Papst Pius II. an Sultan Mehmet II.: Die Übersetzung der 'Epistola ad Mahumetem' durch Michael Christan 9783110362022, 9783110357684

For the first time, this book offers an edition of the Early High German translation of the tractate Epistola ad Mahumet

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Papst Pius II. an Sultan Mehmet II.: Die Übersetzung der 'Epistola ad Mahumetem' durch Michael Christan
 9783110362022, 9783110357684

Table of contents :
Inhalt
1 Einleitung
2 Edition

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Papst Pius II. an Sultan Mehmet II.

Veröffentlichungen des Grabmann-Institutes zur Erforschung der mittelalterlichen Theologie und Philosophie Münchener Universitätsschriften Katholisch-Theologische Fakultät Begründet von Michael Schmaus †, Werner Dettloff und Richard Heinzmann Fortgeführt unter Mitwirkung von Ulrich Horst Herausgegeben von Richard Heinzmann und Martin Thurner (federführender Herausgeber)

Band 59

Papst Pius II. an Sultan Mehmet II. Die Übersetzung der Epistola ad Mahumetem durch Michael Christan Herausgegeben von Klaus Wolf und Jonas Göhler

ISBN 978-3-11-035768-4 e-ISBN (PDF) 978-3-11-036202-2 ISSN 0580-2091 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Inhalt 1 Einleitung  1 2 Edition  12

1 Einleitung Michael Christan, Autor des Haupttextes im Wiener Codex1, ist uns durch seine Briefe bekannt als eng verbunden mit den Humanisten des deutschen Südwestens, insbesondere dem Kreis um Niklas von Wyle. 2 Dessen translatzen italienischer Renaissanceliteratur, aber auch lateinischer Belletristik dürfen als wegweisend für den deutschen Humanismus gelten. Michael Christan, pfaff und nachmals caplan hat dies zweifellos angespornt, sich ebenfalls an einer Übersetzung zu versuchen. Geistlicher orientiert als Wyle, nimmt er sich der Epistola ad Mahumetem an, die Papst Pius II. 1461 an den osmanischen Sultan Mehmet II. schickte, um ihn zum Christentum zu bekehren.3 Dass Christan sich ausgerechnet mit dieser Epistola befasst, darf nicht verwundern. Pius II. gilt als Humanist auf dem Papstthron4 und tritt bereits vor seinem Papat als herausragender Stilist hervor.5 Die Epistola ist zudem ein reich rezipiertes Werk. Dies mag aufgrund ihrer politischen Unwirksamkeit irritieren, wird aber von HELMRATH wohl treffend folgendermaßen erklärt, dass die konzise Erklärung des christlichen Glaubens von einem Oberhaupt der Christenheit die Leser faszinierte.6 Obgleich uns wenige Zeugnisse seiner literarischen Produktivität überliefert sind, hat unser vertütscher das notwendige Rüstzeug eines guten Übersetzers, was den Text dieses  1 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 12596. Eine Beschreibung des Codex findet sich in MENHARDT: Verzeichnis der altdeutschen literarischen Handschriften der österreichischen Nationalbibliothek, vol. 3. (= Veröffentlichungen des Instituts für deutsche Sprache und Literatur, t. 13), Berlin 1961, S. 1256. 2 Zu Michael Christan siehe WORSTBROCK: Christan, Michael, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, vol. 1, Berlin / New York 21978, Sp. 1209sq. und JOACHIMSOHN: Frühhumanismus in Schwaben, in: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte. Neue Folge, vol. 5 (1896), S. 63–126, S. 257-291. Zu Niklas von Wyle siehe einführend WORSTBROCK: Niklas von Wyle, in: Deutsche Dichter der frühen Neuzeit (1450-1600). Ihr Leben und Werk, ed. Stephan FÜSSEL, S. 35–50. 3 Eine kritische Ausgabe des lateinischen Briefs besorgten GLEI/KÖHLER: Pius II. Papa Epistola ad Mahumetem. Einleitung, kritische Edition, Übersetzung (= BAC, t. 50), Trier 2001. Michael Christans Vorliebe für Pius II., bzw. Aeneas Silvius Piccolomini – er edierte laut WORSTBROCK (Christan), Sp. 1209, auch dessen Rede „In Europam“ – dürfte ebenfalls auf die Vermittlung Niklas von Wyles zurückgehen, wie WORSTBROCK, ibid., vermutet. 4 REINHARDT: Pius. II Piccolomini. Der Papst, mit dem die Renaissance begann. Eine Biographie, München 2013. MÄRTL: Experts, Border-Crossers and Cultural Brokers: The Knowledge of Islam and Contacts to Islamic Cultures at the Curia in the 15th Century, in: Marc von der Höh, Nikolas Jaspert, Jenny Rahel Oesterle (Eds.): Cultural Brokers at mediterranean courts in the Middle ages. (= Mittelmeerstudien, t. 1), Paderborn 2013, S. 149–161. 5 Vgl. FUCHS (Ed.): Enea Silvio Piccolomini nördlich der Alpen. Akten des interdisziplinären Symposions vom 18. bis 19. November an der Ludwig-Maximilians Universität München (= Pirckheimer Jahrbuch für Renaissance- und Humanismusforschung, t. 22), Wiesbaden 2007. NEVOLA, Fabrizio (Ed.): Pio II Piccolomini. Il papa del rinascimento a Siena. Atti del convegno internazionale di studi, 5-7 maggio 2005, Siena 2009. 6 HELMRATH: Pius II. und die Türken, in: Europa und die Türken in der Renaissance, edd. B. GUTHMÜLLER und W. KÜHLMANN, Tübingen 2000, S. 79–137, S. 126.

2  Einleitung Codex, dessen Inhalt bisher noch nicht näher untersucht oder zugänglich gemacht wurde,7 sowohl für Germanisten wie auch für Theologen und Historiker interessant macht. Christans Übersetzung hält WORSTBROCK denn auch für nicht in der Wyleschen Art methodisch aufs Latein fixiert, sondern weit mehr auf deutschen Sprachbau abgestimmt, dabei genau, bündig, um treffende Anschaulichkeit bemüht8.

Da die Edition künftig auch der Erforschung von Christans Übersetzungstechnik dienen soll, ist dem edierten frühneuhochdeutschen Text auf der rechten Seite der entsprechende Textabschnitt der lateinischen Vorlage auf der linken Seite gegenübergestellt. Der lateinische Text wurde ohne Änderung der kritischen Edition von GLEI/KÖHLER entnommen. Die Kapitelnummerierung von GLEI/KÖHLER wurde in den frühneuhochdeutschen Text inseriert, um die Zitierfähigkeit zu erleichtern. Der Verfasser des frühneuhochdeutschen Textes gibt spärliche Auskunft über sich in seiner Vorrede zur translatz. JOACHIMSOHN und WORSTBROCK eignet das Verdienst, Michael Christan seit dem Spätmittelalter wieder in Erinnerung gebracht zu haben. Christan nennt sich in seiner Vorrede selbst von Costentz, was WORSTBROCK auf seinen Geburtsort bezieht. Seine Lebenszeit fällt in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts,9 und damit in die Anfänge der humanistischen Übersetzungstätigkeit in Deutschland.10 Er mag nicht in der ersten Reihe der literarisch Aktiven gestanden haben, aber seine brieflichen Verbindungen zu solch klingenden Namen wie Peter Luder und Niklas von Wyle sowie seine Bemühungen in litteris weisen den Kaplan als einen typischen Vertreter des Frühhumanismus aus – er ist freilich wie diese auf Gönner für seine Arbeit angewiesen, und mag hier wohl weniger erfolgreich gewesen sein als manche Sodalen im Wyle-Umkreis. Die näheren Umstände der Entstehung seiner Übersetzung berichtet Michael Christan in seinem (ebenfalls unikal in der Wiener Handschrift überlieferten) Prolog, der hier deshalb wiedergegeben wird: [fol. 1r] Dem wolgeporn herren Iohannsen Wernher fryherren zuo Zymbern unnd herren zu Messkirch, minem gnedigen herren, embüt ich, pfaff Michel Cristanni, caplon der hohen gstifft und der statt Costenntz, min willig gehorsam dinste zuovor. gnediger herr, Virgilius Maro, ain lustsamer pluom und spiegel aller latinscher zierde zu zyten Octaviani dess römischen kaisers, hefftet uff ain maul zwen latinisch vers an dess kaysers tor zuo lob und verkündung siner zitlichen sälikait. innhalt der versen was also: nach regen der nachte wider kommen lüste dess morgens, gemaine gewalt haut der kayser mitsampt herr Iupitern. der kayser  7 MORRALL geht in seinem Aufsatz – entgegen dem anders lautenden Titel – eher auf den lateinischen Text der Epistola ein (dem er freilich Christans Text gewissermaßen als Zierde beigibt) und behandelt Christans Übersetzung als Zeugnis eines Interesses an Türkenliteratur. V. MORRALL, Eric John: Der Islam und Muhammad im späten Mittelalter. Beobachtungen zu Michel Velsers Mandeville-Übersetzung und Michael Christans Version der ‚Epistola ad Mahumetem‘ des Papst Pius II, in: Geschichtsbewußtsein in der deutschen Literatur des Mittelalters, edd. C. GERHARDT et al., Tübingen 1985, S. 147–161. 8 WORSTBROCK (Christan), Sp. 1210. 9 WORSTBROCK (Christan), Sp. 1209, weist literarische Tätigkeiten zwischen 1460 und 1482 nach. 10 Vgl. WORSTBROCK: Zur Einbürgerung der Übersetzung antiker Autoren im deutschen Humanismus, in: ZfdA, vol. 99 (1970), S. 45–81.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  3

fraugt dick vil und lange zyt, welher diss so gemessen hofflich vers angehefft und gemacht hett, dann des dichters namm was uß fürsatz verhalten. wann aber nieman sich darbietten wolt als ain maister dises tichts, underschraib sich ain schlecht gelerten poet, Bacillus genant, als ob er diss vers gemacht hette. daurumb er richlich begaubt und geert wardt von dem kayser. do diss Virgilius erkannet, wird er nit klain bewegt. und als bald schraib er under sein vers und dess falschen lugers namen viermaul disen anfang alainlich: also ir nit uch also ir nit uch also ir nit uch also ir nit uch [fol. 1v] unnd tätt kainen verß beeschliessen. der kaiser, unwissend der warhait, begert, das diss vier halbvers, so ain andern glich waren, wurden vollendet. menger versüchts, aber vergebens. zuo letst Virgilius endet sy mit zulegung ains fünfften vers. den setzet er voran, wie hiernach, namlich: diss vers hab ich gemacht, ain andrer haut hingenommen die ere. also ir nit uch nystend ir vogel, also ir nit üch tragend wolle ir schauffe, also ir nit üch honig samlend ir pinen, also ir nit uch pflug ziehend ir ochsen, diß zemelden, üwer gnaud, haischt min gelücksal und gstalt mins gegenwertigen fürnemens. ich hab, gnediger herr, vor acht iaren von bett wegen doctor Iohannes Zellers, thuomb techans ze Costenntz, getütschet ain gschriffte, die pabst Pius der ander gethan haut an den türckischen kaiser, in der sein hailikait als ain trüwer pastor und hirt der gantzen welt den selben thirrannen schrifftlich ermandt und berüfft zu ainikait unsers globens mit so gruntlich clarlicher ußlegung vil artickel, das ich main, wo die selb geschrifft zuo erkantnüß dess gemainen türckschen volcks kommen weer, sy hetten ir yrtung veriehen und cristenlichen ler warhait umbfangen, und hab die selben min [fol. 2r] translatz uffgeopffert und zu geschribn dem hochgepornen herren, hern graff Eberharten von Wirttemberg ze Urach minem gnedigen herren, und damit solich min arbait wyter ußkäm sig Hannsen Harschern von Ulm, minem brüderlichen günner als aim uß gesünderten liebhaber aller hofflichait ingeben trucken zelassen. als der solich min büchlin ze Ougspurg ainem truker befolhen haut, ist er nauch abgang desselbn truckers und ouch ich diser translatz beroubt worden, und kan sy niemans mer erfaren. davon kömpt, das sich ain andrer mag diser miner arbait underschriben und min verdienten lon innemen, wie der obgemelt Bacillus an dess kaisers tor gehendelt haut mit den versen Virgilii. die wyl aber ich nach solicher verluste üwer gnaud erlernet hab, nit allain von altenn herkommen gar [gr Handschrift] hochgeporn, sonnder ouch in zucht der kunsten überflusseclich begabet sin, also das ich üch lieb hab, so üwer gnaud zu latinisch und tütschen büchern haut aller nehst gelichnen, dem obgemelten minem gnedigisten herren, graff Eberharten, dess vilfaltig tugend und lob von allem alter gebryst und in die lüffte erhebt wirt, do hab ich die selben üwer gnaud erwelt, als den dem ich solichs verlorn wercklin ernüwert und abermals uß der latin zuo tutsch [fol. 2v] verwendt, zu gaub haimsende und opfre, doch also, das der obgemelt, min gnedigister herr, grauf Eberhart, von siner statt nit verruckt wird, dann sin gnaud von erst mich zuo diser arbait bewegt hautt uß roum siner wyt usgekündten wißhait und liebe zuo den buochstaben. hiemit beslüß ich diss vorred, damit wir

4  Einleitung zuo anfangk kommen der epistel, geben ze Costenntz uff pfingst abent im achtzigosten und zway iaren. Die Scheidung der antiken Rhetorik in einen prologus praeter rem, der sich unmittelbar an die Empfänger richtet und einen prologus ante rem, der auf das Werk selbst vorverweist, dürfte Michael Christan bekannt gewesen sein, und so verwundert es auch nicht, dass sich beide Teile überlagern. Der Ansprache an seinen Gönner, den Freiherrn Johannes Wernher von Zimmern (gemeint ist sicher der Ältere, der 1487 durch Intrigen in Reichsacht kam), folgt eine amüsante Vergil-Anekdote, die Christan mit seinem eigenen Schicksal, respektive dem seiner ersten Übersetzung der Epistola, verknüpft. Angestiftet von dem Domdekan Johannes Zeller und Eberhard von Württemberg verfasste Christan seine erste Übersetzung, die Hans Harscher (der bekannte Freund Wyles) in der für ihre Frühdrucke, insbesondere zur Türkenthematik, so berühmten Stadt Augsburg zum Druck bringen wollte – sie ging jedoch durch einen verräterischen schwäbischen Drucker verloren.11 Nach dieser Erzählung wendet sich Christan wiederum an seinen Adressaten und bittet um Verschwiegenheit gegenüber seinem anderen Gönner, Fürst Eberhard von Württemberg-Urach, dem nachmaligen Gründer der Tübinger Universität, für den er die erste Übersetzung anfertigte. Michael Christan gibt seiner Vorrede eine sehr persönliche Note, indem er die Geschichte seiner Übersetzung mit einer unterhaltsamen Vergil-Anekdote vermengt, und zum Ende wieder auf das Schicksal seiner ersten – verlorenen – Übersetzung eingeht. Diese Klammer bewirkt die Kohärenz der Vorrede. Zugleich zeichnet Christan sich mit dem Verweis auf Vergil, dem wie ihm selbst ein Werk gestohlen wurde, als herausragenden, lobenswerten Literaten. Mit Recht könnte man aber fragen, warum Christan seinem früheren Gönner, den er so bewundert, keine Kopie seiner nochmals angefertigten Übersetzung schickt. Gab es hier vielleicht ein Zerwürfnis? Dass, horribile dictu, die Geschichte einer früheren Übersetzung erfunden sein könnte, ist zwar grundsätzlich vorstellbar, angesichts der Gewährsmänner aber eher unwahrscheinlich und vielleicht auch einem Mann gegenüber ungerecht, der als Kaplan finanziell abgesichert war, und uns durch seine Vorrede als gebildeter Mensch gegenüber tritt, der seine Leser zugleich belehren und erfreuen will. Die humanistische Bildung Michael Christans tritt in der bereits erwähnten VergilAnekdote hervor. Vergil-Kenntnisse konnte Christan bei seinem Empfänger – Vergils Aeneis ist immer Schultext geblieben – voraussetzen. Die Anekdote selbst stammt aus der Vergil-Vita im so genannten Donatus auctus. Während die Vergil-Vita des Donat im Wesentlichen auf die nüchterne Vergil-Vita Suetons zurückgeht, ist die Vergil-Vita des  11 Augsburg war zu dieser Zeit eine der renommiertesten Druckerstädte. Auch „die Augsburger Druckersprache genoß im 15. und 16. Jahrhundert ein hohes Ansehen: Sie wurde neben der Kanzlei Kaiser Maximilians I. und später auch neben den Schriften Martin Luthers als Orientierung für richtiges, von Regelhaftigkeit geleitetes Schreiben und Drucken lobend empfohlen.“ (FUJII: Günther Zainers druckersprachliche Leistung. Untersuchungen zur Augsburger Druckersprache im 15. Jahrhundert (= Studia Augustana, t. 15), Tübingen 2007, S. 1). Zu Buchdruck- und Handel in Augsburg v. KÜNAST: . Buchdruck und Buchhandel in Augsburg zwischen 1468 und 1555 (= Studia Augustana, t. 8), Tübingen 1997. Vgl. WOLF: Kruzitürken! Das Türkenthema in der vormodernen schwäbischen Literatur nebst methodischen Überlegungen zur schwäbischen Literaturgeschichtsschreibung, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben. 107. Band (2015), S. 109–121.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  5

Donatus auctus durch allerlei „Interpolationen aufgeschwemmt“ und von der Erfindung des Buchdrucks bis ins 19. Jahrhundert weit verbreitet. Sie ist im 15. Jahrhundert entstanden.12 Bereits bei einer ersten Lektüre der Christanschen Übersetzung wünscht man sich, dass Hans Harscher einen vertrauenswürdigeren Drucker aufgesucht hätte; Christan übersetzt treffend und verständlich. Eine vollständige Edition dieser translatz darf man als ein Forschungsdesiderat bezeichnen. Jede Edition und Beurteilung einer Übersetzung muss sich die Frage stellen, welche Fassung der fremdsprachlichen Vorlage der Übersetzer benutzt hat. In unserem Fall ist die Frage zum Glück nicht ganz so weitreichend wie bei heterogen überlieferten Texten. Wie GLEI/KÖHLER ausführen, gibt es im Wesentlichen zwei Überlieferungsstränge der Epistola, einen Alpha- und einen Beta-Strang. Die zahlenmäßig überlegenen Vertreter des AlphaStrangs unterscheidet von dem Beta-Strang, dass sie „die Fehler der Gruppe β nicht aufweisen“, ansonsten sei sie sehr einheitlich.13 Soweit wir sehen, spiegeln sich in Christans translatz keine der „großen“ Bindefehler der Beta-Gruppe wider. Allerdings finden sich einige Indizien, die doch auf diese Gruppe hinweisen,14 so dass hier noch kein endgültiges Urteil möglich ist. Abgesehen davon hat WEINIG herausgefunden, dass ein lateinisches Exemplar der Epistola im Besitz der Grafen von Zimmern war.15 Eventuell könnten wir es hier mit Christans Vorlage zu tun haben. Auf die Konstanzer Herkunft des Übersetzers deutet in der Summe auch die Schreibart seiner frühneuhochdeutschen Prosa hin. So benutzt Christan zum Beispiel die Wörter yrtung für ‚Irrung‘ und lamperter für ‚Italiener‘. Beide Wörter sind spezifisch für den süddeutschen Raum, irtung bezeichnet das Deutsche Wörterbuch als eine charakteristische, im alemannischen Raum und besonders im Bodenseegebiet verbreitete Nebenform von ‚Irrung‘.16 Freilich mag es auch sein, dass sich Christan in seiner Sprache bewusst seinem avisierten Druckort angenähert hat, ist doch gerade die bei Christan häufige Schreibung au oder  für Mittelhochdeutsch /â/ in Augsburger Handschriften des 15. Jahrhunderts (weniger in den Drucken) häufig anzutreffen. Im Folgenden gilt es im Blick auf Normalisierungen bei der Edition auf den Vokalismus der Handschrift näher einzugehen. Zunächst ist bei ausgewählten Phänomenen nach den

 12 „Statt der relativ nüchternen VSD [= Vita Suetoniana Donatiana] war in der Zeit vom Beginn des Buchdrucks bis ins 19. Jh. die Standard-Vita des V. eine durch Interpolationen aufgeschwemmte Fassung: der sog. Donatus auctus (DA oder VSDauct., auch Vulgata genannt). Der DA als solcher ist offenbar erst Anf. des 15. Jh. entstanden. Seine Quellen reichen teils bis weit in das Alt. zurück, teils sind aber auch Anekdoten eingedrungen, die das allumfassende Wissen des V. dartun sollen. Von den eigentlichen Wundergeschichten des MA über den Zauberer und Magier Virgilius ist jedoch auch der DA frei.“ SUERBAUM: P. Vergilius Maro, der römische Dichter, in: Der Neue Pauly, t. 12,2 (Ven-Z), Stuttgart / Weimar 2003, Sp. 42–60, Sp. 43sq. 13 GLEI/KÖHLER: S. 104. 14 Christan übersetzt in 58, 2 statt concilia consiliis, in 86, 2 statt Diodorus Didonius, in 108, 1 statt Herostratus Nicostratus. Die übersetzten Varianten werden von GLEI/KÖHLER Zeugen der Beta-Gruppe zugeordnet. 15 WEINIG: S. 15. 16 GRIMM/GRIMM: Das Deutsche Wörterbuch, vol. IV, II, Hamburg 1877, Sp. 2177, s.v. Irrung.

6  Einleitung Entsprechungen eines metasprachlichen mittelhochdeutschen Systems im Bereich der frühneuhochdeutschen Graphe zu fragen. Mittelhochdeutsch /ü/: verkündung (fol. 1r) lüste (fol. 1r) fürsatz (fol. 1r) múg (fol. 4r) túrstig (fol. 4r) túrcken (fol. 4r) günner (fol. 2r) usgesünderten (fol. 2r) (< mhd. sündern (alem.)) usgekúndten (fol. 2v) fúr (fol. 3r) berkommen (fol. 3v) bel (fol. 3v) fúrsten (fol. 4v) Mittelhochdeutsch /u/: Neben regelhaftem u: vnd (fol. 1r) Germanisch /ë/: Neben regelhaftem e: bêschliessen (fol. 1v), wohl Vokalverdoppelung als Bezeichnung oberdeutscher Länge17. Ähnlich: mênschlich (fol. 3v). Mittelhochdeutsch /æ/: wr (fol. 1v) schwäbisches und hochalemannisches Zeichen18 uskäm (fol. 2r) tätest (fol. 3v) Mittelhochdeutsch /â/: Neben häufigerem a: mâl [schwäbische Diphthongierung19] (fol. 1r) frâgt [schwäbische Diphthongierung] (fol. 1r) Grauf (fol. 2v)

 17 Vgl. MOSER: Frühneuhochdeutsche Grammatik Bd. I.1, §7, S. 16. Das ê steht „häufig in obd. Hss. aller Gebiete während des 14. und 15. Jahrhunderts“, vgl. MOSER: Frühneuhochdeutsche Grammatik Bd. I.1, §17, S. 29. Lautlich liegt im schwäbischen hier Dehnung und in offener Silbe Wandlung zu einem Diphthong vor, vgl. MOSER: Frühneuhochdeutsche Grammatik Bd. I.1, §70, S. 118. 18 Vgl. MOSER: Frühneuhochdeutsche Grammatik Bd. I.1, §17, S. 27. 19 Vgl. MOSER: Frühneuhochdeutsche Grammatik Bd. I.1, §75.3, S. 145.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  7

Mittelhochdeutsch /iu/: ch (fol. 1v) Der alte Monophthong ist alemannisch als „“ noch erhalten20. getútschet (fol. 1v) trúwer (fol. 1v) úwer (fol. 2r) durchlúchtigen (fol. 3r) hút (fol. 4r) fúr (Feuer) (fol. 3r) häufig v, z.B. vch (fol. 1r) Mittelhochdeutsch /üe/:21 brüderlichen (fol. 2r) büchlin (fol. 2r) búchern (fol. 2r) gemüt (fol. 3v) gebt (fol. 4r) gemüdet (fol. 4r) hüt (fol. 4v) Mittelhochdeutsch /uo/: zü (fol. 1r)22 plüm (fol. 1r) versüchts (fol. 1v) thmtechans (fol. 1v) bchstaben (fol. 2v) Rm (fol. 2v) evtl. gestürzter Diphthong gt (fol. 3v) t (fol. 3r) Mittelhochdeutsch /ou/: Neben häufigem ou: berbt (fol. 2r) Vergleicht man umgekehrt die frühneuhochdeutschen Graphe mit den mittelhochdeutschen metasprachlichen Phonemen, ergibt sich folgende Verteilung: ü: mittelhochdeutsch /uo/, mittelhochdeutsch /ü/, mittelhochdeutsch /üe/

 20 Vgl. MOSER: Frühneuhochdeutsche Grammatik Bd. I.1, §77.2, S. 161. 21 Vgl. MOSER: Frühneuhochdeutsche Grammatik Bd. I.1, §81, S. 190: Die Diphthonge uo und üe sind „in ihrer ursprünglischen diphthongischen Gestalt erhalten geblieben“: gilt im „gesamten Obd.“ (mit Ausnahme des Nordbairischen). 22 Insgesamt treten die Diakritika über u in einem breiten Kontinuum als Trema, schräge Pünktchen und übergeschriebene Buchstaben auf, ohne dass sich strenge Verteilungsregeln ausmachen lassen.

8  Einleitung ú: mittelhochdeutsch /ü/, mittelhochdeutsch /iu/, mittelhochdeutsch /üe/ : mittelhochdeutsch /ü/, mittelhochdeutsch /üe/ : mittelhochdeutsch /iu/ v: mittelhochdeutsch /u/, mittelhochdeutsch /iu/ : mittelhochdeutsch /uo/ : mittelhochdeutsch /uo/, mittelhochdeutsch /ou/ ê: germanisch /ë/ : mittelhochdeutsch /æ/ ä: mittelhochdeutsch /æ/ â: mittelhochdeutsch /â/ au: mittelhochdeutsch /â/ Daraus ergeben sich folgende Normalisierungsregeln: Die Diakritika über u werden zu ü vereinheitlicht, wenn sie auf mittelhochdeutsch /ü/, /üe/ und /iu/ zurückgehen. Diakritika über u, die auf mittelhochdeutsch /uo/ zurückgehen, werden in uo umgewandelt.23 Diakritika über v werden im Falle vokalischer Lautung entsprechend behandelt. Das heißt, u und v werden gemäß Lautwert als Vokal bzw. Konsonant normalisiert.  wird zu uo normalisiert.  wird zu ou normalisiert. â wird zu au normalisiert. ê wird zu ee normalisiert. Seltenes  wird zu ä normalisiert. Übergeschriebene Striche werden als Nasalstrich (m oder n) beziehungsweise Kürzelstrich (für e etwa) gewertet. Häkchen (meist in der Umgebung von e) werden zu r normalisiert. Abkürzungen lateinischer und griechischer Provenienz sind in üblicher Weise aufgelöst. Beim Nomen Sacrum Christus wird die häufige ΧΡ-Abkürzung mit entsprechender lateinischer Endung gemäß dem Usus beim ausgeschriebenen Wort in der Wiener Handschrift als Cristus einheitlich wiedergegeben. Die üblichen frühneuhochdeutschen S-Graphien werden zu s vereinheitlicht. I und J bzw. i und j werden generell zu I bzw. i vereinheitlicht. Nur Eigennamen werden groß geschrieben. Initialen sind zusätzlich durch Fettdruck hervorgehoben. Die Zusammen- und Getrenntschreibung folgt dem Usus der mittel- und frühneuhochdeutschen Wörterbücher. Die Interpunktion erfolgt nach neuhochdeutschen Regeln als unvorgreifliche Verständnishilfe, wobei allerdings die im ursprünglichen frühneuhochdeutschen Text (Handschrift) gesetzten runden Klammern übernommen wurden; dies gilt fallweise auch für die Virgeln, welche mitunter Satzenden markieren (und daher als Punkte im Editionstext übernommen sind). Kringel (°) im Text verweisen auf Anmerkungen textkritischer Art im Randapparat. Sternchen (*) entsprechen den Randglossen in der Wiener Handschrift.

 23 „Im gesamten Obd. […] sind mhd. ie, uo, üe in ihrer ursprünglichen diphthongischen Gestalt erhalten geblieben.“ Vgl. MOSER: Frühneuhochdeutsche Grammatik Bd. I.1, § 81, S. 190.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  9

Obwohl durch die synoptische Anordnung von lateinischer Quelle und frühneuhochdeutscher Übersetzung ein Blick in die Übersetzungswerkstatt Michael Christans jederzeit unschwer möglich ist, seien einige wenige Bemerkungen zur Übersetzungstechnik gestattet: Wie bereits festgestellt, liest sich Christans Übersetzung flüssig; sie ist in einfacher Sprache gehalten. Der didaktische Zweck, für den die Übersetzung gedacht war, äußert sich auch in den Marginalien, in denen Christan vor allem Personennamen erläutert. Zu seiner Übersetzungstechnik äußert sich Christan in der Vorrede zur zweiten translatz (fol. 81r): Diss sandtbrieff ze lieb dem hochgepornen herren hern Eberharten graue ze Wirtemberg vnd ze Mümpelgart/ dem Eltern minem gnedigsten herren Ich michel criſtanni von Costentz priester von latin zü tutsch von wort ze wort verwendt hab. Die Fügung wort ze wort zeigt nicht nur Christans Vertrautheit mit dem übersetzungstheoretischen Diskurs der Zeit;24 die Wendung rekurriert auf eine lateinnahe Übersetzung in einfacher Sprache (ornatus facilis). Das lässt sich an der Übersetzung leicht bestätigen, denn selten fügt Christan einem lateinischen Satz etwas hinzu (wenn, dann in pleonastischer Weise). Allerdings löst er sich durchaus etwas weiter vom lateinischen Wortlaut, wenn er dadurch eine flüssigere deutsche Entsprechung findet oder sich eine lateinische Konstruktion im Deutschen nicht nachahmen lässt.

Bibliographie FLASCH, Kurt: Der Papst schreibt an den Sultan. Pius II an Mohamed II. im Jahre 1461 (= Vorträge der Aenea-Silvius-Stiftung an der Universität Basel, t. XLVII), Basel 2010. FUCHS, Franz (Ed.): Enea Silvio Piccolomini nördlich der Alpen. Akten des interdisziplinären Symposions vom 18. bis 19. November an der Ludwig-Maximilians-Universität München (= Pirckheimer Jahrbuch für Renaissance- und Humanismusforschung, t. 22), Wiesbaden 2007. FUJII, Akihiko: Günther Zainers druckersprachliche Leistung. Untersuchungen zur Augsburger Druckersprache im 15. Jahrhundert (= Studia Augustana, t. 15), Tübingen 2007. GLEI, Reinhold: Pius Aeneas und der Islam. Der Brief des Papstes an den Eroberer Konstantinopels, in: Religiöse Kommunikation – Formen und Praxis vor der Neuzeit. Stätten und Formen der Kommunikation im Altertum VI (= BAC, t. 26), edd. Gerhard BINDER und Konrad EHLICH, Trier 1997, S. 301–325. GLEI, Reinhold / KÖHLER, Markus: Pius II. Papa Epistola ad Mahumetem. Einleitung, kritische Edition, Übersetzung (= BAC, t. 50), Trier 2001.  24 Gemeint sind die Übersetzer der Wiener Schule und die humanistischen Antipoden Niklas von Wyle und Heinrich Steinhöwel, siehe WOLF: Hof, Universität, Laien. Literatur- und sprachgeschichtliche Untersuchungen zum deutschen Schrifttum der Wiener Schule des Spätmittelalters (= Wissensliteratur im Mittelalter, t. 45), Wiesbaden 2006, bes. S. 257–368.

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Michael Christan: Brief an Mechmet II.  11

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12  Edition

2 Edition Pius Episcopus servus servorum Dei illustri Mahumeti Principi Turcorum timorem divini nominis et amorem [1.1] scripturi ad te aliqua pro tua salute et gloria proque communi multarum gentium consolatione et pace hortamur, ut benigne audias verba nostra nec prius damnes quam iudices nec prius iudices quam singula diligenter intelligas. Accipe, quae scribimus, in bonam partem, et usque in finem patienter audi. Si bona sunt, quae suademus, amplectere, sin mala, respue et in ignem mitte.

[1.2] neque idcirco epistolam reicias, quia Christiani hominis est, et eius Christiani, qui ceteris praeest. Non enim te odio persequimur neque tuo insidiamur capiti, quamvis nostrae religionis hostis exsistas et armis Christianam urgeas plebem; operibus tuis, non tibi sumus infensi. Diligimus iubente Domino inimicos nostros et pro persecutoribus nostris oramus.

/ Pius, byschoff, ain diener aller diener gots, embüt dem durchlüchtigen Machumeten, fürsten der Türcken, vorcht unnd liebe dess namen gottes. [1.1] wir begeren an dich in disem unserm schryben (so wir hie sennden dir zuo hail, glori unnd er und zuo gemainem trost und fryd vil völker), das du unnser wort senfftmütiglich verhörest, die nit verwerffest, emals du sy geurtailest, sonnder auch vor die nit urtailest, dann sy alle vlystlich verstandest. vermerck unnser schryben im besten und hör es tultenclich bis an das end! sind di ding (die wir dir rauttend) guot, so tuo sy umbfahen, sind sy aber yppig oder arg, magst du die verschmachen und in ain für werffen. [1.2] du solt auch diss unnser epistel nit darumb hinlegen oder verachten, wann sy von ainem Cristen menschen usgangen ist, ia von aim solichen Cristen, den alle cristenliche geschlecht für iren vatter tuond erkennen und eren. wann für waur, wir verfolgen dich nit in hass. wir sind ouch nit vynd diner oberkait, wie wol du ain durächter bist unnsers glaubens und mit grusammen waffen tuost zwengen das cristenlich volck. wir sind din wercken, nit dir gehass. wir habend lieb unnser vynd uß gots gepotte, den wir auch für sy bitten.

/[fol. 3r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  13

[1.3] sapientibus et insipientibus debitores sumus et omnes cupimus fieri salvos: Graecos, Latinos, Iudaeos, Saracenos – omnibus optamus bona. Sed scimus vera bona neminem assequi posse, qui extra evangelium degit et a Christo Domino nostro est alienus. [1.4] noli aut aures claudere aut oculus avertere, cum Christum nominamus, quem Mahumetea lex, in qua natus es, et virum sanctum et prophetam magnum et virginis filium et miraculis clarum dicit. Multa tibi per eum et maxima bona evenient, si ei credideris et eius sacris initiari volueris. Horresces haec, cum primum accipies, sed audienda est tota lex, deinde iudicium promendum. Audi, quo tendimus.

[2.1] multa tibi et tuis progenitoribus cum Christianis bella fuerunt, multus sanguis effusus est, multae urbes deletae, sacrae aedes incensae, raptae virgines, violatae matronae, vastati agri. Scelera perpetrata sunt, quaecumque in mentem venire possunt, dum Turcus et Christianus, uter imperet, gladio contendit. [2.2] tibi, ut fama et opera ipsa loquuntur, ingens desiderium

[1.3] wir sind amptshalb verpflicht wysen und toren. / wir begeren auch die all behalten werden, Kriechen, Latinschen, Iuden, Sarracen, ia gemainlich allen und aim yeden guots begegnen. aber wir wissen, das nieman mag wares guot überkomen, der sich von ewangelischem leben und Cristo, unnserm herren, üssert. [1.4] du solt din oren nit beschliessen oder din ougen verwenden, so wir Cristum nennen, welhen das machumetesch gesatzt, in dem du geboren bist, veriecht, ain hailigen man gewesen sin, ain grossen propheten, ainr iungkfrowen sun und in wunderzaichen durchluchtig. und clar vil und groß guothait wird dir durch in begegnen, wo du in inn gelobtest und dich in sin hailig zucht, gepott und ordnung tätest verlyhen verbinden. du wirst erschrecken, wenn du diss zum ersten wirst verlesen. aber du solt verhören die gantzen gsatzt, darnach din urtail fellen. hör, wo hin wir lenden. [2.1] du und din altvordern haben mit den Cristen vil und offt gestritten, vil bluots vergossen, vil stätt zerstört, kirchen verbrannt, iungkfrowen abgeylt, witwen geletzt, vil velds verderbt und alles das übel, so menschlich gemüt erdencken möchte, volbracht, die wil der Turck und der Cristen mit dem swert arbait ze erobern, welher herr sig.

/[fol. 3v]

/ [2.2] dir (nach dem und gemaine sag ouch dine werck tuon reden)

/[fol. 4r]

14  Edition est Christianos sub iugum mittere et imperium Latini nominis obtinere. Et sunt fortasse, qui hoc facile suadent et omnia tuis armis pervia dicunt, et alii tuas vires amplificantes Christianas attenuant, alii in divisionibus et odiis, quae gentem nostram exedunt, spem collocant haud difficile existimantes eos vinci ab exteris posse, qui domi dissident.

[2.3] nos non ita ignarum te credimus nostrarum rerum, quin scias, quanta est Christianae gentis potentia, quam valida Hispania, quam bellicosa Gallia, quam populosa Germania, quam fortis Britannia, quam audax Polonia, quam strenua Hungaria, quam dives et animosa et bellicarum perita rerum Italia. [2.4] sola Hungaria diu progenitores tuos et te ipsum fatigavit. Octuagesimum iam annum adversus Hungaros Turcorum signa feruntur et adhuc circa Savum ac Danubium haerent: una te gens tuasque vires agitat. Quid facias, si tibi cum Italis aut Gallis aut Germanis res fuerit, amplissimis et robustissimis populis? [3.1] fortasse non deest, qui dicat Iustinianum Imperatorem Constantinopoli sedentem misso in Italiam

ist unsaglich grosse begird, die Cristen in dinen gwalt zebringen und das Römisch Reich ze besitzen. und villicht hast du etlich, die dir diss rauttend und lycht sin vermainend, dwyl nützit dinen wauffen müg wider staun. etlich erhebent din macht und verachtend creffte der Cristen. ettlich hoffend in unainikait und hass, so dann unnser volck täglichs tuot üben, vermainent villicht, sy werden lycht von den vynden überwunden, die haimends unains sigen. [2.3] wir vermainen, dich unnserer sachen nit so clain underricht sin, dann das dir wol ze wissend sig, wie groß die macht sig des cristenlichen volcks, wie krefftig Hyspania, wie strytbar Franckrich, wie rich an volck tütsche land, wie starck Britania, wie türstig Poland, wie streng Hungern, wie rich, manlich und in stryten geübt Lamparten und ir anstosser. [2.4] Hungerland ainig hant lange zitt dich und din altvordern gemüdet. der Türcken paner sind yetz in dem achtzigosten iar geflogen wider die Hungern und noch hüt by tag hafftend sy by der Saw und Tuonow. das ainig volck übt din macht. wie woltest tuon, hattest / dich wider die aller stercksten Lamparter und ir anstösser, Frankricher oder Tütschen erhebt? [3.1] ich main, dir werd von etlich der dinen kayser Iustianus fürgehept, der zuo Constantinopel seshafft was und

/[fol. 4v]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  15

Belisario cum parva manu militum perditam Romam et reliqua loca usque ad Alpes recuperasse, nec te Iustiniano minorem esse.

[3.2] cave, ne te fallant adulatores, domestica regum et assidua pestis: facile principes magna de se loquentibus aurem praestant, atque idcirco saepe decipiuntur. Rarus est, qui non se vero maiorem credat. Iustinianus universae Graeciae et Illyrici et Asiae et Libyae dominus erat, et Italiam non acquisivit, sed recens perditam recuperavit et a Gothis, gente barbara, non ab Italis abstulit.

[3.3] nondum amor imperii Romani in mentibus Italis refriguerat, neque ullus erat, qui barbaricum iugum aequo animo ferret; cuncti arma pro imperio et pro patria magnis animis susceperunt. Nec tam Belisarius Italis libertatem restituit, quam Itali suum decus vendicarunt.

[4.1] tui progenitores numquam aut possederunt Italiam aut viderunt, nec tibi ius ullum in ea est. Quodsi

durch sinen houptman Bellizarium mit klainem volck Rom und ander stett biß an das gepirg, so verloren waren, widerumb innam und gewan. du sigest ouch nit klainer an macht dann er. [3.2] hüt dich vor betrugnuß der zuotütler, so dann kinigklich pfaltzen gewonlich tuond vergifften! die fürsten naigend gefelliglich ir oren denen, die ir tät tuond in lobes wyß prysen, damit sy dick und offt werden betrogen. sich achtet ain yeder mechtiger dann ain andern. Iustianus ist über alle Greciam, Ylliricum, Asiam und Lybiam herr gewesen. das obgenant land nit erobert für sich, sonder als es niwlich verlorn und in den gewalt Gothorum, ains groben volcks, kommen was, haut er das land widerumb abgetrungen dem selben groben volck, die Gothi genant sind und nit Ytalis (die ich in diser translatz gemainclich Lamparter* nenne). [3.3] hie zuo fürdert liebe dess Römischen Reichs, die noch nit in den welschen gemüten erkaltet / was. es wolt ouch kainer willig lyden barbarischen gwalt. yederman was großmütig und hytzig, zestritten umb vätterliche haimand und gemainen kaiserthuom. in dem Bellizarius nit so begirlich den Walhen ir fryhait widergab, als inbrünstig sy waren ir er zeredten. [4.1] din altvätter haben Ytaliam nie inngehept oder gesehen, in der du ouch kain gerechtigkait hast. wo du aber fürnemest, die

* Ytalos nemn ich Lamparter und ir anstösser.

/[fol. 5r]

16  Edition pergas Italiam invadere, senties tibi cum viris bellum esse. [4.2] fatemur: res claras tui maiores egere, nec tua minora sunt opera, qui Constantinopolim expugnasti et Peram, e regione Genuensium coloniam, et Peloponnesum magna ex parte in deditionem accepisti, et in Rascia et in Valachia non parum agri adeptus es, et saepe tuos hostes fudisti, et hoc anno Sinopem, vetustam urbem, Mithridatis Eupatoris patriam, et eius tyrannum cepisti, et Trapezunte direpta incolas eius et imperatorem in captivitatem abduxisti, et Ioannem Cassanum proelio congredi ausum superasti. [5.1] magna haec tibi videntur, nec nos parva dicimus. At Iulius Caesar, cum de victoria Pontica triumpharet, in curru, quo vehebatur, haec verba iussit inscribi “veni, vidi, vici”, imbelles eas gentes et parvi momenti existimans, quas Pompeius paulo ante domuerat et tu hac aestate superasti.

zebekriegen, wurdest du empfinden manliche krafft wider dich erweckt werden. [4.2] wir veriehen, din vordern haben groß sachen begangen. din tatten sind och nit klainer, der du Constantinopel uß kriegt, Peram die statt in der Genueser gebiett gelegen und Peloponnesum zuo mererm tail in genomen, in Rüssen und Walachy nit wenig lands überkomen, din vynde dick und offt gefelt, sonnder och in disem iar Synopem, die alten statt, ain haimend Mitridatis Epatoris*, und irn fürsten gewaltiget und gefangen, Trapesuntiam zerstört, ir inwoner und den kaiser gefangen, hinweg gefürt, Iohannem Cassanum, der sich in kriegs wys wider dich erhebt haut, überwunden haust. [5.1] die ding alle von dir gros geachtet werdent nit unpillich, dwil wir die nit clain schetzen. do kaiser Iulius ze Roum inrait als ain / überwinder der vynden uff dem mer, ließ er an sinen triumph wagen (in dem er fuor) diss wort schreiben: veni, vidi, vici. ist so vil: ich bin kommen, ich hab gesehen, ich hab überwunden. da durch er nit wolt offnen geschichten sines strits, als er dann in andern inryten genant was, sonnder sin geswinde bihendigkait, vermaint ouch, das daz selb volck unstrytbar gewesen sig, die Pompeius, ain römischer houptman und consul, in wenig tagen davor gemaistert hett. die selben haust du diss summers überwunden.

* Mitridates was ain kinig Ponti so über vil kinigrich gewaltig, das er genennt ain kinig dess meres ward.

/[fol. 5v]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  17

[5.2] alia est Italorum natura, aliae vires, alia ingenia, alii animi. Nesciunt subesse, qui soliti sunt praeesse. et nunc tota Italia armata est, equis et hominibus plena, nec pecunia caret, quae nervus belli dicitur.

[5.3] non pugnabis contra feminas aut Italiam aut Hungariam aut aliam in Occidenti provinciam ingressus: ferro hic res geritur, non Asiaticis sudibus°. Chalybeius thorax pectora tegit, equi simul et homines tecti pugnant, ordines servant nec vano metu pavent. fortior sit necesse est et manu promptior et animo praestantior, qui eos loco depellat.

[5.4] nec Christiana discidia desiderio tuo conducere putes aut in his confidas: unientur Christiani omnes, si quando te audiant interiora Christianitatis accedere. nec tu melius Christianorum paci consulere potes quam validis et magnis copiis Christianitatem invadens: cessabunt privata odia, ubi publica senserint, et coniunctis viribus adversus communem hostem arma sumentur. nec tu necesse

[5.2] Ytali sind ainr andern natur. sy haben ouch ander krefft, grösser vernunfft, höher gemüt. sy mögen nit dinstbar sin, die allweg gewonet haben zeherschen. ouch ist yetz gantz Ytalia gewäpnet und versehen mit vile der menschen und pferden, haut ouch kain mangel an gelt, das ain grundveste ist dess strytes. [5.3] du wirst nit stritten wider wiber, so du din her in Hungern oder in ander provintzen gegen der sunnen nidergang tuost füren. allda werdent die sachen mit dem swert gehandelt. stählin prustplech bedecken nit allain die hertzen der menschen nach gewonhait° dess lands Asie, sonnder pferd und menschen zuom stryt gewapnet behaltend ordnung, erzyttrend ouch in kain weg uß unpillicher / forcht. welher dieselben wyl abstat gewaltenclich trengen, ist not, das er starck sins libs, geschwind siner gelider und wolbedaucht in siner vernunfft sige. [5.4] du bedarfst ouch nit gedenken, das unainikeit der Cristen hilfflich sige dinem fürnemen, solt ouch in die nit hoffen. all Cristen wurden zuo louffen, wo sy vernemen, din her in ir land gespytzt sin. du kanst den Cristen nit höher hilff und raut tuon zu fryd, dann wenn du fürnemest, sy mit diner grossen macht ze überfallen. sonndrer hass wird uffgehebt, wo sy gemainen verstünden, und wurden mit versamelten krefften wider irn gemainen vynd sich wäpnen und

/[fol. 6r] ° In der Vorlage wohl usibus statt sudibus.

