Planungssysteme im Schienenpersonenfernverkehr: Rahmenbedingungen, Einflussfaktoren und Gestaltungsempfehlungen am Beispiel der DB Fernverkehr AG [1. Aufl.] 978-3-658-24679-2, 978-3-658-24680-8

Der europäische Schienenpersonenfernverkehr befindet sich in einem tief greifenden Umbruch, der die Unternehmen auch in

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German Pages XIX, 286 [302] Year 2007

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Planungssysteme im Schienenpersonenfernverkehr: Rahmenbedingungen, Einflussfaktoren und Gestaltungsempfehlungen am Beispiel der DB Fernverkehr AG [1. Aufl.]
 978-3-658-24679-2, 978-3-658-24680-8

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XIX
Einleitung (Jens Rühle)....Pages 1-4
Konzeptionelle Grundlagen (Jens Rühle)....Pages 5-31
Planungsrelevante Rahmenbedingungen des Schienenpersonenfernverkehrs (Jens Rühle)....Pages 33-67
Planungssystemanalyse der DB Fernverkehr AG (Jens Rühle)....Pages 69-193
Bewertung und Entwicklungsmöglichkeiten des Planungssystems (Jens Rühle)....Pages 195-264
Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse (Jens Rühle)....Pages 265-266
Back Matter ....Pages 267-286

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Edition KWV

Jens Rühle

Planungssysteme im Schienenpersonenfernverkehr Rahmenbedingungen, Einflussfaktoren und Gestaltungsempfehlungen am Beispiel der DB Fernverkehr AG

Edition KWV

Die „Edition KWV“ beinhaltet hochwertige Werke aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften. Alle Werke in der Reihe erschienen ursprünglich im Kölner Wissenschaftsverlag, dessen Programm Springer Gabler 2018 übernommen hat.

Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/16033

Jens Rühle

Planungssysteme im Schienenpersonenfernverkehr Rahmenbedingungen, Einflussfaktoren und Gestaltungsempfehlungen am Beispiel der DB Fernverkehr AG

Jens Rühle Wiesbaden, Deutschland Bis 2018 erschien der Titel im Kölner Wissenschaftsverlag, Köln Dissertation Universität zu Köln, 2007

Edition KWV ISBN 978-3-658-24679-2 ISBN 978-3-658-24680-8  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-24680-8 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2007, Nachdruck 2019 Ursprünglich erschienen bei Kölner Wissenschaftsverlag, Köln, 2007 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichenund Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Geleitwort Der europäische Schienenverkehr befindet sich in einem tiefgreifenden Umbruch. Waren Bahnunternehmen traditionell auf die Erreichung regional-, sozial-, militär- und verkehrspolitischer Zielsetzungen ausgerichtet, so erfordert der zunehmend liberalisierte europäische Verkehrsmarkt von ihnen die Entwicklung marktorientierter strategischer Konzepte. Liberalisierung und Privatisierung versetzen die Unternehmen grundsätzlich in die Lage umsetzungsfähige Konzepte der Unternehmensplanung aufzubauen. Es gilt die Unternehmensplanung der Bahnunternehmen grundlegend neu zu orientieren. Ökonomische und wettbewerbsorientierte Zielgrößen rücken in den Mittelpunkt der Betrachtung. Statt der traditionell vorherrschenden, internen und produktionsorientierten Schwerpunktsetzung bedarf es nunmehr einer deutlichen Umorientierung auf externe, bedarfs-, kunden- und wettbewerbsbezogene Fragestellungen. Diese Umorientierung ist im Schienenpersonenfern-verkehr besonders drängend, da die Dynamik der Unternehmensumwelt aufgrund des starken intermodalen und zunehmend auch intramodalen Wettbewerbsdrucks besonders hoch ist. Die europäischen Schienenpersonenfernverkehrsunternehmen (SPFVU) stehen insofern vor gravierenden Herausforderungen an die (Neu-) Gestaltung ihrer Planungssysteme. Die Rahmenbedingungen, die Einflussfaktoren und resultierenden Restriktionen und Anforderungen dieser neuen Planungssituation von SPFVU sind wissenschaftlich bisher wenig untersucht. Dies gilt für die Planungsinhalte wie für die Ausgestaltung der Planungssysteme von SPFVU gleichermaßen. Vor diesem Hintergrund verfolgt die vorliegende Arbeit zwei Zielsetzungen. Zunächst beinhaltet sie eine differenzierte Untersuchung des Einflusses der veränderten Unternehmensumwelt auf Inhalte und Prozesse der Planung von SPFVU. Dabei dient der deutsche Markt als Referenzmarkt und die DB Fernverkehr (DB FV) als Untersuchungsobjekt. Hierauf aufbauend werden Vorschläge für die Weiterentwicklung der betrieblichen Planung aufgezeigt, die sich an den besonderen Anforderungen an Planungssysteme für SPFVU orientieren und die aufgefundenen Defizite im Planungssystem der DB FV überwinden sollen. Mit dieser doppelten Zielsetzung leistet die Arbeit in mehrfacher Hinsicht einen höchst beachtlichen wissenschaftlichen Beitrag. Sie liefert in dieser umfassenden Form erstmalig einen strukturierten und sehr differenzierten Erklärungsbeitrag für die systemische Betrachtung der betrieblichen Planung in SPFVU. Mit der Entwicklung eines umfassenden organisationstheoretischen Bezugsrahmen gelingt es Herrn Rühle darauf aufbauend, das besondere Spannungsverhältnis von Flexibilität und Integrität im Planungssystem von Bahnunternehmen sowie die notwendige Neuorientierung in diesem Spannungsfeld angesichts der veränderten Marktbedingungen zu verdeutlichen und höchst konstruktive Umsetzungsschritte in dieser Richtung zu entwickeln.

VI

Insgesamt bereichert die vorliegende Arbeit die wissenschaftliche Diskussion in der Transportwirtschaft der Bahnunternehmen in bemerkenswerter Weise. Sie schließt nicht nur eine Forschungslücke, sondern sie bietet gleichzeitig die konzeptionelle Plattform für eine weitergehende Aufarbeitung der Wettbewerbsfähigkeit von Bahnunternehmen im liberalisierten europäischen Markt. Ich wünsche der Arbeit eine breite Resonanz in Wissenschaft und Praxis Werner Delfmann

Vorwort Der europäische Schienenpersonenverkehr sieht sich großen Veränderungen gegenüber. Während er bis vor wenigen Jahren noch hoch reglementiert war, sorgte die Deregulierung der Verkehrsmärkte auf europäischer Ebene für Chancen sowie Herausforderungen durch neuen intermodalen sowie möglichen intramodalen Wettbewerb. Gleichzeitig veränderte sich durch die Deregulierung der Anspruch, der an die betriebliche Planung der Schienenpersonenverkehrsunternehmen gerichtet wurde, so dass wirtschaftliche Überlegungen in den Mittelpunkt der Betrachtung rückten. Trotz der neuen Handlungsoptionen zeigen sich in der praktischen Durchführung bei den Unternehmen jedoch wiederholte Fehl- sowie scheinbar nicht notwendige Doppelplanungen, die auf eine noch suboptimale Ausgestaltung der Unternehmensplanung schließen lassen. Aus wissenschaftlicher Sicht beschränkte sich die Untersuchung von Schienenpersonenverkehrsunternehmen bisher überwiegend auf volkswirtschaftliche Analysen. Betriebswirtschaftliche Arbeiten hingegen sind lediglich auf Teilaspekte der betrieblichen Unternehmensplanung ausgerichtet und stellen keine übergreifende Betrachtung an, die es erlauben würde, Wirkungszusammenhänge innerhalb und zwischen den einzelnen Teilplänen aufzuzeigen und so zielgerichtete Veränderungen des Planungssystems vornehmen zu können. Mit der vorliegenden Arbeit wird daher am Beispiel des Planungssystems eines Schienenpersonenfernverkehrsunternehmens ein Versuch unternommen, durch einen umfassenden Erklärungs- und Strukturierungsbeitrag ein Verständnis für die Einflussfaktoren sowie die Gestaltungsmöglichkeiten eines solchen Planungssystems aufzuzeigen und so die Möglichkeiten für eine Verbesserung der Unternehmensplanung von Schienenpersonenfernverkehrsunternehmen zu schaffen. Diese Arbeit ist während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeit am Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Unternehmensführung und Logistik der Universität zu Köln entstanden und ging aus einem Praxisprojekt hervor, welches ich in der Zeit von November 2003 bis Ende Dezember 2006 bei der DB Fernverkehr AG in Frankfurt a.M. bearbeitet habe. Im Rückblick auf die Zeit meines Promotionsstudiums möchte ich mich bei allen bedanken, die in unterschiedlichster Form zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. An dieser Stelle gebührt mein besonderer Dank meinem Doktorvater Professor Dr. Dr. h.c. Werner Delfmann, der mir nicht nur den geistigen Freiraum zum Bearbeiten des Themengebiets gegeben hat, sondern das Praxisprojekt auch mit konstruktiven fachlichen Anregungen begleitet und engagiert unterstützt hat. Herrn Professor Dr. Herbert Baum danke ich für die Übernahme des Korreferates. Weiterhin möchte ich mich bei meinem Betreuer bei der Deutschen Bahn AG, Herrn Dr. Jürgen Antes, für seine Unterstützung bedanken, da er mir über den Zeitraum meines Praxisprojekts für wichtige Diskussionen zur Verfügung stand und für die zu erhebenden Interviews im Unternehmen Türen öffnete. Mein Dank gilt darüber hinaus allen Mitarbeitern bei der Deutschen Bahn AG, die mir durch Ihre Unterstützung Gelegenheit gegeben haben, in die Planungsprozesse des Unternehmens Einblick zu erhalten.

VIII

Von einem meiner Kollegen stammt das Zitat: „Eine Dissertation ist an sich eine „asoziale“ Tätigkeit.“ Es umschreibt meiner Ansicht nach sehr passend die zahlreichen einsamen Stunden am Schreibtisch, die zum Gelingen einer solchen Arbeit vonnöten sind. Umso wichtiger erscheint es mir rückblickend, dass an unserem Seminar immer eine sehr angenehme „soziale“ Arbeitsatmosphäre herrschte, die mir auch über einige Tiefen des wissenschaftlichen Arbeitens geholfen hat. Bedanken möchte ich mich insbesondere bei meinen Kollegen Herrn Dr. Markus Reihlen, Herrn Dr. Thorsten Klaas-Wissing und Herrn Dr. Sascha Albers, die mir als überaus konstruktive und kompetente Gesprächspartner mit hilfreichen Ratschlägen zur Seite standen. Frau Caroline Heuermann und Frau Vera Kimmeskamp, die die Arbeit bzw. Teile davon gelesen haben und wertvolle Vorschläge gemacht haben, möchte ich ebenso danken wie unserem Sekretariat mit Frau Heike Kirch und Frau Hilde Reuter für das Korrekturlesen. Weiterhin in Erinnerung bleiben wird mir die Zeit am Seminar mit Frau Anne Paul, Herrn Kai Krause und Herrn Ingo Reinhardt sowie mit Herrn Björn Götsch, mit dem ich einige spannende Erfahrungen bei ausländischen Konferenzreisen sammeln konnte. Meiner Freundin, Birgit Apel, danke ich auf das Herzlichste für die wertvolle Unterstützung in dieser Zeit sowie das Korrekturlesen meines Manuskripts. Besonderer Dank gilt meinen Eltern, die durch ihre fortwährende Unterstützung und ihren Glauben an mich sehr zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Ihnen ist dieses Buch gewidmet. Jens Rühle

Inhaltsübersicht A. Einleitung ............................................................................................................ 1 I.

Problemstellung und Abgrenzung des Untersuchungsbereichs........................................... 1

II. Gang der Untersuchung ....................................................................................................... 3

B. Konzeptionelle Grundlagen................................................................................. 5 I.

Planung in der betriebswirtschaftlichen Forschung ............................................................ 5

II. Der Zweck formeller Unternehmensplanung .................................................................... 11 III. Systemtheoretischer Ansatz als übergreifende Perspektive .............................................. 13 IV. Planungssysteme................................................................................................................ 14 V. Zusammenfassende Schlussfolgerungen ........................................................................... 30

C. Planungsrelevante Rahmenbedingungen des Schienenpersonenfernverkehrs.......................................................................... 33 I.

Definition des Schienenpersonenfernverkehrs .................................................................. 33

II. Historische Entwicklung des Schienenpersonenfernverkehrs........................................... 34 III. Literaturbeiträge zur Planung von Eisenbahnverkehrsunternehmen................................. 35 IV. Charakterisierung von Schienenpersonenfernverkehrsunternehmen ................................ 38 V. Ableitung planungsrelevanter Aspekte.............................................................................. 65

D. Planungssystemanalyse der DB Fernverkehr AG ............................................. 69 I.

Methodik der Untersuchung .............................................................................................. 70

II. Kennzeichnung des Untersuchungsobjekts ....................................................................... 71 III. Funktionen, Aufgaben und Anforderungen....................................................................... 81 IV. Aufbauorganisation und Planungsfelder ........................................................................... 86 V. Einbindung in die gesamtunternehmensbezogene Planung............................................... 89 VI. Ausgestaltung des Planungssystems................................................................................ 100 VII.Zusammenfassung der durchgeführten Planungssystemanalyse ..................................... 191

E. Bewertung und Entwicklungsmöglichkeiten des Planungssystems ............... 195 I.

Methodik der Bewertung ................................................................................................. 195

II. Charakterisierungsmerkmale der relevanten Anforderungen.......................................... 197 III. Bewertung der Anforderungserfüllung des Planungssystems ......................................... 223 IV. Entwicklungsmöglichkeiten für das Planungssystem...................................................... 249

F. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse........................................... 265 Literaturverzeichnis............................................................................................... 267

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung ............................................................................................................ 1 I.

Problemstellung und Abgrenzung des Untersuchungsbereichs........................................... 1

II. Gang der Untersuchung ....................................................................................................... 3

B. Konzeptionelle Grundlagen................................................................................. 5 I. 1. 2. 3. 4.

Planung in der betriebswirtschaftlichen Forschung ............................................................ 5 Begriffsbestimmung der Planung.................................................................................... 5 Planung, Steuerung und Kontrolle als Führungsprozesse............................................... 6 Interdependenzen in der Planung.................................................................................... 8 Unsicherheit in der Planung............................................................................................ 9

II. Der Zweck formeller Unternehmensplanung .................................................................... 11 III. Systemtheoretischer Ansatz als übergreifende Perspektive .............................................. 13 IV. Planungssysteme................................................................................................................ 14 1. Begriffsbestimmung...................................................................................................... 14 2. Planungskonzepte in der wissenschaftlichen Literatur ................................................. 15 2.1 Das Planungskonzept nach WILD............................................................................... 16 2.2 Das Planungskonzept nach KOCH .............................................................................. 17 2.3 Das Planungskonzept nach HAHN .............................................................................. 18 2.4 Vergleich der Ansätze................................................................................................ 22 3. Ausgewählte Merkmale von Planungssystemen........................................................... 24 3.1 Klassifizierung von Planungssystemen nach Planungsfeldern .................................. 24 3.2 Der Einfluss der Unternehmenskultur auf das Planungssystem ................................ 25 3.3 Allgemeine Anforderungen an Planungssysteme ...................................................... 26 3.4 Der Einfluss von Kontextfaktoren auf die Planung ................................................... 28 V. Zusammenfassende Schlussfolgerungen ........................................................................... 30

C. Planungsrelevante Rahmenbedingungen des Schienenpersonenfernverkehrs ......................................................................... 33 I.

Definition des Schienenpersonenfernverkehrs .................................................................. 33

II. Historische Entwicklung des Schienenpersonenfernverkehrs........................................... 34 III. Literaturbeiträge zur Planung von Eisenbahnverkehrsunternehmen................................. 35 1. Teilausschnitte der Gesamtplanung .............................................................................. 36 2. Erklärungsverwandte Literaturbeiträge ........................................................................ 37 3. Fazit zu bisherigen Literaturbeiträgen im Schienenpersonenverkehr........................... 37 IV. Charakterisierung von Schienenpersonenfernverkehrsunternehmen ................................ 38 1. Grundsätzliche Unternehmenstypen von Schienenverkehrsunternehmen.................... 38 2. Typische Merkmale eines Schienenpersonenfernverkehrsunternehmens .................... 40 2.1 Markteintrittsbarrieren im Schienenpersonenfernverkehr ......................................... 41 2.2 Generelle unternehmensbezogene Merkmale ............................................................ 41 3. Produktion von Schienenverkehrsleistung.................................................................... 43

XII

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

3.1 Bestandteile der operativen Leistungserstellung........................................................ 43 3.2 Kostenstruktur und Kosteneinflussgrößen ................................................................. 43 3.3 Der Fahrplan als konstituierendes Element der Leistungserstellung ......................... 46 4. Relevante Unternehmensumwelt................................................................................... 46 4.1 Ökonomisch-wettbewerbliche Umwelt...................................................................... 47 4.2 Politisch-rechtliche Umwelt ....................................................................................... 50 4.2.1 Regulierung und Liberalisierung des Schienenpersonenverkehrs .................... 50 4.2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene ................................ 51 4.2.3 Rahmenbedingungen in ausgewählten europäischen Ländern ......................... 52 4.2.4 Internationale Organisationen des Eisenbahnverkehrs ..................................... 57 4.3 Sozio-kulturelle Umwelt ............................................................................................ 59 4.4 Technische Umwelt.................................................................................................... 61 4.5 Ökologische Umwelt.................................................................................................. 64 V. Ableitung planungsrelevanter Aspekte.............................................................................. 65

D. Planungssystemanalyse der DB Fernverkehr AG............................................. 69 I.

Methodik der Untersuchung .............................................................................................. 70

II. Kennzeichnung des Untersuchungsobjekts ....................................................................... 71 1. Zur Entwicklung der DB AG ........................................................................................ 71 2. Ökonomische Situation der DB AG.............................................................................. 73 3. Produkte der DB Fernverkehr AG ................................................................................ 74 4. Einbindung der DB Fernverkehr in das Gesamtsystem Deutsche Bahn AG ................ 75 4.1 Personenverkehr ......................................................................................................... 75 4.2 Infrastruktur................................................................................................................ 77 4.3 Transport und Logistik ............................................................................................... 80 4.4 Konzernfunktionen..................................................................................................... 80 III. Funktionen, Aufgaben und Anforderungen ....................................................................... 81 1. Funktionen und Aufgaben des Planungssystems .......................................................... 81 2. Anforderungen an das Planungssystem der DB Fernverkehr ....................................... 81 IV. Aufbauorganisation und Planungsfelder............................................................................ 86 V. Einbindung in die gesamtunternehmensbezogene Planung............................................... 89 1. Abfolge der unterschiedlichen Planungsprozessschritte............................................... 90 1.1 Strategischer Management Prozess ............................................................................ 91 1.2 Prämissen-, Programm- und Zielklausur.................................................................... 91 1.3 Budget- und Mittelfristplanung.................................................................................. 94 1.4 Projektplanungen........................................................................................................ 95 1.5 Abschluss der unterjährigen gesamtunternehmensbezogenen Planung ..................... 97 2. Schematische Darstellung der Ablauforganisation ....................................................... 97 VI. Ausgestaltung des Planungssystems ................................................................................ 100 1. Unternehmenskultur .................................................................................................... 100 2. Generelle Zielplanung ................................................................................................. 101

VERZEICHNISSE

3.

XIII

Strategische Planung................................................................................................... 104 3.1 Umwelt- und Unternehmensanalyse ........................................................................ 104 3.2 Strategische Infrastrukturplanung ............................................................................ 107 3.2.1 Inhalt und Ziele der strategischen Infrastrukturplanung................................. 108 3.2.2 Durchführung der strategischen Infrastrukturplanung ................................... 109 3.3 Strategische Flottenplanung..................................................................................... 112 3.3.1 Inhalt der strategischen Flottenplanung.......................................................... 112 3.3.2 Charakteristika der verwendeten Schienenfahrzeuge..................................... 114 3.3.3 Tendenzen bei der Entwicklung neuer Fahrzeuggenerationen....................... 116 3.3.4 Ablaufprozesse der Schienenfahrzeugentwicklung........................................ 119 3.4 Planung von Kooperationen und Beteiligungen ...................................................... 121 3.4.1 Kooperationen des Geschäftsfelds.................................................................. 122 3.4.2 Beteiligungen des Geschäftsfelds ................................................................... 125 4. Operative Planung....................................................................................................... 126 4.1 Netz- und Kapazitätsmanagement ........................................................................... 126 4.1.1 Planungsdaten zur Fahrplanentwicklung........................................................ 128 4.1.2 Entwicklung marktorientierter Fahrplankonzepte .......................................... 134 4.1.2.1 Teilplanungen zur Fahrplanerstellung ..................................................... 134 4.1.2.2 Gestalterische Maßnahmen der Fahrplanerstellung................................. 137 4.1.2.3 Berücksichtigung internationaler Verkehre ............................................. 138 4.1.2.4 Begleitung der Infrastruktur- und Fahrzeugplanung................................ 140 4.1.2.5 Koordination von Nah- und Fernverkehr................................................. 140 4.1.2.6 Fahrplanübergabe und Trassenanmeldung .............................................. 142 4.1.3 Wirtschaftliche Bewertung und Unterstützung der Mifri ............................... 143 4.1.4 Marktorientierte Steuerung der Fahrpläne...................................................... 145 4.1.5 Verwendetes Planungsverfahren zur Fahrplanentwicklung ........................... 147 4.2 Produktion................................................................................................................ 150 4.2.1 Planung der Fahrlagen und Fahrzeugumläufe ................................................ 151 4.2.1.1 Planungsdaten zur Fahrlagen- und Umlaufplanung................................. 152 4.2.1.2 Planungsinhalte und –abläufe der Fahrlagenplanung .............................. 153 4.2.1.3 Planungsinhalte und –abläufe der Fahrzeugumlaufplanung .................... 156 4.2.1.4 Mehrjahresfahrlagen- und Mehrjahresumlaufplanung ............................ 161 4.2.2 Verfahrensunterstützung der Fahrlagen- und Umlaufplanung ....................... 162 4.2.3 Unterstützung der Mifri .................................................................................. 165 4.2.4 Zwischenfazit zur Planung in der Produktion ................................................ 165 4.3 Zielgruppenmanagement und Vermarktung ............................................................ 165 4.3.1 Aufgaben der Abteilung ................................................................................. 165 4.3.2 Yield Management bei der DB Fernverkehr AG............................................ 168 4.3.3 Vertriebsstrukturen ......................................................................................... 175 4.4 Personal und Bordservice......................................................................................... 177 4.4.1 Personalplanung und -entwicklung................................................................. 177 4.4.2 Vergütungssysteme für Führungskräfte.......................................................... 179 4.4.3 Personaleinsatzplanung der Borddienste ........................................................ 179 5. Ergebnis und Finanzplanung....................................................................................... 182 5.1 Controlling ............................................................................................................... 183 5.1.1 Organisation der Controlling-Aufgaben ......................................................... 183 5.1.2 Erfüllung der Kontrollaufgabe........................................................................ 185 5.1.3 Informationsversorgung.................................................................................. 188 5.1.4 Erfüllung der Koordinationsaufgabe .............................................................. 190 5.2 Bilanzerstellung ....................................................................................................... 190

XIV

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

VII.Zusammenfassung der durchgeführten Planungssystemanalyse ..................................... 191

E. Bewertung und Entwicklungsmöglichkeiten des Planungssystems ............... 195 I.

Methodik der Bewertung ................................................................................................. 195

II. Charakterisierungsmerkmale der relevanten Anforderungen .......................................... 197 1. Flexibilität als Anforderung an das Planungssystem .................................................. 197 1.1 Eigenschaften der Flexibilität................................................................................... 197 1.2 Dimensionen von Planungssystemen mit Bezug zur Flexibilität............................. 200 1.2.1 Strukturdimension........................................................................................... 203 1.2.2 Personelle Dimension ..................................................................................... 206 1.2.3 Prozessdimension............................................................................................ 209 2. Planungsintegrität als Anforderung an das Planungssystem....................................... 215 2.1 Eigenschaften der Planungsintegrität ....................................................................... 215 2.2 Dimensionen von Planungssystemen mit Bezug zur Planungsintegrität ................. 216 2.2.1 Strukturdimension........................................................................................... 216 2.2.2 Personelle Dimension ..................................................................................... 217 2.2.3 Prozessdimension............................................................................................ 217 3. Zusammenhang der Anforderungen und Anwendung des Bezugsrahmens................ 221 III. Bewertung der Anforderungserfüllung des Planungssystems ......................................... 223 1. Bewertung im Bereich der strukturellen Dimension................................................... 223 1.1 Aufgabenwahrnehmung ........................................................................................... 223 1.2 Ressourcenbereitstellung.......................................................................................... 225 1.3 Spezialisierungsgrad................................................................................................. 226 1.4 De- / Zentralisierung ................................................................................................ 227 2. Bewertung im Bereich der personellen Dimension..................................................... 228 2.1 Mikroebene............................................................................................................... 228 2.2 Makroebene .............................................................................................................. 231 3. Bewertung im Bereich der prozessualen Dimension .................................................. 232 3.1 Informationsbasis und Kontrolle .............................................................................. 232 3.2 Projektarbeit ............................................................................................................. 235 3.3 Verfahren und Instrumente....................................................................................... 235 3.3.1 Allgemeine Verfahren und Instrumente.......................................................... 235 3.3.2 Spezifische Verfahren und Instrumente der DB Fernverkehr AG.................. 240 3.4 Formalisierung.......................................................................................................... 242 4. Zusammenfassung der aufgedeckten Defizite............................................................. 243 4.1 Defizite des Planungssystems in Bezug auf die Flexibilität .................................... 243 4.1.1 Strategische Flexibilität .................................................................................. 243 4.1.2 Operative Flexibilität ...................................................................................... 245 4.1.3 Robustheit ....................................................................................................... 246 4.2 Defizite des Planungssystems in Bezug auf die Planungsintegrität......................... 247 4.3 Zwischenfazit ........................................................................................................... 247

VERZEICHNISSE

XV

IV. Entwicklungsmöglichkeiten für das Planungssystem...................................................... 249 1.1 Entwicklung im Hinblick auf die strukturelle Dimension ....................................... 249 1.2 Entwicklung im Hinblick auf die personelle Dimension ......................................... 251 1.3 Entwicklung im Hinblick auf die prozessuale Dimension....................................... 254 1.3.1 Veränderung der Formalisierung.................................................................... 254 1.3.2 Entwicklung der Verfahren und Instrumente ................................................. 255 1.3.2.1 Allgemeine Verfahren und Instrumente................................................... 255 1.3.2.2 Spezifische Verfahren und Instrumente................................................... 257 1.3.3 Informationsbasis und Kontrolle .................................................................... 261 1.4 Abschließende Beurteilung der Entwicklungsmöglichkeiten .................................. 262

F. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse........................................... 265 Literaturverzeichnis............................................................................................... 267

Abbildungsverzeichnis Abbildung B-1: Unterschiedliche Reichweiten des Planungsprozesses ....................................... 7 Abbildung B-2: Hierarchie der Planungsstufen nach WILD ....................................................... 17 Abbildung B-3: Grundschema des Planungssystems nach HAHN .............................................. 19 Abbildung B-4: Planungskonzepte (mögliche Teilplanungskomplexe) ..................................... 23 Abbildung B-5: Wertkettenbezogene Planungsfelder................................................................. 25 Abbildung C-1: Neues Wettbewerbsumfeld ehemaliger staatlicher SPFVU ............................. 42 Abbildung C-2: Liberalisierungsindex der europäischen Bahnen .............................................. 52 Abbildung D-1: Abgrenzung der strategischen und operativen Flexibilität ............................... 84 Abbildung D-2: Organisatorische Aufbaustruktur der DB Fernverkehr AG.............................. 86 Abbildung D-3: Wertkettenbezogene Planungsfelder der DB Fernverkehr AG......................... 88 Abbildung D-4: Schematische Darstellung der unterjährigen Ablaufplanung ........................... 98 Abbildung D-5: Koordination zwischen dem DB Konzern und der DB Fernverkehr................ 99 Abbildung D-6: Reisekette und Reisezeitkomponenten ........................................................... 130 Abbildung D-7: Integrierten Preis-Kapazitäts-Steuerung nach EHRHARDT .............................. 169 Abbildung D-8: Systematik der Kontingentsteuerung (fiktives Beispiel) ................................ 174 Abbildung D-9: Vertriebsformen der DB Fernverkehr AG ...................................................... 176 Abbildung D-10: Zentrale und dezentrale Controllingaktivitäten .............................................. 184 Abbildung E-1: Flexibilitätsdimensionen eines Planungssystems ........................................... 202 Abbildung E-2: Entwicklungsmöglichkeiten für das Planungssystem..................................... 263

Tabellenverzeichnis Tabelle C-1: Einflussfaktoren von Verkehrsmittelwahlentscheidungen.................................... 60 Tabelle D-1: Abgrenzung der unterschiedlichen Schienennetze................................................ 78 Tabelle D-2: Strategische Umweltanalyse ............................................................................... 105 Tabelle D-3: Realisierungszeiträume für infrastrukturbezogene Maßnahmen......................... 111 Tabelle D-4: Schienenfahrzeuge der DB Fernverkehr AG....................................................... 115 Tabelle D-5: Ablaufprozesse Flottenplanung am Beispiel HTE .............................................. 121 Tabelle D-6: Funktionen des Fahrplans.................................................................................... 128 Tabelle D-7: Leistungsmengen zur Lieferung an die mittelfristige Finanzplanung................. 145 Tabelle D-8: Fahrplanfunktionen auf unterschiedlichen zeitlichen Planungsstufen ................ 147 Tabelle D-9: Instandhaltungsplan (veraltet) am Beispiel des ICE 2 ........................................ 159

Abkürzungsverzeichnis […]

Auslassung gegenüber dem Original

AEG

Allgemeines Eisenbahngesetz

bspw.

beispielsweise

BVWP

Bundesverkehrswegeplan

DB AG

Deutsche Bahn AG

DB FV

DB Fernverkehr AG

d.h.

das heißt

EG

Europäische Gemeinschaft

EIBV

Eisenbahninfrastrukturbenutzungsverordnung

etc.

et cetera

EC

EuroCity

EU

Europäische Union

f.

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ff.

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HGV

Hochgeschwindigkeitsverkehr

HTE

High Speed Train Europe

IC

InterCity

ICE

InterCityExpress

i.d.R.

in der Regel

LVU

Luftverkehrsunternehmen

Mifri

Mittelfristige (Finanz)planung

MIV

Motorisierter Individualverkehr

n

Anzahl der Jahre vor Fahrplaneinführung

ÖPNV

Öffentlicher Personennahverkehr

OR

Operations Research

o.V.

ohne Verfasser

p.a.

per annum

Pkm

Personenkilometer

PLS

Planungssystem

PPZ

Prämissen-, Programm- und Zielklausur

VERZEICHNISSE

XIX

RB

RegionalBahn

RE

RegionalExpress

RES

ReisendenErfassungsSystem

S.

Seite

Sp.

Spalte

SPFVU

Schienenpersonenfernverkehrsunternehmen

SPNVU

Schienenpersonennahverkehrsunternehmen

SVU

Schienenverkehrsunternehmen

TGV

Train à Grande Vitesse

UIC

Union internationale des chemins de fer

x

Anzahl der Monate vor Fahrplaneinführung

z.B.

zum Beispiel

Zkm

Zugkilometer

z.T.

zum Teil

A. Einleitung I.

Problemstellung und Abgrenzung des Untersuchungsbereichs

Der europäische Schienenpersonenverkehr befindet sich seit einigen Jahren in einem tief greifenden Umbruch. Während der Schienenverkehr traditionell hoch reglementiert und Wettbewerb innerhalb der nationalen Netze unbekannt war, hat sich gegen Ende der 80er Jahre ein Sinneswandel der unterschiedlichen europäischen Staaten vollzogen,1 der vergleichbar mit der Deregulierung im Luftverkehr in den 70er Jahren in den USA und später in Europa ist. Die Deregulierung wurde dabei auf europäischer Ebene durch die EU angestoßen, die mehrere Eisenbahnpakete beschloss.2 Diese sehen eine schrittweise Liberalisierung des Eisenbahnverkehrs in Europa vor. Im Schienenpersonenverkehr soll voraussichtlich zum Jahre 2010 eine vollständige Marktöffnung stattfinden,3 so dass Kabotagefreiheit4 in den einzelnen Ländern gelten würde. Mit der Liberalisierung einhergehend setzen viele Staaten auf eine Privatisierung ihrer staatseigenen Eisenbahnen, die seit den 50er Jahren einen stetigen Rückgang ihrer Marktanteile am Verkehrsmarkt hinnehmen mussten und sich dadurch als eine zunehmende Belastung für den Staatshaushalt der jeweiligen Länder darstellten.5 Diese zwei Aspekte – Liberalisierung und Privatisierung – veränderten in hohem Maße den Anspruch, der an die betriebliche Planung der Schienenpersonenverkehrsunternehmen gestellt wurde. Waren vor dieser Phase wirtschaftliche Überlegungen bereits ein wichtiger Aspekt, rückten sie seither in das Zentrum der Betrachtung. Insbesondere im deutschen Markt wurde der wirtschaftliche Erfolg zur Leitlinie erhoben und der Anspruch gesetzt, aus eigener Leistung in relativ kurzer Zeit die Kapitalmarktfähigkeit zu erreichen.6 Die DB Fernverkehr AG (DB FV) als ein im Wettbewerb stehendes Geschäftsfeld der Deutschen Bahn AG (DB AG) hat sich seit der Bahnreform jedoch nicht nur mit notwendigen Effizienzverbesserungen zu beschäftigen, sondern sieht sich darüber hinaus neuen Herausforderungen gegenüber, die durch die Liberalisierung ausgelöst wurden. Diese sind zum einen hervorgerufen durch die prinzipielle Möglichkeit des intramodalen Wettbewerbs bei freiem Netzzugang, zum anderen

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Vgl. Aberle (2003), S. 170 ff. Richtlinie 91/440/EWG zur rechnerischen und organischen Trennung von Fahrweg und Eisenbahntransportbetrieb, Verbot von Quersubventionierung und Öffnung der nationalen Eisenbahnnetze für Dritte. Ergänzung durch Richtlinie 91/18/EG zur Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen sowie 95/19/EG Grundsätze zur Zuweisung von Fahrwegkapazität. Europäische Kommission zur „Fortsetzung der Integration des europäischen Eisenbahnsystems“ als drittes, bisher noch nicht verabschiedetes Eisenbahnpaket (Kommissionsvorschläge KOM (2004) 138 zur „Fortsetzung der Integration des Europäischen Schienenverkehrs“). Kabotagefreiheit bezeichnet die Freiheit eines Schienenverkehrsunternehmens, Verkehrsdienstleistung innerhalb eines Landes zu erbringen, ohne selbst in diesem Land ansässig zu sein. Vgl. Aberle (1997), S. 123 ff. Vgl. o.V. (2005a).

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

durch neuen intermodalen Wettbewerb auf innerdeutschen sowie grenzüberschreitenden Relationen durch die Liberalisierung des europäischen Luftverkehrs.7 Eine Ausrichtung auf die sich veränderte Unternehmensumwelt kann jedoch nur mit tief greifenden Änderungen in allen Teilen des Unternehmens erfolgen. So auch in der Planung, da diese in einem Schienenverkehrsunternehmen aufgrund der besonderen Situation der Industrie in Form langer Wirkungsreichweiten von strategischen Entscheidungen8 und durch lange Vorlaufzeiten9 in der Planung zur Leistungserstellung eine hohe Bedeutung einnimmt und sich durch weitere Besonderheiten von anderen Industrien unterscheidet. Daher nimmt die Planung aufgrund des hohen Fixkostenanteils des Verkehrsträgers Schiene und der sich hieraus ergebenden stark eingeschränkten ergebniswirksamen Handlungsoptionen im kurzfristigen Bereich einen hohen Stellenwert ein. Wiederholte Planverfehlungen10 der DB FV und notwendige Planänderungen in den letzten Jahren können zudem als Indiz für Verbesserungsmöglichkeiten gesehen werden. Zudem entsteht durch die interdependenten Leistungsverflechtungen der Unternehmensbereiche ein hoher Abstimmungsbedarf in der Planung. Das Planungssystem (PLS) der DB FV ist gemäß diesen besonderen Anforderungen zu gestalten und hat wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis der Planung und die Wettbewerbsfähigkeit des Geschäftsfelds. Während aus praktischer Perspektive eine klare Notwendigkeit gegeben ist, sich aufgrund der hohen Bedeutung der Planung und den angesprochenen Änderungen der Umwelt mit der organisatorischen Gestaltung der Planung zu beschäftigen, gilt dies ebenfalls aus wissenschaftlicher Sicht. Das Verständnis des Aufbaus und der Funktion von Planungssystemen von großen Unternehmen sowie von Handlungsmöglichkeiten und Restriktionen der Planung eines Schienenpersonenfernverkehrsunternehmens (SPFVU) im liberalisierten Wettbewerb ist bisher sehr eingeschränkt.11 Die Untersuchung von SPFVU in der wissenschaftlichen Literatur beschränkt sich bisher überwiegend auf volkswirtschaftliche Betrachtungen.12 Betriebswirtschaftliche Arbeiten hingegen sind entweder modelltheoretisch auf einen Teilaus-

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Vgl. Klaas / Klein (2005) für die Geschäftsmodelle und Expansionstendenzen von Billigfliegern. Investitionen in Infrastruktur und Rollmaterial besitzen eine sehr hohe Spezifität und sind daher i.d.R. nicht anderweitig zu verwenden. Hervorgerufen u.a. durch gesetzliche Regelungen zur Trassenbestellung und Abstimmungsbedarf mit anderen Infrastruktur-Nutzern. Die Ziele der Umsatzplanung für die mittelfristige Finanzplanung mussten wiederholt signifikant reduziert werden (vgl. Delhaes / Böhmer (2006a), S. 55). Für Planungssysteme im Allgemeinen vgl. Grant (2003), S. 492; hinsichtlich der speziellen Ausgestaltung im Schienenverkehr vgl. Aberle (2003), S. 434. Vgl. z.B. Munzert (2001) für institutionelle Alternativen für Eisenbahninfrastrukturunternehmen; Schwalbach (1996) für Konsequenzen von Trassenvergabepraktiken.

EINLEITUNG

3

schnitt13 der Planung gerichtet oder thematisieren Aspekte, die auf die Planung oder deren Erfolg einwirken,14 stellen jedoch keine übergreifende Betrachtung an. Die vorliegende Arbeit versucht daher, einen Beitrag in drei Bereichen zu leisten. Erstens wird allgemein der Einfluss auf die Planung von europäischen Schienenpersonenfernverkehrsunternehmen (SPFVU) durch deren systemexterne Umwelt aufgezeigt. Diese Untersuchung differenziert die systemexterne Umwelt in fünf Dimensionen, die die Planung beeinflussen. Hieraus sollen die für ein SPFVU relevanten Anforderungen für ein PLS abgeleitet werden. Zweitens wird eine Analyse über den Aufbau und die Ausgestaltung des Planungssystems eines SPFVU durchgeführt.15 Die Untersuchung findet dabei am Untersuchungsobjekt der DB FV statt. Aussagen hinsichtlich europäischer SPFVU werden in die Betrachtung miteinbezogen. Durch die Analyse soll ein Verständnis über den Aufbau und Funktion der Unternehmensplanung gegeben sowie bestehende Handlungsoptionen in der Planung und Restriktionen aufgezeigt werden. Drittens wird ein Vorschlag zur Bewertung des vorgestellten Planungssystems anhand von identifizierten Anforderungen vorgestellt sowie mögliche Entwicklungsvorschläge abgeleitet.

II.

Gang der Untersuchung

Die Arbeit gliedert sich in sechs Hauptkapitel. Im Anschluss an diese Einführung wird in Kapitel B eine Aufarbeitung der Literatur über Planung und Planungssysteme durchgeführt. Das Kapitel dient dazu, eine Sichtweise auf das PLS der DB FV einzunehmen und aus der Literatur Anforderungen abzuleiten, die auf einer allgemeinen Ebene an ein PLS gerichtet werden können. Im Kapitel C werden dem Leser für das weitere Verständnis der Arbeit der Personenbeförderungsmarkt sowie Charakteristika von SPFVU in Europa näher gebracht. Besonderheiten des deutschen Markts werden im Rahmen dieser Betrachtung detaillierter erläutert. Am Ende des Kapitels werden dann die planungsrelevanten Aspekte der besonderen Charakteristika von SPFVU, der Leistungserstellung sowie der einzelnen Umweltdimensionen zusammengeführt. Im Kapitel D wird die organisatorische Umsetzung der Planung eines SPFVU am Beispiel der DB FV verdeutlicht. Hierfür wird das Untersuchungsobjekt DB FV zunächst charakterisiert und eine Kurzdarstellung der geschichtlichen Entwicklung sowie der Struktur und Aufbauorganisation des Unternehmens vorgestellt, bevor die empirische Bestandsaufnahme der Ist-Situation des PLS der DB Fernverkehr stattfindet. Hierbei 13

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Hierbei handelt es sich insbesondere um Optimierungsmodelle aus der Disziplin des Operations Research (OR); vgl. bspw. Ciancimino et al. (1999); Cordeau et al. (1998); Ozekici / Sengor (1994). Zu Aspekten der Preisplanung im Schienenpersonenfernverkehr (vgl. bspw. Ehrhardt (2002)); für die strategische Infrastrukturplanung im integrierten DB Konzern vgl. Ross (2001); für Effizienzsteigerungsmöglichkeiten bei der DB FV AG vgl. Vieregg (1995). Da trotz intensiver Debatte relativ wenig über formale Systeme zur Erzeugung von strategischen Plänen bekannt ist, führt GRANT als ein Ziel seines Beitrags über multinationale Ölfirmen die Lieferung von deskriptiven Daten von Planungssystemen von großen und komplexen Unternehmen an (vgl. Grant (2003), S. 492).

4

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

werden insbesondere die Einflussfaktoren auf die Planung, die Inhalte der einzelnen durchzuführenden Teilpläne zur Leistungserstellung16 sowie deren Interdependenzen herausgearbeitet. Da die Planungen zur Leistungserstellung einen zentralen Bestandteil des PLS darstellen, werden die Planungen zur marktorientierten Entwicklung der Fahrplankonzepte detaillierter untersucht. Nach der Erklärung der Planungsinhalte und Wirkungszusammenhänge der einzelnen Teilpläne findet im Kapitel E eine Bewertung des PLS anhand der aufgezeigten relevanten Anforderungen statt. Hierfür wird zunächst eine Aufarbeitung der in der Literatur eingeführten Bewertungsansätze durchgeführt. Im Anschluss wird dann ein organisationstheoretischer Ansatz herangezogen und für die Bewertung eines PLS angepasst. Darauf aufbauend kann die momentane Ausgestaltung des PLS im Hinblick auf die eingeführten Anforderungen bewertet werden. Die hier aufgezeigten Defizite sollen schließlich durch Entwicklungsvorschläge für das PLS behoben werden. Den Abschluss der Arbeit bildet in Kapitel F ein Fazit über die vorangegangenen Ausführungen sowie ein Ausblick über aufgeworfene Forschungsfragen.

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Unter der Leistungserstellung wird hier die Fahrplanerstellung (Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement) sowie die Fahrlagen- und Umlaufplanung (Produktionsabteilung) verstanden, die bei gegebenen Potenzialmitteln durchgeführt werden muss, um ein Angebot am Markt bereit zu stellen.

B. Konzeptionelle Grundlagen Entsprechend der vorab geäußerten Zielsetzung muss sich zunächst eine Sichtweise auf ein PLS erarbeitet werden, um im späteren Verlauf das PLS der DB FV näher analysieren zu können. Hierfür erscheint es jedoch zuerst erforderlich, den funktionalen Planungsbegriff (Planung als gedankliche Vorbereitung der Entscheidung) inhaltlich zu spezifizieren. Im Anschluss kann dann auf die organisatorische Umsetzung der Planung innerhalb eines PLS eingegangen werden (institutionaler Planungsbegriff).17

I.

Planung in der betriebswirtschaftlichen Forschung

1.

Begriffsbestimmung der Planung

Planung ist seit jeher Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Literatur.18 Dieser Umstand führte jedoch zu einer Vielzahl an unterschiedlichen Definitionen, die z.T. ein sehr unterschiedliches Verständnis von Planung entwickelt haben.19 Zunächst kann Planung als das „rationale Durchdenken und Formulieren von Gestaltungsproblemen, die Festlegung des gewollten Zustands und die Auswahl der zu seiner Erreichung geeigneten Maßnahmen und Ressourcen“20 gesehen werden. Um zu klären, wie dies innerhalb eines Unternehmens in einem PLS erfolgen kann, erscheint es zunächst erforderlich, den Begriff der Planung inhaltlich weiter zu charakterisieren. Im Wesentlichen lassen sich für die funktionale Planung folgende Merkmale finden, die unabhängig von der durchzuführenden Unternehmensplanung gelten:21 So wird Planung (1) ein Gestaltungscharakter zugeschrieben. Dieser drückt sich aus durch eine wahrgenommene Differenz zwischen einem prognostizierten Zielzustand und dem Ausgangszustand, die mittels geeigneter Gestaltungsregeln geschlossen werden soll. Planung zeichnet sich zudem durch einen klaren (2) Zukunftsbezug aus. Außerdem erfordert es eine (3) Willensbildung der am Planungsprozess beteiligten Planungsträger22. Kennzeichnend ist weiterhin der (4) Informationscharakter der Planung, da Informationen gewonnen werden müssen, um als Grundlage von Gestaltungsregeln zu dienen. Eine weitere Eigenschaft der Planung ist die (5) Subjektivität der Planung. Diese ergibt sich durch das Verständnis, die Erfahrungen und die Wertvorstellungen der beteiligten Planungsträger. Die (6) Rationalität wird häufig als Anforderung an die Planung dargestellt. Obwohl über die Ausgestaltung dieser Rationalität in der Literatur mitunter

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Für eine Unterscheidung des funktionalen und des institutionalen Planungsbegriffs (vgl. Mag (1995), S. 2 f.; Wall (1999), S. 12). Vgl. Macharzina (1999), S. 297. Für einen Überblick von Planungsdefinitionen vgl. Reihlen (1997), S. 11. Delfmann / Reihlen (2002), S. 1439; vgl. ebenfalls Delfmann (1989c), S. 1372. Vgl. im Folgenden Reihlen (1997), S. 13 ff.; ähnlich Delfmann (1992a), S. 682 f. Unter Planungsträgern können Personen oder organisatorische Einheiten verstanden werden. (vgl. Wild (1974), S. 153).

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Uneinigkeit besteht,23 wird diese häufig als Begründung oder Begründbarkeit verstanden. Die Rationalität ist nicht erfüllt, wenn Handlung und Gestaltungsvorschläge nicht zu begründen sind. Schließlich wird als ein Ergebnis von Planung das Erlangen von (7) Handlungswissen gesehen. Dieses Handlungswissen drückt sich in Form von dokumentierten Gestaltungsansprüchen aus, und darüber hinaus als geschaffenes Handlungs- und Gestaltungswissen, welches Planungsträger dazu befähigt, Einsichten in Konsequenzen von Handlungsformen zu erlangen und diese entsprechend bewerten zu können. 2.

Planung, Steuerung und Kontrolle als Führungsprozesse

Planung stellt einen Teil des Führungsprozesses innerhalb eines Unternehmens dar. Die komplementären Prozesse der Steuerung bzw. Durchführung und der Kontrolle ergänzen die Planung bzw. stellen deren Realisierung dar und kontrollieren die Ergebnisse, um hieraus für zukünftige Problemstellungen lernen zu können. Planung selbst lässt sich zudem in unterschiedliche Abschnitte einteilen, die in einer zeitlich-logischen Abfolge durchlaufen werden.24 Dieser Ablauf, der im Folgenden als Planungsprozess bezeichnet wird, setzt sich idealtypisch aus den Teilen Zielformulierung, Analyse und Prognose des inneren und äußeren Kontexts (Prämissenbildung), Problemerkenntnis und –analyse, Suche nach Handlungsalternativen, Prognose der Konsequenzen der Handlungsalternativen, Bewertung der Handlungsalternativen, Entscheidung / Auswahl der Handlungsalternative(n) sowie der Durchsetzung der gewählten Handlungsalternative(n) zusammen.25 Die Frage, welche der Teilphasen der Planung angehören, wird in der Literatur nicht einheitlich beantwortet (vgl. Abbildung B-1).26 Die engste Fassung des funktionalen Planungsbegriffs wird als Entscheidungsvorbereitung gesehen (Planung I). Etwas weiter gefasst wird das Verständnis, wenn die Auswahl einer Alternative noch vollzogen wird, die Frage der Realisierung jedoch noch nicht interessiert (Planung II). Das umfassendste gelegte Verständnis der Planung wird noch um den Prozess der Realisation und den Prozess der Kontrolle erweitert (Planung III). Dieses Verständnis der funktionalen Planung wird auch hier zugrunde gelegt, ausgeschlossen werden jedoch die realisierenden Teile der Entscheidung und die Realisation selbst,27 so dass der Schwerpunkt auf den entscheidungsvorbereitenden Phasen des Planungsprozesses liegt.

23

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Im Grundsatz besteht Uneinigkeit darüber, ob Planung aus einem geordneten, formalen und expliziten Denkprozess besteht, oder ob Planung spontan und kreativ erfolgt und so die Kreativität der am Planungsprozess beteiligten Personen freisetzt. (vgl. Reihlen (1997), S. 16). Vgl. im Folgenden Macharzina (1999), S. 305 ff. Vgl. Macharzina (1999), S. 305 ff. Im Folgenden vgl. Mag (1995), S. 8 f. Dies entspricht dem Verständnis einer umfassenden Behandlung der Planung nach MAG (vgl. Mag (1995), S. 9).

KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN

7

(1) Zielanalyse

(5) Bewertung

Planung III

(4) Prognose

Planung II

(3) Alternativenanalyse

Planung I

(2) Problemanalyse

(6) Entscheidung (7) REALISATION (8) Kontrolle

Abbildung B-1: Unterschiedliche Reichweiten des Planungsprozesses28

Die Kontrolle wird dabei als notwendige Voraussetzung für diese Entscheidungsvorbereitung gesehen.29 Sie lässt sich in unterschiedliche Arten unterteilen.30 Handelt es sich um Soll-Ist-Vergleiche der Planungsergebnisse, so spricht man von einer Durchführungskontrolle. Die Soll-Größen stellen demnach prognostizierte Entscheidungsresultate dar, welche mit Ist-Größen ex-post verglichen werden. Weiterhin lassen sich Prämissenkontrollen und Konsistenzkontrollen unterscheiden. Erstere dienen der Überprüfung von Annahmen der Planung während der Planerstellung. Hierbei wird geprüft, ob die aktuellen Voraussetzungen noch mit diesen Ausgangsannahmen übereinstimmen. Die Konsistenzprüfung kontrolliert, ob Planungen zum einen methodisch fehlerfrei abgeleitet worden sind (logischer Aufbau, Informationsverarbeitung, Verwendung geeigneter Methoden und Informationsgrundlagen), zum anderen ob es inhaltliche Diskrepanzen zwischen unterschiedlichen Planungsstufen und Führungsaufgaben gibt. Durch die unterschiedlichen Kontrollen können Anpassungsmaßnahmen von bereits durchgeführten, jedoch noch nicht realisierten Planungen eingeleitet und zudem Wissen für zukünftige Planungsprobleme generiert werden. Der Erfolg einer Unternehmung ist im Wesentlichen von dem Zusammenspiel der drei Führungstätigkeiten Planung, Steuerung und Kontrolle abhängig. Die Erfolge dieser Führungstätigkeiten können dabei auf den formalen Aufbau, aber insbesondere auf die inhaltliche Ausgestaltung der Planungstätigkeiten zurückgeführt werden.31 Dabei nimmt der Teilbereich der Planung zur Bestimmung des zukünftigen Geschehens den Kernbestandteil ein.32 Die Führungstätigkeiten bilden zusammen in einem Planungs- und Kontrollsystem eine Einheit und werden daher im Folgenden nicht weiter isoliert betrachtet.

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Vgl. Mag (1995), S. 8; ähnlich ohne Einteilung in unterschiedliche Reichweiten vgl. Fandel (1983), S. 481; Macharzina (1999), S. 306; Wall (1999), S. 16. Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 47 f. Vgl. im Folgenden Hahn (2006c), S. 452 ff. Vgl. Volkmann (1989), S. 9. Vgl. Reihlen (1997), S. 19; Volkmann (1989), S. 9.

8

3.

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Interdependenzen in der Planung

Planung vollzieht sich in der Regel nicht nur unter Beteiligung eines einzigen Planers, sondern wird von unterschiedlichen Personen oder Organisationseinheiten in einem arbeitsteiligen Prozess vollzogen. Eine zielorientierte Planung künftig zu realisierender Handlungsalternativen setzt jedoch eine Erfassung sämtlicher zwischen diesen Teilbereichen vorhandener Interdependenzen voraus,33 um diese im Hinblick auf ein übergeordnetes Ziel abzustimmen.34 Interdependenzen können durch den Zugriff auf knappe Ressourcen wie bspw. Kapital oder Arbeitskräfte durch unterschiedliche Organisationseinheiten entstehen. In der Literatur werden mehrere Arten von Interdependenzen unterschieden.35 An dieser Stelle soll lediglich eine grundlegende Definition sowie eine Erklärung der Konsequenzen vorgenommen werden. Generell gilt, dass bei einer Interdependenz eine Entscheidung über das Niveau einer Variablen x1 notwendige Informationen über die Ausprägung einer anderen Variable x2 voraussetzt. Jedoch müssten zu deren Bestimmung bereits Informationen über das Niveau von x1 vorhanden sein.36 Relevant für die Unternehmensplanung werden Interdependenzen dann, wenn Erfolgsinterdependenzen vorliegen. Diese bestehen, wenn für mehrere Planungsbereiche eine gemeinsam geltende Restriktion greift und zusätzlich diese unterschiedlichen Planungsbereiche auf eine gemeinsame Zielsetzung ausgerichtet sind.37 Damit beeinflussen sich die durchzuführenden Maßnahmen in ihrem direkten Ergebnis auf den Zielbeitrag.38 Beziehen sich diese Erfolgsinterdependenzen auf eine Periode, so liegen zeitlich horizontale Interdependenzen vor. Die Komplexität der notwendigen Abstimmung der unterschiedlichen Teilbereiche steigt jedoch zusätzlich mit einer intertemporalen Verkettung dieser Interdependenzen (zeitlich vertikale Interdependenzen).39 Grundsätzlich spricht das Vorhandensein von Erfolgsinterdependenzen für eine simultane Lösung des Planungsproblems. Jedoch stellen die komplexe betriebliche Realität und die begrenzte menschliche Rationalität ein Hindernis für dieses theoretische Ideal der Simultanplanung dar.40 Durch die Komplexität der Gesamtaufgabe eines Unternehmens, welche nicht mehr von einem einzelnen Aufgabenträger allein erfüllt werden kann,

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Vgl. Rollberg (2001), S. 15. Vgl. Macharzina (1999), S. 713. Bspw. können Interdependenzen differenziert werden nach einem Restriktions-, Erfolgs-, Risikound Bewertungsverbund (vgl. Laux / Liermann (1997), S. 195 ff.); außerdem wird eine Unterscheidung in Interdependenzen aufgrund innerbetrieblicher Leistungsverflechtungen, Ressourceninterdependenzen und Marktinterdependenzen vorgenommen (vgl. Laßmann (1992), S. 46); zudem erfolgt ein Unterscheidung in gepoolte, sequentielle und reziproke Interdependenz (vgl. Macharzina (1999), S. 713). Vgl. Rollberg (2001), S. 15. Vgl. Rollberg (2001), S. 16 f. Vgl. Voigt (1991), S. 99 f. Vgl. Rollberg (2001), S. 20. Vgl. Rollberg (2001), S. 21.

KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN

9

hat eine Zerlegung in unterschiedliche Teilaufgaben bzw. Teilpläne zu erfolgen.41 Diese haben alle Elemente der Gesamtaufgabe abzudecken und sollten überschneidungsfrei sein, um unnötige Doppelarbeiten zu vermeiden.42 Daher muss die betriebliche Planung (institutionaler Planungsbegriff) auf eine integrierte Unternehmensplanung abzielen, die versucht, durch unterschiedliche Instrumente diesem Ideal möglichst nahe zu kommen. 4.

Unsicherheit in der Planung

Planung bezieht sich stets auf zukunftsbezogenes Handeln und benötigt zum Treffen von Planungsentscheidungen wirtschaftliche Daten vielfältigster Art.43 Zwar stehen die Entscheidungsparameter der Planung unter der Kontrolle des Planers, die sich ändernden Umwelteinflüsse jedoch nicht.44 Damit baut zwangsläufig jede Planung zu einem großen Teil auf unsicheren Daten auf.45 Sichere Planung bzw. sicheres Wissen über zukünftige Gegebenheiten kann es damit nicht geben, womit Unsicherheit46 konstitutiv von Unternehmen hingenommen werden muss.47 Unsichere Parameter haben daher als Erwartungsparameter Eingang in die Planung zu finden. Durch Planung wird nun versucht, diese Erwartungsparameter systematisch zu analysieren (Schätzungen und Prognosen) und unter Kombination von möglichen Entscheidungsvariablen zu einer Bewertung der zur Verfügung stehenden Alternativen und damit einer Auswahl zu gelangen.48 Dabei nimmt die Ambiguität für die Planer bzw. das Unternehmen zu, je weiter die Planung zeitlich und sachlich ausgreift.49 Die Zukunft gilt dabei als besonders unsicher, wenn die relevante Unternehmensumwelt Diskontinuitäten aufweist, so dass einzelne oder mehrere planungsrelevante Dimensionen (bspw. Wettbewerber, Produktionsverfahren, etc.) in ihrer Entwicklung nicht als stabil angesehen werden können und sich der einfachen Fortschreibung der Vergangenheitswerte entziehen. In solchen Fällen der hohen Ambiguität steigt die Notwendigkeit zur Kontrolle der Planung.50 Die in der Literatur zur Reduktion von Unsicherheit aufgegriffenen Möglichkeiten können zunächst in allgemeine Ansätze, Ansätze zur Plangestaltung sowie zur Planungsgestaltung51 differenziert werden.52 Hinsichtlich der allgemein diskutierten Ansätze zum 41 42 43 44 45 46

47 48 49 50 51

Vgl. Klee (1997), S. 25. Vgl. Klee (1997), S. 25. Vgl. Wöhe / Döring (1990), S. 153 f. Vgl. Mag (1995), S. 11. Vgl. Voigt (1991), S. 485. In der Literatur wird eine weitere Unterscheidung der Unsicherheit in Risiko (Angabe von Umweltzuständen und Eintrittswahrscheinlichkeiten), Ungewissheit (ohne Angabe von Eintrittswahrscheinlichkeiten) sowie Unwissenheit (weder Umweltzustände noch Eintrittswahrscheinlichkeiten können spezifiziert werden) durchgeführt (vgl. bspw. Rollberg (2001), S. 185); Klein / Scholl (2004), S. 16). Vgl. Schreyögg / Steinmann (1985), S. 395. In Anlehnung an Mag (1995), S. 11. Vgl. Schreyögg / Steinmann (1985), S. 396. Vgl. Schreyögg / Steinmann (1985), S. 397. Die Planungsgestaltung bezieht sich damit bereits auf die organisatorische Ausgestaltung innerhalb des PLS (vgl. Abschnitt B.IV.2).

10

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Verhalten bei Unsicherheit, ausgelöst durch turbulente, unvorhersagbare Unternehmensumwelten, wird im Rahmen der strategischen Planung der Vorschlag gemacht, die Szenarioplanung53 zu verwenden, eine visionsorientierte Planung durchzuführen,54 strategische Innovation55 herbeizuführen sowie Selbstorganisation56 einzusetzen.57 Weiterhin kann die Berücksichtigung von Unsicherheit in zwei Gestaltungsansätzen erfolgen.58 Zum einen kann die inhaltliche Gestaltung des einzelnen Plans so erfolgen, dass bei dessen Gestaltung die Unsicherheit berücksichtigt wird (Plangestaltung). Zweitens können Ansätze zur Unsicherheitsreduktion gewählt werden, die sich auf die Vorgehensweise der Planung beziehen (Planungsgestaltung). Hinsichtlich der Plangestaltung zur Reduktion der Unsicherheit greift WILD folgende Punkte auf:59 1) Senkung des Anspruchsniveaus der Planziele, 2) Bevorzugung elastischer Planelemente (bspw. Universal- statt Spezialmaschinen), 3) Einbau von Anpassungsmöglichkeiten und Reserven (bspw. Vorratshaltung, Abschluss von Versicherungen, etc.), 4) Risikoausgleich durch Maßnahmenkombination (Kombination risikoreicherer und –ärmerer Maßnahmen). Diese Maßnahmen können zu einer Reduktion von Unsicherheit führen, da sie sich auf den Planinhalt beziehen und die Ergebnisse und deren Eintrittswahrscheinlichkeiten verändern. Anzumerken ist bei diesen Maßnahmen, dass sie im ersten Fall als trivial gelten können, sowie in den übrigen Fällen je nach Situation und Industrie gegebenenfalls gar keine Anwendung finden können. In dem vorliegenden Fall schließt bspw. der Charakter der Dienstleistungserstellung, bei welcher Konsumption und Produktion gleichzeitig erfolgen, eine Vorratshaltung bereits aus. Als Maßnahmen zur konkreten Planungsgestaltung, die zu einer Reduktion von Unsicherheit führen sollen, werden folgende von WILD Vorschläge eingeführt:60 1) Verbesserung der Informationsgrundlage, 2) Prognosegestaltung (Verringerung der Anzahl 52 53

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Vgl. im Folgenden Wild (1974), S. 140 ff. Bei dieser Technik steht nicht im Vordergrund, die Zukunft vorherzusagen, sondern durch unterschiedlich mögliche Ausgestaltungen der Unternehmensumwelt alternative Betrachtungswinkel auf die Zukunft zu entwickeln (vgl. Schoemaker (1993), Schoemaker (1995)). Hierbei soll, statt auf eine detaillierte Planvorgabe zu setzen, durch Visionsvorgaben und strategische Absichten eine generelle Richtung vorgegeben werden, an der sich in der Entscheidungsfindung orientiert werden kann (vgl. Grant (2003), S. 493). Das Auftreten von veränderten Unternehmensumwelten erfordert neue Strategien, um erfolgreich im Wettbewerb zu bestehen (vgl. bspw. Markides (1998)). Selbstorganisation bezieht sich auf die Fähigkeit einer Organisation, zu strategischen Entscheidungen ohne vorgegebene strukturelle Entscheidungsstrukturen zu gelangen. Allerdings sind auch bei Selbstorganisation simple Regeln bzw. Grenzen vorzugeben. Hierdurch sollen Anpassungen erlaubt werden, ohne dass die Organisation in ein Chaos stürzt (vgl. Eisenhardt / Sull (2001). Vgl. Grant (2003), S. 494. Vgl. Wild (1974), S. 140. Vgl. Wild (1974), S. 140 ff. Vgl. Wild (1974), S. 142 ff. Die Ausführungen hinsichtlich der Planungsgestaltung beziehen sich auf die institutionale Planung, sollen aber zwecks Redundanzvermeidung bereits an dieser Stelle behandelt werden.

KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN

11

notwendiger Prognosen sowie deren Verbesserung), 3) Zeitaufschiebung von Prognosen, Planentscheidungen und / oder Handeln,61 4) rollende bzw. revolvierende Planung,62 5) flexible Planung.63 Aufgrund der häufig sehr hohen Komplexität von Entscheidungsfeldern und der folgenden Unsicherheit ist eine Optimallösung ex ante „nicht mehr definiert und kann somit selbst unter größten Anstrengungen nicht gefunden werden“64. Aus diesem Grund können Planungen in einem Unternehmen zur Reduktion der Unsicherheit nicht als grundsätzlich richtig oder falsch, sondern stets nur als vorläufig zweckmäßig oder unzweckmäßig beurteilt werden.65

II.

Der Zweck formeller Unternehmensplanung

Welchen Zweck nimmt nun die formelle Planung, also die durch festgelegte Regelungen ausgeübte, im Rahmen der Unternehmensführung ein? Hier gilt es zunächst zu vermeiden, dass Planung ein institutionalisierter Ablaufprozess innerhalb eines Unternehmens ist, der um seiner selbst Willen durchgeführt wird. Vielmehr soll ein Vorteil gegenüber einer ad-hoc geführten Unternehmung bzw. der Improvisation bei anstehenden Entscheidungen generiert werden. Vorteile gegenüber einer solchen Führung sind in mehreren Punkten vorstellbar: Formelle Unternehmensplanung erlaubt eine gründlichere und umfassendere Entscheidungsvorbereitung.66 Durch einen vorhandenen Planungsprozess wird das vorliegende Gesamtproblem in Einzelprobleme zerlegt, mit denen sich innerhalb des Unternehmens einfacher auseinandergesetzt werden kann.67 Daher führt eine formelle Unternehmensplanung zu einer Verringerung von Komplexität.68 Darüber hinaus erlaubt sie i.d.R. eine größere Handlungsfreiheit, da durch einen größeren zeitlichen Abstand von der Bezugssituation die Menge der realisierbaren Handlungsalternativen tendenziell steigt.69 Durch die innerhalb eines Planungsprozesses stets zu durchlaufende Alternativensuche werden außerdem neue Ideen entwickelt.70 Konsensbildung und die Tendenz zur Konfliktredu61

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Durch eine Zeitaufschiebung von Entscheidungen verfügt der Entscheider im neuen Zeitpunkt der Entscheidung über aktuellere Informationen und hat nur eine geringere Prognosereichweite zu berücksichtigen. Hierdurch wird also auch eine Verbesserung der Informationsgrundlage erzielt (vgl. bspw. Delfmann (1989b); Rosenhead (2001)). Vgl. bspw. Schneeweiß (1992), S. 99; Wild (1974), S. 179. Für das Planungsverfahren der flexiblen Planung mit Erstellung und Anwendung von Eventualplänen vgl. bspw. Hax / Laux (1972). Rollberg (2001), S. 188. Vgl. Rollberg (2001), S. 188. Vgl. Koch (1982), S. 8; ARMSTRONG kommt in einer Metastudie zu dem Ergebnis, dass formelle Planung insbesondere hilft, Ziele zu setzen und Kontrolle durchzuführen (vgl. Armstrong (1982), S. 209). Vgl. Frese (2000), S. 99. Vgl. Macharzina (1999), S. 304. Vgl. Koch (1982), S. 7; Macharzina (1999), S. 304. Vgl. Macharzina (1999), S. 304.

12

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

zierung sind außerdem zu beobachten, da Planungsprobleme transparent und dadurch einer Überprüfung durch Dritte zugänglich gemacht werden. Dies setzt jedoch einen dokumentierten Planungsprozess voraus.71 Durch diesen nimmt zudem das Verständnis des einzelnen Mitarbeiters über die Gesamtzusammenhänge innerhalb des Unternehmens zu, womit die Einordnung der eigenen Aufgabe leichter fällt und die daran gestellten Anforderungen besser verstanden werden. Außerdem übt eine institutionalisierte formelle Planung einen Signaleffekt auf Stakeholder aus und verdeutlicht diesen, dass sich die Unternehmensleitung auf zukünftige Herausforderungen des Unternehmens aktiv versucht einzustellen.72 Heftige Kritik wurde seit den 80er Jahren an dem Konzept der strategischen Planung als Instrument zur Formulierung von Strategien geäußert.73 Hierbei wurden unter anderem die Nachteile einer formellen gegenüber einer improvisierten Unternehmensführung in der mit Unsicherheiten behafteten Prognose gesehen und den damit verbundenen aufgestellten Planungen.74 Aufgrund dieser Unsicherheit ist es möglich, dass aufwendig erstellte Planungen und die daraus resultierenden Dokumentationen bereits nach kurzer Zeit durch eingetretene Umweltentwicklungen überholt sind und neu aufgestellt werden müssen.75 Die hierdurch erforderlichen Doppelarbeiten stellen für ein Unternehmen somit Opportunitätskosten dar. Studien zum Einfluss der Planung auf den Erfolg des Unternehmens sind fragmentiert und z.T. widersprüchlich.76 Einige Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass finanzielle Erfolge empirisch nicht nachgewiesen werden können,77 während andere positive Effekte ausweisen.78 Trotzdem wird die Notwendigkeit einer strukturierten Planung gerade in großen Unternehmen mit hoher Komplexität in der Leistungserstellung und sich vollziehenden Veränderungen79 deutlich. Diese Notwendigkeit ist neben der aktiven Vorbereitung auf die Zukunft in einer Informationsforderung durch beteiligte Stakeholder zu sehen. Je nach Art der Industrie ist eine Alternative zu einer formellen Unternehmensplanung zudem nicht gegeben, stellt sie doch z.B. bei Schienenverkehrsunternehmen einen notwendigen Bestandteil der Leistungserstellung dar.80 71 72 73 74

75 76 77 78 79

80

Vgl. Macharzina (1999), S. 304. Vgl. Müller-Stewens / Lechner (2003), S. 60. Vgl. Grant (2003), S. 491. Kritiker äußern, dass bereits die Idee einer strategischen Planung im Rahmen der Unternehmensplanung mehreren grundlegenden Fehlannahmen unterliegt: weder ist die Zukunft vorherbestimmt oder durch Prognosen zu entschlüsseln, noch kann ein Strategieprozess durch den Einsatz von Managementsystemen programmiert und in vorbestimmte Bahnen gelenkt werden, noch ist es sinnvoll, strategisches Denken von strategischem Handeln zu trennen (vgl. Mintzberg (1994), S. 221 ff.). Vgl. Koch (1982), S. 8. Vgl. Ramanujam et al. (1986). Vgl. Welge (1985), S. 563 ff.; vgl. ebenfalls Macharzina (1999), S. 317. Vgl. bspw. Miller / Cardinal (1994). Zu dem Einfluss von erfolgreichen formellen Planungsprozessen bei großen Veränderungen für die Unternehmen vgl. Armstrong (1982), S. 221. Vgl. Abschnitt C.IV.3.3.

KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN

III.

13

Systemtheoretischer Ansatz als übergreifende Perspektive

Die Grundannahme des systemtheoretischen Forschungsansatzes81 basiert auf der Einschätzung, dass eine Reduktion der Betrachtung auf vorab eingegrenzte Wirkungszusammenhänge häufig wichtige Probleme von vornherein aus der Betrachtung ausschließt bzw. es nicht möglich ist, den Hauptgrund eines „Phänomens bzw. einer Entwicklung zu benennen und in eindimensionaler Form exakte Prognosen hinsichtlich eintretender Folgewirkungen abzugeben“82. CHURCHMAN definiert ein System als ein Gebilde, welches aus „einer Anzahl von Komponenten [besteht], die in der Absicht zusammengesetzt sind, für mehrere Aufgaben eine Lösung zu finden.“83 Systeme können als offene und geschlossene Systeme differenziert werden. Offene Systeme existieren dann, wenn das System Beziehungen zu Objekten aufweist, die nicht selbst zum System gehören.84 Dies ist bei Unternehmen mit Beziehungen zu der relevanten Unternehmensumwelt stets der Fall. Eine systemische Betrachtung bietet sich dann an, wenn ein Untersuchungsobjekt eine besonders hohe Komplexität aufweist. Dies ist vor allem bei sozio-technischen Systemen zu beobachten, die sich häufig durch den involvierten humanen Faktor einer reinen modelltheoretischen Betrachtung entziehen. Anleitungen zur Systemanalyse von Unternehmen in der betriebswirtschaftlichen Forschung bestehen jedoch eher aus Ansammlungen von einzelnen Ratschlägen zu deren Durchführung, als in Form von direkten Handlungsanweisungen bzw. Lösungsvorschlägen zur Verbesserung des Systems. Die Systemtheorie stellt damit „keinen Aussagenzusammenhang über bestimmte Gegenstände dar […], sondern einen Forschungsansatz, eine Grundorientierung über die Wirklichkeit, die einzelne Modelle und Theorien umgreift.“85 Sie liefert Erkenntnisse über ein System bzw. über die Beziehungen zwischen seinen Elementen. Durch eine Systemanalyse kann ein Verständnis für das System und die darauf einwirkenden externen Einflussgrößen sowie Handlungsrestriktionen geliefert werden. Der Systemtheoretiker versucht in seinem Forschungsprozess den Handlungskontext als Ganzes zu betrachten, wodurch ihm nicht der „Vorwurf einer atomisierenden, problemzerlegenden, Ausschnitte betrachtenden Wissenschaft gemacht werden“86 kann. Eine solche systemtheoretische Untersuchung schließt daher zunächst sämtliche, relevant erscheinende Systemelemente sowie den Bezug des Systems zu seiner Umwelt mit ein. Die Vorgehensweise dieser Arbeit entspricht damit ebenfalls dem systemtheoretischen Denken, da im Folgekapitel zunächst die das PLS beeinflussende Umwelt 81

82 83

84 85 86

Der Ursprung der Systemtheorie wird bereits in der Antike bei ARISTOTELES gesehen. In den neueren, wissenschaftlichen Diskurs eingegriffen haben insbesondere Bertalanffy (1968), Barnard (1938), Parsons (1964), Ulrich (1968) und Wiener (1948), für einen Überblick über die Entwicklung des Ansatzes vgl. Wolf (2005), S. 128 ff. Wolf (2005), S. 129. Churchman (1974), S. 31; ähnlich bei GROCHLA: „Gesamtheit miteinander in Beziehung stehender Elemente.“ (Grochla (1974), S. 15); sowie SCHNEEWEIß: „Unter einem System versteht man die Menge von Objekten, die zueinander in Beziehung stehen.“ (Schneeweiß (1991), S. 18). Vgl. Schneeweiß (1991), S. 25. Wöhler (1978), S. 7. Wolf (2005), S. 138.

14

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

untersucht wird, um im Anschluss dann die Einzelelemente des Systems und deren Wirkungsbeziehungen zu analysieren, Kritikpunkte herauszustellen sowie schließlich Gestaltungsempfehlungen abzuleiten.87

IV.

Planungssysteme

1.

Begriffsbestimmung

Während eine ausführliche Behandlung funktionalen Planung in der wissenschaftlichen Literatur stattgefunden hat ist, sind Betrachtungen hinsichtlich der Anwendung der Planung innerhalb eines Unternehmens nicht in gleichem Umfang durchgeführt worden (institutionaler Planungsbegriff). Die wissenschaftliche Aufarbeitung von Planungssystemen fand schwerpunktmäßig im deutschsprachigen Raum in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts statt. Aufgrund unterschiedlicher Begriffsauffassungen innerhalb von Wissenschaft und Praxis soll zunächst allgemein der Begriff des PLS definiert werden, bevor in den Folgekapiteln unterschiedliche Sichtweisen auf sowie Merkmale von und Anforderungen an Planungssysteme dargestellt werden. In einer ersten Begriffsbestimmung kann GUTENBERGs Ausführung gesehen werden, dass es eine systematische, vollständige betriebliche Planung zu geben habe.88 Eine Abgrenzung zur Gesamtunternehmung nehmen GÖTZEN und KIRSCH vor, die ein PLS „als eine Art zusätzliche Organisation [auffassen], die der „Produktion“ und Kontrolle von Plänen dient und die die Basisorganisation des laufenden Geschäftsbetriebs gleichsam überlagert.“89 Damit wird deutlich, dass das PLS ein Teil eines Unternehmens ist, jedoch nicht mit der Gesamtorganisation gleichzusetzen ist. Aufbauend auf Begriffsdefinitionen unterschiedlicher Autoren leitet REIHLEN eine ausführliche Definition ab, die explizit herausstellt, dass ein wichtiger Bestandteil von Planungssystemen stets eine soziale Komponente beinhaltet: „Ein Planungssystem ist ein soziales System. Es besteht aus einer Anzahl von Personen, die Planungsträger genannt werden und offiziell oder inoffiziell an der Erzeugung von Gestaltungswissen (rationaler Handlungsorientierung) beteiligt sind. Die Beziehungen der Planungsträger zueinander werden durch die Sozialstruktur des Planungssystems bestimmt. Diese beeinflusst die Kommunikation, die Entscheidungsbefugnisse und die Verhaltensnormen der einzelnen Planungsträger im Planungsprozess. Ferner zeichnet sich ein Planungssystem durch eine Umwelt aus. Sie besteht aus einer unternehmensinternen und einer unternehmensexternen Umwelt, mit denen das Planungssystem in Interaktionsbeziehung steht.“90

87

88 89 90

Diese Vorgehensweise entspricht der in der Literatur vertretenen Vorgehensweise zur Analyse von sozialen Systemen (vgl. Nelson (2003), S. 467 ff.; vgl. ebenfalls Hanssmann (1993)). Vgl. Gutenberg (1952), S. 52. Götzen / Kirsch (1979), S. 169. Reihlen (1997), S. 31.

KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN

15

Aus der angeführten Definition eines PLS wird ersichtlich, dass Autoren ihre Definition partiell oder vollständig auf dem systemtheoretischen Ansatz aufbauen.91 HAHN führt aus, dass ein PLS als eine „zielgerichtete Gesamtheit von Elementen […] verstanden werden [kann], zwischen denen sachlich und zeitlich spezifizierte Beziehungen bestehen.“92 Um die Ausgestaltung eines PLS verstehen einer Wertung unterziehen zu können, müssen daher die einzelnen Elemente betrachtet sowie deren sachliche und zeitliche Beziehungen untereinander aufgedeckt werden. Diese Beziehungen ist dabei abhängig von der unternehmensexternen Umwelt sowie von unternehmensintern vorgeschriebenen Organisationsstrukturen als auch von den Beziehungen der Planungsträger untereinander. Die Ausgestaltung eines PLS ist daher stets abhängig von einer Vielzahl von Einflussfaktoren, die spezifisch für einzelne Unternehmen und Industrien sind. Um ein unternehmensspezifisches PLS näher zu analysieren, bedarf es jedoch einer weiteren Differenzierung des PLS. Die unterschiedlichen Möglichkeiten zur Differenzierung eines PLS sollen hier als Planungskonzept verstanden und näher vorgestellt werden. 2.

Planungskonzepte in der wissenschaftlichen Literatur

In der wissenschaftlichen Literatur beschäftigen sich diverse Autoren mit dem grundsätzlich möglichen Aufbau und den Ausgestaltungsmöglichkeiten von Planungssystemen, die im Folgenden als Planungskonzepte bezeichnet werden. Gerade im deutschsprachigen Raum fand seit den 70er Jahren eine intensive Aufarbeitung dieses Gegenstandsbereiches statt. In der US-amerikanischen Literatur findet sich hingegen überwiegend eine Auseinandersetzung mit Planungskonzepten, die überwiegend auf die strategische Planung, also auf die höchste Hierarchieebene, ausgerichtet sind und sich mit deren Strukturierungsmöglichkeiten beschäftigt.93 Diese Strukturierungen unterscheiden sich vor allem durch den zugrunde liegenden Abstraktionsgrad, der von den jeweiligen Autoren vorgeschlagen wird. Für die durchzuführende Betrachtung wird jedoch eine Analyse aller Hierarchieebenen angestrebt, da erst hierdurch ein umfassendes Verständnis der Planung im Schienenpersonenverkehr geschaffen werden kann. Im Folgenden sollen daher Ansätze von Planungskonzepten näher dargestellt werden, die unter inhaltlichen Aspekten zwischen aufgaben- und problemorientierten Teilplanungskomplexen (z.B. strategisch, taktisch, operativ) unterscheiden und damit die gesamten Hierarchieebenen abdecken. Es handelt sich dabei zum einen um ein frühes Planungskonzept nach WILD, der als ein Mitbegründer der theoretischen Auseinandersetzung mit Planungssystemen im deutschsprachigen Raum gesehen werden kann. Dargestellt wird zudem der Ansatz nach KOCH, der sich intensiv mit dem Konzept der integrierten Unternehmensplanung beschäftigt und bestimmte Anforderungen für ein 91 92 93

Vgl. bspw. Hellmich (1970), S. 54; Reihlen (1997); S. 27 ff., Volkmann (1989), S. 10 ff. Vgl. Hahn (2006b), S. 396. Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 104; für einen Überblick der Entwicklungen in der USamerikanischen Forschung vgl. Hahn (2006e); als eine der ersten Vorschläge kann das Modell von GILMORE und BRANDENBURG gesehen werden (vgl. Gilmore / Brandenburg (1962)); weitere beachtete US-amerikanische Arbeiten sind die von Ansoff (1965) sowie Learned et al. (1965).

16

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

funktionierendes PLS ableitet. Eine intensivere Betrachtung wird der Denkschule von HAHN gewidmet, da dieser Ansatz zu den aktuellsten Arbeiten gehört und ebenfalls eine hohe Aufmerksamkeit im wissenschaftlichen Diskurs erfahren hat.94 2.1

Das Planungskonzept nach WILD

WILD beschäftigt sich in seinem Beitrag zunächst mit Plänen und darauf aufbauend mit Planungssystemen.95 Er versteht unter einem PLS „eine geordnete und integrierte Gesamtheit verschiedener Teilplanungen (Pläne) und anderer Elemente sowie ihrer Beziehungen (…), die zwecks Erfüllung bestimmter Funktionen nach einheitlichen Prinzipien aufgebaut und miteinander verknüpft sind.“96 Ein PLS konstituiert sich nach WILD mindestens aus den folgenden Planungssystemelementen: 1.) Planungsträgern, 2.) den Planungs- und Kontrollfunktionen, 3.) den stattfindenden Prozessen, 4.) einzelnen Plänen, 5.) der Informationsbasis, 6.) einer Struktur, 7.) Regelungen und 8.) Verfahren und Instrumenten.97 Hinsichtlich der Hierarchieebenen der Planung führt er drei Stufen ein. Im Einzelnen handelt es sich hier um die strategische, die taktische und die operative Planung. Die Stufen unterscheiden sich hinsichtlich ihres Abstraktionsgrads und des Planungsumfangs. Die strategische Planung hat dabei die Aufgabe, die langfristige Planung des Unternehmens durchzuführen. Sie verbleibt relativ abstrakt und weist dementsprechend einen geringen Detailliertheits- und Differenzierungsgrad auf. Ziel ist es, eine Richtung für das Unternehmen vorzugeben. Die taktische Planung bewegt sich innerhalb der abgesteckten Grenzen der strategischen Planung. Auf dieser Planungsstufe findet eine weitere Konkretisierung statt, so dass Realisierungsaspekte eine wichtigere Rolle spielen. Im Rahmen der operativen Planung steht die unmittelbare Umsetzung bei relativ geringen bis nicht vorhandenen Gestaltungsspielräumen im Vordergrund.

94

95 96 97

Neben den hier erläuterten existieren weitere Planungskonzepte (vgl. u.a. Vancil / Lorange (1975), Kirsch et al. (1984)), die überblicksartig im Anschluss vorgestellt werden (vgl. Abbildung B-4 auf S. 23). Die hier behandelten Konzepte dienen zur Verdeutlichung von unterschiedlichen Planungskonzepten. Vgl. im Folgenden Wild (1974), S. 153 ff. Wild (1974), S. 153. 1.) Planungsträger bzw. Planer bezeichnen Personen / organisatorische Einheiten, die Planungs(und Kontroll-)Aufgaben wahrnehmen. Die Verteilung von 2.) Planungs- und Kontrollfunktionen innerhalb eines PLS regelt die Zuständigkeiten im Sinne der Aufbauorganisation und beeinflusst ebenfalls die Ablauforganisation der Planungs- und Kontrollprozesse. Innerhalb dieser 3.) Prozesse vollzieht sich die Planung. Die einzelnen 4.) Pläne sind die Ergebnisse von Planaktivitäten und können nach unterschiedlichen Kriterien (bspw. sachlichen (Finanzplan, Absatzplan, etc.) oder zeitlichen Aspekte (kurzfristig, mittelfristig, langfristig) eingeteilt werden. Die 5.) Informationsbasis stellt alle Informationen und deren formelle und informelle Verteilungsstruktur innerhalb des PLS dar, die zur Planung verwendet werden. Die 6.) Struktur verknüpft die einzelnen Elemente des PLS und regelt deren Ordnungsgerüst. Die 7.) Regelungen normieren und standardisieren den Aufbau und die Funktionsweise der Planung. Die 8.) Verfahren und Instrumente bezeichnen die speziellen Planungsverfahren, Planungsmodelle und sonstigen Hilfsmittel zur Verarbeitung und Dokumentation der Planungsinformationen und –ergebnisse (vgl. Wild (1974), S. 153 ff.).

KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN

17

Strategische Planung Taktische Planung

Operative Planung Realisation

Abbildung B-2: Hierarchie der Planungsstufen nach WILD98

Der Beitrag von WILD kann in einer guten Systematisierung der unterschiedlichen Teilbereiche der Planung gesehen werden. Ausdrücklich weist WILD darauf hin, dass sich die Empfehlungen auf logische Überlegungen stützen und eine künftige Theorie der Planungssysteme empirisch zu überprüfen habe, welche Faktoren und Beziehungen darüber hinaus zu berücksichtigen wären und ob auf diese Weise tatsächlich erfolgreich geplant werden kann.“99 Da die Überlegungen keinen Industriebezug aufweisen, ist ersichtlich, dass die Gestaltungsempfehlungen lediglich Tendenzaussagen beinhalten können. Obwohl WILD sehr ausführlich auf die unterschiedlichen Planungssystemelemente und deren Wirkungszusammenhänge eingeht, bleibt zu kritisieren, dass die Ausführungen eher technisch verbleiben. Insgesamt spielt die soziale Komponente in seinen Ausführungen eine untergeordnete Rolle. Ebenfalls geht die Betrachtung von einem starren System aus, welches zwar Plananpassungen durchführen kann; eine strukturelle Veränderung des PLS wird jedoch nicht hinterfragt. 2.2

Das Planungskonzept nach KOCH

KOCHs Konzept Anfang der 80er Jahre führt ebenfalls eine Einteilung in drei Stufen unterschiedlicher strategischer Handlungsreichweiten ein.100 Im Gegensatz zu WILD differenziert er die Stufen in die oberste Stufe der strategischen Planung, der operativen und schließlich auf unterster Ebene der taktischen Unternehmensplanung. Neben der unterschiedlichen Begriffsbelegung in Bezug auf taktische und operative Planung führt KOCH die Orientierung des unternehmerischen Handelns auf eine „Totalaussage“101 zurück. Diese Aussage dient dazu, „eine einheitliche Grundlage abzugeben, aus der all jene Entscheidungskriterien abgeleitet werden können, die im Rahmen der hierarchischen Unternehmensplanung benötigt werden“102. Die Operationalisierung dieser Aussage soll dazu führen, eine Erhöhung der Planungsintegrität zu 98 99 100 101

102

Vereinfachte Darstellung, vgl. Wild (1974), S. 167. Vgl. Wild (1974), S. 201; ähnlich auch Fandel (1983), S. 488. Vgl. Koch (1982). KOCH sieht diese Totalaussage als ein Theorem, „das das Unternehmen (in zeitlicher und sachlicher Hinsicht) als Ganzes umfasst und all die verschiedenen Ziele und Vorbehalte der Unternehmensleitung adäquat zum Ausdruck bringt.“ (Koch (1982), S. 47). Koch (1982), S. 47.

18

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

erzielen, welche nach KOCH die wichtigste Anforderung an die Unternehmensplanung darstellt. Planungsintegrität wird gefordert, da es sich um „ein geschlossenes, in [...] Teilbereichen aufeinander abgestimmtes System“103 zu handeln habe. Zur Erreichung bzw. Steigerung von Planungsintegrität schlägt KOCH mehrere Maßnahmen vor, die fast ausschließlich auf eine Formalisierung der Unternehmensplanung abzielen.104 So schlägt er hierfür ein Aufstellen von Handlungsgrundsätzen vor,105 ebenso wie die Erteilung einheitlicher Grundinformationen an die Geschäftsbereiche.106 Weiterhin nennt er die Anwendung von Rückkopplungen von einer untergeordneten Planungsphase zur übergeordneten Planung als planungsintegritätssteigernd. 107 Weitere Instrumente stellen die Budgetierung der Geschäftsbereiche und FunktionsOrganisationseinheiten, 108 der Erlass einheitlicher Richtlinien über die Planungsmethode109 sowie die Verwendung von Entscheidungsvorbehalten der Unternehmensleitung bei wichtigen Detailplanungen.110 Der Beitrag von KOCH betont damit eine straff formalisierte Unternehmensplanung. Ebenso wie bei WILD verbleiben die Ausführungen auf einer eher technischen Ebene. Hervorzuheben ist die Bemühung, durch vorgeschlagene Maßnahmen zu einer Verbesserung des Unternehmenserfolgs und damit zu einer Steigerung der Planungsintegrität beizutragen. 2.3

Das Planungskonzept nach HAHN

HAHN entwickelte Anfang der 70er Jahre einen Ansatz, der seitdem mehrfach aufgegriffen und weiterentwickelt111 wurde und der Anwendung auf unterschiedliche Fragestellungen fand.112 Das Grundschema des Konzepts besteht aus vier wesentlichen Teilplanungskomplexen. Diese werden durch die Unternehmensphilosophie und Unter103 104 105

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107

108

109

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111 112

Koch (1982), S. 19. Vgl. Koch (1982), S. 52 ff. Handlungsgrundsätze sollen unabhängig von verschiedenen Zielsetzungen gelten und die möglichen Handlungsalternativen eingrenzen (bspw. Aussagen in Bezug auf die Absatzpolitik, so dass die Unternehmen nur die beste Produktqualität zu führen haben). Auf konkrete Anhaltspunkte zur Bildung dieser Handlungssätze wird jedoch verzichtet. Unter den Grundinformationen sollen solche Daten verstanden werden, die in unterschiedlichen Geschäftsbereichen als Prämissen der Planung dienen, so bspw. die Inflationsrate der wichtigsten Länder. Rückkopplungen ergeben sich durch Kontrolle der Planungen und Anpassungen auf höheren Ebenen. Vgl. hierzu ebenso Schreyögg / Steinmann (1985) und Hahn (2006c). Durch die Budgetierung wird die Koordination der Aktivitäten durch Planvorgaben bewirkt (vgl. Ewert / Wagenhofer (2003), S. 466). KOCH versteht unter diesen einheitlichen Richtlinien Methoden zur Aufstellung operativer Bereichspläne, die häufig in Form von Planungshandbüchern dokumentiert sind und zeitliche Vorgaben zu Planungsprozessen beinhalten. Hierbei handelt es sich um einen Eingriff der Unternehmensleitung in Planungen von Unterinstanzen, welche eine besondere Wichtigkeit für den Unternehmenserfolg aufweisen. Vgl. u.a. Hahn (1971); Hahn (1981); Hahn (1985); Hahn / Hungenberg (2001) und Hahn (2006b). Für eine Anwendung des Konzepts in der Luftfahrt vgl. Volkmann (1989). Bzgl. Flexibilitätsbewertung der strategischen Planung vgl. Mayer (2001).

KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN

19

nehmenskultur maßgeblich beeinflusst.113 Im Einzelnen sind dies die (1) generelle Zielplanung (Wert-, Sach-, Sozialzielplanung), die (2) strategische Planung (Programm- und Potenzialplanung), die (3) operative Planung (Programm- und Aktionsplanung) sowie die (4) gesamtunternehmungsbezogene Ergebnis- und Finanzplanung.

Generelle Zielplanung (1) Strategische Planung (2)

Gesamtunternehmungsbezogene Ergebnis- und Finanzplanung (4)

P pl roje a n kt un g

Die durchzuführenden Teilplanungskomplexe werden dabei periodisch, d.h. für definierte Kalenderzeiträume, in Form einer rollenden Planung durchgeführt.114 Ergänzend hierzu werden ebenfalls Projekte aperiodisch durchgeführt.115 Abbildung B-3 zeigt zusammenfassend die einzelnen Teilplanungskomplexe.

Operative Planung (3)

Abbildung B-3: Grundschema des Planungssystems nach HAHN116

Unter der (1) generellen Zielplanung wird die „Fixierung aller allgemeingültigen ökonomischen und nichtökonomischen Ziele der Unternehmung“117 verstanden. Dazu zählen die wichtigsten Sachziele als umrissartig formulierte Angaben des Tätigkeitsfeldes, der Branche, der wichtigsten Leistungsarten und gegebenenfalls der Kundengruppen. Ebenso werden hier Wertziele in Form von angestrebten Ergebnis- und Liquiditätszielen formuliert. Bei den Sozialzielen spielen angestrebte Zustände und Verhaltensweisen gegenüber Mitarbeitern, Kapitalgebern, Marktpartnern, dem Staat sowie sonstigen Bezugsgruppen, der Öffentlichkeit und der natürlichen Umwelt eine wichtige Rolle. Die generellen Ziele werden dabei von der obersten Unternehmensleitung gesetzt und von wichtigen Stakeholdern mit beeinflusst. Gemeinhin gilt als oberstes Ziel die erfolgreiche Weiterentwicklung des Unternehmens. Dieses Ziel wird bei einem Unternehmen insbesondere in dem Streben nach dem größtmöglichen monetären Ergebnis und damit nach maximalem Kapitalwert gesehen. Die (2) strategische Planung versucht nun, die gesetzten Ziele durch die Wahl eines geeigneten langfristigen Leistungs- bzw. Produkt- oder Dienstleistungsprogramms unter Zuordnung der nötigen Potenziale bzw. Potenzialänderungen zu erreichen. Durch die strategische Planung wird damit insbesondere die potenzialbezogene Unterneh-

113 114 115 116

117

Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 113. Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 89. Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 737 ff. Planungskonzept nach HAHN mit integrierter ergebnis- und liquiditätsorientierter Planungs- und Kontrollrechnung (vgl. Hahn (2006b), S. 103). Hahn / Hungenberg (2001), S. 97 f.

20

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

mungsgröße118 festgelegt. Damit bezieht sich die strategische Planung auf ein breites Spektrum an Aufgaben (bspw. Betriebsmittelplanung, Personalplanung, Kapitalstrukturplanung, Standortstrukturplanung, etc.). Kennzeichnend für die strategische Planung ist deren hohe Bindungswirkung für alle folgenden Planungsschritte sowie deren Planungsträger und die besondere Bedeutung für die langfristige Vermögens- und / oder Erfolgsentwicklung des Unternehmens. Diese Art der Planung wird mit relativ geringer Häufigkeit festgelegt und kann nur von der Unternehmensführung in Zusammenarbeit mit weiteren obersten Machtzentren (z.B. Aufsichtsrat) wahrgenommen werden. Bei der Festlegung der grundlegenden Vorgehensweise verweist HAHN auf die besondere Beachtung der Werthaltungen der oberen Willensbildungszentren, der bestehenden Unternehmensphilosophie und Unternehmenskultur.119 Die grundlegende Vorgehensweise in Form von Gestaltung der Richtung, dem Ausmaß, der Struktur und den Trägern der Unternehmensentwicklung wird hier als Strategie bezeichnet. Zur Erfüllung der an die strategische Planung gerichteten Aufgaben stehen den Planungsträgern mehrere Instrumente bzw. Planungsverfahren zur Verfügung. Im Rahmen der durchzuführenden Geschäftsfeldplanung auf Unternehmensebene werden in der Praxis häufig so genannte Matrixmodelle verwendet. Diese versuchen für einzelne Geschäftsfelder bzw. Geschäftseinheiten zukünftige Potenziale aufzudecken. Im Fall der BCG-Matrix soll bspw. das Marktwachstum des betrachteten Bereichs sowie dessen gegenwärtiger Marktanteil Aufschluss über Investitionsund Desinvestitionsentscheidungen liefern.120 Des Weiteren werden Investitionsrechnungsverfahren statischer oder dynamischer Art eingesetzt, um eine Aufteilung der knappen Finanzmittel auf konkurrierende Projekte zu analysieren.121 Frühwarn- und Früherkennungssysteme versuchen, für das Unternehmen relevante Veränderungen der externen Umwelt mittels geeigneter Indikatoren frühzeitig zu erkennen.122 Ebenfalls findet bei der strategischen Planung die Szenario-Technik Verwendung.123 Sie versucht für das Unternehmen bzw. dessen relevante Umwelt alternative Zukunftsszenarien zu entwickeln, um im Anschluss daran eine Strategie für das Unternehmen zu wählen. Im Rahmen der strategischen Planung wird neben der Geschäftsfeldplanung dem Aufgabenkomplex des Organisations- und Führungssystems sowie der Rechtsformpla118 119 120

121

122

123

Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 100. Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 101. Für einen Überblick über Matrixmodelle wie der BCG-Matrix, McKinsey-Matrix, etc. vgl. Macharzina (1999), S. 259 ff., ebenso Hahn (2006f). Für einen Überblick über die grundlegenden Arten an Investitionsrechnungsverfahren vgl. bspw. Eisenführ (1998). Als bekanntester Vertreter von Frühwarnsystemen gilt ANSOFF (vgl. Ansoff (1975); Ansoff (1980); vgl. ebenfalls Dutton et al. (1983)). Durch die verschärften Corporate-GovernanceRichtlinien Anfang des neuen Jahrtausends im deutschsprachigen Raum mit für Kapitalgesellschaften vorgeschriebener Publikation der Risiken der künftigen Entwicklung im Lagebericht sowie dem Aufbau eines Risikomanagementsystems bei börsennotierten Unternehmen hat die Früherkennung wieder an Bedeutung gewonnen. Vgl. bspw. Brauers / Weber (1986); Reibnitz (1991) und Rehfeld / Leleur (1998).

KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN

21

nung eine besondere Bedeutung beigemessen.124 Die Organisationsplanung beschäftigt sich dabei mit der Festlegung der Aufbau- und Ablauforganisation innerhalb des Unternehmens.125 Bei der Organisationsplanung wird das Verständnis von Prozessabläufen besonders wichtig, da zwischen Schnittstellen einzelner Bereiche (Organisations- und Unternehmensbereiche) besonders hohe Effizienzverluste zu erwarten sind. Das Führungssystem umfasst die Führungskräfteplanung, das Führungskräfteanreizsystem sowie die für deren Aufgabenerfüllung notwendige Führungsinformationssystemplanung. Die Rechtsformplanung hat konstitutiven Charakter und ist stark mit der Organisationsplanung verbunden. Die (3) operative Planung ist der generellen Zielplanung und der strategischen Planung nachgelagert.126 Es handelt sich wie bei der strategischen Planung um eine Zielerreichungsplanung, die sich jedoch nur innerhalb der von der strategischen Planung abgesteckten Grenzen bewegen darf. Innerhalb der operativen Planung wird das kurzund mittelfristig zu erstellende Leistungs- bzw. Produkt- und Dienstleistungsprogramm in einem hohen Detailliertheits- und Differenzierungsgrad geplant. Die operative Programmplanung hat ebenfalls gesamtunternehmensbezogen zu erfolgen. Bei einem Unternehmen mit primär funktionaler Aufbauorganisation handelt es sich dabei um die Planungen der einzelnen Funktionsbereiche (z.B. Marketingplanung).127 Charakteristisch für Planungsentscheidungen der operativen Planung ist die Delegierung von Aufgaben an die mittleren und unteren Hierarchieebenen.128 Aufgrund der Spezialisierung der Organisationseinheiten oder Ressorts werden sie aus der besonderen Verantwortung dieser heraus getroffen. Planungsentscheidungen der operativen Planung orientieren sich zudem an den Werthaltungen der oberen Willensbildungszentren und sind unter Beachtung der bereits angesprochenen Unternehmensphilosophie sowie Unternehmenskultur zu fällen. Die (4) gesamtunternehmungsbezogene Ergebnis- und Finanzplanung wird von HAHN als zentrales Instrument zur quantitativen Erfassung (Planung- und Kontrolle) aller

124 125

126 127

128

Vgl. Volkmann (1989), S. 33 ff. Unter die Aufbauorganisation werden alle Fragestellungen gruppiert, die in Zusammenhang mit vertikaler und horizontaler Zerlegung von komplexen Entscheidungsaufgaben, der Zuweisung abgegrenzter Aufgabenkomplexe auf organisatorische Einheiten (Stellenbildung) sowie mit der Gestaltung von Weisungs- und Kommunikationsbeziehungen zwischen diesen Einheiten stehen. Unter die Ablauforganisation hingegen fällt die Kombination einzelner Arbeitsschritte zu komplexen Prozessen sowie die prozessinterne und –übergreifende Harmonisierung in zeitlicher und räumlicher Hinsicht (vgl. Frese (2000), S. 7). Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 102. HAHN führt in seinem Konzept eine Unterscheidung in Unternehmen mit primär funktionaler Aufbauorganisation einerseits und Unternehmen mit primär divisionaler Aufbauorganisation andererseits ein. Neben Unterschieden in der deskriptiven Darstellung der Aufbauorganisation, ergeben sich Unterschiede in der Durchführung von Kontrollrechnungen. Da diese jedoch im Weiteren nicht Gegenstand der Betrachtung sind, wird auf eine weitere Ausführung bzw. Unterscheidung verzichtet. Dieses Konzept wurde ebenfalls bei KOCH angesprochen (vgl. Abschnitt B.IV.2.2) und als besonderes Charakteristikum der hierarchischen Unternehmensplanung bezeichnet (vgl. Koch (1982), S. 32.).

22

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

oben eingeführten Teilplanungskomplexe gesehen.129 Die kalkulatorische Ergebnisplanung ist die Grundlage für die bilanzielle Ergebnisplanung, die gesetzlich vorgeschrieben ist. Das kalkulatorische Ergebnis dient hingegen der internen Informationsbereitstellung. Innerhalb der bilanziellen Ergebnisplanung existieren je nach Rechnungslegung unterschiedliche gesetzlich zulässige Spielräume, die sich insbesondere bei HGB-Bilanzierung in Deutschland durch Bilanzierungswahlrechte (Aktivierungs-, Passivierungswahlrechte) und Bewertungswahlrechte ausdrücken. Diese Wahlrechte resultieren in Möglichkeiten, das Unternehmen zumindest kurzfristig in einem positiven Licht erscheinen zu lassen und dadurch z.B. die Neuausgabe von Aktien zu einem für das Unternehmen günstigeren Kurs zu ermöglichen. Das Planungskonzept nach HAHN stellt eine ausführliche Charakterisierung der einzelnen Teilplanungsbereiche dar. Im Vergleich zu den oben eingeführten Konzepten werden zusätzlich der Einfluss der Unternehmungskultur und der bereits aus dem Planungsprozess bekannte Kontrollaspekt betont. Zudem beinhaltet der Ansatz aufgrund der durchzuführenden Organisationsplanung ebenfalls eine dynamische Komponente, welche eine Anpassung des PLS vorsieht. Ebenso wie bei den Ausführungen von WILD und KOCH verbleibt der normative Orientierungsrahmen jedoch überschaubar. 2.4

Vergleich der Ansätze

Die vorgestellten Ansätze haben aufgezeigt, dass unterschiedliche Sichtweisen auf ein PLS existieren und Teilplanungskomplexe nach unterschiedlichen Wirkungsreichweiten differenziert werden können. Bei den vorgestellten Planungskonzepten erfolgt die Koordination durch hierarchische Abstimmung in einem sequentiellen Problemlösungsprozess, wobei zuerst die Strategie und Rahmenplanung festgelegt und hieraus dann detaillierte Maßnahmen entwickelt werden.130 Als weiterer Aspekt der von allen Konzepten verfolgten hierarchischen Planung gilt das Dekompositionsprinzip, welches eine effiziente Lösung erst durch eine Zerlegung des Gesamtproblems in weitere Teilprobleme zulässt.131 Die Planungsorganisation erfolgt durch ein klar definiertes System von Über- und Unterordnung bei gleichzeitiger Beaufsichtigung der unteren durch die oberen Stellen.132 Abbildung B-4 zeigt neben den eingeführten Ansätzen weitere Klassifizierungen von in der Literatur diskutierten Planungskonzepten auf, die an dieser Stelle inhaltlich jedoch nicht weiter konkretisiert werden sollen.

129 130 131 132

Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 103 f. Vgl. Reihlen (1997), S. 43. Vgl. Reihlen (1997), S. 43. Vgl. Reihlen (1997), S. 43.

KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN

Generelle Zielfestlegung

Strategische Planung

23

Unternehmenspolitische Rahmenplanung

Strategische Planung

Strategische Programmplanung

Strategische Planung Strategieformulierung

Taktische Planung

Strategische Planung Operative Planung

Operative Planung

Ursprüngliche Ansätze z.B. Anthony (1965)

StrategieImplementierung

Vancil / Lorange (1975); ähnlich Hax / Majluf (1984, 1991, 1996); Wheelen / Hunger (1990 / 2004)

Operative Planung

Wild (1974; 1982) Töpfer (1976) Pfohl (1981) Pfohl/ Stölzle (1997)

Generelle Zielplanung

Taktische Planung

Koch (1977) ab 1982 o. Hervorhebung Grundsatzplanung

Langfristige operative Planung

Kurzfristig operative Planung

Kirsch et al. (1984) Kirsch / Maaßen (1989), Kirsch (Hrsg., 1997)

Gesamtunternehmungsbezogene Ergebnis- u. Finanzplanung

Grundsatzplanung

Operative Planung (mittel- u. Kurzfristig)

Hahn (1974, 1985, Hahn / Hungenberg (2001)

Abbildung B-4: Planungskonzepte (mögliche Teilplanungskomplexe)133

Die Ausführungen hinsichtlich der unterschiedlichen Wirkungsreichweiten und Inhalten der Teilplanungen sind in ihrer Gesamtheit sehr ähnlich, so dass zur Analyse eines PLS grundsätzlich mehrere Sichtweisen möglich sind bzw. es keine „allgemeingültigen Strukturen“134 gibt. Mithin werden einzelne Teilaspekte wie Integrität bei KOCH oder Kontrollaspekte bei HAHN intensiver erörtert. Hinsichtlich der Beurteilung, ob die Ausgestaltung eines PLS als „gut“ zu beurteilen ist, werden insgesamt lediglich wenige abstrakte Hinweise gegeben. Diese beziehen sich auf Anforderungen, die die Autoren allgemein an PLS stellen.135 Da es sich jedoch bei den Ausführungen um kontextunabhängige PLS handelt, ergibt sich, dass eine kontextabhängige Wertung nicht erfolgen kann. Insgesamt muss festgehalten werden, dass wenige theoretische Erkenntnisse über die Ausgestaltung und die Funktionsweise von PLS vorliegen.136

133

134 135 136

Darstellung vgl. Hahn (2006b), S. 404 und Hahn / Hungenberg (2001), S. 107. Für die einzelnen Teilplanungskomplexe gilt: für die ersten Ausarbeitungen mit spezieller Betonung der strategischen Planung vgl. Anthony (1965); für Zielfestlegung und abgeleitete Strategieformulierung sowie eine Umsetzung derselben (Strategie-Implementierung) vgl. Vancil / Lorange (1975); Hax / Majluf (1984); Hax / Majluf (1991); Hax / Majluf (1996); Wheelen / Hunger (1990); Wheelen / Hunger (2004); für die Differenzierung in strategische, taktische und operative Planung als Ebenen unterschiedlicher Wirkungsreichweiten der Entscheidung vgl. Wild (1974); Wild (1982); Töpfer (1976); Pfohl (1981); Pfohl / Stölzle (1997); für eine anfängliche Betonung der Grundsatzplanung als vierten Teilkomplex vgl. Koch (1977), später ohne dessen Betonung vgl. Koch (1982); für die Differenzierung in vier unterschiedliche Teilbereiche vgl. Kirsch et al. (1984), Kirsch / Maaßen (1989), Kirsch (1997); für die besondere Betonung der Ergebnis- und Finanzplanung vgl. Hahn (1974); Hahn (1985); Hahn / Hungenberg (2001); Hahn (2006d). Naumann (1982), S. 144. Für die unterschiedlichen Anforderungen vgl. Abschnitt B.IV.3.2. Vgl. Grant (2003), S. 495.

24

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Unterschiede bestehen vereinzelt in der Aktualität angewandter Instrumente innerhalb der Teilplanungskonzepte. Bei HAHN handelt es sich um den aktuellsten Beitrag. Zudem werden weitere Aspekte aufgegriffen (Organisationsplanung, Unternehmenskultur, visionsorientierte Unternehmensführung), die sich in dieser Ausführlichkeit nicht bei anderen Autoren finden. Der Beitrag von HAHN gilt damit als „eines der am weitesten ausgearbeiteten Konzepte.“137 Da dieser ebenfalls bereits in der Literatur den Ausgangspunkt für die Beantwortung weiterführender Fragestellungen bildete,138 dient diese Sichtweise im Folgenden als Grundlage für die Analyse des PLS des Schienenpersonenfernverkehrsunternehmens DB FV. Ausführungen anderer Autoren zur Ausgestaltung der einzelnen Teilplanungen sowie der Verbindung der einzelnen hierarchischen Stufen werden dabei weiterhin mit berücksichtigt. 3.

Ausgewählte Merkmale von Planungssystemen

3.1

Klassifizierung von Planungssystemen nach Planungsfeldern

Da für die Leistungserstellung eines Industrie- oder Dienstleistungsunternehmens sowohl sehr unterschiedliche Aktivitäten vollzogen als auch Kriterien hinsichtlich des Produkts bzw. der Leistung festgelegt werden müssen, hat sich auch die Planung mit diesen unterschiedlichen Gegenstandsbereichen auseinanderzusetzen. Ein Planungsfeld soll daher im Folgenden verstanden werden als ein „inhaltlich zusammenhängender Gegenstandsbereich, auf den sich Planungsüberlegungen konzentrieren“139. REIHLEN entwickelte in Anlehnung an PORTER ein Wertkettenkonzept zur strukturierten Betrachtung verschiedener Planungsfelder innerhalb eines PLS.140 Das Wertkettenkonzept stellt in seiner ursprünglichen Form eine Betrachtung einzelner Wertaktivitäten vor. Diese Wertaktivitäten können für ein Unternehmen Kosten- oder Differenzierungsvorteile gegenüber seinen Wettbewerbern generieren, da diese direkt zur Wertschöpfung beitragen. Sie sind wiederum Gegenstand der Planung. Daher kann die Wertkette auch als eine Ansammlung unterschiedlicher Teilplanungen charakterisiert werden. Abbildung B-5 stellt diese Wertkette dar. Es lassen sich drei Gruppen von Planungsfeldern identifizieren: die Primäraktivitätsplanung, die Sekundäraktivitätsplanung sowie die Ergebnisplanung.

137 138

139 140

Wall (1999), S 369. Für die Anwendung des Konzepts vgl. z.B. Volkmann (1989); Mayer (2001) sowie Naumann (1982); für weitere Ausarbeitungen aufbauend auf diesem Konzept vgl. Hahn / Taylor (2006). Reihlen (1997), S. 32. Vgl. Reihlen (1997), S. 33; vgl. Porter (1985) für die folgenden Ausführungen.

KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN

isebn pla nun g

Primäraktivitätsplanung

Erg

Sekundäraktivitätsplanung

25

Abbildung B-5: Wertkettenbezogene Planungsfelder141

Unter der Primäraktivitätsplanung werden die Planungen verstanden, die sich direkt auf die Leistungserstellung und Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen beziehen. Zu denken sei hier bspw. an die Marketingplanung und die Produktionsplanung.142 Die Sekundäraktivitätsplanung ist nur indirekt an der Planung zur Leistungserstellung beteiligt und unterstützt die Primäraktivitätsplanung. Hierunter fallen bspw. die Personal- und die Beschaffungsplanung. Die Ergebnisplanung stellt ferner die monetären Konsequenzen der Ergebnisse der Primär- und Sekundäraktivitätsplanung dar. Dies geschieht sowohl in Form der externen Rechnungslegung als auch in Form der internen Kostenrechnung. Der vorgestellte Ansatz erlaubt demnach die Systematisierung eines PLS nach primären zu planenden Aktivitäten und unterstützenden Planungen und zeigt die für unterschiedliche Industrien wichtigen Planungsfelder auf, da dieser Ansatz leicht branchenkontextspezifisch angepasst werden kann. Es findet jedoch keine Einteilung in unterschiedliche hierarchische Ebenen statt. Der Ansatz kann daher als eine Ergänzung zu den oben angeführten Sichtweisen auf ein PLS gesehen werden und erlaubt dadurch eine differenziertere Betrachtung. 3.2

Der Einfluss der Unternehmenskultur auf das Planungssystem

Unternehmenskultur wird als wichtige Einflussvariable auf den Unternehmenserfolg gewertet.143 Jedoch ist trotz einer intensiven Auseinandersetzung in der wissenschaftlichen Forschung „bisher noch kein begrifflicher Konsens festzustellen“144. Häufig wird Unternehmenskultur als ein komplexes Gebilde aus sichtbaren und unsichtbaren sowie z.T. unbewussten Werten, Überzeugungen, Grundannahmen und Symbolen beschrieben, welche von der Mehrzahl der Mitarbeiter des Unternehmens geteilt werden.145 Dabei können innerhalb eines Unternehmens unterschiedliche Subkulturen existieren, so dass die gesamte Unternehmenskultur sehr schwierig einzuschätzen ist.146

141 142

143 144 145 146

In Anlehnung an Reihlen (1997), S. 33, vgl. ebenfalls Porter (1985), S. 37. Ebenfalls fallen hierunter Planungen der Entsorgung und Wiederverwertung von Produkten. Für Planungen zur Dienstleistungserstellung spielen diese Planungen keine Rolle und sind daher im Weiteren nicht Gegenstand der Betrachtung. Vgl. Macharzina (1999), S. 180. Macharzina (1999), S. 181. In Anlehnung an Barney (1986), S. 657; Macharzina (1999), S. 182 f. Vgl. Cameron / Quinn (1999), S. 15.

26

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Die Wirkungen der Unternehmenskultur lassen sich jedoch in der durchzuführenden betrieblichen Planung erkennen. Unternehmenskultur wird bspw. in Verbindung mit einer eher marktorientierten oder internen Orientierung gebracht, die zudem aggressiv oder zurückhaltend sein kann.147 Damit hat die Unternehmenskultur bereits einen Einfluss auf die Zielanalyse als erste Phase des Planungsprozesses (vgl. Abbildung B-1). Außerdem wird als ein Charakteristikum einer starken Unternehmenskultur die Förderung der Koordinationsfunktion innerhalb eines Unternehmens angegeben,148 wodurch eine informelle Abstimmung der unterschiedlichen Teilpläne herbeigeführt wird. Ebenfalls in Verbindung mit starken Unternehmenskulturen wird eine Verbesserung der Handlungsfähigkeit angeführt,149 da Informationen durch gemeinsam getragene Werte einheitlicher gedeutet werden und so eine Komplexitätsreduktion für die Planungsträger erreicht wird. Durch diese Komplexitätsreduktion der mehrdeutigen Unternehmensumwelt kann das Unternehmen eine Erhöhung seiner Reaktionsfähigkeit erreichen. Unternehmenskultur soll daher als eine das PLS beeinflussende Größe gelten,150 welche sich auf alle Teilplanungskomplexe auswirkt. Allerdings ist diese nicht in gleichem Maße einer aktiven Gestaltung zugänglich wie dies bspw. die Organisationsplanung oder die Führungskräfteentwicklungsplanung erlaubt. Die Beeinflussbarkeit der Unternehmenskultur bleibt in der wissenschaftlichen Diskussion umstritten.151 Während die Kulturalisten eine generelle Gestaltbarkeit der Unternehmenskultur ablehnen, gehen die Interventionisten bzw. Kulturingenieure gerade von dieser generellen Gestaltbarkeit aus.152 Als weitere in der Literatur vertretene Position kann die Einschätzung einer Art „Kurskorrektur“ gelten, die von einer möglichen Beeinflussung, nicht jedoch von genereller Gestaltbarkeit ausgeht.153 3.3

Allgemeine Anforderungen an Planungssysteme

Neben der deskriptiven Charakterisierung der Struktur bzw. des Aufbaus eines PLS ist von besonderem Interesse, ob die genaue Ausgestaltung eines PLS als „gut“ bezeichnet werden kann und damit günstige Voraussetzungen für gute Planergebnisse schafft. Charakteristika, die als Anforderungen an ein solches gutes PLS gestellt werden können, finden sich in der Literatur zwar recht zahlreich, jedoch belassen es die Autoren meist bei einer deskriptiven Aufzählung dieser Anforderungen, ohne auf entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten einzugehen bzw. Bewertungsmöglichkeiten für den Grad der Erfüllung der Anforderungen aufzuzeigen.154 Da die jeweilige Systemumwelt eines Unternehmens stets sehr spezifisch ist, wird schnell klar, dass es keine pauschale Aussage 147 148 149 150 151

152 153 154

Vgl. Cameron / Quinn (1999), S. 30 ff. Vgl. Macharzina (1999), S. 188. Vgl. Macharzina (1999), S. 188. Vgl. Mag (1995), S. 186. Vgl. Bendixen (1989); Westerlund / Sjöstrand (1981); für eine Diskussion der Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit der Beeinflussung von Unternehmenskultur vgl. Schein (1999). Vgl. Bursee (1999), S. 143; Reihlen (1997), S. 273. Vgl. Bursee (1999), S. 143. Für die Auflistung unterschiedlicher Anforderungen vgl. bspw. Wall (1999), S. 118 ff.

KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN

27

über die Angemessenheit der Ausgestaltung eines PLS unabhängig von einer Betrachtung der Systemumwelt geben kann. Daher ziehen sich Autoren häufig auf Aussagen zurück, die zwar allgemein gelten, jedoch wenig hilfreich für eine Bewertung wie für eine Verbesserung des Systems sind. Bspw. wird die Anforderung der Zielbezogenheit eines PLS eingeführt,155 ohne jedoch näher auf inhaltliche Konsequenzen einzugehen. Im Folgenden sollen einzelne Anforderungen kurz inhaltlich spezifiziert werden, die in der Literatur behandelt werden und sich sowohl auf die unterschiedliche Ausgestaltung eines PLS als auch auf einzelne Pläne beziehen können. Diese Anforderungen bzw. deren Kenntnis sind damit Voraussetzung für eine Systemgestaltung, die auf eine optimale Leistungsfähigkeit hinsichtlich der Anforderungserfüllung ausgerichtet ist. Im Einzelnen handelt es sich um die Langfristigkeit156 der Planung, die Planungsintegrität157, die Flexibilität / Adaptivität158 des PLS, die Robustheit159 von einzelnen Plänen und die Stabilität160 des PLS, die Nutzung vorhandenen Planungspotenzials161, die Effizienz bzw. Wirtschaftlichkeit162 des Systems, die Anforderung der Gesamtheit bzw. Vollständigkeit163 sowie der ausreichenden Differenziertheit164 des PLS: Unter Langfristigkeit wird im Allgemeinen verstanden, dass die Unternehmensplanung „sämtliche Wirkungen der eigenen bereits vollzogenen und noch beabsichtigten Handlungen“165 berücksichtigt. Damit wird gefordert, dass der zu berücksichtigende Planungshorizont selbst Gegenstand der Planung ist.166 Unter der Planungsintegrität wird verstanden, dass die „Planung ein geschlossenes, in ihren Teilbereichen aufeinander abgestimmtes System bilden muss“167. Diese Anforderung wurde bereits durch vorhandene Erfolgsinterdependenzen eines Unternehmens begründet.168 Sie stellt zugleich eine der zentralen Anforderungen insbesondere in großen Unternehmen mit sehr differenzierten Planungssystemen dar und wird deshalb von vielen Autoren inhaltlich näher spezifi-

155 156 157

158

159 160 161

162 163 164 165 166 167 168

Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 79 ff. Vgl. Fandel (1983), S. 483 ff.; Koch (1982), S. 18 ff.; Mellwig (1979), S. 157 ff. Vgl. Fandel (1983); S. 483 ff., Koch (1982); S. 18 ff., Mellwig (1979), S. 157 ff.; Naumann (1982), S. 116; Rollberg (2001), S. 21 f. Vgl. Fandel (1983); S. 483 ff., Koch (1982); Hahn / Hungenberg (2001), S. 79 ff. und S. 18 ff., Mellwig (1979), S. 157 ff.; Naumann (1982), S. 116; Hellmich (1970), S. 40 ff. Vgl. Mellwig (1979), S. 157 ff.; Scholl (2001), S. 2; Hellmich (1970), 40 ff. Vgl. Mellwig (1979), S. 157 ff. Vgl. Koch (1982), S. 18 ff., der hierunter insbesondere die Aktivierung der Mitarbeiterfähigkeiten durch Planungsstimulanz fasst; Mellwig (1979), S. 157 ff.; Naumann (1982), S. 116; Hellmich (1970), S. 40 ff. Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 84; Hellmich (1970), 40 ff. Vgl. Hahn (2006b), S. 396; Wild (1974), S. 159. Vgl. Hahn (2006b), S. 396; Mellwig (1979), S. 157 ff.; Wild (1974), S. 160. Fandel (1983), S. 483. Für Fragestellungen hinsichtlich des Planungshorizonts vgl. bspw. Teichmann (1975). Koch (1982), S. 19, ebenso für Maßnahmen zur Integritätssteigerung vgl. Abschnitt B.IV.2.2. Vgl. Abschnitt B.I.3.

