Nur die Frau des Kaisers?: Kaiserinnen in der Frühen Neuzeit 9783205201625, 9783205200857

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Nur die Frau des Kaisers?: Kaiserinnen in der Frühen Neuzeit
 9783205201625, 9783205200857

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Nur die Frau des Kaisers?

Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Band 64

2016 Böhlau Verlag Wien

Nur die Frau des Kaisers? Kaiserinnen in der Frühen Neuzeit Herausgegeben von Bettina Braun, Katrin Keller und Matthias Schnettger

2016 Böhlau Verlag Wien

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar.

Umschlagabbildung: Vermählung Kaiser Leopolds I. mit Margarita Teresa, Infantin von Spanien, im Jahr 1666 (unbekannter Künstler, Kupferstich, ÖNB Bildarchiv und Grafiksammlung, NB 740.066 CL), © ÖNB Bildarchiv und Grafiksammlung.

© 2016 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Wien Köln Weimar Wiesingerstraße 1, A-1010 Wien, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Satz: Bettina Waringer, Wien Druck und Bindung: General Druckerei, Szeged Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the EU ISBN 978-3-205-20085-7



Inhalt Siglenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Vorwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Katrin Keller Frauen und dynastische Herrschaft. Eine Einführung. . . . . . . . . . . . . . . 13 Amalie Fößel … von gots gnaden Römische Kaiserine, zu Allen zeiten mererin des Reiches und Kunigin … Zu den Handlungsräumen und Strategien spätmittelalterlicher Kaiserinnen. . . . 27 Rubén González Cuerva Anne, Margaret and Marianne of Austria: Queens of Spain, Archduchesses of Austria and Dynastic Links. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Christina Lutter und Daniela Unterholzner Fürstin ohne Ort. Vom Scheitern der Bianca Maria Sforza. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Alexander Koller Maria von Spanien, die katholische Kaiserin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Elena Taddei Anna von Tirol: „Kaiserin für Gottes Gnaden“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Matthias Schnettger Die Kaiserinnen aus dem Haus Gonzaga: Eleonora die Ältere und Eleonora die Jüngere. . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Andrea Sommer-Mathis María Ana de Austria: spanische Infantin – Königin von Ungarn und Böhmen – römisch-deutsche Kaiserin (1606–1646). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

6 Inhaltsverzeichnis

Josef Johannes Schmid Eleonore Magdalena von der Pfalz – ein Leben zwischen den Häusern Neuburg und Habsburg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Michael Pölzl Die Kaiserinnen Amalia Wilhelmina (1673–1742) und Elisabeth Christine (1691–1750) Handlungsspielräume im Spannungsfeld dynastischer und persönlicher Interessen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Britta Kägler … so lang diese Frau die hände in denen Regierungsgeschäften haben ... Maria Amalia von Österreich als machtbewusste Kaiserin(witwe) in München.. . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Bettina Braun Maria Theresia: Herrscherin aus eigenem Recht und Kaiserin. . . . . . . . . . 211 Ellinor Forster […] auf den ersten Trohn der Wellt gesezet […] Marie Therese von Neapel-Sizilien – die letzte Kaiserin des Heiligen Römischen Reichs (1792–1806). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 Barbara Stollberg-Rilinger Nur die Frau des Kaisers? Kommentar. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Abstracts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Verzeichnis der Autorinnen und Autoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Personenregister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263



Siglenverzeichnis AASS Abh. ACO ADB AHY AfD AfK AHC AHP AnBoll Annales AÖG ARG ASRSP ASV AUF AVGT BAV BBKL BEC BHG BHL Bibl. Sanct. BISI(M) BlldtLG BlLkNÖ BN BZ CCCM CCSL CIL COD CPG CPL CSEL DA

Acta Sanctorum Abhandlung(en) (allgemein) Acta Conciliorum Oecumenicorum Allgemeine Deutsche Biographie Austrian History Yearbook Archiv für Diplomatik, Schriftgeschichte, Siegel- und Wappenkunde Archiv für Kulturgeschichte Annuarium Historiae Conciliorum Archivum Historiae Pontificiae Analecta Bollandiana Annales. Économies, Sociétés, Civilisations (ab 1994 : ... . Histoire, Sciences Sociales) Archiv für Österreichische Geschichte (bis Bd. 33: für Kunde österreichischer Geschichts-Quellen) Archiv für Reformationsgeschichte Archivio della Società Romana di Storia Patria Archivio Segreto Vaticano Archiv für Urkundenforschung Archiv für vaterländische Geschichte und Topographie Biblioteca Apostolica Vaticana Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon Bibliothèque de l’École des chartes Bibliotheca Hagiographica Graeca Bibliotheca Hagiographica Latina Bibliotheca Sanctorum Bullettino dell’Istituto Storico Italiano per il Medio Evo (e Archivio Muratoriano) Blätter für deutsche Landesgeschichte Blätter des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich Bibliothèque Nationale Byzantinische Zeitschrift Corpus Christianorum. Continuatio mediaevalis Corpus Christianorum. Series Latina Corpus Inscriptionum Latinarum Conciliorum Oecumenicorum Decreta Clavis Patrum Graecorum Clavis Patrum Latinorum Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum Deutsches Archiv für Erforschung (bis 1944: Geschichte) des Mittelalters

8 Siglenverzeichnis

DACL DBF DBI DDC DHEE DHGE DThC EC EI EHR EJ EME FMSt FRA FSI GG HHStA HJb HRG HVjS HZ JAC JbGPÖ JbLkNÖ JbOÖMV JbVGStW JE JK JL JmedHist JÖB JÖBG JWCI LCI LMA LThK Mansi

Dictionnaire d’Archéologie Chrétienne et de Liturgie Dictionnaire de Biographie Française Dizionario Biografico degli Italiani Dictionnaire de Droit Canonique Diccionario de Historia Eclesiastica de España Dictionnaire d’Histoire et de Géographie Ecclésiastiques Dictionnaire de Théologie Catholique Enciclopedia Cattolica Enciclopedia Italiana English Historical Review Encyclopaedia Judaica Early Medieval Europe Frühmittelalterliche Studien Fontes Rerum Austriacarum Fonti per la Storia d’Italia Geschichte und Gesellschaft Haus-, Hof- und Staatsarchiv Historisches Jahrbuch Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte Historische Vierteljahrschrift Historische Zeitschrift Jahrbuch für Antike und Christentum Jahrbuch (der Gesellschaft) für Geschichte des Protestantismus in Österreich Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich Jahrbuch des oberösterreichischen Musealvereins – Gesellschaft für Landeskunde Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien Jaffé–Ewald, Regesta Pontificum Romanorum Jaffé–Kaltenbrunner, Regesta Pontificum Romanorum Jaffé–Löwenfeld, Regesta Pontificum Romanorum Journal of Medieval History Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik (ab 1968: s. JÖBG) Jahrbuch der Österreichischen Byzantinischen Gesellschaft (bis 1968: s. JÖB) Journal of the Warburg und Courtauld Institutes Lexikon der Christlichen Ikonographie Lexikon des Mittelalters Lexikon für Theologie und Kirche (Auflage jeweils hochgestellt angeben) Johannes Dominicus Mansi, Sacrorum conciliorum nova et amplissima collectio. Florenz–Venedig 1757–1798 (Nachdr. Graz 1960– 1961) MEFRM Mélanges de l’École Française de Rome. Moyen Age MGH Monumenta Germaniae Historica AA Auctores antiquissimi D, DD Diploma, Diplomata LL Leges SS Scriptores (die weiteren Reihen in verständlichen Kürzungen) MGSL Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde

Siglenverzeichnis 9

MIÖG (MÖIG) Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung (1923– 1942: des Österreichischen Instituts für Geschichtsforschung; 1944: des Instituts für Geschichtsforschung und Archivwissenschaft in Wien) MOÖLA Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs MÖStA Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs MStLA Mitteilungen des Steiermärkischen Landesarchivs NA Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde NDB Neue Deutsche Biographie NÖLA Mitteilungen aus dem Niederösterreichischen Landesarchiv ÖAW Österreichische Akademie der Wissenschaften ÖBL Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 ÖNB Österreichische Nationalbibliothek PG Migne, Patrologia Graeca PL Migne, Patrologia Latina Potthast Potthast, Regesta Pontificum Romanorum QFIAB Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken QIÖG Quelleneditionen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung RAC Reallexikon für Antike und Christentum RBS Rerum Britannicarum Medii Aevi Scriptores RE Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft Rep. Font. Repertorium fontium Medii Aevi RGA Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGG Religion in Geschichte und Gegenwart RH Revue Historique Revue d’Histoire Ecclésiastique RHE RHF Recueil des Historiens des Gaules et de la France RHM Römische Historische Mitteilungen RIS (RIS2) Ludovicus Antonius Muratori, Rerum Italicarum Scriptores ... . Mailand 1723–1751, bzw. Editio altera. Rerum Italicarum Scriptores. Raccolta degli storici italiani ... ordinata da Lodovico Antonio Muratori. Nuova edizione riveduta ... . Città di Castello (ab 1917: Bologna) 1900ff. RömQua Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und (für) Kirchengeschichte RSI Rivista Storica Italiana Rivista di Storia della Chiesa in Italia RStCh SB Sitzungsberichte (allgemein) SC Sources Chrétiennes Settimane Settimane di Studio del Centro Italiano sull’Alto Medioevo StM Studi Medievali StT Studi e Testi TRE Theologische Realenzyklopädie UH Unsere Heimat. Zeitschrift für Landeskunde von Niederösterreich VIÖG Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung VL2 Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon (2. Auflage) VSWG Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte VuF Vorträge und Forschungen

10 Siglenverzeichnis

WS WienerStudien Wurzbach Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. Wien 1856–1891 WZGN Wiener Zeitschrift zur Geschichte der Neuzeit ZBLG Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte ZfG Zeitschrift für Geschichtswissenschaft ZHF Zeitschrift für historische Forschung ZHVSt Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark ZKG Zeitschrift für Kirchengeschichte ZNR Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte ZRG Germ. Abt. Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Kan. Abt. Kanonistische Rom. Abt. Romanistische Abteilung



Vorwort Dieser Band geht auf eine Tagung zurück, die die Herausgeberinnen und der Herausgeber in Kooperation mit dem Institut für Österreichische Geschichtsforschung organisiert haben und die vom 26. bis 28. März 2014 in Wien stattgefunden hat. Die Tagung ihrerseits knüpfte an eine nun schon langjährige gute Zusammenarbeit zwischen Mainz und Wien an und griff Fragestellungen und Überlegungen auf, die bereits während des Aufenthalts Katrin Kellers als Gastprofessorin für Frauen- und Geschlechtergeschichte am Historischen Seminar der Johannes Gutenberg-Universität im Jahr 2008 eine Rolle gespielt hatten. Zugleich trug sie unserem wachsenden Unbehagen darüber Rechnung, dass die Römischen Kaiserinnen – dem eigenen Anspruch nach die ersten Frauen der Christenheit – in den vielfältigen Forschungen zu den frühneuzeitlichen Fürstinnen weithin eine „Leerstelle“ bilden. Es war uns bewusst, dass eine einzelne Tagung nur einen ersten Beitrag zum Schließen dieser Forschungslücke würde leisten, ja nicht einmal alle frühneuzeitlichen Kaiserinnen würde berücksichtigen können. Wir haben uns daher für ein Sample entschieden, das uns geeignet erschien, zeitliche Entwicklungen, aber auch unterschiedliche Profile der Kaiserinnen – nach Herkunft, „Amtsdauer“, Handlungsoptionen, als Mutter oder kinderlose Gemahlin, gegebenenfalls als Kaiserinwitwe etc. – abzubilden. Um darüber aber nicht in eine wenig fruchtbare Beliebigkeit abzugleiten, haben wir zugleich ein Frageraster entwickelt und den Referentinnen und Referenten zur Vorbereitung ihrer Beiträge an die Hand gegeben; dankenswerterweise haben sich alle sehr weitgehend darauf eingelassen. Diese übergreifenden Überlegungen, die von Katrin Keller ausgearbeitet worden sind, eröffnen auch den vorliegenden Band. Einen wichtigen Reflexionshintergrund bzw. eine Vergleichsgröße für die Forschungsergebnisse zu den frühneuzeitlichen Kaiserinnen bieten die Überlegungen von Amalie Fößel zu den mittelalterlichen Kaiserinnen sowie von Rubén González Cuerva zu den spanischen Königinnen aus dem Haus Habsburg. Auch die meisten Referentinnen und Referenten, die sich bei der Wiener Tagung mit einzelnen Kaiserinnen der Neuzeit beschäftigt haben, konnten für diesen Band einen ausgearbeiteten Text zur Verfügung stellen; in zwei Fällen war dies – aus jeweils nachvollziehbaren Gründen – leider nicht möglich. Abgerundet wurde das Kolloquium – und werden nun die Tagungsakten – durch den resümierenden Kommentar von Barbara Stollberg-Rilinger. Ihr und allen Autorinnen und Autoren danken wir recht herzlich für die pünktliche Lieferung ihrer Manuskripte; sie haben so einen wesentlichen Beitrag zum zeitnahen Erscheinen dieses Bandes geleistet. Das haben in anderer Weise auch Lisa Bestle (Mainz), die die Texte formal redigiert hat, Brigitte Merta für das Redaktionsteam der Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung und Ursula Huber vom Böhlau Verlag, die die Produktion dieses Buches kompetent begleitet und vorangetrieben haben. Last but not least gilt unser Dank dem Institut für Österreichische Geschichtsforschung und seinem Direktor Thomas Winkelbauer. Das Institut hat nicht nur die Tagung 2014 finanziell gefördert und uns in der Person von Stefanie Gruber bei der Organisation

12 Vorwort

und Durchführung der Tagung umsichtig und kompetent unterstützt, es hat auch ermöglicht, dass dieser Band jetzt so zügig publiziert werden kann. Dass er nun in der Reihe Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung herauskommt, freut uns außerordentlich – wir hätten uns keinen besseren Erscheinungsort wünschen können. Mainz–Wien, im April 2015 Bettina Braun, Katrin Keller, Matthias Schnettger

Frauen und dynastische Herrschaft. Eine Einführung Katrin Keller

In seiner Beschreibung der Krönung von Eleonore Magdalena von Pfalz-Neuburg zur Kaiserin 1690 listet Johann Christian Lünig in seinem bekannten Theatrum ceremoniale auch die Rechte und Privilegien auf, die der Kaiserin zu seiner Zeit zustanden1: Er verweist dabei zunächst auf das „Jus primarum precum“, das ihr gegenüber den Reichsäbtissinnen zustand, führt dann ihre steuerliche Immunität und Vorzugsrechte beim Zugriff auf Konkursvermögen an, außerdem das Recht zur Bestätigung und Inkraftsetzung von Testamenten. Alle diese Rechte standen der Kaiserin ebenso wie dem Kaiser zu; außerdem wird bei Lünig auf ihr Recht, eine eigene Kanzlei zu unterhalten, sowie auf das „Jus Archivi“ verwiesen. Zudem werden drei Reichserbämter mit Bezug auf die Kaiserin erwähnt, die aber allesamt nur im Falle einer Kaiserinnenkrönung in Erscheinung traten: Als Erzkanzler der Kaiserin fungierte immer der Abt von Fulda, als ihr Erzmarschall der Abt von Kempten und als Erzkaplan der Abt von Sankt Maximin in Trier, wobei letzterer in der Neuzeit nicht mehr amtierte, da die Abtei mit dem Erzbischofsamt in Trier verbunden war. Nach dieser Aufzählung erscheinen die Verankerung von Amt und Status der Kaiserin in der frühneuzeitlichen Reichsverfassung denkbar schwach und ihre Befugnisse kaum der Rede wert. Johann Heinrich Zedler verweist zudem wiederholt darauf, dass die Position der Kaiserin sowohl hinsichtlich ihrer Krönung wie hinsichtlich ihrer zeremoniellen und rechtlichen Stellung ausschließlich auf ihrer Eheschließung und der „Majestät“ ihres Gemahls beruhe2. Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn man auf die Forschungen zur Geschichte des Alten Reiches blickt: Im mehrbändigen Katalog der 2006 in Magdeburg und Berlin gezeigten großen Jubiläumsausstellung etwa haben Frauen in Bezug auf das frühneuzeitliche Reich inhaltlich allenfalls einen marginalen Stellenwert; optisch treten sie nur im Zusammenhang mit den „glücklichen“ Hochzeiten der Habsburger um 1500 sowie als Allegorien und Heilige in Erscheinung. Einzige Ausnahme neben Kaiserin Maria Theresia ist Maria Josepha Felicitas von Neuenstein (gest. 1822)3, als letzte Fürstäbtissin des Stifts Obermünster in Regensburg eine der geistlichen Reichsfürstinnen aus eigenem Recht, die als verfassungsgeschichtliches „Kuriosum“ des Alten Reiches in der Reichsgeschichte 1  Johann Christian Lünig, Theatrum Ceremoniale historico-politicum ... 1 (Leipzig 1719) 1201f. Siehe auch Ahasver Fritsch, De Augusta Romanorum Imperatrice, eiusque iuribus, privilegiis ac praeeminentis diatribe … ([Naumburg] 1667) 47–52. 2  Johann Heinrich Zedler, Großes vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste … 15 (Halle–Leipzig 1739) 342–348. Zu den Rechten der Kaiserin ebd. 347f. 3  Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation 962 bis 1806. Altes Reich und neue Staaten 1495 bis 1806. Katalog, hg. von Heinz Schilling (Dresden 2006) 365.

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Katrin Keller

zumindest eine Fußnote wert waren. In Hinblick auf das mittelalterliche Reich dagegen finden sich in den Bänden nicht nur eine erhebliche Anzahl von Kaiserinnen mit verschiedenen Erwähnungen in Text und Bild, sondern auch andere weibliche Mitglieder herrschender Dynastien – und das keineswegs nur dank des Beitrages von Amalie Fößel über die Königin als Mitherrscherin4. Der 2011 erschienene Band einer Oxforder Tagung bietet im Übrigen ein ähnliches Bild: Das Register weist kein Stichwort „Empress“ aus; alle aufscheinenden Frauen – ganze sechs an der Zahl – werden ausschließlich als Ehefrauen von Fürsten bzw. Kaisern erwähnt. Das Stichwort „gender“, das im Beitrag von Susan Karant-Nunn zur Sozialgeschichte des Reiches einen Abschnitt bezeichnet5, bezieht sich nicht mit einer Zeile auf Fürstinnen. Ganz ähnlich ist der Befund bei jüngeren deutschsprachigen Darstellungen zur Geschichte des Reiches6; in allen Werken wird außer Maria Theresia überhaupt keine frühneuzeitliche Kaiserin erwähnt. Diese kurze Überschau zeigt, dass Kaiserinnen sichtlich in der Forschung zum wie in der Erinnerung an das Alte Reich keine zentrale Rolle spielen – wenn, dann werden Namen des hohen Mittelalters genannt wie Theophanu, Agnes oder Kunigunde 7. Aber wer, außerhalb engster Forscherkreise, kennt schon Maria de Austria oder Eleonora ­Gonzaga? Etwas anders ist der Befund sicher für Maria Theresia, und das gilt auch und gerade mit dem Bezugsrahmen Österreich. Kein historischer Überblick kommt hier ohne sie aus, und auch in touristischer Hinsicht ist sie zumindest in Wien nahezu allgegenwärtig; überboten nur noch von einer anderen Frau: Kaiserin Elisabeth. So wie aber „Sissi“ eben als Kaiserin von Österreich präsent ist, so ist es auch bei Maria Theresia in erster Linie ihre Rolle als „Landesmutter“ innerhalb der Habsburgermonarchie8, die erinnert wird, nicht ihre Position innerhalb des Alten Reiches – ein Umstand, über den ihre Titulatur als „Kaiserin“ auf den ersten Blick hinwegtäuscht. Nicht selten erscheint sie sogar fälschlicherweise mit dem Titel einer Kaiserin von Österreich. Außerhalb der Grenzen Österreichs scheint Maria Theresia ebenfalls eher als „Stammmutter“ des Hauses Habsburg-Lothringen, als Gegenspielerin des 2012 gefeierten „Alten Fritz“ in Forschung wie populärer Rezeption präsent zu sein, aber nicht als Gemahlin des Reichsoberhauptes9.