18  Edition arbitreris ad propulsandas tuas incursiones, ad comprimendum tuum impetum tuasque vires elidendas totam Christianitatem uniendam esse – quod fatemur difficile. [5.5] sed una ex quattuor nationibus satis fuerit superque satis tuas copias profligare. atque, ut de aliis taceamus, complures esse in tuo palatio arbitramur, qui terram Italiam lustraverunt et vires et ingenia noscunt. ipsos audi atque interroga, an aequari tuis viribus Italia possit, an vinci tuis armis, an tuo imperio subici. plus negotii Romanis fuit Italiam acquirere quam orbi reliquo frena imponere. [6.1] dicet aliquis, quod supra tetigimus, intestina odia, quae nostram gentem exagitant, introitum tibi in Italiam posse praebere et, si unus principum te excludat, alterum inclusurum daturumque aditum. sunt divisiones sane et inimicitiae et simultates inter Italos plures et graves et periculosae, et utinam non essent! [6.2] sed nullus est, qui dominum pati non Christianum velit: omnes in fide orthodoxa mori volunt. nulli animus est a religione recedere. non hic invenies, quod tui maiores apud Graecos, qui contendentibus

rüsten. du bedarffest ouch nit gedenken, das not sig gantze Cristenhait sich zeverainen (das doch schwer wurd) zuo hindrung dines überfals, zestillen din ungestümigkait und ze entkrefften din macht. [5.5] ia ainr nation usser vieren wird gnuog sin, zefellen din macht. und (das wir der andern geschwigen) wir mainen, das vil an dinem hoff sigen, die Ytaliam erkunnet und gesehen haben, ir krefft, natur und vernunfft erkennen. die selben hör und fraug, ob Ytalia diner macht zuo gezelt und gelichnet, ob die mit dinen waffen überwunden und ob sy dinem gwalt undertänict / und gehorsam müg gemacht werden. die Römer erobertend Ytaliam mit größerer müg und arbait dann sust die gantze welt. [6.1] möcht ainr sprechen (als wir dann vor ouch gemeldt haben), inlendiger hass, so dann unnser volck tuot entwyrren, müg dir in Ytaliam ingang geben und, ob ain fürst den selben dir versagte, wurd ain andrer dich inlaussen. für waur, in dem land synd parthyen, groß vyndschafft und sorgfältig unainikait. got welt, das sy nit waren! [6.2] aber kainer under in begert ain uncristen herren zehaben. sy wellen all in cristenlichem globen sterben. kainer will sin gaistlich satzung verlassen. du wirst hie nit finden das, so dinen vordern by den Kriechen begegnet ist. ir zwen kriegten wider ain andern

/[fol. 6v]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  19

de imperio duobus nunc uni, nunc alteri minus potenti auxilia ministrarunt, donec ambos enervatos et exhaustos eiecere et sibi principatum arripuere. [7.1] aliae sunt Italiae potentiae, alii regum oculi, alia civitatum consilia. venetorum res publica, sapientia dives et auro, Christo devota, ut nostra fert opinio, prius evertetur funditus quam hostem religionis in Italiam patiatur intrare, atque haec quidem per sese, quando statuerit, nullis adiuta vicinis tuas opes evertet: tantum terra marique potest. [7.2] an Florentinae urbis magnificentiam ignoras et vires et opes, et quantus est in ea religionis cultus, quanta erga Iesum reverentia, quantus amor? credisne fieri posse, ut haec civitas Italiam diversae religionis hominibus aperiri sinat? sunt aliae multae urbes insignes, multi principes clari et magni. [7.3] nihil de regno Siciliae dicimus, quod armis hac tempestate concutitur. non possumus multa nobis de illo promittere, licet tamen hoc asserere, quod, quamquam duo reges de ipso litigent et bello decertent, maluerit tamen uterque regno privari quam tuis auxiliis victoria

von wegen dess kaiserthumbs. waren die Kriechen hilfflich yetz ainem, dann dem andern, allweg dem mindern meechtigen, so lang, byß sy die baid ersagen und entkrefftiget selbs vertriben unnd ir herschafft besassen. [7.1] Ytalia haut ander macht, die kinige ander synn und liste. och ir stett pflegen andrer rät. Venedier, rich an wishait und an gold, gehorsam Cristo und andächtig, liessen (als wir mainen) e ir land verwüst werden, dann ain vynd irs globens kommen in Ytaliam. / die ainig, wenn sy wellen, on hilff ir bysässen, vermügen, din richtum und macht hinnemen und abtilcken; so mächtig sind sy uff baiden, land unnd mere. [7.2] ist dir nit zewissen, wie großmechtig krefftig und rich die Florentiner sigen, wie schöne zucht der gaistlichait, wie hoche ererbiettung und liebe sy gen unnserm herren Ihesu Cristo tügen pflegen? vermainst du, müglich sin, das sy vergünden Ytaliam dir geoffnet werden ains frömden globens? es sigen ouch sust vil edler stett, vil durlüchtig fürsten und herren. [7.3] wir geschwigen des kinigrichs Sizilien, so dann yetz zemaul mit kriegclichen waffen geübt wirt also, das wir uns deß nit trösten kunnen. doch mögen wir veriehen, wie wol zwen kinig darumb strytten, noch dann begerte ain yeder sins gehofften tails ee beroubt werden, dann sich diner hilff bruchen. und wo

/[fol. 7r]

20  Edition potiri. quodsi ad te alter confugerit, totius Italiae in se odia concitaverit. [7.4] in Gallia Cisalpina, quae et ipsa pars est Italiae, dux Mediolanensis in armis excellit et potentia par regibus habetur. nec parvae sunt ducis Mutinae vires aut Genuensis, qui Liguribus praeest mari. non contemnendus ducis Sabaudiae opulentus et validus est in Italia principatus. [7.5] adest marchio Mantuanus, sunt alii complures urbium domini, quibus nihil posset esse molestius quam nobilem Italiam vanae superstitionis ritu foedari. de nobis et ecclesiae Romanae civitatibus ac provinciis tacemus, quando nostram tibi professionem haud ignotam esse confidimus, quibus sola cura est servandae et ampliandae fidei Domini nostri Iesu. [8.1] haec si accepisti ab aliis, gaudemus: veritatem enim accepisti. si minus, hortamur haec discutias et verum investiges: invenies nihil nos esse mentitos. non folium Sibyllae, ut quidam ait, sed evangelii paginam recitamus. difficile est atque adeo difficile, ut impossibile dici queat, te tua in lege permanentem voti compotem fieri, si, ut aiunt, imperium

dero ainer zuo dir fluhe, wurd er wider sich aller Ytalier haß erwecken. [7.4] in Gallia, hindisenthalb dem pirg gelegen, die man nennt Cisalpinam, die ouch ain tail ist Ytalie, der hertzog von Mayland, in waffen übertreffend, wirt an macht gelychet den kinigen. och ist die macht deß hertzogen von Modenen nit klain. dessglichen / der herr von Genow, under dem Ligurer sind, dess macht uff dem mer nit zeverschmachen ist. dess hertzogen von Sophoy herschafft rich und groß ist in Ytalia. [7.5] daby der margkgraff von Mantow und vil andrer stett herren, den nützit laiders möcht begegnen, dann das die edel Ytalia sölt mit yppigen sytten falsches aberglobes vermausget werden. wir geswigen unnser und der römischen kirchen stett unnd lender, dwil wir unsern veriehnen fürsatz vertruwen, dir nit unbekannt sin, in dem wir allweg achten zehalten und zemeren den glouben unnsers herren Ihesu Cristi. [8.1] wir fröwten uns, dich von andern lüten die ding gehört haben. ob aber das nit enwäre, begeren wir, du wellest sy erfündeln und die warhait erfaren. so wirst du erfünden, das wir nützit gelogen haben. wir schriben dir diß nit uß den büchern Sibille (als etlicher maint), sonder erclären wir die ewangelischen ler. es ist schwer und so schwer, das es nit müglich ist zereden, dich – verharrten in

/[fol. 7v]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  21

Christianorum desideras.

[8.2] dices quam plurimos tibi Christianos subesse, et de reliquis idem speras. non est par ratio: paucissimi sub tuo imperio Christiani sunt, qui ad veritatem ambulent evangelii. omnes sunt aliquo errore imbuti, quamvis Christum colant: Armeni, Iacobitae, Maronei et alia quaedam nomina. Graeci a Romanae ecclesiae unitate aberant, cum tu Constantinopolim invasisti, neque adhuc decretum Florentinum acceperant et in errore stabant neque de sancto spiritu neque de purgatorio igne consona rectae fidei sentientes.

[8.3] pauci fortasse inopes veri Christiani necessitate, non voluntate tibi oboediunt. at urbes Italiae potentissimas non est tuum cogere; validiores sunt, quam tuis queant exercitibus superari. nosti, quae tibi acciderunt, cum Taurinum invasisti, quod nostra aetas Belgradum vocat: pauci cruce signati innumerabiles tuas copias prostraverunt. non est de Italis speranda victoria, quibus adversa fuit in Hungaris pugna. [9.1] quocirca ut eo tandem

diner gsatzt – vollfüren dinen willen, wo du anders, als man sagt, der Cristen rich tuost begeren. [8.2] du möchtest reden, vil Cristen sigen under dir, du hofftest, die übrigen / och ze erobern. es ist nit ain geliche ursach: wenig Cristen sind in dinem gwalt, die den ewangelischen weeg gangend. sy sind all mit etwas yrtung beladen, wie wol sy Cristum erend und anbettend: Armeni, Iacobite, Maronei und etlich anders genant. do du Constantinopel hast angewendt, waren die Kriechen nit in gelüpt in ainikait der römischen kirchen. sy hatten ouch noch nit die satzung (die man nennt decretum Florentinum) empfangen. sy belyben in ir yrtung, veriahen ouch nit die artickel deß hailigen gloubes von dem hailigen gaist luttend und von dem fegfür. [8.3] wenig arm (villicht recht Cristen) sind dir gezwungen gehorsam nit fryens willens. aber die grosmechtigen stett Ytalie vermacht du nit ze zwingen. sy sind meechtiger, dann das sy von dinem her mügen überwunden werden. du waist wol, was dir begegnet ist, do du Thaurinum vyentlich angewendt hast, die wir yetz zu zyten Belgradumm nennen oder Kriecheschwissenburg: wenig bezaichnet mit dem crütz erschluogend unzalliche menge dins volcks. din fal und ungelucksamer stryt in Hungern versagt dir den sige in Ytalia. [9.1] und darumb das wir dahin /

/[fol. 8r]

/[fol. 8v]

22  Edition veniamus, quo nostra festinat oratio, et id dicamus, quod ad scribendum compulit, tuamque gloriam et tuam salutem tibi denique ostendamus, adhibe his paucis animum. si vis inter Christianos tuum imperium propagare et nomen tuum quam gloriosum efficere, non auro, non armis, non exercitibus, non classibus opus est. parva res omnium, qui hodie vivunt, maximum et potentissimum et clarissimum te reddere potest. [9.2] quaeris, quae sit? Non est inventu difficilis neque procul quaerenda; ubique gentium reperitur: id est aquae pauxillum, quo baptizeris et ad Christianorum sacra te conferas et credas evangelio. hoc si feceris, non erit in orbe princeps, qui te gloria superet aut aequare potentia valeat. nos te Graecorum et Orientis Imperatorem appellabimus, et, quod modo vi occupas et cum iniuria tenes, possidebis iure. [9.3] Christiani te omnes venerabuntur et suarum litium iudicem facient. oppressi undique ad te veluti commune patrocinium confugient, ex toto fere orbe ad te provocabitur, multi sponte sua sese tibi subicient, tribunalia tua sequentur et tributa praestabunt. licebit tibi

lenden, da unser red hin ylet, erzellend daz, so uns zuo disem unserm schriben bewegt haut und wir dir offnend und an den tag legind doch zuo letst din glory und hail. leg din sinn, gemüt und vernunfft daruff! wo du anders begerest, din gwalt wytern in Cristen landen und das din namm geeret wird, hierzuo du nit bedarfst vil golds, nit waffen, nit grosses volcks, nit schiffen. es ist ain clain ding, das dich über alle menschen, so yetz in leben sind, den allergrösten, mächtigosten und durchlüchtigesten machen mag. [9.2] fraugst du, was daz sige? es ist nit arbaitsam zefünden, man vermag es allenthalb zehaben: das ist wenig wassers, in dem du getöufft werdest, zu hailiger zucht der Cristen dich nehest und dem hailigen ewangelio geloubest. wo du das tuost, wirt kain fürst uff erden dich an eren übertreffen oder an macht dir gelichnet. wir nennten dich ain kaiser der Kriechen und alles landes gen Orient. du wurdest mit recht besytzen das, so bitz her mit gwalt in genommen und unpillich erobert hast. [9.3] all Cristen wurden dich eren und ain richter erkiesen irer spenne und unainikait. alle menschen, unrechtlich genödt, wurden zuo dir, als zuo ainr gemainen hilff der gantzen welt fliehen, vil wurden sich aigens willens mit lib / und guot dir ergeben, din gerichtstül suochen und tributa bezalen. dir geburte

/[fol. 9r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  23

surgentes exstinguere tyrannides, iuvare bonos, oppugnare malos, nec Romana ecclesia te arguet recta via vadentem. eadem erit erga te caritas primae sedis, quae in ceteros reges, et tanto maior, quanto eris ipse sublimior. [9.4] facile hoc pacto sine sanguine, sine armis multa poteris nancisci regna. Vladislaus, Lituaniae princeps, Vituldi frater, cum aspiraret ad regnum Poloniae essetque infidelis, ut voti sui compos fieret, Christianus effectus est et regnum obtinuit. cuius nunc filius Casimirus regnat, alter filius, qui etiam apud Hungaros regnavit, in bello contra genitorem tuum gesto superatus occubuit. [10.1] quid reris de te fiet Christianis initiato sacris? magnus erit ad te concursus, et felicitatis genus existimabitur inter subiectos tuos annumerari. quippe, ut arbitramur, si Christianus fuisses, mortuo Ladislao, Hungariae ac Bohemiae rege, nemo praeter te sua regna fuisset adeptus. sperassent Hungari post diutina bellorum mala sub tuo regimine pacem, et illos Bohemi secuti fuissent. [10.2] sed cum esses nostrae religionis hostis, elegerunt

unzymlichen gwalt ze entkrefftigen, hilff bewysen den guoten und straffen die bösen. die Römisch kirch wurd nit straffen dich, ainen liebhaber der gerechtikait. sonder wurd dich der hailig stuol mit gelicher lieb umbfahen als ander cristenlich kinige, und so vil mer, als du meechtiger und höher werest. [9.4] damit du auch on arbeit, on bluotvergiessen und on waffen möchtest vil und grosse kinigrich überkommen. Laudislaus, ain fürst ze Littow, ain bruder Wituldi, do der ungelobig hoffet, kinig in Polan ze werden, nam er an sich cristenlichen globen, damit sin wille volstreckt wurd und überkam das kinigrich. das selb sin sun Casimirus yetz ouch innhaut und regniert. der ander sein sun, der ouch in Hungern regiert, in aim stryt wider din vatter nidergelegen und erschlagen ist. [10.1] was, mainst du, werde uß dir ergeeben in zucht cristenliches gloubens? zuo dir wirt grosser zuolauff und wirt für sonnder gelück geachtet sin in zal diner diener. fürwar (als wir mainen), wärest du Cristen gewesen, do Laudislous kinig in Hungern und Behem starb, nieman dann dir weren sin kinigrich worden. die Hungern hetten in dinem regnieren fryd gehoffet nach täglichem unfal der kriegen; den selben hetten nachgevolget Behem. [10.2] dwil aber du wärt ain vynd unnsers gloubens, haben sy (als /

/[fol. 9v]

24  Edition Hungari, viri fortes et fidelissimi, religionem potius cum bello retinere quam ea perdita pacem consequi. quot sunt hodie in Epiro, in Peloponneso, in Macedonia, in reliqua Graecia, in Dalmatia, in insulis Aegaei, Carpathii et Ionii maris, qui tuum imperium non alia de causa fugiunt, nisi quia alienus es a Christiano ritu? et hi modo ad nos, modo ad alios recurrunt opemque petunt extrema omnia subituri, priusquam te, circumcisum et alienigenam, dominum ferant, et nos eos aliquando argento, aliquando frumento, aliquando rebus aliis sublevamus. [11.1] quodsi baptizatus esses et nobiscum ambulares in domo Domini cum consensu, nec illi tuum imperium tantopere formidarent, nec nos eis adversus te ferremus opem, sed tuum potius brachium in eos imploraremus, qui iura ecclesiae Romanae nonnumquam usurpant et contra matrem suam cornua erigunt. [11.2] et sicut nostri antecessores Stephanus, Hadrianus, Leo adversus Aestulphum et Desiderium, gentis Longobardae reges, Pippinum et Carolum Magnum accersiverunt et liberati de manu tyrannica imperium a

starck gloubig und vest Cristen) erwelet er den globen mit strytten behalten, dann das sy nach dess verlegnen fryd überkemen. wie vil sind hüt by tag in Epyro, in Peloponneso, in Macedonia, in andern kriechschen lendern, in Dalmacia, och in den inseln, die man nennt dess meres Egei, Carpaty und Iony, die dinen gwalt von kainer andern sach wegen fliehen, dann wann du frömd bist von zuchte cristenlichs globes? sy lauffen dann zu uns, dann zuo andern umb hilff, wyllig zuo lyden alles übel und in allen unfal sich zegeben, er dann sy dich beschnittnen ains frömden globes zuo aim herren wellen tulden; die wir ouch yetz mit gelt, yetz mit korn, dann mit andern sachen tuond trösten und uffenthalten. [11.1] wärest du aber getöufft und hättest mit ainhelligem willen din wonung mit uns in dem huß deß herren, so forchten sy nit so hoch din gwalt. wir tätten och in nit hilff wider dich, sonder begerten wir von dir hilff wider sy; von sy die römischen kirchen dick und vil irer gerechtikait beroubent und spitzend ir hörner wider die muoter.

[11.2] und wie unser vorfarn Stephanus, Adrianus und Leo berüfft haben kinig Pipinnum und den grossen Karolum wider Asrulfum° und wider das fürnemen Longobardorum / und, von dem vyentlichen gwalt erlöst, den kriechschen kaiserthuom gabend

/[fol. 10r] ° wohl Arnulfum.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  25

Graecis ad ipsos liberatores transtulerunt, ita et nos in ecclesiae necessitatibus tuo patrocinio uteremur et vicem redderemus accepti beneficii. [12.1] o quanta esset abundantia pacis, quanta Christianae plebis exsultatio, quanta iubilatio in omni terra! redirent Augusti tempora et, quae poetae vocant aurea saecula, renovarentur: habitaret pardus cum agno et vitulus cum leone; gladii verterentur in falces, in vomeres ac ligones rediret omne ferrum; excolerentur agri, aspera dumis terra mitesceret, vici repararentur et urbes; resurgerent templa deo sacra, quae ceciderunt; emergerent collapsa monasteria et plena viris religiosis divinis omnia laudibus personarent.

[12.2] o quanta esset tua gloria, qui pacem orbi reddidisses! o quanta tibi redundaret felicitas, qui ad aeterni pastoris ovile cunctas redigeres oves! o quantum te omnes amarent, observarent, extollerent, qui communis omnium pacis et salutis fuisses auctor! [13.1] dicet aliquis hanc pacem, hanc unionem, hanc communem laetitiam haberi posse sub tua lege. errat, qui hoc censet; multos reges, multos populos vincas

in die hend ir erlöser, also gebruchen wir uns diner hilff in nöten der kirchen und täten beschulden guothait von dir empfangen. [12.1] O wie wäre so grosser überflus dess fryds, wie grosse fröd dess cristenlichen volcks, wie groß iubilieren in allem ertrich! widerkemen die zyt Augusti und wurd ernuwert die guldin welt, als die poeten nennent. der pard wurde frydlich wonen by dem schäffle und das kälblin by dem leowen. sichlen und schnitmesser wurden für swert gebrucht und gemainlich uß allem ysen wurden schufflen graben und pfluogysen geschmyt. das veld wurd gebuwen und die stechenden hegken brüchig uff der erden. weeg gepessert, stett erbuwen, hailig tempel und zerbrochne clöster ernuwert, wurden mit gelerten pfaffen und münchen zuo dienst und lob gottes geziert. [12.2] o wie groß wär din glory, der du fryd gegeben hettest! o wie hoch wurd din säligkait erschinen, so du alle schauff in den stal dess ewigen pastors und hirten hettest gesamelt! o wie begirlich wirden dich alle menschen lieben, eren und erheben, ainen merer gemaines fryds und hails der gantzen welt! [13.1] möcht ainer / reden, diss fryd ainikait und gemaine fröud müge ouch in diner gsatzt und globen erholet werden, sagen wir nain, sonder irrend sy die diss sprechend. vil kinige und grosses

/[fol. 10v]

26  Edition oportet, priusquam tuam legem ubique dissemines; nec, si vincas corpora, vinces animos. [13.2] sciunt Christiani suam legem sanctam esse et veram et salutarem, nec dimoveri ab ea possunt, quamvis aliqui aut libidine ducti aut avaritia tracti aut voluptate illecti aut metu mortis attoniti aut cruciatu superati nonnumquam circumcidantur et in tuos ritus concedant; quorum si corda posses inspicere, intelligeres neminem esse, qui libenter consultoque recesserit ab evangelio. [14.1] ostendimus supra, quantum praecellant Christianae tuas vires et quam difficile sit tot nationes Christum colentes evincere. non est, quod pacem speres sub lege Mahumetea, in qua non est salus. difficultatis experimentum ipse vides, qui, etsi multis Christianis hisque non omnino veris imperas, minime tamen eis tuam legem persuadere potes. [14.2] minus persuadebitur veris, quae non in argumentationibus rationum, sed in solo ferro fundata est, ut quae vincere disputando non sperat, et vinci formidat. non sunt Christiani, qui vel bello superari possint vel disputationibus decipi, quando et armis excellunt et

volck müstest überwynden, emals din gsatzt so wyt gesagt wurd. und ob du ioch den lyb zwungest, wurde doch der wille und das gmüt hiedurch nit gebunden. [13.2] die Cristen wissend, das ir gsatzt hailig, waur und hailsam ist, von der sy durch kainen gwalt mügen gezogen werden, wie wol etlich uß unrainikait bewegt oder uß gytekait gezogen oder uß wollust gelückert oder uß forcht des tods erschrocken oder durch pin und schmertzen überwunden vil und offt beschnitten werdent und sich dinem glouben ergeben. wo du aber dero hertz erkennen und ansähen möchtest, wurdest du verston, das ir kainer uß vernunfft williclich abgetretten ist von dem ewangelio. [14.1] wir haben vorher geoffnet, wie die Cristen din kräfft übertreffend und wie schwer sig, so vil volcks Cristo glöbig überwynden. du kanst dich kains fryds trösten in Machumetescher gesatzt, in der kain hail ist. du magst die ding alle selbs wol empfinden: wie wol du in dinem gwalt vyl, aber nit gantz volkomen Cristen haust, wöllen sy / doch in din gsatzt sich nit verbinden. [14.2] vyl mynder ergäbend sich die gerechtn. din gsatzt ist nit gevestnet uff erlütrung vernunfftiger ursachen, sonder in scherpffe der waffen gewurtzelt also, das sy in disputiren nit hoffet syg, sonder besorgt überwunden werden. die Cristen sind unüberwyntlich in strytten; och in erlütrung der warhait werden

/[fol. 11r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  27

rationibus munitissimi sunt non solum divinae scripturae, sed etiam philosophiae.

[14.3] impossibile est sub lege Mahumetea unionem fieri, sub Christiana facile fieri potest: et id magna ex parte in tua voluntate consistit. tu unus si annuas, Turci omnes annuent, nec Syri aut Aegyptii aut Arabes aut Libyes adversabuntur: tecum, quicquid est intra Hellespontum et Euphratem et quicquid possides in Europa, convertetur. [15.1] quid faciet baculus Aegyptiorum arundineus, quando Christianum te viderit effectum? quid imbellis Arabs? quid nudus Afer? omnibus his Aethiopes imminent presbytero Ioanni parentes, qui°° Christianus est; non poterunt et illis et reliquis Christianis obsistere. [15.2] nili cursum retinere possunt Aethiopes et congregatam aquam dimittere, quae rumpat aggeres et totam inundet Aegyptum atque submergat, cum sidus apparet Arcturi. Hispani et Siculi facile Mauritaniam invadunt et Catalani cum Genuensibus. scis, quantum valeant occiduae classes et quantus est terror vel Tyriis vel Alexandrinis vel ceteris

sy nit betrogen, dwyl sy an gewerer hoch versehen und in vernünfftigen ursachen wol gewäppnet sind nit allain in götlicher, sonder och natürlicher geschryffte. [14.3] unmüglich ist in Machumetescher gsatzt ainikait, die in cristenlicher zucht lychtlich werden mag: und diss ligt meres tails in dinem willen. wo du ainiger verwilligest, werden all Türcken nach hengen dir. hie zuo willig werden all die, so in Syria, Egypto, Arabia und Lybia sigen. mit dir wirt bekert alles das, so entzwischen dem mer und Eufraten begriffen ist, alles das, so du in Europa besitzest. [15.1] was wirt Egyptus° tuon, unstät als der rorstab im mer, so du ain Cristen geacht wirst? was der unstritbar Arabs, was der nackend Affer? nach by den ligt der Moren land, undertenig priester Iohann.

[15.2] die selben mögen beheben und verstellen den fluß Nili und das gesamelt wasser ains mauls ungestümclich laussen uß / fliessen; dardurch gepuw und gantz Egypten ertrenckt wird, wenn sich das syben gestirn am hymel tuot ögen. Hyspani und Siculi vermögen sich on groß arbait ze rüsten uff das mer. dir ist ouch wyssend, wie streng°° und bhend geacht werden der Cathelonier und Genueser schiff, was schreckens Thyri, Alexandrini und

° egytus Hs. °° qui bis obsistere nicht übersetzt.

/[fol. 11v] ° schiff was schreckens Hs. °° ft streng Hs.

28  Edition Orientalibus, quando Christianae triremes ad eos navigant. [16.1] tua certe auctoritas et animi magnitudo et in bellis felicitas apud omnes admirationi est, qui Mahumeteam sequuntur legem. quod, si te nobis adiunxeris, brevi totus Oriens revertetur ad Christum, una tantum voluntas pacare orbem potest. [16.2] et ea tua est, si ad baptismi gratiam se convertat. in te est crudelibus bellis imponere finem et tantum praestare mortalibus bonum, quantum effari non possumus. [17.1] quaeret aliquis: quomodo quiescet orbis Turcis ad Christum conversis, quando nec ipsi Christiani inter se concordes exsistunt et multa per Italiam, Germaniam, Galliam et reliquas provincias desaeviunt bella? diximus dissidere inter sese nostrae gentis homines – non negamus –, et pluribus in locis ferro contenditur. [17.2] divino olim consilio sub Octaviano propter reverentiam Salvatoris, qui tunc secundum carnem natus est, ea pax in orbe fuit, quae nec antea nec postea visa est. difficile est et propemodum impossibile quiescere in terris omnia, ubi homines sunt affectibus subiecti reprobis. illum ambitio exagitat, hunc

ander orientisch empfahen, wenn sy vernemen, das der Cristen schiff° zuo in lenden. [16.1] für waur, gwalt grösse dins gmüts und gelück in strytten wirt von allen den verwundert und gerümt, die sich anhengken der satzung Machumeti. wo aber dich uns tätest zuo gesellen, wurd in kurtzer zyt all orientisch land bekert zuo Cristo; ain ainiger wille mag frydsamen die gantzen welt. [16.2] und der ist din, wo er sich wendt zuo gnaud und liebe dess touffs. du vermagst ze styllen grusame krieg und so groß guothait den tödemlichen menschen mittailen, das wir es nit erzelen künnen. [17.1] möcht etwar fragen, wie die welt gefrydet wurdt, nach dem und die Türcken sich Cristo ergabind und doch die Cristen under in selbs nit ains sind, sonnder vil grösser stryt in Lamparten, tütschen landen, Franckrich und andern provintzen wütend. wir haben vorheer veriehen, das in unserm volck grosse / unainikait ist und an vil enden mit waffen gefochten wirt. [17.2] vor zyten uß sonderbarer ordnung gots ist zuo er dess erlösers, der liplich geporn ward, sölicher fryd in aller welt gewesen, dess gelych vor noch nach niemer gesehen ist. es ist ungewon, ia gar nach unmüglich, das alle ding uff erden ruowend, da die menschen widerwärtigen willen habend. ainen bewegt hochfart, den laitet gytekait, ain

/[fol. 12r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  29

cupiditas trahit, libido alium impellit. [17.3] multa est inter mortales belli materia, sed non sunt tam atrocia inter Christianos proelia quam inter Turcos et Christianos. Christianus cum Christiano de agri possessione, de regno, de imperio, de gloria contendit; cum Turco de religione, de libertate, de vita. inter Christianos qui bello vincuntur, positis armis, nec vitam nec libertatem amittunt, et multis etiam patrimonia dimittuntur: principes imperio privantur, inferiores dominum mutant, reliqua tenent.

[17.4] in proeliis, quae geruntur aut cum Turcis aut cum Saracenis, qui succumbunt, si vitam non amittunt, in servitutem rediguntur, et multi etiam religioni renuntiare coguntur. haec acerbissima sunt et immanissima bella; quae si tollantur – quod in te situm esse monstravimus –, pax maxima exoritur et universalis quies. nam reliqua bella huic comparata faciem quodammodo pacis habent et otii; nec illa tam multa erunt, quando unus adsit, qui solo nutu compescere possit iniurias; qualem te futurum non ambigimus, si cum tua potentia Christianus efficiaris.

andern raitzt unluterkait. [17.3] under den tödemlichen menschen ist mengerlay matery dess kriegs, aber es sint nit so grusam und häßlich krieg entzwischen den Cristen als zwischen Türcken und Cristan. Cristan wider Cristan strytet umb besitzung dörfer und stett, umb kinigrich, umb kaiserthuomb, umb glori und er. aber wider den Türcken umb den globen, umb fryhait, umb das leben. in stryt der Cristan wirt fryhait nit verlorn; mengem belipt ouch sin vätterlich erb. die fürsten werdent irs gwalts und regnieres beroubt, die mindern von irn schlossen und besitzungen vertryben und beheben das ander. [17.4] aber in stritten wider Türcken und Sarracen, welhe alda sigloß werdent, verlieren sy nit das leben, werdent sy doch in ewig dienstbarkait getrungen; och werden / vil genödt zefallen von irm globen. diss sind die aller bittersten und grusamsten krieg. wo die abgethan wurden (als wir dann das an diner macht gelegen sin erzelet haben), wurde der aller wytest fryd von gemaine ruow erwachsen. ander krieg gen disem erwegen und gelychnet haben ain gstalt frydes und muosse, dero och sovil füre nit sin werden, wenn mit uns ainhellig ist, der mit ainigem plicken mag unbillichait abstellen. der selbig du sein wirst (als wir nit zwyfel), wo du mit diner macht cristenlich zucht empfahest.

/[fol. 12v]

30  Edition [18.1] videsne, quantum tibi laudis affert baptismi lavacrum, quantum cum Christo sublimis et conspicuus redderis? quis prohibet aquam? quid metuis? voces fortasse aulicorum times tuorum, quorum non dubitamus dicturos tibi aliquos: quid cogitas? quid agis? quorsum te tua voluntas trahit? vis baptizari? vis Christianus fieri? nescis, quod periculum adis? omnes te Turci deserent, et ubi existimas fieri magnus, fies nullus. ex Turcis natus Turcos deseres; inter Turcos crevisti, Turcorum te manus extulit.

[18.2] Turci Asiam et Graeciam gubernant, Turci exercitibus praesunt; qui si vel minimam famam tuae mutationis acceperint, e vestigio sumptis armis te deiecto imperatorem alium sufficient; tu nudus et exul si evaseris, apud Christianos mendicabis panem. nam quis Turcus est, quem suae religionis paeniteat? moriemur omnes, priusquam nostri prophetae iugum excutiamus.

[19.1] non sunt parva, quae isti obiciunt; adhibenda est et huic parti medela, quam nemo te ipso melius invenerit. nosti tuos homines, et quibus

[18.1] verstäst du nun, wie vil lobes dir zuo gäb abweschung dess touffs, wie durchlüchtig und hoch du mit Cristo veraint geert werdist? wer halt dir* vor das wasser? was besorgest du? entsetzest villicht geschray diner hoffdiener, dero etlich (als wir nit zwyflen) sprechen werden dir: was gedenckst? was tuost? wohin züchet dich din wille? wilt du getöufft, wilt du Cristen werden? du betrachtest nit, mit was schaden du dich beladest. all Türcken werden verlaussen dich, und wo du vermainst groß geacht werden, wirst du vernichtet. uß türckischem samenn geporn wilt Türcken verlaussen; under den Türcken bist du erwachsen, gwalt der Türcken haut dich erhept. [18.2] Türcken richsnent / über Asiam und Greciam, Türcken haben das gmain volck unnder in; wo die dess mynsten tails underricht wurden diner verendrung, wurden sy von stund an ainen andern kaiser erwelen und dich mit werlicher hand grusamclich absetzen. und ob du usser irm gwalt enttrunnest, müstest du doch nackend und ellend by den Cristen in bettlers wyß brot haischen. dann kain Türck tuot sin glouben klain achten. sy wurden all sprechen: wir wellen ee sterben, dann unsers propheten gebot verlassen. [19.1] nit klain sind die stück, so sy dir fürheben. wo kain ertzny dawider möcht gefunden werden, der och nieman dann dir mer gelert und underricht ist. du er-

* dicent thurci.

/[fol. 13r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  31

provincias commiseris, non ignoras; quanta sit cuiusque fides et quis animus, non te latet. [19.2] non fit sine periculo magnum facinus et memorabile: vilia sunt, quae parvo emuntur. diligentia hic et labore opus est; pervestiganda sunt amicorum consilia, noscenda subditorum ingenia, et his utendum est, quos fidos et prudentes videris.

[20.1] serviunt tibi non pauci ex Christianis nati, qui, quamvis circumcisi sunt, non tamen Christianum nomen oderunt. his exercitus, his praefecturas credere potes, qui tui sunt amantissimi, et ita regnum ordinare, ut, quando velis, praesto sint omnia. [20.2] tui subditi magna ex parte Graeci sunt et Armeni – ut diximus – et Iacobitae; qui, etsi aliquid erroris habent, Christiano tamen nomine censentur nec aliud magis cupiunt quam te similem eis esse et illum Deum colere, quem colunt ipsi. sperarent meliori se loco futuros, qui nunc mancipia quam vilissima sunt, tributa exsolvunt gravia, iniuriis afficiuntur quotidianis, ad bellum ducuntur inviti et inermes caedibus exponuntur, privantur liberis et uxoribus. [20.3] miserrima res est:

kennest din volck. du waist, welhen din lender und herschafften ze regieren empfolhen hast. dero ains yeden trüw, willen und gmüt dir nit verborgen ist. [19.2] ain groß und gedächtlich werck wirt nit on versuochen volbracht. verachtet werden alle ding, die man mit klainem gelt erkoufft. zuo disem furnemen ist not vlyß unnd arbait. du wirst erfaren rät dinner günner, erkunnen die naturen diner undertaune und dich dero gebruchen, so du trüw und vernünfftig erkennest. [20.1] dir dienent vil uß Cristen geborn; wie wol die beschnitten sind, yedoch hassend sy nit den cristenlichen namen. den selben magst du din volck und empter empfehlen, so dann dir die / allerliebsten sind, und din rich also ordnen, das sy dir gegenwirtig sigen, wenn du wellest. [20.2] din undertan sind den merern tail Greci, Armeni (als wir vor gesagt haben) und Iacobite. wie wol die etwas irtung haben, werden sy doch Cristen geacht und begerend nützit höher dann, das du inen mitformig sigest, den got erest, den sy erend. sy hofften durch solichs erhebt werden. die yetz in schnöder dienstbarkait verbunden sind, bezalent sweer und groß tributa, werdent mit taglicher unbillichait beladen, genödt unwillig zestryten, nackend in die schlachten gezwungen, werden beroubt ir kinder und wyber. [20.3] und (das die erbarmlichest

/[fol. 13v]

32  Edition postquam filios educarunt, eos perdunt; rapiuntur in palatium pueri, circumciduntur et Mahumeteis ritibus imbuuntur. vident infelices parentes non modo corpora liberorum, verum animas etiam ire perditum, et angustiati inter tot calamitates plorare non possunt maiora mala timentes. [21.1] nemo horum te diligit; neque enim natura fert, ut eos amemus, a quibus patimur mala. quodsi te Christianum cernerent, mirum in modum diligerent, felicitatem tuam cuperent et omnibus studiis tuam gloriam quaererent et filios suos et se ipsos quam libentissime tibi donarent. magna est horum multitudo et pro sua religione constantia. [21.2] quodsi prudenter eos tractaveris, nihil tibi de rebellione Turcorum verendum erit. qui medios inter Christianos sese videntes tuae potius voluntati consentient fortunas et dignitates servaturi, quam mortis periculo se subiciant. [22.1] non suademus rem novam aut insuetam: tritum est iter, quod ostendimus; multi hoc et magni reges ingressi sunt. apud Francos ex gentili et idolatra Christianus effectus est Clodoveus, et simul cum eo regni proceres baptizari non recusarunt.

sach ist) sy verlieren ir sün nach dem und sy die erzogen haben, werden geroubt in die pfalz, allda beschnitten und in Machumeteschen gsatzen underwyst. so sehend die unsäligen vätter nit allain irer kynd lyb, sonnder ouch die selen verlorn werden; und angstig und beroubt in sovil widerwärtikait konnen sy nit wainen, grossers übels fürchtende. [21.1] dero kainer dich liebet. unnser natur lydet ouch nit, das wir die lieb haben, von den wir übels lyden. wo aber sy dich ain Cristen sin vermarcken, wurden sy in wunderbarer mauß lieben dich, begärten din sälikait, uß / geflisnem willen suochten sy din glory und er und ergeeben dir sich selbs und ire kinder. dero zal und vile groß ist und staut (nach ir gaistlichait ze reden). [21.2] wo du die vernünfftigclich tuost halten und laiten, bedarffst du nit sorgen widerstand der Türcken. wann die, so sy sich enmitten under den Cristen vermyschet sein sehend, werden mer gehorsam dinem willen und begiriger zebehalten din glück und wyrde, dann sich in den tod zegeben. [22.1] wir rauten dir nützit nüws oder ungewonlichs: es ist ain gemachter, wol geübter weg, den wir dir hier inne offnend. vil grosser kinige sind in den gegangen. in Franckrich Clodoveus°*, ain haid und anbetter der göter, ist Cristen worden. och mit im all endling im kinigkrich wurden

/[fol. 14r]

° Dodoneus Hs. * Dodoneus rex francie.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  33

[22.2] apud Hungaros Stephanus nostris initiatus sacris omnem illam gentem Christo acquisivit. apud Visogotas, qui longo tempore in Hispania regnaverunt – et usque in haec tempora eiusce gentis sanguis imperat –, Ricardus Leovigildi filius suadente Leandro Hispalensi episcopo Arianae renuntiavit haeresi et cum omni gente sua catholicam fidem complexus est. [22.3] apud Longobardos Agilulphus suasu coniugis Theudelindae reliquit idola et cum omni populo Christianae sese legi subiecit. apud Hiberos, qui sunt in Asia, imperante Constantino maiore rex gentis cum coniuge et omni nobilitate atque plebe ad praedicationem unius captivae mulieris relicta idolorum insania baptizatus est. [23.1] sed quid moramur et non exemplum illud adducimus, quod est omnium maximum? Constantinus ipse imperator ac monarcha viam aperuit, quam tu et tui similes ingredi absque ulla cunctatione possetis. Omnes, qui eum praecesserant imperatores, excepto Philippo, gentiles fuere: Iovem, Mercurium, Apollinem, Herculem et alia, quae sunt monstruosa nomina, tamquam deos colebant.

getöufft. [22.2] in Hungern Steffanus*, in gelybt in zucht unnsers globes, macht als sin volck gehorsam unnd glöbig Cristo. Vesogothe haben lange zit und noch hüt by tag in Hyspania gerichsnet. desselben geschlechts Rychardus, ain sun Leuvigildi, haut uß raut ains bischoffs in Yspania (Leander genant) verlaussen die arrianischen kätzry, und mit allem sinem volck empfangen cristenlichen globen. [22.3] Agilulphus, ain herr Longopardorum, haut uß ler siner husfrowen Theudelinde° verlassen abgöttery und sich mit allem sinem volck cristenlicher gsatzt verainiget. zuo zyten, als kaiser / Constantinus richsnet, der elter, ist ain kinig Hybarorum, in Asia wonhafft, mit siner husfrowen, allem adel und gemainem volck getöufft und durch ler ainer gefangner frowen bewegt abzetilken unsinnikait der abgöt. [23.1] aber weß haben wir warumb gebruchen wir uns nit dess exempels, das alle obgemelte wyt übertryfft? kaiser Constantinus haut selbs den weg geoffnet, den du und dins gelychen oun alle hindernüß mügen ingen. alle sin vorfarend kayser (usgenomen kaiser Philips) sind Haiden gewesen, haben Iovem, Mercurium, Herculem, Appolinem und ander tüfelsch namen angebettet als göt.

* Steffanus rex hungarie.

/[fol. 14v] ° Theudelinge Hs.

34  Edition [23.2] senatui et omni Romano populo stultitia Christus erat. proponebantur passim edicta, quae Christianos comprehendi iubebant et, nisi sacrificarent idolis, crudelibus modis interfici. nihil vilius erat nomine Christiano; infame genus et maleficum habebatur omnium, qui Christo crederent. sub Nerone, sub Domitiano, sub Diocletiano crudelissima in Christianos desaevit persecutio.

[24.1] at Constantinus acceptis imperii fascibus, postquam persuasus est a Sylvestro, praedecessore nostro, in simulacris daemonia coli et unum tantum Deum esse cum Patre et Spiritu Sancto Christum Iesum et in evangelica tantummodo lege salutem inveniri, non est cunctatus Christi fidem amplecti. [24.2] non dixit: senatus mihi adversus erit, resistet populus, copiarum duces alienabuntur, imperio deiciar, sed alto animo iactans in Deo spem suam legem edidit, qua publice Christum coli iussit et eam fidem teneri ab omnibus imperio subiectis, quam beati apostoli Petrus et Paulus Romanis tradidissent.

[25.1] nec propterea sinistri

[23.2] Cristus ward von den räten unnd allen Römern verachtet. wurden och nach und nach gsatzten gemacht, durch die die Cristen gefangen und grusamclich getöt wurden, wo sy ir opffer den abgötten nit täten volbringen. nützit was schnöders dann der cristenlich nam. alles geschlecht, so in Cristum geloubt, ward verlümdet und übeltatig geacht. under kaiser Nerone, under kayser Domitiano, under kaiser Dyocletiano haben gefraysamet aller grusamest durchächtungen der Cristen. [24.1] aber Constantinus nach empfahung kaiserlicher oberkait, von unserm vorfaren Silvestro underricht, das in den gstalten der abgötten tüfel geeret werden, das Cristus Ihesus mit dem vatter und dem / hailigen gaist allain ain got ist und das allain in ewangelio hail gefunden wirt, hät füro sich nit gespät ze empfahen den glouben Cristi. [24.2] er sprach nit: senatus wirt wider mich sin, das volck wirt mich hindren, fürsten deß lands werden sich abwerffen, ich werd mins kayserthuombs beroubet. sonder ynschickende sin hoffnung in got mit hohem gmüt macht er ain gsatzt, durch die er gebot° Cristum offenlich geeret werden und allen undertaun in sinem rich ze halten den globen, so dann Petrus und Paulus, die hailigen zwelffbotten, underwyst und gelert hetten die Römer. [25.1] davon im nütziz

/[fol. 15r]

° gelobt gebot Hs.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  35

aliquid sibi accidit, sed tunc potissimum excellens et gloriosus evasit, cum in vexillis suis crux Domini Iesu apposita resplenduit. viderat per quietem in aere signum crucis et vocem audiverat dicentem: in hoc, Constantine, vince! [25.2] paruit, vexilla crucis erexit, civilibus bellis finem imposuit, superavit hostes, barbaros afflixit, imperium ampliavit, pacem subditis dedit, ecclesias aperuit, concilia sacerdotum celebravit, haereses eliminavit; lucem, quam acceperat ab evangelio, cunctis gentibus communicavit. magnificus et excelsus super omnes Caesares inventus, Graecis et Latinis litteris celebratus imperavit annos supra triginta. [25.3] sedem imperii apud Byzantium erexit et ampliatis civitatis moenibus multisque cum publicis tum privatis aedificiis magnifice constructis de suo nomine Constantinopolim appellavit. et plenus dierum apud Nicomediam edito testamento, in quo filios imperii successores reliquit, ut Christianum decet, sacramentis ecclesiae receptis e vita decessit. [25.4] quid erat, quod ille amplius in terra posset

widerwärtigs ufferstuond, sonnder ward er do zemaul über hoch geacht und geeret. als er das crütz dess herren in sinen panern verwürckt ließ, schinbarlich erfliegen er sach in siner ruow ain zaichen dess crutz im lufft sweben und hort ain stymm sprechende: in crafft diss zaichens, Constantine, tuo überwynden! [25.2] er was gehorsam. er uffrichtet paner dess crütz, haut geendet krieg der stetten, gesiget den vynden, kestiget Barbaros, gemeret das rych, fryd geben sinen undertanen, geoffnet die kirchen, concilia berüfft, kätzery usgerüdt, allen volckern mittailt das liecht, so er vom ewangelio empfangen haut. / darumb er großmächtig und hoch über all kayser geschätzt ist. sin lob mit kriegschen und latinschen buochstaben beschriben ist. gerichsnet in kaiserlicher wirde dryssig iar. [25.3] sin kaiserlich gesäß zuo Bisantzium uffgericht, die selben statt gewytret, in der och vil gemain und sündrig büw kostlich vollendet, die nach sinem namen Constantinopel genennt. und mit iaren beladen zuo Nicomedia sin testament geordnet, in dem er sin sunen verließ erbling sins kaiserthuombs, allda er nach versähmiß der sacrament der kirchen (als ainem Cristen gebürt) sinen letsten tag tät beschliessen. [25.4] was hett er mügen höhers uff ertrich begeren? herr ist er

/[fol. 15v]

36  Edition optare? Imperio potitus est omnium maximo. vita ei et longa fuit et paucis obnoxia morbis; inimicos humiliatos vidit, et – quod hominibus dulcissimum esse solet – heredes amplissimae fortunae filios dimisit. [26.1] nec alienum fuerit tantum imperatorem, qui Christianam fidem tantopere ampliaverit, in alio saeculo cum Christo regnantem credere, cui servivit, in hoc dum viveret. quodsi omnibus, qui patriam auxerint, iuverint, defenderint, certum est esse in caelo diffinitum locum, in quo beati aevo sempiterno fruantur, sicut philosophi doctissimi tradiderunt, multo id certius de illis sperandum est, qui pro lege domini vel servanda vel augenda summis studiis contenderunt, sicut de Constantino ostensum est, quem, sicut in terra felicem fuisse didicimus, ita et in caelo beatum credimus.

[26.2] eadem procul dubio eventura tibi esse confidimus, si nobiscum sapiens Christum colas et magnum Constantinum imiteris; quemadmodum Romani cum suo imperatore Christiani sunt effecti, ita et Turci una tecum baptizabuntur, eritque tuum regnum super omnia, quae sunt in orbe, et nomen tuum

gewesen über den mächtigosten kaiserthuomb. sin leben langkwirig und mit wenig siechtagen beladen hat sin vynd demütigt geseehen und (das menschlichem geschlecht allersüssest ist) nach im verlassen süne, erbling grosses gelucks und hoher eren. [26.1] ist ouch müglich ze globen, das ain solch großmechtiger kaiser der cristenlichen glouben so verr gewytret haut an yener welt by Cristo richsne, dem er in diser welt lebende so begirlich gedient haut. dann ist sach, das alle, die so ir vatterland merend, hilflich sind oder / beschirmend, haben ain gewysse statt im hymel, in der sy selig sich gebruchen und nutzend ewigs lebens, als dann diss die aller gelertosten natürlichen maister sagend. noch vil gewysser wirt solich seelikait für die gehoffet, die mitssonnderm vlyß gearbait haben, zehalten oder zemeren die gesatzt dess herren, wie dann das von Constantino erzelt ist, den wir also sälig in dem himel achten, als wir in gelückhafftig nennen uff dem ertrich. [26.2] deßgelichen on zwyfel wird dir begegnen, wo du ainhellig mit uns Cristum erest und nachvolgest dem grossen Constantino. und wie die Römer mit irm kaiser Cristen worden sind, also werden die Türcken mit dir getöufft, din kinigrich wirt ouch über alle kinigrich der welt. kain alter wirt dins namens geschwigen; dich werdent loben

/[fol. 16r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  37

nulla silebit aetas; Latinae te litterae et Graecae et barbarae celebrabunt; nemo inter mortales erit, qui te potentia aut gloria praecedat. [27.1] magna sunt haec, quae promittimus, maiora, quae sequuntur. de regno, de potentia huius saeculi, de gloria humana sumus locuti: caduca haec et incerta sunt et fluxa. omnes morimur, omnia nata occidunt, et omnia orta senescunt. brevis est humanae prosperitatis cursus, cito regnum deficit, nulla potentia longa est. gloria quoque clari nominis, quamvis de maximis rebus diu perseveret, finitur tamen aliquando et in tempore deficit.

[27.2] nihil est inter mortales non mortale, conterit omnia tempus. esto, duret per multa saecula nomen: quae dulcedo post obitum laudis? aut damnatus est homo in altera vita, et nihil ei prodest fama, quae remansit, aut salvatus est et ea non eget beatitudine donatus aeterna, quae omni ex parte plenissima est. [27.3] filios ac nepotes praeclara maiorum nomina iuvant, et nobis quoque, dum vivimus, dulce est talem hereditatem posse relinquere, quae sit posteritati solacium. est id quidem aliquo modo bonum, sed meliora

latinisch, kriechist und barbarisch buochstaben. kain tödemlicher mensch mag dich an macht oder er übertreffen. [27.1] groß sind die ding, die wir verhaissen. noch grösser, so her nach volgend. wir haben biß her geredt von kiniglichem gwalt, macht und zitlicher er diser welt. die ding alle hinfallend, ungewiß sind und zerstorlich. wir sind alle underwürffig dem tod, alle geborne ding richten sich zuo dem val und alle erwachsne verderbend in dem alter. kurtz ist der louff menschlich gelückfals, ylends / zergaut kiniglichern gwalt, kain macht ist langwirig. och glory ains hohen lümdes, wie wol die von grossen sachen erwachsen, ain zit beliplich ist; yedoch wirt ir zuo letst vergessen. [27.2] nützit untödemlichs ist undermyscht tödemlichen menschen, zit verschlist alle ding. und ob ioch das lob langezyt weret, bringt es doch nit vil süssikait nach dem tod. aintweders ist der mensch verdamnet an yener welt, allda im lob uff ertrich nützit zuo gibt, oder behalten; dann bedarff er sin nit, begäbet mit ewiger sälikait, so dann da selbs allenthalb aller volkomnest ist. [27.3] süne und nefen werden beholffen und getröst durch lob ir vätter. uns ist ouch zuo fröden (die will wir lebend), wo wir ain solhen erbfal vertrüwen nach uns verlassen, der dann hilfflich müge sein unsern nachkommen. fürwaur, diss wirt zuom tail guot

/[fol. 16v]

38  Edition quaerenda sunt et stabilia bona, quae vere nostra sint neque umquam nos deserant. [28.1] philosophi, quos Peripateticos vocavit antiquitas, tria bonorum genera posuerunt et alia esse animi dixerunt, alia corporis, alia externa. Stoici ea dumtaxat bona existimarunt, quae animum excolerent. hoc facit iustitia, prudentia, moderatio, fortitudo, et quae sunt aliae in animo dotes. egregiam corporis formam, robur, valitudinem, nobilitatem, clientelas, opes inter bona non acceperunt: quae neque sunt in potestate nostra neque possessori felicitatem praestant. [28.2] sed neque illae quattuor virtutes, quae principales existimantur, tranquillam homini mentem reddunt, nisi adiciantur aliae tres, quas theologicas appellant et in animo sitae sunt: spes, fides, caritas. tristis est et in anxietate moratur et torpet et angitur et nihil boni operatur, qui spe futurae vitae privatus est. sine fide impossibile est placere Deo, qui est ultimum homini bonum et finis, in quem tendimus. [28.3] caritas divino amore fervet, curiosa est, animae nostrae et proximo consulit, quem iubet lex, ut tamquam nos ipsos diligamus. Si ergo

geacht, aber grosser und beliplicher guot ist ze suochen, das warlich unnser ist und uns nimmer verlaut. [28.1] Periphatetici, lerer natürlicher sachen, haben geschryben, das dryerlay geschlecht sig der guoten ding: ainerlay dess gemüts, anderlay dess lybs, die drytten uswendiger sachen. Stoici haben allain geschetzt die ding guot sin, die das gmüt zierten, als gerechtikait, wyshait, mässikait, stercke und der glichen ander gouben dess / gemüts. aber für pündig gstalt dess libs, vestigkait, gesunthait, adel, vyle der diener, richtum haben sy nit zuogezelet den guotten dingen; wann die nit sind in unnsern gwalt, geben ouch irm besitzer kain sälikait. [28.2] sonnder och die vier angel tugenden geben nit ruow dess menschen gmüt, es sig dann, das inn zuo gesellet werden ander tugend dry, die man theoloycas nennet und in dem gmüt hafftend: hoffnung, gloub und liebe. der mensch ist trurig, angstig, schwärmütig und betrübt; und tuot nützit guots, der beroubt ist hoffnung künfftig lebens. nieman kan noch mag on den glouben gefallen got, der allain ist dess menschen lests guot und das endtlich gstad, dahin wir schiffen. [28.3] liebe ist inbrünstig in gotlicher minne, geflyssen der sel und hilfflich dem nebenmenschen, den gottes satzung gebüt ze lieben als unns selbs. und

/[fol. 17r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  39

animi bona cupimus, et moralibus virtutibus opus est et theologicis. Neque in his ulla est nobis cum tua lege contentio.