28

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

ziert.169 Die Anforderung der Flexibilität bzw. Adaptivität zielt auf die Anpassungsfähigkeit des PLS auf Veränderungen in der Systemumwelt ab.170 Robustheit bezieht sich auf die einzelnen Pläne eines PLS und steht in engem Zusammenhang zur Flexibilität. Auch verändert sich die Systemumwelt, die Einfluss auf die Ergebnisse der Planung hat, jedoch beschreibt Robustheit die Fähigkeit, Veränderungen der Umwelt geschehen zu lassen, ohne Plananpassungen durchführen zu müssen. Die Stabilität als Anforderung an ein PLS besagt hingegen, dass keine ständigen Änderungen in der Aufbaustruktur vollzogen werden, vielmehr eine Stetigkeit des PLS zu gewährleisten ist.171 Diese Dimension kann daher als Robustheit der Planungsorganisation aufgefasst werden. Die Nutzung vorhandenen Planungspotenzials betont schließlich die großen Wissens- und Leistungspotenziale von Mitarbeitern, die nur zu einem geringen Teil von Unternehmen innerhalb des Planungsprozesses genutzt werden. Bei einer besseren Nutzung (Nutzung der Sachkompetenzen, Motivationsförderung) lassen sich Vorteile generieren. Die Umsetzung dieser Anforderung bedeutet gleichsam eine Tendenz hin zu einer dezentraleren Planung.172 Die Anforderung der Effizienz bzw. Wirtschaftlichkeit eines PLS besagt, dass der Aufwand der Planung in einem angemessenen Verhältnis zu den Resultaten stehen muss. Damit einhergehend ist zu entscheiden, wie hoch der personelle Ressourcenaufwand für einzelne Teilpläne angesetzt werden soll. Die Gesamtheit bzw. Vollständigkeit betrifft die Fragestellung, ob alle zu planenden Tätigkeitsfelder im PLS Berücksichtigung finden.173 Die Differenziertheit bezieht sich auf einen angemessenen Grad der Aufteilung des Systems in einzelne Subsysteme (bspw. Finanz-, Absatz-, Produktions-, Personalplanung, usw.).174 Diese keineswegs erschöpfende Aufzählung zeigt bereits, dass die Schwierigkeit der Gestaltung, also der Metaplanung dieses Systems, eine äußerst komplexe Aufgabe darstellt. Daher erscheint es für eine Systemgestaltung erforderlich, die als besonders relevant erachteten Anforderungen zu identifizieren und die Gestaltung vorrangig auf diese Anforderungen abzustimmen. Dieses Vorgehen wird im weiteren Verlauf für die angestrebte Planungssystemanalyse und –bewertung gewählt. 3.4

Der Einfluss von Kontextfaktoren auf die Planung

Unternehmen und damit auch deren Planungssysteme haben sich an Änderungen der externen Unternehmensumwelt anzupassen, um überlebensfähig zu bleiben.175 Vor dem Hintergrund der Problematik einer Bewertung von Planungssystemen anhand allgemeingültiger Anforderungen sind Versuche unternommen worden, die besondere Situation der unternehmensexternen Umwelt in die Betrachtung mit einzubeziehen. Hierbei wird von 169

170 171 172 173 174 175

Für Autoren, die diesen Aspekt in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen, vgl. bspw. Koch (1982); Naumann (1982); Rollberg (2001); Mellwig (1979); Schweim (1969). Vgl. Volkmann (1989), S. 16 f. Vgl. Mellwig (1979), S. 157 ff. Vgl. Mellwig (1979), S. 157 ff. Vgl. Wild (1974), S. 159. Vgl. Wild (1974), S. 160. Vgl. Duncan (1972), S. 313.

KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN

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klaren Zusammenhängen zwischen externen Charakteristika und der Ausgestaltung von Organisationen und damit ebenfalls von deren PLS ausgegangen.176 Insgesamt kann jedoch festgehalten werden, dass die bisherigen wissenschaftlichen Überlegungen zum Einfluss der externen Umwelt auf die Ausgestaltung der Planung als gering einzustufen sind.177 Die Organisationstheorie hat in den letzten Jahren diesen Zusammenhang zwischen situativen Kontextfaktoren (Unternehmensumwelt) und deren Einfluss auf die organisatorische Gestaltung jedoch intensiver untersucht. Speziell zu nennen sind hierbei die Kontingenztheorie sowie der konfigurationstheoretische Ansatz.178 Die Kontingenztheorie basiert auf der Annahme, dass es bei Vorliegen von spezifischen situativen Kontextfaktoren genau eine optimale Ausgestaltungsmöglichkeit für eine Organisation gibt. Aus der Kritik an dieser eindimensionalen Sichtweise erwuchs der Konfigurationsansatz. Vertreter des Ansatzes gehen davon aus, dass diejenigen Unternehmen erfolgreicher sind, die eine konsistente Gestaltung der organisatorischen Strukturvariablen untereinander sowie mit den situativen Kontextfaktoren aufweisen. Das Ergebnis sind logisch konsistente Konstellationen, die ein stimmiges, holistisches Gesamtbild eines Unternehmens mit seiner externen Umwelt liefern. Somit können sich nicht nur eine einzige, sondern mehrere Erfolg versprechende Möglichkeiten der Ausgestaltung für eine Organisation ergeben.179 So wurden für Unternehmen u.a. Aussagen aus deren interner Situation abgeleitet, wie bspw. ein positiver Zusammenhang des Unternehmensalters mit dem Ausmaß an Formalisierung.180 Weitere untersuchte Einflussfaktoren der internen Situation stellen bspw. die Größe, das verwendete technische System, die Strategie und die Machtverhältnisse dar.181 Die Erforschung des Einflusses der externen Umwelt auf die Organisationsgestaltung erstreckt sich insbesondere auf Untersuchungen der Umweltkomplexität und –dynamik. Bei Vorhandensein einer besonders dynamischen Unternehmensumwelt wird hier allgemein von der Vorteilhaftigkeit flexibler, gering formalisierter Organisationsstrukturen ausgegangen, wohingegen eine Unternehmensumwelt mit hoher Komplexität eine spezialisierte, dezentrale Organisationsstruktur notwendig erscheinen lässt.182 Die Ergebnisse der situativen Organisationsforschung wurden in der Literatur jedoch stark kritisiert, da diese häufig Widersprüche aufweisen, die Beeinflus-

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177 178 179

180 181

182

Zur Gestaltung von Organisationen bei unterschiedlichen Umweltbedingungen vgl. Lawrence / Lorsch (1967) sowie Burns / Stalker (1968). Für den Einfluss der externen Umwelt auf Planungssysteme vgl. Kukalis (1989), S. 565 ff. Vgl. Kukalis (1991), S. 144; vgl. ebenfalls Abschnitt E.I. Für einen Überblick des Konfigurationsansatzes vgl. bspw. Scherer / Beyer (1998). Anwendungen des konfigurationstheoretischen Ansatzes setzen sich entweder theoretischtypologisch mit einer industriespezifischen Typologisierung auseinander (vgl. bspw. Albers (2005) für eine Anwendung auf Governance Systeme in Allianzen; Gehring (2004) für eine Anwendung in der Gestaltung von Distributionsstrukturen; Klaas (2002) für die Gestaltung von Logistiksystemen)) oder werden durch empirische Analysen empirisch-taxonomisch erst erhoben. Vgl. Mintzberg (1979), S. 227ff. Für einen Überblick über die allgemeinen Dimensionen des Organisationskontextes vgl. Klaas (2002), S. 112 ff. Vgl. Mintzberg (1979), S. 273.

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

sung der externen Kontextvariablen vernachlässigt werden, die Untersuchungen zu wenige oder willkürliche Kontext- und Gestaltungsvariablen auswählten oder der Einfluss der Entscheidungsträger auf die Organisationsgestaltung nicht als intervenierende Variablen aufgenommen wurden.183 Eine Konkretisierung auf die Besonderheiten von Planungssystemen ist jedoch in der Forschung trotz der besonderen Nähe der Thematik zu den organisationstheoretischen Wurzeln des konfigurationstheoretischen Ansatzes allenfalls ansatzweise zu finden.184 Ebenso findet die eher eindimensionale Betrachtung von Umweltdimensionen und deren Auswirkungen auf die Unternehmensplanung nur in sehr begrenztem Umfang statt.185 Zwar können Einzelaussagen wie bspw. „je größer Unternehmen sind, desto ausgeprägter deren Planungsaufwand“186 Erkenntnisse zum Verstehen von Planungssystemen liefern. Jedoch können diese nur sehr eingeschränkt herangezogen werden, um über die „richtige“ Ausgestaltung von Planungssystemen einzelner Unternehmen urteilen zu können bzw. dabei helfen, deren Planungssysteme zu verbessern. Zudem wird den durchgeführten kontingenzorientierten Forschungsarbeiten187 vorgeworfen, dass sie ad hoc abgeleitete Hypothesen testen, die jedoch nicht einer integrierten Theorie des Designs und der Rolle von strategischen Planungsprozessen entspringen.188 Für das Ziel dieser Arbeit erscheinen daher weitere Überlegungen notwendig.189

V.

Zusammenfassende Schlussfolgerungen

In diesem Kapitel wurde ein Überblick über Planung und über Planungssysteme gegeben. Dabei wurde herausgearbeitet, dass mehrere Planungskonzepte in der wissenschaftlichen Literatur eingeführt wurden, die grundsätzlich geeignet erscheinen, Planungssysteme näher zu charakterisieren. Bei näherer Betrachtung erwies sich das Planungskonzept von HAHN als besonders vielversprechend, um die Analyse eines PLS eines Unternehmens bzw. im speziellen Kontext der DB FV durchzuführen. Es zeigte sich, dass unterschiedliche Anforderungen in der Literatur aufgenommen wurden, die an ein PLS gerichtet werden können. Dabei wurde deutlich, dass die Unternehmensumwelt besonderen Einfluss auf die Ausgestaltung von Planungssystemen besitzt. So fordert bspw. eine besonders volatile Unternehmensumwelt ein hohes Maß an Flexibilität innerhalb der Planung. Hier bleibt jedoch festzuhalten, dass trotz eines langen Diskussionszeitraums über Planungssysteme in der wissenschaftlichen Literatur die Ges-

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Für die Kritik an der situativen Organisationsforschung vgl. Macharzina / Wolf (2005), S. 533 sowie die dort angegebene Literatur. Der Versuch einer konfigurationsorientierten Analyse der Ausgestaltungsmöglichkeiten von Planungssystemen findet sich bei Yasai-Ardekani / Haug (1997). So beschäftigt sich eine überschaubare Anzahl an Arbeiten mit diesem Ansatz (vgl. bspw. Kukalis (1989); Kukalis (1991); Milliken (1987)). Vgl. Kukalis (1991), S. 147. Vgl. Lindsay / Rue (1980); Javidan (1984); Grinyer et al. (1986). Vgl. Grant (2003), S. 495. Vgl. Abschnitt E.I.

KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN

31

taltungsmöglichkeiten im Hinblick auf diese Anforderungen noch nicht hinreichend bearbeitet worden sind bzw. es sich aufgrund der hohen Komplexität der Ausgestaltung eines PLS und der externen Unternehmensumwelt schwierig gestaltet, allgemeingültige Hinweise zu entwickeln. Dementsprechend schwierig fällt Wissenschaft und Praxis die Bewertung eines PLS. Sicher festgehalten werden kann demnach lediglich, dass es keinen „best way to design a planning system“190 gibt. Für die weitere Untersuchung erscheint es daher zunächst erforderlich, aus einer Betrachtung der externen Unternehmensumwelt von SPFVU die als besonders relevant erachteten Anforderungen für die unternehmerische Planung abzuleiten. Aus dieser Betrachtung findet dann im Anschluss eine Konkretisierung mit den speziellen Kontextfaktoren der DB FV statt, woraus sich spezifische situative Anforderungen ableiten lassen. Dies ermöglicht eine Diskussion, ob die derzeitige Ausgestaltung des PLS im Hinblick auf die relevanten Anforderungen gelungen erscheint. Die Argumente für oder gegen die derzeitige Ausgestaltung lassen sich aufgrund des Literaturstandes jedoch nur qualitativ diskutieren. Eine – wenn auch erstrebenswerte – objektive Bewertung bzw. Messung anhand quantitativer Skalen ist bei gegebenem Stand der Forschung nicht durchführbar.

190

Kukalis (1991), S. 155.

C. Planungsrelevante Rahmenbedingungen des Schienenpersonenfernverkehrs Nachdem in Kapitel B die theoretischen Grundlagen von Planung und Planungssystemen vorgestellt wurden, sollen im folgenden Kapitel die für die Planung von SPFVU relevanten Einflussfaktoren vorgestellt werden. Hierzu werden zunächst die verwendeten Begrifflichkeiten abgegrenzt, die bisherigen Forschungsschwerpunkte in diesem Bereich umrissen und die historische Entwicklung des Schienenpersonenverkehrs skizziert. Im Anschluss werden die Bestandteile der Leistungserstellung intensiver erläutert sowie die Umweltdimensionen eines SPFVU näher analysiert. Schließlich werden aus der durchgeführten Betrachtung die planungsrelevanten Aspekte zusammengefasst.

I.

Definition des Schienenpersonenfernverkehrs

Der Schienenpersonenverkehrsmarkt ist Teil des allgemeinen Personenverkehrsmarkts. Auf diesem Markt treffen – abstrakt formuliert – Verkehrsangebot und Verkehrsnachfrage aufeinander, und es kommt zu einem Leistungsaustausch, der zu einer Raumüberwindung von Personen führt.191 Der allgemeine Personenverkehrsmarkt lässt sich nach unterschiedlichen Kriterien einteilen. So ist eine Abgrenzung nach Verkehrsträgern (Eisenbahn, Straßenverkehr, Binnenschifffahrt, Luftverkehr, Seeschifffahrt) üblich, außerdem wird eine Unterscheidung in individuellen, d.h. selbständig organisierten und öffentlichen Verkehr durchgeführt.192 Öffentliche Verkehre weisen zumeist ein sich wiederholendes, veröffentlichtes Bedienkonzept auf und gelten damit als Regelverkehre. Entsprechend der Differenzierung der Begrifflichkeiten in Nah- und Fernverkehr wird eine Abgrenzung nach dem Kriterium der Beförderungsweite herangezogen.193 Bei Beförderungsreichweiten ab 50 km für eine einfache Fahrt wird häufig die Einteilung in Schienenpersonenfernverkehr und bei darunter liegenden Fahrten in den Schienenpersonennahverkehr durchgeführt.194 Da in der Praxis jedoch in diesem Zusammenhang in der Regel eine Unterscheidung nach Produktgattungen durchgeführt wird,195 führt diese Einteilung zu Inkonsistenzen.196 Daher erscheint es erforderlich, für den Zweck dieser Arbeit eine allgemeine Begriffsdefinition zugrunde zu legen: Der Schienenpersonenfernverkehr ist der Teil des öffentlichen Verkehrs, der Schienenverkehrsleistung in Form von Regelverkehren für Personen anbietet, die speziell längere Distanzen zu überbrücken haben.

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Vgl. Ross (2001), S. 65. Vgl. Aberle (1997), S. 16 ff. Vgl. Ross (2001), S. 106. Vgl. Aberle (1997), S. 37. Jedoch ergibt sich in Deutschland bei einem Entfernungsbereich unter 200 km „je nach Relation eine starke Überlagerung Fernverkehr/Nahverkehr und ist sehr differenziert zu betrachten.“ (Körfgen / Weigand (2001), S. 326). In Deutschland führt die DB AG eine Einteilung in den Nahverkehr (DB Regio) mit den Zuggattungen RE, RB und S-Bahn durch, während der Fernverkehr (DB FV) mit den Produkten ICE, IC/EC betrieben wird. Vgl. Ross (2001), S. 106.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2007 J. Rühle, Planungssysteme im Schienenpersonenfernverkehr, Edition KWV, https://doi.org/10.1007/978-3-658-24680-8_3

34

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Daher fallen hierunter keine Unternehmen, die öffentlichen Personenverkehr in Form von unregelmäßig verkehrenden Angeboten stellen (insbesondere touristische und Charterverkehre).

II.

Historische Entwicklung des Schienenpersonenfernverkehrs

Die Ära des Schienenpersonenverkehrs begann am 27.06.1825 mit der Eröffnung der ersten öffentlichen dampfbetriebenen Eisenbahn in Großbritannien zwischen Stockton und Darlington auf einer Strecke von 19 km.197 In kurzer Zeit entwickelte sich die Eisenbahn zum Universaltransportmittel für Güter und Personen insbesondere auf langen Strecken. So kann konstatiert werden, dass die „Eisenbahn in allen Ländern mit ihrer Einführung als Anbieter von Personen- und Güterverkehrsleistung für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung der Volkswirtschaften einen außerordentlichen Positiveffekt bewirkte.“198 Bereits zwischen den Weltkriegen ging jedoch die Bedeutung zurück, da sich das Interesse von Wirtschaft, Politik und Banken auf den Individualverkehr richtete.199 In der Folgezeit war so ein massives Absinken an Investitionsförderung des Schienennetzes im Vergleich zum Straßenverkehr in vielen europäischen Ländern zu beobachten. Die Bedeutung des Automobils nahm gleichzeitig erheblich zu. Außerdem ergaben sich im Luftverkehr seit Ende des zweiten Weltkriegs erhebliche Innovationen, wodurch eine Massenbeförderung von Passagieren erst ermöglicht wurde und daher die Nachfrage kontinuierlich zunahm. Auf dem europäischen Markt entstanden schließlich durch die Liberalisierung seit Ende der 90er Jahre in Europa neue Wettbewerber für die Bahnen. Insbesondere die Billigflieger, deren Geschäftsmodell durch das aggressive Anbieten niedriger Preise gekennzeichnet ist, entwickelten sich zu einer ernstzunehmenden Bedrohung für SPFVU.200 Diese beschriebenen Entwicklungen zulasten des Schienenpersonenverkehrs zeigen sich in den Marktanteilen der einzelnen Verkehrsträger. Hatte 1970 in Europa die Eisenbahn einen Marktanteil von ca. 10 % am Personenbeförderungsmarkt, sank dieser bis Anfang 2000 auf ca. 6 %.201 Noch eindrucksvoller lässt sich diese Entwicklung im deutschen Raum für einen längeren Zeitraum ausweisen. Der Marktanteil der Bahn ging von 1950 bis 1990 von 36 % auf lediglich 6 % zurück.202 Einhergehend mit der jahrzehntelangen politischen Einflussnahme und dem staatlichen Besitz hatten sich die Bahnen zu ineffizienten Behörden entwickelt, die für die einzelnen Staatshaushalte erhebliche Belastungen darstellten. Daher wurden in Europa

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201

202

Vgl. Thiel (2006), S. 4. Aberle (1997), S. 123. Vgl. Kirschner (2002), S. 32. So gingen in einer Studie im Jahr 2005 zwei Drittel der befragten Bahnunternehmen von einer weiter zunehmenden Bedrohung durch Billigflieger im grenzüberschreitenden Verkehr aus (vgl. Elders et al. (2006), S. 270). Gemessen in Pkm ohne Differenzierung für Fern- und Nahverkehr (vgl. Seabright et al. (2003), S. 16). Vgl. Kirschner (2002), S. 16.

PLANUNGSRELEVANTE RAHMENBEDINGUNGEN

35

auf nationaler und supranationaler Ebene Initiativen angestoßen, welche zur Liberalisierung des Schienenverkehrsmarkts in Europa führten und die einzelnen Länder zu unterschiedlichen Reformkonzepten brachten.203 Die skizzierten negativen Marktanteilsentwicklungen scheinen sich jedoch nicht dauerhaft zu Lasten der Bahn verschieben zu müssen. Die in den 60er Jahren entwickelten Hochgeschwindigkeitsverkehre204 zeigen, dass auf den eingeführten Strecken (bspw. in Japan, Frankreich und Deutschland) erhebliche Fahrgaststeigerungen möglich sind.205 Trotz unterschiedlicher rechtlicher und sozio-ökonomischer Voraussetzungen zeigt Japan mit einem Marktanteil von knapp 30 % Ende der 90er Jahre, dass sich die Modal-SplitAnteile der Bahn in anderen modernen, industrialisierten Gesellschaften nicht dauerhaft unter 10 % befinden müssen.206 Die Durchführung von Hochgeschwindigkeitsverkehren setzt dabei jedoch erhebliche Infrastruktur- und Flotteninvestitionen voraus. Regelmäßig verkehrende Hochgeschwindigkeitsverkehre wurden zuerst in Japan mit dem Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen durchgeführt, gefolgt von Frankreich im Jahr 1981, welches den TGV entwickelte. In Deutschland startete das Hochgeschwindigkeitszeitalter 1991 mit dem ICE. Der Einsatz von technischen Innovationen gepaart mit eingeleiteten und geplanten Reformbemühungen sowie zukünftigen politischen Richtungsentscheidungen wird demnach zeigen, ob die europäische Union ihrem erklärten Ziel, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen,207 wirklich nachkommen kann.

III.

Literaturbeiträge zur Planung von Eisenbahnverkehrsunternehmen

Da Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) bisher von einer hohen Marktregulierung betroffen waren und noch mmer sind, beschäftigten sich insbesondere volkswirtschaftliche Arbeiten mit verkehrspolitischen Fragestellungen.208 In der betriebswirtschaftlichen Forschung wurden bahnspezifische Aspekte hingegen eher am Rande betrachtet. Im Folgenden sollen wichtige Arbeiten und Forschungsrichtungen aus dem Bereich der Planung bei EVU bzw. Forschungen mit Bezug zur DB FV aufgegriffen und in den Kontext der Untersuchung eingeordnet werden. Zudem wird ein Beitrag aus der erklärungsverwandten Industrie des Luftverkehrs herangezogen, der Anknüpfungspunkte für die Zielsetzung der Arbeit erkennen lässt.

203

204 205 206 207 208

Eine Darstellung der Reformbemühungen und deren bisherigen Ergebnissen ist für England bei SMITH zu finden, (vgl. Smith (2003)), für Deutschland bei LINK (vgl. Link (2003)) und für Frankreich bei BATISSE (vgl. Batisse (2003)) zu finden. Im Allgemeinen wird hierbei von Geschwindigkeiten von über 200 km/h ausgegangen. Für die historische Entwicklung der Hochgeschwindigkeitsverkehre vgl. Givoni (2006). Vgl. Seabright et al. (2003), S. 16. EG-Infrastrukturpaket vom 26.01.2001 (vgl. Kirchner (2004), S. 17). Für Desintegrationsüberlegungen vgl. z.B. Hedderich (1996), für die Trassenvergabepraxis im deutschen Markt vgl. Rodi (1996) und Schwalbach (1996); bezüglich Vorschlägen der Europäischen Kommission vgl. Aberle / Engel (1992).

36

1.

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Teilausschnitte der Gesamtplanung

Verschiedene Autoren befassen sich mit Einzelaspekten zur Planung der operativen Leistungserstellung oder mit eingegrenzten Aspekten der strategischen Positionierung.209 ROSS beschäftigt sich mit der strategischen Infrastrukturplanung des integrierten DB Unternehmens nach dessen Privatisierung.210 Ziel seiner Arbeit ist die „Entwicklung eines DV-gestützten Planungsmodells für die strategische Infrastrukturplanung der DB AG“211. Der Autor thematisiert in Teilaspekten auch den Schienenpersonenfernverkehr bzw. die durchzuführende Planung hierfür. Damit werden wichtige Teilaspekte der strategischen Planung für den DB Gesamtkonzern behandelt, die das PLS der DB FV ebenfalls beeinflusst. Um die strategische Infrastrukturplanung als bedeutendste Teilplanung herauszustellen, werden Teilaspekte der Fahrzeug-, Linien-, Fahr- und Preisplanung212 behandelt, wobei es der Autor bei einer groben Zuordnung zu unterschiedlichen Fristigkeits-, Festlegungs- und Erfolgswirkungsgraden belässt. Zwar thematisieren die Ausführungen die organisatorische Beeinflussung der DB FV innerhalb des PLS nicht weiter, jedoch können inhaltliche Aspekte für die durchzuführende Betrachtung durchaus herangezogen werden. EHRHARDT behandelt in seiner Arbeit das Revenue-Management bei Schienenpersonenverkehrsunternehmen und hier insbesondere Aspekte der Preisplanung.213 Dabei werden diesbezüglich Unterschiede zwischen Schienenpersonenfern- und Luftverkehr aufgezeigt und schließlich eine Übertragung der Revenue-Management-Konzeption auf die DB FV herausgestellt. HUNKEL arbeitet ebenfalls Aspekte der Preisplanung bei der DB FV auf und führt Analysen zur Preisdifferenzierung durch.214 Die Arbeiten liefern damit Erkenntnisse zur Preis- und Kapazitätssteuerung in einem SPFVU mit direkten Anknüpfungspunkten für eine Analyse der Einbindung der Preisplanung in das PLS. Während management- und planungsspezifische Aufsätze über den Schienenpersonenverkehr in der Literatur kaum und über die Deutsche Bahn im speziellen nur vereinzelt zu finden sind, nehmen abgegrenzte Teilaspekte der Produktionsplanung im Bereich des Operations Research ein ausführliches Bearbeitungsfeld ein. Die Fortschritte in der Computertechnik eröffneten dieser Disziplin neue Anwendungsmöglichkeiten für Transportunternehmen. Unterstützung leisten die Verfahren insbesondere bei der Ressourceneinsatzplanung. Thematisiert werden in diesem Zusammenhang Optimierungsmodelle für häufig auftauchende Probleme wie z.B. Fahrzeugeinsatzoptimierungsverfahren215 oder die Linienplanung.216 Für den praktischen Einsatz auf komplexen

209

210 211 212 213 214 215

Vgl. bspw. Faulhaber (2001) für Internationalisierungsstrategien europäischer Schienengüterverkehre. Vgl. Ross (2001). Vgl. Ross (2001), S. 42. Vgl. Ross (2001), S. 168. Vgl. Ehrhardt (2004). Vgl. Hunkel (2001). Vgl. Beck (2006).

PLANUNGSRELEVANTE RAHMENBEDINGUNGEN

37

Netzen existieren jedoch bisher keine Verfahren, die geeignet erscheinen, gesamte Fahrpläne für große SPFVU automatisch zu erzeugen.217 Die verwendeten Verfahren, die als Teilelemente eines PLS gesehen werden können,218 liefern somit Ergebnisse losgelöst von der organisatorischen Einbindung und den Problemen der Umsetzung und beziehen sich lediglich auf einzelne Pläne, die zudem keine zeitliche Dimension in der Planerstellung aufweisen. 2.

Erklärungsverwandte Literaturbeiträge

Die Luftverkehrsindustrie als erklärungsverwandte Industrie ist aufgrund einer früheren Deregulierung bereits ausführlicher aus betriebswirtschaftlicher Sicht thematisiert worden.219 VOLKMANN beschäftigte sich mit dem PLS der Deutschen Lufthansa AG (LH) Ende der 80er Jahre.220 Dabei analysiert sie unter Zuhilfenahme des systemtheoretischen Ansatzes und des Planungskonzepts nach HAHN221 die Aufgaben und Inhalte der wichtigsten Teilplanungskomplexe (strategische und operative Planung) und versucht zukünftige Anforderungen und Ausgestaltungsmöglichkeiten für das PLS zu bestimmen. Die Autorin verfolgt in ihrer Dissertation zunächst ein Erklärungsziel, da sie Inhalte und Wirkungszusammenhänge der Einzelpläne analysiert. Dabei trägt sie die industriespezifischen Besonderheiten für die Planung zusammen. Einen Bewertungsversuch des PLS der LH unterlässt sie jedoch völlig. Durch ihre Entwicklungsvorschläge verfolgt sie zudem ein Gestaltungsziel. Die aufgezeigten generellen Entwicklungsvorschläge verbleiben zwar nachvollziehbar, leiten sich jedoch nicht unmittelbar aus dem Erklärungsziel ab. Damit bietet die Arbeit zwar wesentliche Anhaltspunkte zur Betrachtung eines verkehrsspezifischen PLS, durch das Fehlen einer Bewertung greift diese allerdings in wichtigen Fragestellungen zu kurz. 3.

Fazit zu bisherigen Literaturbeiträgen im Schienenpersonenverkehr

Bezüglich der bahnrelevanten Planungsliteratur lässt sich konstatieren, dass Beiträge existieren, die ausschließlich Teilaspekte eines PLS bzw. der durchzuführenden Planung für ein SPFVU berühren. Eine systematische Aufarbeitung der strategischen Unternehmungsplanung fehlt jedoch.222 Es werden jedoch einzelne Teilpläne unterschiedlicher Wirkungsreichweiten näher betrachtet, die in die weitere Analyse teilweise mit einbezo-

216

217 218

219 220 221 222

Für eine Übersicht an Optimierungsmodellen für unterschiedliche Teilprobleme (bspw. Fahrzeugeinsatzplanung, Linienplanung, etc.) vgl. Cordeau et al. (1998); für eine operative Behandlung verspäteter Züge vgl. Ozekici / Sengor (1994); für die simultane Lösung unterschiedlicher Teilprobleme vgl. Liebchen / Möhring (2004). Vgl. Gröger 2002, S. 65. WILD spricht hier von den Planungsinstrumenten als Teilbestandteilen des PLS (vgl. Wild (1974), S. 156). Für Planungen im Luftverkehr vgl. bspw. Doganis (2006); Delfmann et al. (2005). Vgl. Volkmann (1989). Vgl. Hahn (1985) sowie Abschnitt B.IV.2.3. Vgl. hierzu Aberle (2003), S. 434.

38

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

gen werden können. Die Verknüpfung dieser einzelnen Teilpläne wird jedoch von keiner der bekannten Arbeiten vorgenommen. In der erklärungsverwandten Luftverkehrsindustrie zeigt die Arbeit von VOLKMANN einen direkten Anknüpfungspunkt, da sie eine sehr ähnliche Problemstellung beinhaltet. Die Autorin analysiert die inhaltliche Ausgestaltung der Planung (Erklärungsziel) in Luftverkehrsunternehmen (LVU) und versucht Entwicklungsmöglichkeiten für das PLS zu skizzieren (Gestaltungsziel), womit sie eine ähnliche Zielsetzung verfolgt wie die vorliegende Arbeit. Daher kann die Struktur der durchgeführten Planungssystemanalyse auf Basis des Planungskonzepts nach HAHN als Orientierung für diese Arbeit herangezogen werden. Für die Ableitung von Entwicklungsvorschlägen erscheinen jedoch weiterführende Überlegungen insbesondere einer durchzuführenden Bewertung angebracht.

IV.

Charakterisierung von Schienenpersonenfernverkehrsunternehmen

Da SPFVU i.d.R. noch immer Teil eines integrierten EVU sind, soll zunächst eine Analyse der organisatorischen Ausgestaltungsmöglichkeiten von EVU erfolgen, da sich hieraus Konsequenzen für die betriebliche Planung ergeben können. Im Anschluss wird auf die typischen Merkmale sowie auf die Besonderheiten in der Produktion von Schienenverkehrsleistung eingegangen. Im letzten Abschnitt des Kapitels werden dann die relevanten Umweltdimensionen mit Einfluss auf die Planung näher analysiert. 1.

Grundsätzliche Unternehmenstypen von Schienenverkehrsunternehmen

Derzeitige SPFVU weisen je nach gesetzlichen Rahmenbedingungen und Liberalisierungsfortschritt des Landes unterschiedliche organisatorische Erscheinungstypen auf. Gesetzlich ist eine Trennung von Netz und Betrieb in der europäischen Union vorgeschrieben.223 Die Umsetzung dieser Vorgabe kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen. Die zwei Extremformen sollen hier in knapper Form erläutert werden:224 Bei dem integrierten Modell handelt es sich um ein vollständig vertikal integriertes Unternehmen.225 Dieses Unternehmen vereint alle wesentlichen Wertschöpfungsstufen unter einem Dach. Der Betrieb des Netzes gehört ebenso dazu wie das Anbieten von Schienenverkehrsleistung (Güter-, Personenverkehr). Die gesetzliche Vorgabe der Trennung von Netz und Betrieb führt zu einer organisatorischen Trennung der Unternehmensbereiche mit eigener Rechnungslegung, welche daher als Profit Center agieren. Eine gemeinsame Nutzung von unterstützenden Prozessen kann hier Synergien eröffnen. 223

224

225

Für die Gründe einer gesetzlich vorgeschriebenen Trennung sowie weiterer gesetzlicher Vorschriften vgl. Abschnitt C.IV.4.2. Für eine Diskussion der vertikalen und horizontalen Integrationsgrade von Eisenbahninfrastrukturunternehmen vgl. Munzert (2001), S. 135 ff.; für eine knappe Differenzierung in fünf Modelle vgl. ebenfalls Profillidis (2006), S. 46 ff. Eine weitere Differenzierungsmöglichkeit stellt die Dreiteilung in eine vertikale Integration, eine vertikale Separation und eine partielle Desintegration (vgl. Seabright et al. (2003), S. 38) dar.

PLANUNGSRELEVANTE RAHMENBEDINGUNGEN

39

Dieser Unternehmenstyp ist in den meisten europäischen Ländern wie z.B. in Deutschland vorzufinden. Bei dem getrennten Modell handelt es sich um rechtlich selbstständige Unternehmen. Der Schieneninfrastrukturbetreiber stellt daher ein unabhängiges Unternehmen dar, welches als externer Dienstleister für Schienenverkehrsunternehmen fungiert. Dieses Unternehmen kann entweder privatisiert oder aber im Besitz des Staates sein. Diese Art der Trennung von Netz und Betrieb ist bspw. in England zu beobachten. Beide Ausgestaltungsformen finden dabei ihre Fürsprecher.226 Aufgrund der überwiegend integrierten Ausgestaltung der (ehemaligen) staatlichen Unternehmen fürchten diese eine Aufspaltung und damit einhergehende Machteinbußen und geben Synergieverluste als negative Konsequenz an, um eine Beeinflussung zugunsten einer Beibehaltung des Status Quo zu bewirken. Die Befürworter einer vollständigen Trennung führen hingegen wettbewerbliche Argumente an. Sie argumentieren, dass eine solche Trennung zu volkswirtschaftlichen Wohlfahrtsgewinnen führt, da versteckte wettbewerbliche Diskriminierungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden und mehr Anbieter von Schienenverkehrsleistung am Markt auftreten werden. Die Vorgaben der Europäischen Union zur Liberalisierung der europäischen EVU gewähren für die Umsetzung in den Nationalstaaten einen gewissen Spielraum, da es sich nicht um eine Rechtsvereinheitlichung, sondern eine Harmonisierung durch Richtlinienvorgaben handelt.227 Hierdurch lassen sich verschiedene Modelle in den einzelnen europäischen Mitgliedsstaaten beobachten.228 Durch eine unterschiedliche Ausgestaltung kann die Vorteilhaftigkeit einzelner Liberalisierungskonzepte erprobt werden, wodurch sich Lernprozesse für alle Länder ergeben können.229 Dabei lässt sich eine Art von Regulierungswettbewerb zwischen den Ländern ausmachen.230

226

227 228 229 230

Eine Studie zur organisatorischen Ausgestaltung der Deutschen Bahn AG und deren Bewertungsmöglichkeit im Hinblick auf Kriterien wie Kapitalmarktfähigkeit und resultierendem Wettbewerb führte eine Analyse von fünf Strukturmodellvarianten durch (Integriertes Modell, Eigentumsmodell (Ausgliederung des Eigentums der Schieneninfrastruktur auf ein Wirtschaftsunternehmen), Eigentumsmodell in einer Ausgestaltungsvariante (Vermögensverwaltung und betriebliche Aufgaben wie Trassenvergabe gehen auf den Eigentümer der Infrastruktur über), Finanzholdingsmodell (unmittelbare Bundesbeteiligung an der Infrastruktur mit vermögensverwaltender Holding) und das getrennte Modell (vollständige Trennung von Infrastruktur und Betrieb). Die Studie stellt heraus, dass je nach gewählter Privatisierungsvariante unterschiedliche Auswirkungen bei der Bewertung zu beobachten sind (vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006)), diese jedoch geringer sind als allgemein angenommen (vgl. Mitusch (2006)). Die von der DB AG angestrebte Variante des integrierten Modells weist die höchsten Einsparungen für den Bund auf, jedoch gibt es auch bei diesem Ergebnis starke Zweifel an der Unabhängigkeit der Studie (vgl. Delhaes / Böhmer (2006b), S. 34). Für eine weitere Untersuchung hinsichtlich der Vorteilhaftigkeit der organisatorischen Ausgestaltung vgl. Ehrmann et al. (2006). Vgl. Kirchner (2004), S. 7. Vgl. Profillidis (2001). Vgl. Kirchner (2004), S. 7. Vgl. Kirchner (2004), S. 8.

40

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Die geführte Diskussion in den verschiedenen Ländern erscheint dabei hochgradig politisch und wird maßgeblich beeinflusst durch die Interessen der einzelnen Stakeholder (Staat als Anteilseigner, Management, Öffentlichkeit, Mitarbeiter, Gewerkschaften). Deshalb erscheint es nicht weiter verwunderlich, dass diverse Gutachten unterschiedlicher Interessenverbände keine eindeutige Vorteilhaftigkeit einer Lösung bestimmen können.231 Für die Betrachtung von Planungsprozessen zur Trassenanmeldung führt eine Unterscheidung zwischen den vorgestellten Unternehmenstypen zu keinen ersichtlichen Unterschieden, da hier offiziell kommunizierte Abfolgen von Planungs- und Bestellaktivitäten standardisiert sind. Bei anderen Planungen (Infrastruktur-, Personalentwicklungsplanungen) erscheinen hingegen Unterschiede denkbar. Soweit möglich wird in der durchzuführenden Betrachtung auf diese eingegangen. Für die weitere Analyse wird unter einem Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) ein integriertes Unternehmen verstanden, welches sowohl Infrastruktur- als auch eigene Schienenverkehrsleistung anbietet. Unter einem Schienenverkehrsunternehmen (SVU) hingegen sollen Unternehmen gefasst werden, die ausschließlich Schienenverkehrsdienstleistung erbringen. Diese können ein Geschäftsfeld eines integrierten Unternehmens darstellen oder eigenständig am Markt auftreten und Personen- oder Frachtbeförderung durchführen. SVU, die Personenbeförderung durchführen, sollen weiterhin in Schienenpersonennahverkehrsunternehmen (SPNVU) und Schienenpersonenfernverkehrsunternehmen (SPFVU) unterschieden werden. 2.

Typische Merkmale eines Schienenpersonenfernverkehrsunternehmens

Ein SPFVU ist dem Dienstleistungssektor zugeordnet. Ein wesentliches Merkmal des Dienstleistungssektors ist die Immaterialität bzw. Nichtlagerfähigkeit des Angebots.232 Damit kann ein SPFVU seine Leistung, nämlich das Angebot an Sitzplätzen für den Transport, nicht vorhalten, womit Produktion und Konsumption zeitlich und räumlich simultan zu erfolgen haben. Ein auf einer Zugfahrt leer gebliebener Sitzplatz stellt somit eine unwiederbringlich verlorene, später nicht mehr nutzbare Produktionseinheit dar.233 Legt man den systemtheoretischen Blickwinkel zugrunde,234 kann ein SPFVU als ein sozio-technisches System verstanden werden, da sowohl Personen als auch technische Elemente die Komponenten des Systems darstellen.235 Damit ist ein SPFVU ein künstlich geschaffenes konkretes System, welches das Ziel der Bereitstellung eines Angebots an Schienenverkehrsleistung und komplementären Dienstleistungen unter Beachtung des ökonomischen Prinzips verfolgt. Daher handelt es sich um ein ökonomisch-produktives System, welches in Interaktion mit seiner Umwelt steht.

231 232 233 234 235

Vgl. Krummheuer (2006), S. 8. Vgl. Hunkel (2001), S. 16 f. In Anlehnung an den Luftverkehrsbereich vgl. Pompl (2002), S. 40. Vgl. Abschnitt B.III. In Anlehnung an Volkmann (1989), S. 55 f., vgl. hierzu ebenfalls Alewell et al. (1971), S. 159.

PLANUNGSRELEVANTE RAHMENBEDINGUNGEN

2.1

41

Markteintrittsbarrieren im Schienenpersonenfernverkehr

Der Schienenpersonenverkehrsmarkt in Europa kann zurzeit noch als ein Markt mit länderspezifischen Monopolen charakterisiert werden. Die Gründe für den fehlenden Wettbewerb stellen neben rechtlichen Bestimmungen weitere den Wettbewerb beeinflussende Faktoren dar. Im Schienenpersonenverkehrsmarkt sind verschiedene rechtliche und ökonomische Zutrittsbedingungen entscheidend, die trotz eines zumindest teilweise liberalisierten Markts die Unternehmen vor hohe Markteintrittsbarrieren stellen. Diese Markteintrittsbarrieren bestehen aus Betriebsgrößenersparnissen (Economies of Scale, Scope und Density), einem hohen Kapitalbedarf, der sich insbesondere durch hohe Investitionen in Schienenfahrzeuge ergibt. Zudem stellt der Zugang zu Vertriebskanälen236 neue Anbieter vor Probleme. Aufgrund des Besitzes von fast allen SVU durch deren jeweiligen Nationalstaat und den verkehrspolitischen Zielsetzungen dieser Nationalstaaten ist die staatliche Einflussnahme noch als sehr hoch anzusehen und damit auch für neue Anbieter eine Markteintrittsbarriere. Schließlich versuchen ehemals staatliche Unternehmen den Zugang zu ihren Netzen zu erschweren (Behinderung)237 oder die unternehmerischen Potenziale für mögliche Neueintritte zu reduzieren.238 2.2

Generelle unternehmensbezogene Merkmale

SPFVU sind abhängig von den Ausprägungen ihres jeweiligen Standorts. D.h. sie weisen typische Standort- und Kostenstrukturen auf und sind zumeist in Rechts- und Organisationsstrukturen organisiert, die abhängig sind vom Grad der Liberalisierung im jeweiligen Markt. Die Standortstrukturen sind geprägt von der Ausdehnung des zugrunde liegenden Netzes, welches zurzeit in fast allen EU-Staaten national organisiert ist. Typisch sind dabei zentrale Verwaltungsapparate, von denen ebenfalls die zentralen Planungen ausgehen.239 Dezentral organisiert sind hingegen operative Leistungseinheiten, die regionale Teilbereiche des Netzes betreuen und die zentralen Planer bspw. bei Fahrplanerstellungsproblemen mit Detailwissen unterstützen. Je nach Unternehmenstyp240 bestehen unterschiedliche Eigentumsverhältnisse sowie Beziehungen zu dem Infrastrukturbetreiber. Darüber hinaus beeinflusst der jeweilige Staat (sowie regionale Behörden und Regulierungseinrichtungen) das Geschäftsmodell 236 237

238

239 240

Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 84. Vgl. Seabright et al. (2003), S. 47; im konkreten Fall für die Deutsche Bahn AG vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 168; für Behinderungen in Form verspäteter Reaktion der DB Netz gegenüber Anfragen privater Güterverkehrsbahnen im Vergleich zur konzerneigenen Tochter Railion vgl. o.V. (2006a). In Anlehnung an Volkmann (1989), S. 59; in einer Studie zur Liberalisierung im europäischen Schienenverkehr werden informatorische, administrative (Lizenzierung, Sicherheitszertifikate sowie Fahrzeugzulassung) und betriebliche Markteintrittsbarrieren unterschieden (vgl. Kirchner (2004), S. 20). Zentral durchgeführt werden dabei Netz- und Fahrplanung, Finanzplanung, etc. Für die unterschiedlichen Ausgestaltungstypen vgl. Abschnitt C.IV.1

42

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

von SPFVU; ebenfalls muss das Management die relevanten Stakeholder sowie mögliche neue Wettbewerber beachten. Regierung Ministerien, zentrale Einrichtungen

Neue Betreiber Neue Wettbewerber (neue private u. ausländische SPFVU)

Regionale Behörden

Anteilseigner Organisation für die Regulierung von SVUAngelegenheiten (unabhängig von Pendant in Ministerien)

(Eigentumsverhältnisse) Staatliche EVU

Öffentliche EVU

Ehemalige staatliche SPFVU

Private EVU

Stakeholder Infrastrukturgesellschaften Infrastrukturmanagement

Infrastrukturservicegesellschaften (Instandhaltung, Versorgung, etc. durch ehemalige staatliche u. private Unternehmen)

Soziale Verbände / Öffentlichkeit Sonstige unterstützende Gesellschaften

Angestellte / Gewerkschaften

Abbildung C-1: Neues Wettbewerbsumfeld ehemaliger staatlicher SPFVU241

Die Organisationsstrukturen sind sowohl geprägt von betriebswirtschaftlichem Bestreben nach Effizienz, als auch – zumindest bei staatlichem Besitz der EVU – beeinflusst von politischen Willensbildungsprozessen und entsprechender Gesetzgebung. Wie bereits erwähnt ist nach europäischem Recht ein funktionales Trennungsgebot zwischen Netz und Betrieb vorgeschrieben, welches eine hinreichende organisatorische und (gesellschafts)rechtliche Vorkehrung zur Sicherung der Unabhängigkeit des Infrastrukturbetreibers fordert. Dabei ist zwar eine separate Rechnungsführung für das SVU und die Infrastrukturgesellschaft vorgeschrieben, nicht jedoch ein organisatorisches Strukturmodell.242 Die organisatorische Umsetzung unterscheidet sich daher je nach Land stark voneinander.243 Trotz der nationalen Strukturen der Netze findet grenzüberschreitender Verkehr statt. Dieser erfordert jedoch zumeist lange Abstimmungsprozesse der beteiligten Unternehmen und unterliegt besonderen rechtlichen Vorschriften.244 Bei gemeinsam (teil)finanzierten Streckenabschnitten werden zudem häufig Joint Ventures zwischen beteiligten EVU gegründet, so dass wieder von Monopolsituationen auf intramodaler Ebene für diese gemeinsam finanzierten Strecken auszugehen ist. Einfache grenzüberschreitende Verkehre werden in Abstimmungsprozessen mit Festlegung von angebotener Verkehrs- und Zugleistung zwischen den beteiligten SPFVU abgestimmt.

241 242 243 244

Eigene Darstellung in Anlehnung an Profillidis (2001), S. 20. Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 120. Vgl. ebenso Abschnitt C.II. Vgl. hierzu ebenfalls Abschnitt C.IV.4.2.1; für die längeren Vorlaufzeiten zur Bestellung von Trassen bei internationalen Verkehren; für besondere rechtliche Bestimmungen (Haftungsregelungen) vgl. Tscharntke (2005), S. 10 ff.

PLANUNGSRELEVANTE RAHMENBEDINGUNGEN

3.

Produktion von Schienenverkehrsleistung

3.1

Bestandteile der operativen Leistungserstellung

43

Die Produktion von Schienenpersonenverkehrsleistung ist komplex und erfordert zumeist eine Abstimmung von mehreren Unternehmen bzw. Unternehmensbereichen, die an der unmittelbaren Leistungserstellung beteiligt sind. In der EU hat das SPFVU bei dem bzw. den Betreiber(n) der Netzinfrastruktur seinen Bedarf an der zu nutzenden Infrastruktur frühzeitig für ein Fahrplanjahr245 anzumelden. Darüber hinaus werden an das Infrastrukturunternehmen gegebenenfalls noch lange vor dem eigentlichen Fahrplanjahr Wünsche hinsichtlich des Ausbaus von Infrastruktur gerichtet, die das Unternehmen dann entsprechend der zumeist von der öffentlichen Hand zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel prüft. Diese Wünsche reichen prinzipiell von einem relativ kostengünstigen Ausbau eines Streckenabschnitts (bspw. Geschwindigkeitserhöhung durch Errichtung eines Windschutzes) bis hin zu einer kompletten Neubaustrecke (NBS). Während des Betriebs im laufenden Fahrplan hat das Infrastrukturunternehmen für einen reibungslosen und sicheren Ablauf zu sorgen und ebenfalls die Energieversorgung (Strom, Diesel) der SPFVU zu garantieren. Zur Leistungserstellung bedarf es des Weiteren des Zugangs zum Kunden. Der Verkauf von Tickets ist dabei über mehrere Vertriebswege möglich (am Bahnhof, im Zug, im Internet, etc.) Außerdem muss ein SPFVU geeignete Schienenfahrzeuge beschaffen, die für den Einsatz in dem jeweiligen Schienenverkehrsnetz zugelassen sind, und diese entweder selbst oder von dritten Unternehmen instand halten bzw. halten lassen. Schließlich stellen die Mitarbeiter/innen eine äußerst wichtige Ressource dar, gewährleisten sie doch zum einen den sicheren Betriebsablauf, garantieren die Einhaltung sicherheitsrelevanter Anforderungen und beeinflussen die kundenseitige Wahrnehmung in der Leistungserstellung. Zum anderen werden qualifizierte Mitarbeiter/innen benötigt, die die vorbereitende Planung zur Leistungserstellung durchführen. 3.2

Kostenstruktur und Kosteneinflussgrößen

Die relevanten Kosten zur Leistungserstellung von Verkehrsträgern allgemein lassen sich grundsätzlich zwei Kostenkategorien zuordnen. Dabei handelt es sich um Kosten der Vorhaltung bzw. des Rechts auf Nutzung und des Betriebs der Verkehrsinfrastruktur (Fahrwegkosten) sowie der Verkehrsmittel (Fahrzeugkosten).246 Die Aufteilung der Kosten zwischen diesen Kostenkategorien ist für die einzelnen Verkehrsträger sehr unterschiedlich und determiniert zu einem großen Teil die systemimmanenten Vor- und Nachteile der jeweiligen Verkehrsträger und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn. Sowohl Fahrweg- als auch Fahrzeugkosten von EVU sind dabei gekennzeichnet durch eine hohe Kapitalanlageintensität. Insbesondere die

245

246

Ein Fahrplanjahr entspricht dem Zeitraum eines Kalenderjahres, beginnt jedoch bereits europaweit am zweiten Samstag im Dezember eines jeden Jahres (vgl. EIBV (2005), § 8, Art. 2). Vgl. Aberle (2003), S. 273.

44

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Fahrwegkosten entsprechen einem hohen Anteil an den Gesamtkosten.247 Die Variabilität der Kosten entscheidet über die Möglichkeit, quantitative Reduktionen des Angebots ergebniswirksam durchzuführen, also über Flexibilität zu verfügen. Führt man eine Differenzierung in variable und fixe Kostenbestandteile durch, können dabei die Fixkosten weiter unterteilt werden in direkte und indirekte Kostenpositionen.248 Variable direkte Kosten werden auch als Fahrwegkosten charakterisiert und sind direkt von der Leistungserbringung abhängig.249 Weiterhin relevant sind fixe direkte Kosten, die für Wartungskosten, Abschreibungen für das eingesetzte Rollmaterial und Kosten für die Gehälter von Zugführern und Zugbegleitern fällig werden. Der Personalaufwand gilt als besonders hoch, da der Betrieb historisch gesehen eine hohe Personalintensität verlangte. Ein Teil des hohen Personalaufwands von staatlichen EVU ist jedoch insbesondere durch entstandene Ineffizienzen in Zeiten der Regulierung zu erklären,250 so dass dringende Ziele von EVU heute in einer Verbesserung der personalbezogenen Produktivität in der operativen Leistungserstellung zu sehen sind.251 Als letzter Bestandteil gelten die indirekten Fixkosten, welche für Verwaltungund Vertriebskosten sowie weitere Kosten fällig werden, die nicht in direktem Zusammenhang mit der operativen Leistungserstellung entstehen. Bei einer Einteilung gemäß diesen Kostenkategorien stellt zudem der Unternehmenstyp252 eine relevante Einflussgröße dar. Wird ein SPFVU als Teil eines integrierten Unternehmens betrachtet, ist ein großer Teil der Fahrwegkosten somit kurzfristig als fix anzunehmen. Handelt es sich hingegen um ein SPFVU, welches seine Ziele ohne Beachtung des Infrastrukturbetreibers optimiert (überwiegend getrenntes Modell sowie neue Wettbewerber), sind die Fahrwegbenutzungsentgelte als variabel anzusetzen. Die Kosten für Vorhaltung und Betrieb der Verkehrsmittel sind jedoch von allen Unternehmenstypen als gleich anzusehen und gelten zumindest unterjährig als fix.253 Damit ist die kurzfristige Möglichkeit zur Kostenreduktion durch eine Angebotsreduktion relativ gering, da die direkten variablen Kosten lediglich einen geringen Anteil der Gesamtkosten ausmachen und die zusätzlichen Kosten der kurzfristigen Angebotsreduktion schlecht abgeschätzt werden können. Für Planungs- und Steuerungszwecke ist eine Differenzierung dieser unterschiedlichen Kostenpositionen durchzuführen, die die spezielle Situation des Unternehmens darstellt und die Planer befähigt, für die jeweilige Entscheidungssituation eine adäquate Aufschlüsselung des Ressourcenverzehrs zu verwenden.

247 248

249

250 251

252 253

Für Kosten auf dem deutschen Markt vgl. Aberle (2003), S. 276. In Anlehnung an den Luftverkehrsbereich vgl. bspw. Doganis (2002), S. 96; Sterzenbach / Conrady (2003), S. 377. Diese umfassen passagier- und flugvariable Kosten (bspw. Trassen- und Stationskosten sowie Energiekosten). Vgl. Oum et al. (1999). So wurden bereits zwischen den Jahren 1985 und 1995 bei den europäischen Eisenbahnen 500.000 Arbeitsplätze gestrichen (vgl. Faulhaber (2001), S. 81 f.). Vgl. Abschnitt C.IV.1. Für die eingeschränkten Verwendungsmöglichkeiten von Fahrzeugen vgl. Abschnitt C.IV.4.4.

PLANUNGSRELEVANTE RAHMENBEDINGUNGEN

45

Unter den Kosteneinflussgrößen sollen die Ausgestaltungsmerkmale des Betriebs bzw. des Unternehmens verstanden werden, die Einfluss auf die Höhe der betrieblichen Kosten sowie die Produktivität des Betriebs besitzen. Bei der Produktion erlangen Größenvorteile (economies) einen besonderen Einfluss auf die Gesamtkosten eines Unternehmens.254 Grundlegend unterschieden werden können hierbei Economies of Scope und Economies of Scale. Economies of Scope liegen vor, wenn ein Unternehmen Verbundvorteile bei der Produktion mehrerer Produkte / Dienstleistungen realisieren kann.255 Zurzeit bieten die großen integrierten Bahnen Fern- und Nahverkehrsleistungen an, die in der Leistungserstellung auf die gleichen Produktionsressourcen zurückgreifen. Hierbei werden bspw. die gleiche Infrastruktur sowie gleiche Vertriebskanäle genutzt sowie gemeinsame Instandhaltungswerke verwendet, welche für Fahrzeugtypen des Fern- und Nahverkehrs benutzt werden können. Economies of Scale bezeichnen hingegen Größenvorteile in der Produktion und werden auch als Betriebsgrößenvorteile charakterisiert. Hierfür muss eine Steigerung der Ausbringungsmenge zur Abnahme der Stückkosten des Produkts führen.256 Economies of Traffic Density als Spezialfall von Größenvorteilen bezeichnen eine Reduktion von durchschnittlichen Kosten pro Pkm (oder Tkm) durch eine proportionale Steigerung des Verkehrs im vorhandenen Netzwerk.257 Eine solche Kosteneinsparung wird durch eine gemeinsame Anlagennutzung erzielt,258 die im Schienenverkehr durch eine Verteilung der Streckeninfrastrukturkosten, den Einsatz größerer Schienenfahrzeuge oder einer höheren Bedienfrequenz erzielt werden kann.259 Die Vorteile einer intensiveren Schieneninfrastrukturnutzung beziehen sich dabei auf die Nutzung durch alle SVU. Damit spielen Konfigurationsentscheidungen über die zu bedienenden Märkte bzw. Strecken und deren Bedienfrequenz eine wesentliche Rolle hinsichtlich der Möglichkeit Economies of Density erzielen zu können. Damit haben – unter Annahme der Weitergabe der monetären Vorteile durch den Netzinfrastrukturbetreiber – ebenfalls andere Netzteilnehmer einen Einfluss auf die Kostenstruktur eines SPFVU. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Kostenstruktur von SPFVU aufgrund von hohem Personalaufwand, der teilweise hervorgerufen ist durch selbstverschuldete Ineffizienzen sowie hohen Kapitalintensitäten viele unterjährige fixe Komponenten enthält. Einhergehend mit den hohen Fixkosten sind die Grenzkosten der Bahn sehr niedrig. Außerdem ist die Kostensituation durch die Trassenkosten abhängig von anderen Netzteilnehmern und der organisatorischen Stellung zum Infrastrukturunternehmen und wird schließlich beeinflusst durch die Konfiguration des eigenen Netzes.

254 255 256 257 258 259

Vgl. Steiner (1993), S. 159. Vgl. Boyer (1997), S. 121. Vgl. Lüpschen (2004), S. 9. Vgl. Boyer (1997), S. 124. Vgl. Boyer (1997), S. 124. KLOSTER differenziert economies of traffic density zusätzlich in supply density (z.B. volleres Verkehrsmittel) und demand density (z.B. höhere Verkehrsfrequenz) (vgl. Kloster (2002), S. 96).

46

3.3

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Der Fahrplan als konstituierendes Element der Leistungserstellung

Die Produktion von Schienenverkehrsleistung macht die genaue Planung des Leistungsablaufes vor der eigentlichen Produktion notwendig. Ungleich dem motorisierten Individualverkehr bedarf es einer genauen zeitlichen Planung und Anmeldung der gewünschten Angebotsleistung. Die Anmeldung der Angebotsleistung erfolgt bei dem Eisenbahninfrastrukturbetreiber des jeweiligen Landes bzw. Gebiets, der nach gesetzlichen Vorgaben das Recht, einen bestimmten Streckenabschnitt zu einer bestimmten Tages- und Wochenzeit nutzen zu können (Trasse), vergibt. Um sich nun einzelne Trassen sichern zu können, hat ein SVU einen Fahrplan zu erstellen, welcher Auskunft über den Einsatz seiner Fahrzeuge gibt. Allgemein versteht man unter einem Fahrplan die vorausschauende Festlegung des Fahrtverlaufs der Züge.260 Für ein SPFVU, welches Regelverkehre anbietet, hat die Festlegung eines Fahrplanes üblicherweise für ein Fahrplanjahr zu erfolgen. Für den weiteren Verlauf soll im Rahmen dieser Arbeit für den Begriff des Fahrplans folgende Definition zugrunde gelegt werden:261 Der Fahrplan stellt das geplante Angebot an Schienenverkehrsleistung für eine Fahrplanperiode dar. Die Angebotsleistung wird dabei mit geographischen (Linienverlauf und Halte), zeitlichen (Frequenzen, Fahr- und Haltezeiten, Standardtage; Ankunfts-, Abfahr- und Durchlaufzeiten in allen Betriebsstellen262; zulässige Geschwindigkeit in den einzelnen Abschnitten des Laufweges)263, qualitativen (Zuggattungen) und quantitativen (Zugkapazitäten) Determinanten und meist unter Annahme monetärer Prämissen (Preise und Kosten) geplant.

Fahrpläne liefern im Laufe des Erstellungsprozesses weitere Teilpläne (Finanz-, Beschaffungs-, Personalpläne, etc.). Da der Fahrplan damit ein zentraler Bestandteil der Leistungserstellung ist und das Umsatzpotenzial des Jahres darstellt, hat die Erstellung bzw. Planung des Fahrplans innerhalb eines SPFVU einen besonderen Stellenwert.264 4.

Relevante Unternehmensumwelt

Unternehmen operieren nicht nur innerhalb ihrer Grenzen, sondern stehen über Inputund Outputbeziehungen in enger Verflechtung mit der sie umgebenden Umwelt.265 Die hohe Komplexität der Leistungserstellung eines SPFVUs wird daher durch die sie umgebende Umwelt maßgeblich beeinflusst. Schnittstellen zu der Unternehmensumwelt 260 261

262

263 264

265

Vgl. Gröger (2002), S. 15. Die Erstellung eines „Fahrplans“ (bzw. Netzfahrplans) kann nur von dem jeweiligen Netzinfrastrukturbetreiber durchgeführt werden. Bei dem geplanten Angebot der Netzteilnehmer handelt es sich im engeren Sinne um Fahrplankonzepte, nicht jedoch um den eigentlichen Fahrplan. Für die weitere Betrachtung werden die Begriffe Fahrplan und Fahrplankonzept jedoch synonym verwendet. Betriebsstellen bezeichnen alle Stellen in den Bahnhöfen und auf dem Schienennetz, die den Bahnbetrieb regeln. Ähnlich bei Gröger (2002), S. 15. Vgl. Beck (2006), S. 51; für Ausführungen hinsichtlich des betrieblichen Stellenwerts des Fahrplans im Eisenbahnverkehr vgl. Weber (2004). Vgl. Macharzina (1999), S. 14.

PLANUNGSRELEVANTE RAHMENBEDINGUNGEN

47

existieren auf ökonomischer Ebene, ebenso wie auf der rechtlichen, sozialen, technologischen und ökologischen Ebene. Damit wird eine „strikte definitorische Unterscheidung zwischen Unternehmen und Unternehmensumwelt […] nicht mehr möglich, da die Entwicklung des Unternehmens in der Unternehmensumwelt und auch die Gestalt der Umwelt von dem Verhalten des Unternehmens geprägt werden.“266 Durch eine Analyse der relevanten Umwelt und möglicher Umweltentwicklungen können nun Rückschlüsse sowohl auf den potenziellen ökonomischen Erfolg als auch auf die Beeinflussung der Planung (Zielsetzung und Restriktionen) gezogen werden. Im Folgenden werden daher wesentliche Umwelteinflüsse (ökonomisch-wettbewerbliche, politisch-rechliche, sozio-kulturelle, technische und ökologische) für ein SPFVU näher analysiert.267 4.1

Ökonomisch-wettbewerbliche Umwelt

Die ökonomisch-wettbewerbliche Umwelt eines SPFVU beinhaltet die den wirtschaftlichen Erfolg maßgeblich beeinflussenden Faktoren. Hierunter ist die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung, der Staat, die jeweiligen Kapitalgeber sowie alle relevanten Wettbewerber zu fassen. Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung beeinflusst indirekt durch die Verfügbarkeit von privatem Einkommen und der Auftragslage der Unternehmen die abgeleitete Nachfrage nach Privat- sowie Geschäftsreisen.268 Daher weist auch die Nachfrage nach Schienenverkehrsdienstleistungen eine konjunkturelle Komponente auf. Die jeweiligen Staaten füllen häufig mehrere Funktionen aus. Zum einen können sie ordnungspolitische Rahmenbedingungen setzen, die den ökonomischen Erfolg von SPFVU wesentlich beeinflussen. Zum anderen sind sie häufig (alleiniger) Anteilseigner und Kapitalgeber für SPFVU und finanzieren die Streckeninfrastruktur. Wie bereits eingeführt sind fast ausschließlich alle großen zurzeit in Europa operierenden SPFVU Staatsunternehmen. Eine (Teil)privatisierung dieser Unternehmen hat bisher mit wenigen Ausnahmen nicht stattgefunden,269 wodurch die nationalen Staaten als Anteilseigner einen hohen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen ausüben sowie gleichzeitig gezielt durch die Finanzierung von Infrastruktur und Gesetzgebung die Unternehmen fördern. Die Abhängigkeit von der politischen Willensbildung äußert sich insbesondere in der Beeinflussung oder sogar dem Festlegen von Unternehmenszielen. Gleichzeitig hat die Anbindung der SVU an die jeweiligen Nationalstaaten den Vorteil, dass die Beschaffung von finanziellen Mitteln bei externen Kapitalgebern erleichtert 266 267

268

269

Vgl. Macharzina (1999), S. 17 f. Die relevanten Umweltdimensionen ergeben sich in Anlehnung an Hahn (2006d), S. 30; vgl. ebenfalls Brenner (1993), S. 81; Pauli (1986), S. 13 f.; Volkmann (1989), S. 56. Diese Abhängigkeit von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung betrifft die Bahn jedoch nicht so stark wie den Luftverkehr (vgl. Profillidis (2006), S. 7), da dort bei einer rückläufigen Konjunkturentwicklung eine Inanspruchnahme preisgünstigerer Beförderungsmittel vollzogen werden kann (vgl. Sterzenbach / Conrady (2003), S. 14), während dies tendenziell bei der Bahn nicht der Fall ist. In England ist eine weit reichende Liberalisierung zu beobachten (vgl. Abschnitt C.IV.4.2.3).

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wird, da sich hierdurch tendenziell das Rating bei Kreditanstalten verbessert und damit die Zinskosten zur Finanzierung sinken.270 Die Wettbewerbssituation für SPFVU in Europa ist aus intra- und intermodaler Sicht zu beurteilen. Der intramodale Wettbewerb als Wettbewerb von SPFVU untereinander ist zurzeit in keinem Land Europas im signifikanten Ausmaß zu beobachten. Die vereinzelten Wettbewerbseintritte271 sind damit klar hinter den Erwartungen auf politischer Ebene zurückgeblieben.272 Etablierte Anbieter in Europa können somit als intramodale Monopolisten innerhalb ihrer Netze gesehen werden. Es werden jedoch weitere politische Maßnahmen erwogen,273 die zu einer Steigerung des Wettbewerbs führen sollen und damit bei etablierten SPFVU für Unsicherheit hinsichtlich zukünftiger Investitionen sorgen. Aufgrund dieser momentanen Alleinstellung im intramodalen Wettbewerb vergleicht der potenzielle Kunde jedoch zwangsläufig die Leistung nicht mit anderen SPFVU, sondern mit den Leistungen anderer Verkehrsträger. Daher gewinnt die intermodale Betrachtung erheblich an Bedeutung. Dieser intermodale Wettbewerb ist jedoch als besonders komplex anzusehen. Dies liegt daran, dass andere Verkehrsträger sowohl als Substitutionskonkurrenz als auch als Kooperationspartner gesehen werden können.274 Kooperationspartner können Verkehrsträger wie das Automobil (bzw. Autovermietungsgesellschaften) oder Fluggesellschaften sein, wenn sie einen Teil der gesamten Reisekette abdecken. So sind Kooperationen zwischen SPFVU und LVU zu beobachten, bei denen das LVU seinen Fluggästen für Langstreckenflüge Bahnanbindungen anbietet, statt selbst Zubringerflüge hierfür einzusetzen.275 Neben Zeitersparnissen für die Fluggäste können die LVU so Kosten einsparen und SPFVU zusätzliche Umsätze generieren. Ebenso werden Kooperationen mit Autovermietungen eingegangen, wodurch dem Fahrgast ermöglicht wird, von (größeren) Bahnhöfen seine Zieldestination mit dem Auto zu erreichen und wieder zurück zum Bahnhof zu gelangen. Als direkte und stärkste Substitutionskonkurrenz für den Schienenpersonenfernverkehr gilt der motorisierte Individualverkehr (MIV). Private Haushalte in Industriestaaten verfügen über eine hohe Ausstattung an eigenen PKW, so dass die Leis270

271

272 273

274 275

Insbesondere durch die Alleingesellschafterstellung des Bundes, die wirtschaftliche Bedeutung des Schienenverkehrs sowie den Versorgungsauftrag wird die DB AG im Jahr 2006 mit dem Rating AA geführt, obwohl die finanzielle Leistungsfähigkeit des Konzerns eine solche Beurteilung nicht stützt (vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 291). Zurzeit werden von wenigen privaten Anbietern Schienenfernverkehrsdienstleistungen in Deutschland angeboten. Das bekannteste Unternehmen ist dabei die Veolia Verkehr GmbH (bis zum 05.05.2006 bekannt als Connex mit dem Angebot InterConnex). Der kumulierte Marktanteil aller nicht-bundeseigenen SPFVU bewegt sich jedoch unter einem Prozent des Gesamtmarkts. (vgl. Deutsche Bahn AG (2006e), S 15). Vgl. o.V. (2002). Vorschläge für eine weitergehende Liberalisierung im Weißbuch der Kommission „Die europäische Verkehrspolitik bis 2010“ (KOM(2001) 370 – C5-0658/2001). Vgl. Meffert (2000), S. 12 f. Für die Ziele und Ausgestaltung der Kooperation AIRail zwischen LH und DB vgl. Abschnitt D.VI.3.4.

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tungserstellung kurzfristig und unmittelbar selbst erfolgen kann. Bei der Preis- und Kostenwahrnehmung orientieren sich PKW-Besitzer eher an den anfallenden Zahlungs- als an Kostengrößen für einen Reiseanlass,276 so dass häufig ein Vergleich zu Ungunsten des SPFVU ausfällt. LVU sind als weiterer direkter Konkurrent auf längeren Strecken aufzufassen. Während Vorteile von SPFU häufig auf Entfernungen zwischen 100 km bis 500 km gesehen werden,277 wiegen bei darüber liegenden Entfernungen die Schnelligkeit des Verkehrsträgers Flugzeug deren längere Flugvor- und Flugnachbereitungen für Passagiere auf (Eincheck- und Auscheckvorgänge). Die Entfernungsangaben sind jedoch stets in Abhängigkeit der maximal möglichen Geschwindigkeit der SPFVU zu sehen, die insbesondere durch die verfügbaren Schienenverkehrsnetze vorgegeben sind.278 Durch Hochgeschwindigkeitszüge erhöht sich der relevante Entfernungsbereich auf bis zu 800 km.279 Innerhalb des Luftverkehrs hat insbesondere das Geschäftsmodell der Billigflieger seit Ende der 90er Jahre in Europa eine erhebliche Dynamik erfahren. Durch eine geringere Kostenbasis sowie eine höhere Flugzeugeinsatzeffizienz sind diese Gesellschaften in der Lage, erheblich niedrigere Ticketpreise anzubieten als die traditionellen Fluggesellschaften. Damit werden diese Billigflieger jedoch auch eine große Bedrohung für SPFVU, da die Billigflieger nun auch durch ihre Ticketpreise neue Kundenschichten anderer Verkehrsträger ansprechen. Erste Studien zeigen bereits hohe Substitutionsraten für SPFVU für deren Strecken auf.280 Da Schätzungen von innereuropäischen Marktanteilen von Billigfliegern von bis zu 30 % im Jahr 2010 ausgehen,281 sehen auch SPFVU ein hohes Bedrohungspotenzial und empfinden eine dementsprechend hohe Unsicherheit hinsichtlich ihrer zukünftigen Strategie sowie der notwendigen Unternehmensgröße, um profitabel auf dem Verkehrsmarkt agieren zu können. Erschwerend kommt hinzu, dass die traditionellen LVU in Reaktion auf die direkte Konkurrenz der Billigflieger Preisangebote auf den Markt bringen, die SPFVU zusätzlich unter Druck setzen. Einen weiteren Konkurrenten von SPFVU stellen Buslinienverkehre dar. Im direkten Vergleich zum Schienenverkehr weisen sie die günstigeren Kostenstrukturen auf und können daher wesentlich günstigere Ticketpreise anbieten.282 Als weiterer Vorteil gegenüber der Schiene können eine höhere Flexibilität von Abfahrts- und Ankunftszeit genannt werden sowie eine höhere Flexibilität hinsichtlich des Weges.283 Im Nachteil sind sie hinsichtlich des niedrigeren Komforts, einer wahrscheinlich geringeren Sicherheit und den

276 277 278 279 280 281 282 283

Vgl. Meffert (2000), S. 12. Vgl. Meffert (2000), S. 13. Vgl. hierfür Abschnitt C.IV.4.4. Vgl. Maurer (2003), S. 4. Für den deutschen Markt vgl. Antes et al. (2004). Vgl. Neuhaus / Bender (2005), S. 5. Vgl. bspw. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 69; Vieregg (2004), S. 74. Vgl. Seabright et al. (2003), S. 44. Im Gegensatz zum Schienenverkehr erfolgt bei den Busverkehren keine genaue Festlegung der Fahrtstrecke zwischen den einzelnen Knoten, so dass hier aufgrund der herrschenden Verkehrssituation Anpassungen durchgeführt werden können.

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negativen Konsequenzen von Verkehrsstaus.284 Allerdings versuchten in der Vergangenheit einige Nationalstaaten diesen Wettbewerb durch rechtliche Marktzugangsbeschränkungen (Genehmigungsvorbehalte) zugunsten ihrer staatlichen Eisenbahnen einzuschränken.285 4.2

Politisch-rechtliche Umwelt

4.2.1

Regulierung und Liberalisierung des Schienenpersonenverkehrs

Obwohl der Schienen(personen)verkehr in seinen Anfangsjahren sehr erfolgreich privatwirtschaftlich organisiert war, setzte sich Anfang des 20. Jahrhunderts in praktisch allen Nationalstaaten die Auffassung durch, dass staatliche Interventionen in Form von Regulierung und Besitz der EVU notwendig seien. Die Begründung für diese hohe staatliche Einflussnahme versuchen unterschiedliche Erklärungsansätze zu liefern.286 Der normativtheoretische Ansatz argumentiert über ein mögliches Marktversagen bei einem Ausbleiben von staatlicher Einflussaufnahme. Dieses Marktversagen im Eisenbahnverkehr sei dabei insbesondere über die Existenz von natürlichen Monopolen durch die Eigenschaften des Streckennetzes und dem damit verbundenen Leistungsangebot gegeben.287 Hierdurch entstünden außerordentliche Größenvorteile und somit die Notwendigkeit einer speziellen regulativen Ausrichtung.288 Ein weiterer Erklärungsansatz, der als positivtheoretischer Ansatz bekannt ist, begründet die Nachfrage nach Regulierung durch private Marktteilnehmer durch auftretende Interessenharmonien zwischen Regulierern und Regulierten (Capture Approach).289 Diese Angleichung der Interessen resultiert in einer Unterdrückung von schwächer organisierten Gruppen und kann letztlich zu Lasten der Gesellschaft erfolgen. Schließlich wird als Begründung für Regulierung eine „instrumentale Nutzung der Verkehrspolitik und der Verkehrsträger zur Erfüllung gesellschaftlicher Zielsetzungen“290 angeführt. Die Regulierung in den Schienenverkehrsmärkten führte zu fehlendem Wettbewerb für die staatlichen Unternehmen und damit zu fehlenden Anreizen einer effizienten Anpassung an die wettbewerblichen Rahmenbedingungen, wie es auf Märkten mit herkömmlichem Wettbewerb zu geschehen hat (z.B. Änderung des PLS, der Produkt-, Markt- und Personalpolitik).291 Das Ergebnis jahrzehntelanger Regulierung war hohe

284 285 286 287

288 289 290 291

Vgl. Seabright et al. (2003), S. 44. Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 69. Vgl. für die folgenden Ansätze Aberle (2003), S. 99 ff. Weitere Gründe für Marktversagen in Transportmärkten sind vorhandene externe Effekte, die Eigenschaft von Verkehrsleistungen als öffentliche Güter sowie eine Tendenz zu ruinösem Wettbewerb (vgl. Aberle (2003), S. 99). Vgl. Knieps (1996). Vgl. Aberle (2003), S. 106; Volkmann (1989), S. 89. Aberle (2003), S. 107. Vgl. Aberle (2003), S. 114.

PLANUNGSRELEVANTE RAHMENBEDINGUNGEN

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Ineffizienz für die staatlichen Bahnen sowie eine niedrige Angebotsqualität bei hohen Belastungen für die Staatshaushalte aufgrund hoher Kosten.292 Mit der Erkenntnis dieser Fehlentwicklungen setzten Liberalisierungsbemühungen in den 90er Jahren in den europäischen Staaten ein. Der europäische Schienenverkehrsmarkt wurde Gegenstand einer Neuordnung, die vergleichbar mit anderen bereits erfolgten Liberalisierungen ehemaliger Staatsmonopole in Netzindustrien ist. Aufgrund von zusätzlichem Wettbewerb durch Deregulierung und Liberalisierung sowie Autonomie des Managements konnten bereits Verbesserungen der Effizienz nachgewiesen werden.293 4.2.2

Rechtliche Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene

SPFVU sind in ihren Planungen in hohem Maße von gesetzlichen Regelungen abhängig, die die unternehmerischen Freiheiten bzw. deren Flexibilität bereits stark beeinflussen. Die Basis für eine Öffnung des Schienenverkehrs in Europa wurde im Jahr 1991 mit der Richtlinie 91/440/EWG geschaffen und seitdem in weiteren Richtlinien konkretisiert.294 Die Richtlinie setzt sich zusammen aus den Vorgabe eine Unabhängigkeit der Geschäftsführung der Eisenbahnen vom Staat zu gewährleisten, die finanzielle Sanierung der EVU durch die jeweiligen Mitgliedsstaaten durchzuführen, eine rechnerische Trennung von Eisenbahninfrastruktur und EVU einzuführen und den Zugang zum zum Schienenverkehrsnetz zu öffnen. In den Richtlinien der EU vom 19. Juni 1995 (95/19/EG) wurden schließlich die Zuweisung von Fahrwegkapazität und die Berechnung von Wegeentgelten (AB1. EG Nr. L 143 S. 75) sowie die Lizenzvergabe (91/18/EG) geregelt, welche grundsätzlich die Möglichkeit zum freien Wettbewerb innerhalb und zwischen den nationalen Netzen geschaffen haben. Beide Richtlinien wurden im Rahmen des 1. Eisenbahnpakets im Jahre 2001 novelliert. Insbesondere für die Güterbeförderung wurden weit reichende Liberalisierungsmaßnahmen eingebracht, ebenso wurde die rechnerische Trennung295 weiter konkretisiert sowie Kontrollinstanzen zum Netzzugang geschaffen. Das 2. Eisenbahnpaket aus dem Jahr 2004 schaffte weitere Voraussetzungen für eine Beschleunigung der Marktöffnung im Schienengüterverkehr, wodurch sich ab Januar 2007 eine Kabotagefreiheit im gesamten europäischen Netz ergibt. Die Kommission schlug ebenfalls im März des Jahres 2004 ein 3. Eisenbahnpaket vor.296 Die Ratifizierung durch den Europäischen Rat und das Europäische Parlament in der vorgeschlagenen Form sind jedoch noch nicht durchgeführt. Dieses Eisenbahnpaket beinhaltet einen Vorschlag, der besondere Relevanz für SPFVU besitzt. Ab dem

292 293 294

295

296

Vgl. IBM Business Consulting Services (2006), S. 10. Vgl. Oum et al. (1999). Für einen ausführlichen Überblick über Liberalisierungsstufen auf europäischer Ebene vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 57 ff. sowie Aberle (2003), S. 170 ff. EVU haben für ihre unterschiedlichen Unternehmensbereiche getrennte GuV-Rechnungen und Bilanzen aufzustellen (vgl. RL 2001/12/EG, Artikel 6 und 9). Vgl. Tscharntke (2005), S. 16; Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 184.

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01.01.2010 soll innerhalb der EU Kabotagefreiheit auch für den Personenverkehr gelten. Die Umsetzung der Kabotagefreiheit wäre vergleichbar mit der Liberalisierung des Luftverkehrs innerhalb Europas, wodurch neue Geschäftsmodelle und veränderte Marktstrukturen entstanden sind.297 Ebenso wie im Luftverkehrsbereich ist jedoch davon auszugehen, dass die einzelnen Mitgliedsstaaten ihre eigenen EVU schützen wollen, so dass eine Umsetzung zum Jahr 2010 derzeit noch fraglich ist. Die verabschiedeten europäischen Gesetze sind innerhalb vorgegebener Fristen in nationales Recht aufzunehmen. Die Umsetzung unterscheidet sich dabei stark von Land zu Land. Im Rahmen einer Studie über den Umsetzungsgrad von Gesetzesinitiativen kommen die Autoren zu einem gemischten Ergebnis (vgl. Abbildung C-2).298 Großbritannien Schweden Deutschland Niederlande Dänemark Italien Schweiz Portugal Norwegen Österreich Polen Tschechien Finnland Lettland Luxemburg Belgien Slowakei Ungarn Slowenien Frankreich Estland Litauen Griechenland Irland Spanien

100

on schedule

delayed

pending departure 200

300

400

500

600

700

800

Abbildung C-2: Liberalisierungsindex der europäischen Bahnen299

Dabei wird deutlich, dass bisher relativ wenige Länder eine zeitgerechte Umsetzung (on schedule) der europäischen Gesetze vollzogen haben, während bei der Mehrheit der Mitgliedsstaaten eine verspätete Umsetzung (delayed oder sogar pending departure) zu beobachten ist. 4.2.3

Rahmenbedingungen in ausgewählten europäischen Ländern

Wie gezeigt existieren unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen in den einzelnen Ländern der europäischen Union. Im Folgenden soll beispielhaft die rechtliche Umsetzung der Richtlinien in drei Ländern erörtert werden sowie deren Auswirkungen auf die dort ansässigen SVU dargestellt werden. Ausgewählt wurden hierfür die größeren Eisen297

298 299

Für Liberalisierung und die resultierende Ausprägung verschiedener Geschäftsmodelle im Luftverkehr vgl. bspw. Bieger / Agosti (2005). Vgl. Kirchner (2004). Kirchner (2004), S. 2.

PLANUNGSRELEVANTE RAHMENBEDINGUNGEN

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bahnmärkte von Großbritannien, Frankreich sowie Deutschland, die sich außerdem in der Umsetzung sehr unterschiedlich darstellen. Zudem wird für Deutschland eine intensivere Betrachtung der Trassenvergabepraxis durchgeführt. Großbritannien: Großbritannien gilt hinsichtlich der Eisenbahnderegulierung als das am weitesten liberalisierte europäische Land.300 Sowohl die Deregulierung als auch die bereits durchgeführte Privatisierung der ehemaligen staatlichen Eisenbahngesellschaft gelten hier als besonders „radikal“301. Die Privatisierung der britischen Eisenbahn (British Rail) wurde im Jahr 1997 auf der Grundlage des 1993 erlassenen Railways Act vollzogen.302 Diese Gesetzgebung sah eine vollständige Trennung der Netzinfrastrukturbetreiber von den SVU vor.303 Hieraus hervorgehend wurde das Staatsgebiet in 25 Gebiete eingeteilt, für welche 5-7 jährige Konzessionen ausgeschrieben werden, auf die sich Unternehmen bewerben müssen. Während der Konzession herrscht damit ein lokales Monopol. Für das gesamte Netz ist ein Infrastrukturbetreiber (Railtrack bzw. seit 2001 Network Rail) verantwortlich. Die Regulierung erfolgt durch drei staatliche Stellen.304 Trotz der weit reichenden Deregulierung wird Großbritannien jedoch nicht als Musterbeispiel eines besonders effizienten oder modernen Bahnsystems angesehen. Der eingeschlagene Weg wurde aufgrund von Koordinierungsproblemen in der Fahrplanerstellung,305 einer gesunkenen Dienstleistungsqualität der SPFVU durch Mitarbeiterreduktion, einiger gravierender Unfälle im Betriebsablauf, die von der Öffentlichkeit als Folge der Privatisierung angesehen wurden,306 sowie steigender Kosten307 seit der Durchführung der Deregulierung in Frage gestellt.308 Kern der Kritik stellte die Vernachlässigung der Instandhaltung der Schieneninfrastruktur durch den privaten Infrastrukturbetreiber dar.309 Im Jahre 2001 meldete schließlich der Schieneninfrastrukturbetreiber Railtrack auf politischen Druck hin Konkurs an, ohne tatsächlich jedoch zahlungsunfähig gewesen zu sein. Daraufhin wurde eine Wieder-Verstaatlichung des Schienennetzes durchgeführt, und so wird seit 2002 das Schienennetz durch das öffentliche Non-Profit-Unternehmen Network Rail verwaltet.310 Zudem tauchten weitere Probleme auf, da die veröffentlichten Fahrpläne der einzelnen Anbieter keine Umsteigeverbindungen zu anderen Unternehmen berücksichtigten. Trotz der aufgezeigten

300 301 302 303 304 305

306 307

308 309 310

Vgl. Abbildung C-2 auf S. 52. Kirchner (2004), S. 53. Vgl. Kirchner (2004), S. 49; Smith (2003), S. 12. Vgl. Smith (2003), S. 14. Vgl. Kirchner (2004), S. 49. Hier tauchten Abstimmungsprobleme der einzelnen SVU auf, so dass der erstellte Winterfahrplan 1996/97 derart fehlerhaft war, dass er komplett neu erstellt werden musste (vgl. Schnöbel (2005), S. 138). Vgl. Schnöbel (2005), S. 137. So konnte inflationsbereinigt nahezu eine Verdopplung der staatlichen Leistungen zwischen 1994 und 2004 beobachtet werden (vgl. Klingberg (2006), S. 45). Vgl. Kirchner (2004), S. 53. Vgl. Schnöbel (2005), S. 137. Vgl. Schnöbel (2005), S. 138.

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Probleme konnte jedoch ein wesentliches Ziel, die Steigerung der Verkehrsleistung im Güterverkehr sowie im Personenverkehr, erreicht werden. 311 Obwohl die durchgeführte Privatisierung die aufgezeigten Probleme hervorbrachte, ist ein Großteil der Abstimmungsprobleme der einzelnen Unternehmen die Konsequenz einer „unkoordinierten, intransparenten und in der Folge inkonsistenten Regulierung“312. Mehrere Studien kommen zu dem Ergebnis, dass die Bahnreform mit einem anderen Organisationsmodell erfolgreicher verlaufen wäre.313 Das Beispiel im britischen Markt zeigt somit, dass eine starke Beeinflussung des unternehmerischen Erfolgs im Bahnsektor allein durch die regulativen, rechtlichen Rahmenbedingungen hervorgerufen wird. Zudem erwies sich in der Planung der Prozess der Fahrplanerstellung als besonders problembehaftet. Frankreich: Der französische Markt ist bisher im Vergleich zu dem deutschen und britischen Markt vergleichsweise begrenzt liberalisiert.314 Hier wurde die staatliche Eisenbahngesellschaft nach den Minimalanforderungen der europäischen Richtlinie in den Schieneninfrastrukturbetreiber Réseau de Ferré France (RFF) sowie einen SVU Société Nationale des Chemins de Fer (SNCF) aufgeteilt. Die RFF besitzt die Infrastruktur und nimmt rechtlich gesehen die Trassenvergabe vor, jedoch setzt die SNCF die Trassenpreise fest und führt de facto auch die Funktion der Trassenvergabe aus.315 In Frankreich existiert intramodal keinerlei Wettbewerb im Schienenpersonenverkehr, da hohe Markteintrittsbarrieren bspw. durch langwierige Verfahren der Lizenzvergabe316, die beschriebene Situation der Trassenvergabepraxis sowie langwierige Zulassungsverfahren für ausländisches Rollmaterial317 den Markteintritt von ausländischen Mitbewerbern wirkungsvoll verhindert haben.318 Auch auf intermodaler Ebene ist die SNCF marktbestimmend. So ist der Wettbewerb durch Billigflieger im Vergleich zu anderen europäischen Ländern insgesamt eher unbedeutend. Trotz einer für den Personenverkehr erfolgreichen Entwicklung der Beförderungszahlen, die insbesondere durch die Erfolge des TGV-Hochgeschwindigkeitsverkehrs erzielt wurden, bleibt das Gesamtsystem insgesamt hoch subventioniert, und daher konnten insgesamt nach erfolgter institutioneller Trennung im Jahr 1997 kaum Effizienzsteigerungen erzielt werden.319 Insgesamt lässt sich daher für SNCF festhalten, dass zurzeit eine vergleichsweise geringe Komplexität in der Leistungserstellung herrscht, da lediglich ein Unternehmen auf dem Netz verkehrt. Hierdurch sind in der Planung nur interne Abstimmungen der

311 312 313 314 315 316 317 318 319

Vgl. Klingberg (2006), S. 45; Smith (2003), S. 12. Schnöbel (2005), S. 142. Vgl. Klingberg (2006), S. 46. Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 94. Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 502. Vgl. Kirchner (2004), S. 46. Vgl. Krummheuer (2005c). Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 502. Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 503.

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Verkehre erforderlich. Außerdem müssen intramodale Wettbewerbsbeobachtungen nicht durchgeführt werden. Deutschland: Deutschland zeichnet sich durch einen vergleichsweise liberalisierten Schienenverkehrsmarkt aus. Die Richtlinie 2001/14/EG wurde hier komplett in deutsches Recht übernommen und sogar teilweise übererfüllt.320 Die organisatorische Umsetzung der EU-Richtlinie erfolgte durch das integrierte Holding-Modell.321 Hinsichtlich der Infrastrukturbenutzung wurde die Eisenbahninfrastrukturbenutzungsverordnung (EIBV) entworfen.322 Diese Verordnung regelt den diskriminierungsfreien Zugang von zugangsberechtigten Unternehmen323 zu öffentlicher Eisenbahninfrastruktur. Die tatsächliche Nutzung ist dabei stets an festgesetzte Zeiten von Streckenabschnitten gebunden. Eine solche Zugtrasse stellt nach EIBV „denjenigen Anteil der Schienenwegkapazität eines Betreibers der Schienenwege [dar], der erforderlich ist, damit ein Zug zu einer bestimmten Zeit zwischen zwei Orten verkehren kann.“324 Der Besitz von zusammenhängenden Trassen stellt damit die Basis dar, um Schienenverkehrsleistung überhaupt erbringen zu können. Die Entgelte für die Inanspruchnahme von Trassen werden in der Trassenpreisverordnung geregelt.325 Die EIBV regelt ebenfalls Anmeldefristen für die Trassenvergabe.326 Grenzüberschreitende Verkehre sind demnach spätestens elf Monate vor Fahrplaninkrafttreten vorläufig in Zusammenarbeit mit anderen betroffenen, die Zuweisung vornehmenden Stellen festzulegen. Bei der Vergabe von Trassen für nationale Verkehre gilt für Eisenbahninfrastrukturunternehmen die Vorgabe, eine Frist für Zugangsberechtigte zur Trassenvergabe zu erstellen. Diese Frist darf einen Monat nicht unterschreiten. Spätestens vier Monate nach Ablauf der Frist hat der Infrastrukturbetreiber einen vorläufigen Netzfahrplanentwurf zu veröffentlichen. Nach der Veröffentlichung muss der Betreiber den Antragsstellern mindestens einen Monat Gelegenheit geben, sich zu diesem Vorschlag zu äußern. Im Anschluss an mögliche Einsprüche hat der Infrastrukturbetreiber die Pflicht, für berechtigte Beanstandungen Maßnahmen zur Konfliktlösung zu ergreifen. Nach dieser Phase steht der endgültige Netzfahrplanentwurf fest, auf dessen Grundlage die Antragsteller Trassenangebote annehmen oder verweigern. Da das Trassenangebot auf der einen Seite begrenzt ist, gleichzeitig jedoch mehrere Unternehmen Schienenfahrzeuge auf diesem Netz einsetzen wollen, kann es zu zeitlichen und regionalspezifischen Überhängen an Nachfrage für Trassen, also einem überlasteten Schienenverkehrsnetz, kommen.327 Für diese Fälle sind klare Zuweisungs320 321

322

323 324 325 326 327

Vgl. IBM Business Consulting Services (2006), S. 30. Vgl. Profillidis (2006), S. 47 f.; auf eine detaillierte Betrachtung wird aufgrund der im Kapitel D durchgeführten Planungssystemanalyse verzichtet (vgl. Abschnitt D.IV). Die Verordnung trat am 17.12.1997 in Kraft und wurde durch eine Neufassung am 01.08.2005 ersetzt, welche in wesentlichen Punkten erweitert und verändert ist. Als solche gelten Unternehmen, die vom Eisenbahnbundesamt eine gültige Lizenz besitzen. Vgl. EIBV (2005), § 2 (1). Vgl. DB Netz AG (2005). Vgl. EIBV (2005), § 8. Vgl. Niewalda (2005), S. 2.

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verfahren nötig, die mögliche Konfliktfälle aufzulösen vermögen. Dabei erfolgt die Zuteilung von Trassen nach der Priorität 1) internationaler Verkehr, 2) vertakteter Linienverkehr328, 3) Güterverkehre.329 Die Vergabe entsprechend dieser Priorität spiegelt dabei die Komplexität der Trassenvergabe wider. Internationaler Verkehr genießt die höchste Priorität, da eine aufwändige Koordination zwischen Infrastrukturbetreibern erforderlich ist. Vertaktete Linienverkehre wiederum sind höher priorisierte als Güterverkehre, die nicht auf eine spezielle Zugtrasse angewiesen sind, während vertakteter Linienverkehr fast ausschließlich von Personenverkehrsanbietern genutzt wird und Passagiere an einheitliche Abfahrtszeiten gewöhnt sind. Können Konflikte trotz dieser Prioritäten nicht gelöst werden und konkurrieren somit zwei SVU um eine Zugtrasse, wird zunächst der Zugtrasse Priorität eingeräumt, die das höchste Trassenentgelt erzielt.330 Führt dieses Verfahren nicht zu einer Auflösung des Konflikts wird die Zugtrasse schließlich an den Höchstbietenden versteigert.331 Die dargelegte Prozedur zeigt, dass durch die Bahnreform Abstimmungen bzw. Verhandlungen zwischen unterschiedlichen Unternehmen zu führen sind, weshalb der Prozess der Fahrplanerstellung schwerfälliger geworden ist.332 Das Recht für die Nutzung einer Trasse gilt für ein Fahrplanjahr. Seit dem Jahr 2005 wird gesetzlich ebenfalls die Möglichkeit eingeräumt, Rahmenverträge über die Benutzung von Schienenwegkapazität abzuschließen, die die Laufzeit eines Fahrplanjahres überschreiten. Der Abschluss von Rahmenverträgen ist dabei auf maximal 75 % der verfügbaren Trassen innerhalb eines Zeitabschnitts begrenzt, so dass durch die Sicherung von Trassen nicht automatisch Wettbewerb ausgeschlossen werden kann.333 Durch Rahmenverträge beabsichtigt der Gesetzgeber, Planungssicherheit für SPFVU zu schaffen, da sich diese bei Investition in Schienenfahrzeuge auf eine garantierte Einsatzverwendung verlassen können. Die DB Netz AG als Quasi-Monopolist334 öffentlicher Schieneninfrastruktur in Deutschland regelt in ihren Schienennetz-Benutzungsbedingungen335 die oben angespro328

329 330

331 332 333

334

„Vertakteter Verkehr ist eine Eisenbahnverkehrsleistung, die grundsätzlich auf demselben Weg am selben Tage mindestens viermal und höchstens in zweistündigem Abstand grundsätzlich zur gleichen Minute durchgeführt wird. Abweichungen hiervon können durch die Besonderheiten der einzelnen Verkehrsart, insbesondere des Güterverkehrs, begründet sein.“ (EIBV (2005), § 9, Abs. 7). Vgl. EIBV (2005), § 9, Abs. 4. Bei einem Konflikt zwischen mehr als zwei Zugtrassen werden denjenigen Vorrang gewährt, die in der Summe das höchste Regelentgelt erzielen (vgl. EIBV (2005), § 9, Abs. 5 (1) und (2)). Vgl. EIBV (2005), § 9, Abs. 6. Vgl. Gröger (2002), S. 28. Der Abschluss von Rahmenverträgen unterliegt einigen Einschränkungen. So ist mit Abschluss kein Recht auf eine feste Trasse verbunden. Vielmehr muss noch die Flexibilität bestehen, zu jedem Fahrplanjahr innerhalb einer vorgegebenen Bandbreite alternative Trassen zu bekommen. Damit soll bei zeitlich konkurrierenden Trassenanträgen die Möglichkeit zur Konfliktlösung gegeben werden. Durch eine zeitliche Flexibilität kann das mögliche Gesamtaufkommen an Verkehren signifikant gesteigert werden (vgl. hierzu Polatschek (2006)). In Deutschland existieren zwar weitere Schieneninfrastrukturbetreiber, die jedoch nur einen sehr geringfügigen Teil der Infrastruktur verantworten.

PLANUNGSRELEVANTE RAHMENBEDINGUNGEN

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chenen Punkte. Die festgelegte Frist für Trassenanmeldungen ist der 10. April eines jeden Jahres. Europaweite Fahrplanwechsel finden jeweils jährlich am zweiten Samstag eines jeden Dezembers statt.336 Somit beträgt der gesamte Trassenbestellungsprozess acht Monate. Innerhalb dieses Zeitraums sind keine strukturellen Änderungen am vorgelegten Bedienkonzept vorgesehen.337 Hierdurch wird deutlich, dass eine Antizipation der Verkehrsnachfrage in der Planung bereits sehr lange im Voraus erfolgen muss. Durch die Möglichkeit des Abschlusses von Rahmenverträgen ist davon auszugehen, dass SPFVU versuchen, ihre wichtigen Verkehrsanbindungen zu sichern. Aus Perspektive eines Monopolanbieters erscheint es plausibel, eine möglichst hohe Anzahl an Trassen zu sichern, um Planungssicherheit für die kommenden Jahre zu schaffen. Durch historische Verpflichtungen gegenüber dem deutschen Staat bzw. einzelnen Bundesländern oder der EU aufgrund einer Fremdfinanzierung des Schieneninfrastrukturbaus sind zudem häufig Bedienfrequenzen dieser Strecken seitens der DB FV einzuhalten.338 Es ist zu vermuten, dass ähnliche Situationen für SPFVU in anderen europäischen Ländern existieren. Diese politischen Verpflichtungen stellen eine wesentliche Einschränkung in den unternehmerischen Entscheidungen dar und können als Indiz für eine nach wie vor starke politische Einflussnahme gesehen werden. 4.2.4

Internationale Organisationen des Eisenbahnverkehrs

Im Eisenbahnverkehr spielen internationale Organisationen als etablierte Kooperationen zwischen den Eisenbahnen seit einigen Jahren zunehmend eine wichtigere Rolle. Das Tätigkeitsfeld der bestehenden internationalen Organisationen des Schienenverkehrs bezieht sich insbesondere auf Lobbyarbeit, Standardisierung von Technologie und Ablaufprozessen sowie der organisatorischen Koordination grenzüberschreitender Verkehre. Als supranationale Organisation der EU koordiniert die ERA (European Railway Agency) die Aktivitäten der Europäischen Union zur Harmonisierung der Sicherheitsrichtlinien, der Interoperabilität und von Qualitätsstandards.339 Gegenüber dieser und weiteren EU-Institutionen sowie anderen politischen Verbänden vertritt die Community of European Railway and Infrastructure Companies (CER) die Interessen ihrer Mitglieder, bestehend aus europäischen Schienenpersonenverkehrsunternehmen sowie Schieneninfrastrukturunternehmen. Die Organisation verfolgt insbesondere das Ziel eine Steigerung des Anteils des Verkehrsträgers Schiene am gesamten Verkehrsmarkt zu bewirken, welches ausdrücklich durch Schieneninfra-

335 336 337

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339

Vgl. DB Netz AG (2006). Vgl. EIBV (2005), § 8, Abs. 2. Für eine detaillierte Darstellung des Trassenanmeldeprozesses in Deutschland vgl. Abschnitt D.VI.4.2.1.2. Für die Notwendigkeit zum Anbieten von Bedienkonzepten vgl. Siedenbiedel (2006); o.V. (2001b). Vgl. Profillidis (2006), S. 21 f.

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strukturprojekte erreicht werden soll.340 Da diese Infrastrukturprojekte jedoch sehr kostenintensiv sind, wird eine intensive Lobbyarbeit durch CER erforderlich.341 Der Internationale Eisenbahnverband (UIC)342 als weltweite Vereinigung der Bahnen, Verkehrsunternehmen, Infrastrukturbetreibern, Bahndienstleistern und Unternehmen des öffentlichen Verkehrs mit Sitz in Paris hat die Zielsetzung einer Vereinheitlichung der Betriebsbedingungen der Bahnen und versucht durch die gemeinsame Entwicklung von Standards Interoperabilität insbesondere auf europäischer Ebene zu schaffen, um so eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Eisenbahnverkehrs zu erzielen.343 Die UIC koordiniert zudem multilaterale Abstimmungen zwischen SPFVU bspw. über die Entgelte für den Einsatz von Reisezugwagen auf ausländischem Hoheitsgebiet344 und organisiert die monetäre Verrechnung von erbrachter Leistung zwischen den SVU.345 Hinsichtlich der Abstimmung grenzüberschreitender Verkehre wurden in den letzten Jahren Initiativen gestartet, die auf eine Erleichterung in der internationalen Trassenbestellung abzielten. Bisher mussten internationale Zugtrassen einzeln bei den jeweiligen Infrastrukturunternehmen bestellt werden, wodurch sich eine erhebliche Angebotsverschlechterung einstellte.346 Die UIC hat hierzu eine Plattform für Infrastrukturbetreiber der integrierten Eisenbahnunternehmen und der unabhängigen Infrastrukturbetreiber geschaffen, die als kommerzielle Kooperation unter dem Namen Rail Net Europe errichtet worden ist.347 Ziel dieser Kooperation ist die Erbringung grenzüberschreitender Verkehrsdienste für Güterverkehre. Güterverkehrsanbieter benötigen hierdurch nur noch einen einzigen Ansprechpartner, so dass es zu einer Reduktion von Schnittstellen kommt. Der angesprochene Infrastrukturbetreiber soll durch die gemeinsame Organisation von Rail Net Europe eine internationale Zugtrasse aufbauen und dem EVU ein Preisangebot vorlegen. Die Anmeldefristen bzw. der zeitliche Planungshorizont der internationalen Trassenvergabe ist dabei gegenüber den nationalen Anmeldefristen länger.348 Aufgrund der sehr unterschiedlichen nationalen Wegeentgelte stellt sich die Umsetzung jedoch noch als recht stockend heraus. Daher findet das gleiche Konzept bei dem Personenverkehr aufgrund der bereits angeführten verzögerten Liberalisierung des Personen- gegenüber dem Güterverkehr momentan noch keine Anwendung. Es existiert aber die Organisation Forum Train Europe (FTE), die auf internationalen Fahrplankonfe340 341

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Vgl. CER (2006). Weiterhin existiert auf europäischer Ebene die Organisation EIM (European Rail Infrastructure Managers), die ausschließlich aus Schieneninfrastrukturunternehmen besteht, die auf die europäische Gesetzgebung Einfluss nehmen wollen. UIC – Union internationale des chemins de fer. Vgl. UIC (2006). Hierbei gelten abgestimmte europäische Verrechnungspreise über die Entgelte, die ein SPFVU einem anderen für den Einsatz eines Reisezugwagens auf dem ausländischen Hoheitsgebiet entrichten muss. Während diese Entgelte als verbindlich gelten, sind hingegen bilaterale Abstimmungen bei Triebzügen notwendig. Vgl. Profillidis (2006), S. 21. Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 244. Vgl. im Folgenden Scherp (2002), S. 7 f. Vgl. RailNetEurope (2005), S. 7.

PLANUNGSRELEVANTE RAHMENBEDINGUNGEN

59

renzen eine Koordination der Fahrpläne durch die SPFVU (sowie Güterverkehrsanbieter) durchführt. Eine Trassenanmeldung wird auf diesen Konferenzen jedoch noch nicht durchgeführt. 4.3

Sozio-kulturelle Umwelt

Die Gesamtnachfrage nach Transportleistungen beeinflusst das Angebot an Transportleistungen der unterschiedlichen Verkehrsträger und über die Präferenzen der Personen und die Charakteristika der Verkehrsträger den Anteil des jeweiligen Verkehrsträgers am gesamten Verkehrsmarkt (Modal Split). Wichtig ist zudem eine langfristige Einschätzung der sozio-kulturellen Entwicklung mit Einfluss auf die Verkehrsnachfrage. In den vergangenen Jahrzehnten konnte ein klarer Trend zu einer im Zeitablauf wachsenden Mobilität beobachtet werden. Die Bestimmungsgründe hierfür sind u.a. die Veränderung der geografischen Lage von Wohnsiedlungen in Bezug zu Arbeitsstätten, Konzentrationsprozesse bei Arbeitsstätten (insbesondere Dienstleistungssektor), eine höhere Freizeitverfügbarkeit aufgrund reduzierter Wochen-, Jahres- und Lebensarbeitszeiten, zunehmende soziale Mobilitätsansprüche sowie eine Intensivierung des Fortbildungs- / Seminartourismus.349 Diese Entwicklungen betrafen die einzelnen Verkehrsträger unterschiedlich. Insbesondere der MIV profitierte hiervon, da sich aufgrund des gestiegenen verfügbaren Einkommens sehr viele Haushalte einen eigenen PKW leisten konnten.350 Der Luftverkehr verzeichnete ebenfalls in den letzten Jahrzehnten ein hohes Wachstum und konnte im Vergleich zum Schienenverkehr Marktanteile gewinnen. In den letzten Jahren konnten auf längeren Relationen jedoch Hochgeschwindigkeitsverkehre auf der Schiene wiederum als Alternative zum Flugzeug Passagiere hinzugewinnen.351 Um das eigene Angebot an den Kundenbedürfnissen auszurichten, ist die Kenntnis der Determinanten zur Verkehrsmittelwahl entscheidend. In der Literatur wird eine Unterteilung in verkehrsmittelspezifische, reisespezifische sowie sozio-demografische / ökonomische Determinanten vorgenommen. Tabelle C-1 stellt die Determinanten der Verkehrsmittelwahl überblicksartig und ohne Anspruch auf Vollständigkeit vor.

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Vgl. Aberle (2003), S. 7; ähnlich Baum / Beckmann (2002), S. 75. Vgl. Profillidis (2006), S. 6. Vgl. Seabright et al. (2003), S. 16.

60

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR Verkehrsmittelspezifische Determinanten Bei allen Verkehrsmitteln • Reisezeit • Reisekosten • Komfort • Sicherheit

Reisespezifische Determinanten

Sozio-demografische / ökonomische Determinanten

Fahrtzwecke • Berufs- und Ausbildungsverkehr • Geschäftsreisen • Urlaubsreisen • Einkauf • Freizeit

Demographische Merkmale • Bevölkerungsdichte • Haushaltsgröße und –zusammensetzung • Alter • Geschlecht

Zusätzlich beim öffentlichen Verkehr • Bedienungsfrequenz Tageszeit der Reise • Umsteigefreiheit / Direktverbindung Reiseziel (Inland, Ausland) • Pünktlichkeit • Service

Ökonomische Merkmale • Einkommen • Erwerbstätigkeit • Pkw-Verfügbarkeit

Tabelle C-1: Einflussfaktoren von Verkehrsmittelwahlentscheidungen352

Die erste Kategorie bietet empirisch den höchsten Erklärungswert für die Verkehrsmittelwahlentscheidung.353 Die Reisezeit ist das mit Abstand relevanteste Entscheidungskriterium, gefolgt von den Reisekosten. Aufgrund der hohen Bedeutung der Reisezeit wird die Zielsetzung der Politik verständlich, durch Neu- und Ausbaustrecken – und damit eine Verkürzung der Reisezeit – den Anteil der Bahn am Modal Split zu steigern. Die reisespezifischen Determinanten stellen die Umstände (Motive, Zeitpunkt und Reiseziel) dar, unter denen eine Reise angetreten wird. Diese Einteilung basiert auf der Erkenntnis, dass Personen mit größerem Zeitbudget (z.B. Urlaubsreisende) ein anderes Verkehrsverhalten an den Tag legen als Personen, die hinsichtlich der Transportzeit auf geringe Beförderungszeiten achten (z.B. Geschäftsleute).354 Soziodemographische sowie sozio-ökonomische Merkmale können ebenfalls zur Erklärung und Prognose der Transportnachfrage herangezogen werden.355 Diese Zusammenhänge sind jedoch empirisch schwächer abgesichert als die zuvor genannten.356 Die Nachfrage nach Schienenpersonenfernverkehr zeichnete sich in der Vergangenheit bereits durch eine teilweise starke Volatilität der Nachfrage aus.357 Diese ist zwar nicht vergleichbar mit der Situation des Luftverkehrs, da dort z.T. doch erhebliche Volatilitäten auftreten, zeigt jedoch, dass Schwankungen auf den Verkehrsmärkten auch für die Nachfrage nach Schienenpersonenfernverkehrsdienstleistungen auftreten und somit die Anbieter vor das Problem einer schwankenden Kapazitätsauslastung stellen. 352 353 354 355

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Vgl. Ross (2001), S. 71 sowie Mandel (1991), S. 34. Vgl. Ross (2001), S. 72. Vgl. Ross (2001), S. 73. Darüber hinaus haben – trotz eines geringen Erklärungswerts für die Verkehrsmittelwahlentscheidung bezogen auf die einzelne Person – gesamtwirtschaftliche ökonomische Merkmale (bspw. Wachstum des Bruttosozialprodukts) einen hohen Erklärungsgehalt für die gesamte Verkehrsnachfrage und werden daher ebenfalls beobachtet. Für den gesamtwirtschaftlichen Einfluss vgl. ebenfalls Abschnitt C.IV.4.1. Vgl. Ross (2001), S. 73. Vgl. Ehrhardt (2004), S. 36 u. 202.

PLANUNGSRELEVANTE RAHMENBEDINGUNGEN

4.4

61

Technische Umwelt

Schienenfahrzeuge verkehren auf Gleisen, die aus zwei Schienen sowie Schwellen aus Holz, Stahl oder Beton bestehen, die diese verbinden.358 Aufgrund einer geringen Auflagefläche der Räder auf diesen Schienen weist der Verkehrsträger Schiene einen geringen Rollwiderstand auf. Gegenüber dem Straßenverkehr ist die Haftreibung etwa acht Mal kleiner,359 wodurch sich für SVU ein Vorteil als Massenverkehrsmittel durch den resultierenden geringen Energieverbrauch ergibt.360 Durch diese geringe Haftreibung ergeben sich jedoch zwangsläufig lange Bremswege, so dass besondere Sicherungssysteme notwendig werden. Aufgrund dieser Bremswege und der hohen Komplexität des Netzes wird der Laufweg der Schienenfahrzeuge extern gesteuert. Das Schienenverkehrsnetz besteht aus einer festzulegenden Anzahl an Bahnhöfen (Knoten), welche durch die vorhandenen Fahrwege (Kanten) verbunden sind. Relevant ist dabei die Dichte des Netzes, die Kapazität der einzelnen Fahrwege (Anzahl der Gleise einzelner Streckenabschnitte), die Leit- und Sicherungstechnik,361 die verwendete Gleistechnik, das Vorhandensein einer Stromversorgung (Elektrifizierung) sowie die Geschwindigkeitszulassung der Fahrstrecke.362 Das Zusammenspiel dieser Charakteristika entscheidet damit über die Möglichkeiten der Zugführung und das potenzielle Leistungsvolumen363 auf den Streckenabschnitten. Die Charakteristika des Netzes beeinflussen damit wesentlich die Einsatzmöglichkeit und Geschwindigkeiten der zu verwendenden Schienenfahrzeuge. Die Möglichkeit ihrer Verwendung wird ebenfalls eingeschränkt durch die Ausstattung einzelner Knoten (Bahnsteighöhe und Bahnsteiglänge) des Schienennetzes. Die Erstellung und der Ausbau im Hinblick auf die eingeführten Charakteristika (bspw. Elektrifizierung eines Streckenabschnitts, Erhöhung der Fahrwegskapazität) sind mit hohen Investitionskosten und i.d.R. mit langen Planfeststellungsverfahren und Bauphasen verbunden. Daher hat die Festlegung des Schienenverkehrsnetzes sehr langfristige Bindungswirkung und zudem Auswirkungen auf das Leistungspotenzial der auf dem Netz verkehrenden SVU. Die häufig bemängelte Interoperabilität europäischer Netze resultierte aus den Alleingängen der jeweiligen Nationalstaaten sowie der hohen Bindungswirkung durch Infrastrukturinvestitionen, die eine Reversibilität sehr kostspielig werden lässt.364 Durch 358 359 360 361

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Vgl. Beck (2006), S. 45. Vgl. Pachl (2003), S. 1. Vgl. Beck (2006), S. 44. Für einen Überblick über die Leit- und Sicherungstechnik insbesondere im deutschen Raum vgl. Pachl (2005). Die zulässige Geschwindigkeit wird teilweise auch in Abhängigkeit des verwendeten Fahrzeugtyps angegeben, so bei Neigetechnikfahrzeugen, die eine schnellere Kurvengeschwindigkeit erlauben und geeignete Streckenabschnitte schneller durchfahren dürfen. Hierfür ist jedoch der Streckenabschnitt tauglich zu machen (Abstand von Signalanlagen zu Fahrstrecken, etc.). Das Leistungsvolumen für einen Streckenabschnitt wird hier als die maximale Anzahl an Schienenfahrzeugen auf einem Streckenabschnitt für eine festzulegende Zeit (bspw. 1 h) verstanden. Für die Interoperabilität der Netze sowie Zukunftsaussichten vgl. bspw. Grillo (2004); Seifart / Schweinsberg (2000).

62

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

unterschiedlich eingesetzte Technik (bspw. elektrische Spannung der Oberleitungen365) und verwendete Standards (bspw. Signaltechnik, Sicherheitsstandards366, Spurbreite, Lichtraumprofil367) unterscheiden sich nationale Netze so zum Teil erheblich. Zudem behindern organisatorische Besonderheiten die Interoperabilität wie bspw. unterschiedliche Betriebsordnungen368, welche die Übergabe an der Grenze erschweren. Dies führt dazu, dass der Betrieb von Schienenfahrzeugen in Netzen außerhalb des jeweiligen Heimatlandes entweder nicht möglich ist oder aber mit kostenintensiven Anpassungen und Vorhalten mehrerer Systeme369 verbunden ist.370 Durch den vermehrten Einsatz von Triebzügen wurde das Problem der Interoperabilität noch verschärft, da diese nun mehrsystemfähig sein müssen, um überhaupt international eingesetzt werden zu können. Lokbespannte Züge hingegen können einen Wechsel von Loks an der Grenze vollziehen, welche die technischen Anforderungen des jeweiligen Netzes beherrschen, während die Reisezugwagen durch multilaterale Vereinbarungen standardisiert sind. Die ehemals geringe und noch immer zu bemängelnde Interoperabilität in Europa führte jedoch durch die wachsende Bedeutung internationaler Verkehre371 zu einem Nachteil der Schiene gegenüber anderen Verkehrsträgern.372 Obwohl es erklärtes Ziel der Europäischen Union ist, eine Harmonisierung der nationalen Schienenverkehrsnetze herzustellen,373 ist aufgrund der hohen notwendigen Investitionskosten für eine derartige Standardisierung davon auszugehen, dass dies in näherer Zukunft nur auf wichtigen internationalen Achsen durchgeführt wird. Grenzüberschreitende Infrastrukturprojekte in Europa zeichnen sich zudem häufig durch sehr lange Planvorlaufzeiten aus. Der Grund für diese langen Planvorlaufzeiten ist ebenfalls in Problemen der grenzüberschreitenden Planung zu sehen.374 Statt auf europäischer Ebene werden die Verhandlungen oft auf einer bilateralen Ebene zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten geführt, die Einzelprojekte zwar aus nationaler Sicht, häufig jedoch nicht im europäischen Kontext beurteilen. Nutzen- und Kostenverrechnung, eine Einigung auf ein

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So existieren in Europa sechs verschiedene Stromsysteme (vgl. Tscharntke (2005), S. 11). Unter die Sicherheitsstandards fällt bspw. die verwendete Bremstechnik. Das Lichtraumprofil schreibt die zulässige Höhe und Breite von Schienenfahrzeugen auf dem jeweiligen Netz vor. So gibt es bspw. Unterschiede in den Verantwortlichkeiten der Abfahrt von Zügen. Während in einigen Ländern der Zugbegleiter die alleinige Verantwortung (Schließen der Türen, Überwachung der sicheren Abfahrt) trägt, geschieht dies in anderen Ländern durch Zugbegleiter und einem Mitarbeiter auf dem Bahnsteig (vgl. Zijdemans / Frunt (2000), S. 467). Das Vorhalten unterschiedlicher Systeme bezieht sich bspw. auf unterschiedliche zuggebundene Sicherheitstechniken. Vgl. hierzu ebenfalls Kaufhold / Albers (2005b), S. 56. Eine Studie aus dem Jahr 2004 stellt die hohe Bedeutung internationaler Verkehre für den Schienenpersonenfernverkehr aus Sicht der einzelnen Unternehmen heraus (vgl. Schneider / Zatta (2004), S. 254). Für die unterschiedlichen Standards auf europäischen Schienenverkehrsnetzen vgl. Heimerl (1998). Vgl. hierzu bspw. Seifart / Potrafke (2003). Vgl. im Folgenden Fabian (2005), S. 193.

PLANUNGSRELEVANTE RAHMENBEDINGUNGEN

63

Bewertungsverfahren, eine Verständigung auf die konkrete Streckenführung375 und letztlich auf die Kostenübernahme und Finanzierung bieten erhebliches Konfliktpotenzial zwischen den beteiligten Ländern und führen insgesamt zu längeren Planungsprozessen auf europäischer Ebene. Die Leistungsfähigkeit eines Schienenverkehrsnetzes wird zudem stark von der Interaktion der unterschiedlichen Verkehre auf dem Netz beeinflusst. Unter gemischten Verkehren werden Verkehrsnetze gefasst, die von Fernverkehr-, Nahverkehr- und Güterverkehrsanbietern genutzt werden. Bei diesen gemischten Verkehren besteht aufgrund unterschiedlicher Geschwindigkeiten und Standzeiten bzw. Anzahl der Halte eine hohe Komplexität für die Planung. Demgegenüber stehen entmischte Verkehre, bei denen die unterschiedlichen Verkehre auf separaten Fahrwegen verkehren. Diese Entmischung erlaubt eine Beschleunigung für schnelle und auch für langsame Verkehre, da für letztere keine notwendigen Standzeiten für Überholungen durch schnellere Verkehre eingeplant werden müssen. Der Nachteil einer solchen Entmischung liegt in einem erhöhten Ressourcenverbrauch (u.a. durch Raumbedarf, Investitionskosten, Netzinstandhaltungskosten). Innerhalb eines Netzes kann es ebenfalls zu einer Kombination dieser beiden Arten kommen, so dass lediglich einzelne Teilabschnitte entsprechende technische Auslegungen für Hochgeschwindigkeitsverkehre aufweisen. Bei einem Vergleich des Schienenverkehrs- mit dem Luftverkehrsnetz wird deutlich, dass im Luftverkehr nur an den Knoten des Netzes Infrastruktur vorgehalten werden muss, die Kanten hingegen erst durch den Betrieb entstehen und so keine Investitionskosten zu tragen sind. Neben den Investitionskosten in das Schienenverkehrsnetz sind zudem Betriebs- und Instandhaltungskosten aufzubringen, die der Luftverkehr dort nicht zu tragen hat. Zusätzlich zu den technischen Entwicklungen des Schienennetzes spielen die Entwicklungen auf dem Schienenfahrzeugmarkt eine wichtige Rolle für SPFVU. Die Zuliefererindustrie der Schienenfahrzeuge ist oligopolistisch geprägt und wird in Europa maßgeblich von den drei Unternehmen ALSTOM, Bombardier und Siemens dominiert, die gerade in ihren Heimatmärkten eine starke Position besetzen.376 SPFVU lassen speziell für die Anforderungen ihrer jeweiligen Netze Schienenfahrzeuge entwickeln,377 so dass lange Vorlaufzeiten für Entwicklungs- und Bestellprozesse eingeplant werden müssen. Die Investitionen in Schienenfahrzeuge weisen daher eine hohe Spezifität auf. Eine gemeinsame Entwicklung von Schienenfahrzeugen für den Einsatz auf internationalen Relationen ist bisher nicht durchgeführt worden, obwohl sich hierdurch Einsparungen von Entwicklungs- sowie Betriebskosten und Vorteile bei der Zulassung realisieren lie-

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Eine besondere Herausforderung ist in diesem Zusammenhang die Ausweisung von NATURA2000 Schutzgebieten in den jeweiligen Mitgliedsländern (vgl. Fabian (2005), S. 193.). Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 241 f. Aufgrund einer erhöhten Wettbewerbssituation, einer weiteren Internationalisierung der Kundenstruktur sowie einer Verringerung des Marktanteils der ehemals staatlichen EVU ist in Zukunft von verstärkten Eigenentwicklungen auszugehen (vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 242).

