehe Leistungsverhältnis) Zweckänderung (siehe Datenschutz) Zweckbindung (siehe Datenschutz) Zweckdienlichkeit (siehe Datenschutz) Zweckwidrige Verwendung Zeitwertkonten Kap. 14 411 f. Zweistufiges Verfahren (siehe Datenschutz) Zweite Besitzstandsstufe (siehe auch DreiStufen-Theorie) Betrachtung, ergebnisbezogene Kap. 9 77 Dynamik, erdiente Kap. 9 73, 77 Zwingende Gründe Änderung von Versorgungszusagen Kap. 9 73, 76