[29.1] alia sunt, in quibus discrepamus. Fatebitur tua lex et vitam aeternam in altero saeculo reperiri et his itineribus ad eam perveniri. dicet fidem necessariam esse, verum non eam fidem, quam nos recipimus, amplectetur; laudabit caritatem, sed alia eius officia esse dicet quam Christianus; sine spe non posse bene homini esse fatebitur, sed spei finem longe diversum a nostro recipiet.

[29.2] pax erit in nominibus, bellum in rebus. facessat nunc haec contentio, et quomodo vera et aeterna bona ex fide Christi consequi possis et animae tuae consulere, quae immortalis est, ostendamus. etsi enim huius saeculi quae dicuntur bona concupiscis et inter mortales magnus videri vis, non tamen animae tuae oblitum te credimus nec ex illorum numero censemus, qui° cum Epicuro et aliis quibusdam delirantibus philosophis exstingui animam simul cum corpore putaverunt. [29.3] nec rursus te sine Deo esse censemus, sicut olim de

darumb wellen wir guothait der sel überkommen, ist uns not zehaben vier engeltugenden, die man morales nennt, und dry götlich, die theoloyce gehaissen werdent, in den wir kain zangkung haben wider din gsatzt. [29.1] in andern sachen sind wir unains. din gsatzt veriehett ewigs leben nach diser zit, dahin die menschen kommen mögend durch die obgemeldten tugenden; bekent den glouben nottürfftig sein, tuot aber nit den glouben umbfahen, den wir / veriehen; pryset ouch liebe, aber der selben legt din gsatzt ander aigenschafft und weerck zuo dann der Cristen; sprycht ouch, dem menschen müg nit wol sein on hoffnung, aber in dinem globen haut hoffnung andern lon dann in unnserm. [29.2] fryd wirt zwyschen uns in den worten, aber unainikait in dem wesen der ding. wir wöllen nit mit worten vechten, sonnder offnen, wie du mügest durch den glouben Cristi überkommen waur und ewige guothait, och diner sel zehilff kommen und rauten, die untödemlich ist. und wie wol du begerest glück diser welt und über ander menschen erhebt werden, noch dann vermainen wir dich nit wellen tulden verdampnuß diner sel.

[29.3] wir halten ouch, du sigest nit in zal deren, die kainen got

/[fol. 17v]

° Ab hier nicht mehr übersetzt.

40  Edition Gallicis in Hispania traditum est, qui nullum colebant Deum, et de Pythagora, quem ferunt dicere solitum esse non liquere sibi, an Deus aliquis esset. quae disputatio adeo impia iudicata est, ut ab Atheniensibus auctor eius eiectus sit et libri, in quibus ea continebantur, exusti. [29.4] Posidonius scripsit Epicurum nihil de Deo sensisse, sed ea, quae de diis locutus est, invidiae depellendae causa dixisse. stultorum haec assertio est, sicut in propheta legimus: dixit insipiens in corde suo: non est Deus. [30.1] haud equidem te adeo rudem existimamus, ut caelum credas rectore carere et hanc pulcherrimam mundi machinam casu emersisse et omnia fieri fortuito. sed arbitramur te Deum unum confiteri et in eum credere, qui caelum creavit et terram et omnia, quae sunt in eis, et, quae creavit, non negligit.

[30.2] nec te ignorare censemus incorruptibiles esse animas hominum et, cum e nostris corporibus migrant, in alias regiones transferri et bonas laeta sortiri loca, malas ad supplicium rapi; quod non solum in evangelio nostro

geeret haben, als vor zyten von Callecis in Hyspania gesagt ist, ouch von Prothagora, der gewon was ze reden, im wäre nit kundt, ob ainicher got wer. welch disputatz oder zwyflung also freevel geacht ward, das ir lerer ze Athenis vertryben und die bücher, in den diss beschriben was, verbrennt wurden. [29.4] Possidonius schrybt von Epicuro, das der got nit erkennt noch veriehen hab, sonnder alles das, so er von den götten geredt hab, habe er geredt, vyndschafft ze / myden. diss ist ain veriehen der narren, als wir dann lesen in dem propheten: der unwyß haut geredt. in sinem hertzen kain got ist. [30.1] für waur, wir achten dich nit so unvernüfftig, das du vermainest, das der hymel mangle sins gubernators und regierers, und das diss aller schönst gebüw der welt erwachsen sig von geschicht on gottes fürsehen, och das du gloubest, das alle ding worden sygen on sonderbar ordnung gottes°. sonder vermainen wir, du veriehest ainen got und globest in den der hymel und erd geschöpfft haut und alle ding dar inne, der ouch die ding nit verachtet, die er geschöpfft haut. [30.2] wir mainen och, dir sige bekannt, das der menschen selen sind unzerstörlich; und wenn die von unnsern lyben schaiden an andre end gefürt werden und die güten frölich stett überkommen, die bösen in pen gezwengt werden. das alles nit allain

/[fol. 18r]

° gottes fürsehen Hs.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  41

scriptum est et in prophetis, sed tua quoque lex idem docet, quamvis in hoc mundo temporalia quae putantur bona casu quodam fortuito evenire non recte arbitratur. [30.3] Socrates et Plato et Aristoteles, philosophorum principes, de mundi regimine, de immortalitate animarum, de Deo eadem crediderunt, quae Christiani, quamvis aliqua novae legis arcana, quae nondum edita erant, ignoraverunt. Platonis in epistolis haec verba leguntur: credendum est autem semper veteribus sacrisque sermonibus nobis asserentibus animam esse immortalem iudicesque habere ac poenas dare maximas, cum a corpore fuerit separata; quod intelligendum est, cum male vixerit. [30.4] non est hic locus apud te altius examinandus, qui pro tua lege Deum esse intelligis, qui omnia videt et omnia iudicat, et animas corporea mole solutas pro suis operibus in alio saeculo vel praemia recepturas vel supplicia non dubitas. [31.1] quae cum ita sint, stultum esse cognoscis terrenis rebus ita aliquem inhaerere, ut caelestia negligat et, dum corpori studet, animam perdat. breve est omne, quod vivimus, aevum, etiamsi Mathusalem

geschriben ist in unnserm ewangelio oder in den propheten, sonder ouch din gsatzt irret, das sy alle ding (so dann hie uff erd guot geschetzt werden) vermaint uns geschüchtlich begegnen on gottes ordnung. [30.3] Socrates, Plato und Arestoteles, fürsten natürlicher maister, haben von regierung der welt, von untöd- / emlichait der gmüt, von got in aller mauß geloubt als die Cristen, wiewol sy ettlicher haimlichait der nüwen ee nit underricht sind gewesen, dwil die noch nit gemacht was. Plato in sinen episteln schrybt also: es ist ze glouben den alten hailigen worten, so dann unns verkünden, das die sel untödemlich sige und richter habe, och lyde grosse pen, wenn sy von dem lyb geschaiden wird. das wir vernemen söllen, wo sy nit recht geleebt haben. [30.4] diß wort solt du nit gnauwer ersuochen, der du selbs durch din gsatzt verstaust, daz got ist, der alle ding sieht und erkennt. du veriechst och, das die selen liplicher burde entladen an iener welt aintweders empfahend lon oder pin umb ir werck. [31.1] die wyl nun die ding also sind, merckst du, das ain torhait ist, wo sich etwer also inwickelt den irdischen dingen, das er die himelschlichen verachtet und, so ainr dem lyb dient, sin sel verdampnet. kurtz ist alles zit, das wir leben, und möchten wir

/[fol. 18v]

42  Edition aut Nestoris annos possimus attingere. quicquid aeternitati comparatur, momentaneum est. [31.2] quotus hodie reperitur, qui centesimum videat autumnum? quotus, qui octuagesimum impleat annum? vita hominis, ut inquit propheta, in ipsis septuaginta annis, in potentatibus aliquando ad octuaginta protenditur, ulterius labor et dolor. quotus iterum ex his, qui nascuntur, ad perfectam evadit aetatem? quam multi moriuntur infantes? quot pueros exstinguunt morbi? [31.3] paucissimi iuventutem superant. angustissima est vita hominis et incerta: mille instant in omnes horas pericula, mille mortis facies vitae nostrae insidiantur, minima res cursum nostrum interrumpit. alieno hic arbitrio sumus: vocat nos Deus, quando vult et ubi vult, et cum minime credimus, tunc citamur. [31.4] peremptoria minitio est, nec licet provocare aut contra niti, parendum est altissimo Domino et vilicationis ratio reddenda. sapiunt, qui ita vitam instituunt, ut vocati alacri animo abeant et coram iudice, qui nihil ignorat, impavidi consistant in die illa tremenda et amara valde, in qua nihil amplius mereri licet et omnis spes ac metus ex his, quae acta sunt, pendet, nec

ioch ergriffen das alter Mathusalem oder Nestoris. ogenplicklich ist alles, das getailt ist von der ewigkait. [31.2] wie menger wirt hüt gefunden, der den hundersten herbst lebe? wie menger, der was achtzigest iar erfülle? sibentzig iar beschlüssen dess menschen leben, als / der prophet spricht; etwen volstreckt es sich in rüwiger macht zu den achtzigen, füro arbait und schmärtz. wie wenig menschen koment uff ir volkommen alter! wie vil kynder sterbend, so sy dennocht nit reden künnen, beladen mit mengerlay siechtagen! [31.3] wenig überwinden die iugent. angstig dess menschen leben und ungewyß; alle stunden nähend sich tusenderlay schaden, tusend gstalten dess tods hassend unnser leben, ain klain unachtbar sach verzwyckt unnsern louff. unnser wesen hye staut in ains anndern wyllen. got berüfft unns, wenn er will, und so wir dess mynst wenen, werden wir zittiert. [31.4] dann wirt unns verkündt die entlich manung, von der wir uns nit berüffen noch appellieren mogen oder in kain weg wydern: wir müssen gehorssam sein dem höchsten got und im rechnung tuon unnserer werck und geschefften. die sind wiß, die in irm leben sich also gehalten haund, das sy berüfft mit frölichem gmüt hinfarend und vor dem richter, dem nützit verborgen ist, unerschrocken sind uff dem

/[fol. 19r]

/[fol. 19v]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  43

supplicare negare.

iuvat

neque

[32.1] est igitur de anima curandum, quae post hanc vitam aliam habet vitam, in qua vel dolet vel gaudet. quid prodest homini, si universum mundum lucretur, inquit in evangelio Dominus, animae vero suae detrimentum patiatur? aut quam commutationem dabit homo pro anima sua? [32.2] hac vivimus, hac sapimus, hac Deo similes sumus, haec melior pars nostri est, rebus omnibus pretiosior, haec dimisso corpore in alias regiones egreditur. corpus in terra iacet et in pulverem convertitur, et usque ad ultimum maximumque iudicium sensu carebit; tunc vero pro meritis, quae illi cum anima fuere communia, vel ad gloriam vel ad poenam resurget. [33.1] quid Nino prodest late per Asiam imperasse? quid Semiramidi, eius uxori? quid Dionys[i]o, quid Herculi ad Indos usque penetrasse? quid Idanthirso Scythiae atque Asiae iugum imposuisse? quid Nabuchodonosoro ad Gades usque perrexisse? quid Osiridi dimissa Aegypto per Syriam et Asiam in Thraciam duxisse copias? quid Agamemnoni

grusammen pittern tag. so wir füro nützit verdienen mögen, sonnder alle hoffnung und forcht hanget an begangnen wercke; da och weder pittlich veriehen noch / lognen hilff bringen mag. [32.1] und darumb ist zesorgen für die sel, die nach disem leben besytzt ain anders leben, in dem sy aintweders schmertzen oder fröd haut. unnser herr spricht in ewangelio: was nützt den menschen, ob er die gantzen welt gewunne und doch schaden siner sel da durch empfienge? oder was weechsels wirt der mensch uffnemen für sin sel? [32.2] durch die leben wir, durch die sind wir got gelich, die ist der pessertail an unser, kostbarlich über alles, das uff erd ist, die, nach dem und der lib verlassen wirt, raiset in andre wäsen. der lib ligt in der erden und verkert sich in pulver, wirt auch aller sinnlichait beroubt biß an das iungst gericht. dann so wirt er nach gemainem verdienen mit der sel wieder ufferston zuo glory oder pen. [33.1] was nützt Ninum, das er geherschet haut in Asia, was Ydantyrsum, das er Scythiam und Asiam gwaltsamlich erobert haut, was Semiramidem, was Dyonisium, was Herculem krefftenclich gezogen sin biß an Indiam, was Nabuchodonosor biß zuo den Pülen des mers, was Ostriden, das er vonn Egipten durch Syriam und Asiam die menge sins volcks gefürt haut in

44  Edition Ilium exussisse? [33.2] quid Cyro Persarum imperium constituisse? quid Alexandro Magno illud evertisse et usque ad Hyphasim in Orientem et ad Iaxartem fluvium septentrionem versus arma tulisse? quid Hannibali Italiam vexasse? quid Scipionibus Carthaginem delevisse? quid Pompeio Orientales reges debellasse? quid Iulio Caesari subacta Gallia Romanum imperium invasisse?

[33.3] quid Hunnorum regi Attilae Pannonia Germaniaque protrita Aquileiam in Italia subvertisse? quid Tamerlano tot Asiae Syriaeque urbes incendisse atque avum tuum proelio superasse? quid genitori tuo Amurati saepe de Graecis, saepe de Hungaris triumphasse? [33.4] quid ceteris regibus atque imperatoribus res magnas et claras gessisse prodest, si absque cognitione veri Dei mortui sunt et nunc eorum animae apud inferos cruciantur: laudantur hic et ardent illic. quae famae voluptas in cruciatu esse potest? quae dulcedo gloriae in doloribus? dura vox est eorum, qui vel in tauro

Thraciam, was Agamenon, das er Troy, genant Ylium, zerstört haut, [33.2] was Cyrum, das er sin kinigstuol in Persiam gesetzt haut, was hilfft den grossen / Allexandrum, das er daz yetz genant kinigrich zerstört und sin volck gewaupnet haut wieder Orientsch land biß an das wasser Hiphasim wider Septentrionem, biß an das wasser Laxartem, was nützt Hannibalem, das er Ytaliam geübt, was baid Scipiones, das sy Cartaginem sigloß gemacht haben, was Pompeium, das er die kinig in Orient bekriegt haut, was kayser Iulium, das er nach dem und er Galliam under sich gebraucht, das Römisch Rich angewendt haut, [33.3] was frucht bringt Athile, dem kinig Hunnorum, das er Hungern und Tütschland geletzt und Aglay in Ytalia zerbrochen haut, was Thamerlano, das er so vil stett in Asia unnd Syria verbrennt, och dinen eny in stryt überwunden haut, was nutzt es dinen vatter Amyrati, das er wider Kriechen und Hungern dick und offt gesiget haut, [33.4] dess gelychen ander kinig und kayser, das sy hoch und groß sachn vollendet haben und doch oun erkantnuß dess waren gots gestorben sind? dero selen yetz gepinget werden in den hellen. sy werden hie gebryst und dort geröscht. lob empfanht klaine wollust in penen, glory klaine süsse in schmertzen. dero menschen red ist grusam und hässig, so dann vermainend, / das

/[fol. 20r]

/[fol. 20v]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  45

Phalaridis beatitudinem esse dicunt. non bene cohabitant dolor ac voluptas, nec ullus est in felicitate maeror.

[34.1] in caelo plena felicitas est, apud inferos plena miseria; cum eo ventum est, nihil iuvat gloria, quae praecessit, et fama saeculi. studendum igitur est, ut post obitum – qui per omnes se horas infert, certus et incertus – animabus nostris bene consulamus. praeveniendus est piis operibus dies mortis, et omnes actus nostri ita dirigendi, ut Deo placeamus. [34.2] ipse est enim finis omnium et summum bonum, ad quod aspiramus, et ipsa beatitudo, cuius cupiditas omnibus mortalibus inest; quaerendum est iter ad eam. id recta fides ostendit et operatio iustitiae, quia nec iustitia sine fide, nec fides sine iustitia sufficit. Iustus ex fide vivit, ut scriptum est, et sine fide nemo est acceptus Deo.

[35.1] tua lex, ut aiunt, in sua quemque religione salvari hominem censet, si alioquin caste iusteque vivat, nisi Mahumetea traditione relicta ad aliam transierit. dicunt et

sälikait sige in dem mössin stier, den Phalaris, ain kinig Sicilie, ließ machen zuo pingung der menschen, da durch er lust empfieng. schmertz und wollust husend nit füglich by ain anndern; unsuberkait wirt gemainclich beladen mit sorgen. [34.1] in dem hymel ist volkomne sälikait, in den hellen überladne armuot. wann wir dahin kommen, hilff uns nit vergangne glory und er der welt. hierumb söllen wir uns flissen ze rauten unnsern selen, ee dann komme der tag dess tods, so dann gewyß alle stund ungewyß sich tuot nähen. gen dem wir uns beraitten söllen mit guotten wercken und alles unnser fürnemen also ordnen, das wir da mit got gefallen. [34.2] dann er ist ain end aller ding und das oberst guot, zuo dem wyr ylend. er ist selbs die sälikait, die von allen° menschen geliebt und begeret wirt, zuo der wir weg söllen forschen und lernen. den uns der waur gloub offnet und die werck der gerechtikait; dann unns weder gerechtikait oun den glouben nützet, noch der gloub on gerechtikait fruchtbar ist, als dann geschriben ist: der gerecht lebt uß ordenlicher zucht dess gloubes unnd oun den glouben ist°° / nieman got gefällig. [35.1] din gsatzt (als man sagt) vermaint, das ain yeder in sinem glouben behalten werde, wo er anders küsch und gerecht lebe; es sig dann sach, das ainer usser dem glouben Machumeti sich in

/[fol. 21r] °allen über der Zeile. °° als dann geschriben / ist Hs.

46  Edition in tua lege scriptum esse – est enim sibi ipsi saepe contraria – nulli salutem patere nisi in ea.

[35.2] nos contra sentimus et certi sumus viam vitae soli Christiano, si bene agat, apertam esse. ait enim veritas nostra in evangelio: qui crediderit et baptizatus fuerit, salvabitur; qui non crediderit, condemnabitur. tu ergo, si futurum credis saeculum, si vis fieri salvus, si animae tuae bene consultum cupis, ut fidem Romanae ecclesiae, extra quam non est salus, et baptismum recipias oportet.

[35.3] his duabus clavibus, fide et baptismo, aperiuntur paradisi portae – illis tamen, qui apposite ad fidem vivunt: nam sine operibus fides mortua est. evangelio praebendae sunt aures et Christi doctrina sequenda, quae nullum fallit. [36.1] dices nolle tuae legi nostram praeponere aut Mahumetem relinquere, prophetam magnum. rogavimus ab initio, ut benigne audires; itidem nunc petimus, et nunc maxime attentis auribus et pia mente opus est et iudicio recto,

andern glouben verbynde. sy sagen und ist ouch geschriben in diner gsatzt (die dann in ir selbs dick und vil veryert und widerwärtig ist), das kainem hail begegne dann in der selben diner gsatzt. [35.2] wider das wir reden und vil anders verstanden wissend ouch wol, das der weg dess lebens allain dem Cristen geoffnet ist, wo er sust recht lebt. dann unser warhait spricht in ewangelio: welher geloubt und wirt getöufft, der wirt behalten. welcher nit geloubt, der wirt verdampnet. und darumb, wilt du sälig behalten werden (wo du anders nach diser welt hoffest kinfftig sin ain ewige und begerest, daß diner sel hailsamclich gerauten werde), ist not, das du den glouben der hailgen römischen kirchen (usser dem kain hail ist) und den touff empfahest. [35.3] mit den zwain schlusseln dess gloubes und dess touffs werden uff geschlossen die porten dess paradiss. doch allain denen, die gebürlich und wol in dem globen leben, dann der gloub ist tod oun werck. flysiclich solt du hören das ewangelium und die ler Cristi! [36.1] hiezuo du sagen wirst, / du wellest unnsern glouben nit fürsetzen diner gsatzte noch Machumetem verlaussen, ain grossen propheten. wir haben dich umb anfang gebetten, das du uns senfftmüticlich verhörest. deßglichen begeren wir aber nun zemaul und insonnders ist yetz

/[fol. 21v] ° Nach not ein Wort gestrichen.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  47

quando ad radicem arboris infructuosae admovemus securim. audi seriem rerum, nosce historiam fidei, praebe aures vero, cui perraro est in altis aedibus locus.

[36.2] Callisthenem philosophum crudelibus modis lacerum in custodiam rapuit Alexander, qui vera loquens divinum cultum homini denegavit, et Clitum Philippi laudes commemorantem lancea transfodit. timent homines exempla, et videntes melius adulatoribus succedere quam recta monentibus ad nugas se convertunt et, quae placeant, loquuntur.

[36.3] Antigonus aliquando, unus ex successoribus Alexandri, qui regnavit in Asia, inter venandum mutata veste relictis comitibus errabundus apud agrestes homines in vili tugurio pernoctavit incognitus, et combibens de se ipso tamquam de altero percunctatus astantes, omnia, quae fecerat, mala ab eis audivit. mane quaesitus atque inventus, cum vestem allatam et regium ornatum vidisset: date, inquit, purpuram: quam ut primum indui, verum de me

not° begyriger oren, mylter vernunfft und gerechter erkantnüß, do wir unnser pygel scherpfend in die wurtzel aines unfruchbaren boums. vermerck ordnung der sach und die history unsers globes! nähe din gehörd der warhait, die doch an hoher herren höfen selten statt haut! [36.2] Calistenen, den natürlichen maister, tätt Allexander heßlich gepinget in gefengknüß legen, wann der die warhait redende nit wolt, das dem menschen sölt götliche er zuogelegt werden. durchstach ouch Clitum mit ainer lantzen umb dess willen, das er in siner red erzelet loblich geschichten Philippi sins vatters. solich byspel machend die menschen forchtsam, und wenn sy sehend, das zuotütlern pesser gelück zuo staut, dann ermanern der rechten warhait, so wenden sy sich gen° den luginen und reden allain, was gefällig ist und geneem. [36.3] Antigonus, kinig in Asia, ain nachkommen Alexandri, uff ain zit, do er iaget, verwandelt sine claider, kamm ainig oun diener / in ain schnöd herberg zuo pürischen groben lyten in gstalt ains veryrten und belaib daselbs übernacht unbekant. und als er mit den hußlüten trinckende geselcklich frauget von im selbs als von aim andern, hort er von inen alles das arg, das er volbracht hett. morndes fruo, do im sin diener nach vil suochens an dem end funden und er sine claider und kiniglich zierde ersach, sprach er: geben her

° gen d Hs.

/[fol. 22r]

48  Edition nisi hac audivi.

nocte

numquam

[36.4] et Augustus mortuo Varo idcirco se supra modum dolere aiebat, quia non esset, a quo verum audiret. ad pauperes philosophos relegata est inquisitio veri, qui propterea sapientiae amatores vocantur, quia veritati serviunt et nolunt decipi. turpe est cuivis homini errare, maxime regi, qui, si per se ipsum non satis intelligit, prope habet magistros, quos interroget, tantum placeat audire nec pudeat discere, quod ignorat.

[37.1] tria sunt hominum genera, ut inquit Hesiodus: primi et optimi sunt, qui per sese omnia noscunt; his proximi, qui recta monentibus auscultant; tertii prorsus damnandi sunt, qui neque ipsi vident neque videntibus credunt. sed nulla in re periculosius erratur quam in his, quae pertinent ad fidem, neque utilius invenitur verum.

[37.2] recte ad Antipatrum de Alexandro scribit Aristoteles monens, ne pro tot exercitibus victoriisque et subiugatione orbis terrarum glorietur, sed

mir das purpurclaid, in dem ich zum erstn beclaidet! biß yetz die warhait von mir nie gehört hab. [36.4] dann allain in diser nacht Augustus clagt den tod Varronis über die mauß hoch, von der ursach wegen, wann er niemans mer hett (als er maint), von dem er die warhait horte. die armen natürlichen maister (die man philosophos° nennen) erfarend die warhait. uß der ursach sy liebhaber werden genennt der wyßhait, wann sy der warhait dienent und wellen nit betrogen werden. irren ist schantlich ainem yeden menschen, aller maist dem kinige, wo der durch sich selbs nit gnuog verstaut, haut er doch maister by im, die er fragen mag; allain sige willig die zehören und schöme sich nit zelernen das, daz er nit enwaist. [37.1] Dryerlay sind geschlecht der menschen als Hesiodus schrybt: die ersten und pesten sind, die alle ding durch sich selbs erkennen. die nähsten / darnach, die den gelerten nachvolgend und gehorsam sind irn guoten rätten. die drytten und bösten, die selbs nit erkennen och underwyst nit gloubend. in kainerly sach ist irrtung schedlicher dann in den dingen, die antreffend den glouben, es wirt ouch fruchtbarlicher warhait nit erfunden. [37.2] Arestoteles warnet in geschrifft Antipatrum von dess grossen Allexanders wegen, der mit grosser macht der gantzen welt gesiget haut, das er sich

° philophos Hs.

/[fol. 22v]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  49

cogitet, quod, si quis de Deo recte cognoscat, non minori gloria dignus est quam ipse pro tantis rebus gestis tantaque potentia. [38.1] et in Ethicis sapientem inquit esse amicissimum Deo; sapiens autem nemo existimandus est, qui a recta fide est alienus. in his vero, quae sunt fidei, neque tuus legifer satis intellexit, neque tu in hanc usque diem satis didicisti. [38.2] an vero recta monentem audire et sequi velis, futurus dies ostendet. si haec, quae ad te scribimus, audieris, signum erit animi ad discendum parati; si feceris, quae monemus, eris proculdubio sapiens. nemo sapientiam contemnit, nemo odit, nemo est, qui nolit esse sapiens. [38.3] verum primus sapientiae gradus est nolle errare et verum quam libentissime audire, maxime in his rebus, unde est homini salus, sicut est religio, quae ordinatur ad aeternam vitam. audi ergo verum circa religionem: si non scribimus verum, argue scribentes et despice tamquam stultos, sed noli falsum dicere, nisi cognoveris falsum esse. [38.4] enarrabimus brevissime ab initio mundi usque ad obitum Salvatoris Christi

darumb nit zehoch erhebe, sonnder betracht, das ain mensch nit minderer wirdig ist, der got recht erkennet, dann er sige umb sin groß geschichten und hohe macht. [38.1] spricht och im buoch Ethicorum, ain wyser mensch sige got aller liepst, aber nieman ist wyß zeachten, der sich von dem rechten glouben üssert. für waur, din gsatztgeber haut sich nit gnuog verstanden in den artickeln dess gloubes, die och du biß uff den hütigen tag nit gnuogsam gelernet hast. [38.2] aber künfftige zyt wirt offnet, ob du nachvolgen wellest dem lerer der warhait. erhörst du die ding, die wir dir schryben, wirt sin ain zaichen ains willigen beraiten gmüts ze lernen. du wirst och on allen zwyfel wyß geschätzt, wo du diss volfürest, das wir dir rauten. kainer mensch verachtet wyshait.° / nieman hasset die. [38.3] der wyshait erster staffel ist nit wellen irren und mit oberstem vlyß die warhait hören, sonnder in den sachen, von den hail flüsst dem menschen, als dann ist gaistliche zucht geordnet zuom ewigen leben, von der du hie vernemen solt die warhait, nit schriben. magst du uns straffen und verachten als ain toren, doch solt du nützit falsch nennen, du erkennest es dann betrugenlich sin. [38.4] wir wellen dir mit wenig worten* erzelen haimlichait unnsers gloubes von anfangk der

/[fol. 23r] ° Nach wyshait ein Wort gestrichen.

* Initium fidei katholice.

50  Edition nostrae legis arcana; deinde aliqua de tua lege dicemus eaque conferemus adinvicem et, quantum intersit, ostendemus conabimurque, quantum ex alto dabitur, lucem tibi ostendere, per quam possis ad eam lucem pervenire, quae illuminat omnem hominem venientem in hunc mundum. [39.1] cum creasset Deus in principio caelum et terram et maria et lucem et solem et lunam et alia sidera et plantas et herbas et volucres et pisces et quadrupedum genus ac reptilia et alia animantia, postremo Adam creavit et insufflavit in eum spiraculum vitae et posuit eum in paradiso deliciarum et fecit adiutorium simile sibi Evam ex costa eius eductam, et data licentia, qua possent ceterarum plantationum degustare fructus, ut abstinerent a plantatione prudentiae, imperavit. [39.2] et ambos, cum praevaricati essent, ex paradiso deiecit atque in eis humanum genus morte damnavit iussitque laboriosam vitam et aerumnis plenam agere. [40.1] ab his propagata creatura humana, cum rursus animo rebelli divinam maiestatem contemneret et in vitia quaeque prolaberetur, aquarum diluvio deleta est. noe cum coniuge et sex aliis

welt biß uff den tod Cristi unnsers erlösers; darnach etwas reden von diner gsatzt, die zwo gen ainandern erwegen, und ir baider underschaid offnen, wellen och geflissen sin (so vil uns von obenherab verlyhen wirt), dir zeoffnen die schinbaren haitze, damit du kommen mögest an das waur liecht, so dann erlüchtet alle menschen komende in dise welt. [39.1] nach dem und got im anfang geschuoff hymel, erden, mer, liecht, sunn, mon, ander gstyrn, zwy krüter, vogel, visch, vierfüssige tier, wurm unnd andre tier, zuo letst schöpfft er Adam, dem er tätt in blausen den gaist dess lebens, setzet in inn das paradyß der lüsten und gab im zu hilff Evam uß sinem ripp gebildet nach siner gstalt. / gab in liecht, damit sy underschaidlich versuochtend und ässendt etlich frücht, gebot in och zemyden früchte der erkantnuß.

/[fol. 23v]

[39.2] und vertrayb sy baide uß dem paradiß umb überträtten sins gebots und verurtailt in inn menschlich geschöpfft.°

° Übersetzung unvollständig.

[40.1] Von den zwain erwachsen und gemert aber mit abgeworffnem willen verachtet die götlichen maiestet° und sich mit mengerlay sünden beladet, ist es durch den sündfluß abtilket und zergengt. Noe mit sinem

° e1 über der Zeile.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  51

animabus in archa salvatus est; et ab his omnes homines, qui modo sunt et post diluvium fuerunt, originem ducunt. [40.2] tres filii Noae – Sem, Cham et Iaphet – redeuntibus aquis in locum suum humanam gentem reparaverunt, adeo, ut traditum sit, priusquam Noe moreretur, quattuor milia hominum ex suis et filiorum lumbis exivisse; ex quibus etiam iniqui emerserunt: Nimbrotes filius Cham et qui cum eo in contumeliam Domini turrim Babel aedificare coeperunt. in ea divisum est labium universae terrae et confusione impeditum opus.

[41.1] secuta est ob peccatum pessimum Pentapolitana subversio. et Abraham et Loth inventi religiosi. in semine Abraham benedictae sunt omnes gentes, et circumcisionis pactum cum eo percussum est. fuit enim iustus et placuit Deo in operibus suis, cum filium Isaac divino imperio immolare non detrectasset. [41.2] neque Isaac patris viam deseruit, cui natus est Iacob, qui alio nomine dictus est Israel. et huic duodecim filii fuerunt, a quibus duodecim tribus emanarunt. is cognito, quod Ioseph, quem putabat

gemahel und sust sechs andern menschen sind behalten in der arch, von den alle menschen erwachsen sind, die yetz oder nach dem influß gewesen sind. [40.2] Semm, Chamm und Iaphet, drü sün Noe, haben nach abschyd der wasser an ire statt also menschlich geschlecht gemeret und wyderbraucht nach uswysung der gschriffte, das viertusent menschen usser Noes lenden und siner sunen entsprungen wauren, ee Noe sturb. under den etlich boßhafftig übeltätter erwuochsen: Nembrotes, ain sün Cham, und ander mit im, die dann anfiengen den türn Babel ze buwen zuo laster dem herren. da selbs die sprauch der gantzen welt zertailt und och das gebüw dar durch gehindert wart. [41.1] nach dem wurden die fünffstett abgetilket / von der aller bösesten sünd wegen. Abraham und Loth, unschuldig unnd fromm: in Abrahams sommen sind gesegnet alle völcker, mit dem got ingangen ist und gemacht haut satzung der beschnydung. dann er gerecht was, got hett ain sonnder gefallen in sinen wercken, als er sich dem gebot gottes nit wydert ze opfern sinen sun Ysaac. [41.2] Ysaac verließ ouch nit den weg sins vatters. dem geborn ward ain sun Iacob, genant Ysrahel. der selb hett zwelff sün, von dem geflossen sind zwelff gschlecht. do Iacob vernam, das sin sun Ioseph (den er tod

/[fol. 24r]

52  Edition exstinctum, magnus et potens esset in Aegypto, cum reliquis filiis ad eum migravit. multiplicatum est illic Iudaeorum semen, et in gentem magnam cum crevissent Israelitae surrexissetque rex alius, qui Ioseph et opera eius ignoraret, gravissimis laboribus oppressi sunt et contumeliis innumerabilibus affecti. [41.3] sed miserante Altissimo per manus Moysi et Aaron servitutem effugerunt et sicco vestigio Rubro Mari traiecto per annos quadraginta cibo caelesti vitam in deserto egerunt et circa montem Sinai divinam legem in tabulis lapideis acceperunt. acquisita est terra promissionis, sed non tota in manu Moysi. post obitum eius mirabilia fuerunt opera Iosuae et aliorum iudicum, inter quos etiam prophetae claruerunt viri excellentissimi. [42.1] successerunt deinde reges et alii prophetae in populo Dei, et non sine caelesti numine conservata est gens Hebraea. et prophetae quidem interpretati legem salubria tradidere praecepta, virtutem extollentes et vitia effulminantes, et multa per illos scripta sunt divinitus revelata, quae de futuris notitiam praebuere. [42.2] non tamen pauca perpessi sunt adversa Iudaei,

geschetzt hett) groß und mechtig was in Egypto, tett er sich im mit andern sinen sünen nähen und haimsuochen. allda iudischer somm gemert ist, und als die kind Ysrahel zuo grossem volck erwuchsend, och ain andrer kinig erhebt was, der Ioseph und siner guot tätt nit bekannt, wurden sy mit zevil swerer arbait beladen und dartzuo mit unzallichen lastern misshandelt. [41.3] yedoch zuoletst mit hilff dess obersten durch anlaytung Moysi und Aaron entrunnen sy usser der dyenstbarkait, kamen mit° trucknem fuoß durch das / rot mer und hatten ir wesen in der wüstni viertzig iar gespyst mit dem hymelbrot. och empfiengen sy götlich satzung in stainen tafeln by dem berg Synai. und besassen daz verhaissen land, aber nit gantz durch hilff Moysi, sonder nach sinem tod tätt Iosue und ander richter wunderbare werck volbringen. in dero zal ouch propheten waren, hoch wirdig mann. [42.1] darnach sind kinig gewesen und propheten in dem volck gottes. das hebraisch geschlecht ist nit oun sonder gots gnaud uffenthalten. die propheten haben ußgelegt und erlütert die satzung und unß hailsame bott gegeben, erhebt tugent und gestrauft laster. durch die sind vil verborgner gschrifften mit götlichem inblausen° geoffnet, die uns anzaigung haben getaun künfftiger sachen. [42.2] doch haben die Iuden nit wenig unfals gelytten, wenn sy

/[fol. 24v] ° mit lr Hs.

° Nach in drei Buchstaben gestrichen.

/[fol. 25r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  53

cum legem domini contemnerent et in traditionibus patrum non permanerent: ceperunt eos Chaldaei et in servitutem redegerunt, et nunc Syri, nunc Arabes, nunc Aegyptii in eos arma verterunt. multae fuerunt eorum tribulationes, multae calamitates ac miseriae, sed de omnibus liberavit eos Dominus, cum ad eum clamaverunt et tota mente redierunt, quia cor contritum et humiliatum non despicit divina maiestas. [43.1] haec, ut arbitramur, communia tibi nobisque sunt et in Alcorano Mahumeteo magna ex parte continentur. verax igitur et tuo et nostro iudicio lex Iudaeorum, verax Moyses et David et Salomon et Esaias et Hieremias et Ezechiel et Daniel. veraces omnes prophetae Domini, vera Iudaeorum fides, qui ante Christum in lege manserunt; mendaces omnes gentes, quae coluerunt idola. [43.2] notus ante Christum solum in Iudaea Deus. nihil hucusque contendimus, concedis haec, nisi fallimur, omnia; in his, quae sequuntur, discordia erit. sed nos in luce ambulamus neque offendimus ad lapidem pedes nostros et, ne de cetero tu quoque offendas, magnopere cupimus et, ultro ne decipiaris, lumen offerimus.

verachtet haben satzung dess herren und nit stät belyben sind in ler ir vätter. Caldei haund sy gefangen und in dienstbarkait getrungen, yetz Syry, nun Arabes, dann Egypty waffen wider sy gescherpfft. ir unruo, schand und armuot ist vil und groß gewesen, aber der herr / haut sy allweg uß betrüpnuß erlöst, wenn sy inn angerüfft und mit gantzem willen widerkert haben, wann die götlich maiestaut verschmahet nit ain rüwens demütigs hertz.

[43.1] die ding (als wir mainen) dir und uns gemain sind och in Alchorano Machumeti zuo merem tail begriffen. hierumb nach dinem und unnserm urtail ist warhafft der Iuden gsatzt. warhafft ist Moyses, David, Salomon, Esayas, Ieremias, Ezechiel und Daniel, warhafft all propheten dess herren, gerecht dero Iuden gloub, die vor Cristum beliben sind in ir satzung. lugenhafft all geslecht, die abgöt ertend. [43.2] vor Cristum ist got allain erkannt gewesen in der Iüdschait. wir haben biß her nützit kriegt. du veriehst die ding alle (als wir mainen). unainikait wirt sin in den artickeln hie hernach volgen, aber wir gound in dem liecht und verletzen nit unser füß an dem stain. begeren ouch ernstlich, das du füro dich nit verserest, und hebn dir für on gebetten das selbig liecht, damit du nit betrogen werdest.

54  Edition [44.1] tu creatura Dei es et ovis eius, sed errabunda extra caulas in alienis pascuis procul ab ovili dominico, letiferum capis cibum et pestifera aleris herba. nos boni pastoris exemplo, qui relictis nonaginta novem ovibus in deserto unam, quae aberraverat, secutus est, te quaerimus et in viam salutis optamus reducere. [44.2] dolemus te virum excellentem, nobilitate maiorum illustrem, gestarum rerum gloria clarum, imperio magno praeditum et pluribus naturae dotibus eminentem, non incedere in viis Domini, non nosse mandata eius, non esse in lege sua. compatimur tibi et tuorum subditorum infelicitatem deploramus, qui tecum pereunt. [44.3] nec te credimus libenter errare, cuius naturam bonam esse confidimus. ignorantia veri te retinet, tui te parentes et ipsi per ignorantiam decepere, cum progenitoribus laberis. sed timenda est scriptura, quae ait: ignorans ignorabitur. quodsi ceteris in rebus praecipuam curam, exactam diligentiam, summum studium adhibes, ne quis te fallat, circa religionem potissime curandum est, ne fallaris; in qua tanto cautiorem te esse oportet, quanto in ea cum maiori

[44.1] du bist ain geschöpfft gottes und sin scheefflin, aber yrrende verlassen von dem pferrich in frömde waid, wyt von dem schafstal dess herren empfahest / tödliche spys und wirst gefuort mit vergifften krütern. wir an statt dess guotten hyrten (der nün und nüntzig schäfflin verließ in der wüste und dem ainen nachylt das veryrret was) suochen und begeren dich zuo füren in den weg dess hails. [44.2] unns betrüpt und bekümbert, das du durchlüchtig, von adel diner vordern clar und glory diner tätten, begaubet mit ainem großmächtigen kaiserthuomb und fürpundig in vil gaben der natur, nit uns bywonest in dem weg dess herren, nit erkennest sin gebott und dich nit inlybst in sin satzung. wir clagnen dich und wainend unfal diner undertaun, die mit dir verlorenn werden. [44.3] wir globen ouch nit, das du aiges willes und wyssend yrrest, die wil wir vertruwen, das du mit ainr guotten natur begabet sigest. unwyssenhait der warhait tuot dich verhalten, durch die ouch din vordern dich haben betrogen, mit den du wirst verdampnet. aber ze fürchten ist die geschrifft sprechende: dess unwissenden wirt vergessen. und die wil du in andern sachen sonnder sorg gevlysnen ernst und oberste ersuochung ankerest, damit dich nieman betrieg, noch vil mer ist zeachten, das du in zucht dess globes nit werdest gelaicht, in der

/[fol. 25v]

/[fol. 26r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  55

periculo delinquitur.

[44.4] ceterarum rerum ignorantia haec, quae sunt temporalia in hoc saeculo, adimere potest; religionis error alterius vitae bona, id est animae felicitatem, eripit; quod ne tibi accidat, si nobis aures et fidem praestiteris, facile adiumento erimus. [45.1] audivisti ea, quae de veteri testamento diximus; nunc de novo agendum est, in quo plurimum discordamus. audi, quae subiungimus: sic et tuae legis tenebras odio habebis, ut speramus, et nostrae lucem amabis. [45.2] duo in veteri testamento vaticinia reperiuntur, quorum alterum illud est: quia non auferetur sceptrum de Iuda neque dux de femore eius, donec veniat, qui mittendus est – sive, ut Chaldaei dicunt, Messias. alterum est quod ait: cum venerit sanctus sanctorum, cessabit unctio vestra. his vaticiniis praedictum est in adventu Christi Iudaeos et regnum amissuros esse et sacerdotium, sicut et factum est.

[45.3] regnum, quod Iudaeorum fuerat, Idumaei acceperunt: regnante namque primo Herode, Antipatri filio, genere Idumaeo et alienigena,

/ du so vil erniedert sol sin, als vil mit grösserm schaden darhin des gesündet wirt. [44.4] andrer sachen unwissenhait tuot hinnemen und zergengen zitlich guot, aber irrtung in gaistlicher zucht beroubt die sel guothait aines andern lebens° und ewiger sälikait. und damit dir solichs nit begegne, erbietten wir uns dir hilff ze tuon, wo du unns verhören und vertruwen wilt. [45.1] du hast gemerckt die ding, so wir gesagt haben von der alten ee. nun ist unns ze sagen von der nüwen ee, in der wir vast unains sind. merck eben, was wir hienach setzen, so wirst du hassen (als wir hoffen) vinsternus diner satzung und lieben* das liecht unnsers globes. [45.2] zwo wyssagung sind beschryben in der alten ee. dero aine also lutet: kiniglicher gwalt wirt nit genomen von der Iüdschait, och kain fürst uß ir geborn, biß der kommt, der zesenden ist oder, als Caldei redent, byß Messias kömpt. die annder spricht: wenn der hailig aller hailigen kömpt, so wirt ufgehebt üwer salbung. durch diß wissagung ist verkundt, das in zuokunfft Cristi die Iuden wurden verlieren ir kinigrich und priesterliche oberkait. das och geschehen ist. / [45.3] dann, als Herodes, der erst, ain sun Antipatri von Ydumea, geborn und frömd rychsnet, ward Cristus geborn von Maria, der iunckfrowen, gottes sun, warer

° lebes Hs.

* Novum testamentum.

/[fol. 26v]

56  Edition Christus ex Maria virgine natus est Dei filius, verus Deus et verus homo, qui sacerdotium Iudaeorum ad Christianos transtulit, Petro sibi successore delecto, in quem pontificis maximi potestatem transfudit. [46.1] neque ulterius apud Iudaeos pastoralis ovium cura permansit dicente Domino ad Petrum: pasce oves meas! pastor ipse bonus et pontifex maximus Christus pastores deinceps et pontifices Christianos, non Iudaeos esse constituit, quamvis Petrus et alii plures ex Iudaeis – non amplius Iudaei – summum pontificium acceperunt.

[46.2] atque in hunc modum Iudaica cessavit unctio et translatum est sacerdotium. quo facto et lex ipsa translata est dicente Apostolo: quia translato sacerdotio necesse est, ut legis etiam translatio fiat. Deus igitur, qui multifariam multisque modis olim patribus in prophetis locutus fuerat, novissime per filium suum, quem constituit heredem universorum, per quem fecit et saecula, allocutus homines novam legem edidit et nova dedit praecepta, quibus servatis vitam merentur aeternam. [46.3] in tempore igitur, quod in altissimo Trinitatis consilio ab aeterno fuerat diffinitum,

got und warer mensch. der verendert priesterliche wirde der Iuden und gab sy in den Cristen. er ordnet Petrum nach im selbs und erwelt inn an sin statt; dem befalch er byschofflichen obersten gwalt. [46.1] und belayb füro kain byschoffliche sorg der schäfflin in der Iuden hand, do der herr sprach zuo Petrum: tuo fuoren min schauff! Cristus, ain guotter hirt und hochster byschoff, haut geordnet füro Cristan und nit Iuden zuo hirten der menschen und zuo bischofflicher wirde; wie wol Petrus unnd annder vil usser den Iuden empfiengend höchsste bischoffliche wirdikait, waren sy doch füro nit in zal der Iuden noch Iuden genannt. [46.2] und in solicher mauß ist uffgehept salbung der Iuden und verendret priesterliche oberkait. dem nach och die satzung verwechselt ist, als der apostel schrybt: satzung wirt mit priesterlicher oberkait notdürffticlich verendert. darumb got, der vor zyten in vil wäg und offt geredt haut durch sin propheten mit unnsern vättern, haut zuo letst angeredt die menschen durch sinen sune, den er geordnet haut ain erbling / aller ding, durch den er och geschöpfft haut die welt, nüw satzung gemacht und nüwe gebot geben, durch die sy ewigs leben möchten verdienen. [46.3] und also in der zyt, die in höchem raut der hailigen drivaltikait von ewigkeit geordnet

/[fol. 27r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  57

regnante apud Hebraeos Herode, imperante apud Romanos Augusto, quiescente mundo et adventum Domini mirabili et inaudita prioribus saeculis pace honorante, missus est Gabriel angelus de caelo, qui Mariae felicem conceptionem et sacratissimum partum annuntiaret. sed ante praecursor natus est Ioannes, qui paenitentiam praedicaret et viam Domino praepararet. [47.1] concepit virgo de spiritu sancto, ut praedixerat angelus, et servata dignitate virginitatis filium simul et Dominum peperit. natus est Christus Salvator octavo Kalendas Ianuarias et in ipsis Kalendis circumcisus est et iuxta vocem angelicam Iesus appellatus, quia salutem attulit humano generi. plurima de infantia Salvatoris scripta sunt, nec dubium est, quin omnis eius aetas signis et miraculis plena fuerit, sed ecclesiae nostrae gravitas et acre iudicium ea tantum recipit, quae certa sunt, apocrypha praetermittit. [47.2] duodecimus Salvatoris annus memoriam habet, quia templum ingressus cum legis doctoribus disputavit et aliqua ex parte splendorem suae divinitatis ostendit. sed circa tricesimum annum fulgor ille plenius emicuit: tunc enim baptizatus est a Ioanne et

was, als Herodes regiert die Iuden und Augustus richsnet ze Roum und ruo und stille der gantzen welt (die dann mit wunderbarem ungehörtem fryd eret zuokunfft dess herren), ist gesandt Gabriel, der engel von hymel, das er verkündte Marie ain sälige empfencknus und aller hailigiste geburt. aber davor ist geborn Iohannes, ain vorgenger dess herren, das er predigte ain buoßperlich leben und den weg tät beraiten dem herren. [47.1] empfangen haut die iunckfrow von dem hailigen gaist, als der engel verkundt haut, und in iunckfrölicher wirdikait ainen sun, und da mit got geborn uff den fünff und zwantzigisten tag dess monats decembris. der beschnitten ist uff den ersten tag ianuary und nach innhalt der ewangelichen gschrifft Ihesus genannt, denn er hail gebracht haut menschlichem geschlächt. von dess kindthait vil geschryben, och alles sin alter on zwifel edel und mit wunderbaren zaichen erlüchtet ist, / aber die scharpff und erwegen bekantnus unnser kirchen empfacht allain die ding, die gewiß sind, laut fallen das annder. [47.2] dess zwelfften iars Cristi wirt gedacht in der geschrifft, in dem er ingangen in den tempel, gedisputiert haut mit den geschrifft gelerten und zuom tail geöugt den glantz siner gothait. aber by dem dryssigosten iar sind die strymmen sines liechts gewytert. dann zuo der zyt ward

/[fol. 27v]

58  Edition Ioannem ipse baptizavit, et paterna vox audita est: hic est filius meus dilectus, in quo mihi bene complacui. [48.1] convertit aquam in vinum et in innumerabilibus coruscavit miraculis. elegit sibi discipulos, quos vocamus Apostolos, et circumiens regiones et mentes hominum et corpora sanavit aegrotantium; et faciens ipse, quae docebat, toto triennio praedicavit evangelium, per Iudaeam et vicinas provincias beatissima vox eius intonuit. [48.2] quae vita hominum esse deberet, ostendit et praecepta tum vetera innovavit, tum nova prioribus utiliora instituit; abdita et obscura, quae erant in veteri lege multa, revelavit et abstrusos prophetarum aperuit sensus, et quae de se praedicta fuerant, palam exposuit. mysterium sanctae trinitatis ostendit et unitatem in trinitate monstravit, docens tum patrem, tum filium, tum spiritum sanctum divinis honoribus prosequendum et hos tres unum esse Deum. [49.1] praedixit non modo mortem suam, verum etiam genus mortis, et quod tertia die resurgeret et quod ascensurus in caelum rediturus esset in fine saeculi iudicare vivos et mortuos. comprehensus est, sicut ipse

er getöufft von Iohanne und Iohannes von im. da ward sins vatters stymm gehört: der ist min geliebter sune, in dem ich mir wolgefallen hab. [48.1] er verwandelt wasser in win und ward erlüchtet mit unzallichen wunderzaichen. erwelet im iunger, die wir zwelffbotten nennen, und tät an den enden, da er wandelt, lyb und sel der menschen gesundt machen. er prediget drü gantze iar das ewangelium in der Iüdschait und an anndern enden nach daby. und was er lert, volbracht er ouch mit den wercken. sin hailige stymm ward gehört. [48.2] ° er macht nüw satzung, hailsamer dann die vorganden. er usleget vil verborgner und unbekanter stuck der alten ee, erlütert och in verwyckelt synne der propheten und macht offenbar alles das, so von / im wyß gesagt was. er haut gezögt haimlichait der hailigen drivaltikait°° unnd wenn wir den vatter wellen, das wir dann ouch den sun unnd den hailigen gaist söllen eren. die dry er ainen got verkündt.