4  Amalie Fößel, Imperatrix Augusta et imperii consors. Die Königin als Mitherrscherin im hochmittelalterlichen Reich, in: Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation 962 bis 1806. Von Otto dem Großen bis zum Ausgang des Mittelalters. Essays, hg. von Matthias Puhle–Claus-Peter Hasse (Dresden 2006) 87–98. 5  Susan Karant Nunn, Is There a Social History of the Holy Roman Empire? in: The Holy Roman Empire, 1495–1806. A European Perspective, hg. von Robert J. W. Evans–Michael Schaich–Peter H. Wilson (Oxford 2012) 245–262, hier 254f. Für die englischsprachige Forschung siehe in ähnlicher Weise Joachim Whaley, Germany and the Holy Roman Empire, 2 Bde. (Oxford 2012). 6   Z. B. Georg Schmidt, Geschichte des Alten Reiches. Staat und Nation in der Frühen Neuzeit 1495– 1806 (München 1999); Axel Gotthard, Das Alte Reich 1495–1806 (Darmstadt 42009); Klaus Herbers– Helmut Neuhaus, Das Heilige Römische Reich. Ein Überblick (Köln 2010). 7   Amalie Fößel, The Political Traditions of Female Rulership in Medieval Europe, in: The Oxford Handbook of Women and Gender in Medieval Europe, hg. von Judith M. Bennett–Ruth Mazo Karras (Oxford 2013) 68–83, hier 68. 8  Werner Telesko, Maria Theresia. Ein europäischer Mythos (Wien–Köln–Weimar 2012) 204–215; Karl Otmar von Aretin, Das Alte Reich 1648–1806, Bd. 3: Das Reich und der österreichisch-preußische Dualismus (1745–1806) (Stuttgart 1997) 17. 9   Telesko, Maria Theresia (wie Anm. 8) 222–224. Siehe auch z. B. ebd. 92 die Beschreibung des Prunksarkophages, auf dem die Kaiserwürde Franz Stefans neben der Königswürde Maria Theresias in Ungarn thematisiert wird.



Frauen und dynastische Herrschaft. Eine Einführung 15

Es kann also keine Rede davon sein, dass eine der Kaiserinnen des Alten Reiches, geschweige denn eine der frühneuzeitlichen Inhaberinnen dieses Amtes, als historische Identifikationsfigur, als „Erinnerungsort“ deutscher Geschichte zu gelten habe. Nun ja, mag man sagen, die typische Ignoranz der akademischen Geschichtswissenschaft eben. Aber in anderen europäischen Ländern ergibt schon ein oberflächlicher Blick ein anderes Bild: Keine Geschichte Englands bzw. Großbritanniens kommt ohne Mary Stuart, Elizabeth I. oder Queen Anne aus. Keine Geschichte Frankreichs bleibt ohne Bezüge auf Diane de Poitiers, Catherine und Marie de Médicis oder Anne d’Autriche10. Und was wäre die russische Geschichte der Frühen Neuzeit ohne Katharina die Große? All diesen Frauen sind zum Teil in unübersehbarer Zahl historisch-biographische Studien gewidmet worden, während für keine der neuzeitlichen Kaiserinnen außer eben Maria Theresia 11 eine solche vorliegt. Typisch deutsch? Nein, keineswegs, man muss nur die genannten Namen Revue passieren lassen, und es wird schnell erkennbar, dass alle namentlich genannten Frauen eins verband: Sie waren Fürstinnen aus eigenem Recht, weil sie Erbtöchter waren, oder sie fungierten als Regentinnen für unmündige bzw. abwesende Söhne. In dieser Konstellation, als dynastische Notlösung oder Ausnahme12, interessierten Fürstinnen in allen europäischen Ländern schon immer die politische Geschichtsschreibung. Nur in diesem Kontext wurde Frauen fürstlicher Familien lange überhaupt politische Relevanz zugeschrieben, nur in diesem Kontext waren sie für eine auf Politik und Institutionen orientierte Geschichtsschreibung interessant und nur deshalb fanden sie Eingang in Überblicksdarstellungen – und damit auch in den Geschichtsunterricht und das populäre Geschichtsbild. Genau diese Rolle der Regentin aber blieb den frühneuzeitlichen Kaiserinnen verwehrt – hatte es im hohen Mittelalter noch Kaiserinnen gegeben, die im Reich als Regentinnen für unmündige Söhne Herrschaft ausübten13, so war das seit dem 14. Jahrhundert unmöglich. Die Goldene Bulle von 1356, eines der „Reichsgrundgesetze“14, schrieb nicht nur den Wahlmodus für die deutschen Könige und Kaiser fest. Dieser Wahlmodus war es auch, der Regentschaften von Frauen auf Reichsebene ausschloss, denn gewählt wurde ein König fast immer erst nach Erreichen der Volljährigkeit. Und für den wiederholt eintretenden Fall einer Thronvakanz bis zur Wahl eines neuen Königs waren es zwei Kurfürsten des Reiches, die als Reichsvikare interimistisch Herrschaftsfunktionen wahrnahmen. Die Kaiserin war damit immer Ehefrau, Mutter bzw. Witwe eines Kaisers, nie jedoch Regentin oder gar Herrscherin aus eigenem Recht. Und als Ehefrauen bzw. Witwen regierender Fürsten teilen die Kaiserinnen der Neuzeit das historiographische Schicksal anderer Fürstinnen großer europäischer Dynastien: Ihnen allen ist bislang wenig Aufmerksamkeit von Seiten der Forschung gewidmet worden.   Kathleen Wellman, Queens and Mistresses of Renaissance France (New Haven 2013) IX, 365–370.   Zur Literatur siehe Telesko, Maria Theresia (wie Anm. 8) und den Beitrag von Bettina Braun in diesem Band. 12   Geradezu idealtypisch in seinen Formulierungen dazu etwa Mortimer Levine, The Place of Women in Tudor Government, in: Tudor Rule and Revolution: Essays for G. R. Elton from His American Friends, hg. von Delloyd J. Guth–John W. McKenna (Cambridge 1982) 109–123; allgemein dazu Pauline Puppel, „Virilibus curis, fæminarum vitia exuerant“. Zur Konstruktion der Ausnahme, in: Lesarten der Geschichte. Ländliche Ordnungen und Geschlechterverhältnisse. Festschrift für Heide Wunder, hg. von Jens Flemming et al. (Kassel 2004) 356–376. 13   Amalie Fößel, Die Königin im mittelalterlichen Reich. Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume (Darmstadt 2000) 319–338. 14   Herbers–Neuhaus, Reich (wie Anm. 6) 168–170. 10 11

16

Katrin Keller

Man kann sogar sagen, dass die bedeutenden Regentinnen Westeuropas – auch die Habsburgerinnen, die bis 1633 bzw. im 18. Jahrhundert in den Niederlanden als Statthalterinnen wirkten, wären dazu zu zählen15 – und das aus ihrer Behandlung entwickelte Paradigma herrschaftlichen Wirkens von Frauen den Blick auf die Mehrzahl der Königinnen und Fürstinnen verstellt haben, die als Teil eines regierenden Paares wirkten. Insbesondere in England überstrahlt die Person von Elizabeth I. in der historischen Forschung bis heute alle anderen Königinnen. Gerade auch die feministische bzw. geschlechtergeschichtlich orientierte Forschung hat sich ihrer angenommen, freilich ohne ausreichend darüber zu reflektieren, dass Elizabeth als – noch dazu unverheiratete – Thronerbin einen Sonderfall darstellte, und dass sich deshalb ihr Hof und ihre Handlungsmöglichkeiten von denen einer „gewöhnlichen“, mit ihrem Gemahl gemeinsam das Herrscherpaar darstellenden Königin erheblich unterschieden. Das Agieren der „Virgin Queen“ in politischen wie kulturellen Kontexten lässt bis heute die Relevanz anderer – und zwar nicht nur englischer – Königinnen ungerechtfertigter Weise gering erscheinen16. Die englischsprachige Forschung für England und Schottland ist zudem bislang stark auf eine Reflexion der zeitgenössischen Debatten um die Herrschaft von Frauen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts orientiert17, in denen normative Vorstellungen und Rollenbilder verhandelt wurden. Charakteristisch ist aufgrund dieses Schwerpunktes auch die relativ große Rolle literarischer und argumentativer Texte als Quelle, auf deren Grundlage diesen Debatten, aber auch Geschlechterkonstruktionen in Hinblick auf die Regentinnen Englands, nachgegangen wird18. Wie in England ist auch in Frankreich generell die Frage nach herrschaftlichem Handeln von Fürstinnen vorrangig auf Regentinnen bezogen worden; dies gilt noch bis in die jüngste Zeit19. Ehefrauen dagegen wurden weitgehend auf ihre dynastische Funktion als Gebärerinnen reduziert, denen allenfalls noch einige Relevanz im Zeremoniell und in der 15   Zu ihnen siehe etwa Isabella Clara Eugenia. Female Sovereignty in the Courts of Madrid and Brussels, hg. von Cordula van Wyhe (London 2011); Marie de Hongrie – Politique et culture sous la Renaissance aux Pays-Bas, hg. von Bertrand Federinov–Gilles Docquier (Monographies du Musée Royale de Mariemont 17, Brüssel 2009); Louise-Marie Libert, Dames de Pouvoir. Régentes et Gouvernantes de ancien Pays-Bas (Brüssel 2005); Sandra Hertel, Maria Elisabeth. Österreichische Erzherzogin und Statthalterin in Brüssel (1725–1741) (Schriftenreihe der Österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts 16, Wien–Köln–Weimar 2014). 16   Caroline Hibbard, Henrietta Maria in the 1630s: Perspectives on the Role of Consort Queens in Ancien Regime Courts, in: In The 1630s. Interdisciplinary Essays on Culture and Politics in the Caroline Era, hg. von Ian Atherton–Julie Sanders (Manchester 2006) 92–110, hier 92; Judith M. Richards, Reassessing Mary Tudor: Some Concluding Points, in: Mary Tudor. Old and New Perspectives, hg. von Susan Doran–Thomas S. Freeman (London 2011) 206–224, hier 208. Zu einer anderen prominenten Regentin in England siehe Robert Bucholz, The Augustan Court. Queen Anne and the Decline of Court Culture (Stanford 1993), und ders., Queen Anne – Victim of her Virtues? in: Queenship in Britain 1660–1837. Royal Patronage, Court Culture, and Dynastic Politics, hg. von Clarissa Campbell Orr (Manchester 2002) 94–129. 17  Carole Levin–Alicia Meyer, Women and Political Power in Early Modern Europe, in: The Ashgate Research Companion to Women and Gender in Early Modern Europe, hg. von Allyson M. Poska–Jane Couchman–Katherine McIver (Burlington 2013) 341–357, hier 343f. 18  Levin–Meyer, Women and Political Power (wie Anm. 17) 348f.; siehe auch Barbara Weissberger, Isabel Rules: Constructing Queenship, Wielding Power (Minneapolis 2004). 19  Thierry Wanegffelen, Le Pouvoir contesté. Souveraines d’Europe à la Renaissance (Paris 2008); Sharon L. Jansen, The Monstrous Regiment of Women. Female Rulers in Early Modern Europe (New York 2002); William Monter, The Rise of the Female Kings in Europe, 1300–1800 (New Haven 2012); Charles Beem, The Lioness Roared. The Problems of Female Rule in English History (New York 2006); teilweise auch Eliane Viennot, La France, les femmes et le pouvoir, 2 Bde. (Paris 2006, 2008), z. B. Bd. 2, 149f.



Frauen und dynastische Herrschaft. Eine Einführung 17

Repräsentation von Herrschaft zugekommen sei20. Diesem Ansatz folgt im Wesentlichen auch die magistrale Studie von Fanny Cosandey aus dem Jahr 2000 – juristisch-politische Fragen und die Diskussionen um die Loi Salique insbesondere zwischen dem ausgehenden 15. und dem beginnenden 17. Jahrhundert sowie deren Kommunikation im Zeremoniell stehen im Zentrum21. Erst in den letzten Jahren lässt sich für England und Frankreich eine neue Tendenz erkennen: Zunehmend wird auch das Verhältnis zwischen strukturell-normativen Vorstellungen und dem Alltag dynastischer Herrschaft reflektiert und damit nach realen Handlungsmöglichkeiten von verheirateten Fürstinnen und anderen Frauen der Dynastie gefragt22. Dafür stehen seit 2000 beispielsweise die Studien von Caroline Hibbard und Kathleen Wellman oder die von James Daybell und Clarissa Campbell Orr herausgegebenen Bände, in denen insbesondere auch der Funktion der Fürstin als kulturelle Mittlerin Aufmerksamkeit gewidmet wird23. Schon früher hat Barbara Harris ausgehend von Befunden zur englischen Aristokratie des 15. und 16. Jahrhunderts über Handlungsspielräume von adligen Frauen reflektiert24. Damit bewegt sich die englisch- und französischsprachige Forschung zumindest teilweise in eine Richtung, die sich im deutschsprachigen Raum seit den ausgehenden neunziger Jahren erkennen lässt. Ausgangspunkt waren dabei vor allem von Heide Wunder 20  Simone Bertière, Les Reines de France au temps de Bourbons. Les Deux Régentes (Paris 1996) 7f.; Bartolomé Benassar, Le Lit, le Pouvoir et la Mort. Reines et Princesses d’Europe de la Renaissance aux Lumières (Paris 2006) 235f.; Alicia Esteban Estríngana, What a Princess, good God! The Heritage and Legacy of the Infanta Isabel, in: Isabella Clara Eugenia (wie Anm. 15) 408–437, hier 415f.; Jean-François Dubost, Anne d’Autriche, Reine de France. Mise en Perspective et Bilan politique du Règne (1615–1666), in: Anne d’Autriche. Infante d’Espagne, Reine de France, hg. von Chantal Grell (Paris 2009) 41–109, hier 41. 21   Die Autorin geht vom Ausschluss der Königin aus der politischen Sphäre aus im Zuge der Durchsetzung absolutistischer Staatstheorie, bis auf die Funktion als Regentin: Fanny Cosandey, La Reine de France. Symbole et Pouvoir (Paris 2000) 271f., 295f., 362. 22   Z. B. Leeds Barroll, Anna of Denmark, Queen of England. A Cultural Biography (Philadelphia 2001); Queenship in Britain 1660–1837 (wie Anm. 16); Queenship in Europe, 1660–1815: The Role of the Consort, hg. von Clarissa Campbell Orr (Cambridge 2004); Femmes & Pouvoir politique. Les Princesses d’Europe XVe–XVIIIe siècle, hg. von Isabelle Poutrin–Marie-Karine Schaub (Rosny-sous-Bois 2007); Kathryn Norberg, Incorporating Women/Gender into French History Courses, 1429–1789. Did Women of the Old Regime Have a Political History? French Historical Studies 27/2 (2004) 243–292; Early Modern Habsburg Women. Transnational Contexts, Cultural Conflicts, Dynastic Continuities, hg. von Anne J. Cruz–Maria Galli Stampino (Burlington 2013). Für den deutschsprachigen Raum Heide Wunder, Regierende Fürstinnen des 16. Jahrhunderts im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Teilhabe an Herrschaft, Konfessionsbildung und Wissenschaften, in: Herzogin Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg (1510–1558). Herrschaft – Konfession – Kultur, hg. von Eva Schlotheuber et al. (Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens 132, Hannover 2011) 34–55, hier 38f. 23  Siehe Hibbard, Henrietta Maria (wie Anm. 16); Dies., The Role of a Queen Consort. The Household and Court of Henrietta Maria 1625–1642, in: Princes, Patronage and the Nobility. The Court at the Beginning of the Modern Age c. 1450–1650, hg. von Ronald G. Asch–Adolf M. Birke (Oxford 1991) 393–414; Wellman, Queens and Mistresses (wie Anm. 10); Women and Politics in Early Modern England, 1450–1700, hg. von James Daybell (Aldershot 2004); Campbell Orr, Queenship in Britain (wie Anm. 16); siehe auch Anne d’Autriche (wie Anm. 20); Isabella Clara Eugenia (wie Anm. 15). Zu diesem Aktionsfeld siehe auch das Projekt „Marrying Cultures. Queen Consort and European Identities 1500–1800“: http://www.marryingcultures.eu/ (letzter Zugriff: 13.02.2015). 24  Barbara Harris, Women and Politics in Early Tudor England. Historical Journal 33/2 (1990) 259–281; dies., English Aristocratic Women, 1450–1550. Marriage and Family, Property and Careers (Oxford–New York 2002); dies., Defining Themselves: English Aristocratic Women, 1450–1550. Journal of British Studies 49/4 (2010) 734–752.

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angeregte Arbeiten25, die sich herrschaftlichem Handeln adliger und fürstlicher Frauen zuwandten und das traditionelle Bild von der Fürstin als Mutter und Opfer dynastischer Heiratspolitik26 ebenso wie die Stilisierung der an der Regierung teilhabenden Fürstin als Ausnahme hinterfragt haben. Die schon lange in der feministischen Geschichtswissenschaft geführten Debatten um Öffentlichkeit und Privatheit bzw. Räume und Orte des Politischen spielten bei dieser Neuorientierung natürlich eine Rolle. Anregungen gingen aber auch von der Hinwendung zu einer „Kulturgeschichte des Politischen“ aus, die den traditionellen Politikbegriff einer Geschichte von Haupt- und Staatsaktionen, der nur institutionalisierte Entscheidungsgremien und „Staatskunst“ thematisierte27, deutlich erweiterte und damit den Bedingungen frühneuzeitlicher Gesellschaften anpasste. Dadurch rückten etwa Netzwerke, Klientelbildung, Repräsentation und symbolische Kommunikation in ihrer Relevanz für politische Entscheidungsprozesse in den Blick. So kann mittlerweile über Handlungsmöglichkeiten von Frauen in Kontexten von Herrschaft und Politik anders und differenzierter nachgedacht werden28. Zu diesem Neuansatz gehört zudem die Erkenntnis, dass jenseits einer Hierarchisierung von Mann und Frau entsprechend der christlichen Anthropologie auch und gerade im Kontext von Herrschaftschancen Differenzierungen nach dem jeweiligen Stand zu berücksichtigen sind29. Diese überlagerten und relativierten teilweise die Dichotomie bzw. Hierarchisierung von Mann und Frau, sind sozusagen „quer“ zur Kategorisierung nach Geschlechtern zu denken: Dazu gehört der „Familienstand“ ledig – verheiratet – verwitwet, dazu gehört die dynastisch-familiäre Zugehörigkeit, also die Zugehörigkeit zum Herrschaftsstand und der Rang der Familie, dazu gehört die Position in der Erbfolge, das Eintreten einer Regentschaft usw. 25   Pauline Puppel, Die Regentin. Vormundschaftliche Herrschaft in Hessen 1500–1700 (Geschichte und Geschlechter 43, Frankfurt a. M.–New York 2004); Andrea Lilienthal, Die Fürstin und die Macht. Welfische Herzoginnen im 16. Jahrhundert. Elisabeth, Sidonia, Sophia (Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens 127, Hannover 2007); Anke Hufschmidt, Adlige Frauen im Weserraum zwischen 1570 und 1700. Status – Rollen – Lebenspraxis (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen 15, Münster 2001); Dynastie und Herrschaftssicherung in der Frühen Neuzeit. Geschlechter und Geschlecht, hg. von Heide Wunder (ZHF Beiheft 28, Berlin 2002). Siehe aber auch Sophie Ruppel, Verbündete Rivalen. Geschwisterbeziehungen im Hochadel des 17. Jahrhunderts (Köln–Weimar–Wien 2006); Stephanie Marra, Allianzen des Adels. Dynastisches Handeln im Grafenhaus Bentheim im 16. und 17. Jahrhundert (Köln–Weimar– Wien 2007); Pernille Arenfeldt, The Political Role of the Female Consort in Protestant Germany, 1550–1585. Anna of Saxony as „Mater Patriae“ (Diss. masch. Florenz 2005). 26  Sehr deutlich in Hinblick auf die Kaiserinnen etwa bei Hellmut Andics, Die Frauen der Habsburger (Wien 1969). Nur wenig abgemilderte Positionen auch noch bei Karl Vocelka–Lynne Heller, Die private Welt der Habsburger. Leben und Alltag einer Familie (Graz–Wien–Köln 1998) und Karl Vocelka, Die Familien Habsburg & Habsburg-Lothringen. Politik – Kultur – Mentalität (Wien–Köln–Weimar 2010) 103–109. 27   So noch bei Levin–Meyer, Women and Political Power (wie Anm. 17) 342. 28  Siehe dazu etwa Was heißt Kulturgeschichte des Politischen? hg. von Barbara Stollberg-Rilinger (ZHF Beiheft 35, Berlin 2005); Rudolf Schlögl, Politik- und Verfassungsgeschichte, in: Kompass der Geschichtswissenschaft: Ein Handbuch, hg. von Joachim Eibach–Günther Lottes (Göttingen 2002) 95–111, hier 107; Fößel, Political Traditions (wie Anm. 7) 68; Christina Lutter, Geschlecht, Beziehung, Politik. Welche Möglichkeiten und Grenzen „erfolgreichen“ Handelns hatte Bianca Maria Sforza? Innsbrucker historische Studien 27 (2011) 251–266, hier 251; Thomas Kühne, Staatspolitik, Frauenpolitik, Männerpolitik. Politikgeschichte als Geschlechtergeschichte, in: Geschlechtergeschichte und allgemeine Geschichte. Herausforderungen und Perspektiven, hg. von Hans Medick–Anne-Charlott Trepp (Göttingen 1998) 171–231. 29  Heide Wunder, Herrschaft und öffentliches Handeln von Frauen in der Gesellschaft der Frühen Neuzeit, in: Frauen in der Geschichte des Rechts. Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart, hg. von Ute Gerhard (München 1997) 27–54, und dies., Regierende Fürstinnen (wie Anm. 22) 40–47.