64

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

ßen.378 Bislang zeichnet sich daher die europäische Zuglandschaft durch eine hohe Typenvielfalt aus.379 Zwar stießen die französische SNCF, die italienische FS und die DB FV die Entwicklung eines europäischen Hochgeschwindigkeitszugs an, jedoch konnte bei diesem Projekt aufgrund von Unstimmigkeiten über die Ausgestaltung des Zugs sowie Wahl des Herstellers zwischen der SNCF und der DB FV keine Einigung erzielt werden.380 4.5

Ökologische Umwelt

Durch ein stetiges Wachstum des Personenverkehrs in den letzten Jahrzehnten wuchs gleichzeitig die Umweltbelastung. Die Verkehrszunahme insbesondere auch im MIV führte dort vermehrt zu kapazitativen Engpässen381 sowie zu einer hohen Umweltbelastung.382 Die Bewältigung des zunehmenden Verkehrs und der hohen Umweltbelastung scheint sich daher nur durch eine Stärkung der Bahn erzielen zu lassen. Aufgrund der geringen Haftreibung zwischen Rädern und Schienen und der guten Massentransportfähigkeit von Personen (und Gütern) gilt der Schienenverkehr durch den resultierenden niedrigen Energieverbrauch sowie aufgrund seines geringen Landschaftsressourcenverbrauchs als ein besonders umweltschonendes Verkehrsmittel.383 Vergleichsrechnungen zwischen den Verkehrsträgern Auto, Flugzeug und Schienenpersonenfernverkehr weisen der Bahn einen klaren ökologischen Vorteil zu.384 Die Politik fordert daher seit Jahren eine Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene und unterstützt dementsprechend häufig den Ausbau der eigenen Schienenverkehrsnetze mit finanziellen staatlichen Zuwendungen. Dieser ökologische Vorteil ist somit ein wichtiges Argument im Hinblick auf eine weitere Unterstützung des Eisenbahnverkehrs gegenüber der Öffentlichkeit bzw. der Politik. Die einzelnen EVU sollten deshalb daran interessiert sein, ihre Vorteile aktiv zu kommunizieren sowie diese weiter auszubauen.385 Daher werden Umweltschutzgesetze auch aufgrund der besonderen Rolle als ehemalige Staatsunternehmen i.d.R. übererfüllt.

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Vgl. o.V. (2004c). Vgl. Kaufhold / Albers (2005a), S. 625. Auf die Besonderheiten der Fahrzeugentwicklung sowie entsprechender Ablaufprozesse wird in Abschnitt D.VI.3.3.3 eingegangen. Vgl. bspw. Munzert (2001), S. 37; Schneider / Zatta (2004), S. 254. Neben den hohen CO2–Emissionen stellen zudem der Verkehrslärm sowie der Flächenverbrauch relevante Umweltbelastungen dar (vgl. Vestner (2004), S. 23). Vgl. Schwarz (2003); Munzert (2001), S. 38. Vgl. bspw. Büchner / Wache (2006), S. 13; Vestner (2004), S. 24; Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 169. Angegeben wird hier ein Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der Bahn für den Fall, dass der Umweltvorteil nicht weiter ausgebaut wird (vgl. Anders (2006), S. 416); so kommuniziert bspw. die DB AG ihre aufgelegten Umweltschutzprogramme aktiv und setzt sich ehrgeizige Ziele zum Umweltschutz (vgl. Deutsche Bahn AG (2005a)).

PLANUNGSRELEVANTE RAHMENBEDINGUNGEN

V.

65

Ableitung planungsrelevanter Aspekte

Aus der bisherigen Betrachtung der besonderen Charakteristika von SPFVU, der Leistungserstellung sowie der Umweltdimensionen sollen nun die planungsrelevanten Aspekte für SPFVU zusammengefasst werden.386 Allgemeine Einflussfaktoren: Es zeigte sich, dass SPFVU von den Charakteristika ihres Heimatmarkts abhängig sind. Da die Deregulierung erst kürzlich eingeleitet worden ist, bleibt die politische Einflussnahme durch die Regierungen der jeweiligen Länder noch immer die Regel. Die Planung muss daher aktiv auf eine Beeinflussung der politischen Entscheidungsträger drängen und eine Finanzierung von Infrastrukturprojekten durch den jeweiligen Staat oder die EU maßgeblich mit beeinflussen. Zudem sind Altlasten der Regulierung bspw. in Form von verpflichtenden Bedienkonzepten für SPFVU häufig vorgegeben und dementsprechend in der Planung zu beachten. Da Investitionen in Schieneninfrastruktur (Neubau und Ausbau) strategische Entscheidungen mit dem höchsten Festlegungsgrad darstellen,387 wird aufgrund des hohen Spezialisierungsgrads dieser Investitionen und des Immobilitätscharakters von Infrastruktur ein höherer Aufwand bei der Planung zu erwarten sein, der sich vermutlich in sehr formalisierten Ablaufprozessen vollziehen wird.388 Bei SPFVU, die Teil eines integrierten Unternehmens sind, ist zu erwarten, dass sie den Infrastrukturplanungsprozess begleiten und daher Planungsprozesse mit sehr langen Planungshorizonten und resultierenden Unsicherheiten aufweisen. SPFVU, die keine organisatorische Verbindung zum Infrastrukturunternehmen aufweisen und sich gegebenenfalls den Markt mit anderen Wettbewerbern teilen, müssen einen solchen Planungshorizont hingegen nicht abdecken und werden aufgrund des kürzeren Planungshorizonts besser prognostizieren können und damit eine geringere Unsicherheit empfinden. Sie werden tendenziell geringere Planungsressourcen als ein SPFVU aufwenden, welches Teil eines integrierten Unternehmens ist. Trotzdem können sie ebenfalls stark von einer etwaigen Nichtverfügbarkeit geplanter aber verzögert indienstgestellter Infrastruktur betroffen sein, da hierfür zumeist Fahrzeuge mit besonderen Eigenschaften entwickelt oder bestellt werden, die den Streckeneigenschaften besonders angepasst werden.389 Ökonomisch-wettbewerbliche Umwelt: Die anhaltenden Liberalisierungstendenzen auf europäischen Verkehrsmärkten haben zu einer Verschärfung des Wettbewerbs für SPFVU geführt. Es zeigt sich neuer intermodaler Wettbewerb insbesondere durch Billigfluganbieter, die auf langen Relationen mit den traditionellen SPFVU um Kunden

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Da die ökologische Umwelt keine direkten Anknüpfungspunkte erkennen lässt, wird auf diesbezügliche Ausführungen in diesem Abschnitt verzichtet. Vgl. Ross (2001), S. 168. YASAI-ARDEKANI / HAUG kommen in einer Studie zu dem Ergebnis, dass Organisationen mit inflexiblen Technologien einen höheren Planungsaufwand betreiben, hochentwickelte Verfahren verwenden sowie eine höhere Formalität in der Planung aufweisen als Organisationen mit flexiblen Technologien (vgl. Yasai-Ardekani / Haug (1997), S. 738 u. 751). Die Spezifität von Schienenfahrzeugen kann zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten führen (vgl. Ehrmann et al. (2006), S. 398).

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

konkurrieren. Zudem ist auf europäischer Ebene eine Tendenz zur Stärkung des intramodalen Wettbewerbs zu erkennen. Ein solcher (zukünftiger) Wettbewerbsdruck führt bei Unternehmen zu der Notwendigkeit einer schnellen und proaktiven Anpassung. In der Literatur wird ein solcher Wettbewerbsdruck mit einer Tendenz zu einer geringeren Formalität der Planung, größeren Anstrengungen in der Planerstellung und Wettbewerbsbeobachtung, aufwendigeren Planungsmethoden sowie geringeren Planungshorizonten in Verbindung gebracht.390 Da die vorab beschriebenen planungsrelevanten Aspekte jedoch tendenziell dem gegenüberstehen, da bspw. eher eine hohe Formalisierung der Planung bei langen Planungshorizonten favorisiert wird, befinden sich die SPFVU in einer Situation mit hoher Ambiguität und dementsprechend einer empfundenen hohen Unsicherheit, die sich auch in der Planung ausdrückt. Politisch-rechtliche Umwelt: Aufgrund der hohen Komplexität der Leistungserstellung und vorhandenen Netzengpässen schreibt der Gesetzgeber die Trassenanmeldung bereits zu einem frühen Zeitpunkt vor dem eigentlichen Betrieb vor, um eine funktionierende Trassenkonstruktion nach Ablauf der Anmeldung durch das Infrastrukturunternehmen zu gewährleisten. Diese Vorlaufzeit zwingt SVU zu detaillierten Fahrplänen bei Trassenanmeldung. Hierdurch erhöht sich jedoch die Unsicherheit hinsichtlich der zu erwartenden Marktsituation. Zudem wird die kurzfristige Reaktionsmöglichkeit auf marktliche und wettbewerbliche Veränderungen stark eingeschränkt. Für das Management besteht in der Planung daher eine hohe Unsicherheit.391 Durch die vorgeschriebene rechtliche Trennung von Netz und Betrieb mit konkreten gesetzlichen Regelungen lassen sich keine direkten Unterschiede in der durchzuführenden Planung zur Anmeldung von Trassen für unterschiedliche Unternehmenstypen erkennen. Sozio-kulturelle Umwelt: Eine Betrachtung der sozio-kulturellen Umwelt hat aufgezeigt, dass sich der Schienenpersonenfernverkehrsmarkt seit Jahren in einem Abwärtstrend befindet. Hochgeschwindigkeitsangebote werden als eine Möglichkeit gesehen, diesen negativen Trend umzukehren. Der bisherige Rückgang der Nachfrage führt jedoch zu der Frage nach einer sinnvollen zukünftigen Angebotsmenge und der damit verbundenen Größe von SPFVU. Damit verbunden ist die zukünftig notwendige Unternehmensgröße (Schienenfahrzeuge, Personal), über welche jedes SPFVU im Rahmen seiner strategischen Planung zu entscheiden hat. Da die Höhe der Nachfrage saisonale Einflüsse aufweist und einer Volatilität unterliegt, ist darüber hinaus die Nachfrage in einem stetigen Kontrollprozess dem Angebot gegenüberzustellen. Technische Umwelt: Der Betrieb erfordert hohe Investitionen in spezifisches Fahrzeugmaterial, welches auf die Eigenschaften des Netzes sowie sogar auf die sehr unterschiedlichen Streckenprofile ausgerichtet ist. Der Vorlauf zur Entwicklung und Produktion dieser Fahrzeuge erfordert eine Planung zur Abschätzung des zukünftigen Fahrzeugbedarfs lange vor dem Betrieb der Schienenfahrzeuge. Die hohe Fixkostenbelas390 391

Vgl. Yasai-Ardekani / Haug (1997), S. 733. Für eine Charakterisierung unterschiedlicher Arten von Unsicherheiten in der strategischen Unternehmensführung vgl. bspw. Saloner et al. (2001), S. 280 f.

PLANUNGSRELEVANTE RAHMENBEDINGUNGEN

67

tung des Betriebs sowie der fehlende Sekundärmarkt für Fahrzeuge lässt die Unternehmen somit besonders anfällig für Nachfrageeinbrüche werden. Diese technologische Inflexibilität führt i.d.R. zu einem höheren Aufwand zur Einschätzung der zukünftigen Entwicklung und zu formalisierten Ablaufprozessen in der Planung.392 In der Literatur hat sich eine Erfassung der Organisationsumwelt nach den Eigenschaften der Umweltkomplexität und der Umweltdynamik durchgesetzt.393 Eine komplexe (simple) Unternehmensumwelt wird durch eine hohe (geringe) Anzahl von heterogenen (homogenen) Umweltbedingungen charakterisiert. Eine dynamische Unternehmensumwelt wird durch weitere Teilkriterien der Änderungshäufigkeit, des Änderungsausmaßes sowie der Änderungsvariabilität der relevanten Umweltfaktoren beschrieben.394 Obwohl eine eindeutige Zuordnung nicht einwandfrei durchführbar ist, erscheint doch nach vorausgegangenen Ausführungen eine Tendenzaussage für diese Dimensionen prinzipiell möglich. Aufgrund der hohen Anzahl unterschiedlicher Umweltdimensionen mit Einfluss auf die Leistungserstellung lässt sich tendenziell von einer komplexen Unternehmensumwelt für SPFVU sprechen.395 Weiterhin ergibt sich durch den Prozess der Deregulierung der Transportmärkte in Europa eine Veränderung der Umweltdynamik für SPFVU. Konnten die Rahmenbedingungen vor der Deregulierung noch als äußerst stabil gelten, ist dies durch die bereits durchgeführten sowie die weiteren geplanten Deregulierungsschritte (3. Eisenbahnpaket), die auf eine Verschärfung des intramodalen Wettbewerbs ausgelegt sind, nicht mehr der Fall. Zwar lässt sich nach Maßgabe der Teilkriterien nicht von einer extrem hohen Umweltdynamik sprechen, wie dies bspw. nach der Deregulierung in der Telekommunikationsindustrie zu beobachten ist. Jedoch erscheint die Aussage angebracht, dass sich SPFVU in Zeiten der Deregulierung einer dynamischen Umwelt gegenübersehen. Das PLS eines SPFVU hat diesen externen Einflussfaktoren Rechnung zu tragen und ist entsprechend zu gestalten. Im Folgenden wird nun beispielhaft das PLS der DB FV einer Analyse unterzogen und aufgezeigt, wie bei der Gestaltung des PLS versucht wird, die Anforderungen der systemexternen Umwelt sowie der spezifischen Unternehmenssituation zu berücksichtigen.

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Vgl. Yasai-Ardekani / Haug (1997), S. 734; vgl. ebenfalls Fußnote 388 auf S. 65. Für die eingeführten Dimensionen vgl. Kieser / Kubicek (1992), S. 371; Mintzberg (1979), S. 267 ff.; Schreyögg (1995), S. 73 ff.; diese Dimensionen können als kleinster gemeinsamer Nenner der Klassifizierung von Umweltdimensionen betrachtet werden (vgl. Klaas (2002), S. 118). Vgl. Klaas (2002), S. 118. Bzgl. der hohen Komplexität der Umwelt vgl. Eikelbloom (1999), S. 103.

D. Planungssystemanalyse der DB Fernverkehr AG In der bisherigen Betrachtung wurden die externen Rahmenbedingungen der Planung für SPFVU analysiert. Seit den aufgezeigten Liberalisierungsentwicklungen auf den europäischen Verkehrsmärkten fanden gravierende Änderungen für die (ehemaligen) staatlichen Eisenbahnunternehmen statt, die sich auch in der Organisation der Planung dieser Unternehmen widerspiegeln. Der politische Einfluss durch Besitzstand der jeweiligen Staaten sowie deren Finanzierung führte vor der Deregulierung zu Veränderungen von unternehmerischen Entscheidungen mit der Konsequenz, dass eine Planung aus unternehmerischer Sicht nicht wirklich stattfand. ABERLE hält für die Situation der Deutschen Bahn fest: „Solange Eisenbahnen als staatliche Betriebe mit Verwaltungsstrukturen und völliger politischer Abhängigkeit geführt wurden, waren die Bedingungen für eine mit ihren Ergebnissen umsetzungsfähigen strategischen Unternehmungsplanung nicht gegeben. In Deutschland setzte erst nach der Realisierung der Bahnstrukturreform 1994 die Möglichkeit ein, eine solche umsetzungsfähige strategische Planung systematisch einzuführen.“ 396

Seit der Bahnstrukturreform wurden erhebliche Anstrengungen seitens des Unternehmens unternommen, um die neuen Zielsetzungen wie bspw. die Orientierung an der Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen und die erweiterten Handlungsspielräume im Rahmen der Planung auszuschöpfen. Das PLS der DB FV als Teilsystem der gesamtunternehmensbezogenen Planung der DB AG steht vor den gleichen Herausforderungen wie ähnliche SPFVU in Europa. Daher soll dieses PLS beispielhaft einer Analyse unterzogen werden. Neben dem Verständnis der inhaltlichen Aspekte der wichtigsten Teilpläne eines SPFVU sowie deren Interdependenzen, also der Beantwortung der Frage, wie Planung in einem SPFVU funktioniert, versucht die Analyse, Ansatzpunkte für die spätere Bewertung und davon ausgehend Ansätze zur Verbesserung zu liefern. Hierfür erfolgt zunächst in Abschnitt D.I die Darstellung der angewandten Methodik der empirischen Untersuchung. Im Anschluss (vgl. Abschnitt D.II) wird dann das Untersuchungsobjekt charakterisiert, indem ein kurzer geschichtlicher Abriss über die Entwicklung des Unternehmens DB AG und der ökonomischen Situation sowie der Produkte der DB FV gegeben wird. Ebenfalls erfolgt in diesem Abschnitt eine Darstellung der Einbindung der DB FV in das Gesamtsystem der DB AG. Hierfür werden die einzelnen Geschäftsfelder kurz vorgestellt sowie vorhandene Interdependenzen zur Planung der DB FV herausgearbeitet. In Abschnitt D.III werden dann die Aufgaben sowie die abgeleiteten Anforderungen an das PLS herausgestellt. Dabei wird Bezug zu dem bereits erarbeiteten Grundlagenteil genommen sowie die organisatorische Einbindung der DB FV in die DB AG berücksichtigt. Die abgeleiteten Anforderungen sollen zunächst nur kurz charakterisiert werden, da sie im folgenden Hauptkapitel (vgl. Abschnitt E) im Zuge der durchzuführenden Bewertung wieder aufgegriffen werden. Im Anschluss an diese einführenden Kapitel beginnt die eigentliche Analyse des PLS. In Abschnitt D.IV wird hierzu herausgearbeitet, in welchen organisatorischen Strukturen das PLS der DB FV 396

Aberle (2003), S. 434.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2007 J. Rühle, Planungssysteme im Schienenpersonenfernverkehr, Edition KWV, https://doi.org/10.1007/978-3-658-24680-8_4

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verankert ist und welches die wichtigsten Planungsfelder397 sind. Da die DB FV als Geschäftsfeld der DB AG in einem hierarchischen Abhängigkeitsverhältnis steht, wird ausführlich auf die Ausgestaltung der gesamtunternehmensbezogenen Planung (vgl. Abschnitt D.V) und die sich hieraus ergebenden Gestaltungsoptionen für die DB FV eingegangen. Hiernach erfolgt dann die Analyse der Ausgestaltung der fernverkehrsspezifischen Planung (vgl. Abschnitt D.VI). Diese Analyse ist strukturiert nach der eingeführten Differenzierung des PLS nach HAHN,398 so dass auf die generelle Zielplanung, die strategische und operative Planung sowie die Ergebnis und Finanzplanung eingegangen wird. Den Abschluss des Kapitels bildet ein Fazit zu den Ergebnissen der durchgeführten Planungssystemanalyse (vgl. Abschnitt D.VII).

I.

Methodik der Untersuchung

Die Analyse des PLS der DB FV fand im Rahmen eines Forschungsprojekts in den Jahren 2004 bis 2006 statt. Um das PLS der DB FV zu analysieren, wurde ein Methodenmix (Beobachtung, Befragung und Dokumentanalyse) zur Erhebung von Daten eingesetzt.399 Als wichtige Primärdatenquelle dienten halbstrukturierte Interviews400 überwiegend auf mittlerer Managementebene. 24 geführte formale Interviews mit einer Länge zwischen einer dreiviertel und zwei Stunden thematisierten vorab eingegrenzte Problembereiche, die sich zumeist auf den Planungsgegenstand der betreffenden Planungsträger bezog. Die Ergebnisse der durchgeführten halbstrukturierten Interviews wurden auf Tonträger und im Anschluss schriftlich in Form von Ergebnisprotokollen festgehalten. Darüber hinaus wurden Interviews, die als zentral für den jeweiligen Gegenstandsbereich identifiziert wurden, transkribiert und aufgearbeitet. Bei einem großen Teil der Planungsinhalte und – abläufe fanden Validierungen der schriftlich fixierten Erkenntnisse über die Teilbereiche durch die Planungsträger statt, zudem wurden weitere zentrale Aussagen mit den Befragten abgeglichen, um Sicherheit bezüglich der verwendeten Datengrundlage zu erlangen. Außerdem wurden Informationen aus zahlreichen informellen Gesprächen und Besprechungen gezogen, um Meinungen hinsichtlich einzelner Themengebiete einzuholen oder aber das Verständnis inhaltlicher Planungsabläufe zu validieren. Als weitere wichtige Primärdatenquelle diente die aktive Mitarbeit in Projekten der DB FV. Darüber hinaus wurden Informationen als teilnehmender Beobachter während des gesamten Forschungs-

397 398 399

400

Für die Charakterisierung von Planungsfeldern vgl. Abschnitt B.IV.3.1. Vgl. Abschnitt B.IV.2.3. Für die unterschiedlichen Verfahren zur Erhebung empirischer Daten vgl. bspw. Kieser / Walgenbach (2003), S. 180 ff.; Kubicek / Welter (1985), S. 22 f. Bei halbstrukturierten Interviews werden zwar Themenfelder durch den Forscher vorgegeben, im weiteren Verlauf können jedoch durch die gegebenen Antworten zusätzliche Themenschwerpunkte gesetzt werden. Für einen Überblick über die Herangehensweise an diese Art der qualitativen Forschung vgl. Bryman / Bell (2003), S. 343 ff.; Für einen Überblick von unterschiedlichen Typen und Verfahren von qualitativen Interviews vgl. bspw. Flick (1995), S. 94 ff.

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projekts gesammelt.401 Hier wurde an einzelnen Projekten sowie Wochen-, Monats- und Jahresmeetings und sonstigen betrieblichen Veranstaltungen teilgenommen. Neben der Primärdatenerhebung wurden zusätzlich Dokumente des Unternehmens als Grundlage der Analyse verwendet. Hierbei wurden Prozessbeschreibungen, Planungsergebnisse, Funktionsbeschreibungen, Leitbilder und interne Mitarbeiterzeitschriften sowie andere Dokumente gesichtet, die meist in Form von Foliensätzen oder Artikeln im Intranet des Unternehmens vorhanden waren.402 Die Auswertung der Daten wurde begleitend zur aktiven Mitarbeit in den Projekten durchgeführt. Ebenso wurden Sekundärdaten in Form von Presseinformationen und Statistiken über den Schienenpersonenverkehr als Informationsgrundlagen herangezogen. Soweit es sich um veröffentlichte Quellen handelt, werden diese im weiteren Verlauf kenntlich gemacht.

II.

Kennzeichnung des Untersuchungsobjekts

1.

Zur Entwicklung der DB AG

Die DB Fernverkehr AG ist als 100 %ige-Tochter Teil des Unternehmens Deutsche Bahn AG. Die Unternehmenshistorie der DB AG kann über unterschiedliche Vorgängerorganisationen zurückverfolgt werden bis zum Jahre 1835.403 Aus den anfänglichen Einzelstrecken der unterschiedlichen Eisenbahnen erwuchs im Laufe der Zeit ein dicht gespanntes Eisenbahnnetz, welches wesentlichen Anteil an der Industrialisierung und dem wirtschaftlichen Aufschwung hatte. Im Jahre 1886 wurde die Rheinische Eisenbahngesellschaft vom preußischen Staat übernommen, so dass fast alle Eisenbahnstrecken in dem 1871 neu gegründeten Deutschen Reich verstaatlicht waren. In der Weimarer Republik wurde dann die Deutsche Reichsbahn gegründet, die aus ehemals acht separat verwalteten Staatsbahnen entstand und mit einer Millionen Beschäftigten den größten Arbeitgeber der Republik stellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand 1949 im Westen die Deutsche Bundesbahn als nicht rechtsfähiges Sondervermögen des Bundes in Form einer Hoheitsverwaltung,404 während im Osten die

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404

Die teilnehmende Beobachtung dient als Entdeckungsverfahren, die die Gewinnung von Informationen über soziales Verhalten der Planungsträger erlaubt, indem am Betriebsalltag teilgenommen wird und so der Forscher nicht auf Rekonstruktion durch die Akteure des Untersuchungsgegenstandes selbst oder durch Dritte angewiesen ist (vgl. Liemich (2006), S. 57). Bei einem Großteil der Leitbilder und der durch das Unternehmen herausgegebenen Artikeln in Mitarbeiterzeitschriften oder dem Intranet handelt es sich um gewünschte Meinungen des Managements, die häufig nichts mit dem täglichen organisationalem Leben gemein haben (vgl. Schein (1992), S. 30 f.). Sie können jedoch einen Einblick in die angestrebten Ziele des Managements liefern. Zu diesem Zeitpunkt beginnt in Deutschland das Eisenbahnzeitalter auf der sechs Kilometer langen Strecke Nürnberg – Fürth. Zum damaligen Zeitpunkt wurden in Deutschland private Aktiengesellschaften gegründet, die die Zielsetzung hatten, das kapitalintensive Eisenbahngeschäft zu finanzieren (vgl. z.B. Julitz (1998)). Vgl. Aberle (1997), S. 124.

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Reichsbahn weiter bestehen blieb. Ab diesem Zeitpunkt zeichnet sich die Trendwende für den Verkehrsträger Schiene ab, da ab 1950 ein stetiger Verfall des Modal Split zu beobachten ist.405 Die institutionelle und rechtliche Ausgestaltung im Westen wird als Grundstein für Fehlentwicklungen in der Eisenbahnpolitik gesehen.406 So hatte das Management sehr begrenzte Entscheidungsspielräume in der Preis-, Produkt-, Personal- und Investitionspolitik. Über den Verwaltungsrat der DB übten die Bundesländer starken Einfluss auf die strategischen wie auch auf die operativen Entscheidungen der Bahn aus. Die politische Einflussnahme zeichnete sich zudem über ständige Versuche aus, die Bahn zur Durchsetzung regional-, sozial-, militär- und verkehrspolitischer Zielsetzungen zu benutzen. Durch diese hohe politische Einflussnahme fehlte es an einem marktorientierten und langfristig ausgerichteten strategischen Konzept. Die Ergebnisse dieser Einflussnahme wirkten sich dementsprechend negativ auf die Wettbewerbssituation und die wirtschaftlichen Ergebnisse der Bahn aus. Weitere Maßnahmen der Politik zur Begrenzung der Wettbewerbsintensität (bspw. Reglementierung des Werkfernverkehrs auf der Straße, Verhinderung des Buslinienverkehrs) wirkten sogar langfristig kontraproduktiv, da kein Druck zum Wandel aufgebaut wurde. Aus diesen Gründen kam es zu stetig zunehmenden Jahresfehlbeträgen und einer hohen Verschuldung des Sondervermögens. Die steigenden Finanzmittelzuwendungen durch den Bund konnten hierbei weder Marktanteilsverluste noch die steigenden Jahresfehlbeträge und die Verschuldung abwehren. Die Deutsche Reichsbahn in Ostdeutschland wurde durch die absolute politische Einflussnahme, die Planwirtschaft, und mangelnde Investitionen in Infrastruktur ebenfalls in eine bedrohliche Abseitsposition manövriert. Kennzeichnend für beide Bahnen waren somit eine fehlende marktliche Orientierung, große wirtschaftliche Schwierigkeiten, geringe infrastrukturelle Investitionen sowie ineffiziente und aufgeblähte Organisationsstrukturen. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurden beide Bahnen 1994 im Zuge der Bahnreform zusammengeführt und in die Deutsche Bahn AG umbenannt. Durch die Bahnreform wurde das Unternehmen von der Verpflichtung zu gemeinwirtschaftlichen Leistungen befreit.407 Durch die Rechtsform der Aktiengesellschaft wurde das Gewinnziel des neu gegründeten Unternehmens fest geschrieben.408 Seit der Bahnreform wurden mehrere organisatorische Änderungen vollzogen (erste und zweite Stufe der Bahnstrukturreform). Die Deutsche Bahn AG beschäftigte am Ende des Jahres 2004 225.512 Mitarbeiter409 und war damit einer der größten Arbeitgeber in Deutschland. Durch die

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406 407 408 409

Vgl. Übersicht 16 in Aberle (2003), S. 46; die Bahn verlor aufgrund der stetig steigenden Anzahl an privaten PKW Anteile am Verkehrsmarkt und wird ab Ende der 90er Jahre ebenfalls durch Billigflieger auf grenzüberschreitenden und innerdeutschen Relationen bedroht. Vgl. im Folgenden Aberle (1997), S. 124 ff. Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 139. Vgl. Ross (2001), S. 57. Davon 25 % der Mitarbeiter im Unternehmensbereich Personenverkehr (7 % im Geschäftsfeld Fernverkehr), 29 % im Unternehmensbereich Logistik, 35 % im Unternehmensbereich Infrastruktur sowie 10 % Sonstige (Berechnungen auf Basis der Angaben im Geschäftsbericht, vgl. Deutsche Bahn AG (2006c), S. 93).

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

73

Bahnreform ist die unternehmerische Entscheidungsfreiheit zwar gestärkt worden, nach wie vor finden jedoch politische Einflussnahmen auch bei unternehmerischen Grundsatzentscheidungen statt.410 Die Privatisierung in Form eines Börsengangs wird von der Unternehmensleitung seit einigen Jahren als notwendiges Ziel zur nachhaltigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit verfolgt. Die Umsetzung dieser Zielsetzung wird dabei vehement in Form eines integrierten Unternehmens seitens der DB AG gefordert. 2.

Ökonomische Situation der DB AG

Die Bereitstellung und Vorhaltung von Infrastruktur in Deutschland wird erheblich durch die öffentliche Hand subventioniert. Subventionen für die DB AG umfassen dabei zinslose Darlehen und Baukostenzuschüsse zur Infrastrukturfinanzierung.411 Ebenfalls können so genannte Regionalisierungsmittel als Subventionen behandelt werden. Hierbei handelt es sich um Transferzahlungen des Bundes an die Länder, die hierdurch Nahverkehrsleistungen unter anderem bei Unternehmenstöchtern der DB AG bestellen. Zusammengenommen erhielt die DB AG seit Durchführung der Bahnreform Bezuschussungen von ca. 8 Mrd. € p.a. an öffentlichen Mitteln.412 Vergleicht man diese Summe mit dem durch Schienenverkehrsleistungen erwirtschafteten Umsatz in Höhe von ca. 20 Mrd. € im Jahr 2004, ergibt sich ein hoher Anteil an öffentlicher Bezuschussung. Eine Bewertung der Höhe dieser Bezuschussung hat jedoch im Hinblick auf die verfolgten politischen Ziele der Bahnreform bzw. der Eisenbahnpolitik der Bundesrepublik Deutschland zu erfolgen. EISENKOPF kommt vor dem Hintergrund der von der Regierung geäußerten Ziele „Mehr Verkehr auf die Schiene“ und „Entlastung des Staatshaushaltes“ jedoch zu keinem positiven Ergebnis für die DB AG, da Marktanteile im Güter- und Personenfernverkehr seit der Bahnstrukturreform verloren wurden und der Schuldenstand wieder erheblich zugenommen hat.413 Auch den seitens der DB AG geäußerten Vorwurf einer Begünstigung anderer Verkehrsträger (Infrastrukturinvestitionen, Mineralölbesteuerung, Wegekosten, etc.) zu Lasten der DB AG hält der Autor für nicht tragbar. Festzuhalten bleibt demnach, dass das Unternehmen DB AG bzw. der Eisenbahnverkehr in Deutschland generell auch in Zukunft erheblich von der politischen Willensbildung bzw. Bezuschussung abhängig sein wird. Auch die DB FV ist damit in ihrem Leistungspotenzial abhängig von Subventionen der Infrastruktur, obwohl das Geschäftsfeld in freiem Wettbewerb steht und selbst direkt keine Subventionen erhält. Wie von EISENKOPF angemerkt, ist bei der Beförderung von Passagieren seit der Bahnreform 1994 statt der Umsetzung der Forderung „Mehr Verkehr auf die Schiene“ sogar bis zum Jahr 2004 eine Verschlechterung im Fernverkehr zu beobachten. Dies ist umso kritischer zu beurteilen, da seit der Bahnreform prestigereiche Infrastrukturprojekte in Betrieb sowie neues Fahrzeugmaterial in Dienst genommen wurden, von denen erheb410

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Ende des Jahres 2005 fand bspw. eine öffentliche Debatte über den Firmensitz der DB AG statt. Die Unternehmensleitung erwog, ihren Standort von Berlin nach Hamburg zu verlegen. Die Diskussion wurde dabei jedoch von politischer Seite unterbunden. Vgl. im Folgenden Eisenkopf (2005), S. 71 ff. Vgl. Eisenkopf (2005), S. 72. Vgl. Eisenkopf (2005), S. 73 ff.

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

liche Verkehrssteigerungen erwartet wurden. Jedoch reduzierte sich die absolute Verkehrsleistung von 33,5 Mrd. Pkm im Jahr 1993 auf 32,3 Mrd. Pkm im Jahr 2004. Im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern weist damit der Fernverkehr eine schlechtere Bilanz auf und verliert somit weiter am Modal Split.414 In den Jahren 2005 und 2006 lässt sich eine Steigerung der Verkehrsnachfrage beobachten, so dass für den gesamten Zeitraum seit der Bahnreform von einer Seitwärtsbewegung ausgegangen werden kann. Die finanzielle Ergebnisentwicklung für den Gesamtkonzern bei gegebenen Zuwendungen des Staats zeigt ein zweideutiges Bild. Auf der einen Seite konnten seit der Bahnreform erhebliche Produktivitätsfortschritte erzielt werden, welche insbesondere durch eine Steigerung der Mitarbeiterproduktivität sowie die Beseitigung sonstiger Altlasten (bspw. Altlasten der ehemaligen Deutschen Reichsbahn) erzielt wurden.415 Dieser Verbesserung des Ressourceneinsatzes mit unmittelbarer Kostenwirkung stehen keine wesentlichen Erhöhungen des operativen Ergebnisses gegenüber, da Investitionsaufwendungen in das Schienennetz sowie das Rollmaterial zu hohen Zinsaufwendungen und Abschreibungen geführt haben.416 3.

Produkte der DB Fernverkehr AG

Die DB FV betreibt eine Produktdifferenzierung, die sich neben einer Einteilung in 1. und 2. Klasse auch in der angebotenen Produktgattung widerspiegelt. Hierbei kann unterschieden werden zwischen dem InterCityExpress (ICE) und dem InterCity/EuroCity (IC/EC). Die beiden Produktgattungen unterscheiden sich hinsichtlich der Haltepunkte, der Maximalgeschwindigkeit, dem Fahrpreis sowie dem angebotenen Komfort. Das Produkt ICE stellt das Premiumprodukt des Unternehmens dar, wurde 1991 eingeführt und bedient vor allem das Hochgeschwindigkeitsnetz (HGV-Netz) zwischen den größeren Ober- und Mittelzentren und des angrenzenden Auslandes bis zu einer fahrplanmäßigen Geschwindigkeit von 300 km/h.417 Die ICE-Züge bestehen aus Triebzügen und Triebwagen und besitzen teilweise Zulassungen für Streckenabschnitte, die nicht von lokgespannten Zügen befahren werden dürfen.418 Das Produkt IC/EC als lokgebundene Version mit Reisezugwagen bedient die übrigen Linien des Fernverkehrsnetzes. In den letzten Jahren wurden schrittweise IC/EC-Linien in ICE-Linien umgewandet, so dass seit Einführung des ICE das ICE-Netz von 1.000 km im Jahr 1991 auf 6.000 km im Jahr

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So wies der für das Jahr 1993 normierte Index (gemessen in Pkm) eine Steigerung des Luftverkehrs zum Jahr 2004 von 100 auf 159, für den MIV von 100 auf 103 und schließlich für die DB FV von 100 auf 96,5 auf. (Errechnung in Anlehnung an das Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 93 und DB Fernverkehr AG (2005), S. 2). Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 100. Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 102. Vgl. Ross (2001), S. 82. Die HGV-Strecke Köln-Frankfurt ist nur für den Betrieb von ICE 3 ausgelegt, da die Strecke vergleichsweise hohe Gefälle aufweist und durch seine spezielle Antriebstechnik die Gesamtlast auf einer größeren Fläche verteilt wird als dies bei anderen Zügen der Fall ist. Die Planung dieser Infrastruktur erzeugte damit Markteintrittsbarrieren für Wettbewerber in Form von notwendigen Zugangsvoraussetzungen zu teurem Wagenmaterial.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

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2005 wuchs.419 Obwohl heute 44 % der Kunden den ICE nutzen, bestehen lediglich 12 % des Gesamtnetzes aus reinen HGV-Strecken,420 so dass der ICE nicht prinzipiell eine schnellere Durchschnittsgeschwindigkeit für den Reisenden bereithält. 4.

Einbindung der DB Fernverkehr in das Gesamtsystem Deutsche Bahn AG

Mit ca. 14.500 Mitarbeitern421 bietet das Geschäftsfeld DB FV mit seinen Produkten ICE und IC/EC Fernverkehrsleistungen im liberalisierten Schienenpersonenverkehr an. Die DB FV gehört dabei dem Unternehmensbereich DB Personenverkehr an und ist in Frankfurt a.M. ansässig. Die DB AG mit Sitz in Berlin ist seit der zweiten Bahnstrukturreform als Managementholding mit rechtlich selbständigen Geschäftsfeldern organisiert.422 Es existieren drei Unternehmensbereiche (Personenverkehr, Infrastruktur, Transport und Logistik), die in zehn Geschäftsfeldern organisiert sind. Jeder Unternehmensbereich verantwortet eine eigene Rechnungslegung. Als Teil des Konzerns hat die DB FV wesentliche Informations- und Genehmigungspflichten gegenüber dem Vorstand der DB AG. Es existieren leistungserstellende Einheiten, die auf Konzernebene ansässig sind und für die Geschäftsfelder Planungsaufgaben übernehmen oder als Serviceeinheiten tätig werden.423 Die DB FV war im Jahr 2004 mit lediglich 8 % am Konzernumsatz beteiligt.424 Trotzdem wird das Erscheinungsbild des Konzerns im deutschen Raum durch das Geschäftsfeld Fernverkehr maßgeblich aufgrund des Kundenkontakts und der Werbung in öffentlichen Medien geprägt. Hinsichtlich der Umsatzverteilung wird ebenfalls deutlich, dass sich das Unternehmen mit 39 % Umsatzanteil in der Logistik bereits zu einem diversifizierten Logistikdienstleister entwickelt hat.425 Im Folgenden sollen die Interdependenzen der Geschäftsfelder zur DB FV aufgezeigt werden. 4.1

Personenverkehr

Der Unternehmensbereich Personenverkehr besteht aus den drei Geschäftsfeldern DB FV, DB Regio und DB Stadtverkehr. Unter dem Geschäftsfeld DB Regio sind die schienengebundenen Nahverkehrsangebote der DB AG zusammengefasst. Nahverkehrsangebote werden durch die bereits angesprochenen Regionalisierungsmittel des Bundes gefördert. Bei der DB Regio beläuft sich der Anteil der Entgelte, die von Bestellerseite aus an die DB Regio fließen, auf ungefähr 70 %, während Fahrgeldeinnahmen mit unge-

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Vgl. o.V. (2005b), S. 15; für einen Überblick über die Entwicklung des ICE bei der DB AG vgl. Deutsche Bahn AG (2006a), S. 2 ff. Vgl. o.V. (2006c), S. 17. Vgl. DB Fernverkehr AG (2005), S. 18. Vgl. Müller (2003a), S. 288. Vgl. Abschnitt D.II.4.4. Die Verteilung der Umsätze setzte sich dabei wie folgt zusammen: Logistik 39 %, Fahrweg 11%, Personennahverkehr 23 %, Sonstiges 19 % (vgl. o.V. (2005f), S. 62). Die Logistikdienstleister Stinnes und BAX wurden im Jahr 2002 bzw. 2005 von der DB akquiriert, das Geschäftsfeld Railion (ehemals DB Cargo) bietet darüber hinaus Logistikdienstleistungen an.

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fähr 30 % den weitaus geringeren Anteil ausmachen.426 Die Bestellerverbände vergeben Aufträge für Nahverkehrsleistungen durch Ausschreibungsverfahren oder freihändige Vergaben. Eine Ausschreibung umfasst eine detaillierte Vorstellung der gewünschten Leistungen für eine festgelegte Anzahl von Jahren.427 So werden häufig die Qualität der Fahrzeuge, deren Geschwindigkeit, die gewünschten Relationen und Frequenzen, die Entgelte und die Beteiligung der Betreiber an diesen Entgelten festgelegt. Interessierte Unternehmen können dann ihre Gebote für eine Ausschreibung abgeben. Das Unternehmen, welches den Zuschlag erhält, erhält für den Zeitraum der Ausschreibung ein Entgelt für die angebotene Leistung seitens des Bestellerverbandes. Die überwiegende Mehrheit der Bundesländer nutzt die Ausschreibung jedoch noch nicht, obwohl die bisherigen Erfahrungen der ausgeschriebenen Leistungen als sehr positiv beurteilt werden.428 Es ist aber davon auszugehen, dass der Anteil der Ausschreibungen und damit der Wettbewerb für die DB Regio in Zukunft zunehmen werden. Im Jahr 2004 besaß die DB Regio einen Marktanteil von ca. 95 % an SPNV-Leistungen im gesamten Bundesgebiet.429 Zwischen den Geschäftsfeldern DB Regio und DB FV bestehen innerhalb der Planung Interdependenzen. Beide Geschäftsfelder konkurrieren um Trassen- und Bahnhofskapazitäten. Ebenso stellen die Züge des jeweiligen Geschäftsfelds Zubringerpotenzial für die eigenen Angebote dar. Daher werden Abstimmungen hinsichtlich der geplanten Trassen lange vor der eigentlichen Trassenanmeldung durchgeführt, zudem wird durch eine Abstimmung der Angebote versucht, Vorteile für DB Regio bei öffentlichen Ausschreibungen zu erwirken.430 Die DB Stadtverkehr verantwortet die Entwicklung und den Betrieb von Ballungsraumverkehren. Dabei betreibt das Geschäftsfeld sowohl Busverkehre als auch einige S-Bahn-Verkehre. Das Geschäftsfeld weist wesentlich geringere Markteintrittsbarrieren als bei SPFVU auf. Um ihren Kunden eine einheitliche Reisekette zu bieten, ist es Ziel des Konzerns, Busverbindungen auf Fernverkehrsverbindungen abzustimmen. Die Arbeit der DB FV wird jedoch weder inhaltlich noch planerisch von diesem Geschäftsfeld beeinflusst, da Planungen von Busverbindungen wesentlich höhere Freiheitsgrade aufweisen als dies bei Schienenverkehrsdienstleistungen der Fall ist. Daher werden die Planungen der anderen Geschäftsfelder von der DB Stadtverkehr als gegeben angenommen.

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Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 140. Die im Jahr 2005 durchgeführten Vergaben wiesen eine Laufzeit von 2 bis 15 Jahren auf. Die durchschnittliche Laufzeit betrug bei den 23 Vergaben im Jahr 2005 ca. 10 Jahre (vgl. Deutsche Bahn AG (2006e), S. 19). So kann eine Ausweitung des Angebots bei gleichen Kosten im Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) beobachtet werden; positive Erfahrungen wurden ebenfalls in Hessen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen gesammelt (vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 82). Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 82. Vgl. Abschnitt D.VI.4.1.2.5.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

4.2

77

Infrastruktur

Der Unternehmensbereich Infrastruktur bietet komplementäre Dienstleistungen für EVU an und ist Gegenstand einer wissenschaftlichen und politischen Diskussion, die in Zusammenhang mit einem möglichen Börsengang des Unternehmens steht. Kern der Diskussion ist die Frage, ob der Unternehmensbereich Infrastruktur in Besitz des Bundes bleiben sollte oder als separates Unternehmen geführt wird.431 Der Unternehmensbereich besteht aus den vier Geschäftsfeldern DB Netz, DB Personenbahnhöfe, DB Energie sowie DB Dienstleistungen. Da es sich bei dem Zugang zu Infrastruktur um eine notwendige Voraussetzung für das Anbieten von Schienenverkehrsleistungen durch Dritte handelt und die Politik ein hohes Interesse an einer höheren intramodalen Wettbewerbsdynamik signalisiert hat, stehen die einzelnen Geschäftsfelder unter einer besonderen öffentlichen und politischen Beobachtung. Seit dem 01.01.2006 ist die Bundesnetzagentur zuständig für die Regulierung der Eisenbahnen und nimmt die Aufgaben zur Überwachung der Zuweisung von Zugtrassen, des Zugangs zu Serviceeinrichtungen, der Benutzungsbedingungen, der Entgeltgrundsätze und der Entgelthöhen wahr.432 Das Geschäftsfeld DB Netz AG hat das Betreiben und Vermarkten der rund 37.000 km langen Schienenwegeinfrastruktur433 als satzungsmäßige Aufgabe.434 Das Geschäftsfeld hat für einen diskriminierungsfreien Zugang zu der Schieneninfrastruktur zu sorgen. Sie erstellt in Zusammenarbeit mit den EVU den gesamten Netzfahrplan435 und verantwortet die eigentliche Betriebsführung.436 Ebenso sind die Planung, Errichtung und Instandhaltung von Anlagen der Eisenbahninfrastruktur sowie die Abwicklung eines sicheren Betriebs ausdrücklich in der Satzung verankert.437 Während die strategische Infrastrukturplanung438 in Form von Neu- und Ausbau zu einer qualitativen Verbesserung des Leistungsangebots führen soll, ist es die Aufgabe der Instandhaltung, das vorhandene

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Vgl. bspw. Hedderich (1996); Ksoll (2004); in dieser Arbeit wird die Frage nach einer Trennung von Netz und Betrieb aus Wettbewerbssicht jedoch nicht weiter thematisiert. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass keine Veränderungen in den betrieblichen Planungsprozessen der DB FV in Zusammenhang mit der Trassenbestellung bei der DB Netz zu erwarten sind. Umsetzung von §§14 bis 14f AEG sowie EIBV; vgl. Bundesnetzagentur (2005). Zur Schienenwegeinfrastruktur zählen ebenfalls die Gleisanlagen der Bahnhöfe. Satzung der DB Netz AG, § 2 Gegenstand des Unternehmens (vgl. o.V. (2005d), S. 1.); im deutschen Markt besteht damit faktisch ein Netzmonopol, da existierende Netze der Regionalbahnen im Vergleich unbedeutend sind (vgl. Munzert (2001), S. 125). Der Netzfahrplan stellt die Daten zur Festlegung aller geplanten Zugbewegungen und Bewegungen der Fahrzeuge dar, die auf dem betreffenden Schienennetz während der Gültigkeitsdauer des Fahrplanjahres durchgeführt werden (vgl. EIBV § 8, Abs. 22). Für die Fahrplanerstellung bei der DB Netz AG vgl. Abschnitt C.IV.4.2.1 sowie Weber (2004). Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 262. Vgl. hierzu Ross (2001).

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Leistungsniveau zu sichern.439 Durch den laufenden Betrieb werden Reparaturen an den Gleisen, dem Oberbau sowie Anlagen der Leit- und Sicherungstechnik erforderlich.440 Die Finanzierung der Infrastruktur (Vorhaltung und Ausbau) erfolgt durch die Einnahme von Infrastrukturnutzungsgebühren von den SVU sowie durch eine massive finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand.441 Die zur Verfügung gestellten jährlichen finanziellen Mittel richten sich nach der Haushaltslage des Bundes und unterliegen Schwankungen. Die DB AG hat zur Finanzierung von Neu- und Ausbaustrecken ebenfalls Zahlungen zu tätigen, die mindestens die jährlichen Abschreibungen decken sollen.442 Die DB Netz AG differenziert ihr Netz in zwei Produktkategorien: Fern- und Ballungsnetz Kunden

Alle SVU

Produkte

Trassen

TechnologieMerkmale

• Hoher Technologisierungsgrad (Elektronische Stellwerke, Betriebszentralen443) • Überwiegend hohe Geschwindigkeiten (> 160 km/h) • Eigenmittel • BSchwAG444 • GVFG445

Finanzierung

Organisationsmerkmale

Zentrales Management

Regionalnetze Alle SVU, überwiegend Personennahverkehr Trassen Örtliche Anlagen • Vereinfachte Betriebsführung (z.B. Elektronische Stellwerke light) • Überwiegend niedrige Geschwindigkeiten (< 120 km/h) • Eigenmittel • BSchwAG • GVFG • RegG446 Dezentrales Management

Tabelle D-1: Abgrenzung der unterschiedlichen Schienennetze447

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Für einen Überblick über verschiedene Tätigkeitsfelder und der Organisationsstruktur der DB Netz AG vgl. Fricke / Feldwisch (2003); für eine Wertkettenanalyse der DB Netz AG Mitte der 90er Jahre vgl. Schneider (1995), S. 275 ff. Vgl. o.V. (2005d), S. 5. Die Finanzierung bezieht sich auf einen wesentlichen Teil der Investitionen in das bestehende Netz (Erneuerungsinvestitionen) sowie in Neu- und Ausbauvorhaben (Finanzierung gemäß §§ 810 BschwAG) (vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 262). Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 138. Die Betriebszentrale steuert und disponiert den Betrieb für Netzteile zentral; hierdurch wird die nur begrenzte Sicht von örtlichen Fahrdienstleitern umgangen (vgl. Gröger (2002), S. 77). Das Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSchwAG) regelt den Ausbau und den Ersatz von Schienenwegen durch Finanzierung der Bundesrepublik Deutschland (vgl. Deutsche Bahn AG (2006c), S. 180; Munzert (2001), S. 81 ff.). Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) regelt die Finanzierung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden (vgl. Munzert (2001), S. 78 ff.). Das Regionalisierungsgesetz (RegG) „regelt die Zahlungen des Bundes an die Länder und ermöglicht damit den Ländern die Bestellung von Nahverkehrsleistung auf der Straße und der Schiene.“ (Deutsche Bahn AG (2006c), S. 219); vgl. ebenfalls Munzert (2001), S. 78 ff.). Vgl. o.V. (2005d), S. 4.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

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Das Fern- und Ballungsnetz stellt das für die DB FV relevante Netz dar. Dieses kann weiter unterteilt werden in Kategorien verschiedener Leistungsklassen. Dabei ist eine Einteilung in unterschiedliche Maximalgeschwindigkeiten üblich, die zwischen zwei Knoten des Netzwerkes herrschen. Die Abrechnung von Leistungen der DB FV erfolgt verursachungsgemäß nach Maßgabe der Zugkilometer (Zkm) und des zugrunde liegenden Trassenpreissystems448. Die DB FV hatte im Jahr 2005 einen konzerninternen Trassennutzungsanteil449 von ca. 20 %.450 Die DB FV weist daher durch die direkte Leistungsverflechtung eine hohe Interdependenz zu den Infrastrukturplanungen der DB Netz auf und hat ihre Planungen auf die ausgewiesenen Fristen zur Trassenbestellung abzustimmen. Die DB Personenbahnhöfe verantwortet den Betrieb der rund 6.000 Bahnhöfe in Deutschland, die als Verkehrsknotenpunkte den Nah- mit dem Fernverkehr verknüpfen sowie Umsteigemöglichkeiten eröffnen.451 Für die Benutzung der Bahnhöfe sind, ähnlich wie im Flugverkehr, von den SVU Benutzungsgebühren nach dem Verursachungsprinzip zu entrichten, wobei der Anteil der DB FV ca. 15 % der konzerninternen Nutzungskosten beträgt.452 Die Anmeldung der Benutzung erfolgt über die Anmeldung von Trassen zu den vorgegebenen Fristen. Die DB Energie AG sorgt für die Versorgung der elektrifizierten Strecken mit Strom und ist einzig möglicher Zulieferer für SVU, die auf dem deutschen Netz verkehren. Diese Monopolstellung sorgt bei anderen SVU für Unmut, da das Preissystem als zu hoch empfunden wird.453 Die Versorgung von SVU mit Dieselkraftstoff wird ebenfalls durch dieses Geschäftsfeld vollzogen. Hier stellt das Geschäftsfeld über 95 % der Tankstellen, so dass auch hier noch eine monopolartige Situation besteht. Die Abrechnung der Leistung von Strom und Diesel erfolgt nach dem Verursachungsprinzip, sieht darüber hinaus jedoch Rabattstufen bei hoher Inanspruchnahme vor. Von den konzerninternen Leistungen der DB Energie AG im Jahre 2005 fragte die DB FV einen Anteil von ca. 18 % der Energie nach.454 Bei dem Geschäftsfeld DB Dienstleistungen handelt es sich um unterstützende Dienstleistungen für alle übrigen Geschäftsfelder.455 Die Leistungen des Geschäftsfelds umfassen eine breite Angebotspalette.456 Hervorzuheben ist die DB Fahrzeuginstandhaltung, die für die DB-eigene Flotte und ebenso für Dritte Leistungen anbietet.

448 449 450 451 452 453 454 455 456

Für das Trassenpreissystem des Jahrs 2006 vgl. DB Netz AG (2005). Inklusive der Nutzung örtlicher Infrastruktur der Bahnhöfe für Rangier- und andere Zwecke. Vgl. Deutsche Bahn AG (2006c), S. 208 sowie Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 89. Vgl. Julitz (1998), S. 83 ff. Vgl. Deutsche Bahn AG (2006c), S. 208. Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 157. Vgl. Deutsche Bahn AG (2006c), S. 208. Vgl. Deutsche Bahn AG (2006c), S. 61. Hierunter fallen die DB Systems (IT-Dienstleister), DB Telematik (Planung, Realisierung und Betrieb von Telekommunikationslösungen), die DB Kommunikationstechnik (technische Instandhaltung), die DB Services (Systemdienstleister für Immobilien und Verkehr), die DB

80

4.3

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Transport und Logistik

Der Unternehmensbereich bietet Logistikdienstleistungen an. Er besteht aus den Geschäftsfeldern Stinnes, Schenker und Railion, verzeichnet hohe Zuwachsraten und wird gezielt durch Akquisitionen verstärkt und auf den globalen Logistikdienstleistungsmarkt ausgerichtet.457 Railion (ehemals DB Cargo) ist als einziges Geschäftsfeld auf den Schienenverkehrsmarkt fokussiert. Interdependenzen in der Planung zwischen DB FV und Railion bestehen insofern, als dass generelle Kapazitätsengpässe des Netzes zu Trassenkonflikten führen können, die jedoch weitestgehend durch die Trassenvergabepraxis entschärft werden.458 4.4

Konzernfunktionen

Nicht in einem Geschäftsfeld organisiert, sondern in das Konzernvorstandsressort Systemverbund Bahn integriert, sind schnittstellenübergreifende Aufgaben für die einzelnen Geschäftsfelder. Die Abteilungen Finanzen & Controlling, Personal sowie Marketing zentralisieren weitere Aufgaben der Geschäftsfelder. Hier werden Fragestellungen hinsichtlich des Finanzierungsbedarfs der Geschäftsfelder, der Beschaffung, technischer Aspekte sowie von Personal- (Identifikation, Auswahl, Entwicklung und Positionierung von Führungskräften sowie Gewinnung und Förderung von Fach- und Führungsnachwuchs)459 und Marketingaktivitäten460 (z.B. Organisation des Markenauftritts) behandelt.461 Durch die Durchführung dieser Aufgaben sollen Synergiepotenziale gesichert werden. Weiterhin werden technische Aspekte mit Bezug zu dem Gesamtsystem Bahn bearbeitet.462 Hierbei werden Fragestellungen der Technik und Beschaffung, des Qualitätsmanagements, des Umweltschutzes sowie der technischen Weiterentwicklung verantwortet.463 Die Aufnahme von Finanzierungsmitteln erfolgt zentral durch die DB AG. Hierdurch findet eine Bündelung der Finanzierungswünsche statt, wodurch entweder

457

458

459 460 461

462

463

Fahrzeuginstandhaltung und die DB Fuhrpark (Flottenmanagement insbesondere PKW) (vgl. Deutsche Bahn AG (2006c), S. 61). Akquisitionen von Schenker im Jahre 2002 sowie dem auf Luftfracht spezialisierten Logistikdienstleister Bax im Jahr 2006 (vgl. Deutsche Bahn AG (2006c), S. 87 u. 106). Güterverkehrstrassen besitzen bei Trassenvergabe die geringste Priorität (vgl. Abschnitt C.IV.4.2.3). Daher können die Planungen der DB FV ohne direkte Beachtung der Planungen von Railion durchgeführt werden. Vgl. Deutsche Bahn AG (2006c), S. 121. Vgl. Deutsche Bahn AG (2006c), S. 87 ff. Darüber hinaus existieren weitere Abteilungen, die für die einzelnen Geschäftsfelder Aufgaben durchführen und z.T. ebenfalls auf Geschäftsfeldebene existieren. Aus Vereinfachungsgründen wird jedoch im Rahmen dieser Arbeit nur auf die unmittelbar relevanten Abteilungen mit Bezug zur Planung der DB FV eingegangen. Die DB Systemtechnik als Bestandteil des Systemverbunds Bahn wird bspw. bei der Erstellung von Lastenheften neuer Fahrzeuggenerationen konsultiert. Die Bündelung von ingenieurswissenschaftlichem Know-how soll dabei zu Einsparungen und einer Kontrolle von Beschaffungen bei der Schienenverkehrsindustrie führen sowie das System Bahn insgesamt weiterentwickeln. (vgl. Krohn (2005), S. 38). Vgl. Deutsche Bahn AG (2006c), S. 94.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

81

ein Finanzmittelausgleich zwischen den Geschäftsfeldern durchgeführt oder für die externe Finanzierung gebündelt werden kann.464

III.

Funktionen, Aufgaben und Anforderungen

1.

Funktionen und Aufgaben des Planungssystems

Ein PLS wurde als der Teil des Unternehmens gekennzeichnet, welches Planungen durchführt und organisatorische Regelungen bereithält, um die einzelnen Subsysteme bzw. Planungssystemelemente zu koordinieren und auf die übergeordneten Unternehmensziele auszurichten.465 Da Änderungen der Umwelt im Laufe der Zeit auftauchen, wird deutlich, dass das PLS nicht statischer Natur sein kann, sondern sich ebenso wie die Umwelt in einem permanenten Anpassungsprozess an unternehmensinterne und –externe Rahmenbedingungen befindet. Für die an der Planerstellung beteiligten Mitarbeiter dienen die Regelungen und die Struktur als Orientierungshilfe. Damit reduziert das PLS der DB FV für die Mitarbeiter die Umweltkomplexität, da durch eine Dekomposition des Planungsproblems das komplexe Ursprungsproblem der Planung der Schienenverkehrsleistungserstellung schließlich für die Planungsträger in weniger komplexere und leichter zu lösende Teilprobleme zerlegt werden.466 2.

Anforderungen an das Planungssystem der DB Fernverkehr

Ein PLS hat eine Vielzahl an Anforderungen zu erfüllen.467 Genannt wurden u.a. die Langfristigkeit der Planung, ebenso die Anforderung der Wirtschaftlichkeit, der Planungsintegrität sowie der Flexibilität.468 Die Relevanz einzelner Anforderungen und der Grad der Ausgestaltung im Hinblick auf diese Anforderungen sind vor dem spezifischen Kontext des jeweiligen Unternehmens zu betrachten. Nach der Untersuchung der allgemeinen externen Umwelt eines SPFVU und dem situativen Kontext des Unternehmens DB AG können nun besonders relevante Anforderungen an das PLS abgeleitet werden. Wie gezeigt ist die Situation eines SPFVU von industriespezifischen Charakteristika geprägt.469 Es zeigte sich, dass von einem SPFVU im europäischen Markt die Unsicherheit470 über die Unternehmensumwelt (politisch-rechtliche, ökonomisch-

464

465 466 467 468 469

470

Die Aufnahme externer Finanzmittel erfolgt bei kurzfristig erforderlichen Finanzmitteln durch die DB AG, während langfristig wirksame Finanzierungsgeschäfte über die Konzernfinanzierungsgesellschaft Deutsche Bahn Finance B.V., Amsterdam/Niederlande abgewickelt werden (vgl. Deutsche Bahn AG (2006c), S. 87). Vgl. Abschnitt B.IV. Vgl. Berens / Delfmann (1995), S. 43; Reihlen (1997), S. 97 f. Vgl. Hellmich (1970), S. 50. Für eine Einführung verschiedener Anforderung vgl. Abschnitt B.IV.3. Eine Herleitung von Besonderheiten der betrieblichen Planung aufgrund der Unternehmensumwelt von SPFVU fand in Abschnitt C.V statt. Für eine Differenzierung von Unsicherheit in Risiko, Ungewissheit sowie Unwissenheit vgl. Fußnote 46. Die Situation der europäischen SPFVU scheint von Ungewissheit und Unwissenheit geprägt, da in Zeiten der Deregulierung häufig weder die zukünftigen Ausprägungen der Umwelt

82

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

wettbewerbliche, sozio-kulturelle Umwelt) als besonders hoch empfunden wird, da zurzeit eine hohe Umweltdynamik gegeben ist. Durch die Liberalisierung auf den Verkehrsmärkten sieht sich die DB FV einer höheren Wettbewerbsintensität gegenüber. Die neue Dynamik im intermodalen Wettbewerb zwischen Bahn und Luftverkehr seit Ende der 90er Jahre führte zu einer hohen Nachfrageunsicherheit für die DB FV.471 Zudem fürchtet die DB FV aufgrund eines weitreichend liberalisierten deutschen Marktes potenziellen intramodalen Wettbewerb. Obwohl diese Möglichkeit bisher erst von wenigen Unternehmen ergriffen wurde,472 stellt der mögliche Markteintritt eine ernstzunehmende Bedrohung dar und führt zu dem Anspruch, auf diese neuen Wettbewerber durch eine entsprechende Gestaltung der gesamten Leistungspolitik reagieren zu wollen. Diese allgemeine Nachfrageunsicherheit äußerte sich bereits in einer starken Diskrepanz der prognostizierten mit den erzielten Umsätzen, so dass die Planungen häufig korrigiert werden mussten.473 Allgemein wird bei einem Vorliegen von Unsicherheit von einem Bedarf an Flexibilität ausgegangen.474 Flexibilitätsbedarfe liegen aus systemtheoretischer Sicht immer dann vor, wenn „sich ein System in einem durch Unsicherheit gekennzeichneten Umsystem befindet, und diese Unsicherheit die Erreichung der Systemziele signifikant betrifft.“475 Durch die Marktliberalisierung können zudem neuartige Probleme in der Planung auftauchen. Durch eine Veränderung der Trassenvergabepraxis besteht Unsicherheit hinsichtlich der tatsächlichen Trassenverfügbarkeit aufgrund von zusätzlichem Verkehr auf dem Netz durch Wettbewerber und Güterverkehrsanbieter sowie dem Nahverkehr. In der Planung werden Fahrzeiten als Ausgangssituation zur Erstellung von Fahrplankonzepten berücksichtigt. In den letzten Jahren wurde hier jedoch seitens der DB FV eine geringe Verlässlichkeit registriert, es kam also zu Fahrzeitänderungen476 für einzelne Strecken,477 außerdem verzögerte sich die Inbetriebnahme neuer Infrastruktur. Diese

471

472 473 474 475 476

477

noch die Konsequenzen des Eintritts oder deren Eintrittswahrscheinlichkeiten bekannt zu sein scheinen. Eine von der DB FV beauftragte Studie kam zu dem Ergebnis, dass viele bisherige Bahnreisende das neue Angebot der Billigflieger in Anspruch nehmen (vgl. Nießing (2006), S. 113). Der Eintritt von Billigfliegern führte dazu, dass ein starker Preisverfall für Luftverkehrsleistung auf der Kurz- und Mittelstrecke einsetzte. Zusätzlich zu den Angeboten der Billigflieger senkte auch der Netzwerkanbieter Lufthansa seine Preise. Diese Aktionen im Luftverkehr führten zu Substitutionswirkungen bei anderen Verkehrsträgern. So musste die DB FV eine Abnahme von Marktanteilen auf wichtigen Relationen hinnehmen. (für die Auswirkungen der Billigflieger auf die DB FV vgl. Antes et al. (2004)). Vgl. Abschnitt C.IV.4.1. Vgl. Delhaes / Böhmer (2006a), S. 55. Vgl. Mayer (2001), S. 55; Damisch (2002), S. 88. Damisch (2002), S. 62. Für die Bedeutung von Fahrzeiten im Rahmen von Fahrplankonzepten vgl. Abschnitt C.IV.3.3 sowie Abschnitt D.VI.4.1.1. Aufgrund einer schwankenden Bundesfinanzmittelbereitstellung sowie falscher Anreizwirkungen für die Instandhaltung bei der DB Netz (vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 142 f.) können Verzögerungen oder Bauunterbrechungen auftreten.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

83

Arten von Unsicherheiten verlangen entsprechend nach anderen Dimensionen von Flexibilität. Im Folgenden soll die Anforderung der Flexibilität für das PLS der DB FV gemäß der Einteilung der hierarchischen Ebenen des PLS nach HAHN in eine strategische und eine operative Flexibilität erfolgen.478 Der Begriff als auch die Erreichung von Flexibilität sind in der Literatur nicht einheitlich definiert. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll Flexibilität zunächst allgemein verstanden werden als die Fähigkeit des PLS, durch „bewusste Handlungen das Verhältnis zu seiner durch Unsicherheit gekennzeichneten Systemumwelt […] reaktiv, aktiv und proaktiv selbständig zu gestalten.“479 Aufgrund der vorhandenen allgemeinen Unsicherheit hinsichtlich der Unternehmensumwelt (politischrechtliche, ökonomisch-wettbewerbliche, sozio-kulturelle Umwelt) erscheint es notwendig, eine ungerichtete Flexibilität aufzubauen, die sich entsprechend nicht auf einen spezifischen Flexibilitätsbedarf bezieht. Der Aufbau dieser Flexibilitätspotenziale bezieht sich hier auf eine langfristige Veränderung des Bestands an Potenzialen (Investitionen / Desinvestitionen) für das Produkt- und Leistungsprogramm, umfasst Veränderungen der Ziele des Geschäftsfelds sowie eine Anpassung der organisatorischen Struktur, um auf relevante Veränderungen der Unternehmensumwelt mit einer strategischen Entscheidung zu reagieren.480 Damit kann das Unternehmen grundsätzlich uneingeschränkt alle seine Gestaltungsparameter auf Anlässe vorbereiten, die grundsätzlich der Flexibilität bedürfen. Diese Ansatzpunkte beziehen sich auf die nach HAHN eingeführten hierarchischen Ebenen der generellen Zielplanung sowie der strategischen Planung.481 Diese Art der Unsicherheitsbewältigung soll im Folgenden mit strategischer Flexibilität482 charakterisiert werden. Davon abzugrenzen ist die operative Flexibilität.483 Hier ist der Betrachtungszeitpunkt wie auch die Reichweite der Entscheidung wesentlich enger gefasst. Sie bezieht sich auf die Fähigkeit, Anpassungen der Planung im Rahmen dieser gegebenen Ziele und Strategien des Unternehmens durchzuführen, also mittel- und kurzfristig bei gegebenem 478

479

480 481 482

483

Hierzu erfolgt eine Einteilung in strategische, operative und finanzielle Flexibilität gemäß MAYER (vgl. Mayer (2001), S. 71 ff.). Damisch (2002), S. 43; weitere Definitionen der Flexibilität von Autoren, die Flexibilität als reaktive oder aktive Anpassung verstehen vgl. bspw. Hillmer (1987), S. 21; Hanssmann (1993), S. 227; Janssen (1997), S. 17; Meffert (1969), S. 779 ff.; Schneeweiß (1992), S. 141; Wicharz (1983), S. 137. Vgl. Ansoff / Brandenburg (1971), S. 709 ff.; Mayer (2001), S. 72 ff.; Volberda (1996), S. 118. Für eine Übersicht der Planungsinhalte der einzelnen Ebene vgl. Abschnitt B.IV.2.3. Für eine Herleitung und eine Definition der hier eingeführten strategischen Flexibilität vgl. Mayer (2001), S. 77. Die hier eingeführte operative Flexibilität entspricht damit der operative responsiveness von ANSOFF / BRANDENBURGER zur Varietät des „Throughputs“, insbesondere ausgelöst durch Preisoder Nachfrageänderungen (vgl. Ansoff / Brandenburg (1971) S. 709 ff.); CARLSSON grenzt die operative Flexibilität aufgrund eines kurzfristigen zeitlichen Horizonts von einer taktischen und strategischen Flexibilität ab (vgl. Carlsson (1989), S. 186 ff.); bei VOLBERDA wird die operating flexibility als Flexibilität gesehen, die bei gegebenen Strukturen und Zielen eine Änderung des Aktionsprogramms vorsieht (vgl. Volberda (1998), S. 118). Für eine Abgrenzung des Flexibilitätsverständnisses der aufgeführten Autoren vgl. Mayer (2001), S. 71 ff.).

84

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Produktprogramm lediglich Programme und Aktionen zu verändern.484 Da es sich um gegebene organisatorische Rahmenbedingungen handelt, wird im Rahmen der hier verstandenen operativen Flexibilität versucht, kurzfristig in der Planung das zukünftige Aktivitätsniveau zu variieren sowie Veränderungen von weiteren Planungsprämissen (z.B. Fahrzeitänderungen, Trassenverfügbarkeit, etc.) bestmöglich in der Planung zu berücksichtigen. Damit rückt innerhalb der operativen Flexibilität die Schnelligkeit der möglichen Reaktion in den Mittelpunkt der Betrachtung. Abbildung D-1 verdeutlicht die Reichweite und die Abgrenzung der strategischen und operativen Flexibilität. Deutlich wird der Unterschied auch durch die unterschiedliche Zielsetzung. So hat die strategische Flexibilität das Ziel, bei vorhandener Unsicherheit den zukünftigen Unternehmenswert zu maximieren, während die operative Flexibilität bei vorhandenen Rahmenbedingungen lediglich auf eine Maximierung des Deckungsbeitrags ausgerichtet sein kann. Ziel: Maximaler Unternehmenswert Ergebnisse: • Produkte / Produktprogramme bezogen auf spezielle Märkte • Potenziale (Investitionen / Desinvestitionen) • Strukturen (Aufbau- u. Ablauforganisation) • Systeme

Generelle Zielplanung

Strategische Flexibilität

Strategische Planung

Operative Planung

Operative Flexibilität

Umweltinformationen

Ziel: Maximaler Deckungsbeitrag Ergebnisse: • Produktprogramme • Programme • Aktionen

Durchführung

Vorgaben, Steuerungsinformationen

Informationen über Rahmenbedingungen

Feedback, Kontrollinformationen

Abbildung D-1: Abgrenzung der strategischen und operativen Flexibilität485

Wie in der Analyse zur Unternehmensumwelt herausgestellt, existieren weiterhin hohe Fixkosten im Betrieb sowie eine hohe Spezifität der Betriebsmittel. Hierdurch wiegen Veränderungen der externen Unternehmensumwelt, und insbesondere der Fluktuation der Nachfrage nach Schienenverkehrsleistungen, besonders schwer, so dass die geforderte Flexibilität durch eine Begrenzung der Ergebniswirkungen von kapazitativen Veränderungen eingeschränkt wird. Aus diesem Grund sind schon bei Entscheidungen über Investitionen in die eigene Flotte sowie in die Infrastruktur Überlegungen über noch akzeptable Ergebnisse bei unterschiedlichen Entwicklungspfaden über den gesamten Planungshorizont anzustellen. Diese Anforderung für ein PLS, einen „robusten“ Plan zu finden, soll als Robustheit486 bezeichnet werden. Sie bezeichnet konkret „die Unempfindlichkeit eines Objekts bzw. Systems gegenüber (zufälligen) Umweltein484 485 486

Vgl. Mayer (2001), S. 78. In Anlehnung an Mayer (2001), S. 78. Die Anforderung der Robustheit wird erhoben bei Scholl (2001), S. 2; MELLWIG benutzt hierfür den Begriff der Stabilität der Planung (vgl. Mellwig (1979), S. 157 ff.).

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

85

flüssen.“487 Die Robustheit eines Plans soll damit als die Eigenschaft gesehen werden, deren Realisierung „für (nahezu) jede denkbare zukünftig eintretende Umweltlage zu guten bzw. akzeptablen Ergebnissen im Hinblick auf die bei der Planung verfolgten Ziele führt.“488 Durch die angesprochenen hohen zu tätigenden Investitionen in Schienenfahrzeuge sowie in Instandhaltungsanlagen, die zu hohen Fixkostenbelastungen führen, wird die Auswahl einer robusten Strategie innerhalb des PLS der DB FV besonders wichtig. Beziehen sich die vorgenannten Anforderungen der strategischen und operativen Flexibilität auf Eigenschaften bzw. Abläufe innerhalb des PLS, handelt es sich bei der Robustheitsanforderung um den einzelnen Plan. Robustheit weist einen hohen Bezug zur Flexibilität auf und wird deshalb auch als passive Flexibilität bezeichnet, da bei robusten Planungen keine Planänderungen zu erfolgen haben. Im Rahmen dieser Betrachtung wird die Robustheit dem Oberbegriff der Flexibilität zugeordnet. Planungsintegrität489 wird als weitere relevante Anforderung an das PLS der DB FV gesehen, welche sich nicht aus der externen Unternehmensumwelt, sondern vielmehr aus der aufgezeigten hohen Komplexität der Unternehmensumwelt sowie der Leistungserstellung und der Stellung der DB FV innerhalb des Konzerns DB AG ergibt. Ebenso wurde bereits bei den vorgestellten Anforderungen im Grundlagenteil gezeigt, dass Planungsintegrität eine zentrale Anforderung an ein PLS darstellt und in der Literatur intensiver diskutiert wird. Ein Unternehmen muss eine integrierte Gesamtplanung durchführen, bei welcher die einzelnen Teilplanungen zusammengefasst und aufeinander abgestimmt werden.490 Durch die aufgezeigten Abhängigkeitsbeziehungen der einzelnen Geschäftsfelder sowie durch die hierarchische Beziehung der Konzernleitung zur DB FV wird eine solche Abstimmung der DB AG mit den Teilplanungen der DB FV sowie innerhalb der DB FV besonders wichtig. Darüber hinaus sind weitere im Grundlagenteil eingeführte Anforderungen zu beachten, die jedoch im weiteren Verlauf nur am Rande betrachtet werden. So stellt bspw. die Gewährleistung der Effizienz in der Planung von EVU ein angestrebtes Ziel dar, insbesondere aufgrund der Historie als ehemaliges Staatsunternehmen, welches sich durch einen hohen Personalanteil sowie ineffiziente Prozessabläufe auszeichnet. Da jedoch diese sowie weitere eingeführte Anforderungen (z.B. Gesamtheit / Vollständigkeit der Planung) zumeist nur allgemein genannt werden, ohne in der Literatur inhaltlich weiter spezifiziert zu werden, erscheint es notwendig, eine Fokussierung auf die eingeführten und als besonders relevant aufgezeigten und in der Literatur aufgegriffenen Anforderungen zu vollziehen. Zusammenhänge zu weiteren Anforderungen wie bspw. der oben angesprochenen Effizienz sollen in Ansätzen mit aufgegriffen werden.

487

488 489

490

Scholl (2001), S. 93; vgl. ebenso Abschnitt B.IV.3.3 für einen Überblick der allgemeinen Anforderungen an PLS. Scholl (2001), S. 93. Planungsintegrität gilt als eine der wichtigsten Anforderungen an PLS und wird daher von vielen Autoren aufgegriffen (vgl. bspw. Fandel (1983), S. 483 ff.; Hahn / Hungenberg (2001), S. 81 ff; Koch (1982), S. 18 ff.; Mellwig (1979), S. 157 ff; Naumann (1982), S. 116; Rollberg (2001), S. 21 ff.). Vgl. Macharzina / Wolf (2005), S. 406.

86

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Bevor die Anforderungen der strategischen und operativen Flexibilität sowie der hiermit zusammenhängenden Robustheit und der Anforderung der Planungsintegrität im folgenden Kapitel E inhaltlich näher spezifiziert werden und Mechanismen zur Erreichung dieser Anforderungen sowie deren Beziehungen untereinander vorgestellt werden, soll zunächst das PLS im Folgenden analysiert werden, um hierauf aufbauend die Analyse der Anforderungserfüllung vornehmen zu können.

IV.

Aufbauorganisation und Planungsfelder

Die Aufbauorganisation des PLS konstituiert die organisatorischen Strukturen, in denen sich die Planung vollzieht. Abbildung D-2 stellt diese Organisation für das Geschäftsfeld der DB FV vor. Die hier aufgeführten Abteilungen üben direkte oder indirekte Planungsaufgaben aus. DB FV Vorstand

Linienabteilung Stabsabteilung Geschäftsentwicklung

Netz- und Kapazitätsmanagement

Zielgruppenmanagement und Vermarktung

Produktion

Personal und Bordservice

Finanzen / Controlling

Abbildung D-2: Organisatorische Aufbaustruktur der DB Fernverkehr AG491

Das PLS der DB FV kann weiterhin als Subsystem des PLS des gesamten Konzerns gesehen werden. Enge Absprachen sind dabei für die generelle Zielplanung, die strategische Planung und die gesamtunternehmensbezogene Ergebnis- und Finanzplanung notwendig.492 Die DB AG kann als ein mehrstufig aufgebauter Konzern mit primär produktorientierter Aufbauorganisation charakterisiert werden.493 Das Geschäftsfeld DB FV weist dann eine funktionsorientierte Organisationsstruktur auf.494 Der Konzern ist nach dem Holding-Konzept strukturiert und die DB FV trägt als produktiver Gliedbetrieb hierin Ergebnisverantwortung.495 Die vorgestellte Aufbauorganisation besteht seit Anfang des Jahres 2005. Insbesondere in der Stellung der DB FV zum Konzern wurden Änderungen vollzogen. Vor Einführung dieser Aufbauorganisation auf der Unternehmensbereichsebene Personenverkehr existierte eine weitere Hierarchieebene mit einem Bereichsvorstand. Seit Einführung der neuen Organisationsstruktur wurde auf diese Zwischenebene verzichtet, wodurch

491 492 493 494

495

Basierend auf der Aufbauorganisation der DB FV mit Gültigkeit ab dem 01.07.2005. Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 772. Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 772. Für eine Differenzierung unterschiedlicher Organisationsstrukturen vgl. bspw. Frese (2000), S. 355 ff. Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 779.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

87

eine Abstimmungsstufe und somit erhöhter Koordinationsaufwand vermieden werden sollte, gleichzeitig jedoch ein höherer Koordinationsaufwand der Geschäftsfelder untereinander entsteht. Die DB FV wird seitdem von vier Vorständen geführt, die einzelne Abteilungen496 verantworten und direkt an den Vorstand des Konzerns berichten. Die Abteilungen Finanzen / Controlling sowie Personal- und Bordservice nehmen Querschnittsfunktionen ein und sind zudem in die Planung von auf Konzernebene ansässigen Abteilungen eingebunden. Diese Abteilungen übernehmen nicht das volle Spektrum an planerischen Aufgaben, die ein selbständiges Unternehmen durchzuführen hätte.497 Außerdem nehmen weitere Abteilungen bzw. Geschäftsfelder des Konzerns andere originäre Aufgaben eines SPFVU für die DB FV wahr (bspw. Vertriebsaktivitäten, gesamtwirtschaftliche Entwicklungsprognosen, Einkaufsplanung)498 Die als Stabstelle geführte Abteilung Geschäftsentwicklung beschäftigt sich mit Fragestellungen, die von Vorstandsseite als besonders relevant eingestuft werden.499 Ihre Aufgabe besteht neben der Initiierung insbesondere in der Kontrolle (Projektfortschritt und Ergebniskontrolle) von Projekten, die von anderen Abteilungen durchgeführt werden.500

496

497

498

499

500

Die DB AG differenziert Ressorts, Bereiche sowie Abteilungen, wobei letztere auf hierarchisch unterer Ebene stehen. Für die weitere Betrachtung wird dieser Differenzierung aus Vereinfachungsgründen nicht gefolgt, stattdessen wird allgemein von einzelnen Abteilungen gesprochen. Der Konzern verspricht sich hierdurch Spezialisierungsvorteile und die Vermeidung von Doppelarbeiten der einzelnen Geschäftsfelder. So verantwortet bspw. die Abteilung Finanzen & Controlling des Geschäftsfelds DB FV nicht die Planung zur Gestaltung der Finanzierungsstrukturen. Diese Planungen werden für alle Geschäftsfelder auf Konzernebene wahrgenommen. Vgl. hierfür ebenfalls Abschnitt D.II.4.4 sowie die Ausführungen mit Bezug zur Konzernplanung innerhalb der Analyse der einzelnen Abteilungen. Eine mit Stabsaufgaben beauftragte Stelle unterstützt die Linienabteilungen, indem diesen Entscheidungshilfen geliefert werden (vgl. Frese (2000), S. 346 f.). Als weitere Stelle mit Stabsstellencharakter kann die Controllingabteilung als Subabteilung der Abteilung Finanzen & Controlling klassifiziert werden. Auf diese Detaillierung wird an dieser Stelle jedoch verzichtet, da dies in den speziellen Ausführungen zur Abteilung herausgestellt wird (vgl. Abschnitt D.VI.5.1.1). Da die Abteilung Geschäftsentwicklung als Stabsabteilung organisiert ist und keine Primäraktivitätsplanung (vgl. Abbildung D-3 auf S. 88) wahrnimmt, wird sie im Rahmen der Planungssystemanalyse nicht separat betrachtet.

88

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Abstimmungen Konzern (C.V)

Netz- u. Kapazitätsmgmt. (Fahrplanplanung) (C.VI.4.1)

Produktion Zielgruppenmgmt. (Fahrlagen-, Umlauf-, u. Vermarktung Personaleinsatzplanung) (Preis-, Marketing(C.VI.4.2 / C.VI.4.4). planung) (C.VI.4.3)

plan ung

Flottenplanung (div. Abteilungen) (C.VI.3.3.)

-

Vorbereitende Planungen (C.VI.2/3)

is ebn Erg

Sekundäraktivitätsplanung

Finanzen / Controlling (C.VI.5) Personal- u. Bordservice (C.VI.4.4.)

Primäraktivitätsplanung

Abbildung D-3: Wertkettenbezogene Planungsfelder der DB Fernverkehr AG501

Ausgehend von den einzelnen Abteilungen sowie den vorgestellten Aufgaben, die durch das PLS zu erfüllen sind, lässt sich nun das im Grundlagenteil eingeführte Konzept der wertkettenbezogenen Planungsfelder auf die DB FV anwenden (vgl. Abbildung D-3).502 Dargestellt sind die Planungsfelder, die im Rahmen der durchgeführten Analyse betrachtet werden. Die Primäraktivitätsplanung setzt sich zusammen aus der strategischen Flottenplanung, die von diversen Abteilungen verantwortet wird. Sie stellt die von der DB FV wahrgenommene Potenzialmittelplanung dar. Die Planungen zur betrieblichen Leistungserstellung sind verteilt auf die drei Abteilungen Netz- und Kapazitätsmanagement, Produktion sowie Zielgruppenmanagement und Vermarktung. Die durchzuführenden Sekundäraktivitätsplanungen bestehen aus Planungen der Abteilung Finanzen / Controlling, die wesentliche Bestandteile der Primäraktivitätsplanung kontrolliert und ebenfalls die finanzielle Ergebnisplanung des Geschäftsfelds verantwortet.503 Die Abteilung Personal und Bordservice unterstützt den Konzern bei Fragestellungen hinsichtlich der Mitarbeiterqualifikation sowie bei Fragestellungen zur Führungskräfteentwicklungsplanung und –vergütung.504 Durch die Einbindung der Planungen in die gesamtunternehmensbezogene Planung des DB Konzerns ergeben sich besondere Abstimmungsnotwendigkeiten (Abstimmungen Konzern), auf die näher eingegangen wird. Ebenfalls notwendig sind vorbereitende Planungen, welche als Grundlage für die Primäraktivitätsplanungen herangezogen werden. Hierunter sind die generelle Zielplanung sowie die strategischen Planungen zur Unternehmens- und Umweltanalyse, zu Kooperationen und Beteiligungen sowie zur Unterstützung der Infrastrukturplanung gefasst worden, wobei letztere von der DB Netz verantwortet wird.

501

502 503

504

In Anlehnung an PORTER (vgl. Porter (1985), S. 37); in einer weniger komplexen Variante für den Schienenverkehr vgl. Kaufhold / Albers (2005b), S. 39. (Abteilungen in fetter Schrift). Vgl. Abschnitt B.IV.3.1. Die Finanzplanungen des Geschäftsfelds werden dabei überwiegend von Konzernseite wahrgenommen (vgl. Abschnitt D.VI.5). Die Abteilung verantwortet ebenfalls die Personaleinsatzplanung der Zugführer und des Bordpersonals, welches eine Primäraktivitätsplanung darstellt (vgl. Abbildung D-3 auf S. 88).

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

89

Die Analyse dieser wertkettenbezogenen Planungsfelder wird im Rahmen der vorgestellten hierarchischen Differenzierung eines PLS nach HAHN durchgeführt.505 Nach einer Analyse der Einbindung in die gesamtunternehmensbezogene Planung (Abstimmung Konzern) der DB AG wird zunächst auf die Unternehmenskultur als das PLS beeinflussende Größe eingegangen.506 Im Anschluss werden dann die unterschiedlichen hierarchischen Teilpläne (generelle Zielplanung, strategische und operative Planung sowie Ergebnis- und Finanzplanung) der DB FV analysiert.

V.

Einbindung in die gesamtunternehmensbezogene Planung

Die Unternehmensplanung der DB AG findet im Rahmen einer revolvierenden Planung statt.507 So wird die Planung des nächsten Jahres (Planungsjahr) detailliert vollzogen sowie eine Planung für zeitlich entfernt liegende Jahre auf einem niedrigeren Detailliertheitsniveau durchgeführt. Es findet somit eine jährliche Überarbeitung (Konkretisierung, Überprüfung, Änderung) aller Planungsebenen statt. Der Planungsprozess der DB FV ist eingebunden in die konzernweite Planung der DB AG, die für die einzelnen Geschäftsfelder einen zeitlichen Rahmen vorgibt, innerhalb dessen bestimmte Ergebnisse der einzelnen Geschäftsfelder vorzuliegen haben. Unterjährig gilt es, die Ablauffolge von genereller Zielplanung, strategischer Planung, operativer Planung sowie der begleitenden gesamtunternehmungsbezogenen Ergebnis- und Finanzplanung zu regeln sowie die entsprechende zeitliche und inhaltliche Integration dieser einzelnen Planungsebenen untereinander zu bewerkstelligen.508 Der Erstellungsaufwand der Planungsebenen ist insbesondere bei der generellen Zielplanung und bei Teilen der durchzuführenden strategischen Planung abhängig von den Rahmenbedingungen der einzelnen Jahre (bspw. Entscheidungszeitpunkte für Infrastruktur). Der Umfang der operativen Planung sowie der Ergebnis- und Finanzplanung bleibt jedoch jährlich in etwa gleich und nimmt aufgrund der hohen eingeforderten Detailliertheit der Planung zudem einen Großteil der planerischen Ressourcen in Anspruch. Der Planungshorizont der DB FV bestimmt sich aus den begleitenden Planungen509 zur Infrastruktur- und Flotteninvestition und beträgt ca. 15 Jahre. Die operative Planung erstreckt sich über einen Zeithorizont von fünf Jahren, für welche detaillierte Ergebnisplanungen erstellt werden. Die Durchführung der generellen Zielplanung ist Aufgabe der obersten Unternehmensleitung, fällt somit dem Konzernvorstand zu und ist nicht Aufgabe des Vorstandes der DB FV. Dieser kann jedoch versuchen, die generelle Zielplanung mit zu beeinflussen.510 Die strategische Planung sowie die durchzuführende 505 506

507

508 509

510

Vgl. Abschnitt B.IV.2.3. Für die Wirkungen der Unternehmenskultur auf die Planung vgl. Mag (1995), S. 186 ff. sowie Abschnitt B.IV.3.2. Vgl. z.B. Wild (1974), S. 176; das Prinzip der revolvierenden Planung wird zudem häufig als rollende Planung bezeichnet (vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 103 ff.). Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 957 ff. für die Inhalte der Ebenen vgl. Abschnitt B.IV.2.3. Die DB Netz verantwortet die eigentliche Infrastrukturplanung bzw. die Infrastrukturinvestitionen, so dass die DB FV die originäre Infrastrukturplanung begleitet bzw. unterstützt. Die für die DB FV relevanten Ziele werden in Abschnitt D.VI.2 erörtert.

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

operative Planung der DB FV werden in dem vorgegebenen Rahmen der generellen Zielplanung des Konzerns durchgeführt. Die gesamtunternehmensbezogene Ergebnis- und Finanzplanung begleitet und kontrolliert alle Teilplanungskomplexe, erstreckt sich jedoch insbesondere auf den Zeithorizont von fünf Jahren. 1.

Abfolge der unterschiedlichen Planungsprozessschritte

Die konzernweite zeitliche und inhaltliche Koordination erfolgt bei der DB AG durch einen so genannten Planungskalender, in welchem für ein Gesamtjahr inhaltliche Aufgaben differenziert nach Zuständigkeiten vor Beginn eines jeden Planungsjahres mit festen Terminvorgaben spezifiziert werden. Die Geschäftsfelder differenzieren die Vorgaben für die einzelnen Abteilungen, dort werden sie weiter bis hin zu personellen Verantwortlichkeiten delegiert (hierarchische Planung). Der Ablauf der Planung erfolgt dabei sukzessive511 (generelle Zielplanung → strategische Planung → operative Planung), wobei insbesondere während der Erstellung der Planungsebenen der strategischen und operativen Planung die begleitende Ergebnis- und Finanzplanung durchgeführt wird. Die Tätigkeitsarten innerhalb der einzelnen Teilplanungen umfassen dabei eine Vorschau über Ziele sowie mögliche Maßnahmen, die Analyse bzw. Quantifizierung von Maßnahmenwirkungen, die Diskussion und die Koordination von Aufgaben sowie schließlich die vorläufige und endgültige Beschlussfassung über die Geschäftsaussichten,512 welche durch den Aufsichtsrat der DB FV und schließlich seitens des Aufsichtsrats der DB AG bestätigt wird. Das Ende eines Planungsjahres geht mit der Einführung einer neuen Fahrplanperiode einher, welche europaweit im Dezember beginnt.513 Nach diesem Zeitpunkt wird somit die Planung realisiert, und es kommt zu einer Kontrolle der geplanten Ergebnisse (Plan-Ist-Kontrolle), welche im Folgejahr wiederum Eingang in die Planung finden. Die im Planungskalender aufgeführten Aufgaben bestehen aus drei wesentlichen Blöcken, welche sich unterschiedlichen hierarchischen Ebenen der Planung nach HAHN zuordnen lassen. Dabei handelt es sich um den Strategischen Managementprozess (SMP), die Prämissen-, Programm-, und Zielklausur (PPZ) sowie die Budget- und Mittelfristplanung (Mifri). Der SMP kann der Ebene der generellen Zielplanung zugeordnet werden, während die PPZ die strategische Planung der einzelnen Geschäftsfelder darstellt. Die Mifri schließlich stellt eine Kombination der operativen Planung sowie der Ergebnis- und Finanzplanung dar.514 Im Folgenden sollen diese einzelnen Planungsebenen inhaltlich näher spezifiziert werden.

511

512 513 514

Da sich die von der DB AG abgegrenzten Teilplanungskomplexe in ihren Inhalten überschneiden, kann ebenfalls von einer überlappenden Planung ausgegangen werden (vgl. z.B. Wild (1974), S. 171 f.). Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 957. Vgl. Abschnitt C.IV.4.2.3. Eine völlig überschneidungsfreie Zuordnung der einzelnen Planungsebenen lässt sich kaum bewerkstelligen, da innerhalb der von dem Konzernvorstand abgegrenzten Phasen Überschneidungen bzw. Kopplungen der einzelnen Planungsebenen erfolgen.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

1.1

91

Strategischer Management Prozess

Ausgangspunkt eines neuen Planungsjahres ist der so genannte Strategische Management Prozess (SMP). 515 Der Ablaufprozess des SMP sieht zunächst eine Bekanntgabe der Rahmenbedingungen des gesamten Planungsprozesses vor (Planungskalender). Der gesamte Prozess beginnt bereits im Herbst mit der Erarbeitung von Vorstandsvorlagen durch zentrale Konzernstäbe und findet dann schwerpunktmäßig im Verlauf des ersten und zweiten Quartals eines jeden Jahres statt.516 Hierbei wird eine Diskussion über die Ziele für den gesamten Konzern durchgeführt und diese verabschiedet. Für die Diskussion der Ziele des Gesamtkonzerns bringen die einzelnen Geschäftsfelder Vorschläge in Form schriftlich fixierter Vorstandsvorlagen ein, die langfristige Auswirkungen auf das eigene Geschäftsfeld haben, daher strategischer Natur sind (bspw. Flotteninvestitionsentscheidungen) und auf Basis früherer Entwicklungen erstellt werden. Durch das Einbringen von Vorschlägen der einzelnen Geschäftsfelder werden innerhalb dieses Planungsabschnitts bereits wesentliche Elemente der strategischen Planung festgelegt und die generelle Zielplanung des Konzerns sowie die abgeleiteten Ziele für die einzelnen Geschäftsfelder mit beeinflusst. Ergänzt werden die Vorschläge der Geschäftsfelder durch Vorstandsvorlagen der Zentralabteilungen des Konzerns. Hierdurch wird dem Konzernvorstand ein objektiveres Bild der einzelnen Geschäftsfelder vermittelt, da die Sicht der Geschäftsfelder von Bereichsinteressen beeinflusst sein könnte. Der Nachteil liegt dabei in doppelter Ressourcenvorhaltung. Das Ergebnis des SMP stellt die abgeleiteten Unternehmensziele dar und legt die langfristige Konzernstrategie fest. Aufgrund des jährlich revolvierenden Charakters auch dieser Planungsebene findet ein Vergleich mit den Ergebnissen des Vorjahres statt, so dass eine Bestätigung der Ausrichtung erfolgen kann oder aber Ziele aufgrund der vergangenen Entwicklungen abzuändern sind. Die Kommunikation der erarbeiteten Ziele für den Gesamtkonzern und der daraus abgeleiteten Ziele der einzelnen Geschäftsfelder geschieht schließlich verbindlich durch den Konzernvorstand an die Vorstände der einzelnen Geschäftsfelder (Top-Down). 1.2

Prämissen-, Programm- und Zielklausur

Die Prämissen-, Programm- und Zielklausur (PPZ) konkretisiert wesentliche Inhalte der strategischen Planung der einzelnen Geschäftsfelder. Sie dient der Festlegung der Rahmenbedingungen für die Planung dieser Geschäftsfelder für einen Planungshorizont von fünf Jahren. Sie bewegt sich entsprechend in dem abgesteckten Rahmen der Ziele des SMP. Die PPZ beschreibt einen stattfindenden Prozess, welcher schließlich in einer Klausurtagung endet. Zeitlich vor dieser Tagung finden Vorgespräche zwischen den Konzernvorständen und den Vorständen der DB FV in der ersten Hälfte des zweiten Quartals eines jeden Jahres statt. Ergebnis der Klausurtagung sind damit die Prämissen, Programme und Ziele für die einzelnen Geschäftsfelder. Unter den Prämissen werden die

515

516

Die folgende Charakterisierung des Planungsprozesses basiert auf dem durchgeführten Planungsprozess des Jahres 2006. Vgl. Deutsche Bahn AG (2006d), S. 4.

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

von der DB FV nicht zu beeinflussenden externen Rahmenbedingungen verstanden. Hierunter sind im Wesentlichen die Punkte (1) Konjunktur / Gesamtmarktentwicklung, (2) Tarifentwicklung (Löhne), (3) Entwicklung des Materialaufwands, (4) Trassenentgelte, (5) Konzernumlage und (6) Baumaßnahmen bzgl. der Infrastruktur für die einzelnen Jahre des 5-jährigen Planungshorizonts zu verstehen. Prämissen bilden das Gerüst für die darauf aufbauenden Programme. Unter diesen werden bei der DB FV zielorientierte Aktionen mit und ohne Potenzialänderungen verstanden.517 Es handelt sich somit um Aktionen mit Kosten- und Erlöswirkungen, die differenziert für die einzelnen Abteilungen und deren Maßnahmen zu erstellen sind. Im Rahmen dieser Planungsebene findet eine erste Grobplanung der Programme statt, während auf der nachfolgenden Planungsstufe eine ausdifferenzierte Planung vorzuliegen hat. Schließlich findet in der PPZ auf Basis der Prämissen und Programme ein verbindlicher Beschluss über die gesetzten Ziele statt. Die hier beschlossenen Ziele der einzelnen Geschäftsfelder werden dabei auf solche reduziert, die direkten wirtschaftlichen Bezug aufweisen und quantifiziert werden können.518 Dabei werden Finanzziele (u.a. Betriebsergebnis II,519 Nettoverschuldung, ROCE, Rohertragsmarge, Produktivitäten / Nutzungsgrade520), Marktziele (u.a. Marktanteilsentwicklung für bestimmte Regionen), Prozessziele (u.a. Pünktlichkeit, Qualität) und Kompetenzziele (z.B. Kenntnis internationaler Märkte aufbauen) festgelegt.521 Die PPZ stellt ebenfalls den eigentlichen Auftakt zur Erstellung des Budgets dar,522 welches am Ende des Planungsjahres vorzuliegen hat und schließlich endgültig im Planungsstadium der Mifri erstellt und beschlossen wird. Unter einem Budget wird ein in „quantitativen (insbesondere finanziellen) Größen dargestellter Plan, der sich auf einen bestimmten Zeitraum bezieht“523, verstanden. Der Zweck eines Budgets besteht in der Begrenzung der Aktionsspielräume der nachgeordneten Mitarbeiter und koordiniert deren Entscheidungen.524 Die Funktionen eines Budgets können in mehreren Punkten

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518

519

520

521 522 523 524

HAHN führt eine Unterscheidung in eine Programm- und Potenzialplanung (strategische Planung) sowie eine Programm- und Aktionsplanung (operative Planung) durch. Erstere verändert die gegebenen Potenziale (z.B. Personal- u. Betriebmittelplanung sowie kapazitative Größenplanung), letztere findet bei vorhandenen Potenzialen statt (z.B. Maßnahmen und Prozessplanung bei gegebenen und geplanten Potenzialen) (vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 86 f.). Bei den von der DB FV entwickelten Programmen handelt es sich somit um Maßnahmen, die sowohl der strategischen als auch der operativen Planung nach HAHN zugerechnet werden können. Im Rahmen der durchzuführenden Planung zur Budgeterstellung interessieren in erster Linie ökonomische Ziele (vgl. Mag (1995), S. 48), jedoch strebt die DB FV neben diesen ebenfalls weitere Ziele an, die in Abschnitt D.VI.2 näher erläutert werden. Das Betriebsergebnis II (BE II) bezieht sich auf die zweite Deckungsbeitragsebene. (für die im Unternehmen eingesetzte Deckungsbeitragsrechnung vgl. Abschnitt D.VI.5.1). Produktivitäten und Nutzungsgrade der Schienenfahrzeuge weisen einen direkten Bezug zu den resultierenden variablen Kosten auf und beeinflussen damit die Finanzziele. Vgl. Deutsche Bahn AG (2006d). Für die Inhalte und den Zeitpunkt der Beschlussfassung über das Budget vgl. Abschnitt D.V.1.3. Laux / Liermann (1997), S. 207; vgl. ebenfalls Kloock (1980), S. 379 f. Vgl. Laux / Liermann (1997), S. 207; EWERT / WAGENHÖFER weisen darauf hin, dass „Budgetierung nichts anderes als gewinnorientierte Planung und Kontrolle und ein Budget folglich das Ergebnis der Planung ist“ (Ewert / Wagenhofer (2003), S. 464).

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

93

gesehen werden:525 So erlauben ein Budget ein präzises Nachdenken über die künftig erzielbaren Erfolge (Induktion einer aktiven Beeinflussung von Umweltentwicklungen). Es findet eine Koordination aller Aktivitäten (wertmäßiges Ergebnis der Planung als Resultat einer gegenseitigen Abstimmung) statt. Zudem erlaubt es eine Förderung der Kommunikation / Identifizierung von Engpass- bzw. Problembereichen (Erfolgreiche Budgetabstimmung nur durch intensiven Informationsaustausch). Schließlich dienen Budgets als Messlatte zur Beurteilung der Manager (Budgetvorgaben als Anhaltspunkte für erwartete Erfolgsbeiträge).526 Die hier genannten Funktionen stellen lediglich Eigenschaften dar, die aufgrund asymmetrisch verteilter Informationen sowie möglicher Zielkonflikte zwischen der Konzernleitung und dem Management der DB FV von der Budgetierung als Koordinationsinstrument erwartet werden sollte.527 Die Beschlussfassung zur PPZ geschieht in einem iterativen Prozess. Ausgangspunkt sind die in einem Top-Down-Prozess vorgegebenen Ziele für die DB FV. Auf Basis einer Grobplanung der durchzuführenden Programme wird geprüft, ob eine Zielerreichung realistisch erscheint. Tendenziell wird es sich hierbei um ambitionierte Ziele handeln, um die einzelnen Geschäftsfelder zu höheren Anstrengungen zu bewegen. Die DB FV führt dementsprechend eigene Analysen durch, die insbesondere von den Abteilungen Netz- und Kapazitätsmanagement, Zielgruppenmanagement und Vermarktung sowie der Produktionsabteilung verantwortet und von der Controllingabteilung unter Beteiligung der Geschäftsentwicklung koordiniert werden (dezentrale Planung). Die Ergebnisse des Programmentwurfs gehen zunächst als Vorstandsvorlagen der einzelnen Abteilungen an den Vorstand der DB FV und nach möglichen Iterationsläufen innerhalb des Geschäftsfelds vor Ablauf des zweiten Quartals zurück an die Konzernvorstände (Bottom-Up). Die vorab geäußerten Zielvorstellungen der Konzernvorstände können durchaus von den errechneten Zielen der Geschäftsfelder abweichen. Daher werden die ursprünglichen Ziele entweder bestätigt oder angepasst (Rekursionsprinzip), und gegebenenfalls werden weitere Planüberarbeitungen der Geschäftsfelder eingefordert. Die endgültige Festlegung der Ziele basiert auf einer Vorschau über die Ergebnisse des laufenden Geschäftsjahres. Hierzu finden bei der DB FV quartalsweise Auswertungen der Verkaufsergebnisse statt, so dass die aktuellsten Daten als Aufsatzpunkt für die Festlegung fungieren. Hierbei wird der Konflikt zwischen dem Eingang möglichst aktueller Daten528 sowie der benötigten Zeit zur Erstellung einer qualitativ

525 526

527 528

Vgl. Ewert / Wagenhofer (2003), S. 466. Um die Budgetierung als wirksames Instrument zur Beurteilung von Managern einsetzen zu können, bedarf es einer engen Einbindung von Anreizsystemen. Hierdurch können die Einhaltung und/oder Abweichung mit Konsequenzen für die einzelnen Manager belegt werden (vgl. Ewert / Wagenhofer (2003), S. 467). Bei der DB FV findet diese Verbindung durch variable Vergütungsbestandteile statt (vgl. hierzu Abschnitt 4.4.3). Vgl. Ewert / Wagenhofer (2003), S. 466 f. Aktualität steht in engem Zusammenhang mit der Anforderung der Flexibilität (vgl. Abschnitt B.IV.3.2). Während Flexibilität jedoch bereits die Konsequenz als Entscheidungshandlung einer aktuellen Informationsbasis beinhaltet, besteht die Anforderung der Aktualität in der Planung dar-

94

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

hochwertigen Planung deutlich. Aufgrund eines notwendigen Vorlaufs zur Auswertung der Verkaufsdaten sowie der nach der Klausurtagung durchzuführenden weiteren Planung finden die Verkaufsdaten des zweiten Quartals noch keinen Eingang in die Planung, da sie erst innerhalb des dritten Quartals zur Verfügung stehen. Deshalb spiegelt der Aufsatzpunkt der Planung zwar nicht die aktuellste Datengrundlage wider, aufgrund der zeitlichen Vorläufe der Folgearbeiten wird dieser Informationsverlust jedoch in Kauf genommen.529 Bei der Zielentwicklung wird deutlich, dass ein gegenseitiger Abstimmungsprozess zwischen dem Konzernvorstand und den Geschäftsfeldern schließlich zu einem ausgehandelten Kompromiss zu führen hat. Hierdurch sollen die Geschäftsfelder zu einem „Commitment“530 gebracht werden, also zu einer Verpflichtung zur Verfolgung der von den Geschäftsfeldern mitentwickelten Ziele. Durch diese Verpflichtung soll erreicht werden, dass eine Beurteilung des Managements an den erzielten Ergebnissen (Plan-IstVergleich) vollzogen werden kann. Ebenso soll hierdurch vermieden werden, dass die im Rahmen der Budget- und Mittelfristplanung erzeugten Ergebnisse wesentlich von der Vorschau der PPZ abweicht. 1.3

Budget- und Mittelfristplanung

Im unmittelbaren Anschluss an diese Klausurtagung startet die Entwicklung der Budgetund Mittelfristplanung (Mifri) unter Verwendung der vorab beschlossenen Prämissen, der Grobprogramme sowie der festgelegten Ziele in den einzelnen Geschäftsfeldern.531 Damit wird eine Mischung aus operativer Planung sowie gesamtunternehmensbezogener Ergebnis- und Finanzplanung durchgeführt. Die operative Planung ist demnach unmittelbar aus Zielplanung und strategischer Planung abgeleitet. Im Mittelpunkt dieses Planungsabschnitts steht die Fixierung der operativen Leistungsgrößen sowie die Quantifizierung des Ergebnisbeitrags des bereits angemeldeten Jahresfahrplans532 sowie vier weiterer zukünftiger Geschäftsjahre. Damit detailliert die Mifri die beschlossenen Pla-

529

530 531

532

in, stets die aktuellsten Informationen zu verwenden. Die Bedeutung der Aktualität von Informationen führen bspw. HAHN / HUNGENBERG an (vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 79 ff.). Bei Entwicklungen, welche von Konzernvorstandsseite als besonders relevant erachtet werden, kann jedoch noch eine Einforderung aktuellerer Daten in einem späteren Stadium erfolgen, so dass in einer weiteren Iteration diese in die Planung eingepflegt werden müssen. Hierbei handelt es sich um den DB-internen Sprachgebrauch. Die Unterscheidung von Budgetierung und Mittelfristplanung wird in der Literatur häufig nicht explizit durchgeführt bzw. eine Beschreibung der Mittelfristplanung unterbleibt vollständig (vgl. Mag (1995), S. 164; Weber et al. (2003), S.7). Die oben eingeführte Definition von Budgetierung (vgl. Ewert / Wagenhofer (2003), S. 466) umfasst aufgrund ihrer allgemeinen Art ebenfalls eine Mittelfristplanung. WEBER ET AL. bemerken, dass in allen der in ihrer Studie befragten Unternehmen die Budgetierung sowie die Mittelfristplanung in einem integrierten Prozess stattfindet (vgl. Weber et al. (2003), S. 29). Budgetierung wird bei ihnen als eine detaillierte Jahresplanung verstanden. Da bei der DB FV keine Differenzierung der Ergebnisse von Mittelfristplanung und Budgetplanung vollzogen werden und diese ebenfalls in einem integrierten Prozess stattfinden, werden im Folgenden beide Begriffe synonym verwandt und mit dem DB-internen Sprachgebrauch Mifri bezeichnet. Die Trassenanmeldung für den Jahresfahrplan des Folgejahres erfolgt im April des gleichen Jahres (vgl. Abschnitt D.VI.4.1.2.6).

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

95

nungsergebnisse der PPZ für einzelne Kostenstellen. Bei der Verabschiedung der Mifri liegt damit ein Budget vor, aus welchem wiederum ein Finanzplan abgeleitet werden kann. Die Finanzplanung533 hat die Aufgabe, eine „ständige Aufrechterhaltung des finanziellen Gleichgewichts zu gewährleisten“.534 Hierfür wird eine Prognose der Auszahlungs- und Einzahlungsströme durchgeführt, um einen Ausgleich der Zahlungsströme bei Kreditinstituten, Beteiligungsgebern, etc. vorzunehmen.535 Die zugrunde liegenden Pläne bzw. Programme weisen in der Mifri den höchsten Detailliertheitsgrad auf. Beispiele für beschlossene und quantifizierte Programme mit Umsatz- und / oder Kostenwirkung stellen die Einführung eines Sprinter-Verkehrs auf der Strecke Köln-Stuttgart dar, die Aufwertung von Speisewagen oder verbesserte Pünktlichkeit in den Fahrplankonzepten, differenziert nach Ergebniswirkung für die unterschiedlichen Jahre des fünfjährigen Planungshorizonts. Für das folgende Planjahr, welches bei der DB AG als das eigentliche Budget verstanden wird, ist die Detailliertheit und der zugrunde liegende Planerstellungs- sowie Kontrollaufwand am höchsten. Die Planungsentwicklung erfolgt wiederum dezentral und resultiert in einem Vorstandsbeschluss der DB FV, gefolgt von einer anschließenden Klausurtagung auf Konzernebene (Mifri-Klausur) zu Beginn des vierten Quartals, in welcher der Konzernvorstand den Ausblick für die fünf folgenden Jahre beschließt. Die zugrunde liegenden Programme der DB FV können dabei als sehr umfassend charakterisiert werden. Somit wird ein hoher Detailliertheitsgrad der Pläne erreicht, wodurch ein hoher Planungsaufwand erzeugt wird.536 Das Ergebnis der Mifri stellen insbesondere die GuV- und CashFlow-Größen, zu tätigende Investitionen, Mitarbeiterzahlen, Leistungsmengen, Planbilanzen sowie Kostenstellenbudgets für die einzelnen fünf Jahre dar. 1.4

Projektplanungen

Ergänzt wird der dargelegte revolvierende Planungsprozess durch aperiodische oder im Rahmen der periodisch durchgeführten Planung abgeleitete Projekte.537 Diese Projekte stellen Aktionsfolgen dar, die von der Art her „einmalig und komplex“538 sind. Sie zeichnen sich i.d.R. durch ein empfundenes Problem aus, welches als ungeeignet für eine Bearbeitung durch die normale Linienorganisation erscheint. Damit lässt sich ein durch eine Projektorganisation bearbeitetes Problem einem komplexen Routineproblem oder

533

534 535

536 537 538

Die Finanzplanung lässt sich weiter in partielle Zahlungsplanungen (Cash-flow-Planung, Investitions- und Desinvestitionsplanung, Außenfinanzierungs- und Außendefinanzierungsplan sowie Liquiditätsreserveplanung) einteilen (vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 622)). Eine weitere Detaillierung der Finanzplanung ist für das Ziel dieser Arbeit jedoch nicht erforderlich. Hahn / Hungenberg (2001), S. 616. Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 618; Finanzgeschäfte werden durch eine zentrale Stelle des Konzerns für alle Geschäftsfelder getätigt (vgl. Abschnitt D.II.4.4). Vgl. Laux / Liermann (1997), S. 395. Für Charakteristika von Projektplanungen vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 26 u. 767 f. Hahn / Hungenberg (2001), S. 26.

96

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

einem Innovationsproblem zuordnen.539 Vielfach betrifft ein solches Problem zudem ein Aufgabenspektrum, welches in die Aufgabenbereiche mehrer Abteilungen fällt. Aus diesem Grund wird häufig eine Projektorganisation gewählt, die sich aus Mitgliedern der betreffenden Abteilungen konstituiert und temporär mit Verantwortlichkeiten bzw. Weisungsbefugnissen ausgerüstet ist, die eine schnelle Umsetzung möglich erscheinen lassen. Beispiele für aperiodische Projekte bei der DB FV sind fallweise Planungen zur Reduktion von Verspätungen in einem einzuführenden oder aktuellen Fahrplan (Beteiligung der Abteilungen Netz- und Kapazitätsmanagement sowie Produktion und der DB Netz AG), Planungen von Werbeaktionen über neue Vertriebskanäle (Beteiligung der Abteilungen Geschäftsentwicklung, Zielgruppenmanagement und Vermarktung sowie dem Servicecenter Vertrieb)540, Einführung eines neuen Preissystems541 oder Angebotsoptimierung (Re-Allokation sowie Reduktion angebotener Schienenverkehrsleistungen). Initiiert werden können zudem geschäftsfeldübergreifende Programme auf Konzernebene, welche dann in den einzelnen Geschäftsfeldern weiter konkretisiert werden. Dabei benutzt die DB AG bereits Programme, welche mit ihrem Ergebnisbeitrag fest in der Mifri eingeplant werden, jedoch noch ohne Ansatzpunkte für deren Zielerreichung.542 Dies verdeutlicht die Bedeutung der hierarchischen Planung mit dezentraler Planentwicklung. Nicht in großem Umfang bei der DB FV verfolgt werden Projekte mit Besetzung oder sogar unter Leitung von externen Unternehmensberatern, die ihr fachspezifisches Wissen bzw. Lösungskompetenzen, Planungsinstrumente und / oder ihre zusätzliche Arbeitskraft mit einbringen. Häufig nehmen die Projektmitglieder Doppelfunktionen ein, so dass neben der Projektmitarbeit weiterhin eine Linienfunktion besetzt wird. Im Geschäftsfeld DB FV konnte im Verlauf der letzten Jahre eine kontinuierliche Steigerung von Projekten beobachtet werden, da eine schnelle Umsetzung von Maßnahmen durch die normale Organisationsstruktur nicht möglich erschien. Die Projekte dienen damit insbesondere zur Absicherung der beschlossenen Planung. Die monetäre Ergebniswirkung dieser Projekte zeigt sich ebenfalls in der gesamtunternehmensbezogenen Ergebnis- und Finanzplanung, jedoch stellt sich hier die

539

540

541

542

Routineprobleme zeichnen sich dadurch aus, dass deren Lösung kein neues Wissen voraussetzt. Ein komplexes Routineproblem beinhaltet jedoch umfangreich zu erhebende Ausgangsinformationen, so dass ein Ermessensspielraum in dem Problemlösungsprozess zu sehr unterschiedlichen Gestaltungsmaßnahmen führen kann. Ein Innovationsproblem hingegen benötigt zur Lösung einen Prozess der Gewinnung und Umsetzung von neuem Problemlösungswissen (vgl. Reihlen (1997), S. 61 ff.). Die Verkaufsaktion von Sondertickets in Filialen des Einzelhändlers Lidl (vgl. Krummheuer (2005b)) wurde bspw. in einer Projektplanung verwirklicht. Das Projekt „Preissysteme und Erlösmanagement Personenverkehr“ (PEP) wurde in Zusammenarbeit der DB FV, der Unternehmensberatung Roland Berger & Partner sowie der Forschungsstelle Bahnmarketing des Instituts für Marketing (Universität Münster) durchgeführt. So wurde im Jahr 2004 das Projekt „Qualify“ beschlossen, welches Effizienzsteigerungsziele, Steigerung der Leistungsqualität und die Wahrnehmung von Wachstumschancen für den Gesamtkonzern vorsah (vgl. Deutsche Bahn AG (2006c), S. 219) und auf Geschäftsfeldsebene weiter differenziert wurde. Bei der DB FV wurde hierfür das Projekt „Offensive Fernverkehr“ initiiert, welches elf Einzelprojekte bündelte (vgl. Deutsche Bahn AG (2005b), S. 45).

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

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besondere Herausforderung, eine Integration der Ergebniswirkungen in den normalen zeitlichen Planungsablauf durchzuführen.543 1.5

Abschluss der unterjährigen gesamtunternehmensbezogenen Planung

Den Abschluss der Jahresplanung bildet die Genehmigung der Geschäftsaussichten durch die Aufsichtsräte der einzelnen Geschäftsfelder, welche nach deutschem Aktiengesetz neben dem Vorstand das offizielle Leitungsorgan der DB FV ist. Zuletzt erfolgt die Bestätigung des Budgets für den Konzern durch den Konzernvorstand und danach durch den Aufsichtsrat der DB AG. Bei der DB FV besteht der Aufsichtsrat aus 21 Personen. Die von den Anteilseignern gestellten Mitglieder gehören anderen Unternehmensbereichen der DB AG sowie insbesondere dem Konzernvorstand an.544 Hierdurch wird eine weitere Kontrolle durch die Konzerngesellschaft ermöglicht, da Genehmigungsvorbehalte bei finanziellen Entscheidungen der DB FV durch den Aufsichtsrat der DB FV notwendig sind.545 2.

Schematische Darstellung der Ablauforganisation

Abbildung D-4 fasst die Planungsprozesse mit Zusammenhang zur Gesamtunternehmensplanung für die DB FV schematisch zusammen. Hierbei stellt der Vorstand der DB AG die oberste Hierarchieebene dar, gibt Ziele vor und kann weitere Planungsiterationen anordnen. Die gestrichelte Linie der Abbildung stellt einen weiteren Iterationslauf dar, der jedoch nicht zwangsläufig bzw. nicht bis auf die niedrigste Hierarchieebene durchzuführen ist.

543

544 545

Zu Beginn eines Projekts gilt es, Inhalte und Zeitdauer verbunden mit dem zeitlichen / mengenmäßigen Kapazitätsbedarf einzuteilen, um Kosten und Erlöse einer Aktion zu bewerten (vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 745). Vgl. DB Fernverkehr AG (2005), S. 52 f.; DB Fernverkehr AG (2004), S. 51 f. Für den Vorstand der DB FV bestehen Informations- und Genehmigungspflichten für Investitionsprojekte, die einen bestimmten wertmäßigen Betrag überschreiten.

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Ziel- und Strategieformulierung

Operative Planung mit Budgetplanung Bottom up Top down Hierarchieebenen

1. Vision, generelle Ziele 2. Investitionen 3. Strategische Eckzahlen (Bandbreiten) 4. Strategien (Beschreibung) 1. Absatz 2. Produktion 3. Finanzen 4. … Strategieklausur

Prämissen-, Programm- u. Zielklausur

1/2

MiFriKlausur

Budget

1

t

Strategische Projekte

t in Jahren

Abbildung D-4: Schematische Darstellung der unterjährigen Ablaufplanung546

Der beschriebene Planungsprozess zeichnet sich durch eine hohe Formalisierung547 aus, die sich durch die Vorgabe von Terminen sowie notwendig vorhandenen Vorlagen auf mehreren Planungsebenen äußert. Diese hohe Formalisierung ist verbunden mit einer Standardisierung der Ablauforganisation der Planung. So ist eine große Anzahl der Dokumente in standardisiertem Format vorzulegen.548 Während die generellen Inhalte der Ablauforganisation (Klausurtagungen, Ergebnisse und Ablauffolgen) im Wesentlichen keinen Änderungen unterliegen, wird versucht, durch eine zeitliche Reduktion des gesamten Prozesses eine stärkere Berücksichtigung aktuellerer Marktdaten in der Planung sowie eine Effizienzsteigerung derselben zu erreichen.549 Die Formalisierung drückt sich wie erläutert in der Notwendigkeit aus, eine Quantifizierung von Effekten der jeweiligen Aktionen durchführen zu müssen. Die Mifri als Ergebnis- und Finanzplanung zwingt zu einer quantitativen Erfassung der einzelnen Teilplanungskomplexe.550 Hierdurch werden die angestrebten Ergebnisse festgeschrieben. Da die Geschäftsfelder ihre Programme selbst entwickeln, sind diese Ergebnisse als eine Verpflichtung der Vorstände der Geschäftsfelder zu sehen. Diese Verpflichtung betrifft zum einen die Ergebnisse des unmittelbaren Planjahres (Plan-Ist-Abweichung), zum anderen müssen Veränderungen der Planung der restlichen vier Geschäftsjahre im Folgejahr genau gerechtfertigt werden (Plan-Plan-Abweichung). 546

547

548

549

550

Darstellung in Anlehnung an Hahn / Hungenberg (2001), S. 961 sowie in Anlehnung an den Planungskalender des Jahres 2006 der DB FV. Formalisierung innerhalb eines Unternehmens spiegelt sich insbesondere durch schriftlich fixierte Verfahrensrichtlinien, Dokumente sowie Regeln wider (vgl. Pugh et al. (1968), S. 375; Samuel / Mannheim (1970), S. 221). Hierzu zählt z.B. die Einbindung der Controlling-Rechnungen der DB FV in die gesamte Konzernrechnung (vgl. Abschnitt D.VI.5.1). So kann häufig durch eine Verkürzung des Mifri-Zeitraums eine wesentliche Effizienzsteigerung verzeichnet werden, da der Planungsaufwand und damit der Personalressourcenaufwand reduziert wird (vgl. Weber et al. (2003), S. 46). Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 103 f.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

99

Die bisherigen Ausführungen zur Ablauforganisation der Planung bei der DB FV zeigen, dass das Geschäftsfeld stark von den Vorgaben der Konzernleitung beeinflusst ist. Trotz dieser Beeinflussung wird dem Vorstand der DB FV eine Entscheidungsautonomie bei der Geschäftsfeldplanung eingeräumt. Somit bewegt sich die Unternehmensführung der DB FV zwar unter dem Dach der generellen Zielplanung des Konzerns, jedoch wird die strategische und operative Planung des Geschäftsfelds dezentral entwickelt und den Konzernvorständen zur Genehmigung vorgelegt. Diese können zwar ihr Veto bei Abweichung gegenüber den geforderten Zielen einlegen und weitere Iterationen der Planung anstoßen. Es findet jedoch keine Entwicklung der Strategie durch den Konzernvorstand für die einzelnen Geschäftsfelder statt. Abbildung D-5 stellt den schematischen Ablaufprozess der Koordination zum Konzern vor. Konzernvorstand

DB Fernverkehr

SMP

Planungen der Vorperiode, Ableitung genereller Ziele

Planungen der Vorperiode

PPZ

Spezifizierung der Prämissen u. Ziele für Geschäftsfelder (ROCE, BE II, etc.)