[49.1] und haut nit allain wysgesaget sinen tod, sonnder ouch das gschlecht sins tods. darzu, wie er an° dem drytten tag erstoun wurde und künfftig uff zefaren in den hymel, künfftig och sin wurd zu end der welt, richten die lebenden und die

/[fol. 28r] ° quae vita hominum esse deberet, ostendit et praecepta tum vetera innovavit, tum nicht übersetzt. °° und ainikait in der drivaltikait und Hs.

° an über der Zeile.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  59

voluit, et traditus Pilato praesidi, qui eum neci daret: testes in eum citati sunt; nec est inventa mortis causa, quia peccatum non fecit, nec repertus est dolus in ore eius.

[49.2] maximum crimen obiecerunt, quia filium Dei se fecit et regem dixit, et propter veritatem occisus est, crucifixus atque sepultus, et iuxta verbum suum resurrexit a mortuis. et quadraginta diebus cum discipulis commoratus, cum eos confirmasset et corroborasset atque in orbem ire iussisset evangelium disseminaturos, tandem videntibus illis elevatus est, et nubes suscepit eum ab oculis eorum. [49.3] ascendit in caelum et sedet ad dexteram patris et inde venturus est iudicare vivos et mortuos et redditurus unicuique secundum opera sua. interea spiritus sanctus ab eo missus omnia suggerit ecclesiae, quae necessaria sunt ad vitam aeternam.

[50.1] haec nos Christiani firmiter credimus; haec est fides nostra, quam cunctis gentibus praedicamus et impartiri omnibus cupimus; haec ab Apostolis et eorum successoribus per fideles manus immutilata et incorrupta

todten. er ist gefangen nach sinem willen, Pilato dem richter gegeben, das er inn dem tod verurtailte, zügen berüfft wider inn. und ist kain ursach dess tods in im erfunden, wann er nit gesündet haut. och ist kain untrüw vermerckt in sinen worten. [49.2] sy haben im für gehebt und zuo ainem grossen laster geacht, das er sich gottes sun und ain kinig haut genennet. umb der warhait willen ist er getödt, crützget und vergraben, und nach sinen worten ufferstanden von den todten. viertzig tag by sinen iungern gewonet, die gevestnet und bestett, in die gantzen welt gesandt ze predigen das ewangelium. in dero angesicht er zuoletst erhebt ist, der wolck empfieng inn von iren ougen. [49.3] er uff fuor in den hymel / und sitzet zuo der gerechten hand sins vatters. von dann er künfftig ist, ze richten die lebenden und todten, ainen yeden uff zelegen nach sinen wercken. da zwyschen der hailig gaist von im gesandt alle ding ingüst und ordnet der hailigen kirchen, so dann notdurfftig sind zuo dem ewigen leben. [50.1] die ding wir Cristen vestenclich globend und allen volckern tuond prediget und geoffnet werden. die ding von den zwelffbotten und irn nachkommen durch drüw hend ungemindert, ungeletzt und unversert gebraucht sind biß an uns. die ir

/[fol. 28v]

60  Edition ad nos usque delata sunt; haec vos, Turci et Saraceni, magna ex parte negatis. [50.2] etsi enim Christum ex virgine natum et sanctum virum et Dei flatum et prophetam magnum et mirabilium operum effectorem et adhuc viventem confitemini, Deum tamen et Dei filium esse infitiamini, nec sibi nec sancto spiritui divinitatem conceditis et trinitatem in divinis personis respuitis et Christi mortem deridetis, quem translatum et alium sibi similem loco suo interfectum arbitramini, nec eius adventum in extremo iudicio exspectatis; et alia non pauca Christianae legis reicitis et plurima creditis, quae apud nos risu digna videntur et quae non dimittemus intacta. [50.3] et quae nos credimus, non solum ex nova lege, sed ex veteri mutuamur; vos Mahumeti et Alcorano eius fidem tantummodo adhibetis et hominum mortuum sine conteste, sine ratione, sine miraculis sequimini. nos vivo credimus – vivit enim vestro testimonio Christus – nos Deo praestamus aures, et signis et rationibus et sacris ducimur testimoniis. quodsi nos audies, monstrabimus breviter nostrae legis splendidam lucem et tuae obscuram caliginem detegemus.

Türcken und Saracen zuo merem tail verlögnend. [50.2] und wie wol ir Cristum veriehend geporn sin von ainr iungkfrowen, ainen hailigen man, gottes gaist, ain grossen propheten, ain sächer wunderbarer werck und noch yetzunder lebendig sin, yedoch vermainend ir nit, das er got und gottes sun gewesen sig. ir versagend och gothait dem hailigen gaist. dess gelichen verwerfend ir drivaltikait der personen in der gothait. och verlachend ir den tod Cristi und mainend, er habe sich verendert und sige ain andrer mensch im gelych an siner / stat getödt. ir hoffen och nit sin zuokunfft an dem iungsten gericht und verachtend vil andre stuck cristenlicher satzung. ir globend och vil, das wir verspottend. als wir dann ouch hienach wellen erzelen. [50.3] unser gloub ist nit allain usser der nüwen satzung, sonnder och uß der alten ee gewurtzelt. ir vertrüwend allain Machumeti und siner satzung. in dem buoch (das man Alchoranum nennt) beschriben und nachvolgend ainem todten menschen oun mitzügen, oun vernünfftig ursach und oun wunderbare zaichen. wir globend dem lebenden, dann Cristus lebt, als ir selbs bekennen und veriehen. wir nehen got unnser gehörd und werden gelaidt durch wunderzaichen, durch vernünfftig ursachen und durch zügnuß der hailigen geschrifft. wir wellen dir mit we-

/[fol. 29r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  61

[50.4] sed opus est piis et attentis auribus, quando fidei sublimitas attingitur et magni Dei panduntur arcana. saepe iocis et inanibus fabulis te praesentem exhibuisti et leviores audisti narrationes; non est, cur haec gravia contemnas aut ea nosse recuses, ex quibus tua pendet salus. non est anima nobilis, cui non insit veritatis amor; non est homo, qui nolit salvus fieri. audi ergo, qui generosus es, audi, quae te salvare possunt. [51.1] quid est inter Christianos Turcosque controversiae, in quo simul contendimus? quae discidii causa? sane non alius discordiae fomes est, nisi quia circa divinitatem non eadem sapimus: de patre, de filio, de spiritu sancto contendimus, hoc est praecipuum discidium, quo sublato facile omnia componentur. [51.2] attingemus haec, et quae sit inter nos de divinitate dissensio, latius exponemus. nos in Deo tres dicimus esse personas, patrem, filium et spiritum sanctum; vos unam tantum, quam nec patrem nec filium dicitis nec spiritum sanctum, sed Deum tantummodo appellatis, et

nig worten zögen das schynbar liecht unnser satzung, wo du uns wilt verhören, und darnach din verwülckte vynsternüs endtecken. [50.4] aber es ist not mylter und geflisner oren, wenn man redt von hoher subtylkait des globes und von verborgner haimlichait des grossen gots. du haust dich dick und offt geflissen, schympflich, unnutze und lychte merly ze hören. / hierumb kanst du mit kainem glimpff dich widern und sperren, ze lernen und ze erkennen das, an dem din hail hanget. kain edle sel hasset die warhait. ain yeder mensch begert behalten werden. und darumb, du wolgeporner, edler, hör und merck das, das dich behalten mag! [51.1] Sag an uns, was ursach erwachst unainikait, krieg und zanckung entzwyschen den Crysten und Türcken? für waur uß kainem andern ursprung, dann das wir nit ains sind in erkantnüs der gothait. wir kriegen von dem vatter, von dem sun und von dem hailigen gaist, diss ist die ursprünglich zwytrechtikait. [51.2] wo die uffgehept wurde, hette sich aller frevel gestilt und nidergelassen. die ding wellen wir yetz für üns nemen und dir wyter erzelen und uslegen, was zangkung zwyschen uns sige von der gothait.* Wir° sagen dry sigen personen in got: vatter, sune und hailiger gaist. ir allain aine. die selben nennen ir weder vatter

/[fol. 29v]

* Incipit fidei deffensio. ° W-Initiale.

62  Edition hunc unicum esse dicitis, creatorem caeli et terrae et omnium, quae in eis sunt. [51.3] nulla est de unitate contentio. non latent nos verba Moysi dicentis in exordio legis: audi, Israel: Dominus Deus tuus unus est. et rursus in lege scriptum est: ego sum Dominus Deus tuus, qui te eduxi de terra Aegypti. non erunt tibi dei alii praeter me. et rursus: ego sum, qui sum, et si quaesierint nomen meum, vade et dic eis: qui est, misit me ad vos. et in cantico Exodi dicitur: Dominus omnipotens nomen eius. [51.4] quae testimonia unum esse Deum et unum Dominum manifeste declarant et unam potestatem et unam naturam. nam Deus naturae Dominus potestatis est nomen. fatemur idem quod vos de unitate divinitatis, hic amicitia est atque concordia. vobis unus Deus est nobis unus. dicitis principium omnium rerum esse Deum, nos idem affirmamus. [51.5] in quo igitur dissentimus? multa sunt, quae de Deo aliter Christiani dicunt, aliter Saraceni seu Turci: vos Deum corporeum dicitis, nos incorporeum; vos fortuita esse, quae hic in terra geruntur, arbitramini nec curare de his Deum, nos gubernare eum, qui creavit omnia, non dubitamus; vos

noch sun noch hailigen gaist, aber allain got. den veriehen ir ainig sin schöpffer hymels und erden und aller ding darinne. [51.3] von der ainikait wegen ist kain zangkung. uns sind nit verborgen die / wort Moysi in der satzung anfangk, redende also: hör Israhel, din herr und got ist ainer! och ist geschriben in der satzung: ich bin herr, din got, der dich usgefürt hab von Egypten. dir werden nit sin frömd göt oun mich. und aber: ich bin der ich bin. und ob sy forchten minen namen, gang hin, sag in, der ist haut gesandt mich zuo üch. und in dem gesang Exodi ist gehört: der herr almechtig ist sin namm. [51.4] welhe zügnüs offenbarlich zögend, das ain got ist, ain herr, ain nam der nature und herr, ain nam dess gwalts. wir veriehen mit üch glych von ainikait der gothait, alda ist früntschafft und ainhelligkait. üch ist ain got, och uns ainer. ir sagen, got sige aller ding anfang. wir bekennen diss ouch.

[51.5] in vil sachen reden die Cristen anders von got und anders die Türcken. ir sagen, got sige gelybt, wir ungelybt. ir vermainend alle ding uff erde werden gehandelt von geschicht, nit uß gottes fürsehen und ordnung. uns zwifelt nit, dann er regiere alles, das so er geschöpfft und gemacht hat. ir verlögnen dess vatters in der gothait. wir

/[fol. 30r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  63

Deum patrem in divinitate negatis, nos patrem et filium recognoscimus; vos spiritum sanctum ex divina maiestate reicitis, nos ponimus et veneramur. [52.1] mittamus alia; haec aggrediamur, in quibus plus ponderis est. nos Christum Dei filium dicimus, vos negatis. cur negatis? sane quia nec uxorem habet Deus, ex qua filium procreare posset. quodsi uxor ei fuerit filiosque genuerit, mundus, qui unius imperio regitur, in plures divisus dominos diu stare non posset. in unitate concordia est, quae servat imperia, in pluralitate discordia, quae maxima regna subvertit.

[52.2] sed quis tam rudis, tam vecors, tam demens Christianus est, qui generare Deum ex conubio et permixtione feminae arbitretur? non sumus adeo hebetes Christiani, ut tantum nefas admittamus. Saracenis hoc suaderi posset, qui Deo et corpus et caput et manus et cetera membra concedunt. [52.3] nos Deum spiritum esse asserimus, incorporeum, immortalem, aeternum et incomprehensibilem. qui, dum se ipsum intelligit, in mente sua verbum concipit, quod nos filium Dei esse dicimus; nec aliud est in Deo

bekennen den vatter, den sun, und den hailigen gaist.

[52.1] wir lassen vil dings fallen und kommen allain uff die ding, die / unnserm fürnemen aller gebürlichest sigen. wir sagen, Cristus sige gottes sune. dess lögnen ir. warumb? fürwaur darumb, wann got kain eewib gehept haut, uß der er ain sun gepern° möchte. wo er aber ain eewib gehept und sün geporn hett, so wer die welt (die uß ains ainigen gwalt geregiert wirt) zertailt under vil herren und in ainikait nit langwirig gewesen. ainhellikait uffenthalt gwalt und macht. in der vile ist unainikait, durch die allermaist kinigrich zerstört werden. [52.2] aber welher ist so ain grober, dorachtiger und unbesinnter Cristan, der vermaine, das got gepere uß byligen ainer frowen? wir Cristan sind nit so unvernünfftig, das wir solher unpillichait gehellen. wol möchten Sarracen und Türcken dess lycht beredt werden, dwile sy got zuo legen lyb, hopt, hend unnd andre glyder. [52.3] wir veriehen, das gott ain gaist sige, unlybig, untödemlich, ewig und unbegriffenlich. so der sich selbs verstaut, empfacht er in sinem gmüt das wort, das wir gottes sun sin nemnen. in got sich selbs erkennen und verstoun ist nützit anders, dann got sin. wann

/[fol. 30v] ° gepern Hs.

/[fol. 31r]

64  Edition se ipsum noscere atque intelligere quam Deum esse: nihil est enim in Deo non Deus. Deum autem, cuius est verbum, nominamus patrem, et processum ipsius verbi generationem filii dicimus. [53.1] nec veritas haec de verbo Dei apud Christianos tantum illuxit: gentiles philosophi ante Christi adventum eadem, quae nos asserimus, nonnulli affirmaverunt, siquidem Platonici in suis libris apertissime dixerunt, quod in principio erat verbum, et verbum erat apud Deum, et Deus erat verbum, hoc erat in principio apud Deum. omnia per ipsum facta sunt, et sine ipso factum est nihil. [53.2] et reliqua ferme omnia comprobant de verbo Dei, quae Ioannes in evangelio suo tradit, usque ad incarnationem verbi, quam ignorarunt, quia nondum natus erat Christus; et alta legis mysteria absconderat Deus a sapientibus huius saeculi, quae revelavit parvulis. [53.3] quod igitur Platonici verbum Dei nominant et Deum esse dicunt, nos filium vocamus ex Deo genitum et Deum esse fatemur. nec ruinam mundi ex filii generatione timemus, quando unus dumtaxat filius est, et pater et filius unum sunt, una potestas, una voluntas, una

nützit ist in got, das niz gott nun got, dess das wort ist, nen / wir den vatter. und worts ußgang nennen gepeerung dess suns.

sige. nendess wir

[53.1] diß warhait von dem wort gottes ist nit allain by den Cristen erschinen und gehalten. ia, wyl haydensch natürlich maister haben die ding vor der zükünfft Cristi veriehen. dann die iunger Platonis haben offennlich gesagt in yren büchern, das im anfangk was daz wort, und das wort was by got, und gott was das wort, das was in dem anfang by got. alle ding durch in gemacht sind, und oun in nützit gemacht ist.

[53.2] sy veriehen ouch sust gar nach all artickel von dem wort gots, die Iohannes in sinem ewangelio gesetzt haut, biß an dess worts menschwerdung, von der sy nützit gewisset haben, dwil Cristus noch nit geborn was. och haut got die hochen haimlichait siner satzung verborgen den wysen diser welt, die geoffnet den klainen. [53.3] und also das wort gottes, von dem die iunger Platonis schribend und got sin sagen, nennen wir den sune uß got geporn, aber mit° gott worden. wir besorgen ouch nit fal der welte uß geperung dess suns, die wyl allain ain sun ist. och vatter und sune ains sind und ain gwalt ist. darzuo daz empfangen / wort

/[fol. 31v] ° nit oder mt mit i-Punkt darüber.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  65

maiestas, nec verbum conceptum ab intellectu concipiente discordat. [54.1] obscura haec videbuntur, at si voles, praesto erunt, qui lumen afferant et apertissima omnia reddant. et tu solem hunc corporeum cernis, qui noctem abiens et diem efficit rediens: hic ex se ipso lucis producit radios. haec productio generatio quaedam est in sole, et radii solis filii solis non inconcinne vocantur.

[54.2] quae similitudo, quamvis multifariam est inepta – nam solis plures saepe videmus radios, Deo unicus tantum est filius –, in eo tamen convenit, quia una est et solis et radiorum substantia, et una est patris et filii divinitas atque essentia, quamvis comparatio corporalium rerum nulla satis cum divinis quadrare potest. Sed accipe testimonia et, qui rationem non capis, cede auctoritati.

[55.1] vetus testamentum et Iudaeis et Christianis et Saracenis commune est. eructavit, inquit David ex persona Dei, cor meum verbum bonum. hoc est, quod Dei filium dicimus et unigenitum patris aeterni, non ex carnali coniugio aut humano

tuot sich nit abtailen von der empfahenden verstentnus. [54.1] die ding werden dir verborgen gesehen und tunckel, aber wenn du wilt, vermagst du by dir lüt zehaben, die dir das liecht offnend und alle ding ze verstoun geben. du siechst die gelybten sunnen, die mit ir nidergang, nacht und uffgang gebirt den tag. die uß fürt von ir selbs des liechtes strymen. diss usfürung in ettlich weg ain geperung ist. und der sunnen schinlich strymen werdent nit ungepürlich genennt süne der sünen. [54.2] wie wol diss gelychnus in vil weeg unaigenlich ist, dann wir sehen dick und offt mengerlay liechtstrymmen der sunnen. got hautt allain ain ainigen sune. yedoch geschybt sy darumb, wann die sunne und ir schyn sind ainer substantz und weses. also ist ain gothait und wesen dess vatters und dess suns. wie wol kain gelychnus uff erden mag gepürlich zuo gezelet werden der götlichen ainikait. aber empfauch gezugknüs! und wilt du nit vernünfft bruchen, so tuo doch nachgeben der beweerten schriffte! [55.1] die alten ee ist gemain Iuden und Haiden. / David spricht in der person gots: min hertz haut usgelaussen ain guot wort. diss ist, das wir nennen gottes sun. hie durch wir erkennen, das der ain geporn sune dess ewigen gots nit von elichen gemeheln oder byligen ains ewibs, sonder uß

/[fol. 32r]

66  Edition complexu, sed ex corde Dei, id est, ex intellectu productum asserimus. [55.2] et rursus: filius meus es tu, et ego hodie genui te. hodie dicit, quia Deo nec heri praeterit nec cras imminet, sed hodie semper adest, cui praesentia sunt omnia. et iterum: ante Luciferum, inquit, genui te, ut intelligas, quia non loquitur de Salomone David, sed Deus pater de filio Deo, qui ante Luciferum ab aeterno genitus est. homo ante Luciferum nemo fuit.

[55.3] et in libro Sapientiae legimus sapientiam Dei, quae Dei filius est, dicentem: nondum erant abyssi, et ego iam concepta eram, ante montes et colles ego parturiebar. numquam enim pater sine filio fuit et ab aeterno fuit cum patre filius, et hoc est, quod in evangelio inquit Ioannes: in principio erat verbum, et verbum erat apud Deum, et Deus erat verbum. [56.1] quae mysteria profunda et alta cum non intelligeret Arius, nec Mahumetes comprehenderet, negare maluit Dei veritatem quam suam ignorantiam confiteri, et suas ineptias imprudenter ingerere quam aliorum sapientiam humiliter discere. stulta haec et damnosa pertinacia est! Deo enim et prophetis eius oportet credere,

gottes hertzen, das ist uß siner verstentnuß, geporn ist. [55.2] und aber spricht er: du bist min sune. ich hab hüt vor dem gestürn dich geporn. er spricht hüt, wann dem ewigen got ist gestern nit vergangen, och mornens nit künfftig, sonnder hüt allweg bywesig, dem alle ding gegenwurtig sind. er spricht: vor dem gestirn hab ich geporn dich, damit du verstandest, das David nit redt von Salomone, sonnder gott vatter von got dem sune, der vor dess hymels sternen von ewig geporn ist. vor dem gstyrn ist kain mensch gewesen. [55.3] wir lesen in dem° buoch Sapientie, da gottes wyshait, die gottes sun ist, spricht: noch nit waren hülinen, und ich was yetz empfangen, vor berg und tal ward ich geporn. dann der vatter ist nie oun den sune gewesen und der sune mit dem vatter von ewig. und uff ain solichen sin spricht Iohannes: in dem anfangk was das wort.

[56.1] als aber Arrius und Machumetes / diss hoch und tieff haimlichait nit verstuonden noch mochten begriffen, haben sy ee wellen° gottes warhait verlögnen, dann sich schuldig geben in unwissenhait. und mer begert ir unformlich ungestalt oun schamm inlegen und leren, dann das sy von andern menschen die waren wishait wölten demüticlich underwyst und gelert werden.

° dem gstyrn ist

/[fol. 32v] ° wellen von selber Hand am Rand nachgetragen.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  67

et si quid est, cuius rationem non capimus, debemus cum Paulo dicere: o altitudo divitiarum scientiae et sapientiae Dei, quam incomprehensibilia sunt iudicia eius et investigabiles viae eius!

[56.2] fatentur iurisconsulti non omnium, quae a maioribus suis instituta sunt, rationem reddi posse, et tamen legi parendum esse, quia non sine causa condita fuerit. quanto minus arcana Dei licet agnoscere! plurimae sunt occultae causae, ad quas nulla potuit curiositas hominum pervenire: sicut oculi noctuae ad solem, ita et noster intuitus ad ea, quae sunt divinitatis.

[57.1] non est ergo mirandum, si neque generationem filii neque spiritus sancti processionem neque trinitatem in divinitate intellexit carnalis homo – vel Arius vel Mahumetes. sed illud in eis damnabile ac detestabile fuit, quod sacrae scripturae divinisque testimoniis non acquieverunt. [57.2] nam quid opus est argumentis, ubi Deus ipse loquitur? de Pythagoreis traditum est, quod in disputando soliti erant dicere: ipse ait. ipse autem erat Py-

diss ist ain torachtiger, schädlicher frevel! dann gott und sinen propheten muoß man globen. und ob ettwas weer, dess ursach wir nit ergryffen, söllen wir mit Paulo sprechen: o höhe der richtum gottes kunst und wyshait, wie unbegriffenlich sind ir erkantnuß und ir weg onerforschendlich. [56.2] legisten bekennen, das man nit ursach aller der ding geben mag, so dann ir eltern gesetzt haben, und vermainen doch daby, man sölle der gsatzt gehorsam sin, dann sy sige nit oun ursach gemacht. wie gar vil minder ze erkennen gottes haimlichait. es sin vil verborgner ursachen, die kainer menschen fliß noch ernst haut mügen erfaren; unnser gesicht und verstentnüß ist gen den dingen, die der gothait sind, als ougen der ylen tusem und blind gen der sunnen. [57.1] darumb ist nit / ze verwundern, ob der flaischig mensch Arrius oder Machumetes nit verstaunden haut geperung dess suns, usgang dess hailigen gaists oder drivaltikait in der gothait. aber in dem sind sy strauffwirdig und verdampnet, daz sy der hailigen gschrifft und götlichen zücknussen nit geloubt haben. [57.2] dann wir mogen unns nit wydern, wo got selbs redt. man sagt von den iungern Pithagore, das sy in irm disputieren gewonlich sprachen, er redts, in dem sy Pittagoram vermainten,

/[fol. 33r]

68  Edition thagoras, tamquam eius auctoritati non liceret adversari: quanto minus Deo, qui verax est, et omnis homo mendax. [58.1] sed negabis haec esse Dei quae afferimus testimonia. de his posterius disseremus; nunc de spiritu sancto agendum est, cui tua lex divinos honores abrogat. [58.2] non est huius erroris Mahumetes inventor: Arii et Nestorii et Macedonii haec olim dementia fuit, quos sacra patrum concilia damnaverunt; sed eorum virus apud Aegyptios et Arabes aliquamdiu latuit, et postremo auctore Mahumete et magistro eius Sergio late diffusum est. ne movearis, dum vera loquimur, cave ne sequaris caecos, disce spiritum sanctum Deum esse et tertiam ferre in trinitate personam.

[59.1] diximus paulo ante Deum patrem, dum se ipsum cognoscit, verbum concipere et id esse filium gignere. nunc quod sequitur adicimus: cognitioni annexam esse appetitivam quandam operationem, cuius principium voluntas est. [59.2] inter operationes vero, quas voluntas producit, praecipua est amare. adhibe hic aures et mentem erige: in Deo perfectam et absolutam

als ob niemands gebürte wider sine wort ze reden; noch vil minder wider got, der warhafft ist und ain yedes mensch lugenhafft. [58.1] aber du wirst lögnen, das diss gezugknüs gottes sig, so wir dir fürheben werden. von den wir wyter hernach sagen wellen und nun ze maul von dem hailigen gaist reden, den din satzung götliche er versagt. [58.2] diss irrtung Machumetes nit zum ersten erdacht haut, sonnder Arrius, Nestorius und Macedonius haben die vor zyten erdychtet. aber der hailigen vätter consilia haben sy und ir unsingikait verdampnet. dero ler langzit in Egypten und Arabia verborgen ist gewesen und zuo letst durch Machumeten und Sergium, sinen maister, wyt ußkundt und zersprait. du solt nit zürnen, so wir die warhait / reden. acht, das du nit nachvolgest den blinden! tuo lernen, das der hailig gaist got ist und die dryt person in der gothait! [59.1] wenig hie vor haben wir gesagt, das got vatter empfahe das wort, so er sich selbs bekennt, und das sige, geperen den sun. nun setzen wir hierzuo, das so hernach volgt: der bekantnus ist angehenckt etwas begyrig würckung. dero anfangk ist der wille. [59.2] nun under den würkungen, die der will tuot laitten, ist liebhaben fürpündig. naig hie din oren und erheb din vernünffte! wir muossen veriehen, das in got

/[fol. 33v]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  69

fateri cognitionem oportet et amorem pari modo, cuius processus per appetitivam operationem exprimitur, sicut et verbi generatio per intellectivam; et alia est operatio, qua intelligit, alia, qua appetit. [59.3] intellectiva ex his completur, quae sunt quodammodo in ipso intelligente: nam sicut sensibilia in sensu, ita et intelligibilia in intellectu dicimus esse. appetitiva autem complementum accipit secundum quendam ordinem vel motum ad eas res, quae obiciuntur appetitui, et occultum quoddam principium sui motus habet. [60.1] ea vero, quae principio feruntur arcano, spiritus nomen acceperunt: nam et ventos spiritus dicimus, et in scripturis procellarum spiritus appellantur, quia non apparet afflationis initium. [60.2] respirationem etiam et arteriarum motum ab intrinseco et occulto principio manantem vocamus spiritum, atque hoc modo congruenti quadam similitudine, quantum divina humanis verbis indicari possunt, divinus ipse amor a patre filioque procedens spiritus dictus est.

[61.1] in nobis duplici ex causa procedit amor: aliquando ex

volkomne und ungemesne bekantnuß ist; dess gelych ouch liebe, dero usgang geoffnet wirt durch begirige wirckung, wie dann geperung dess worts usgaut von der verstentlichen wirckung. und ist ain andre wirckung durch, durch die er verstaut, ain andre, dürch die er begert. [59.3] °aber die verstentlich wirckung empfaht ir erfüllung oder sattung nach ordnung und maß zuo den dingen, die gegenwürffig sind der begird, und haut ainen verborgnen anfang siner beweglichait.

[60.1] nu die ding, die von verborgnem und haimlichen anfang bewegt werden, haben gaistes nammen empfangen. / dann winde nennen wir gaist. und in der geschrifft wirt alles das gaist genennt, dess inblases anfang nit siechtbar ist. [60.2] och bewegnus dess aütems und der pulsauder wirt gaist genennt, wann die gesachet wirt von, von inwendigem verporgnem ursprung, und in solicher mauß uß etwas gepürlicher glychnus. als vil menschen zung kan und mag von der gothait reden, so ist die götlich liebe, von dem vatter und dem sune ußgande, genent ain gaist. [61.1] liebe erwachst in uns uß zwayerlay ursachen: etwen uß

° M. C. lässt hier von intellectiva bis in intellectu dicimus esse aus.

/[fol. 34r]

70  Edition corporea et materiali natura, et is plerumque immundus est et menti noxius, aliquando ex ipsa proprietate spiritualis naturae, cum bona intelligibilia et rationi convenientia adamamus, et hic purus est amor et laudabilis et animae salutaris. [61.2] in Deo corporalis amor seu materialis locum non habet, sed ille tantum reperitur, qui simplex est et nitidissimus et purissimus et quem spiritum sanctum appellamus. nec nos intellectuali et sancto amore quicquam prosequimur, nisi quod intellectu concipimus. conceptio autem, ut diximus, quae fit ab intellectu, verbum est, atque ita necesse est amorem ex verbo oriri. amat enim Deus, quod de se ipso intelligit, id est verbum, quod concipit intelligendo. [61.3] verbum autem Dei dicimus filium Dei, qui et ipse patrem novit et amat, atque ita fit, ut amor ipse, cui sanctus spiritus est nomen, ex patre filioque procedat sitque cum patre et filio pariter Deus. nam sicut divinum intelligere essentiae divinitatis est, ita et amare, et sicut Deus se semper intelligit, ita et se semper amat, et omnia amat, suam bonitatem dum amat. [62.1] rursusque sicut Dei filius, qui est verbum Dei, in natura divina subsistens, patri

liplicher und materlicher natur, die ist den mertail unluter und straffbar, etwen uß angeporner aigenschaft der gaistlichen natur, so wir verstentliche guothait zimlich der vernunfft liebend; diss ist ain lutre liebe, loblich und hailsam der sel. [61.2] in got haut liplich oder materlich lieb nit staut, sonder allain wirt in im die gefunden, die ainfaltig ist schynend und aller luterst, die wir nennen den hailigen gaist. wir volbringen ouch nützit in der verstentlicher lieb, dann das wir in verstentnus empfahen. und die empfahung, so in der verstentnus geschicht, ist das wort. also ist not, das die lieb uß dem wort / entspringe. got liebet das, das er von im selbs verstaut; das ist das wort, das er durch sin erkennen oder verstaun empfancht.

/[fol. 34v]

[61.3] nu das wort gots nennen wir gottes sune, der och selbs den vatter erkennt und liebet: und also geschicht, das die lieb, dero nam ist hailig gaist, uß gaut von dem vatter* und dem sune° und in glycher gstalt wie dem ewigen got aigentlich ist. sein gothait erkenne das°° er und verstande! also ist im ouch aigenlich, daz er die lieb habe. und wie got sich selbs allweg verstaut, also liebet er och allweg sich selbs und alle ding, liebent sein guothait. [62.1] Und aber wie gottes sune (der gotts wort ist) in götlicher natur wesende mit dem vatter

* ist och got mit dem vatter und dem sune ° Ein Wort über der Zeile gestrichen. °° das der Hs.

° in de Hs.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  71

coaeternus, perfectus et unus est Deus, ita et spiritus sanctus Deus est, patri et filio coaequalis et coaeternus. et quoniam omne, quod subsistit in natura intelligibili, apud nos persona dicitur, apud Graecos hypostasis, consequens est, ut tres personas in divinitate ponamus, quia tres sunt subsistentes: pater et verbum et spiritus sanctus. [62.2] neque has personas dicimus esse per essentiam diversas, sed per solas relationes distinctas, quae ex processione verbi et amoris proveniunt. atque in hunc modum Christiana religio, divinitus illustrata, distinctas tres personas confitetur in divinis, non tres Deos, sicut Mahumetes falso opinatus est, sed patrem et filium et spiritum sanctum unum esse ab aeterno Deum asserimus, nec tamen ipsum patrem, qui filius est, nec filium, qui pater est, nec spiritum sanctum, qui pater est aut filius. [62.3] una est enim patris et filii et spiritus sancti essentia, in qua non est aliud pater, aliud filius, aliud spiritus sanctus, quamvis in personis alium patrem, alium filium, alium spiritum sanctum divina docente auctoritate dicamus. [63.1] nec similitudo in his, quae creata sunt, summae deest trinitatis. invisibilia Dei

mitewig, volkomen und ain got ist, also ist der hailig gaist got gelich und mit ewig dem vatter und dem sune. und die wil alles das, daz sin wesen haut, in verstentlicher natur by uns genennt wirt ain person, in kriechscher sprauch ypostasis, volgt hernach, das wir setzen dry personen in° der gothait, wann es sind dry wesende: der vatter, das wort und der hailig gaist. [62.2] doch sagen wir, das die dry personen nit abgeschaiden sind im wesen, sonnder allain durch anzögung getailt, die uß usgang dess worts und der lieb entspringent. und in solicher mauß cristenlicher gloub, von / göttlicher crafft erlüchtet, verieht dry underschaidenlich personen in der gothait, nit dry göt, als Machumetes falschlich gemaint haut. sonnder bekennen wir, das der vatter, der sun und der hailig gaist ain got ist von ewig. doch der sun ist nit der vatter, och der vatter ist nit der sun. desglichen der vatter oder sun ist nit der hailig gaist. [62.3] fürwaur dess vatters, dess suns und deß hailigen gaists ist ain wesen, in dem nit ist ain anders der vatter, ain anders der sun, ain anders der hailig gaist; wie wol wir in den personen aine vatter, die andern sun, die drytten hailig gaist nennen nach innhalt götlicher bewärter lere. [63.1] och wirt pildung der hailigen dryfaltikait gemerckt in geschöpfften dingen, als der

/[fol. 35r]

/[fol. 35v]

72  Edition – sicut apostolus ait – per ea, quae facta sunt, intellecta conspiciuntur, sempiterna quoque virtus eius ac divinitas. relucet quippe in anima nostra divinae trinitatis imago. est enim anima ipsa substantia quaedam incorporea ratione praedita et actus quidam sine forma organici corporis; quae, dum corpus movet et regit, sui meminit, se intelligit et se diligit. quibus in rebus quaedam apparet trinitas memoriae, intelligentiae et amoris: tria haec ad se ipsa referuntur, quia non est amor sine memoria nec memoria sine notitia. nam quis meminit aut amat, quod nescit? inseparabilia sunt haec a semetipsis, et tamen quodlibet eorum et simul omnia una essentia sunt et una vita in anima una. [63.2] differunt tamen, quia memoria non est intelligentia vel voluntas, nec intelligentia voluntas sive amor. quodsi haec diligenter inspicias, invenies summae illius trinitatis atque unitatis vestigium et imaginem quandam, quamvis imparem. quicumque enim sempiternam et incommutabilem naturam per memoriam reminiscitur, intuetur per intelligentiam, amplectitur per dilectionem, profecto reperit in se ipso summae trinitatis imaginem: non tamen omnino similem,

apostel spricht: die unsichtbaren ding gottes durch die geschöpfften verstanden werden, vermerckt und begriffen. och sin ewig crafft und gothait tuot sich melden. dann fürwaur pildung der hailigen drivaltikait ist in unnser sel. dann die sel ist ain unlybig substanntz, begaubet mit vernunfft, und ain wirckung oder gstalt dess gformierten lychnams. wenn die den lib bewegt und regiert, so gedenck sy ir selbs, verstaut sich und liebet sich. in welhen sachen sich / ögt etwas dryfaltikait der gedächtnus, verstentnüs und liebe. die drü tund anzögung zuo in selbs, dann lieb ist nit oun gedechtnus, gedächtnus nit oun erkanntnüs. dann nieman gedenckt oder liebt das, daz er nit enwaist. die ding sind unzertailich von in selbs, und doch dero yegelichs, und sy alle gemainlich sind ain wesen und ain leben in ainer sel. [63.2] doch haben sy underschaid, wann gedächtnüs ist nit verstentnüß oder wille, och verstentnuß ist nit der wille oder lieb. wo du die ding flisclich ersuochst, wirst du fünden der genanten hailigen drivaltikait und ainikait zaichen und pildung, wie wol nit gantz gelich. hierumb, welher gedenckt der ewigen unwandelbaren natur durch gedächtnus, die anschowet in verstäntnüs, umbfahet mit liebe, fürwaur der fündt in im selbs pildung der obersten dryfaltikait. doch nit in allweg gelych, aber in ettlicher mauß, also das in hoher

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  73

sed qualemcumque, ita ut in similitudine magna inveniatur dissimilitudo. [63.3] etsi enim homo unus meminit, intelligit et diligit, non tamen memoria est nec intelligentia nec dilectio, sed sunt haec in eo et in una substantia, non sicut accidentia in subiectis, quae possunt abesse, sed substantialiter exsistunt in anima, et unus homo est, qui habet haec tria, non ipse est haec tria. in simplici vero natura, quae Deus est, quamvis unus sit Deus, tres tamen personae sunt, ut dictum est, et ipse Deus est illae tres personae. sed illud satis ad rem nostram est, quia tria haec aliquo modo unum sunt. [64.1] reperitur et sub aliis nominibus et alio modo in natura nostra illius summae et ineffabilis trinitatis imago. nam mens et notitia eius et amor tria quaedam sunt: mens enim novit se et amat se nec amare se potest, nisi etiam noverit se; duo quaedam sunt mens et notitia eius, duo etiam sunt mens et amor eius. cum se novit mens et se amat, manet trinitas, scilicet mens, amor et notitia, et haec tria, quamvis distincta invicem sint, unum tamen esse dicuntur, quia in animo substantialiter exsistunt. [64.2] et est ipsa mens quasi parens, et notitia eius quasi proles eius: mens enim, cum

gelychnüs etwas underschaids gefunden wirt. [63.3] und wie wol ain mensch gedenckt, verstaut und liebt, noch dann ist die gedächtnus nit verstentnus noch lieb, sonder sind die drü in im und in ainr substantz, nit als zuofellige ding in irm underwurff, / die dem mogend abwesen, aber sy sind wesenlich in der sel. und ain ainiger mensch haut die drüw° in der ainfachen natur, die got ist. wie wol ain got ist, sind doch dry personen, als vor gesagt ist, und got ist die dry personen°°. aber dess ist gnuog zuo unnserm fürnemen, das die dry in ettwas weeg ains sind.

[64.1] och wirt in annder weeg und mit andern namen in unnser natur gefunden pyldung der obersten und unuffbrechenlichen dryfaltikait, wann das gmüt und die bekanntnüs und sin liebe sind ettwas drü. dann das gmüt bekennet sich und lieb sich. es mag ouch nit lieben, es bekenne dann och sich. das gmüt und sein bekanntnus sind etwas zway, wenn das gmüt sich bekennt und sich liebt. so belibt drivaltikait: gmüt, liebe und bekantnüs. und wie wol die drü under in selbs getailt sind, werden sy doch ains sin genennet, wann sy sind wesenlich in der sel. [64.2] und ist das gmüt als der vatter unnd sin bekanntnüs als sin sune, dann wenn das gmüt

/[fol. 36r] ° non…tria ausgelassen. °° personen als vor gesagt ist Hs.

/[fol. 36v]

74  Edition se cognoscit, notitiam sui gignit et est sola parens suae notitiae. tertius est amor, qui de ipsa mente et notitia procedit, dum mens cognoscens se diligit se: non enim posset se diligere, nisi se cognosceret. amat etiam placitam prolem notitiam suam, et ita amor quidam complexus est parentis et prolis, nec minor est proles parente, cum tantam se noverit mens, quanta est, nec minor est amor parente et prole, id est, mente et notitia, cum tantum se diligat mens, quantum se novit et quanta est.

[64.3] considerat haec rationalis homo, et videns tria in una essentia concurrere, extendit se ad contemplationem creatoris et intelligit unitatem in trinitate et trinitatem in unitate. et unum Deum colit, unam essentiam et unum principium, sicut et patriarchae et prophetae atque apostoli tradiderunt. [64.4] sed audiamus iam tandem ipsos, et divinae legis auctoritatem et testimonia in medium afferamus, sine quibus vana est omnis argumentatio. Deum patrem omnes sacrae litterae confitentur, et Dei nomen paternitatem ad omnia refert; et si filium dicimus, non

sich bekennt, so gepyrt es sin bekantnuß und ist ainig ain vatter siner bekantnus. das drit ist liebe, die ußgaut von dem gmüt und der bekantnus. do das / gmüt bekennende sich tuot lieben; dann es möcht sich nit lieben, wo es nit bekannte sich. es liebet ouch sin bekantnus als ain gefelligen sune. und also ist die lieb ain ergryffung und umbfahung dess geperers und gepornen. ouch ist der geporn nit minder dann der geperer. die wyl das gmüt sich so hoch bekennt, als es dann an im selbs ist. och ist die lieb nit minder dann der vatter und der sune, das ist gmüt und bekantnus, die wil das gmüt sich so hoch liebet, als vil es sich bekennt, wie hoch es ist. [64.3] diss tuot betrachten der vernünfftig mensch und merckende drü ding mitfaren in aim wesen berait und schickt sich zuo anschowung sines schöpffers. och erlernet und verstaut ainikait in der drivaltikait und drivaltikait in der ainikait, und eret ain got, ain wesen und ain anfangk, als dann patriarchen, propheten unnd zwelffbotten diss alles gelert unnd geschryben haben. [64.4] aber wir wellen doch zuo letst die selben verhören und gezugnüs götlicher satzung an den tag legen, on die unnser zancküng unnutz und unfruchtbar ist. got vattern veriehen all hailig geschrifften, und gottes namen, in / den allenthalb anzögnung vermaint ist zuo der vätterlichait; wo wir yetz den sun

/[fol. 37r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  75

possumus patrem negare. de filio adducta sunt testimonia legis, ergo et pater ostensus est, sicut Salvator ait: Philippe, qui videt me, videt et patrem meum. [65.1] nunc de spiritu sancto quod coepimus prosequendum est. in Genesi legimus, quia spiritus Domini ferebatur super aquas. quis tunc Dominus nisi Deus fuit? et cuius spiritus nisi Dei? et quomodo Dei spiritus nisi Deus? Deus est, quicquid Dei est. nec aliud illi admixtum est: incompositus est, simplex est et purus Deus. [65.2] in Iob scriptum est: spiritus Domini fecit me, et spiraculum omnipotentis Dei vivificavit me. Dei sunt haec opera, non hominis: quis facit hominem nisi Deus, aut vivificat hominem nisi Deus? Deus est igitur spiritus Domini, propter quod dictum est in Psalmis: spiritus Domini replevit orbem terrarum et hoc, quod continet omnia, scientiam habet vocis. quis impleat orbem nisi Deus? quis continet omnia nisi Deus, cui caelum sedes est et terra scabellum pedibus eius? [65.3] et apud poetas: Deum namque ire per omnes terras tractusque maris caelumque profundum traditum est. Et rursus: estne Dei sedes nisi terra, pontus et aer et caelum et virtus?, propter quod recte

nennen, mögen wir doch dess vatters nit gelögnen. wir haben in gelegt zügnüß der gsatzt von dem sune, uß den ouch der vatter geoffnet ist, als unnser behalter redt: Philippe, welher mich siecht, och min vatter. [65.1] nun wellen wir wol strecken das, so wir angefangen haben, von dem hailigen gaist. wir lesen im buoch der schöpffung, das der gaist dess herren ward gefürt über die wasser. was herren was da anders dann got?° alles das, das gots ist, ist got. im ist sust nützit zuo gemyschet, er ist nit zemengefügt, er ist ainfach und pur luter got.

° Zwei Sätze ausgelassen.

[65.2] in Iob ist geschriben: dess herren gaist haut mich gemacht und das inblasen dess almechtigen gots erkycket. gottes sind dise werck, nit ains menschen. wer macht oder erkickt den menschen dann allain got? und darumb ist der gaist dess herren. in gelycher mainung staut geschriben: dess herren gaist haut gefüllet den kraiß der erden und haut kunst der stymme, das alle ding enthalt. welher erfüllt die welt dann got,° dess sessel der hymel ist und die erd ain schemel siner füsse?

° Quis continet…deus fehlt.

[65.3] och sagen poeten, got durchtringe / all erden, mer und den hohen hymel. und an aim andern end: wa haut got ain sessel dann die erd, mer, lufft, hymel und sin krafft? darumb haut David recht geredt: wo hin wird ich

/[fol. 37v]

76  Edition inquit David: quo ibo a spiritu tuo?, ostendens non esse locum, in quo possit fugere spiritum Domini, qui est ubique. implere mundum et esse ubique et continere mundum, soli Deo tributum est. [65.4] Deus igitur sanctus spiritus, qui haec peragit et futura praenoscit et praedicit, sicut scriptum est: responsum accepit Simeon a spiritu sancto, quia non moreretur, nisi videret Christum Domini. non est, cur Deum negemus, qui Dei efficit opera. non igitur solus pater Deus est neque solus filius, sed spiritus sanctus cum patre simul et filio Deus est, quia non adversatur ratio trinitati personarum in unitate divinitatis, quemadmodum superius ostensum est. [66.1] sed iam trinitatem ipsam ex sacris codicibus demonstremus et Moysen ante omnes audiamus, cuius haec sunt verba in capite libri, quem Genesim nostri vocant: in principio creavit Deus caelum et terram; terra autem erat inanis et vacua, et spiritus Domini ferebatur super aquas. tria commemorat: Deum, principium et spiritum. in Deo patrem intelligimus, in principio filium, in spiritu Domini spiritum sanctum. [66.2] et accipitur hoc in loco principium pro filio sicut in

gaun von dinem gaist? offnende, das kain stat ist, dahin er fliehen müge den gaist dess herren, der allenthalb ist. und ist allain got aigenlich uf ze enthalten die welt.

[65.4] hierumb got ist der hailig gaist, der die ding volbringt, kunfftig sachen erkennt und wyssagt, als geschriben ist: Symeon haut empfangen antwürt von dem hailigen gaist, er sturbe nit, er sehe dann vor den gesalbten dess herren. wir mögen uß kainer ursach den verlögnen got sin, der gottes werck würckt. darumb nit ainig der vatter got ist, ouch nit ainig der sune, aber der hailig gaist mit dem vatter und och dem sune got ist. wann menschlich vernunfft widert sich nit der personen drivaltikait in ainikait der gothait, als dann hie vor geoffnet ist. [66.1] aber yetz wöllen wir zaigen die hailigen drivaltikait uß den hailigen büchern und vor allen dingen Moysen verhören, der also redt im anfangk der geschöpfft buoch: got haut geschopfft im anfang hymel und erd. aber die erd ward unütz und ler. unnd / dess herren gaist ward gesegnet uber die wasser. in dem Moyses drü ding gestympt: got, anfang und gaist. in got verstanden wir den vatter, in anfangk den sune, in dess herren gaist den hailigen gaist.° [66.2] und wirt hie in dem wort anfang der sune vermerckt, als im

/[fol. 38r] ° Ergänzt nach lateinischer Quelle.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  77

Psalmis de suo filio inquit Deus: tecum principium in die virtutis tuae in splendoribus sanctorum ex utero ante Luciferum genui te. atque ita in exordio nascentis mundi trinitas ipsa in divinis personis adducitur, propter quod temptans diabolus primos parentes – interposito serpente – et suadens, ut edant de ligno prohibito: eritis, inquit, sicut dii, scientes bonum et malum. quod perinde accipiendum est, ac si diceret: eritis sicut divinae personae, quibus ignotum est nihil.

[67.1] et cum eicitur Adam de paradiso, inquit Dominus: ecce Adam factus est sicut unus ex nobis. quibus nobis? patre scilicet et filio et spiritu sancto. sed manifestius eadem trinitas ostenditur, cum dicitur: faciamus hominem ad imaginem et similitudinem nostram. cum ait faciamus et nostram, plures personas inducit; cum dicit imaginem, unitatem divinitatis ostendit. nec solitarius est, qui dicit faciamus, neque alieno a se loquitur, qui nostram ait.