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Daneben bleiben natürlich geschlechtlich markierte Elemente und Rollenbilder bestehen, wie sie etwa im Falle von Regentschaften und „female rulership“, also Herrschaft von Frauen aus eigenem Recht, auch in den zeitgenössischen Debatten immer wieder aufscheinen. Immer konnte die anthropologisch argumentierte „Schwäche“ der Frau ins Feld geführt werden, ebenso geschlechtlich differenzierte moralische Vorstellungen30, um weibliche Herrschaftsteilhabe zu diskreditieren. Auf das Spannungsverhältnis zwischen Geschlechterrollenbildern und der Realität weiblicher Herrschaftsausübung im dynastischen Kontext nahm etwa die Rede Bezug, mit der Elizabeth I. die Truppen der Armada 1588 in den Kampf gegen Spanien verabschiedet haben soll: I know I have the body of a weak, feeble woman; but I have the heart and stomach of a king, and of a king of England too, […] I myself will take up arms, I myself will be your general, judge, and rewarder of every one of your virtues in the field31. Elizabeths Aussage ist wohl der sinnfälligste Ausdruck dafür, dass frühneuzeitliche Fürstinnen durchaus in der Lage waren, ihre zwiespältige Position als Angehörige des „schwächeren“ Geschlechts und zugleich als Inhaberinnen legitimer Herrschaftsrechte zu reflektieren. Katherine Crawford hat für Catherine de Médicis nachgezeichnet, wie diese in verschiedenen Phasen ihres politischen Wirkens weibliche Rollenbilder wie Mutter, Ehefrau, Witwe und weibliche Tugenden wie Frömmigkeit oder Mildtätigkeit zur Legitimierung ihrer Herrschaft einsetzte. Dass adlige Frauen mit dem Rollenbild der schwachen, der politisch ungebildeten und einflusslosen Frau auch gezielt Politik machen konnten, dies zur Abgrenzung herrschaftlicher Handlungsfelder einsetzten, hat Corina Bastian jüngst für Madame de Maintenon, die morganatische Gemahlin Ludwigs XIV. von Frankreich, gezeigt32. Für alle Mitglieder frühneuzeitlicher Herrscherhäuser, Männer wie Frauen, war die Familie bzw. die Dynastie Quelle legitimen herrschaftlichen Handelns. Mitglied europäischer Dynastien waren Fürstinnen dabei eigentlich in doppelter Hinsicht, indem sie in eine Dynastie geboren wurden, mit ihrer Eheschließung in eine andere wechselten und doch idealerweise dauerhaft als Vermittlerinnen und Bindeglieder zwischen beiden fungierten33. Diese Idee stand hinter jeder fürstlichen Eheschließung; sie scheint jedoch in den regierenden Dynastien in unterschiedlicher Weise ausgeprägt und realisiert worden zu sein. Für Frankreich und England wird bis heute in der Forschung vor allem das Misstrauen thematisiert, das einer einheiratenden Fürstin entgegengebracht wurde – für

30   Lutter, Geschlecht (wie Anm. 28) 261; Laura Oliván Santaliestra, Isabel of Borbón’s Sartorial Politics: From French Princess to Habsburg Regent, in: Early Modern Habsburg Women (wie Anm. 22) 225–242, hier 233. 31  Zum Wortlaut der „Tilbury Speech“ siehe: http://www.bl.uk/learning/timeline/item102878.html (letzter Zugriff: 31. 08. 2014); Carol Levin, The Heart and Stomach of a King: Elizabeth I and the Politics of Sex and Power (Pennsylvania 1994). 32   Katherine Crawford, Catherine de Medicis and the Performance of Political Motherhood. The Sixteenth Century Journal 31/3 (2000) 643–660; Corina Bastian, Verhandeln in Briefen. Frauen in der höfischen Diplomatie des frühen 18. Jahrhunderts (Externa. Geschichte der Außenbeziehungen in neuen Perspektiven 4, Köln–Weimar–Wien 2013) z. B. 276, 299; Arenfeldt, Political Role (wie Anm. 25) 292–294, 363–366. 33   Hibbard, Henrietta Maria (wie Anm. 16) 100f.; Clarissa Campbell Orr, Introduction, in: Queenship in Europe (wie Anm. 22) 1–15, hier 12f.; Barroll, Anna of Denmark (wie Anm. 22) 5; Natalie R. Tomas, The Medici Women. Gender and Power in Renaissance Florence (Aldershot 2003) 4, 16–21; Daniel Schönpflug, Die Heiraten der Hohenzollern. Verwandtschaft, Politik und Ritual in Europa 1640–1918 (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 207, Göttingen 2013) 156f., 160, 281.

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Anne d’Autriche etwa ist gut belegbar34, dass erst die Geburt eines Sohnes (auf die sie ja über zwei Jahrzehnte warten musste) zur Folge hatte, dass ihr volle Anerkennung als „Französin“ zukam. In England wurde Henrietta Maria, die Gemahlin Karls I., Zeit ihres Aufenthaltes wegen ihrer Verbindungen nach Frankreich ebenso wie aus konfessionellen Gründen angefeindet35. Im Kaiserhaus dagegen sind zwar Spannungen in der Hofgesellschaft zwischen „deutschen“ und spanischen oder italienischen Amtsträgern, Amtsträgerinnen und Personal erkennbar36. Für die Position der Kaiserin scheint das jedoch kaum eine Rolle gespielt zu haben, was möglicherweise auf die vielen innerhabsburgischen Ehen und die Verbindungen zu anderen reichsfürstlichen Häusern zurückzuführen ist. Mitglied der Dynastie war die Fürstin jedoch in erster Linie als Ehefrau eines regierenden Fürsten. Als Amts- und Arbeitspaar37 hatten beide Aufgaben in der Realisierung dynastischer Herrschaft – ein Umstand, der lange so nicht wahrgenommen worden ist. Legitime, durch die Zugehörigkeit zum Herrschaftsstand und die Position als Ehefrau abgesicherte Herrschaftsrechte konnte eine Fürstin in verschiedener Hinsicht wahrnehmen: Ihr oblag Mitverantwortung für die Erziehung der Kinder – was im dynastischen Kontext zugleich eine Aufgabe von politischer Relevanz war, waren doch Söhne (vor allem der Primogenitus) und Töchter ihrerseits wieder zur Ausübung von Herrschaft bestimmt. Sie hatte mehr oder weniger weitreichenden Einfluss auf die Gestaltung des höfischen Alltags, was sowohl Repräsentationspflichten im Rahmen von Zeremoniell und Fest wie die Ausgestaltung materieller Kultur wie Weisungsbefugnisse gegenüber Amtsträgern, Amtsträgerinnen und Dienstpersonal implizierte38. Sie hatte jedoch auch Verpflichtungen gegenüber den Untertanen im weiten Sinne des Wortes; für deren Wohlergehen sollte sie als mildtätige Fürstin im Rahmen landesherrlich-institutioneller „caritas“ ebenso sorgen wie als Fürbitterin und als fromme Patronin von Kirche und Geistlichkeit39. Landesverwaltung, Rechtsprechung und äußere Politik oblagen innerhalb dieses Arbeitspaares in erster Linie dem Fürsten, freilich nicht ohne Beteiligung der Fürstin: Neben der Aufrechterhaltung guter „Korrespondenz“ mit anderen fürstlichen Dynastien40, der Informationsbeschaffung und dem Verfolgen von Heiratsprojekten als standesgemäßen Aktivitäten einer Frau hatte die Fürstin – und das wohl häufiger als bislang in der Forschung realisiert – auch stellvertretend Herrschaft auszuüben im Falle von Abwesenheit, Krankheit oder Regierungsunfähigkeit des Fürsten. Die institutionelle Einbindung von Fürstinnen in die Regierungstätigkeit ist dabei freilich kein Gradmesser ihrer Beteiligung an Herrschaftsaufgaben: Obwohl die französischen Königinnen de jure Mitglied im königlichen Rat waren41, resultierten daraus keine direkteren Herrschaftsbefugnisse; 34  Dubost, Anne d’Autriche (wie Anm. 20) 42, 49f.; auch Maria Galli Stampino, Maria Maddalena, Archduchess of Austria and Grand Duchess of Florence: Negotiating Performance, Traditions, and Taste, in: Early Modern Habsburg Women (wie Anm. 22) 41–58. 35   Hibbard, Henrietta Maria (wie Anm. 16) 94. 36  Katrin Keller, Hofdamen. Amtsträgerinnen im Wiener Hofstaat des 17. Jahrhunderts (Wien–Köln– Weimar 2005) 100f.; Lutter, Geschlecht (wie Anm. 28) 257f. 37  Fößel, Königin im Reich (wie Anm. 13) 385; Wunder, Herrschaft (wie Anm. 29); Arenfeldt, Political Role (wie Anm. 25) 103–106. 38   Norberg, Political History (wie Anm. 22) 249. 39   Wunder, Regierende Fürstinnen (wie Anm. 22) 42f.; Pernille Arenfeldt, Gendered Patronage and Confessionalization. Anna of Saxony as a „Mother of the Church“, in: Renaissance Women as Patrons of Art and Culture (Renæssanceforum 4, 2008) (www.renæssanceforum.dk/4_2008/arenfeldt.pdf ) (13. 02. 2015). 40  Katrin Keller, Kommunikationsraum Altes Reich. ZHF 31 (2004) 205–230. 41  Cosandey, Reine de France (wie Anm. 21) 318–320, 377.



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vielmehr wird in der Forschung von einer weitgehenden Reduzierung der politischen Bedeutung der Königinnen nach Ende der Religionskriege ausgegangen42. Dass gerade in Frankreich das 17. Jahrhundert eine Zeit langer Regentschaften von Königinnen war, belegt allerdings, dass der Stellenwert von Fürstinnen bei der Herrschaftssicherung in dynastischen Krisen von dieser Reduktion nicht betroffen war. Aktionsfelder, die sich für Frauen hochadlig-fürstlicher Herkunft erkennen lassen, haben ihre Basis damit zum einen in der ständischen Zugehörigkeit, aus der sich die Legitimität herrschaftlichen Handelns erklären lässt. Sie resultierten zum anderen aber auch aus strukturellen Gegebenheiten der höfischen Gesellschaft als Handlungsrahmen. Dabei ist als eine grundlegende Eigenart der höfischen Gesellschaft auf die fehlende, im zeitgenössischen Verständnis geradezu unvorstellbare Trennung von „öffentlichen“ und „privaten“ Dimensionen hinzuweisen. Der Herausbildung dieses Dualismus, der den Blick auf das herrschaftliche Wirken von Frauen lange verstellt hat und von der geschlechtergeschichtlichen Forschung seit Jahren kritisiert und hinterfragt wird43, ist hier nicht weiter nachzugehen. Sicher ist, dass in der frühneuzeitlichen höfischen Gesellschaft insbesondere in Bezug auf die Personen der Dynastie zwar private Räume denkbar waren, aber keine Privatheit als Person. Ein weiteres Kennzeichen der höfischen Gesellschaft war der hohe Stellenwert von Patronage und Klientelbeziehungen, von Vernetzungen, über die Aufstieg oder Positionsverlust, finanzieller Gewinn und Ehre als symbolisches Kapital vermittelt wurden44. Dass Frauen in diesen Vernetzungen nicht nur als „Tauschobjekte“ im Rahmen von Eheschließungen, sondern als Akteurinnen in mehr oder weniger ausgedehnten Netzwerken eine Rolle spielten, darauf ist zuletzt immer wieder hingewiesen worden45. Ein zentrales Gut der höfischen Gesellschaft, welches durch Netzwerke vermittelt werden konnte, war dabei die fürstliche Gnade46. Vermittelt wurde sie nicht zuletzt über die Fürstin, die ihren – idealerweise ungehinderten – Zugang zum Fürsten, ihre traditionelle Rolle als Fürbitterin47 nutzen konnte und zugleich selbst über materielle und Ämterressourcen im Rahmen ihres Hofstaates und ihrer Rolle im Rahmen fürstlicher Repräsentation verfügte. Damit ergibt sich ein Spektrum von miteinander korrespondierenden Handlungsfeldern, das in der einen oder anderen Weise in der neueren Forschung zu europäischen Fürstinnen reflektiert und dargestellt wird: 42  Wellman, Queens and Mistresses (wie Anm. 10) 12f.; Jansen, Regiment of Women (wie Anm. 19) 223; Cosandey, Reine de France (wie Anm. 21) 44f., 363; Norberg, Political History (wie Anm. 22) 251f., 254. 43  Zur Diskussion allgemein Claudia Opitz, Umordnungen der Geschlechter. Einführung in die Geschlechtergeschichte (Historische Einführungen 8, Frankfurt a. M. 2005) 156–170. 44  Die Literatur zu den verschiedenen Ansätzen in Theorie und praktischen Untersuchungen zum Hof kann hier nicht im Einzelnen nachgewiesen werden. Für den Kaiserhof siehe: Karin J. MacHardy, War, Religion and Court Patronage in Habsburg Austria. The Social and Cultural Dimensions of Political Interaction 1521–1622 (Basingstoke 2003); Andreas Pečar, Die Ökonomie der Ehre. Der höfische Adel am Kaiserhof Karls VI. (1711–1740) (Symbolische Kommunikation in der Vormoderne 5, Darmstadt 2003); Mark Hengerer, Kaiserhof und Adel in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Eine Kommunikationsgeschichte der Macht in der Vormoderne (Historische Kulturwissenschaft 3, Konstanz 2004). 45  Katrin Keller, Frauen – Hof – Diplomatie. Die höfische Gesellschaft als Handlungsraum von Frauen in Außenbeziehungen, in: Das Geschlecht der Diplomatie. Geschlechterrollen in den Außenbeziehungen vom Spätmittelalter bis zum 20. Jahrhundert, hg. von Corina Bastian et al. (Externa. Geschichte der Außenbeziehungen in neuen Perspektiven 5, Köln–Weimar–Wien 2014) 33–50, hier bes. 40; Arenfeldt, Political Role (wie Anm. 25) 129–190. 46  Pečar, Ökonomie der Ehre (wie Anm. 44) 595; Hibbard, Henrietta Maria (wie Anm. 16) 94. 47  Fößel, Königin im Reich (wie Anm. 13) 123–126, 133f., 138, 145.

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Als solches Feld würde ich (1) die Familienpolitik beschreiben. Darunter verstehe ich etwa Erziehung und Ehestiftung (für Kinder, Verwandte und Personen des Hofstaates) und die Sicherung bzw. Propagierung familiärer Memoria. Dazu kam (2) die Rolle der Fürstin als Fürbitterin48 – für Untertanen wie Familienangehörige, für Angehörige anderer Dynastien wie für geistliche Amtsträger. Die Fürbitte gab einer Fürstin nicht nur die Möglichkeit, mildernd auf Entscheidungen des Gemahls oder Sohnes einzuwirken, sondern war zugleich eine wichtige Grundlage für die (3) Gestaltung von Netzwerken49, auch in Form der Ämterpatronage50, und von Korrespondenzen. In diesem Kontext kam gerade den dauerhaften Verbindungen zur Herkunftsdynastie für viele Fürstinnen große Bedeutung zu – sie wurden in deren Sinne tätig, nutzten ihre Kontakte aber auch zu Fürbitten bei Vater, Bruder oder Onkel. Ein weiteres Feld herrschaftlichen Handelns war (4) das der Repräsentation. Gemeinsam mit dem Gemahl, aber auch im Witwenstand und in gewissem Maße schon als unverheiratete Tochter waren Frauen der Dynastien über ihre Rolle im Herrschaftszeremoniell51 sowie in der Gestaltung höfischer Repräsentation und materieller Kultur des Hofes52 an der Kommunikation von Herrschaft beteiligt. Dies konnte sich sowohl auf die Dynastie als Ganzes wie auf die Konturierung eigener Herrschaftspositionen der Fürstin beziehen. Elemente von Repräsentation und von Herrschaftslegitimierung flossen (5) in religiösen Aktivitäten53 zusammen, deren Bandbreite vom öffentlichen Gebet und Gottesdienstbesuch bis zur Stiftung reichen konnte. Schließlich ist (6) davon auszugehen, dass eine Rolle der Fürstin als politische Ratgeberin und ihre Einbeziehung in diplomatische Aktivitäten54 viel häufiger realisiert wurde, als es bisherige Untersuchungen herausgearbeitet haben. Eine wichtige Ursache für dieses Defizit liegt freilich darin, dass gerade zu diesem letzten Punkt in familiärer Korrespondenz und 48   Michael B. Young, Queen Anna bites back: Protest, Effeminacy and Manliness at the Jacobean court, in: Gender, Power and Privilege in Early Modern Europe, hg. von Jessica Munns–Penny Richards (Harlow 2003) 108–122, hier 117; Cosandey, Reine de France (wie Anm. 21) 379. 49   Isabelle Poutrin–Marie-Karine Schaub, Introduction, in: Femmes & Pouvoir politique (wie Anm. 22) 8–50, hier 41; Campbell Orr, Introduction (wie Anm. 33) 9; Barroll, Anna of Denmark (wie Anm. 22) 17f., 34; Wellman, Queens and Mistresses (wie Anm. 10) 6f., 360; Norberg, Political History (wie Anm. 22) 249, 261; Cordula van Wyhe, Introduction, in: Isabella Clara Eugenia (wie Anm. 15) 8–19, hier 11; Young, Queen Anna (wie Anm. 48) 114, 116; Helen Payne, Aristocratic Women, Power, Patronage and Family Networks at the Jacobean Court, 1603–1625, in: Women and Politics (wie Anm. 23) 164–180; Tomas, Medici Women (wie Anm. 33) 44–53; erwähnt, aber nicht thematisiert bei Cosandey, Reine de France (wie Anm. 21) 324, 379. 50   Hibbard, Henrietta Maria (wie Anm. 16) 94, 102; Barroll, Anna of Denmark (wie Anm. 22) 40f.; Wyhe, Introduction (wie Anm. 49) 11; Poutrin–Schaub, Introduction (wie Anm. 49) 43. 51   Dubost, Anne d’Autriche (wie Anm. 20) 43f.; Cosandey, Reine de France (wie Anm. 21) 127–257 (Teil 2 „Cérémonies“); Poutrin–Schaub, Introduction (wie Anm. 49) 42f.; Wellman, Queens and Mistresses (wie Anm. 10) 4f. 52  Hibbard, Henrietta Maria (wie Anm. 16) 94f., 99f.; Tomas, Medici Women (wie Anm. 33) 83–104; Poutrin–Schaub, Introduction (wie Anm. 49) 41; Campbell Orr, Introduction (wie Anm. 33) 9; Barroll, Anna of Denmark (wie Anm. 22) 2; Wellman, Queens and Mistresses (wie Anm. 10) 4f., 360f.; Wyhe, In­ troduction (wie Anm. 49) 12; Gabrielle Langdon, Medici Women: Portraits of Power, Love and Betrayal from the Court of Duke Cosimo I (Toronto 2006); Maria Hayward, Dressed to impress, in: Tudor Queenship: The Reigns of Mary and Elizabeth, hg. von Anna Whitelock–Alice Hunt (New York–Basingstoke 2010) 81–94; Lutter, Geschlecht (wie Anm. 28) 254. 53  Campbell Orr, Introduction (wie Anm. 33) 9; Wellman, Queens and Mistresses (wie Anm. 10) 4. 54  Keller, Frauen – Hof – Diplomatie (wie Anm. 45); Eva Dade, Madame de Pompadour. Die Mätresse und die Diplomatie (Externa. Geschichte der Außenbeziehungen in neuen Perspektiven 2, Köln–Weimar– Wien 2010); Bastian, Verhandeln in Briefen (wie Anm. 32); Dorothea Nolde, Was ist Diplomatie und wenn ja, wie viele? Herausforderungen und Perspektiven einer Geschlechtergeschichte der frühneuzeitlichen Diplomatie. Historische Anthropologie 21 (2013) 179–198.