Entwicklung Zielvorstellung Programme Spezifizierung Prämissen u. Ziele Suche alternativer strategischer Programme

ja

Ziele u. Prämissen insgesamt eingehalten? nein Ordnung der Programme nach ihrer Vorteilhaftigkeit Veranlassung einer Iteration (Planüberarbeitung) unter Beachtung ggf. geänderter Prämissen u. Ziele

MIFRI

Genehmigung der Programme u. Verabschiedung

Bewertung der Programmalternativen (ROCE, BE II, etc.)

Entscheidung für Programme

(erste oder wiederholte Planungsrunde)

(wiederholte Planungsrunde)

Realisation der Planung

Abbildung D-5: Koordination zwischen dem DB Konzern und der DB Fernverkehr551

Durch weitere Kontrollinstanzen (bspw. Aufsichtsratspositionen) verbleibt die Nähe des Geschäftsfelds zur Konzernleitung jedoch sehr eng. Daher lässt sich die DB FV als Hybrid zwischen zentraler und dezentraler Entscheidungsfindung hinsichtlich der Führungsorganisation klassifizieren.552 Im Folgenden sollen nun die inhaltliche Ausgestaltung der unterschiedlichen Planungsebenen sowie die Planungsprozesse für das Geschäftsfeld näher erläutert werden.

551 552

Eigene Darstellung in Anlehnung an Hahn / Hungenberg (2001), S. 838 u. 841. Für die Ausgestaltung von zentraler und dezentraler Geschäftsfeldplanung vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 837.

100

VI.

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Ausgestaltung des Planungssystems

Nachdem bisher auf die Planung der DB FV mit direktem Bezug zum Konzern eingegangen wurde und die sich hieraus ergebenden Handlungsspielräume aufgezeigt wurden, soll nun das PLS des Geschäftsfelds und die Planungsinhalte detailliert untersucht werden. Hierzu erfolgt anfangs eine Untersuchung der Unternehmenskultur, da diese alle Entscheidungen der Planungsträger beeinflusst. Im Anschluss werden die einzelnen hierarchischen Teilplanungen untersucht. 1.

Unternehmenskultur

Die Unternehmenskultur ist typischerweise definiert als ein „komplexes Gebilde von Werten, Überzeugungen, Annahmen und Symbolen“553. Diese gelten für die Mitarbeiter eines Unternehmens als ein normativer Orientierungsrahmen für deren Denken und Handeln.554 Ebenso beeinflusst die Unternehmenskultur den Umgang einer Firma mit ihren Mitarbeitern, Zuliefern und Wettbewerbern.555 Wie bereits erläutert, ist die Beeinflussbarkeit der Unternehmenskultur in der Forschung umstritten. Häufig versucht jedoch das Management eine aktive Beeinflussung bspw. durch Kommunikation einer Unternehmensphilosophie mit aus Sicht der Unternehmensführung wichtigen Werten zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen.556 Die Kommunikation der Unternehmensphilosophie erfolgt durch so genannte Leitbilder, die eine unternehmensweite Kommunikation von Werten ermöglicht, um hieraus für die Mitarbeiter Sinngebung und Identifikation zu stiften.557 Die Unternehmenskultur der DB FV hat sich als Teil der Deutschen Bahn über einen Zeitraum von Jahrzehnten entwickelt. Das Unternehmen ist besonders geprägt von seiner langen Tradition als Staatsunternehmen. Durch den zu erfüllenden Beförderungsauftrag der Bahn standen betriebswirtschaftliche Ziele lange Zeit nicht unmittelbar im Vordergrund. Durch die zugesicherten finanziellen Transferzahlungen des Staats wurde ebenfalls die Unternehmenskultur mit beeinflusst. Hier entstand die oftmals kritisierte, mangelnde Dienstleistungsorientierung. Diese äußerte sich bspw. in der Bezeichnung von Kunden als „Beförderungsfälle“.558 Während Firmen, die ihre Kernwerte in einer Dienstleistungsorientierung sehen und Kundenzufriedenheit ebenso als einen in der Unternehmenskultur verankerten Wert bezeichnen,559 ist dies historisch gesehen nicht in den Unternehmenswerten der DB FV verwurzelt.

553 554 555 556

557 558 559

Barney (1986), S. 657 (aus dem Englischen); vgl. ebenfalls Abschnitt B.IV.3.2. Vgl. Bleicher (1994), S. 25 ff. Vgl. Barney (1986), S. 657. Diese Position der möglichen Beeinflussung der Unternehmenskultur entspricht der vertretenen Meinung, eine Initiierung von Veränderungen anzustoßen, nicht jedoch die Unternehmenskultur vollständig gestalten zu können (vgl. Steinmann / Schreyögg (1993), S. 604). Vgl. Mayer (2001), S. 21. Vgl. Julitz (1998), S. 64. Vgl. Barney (1986), S. 660.

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Weiterhin waren in dem Staatsunternehmen lange Abstimmungsprozesse zu beobachten,560 die durch politische Einflussnahme und eine hohe Anzahl an Hierarchieebenen entstand. Damit einhergehend gewannen ebenfalls Unternehmenswerte an Einfluss, die auf vorhandene bürokratische Strukturen ausgerichtet waren und durch hierarchische Kontrollnormen bestimmt waren.561 Statt somit auf den Wettbewerb ausgerichtet zu sein (externe Sicht), wurde sich eher mit sich selbst beschäftigt. Durch die aufgezeigten, sich verändernden organisatorischen Rahmenbedingungen als auch der Unternehmensumweltentwicklung wird unmittelbar klar, dass diese Unternehmenswerte nicht mehr zeitgemäß sind. Zwar wurden und werden die organisatorischen Abläufe verändert, um einen Bürokratieabbau zu erzielen (bspw. durch Reduktion von Hierarchieebenen).562 Jedoch erfordert die Veränderung dieser Unternehmenswerte einen sehr langen Zeitraum. Hier versuchen sowohl die Unternehmensleitung der DB FV als auch die Konzernleitung durch gezielte Programme eine Beeinflussung der Unternehmenskultur zu bewirken. Ausdruck finden die von der Unternehmensleitung positiv belegten Werte bspw. im Führungsleitbild563 des Konzerns. Dieses stellt für die Führungskräfte der DB AG eine Verpflichtung auf gemeinsame Grundwerte dar, die insbesondere in der Führung gegenüber den Mitarbeitern demonstriert werden sollen. Explizit geäußert werden die Orientierung an der Kundenzufriedenheit und der Ausrichtung am unternehmerischen Erfolg. Weiterhin wird die Mitarbeiterorientierung (Weiterentwicklung durch Zielvereinbarung) sowie die geforderte Risikobereitschaft bzw. eine Risikoakzeptanz betont. Zudem wird persönliche Flexibilität als ein zentraler Wert angesehen.564 2.

Generelle Zielplanung

Die generelle Zielplanung beinhaltet die Festlegung aller für die Führung eines Unternehmens relevanten Ziele und wird von den obersten Führungskräften sowie den oberen internen und externen Willensbildungszentren festgelegt.565 Aufgrund der Organisation des Unternehmens als Managementholding obliegt daher die Festlegung der Sach-, Wertund Sozialziele für die DB FV dem Konzernvorstand,566 welcher sich an den externen Stakeholdern (insbesondere dem Staat als Eigentümer) orientieren muss. Die Ziele der 560 561

562 563 564 565 566

Vgl. Julitz (1998), S. 34. In Anlehnung an die Unternehmenskulturwerte von CAMERON / QUINN, die Behörden sowie Großkonzerne als Beispiel für hierarchische Kulturen mit Werten wie bspw. formalisierten Kontrollnormen anführen (vgl. Cameron / Quinn (1999), S. 34). Vgl. Deutsche Bahn AG (2006c), S. 65. Vgl. Deutsche Bahn AG (2006b). Vgl. Deutsche Bahn AG (2006b). Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 97 ff. sowie Abschnitt B.IV.2.3. Die wichtigsten Sachziele umfassen die Angabe des Tätigkeitsfelds, der Branche bzw. der Wirtschaftszweige, der wichtigsten angestrebten Leistungsarten und gegebenenfalls Kundengruppen. Die Wertziele beinhalten Ergebnis- und Liquiditätsziele, während die Sozialziele sich auf die angestrebten Zustände und Verhaltensweisen gegenüber Mitarbeitern, Kapitalgebern, Marktpartnern, dem Staat sowie sonstigen Bezugsgruppen, der allgemeinen Öffentlichkeit und der natürlichen Umwelt beziehen (vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 91).

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externen Stakeholder richten sich insbesondere nach den formulierten Zielen der Bahnreform.567 Das Management der DB FV hat die entschiedenen generellen Ziele dabei als Grundlage ihrer weiteren Planungen zu verwenden, kann jedoch im Rahmen der periodisch durchgeführten Zielplanung versuchen, diese zu beeinflussen.568 Allgemein stellt die Erhaltung und erfolgreiche Weiterentwicklung das oberste Ziel eines Unternehmens dar,569 welches sich bei der DB AG in dem Streben zur Entwicklung hin zu einem “international führenden Mobilitäts- und Logistikdienstleister“570 ausdrückt. Dieser Anspruch wurde in den letzten Jahren vehement mit dem Ziel in Verbindung gebracht, als Unternehmen privatisiert zu werden bzw. einen Börsengang zu bewerkstelligen,571 um hierdurch u.a. weitere Wachstumsoptionen wahrnehmen zu können. Auf diese Zielsetzung sind damit die einzelnen Geschäftsfelder ausgerichtet, um durch eine stetige Verbesserung des eigenen Ergebnisses die Kapitalmarktfähigkeit zu erreichen.572 Diese Bemühungen spiegeln sich in dem Mission Statement der DB AG wider, welches den Geschäftsfeldern bzw. jedem einzelnen Mitarbeiter als übergeordnete Orientierung dient und darüber hinaus externe Signalwirkung gegenüber weiteren Stakeholdern entfaltet:573 •

Als Basis unseres Geschäfts optimieren wir Leistung und Produktivität im deutschen Schienenverkehr.



Wir bauen unser Geschäftsportfolio aus, wo dies aus Sicht unserer Kunden sinnvoll ist oder wo unsere Kompetenzen und Ressourcen dies nahe legen.



Wir entwickeln uns zu einem international führenden Mobilitäts- und Logistikdienstleister. Wir schaffen Werte für unsere Kunden, Mitarbeiter und Eigentümer und sind ein dauerhaft attraktives Investment auf den internationalen Kapitalmärkten.

Das Mission Statement kann als ein abstraktes Zielkonzentrat der einzelnen Sach-, Wert- und Sozialziele des Konzerns und damit auch dieses Geschäftsfelds verstanden werden.574 Weitere Konkretisierungen dieser übergeordneten Ziele werden von der Un567

568

569 570 571 572 573

"574

Die Ziele der Bahnreform waren dabei auf eine Stärkung der Umweltverträglichkeit des Verkehrs (Umweltpolitik), eine Vergrößerung des intermodalen Marktanteils der Bahn (Verkehrspolitik), den wettbewerblichen Erfolg der DB AG (Wettbewerbspolitik), eine Lösung der Bahn von politischer Einflussnahme (Privatisierungspolitik sowie der Entlastung den Bundeshaushalt (Finanzpolitik) gerichtet (vgl. Munzert (2001), S. 36). Für die Ablaufprozesse zur Zielplanung in der gesamtunternehmensbezogenen Planung vgl. Abschnitt D.V.1.2. Vgl. Hahn (2006d), S. 38. Aus dem Mission Statement der DB AG (Deutsche Bahn AG (2006c)). Vgl. bspw. Mehdorn (2006b), S. 9 ff.; Sack / Reuter (2006), 14 f. Vgl. DB Fernverkehr AG (2005), S. 24. Vgl. Mission Statement (Deutsche Bahn AG (2006c)). Die DB AG strukturiert die Ziele des Konzerns in „Finanzziele (z.B. ROCE= 10 % Gesamtkonzern, Gearing = 100 %), Portfolioziele (z.B. DB als führendes Bahnunternehmen in Europa), Verbundziele (z.B. Ausbau Synergien zwischen Schenker und Railion) (Deutsche Bahn AG (2006d), S. 4).

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ternehmensleitung vollzogen und an die Geschäftsfelder kommuniziert. So besteht das Sachziel der DB FV darin, ein Angebot von einem Netz an schnellen, hochfrequenten Bahnverbindungen in modernen Zügen und zu marktgerechten Preisen komfortabel von Innenstadt zu Innenstadt bei einem hohen Anteil an nutzbarer Zeit anzubieten.575 Unter die festgelegten Wertziele fällt bspw. die Vorgabe von 14 % ROCE576 für die einzelnen Geschäftsfelder.577 Bei den Sozialzielen lassen sich u.a. Ziele hinsichtlich der Mitarbeiterführung identifizieren, die im Führungsleitbild578 der DB AG kommuniziert werden, ebenso wie konkrete Umweltziele579 oder angestrebte Verhaltensweisen gegenüber sonstigen Bezugsgruppen.580 Bei der Umsetzung der ökonomischen Ziele bei der DB FV fällt eine – wenn auch seit Bahnreform geringer ausgeprägte – Beeinflussung durch die Politik auf.581 So fühlt sich die Unternehmensleitung verpflichtet in Deutschland auf Linien Halte aufgrund von öffentlichem und politischem Druck anzubieten, obwohl diese Linien oder deren einzelne Halte als „ökonomisch nicht sinnvoll“582 gelten können. Diese Verpflichtungen sind zumeist durch Infrastrukturinvestitionen hervorgerufen und beziehen sich auf eine Bedienung von einzelnen Knoten. Diese im internen Sprachgebrauch als „politische Linien“ angesehenen Zugverbindungen mit notwendigen Halten beeinflussen demnach zwar nicht direkt die Zielsetzung, wohl aber die Ergebnisse. Diese Verpflichtungen basieren meist auf keiner expliziten vertraglichen Regelung. Dies zeigt die noch immer bestehende Abhängigkeit der DB FV von politischen Willensbildungsprozessen. Auf nationaler Ebene ist von diesen politischen Restriktionen ein großer Teil der existierenden Linien des Fernverkehrs betroffen. Prominente Beispiele für zu erfüllende Verpflichtungen sind einzuhaltende Bedienungsfrequenzen zu den Bahnhöfen Montabaur und

575 576 577

578 579

580

581

582

In Anlehnung an DB Fernverkehr AG (2005) S. 23; Deutsche Bahn AG (2006c), S. 109 ff. Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 488. Die Zielvorgabe für den Konzern liegt bei 10 % und damit deutlich unter der Vorgabe für die einzelnen Geschäftsfelder. Weitere finanzielle Zielgrößen sind eine Tilgungsdeckung von 30 % sowie ein Gearing von 100 % jeweils für den Konzern (vgl. Sack / Reuter (2006), S. 30; vgl. Deutsche Bahn AG (2006c), S. 90.). Die ROCE-Vorgabe kann aufgrund der deutlichen Verfehlung der Zielvorgaben in den Jahren zuvor als äußerst herausfordernd bezeichnet werden. Vgl. Deutsche Bahn AG (2006b). Hier werden u.a. konkrete Emissionsreduktionsziele ebenso wie die Reduktion von Schienenverkehrslärm, der Einführung von Umweltaudits sowie generelle Grundsätze hinsichtlich der verfolgten Umweltpolitik aufgeführt (vgl. Deutsche Bahn AG (2005a), S. 7). Beispiele sind ein Programm zur Qualifizierung Jungendlicher ohne Ausbildungsplatz („Chance Plus“) sowie institutionalisierte Aktionen der Auszubildenden gegen Fremdenfeindlichkeit. Ursprünglich war es „traditionell Ziel der Bahnpolitik gewesen, die DB als Instrument für politisch definierte Maßnahmen zur Verfügung zu haben“ (Munzert (2001), S. 34). Diese alte Zielsetzung äußerte sich in einer gemeinwirtschaftlichen Betätigung, dem Ausüben von Wachstums- und Konjunkturpolitik, Regionalpolitik sowie von Sozial- und Verteilungspolitik (vgl. Munzert (2001), S. 35). Klingberg (2006), S. 13.

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Limburg-Süd entlang der NBS Köln-Rhein-Main583, die Flughafenanbindung Köln-Bonn Flughafen oder der „Bypass“ des Mannheimer Hauptbahnhofs.584 3.

Strategische Planung

Die Verantwortung für die einzelnen Strategien trägt der Vorstand der DB FV. Die Überwachung der strategischen Planung wird von dem Aufsichtsrat der DB FV wahrgenommen, in welchem Mitglieder des Konzernvorstandes vertreten sind und so das Geschäftsfeld bei grundlegenden Entscheidungen kontrollieren. Außerdem erfolgt eine Kontrolle im Rahmen der aufgezeigten gesamtunternehmensbezogenen Planungsrhythmen. Die Entwicklung dieser Strategien wird innerhalb des Geschäftsfelds z.T. durch Eigeninitiative der einzelnen Abteilungen und durch einen formalen planungsanalytischen Ablaufprozess vollzogen. Die Abteilung Geschäftsentwicklung der DB FV fungiert hier als Stabsfunktion, die als unterstützende Einheit der Unternehmensführung gilt.585 Neben der Entwicklung von Geschäftsfeldsstrategien unter Einbindung der einzelnen Abteilungen werden ebenfalls geschäftsfeldweite Programme zur Sicherstellung der Strategieumsetzung gesteuert sowie deren Umsetzungserfolg analysiert. Bei der strategischen Planung handelt es sich häufig um Planungsentscheidungen mit einmaligem Charakter. Daher sind hier i.d.R. keine standardisierten Vorgehensweisen für die Entwicklung der Strategien zu finden. Jedoch finden gewisse Routinen Anwendung, die sich auf die Vorbereitung dieser Entscheidungen beziehen. Im Folgenden sollen zunächst wesentliche Inhalte der externen Umwelt- sowie der internen Unternehmensanalyse vorgestellt werden. Diese Betrachtung liefert die wesentlichen Stärken und Schwächen des Geschäftsfelds, wodurch die DB FV die angestrebte Marktpositionierung ableiten kann.586 Weitere wichtige Schwerpunkte der strategischen Planung bilden die strategische Infrastruktur- und die Flottenplanung sowie die Planung von Beteiligungen und Kooperationen. 3.1

Umwelt- und Unternehmensanalyse

Die Umwelt- und Unternehmensanalyse stellt die strategische Analysephase dar.587 Die externe Umweltanalyse und die interne Unternehmensanalyse versuchen, durch eine systematische Beurteilung von beeinflussbaren und nichtbeeinflussbaren Variablen den Ausgangspunkt für die durchzuführenden Prognosen und anschließenden Planungen zu liefern sowie die Stärken und Schwächen des Unternehmens bzw. Geschäftsfelds aufzuzeigen.588 Hieraus können dann die einzelnen Strategien589 abgeleitet werden.590 583 584 585 586

587 588

Vgl. o.V. (2001b); Siedenbiedel (2006). Vgl. o.V. (2006b). Vgl. Frese (2000), S. 569 ff. Die hier vertretene Differenzierung der Analysephase in eine externe und interne Analyse und der darauffolgenden Ableitung von Stärken und Schwächen des Geschäftsfelds basiert auf der Sichtweise der „Design School“. Für die Darstellung des „Design School“-Modells vgl. Mintzberg (1990). Vgl. Bausch (2006), S. 198. Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 319.

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Die Umweltanalyse versucht die strategisch relevanten Umweltentwicklungen möglichst frühzeitig zu erkennen.591 Hierzu werden qualitative und quantitative Daten erhoben, die differenziert werden können nach den bereits im Grundlagenteil eingeführten Umweltdimensionen. Dabei muss durch die hohe Umweltambiguität zwangsläufig eine Selektion der als relevant erachteten Umwelteinflüsse vollzogen werden, um überhaupt Handeln bzw. Planen zu können.592 Die Datenbeschaffung und –auswertung erfolgt durch Mitarbeiter der DB FV als auch durch weitere konzerninterne Stellen und externe Dienstleister593 und staatliche Institutionen (bspw. Statistisches Bundesamt; Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung). Nachfolgend sind die für ein SPFVU relevanten allgemeinen Umweltdimensionen dargestellt, die von der DB FV im Rahmen der strategischen Planungen betrachtet werden. Umweltentwicklung Ökonomischwettbewerbliche Entwicklungen Politisch-rechtliche Entwicklungen

Sozio-kulturelle Entwicklungen Technische Entwicklungen Ökologische Entwicklungen

Umweltparameter • Gesamtwirtschaftliche Entwicklungen594 (u.a. Entwicklung des BSP, Verkehrsleistungsnachfrage, Energiekosten) • Wettbewerbliche Entwicklungen (u.a. intramodale und intermodale Wettbewerbsentwicklungen sowie potenzielle neue Konkurrenten) • Ausmaß staatlicher Einflussnahme (national und auf europäischer Ebene) • Schienenverkehrsgesetze und –verordnungen • Allgemeine politische und parteipolitische Entwicklungen • Freizeit- und Reiseverhalten • Bevölkerungsentwicklung (u.a. Altersstrukturen, Haushaltsgröße) • Arbeitseinstellung und Konsumverhalten • Neue Schienenfahrzeugmuster und –technologien • Neue unterstützende Technologien (bspw. bezogen auf Betriebskanäle oder Instandhaltung) • Umweltschutzrichtlinien und –gesetze (bspw. Schadstoffemissionen und Lärmschutz) Tabelle D-2: Strategische Umweltanalyse595

Neben diesen allgemeinen Entwicklungseinschätzungen werden zudem Analysen und Prognosen von Interessengruppen durchgeführt, die eine direkte oder indirekte Be589

590 591

592 593 594 595

Bei Strategien handelt es sich um „grundlegende, zielorientierte Aktionen / Maßnahmen zur Gestaltung von Richtung, Ausmaß, Struktur und Trägern der Unternehmensentwicklung“ (Hahn / Hungenberg (2001), S. 101). Vgl. Bausch (2006), S. 197. Vgl. Macharzina / Wolf (2005), S. 302; Frühwarnsysteme wurden in den letzten Jahren aufgrund der durch das KonTrag geforderten Quantifizierung von Risiken für Unternehmen zusehends wichtiger (vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 328). Die DB AG besitzt daher ein Risikomanagementsystem und weist auf ihre Risiken in den Geschäftsberichten hin (vgl. Deutsche Bahn AG (2006c) S. 99 ff.). Vgl. Schreyögg / Steinmann (1985), S. 398. Bspw. liefert die Firma Intraplan der DB FV Verkehrsnachfragematrizen. Vgl. hierfür bspw. Deutsche Bahn AG (2006c), S. 67 f. Für eine Erläuterung der einzelnen relevanten Umweltdimensionen eines SPFVU vgl. Abschnitt C.IV.4 sowie für den Luftverkehrsbereich Volkmann (1989), S. 145 f.

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einflussung von strategischen Entscheidungen der DB FV bewirken.596 Hierzu zählt neben der fortlaufenden Einschätzung der Präferenzen des eigenen Kundenstamms die Entwicklungen anderer Geschäftsfelder mit direktem Kontakt zum Kerngeschäft der DB FV (insbesondere aufgrund der Art der Leistungserstellung zur DB Netz). Die Unternehmensanalyse versucht, möglichst objektive Aussagen der momentanen Situation des Unternehmens zu liefern597 und ein Zukunftsprofil strategisch relevanter Unternehmensfaktoren zu entwerfen.598 Aufgrund der spezifischen Situation des Schienenpersonenfernverkehrs mit einem fast fehlenden intramodalen Wettbewerb und relativ abgeschotteten nationalen Märkten werden von den in der Literatur vorgeschlagenen und in der Praxis besonders häufig verwendeten Analyseverfahren (u.a. Benchmarking, Betriebsvergleiche, Branchenvergleich, PIMS-Geschäftsfeldanalyse)599 bisher jedoch nur wenige eingesetzt. Durch weitere Marktöffnungen erscheinen Benchmarking-Ergebnisse jedoch besonders relevant zur komparativen Verbesserung, auch da die Geschäftsführung das Ziel propagiert, für die „Kunden die beste Bahn [zu] sein“600, ohne bisher jedoch konkrete Anhaltspunkte für deren Zielerreichung liefern zu können. Im Rahmen der Unternehmensanalyse werden umfangreiche Kennzahlenanalysen unterschiedlicher Planungsaufgaben durchgeführt (bspw. Analysen der Pünktlichkeit von Zügen, Ausfallhäufigkeit von Schienenfahrzeugen, Kostenentwicklungen, etc.) Auf Basis der Ergebnisse der durchgeführten Umwelt- und Unternehmensanalyse kann nun versucht werden, spezifische Stärken und Schwächen für das Geschäftsfeld zu identifizieren, um im Anschluss geeignete Strategien zu entwickeln. Die DB FV wies im Jahr 2004 auf eingeschlagene strategische Stoßrichtungen hin, aus denen sich explizit die von der Geschäftsführung empfundenen strategischen Schwächen ablesen lassen:601 Hier wird auf eine 1) Verbesserung der Leistungs- und Informationsqualität, 2) eine Angebotsverbesserung und einen Ausbau der Vermarktungsqualitäten sowie 3) ein konsequentes Kostenmanagement gesetzt. Unter der Leistungs- und Informationsqualität werden empfundene Schwächen in der operativen Leistungserstellung insbesondere in Bezug auf Pünktlichkeit und gewünschte Vereinfachungen in der Preiskommunikation und der Produktberatung sowie Kundeninformation während oder vor der Leistungserbringung (verspätungsrelevante Informationen) verstanden. Leistungsqualitätssteigernde Maßnahmen sind weiterhin in der Personalplanung auszumachen, in der bspw. eine ergebnisorientierte Führungskräftevergütung eingeführt wurde. Ebenfalls fallen hierunter die Führungskräfteentwicklung sowie –information.602 Die Angebotsverbesserung sowie eine Steigerung der Vermarktungsqualitäten beziehen sich auf Strategien zu infrastrukturellen Veränderungen

596 597 598 599 600 601 602

Vgl. Volkmann (1989), S. 146. Vgl. Volkmann (1989), S. 151. Vgl. Macharzina / Wolf (2005), S. 305. Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 321 ff. Deutsche Bahn AG (2004b), S. 2. Vgl. DB Fernverkehr AG (2005), S. 24. Für die unterschiedlichen Inhalte der Personalplanung vgl. Abschnitt D.VI.4.4.

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(Streckenneu- und -ausbau; Flughafenanbindung, etc.), die zu einer Verbesserung des Angebots führen sollen sowie auf Verbesserungen der internationalen Verkehrsanbindungen und Neukundengewinnung durch segmentspezifisches Marketing.603 Die DB FV versucht zudem das Angebot für ihre Kunden durch eine integrierte Verkehrskette (Koordination und Anbieten vor- und nachgelagerter Verkehrsdienstleistungen neben der Kernleistung Zugfahrt)604 zu verbessern. Schließlich fallen unter ein konsequentes Kostenmanagement Maßnahmen und Programme, welche auf weitere Kostensenkungen auf unterschiedlichsten Wertschöpfungsstufen des Geschäftsfelds ausgerichtet sind. Die Rechtfertigung für die Notwendigkeit zur Kostensenkung wird mit einer hohen Wettbewerbsintensität begründet. Als Beispiele für bereits eingeschlagene Maßnahmen können Kostensenkungen im Einkauf durch internationale Ausschreibungen gesehen werden605 sowie Outsourcing bspw. bei IT-Beratungsdienstleistungen und eine generelle Anpassung des Personalbestands606. Die eingeschlagene Strategie weist aufgrund der vorgestellten Produktdifferenzierung mit hochwertigen Schienenfahrzeugen mit geringem Durchschnittsalter607, einer Unterteilung in 1. und 2. Beförderungsklasse, den angebotenen Hochgeschwindigkeitsverkehren, Zusatzdienstleistungen entlang der Verkehrskette608 sowie den angebotenen Kundenbindungsprogrammen (bahn.comfort und bahn.bonus) Parallelen zu den so genannten Full Service Providern im Luftverkehr auf. Deren strategische Positionierung kann klassifiziert werden anhand der Wettbewerbsstrategie nach PORTER609 in dem Streben nach Differenzierungsvorteilen. 3.2

Strategische Infrastrukturplanung

Die Infrastrukturplanung stellt in einem Unternehmen eine wesentliche Potenzialänderungsplanung dar, die maßgeblich über die potenzialbezogene Unternehmensgröße entscheidet.610 Ein wesentliches Ziel der Bahnstrukturreform war es, eine Steigerung des Marktanteils der Bahn am gesamten Beförderungsmarkt zu bewirken. Als eine der wichtigsten Ansatzpunkte zur Verbesserung der Rahmenbedingungen gegenüber anderen

603

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607 608 609 610

Dabei werden einige dieser Stoßrichtungen auf Konzernebene verfolgt und unter Beteiligung der DB FV vollzogen. Vgl. DB Fernverkehr AG (2005), S. 24; hierunter fallen bspw. die Koordinationsbestrebungen mit dem ÖPNV sowie die Gründung einer eigenen Autovermietung (DB Car-Sharing) sowie von Fahrradverleihangeboten (call-a-bike). Vgl. Julitz (1998), S. 198 f. Als ehemaliger staatlicher Betrieb hatte die DB AG nach der Bahnstrukturreform 1994 eine klare Überdimensionierung an Mitarbeitern zu verzeichnen, so dass in den Folgejahren eine Reduktion der Mitarbeiteranzahl durch eine Nichtnachbesetzung von ausgeschiedenen Mitarbeitern durchgeführt wurde. Eine Reduktion durch Kündigung ist aufgrund einer Beschäftigungsgarantie bis zum Jahr 2010 jedoch nicht möglich. Für die Entwicklung der Mitarbeiteranzahl vgl. Julitz (1998), S. 69. Vgl. Mehdorn (2006a), S. 2. Vgl. Mehdorn (2006a), S. 2 ff. Vgl. Porter (1985). In Anlehnung an Hahn / Hungenberg (2001), S. 100.

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Verkehrsträgern gilt die Investition in neue oder bestehende Infrastruktur.611 Daher wurde auch in Deutschland seit der Bahnreform eine hohe Anzahl an Infrastrukturmaßnahmen geplant und z.T. bereits realisiert, für welche die DB FV erhebliche Fahrgaststeigerungen in ihrer Planung annimmt. Hierdurch stellen diese Maßnahmen eine besondere Bedeutung für die Vermögens- und Erfolgsentwicklung der DB FV dar.612 Da aufgrund der Beteiligung des Bundes an der Finanzierung des Netzes nicht selbständig über zu tätigende Infrastrukturmaßnahmen entschieden werden kann, unterliegt diese Planung Besonderheiten, auf die im Folgenden näher eingegangen wird. 3.2.1

Inhalt und Ziele der strategischen Infrastrukturplanung

Bei einer Streckeninfrastrukturmaßnahme handelt es sich zum einen um einen Ausbau, der zu einer Erhöhung der Maximalgeschwindigkeit von vorhandener Infrastruktur führen kann bzw. eine Kapazitätserweiterung darstellt. Zum anderen kann der komplette Neubau einer Strecke durchgeführt werden.613 Investitionsmaßnahmen reduzieren durch eine Erhöhung der Maximalgeschwindigkeit von Streckenabschnitten kapazitative Engpässe614 im Netz oder schaffen Interoperabilität der nationalen Streckennetze, wodurch letztlich die durchschnittliche Reisezeit für Passagiere verkürzt wird. Die Ziele der Infrastrukturplanung der DB FV sind somit auf eine qualitative Verbesserung des Angebots an Schienenverkehrsleistungen gerichtet, welche unter marktorientierten Gesichtspunkten mindestens die zusätzlichen Kosten decken muss (etwaige zusätzliche Investitionskosten für neue Schienenfahrzeuge, erhöhte Trassenkosten, zusätzliche Mitarbeiter, etc.). Die Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen trägt im Wesentlichen der Bund, der seit der Bahnreform im Durchschnitt 3,8 Mrd. € p.a. an Bundesmitteln für Investitionen in die Schieneninfrastruktur ausgegeben hat.615 Wichtige Neu- und Ausbaustrecken, die vom Bund als förderungswürdig erachtet werden, finden Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan (BVWP). Dieser ist auf einen Zeithorizont von 15 Jahren angelegt und wird im Abstand von jeweils 5 Jahren fortgeschrieben.616 Es handelt sich hierbei um einen Inves-

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In der Erhöhung der Reisegeschwindigkeiten wird eine wesentliche Verbesserung der Marktchancen der Eisenbahnen gesehen (vgl. bspw. Boyer (1997), S. 6; Dünbier (1984), S. 169; Ellwanger (2004)); insbesondere kurze Flugverbindungen gingen nach Einführung von HGVStrecken signifikant zurück (vgl. Ebeling (2005), S. 44). Die Nachfrage im Schienenpersonenfernverkehr gilt als hochelastisch in Bezug auf die Reisezeit, so dass deren Verringerung eine erhebliche Steigerung der Marktanteile zur Folge hätte (vgl. Small / Winston (1999), S. 41). Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 101. Für die definitorische Grenze zwischen Neu- und Ausbau vgl. Ross (2001), S. 174 f. So bestehen bspw. Kapazitätsengpässe im Mittelteil von Westdeutschland (vgl. Körfgen / Weigand (2001), S. 325), zudem befinden sich etliche Streckenabschnitte in einem schlechten Zustand, so dass die zulässige Maximalgeschwindigkeit bis zu einer durchzuführenden Sanierung deutlich abgesenkt werden mussten (Langsamfahrstellen). Für die unterschiedlichen Finanzierungsverpflichtungen vgl. Abschnitt D.II.4.2 sowie Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 74. ABERLE gibt für Bundesverkehrswegepläne einen Zeithorizont von 20 Jahren an (vgl. Aberle (2003), S. 489), jedoch hat der in Kraft getretene BVWP des Jahres 2005 lediglich einen Planungshorizont bis zum Jahr 2015 (vgl. o.V. (2003), S. 35). Die Finanzplanung des BVWP aus dem Jahr 2003 bezieht sich auf die Jahre 2001 bis 2015 (vgl. Baum (2003), S. 35).

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titionsrahmenplan der Bundesregierung für den Straßen-, Schienen-, und Binnenschiffsverkehr.617 Da bei der Bewertung von Infrastrukturmaßnahmen für die unterschiedlichen Verkehrsarten vom Bund gesamtwirtschaftliche Ziele angestrebt werden, finden keine rein marktorientierten Planungen statt.618 Daher müssen diese Unterschiede in der Bewertungslogik seitens der DB FV in der strategischen Planung berücksichtigt werden. 3.2.2

Durchführung der strategischen Infrastrukturplanung

Die Durchführung von bewilligten Infrastrukturinvestitionen sowie den späteren Betrieb der Infrastruktur verantwortet die DB Netz AG.619 Die eigentliche Infrastrukturplanung620, die einer Aufnahme in den BVWP vorausgeht, ist jedoch auf verschiedene Geschäftsfelder des Konzerns verteilt. Die Infrastrukturplanung der DB FV bezieht sich auf das Erstellen einer Liste an gewünschten Infrastrukturprojekten für Neu- und Ausbauinvestitionen des vorhandenen Verkehrsnetzes für die eigenen Fernverkehrsverbindungen. Durch die Erfahrung der Fahrplaner der DB FV mit infrastrukturellen Engpässen werden von der Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement Infrastrukturvorschläge maßgeblich eingebracht. Darüber hinaus besteht dieses Wissen innerhalb der DB FV jedoch auch bei anderen Organisationseinheiten (z.B. bei der Produktionsplanung) sowie den anderen Geschäftsfeldern (Railion, DB Regio, DB Netz), die Infrastrukturwünsche ebenfalls äußern. Durch weitere Planungen auf Konzern- und Geschäftsfeldebene werden die einzelnen vorgeschlagenen Maßnahmen bewertet. Welche Infrastrukturprojekte für den BVWP vorgeschlagen werden, wird im Anschluss zentral auf Konzernebene entschieden.621

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Vgl. Projektgruppe Bundesverkehrswegeplanung (2003), S. 51 ff.; der letzte BVWP wurde am 02.07.2003 vom Bundeskabinett beschlossen. Der BVWP bildet die Grundlage für die Fortschreibung des Bundessschienenwegeausbaugesetzes und des Fernstraßenausbaugesetzes (vgl. Baum (2003), S. 35). Bei der Beurteilung von Schienenverkehrsprojekten werden gesamtwirtschaftliche Kriterien angelegt (vgl. Projektgruppe Bundesverkehrswegeplanung (2003), S. 52), die jedoch i.d.R. nicht mit den Ziel- und Beurteilungskriterien der DB AG übereinstimmen. Die Ziele des BVWP sind angegeben mit: „Gewährleistung dauerhaft umweltgerechter Mobilität, Stärkung des Wirtschaftstandorts Deutschland zur Schaffung bzw. Sicherung von Arbeitsplätzen, Förderung nachhaltiger Raum- und Siedlungsstrukturen, Schaffung fairer und vergleichbarer Wettbewerbsbedingungen für alle Verkehrsträger, Verbesserung der Verkehrssicherheit für Verkehrsteilnehmer und Allgemeinheit, Verringerung der Inanspruchnahme von Natur, Landschaft und nicht erneuerbaren Ressourcen, Reduktion der Emissionen von Lärm, Schadstoffen und Klimagasen (vor allem CO2), Förderung der europäischen Integration“ (o.V. (2003), S. 22). Für die organisatorische Durchführung von Infrastrukturprojekten bei der DB Netz AG vgl. Fricke / Feldwisch (2003), S. 241 ff. Die Infrastrukturplanung im Schienenverkehr bezeichnet ein „systematisches, zukunftsbezogenes Durchdenken und Festlegen von Infrastrukturmaßnahmen zur künftigen Zielerreichung“ (Ross (2001), S. 11). Seit 2004 erfolgt die Beurteilung von Investitionsprojekten auf Konzernebene durch ein System der strategischen Investitionspriorisierung, welches unterschiedliche finanzielle Kennzahlen beinhaltet und in der Ausgestaltung ebenfalls auf die Anforderungen von Investoren ausgerichtet ist (vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 281 f.).

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Im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung werden die Vorschläge zur Schieneninfrastruktur der DB AG sowie von Ländern und Bestellerorganisationen des Nahverkehrs dann neben Projekten für Wasserstraßen der Binnenschifffahrt sowie für das Straßennetz nach einheitlichen Kriterien gesamtwirtschaftlich mit Hilfe einer NutzenKosten-Analyse bewertet.622 Die Verkehrswegeplanung sollte versuchen, den Ressourceneinsatz in die Verkehrsinfrastruktur so zu bewerkstelligen, dass gesellschafts- und wirtschaftspolitische Gestaltungsprozesse einer systematischen Optimierung zugänglich sind.623 Die Aufnahme in den BVWP verspricht jedoch noch keine tatsächliche Erstellung dieser Infrastruktur, da die finanziellen Mittel grundsätzlich knapp sind. Die Möglichkeiten richten sich maßgeblich nach dem verfügbaren Finanzvolumen des Bundes für die jeweiligen Haushaltsjahre.624 Die Entscheidung zur endgültigen Finanzierung von Infrastrukturprojekten liegt damit stets beim Bund,625 wobei dieser nur bedingt über den Zustand des Netzes informiert sein kann,626 womit sich eine Kontrolle der Prioritätenliste zur Investition in Infrastruktur nur schwer durchführen lässt. Zudem haben zurzeit lediglich Unternehmensbereiche des DB Konzerns sowie die Aufgabenträger der Länder die Möglichkeit, institutionalisiert Anforderungen an das Bestandsnetz zu formulieren und demnach Infrastrukturwünsche zu äußern.627 Infrastrukturprojekte, die in den BVWP aufgenommen werden, sind mit hohen Investitionskosten sowie i.d.R. mit langen Bau- und Genehmigungsverfahren verbunden.628 Tabelle D-3 zeigt die unterschiedlichen Arten an Infrastrukturmaßnahmen. Die Investitionen sind unterteilt in Netzinfrastruktur, in die Streckenkapazitäten zur Zu- und Abbringung an den Bahnhöfen (Knotenkapazität) sowie Maßnahmen, die sich auf die Bahnhöfe selbst beziehen. Dabei zeigt sich, dass sehr unterschiedliche Realisierungszeiträume existieren, die hohe Variabilitäten (minimaler vs. maximaler Realisierungszeitraum) in der Umsetzung aufweisen. Die ausgewiesenen Variabilitäten sind dabei abhängig von mehreren Einflussfaktoren, wie bspw. der Dauer von Planfeststellungsverfahren, Komplexität und Größe der Infrastruktur sowie möglichen Bauverzögerungen. Die Maßnahmen mit infrastrukturellen Investitionen und hoher Investitionssumme finden Aufnahme in einen BVWP, alle anderen Maßnahmen sind damit von der DB Netz zu finanzieren.

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625 626 627

628

Für die angelegten Bewertungskomponenten vgl. Aberle (2003), S. 489; Gühnemann / Rothengatter (2000) S. 75; o.V. (2003), S. 69 ff. Vgl. Aberle (1997), S. 352. Bei der Finanzierung von Infrastruktur werden zudem unterschiedliche Dringlichkeitsstufen festgelegt, so dass je nach verfügbaren Mitteln verschiedene Investitionsprojekte aufgegriffen werden (vgl. Projektgruppe Bundesverkehrswegeplanung (2003), S. 51 f.). Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 154. Vgl. Delhaes (2006), S. 26. Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 145. MUNZERT kritisiert, dass die Stellung der DB Netz AG erlaubt, Investitionen in Streckenmaßnahmen vorzunehmen, die in erster Linie den DBeigenen SVU zugute kommt. (vgl. Munzert (2001), S. 124). Vgl. Aberle (1997), S. 352.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG Infrastrukturbezogene Maßnahme

Realisierungszeitraum (in Jahren)

Netzinfrastruktur Neubaustrecken Überführungsbauwerk Neigetechnik-Ausbau Ausbaustrecken Zwei- / oder mehrgleisiger Ausbau Knotenkapazität Knotenertüchtigung630 Separate Streckenführung Neue Signaltechnik Blockverdichtung631 Wiederinstandsetzung von Strecken Beseitigung Langsamfahrstellen632 Bahnhöfe Bahnhofsneubau Bahnhofsumbau (Bahnsteiganlagen) Zusätzliche Bahnsteige Bahnsteignutzlänge Bahnsteighöhe Bahnsteigbreite Unter-/Überführung im Bahnhof

111 Aufnahme BVWP

Minimal

Maximal

10 7 3 6 5

≥ 15 15 5 10 10

Ja Ja Ja / ( Nein)629 Ja Ja

3 5 10 4 4 1

6 5 15 5 7 3

Ja Ja Ja

5 3 2 3 1 2 3

10 5 5 5 3 3 5

Ja Ja

Tabelle D-3: Realisierungszeiträume für infrastrukturbezogene Maßnahmen

Die DB Netz AG führt auf deutschem Hoheitsgebiet eine große Anzahl von Infrastrukturprojekten durch. Insbesondere Großprojekte vereinigen dabei einen hohen Anteil der Investitionssumme auf sich.633 Große verwirklichte Infrastrukturprojekte mit erheblichen Auswirkungen auf den angebotenen Fahrplan der DB FV waren bspw. die NBS Köln – Rhein/Main,634 die Realisierung von Teilen des Verkehrsprojekts Deutsche Ein-

629

630

631

632

633

634

Die Aufnahme des Neigetech-Ausbaus in den BVWP wird nur für den Fall durchgeführt, dass eine Streckensanierung erforderlich ist. Anderenfalls erfolgt die Finanzierung der relativ niedrigen Investitionskosten durch die Bestandsnetzgarantie des Bundes. Eine Knotenertüchtigung umschreibt Maßnahmen, die allgemein für eine Verbesserung der Zuund Abbringung von Zügen an den jeweiligen Bahnhof sorgt. Eine Blockverdichtung bezieht sich auf den Abstand zwischen zwei aufeinander folgenden Zügen. Durch infrastrukturelle Maßnahmen insbesondere in der Signaltechnik kann der notwendige Blockabstand reduziert werden. Langsamfahrstellen werden aufgrund infrastruktureller Mängel von Streckenabschnitten eingerichtet und reduzieren die zugelassene, reguläre Streckenabschnittsgeschwindigkeit erheblich. Von der gesamten geplanten Investitionssumme von 86 Mrd. € entfallen über 60 % auf weniger als 1 % aller Infrastrukturprojekte (vgl. Fricke / Feldwisch (2003), S. 241). Die Planungen für die NBS Köln - Rhein/Main wurden bereits in den 70er Jahren begonnen. 1985 erfolgte die Aufnahme in den Bedarfsplan für Bundesschienenwege. Der Baubeginn wurde nach Raumordnungsentscheiden sowie Planfeststellungsverfahren im Jahr 1995 vorgenommen, die Fertigstellung und Inbetriebnahme im Jahr 2002 (vgl. Onlineauftritt der DB AG).

112

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

heit635 sowie die ABS / NBS zwischen München-Ingolstadt-Nürnberg. Wichtige zukünftige Großprojekte stellen bspw. die Inbetriebnahme der europäischen Verkehrsachse Paris – Südwestdeutschland (POS)636 sowie das als Stuttgart 21 bezeichnete Großprojekt rund um den Hauptbahnhof Stuttgart mit der NBS Stuttgart-Ulm dar.637 Die angesprochene Variabilität von Infrastrukturrealisierungszeiträumen stellt die DB FV vor Probleme in der operativen Planung, da Fahrpläne einen langen Planungshorizont aufweisen.638 Bei Verzögerungen dieser Infrastrukturplanungen z.B. durch die schwankende Bundesfinanzmittelbereitstellung für das Bestandsnetz639 oder Bauverzögerungen müssen so Fahrplanplanungen revidiert werden. Ebenfalls können Probleme in der Einsatzverwendung von neu gelieferten Schienenfahrzeugen auftauchen. Prinzipiell nehmen die Probleme bei europäischen Infrastrukturplanungen noch zu. Hier treten neben den ohnehin langen Realisierungszeiträumen für Infrastrukturprojekte weitere Probleme durch die internationale Abstimmung auf, wie bspw. die Absprache über gemeinsame Ziele bzw. Defizite der grenzüberschreitenden Verkehre oder die Verständigung auf eine Streckenführung sowie die Finanzierung gemeinsamer Projekte. Hierdurch verlängern sich Infrastrukturprojekte tendenziell weiter.640 3.3

Strategische Flottenplanung

3.3.1

Inhalt der strategischen Flottenplanung

Die strategische Flottenplanung hat die Aufgabe, die Planung der Neu- und Ersatzbeschaffung von Schienenfahrzeugen für die DB FV durchzuführen sowie Modernisierungen zu planen, damit das Geschäftsfeld eine an den langfristigen Bedürfnissen optimal ausgerichtete Flottenstruktur aufweist. Diese Planung stellt in einem SPFVU die zentrale Komponente der Sachpotenzialplanung dar, da sie Art und Umfang des zukünftigen Kapazitätsbedarfs unter Berücksichtigung unternehmensexterner (Wirtschafts- und

635

636 637

638 639 640

Die Zielsetzung des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit (VDE) besteht darin, die wichtigsten Verbindungen zwischen beiden Teilen Deutschland wiederherzustellen. Abgeschlossen wurde hier bereits die Schnellbahnverbindung zwischen Hannover und Berlin. POS – Paris, Ostfrankreich, Südwestdeutschland. Das Projekt Paris – Südwestdeutschland gehört zu den großen europäischen Verkehrsprojekten. Am 22.05.1992 wurde auf politischer Ebene der Ausbau der Strecke Paris nach Südwestdeutschland fixiert, mit der die Strecke Paris nach Mannheim unter drei Stunden zurückgelegt werden kann. Auf deutscher Seite sind hierfür Ausbaumaßnahmen zwischen Saarbrücken und Ludwigshafen durchzuführen. Mit Inbetriebnahme dieser Ausbaustrecke bietet Rhealys (vgl. Abschnitt D.VI.3.4) auf dieser Strecke Schienenverkehrsleistungen an. Stuttgart 21 beinhaltet eine Änderung des Kopfbahnhofs Stuttgart in einen Durchgangsbahnhof sowie einen Aus- / Neubau der Strecke Stuttgart–Ulm. Für europäische Großprojekte, deren Baubeginn vor 2010 angesetzt ist vgl. Fabian (2005), S. 193. Für die Planungshorizonte sowie -ablauffolge der Fahrplanentwicklung vgl. Abschnitt D.VI.4.1. Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 142. Vgl. Fabian (2005), S. 192.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

113

Verkehrsentwicklungen, neue Infrastruktur, Regulierungen, etc.) und unternehmensinterner Einflussfaktoren bestimmt.641 Änderungen in der Infrastruktur, eine Ausweitung bzw. qualitative Verbesserung (bspw. Umstellung IC- auf ICE-Linie) des Angebots oder das Alter der Schienenfahrzeuge können zu einer Änderung des Flottenportfolios führen und Entwicklungsaufträge oder Nachbestellungen bestehender Fahrzeugprofile bei der Industrie auslösen. Die DB FV strebt an, die Realisierung von Infrastrukturmaßnahmen mit der Inbetriebnahme neu entwickelter Fahrzeuge zu synchronisieren.642 In diesem Fall werden Flotteninvestitionsplanungen abgeleitet von Infrastrukturplanungen. Flottenplanungen beziehen sich bei der DB FV auf einen Zeithorizont von ca. 15 Jahren. Aufgrund einer langen Betriebsdauer der Schienenfahrzeuge von ca. 25-30 Jahren für HGV-Triebfahrzeuge und ca. 45 Jahre für Reisezugwagen sowie 30 Jahre für Loks werden zudem Modernisierungen notwendig, um den Einsatz des Fahrzeugmaterials durch Weiterentwicklung des Netzes (bspw. in der Leit- und Sicherungstechnik, Schaffung von Interoperabilität) zu gewährleisten oder Qualitätsstandards in der Innenausstattung für den Kunden (bspw. Fahrgastinformationssysteme, Stromversorgung am Platz) auf einem attraktivem Niveau zu halten. Wegen der hohen Anzahl an Fahrzeugen der gleichen Serie und der daraus resultierenden Höhe an Investitionskosten zur Modernisierung sowie der Dauer der Modernisierungsdurchführungen sind auch diese Planungen auf einen längeren Zeitraum ausgerichtet. Planungen zur Änderung des komfortbezogenen Innenbereichs sowie technische Veränderungen nehmen zwischen einem bis drei Jahren in Anspruch.643 Sowohl neue als auch Modernisierungen bestehender Schienenfahrzeuge stellen für die DB FV hohe finanzielle Investitionskosten dar.644 Aufgrund der bereits angesprochenen hohen Spezifität der Fahrzeuge645 ist ein Weiterverkauf ins Ausland bspw. bei einer Fehleinschätzung der Nachfragesituation von Fahrzeugen nicht oder nur mit aufwändigen Anpassungen (Schaffung von Mehrsystemfähigkeit, Erfüllung unterschiedlicher Brandschutzvorschriften, etc.) möglich. Aus Sicht der DB FV können zudem wettbewerbliche Gründe gegen den Verkauf der Fahrzeuge sprechen.

641

642

643

644

645

In Anlehnung an den Luftverkehr vgl. Volkmann (1989), S. 160; die Fahrzeuginvestitionen bildeten im Jahr 2004 mit ca. 86 % den Schwerpunkt der Investitionstätigkeit (vgl. DB Fernverkehr AG (2005), S. 17). Vgl. o.V. (2004b), S. 100; bei notwendigem zweckentfremdeten Einsatz von HGV- oder Neigetech-Fahrzeugen aufgrund nichtverfügbarer geplanter Infrastruktur ist die Wirtschaftlichkeit der Investition in diese teureren Fahrzeuge erheblich in Frage gestellt (vgl. Ehrmann et al. (2006), S. 398). So bspw. das Redesignprogramm des ICE 1 mit der Neuaustattung des kompletten Innenraums (vgl. o.V. (2005e), S. 30) oder einer Veränderung des Anteils von 1. und 2. Klasse sowie einer Änderung des Produktdesigns (bspw. Lackierung) oder dem Umbau von Küche, Bistro und Restaurant. So kostet ein ICE 3 der zweiten Serie etwa 25 Millionen Euro und ein ICE-T der ersten Serie (Neigetechnik) etwa 15 Millionen Euro (mit Ergänzungen von o.V. (2005c)). Für die Auslöser der hohen Spezifität von Schienenfahrzeugen vgl. Abschnitt C.IV.4.4.

114

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Ist im Luftverkehrsbereich ein bilanzneutrales Leasing von Flugzeugen möglich, ist diese Option für die DB FV aufgrund der hohen Spezifität der Fahrzeuge und der daraus resultierenden geringen Attraktivität für Leasinggesellschaften nicht in gleichem Maße gegeben.646 Daher sind momentan die Optionen der DB FV in der strategischen Flottenplanung in Bezug auf Neubeschaffung und Wiederverkauf als eingeschränkt zu bezeichnen, weshalb entsprechend ein hoher zeitlicher und personeller Aufwand in der Planung betrieben wird,647 um Fehlplanungen zu vermeiden. Demzufolge ist die Bestellung von Schienenfahrzeugen das Ergebnis eines sich über mehrere Jahre erstreckenden Planungs- und Entscheidungsprozesses. 3.3.2

Charakteristika der verwendeten Schienenfahrzeuge

Die DB FV setzt Triebwagen und Triebzüge sowie lokgebundene Züge in ihrem Fahrplan ein.648 Triebwagen und -züge haben Vorteile in Bezug auf Maximalgeschwindigkeit, Beschleunigung sowie bei Einsatz auf Strecken mit steilerer Topographie.649 Speziell für Streckenabschnitte mit häufigen, engen Kurvenradien wurden Triebzüge (ICE T) entwickelt, welche in der Lage sind, unter Einsatz von Neigetechnologie eine bis zu 30 % höhere Kurvengeschwindigkeit zu bewältigen, die auf den Streckenprofilen der DB FV für bestimmte Relationen eine bis zu 10 % schnellere Beförderungszeit als bei herkömmlichen Zügen erlaubt.650 Bei diesen Streckenprofilen handelt es sich i.d.R. nicht um Neubaustrecken, welche für hohe Geschwindigkeiten mit geringen Kurvenradien geplant werden, sondern um modifizierte Altstrecken.651 Da die Züge auf dem ICE-Netz unter dieser Produktbezeichnung eingesetzt werden, ist auch deren Design eng an das des ICE 3 angelehnt.

646

647

648

649 650 651

Im deutschen Markt wird Fahrzeugleasing bisher kaum in Anspruch genommen (vgl. Seabright et al. (2003), S. 49); bei der Vermietung von Lokomotiven im Güterverkehrsbereich ist die Inanspruchnahme jedoch wesentlich umfangreicher (vgl. Bloemen (2005), S. 24). So werden Planungen für Investitionsgüter mit hoher Spezifität in Unternehmen allgemein besonders ressourcenintensiv vollzogen (vgl. Yasai-Ardekani / Haug (1997), S. 734), so dass die Planung der DB FV hier der erwarteten Ausprägung entspricht. Unter einem Triebwagen wird ein Zug mit integrierter Antriebseinheit in Form von Triebköpfen an den Zugenden verstanden. Triebzüge weisen ebenfalls integrierte Antriebseinheiten auf, die jedoch „unterflur“, also im Wagenboden angebracht sind (vgl. Deutsche Bahn AG (2003), S. 4). Für Unterscheidungen zwischen lokbespannten Zügen und Triebzügen vgl. Müller (2000). Vgl. DB Fernverkehr AG (2005), S. 58. Für einen Überblick der Einsatzprofile von Neige- und Hochgeschwindigkeitszügen vgl. Gehrhard / Karch (2000), S. 66.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG Zuggattung ICE 1 ICE 2 ICE 3 (M) ICE T654 IC-Steuerwagen Wagengarnitur655 BR 101 (Lok) BR 120 (Lok) BR 181 (Lok) Thalys MET656

115

Höchstgeschwindigkeit (km/h)

Sitzplätze (1./2 Klasse)

Indienstnahme

Bestand

280 280 330 230 200 200 220 200 160 300 200

649652 368 429653 250 / 357 51 350-750 377 382

1991 1996 2000 1999 1996-99 1970-1991 1997-99 1987-89 1974-75 1996-99 1999

59 44 63 43 75 ca. 170 145 60 25 2 2

Tabelle D-4: Schienenfahrzeuge der DB Fernverkehr AG657

Neben den vorgestellten Fahreigenschaften unterscheiden sich die Fahrzeuge hinsichtlich ihrer fahrgasttechnischen Kapazität. Eine Besonderheit nehmen die Triebfahrzeuge der Fahrzeugserie ICE 2, ICE 3 und ICE T ein, da eine Kopplung mit einem Fahrzeug der gleichen Fahrzeugserie möglich ist, wodurch die Kapazität auf einzelnen Streckenabschnitten ohne zusätzliche Zugfahrten gesteigert werden kann. Hierdurch ergeben sich Vorteile in der Netzauslastung bei gleichzeitiger Einsparung variabler Trassenkosten. Zudem können durch Teilen gekoppelter Züge zusätzliche Direktverbindungen angeboten werden sowie Vorteile durch eine kapazitative Anpassung an Strecken mit geringerer Nachfrage erzielt werden.658 Die IC-Steuerwagen sowie die Loks können mit einem Pool bestehend aus verschiedenen Wagengarnituren bestückt und betrieben werden. Die IC-Steuerwagen verfügen über keinen eigenen Antrieb, müssen demnach in Verbindung mit Loks verkehren und sind für den IC-Wendezugverkehr konzipiert worden.659 Bestandteil des Flottenportfolios sind zudem zwei Zugeinheiten des Thalys, welcher auf französischer TGV-Technik basiert. Die DB FV ist Partner des Thalys

652

653

654

655 656 657

658 659

Anzahl Sitzplätze bei 12 Mittelwagen vor Redimensionierung; nach Redimensionierung wurden die Sitzabstände verkleinert, um 700 Sitzplätze zu fassen bei nahezu unverändertem Komfortmerkmalen. Mittelwert aus ICE 3 der 1. Serie (429 Sitzplätze), der 2. Serie (442 Sitzplätze) und des ICE 3 M (419 Sitzplätze). ICE-T wurde in zwei Varianten entwickelt: Baureihe 411 (siebenteilige Züge) und Baureihe 415 (fünfteilige Baureihe). Wagengarnituren bestehen aus 6 – 11 Reisezugwagen. Die MET-Züge werden seit Dezember 2005 im IC-Zugverkehr eingesetzt. Stand: Ende 2006 mit Ergänzungen (vgl. DB Fernverkehr AG (2005), S. 58 f. sowie Deutsche Bahn AG (2003)). Vgl. Körfgen / Weigand (2001), S. 329. Vgl. Deutsche Bahn AG (2003), S. 8. Hierdurch wird es möglich, einen Fahrtrichtungswechsel in Kopfbahnhöfen in nur vier Minuten vorzunehmen und so deutliche Zeiteinsparungen gegenüber Rangiervorgängen zu erzielen.

116

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

International und führt Verkehre unter dieser Marke durch.660 Der Thalys ist aufgrund des Einsatzes in Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Deutschland viersystemfähig. Neben diesen Zügen verfügt die DB FV in ihrem Fahrzeugpool über zwei METZüge, die ehemals unter der eigenen Marke Metropolitan eingesetzt wurden sowie über Reisezugwagen für die DB Autozug und den DB Nachtzug.661 Mit diesem Flottenportfolio besitzt die DB FV für den deutschen Raum sowie für die derzeit betriebenen internationalen Relationen bei den gegebenen strukturellen Voraussetzungen des Netzes ein marktorientiertes Angebot an Schienenverkehrsleistungen. Die zukünftig anstehenden Flotteninvestitionen sind aufgrund des Fahrzeugalters für die Produktgattung der IC/EC-Züge zu treffen, also den derzeit noch lokgebundenen Zügen. Hier sind Entwicklungsprozesse für eine neue Fahrzeuggeneration anzustoßen, die zwischen dem Jahr 2015 bis 2020 zur Verfügung stehen muss. Außerdem wird ab dem Jahr 2020 die Indienststellung der nächsten Generation an Hochgeschwindigkeitszügen relevant. 3.3.3

Tendenzen bei der Entwicklung neuer Fahrzeuggenerationen

Neue Fahrzeuggenerationen gehen bei den großen europäischen SPFVU traditionell mit prestigeträchtigen Entwicklungen einher. Seit der Bahnreform in Deutschland hat bei der DB FV jedoch ein Umdenken stattgefunden, so dass verstärkt betriebswirtschaftliche Argumente in der Entwicklung bzw. Beschaffung eine wichtige Rolle spielen. Waren zudem bis vor einigen Jahren noch die Beschaffungskosten der Züge bei Erfüllung von ausgewählten technischen Eigenschaften wichtigstes Kaufkriterium, änderte sich dies zunehmend hin zu einer durchgeführten Lebenszyklusbetrachtung der Kosten und Nutzwerte der Fahrzeuge.662 Hierdurch können Folgekosten Berücksichtigung finden, die den größten Teil der Gesamtkosten von Schienenfahrzeugen betreffen.663 Außerdem können Opportunitätskosten wie z.B. Ausfallkosten während des Betriebs in eine solche Betrachtung integriert werden. Damit ist nicht nur die absolute Wirtschaftlichkeit einer Fahrzeuginvestition Gegenstand der Betrachtung, sondern vergleichende Analysen unterschiedlicher Fahrzeugkonzepte.664 Bei den für die Bewertung wesentlichen Kostenblöcken handelt es sich um die Beschaffungskosten sowie die laufenden Kosten für Instandhaltung, Betrieb, Energie und Trasse.665 Die Prognose der Lebenszykluskosten

660 661 662 663 664

665

Vgl. Abschnitt D.VI.3.4. Vgl. Deutsche Bahn AG (2003), S. 10 ff. Vgl. Julitz (1998), S. 199; Krötz (2003), S. 166; Wolter (2000), S. 51 ff. Vgl. Aberle (2003), S. 322. Bspw. die Fragestellung, ob ein Triebzugkonzept trotz höherer Anschaffungs- und Betriebskosten gegenüber einem Lokzug durch die gegebene Nachfragestruktur wirtschaftlich sinnvoller erscheint. Vgl. Krötz (2003), S. 166; in einer höheren Detailliertheit unterschieden in die Kostenblöcke: Vorbereitung, Beschaffung, Betrieb, Fahrweg, Instandhaltung, Organisation Felddaten, Ausfall, Verifikation / Validation, Rücknahme vom Markt sowie Recycling / Entsorgung bei WOLTER (vgl. Wolter (2000), S. 55). Die Relevanz von Trassenkosten als Entscheidungskriterium kann bei der Berücksichtigung der Entwicklung kuppelbarer Züge eine Rolle spielen, da auf Strecken mit

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

117

stellt jedoch aufgrund der komplexen Kostenstruktur sowie des langen Prognosezeitraums aufgrund der hohen Lebensdauer der Fahrzeuge eine große Schwierigkeit dar. Um die Risiken von alternativen Umweltszenarien (Nachfrage- und Kostenentwicklung) zu berücksichtigen, sind in der Planung geeignete Instrumente (bspw. Szenariotechnik666) einzusetzen. Diese Berücksichtigung fand bis vor kurzem jedoch u.a. wegen der hohen Komplexität der Verkehrsnachfragemodelle und den daraus resultierenden langen Rechenzeiten nur in begrenztem Umfang statt. Wurde ein Großteil der Fahrzeugentwicklung vor der Bahnstrukturreform noch im eigenen Unternehmen durchgeführt667 bzw. unter sehr viel stärkerem Mitwirken bei Entwicklungen der eigenen „Hoflieferanten“668 der Fahrzeugindustrie, änderte sich dies seither grundlegend. Durch die Selbsterstellung fielen hohe Fixkosten für Mitarbeiter sowie produktionstechnische Anlagen an, die auch in Zeiten geringer Auslastung aufgrund nicht notwendiger Entwicklungen zu tragen waren. Daher wurde die Zusammenarbeit mit der Industrie zur Entwicklung von neuen Schienenfahrzeugen auf die Definition von gewünschten Fahrzeuganforderungen sowie einer Begleitung des Entwicklungsprozesses der Fahrzeuge beschränkt. Diese neue Situation führt dazu, dass die Fahrzeugindustrie bei Neuentwicklung eine umfangreiche Aufnahme der Betriebserfahrungen alter Schienenfahrzeuge der DB FV vorzunehmen hat, um hieraus für zukünftige Entwicklungen Verbesserungen abzuleiten.669 Da bei der DB AG eine große Typenvielfalt in der Flotte zu beobachten ist,670 wird eine Reduktion dieser Typenvielfalt sowie eine höhere Modularisierung der Fahrzeuge mit einer einhergehenden Standardisierung der Funktionen und Schnittstellen dieser Module angestrebt.671 Durch die Modularisierung soll die Möglichkeit zu einer höheren Wettbewerbsintensität der Systemlieferanten und deren Zulieferer genutzt werden, wodurch Einsparungen in der Beschaffung und eine Reduktion der Instandhaltungskosten sowie die Möglichkeit zum Austausch von Zulieferern während des Betriebs der Fahrzeuge bei auftretenden Qualitätsmängeln angestrebt werden.672 Neben der Fahrzeugindustrie sind die DB Netz als Netzinfrastrukturbetreiber sowie das Eisenbahnbundesamt (EBA) als Prüfstelle wichtige Akteure bei der Fahrzeugentwicklung. Die DB Netz kontrolliert die Kompatibilität neuer Schienenfahrzeuge mit dem eigenen Netz,673 während das EBA die sicherheitsrelevante Abnahme und die Zulassung für das deutsche Netz verantwortet.674

666 667 668

669 670 671 672 673 674

hoher Nachfrage eine Kupplung von Zugteilen möglich wird. Hierdurch werden gegenüber mehreren verkehrenden Zügen Trassenkosten eingespart. Vgl. bspw. Reibnitz (1991). Vgl. Krohn (2005), S. 38. Hier wurden oftmals durch Regierungsauftrag alle möglichen Bahnaufträge an unterschiedliche deutsche Unternehmen verteilt (vgl. Julitz (1998), S. 198 f.). Vgl. Körber (2000), S. 461. Vgl. Körfgen / Weigand (2001), S. 167. Vgl. Krötz (2003), S. 167 ff. Vgl. Krötz (2003), S. 167 ff. Vgl. Mittmann (2004), S. 570 f.; Körber (2000), S. 463. Vgl. Körber (2000), S. 463.

118

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Da auf den europäischen Verkehrsmärkten aufgrund der Integrationsbestrebungen (z.B. Ausbau HGV-Netze) von steigenden grenzüberschreitenden Fahrgastzahlen auszugehen ist,675 ist auch die Einsatzfähigkeit der Züge im Ausland bei der Fahrzeugentwicklung von hoher Bedeutung. Die Schaffung von Interoperabilität wird in absehbarer Zeit nicht durch streckenseitige Maßnahmen zu erwarten sein, womit die fahrzeugseitige Interoperabilität zu gewährleisten ist.676 Fahrzeugzulassungen auf europäischen Märkten können jedoch erhebliche Markteintrittsbarrieren darstellen.677 Hierdurch sind bereits in der Planung die (z.T. recht langen) Vorlaufzeiten für durchzuführende Zulassungsverfahren in den unterschiedlichen Ländern zu berücksichtigen,678 die zudem durch intransparente Prozesse gekennzeichnet sind.679 Zurzeit wird auf politischer Ebene die Schaffung von Spezifikationen zum Netzzugang für Schienenfahrzeuge (TSI680) forciert. Damit können Zulassungen von Schienenfahrzeugen in europäischen Ländern aufgrund standardisierter Anforderungen verkürzt werden.681 Eine Zusammenarbeit der EVU zur gemeinsamen Entwicklung eines Fahrzeugs mit den sich daraus ergebenden Vorteilen (Interoperabilität, Größenvorteile in Beschaffung und Betrieb, vereinfachte Zulassung) ist durch das Scheitern der Zusammenarbeit von französischer SNCF, italienischer FS und der DB FV beim Projekt HTE682 als paneuropäisch entwickelter europäischer Hochgeschwindigkeitszug vorerst aufgeschoben.683 Zwar einigten sich die beteiligten EVU auf ein gemeinsames Lastenheft684 und sprachen die Anzahl der zu bestellenden Fahrzeuge sowie die Zulieferzeitpunkte ab. Jedoch wurde keine gemeinsame Bestellung ausgelöst. Dennoch kann dieser gemeinsame Versuch als bisher

675

676 677

678

679 680 681

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683

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Die durchgeführte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass durch den Ausbau der HGV-Netze die Bahnen ihren Anteil am allgemeinen Verkehrsmarkt überdurchschnittlich steigern können (vgl. Ellwanger (2004), S. 423). Vgl. Fried (2002), S. 13 sowie Abschnitt C.IV.4.4. Vgl. Kirchner (2004), S. 2; so kostete bspw. das Zulassungsverfahren für den ICE 3 in Frankreich 28 Millionen Euro. Die Zulassungsdauer betrug mehr als fünf Jahre (vgl. Müller (2006), S. 74). Für die Probleme / Verzögerungen bei Zulassungen vgl. bspw. Bläske (2006); Krummheuer (2005c); Mittmann (2004); Müller (2006). Vgl. Hoppe / Stapff (2005), S. 102. TSI - Technical Specifications for Interoperability. Momentan sind noch nationale Prüfungen vorgeschrieben. (für den ICE 3M waren für fünf Länder bis zu fünf vollständige Zulassungsverfahren zu durchlaufen (vgl. Zijdemans / Frunt (2000)). Der geplante Zug wurde als „High Speed Train Europe (HTE)“ bezeichnet (vgl. Körfgen / Weigand (2001), S. 337). Die SNCF sprach sich für die Entwicklung einfacher Züge aus und befürwortete eine Entwicklung unter der Federführung des TGV-Entwicklers Alstom, während die DB FV weiterhin den Bau von luxuriösen Zügen nach Vorbild des ICE unter Leitung von Siemens favorisierte. Die DB FV entschied sich statt der Entwicklung des HTE schließlich für ein Redesign ihrer ICE 1-Züge, um diese länger einsetzen zu können und so keine Ersatzinvestitionen durchführen zu müssen (vgl. o.V. (2004c)). Die Dauer des Redesign des ICE 1 nimmt ca. 3 Jahre in Anspruch, die gesamten Investitionskosten für die 59 Fahrzeuge der ICE 1 – Flotte beläuft sich dabei auf 180 Millionen Euro (vgl. o.V. (2005e), S. 30). Ein Lastenheft stellt eine detaillierte Aufstellung aller technischen Merkmale eines Schienenfahrzeugs dar.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

119

einmalige Leistung in der Abstimmung gemeinsamer Beschaffungsaktivitäten europäischer EVU charakterisiert werden. 3.3.4

Ablaufprozesse der Schienenfahrzeugentwicklung

Bei der Flottenplanung sind innerhalb der DB FV neben der Unternehmensführung als Entscheidungsgremium mehrere Organisationseinheiten involviert, zwischen denen Abstimmungserfordernisse bestehen.685 Das Netz- und Kapazitätsmanagement hat Fahrplankonzepte für die Jahre nach Fahrzeugeinführung unter Einbezug von Prognoserechnungen für einen „eingeschwungenen“686 Zustand (stabile Nachfragesituation nach Gewöhnungseffekten an neue Infrastruktur) vorzulegen, die über eine Abschätzung der Kapazität (Fahrzeugbedarf sowie einen Kapazitätswunsch der Fahrzeuge inklusive Aufteilung für Sitze der 1. und 2. Klasse) informieren sowie Zielgeschwindigkeiten für die Fahrzeuge festzulegen. Die Planung der Produktionsabteilung bezieht hingegen Betriebsund Instandhaltungskonzepte in die monetären Überlegungen mit ein und informiert über die zu erwartende Außerdienststellung bestehender Fahrzeuge. Zudem präzisiert sie technische Anforderungen wie notwendige Fahrzeugausrüstung (Bremssysteme, etc.). Die Abteilung Zielgruppenmanagement und Vermarktung plant die aus Kundensicht gewünschten Ausstattungsmerkmale und hat dafür zu sorgen, dass sich die neuen Fahrzeuge aus marktorientierter Sicht in das bestehende Produktportfolio integrieren lassen. Ebenso erfordert die Flottenplanung eine Koordination mit der Finanzplanung zur Finanzierung der Flotteninvestitionen. Technisch beraten wird die DB FV durch die DB Systemtechnik, eine im Jahr 2002 gegründete Servicegesellschaft des Konzerns, die als technische Kompetenzabteilung gegründet wurde und Abstimmungen mit der Industrie sowie die technische Abnahme der Fahrzeuge beim Netzinfrastrukturbetreiber DB Netz und dem EBA vornimmt. Nachdem innerhalb der ersten internen Abstimmungsrunden ein Konsens über die wesentlichen Anforderungen an eine neue Fahrzeuggeneration erzielt worden ist, wird bei Innovationen, die hohe Anforderungen an die Neuentwicklung stellen, in einem nächsten Schritt die Fahrzeugindustrie mit einbezogen und über die gewünschten Anforderungen informiert. Diese äußert ihre Vorstellungen über die technische Umsetzbarkeit sowie über Preise. Die Vorstellungen der Fahrzeugindustrie verändern gegebenenfalls die gewünschten Anforderungen der DB FV, so dass erst im Anschluss ein detailliertes Lastenheft erstellt wird, welches die endgültigen Anforderungen des gewünschten Fahrzeugs enthält. Bevor eine Ausschreibung mit den Eckdaten der gewünschten Anzahl an Fahrzeugen erfolgt, wird der Investitionsausschuss des Konzerns informiert. Der Investitionsausschuss, dem Vertreter aller Unternehmensbereiche und der Holding angehören, hat einen Genehmigungsvorbehalt bei Investitionen oberhalb eines gewissen monetären Betrags.

685

686

Vgl. im Folgenden o.V. (2004b), S. 100. Neben der hierarchischen Strukturierung des Problems aufgrund der Beschlussfassung durch die obersten Entscheidungsgremien (vertikale Zerlegung) wird somit zusätzlich eine horizontale Zerlegung durch Aufspaltung in Teilplanungen vollzogen (vgl. Frese (2000), S. 57). Hier handelt es sich um den DB-internen Sprachgebrauch.

120

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Die Fahrzeugindustrie bewirbt sich nun auf die Ausschreibung, indem Angebote in Zusammenarbeit mit der Zulieferindustrie geäußert werden. Durch die Oligopolsituation auf Industrieseite ist i.d.R. die Anzahl der Bewerbungen sehr überschaubar. Die DB FV entscheidet sich daraufhin für ein Angebot. Bei Vertragsabschluss werden neben der genauen Anzahl an bestellten Fahrzeugen und deren genauem Lieferdatum ebenfalls Verträge über die Aufrechterhaltung der Produktionsanlagen auf Industrieseite abgeschlossen, wodurch die Möglichkeit von Nachbestellungen bis zu einem festgelegten Zeitpunkt garantiert wird. Außerdem können bei etwaigen Nachbestellungen zudem Reduktionen der Kaufpreise bereits bestellter Fahrzeuge vertraglich geregelt sein. Nach Vertragsabschluss erfolgt die eigentliche Entwicklungsarbeit. Häufig und insbesondere bei technisch anspruchsvollen Projekten wird eine Vorserie zur Erprobung unter Realbedingungen gefertigt. Während dieses Prozesses wird das EBA auf Anfrage hinzugezogen, um sicherzustellen, dass das entwickelte Produkt auch schließlich die Voraussetzungen für eine Abnahme erfüllt.687 Diese Zulassung zum Betrieb (sicherheitsrelevante Abnahme) auf dem deutschen Netz wird jedoch erst nach umfangreichen Tests und gegebenenfalls Anpassungen an der Vorserie gegeben.688 Erst danach erfolgt die Auslieferung der eigentlichen Serie, die von der DB FV ebenfalls abgenommen wird (kundenrelevante Abnahme). Vor der eigentlichen Produktion der Serie wird zu einem festgelegten Zeitpunkt ein so genannter „Designfreeze“ ausgesprochen, so dass die Industrieseite keine weiteren technischen Änderungen mehr vollziehen muss und ihre Beschaffungsaktivitäten für das entwickelte Fahrzeug durchführen kann. Etwaige gewünschte Änderungen seitens des Bestellers nach diesem Zeitpunkt werden i.d.R. mit erheblichen Preisaufschlägen der Industrie geahndet. Tabelle D-5 stellt die Planungsprozessstufen am Beispiel der Planungen zum HTE als Nachfolge des ICE 3 dar. Für dessen Entwicklung wurde eine Gesamtdauer von der Definition des ersten Anforderungsprofils bis zum Einsatz der ersten Schienenfahrzeuge von zehn Jahren angenommen. Durch diese langen Planungshorizonte, hervorgerufen durch lange Entwicklungshorizonte und die bindende Festlegung bei einem frühen Vertragsabschluss (im Beispiel sechs Jahre vor Auslieferung) bei gleichzeitiger hoher Spezifität der Fahrzeuge, besteht durch die unsichere Nachfrageentwicklung ein hohes Risiko.

687 688

Vgl. Körber (2000), S. 462. Bei der Indienststellung des ICE 3 traten zahlreiche „Kinderkrankheiten“ auf (Kupplungsprobleme, Defekte der Klimaanlagen, Bremsen und des Antriebs), die auf eine zu kurze Versuchsphase schließen lassen (vgl. Ebeling (2005), S. 41).

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG Zeitpunkt vor Indienststellung

Prozessstufen

121 Inhalte

(in Jahren)

n-10

Definition Anforderungen

n-10 n-9

Festlegung Anforderungen Einbindung Industrie

n-8

Detailliertes Lastenheft

n-7

Ausschreibung (qualitatives Angebot)

n-6

Vertragsabschluss

n-6 – n-3 n-2 n

Entwicklung Erprobung / Abnahme / Zulassung Auslieferung; Inbetriebnahme Serie

Entwicklung von Grobvorstellungen der neuen Fahrzeuggenerationen (Reisegeschwindigkeit, Kapazität, Anzahl, etc.) Festlegung technischer Spezifikation Entwicklungsgespräche über technische Umsetzbarkeit, Investitionsaufwand Endgültige Festlegung der technischen Kriterien des Fahrzeugs Festlegung der nichtfinanziellen Vertragsbedingungen (Anzahl Fahrzeuge, technische Spezifikationen, etc.) Festlegung auf Entwicklungskonsortium; Fixierung finanzieller Vertragsbedingungen Industrieseitige Entwicklung und Produktion Vorserie Betrieb des Vorserienfahrzeugs Zulauf des ersten einsatzfähigen Serienfahrzeugs

Tabelle D-5: Ablaufprozesse Flottenplanung am Beispiel HTE

Dabei gilt, dass eine technisch weniger anspruchsvolle Lösung zu einer Verkürzung der gesamten Fahrzeugentwicklungsplanung führt.689 Die Industrie kalkuliert häufig mit Folgeaufträgen anderer SVU, die jedoch zusätzliche Entwicklungsarbeiten aufgrund Besonderheiten der Netze nötig werden lassen und daher ebenfalls Unsicherheit unterliegen.690 Bei Verzögerung in der Entwicklung und Indienststellung können Plananpassungen der Fahrplankonzepte mit notwendigen Anpassungen in weiteren operativen Planungen notwendig werden. 3.4

Planung von Kooperationen und Beteiligungen

Kooperationen691 dienen der DB FV insbesondere dazu, eine Schienenverkehrsleistung in ausländisches Hoheitsgebiet zusammen mit dem jeweiligen Partner in diesem Land zu erbringen, während die derzeitigen Beteiligungen auf Nischenmärkten unter eigenem Markenauftritt spezialisiert sind.

689

690

691

Hierbei werden neben einer Verkürzung der Planungszeiträume bis zur Definition des Lastenhefts ebenfalls Reduktionen im tatsächlichen Entwicklungsaufwand erwartet. Der ICE 3 als Produkt der Siemens AG wird in modifizierter Art ab dem Jahr 2007 ebenfalls auf HGV-Strecken in Spanien eingesetzt. Unter einer Kooperation wird die gemeinsame Durchführung eines Vorgangs durch mindestens zwei Partner verstanden, die so ausgeführt wird, dass die Handlung eines Partners bewusst die Verrichtung der Handlungen des anderen Partners erleichtert. (aus dem Englischen vgl. Albers (2005), S. 5).

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3.4.1

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Kooperationen des Geschäftsfelds

Da bisher keine vollständige Liberalisierung des Schienenpersonenfernverkehrsmarkts vorliegt, ist die DB FV bei dem Angebot grenzüberschreitender Verkehre auf die Bereitschaft des ausländischen EVU angewiesen, internationale Verkehre mit der DB FV durchführen zu wollen. Der Umsatzbeitrag grenzüberschreitender Verkehre der DB FV betrug dabei im Jahr 2005 ca. 5 – 7 %.692 Da wichtige internationale Relationen durch europäische Projekte gefördert werden und weitere Deregulierungen vorrausichtlich zu einer europäischen Kabotagefreiheit führen werden, wird dieser Anteil in Zukunft noch größer werden. Aus diesem Grund versucht die DB FV grenzüberschreitenden Personenfernverkehr bei gegebenen Marktbedingungen in Kooperation mit anderen Bahnen anzubieten.693 Bei den Kooperationen mit ausländischen Bahnen im grenzüberschreitenden Regelverkehr werden internationale Bedienkonzepte (verkehrende Frequenzen, Zugmaterial, etc.) geplant, die insbesondere den Anteil der Partner an den angebotenen Verkehren zum Inhalt haben. Da internationale Verbindungen durch ihren Laufweg Auswirkungen auf den nationalen Fahrplan sowie die Auslastung nationaler Züge zur Folge haben, finden jährliche Abstimmungsprozesse statt. Für den Fall, dass Infrastrukturertüchtigungen (Ausbau- bzw. Neubaustrecken) durchgeführt werden sollen, verlängern sich die Verhandlungen tendenziell erheblich, da hier Abstimmungen mit der Politik über die Finanzierung erforderlich sind oder Abstimmungen bspw. über Sicherheitsvorschriften erzielt werden müssen. Die Kooperationen werden kundenseitig weiterhin als Angebote der jeweiligen SPFVU wahrgenommen, da kein gemeinsamer Markenauftritt oder sonstige Angleichungen des Angebots durchgeführt werden. Teilweise planen jedoch gegründete JointVentures gemeinsame Marketingkonzepte für diese Verbindungen, wie bspw. bei der schweizerisch-deutschen Kooperation Rheinalp, die die grenzüberschreitenden Verkehre zwischen den Ländern gemeinsam vermarktet.694 Als weiteres Beispiel gilt die Kooperation Rhealys, bei der es sich um eine multilaterale Kooperation der deutschen, französischen, luxemburgischen und Schweizer Bahnen handelt. Ab dem Jahr 2007 werden von diesen Bahnen Hochgeschwindigkeitsverkehre zwischen dem Großraum Paris und Süddeutschland (Stuttgart; Frankfurt), Luxemburg und Zürich durchgeführt. Um eine Kooperation der DB FV mit einem internationalen Betreibermodell unter eigenem Marktauftritt handelt es sich bei der Kooperation der DB FV mit Thalys. Thalys 692 693

694

Bahninterne Expertenschätzung. Vgl. Deutsche Bahn AG (2002), S. 12; diese Arten der Kooperation weisen damit eine hohe Ähnlichkeit zu internationalen Kooperationen im Luftverkehr auf. Diese werden aufgrund von fehlenden Verkehrsrechten eingegangen und ermöglichen einem LVU Passagieren eine schnellere Verbindung zu gewährleisten (vgl. bspw. Oum et al. (2000), S. 1 ff.) Auf einer höheren Stufe der Kooperation stehen so genannte Betreibermodelle. Diese stellen eine besondere Form der zwischenbetrieblichen Kooperation dar. Hierbei wird von den Partnern ein gemeinsam betriebenes SVU gegründet, wobei die Beteiligungen in Form von Kapital- oder Sacheinlagen (insbesondere Rollmaterial) eingebracht werden können. Diese Form der Internationalisierung wird insbesondere im Güterverkehrsbereich verwendet, jedoch werden auch diesem Modell in Zukunft im Personenverkehr Chancen eingeräumt (vgl. Schneider / Zatta (2004), S. 254 ff.).

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ist ein Gemeinschaftsunternehmen der belgischen und französischen Staatsbahn. Seit 1996 werden hier Hochgeschwindigkeitsverkehre in den Beneluxländern angeboten. Seit 1997 wird zudem Köln bedient.695 Die DB FV ist Kooperationspartner des Unternehmens und betreibt zwei Thalys-Triebzüge auf der Relation Köln – Paris. Die Erlöse des Betriebs dieser zwei DB eigenen Zugeinheiten des Thalys kommen auf deutschem Hoheitsgebiet vollständig der DB FV zu, während auf ausländischem Gebiet eine Verrechnung zwischen den Partnern durchgeführt wird. Die DB FV ist an einer finanziellen Beteiligung interessiert, da mit einem weiteren geplanten Ausbau der Strecke und einer dementsprechenden Verkürzung der Reisezeit mit einer wesentlichen Erhöhung der Fahrgastzahlen gerechnet wird. Eine weitere wichtige nationale Kooperation für die DB FV stellt AIRail dar. AIRail ist eine Kooperation zwischen der Deutschen Lufthansa AG, dem Flughafen Frankfurt (FRAPORT AG) und der DB AG und wurde mittlerweile auf den Bahnhof Stuttgart ausgeweitet. Die Kooperation ging 1998 aus einem Memorandum of Understanding hervor, welches von Lufthansa maßgeblich vorangetrieben wurde. Hierbei handelt es sich um die Vernetzung transportrelevanter Teilprozesse,696 um so ein wettbewerbsfähiges intermodales Angebot gegenüber einer Flug-Flug-Umsteigeverbindung zu gewährleisten. Die Vorteile eines solchen intermodalen Angebots für LVU sind insbesondere eine Reisezeitverkürzung für Passagiere mit entsprechender Wettbewerbswirkung sowie weitere Kostensenkungen.697 Die DB FV profitiert durch die Abstimmung zwischen den Partnern mit einer zu erwartenden Steigerung der Passagierzahlen.698 Ebenso kann der Verkauf eines intermodalen Tickets durch das Reservierungssystem eines LVU ausländische Passagiere zu zukünftiger Benutzung der Bahn bewegen.699 Durch die Kooperation mit der Lufthansa verspricht sich die DB FV zudem eine Imagesteigerung.700 Die Vernetzung zwischen Schiene und Luft erfolgt bei den Teilprozessen Personentransport, Gepäcktransport, Check-in/-out, Ticketing, Informationsbereitstellung, Orientierung, und Sicherheitsservices.701 Der Kunde kann in den Bahnhöfen Köln und Stuttgart den Check-in (und entsprechend Check-out bei Rückreise702) für seinen Lufthansa-Flug ab Frankfurt durchführen, das Gepäck aufgeben und im Anschluss mit

695 696 697

698 699 700 701 702

Thalys bedient hierbei die Achse Köln – Aachen – Lüttich – Brüssel – Paris. Vgl. Fakiner / Scherz (2003), S. 618. Durch intermodale Lösungen können Zubringer-Flüge gestrichen werden, womit das Überlastungsproblem reduziert wird. Durch AIRail wurden jährlich 1.460 Slots für Lufthansa frei (vgl. Müller et al. (2004), S. 19) und das notwendige Abfertigungsgerät reduziert. Zudem kann ein LVU so sein Einzugsgebiet vergrößern und die Reisezeit für ihre Passagiere verkürzen sowie unrentable Zubringerflüge streichen (vgl. Morris et al. (2003), S. 102). Außerdem soll durch die Intermodalität ein Beitrag zur Entlastung der Umwelt geleistet werden (vgl. Fakiner / Scherz (2003), S. 622). Vgl. Morris et al. (2003), S. 101. Vgl. Morris et al. (2003), S. 101. Vgl. Fakiner / Scherz (2003), S. 623; Pousttchi (2001), S. 144. Vgl. Fakiner / Scherz (2003), S. 618. Bei Rückreise wird ebenfalls die Zollabwicklung an den Bahnhöfen Köln und Stuttgart durchgeführt.

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dem Zug nach Frankfurt fahren und dort direkt das Boarding durchführen. Das aufgegebene Gepäck wird in Container verladen und zeitgleich mit dem Passagier im ICE transportiert.703 In Frankfurt kann dann direkt zum Abfluggate mit den zuvor erhaltenen Papieren gegangen werden. Für den Passagier ergibt sich hierdurch eine Zeitersparnis gegenüber einer Standardbahnanreise sowie in der Regel gegenüber anderen Verkehrsträgern. AIRail stellt eine der hochwertigsten Check-in-Varianten des schienengebundenen Personen- und Gepäcktransport dar.704 Um den reibungslosen Ablauf der unterschiedlichen Teilprozesse zu gewährleisten, musste in der strategischen Planung eine Abstimmung über die operativen Abläufe und die monetäre Verrechnung der Leistung und der Investitionskosten mit den beteiligten Partnern sowie zwischen den Geschäftsfeldern DB FV und DB Personenbahnhöfe durchgeführt werden. Die DB AG ließ in den Bahnhöfen neue Schalteranlagen installieren, von denen ein sicherer Transport des Gepäcks zu den ICE-Zügen eingerichtet werden musste. Um den geforderten Sicherheitsstandard für das Gepäck auch während des Transports aufrechtzuerhalten, mussten die eingesetzten ICE-Züge umgebaut werden. Durch den Umbau entstehen aufgrund entfallender Sitzreihen in den Zügen zudem Opportunitätskosten,705 die bei Verhandlungen mit Lufthansa über Entgelte der Beförderung berücksichtigt werden mussten. Bei der Leistungsverrechnung wurde ein aus der Luftfahrt bekanntes BlockSeat-Agreement vereinbart, so dass Lufthansa ein festes Kontingent an Sitzplätzen pro Zug bei der DB FV abnimmt. Diese monetäre Vereinbarung wird in regelmäßigen Abständen zwischen Lufthansa und der DB FV neu verhandelt, wodurch eine Notwendigkeit zu einem Controlling der AIRail-Kooperation auf beiden Seiten gegeben ist. Durch die beschriebenen operativen Leistungserbringungsprozesse entsteht insgesamt ein hoher logistischer Aufwand. Kritisch für den Erfolg ist insbesondere die Verlässlichkeit der Anschlusssicherheit zum Flug, so dass in den operativen Planungen für die betroffenen Zugpaare eine besonders hohe Pünktlichkeit anzustreben ist. Zukünftig sind im Rahmen der strategischen Planung Entscheidungen über die weitere Entwicklung der Kooperation zu treffen. Da relativ wenige Bahnhöfe nach dem Vorbild von Köln und Stuttgart als Check-In-Zubringerbahnhöfe für den Hubflughafen Frankfurt aufgrund hoher Investitionskosten, langer Reisezeit und geringem Passagieraufkommen für einen solchen Service in Frage kommen, könnten in Zukunft weniger aufwändige Intermodalprodukte mit Möglichkeit zum Check-in/Check-out in Zügen genutzt werden.706 Jedoch erscheint durch die Komplexität und die geringe Verlagerungsmöglichkeit707 von Zu-

703 704

705 706 707

Vgl. Fakiner / Scherz (2003), S. 619. Vgl. Müller et al. (2004), S. 19; weitere Beispiele sind der schweizerische Fly- und RailGepäckservice, bei dem Gepäck für den Flug bei ca. 100 Bahnhöfen in der Schweiz aufgegeben und angenommen werden kann; Ticketing-Erleichterung wie der Rail&Fly-Service von der DB für Reiseveranstalter und Fluggesellschaften sowie Kombiprodukte wie Check-In am Bahnhof als angebotener Service der SBB; Heathrow Express als angebotener Service der Flughafenbetreibergesellschaft BAA (vgl. Fakiner / Scherz (2003), S. 619 f.). Vgl. Fakiner / Scherz (2003), S. 623. Vgl. Fakiner / Scherz (2003), S. 619 ff. Experten schätzen das Entlastungspotenzial mit 4-5 Prozent aller Flüge ein, die es am Frankfurter Flughafen gibt (vgl. o.V. (2004a)).

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bringerflügen auf die Schiene am Frankfurter Flughafen insgesamt auch für die anderen deutschen Flughäfen dieses Potenzial insgesamt begrenzt. 3.4.2

Beteiligungen des Geschäftsfelds

Die DB FV verfügte im Jahr 2005 über vier 100 %-ige Beteiligungen, die als Ergänzungen zu den Kernleistungen positioniert sind. Die DB Nachtzug GmbH und die DB European Railservice GmbH sind je eine 100 %-ige Tochter der DB Autozug GmbH und damit ebenfalls der DB FV AG. Im Gegensatz zum normalen im Takt verkehrenden Schienenpersonenfernverkehr werden jedoch keine täglichen Taktverkehre angeboten, sondern in geregelten Verkehren die Züge auf wenigen Linien eingesetzt. Die Bayern Express & P. Kühn Berlin GmbH ist ein Touristik- und Verkehrsunternehmen, welches ca. 30 Reisebüros betreibt sowie 50 Reisebusse im Großraum Berlin vermietet und Linienverkehr betreibt. Eine 100 % Tochter der DB FV stellte der Metropolitan dar, welches als Pilotprojekt auf den Transport zwischen großen deutschen Metropolen ausgerichtet war. Unter der Bezeichnung Metropolitan wurde 1999 ein moderner lokbespannter Zug auf der Relation Köln – Hamburg eingesetzt. Das Konzept des Angebots bestand darin, einen Service vergleichbar mit dem Flugangebot zu schaffen. Hierfür wurde der Zug als eine Art Direktverkehr eingesetzt und verzichtete weitestgehend auf Halte entlang seines Laufwegs. Neben einer attraktiven Reisezeit sowie einer hohen Pünktlichkeit durch den Verzicht auf das Warten auf Anschlusszügen wurden den Kunden im Vergleich zum herkömmlichen Angebot qualitativ höherwertige Servicemerkmale in den Zügen geboten, die insbesondere auf Geschäftsreisende ausgelegt waren. Der Zug stand nach Eintritt von Billigfliegern auf dieser Relation unter erhöhtem Wettbewerbsdruck und konnte seinen wirtschaftlichen Einsatz insbesondere gegenüber den ICEVerkehren nicht rechtfertigen, so dass er aus wirtschaftlichen Gründen zum Fahrplanwechsel 2004/05 eingestellt wurde.708 Der Metropolitan kann als ein Diversifikationsversuch der DB FV gesehen werden, um der Unsicherheit gegenüber Veränderungen der Umwelt (intermodaler Wettbewerbsdruck, Liberalisierungstendenzen, etc.) zu begegnen.709 Hierbei verzichtete die DB FV bewusst im Markenauftritt des Metropolitan auf eine Betonung der Nähe zum DB Konzern, um so negative Assoziationen der Kunden mit übrigen Produkten der DB AG zu verhindern.

708 709

Vgl. Deutsche Bahn AG (2004a), S. 1. Vgl. Milliken (1987), S. 139.

126

4.

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Operative Planung

Die operative Planung der DB FV hat sich innerhalb der abgesteckten Grenzen der generellen Zielplanung und der strategischen Planung zu bewegen.710 Die einzelnen am Planungsprozess beteiligten Organisationseinheiten sollen für eine Umsetzung der von der Unternehmensleitung verfolgten Strategie sorgen. Im Folgenden werden nun diese Organisationseinheiten nach ihren jeweiligen inhaltlichen Kernaufgaben bzw. Planungsfeldern711, ihren vorhandenen Gestaltungsspielräumen und verwendeten Planungsverfahren und Instrumenten sowie vorhandenen Interdependenzen analysiert. 4.1

Netz- und Kapazitätsmanagement

Das Netz- und Kapazitätsmanagement hat die Aufgabe, marktorientierte Fahrplankonzepte für die DB FV zu entwickeln, womit die Abteilung einen Teil der klassischen Aufgaben der Absatz- sowie der Produktionsplanung zu erfüllen hat.712 Fahrplankonzepte bilden das geplante Mengengerüst der durchzuführenden Produktion von Schienenverkehrsleistungen für ein spezifisches Fahrplanjahr ab.713 Neben dem regulären Fahrplanwechsel am zweiten Samstag eines jeden Dezembers wird am zweiten Samstag eines jeden Junis ein Fahrplananpassungstermin wahrgenommen, in dem lediglich geringfügige Änderungen vollzogen werden.714 Die Planungen der Abteilung sind daher vorwiegend auf den Fahrplanwechsel zum Ende des Jahres fokussiert. Die Veränderung von Fahrplankonzepten kann für die unterschiedlichen Kalenderjahre aus mehreren Gründen zu erfolgen. Zum einen kann sich die Struktur der Verkehrsnachfrage verändern.715 Gerade seit der Bahnstrukturreform stellte der Bund erhebliche Mittel716 zur Sanierung und Modernisierung des Schienenverkehrsnetzes zur Verfügung.717 Durch die Inbetriebnahme neuer Schienenverkehrswege718 ändert sich so

710 711 712

713

714 715

716 717 718

Vgl. hierzu Abschnitt B.IV.2.3 (Planungskonzept nach HAHN). Vgl. Abschnitt D.IV. Für die Aufgaben der Absatz- und Produktionsplanung vgl. bspw. Mag (1995), S. 42. Weitere dieser Aufgaben werden von anderen Abteilungen (insbesondere der Produktionsabteilung) wahrgenommen. Für die Definition und Bedeutung des Fahrplans im Rahmen der Leistungserstellung vgl. Abschnitt C.IV.3.3; für eine detaillierte jedoch nicht mehr aktuelle Ausgestaltung von einzelnen zu erstellenden Dokumenten der Fahrplankonzepte für die Bundesbahn vgl. Lindner et al. (1984). Für die gesetzliche Regelung vgl. EIBV (2005), § 8, Abs. 2). Aufgrund von Bevölkerungsentwicklungen sowie wirtschaftlicher Entwicklung einzelner Regionen mit entsprechenden Berufspendelverkehren werden Angebotsanpassungen notwendig. Bspw. hat seit 1990 ein stark wachsender Ost-West-Verkehr zu Änderungen des Verkehrsangebots geführt. Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 106. Für die Bedeutung und die Planungsinhalte der Infrastrukturplanung vgl. Abschnitt D.VI.3.2. Beispielhaft sei hier auf die HGV-NBS Köln-Frankfurt mit Inbetriebnahme im Jahr 2002, die HGV-NBS Nürnberg-Ingolstadt-München mit vollständiger Inbetriebnahme im Jahr 2007 sowie den Nord-Süd-Tunnel in Berlin im Jahr 2006 verwiesen.

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die Netztopographie, wodurch ebenfalls Fahrplankonzepte zu verändern sind.719 Ebenso führt ein Ausbau von bestehenden Schienenverkehrswegen (Erhöhung der zulässigen Maximalgeschwindigkeit, Leit- und Sicherheitstechniken, etc.) sowie die Lieferung neuer Fahrzeuggenerationen zu der Notwendigkeit neuer Fahrplankonzepte. Zusätzlich müssen relevante Aktionen des Wettbewerbs in der Planung berücksichtigt werden und äußern sich gegebenenfalls in veränderten Fahrplankonzepten. Ebenfalls möglich sind Veränderungen von Fahrplankonzepten ausgelöst durch Änderungswünsche von Bestellerverbänden im Nahverkehr sowie Initiativangebote an Bestellerverbände durch die DB Regio, die prinzipiell ein abgestimmtes Angebot zwischen Nah- und Fernverkehr umfassen sollten, damit die betriebliche Umsetzung gewährleistet ist. Fahrplankonzepte können daher aus einem Vorjahr nicht unverändert übernommen werden, sondern zeichnen sich durch einen ständigen Neuentwicklungs- und Optimierungsprozess aus. Im Laufe ihres Erstellungsprozesses bis hin zu einem endgültig realisierten Fahrplan erfüllen Fahrpläne unterschiedliche Aufgaben. Sie werden benutzt, um Infrastrukturplanungswünsche gegenüber dem Bund und Infrastrukturbetreibern (insbesondere DB Netz) zu rechtfertigen.720 Außerdem dienen sie zur Entscheidungsfindung in Bezug auf zu bestellende Fahrzeuge.721 Damit haben Fahrplankonzepte eine Investitionsplanungsfunktion zu erfüllen. Da eine hohe Interdependenz zu anderen Schienenverkehrsteilnehmern besteht und die Verwirklichung von Fahrplankonzepten von der Verfügbarkeit von Trassen abhängt, ist häufig eine frühe Koordination von Konzepten zwischen der DB FV und internationalen SPFVU sowie insbesondere dem Nahverkehr bzw. den jeweiligen Bestellerverbänden im beiderseitigen Interesse. Hierbei findet vor der eigentlichen Trassenanmeldung eine Absprache über die angebotene Verkehrsleistung statt, um beiden Seiten eine betriebliche Durchführung ihrer geplanten Leistung zu ermöglichen, ohne dass nach Trassenanmeldung unvorhergesehene Trassenkonflikte auftauchen. In diesem Stadium erfüllt der Fahrplan so eine Koordinationsfunktion. Bereits ab fünf Jahren vor Fahrplanrealisierung werden die prognostizierten Potenziale für die Mifri des Unternehmensbereichs verwendet und Teile dieser Planungen öffentlich kommuniziert. Die kommunizierten Ergebnisse dienen in erster Linie Kapitalgebern als Ausblick für die Zukunft. Dadurch erfüllen zukünftige Fahrplankonzepte ebenfalls eine Informationsfunktion gegenüber den Kapitalgebern. Schließlich erfüllt der endgültig erstellte Fahrplan auch eine Informationsfunktion für potenzielle Kunden, die ihre Verkehrsmittelwahlentscheidung auf Basis des zur Verfügung stehenden Angebots treffen. Tabelle D-6 fasst die wesentlichen Funktionen, die ein Fahrplan bei der DB FV zu erfüllen hat, noch einmal zusammen. Um schließlich Fahrplantrassen anzumelden, bedarf es eines ausgearbeiteten Fahrplankonzepts, um Schienenverkehrsdienstleistungen im folgenden Fahrplanjahr 719

720 721

Aufgrund der NBS Köln-Rhein/Main musste das „Fahrplankonzept für ganz Deutschland überarbeitet und an die Marktverhältnisse angepasst werden.“ (Körfgen / Weigand (2001), S. 334.) Für Entscheidungsprozesse im Rahmen der Infrastrukturplanung vgl. Abschnitt D.VI.3.2. Für die Entscheidungsprozesse der Fahrzeugbestellung vgl. Abschnitt D.VI.3.3.

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überhaupt erst durchführen zu können. Der Fahrplan erfüllt damit eine wesentliche Produktionsfunktion.722 Die Abteilung leitet ein solches marktorientiertes, detailliertes Fahrplankonzept schließlich 1½ Jahre vor Inkrafttreten des Fahrplans an die Produktionsabteilung weiter, welche weitere produktionstechnische Detaillierungen vollzieht.723 Funktion des Fahrplans Investitionsplanungsfunktion Koordinationsfunktion Informationsfunktion Produktionsfunktion

Inhaltliche Ausgestaltung Instrument zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsanalysen für Infrastruktur und Schienenfahrzeuge Abstimmung über zu planendes Angebot insbesondere mit internationalen SPFVU und Nahverkehr (bzw. DB Regio) Bereitstellung finanzwirtschaftlicher Information (Kapitalgeber) und kundenorientierter Informationen Produktionstechnische Detaillierung zur Vorbereitung der Trassenanmeldung und zur späteren Leistungserstellung Tabelle D-6: Funktionen des Fahrplans

Diese unterschiedlichen Funktionen zeigen die große Bedeutung des Fahrplans für das Geschäftsfeld als auch für die Öffentlichkeit auf. Im Folgenden sollen nun die Planungen zur Fahrplanerstellung näher charakterisiert werden. Dafür werden zunächst die für die Erstellung der Fahrplankonzepte notwendigen Planungsdaten (vgl. Abschnitt 4.1.1) vorgestellt, bevor die Entwicklung marktorientierter Fahrplankonzepte (vgl. Abschnitt 4.1.2) betrachtet wird. Hierbei werden zunächst die einzelnen Teilplanungen sowie die gestalterischen Maßnahmen zur Erstellung von marktorientierten Fahrplankonzepten analysiert. Im Anschluss wird der Einfluss der internationalen Anbindungen auf die Planungsprozesse untersucht. Die Abteilung unterstützt ebenfalls die Infrastrukturplanung sowie Ausschreibungen von DB Regio und hat entsprechende Planungsprozesse durchzuführen. Weiterhin wird die Grundlogik für die wirtschaftliche Bewertung dieser Aufgaben (Infrastrukturplanung sowie Planungen DB Regio) sowie von den Fahrplankonzepten allgemein vorgestellt. Nach einer Übersicht der Möglichkeiten zur Steuerung von Fahrplankonzepten erfolgt dann die Analyse des verwendeten Planungsverfahrens zur Erstellung dieser Fahrplankonzepte (vgl. Abschnitt 4.1.5). 4.1.1

Planungsdaten zur Fahrplanentwicklung

Die Abteilung hat für die Entwicklung von Fahrplankonzepten auf umfangreiche Daten zurückzugreifen, die für unterschiedliche Stadien der Planung von Interesse sind. Dies sind im einzelnen Nachfrage-, Infrastruktur-, Fahrzeugdaten sowie Informationen über andere Netzteilnehmer sowie monetäre Planungdaten. Nachfragedaten: Für die Planung der Abteilung werden soziodemographische Daten zur Bevölkerungsanzahl und -dichte, zum Bruttoinlandsprodukt, der Arbeitsplätze und der Pendlerströme zu Grunde gelegt.724 Diese Daten sind Grundlage für die Erstel-

722 723 724

Zu der Bedeutung des Fahrplans bei der Produktionserstellung vgl. bspw. Weber (2004). Vgl. hierzu Abschnitt D.VI.4.2. Vgl. o.V. (2004b), S. 35.

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lung von Personenverkehrsmatrizen. Diese Verkehrsmatrizen liefern modellgestützte Nachfragedaten zur Errechnung des Modal-Split-Anteils zwischen sämtlichen Kreisregionen Deutschlands in Abhängigkeit von wichtigen Determinanten wie bspw. der Reisezeit und dem Reisepreis. Die Verkehrsmatrix beinhaltet so genannte Ganglinien zur Anpassung an temporale Unterschiede in der Nachfrage. Im Einzelnen sind dies Korrekturen für Änderungen der Verkehrsnachfrage innerhalb eines Jahres (Jahresganglinie), einer Woche (Wochenganglinie) bis hin zu einem einzelnen Tag (Tagesganglinie). Diese Personenverkehrsmatrizen werden von externen Zulieferern in einem zweijährigen Rhythmus an die DB FV geliefert.725 Die Verkehrsmatrizen werden für jedes zukünftige Jahr mit einem Korrekturfaktor für ein unterstelltes Verkehrswachstum des Gesamtmarkts angepasst.726 Infrastrukturdaten: Als Ausgangspunkt für die Erstellung von Fahrplankonzepten ist das Schienenverkehrsnetz heranzuziehen, da es die Verwendung von einzusetzenden Fahrzeugen einschränkt, die Beförderungszeiten vorgibt und damit die Nachfragepotenziale beschränkt. Wesentlich bei der Erstellung von Fahrplänen sind Daten über das Streckenprofil (Anzahl der Gleise je Relation), Restriktionen von Zügen auf Streckenabschnitten und mögliche Geschwindigkeiten auf den Relationen, mögliche Abzweigstellen sowie alle weiteren Parameter des Netzes, die Einfluss auf die Beförderungszeit ausüben.727 Weitere wichtige Parameter sind infrastrukturelle Daten über die einzelnen Bahnhöfe (Länge und Anzahl der Fernverkehrsgleise,728 Höhe der Bahnsteige,729 Möglichkeit der Kopplung / Trennung von Zügen an den jeweiligen Gleisen und die genaue Bahnhofsanordnung der Gleise)730. Investitionskosten zur Veränderung dieser Parameter sind i.d.R. ebenfalls bekannt und können den zusätzlichen Erlösen bzw. Freiheitsgraden in der Fahrplanerstellung und im Betrieb der jeweiligen Maßnahme gegenübergestellt werden.731 Diese Daten werden von DB Station & Service mindestens einmal jährlich geliefert und stellen für die Abteilung aufgrund der relativen Konstanz in der Planung kein bedeutendes Unsicherheitsrisiko dar.

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Lieferant ist die Beratung Intraplan aus München, die für die DB AG Verkaufsdaten auswertet und unter Verwendung sozioökonomischer Daten (z.T. anderer Zulieferer) für Deutschland Verkehrsmatrizen erzeugt. Die Anpassung beruht dabei auf Einschätzungen hinsichtlich eines Wachstums der soziodemographischen Daten (insbesondere des Wirtschaftswachstums) und geschieht durch die DB AG. In den letzten Jahren bewegte sich das angenommene Verkehrswachstum in einer Größenordnung von 1 % p.a. U.U. sind Druckertüchtigungen von Zügen notwendig; hierunter fällt das Vorhandensein der Neigezugfähigkeit des Streckenabschnitts, der Lichtraumprofileinschränkungen, dem eingesetzten Zugleitsystem (ETCS, LZB) ( vgl. hierzu Abschnitt C.IV.3 und DB Netz AG (2006)). Die Bahnsteiglänge entscheidet maßgeblich über die Möglichkeit, Einzel- oder Doppelzüge auf dem jeweiligen Gleis einsetzen zu können. Um den Fahrgästen einen gewissen Qualitätsstandard zu liefern, sieht eine Richtlinie der DB FV vor, nur Bahnsteige mit einer gewissen Bahnsteighöhe anzufahren, damit Ein- und Aussteigevorgänge ohne Probleme vollzogen werden können. Die Gleisanordnung entscheidet über die Länge der Übergangszeiten zwischen einzelnen Zügen. Vgl. Abschnitt D.VI.3.2.

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Die zeitliche Beanspruchung der Infrastrukturnutzung bildet einen wichtigen Bestandteil von Fahrplankonzepten. Die Beförderungszeit (vgl. Abbildung D-6) ist Teil der gesamten Reisezeit, die eine Person benötigt, um vom Reiseausgangspunkt zum Reiseendpunkt zu gelangen. Die Beförderungszeit als von der DB FV zu beeinflussende Größe wird maßgeblich von den Charakteristika des Netzes beeinflusst. Reisezeit

Beförderungszeit

Anbindungs-

• Reine Fahrzeit • Regelzuschlag • Bauzuschlag • Fahrzeitüberschuss

• Regelhaltezeit • Mindesthaltezeit • Planmäßige Wartezeit • Haltezeitüberschuss

zeit Fahrtzeit

Reiseausgangspunkt

Quellbahnhof

Haltezeit

Unterwegsbahnhof

Anbindungszeit

ggf. Übergangszeit für Umsteiger Fahrtzeit Fahrtzeit

Unterwegsbahnhof

Zielbahnhof

Reiseendpunkt

Abbildung D-6: Reisekette und Reisezeitkomponenten732

Das Einplanen von Beförderungszeiten determiniert die betriebliche Machbarkeit733 eines Fahrplankonzepts, bestimmt die Fahrgastpotenziale und ist daher für die Planung von besonderer Relevanz. Die Beförderungszeit besteht dabei aus den wesentlichen Komponenten Fahrtzeit und Haltezeit in den Bahnhöfen.734 Die tatsächliche Fahrtzeit setzt sich zusammen aus der möglichen betrieblichen Fahrtzeit des Streckenabschnitts sowie einem so genannten Regelzuschlag, der als prozentualer Aufschlag zum Ausgleich von Fahr- und Haltezeitüberschreitungen fahrzeugspezifisch erhoben wird.735 Weiterhin werden Bauzuschläge zum Ausgleich von Fahrtzeitverlusten durch Instandhaltungsmaßnahmen am Schienennetz seitens des Infrastrukturbetreibers erhoben.736 Im Rahmen des Fahrplanerstellungsprozesses planen SPFVU außerdem Fahrtzeitüberschüsse ein, um Trassenkonflikte auf hoch belasteten Strecken oder Knoten auszugleichen. Diese Überschüsse stellen Puffer für Probleme dar, die während des betrieblichen Ablaufs entstehen können. 732

733

734 735

736

In Anlehnung an Ross (2001), S. 83; für eine weitere Differenzierung der Fahrzeiten vgl. Rudolph (2004), S. 6 ff. Die betriebliche Machbarkeit ist gewährleistet, wenn keine wesentlichen Trassenkonflikte zu erwarten sind und stets das geplante Zugmaterial an den Einsatzorten vorhanden sein kann. Vgl. Ross (2001), S. 83 f. Der Regelzuschlag beträgt dabei je nach Traktion, Last und Höchstgeschwindigkeit zwischen 3% und 7% auf einem jeweiligen Streckenabschnitt (vgl. o.V. (2004b), S. 58) und wird als Ausgleich für sich „täglich ändernde Einflüsse auf die Fahrzeit (Witterung, unterschiedliche Triebfahrzeugleistung, Reaktion des Triebfahrzeugführers)“ (Rudolph (2004), S. 7) erhoben. Bauzuschläge setzen sich zusammen aus einem Zuschlag für allgemeine Instandhaltungsarbeiten ohne besondere Anmeldungen sowie einem gesondertem Bauzuschlag für länger andauernde Baumaßnahmen (vgl. o.V. (2004b), S. 58).

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131

Die Haltezeit setzt sich ebenfalls aus mehreren Komponenten zusammen. So ist an jedem Bahnhof eine Regelhaltezeit einzuhalten. Sind zusätzliche betriebliche Abläufe wie z.B. ein Lok- oder ein Richtungswechsel an Kopfbahnhöfen737 erforderlich, muss zusätzlich eine ortsabhängige Mindesthaltezeit je nach erforderlichem Ablauf berücksichtigt werden. Ist auf Unterwegsbahnhöfen ein Umstieg von Fahrgästen zwischen mindestens zwei Zügen vorgesehen, so wird eine planmäßige Wartezeit zur Anschlusssicherung738 der Fahrgäste eingeplant. Diese planmäßige Wartezeit ist abhängig von den örtlichen Begebenheiten der Bahnhöfe.739 Haltezeitüberschüsse werden seitens des SPFVU eingeplant und dienen zur Taktharmonisierung, zur Sicherung von Anschlüssen und der Vermeidung von Zugfolgekonflikten.740 Sie sind daher ebenfalls Puffer für Probleme im betrieblichen Ablauf. Außer den Komponenten Haltezeit- sowie Fahrzeitüberschüsse als zu bestimmendes Element der DB FV werden von den Schieneninfrastrukturbetreibern alle Komponenten verbindlich für ein anstehendes Fahrplanjahr vorgegeben. Die DB Netz AG liefert die Zeiten hinsichtlich ihrer Netzinfrastruktur 17 Monate vor einem jeden Fahrplanwechsel an die Produktionsabteilung,741 die DB Station & Service die kundenrelevanten und betrieblichen Übergangszeiten im Bahnhof. Da aufgrund der hohen Komplexität der Fahrplankonzepte eine Entwicklung lange vor dem eigentlichen Fahrplanwechsel erfolgt, ist das richtige Einplanen von Fahr- und Haltezeiten von großer Wichtigkeit, um bspw. die Absprachen mit anderen Netzteilnehmern einzuhalten. Die richtige Berücksichtigung fällt der Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement jedoch insbesondere für Bauzuschläge sehr schwer. Die Durchführung von Baumaßnahmen zur Instandhaltung742 von bestehender Schieneninfrastruktur und damit einhergehend das Erheben von Bauzuschüssen für Streckenabschnitte folgt keinem der DB FV bekanntem Planungsmuster und stellt für die Abteilung somit einen Unsicherheitsfaktor dar. Daher ist die Dauer einer Instandhaltungsmaßnahme auf einem Streckenabschnitt sowie die gesamte Verteilung von Instandhaltungsmaßnahmen auf die unterschiedlichen Streckenabschnitte für Zeithorizonte länger als 17 Monate vor Fahrplaneinführung keine sicher prognostizierbare Größe. Auf Basis vergangener Werte wird

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740 741 742

Unter dem Begriff Kopfbahnhof wird ein Bahnhof verstanden, der nur aus einer Richtung bedient werden kann. Unter einem Anschluss wird die Möglichkeit verstanden, einen anderen Zug innerhalb einer vorgegebenen Zeit zu erreichen. Anschlüsse werden dem Infrastrukturbetreiber seitens der DB FV kommuniziert, damit im täglichen Betriebsablauf bei Verspätungen eines Zugs der Anschlusszug gegebenenfalls auf Umsteigepassagiere warten kann. Hierbei wird ein geringerer Aufschlag fällig, wenn es sich um bahnsteiggleiche Übergänge handelt, als wenn zur Anschlusserreichung der Bahnsteig gewechselt werden muss. Vgl. o.V. (2004b), S. 58. Vgl. Weber (2004), S. 341. Unter Instandhaltung wird bei der DB Netz die Inspektion (Beurteilung des Ist-Zustands), die Wartung (Bewahrung des Soll-Zustands) sowie die Instandsetzung zusammengefasst. Diese wird weiter differenziert in die Entstörung (unmittelbar erforderlich nach Störung oder Inspektion), die Fehler-/Mängelbeseitigung (planbar nach Störung), die planbare Instandsetzung (planbar nach Inspektion) und die Erneuerung (planbar nach Inspektion) (vgl. Scherz / Kabisch (2004), S. 13).