Psalmen got redt von sinem sune: ich hab on anfang mit dir geporn dich, vor dem morgenstern, uß inwendiger und verborgner substantz, in den tag diner krefftigen tugent, die erschinen wirt allen hailigen zuo zyten der ewigen clarhait. sodann gezögt wirt, das du bist in mir und ich in dir durch ainikait dess wesens. und also in anfang der zuonemenden welt ist bestympt worden und geögt drivaltikait in den götlichen personen. darumb der tüfel, anfechtende unnser ersten geperer durch mittel dess schlangen, das sy essend die verpotnen frücht, sprach: ir werdent als göt, wissende guots und übels. daz wir versteen söllen, als ob er gesprochen hett: ir werden götlich personen, den nützit verborgen ist. [67.1] und da Adam vertriben ward usser dem paradyß, sprach der herr: nymm war, Adam ist worden als ainer uß unns.° als ob er redte, er ist worden, als ob er sig in zal dess vatters, dess suns und dess hailigen gaists. aber die hailig drifaltikait wirt offenlicher erlütert, / in dem als der herr sprach: wir söllen machen ain menschen nach unser pyldung und gelychnus. in dem er clarlich bestympt vile der personen, so er spricht „wir sollen“ und „unnser“. aber indem so er spricht „pildung“, tuot er offnen ainikait der gothait. der ist nit allain, der spricht „wir sollen machen“, och welher spricht „unser“, der anredt nit ainen

/[fol. 38v] ° quibus nobis fehlt.

78  Edition

[67.2] duo sunt pluralia verba, faciamus et nostram, ut videatur pater cum filio et spiritu sancto miscere sermonem, qui non sono vocis, sed intellectu expressus est. dixerat: creavit Deus caelum et terram. Deus et creavit singularia sunt, quia unus est Deus et una divinitatis essentia. subiungitur faciamu et nostram, ut pluralitas in personis intelligatur.

[68.1] idem et psalmista canit regius, dum ait: verbo Domini caeli firmati sunt, et spiritu oris eius omnis virtus eorum. quid manifestius dici potuit? in conditione caelorum tres personae concurrunt: Dominus, verbum et spiritus. Dominus patrem exprimit, in verbo filium accipimus, spiritus is est, quem sanctum vocamus. [68.2] et rursus idem propheta, ut trinitatem personarum in divinitate cognoscas, ter Deum provocat in benedictione: benedicat nos, inquit, Deus, Deus noster, benedicat nos Deus, et metuant eum universi fines terrae. trina Dei confessio trinitatem exprimit personarum, et cum subditur metuant eum universi fines

frömden. [67.2] diss wort „wir söllen machen“ und „unnser“ begryffend in inn ain zal der vyle, der selben sich got vatter mit dem sune und dem hailigen gaist gebrucht haut. unnd sind die wort nit mit getön der stymme, sonnder in gots verstentnus geredt. in diss obgemelten worten wirt gemeldt, das got haut geschöpfft hymel und erden. die zway wort „got“ und „haut geschöpfft“ beschliessen in inn nur ains ainig, wann ain got ist und ain wesen der gothait. darnach volgen zwai: „wir söllen machen“ und „unnser“, durch die wir verstaund vyle der personen. [68.1] dess gelichen redt der kiniglich lobsager David, so er spricht: mit dess herren wort sind die himel gevestnet und all ir krafft mit dem gaist sines munds. die wort offenbar und clar sind. die geschrifft sagt von dryen personen in schöpffung der hymel: von dem herren, von dem wort und von dem gaist. by° dem / herren verstanden wir den vatter, den sun in dem wort, der gaist ist, den wir hailig nennen. [68.2] und aber der benant prophet nennet got ze drymal in dem gepett sines segens, damit er bekennt drivaltikait der personen in der gotheit und spricht also: gesegne uns got, unnser got, gesegne unns got, und fürchtind inn alle end° der erd. dryfach veriehung gottes offnet drivaltikait der personen. unnd durch das, so hernach volgt,

/[fol. 39r] ° by über der Zeile geschrieben.

° end dess ertrichs/ wirt geoffnet ainikait Hs.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  79

terrae, unitas divinitatis.

aperitur

[68.3] in Psalmo quoque quadragesimo quarto multum expresse trinitatem innuit, cum dicit filio: sedes tua Deus in saeculum saeculi, et postea subdit propterea unxit te Deus, Deus tuus, id est pater et spiritus sanctus. et cum sequitur prae participibus tuis, mysterium quoque incarnationis aperit, de quo suo loco prosequemur.

[69.1] et Esaias in visione sua clamantia introducit Seraphin: sanctus, sanctus, sanctus, Dominus Deus Sabaoth. ter sanctus ad tres personas refertur, et semel Dominus et semel Deus dicitur, quia unus est Deus et unus est Dominus. [69.2] et rursus idem vates ex persona Christi loquitur: et nunc Dominus meus misit me et spiritus eius. Dominus meus inquit, id est pater, misit me, scilicet filium, et spiritus eius, qui est sanctus spiritus. quis hic non intelligat trinitatem? non latuit prophetas hoc mysterium. [70.1] possent et alia plura huius modi testimonia ex veteri testamento afferri, quae trinitatem plane ostendunt. planius tamen locutus est in

fürchtind inn alle end dess ertrichs, wirt geoffnet ainikait der gothait. [68.3] er rürt ouch offennlicher in dem vier und viertzigosten Psalmen die hailigen drivaltikait, do er zuo dem sun sprach: o got, din gericht stuol und kiniklicher gwalt ist ewig. nach dem spricht er: darumb haut got, din gott,° gesalbet dich mit rainikait der gewysne und volkommenhait der gnaden. und indem, als hernach volgt, daselbs für all din tailhafftig hailigen meldet der prophet die haimlichait siner menschwerdung, von der wir hienach sagen werden. [69.1] och Esayas in siner schowung sagt, das Seraphin schrigend: hailig, hailig, hailig der herr got Sabaoth! drymal hailig. tuot an / zögung dryer personen und wirt ain maul „herr“ und ain mal „got“ genent, wann ainer ist got und ainer ist herr. [69.2] und aber redt der selb prophet uß der person Cristi: yetzund haut der herr mich gesandt und sin gaist. das ist sovil: der herr, min vatter, hautt mich, sin sun, gesandt und sinem gaist, das ist der hailig geist. welher mensch wolt hie nit verstaun die hailigen drivaltikait? diß haimlichait ist nit verborgen gewesen den propheten. [70.1] wir mochten vil ander gezugnüs uß der alten ee hie sagen, die dann offennbarlich bewärend die hailigen drivaltikait. aber der herr haut

° id est pater et spiritus sanctus nicht übersetzt.

/[fol. 39v]

80  Edition evangelio Dominus, qui, cum mitteret in orbem discipulos – euntes, inquit, docete omnes gentes, et baptizate eos in nomine patris et filii, et spiritus sancti! – tres nominavit personas. [70.2] et in nomine dixit, non in nominibus, ut essentiae unitatem in personarum trinitate monstraret. et Ioannes evangelista, qui de pectore Domini veritatem hausit, in epistola sua inquit: tres sunt, qui testimonium dant in caelo: pater, verbum et spiritus sanctus. et hi tres unum sunt. et apostolus Paulus: misit, inquit, spiritum filii sui in corda nostra. [70.3] et alibi: spiritus eius, qui suscitavit Iesum, habitat in nobis. et iterum ex ipso, inquit, et per ipsum et in ipso sunt omnia; ipsi gloria. ex ipso dicit propter patrem, per ipsum propter filium, in ipso propter spiritum sanctum. non dicit ex ipsis aut per ipsos sive in ipsis, nec addidit ipsis gloria, sed ipsi gloria inquit, ut trinitatem simul et unitatem cognosceres. [71.1] atque his testimoniis et auctoritatibus illuminata desuper Christiana religio. summa cum fiducia confitetur et praedicat unum Deum esse, qui est causa causarum, principium et finis omnium rerum, et omnis auctor creaturae et

clarlicher davon geredt in ewangelio, do er uß sandt in die welt sin iunger: gond hin, sprach er, lerend all volcker und toffend sy in namen dess vatters, dess suns unnd dess hailigen gaists! in dem er genant haut dry personen. [70.2] und haut doch daby geredt in dem namen und nit in dry namen, damit er zögte dess wesens ainikait in drivaltikait der personen. och Iohannes ewangelist (der die warhait gesogen haut uß dess herren brust) spricht in siner epistel: dry sind, die zügnüß gebend in dem hymel: der vatter, / das wort und der hailig gaist. und die dry sind ains. und Paulus apostolus spricht: er hat gesandt den gaist sines suns in üwer hertzen. [70.3] und an aim andern end: sin gaist, der Ihesum erkycht haut, wonet in uns. unnd aber spricht er: uß im und durch in und in im sind alle ding. im sig er! er spricht „uß im“ von wegen dess vatters, „durch inn“ von wegen dess suns, „in im“ von wegen dess hailigen gaists. er spricht nit „uß inen“ oder „durch sy“ oder „in inen“. spricht och nit zuo lest „inen er“, sonder „im er“, damit du verstaun möchtest drivaltikait und auch ainikait. [71.1] durch diss zügnussen und bewärten geschrifften cristenlicher gloub erlüchtet. tuot mit hoher trüw veriehen und predigen, das ain got ist, der ain secher ist aller ding, anfangk und obersts guot. bekennt auch nütz destunnder in got dry personen

/[fol. 40r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  81

summum bonum. et nihilominus tres personas in Deo recognoscit et trinitatem in unitate veneratur. [71.2] cui qui adversatur, salutis expertem se reddit et ambulat in tenebris, et veritas non est in eo. tu vero, si sapias, ex tenebris emerges et, candida luce perfusus, sacratissimam trinitatem et cognoscendo coles et colendo cognosces, nec adversaberis sacrosancto evangelio, in quo legitur: verbum caro factum est.

[72.1] negat tuus legifer incarnationem verbi: nam cur, inquit, factus est Deus homo et in ligno crucis passus, qui alio modo humanum genus redimere poterat? negat tua lex Christi necem et alium suo loco interfectum existimat, nec Deum incarnatum cognoscit neque crucifixum aut mortuum.

[72.2] nos utrumque praedicamus: quia factus est Deus homo et passus est, et propter salutem hominis haec facta esse testamur. ait enim de se ipso Dominus: venit filius hominis salvare, quod perierat. constabat primi parentis errato omnes homines culpa teneri: clausa erat paradisi porta, nec mortalibus patebat in caelum

und eret die hailigen drivaltikait in ainikait.

[71.2] welher sich dem glouben widert, macht sich untailsam alles hails. er wandelt in fünsternus und ist kain warhait in im. darumb, bist du witzig, so spring uß der fünsternüs! und mit haiterm liecht umbgeben tuo durch din bekennen eren die / hailigen drivaltikait und durch diner erbietung die selben erkennen! und sperr dich nit wider das hailig ewangelium, in dem man lyset, das das wort mensch worden sig! [72.1] din gsatzgeber verlögnet menschwerdung dess worts und spricht: warumb solt got mensch worden sein und an dess crutzholtz gelitten haben, der sust in anderweg erlösen mocht menschlich geschlecht? din satzung verlögnet den tod Cristi und vermaint, das an siner statt ain andrer mensch getödt sig, vermaint ouch, das got nit mensch worden, nit gecrutzget noch getödt sig. [72.2] wir veriehen diß alles, das got mensch worden sige und gelitenn hab. er bekennt ouch selbs, das dise ding geschehen sind zuo hail und erlössung: dess menschen kind ist kommen ze behalten das, daz verlorn was. offennbar was, das alle menschen in schuld verfasset waren usz irrtung und sünde unsers ersten vatters, beschlossen was des paradys port und der weeg in den

/[fol. 40v]

82  Edition aditus. [73.1] decebat summam Dei bonitatem hominem, qui ceciderat, reparare nec miserum esse perpetuo sinere, qui ad beatitudinem perfruendam creatus fuerat; sed obstabat iustitia Dei, quae pro peccato satisfactionem exigebat. dignus erat infinita poena, qui maiestatem offenderat infinitam, nec homo tanti erat, ut infinitam posset redimere culpam: stabat hinc divina iustitia ultionem petens, illinc divina bonitas miserendum esse censebat. [73.2] audienda fuit utraque vox, quia universae viae Domini misericordia et veritas. quare, etsi poterat Deus aliter humanae imbecillitati consulere, – est enim omnipotens –, hic tamen convenientissimus fuit modus, quem elegit, ut assumpta humana natura ipse poenas solveret.

[74.1] factus est Deus homo, ut homo fieret Deus. veritas de terra orta est, et iustitia de caelo prospexit. coniuncta est humanitas divinitati, ut acciperet ex plenitudine bonitatis, quod suae defectum suppleret infirmitatis. fuit hic modus salvandi humani generis divinae bonitati conveniens: satisfactum est iustitiae simul et

hymel den menschen verrygelt. [73.1] geburt sich der obersten guothait gottes, das er den menschen tätt widerpringen, der gefallen was, unnd nit liesse ewig arm sin, der geschöpfft was, / ze niessen sälikait. aber dawider was gottes gerechtikait, die vordert und begert ablegung der sünd. der mensch haut verschuldt unzalliche pin, der geletzt haut die unzallichen maiestett. das was zevil dem menschen, das er möchte ablegen unzallich schuld. do vordert gottes gerechtikait an aim tail rauch, an dem andern tail gottes güte begert barmhertzig ze sin. [73.2] alda waren baider tail red ze verhören, als der prophet spricht. barmhertzikait und warhait sind die weg des herren. und darumb, wie wol got hett mügen menschlicher kranckhait in ander weg zehilff kommen (wann er almechtig ist), yedoch ist das der aller gebürlichest weg gewesen, den er fürerwelt haut, das er nach empfengknus menschlicher natur die sunde selbs bezalte und ablegte. [74.1] und also ist got mensch worden, damit der mensch got wird. die warhait ist entsprungen von der erd und hat gerechtikait herab gesehen von dem hymel. menschait haut sich zuo gesellet der gothait, damit sy empfienge uß volkommner guothait das, das erfülte den presten irer kranckhait. diss weg, menschlich / geschlecht ze erlösen, ist gar gebürlich gewesen der guothait

/[fol. 41r]

/[fol. 41v]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  83

misericordiae, satisfactum est amori et odio. placuit hoc divinae potentiae, quae omnem defectum nostrum sua virtute superat; placuit et sapientiae, quae nihil frustra, nihil non decenter, non convenientissime facit.

[74.2] et licet necessitate absoluta – qua necessarium dicimus, sine quo aliud esse non potest – incarnatio verbi necessaria non fuerit, eo tamen modo, quo necessarium accipitur id, quo convenientius et congruentius pervenitur ad finem, dicere non pudet ad reparationem hominis incarnationem filii Dei necessariam fuisse. [75.1] ego sum Deus, ego sum Dominus, et non est absque me salvator, ex persona Christi inquit Esaias, quia non poterat homo salvare se ipsum et necessarium fuit, ut homo fieret Deus et Deus homo salvaret hominem. propter quod pulcherrime et ad propositum aptissime inquit ex nostris praecessoribus unus in hunc modum de mysterio divinae incarnationis: suscipitur a maiestate humilitas, a virtute infirmitas, ab aeternitate mortalitas.

[75.2] et ad deponendum condicionis nostrae debitum,

gottes, wann damit ist gnuog geschehen der gerechtikait und ouch der barmhertzikait, der lieb und auch dem hass. diss haut gefallen der götlichen macht, die mit ir crafft ersetzt aller unnser mangel und presten. haut ouch gefallen götlicher wyßhait, die nützit vergebens, nützit ungebürlich, nützit on sonnder ursach ordnet. [74.2] und wie wol dess worts menschwerdung nit notdurfftig ist gewesen, nach ungemessner notdürfftikait ze reden, in der wir das notdürfftig nennen, on das ain annders nit müglich ist. noch dann sagen wir, das menschwerdung gottes sun notdurfftig genennt weerd, damit man gebürlich und zymlich kommen mag zuo dem end. [75.1] Esayas spricht in der person Cristi: ich bin got. ich bin herr. und aun mich ist kain ander behalter. wann der mensch mocht sich selbs nit erlösen und ist notdurfftig gewesen, das got wurd mensch. und got mensch erloste den menschen, uff das unnser vorfarn ainer gar schön redt und / gebürlich zuo disem unnserm fürnemen von haimlichait götlicher menschwerdung: also demütikait wirt empfangen von kiniglicher maienstet, blödikait von der crafft, tödemlichait von der ewikait und unzerstörlicher natur wirt veraint mit tödemlicher natur, [75.2] uff zeheben die schuld unsrer aigenschafft. und ist warer got

/[fol. 42r]

84  Edition natura inviolabilis naturae est unita passibili, Deusque verus et homo verus in unitate temperatur, ut, quod nostris remediis congruebat, unus atque idem hominum Deique mediator et mori ex uno et resurgere posset ex altero. [75.3] nisi enim esset verus Deus, non afferret remedium; nisi esset verus homo, non praeberet exemplum. intelligis, quam convenienter filius Dei carnem assumpserit ut Deus et mortem obierit ut homo. sed quaeris testimonia antiquae legis; non negabimus, praesto sunt: ecce, inquit Esaias, virgo concipiet et pariet filium, et vocabitur nomen eius Emanuel, quod interpretatur nobiscum Deus. quomodo nobiscum Deus, nisi quia verbum caro factum est et habitavit in nobis?

[75.4] et iterum eiusdem prophetae verba sunt: puer natus est nobis, et filius datus est nobis, cuius imperium super umerum eius, et vocabitur nomen eius admirabilis consiliarius, Deus fortis, pater futuri saeculi, princeps pacis. an non hic mysterium incarnationis plane ostenditur, et quae tunc futura erant, tamquam praeterita manifestantur? [76.1] puer, inquit, natus est nobis, quia natus est in hu-

und warer mensch in ainikait vermyscht, damit er als ain mitler gots und dess menschen möcht ains tails sterben und anders tails ufferstaun, als dann das haischet unser hail.

[75.3] wann wer er nit warer got, so verstündte er uns nit hailsamclich; wär er dann nit warer mensch, so geb er nit bispel uns. du merckst nun, wie gebürlich gottes sun menschlich lib an sich genommen hatt als got und gestorben ist als ain mensch. nun möchtest dess zugknüs begeren der alten e. die wellen wir dir nit vorhalten, sonnder als bald entecken. nim waur, spricht Esayas, ain iungkfrow wirt empfahen und geperen ain sun und sin nam wirt bestymbt Emanuel, ist in unser sprach sovil geredt als „by uns got“. wie ist anders got by uns, dann also, das daz wort ist mensch worden und haut gewonnet in uns. [75.4] und aber sind desselben pro-/pheten wort: ain kind ist uns geporn und ain sun ist uns gegeben, dess gwalt uff siner achsel ligt und wirt genennt ain wunderbarer rautgeb, ain starcker got, ain vatter der künfftigen welt und ain fürst dess fryds. sag an, ist in disen worten nit gnuogsam geoffnet der menschwerdung haimlichait, in den künfftige ding geoffnet werden, als weren sy vergangen? [76.1] ] er spricht: ain kind ist uns geporn klain nach menschlicher

/[fol. 42v]

° gegeben haut Hs.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  85

mana parvitate; et datus est filius, quemadmodum Ioannes ait, quia sic Deus dilexit mundum, ut filium suum daret unigenitum. datus est Christus ex divinitate, natus ex humanitate, natus ex virgine. cuius imperium super umerum eius. – quid est imperium Christi, nisi lignum crucis, in quo pependit? [76.2] cruce Dominus mundum vicit, aereas potestates debellavit, et subacto triumphatoque diabolo regnum suum potenter intravit. oportuit enim Christum pati et sic intrare in gloriam suam, ut inquit ipse in evangelio Lucae. Imperium igitur super umerum eius fuit, quia crucem suis gestavit umeris – quamvis, eo fatigato, Simon Cyrenaeus angariatus sit eam tollere. [77.1] dicitur admirabilis propter signa et prodigia, quae fecit lumen caecis, auditum surdis, claudis ambulationem, debilibus fortitudinem et mortuis vitam restituens. consiliarius appellatur propter evangelica consilia quae adiecit antiquae legi.

[77.2] Deus asseritur, ne putares purum hominem natum; nam Deus humanae naturae coniunctus est. fortis, quia spoliavit infernum et portas aereas confregit et

kindthait, und ain sun ist uns gegeben,° als Iohannes spricht: wann got haut die welt also geliebt, das er sin aingepornen sun gegeben haut. Cristus ist gegeben uß der gothait, geporn uß der menschait, geporn uß ainer iungkfrowen, dess kiniglicher gwalt uff siner achsel. was ist annders der gwalt Cristi dann dess hailigen crützes holtz, an dem er gehanget ist? [76.2] der herr haut gesiget und überwunden die welt an dem crütz, uß getryben die lüfftigen gweelt, überwunden den tüfel und in dess kinigkrich mit macht gefaren. Cristus muost lyden und also in gon in sin glory, als er selbs redt in ewangelio Luce. und darumb ist sin gwalt gewesen uff siner achsel, wann / er uff sinen achseln getragen haut das crütz. und do er gemüdet ward, halff im Symon Cyroneus gezwungen daz tragen. [77.1] er wirt in den obgemelten worten genennt „wunderbarer“ von wunderzaichen, die er getaun haut, widergebende gesiecht den plynden, gehört den ungehorigen, grede den krüppeln, störcke den plöden und das leben den todten. er wirt genennt ain „rautgeeb“ von siner ewangelischen ler wegen, die er der alten ee zuo geben haut. [77.2] er ist „got“ genennt, das du nit vermaintest, das er ain lutrer mensch geborn wär, dann got ist menschlicher natur zuo gesellet. „starck“, wann er die hell beroubet, die erin porten zerstört

/[fol. 43r]

/[fol. 43v] ° hymel geoffnet und dem menschen Hs.

86  Edition vectes ferreos dissipavit. pater futuri saeculi, quia caelum aperuit electis et regnum homini praeparavit aeternum post hanc vitam in caelesti Hierusalem. princeps pacis, quia nato Christo clausum est apud Romanos templum Iani et mira pax exorta est et gloria in excelsis Deo cantaverunt angeli, et in terra pax hominibus bonae voluntatis.

[78.1] ostendit et alio loco idem Esaias incarnationem verbi dicens: Dominus enim iudex noster, Dominus legifer noster, Dominus rex noster; ipse veniet et salvabit nos, quod perinde accipiendum est, ac si dicat: carnem accipiet et mortem pro nobis subibit. [78.2] et rursus: vere tu es Deus absconditus, Deus Israel salvator. absconditus inquit, quia in carne latuit; salvator Israel, qui sua morte nostram mortem redemit. et ne putes temporalem esse salutem, salvationis genus addidit: Israel salvatus est, inquit, in Domino, id est virtute Domini, et subdit: salute aeterna, quam consecuti sunt omnes, qui ex Israel Christo crediderunt.

unnd ysny rigel zerbrochen haut. och ain „vatter der künfftigen welt“, wann er sinen erwelten den hymel geoffnet und dem menschen ain ewigs rych nach disem leben beraidt haut in der hymel° stat Hierusalem. zuo letst ist er genennt ain „fürst dess fryds“, wann als Cristus geporn ward, ist der tempel Iani dess abgotts abschlossen worden ze Rom, wunderbarer fryd erwachsen und haben die engel gesungen: glory sig got in der hohe und fryd uff dem ertrich den / menschen ains guotten willens. [78.1] och offnet Esyas die menschwerdung Cristi an ain andern end sprechende: der herr, unser richter, der herr, unser gsatztgeber, der herr, unnser kinig, er wirt kommen und uns erlösen. als ob er spreech: er wirt menschwerden und umb unser willen sich geben in do den tod. [78.2] und aber spricht er: fürwaur, du bist ain verporgner got, du erlöser Ysrahel. er spricht „verporgner“, wann er ist verborgen gewesen in dem lyb. füro spricht er „du erlöser Ysrahel“, wann er haut mit sinem sterben uns erlöst von dem tod. und das du nit gedenckest, das sin erlösung zitlich sig oder endtlich, so bestympt er das geschlecht siner erlösung und spricht: Ysrahel ist behalten in dem herren, das ist durch crafft dess herren. und redt füro: mit ewigem hail, das alle menschen überkomen haben, die uß Ysrahel geloubt haben in

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  87

[79.1] apertissimum est testimonium Esaiae. sed audi Hieremiam! sua haec sunt verba: ecce dies veniunt, dicit Dominus, et suscitabo germen iustum ex semine David, et regnabit rex et sapiens erit, et faciet iudicium, et in diebus illis salvabitur Iuda, et habitabit Israel confidenter, et hoc est nomen, quod vocabunt eum: Deus iustus. [79.2] considera verba et attende mysteria! suscitabo, inquit, germen iustum, id est Christum sanctum et iustum; ex semine David secundum carnem, quia ex prosapia regia et de sanguine David Maria, mater Domini, nata est. et regnabit rex – quomodo regnabit? sane quemadmodum ipse apud Matthaeum in evangelio dicit: data est mihi omnis potestas in caelo et in terra, quod est regem esse. [79.3] et sapiens erit, ait, sapientia scilicet – creata quae hominis est, et increata, quae Dei est et quae fuit ante saecula. et faciet iudicium discretionis scilicet et discussionis – nunc discretionis, dum eligit ex mortalibus quos vult et alios suo arbitrio dimittit, et in fine saeculi discussionis, quando reddet unicuique secundum opera sua.

Cristum. [79.1] diss zugnuß Esaie ist gar offenbar und clar. aber verhör Ieremiam, der also redt: nym waur, zyt und tag werden kommen, spricht der herr, und ich wird erkicken ainen gerechten prossen usser dem somen David. er ain kinig wirt richsnen und wyß sin und er wirt gereecht / urtail fellen. in den tagen wirt Iuda erlöst und Ysrahel wonen in hohem vertrüwen. und ist diss sin nam: unser got gerecht. [79.2] betracht dise wort unnd vermerck ir haimlichait! er spricht „ich wird erkicken ain gerechten prossen“, das ist Cristum, den hailigen und gerechten usser dem somen David nach der menschait, wann Maria, unsers herren muotter, ist geporn uß kinigklichen standen und von dem bluot David. und wirt rychsnen kinig, wie wirt er rychsen für waur also, als er in ewangelio Mathei redt: mir ist aller gwalt geben in hymel und erd, der wol kinigliche macht gennent° werden mag. [79.3] er wirt wys nach geschöpffter wishait, die dess menschen ist, und nach ewiger wißhait ze reden, die gots ist und vor der welt gewesen ist. er wirt ouch urtailen von erst underschaidlich und darnach rechtlich, yetz underschaidlich nach sinem willen, so er uß den menschen erwelt, welh er will, die andern nach irm fryen willen leben lat, und ze endt der welt wirt er richten rechtlich nach

/[fol. 44r]

° gennet Hs.

/[fol. 44v]

88  Edition

[79.4] in diebus illis salvabitur Iuda, id est, quicumque crediderint et baptizati fuerint, salvi erunt. et habitabit Israel confidenter in statu scilicet ecclesiae triumphantis. et hoc est nomen, quod vocabunt eum: Deus iustus, ut scias, quia Christus, ex semine David natus, non solum homo, sed etiam Deus est. nec alteri quam Christo haec verba convenire possunt. [80.1] accedat et alius propheta, Baruch nomine. quid ille ait? hic est, inquit, Deus noster, et non exisitimabitur alius adversus eum. hic adinvenit omnem viam disciplinae et tradidit illam Iacob puero suo et Israel dilecto suo. [80.2] post haec in terris visus est et cum hominibus conversatus est. docent haec omnia incarnationem verbi, et hominem factum Dei filium manifestant. [81.1] nunc de morte audi, et eos contemnito, qui Christum volunt esse translatum et nondum mortuum, sed incredibili dementia circa diem supremi iudicii cum omnibus angelis interficiendum putant. o nefandam audaciam et stultitiam alias inauditam!

ußwisung siner ewigen unwandelbaren gerechtikait, so er ainen yeden wirt / belönen nach sinen wercken. [79.4] in den tagen wirt Iuda erlöst. das ist sovil, welhe geloubent und werdent getoufft, die werden sälig. und wirt Israhel in vertruwen wonen in dem stant der sighafften kirchen. und wirt sin nam genennt gerechter got, das du dar durch verstandest, das Cristus geporn uß dem sammen David nit allain mensch, sonnder ouch got ist. diß wort ouch sust nieman mögen zuo gelegt werden. [80.1] Och tuot sich hierzuo ain andrer prophet neehen, Baruch genant, also redende: der ist unnser got und wirt kain andrer ufferweckt wider in. er haut erfunden alle kunst und haut die gegeben Iacob sinem sune und Israhel sinem geliebten. [80.2] darnach ist er gesehen uff dem ertrich und haut gewonet by den menschen. die ding alle under richtend unns von menschwerdung dess worts und zögend, das gottes sun mensch worden ist. [81.1] * nun füro merck von sinem tod und tuo die verachten, so dann vermainendt, das Cristus verwechslet und noch nit tod sige und in unsäglicher unsinnikait gloubend, das er mit allen engeln solle getödt werden an dem tag / dess iungsten gerichtz! o ain unsägliche durstikait und andern menschen ain ungehörte torhait!

* de morte Cristi /[fol. 45r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  89

[81.2] dimittimus angelos, quorum substantia incorporea est et immortalis; Christum interfectum negant, et aiunt interficiendum. at David ex persona Christi: quae non rapui, tunc, inquit, exsolvebam, quia non peccavit et poenas dedit et pro alieno delicto mortem subiit.

[81.3] quod manifestius Esaias ostendit dicens: vere languores nostros ipse tulit, et dolores nostros ipse portavit. ipse vulneratus est propter iniquitates nostras, attritus est propter scelera nostra; disciplina pacis nostrae super eum, et livore eius sanati sumus. omnes enim nos quasi oves erravimus, et unusquisque in via sua declinavit, et Deus posuit super eum iniquitatem – id est poenam pro iniquitatibus omnibus expiandis – omnium nostrum. [81.4] et subditur: oblatus est, quia ipse voluit, et non aperuit os suum. et paulo post: tradidit in mortem animam suam et cum sceleratis deputatus est; ipse multorum peccata tulit et pro transgressoribus rogavit. si vidisset propheta passionem Christi, vix potuisset apertius loqui.

[82.1] nec Hieremias tacuit tormenta Domini, qui eum ex

[81.2] wir geschwigen hie der engel, dero substantz und wesen unlybig ist und untödemlich, und kommen uff das, das sy mainend, Cristus sig nit getödt werden.° wider das David redt uß der person Cristi, so er spricht: ich hab da bezalt die ding, die ich nit geroubet hab. wan er nit gesündet haut und haut doch pin gelitten und ist gegangen in den tod von frömder sünd wegen. [81.3] davon offenlicher Esayas redt: also für waur, er haut unnser siechtagen gelytten unnd unnser schmertzen getragen. er ist verwundet umb unser boßhait und zerknyst umb unser sünd willen. strauff unnsers fryds über inn, und wir sind gesündt gmacht durch das, daz er gehasset und gepinget ist. wir all sind verirrt als die schauff. unnd ain yeder ist in sinem weg gewichen. und got haut uff inn gelegt die boßhait, das ist die pin, zuo ablegung all unnser sünden.

° Es fehlt et aiunt interficiendum.

[81.4] und er ist geopfert worden, wann er hautt begert und haut sinen mund nit uffgetaun. und wenig darnach schribt der prophet: er haut sin sel gegeben in den tod. er ist zuo geordnet den sündern. er haut vil sünd uffgehebt / und hat für die sunder gepetten. hette der prophet gesehen das lyden Cristi, so hett er doch nit mügen offenlicher davon reden. [82.1] och haut Ieremias nit verschwigen der pin unsers her-

/[fol. 45v]

90  Edition ligno crucis ita loquentem inducit: o vos omnes, qui transitis per viam, attendite et videte, si est dolor sicut dolor meus. [82.2] et ipse salvator de se ait: ecce ascendimus Hierosolymam, et filius hominis tradetur principibus sacerdotum et scribis, et condemnabunt eum morte, et tradent eum gentibus ad illudendum et flagellandum et crucifigendum, et tertia die resurget. et iterum alibi: sicut Moyses exaltavit serpentem in deserto, ita exaltari oportet filium hominis, ut omnis, qui credit in eum, non pereat, sed habeat vitam aeternam.

[82.3] et ne de morte dubites, scribit evangelista: cum accepisset Iesus acetum, dixit: consummatum est, et inclinato capite tradidit spiritum. prophetae Christum moriturum et a mortuis resurrecturum praedixerunt, evangelistae et obiisse in cruce et sepultum resurrexisse tertia die affirmant. certa res est, nihil ambiguitatis habet, veritati omnia consonant: resurrexit Dominus, ascendit in caelum et venturus est iterum, ut faciat iudicium in fine saeculi. [83.1] tua lex haec non recipit, quia non sapit de Christo,

ren, won er schrybt, der herr hab an dem crütz also geredt: o ir alle, die wandlend disen weg, merckend und sehend, ob dehain schmertz sig als min schmertz! [82.2] och redt unser behalter von im selbs: nemend war, wir gond hin gen Hierusalem, und dess menschen kind wirt geantwürt den fürsten der priester und den schrybern. die werden inn verdampnen in den tod und werden in geben den volckern ze verßpotten, ze gaißlen und ze crützgen, und wirt ufferstaun an dem drytten tag. und aber an aim anndern end: wie Moyses gehöcht haut den schlangen in der wüste, also muoß dess menschen kind gehöcht werden, damit ain yeder, der an in geloubt, nit verlorn werde, sonnder besitze ewigs leben. [82.3] unnd das du nit zwifel habest sines tods, so schrybt der ewangelist also: do Ihesus empfieng den essich, sprach er: es ist alles volbracht, unnd gab uff sinen gaist mit genaigtem houpt. die propheten haben wysgesagt, das Cristus sterben und / von den todten erston wird. ewangelisten veriehend, er sig gestorben an dem crütz und begraben, an dem drytten tag ufferstanden. die ding sind gewyß, haben kainen zwyfel und mithellig der warhait. der herr ist ufferstanden, uff gefaren in den hymel, kunfftig widerumb urtail° zegeben zuo end der welt. [83.1] din gsatzt gloubt diss nit, wann sy halt nit von Cristo das,

/[fol. 46r] ° ur über der Zeile.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  91

quae sapere oportet. cuius alterum adventum non solum evangelium, sed antiqui etiam vates ostendunt, sicut paulo ante de Hieremia diximus. contestis eius est Daniel dicens: ecce in nubibus caeli quasi filius hominis veniebat, et usque ad antiquum dierum pervenit. et sequitur: et dedit ei potestatem et honorem et regnum, et omnes populi, tribus et linguae servient ei.

[83.2] quibus in verbis viri doctiores iudicium Christi facile inveniunt in fine mundi. et ipse Christus de se ipso loquitur: dico vobis, quod vos, qui secuti estis me, in regeneratione, cum sederit filius hominis in sede maiestatis suae, sedebitis et vos iudicantes duodecim tribus Israel. et in Actibus Apostolorum legimus constitutum esse Christum a Deo patre vivorum et mortuorum iudicem. [83.3] haec nos de Deo sentimus, haec firmiter credimus, haec salubriter praedicamus, aeternam vitam promittentes omnibus, qui Christo credunt et in trinitatis nomine baptizati opera faciunt evangelio digna. [84.1] quaeris, quae sit ista vita aeterna, quid agat illic homo, qua voluptate laetetur, quomodo beatitudinem

daz hailsam ist. dess andre zuokunfft nit allain das ewangelium, sonnder ouch alt wyssagen offnend, als wir dann vor her von Ieremia gesagt haben. dess mitzüg Daniel ist sprechende: nymm war, er ist kommen in den wolcken dess hymels als ain sunn dess menschen und ist kommen biß uff das alter siner tagen. nach dem volgt: und haut im gwalt geben, er und kinigkrich, alle volck, alle geschlecht und all zungen werden im dienen. [83.2] in welhen worten die gelerten vinden und verstaund das gericht Cristi zuo end der welt. och redt Cristus von im selbs also: ich sag üch, minen nachvolgern, das ir in der widergeperung, wenn dess menschen kind sitzet in dem stuol siner maiestet, och alda werden sitzen urtailende zwelff geschlecht Ysrahel. wir lesen och in Actibus Apostolorum, das Cristus gesetzt ist von got, sinem vatter, ain / richter der lebenden und todten. [83.3] diss obgemelt artickel verstanden wir von got. diss glouben wir starck, diss predigen wir hailsamclich, verhaissende ewigs leben allen den, die in Cristum gloubend und die getoufft in namen der hailigen drivaltikait tuond wircken ewangelische werck. [84.1] nun wirst du fragen, was sig diss ewig leben, was der mensch darinn tüge, in waß wollust er sich fröwe und was selikait er

/[fol. 46v]

92  Edition assequatur? respondemus cum evangelio Ioannis: haec est vita aeterna, ut cognoscant te verum Deum, et quem misisti, Iesum Christum. summa ibi felicitas erit videre Deum in sua natura, et eius perfrui bonitate gaudia nostra mentis erunt. hac satiabimur, hac implebimur, hinc summa felicitas erit haerere Deo et Deum cognoscere. [84.2] videmus enim nunc per speculum, ut ait Apostolus, tunc facie ad faciem. et in iubilo teste Iob in facie Domini videbimus lumen et satiabimur, cum apparuerit gloria eius, et erimus sibi similes, sicut ait Ioannes. nec oculus vidit, inquit Esaias, nec auris audivit, nec in cor hominis ascendit, quae promisit Dominus diligentibus se. et Apostolus non esse condignas passiones huius saeculi dicit ad futuram gloriam, quae revelabitur in nobis. [85.1] tua lex in altera vita flumina lactis et mellis et vini promittit et cibaria delicata et uxores multas et concubinas et virginum coitus et angelorum in turpibus obsequiis ministeria et quicquid caro deposcit. bovis haec paradisus et asini potius quam hominis est! [85.2] nam quis mortalis est hominis habens faciem, qui per omnem vitam suam corpori serviat? quis non

überkommen. antwurten wir mit Iohanne in sinem ewangelio daz: das ist ewigs leben, erkennen dich wauren got und den du gesant haust, Ihesum Cristum. hochste sälikait wirt sin, alda got sehen in siner natur und sich gebruchen siner guothait, diss wirt sin fröd dess gemüts. hiemit werden wir gesatget und erfült, alda wirt hochste sälikait sin, got haben gegenwürtig und den erkennen. [84.2] dann als Apostolus spricht: wir sehen yetz durch ain spiegel, aber dann von angesicht zuo angesicht. und in dem buoch Iob ist geschriben: in des herren antlit werden wir sehen das liecht. und wenn sin glory sich ögt, so werden wir erfült, und im gelych och spricht Esayas: kain ög haut gesehen, kain / or gehört und kain hertz gedacht das, das der herr verhaissen haut sinen liebhabern. och maint Apostolus, das kain lyden diser welt so groß müg sin, die künfftig glory, die in uns geoffnet wird, weerd grosser. [85.1] din gesatzt verhaist nach disem leben milch, honnig und winflüß und lustbare spyß, vil ee und kebswyber, unluterkait der iungkfrowen und dienste der engel in schnöder gehorsamkait unnd alles, das der lyb begert. diss paradises wonung ist gepürlicher ainem ochsen oder esel dann aim menschen! [85.2] dann kain menschliche creatur ist in allem leben allain dienstbar dem lyb. welher mensch lebt, der doch nit etwen

/[fol. 47r]

° wiriger Hs.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  93

aliquando in mentis secessum abit? quis non pascit intellectum aliquando et a sensibus speculando recedit? an non est honoris et gloriae voluptas multo iucundior et diuturnior quam veneris? an non dulcior est bene actae vitae laus quam cibus ipse vel potus? bibit sapiens atque edit, ut vivat; tua lex ideo vitam appetendam homini existimat, ut edat et bibat.

[86.1] sicut in hoc saeculo carneus fuit legifer tuus, ita et in futuro carni studendum putavit neque curavit satiare mentem. cui omne studium fuit implere ventrem, atque in ea re summum bonum esse putavit. quod neque gentiles philosophi praeter paucos admisissent, inter quos summa fuit de supremo bono dissensio.

[86.2] alii in doloris privatione felicitatem posuerunt, ut Diodorus°; alii in indolentia, ut Hieronymus; alii in honestate voluptati coniuncta, ut Callipho et Dinomachus; alii in scientia, ut Herillus; alii in sola virtute atque honestate, ut Zenon et Stoici; alii in bonis animi et corporis et fortunae, ut Aristoteles et Peripatetici. [86.3] soli Aristippus et Epicu-

sin gewisne erkunne, welher lebt, der sin verstentnus nit etwan under wys und ler und in sinem betrachten sich abwende von sinen uswendigen empfindtlichaiten? sag an, ist nit lust der er und glory vil genemer und wirdiger° dann der unluterkait? dess gelichen lob: dess wol vergangnen lebens ist es nit süsser dann spys und tranck? ain wiser trinckt und ysset, das er lebe. din gsatzt maint, das leben sige dem menschen darumb zebegeren, das er esse und trincke. [86.1] und wie din gsatzt / geber° hie in diser welt ist flaisch°° gewesen, also haut er vermaint in der künfftigen welt dem lyb ze dienen. hat ouch nit besorgt das gmüt zefuoren und spysen, sonnder allen vlyß gehept, den puch zefüllen. in die ding er gesetzt haut der sel selikait und das oberst guot. das der mertail der haidischen maister nit heetten veriehen, under den groß zangken gewesen ist von dem obersten guot. [86.2] etlich haben sälikait gesetzt in abnemung schmertzes als Didonius°, etlich in mangel schmertzes als Iheronimus, etlich in erberkait zuo gesellet der wollust als Calipho und Dinomachus, etlich in kunst als Herillus, etlich allain in tügend und erberkait als Zeno und Stoyci, etlich in guothaiten dess gmüts, des libs und dess glücks als Arestoteles und Peripatetici. [86.3] allain Aristippus und

/[fol. 47v] ° beger geber Hs. °° falschi Hs.

° Didonius β (lat.).

/[fol. 48r]

94  Edition rus et eorum schola summum bonum in voluptate locarunt, atque his tua lex conformis est, qui faex omnium philosophorum et foetidum caenum fuere. nec tamen illi in eo errore fuerunt, ut hanc felicitatem in altero saeculo exspectarent, quibus futurae vitae spes nulla fuit mortalem animam existimantibus. [87.1] nostri philosophi summum bonum neque in terra neque in sensu, sed in caelo et in Deo quaerendum censent et eo satiandam mentem existimant. et natura ita instituit nos, ut caelum aspicientes eo votis omnibus aspiremus, sicut est illud poeticum: os homini sublime dedit caelumque videre iussit et erectos ad sidera tollere vultus.

[87.2] quis nescit finem his praestare, quae sunt ad finem? omnia haec corporea oblectamenta eo reperta sunt, ut species hominis conservari et in suum finem, qui est Deus, adduci posset. quis aut ederet aut biberet aut procreandis liberis operam daret, nisi esset in his aliqua delectatio? at haec non est finis hominis, qui ad Deum factus est, et nisi ad Deum veniat, numquam quiescit. [87.3] nec per carnales delectationes ad Deum ipsum

Epycurus haben mit irn schuolern gesecht das oberst guot in wollust. den selben ist din gsatzt mitformig, die, zuo yeden andern natürlichen maistern gezelt, geacht sind als ain stinckender myst. doch sind sy in diser irtung nit also verwickelt, das sy dise selikait gehoffet haben an iener welt, wann sy kain künfftigs leben, sonder / das° dess menschen sel todemlich sig, geloubt haben. [87.1] unnser philosophi und lerer mainent, das oberest guot sig zesuochen nit uff erden, nit in unser empfindlichait, sonnder in dem hymel und in got, damit unnser gmüt erfült werden mag. uns haut ouch die natur also gemacht, das wir in den hymel sehende mit aller begird dahin uns schicken söllen, als der poet redt: die natur haut dem menschen ain hohen mund gegeben, gepotten, anzuosehen den hymel und die uffgerichten antlit erheben gen den sternen. [87.2] welher wolt, die ding nit künnen enden, die zuo dem end dienent? all diss liplich wollust sind darumb erfunden, das menschlich geschlecht uffenthalten und zuo sinem end (das got ist) gefürt wird. welher mensch ässe, trunck oder machte kynder, wo in den dingen nit etwas wollust were? aber das ist nit dess menschen end zuo got geordnet, der kain ruo haut, er komme dann zuo im.

° das über der Zeile.

[87.3] ach, mag der mensch sich got nit nehen durch liplich lüste,

/[fol. 48v]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  95

pervenitur, sed quanto his magis immersus est homo, tanto est ab ipso Deo remotior. qui alioquin eo beatior exsistit, quanto angelicae divinaeque naturae magis ac magis adhaeret; nec curat carnalia desideria, qui bonis fruitur spiritualibus. [87.4] sicut ignis et aqua simul esse non possunt, sic deliciae spirituales carnalibus non cohaerent. trahunt illae ad se humanam naturam et totam in se rapiunt nec sentire sinunt, quae caro appetit. gustato spiritu desipit omnis caro, ut inquit unus ex nostris.

[88.1] tua lex in paradiso voluptates admittit, quas nec Solon nec Lycurgus permisisset in terra. quot foeditates de cibo et potu et aliis voluptatibus oriuntur, quas in paradiso nefas fuerit nominare! aut gignerentur sine fine homines et implerent omnia numquam morituri, aut frustra esset permixtio maris et feminae sine fructu, quae etiam in hoc mundo damnatur. [88.2] dicis: quid ergo feminis opus est, si non est coitus? dicimus et nos: quid opus est coitu, si non est generatio? propter voluptatem, dices. at haec foeda voluptas est et

sonder ie mer er sich denen gybt und inwyckelt, iemer tuot er sich ab keren von got. der mensch ist sovil seliger, als vil er mer und mer anhanget der / engelischen und götlichen natur, der achtet ouch nit liplicher lüste, der sich gebrucht gaistlicher fröd. [87.4] wie für und wasser ain andern ze baider sydt nit mögen tulden, also gaistlich fröd tuot sich liplichen lüsten nit verainen. dess gaistes lüstbarkaiten ziehend an sich menschliche natur und verschluckend die gantz und lassend sy nit versuochen begirlichait dess lybs. es spricht ainr uß unnsern vordern: nach versuochung° dess gaists ist der lib unlustbar und ungeschmackt.°° [88.1] din gsatzt vergünst lüst dess lybs in dem paradiß; der gelychen Solon und Ligurgus nit hetten verhengt uff dem ertrich. wie vil unrainikait erwachst von spys, tranck und wollust, die nit zymlich genennt mag werden im paradys! aintweders° mertend sich die menschen aun end und erfültend alle ding aun abgang und sterben. oder aber vermehlung mans und frowen were unnutz on frucht und kynder, die och in diser welt verdampnet ist. [88.2] hier zuo du redest: was ist not wyber, wo die sich mit mannen nit vermyschend? darzu wir antwürten: was ist not unluterkait, wo nit geperung ist? mochtest antwurten umb / lustes

° versuochung begirlichait Hs. °° un über der Zeile.

° des gelychen aintweders Hs.

/[fol. 49r]

96  Edition indigna, quae paradisum ingrediatur. nam quomodo illic permissa erit haec turpitudo, quae hic tamquam obscena prohibetur et tantum propter sobolem aut evitandi maioris mali causa permittitur?

[88.3] Hippocrates, divina vir scientia, venereum coitum partem esse quandam morbi taeterrimi existimabat, quem nostri comitialem dixerunt. quis igitur habens aliquid humani pudoris, ut verbis cuiusdam gentilis utamur, voluptatibus istis duabus, coeundi atque comedendi, quae homini cum sue atque asino communes sunt, gratuletur? non sunt haec, quae pia mens in caelo requirat. [89.1] dicis iterum: non erit plena felicitas in paradiso, si aliquod defuerit oblectamenti genus. ergo, ut existimas, cum variis rebus oblectentur homines – saltatione, venatione, piscatione, ludo, lucro, cantu, cibo, potu, venere et aliis quam pluribus –, eadem omnia in paradiso tuo requires et cum Vergilio dices: quae gratia currum armorumque fuit vivis, quae cura nitentes pascere equos, eadem sequitur tellure repostos. vana haec philosophia est, quam nulla umquam civitas bene

willen, fürwaur, diss ist ain unraine wollust und unwirdig, das sy ingang in das paradyß. dann wie wurd solich snedikait an dem end gelytten und verhengt, die hye by unns als unzimlich und schnöd verpotten ist und allain vergunst wirt zuo merung der menschen, oder das da durch grösser übel und sünde vermytten wird? [88.3] Ypocrates, ain man götlicher künste und wyßhait, haut unküsche vermyschung geacht tailhafftig sin dess fallenden siechtagen. und darumb, welher schemiger mensch wolt fröwen sich diser zwayer wollusten, unluterkait und frässery, die dem menschen mit ainer suw oder ainem esel gemain sind, als dann ain haid redt? kain miltes gmüt suocht dise ding in dem hymel.

[89.1] du mainst und redest, es wurd nit volkomne sälikait sin im paradyß, wo alda dehainer wollust mangel wer. dadurch wir wol verstanden, das du in dinem paradyß suochen wirst mengerlay kurtzwil, dero dann die menschen gwonlich pflegend: springen, iagen, vischen, spyl, gwin, gsang, spys, tranck, unkuschait und sust vil annder. und wirst reden mitsampft Virgilio: die fröd, so die lebenden haben mit / kostlichen wegen, waffen und schönen pferden, volgt ouch nach den begrabnen in die erden. diss philosophi ist gedicht und unwar,

/[fol. 49v]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  97

instituta recepit.