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institutioneller Überlieferung nur wenige aussagekräftige Quellen zu finden sind. Dies beruht nicht allein auf Quellenverlusten, sondern auch darauf, dass derartige Aktivitäten in einer Grauzone zwischen Norm und politisch-herrschaftlicher Realität bleiben mussten, aus der sie zugleich ihre besondere Funktionalität gewinnen konnten. Die eben aufgezählten Handlungsfelder bildeten auch die Grundlage der Fragestellungen, die im Rahmen der Tagung behandelt und diskutiert werden sollten. Sie gliederten sich in die Schwerpunkte Familie, Hof, Politik und Memoria. Besonderes Augenmerk sollte dabei nach Möglichkeit in allen Beiträgen dem Auftreten der Kaiserinnen bzw. i­hrer Wahrnehmung im Reich gewidmet werden. Denn im Unterschied zu den Königinnen Europas war die Kaiserin in der Frühen Neuzeit auch Königin – von Böhmen und Ungarn – und als Erzherzogin zugleich Landesfürstin in den habsburgischen Erblanden. Deshalb war danach zu fragen, ob sich Unterschiede zwischen ihrem Auftreten als Königin/Fürstin und dem als Kaiserin feststellen lassen. Hatte es Folgen für Art und Ausmaß der Aktivitäten frühneuzeitlicher Kaiserinnen, dass ihnen mit Erblanden und Reich zwei Ebenen von Handlungsräumen zur Verfügung standen? Oder von der anderen Seite gefragt: Wie stark war die Gemahlin des Kaisers als Kaiserin präsent in Herrschaftspraxis und in Debatten im Reich – oder wurde sie eher als Landesfürstin der habsburgischen Erblande wahrgenommen? Die Zusammenstellung von Handlungsfeldern frühneuzeitlicher europäischer Fürstinnen weist im Übrigen erstaunliche Ähnlichkeiten mit den Aktivitäten auf, die etwa Leslie Peirce in ihrer Studie über den Harem und die Sultanas des Osmanischen Reiches im 16. und 17. Jahrhundert herausgearbeitet hat55. Auch sie sieht die Schaffung und Entwicklung politisch aktiver Netzwerke, diplomatische Aktivitäten, das Auftreten in ­öffentlichen Zeremonien, Bau- und Kunstpatronage und schließlich die Regentschaft als Bereiche bzw. Instrumente, in denen und über die eine Sultana Einfluss ausüben konnte. Allerdings handelte es sich bei den so in Erscheinung tretenden Frauen nicht um die Gemahlinnen, sondern um die Mutter des Sultans, beruhte die Dynastie des Hauses Osman doch auf einem anderen dynastischen Modell, in dem das fürstliche Arbeitspaar als Ehepaar keine Rolle spielte. Trotzdem illustriert dieses Schlaglicht, dass auch außerhalb des christlichen Europa das Prinzip dynastischer Herrschaft Frauen der Dynastie Handlungsräume eröffnete, die diese auch zu nutzen wussten. Allerdings bleibt festzuhalten, dass Fürstinnen – Kaiserinnen, Königinnen, Kurfürstinnen etc. – wie alle Frauen in der Vormoderne im Spannungsfeld von Normen und Strukturen einerseits und konkreten politischen, sozialen, familiären und kulturellen Konstellationen andererseits agierten56. Eine zentrale Handlungsbedingung war deshalb etwa das Verhältnis zum Ehemann, Sohn oder Bruder57, 55  Zusammenstellung bei Leslie Peirce, The Imperial Harem: Women and Sovereignty in the Ottoman Empire (Oxford 1993) VII. Siehe dazu etwa auch verschiedene Beiträge des Bandes: Servants of the Dynasty. Palace Women in World History, hg. von Anne Walthall (Berkeley 2008). 56   Beispiel bei Lutter, Geschlecht (wie Anm. 28) 263. 57  Katrin Keller, Mit den Mitteln einer Frau – Handlungsspielräume adliger Frauen in Politik und Diplomatie, in: Akteure der Außenbeziehungen. Netzwerke und Interkulturalität im historischen Wandel, hg. von Hillard von Thiessen–Christian Windler (Externa. Geschichte der Außenbeziehungen in neuen Perspektiven 1, Köln–Weimar–Wien 2010) 219–244, hier 230; Poutrin–Schaub, Introduction (wie Anm. 49) 41f.; Campbell Orr, Introduction (wie Anm. 33) 9 und verschiedene Beiträge im gleichen Band; Barroll, Anna of Denmark (wie Anm. 22) 5f.; Wellman, Queens and Mistresses (wie Anm. 10) 358f.; Young, Queen Anna (wie Anm. 48) 116; Tomas, Medici Women (wie Anm. 33) 164–194. Zur Charakteristik des Fürstenpaares siehe Cosandey, Reine de France (wie Anm. 21) z. B. 367, die aber der Königin seit etwa 1600 ausschließlich einen passiven Part zuschreibt.

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denn die Legitimität politischen und dynastischen Handelns von Frauen blieb immer umstritten und dieses Handeln in seiner Umsetzung vom Bezug auf die Familie und den männlichen Herrschaftsträger mitbestimmt. Dabei können wir davon ausgehen, dass die Kaiserinnen der Frühen Neuzeit in dieser Hinsicht in einer vergleichsweise günstigen Situation waren. Im Gegensatz insbesondere zu Frankreich, wo schon im 16. Jahrhundert Mätressen bzw. Favoriten institutionellen Stellenwert erlangten, anders auch als bei den meisten Königen von England und Schottland, führten die Habsburger im Reich in der Regel „vorbildliche“ Ehen58. Vorbildlich insofern, als ein Zusammenwirken des Amtsund Arbeitspaares nicht durch langfristige Trennungen oder Zerwürfnisse oder eben das Auftreten von Favoriten und Favoritinnen beeinträchtigt wurde. In der Fähigkeit, mit diesen zahlreichen Faktoren umzugehen, lassen sich freilich in der Rückschau erhebliche Differenzierungen erkennen. Die Handlungsmacht, die eine Fürstin entfalten konnte, trug immer auch individuelle Züge aufgrund ihrer Fähigkeiten, Handlungsfelder zu besetzen und Rahmenbedingungen zu nutzen – oder dies aufgrund persönlicher Entscheidung nicht zu tun bzw. aufgrund spezifischer Konstellationen daran gehindert zu werden. Und dass auch die Behauptung einmal erlangter Handlungsmacht mit Herausforderungen verbunden war, zeigt ein Zitat aus dem Tagebuch Hans Khevenhüllers, der als kaiserlicher Botschafter in Madrid ein enger Vertrauter der seit 1581 dort lebenden Kaiserin Maria war. Für den 12. Dezember 1582 notierte er, er habe abermaln bei der kaiserin lange audienz gehabt, darin allerlai wichtige und nothwendige sachen tractiert. Und weil ich I.Mt. in vilen gar clainmuetig gefunden, hab ichs animiert und under andern zuversteen geben sollen, valor [zu] erzaigen, dann jezo seis von nöthen und [solle sie] gedenken, das si von vil kaiseren herkumb, aines kaisers gemahel gewest und des königs aus Hispania schwester sei, sich gemainer sachen, dieselben bei dem könig zutreiben, enthalten, aber die wichtigen daran ihr, den ihrigen und der ganzen christenhait gelegen, fürnemen und in denselben mit ernst bis sis zue erörterung bring, fortsezen. Gott well, das helf59. Die folgenden Jahre zeigten, dass es der verwitweten Kaiserin sehr wohl gelang, im neuen Umfeld erneut Handlungsmacht zu entfalten und zu behaupten60. Zugleich bringt das Zitat die legitime Basis dieser Handlungsmacht von Frauen im dynastischen Rahmen noch einmal auf den Punkt. Wenn das Handeln und die Spielräume frühneuzeitlicher Fürstinnen in der beschriebenen Weise mit dem dynastischen Charakter von Herrschaft in Verbindung zu bringen waren, dann müssen zudem Wandlungsprozesse von Staatlichkeit im Laufe der Frühen Neuzeit Folgen für ihre Handlungsmacht gehabt haben. Insbesondere ist hier an die sukzessive Ausprägung des frühneuzeitlichen Fürstenstaates mit seinen mehr und mehr bürokratisierten und entindividualisierten Herrschaftsmechanismen zu denken. Damit wäre abschließend noch einmal auf die Rolle der Kaiserin im Reich und deren Veränderung zurückzukommen, die bereits angesprochen wurde. Amalie Fößel hat darauf hingewiesen, dass es im hohen Mittelalter Kaiserinnen verschiedener Dynastien, nicht zuletzt aufgrund persönlicher politischer Autorität, gelungen war, das Amt der Königin de facto zu einem Bestandteil der Reichsverfassung zu machen.   Zum fürstlichen Paar als Vorbild für Untertanen: Cosandey, Reine de France (wie Anm. 21) 71.   Hans Khevenhüller, Kaiserlicher Botschafter bei Philipp II. Geheimes Tagebuch 1548–1605, bearb. und hg. von Georg Khevenhüller-Metsch–Günther Probszt-Ohstorff (Graz 1971) 126. 60  Magdalena S. Sánchez, The Empress, the Queen and the Nun. Women and Power at the Court of Philip III. of Spain (Baltimore 1998). 58 59



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Im späten Mittelalter verlor das Amt jedoch an Bedeutung, und die Spielräume einer Kaiserin scheinen gegenüber den auf eine Landesherrschaft bezogenen Möglichkeiten der Fürstin rückläufig gewesen zu sein61. Wir wissen bislang nichts darüber, ob sich dieser Prozess im reichspolitisch turbulenten 16. Jahrhundert linear fortgesetzt hat – dass Kaiserin Maria zumindest religionspolitischen Einfluss auf Maximilian II. hatte, ist sicher 62. Ob sie insofern vielleicht erheblichen Einfluss auf die Reichsentwicklung nach 1550 genommen hat, harrt dagegen einer genaueren Untersuchung. Allerdings gab es zwischen 1547 und 1562 bzw. nach 1580 über Jahrzehnte keine Kaiserin oder Königin im Reich, die in den politischen und kulturellen Entwicklungen hätte wirksam werden können. Insofern wäre man versucht, die Frühe Neuzeit als Epoche der schwachen, ja bedeutungslosen Kaiserinnen anzusehen, zumindest als Epoche, in der die Kaiserin im Reich außer den eingangs angesprochenen Rechten wenig Relevanz beanspruchen konnte. Daraus würden sich Parallelen zu Frankreich und England ergeben, wo die Forschung davon ausgeht, dass um 1600 eine Ära machtvoller Regentinnen und Mätressen zu Ende gegangen sei63. Das lässt sich für Frankreich wohl mit der endgültigen Durchsetzung der Loi Salique erklären – in der am Ende der Religionskriege diskutierten und formulierten Staatstheorie wurden Frauen Herrschafts-, teilweise sogar Erbrechte abgesprochen. Dies haben etwa Fanny Cosandey und Claudia Opitz aufgezeigt64. Für das Alte Reich und die Kaiserinnen lassen sich seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts jedoch andere Phänomene beobachten – mit der Krönung Annas von Tirol 1612 in Regensburg wurde hier eine neuzeitliche Tradition der Kaiserinnenkrönung geschaffen, durch die der Amtscharakter der Position der Kaiserin neuerlich betont wurde65. Allein die fortlaufende Reihe der Kaiserinnenkrönungen, die bis 1690 reicht, lässt freilich den Stellenwert dieses zeremoniellen Aktes nicht eindeutig erkennen. Handelte es sich bei den Krönungen, die nun stets getrennt von denen des Königs bzw. Kaisers stattfanden, „nur“ noch um Inszenierungen einer kaiserlichen Hofgesellschaft, wie Barbara StollbergRilinger formuliert hat66? Oder darf man sie als Ausdruck des Wunsches der Kaiserin nach zeremonieller Aufwertung des Aktes werten, der nun nicht mehr, wie oft im Mittelalter, als Bestandteil einer bedeutenderen Zeremonie, nämlich der Kaiserkrönung selbst, reali-

  Fößel, Königin im Reich (wie Anm. 13) 385–387.   Siehe den Beitrag von Alexander Koller im vorliegenden Band und ders., La facción española y los nuncios en la corte de Maximiliano II y de Rodolfo II. María de Austria y la confesionalización católica del Imperio, in: La dinastía de los Austria: las relaciones entre la Monarquía católica y el imperio, hg. von José Martínez Millán (La corte en Europa, Temas 5, Madrid 2011) 109–124. 63   Wellman, Queens and Mistresses (wie Anm. 10) 12f.; Jansen, Regiment of Women (wie Anm. 19) 223; Norberg, Political History (wie Anm. 22) 251f., 254. 64   Cosandey, Reine de France (wie Anm. 21) z. B. 259, 271f., 370, 372, 376–378; Claudia Opitz, Das Universum des Jean Bodin. Staatsbildung, Macht und Geschlecht im 16. Jahrhundert (Geschichte und Geschlechter 53, Frankfurt am Main 2006). 65   Fößel, Königin im Reich (wie Anm. 13) 385; siehe dazu auch Lünig, Theatrum Ceremoniale (wie Anm. 1) 1201; Barbara Stollberg-Rilinger, Des Kaisers alte Kleider. Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches (München 2008) 190–193. 66   Stollberg-Rilinger, Des Kaisers alte Kleider (wie Anm. 65) 190. Auch Cosandey sieht in der Trennung der Krönungen in Frankreich (wo die letzte Krönung einer Königin zudem 1610 stattfand) einen Bedeutungsverlust: Cosandey, Reine de France (wie Anm. 21) 365f. Andrew Hanham, Caroline of BrandenburgAnsbach and the ‚Anglicisation‘ of the House of Hannover, in: Queenship in Europe (wie Anm. 22) 276–299, hier 292, sieht die gemeinsame Krönung von Georg II. und Caroline 1727 als Basis für ihre Position als „joint sovereign“. 61 62

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siert wurde67? Nicht zuletzt wurde es dadurch möglich, auch die Kaiserin mit den Reichsinsignien zu krönen. So erlebte die Kaiserin einerseits in Hinblick auf die große Zeremonie der Krönung in der Frühen Neuzeit eine „Rückkehr“ in das Spektrum zeremonieller Inszenierungen des Reiches. Andererseits bleibt festzuhalten, dass seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert zugleich die Territorien des Reiches einen erheblichen Zuwachs an staatlichen Strukturen realisierten. Über die bis zum Ende des Alten Reiches erreichte Qualität von Staatlichkeit wäre sicher zu reflektieren – belegbar ist, dass Staatstheorie und Historiographie das Reich und seine Territorien in der Frühen Neuzeit immer dezidierter als staatliches Gebilde dachten, während die dynastische Komponente von Herrschaft mit ihren komplexen Beziehungsgeflechten zurücktrat. Damit ging aber auch die Rolle von Fürstinnen im Allgemeinen und Kaiserinnen im Besonderen „verloren“68. Diese Delegitimierung zeigt sich schon in zeitgenössischen Texten; die besonders dramatischen Ablehnungen von John Knox oder Jean Bodin sind in der Forschung vielzitiert69. In der politischen Praxis mehrten sich die Beispiele für Fürstinnen, die sozusagen stellvertretend für Ehemänner oder Söhne Gegenstand der Kritik an Herrschaftsausübung und Herrschaftsformen wurden. Das Spektrum reicht hier von der gegenreformatorischen Fürstin als Feindbild protestantischer Polemik bis zur Infragestellung sexueller Integrität der Fürstin, wie es nicht nur für den Fall Marie Antoinette im 18. Jahrhundert belegbar ist70. Dass die ältere Forschung zu Reich und Dynastie derartige Polemiken nicht selten für bare Münze nahm, stellt die Frage nach dem sich wandelnden Rollenbild der Fürstin in der Frühen Neuzeit zugleich als ein historiographisches Problem. Kaiserinnen und andere Frauen der kaiserlichen Dynastie, ebenso wie Fürstinnen und adlige Damen des Reiches, sind mit ihrem herrschaftlichen Handeln oft durch Grenzen des Blicks verborgen geblieben, die aus dem Zusammenwirken von normativen Vorstellungen, Quellenüberlieferung bzw. -auswahl und Erkenntnisinteresse der Forschung entstanden. Die Beiträge des Bandes versuchen nun erstmals, in systematischer Weise nach Handlungsfeldern verschiedener Generationen von Kaiserinnen zu fragen. Damit wird Reichsgeschichte mit einem geschlechtergeschichtlichen Zugang verbunden und neues Licht auf das Amt der Kaiserin wie auf die Personen geworfen, die dieses Amt innehatten.

67  Harriet Rudolph, Das Reich als Ereignis. Formen und Funktionen der Herrschaftsinszenierung bei Kaisereinzügen (1558–1618) (Norm und Struktur 38, Köln–Wien–Weimar 2011) 291, 293f. 68  Heide Wunder, Einleitung. Dynastie und Herrschaftssicherung. Geschlechter und Geschlecht, in: Dynastie und Herrschaftssicherung in der Frühen Neuzeit. Geschlechter und Geschlecht, hg. von ders. (ZHF Beiheft 28, Berlin 2002) 9–27, hier 11. Siehe dazu auch den Beitrag von Barbara Stollberg-Rilinger in diesem Band. 69   Siehe u. a. Robert Valerius, Weibliche Herrschaft im 16. Jahrhundert. Die Regentschaft Elisabeths I. zwischen Realpolitik, Querelle des femmes und Kult der Virgin Queen (Geschichtswissenschaft 49, Herbolzheim 2002); Opitz, Jean Bodin (wie Anm. 64). 70   Tomas, Medici Women (wie Anm. 33) 164; zu Marie Antoinette siehe etwa Lynn Hunt, The Many Bodies of Marie-Antoinette. Political Pornography and the Problem of the Feminine in the French Revolution, in: Marie-Antoinette. Writings on the Body of a Queen, hg. von Dena Goodman (New York 2003) 117–138, und Elizabeth Colwill, Pass like a Woman, Act like a Man. Marie-Antoinette as Tribade in the Pornography of the French Revolution, in: ebd. 139–169.

… von gots gnaden Römische Kaiserine, zu Allen zeiten mererin des Reiches und Kunigin … Zu den Handlungsräumen und Strategien spätmittelalterlicher Kaiserinnen Amalie Fößel

Als der Stadtschreiber Dietrich Westhoff gut 150 Jahre nach dem Besuch von Kaiserin Elisabeth in Dortmund dieses Ereignis in seiner Chronik festhielt und dabei unter Verwendung von heute verlorenen Stadtbüchern recht ausführlich den ihr am 16. Januar 1378 seitens der städtischen Obrigkeit, des Klerus und der Bürger bereiteten Adventus schilderte, benannte er die allerdurchlauchtigste und hochgeborene Fürstin, die mit einer vergoldeten Kutsche, in prächtiger und kostbarer Kleidung, im Schmuck einer Krone und umgeben von einem großen Gefolge adliger Damen und Herren, Priester, Ritter und Knechte angereist war, als vierte Ehefrau Karls IV. und Kaiserin1. Tatsächlich war sie, des Kaisers Gemahlin und böhmische Königin, von Papst Urban V. in Rom am 1. November 1368 zur Kaiserin gekrönt worden. Einige Jahrzehnte später, im Jahr 1419, begleitete Elisabeths Schwiegertochter Barbara, eine geborene Gräfin von Cilli, die als zweite Ehefrau Sigismunds zur Königin Ungarns (1405), des römischen Reiches (1414) und zuletzt auch Böhmens (1437) gekrönt worden war, ihren Gemahl nicht mit nach Rom zur Kaiserkrönung. Enea Silvio Piccolomini, der nachmalige Papst Pius II., hat sie dennoch in verschiedenen Kontexten als imperatrix bezeichnet. Dieser Befund macht es erforderlich, die übergeordnete Fragestellung, ob die Kaiserin „nur die Frau des Kaisers“ gewesen sei, zu differenzieren und neben der Frage nach Handlungsräumen und Handlungsbedingungen mittelalterlicher Kaiserinnen, ihren Rollen als Ehefrauen, Müttern und Herrscherinnen auch die Frage aufzuwerfen, ob schon die Ehe mit einem Kaiser dessen Frau zur Kaiserin machte und welche Bedeutung dabei der Krönung zukam.