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versucht, eine Fortschreibung der Fahrzeiten durchzuführen und Änderungen gemäß eigener Experteneinschätzung über die Aufrechterhaltung von Bauzuschlägen auf einzelnen Strecken zu prognostizieren. Diese Versuche schützen jedoch nicht vor Fehleinschätzungen, zumal bereits kleine Veränderungen743 zu Problemen in Fahrplankonzepten führen können. Als Konsequenz werden in der Fahrplanerstellung Fahrzeiten für Streckenabschnitte Jahre vor der Fahrplaneinführung verwendet, die in vielen Fällen nicht den später verbindlich vorgegebenen Fahrtzeiten der DB Netz entsprechen. Einzelne Streckenabschnitte können dann entweder schneller befahren werden, häufig jedoch langsamer als in der Planung angenommen. Bei Planung von Einzelverbindungen stellen diese Abweichungen kein wesentliches Problem dar. Bei geplanten Fahrplankonzepten mit einem hohen Anteil an Umsteigeverkehren und einem sehr integrierten Netz ergibt sich ein hohes Fahrgastaufkommen jedoch erst durch eine attraktive Reisezeit, die für einen großen Teil der Fahrgäste maßgeblich erst durch geplante Umsteigeverkehre ermöglicht wird. Durch andere als die geplanten Fahrzeiten können nun Anschlussverbindungen nicht mehr erreicht werden, und es kann zudem zu Trassenkonflikten mit eigenen Zügen oder Zügen anderer SVU kommen. Die verbindliche Kommunikation der Fahrzeiten 17 Monate vor Fahrplanwechsel sowie die erforderlichen Vorlaufzeiten zur Trassenbestellung744 erlauben somit lediglich ein begrenztes Zeitfenster zur Lösung etwaiger Konfliktfälle in Fahrplankonzepten. Eine Umgehung dieser Konfliktfälle ist in begrenztem Umfang durch das Einplanen von Fahrzeitüberschüssen möglich. Diese werden als Puffer in den Fahrplankonzepten eingesetzt, verlangsamen damit die gesamte Beförderungszeit und reduzieren damit das Fahrgastpotenzial. Hier wird der besondere Zielkonflikt zwischen der Gewährleistung der betrieblichen Machbarkeit eines Fahrplankonzepts und einer schnellen Beförderungszeit deutlich. Von der Produktionsabteilung werden die jeweiligen Übergangszeiten für einzelne Züge bahnhofsspezifisch geliefert.745 Da die Produktionsabteilung zuständig für den laufenden Betrieb der Fahrzeuge ist, werden bei der Planung von Fahrplankonzepten bereits wesentliche Betriebsrestriktionen mit eingeplant. Für die Fahrplanung relevant sind hierbei Daten hinsichtlich der Abstellkapazität von Zügen sowie der Wendezeiten746 für einzelne Bahnhöfe. Fahrzeugdaten: Die Produktionsabteilung liefert wesentliche Fahrzeugdaten, die jedoch i.d.R. bekannt sind und im Zeitablauf keinen wesentlichen Änderungen unterlie-

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Aufgrund der engen Vertaktung von Verkehren können laut bahninterner Experteneinschätzung Konzepte bereits durch eine Veränderung von Streckenzeiten < 3 Minuten nicht realisiert werden, da hierdurch mögliche Trassenkonflikte entstehen. Für die gesetzlich vorgeschriebenen Vorlauffristen vgl. Abschnitt C.IV.4.2.1. Vgl. Abschnitt D.VI.4.2. Wendezeiten beziehen sich dabei auf die Zeit, die in einem jeweiligen Bahnhof benötigt wird, um den Zug in entgegen gesetzter Laufrichtung wieder einsetzen zu können (notwendige Rangierzeiten im lokbetriebenen Verkehr sowie zeitliche Vorläufe für Triebfahrzeuge).

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gen. Hierzu zählen der Fahrzeugbestand sowie die wesentlichen Fahrzeugeigenschaften. Bei Fahrzeugeigenschaften, die in der Fahrplanerstellung von Interesse sind, handelt es sich um Sitzplatzkapazitäten (differenziert nach 1. / 2. Klasse), technische Rahmenbedingungen der Züge (Zugkraft / Beschleunigungen, maximale Geschwindigkeiten) sowie die Streckenzulassung der Züge im In- und Ausland.747 Andere Netzteilnehmer: Um vor Trassenanmeldung eine hohe Gewähr für die betriebliche Machbarkeit von Fahrplankonzepten in der Planung zu erzielen, werden Daten über andere Netzteilnehmer relevant, die zu Trassenkonflikten führen können. Aus diesem Grund werden Fahrplankonzepte von anderen bekannten und auskunftsbereiten Netzteilnehmern eingeholt und – wenn möglich – untereinander abgestimmt (Erfüllung der Koordinationsfunktion).748 Durch relativ konstante Bedienkonzepte im Nahverkehr liefert die DB Regio als nach wie vor dominierender Nahverkehrsanbieter deren zukünftige Fahrplanung.749 Langfristige internationale Verpflichtungen können ebenfalls relativ einfach abteilungsintern herangezogen werden.750 Aufgrund der derzeitigen Marktsituation, bei welcher Verkehre des DB Konzerns den Personenverkehr dominieren, als auch der Trassenvergabepraxis,751 bei welcher Regelverkehre in der Vergabe bevorzugt behandelt werden, können zurzeit zukünftige Verkehre auf dem deutschen Netz noch relativ gut eingeschätzt werden. Monetäre Planungsdaten: Neben infrastrukturellen und fahrzeugspezifischen Daten werden Planungsprämissen monetärer Art verwendet, um wirtschaftlich sinnvolle Fahrplankonzepte zu entwerfen. Eingang in die Planungsmodelle finden Durchschnittserlöse und -kosten eines definierten Basisjahres. Die Abteilung berücksichtigt damit keine Prognosen dieser monetären Planungsdaten für die jeweiligen Fahrplanjahre. Erst im Rahmen der Mifri liefern andere Abteilungen monetäre Prognosegrößen. Durchschnittserlöse für einen Personenkilometer (Pkm)752 werden von der Abteilung Zielgruppenmanagement und Vermarktung differenziert nach 1. und 2. Klasse für die jeweilige Produktgattung geliefert. Schienenfahrzeug- und Personalkosten werden als Durchschnittskosten pro Zugkilometer von der Controllingabteilung bereitgestellt. Die Kosten für die Nutzung der gesamten Netzinfrastruktur (Netz und Bahnhöfe) werden nach dem Verursachungsprinzip abgerechnet,753 stellen somit variable Kosten dar und können in

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Die Streckenzulassung im Ausland hat bei den zuständigen Stellen im Ausland zu erfolgen. Die unterschiedlichen ICE-Fahrzeuggattungen werden dabei bevorzugt auf besonderen Strecken eingesetzt. So wurde der ICE 1 speziell für Nord-Süd-Verbindungen konzipiert, der ICE 2 wurde für den Einsatz aus Berlin heraus entwickelt, während der ICE 3 speziell für die NBS KölnRhein/Main entwickelt wurde (vgl. Körfgen / Weigand (2001), S. 324). Vgl. Weber (2004), S. 342. Vgl. Abschnitt D.VI.4.1.2.5. Vgl. Abschnitt D.VI.4.1.2.3. Für die Trassenvergabepraxis im nationalen und internationalen Verkehr vgl. Abschnitt C.IV.4.2.1. Die Verrechnung von Erlösen erfolgt damit entfernungsabhängig. Zu den Zurechnungsprinzipien vgl. z.B. Ewert / Wagenhofer (2003), S. 710.

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der Planung relativ sicher für die Zukunft prognostiziert werden, da sie strenger regulativer Kontrolle unterzogen sind. 4.1.2

Entwicklung marktorientierter Fahrplankonzepte

4.1.2.1 Teilplanungen zur Fahrplanerstellung

Die Konstruktion von Fahrplänen ist ein zeitaufwändiger Prozess, der unter Zuhilfenahme softwaretechnischer Lösungen erfolgt. Obwohl in Wissenschaft und Praxis intensive Bemühungen stattfanden, durch den Einsatz von Software die Erstellung von Fahrplänen vollständig zu automatisieren, sind Softwarelösungen zurzeit nicht in der Lage, Fahrpläne für komplexere Netze zu erzeugen.754 Daher werden „bis heute […] Fahrpläne von Hand optimiert.“ 755 Die Erzeugung und Optimierung von Fahrplankonzepten setzt daher stets die Mitwirkung von erfahrenen Fahrplanern voraus. Die Gründe hierfür sind neben der hohen Komplexität der Aufgabenerstellung insbesondere in dem Vertrauen in die Erfahrung und Kreativität der Fahrplaner zu sehen.756 Die Abteilung greift zur Erstellung der Fahrplankonzepte auf die Softwarelösung Visum zurück, ein Programm zur rechnergestützten Fahrplankonstruktion. Kern des Programms ist eine Simulation der Verkehrsnachfrage auf das erzeugte Fahrplanangebot, welches manuell an einem Einzelplatzrechner erzeugt wird. Eine automatische Erstellung von Ausgangslösungen oder eine Optimierung der Konzepte findet nicht statt. Die Softwarelösung besteht im Wesentlichen aus drei Komponenten. Die ersten beiden Bestandteile sind das Verkehrsnachfragemodell sowie das Netzmodell. Das Netzmodell weist einen geringeren Detailliertheitsgrad auf, als für die Gewährleistung der betrieblichen Machbarkeit des Fahrplankonzepts erforderlich ist. Infrastrukturdaten von Bahnhöfen und Strecken sind nicht in einem solchen Detailliertheitsniveau hinterlegt, als dass Trassen- und Gleiskonflikte beurteilt werden könnten. Bei der Erstellung der Fahrpläne ist daher Expertenwissen seitens der Fahrplaner erforderlich.757 Dritter Bestandteil von Visum ist das Wirkungsmodell, welches die Verkehrsumlegung durchführt, wodurch eine Beurteilung der Fahrplankonzepte anhand von Kenngrößen (Passagierzahl, Zkm, etc.) vollzogen wird. Das Programm liefert zudem Bildfahrpläne, die eine Visualisierung der erzeugten Fahrplankonzepte ermöglicht.758 Neben einfachen computergestützten Kontrollen (bspw. Fahrzeugbedarfsprüfungen) können Kennzahlen erzeugt werden, die eine schnelle Beurteilung von Fahrplankonzepten nach wirtschaftlichen Kriterien erlau-

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Vgl. Gröger (2002), S. 49. Polatschek (2006), S. 64. Vgl. Gröger (2002), S. 49. Diese führen über Detailfragen Beratungsgespräche mit Spezialisten der Produktionsabteilung sowie der Regionalbereiche. Die Software bietet jedoch die Möglichkeit, einzelne betriebliche Kontrollen (wie bspw. die Eignung von Schienenfahrzeugen für einzelne Streckenabschnitte) durchzuführen. Für das Beispiel eines Bildfahrplans vgl. Gröger (2002), S. 29.

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ben. Damit ermöglicht die Software eine Unterstützung der Fahrplaner von strategischen bis hin zu operativen Angebotskonzepten.759 Linien- und Taktplanung: Fahrplankonzepte werden in unterschiedlichen Detailliertheitsstufen erzeugt. Wird ein völlig neues Fahrplankonzept entwickelt, legt die Abteilung in einem ersten Schritt die als relevant erachteten Hauptknoten innerhalb ihres Schienenverkehrsnetzes fest. Diese fungieren als wichtige Drehkreuze innerhalb des Netzes. Im Rahmen einer neuen Linienplanung werden i.d.R. Auswirkungen einer Veränderung der Infrastruktur simuliert, um hieraus Infrastrukturwünsche abzuleiten.760 In diesem Stadium, welches bis 15 Jahre vor dem eigentlichen Fahrplaninkrafttreten durchgeführt wird, werden Wunschfahrzeiten und dafür benötigte Fahrzeugspezifikationen entworfen. Danach ist zu entscheiden, welche weiteren Systemhalte gewählt werden. Dabei handelt es sich um Bahnhöfe, die mit einer festen Taktfrequenz zu bedienen sind. Systemhalte sind häufig historisch innerhalb des DB Netzes gewachsen. Das deutsche Fernverkehrsnetz beinhaltet über 200 Systemhalte.761 Neben der Höhe der Nachfrage in einem Systemhalt ist entscheidend, ob ein Bahnhof eine Umsteigefunktion für Passagiere innerhalb des Netzes erfüllen kann. Zudem sind bei der Entscheidung über die Aufnahme eines Systemhalts weitere fahrplantechnische sowie gegebenenfalls politische Restriktionen zu beachten.762 Nachdem die wesentlichen Knoten des zu bedienenden Verkehrsnetzes gewählt sind, ist nun die Anbindung dieser Knoten untereinander festzulegen. Das Ergebnis ist eine Linienführung zwischen einzelnen Knoten. Linien sind gekennzeichnet durch einen vorgegebenen Start- und Zielbahnhof und den dazwischen liegenden Unterwegshalten.763 Nach Abschluss dieser Linienplanung steht für die DB FV ein Gerüst an zu bedienenden Märkten innerhalb ihres Schienenverkehrsnetzes fest. Die durchgeführten Planungen in diesem Stadium beziehen sich auf einen durchschnittlichen Verkehrstag. In einem nächsten Schritt hat nun die Taktplanung darüber zu entscheiden, mit welchen Frequenzen die einzelnen Linien zwischen den gewählten Knoten verkehren sollen. Eine Taktplanung entspricht dabei einem angebotsorientiertem Konzept. Die DB FV gibt feste Frequenzen vor, an denen sich die Kunden orientieren.764 Bei einem vertaktetem Fahrplan wiederholen sich die Abfahrtzeiten in periodischen Zeitabständen, so dass 759

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Die Abteilung unterstützt die strategische Infrastrukturplanung (vgl. Abschnitt D.VI.3.2) wie auch die strategische Flottenplanung (vgl. Abschnitt D.VI.3.3). Vgl. Abschnitt D.VI.4.1.2.4. Vgl. o.V. (2006c), S. 17. Aus fahrplantechnischer Sicht können z.B. Abstellkapazitäten für Schienenfahrzeuge eine wichtige Rolle spielen; politische Restriktionen beinhalten Vorgaben über die Anzahl notwendiger Verbindungen zu einem bestimmten Bahnhof. Solche Vorgaben werden häufig im Rahmen von Infrastrukturfinanzierungen aufgesetzt. Vgl. Ross (2001), S. 82. Demgegenüber steht ein nachfrageorientiertes Konzept wie es bspw. in Frankreich praktiziert wird. Hierbei werden Züge nur eingesetzt, wenn eine ausreichend hohe Nachfrage vorhanden ist. Daher bietet dieses Konzept keinen festen täglichen Taktverkehr an. Während die Auslastung der Züge im Einsatz hoch ist, erhöhen sich die jeweiligen Standzeiten der Züge im Vergleich zu einem angebotsorientiertem Konzept dementsprechend.

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aus Kundensicht eine leichte Merkbarkeit gewährleistet ist. Die Frequenzen werden in Abhängigkeit von der zugrunde liegenden Nachfrage festgelegt. Die Angebotskonzepte der DB FV werden zudem in Form eines integralen Taktfahrplans für die festgelegten Hauptknoten erzeugt. Hierbei sind an definierten Knotenpunkten Anschlüsse möglichst vieler beteiligter Linien in einem engen Zeitrahmen möglich, so dass sich Fahrgäste innerhalb des Netzes schnell zwischen einzelnen Knoten bewegen können und dadurch ihre gesamte Reisezeit verkürzen.765 Ebenfalls notwendig sind die Festlegung der Intervalllänge, in welcher der gewählte Takt gefahren wird (zeitlicher Beginn und Ende an einem Tag). Diese Detailliertheit wird schon häufig sehr früh vorläufig fixiert, eine genaue Festlegung dieser so genannten Tagesrandlagen findet jedoch erst relativ kurz vor Fahrplaneinführung statt (ca. zwei Jahre vor Fahrplaneinführung). Die DB FV verwendet in den Grundzügen einen symmetrischen Taktfahrplan. Dabei entsprechen sich die Halte und Fahrzeiten der Linien in beiden Richtungen spiegelbildlich. Die Vorteile der Planung eines solchen symmetrischen Taktfahrplans liegen darin, dass theoretisch nur eine Richtung vollständig „ausgeplant“ werden muss. Die Gegenrichtung entspricht dann der bereits geplanten. Jedoch ergeben sich in der Praxis häufig durch mögliche Trassenkonflikte und weitere betriebliche Besonderheiten Änderungen, so dass grundsätzlich beide Richtungen ausgeplant werden. Unterschiede hinsichtlich der Frequenzen von Linien werden für das Kernnetz und das Ergänzungsnetz getroffen. Während im Kernnetz i.d.R. einstündige Frequenzen zwischen den Ballungsräumen in Deutschland geplant werden, dient das Ergänzungsnetz zur Erschließung von Regionen mit einer geringeren Bevölkerungsdichte, so dass dort geringere Taktfrequenzen gewählt werden. Einzellagenverkehre und Tagesrandlagen: Nachdem das Grundgerüst eines Fahrplankonzepts am Anfang eines Fahrplanerstellungsprozesses festgelegt wird, werden später weitere Detailliertheitsschritte vollzogen. Während bei der Erstellung der grundsätzlichen Linien- und Taktplanungen Durchschnittstage betrachtet werden, sind weitere Detaillierungen hinsichtlich der geltenden Verkehrstage durchzuführen (täglich oder werktäglich). Da am Wochenende kaum Bedarf für Berufspendelverkehre besteht, werden die für den durchschnittlichen Werktag erstellten Regelverkehre reduziert. Weiterhin wird eine Planung von Zugangeboten zusätzlich zu dem beschriebenen Kerngerüst der Regelverkehre durchgeführt. Diese Verkehre ergänzen nachfrageorientiert das Kerngerüst, um Nachfragespitzen bedienen zu können. Sie werden damit in keinem geregelten Taktverkehr eingesetzt. Die DB FV benutzt hierzu so genannte Sprinter-Züge, die weniger Halte entlang ihres Zuglaufes aufweisen als im Taktverkehr eingesetzte Züge. Hierdurch wird ein besonderer Geschwindigkeitsvorteil gegenüber dem normalen Zugangebot realisiert.766 Weiterhin werden so genannte Springer-Züge eingesetzt, die

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Ein integraler Taktfahrplan weist damit große Ähnlichkeit zu einem Hub & Spoke-System im Luftverkehrsbereich auf. Für Grundlagen des Hub & Spoke-Systems im Luftverkehrsbereich siehe bspw. Auerbach / Delfmann (2005). Sprinter-Züge sind gegenüber anderen Zügen aufpreis- und reservierungspflichtig; bei diesen handelt es sich ausschließlich um eingesetzte ICE-Züge.

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eine Sammel- und Verteilfunktion bei geplanten langen Haltestellenabständen zu erfüllen haben. Zu unterscheiden sind hiervon Pendler- bzw. Entlasterzüge, die von der DB FV eher mit kürzeren Haltestellenabständen eingeplant werden. Neben einem Mehrangebot an Zügen zu Spitzenlastzeiten können ebenfalls zusätzliche Halte auf bestehenden Linien eingerichtet werden, diese werden als Einzelhalte bzw. Tagesrandhalte bezeichnet. Im Zuge dieser weiteren Detailliertheit werden die in der bisherigen durchgeführten Taktplanung angenommenen Intervalllängen (genaue Start- und Endzeitpunkt einer jeden Linie) festgelegt. 4.1.2.2 Gestalterische Maßnahmen der Fahrplanerstellung

Waren die bisherigen Ausführungen auf die Planung der einzelnen Linien (Linienführung und Taktfrequenz) bezogen, findet parallel dazu eine Planung der Vernetzung der Verkehrsströme dieser einzelnen Linien statt. Hierzu zählt die Planung von Anschlussverbindungen für die Fahrgäste. So gelangen Fahrgäste entweder direkt oder durch Umsteigeverbindungen von ihrem Quell- zu ihrem Zielbahnhof. Ein Anschluss bezeichnet dabei einen zeitlich später abfahrenden Zug, der von einem Fahrgast in vorgegebener Zeit auf einem bestimmten Bahnhof erreicht werden kann und zur Weiterreise benutzt wird. Einen Spezialfall stellt das Schaffen von so genannten Korrespondenzen dar, bei welcher Fahrgäste mindestens zweier Züge in der Lage sind, vor Abfahrt dieser Züge in den jeweils anderen zu wechseln. Da Passagiere Direktverkehre gegenüber Umsteigeverkehren bevorzugen, werden in dem Wirkungsmodell der benutzten Softwarelösung Umsteigewiderstände berücksichtigt, die eingeplanten Umstiege mit einer Nachfragereduktion bestraft. Da Anschlüsse und Korrespondenzen erhebliche Umsatzpotenziale schaffen, findet deren Abstimmung auf allen Entwicklungsebenen der Fahrplanerstellung statt. Die Bedienung der Knoten durch die durchgeführte Linien- und Taktplanung ist in Abhängigkeit der zu Verfügung stehenden Flotte durchzuführen. Maßnahmen zur Erhöhung der Fahrzeugeinsatzeffizienz, also der Minimierung der eingesetzten Fahrzeuge zur Bedienung der ausgewählten Knoten bei gegebenen Frequenzen, sorgen für eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Fahrplänen.767 Die Steigerung der Fahrzeugeinsatzeffizienz kann bei gegebenen Knoten und gewählten Frequenzen durch so genannte Flügelzugkonzepte erreicht werden. Diese Maßnahme kann gleichermaßen bei lokgebundenen Zügen768 sowie Triebfahrzeugen769 durchgeführt werden. Bei Triebfahrzeugen können zwei Zugeinheiten zusammengekuppelt und an einem geeigneten Bahnhof bei Fahrgastbesetzung wieder entkuppelt werden („Flügeln“).770 Die Zugeinheiten können

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Die Festlegung von Linien- und Frequenz- bzw. Fahrlagenplanung kann als hierarchisches Optimierungssystem gesehen werden. Eine Verbindung der beiden Teilplanungsprobleme innerhalb der Planung kann die Fahrzeugeinsatzeffizienz erhöhen (vgl. Beck (2006)). Der Aufwand der Flügelung bei lokgebundenen Zügen ist aufgrund zusätzlicher Rangiermanöver jedoch höher als bei Triebfahrzeugen. ICE-Züge ab der 2. Fahrzeuggeneration können für Flügelkonzepte eingesetzt werden. Für die Kupplung / Entkupplung werden längere Haltezeiten erforderlich. Zudem ist die Möglichkeit dieser Maßnahme abhängig von der vorhandenen Signaltechnik am Bahnhof, an welchem

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danach ihre Fahrt zu verschiedenen Zielbahnhöfen fortsetzen.771 Gleiches gilt für lokbetriebene Züge, die allerdings dann auf dem Unterwegshalt eine weitere Lok benötigen. Durch die Kupplung der Züge reduzieren sich die variablen Kosten des Betriebs (Einsparung Zugführerpersonal, Trassennutzungsentgelte, Energie, etc.) auf den gekuppelten Streckenabschnitten. Ebenso werden Bedienkonzepte auf Engpassstrecken erst ermöglicht, da durch die Bündelung der Zugpaare Trassen eingespart werden. Diese Maßnahmen werden als Stärken (Kupplung) bzw. Schwächen (Entkupplung) von einzelnen Zügen bezeichnet. 4.1.2.3 Berücksichtigung internationaler Verkehre

Die DB FV bietet ihren Kunden grenzüberschreitende Verkehre in das an Deutschland angrenzende Ausland an, die mit eigenen Fernverkehrszügen als auch durch Kooperationen durchgeführt werden. Internationale Verkehre stellen besondere Anforderungen an die Planung. Durch Unterschiede in technischen und rechtlichen Voraussetzungen772 sowie durch Involvierung von internationalen Partnern steigen der Abstimmungsbedarf zur Fahrplanentwicklung und dadurch die notwendigen zeitlichen Vorlaufzeiten. Aufgrund technischer Besonderheiten der unterschiedlichen Netze773 haben die Fahrzeuge i.d.R. besondere Ausstattungsmerkmale aufzuweisen, um grenzüberschreitend eingesetzt werden zu können. Um die Triebfahrzeuge der DB FV einzusetzen, bedarf es neben der Beauftragung zur Entwicklung der notwendigen Technik für die Züge insbesondere der kostenintensiven Zulassung für die jeweiligen Länder.774 Da die Umrüstung eines Zugs für den internationalen Einsatz ebenfalls hohe Investitionskosten775 nach sich zieht und zeitintensiv ist, muss bei der Entwicklung der Fahrplankonzepte bereits zu einem frühen Zeitpunkt die genaue Anzahl der international zu verkehrenden Züge geplant werden. Die internationale Ausrichtung äußert sich in der Mehrsystemfähigkeit der vorhandenen Flotte. Von den 214 ICE-Triebzügen776 der DB FV im Jahr 2006 wiesen 43 Züge eine Zulassung für die Schweiz, 8 für Österreich und 13 für Belgien und die Nie-

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die Kupplung / Entkupplung stattfindet. Die besondere Anforderung an die Signaltechnik besteht darin, dass bei Kupplung ein Zug in einen besetzten Gleisabschnitt einfahren muss. Ebenfalls besteht die Möglichkeit, dass Zugpaare verschiedene Quellbahnhöfe besitzen und durch Kupplung zu einem Zielbahnhof fahren. Für die allgemeinen technischen sowie rechtlichen Unterschiede vgl. Abschnitt C.IV.4.4 und C.IV.4.2.1. Für die unterschiedlichen Charakteristika der Netze vgl. Abschnitt C.IV.4.4. So kostete bspw. das Zulassungsverfahren für den ICE 3 in Frankreich 28 Millionen Euro. Die gesamte Zulassungsdauer betrug mehr als fünf Jahre (vgl. Müller (2006), S. 74); für die Entwicklungstendenzen in der internationalen Zulassung vgl. Abschnitt D.VI.3.3.3. Bspw. kostet die Ausrüstung eines ICE 1 für den grenzüberschreitenden Verkehr in die Schweiz ca. 5 Millionen Euro pro Zug (vgl. Tscharntke (2005), S. 9), während für die Umrüstung eines ICE 3 für den Einsatz in Frankreich sogar 8 Millionen Euro pro Zug veranschlagt werden (vgl. Müller (2006), S. 75). Siehe Abschnitt D.VI.3.3 für eine Übersicht der unterschiedlichen Fahrzeuge der DB FV.

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derlande auf, womit der Anteil der international einsetzbaren Züge bei 30 % der Gesamtflotte liegt.777 Für das Netz- und Kapazitätsmanagement ergeben sich durch rechtliche Besonderheiten bei internationalen Bedienkonzepten veränderte Planungsrhythmen. So ist die Trassenbestellung von Verkehren mit internationalem Einsatz bereits elf Monate (im Vergleich zu acht Monaten bei nationalen Verkehren) vorher durchzuführen.778 Um die Abstimmung der verschiedenen SPFVU zu erleichtern, finden hierzu einmal jährlich internationale Fahrplankonferenzen statt. Da internationale Regelverkehre bei Trassenvergabe Priorität vor nationalen Verkehren besitzen,779 finden im Vorfeld dieser Konferenzen lange bilaterale Abstimmungsprozesse statt, damit nationale Fahrplankonzepte nicht durch unerwünschte Ergebnisse auf diesen Konferenzen geändert werden müssen. Ergebnisse dieser Absprachen sind jedoch keine rechtlich verbindlichen Verträge, sondern lediglich Willensbekundungen, die jederzeit seitens eines Infrastrukturbetreibers einseitig aufgekündigt werden können. Für die Planung sind bilaterale Absprachen über Fahrlagen mit internationalen EVU i.d.R. mit Vereinbarungen über Entgelte der Nutzung der Schienenwege sowie mit Fahrzeugbedarfsplanungen verbunden. Gerade für die kleineren EVU (insbesondere Belgien, Dänemark, Österreich, Schweiz) mit Angrenzung an Deutschland stellt der Anteil ausländischer Verkehre einen wichtigen Anteil an dem gesamten Geschäft dar, so dass diese Unternehmen Planungssicherheit durch frühzeitig getroffene Absprachen anstreben. Die Planungsvorlaufzeiten für diese kleineren EVU entsprechen daher in etwa dem Zeithorizont der Neubeschaffung bereits entwickelter Fahrzeuge von 3 – 5 Jahren. Bei größeren EVU (Italien, Frankreich, Niederlande) bestehen tendenziell geringere gemeinsame Planungshorizonte. Jedoch werden auch hier bei kostenintensiven Infrastrukturprojekten langfristige Absprachen nötig. Die bilateralen Absprachen und Zeithorizonte sind daher je nach involviertem EVU unterschiedlich lang. Zusätzlich zu normalen Regelverkehren bietet die DB FV durch Kooperationen mit ausländischen Bahnen spezielle grenzüberschreitende Angebote an. Die Verantwortung über diese Kooperationen wird von der Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement übernommen.780 Es bestehen Kooperationen in Form von internationalen Joint Ventures als rechtlich eigenständige Unternehmen, die jedoch lediglich die Vermarktungskonzepte ihrer Angebote selbständig planen. Betriebliche Abläufe und fahrplantechnische Änderungen werden hingegen in Absprache der beteiligten Bahnen in bi- oder multilateralen Verhandlungen durchgeführt. Die Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement führt Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen für Fahrplankonzepte dieser Joint Ventures durch. Hier-

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Da im Jahr 2006 noch keine Zulassung des ICE 3 für Frankreich vorliegt, wurden bisher noch keine Fahrzeuge für den Einsatz im französischen Netz ausgerüstet. Vgl. Abschnitt C.IV.4.2.1. Für die Trassenvergabepraxis von internationalen Verkehren vgl. Abschnitt C.IV.4.2.1. Vgl. Abschnitt D.VI.3.4.

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bei bestehen Substitutionswirkungen zwischen den Bedienkonzepten, die eine Abstimmung der Konzepte mit den eigenen Verkehren notwendig erscheinen lässt.781 4.1.2.4 Begleitung der Infrastruktur- und Fahrzeugplanung

Eine Aufgabe der Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement ist die Beteiligung an strategischen Projekten, die Investitionen in Infrastruktur oder Fahrzeuginvestitionen anstoßen. Dabei kommt der Abteilung die Rolle der Quantifizierung von Marktpotenzialen zu. Die Beurteilung der Infrastrukturprojekte erfolgt bei der DB FV durch softwaregestützte Modellbetrachtungen und vergleicht die Auswirkungen von Investitionsprojekten mit einem vorgegebenen Status-Quo-Szenario. Es wird dabei die gleiche Software wie zu der Fahrplankonzeptplanung verwendet. Die Berechnungen werden ebenfalls deterministisch durchgeführt, da hier i.d.R. keine Variation der zugrunde liegenden Erwartungsparameter geschieht und damit von einer eindimensionalen Umwelt ausgegangen wird. Neben der Bewertung von Infrastrukturmaßnahmen beteiligt sich die Abteilung an der strategischen Flottenplanung. Kernaufgabe bei fahrzeugbezogenen Entscheidungen ist die Entwicklung einer Fahrplanstrategie für mögliche neue Fahrzeugkonzepte. Damit entscheidet die Abteilung über die grundlegenden fahrzeugtechnischen Anforderungen sowie die zu liefernde Anzahl an Fahrzeugen je Fahrplanjahr. Ebenfalls werden Bewertungen für die Anpassung von Fahrzeugen durchgeführt, die bereits im eigenen Fahrzeugpool genutzt werden. Eine Bewertung durch die Abteilung erfolgt jedoch nur, wenn es sich um kapazitative Änderungen des Innenraums (bspw. Anteil 1. und 2. Klasse, Bestuhlungsdichte, etc.) oder um technische Umrüstungen von Zügen handelt, die einen Einfluss auf die fahrplantechnische Einsetzbarkeit besitzen.782 4.1.2.5 Koordination von Nah- und Fernverkehr

Seit 1994 durch die Bahnreform die beschlossene Dezentralisierung von Entscheidungen über Nahverkehrsangebote beschlossen und 1996 in Kraft trat (Regionalisierungsgesetz), haben die so genannten Bestellerverbände als regionale Ausschreiber von Nahverkehrsleistungen einen hohen Wirkungseinfluss auf das Geschäftsfeld DB Regio und indirekt auch auf die Angebotsplanung der DB FV erhalten.783 Die Beteiligung der Bestellerverbände an der regionalen Verkehrsplanung führt zu dem Bestreben, eine enge Abstimmung mit den Bestellerverbänden zu suchen, da Nahverkehrsangebote für die DB FV eine wichtige Zubringerfunktion erfüllen784 und gleichzeitig die Verfügbarkeit von Trassen und die Geschwindigkeit von Verkehren für die DB FV mit beeinflussen.785

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Bspw. besteht zwischen dem Angebot von Thalys und der DB FV auf der Strecke zwischen Köln und Brüssel eine Substitutionsbeziehung, da beide Unternehmen diese Relation anbieten. So bspw. die Ertüchtigung von Zügen für ausländische Netze (vgl. Abschnitt D.VI.4.1.2.3). Für die Entwicklungen bei der DB Regio vgl. Abschnitt D.II.4.1. Vgl. Ross (2001), S. 108. Durch die unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Verkehre kann es zu notwendigen Geschwindigkeitsreduktionen der Züge der DB FV kommen.

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Neben der Zielsetzung, durch die Abstimmung der Nah- und Fernverkehrsangebote ein höheres Fahrgastpotenzial und damit höhere Umsätze zu generieren, wird ebenfalls versucht, dem Geschäftsfeld DB Regio durch Unterstützung bei Ausschreibungen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Unternehmen zu sichern. Durch einen Ausschreibungsgewinn bzw. eine Vergabe eines SPNV-Auftrags an die DB Regio erzielt auch die DB FV unmittelbar einen wettbewerblichen Vorteil. Zum einen wird durch den Ausschreibungsgewinn verhindert, dass SPNVU Schienenfahrzeuge beschaffen und damit einen eigenen Fahrzeugpool aufbauen, der zu einem späteren Zeitpunkt im Fernverkehr und damit in direktem Wettbewerb genutzt werden könnte. Außerdem können SPNVU bereits während der gewonnenen Ausschreibung zu einer Substitutionsgefahr werden. Hierbei könnte ausgehend von der subventionierten Nahverkehrsleistung eine Ausweitung des durch den Bestellerverband abgedeckten Teilnetzes durchgeführt und eigenwirtschaftlich betrieben werden. Durch ein solches Angebot können Verbundvorteile786 genutzt und damit Kostenvorteile erzielt werden. Diese Ausweitung stellt in Anbetracht der Komfortmerkmale wie bspw. der Geschwindigkeit moderner Nahverkehrszüge für die DB FV ein ernstzunehmendes Bedrohungspotenzial dar, so dass die Unterstützung der DB Regio im Interesse der DB FV liegt. Die direkte Abstimmung mit der DB Regio erfolgt nach Einholen der Vorstellungen der Bestellerverbände i.d.R. für ein jeweiliges Bundesland. Auf dieser Grundlage sollen iterativ gemeinsame Fahrplankonzepte entwickelt werden. Als Maßnahmen zu Erreichung eines abgestimmten Fahrplans sind von Fernverkehrsseite aufgrund des höheren Freiheitsgrads gegenüber dem Nahverkehr alternative Linienführungen, Takte sowie Haltekonzepte möglich. Die DB Regio hingegen kann von den vorgegebenen Bestellerwünschen nur in sehr begrenztem Maße abweichen und Verbesserungsvorschläge entwickeln. Hierunter fallen Fahrplanmaßnahmen wie Flügelkonzepte, Haltevariationen, Durchbindungen787 von Linien und Vorschläge für Fahrzeugzuordnungen. Die Entwicklung und die konzerninterne Beurteilung der gemeinsam erarbeiteten Konzepte erfolgt unter Zuhilfenahme der Softwaremodelle der Abteilung. Eine Gegenüberstellung von Status-Quo-Fahrplankonzept und neu entwickeltem abgestimmten Nah- / Fernverkehrskonzept in den jeweiligen Regionen soll dann zu einer Entscheidung des Bestellers zugunsten der DB Regio führen. Das Ziel, eine Koordination von Nah- und Fernverkehrsplanung durchzuführen, ist vor dem Hintergrund unterschiedlicher Planungshorizonte von Nah- und Fernverkehrsplanung sowie der hohen Anzahl an Bestellerverbänden mit großen Problemen verbunden. Da die Nahverkehrsleistungen von Bestellerverbänden zu unterschiedlichen Zeitpunkten vergeben werden, erhöht sich die ohnehin hohe Komplexität in der Fahrplanerstellung. Waren anfangs noch abzustimmende Planungshorizonte von bis zu 15 Jahren von der DB FV anvisiert, wird versucht, diese für einen Zeithorizont von fünf Jahren zu realisieren.788 Vor dem Hintergrund der Unsicherheit für die DB FV (u.a. aufgrund von 786 787

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Vgl. Abschnitt C.IV.3.2. Unter Durchbindungen werden Verlängerungen von Linien über den bisherigen Endhaltebahnhof verstanden. Vgl. o.V. (2004b), S. 122.

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inter- und intramodalem Wettbewerb) sowie des zunehmenden Wettbewerbsdrucks für den Nahverkehr erscheint dieser Zeithorizont jedoch zu erhöhtem Mehraufwand zu führen, ohne einen entsprechend hohen Mehrwert zu generieren. Die Bereitschaft sowie die personellen Möglichkeiten zur langfristigen Abstimmung sind dabei ebenfalls stark von den jeweiligen Bestellerverbänden abhängig, da die einzelnen Bundesländer über unterschiedliche Personalausstattungen verfügen und die Zusammenarbeit stets lediglich ein Serviceangebot seitens des Personenverkehrs der DB FV gegenüber den Bestellerverbänden darstellen kann. Es besteht somit keine Pflicht der Bestellerverbände, diesen auch in Anspruch zu nehmen. Es scheint zudem seitens der Bestellerverbände kaum eine Zahlungsbereitschaft für zusätzlich angebotene Leistungen zu geben.789 Insbesondere der hohe Kostennachteil der DB Regio, der nach Einschätzung von Bestellerverbänden und Experten in einer Größenordnung von 20 % gegenüber Wettbewerbern liegt,790 scheint sich nicht durch Anstrengungen in der Angebotserstellung zugunsten der DB Regio verändern zu lassen. Vor diesem Hintergrund ist die bisherige Implementierung der mit Bestellerverbänden abgestimmten Fahrplanentwicklung hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück geblieben. 4.1.2.6 Fahrplanübergabe und Trassenanmeldung

Die Übergabe des angebotsorientierten Fahrplankonzepts erfolgt zweistufig. Bereits 1 ½ Jahre vor Fahrplanwechsel wird eine Übergabe der vertakteten Regelverkehre vollzogen. Vier Monate später erfolgt dann die Bestellung der Einzellagen, Tagesrandverkehre und Kapazitäten (Plätze je Zug). Bereits vorab finden Absprachen über den notwendigen Fahrzeugbedarf statt. Diese Planungen werden für eine Abschätzung der Machbarkeit von Instandhaltungskonzepten durchgeführt, ohne jedoch weitere Detailplanungen anzustellen. Durch die produktionstechnischen Planungen können aufgrund einer genauen Trassenbelegung und der genauen Einplanung der Fahrzeuge inklusive deren Instandhaltung Probleme deutlich werden, die auf dem Detailniveau der Netz- und Kapazitätsplanung noch nicht erkennbar sind. Die Beseitigung von möglichen Konflikten zwischen produktionstechnischem Einsatz mit den geplanten Angebotskonzepten hat in Absprache zwischen beiden Organisationseinheiten zu erfolgen. Beide besitzen hierbei jedoch unterschiedliche Zielsetzungen. Während in der Zielfunktion des Netz- und Kapazitätsmanagements das Oberziel die Maximierung des Betriebsergebnisses ist, wird in der Produktionsabteilung neben der betrieblichen Machbarkeit insbesondere die Kostenminimierung und Qualitätssicherung791 bei vorgegebenem Fahrplan verfolgt. Da die Unternehmensführung gegenüber der DB Holding eine Maximierung des betrieblichen Ergebnisses verfolgt, hat sich die Produktionsabteilung Änderungen des Fahrplankonzepts von dem Netz- und Kapazitätsmanagements genehmigen zu lassen. Damit soll gewährleistet werden, dass klare Verantwortlichkeiten existieren und eine Beurteilung

789 790 791

Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 527. Vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 274. Die Qualität eines Fahrplans besteht insbesondere aus der Gewährleistung von Pünktlichkeit.

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der Organisationseinheiten an klaren Kriterien ausgerichtet ist. Das Netz- und Kapazitätsmanagement wird daher an der Erfüllung der Prognose der Leistungsmengen der einzelnen Fahrpläne gemessen. Die Trassenbestellung erfolgt in Absprache zwischen der Produktionsabteilung und dem Netz- und Kapazitätsmanagement und wird nach Maßgabe der ausgewiesenen Bestellfristen der Infrastrukturbetreiber getätigt.792 Durch die im Jahr 2005 eingeführten Rahmenverträge793 konnte durch die Sicherung eines großen Teils der als wichtig erachteten Verkehre der DB FV eine tendenzielle Erhöhung der Planungssicherheit gewährleistet werden. Durch diese Rahmenverträge wird bereits ein Gerüst für zukünftige Fahrplanperioden geschaffen, womit sich gleichzeitig der Planungsaufwand in Zukunft für die Abteilung reduzieren wird. 4.1.3

Wirtschaftliche Bewertung und Unterstützung der Mifri

Durch die wirtschaftliche Bewertung erzeugter Fahrplankonzepte kann eine Auswahl von konkurrierenden Fahrplankonzepten bzw. Fahrplanmaßnamen vollzogen werden. Die Bewertung wird in unterschiedlichen Detailliertheitsschritten durchgeführt. Bei der Bewertung findet je nach Wichtigkeit der Fragestellung bspw. über die Aufnahme eines neuen Halts bis hin zu dem Neubau einer Strecke zunächst eine computerunterstützte, kennzahlenorientierte Bewertung statt, die durch die einzelnen Fahrplaner selbstständig durchgeführt werden kann. Bei Unklarheiten über monetäre Auswirkungen alternativer Fahrplankonzepte beschäftigen sich Controlling-Spezialisten der Abteilung mit einer wirtschaftlichen Grobbewertung. Bei wichtigen Fragestellungen erfolgt eine Feinbewertung durch die zentrale Controlling-Abteilung. Erstere kann eine schnelle wirtschaftliche Bewertung durchführen, verfügt jedoch nicht über die genauen Kostensätze, wohingegen bei letzterer zwar die Kenntnis dieser genauen Kostensätze bei der zentralen ControllingAbteilung vorhanden ist, ein Verständnis über die fahrplanerischen Details jedoch nicht immer gegeben. Daher wurde in der Vergangenheit eine bestätigte Erwartung häufig akzeptiert, wohingegen ein unerwartetes Ergebnis der zentralen Controlling-Abteilung einer internen Plausibilitätsprüfung unterworfen wurde und zumindest für die Umsetzung kleinerer Maßnahmen keine weitere Berücksichtigung gefunden hat, da die Planungsträger den eigenen Planungen vertrauten. Zur Bewertung und Auswahl möglicher konkurrierender Alternativen wird von den Planern eine mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung verwendet.794 Die Entscheidung welche Deckungsbeitragsebene als Entscheidungskriterium heranzuziehen ist, hängt dabei von dem gewählten Zeithorizont und der konkreten Fragestellung ab. Als Minimalanforderung gilt, dass eine Linie stets ihre kurzfristig variablen Kosten zu decken hat. Werden Maßnahmen untersucht, deren Realisierungszeitpunkt sehr zeitnah ist,

792

793

794

Internationale Trassenwünsche haben jedoch zeitlich vor der Anmeldung nationaler zu erfolgen (vgl. Abschnitt C.IV.4.2.1). Für die rechtlichen Änderungen und die Aufnahme von Rahmenverträgen vgl. Abschnitt C.IV.4.2.1. Für eine Erläuterung der einzelnen Deckungsbeitragsebenen vgl. Abschnitt D.VI.5.1.

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muss z.B. die Flottengröße aufgrund der fehlenden Möglichkeit der Veräußerung795 als fix angesehen werden. Langfristige Maßnahmen werden dagegen auf Basis einer Vollkostenbetrachtung getroffen. Eine Deckungsbeitragsrechnung, die nur linienspezifisch durchgeführt wird, lässt allerdings mögliche Netzeffekte außer Acht, während bei Entscheidungsrechnungen für einzelne Maßnahmen (bspw. die Aufnahme eines Halts entlang einer Linie) der Fahrplaner durch eine Betrachtung des gesamten Fahrplanes Netzeffekte zu berücksichtigen hat. Die Bewertung unterlässt eine Betrachtung dynamischer Effekte. Bei einer solchen Bewertung werden keine temporalen Veränderungen der Nachfrage durch Inbetriebnahme neuer Infrastruktur abgebildet,796 sondern von einem „eingeschwungenen“ Zustand ausgegangen. Zudem wird eine Durchschnittskostenbetrachtung durchgeführt, und es erfolgt lediglich eine grobe Fahrzeugbedarfsschätzung, die von der Produktionsabteilung bei der späteren Fahrplandetaillierung genau quantifiziert wird. Das Netz- und Kapazitätsmanagement hat für die Erstellung der jährlich stattfindenden Mifri wichtige Daten zu liefern (finanzwirtschaftliche Informationsfunktion). Den Controlling-Spezialisten der Abteilung fällt dabei die Aufgabe zu, eine Schnittstellenfunktion zur zentralen Controllingabteilung einzunehmen. Das Netz- und Kapazitätsmanagement hat für die Mifri geplante Leistungsmengen für die Fahrpläne des Zeithorizonts von fünf Jahren zu liefern, während die Produktionsabteilung die Kostenentwicklung und die Abteilung Zielgruppenmanagement und Vermarktung die Preisentwicklung für diese Fahrpläne prognostiziert. Die Aufgabe der ControllingSpezialisten der Abteilung besteht zudem darin, einen Abgleich der abteilungsintern verwendeten Planungsprämissen mit denen von der Unternehmensleitung beschlossenen durchzuführen.797 Planungsprämissen werden als Zielgrößen vorgegeben, so dass bspw. die Unternehmensleitung einen Zielwert für die gesamten zu fahrenden Zkm in einem Fahrplanjahr vorgibt. Diese Zielgrößen sind in der Fahrplanerstellungsphase zu beachten und stellen ein Budgetierungsinstrument zur Steuerung der Planungen der Unterinstanzen dar.798 Da das vollständige Ausplanen von Fahrplanständen erst unmittelbar vor Übergabe an die Produktionsabteilung erfolgt, spiegeln nicht alle Fahrplanstände das zu erwartende Umsatzpotenzial wider. Da die Planung der Einzellagenverkehre erst nach der Fertigstellung der Linien- und Taktplanung im Regelverkehr stattfindet, werden Korrekturfaktoren genutzt, um die quantitativen Größen für Fahrplanstände ohne die später

795 796

797

798

Für die besonderen Charakteristika von Schienenfahrzeugen vgl. Abschnitt C.IV.4.4. Diese Effekte treten durch Gewöhnungseffekte an das neue Angebot auf und beinhalten bspw. langfristige Entscheidungsprozesse von Privatpersonen über eine Haushaltsverlagerung. Bei Planungsprämissen handelt es sich um all jene Informationen, die eine wesentliche Beeinflussung der Ergebnisse der Planung bewirken. Beispiele für Planungsprämissen sind durchschnittliche Preise und Kosten, vorhandene Fahrzeuge in einem Fahrplanjahr sowie vorgeschriebene Bedienkonzepte. Vgl. Koch (1982), S. 55 f.

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eingeplanten Einzellagenverkehre zu berücksichtigen.799 Zudem werden Differenzierungen für Werktage und Wochenenden durchgeführt. Wesentliche Anforderung an die Lieferung von Leistungsmengen der Fahrpläne für die Mifri ist die Gewährleistung einer Konsistenz der zu liefernden Fahrplankonzepte. Daher sollten eingeführte strukturelle Änderungen von einem Fahrplankonzept eines Jahres (bspw. Linienführung, neu eingeführte Halte) auch in den Folgejahren zu finden sein. Diese Anforderung wird als Angebotskontinuität bezeichnet und wesentlich durch die Gewöhnung des Kunden an Linien mit festgelegten Halten sowie Bedienungsmustern aufgestellt, wodurch sich beschriebene zeitliche Hochlaufeffekte einstellen. Die Abgabe der Leistungsmengen erfolgt in einem standardisierten Format und wird nach den Fristen des geschäftsfeldweiten Planungskalenders durchgeführt. Leistungsmengen (umsatzrelevant) Pkm Produktnutzer (1. / 2. Klasse) Beförderte Personen

Leistungsmengen (kostenrelevant) Anzahl Züge im Grundbedarf u. für Wochenendverstärker Trassen-km (Zkm) u. Zugeinheiten-km (Fzgkm)800 Zugstd. Anzahl Zugfahrten u. Zughalte Auslandsanteile (Zkm, Fzgkm, Zugstunden, Fahrzeuganzahl)

Tabelle D-7: Leistungsmengen zur Lieferung an die mittelfristige Finanzplanung

Die Abteilung liefert die umsatz- und kostenrelevanten Leistungsmengen für jedes einzelne der fünf Mifri-Fahrplanjahre – mit Ausnahme der kostenrelevanten Leistungsmengen des nächsten Fahrplanjahres, welche in einer höheren Detailgenauigkeit von der Produktionsabteilung eingebracht werden.801 Neben den Leistungsmengen für jedes zukünftige Fahrplanjahr wird für die einzelnen Linien ebenfalls eine Konfiguration der Lokzüge (Anzahl und Ausstattung der Reisezugwagen (1./2. Klasse sowie mögliche Speisewagen)) sowie der Triebfahrzeuge geliefert. Durch die so definierten Bedarfsplanungen für die Folgejahre wird es der Produktionsabteilung ermöglicht, die Flottenbedarfs- und Instandhaltungskapazitätsplanung durchzuführen und Außerdienststellungen von Fahrzeugen einzuplanen. 4.1.4

Marktorientierte Steuerung der Fahrpläne

Die Steuerungsfunktion als Teil eines jeden Planungsprozesses802 beschäftigt sich mit kurzfristigen Änderungen von bereits durchgeführter Planung. Die Abteilung verantwortet die kapazitative Anpassung im kurzfristigen Bereich, also nach Übergabe des Fahrplankonzepts an die Produktionsabteilung 18 Monate vor Fahrplaneinführung. Im Jahr 2005 wurde hierfür die Funktion des Linienmanagements geschaffen, um auf Ent-

799

800 801 802

So wird eine Reduktion der Leistungsmengen um 2 % in noch nicht vollständig entwickelten Fahrplänen berücksichtigt (vgl. o.V. (2004b), S. 116). Separat auszuweisen für Schienenfahrzeuge mit Dieseltraktion. Für die Unterstützung der Mifri durch die Produktionsabteilung vgl. Abschnitt D.VI.4.2.2. Vgl. bspw. Hahn (2006d), S. 31 sowie Abschnitt B.I.2.

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wicklungen des Markts reagieren zu können, die in der Planung nicht antizipiert wurden. Linienmanager verantworten von der Übergabe an die Produktionsabteilung bis zum Ende eines Fahrplanjahres ihnen zugeteilte Linien, welche in einem regionalen Zusammenhang zueinander stehen und für die sie kurzfristige, geringfügige kapazitative Plananpassungen vor Fahrplanwechsel sowie Steuerungsaufgaben im laufenden Fahrplan übernehmen.803 Die kapazitativen Entscheidungen können jedoch nur in relativ engen Grenzen gegenüber den bisherigen Planungen variiert werden.804 Beispielsweise können Frequenzänderungen nicht durchgeführt werden. Allerdings wird über zusätzliche Einzelverkehre und dem Stärken / Schwächen von Zügen vor Fahrplaneinführung entschieden.805 Handelt es sich um kapazitative Maßnahmen, welche zusätzliche Einzelverkehre betreffen, sind diese bis Trassenanmeldung in Absprache mit der Produktionsabteilung bei dem Infrastrukturbetreiber anzumelden und bis kurz vor Trassenanmeldung relativ einfach zu realisieren.806 Nach Trassenanmeldung reduzieren sich die Freiheitsgrade zur kapazitativen Steuerung jedoch stark, so dass zwar eine Reduktion geplanter Schienenverkehrsleistungen möglich ist, eine Ausweitung jedoch erheblichen Schwierigkeiten unterliegt. Zusätzliche Einzelverkehre sind nach Maßgabe des Infrastrukturbetreibers DB Netz und der Verfügbarkeit von Trassen nach Abschluss der Trassenvergabe prinzipiell möglich. Allerdings handelt es sich um die noch verbleibenden Trassen, die zumeist betrieblich nicht sehr attraktiv sind. Zudem müsste der Kunde auf ein regelmäßig verkehrendes Zusatzangebot aufmerksam gemacht werden, so dass zusätzliche Kosten für die Publikation eines aktualisierten Fahrplans zu tragen wären.807 Demzufolge wird auf diese Möglichkeit eher verzichtet. Anders sieht dies bei den Maßnahmen des Stärkens bzw. Schwächens von bestehenden Linien aus. Für den Betrieb bei Fahrgastbesetzung sind für diese Maßnahmen keine zusätzlichen Trassen erforderlich,808 so dass eine Veränderung in einem laufenden Fahrplan durchgeführt werden kann. Die Möglichkeit, einzelne Schienenfahrzeuge mit unterschiedlicher Fahrgastkapazität während eines laufenden Fahrplans zu tauschen, ist jedoch meistens mit erheblichen produktionstechnischen Änderungen verbunden (Ablauffolge der Instandhaltung), welche ebenfalls Planvorlaufzeiten in der Produktionsabteilung erforderlich machen. Aus diesem Grund bedarf es neben dem Erkennen einer Verbesserungsmöglichkeit für den Fahrzeugeinsatz, welches insbesondere durch eine zeitnahe Kontrolle und Auswertung 803

804

805 806

807

808

Hierfür wurde Deutschland in drei Regionen eingeteilt (Region Mitte, West und Ost), für die je Region ein Linienmanager Steuerungsaufgaben übernimmt. Änderungen des Angebots können bei nachfrageorientierten Fahrplankonzepten, die ausschließlich Einzelzuglagen planen, wesentlich schneller durchgeführt werden als dies in einem angebotsorientierten Konzept (liniengebundene Taktverkehre) wie dem der DB FV möglich ist. Bei der SNCF können bspw. so 15 bis 3 Tage vor der eigentlichen Leistungserstellung marktorientierte Kapazitätsänderungen bestellt werden (vgl. Ben-Khedher et al. (1998), S. 9). Vgl. hierzu Abschnitt D.VI.4.1.2.2. Da hier Änderungen in den Umlaufplanungen der Fahrzeuge vollzogen werden müssen, ist eine enge Abstimmung dieser Maßnahmen mit der Produktionsabteilung notwendig. So entstehen Kosten für neue Aushänge aktualisierter Fahrpläne in Bahnhöfen sowie für Aktualisierung der Online-Auskünfte. Um das Stärken / Schwächen zu erlauben sind jedoch u.U. zusätzliche Trassen für die Bereitstellung zu bestellen.

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gewährleistet werden muss, ebenfalls Vorlaufzeiten für Plananpassungen im operativen Bereich. Demzufolge wird häufig auf größere Dispositionen von Schienenfahrzeugen in einem laufenden Fahrplan verzichtet. Generell lässt sich festhalten, dass die kapazitative Steuerung in einem laufenden Fahrplan lediglich geringe Variation zulässt und nach Übergabe des Fahrplans an die Produktionsabteilung nur mit erheblichem Abstimmungsaufwand erledigt werden kann. Die Ergebniswirkung der durchgeführten Maßnahmen ist zudem relativ niedrig. Dies liegt neben der hohen Fixkostenbelastung auch an der Tatsache, dass das Preissystem der DB FV größtenteils ein offenes System ist und daher Fahrgäste mit Beförderungswunsch nicht abgewiesen werden.809 Daher entstehen keine Opportunitätskosten, denn in überbesetzten Zügen müssen Fahrgäste ohne verfügbaren Sitzplatz trotzdem für ihre Zugtickets den vollen Preis entrichten. Durch kapazitative Steuerungsmaßnahmen erhöht sich damit zwar die Komfortsituation der Passagiere, die laufende Erlössituation durch zusätzliche Kunden jedoch nur in geringem Ausmaß. Jedoch wird durch eine Anpassung und damit eine Erhöhung der Komfortsituation die Bereitschaft für Wiederholungskäufe gestärkt. Außerdem findet keine negative Berichterstattung seitens der Presse oder von Reisenden an potenzielle Fahrgäste über überfüllte Züge statt. Durch diese Maßnahmen verbessern sich damit insbesondere die mittel- bis langfristigen Geschäftsfeldaussichten. 4.1.5

Verwendetes Planungsverfahren zur Fahrplanentwicklung

Die bisherige Betrachtung hat die wesentlichen Funktionen eines Fahrplans im Zeitablauf herausgearbeitet und die Einflussfaktoren sowie die unterschiedlichen Instrumente analysiert. Tabelle D-8 zeigt überblicksartig die vorhandene Mehrstufigkeit der Fahrplanerstellung und fasst die wesentlichen Inhalte für die unterschiedlichen Stufen zeitlicher Reichweite zusammen.810 Zeitliche Reichweite

Investitionsplanungs-fkt.

(bis 15 Jahre)

Infrastruktur (Neubau) Fahrzeug (Neuentw.) Fahrzeugbeschaffung811

Mittelfristig

Infrastruktur (klein)812 Fahrzeugumrüstung

Langfristig

(bis 5 Jahre)

Kurzfristig (lfd. Fahrplan – 1,5 Jahre)



Koordinationsfkt.

Produktions-fkt.





Finanzw. Informations-fkt. (BVWP)

Intern. SPFVU Bestellerverbände DB Regio

Fahrplanentwickl. Optimierung Detaillierung

Kennzahlen (Mifri)

DB Netz

Detaillierung Anmeldung Steuerung

Kennzahlen (Mifri)

Tabelle D-8: Fahrplanfunktionen auf unterschiedlichen zeitlichen Planungsstufen

809 810 811 812

Für die Besonderheiten des Preissystems der DB FV vgl. Abschnitt D.VI.4.3.2. Für die Mehrstufigkeit von Planungssystemen vgl. bspw. Wild (1974), S. 166 ff. Wiederbeschaffung von Fahrzeugen aus einer laufenden Serie. Hierbei handelt es sich um Infrastrukturmaßnahmen innerhalb eines mittelfristigen Realisierungshorizonts (vgl. Tabelle D-3 auf S. 111).

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Aufgabe des verwendeten Planungsverfahrens zur Verknüpfung der unterschiedlichen Entwicklungsstufen ist es, einen formalisierten und nach außen dokumentierten Rahmen für die Entwicklung und Überarbeitung von Fahrplankonzepten anzubieten, der Mitarbeitern der Abteilung eine Orientierungsfunktion liefert und externe Organisationseinheiten sowie den Vorstand über Entwicklungsprozesse und mögliche Ergebnisse der Planungen informiert. Neben den bereits beschriebenen Planungsinhalten und Formalisierungen bilden insbesondere die Entwicklungsfolge, der Planungshorizont und die Anzahl unterschiedlicher Fahrplanstände, deren Detailgenauigkeit, die Anpassungsrhythmen der Konzepte sowie eingebaute Rückkopplungen die Eigenschaften und Funktionsprinzipien des verwendeten Planungskonzepts. Die Entwicklungsfolge der Fahrplankonzepte stellt die Reihenfolge der Planaufstellung bei mehrstufigen Planungssystemen dar. Die Entwicklungsfolge bei der DB FV ist dabei deduktiv, weshalb die kurzfristigen Fahrpläne auf Basis der langfristigen Fahrpläne erstellt werden.813 Fahrplankonzepte sollen nach der ersten Erstellung durch weitere Detaillierungsschritte sowie Anpassungen zu einem realisierten Fahrplan führen (synoptische Planentwicklung). Die Entwicklungsfolge spiegelt sich ebenfalls in der jährlichen Bearbeitung von erstellten Fahrplänen wider. In der Erstellungsfolge werden langfristige Fahrplankonzepte vor kurzfristigen erstellt, um so die Überlegungen aus den strategischen Konzepten in den operativen Fahrplänen umzusetzen. Der Planungshorizont bezeichnet den Zeitraum, für welchen die Planungsinhalte festgelegt werden.814 Bei der DB FV umfasst dieser 15 Jahre. Damit handelt es sich im Vergleich zu anderen Industrien um eine sehr langfristige Planung. Je länger ein Planungshorizont ausgedehnt wird, desto unsicherer werden die Rahmenbedingungen der Planungen und daher die Pläne oder deren Ergebniswirkungen. Dieser lange Zeithorizont wird aufgrund der notwendigen infrastrukturellen Planung (Investitionsplanungsfunktion) anlassgetrieben für die Erstellung eines BVWP815 für die DB Netz erstellt. Ein solches Konzept dient insbesondere zur Beeinflussung von Allokationsentscheidungen von verfügbaren finanziellen Mitteln des Bundes zum Infrastrukturausbau und Infrastrukturneubau der Schienenverkehrswege. Die Anzahl der Fahrplankonzepte richtet sich nach diesem langen Planungshorizont. Zur Erfüllung der Investitionsplanungsfunktion werden in der langfristigen Planung insgesamt drei Fahrplankonzepte erzeugt. Das erste Konzept wird 15 Jahre vor FahrplanEinführung für einen BVWP erzeugt (n-15)816, zur Ableitung einer Fahrzeugstrategie wird dieses Konzept zehn Jahre vor Fahrplaneinführung (n-10) weiter überarbeitet, bis

813 814 815

816

Für die Unterscheidung der unterschiedlichen Entwicklungsfolgen vgl. Wild (1974), S. 175. Für die grundsätzlichen Probleme des Planungszeitraums vgl. z.B. Mag (1995), S. 107 ff. Bisherige BVWP wurden in eher unregelmäßigen Abständen entwickelt. Sie sind jedoch auf einen Zeithorizont von zehn Jahren angelegt und werden im Abstand von jeweils fünf bis acht Jahren fortgeschrieben. Inhalt eines BWVP sind priorisierte Infrastrukturprojekte für unterschiedliche Verkehrsträger. Im Folgenden bezeichnet n das Jahr der Fahrplaneinführung, während die Zeitangabe die Jahre bis zu diesem Ereignis bestimmen.

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schließlich sieben Jahre vorher ein Fahrplankonzept für die Fahrzeugentwicklung817 (n-7) erstellt wird. Aus diesem soll eine minimale Bestellmenge der neuen Fahrzeuggeneration abgeleitet werden. Auf der mittelfristigen Planungsebene haben die Fahrpläne direkt mehrere Funktionen zu erfüllen. Verpflichtend aufgrund unternehmensweiter Vorgaben ist die Lieferung von Kennzahlen für die Fahrpläne der nächsten fünf Fahrplanjahre (finanzwirtschaftliche Informationsfunktion).818 Daher erstellt die Abteilung für jedes verantwortete Fahrplanjahr in dieser Zeitperiode einen Fahrplanstand. Für die Übergabe an die Produktionsabteilung wird ein Fahrplan, der mit vollständig entwickelten Regelverkehren (außer Einzellagenverkehren) entwickelt wurde, 1 ½ Jahre vor Fahrplanwechsel (n-1,5) fertig erstellt.819 Der von der Produktionsabteilung verantwortete Fahrplan (n-1) wird ebenfalls bei auftauchenden Konflikten mit betreut. Damit werden durch das verwendete Planungsmodell insgesamt sieben Fahrpläne aktiv erstellt sowie ein Fahrplan im Verantwortungsbereich einer anderen Abteilung mit betreut, während der laufende Fahrplan (n) kapazitativ gesteuert wird. Die Detailgenauigkeit der Fahrplanstände erhöht sich, je näher die Einführung des jeweiligen Fahrplankonzepts bevorsteht. Der Detailliertheitsgrad drückt sich in der Berücksichtigung von Einzellagenverkehren sowie der genauen Festlegung von Tagesrandlagen, Korrespondenzen und Anschlussverbindungen aus, ebenso durch genauere Berücksichtigung der Fahrtzeiten. Ein Vergleich der Fahrplankonzepte zeigt, dass für die Erstellung des strategischen Fahrplankonzepts zur Entwicklung von Infrastrukturwünschen bereits ein recht hoher Detailliertheitsgrad zugrunde gelegt wird. Die beiden folgenden Fahrplankonzepte (n-10 und n-7) weisen eine identische Detailliertheit auf, unterscheiden sich lediglich in der Aktualität der Daten. Im Vergleich zu dem strategischen Fahrplankonzept ist die Linienführung bereits festgelegt, ebenfalls erfolgt eine Zuordnung der Fahrzeugtypen auf diese Linien. Die Fahrpläne innerhalb der Mifri unterscheiden sich von diesen durch Grundüberlegungen hinsichtlich der Festlegung der Tagesrandlagen und von Einzelverkehren (n-5 und n-4). Die übrigen Fahrplankonzepte (n-3 und n-2 sowie n-1,5) weisen den höchsten Detailliertheitsgrad auf und sind aus angebotsorientierter Sicht vollständig entwickelt (inklusive Korrespondenzen und Anschlüssen).820 Die Detailliertheit der unterschiedlichen Fahrplankonzepte spiegelt sich ebenfalls in deren Bearbeitungszeit wider. Die reine Planzeit der einzelnen Konzepte beträgt für die Erstellung des strategischen Fahrplankonzepts ca. sechs bis neun Monate, für die folgenden beiden Fahrplankonzepte ca. fünf Monate (n-10 und n-7) sowie für die Fahrplankonzepte mit Eingang in die Mifri jeweils ca. vier Monate. Diese langen Planzeiten ergeben sich durch den hohen Arbeitsaufwand als auch durch Abstimmungsprozesse mit anderen Organisationseinheiten sowie dem Vorstand.

817

818 819

820

Für die unterschiedlichen Prozesse zur Abwicklung von Entwicklungsaufträgen von Schienenfahrzeugen bei der DB FV vgl. Abschnitt D.VI.3.3. Für die Anforderungen der Mifri vgl. Abschnitt D.VI.4.1.3. Dieser Fahrplanstand wird um Einzellagenverkehre weiter differenziert und der Produktionsabteilung vier Monate später übergeben (vgl. Abschnitt D.VI.4.1.2.6). Dem Fahrplanstand n-1,5 werden die zugehörigen Einzellagenverkehre zugeordnet, welche vier Monate nach Bestellung der Regelverkehre bei der Produktionsabteilung angemeldet werden.

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Jedes dieser Fahrplankonzepte wird im Rahmen der zeitlichen Fortschreibung überarbeitet. Der Anpassungsrhythmus der erstellten Konzepte richtet sich nach dem Folgefahrplanstand. Durch die beschriebenen Fahrplanstände wurde ein Überarbeitungsrhythmus von anfangs fünf Jahren (n-15 auf n-10), im Anschluss drei Jahren (n-10 auf n7) und zwei Jahren (n-7 – n-5) bis hin zu einem jährlichen Überarbeitungsrhythmus in den Fahrplänen mit Eingang in die Mifri gewählt. Nach Übergabe an die Produktion erfolgen Überarbeitungen bei Konfliktfällen schließlich auf Basis wöchentlicher Rhythmen. Die Überarbeitungen beziehen sich auf eine Aktualisierung der verwendeten Planungsdaten sowie strukturelle Änderungen für den Fall, dass Planungsdaten eine Änderung direkt erforderlich werden lassen (bspw. Verschiebung des Inbetriebnahmezeitpunkts neuer Infrastruktur) oder die errechneten, ergebniswirksamen Kennzahlen der einzelnen Fahrplanstände negative Abweichungen zu früher errechneten aufweisen. Durch die zwingend vorgeschriebene Überarbeitung der Angebotskonzepte und der Überprüfung der Konsistenzgewährleistung in den Fahrplänen der Mifri ist ein hoher personeller Ressourcenaufwand der Abteilung erforderlich. Rückkopplungen bezeichnen Anpassungsbeziehungen zwischen den einzelnen Planungsstufen.821 Sie weisen einen engen Bezug zu der stattfindenden Überarbeitung der Fahrplankonzepte im Rahmen der Anpassungsrhythmik auf, jedoch übersteigen sie diese dadurch, dass zukünftig stattfindende Probleme antizipiert werden. Rückkopplungen in Fahrplankonzepten äußern sich in generellen Veränderungen der Planparameter und können je nach Zeithorizont von Veränderungen von Halten bis hin zu Einstellungen einzelner Linien oder Produktgattungen variieren. Sie finden Anwendung in den Fahrplankonzepten der Mifri, da diese insbesondere auf Konsistenz überprüft werden. Plananpassungen auf höherer Ebene finden jedoch i.d.R. nicht statt. Wie gezeigt haben Fahrplankonzepte während ihres Erstellungsprozesses unterschiedliche Funktionen zu erfüllen. Gerade die Erfüllung der Investitionsplanungs- sowie der finanzwirtschaftlichen Informationsfunktion führen zu langen und zeitintensiven Fahrplanerstellungsprozessen. Die eigentliche Produktionsfunktion des Fahrplans und die unterstützende Koordinationsfunktion nehmen im Vergleich dazu eine eher untergeordnete Rolle im gesamten Planungsprozess der Abteilung ein. Nachdem nun die Planung aus angebotsorientierter Sichtweise dargelegt worden ist, soll die produktionstechnische Umsetzung der Planung näher betrachtet werden. 4.2

Produktion

Die Produktionsabteilung ist zuständig für die Gewährleistung des sicheren und pünktlichen Betriebs, der Information der Kunden sowie die Wahrnehmung unternehmerischer Verantwortung für die Produktionsmittel (Fahrzeuge und Anlagen).822 Während das Netz821

822

WILD differenziert zwischen Rück- und Vorkopplungsbeziehungen und fasst diese unter dem Oberbegriff der kybernetischen Verknüpfung zusammen (vgl. Wild (1974), S. 181 f.). Da bei den angegebenen Konsequenzen keine Unterschiede zwischen diesen beiden Begriffen getroffen werden, erfolgt hier eine Zusammenfassung zu dem gebräuchlicheren Begriff der Rückkopplungen. Zum Begriff der Rückkopplung vgl. Koch (1982), S. 59 ff. sowie Wall (1999), S. 23. Basierend auf den Funktionsbeschreibungen der Abteilung.

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und Kapazitätsmanagement Fahrplankonzepte für den Markt entwickelt und Ergebniswirkungen einplant, hat die Abteilung die produktionstechnische Umsetzung dieser Fahrplankonzepte zu gewährleisten und auftretende Konfliktfälle in Rücksprache mit dem Netz- und Kapazitätsmanagement zu beseitigen. Die konkrete Zielfunktion der Abteilung ist demnach auf eine Kostenminimierung bei Einhaltung betrieblicher und sicherheitsrelevanter Kriterien823 gerichtet. Durch die lange Lebensdauer von Schienenfahrzeugen und den damit verbundenen kurz- bis mittelfristigen fixen Kosten ist die Zielsetzung der Kostenminimierung durch Minimierung der eingesetzten Fahrzeuganzahl jedoch nur eingeschränkt zu erreichen. Aus diesem Grund werden in der durchzuführenden jährlichen Umlaufplanung i.d.R. höherwertige Fahrzeuge länger eingesetzt, während Altfahrzeuge in eine Reservehaltung überführt werden.824 Erst bei Ausdehnung des Betrachtungszeitraums wird die Reduktion der einzusetzenden Fahrzeuge ergebniswirksam. 4.2.1

Planung der Fahrlagen und Fahrzeugumläufe

Der Fahrlagenplanung wird in der Literatur die Aufgabe zugeschrieben, die genaue zeitliche Lage einer Zugfahrt festzulegen.825 Sie baut auf der Infrastruktur- und der Linienplanung auf.826 Bei der DB FV werden bereits wesentliche Elemente der Fahrlagenplanung im Zuge der marktorientierten Fahrplanerstellung vorweggenommen.827 Daher steht bei den Planungen dieser Abteilung insbesondere die Gewährleistung der Durchführbarkeit der erstellten Fahrplankonzepte im Vordergrund. Ein Fahrplan gilt dann als durchführbar, wenn das Fahrplanangebot im späteren Betrieb bei Ausbleiben nicht planbarer Störungen sicher erfüllt werden kann.828 Zudem werden den eingeplanten Fahrlagen die tatsächlichen Gleise und Bahnsteige in den einzelnen Knoten zugeordnet. Die Funktionen der Fahrlagenplanung können zusammenfassend beschrieben werden als eine Kontrolle der Planung des Netz- und Kapazitätsmanagements durch eine weitere Detaillierung des Fahrplankonzepts und einer Aktualisierung von relevanten Infrastrukturplanungs- sowie Fahrzeugparametern. Weiterhin wird von der Abteilung die Fahrzeugumlaufplanung verantwortet. Diese hat die Aufgabe, die vorgegebenen Fahrten der Fahrplankonzepte zu spezifischen Wagenumläufen unter Beachtung von Instandhaltungsrhythmen sowie weiteren Anforderungen wie der nächtlichen Depotverwahrung kostenminimal zu verknüpfen.829 In den

823 824 825 826 827 828 829

Vgl. Schumacher (2004), S. 11. Vgl. Freiberger / Bundschuh (2004), S. 372. Vgl. Beck (2006), S. 57. Vgl. Beck (2006), S. 57. Vgl. Abschnitt D.VI.4.1.2. Vgl. Beck (2006), S. 53; Gröger (2002), S. 15. Vgl. Freiberger / Bundschuh (2004), S. 371. Zudem verantwortet die Umlaufplanung die „Reihung“ der von der Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement bestellten Anzahl an Waggons der 1. und 2. Klasse. Reihungsinformationen sind wichtig, um das Flügeln von Zügen zu planen (vgl. Schumacher (2004), S. 26).

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folgenden Abschnitten sollen die von der Abteilung durchgeführten Planungsprozesse zur Erfüllung der Fahrlagen- und Umlaufplanung näher analysiert werden. 4.2.1.1 Planungsdaten zur Fahrlagen- und Umlaufplanung

Grundsätzlich werden die gleichen Planungsdaten verwendet, die zur Erstellung der Angebotskonzepte erforderlich sind.830 Teilweise erhöht sich jedoch der Detailliertheitsgrad sowie durch die zeitliche Nähe ebenfalls die Aktualität einzelner Planungsdaten, insbesondere der Infrastrukturdaten. Die DB Netz AG liefert hierfür 17 Monate vor Fahrplaneinführung (x-17) Fahrzeiten831, die als verbindliche Planungsparameter für die zu erstellenden Angebotskonzepte genutzt werden können.832 Diese beinhalten ebenfalls Informationen über die Verfügbarkeit etwaiger neuer Infrastruktur. Die Infrastrukturdaten sind demnach mit den angenommenen Fahrzeiten und verfügbaren Infrastrukturen (bspw. durch in Betrieb genommene Infrastruktur) zu vergleichen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Im Rahmen der Fahrlagenplanung ist zudem die Kenntnis der Anordnung der Gleisanlagen innerhalb der Knoten sowie deren Einfädelung auf das Streckennetz notwendig, um vor Trassenanmeldung eine Beurteilung der betrieblichen Machbarkeit des Fahrplankonzepts durchführen zu können.833 Hierbei handelt es sich um spezifisches Fachwissen, welches aufgrund des hohen Aufwands der Erstellung und Aktualisierung der Daten zurzeit nicht umfassend bei der DB FV in Datenbanken abgebildet wird, sondern im Laufe der Jahre von den einzelnen Planern erworben und durch das Fachwissen von Mitarbeitern in fünf dezentralen regionalen Organisationseinheiten ergänzt wird. Diese verfügen über besonderes Wissen hinsichtlich der regionalen Infrastrukturbegebenheiten und können daher Fahrplankonzepte in ihren jeweiligen Regionen genauer beurteilen als die Planer der Zentralabteilung. Für die Durchführung der Umlaufplanung werden Informationen über Abstellkapazitäten von Schienenfahrzeugen auf einzelnen Bahnhöfen sowie örtliche und zeitliche Werkskapazitäten benötigt, welche für die Instandhaltung der Schienenfahrzeuge zur Verfügung stehen. Ebenfalls sind die genauen Wartungsanforderungen und die Dauer der Instandhaltungsmaßnahmen für die einzelnen Fahrzeuggruppen einzuholen, welche abhängig von rechtlichen Sicherheitsvorschriften sind.

830

831

832

833

Vgl. Abschnitt D.VI.4.1.1; für eine Vorstellung der notwendigen Daten zur Fahrzeugumlaufplanung vgl. Schumacher (2004), S. 17 ff. Die DB Netz AG kommuniziert diese Fahrzeiten ihren Kunden sowie allen interessierten SVU schriftlich, differenziert nach den unterschiedlichen Bestandteilen der Fahrzeiten, die bereits im Netz- und Kapazitätsmanagement eingeplant werden (vgl. Abschnitt D.VI.4.1.1) für den Zeitraum eines Fahrplanjahres 17 Monate vor dessen Einführung. Diese kommunizierten Planungsparameter können sich bis einem Monat vor Fahrplanwechsel noch ändern (abhängig z.B. von Baufortschritt an Streckenabschnitten, etc.), stellen jedoch eine verbindliche Grundlage der durchzuführenden Planung dar. Diese Planungsdaten werden bereits bei Erstellung der Fahrplankonzepte des Netz- und Kapazitätsmanagements grob durch die Produktionsabteilung überprüft (vgl. Abschnitt D.VI.4.2.1.4).

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4.2.1.2 Planungsinhalte und –abläufe der Fahrlagenplanung

Die Jahresfahrlagenplanung beginnt 18 Monate vor dem Inkrafttreten des Fahrplans nach Übergabe des Fahrplankonzepts durch das Netz- und Kapazitätsmanagement. Die Übergabe erfolgt in Form schriftlicher Dokumente834, so dass zuerst eine manuelle Eingabe der Daten zu erfolgen hat, die zwangsläufig mit möglichen Übertragungsfehlern und einem zeitlichen Mehraufwand in der Planung verbunden ist. Die anfänglichen Kontroll- und Detaillierungsarbeiten werden dabei zunächst von den Fahrlagenplanern in der Zentrale durchgeführt. Im Anschluss findet eine dezentrale Entwicklung bzw. Detaillierung und Kontrolle der Fahrlagen in den einzelnen fünf Regionen statt. Wie bereits erläutert kommuniziert die DB Netz AG verbindliche Planungsdaten 17 Monate vor Fahrplaneinführung (x-17)835, so dass diese Fahrzeiten mit den bisher eingeplanten verglichen und gegebenenfalls verändert werden müssen. Etwaige Änderungen gegenüber der bisherigen Planung können dabei ohne direkten Einfluss auf das zugrunde liegende Fahrplankonzept bleiben oder aber es entstehen bereits DBinterne Konflikte (bspw. Zugfolgekonflikte, Trassenkonflikte oder keine Anschlusssicherung)836, die eine Veränderung nach sich ziehen müssen. Andere Netzteilnehmer werden an dieser Stelle noch nicht mit berücksichtigt. In diesen Fällen sind, soweit die Anpassungen ebenfalls marktorientierte Veränderungen bewirken, Konfliktlösungen in Absprache mit dem Netz- und Kapazitätsmanagement durchzuführen. Die dezentralen Planungen werden dann wiederum zentral zusammengefasst. 15 Monate vor Fahrplaneinführung (x-15) findet eine wechselseitige Übergabe des Arbeitsstandes zwischen DB Regio und DB FV statt. Hierdurch sollen mögliche Konflikte zwischen den größten vertakteten Netzteilnehmern im Schienenpersonenverkehr deutlich werden, die bei der bisherigen Berücksichtigung der Planungen noch nicht erkannt worden sind.837 Durch die vorige Abstimmung sowie die Tatsache, dass sich Nahverkehrsangebote nach gewonnener Ausschreibung bzw. Übernahme des Beförderungsauftrags kaum noch verändern, ist davon auszugehen, dass die DB FV einen relativ guten Einblick in das Angebot der DB Regio besitzt und zu diesem Planungszeitpunkt keine größeren Konflikte mehr auftauchen.838 Sollten trotzdem aufgrund von Änderungen in den Fahrplankonzepten der DB

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Verwendet werden hier Linienblätter, die Weg-Zeit-Diagramme jeder einzelnen Linie darstellen. Im Folgenden soll diese Angabe die Zeit bis zur Einführung eines neuen Fahrplankonzepts im Dezember eines bestimmten Jahres angeben. So steht x-18 bspw. für die Einführung eines geplanten Fahrplankonzepts in 18 Monaten. Zugfolgekonflikte treten bei Nichteinhaltung eines Mindestabstandes zwischen aufeinander folgenden Zügen auf, Trassenkonflikte bei Inanspruchnahme einer Trasse von zwei Zügen, Konflikte in der Anschlusssicherung bei Nichterreichung eines ausgewiesenen Anschlusses. Eine frühzeitige Berücksichtigung und Abstimmung der Planung von vertakteten Schienenpersonenverkehren wird bereits in der Erstellungsphase der marktorientierten Angebotskonzepte versucht (vgl. Abschnitt D.VI.4.1.2.5). Ein Verkehrsvertrag weist eine durchschnittliche Laufzeit von zehn Jahren auf (vgl. Abschnitt D.II.4.1). In dieser Zeit sind Änderungen an Fahrplankonzepten nicht ausgeschlossen (z.B. durch neue Infrastruktur), werden jedoch aus marktorientierten Gesichtspunkten weit weniger häufig durchgeführt als im Fernverkehr und bedürfen zudem neuer Verhandlungen zwischen den Aufgabenträgern und dem beauftragten SPNVU.

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FV ebenfalls Änderungen in den Fahrlagen der DB Regio mit Einfluss auf den Verkehrsvertrag seitens der DB FV gewünscht werden, sind weitere Abstimmungsrunden zwischen der DB Regio und ihren Aufgabenträgern nötig. Bei dringend zu klärenden Änderungswünschen wird zudem das Gespräch direkt mit der DB Regio und den Aufgabenträgern gesucht, womit sich Abstimmungsrunden insgesamt tendenziell verkürzen lassen.839 Nach Abstimmung dieser beiden Geschäftsfelder (x-14) wird die DB Netz mit der Prüfung der Umsetzbarkeit der Fahrplankonzepte von DB FV, DB Regio sowie von dem Geschäftsfeld Railion beauftragt. Zu diesem Zweck übergeben die Geschäftsfelder ihre vorläufigen Planungsstände der DB Netz AG. Die Auskunft der DB Netz AG über die generelle Durchführbarkeit resultiert in so genannten Musterfahrlagen840 der einzelnen Geschäftsfelder. Da es sich um eine in Anspruch genommene Beratungsdienstleistung, haben die Auskünfte für beide Seiten keinen rechtsverbindlichen Charakter, so dass kein Anspruch auf eine spätere Trassennutzung verbunden werden kann und Änderungen der Fahrplankonzepte danach weiterhin möglich sind. Das Ergebnis dieser Prüfung wird wiederum für weitere Planungsänderungen in der Fahrlagenplanung und gegebenenfalls in Abstimmungsprozessen mit dem Netz- und Kapazitätsmanagement bei Auswirkungen von marktrelevanten Veränderungen verwendet. Den Abschluss der Arbeiten zur Entwicklung dieser Musterfahrlagen bildet eine so genannte Fahrplansystemklausur 13 Monate vor Fahrplaneinführung (x-13), bei welcher die erarbeiteten Fahrlagenkonzepte zwischen den Geschäftsfeldern DB FV, DB Regio und Railion ausgetauscht werden. Hierbei werden lediglich abgestimmte Informationsstände bzgl. der Musterfahrlagen der einzelnen Seiten ausgetauscht. Zeitgleich zur Prüfung dieser Musterfahrlagen durch die DB Netz (x-14) übergibt das Netz- und Kapazitätsmanagement die Einzellagenbestellung an die Produktion. Damit wird das Fahrplankonzept weiter detailliert und weist nun Differenzierungen für einzelne Verkehrstage sowie Tagesrandlagen und -halte auf. Innerhalb dieser Planungsphase finden vereinzelte Absprachen statt, jedoch scheinen bei beiden Abteilungen nach dieser viermonatigen Frist häufig unterschiedliche Erwartungen über die gelieferten Einzellagenkonzepte bzw. über die Möglichkeit deren Umsetzung zu bestehen. Die Gründe für Abweichungen werden dabei häufig der jeweils anderen Abteilung angelastet. Die Probleme ergeben sich jedoch insbesondere durch einen zu geringen bzw. gar keinen Informationsaustausch zwischen beiden Abteilungen innerhalb der Entwicklungsphase der Einzellagenkonzepte (Zeitraum x-18 bis x-14). Trotz durchgeführter Rücksprachen mit dem Netz- und Kapazitätsmanagement bei marktorientierten Veränderungen findet die Entwicklung der Einzellagenkonzepte der Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement 839

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Die DB Regio besitzt kein unmittelbares Interesse daran, Änderungen im Verkehrsvertrag vorzunehmen und zeigt sich daher tendenziell eher zurückhaltend bezüglich Änderungswünschen gegenüber den Aufgabenträgern. Durch die Neutralität bzw. der Unabhängigkeit der DB FV den Aufgabenträgern gegenüber werden bei diesen Gesprächen zudem häufig schneller zufrieden stellende Ergebnisse für die DB FV erreicht als über den Umweg der DB Regio. Die zu prüfenden Fahrplankonzepte sind auf eine allgemeine Verkehrswoche bezogen. Zu diesem Zeitpunkt findet noch keine Differenzierung für einzelne Verkehrstage und keine Berücksichtigung von Tagesrandlagen statt.

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parallel zu den Änderungen an dem übergebenen Systemtrassenfahrplankonzept statt.841 Diese erhöhte Komplexität durch Änderungen bei beiden Abteilungen resultierte historisch jedoch häufig in auftretenden Konfliktsituationen.842 Nach zentraler und dezentraler Entwicklungsarbeit für die Planungen der Fahrlagen des Einzellagenkonzepts wird schließlich ein verbindlicher Informationsstand (x-11) an die Umlaufplanung übergeben, welche innerhalb eines Monats ihr Umlaufkonzept konkretisiert und Konflikte mit Rückwirkungen auf die Fahrlagenplanung aufzuzeigen hat. In dieser Zeit werden keine wesentlichen Arbeitsschritte durch die Fahrlagenplanung vollzogen. Im Anschluss an weitere Überarbeitungen findet schließlich eine endgültige Musterfahrlagenkoordination mit der DB Regio sowie mit der 100 %-igen Tochter DB Autozug statt. Nach weiteren Iterationsschleifen843 zur Umlaufplanung und gegebenenfalls zum Netz- und Kapazitätsmanagement wird schließlich ein Fahrplankonzept finalisiert und bei der DB Netz AG angemeldet (x-8). Die Anmeldung erfolgt in standardisierter Form. Hierbei sind für die einzelnen Linien der vorgesehene Fahrzeugeinsatz, der geplante Laufweg sowie die Fahrzeiten anzugeben. Nach Ablauf der Anmeldefrist konstruiert die DB Netz AG nach Grundlage der Eisenbahninfrastrukturbenutzungsverordnung (EIBV) für alle teilnehmenden Netzteilnehmer innerhalb von 50 Tagen einen vorläufigen Netzfahrplan.844 Durch die vorab geführten Gespräche zwischen den Geschäftsfeldern, die einen Großteil der vertakteten Verkehre stellen, werden bei gegebener Marktsituation für die DB FV i.d.R. keine unerwarteten Konflikte auftauchen. Beanstandungen an den Trassenangeboten der DB Netz AG können nach Maßgabe von zwei Bedingungen erhoben werden: • Bedingung 1: Eine angebotene Fahrlage weicht mehr als drei Minuten von der bestellten ab (Toleranzgrenze)845. • Bedingung 2: Eine gemeldete Anschlussverbindung wird nicht erreicht. Bei Vorliegen dieser Bedingungen ist die DB Netz AG verpflichtet, den Schienenverkehrsunternehmen über ein Vorliegen von Abweichungen ihrer Bestellungen Auskunft zu geben und bei den betroffenen SVU zu erfragen, ob sie einen größeren Konstruktionsspielraum als die vorgegebene Toleranzgrenze erhält, um Konflikte aufzulösen.

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Diese aufgezeigten Probleme spiegeln die Planungsprozesse während des Untersuchungszeitraums wider. Während der Untersuchungsphase dieser Arbeit zeichnete sich hier eine Änderung des Planungsprozesses ab, die aufgegriffen wird in Abschnitt E.IV.1.3.2.2. Insbesondere die richtige Einschätzung der Anzahl an benötigten Schienenfahrzeugen für die Fahrplankonzepte stellte die Planer bei der Erstellung der Angebotskonzepte vor große Herausforderungen und führte häufig zu Abweichungen und resultierenden Konflikten nach Übergabe der Fahrplankonzepte an die Produktionsabteilung. Weitere Koordination findet insbesondere zwischen DB Autozug und DB Regio sowie mit der Umlaufplanung und bei marktorientierten Änderungen mit dem Netz- und Kapazitätsmanagement statt. Für die Trassenvergabepraxis im deutschen Markt mit der Auflösung von Konfliktmöglichkeiten vgl. Abschnitt C.IV.4.2.3. Bei abgeschlossenen Rahmenverträgen (vgl. Abschnitt C.IV.4.2.3) beträgt die Toleranzgrenze hingegen fünf Minuten.

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Ist die DB FV bzw. andere SVU nicht mit den Vorschlägen der DB Netz einverstanden und ist mindestens eine der zwei Bedingungen erfüllt, kann die DB FV bzw. andere SVU jedoch eine berechtigte Beanstandung aussprechen, welche dann auf formalen Weg und unter Information Dritter (Bundesnetzagentur) verhandelt wird. Vor einer berechtigten Beanstandung wird von der DB FV jedoch geprüft, ob diese Änderungen vertreten werden können oder aber ob alternative Lösungsmöglichkeiten vorgeschlagen werden sollten. Nach einer vierwöchigen Bearbeitungsfrist für dieses Trassenangebot und der möglichen Abgabe von Beanstandungen der SVU hat die DB Netz AG eine Woche Zeit, die Beanstandungen und sich daraus ergebende Konfliktfälle zu lösen. Danach spricht die DB Netz AG ein formales Trassenangebot aus, womit die einzelnen Unternehmen eine Frist von fünf Tagen in Anspruch nehmen können, um dieses verbindlich für das anstehende Fahrplanjahr anzunehmen. Nach Annahme des Trassenangebots können weitere Änderungswünsche, die sich während des Trassenbestellvorgangs ergeben haben,846 in Abstimmung mit der DB Netz AG nach Maßgabe noch vorhandener Trassenangebote eingearbeitet werden. Während des Trassenbestellvorgangs können diese Änderungen aufgrund rechtlicher Bestimmungen nicht durchgeführt werden. Die Jahresfahrlagenplanung ist nach der Bearbeitung dieser Änderungswünsche abgeschlossen. Vor dem eigentlichen Fahrplanwechsel sind jedoch noch weitere Arbeiten in der Umlaufplanung sowie sich daran anschließende Folgearbeiten spätestens bis Anfang August (x-4) durchzuführen.847 4.2.1.3 Planungsinhalte und –abläufe der Fahrzeugumlaufplanung

Die Fahrzeugumlaufplanung hat die Aufgabe, den erstellten Fahrplankonzepten die zu diesen Zeitscheiben vorhandenen Schienenfahrzeuge kostenminimal unter Berücksichtigung der notwendigen Instandhaltung der Schienenfahrzeuge zuzuordnen, wodurch sich mögliche Iterationen in der Planung ergeben können. Die Umsetzung dieser Zielsetzung erfolgt durch eine Minimierung der benötigten Fahrzeuganzahl und von erforderlichen Leerfahrten.848 Ebenfalls als kostenminimierend wird die Planung von Wiederholungen849 von Umläufen über einen längeren Zeitraum hinweg gesehen, da hierdurch Lerneffekte für die Mitarbeiter in den täglichen betrieblichen Abläufen erzielt werden können und sich hierdurch Abläufe schneller und effizienter durchführen lassen.

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Hierbei kann es sich um marktorientierte Änderungswünsche (aufgrund aktueller Entwicklungen) oder aber um Vorgaben der Unternehmensleitung handeln, die z.B. eine weitere Angebotsreduktion wünscht. Für die Aufgaben der Umlaufplanung sowie die durchzuführenden Folgearbeiten vgl. Abschnitt D.VI.4.2.1.3. Unter Leerfahrten werden Fahrten ohne Fahrgastbesetzung gefasst. Solche können notwendig werden, um den Umlauf zu schließen (kein Ortsbruch zwischen zwei aufeinander folgenden Umlauftagen, (vgl. Schumacher (2004), S. 11)) und durch notwendige Fahrten zu einem Instandhaltungswerk oder einem Fahrzeugdepot. Hierdurch entstehen jedoch direkte Trassenkosten sowie weitere zurechenbare variable Kosten. Vgl. Freiberger / Bundschuh (2004), S. 372.

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Der Prozess der Fahrzeugumlaufplanung bei der DB FV setzt sich aus vier interdependenten Aufgabenblöcken zusammen,850 wobei die ersten beiden bereits in der Erstellung der Fahrplankonzepte des Netz- und Kapazitätsmanagements Berücksichtigung finden: Ausgangspunkt bildet zunächst die Zusammenstellung von Schienenfahrzeugen zu Fahrzeuggruppen851, die gleiche Einsatzkriterien besitzen (z.B. Produktkategorie, Wartungsanforderungen, etc.). Auf Basis der marktorientierten Fahrplanvorgaben werden dann Fahrzeuggruppen den erstellten Zugfahrten zugeordnet. Im Anschluss können dann Leistungen zu Umläufen852 zusammengefasst werden und schließlich notwendige Wartungsmaßnahmen mit eingeplant werden. Die Fahrzeugumlaufplanung für das von der Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement übergebene Fahrplankonzept bildet den Abschluss der physischen Ressourcenplanung der DB FV.853 Da durch die Umlaufplanung zusätzliche Leerfahrten nötig werden können oder Fahrplankonzepte aufgrund nicht ausreichender temporärer Kapazitäten der Instandhaltungswerke oder aufgrund von nicht ausreichenden temporären Abstellkapazitäten geändert werden müssen, sind entsprechend andere bzw. zusätzliche Trassen gegenüber den durch das Netz- und Kapazitätsmanagement geplanten Fahrplankonzepten zu bestellen.854 Daher muss die Umlaufplanung vor der Trassenanmeldung für das anzumeldende Fahrplankonzept entwickelt sein. Der Bearbeitungsbeginn der Jahresumlaufplanung startet deswegen direkt im Anschluss an die Übergabe der Musterfahrlagen des Netz- und Kapazitätsmanagements 18 Monate vor Fahrplaneinführung (x-18).855 Zunächst findet eine Entwicklung der Umläufe für eine sogenannte Musterwoche statt. Erst auf der Basis der Einzellagenbestellung des Netz- und Kapazitätsmanagements (x-14) wird eine weitere Detaillierung hin zu einzel-

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Vgl. im Folgenden Freiberger / Bundschuh (2004), S. 371. Fahrzeuggruppen bestehen aus einem oder mehreren Fahrzeugen für die Umlaufpläne entwickelt werden. Neben technischen Kriterien wird das Platzangebot, die Sonderaustattung, das Vorhandensein von Speisewagen bzw. Bistro, Klimatisierung sowie Fahrgastinformationssystemen berücksichtigt. In der Umlaufplanung interessiert die notwendige Anzahl der Fahrzeuge in einer Fahrzeuggruppe (vgl. Schumacher (2004), S. 6; S. 24). Bei einer Fahrzeuggruppe handelt es sich um logische Einheiten, die direkte Zuordnung spezifischer Zugeinheiten geschieht erst bei tagesaktueller Planung (vgl. Schumacher (2004), S. 11). Ein Umlauf bezeichnet somit einen Zyklus an zu erbringender Zugleistung auf einer oder mehreren der erstellten Linien. Ein einzelnes Schienenfahrzeug besitzt so einen spezifischen Fahrzeugumlauf, dessen kompletter Zyklus sich über mehrere Tage erstrecken kann (Umlauftage). Schienenfahrzeuge werden in der Regel auf mehreren Linien eingesetzt. Die kurzfristige Disposition der einzelnen Schienenfahrzeuge geschieht wenige Tage vor dem jeweiligen Einsatztag und wird von dem Verfasser nicht mehr der eigentlichen Produktionsplanung zugeordnet. Die Fahrlagen werden dabei von der Umlaufplanung als Fixum angesehen, so dass stets von einer technischen Durchführbarkeit der Fahrplankonzepte ausgegangen wird. Für den Abschluss der marktorientierten Fahrplanentwicklung vgl. Abschnitt D.VI.4.1.2.6; in der Praxis erfolgt eine Entwicklung der Umlaufplanung getrennt für Loks und Wagengruppen sowie Triebzüge. Der dargelegte Planungsprozess beinhaltet keine derartige Differenzierung, sondern orientiert sich bewusst nur an den Kernabläufen der Umlaufplanung.

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nen Verkehrstagen vollzogen.856 In einem iterativen Prozess zwischen Fahrlagen- und Umlaufplanung wird nach Übergabe eines verbindlichen Informationsstands der Fahrlagenplanung 11 Monate vor Fahrplaneinführung (x-11) nach einer einmonatigen Bearbeitungszeit (x-10) ein vorläufiges Produktionskonzept als Resultat der bisherigen Planung entworfen. Die Planentwicklung findet zentral durch Umlaufplaner der Abteilung statt und wird dann zur weiteren Überprüfung der betrieblichen Umsetzbarkeit an je einen Umlaufplaner der bereits angesprochenen fünf Regionen übergeben.857 Hierbei wird das dezentrale Wissen über die örtlichen Begebenheiten (Gleisanordnungen, Abstellkapazitäten, etc.) genutzt, um die Fahrbarkeit zu prüfen und etwaige Lösungsvorschläge für Konfliktfälle zu entwickeln. Nach einer dreiwöchigen Prüfzeit durch die dezentralen Stellen können etwaige Änderungen durchgeführt werden. Nach diesen möglichen Änderungen mit Iterationen zur Fahrlagenplanung hat ein endgültiger Stand zur Trassenanmeldung (x-8) vorzuliegen. Der Abschluss der Umlaufplanung ist dementsprechend erst nach erfolgter Trassenvergabe möglich, da gegenüber den angemeldeten Fahrlagen mögliche Konfliktfälle zu Veränderungen von Fahrlagen sowie der Umläufe führen können. Den Abschlusszeitpunkt der Arbeiten determinieren Vorlaufzeiten für Folgearbeiten. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um Vorlaufzeiten für die durchzuführende Personaleinsatzplanung (Bordpersonal), zum Drucken von Kursbüchern zur Kundeninformation sowie den Beginn der Reservierungsphase (3 Monate vor Fahrtbeginn). Die Umlaufplanung findet damit in einem Zeithorizont von ca. 15 Monaten statt und wird wesentlich durch externe Vorgaben (insbesondere Trassenanmeldung) sowie Folgearbeiten bestimmt. In die Umläufe der einzelnen Schienenfahrzeuge ist die vorgeschriebene Instandhaltung einzuplanen, die der Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft der Schienenfahrzeugflotte dient. Die Ausgestaltung dieser Instandhaltung determiniert mit der Linienführung und deren Frequenz die notwendige Schienenfahrzeuganzahl. Hierbei kann zwischen zwei Instandhaltungsmethoden unterschieden werden, der präventiven Instandhaltung (planbare Instandhaltung) und der korrektiven Instandhaltung (außerplanmäßige Instandsetzung).858 Beide Instandhaltungsmethoden werden im Rahmen der Umlaufplanung berücksichtigt. Erstere reserviert für jeden einzelnen Zug feste Zeitfenster mit im Umfang verschiedenen Instandhaltungsinhalten bei den jeweiligen Instandhaltungswerken.859 Hier werden die routinemäßig durchzuführenden Arbeiten erledigt. Das Zeitintervall der Inspektionen ist dabei abhängig von der eingeplanten Laufleistung je Schienenfahrzeug

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In einem letzten Schritt werden kalendertaggenaue Anpassungen durchgeführt. Hierbei müssen Sonderverkehre für Feiertage in veränderten Fahrplan- und Umlaufkonzepten berücksichtigt werden. Insgesamt beschäftigen sich acht Personen mit der zentralen Umlaufplanung sowie sechs Umlaufplaner in den fünf Regionen. Vgl. Wolter (2000), S. 53; Volkmann (1989), S. 206. Die Berücksichtigung der präventiven Instandhaltung geschieht für die Laufwerkskontrolle L direkt in der Umlaufplanung. Bei allen aufwändigeren Inspektionsstufen wird diese durch eine Instandhaltungsreserve mit eingeplant.

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bzw. zugeordneter Fahrzeuggruppe. Die Veränderung von Grenzwerten der Laufleistung bis zu einer nötigen Inspektionsstufe bedarf dabei i.d.R. der Genehmigung des Eisenbahnbundesamts. Im Vergleich zu früheren Jahren konnte eine Erhöhung der Laufleistung je Inspektionsstufe erzielt werden.860 Je nach Schienenfahrzeuggruppe existieren dabei andere Laufleistungen, die ebenfalls abhängig sind von dem jeweiligen Lebenszyklus des Schienenfahrzeugs.861 Tabelle D-9 stellt beispielhaft einen veralteten Instandhaltungsrhythmus für ein Schienenfahrzeug des Typs ICE 2 mit den unterschiedlichen Inspektionsstufen dar. Neben einer Erhöhung der Laufleistung wird in der Planung ebenfalls eine Reduktion der Standzeit angestrebt, um so insgesamt auf eine längere Einsetzbarkeit der Schienenfahrzeuge zu kommen. Inspektionsstufe

Laufleistung (in km)

Zeitintervall

Standzeit

Laufwerkskontrolle (L)

3.000

Ca. alle 2-3 Tage

1- 2 h

Nachschau (N) Frist (F1- F4)

20.000

Ca. alle 10 12 Tage Ca. alle 6 Wochen

1-2h

Alle zwei Jahre

10 Tage

Revision (R)

60.000 (F1) 120.000 (F2) 240.000 (F3) 480.000 (F4) 1.200.000

8 - 18 h

Inhalt

Laufwerk, Dachbereich, Diagnose, Einstiegstüren, WC, Frischwasser Wie (L), Bremsprüfung, Gleitschutz, Linienzugbeeinflussung Wie (N), Prüfung und Erneuerung zahlreicher Komponenten mit steigender Intensität je Stufe Komplette Zerlegung Schienenfahrzeugs

des

Tabelle D-9: Instandhaltungsplan (veraltet) am Beispiel des ICE 2862

Die korrektive Instandhaltung umfasst Maßnahmen zur Beseitigung unvorhersehbarer technischer Störungen am Schienenfahrzeug.863 Diese Art der Instandhaltung findet Berücksichtigung in der Planung durch angenommene Ausfallquoten der einzelnen Schienenfahrzeuggruppen, die sich aus historischen Betrachtungen ergeben. Durch diese Ausfallquoten, welche durch technische Faktoren (z.B. Maschinen- oder Bremsschaden) sowie weitere Einflussfaktoren (z.B. Witterungsbedingungen) hervorgerufen werden, die zu Störungen der Umlaufrealisierung führen, wird der Gesamtbedarf an Schienenfahrzeugen abgeschätzt. Dabei ist die Zuverlässigkeit eines Schienenfahrzeugs, also die Vermeidung korrektiver Instandhaltung, unmittelbar mit der Qualität der präventiven Instandhaltung verbunden. Hieraus kann ein Pool von notwendigen Reservefahrzeugen

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Vgl. Guo (2005), S. 13; Zöll (2003), S. 323. So wurden von der Industrie für den ICE 3 höhere Laufleistungen für die Laufwerkskontrolle (max. 4.400 km) eingeplant (vgl. Deutsche Bahn AG (2006a), S. 10 f.). In Anlehnung an Guo (2005), S. 13; Zöll (2003), S. 323; o.V. (2001a); die aktuellen Daten werden von der DB FV als Betriebsgeheimnis verstanden, da die Ausgestaltung der Laufleistung sowie der Standzeit als Wettbewerbsvorteil angesehen wird. So wies die ICE 3-Generation anfangs sehr viele Ausfälle durch technische Defekte auf (vgl. Krummheuer (2005a)).

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errechnet werden.864 Aufgrund der hohen Fixkosten wird versucht, die Anzahl dieser Fahrzeuge sehr gering zu halten. Von der gesamten ICE 1-Flotte, die aus 59 Fahrzeugen besteht,865 ist lediglich ein Reservefahrzeug für den Ausfall von möglichen Fahrzeugen dieses Fahrzeugtyps vorgesehen. Die Instandhaltung der Fahrzeuge findet ausschließlich in DB-eigenen Werken statt. Diese Werke werden von der DB Fahrzeuginstandhaltung GmbH866 geführt und ebenfalls für Schienenfahrzeuge der DB Regio genutzt, um Größenvorteile im Betrieb realisieren zu können. Vereinzelt werden diese Werke von weiteren privaten Bahnen in Anspruch genommen.867 In Deutschland verfügt die DB über 16 Instandhaltungswerke, von denen die DB FV neun für ihre Flotte nutzt.868 Im Rahmen der Instandhaltungsplanung sind für die DB FV insbesondere folgende Ziele von Bedeutung: • Optimierung des Fahrzeugeinsatzes: Die Durchführung der Instandhaltung verursacht Opportunitätskosten durch Nichteinsetzbarkeit der Fahrzeuge. Die DB FV bemüht sich, die durchschnittliche Einsetzbarkeit der Flotte durch Maßnahmen wie die Verlagerung von Instandhaltungsmaßnahmen in die Nacht, Veränderung der Laufleistungen und Zusammenlegung von Inspektionsstufen zu erreichen.869 • Optimierung von Instandhaltungskapazitäten: Durch Veränderungen von Fahrplan- sowie Instandhaltungskonzepten sind die geografische Lage sowie die

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Ähnlich einem Sicherheitskoeffizienten im Produktionsbereich wird eine Entscheidung über die Gewährleistung des Fahrplans bei auftauchenden Störungen getroffen. Kann kein Reservefahrzeug anstelle des betroffenen Schienenfahrzeugs eingesetzt werden, sind zusätzliche Ausfälle von Fahrleistung die Folge. Für die Anzahl sowie die unterschiedlichen Charakteristika der Schienenverkehrsflotte vgl. Tabelle D-4 auf S. 115. Die DB Fahrzeuginstandhaltung ist den Servicegesellschaften des Unternehmens zuzurechnen (vgl. hierzu Abschnitt D.II.3). So werden z.B. Instandhaltungsarbeiten für die Connex GmbH, die NordWestBahn und die Eurobahn durchgeführt. (vgl. Deutsche Bahn AG (2007)). Da der Zugang zu Instandhaltungswerken eine Markteintrittsbarriere darstellt und die Vergabe von Instandhaltungsleistungen abhängig ist von freien Kapazitäten, erscheinen zumindest Wettbewerbsüberlegungen bei Vergabe an Dritte relevant. Hier wird die verzögerte Entwicklung gegenüber dem Luftverkehr deutlich, da fast keine Dienstleistungen von Partnerbahnen bei Fahrten ins Ausland in Anspruch genommen werden. Lediglich dringliche Reparaturen sowie einfache Kontrollen können in Anspruch genommen werden. Eine Spezialisierung ausländischer Partnerbahnen nach Luftverkehrsvorbild bspw. auf unterschiedliche Zuggattungen ist hingegen zurzeit in Europa nicht zu beobachten. Dabei sind Instandhaltungswerke auf die unterschiedlichen Schienenfahrzeugmuster spezialisiert. Während Triebzüge und Triebwagen (ICE-Flotte) an ihren jeweiligen Instandhaltungswerken „beheimatet“ sind, werden Lokomotiven und Reisezugwagen in Instandhaltungswerken gewartet, können jedoch andere Heimatbahnhöfe besitzen. Aus den veränderten Instandhaltungskonzepten resultieren ebenfalls Anforderungen an Personaleinsatzkonzepte, ebenfalls werden höhere Kapazität der Werke durch Konzentration der Zuläufe benötigt (vgl. hierzu Zöll (2003), S. 325 f.).

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Kapazität der einzelnen Werke ebenfalls kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls anzupassen.870 4.2.1.4 Mehrjahresfahrlagen- und Mehrjahresumlaufplanung

Zusätzlich zu den dargelegten Inhalten der Fahrlagen- und Umlaufplanung, die sich in dem Zeithorizont bis 18 Monate vor Fahrplaneinführung bewegen, findet eine organisatorisch institutionalisierte Begleitung der Planung des Netz- und Kapazitätsmanagements zur Erstellung der Fahrplankonzepte statt. Diese Mehrjahresplanung wird für die Fahrplankonzepte der Mifri-Phase durchgeführt.871 Hierdurch soll bereits in der Entwicklungsphase dieser Fahrplankonzepte eine frühzeitige Abschätzung der Durchführbarkeit aufgrund von betrieblichen Engpässen (Fahrlagenplanung) und der erforderlichen Anzahl an Fahrzeugen (Umlaufplanung) für entworfene Fahrplankonzepte gewährleistet werden. Die Überprüfung der Fahrplankonzepte findet auf einem gröberen Detailniveau statt als in der Jahresplanung und äußert sich ebenfalls in einer geringeren Anzahl an aufgewendeten personellen Ressourcen.872 Ausgangspunkt der Mehrjahresplanung ist das in zwei Jahren einzuführende Fahrplankonzept. Dieses bildet von den vier zu bearbeitenden Fahrplankonzepten der Mifri-Phase den Schwerpunkt der jährlichen Arbeitsbelastung. Die Entwicklung bzw. Detaillierung bei der Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement wird über einen Zeitraum von sechs Monaten (x-24 – x-18) mit begleitet. Am Ende dieser Frist soll eine Erarbeitung bzw. eine Bestätigung der produktionstechnischen Umsetzbarkeit dieses Konzepts erfolgen. Direkt im Anschluss wird die reguläre Übergabe des Fahrplankonzepts von der Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement zur Jahresplanung der Produktionsabteilung vollzogen. Nachdem diese sechsmonatige Bearbeitungsphase abgeschlossen ist, werden ebenfalls in den verbleibenden sechs Monaten des Jahres die übrigen Fahrplankonzepte (3, 4 und 5 Jahre vor Fahrplaneinführung) einer Kontrolle unterzogen. Grundlage für die Arbeiten stellen wie in der Jahresplanung die Infrastrukturprämissen von DB Netz sowie die Fahrzeugdaten von der DB FV dar. Die von der DB Netz gelieferten Daten bilden jedoch lediglich eine verbindliche Grundlage für den in 17 Monaten einzuführenden Fahrplan. Für die mehrjährigen Planungen werden sie jedoch nach Maßgabe der Indienststellungstermine neuer Infrastruktur sowie nach eigenem Expertenwissen für die unterschiedlichen Fahrplanjahre in Absprache mit dem Netz- und

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Vgl. Tabelle D-3 auf S. 111 für die Zeithorizonte zum Bau möglicher neuer Werke. Der erste Mifri-Fahrplan wird innerhalb der Jahresfahrlagen- und -umlaufplanung kontrolliert. Dementsprechend handelt es sich um die Fahrpläne zwei bis fünf Jahre vor Fahrplanwechsel. Vereinzelt werden zudem noch zeitlich entfernter liegende Fahrplankonzepte mit wichtigen Infrastrukturprojekten kontrolliert, wie dies bspw. bei dem deutsch-französischen Gemeinschaftsprojekt Rhealys der Fall gewesen ist. Die Mehrjahresfahrlagen- und -umlaufplanung wird jeweils mit 1,5 Planungsträgerstellen durchgeführt. Im Gegensatz zu der erläuterten personellen Ausstattung der Jahresplanung wird deutlich, dass hier nur eine weniger detaillierte Prüfung der Fahrplankonzepte möglich ist.

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Kapazitätsmanagement angepasst.873 Insbesondere die Annahme von Bauzuschlägen erwies sich hier als problematisch, da die Instandhaltungsplanungen der DB Netz der DB FV nicht in dem für die Mifri-Planungen erforderlichen Detailliertheitsgrad vorliegen. Hierdurch kam es häufig zu einer falschen Einschätzung. Die Validität von Fahrzeiten nimmt deshalb für die längeren Planungshorizonte ab.874 Da eingeplante Anschlussverbindungen bereits bei einer Abweichung von einer Minute verpasst werden können, stellen Änderungen dieser Fahrzeiten, die sich in der Vergangenheit sehr häufig ergeben haben, ein großes Problem für die Planung des Unternehmens dar. Um die produktionstechnische Umsetzbarkeit von Fahrlagenkonzepten zu gewährleisten, werden im Rahmen der Mehrjahresfahrlagenplanung zunächst die vom Netz- und Kapazitätsmanagement angenommenen Planungsprämissen überprüft, bevor die betriebliche Fahrbarkeit des Konzepts bei gegebener Infrastruktur kontrolliert wird. Im Anschluss erfolgt eine Prüfung der Kompatibilität mit internationalen Vorgaben875 und mit den bekannten Fahrplankonzepten des Nahverkehrs. Zusätzlich zu den Prüfungen der Zentrale werden auch die erarbeiteten Planungen der Mehrjahresfahrlagen- und -umlaufplanung in den einzelnen Regionen einer Prüfung unterzogen. Die zeitliche Inanspruchnahme der Regionen fällt jedoch deutlich geringer aus, aufgrund der reinen Prüfung der zentral erarbeiteten Konzepte, im Gegensatz zu einer intensiven Prüfung und Erstellung von Konfliktlösungen in der Jahresplanung durch die jeweiligen Regionen. 4.2.2

Verfahrensunterstützung der Fahrlagen- und Umlaufplanung

Die vorgestellten Teilplanungen der Fahrlagen- und Umlaufplanung verlangen unterschiedliche Funktionalitäten bei den eingesetzten Softwarelösungen, auf die im Folgenden kurz eingegangen wird. Die Funktion der Fahrlagenplanung der DB FV besteht zu einem wesentlichen Teil in der Kontrolle der durchgeführten marktorientierten Planungen des Netz- und Kapazitätsmanagements. Die zu verwendenden Softwareprogramme haben diese Kontrollfunktion zu unterstützen, entweder in automatisierter Form, so dass prinzipiell kein Eingreifen seitens der menschlichen Planer erforderlich wird. Alternativ können Softwareprogramme benutzt werden, die zwar keine automatisierte Kontrolle ermöglichen, es dafür dem menschlichen Planer überlassen, durch ihr Expertenwissen Konfliktfälle der erstellten Fahrplankonzepte selbst aufzufinden. Diese Softwarelösungen

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Für die Fahrzeiten auf einzelnen Streckenabschnitten sowie Einflussfaktoren hierauf vgl. Abschnitt D.VI.4.1.1. Nach Experteneinschätzung der Abteilung werden von den eingeplanten Fahrzeiten für das Fahrplankonzept des letzten Mifri-Jahres ca. 75 Prozent der eingeschätzten Fahrzeiten tatsächlich realisiert. Somit besteht eine absolute Fehlerquote von ca. 25 Prozent bezogen auf den fünfjährigen Planungshorizont. Hierunter sind Prüfungen der von dem Netz- und Kapazitätsmanagement unterstellten Systemwechselzeiten (Wechsel der Lokzüge oder Umstellung der Triebzüge auf andere Stromsysteme) sowie von inhärenten Fahrplanzwängen (z.B. einzuhaltende Einfahrt- und Abfahrtszeiten in die Knoten des schweizerischen Netzes) zu verstehen.

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bedürfen bei derartigen Kontrollverfahren lediglich einer geringeren Datengrundlage, da das Programm nicht das gesamte physische Netz (Gleisanlagen, Distanzen, Bahnsteiglängen, etc.) abbilden muss. Letzteres wird dabei von der DB FV eingesetzt. Die Fahrlagenplanung verwendet das Softwareprogramm Viriato876. Dieses Programm baut auf einer grob modellierten Infrastruktur auf, so dass Betriebsstellen sowie dazwischen liegende Fahrtstrecken abstrakt beschrieben werden. Fahrzeiten sind jedoch ähnlich des in der Fahrplanerstellung verwendeten Programms Visum auch hier anzugeben und werden nicht berechnet.877 Viriato berücksichtigt automatisch weder Zugfolgekonflikte noch Fahrstraßenausschlüsse oder Kreuzungsprobleme auf eingleisigen Strecken.878 Um derartige Probleme zu erkennen, wird der Planer durch eine Visualisierung der entwickelten Fahrplankonzepte in Form eines Bildfahrplans unterstützt.879 Damit muss der Planer die spezifischen Begebenheiten des Netzes kennen, da diese nicht durch die verwendete Software aufgezeigt werden. Die Ablauffolge der Fahrlagenplanung ist von einer geografischen Engpassplanung geprägt.880 Das deutsche Netz besitzt kapazitative Engpässe,881 welche historisch betrachtet für Probleme in der Umsetzung von Fahrplankonzepten gesorgt haben. So gilt die Region um den Knoten Mannheim als besonderer Engpass. Zudem kommt den dort verkehrenden Linien der DB FV eine besonders wichtige Funktion im Fahrplankonzept zu.882 Mannheim gilt damit als ein Verknüpfungspunkt für das Netz der DB FV. Aus diesem Grund wird bei der Ablauffolge der Fahrlagenplanung zunächst dieser regionale Abschnitt einer besonderen Prüfung unterzogen, da Trassenänderungen an dieser Stelle wegen der hohen Belastung des Netzes schwierig zu vollziehen sind und Auswirkungen auf das Fahrplankonzept des übrigen Netzes zu erwarten sind. Nach der Prüfung dieses Netzabschnitts findet dann eine Überprüfung des restlichen Netzes statt.

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882

Das Programm Viriato wird zur Planung der Fahrlagen bei der DB und anderen europäischen Bahnen sowie Bestellerorganisationen des öffentlichen Personennahverkehrs eingesetzt (vgl. Beck (2006), S. 66). Vgl. Gröger (2002), S. 47. Vgl. Gröger (2002), S. 47; neuere Versionen bzw. Module dieser Software versuchen diese Konflikte aufzudecken, jedoch werden diese nicht von der DB FV verwendet. Neben dem Bildfahrplan erzeugt Viriato zudem eine Netzgrafik, welche eine übersichtliche Darstellung regelmäßiger Taktlagen in einem Netz erlaubt. Zusätzlich steht dem Planer ein tabellarischer Fahrplan zur Verfügung (vgl. Gröger (2002), S. 47). Das von GUTENBERG vorgeschlagene Ausgleichsgesetz der Planung besagt, dass sich alle Pläne bei bestehenden Interdependenzen dem Plan anpassen müssen, in dem der Engpass besteht (vgl. Gutenberg (1951), S. 125 ff.; vgl. ebenfalls Delfmann (1985)). In einigen regionalen Bereichen des Netzes wurden nach Aussagen von Bahnexperten bereits seit den 70er Jahren kapazitative Grenzen erreicht (vgl. Ross (2001), S. 141). Wichtige Linien aus dem Norden (Ruhrgebiet), beginnend aus Frankfurt a.M. sowie nach Süden (Basel, Stuttgart, München) durchlaufen den Knoten Mannheim. Da diese Linien jedoch einen Engpass in Form einer Eingleisigkeit zwischen Fallersleben und Weddel, Groß Gleidingen und Hildesheim sowie zwischen Sorsum und Himmelsthür befahren, können Konflikte dort zu Problemen in Korrespondenzen und Anschlüssen im Knoten Mannheim bewirken. Daher wird die so genannte „Netzknüpfung“ für das gesamte Bundesgebiet mit Berücksichtigung dieser Eingleisigkeiten und des Knotens Mannheim begonnen.