[89.2] nos, ut diximus, mentis gaudia et spirituales delicias quaerimus. beatitudo nostra, quam exspectamus in altera vita, est ipsa Dei visio, qua nihil optabilius inveniri potest. videbit enim beatus animus, et quae sunt in caelo et quae sub caelo. quid erit, quod eius aspectum fugiat, qui videbit videntem omnia? quae nunc videntur obscura de Deo, de trinitate, de incarnatione verbi, de processione sancti spiritus, de sacramentis ecclesiae, de ceteris arcanis, tunc aperta erunt et manifesta. nullum deerit oblectamentum, nihil requiret ultra plenus animus; nam quid pleno opus est? nihil illi deest, qui nihil cupit.

[89.3] desideria nostra implebit optimus ac maximus Deus, in quo omnia bona insunt, nec ullum cupiditatibus nostris relinquet locum. erit Deus omnia in omnibus, qui sine fine videbitur, sine fine amabitur, sine defatigatione laudabitur: quae lingua dicere vel quis intellectus capere sufficit, illius supernae civitatis quanta sint gaudia, angelorum choris interesse, cum beatissimis spiritibus gloriae

welhe nie kain gmaind oder statt in züchten underwyst empfangen haut. [89.2] wir suochen (als wir vor geredt haben) fröd dess gemüts und gaistlich lüste. unnser sälikait, der wir warttend in künfftigem leben, ist ansehung gottes aber, die nützt pessers gefunden werden mag. won das selig gmüt wirt schöwen alles, das in dem hymel ist.° was kann sich vor dess ougen verbergen, der den sehen wirt, der alle ding siecht? die ding, so ietz verborgen geacht werdent von got, von der hailigen drivaltikait, von dess worts menschwerdung, von ußgang°° dess hailigen gaists, von sacramenten der hailigen kirchen und von andern haimlichaiten, wenn sy offenbar werden, so wirt füro kain mangel sin der lüsten. das ersatget gmüt wirt füro nützit begeren. dann was prist aim volkommen? der haut kain mangel, der nützit begert. [89.3] der großmechtigest und beste got wirt erfullen unnser begirde, in dem alle guothait wonet. der och unnsern begirden füro kain staut noch wil laut. got wirts als sin in allen, der on end gesehen, on end geliebet, on müde gebryst wirt und gelobt. welhe zung kann sagen, / welher verstentnus mag empfahen und mercken, wie groß fröd sige in diser hohen statt, bywonen den chör der engel und glori unsers schöpffers, mit allen seligen gaisten schowen gegenwertig

° et quae sub caelo nicht übersetzt. °° uß von ußgang Hs.

/[fol. 50r]

98  Edition conditoris assistere, praesentem Dei vultum cernere, incircumscriptum lumen videre, nullo mortis metu affici, incorruptionis perpetuae munere laetari? [89.4] neque illic beatitudo humani corporis in epulis erit aut in vino aut in coitu. ex redundantia beatitudinis animae glorificabitur corpus ipsum et similitudinem eius induet. fulgebit tamquam sol in conspectu Dei, tenuitati eius nulla resistet materia, levitas et agilitas infinita spatia in ictu oculi permeabit. nihil erit, quod amplius laedi possit, inviolabile erit et impassibile more animae. et ita totus homo exsultabit et dicet cum propheta: cor meum et caro mea exsultaverunt in Deum vivum. [90.1] nec frustra erit differentia sexuum aut artus reliqui superfluent: resurgent viri et feminae integris membris, et non solum in specie, sed in ipso individuo humanae naturae perfectio reintegrabitur. [90.2] nec tamen animales operationes aderunt, nec commixtio maris et feminae, quia cessabit causa, propter quam fuerat introducta. erit enim completa multitudo hominum a Deo praefinita, nec ullus erit carnalis appetitus, nec pulsabit

gottes angesicht, sehen das ungemessen liecht, nit bewegt werden von forcht dess tods, sonnder sich fröwen der goube ewiger unzersterlichait? [89.4] alda wirt sälikait menschlichs lybs nit sin in essen, trincken unnd unküschait. der lychnam wirt glorificiert uß widerfluß der sel selikait und damit beclaidet. wirt lychten als die sunne vor der angesicht gots. kain matery mag hindern und widerstaun siner zerte, sin lychte und behendikait wirt in ainem ogenplick durchtringen unzalliche wyte. mag ouch füro von kainen dingen geletzt werden, wirt ouch unverserlich und unlidenbar als die sel. und also wirt der gantz mensch froulocken und sprechen mit dem propheten: min hertz und min lyb haben sich gefröwt in dem lebenden got. [90.1] och wirt underschaid der geschlecht, man und wyb, nit unnutz noch andre werck überflussig: man und wib werden erstoun mit gantzen glydern und wirt volkomenhait menschlicher natur nit allain ernuwert in gstalt der geschlecht / gmainiclich, ia, och aines yeden menschen. [90.2] insonnder niemans wirt füro wercken. och man und wyb sich nit vermyschen, wann ursach den uff gehept wirt, darumb vermyschung von erst angefangen ist. dann wirt erfült zal der menschen von got geordnet. der mensch wirt füro nit angefochten durch liplich lüst oder durch

/[fol. 50v]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  99

temptatio inimici, non patebit insidiis locus, cum perventum fuerit ad triumphum. pax ibi inconcussa et quies et summa concordia vigebit. [90.3] vides, inter tuam et nostram beatitudinem quantum interest: nostra felicitas nobiliori hominis parti, id est animae, respondet; tua viliori, id est corpori; nostra mentalis est, tua carnalis; nostra fulgens et nitida, tua obscura et foetida; nostra cum angelis et ipso Deo communis est, tua cum suibus et aliis pecoribus; nostram docti omnes philosophi laudant, tuam vituperant; nostra caelo digna est, tua etiam in terra reprehenditur. [91.1] sed dices in sacris etiam codicibus convivia reperiri, quae futura videntur in caelesti Hierusalem potu ciboque plena. inquit enim Esaias: faciet Dominus exercituum omnibus populis in monte hoc convivium pinguium. et in Sapientia legimus: miscuit vinum et posuit mensam. [91.2] et iterum: venite et comedite panem meum et bibite vinum, quod miscui vobis. et in Ecclesiastico: cibavit illum Deus pane vitae et intellectus, et aqua sapientiae potavit illum. et Dominus apud Lucam: ego, inquit, dispono vobis sicut disposuit mihi pater meus, ut edatis et bibatis super

anraitzen dess vynds. verrätry wirt och nit stat haben nach erobrung des sygs. alda wirt steeter fryd und ruow in oberster ainikait gruonen. [90.3] merckst du nun, wie grosser underschaid ist zwyschen unnser und diner sälikait? unnser sälikait anhanget dem edlern tail dess menschen, das ist die sel. dine dem schnödern, ist der lyb. unnser ist solh, dine liplich flaischy, unnser durchlüchtig und schön, dine tunckel und stinckend, unser gmain mit den engeln und mit got selbs, dine mit sawen und anderm feech. die unnsern lobend all verrümb maister, dine schelten sy. unnser ist wirdig dess hymels, dine wirt noh uff erden gestraufft. [91.1] aber hierzuo wirst du sagen, die hailig geschrifft meelde wirtschafften, so in der himel statt Iherusalem künfftig werden mit spys und tranck volkommenlich versehen. / wann Esayas spricht: der herr dess volcks wirt machen ain faiste wirtschafft alln volckern uff disem perg. och stat geschryben: er haut gemyschet win und gesetzt den tische. [91.2] und aber lesen wir: komend und essend brott und trinckend wyn, den ich uch gemyschet hab. och in Ecclesiastico ist geschriben: got haut inn gespyst mit dem brot dess lebens und der verstentnüs und getrenckt mit wasser der wyshait. darzuo spricht der herr in ewangelio Luce: ich berait üch, als mir min vatter berait haut, ain kinigkrich,

/[fol. 51r]

100  Edition mensam meam in regno meo. [91.3] omnia haec et his similia spiritualem habent intellegentiam, quia de mensa ipsa sapientiae non corporalis vel cibus vel potus assumitur, sed mentalis, qui suavissimus est ac mundissimus, et hic est, quem nos exspectamus in futuro saeculo. tanto est igitur nostra dignior quam tua felicitas, quanto nobilior et divinae beatitudini propinquior. [92.1] sed attingamus nonnullas alias tuae legis ineptias, quae cum sacris litteris adversantur, tum philosophicas rationes excludunt. dicit legifer tuus, quod tetigit eum Deus manu sua inter umeros, et usque ad medullam dorsi eius penetravit frigus. quod perinde est, ac si corporeum esse Deum affirmet, quia tactus non est nisi per corpus.

[92.2] nos incorporeum dicimus Deum. ait enim Esaias ex ore Dei: caelum et terram ego impleo – quod non posset fieri, si corporeus esset; et propterea dicit in Psalmis David: spiritus Domini replevit orbem terrarum. spiritus inquit Domini, non corpus Domini. et Ioannes in evangelio: spiritus est Deus.

das ir essend und trinckend ob minem tisch in mynem kinigrich. [91.3] die ding alle und der glychen haben ain gaistlichen sin. wann von dem tisch im buoch Sapientie wirt nit liplich spys und tranck empfangen, aber solich und gaistlich, die aller süssest und rainest ist. das ist die spys, die wyr hoffend in der kunfftigen welt. und darumb unnser sälikait ist so vil wirdiger dann dine, als vil sy edler und neeher ist götlicher sälikait. [92.1] aber wir wellen füro begryfen und erzelen vil ander unschick und unformlich frömdikait diner satzung, die nit allain widerwärtig sind der hailigen gschrifft, sonder och uß kainen natürlichen vernünfftigen ursachen mögen erwachsen sin. / Din gesatzfeller spricht: got hab inn berürt und mit siner hand getastet zwyschen die achseln und die kelte hab durchtrungen sinen rugken bis an das marck. das dem glych ist, als ob er veriehe, das got gelybt sig, wann tasten ist ain werck allain ainr lyplichen substantz verlyhen. [92.2] wir sagen, got sige ungelybt, wan Esayas redt uß gots munde: ich erfüll himel und erd. das nit müglich wäre, wo er gelybt solte sin. darumb haut David geredt im Psalter: der gaist dess herren haut erfült den kraiß der erden. er spricht der gaist, nit der lyb dess herren. unnd Iohannes in ewangelio: got ist ain gaist.

/[fol. 51v]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  101

[92.3] philosophi Deum purum actum esse dicunt, principium omnium rerum, naturae omnino simplicis et aeternae. quodsi corporeus esset Deus, nihil horum ei posset attribui; esset enim compositus ex elementis aut alia materia, et posterior suis partibus, neque simplex neque purus neque origo rerum. et naturas haberet se ipso excellentiores, angelos scilicet – nobiliora sunt enim spiritualia quam corporea –, quod est opinari absurdum, ne dicamus asserere. [92.4] nec simul stare potest, ut causa causarum sit Deus, sicut philosophi volunt et recte volunt, et compositus inveniatur: esset enim ab alio compositus, et illum nos potius diceremus Deum, qui composuisset. non est igitur corporeus Deus, quia compositus non est.

[93.1] nec movemur, quamvis in sacris litteris et caput et manus et pedes et oculi et digiti et cor et uterus et huiusmodi attribuantur Deo. utitur enim spiritus sanctus, qui loquitur in scripturis, vocabulis, quae sunt in usu per similitudinem quandam, sicut dicit Ezechiel ex persona Dei: ego visionem multiplicavi eis, et in manibus prophetarum assimulatus sum eis.

[92.3] och natürlich maister nennen got ain pur luter wurckung, anfangk aller ding, gantz ainfacher und ewiger natur. wo aber got gelybt weere, möchte im dero ding kains zuo gelegt werden, dann er weer zemengefügt uß den elementen als annder materi. speeter dann sine tail, uß denen er gemacht weere, weere ouch nit ainfach, nit purluter, nit anfang aller ding. und hett engel, die weerend edler dann er, wann gaistliche ding sind edler dann gelybte. in disen dingen zwyfel haben ist straffbaur und ze schelten. [92.4] es mag och nit by ain andern / bestoun, das der secher aller sachen got sige, als Philosophi redent und waur redend, und das er dar zuo gemacht sige, dann er weere gemacht vonn aim andern. den selben nennten wir pillicher got, der inn gemacht und sine tail zuo ain andern gefügt hett. und also ist got ungelybt, wann er ist nit zemen gefügt. [93.1] wir werden auch hiemit nit überwunden, das die hailig geschrifft got zuolegt hopt, hend, füß, ougen, finger, hertz und buch.° dann der hailig gaist, der mit uns redt in der gschrifft, gebrucht sich durch ettwas gelychnus der wort, die uns gwon sind, als Ezechiel redt uß der person gottes: ich hab inen gemeret ir gesiechten und bin inen gelichnet in den henden der propheten.

/[fol. 52r]

° et huiusmodi nicht übersetzt.

102  Edition [93.2] est enim naturale homini per sensibilia ad intellegibilia pervenire, et omnis nostra cognitio a sensu capit exordium. atque idcirco spiritualia nobis in sacris codicibus sub metaphora corporalium exhibentur, atque ita fit, ut etiam rudes aliquid capiant, qui alioquin essent divinae sapientiae minus idonei auditores.

[94.1] dicit praeterea tuus Mahumetes omnium peccatorum causam esse Deum et exclamans his verbis utitur: o deus, quibusvis bonam, quibusvis malam viam praebes! nos mortale peccatum aversionem quandam esse dicimus ab ultimo fine, nec possibile censemus Deum, qui ultimus finis est, voluntatem cuiuspiam a se avertere: esset enim sibi ipsi contrarius. [94.2] et si Deus omnia diligit, quaecumque fecit – ut est illud Sapientiae: diligis omnia, quae sunt, et nihil odisti eorum, quae fecisti –, quomodo consentaneum est, ut peccati causa sit ipse Deus? cui dicit in Psalmis David: odisti omnes, qui operantur iniquitatem. et in Ecclesiastico legimus: omne exsecramentum erroris odit Deus. contraria sunt amor et

[93.2] wann es ist natürlich demm menschen, durch empfindtliche ding ze erkennen verstendtliche unsiechbare ding. ouch alles unnser erkennen empfancht anfangk von der empfindtlichait. und darumb werden die gaistlichen ding uns in der hailigen geschryfft fürgehalten in ainr versetzten° gstalt der liplichen und also geschicht, das och die groben menschen ettwas verstaund, die sust gar ungeschyckt hörer und uffmercker weeren der götlichen wyßhait. [94.1] fürbaß sagt din Machumetes, got sige / ain ursach aller sünd und gebrucht sich in sinem ussrüffen diser wort: o got, du gibst guot leben den menschen, den du wilt, und böses, welhen du wilt. wir sagen, todlich sünde sige ain abwendung von dem letsten end, vermainend ouch, es sige nit müglich, das got, der das letst end ist, ainiches menschen willen von im abwende, wann er weer widerwertig im selbs. [94.2] und ist sach, das got alle ding liebet°, die sind – und haust dero kains gehasset, die du gemacht haust – wie kann dann und mag der warhait gelych sin, das got selb sig ain ursach der sünd? zuo dem David redt im Psalter: du haust alle die gehasset, die boßhait würcken. och lesen wir in Ecclesiastico: got hasset all überfluß der irrtung. widerwertig sind liebe und hass.

° zweites t über der Zeile.

/[fol. 52v]

° liebet fehlt in der Hs.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  103

odium. [95.1] audi ulterius intolerabilem tuae legis errorem! si vobis, inquit, adversa incumbunt, incubuerunt et ceteris. Sunt enim isti dies casus atque fortunae. negat divinam providentiam curare mortalia. [95.2] nos de divina sapientia dicimus, quod attingit a fine usque ad finem fortiter et disponit omnia suaviter, nec summae Dei bonitati convenit ea neglegere, quae creavit, propter quod inquit apud Matthaeum Dominus: omnes capilli capitis vestri numerati sunt. [95.3] addit Mahumetes angelos creatos ex flamma ignis et peccare et morituros esse. nos cum propheta dicimus, quod Deus fecit angelos suos spiritus et creavit eos ex nihilo. et philosophos nobiscum sentientes habemus, qui omnes angelos, quos intellegentias vocant, incorporeos esse dixerunt. [95.4] nec peccatum in angelis reperiri posse censemus, qui Deum in essentia videntes omnia vident et omnia intellegunt ad suam perfectionem necessaria; nec est in eis ignorantia, peccati mater. [95.5] nec subiectam corruptioni naturam angelicam arbitramur, in qua non est materia, quae seperari

[95.1] merck füro unlydenlich irtung diner gsatzte! sy spricht: begegnent üch widerwärtig sachen, der gelychen sind andern ouch begegnet, wann diss zit ist underwürffig dem fal dess gelycks. spricht ouch, göttliche fürsichtikait beware unnd versorge nit zergengliche ding! [95.2] wir sagen von gottlicher wyshait, das sy von end raich biß zuo ennd meechteclich und ordnet alle ding süsseclich. es gebürt och nit der obersten guothait gottes, das sy verachte die ding, / die sy geschöpfft haut. darumb spricht der herr in ewangelio Mathei: alle haurleck üwers houpts sind gezelt. [95.3] och redt Machumetes, die engel sigen geschöpfft uss flammen dess fürs, sy syndendt und sigen tödemlich. wir sagen mit dem propheten, das got haut gemacht sin engel gaiste und uß nützt geschöpfft. wir haben ouch naturlich maister unns mithellig, die sagend, all engel unlybig sin, und nennend sy intelligentias, ist sovil als verstentnüs. [95.4] wir vermainen och, sy mügen nit sunden, die, got sehende, alle ding sehend in sinem wesen, och alle ding verstound, so inn notdürfftig sind zuo ir volkomenhait. och ist in inn nit unwissenhait, ain muoter der sünde. [95.5] wir vermainen, das die engelsch natur nit underwürffig sig der zerstörlichait, dann in ir kain matery ist, die getailt werden

/[fol. 53r]

104  Edition possit a forma, sed ipsa forma per se subsistit incorruptibilis et immortalis. [96.1] Origenis, praeclari et excellentis ingenii viri, sicut multa exstant praeclarissima opera, ita et nonnulli errores perniciosissimi reperiuntur, inter quos unus ille est, quia daemones per Dei misericordiam liberandos esse aliquando a poenis asserit. hunc secutus est Mahumetes, qui salvandos per Alcoranum malos angelos affirmat. [96.2] nos cum Esaia de omnibus damnatis, sive hominibus sive angelis, unam sententiam habemus, quod vermis eorum non morietur, et ignis eorum non exstinguetur. et salvator in evangelio damnatis in ultimo iudicio ignem aeternum repromittit, diabolo et angelis eius praeparatum. [97.1] quid, quod tuus legifer animam humanam portionem esse asserit animae Dei, sicut nonnulli philosophi parum periti tradiderunt, et Manichaei secuti sunt? nos humanam animam ad imaginem et similitudinem Dei factam dicimus, sicut scriptum est in Genesi: faciamus hominem ad imaginem et similitudinem nostram – quod de anima dictum est, non de corpore. [97.2] quodsi anima hominis portio esset Dei, esset utique

müg von der form, sonnder die form selbs wesenlich ist unzerstörlich und untodemlich. [96.1] Origenes, ain hochdurchlüchtig lerer, wie der vil costlicher ler beschryben also haut, er vil schweerer schedlicher yrtungen gemacht und erdacht, under den das aine ist, das er veriecht, das die tüfel etwenn erlöst sigen von ir pin durch gots barmhertzikait. dem haut nach gevolgt Machumetes und vermaint och in sinem buoch Alchorano, das die / bösen engel söllen erlöst werden. [96.2] wir sind mit Esayas ainr mainung und ains synns von allen verdampneten, sy sigen menschen oder engel: das das nagen des wurms ir gwisne nit abstyrbt und ir für nit wirt abgelöscht. och unnser erlöser in° ewangelio verhaist allen verdamneten an dem iungsten gericht daz ewig für, berait dem tufel unnd sinen engeln. [97.1] was sagst du zuo dem, das din gsatztfeller spricht, dess menschen sel sige ain tail der sel gotteß, als och etlich ungelert philosophi gesagt. den selben ouch Manichei nachgevolgt haben. wir sagen, menschliche sel sige gemacht nach gottes pildung und gelychnus, als geschriben ist in Genisi: wir söllen machen ain menschen nach unnser pildung und gelychnus. das von der sel geredt ist, nit von dem lib. [97.2] weere dess menschen sel ain tail gots, so were sy got. och

/[fol. 53v]

° in fehlt in der Hs.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  105

Deus, nec esset homo non Deus; quod dicere stultissimum est, cum manifestum sit labi hominis animam a bonitate in malitiam, a veritate in errorem, a gaudio in tristitiam, a spe in desperationem – quod est a Dei substantia penitus alienum. [98.1] nec illud verum est, quod in vestra lege traditur, animas hominum ex una productas esse omnes. asserunt enim philosophi ab extrinseco homini intellectum, et quod in nato sit spiritus vitae iussu Dei. et theologi rationales animas omnes ex nihilo creatas dicunt.

[98.2] et Adam, cum factam vidisset feminam: hoc os, inquit, de ossibus meis et caro de carne mea. non dixit: anima de anima. et propheta in Psalmis canit: qui finxit sigillatim corda eorum – ponitur enim cor pro anima, quia sedes eius in eo est. et Deus sibi animarum productionem reservavit propter earum dignitatem, qui per Esaiam ait: omnem flatum ego feci – quod intellegitur de flatu spirituali, qui est rationalis anima. [99.1] praeterimus, quod caelum ex fumo factum dicitis: quod, si verum esset, corruptioni subiaceret.

were der mensch got. das doch ain gröste torhait weer ze reden, diewil offembar ist, das dess menschen sel von guothait falt in boßhait, von warhait in irtung, von fröd in trurikait, von hoffnung in verzwyflung, die alle ganntz frömd sind der substantz gottes. [98.1] och ist nit waur, das all selen der menschen kommen von ainr sel, das doch üwer gsatzt innhalt und lert. wann / die natürlichen maister sagend, verstentnüs sige dem menschen inwendig, und das der gaist dess lebens sig in aim gebornen uß gottes haissen unnd ordnung. och schrybend der göttlichen gschrifft lerer, all vernünfftig selen sigen geschöpfft uß nütziz. [98.2] do Adam ersach das gemacht wyb, sprach er: das pain uß minem pain und der lyb von minem lyb. aber er redt nit: die sel uß miner sel. und David spricht im Salter: der gemacht haut sonderbarlich ains yeden hertz, das ist die sel; in der gschryfft wirt das hertz für die sel versstanden, wann der sel sessel ist im hertzen. und got haut im selbs behalten uffürung der selen von ir wirdikait wegen, der durch Esayam redt: ich hab gemacht alle wind. das man verstaut von dem gaistlichen wynd, der ist die vernünfftig sel. [99.1] wir geschwigen dess, daz ir sagen, der hymel sige uß aim roch gemacht. wo das waur wer, so weer er zergengklich. wir

/[fol. 54r]

106  Edition praeterimus, quod solem et lunam aequales ab initio virtutis et luminis tuus propheta testatur. [99.2] nos dicimus caelum ex nihilo creatum, et duo luminaria magna fecisse Deum ab initio: luminare maius, ut praeesset diei, et luminare minus, ut praeesset nocti. [100.1] ad illud transimus, quod in vestra lege dulcissimum et saluberrimum esse putatis: uxores multas ducere. quod si Deo placuisset, creato homini ab initio non unam tantum sociam praebuisset, sed plurimas, nec dixit Deus: relinquet homo patrem et matrem et adhaerebit uxoribus suis, sed uxori suae dixit. [100.2] nec amicitia inter virum et uxorem vera esse potest, ubi non est aequalitas, cum vir pluribus misceatur, mulier vero uni tantum adhaereat, cuius est in alias plures distractus amor. nec propterea numerus hominum augetur, quia plures uni nubant feminae, nam totidem viri privati coniugio sine prole decedunt, et praesertim cum mulieres numero pauciores exsistant. [100.3] iniqua insuper res videtur et naturali adversa libertati, unius urbis civium alios multiplici matrimonio

geschwigen, das din prophet spricht, sunn und mon von anfang sigen gelycher krafft und liechts gewesen. [99.2] wir sprechen, der himel sig uß nützit geschöpfft und got hab zway grosse liechter gemacht von anfang, das grösser ze hilff dem tag, das klainer der nacht.

[100.1] und kommen uff das, das ir in üwer satzung das aller höchst, / süssest und heilsamest sin achtend: vyl wyber haben. weere diss got gefellig gewesen, so hette er von anfang dem geschöpfften menschen nit nur ain gesellin geben, aber vyl. der herr haut gesprochen: der mensch wirt verlaussen vatter und muoter und wirt anhangen sinem wybe. er spricht nit „sinen wyben“. [100.2] es mag ouch nit früntschafft und liebe zwyschen man und frowen sein, wo nit gelyches wesen ist. uß was ursach sol der man vyl wybern vermyscht werden, das wyb nur ainem anhangen und aim solichen, dess liebe gen vyl wybern getailt ist? och wirt da durch zal der menschen nit gemeret, das vyl wyber ainem man geaignet werdent, da so vil man beroubt der ee on kind abgond und sterbend, und insonder° die wil der wyber minder ist dann der man. [100.3] darzu ist unbillich und wider natürliche fryhait, das purger ainer statt etlich in vylfacher ee, etlich in ainikait ir

/[fol. 54v]

° insonder die wyber wil der richter wyber Hs.

/[fol. 55r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  107

uti, alios in solitudine degere. nec propterea laudanda consuetudo, quod in veteri lege plerosque sanctos viros pluribus uxoribus fuisse coniunctos legimus, quia non id ex lege aut ex voluptate fecerunt, sed divina quadam dispensatione et ad sobolem procreandam, quae cresceret in cultu Dei. [101.1] tacemus de divortio, quod permittitur apud vos contra legem evangelicam, et de adulterio et fornicatione et aliis sceleribus, quae, licet antiqua lex detestetur, et nova prorsus abominetur, apud vos tamen concessa videntur.

[101.2] non est, quod omnia tuae legis errata percurramus, quando neque nobis scribendi, neque tibi legendi satis est otii. et tu ipse pro tuo ingenio multa intelligis adeo stulta esse, ut nulla possint ratione defendi. [102.1] tota de Deo quaestio est – huc omnia referuntur, totum in eo consistit – ut Christum Iesum Deum esse credamus: quo concesso, necesse est eius legi oboedire et eius verbis credere, quoniam verax est et mentiri non potest. in eius lege trinitatem, de qua supra diximus, in unitate divinitatis comperimus et incarnationem verbi et processionem spiritus sancti et reliqua omnia, quae

leben schliessend. diss gewonhait ist ouch darumb nit zeloben, das wir in der alten ee lesen, das ettlich hailig man vyl eewiber gehebt haben. wann sy haben daz nit uß satzung oder wollust gethaun, sonder uß ettwas verhencknus und zuo merung der geschlecht, die zuo nemen möchten in der zucht / gottes. [101.1] wir geschwigen dess abschyds von der ee, so dann by üch gelitten wirt wider ewangelische satzung. geswigen ouch dess eebruchs und andrer sünd; wie wol die alt ee die selben sünde straufft und die nüw ee gantz verwirfft, noch dann werden sy üch (als ir mainend) erloubt. [101.2] wir wellen nit all irrtung diner satzung hie melden, die wyl wir nit muoß haben, sy all ze schryben und villich du zelesen. du merkst ouch selbs in diner vernunfft, das vil in diner gsatzt so närrisch ist, das es mit kainer wytz noch kunst mag beschyrmt werden. [102.1] all unnser fraug und zangkung ist von got. dahin lendend unsre wort. es ligt als daran, das wir globend, das Cristus Ihesus got ist. wenn das geschicht, ist darnach not, das wir gehorsam sigen siner satzung und gloubend sinen worten. wann er warhafft ist und mag nit liegen. in sine gesatzt finden wir drivaltikait (von der wir vor her gesagt haben) in ainikait der gothait, menschwerdung dess

108  Edition rettulimus, usque ad extremum iudicium. quod autem Christus Deus sit, iam supra ostensum est ex veteri lege atque prophetis. [102.2] licet etiam ex tua lege monstrare, quae prophetam et sanctum virum fuisse Christum asserit. si propheta et sanctus, ergo verax; si verax, et Deus; nam Deum se ipse testatus est dicens: ego et pater unum sumus, et qui videt me, videt et patrem, et si creditis in Deum, et in me credite, et alia multa huiusmodi, per quae divinitas Christi colligitur et aequa cum patre et spiritu sancto maiestas. [103.1] bene est igitur, ut legem nostram amplectaris, quae verax est et salutaris a Deo data, et tuam relinquas, in qua non est veritas neque salus: homo illam tulit, peccatis et ignorantia plenus. [103.2] intellexisti, quanta adduximus ex veteri lege testimonia, quibus Deus ostenditur et homo Christus Iesus, et pro nostra salute supplicio crucis affectus. audivisti sacrosancti evangelii attestationes et ipsius Christi voces, quem tua lex sanctum habet. [104.1] quid igitur obstat baptismo? quis prohibet

worts, ußgang dess hailigen gaists und sust alles das, davon wir gesagt haben, byß an das letst gericht. das aber Cristus got sige, ist vormals geoffnet uß der alten ee und den propheten. [102.2] das uns gebürt ze offnen uß diner satzung, die veriecht, das / Cristus gewesen sig ain prophet und ain hailiger man. ist er ain prophet und hailig, so ist er warhafft und got. dann er bezügt selbs, das er got sig, sprechende: ich und min vatter sind ains. und welher mich siecht, siecht ouch min vatter. und gloubed ir in got, so gloubend in mich. und sust vyl dess gelychen. da durch man merckt und verstaut die gothait Cristi und sin gelyche maiestet mit dem vatter und dem hailigen gaist. [103.1] und darumb ist wol gethaun, das du umbfahest unnser satzung, die warhafft ist und hailsam von got gegeben, und dine verlassest, in der nit warhait noch hail ist, die gemacht haut ain mensch, beladen mit sünden und unwissenhait. [103.2] du hast nun verstanden, wie hoch zugknüs und grosse wir ingelegt haben uß der alten ee, durch die Ihesus Cristus gezögt wirt got und mensch, und das er gelytten haut umb unnsers hails willen die pen dess crützes. du hast gehört zügknüs dess hailigen ewangelis und die wort Cristi selbs, den din gsatzt veriecht hailig. [104.1] und darumb, was hindert nu den touff? wer tuot uns verhal-

/[fol. 55v]

/[fol. 56r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  109

aquam? quid moraris? ingredere iam tandem salutis iter: cum praecellentibus viris et magnis imperatoribus ad aeternam salutem sub Christo pervenies. [104.2] diximus de Constantino seniore et de Philippo, qui rem publicam tenentes in Christum credidere; post Constantinum creati Caesares idem iter secuti sunt et in fide nostra dormierunt, excepto Iuliano Apostata, qui ex monacho Caesar factus transivit ad idola, quae vitam laxiorem promittebant.

[104.3] sed ille in bello Parthico poenas dedit et sagitta confossus in incertum missa coactus est cadens dicere: vicisti, Galilaee – sic enim per contumeliam vocabat Christum. fuerunt et aliqui schismatici et haeretici, qui, etsi Christiano censebantur nomine, non tamen recta incesserunt via. imperatores christiani nullo errore polluti inventi sunt Iovianus, Gratianus, Iustinianus, Valentinianus, Iustinus, duo Theodosii, Arcadius, Honorius, Carolus Magnus, Ludovicus et plures Franci, ex Teutonicis tres Ottones, Henrici aliquot, et non pauci sub aliis nominibus. [105.1] praeterimus alios reges

ten das wasser? wes harrest du? schick dich doch zuo letst in den / weg dess hails! du würst mit durchlüchtigen mannen und großmechtigen kaisern kommen zuo ewiger sälikait in Cristo. [104.2] wir haben von dem eltern Constantino gesagt unnd Philippo, die in ir macht und gwalt belybende in Cristum geloubt haben. die erwelten kaiser nach Constantinum haben disem° weg nachgevolgt und ruowent in unnserm glouben, ußgenomen Iulianus Appostata, der ain münch gewesen was, und zuo kaiser erwelt verließ unnsern glouben unnd verkert sich zuo den abgötten, by denen er mocht ain verlassner leben füren. [104.3] aber im ward der loun in dem strit, Particus genannt, alda er mit aim pfil durchschossen ward und sprach in sinem niderfal: Gallilee, du hast gesiget (dann er nennet Cristum also in lasters wys). sunst sind och etlich mer abgetailt unnd ketzer gewesen, wie wol sy Cristen genennt wurden, giengen sy doch nit den rechten weg. aber cristenlich kaiser mit kainerlay irrtung beladen und vermasget sind gewesen Iovinianus, Gratianus, Iustinianus, Valentinianus, Iustinus, zwen Theodosy, Archadius, Honorius, groß Karolus, Ludoicus° und vil in Franckrich, uß den tütschen dry Ottones, etwe vil Hainrichen und sust nit wenig anders genennt. / [105.1] wir geschwigen der andern

° disem über der Zeile.

° Ludwicus Ludoicus Hs. /[fol. 56v]

110  Edition fama claros, qui vel in Gallia vel in Hispania vel in Anglia vel in Hungaria vel in aliis provinciis Christianis sacris initiati fuerunt et in Domino mortui ad vitam creduntur migrasse beatam. cum his non est, cur te pudeat Christi iugum subire et sub eo regnare, per quem reges regnant et legum conditores iusta decernunt; multos invenies reges, qui te colentem Christum honorabunt.

[105.2] etsi enim aliquando horrebant reges Christi nomen et propter idola Christianos persequebantur, postea tamen propter Christum idola deleverunt. honesta haec societas est, cum qua te vocamus in viam veritatis et pacis, illa nihil dignitatis habet, cum qua te tua lex in devia rapit. nam praeter Ottomanorum familiam, de qua natus est, et illustres progenitores tuos, quis est, qui magnopere laudari inter Saracenos queat?

[105.3] celebratur Saladinus quidam, et aliqui pauci nomen habent, qui res memoria dignas gessere. at Christianorum excellentissima nomina omnes historias impleverunt: noti sunt in Syria et in Aegypto et in Asia Gotfridus,

kinig hochgebrist, die in Gallia oder in Hyspania oder in Engelland oder in Hungern oder in andern lendern empfangen haben cristenlichen glouben, die gestorben in dess herren willen, werden geacht, das sy gefaren sigen in das ewig leben. und darumb uß was ursach woltest du dich schemen, mit diss obgemelten lob wirdigen mannen zetragen das ioch Cristi und richsnen in dess willen, durch den all kinig regnierent und all richter recht urtailend? du wirst vil kinig vinden, die dich ain verieher Cristi werden eren. [105.2] wie wol si ettwen entsessen haben den nanmen Cristi und, von lieb wegen der abgöt, haben Cristen durchächt, yedoch darnach haben sy durch Cristum abgöt zerstört und abgetylket. diss ist ain erbere geselschafft, durch die wir dich berüfen in den weg der warhait und dess frydes. aber die ist kaines lobs wert, mit der dich din gsatzt fürt in abweg unnd irrtung. sag an, under allen Sarracen, wie vil sind lobwirdiger man, ußgenommen das geschlecht Othomanorum, von dem du geporn bist, und din durchlüchtig altvordern? [105.3] ainr haist Saladinus und sust sind etlich aber wenig mer namhaffter mann, die groß sachen haben gehandelt. / aber der Cristan lobsam täten haben all hystorias erfült: in Syria, in Egypto, in Asia sind bekannt Gotfridus, Balduinus,

/[fol. 57r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  111

Balduinus, Bohemundus, Tancredus, Conradus, Philippus et alii admodum multi, qui ab extremis Galliarum et Germaniae finibus cum ingentibus copiis Hierosolymam petiere iterque sibi per medios hostes ferro paravere. hos tibi comites damus, cum his te Christo iungere cupimus: honestiores hi socii sunt quam Aegyptii effeminati aut imbelles Arabes. [106.1] tua origo, sicut accepimus, Scythica est; inter Scythas multos fuisse viros in armis claros memoriae traditur, qui vectigalem Asiam pluribus saeculis tenuerunt et Aegyptios ultra paludes eiecerunt. non sunt comparandi aut Aegyptii aut Arabes Scythico generi, non est forti et ignavo aequa societas. mirandum est tantum potuisse suis fascinationibus Arabes, ut audaces et praestantes Scythas in suam societatem adduxerunt. [106.2] quid dicimus societatem? non est haec societas: servitus est, quando eorum legi subiectus es – quae utinam lex esset et non deceptio ac praestigium! conformior tibi cum Christianis societas erit, fortibus viris facile amicantur fortes, virtus virtuti placet. pulchra et stabilia sunt inter

Bohamundus, Tancredus, Conradus, Philippus und zemal vil ander, die uß den wytesten enden welsch und tütscher land mit grossem volck gen Iherusalem kommen sind und haben in selbs weg mit irn waffen gemacht enmytten durch die vynd. die wellen wir dir zuogeben, mit denen wir dich wellen Cristo zuofügen. diss gesellen werden dir eerlicher sin dann die wybischen Egypten oder die unstritbaren Araben. [106.1] din ursprung (als wir verstanden haben) ist uß Scythia. in dem lannd, als man sagt, vil strenger strytbarer man gewesen sind, die Asiam lange zyt in ir gwalt und macht gehept und die Egypten über die pfützem vertriben haben. dem scytischen volck sind nit gelychnen Egypten und Araben; zwischen aim starcken großmuotigen und aim schwachen unerniedten ist ungeliche gselschafft. es ist zeverwundern, das die Arabischen mit ir zobry und lykery so vil haben vermügen, das sy die türstigen, fürpundigen Scythas haben gebracht in ir geselschafft. [106.2] aber warumb reden wir geselschafft? diss ist nit ain geselschafft, sonder ain dienstbarkait, die wil du underwürffig bist und gehorsam / ir satzung; got wölt, das sy ain ordenliche satzung were und nit untruwe betrügnüs. dir wirt gefelliger geselschafft sin mit den Cristen. starck krefft liebend und gesellend sich lycht mit den

/[fol. 57v]

112  Edition aequales consortia, si eadem religio est idemque Dei cultus.

[107.1] age igitur, accipe Christianos socios, accipe fidem et baptismum, qui te hic faciet in terris magnum, quoad vixeris, et post obitum un caelo beatum reddet. audisti promissa evangelica, et quomodo cuncta, quae diximus, veteris legis auctoritate probantur. sed times, ne te decipiamus, recordaris tui legislatoris, qui asserit legem et prophetas a Iudaeis, evangelium a Christianis esse corruptum, tantumque de veritate vel novi testamenti vel veteris remansisse, quantum in Alcorano continetur.

[107.2] exploratum id forsitan arbitraris et verum esse, atque idcirco testimoniis nostris non adhibes fidem, nec baptizari audes aut in Christum credere. utinam tam bonus fuisset tuus legifer quam callidus, tam verax quam versutus, tam iustus quam iniquus! [108.1] tota est artitificiosa et fraudulenta lex eius; nam qui divinum sibi abesse auxilium non ignorabat, ad humanas confugit astutias. cupiebat legem edere, quae sibi nomen daret, famamque etiam per flagitia exoptabat, ut Herostratus° ille, qui Dianae

starcken, ain tugend ist gesellig der andern. zwischen gelichen sind hüpsch und stätt geselschafften, wo anders ain gloub und gottes zucht gelych ist. [107.1] darumb wol an, tuo empfahen die Cristen zuo gesellen! empfanch den glouben und den touff! die zwai mögen dich hye, so lang du lebst, grosmeechtig machen uff dem ertrich und nach dem tod sälig in dem hymel. du haust gehört ewangelisch verhaissungen und wie alles, das so wir gesagt haben, bewärt ist durch zügknus der alten ee. aber du besorgst, wir betriegen dich. du gedenckst dins gsatzfellers, der sagt, die alt ee und die propheten sigen von den Iuden und das ewangelium von den Cristan vermyscht und gemert und sige allain der alten und nüwen ee so vil waur, als vil in Alcorano begryffen ist. [107.2] du hast diss für gewyß und waur. und darumb wiltu unser ler nit glouben, tarst auch nit getöufft werden oder in Cristum glouben. got wilt, das din gsatzfeller so frumm waur als lystig, so warhafft als betrugenlich, so gerecht als boßhafftig! / [108.1] din gesatz ist gantz argkünstig unnd untrüw. er hat gewysset, das gottes hilff von im geferret ist. darumb haut er sich gebrucht menschlicher behendikait. Er begert ain satzung ze machen, durch die er wyterte sinen namen und durch sünde erhübe sinen lümden, als

/[fol. 58r]

° Nicostratus β (lat.).

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  113

Ephesiae templum incendit; et animadvertens antiquam et novam legem, quamvis honesta esset, duram tamen vulgo videri et servatu difficilem, suam ipse edidit, quae voluptatem humano generi amicam permitteret.

[108.2] sic enim facile fieri posse existimavit, ut innumerabiles populi in suas traditiones concederent. nam gentiles, quamvis laxiori lege tenerentur quam Christiani, continentiam tamen et modestiam et frugalitatem commendabant et philosophis auscultabant, virtutis amatoribus, neque sinebant suos cives corrumpi vitiis aut voluptate marcescere. [109.1] crevit igitur secta Saracenorum licentia vitiorum: placuit uxores ducere, quot mallent, easdemque dimittere, cum displicere coepissent, habere concubinas quamplures, et in omne libidinis genus posse provolvi, indulgere ventri cuncta, quae vellet, et ori praeter vinum, et universis immergi voluptatibus.

[109.2] etsi enim aliqua ieiunia in lege tua praecipiuntur, id etiam ad irritandam voluptatem factum est. nam Saraceni diem ieiunantes

Nicostratus° tät, da er den tempel Dyane Ephesie liess anzünden. unnd wie wol er bekennt haut, das alt und nüw ee erber ist, haut er gedacht, sy wurd dem gemainen man ze vil hert geseehen und schwäre zehalten, und uff das din satzung gemacht, das die vergünste und erlobte wollust, ain gefällige fründen menschlichem geschlecht. [108.2] damit er gehoffet haut, unzallich volck in siner ler unnd satzung ze verkeren. dann die Haiden, wie wol sy ain ringere satzung haben dann Cristen, iedoch haben sy gebrist rainikait, messikait und miltikait und sind gehorsam gewesen den naturlichen maistern, liebhabern der tugend. sy liessend ir purger nit verharren in laster oder zevil crafftloß werden in wollust. [109.1] und also ist erwachsen die seckt der Sarracen, ain liecht und fürerin aller sünde. den selben haut gefallen, wyber ze nemmen, als vil sy wellen, die selben ufgeben, wann sy an in vernüwgeeret haben, auch vil kepswiber zefuoren, / sich inverwyckelt in alle geschlecht der unküschait. sy werden ze willen dem puch mit allem dem, so dem mund wol geschmackt ist on win, und gemainclich pflegen sy aller lustbarkait. [109.2] und wie wol etlich vasttag in diner satzung gebotten werden, ist allain angesehen lust in uch ze wecken. dann wenn die Sarracen tags vasten, so essen

/[fol. 58v]

114  Edition nocte quam longa est epulantur et bibunt. nec aliam ob causam vini usus interdictus est, nisi quia noceret in ardenti terra, qualis est Arabia, et maior est in frigidis voluptas poculis. [109.3] hoc ergo unum Mahumetis inventum fuit, ut legem propagaret suam ea praecipiens, quae grata essent auditoribus et maxime plebibus, quae iumentis similes exsistunt, nec fefellit eum opinio in hac parte. placuit nova lex et brevi tempore ita coaluit, ut in multis populis, gentibus ac linguis reciperetur, cuius fundamenta in voluptate iacta fuerunt.

[110.1] verum sicut agricola non imprudens, postquam vineam plantavit, fossam circumducit et saepem, ne destruatur a feris, ita et Mahumetes suam legem conservare ac munire statuit. animadvertit homo sagax duobus modis suum dogma convelli posse atque confundi: auctoritate scilicet et ratione, atque adversus haec duo, quae poterant inveniri, remedia non neglexit.

[110.2] auctoritati opposuit, quod paulo ante rettulimus, antiquam scilicet et novam legem depravatam esse, nec quicquam veri restare, nisi

und trincken sy die langen nacht. och ist umb kaynerlay sach anders der win verbott, dann das er in aim so haissen land schedlich weer als Arabia ist, och ist grosser lüst in külenden trenckeen. [109.3] und also ist allain das sin fürnemen gewesen, das er ain satzung machte, in der er geputte alles das, das genem und empfenglich sin wurde sinen nachvolgern und insonder dem gemainen volck, das unvernünfftigen tieren gelych ist. in haut an dem end sin fürnemen nit betrogen. sin nüw gsatzt ist gefellig gewesen und haut in kurtzer zit also zuo genommen, das sy in vil lendern und sprachen empfangen ist, dero fundament gegründt ist uff lust. [110.1] und wie ain wyser buwman nach pflantzung sines wingarten den tuot mit graben und zün umbbewapnen, damit der gart von dem gwild nit gewüstegt wird, also haut / Machumetes fürgenomen sin gsatzt och zeschirmen und bewaren. er, als ain wyser mensch, haut gemerckt, das sin ler in zwen weg mocht zerrüdt und geschent werden: durch beweerte gschrifft und ouch vernünfftig ersüchen und gruntlich erfaren. wider die zway er sich nit gesumbt haut, artzny ze finden. [110.2] wider bewerung der geschrifft erdacht (als wir vor och gemelt haben), alt und nüw ee sig verendert in den büchern und geschendt und sige nit mer waur,

/[fol. 59r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  115

quod Alcoranus haberet. rationi arma obiecit iubens, ne quispiam de sua lege disputaret neve rationem quaereret.

[110.3] in eum, qui contra niteretur, ferro vindicandum esse, atque huiusmodi vallo suam legem callidus veterator communivit. sed non est hic adamantinus murus neque ferreus neque ex vivo lapide: fragilis materia est, creta et luto munita domus, facile oppugnabitur neque resistet telis nostris, facile ruunt aedificia in arena fundata. [111.1] aggrediamur haec tuae legis munimenta! corruptionem in primis sacrarum litterarum obicitis. hoc ei probandum fuerat, qui factum asserit; nobis satis erat negare factum. libet tecum aliter agere et apertam tui legislatoris calumniam ostendere. Lex Iudaica, quam Moyses et prophetae tradiderunt, antequam Mahumetes nasceretur, pluribus saeculis scripta fuit et multis in locis promulgata et in alienas translata linguas, nec fuit unus interpres, sed plurimi. rogante Ptolemaeo Philadelpho septuaginta presbyteri legem interpretati sunt et consona dixerunt.

dann so vil in sinem buoch Alchorano vergriffen ist. aber wider vernünfftigs erfaren haut er die waffen gericht unnd gespytzt, gebiettende, das kainer uß siner gsatzt disputieren, och kain ursach erfaren sölle. [110.3] welcher da wider täte, der sol mit dem schwert gestraufft werden. mit sölichen muren und graben haut der lystig boßhafftig wycht sin gsatzt bewaret. aber dise mur ist° nit von diemant gemacht oder ysin oder staine: der züg ist schwach. ain huß mit kriden unnd baucht beschlagen wirt liederlich zerstört und mag nit widerstuon unsern pfylen. die gebuw fallend lycht, die uff ain sand gesetzt werden. [111.1] wir wellen an wenden dise bewarung diner gsatzt! ir hebend uns für zum ersten, die hailig geschrifft sige geletzt und verendert. diss sol Machumetes beweert und bezügt haben, so er sagt, es sige / geschehen. uns wer gnuog, das wir dess lougneten. aber wir wöllen die ding anders mit dir verhandeln und dir zögen das offenbar laster dins gsatztfellers. iudische satzung, die Moyses unnd propheten gegeben haben, ist vor vyl iaren geschriben worden, ee Machumetes geporn wurde, an vyl enden geoffnet und in vil ander sprachen verwandelt und transferiert. es ist ouch nit nür ain verwandler und ußleger gewesen, aber vyl. von peett wegen Ptholomei Philadelphi haben sibentzig priesster die satzung

° ist is Hs.

/[fol. 59v]

116  Edition

[111.2] Aquila etiam et Theodotion et Symmachus et alii vetus testamentum traduxerunt. facta est antiqua lex in Graeca et Latina multis aetatibus, antequam tua promulgaretur. Impletae sunt omnes bibliothecae Moysaica et aliorum prophetarum traditione: Alexandriae, Romae, Athenis, Carthagine, Syracusis, Toleti, Lugduni et in omnibus locis, quae insignia essent, sive apud Graecos sive apud Latinos vetus testamentum ex Hebraica veritate traductum et habebatur et publice legebatur. [111.3] quis ille Iudaeus tam potens fuit, qui corrumpere legem ubique gentium potuit? nondum natus erat Christus, cum septuaginta interpretum editio facta est; quo tempore nulla erat causa corrumpendae legis, cum nulla esset cum Christianis nondum natis de lege contentio. nec propter alios oportebat legi aliquid detrahere, qui legem non acceperant, nec propter se, qui talem acceperant et laudabant. si qua corruptio intervenit, in ea potuit intervenire, quae apud Hebraeos remansit, non in ea, quae inter Latinos et Graecos vulgata est et per infinitas

usgelegt und in ander sprach verwandelt. sind och in ir translatz ainhellig gewesen. [111.2] och Aquila und Theodotion und Symachus und sust ander haben transferiert die alten ee. und ist die selb alt gsatzt in latinisch und kriechsche zungen gebracht, lange zyt vor emals din satzung uffgericht wurde. all lybrien sind geziert unnd erfült worden mit den büchern Moysi und andrer propheten: in Alexandria, ze Rom, ze Athenis, in Karthagine, Siracusis, Toleto, Lugdun, und ist die alt ee nach ir verwandlung uß hebraischer warhait offentlich gehalten und gelesen worden by den Kriechen und by den Latinischen und an allen andern namhafftigen enden. [111.3] und darumb sag an, welher Iud ist ye so mächtig gewesen, meren oder mindern? Cristus was noch nit geporn, do der sybentzig / ußleger translatz gemacht ward. zuo den zyten was kain ursach, die satzung ze endern, die wil noch kain zangken von der gsatzt wegen was mit den Cristen, die noch nit geporn waren. es was och nit not von andrer lüt wegen, der gsatzt zuo geben oder abnemen. die wil die gsatzt nit empfangen ward von den selben, dess gelichen was nit not von der Iuden wegen, die sy uff genomen hatten und lobtend. ist etwas endrung geschehen, die muoß geschehen sin in der hebrayschen satzung, die belyben ist, und nit in der, die in der Kriechen und

/[fol. 60r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  117

diffusa provincias. [111.4] quamquam nec Iudaica corrupta est, quae usque in hanc diem cum Graeca et Latina traductione concordat. difficillima ac paene impossibilis fuisset corruptio in tot manibus. Mahumeti leve fuit unum codicem corrumpere et illum tamquam verum his tradere, qui sibi ab initio crediderunt. quodsi multi sunt hodie apud vos codices unius continentiae, non tamen idcirco veritas in eis est: ab uno enim, qui falsus erat, emanantes omnes falsitatem continent, quia non defluunt ex amaro fonte dulces rivuli.