1   Chronik des Dietrich Westhoff, in: Die Chroniken der westfälischen und niederrheinischen Städte 1: Dortmund, Neuß (Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis 16. Jahrhundert 20, Leipzig 1887, Nachdr. Stuttgart 1969) 147–462, hier 243.

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Krönung, Titel und die Wahrnehmung der Zeitgenossen Wenn für die Frühe Neuzeit festgehalten werden kann, dass eine Krönung zur Kaiserin zwar „möglich, aber keineswegs obligatorisch“2 gewesen sei, und auch Maria Theresia eine solche ablehnte und der zeitgenössischen Kritik an ihrer Entscheidung mit dem Argument begegnete, dass eine solche nur bei einigen ihrer Vorgängerinnen erfolgt sei, so zeigt dies, dass die Ehe mit einem Kaiser ohne weiteren formalen Akt für seine Gemahlin im 18. Jahrhundert als hinreichend dafür angesehen wurde, sie als Kaiserin zu bezeichnen. Das hing nicht zuletzt auch mit den gänzlich veränderten Modalitäten der Kaiserwerdung in den frühneuzeitlichen Jahrhunderten zusammen, in denen man eine persönliche Beteiligung des Papstes nicht mehr kannte und sich schon längst nicht mehr, wie einst die mittelalterlichen deutschen Könige, auf den Weg nach Rom machte, um in der Peters- oder gelegentlich auch der Lateranbasilika zum Kaiser gekrönt zu werden. Der mittelalterlichen Tradition zufolge traten die Könige, sofern sie verheiratet waren, gemeinsam mit ihrer Ehefrau den Romzug an. Des Kaisers Frau erhielt an seiner Seite Weihe, Salbung und Krönung, wurde eingebunden in die gottgegebene Herrschaft des Kaisers und teilte seine sakrale Stellung und erhabene Würde. Das eheliche Band des irdischen Paars wurde gleichsam durch die göttliche Gnade gestärkt und überhöht durch ein im christlichen Denken des Mittelalters auf Christus und das Jenseits hinweisendes geistliches Band3. Die Krönung befähigte die Kaiserin zur Führung imperialer Titel, die seit Ottos I. und Adelheids römischer Zeremonie an Lichtmess 962 mit dem biblischen Titel der ­Königin Esther als einer consors regni verbunden waren, bis man schließlich Mitte des 11.  Jahrhunderts den Konnex von Ehe- und Bettgemeinschaft und Herrschaftsteilhabe in einer komplexen Titulatur herausstellte. Die Kaiserin wurde – so erstmals 1048 für Agnes von Poitou, die Gemahlin Heinrichs III., belegt – als nostra thori nostrique regni consors […] imperatrix augusta bezeichnet4. Dieser Titel blieb nur kurzzeitig in Gebrauch, aber er definiert prägnant die Stellung der Kaiserin, die in der Ehegemeinschaft mit dem von den Fürsten gewählten König begründet war. Obwohl die Titelführung und vor allem die Vorstellung vom consortium regni im Laufe des Mittelalters Veränderungen unterlag und die consors regni-Formel im Übergang vom hohen zum späten Mittelalter zunehmend ungebräuchlich bzw. verallgemeinernd als sprachliche Variante für coniux und conthoralis herangezogen wurde, blieb die Annahme des Titels einer imperatrix auch weiterhin mit der römischen Krönung verknüpft5.   Zitiert nach dem programmatischen Tagungskonzept der Veranstalter.   Zur Herrschersakralität als einem kulturübergreifenden Phänomen ist in den letzten Jahren viel geforscht worden. Eine Synthese des Forschungsstandes ist vorgelegt worden von Franz-Reiner Erkens, Herrschersakralität im Mittelalter. Von den Anfängen bis zum Investiturstreit (Stuttgart 2007); vgl. auch Das frühmittelalterliche Königtum. Ideelle und religiöse Grundlagen, hg. von Franz-Reiner Erkens (RGA Ergbd. 49, Berlin–New York 2005). Zur spezifisch ottonisch-salischen Ausprägung Ludger Körntgen, Königsherrschaft und Gottes Gnade. Zu Kontext und Funktion sakraler Vorstellungen in Historiographie und Bildzeugnissen der ottonisch-frühsalischen Zeit (Orbis mediaevalis 2, Berlin 2001). 4  Urkunde vom 19. November 1048, ausgestellt in Speyer: Die Urkunden Heinrichs III., ed. Harry Bresslau–Paul Kehr (MGH DD 5, Berlin 1926–1931) Nr. 225. 5  Zu den Titeln der Kaiserin vgl. Amalie Fößel, Die Königin im mittelalterlichen Reich. Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume (Mittelalter-Forschungen 4, Stuttgart 2000) 50–66 mit weiteren Quellen- und Literaturnachweisen; dies., Frauen und Macht im Mittelalter. Unikate 41 (2012) 78–99, hier 84f. 2 3



… von gots gnaden Römische Kaiserine, zu Allen zeiten mererin des Reiches und Kunigin … 29

Als das Gewohnheitsrecht der Romfahrt, die zuletzt von Kaiser Friedrich II. und Konstanze 1220 unternommen worden war, zu Beginn des 14. Jahrhunderts erstmals wieder realisiert werden konnte, machten sich wie eh und je die Herrscherpaare auf den Weg. Das waren Heinrich VII. und Margarete von Brabant, die jedoch auf dem Weg nach Rom in Genua verstarb. Es folgten Ludwig der Bayer und seine zweite Gemahlin Margarete von Hennegau, Karl IV. und seine dritte Ehefrau Anna von Schweidnitz-Jauer sowie schließlich Friedrich III. und Eleonore von Portugal, für die die Reise nach Rom zugleich auch eine Brautfahrt war. Nachdem ihre Heirat bereits per procurationem in Lissabon geschlossen worden war, traf sich das Paar erstmals persönlich in Siena und wurde in Rom am 16. März 1452 von Papst Nikolaus V. offiziell vermählt. Drei Tage später folgte die Krönung zu Kaiser und Kaiserin6. In der Reihe der spätmittelalterlichen Paarkrönungen blieb die Krönung Elisabeths von Pommern, der vierten Gemahlin des bereits 1355 gekrönten Karls IV., eine Ausnahme. Sie wurde, wie schon 1167 Beatrix, die aus Burgund stammende Gemahlin Friedrichs I. Barbarossa, in einer eigens für sie organisierten Zeremonie in Rom durch Urban V. am Allerheiligentag des Jahres 1368 und damit fünf Jahre nach ihrer Heirat zur Kaiserin geweiht. Während die jeweiligen Krönungsakte in ihren feierlichen Abläufen im Laufe des Mittelalters Veränderungen unterlagen, galt das nicht für die dabei gesprochenen Gebete, die in ottonischer Zeit konzipiert worden waren und in den folgenden Jahrhunderten in alle Neufassungen der Ordines übernommen wurden. Sie enthielten biblisch fundierte und damit überzeitliche Konzepte als Orientierung für die Lebensgestaltung einer gottesfürchtigen Kaiserin, die in den Rollen als Herrscherin, Ehefrau und Mutter angesprochen wurde. Verwiesen wurde auf Judith als Typus der mutigen Frau, die ihre weibliche fragilitas überwand und mit ihrem Handeln virtus bewies. Unter Bezugnahme auf die Stammmütter Israels wurde Gott um die Mutterschaft der Kaiserin angefleht und damit die Verantwortung für die Dynastiesicherung benannt. Das dritte Gebet zitierte Esther als consors regni, die durch Frömmigkeit, Weisheit und Mut ausgezeichnet war. Im Kontext der Krönung wurde schließlich ein Katalog mit Vorstellungen christlicher Tugendhaftigkeit und persönlicher Vollkommenheit präsentiert7. Eine Königin, die nicht zusammen mit ihrem königlichen Ehemann nach Rom zog, war Barbara von Cilli, auf die Sigismund in Lucca 1433 mehrere Wochen lang vergeblich gewartet hatte, bevor er schließlich den Weg allein fortsetzte 8. Warum sie der Einladung nicht gefolgt war, lässt sich den Quellen nicht entnehmen9. Sie konnte jedoch finanziell 6  Eine Zusammenstellung der Romfahrten bei Claudia Zey, Imperatrix, si venerit Romam … Zu den Krönungen von Kaiserinnen im Mittelalter. DA 60 (2004) 3–51. 7  Die Ordines für die Weihe und Krönung des Kaisers und der Kaiserin, ed. Reinhard Elze (MGH Fontes iuris 9, Hannover 1960) Nr. III, 6–9; vgl. Fößel, Königin (wie Anm. 5) 17–49; dies., Die Kaiserin im Mittelalter und ihr göttlicher Herrschaftsauftrag, in: Gottesmacht. Religion zwischen Herrschaftsbegründung und Herrschaftskritik, hg. von Werner H. Ritter–Joachim Kügler (Bayreuther Forum Transit. Kulturwissenschaftliche Religionsstudien 4, Berlin 2006) 75–87. 8   Dass Sigismund in Oberitalien auf seine Gemahlin wartete, belegt eine entsprechende Notiz in der Korrespondenz zwischen Basel und Frankfurt am Main vom 6. Mai 1432: Deutsche Reichstagsakten. Ältere Reihe (1376–1486). X,1: Unter Kaiser Sigmund, Abt.1–3 (1410–1431), ed. Dietrich Kerler (München–Gotha 1878–1887, Nachdr. Göttingen 1956) Nr. 312 S. 505. 9  Auch die von mir durchgesehenen Mandate und Briefe Barbaras im Budapester Staatsarchiv enthalten keine Anhaltspunkte für die Gründe der Nichtteilnahme, dazu Amalie Fößel, Die Korrespondenz der Königin Barbara im Ungarischen Staatsarchiv zu Budapest, in: Kaiser Sigismund (1368–1437). Zur Herrschaftspraxis eines europäischen Monarchen, hg. von Karel Hruza–Alexandra Kaar (Forschungen zur Kaiser- und Papstge-

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von Sigismunds Romfahrt profitieren und ihre Einkünfte durch die Verschreibung der Judensteuer um einiges erhöhen10. Der Titel einer imperatrix blieb ihr dennoch vorenthalten, sie führte diesen zu keinem Zeitpunkt. Das belegen die Mandate, in denen sie nach Sigismunds Kaiserkrönung 1433 auch weiterhin ausschließlich als eine römische und ungarische Königin tituliert wurde. In ihrem umfangreichen Alltagsschriftgut, das Verwaltungsangelegenheiten, Verteidigungsmaßnahmen im Abwehrkampf gegen die Hussiten, Reisevorbereitungen und Befehle etc. enthielt, trat sie als Ausstellerin auch weiterhin nur als Barbara dei gracia Romanorum ac Hungarie etc. regina in Erscheinung11, während ­Sigismund mit kaiserlichen Titeln adressiert wurde, so in einem im Original überlieferten ­Schreiben Barbaras an ihren Burggrafen von Diósgyőr aus dem Jahr 1435, in dem der Kaiser in einer auffällig komplexen Anrede als serenissimus princeps dominus dominus Sigismundus eadem gracia Romanorum imperator semper augustus ac Hungarie Bohemie Dalmacie Croacie etc. rex dominus et conthoralis noster carissimus angesprochen wird12. Von der in diplomatischen Quellen festgeschriebenen Titelführung unterschied sich die Wahrnehmung der Historiographen, die von einer anderen Perspektive aus formulierten und in der Frau des Kaisers die „Kaiserin“ sahen, was sich für die nicht in Rom gekrönte Barbara von Cilli nachweisen lässt. Obwohl Enea Silvio Piccolomini nicht gut auf sie zu sprechen war und scharfe Kritik an ihrer Person übte, bezeichnete er sie als imperatrix. Er nahm sie als Gemahlin und Witwe Sigismunds wahr, die des Kaisers Stellung nach außen hin teilte13. Dies lässt sich auch für Elisabeth von Pommern konstatieren, die ebenfalls für den Zeitraum vor ihrer römischen Krönung als Frau des Kaisers und damit als „Kaiserin“ wahrgenommen wurde. Der Biograph Urbans V. nahm bei der späteren Abfassung seines Berichtes über Romreise und Krönung Elisabeths keine begriffliche Unterscheidung vor und schrieb, dass der Kaiser in Rom in der Gemeinschaft der Kanoniker Wohnung genommen und auf die Ankunft der Frau Kaiserin, seiner Gemahlin, gewartet habe14.

Zum Wandel der politischen Handlungsräume der Kaiserin im Übergang vom hohen zum späten Mittelalter Die politische Kultur des hochmittelalterlichen Reichs mit vielfachen personalen Elementen und Interaktionsformen machte es möglich, die Idee von einem consortium der Kaiserin respektive Königin zu formulieren und in politisches Handeln umzusetzen. Im schichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 31, Wien–Köln–Weimar 2012) 245–254. 10   Jörg K. Hoensch, Kaiser Sigismund. Herrscher an der Schwelle zur Neuzeit 1368–1437 (München 1996) 428. 11  Budapest, Ungarisches Staatsarchiv DL 12 734 (1435), DL 12 746 (1435). 12   Budapest, Ungarisches Staatsarchiv DL 12 734 (1435). 13  Historia Bohemica 1, lib. 4, ed. Joseph Hejnic–Hans Rothe (Köln–Weimar–Wien 2005) 496, Z. 489–495; De uiris illustribus, ed. Adrianus van Heck (Studi e testi 341, Città del Vaticano 1991) 91; vgl. Amalie Fößel, Barbara von Cilli. Ihre frühen Jahre als Gemahlin Sigismunds und ungarische Königin, in: Sigismund von Luxemburg. Ein Kaiser in Europa, hg. von Michel Pauly–François Reinert (Mainz 2006) 95–112, hier 98f. 14  Mansitque in Urbe, infra canonicam habitando, expectans adventum domine imperatricis, uxoris sue, que venit Romam die XXVIIII dicti mensis cum decenti comitiva: Secunda vita Urbani V auctore Wernero, in: Vitae Paparum Avenionensium 1, ed. Stephanus Baluzius. Nouvelle edition par Guillaume Mollat (Paris 1916) 390.



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ottonischen und salischen Reich des 10. und 11. Jahrhunderts entwickelten sich qualitativ und quantitativ neue Handlungsräume der Kaiserin, die ihr Ansehen am Hof und im Reich nachhaltig formten15. Die neuen Spielräume entstanden im Kontext des ottonischen Kaisertums und wurden durch Kaiserin Adelheid im ausgehenden 10. Jahrhundert profiliert16. Bereits seit Beginn ihrer im Zuge der Herrschaftsübernahme im regnum Italiae geschlossenen Ehe mit Otto I. 951 hatte sie größeren Einfluss auf die ottonische Politik als ihre Vorgängerinnen auf dem ostfränkisch-deutschen Königsthron und war nach Ausweis der Urkunden vor allem in die Italien betreffenden Entscheidungen einbezogen. Für die erfolgreiche Aktualisierung des alten karolingischen Kaisertums 962 wird ihr in der Forschung ein maßgeblicher Anteil zugesprochen und dabei auf ihre hochrangigen Kontakte und Netzwerke im regnum Italiae verwiesen, über die sie als Witwe König Lothars verfügte. Dafür spricht nicht zuletzt die Tatsache, dass sie sechs Wochen nach der Krönung erstmals in einem in Lucca ausgestellten Diplom Ottos I. vom 13. März 962 als consors regni bezeichnet wurde17. Seitdem konnte sie ihre Handlungsspielräume ausbauen. Signifikant gelang dies im Rahmen ihrer Interventionstätigkeit. Lässt sich im Vergleich mit den Vorgängerinnen für die Vermittlung von Schenkungen, Privilegierungen, Besitz- und Rechtsbestätigungen bereits vor 962 ein deutlicher Anstieg ermitteln, so entwickelte sich nach 962 eine neue Dynamik, indem nicht mehr nur ihr persönlich eng verbundene Bittsteller und Personen ihres italischen Regnums um ihre Unterstützung baten, sondern zahlreiche weitere geistliche und weltliche Adlige aus allen Teilen des Reichs. So lässt sie sich nach 962 in fast jedem zweiten Diplom Ottos I. als Fürsprecherin nachweisen. Diese Entwicklung verfestigte sich, so dass bis ins 12. Jahrhundert hinein vor allem die Kaiserinnen als Intervenientinnen am Hof in Erscheinung traten und dieses zentrale Politikfeld geradezu dominierten, während die Großen des Reiches mit ihren Fürsprachen in den Hintergrund traten. Die jeweils „amtierende“ Kaiserin besetzte damit einen zentralen politischen Handlungsraum auf Reichsebene, der sich in rudimentärer Weise institutionell verfestigte18 und die Stellung der Herrschergemahlin in einer Weise prägte, wie sie für die Königinnen in den westeuropäischen Monarchien nicht nachweisbar ist19. Als 1002 erstmals im ostfränkischen Reich für Kunigunde eine Krönung zur Königin in Paderborn ausgerichtet wurde, war die Herrscherin als eine politische Instanz unverzichtbar geworden. Auch die Kinderlosigkeit als die zweifellos schwerste Bürde für ein auf den dynastischen Erhalt ausgerichtetes König- und Kaisertum, was Heinrich II. gelegentlich auch zum Ausdruck brachte, hatte auf die politische Autorität Kunigundes keine erkennbare Auswirkung.

15   Der Abschnitt fasst frühere Ergebnisse zusammen, die Belege und Literatur in Fößel, Königin (wie Anm. 5) 123–150 und passim. 16   Zuletzt Amalie Fößel, Kaiserin Adelheid, in: Die Kaiserinnen des Mittelalters, hg. von ders. (Regensburg 2011) 285–305. 17   Die Urkunde Ottos I. für die Bischofskirche von Lucca mit einer Besitz- und Immunitätsbestätigung wurde auf Bitte und Ermahnung dilecte nostre coniugis Adeleheide regnique nostri consortis gewährt: Die Urkunden Konrads I., Heinrichs I. und Ottos I., ed. Theodor Sickel (MGH DD 1, Hannover 1879–1884) Nr. 238. 18   Zur „Institutionalisierung der consors regni-Position“ hochmittelalterlicher römisch-deutscher Kaiserinnen und Königinnen Franz-Reiner Erkens, Die Frau als Herrscherin in ottonisch-frühsalischer Zeit, in: Kaiserin Theophanu. Begegnung des Ostens und Westens um die Wende des ersten Jahrtausends 2, hg. von Anton von Euw–Peter Schreiner (Köln 1991) 245–259, Zitat 259. 19   Carsten Woll, Die Königinnen des hochmittelalterlichen Frankreich 987–1237/38 (Historische Forschungen 24, Stuttgart 2002).