164

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Bei der Fahrzeugumlaufplanung hingegen werden andere Softwareprogramme eingesetzt. Die Entwicklung einer Fahrzeugumlaufplanung kann entweder für jeden Fahrplan neu auf Basis der Vorgaben des Netz- und Kapazitätsmanagements entwickelt werden oder aber auf Grundlage bestehender Umläufpläne der vorhergehenden Jahre. Letztere Methode des Aufbaus auf bisherigen Planungen wurde bisher bei der DB FV angewandt,883 gerade auch aufgrund der fehlenden Unterstützung der Planung durch automatisierte softwaretechnische Optimierungsverfahren. Im Fall größerer Änderungen der Netzinfrastruktur oder der Indienststellung neuer Fahrzeuggenerationen hat jedoch zwangsläufig eine Neuentwicklung der Umlaufkonzepte zu erfolgen. Die Fahrzeugumlaufplanung kann als ein Optimierungsproblem aufgefasst werden, welches durch Einsatz automatisierter Verfahren modelltheoretisch gelöst werden kann.884 Allerdings finden – wie oben angeführt – keine automatisierten Umlaufplanungsverfahren Verwendung, sondern es wird eine manuelle Planung angewendet.885 Die von der DB FV angeführten Gründe für die noch manuelle Konstruktion sind ähnlich der Fahrplankonstruktion in vorhandenem Detailwissen der Planer zu sehen,886 welches über die betriebliche Machbarkeit entscheidet und nur mit hohem Aufwand in elektronische Form gebracht werden kann. Ebenso erscheinen nicht unerhebliche Entwicklungskosten für eine automatisierte Softwarelösung bedeutsam. Statt des Einsatzes dieser automatisierten Optimierungsmodelle werden verschiedene Softwarelösungen verwendet, die eine Unterstützung der manuellen Konstruktion erlauben. Für die Erstellung von Umläufen für eine Musterwoche wird auf das Programm StEffi887 zurückgegriffen. Über eine geschaffene Schnittstelle zu dem Programm Viriato kann auf Daten der Fahrlagenplanung zurückgegriffen werden. Die kalendertaggenaue Umlaufplanung wiederum verwendet die Programmunterstützung PPSFR888 zur Darstellung der Einzeltage. Auch hier existiert eine Schnittstelle, jedoch können Daten nur teilweise übernommen werden. Die Vielfalt der unterschiedlichen Programme der am Planungsprozess beteiligten Organisationseinheiten erscheint zwar wegen unterschiedlicher Ansprüche an diese Programme verständlich, jedoch ergeben sich aufgrund historisch gewachsener Eigenentwicklungen und Insellösungen der unterschiedlichen Abteilungen – wie gezeigt – teilweise Probleme der Kompatibilität. Neben Übertragungsfehlern zeigen sich so insbesondere Probleme durch einen erheblichen Mehraufwand durch teils manuelle Übernahme und Kontrolle von Datenbeständen. 883

884

885

886 887

888

Hierbei handelt es sich um eine Art manuelle Optimierung durch jährlich stattfindende Iterationen (vgl. Freiberger / Bundschuh (2004), S. 372); für Charakteristika von Optimierungsverfahren vgl. Delfmann (1995a), Sp. 2022 f. Vgl. für die Umlaufplanung bei SPFVU / SPNVU bspw. Abbink et al. (2004), Cordeau et al. (2001). Vgl. Freiberger / Bundschuh (2004), S. 371. Ebenso werden bei anderen SVU manuelle oder allenfalls softwareunterstützte Verfahren verwendet (vgl. Grötschel et al. (1997), S. 8). Vgl. Freiberger / Bundschuh (2004), S. 375. Das Programm StEffi (Studienplanung Effizienz) ist ein eigenständig entwickeltes System der DB FV zur Umlauferstellung. PPSFR – Produktionsplanungs- und Steuerungssystem für den Fern- und Regionalverkehr (vgl. Schumacher (2004), S. 62 f.). Hierbei handelt es sich um eine Eigenentwicklung der DB AG.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

4.2.3

165

Unterstützung der Mifri

Die Produktionsabteilung hat für die jährlich stattfindende Mifri die Verantwortung für die Bereitstellung der kostenrelevanten Leistungsmengen des nächsten Fahrplanjahres. Dabei werden die fünf Regionen in die Erhebung dieser Leistungsmengen miteinbezogen, so dass eine detaillierte Prognose für diese Daten zur Verfügung steht. Die Klassifizierung der kostenrelevanten Leistungsmengen stimmt dabei mit der vorgestellten Klassifizierung des Netz- und Kapazitätsmanagement gelieferten Daten überein,889 Die Konsolidierung der Leistungsmengen sowie die Übergabe an die zentrale Controllingabteilung werden von der abteilungsinternen Controllingabteilung wahrgenommen. 4.2.4

Zwischenfazit zur Planung in der Produktion

Die Produktionsplanung besteht aus den zwei Teilplänen Fahrlagen- und Umlaufplanung. Die Betrachtung zeigte, dass hier keine automatisierten Optimierungslösungen Verwendung finden. Vielmehr werden Softwarelösungen verwendet, die auf das Erfahrungswissen der Planer angewiesen sind, weshalb die erforderliche Einarbeitungszeit erhöht sowie das Verständnis anderer Abteilungen über Lösungsalgorithmen bzw. zu erwartete Ergebnisse verschlechtert wird. Diese Verständnisprobleme hinsichtlich der Planungsinhalte und –abläufe kann mitunter verantwortlich sein für Konflikte der Abteilungen untereinander. Ebenso weisen die verwendeten Softwarelösungen z.T. Schnittstellenprobleme auf, so dass mögliche Übertragungsfehler und Effizienzverluste durch manuelle Eingabe die Folge sind. Wie gezeigt findet ein Großteil der durchgeführten Fahrlagenplanung ohne die Berücksichtigung von bzw. Abstimmung mit DB-fremden Unternehmen statt. Da in Zukunft durch hohen Wettbewerb im Nahverkehr ein größerer Anteil an DB-fremden Unternehmen in diesem Markt erwartet wird, zudem Güterverkehrsanbieter hohe Zuwachsraten verzeichnen,890 bereits erste Taktverkehre anbieten und ebenfalls Wettbewerb im Personenfernverkehr stattfinden könnte, scheint sich die Komplexität auf dem Netz und damit für die einzelnen Planungen weiter zu erhöhen. 4.3

Zielgruppenmanagement und Vermarktung

4.3.1

Aufgaben der Abteilung

Die Abteilung Zielgruppenmanagement und Vermarktung verantwortet den Vertrieb des Leistungsportfolios der DB FV. Hierunter fällt es, eine zielgruppenspezifische, marktgerechte und erlösoptimale Preissystematik zu schaffen sowie zielgruppenorientierte Dienstleistungsportfolios zu erarbeiten. Damit übernimmt die Abteilung die klassischen Aufgaben der Absatz- bzw. Marketingplanung,891 die sich im Marketing-Mix eines

889 890 891

Für die zu liefernden kostenrelevanten Leistungsmengen vgl. Tabelle D-7 auf S. 145. Vgl. o.V. (2006d). Vgl. Mag (1995), S. 42.

166

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Dienstleistungsbetriebs der Leistungs-, Kommunikations-, Preis- und Distributionspolitik zuordnen lassen.892 Der Wandel vom Verkäufer- hin zu einem Käufermarkt im Schienenpersonenfernverkehr in Deutschland vollzog sich mit dem Erfolg des Automobils in den 60er Jahren und der damit verbundenen potenziellen Möglichkeit eines Großteils der Haushalte, eine Alternative zur Fahrt mit dem Zug in Anspruch nehmen zu können. Bei vorhandenen Wahlmöglichkeiten der Konsumenten nimmt die Marketingplanung daher vielfach eine zentrale Stellung innerhalb des PLS ein. Die Marketingplanungen der DB FV basieren auf den Vorgaben der strategischen Planung und bestehen aus der Analyse und Prognose von marktbezogenen Elementen sowie der Festlegung von Zielen, Maßnahmen und Budgets des Leistungsportfolios der DB FV. Der Planungshorizont umfasst einen kurz- bis mittelfristigen Zeithorizont. Dabei findet eine Abstimmung zum Zentralmarketing der DB AG statt, da dort die Richtlinien für die externe Kommunikationspolitik vorgegeben werden, so dass ein einheitlicher Auftritt der einzelnen Unternehmensbereiche gewährleistet wird. Ausgangspunkt der Erstellung des Marketingplans bilden Überlegungen hinsichtlich der Kundenstruktur. Die tatsächliche und potenzielle Kundenstruktur der DB FV stellt sich aufgrund der Marktpositionierung als sehr heterogen dar. Die einzelnen Kundengruppen weisen verschiedene Charakteristika auf, so dass sie unterschiedliche Anforderungen an die Dienstleistung Zugfahrt sowie weitere vor- und nachgelagerte Serviceleistungen893 stellen, die in der Planung zu berücksichtigen sind. Aufgrund des vorhandenen intermodalen Wettbewerbs insbesondere mit dem Luftverkehr und dem PKW ist daher die Planung und Ausgestaltung von Marketing-Programmen differenziert für die heterogenen Nachfragegruppen von entscheidender Bedeutung. Um diese Kundengruppen zu identifizieren, ist zunächst eine differenzierte Marktsegmentierung nötig. Eine solche Segmentierung versucht „intern möglichst homogene und untereinander heterogene Teilmärkte aufzuteilen, um so die Informationsbasis für eine erfolgreiche Ansprache der Zielgruppen und entsprechende Ausgestaltung der Marketinginstrumente zu schaffen.“894 Da der Preis für Bahnkunden eine zentrale Rolle spielt,895 stellen die Preisplanung und -steuerung einen Aufgabenschwerpunkt der Abteilung dar. Im Vergleich zu anderen Marketinginstrumenten ist insbesondere die schnelle Einsetzbarkeit zu nennen,896 die es erlaubt, flexibel auf Nachfrageänderungen zu reagieren. Vor dem Hintergrund der aufgezeigten langen Planungszyklen bei den übrigen Teilplänen zur physischen

892 893

894 895

896

Vgl. Meffert / Bruhn (2003), S. 155 ff.; Meffert et al. (2000), S. 29. Hierunter ist die Kaufanbahnung sowie die Schließung der Reisekette bspw. durch eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr zu verstehen (vgl. Meffert (2000), S. 31 f.). Meffert et al. (2000), S. 19. Für Bahnnutzer wurde dabei der Preis mit 41 % als wichtigstes Kriterium der Verkehrsmittelwahlentscheidung aufgeführt, bei Nichtbahnfahrern wird diese Wichtigkeit mit 58 % sogar noch übertroffen (vgl. Schneider (2000), S. 121 f.). Vgl. Schneider (2000), S. 122.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

167

Leistungserstellung kommt der Preisplanung und –steuerung damit eine hohe Bedeutung zur kurzfristigen Reaktion auf Schwankungen der Nachfrage zu.897 Die Preisplanung kann unterschieden werden in eine strategische und eine operative Preisplanung. Die langfristige und damit strategische Preisplanung der Abteilung umfasst einen Planungshorizont von fünf Jahren. Innerhalb dieses Planungshorizonts werden die generellen Preisentwicklungen auf den relevanten Verkehrsmärkten prognostiziert. Eingang in diese Prognosen erhalten Annahmen über externe Rahmenbedingungen wie Einkommensentwicklungen, Nachfragepräferenzen, Inflationsentwicklung, Konkurrenzentwicklung, etc. Neben diesen externen Einflussfaktoren werden ebenfalls interne Faktoren (Entwicklung der Produktionskosten, angebotenes Qualitätsniveau) zur Prognose des einzuplanenden Durchschnittspreises herangezogen. Die Orientierung an der externen Zahlungsbereitschaft der Kunden eröffnet die Möglichkeit, die internen Faktoren entsprechend anzupassen und zeigt die Notwendigkeit auf, eine Abstimmung der markt- und produktionsorientierten Organisationseinheiten durchzuführen. Dabei gilt, dass die Durchschnittskosten mindestens von den prognostizierten Durchschnittspreisen gedeckt werden müssen. Die prognostizierte Preisentwicklung des durchschnittlichen Personenkilometerpreises wird dann nach unterschiedlichen Klassen (1. und 2. Klasse) differenziert und im Rahmen der Mifri für die jeweiligen Kalenderjahre als Grundlage für die zu tätigende Umsatzprognose verwendet. Ebenfalls im Rahmen dieses Planungszeitraums werden Entscheidungen hinsichtlich der allgemeinen Preisstrukturen (verwendete Logik der Preisdifferenzierung), inklusive der Rabattierungs(BahnCard-Angebote) und Kundenbindungsinstrumente (bahn.comfort; bahn.bonus) getroffen.898 Bei der operativen Preisplanung sind hingegen Entscheidungen über Preise und Kontingente für unterschiedliche Relationen zu treffen. Dabei sind die Preisstrukturen durch die strategische Preisplanung bereits vorgegeben. Die operative Preisplanung findet in einem Planungshorizont von ca. vier Monaten statt. Dieser Planungshorizont wird durch die Entscheidung vorgegeben, Sitzplatzreservierungen lediglich bis drei Monate vor dem jeweiligen Reiseantritt anzunehmen.899 Die operative Preisplanung stützt sich auf die entwickelten Umlaufpläne der Produktionsabteilung,900 da hierdurch Kapazitäten der Züge bekannt sind und Reservierungen angenommen werden können.

897

898

899

900

SANDVOß kommt bei einer Analyse der Handlungsoptionen der Bahn gegenüber Billigfliegern zu dem Ergebnis, dass der Preis kurzfristig der wichtigste Reaktionshebel ist (vgl. Sandvoß (2005), S. 14). Die DB FV bietet die BahnCard 25, 50 und 100 an. Die BahnCard-Angebote gewähren dem Käufer sowie dessen Mitfahrer (nur bei BahnCard 25 / 50) Rabatte beim Kauf einzelner Tickets (vgl. Ehrhardt (2004), S. 250). bahn.comfort wurde als Kundenbindungsinstrument ähnlich den Vielfliegerprogrammen in der Luftverkehrsbranche geschaffen. Dieses Bonussystem ermöglicht dem Kunden ab festgelegten Umsatzgrenzen, bestimmte Prämien bzw. Sonderdienstleistungen (bspw. Freifahrten, Zugang zu den DB Lounges, etc.) in Anspruch zu nehmen. Eine Ausnahme bildet hier die Buchung von Gruppenreisen, die neun Monate vor Abreise gebucht werden können. Vgl. Abschnitt D.VI.4.2.1.3.

168

4.3.2

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Yield Management bei der DB Fernverkehr AG

Die strategische und operative Preisplanung der DB FV ist Teil eines umfangreichen Preis- und Erlössteuerungssystems. Dieses ersetzte ab dem Jahr 2002 das historisch verwendete, sehr starre Preisgefüge der DB, welches fixe Preise je Tarif-Kilometer vorsah.901 Bei dem alten System war mit wenigen Ausnahmen keine Steuerung der Nachfrage von Reisenden möglich.902 Das neue System sah erhebliche Veränderungen vor,903 die für eine höhere Transparenz904 in den Augen der Bahnkunden sorgen sollten und ebenfalls durch eine Preisdifferenzierung905 eine wesentliche Steigerung der Umsatzerlöse als Zielsetzung hatte.906 Jedoch wurde das zugrunde liegende Preissystem907 bereits nach kurzer Zeit geändert, da Kunden es statt transparent hingegen als äußerst undurchschaubar, kundenunfreundlich und als versteckte Preiserhöhung empfanden908 und die DB FV resultierende Fahrgastverluste und damit einhergehende hohe Umsatzeinbußen hinnehmen musste.909 Daher wurden noch im Jahr 2003 Modifikationen an dem Preissystem vorgenommen, die im Wesentlichen eine Verringerung der Festlegung von Kunden auf bestimmte Relationen bei früher Buchung beinhaltete.910 Das neu eingeführte und dann modifizierte Preissystem stellt ein Yield Management System911 bzw. in der deutschen 901

902

903

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911

Hier wurden im Jahr 2003 feste Preise je Tarif-km erhoben (0,21 € für die 1. Klasse und 0,139 € für die 2. Klasse) mit Zuschlägen für EC/IC-Züge. Die ICE-Züge verfügten bereits zum damaligen Zeitpunkt über relationsspezifische Preise (vgl. Ehrhardt (2002), S. 23 f.). Ausnahmen bildeten Gruppenreservierungen, die nach Auslastungskriterien der Züge durchgeführt wurden. Hierbei handelte es sich erstens um den Grund- bzw. Normalpreis mit drei Sonderpreisen (jeweils mit Rabatten von 10, 25 oder 40 Prozent auf den Grundpreis), zweitens um die Komponente einer neu konzipierten BahnCard mit weiterer Rabattierungswirkung, drittens um Regelungen für Mitfahrer mit weiteren Rabattstufen sowie viertens um Relationstarife, die eine Verbesserung der Nachfragesteuerung im Vergleich zu den alten fixen Kilometer-Tarifen versprechen (vgl. Ehrhardt (2002), S. 23 sowie Link (2004), S. 50). Vgl. Krämer / Luhm (2002), S. 22. Unter einer Preisdifferenzierung wird der „Verkauf identischen oder zumindest in ihrer Kernleistung identischen Produkten oder Dienstleistungen an verschiedene Nachfrager zu unterschiedlichen Preisen verstanden. Die Preisunterschiede sind dabei nicht vorrangig durch unterschiedliche Herstellungskosten begründbar.“ (Wilger (2003), S. 25). Die DB FV ging von zusätzlichen Umsatzerlösen von bis zu 150 Millionen Euro für das Jahr 2003 aus, welches einer Umsatzsteigerung von etwa fünf Prozent entsprochen hätte; gleichzeitig sollte die Auslastung von 42 % auf 55 % im Jahr 2005 gesteigert werden (vgl. Ehrhardt (2002), S. 23). Unter einem Preissystem wird hier die Gesamtheit der unterschiedlichen Preisdifferenzierungen, der Restriktionen sowie der beinhalteten Rabattstufen verstanden. Vgl. Link (2004), S. 55. Vgl. DB Fernverkehr AG (2004), S. 12. Bei der Veränderung des Preissystems wurden weniger Frühbucherrabatte gewährt und die Vorausbuchungsfrist wesentlich verkürzt. Ebenso wurde die Umbuchungsgebühr reduziert und alte BahnCard-Preise und –Rabatte wieder eingeführt (vgl. Link (2004), S. 51). „Yield Management ist ein Instrument zur Ertragsoptimierung, bei dem auf der Grundlage eines computergestützten integrierten Informationssystems eine dynamische Preis-/Mengensteuerung zur gewinnoptimalen Nutzung der Kapazitäten führen soll.“ (Maurer (2003), S. 301); Yield Management wurde für LVU entwickelt und seitdem weiter entwickelt (vgl. McGill / Van Ryzin

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

169

Bezeichnung eine integrierte Preis-Kapazitätssteuerung dar,912 da durch die Steuerung von Preisen und Kapazitäten eine kurzfristige Maximierung des Gesamtumsatzes angestrebt wird.913 Über die Festlegung von Kontingenten wird die Verfügbarkeit der mit unterschiedlichen Restriktionen versehenen Tickets gesteuert. Abbildung D-7 stellt die Bestandteile dieser integrierten Preis-Kapazitätssteuerung vor. Hier lässt sich die Preissteuerung mit den Teilaspekten der Marktsegmentierung und Preisdifferenzierung sowie die Kapazitätssteuerung mit der durchzuführenden Prognose und Kontingentierung unterscheiden. Eingebunden ist diese integrierte Preis-Kapazitäts-Steuerung in das Vertriebssystem, durch das die Kunden über verschiedene Absatzkanäle ihre Tickets beziehen sowie in ein Datenbanksystem, welches aktuelle und historische Datenbestände speichert und wieder in der Prognose berücksichtigt. Zudem werden diese Daten für die Marktsegmentierung verwendet. Datenübermittlung (nach Dienstleistungserbringung)

Aktuelle Daten Prognose

Kontingentierung

Kapazitätssteuerung

Historische Daten

Marktsegmentierung

Preisdifferenzierung

Kapazitäten & Preise

Vertriebssystem

Historische und aktuelle Datenbestände

Aktuelle & historische Daten

Preissteuerung

Integrierte Preis-Kapazitäts-Steuerung

Abbildung D-7: Integrierten Preis-Kapazitäts-Steuerung nach EHRHARDT914

Die anfänglich durchzuführende Marktsegmentierung beruht auf historischen Buchungsdaten sowie durch Marktforschung erhobenen Daten. Die DB FV segmentiert ihre Fahrgäste hauptsächlich nach demographischen bzw. reisedemographischen Aspekten.915 Daher gibt es zielgruppenspezifische Zuschnitte bspw. Angebote nach Alter, Reiseklasse und / oder Reiseanlass, jedoch können durch eine solche Einteilung nur eingeschränkt Rückschlüsse auf die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager gezogen werden.916

912 913 914 915 916

(1999), S. 236 ff.); für spezielle Anforderungen und Anpassungen an Yield Management Systemen im Schienenpersonenverkehr vgl. Ciancimino et al. (1999) sowie für den Güterverkehrsbereich Strasser (1996); für die generelle Funktionsweise von Yield Management vgl. bspw. Daudel / Vialle (1992), Ingold et al. (2001). Vgl. Ehrhardt (2004), S. 10. Vgl. Ehrhardt (2004), S. 9. Vgl. Ehrhardt (2002), S. 26. Vgl. Perrey (2000), S. 62. Vgl. Ehrhardt (2004), S. 84.

170

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Eine differenziertere Segmentierung findet sich bspw. bei PERREY. Dieser schlägt eine Segmentierung der Kunden nach den Kriterien Reiseanlass (Geschäfts-, Privat- und Pendlerreise) und dem Nutzen, den der Kunde der Reise zumisst (Reisezeitminimierer, Preissensible und Komfortorientierte), vor.917 Hierdurch ergibt sich eine Einteilung in neun unterschiedliche Kundensegmente. Diese Differenzierung der einzelnen Kundengruppen geht einher mit Vorschlägen zur nutzenorientierten Marktbearbeitung hinsichtlich der Merkmale Preis, Reisezeit und Komfort (Ausstattung und Service).918 Von den Vorschlägen lassen sich viele bereits in dem Marketing-Mix der DB FV identifizieren. Die DB FV bietet bspw. DB Lounges an, die sich insbesondere an komfortorientierte Geschäftsreisende richten. Hinsichtlich des Nutzensegments Reisezeitminimierer sei an das Anbieten einer integrierten Reisekette durch DB-Car-SharingAngebote und Abstimmung mit dem Nahverkehr erinnert. Um nun die Zielgruppen gezielt anzusprechen ist im Rahmen der Planung eine ständige Beobachtung der potenziellen Kundengruppen sowie der Konkurrenten notwendig. Zur Identifizierung der Präferenzen unterschiedlicher Kundengruppen werden von der DB FV Marktforschungen919 vorgenommen, die häufig in Zusammenarbeit mit externen Instituten und Universitäten durchgeführt werden. Wettbewerbsbeobachtungen beschränken sich aufgrund des noch marginalen intramodalen Wettbewerbs überwiegend auf die Beobachtung des Luftverkehrssektors. Insbesondere Billigflieger sind in den letzten Jahren intensiver beobachtet worden, da hier eine hohe Konkurrenz gegeben ist und signifikante Substitutionseffekte greifen.920 Hier wurden hauptsächlich die Kapazität und die Frequenz des Angebots, die derzeitigen und möglichen zukünftigen innerdeutschen Destinationen sowie der Durchschnittspreis untersucht. Während die Konsequenzen des Eintritts von Billigflieger sehr differenziert verstanden werden, stehen jedoch noch keine systematischen Maßnahmenkataloge bereit, um eine wirkungsvolle Reaktion auf Aktionen der Billigflieger zu vollziehen.921 Nach der durchgeführten Marktsegmentierung sind für die unterschiedlichen identifizierten Kundengruppen im Rahmen der Preisdifferenzierung abgestimmte Preisstrukturen zu entwickeln.922 Die von der DB FV durchgeführte Preisdifferenzierung unterscheidet nach dem Buchungszeitpunkt, der Klasse und der zu fahrenden Reisedis-

917

918 919

920 921 922

Vgl. Perrey (2000), S. 105. Basis dieser Einteilung ist eine durchgeführte empirische Studie mit 5.000 Befragten im Jahr 2000. Vgl. Perrey (2000), S. 106 ff. Unter Marktforschung wird “eine systematische, empirische Untersuchungstätigkeit mit dem Zweck der Informationsgewinnung oder –verbesserung über objektiv bzw. subjektiv bedingte Markttatbestände und –phänomene als Grundlage beschaffungs- und absatzpolitischer Entscheidungen“ verstanden (Hammann / Erichson (1990), S. 23f.; vgl. hierzu ebenfalls Wöhe / Döring (1990), S. 629 f.). Als Methoden der Absatzmarktforschung stehen die Primärforschung (Befragung und Beobachtung) und die Sekundärforschung (Beschaffung und Analyse bereits vorhandener interner und externer Daten) zur Verfügung (vgl. Zentes (1993), S. 349 f.). Die DB FV benutzt hier häufig Primärforschung, die in Zügen und an Bahnhöfen durchgeführt wird. Vgl. Sandvoß (2005), S. 11. Vgl. Sandvoß (2005), S. 13 ff. Vgl. Ehrhardt (2003), S. 3 f.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

171

tanz des Kunden.923 Die DB FV entschied sich jedoch bewusst gegen eine zeitliche Preisdifferenzierung (Peak-Load-Pricing)924, da das zeitliche und regionale Auslastungsmuster der Züge der DB FV nur bedingt geeignet erschien, eine solche einzusetzen.925 Zudem werden von der DB FV aus den durchgeführten Marktforschungen Gründe für eine geringe Akzeptanz einer solchen zeitlichen Preisdifferenzierung angeführt, ebenso wie die nur suboptimale Ausschöpfung der Zahlungsbereitschaft des Kunden.926 Diese zeitliche Differenzierung wird jedoch in der Literatur gefordert, um Überlastungen der Züge zu verhindern.927 Gestützt wird diese Forderung durch eine noch relativ geringe durchschnittliche Auslastung der Züge,928 weshalb die Ausrichtung der Produktionskapazitäten an Spitzennachfragezeiten aufgrund der hohen Fixkostenbelastung des Produktionssystems zu hohen Gesamtkosten führt. Im Unterschied zum Luftverkehr oder dem geschlossenen System929 des TGV930 handelt es sich bei dem von der DB FV verwendeten System sowie den meisten Verkehrsnetzen von SPFVU überwiegend um offene Systeme.931 Bei einem offenen System wird keine Bindung an einen bestimmten Flug bzw. eine Zugfahrt durchgeführt, und zusätzlich besteht bei der DB FV keine Sitzplatzbindung für den Passagier. Charakteristisch für ein offenes System ist damit allein die Möglichkeit, innerhalb der vorgegebenen Grenzen des angegebenen Startorts, des Zielorts und den zugelassenen Verbindungen das Netz an jedem Zugangs- bzw. Austrittspunkt betreten und verlassen zu können.932 Die DB FV betreibt ein offenes System für ihre restriktionsfreien Tickets (Normalpreis). Die Kunden haben nach Kauf der Fahrkarte ein definiertes Zeitfenster zur Verfügung, innerhalb dessen sie zwischen Start- und Zielbahnhof Züge zu unterschiedlichen Zeiten wählen dürfen. Hierdurch ist die Auslastung von Streckenabschnitten vor Zugfahrt nicht bekannt. LVU bieten ihren Passagieren Flüge für vorab definierte Städtepaare an, ohne dass die Passagiere an anderen Destinationen entlang der Route aussteigen können. Bei dem System des Schienenpersonenverkehrs ist es jedoch möglich an weiteren Halten ent923 924

925

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930 931 932

Vgl. Link (2004), S. 52; für weitere Formen der Preisdifferenzierung vgl. Wilger (2003), S. 27. Bei einem Peak-Load-Pricing werden höhere Preise für Tickets zu Nachfragespitzen verlangt. Durch eine solche zeitliche Preisdifferenzierung versucht man eine gleichmäßigere Beanspruchung der Kapazitäten zu erreichen, um Kosten der Überbeanspruchung zu vermeiden (vgl. Wöhe / Döring (1990), S. 682). KRÄMER / LUHM verweisen auf eine zeitlich stabile und homogene Struktur der Über- und Unterauslastung, die als Voraussetzung für ein Peak-Load-Pricing erfüllt sein müsse, jedoch bei der DB FV nicht gegeben scheint. Bei Anwendung würden sich z.B. komplexe Zeitfensterdefinitionen (z.B. Mo.-Do. 6.00 Uhr bis 9.30 Uhr und 15.00 Uhr bis 19.00 Uhr) ergeben, zudem seien auch in klassischen Spitzenzeiten erhebliche Teile der Halteabschnitte schwach bis sehr schwach ausgelastet (vgl. Krämer / Luhm (2002), S. 20). Vgl. Krämer / Luhm (2002), S. 20. Vgl. Link (2004), 52 f.; Ehrhardt (2002), S. 25 ff. und Ehrhardt (2003), S. 17 ff. Vgl. z.B. Ehrhardt (2002), S. 23; Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 183. Bei einem geschlossenen System ist der Zugang zu dem Netz sowie der Austritt in zeitlicher und räumlicher Dimension festgelegt (vgl. Hunkel (2001), S. 16.). Vgl. Krämer / Luhm (2002), S. 21. Vgl. Antes et al. (2004), S. 3. Vgl. Hunkel (2001), S. 16.

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

lang der Strecke auszusteigen, wodurch sich eine zusätzliche Problematik für das Preissystem ergibt.933 Außerdem können am Reisetag im Zug Fahrscheine erworben werden. Diese Erleichterung bzw. Flexibilität für Fahrgäste erhöht jedoch automatisch die Unsicherheit der DB FV hinsichtlich der Auslastung ihrer Züge und führt zu negativen Effekten einer Überauslastung mit so genannten „Stehern“ im Zug, die kundenseitig als besonders negativ empfunden werden. Diese spezifische Ausgangssituation hat Konsequenzen für die Planung der Preisdifferenzierung in dem halb-offenen System,934 welches eine Zugbindung, jedoch keine Sitzplatzbindung voraussieht. Hierdurch wird die Flexibilität des Passagiers zeitlich eingeschränkt.935 So steht die DB FV vor dem Problem, dass eine Preiskonsistenz für alle auf dieser Strecke liegenden Quelle-Ziel-Relationen durchzuhalten ist. Ein angebotener Niedrig-Preis auf einer Relation stellt somit gleichzeitig die Preisobergrenze für alle kürzeren Quelle-Ziel-Relationen dar,936 da die Gefahr besteht, dass sich Passagiere statt teurerer Tickets für die gewünschte kürzere Verbindung dieses Niedrig-Preis-Angebot sichern und es trotzdem für die kürzere Verbindung in Anspruch nehmen könnten. Hierdurch fände eine Kannibalisierung des Angebots statt. Außerdem gilt es, eine Preiskonsistenz zu gewährleisten, die keine Subadditivität von Preisen auf einer Strecke erlaubt. Wäre dies der Fall, würden informierte Passagiere auf einer Strecke mehrere Tickets für Teilsegmente erwerben, statt den für die Gesamtrelation teureren Preis zu entrichten. Bei den vorgestellten Planungen handelt es sich um die innerdeutsche Preisplanung. Bei internationalen Relationen sind hingegen in regelmäßigen Abständen Verhandlungen mit den jeweiligen europäischen Bahnen über Vergütungen für international Reisende zu treffen. Nachteilig für den Wettbewerb erweist sich, dass zwischen den Vertriebssystemen keine Verbindungen bestehen, so dass z.T. keine Ticketpreisinformationen für Verbindungen ins Ausland abgerufen werden können. Bezogen sich die vorgenannten Erläuterungen auf die Preissteuerung (Marktsegmentierung und Preisdifferenzierung) wird innerhalb der Kapazitätssteuerung auf Grundlage der gegebenen Preisstrukturen eine Kapazitätssteuerung (Prognose und Kontingentierung) durchgeführt. Diese Kapazitätssteuerung ließ sich erst mit dem neu eingeführten bzw. revidierten Preissystem durchführen, welches nun ebenfalls einen Teil der Tickets mit Zugbindung verkauft. Durch die Anpassung der Kontingenthöhe dieser zuggebundenen Tickets für verschiedene Kundensegmente lässt sich eine Kapazitätssteuerung vollziehen. Bei diesem halb-offenen System937 hat sich der Fahrgast bereits bei Buchung für einzelne Züge zu entscheiden. Die Ticketpreise sind im Gegensatz zu den

933 934 935 936 937

Vgl. Antes et al. (2004), S. 8. Vgl. Krämer / Luhm (2002), S. 21. Vgl. Hunkel (2001), S. 16. Vgl. Antes et al. (2004), S. 8. KRÄMER / LUHM setzen hierbei Zugbindung mit einem geschlossenen System gleich, da die Kombination aus Zugbindung und flexiblen Tickets (Grundpreis) als halb-offenes System bezeichnet wird (vgl. Krämer / Luhm (2002), S. 21).

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

173

Normalpreisen verbilligt und an eine zeitliche Vorausbuchungsfrist gebunden.938 Ausgehend von der durchgeführten Marktsegmentierung werden unter zu Hilfenahme aktueller und historischer Nachfragedaten Prognosen für die einzelnen Kundensegmente erstellt. Die Prognosen werden dabei zunächst für den Normalpreis erstellt, da dieser Ausgangspunkt für die Inanspruchnahme der Rabattstufen ist. Danach erfolgen Prognosen für die einzelnen Rabattstufen, die zunächst für die übergeordnete Gesamtrelation durchgeführt und dann für die einzelnen Streckenabschnitte differenziert werden.939 Bei dem verwendeten Prognose- und Optimierungssystem greift die DB FV auf ein kommerziell verfügbares System zurück, welches auf Lizenzbasis zur Verfügung gestellt und nach Vorgaben der DB FV weiterentwickelt wird.940 Aus diesen Prognosen lässt sich die Kontingentierung bzw. Steuerung der Nachfrage der Reisenden mittels Optimierungsverfahren und unter Zuhilfenahme von Expertenwissen941 bei der festgesetzten Preisdifferenzierung durchführen. Zudem kann ein Eingriff in die automatische Festlegung von Kontingenten durch strategische Erwägungen nötig werden.942 Die Höhe der Kontingente wird je nach vorhandener Nachfrage für einzelne Züge (Buchungsstand der Tickets und Auslastungskontrollen der Züge943) sowie der Zeitdauer bis zur Zugfahrt gesteuert. Bei einem niedrigen Buchungsstand werden zusätzliche Kontingente für Buchungsklassen mit einer hohen Rabattstufe freigegeben, so dass Fahrgäste mit geringerer Preiselastizität angezogen werden. Dabei gilt es zu vermeiden, einen allzu hohen Wechsel der Fahrgäste von normalpreispflichtigen Angeboten hin zu ermäßigten, zuggebundenen Angeboten zu erlauben. Zudem gilt es bei einer normalen Nachfragesituation, weniger preissensible Nachfrage durch eine knappe Verfügbarkeit von Tickets zu einem Kauf von höherwertigen Tarifen zu bewegen („Upsell“) und hierdurch eine Erlössteigerung zu bewirken. Bei dem verwendeten System handelt es sich um eine dynamische Preis-Kapazitätssteuerung944, da Prognosen und Kontingente mehrmals täglich aktualisiert werden.

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939 940

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942

943 944

Gegenüber den normalen Ticketpreisen sind im geschlossenen Preissystem zwei Rabattstufen vorhanden (25%-Ermäßigung sowie eine 50%-Ermäßigung). Die minimale Vorausbuchungsfrist beträgt dabei drei Tage (vgl. Link (2004), S. 51). Vgl. Ehrhardt (2004), S. 214. Hierbei handelt es sich um eine Softwarelösung der amerikanischen Firma PROS, die Softwarelösungen für das Yield Management insbesondere für den Luftverkehrsbereich zur Verfügung stellt. Die Optimierungsalgorithmen der zugrunde liegenden Software sind dabei der DB FV nicht weiter bekannt, die DB FV wendet das Programm lediglich an. Expertenwissen muss insbesondere bei einmaligen Sonderereignissen (bspw. Fußballweltmeisterschaft in Deutschland im Jahr 2006) bei der Kontingentierung berücksichtigt werden. Hierunter würden z.B. Reaktionen auf Konkurrenzangebote (bspw. Billigfliegern) auf bestimmten Relationen zählen, weiterhin eine gewünschte Auslastungssteigerung der Züge, etc. Für Kontrollen der Auslastungswerte der einzelnen Züge vgl. Abschnitt D.VI.5.1.3. Vgl. hierzu Ehrhardt (2003), S. 4.

174

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Die Kontingentierung erfolgt durch eine „legbasierte“, wertorientierte Steuerung.945 Damit werden für jedes einzelne „Leg“, d.h. für die einzelnen Streckenabschnitte einer Linie der DB FV, Kontingente für einzelne Ticketwerte bereitgestellt. Durch die Wertorientierung richtet sich die Verfügbarkeit einer Rabattstufe (bspw. Sparpreis 25 (SP 25) oder Sparpreis 50 (SP 50)) nach dem absoluten Wert des um die Rabattsstufe reduzierten Normalpreises (NP). Eine Rabattstufe erhält der Kunde genau dann, wenn auf allen Streckenabschnitten für den Ticketwert Verfügbarkeiten vorliegen.946 Abbildung D-8 verdeutlicht dies an einem fiktiven Beispiel.947 So wird die Kundenanfrage nach einem Sparpreis 25 auf der Strecke Göttingen – Frankfurt aufgrund einer Nichtverfügbarkeit des Kontingents in dieser Ticketwertklasse auf dem Streckenabschnitt 3 abgelehnt, wohingegen eine Anfrage nach einer höheren Rabattstufe (Sparpreis 50) aufgrund eines höheren Ticketwerts durch die längere Fahrt von Hamburg nach Frankfurt wegen der Verfügbarkeit in dieser Ticketwertklasse auf allen Streckenabschnitten angenommen wird. Hamburg

Hannover

Göttingen

Kassel

Frankfurt

Abschnitt 1

Ticketwert Kontingent 10 > 48 € 6 38 - 48 € 5 < 38 € Abschnitt 2

Beispiel 1 Anfrage SP 25 Göttingen – Frankfurt Preis: 36,75 € (0,75 * NP) Ablehnung (kein Kontingent auf Abschnitt 3)

Ticketwert Kontingent 7 > 48 € 3 38 - 48 € 1 < 38 € Abschnitt 3

Ticketwert Kontingent 5 > 48 € 2 38 - 48 € 0 < 38 €

Beispiel 2 Anfrage SP 50 Hamburg – Frankfurt Preis: 45,00 € (0,5 * NP) Annahme (Kontingent auf jedem Abschnitt)

Abschnitt 4

Ticketwert Kontingent 9 > 48 € 7 38 - 48 € 2 < 38 €

Abbildung D-8: Systematik der Kontingentsteuerung (fiktives Beispiel)948

Hierdurch können jedoch Probleme im Hinblick auf eine umsatzmaximale Steuerung auftauchen. Bei einzelnen Buchungsanfragen wird zwar eine umsatzmaximale Entscheidung für einen stark ermäßigten Sondertarif auf einer langen Relation vollzogen. Vergleicht man diese Entscheidung jedoch mit zwei voneinander unabhängigen Bu-

945

946

947 948

Dieser Ansatz beruht auf einem „einfachen netzwerkbezogenen Virtual Nesting-Ansatz“ (Ehrhardt (2004), S. 214). Ausnahmen für diese Einteilung bilden Sondertarife wie z.B. Surf & Rail-Angebote, Sommer Spezial, etc. Hierbei sind sowohl die Stufen der Ticketwerte als auch die Kontingente und Preise fiktiv. In Anlehnung an bahninterne Unterlagen sowie Ehrhardt (2004), S. 215.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

175

chungswünschen nach einem höherwertigen Sondertarif auf sich ergänzenden Teilstrecken, können diese trotz eines insgesamt höheren Umsatzes abgelehnt werden.949 Da das von der DB FV verwendete Yield Management System erst seit kurzem eingesetzt wird, ist – wie ehemals im Luftverkehrsbereich – von weiteren Optimierungsnotwendigkeiten der Verfahren auszugehen. Verbesserungen sind ebenfalls im Zeitablauf durch eine Erweiterung der historischen Datenbanken zu erwarten, die als Grundlage für Prognosen dienen. Weiterhin erlaubt das eingesetzte System die Steuerung der Nachfrage durch vorliegende Buchungsdaten der zuggebundenen Tickets, die durch Auslastungswerte der RES-Daten950 abgeglichen werden. Hierdurch kann auf den Anteil der Personen geschlossen werden, die keine zuggebundenen Tickets in Anspruch nehmen. Da die RES-Daten jedoch, wie bereits dargelegt, erst mit zeitlicher Verzögerung vorliegen, erschwert sich die durchzuführende Prognose der Nachfragerelationen sowie die zeitnahe Steuerung.951 Hierdurch gehen jedoch wichtige Informationen für die Planung der Kontingente verloren. 4.3.3

Vertriebsstrukturen

Im Rahmen der Distributionspolitik sind Entscheidungen über den Zugang der Kunden zu den Vertriebssystemen zu treffen. Die DB FV verfügt über ein sehr dichtes Vertriebsnetz.952 Die Ausgestaltung der einzelnen Distributionskanäle hat dabei auf die im Zuge der Marktsegmentierung eingeteilten Kundengruppen abgestimmt zu sein. Die Planung des Vertriebs, also der Planung des eigentlichen Verkaufs der Tickets über unterschiedliche Distributionskanäle, ist seit einigen Jahren verstärkt darum bemüht, die gesamten Distributionskosten zu senken. Historisch gesehen fand ein Großteil der Ticketverkäufe in den DB-eigenen Reisezentren sowie über Absatzmittler wie Reisebüros (vgl. Abbildung D-9) statt. Da sich der dezentrale Beratungsvertrieb durch das DB-eigene Personal als besonders fixkostenintensiv darstellt, wird versucht, eine Substituierung hin zu weniger kostenintensiven Vertriebsformen zu vollziehen.953 Daher werden Anreize gesetzt, um Kunden von diesem Beratungsvertrieb hin zu einem Selbstbedienungsvertrieb zu steuern, bspw. durch eine kostenlose Sitzplatzreservierung bei Buchung über den Automatenvertrieb. Ebenso können durch eine geplante Absenkung des Servicegrads des Bedienungsvertriebs (z.B. Verlängerung der Wartezeiten) Kunden zur Buchung über alternative Vertriebsformen bewogen werden. Außerdem werden Anreize für Mitarbeiter gesetzt, eigenverantwortlich den Ticketverkauf inklusive der Beratung auf Provisionsba949

950 951

952 953

Vgl. Ehrhardt (2004), S. 227; eine Änderung dieser Kontingentsteuerung hin zu einer stärkeren Berücksichtigung unabhängiger Buchungen setzt nach Ansicht von EHRHARDT jedoch eine umfangreiche Weiterentwicklung der EDV-Infrastruktur voraus (vgl. Ehrhardt (2004), S. 247). Für Erläuterungen zu den Auslastungswerten vgl. Abschnitt D.VI.5.1.2. Zur Auswertung der streckenspezifischen Auslastungswerte vgl. Abschnitt D.VI.5.1.3. Ebenso liefern diese Daten lediglich Streckenabschnittsauslastungen, nicht jedoch aktuelle relationsspezifische Buchungsdaten, die für eine Steuerung von Bedeutung sind. Diese relationsspezifischen Daten liegen lediglich für getätigte Sitzplatzreservierungen vor, nicht jedoch für die in den Vertriebszentren getätigten Buchungen ohne Sitzplatzreservierungen und Zugbindungen. Vgl. Meffert (2000), S. 42. Vgl. ebenfalls Nießing (2006), S. 197.

176

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

sis in Kombination mit weiteren Dienstleistungen (insbesondere dem Kioskbetrieb) in kleineren Bahnhöfen zu betreiben. Direkter Vertrieb zentral

Beratungsvertrieb

Selbstbedienungsvertrieb

dezentral

Indirekter Vertrieb

• Großkunden• Bedienungsbetreuungsvertrieb vertrieb (Reisezentren, (Key AccountFahrkartenVertrieb) vertrieb am • Telefonvertrieb Systemstandort (Call-Center) • Verkauf im Zug

• Vertrieb über Reisebüros oder alternative Absatzmittler

• Internet• AutomatenVertrieb vertrieb • Handyvertrieb • Andere Formen des Direktvertriebes (Mailings etc.)

• Selbstbedienungsvertrieb über Absatzmittler (z.B. Einzelhandel, Tankstellen, Baumärkte, Fast-FoodKetten) → „Innovative Absatzkanäle“

Abbildung D-9: Vertriebsformen der DB Fernverkehr AG954

Durch die Provisionsbasis variabilisieren sich diese Personalkostenpositionen, womit eine Risikoreduktion gegenüber Nachfrageschwankungen erreicht wird.955 Bei allen Distributionskanälen ist eine Abstimmung der Zielkategorien des Distributionsgrads, der Distributionskosten sowie der Qualität des Absatzkanals von entscheidender Bedeutung.956 Häufig zeichnet sich aufgrund der nach wie vor als hoch empfundenen Komplexität des Preisgefüges ein hoher Informationsbedarf des Kunden ab,957 weshalb dieser dem Beratungsvertrieb nach wie vor eine hohe Bedeutung beimisst. Die operative Abwicklung des Vertriebs findet seit dem Jahr 2004 nicht mehr durch die DB FV selbst, sondern über eine Servicegesellschaft (DB Vertrieb GmbH) des DB Konzerns statt.958 Die Vertriebsstrategie wird dabei in Absprache mit dem Konzern von der DB FV getroffen. Die Abrechnung erfolgt über Provisionen, so dass für die DB FV diese Kostenposition zwar als variabel, für den Konzern jedoch weitestgehend als fix angesehen wird. In den letzten Jahren wurden zudem verstärkt Versuche unternommen, innovative Absatzkanäle zu nutzen. Im Vordergrund bei durchgeführten Einzelaktionen wie bspw. dem zeitlich begrenzten Verkauf von reduzierten Zugtickets in einer Supermarktkette 954 955

956 957 958

In Anlehnung an Meffert et al. (2000), S. 42. Ebenfalls verspricht sich die DB FV eine höhere Motivationswirkung durch die Erfolgsbeteiligung der ehemaligen Mitarbeiter. Vgl. Meffert et al. (2000), S. 42. Vgl. Meffert et al. (2000), S. 42. Diese Vertriebsgesellschaft führt die Reiseinformation, Preisberatung und Verkauf der Leistungen der DB Personenverkehr sowie Dritter durch. Die DB Vertrieb GmbH besteht dabei aus einem zentral verantwortetem Vertriebskanalmanagement sowie vier dezentralen, regionalen Vertriebsleitungen: Nord (Hamburg), Ost (Berlin); West (Köln) und Süd (München). Die einzelnen Vertriebskanäle werden zentral durch je einen Vertriebskanalmanager betreut, der eine enge Abstimmung mit den regionalen Vertriebsleitern zu verantworten hat.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

177

stand dabei insbesondere die Erschließung neuer Kundengruppen, welche die Möglichkeit für eine Bahnreise bislang nicht in ihre Verkehrsmittelwahlentscheidung einbezogen hatten. Diese Aktionen wurden von Bahnseite als ein Erfolg bewertet, da ein hoher Anteil an Neuverkehren induziert und eine Verbesserung der generellen kundenseitigen Preiswahrnehmung und Markenattraktivität beobachtet werden konnte.959 4.4

Personal und Bordservice

Die Abteilung Personal und Bordservice verantwortet alle Planungen, die zentrale Fragestellungen in Bezug auf den operativen Personaleinsatz und die Personalführung. Der Planungshorizont der Abteilung ist verglichen mit den strategischen Infrastruktur- und Flottenplanungen ausgerichtet auf einen kurz- bis mittelfristigen Zeithorizont und orientiert sich an der Mifri. Hinsichtlich der Führungskräfteplanung und -entwicklung befindet sich die Planung des Geschäftsfelds in einer unterstützenden Position zum Konzern, da auf Konzernebene diese Planung für die unterschiedlichen Geschäftsfelder gebündelt wurde und dort die wesentlichen Personalstrategien sowie die generellen Richtlinien vorgegeben werden. Die Geschäftsfelder verantworten in erster Linie die Betreuung der Mitarbeiter sowie weitere operative Fragestellungen mit Bezug zum Personal. Hierdurch verspricht man sich sowohl Kostensynergien durch Zentralisierung innerhalb des Konzerns wie auch Vorteile der Allokation von Führungskräften auf vakante Positionen innerhalb des Unternehmens. An dieser Stelle soll schwerpunktmäßig eine Analyse der operativen Personaleinsatzplanung (vgl. Abschnitt 4.4.3) durchgeführt werden. Wegen der wichtigen Funktion der Mitarbeiter als Planungs- und Steuerungseinheiten werden zunächst wichtige Teilaspekte der Personalplanung und –entwicklung (vgl. Abschnitt 4.4.1) sowie der Vergütungssysteme (vgl. Abschnitt 4.4.2) charakterisiert, die Einfluss auf das Verhalten der Führungskräfte besitzen. 4.4.1

Personalplanung und -entwicklung

Die DB AG hat sich am 10. März 2005 in den Tarifverhandlungen mit den einflussreichsten Gewerkschaften im Unternehmen, Transnet und GDBA, auf einen Verzicht betriebsbedingter Kündigungen von tariflich beschäftigten Mitarbeitern bis zum 31.12.2010 verständigt.960 Hierdurch entstanden Folgen für alle Geschäftsfelder, da die abgeschlossenen Verpflichtungen neben der fehlenden Möglichkeit zur kapazitativen Reduktion der Mitarbeiter auch eine Begrenzung bzw. beinahe einen vollständigen Einstellungsstopp zur Folge hatten. So bestand während des Untersuchungszeitraums eine restriktive Einstellungspolitik für Stellen mit Planungsaufgaben. Die Neueinstellungen wurden auf das Trainee-Programm begrenzt, welches als Führungskräftenachwuchsprogramm konzipiert ist, sowie auf Stellen, die aufgrund des spezifischen Qualifikations959 960

Vgl. Sandvoß (2005), S. 21. Verhandlungen über eine Verlängerung sind aufgrund beiderseitiger Verpflichtung für den März des Jahres 2010 angesetzt. Bei einer Veränderung der Organisationsform (Fortfall des Unternehmensbereichverbunds oder Aufgabe der Holdingfunktion) würde diese Beschäftigungsgarantie jedoch aufgegeben (vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 129 f.).

178

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

profils nicht mit Mitarbeitern des Konzerns besetzt werden können.961 Bei letzteren besteht zudem stets die Zustimmungspflicht durch den Vorstand für jede Neueinstellung. Dadurch ergeben sich jedoch Probleme für die Planung, da keine flexible Nachsteuerungsmöglichkeit besteht. Verschärft wird dieses Problem durch den demografischen Wandel im Unternehmen. Hier ist bei der DB FV bereits ein sehr hohes Durchschnittsalter zu beobachten. Ältere Mitarbeiter, die in den produktionstechnischen Abläufen (bspw. Zugbegleiter) beschäftigt werden und aufgrund ihres Alters dieser Tätigkeit nicht mehr nachgehen können, sind daher bspw. auf Einsatztätigkeiten in administrativen oder planerischen Aufgaben umzuschulen. Eine Steuerung der Personalbewegungen wird über die DB JobService GmbH durchgeführt, welche versucht, Mitarbeiter (vom Arbeitsplatzwegfall betroffene sowie umzuschulende Mitarbeiter) in zumutbare Beschäftigungsverhältnisse in anderen Teilen des Unternehmens zu überführen.962 Im Zuge der Bahnreform wurden ebenfalls die beamtenrechtlichen Verpflichtungen der Deutschen Reichsbahn (ehemalige DDR) und der Deutschen Bundesbahn übernommen, wodurch sich auch in der Planung besondere Probleme der kapazitativen Anpassung auf lange Sicht ergeben. Das Geschäftsfeld versucht, diese Probleme der kapazitativen Anpassung an unterschiedliche Planungsaufgaben durch den temporären Einsatz von Trainees, Praktikanten und vermitteltem Personal der konzerneigenen DB Zeitarbeit sowie einer Inhouse-Consulting abzufedern. Weiterhin wird durch den intensiven Einsatz von externen Unternehmensberatungen je nach vorhandenem Budget der Organisationseinheiten eine Bearbeitung unterschiedlicher Fragestellungen vollzogen. Die Beschäftigung von Unternehmensberatern eröffnet zudem die Möglichkeit, diese nach erfolgreicher Projektarbeit im Geschäftsfeld als Führungskraft in die Organisation zu überführen,963 wovon die DB FV bereits intensiven Gebrauch gemacht hat. Die Personalentwicklung der DB AG versucht, die Qualifikationen der Mitarbeiter gezielt weiterzuentwickeln, um diese für neue Aufgaben zu qualifizieren oder die Erfüllung bestehender Aufgaben zu verbessern. Dabei wird für die niedrigeren bis mittleren Managementebenen die Konzerntochter DB Training eingesetzt, welche standardisierte Fortbildungsprogramme unterschiedlicher Art anbietet. Für die Qualifizierung der Führungskräfte wird die DB Akademie eingesetzt, die Führungskräften individualisierte Fortbildungen anbietet. Zusätzliche Weiterbildungsangebote in Seminarform werden über externe Dienstleister wie bei unterschiedlichen Universitäten in Anspruch genommen. 961 962 963

Vgl. Deutsche Bahn AG (2006c), S. 120. Vgl. Deutsche Bahn AG (2006c), S. 120; Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 131. Dabei unterscheidet die DB AG zwischen drei Ebenen (inklusive Zwischenebenen) von Führungskräften. Die erste Ebene umfasst die leitenden Führungskräfte (LFK), die zweite Ebene die oberen Führungskräfte (OFK), während schließlich die Konzernführungskräfte (KFK) die letzte Stufe darstellen. Auf mittlerer Managementebene wurde zudem vor einiger Zeit der Status einer betrieblichen Führungskraft (BFK) geschaffen. Die Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Stufen ist neben vorgeschriebenen Kompetenzen für einzelne Funktionen ebenfalls an den Akademisierungsgrad der Personen gebunden, so dass hier bestimmte formale Regeln einen Aufstieg begrenzen können.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

4.4.2

179

Vergütungssysteme für Führungskräfte

Die Vergütung von Führungskräften besteht neben einer festen Vergütung sowie Altersversorgung und Sondernutzungsrechten (bspw. Dienstwagen/ - wohnung) ebenfalls aus variablen Vergütungsbestandteilen.964 Diese variablen Komponenten beinhalten leistungsorientierte Entgelte, die durch das Leistungsergebnis des Einzelnen, der Mitarbeitergruppe oder auch dem Erfolg des Gesamtunternehmens die individuelle Entgelthöhe beeinflussen.965 Neben der Gewährung finanzieller Leistungszuschläge, die einen unmittelbaren Leistungsanreiz bieten, sind sie ebenfalls Kommunikationsmittel für Unternehmensprioritäten und dienen als Feed-back-Informationen über die erbrachte Leistung für die Führungskraft.966 Dem Anreizsystem kommt bei Führungskräften eine besondere Bedeutung zu, da die Zielerreichung eines Unternehmens entscheidend davon abhängt, wie diese ihre Planungs-, Steuerungs- und Kontrollaufgaben erfüllen.967 Die variablen Bestandteile des Anreizsystems setzen sich bei der DB AG aus einem Anteil für die Zielerreichung des Gesamtkonzerns, des Geschäftsfelds sowie von festgelegten persönlichen Zielen zusammen. Die Festlegung der persönlichen Ziele sowie die Beurteilung der Zielerreichung erfolgt auf jährlicher Basis. Während der durchschnittliche Anteil der variablen Vergütung dem Standard vergleichbarer Großunternehmen entspricht, ist der Anteil der Mitarbeiter, die sich für die Teilnahme an diesem Anreizsystem qualifizieren, hingegen eher unterdurchschnittlich im Vergleich zu anderen Unternehmen.968 Die Evaluierung über die persönliche Zielerreichung wird ergänzt durch ein sogenanntes „360 Grad Feedback“, welches der Führungskraft die Fremdsicht der eigenen Person von geführten Mitarbeitern, Führungskräften der gleichen Stufe sowie deren Vorgesetzten in einem institutionalisierten Prozess vor Augen hält und auch für die Beurteilung der Weiterentwicklungsmöglichkeiten der Führungskraft im Unternehmen verwendet wird. 4.4.3

Personaleinsatzplanung der Borddienste

Die abgeschlossene Umlaufplanung der Züge bildet den Aufsatzpunkt zur Personaleinsatzplanung von Zugführern und Zugbegleitpersonal. Sie hat die Zielsetzung die Minimierung der Gesamtkosten der personalrelevanten Kostenpositionen zu bewirken. Hierzu zählen neben den direkten Personalkosten ebenfalls weitere direkte Kosten wie Übernachtungs- und Transferkosten.969 Langfristig ist damit eine Minimierung der absoluten Anzahl an Personal gleichzusetzen.970 Kurzfristig jedoch ist die Anzahl an Personal aufgrund rechtlicher Bestimmungen und Zusagen gegenüber dem Staat oder Gewerk-

964 965 966 967 968 969 970

Vgl. Hahn / Willers (2006), S. 367; Hungenberg (2006), S. 358. Vgl. Frese (2000), S. 172 f. Vgl. Frese (2000), S. 172. Vgl. Hungenberg (2006), S. 353. Hierbei handelt es sich um eine bahninterne Aussage. Vgl. Kohl (2003), S. 9. CAPRARA ET AL. sehen die Minimierung der absoluten Anzahl an benötigtem Personal als Hauptziel (vgl. Caprara et al. (1997), S. 4).

180

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

schaften bei der DB FV als fix anzunehmen. Unter Beachtung rechtlicher und vertragsspezifischer Regelungen ist das Personal mit den jeweiligen Qualifikationen auf die durch den Fahrplan vorgesehenen Züge kostenminimal zu verteilen. Bei dieser Personaleinsatzplanung handelt es sich um ein klassisches Optimierungsproblem, welches historisch gesehen zuerst im Luftverkehr mithilfe von ORMethoden bearbeitet wurde, die eine Verbesserung der Lösungen und eine Reduktion der Planungszeit gegenüber der manuellen Planung bedeuteten. Die Entwicklung wurde bei LVU zuerst vorangetrieben, da dort bereits weitaus früher die Liberalisierung einsetzte,971 welche mit einer hohen Wettbewerbsintensität einherging und eine entsprechende Notwendigkeit zur Kosteneinsparung zur Folge hatte. Mit einsetzender Deregulierung und Privatisierung insbesondere im europäischen Schienenverkehr entschied man sich auch hier, die manuelle Planung durch automatisierte Optimierungslösungen zu ersetzen,972 um die Forderung nach Produktivität und Effizienz des Markts sowie der Anteilseigner zu berücksichtigen.973 Die Komplexität der Personaleinsatzplanung im Schienen- und Luftverkehr kann wegen der großen Anzahl an zu verteilendem Personal auf Züge sowie der operativen Beschränkungen als große Herausforderung gesehen werden. Im Schienenpersonenverkehr ist aufgrund einiger Besonderheiten die Umsetzung von Optimierungsverfahren noch deutlich anspruchsvoller als im Luftverkehr. Im Schienenpersonenfernverkehr ist die Anzahl der Strecken, auf denen das Personal gewechselt werden kann, deutlich geringer, da an jedem auf der Strecke liegenden, größeren Haltebahnhof das Personal gewechselt werden kann.974 Zusätzlich zu einem höheren mathematischen Aufwand erhöht sich die Komplexität durch unterschiedliche Aufgaben des Personals, die während oder vor der Fahrt des Zugs erledigt werden müssen und unterschiedliche Qualifikationsprofile erfordern. Zudem entscheidet die Qualifikation des Zugführers neben der Einsatzmöglichkeit für ein bestimmtes Zugmaterial ebenfalls über den möglichen Streckeneinsatz.975 Die Komplexität wird zusätzlich erhöht durch die Möglichkeit, Ruhepausen der Zugbegleiter während der Fahrt anzusetzen zu können.976 Die Komplexität wird durch die Anzahl an Zügen und notwendigem Personal deutlich. So muss die DB FV ihre ca. 1.000 Züge pro Tag977 mit ca. 3.500 Personen Bordpersonal betreiben, für die jeweils individuelle Dienstpläne zu erstellen sind.

971 972

973 974 975 976

977

Für die Entwicklungen in der Luftverkehrsindustrie vgl. Doganis (2006), S. 27 ff. OR-Methoden zur Personaleinsatzplanung von Borddiensten im Schienenverkehr finden sich bspw. bei Caprara et al. (1997); Ernst et al. (2001) und Wagner (2003); umfassender wurde die Thematik bereits im Luftverkehrsbereich aufgearbeitet vgl. hierfür bspw. Hoffmann / Padberg (1993); Kakas / Michael (2001); Ryan (1992); Sklar et al. (1990) und Vance et al. (1997). Vgl. Caprara et al. (1997), S. 125; ebenso Weinhold (2004), S. 215. Vgl. Kohl (2003), S. 9. Vgl. Kohl (2003), S. 10. Vgl. Kohl (2003), S. 10. Für die Planung von Flugbegleitern besteht jedoch ebenfalls die Möglichkeit, Ruhezeiten auf Interkontinentalflügen einzuplanen. Daher handelt es sich hierbei um keine Besonderheit im Vergleich zum Luftverkehr. Vgl. Kohl (2003), S. 9.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

181

Die Personaleinsatzplanung wird durch eine computergestützte Optimierung durchgeführt. Seit dem Jahr 2003 wird statt der ehemals manuellen Dienstplanerstellung das Programm Carmen verwendet.978 Diese Software wird neben der Personaleinsatzplanung für den anstehenden Fahrplan auch für kurzfristige Disponierungen sowie strategische Fragestellungen zur Belegschaftsgröße bei sich verändernden Parametern verwendet (bspw. Veränderung der Einsatzstellenlandschaft).979 Die Vorgehensweise ist zweistufig aufgebaut. Zunächst wird in der Zentrale eine so genannte Schichtenplanung durchgeführt. Hierfür werden Streckenabschnitte ohne Personalwechsel mit technisch und betrieblich notwendigen Leistungen zusammengefasst.980 Hierdurch entstehen Schichten, die den regionalen Einsatzstellen zugeordnet sind und noch keine Differenzierung für einzelne Mitarbeiter beinhalten. In einem nächsten Schritt werden dezentral in den Regionen diesen Schichten nach den Qualifikationen der einzelnen Triebfahrzeugführer, der Zugbegleiter und der Servicemitarbeiter im Restaurant- und Bordbereich individuelle Dienstpläne zugeordnet (Dienstplanung). Die zeitliche Abfolge der Planung für die Erstellung der Schicht- und Dienstpläne des anstehenden Fahrplans beginnt nach der Erstellung des Umlaufplans. Die Eingangsdaten für die durchzuführenden Optimierungsläufe werden von dem Programm PPFSR geliefert. Die zentrale Entwicklung der Schichtenplanung nimmt ca. 1-2 Wochen in Anspruch, für die Dienstplanerstellung werden weitere 1-2 Wochen in den einzelnen Regionen fällig. Die automatisierten Vorschläge werden im Anschluss noch manuell nachbearbeitet. Hier finden Abwägungen zwischen mathematisch optimierten Einsatzplänen und einer Mitarbeiterakzeptanz statt. Nach der zentralen und dezentralen Entwicklung hat der Betriebsrat den entwickelten Einsatzplänen zuzustimmen. Eine Überarbeitung der Dienstpläne bzw. ein neuer Durchlauf der Optimierung findet alle acht Wochen statt.981 Als Ergebnis der Anwendung von Carmen stellte sich eine schnellere und flexiblere Schichten- und Einsatzplanung ein,982 bei reduzierten Gesamtkosten für das Bordpersonal und einer geringeren Anzahl an erforderlichen Planern für die Erstellung der Personaleinsatzplanung. Durch die automatische Planungsunterstützung ist die ehemals sehr erfahrungsbasierte Arbeit, die zwangsläufig lange Einarbeitungszeiten für die Planer zur Folge hatte, zu einer analytisch bewertenden Arbeit der vorgeschlagenen Lösung geworden.983 Die Planer werden durch ein 978

979

980 981

982 983

Carmen findet neben dem Einsatz bei der DB AG (Nah- und Fernverkehr) ebenfalls Anwendung bei anderen europäischen Bahnen. Das Programm stammt von der Firma Carmen Systems (vgl. Weinhold (2004), S. 215), die im Jahr 2006 von Boeing aufgekauft wurde. Die DB FV unterscheidet strategische (Fahrplandaten, Variationen hinsichtlich Regelwerk und Einsatzstellenlandschaft, etc.), taktische (Regelwerk, Einsatzstellenlandschaft inkl. Qualifikationsprofile jeweils bezogen auf das folgende Fahrplanjahr) sowie operative Planung (Planung für eine kurzfristige Planungsperiode) (vgl. Weinhold (2004), S. 216). Vgl. Weinhold (2004), S. 214. Im Vergleich zu den manuellen Lösungen, die mit kleineren Änderungen über die gesamte Fahrplanperiode aufrechterhalten wurden, können durch die verkürzten Planungszyklen schneller etwaige Probleme im Betriebsablauf erkannt und Einsatzpläne geändert werden. Vgl. Weinhold (2004), S. 218. Vgl. Weinhold (2004), S. 216.

182

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Kennzahlensystem unterstützt, welches die erstellten Ausgangslösungen des Optimierungsprogramms bewertet. Zur Anwendung der Optimierung war ein Übergang zu höheren Datenqualitäten erforderlich, da früher bei dem manuellen Verfahren implausible Daten einfach durch das Erfahrungswissen der jeweiligen Planer ergänzt wurden.984 Dieses ist nun nicht weiter möglich, so dass die Datenqualität bereits zu Beginn der Optimierungsläufe sehr gut zu sein hat. Durch die automatisierte Planungslösung wird es ebenfalls möglich, erhobene Kontrolldaten zur Verbesserung der Servicequalität einzusetzen. Hierbei werden RESDaten985 verwendet, die über die Zugauslastung auf einzelnen Streckenabschnitten informieren, so dass bei stark frequentierten Linien bzw. Linienabschnitten eine Anpassung der Anzahl an Zugbegleitern und Servicepersonal berücksichtigt werden kann. Hierdurch steigen neben dem empfundenen Kundenservice ebenfalls die Opportunitätskosten durch Kunden, die vor Fahrtbeginn kein Ticket gelöst haben. 5.

Ergebnis und Finanzplanung

Die Abteilung Finanzen und Controlling verantwortet die Koordinierung und Steuerung der Prozesse zur Ergebnis- und Finanzplanung des Geschäftsfelds.986 Hierunter fallen insbesondere die Sicherstellung der Liquidität sowie die Koordination einer erfolgsorientierten Planung und die Durchführung der Kontrolle. Dieser Themenbereich des PLS weist eine besonders enge Abstimmung und Integration mit der hierarchisch übergeordneten Konzerngesellschaft auf. Unter der Koordination der erfolgsorientierten Planung wird insbesondere die Planung bis zu einem Zeithorizont von fünf Jahren verstanden. Die Erstellung der Einzelpläne der Abteilungen mit Wirkungen auf die finanzielle Situation der DB FV wird zusammengefasst und in enger Absprache mit dem Konzern weiterentwickelt.987 Der Mifri kommt eine Schlüsselrolle in der Planung der einzelnen Abteilungen zu, da ihr eine äußerst hohe Bedeutung innerhalb des Konzerns beigemessen wird und sie dementsprechend eine hohe Nutzung der personellen Ressourcen verursacht. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, die zukünftige Zahlungsfähigkeit des Geschäftsfelds zu sichern. Hierfür werden die zukünftigen Ein- und Auszahlungen über einen Zeithorizont von fünf Jahren gegenübergestellt, um mögliche Liquiditätsengpässe aufzudecken. Durch diese Erkenntnis kann entweder entsprechend die Planung der Leistungserstellung geändert werden oder ein aufgedeckter Liquiditätsbedarf über Inanspruchnahme von externen Finanzierungsquellen gesichert werden. Die externe Finanzierung wird durch eine zentrale Stelle

984 985 986

987

Vgl. Weinhold (2004), S. 216. Für eine Erläuterung der Datenerhebung sowie ihrer Aussagekraft vgl. Abschnitt D.VI.5.1.3. Für die Aufgaben und Inhalte der gesamtunternehmungsbezogenen Ergebnis- und Finanzplanung vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 579 ff.; für die organisatorische Verankerung der Abteilung vgl. Abbildung D-2 auf S. 86. Für die unterschiedlichen Planungsabläufe mit Bezug zu der Konzernholding (Strategischer Management Prozess (SMP), Prämissen-, Programm- und Zielklausur (PPZ) und Mittelfristige Finanzplanung (Mifri) (vgl. Abschnitt D.V).

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

183

im Konzern koordiniert, um so Größen- und Spezialisierungsvorteile nutzen zu können.988 Im Folgenden sollen zunächst die Organisation und die Aufgaben der ControllingAbteilung (vgl. Abschnitt D.VI.5.1) näher betrachtet werden, bevor die Unterabteilung Bilanzerstellung (vgl. Abschnitt D.VI.5.2) in den Gesamtkontext eingeordnet wird. 5.1

Controlling

Das Controlling der DB FV erfüllt verschiedene Aufgaben innerhalb des PLS.989 Grundsätzlich unterschieden werden können die Kernbereiche der Kontrolle, der Informationsversorgung und die Aufgabe der Koordination der Einzelpläne.990 Obwohl die einzelnen Kernbereiche hinsichtlich der durchzuführenden Aufgabenkomplexe Überschneidungen aufweisen, können spezielle Hauptaufgaben und Instrumente dieser einzelnen Kernbereiche herausgearbeitet werden. Zunächst erscheint es jedoch erforderlich, die organisatorische Verankerung der Controlling-Funktion zu klären. 5.1.1

Organisation der Controlling-Aufgaben

Controlling in Eisenbahngesellschaften kann in der Industrie zurückverfolgt werden bis zum Jahr 1880,991 womit die Eisenbahnindustrie auch im Vergleich zu anderen Industrien eine Vorreiterrolle einnahm. Trotz dieser langen Historie gestaltete sich der Aufbau eines für Steuerungszwecke geeigneten Kostenrechungssystems bei der DB AG als besonders schwierig,992 da die Kosten- und Leistungsstrukturen äußerst komplex sind. Mit der Umsetzung der Richtlinie 91/440/EWG zur vorgeschriebenen rechnerisch-organisatorischen Trennung der Infrastruktur- und Verkehrsbetriebe wurde dann jedoch ein modernes Kostenrechnungsinstrument aufgebaut, welches nach bahninterner Meinung die gleichen Möglichkeiten für die Planung sowie Kosten- und Ergebniskontrolle zur Verfügung stellt wie bei „erfolgreich agierenden Industriebetrieben.“993 Die Regelungen für Mitarbeiter, die mit Controlling-relevanten Fragestellungen arbeiten, sind in einem ControllingHandbuch zusammengefasst,994 welches die formalisierten Abläufe und Normen detailliert vorschreibt.

988 989

990 991

992 993 994

Vgl. Deutsche Bahn AG (2006c), S. 87; DB Fernverkehr AG (2005), S. 17. Der Begriff und die Funktion des Controlling werden in der Literatur unterschiedlich verstanden (vgl. Klee (1997), S. 6 f). So werden relativ eng abgegrenzte Auffassungen für das Controlling propagiert, die ex-post Kontrollen in den Vordergrund rücken (vgl. bspw. Günther (1989), S. 137 f.). Jedoch vertritt der Großteil der Autoren die Meinung, dass neben dem Kernbereich des Kontrollierens, ebenfalls die Steuerung der Planung als wesentlicher Aufgabenkomplex zu sehen ist (vgl. bspw. Macharzina / Wolf (2005), S. 401 und S. 439). Vgl. Macharzina (1999), S. 330 ff.; Klee (1997), S. 24 ff. Im Jahr 1880 wurde eine Controlling-Stelle in der Atchison, Topeka and Santa Fe Railroad Company eingerichtet (vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 267). Vgl. Aberle (2003), S. 306. Müller (2003b), S. 301. Vgl. Müller (2003a), S. 285.

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Bei der organisatorischen Ausgestaltung des Controllings ist insbesondere über die Problembereiche des Ausmaßes der Zentralisation der Controllingaufgaben, der hierarchischen Stellung der Controllingeinheiten, deren Entscheidungsbeteiligung bzw. Möglichkeit der Weisungsbefugnis sowie der Integration des Controllings mit anderen Funktionsbereichen (insbesondere dem Rechnungswesen) zu entscheiden.995 Bei der DB FV wird hinsichtlich des Zentralisierungsgrads eine Mischform angewandt, so dass eine zentrale Controlling-Abteilung existiert, welche durch dezentrale Controllingeinheiten ergänzt wird. Abbildung D-10 zeigt, dass die zentrale ControllingAbteilung (C) als Stabsstelle institutionalisiert ist, während das Abteilungscontrolling (AC) organisatorisch den jeweiligen Abteilungen als Unterabteilung oder lediglich als Personalressource (keine direkte institutionalisierte Abteilung) zugeordnet ist. Die Stabsstelle ist direkt auf der zweiten Hierarchieebene des Geschäftsfelds angesiedelt, womit sich eine relativ hochrangige Eingliederung ergibt.996 Hierdurch kann ein vergleichsweise hoher Einfluss geltend gemacht werden. Vorstand

C

GE

Netz- und Kapazitätsmanagement GE C AC

AC

Personal u. Bordservice

Produktion

AC

Zielgruppenmanagement und Vermarktung

AC

– Geschäftsentwicklung – Controlling – Abteilungscontrolling

Abbildung D-10: Zentrale und dezentrale Controllingaktivitäten

Diese Ausgestaltung hat zur Folge, dass eine direkte fachliche und disziplinarische Weisungsbefugnis der jeweiligen Abteilungsleiter über die dezentralen ControllingEinheiten besteht. Durch die dezentrale Vorhaltung von Personalressourcen findet eine Spezialisierung der Controlling-Fachkräfte statt. Hierdurch sollen dezentrale Wissensvorteile generiert und Abstimmungsprobleme zwischen den Abteilungen und der Controlling-Abteilung reduziert werden. Die zentrale Controlling-Abteilung regelt die Art und Weise der Koordination der unterschiedlichen Teilpläne innerhalb des Geschäftsfelds und gibt die wesentlichen Rahmendaten der Unternehmensplanung vor. Während in anderen Unternehmen der Controlling-Abteilung weiterhin eine Initiativ- und Vorschlagsfunktion hinsichtlich der Strategieformulierung zukommt,997 wird dies bei der DB FV eher von der Abteilung Geschäftsentwicklung wahrgenommen. Hier wird die Aufgabe des Controllings in der Verifizierung der „unternehmerischen, strategischen

995 996 997

Vgl. Macharzina (1999), S. 334. Vgl. Macharzina (1999), S. 335. Vgl. Macharzina / Wolf (2005), S. 445.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

185

Vorstellungen der Geschäftsleitung“ sowie der Bereitstellung „nachvollziehbare(r), auf Zahlen gestützte(r) Entscheidungsalternativen“ gesehen.998 5.1.2

Erfüllung der Kontrollaufgabe

Kontrolle ist neben der Planung und Steuerung ein Bestandteil des Führungsprozesses.999 Erst durch die Kontrolle lassen sich Anpassungen der Planung durchführen bzw. durch Lerneffekte zukünftige Verbesserungen der Planergebnisse erzielen. Durch eine hohe Ungewissheit über die Umwelt wird Kontrolle zur notwendigen Bedingung der Planung.1000 Die Kontrolle als ein Hauptaufgabengebiet des Controllings wird von den angesprochenen Controlling-Organisationseinheiten bzw. Personalressourcen wahrgenommen. Demnach werden Kontrollfunktionen zentral wie auch dezentral durchgeführt. Hinsichtlich der unterschiedlichen Kontrollarten lassen sich Prämissenkontrollen (Wird-Ist-Vergleich), Planfortschrittskontrollen (Soll-Wird-Vergleich) sowie Ergebniskontrollen unterscheiden (Soll-Ist-Vergleich),1001 die zudem in operative und strategische Kontrolle differenziert werden können.1002 Während sich die Ergebniskontrollen auf die Überprüfung von bereits realisierten Plänen erstrecken und Erkenntnisse dieser Analysen erst in zukünftige Pläne Eingang finden können, versuchen die beiden ersteren Kontrollarten, bereits vor Planrealisierung Änderungen zu vollziehen. Prämissenkontrollen stellen eine Überprüfung der von der Planung angenommenen Grundannahmen über die interne und externe Entwicklung dar.1003 Daher repräsentieren Prämissen wichtige Annahmen, die in den Plänen als Basisvoraussetzungen angenommen werden und im Rahmen der durchgeführten Unternehmens- und Umweltanalyse (Entwicklungen der ökonomisch-wettbewerblichen, technologischen, sozio-kulturellen, ökologischen und politisch-rechtlichen Umwelt) gewonnen werden.1004 Die Controlling-Abteilung verantwortet die Dokumentation und Vorgabe dieser quantitativen Prämissen, welche zu Beginn des jährlichen Planungszyklus für die Planungen der Mifri festlegt werden. Die Durchführung dieser Kontrollart ist damit im Rahmen der jährlich stattfindenden revolvierenden Planung institutionalisiert. Hinsichtlich der strategischen Kontrolle kommen insbesondere Frühwarnsysteme zum Einsatz, die auch von der DB AG durch die Notwendigkeit zur Quantifizierung bestehender Risiken nach Vorgabe des KonTrAg verwendet werden müssen. Weiterhin gilt es, alle weiteren Teil998 999

1000 1001 1002

1003 1004

Müller (2003a). Vgl. Hahn (2006c), S. 451; für die unterschiedlichen Führungsprozesse vgl. Abschnitt B.I.2; für den Zusammenhang zwischen Planung und Kontrolle vgl. Delfmann (1992b). Vgl. Schreyögg / Steinmann (1985), S. 396. Vgl. Macharzina (1999), S. 317 ff.; Wild (1974) S. 44 f. Vgl. Hahn (2006c); Köhler (1976); Schreyögg / Steinmann (1985); Steinmann / Schreyögg (1984); Wall (1999), S. 198. Vgl. Macharzina / Wolf (2005), S. 427. Vgl. Abschnitt D.VI.3.1. Als Beispiel einer externen Prämisse kann die Verfügbarkeit bzw. zulässige Geschwindigkeit einer Schienenstrecke gelten, ebenso wie eine angenommene prozentuale jährliche Steigerung der Verkehrsnachfrage. Beispiele für interne Prämissen sind in Annahmen über die Kostenentwicklung für die Instandhaltung von Schienenfahrzeugen, des Personalbestands, etc. zu sehen.

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komplexe der strategischen Planung (Organisationsplanung, Führungskräfteplanung) auf Anpassungsnotwendigkeiten zu überprüfen.1005 Planfortschrittskontrollen beziehen sich auf die Überprüfung von Planungsaktivitäten, die als relativ umfangreich gelten und sich daher in mehrere Teilaktivitäten einteilen lassen.1006 Die Überprüfung dieser Teilaktivitäten erlaubt eine Kontrolle des Realisierungsfortschrittes des Gesamtprojekts und Aussagen über den zukünftigen Verlauf der Planrealisierung.1007 Die bisherigen Betrachtungen haben insbesondere zwei wiederkehrende Arten von Planungsaktivitäten aufgezeigt, für welche Planfortschrittskontrollen aufgrund der langen Realisierungszeiträume als besonders relevant anzusehen sind. Dabei handelt es sich zum einen um die strategische Infrastrukturplanung zum anderen um die Indienststellung neuer Fahrzeuggenerationen, die im Rahmen der strategischen Flottenplanung durchgeführt wird. Da die Durchführung von Infrastrukturprojekten von der DB Netz verantwortet wird, ist eine Beurteilung des Planfortschritts durch die DB FV nur in eingeschränktem Maße möglich. Weil die Verfügbarkeit von Infrastruktur bzw. deren zulässige Geschwindigkeit bereits früh in der Planung berücksichtigt wird,1008 ist die Kenntnis über mögliche Verzögerungen im Baufortschritt entscheidend für die Entwicklung alternativer Fahrpläne. Hier ergaben sich bei der Infrastrukturplanung für die DB FV in der Vergangenheit Probleme, da sich die Inbetriebnahme neuer Infrastrukturprojekte z.T. erheblich verzögerte und die Bekanntgabe dieser Informationen erst relativ spät durch die DB Netz erfolgte. Obwohl an dieser Stelle nicht beurteilt werden kann, ob durch eine intensivere Kontrolle eine frühere Einschätzung der Verzögerungen möglich gewesen wäre, bleibt festzuhalten, dass ebenfalls keine Alternativplanungen bei der DB FV vorlagen. Somit mussten sehr kurzfristig Plananpassungen durchgeführt werden, die möglicherweise zu suboptimalen Ergebnissen gegenüber früherer Plananpassung bzw. entwickelter Alternativplanung führten. Hinsichtlich der Planfortschrittskontrolle zur Indienststellung neuer Fahrzeuggenerationen lässt sich eine sehr viel intensivere Kontrolle durchführen, da diese Planung in eigener Verantwortung liegt. Hierfür werden Meilensteine definiert, die wichtige Zwischenziele (bspw. Erstellung eines Lastenhefts) zeitlich festlegen. Das Geschäftsfeld führt weiterhin Ergebniskontrollen durch, die Plan-IstVergleiche liefern. Planzahlen werden zu diesem Zweck für die jeweiligen Linien zu Beginn eines Fahrplanjahres erstellt und mit der tatsächlichen Entwicklung auf Monatsbasis verglichen. Da die DB FV ihre Zugtickets zum großen Teil in einem offenen System verkauft und sich damit Fahrgäste vor der Fahrt auf keinen Zug festlegen müssen,1009 sind Daten über die tatsächliche Auslastung der einzelnen Züge auf den einzelnen Streckenab-

1005 1006 1007 1008

1009

Vgl. Hahn (2006c), S. 455. Vgl. Macharzina / Wolf (2005), S. 427. Vgl. Hahn (2006c), S. 460. Die Berücksichtung neuer Infrastruktur und –zeiten wird aufgrund der finanzwirtschaftlichen Informationsfunktion der Fahrpläne bereits fünf Jahre vor Fahrplaneinführung berücksichtigt (vgl. Abschnitt D.VI.4.1.5). Für eine Unterscheidung zwischen dem offenen und geschlossenem System vgl. Abschnitt D.VI.4.3.

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187

schnitten zu bekannten Zeiten nicht durch Verkaufsdaten gegeben. Um daher die IstDaten der Auslastung mit den Plan-Daten der verwendeten Modelle abzugleichen, muss in den Zügen die Anzahl der Passagiere aufgenommen werden. Hierfür verwendet die DB FV seit 1984 geschäftsfeldweit ein ReisendenErfassungs-System (RES). RES besteht aus zwei Komponenten. Zum einen wird das Zugbegleitpersonal auf jeder Fahrt angehalten, die Besetzung der Züge auf definierten Halteabschnitten handschriftlich festzuhalten. Die ebenfalls manuelle Eingabe dieser Daten in eine Datenbank erfolgt unmittelbar im Anschluss, wodurch es möglich wird, Datenabfragen innerhalb von zwei Wochen nach einem Verkehrstag für Linien, Züge oder Produkte (1. und 2. Klasse) in unterschiedlicher Aggregation (Linie, Cluster oder Streckenabschnitt) durchzuführen. Diese noch unbereinigten Daten liefern kurzfristig Kontrollmöglichkeiten, sind jedoch nicht mit den globalen Verkaufsdaten abgeglichen und können unvollständig sein. Bereinigte Daten, die diesen Abgleich beinhalten und Korrekturen für unplausible Werte aufweisen, stehen erst ca. zwei Wochen nach Monatsende zur Verfügung. Obwohl diese Methode erheblichen Aufwand in der Erstellung verursacht, erlaubt sie eine relativ genaue Einschätzung der Auslastung.1010 Während das Verfahren lediglich über die Auslastung auf Streckenabschnitten informiert, wird durch eine Reiseverkehrsstromzählung, dem zweiten Bestandteil des RESSystems, versucht, mit Hilfe von Stichprobenbetrachtungen an repräsentativen Verkehrstagen die tatsächliche Nutzung der Linien zur Überbrückung des Reisewegs zu analysieren. Hierbei werden Daten über Ein- und Aussteiger an einzelnen Haltebahnhöfen erhoben und eine Befragung der Quell- und Zieldestination durchgeführt.1011 Dieser Baustein wird aufgrund des hohen zeitlichen und kostenintensiven Aufwands nur ca. zweimal jährlich durchgeführt. Das RES-System wird neben dem Einsatz im Controlling ebenfalls im Netz- und Kapazitätsmanagement sowie in den Abteilungen Zielgruppenmanagement und Vermarktung zur Kontrolle der Planungen verwendet. Die Auslastungskontrolle wird von der Abteilung des Netz- und Kapazitätsmanagements für die jedoch nur sehr eingeschränkten kapazitativen Steuerungsmaßnahmen der Fahrpläne verwendet.1012 Da die Abteilung fast ausschließlich die Möglichkeit hat, halbjährliche Änderungen aufgrund gegebener Fahrplanwechsel mit entsprechendem Vorlauf der Kontroll- und anschließenden Planungsphase zu vollziehen, werden diese Planungskontrollen der bereinigten Daten hauptsächlich von der Abteilung zu Analysezwecken für künftige Fahrplankonzepte herangezogen. Die Auswertungen werden dabei von der Abteilung durch ein MonitoringTeam durchgeführt, welches neben einem monatlichem und jährlichem Plan-Ist-Abgleich

1010

1011

1012

Bahninternen Beurteilungen nach besteht eine durchschnittliche 5 %ige-Abweichung von der tatsächlichen Auslastung. Eine Erhebung soziogeographischer Daten (z.B. Berufstätige, Pendler) zur Analyse der Kundensegmente der einzelnen Linien wird im Rahmen von RES ebenfalls durchgeführt, jedoch aufgrund des sehr hohen Aufwands nur in längeren Zeitrhythmen. Vgl. Abschnitt D.VI.4.1.4.

188

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

der einzelnen Linien ebenfalls ein Clustermonitoring1013 für vordefinierte Netzabschnitte des Fernverkehrs durchführt. Hiermit können Substitutionsbeziehungen zwischen einzelnen Linien aufgedeckt werden. Die gleichen Auswertungen werden ebenfalls mit einem Ist-Ist-Abgleich auf Basis des Vorjahres oder weiter zurückliegender vergangener Jahre verglichen, um Entwicklungstrends von Linien oder Netzabschnitten zu analysieren. Die Abteilung Zielgruppenmanagement und Vermarktung bedient sich ebenfalls der RESDaten und führt eigene Analysen über die Auslastungen von Linien bis hin zu einzelnen Zügen durch, die mit den erhobenen Verkaufsdaten abgeglichen werden. Da die Planungszyklen in dieser Abteilung sehr viel kürzer sind und Anpassungen der Kontingente auf einzelnen Zügen sehr schnell vollzogen werden können, stellt die relativ späte Verfügbarkeit der RES-Daten ein Hindernis für eine zeitnahe Steuerung dar. Ergänzt wird dieses Verfahren der internen Kontrolle der eigenen Verkehrsauslastung durch externe Marktbeobachtungen.1014 Hierbei werden u.a. Wettbewerberdaten erhoben und ausgewertet. Die betrachteten Wettbewerber sind dabei der Individualverkehr (u.a. Entwicklung des Baus von Autobahnen), der Flugverkehr sowie - mit einem sehr geringen Kontrollaufwand - Busverkehre und der intramodale Wettbewerb. Eine intensivere Betrachtung wurde seit dem Jahr 2003 bei Billigfliegern als direktem Wettbewerber auf Langstrecken der DB FV eingeführt. Neben Daten des Verkehrsaufkommens von Wettbewerbern werden – soweit möglich – Informationen über deren Preissystem erhoben. Vergleicht man den Aufwand der externen Wettbewerbskontrolle mit der internen produktionstechnischen Kontrolle, muss festgestellt werden, dass Wettbewerbsbetrachtungen (inter- und intramodal) zurzeit keinen systematischen Einfluss in die Fahrplangestaltung haben. 5.1.3

Informationsversorgung

Das Controlling erfüllt ebenfalls eine informationsversorgende Aufgabe.1015 Die Informationsbeschaffung und –bereitstellung als Ausgangspunkt für die Planung werden durch unterschiedliche Controlling-Instrumente bewerkstelligt, wobei das Rechnungswesen1016 eine Schlüsselfunktion einnimmt. Die Ergebnisse des Rechnungswesens können dabei grundsätzlich für strategische und operative Fragestellungen herangezogen werden.1017 Für die Entscheidungsunterstützung bzw. als Planungsrechnung bei der DB FV wird das Instrument der Deckungsbeitragsrechung intensiv genutzt.1018 Dieses Instrument der Kosten- und Leistungsrechung bezieht nicht unmittelbar sämtliche anfallende Kosten in die Bewertung mit ein, sondern zielt ab auf die für die jeweilige Fragestellung ent1013

1014

1015 1016

1017 1018

Ein Cluster umfasst dabei mehrere Linien, hierfür hat die DB FV das Netz in 57 einzelne, z.T. überlappende Abschnitte eingeteilt. Diese erhobenen Daten stellen im Wesentlichen die eingeführten Dimensionen der Umweltanalyse dar (vgl. Abschnitt D.VI.3.1). Vgl. bspw. Horváth (1994), S. 346 ff.; Klee (1997), S. 24 ff.; Macharzina (1999), S. 330. Das Rechnungswesen kann weiter differenziert werden in die Bereiche Finanzbuchhaltung, Kostenrechnung, Planungsrechnung und Statistik (vgl. bspw. Kilger (1987), S. 11). Vgl. Klee (1997) S. 38 f. Für eine grundlegende Differenzierung der Kostenstruktur von SPFVU vgl. Abschnitt C.IV.3.2.

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

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scheidungsrelevanten Kosten.1019 Daher gilt es als ein Verfahren der Teilkostenrechnung.1020 Der Deckungsbeitrag stellt die Differenz der eindeutig zurechenbaren Erlöse und Kosten eines Untersuchungsobjekts dar. Erst ein positiver Deckungsbeitrag leistet somit einen Beitrag, um die nicht direkt zu einzelnen Untersuchungsobjekten zurechenbaren anfallenden Fixkosten zu decken. Damit das Geschäftsfeld das vorgegebene Gewinnziel erreicht, muss die Summe aller Deckungsbeiträge die Summe der nicht direkt zurechenbaren Kosten überschreiten. Die vollständige Deckung ist jedoch nur langfristig zwingend erforderlich, da dynamische temporale Effekte die Vorteilhaftigkeit einzelner Produkte oder Dienstleistungen kurzfristig beeinflussen können.1021 Die DB FV wendet zur Beurteilung von Fahrplankonzepten (bspw. Aufnahme neuer Halte; Veränderung von Tagesrandzeiten, etc.) mit dem mehrstufigen Deckungsbeitragsverfahren einen Spezialfall der Deckungsbeitragsrechnung an.1022 Das Kalkulationsobjekt ist auf niedrigster Ebene der einzelne Zug, der Kostenträger dagegen die Linie.1023 Dabei werden die Fixkosten weiter in Blöcke unterschiedlicher Zurechnungsfähigkeit aufgeteilt. Die Betrachtung zur Entscheidungsunterstützung erfolgt jeweils für ein Fahrplanjahr unterschiedlicher zukünftiger Perioden. Die Deckungsbeitragsrechnung der DB FV ist dabei vierstufig aufgebaut. Den geplanten Einnahmen werden die durch die Linie verursachten zurechenbaren Kosten zur Berechnung der Deckungsbeitragsebene I (DB I) gegenübergestellt. Hierunter fallen die variablen Kosten1024 sowie nutzungsabhängige Abschreibungen der Schienenfahrzeuge. Hiervon werden Anpassungen für Herstellkosten- sowie Kostenstellenabweichungen abgezogen, womit der DB II errechnet wird, der die mittelfristig variabel angesehenen Kosten des Geschäftsfelds darstellt. Dieser DB II wird gleichzeitig für alle mittelfristig zu fällenden Entscheidungsprobleme bei der Fahrplanerstellung verwendet, da die in der nächst höheren Ebene (Betriebsergebnis I) anfallenden Fixkosten für Verwaltung und Vertrieb keine fahrplanrelevanten Einflussgrößen aufweisen. Auf letzter Ebene berücksichtigt die DB FV schließlich die geforderte Verzinsung1025 des eingesetzten Kapitals, wodurch schließlich das Betriebsergebnis II erstellt wird. Diese Deckungsbeitragsrechnung der DB FV ist eingebunden in die konzernweite Deckungsbeitragsrechnung, die eine Differenzierung für die Verkehrsträger (Schienenverkehr, Landverkehr), die Unternehmensbereiche (u.a. Personenverkehr, Infrastruktur,

1019 1020

1021 1022 1023 1024

1025

Vgl. Aberle (2003), S. 298. Für eine allgemeine Einführung vgl. bspw. Wall (1999), S. 168; für eine verkehrsspezifische Betrachtung vgl. Aberle (2003), S. 285 ff. Hierunter werden z.B. Hochlaufeffekte der Nachfrage von neu eingeführter Infrastruktur gefasst. Für die mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung vgl. bspw. Ewert / Wagenhofer (2003), S. 704 ff. Vgl. Müller (2003b), S. 298. Trassen-, Stations- und Energiekosten, Miete Wagen / Triebzüge / Zugloks, (Unterwegs-)Reinigung, nicht-zugbezogenes Rangieren, Technisches Management, Instandhaltung, Zugbereitstellung, Kosten für Triebfahrzeugführer, Zugchef, Zugbetreuer und Bewirtschaftung). Geforderte Verzinsung in Höhe von 14 % (vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 281).

190

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Transport und Logistik) sowie schließlich die einzelnen Produktbereiche (u.a. DB FV, DB Regio) vornimmt.1026 5.1.4

Erfüllung der Koordinationsaufgabe

Weiterhin hat das Controlling eine Koordinationsaufgabe zu erfüllen. Diese Koordination bezieht sich auf eine Abstimmung der Einzelpläne innerhalb eines PLS.1027 Als wichtigstes von der Controlling-Abteilung maßgeblich verantwortetes übergreifendes Koordinationsinstrument kann die bereits im Zusammenhang zur gesamtunternehmensbezogenen Planung analysierte Budgetierung gelten.1028 Die Controlling-Abteilung der DB FV führt eine zeitliche Koordination der einzelnen Abteilungen des Geschäftsfelds durch die Vorgabe eines Planungskalenders durch, der feste zeitliche Abgabepunkte für unterschiedliche Pläne der jeweiligen Abteilungen definiert. Als ein weiteres koordinierendes Instrument kann die Bahn Strategie Card gesehen werden, die als eine bahnspezifische Anpassung der Balanced Scorecard1029 Ende der 90er initiiert und zunächst auch im Unternehmen verwendet wurde.1030 Durch sie sollte eine Führung durch Ziele ermöglicht werden, die zusätzlich zu der Ausrichtung auf die monetäre Zielsetzung (Dimension: Effizienz / Finanzziele) qualitative Ziele (Dimensionen: Kundenzufriedenheit / Marktanteil, Qualität der Leistungserstellung und Engagement der Mitarbeiter) umfasste und für unterschiedliche Hierarchieebenen angepasst werden konnte. Hierdurch sollte eine Identifikation der operativen Ebene bzw. des einzelnen Mitarbeiters der DB AG mit der Strategie des Unternehmens erfolgen,1031 wodurch letztlich eine höhere Integrität bzw. Koordination des PLS angestrebt wurde. Trotz eines positiven Zwischenfazits kurz nach deren Einführung1032 wird die Bahn Strategie Card im Unternehmen nicht mehr aktiv verwendet. Über die Gründe für diese Abkehr kann jedoch nur gemutmaßt werden. Ein Grund könnte in der unklaren Verantwortlichkeit für bspw. die Pünktlichkeit in der Leistungserstellung gesehen werden, womit sich eine Beurteilung der einzelnen Mitarbeiter als schwierig erweist. 5.2

Bilanzerstellung

Weiterhin verantwortet die Abteilung die Finanzplanung sowie die Erstellung von Planbilanzen des Geschäftsfelds. Die bilanzielle Planung und die Finanzplanung werden abgeleitet von den Planungen zur Mifri,1033 welche die potenziellen Planumsätze sowie – kosten über einen Planungshorizont von fünf Jahren darstellt. Die Planbilanzen zeigen die Entwicklung von Vermögen und Kapital über diesen Planungshorizont auf und kön-

1026 1027 1028 1029 1030 1031 1032 1033

Vgl. Aberle (2003), S. 310. Vgl. Horváth (1994), S. 237 ff.; Küpper (1995), S. 25). Vgl. Abschnitt D.V.1.3. Für eine Charakterisierung der Balanced Scorecard vgl. Kaplan / Norton (1996). Vgl. Müller (2003a), S. 285. Vgl. Müller (2003a), S. 285. Vgl. Niemann (2000), S. 159. Vgl. Abschnitt D.V.1.3

PLANUNGSSYSTEMANALYSE DER DB FERNVERKEHR AG

191

nen durch eine Kontrolle mit den tatsächlichen Bilanzwerten auf eventuelle Abweichungen hinweisen.1034 Die zur Bilanzerstellung verwendeten Daten der Finanzbuchhaltung stimmen mit denen für die intern adressierte Managementebene der Kosten-, Leistungsund Ergebnisrechnung überein,1035 so dass sich hierdurch eine Vermeidung von Doppelarbeiten ergibt. Die Planbilanzen dienen intern primär als Planungshilfsmittel für weitere Teilpläne und können als Grundlage und Beurteilungskriterien für strategische Fragestellungen herangezogenen werden.1036 Hier lassen sich bspw. die Auswirkungen von zukünftigen Investitionsmaßnahmen auf Liquidität und Eigenkapital untersuchen und die entsprechend notwendige Finanzplanung1037 zur Sicherung der finanziellen Liquidität durchführen. Beide Teilplanungen sind interdependent und haben wiederum Auswirkungen auf die Durchführbarkeit anderer Teilpläne (bspw. strategische Flottenplanung). Dabei gilt es, die gewählte Finanzpolitik wie bspw. gesetzte Ziele zum Deckungsgrad einzuhalten.1038 Die einzelnen Planbilanzen werden mit denen der anderen Geschäftsfelder schließlich konsolidiert und dazu verwendet, extern die Bruttogewinne bzw. Jahresüberschüsse für künftige Perioden aufzuzeigen.1039 Eine detailgenauere Darstellung der Bilanz- und Finanzplanung würde jedoch, obwohl sie für die Planung eines SPFVU eine wichtige Rolle spielt, die hier verfolgte Zielsetzung der Analyse, insbesondere der Planung zur operativen Leistungserstellung, deutlich überschreiten und wird daher nicht weiter vorgestellt.

VII. Zusammenfassung analyse

der

durchgeführten

Planungssystem-

Die empirische Betrachtung auf Basis der im Grundlagenteil eingeführten hierarchischen Differenzierung nach HAHN analysierte wesentliche Elemente des PLS.1040 Diese Elemente wurden bei der Analyse der unterschiedlichen Teilpläne je nach wahrgenommener Relevanz diskutiert. Im Einzelnen wurden neben den Aufgaben und Inhalten der einzelnen hierarchischen Teilpläne die zur Planung wichtige Informationsbasis, die eingesetzten Verfahren und Instrumente, die Planungsträger,1041 die wesentlichen Pla-

1034 1035

1036 1037

1038

1039 1040 1041

Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 609. Hierbei werden zwar Anpassungen für dispositive Kostensätze für Planungsrechnungen durchgeführt, die Berücksichtigung erfolgt jedoch im Rahmen der Finanzbuchhaltung, so dass die GuV nach dem Umsatzkostenverfahren mit der Ergebnis- und Deckungsbeitragsrechnung übereinstimmt (vgl. Müller (2003a), S. 289). Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 612. Die Verantwortung für die Durchführung der Finanzplanung wird auf Konzernebene wahrgenommen (vgl. Abschnitt D.II.4.4). Die Deutsche Bahn AG strebt ein Ziel-Gearing von 100 % an, welches im Vergleich zu 305 % im Jahr 2004 (vgl. Sack / Reuter (2006), S. 13) als anspruchsvoll gelten darf. Vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 612 ff. Für eine Differenzierung einzelner Elemente vgl. Wild (1974), S. 153 ff. Auf das notwendige Expertenwissen der Planungsträger wurde im Rahmen der Betrachtung zu Planungen in der Produktionsabteilung und im Netz- und Kapazitätsmanagement hingewiesen;

192

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

nungsprozesse, die Durchführung von Planungs- und Kontrollfunktionen1042 innerhalb des PLS, Aspekte der Formalisierung und Standardisierung der Planung sowie die zugrunde liegende Struktur1043 analysiert. Ferner wurde auf wichtige Aufbau- und Funktionsprinzipien1044 wie die durchgeführte Anpassungsrhythmik, die Entwicklungsfolge und die Mehrstufigkeit des Systems (gesamtunternehmensbezogene Planung) bzw. einzelner Teilbereiche (Planungen der einzelnen Abteilungen) eingegangen. Dabei musste aufgrund der hohen Komplexität eines solchen sozio-technischen Systems zwangsläufig eine Einschränkung auf die zum einen als relevant erachteten Aspekte erfolgen, zum anderen konnten nur die im Rahmen der empirischen Erhebung zugänglichen Informationen verwendet werden. Ferner handelt es sich bei dieser Analyse um eine Momentaufnahme, die den Zustand des PLS für einen eingegrenzten Zeitraum darstellt, der in der vorgestellten Analyse die Jahre 2004 bis 2006 umfasst. Im Einzelnen wurden zunächst die Besonderheiten herausgearbeitet, die sich aus der Stellung des SPFVU innerhalb eines integrierten Konzerns ergaben. Hierbei konnten Einschränkungen durch die generelle Zielplanung des Konzerns aufgezeigt werden sowie durch die Einbettung in die formalisierten Ablaufprozesse der gesamtunternehmensbezogenen Planung. Ausgehend von der Unternehmenskultur und den aus der generellen Zielplanung abgeleiteten spezifischen Zielen und der Strategie des Geschäftsfelds wurden zunächst die Einzelpläne der strategischen Planung näher betrachtet. Bei dieser Betrachtung verdeutlichten sich die Gründe für die langen Planungshorizonte sowie die notwendigen inhaltlichen Ablauffolgen dieser Teilpläne. Bezüglich der strategischen Flottenplanung wurden die Beziehungen zu den Einzelplänen der unterschiedlichen Abteilungen sowie zu der Ergebnis- und Finanzplanung deutlich. Bei der strategischen Infrastrukturplanung wurde herausgearbeitet, dass hier keine eigenständigen Planungsfelder mit Entscheidungsbefugnis existieren, sondern eine Unterstützung der Infrastrukturplanung der DB Netz gegeben ist, welche in hohem Maße von der politischen Willensbildung abhängig ist. Durch die Begleitung der Infrastrukturplanung ergeben sich lange Planungshorizonte sowie Verpflichtungen auf einzuhaltende Bedienfrequenzen bei Inbetriebnahme der Schieneninfrastruktur. In Bezug auf die eingeführten planungsrelevanten Aspekte1045 der allgemeinen Betrachtung der Umwelt- und Produktionsbedingungen von SPFVU konnte der erwartete hohe Aufwand in der Begleitung dieser Infrastrukturplanung sowie ein ebenfalls hoher Aufwand in der Flottenplanung bestätigt werden. Weiterhin ließ sich ein Differenzierungsversuch (Metropolitan) erken-

1042

1043

1044 1045

Planungen bzgl. der Planungsträger wurden in der Personalplanung (Personal und Bordservice) aufgegriffen. Hierunter sind die Zuständigkeiten für Planung und Kontrolle bzw. die Aufgabenverteilung innerhalb des PLS zu verstehen (vgl. Wild (1974), S. 154). Unter der Struktur versteht WILD die Gesamtheit eines Netzes von Beziehungen. Da der „hohe Grad an Komplexität einer vollständigen Strukturbeschreibung enge Grenzen“ setzt (Wild (1974), S. 156), wurde bei der Analyse ein Fokus auf wichtige Informationsbeziehungen zwischen Teilplänen der operativen Planung sowie auf die formalen Koordinationsbeziehungen durch die Mifri gelegt. Vgl. Wild (1974), S. 165 ff. Vgl. Abschnitte C.IV.3 und C.IV.4.

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nen, der als Reaktion auf Veränderungen der Umwelt (intermodaler Wettbewerbsdruck, Liberalisierungstendenzen, etc.) gedeutet wurde.1046. Hier versuchte die DB FV ein Produkt einzuführen, welches der Kunde mit ähnlichen Merkmalen eines Flugangebots verbindet (hohe Reisegeschwindigkeit, Pünktlichkeit, hoher Servicekomfort). Im Rahmen der operativen Planung wurde insbesondere eine Betrachtung der anfangs eingeführten wertkettenbezogenen Primäraktivitätsplanungen durchgeführt.1047 Hierbei wurden Zusammenhänge zwischen den einzelnen Teilplänen des Netz- und Kapazitätsmanagements mit der nachfrageorientierten Angebotsplanung, der Produktion mit der Ressourceneinsatzplanung, der Abteilung Zielgruppenmanagement und Vermarktung mit Planungen zur Preis- und kurzfristigen Kapazitätssteuerung sowie der Sekundäraktivitätsplanung des Personal und Bordservice mit der Personaleinsatzplanung aufgezeigt. Die Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement wurde aufgrund der zentralen Stellung der angebotsorientierten Fahrplanerstellung innerhalb des PLS intensiver analysiert. Hierbei wurde der enge Bezug in den Ablaufprozessen wie auch in den inhaltlichen Fragestellungen zur Produktion deutlich. Die inhaltliche Trennung der Angebotserstellung mit der produktionsorientierten Fahrlagenplanung führt hier zu der besonderen Notwendigkeit, durch Abstimmungsprozesse eine betriebliche Machbarkeit der Fahrplankonzepte zu gewährleisten. Die Betrachtung konkretisierte ebenfalls die eingeschätzte frühe Entwicklungsarbeit zur Fahrplankonzeption aufgrund der hohen Komplexität der Leistungserstellung und der vorgeschriebenen frühen Trassenanmeldungen bei der DB Netz sowie unterschiedlicher Funktionen der Fahrplankonzepte im Zeitablauf.1048 Schließlich wurde bei der Analyse des Teilkomplexes der Ergebnis- und Finanzplanung auf deren Koordinations- und Informationsversorgungsaufgabe sowie die wichtige Kontrollfunktion innerhalb des PLS eingegangen. Dieses Kapitel sollte einen Beitrag zu dem verfolgten Erklärungsziel der Arbeit liefern. Durch die Analyse konnte ein Verständnis über die Planinhalte sowie die momentane Funktionsweise der organisatorischen Planung für ein SPFVU am Beispiel der DB FV gewonnen werden. Hierauf aufbauend soll nun, unter Einbezug der in diesem Kapitel abgeleiteten Anforderungen der Flexibilität und der Planungsintegrität, eine Bewertung des PLS vollzogen werden, welche Defizite in der Ausgestaltung des PLS herausstellt und versucht, hierfür Lösungsansätze (Gestaltungsziel) zu liefern.

1046 1047 1048

Vgl. Milliken (1987), S. 139. Für die wertkettenbezogenen Planungsfelder vgl. Abschnitt D.IV. Vgl. Tabelle D-8 auf S. 147.

E. Bewertung und Entwicklungsmöglichkeiten des Planungssystems Nachdem aus der externen Umwelt eines SPFVU planungsrelevante Aspekte abgeleitet und hieraus Anforderungen für das PLS der DB FV hergeleitet wurden,1049 sollen diese Anforderungen nun aufgegriffen werden, um die vorgestellte Ausgestaltung des PLS zu bewerten. Hierfür werden zunächst allgemeine Bewertungsaspekte (vgl. Abschnitt E.I) vorgestellt, bevor ein Ansatz aus der organisationstheoretischen Literatur zur Analyse der Flexibilität in Organisationen herangezogen und für die Bewertung der Flexibilität von Planungssystemen angepasst sowie für die Analyse von Planungsintegrität erweitert wird (vgl. Abschnitt E.II). Dieser Bezugsrahmen wird dann auf das PLS der DB FV angewandt (vgl. Abschnitt E.III), wodurch sich Defizite im Hinblick auf die Anforderungserfüllung aufzeigen lassen. Ausgehend von diesen Defiziten werden schließlich Entwicklungsmöglichkeiten des PLS (vgl. Abschnitt E.IV) vorgeschlagen.

I.

Methodik der Bewertung

Hinsichtlich des Literaturstands zu Gestaltungsvorschlägen sowie der Bewertung von Planungssystemen wurde bereits herausgearbeitet, dass im wissenschaftlichen Diskurs diese Thematik bisher nur sehr oberflächlich behandelt wurde, da die Planung der einzelnen Unternehmen sehr unterschiedlichen internen und externen Einflüssen unterliegt und so Wirkungsbeziehungen zwischen der externen Umwelt und dem Einfluss der Planungsgestaltung auf den Erfolg nur schwer zu untersuchen sind.1050 Bei den wenigen Versuchen, eine Bewertung des PLS durchzuführen, können zwei Richtungen identifiziert werden: der direkte und der indirekte Bewertungsansatz. Bei der indirekten Bewertung eines PLS wird versucht, die Beziehung zwischen dem PLS und dem wirtschaftlichen Abschneiden des Unternehmens zu analysieren. Bei derartigen Studien wird erforscht, ob das Vorhandensein einer organisatorisch verankerten Unternehmensplanung zu einer Erhöhung des Unternehmenserfolgs führt.1051 Eine solche Bewertung bezieht die Ausgestaltung des PLS nicht explizit in die Betrachtung mit ein, sondern betrachtet diese vielmehr als eine „black box“ oder differenziert Bestandteile eines PLS nur sehr oberflächlich.1052 Hierdurch kann dem Management jedoch keine Hilfestellung für die Ausgestaltung des Systems gegeben werden, da die tatsächliche Ausgestaltung nicht Gegenstand der Betrachtung ist und daher auch keine Gestaltungsempfehlungen hieraus abgeleitet werden können.1053 Die direkte Bewertung hat hingegen zum Ziel, die tatsächliche Ausgestaltung des PLS eines Unternehmens kritisch zu analysieren und damit auch Gestaltungsoptionen 1049 1050 1051

1052 1053

Vgl. Abschnitt C.V und Abschnitt D.III.2. Für die organisationswissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiet vgl. Abschnitt B.IV.3.4. Für einen Überblick sowie Kritik an dieser Art der Studien vgl. Armstrong (1982) sowie Welge (1985), S. 653 ff. Vgl. bspw. Ramanujam et al. (1986). Vgl. King (1983), S. 266.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2007 J. Rühle, Planungssysteme im Schienenpersonenfernverkehr, Edition KWV, https://doi.org/10.1007/978-3-658-24680-8_5

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

bzw. Verbesserungen zu eröffnen. Eine solche direkte Bewertung findet sich bei KING. Er schlägt vor, Einzelelemente des PLS zu diskutieren und diese Einzelbewertungen schließlich durch eine nicht näher spezifizierte subjektive Beurteilung zu einer Gesamtbeurteilung zusammenzufügen.1054 Diese Gesamtbeurteilung führt keine Synthese von multiplen Bewertungsdimensionen in dem Sinne durch, dass eine allgemeine Aussage hinsichtlich der guten oder schlechten Ausgestaltung des PLS möglich wird, da dies nach KING zu einer allzu verkürzenden Betrachtung führen würde.1055 Vielmehr ist die Gesamtsituation in Betracht zu ziehen und vor diesem Hintergrund Schwächen für einzelne Teilbereiche des PLS zu identifizieren, wodurch der Ansatz insbesondere diagnostischen Wert besitzt. Insgesamt führt KING zehn Einzeldimensionen auf, die jedoch ebenfalls nur sehr abstrakt charakterisiert werden.1056 Eine Anwendung auf ein PLS würde weitere Operationalisierungen dieser Einzeldimensionen voraussetzen, da bisher von keiner direkten Anwendung dieser Methodik in der Literatur berichtet wurde. Daher erscheint auch vor dem Hintergrund der spezifischen Anforderungen, die an das PLS der DB FV gerichtet werden können, eine Bewertung nach dieser Methode wenig sinnvoll. Da keine aktuelleren dem Autor bekannten Methoden der Bewertung von Planungssystemen vorgeschlagen wurden,1057 soll zwar der Ansatz der direkten Bewertung verfolgt werden, jedoch – wie bereits angemerkt – anhand der als besonders relevant herausgestellten Anforderungen der operativen und strategischen Flexibilität sowie der Robustheit der einzelnen Pläne und der Planungsintegrität des PLS vollzogen werden.1058 Hierbei handelt es sich somit um einen Ansatz der direkten Bewertung. Abhängigkeiten der Anforderungen untereinander sollen bei der Bewertung zusätzlich berücksichtigt werden. Eine direkte Bewertung erfordert zunächst die Diskussion der allgemeinen Gestaltung im Hinblick auf diese Anforderungen. Die durchgeführte Planungssystemanalyse der DB FV kann dann herangezogen werden, um eine Diskussion über die Anforderungserfüllung zu führen. Anschließend soll die von KING vorgeschlagene Gesamtbewertung für die eingeführten Anforderungen erfolgen, die deren vorhandenen Interdependenzen mit berücksichtigt.

1054 1055 1056

1057

1058

Vgl. King (1983), S. 275. Vgl. King (1983), S. 274 f. Bei den Einzeldimensionen handelt es sich um die Effektivität der Planung, den relativen Wert des PLS, die Rolle und die Wirkung des PLS, die Planergebnisse, den relativen Wert der Strategie, die Anpassungsfähigkeit des PLS, die relative Effizienz, die Angemessenheit des Ressourceneinsatzes, die Allokation von Planungsressourcen und die Angemessenheit von Planungszielen (vgl. King (1983), S. 269). Bspw. schlug LEONTIADES einen Bewertungsansatz für PLS vor, der auf Vorschlägen zur Entwicklung von Managementstil, Organisationsgestaltung und Wachstumsstrategie beruht, hinsichtlich der internen Ausgestaltung des PLS jedoch keine Anknüpfungspunkte bereit hält (vgl. Leontiades (1983), S. 13). Zusätzlich zu diesen Anforderungen können weitere herangezogen werden, die allgemein für ein PLS zu gelten haben (vgl. Abschnitt B.IV.3.3). Die Analyse und Bewertung beschränkt sich jedoch auf die wichtigsten Anforderungen für diese Industrie (vgl. Abschnitt D.III.2).

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

197

II.

Charakterisierungsmerkmale der relevanten Anforderungen

1.

Flexibilität als Anforderung an das Planungssystem

Die bereits eingeführten Flexibilitätsebenen der strategischen und operativen Flexibilität sowie der als passive Flexibilität bezeichneten Robustheit wurden bisher nur gegeneinander abgegrenzt.1059 Im Folgenden sollen die Anforderungen inhaltlich hinsichtlich ihrer Eigenschaften präzisiert werden. 1.1

Eigenschaften der Flexibilität

Flexibilität innerhalb eines sozio-technischen Systems äußert sich in zwei wesentlichen Eigenschaften. Zum einen ist der zur Verfügung stehende Handlungsspielraum des Systems wichtig für die Ausübung von Flexibilität. Hierunter fällt die aus systemtheoretischer Sicht notwendige Varietät des PLS.1060 Sie drückt aus, welche unterschiedlichen Systemzustände und damit Handlungsmöglichkeiten bzw. Aktionsvolumina potenziell zur Verfügung stehen, um Anpassungen des Systems an die systemexterne Umwelt durchzuführen.1061 Als weiteres Charakterisierungsmerkmal von Flexibilität in Systemen muss der temporale Aspekt mit einbezogen werden. Von zwei Systemen gilt dasjenige als flexibler, welches es bewerkstelligt, in einer kürzeren Zeit eine Änderung der Pläne zu vollziehen. Dieser zweite Bestandteil wird in der Literatur als Handlungsschnelligkeit bezeichnet, die sich weiter differenzieren lässt in eine Phase der Beobachtungszeit, der Aktionszeit und der Wirkzeit.1062 Mit diesen beiden Begrifflichkeiten sind die wesentlichen Eigenschaften der strategischen wie auch der operativen Flexibilität erfasst. Robustheit hingegen zeichnet sich gerade dadurch aus, dass keine Veränderungen zu vollziehen sind und demnach Handlungsspielräume und Handlungsschnelligkeit in diesem Kontext irrelevant sind.1063 Im Rahmen dieser Arbeit bezieht sich die Robustheit auf die einzelnen Pläne, welche ein Teilbestandteil des PLS sind.1064 Zunächst wird daher Flexibilität im Sinne von operativer und strategischer Flexibilität behandelt, bevor Robustheit im Zuge der Vorstellung von Ansatzpunkten zur Flexibilitätserzielung als ein Teilaspekt wieder mit aufgegriffen wird.

1059 1060 1061

1062

1063

1064

Vgl. Abschnitt D.III.2. In Anlehnung an Damisch (2002), S. 47. Für die unterschiedlichen anzulegenden Kriterien und die Probleme der Beurteilung vgl. Damisch (2002), S. 48 f. Vgl. Janssen (1997), S. 18; Schneeweiß (1992), S. 143. Die Beobachtungszeit besteht aus dem Zeitraum vom Eintreten der Umweltstörung bis zu deren Wahrnehmung, die Aktionszeit wird zur Analyse der verfügbaren Veränderungsmöglichkeiten und einer Auswahl des gewünschten neuen Systemzustandes benötigt und die Wirkzeit beschreibt, dass (bei einigen Maßnahmen erst nach Realisation zeitlich versetzt) die Effekte des neuen Systemzustandes über einen längeren Zeitraum wirken (vgl. Janssen (1997), S. 18). Ein soziales System kann niemals gesamthaft als robust gelten, sondern nur für gewisse Bereiche des Unternehmens bzw. PLS (vgl. Thielen (1993), S. 61). Vgl. Abschnitt B.IV.2.1; Wild (1974), S. 153 ff.