[112.1] quaerimus ex te, magne princeps, si te iudice duo rationum codices afferantur, quorum alter ex altero transcriptus exsistat, et in eo, de quo est facta transcriptio, Sempronius mille debere talenta scriptus est, in exemplari duo milia – cui potius fidem dabis?

[112.2] an non exemplo magis quam exemplato? Hebraei parentes antiquae legis exsistunt et apud eos exempla legis habentur, apud alios exemplaria. [113.1] rursus ex te quaerimus:

Latinischen hend kommen und in unzallich vil land zersprait ist. [111.4] wie wol die iudisch ouch nit verendert ist, die der kriechschen und latinischen translatz bitz uff hütigen tag gelych ist. diss verendrung weer schwer und unmüglich gewesen in so vil enden. aber Machometi ist ring gewesen, ain ainigs buoch ze endern und das selbig in gstalt ains warhafften in dero hend geben, die im von anfang gehorsam und glöbig sind gewesen. und ob ioch das gemert ist in üwern henden und alle ain andern glych sind, noch dann halten sy darumb die warhait nit in inn; wann von aim falschen buoch die andern alle ußfliessende lugenhafft sind, die wil uß aim pittern ars ursprung nit uß wallend süsse bächlin. [112.1] wir fragen dich, großmechtiger / fürst, wenn dir als aim richter für gehalten wirden zway rechenbücher, dero ains ab dem andern geschriben wäre. in dem exemplar, daruß das ander geschriben ist, wer uffzaichnet und verschriben, daz Sempronius tusend pfund schuldig belibe, in dem nachgeschribnen zwaytusent. welhem woltest du mer gelouben? [112.2] wir mainem dem exempel ee dann dem exemplierten. die hebraischen sind veetter der alten satzung, sy haben der gsatzt exempel. aber ander all haben exempliert bücher von dem exempel abgepyldet. [113.1] aber fragen wir dich, es

/[fol. 60v]

118  Edition quattuor inveniuntur rationum libri apud quattuor negotiatores, Seium, Gaium, Titum et Sempronium. in eo, quem Sempronius producit, creditor ipse Lucii in centum talentis scriptus invenitur, in aliis debitor. cui credes? quid respondebis? an nos tres libros uni praeferes? certe non dubitabis praeferre.

[113.2] si ita iudicas, soluta quaestio est. quattuor libri vetus habent testamentum: unus est Hebraeorum, alter gentilium, tertius Christianorum, ultimus Saracenorum, qui a ceteris discrepat. mendax enim est, nam reliqui conformes inveniuntur. nam et Graeci, qui gentiles erant ante Christi adventum, et Latini ante Mahumetem vetus testamentum non alio modo habuerunt, quam nos hodie habemus. [113.3] hoc fortasse infitiari posses, quia non reperiuntur hodie gentiles, qui bibliothecas habeant veteres. sed interroga Iudaeos: invenies vera esse, quae dicimus. et adhuc exstat Iosephus Hebraeus, qui translationem antiquae legis in manu Ptolemaei, quem nominavimus, gentilis hominis attestatur factam. [113.4] ex qua postea traductiones emanarunt, quae

sind vier kouffmann, namlich Seius, Caius, Lucius und Sempronius, dero ieglichs rechenbuoch wirt dir fürgehept. in dem, das Sempronius inlegt, ist geschryben, wie er gelyhen hab Lucio hundert pfund. in den andern dryen ist er selbs die summ schuldig. welhem gloubst du? was wilt du urtailen? wiltu nit dryen büchern mer glouben denn aim? fürwaur, du wirst hierin nit zwifeln. [113.2] wo du also urtailst, so ist die fraug entschaiden. vier bücher haltend inn die alten ee. ains ist der Iuden, das annder der Haiden, das dritt der Cristan, das letst der Sarracen, das selb lest den andern dryen ungelich ist. darumb ist es lügenhafft, die wil die andern drüw gelyh sind. dann Kriechen, so dann Haiden waren vor der zükunfft Cristi, und / die Latinischen haben vor Machometen die alten ee nit ander gehapt, dann wirs hüt by tag haben.

/[fol. 61r]

[113.3] dess möchtest du villicht löugnen, die wil man yetz zemaul nit Haiden findt, die alt librien haben. aber fraug die Iuden, so wirst finden, das wir waur reden. och haut man in diser zit das buoch Iosephi dess Iuden, der gybt zugknüs, das beschehen sig ain translatz der alten satzung zelieb Ptholomeo dem Haiden.

[113.4] von der darnach vyl ander ußgangen sind, die noch hüt by

° allain beschryben

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  119

usque in hanc diem perseverant et veritati Hebraicae quadrant. stulta est igitur Mahumetis fictio et turpis inventio, nec quicquam habet verisimile, nec tam confutatione quam irrisione digna est. [114.1] quod dicimus de veteri testamento, idem licet de novo intueri, quod nec ab uno scriptum est nec in una lingua nec in uno loco nec in uno tempore, et tamen una sententia est et mira concordia. quod Graeci habent, hoc Latini, hoc Hebraei, hoc Syri, hoc Armeni, hoc omnes barbari Christum colentes, quamvis haeretici aliqui ad tuendos errores suos corrumpere nonnullos codices ausi fuerunt. quid ages? quid dices? cui fidem adhibebis? an soli Saraceno? an Latino et Graeco et Hebraico? [114.2] multo antiquior est Christiana lex quam Saracena. misit Christus adhuc in terris exsistens discipulos suos in orbem, ut praedicarent evangelium omni creaturae. audita est in omni terra evangelii tuba, sicut scriptum est: in omnem terram exivit sonus eorum, et in fines orbis terrae verba eorum. vulgata est et recepta lex Christi per totum Romanum imperium, priusquam tuus legifer prodiret in lucem. et idem evangelium, quod nunc habemus, omnes gentes

tag vor handen und mitförmig sind der hebrayschen warhait. hierumb wirt Machumetis gedycht närrisch und sin erfyndung schnöd geacht und haut nützit der warhait gelych. sy ist nit allain° wider ze reden, sonnder gantz zeverlachen. [114.1] was wir von der alten ee sagen, magst du och von der nüwen verstoun, die nit von aim allain beschriben ist, nit in ainr sprach, nit an aim end, och nit in ainr zyt, und ist doch ain synn und wunderbare ainhelligkait. was Kriechen haben, das haben ouch die Latinischen, Hebrayschen, Armeni und all barbari, so dann Cristum erend, wie wol ettlich ketzer ze schyrm ir irtung vyl bücher haben geendert. was wilt du tuon? was wilt du sagen? welhen tail wilt du glouben? dem Sarracen / allain oder diss dryen Latinischen, Kriechen und Hebraischen? [114.2] cristenliche satzung ist vil elter dann der Sarracen. Cristus wonende uff ertrich, sendet uß sin iunger in den krayß der welt, das sy predigtend das ewangelium aller creatur. das ewangelisch horn ist in allem ertrich erhört, als geschriben stat: ir gedön ist usgangen in als ertrich und ire wort in die end der welte krais. die gsatzt Cristi ist ußkündt und empfangen in allem römischen rich, e dann din gsatzfeller geporn wurd. und das selbig ewangelium, das wir yetzund haben, haben alle volcker empfangen.

ist Hs.

/[fol. 61v]

120  Edition suscepere. [115.1] nec fuit maioribus nostris aut facultas corrumpendi rem adeo vulgatam aut necessitas, cum non esset Mahumetes, cum quo de fide contenderent. corruptio ei necessaria fuit, qui novam legem edere voluit, veteri et novae contrariam. nec dubium faciet iustus iudex, quin Christiano maior fides adhibenda sit de Christi lege quam Saraceno. ipse enim conservator est suae legis et manet in traditione patrum.

[115.2] Saracenus ab ea recessit et inventiones sequitur novas, quas sui maiores ignoraverunt. evangelia apud nos quattuor recepta sunt, quae summa diligentia, ingenti studio, et acri discussione sancti patres in generalibus conciliis non prius amplexi sunt, quam esse verissima multis modis recognoverunt. non est igitur, quod tuus legifer de corruptione sacrarum litterarum possit obicere. [116.1] de civitate comini, quae est ecclesia, inquit in Psalmis David: Deus fundavit eam in aeternum. non esset fundata in aeternum ecclesia, si fundamentum eius, quod est evangelium, violari aut corrumpi potuisset. nec verum fuisset, quod ait propheta

[115.1] och ist unsern vättern nit komenlich noch ryng gewesen ze endern ain ding, das so wyt ußkommen was. ouch ist es nit not gewesen, do Machometes dannocht nit lebet, mit dem sy von dess glouben wegen kriegtend. verendrung ist dem notdürfftig gewesen, der ain nüwe gsatzt machen wolt, widerwärtig der alten und nüwen. ain gerechter richter zwifelt ouch nit. dann aim Cristen sige mer zeglouben von der satzung Cristi dann aim Sarracen, wann der Cristen ist ain behalter siner satzung und belibt in der ler siner vordern. [115.2] aber der Sarracen ist von ir gewychen unnd volgt nach nüwen gedychten, von den sin altvordern nützit gewyst haben. Piy unns sind vier ewangelia / empfangen, welhe die hailigen vätter in gemainen concilien mit hohem vlyß, grossem ernst und scharpfem erfaren nit vor haben uffgenommen, dann sy die warhafft sin in vyl weeg erkennt haben. und darumb mag das nit bestoun, das din gsatztfeller fürhept, die hailig geschrifft sige zerrüdt und verendert. [116.1] von der cristenlichen kirchen, die in der geschrifft wirt genennt ain stat gots, redt David im Psalter: got haut sy gevestnet ewengclich. sy wäre nit ewengclich gevestnet, wo ir fundament, das hailig ewangelium, hett mügen zerrüdt werden und verendert. och weer nit waur

/[fol. 62r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  121

Baruch loquens de lege Dei: lex, quae est in aeternum. nec illud staret, quod dicitur: in aeternum permanet verbum tuum, et in saeculum saeculi veritas tua. [116.2] nec Esaias vera fuisset de Christo locutus dicens: super solium David et super regnum eius sedebit, ut confirmet et corroboret illud in iudicio et iustitia usque in sempiternum. nos Gabrieli angelo credimus, qui de Christo Mariae virgini sic ait: dabit illi Dominus Deus sedem David, patris eius, et regnabit in domo Iacob in aeternum. [116.3] quomodo regnat Christus in domo David, nisi per fidem? quomodo per fidem, nisi per evangelium? quomodo per evangelium in aeternum, si corruptum est evangelium? mendax lingua, falsa calumnia! ego vobiscum sum, inquit Dominus, usque ad consummationem saeculi.

[116.4] et Oseae prophetae verba ad ecclesiam referuntur. sponsabo te mihi in fide usque in sempiternum. et ad Petrum vicarium suum, inquit salvator: tu es Petrus, et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam, et portae inferi non praevalebunt adversus eam. et iterum: rogavi pro te, Petre, ut non deficiat fides tua. praevaluissent portae inferi et

gewesen, das der prophet Baruch, redende von satzung dess herren, sprycht: die gsatzt ist ewig. dess gelychen bestünde, das das nit als geschriben staut: din wort belybt ewig und din warhait von welt zuo welt. [116.2] och Esayas hett nit war gesagt, redende von Cristo: er wirt sytzen uff dem stuol David und richsnen über sin kiningrich, das er das bestätige und vestne in gericht und in gerechtikait ymmer ewiglich. wir glouben dem engel Gabriel, der von Cristo Marie also sagt: der herr got wirt im gegeben den sytz David sins vatters und wirt rychsnen in dem huß Iacob ewenclich. [116.3] wie rychsnet Cristus in dem huß David anders dann durch den glouben? wie / durch den glouben anders dann durch das ewangelium? wie durch das ewangelium ewengclich, wo es verendert ist? darumb lügt din gsatzfeller mit siner betrugenlichen zungen, die beraidt ist zuo aller falschen lesterlichait. der herr spricht: ich bin by üch biß zuo end der welt. [116.4] und Oseas, der prophet, redt zu der cristenlichen kirchen: ich wird dich vermeeheln mir, in crafft des gloubens biß in ewig. und unnser erlöser spricht Petro sinem vicario und verweser: du bist Petrus, und uff disen velsen wird ich puwen min kirchen, und die porten der hellen mogend im nit widerstoun. und aber: ich hab gepetten für dich, Petre, das din gloub nit abneem. were nun

/[fol. 62v]

122  Edition defecisset fides Petri, si falsum esset evangelium, quod sequimur. sed manet fides magni pastoris in ecclesia Romana, quae numquam inventa est errasse neque errabit in aeternum. magistra est enim et mater omnium fidelium et disciplina veritatis.

[117.1] cave, Mahumetes, cave, magne princeps, ne sequaris errorem Porphyrii Siculi, qui tuae legi consona dixit. is, ex Christianismo ad idola transiens, ait se deos consuluisse, quid de Christo sentirent, et illos respondisse bonum virum fuisse Christum, sed peccasse discipulos eius, qui divinitatem illi attribuerunt, quam sibi ipse numquam arrogasset. [117.2] hoc deorum testimonium est, id est idolorum, quae tu daemonia esse non dubitas. an non intelligis fraudem? an non vides tui legiferi et daemonum unum esse argumentum, unam collusionem, unam fallaciam? et Christo diabolum invidere eiusque gloriae et maiestati detrahere, cuius consilio atque suasu tua lex edita est, evangelicae atque Moysaicae contraria? [118.1] dices pari modo Christianam legem Moysaicae

falsch das ewangelium, dem wir nach volgend, do hetten der helle porten mügen widerstoun, och hett abgenommen der gloub Petri. aber diss grossen pastors und hirten gloub belybt in der römischen kirchen, die nie erfunden ist, das sy geyrt hab und wirt nit irren ewenclich, woun sy ist ain maistrin und muoter aller glöbigen und ain schuol der warhait. [117.1] hüt Machometes! hüt, grosser fürst, das du nit nachvolgest der yrrtung Porphiry Siculi, der geredt haut nach innhalt diner gsatzt! der selb uß aim guoten Kristen ist worden ain anbeetter der abgöt und sagt, er hab sin göt gefraugt, was sy von Cristo halten. die haben im geantwürt, Cristus sig ain frommer man gewesen, aber sin / iunger haben gesündet, die im zu gelegt haben gothait, der er selbs sich nit angenomen hab [117.2] diss ist der göt zugnüs, die wir abgöt nennen, die ouch du on zwifel tüfel achtest. sag an, verstaust du nit diss untruw? sichest du nit, das dins gsatztfellers und des tüfels argument ains sind, ain beschluss und betrügnüs haben, und das der tüfel Cristum hasset und (wo er mag) siner glory und maiestet abnympt, durch dess raut und inblausen din satzung gemacht ist, widerwärtig der ewangelischen und moysenschen gsatzt? [118.1] hiertzu du reden würst, cristenliche satzung sige in

/[fol. 63r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  123

adversari. nam quae iussit Moyses, plurima vetat, permittens quae ille vetuit. nescis antiquae legis arcana, quae diu gravida fuit novam in utero gerens et, cum statutum divino consilio tempus venit, eam peperit.

[118.2] vidit Hieremias per spiritum legem hanc novam, cum ait: ecce dies venient, dicit Dominus, et feriam domui Israel et domui Iuda foedus novum, non secundum pactum, quod pepigi cum patribus eorum, sed hoc erit pactum, quod feriam cum domo Israel: post dies illos, dicit Dominus, dabo legem meam in visceribus eorum, et in corde eorum scribam eam, et ero eis in Deum. [119.1] novum foedus inquit, quia baptismus circumcisioni successit; et legem meam inquit in corde eorum scribam, quia vetus lex in tabulis lapideis scripta fuit, nova per caritatem in corde hominum radicata; et ero eis in Deum, quia novae legis auctor et promulgator Christus Deus et homo est.

[119.2] antiqua per Moysen innotuit tantum hominem et adveniente perfecto evacuatum est imperfectum.

glycher maß widerwärtig der moyseyschen. dann vyl, das Moyses gepotten haut, tuot sy verbietten und erloubt vyl, das er verbotten haut. du waist nit haimlichait der alten satzung, die lang zyt schwanger gewesen ist, tragende ain nüwe in irm lib, und als die zit, in götlichem raut geordnet, kommen ist, haut sy die geporn. [118.2] Iheremias haut diss nüw satzung in sinem gaist gesehen, als er sprach: nym war, die tag werden kommen, spricht der herr, und ich wird machen ain nüwe puntnüs dem huss Israhel und dem huß Iuda. nit nach innhalt der gelüpte, die ich ingangen bin mit irn vattern, aber diss wirt sin die gelübt, die ich machen will mit dem huß Israhel: nach den tagen, spricht der herr, wird ich geben inen satzung in irn gelidern und wird die schriben / in ir hertz° und ich wird sin ir got. [119.1] er sprücht: ain nüwe puntnüs, wann der touff ist gesetzt nach der beschnydung, und spricht: min gsatzt schriben in ir hertz, wann die alt gsatzt was geschriben in stainyn tafeln, so ist die nüwe durch götlich minne und lieb dem menschen geschriben in sin hertz, und spricht zuo letst: ich wird sin ir got, wann Cristus got und mensch ist, der nüwen gsatzung ain ußleger und lerer. [119.2] die alt satzung ist durch Moysen allain mensch ußkündt, und in zuokunfft dess volkommen ist das unvolkommen

/[fol. 63v] ° hertz wenn die alt gsatzt Hs.

124  Edition nec amplius in praeputio nobiscum Deus, sed in corde pascitur, dicente Apostolo: si circumcidamini, nil prodest Christus vobis. [120.1] nec ulterius cerimoniae legis habent locum. venit enim ille, de quo loquitur in Deuteronomio Moyses: prophetam de gente tua suscitabit tibi Deus, ipsum sicut me audies. et subditur: ponam verba me in ore eius, loqueturque ad eos omnia verba, quae praecepero illi. [120.2] de Christo haec propheta locutus est ex ore Dei, quod videlicet erat os suum, in cuius adventu legalia et ceremoniae defutura erant, sicut apud Matthaeum scriptum est: lex et prophetae usque ad Ioannem. [120.3] sacramenta enim, quae veteres observabant, annuntiativa erant venturi Christi, quae in eius adventu completa cessaverunt; et alia instituta sunt virtute maiora, veritate meliora, actu faciliora, numero pauciora. et sicut sacerdotium mutatum est, sub cuius administratione lex erat, ita et legem mutari oportuit. [120.4] non est igitur adversa veteri nova lex, quae in eius ventre conclusa erat et, adveniente Christo et evangelii luce clarescente patefacta, circumcisioni et aliis ceremoniis antiquitus

enkrefftiget. och verbindt sich got füro mit unns nit in der beschnydung, aber in dem hertzen, als Apostolus redt: Cristus tuot uns nit bystand und hilff umb der beschnydung willen. [120.1] unnd haben züchten der alten satzung füro nit statt, wann der kommen ist, von dem Moyses redt in Deutronomio: got wirt in erkicken von dinem geschlecht, den wirst du hören als mich. und fürbas: ich wirt mine wort setzen in sinen mund und er wirt mit in reden alle wort, die ich inn haiß. [120.2] diss prophecy ist von Cristo, der geredt haut uß gottes mund. in dess zukunfft abgestelt sind satzung und züchten der alten ee, als geschryben staut in ewangelio Mathei: die / satzung und propheten sind kommen bis uff Iohannem. [120.3] wann die sacrament, so die alten gehalten haben, haben anzögung geben an den kunfftigen Cristum, die in siner zuokunfft erfült darnach uffgehört haben; und sind andre uff gesetzt, in krefften grösser, in warhait pesser ze tuon, rynger und in zal minder. und wie priesterlich oberkait verendert ist, denen die satzung empfolhen was, also muost ouch die gsatzt verwandelt werden. [120.4] und also ist die nüw gsatzt nit widerwärtig der alten, in dero lyb sy begryffen und in geschlossen was. aber in der zuokünfft Cristi, als das ewangelisch schymber liecht geoffnet ward, hat er (nach dem und vor angese-

/[fol. 64r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  125

observatis, sicut praefinitum erat, finem imposuit. est autem Christiana lex tanto dignior quam Iudaica, quanto nobilius est oraculum Dei quam hominis. [121.1] cognoscis iam, nisi fallimur, veritatem et maiestatem nostrae legis nec utilitatem ignoras, incipisque de tua diffidere et ardes desiderio disputandi vellesque latius cuncta discutere.

[121.2] sed obstat legifer tuus et inquirere verum prohibet et interminatur et clamat: non est mea lex, quae disputationi subicienda sit. cave, ne quid loquaris! arma sunt in manu tua; dum mihi credis, multum imperii adeptus es. qui non audiunt meam vocem, gladio conterendi sunt. ensis meae legis dignitatem tuetur.

[121.3] in Arabia ortus eius fuit; ex parvo principio quantum creverit, vides. Aegyptum adieci meae legi et Syriam et Mesopotamiam et Libyam et Numidiam et Mauritaniam et partem Hispaniae et divitem Asiam et doctam Graeciam et fortem Thraciam et nobilem Macedoniam. sunt et aliae quam plurimae regiones sub imperio meae legis, quae armis, non verbis quasitae sunt. muliebre est verba verbis

hen was) die beschnydung und ander zucht der alten gewonhait abgestelt und geendet. cristenliche satzung ist so vil wirdiger dann die iudisch, als vil gottes wort edler ist dann dess menschen. [121.1] du erkennst nun (als wir mainen) die warhait und mayestet unnser satzung, dero nutz und frücht dir ouch nit verborgen ist, und fancht yetz an mißtruwen der dinen. du prynnst in begird ze disputieren und woltest gern die ding alle wyter erfaren. [121.2] aber dawider ist din gsatztfeller, der dir verbüt, warhait ze erfaren, tröwt und schryt: min gsatzt ist nit die, die ingeworffen solle sin ainicher / disputatz. hüt dich, das du nützit redest! tuo wäppnen din hand! durch minen glouben haust du vil lands erobert. welhe nit gehorsam sind minem gebot, die sind zestrauffen mit dem schwert. das schwert beschirmt miner gsatzt wirdikait. [121.3] die angefangen ist erst in Arabia. du sychst, wie wyt und brait die erwachsen ist uß aim klainen ursprung. ich hab Egiptum miner satzung ingelybt und Syriam und Mesopotamiam und Lybiam und Numidiam und Mauritaniam und ain tail Hispanie und die richen Asiam und die gelerten Greciam und die starcken Thraciam und die edeln Macedoniam. sust sind vil ander lender under dem gwalt miner gsatzt, die durch waffen, nit mit

/[fol. 64v]

126  Edition refellere, viri ferro decertant.

[121.4] si non fuisset vera mea lex, non dedissent superi imperio nostro tantos successus. amat nos Deus et legis odorem senties gratulatur et sternit iter victoriis notris. scis, quam feliciter saepe in hostes pugnavisti: et modo in Ponto et saepe in Graecia. en fili, quid cogitas, quid moliris? tot triumphis sub mea lege illustratus Christum sequeris, cuius cultores stravisti totiens et ad internecionem usque cecidisti? cave, ne meam relinquens legem a relinquaris Deo!

[122.1] credimus his te verbis non parum commoveri et aliquem inesse in tua mente timorem. sed audi, quam inanis est timor! omnis, qui malum facit, inquit in evangelio veritas, odit lucem. fures noctu domos perfodiunt, et in obscuro adulteri latitant; non adhibent testes, qui peccant, nolunt deprehendi mendaces. [122.2] cum his sentit tuus legifer: veretur, ne disputando suae legis vanitas innotescat; veretur, ne pudenda sua detegantur. prohibet disceptari verbis, armis defendi suam legem iubet, nec

worten erobert sind. es ist wybsch, wort mit worten bezaln, mann kriegent mit dem swert. [121.4] weere min gsatzt nit waur und recht gewesen, so weere got nit so offt unnd dick uns hilfflich gewesen. got liebt uns und fröwt sich, empfindende der wolschmackung unser gsatzt, und beraidt uns weeg, unsere fynd ze überwynden. du waist, wie gelücklich dick und offt gestritteen haust wider din fynde yetz uff dem mer, vil in Kriechen. betracht, sun, und bedenck, was du machest, wilt du (erlüchtet in miner gsatzt mit so / mengen sigen) nachvolgen Cristo, des glöbigen du nider gelegt und so offt biß uff den tod geschlagen haust? hüt dich, das du, verlassende min gsatzt, nit werdest verlassen von got! [122.1] wir vermainend, das du von disen worten nit wenig bewegt werdest, ia, das yetz etwas forcht din gmüt behelfft hab. aber merck, wie unnütz diss forcht sige! die warhait spricht in ewangelio: ain yeder übeltätter hasset das liecht. dieb durchgraben nachts die hüser. ebrecher verbergen sich in die tünckle. niemand bezügt sin aigen sünde. nieman begert lugenhafftig erfunden werden. [122.2] dess gelich ist dins gsatzfellers fürneemen. er besorgt, das durch disputieren oder erfarung dess zwifels geoffnet werd schnedikait siner satzung. er fürcht, sin scham werdt entdeckt. versagt zangen mit worten.

/[fol. 65r]

° gelyckert ge Hs.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  127

alium iudicem quam ferrum deposcit multumque gloriatur de suae legis incremento. diximus, cur creverit: plebes voluptas allexit.

[122.3] neque infitiamur multas tuae gentis victorias partas et ingentia confecta bella. et tu ipse in proeliis clarus evasisti, vicisti hostes non paucos et triumphasti saepe; fuisti tamen etiam aliquando victus. parva Christianorum manus tuas ingentes copias, ut ante diximus, apud confluentes Savum ac Danubium paucis ante annis delevit: non milites veterani, non duces in bellis ante probati, non viri nobiles, armis potentes et equis, sed pauci cruce signati, ex agris collecti, inermes et nudi, fide tantum armati, ferro fulgentes et auro tuos fuderunt exercitus.

[122.4] quodsi victoria veritatem legis ostendit, hoc uno proelio satis admonebare, in quo multi fugerunt paucos: tuae victoriae nihil miraculi habent, ad quas numquam sine grandi tuorum praerogativa ventum est.

[123.1] sed quid agimus? non

er gepüt, das sin gsatzt beschirmt werd mit waffen, und begert kains andern rychters dann das schwert und gloriert von merung und zuonemen sins gloubes. wir haben vormals gesagt, uß was ursach der so verr gewytert sig. lustberkait haut gelyckert° die völcker. [122.3] wir lögnen och nit, vil ist in diner gsatzt erobert und groß krieg volbracht. da durch du selbs verrümt und gbryst bist. / du haust nit wenig vynd überwunden und offt gesiget. doch bist du ettwenn och nieder gelegen. wenig Cristen haben grosse menge dins volcks vor wenig iaren erschlagen by den zwen zemenfliessenden wasser Suw und Tuonow, als wir vor auch gemelt haben. da selbs nit alt erniedt ritter, nit hoptlüt in vorigen stryten bewert, nit endling versehen mit harnasch und pferden, aber bezaichnet mit dem crutz, uß dörffern gesamelt nackend, allain mit dem glouben gewäpnet, haben din volck, durchlüchtig von harnasch und golde, gefeldt und sigloß gemacht. [122.4] und ist sach, das überwyndung zögt warhait der gsatzt, so bist du in dem selben ainigen stryt gnuogsam gewarnet, in dem wenig Cristen haben flüchtig gemacht der dinen ain grosse zal. din syge haben kain wunderzaichen. du gesigest och nymmer dann mit sunderm grossen urtail der dinen. [123.1] aber was tuond wir? warer

/[fol. 65v]

/[fol. 66r]

128  Edition his argumentationibus stat recta fides: vici, fudi hostes, imperium teneo. si sic licet arguere, vera fuit sub Alexandro Magno tot victoriis illustrato et sub eius successoribus religio. qui et in Graecia et in Asia et in Syria et in Aegypto et in Libya et in Perside et in Scythia et in India regnavere, imperio per arma quaesito. [123.2] vera etiam Romanorum fides usque ad priorem Constantinum, qui orbem sibi ferro subiecerunt et omnes domuere quas adiere gentes. scimus tamen et Alexandrum et eius heredes et Romanos et qui sub eis erant, Iudaeis exceptis, idola coluisse: alii Iovem, alii Martem, alii Mercurium, nonnulli solem et lunam et alia sidera, multi etiam, ut Aegyptii, animalia bruta colebant. quis nescit, inquit unus ex poetis, Volusi Bithynice, qualia demens Aegyptus portenta colat? crocodilon adorat.

[123.3] et quod stultius fuit: et alium et porros et caepe inter numina posuerunt! praeclarae tamen Aegyptiorum victoriae memorantur, sicut de Osiride proditum est, qui victor peragravit orbem. ergo et deos Aegyptiorum recipiemus et veram eorum religionem fatebimur, quia vicerunt!

gloub lygt nit, nit an solichen worten: ich hab gesiget. ich hab gefelt min fynd. ich hab gwalt. dann wau das wer, so hett der groß Allexander und sin nachkomen ain waren rechten glouben gehept, der in so vil strytten gesiget haut und gerichsnet in Grecia, in Asia, in Egipto, in Lybia, in Syria, in Perside, in Scythia und in India, / und sinen gwalt mit werlicher hand geobert. [123.2] och weer gerecht der Römer gloub biß an den eltern Constantinum gewesen, die in selbs machtend undertänig die gantzen welt mit dem schwert und züchtigotend alle völcker, zuo den sy kament. und ist doch kundt, das Allexander und sin erben, och die Römer und die under in waren (uß genommen Iuden) haben abgöt geeret: etlich Iovem, etlich Martem, etlich Mercurium, ir vil sunn, mon und ander gstyrn. och vil haben angebeet unvernünfftige tier als Egypty. darumb spricht ain poet°: welher ist unwissend, was wunder die unsinnigen Egypten anbeetend? sy erend ain wasserwurm, crocodyllon genannt. [123.3] und das noch närrischer ist: knobloch, zübeln und loch haben sy zuogezelt den göten. und sagt man doch, das sy in grossen strytten gesiget haben, als von Osiride* geschriben ist, der ain syger durchfaren ist die welt. hierumb werden wir ir göt empfahen und irs gloubes zücht gerecht sin veriehen, wann sy

° Volusius Bithynicus übergangen.

* Osirides Rex egypti.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  129

[124.1] non sic ratio suadet, neque sic Iudaei sensere, qui victi ab Assyriis et ab Antiocho et a Romanis et in servitutem ducti, non tamen victorum leges de diis acceperunt, sed victi et angariati et mille modis oppressi in sua lege manserunt. nec nos Christiani, cum proelio superamur aut aliis calamitatibus affligimur, legem nostram aut relinquimus aut accusamus, sed arbitramur pium Deum nos tamquam filios propter peccata, quae committimus, everberare, quia non paremus evangelio, non servamus legem nostram neque manemus in traditionibus sanctorum patrum, sed victi fragilitate aberramus et labimur ut homines.

[124.2] ipse vero lapsum corrigit et plagis multis nostras iniquitates emendat. cognoscimus errata nostra et considerantes, quae fecimus, minorem esse poenam quam delictum non ignoramus. si cadimus in bello, si amittimus regnum, si iugo servitutis opprimimur, dicimus cum Daniele propheta Deum esse in caelo, qui revelat mysteria, mutat tempora et transfert regna, ut universi cognoscant, quod dominatur excelsus in

überwunden haben! [124.1] vernunfft tuot diß° unns nit rauten. och sind Iuden der mainung nit gewesen, die überwunden von Assirys und kinig Anthiocho und von den Römern und in dienstbarkait genödt. noch dann haben sy der überwynder satzung nit empfangen, sonder getrengt, / genödt und in tusenderlay weg gepinget, sind sy doch belyben in ir gsatzt. dess gelichen, wenn wir Cristen in stryt nidergelegt oder sust in ander weg gestroufft werden, verlaussen wir doch nit unser satzung. tuond ouch die in kain weeg schuldigen, sonder vermainen wir, das der milte got uns als sin sün straffe umb sünd willen, die wir begound, wenn wir nit°° gehorsam sind ewangelio, wenn wir nit halten unnser satzung und wenn wir uß menschlicher kranckhait überwunden uns mit sünden unnd irrtung beladend und nit belyben in der ler der hailgen vätter. [124.2] so straufft er dann den gefallnen und buotzt unnser boßhait mit vil plagen. wir bekennen unnser irtung und ouch, das die pyn vil klainer ist dann unnser verschulden. ist sach, das wir nyderlygen in stryten, verliern wir kinigkrich, werdent wir genödt in der dienstbarkait ioch, so sprechen wir mit dem propheten Daniel: got ist in dem hymel, der haimliche ding offnet, der die zyt verendert und kinigrich verwandelt, damit alle menschen erkennend, das der hochwirdig

° diß über der Zeile /[fol. 66v] °° nit halten vnnser gehorsam Hs.

130  Edition regno hominum et, voluerit, dabit illud.

cui

[124.3] novimus Deum et Iudaeos et Christianos posse, cum velit, et voluisse aliquando, alterius sectae hominibus subicere propter offensas populi, qui eum ad iracundiam provocavit. sed conversi ad eum non desperamus misericordiam consequi. quamvis enim irascitur Deus, ut inquit propheta, non tamen obliviscitur misereri. pius est et benignus, nec deserit clamantes ad se. [125.1] absit autem, ut propter victoriam meliorem esse credamus religionem victorum. sic enim fatendum esset omnes, qui vicerunt Hebraeos, melius de Deo sensisse quam ipsi victi, quod neque tu diceres neque tuus legifer, qui defensionem suae traditionis in armis collocat et omne genus ratiocinationis effugit, maximum iniquitatis indicium. [125.2] non sic beatus Petrus, qui donatus a Christo Domino caelestis regni clavibus et pastor constitutus gregis Christiani, paratum se ait rationem omnibus reddere de ea, quae erat in eo, fide. nec aliter suos auditores edocuit et beatus Laurentius martyr: mea vox° inquit, obscurum non habet, sed omnia in luce clarescunt.

richsnet in dem kinigkrich der menschen und gibt das selb, welhen er will. [124.3] wir bekennen wol, das / got Cristen und Iuden mag, wenn er will, unnd ettwen haut, undertänig gemachet lüten ains andern gloubens von sünd wegen dess volcks, das in erzürnt haut. aber uns zwifelt nit, wir mügen barmhertzikait erholen, wenn wir keren zuo im. darumb spricht der prophet: wie wol got zürnt, vergist er doch nit barmhertzig zesin. er ist milt und sennfftmütig und verlaut die nit, die in anrüffend.

/[fol. 67r]

[125.1] aber wir söllen nit glouben, das umb siges wegen pesser sige der überwinder pessers gloubt hetten von got dann die, so überwunden weeren. das du selbs nit redest noch din gsatztfeller, der siner ler schirm setzt in waffen und flücht all weg vernünfftiger erfarung. diss ist ain hoch anzögung siner boßhait.

[125.2] also hat nit getaun sanct Peter, der begaubet von unserm herren Cristo mit den schlüsseln dess hymelrich und ain pastor und hirt gesetzt dess cristenlichen volcks sagt, er wolte berait sin, ainem yden rechnung und ler zetuon sins gloubens. und sanctus Laurentius martrer spricht: min naucht° haut nütziz fynsters, sonder lüchtend alle ding in dem liecht.

° Lat. vox neben nox.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  131

[125.3] et in evangelio non probat Dominus eum, qui lucernam accendit et sub modio ponit, super candelabrum eam esse vult, ut luceat omnibus, qui sunt in domo, et praedicari verba sua super tecta iubet. et de se ipso dicit: ego palam locutus sum vobis. [125.4] deceptores et pseudoprophetae in angulis praedicant et volunt occulta esse, quae dicunt, et iuramenta taciturnitatis exigunt. sicut Romae accidit in his, qui Bacchanalia celebrabant: in occulto enim deo suo sacrificantes nullum flagitium libidinis omittebant. [126.1] quodsi alia non essent adversus tuam legem indicia, hoc unum sufficere potuit, quia prohibuit eius lator, nequis in disputationem veniret. sciebat non aequa esse neque vera, quae tradiderat; videbat veterem et novam legem contra se stare, intuebatur philosophorum acutissimas rationes sibi adversas esse, nec speravit in coetu hominum aut in scholis virorum excellentium sua deliramenta posse defendi. [126.2] animadvertit homo sagax et ingeniosus in malo gentiles, qui deos colebant, damnatos esse et iam propemodum exterminatos, nec Iudaeis locum esse, quorum lex translata esset cum

[125.3] und der herr in ewangelio lobt den menschen nit, der das liecht anzündt und verdeckt. er wyl, das es gesteckt werd uff ain kertzstal, das es lüchte allen° den, die in dem huß sind, und gebüt, das sine wort verkündt werden uff den tächern. er spricht / von im selbs: ich hab der welt offenlich geredt. [125.4] betrieger und falsch propheten predigent in den winckeln und wellend das, daz so sy sagend haimlich belybe, und vordrend ayde der verschwigenhait, als ze Roum beschach von den, die bachanalia uffsatztend und anderlüt darzuo lückertend. alda sy haimlich irm got opfferende kain sünd der unluterkait underwegen liessen. [126.1] und weer sust kain anzögen wider din gsatzt were, doch der ainigen gnuog, das ir maister verbotten haut, davon ze disputieren. er wisset, das sin ler nit gerecht noch warhafft was. er wisset, das alt und nüw gsatzten wider sin ler waren. er haut gesehen, das im aller subtilen maister vernünfftig ursachen widerwärtig gewesen sind. er haut nit gehoffet, das sin torhait möcht beschirmt werden in gemainen scharen der menschen oder in schuolen hochgelerter mannen. [126.2] der wyß, vernünfftig mensch in aller boßhait hat gemerckt, das die Haiden verdampnet sind, die abgöt ertend, und ze merem tail gantz ußgerüdt. desgelichen die Iuden, dero gsatzt mit priesterlicher

° allen der den Hs. /[fol. 67v]

/[fol. 68r]

132  Edition sacerdotio ad Christianos; cumque statuisset novam legem edere, quae sibi nomen daret, speravit – quod evenit – iratum Deum Christianis, qui suae legis mandata transgrediebantur, adversus transgressores victoriam concessurum, atque idcirco suae legis defensionem in armis collocavit, quam alioquin hominibus gratam propter licentiam voluptatum non ambigebat. [127.1] diaboli hoc fuit inventum, antiquus hanc viam suae nequitiae serpens excogitavit! qui, cum vidisset sese procul eici et Christiana religione augescente idola deleri nec amplius deorum multitudini locum esse, sed unum tantum Deum adorari cum patre et spiritu sancto Christum Iesum, Heraclio imperante Mahumetis spiritum excitavit eumque sibi ministrum elegit, hominem ritu prius idolatram, fortuna pauperem, mente superbum, natione Arabem. [127.2] qui consilio usus quorundam Iudaeorum et Christianorum perversorum, inter quos fuit Sergius, spiritu ambitionis inflatus legem tertiam edidit, ex veteri et nova conflatam, multis ineptiis extrinsecus adiectis.

[128.1] legem diximus, quia

oberkait zuo den Cristen kommen was. unnd als er für sich nam, zemachen ain nüwe gsatzt, die in namhafft machte, haut er gehofft, das im begegenet ist, / das got erzürnt den Cristen, die siner satzung gebot übertraten, wurde im sig verlyhen wider die ungehorsamen. und haut darumb siner gsatzt schirm in gwer gegründt, die wil er sust maint, sy wird geneem sin den menschen von erloupnüs wegen der lüsten. [127.1] diss ist ain fünde dess tüfels, der alt schlang haut disen weg erdaucht zehilff siner bübery. als der gesehen haut, das er durch zenemen cristenlichs gloubens wyt vertryben, und die abgöt abgetylket wurden, vile der göt füro nit statt hatten, sonnder das Cristus Ihesus allain ain got mit dem vatter und dem hailigen gaist angepettet ward, haut er zuo zyten, als Heraclius römischer kayser gewesen ist, erweckt den gaist Machometis und im selbs den zuo aim diener uß erkoren, ain anbeetter der abgöt, arm an guot, hochfertig im hertzen unnd von gepurt arabisch. [127.2] der sich gebrucht haut rats ettlicher verkerter Iuden und abtrünniger verlögneter Cristen, in dero zal gewesen ist Sergius erblasen mit dem gaist der hochfart, der haut gemacht die drytten gsatzt, gesamelt uß der alten und nüwe ee mit zuolegung vil unschicklicher zuofäl und unformlicher frömdikaiten. [128.1] wir haben nach sinen wor-

/[fol. 68v]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  133

ipse legem vocat; nos blasphemiam rectius appellabimus. rugasti frontem, avertisti oculos, horruisti, turbatus es, subiratus es, dum haec dicimus? at si veritatis amicus es, audienda est veritas, neque tuus legifer, si tibi amicus est, veritatem interdicet, quae tanto magis amica est, quanto salubrior et homini ab ipsa natura convenientior. [128.2] audi verum et disce, quomodo sit appellanda lex! legem dicunt esse philosophi, quod ratione praecipitur. et sunt, qui nil aliud legem esse affirmant quam rectam rationem a divino numine ductam. quicquid igitur rationi adversum est, legis nomine caret. at tuus legifer ratiocinari de sua lege prohibet et solum arma illi suffragari vult. non est igitur dicenda lex nisi ex illis, quarum conditores apud Esaiam Dominus maeldicit.

[129.1] docet nos David cognoscere legem Domini, dum ea, quae propria sunt, exponit. attende et videbis, an Mahumetea lex de caelo sit et a numine tracta divino, an aliunde. lex Domini, inquit propheta, immaculata, convertens animas, testimonium Domini fidele, sapientiam praestans parvulis.

ten sin fürnemen ain gsatzt genennt. / pillicher nennten wirs ain laster. du hast gerümpfft din styrnen, abgewendt din ougen, du bist erschrocken, betrübt und ainstails erzürnt, so wir diss reden. aber bist du ain fründ der warhait, so solt du die verhören. ist din gsatztfeller din fründ, so verbüt er dir nit die warhait, die so vil mer früntlich ist, als vil sy dem menschen hailsamer und gebürlicher ist von natur. [128.2] verhör die warhait und tuo lernen, was satzung sige! philosophi sagend, gsatzt sige das, das uß vernünfftiger ursach gepotten wirt. etlich sagend, gsatzt sige nützit annders dann gerechte vernunfft, von götlicher ordnung ußgangen. hierumb alles das, daz widerwärtig ist der vernunfft, mangelt nammen der gsatzt. aber din gsatztfeller verbüt, sin gsatzt ze ergründen, und wil allain ir mit dem schwert beholffen sein. darumb mag sy nit genennt werden ain gsatzt. es sige dann in spotwyß als die, die usgangen ist von der maister ainem, die unnser herr verfluocht durch den propheten Esayam. [129.1] David lert unns erkennen die gsatzt dess herren, so ir aigenschafft erzelt und ußlegt. merck hie, du würst verstoun, ob die Machometesch gsatzt von hymel und uß / göttlicher ordnung erwachsen sig oder sust. der prophet spricht: dess herren gsatzt ist unvermasget°, bekerende die selen, gezuognuß des herren ist trüw, und gibt

/[fol. 69r] ° unvermasget , wann sy uß sich süst und verbüt alles übel bekerende Hs.

134  Edition immaculata est lex Domini, quia mala quaeque excludit neque libidinem neque turpitudinem ullam admittit.

[129.2] sicut apud eundem prophetam eloquia Domini casta dicuntur. et apud Iob legitur: non invenietis in ore meo iniquitatem, nec in faucibus meis stultitia personabit. et Apostolus: lex sancta, inquit, et mandatum sanctum et iustum et bonum. [130.1] at quomodo mahumetea lex immaculata, quae stupra et adulteria et omnes libidinum maculas ac foeditates admittit? dices, quia ieiunia quaedam praecipit et orationes et eleemosynas. non damnamus haec; absit, ut ea mala dicamus! [130.2] inventorem eorum Mahumetem esse negamus absque Mahumete sciebamus haec esse bona. ieiunavit Moyses, ieiunavit Elias, ieiunavit Christus; orare et frangere esurienti panem suum et egenos et vagos in domum ducere multo antiquius est quam tuae legis inventum. [130.3] multi nos legislatores ad opera pietatis invitaverunt; verum adulterari, fornicari, servire ventri et in caeno voluptatum iacere solus tuus legifer inter bona collocat. solus Mahumetes est, qui

wisßhait den klainen. dess herren gsatzt ist unvermasget, wann sy usslüßt und verüt alles übel, vergunst ouch nit weder unzimlich begirde noch dehainerlay schnödikait. [129.2] als der prophet* spricht: dess herren red ist rain genannt. und in dem buoch Iob: ir werden nit fynden boßhait in minem munde. och wirt nit torhait erhört uß minen lefftzen. und der Apostel spricht: die gsatzt ist hailig und das gepott hailig, gerecht und guot. [130.1] aber wie ist machometesche satzung unvermasget, die vergünst zerstörung iungkfrölicher rainickait, eebruch und all mackel der unluterkait? hierzuo du sagen wirst, sy gebiette ettlich vasttag, gebeett und almuosen. wir scheltend diss nit. behüt uns got, das wir die ding bös sin sagen! [130.2] aber wir gestound dir dess nit, das Machometes der ding ain anheber und fynder sige; wir haben gewyst, das die ding guot sind, an Machometen. gevastet haut Moyses. gevastet haut Helyas. gevastet haut Cristus. beetten und sin brot dem hungrigen preechen und die armen und pylgrin herbergen ist vil elter dann diner gsatzt / anfangk. [130.3] vyl gsatztgeber haben uns geladet und berüfft zuo wercken der miltekait. aber eebrechen, unluterkait tryben, dienen dem buch° und lygen in der wollust mysste haut allain din gsatztfeller guot geacht. Machometes ist

* prophet spricht dess herren red ist rain genannt am Rand nachgetragen.