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Vielmehr vergrößerte sich das Spektrum hoheitlichen Handelns der Königin, die vor allem in Italien zeitweise den Vorsitz im Königsgericht übernahm und bei lehenrechtlichen Vergaben und der Besetzung geistlicher Ämter mitsprach. Die Kaiserin respektive Königin vermittelte auf verschiedenen Ebenen sowie in Konflikten zwischen ihrem Gemahl und anderen Herrschaftsträgern bzw. den Großen des Reiches. In unterschiedlichen Situationen agierte sie als Repräsentantin an der Spitze des Reiches, so in Zeiten einer Regentschaft oder nach dem Tod des Kaisers bis zur Neuwahl des Nachfolgers. Sie handelte aber auch zeitlich begrenzt für den abwesenden Herrscher und übernahm an seiner Stelle und in Absprache mit ihm anstehende Reichsgeschäfte. Grenzen werden dort sichtbar, wo Reichsinteressen auf dem Spiel standen20. In besonderer Weise prägten die für Otto III. in den Jahren 984 und 994 und für Heinrich IV. zwischen 1056 und 1062 bzw. 1065 notwendig gewordenen Regentschaften ihrer Mutter bzw. Großmutter das Bild der tatkräftigen Kaiserin. Die Tatsache jedoch, dass Kaiserin Agnes in Folge des Attentats von Kaiserswerth 1062 die Regierungsverantwortung an eine Gruppe von Fürsten mit Anno von Köln an der Spitze abtreten musste, zeigt erneut die Grenzen ihres Handelns, das den Konsens der Großen des Reichs benötigte. Die damit einhergehenden Ereignisse werden in der zeitgenössischen Historiographie geschlechterspezifisch eingeordnet. Die Regentschaft der Kaiserin wurde für gut befunden und mit männlich konnotierten Begriffen lobend beurteilt, solange sie die an sie herangetragenen Erwartungen erfüllte und die politischen Eliten in die Entscheidungsfindung einbezog. Als dies nicht mehr gewährleistet schien, bediente man sich negativer weiblicher Stereotype. Neben dem Vorwurf einer falschen Erziehung Heinrichs IV. beklagte man die Beeinflussbarkeit der Kaiserin durch falsche Ratgeber und eine zu geringe Einbindung der Reichsfürsten in politische Prozesse. Hinzu kamen Vorwürfe der Bestechlichkeit und mangelnden Gerechtigkeit sowie schließlich prinzipielle Bedenken gegen die Herrschaft einer Frau, wie sie der anonyme Verfasser der Vita Heinrici überliefert. Ihm zufolge galt die Kaiserin zu Beginn ihrer Regentschaft als virilis ingenii femina, als eine mit männlichem Verstand begabte Frau. Später, so der Anonymus, habe man nur noch davon geredet, dass es sich nicht gehöre, dass eine Frau das Reich regiere, obwohl man doch, so der Kommentar des Autors, von vielen Königinnen lesen könne, die mit männlicher Weisheit regiert hätten21. Alles in allem war die Kaiserin im hohen Mittelalter eine zentrale Instanz am Hof und im Reich geworden, die in einer auf Tradition und Herkommen basierenden Herrschaftsordnung politische Autorität besaß und in einer individuell durchaus unterschiedlichen Ausprägung gemeinsam und in Absprache mit dem Kaiser, gegebenenfalls auch ohne ihn handeln konnte. Grosso modo agierte das Kaiserpaar im „Team“ und lässt sich als ein „Arbeitspaar“ beschreiben, das auf reichspolitischer Ebene Zusammenarbeit und Aufgabenteilung praktizierte. Der auf Präsenz und Mitherrschaft ausgerichtete Herrschaftsspielraum verengte sich seit dem 12. Jahrhundert weitgehend auf rechtlich begründbare Herrschaftsansprüche 20   Eine stärkere Berücksichtigung der Grenzen weiblicher Handlungsspielräume hat für die Frühe Neuzeit Matthias Schnettger, Weibliche Herrschaft in der Frühen Neuzeit. Einige Beobachtungen aus verfassungsund politikgeschichtlicher Sicht. zeitenblicke 8/2 [30. 6. 2009], URL: http://www.zeitenblicke.de/2009/2/ schnettger (Zugriff 5. 1. 2015) eingefordert. 21  Vita Heinrici IV. imperatoris, c. 2, ed. Wilhelm Eberhard (MGH SS rer. Germ. [58], Hannover 1899) 13f.; zu den genderspezifischen Stereotypen Amalie Fößel, The Political Traditions of Female Rulership in Medieval Europe, in: The Oxford Handbook of Women and Gender in Medieval Europe, hg. von Judith M. Bennett–Ruth Mazo Karras (Oxford 2013) 68–83.



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und unterlag darüber hinaus zahlreichen Veränderungsprozessen, die noch nicht hinreichend untersucht sind. Es ist zu beobachten, dass die Kaiserin auf reichspolitischer Ebene immer weniger präsent war. Die Ursachen für diesen Wandel waren komplex und können hier nur kursorisch und thesenhaft skizziert werden. Sie sind in der zunehmenden Verrechtlichung politischer Ordnungen zu suchen, in denen es für die Kaiserin nur noch einen eingeschränkten politischen Raum gab. Das führte dazu, dass sie auf reichspolitischer Ebene wieder stärker als die Frau des Kaisers wahrgenommen wurde, deren politische Teilhabe sich vor allem auf die Herrschaftsrepräsentation und die Herrschaftsausübung in den Haus- und Erbgütern konzentrierte22. Weitere Ursachen sind in der spezifischen Entwicklung der Reichsverfassung zu suchen und in der sich kontinuierlich vergrößernden Macht der Kurfürsten, die ihr Königswahlrecht zum Ausbau eigener Interessen nutzten und im Prozess der Übernahme politischer Verantwortung für Reich und Königtum weitere Herrschaftsrechte für sich reklamierten. In dem Maß, in dem die Kurfürsten politischen Gestaltungswillen für das Reich entwickelten, gaben sie dem politischen Gefüge neue Konturen, die in diversen Aushandlungsprozessen profiliert wurden. Es entstand eine Reichsordnung, die auf das Zusammenwirken von Kaiser und Kurfürsten einerseits, von Kaiser und Ständen andererseits ausgerichtet war. In diesem spätmittelalterlichen Reich als einer kurfürstlichen Wahlmonarchie hatte die Kaiserin ihre potentielle Rolle als Regentin verloren. Die Rolle als Reichsverweserin nach dem Tod des Kaisers hatte der Pfalzgraf bei Rhein übernommen und teilte sich diese seit dem 14. Jahrhundert bekanntermaßen mit dem sächsischen Kurfürsten. Im Zuge der „Verdichtung“ der Reichsverfassung sowie der einsetzenden Ämter- und Ressortbildung sind schließlich weitere Handlungsräume auf der Ebene des Reichs absorbiert worden. Das betraf die Praxis der Intervention der Kaiserin bei der Vergabe von Rechtstiteln, die nicht mehr in ihrer hochmittelalterlichen Ausprägung Teil der Herrschaftspraxis war. Die zunehmende Präsenz der politischen Eliten am Hof, ein auf Konsens ausgerichtetes Herrschaftshandeln und die Sichtbarmachung der politischen Mitwirkung der Großen verlangten vielmehr danach, die urkundlich verbrieften Geschäfte durch die am Hof anwesenden Herrschafts- und Amtsträger bezeugen zu lassen. Die Fürsprache und Vermittlung von Ämtern durch die Kaiserin konnte dennoch auch im ausgehenden Mittelalter ein wichtiges und erfolgreiches Mittel der politischen Einflussnahme sein. Eine rudimentär institutionalisierte Form der Intervention ist im ius primarium precum zu sehen, das auch Königinnen und Kaiserinnen ausübten und das sich um 1300 für Elisabeth, die Gemahlin Albrechts I., nachweisen lässt, das zudem auch von den Gemahlinnen Karls IV., von Eleonore von Portugal und von Bianca Maria Sforza wahrgenommen wurde23. Darüber hinaus aber musste sich die Kaiserin mehr denn je auch eigene individuelle Handlungsräume schaffen. In welcher Ausprägung das gelang, war nicht zuletzt von den politischen und dynastischen Gegebenheiten, aber auch von persönlichen Faktoren und informellen Netzwerken abhängig, die ein effektives politisches Mittel der Einflussnahme sein konnten, wie die Förderung langjähriger Vertrauter belegt. So hat sich beispielsweise Kaiserin Eleonore in besonderer Weise für die Promo22  Diese Einschätzung ist ein Ergebnis des von mir unternommenen diachronen Vergleichs der Handlungsräume römisch-deutscher Königinnen und als Arbeitshypothese und weiterführende Forschungsaufgabe formuliert worden, vgl. zusammenfassend Fößel, Königin (wie Anm. 5) 373–387 sowie dies., Gender and Rulership in the Medieval German Empire. History Compass 7 (2009) 55–65. 23  Vgl. Fößel, Königin (wie Anm. 5) 190 Anm. 227; zu Eleonore Achim Thomas Hack, Eleonore von Portugal, in: Kaiserinnen (wie Anm. 16) 306–326, hier 317.

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tion des seit ihrer Brautfahrt in ihrer Umgebung präsenten Nikolaus Lackmann zum Hofkaplan eingesetzt wie auch zugunsten der Bischofswahl des kaiserlichen Rates Johannes Hinderbach in Trient interveniert24.

Die Kaiserin als „Landesmutter“ Der diachrone Vergleich zeigt, dass sich die Herrschaftsausübung der Kaiserin seit dem 12. Jahrhundert in die Haus- und Erbgüter verlagerte. Über einen längeren Zeitraum hinweg regierte Kaiserin Konstanze in Sizilien, auf das sie erbrechtliche Ansprüche geltend machen konnte. Als der Erbfall eintrat, liefen erbrechtliche und alte imperiale Ansprüche auf den Süden Italiens ineinander. Diese doppelte Legitimierung ließ die Kaiserin in einem Brief an den Papst vom 3. Oktober 1195 zum Ausdruck bringen und formulieren, dass ihr das Königreich Sizilien und Apulien paterna successione et imperialis adquisitione potentie zugefallen sei25. Nach Heinrichs VI. Tod im September 1197 regierte sie hier als „souveräne Herrscherin“26. Im 14. Jahrhundert kamen die Kaiserinnen aus dem Reichsadel oder aber – so Kaiserin Margarete – aus den angrenzenden Herrschaftsräumen. Als Ludwig der Bayer nach dem Tod seiner ersten Gemahlin Beatrix von Glogau 1322 bei Graf Wilhelm von Holland-Hennegau um die Hand der ältesten von vier Töchtern anhielt und sie im Februar 1324 in Köln heiratete, konnte er – wie wohl auch einst die Staufer bei der Eheanbahnung mit einer sizilischen Prinzessin – nicht davon ausgehen, dass damit ein reiches Erbe verbunden sein würde. Aber Ende September 1345 starb Margaretes 28jähriger Bruder, der als Wilhelm II. die Grafschaft Hennegau und als Wilhelm IV. die Herrschaft in den vom Reich lehnsabhängigen Grafschaften Holland, Seeland und Friesland übernommen hatte, im Gefecht gegen aufständische Friesen. Für die nicht auf die agnatische Erbfolge festgelegte, vom Bischof von Lüttich lehnsabhängige Grafschaft Hennegau konnten seine Schwestern Rechte geltend machen27. Entsprechend aktiv wurden der Kaiser und der mit Philippa, einer Schwester Margaretes, verheiratete englische König Edward III., der im Konflikt mit Frankreich an der Schwelle des sogenannten Hundertjährigen Krieges vor allem auf die für ihn strategisch wichtige Nordseeküste spekulierte28. Der Kaiser war insofern im Vorteil, als er auf einem Hoftag in Nürnberg am 15. Januar 1346 die Kaiserin mit den Grafschaften Holland, Seeland und Friesland belehnen konnte und damit Fakten schuf29. Die Stände im Hennegau hatten sich ihrerseits ebenso   Hack, Eleonore (wie Anm. 23) 316f.   Die Urkunden der Kaiserin Konstanze, ed. Theo Kölzer (MGH DD 11,3, Hannover 1990) Nr. 3 S. 10. 26  Tobias Weller, Konstanze von Sizilien, in: Kaiserinnen (wie Anm. 16) 213–231, hier 225. 27  Neben der Kaiserin und der englischen Königin Philippa war das Johanna, die Frau des Markgrafen Wilhelm von Jülich. Die jüngste der Schwestern, Isabella, war noch nicht verheiratet; zu den Ereignissen Fößel, Königin (wie Anm. 5) 364–369. 28  Der hier gewählte Fokus konzentriert sich darauf, die Rolle der Kaiserin herauszuarbeiten, weshalb der sich auf der Bühne der europäischen Politik abspielende Konflikt, die unterschiedlichen Bündniskonstellationen und Interessensgegensätze hier nicht weiter berücksichtigt werden. Zu den einzelnen Verhandlungsschritten der beteiligten Akteure vgl. Fritz Trautz, Die Könige von England und das Reich 1272–1377. Mit einem Rückblick auf ihr Verhältnis zu den Staufern (Heidelberg 1961) 322–330. 29  J. F. Böhmer, Regesta Imperii inde ab anno MCCCXIIII usque ad annum MCCCXLVII. Die Urkunden Kaiser Ludwigs des Baiern, König Friedrich des Schönen und König Johanns von Böhmen in Auszügen (Frankfurt a. M. 1839) Nr. 2463 und 2464. Vgl. zuletzt Michael Menzel, Europas bayerische Jahre. Eine Skizze zum Nordosten und -westen des Reiches im 14. und 15. Jahrhundert, in: Ludwig der Bayer (1314–1347). 24 25



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für die Erbfolge der Kaiserin ausgesprochen wie auch Margaretes Mutter Jeanne, eine Schwester des französischen Königs, und Margaretes Onkel Johann von Beaumont, die beide in der Kaiserin eine mächtige Patronin sahen und ihr zutrauten, die Besitzungen gegen innere und äußere Feinde erfolgreich zu verteidigen und die Einheit der Grafschaften zu gewährleisten30. Noch im Frühjahr desselben Jahres reiste die Kaiserin mit ihrem neunjährigen Sohn Albrecht durch die Grafschaften, nahm sie in Besitz, versprach mit Eid die politische Eigenständigkeit der Herrschaftsteile, gab die Zusage, keine Einkünfte zu erheben, bis alle Schulden ihres verstorbenen Bruders getilgt seien31, und legte sich einen neuen Titel zu: Margherite, par la grasce de Dieu, emperris des Romains, contesse de Haynnau, de Hollande, de Zéelande et dame de Frise32. Sehr willkommen war Margarete die Unterstützung Philipps VI., ihres Onkels mütterlicherseits, der sich zugunsten der Kaiserin beim Papst einsetzte und erreichte, dass ein wegen der Exkommunikation Ludwigs des Bayern drohendes Interdikt über die Grafschaften nicht ausgesprochen wurde und die Kaiserin daher erfolgreich weitermachen konnte33. Das hatte der französische König nach Auffassung des Chronisten Matthias von Neuenburg nicht aus Sympathie zum Wittelsbacher arrangiert, sondern weil er die Inbesitznahme der Gebiete durch den englischen König befürchtete34. Zeitlich parallel regelte Ludwig der Bayer die Nachfolge der Kaiserin und bestimmte, dass nach ihrem Tod der zweitgeborene Sohn Wilhelm und nach ihm der drittgeborene Albrecht folgen sollte, womit eine bayerische Sekundogenitur eingerichtet war35. Nachdem Margarete die Grafschaften in Besitz genommen hatte, rief Ludwig sie zurück an den Münchener Hof. Als ihr Stellvertreter in den Grafschaften fungierte der als Nachfolger vorgesehene 15jährige Sohn Wilhelm, dem der Graf von Katzenelnbogen zur Seite gestellt wurde36. Die vertraglich geregelten Vereinbarungen verhinderten nicht, dass nach dem Tod des Kaisers ein langer und erbitterter Mutter-Sohn-Konflikt ausbrach, der aus differierenden politischen Positionen und der Unterstützung konkurrierender Parteiungen resultierte. Trotz verschiedener Schlichtungsversuche von außen zog sich der Streit über viele Jahre hin und konnte erst Ende 1354 durch die faktische Teilung beigelegt werden. Margarete Reich und Herrschaft im Wandel, hg. von Hubertus Seibert (Regensburg 2014) 237–261, bes. 250–258, der das Handeln Ludwigs als Teil einer neuen, auf die Einbindung des Nordostens und Nordwestens Europas zielenden Reichskonzeption bewertet. 30  Récits d’un Bourgeois de Valenciennes (XIVe siècle), ed. Kervyn de Lettenhove (Louvain 1877) 205. 31   So Die Chronik des Mathias von Neuenburg, ed. Adolf Hofmeister (MGH SS rer. Germ. N. S. 4, Berlin 21955) 201. 32   Eidleistung in Mons am 14. März 1346: Cartulaire des Comtes de Hainaut de l’avènement de Guillaume II à la mort de Jacqueline de Bavière 1, ed. Léopold Devillers (Bruxelles 1881) Nr. 146 S. 257–259. 33   Das päpstliche Schreiben vom 19. September 1346 enthielt zahlreiche Bedingungen, die die Kaiserin zunächst akzeptierte. Sie versprach auch, auf den Titel der Kaiserin in den Grafschaften zu verzichten, hielt dies dann aber nicht: Clément VI (1342–1352), Lettres closes, patentes et curiales se rapportant à la France 2, ed. Eugène Déprez et al. (Bibliothèque des Écoles Françaises d’Athènes et de Rome, 3e série, Paris 1958) Nr. 2816 S. 246. 34   Promovit autem rex Francie imperatricem neptem suam, non forsan amore principis, set quia terras per Anglum timuit occupari: Die Chronik des Mathias von Neuenburg (wie Anm. 31) 201. 35   Zur Nachfolgeregelung Kaiser Ludwigs vom 7. September 1346 vgl. Friedrich Bock, Bericht über eine Reise nach Holland. NA 49 (1932) 524–549, hier Urkundenregesten Nr. 66–70 S. 545; zu Albrecht: Cartulaire (wie Anm. 32) Nr. 155 S. 268f. 36   Die Urkunde Margaretes als Insert in einem Diplom Wilhelms: Cartulaire (wie Anm. 32) Nr. 176 S. 296–299, mit der Begründung für die Übertragung der Geschäfte an ihren Sohn: quia dilectissimus dominus noster imperator nos ad se properato demandavit.

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erhielt die Herrschaft über den Hennegau und einen finanziellen Ausgleich, Wilhelm regierte in den einträglichen Gebieten Holland, Seeland und Friesland37. Achtzehn Monate später starb die Kaiserin mit ungefähr 50 Jahren in ihrer bevorzugten Residenz in Quesnoy am 25. Juni 1356 und wurde wie schon ihr Großvater und Vater in der Franziskanerkirche von Valenciennes bestattet38. Für die Frage nach den politischen Handlungsräumen der Kaiserin im späten Mittelalter liefern die hier kursorisch dargestellten Ereignisse wichtige Einsichten, weil sie über den konkreten Einzelfall hinaus Realisierungsformen und Grenzen der Handlungsräume von Fürstinnen erkennen lassen. Margaretes Herrschaftsübernahme in ihren Herkunftsländern war erfolgreich, weil differierende politische Interessenslagen auf verschiedenen Ebenen gebündelt werden konnten. Auf der offiziellen politischen Bühne bewerkstelligten das die männlichen Akteure: Der Kaiser verhandelte durch Gesandte mit dem englischen König, der französische König mit dem Papst. Die Frauen hingegen, Margarete und Philippa, fungierten als Trägerinnen erbrechtlicher Ansprüche, als Unterhändlerinnen ihrer Männer und als Vermittlerinnen auf diplomatischer Ebene. Im konkreten Fall reklamierten Kaiser und englischer König die Erbansprüche ihrer Frauen. Edward III. erteilte Vollmachten, beauftragte Amtsleute, um vor Ort konkrete Schritte für den Erbantritt einleiten zu lassen, und investierte zu diesem Zweck größere Geldbeträge. Der Kaiser schuf mit der Belehnung seiner Gemahlin Fakten, die Bestand hatten, obwohl sie den englischen König nicht davon abhielten, auch weiterhin mit allen verfügbaren Mitteln die für ihn strategisch wichtigen Küstenregionen unter seine Kuratel zu bekommen. Auf einer weiteren politischen Ebene, die als eine informelle persönliche einzuordnen ist, agierten die Frauen, die sich im flandrischen Ypern im Oktober 1346 trafen und einander mit großer Hochachtung begegneten, so ein zeitgenössischer Bericht39. Sie nahmen für mehrere Tage Aufenthalt in der Stadt und bekamen die ihnen zukommende Ehrerbietung und Geschenke. Die Schwestern, die sich lange nicht mehr gesehen hatten, verbrachten auf angenehme Weise eine schöne gemeinsame Zeit und wussten die ihnen seitens der Stadt erwiesene Courtoisie zu schätzen. Als sie sich wieder trennten, geschah dies offenbar im besten Einvernehmen, was auf englischer Seite als eine gegenseitige Verständigung zum „vorläufigen Stillhalten“ interpretiert worden ist 40. Als Margarete wenig später an den Hof Ludwigs zurückkehrte und den Kaiser in Frankfurt am Main wiedersah, befand sie sich Matthias von Neuenburg zufolge in Begleitung einer hochrangigen englischen Delegation, die ein Abkommen aushandeln sollte. Kaiser und Kaiserin reisten nach München weiter. Die Verhandlungen mit den englischen Gesandten soll Ludwig seinem Brudersohn Ruprecht überlassen haben sowie dem Hochmeister des Deutschen Ordens, Wolfram von Nellenburg, und Ludwig Graf von Oettingen41. Man kam jedoch zu keinem Ergebnis. Erst nach Ludwigs des Bayern Tod nahm Margarete, nunmehr als Witwe in einer selbständigen Verhandlungsposition, die Gespräche wieder auf und erreichte schließlich im Oktober 1350 eine vorläufige Einigung.