198

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Bei der Ableitung von relevanten Anforderungen an das PLS wurde bereits auf die Erscheinungsformen von Flexibilität im Sinne eines notwendigen Aufbaus einer gerichteten und einer ungerichteten Flexibilität eingegangen. Unter der gerichteten Flexibilität wird ein konkreter Flexibilitätsbedarf verstanden, der a priori durch definierte oder zumindest stark eingegrenzte Aktionen charakterisiert ist. Die hiermit in Verbindung gebrachte Flexibilität wurde als operative Flexibilität bezeichnet und bezog sich auf eine kurzfristige Anpassung von Plänen mit einer Maximierung des Deckungsbeitrags als Zielsetzung.1065 Hierbei sind die oben angeführten Handlungsspielräume zur Bewältigung des Flexibilitätsbedarfs bereits vordefiniert, und der Aspekt der Handlungsschnelligkeit rückt in den Vordergrund. Im vorliegenden Fall der DB FV sind hierunter relativ kurzfristige Anpassungswünsche oder -notwendigkeiten zu fassen, die sich aus Veränderungen gegenüber in der Planung angenommenen Planungsprämissen (insbesondere Fahrzeiten, Verfügbarkeit von Schienenfahrzeugen) oder der prognostizierten Nachfrage auf spezifischen Streckenrelationen ergeben. Die Möglichkeiten zum Aufbau von gerichteter bzw. operativer Flexibilität bei hoher herrschender Umweltunsicherheit sind jedoch begrenzt,1066 da das Verständnis über die zukünftige Umwelt und die sich daraus ableitenden vordefinierten Aktionen eingeschränkt sind. Daher besteht gleichzeitig der Bedarf, eine ungerichtete Flexibilität aufzubauen, welche die allgemeine Fähigkeit des PLS umfasst, in einer von Unsicherheit geprägten Systemumwelt bestehen zu können.1067 Der ungerichteten Flexibilität bzw. der strategischen Flexibilität kommt eine prioritäre Bedeutung zu, da sie es letztlich erst ermöglicht, gerichtete Flexibilität aufzubauen und ausnutzen zu können.1068 Flexibilität darf jedoch nicht Selbstzweck sein, da das Aufrechterhalten von Flexibilitätspotenzialen in der Regel Opportunitätskosten und Kosten der Vorhaltung verursacht.1069 Daher ist die vorhandene Flexibilität mit dem notwendigen Flexibilitätsbedarf abzustimmen, welcher durch die Systemumwelt induziert wird.1070 Flexibilitätsbedarfe sind grundsätzlich immer vorhanden, wenn sich das PLS in einer durch Unsicherheit gekennzeichneten Umwelt befindet und die Unsicherheit die Erreichung der Systemziele signifikant betrifft.1071 Die Abstimmung zwischen einem Flexibilitätsangebot und einem Flexibilitätsbedarf ist ständige Aufgabe des Manage-

1065 1066 1067 1068

1069

1070

1071

Vgl. Abbildung D-1 auf S. 84. Vgl. Bursee (1999), S. 15. Vgl. Damisch (2002), S. 55. Vgl. Damisch (2002), S. 55; für den Unterschied zwischen strategischer und operativer Flexibilität vgl. Abbildung D-1 auf S. 84. BURSEE unterscheidet neben den Opportunitätskosten die tatsächlichen Kosten für technische, soziale und zeitliche Ressourcen, die für die Aufrechterhaltung der Flexibilitätspotenziale verwendet werden (vgl. Bursee (1999), S. 35), vgl. ebenfalls Janssen (1997), S. 48). Zwar ist prinzipiell auch von der Notwendigkeit zum Aufbau von Flexibilität aufgrund von systeminternen Störungen auszugehen, jedoch werden diese in einem Großteil der Literatur nicht weiter betrachtet (vgl. Damisch (2002), S. 62) und sollen daher auch hier aus der Untersuchung ausgeschlossen werden. Vgl. Damisch (2002), S. 62.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

199

ments.1072 Dabei stellt sich jedoch das Problem der Bestimmung dieses Flexibilitätsbedarfs. Da für den Aufbau und die Vorhaltung von Flexibilitätspotenzialen in der Regel Kosten zu tragen sind, stellen diese Opportunitätskosten dar, da eine anderweitige Verwendung möglich wäre. Obwohl in der Literatur Vorschläge für quantitative Bewertungsansätze für abgegrenzte Fragestellungen zur Flexibilität existieren,1073 konnte bisher kein Bewertungsmaß in der Praxis besonders überzeugen. Dies gilt insbesondere für die Bewertung der Flexibilität eines PLS, da sich die Erfassung und Quantifizierung von multidimensionalen Flexibilitätsbedarfen und –potenzialen durch die Komplexität des Systems sowie deren unterschiedliche Dimensionen mit Einfluss auf diese Flexibilität einer Aggregation und Quantifizierbarkeit verschließt.1074 Ein solches auf eine Größe reduziertes Maß würde lediglich einen sehr geringen Informationsgehalt im Hinblick auf weitere Optimierungsmöglichkeiten für das Management liefern. Bei dem Aufbau von ungerichteter Flexibilität kann eine Quantifizierung aufgrund der Unmöglichkeit der expliziten Modellierung einer unbekannten Veränderung der Systemumwelt ohnehin nicht erfolgen.1075 Aus diesem Grund soll sich in dieser Arbeit auf argumentativ abgeleitete Tendenzaussagen zur Entwicklung des Flexibilitätsbedarfs beschränkt werden, die ohne eine quantitative Größe auskommen. Weiterhin entscheidend für die Ausübung von Flexibilität sind die Elemente, die Flexibilität bewirken bzw. benötigen. Als Flexibilitätsträger innerhalb eines PLS kommen grundsätzlich sämtliche an der Planung beteiligten Planungssystemelemente in Frage.1076 Die Einteilung eines PLS in unterschiedliche, das System konstituierende Elemente kann grundsätzlich unterschiedlich erfolgen.1077 Es ergeben sich unterschiedliche Differenzierungsmöglichkeiten für Flexibilitätsträger innerhalb des PLS, solange sich 1072

1073

1074 1075 1076

1077

Hier gilt es, Situationen zu vermeiden, welche gekennzeichnet werden können als Zustand der Inflexibilität (hoher Flexibilitätsbedarf bei geringem Flexibilitätsangebot) sowie der Überflexibilität (hohes Flexibilitätsangebot bei niedrigem Flexibilitätsbedarf) (vgl. Bursee (1999), S. 29). Einen der neueren Ansätze zur analytisch-exakten Beurteilung von Flexibilität für eingegrenzte Entscheidungsbereiche stellt das Konzept der Realoptionen dar, welches aus der Finanztheorie stammt und Investitionsoptionen von Unternehmen bei einem gegebenen Informationsstand spezifische monetäre Werte zuweist (vgl. bspw. Damisch (2002); Kulatilaka / Trigeorgis (1994); Mayer (2001); Trigeorgis (1998)). Zwar eröffnet die Realoptionspreistheorie die Untersuchung von durch Investitionsvorhaben ausgelösten Flexibilitätswirkungen, jedoch kann sie nicht als Leitvorstellung zur Durchdringung von komplexen Realinvestitionen herangezogen werden (vgl. Janssen (1997), S. 70). Weitere Bewertungsansätze stellen spieltheoretische Analysen dar (für einen ausführlichen Überblick über spieltheoretische Untersuchungen mit Bezug zur Flexibilität vgl. Janssen (1997), S. 74 ff.). Zudem schlagen Autoren quasi-analytische bzw. heuristische Verfahren zur Bestimmung der Flexibilitätsbedarfe vor, die bspw. auf der Anwendung von KostenNutzen-Analysen beruhen und mit subjektiven Nutzwerten versehen werden können (vgl. Bursee (1999), S. 43). Für die Grenzen eines Flexibilitätsmaßes für Organisationen vgl. Bursee (1999), S. 32. Vgl. Damisch (2002), S. 118. DAMISCH spricht bei Unternehmen allgemein von „sämtliche(n) für die Leistungserstellung eingesetzten Potentiale(n)“ (Damisch (2002), S. 21); JANSSEN fasst unter die Flexibilitätsträger eines Unternehmens „alle Unternehmensteile oder Subsysteme als Träger von Flexibilitätsbedarfen.“ (Janssen (1997), S. 73). So besteht in der Literatur kein Konsens über mögliche Dimensionen eines PLS (vgl. Veliyath / Shortell (1993), S. 361).

200

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

diese auf die eingeführten Flexibilitätseigenschaften des Handlungsspielraums und der Handlungsschnelligkeit beziehen lassen und insgesamt alle relevanten Flexibilitätsaspekte für das PLS abbilden. Für den Zweck der in Kapitel D durchgeführten Planungssystemanalyse wurde eine hierarchische Differenzierung des PLS vorgenommen sowie eine Einteilung nach unterschiedlichen Planungsfeldern, die es gestatteten, Aussagen über die Planungsinhalte der unterschiedlichen Teilpläne und deren Interdependenzen sowie die organisatorische Umsetzung zu treffen. Für die Betrachtung von spezifischen Anforderungen ist diese Differenzierung jedoch zu allgemein, da sie es nicht direkt erlaubt, auf unterschiedliche Flexibilitätsträger einzugehen. Hierbei wird es notwendig, Aussagen hinsichtlich der Ausgestaltung einzelner Elemente zu treffen. Geeignet für eine solche Differenzierung erscheint ein Ansatz aus der organisationstheoretischen Literatur. Hier stellt BURSEE fünf wesentliche Flexibilitätsträger (technische, finanzielle und personelle Potenziale sowie Organisations- und Informationspotenziale) heraus1078 und leitet einen Bezugsrahmen zur Beschreibung, Analyse und Interpretation der organisatorischen Flexibilität ab.1079 Dieser umfasst eine Struktur-, eine Prozess- und eine Handlungsdimension, die in weitere Einzeldimensionen untergliedert werden.1080 Für jede dieser Dimensionen werden Flexibilitätspotenziale aufgezeigt, die er schließlich am Beispiel von Kommunalverwaltungen konkretisiert. Die einzelnen Flexibilitätsträger weisen zudem Interdependenzen auf und müssen im Hinblick auf den allgemeinen Flexibilitätsbedarf abgestimmt werden.1081 Die Abgrenzung zwischen der allgemeinen Organisation eines Unternehmens und dessen PLS weist zwangsläufig Überschneidungen auf, da letztere Teil des ersteren ist. Aufgrund der Tatsache, dass Planung in der heutigen Zeit häufig in Linienfunktionen ausgeübt wird statt wie früher in spezialisierten Planungsstäben,1082 können Ausführungen zu organisationaler Flexibilität mit durchzuführenden Anpassungen auch auf das PLS bezogen werden. Im Folgenden sollen nun die einzelnen Dimensionen der Flexibilität als Bestandteil des PLS näher charakterisiert werden. 1.2

Dimensionen von Planungssystemen mit Bezug zur Flexibilität

Bereits im Grundlagenteil wurden auf einer allgemeinen Ebene Ansatzpunkte zur Reduktion von Unsicherheit in der Planung vorgestellt.1083 Diese Ansatzpunkte werden nun um

1078

1079 1080

1081 1082 1083

Vgl. Bursee (1999), S. 16; DAMISCH hingegen differenziert die Flexibilitätsbedarfsträger nach den einzelnen operativen Plänen (operative Flexibilität), externe Produkt/Markt-Strategien sowie internen Ressourcenstrategien (strategische Flexibilität). (vgl. Damisch (2002), S. 75). Vgl. Bursee (1999), S. 94 ff. BURSEE fasst unter die strukturelle Dimension die Einzeldimensionen Ressourcen, Aufgaben, Makroorganisation und Mikroorganisation. Die Handlungsdimension (personellhandlungsbezogenes Flexibilitätspotenzial) umfasst die Motivation und Qualifikation der Mitarbeiter. Die Prozessdimension schließlich beinhaltet die Einzeldimensionen Kultur, Lernen und Entwicklung. (vgl. Bursee (1999), S. 94). Vgl. Bursee (1999), S. 95. Vgl. Grant (2003), S. 513. Vgl. Abschnitt B.I.4.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

201

Mechanismen zur Flexibilitätssteigerung für unterschiedliche Dimensionen eines PLS erweitert. Bei den gewählten Elementen bzw. Flexibilitätsträgern sollen die aggregierte strukturelle Dimension, die personelle Dimension sowie die prozessuale Dimension einer näheren Betrachtung unterzogen werden. Diese Dimensionen weisen – wie im Folgenden gezeigt wird – besondere Gestaltungsparameter auch im Hinblick auf Flexibilität sowie in Teilaspekten für Planungsintegrität auf. Diese Systematisierung baut auf dem von BURSEE für Organisationen vorgeschlagenen Bezugs- und Analyserahmen für Flexibilität für Organisationen auf.1084 Sie muss jedoch für die hier angestrebte Analyse eines PLS angepasst werden. Die von BURSEE vorgeschlagenen Dimensionen weisen keine im Rahmen der Planungsliteratur aufgegriffenen Planungsverfahren und Instrumente 1085 zur Erzielung von Flexibilität auf, ebenso wird der Aspekt der Informationsbereitstellung als Ausgangspunkt für eine mögliche Kontrolle und Anpassung nicht ausreichend für den relevanten Kontext der Planung integriert.1086 Bei der Diskussion einzelner Dimensionen ist nicht immer eine vollständige Trennschärfe gegeben. Da der Flexibilitätsbegriff sich durch eine hohe inhaltliche Komplexität auszeichnet und mehrdimensional wirkt, muss eine solche Einschränkung jedoch zwangsläufig in Kauf genommen werden.1087 Im Folgenden soll der für die hier durchgeführte Planungssystemanalyse angepasste Analyserahmen vorgestellt werden. Dabei werden die einzelnen Dimensionen jeweils kurz inhaltlich konkretisiert und im Anschluss deren Bezug zu den eingeführten Anforderungen sowie die Anpassungen zum organisationstheoretischen Bezugsrahmen herausgestellt. Abbildung E-1 stellt die drei Dimensionen sowie deren angepasste Einzeldimensionen dar. Die Dreidimensionalität verdeutlicht, dass Interdependenzen zwischen den Dimensionen gegeben sind und in der Gestaltung des PLS berücksichtigt werden müssen.1088

1084 1085

1086 1087 1088

Vgl. Bursee (1999), S. 94 ff. Hierunter fallen bspw. die revolvierende und flexible Planung ebenso wie sonstige Verfahren und Instrumente, die zu einer Flexibilitätssteigerung führen können. Für die Relevanz der Kontrollfunktion innerhalb der Führungsaufgaben vgl. Abschnitt B.I.2. Ähnlich bei den gewählten Dimensionen nach BURSEE (vgl. Bursee (1999), S. 96). Vgl. Bursee (1999), S. 95.

202

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR Prozessuale Dimension Informationsbasis & Kontrolle Projektarbeit Formalisierung Verfahren & Instrumente Makro

Aufgabenwahrnehmung Mikro

Ressourcenbereitstellung Resourcenbereitstellung

Spezialisierungsgrad

De- / Zentralisierung

Personelle Dimension

Strukturelle Dimension

Abbildung E-1: Flexibilitätsdimensionen eines Planungssystems1089

Die strukturelle Dimension betrifft die Bereitstellung von Handlungsspielräumen. Sie ist damit eine Grundvoraussetzung, um überhaupt Flexibilität in Organisationen bzw. in einem PLS ausüben zu können. Sie beinhaltet die Einzeldimensionen Aufgabenwahrnehmung und Ressourcenbereitstellung sowie den Spezialisierungsgrad und die De/ Zentralisierung von Entscheidungsbefugnis. Hierbei ist hauptsächlich die Frage entscheidend, welche organisatorische Gestaltung zu wählen ist, um den Planungsträgern größere Handlungsspielräume bereitzustellen. Die personelle Dimension stellt entsprechend das personelle Potenzial dar, welches Flexibilität innerhalb eines PLS bewirken kann. Diese Dimension ist zum einen auf die individuelle (Mikroebene) und eine kollektive Handlungsbereitschaft (Makroebene) gerichtet. Hier stehen auf Mikroebene insbesondere die persönliche Qualifikation der Planer sowie deren Flexibilitätsanreize im Vordergrund, während auf Makroebene die Aspekte diskutiert werden, die sich direkt auf das kollektive Verhalten der Planungsträger beziehen. Die prozessuale Dimension ist auf den Aufbau von Handlungsbereitschaft und möglicher Handlungsschnelligkeit gerichtet. Sie wird hier so verstanden, dass die dort diskutierten Einzeldimensionen die Planungsträger im Rahmen der geschaffenen Handlungsspielräume (Strukturdimension) in der Ausübung von Flexibilität unterstützen oder einschränken. Die Einzeldimensionen beziehen sich auf die verwendeten Verfahren und Instrumente, die Informationsbasis & Kontrolle, die Formalisierung innerhalb des PLS sowie die Durchführung und Ausgestaltung von Projektarbeit. Bei den vorgestellten Einzeldimensionen wurden gegenüber dem Vorschlag von BURSEE Anpassungen durchgeführt. Während BURSEE die Prozessdimension auf die

1089

In Anlehnung an Bursee (1999), S. 94.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

203

Durchführung von organisationalen Veränderungsprozessen bezieht,1090 wird unter dieser Dimension der Planungsprozess verstanden, dessen Gestaltung Anknüpfungspunkte für Flexibilität als auch Planungsintegrität bereit hält. Die personelle Dimension wurde ebenfalls für diese Untersuchung angepasst, so dass sie im Gegensatz zur ursprünglichen nicht nur die Qualifikationen und die Motivation des einzelnen Mitarbeiters umfasst (Mikro), sondern sich auch auf die Herstellung kollektiver Handlungsbereitschaft (Makro) bezieht. Die Strukturdimension wurde rein auf die Ausgestaltung der strukturellen Aufbaustruktur des PLS sowie die Verteilung von Planungsträgern innerhalb des PLS bezogen, während BURSEE diese Dimension noch weiter fasst und dort ebenfalls Aspekte der hier aufgeführten prozessualen Dimension (bspw. Formalisierung) behandelt. Zudem differenziert BURSEE in der Beurteilung keine unterschiedlichen Flexibilitätsarten (operative / strategische Flexibilität sowie Robustheit) wie dies im vorliegenden Fall angestrebt wird. Die Anwendung unterscheidet sich zudem dadurch, dass im späteren Verlauf dieser Arbeit der Bezugsrahmen ebenfalls zur Analyse der Planungsintegrität verwendet wird. Der so gewonnene Bezugsrahmen erlaubt somit, das PLS gezielt im Hinblick auf die vorgestellten Anforderungen zu analysieren. In den folgenden Abschnitten werden die einzelnen Dimensionen hinsichtlich ihres Beitrags zur Erzeugung von strategischer und operativer Flexibilität sowie Robustheit vorgestellt, um im anschließenden Kapitel dann die Ansatzpunkte für Planungsintegrität (vgl. Abschnitt E.II.2) aufzuzeigen. 1.2.1

Strukturdimension

Die Strukturdimension legt fest, in welchen Grenzen sich die potenzielle Flexibilität bewegen kann, d.h. sie beeinflusst zu einem großen Teil die festgelegten Handlungsspielräume der Planungsträger. Durch diese Handlungsspielräume, die die unterschiedlichen Ausprägungen und Erscheinungsformen des Systems darstellen, werden die Planungsträger befähigt, auf Veränderungen der Umwelt zu (re)agieren.1091 Die hierfür relevanten Einzeldimensionen beziehen sich auf die Aufgabenwahrnehmung und Ressourcenbereitstellung sowie den Spezialisierungsgrad der zugeteilten Aufgaben und die De- / Zentralisierung von Entscheidungsgewalt innerhalb des PLS. Aufgabenwahrnehmung: Die Aufgabenwahrnehmung wird hier verstanden als die Aufgabenkomplexe, die routinemäßig von den Planungsträgern wahrgenommen werden müssen. Sie stellt eine Rahmenbedingung für den strukturellen Handlungsspielraum dar.1092 Neben den Aufgaben, die unmittelbar zur Planung der Leistungserstellung erforderlich sind, können hier bspw. zusätzliche, nicht unmittelbar notwendig erscheinende Wirtschaftlichkeits- und Wettbewerbsanalysen gefasst werden, die nach Vorgabe der Unternehmensführung durchzuführen sind.1093 Der Zusammenhang zur Flexibilität ergibt 1090 1091 1092 1093

Vgl. Bursee (1999), S. 95. Vgl. Damisch (2002), S. 47. Vgl. Bursee (1999), S. 97. Diese Einzeldimension besitzt besondere Relevanz bei Behörden oder anderen Organisationen, die Dienstleistungen erbringen, welche in keinem direkten Wertschöpfungszusammenhang stehen. Hierdurch ist die Aufgabenübernahme nicht unmittelbar für die Organisation notwendig,

204

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

sich durch die Notwendigkeit, Ressourcen bereithalten zu müssen, um diese Aufgaben bzw. Planungen durchzuführen. Zwar können die Ressourcen quantitativ den Aufgabenstellungen angepasst werden, jedoch erfordert dies in der Regel eine höhere Koordination dieser Aufgaben. Zudem bedarf es gerade bei strategischen Entscheidungen der Beteiligung der oberen Managementebenen, welche grundsätzlich eine knappe Ressource darstellen und nicht beliebig erhöht werden können, so dass bei Auftreten vieler unerwarteter Probleme in bürokratischen Organisationsformen ein „Bottleneck“ an der Spitze entsteht, wodurch sich wichtige Entscheidungen verzögern können.1094 Aus diesem Grund ist zunächst ceteris paribus bei gleich bleibender Ressourcenausstattung eine Erhöhung des Aufgabenvolumens für das PLS negativ korreliert mit dem operativen und strategischen Flexibilitätspotenzial. Ressourcenbereitstellung: Die Ressourcenbereitstellung in einem Unternehmen bezieht sich auf die kurzfristige Bereitstellung von finanziellen Mitteln oder damit zu beziehenden Gütern und Personal.1095 Im Hinblick auf die Planung bzw. das PLS ist insbesondere die Bereitstellung von Planungsträgern für unterschiedliche Aufgabenstellungen relevant. So ist von einem höheren Flexibilitätspotenzial auszugehen, je höher das Überangebot an Ressourcen im Vergleich zu den routinemäßig auszuführenden Tätigkeiten ist. Dies wird in der Literatur als organisatorischer „Slack“1096 bezeichnet. Hierbei handelt es sich zunächst um personelle Reserven, denen keine konkreten Aufgaben gegenüberstehen und die so für kurzfristige Planungsaufgaben eingesetzt werden könnten. Hierdurch können diese für etwaige Planänderungen herangezogen werden, so dass sie ungerichtetes Flexibilitätspotenzial darstellen. Da die Vorhaltung dieser personellen Ressourcen auf den notwendigen Flexibilitätsbedarf abgestimmt sein muss, hat das Management hier auch über Anpassungen der Anzahl der Planungsträger und deren Arbeitszeit und damit das organisationale Ressourcenüberangebot (Slack) im Zeitablauf zu entscheiden. Die quantitative Anpassung der Anzahl der Planungsträger sowie deren Arbeitszeit beeinflusst die finanzielle Ausgabenhöhe des Unternehmens direkt. Dieses strukturelle Flexibilitätspotenzial ist eng verbunden mit der vertraglichen Ausgestaltung der Arbeitsverträge der Planungsträger und hängt ebenso mit dem Einfluss der Gewerkschaften und den rechtlichen Rahmenbedingungen sowie – insbesondere bei größeren Unternehmen – von dem politischen Druck ab, der auf das

1094

1095 1096

wohingegen Unternehmen mit einer Dienstleistung oder einem Produkt unterschiedliche Aufgabenkomplexe in jedem Fall wahrnehmen müssen, um dieses Produkt / Dienstleistung überhaupt erstellen zu können. Für einen Überblick über die Aufgabenwahrnehmung mit Einfluss auf die Flexibilität von Verwaltungsorganisation vgl. Bursee (1999), S. 160 ff. Vgl. Mintzberg (2003), S. 347. Dieses Argument wirkt ebenfalls für die De- / Zentralisierung von Entscheidungen. So beeinflusst ein sehr zentral geführtes Unternehmen die Flexibilitätserfüllung negativ, da häufig das notwendige Wissen auf den unteren hierarchischen Ebenen vorliegt, während die notwendige Entscheidungsfindung bei einem zentralisierten Führungsstil wie z.B. bei einer Maschinenbürokratie nach MINTZBERG nur an der Spitze des Unternehmens getroffen werden kann. Vgl. Bursee (1999), S. 99. Vgl. Wolf (2005), S. 331; organisatorischer Slack wird als eine Art Polster von vorhandenen oder potenziellen Ressourcen verstanden, welche einer Organisation die erfolgreiche Anpassung an interne oder externe Zwänge zur Veränderung erlauben (vgl. Bourgeois III (1981), S. 30).

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

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Unternehmen ausgeübt wird, Mitarbeiter (bspw. Auszubildende) einzustellen bzw. nicht zu entlassen. De- / Zentralisierung: Der Zentralisierungsgrad bezieht sich auf die Autoritätsverteilung innerhalb eines Systems, also die Möglichkeit Entscheidungen zu autorisieren oder Aufgaben bzw. Planungen zu veranlassen.1097 Da Planung bei komplexen Problemen arbeitsteilig durchgeführt wird und im Laufe der Planerstellung Entscheidungen getroffen werden müssen, bestimmt die Verteilung von Autorisierungsbefugnis innerhalb des PLS über die Anzahl beteiligter Akteure und Schnittstellen und damit über die Schnelligkeit, in der die Entscheidungen getroffen werden können. Durch eine hohe Zentralisierung bei gleichzeitiger Erarbeitung von Plänen auf hierarchisch niederen Stellen wird allgemein von einer Verlängerung des Planungszeitraums ausgegangen, insbesondere da sich Abstimmungserfordernisse sowie entscheidungsvorbereitende Arbeiten (bspw. Erstellen von Vorlagen, Abstimmungsrunden) für die an der Entscheidung beteiligten Hierarchieebenen anschließen und die oberste Hierarchieebene entweder nicht über den Flexibilitätsbedarf informiert ist oder aber nicht die Informationen zur Verfügung stehen, um diesbezügliche Entscheidungen treffen zu können.1098 Somit wird als Gegenentwurf zu einer hohen Zentralisierung die Dezentralisierung als Mittel zur Erzielung von Flexibilität gesehen.1099 Hierdurch ergibt sich neben einer schnelleren Anpassung an veränderte Umweltbedingungen zudem eine erhöhte Lernfähigkeit der Planungsträger,1100 die in Zukunft zu besseren Entscheidungen führen kann. Unter der Dezentralisierung wird entsprechend die Delegation von Entscheidungen an untere Ebenen verstanden,1101 wobei das Ausmaß an Dezentralität stets eine relative Größe darstellt und relativ zu anderen Organisationen zu sehen ist. Naturgemäß können nicht alle Entscheidungen auf einer unteren hierarchischen Ebene wahrgenommen werden, da die Unternehmensleitung selbst sonst keine Legitimation besitzen würde.1102 Die Einordnung, ob eine Entscheidung dezentral wahrgenommen werden kann, ist daher stets firmenspezifisch zu entscheiden. Einhergehend mit dezentralen Planungs- und Entscheidungskompetenzen ergeben sich gewisse Anforderungen an Planungsträger und die Informationsbereitstellung. Neben einer ausreichenden Entscheidungskapazität der dezentralen Einheit bzw. der Planungsträger bedarf es zusätzlich deren Qualifikation, um die von ihnen geforderten größeren Entscheidungsbeiträge auch erbringen zu können.1103 Die konsequente Umsetzung dieser Entscheidungsdezentralisation verlangt nach unterschiedlichen Maßnahmen.

1097 1098

1099 1100 1101 1102 1103

Vgl. Delfmann / Reihlen (2002), S. 1447. „Könnte man alle Realisationsakte in einem umfassenden Plan bis ins letzte Detail festlegen, dann wäre jede Einräumung von Entscheidungsautonomie überflüssig, keiner Einheit müsste überhaupt Entscheidungskompetenz übertragen werden.“ (Frese (2000), S. 98). Dies schließt sich jedoch aufgrund der begrenzten Rationalität der Akteure aus. Vgl. Mayer (2001), S. 209 f. Vgl. Bursee (1999), S. 107. Vgl. Simon (1978), S. 1. Vgl. Bursee (1999), S. 108. Vgl. Bursee (1999), S. 110.

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So können ressourcenorientierte (bspw. die erwähnte Qualifizierung der Mitarbeiter), organisatorische (z.B. Abbau der Zentralbereiche) und Motivationsmaßnahmen (bspw. Förderung der Delegationsbereitschaft, Förderung der Übernahme von Verantwortung) ergriffen werden.1104 Eng verbunden mit der Frage nach der Verlagerung von Entscheidungsbefugnissen ist die Gestaltung der Organisationsstruktur – speziell der Anzahl an Hierarchieebenen im Unternehmen.1105 Dem Abbau von Hierarchieebenen wird neben einer Rationalisierungswirkung ebenfalls flexibilitätssteigernde Bedeutung beigemessen, da sich – wie im Falle der Dezentralisierung von Entscheidungen – ebenfalls verkürzte Kommunikations- und Entscheidungswege durch eine Reduktion des vertikalen Koordinationsbedarfs ergeben,1106 wodurch die Handlungsschnelligkeit prinzipiell steigt.1107 Spezialisierungsgrad: Spezialisierung von Arbeitskräften bzw. wie im vorliegenden Fall von Planungsträgern wird in Verbindung gebracht mit einer höheren Produktivität der Aufgabenerfüllung, die durch kürzere Einarbeitungszeiten des Personals, die Besetzung durch vergleichsweise geringer qualifiziertes Personal sowie durch das Erzielen von Lerneffekten von Bearbeitung ähnlicher Aufgaben entstehen.1108 Jedoch ergibt sich unmittelbar aus diesen Vorteilen eine Verringerung der Anpassungsfähigkeit, da bei veränderten Aufgabenstellungen von einer höheren Einarbeitungszeit ausgegangen werden kann. Ebenso ist eine Steigerung des Koordinationsbedarfs zu erwarten, da die einzelnen Aufgaben wieder zusammenzuführen sind.1109 Durch einen Verzicht auf diese Spezialisierungsvorteile und einer damit einhergehenden breiteren Qualifikation von Planungsträgern sowie dem Einsatz von selbstkoordinierenden Teams wird von einer Steigerung des operativen und strategischen Flexibilitätspotenzials ausgegangen.1110 1.2.2

Personelle Dimension

Die personell-handlungsbezogene Dimension unterteilt sich in eine Mikroebene, welche sich direkt auf das Flexibilitätspotenzial des einzelnen Mitarbeiters bezieht, und in eine Makroebene, die auf die Gesamtheit der Mitarbeiter bzw. im konkreten Fall der Planungsträger ausgerichtet ist. Mikroebene: Auf der Mikroebene werden die Qualifikationsprofile der Mitarbeiter, deren Anreizmechanismen, die Ausgestaltung der Führungskräfteentwicklungsplanung sowie der zugrunde liegende Führungsstil für eine flexibilitätsorientierte Ausrichtung des PLS relevant. Hinsichtlich der Qualifikationsprofile gilt, dass die Planungsträger Flexibilität aufweisen, wenn sie Qualifikationen besitzen, die sie zu einer

1104 1105 1106 1107 1108 1109 1110

Vgl. Bursee (1999), S. 109. Vgl. Thielen (1993), S. 228 f. Vgl. Mayer (2001), S. 212. Vgl. Bursee (1999), S. 112. Vgl. Kieser / Kubicek (1992), S. 78. Vgl. Bursee (1999), S. 104. Vgl. Bursee (1999), S. 106; ebenso ist an eine Vorhaltung von Qualifikationsüberschüssen zu denken oder aber eine Erhöhung der vorhandenen Personalreserven über das für die alltägliche Planung bereitzustellende Maß hinaus, um ungerichtete Flexibilität zu gewährleisten.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

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Ausübung von mehr als einer zugewiesenen Planungsaufgabe befähigen.1111 Es besteht damit die Möglichkeit, die Planungsträger auf alternativen Positionen einsetzen zu können, wodurch Vorteile beim Auftreten personeller Engpässe gegeben sind. Gleichzeitig sind die Planungsträger in der Lage, sich in die Aufgaben anderer Planungsträger hineinzuversetzen. Dies kann zu Vorteilen gerade bei Aufgaben mit gegebenen Interdependenzen sowie mit Innovationscharakter führen, da sich wiederum Koordinationsaufwand und Verständnisprobleme reduzieren lassen. Die Anreizmechanismen bzw. das zugrunde liegende Anreizsystem und speziell die Ausgestaltung der individuellen Vergütungsstrukturen beeinflussen das Verhalten von Menschen im Unternehmen, wodurch ebenso ein Einfluss auf den Aufbau von Flexibilitätspotenzialen erzielt werden kann. Vergütungsstrukturen basieren in der Regel auf einer anforderungsorientierten Vergütung, die zusätzlich durch eine leistungsbezogene Vergütung ergänzt werden kann. Die anforderungsorientierte Vergütung leitet sich ab aus den Anforderungen der einzelnen Aufgaben, die eine Person zu erfüllen hat. Diese anforderungsorientierte Vergütung stellt einen fixen Anreiz dar und entfaltet nur dahingehend ein Flexibilitätspotenzial, als dass Arbeitnehmer bestrebt sein können, durch eine Qualifikationsverbreiterung eine Stelle mit höherem Anforderungsprofil anzustreben.1112 Variable Anreize z.B. in Form variabler Bonuszahlungen oder Kapitalbeteiligungen sind hingegen an die in einem festgelegten Zeitraum erbrachte Leistung gekoppelt und werden insbesondere für Führungskräfte verwendet. Die Bemessungsgrundlage beschreibt in diesem Zusammenhang die Größen, anhand derer die Zielerreichung gemessen und somit die Leistung beurteilt werden kann.1113 Neben der anreizbedingten Motivation, die durch einen solchen variablen Bestandteil bewirkt wird, lässt sich für das Unternehmen zudem eine Flexibilitätswirkung erzielen. Die Bemessungsgrundlage kann neben individuell erreichten Zielen ebenfalls Bestandteile umfassen, welche nach Grad der Erfüllung von Zielkriterien des übergeordneten Organisationsbereichs (bspw. Shareholder Value) berücksichtigt werden.1114 Der Einbau solcher Bemessungsgrundlagen eröffnet insofern Flexibilitätspotenziale, als dass finanzielle Flexibilität für das Unternehmen geschaffen wird, da bei schlechter Unternehmensentwicklung eine automatische Anpassung der Vergütung erfolgt. Bei der Führungskräfteentwicklung handelt es sich um Planungen zum zukünftigen Einsatz von Führungskräften innerhalb des Unternehmens. Es bezieht sich damit auf die konkreten Beschaffungs- und Weiterbildungsmaßnahmen und stellt den Mitarbeitern innerbetriebliche Entwicklungspfade in Aussicht, die neben Aufwärtsbewegungen in der Hierarchie ebenfalls Horizontal- und gegebenenfalls Abwärtsbewegungen umfassen können.1115 Durch Tendenzen zu Restrukturierungen sowie Hierarchieabbau gewinnen

1111 1112 1113 1114 1115

Vgl. Janssen (1997), S. 138. Vgl. Bursee (1999), S. 132. Vgl. Hungenberg (2006), S. 359. Vgl. Hungenberg (2006), S. 362. Unter der hier bezeichneten Führungskräfteentwicklungsplanung (vgl. Hahn (2006a), S. 335) versteht BURSEE ein Karrieresystem (vgl. Bursee (1999), S. 136).

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für Mitarbeiter Horizontalbewegungen zunehmend an Bedeutung.1116 Die Organisation dieser Karriereentwicklungsoptionen bietet den Vorteil, dass Mitarbeiter im Unternehmen gehalten werden können und in aller Regel die Motivation höher einzustufen ist als gegenüber fehlenden persönlichen Entwicklungschancen. Durch eine derartige Führungskräfteentwicklungsplanung wird gleichfalls die Einsatzflexibilität der Mitarbeiter erhöht.1117 Zudem ist ein Führungsstil zu kultivieren, der sich dadurch auszeichnet, dass er sich an wechselnde Erfordernisse anpasst.1118 Diese Möglichkeit, die eng mit den persönlichen Qualifikationen der Führenden verbunden ist, sollte explizit die Bedürfnisse der geführten Planungsträger nach Stabilität der Führung berücksichtigen, da das Führungsverhalten als wichtiger Ordnungs- und Sicherheitsfaktor wahrgenommen wird.1119 Trotz dieser Flexibilitätseinschränkung können einige Anforderungen an Führungskräfte gerichtet werden, die als Rahmenbedingungen für eine flexible Führung gelten können. Demnach sollten Führungskräfte die zentralen Werte der Unternehmenskultur berücksichtigen und eine Vorbildfunktion einnehmen sowie die Selbstverantwortung und die Problemlösungskompetenz der Mitarbeiter durch einen partizipativen, prozessorientierten Führungsstil stärken und ihnen Fehler zugestehen, solange diese kritisch reflektiert werden.1120 Hierdurch stellt sich tendenziell ein größeres Maß an strategischem Flexibilitätspotenzial ein. Makroebene: Die Unternehmenskultur und deren Einfluss auf die Planung eines Unternehmens wurden bereits erläutert.1121 An dieser Stelle wird daher speziell der Zusammenhang zur unternehmerischen Flexibilität aufgegriffen. In der Literatur werden unterschiedliche Typologien für Unternehmenskulturen vorgeschlagen. Diesen vereinfachten, da aggregierten Darstellungen der geteilten Überzeugungen, Normen und Werte der einzelnen Organisationsmitglieder werden unterschiedliche Eigenschaften zugeschrieben, die auch in Verbindung mit Flexibilität gebracht werden. So wird in diesem Zusammenhang eine Typologisierung in zwei Pole – in eine starke und eine schwache Unternehmenskultur – durchgeführt.1122 Bei einer starken Unternehmenskultur wird allgemein von einer hohen Durchdringung dieser Werte innerhalb der Organisation und einer Orientierung an ihnen durch die einzelnen Unternehmensmitglieder ausgegangen. Dagegen wird eine schwache Unternehmenskultur mit einer niedrigen Durchdringung und Orientierung in Verbindung gebracht. Während die Vorteile von starken Unterneh-

1116 1117 1118 1119 1120 1121

1122

Vgl. Bursee (1999), S. 136. Vgl. Bursee (1999), S. 136. Vgl. Thielen (1993), S. 162. Vgl. Thielen (1993), S. 162. Vgl. Thielen (1993), S. 163 ff. Für die grundsätzliche Beeinflussung der Planung vgl. Abschnitt B.IV.3.2; speziell auf die DB FV bezogen vgl. Abschnitt D.VI.1. Eine weitere Typologisierung stammt von CAMERON / QUINN. Diese schlagen eine multidimensionale Bewertung der Unternehmenskultur vor und leiten hieraus vier grundsätzliche Typen von Unternehmen ab. Bei einer der verwendeten Dimensionen handelt es sich explizit um die Flexibilität (vgl. Cameron / Quinn (1999), S. 59.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

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menskulturen u.a. in ihrer hohen Koordinationswirkung, der emotionalen Verpflichtung des einzelnen gegenüber der Gemeinschaft sowie einer Beschleunigung der Entscheidungsfindung gesehen werden,1123 können gegen eine solche Kultur ein allzu starkes Festhalten an Bewährtem vorgebracht werden. Dadurch neigen Unternehmen mit starken Unternehmenskulturen zu unterdrückender Konformität, Blindheit und Intoleranz der Unternehmensmitglieder,1124 welche jedoch der Einschätzung von planerischem Handlungsbedarf bei vorliegenden Umweltänderungen abträglich ist. Hierdurch besteht ein negativer Effekt einer starken Unternehmenskultur letztlich in einem Mangel an Flexibilität,1125 insbesondere wenn es sich um eine noch unbekannte Veränderung der Unternehmensumwelt handelt und strategische Flexibilität wichtig wird. Um diese strategische Flexibilität zu erzielen, hat daher die Unternehmensleitung die Kulturentwicklung so zu gestalten, dass eine allzu starke Unternehmenskultur aus ihrer Verklammerung gelöst wird, um größeren Freiraum zur Entdeckung von Neuem und bisher Unbegreifbarem zu schaffen.1126 1.2.3

Prozessdimension

Die Prozessdimension betrifft Einflussfaktoren und Mechanismen, die sich unmittelbar auf den Planungsprozess1127 beziehen. Die Ausgestaltung hiervon beeinflusst, wie die Planungsträger das ihnen zur Verfügung gestellte strukturelle Flexibilitätspotenzial bei den gegebenen personellen Möglichkeiten tatsächlich wahrnehmen können. Verfahren und Instrumente: Zu den Verfahren und Instrumenten eines PLS zählen die speziellen Planungsverfahren, Planungsmodelle sowie alle sonstigen Hilfsmittel zur Verarbeitung und Dokumentation der Planungsinformationen und –ergebnisse.1128 Alle in einem PLS eingesetzten Verfahren und Instrumente sind in der Regel auf die Lösung von speziellen Problemstellungen ausgerichtet, die wiederholenden Charakter aufweisen und daher keine Innovationsprobleme für das Unternehmen darstellen.1129 Daher ist die Verwendung dieser Instrumente auch positiv korreliert mit der Formalisierung des PLS,1130 da deren Einsatz ein standardisiertes Vorgehen verlangt und an gewisse Regeln bindet. Durch die Ausgestaltung dieser Instrumente wird die Handlungsschnelligkeit zur Nutzung des vorhandenen Flexibilitätspotenzials berührt. Bei sich wiederholenden Problemen geht es bei Einsatz solcher Planungsinstrumente im Kontext der Flexibilität um eine schnelle mögliche Neuerstellung von Plänen, die durch eine Veränderung der externen Umwelt überholt sind.

1123 1124 1125 1126 1127

1128 1129 1130

Vgl. Smircich (1983), S. 345 f. Vgl. Reihlen (1997), S. 272. Vgl. Bursee (1999), S. 142; Steinmann / Schreyögg (1993), S. 599. Vgl. Schreyögg (1989), S. 110. Innerhalb des Planungsprozesses vollzieht sich die eigentliche Planung (vgl. Wild (1974), S. 154; vgl. ebenfalls Abschnitt B.IV.2.1). Vgl. Wild (1974), S. 156 f. Für die Unterscheidung von Routine- und Innovationsproblemen vgl. Reihlen (1997), S. 64. Vgl. Wild (1974), S. 156.

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Neben den speziell bei der DB FV verwendeten Planungsverfahren (bspw. Fahrplanentwicklungsmethode1131) sowie den verwendeten Softwarelösungen als Planungsinstrumente (bspw. Visum, StEffi), die im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Handlungsspielräume und die Handlungsschnelligkeit untersucht werden können,1132 werden in der Literatur allgemeine Planungsverfahren diskutiert, die mit der Erzielung von Flexibilität in Verbindung gebracht werden. So wurde bereits auf die revolvierende Planung hingewiesen,1133 die aus einer kurzfristigen, fest geplanten Detailplanung und einer oder mehreren mittel- bis langfristig orientierten Grobplanungen besteht. Letztere werden in einem vorgegebenen Rhythmus überprüft, gegebenenfalls geändert und fortgeschrieben, bis sie selbst zu fest geplanten Detailplanungen werden. Der Bezug zur Flexibilität entsteht durch die regelmäßige Überprüfung der Ausgangsvoraussetzungen und der damit verbundenen Möglichkeit, Anpassungen vornehmen zu können.1134 Die Erstellung der Pläne erfolgt deduktiv, d.h. die kurz- und mittelfristigen werden aus den langfristigen Plänen abgeleitet.1135 Die langfristigen Pläne beinhalten zudem die kurzfristigen in vollem Umfang (Schachtelung).1136 Zur optimalen Ausgestaltung der Stufigkeit, Überarbeitungsrhythmik sowie der Detailgenauigkeit wird in der Literatur keine allgemeingültige Aussage getroffen. In Bezug auf Flexibilität kann lediglich festgehalten werden, dass bei einer hohen Umweltdynamik eine Erhöhung der Überprüfungs- und Anpassungsrhythmik zu einer höheren Flexibilität des PLS führt.1137 Ein weiteres, allgemein diskutiertes Planungsverfahren zur Erhöhung der Flexibilität stellt die flexible Planung dar.1138 Diese bezieht sich auf die Flexibilität der Pläne selbst bzw. auf die Anwendung von unterschiedlichen Plänen, die vorab erstellt worden sind und je nach eintretender Umweltsituation Anwendung finden (Eventualplanung). Die Modellierung erfolgt mittels eines Entscheidungsbaums.1139 Für zukünftige Perioden werden lediglich vorläufige Entscheidungen getroffen, womit die Möglichkeit einer Neuerstellung bei Vorliegen von zusätzlichen Informationen im Zeitablauf gegeben ist. Durch bestehende Eventualpläne wird im günstigsten Fall die Neuplanung überflüssig. Voraussetzung für die erfolgreiche Anwendung des Verfahrens ist die Einschätzung relevanter zukünftiger Umweltentwicklungen, für welche alternative Pläne entwickelt werden können. Dem Verfahren wird jedoch eine eher untergeordnete praktische Relevanz zugewiesen.1140 Dies aufgrund der Tatsache, dass es bei hoher Umweltkomplexität

1131

1132 1133 1134

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Für die Fahrplanentwicklungsmethode mit den zu entwickelnden Fahrplanständen für unterschiedliche Zeitscheiben und deren Aufgaben vgl. Abschnitt D.VI.4.1.5. Für die Charakterisierungsmerkmale der Flexibilität vgl. Abschnitt E.II.1.1. Für unsicherheitsreduzierende Verfahren der Planungsorganisation vgl. Abschnitt B.I.4. SCHNEEWEIß ordnet die revolvierende Planung ein zwischen einer starren und flexiblen Planung (vgl. Schneeweiß (1992), S. 98). Vgl. Macharzina / Wolf (2005), S. 438 f. Vgl. Macharzina / Wolf (2005), S. 438 f. Vgl. Wild (1974), S. 181. Für die Ausgestaltung der flexiblen Planung vgl. Hax / Laux (1972). Für die Funktionsweise von Entscheidungsbäumen vgl. bspw. Schneeweiß (1992), S. 102. Für die unterschiedlichen Nachteile des Verfahrens vgl. Scholl (2001), S. 158 f.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

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äußerst schwierig wird, eine hinreichend genaue Einschätzung von Entwicklungen durchzuführen und entsprechend eine hohe Anzahl an detaillierten, umsetzungsfähigen Plänen zu entwickeln. Hingegen kommt der damit verbundenen Entwicklung von alternativen langfristigen Szenarien, welche unter dem Stichwort der Szenariotechnik im Rahmen der strategischen Planung gefasst werden, eine weitaus höhere Bedeutung bei. Diese Technik führt nicht zur Entwicklung von alternativen detaillierten strategischen Plänen, sondern dient als Unterstützung eines kreativen Denkprozesses,1141 der die Entwicklung von Flexibilitätspotenzialen zur Folge haben kann. Dieser drückt sich dadurch aus, dass die Planer des Unternehmens in einen Dialog versetzt werden, da die Annahmen über die Zukunft der einzelnen Planungsträger offen gelegt und synthetisiert werden müssen.1142 Diesem Instrument kann daher flexibilitätsvorbereitende Wirkung zukommen. In Verbindung mit der Entwicklung von alternativen Umweltszenarien und der notwendigen frühen Festlegung auf einen Plan können weitere Verfahren herangezogen werden, die unter dem Oberbegriff der robusten Planung zusammengefasst werden. Anders als bei der flexiblen Planung, in welcher die entwickelten Pläne je nach Umweltsituation eingesetzt werden, wird ein Plan gewählt, der unter möglichst vielen Umweltszenarien noch akzeptable Ergebnisse liefert.1143 Diese Art der Planung ist bei ausgeprägter Unsicherheit und grundsätzlicher Risikoscheu der Entscheidungsträger besonders passend.1144 Die Auswahl eines „robusten“ Plans kann durch den Einsatz unterschiedlicher Verfahren herbeigeführt werden, deren Auswahl abhängig ist von der Verfügbarkeit von Informationen über die Ausprägung der Umweltzustände und dem Grad der persönlichen Risikoaversion der Planungsträger.1145 Als konkrete Anwendungsfälle der robusten Planung werden in der Literatur in der Regel mittel- bis langfristige Entscheidungsprobleme herangezogen, bei denen es sich insbesondere um strategische Investitionsplanungsfälle handelt. Auswahlverfahren zur robusten Planung werden zu1141

1142 1143

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So hält QUINN fest: „The essence of contingency planning is not in estimating which events will occur and planning for those in detail, but in anticipating what type and scale of resource buffers and organizational flexibility are needed to exploit likely futures effectively.” (Quinn (1980), S. 123). Vgl. Grant (2003), S. 493. Hierunter wird die Planungsrobustheit verstanden. SCHOLL bezieht diese auf Pläne für dynamische, zeitlich offene Systeme. Der zugrunde liegende Gesamtplan bzw. die Folge seiner Teilpläne werden innerhalb der revolvierenden Planung behandelt. Bei Plänen mit hoher Robustheit sind nur geringe Planmodifikationen erforderlich: Hierdurch wird der Plan unabhängig von der Umweltentwicklung, wodurch auch das planausführende System nur wenig flexibel zu sein braucht (vgl. Scholl (2001), S. 95). Vgl. Scholl (2001), S. 116. Zu denken ist hier an unterschiedliche Verfahren, die nach Kenntnis der Eintrittswahrscheinlichkeiten herangezogen werden können. Bei der Möglichkeit, Wahrscheinlichkeiten für den Eintritt differenzierbarer Umweltszenarien angeben zu können, eignen sich bspw. das ErwartungswertKritierum, die Auswahl durch Streuungs- oder Extremmaßen, das Fraktil- und AspirationsKriterium sowie Regret-Erwartungswert-Kriterien. Bei Ungewissheit, d.h. nicht vorliegenden Eintrittswahrscheinlichkeiten für unterschiedliche Umweltentwicklungen werden das Laplace-, das Maximin-, das Maximax- sowie das Hurwicz-Kriterium sowie die Minimax-Regret-Kriterien vorgeschlagen (vgl. Scholl (2001), S. 122 ff.)

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

dem in Planungsverfahren verbunden mit weiteren unsicherheitsreduzierenden Maßnahmen wie der Zeitaufschiebung von Entscheidungen.1146 Dieser Ansatz, der in der Literatur als die Methode des robusten ersten Schritts diskutiert wird,1147 basiert darauf, dass Entscheidungen möglichst spät getroffen werden, um so Informationsvorteile nutzen zu können. Gleichzeitig werden – soweit möglich – lediglich Teil- oder Anfangsentscheidungen (erster Schritt) getroffen,1148 bei deren Auswahl stets auf ein zukünftiges ausreichendes Flexibilitätspotenzial geachtet wird.1149 Darüber hinaus existieren weitere Verfahren, die durch unterschiedliche Modellierungsansätze bei der Auswahl zu robusten Plänen führen sollen.1150 Hinsichtlich der praktischen Anwendung dieser Verfahren kann jedoch davon ausgegangen werden, dass der Großteil dieser Verfahren aufgrund ihres eher abstrakten modelltheoretischen Charakters und der relativ hohen Anwendungskomplexität (bisher) kaum Verwendung in der Praxis gefunden hat. Im Zuge der hier angestrebten Betrachtung erscheint daher nicht so sehr ein Vergleich der Anwendung unterschiedlicher Planungsverfahren zur Auswahl eines robusten Plans relevant, als vielmehr die Sensibilisierung der Planungsträger für die Konsequenzen ihrer Entscheidungen bei unterschiedlichen Umweltentwicklungen sowie deren Risikoeinstellung. Dies hat zur Folge, dass für die Bewertungsdiskussion in erster Linie die von den Planungsträgern geäußerten Zielkriterien verwendet werden, die zur Auswahl von Investitionsentscheidungen herangezogen werden. Konkret bedeutet dies, ob unterschiedliche Umweltentwicklungen systematisch in die Investitionsplanung mit eingehen und ob die Planungsträger risikoscheu bei der Auswahl eines Plans sind und daher auf einen „robusten“ Plan abzielen. Formalisierung: Unter der Einzeldimension Formalisierung soll eine vereinheitlichende Festlegung von Planaufgabenerledigungsprozessen verstanden werden.1151 Dabei werden bei sich wiederholenden Entscheidungen zu befolgende Regeln für die Planungsträger entworfen. Hierdurch ergeben sich gleichförmige, routinisierte bzw. standardisierte Entscheidungsprozesse, die schriftlich in Form von Planungshandbüchern, Stellenbeschreibungen, Verfahrensschemata, Richtlinien, etc. fixiert werden.1152 Die Vorteile dieser Standardisierung und Formalisierung können in mehreren Punkten gesehen werden. So ist von einer Beschleunigung der Routineplanungen auszugehen, da Verantwortlichkeiten und gegebenenfalls auch Planlösungsansätze vorgegeben sind. Weiterhin ist bei vorgegebenen Entscheidungsprozessen die Nachvollziehbarkeit der (vorläufigen) Planergebnisse durch Dritte eher gewährleistet. Dies kann zu Vorteilen in etwaigen Plan-

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1152

Für Maßnahmen der Planungsgestaltung zur Reduktion der Unsicherheit vgl. Abschnitt B.I.4. Für die Methode des robusten ersten Schritts vgl. Gupta / Rosenhead (1968); Erweiterungen der Methode finden sich z.B. bei Delfmann (1989b). Im Gegensatz zur flexiblen Planung werden hierbei jedoch keine Eventualpläne aufgestellt. Für die Vorteilhaftigkeit der Verzögerung irreversibler Investitionen unter Ungewissheit vgl. Mayer (2001), S. 160. Für einen Überblick der Planverfahren zur robusten Planung vgl. Scholl (2001), S. 89 ff. In Anlehnung an Macharzina / Wolf (2005), S. 506; LAUX / LIERMANN verstehen unter Standardisierung die Steuerung durch generelle Regelungen (vgl. Laux / Liermann (1997), S. 167). Vgl. Macharzina / Wolf (2005), S. 507.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

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änderungen führen. Eine hohe Formalisierung drückt sich durch sehr detaillierte Regelungen aus, so dass den Planungsträgern ein fest vorgegebener Orientierungsrahmen für ihre Handlungen gegeben wird.1153 Den Vorteilen einer hohen Standardisierung stehen jedoch Nachteile in Bezug auf die Flexibilität gegenüber. Aufgrund des Versagens von detaillierten Vorgaben bei einer unerwarteten Umweltsituation bzw. bei einem Innovationsproblem können formalisierte Verhaltensvorgaben zu einer Erstarrung der Planungsträger führen. Eine Überreglementierung führt tendenziell zu fehlender Eigeninitiative des Einzelnen,1154 wodurch potenziell vorhandenes Flexibilitätspotenzial nicht ausgeschöpft werden kann und sich zudem tendenziell Planungsprozesse verlängern oder aber kreatives Potenzial bei der Ausübung oder Genehmigung von routinemäßig durchzuführenden Planungsaufgaben gebunden wird, welches sich eher mit dem Aufbau von Flexibilitätspotenzial beschäftigen könnte. Daher sollte – statt auf eine höhere Formalisierung – stattdessen auf einen Abbau an Regeln zugunsten einer höheren Regelungsqualität bzw. eine Vorgabe von Eckwerten gesetzt werden.1155 Projektarbeit: Projekte werden in der Regel initiiert, um eine zeitlich, sachlich und unter Umständen auch räumlich begrenzte, zumeist komplexe und einmalige Aufgabenstellung außerhalb der normalen Linienorganisation zu bearbeiten.1156 Projekte verlangen zumeist aufgrund der Bearbeitung komplexer Routine- oder Innovationsprobleme1157 nach Lösungskompetenzen, die sich abseits der vorgegebenen Formalisierung der routinemäßig durchgeführten Aufgabenstellung bewegen. Bei der Besetzung der Projekte wird häufig eine starke Personenorientierung vollzogen, so dass die von ihren Qualifikationen als geeignet empfundenen Mitarbeiter Teil des Teams werden.1158 Durch die Besetzung von Mitarbeitern unterschiedlicher Abteilungen können durch deren bestehende Kontakte Informationsaustauschbeziehungen schneller vollzogen werden, zudem bestehen größere Spielräume zur Selbstorganisation.1159 Außerdem können durch die Teilnahme an Projekten die Qualifikationen der Projektmitglieder vergrößert werden, wodurch sich deren Handlungsbereitschaft erhöht. Zudem sind Auswirkungen auf die Unternehmenskultur zu beobachten, und durch die Rückkehr der Projektmitglieder in ihre Linienposition ergibt sich ein Transfer der individuellen Lernerfahrungen in die Organisation.1160

1153 1154 1155 1156

1157

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Vgl. Bursee (1999), S. 116. Vgl. Thielen (1993), S. 168. Vgl. Thielen (1993), S. 225. Vgl. Delfmann (1995b), Sp. 2184; für Charakteristika von Projektplanungen vgl. Hahn / Hungenberg (2001), S. 26 u. 767 f. Routineprobleme zeichnen sich dadurch aus, dass die Lösung des Problems kein neues Wissen voraussetzt. Ein komplexes Routineproblem beinhaltet jedoch umfangreich zu erhebende Ausgangsinformationen, so dass ein Ermessensspielraum in dem Problemlösungsprozess zu sehr unterschiedlichen Gestaltungsmaßnahmen führen kann. Ein Innovationsproblem hingegen benötigt zur Lösung einen Prozess der Gewinnung und Umsetzung von neuem Problemlösungswissen. Für eine Klassifizierung von Problemtypen in der Planung vgl. Reihlen (1997), S. 61 ff. Vgl. Bursee (1999), S. 114. Vgl. Bursee (1999), S. 114. Vgl. Bursee (1999), S. 115 f.

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Informationsbasis & Kontrolle: Die Informationsbasis bezeichnet die Gesamtheit und die Verteilungsstruktur der verfügbaren Informationen.1161 Die Verteilungsstruktur gibt an, welche Planungsträger über welche Art von Informationen bzw. welche Informationsmenge verfügen sollen. Die Informationsbasis stellt neben erhobenen und dokumentierten Daten zudem das nichtdokumentierte Wissen der am Planungsprozess beteiligten Personen dar. Da nichtdokumentiertes Wissen jedoch nur schwer in einem Unternehmen genutzt bzw. verteilt werden kann, erklären sich hieraus einige Schwierigkeiten für deren optimale Nutzung. Die verfügbaren Informationen sowie deren Verteilung auf die am Planungsprozess beteiligten Personen erlaubt erst das Durchführen von Kontrollen. Diese stellen bei einer hohen Ungewissheit über die Unternehmensumwelt eine notwendige Bedingung für die Durchführung der Planung dar.1162 Durch die Kontrolle können damit vorhandene Flexibilitätspotenziale erst genutzt werden. Wie bereits eingeführt lassen sich unterschiedliche Kontrollarten klassifizieren (Prämissen-, Planfortschritts-, Ergebniskontrollen), die zudem gemäß ihrer hierarchischen Reichweite (strategische und operative Kontrolle) unterschieden werden können.1163 Das Zusammenspiel von vorliegenden Informationen und der Durchführung der Kontrollfunktion (Kontrollart und Kontrollrhythmik) entscheidet über die potenzielle Schnelligkeit von Plananpassungen.1164 In der Literatur wird für unterschiedliche, zeitliche Reichweiten der Planungsstufen vorgeschlagen, eine unterschiedliche Rhythmik der Überprüfung vorzunehmen, ohne jedoch „konkrete Entscheidungskriterien für die Auswahl einer geeigneten Rhythmenkombination“1165 noch für die Stufigkeit des PLS angeben zu können. Aussagen reduzieren sich daher häufig z.B. darauf, dass ein langfristiger Plan nur dann geändert werden sollte, wenn die jährliche Kontrolle der Prämissen und Zwischenergebnisse wesentliche Änderungen erkennen lässt.1166 Die Überarbeitung der Pläne unterschiedlicher Planungsstufen richtet sich weiterhin nach Kriterien wie dem resultierenden Arbeitsaufwand zur Änderung der Planung.1167 Die strategische Frühwarnung ist ein weiteres informationsverarbeitendes Verfahren, welches eingesetzt werden soll, um wichtige Veränderungen der Umwelt mit einem Einfluss auf das Unternehmen zu identifizieren. Diese Verfahren sollen spezifische Informationen produzieren, die vorhandene Gefährdungen und Risiken für das Unternehmen darstellen, jedoch noch nicht allgemein als solche erkannt werden.1168 Dabei können verschiedene Ansätze herangezogen werden, die auf eine Identifikation von Trends für unterschiedliche Umweltdimensionen (zumeist der unmittelbar unterneh1161 1162 1163 1164

1165 1166 1167 1168

Vgl. im Folgenden Wild (1974), S. 155. Vgl. Schreyögg / Steinmann (1985), S. 396. Für eine Unterscheidung der unterschiedlichen Kontrollarten vgl. Abschnitt D.VI.5.1.2. Dieser Aspekt wurde bereits im Rahmen der revolvierenden Planung (Verfahren und Instrumente) in diesem Unterkapitel thematisiert. Wild (1974), S. 179. Vgl. Wild (1974), S. 179. Vgl. Wild (1974), S. 180. Vgl. Hammer (1988), S. 175.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

215

mensbezogenen Umwelt und dem weiteren Umfeld) abzielen.1169 Die Bereitstellung dieser Informationen wirkt positiv auf die strategische Flexibilität, da sich der Zeithorizont erhöht, der genutzt werden kann, um handeln oder aber die als notwendig erachteten Flexibilitätspotenziale erst noch aufbauen zu können. 2.

Planungsintegrität als Anforderung an das Planungssystem

Ebenso wie die Flexibilität lässt sich auch die Planungsintegrität für das PLS durch Gestaltungsansätze herbeiführen, die unterschiedlichen Dimensionen zugeordnet werden können. Das PLS wurde für den Zweck der Flexibilitätsanalyse in die personelle, die strukturelle und die prozessuale Dimension eingeteilt. Anhand dieser Differenzierung soll nun versucht werden, auch die in der Literatur diskutierten Ansatzpunkte zur Erreichung der Planungsintegrität den Einzeldimensionen zuzuordnen. Im Vergleich zu dem multidimensionalen Konstrukt der Flexibilität erstreckt sich die Planungsintegrität hingegen nicht auf alle der eingeführten Einzeldimensionen. 2.1

Eigenschaften der Planungsintegrität

Die Anforderung der Planungsintegrität wurde charakterisiert als die Notwendigkeit, dass die Planung ein geschlossenes, in ihren Teilbereichen aufeinander abgestimmtes System bilden muss.1170 Planungsintegrität verlangt die Planung sämtlicher Unternehmensbereiche und –variablen, da zumeist sachliche, zeitliche sowie hierarchische Querverbindungen bzw. Interdependenzen bestehen.1171 Die Planungssystemanalyse zeigte die Komplexität der Leistungserstellung mit vorhandenen Querverbindungen bzw. Abstimmungsnotwendigkeiten innerhalb des Geschäftsfelds und zum Konzern. Dabei konnte insbesondere die vorhandene Ressourceninterdependenz aufgezeigt werden, die sich durch die Verplanung von Zügen und Trassenkapazitäten in unterschiedlichen Teilplanungen ergibt, ebenso wie die Koordination mit anderen Netzteilnehmern.1172 Je höher die Interdependenzen der beteiligten internen Organisationseinheiten untereinander sind, desto integrierter, also umso abgestimmter hat die durchzuführende Planung zu erfolgen. Die Erfüllung der Planungsintegrität ist gleichzusetzen mit dem Idealbild einer integrierten Unternehmensplanung, die nach dem theoretischen Ideal einer Simultanplanung strebt.1173 Aufgrund der menschlichen Rationalität und der damit verbundenen Unmöglichkeit, diese Simultanplanung zu erreichen, ist in der betrieblichen

1169 1170

1171 1172

1173

Für eine Darstellung unterschiedlicher Verfahren vgl. Liebl (1996), S. 26 ff. Vgl. Koch (1982), S. 19 ff.; Hahn / Hungenberg (2001), S. 81 f; ähnlich bereits bspw. unter dem Stichwort der Koordination als Ausrichtung auf ein Gesamtziel (vgl. Albach (1969), S. 20). Vgl. Mag (1995), S. 130. Eine Ressourceninterdependenz besteht durch das Verplanen von Zügen und Trassenkapazitäten zwischen den Abteilungen Netz- und Kapazitätsmanagement (vgl. Abschnitt D.VI.4.1) und der Produktion (vgl. Abschnitt D.VI.4.2) sowie durch eine Ressourceninterdependenz und einer daraus resultierenden Abstimmung zum SPNV (vgl. Abschnitt D.VI.4.2.1.2). Vgl. Mag (1995), S. 133.

216

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Praxis jedoch eine Konzentration auf die wesentlichen Entscheidungsbereiche vorzunehmen.1174 Neben einer Diskussion der Planungsintegrität in der planungsspezifischen Literatur als Abstimmung zwischen den einzelnen Funktionsbereichen wird diese Abstimmung ebenfalls in der controllingrelevanten Literatur unter dem Oberbegriff der Koordination1175 diskutiert.1176 Die Ziele der Koordination als auch der Planungsintegrität können zusammenfassend darin gesehen werden, eine Verteilung von knappen gemeinsamen Ressourcen nach einer einheitlichen Rangordnung auf die Teilbereiche der Planung durchzuführen, die Teilbereiche der Planung auf das Gesamtziel des Unternehmens auszurichten und die vorhandenen Interdependenzen aufgrund innerbetrieblicher Leistungsverflechtung zu erfassen und zu bewerten.1177 2.2

Dimensionen von Planungssystemen mit Bezug zur Planungsintegrität

2.2.1

Strukturdimension

Die strukturelle Dimension umfasst die vier Einzeldimensionen Aufgabenwahrnehmung, Ressourcenbereitstellung, Spezialisierungsgrad sowie die De-/Zentralisierung. Während die ersten drei keinen direkten Anknüpfungspunkt zur Planungsintegrität erkennen lassen, steht das Ausmaß an Zentralisierung von Entscheidungen (De-/Zentralisierung) in direktem Zusammenhang mit der Anforderung der Planungsintegrität. Eine absolute Zentralisierung äußert sich in einer Entscheidungsbefugnis nur auf höchster Unternehmensebene, die ebenfalls die Ziele des Unternehmens vorgibt. Da Planungsintegrität als eine Abstimmung unterschiedlicher Teilbereiche interpretiert wurde, muss ein PLS mit einer hohen Zentralisierung als ein gut abgestimmtes PLS gelten, da zwangsläufig nur Entscheidungen getroffen werden, die die Ziele der obersten Unternehmensleitung bzw. des Unternehmens widerspiegeln. Hieraus folgt gleichzeitig, dass ein sehr dezentrales Entscheidungssystem Probleme in der Planungsintegrität hervorrufen kann. Je dezentraler die Entscheidungen getroffen werden, umso schwieriger erscheint die Gewährleistung, dass sie auch untereinander abgestimmt und insgesamt auf die Ziele des Unternehmens ausgerichtet sind und dass die dezentral getroffenen Entscheidungen die knappen Ressourcen des Unternehmens optimal beanspruchen. Zur Gewährleistung einer abgestimmten Planung trotz einer hohen Dezentralität in der Entscheidungsfindung können jedoch besondere Instrumente (vgl. prozessuale Dimension)1178 herangezogen werden.

1174 1175

1176 1177 1178

Vgl. Rollberg (2001), S. 21. Unter Koordination kann allgemein die Ausrichtung arbeitsteiliger Aufgabenerfüllung auf ein gemeinsames, übergeordnetes Ziel verstanden werden (vgl. bspw. Gutenberg (1962), 68 f.). Vgl. bspw. Horváth (1994), S. 112; Küpper (1995), S. 25. In Anlehnung an Albach (1981), S. 293 ff.; Frese (1989), S. 913 ff.; Mag (1995), S. 130. Vgl. Abschnitt E.II.2.2.3.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

2.2.2

217

Personelle Dimension

Auf Mikroebene lassen sich zwei Anknüpfungspunkte identifizieren, die zu einer Steigerung von Planungsintegrität beitragen. So können zum einen die bereits erwähnten Führungsgrundsätze als ein Instrument zur Gewährleistung des konformen Verhaltens der Führungskraft und damit der Abstimmung auf die Unternehmensziele gesehen werden.1179 Hinsichtlich der im Rahmen der Flexibilitätsdebatte angesprochenen Vergütungsstrukturen kann ebenfalls eine Steigerung der Planungsintegrität bewirkt werden. Dies gilt für den Fall, dass durch eine Gestaltung des Bewertungssystems die Einzelziele für den Planungsträger so definiert werden, dass sie positiv mit den Unternehmenszielen verknüpft sind.1180 Auf Makroebene wurde die Unternehmenskultur als eine die Flexibilität indirekt beeinflussende Größe eingeführt. Während die Forderung der Flexibilität auf eine Auflockerung einer starken Unternehmenskultur gerichtet war, hat gerade die spiegelbildliche Ausgestaltung, nämlich das Vorhandensein einer starken Unternehmenskultur, positiven Einfluss auf die Planungsintegrität. Starke Unternehmenskulturen weisen eine hohe Koordinationswirkung auf und können den einzelnen emotional auf die Ziele und Werte der Gemeinschaft bzw. des Unternehmens ausrichten.1181 Ebenso wirkt eine starke Unternehmenskultur als eine „gegenseitige bekräftigende Verpflichtung auf zentrale Werte“1182, die von der Unternehmensleitung vorgegebenen werden können und damit der Planungsintegrität förderlich sind. 2.2.3

Prozessdimension

Die prozessuale Dimension besitzt die größten Anknüpfungspunkte zur Steigerung der Planungsintegrität. Alle der im Rahmen der Flexibilitätsdebatte eingeführten Einzeldimensionen weisen direkte Anknüpfungspunkte auf. Dies ist insofern verständlich, da diese Dimension als direkt den Planungsprozess betreffend charakterisiert wurde und Planungsintegrität insbesondere auf die Art und Weise des Vollzugs der Planung gerichtet ist. Projektarbeit: Projekte wurden als Möglichkeit dargestellt, eine schnellere Umsetzung von Planungen als innerhalb der normalen Linienorganisation durchzuführen.1183 Bei der projektspezifischen Aufbauorganisation werden häufig Mitarbeiter unterschiedlicher Abteilungen und unterschiedlicher hierarchischer Ebenen eingesetzt, so dass eine solche Besetzung die Verteilung von projektspezifischen Informationen in die jeweiligen Abteilungen sowie auf unterschiedlicher hierarchischer Ebene fördert.1184 Hierdurch kann

1179

1180 1181 1182 1183 1184

Für eine Einordnung der Führungsgrundsätze als ein Instrument zur Gewährleistung der Abstimmung vgl. Küpper (1995), S. 25. Vgl. Abschnitt E.II.1.2.2. Vgl. Smircich (1983), S. 345 f. Mag (1995), S. 187. Vgl. Abschnitt D.V.1.4 sowie Abschnitt E.II.1.2.3. Vgl. Bursee (1999), S. 115 f.

218

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

die Projektarbeit auch als ein Mittel zur Steigerung der Planungsintegrität aufgefasst werden. Verfahren und Instrumente: Verfahren und Instrumente zur Erzielung bzw. Steigerung von Planungsintegrität werden in der Managementliteratur wie auch in der controllingrelevanten Literatur häufig unter dem Obergriff der Koordination diskutiert.1185 Die hier eingesetzten Instrumente können verschiedenartig klassifiziert werden. Ein Klassifizierungsansatz bezieht sich auf die Art der vorhandenen Interdependenzen. Für die Abstimmung der unterschiedlichen Teilpläne mit vorhandener horizontaler Interdependenz, bei denen also die Teilplanungen im Verhältnis der Gleichordnung stehen (bspw. Beschaffungs-, Produktions- und Absatzplanung), und vertikaler Interdependenz, bei der eine Über- bzw. Unterordnung der Teilpläne besteht (bspw. Personalplanung und Personalentwicklungsplanung), werden unterschiedliche Koordinationsinstrumente vorgeschlagen. Darüber hinaus wurde bei Einführung dieser Einzeldimension auf die unternehmensspezifischen Verfahren und Instrumente hingewiesen, die einen Einfluss auf die Flexibilität ausüben. Gleiches gilt für die Planungsintegrität, da durch die Ausgestaltung der unternehmensspezifischen Planungsverfahren mit abteilungs- und hierarchiestufenübergreifender Beteiligung eine unterschiedlich gute Abstimmung dieser Abteilungen und Hierarchieebenen möglich ist. Daher sollen auch Probleme im Zusammenhang mit unternehmensspezifischen Verfahren und Instrumenten, die im Rahmen der durchgeführten Planungssystemanalyse deutlich geworden sind, mit aufgegriffen werden. Bei horizontaler Interdependenz erfolgt eine zentrale Koordination der kurzfristigen Planung durch Finanzpläne, Budgets sowie Kennziffern.1186 Da die Budgetierung in ihrer Aussagekraft üblicherweise die finanzwirksamen Rechengrößen von Finanzplänen übersteigt,1187 soll an dieser Stelle lediglich die planungsintegritätssteigernde Wirkung der Budgetierung behandelt sowie die Wirkung von Kennziffern aufgegriffen werden. Die Funktionsweise der Budgetierung wurde bereits vorgestellt.1188 Durch dieses Instrument versucht die Unternehmensleitung die Unterinstanzen durch periodenweise Vorgabe von Plangrößen zu steuern sowie die Erfüllung der beschlossenen Planung nach Planerfüllung zu kontrollieren (Budgetkontrolle).1189 In der Regel besitzt das erste Geschäftsjahr Verbindlichkeitscharakter für die unteren Instanzen, während weitere sogenannte Rahmenpläne für die übrigen Jahre des Budgetierungszeitraums lediglich als Orientierungsrichtlinien für die eigenverantwortlichen Detailplanungen der Geschäftsbereichsleitungen dienen.1190 Die Budgetkontrolle erhöht den Verbindlichkeitscharakter der Budgetvorgaben weiter, da nach Ablauf des Budgetjahres Plan-Ist-Vergleiche durchgeführt werden und etwaige erhebliche Diskrepanzen gegenüber der Unternehmensleitung 1185

1186 1187 1188 1189 1190

Für einen Überblick der Koordinationsinstrumente des Controllings vgl. Küpper (1995), S. 25 und Klee (1997), S. 33; vgl. ebenfalls Abschnitt D.VI.5.1.4 für die von der Controlling-Abteilung verantworteten Koordinationsinstrumente. Vgl. Mag (1995), S. 134. Vgl. Mag (1995), S. 137. Vgl. Abschnitt D.V.1.3. Vgl. Koch (1982), S. 55 f. Vgl. Koch (1982), S. 58.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

219

zu rechtfertigen sind.1191 Neben einer Abstimmung der Planung auf gesamtunternehmensbezogener Ebene erfolgt durch die Budgetierung ebenfalls eine Abstimmung der einzelnen Funktionsabteilungen untereinander,1192 da bereichsinterne Abstimmungen über die Produktion sowie außerordentliche Maßnahmen getroffen werden müssen.1193 Kennziffern stellen von der Unternehmensleitung vorgegebene Zielgrößen dar, die von den Geschäftsfeldern sowie Abteilungen angestrebt werden müssen. Beispiele für derartige Kennziffern sind Deckungsbeitragsgrößen, ROI-Kennziffern sowie Liquiditätskennzahlen und Arbeitsproduktivitäten.1194 Durch Vorgabe dieser Größen sind die hierarchisch unteren Ebenen angehalten, geeignete Maßnahmen zur Zielerreichung zu wählen. Die Koordination durch Kennziffern weist jedoch das inhärente Problem auf, dass es sich nur um einen quantitativen Gesichtspunkt handelt, der zudem manipuliert werden kann und zumeist aus vergangenheitsorientierten Daten abgeleitet wird, deren Relevanz für zukünftige Planungen fraglich erscheint.1195 Koordinationsinstrumente bei Vorliegen von vertikaler Interdependenz, also hierarchischen Abhängigkeitsbeziehungen, stellen Planabstimmungsverfahren sowie Genehmigungsvorbehalte dar. Die hierarchische Unternehmensplanung zeichnet sich durch die Delegation von Detailplanungen an Unterinstanzen aus, um so die zeitlich begrenzten Ressourcen der Unternehmensleitung für die Ausarbeitung und Verabschiedung der Strategien des Unternehmens zu verwenden und das Wissen der Planungsträger zu nutzen. Eine Ausnahme von dieser Regelung kann für Detailplanungen getroffen werden, die von der Unternehmensleitung als besonders wichtig erachtet werden. Diese Möglichkeit kann in der Form eines Genehmigungsvorbehalts geschaffen werden. Ein solcher sieht vor, dass die unteren Instanzen für bestimmte Probleme Entscheidungen vorbereiten und bereits eine Vorentscheidung treffen und die Unternehmensleitung diese Vorentscheidung dann zu genehmigen hat.1196 Die Abgrenzung, wann ein bestimmtes Planungsproblem an einen Genehmigungsvorbehalt gekoppelt ist, fällt bei quantifizierbaren Größen leicht und lässt sich dort standardisieren. So kann bspw. festgelegt werden, ab welcher Investitionshöhe die Unternehmensleitung oder Aufsichtsräte in die Entscheidung involviert werden müssen.1197 Als weiteres Koordinationsinstrument gilt das eingesetzte Planabstimmungsverfahren. Dieses beschreibt die Methode der Entschei-

1191 1192

1193 1194 1195 1196

1197

Vgl. Koch (1982), S. 58 f. So werden Budgetsysteme eine Koordinationswirkung der unterschiedlichen Teilbereiche zugeschrieben, die sich insbesondere auf den mittelfristigen Zeitraum beziehen (vgl. Delfmann (1989a), S. 104). Vgl. Koch (1982), S. 59. Vgl. Mag (1995), S. 146. Vgl. Mag (1995), S. 146. Weitere Arten des Genehmigungsvorbehalts bestehen in dem unterschiedlichen Umfang der Entscheidungsvorbereitung. Zusätzlich zu der Möglichkeit der Entscheidungsvorbereitung und Vorentscheidung durch die Unterinstanz kann die Unterinstanz bspw. lediglich die unterschiedlichen Möglichkeiten aufzeigen. Die Entscheidung für eine der Möglichkeiten obliegt dann der Unternehmensleitung. Weiterhin kann die Unternehmensleitung sowohl Entscheidungsvorbereitung als auch die Willensbildung selbst vornehmen (vgl. Koch (1982), S. 61). Vgl. Koch (1982), S. 62.

220

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

dungsfindung und kann in drei grundsätzliche Möglichkeiten unterschieden werden, der Bottom-Up-Methode, der Top-Down-Methode sowie der Gegenstrommethode.1198 Eine Koordinationswirkung ist jedoch lediglich bei der Gegenstrommethode gesichert,1199 so dass diese auch überwiegend bei den Unternehmen eingesetzt wird. Als ein Ansatz zur übergreifenden Koordination der unterschiedlichen hierarchischen Ebenen wird seit Ende der 90er Jahre der Balanced Scorecard in Wissenschaft und insbesondere in der Praxis große Beachtung geschenkt.1200 Weiterhin können Koordinationsinstrumente der langfristigen Planung identifiziert werden. Dies sind zum einen die Formulierung von Zielen sowie die Ausarbeitung von Strategien,1201 die dann häufig ihren Weg durch die bereits erläuterten Unternehmensleitbilder sowie durch Veröffentlichung von strategischen Stoßrichtungen z.B. in den Geschäftsberichten in das Bewusstsein der Planungsträger finden sollen. Als weiteres langfristiges Koordinationsinstrument gelten Planbilanzen, die die zukünftigen oder zu erwartenden Entwicklungen des Unternehmens und hier speziell die Vermögenssituation systematisch gedanklich vorwegnehmen.1202 Formalisierung: Die Formalisierung der Planung wird für wiederkehrende Probleme verwendet und fordert von den beteiligten Planungsträgern somit ein, vorgeschriebene Prozesse und Instrumente zur Problemlösung zu verwenden sowie den Output ihrer planerischen Tätigkeit zu dokumentieren. Die vorgegebenen Routinen in Form von Prozessen und Instrumenten werden von den oberen Unternehmensführungsorganen autorisiert und sollten daher i.d.R. bei Einführung auf die Ziele des Unternehmens ausgerichtet sein sowie Interdependenzen zu anderen Teilbereichen berücksichtigen. Hierbei ist davon auszugehen, dass bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen der Planung durch eine höhere Detailliertheit der Vorschriften eine höhere Planungsintegrität erzielt werden kann. Da sich diese Rahmenbedingungen im Zeitverlauf jedoch ändern und sich die Ansprüche an standardisierte Verfahren und vorgegebene Regelungen hierdurch ebenfalls verändern, sind auch der Grad und die Art der Formalisierung in regelmäßigen Kontrollen zu überprüfen. Als spezifische Ausprägung dieser Dimension lässt sich der von KOCH angegebene Erlass einheitlicher Richtlinien über die Planungsmethode als spezifische Integrationsmaßnahme anführen.1203 Unter dem Oberbegriff dieses Erlasses versteht KOCH die zeitlichen und sachlichen Richtlinien, die für die Planung von der Unternehmensleitung vorgegeben werden und häufig in einem Planungshandbuch zusammengefasst sind. Hierunter fällt bspw. das zeitliche Gerüst der unterjährigen Unternehmensplanung oder die Bestimmung von Verrechnungspreisen oder Kostengrößen.

1198 1199 1200 1201 1202 1203

Vgl. Macharzina (1999), S. 326 f.; Mag (1995), S. 166 ff.; Wild (1974), S. 191 ff. Vgl. Mag (1995), S. 169. Vgl. bspw. Kaplan / Norton (1996); vgl. ebenfalls Abschnitt D.VI.5.1.4. Vgl. Mag (1995), S. 151. Vgl. Mag (1995), S. 152. Vgl. Koch (1982), S. 61.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

221

Informationsbasis & Kontrolle: Voraussetzung für eine abgestimmte Planung ist eine zentrale Ermittlung sowie einheitliche Verwendung von sogenannten „Grunddaten“ innerhalb des Unternehmens.1204 Diese einheitliche Verwendung soll zu einer Konsistenz der Teilpläne führen, da diese die gleichen Daten für die künftige Ausprägung und Entwicklung verwenden. Diese Grunddaten können branchen- und unternehmensspezifisch zusammengestellt sein und sich auf alle Umweltdimensionen beziehen (bspw. Veränderung der Gesetzgebung, Veränderung der Bevölkerungsanzahl und –struktur, Rohstoffverfügbarkeit und Entwicklung der Rohstoffpreise)1205. Die Rückkopplung gilt als Kontrollart mit besonderer Bedeutung für die Planungsintegrität,1206 da sie unterschiedliche hierarchische Teilbereiche miteinander verknüpfen soll. Als Beispiel für eine hierarchische Rückkopplung von der operativen auf die generelle Zielplanung kann im konkreten Fall die fehlende Bereitstellung von Schienenfahrzeugen (z.B. aufgrund von Unfällen) herangezogen werden, die dann eine Rückkopplung in Form einer Revidierung der Umsatzziele auf der generellen Zielplanungsebene nach sich ziehen könnte. 3.

Zusammenhang der Anforderungen und Anwendung des Bezugsrahmens

Die vorangehenden Abschnitte haben grundlegende Wirkungsbeziehungen zur Steigerung von Flexibilität und Planungsintegrität aufgezeigt. Diese waren jeweils auf eine isolierte Verbesserung der jeweiligen Anforderungserfüllung einer Dimension gerichtet, ohne Auswirkungen auf andere Anforderungen zu berücksichtigen. Bei den Ausführungen zu den Einzeldimensionen zeigte sich jedoch, dass vorgestellte Maßnahmen bzw. Ausgestaltungen des PLS gegenläufige Effekte in Bezug auf die Anforderungserfüllung der Flexibilität und der Planungsintegrität aufweisen. Einige dieser Gestaltungsempfehlungen bewirken zwar eine Verbesserung in Bezug auf eine Ausprägung, führen jedoch gleichzeitig zu einer Verschlechterung der anderen. Dieser Zusammenhang tritt bei drei der zehn Einzeldimensionen auf. So wird eine höhere Dezentralisierung (strukturelle Dimension) zwar mit einer Steigerung der Flexibilität in Verbindung gebracht, gleichzeitig steigt das Risiko für mögliche Koordinationsprobleme und damit auch das Risiko, keine abgestimmte Planung zu haben.1207 Weiterhin wurde aus den bisherigen Ausführungen deutlich, dass ein höherer Grad an Formalisierung (prozessuale Dimension) zwar tendenziell zu einer Erhöhung der Planungsintegrität führt, dieser Vorteil jedoch zu Lasten der Flexibilität erkauft wird, da die einzuhaltenden Regelungen zu einer Reduktion der Handlungsschnelligkeit sowie des Handlungsspielraums führen können.1208 Weiterhin wurde aufgezeigt, dass bei der Unternehmenskultur unterschiedliche Ausgestaltungen eine Steigerung der Flexibilität und Planungsintegrität bewirken. Diese Wirkungsbeziehungen gelten für diese Dimensionen ebenso in umgekehrter Richtung, so dass bspw. eine höhere Zentralisierung tendenziell zu höherer Planungsintegrität bei niedrigerer Fle1204 1205 1206 1207 1208

Vgl. Koch (1982), S. 54. Für einen Überblick an möglichen Grunddaten vgl. Koch (1982), S. 55. Vgl. ebenfalls Abschnitt D.VI.4.1.5. Vgl. Abschnitt E.II.1.2.1 und E.II.2.2.1. Vgl. Abschnitt E.II.1.2.3 und E.II.2.2.3.

222

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

xibilität führt. Die übrigen Dimensionen weisen entweder keinen direkten Zusammenhang auf (strukturelle Dimension: Spezialisierungsgrad, Ressourcenbereitstellung und Aufgabenwahrnehmung) oder sind positiv miteinander korreliert (prozessuale Dimension: Informationsbasis & Kontrolle, Projektarbeit, Verfahren & Instrumente; personelle Dimension: Mikro). Damit wird hinsichtlich der Bewertung der Anforderungserfüllung des PLS deutlich, dass in einem Großteil der vorgeschlagenen Einzeldimensionen bei der Gestaltung keine Entscheidung in Richtung Flexibilität oder Planungsintegrität getroffen werden muss. Bei der Frage über das Maß an De- / Zentralisierung sowie der Formalisierung der Planung tritt jedoch ein Zielkonflikt auf. Dabei sollte letztlich angestrebt werden, eine Ausgestaltung des PLS in Bezug auf Flexibilität und Planungsintegrität so in Einklang zu bringen, dass weder die negativen Effekte einer zu geringen Flexibilität durch eine zu hohe Regelungsdichte und / oder zu geringe Entscheidungshoheit noch die negativen Konsequenzen einer zu geringen Planungsintegrität mit möglichen notwendigen Neuplanungen oder suboptimalen finanziellen Ergebnissen überwiegen. Gleichzeitig sind Interdependenzen zwischen den Einzeldimensionen in Bezug auf eine bestimmte Anforderung zu berücksichtigen, so dass die Gestaltungsempfehlungen nicht losgelöst von einer Abstimmung der Dimensionen untereinander erfolgen können. Es nützt bspw. wenig, wenn eine hohe personelle Flexibilität für einen strategischen Flexibilitätsaufbau existiert, deren Wirkung aber durch stark restringierende, strukturelle Organisationspotenziale eingeschränkt wird. Die Bewertung des PLS hat sich daher darauf zu fokussieren, durch die empirische Analyse Defizite herauszuarbeiten, die in Zusammenhang mit den Anforderungen stehen. Die eingeführten drei Dimensionen des PLS sollen im Folgenden als Bezugsrahmen für die Analyse der Flexibilität (strategische / operativen Flexibilität und Robustheit) sowie der Planungsintegrität genutzt werden. Ausgehend von der strukturellen Dimension, die den wesentlichen Handlungsspielraum und damit einen großen Teil des Flexibilitätspotenzials für die DB FV festlegt, werden im Anschluss die Defizite im Bereich der personellen Dimension aufgezeigt. Dabei wird herausgearbeitet, wie die Planungsträger die gegebenen Freiräume ausnutzen. Zuletzt wird die prozessuale Dimension betrachtet, die den Vollzug der Planung näher analysiert. Wie herausgestellt, äußert sich die Gestaltungsmöglichkeit im Hinblick auf Robustheit in Bezug auf die Auswahl von robusten Plänen in der prozessualen Dimension. Die Planungsintegrität wird bei den für die Planungsintegrität relevant herausgestellten Dimensionen erörtert, während die operative und strategische Flexibilität stets mit betrachtet wird. Im Anschluss werden dann in einer Gesamtbewertung des PLS die Interdependenzen der einzelnen Dimensionen mit berücksichtigt.1209

1209

Vgl. Abschnitt E.I.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

III.

223

Bewertung der Anforderungserfüllung des Planungssystems

Ausgangspunkt der Planungssystemanalyse der DB FV waren Unsicherheiten hinsichtlich Entwicklungen der externen Unternehmensumwelt sowie die hohe Komplexität in der Leistungserstellung. Weiterhin konnten externe Restriktionen aufgezeigt werden, die bereits eine Flexibilitätseinschränkung für das PLS bedeuten. Diese externen Restriktionen wurden zum einen in Form von rechtlichen Regelungen zur Trassenanmeldung herausgearbeitet. Im deutschen Raum wurden bindende Mindestvorlaufzeiten zur Trassenanmeldung von acht, respektive elf Monaten für nationale und internationale Verkehre dargestellt.1210 Dies führt dazu, dass selbst ein vorhandenes operatives Flexibilitätspotenzial zur Änderung des erzeugten Fahrplankonzepts in diesem Planungshorizont nicht wirksam eingesetzt werden kann. Außerdem wurde auf die langen Vorlaufzeiten für die Beschaffung von neuen Schienenfahrzeugen hingewiesen,1211 die i.d.R. ebenfalls nicht in dem Einflussbereich der DB FV liegen und so auch zu einer Einschränkung der strategischen Flexibilität führen. Diese sowie weitere externe Einschränkungen bzw. Rahmenbedingungen (bspw. Sicherheitsvorschriften, Finanzierung des Bundes) werden bei der Bewertung des PLS als Rahmenbedingungen für die Ausübung von Flexibilität angenommen. So soll die Bewertung lediglich die direkt oder indirekt beeinflussbaren Gestaltungsoptionen des PLS betreffen. Handlungsschnelligkeit wurde als eine wesentliche Eigenschaft der Flexibilität eingeführt. Vor dem Hintergrund der oben dargestellten langen Planungshorizonte von SPFVU ist auch diese Handlungsschnelligkeit zu sehen. So sind die Aktionszeit und die Wirkzeit von eingeleiteten Maßnahmen in der Schienenverkehrsindustrie deutlich länger als in anderen Industrien.1212 Daher sind für die Ausübung von operativer Flexibilität Zeithorizonte bis 1,5 Jahre vor Fahrplaneinführung für die Anpassung von Plänen ohne eine durchzuführende Potenzialänderung1213 relevant, da dies immer noch den regulären Planungsrhythmus zur Erzeugung von marktorientierten Fahrplankonzepten unterschreitet. 1.

Bewertung im Bereich der strukturellen Dimension

1.1

Aufgabenwahrnehmung

Hinsichtlich der Aufgabenwahrnehmung lässt sich festhalten, dass ein SPFVU routinemäßig ein breites Spektrum an planerischen Aufgaben übernehmen muss, um seine Dienstleistung am Markt zu platzieren.1214 Gleichwohl ergeben sich durch die unter-

1210 1211 1212 1213

1214

Vgl. Abschnitt C.IV.4.2.3 sowie Abschnitt D.VI.4.2.1.2. Vgl. Abschnitt C.IV.4.4 sowie Tabelle D-5 auf S. 121. Für die unterschiedlichen Komponenten der Handlungsschnelligkeit vgl. Abschnitt E.II.1.1. Potenzialänderungen werden hier der strategischen Flexibilität zugerechnet (vgl. Abbildung D-1 auf S. 84). Für einen Überblick der unterschiedlichen Bestandteile der Leistungserstellung, die grundsätzlich unterschiedliche Planungsfelder bedingen vgl. Abschnitt C.IV.3.1 sowie spezifisch für die DB FV vgl. Abbildung B-5 auf S. 25.

224

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

schiedlichen Unternehmenstypen1215 und die bestehenden Leistungsverflechtungen zwischen den SVU (Fern- und Nah- sowie Güterverkehr) und den Infrastrukturbetreibern unterschiedliche Möglichkeiten der Ausgestaltung der Planungen, die die Wertschöpfung beider Bereiche betreffen. Bereits im Grundlagenteil wurde herausgestellt, dass SPFVU von integrierten Bahnunternehmen den Infrastrukturplanungsprozess in der Regel begleiten1216 und hierdurch sehr lange Planungshorizonte aufweisen werden.1217 Obwohl eine Begleitung der Infrastrukturplanung eine Beeinflussung der Ressourcenallokation der staatlichen Subventionen ins Schienenverkehrsnetz zugunsten der DB FV bewirken kann und dem Geschäftsfeld hierdurch Vorteile gegenüber dem Wettbewerb erwachsen können, sind hiermit gleichfalls negative Konsequenzen verbunden. Da die DB Netz für ihr Schienenverkehrsnetz verantwortlich ist und auch die durchzuführenden Infrastrukturinvestitionen verantwortet,1218 stellt die Begleitung der Infrastrukturplanung durch die DB FV eine zusätzliche, nicht originäre Aufgabe für deren PLS dar und bedeutet so eine strategische Flexibilitätseinschränkung. Diese wird zum einen ausgelöst durch die Bindung von Managementressourcen an diese Aufgabe,1219 zum anderen führte das Aussprechen von Infrastrukturwünschen bereits früh zu bindenden Entscheidungen für das Geschäftsfeld. Bei der Investition in neue Infrastruktur oder bei Ausbau bestehender Strecken wurde häufig eine einzuhaltende Frequenz für auf der Strecke liegende Bahnhöfe bereits Jahre vor Indienststellung der Infrastruktur vereinbart.1220 In Zeiten zunehmender Unsicherheit, wie dies für die europäischen SPFVU aufgrund bestehender Deregulierung auf den internationalen Verkehrsmärkten der Fall ist, sind Unternehmen jedoch bestrebt, ihre Planungshorizonte insgesamt zu verkürzen und nur die unmittelbar notwendigen Entscheidungen zu treffen, so dass diese zusätzliche Planungsaufgabe dem entgegensteht.1221 Neben der flexibilitätseinschränkenden Wirkung durch die zusätzliche Begleitung der Infrastrukturplanung zeigte die Analyse, dass die Abstimmungen mit der DB Regio hinsichtlich der Ausschreibungsunterstützung eine zusätzlich nicht unmittelbar notwendige Aufgabe darstellen. Diese ließen bisher den gewünschten Erfolg für die DB FV vermissen, da trotz enger Abstimmung in der Regel die DB Regio in der Vergabe von Nahverkehrsleistungen keine Vorteile verzeichnet.1222 Da diese Abstimmungen für einen relativ langen Planungshorizont (bis 5 Jahre vor Fahrplaneinführung)1223 durchgeführt 1215 1216 1217

1218 1219 1220

1221

1222 1223

Für einen Überblick der unterschiedlichen Unternehmenstypen vgl. Abschnitt C.IV.1. Vgl. Abschnitt C.V. Für die Planungshorizonte aufgrund von Schieneninfrastrukturplanungen vgl. Abschnitt D.VI.3.2. Die Planungshorizonte zwischen einer Begleitung der Infrastrukturplanung gegenüber einem Verzicht hierauf führen bei Planungen hinsichtlich Neubaustrecken zu Unterschieden von rund fünf Jahren (vgl. Tabelle D-3 auf S. 60). Vgl. Abschnitt D.II.4.2. Vgl. Abschnitt E.II.2.2.1. Für die Verpflichtungen der DB FV gegenüber dem Bund und den Ländern vgl. Abschnitt C.IV.4.2.3. Durch eine Verkürzung der Planungshorizonte werden die verwendeten Informationen sicherer (vgl. Scholl (2001), S. 140). Vgl. Abschnitt D.VI.4.1.2.5. Vgl. Abschnitt D.VI.4.1.4.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

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werden, sind durch die Erstellung der Pläne sowie mögliche zusätzliche Planungsrunden bei sich verändernden Rahmenbedingungen Ressourcen gebunden. Die Abstimmungen mit der DB Regio, zur Gewinnung von Ausschreibungen ist daher in Bezug auf Flexibilität negativ zu beurteilen, wohingegen eine koordinative Abstimmung zwischen der DB FV und der DB Regio im Hinblick auf die gewonnenen Ausschreibungen bzw. mit den Bestellerverbänden hinsichtlich der Netzbenutzung in dem Zeitraum vor Fahrplaneinführung (tendenziell ≤ 3 Jahre) als vorteilhaft für die Fahrplanerstellung angesehen werden können. 1.2

Ressourcenbereitstellung

Bei der Analyse der personalbezogenen Ressourcenbereitstellung zeigte sich, dass betriebsbedingte Kündigungen bei der DB AG bis zum Jahr 2010 für Tarifmitarbeiter, von denen ein Teil ebenfalls planerische Aufgaben ausfüllt, nicht möglich sind. Ebenfalls bewirkt der Zwang, Besetzungen von planungsrelevanten Stellen fast ausschließlich DBintern durchzuführen, eine Beschränkung des planerischen Ressourcenpools. Hierdurch ergeben sich flexibilitätseinschränkende Wirkungen auf strategischer Ebene. Eine kurzfristige Erhöhung der Problemlösungskapazität lässt sich durch temporäre Arbeitsverhältnisse bewirken. Diese Möglichkeit, unterschiedliche Unternehmensberatungen, den DB-internen Job-Service sowie Trainees und Praktikanten für Fragestellungen unterschiedlicher hierarchischer Tragweite einzusetzen, wird von der DB FV intensiv in Anspruch genommen und ist daher positiv in Bezug auf die strategische und operative Flexibilitätswirkung zu beurteilen.1224 Die Ressourcenzuteilung auf die unterschiedlichen Abteilungen sollte gemäß dem Stellenwert durchgeführt werden, der dieser Aufgabe im Rahmen des Leistungserstellungsprozesses zukommt sowie der Möglichkeit, eine Beteiligung geeigneter Planungsträger an der Aufgabe vorzunehmen. Werden Personalressourcen in Abteilungen vorgehalten, die diese Bedingungen nicht erfüllen, stellen sie nicht-notwendigen organisatorischen Ressourcenüberhang (Slack) dar, der beseitigt werden sollte, um einem Unternehmen neue Handlungsspielräume zu eröffnen.1225 Allgemein weisen Bahnunternehmen im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern einen hohen Anteil an OverheadKosten auf.1226 Diese Kosten können neben verwaltungstechnischen Aufgaben ebenfalls planungsrelevanten Aspekten zugeordnet werden. Hierdurch ist davon auszugehen, dass in den Jahren nach Ablauf des Beschäftigungspakts im Jahr 2010 weiterhin Potenzial für eine Reduktion von Mitarbeiterstellen in planungsrelevanten Bereichen gegeben ist. Dieses Potenzial besteht aufgrund der durch Regulierung überdimensionierten Organisationsstrukturen sowie dem technischen Fortschritt, welcher zu einer Automati-

1224 1225

1226

Vgl. Abschnitt D.VI.4.4.1. Ähnlich BURSEE hinsichtlich der Ressourcenzuteilung bei öffentlichen Verwaltungen (vgl. Bursee (1999), S. 161). Vgl. Aberle (2003), S. 277.

226

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

sierung ehemals manueller Planungsaufgaben führt.1227 Hinsichtlich der relativen Ressourcenzuteilung der Abteilungen untereinander äußerten bei verschiedenen Interviews Befragte Zweifel über die Höhe der Ressourcenausstattung der Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement. Hierbei wurde bemängelt, dass trotz einer hohen Ausstattung an Planungsträgern entweder erarbeitete Fahrplankonzepte aufgrund mangelnder technischer Realisierbarkeit komplett wieder zurückgezogen wurden oder sich in realisierten Fahrplankonzepten qualitative Mängel zeigten und so aufwändige Abstimmungsprozesse zwischen den Abteilungen durchgeführt werden mussten.1228 1.3

Spezialisierungsgrad

Die DB FV nutzt in ihrer Planung zur operativen Leistungserstellung spezialisierte Planungsträger, die in der Regel jedes Jahr die gleichen Planungsaufgaben ausüben (bspw. Umlaufplaner für die Mehrjahresumlaufplanung sowie für die Jahresumlaufplanung; Planer für die strategische Fahrplanerstellung sowie die kurzfristige Fahrplanerstellung). Im Rahmen der durchgeführten Betrachtung wurde herausgearbeitet, dass der Fahrplanerstellungsprozess auf zwei Abteilungen aufgeteilt wurde, die auf die marktorientierte Erstellung (Netz- und Kapazitätsmanagement) und die produktionsorientierte Erstellung (Produktion) spezialisiert sind. Dabei weisen viele Aufgaben der marktorientierten Fahrplanerstellung engen Bezug zu der Fahrlagenplanung auf, so dass die Planung insgesamt eine hohe Spezialisierung aufweist. Diese Spezialisierung wird durch die Natur der Planungsaufgaben begünstigt, die eine hohe Einarbeitungszeit bedingen. Diese wird notwendig, da ein Großteil der Informationen zur Netzinfrastruktur nicht als schriftlich dokumentiertes Wissen vorliegt, sondern die Planungsträger erst durch die Arbeit Erfahrungswissen erwerben müssen.1229 Einhergehend mit dieser Spezialisierung haben sich jedoch in der Vergangenheit Schnittstellenprobleme zwischen den einzelnen Abteilungen gezeigt,1230 insbesondere wenn Änderungen an den Fahrplankonzepten nach den regulären Übergabefristen erfolgen sollten. Die Schnittstellenprobleme, die in Zusammenhang mit dem Spezialisierungsgrad gebracht werden können, ergaben sich hauptsächlich durch Verständnisschwierigkeiten der Planungsträger für die Aufgaben der anderen Abteilung. So konnten bspw. die Planer der Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement nicht den Aufwand für unterschiedliche Änderungen an den Fahrplankonzepten für die Fahrlagen- und Umlaufplaner der Produktionsabteilung einschätzen. Änderungsnotwendigkeiten an den Fahrplankonzepten nach Übergabe der Verantwortlichkeiten für das Fahrplankonzept von der Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement an die Produktionsabteilung entstanden hier bspw. durch die

1227

1228

1229

1230

Ein Beispiel stellt die Reduktion von Mitarbeitern durch den Einsatz der Softwarelösung Carmen im Bereich der Personaleinsatzplanung der Zugführer und Borddienste dar (vgl. Abschnitt D.VI.4.4.3). Die geäußerte Kritik an der Abteilung kann jedoch auch ein Indiz für Verständnisschwierigkeiten der Planungen der anderen Abteilung verstanden werden (vgl. Abschnitt E.III.1.3). Für die Spezifika der zugrunde liegenden Planungsdaten vgl. Abschnitt D.VI.4.1.1 und D.VI.4.2.1.1. Für auftretende Schnittstellenprobleme zwischen den Abteilungen vgl. Abschnitt D.VI.4.2.4.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

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kurzfristige Vorgabe der Unternehmensleitung, Kosten gegenüber der kommunizierten Planung der Mifri zu reduzieren und z.B. Kapazität in Form der gefahrenen Zkm zu reduzieren. Weiterhin kann als Beispiel für eine Änderungsnotwendigkeit der Fahrplankonzepte eine kurzfristig nicht fertig gestellte Schieneninfrastruktur gelten sowie nicht gelieferte neue Schienenfahrzeuge. Durch die auftretenden Abstimmungsprobleme waren wiederholte Iterationen in der Planung notwendig, die zudem womöglich zu einem besseren Ergebnis geführt hätten, wenn dieses Verständnis für die Aufgabeninhalte der anderen Abteilung vorhanden gewesen wäre. Damit ergibt sich insgesamt für diese strukturelle Dimension eine suboptimale Ausgestaltung im Hinblick auf die operative Flexibilität, da die Handlungsschnelligkeit maßgeblich reduziert wird, als auch auf die Planungsintegrität, da keine optimale Abstimmung dieser Bereiche gegeben ist.1231 1.4

De- / Zentralisierung

Der Autonomiegrad der DB FV gegenüber dem Konzern wurde bei der Untersuchung der gesamtunternehmensbezogenen Planung analysiert. Hier wurde herausgearbeitet, dass das Geschäftsfeld stark von den Vorgaben der Konzernleitung beeinflusst ist und die generelle Zielplanung durch den Konzern vorgegeben wird.1232 Die Geschäftsfeldplanung und hierin die Ausarbeitung von entsprechenden Programmen kann jedoch relativ eigenständig durchgeführt werden. Sie muss jedoch zur Genehmigung dem Konzernvorstand vorgelegt werden.1233 Daher wurde die Art der Geschäftsfeldplanung als Hybrid zwischen zentraler und dezentraler Strategieentwicklung charakterisiert, womit eine gewisse strategische Flexibilität zur Anpassung von Strategien und Programmen vorhanden ist. Diese Flexibilität wird durch die vorhandenen Genehmigungsvorbehalte seitens der Konzernleitung und der Investitionsausschüsse reduziert, da die DB FV zum einen eine Ablehnung vorgeschlagener Maßnahmen durch diese Gremien befürchten muss;1234 zum anderen werden durch die Vorbereitung der Sitzungen, die zudem einen festen terminlichen Turnus aufweisen und daher in der Regel nicht sehr kurzfristig angesetzt werden können, Zeitverzögerungen in der Durchsetzung von strategischen Entscheidungen bewirkt.1235 So kann der organisatorischen Erscheinungsform der Holdingstruktur und der

1231

1232 1233 1234

1235

Am Ende der empirischen Analysephase im Jahr 2006 wurde ein Prozess initiiert, der auf eine Reduktion der auftretenden Abstimmungsprobleme zielte, jedoch noch nicht im laufenden Planungsprozess beobachtet werden konnte (vgl. Abschnitt E.IV). Für die Einschränkungen bei der generellen Zielplanung der DB FV vgl. Abschnitt D.VI.2. Vgl. Abschnitt D.V.1.5. Im Grundlagenteil wurde die vergleichsweise höhere Freiheit von SPFVU herausgestellt, die keine organisatorischen Beziehungen zum Infrastrukturbetreiber aufweisen und damit voraussichtlich langfristige Infrastrukturprozesse nicht begleiten werden und die Konsequenzen ihrer Strategien auf den wirtschaftlichen Erfolg der Schieneninfrastrukturbetreiber nicht in dem Maße in Betracht zu ziehen brauchen, wie dies ein SPFVU als Teil eines integrierten Konzerns muss (vgl. Abschnitt C.V). Da Investitionsausschüsse ebenfalls aus Vertretern des Geschäftsbereichs Infrastruktur bestehen und die Unternehmensleitung eine Maximierung des Gesamtunternehmenswerts anstrebt, können Vorschläge der DB FV in diesen Gremien abgelehnt werden. Vgl. Pousttchi (2001), S. 179.

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Ausgestaltung der Planungsprozesse in Bezug auf den Konzern insgesamt nur eine mittlere strategische Flexibilitätswirkung beigemessen werden.1236 Innerhalb des Geschäftsfelds sowie des Unternehmensbereichs war traditionell eine tiefe hierarchische Staffelung zu erkennen,1237 die einherging mit langen Abstimmungsverfahren. Dabei wurde herausgestellt, dass seit der Bahnstrukturreform Änderungen vorgenommen und Hierarchieebenen abgebaut wurden,1238 wodurch eine Beschleunigung der Entscheidungsprozesse erwartet wurde. Die gleichzeitige Komplexitätssteigerung durch den erhöhten Koordinationsbedarf der Geschäftsfelder innerhalb des Unternehmensbereichs bspw. ausgelöst durch Koordinationsbedarf über Trassenbelegungswünsche zwischen DB Regio und DB FV wurde weitestgehend ohne einen festen formalisierten Regelprozess durch Selbstabstimmung auf verschiedenen hierarchischen Ebenen zwischen den Geschäftsfeldern vollzogen.1239 Nach wie vor lassen sich jedoch noch immer schwerfällige und langwierige Abstimmungswege zwischen den Hierarchieebenen und den einzelnen Abteilungen des Geschäftsfelds identifizieren.1240 Entsprechende Maßnahmen zum Hierarchieabbau und zur Stärkung der Eigenverantwortlichkeit scheinen nach Aussage bahninterner Interviewpartner häufig u.a. aufgrund protektionistischer Handlungen zur Wahrung des eigenen Einflussbereichs der einzelnen Abteilungen schwierig durchzusetzen zu sein, so dass hier Flexibilitätsdefizite auf operativer und strategischer Ebene auftreten, dabei aber gleichzeitig eine relativ hohe Planungsintegrität zu beobachten ist. 2.

Bewertung im Bereich der personellen Dimension

In diesem Abschnitt wird die Ausgestaltung der personell-handlungsbezogenen Ebene untersucht. Hierbei wird der Frage nachgegangen, welche Qualifikationen die einzelnen Planer besitzen und inwieweit die Ausgestaltung der vorhandenen Vergütungsstrukturen Anreize zum Aufbau von individueller Flexibilitätsbereitschaft fördert. Weiterhin wird auf Makroebene die Unternehmenskultur als Mittel zur Planungsintegritäts- bzw. Flexibilitätssteigerung aufgegriffen. 2.1

Mikroebene

Während im Rahmen der Diskussion auf struktureller Ebene über den Spezialisierungsgrad die Verteilung von Planungsaufgaben innerhalb der Organisation diskutiert wurde, wird in der personellen Dimension das vorhandene Qualifikationsprofil der einzelnen Mitarbeiter betrachtet. Hier ist die Frage zu beantworten, wie qualifiziert diese Mitarbeiter sind, um auch andere als die ihnen zugewiesenen Planungsaufgaben erfüllen zu

1236 1237 1238 1239

1240

Vgl. Mayer (2001), S. 209. Für die Kritik bürokratischer Organisationsstrukturen allgemein vgl. Bursee (1999), S. 163. Vgl. Abschnitt D.IV. Für die Abstimmungsprozesse zwischen der DB FV und der DB Regio bei Fahrplankonzepten vgl. Abschnitt D.VI.4.1.2.5. Diese Aussage beruht auf den Ausführungen der Befragten in Interviews und persönlichen Erfahrungen des Autors als teilnehmender Beobachter.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

229

können. Durch die stärker ausgerichtete ökonomische Zielsetzung des Geschäftsfelds muss in Zukunft das gleiche Aufgabenspektrum von einer sehr viel geringeren Anzahl an Planungsträgern erbracht werden als bisher, so dass zumindest gegenüber der Zeit vor der Bahnreform insgesamt eine höhere Einsatzflexibilität eingefordert wird.1241 Die Beurteilung der momentan verfügbaren Qualifikationsprofile der eingesetzten Planungsträger ist aufgrund der Vielfalt der auszuführenden Aufgaben sowie der schwierigen Beurteilung der persönlichen Qualifikationen nur tendenziell über geeignet erscheinende Indikatoren möglich. Dabei kann der Anteil der Planungsträger mit höherem Bildungsabschluss (Universitätsabschluss oder Promotion) als Indikator für ein höheres Flexibilitätspotenzial herangezogen werden. Hier weist die DB FV für die Stellen mit planungsrelevantem Hintergrund einen hohen Anteil an Universitätsabsolventen auf.1242 Ebenso sollen die Weiterbildungsmaßnahmen zu einer Weiterentwicklung der Qualifikationen der Mitarbeiter führen. Hier nehmen die Planungsträger gezielte Weiterbildungsangebote der DB Training und der DB Akademie in Anspruch.1243 Ein weiterer Indikator für die Qualifikation der Planungsträger liegt in dem Akquisitionspotenzial für neue Mitarbeiter.1244 Dieses wird neben den für Planungsträger objektiv wahrgenommenen Möglichkeiten der ausgeschriebenen Stellen wesentlich mit beeinflusst von dem Unternehmensimage der DB AG. Dieses führt nach unternehmensinternen Angaben noch immer zu Problemen in der Akquisition von neuen Mitarbeitern, da in der Öffentlichkeit der DB AG nach wie vor das negative Image einer „Behördenbahn“ anhaftet.1245 Hierdurch verschließt sich der DB FV jedoch der Zugang zu Leistungsträgern mit hohem Flexibilitätspotenzial. Diese strukturellen Wettbewerbsnachteile in der Akquisition müssen durch zusätzliche monetäre Anreize oder besondere Entwicklungsperspektiven für die Mitarbeiter ausgeglichen werden. In den vergangenen Jahren wurde gerade von Planungsträgern auf den hierarchisch oberen Ebenen der geplante Börsengang1246 und damit die weitere Entwicklung der DB AG sehr positiv eingeschätzt, so dass hier zahlreiche Personen aus dem Top-Management großer Konzerne wie EADS und Lufthansa gewonnen werden konnten, die eine Herausforderung darin sahen, die staatliche Bahn zu einem privaten Unternehmen zu entwickeln.1247 Ein im Jahr 2006 seitens der Politik diskutierter Wegfall der Börsenpläne hätte dann jedoch zu einem Weggang vieler dieser Manager geführt, denen durch ihre Qualifikationen ein breites Spektrum an Möglichkeiten offensteht.1248 So lässt sich für das Qualifikationspotenzial festhalten, dass

1241

1242 1243 1244 1245 1246 1247 1248

Gleichzeitig reduziert sich für einige Planungsaufgaben die notwendige Qualifikation der Planungsträger durch Automation der Abläufe (vgl. Abschnitt D.VI.4.4.3). Hierbei handelt es sich um eine bahninterne Aussage. Vgl. Abschnitt D.VI.4.4.1. Vgl. Bursee (1999), S. 169. Vgl. Abschnitt D.VI.4.4.1. Vgl. Abschnitt D.II.1. Vgl. Krummheuer / Stratmann (2006). So befindet eine Führungskraft des Unternehmens über die potenziellen Abwanderer: „Das sind doch Menschen mit Perspektiven. Die haben bei uns angeheuert, weil sie den spannenden Prozess der Teilprivatisierung begleiten wollten“ (Krummheuer / Stratmann (2006)).

230

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dieses tendenziell auf den oberen Managementebenen als sehr hoch anzunehmen ist und damit ein hohes Potenzial an strategischer Flexibilität existiert, sich jedoch auf den mittleren bis unteren Planungsträgerebenen Probleme bei der Gewinnung geeigneter Personen ausmachen lassen, welche durch monetäre Anreize erst überwunden werden müssen. Die Führungskräfteentwicklung versucht, die potenziellen Führungskräfte zu identifizieren sowie deren Qualifikationen gezielt weiter zu entwickeln. Die DB AG wendet für die Führungskräfte sowie für alle weiteren hierarchischen Ebenen des Unternehmens das volle Spektrum an Weiterbildungsmöglichkeiten an und führt eine sehr differenzierte jährliche Beurteilung und Entwicklung ihrer Führungskräfte durch,1249 so dass hier eine positive Wirkung auf das strategische Flexibilitätspotenzial angenommen werden kann. Die angesprochene positive Wirkung von Horizontalbewegungen der Führungskräfte auf das vorhandene Flexibilitätspotenzial wird durch die organisatorische Verknüpfung zur DB AG bzw. den anderen Geschäftsfeldern begünstigt, so dass prinzipiell eine gute Möglichkeit besteht, innerhalb des großen Unternehmens durch formale Ausschreibungen oder informelle Kontakte eine solche Horizontalbewegung zu vollziehen und dem Unternehmen erhalten zu bleiben. Bei den Anreizmechanismen für die Planungsträger der DB AG können zumindest einige flexibilitätssteigernde Elemente ausgemacht werden. Bei einem Großteil der Stellen besteht eine anforderungsorientierte Vergütung, so dass hier lediglich ein eingeschränkter Anreiz besteht, das eigene Flexibilitätspotenzial zu erweitern. Durch die Klassifizierung der Mitarbeiter in unterschiedliche hierarchische Ebenen, zwischen denen zumindest eine eingeschränkte Durchlässigkeit gegeben ist, wird dieser Anreiz noch gefördert. Die Vergütungsstrukturen von Führungskräften beinhalten einen variablen Bestandteil, der an die persönliche Zielerreichung geknüpft ist sowie an die Unternehmensziele. Im Vergleich zu anderen Unternehmen bewegt sich der relative Anteil gegenüber dem Fixgehalt jedoch noch eher im unterdurchschnittlichen Bereich.1250 Daher muss das Flexibilitätspotenzial ebenso wie das Planungsintegritätspotenzial dieser Mechanismen durch Verknüpfung der Vergütung mit den Unternehmenszielen noch als begrenzt angenommen werden. Durch Führungsleitbilder wird versucht, den Führungsstil zu harmonisieren. Bei den hier vermittelten Grundwerten wird sowohl die Flexibilität als auch das Eingehen von Risiken herausgestellt,1251 welchem ebenfalls eine flexibilitätssteigernde Wirkung zugeschrieben wurde. Jedoch scheinen diese kommunizierten Werte noch nicht mit der tatsächlichen Realität im Geschäftsfeld überein zustimmen.1252

1249

1250 1251 1252

Für die unterschiedlichen Weiterbildungsmöglichkeiten von Führungskräften vgl. Hahn (2006a), S. 340 ff. Hierbei handelt es sich um eine bahninterne Aussage. Vgl. Abschnitt D.VI.1. Vgl. Abschnitt E.III.2.2.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

2.2

231

Makroebene

Die vorangegangene Analyse zeigte eine Unternehmenskultur im Wandel auf.1253 Die DB FV bzw. deren Normen und Werte sind noch stark geprägt von der Unternehmenshistorie als Teil eines ehemaligen Staatsunternehmens. Diese Werte versucht die Unternehmensleitung dahingehend zu verändern, als dass sie in ihren Unternehmensleitbildern Werte wie Kundenzufriedenheit, persönliche Flexibilität und Risikobereitschaft als Grundwerte des Unternehmens herausstellt. Dabei kann angenommen werden, dass es sich bei diesen vorgegebenen Grundwerten noch nicht um die tatsächlich gelebten Werte handelt, sondern um die angestrebten.1254 Ebenfalls scheinen noch viele kulturelle Merkmale verwurzelt zu sein, die aus der Zeit als Staatsunternehmen stammen und dadurch mit Merkmalen in Verbindung gebracht werden können, die öffentlichen Verwaltungen zugeordnet werden. Hier sind Verhaltensmerkmale anzutreffen, die bspw. eine enge Orientierung des Führungs- und Mitarbeiterverhaltens an Verfahrensregeln betonen. Ebenso werden Verfahrenskontrollen gegenüber Ergebniskontrollen bevorzugt. Zugleich sind Sanktionen bei Fehlern gegenüber positiven Konsequenzen für den einzelnen Mitarbeiter bei guten Arbeitsergebnissen vorherrschend.1255 Eine Verwaltungskultur zeigt ebenfalls die Charakteristika einer der von CAMERON / QUINNs vorgeschlagenen kulturellen Typen, der Hierarchiekultur.1256 Eine solche Hierarchie-Kultur zeichnet sich durch ein hohes Stabilitäts- und Kontrollempfinden sowie eine Orientierung nach innen aus, während Flexibilität und Marktorientierung hier eher nicht zu finden ist. Gleichzeitig wurden seit der Bahnreform erhebliche Anstrengungen unternommen, eine Abkehr von diesen alten Werten zu vollziehen. Neben den bereits erwähnten Unternehmensleitbildern wurden weitere der eingeführten Instrumente eingesetzt, die eine Abkehr von den traditionellen Werten symbolisieren sollten.1257 Beispielsweise wurden einige der Abteilungs- und Bereichsleiter, die bereits lange vor der Bahnreform dem Unternehmen angehörten und nicht für die neuen Unternehmenswerte eintraten, auf weniger einflussreiche Positionen versetzt. Gleichzeitig kann hier die Einstellung von Unternehmensberatern auf gehobener Managementebene neben dem Zuwachs an Qualifikationen ebenfalls als Zeichen einer gewünschten Unternehmenskulturänderung gedeutet werden. Der Führungsstil dieser Mitarbeiter wird stark beeinflusst sein von ihren bisherigen Erfahrungen hinsichtlich der Führung in Strategieberatungen, welche sich nach CAMERON / QUINN durch eine hohe

1253 1254

1255 1256

1257

Vgl. Abschnitt D.VI.1. Für die Verwendung von Leitbildern zur Beeinflussung der Unternehmenskultur vgl. Abschnitt E.II.1.2.2. Vgl. Bursee (1999), S. 178. So wurde das von CAMERON / QUINN vorgeschlagene Analyseraster (vgl. Cameron / Quinn (1999), S. 23 ff.) im Rahmen einer Studie über die Ausprägung der Unternehmenskultur in deutschen Verwaltungen von VOLLMER verwandt, der zu dem Ergebnis kommt, dass die befragten Führungskräfte von einer starken Hierarchiekultur in der deutschen Verwaltung ausgehen (vgl. Vollmer (2005), S. 219 ff.). Vgl. Abschnitt E.II.1.2.2.

232

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Flexibilitäts- und Marktorientierung auszeichnen.1258 Bei der DB FV besteht momentan ein Großteil der Führungskräfte aus Mitarbeitern, die ihre Karriere im Unternehmen erst nach der Bahnreform begonnen haben und aus den erwähnten Strategieberatungen sowie von gehobenen Positionen anderer Unternehmen kamen.1259 Daher kann im Geschäftsfeld eine ungleichmäßige Verteilung der kulturellen Werte angenommen werden. Während auf der einen Seite ein Großteil der Führungskräfte diesen kulturellen Werten wie Flexibilität und Marktorientierung tendenziell positiv gegenüber eingestellt sein müssten, sind viele der regulären Planungsträger noch von den alten Unternehmenswerten geprägt, da sie entweder vor der Bahnreform im Geschäftsfeld begannen oder aber bei dem Unternehmen aufgrund der in der Öffentlichkeit empfundenen Unternehmenskultur tätig werden wollten. Die Unternehmenskultur kann aufgrund dieser zwiespältigen Situation nicht als tatsächlich starke Kultur beschrieben werden.1260 Zusammengenommen ergibt sich damit auch für die Flexibilität eine gewisse Diskrepanz. Auf der einen Seite sind Ansatzpunkte eines sehr flexibilitätsorientierten Führungsstils zu erkennen, auf der anderen Seite tragen die übrigen Mitarbeiter diesen nicht vollständig mit oder sind überfordert mit den ihnen abverlangten Änderungen und verweigern sich diesen.1261 Daher werden die Führungskräfte im Gegenzug ebenfalls ihren Führungsstil anpassen.1262 Durch diese Situation muss auch die Auswirkung auf die Planungsintegrität als nur eingeschränkt erfüllt charakterisiert werden. 3.