/[fol. 69v]

° bch Hs.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  135

turpia docet et flagitia praecipit, quamvis haereticorum more, ut facilius decipiat, bona simul et mala commiscet. [131.1] at lex, quae Domini dicitur, ut inquit propheta, animas convertit. quo convertit? ad Deum convertit, ad suum creatorem, ad summum bonum, ad ultimum finem. at lex Mahumetea non convertit ad Deum, sed avertit ab eo. dicit enim Deus: estote sancti, quia ego sanctus sum. [131.2] Mahumetes uxores, inquit, ducite et concubinas, quot placet; nam ego quadraginta virorum in meis lumbis vires habeo et uxoribus atque ancillis permisceor plurimis. [132.1] quid de testimonio fideli? cum data est Moysi lex Domini in monte Sinai, fulgura et coruscationes apparuerunt et signa de caelo, quae testimonium legi praeberent. lex Christi miraculis admodum multis confirmata est dicente ipso: si opera non fecissem in eis, quae nemo alius fecit, peccatum – scilicet infidelitatis – non haberent. et propterea de veteri et nova lege inquit David: testimonia tua credibilia facta sunt nimis. et in evangelio Lucae circa finem legimus: illi profecti praedicaverunt ubique, Domino cooperante et sermonem comprobante sequentibus

allain der, der schnöd, üppig ler gybt und sünd gepüt. wie wol er nach sytten der ketzer guots mit argem vermyschet, damit er dester lychter betriegen müge. [131.1] aber dess herren gsatzt, als der prophet spricht, bekert die selen. wohin? zu got, zu irm schöpffer, zuo dem obersten guot, zuo dem letsten ende. satzung Machometis beekert nit zuo got, aber verkert ab im. got spricht: ir söllen hailig sin, wan ich hailig bin. [131.2] Machometes spricht: ir söllen vil eewiber nehmen und kebswyber, so vil üch gefellig ist. dann ich hab viertzig man krefften in minen lenden, ich vermysche mich vil eewibern unnd mägten. [132.1] fürbas sagen wir von trüwer gezugknus der gsatzt dess herren, als die Moysi gegeben ward uff dem perg Synai, wurden gesehen tuonder, plytzg und ander zaichen von dem hymel, die zugknus gaben der gsatzt dess herren. die gsatzt Cristi ist gevestnet und bestät mit vyl wunder zaichen, als er selbs redt: hette ich in inen nit werck geton, / die sust niemans getaun haut, so hetten sy nit sünd irs ungloubens. und darumb sprecht David von der alten und nüwen ee: din gezugknus sind worden zemal gloublich. wir lesen ouch in ewangelio Luce: nach ainn end die hailigen zwelffbotten sind usgangen, haben geprediget und ist der herr in allenthalb

/[fol. 70r]

136  Edition signis. [132.2] at Mahumetis legem quae signa, quae miracula probant? audiamus eum: non sum missus, inquit, nisi in virtute gladii, ut, qui non susceperit meam prophetiam, occidatur aut reddat tributum pretium pro infidelitate sua. quid hoc est? numquid manifeste negat se miraculorum virtute carere et ficta falsaque esse omnia signa demonstrat, quae tuae legis doctores in populis praedicant? non habet igitur tua lex testimonium nisi in armis, sed id non est fidele, ut ante docuimus. [133.1] ad ultimum transeamus et, quomodo sapientiam praestet parvulis – id est populis – tua lex, animadvertamus. sapientia, ut antiqui tradiderunt, divinarum et humanarum rerum scientiam continet estque admodum sapida et dulcis, amorem divinitatis dum mentibus nostris instillat, propter quod inquit psalmigraphus: quam dulcia faucibus meis eloquia tua, super mel ori meo. [133.2] tua lex neque de Deo sapit neque de caelestibus, neque terrena satis intelligit, quae putat superis curae non esse. magna olim et florida in Alexandria philosophorum schola fuit, et multi per Syriam et Asiam viri doctissimi claruerunt, quorum

bystendig gewesen, ir ler bewert mit schinbaren wunderzaichen. [132.2] sag an, waß wunderbarer zaichen bewerend die satzung Machumetis? wir wellen inn selbs hören. er spricht: ich bin nit gesundt dann in krafft deß schwertes, das ain yeder, der min prophety nit empfancht, getöd werd oder gebe tribut ze sold für sinen unglouben. da durch er zögt, das er mangelt haut an krafft wunderbarer zaichen, sonder das die, die diner gsatzt lerer predigent den volckern alle, gedycht und falsch sind. darumb haut din gsatzt kain zugknuß noch beschyrmung dann in gwer, aber die ist nit trüw, als wir vor gesagt haben. [133.1] nun kommen wir uff das letst, in dem wir vermercken wellen, wie din gsatzt gybt wysßhait den klainen, das ist dem gemainen volck. wißhait (als die alten gelert haben) beschlüst in ir götlicher und menschlicher sachen wissenhait. die ist zemal und viel geschmackt unnd süß, wann sy unnsern gemüten ingüst liebe der gothait, darumb spricht / David: wie gar süß, herr, sind dine wort minen lefftzen, über honig minem munde. [133.2] din gsatzt waist weder von got noch von den himelschen dingen zuo sagen. sy verstaut ouch nit recht die yrdischen, die wil sy die selben nit vermaint in gottes pfleg und sorg sin. vor ettwe vil iaren ist ain grosse namhafftige schuol naturlicher maister gewesen in Alexandria

/[fol. 70v]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  137

nomina ad nos usque pervenerunt. at postquam lex Mahumetea cursum habuit, paucissimi nominantur, qui naturae arcana perscrutati excellentes evaserint, quia non praestat parvulis sapientiam tuus propheta aut tua lex, cuius fundamentum voluptas est et tutela gladius.

[134.1] inter nos vero liberalium artium studia admodum florent: legitur publice philosophia, auditur in scholis theologia, nullum doctrinae genus praetermittitur; gymnasia litterarum in pluribus Italiae civitatibus clarissima reperiuntur, nec trans Alpes in Hispania, in Gallia, in Germania, in Britannia collegia desunt virorum excellentium, qui sapientiam praestant parvulis. est enim ingens Christianorum cura, ut indocti veritatem intelligant in nostra lege, quae numquam mentita est, divinitus comprehensam. ti erudiantur et veritatem intelligant in nostra lege, quae numquam mentita est, divinitus comprehensam. [134.2] at legifer tuus non modo mentitur, sed leviter, sed indocte, sed imprudenter, sed insipide mentitur et sibi ipsi saepe contrarius est, quemadmodum suae legis inspector plane intelliget. innumerabiles sunt eius

unnd vil hochgelerter mann in Syria und Asia erschynen, dero namen by uns noch in gedächtnus sind. aber nach dem und die gsatzt Machumetis erstanden ist, werden wenig genent, die der natur haimlichait gegründt fürpundig worden sigen, wann weder din prophet noch gsatzt gibt wishait den klainen, dero fundament wollust ist, und das schwert ir schirm. [134.1] by unns gruonet lernung der fryen künst und nympt vast zuo: philosophia wirt offennlich gelesen, götliche kunst in den schuolen gehört. kain ler belybt underwegen. man fyndt costlich schuolen der künsten in vil stetten Ytalie; dess gelichen yenet dem pyrg in Hyspania, in Gallia, in Germania, in Brytania ist kain mangel hoher schuolen, gelerter mannen, die wishait gebend den klainen. dann Cristan haben groß ufsehen, das die ungelerten werden underwyst, und verstandent die warhait in unserer gsatzt, die° / nie gelogen haut, von got ußgangen und empfangen.

[134.2] din gsatztfeller lügt nit nur schlechticlich, aber lüchtvertigclich, aber unformlich, aber unwißtlich, aber närrisch lügt er. er ist dick und offt widerwärtig im selbs, als das ain yeder verstaun mag, der sin gsatzt verlyset und ansicht, in der unzallich vil unge-

° warhait in unserer gsatzt, die / ergänzt nach Lat. /[fol. 71r]

138  Edition ineptiae et aniles fabulae et pueriles nugae, de quibus libet hoc loco pauca referre, quae de ceteris iudicium praebeant. [135.1] exponens Mahumetes capitulum Alcorani, quod dicitur filiorum Israel, in hanc sententiam loquitur: sit laus ei, qui servum suum ab oratorio, quod est Helcarara – ipsa est domus Mesche – usque in oratorium sanctae domus Hierusalem nocte una transtulit, circa quam benediximus Deum. o vos homines, audite et intelligite! cum abii a vobis, venit ad me Gabriel sero post psalmodiam vespertinam, quae ultima est, et ait: o Mahumetes, iubet Deus, ut se adeas. cui respondi: et ubi eum visam? et ait Gabriel: ubi ipse est, et iumentum ilico adduxit, magnitudine inter asinum et mulum; Elberahil vocant, humanae vocis capacem. [135.2] et una non amplius hora iter egi annorum quinquaginta milium. et ait Gabriel: ascende animal et ito ad sanctam domum! ascendere volentem fugiebat iumentum, at iussum stare, quia Mahumetes ascensurus esset, numquid accersitus est? inquit. et respondente Gabriele, accersitum esse, non sinam, addidit, nisi pro me Deum rogarit. obtuli preces Deo meo pro iumento, quod me insidente suavi gressu

schickter frömdikaiten wybische merlin und kindisch luginen sind, von den wir hier wenig sagen wellen, zegeben anzögung und bekantnus anndrer sachen. [135.1] Machometes ußlegende das capitel Alcorani, das man nennt der kynd Ysrahel, redt wie hienacht volgt: lob sige dem, der sinen diener gefürt hat in ainr nacht von dem tempel Helcarara, dem huß Mosche, biß in den tempel dess hailigen huß Iherusalem, da wir got wolsprachend und lobtend. die menschen hörend unnd merckend: als ich von üch geschaiden bin, ist zuo mir kommen Gabriel uff den aubent nach der vesper psalmody, die die letst ist. und: o Machumetes, got gebüt, das du zuo im kommest! dem antwürt ich: wo fynd ich inn? Gabriel sagt: da er ist, und fuort bald her ain tier, von grösse zwyschen aim esel und aim mul, genannt Elberahil, empfähig menschlicher worten und verstendig. [135.2] und nit lenger dann in ainr stund volbracht / ich weg fünfftzig tussender iaren. und sprach Gabriel: sytz uff das tier und far hin zuo dem hailigen hus! als ich uff sitzen wyl, wycht das tier, aber es ward gehaisen styl staun, dann Machometes wöllte daruff sytzen°. antwurt das tier und fraugt: ist er dann berüfft? Gabriel sagt: er ist berüfft. do sprach das tier: ich laß in nit uff mich sytzen, er wölle dann got für mich pyten. also hab ich gepetten minen got für das tier, das so mit

/[fol. 71v] ° sytzen. wil wycht das tier antwurt Hs.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  139

incessit, ponens ungulam pedis anterioris in horizonte sui visus, et minori spatio quam ictus impletur oculi, ad sanctam domum perveni.

[135.3] comes aderat Gabriel, qui duxit me ad domum sanctam in Hierusalem et vicinam rupem, dixitque: descende, quoniam ex rupe in caelum ascendes. et colligato illic iumento portavit me umeris suis in caelum. et cum applicuissemus ad caelum mundi et ad portam eius, pulsavit Gabriel, et quaesitum est, quis esset, et respondit Gabriel: ego sum. et iterum quaerenti: quis tecum adest? respondit: Mahumetes. et subdidit ianitor: numquid vocatus? et ait Gabriel: vocatus. et aperta est porta, et vidi angelos et bis genua flectens oravi pro eis. [135.4] et accepit me rursus Gabriel et vexit ad secundum caelum, et fuit distantia inter caelum et caelum, quantum est iter quingentorum annorum. et sicut in primo caelo pulsatum esse dicit et responsum. pari sollemnitate ad septimum usque caelum procedit, aequam caelorum distantiam ponens, et ait in septimo caelo vidisse se angelorum populum, et longitudinem angeli cuiusque instar mundi fuisse et aliquorum mille vicibus

aim senfften gang sich under mir bewegt haut, setzende den huoff sins vordern füß in aim tryt als verr, als sin ougen gesehen mochten, und bin in mindrer zyt, dann ain ougenblück gescheech, kommen zuo dem hailigen hus. [135.3] Gabriel, min mitganger, fuort mich zuo dem hailigen hus in Iherusalem und zuo dem felsen nach da py und sprach: gang hinuff, wann du wirst von dem felsen faren in den hymel! und band das tier an und truog mich uff sinen achseln in den hymel. und als wir kommen zuo dem hymel der welt und an sin port, klopffet Gabriel. da ward gesagt, wer der weer. antwurt Gabriel: ich bins. aber ward gefragt: wer ist by dir? antwurt er: Machometes. do fragt der torwart: ist er berüfft? antwort Gabriel: berüfft.° da ward die port uff getaun. ich sach die engel und, biegende zwyrend / mine knie, hab ich für sy gepetten. [135.4] und begraiff mich aber Gabriel und bin gefaren biß an den andern hymel. und ist so wyt von aim hymel zuo dem andern gewesen, als funffhundert iaur wegs bruchtend zewandlen. unnd wie er sagt, das Gabriel an dem ersten hymel angeklopfft hab und im geantwürt, sige also och hie an disem hymel. und° in glicher form und mauß ist er kommen bis an den sybenden hymel. und setzt glyche wyte der hymel aller von ain andern und spricht, er hab in dem sybenden hymel gesehen ain grosse zal der engel, und ains

° antwort Gabriel: berüfft ergänzt nach Lat. /[fol. 72r]

° und setzt gliche wyte der hymel in glicher form Hs.

140  Edition extensiorem, et inter eos unum aliquem invenisse, cui septies centena mille milia essent capita, et in quolibet capite totidem ora, et in quolibet ore linguae totidem, quae septingentis mille milibus idiomatibus laudabant Deum. [135.5] et rursus alterum angelum offendisse, qui fleret, et quaesivisse causam fletus, et cum ille dixisset, culpas esse, oravit pro eo. et addit: tunc commendavit me Gabriel alii angelo et ille alii, donec fui in conspectu Dei et tribunali eius adhaesi, tetigitque me manu sua Deus inter umeros, et frigiditas manus eius pervenit usque ad medullas dorsi mei.

[136.1] his nugis atque deliramentis implet Mahumetes aures populi. sed audiamus alteram fabulam. in libro, cui titulus est de doctrina Mahumetis duo angeli nominantur, Arotes et Marotes, quos ille asserit iussu Dei in terram descendisse, ut genus humanum regerent atque instruerent, tribus mandatis acceptis: primum, ne quemquam occiderent; alterum, ne quid iniuste decernerent; tertium, ne vinum biberent.

ieden engels lenge sig gewesen als die gantz welt, und etlicher ze tusent malen grösser. under den hab er ain fünden, der ze sybenhundert tusend maul tusend höpter gehept hab, und an yedem houpt so vil mund, und in iedem mund so vil zungen, die in sybenhundert tusend mal tusenderlay sprachen got lobtend. [135.5] und aber hab er ain andern engel funden verwainete. also fragte er ursach sins waines. hab er geantwürt, er waine sin schuld und sünde. also hab er für in gepetten unnd spricht füro: als dann haut mich Gabriel empfolhen aim andern engel und der selb ouch aim andern, bis daz / ich für sin angesicht komen bin und nach sinem gerichtstuol angehenckt hab, und hat mich got egetastet und gryffen mit siner hand zwyschen min achseln, und die kelte siner hand ist getrungen biß zuo dem ynwendigen marck mines rugken. [136.1] mit solichen luginnen und aberwytzen erfüllt Machometes die oren sins volcks. wir wellen sagen ain ander fabel und meere. in dem buoch, das man nennt von der ler Machometis, werden gemelt zwen engel, namlich Arathes und Marathes. sagt Machometes, das die uß gottes haissen sigen herab kommen uff das ertrich, das sy menschlich geschlecht regiertend und underwystend und haben in empfelhen gehabt dryerlay gepott: das erst, das sy niemand todtend, das ander, das sy kain

/[fol. 72v]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  141

[136.2] cum aliquamdiu rexissent et iam ex toto orbe ad eos iudicia devolverentur, mulier quaedam, decenti forma et omnium pulcherrima, adversus maritum suum causam habens, iudicium ab eis petiit atque, ut favents haberent iudices, ut apud se prandium habeant, multis precibus invitat. non abnuunt angeli, paratur splendidum convivium, epulas et pocula mulier ipsa ministrat, apponuntur fercula multiplicia et cum his vinum. [136.3] quod cum angeli recusarent, instante saepius muliere et multas adiciente blanditias, tandem biberunt et inebriati vino in hospitam incaluerunt eiusque concubitum postularunt. spondet mulier ea conditione, ut alter eorum ascensum in caelum ostenderet, alter descensum. placet conditio. illa, ut iter didicit, mox ascendit in caelum relictis atque irrisis angelis; quam Deus re cognita inter sidera collocavit, cui Lucifer est nomen. angeli ad iudicium evocati catenis ferreis in puteo profundissimo religati sunt, usque in diem iudicii permansuri, cum elegissent in hac potius vita quam in altera plecti.

unrecht urtail geben, das dryt, das sy nit wyn truncken. [136.2] als sy aber lange zyt uß waren gewesen und von all der welt rechtsprüch uff sy verwyliget wurden, begab sich, das gar ain gezierdte und über ander ain schönste frow ettwas handel und ursach haut wider irn eeman und begert von in zwyen ain rechtspruch. sy luod sy baid mit grossem pitte zuo irm ymbis, damit sy günsstig richter machte. die engel waren willig. / alda ward beraidt ain kostlich schinbar maul. die frow schanckt selbs in ze trincken. vil kostlicher essen wurden gegeben und da mit wyn. [136.3] dess die engel zuom ersten nit wollten, bis das sy von pett und liebe wegen, so die frow an sy legt, überwunden wurden, und beladen mit wyn, wurden enzündt gen der wirtin und begerten by ir ze ligen. das inn ouch die frow zusagt mit dem geding, das sy der ain uff fürte in den hymel, der ander wider herab. das gefiel in baiden. als aber die frow den weg gelernet, fuor sy ylennds uff in den hymel und spotet der engel, die sy verließ. die selben frowen got (nach erkantnüs der sach) setzet enzwyschen die sternen und gab ir den nammen Lucifer. die engel zuo gericht berüfft, wurden in ain tieffesten brunnen mit ysnin kettnen gebunden, da ze erwarten dess iungsten gerichts; dann sy selbs fürerwelten hie in diser zyt gestraft werden dann in künfftiger.

/[fol. 73r]

142  Edition [137.1] haec est sapientia Mahumetis, quam docet parvulos, haec eius theologia, haec doctrina divinitius revelata! mira hominis audacia, ne dicamus stultitiam seu dementiam! quot sunt in his fabulis deridenda somnia! non obiurgamus iumenti verba, quando et asinam sacrae litterae locutam produnt, et sentiles bovem. sed quid est, quod una hora iter quinquaginta milium annorum pergitur? metire haec et diligenter cogita, an corpori nondum glorificato id possit accidere.

[137.2] quo ivit? ubi fuit? quid circuivit? non adhuc caelum ascenderat: quibus in locis tantum spatii peragravit? nec iumentum eum tulit: quis tulit eum? unde venit? quomodo venit? nihil horum dicit. quid peccaverat iumentum, ut precibus egeret? cui non est lex alia nisi naturae, et illi paret. quid ostiarius in caelo collocatus rogamine Mahumetis egebat? an non satis felix erat? fortasse altius cupiebat ascendere, tamquam non sit illic perfecta omnium beatitudo, et regnet adhuc ambitio.

[138.1] distantiam caelorum

[137.1] diss ist die wishait Machometis, die er lert die klainen. diss ist sin theology und götlich kunste. diss ist ain wunderbare türstikait ains menschen (wir hetten nachgesprochen ain torhait und unsinne). wie gar vil lechterlich tröm sind in disen merlin! wir verwerffen nit dess tieres wort, wann / die hailig gschrifft sagt, das ain eßlin geredt habe, dess gelichen die Haiden von aim rynde. aber in dem schelten wir sin unsynnig torhait, das er in ainer stund sol volbracht haben weeg, dartzuo ain andrer fünfftzig tusent iar müsste haben. er wyg und betracht die ding vlißclich, ob das müglich sig ainem lichnam, der noch nit clarificiert ist. [137.2] wohin ist er gangen? wo ist er gewesen? an welhen enden ist er umgefaren? er was noch nit kommen in den hymel: an was stetten ist er so grosse wyte durchfaren, so inn das tier nit betrogen haut? wer hat in sust getragen? von wannen oder wie ist er komen? nützit sagt er diser ding. was haut das tier gesündet, das es pittes bedorfft? das kain ander gsatzt haut dann der natur, der es och gehorsam ist. oder was bdorfft der portner Machometis gebeets, der in den hymel gesetzt was? sag an, was er noch nit gnuog selig? er begert villicht mer erhebt werden dem gelych, als ob daselbs nit sig volkomne säligkait aller ding, und hochfart alda noch richsne. [138.1] er offnet wyte der hymel

/[fol. 73v]

/[fol. 74r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  143

ostendit et sphaerarum quanta sit crassitudo demonstrat; quingentorum annorum iter ex caelo in caelum ponit et parem omnium spissitudinem. quid hoc? quis credat? gentilium fabulis simile somnium est. aiunt illi Dionysodorum quendam, geometriae scientiae nobilem, in patria senectam diem obiisse, propinquas funus ei duxisse, ad quas pertinebat hereditas; has, cum secutis diebus iusta peragerent, invenisse in sepulchro eius epistolam Dionysodori nomine ad superos scriptam, quae diceret eum a sepulchro ad infimam pervenisse terram, esseque illuc usque quadraginta milia stadiorum.

[138.2] nec defuerunt geometrae, ut Plinius ait, qui interpretarentur significare epistolam a medio terrarum orbe missam, quo deorsum a summo longissimum esset spatium, et idem pilae medium; ex quo consecuta computatio est, quae circuitum terrae, id est totius pilae ambitum, ducenta quinquaginta quinque milia stadiorum pronuntiavit. sed harmonica ratio, quae cogit rerum naturam sibi ipsam

und tycke der speren, bestymbt och den weeg uß aim hymel in den andern fünffhundert iar lang, die all glych / tick sind. welher mag die ding sagen oder glouben? es ist nützit anders dann ain troum glich den meerlin der Haiden. sy sagen von aim, genannt Dyonisiodorus, der in kunst messens hoch geübt mit iaren beladen haymends in sinem vatterland sinen letsten tag volbracht und beschlossen hab. dess lychnam sin erben und gesypten haben gefürt ze begraben. und danach in wenig tagen, als sy in wollten bestattnen nach gewonhait dessselben lands, haben sy in sinem grab funden ainen sandtbrieff in nammen Dyonisidori, den lebenden uffgeschryben und gesandt, in dem geschriben sige, wie er usser sinem grab kommen wer in die tieffe der erden, dahin die wyte ermessen und vierundzwaintzig tusend roßlöff verr sin erfunden hab. [138.2] betütung diser epistel haben alsbald maister dess messens ußgelegt und gesagt, als Plinius schrybt, sy sige von dem mittelnkraiß der erden heruff gesandt, dahin ain verreste wyte sige und werde geacht als das mittel in ainr kugel. darnach uß kiniglicher rechnung erfunden, das der ußwendig kraiss dess ertrichs, das ist umbgang der ganntzen kugel, machet zwayhundert maul tusent und fünffundfünfftzig / tusent roßlöff. aber aigenschafft der hymel

/[fol. 74v]

144  Edition congruere – eodem Plinio teste –, addit huic mensurae stadiorum septem milia.

[138.3] Eratosthenes, huiuscemodi rerum sollertissimus indagator, universum terrae ambitum ducentorum quinquaginta duorum milium stadiorum prodidit. Hipparchus stadiorum paulo minus viginte quinque milia adiecit. reperiuntur et aliorum sententiae admodum dissonae, neque in hanc usque diem mortali cuipiam satis exploratam credimus terrae mensuram, cuius neque septentrionem neque meridiem versus cogniti fines sunt. [139.1] at tuus legifer maiora concepti animo, qui, tamquam caelum ascenderit, quingentorum annorum itinere distare caelum a caelo prodidit, quoniam tanta esset crassitudo sphaerarum. hoc idem asseruit Rabbi Moyses, Hebraeus genere philosophus, qui apud Aegyptios claruit. at philosophi, quos nostri probant, non ita sentiunt, nec Ptolemaeus Alexandrinus, astronomorum facile princeps, de crassitudine lunaris sphaerae cum tua lege concordat, in qua iter annorum sexaginta novem et aliquorum mensium ac

gedön nach maisterlicher art der musigk, welh Plinius armonicam nennet, die aller dingen natur ir selbs gelych und mitformig machet, zuo legt der obgemelten mensur und meß sybentusend roßlöff. [138.3] Heratosthenes, diser ding ain gnawer unnd flissigoster ergründer, haut bestymbt allen umbkraiß der erden sin zwayhundert maul tusend und zway und fünfftzig tusend roßlöff. Hypartus legt zuo diser zal fünff und zwantzig tusend. es° sigen ouch sust vyl, die von disen dingen schribende enandern wider wärtig sind. wir vermainen, das uff hütigen tag kain tödemlicher mensch erkunnet hab mensur und wyte der erden, dero ende niemans bekannt unnd erfaren sind, weder gen mittag noch mitternacht. [139.1] aber din gsatztfeller haut grössers in sin gmüt gefasset, so er sagt, das ain hymel von dem andern als verr sige als ain mensch in fünffhundert iaren möchte wandeln, und wyl hie durch gesehen werden, als ob er uff gefaren sig in die hymel, und maint och, der himel speren sigen so dick, das sy die höhe umb so vil wytternd. dess gelichen sagt raby Moyses, ain natürlicher maister, iudisch von / geschlecht°, der in Egipten verrümpt gewonet haut. aber unnser philosophi, dero ler in unnsern schuolen gelesen wirt, sagend anders. dess gelichen Ptholomeus Alexandrinus (der in

° es d sigen Hs.

/[fol. 75r] ° ge- / geschlecht Hs.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  145

dierum posuit, milibus passuum viginti quinque seu stadiis ducentis pro qualibet die computatis.

[139.2] alii vero astronomi, qui haec diligenter indagaverunt, sphaeram solis plus quam sexcentis vicibus superare lunarem tradiderunt, rursusque Martis sphaeram, quamvis sole altior est et longe maiorem habet ambitum, spissitudine tamen multis vicibus superari. Improbum humanae mentis ausum, verum ita subtili argumentatione comprehensum, ut pudeat aliquos non credere; plurimi haec incerta respuunt. [139.3] tuo legislatori fortasse credendum fuerit, non quia illuc angelo bono deferente conscenderit, sed quia cum perverso ceciderit: quod, si hac de causa fidem expetit, credimus; alioquin cum sacra scriptura dicimus: caelum sursum et terra deorsum, et cor regis inscrutabile est.

[140.1] sed alia percurramus.

astronomia all ander übertrüfft) ist diner ler (die von ticke dess mons sper sagt) vast widerwärtig, sonnder maint er, das ticke der selben sper begryffe nün und sechszig iar rais, etlich monat und tag und rechnet tusendfünfftzig unnd zwaintzig schryt oder zwaihundert roßlöff für ain yede tagraiß. [139.2] ettlich ander astronomy, diser ding flissig erfarer, sagend, der sunnen sper sige sechshundert maul ticker dann des mons oder mer, und sagen ouch, wie wol die sper Martis höher ist dann die sunne, ouch ain grossern umbgang hat, noch dann ist sy nit so dick als der sunnen sper. durch diss mag menschlich gmuot frevel geacht werden, so es sich erhebt, diss verborgenhait ze ergründen. aber solicher subtilkait und ernsts ist hier inn gepflegen, das etlich sich schampten, wo sy es nit geloubttend, wie wol vil die ding verachten. [139.3] villicht wer pillich, das geloubt wurde dinem gsatztfeller, nit als dem, der von aim gutten engel dahin uffgefürt, dann der als dem, der mitsampt dem tüfel alda ußgetriben / herab gefallen ist. dem wir ouch glouben wöllen, wo er uß der ursach begert, im geloubt werden. dann wir bekennen sust nach innhalt der hailigen geschrifft, das der hymel oben und die erde unden von got geordnet ist, dess hertz und haimlichait unergruntlich ist und nit ze erfaren. [140.1] aber wir wellen siner

/[fol. 75v]

146  Edition angelo mundo maiores se vidisse affirmat eosdemque corporeos. si mundo maiores angeli sunt, necessarium est aliquam eorum partem extra mundum esse. at philosophi mundi circumflexu omnia contineri dicunt neque quicquam exterius esse. [140.2] tuus legifer, quando aliquid solito plus adbibit, sopori deditus, quicquid somniavit, pro vero rettulit et omnia sibi licere putavit; quo errore et angelos corporeos et peccare et egere venia et se rogasse pro eis dixit. simili somnolentia tactum se super umeros affirmavit manu Dei, cuius gelu usque dorsi medullas penetraverit – quae omnia superius confutata sunt.

[141.1] quis illud patienter audiat, quod angeli Dei vino inebriati, specie mulieris decepti, concubitum eius appetierint? quae iter in caelum edocta ad conspectum magni Dei pervenerit et honore accepta inter astra locum obtinuerit? angeli poenas dederint atque idcirco vinum homini interdictum, quod tanti mali causa fuerit? [141.2] commemorat haec tuus legifer et tamquam ex penu Dei recepta hominibus inculcat. vide, quam graviter, quam vere, quam perite

artickel mer begriffen. er sagt, er hab gesehen gelybt engel grösser dann die welt. were das waur, so wer och not, das ettwas irs tails usserthalb der welt wer. aber natürlich maister sagend, das die welt in irm kraiß alle ding beschliesse und begriffe und gantz nützit usserthalb sige. [140.2] wann din gsatztfeller mer dann gnuog truncken haut, im dann in sinem schlauff fürkommen ist, das alles haut er für waur ußkündt und haut gemaint, im haben alle ding gebürt. uß der irtung er gesagt haut, das die engel gelibt sigend und sündind und buoß begerend, und das er gebetten hab für sy. in gelycher schlafftrunckenhait sagt er, gottes hand hab in berürt uff sin achseln, dess froscht getrungen hab biß an das marck sines rügken. die ding alle verhör verworffen sind. [141.1] welher mensch mag tultenclich hören, das gots engel, von win überladen, von schöne ainr frowen betrogen, / begert haben ir byligen? und das die frow uß geübter lernung dess wegs in den hymel kommen sig für angesicht dess grossen gots und erlich empfangen gesetzt sig in zal der sternen, und die zwen engel in pyn? und uß der ursach sig dem menschen win verbowen, das er so vil übels gesachet hab. [141.2] die ding erzelt din gesatztfeller und truckt sy in die menschen, als ob sy von gottes haimlichait ußgangen und empfangen sigen. siech, wie redt er so

/[fol. 76r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  147

loquitur! poetarum figmenta, que pueris leguntur, inter arcana legis inserit. pueri nostri non sine risu audiunt, cum raptae in caelum feminae referuntur et in astra commutatae, quae Maior et Minor Ursa vocantur, pigri circa sarraca Bootae lucentes.

[142.1] credimus pro tua sapientia te iam parvifacere atque contemnere tuae legis figmenta, sed mirari vehementer, quod in dies aliqui relicto dogmate Christiano ad tuum migrant et asserentes iniquam legem nostram, amplexi tuam circumciduntur et tuis initiantur sacris; et qui trinitatem praedicabant, nunc detestantur; et qui Christum cruci affixum colebant et laudabant, nunc derident. sunt, qui hoc agunt: non dubitamus.

[142.2] sed quinam homines? sane aut libidinis servi aut ambitionis, et quibus nullus erat locus in nostra lege: spreti a nobis et eiecti, tamquam vilia et inutilia mancipia ad te transiverunt, nec tamen illos inexstinguibilis conscientiae vermis rodere cessat. quodsi posses eorum introspicere corda, intelligeres

erwegen, so warlich, so kunstlich! er vermyscht in haymlichait siner gsatzt gedycht, fabel der poeten, die gelesen werden den kynden. unnsere kind konnen sy on lachen nit verhören, wann man sagt oder liset, das frowen empfangen in den hymel und in zal der sternen verwandelt sigen, die man in Latin Maiorem und Minorem, das ist grösser und klainer Ursam nennet, von den der poet sagt, das treeg gestyrn Poetes überschynt die geerten acker. [142.1] wir vertruwen, das du uß diner° wyshait yetzunder selbs verachtest gedychte diner satzung. aber dich mag ernßtlich verwundern, das von uns etlich menschen von tag ze tag in verachtung cristenlicher ler zuo diner gsatzt komend und sagend, unnser satzung sige / üppig, lassend sich beschnyden nach diner gsatzt gewonhait und inlybend sich dinem glouben. sy scheltend drivaltikait, die sy vor usskündt und geloubet haben. und die Cristum, den crützgoten, vorheer geeret haben, verlachend inn yetz. wir zwyfeln nit, es sigen ettlich, die diss tuond. [142.2] aber sag an, was menschen sind die? fürwaur, aintweders diener unzimlicher begirlichait oder der hochfart, die° nit in unnser gsatzt sind, von uns veracht und ussgetryben, sind zuo dir kommen als schnöd und unnütz diener, die ouch der wurm ir gwysne teeglichs on underlauss naget. wo du möchtest sehen in ire hertzen, wurdest verstoun on

° diner vs wyshait Hs. /[fol. 76v]

° die nit in unnser gsatzt sind, von uns veracht und ussgetryben ergänzt nach Lat.

148  Edition proculdubio, eos aut vitae futurae spem nullam habere aut admodum esse anxios, qui fontem aquae vivae reliquerunt, Christum Iesum, et nesciunt, quo pacto redeant, maius suum peccatum existimantes quam Dei misericordiam. [143.1] sed quid miraris, si ad opes consesquendas, ad voluptates exhauriendas nonulli tuae legi sese subiciunt? non est hoc novum neque dignum admiratione. idem quoque et Saraceni faciunt, qui saepe ad nos migrant. [143.2] illud est memorabile, illud stupendum, illud magnopere celebrandum, quod tot milia populorum, Christiano insignita nomine, sub tuo imperio degunt, gravia tributa pendunt, nunc liberis privantur, nunc coniugibus, opprimuntur durissima servitute, lacerantur, vexantur mille modis – nec tamen Christianae legi renuntiant. quodsi tuam acciperent, mitius ferrent imperium, fierent liberi, honores et opes sperare possent; sed malunt tolerare servitutis iugum et in squalore ac miseria vivere quam Christum negare. [143.3] hoc stupendum est et divinum opus, et quod te praecipue movere debet: non

allen zwifel, aintweders die selben kain hoffnung haben künfftigs lebens, oder aber gantz angstig sin darumb, das sy verlaussen haben den prunnen dess lebenden wassers, Cristum Ihesum, und wissend nit, wie sy widerkeren mügen oder künnen, achtende, ir sünd grösser sin dann gottes barmhertzikait. [143.1] aber warumb verwundert dich, das vil° sich in din gsatzt geben umb richtumb willen und wollust ze haben? diss ist nit nüw noch verwünders weert. wann dess gelichen och Sarracen tuond, die offt zuo uns komend.

[143.2] das ist wol gedächtlich, wunderbar und hoch ze prysen, das so vil tusend menschen / geedelt und bezaichnet mit cristenlichem nammen wonend in dinem rich und gwalt, die bezalend groß tribut. yetz werden sy beroubt ir kynder, dann ir eewyber und in grosse herte dienstbarkait genödt, geschediget tusentfalticlich und geübt. noch dann belyben sy by cristenlicher zucht und ordnung. wo sy din gsatzt an sich nehmen, wurden sy milter und senffter gehalten und möchten komen zuo er und richtumb als annder, die fry sind. aber sy begerend me ze lyden der dienstbarkait ioch und in unsuberkait und armuot leben dann Cristum verlögnen. [143.3] diss ist wunderbar unnd gottes schickung, das dich pillich und sonderbar bewegen sol: nit

° das vil über der Zeile.

/[fol. 77r]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  149

quod pauci a nostra lege aberrent, sed quod tam multi in ea perseverent et tanta sit vel in adversis constantia, miraculum est. facit hoc bonitas legis et securitas aeternae vitae, quam nemo sapiens praesenti postposuit.

[144.1] quid tu hic dicas? quid contra hiscere aut mutire poteris? vera est Christiana lex, ex utero recepta Moysaicae, ex prophetis, ex divinis oraculis: Deus auctor eius est, filius Dei eam tradidit, ex ore Dei manifestata est, pura est et nitida et immaculata et sancta, perfecta ex omni parte, nullam habet rugam, nusquam deficit, nusquam claudicat, in ea qui quaerit invenit, qui petit accipit, et pulsanti aperitur. [144.2] ipsa est fons clementiae, iustitiae culmen, pietatis speculum, mansuetudinis et misericordiae plena, pro ea martyres innumerabiles sunt occisi: senes, iuvenes, pueri, matronae, viduae, virgines, innuptae puellae; crudelia carnificum non expavere tormenta, scientes beatos esse mortuos, qui moriuntur in Domino. [145.1] praeterimus signa et prodigia, quae certitudinem Christianae legis ostentant.

das etlich irrend und von unnser satzung fliehend, sonnder das so vil in der beharrend und in solicher widerwärtikait so stett belybend, das ist ain wunderzaichen. es sachet guothait der gsatzte und sicherhait dess ewigen lebens, das ain yeder wyser höcher achtet dann das gegenwirtig. [144.1] was wilt du hie zu sagen? du magst noch kanst dawider nit reden noch din mund uff tuon.* Gerecht und waur ist cristenliche satzung, geporn uß der gsatzt Moysi, uß den propheten, uß den worten gottes. got ist ir maister, merer und lerer. gottes sun haut sy geben, uß gottes / mund geoffnet, rain, durchlüchtig, unvermasget, hailig und in allweg volkommen. sy haut kain runtzeln noch presten. sy hinckt nit. welher in der suocht, der fyndt. welher pitt, der empfacht. und dem anklopffenden wirt uffgethaun. [144.2] sy ist ain brunn der senfftigkait, ain wirde der gerechtikait, ain spiegel der miltikait, vol güte und barmhertzikeit, von der wegen unzallich vil martrer getödt sind: alt, iung, kynd, mütern, wyttwen, iungkfrowen, eewyber haben nit entsessen pin der unmilten flaischhacker, wissende, das die todten sälig sind, die in got sterbend. [145.1] wir geschwigend der wunderzaichen, die gewisses wyssen gebend der cristenlichen

* commendati o fidei katholicce /[fol. 77v]

150  Edition quis viros commemorare queat ex Christiano genere, divini et humani iuris excellentissimos professores, vera mundi lumina, scientiae fontes, qui usque ad mortem in fide Christi perseverantes praeclara volumina ediderunt, quae tamquam sidera quaedam doctrinae humanas mentes illustrant? et quaenam ullo in loco lex est, quae alterum habeat Augustinum, alterum Hieronymum, alterum Ambrosium, alterum Gregorium? [145.2] et ne Graecos praetereamus: quae religio virum umquam habuit, qui Origeni comparari posset, quamvis hic in plerisque locis erravit? quis Ioanni Chrysostomo exaequabitur? quis Magno Basalio, quis Cyrillo, quis Eusebio, quis Gregorio Nazanzeno? non sufficiet dies, si numerare pergimus illustres nostrae legis doctores, sive vivos sive mortuos – quamvis non sunt mortui, sed nunc maxime vivunt et tamquam stellae in firmamento lucent, qui fidem sacratissimae trinitatis elucidarunt. [146.1] quid dicemus de religiosis domibus, in quibus angelica ducitur vita et assidue pro peccatoribus effunduntur preces Domino, nec umquam cessant divinae laudes ac psalmodiae? Benedictus Nursiensis apud

satzung. welher kan oder mag erzelen und nennen die hochgelerten fürpüntigen man oder den Cristen verieher und lerer götlicher und menschlicher rechten, ware liechter der welt und brunnen der künsten, die biß in den tod in cristenlichem glouben belybende verrümte bücher gemacht haben, die menschliche gmüt erlüchtend als das gstyrn am hymel? welhe satzung uff erden haut ain andern Augustinum, ain andern Iheronimum, ain andern Ambrosium, ain andern Gregorium? [145.2] und (das wir der Kriechschen nit vergessen) welh gaistlichait haut / ye ain man gehebt, der zuogezelt werden möcht Origeni, wie wol er an vil enden geyrret haut? welher wirt Iohanni Crisostimo gelychnet, welher dem grossen Basilio, welher Cyrillo°, welher Eusebio? ains tags weer nit gnuog, wo wir erzelen welten durchluchtig lerer unnsers gloubens, sy sigend lebendig oder tod. wie wol sy nit tod sind, sonnder yetz allermaist lebend und schynend als die sternen in dem firmament, die erlücht haben den glouben der hailigen drivaltikait. [146.1] was wölle wir sagen von den gaistlichen hüsern, in denen engelsch leben gefürt und on uffhören unser herr gepetten wirt für die sünder? allda och gottes lobesang nymmer geschwigt. Benedictus Nursiensis ist by uns ain lerer und vatter gewesen vil

/[fol. 78r] ° Tyrillo Hs.

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  151

nos multorum monachorum doctor et pater exstitit, apud Graecos Magnus Basilius. Secuti sunt Bernardus, abbas Claraevallis, et Bruno, qui Carthusiam instituit. [146.2] quotidie sanctorum virorum apud nos augetur numerus, aedificantur nova monasteria, et sancta renovantur instituta. quos fructus edidit Seraphicus Franciscus, eximius paupertatis amator, in Umbria, quae est pars Italiae, natus! quote eum discipuli secuti sunt, quot sub eius regula viri sanctissimi floruerunt! Antonius Patavi iacet miraculis clarus, Bernardinus Senensis in Aquilia, quem nostra aetas quasi alterum Paulum praedicantem audivit. Nicolai Lyritani exstant opera, quae omnes admirantur. [146.3] Dominicus, in extremis Hispaniae natus oris, quasi alius vesper emicuit, qui novum quendam sanctum et nitidum vivendi morem suis auditoribus tradidit et praedicatorum instituta regula universum illustravit orbem. multi ex discipulis eius clarrisimi evaserunt, sed praecipua est Magni Alberti fama, qui nullum doctrinae genus ignorasse creditus est. nec minor eo Thomas Aquinas fuit in litteris, etsi maior exstitit sanctitate.

münchen. der groß Basilius by den Kriechen, nach den sind gewesen Bernhardus, abbt ze Clarental, und Bruno, Carthuser ordens anfang. [146.2] zal hailiger männen mert sich täglichs by uns. nüwe closter werden gepuwen und die hailigen reglen ernüwert. was grosser frücht haut gebracht der engelsch Franciscus, inbrünstig in göttlicher minne, ain hoher fründ und liebhaber der armuot, geporn in Umbria, in Ytalia gelegen? wie vil siner iünger sind nach im gewesen? wie vil sind in / siner regel hailig mann erwachsen? Anthonius ze Padow ligt claur von wunderzaichen. Bernhardinus Senensis zuo Aquila, der in unsern tagen ain andrer Paulus geacht ist durch sin ler. Nicolaus de Lira haut verrümte bücher gemacht, die yederman verwundert und lobt. [146.3] Dominicus, geporn ze hinderst in Hyspania, lüchtet und schynt gelich dem aubentstern, der sinen gehorsamen und nachvolgern geben haut ain nüwen, hailigen und schynbaren sytten ze leben. er durchluchtet die gantzen welt mit siner uffgesechter regel prediger ordens. vil siner iünger sind claur und hoch erwachsen. aber fürpündig ist das lob Magni Alberthi, der gebryst ist, das er kainerlay ler unerkunnet habe. och ist nit minder Thomas Aquinus gewesen in künsten, wie wol sin hailigkait wyter verrümpt

/[fol. 78v]

152  Edition

[146.4] claruit et nostro saeculo sub eadem regula Vincentius Hispanus, quem noster antecessor inter sanctos Christi confessores rettulit. et in ordine divi Augustini Nicolaus Tolentinas paulo ante inter caelestia relatus sanctorum agmina. nova in dies prole florescit nostra religio. quodsi non desunt peccatores divinam provocantes maiestatem, non desunt etiam conciliatores: viri sancti Deo accepti et virgines immaculatae precibus aissiduis divinam iram avertentes, nec timemus ruinam tantis adiuti patrociniis. [147.1] tu ergo, princeps nobilis, qui non es rationis incapax neque ingenii obtusi, collige quae diximus, et conserva in mente tua, et consule tibi et tuae genti, et noli esse incredulus, sed fidelis! relinque tenebras et lucem sequere! intelligis, quo pede claudicat tua lex, et quantis scatet erroribus, et quam procul a veritate recedit, et quod non est in ea salus, novae et antiquae legis inimica. [147.2] intelligis, quam solida est evangelica doctrina, quam vera, quam sancta, quam munda et immaculata, et quod ea tantum iter in caelum ostendit et non alia. intelligis,

ist. [146.4] dess selben ordens ist by unsern zyten erschynen Vincentius Hyspanus, den unnser vorfar haut zuo gesellet den hailigen lüchtern Cristi. und Nicolaus Tholetanus, sant Augustins orden, ist vor menig tagen erhept zuo himelschlicher schar der hailigen. unnser gloub gronet von tag ze tag mit nüwer frucht. und wie ain grosse zal ist der sünder, die gottes maiestett erzürnend, also sind och / vil versüner: hailig mann, got genem und empfenclich, und unvermasget iungkfrowen, die mit emsigem gebett gottes zorn abwendent, dadurch wir nit fürchten fal, mit so krefftigen schyrm beholffen.* [147.1] Hierumb, edler fürst, der du nit unempfähig bist der vernünffte, och nit ains verstopten gmüts, tuo versammeln die ding, die wir gesagt haben! verfasß sy in dinem gmüt und raut dir und dinem volck bis füro nit unglöubig, sonnder trüw und gehorsam! verlaß die fynsternis und volg nach dem liecht! du verstaust, an welchem fuoß din gsatzt hinckt, uß wie grosser irtung sy entspringt, wie verr sy abtryt von der warhait. in ir ist° kain hail, die ain fyndin ist nüwer und alter satzung. [147.2] du merckst, wie vest ist die ewangelisch ler, wie waur, wie hailig, wie rain, wie unvermasget und wie allain sy zögt weg in den hymel und kain andre. du verstast (wo du unsrer wert ingedengk

/[fol. 79r] * Conclusio

° ist über der Zeile.

/[fol. 79v]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  153

si verba nostra memoria tenes, quod trinitas in unitate et unitas in trintate colenda est neque altera contradicit alteri. intelligis, quonam modo pater filium sibi aequalem genuit, et quomodo a patre et filio sanctus procedit spiritus, qui est caritas et amor et simul colendus est et Deus est. [147.3] et quod filius pro nostra salute incarnatus mortem tulit, et spoliato inferno tertia die resurgens, quadraginta diebus cum discipulis conservatus, ascendit in caelum sedetque ad dexteram patris, venturus in fine saeculi iudicare vivos et mortuos; quo facto mali perpetui poenam ignis subibunt, boni aeternam beatitudinem consequentur, non in carnalibus desideriis, non in cubilibus aut impudicitiis, sed in dulcedine mentis et caritate Christi, quae superat omnem sensum.

[148.1] ante omnia vero monstratum est, non posse te assequi inter Christianos gloriam et potentatum, quem videris optare, maxime apud Europaeos et Occidentales populos, dum tua in secta perseveraveris. quodsi velles Christianis initiari sacris, magnam tibi spem fecimus et potentiae et gloriae. memento igitur verborum nostrorum et accipe fidele consilium: sume baptismum Christi et

bist), das drivaltikait in ainikait und ainikait in drivaltikait ze eren ist, das ouch aine nit widerwärtig ist der andern. du verstaust, in welher mauß der vatter im selbs geborn haut sinem gelychen sune und wie der hailig gaist kompt von dem vatter und von dem sune, der / mynn und lieb ist, glich ze eren ist und got ist. [147.3] und das der sun gelitten haut den tod, umb unnsers hailes willen mensch worden, beroubt haut die hellen, an dem drytten tag ufferstanden, gewonet haut viertzig tag by sinen iungern, ist uff gefarn in den himel und sitzt zuo der gerechten hannd sins vatters, künfftig zuo end der welt richten die lebenden und todten. wann das geschicht, werden die bösen gaun in pyn dess ewigen fürs und die guoten ewige sälikait überkommen, nit in liplichen glüsten, nit in unschemiger unluterkait, sonder in süsse dess gmüts und in liebe unsers herren Cristi, die alle empfintlichait übertryfft. [148.1] insonnder ist dir geoffnet, das du nit macht überkommen under den Cristen glory und macht nach diner begird, insonder in den landen, die gen mitternacht ligen und gen der sunnen nidergang, die wil du beharrest in diner gsatzt. weltest aber dich geben in zucht cristenlichs gloubens, so wurdest du dir gepeern grosse hoffnung zu macht und glory. darumb gedenck unsrer wort und empfanch unsern trüwen raut:

154  Edition lavacrum spiritus sancti! amplectere sacrosanctum evangelium et illi te totum committe! [148.2] sic tuam animam lucrifacies, sic Turcorum populo bene consules, sic tuae cogitationes adimpleri poterunt, sic tuum nomen in saecula celebrabitur, sic te omnis Graecia, omnis Italia, omnis Europa demirabitur, sic Latinae te litterae, sic Graecae, sic Hebraicae, sic Arabicae, sic omnes barbarae celebrabunt, sic nulla aetas de tuis laudibus conticescet, sic pacis auctor et fundator quietis appellaberis, sic te Turci animarum suarum repertorem et Christiani suae vitae conservatorem vocabunt. [148.3] Syri, Aegyptii, Libyes et Arabes et quaecumque sunt aliae gentes extra Christi caulas, aut his auditis tuam viam sequentur, aut tuis et Christianis armis parvo negotio domabuntur et, si noluerint in nostra lege te socium habere, experientur dominum in sua. nos te iuvabimus et omnium eorum assistente divina gratia legitimum principem constituemus.

[149.1] haec sunt, quae tibi cum baptismo praemia promittuntur; his te bonis

nim an dich den touff Cristi und weschung dess hailigen gaists! embfauch das hailig ewangelium und bevilh dich gantz dem selben! [148.2] da durch wirst du / din sel erredten. da durch wirst du wol rauten gemainem volck der Türcken. da durch mag din fürnemen volendet werden. dar durch wirt din nam ewig geeret. also wirt dich alles kriecksch land, gantz Ytalia, gantz Europa verwundern und prysen. also werden dich latinisch buochstaben, also kriegsch, also hebraysch, also arabisch, also all barbarisch erheben und rümen. also wirt kain alter dins lobs geschwigen. also wirst du genennt ain merer dess frids und ain vestner aller ruow. also werden dich Türcken nennen ain widerpringer ir selen und die Cristan ain bewarer irs lebens. [148.3] Syrien, Egypten, Libici und Araben, och alle ander volcker usserthalb cristenlichen glouben, werden aintweders (so sy die ding hören) dinem weg nachvolgen oder durch dich mitsampt der Cristen hilff mit wenig arbait erobert und überwunden. und wo sy nit wölten tülden dich in unser gsatzt irn herren, wurden sy in ir satzung dins gwalts empfunden. wir wellen dir beholffen sin und mit gottes hilff dich ain rechten fürsten und herren ir aller setzen, ordnen und bestätigen. [149.1] das ist der lon, so dir mit dem touff verhaissen wirt. mit solicher oberkait wirt on allen

/[fol. 80r]

/[fol. 80v]

Michael Christan: Brief an Mechmet II.  155

divina pietas proculdubio cumulabit obsequentem evangelio. [149.2] quodsi respueris consilia nostra, peribit tamquam fumus tua gloria, et tu more hominum reversus in cinerem, totus moriere. Christus regnabit in aeternum, cui est honor et gloria in saecula saeculorum. Amen

zwifel gottes miltekait / begaben dich, ain gehorsamen dem hailigen ewangelio. [149.2] verachtest aber du aber unnsern raut, so wirt din glory zergen als ain roch. dess gelichen du nach gwonhait der menschen verkert in eeschen, wirst gantz mit lyb und sel ewig sterben. Cristus wirt richsnen oun end, dem glory und er bywonet von welt zuo welt. Amen.

156  Edition Cod. 12596, fol. 23r (Österreichische Nationalbibliothek)