  Der Vertrag ebd. Nr. 274 S. 428–435.   Zur Biographie vgl. Heinz Thomas, Kaiserin Margarete, in: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern, hg. von Karl Schnith (Graz–Wien–Köln 1997) 269–298, 476; Stephanie Dick, Margarete von Hennegau, in: Kaiserinnen (wie Anm. 16) 249–270. 39  Récits d’un Bourgeois (wie Anm. 30) 242f. 40  Heinz Thomas, Ludwig der Bayer (1282–1347). Kaiser und Ketzer (Regensburg u. a. 1993) 373f. 41  Die Chronik des Mathias von Neuenburg (wie Anm. 31) 403. 37 38



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Die Quellen zeigen Margarete in verschiedenen Rollen. Als Kaiserin agierte sie in Absprache mit dem Kaiser auf informeller Ebene. Als eine aus eigenem Recht regierende Gräfin übte sie unbeschränkte Herrschaft aus, ordnete sich allerdings den Vorgaben ihres kaiserlichen Ehemanns unter, solange er lebte, und überließ ihm die politischen Entscheidungen. In den letzten Jahren ihres Lebens in der Rolle als eine verwitwete Gräfin erweiterte sich nochmals ihr Handlungsraum, indem sie nun selbstständig agieren konnte und offiziell mit dem englischen König ein Abkommen aushandelte. Als ein wichtiger Faktor hat das verwandtschaftliche Bezugssystem zu gelten, in dem sich die Handlungsträger bewegten. Die durch Verheiratung, Verschwisterung und Verschwägerung entstandenen Bindungen wurden nicht zuletzt durch die Frauen immer wieder neu aktualisiert. Doch auch diese Handlungsräume waren begrenzt. Im Konflikt Ludwigs des Bayern mit den Päpsten seiner Zeit spielte der französische König eine zentrale Rolle. Daher versuchte man, Philipp durch den Abschluss eines Freundschaftsvertrags auf die kaiserliche Seite zu ziehen, und nutzte 1336 die verwandtschaftlichen Beziehungen Margaretes, die sich veranlasst sah, Briefe mit entsprechenden Vorschlägen nach Paris zu schicken. Die Initiative scheiterte am Veto Benedikts XII. Margarete wird auch dabei kein eigenmächtiges Handeln unterstellt werden dürfen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sie sich in die Pläne Ludwigs einbinden ließ und es sich bei ihrer Korrespondenz mit Paris um eine weitere Strategie des Kaisers in seinen Bemühungen um Aussöhnung mit der Kurie handelte, die nach der Papstwahl Ende Dezember 1334 zunächst einen hoffnungsvollen Neuanfang genommen hatten, aber bald wieder in eine Sackgasse gerieten.

Repräsentation Auf reichspolitischer Ebene blieb die Kaiserin und römische Königin in die Herrschaftsrepräsentation eingebunden, indem sie zusammen mit dem Kaiser, aber auch ohne ihn mit aller Pracht ihrer kaiserlichen Stellung in Erscheinung trat. So begleitete Kaiserin Anna Karl IV., als er sich auf den Weg zu den Hoftagen in Nürnberg und Metz machte, um die sogenannte „Goldene Bulle“ zu beraten und zu verkünden. Politischen Einfluss auf die Beratungen übte sie nachweislich nicht aus. Auch eine informelle Rolle wird ihr in den Quellen nicht zugeschrieben. Nur bei festlichen Anlässen trat sie in kostbaren Gewändern und im Glanz kaiserlicher Hoheitszeichen in Erscheinung. Diese Repräsentationspflicht und die Art und Weise, wie sie ausgeübt werden sollte, fand Eingang in zwei, die zeremoniellen Abläufe festlegende Passagen der Metzer Artikel. Die Kaiserin oder römische Königin, so in Kapitel 26, solle suis augustalibus amicta insigniis post regem vel imperatorem Romanorum et eciam post regem Boemie, qui imperatorem immediate subsequitur, competentis spacii intervallo, suis associata proceribus suisque comitata virginibus, ad locum sessionis procedat42. Die Tischordnung auf „feierlichen Hoftagen des Kaisers oder der römischen Könige“ sah weiterhin vor, dass der Tisch der Kaiserin seitwärts und drei Fuß tiefer als derjenige des Kaisers sowie drei Fuß höher als die Tische der Kurfürsten aufgestellt sein sollte43. Dieses räumliche Auseinanderrücken des Herrscherpaares, das je42  Goldene Bulle vom 10. Januar und 25. Dezember 1356, c. XXVI,2, ed. Wolfgang D. Fritz (MGH Const. 11, Hannover 1978) 622. 43   Sedes vero et mensa imperatricis sive regine parabitur a latere in aula, ita quod ipsa mensa tribus pedibus imperiali sive regali mensa sit bassior et totidem pedibus eminencior super sedes principum electorum, qui principes inter se suas in una eademque altitudine sedes habebunt et mensas: Goldene Bulle c. XXVIII,1, (wie Anm. 42) 626.

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weils von seinem Gefolge umgeben war, bestimmte auch die Prozession an den Ort der Sitzungen, die vom Kaiser und dem König von Böhmen angeführt wurde. Die Kaiserin folgte ihnen in einem „gebührenden Abstand“, was den Prinzipien einer hierarchischen Prozessionsordnung entsprach44. Die Rangordnung bestimmte auch das Procedere beim Einzug in eine Stadt als einer öffentlichkeitswirksam gestalteten Inszenierung der imperialen Macht. Als Karl IV. und Anna mit ihrem Gefolge zum Hoftag nach Metz reisten, wurden sie am 17. November 1356 weit vor den Toren der Stadt von einer städtischen Abordnung unter der Führung des Bischofs empfangen. Es wurden über 200 brennende Kerzen mitgeführt. Den Baldachin des Kaisers übernahmen am Zugang zur Brücke in die Stadt sechs Ritter, den der Kaiserin sechs Knappen45. Als am 20. Oktober 1375 Karl IV. und seine letzte Gemahlin Elisabeth im Gefolge vieler geistlicher und weltlicher Fürsten, darunter des Kölner Erzbischofs Friedrichs III. von Saarwerden, zu einem mehrtägigen Besuch vor Lübeck eintrafen, kleidete sich das Paar zunächst in einer vor der Stadtmauer gelegenen Kapelle in die kaiserlichen Gewänder. Eingeholt von einer städtischen Prozession unter Mitführung des Heiltums, das beide mit großer Innigkeit küssten, ritt das Paar getrennt unter je einem Baldachin – der Kaiser geleitet durch zwei Bürgermeister, die Kaiserin durch zwei Ratsleute – durch ein Spalier prächtig gekleideter Frauen in die Stadt hinein und bis zum Dom, wobei der Kölner Erzbischof der Kaiserin voranritt46. Neben gemeinsamen Reisen und Repräsentationspflichten war die Kaiserin mit ihrem Gefolge auch ohne ihren Gemahl im Reich unterwegs und wurde, wie die Dortmunder Chronik für Elisabeth ausführt, ehrenvoll empfangen und im komfortabelsten Haus der Stadt untergebracht, das auch dem Kaiser bei seinen Besuchen in der Stadt zur Verfügung stand47. Anna von Schweidnitz-Jauer zog mit einer eigenen 1000 Mann starken Truppe über die Alpen und wurde dabei nicht nur vom Abt von Fulda, ihrem Erzkanzler, sondern auch durch zahlreiche Herzöge und hochrangige Adelige begleitet48. Sie hielt sich Anfang Februar 1355 für einige Tage in Lucca auf und traf sich schließlich in Pisa mit Karl IV.,

44   Zur Binnenstruktur spätmittelalterlicher königlicher Prozessionen vgl. Gerald Schwedler, Prinzipien der Ordnung bei königlichen Prozessionen im späten Mittelalter, in: Prozessionen, Wallfahrten, Aufmärsche. Bewegung zwischen Religion und Politik in Europa und Asien seit dem Mittelalter, hg. von Jörg Gengnagel et al. (Menschen und Kulturen 4, Köln–Weimar–Wien 2008) 122–142, hier auch die wichtigsten Publikationen zum Thema, das in den letzten Jahren intensiv erforscht wurde. 45   Les Chroniques de la ville de Metz (900–1552), recueillies, mises en ordre et publiées, pour la première fois par Jean Francois Huguenin, ed. S. Lamort (Metz 1838) 97f. 46  Detmar-Chronik, in: Die Chroniken der niedersächsischen Städte. Lübeck 1 (Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis 16. Jahrhundert 19, Leipzig 1884, Nachdr. Göttingen 1967) Nr. 756 S. 551f. Vgl. Uwe Ludwig, Elisabeth von Pommern, in: Kaiserinnen (wie Anm. 16) 285–305, hier 294–296. 47  Chronik des Dietrich Westhoff (wie Anm. 1); zum Besuch Karls im November 1377: Angelika Lampen, Karl IV. in Dortmund. Eine Stadt erlebt einen Kaiser, in: Ferne Welten – Freie Stadt. Dortmund im Mittelalter, hg. von Matthias Ohm–Thomas Schilp–Barbara Welzel (Dortmunder Mittelalter-Forschungen 7, Bielefeld 2006) 87–94. 48   Andreas Rüther, Anna von Schweidnitz-Jauer, in: Kaiserinnen (wie Anm. 16) 271–284, hier 280. Die Würde des Abtes von Fulda, Erzkanzler der Kaiserin und römischen Königin zu sein, mit dem Privileg, sie zu den Krönungen zu begleiten und die Funktion des Haltens, Aufsetzens und Abnehmens ihrer Krone zu übernehmen, verbriefte Karl IV. am 9. Juni 1356 in Prag in Anwesenheit zahlreicher Großer des Reichs, Böhmens und Schlesiens: J. F. Böhmer, Regesta Imperii 8. Regesten des Kaiserreiches unter Karl IV. 1346–1378, hg. und ergänzt von Alfons Huber (Innsbruck 1877, Nachdr. Hildesheim 1968) Nr. 2466. Diesem Privileg folgen mehrere Urkunden Karls für Fulda mit weiteren Rechten und Privilegien.



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um von hier aus in getrennten und gemeinsamen Etappen weiter zu reiten49. Das war als Reisepraxis nicht ungewöhnlich, weil der Tross der Frauen langsamer vorankam, Abstecher des Hauptheeres vermied und direkte Routen zu den verabredeten Zielen nahm. Nicht zuletzt waren logistische Überlegungen ausschlaggebend für getrennte Reisezüge. So traf Kaiserin Eleonore mit ihrem Gefolge circa eine halbe Stunde nach Friedrich III. in Rom ein50. Die zunehmende Machtverlagerung in die Hausgüter der Königsdynastien und die Herausbildung von Residenzen und hauptstadtähnlichen Zentren hatte noch kaum Konsequenzen für die überkommene Herrschaftspraxis, die eine Präsenz des Kaisers in den verschiedenen Reichsteilen voraussetzte. Besonders Karl IV. unternahm viele Reisen in Begleitung seiner Gemahlinnen. In dieses auf Repräsentation und politische Balance ausgerichtete Konzept bezog er selbst seine schwangere Gemahlin Anna ein, die der Kaiser in Erwartung eines männlichen Erben zur Entbindung nach Nürnberg schickte, weil der potentielle Thronerbe auf Reichsgebiet geboren sein sollte51. Als die Kaiserin am 26. Februar 1361 tatsächlich den lang ersehnten Thronfolger zur Welt brachte, war die Freude des Kaisers groß, so Heinrich Taube von Selbach. Karl ließ einen feierlichen Hoftag einberufen und das Kind am 11. April, dem zweiten Sonntag nach Ostern, in Anwesenheit der Kurfürsten und weiterer zahlreicher Fürsten von den Erzbischöfen von Mainz, Köln und Prag, weiteren sechs Bischöfen und fünf Äbten in St. Sebald auf den Namen des böhmischen Nationalheiligen Wenzel taufen. Dieses Ereignis feierte man eine Oktav lang, begleitet von einer Schau der auf Befehl Karls IV. aus Böhmen herbeigebrachten Reichsinsignien und einer vom Papst gewährten Indulgenz52. Das Kind wurde zudem mit circa 16 Mark Gold aufgewogen, welches Karl der Aachener Marienkirche als Dankgeschenk stiftete und das vermutlich für den von ihm initiierten Neubau des Chores verwendet wurde53.

Die Kaiserin, die Familie und der Hof Die Stellung der Kaiserin am Hof war zu allen Zeiten mehr oder weniger durch ihr persönliches Verhältnis zum Ehemann geprägt und davon abhängig, ob sie Kinder zur Welt brachte und den Erhalt der Dynastie sicherte. Zudem dürfte die Herkunft der Kaiserin und ihre individuelle Anpassungsfähigkeit in einer meist völlig neuen Umgebung 49  Ellen Widder, Itinerar und Politik. Studien zur Reiseherrschaft Karls IV. südlich der Alpen (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 10, Köln–Weimar–Wien 1993) 191–216. 50  Achim Thomas Hack, Das Empfangszeremoniell bei mittelalterlichen Papst-Kaiser-Treffen (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 18, Köln–Weimar–Wien 1999) 101. 51   Peter Moraw, Kaiser Karl IV. im deutschen Spätmittelalter. HZ 229 (1979) 1–24, hier 10. 52  Die Chronik Heinrichs Taube von Selbach, ed. Harry Bresslau (MGH SS rer. Germ. N. S. 1, Berlin 1922, Nachdr. Zürich–Berlin 1964) 117. 53  Post hec imperator disponit visitare limina beate virginis Aquisgrani, set deliberat mittere offertorium illuc pro filio suo nato. Unde iubet filium ponderare in statera eum auro, qui ponderavit XVI marcas auri, quas mittit Aquisgrani: ebd. 117; zu den anlässlich der Geburt Wenzels von Karl in Auftrag gegebenen Fresken siehe Jiří Fajt in Karl IV. Kaiser von Gottes Gnaden. Kunst und Repräsentation des Hauses Luxemburg 1310–1437, hg. von Jiří Fajt (München–Berlin 2006) 461–481, hier 462; vgl. auch ders., Karl IV. – Herrscher zwischen Prag und Aachen. Der Kult Karls des Großen und die karolinische Kunst, in: Krönungen. Könige in Aachen – Geschichte und Mythos 2, hg. von Mario Kramp (Mainz 2000) 489–500, hier 497; Rüther, Anna (wie Anm. 48) 278 f.

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mit ungewohnten Umgangsformen und fremdartigen Gewohnheiten eine Rolle gespielt haben54. Kam sie aus einem anderen Sprachraum, konnte sie sich zunächst nur schwer verständigen55. Das wird auf Margarete von Hennegau zugetroffen haben, die aus einer durch den romanischen Kulturraum geprägten Familie kam und deren Mutter sich gegen ihre Verheiratung mit einem barbarus ausgesprochen haben soll56. Unglücklich scheint sie in ihrer Ehe mit Ludwig dem Bayern nach allem, was wir den spärlichen Quellen zu entnehmen meinen, dennoch nicht gewesen zu sein. Freilich wissen wir kaum etwas über das Leben und den Alltag am Münchener Hof. Lediglich vage Indizien und eine knappe Bemerkung bei Heinrich von Herford deuten darauf hin, dass das Paar eine gute Beziehung zueinander hatte, berichtet der Chronist doch vom Kaiser als einem spontanen Tänzer, der hin und wieder Besprechungen unterbrechen ließ, um vor den Räten wie ein Schauspieler mit seiner Frau, die er geliebt habe, durch den Palast zu tanzen 57. Als Margarete als neue Landesherrin in Hennegau-Holland vor Ort entbehrlich war, kam sie dem Wunsch Ludwigs nach, kehrte an den kaiserlichen Hof zurück und blieb bis zu seinem Tod 1347 an seiner Seite. Hier lagen ihre Prioritäten. Erst als Witwe kehrte sie in ihre Grafschaften zurück und übernahm die Rolle der „Landesmutter“. Als Kaiserin, Ehefrau und Mutter hatte sie weitere Aufgaben zu erfüllen. Das gelang ihr offenbar recht gut. Zehn Kinder brachte sie zur Welt, zuletzt noch im Todesjahr des Kaisers einen Sohn, der das Säuglings­alter nicht überlebte. Zudem fungierte Margarete zeitweilig als „Pflegemutter“ und übernahm damit eine Rolle, wie sie für einige Königinnen des ausgehenden Mittelalters nachweisbar wird, so für Königin Elisabeth von Ungarn, in deren Obhut und Erziehung Karls IV. spätere Ehefrau Anna von Schweidnitz nach dem frühen Tod ihrer Eltern übergeben wurde58. Wie die letzte Gemahlin des ungarischen Königs Karls I. An54  Der damit verbundene Aspekt des Kulturtransfers ist von Karl-Heinz Spiess in zahlreichen Aufsätzen herausgearbeitet worden; vgl. etwa ders., Unterwegs zu einem fremden Ehemann. Brautfahrt und Ehe in europäischen Fürstenhäusern des Spätmittelalters, in: Fremdheit und Reisen im Mittelalter, hg. von Irene Erfen– Karl-Heinz Spiess (Stuttgart 1997) 17–36 sowie zuletzt ders., Heiratsmigrationen (westeuropäische Christenheit), in: Migrationen im Mittelalter. Ein Handbuch, hg. von Michael Borgolte (Berlin 2014) 305–310. Mit Blick auf die Eheschließung Eleonores von Portugal und Friedrichs III. Achim Thomas Hack, Eine Portugiesin in Österreich um die Mitte des 15. Jahrhunderts. Kultureller Austausch infolge einer kaiserlichen Heirat?, in: König und Kanzlist, Kaiser und Papst. Friedrich III. und Enea Silvio Piccolomini in Wiener Neustadt, hg. von Franz Fuchs–Paul-Joachim Heinig–Martin Wagendorfer (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 32, Wien–Köln–Weimar 2013) 181–204. 55   Wie gut die aus Portugal stammende Eleonore die deutsche Sprache gelernt hat, belegen die von ihr wohl eigenhändig geschriebenen Briefe: Katherine Walsh, Deutschsprachige Korrespondenz der Kaiserin Leonora von Portugal. Bausteine zu einem geistigen Profil der Gemahlin Kaiser Friedrichs III. und zur Erziehung des jungen Maximilian, in: Kaiser Friedrich III. (1440–1493) in seiner Zeit, hg. von Paul-Joachim Heinig (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 12, Köln– Weimar–Wien 1993) 399–445; vgl. Hack, Eleonore (wie Anm. 23) 315–317. Zu den Büchern von Fürstinnen im 14. Jahrhundert vgl. Amalie Fößel, Bücher, Bildung und Herrschaft von Fürstinnen im Umkreis des Prager Hofes der Luxemburger. Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 40 (2010) 35–56 sowie in: Zwischen Herrschaft und Kunst. Fürstliche und adlige Frauen im Zeitalter Elisabeths von Nassau-Saarbrücken (14.–16. Jahrhundert), hg. von Wolfgang Haubrichs–Patricia Oster (Veröffentlichungen der Kommission für Saarländische Landesgeschichte und Volksforschung 44, Saarbrücken 2013) 313–330 mit weiteren Literaturhinweisen. 56   Thomas, Margarete (wie Anm. 38) 278f. 57  Heinrich von Herford, Liber de rebus memorabilioribus sive Chronicon, ed. August Potthast (Göttingen 1859) 271; zu Ludwig als gutem Ehemann vgl. Thomas, Margarete (wie Anm. 38) 280–283. 58  Elisabeth von Ungarn war die Witwe von Annas Großvater, dem ungarischen König Karl I. Anjou, aus dessen erster Ehe mit Maria von Cosel-Beuthen Annas Mutter Katharina stammte; allgemein zur Bedeutung Karls I. für Ungarn Pál Engel, The Realm of St Stephan. A History of Medieval Hungary, 895–1526 (London–New York 2001) 124–156.