Bewertung im Bereich der prozessualen Dimension

Bei der Beurteilung der Anforderungserfüllung der prozessualen Dimension steht die Frage im Vordergrund, inwiefern die vorhandenen Planungsprozesse und die dort eingesetzten Instrumente das durch die strukturelle und personelle Dimension bereit gestellte Flexibilitätspotenzial abrufen können. 3.1

Informationsbasis und Kontrolle

Die geeignete Ausgestaltung der Informationsbasis und die Verwendung von Kontrollmechanismen wurden gleichermaßen mit einer Steigerung von Flexibilität und Planungsintegrität in Verbindung gebracht. Bei der Analyse des PLS wurden die auf unterschiedlichen hierarchischen Ebenen verwendeten Planungsdaten herausgearbeitet.1263 Die institutionalisierten Kontrollmechanismen dienten zur Anpassung der Planung wie auch zur Verbesserung zukünftiger Planungsergebnisse.1264 1258 1259 1260

1261 1262 1263

1264

Vgl. Cameron / Quinn (2006), S. 43. Vgl. Abschnitt E.III.2.1. Für die Charakteristika einer starken bzw. schwachen Unternehmenskultur vgl. Abschnitt E.II.1.2.2. Hierbei handelt es sich um eine bahninterne Aussage. Vgl. Abschnitt E.III.2.1. So wurden die zur Strategieentwicklung verwendeten Informationen der Umwelt- und Unternehmensanalyse charakterisiert (vgl. Abschnitt D.VI.3.1), ebenso wie die von den Abteilungen verwendeten Planungsdaten (vgl. Abschnitt D.VI.4.1.1 für die Planungsdaten zur Fahrplanerstellung, Abschnitt D.VI.4.2.1.1 für die Planungsdaten der Fahrlagen- und Umlaufplanung). Für die Anwendung unterschiedlicher Kontrollarten vgl. Abschnitt D.VI.5.1.2.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

233

Bei der Beurteilung dieser Einzeldimension lässt sich festhalten, dass die DB FV großen Wert auf eine institutionalisierte Datenerhebung und –verarbeitung sowie auf die Ausgestaltung von Kontrollmechanismen legt. Ein Großteil der notwendigen Informationsbasis wird aufgrund der Art der Leistungserstellung mit festgelegten Planungsparametern (bspw. Fahrzeiten, Schienenfahrzeugdaten, etc.) bereits vorgegeben und in standardisierten Prozessen erhoben oder von anderen Geschäftsfeldern oder externen Institutionen geliefert. Gleiches gilt für einen Großteil der Daten, die in der strategischen Planung (bspw. Entwicklung BSP, Nachfrageprognosen, etc.) verwendet werden. Die bereits durchgeführten Planungen werden zudem durch alle gängigen Kontrollarten überprüft (Prämissen-, Planfortschritts-, Ergebniskontrollen). Die Durchführung dieser Kontrollen wie auch die Erhebung und die Bandbreite der Planungsdaten zeugt von einem sehr ausgeprägten Kontroll- und Informationsbedürfnis, welches bereits bei der Analyse der Unternehmenskultur deutlich wurde.1265 Trotz dieses hohen Stellenwerts der Kontrolle und der Informationsbasis lassen sich einige Probleme in der Ausgestaltung identifizieren. Obwohl durch die jährlichen Planungsrunden Überarbeitungen bis zu einem fünfjährigen Planungshorizont vollzogen werden, ergaben sich in der Vergangenheit Probleme in der Ausgestaltung der strategischen Kontrolle bzw. der Rückkopplung. Hier traten Defizite bei der Erstellung und Entwicklung der Fahrplankonzepte auf. Wie im Rahmen der Planungssystemanalyse gezeigt, entwickelt die Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement marktorientierte Fahrplankonzepte bis zu einem Zeithorizont von 15 Jahren.1266 Die Entwicklung von Fahrplankonzepten geschieht sukzessive über die Entwicklung eines sogenannten strategischen Fahrplankonzepts, auf dem alle weiteren zu entwickelnden Fahrplankonzepte aufbauen und schrittweise von einer Stufe zur nächsten entwickelt werden. Während die wesentlichen Planungsprämissen (Fahrzeiten, Kostensätze, etc.) im Zeitablauf zwar verändert werden und sich dadurch Veränderungen in den Fahrplankonzepten ergeben können, wurden in der Vergangenheit häufig jedoch keine Änderungen dieser Fahrplankonzepte aufgrund von erkannten Problemen der unmittelbaren Fahrplangestaltung (betriebliche Machbarkeit, Pünktlichkeitsauswirkungen, Anschlusssicherung, etc.) in den mittelfristig einzuführen Fahrplankonzepten vollzogen. Diese rein synoptische Fahrplanentwicklungsmethode hatte zur Folge, dass notwendige Änderungen der Fahrplankonzepte erst relativ spät, teilweise erst eineinhalb Jahre vor Fahrplaneinführung, durchgeführt wurden und damit aufgrund der zeitlichen Überschneidung der Verantwortungsbereiche zwischen den Abteilungen Netz- und Kapazitätsmanagement und Produktion zu aufwändigen Abstimmungen führten. Zudem können weitere Abstimmungen mit dem Nahverkehr notwendig werden. Der Fahrplan hat zudem für die Mifri eine finanzwirtschaftliche Informationsfunktion zu erfüllen.1267 Änderungen der Fahrplankonzepte führten häufig zu einer Reduktion der prognostizierten finanziellen Ergebnisse.

1265

1266 1267

Hier wurde die Unternehmenskultur der DB FV als eine Hierarchiekultur charakterisiert (vgl. Cameron / Quinn (2006), S. 37), die sich durch ein hohes Kontrollempfinden auszeichnet (vgl. Abschnitt E.III.2.2). Vgl. Abschnitt D.VI.4.1.5. Vgl. Tabelle D-8 auf S. 147.

234

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Durch diese späten Korrekturen können sich jedoch ebenfalls negative Konsequenzen für die Finanzplanung einstellen,1268 die sonst gegebenenfalls andere Finanzierungsstrukturen gewählt hätte. Seitens der Konzernvorstände wurde darüber hinaus die späte Kommunikation der Planabweichungen als negativ empfunden. Insgesamt stellen sich durch die unzureichende Ausgestaltung der Rückkopplungen negative Konsequenzen für die strategische Flexibilität des Geschäftsfelds ein. Neben diesem Problem, hervorgerufen durch die Gestaltung der strategischen Kontrolle, ergeben sich ebenfalls negative Konsequenzen für die Flexibilität aufgrund der Ausgestaltung der kapazitativen Ergebniskontrollen in einzelnen Zügen. Wie gezeigt werden hierfür Kontrolldaten manuell in den Zügen (RES-Daten) erhoben,1269 da durch die Gestaltung der DB FV als halboffenes System die Auslastungsdaten der Strecken und Züge nicht durch die Verkaufsdaten zur Verfügung stehen. Die Ausgestaltung des RESSystems führt jedoch dazu, dass die Daten für Planungs- und Steuerungszwecke erst relativ spät (ca. zwei Wochen nach Monatsende) zur Verfügung stehen. Hierdurch ergeben sich jedoch Nachteile für Steuerungsprozesse für die Abteilung Zielgruppenmanagement und Vermarktung, die sonst eine zeitnähere Anpassung der Kontingente durchführen könnte. Als Voraussetzung für eine abgestimmte Planung wurde weiterhin die Verwendung einheitlicher Grunddaten herausgestellt. Hierbei konnte bei der Planungssystemanalyse ein Problem identifiziert werden, welches in Zusammenhang mit den gelieferten Infrastrukturdaten seitens der DB Netz steht. Diese Daten werden 17 Monate vor Fahrplaneinführung von der DB Netz AG an die Produktionsabteilung der DB FV geliefert.1270 Sie werden dort genutzt, um die marktorientierten Fahrplankonzepte zu überprüfen und zu detaillieren. Gleichzeitig werden sie von der Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement für die Entwicklung der zukünftigen Fahrplankonzepte eingesetzt. Bei der Analyse fiel jedoch auf, dass trotz Verfügbarkeit dieser Infrastrukturdaten bei der Produktionsabteilung keine zeitnahe Übergabe an die Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement erfolgte. Da es sich um eine phasenüberlappende Planung handelt,1271 können Abstimmungsprobleme der Abteilungen untereinander entstehen. Durch diese späte Berücksichtigung können sich negative Konsequenzen für die operative Flexibilität ergeben, da zu diesem Zeitpunkt bereits die Planung für die Entwicklung des Fahrplankonzepts zu Einzellagenverkehren sowie Tagesrandlagen durchgeführt wird. Insgesamt kann für diese Einzeldimension festgehalten werden, dass ein hohes Maß an Planungsintegrität durch die unterschiedlichen Kontrollarten erzielt wird, so dass durch Vorliegen von Kontrollinformationen auch die Voraussetzungen für eine operative Flexibilität vorhanden sind. In der Ausgestaltung finden sich jedoch einige Mängel, die so die Flexibilität in unterschiedlichem Maße einschränken. So lassen sich Defizite durch

1268 1269 1270 1271

Vgl. Abschnitt D.VI.5.2. Vgl. Abschnitt D.VI.5.1.2. Vgl. Abschnitt D.VI.4.2.1.1. Für eine Unterscheidung der unterschiedlichen prozessualen Ablaufprinzipien vgl. Reihlen (1997), S. 52.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

235

die Ausgestaltung der Rückkopplungen aufzeigen, während die Mängel hinsichtlich der Ergebniskontrollen sowie der einheitlichen Grunddaten vergleichsweise geringere Probleme nach sich ziehen. 3.2

Projektarbeit

Projektarbeit wurde als eine Möglichkeit herausgestellt, vergleichsweise schnell Planungsprobleme außerhalb der Linienorganisation zu bearbeiten, wodurch sich durch die organisatorische Ausgestaltung zumeist die Planungsintegrität positiv beeinflussen lässt. Seit der Bahnreform fielen viele einmalige Planungsaufgaben an. Die Bearbeitung dieser Innovationsprobleme in Projektorganisationen wurde von Beginn an sehr intensiv vollzogen und für Aufgaben mit strategischem als auch operativem Charakter eingesetzt.1272 Speziell für die Projektarbeit wurden standardisierte Instrumente zur Kontrolle der Projektergebnisse von der Controlling-Abteilung entwickelt. Mittlerweile hat jedoch das Ausmaß an Projektarbeit einen solchen Umfang in der täglichen Arbeit vieler Planungsträger angenommen, dass Zweifel geäußert werden, ob die strukturelle Gestaltung so noch zweckmäßig erscheint und nicht vielmehr ein Großteil der Projektarbeiten wieder in die Linienfunktionen übertragen werden müssten. Trotz dieser von den Planungsträgern empfundenen Schwäche der derzeitigen Ausgestaltung muss festgehalten werden, dass die Durchführung und Ausgestaltung von Projekten bei der DB FV zu einer verbesserten Anforderungserfüllung der strategischen und operativen Flexibilität sowie der Planungsintegrität führt. 3.3

Verfahren und Instrumente

Bei der Betrachtung der Einzeldimension Verfahren und Instrumente zeigten sich zahlreiche Anknüpfungspunkte zur Erzielung von Flexibilitätspotenzial als auch von Planungsintegrität. Bei der Betrachtung wurde neben den allgemein in der Literatur diskutierten auch die Notwendigkeit zur Analyse der speziell bei der DB FV eingesetzten Verfahren und Instrumenten dargestellt. Zunächst soll auf die allgemeinen Verfahren und Instrumente eingegangen werden, bevor die spezifischen Verfahren und Instrumente der DB FV in Bezug zu ihrem Beitrag zu der Anforderungserfüllung der Flexibilität und Planungsintegrität untersucht werden. 3.3.1

Allgemeine Verfahren und Instrumente

Als ein bei der DB FV durchgeführter Regelprozess wurde die im Rahmen der gesamtunternehmensbezogenen Planung analysierte Strategieplanung und die hieraus abgeleitete Mifri identifiziert.1273 Die Analyse der operativen Planung zeigte den hohen Ressourcenaufwand, der für die Erstellung dieser Planungen jährlich aufgewendet wird, und den damit verbundenen hohen Stellenwert dieser Planung innerhalb des Geschäftsfelds wie

1272 1273

Für die Anwendung von Projektarbeit vgl. Abschnitt D.V.1.4. Vgl. Abschnitt D.V.

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auch im gesamten Unternehmen.1274 Bei diesem Regelprozess kommen direkt mehrere der einzelnen Verfahren und Instrumente zum Einsatz. Dabei wurde bereits herausgestellt, dass es sich bei diesem Prozess um eine revolvierende Planung handelt, da jedes Jahr die Strategie für das Geschäftsfeld sowie die sich daran anschließenden Programme überarbeitet und insbesondere für das letzte Planungsjahr weitere Detaillierungen vorgenommen werden. Die Durchführung dieser Art von Planungsverfahren kann gleichermaßen als flexibilitäts- als auch planungsintegritätssteigernd angesehen werden, da sich hieraus Möglichkeiten ergeben, sowohl aktuelle Entwicklungen zu berücksichtigen, als auch eine Abstimmung unterschiedlicher hierarchischer Bereiche sowie temporaler Pläne vorzunehmen. Wesentliches Planungsverfahren innerhalb der Mifri stellt die Budgetierung dar. Die hohe Detailgenauigkeit der eingeforderten Daten, der lange Zeithorizont (fünf Jahre) sowie der Stellenwert der Planung innerhalb des Unternehmens führt so zu einer sehr abgestimmten Planung, die der Unternehmensführung die vermeintliche Gewissheit bietet, sehr langfristig Geschäftsaussichten aufzeigen und die Finanzplanung auf diese Geschäftsaussichten ausrichten zu können. Jedoch erscheint der gewählte Zeithorizont insgesamt zu lang für eine detailgenaue quantitative Planung. Trotz dieser sehr detaillierten Quantifizierung bleibt die Zukunft nicht planbar, da zukünftige Entwicklungen zum einen nicht langfristig sicher prognostizierbar sind, zum anderen können aufgrund eines langen Planungshorizonts Manager gewillt sein, die zeitlich entfernter liegenden Perioden sehr positiv einzuschätzen. Durch positive Geschäftsaussichten erscheinen auch die Handlungen des Managements in einem positiven Licht, gleichzeitig fallen Abweichungen von den Planungsprognosen zeitlich sehr entfernt liegender Jahre erst viel später auf. Hierdurch wird es schwierig, das Management an diesen Abweichungen zu beurteilen, da durch das zeitliche Auseinanderfallen von Beurteilung und Realisierung die Planungsträger bereits andere Aufgaben innerhalb oder außerhalb des Konzerns übernommen haben können. Da sich das zugrunde liegende Geschäft als sehr investitionsintensiv erweist (Infrastruktur-, Flotteninvestitionen), greift eine Mifri-Planung zur Bewertung einer Investition in jedem Fall zu kurz und muss daher separat in Investitionsplanungsrechnungen vollzogen werden.1275 Diese Berechnungen haben im Vorfeld des SMP-Prozesses stattzufinden, so dass eine detaillierte Mifri mit einem fünfjährigen Planungshorizont grundsätzlich für die anstehende Investitionsentscheidung keinen wesentlichen Informationsgewinn bedeutet. Dieser Informationsgewinn rechtfertigt jedoch nicht den erhöhten Planungsaufwand. Dies gilt umso mehr, da in den vergangenen Jahren diese Planungsprognosen nur eine geringe Verlässlichkeit aufwiesen und für die DB FV zweimal innerhalb von 24 Monaten die Umsatzprognose um mehr als eine Milliarde Euro reduziert werden musste.1276 Ein Vergleich dieses Planungshorizonts für die detaillierte Ergebnisplanung mit anderen Unternehmen unterschiedlicher Indust1274

1275 1276

Für die hohe Arbeitsbelastung durch Planungen zur Mifri in den einzelnen Abteilungen vgl. Abschnitt D.VI.4.1.3 und D.VI.4.2.2. Vgl. hierfür ebenfalls Weber et al. (2003), S. 29 f. DELHAES / BÖHMER beziehen sich hier auf das Jahr 2005 (vgl. Delhaes / Böhmer (2006a), S. 55), jedoch muss bei einem Umsatz von ca. 3 Mrd. Euro für das Jahr 2005 eher davon ausgegangen werden, dass die Autoren für die Korrektur um 1 Mrd. Euro den gesamten 5-jährigen MifriPlanungshorizont zugrunde gelegt haben.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

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rien bestätigt die Auffassung, dass dieser sehr langfristig gewählt wurde.1277 Wie herausgestellt werden zudem innerhalb der Mifri für jedes einzelne Jahr sehr detaillierte Pläne erstellt. Die Planung detailliert bis hin zu Kostenstellenbudgets für die einzelnen Planungsjahre. Bei diesen Planungsinhalten stellt sich jedoch die Frage, ob der Nutzen einer solchen Differenzierung den Aufwand rechtfertigt. Die Benchmarking-Studie von WEBER ET AL. über Mittelfristplanungen in Unternehmen legt hier eher die Vermutung nahe, dass die Kostenplanung auch auf einem stärker aggregierten Niveau durchgeführt werden kann.1278 Ebenfalls zeigte sich, dass von dem ersten SMP-Treffen bis hin zur Verabschiedung der Planung ungefähr 11 Monate vergehen. Im Vergleich zu den Ergebnissen dieser Benchmarking-Studie weist die DB AG damit eine sehr lange Planungsdauer auf, da bei den untersuchten Unternehmen lediglich zwischen 3,5 und 8,5 Monaten für die Entwicklung aufgewendet werden. In der Studie werden eine Verkürzung der Planungsdauer und damit ein bewusster Verzicht auf eine zu hohe Detailierung mit einer effizienteren Planung in Verbindung gebracht.1279 Als ein weiteres Instrument zur Erzielung von flexiblen Plänen wurde die flexible Planung eingeführt, wobei bereits auf die hohe Komplexität einer Erzeugung von Eventualplänen eingegangen wurde. Für die betrachtete Industrie drückt sich die Strategie zu einem wesentlichen Teil durch die untersuchten Fahrplankonzepten aus, da diese wesentlich mit den übrigen Komponenten der Leistungserstellung bzw. des Geschäftsmodells verwoben sind. Wird die flexible Planung dahingehend verstanden, dass ein erstelltes Fahrplankonzept als einzelner Plan aufgefasst wird, ist aufgrund der hohen Komplexität der Fahrplankonzepte die Anwendung der flexiblen Planung im Wesentlichen unmöglich. Hier wäre eine Eventualplanung – also eine Erzeugung unterschiedlicher Fahrplankonzepte – für unterschiedliche Zeitscheiben bei momentaner Detailliertheit der Fahrplankonzepte aufgrund der Gestaltungsmöglichkeiten1280 und der potenziell vielfältigen Änderungsbedarfe1281 nicht möglich, da sonst eine unüberschaubare Anzahl verschiedener Fahrplankonzepte zu erstellen wäre. Daher wird auch auf allen Ebenen der Fahrplanentwicklung (Netz- und Kapazitätsmanagement und Produktionsabteilung) auf die Entwicklung alternativer Fahrplankonzepte verzichtet. Als Instrument zur Planungsintegritätssteigerung wurde der Genehmigungsvorbehalt eingeführt. Genehmigungsvorbehalte werden von Konzernseite ausgesprochen, wodurch die Vorstände der einzelnen Geschäftsfelder eine Entscheidungshoheit für In1277 1278 1279 1280 1281

Vgl. Weber et al. (2003), S. 29. Vgl. Weber et al. (2003), S. 31. Vgl. Weber et al. (2003), S. 43. Für die unterschiedlichen Detailliertheitsgrade der Fahrplankonzepte vgl. Abschnitt D.VI.4.1.5. So wurden hier unterschiedliche Anlässe identifiziert, die zu notwendigen oder gewünschten Veränderungen führten. Die Veränderung von Fahrzeiten sowie Verzögerungen in der Indienststellung von Infrastruktur gegenüber den geplanten Fahrplankonzepten stellte einen notwendigen Änderungsgrund dar. Weiterhin zieht eine Verzögerung der Lieferung von Schienenfahrzeugen einen Änderungsbedarf der Fahrplankonzepte nach sich. Zudem können Änderungswünsche identifiziert werden, die sich durch eine veränderte Zielsetzung der Unternehmensführung ergeben (bspw. Reduktion der Zkm), oder eine veränderte Nachfragesituation kann zu einem kurzfristigen Veränderungswunsch der Fahrplankonzepte führen.

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vestitionen bis zu einem gewissen monetären Betrag besitzen.1282 Die mögliche Investitionshöhe unterschreitet jedoch deutlich zweistellige Millionenbeträge, so dass bei allen Schienenfahrzeuginvestitionen1283 und fast allen Infrastrukturprojekten1284 der Gang über die Investitionsausschüsse vollzogen werden muss. Damit besteht zwar in der Regel eine hohe Planungsintegrität, wie bereits angemerkt ergeben sich daraus jedoch negative Konsequenzen für die Handlungsschnelligkeit aufgrund von Vorlaufzeiten für die Vorbereitung von Unterlagen für diese Ausschüsse. Bezüglich der Auswahl von robusten Plänen wurde auf unterschiedliche Verfahren verwiesen, die in der Lage sind, robuste Pläne zu identifizieren. Dabei wurde hervorgehoben, dass die bewusste Anwendung dieser Modelle in der Praxis wohl eher zu vernachlässigen ist und bei der Bewertung versucht werden soll, die verfolgten Zielkriterien bei der Auswahl von Plänen als einen wichtigen Indikator für die Sensibilisierung der Planungsträger heranzuziehen. Bei der Analyse der Planungsfelder mit direktem Investitionsbezug (strategische Infrastrukturplanung, strategische Flottenplanung) und der operativen Planungen der hieran Beteiligten zeigte sich diesbezüglich ein zwiespältiges Bild. Auf der einen Seite wurde von den Planungsträgern angegeben, dass bei der Entwicklung von Fahrplankonzepten für neue Schienenfahrzeuggenerationen,1285 die also Investitionsaufträge auslösen, robuste Pläne in der Entwicklung angestrebt werden.1286 Damit scheint zum Zeitpunkt der Untersuchung das Bewusstsein über die Unsicherheit der Planungsträger hinsichtlich der Entwicklung der Umwelt generell gegeben. Jedoch zeigte sich, dass nach Angabe der Planungsträger in der Vergangenheit lediglich eine Fortschreibung wichtiger Planungsprämissen (bspw. konstante Nachfragewachstumsprognosen,1287 Kostensätze, etc.) durchgeführt wurde. Bei den Schienenfahrzeugbestellungen wurden dagegen bereits in der Vergangenheit vertraglich Optionen zur Nachbestellung geregelt,1288 so dass hier von einer tendenziellen Umsetzung des Verfahrens des robusten ersten Schritts ausgegangen werden kann.1289 Da erst eine Entwicklung unterschiedlicher Zukunftsszenarien, also die Annahme unterschiedlicher Planungsprämissen, zu der rationalen Auswahl eines robusten Plans führen kann, muss hierzu festgehalten werden, dass in der Vergangenheit zwar intuitive Versuche der Planungsträger erfolgten, die Pläne nach subjektiven Kriterien robust zu gestalten, eine Untersuchung der erstellten Lösung(en) bei unterschiedlich möglichen Umweltausprä1282 1283

1284

1285

1286

1287 1288 1289

Vgl. Abschnitt D.VI.3.3.4 sowie Fußnote 545 auf S. 97. Für die Kosten der Umrüstung von Schienenfahrzeugen für den Auslandsverkehr vgl. Fußnote 775 auf S. 138; für Zulassungsverfahren in ausländischen Märkten vgl. Fußnote 774 auf S. 138 und für den Kauf von Schienenfahrzeugen vgl. Fußnote 644 auf S. 113. Dabei können die Längen der Realisierungszeiträume als Indikator für die anfallenden Investitionskosten herangezogen werden (vgl. Tabelle D-3 auf S. 60). Für die Fahrplankonzepte zur Verwendung in der strategischen Flottenplanung vgl. Abschnitt D.VI.4.1.2.4. Dabei entspricht das Verständnis der Planungsträger von Robustheit dem in der Literatur angegebenen Verständnis (vgl. Abschnitt E.II.1.1). Vgl. Fußnote 726 auf S. 129. Für die Inhalte der Schienenfahrzeugentwicklung vgl. Abschnitt D.VI.3.3.4. Vgl. Abschnitt E.II.1.2.3.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

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gungen fand jedoch nicht statt. Erst in der letzten Planungsrunde zur Schienenfahrzeugbestellung zeigte sich, dass hier zusätzliche Ausprägungen wichtiger Planungsprämissen mit berücksichtigt wurden (Veränderung des Konjunkturverlaufs, der Qualität des Schienennetzes, des Konkurrenzdrucks von Fern- und Nahverkehrsunternehmen)1290 und unterschiedliche Umweltszenarien zum Einsatz kamen, die als Grundlage zur Bewertung von entwickelten Fahrplankonzepten herangezogen werden. Durch diese Einbeziehung unterschiedlicher Szenarien wird auch die Szenariotechnik bei der DB FV verwendet. Jedoch wurde bei der Verwendung dieser Technik deutlich, dass zwar unterschiedliche Parameter mit Einfluss auf die Strategie der DB FV variiert wurden, jedoch beschränkte sich die Entwicklung der Szenarien weitestgehend auf Planungsträger der Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement. Ein idealtypischer Prozess sollte jedoch Mitglieder unterschiedlicher Bereiche mit einbeziehen,1291 um so eine möglichst große Bandbreite verschiedener Meinungen abzubilden und hieraus einen Konsens entwickeln zu können. Bei der Durchführung des Prozesses fiel ebenfalls der Anspruch auf, eine Quantifizierung aller Werte durchführen zu müssen, um eine Anzahl an zu bestellenden Fahrzeugen abzuleiten, wodurch es sich für die Abteilung letztlich um eine operative Fragestellung handelt. Damit einhergehend ist jedoch nicht klar festzustellen, ob der Anspruch der Robustheit auch zwangsläufig auf strategischer Ebene eine große Rolle spielt. Zudem finden weitere der vorgestellten Instrumente und Verfahren zur Gewährleistung von Flexibilität und Planungsintegrität bei der DB FV Verwendung (Einsatz von Zielsystemen, Strategien, Planbilanzen sowie Planabstimmungsverfahren).1292 Die Analyse offenbarte jedoch keine wesentlichen Defizite oder Besonderheiten in deren Ausgestaltung,1293 so dass diese hier nicht weiter aufgegriffen werden.

1290

1291 1292

1293

Damit werden die grundlegenden Blöcke zur Entwicklung von Szenarios in die Untersuchung mit einbezogen (Identifizierung der wichtigsten Veränderungstreiber in der Industrie, Ableitung und Differenzierung von grundlegenden Trends sowie unsicherheitsstiftenden Veränderungen, Ableitung von multiplen Szenarios) (vgl. Schoemaker (1997), S. 46)). Vgl. Schoemaker (1993), S. 200. Die Analyse zeigte, dass sehr differenzierte Ziele (vgl. Abschnitt D.V.1.2) für das Geschäftsfeld vorgegeben werden, aus denen sich dann Strategien (vgl. Abschnitt D.VI.2) ableiten lassen. Ebenfalls finden die zur langfristigen Abstimmung eingeführten Planbilanzen Anwendung. Das verwendete Planabstimmungsverfahren wurde im Rahmen der gesamtunternehmensbezogenen Planung (vgl. Abbildung D-5 auf S. 99) untersucht. Hier wurde gezeigt, dass die initialisierende Hierarchieebene zunächst die Konzernvorstände sind und weitere Planungen dann auf den hierarchisch niedrigeren Ebenen vollzogen werden, bevor diese wiederum Bottom-Up zurück an die Konzernvorstände gelangen. Damit kommt ein Gegenstromverfahren zum Einsatz, welches zu einer Steigerung der Planungsintegrität führt. Im Rahmen der Analyse wurde bei einem Planungsinstrument zwar kein wesentliches Defizit, wohl aber ein Verzicht auf die positiven Wirkungen des Einsatzes deutlich. So benutzte die DB FV als eine Abwandlung der Balanced Scorecard die Bahn Strategie Card (vgl. Abschnitt D.VI.5.1.4.). Dieses Instrument zur Ausrichtung auf die unterschiedlichen Unternehmensziele findet jedoch keine weitere Anwendung mehr im Unternehmen, womit positive Auswirkungen auf die Planungsintegrität verloren gehen.

240

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die unterschiedlichen allgemeinen Verfahren und Instrumente zur Steigerung der Flexibilität und Planungsintegrität weitestgehend Verwendung finden. Dabei zeigten sich jedoch Schwächen in der Ausgestaltung einiger Verfahren, so dass eine geringere operative / strategische Flexibilität sowie Planungsintegrität erzielt wird als durch eine optimale Ausgestaltung erreicht werden könnte. 3.3.2

Spezifische Verfahren und Instrumente der DB Fernverkehr AG

Bei der Analyse der operativen Planung wurde die softwaretechnische Unterstützung untersucht. Bei dieser Betrachtung wurde auf die unterschiedlichen Softwarelösungen der Abteilungen eingegangen. Im Einzelnen waren dies für die Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement das Programm Visum, für die Produktionsabteilung die Software Viriato, PPSFR und StEffi, die Abteilung Zielgruppenmanagement und Vermarktung verwendet das in den Grundzügen dargestellte Yield Management System, und in der Personaleinsatzplanung findet das Programm Carmen Verwendung. Bei diesen Softwarelösungen handelt es sich um eine softwaretechnische Unterstützung, die die Planungsträger bei der Erstellung eines Plans unterstützen oder die einen Plan überprüfen.1294 Bei der Analyse zeigte sich, dass von diesen Programmen lediglich Carmen in der Lage ist, automatisch Ausgangslösungen vorzuschlagen bzw. Optimierungen der Pläne durchzuführen. Diese erst kürzlich vorgenommene Einführung des Programms Carmen hatte zur Folge, dass sich die Qualität der Planungen bei einer schnelleren Durchführung sowie einer geringeren Anzahl an notwendigen Planungsträgern erhöhte. Alle anderen Programme unterstützen den Planungsträger lediglich bei der manuellen Fahrplanerstellung, der manuellen Kontrolle dieser Planungen oder der manuellen Erstellung der Umlaufplanungen. Bei der Analyse wurde zudem deutlich, dass die nur unvollständig in Datenbanken vorliegenden und vermeintlich schwierig zu erhebenden Infrastrukturdaten als Hinderungsgrund für die Einführung solcher automatischen Lösungen angegeben wurden. Weiterhin ergaben sich noch ungelöste Probleme durch die gegebene Komplexität mancher Pläne insbesondere in der Fahrplanerstellung aufgrund der hohen Freiheitsgrade zur Erstellung einer Ausgangslösung und der ungleichmäßig höheren Komplexität verglichen bspw. mit der Umlaufplanung. Die manuelle Konstruktion und Optimierung der einzelnen Pläne wirkt negativ auf die operative Flexibilität im Vergleich zu einer automatisierten Lösung. Diese Softwarelösungen führen im Vergleich zum einen zu einer Verlängerung der notwendigen Planungshorizonte aufgrund der langen Planungsdauer und steigern so die Unsicherheit weiter. Zum anderen ist bei konkret vorliegenden Änderungswünschen die Handlungsschnelligkeit sehr niedrig. Neben diesen negativen Konsequenzen, hervorgerufen durch die Einschränkungen der einzelnen Softwarelösungen, zeigten sich ebenfalls Probleme durch einen Mangel an Kompatibilität der Softwarelösungen untereinander. Die von der Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement erstellten Fahrplankonzepte mussten nach Übergabe an die Pro1294

Eine Ausnahme bildet das Yield Management System, da hier keine einzelnen Pläne erstellt werden, sondern Prognosen zur Nachfrageentwicklung durchgeführt werden und mithilfe von historischen Daten Kontingente für einzelne Züge berechnet werden (vgl. Abschnitt D.VI.4.3.2).

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

241

duktionsabteilung manuell in die dort verwendeten Programme eingepflegt werden,1295 wodurch sich neben einer Verlangsamung der Planungen ebenfalls Übertragungsfehler ergeben können. Bei der Analyse der Fahrplanentwicklungsmethode des Netz- und Kapazitätsmanagements zeigte sich, dass die benutzte Methodik eine gut strukturierte Herangehensweise an die Erstellung von Fahrplankonzepten bietet und den Mitarbeitern somit eine einfache Orientierung innerhalb des sehr komplexen Sachverhalts vorgibt. So sind die einzelnen Fahrplankonzepte, deren zu verwendende Planungsdaten, die Detailgenauigkeit sowie die vorgeschriebenen Überarbeitungsschleifen vorgegeben.1296 Jedoch wurde bereits eine zentrale Schwäche des Verfahrens herausgestellt.1297 Diese bezieht sich auf die strikte synoptische Entwicklungsfolge für Fahrplanstände und den fehlenden, systematischen Einbau von Rückkopplungen. Dabei erfolgt die weitere Detaillierung der Fahrplankonzepte auf den unterschiedlichen Stufen streng nach Vorgabe, ohne hinreichend auf tatsächliche Änderungsnotwendigkeiten einzugehen und hier gegebenenfalls eine Anpassung an hierarchisch höheren Ebenen durchzuführen. Hierdurch werden Fahrplankonzepte zwar konsistent weiterentwickelt, jedoch kann häufig entweder ein in den geschätzten Nachfragepotenzialen verfehlter oder ein technisch nicht realisierbarer Fahrplan auftreten, der dann aufwendig angepasst werden muss. Bei einem Vergleich zwischen der erzeugten Anzahl an Fahrplankonzepten und den unterschiedlichen Fragestellungen (strategische Infrastrukturplanung, strategische Flottenplanung, Mifri), die mithilfe dieser Konzepte beantwortet werden sollen, zeigt sich, dass Fahrplanstände entwickelt werden, obwohl sie in einer spezifischen Jahresscheibe u.U. gar keine Aufgabe finden, da bspw. keine aktuellen Fahrzeugentwicklungsaufträge oder aber Infrastrukturprojekte in diesen Jahresscheiben anzustoßen sind. Das verwendete Verfahren schreibt jedoch eine Entwicklung von neun Fahrplankonzepten vor, die im Laufe ihres Erstellungsprozesses demnach im Rahmen der revolvierenden Planung acht Überarbeitungsschleifen zu durchlaufen haben. Diese allzu starre Orientierung an dem Verfahren führt dazu, dass organisatorische Ressourcen gebunden werden, die für andere Planungsaufgaben verwendet werden könnten. Aus flexibilitätsorientierter Perspektive schränkt daher die Ausgestaltung und Anwendung des Verfahrens das vorhandene operative und strategische Flexibilitätspotenzial ein. Als Fazit für die spezifischen Verfahren und Instrumente bleibt festzuhalten, dass die vorhandenen Softwarelösungen die operative Flexibilität und die Planungsintegrität gegenüber automatisierten und schnittstellenoptimierten Softwarelösungen in hohem Maße einschränken. Weiterhin steht das verwendete Planungsverfahren zur Fahrplanerstellung mit den nur eingeschränkten Rückkopplungen einer strategischen Flexibilität entgegen.

1295 1296 1297

Vgl. Abschnitt D.VI.4.2.2. Vgl. Abschnitt D.VI.4.1.5. Vgl. Abschnitt E.III.3.1.

242

3.4

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Formalisierung

Formalisierung wurde als eine der Einzeldimensionen eingeführt, bei der u.U. ein Zielkonflikt in der Ausgestaltung in Bezug auf Planungsintegrität und Flexibilität auftauchen kann.1298 So wurde darauf hingewiesen, dass eine zu hohe Regelungsdichte und -tiefe zwar eine Steigerung der Planungsintegrität bewirkt, jedoch negative Effekte für die Kreativität bedeutet, welche insbesondere positiv auf die strategische Flexibilität wirkt. Ebenso wird durch diese Regelungen eine eingeschränkte Handlungsschnelligkeit erzielt, die sich insbesondere negativ auf die operative Flexibilität auswirkt. Die Formalisierung wurde indirekt bereits im Rahmen von anderen Einzeldimensionen (Dezentralisierung der strukturellen Dimension; Verfahren und Instrumente der prozessuellen Dimension) aufgegriffen. Festzuhalten bleibt zunächst, dass die DB FV aufgrund ihrer Größe sowie eines hohen Anteils an Routineproblemen den Planungsträgern durch formale Regelungen einen Ordnungsrahmen liefern sollte.1299 Dabei bieten sich für die Routineprobleme standardisierte Regelprozesse an, um nicht Gefahr zu laufen, ein Übermaß an Flexibilität und damit nicht abgestimmte Planungen aufzuweisen und letztlich aus Unternehmensführungssicht die eigene Organisation nicht mehr kontrollieren zu können.1300 Gleichzeitig sind hier jedoch die möglichen Einflussfaktoren zu beachten, die zu einer notwendigen Veränderung der Planung führen können, so dass selbst in diesen Routineprozessen gegebenenfalls Ansatzpunkte für Flexibilität geschaffen werden müssen.1301 Diese Regelprozesse sowie die sonstige Regelungsdichte zeigten sich für Planungen mit Routinecharakter in den festgeschriebenen Stellenbeschreibungen mit detailliert vorgegebenen Rechten, Pflichten, Weisungs- und Entscheidungsbefugnissen. Einer solchen Ausgestaltung wird zwar generell flexibilitätsmindernder Charakter zugeschrieben,1302 jedoch erscheint eine solche Ausgestaltung zweckmäßig bei vorliegenden Routineproblemen in der operativen Planung. Weitere Beispiele für eine Formalisierung von bestehenden Routineprozessen sind die eingesetzten Verfahren und Instrumente, bei denen bereits die hohe Detailtiefe als flexibilitätsmindernd herausgearbeitet wurde, die insgesamt aber eine abgestimmte Planung bewirken. Neben den Planungsaufgaben mit Routinecharakter wurden weitere Planungsaufgaben vorgestellt, die aperiodisch anfallen und strategischen Charakter aufweisen und häufig Innovationscharakter besitzen (bspw. Planung von Beteiligungen und Kooperationen, strategische Flottenplanung, etc.). Für einen Großteil dieser Planungsaufgaben existieren zwar keine Vorgaben der Unternehmensleitung hinsichtlich der Ablaufprozesse, jedoch konnte eine hohe Regelungsdichte in einigen Teilprozessen beobachtet 1298 1299

1300

1301 1302

Vgl. Abschnitt E.II.3. So stellen die vorgestellten Planungsprobleme (bspw. Fahrplanerstellung, Umlaufplanung, Personaleinsatzplanung) zwar komplexe Probleme dar, die jedoch zu einem großen Teil jedes Jahr zu erfüllen sind und daher die Planungsträger so auf Routinewissen zurückgreifen können (vgl. hierzu Reihlen (1997), S. 61). VOLBERDA spricht hier von der chaotischen Form, die sich durch einen extensiven Flexibilitätsmix auszeichnet, der jedoch nicht zu kontrollieren ist (vgl. Volberda (1998), S. 213 f.). Vgl. Fußnote 1281 auf S. 237. Vgl. Bursee (1999), S. 117.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

243

werden, die sich im Laufe der Zeit auf den einzelnen Abteilungsebenen etabliert hat. Hierzu zählen seitens der Abteilungsleiter vorgegebene Planungshandbücher sowie sonstige Richtlinien und vorgeschriebene Verfahren, die auch zum Einsatz von Problemen mit Innovationscharakter herangezogen wurden,1303 und so auch flexibilitätsmindernde Wirkung entfalten. Es bleibt festzuhalten, dass die DB FV einen hohen Formalisierungsgrad aufweist, der sich in einer detaillierten Regelungsdichte sowohl für die Anwendung bei Routineals auch bei Innovationsproblemen widerspiegelt. So entspricht dieses Maß an Formalisierung dem erwarteten Ausmaß einer bürokratischen Organisationsform, die Einschränkungen für die Flexibilität bedeuten, jedoch für Planungsträger einen Orientierungsrahmen schaffen und so ein notwendiges Maß an Planungsintegrität für Routineprobleme herstellen. Bei der Gestaltung der strategischen Planung ergeben sich durch die Formalisierung jedoch negative Konsequenzen für die Flexibilität, so dass hier tendenziell andere Koordinationsmechanismen greifen sollten. 4.

Zusammenfassung der aufgedeckten Defizite

Die durchgeführte Bewertung der jeweiligen Einzeldimensionen zeigte Defizite im Hinblick auf Flexibilität sowie Planungsintegrität auf. Wie eingangs angemerkt, soll an dieser Stelle keine Aggregation der Einzeldimensionen hin zu einer Gesamtaussage für das PLS erfolgen. Vielmehr sollen die wichtigsten Defizite in der Anforderungserfüllung unter Bezugnahme der Gesamtsituation zusammengefasst und Interdependenzen dieser Anforderungen untereinander sowie zwischen den Einzeldimensionen berücksichtigt werden. Daher werden zunächst die wichtigsten Defizite im Hinblick auf die Flexibilität (strategische und operative Flexibilität, Robustheit) herausgestellt, bevor relevante Defizite in Bezug zur Planungsintegrität zusammengefasst werden und schließlich der Zusammenhang zwischen diesen beiden Anforderungen hergestellt wird. 4.1

Defizite des Planungssystems in Bezug auf die Flexibilität

4.1.1

Strategische Flexibilität

Die strategische Flexibilität wird mit dem Ziel in Verbindung gebracht, durch Anpassung der Strukturen, der Systeme, der Potenziale (Investitionen / Desinvestitionen) sowie der Produkte und Programme einen maximalen Unternehmenswert zu erzielen.1304 Da die Gründe für eine solche Anpassung ebenso wie die dann notwendigen Handlungsoptionen i.d.R. jedoch noch nicht bekannt sind, wurde bemerkt, dass hier ein ungerichtetes Flexibilitätspotenzial aufzubauen ist.1305 Weiterhin wurde dabei betont, dass die strategische Flexibilität es erst ermöglicht, gerichtete bzw. operative Flexibilität aufzubauen und ausnutzen, wodurch die an dieser Stelle behandelten Defizite auch Auswirkungen auf die Ausübung von operativer Flexibilität nach sich ziehen. 1303

1304 1305

So bestehen bspw. für die Entwicklung der strategischen Fahrplankonzepte im Netz- und Kapazitätsmanagement detaillierte Vorgaben, die in Planungshandbüchern festgelegt sind. Vgl. Abbildung D-1 auf S. 84. Vgl. Abschnitt E.II.1.1.

244

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Bei der Analyse konnten Defizite aufgezeigt werden, die den Aufbau dieser ungerichteten Flexibilität negativ beeinflussen. Bzgl. der strukturellen Dimension wurde gezeigt, dass der Konzern die generelle Zielplanung für die DB FV vornimmt. Dem Geschäftsfeld wird jedoch eine gewisse Autonomie bei der Strategieentwicklung eingeräumt, so dass zumindest Handlungsspielraum zum Ausüben von Flexibilität vorhanden ist. Jedoch sind Investitionsentscheidungen mit strategischer Reichweite erst von Gremien des Konzerns mit z.T. langwierigen Abstimmungsprozessen und Vorlaufzeiten zu genehmigen. So ist durch die organisatorische Einbindung, die zunächst für die DB FV eine externe Rahmenbedingung darstellt, die strategische Flexibilität eingeschränkt. Hinsichtlich der Aufgabenwahrnehmung konnten zwei Planungsaufgaben identifiziert werden, die zu einer weiteren Einschränkung der strategischen Flexibilität führen. So werden durch die Begleitung der sehr langfristigen Schieneninfrastrukturplanung nicht nur Ressourcen gebunden, sondern die Planungshorizonte im Vergleich zu anderen SPFVU ohne Bezug zum Infrastrukturbetreiber um rund fünf Jahre verlängert. Gleichzeitig sind mit dieser Begleitung häufig Zusagen über genaue Bedienungsfrequenzen auf den neuen oder ausgebauten Strecken bereits Jahre vor der Indienststellung verbunden, so dass sich die Handlungsoptionen in der Fahrplangestaltung wesentlich reduzieren. Weiterhin wurden Abstimmungen mit dem Nahverkehr für einen Zeitraum bis fünf Jahre vor Fahrplaneinführung aufgezeigt, die allerdings nicht zu einem erkennbaren Mehrgewinn für das Geschäftsfeld führen und so weitere Ressourcen binden sowie zusätzliche Überarbeitungsschleifen entstehen lassen können. Hinsichtlich der Ressourcenbereitstellung konnte eine Einschränkung der quantitativen Anpassung der Planungsträger aufgezeigt werden, die jedoch nur temporär bis zum Jahr 2010 gilt. Die Untersuchung der personellen Dimension ließ auf Mikroebene keine wesentlichen Einschränkungen für die Ausübung von strategischer Flexibilität erkennen. Vielmehr erscheint die DB FV hier ein hohes Maß an strategischem Flexibilitätspotenzial aufzuweisen.1306 Jedoch wurde auf Makroebene eine noch immer sehr stark ausgeprägte Verwaltungskultur identifiziert, die die Planungsträger zu langen Abstimmungsprozessen und zu rigider Kontrolle neigen lassen. Obwohl sich Ansätze erkennen lassen, die auf einen gewünschten Unternehmenskulturwandel seitens der Unternehmensführung hinweisen, stellt diese Unternehmenskultur so momentan noch immer eine wesentliche Restriktion für den Aufbau von strategischer Flexibilität dar. Bei der prozessualen Dimension zeigte sich die Gestaltung der Mifri wie auch der generellen Formalisierung als Hindernis zum Ausüben von strategischem (wie auch operativem) Flexibilitätspotenzial. Die Ausgestaltung der Budgetierung sorgt sowohl durch den langen Planungshorizont von fünf Jahren als auch durch die hohe Detailgenauigkeit für entfernter liegende Pläne für eine hohe Bindung von personellen Ressourcen bzw. einem hohen Aufmerksamkeitsgrad innerhalb des Geschäftsfelds. Durch die Formalisierung von Aufgaben mit strategischer Reichweite in Form detaillierter Vorgaben für die

1306

So konnten auf Führungskräfteebene positive Schlüsse hinsichtlich des Qualifikationsprofils gezogen werden; weiterhin begünstigt die Ausgestaltung der Führungskräfteentwicklungsplanung die strategische Flexibilität positiv.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

245

Ausgestaltung von Planungsergebnissen und Planungsverfahren ist anzunehmen, dass so auch ein hohes Maß an Kreativität verloren geht. Die Analyse und Bewertung des PLS offenbart, dass die DB FV durch die organisatorische Einbindung in den DB Konzern Flexibilitätseinschränkungen hinnehmen muss. Gleichzeitig wirkt die Ausgestaltung der Planungsprozesse und der Unternehmenskultur flexibilitätsmindernd, wodurch das vorhandene Flexibilitätspotenzial der Führungskräfte als auch deren Wille zur Anpassung häufig nicht genutzt werden kann. 4.1.2

Operative Flexibilität

Die operative Flexibilität wurde als eine Flexibilität charakterisiert, die sich auf Anpassungen der Planung bei gegebenen Zielen und Strategien bezieht und so auf eine Maximierung des Deckungsbeitrags ausgerichtet ist.1307 Ebenfalls wurde der Bezug zwischen operativer und gerichteter Flexibilität hergestellt, so dass bei einem vorhandenen operativen Flexibilitätspotenzial bereits konkrete Handlungsoptionen zur Bewältigung des Flexibilitätsbedarfs vordefiniert sind. Bei der Planungssystemanalyse und Bewertung wurden einige Erfordernisse für gerichtete Flexibilität aufgezeigt,1308 die zu einer notwendigen oder gewünschten Anpassung der erstellten Pläne führen.1309 Bei der Analyse der Einzeldimensionen des PLS zeigten sich Defizite hinsichtlich der operativen Flexibilität. Bei der strukturellen Dimension konnte ein Defizit identifiziert werden, welches durch den Spezialisierungsgrad der Abteilungen und Planungsträger entstand. Hier ergaben sich in der Vergangenheit durch das fehlende Verständnis für die Aufgabeninhalte und Ablaufprozesse der anderen Abteilungen Probleme in der Zusammenarbeit, wodurch Verzögerungen in Planänderungen auftraten oder sogar eine Umsetzung der gewünschten Planänderung nicht durchführbar war. In Bezug auf die Handlungsschnelligkeit konnten Defizite im Bereich der prozessualen Dimension identifiziert werden. Hier zeigte sich bei den interdependenten Teilplänen eine Einschränkung aufgrund einer hohen Planungsdauer durch Verwendung der eingesetzten Softwarelösungen. Dabei wurde eine mangelnde Kompatibilität der Softwarelösungen untereinander („Insellösungen“) herausgearbeitet, wodurch sich eine manuelle Übernahme von Planungsdaten ergibt, die ebenfalls zu möglichen Übertragungsfehlern führen kann. Ebenso wirkt die manuelle Erzeugung und Optimierung in der Fahrplanerstellung und der Fahrlagen- und Umlaufplanung gegenüber automatisierten Lösungen flexibilitätsmindernd, da sich hierdurch die Zeiten für die Erstellung und Überarbeitung von Fahrplankonzepten wesentlich erhöhen. Weiterhin wurden Defizite in der Informationsbereitstellung deutlich. Für Steuerungszwecke liegen der Abteilung Zielgruppenmanagement und Vermarktung 1307 1308

1309

Vgl. Abschnitt D.III.2. Hierbei wurden unterschiedliche Anlässe wie eine Veränderung von Fahrzeiten, Nachfrage, der Verfügbarkeit von Infrastruktur und Trassen angeführt, ebenso wie Veränderungen in der Zielsetzung der Unternehmensführung (vgl. Abschnitt D.III.2). Die Handlungsoptionen der Abteilungen, die ebenfalls zum Einsatz bei operativen Flexibilitätsbedarfen kommen können, wurden bei der Analyse der operativen Planung herausgearbeitet.

246

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Auslastungsdaten der einzelnen Züge erst mit einiger Verspätung vor. Weiterhin sind zwar bspw. Informationen zu Fahrzeiten innerhalb des Geschäftsfelds1310 verfügbar, werden aber erst mit zeitlicher Verzögerung auf die unterschiedlichen Abteilungen verteilt. Hierdurch ergeben sich Defizite durch die Verwendung uneinheitlicher Grundinformationen, die zu weiteren Problemen führen können. Bei der Analyse der verwendeten Fahrplanentwicklungsmethode in der operativen Planung (Netz- und Kapazitätsmanagement) zeigten sich Probleme ausgelöst durch ein synoptisches Entwicklungsverständnis, wodurch zwar Anpassungen im Zeitablauf erfolgen, die Methode jedoch keine Rückkopplungen zu Fahrplankonzepten zeitlich entfernt liegender Fahrplankonzepte vorsieht. Da hierdurch notwendige Anpassungen dieser Fahrplankonzepte erst relativ kurz vor Fahrplaneinführung mit einer begrenzten Anzahl an Planungsträgern stattfinden, die notwendige Kenntnisse der spezifischen Fahrplansituation besitzen, können hierdurch suboptimale Ergebnisse im Vergleich zu einer frühzeitigen Berücksichtigung entstehen. Die notwendigen Änderungen werden dann zudem häufig erst bei der Bearbeitung in der Fahrlagen- und Umlaufplanung aufgedeckt, weshalb sich durch notwendige Abstimmungen zur Erzeugung von marktorientierten Fahrplankonzepten wiederum die oben beschriebenen Schnittstellenprobleme der Abteilungen untereinander einstellen können. Zusammenfassend lässt sich für die operative Flexibilität festhalten, dass neben der im Grundlagenteil herausgearbeiteten Einschränkung durch rechtliche und produktionstechnische Rahmenbedingungen die oben angesprochenen Probleme des Spezialisierungsgrads, der spezifischen Verfahren und Instrumente der DB FV sowie der durchgeführten Informationsbereitstellung und Kontrolle eine Flexibilitätsausübung begrenzen und eine schnelle Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen verhindern. 4.1.3

Robustheit

Hinsichtlich der Robustheit konnte gezeigt werden, dass die Zielsetzung einer robusten Planung zumindest auf operativer Planungsebene existiert und sich durch die Ausgestaltung der vertraglichen Regelungen der Fahrzeugzuläufe (Optionen zur Nachbestellung) Ansatzpunkte (robuste erste Schritte) identifizieren lassen, die auch für die Zielsetzung einer robusten Planung auf strategischer Ebene sprechen. Gleichwohl ließ die Ausgestaltung der Planung erst in der letzten Planungsrunde auf eine konsequente Anwendung schließen, die jedoch insbesondere in der operativen Planungsebene (Anwendung im Netz- und Kapazitätsmanagement) eingesetzt wurde und an der Entwicklung alternativer Umweltszenarien nicht mehrere Abteilungen mitwirkten, die so ein differenzierteres Bild der Zukunft hätten entwickeln können. Da die operative Planungsebene bei der DB FV allerdings häufig lediglich Entscheidungsvorbereitungen trifft, konnte nicht beurteilt werden, ob diese Zielsetzung letztlich in der Auswahl auf oberster Unternehmensführungsebene auch eine Rolle spielt. Da für die DB FV als ein SPFVU mit ausgeprägter Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung der Unternehmensumwelt die Robustheit von Investitionsplänen als ein 1310

Im Rahmen der Planungssystemanalyse wurde dies bei der Produktionsabteilung deutlich.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

247

zentrales Bewertungskriterium herausgestellt wurde, kann so durch die momentane Ausgestaltung der Planung auch im Hinblick auf die Anforderungserfüllung der Robustheit ein gewisses Defizit festgestellt werden. 4.2

Defizite des Planungssystems in Bezug auf die Planungsintegrität

Bei der Analyse und Bewertung anhand der vorgestellten Kriterien konnten nur vereinzelt Defizite hinsichtlich der Planungsintegrität konstatiert werden. Auf struktureller Ebene zeigten sich durch die Spezialisierung der Planungsträger Probleme hinsichtlich der Planabstimmung, wodurch – wie gezeigt – auch für das Ausüben von operativer Flexibilität Probleme entstanden. In der personellen Dimension konnten lediglich geringfügige Probleme hinsichtlich der Unternehmenskultur aufgedeckt werden. Diese zeigt eine noch geringe Durchdringung mit den von der Unternehmensleitung angestrebten Werten. Auch bei der prozessualen Dimension konnten nur relativ unerhebliche Defizite der Planungsintegrität durch die Ausgestaltung des PLS aufgefunden werden, da hier z.T. unterschiedliche Planungsdaten innerhalb des Geschäftsfelds verwendet werden. Hinsichtlich der Formalisierung kann jedoch von einem Hang zur Überplanung ausgegangen werden. So lassen sich zwar bspw. durch den langen Mifri-Planungshorizont und die hier erstellten detaillierten Pläne sehr langfristige Geschäftsaussichten aufzeigen, jedoch ergaben sich in der Vergangenheit so häufig Änderungen der angenommenen Planungsprämissen, wodurch ein hoher Aufwand zur Anpassung in den einzelnen Plänen durchzuführen war, so dass den detaillierten Ergebnissen der Mifri insgesamt eine gewisse Scheingenauigkeit anhaftet. Insgesamt bleibt für die Planungsintegrität aber festzuhalten, dass lediglich geringe Defizite in der Ausgestaltung aufgezeigt werden konnten. Durch die Verwendung unterschiedlicher Verfahren und Instrumente (prozessuale Dimension) und einer hohen Formalisierung weist die DB FV somit ein hohes Maß an Planungsintegrität auf. 4.3

Zwischenfazit

Bei der Untersuchung des PLS der DB FV zeigten sich Defizite im Hinblick auf die eingeführten Anforderungen auf unterschiedlichen Ebenen. Speziell bei der Erfüllung von operativer und strategischer Flexibilität konnten Defizite herausgearbeitet werden, die entweder bereits Probleme verursacht haben oder bei noch unbekannten Entwicklungen der Unternehmensumwelt zu solchen führen können. Hinsichtlich der Planungsintegrität wurde hingegen eine weitestgehende Anforderungserfüllung festgestellt. Wie gezeigt, beeinflusst die Gestaltung einiger Dimensionen die Anforderungserfüllung von Planungsintegrität und Flexibilität in unterschiedlicher Weise.1311 Von diesen Dimensionen erwiesen sich insbesondere die Unternehmenskultur sowie die Formalisierung als tendenziell planungsintegritätssteigernd, jedoch sowohl bei negativen Konsequenzen für die Handlungsschnelligkeit als auch für die Entwicklung möglicher strategischer Optionen. Die derzeitige Unternehmenskultur schränkt daher noch ein flexibilitätsorientiertes Handeln ein und entspricht noch nicht den von der 1311

Vgl. Abschnitt E.II.3.

248

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Unternehmensführung angestrebten Werten. Hinsichtlich der Formalisierung ließ sich teilweise ein Hang zur Überplanung aufzeigen, so dass die hier erzielte Planungsintegrität die Flexibilität behindert. In den folgenden Abschnitten sollen daher Vorschläge skizziert werden, welche die aufgezeigten Defizite auflösen und so dem PLS einen größeren Handlungsspielraum sowie eine höhere Handlungsschnelligkeit erlauben, andererseits aber eine notwendigerweise abgestimmte, integrierte Planung gewährleisten.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

IV.

249

Entwicklungsmöglichkeiten für das Planungssystem

Ausgehend von den vorgestellten Defiziten sollen in den folgenden Abschnitten Entwicklungsmöglichkeiten für die strukturelle, die personelle und die prozessuale Dimension vorgestellt werden. Im Vordergrund stehen dabei jedoch nicht fertige Problemlösungen, sondern der Versuch, Tendenzaussagen und Ansatzpunkte zur Entwicklung des PLS zu liefern, um so eine Verbesserung der Anforderungserfüllung zu bewirken. Wie bei der Vorstellung des Bezugsrahmens deutlich gemacht sind Interdependenzen der einzelnen Dimensionen bei den Gestaltungsvorschlägen zu berücksichtigen. Die im Folgenden skizzierten Vorschläge sind so zu verstehen, dass zwar eine unabhängige Umsetzung erfolgen kann, die Ergebniswirkung in Bezug auf Flexibilität und Planungsintegrität hängt aber maßgeblich von der Umsetzung der anderen Vorschläge ab. 1.1

Entwicklung im Hinblick auf die strukturelle Dimension

Hinsichtlich der strukturellen Dimension lassen sich Ansatzpunkte zur Verbesserung für die Einzeldimensionen De- / Zentralisierung, Aufgabenwahrnehmung und Spezialisierungsgrad identifizieren. Im Hinblick auf die Ressourcenbereitstellung werden keine Vorschläge aufgezeigt. Hier erlaubt der Wegfall des Kündigungsschutzes im Jahr 2010 automatisch ein höheres strategisches Flexibilitätspotenzial im Hinblick auf eine Anpassung des Personalbestands an die Marktbedingungen sowie eine Auflockerung der restriktiven Einstellungspolitik. Da die Strukturdimension zunächst insgesamt den Handlungsspielraum für die DB FV, also das Ausmaß an möglichem Flexibilitätspotenzial festlegt, wäre eine selbständige Festlegung der generellen Zielplanung wie auch das selbständige Entscheiden über Investitionen sowie andere Entscheidungen mit strategischer Reichweite mit dem höchsten Flexibilitätsgrad verbunden. Hierdurch wäre eine schnelle und eigenständige Änderung aller möglichen Unternehmensvariablen möglich. Eine solche Lösung hätte zur Folge, dass die DB FV entweder als unabhängiges Unternehmen am Markt auftritt oder die Organisationsstruktur dem Geschäftsfeld ein wesentlich höheres Maß an Entscheidungsfreiheit zubilligt. Eine solche höhere Entscheidungsfreiheit wäre bspw. statt mit der Organisationsstruktur der Managementholding mit der Finanzholding zu gewährleisten.1312 Diese Vorschläge entsprechen einer Trennung vom unternehmerischen Einfluss der Konzerngesellschaft, ziehen gewisse Synergieverluste nach sich und entsprechen derzeit nicht der vertretenen Unternehmenssicht,1313 die für einen voll integrierten Konzern eintritt.1314 Demzufolge hat auch eine Umsetzung dieser Möglichkeit nur geringe Erfolgsaussichten. Daher sollte die DB FV stattdessen ihre Spielräume innerhalb der gegebenen Strukturen bestmöglich nutzen und versuchen, auf größere Ent-

1312

1313

1314

So wird bei dieser Organisationsstruktur den einzelnen Geschäftsfeldern der höchste Freiraum bei operativen und strategischen Entscheidungen zugebilligt (vgl. Mayer (2001), S. 210). So werden dem integrierten Konzern Synergien im Investitionsbereich und im Leistungserstellungsprozess zugesprochen (vgl. Privatisierungsgutachten Bahn (2006), S. 14). Vgl. bspw. Deutsche Bahn AG (2005b), S. 9; Schmid (2006), S. 36.

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

scheidungsfreiheit zu drängen. So könnte versucht werden, die vorhandenen Genehmigungsvorbehalte der Konzernleitung sowie die Investitionsausschüsse so anzupassen, dass deren Anzahl auf ein Minimum reduziert werden bzw. die wertmäßige Höhe der Genehmigungsvorbehalte erhöht werden.1315 Hierdurch würde insgesamt eine dezentralere Entscheidungsfindung (De- / Zentralisierung) mit den damit verbundenen Vorteilen einer höheren Handlungsgeschwindigkeit und einer besseren Nutzung des dezentral bereitgestellten Wissens erzielt werden.1316 Gleiches gilt für die Entscheidungsfindung innerhalb des Geschäftsfelds, so dass dem mittleren Management eine höhere Entscheidungsbefugnis zugebilligt werden könnte. Hinsichtlich der Aufgabenwahrnehmung wurde herausgestellt, dass die Zusammenarbeit mit der DB Regio zur Unterstützung bei Ausschreibungen bislang den erwünschten Erfolg vermissen ließ und zudem wertvolle planerische Ressourcen bindet. Um die Entwicklungsarbeiten mit der DB Regio auf das notwendige Maß zu reduzieren und damit Überarbeitungsschleifen bei Veränderungen von Planungsprämissen zu umgehen, erscheint ein Verzicht auf eine gemeinsame marktorientierte Entwicklung von Fahrplankonzepten bis zu fünf Jahren vor Fahrplaneinführung möglich, ohne hier einen wesentlichen Verlust von Wettbewerbsvorteilen fürchten zu müssen. Gleichzeitig kann jedoch auf die vorgestellte produktionsorientierte Abstimmung mit der Mehrjahresfahrlagen- und Mehrjahresumlaufplanung sowie für das unmittelbar einzuführende Fahrplankonzept der DB FV aufgrund der gemeinsamen Benutzung des Schienennetzes nicht verzichtet werden.1317 Weiterhin wurde eine flexibilitätseinschränkende Wirkung durch die Begleitung der Infrastrukturplanung der DB Netz festgestellt. Obwohl diese Begleitung zu positiven Effekten für die DB FV in Form von gewünschter Schieneninfrastruktur für die eigenen Bedürfnisse führt, wurde in der Vergangenheit seitens der DB FV die langfristige Verpflichtung auf Frequenzzusagen für einzelne Bahnhöfe bemängelt. Aus flexibilitätsorientierter Perspektive würde daher ein Verzicht auf die Begleitung zu einer Reduktion des Planungshorizonts und der Vermeidung einer frühzeitigen Entscheidung über Bedienfrequenzen führen. Hiermit wären eine Reduktion von Unsicherheit sowie eine Flexibilitätssteigerung verbunden. Zugleich stellt sich jedoch die Frage, ob bei der derzeitigen Monopolsituation im Fernverkehr und der Finanzierung eines Großteils der Schieneninfrastrukturinvestitionen durch den Bund ein Verzicht auf frühzeitige Zusagen über Bedienfrequenzen nicht zu einer kontraproduktiven Diskussion für die DB AG führen würde. Gleichzeitig bestände die Gefahr einer Fehlallokation aufgrund von fehlender Kenntnis über künftige Fahrplankonzepte der DB FV.1318 Obwohl daher aus rein flexibilitätsorientierter Perspektive ein Verzicht der Schieneninfrastrukturplanungsbegleitung anzustreben wäre, erscheint dies politisch bei nicht existentem Wettbewerb schwierig 1315

1316 1317 1318

So lag dieser Betrag in der Vergangenheit bei einem niedrigen einstelligen Millionenbetrag. Für die Verwendung des Genehmigungsvorbehalts bei der DB FV vgl. Abschnitt D.V.1.5 sowie Abschnitt D.VI.3.3.4. Für die Vorteile von dezentralen Entscheidungsstrukturen vgl. bspw. Macharzina (1999), S. 75 f. Für die produktionsseitige Abstimmung vgl. Abschnitt D.VI.4.2.1. Für die Finanzierung der Schieneninfrastruktur vgl. Abschnitt D.II.4.2.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

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durchzusetzen zu sein. Die DB FV sollte jedoch versuchen, diese Verpflichtungen in den Verhandlungen auf ein Mindestmaß zu begrenzen oder aber an bestimmte Bedingungen zu knüpfen, die dann vor Fertigstellung der Schieneninfrastruktur neu verhandelt werden könnten. Bei einer veränderten Wettbewerbssituation wäre das Aufrechterhalten von solchen Verpflichtungen hingegen ein klarer Wettbewerbsnachteil für die DB FV und sollte daher aufgegeben werden. Aufgrund des hohen Spezialisierungsgrads traten Probleme hinsichtlich des Verständnisses der Abteilungen untereinander auf, wodurch sich die Handlungsschnelligkeit zur gewünschten Veränderung von Fahrplankonzepten reduzierte. Da die organisatorische Trennung in eine marktorientierte (Netz- und Kapazitätsmanagement) und eine produktionsorientierte Planung (Produktion) hier grundsätzlich nicht in Frage gestellt wird, sollten jedoch Mechanismen herangezogen werden, mit deren Hilfe diese organisatorische Differenzierung der Planungen überwunden würde. Für die Planungsträger dieser Abteilungen oder sogar für alle Planungsträger auf mittlerer Managementebene könnten Job-Rotation-Programme eingerichtet werden. Solche Programme dienen dazu, ein übergreifendes Aufgabenverständnis zu entwickeln und hierdurch neue Perspektiven, Ideen und persönliche Kontakte zu erlangen, die dabei helfen, auf unerwartete Störungen zu reagieren.1319 Da bei der Analyse eine lange Einarbeitungszeit für die einzelnen Planungsaufgaben der betreffenden Abteilungen konstatiert wurde,1320 wäre hier an unterstützende Tätigkeiten für unterschiedliche routinemäßig durchgeführte Planungsaufgaben zu denken, die sich auf wenige Wochen beschränken könnte, um so ein übergreifendes Aufgabenverständnis zu schaffen. Ebenso könnte auch durch sogenannte katalytische Weiterbildungskonzepte in Form von bspw. Lernzirkeln, Workshops, Arbeitskreisen und Diskussionsforen das Verständnis für die Aufgaben der anderen Abteilungen geschärft sowie die eigenen Qualifikationen zur Bearbeitung verschiedener Planungsaufgaben erweitert werden.1321 1.2

Entwicklung im Hinblick auf die personelle Dimension

Bei der Analyse des Spezialisierungsgrads (strukturelle Dimension) wurden bereits Vorschläge zur Erweiterung der eigenen Qualifikationen und dem Verständnis der Planungen anderer Abteilungen auf Mikroebene vorgestellt. Weiterhin kann ein Vorschlag hinsichtlich des Führungsstils betrachtet werden. Hier wurde herausgearbeitet, dass Abteilungsleiter auch für Innovationsprobleme sehr formalisierte Prozesse vorschreiben und hierdurch möglicherweise auf eine kreativere Problemlösungskompetenz der einzelnen Planungsträger mit besseren Planergebnissen verzichtet wird. Daher sollte sich der Führungsstil der Führungskräfte bei derartigen Planungsproblemen von einem instrukti-

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Vgl. Reihlen (1997), S. 276. Hier wurde eine lange Einarbeitungszeit für die Planungsträger insbesondere in der Produktionsabteilung herausgestellt, da das benötigte spezifische Fachwissen über die Schieneninfrastruktur nicht umfassend in Datenbanken abgebildet wird (vgl. Abschnitt D.VI.4.2.1.1). Vgl. Reihlen (1997), S. 276. Diese Vorschläge beziehen sich bereits auf die persönlichen Qualifikationen (vgl. strukturelle Dimension in Abschnitt E.IV.1.2) und werden an dieser Stelle nicht wieder aufgenommen.

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

ven und eher konsultativ ausgerichteten zu einem partizipativen und delegativen Führungsstil hin entwickeln.1322 Da das vorhandene Qualifikationspotenzial der „einfachen“ Planungsträger wie auch der Führungskräfte generell als vergleichsweise hoch eingeschätzt wurde,1323 sollte die Möglichkeit für eine Delegation bzw. eine größere Partizipation an Planungsaufgaben mit Innovationscharakter ebenso wie für Routineaufgaben generell gegeben sein. Bemängelt wurde ebenfalls ein synoptischer Planansatz bei der Fahrplanentwicklung, der von einer statischen Entwicklungsfolge ausging. Bei der herausgearbeiteten Situation von SPFVU, die zum einen durch die Notwendigkeit einer frühen Festlegung von Investitionsentscheidungen, zum anderen durch Unternehmensunsicherheit gekennzeichnet ist, erscheint der Ansatz zur Strategieentwicklung in Form eines „Mixed Scanning“ hingegen eher Erfolg versprechend. Hierbei soll weder bis ins kleinste Detail geplant, noch sollen lediglich kurzfristige Ad-hoc-Entscheidungen vollzogen werden.1324 Vielmehr besteht dieser Ansatz insbesondere aus der Entwicklung einer globalen Vision durch die Unternehmensführung und ausgehend hiervon dem Ableiten von kurzfristigen Entscheidungen.1325 Hier wurde herausgestellt, dass die DB AG ein Mission Statement entwickelt hat, in welchem die wichtigsten Charakteristika des Unternehmens zusammengefasst werden und welches gleichzeitig den einzelnen Mitarbeitern als übergeordnete Orientierung dienen soll.1326 Für das Geschäft der DB FV lässt sich hieraus jedoch nur eine relativ geringe normative Orientierung gewinnen, so dass über eine weitere Konkretisierung dieses Mission Statements für das Geschäftsfeld DB FV nachgedacht werden sollte. Auf der Makroebene wurde herausgestellt, dass die Unternehmenskultur noch immer für einen Großteil der Planungsträger Werte in den Mittelpunkt stellt, die sich durch ein hohes Stabilitäts- und Kontrollempfinden auszeichnen und nicht durch eine gewünschte Flexibilitäts- und Marktorientierung. Durch die gegebene Unsicherheit über die Entwicklung der externen Unternehmensumwelt erlangen aber gerade Werte an Bedeutung, die auf eine stärkere Flexibilitäts- und Marktorientierung ausgerichtet sind. Dabei wurde einem Großteil der Führungskräfte das Potenzial für eine flexibilitätsorientierte Führung zugesprochen, da sie tendenziell diese eingeforderten kulturellen Werte verinnerlicht haben und daher auch geeignet erscheinen, sie in ihrem eigenen Führungsstil vermitteln zu können. Eine Veränderung der Unternehmenskultur lässt sich jedoch sehr schwer vollziehen und ist bspw. nicht so einfach durchzuführen wie die Veränderung der Organisationsstruktur. Jedoch wäre es nach Identifikation der Schwächen der momentanen Unternehmenskultur aus Unternehmensführungssicht nicht angebracht, lediglich auf einen Unternehmenskulturwandel zu hoffen, ohne dass Eingriffe oder

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Dem instruktiven und konsultativen wird ein geringeres Flexibilitätspotenzial beigemessen als dem partizipativen und delegativen Führungsstil (vgl. Volberda (1998), S. 171). Vgl. Abschnitt E.III.2.1. Diese Art der Strategieentwicklung entspräche einem „muddling through“ nach LINDBLOM (vgl. Lindblom (1959)). Vgl. Volberda (1998), S. 172. Vgl. Abschnitt D.VI.2.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

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Beeinflussungen getätigt werden. So sollte daher weder eine dem Zufall überlassene Kulturentwicklung noch deren ingenieursmäßige Gestaltung angestrebt werden.1327 Zunächst erscheint es daher notwendig, dass die Planungsträger die eigene Kultur einschätzen lernen, um so ein kollektives Reflektionsvermögen zu schaffen,1328 welches eine Reflektion der Unternehmensmitglieder über die zur Problemlösung vorhandenen kulturellen Strukturen zum Gegenstand hat.1329 Hierdurch soll eine diskursive Kulturentwicklung entstehen, die durch eine Selbstbeobachtung und Selbstbeschreibung in einem Lernprozess zu einem Auffinden von geeigneten Denkmustern und Normen für die neue Unternehmenssituation führt.1330 Diese Lernprozesse, die zu Werten führen sollten, die auf eine Flexibilitäts- und Marktorientierung gerichtet sind, sollten unterstützt werden durch einen Führungsstil der sich auszeichnet durch eine Toleranz gegenüber Fehlern des Einzelnen,1331 da nur hierdurch die Bereitschaft zum Eingehen kalkulierter Risiken besteht,1332 die bei Veränderungen der Unternehmensumwelt Umgestaltungen in der Problemlösung voraussetzen. Zusätzlich verwendet die DB FV als ein unterstützendes Instrument bereits kommunikative Ansätze in Form von Führungsleitbildern, welche Flexibilitätsziele kommunizieren und so Widersprüche zu traditionellen Werten aufzeigen.1333 Bei der Klassifizierung der Unternehmenskultur konnte die DB FV weder einer starken noch einer schwachen Unternehmenskultur zugeordnet werden. Erstere verhindert aufgrund einer Unterdrückung von nicht-konformem Verhalten häufig Vorschläge von originellen Ideen und dadurch auch ein notwendiges Maß an Flexibilität.1334 Durch das momentan ausgeprägte Kontrollempfinden gegenüber Ergebnissen, aber auch gegenüber durchgeführten Prozessen der Mitarbeiter besteht die Gefahr, genau dieses kreative Potenzial nicht abrufen zu können. Wie bereits angemerkt, sollte daher insbesondere bei strategischen Planungsaufgaben mit Innovationscharakter vermieden werden, diese in rigiden Prozessen abbilden zu wollen. Um eine Unternehmenskultur zu kultivieren, die in dem Sinne eher „schwach“ ausgeprägt ist und so ein höheres Maß an Flexibilitätspotenzial besitzt, sollte die Unternehmensführung bestrebt sein, eine permanente kreative Spannung im Geschäftsfeld zu erzeugen, die unterschiedliche Problemlösungsansätze,

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Für eine Auseinandersetzung mit der Gestaltbarkeit oder zufälligen Kulturentwicklung in Heterarchien vgl. Reihlen (1997), S. 274. CAMERON / QUINN schlagen zum Unternehmenskulturwandel ein Phasenschema vor, welches folgende unterschiedliche Phasen umfasst: „1. Reach consensus on the current culture. 2. Reach consensus on the desired future culture. 3. Determine what the changes will and will not mean. 4. Identify illustrative stories. 5. Develop a strategic action plan. 6. Develop an implementation plan.” (Cameron / Quinn (2006), S. 90 ff.). Vgl. Reihlen (1997), S. 274. Vgl. Reihlen (1997), S. 274. Vgl. Bursee (1999), S. 145; Cameron / Quinn (1999), S. 197; Thielen (1993), S. 144 u. 159. Vgl. Bursee (1999), S. 145. Vgl. Bursee (1999), S. 144 f. Vgl. Volberda (1998), S. 167.

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Einstellungen und Aktionen beinhaltet und welche sich so innerhalb des Geschäftsfelds zu bewähren haben.1335 1.3

Entwicklung im Hinblick auf die prozessuale Dimension

Im Hinblick auf die Ausgestaltung der Planungsprozesse wurden Defizite herausgearbeitet, da durch Instrumente zur Erlangung einer abgestimmten Planung negative Konsequenzen für die Flexibilität und hier insbesondere für die Handlungsgeschwindigkeit auftraten. So wurde ein gewisser Hang zur „Überplanung“ angemerkt, der sich durch allzu strikte Planungsvorschriften, lange Planungshorizonte und einem hohen Planungsressourcenverbrauch auszeichnet und so zu detaillierten Plänen und zumeist quantifizierten Planergebnissen bei äußerst abgestimmten Teilplänen führt. Der hiermit einhergehende Abstimmungsaufwand ist erheblich, insbesondere bei unumgänglichen Änderungen der Planung im Fall von beinahe sicheren Veränderungen der Planungsprämissen im Zeitverlauf. Daher erscheint es notwendig, diese Anpassungen so durchzuführen, dass größere Freiräume für die einzelnen Planungsträger existieren, ohne dass die Planungsintegrität zu sehr aufgegeben wird. Die Vorschläge zur Veränderung beziehen sich dabei auf die Einzeldimensionen Formalisierung, Verfahren und Instrumente sowie Informationsbasis & Kontrolle. Da die Bearbeitung von Planungsproblemen innerhalb von Projektarbeit bereits sehr gezielt eingesetzt wird, um abseits der regulären Linienorganisation eine schnelle Bearbeitung von Planungsproblemen zu gewährleisten, ergeben sich hier keine weiteren Ansatzpunkte zu einer Weiterentwicklung, vielmehr sollte diese für dringende und innovative Probleme konsequent weiter verfolgt werden. 1.3.1

Veränderung der Formalisierung

Die allgemein vorhandene hohe Formalisierung entfaltet im Rahmen von Routineprozessen eine positive Wirkung, erweist sich bei verändernden Rahmenbedingungen sowie bei Innovationsproblemen jedoch mithin als eher hinderlich. Aus diesem Grund sollte allgemein versucht werden, die vorgegebene Regelungsdichte sowie deren Detailliertheit für die Anwendung von Planungsverfahren bei den strategischen Fragestellungen wie bspw. der analysierten Infrastrukturplanungen sowie der Flottenplanung auf grobe Rahmenvorgaben zu beschränken, die so als eine Art „Leitplanken“ mit geringem Detailliertheitsgrad von den Planungsträgern ein gewisses Verhalten einfordert.1336 Die Unternehmensführung sollte bestrebt sein, in einem ständigen Kontrollprozess zu überprüfen, welche der bestehenden organisatorischen Regeln eine flexibilitätsbehindernde Formalisierung darstellen, die keine wesentlichen Produktivitätszuwächse bieten. Die somit angestrebte höhere Regelungsqualität erfordert bei den Planungsträgern ein höheres Maß an Selbstorganisation,1337 so dass hier (informelle) Kommunikationsprozesse 1335 1336 1337

Vgl. Volberda (1998), S. 169. Vgl. Bursee (1999), S. 117. Selbstorganisation bezeichnet in dem Unternehmenskontext die Situation, dass Planungsträger bei Vorliegen eines Problems kontextspezifische Hypothesen darüber bilden, wer sonst noch von dem Problem betroffen sein könnte, worauf er u.U. mit diesen in Interaktion tritt und diese wie-

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besondere Bedeutung erlangen und entsprechend gefördert werden sollten.1338 Der Mitarbeiterqualifikation und deren Weiterentwicklung kommt bei einer Selbstorganisation eine große Bedeutung zu.1339 Weiterhin erlaubt bspw. ein breites Spektrum an Kontakten innerhalb und außerhalb des Geschäftsfelds bzw. des Unternehmens den Planungsträgern häufig den Zugang zu notwendigem Wissen zur Lösung von Innovationsproblemen. So könnte bspw. neben den z.T. bereits stattfindenden abteilungsinternen Fachvorträgen mit Möglichkeit zum informellen Austausch eine Ausweitung auf abteilungsübergreifende Vorträge realisiert werden. Ferner könnten Anreize für die Planungsträger gesetzt werden, Fachvorträge auf externen Veranstaltungen zu halten und so ihr persönliches Netzwerk zu erweitern. 1.3.2

Entwicklung der Verfahren und Instrumente

Eine Reduktion von Regelungsvorschriften drückt sich u.a. in den innerhalb der Planungsprozesse eingesetzten Verfahren und Instrumenten aus. Dabei soll zunächst wiederum auf die allgemeinen Verfahren und Instrumente eingegangen werden, bevor Vorschläge skizziert werden, die sich auf die spezifischen Verfahren und Instrumente der DB FV beziehen. 1.3.2.1 Allgemeine Verfahren und Instrumente

Bei der Planungssystemanalyse zeigte die eingesetzte Mifri als zentrales Instrument zur Gewährleistung von Planungsintegrität gewisse Defizite in Bezug auf Flexibilität. Sie zeichnete sich durch eine sehr formalisierte Anwendung aus. Zunächst erscheint ein Umdenken erforderlich, was die Mifri tendenziell erreichen kann. So sollte sie zwar weiterhin als ein wichtiges Instrument zur Planabstimmung verwendet werden, deren Ergebnisse jedoch nicht als unumstößliche Größe gelten. Eine Veränderung kann auf unterschiedliche Gestaltungsoptionen der Mifri bezogen werden. Bei dem verwendeten Planungshorizont von fünf Jahren wurde herausgestellt, dass dieser im Vergleich zu anderen Unternehmen sehr langfristig gewählt wurde. Eine Reduktion auf lediglich drei Jahre als gängiger Vergleichwert1340 würde aus Flexibilitätssicht bereits Positiveffekte bedeuten. Durch die beiden letzten Fahrplankonzepte (n-4 sowie n-5) der Mifri ist ein hoher Entwicklungs- sowie Anpassungsaufwand bei Veränderungen von Planprämissen im Zeitablauf gegeben. Da ein fünfjähriger (ebenso wie ein dreijähriger) Planungshorizont in jedem Fall zu kurzfristig ist, um die sehr investitionsintensiven Strategien (Flotte

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derum in weitere Interaktionen treten (vgl. Kieser (1994), S. 205). Sich so selbst koordinierenden Gruppen wird eine höhere Flexibilität sowie eine höhere Arbeitsleistung zugeschrieben als „tayloristischen“, also fremdorganisierten und kontrollierten Arbeitsorganisationen (vgl. Kieser (1994), S. 218). Vgl. Bursee (1999), S. 117; dieser Gedanke entspricht dem des selbstorganisierenden Planungsträgers, der die gewährten Gestaltungsfreiräume durch Eigeninitiative, Forschungsdrang, Neugier und Kreativität ausfüllt (vgl. Reihlen (1997), S. 266 f.). Vgl. Schreyögg / Noss (1994), S. 25. Vgl. Weber et al. (2003), S. 29; ähnlich lange Planungshorizonte existieren bei der schweizerischen SBB, die ebenfalls einen Mifri-Zeitraum von 5 Jahren verwendet (vgl. Eikelbloom (1999), S. 478).

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sowie Infrastruktur) der DB FV beurteilen zu können, sind diese in jedem Fall im Rahmen von vorgelagerten Planungen zu bewerten,1341 wie dies bereits z.T. im Rahmen des SMP am Anfang des Jahres vollzogen wird.1342 Weiterhin hat das Management über die Plangrößen der Mifri zu entscheiden. Das Planen in Kostenstellengrößen wird bspw. selbst für entferntere Jahre durchgeführt. Hier, ebenso wie für andere Plangrößen der Mifri, stellt sich die Frage, ob eine solche Detailliertheit für mehrere Folgejahre wirklich notwendig ist.1343 Gleiches gilt für den Grad der Detailliertheit eines einzelnen MifriPlanjahrs, also der Differenziertheit der zu liefernden Umsatz- und Kostenpositionen. Da für diese Detailliertheit der dezentralen Planungen das Geschäftsfeld selbst zuständig ist, kann es zu einer Reduzierung der Detailtiefe der Planung beitragen, ohne sich hierbei wesentlich mit dem Konzern abstimmen zu müssen. Als letzter wichtiger Gestaltungsvorschlag sollte der gesamte unterjährige Prozess der Mifri-Erstellung, also der vorgesehene Planzeitraum, weiter reduziert werden, da dieser – wie herausgestellt – im Vergleich zu anderen Unternehmen mit elf Monaten ebenfalls sehr lang ist und der Mifri so fast über das gesamte Jahr auf unterschiedlichen Hierarchieebenen hohe Aufmerksamkeit gewidmet wird. Eine solche unterjährige Reduktion sollte bei Berücksichtigung der oben aufgeführten Vorschläge hinsichtlich des Planungshorizonts und der verwendeten Plangrößen sowie der Detailliertheit zu bewerkstelligen sein. Eine Verringerung des Planungszeitraums kann mit wesentlichen Effizienzsteigerungen in Verbindung gebracht werden.1344 Selbst ein bewusster Verzicht auf eine sehr integrierte Planung (geringeres Detail- und Abstimmungsniveau) kann deutliche Effizienzsteigerungseffekte auslösen und so Ressourcen für andere Planungen zu Verfügung stellen,1345 die in dem Sinne ungerichtetes Flexibilitätspotenzial darstellen. Radikalere Ansätze, wie der in den letzten Jahren propagierte vollständige Verzicht auf eine mittelfristige Planung,1346 erscheinen aufgrund der durch die Erstellung von Fahrplankonzepten ohnehin frühzeitig vorhandenen Daten zu Umsatz- und Kostenentwicklung nicht mit einer grundsätzlichen Flexibilitätssteigerung verbunden zu sein.1347 Hinsichtlich der Auswahlmethode bei Investitionsentscheidungen wurde ein Defizit in Bezug auf die Robustheit festgestellt. Dieses Defizit äußerte sich in einer noch

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Vgl. Weber et al. (2003), S. 29 f. So werden im Rahmen des SMP und der PPZ generelle Ziele für den Konzern und die Geschäftsfelder entwickelt, die nur durch Investitionsplanung sinnvoll erstellt werden können (vgl. Abbildung D-5 auf S. 99). Vgl. Weber et al. (2003), S. 31. Vgl. Weber et al. (2003), S. 46. Vgl. Weber et al. (2003), S. 46. So werden wesentliche Effizienzverluste durch den Erstellungsprozess als auch das Problem von veralteten Daten nach Planerstellung bei Budgets angeführt, so dass Firmen wie Google, UBS und Toyota auf eine Erstellung vollständig verzichten (vgl. Terpitz (2007)). Die Methodik des vollständigen Verzichts auf eine reguläre Budget-Erstellung wird unter dem Oberbegriff Beyond Budgeting behandelt (vgl. Hope / Fraser (2003a); Hope / Fraser (2003b); Hope / Fraser (2003c)). Die Produktionsfunktion des Fahrplans führt bereits zu einem frühen Zeitpunkt zu einer Berücksichtigung der Umsatz- und Kostentwicklung (marktorientierte Fahrplanentwicklung) vgl. Tabelle D-8 auf S. 147.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

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relativ unsystematischen Berücksichtigung auf operativer Planungsebene. Hier sollte versucht werden, die Szenariotechnik und die Berücksichtigung von robusten Auswahlmethoden nicht nur auf der operativen Ebene als Planungsinstrument, sondern auch auf der strategischen Ebene als ein Instrument zur Strategieentwicklung einzusetzen.1348 Ebenfalls sollte bei der Entwicklung unterschiedlicher Umweltszenarien eine Beteiligung mehrerer Abteilungen erfolgen, um so ein breites Spektrum an unterschiedlichen Meinungen einzuholen und so zu einem gemeinsam getragenen Konsens zu gelangen. In einem nächsten Schritt ist es dann möglich, die Investitionsstrategie bzw. den spezifischen Plan auszuwählen, welcher ein möglichst robustes Ergebnis verspricht. Die Auswahl dieses Plans ist dann mittels geeigneter Verfahren durchzuführen.1349 1.3.2.2 Spezifische Verfahren und Instrumente

Bei den spezifischen Verfahren und Instrumenten der DB FV konnten negative Aspekte für die Planungsintegrität und Flexibilität aufgrund von Kompatibilitätsproblemen zwischen den eingesetzten Softwarelösungen sowie aufgrund einer nur manuellen Erstellung und Optimierung von Ausgangslösungen für die marktorientierte Fahrplanerstellung sowie für die Fahrlagen- und Umlaufplanung gegenüber automatisierten Lösungen aufgezeigt werden. Zudem zeigte das verwendete Fahrplanentwicklungsmodell einige Schwächen. Ebenfalls negativ auf die Anforderungserfüllung wirkten sich die Schnittstellenprobleme zwischen der Abteilung Netz- und Kapazitätsmanagement und der Produktionsabteilung aus. Softwaretechnische Unterstützung: Während die Schaffung von Kompatibilität zum Austausch von Daten zwischen den Softwarelösungen Visum, Viriato, PPSFR, StEffi sowie Carmen bereits einen erheblichen entwicklungstechnischen Aufwand bedeutet, stellt sich bei der Entwicklung von automatisierten Softwarelösungen, also einer automatisierten Erstellung von Ausgangslösungen sowie deren Optimierung, die Frage nach der grundsätzlichen momentanen Realisierbarkeit solcher Lösungen. Der Einsatz von automatisierten Lösungen hätte eine deutliche Beschleunigung der Planung zur Folge, wodurch sich auch der Ressourcenaufwand sowie der Planungszeitraum verkürzen und damit ebenfalls die Unsicherheit reduzieren ließe. Jedoch verhindern die hohe Komplexität der Fahrplankonzepte durch die vorhandenen Freiheitsgrade in der Erstellung sowie vorhandene Restriktionen des Schienenverkehrsnetzes und der hohe Umfang an vorhandenen Verkehren eine softwaretechnische Realisierung.1350 Dabei wurde bereits darauf hingewiesen, dass eine automatisierte Erstellung von Fahrplankonzepten von der Größe 1348

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Hierbei geht es nicht so sehr um die Erstellung alternativer Pläne als vielmehr darum, ein strategisches Denken im Unternehmen entstehen zu lassen und hierdurch organisationales Lernen zu gewährleisten (vgl. Grant (2003), S. 493). Hierbei lassen sich je nach bekanntem Informationsstand unterschiedliche Verfahren einsetzen. Für einen Überblick dieser Auswahlverfahren vgl. Scholl (2001), S. 122 ff.). Die französische Bahn SNCF benutzt für die Fahrplanerstellung eine eigenentwickelte Softwarelösung zur Erstellung von Fahrplan- und Umlaufkonzepten (vgl. Ben-Khedher et al. (1998)), jedoch ist bei den dort verwendeten nachfrageorientierten Fahrplankonzepten (vgl. Fußnote 804 auf S.146) die Erstellung wesentlich einfacher als bei den angebotsorientierten Taktverkehren der DB FV.

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der DB FV bei derzeitigem wissenschaftlichem und technischem Stand nicht möglich ist.1351 Im Vergleich zur Fahrplanerstellung ist die Umlaufplanung aufgrund einer hohen Anzahl an bereits fixierten Parametern in Zukunft für die Anwendung automatisierter Verfahren zur Generierung von Ausgangslösungen sowie deren Optimierung hingegen deutlich besser geeignet als die Erstellung von Fahrplankonzepten. Deshalb wäre insbesondere eine Reduktion des zeitlichen Aufwands zur Erstellung der Umlaufplanung zu erwarten sowie ggf. weitere Optimierungen der Lösung.1352 Wie bereits an anderer Stelle erläutert, würde eine solche zeitliche Reduktion jedoch lediglich in eingeschränktem Maße eine Verkürzung des Planungshorizonts bewirken. Rechtliche Vorlaufzeiten der Trassenanmeldung sowie Vorlaufzeiten anderer Teilplanungen schränken diese Zeitersparnis ein. Damit wären Zeitersparnisse insbesondere in einer Verschiebung des Übergabezeitpunkts zwischen der marktorientierten und der produktionsorientierten Planung zu sehen. Potenzielle zeitliche Einsparungen könnten sich zwischen der Übergabe der Fahrplankonzepte zwischen dem Netz- und Kapazitätsmanagement und der Produktionsabteilung 18 Monate vor Fahrplaneinführung und der Trassenanmeldung acht Monate vor Fahrplaneinführung ergeben. Gleichfalls ließe sich durch deren Einsatz die Dauer von Iterationsschleifen zwischen der Fahrlagen- und Umlaufplanung deutlich reduzieren.1353 Durch eine solche zeitliche Reduktion wäre es auch möglich, sowohl aktuellere Informationen über Marktentwicklungen als auch über produktionsorientierte Veränderungen wie einer späteren Indienststellung von Schieneninfrastruktur oder Schienenfahrzeugen sowie einer Veränderung von Fahrzeiten zu berücksichtigen.1354 Fahrplanentwicklungsmodell: Da eine Automatisierung der Fahrplanentwicklung in nächster Zeit nicht möglich erscheint, stellt sich jedoch die Frage, wie das verwendete Fahrplanentwicklungsmodell weiterentwickelt werden sollte. Bei diesem zeigten sich Probleme für die operative Flexibilität, ausgelöst durch ein synoptisches Entwicklungsverständnis und fehlende Rückkopplungen. Um nun einerseits eine höhere Flexibilität sowie andererseits eine abgestimmte Planung zu gewährleisten, können Ansatzpunkte an verschiedenen Ebenen des Fahrplanentwicklungsmodells aufgezeigt werden. Ähnlich dem bestehenden Konzept sollte bei Beibehaltung der Begleitung der Infrastrukturplanung der DB Netz ein strategisches Fahrplankonzept erzeugt werden, aus welchem sich Infrastrukturwünsche, Schienenfahrzeugentwicklungen und Schienenfahrzeugbeschaffungen ableiten lassen. Das alte Konzept sah vor, zwischen diesem strategischen Fahrplankonzept und den MifriFahrplankonzepten für weitere feste Zeitpunkte (n-10 sowie n-7) Fahrplankonzepte zu entwickeln, die für infrastrukturelle Fragestellungen sowie Flottenplanungsaufgaben he-

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Vgl. Abschnitt D.VI.4.1.2.1. So wies ein Pilottest bereits sehr ähnliche Werte zwischen einer automatisierten Softwarelösung und der manuell erstellten Lösung auf (vgl. Freiberger / Bundschuh (2004), S. 373). Füür den aufwendigen Iterationsprozess zwischen Fahrlagen- und Umlaufplanung vgl. Abschnitt D.VI.4.2.1.2 und D.VI.4.2.1.3. So konnte durch die Entwicklung einer Softwarelösung zur Fahrplanoptimierung die Kommunikation bzw. Zusammenarbeit zwischen der Marketingabteilung und der Produktionsabteilung wesentlich verbessert werden (vgl. Ben-Khedher et al. (1998), S. 20).

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rangezogen wurden. Die Entwicklungsvorgabe wirkt jedoch zu restriktiv, da in den vorgegebenen Entwicklungsjahren ggf. gar keine Entscheidungen getroffen werden müssen und daher das Fahrplankonzept nicht benötigt wird. Stattdessen sollte daher das strategische Fahrplankonzept als Orientierung für die Planungsträger zur Erzeugung weiterer Fahrplankonzepte gelten, welche bei anstehenden Entscheidungen über Flotteninvestitionen oder Schieneninfrastrukturinvestitionen entsprechend anlassgetrieben für die jeweilige Zeitscheibe entwickelt oder ein geeignetes bestehendes Fahrplankonzept angepasst werden sollten. Hierdurch ergeben sich Effizienzvorteile, da die Planungsträger entscheiden können, ob sie bspw. für einzelne infrastrukturelle Fragestellungen regionale Teile des Fahrplankonzepts oder das gesamte Fahrplankonzept entwickeln müssen. Die vorgeschlagene Lösung gibt den Planungsträgern somit insgesamt einen höheren Freiheitsgrad in der Planungsausführung und verlangt damit ein höheres Maß an Selbstorganisation der Planungsträger untereinander. Da bei der Entwicklung des strategischen Fahrplankonzepts verschiedene Vorstellungen über den zukünftigen Zustand des Angebots an Schienenverkehrsleistung bei gegebener und neuer Schieneninfrastruktur eingehen, besitzt ein Fahrplankonzept unterschiedliche Bestandteile bzw. Fahrplanelemente. Ein gezieltes Zusammenfassen von solchen Fahrplanelementen zu sogenannten Modulen, die möglichst unabhängig voneinander sind, hätte den Vorteil, je nach gegebener Umweltsituation1355 und möglicher Veränderung der Indienststellung von Schieneninfrastruktur und Schienenfahrzeugen eine Einordnung dieser Module in die Mifri-Fahrplankonzepte mit entsprechend durchzuführenden Anpassungen vorzunehmen. Ein Modul soll dabei als ein wichtiger gestalterischer Bestandteil des Fahrplankonzepts gelten. Diese Module sind von den Fahrplanern bereits im Rahmen des strategischen Fahrplankonzepts zu entwickeln. Die Forderung nach einer weitestgehenden Unabhängigkeit der Module ließe so die Möglichkeit zu, je nach Umweltsituation einzelne Module früher in die MifriFahrplankonzepte einfließen zu lassen oder deren Einführung zeitlich zu verschieben oder ganz aufzugeben.1356 Beispiele für mögliche Module sind in der Einführung von Sprinternetzen im Hauptverkehrsnetz, der Einführung eines Halbstundentakts in unterschiedlichen regionalen Gebieten oder bspw. der Schwächung des Randnetzes (Reduktion Bedienungsfrequenz und / oder kapazitative Anpassung) zu sehen.1357 Zudem sollten systematischere Rückkopplungen innerhalb des Fahrplanentwicklungsmodells berücksichtigt werden, da dies zurzeit systematisch lediglich innerhalb des

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Eine Veränderung der relevanten Umweltdimensionen wird im Rahmen der strategischen Umweltanalyse analysiert (vgl. Tabelle D-2 auf S. 105). Dabei ist die Unabhängigkeit der Module nicht in dem Sinne zu verstehen, dass keine weiteren Anpassungen der Fahrplankonzepte vollzogen werden müssen, da dies aufgrund der zu planenden Umsteigeverbindungen stets durchzuführen ist. Die Unabhängigkeit bedeutet vielmehr, dass die Einführung eines Moduls und entsprechende Anpassung des Fahrplankonzepts ohne die Einführung eines anderen Moduls möglich erscheint. Eine solche Unabhängigkeit stellt ein theoretisches Ideal dar. Je unabhängiger die einzelnen Module konzipiert werden, desto flexibler könnte jedoch auf die unterschiedlichen Umweltentwicklungen reagiert werden. Die beispielhaft eingeführten Module basieren auf Experteneinschätzungen von Fahrplanexperten der DB FV.

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Mifri-Planungszeitraums aufgrund der dort stattfindenden revolvierenden Planung vollzogen wird.1358 Anpassungen auf höherer Ebene erlauben jedoch eine rechtzeitige Berücksichtigung möglicher zukünftig stattfindender Probleme. Derartige Rückkopplungen können sich durch eine Veränderung der zeitlichen Einordnung der Module in die Mifri-Fahrplankonzepte bis hin zu einer Anpassung des strategischen Fahrplankonzepts selbst äußern und bedürfen dabei einer engen Absprache der einzelnen Planungsträger, die sich mit unterschiedlichen Aspekten der Fahrplanentwicklung oder –steuerung beschäftigen.1359 Ebenfalls ließe sich durch die vorgeschlagene Reduktion der Mifri um zwei Jahre auf einen Planungshorizont von drei Jahren sowie den vorgeschlagenen Verzicht auf die Unterstützung der Ausschreibungen der DB Regio (Einzeldimension Aufgabenwahrnehmung) der Aufwand in der Fahrplanerstellung reduzieren. So wären statt der momentan verwendeten acht lediglich vier Fahrplankonzepte innerhalb dieses vorgeschlagenen Fahrplanentwicklungsmodells vorgeschrieben und entsprechend anlassgetrieben um weitere zu ergänzen. Bewältigung der Schnittstellenprobleme: Bei der Bewertung des PLS wurde weiterhin ein Schnittstellenproblem bei Übergabe des Fahrplankonzepts von der marktorientierten hin zur produktionsorientierten Entwicklung deutlich. Hierbei tauchten Probleme hinsichtlich der routinemäßig durchgeführten, parallelen Bearbeitung der Fahrplankonzepte zwischen der Übergabe des Musterfahrplans (x-18) und der Übergabe der Einzellagen (x-14) auf.1360 Da in dieser Zeit von beiden Abteilungen weitere Anpassungen an den Fahrplankonzepten durchgeführt wurden, ohne jedoch hierüber direkte Abstimmungen durchzuführen, also keine Planungsintegrität zu gewährleisten, kam es erst zu einem späteren Zeitpunkt zu zusätzlich notwendigen Überarbeitungsschleifen zwischen den Abteilungen, die aufgrund der Dringlichkeit bis hin zur Trassenanmeldung (x-8) und den beschriebenen Verständnisschwierigkeiten der Planungsträger untereinander tendenziell zu suboptimalen Ergebnissen führten. Als mögliche Auflösung dieses Konflikts, der durch die bewusste Trennung in Muster- und Einzellagenkonzepte der Fahrplankonzepte entsteht, ist eine noch stärkere Integration der Planungszyklen der vorgelagerten, marktorientierten Fahrplanerstellung mit der nachgelagerten, produktionsorientierten Fahrplanerstellung durchzuführen. Eine stärkere Integration erlaubt, frühzeitig Interdependenzen und entstehende Abstimmungsprobleme zu identifizieren.1361 Hier ist die Frage zu beantworten, wie eine solche stärkere Integration zwischen den Abteilungen hergestellt werden soll. Hier kann der bereits skizzierte Vorschlag zur Einführung einer Job Rotation beitragen, da so die Probleme und Aufgaben der anderen Abteilung bei der eigenen Planung antizipiert werden können.1362 Als eine weitere Mög1358 1359

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Vgl. D.VI.4.1.5. So ist bspw. an Workshops zwischen Planungsträgern zu denken, die in der Fahrplanentwicklung unterschiedliche Fahrplankonzepte verantworten und diese im Rahmen der sukzessiven Planung der Fahrplanerstellung übergeben. Vgl. Abschnitt D.VI.4.2.1.2. Vgl. Reihlen (1997), S. 50. Vgl. Reihlen (1997), S. 51.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

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lichkeit zur Auflösung möglicher Konflikte kann die erst kürzlich eingeführte Funktion eines sogenannten „Vorplanungsteams“ gelten. Dieses Team, bestehend aus Mitgliedern der beiden Abteilungen, soll sich während der viermonatigen parallelen Bearbeitung des Fahrplankonzepts (x-18 bis x-14) in regelmäßigen Turni über Anpassungsnotwendigkeiten beider Abteilungen austauschen und bei gegebenem Änderungsbedarf einer Abteilung auch die Auswirkungen auf die Planung der anderen prüfen und ggf. auch hier frühzeitige Überarbeitungsschleifen anregen. Letztlich könnte durch die oben skizzierte Entwicklung automatisierter Softwarelösungen diese phasenüberlappende Planung in Richtung des Ideals einer Simultanplanung verschoben werden,1363 die so die schnellste Bearbeitung von Planungsproblemen garantiert. 1.3.3

Informationsbasis und Kontrolle

Hinsichtlich der Informationsbasis & Kontrolle konnten kleinere Defizite im Hinblick auf die Planungsintegrität und die Flexibilität herausgearbeitet werden. So wurde der Datenerhebung zwar eine hohe Bedeutung beigemessen, die Distribution innerhalb des Geschäftsfelds ergab sich für einzelne Daten jedoch teilweise erst mit einiger zeitlicher Verzögerung. Da zudem für ihre jeweiligen Routineplanungen von den einzelnen Abteilungen viele unterschiedliche Daten von internen und externen Quellen benötigt werden, ist sicherzustellen, dass die Abteilungen einheitliche Grunddaten wie bspw. Daten über Fahrzeiten oder der Nachfrageentwicklung im Zeitablauf für Planungen mit gleicher Datenbasis verwenden. Hier könnte eine Art Clearing-Stelle institutionalisiert werden, die für die Erhebung, Kontrolle und Distribution von externen und internen Daten zuständig ist und so Daten von hoher Qualität bereitstellen kann. Diese Spezialisierung bewirkt eine höhere Formalisierung der Planung, da hierdurch gewisse Prozessabläufe für Routineplanungen vorgeschrieben werden müssten. Obwohl dies in der bisherigen Argumentation eher abgelehnt wurde, könnte sich diese organisatorische Stelle auf die wichtigsten gemeinsam genutzten Daten unterschiedlicher Abteilungen beschränken und so für eine Qualitätsverbesserung der Planungsdaten und deren Distribution im Geschäftsfeld sorgen, wodurch die Planungsintegrität weiter verbessert wird. Weiterhin wurde für die Ergebniskontrollen festgehalten, dass deren Ausgestaltung durch eine manuelle Erhebung und Übertragung sehr zeitintensiv ist und so insbesondere für die Abteilung Zielgruppenmanagement und Vermarktung erst mit zeitlicher Verspätung nach Datenerhebung zur Verfügung stehen. Um nun eine Verkürzung der Bereitstellung dieser Auslastungsdaten zu bewerkstelligen, schlägt ERHARDT statt der manuellen Erfassung den Einsatz von portablen Lesegeräten zur Erfassung von mit Strichcodes ausgerüsteten Fahrkarten vor. Da hierfür die wesentlichen Voraussetzungen durch die flächenweite Einführung dieser Lesegeräte im Jahr 2006 geschaffen wurden, sind in Zukunft durch die Verkürzung der Bereitstellungszeit dieser Ergebniskontrollen Positiveffekte für die Preis- und Kapazitätssteuerung in Bezug auf die operative Flexibilität zu erwarten.

1363

Für die Abgrenzung von Sukzessivplanung, phasenüberlappender Planung sowie Simultanplanung vgl. Reihlen (1997), S. 52.

262

1.4

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

Abschließende Beurteilung der Entwicklungsmöglichkeiten

Die geäußerten Vorschläge bezogen sich auf verschiedene Ansatzpunkte der einzelnen Dimensionen des PLS. Dabei betrafen die Vorschläge Einzeldimensionen, die in erster Linie Vorteile in der Ausübung von strategischer und operativer Flexibilität nach sich ziehen. Durch die geäußerten Vorschläge auf struktureller Dimension könnte ein größerer Handlungsspielraum sowie eine höhere Handlungsgeschwindigkeit erzielt werden, was sich positiv auf die operative und strategische Flexibilität auswirken würde. Die personelle Dimension bietet wichtige Ansatzpunkte zur Veränderung des Führungsstils, der Art der Strategieentwicklung, der Nutzung von vorhandenem personellen Qualifikationspotenzial und der Unternehmenskultur. Hierbei konnten jedoch lediglich Tendenzaussagen zur Weiterentwicklung der Einzeldimensionen getroffen werden, die eine weitere Konkretisierung durch das Management der DB FV erforderlich machen. Eine erfolgreiche Umsetzung hat insbesondere Auswirkungen auf das strategische Flexibilitätspotenzial, da so die Planungsträger in der Lage sind, auf noch unbekannte Umweltentwicklungen zu reagieren, womit ein ungerichtetes Flexibilitätspotenzial aufgebaut wird. Hinsichtlich der prozessualen Dimension konnten etliche Ansatzpunkte aufgezeigt werden, die sich auf die Flexibilität (strategische / operative Flexibilität und Robustheit) wie auch auf die Planungsintegrität beziehen. Bei einem Teil der Vorschläge, insbesondere hinsichtlich der allgemeinen Formalisierung der Planung sowie der konkreten Ausgestaltung der Mifri-Planung, ging eine Änderung der Ausgestaltung zu Lasten der Planungsintegrität, da in der durchgeführten Planungssystemanalyse ein gewisser Hang zur „Überplanung“ konstatiert wurde. Bei Inkaufnahme einer geringeren Abstimmung sowie einer geringeren Detaillierungstiefe der einzelnen Teilpläne würden sich positive Effekte für die Handlungsgeschwindigkeit ergeben. Bei den Ausführungen wurden zudem die Wechselwirkungen zwischen den unterschiedlichen Vorschlägen deutlich. So bedingt bspw. eine höhere Dezentralisierung der Entscheidungsfindung (strukturelle Dimension) eine höhere Qualifikation der Planungsträger (personelle Dimension). Weiterhin hätte bspw. die Reduktion des MifriPlanungshorizonts Auswirkungen auf das Fahrplanentwicklungsmodell. Die Einführung einer automatisierten Umlaufplanung würde zu einer Veränderung der Planungsprozesse zwischen den einzelnen Abteilungen führen. Diese Wirkungszusammenhänge unterstreichen die hohe Komplexität zwischen den einzelnen Planungssystemelementen und der Notwendigkeit, das gesamte PLS im Sinne einer Meta-Kontrolle im Zeitablauf kritisch zu betrachten und Anpassungen durchzuführen.1364 Abbildung E-2 zeigt zusammenfassend die wichtigsten Vorschläge für die einzelnen Dimensionen.

1364

Vgl. Hellmich (1970), S. 41.

BEWERTUNG UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN

• Weiterentwicklung des Fahrplanentwicklungsmodells • Veränderung der Mifri (Planungshorizont, Detaillierung) • Entwicklung u. Einsatz einer automatisierten Umlaufplanung (Softwaretechnische Lösung)

• Berücksichtigung von Rückkopplungen • Einrichtung einer Daten-ClearingStelle • Verbesserung der Ergebniskontrolle

Prozessuale Dimension Informationsbasis & Kontrolle

• Vermeidung von Formalisierung bei strategischen Fragestellungen • Etablierung Meta-Kontrolle für das PLS

Projektarbeit Formalisierung Verfahren & Instrumente

Aufgabenwahrnehmung

• Dezentralisierung der Entscheidungsfindung • gegenüber Konzern • innerhalb des Geschäftsfelds

Mikro

Ressourcenbereitstellung

• Job-Rotation-Programme (Schaffung eines schnittstellenübergreifenden Aufgabenverständnisses)

Makro

• Verzicht der marktorientierten Zusammenarbeit mit DB Regio • Begrenzung / Vermeidung langfristiger Bedienfrequenzverpflichtungen

263

• Diskursive Kulturentwicklung • Akzeptanz und Förderung des Eingehens kalkulierter Risiken

Spezialisierungsgrad

De- / Zentralisierung

Strukturelle Dimension

Personelle Dimension • Katalytische Weiterbildungskonzepte • Anpassung Führungsstil • „Mixed Scanning“ als Strategieentwicklungskonzept

Abbildung E-2: Entwicklungsmöglichkeiten für das Planungssystem

Die bei der momentanen Ausgestaltung des PLS deutlich gewordenen Defizite können durch die Vorschläge aufgelöst oder reduziert werden. Zwar gelingt es dem derzeitigen PLS im Wesentlichen, die zu erfüllenden Aufgaben zu bewerkstelligen, dies geschieht jedoch – wie gezeigt – mitunter suboptimal oder die Ausgestaltung des PLS erscheint für die zukünftigen Entwicklungen noch ungeeignet. Die skizzierten Vorschläge verändern die Organisation des PLS derart, dass dem Geschäftsfeld die Möglichkeit gegeben wird, flexibler planen und sich insgesamt besser auf die vorhandene Unsicherheit der externen Unternehmensumwelt einstellen zu können. Der Vorschlag für die Entwicklungsmöglichkeiten des PLS zeichnet sich zusammenfassend durch eine größere Entscheidungsfreiheit des Geschäftsfelds vom Konzern sowie der einzelnen Planungsträger innerhalb der DB FV, einer Befreiung von nicht unmittelbar notwendigen Planungsaufgaben und Vorschriften sowie einer schnelleren Bearbeitung durch den Einsatz optimierter oder weiterentwickelter Planungsverfahren und Instrumente aus. Dabei bleibt festzuhalten, dass sich die Flexibilität des PLS nur in den durch die externen Rahmenbedingungen vorgegebenen Potenzialen dieses Verkehrsträgers bewegen kann und daher bspw. gegenüber dem Luftverkehrssystem oder auch kleineren in den Markt drängenden Wettbewerbern immer weniger flexibel bleiben wird. Die Umsetzung der Vorschläge liegt nicht alleine in der Hand der DB FV. Die Vorschläge verlangen hinsichtlich der höheren Unabhängigkeit von der DB AG sowie bei einigen Vorschlägen zur Veränderung der Mifri der Zustimmung des Konzerns. Die Unternehmensführung ist daher von den Positiveffekten, sowohl für die DB FV als auch für den Konzern zu überzeugen. Die aufgezeigten Veränderungen der externen Unternehmensumwelt mit neuen eintretenden Wettbewerbern, Internationalisierungsmöglichkeiten und weiteren nicht vorhersehbaren Änderungen in der ökonomisch-wettbewerblichen, der politisch-rechtlichen, der sozio-kulturellen, der technologischen und der ökologischen Umwelt sowie möglichen kurzfristigen Störungen

264

PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

wie bspw. der erst wenige Monate vor Fahrplaneinführung bekanntgegebenen Änderung von Fahrzeiten auf Streckenabschnitten im Jahr 2007 lassen die vorgeschlagenen Anstrengungen zur Erzielung von operativer und strategischer Flexibilität dringend geboten erscheinen.1365 Vor diesem Hintergrund ist auch die Anforderung der Robustheit zu sehen, welche versucht, die begrenzte Flexibilität des Planungssystems auszugleichen. Die herausgearbeiteten Vorschläge sind auf das PLS der DB FV bezogen. Eine Übertragung der Ergebnisse auf andere SPFVU ist nur in eingeschränktem Maße möglich. Es ist zu vermuten, dass andere SPFVU aufgrund der Vergangenheit als ehemalige Staatsunternehmen auch vergleichbare Strukturen, Planungsprozesse sowie eine ähnliche Unternehmenskultur wie die DB FV aufweisen.1366 So wären ähnliche Ansatzpunkte zur Veränderung der Planungssysteme denkbar, jedoch vor dem Hintergrund der spezifischen organisatorischen Ausgestaltung der SPFVU und der gegebenen Unternehmensumwelt des jeweiligen Landes situationsspezifisch anzupassen.

1365

1366

So gab die DB Netz im März des Jahres 2007 ein milliardenschweres Sanierungsprogramm ihres Schienennetzes mit der Schaffung zahlreicher Großbaustellen bekannt, welche bereits massive Auswirkungen auf die Fahrzeiten für den im Juni des Jahres 2007 beginnenden Fahrplan bedeuten (vgl. o.V. (2007a); o.V. (2007b)). So weist bspw. auch die SBB einen fünfjährigen Mifri-Planungshorizont auf (vgl. Eikelboom (1999), S. 478). Daher erscheinen die Vorschläge zur Reduktion des Planungshorizonts auch dort prinzipiell angebracht.

F. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse Mit der vorliegenden Arbeit ist der Versuch unternommen worden, die bisher in der Literatur vernachlässigte Unternehmensplanung von europäischen SPFVU zu analysieren und Erklärungen für deren Ausgestaltung zu liefern sowie Ansatzpunkte zur Gestaltung bzw. Weiterentwicklung der organisatorischen Planung zu geben. Ausgehend von den Grundlagen zu Planung und Planungssystemen erfolgte eine Analyse der besonderen Charakteristika von SPFVU, den Besonderheiten der Leistungserstellung sowie der Unternehmensumwelt. Die Analyse stellte die inhaltliche Verknüpfung zwischen der betrachteten Leistungserstellung und den unterschiedlichen Umweltdimensionen zu wesentlichen planungsrelevanten Aspekten her. Hier konnten Aussagen sowohl über Restriktionen in der Planung, abzudeckende Planungsaufgaben als auch über die zu erwartende Erfüllung der Planungsgestaltung selbst getroffen werden. Im Anschluss wurde die tatsächliche Ausgestaltung des PLS eines SPFVU am Beispiel der DB FV analysiert. Hierfür wurden zunächst die planungsrelevanten Aspekte für die spezifische Situation im deutschen Markt konkretisiert. Dabei wurde herausgearbeitet, dass neben einem ungerichteten Flexibilitätsbedarf aufgrund noch unbekannter Entwicklungen in der Systemumwelt ebenfalls gerichtete Flexibilität für konkrete Anlässe notwendig erscheinen. Die hierfür aufzubauende strategische und operative Flexibilität wurde ergänzt um den Anspruch, aufgrund des hohen Festlegungsgrades u.a. bei Schienenfahrzeuginvestitionen bei der Erstellung von Investitionsplänen denjenigen auszuwählen, der als besonders robust gegenüber Veränderungen der Umwelt gelten kann und dementsprechend eine sogenannte passive Flexibilität besitzt. Zusätzlich zu diesen drei Flexibilitätsanforderungen wurde der aus der Literatur geforderte Anspruch an ein PLS aufgenommen, eine hohe Planungsintegrität aufzuweisen, also möglichst aufeinander abgestimmte Pläne zu entwickeln und damit Fehlplanungen zu vermeiden und möglichst gute Planergebnisse zu liefern. Bevor näher auf die Anforderungserfüllung selbst eingegangen werden konnte, erfolgte zunächst eine systemtheoretische Analyse des PLS der DB FV. Die Analyse erfolgte dabei unter Rückgriff auf das Planungskonzept nach HAHN, so dass eine Systematisierung und Betrachtung des PLS gemäß unterschiedlicher hierarchischer Teilpläne durchgeführt wurde. Der Erkenntnisfortschritt bezog sich dabei auf die einzelnen Teilpläne, deren Planungsinhalte, Funktionsprinzipien und Wirkungszusammenhänge sowie auf allgemein beeinflussende Rahmenbedingungen der Planung wie bspw. die vorzufindende Unternehmenskultur oder den Einfluss des DB Konzerns. Schließlich wurde im letzten Hauptkapitel ein Vorschlag für eine Bewertung des PLS sowie für Entwicklungsmöglichkeiten vorgestellt. Zunächst wurde deutlich, dass in Bezug auf Bewertungen von Planungssystemen eine noch deutliche Forschungslücke besteht. In der planungsspezifischen Literatur existieren kaum Vorschläge, die einen Bezugsrahmen zu einer solchen Bewertung vorschlagen. Als Ausweg wurde auf einen Ansatz von BURSEE aus der organisationstheoretischen Forschung zurückgegriffen. Dieser Bezugsrahmen zur Bewertung von Flexibilität in Unternehmen wurde für die Analyse der Flexibilität von Planungssystemen angepasst und für die Bewertung der Planungsin© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2007 J. Rühle, Planungssysteme im Schienenpersonenfernverkehr, Edition KWV, https://doi.org/10.1007/978-3-658-24680-8_6

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PLANUNGSSYSTEME IM SCHIENENPERSONENFERNVERKEHR

tegrität eines PLS erweitert. Mit diesem Bezugsrahmen und auf Grundlage der zuvor stattgefundenen Planungssystemanalyse konnten dann Defizite in Bezug auf die Anforderungserfüllung für unterschiedliche Dimensionen des PLS identifiziert werden. Hierbei zeigte sich, dass die Gestaltung des PLS insbesondere auf die Gewährleistung einer hohen Planungsintegrität ausgerichtet ist, wodurch sich jedoch negative Konsequenzen für die Ausübung von Flexibilität ergeben. Die aus den einzelnen Defiziten abgeleiteten Vorschläge zur Weiterentwicklung des PLS bezogen sich wiederum auf die strukturelle, die personelle und die prozessuale Dimension des PLS. Um eine höhere Flexibilität zu gewährleisten, wurden Vorschläge unterbreitet, die sich in Zusammenhang mit der strukturellen Dimension auf eine geforderte höhere Unabhängigkeit vom Konzern, eine Verschlankung des PLS durch eine Reduktion von einzelnen wahrzunehmenden Aufgaben und auf die Schaffung eines schnittstellenübergreifenden Aufgabenverständnisses bezogen. Weiterhin konnten Ansatzpunkte zur Weiterentwicklung der personellen Dimension vorgeschlagen werden. Diese richteten sich auf Maßnahmen zur Veränderung der Unternehmenskultur, eine Anpassung des Führungsstils und der Strategieentwicklung sowie auf Vergrößerung des Qualifikationspotenzials der Planungsträger. In Bezug auf die prozessuale Dimension wurden tiefgreifende Änderungen in der Mifri-Planung und dem Fahrplanentwicklungsmodell vorgeschlagen sowie die Vorteile einer Automatisierung der Umlaufplanung herausgestellt. Weiterhin konnten Ansatzpunkte zu Verbesserung der Kontrollprozesse und der Qualität der verwendeten Daten vorgeschlagen werden. Zudem wurde empfohlen, im Hinblick auf die allgemeine Formalisierung der Planung die Regelungstiefe zu reduzieren und stattdessen eine höhere Regelungsqualität anzustreben. Schließlich wurde auf die Notwendigkeit verwiesen, das PLS regelmäßigen Meta-Kontrollen zu unterziehen, um so zu überprüfen, ob weitere Änderungen in der Unternehmensumwelt Anpassungen des PLS notwendig werden lassen. Die durchgeführte Analyse zeigte, dass das momentan vorzufindende PLS zwar die zu verrichtenden Aufgaben weitestgehend erfüllt und im Vergleich zu der Zeit vor Bahnreform bereits enorme Fortschritte in der Umsetzung einer effizienten Unternehmensplanung erzielt wurden. Jedoch erscheint es vor dem Hintergrund der aufgezeigten Entwicklungen in der Unternehmensumwelt umso dringender geboten, den eingeschlagenen Weg konsequent weiterzuverfolgen, um der in Zukunft noch zunehmenden Dynamik der Unternehmensumwelt besser begegnen zu können. Die skizzierten Vorschläge stellen hierzu wichtige Ansatzpunkte dar, um der DB FV eine effektive Unternehmensplanung zur Seite zu stellen. Als letzte Anregung für weiterführende Arbeiten sei hier auf die angesprochenen Grenzen der vorgestellten Untersuchung hingewiesen. Es zeigte sich, dass noch deutliche Anstrengungen unternommen werden müssen, wenn theoretisch fundierte Antworten auf die praktischen Fragestellungen für die Planungsorganisation allgemein und im speziellen für die Gestaltung von Planungssystemen von SPFVU geliefert werden sollen. Ein Schritt in diese Richtung wäre bspw. eine Übertragung konfigurationstheoretischer Überlegungen auf Planungssysteme, um so normative Gestaltungsempfehlungen bei unterschiedlichen Umweltausprägungen anbieten zu können.

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