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jou kam auch die Kaiserin mit dieser Aufgabe familiären Verpflichtungen nach, als sie im Herbst 1338 ihre zweijährige Nichte Johanna, die Tochter Edwards III. und Philippas, am Münchener Hof aufnahm. Die kleine Prinzessin kam in einer Zeit zu ihr, als die von Ludwig dem Bayern eingefädelten Heiratsabsprachen zwischen dem englischen König und den Habsburgern noch im Gange waren, und sie blieb als zukünftige Braut Friedrichs bis April 1340 unter der Aufsicht der Kaiserin in Bayern. Als jedoch die Verhandlungen mit Friedrichs Vater, dem österreichischen Herzog Otto dem Fröhlichen, scheiterten, kehrte die Prinzessin an den englischen Hof zurück59. Haushalt und Hofstaat der Kaiserin respektive der Königin lassen sich für das mittelalterliche deutsche Reich nur rudimentär erfassen. Die Quellenlage ist schmal und reduziert sich weitgehend auf Informationen der urkundlichen und historiographischen Überlieferung, die einzelne Hofbeamte, Notare und Kanzler erwähnen60. Das änderte sich im ausgehenden Mittelalter nicht wesentlich61. Gefolge und Hofgesellschaft der Kaiserin lassen sich nicht beziffern. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Hofhaltung der Kaiserin deutlich bescheidener war als diejenige der französischen Königin, die zu Beginn des 14. Jahrhunderts circa 200 Personen umfasste, oder diejenige der englischen Königin, die, so für Philippa zwischen 1338 und 1340 belegt, selbst auf ihren Reisen noch circa 100 Personen beschäftigte62. Die Bemühungen der Luxemburger seit Heinrich VII., den kaiserlichen Hof nach französischem Vorbild zu organisieren und getrennte Haushalte zu etablieren, ließen sich nur zum Teil realisieren63. Auch weiterhin griff der Kaiser auf die Amtsträger seiner Gemahlin zu und betraute sie mit Gesandtschaften. So wurde Liebhardt von Otmaringen, der Hofmeister Margaretes, 1342 von Ludwig dem Bayern nach Regensburg geschickt, um einer städtischen Delegation sicheres Geleit an den Münchener Hof zu gewährleisten64. Das Amt des Hofmeisters als des obersten königlichen Hofbeamten war überhaupt erst unter Heinrich VII. am Königshof eingerichtet worden, womit eine Hierarchisierung in Ober- und Unterämter einsetzte, die sich an den Fürstenhöfen schon seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts nachweisen lässt65. Der 1374 in Regensburg gestorbene Konrad von Megenberg sah in seiner Ökonomik schließlich an der Spitze der Dienerschaft der Fürstin neben dem Hofmeister auch eine Hofmeisterin vor, die magistra curie66. Dieses   Trautz, Könige (wie Anm. 28) 279f.   Vgl. Fößel, Königin (wie Anm. 5) 81–92. 61  Zum Problem der „gewohnheitsrechtlich-schriftlosen“ Ordnung des Hofes im gesamten Mittelalter vgl. Peter Moraw, Die königliche Verwaltung, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte 1: Vom Spätmittelalter bis zum Ende des Reiches (Stuttgart 1983) 32f.; zum Hof Ludwigs des Bayern und der Quellenarmut hinsichtlich der personellen Größe jetzt Mirjam Eisenzimmer, Der herrscherliche Hof als Nachrichten- und Kommunikationszentrum, in: Ludwig der Bayer (wie Anm. 29) 331–359, bes. 340–344. 62   Zum Haushalt auf der Basis des von William von Norwich geführten Rechnungsbuches vgl. Elsbeth Andre, Ein Königshof auf Reisen. Der Kontinentalaufenthalt Eduards III. von England 1338–1340 (Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte 41, Köln–Weimar–Wien 1996). 63  So Hans Patze, Die Hofgesellschaft Kaiser Karls IV. und König Wenzels in Prag, in: Kaiser Karl IV. 1316–1378. Forschungen über Kaiser und Reich, hg. von Hans Patze (Neustadt/Aisch 1978) 733–773, hier 753. 64  Johann Schmuck, Ludwig der Bayer und die Reichsstadt Regensburg. Der Kampf um die Stadtherrschaft im späten Mittelalter (Regensburger Studien und Quellen zur Kulturgeschichte 4, Regensburg 1997) Nr. 7 S. 362. 65  Werner Rösener, Hofämter an mittelalterlichen Fürstenhöfen. DA 45 (1989) 485–550, hier 549. 66   Konrad von Megenberg unterschied zwischen den ancillae maiores, zu denen die Hofdamen und Hoffräulein sowie die Hofmeisterin, die persönlichen Dienerinnen und die Amme gehörten, und den ancillae minores, wozu die Köchinnen, Schlüsselträgerinnen und Kammerfrauen der im unteren Rang stehenden Damen 59 60

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Amt bekleidete bei Kaiserin Eleonore 15 Jahre lang Else Pellendorffer, die diese Aufgabe von Anfang an inne hatte und bis zum Tod der Kaiserin 1467 behielt 67. Anschließend wechselte sie als Hofmeisterin in den Haushalt der Prinzessin Kunigunde, die zusammen mit ihrem Bruder Maximilian das Erwachsenenalter erreichte, während weitere vier Geschwister noch im Säuglingsalter starben68. Den Trend zur Vergrößerung und Hierarchisierung des Hofes markieren schließlich Mehrfachbesetzungen von Hofämtern. So beauftragten die Kaiserinnen Anna und Elisabeth jeweils zwei Schenken und zwei Kämmerer gemeinsam als Überbringer von Briefen. Darüber hinaus kennen wir aber auch für den Prager Hof neben dem Hofmeister der Fürstin nur einzelne Personen in verschiedenen Ämtern, nämlich Marschall und Untermarschall sowie Kämmerer, Kammerfrau, Küchenmeister und einige Dienstboten69. Eine wichtige Schaltstelle am Hof war die Kanzlei. Kleriker und Notare besorgten die zunehmende Korrespondenz für die Verwaltung der Witwengüter, aber sie schrieben auch Briefe, Anweisungen und Befehle, urkundliche Bestätigungen und Rechtsverfügungen70. Doch auch dafür gibt es keine Ordnungen oder Rechnungsbücher, die Aufschlüsse über die personelle Zusammensetzung und Größenordnung geben könnten. Es bleibt bei einzelnen zufälligen Belegen. Für Kaiserin Margarete sind ein Kleriker, ein Notar und ein Protonotar belegt sowie ihre Geheime Rätin Ida71. Kaiserin Elisabeth verfügte über einen Protonotar namens Ulrich, der Domherr und Eigentümer eines Hauses auf dem Hradschin war und den sie den Gepflogenheiten am Prager Hof folgend als Briefboten einsetzte. Weitere Beispiele ließen sich anführen, ohne dass wir jedoch erfahren, über welche Zeiträume die Amtsträger mit welchen Aufgaben betraut waren. Dass diese unter Umständen in langfristigen Dienstverhältnissen standen, lässt sich für das 14. Jahrhundert noch nicht feststellen. Eine dahingehende Veränderung scheint erst am habsburgischen Hof Friedrichs III. eingetreten zu sein. Wie flexibel jedoch Fürstinnen in der Beauftragung von Notaren und Schreibern agierten, zeigen einige auf Befehl der Königin ausgefertigte Schreiben der Barbara von Cilli, die auf ihren Reisen zu ihren Besitzungen in Oberungarn nicht immer ihre eigenen Notare bei sich hatte und daher gelegentlich auch auf Schreiber vor Ort zurückgriff und ihre Mandate ab und an auch mit einem anderen Siegel beglaubigen ließ 72. gezählt wurden; Konrad von Megenburg, Ökonomik, Buch I, c. 50, ed. Sabine Krüger (MGH Staatsschriften des späteren Mittelalters 3, Stuttgart 1973) 258f. 67   Franz Fuchs, Exequien für die Kaiserin Eleonore († 1467) in Augsburg und Nürnberg, in: Kaiser Friedrich III. (1440–1493) in seiner Zeit. Studien anläßlich des 500. Todestags am 19. August 1493/1993, hg. von Paul-Joachim Heinig (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 12, Köln–Wien–Weimar 1993) 447–466. 68  Vgl. Antonia Zierl, Kaiserin Eleonore und ihr Kreis. Eine Biographie (1436–1467) (masch. phil. Diss. Wien 1966) 205f.; zu den namentlich bekannten Personen des übrigen Hofstaats 195–217; Paul-Joachim Heinig, Kaiser Friedrich III. (1440–1493). Hof, Regierung und Politik, 3 Bde. (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 17, Köln–Wien–Weimar 1997) passim; zu Johann Hinderbach als Kanzler der Kaiserin ebd. 604. 69  Einzelnachweise bei Fößel, Königin (wie Anm. 5) 89f.; zur starken Präsenz schlesischer Amtsträger im Gefolge Kaiserin Annas vgl. Rüther, Anna (wie Anm. 48) 280f.; zu den namentlich bekannten Personen des Hofstaats und der Kanzlei Elisabeths vgl. Ludwig, Elisabeth (wie Anm. 46) 296f. 70  Die Notwendigkeit einer Kanzlei der Königin ergibt sich nicht nur aus der schriftlichen Verwaltung ihrer Witwengüter, wie dies Patze, Hofgesellschaft (wie Anm. 63) 754 angenommen hat. Zur Frage der materiellen Ausstattung, der Dotierung und der Witwengüter, die individuell variierten, vgl. Amalie Fößel, The Queen’s Wealth in the Middle Ages. Majestas 13 (2005) 23–45. 71  Thomas, Margarete (wie Anm. 38) 280. 72  Zu den Siegelnachweisen Fößel, Königin (wie Anm. 5) 87 Anm. 447; Andrea Stieldorf, Die Siegel



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Der kaiserliche Hof war nicht nur Zentrum der Macht und der politischen Entscheidungen, sondern auch Ort fröhlicher Feste, für die in den letzten Lebensjahren Karls IV. seine Gemahlin Elisabeth eine besondere Attraktion dargestellt haben soll: die domina imperatrix in der Rolle einer bewunderten Unterhaltungskünstlerin. So berichtet Benesch von Weitmühl, dass die Kaiserin während der Osterfeier des Jahres 1371 im Kreis von Fürsten und Adligen ihre körperliche Kraft demonstriert, ein neues Hufeisen zerbrochen und die mit ihr wetteifernden Männer besiegt habe. Das habe sie durchaus häufiger getan, so Benesch, sie habe auch Ketten- und Panzerhemden zerrissen sowie Messer und Dolche gebrochen und sich dabei den Ruf der stärksten Frau Böhmens seit Libussa erworben. Benesch ergänzt, dass sich die Kaiserin dennoch nicht dafür gerühmt habe und auch nicht hochmütig geworden sei, sondern immer nur auf die besondere Bitte des Kaisers hin solche Kostproben ihrer Stärke gegeben habe73. *** Wenn abschließend nochmals die Frage nach den Handlungsräumen und Handlungsbedingungen der Kaiserin aufgegriffen wird, so soll in einem kurzen Fazit der diachrone Vergleich, der hier mit Blick auf die hochmittelalterlichen Verhältnisse unternommen wurde, als eine lohnenswerte Forschungsaufgabe benannt werden. Insbesondere die Vergleichsperspektive über die konventionellen Epochengrenzen zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit hinaus könnte neue Sichtweisen auf die Realisierungsmöglichkeiten von Repräsentation und Herrschaft sowie die Einflussnahme in dynastischen, höfischen und politischen Zusammenhängen eröffnen.

der Herrscherinnen – Siegelführung und Siegelbild der „deutschen“ Kaiserinnen und Königinnen. Rheinische Vierteljahrsblätter 64 (2000) 1–44. 73  Benesch von Weitmühl, Cronica, ed. Josef Emler, in: Fontes rerum Bohemicarum 4 (Prag 1883) 457– 548, hier 542f. Anekdoten über weibliche Körperkräfte sind häufiger überliefert, so z. B. auch für Cimburgis von Masowien, die aus Polen stammende Mutter Friedrichs III., vgl. Reinhard Schneider, Implizierte Normen königlichen Handelns und Verhaltens – Herrschaftspraxis in Abhängigkeit von ungeschriebenen Leitvorstellungen, in: Prozesse der Normbildung und Normveränderung im mittelalterlichen Europa, hg. von Doris Ruhe– Karl-Heinz Spiess (Stuttgart 2000) 203–216, hier 208 f.



Anne, Margaret and Marianne of Austria: Queens of Spain, Archduchesses of Austria and Dynastic Links Rubén González Cuerva

Spanish Queens during the rule of the House of Austria in the Spanish Monarchy1 represented one model, or the counterpart, for the contemporary consorts at the imperial court. The Habsburgs, as is well known, did not act as a national but a dynastic group. Thus, the analysis of these three Spanish Queens is especially relevant as they were Archduchesses of Austria and raised according to the traditions of the imperial court. The history of these queens has traditionally been neglected in favour of their royal consorts. This is especially the case of Anne of Austria, fourth and last wife of Philip II. Recently, much more has been written on Margaret of Austria, the only wife of Philip III2. Finally, Marianne of Austria represents an exception, as she has conventionally been considered an important actor in Spanish history. While the first two queens reigned for approximately one decade, Marianne had a long career of nearly 50 years as queen, regent and queen mother3. For these reasons, I consider it more worthwhile to focus this chapter on Queen Anne of Austria, while maintaining a comparative perspective as to her younger relatives Margaret and Marianne. The main questions are how these women were integrated in the complex status quo of the Spanish court and whether they were able to sustain their own circle of courtiers. Therefore, we investigate their role in the decision making process for the benefit of their Austrian relatives. More precisely, were the Austrian queens major political figures and effective representatives of the imperial family? During the reign of the House of Austria in Spain, only nine women became queens of Spain: four Germans (our three Habsburgs and one Neuburg), three French (Valois, Bourbon and Orleans), one English (Tudor) and one Portuguese (Avis). The Austrian princesses were not only in the majority, but also the most prominent figures due to the close family ties between the two branches of the House of Austria. The three Spanish kings of the 17th century (Philip III, Philip IV and 1   List of abbreviations: AGS = Archivo General de Simancas; ASV = Archivio Segreto Vaticano; CODOIN = Colección de Documentos Inéditos para la Historia de España, 113 vols. (Madrid 1842–1895); E = Estado; HHStA = Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien; NBD = Nuntiaturberichte aus Deutschland, 42 vols. (München u. a. 1892–2013); PR = Patronato Real; SDK = Spanien, Diplomatische Korrespondenz. This research has been possible thanks to the MCA FP7-MC-IEF 328536. 2  Such a trend is partly a consequence of the success of Magdalena S. Sánchez, The Empress, the Queen, and the Nun: Women and Power at the Court of Philip III of Spain (Baltimore 1998). The book is devoted to the discreet but active roles played by the grandmother, wife and aunt of Philip III. 3  See especially Laura Oliván Santaliestra, Mariana de Austria: Imagen, poder y diplomacia de una reina cortesana (Madrid 2007).

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Charles II) were sons of the aforementioned Austrian women. Their concept of a queen did not differ substantially from other European courts, apart from the great flexibility of the Spanish court in allowing females to rule as regents (as was the case for Marianne of Austria) or as viceroys (four women as governors of the Spanish Netherlands, and one as viceroy of Portugal). The essence of the public role they were permitted to play was due to their status as mothers. They carried out the crucial duty of perpetuating the reigning family. Secondarily, they appeared as pious women and patrons of the arts. They founded convents, funded charities and protected artists and writers.

Margaret of Austria: The Court in the Convent Their spiritual and artistic choices also carried a political message: in 1611, Margaret of Austria (1584–1611) founded the convent of La Encarnación in Madrid to celebrate the recent expulsion of the Moriscos, a Spanish minority of Muslim origin. In addition, she chose the charismatic nun Mariana de San José, founder of the Augustinian Re­collect Sisters, to rule La Encarnación. This reformer-nun promoted a radical, discalced spirituality, following the last dictates from Rome and challenging traditional Spanish monasticism. The convent attracted several daughters of the high nobility, in competition with the other major royal foundation in Madrid, Las Descalzas Reales. The influence of mother Mariana de San José on Queen Margaret and King Philip III allowed La Encarnación to serve as a vital political centre, as a „court in the convent“. The Founding Mother was a reputed mystic, but at the same time promoted a welldefined political agenda. This programme was based on the close alliance between the Spanish Monarchy, the Holy Roman Empire and the Papacy. This „Papal-Imperial tendency“ was sponsored by Queen Margaret and, after her death in 1611, was followed by Mother Mariana de San José. The future Emperor Ferdinand II, brother of the late Queen, acknowledged that Mariana de San José was one of his most reliable supporters in Madrid since Margaret’s death4. The family network was completed in Florence where Maria Magdalena of Austria, sister of Ferdinand and Margaret, was Great Duchess of ­Tuscany. From 1618 on, art was sent from Florence to Mother Mariana as presents in order to sustain her support5. The Tuscan representative in Madrid, and especially the Papal nuncio and the imperial ambassador, had long interviews with her in order to present their goals. The nun was often visited by King Philip III and therefore had several occasions to persuade the king to follow a policy more favourable to the Papacy and the Empire. The key to these contacts was discretion. As far as we know, only one remaining manuscript refers to Mother Mariana de San José as a political adviser. In it, she made plain to the imperial ambassador Franz Christoph Khevenhüller that she was fighting to secure the wedding of Infanta Marianne, the only daughter of Philip III, with an Austrian Archduke instead of the planned English match: But „as I have said, I beg you only to send this paper and negotiate this business. You ought to do me the grace of burning this paper, because I absolutely reject the idea that anyone could intend that I take part in such a grave affair.   Ferdinand II to Gregorio de Orozco, Graz, April 1613; HHStA, Familienakten 106, fol. 86r–88v.   Lisa Goldenberg Stoppato, Et qui si stimano i regali quanto a Costantinopoli. Doni per il monastero dell’Encarnación e la diplomazia medicea a Madrid, in: L’arte del dono. Scambi artistici e diplomazia tra Italia e Spagna 1550–1650, ed. Marieke von Bernstorff–Susanne Kubersky-Piredda (Milano 2013) 130–146. 4 5



Anne, Margaret and Marianne of Austria

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Notwithstanding, I will never refuse to do everything possible to the benefit of King Ferdinand and his sons“6.

Marianne of Austria, Patron of the Arts Queen Marianne (1634–1696) offers us an important example of the political uses of the promotion of arts and letters. The propaganda functions of her portraits and those of her son Charles II during her regency are well known. The painters Herrera Barnuevo and Carreño de Miranda collaborated to create an image of authority and legitimacy that contrasted with Marianne of Austria’s highly controversial and contested regency7. Theatre provided her with another opportunity to deliver political messages. Research has revealed how, also during her regency, she warned the nobility of the dangers of opposing her power with El hijo del Sol Faetón (Phaeton, Son of the Sun), by Calderón de la Barca. Phaeton was an image of Juan José de Austria, bastard brother of the child King Charles II, who was expelled from court in November 1675, one month prior to the premiere of the play8. She is least known for her role in the decade of the 1680’s as a promoter of „crusader theatre“. Although these plays were also a response to questions current at the time, they had a deeper political meaning as well. Since the very beginning of the Great Turkish War (1683–1699), in which Emperor Leopold I and his Christian allies fought against the Ottoman Empire, there had been a lively debate at the court of Madrid. The Spanish Monarchy could take an active part in the name of its dynasty and religion or step back, due to the enormous contemporaneous problems of the Spanish Monarchy on the Western fronts. Ultimately, the Spanish contribution to the war in Hungary was discreet in a military sense, but had an enormous propaganda impact. Queen Marianne took Francisco Fabro Bremundán – pioneer of Spanish journalism and founder of La gaceta de Madrid – under her protection. Between 1684 and 1690, Fabro published the five volumes of Floro histórico de la Guerra sagrada contra turcos (Historic Flowers of the Sacred War against the Turks), dedicated to the Dowager Queen9. The propaganda commitment of Marianne of Austria shows the limits of parties and factions as labels. During the 1680’s, Marianne was a close ally of her daughter-in-law Queen Mary Louise of Orleans and not in tune with either the „German party“ at court or her brother Emperor Leopold I10. However, Marianne regarded the war against the Turks in Hungary as a duty of the entire dynasty and a sign of the Spanish commitment to fighting the „Infidels“. Therefore, she celebrated her birthday on 22 December 1683 6  Suplico solo podrá como he dicho enviar este papel y tratar del negocio y a mí me ha de hazer V. S. mrd. de bolverme este a quemarle, porque huyo mucho de que nayde entienda, entro ni toco en cosas tan graves, aunque no reusare nunca de hazer todo lo que fuere a servicio del Rey Fernando y sus hijos. Mother Mariana de San José to Franz Christoph Khevenhüller, Madrid, 13 April 1619; HHStA, SDK, Fasz. 16/9, fol. 364r. 7  Mercedes Llorente, Imagen y autoridad en una regencia. Los retratos de Mariana de Austria y los límites del poder. Studia historica. Historia moderna 28 (2006) 211–238. 8   Carmen Sanz Ayán, Pedagogía de reyes: el teatro palaciego en el reinado de Carlos II (Madrid 2006) 57–69. 9  Eulogio Varela Hervías, Gazeta nueva, 1661–1663. Notas sobre la historia del periodismo español en la segunda mitad del siglo XVII (Madrid 1960) 1–110. 10  Laura Oliván Santaliestra, Mariana de Austria en la encrucijada política del siglo XVII (Madrid 2006) 469.

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with a new play, El sitio y socorro de Viena por el Gran Vizir (The Siege and Release of ­Vienna by the Grand Vizier), by Palace Chamberlain Pedro de Arce. The second part, El sitio de Viena y conquista de Estrigonia (The Siege of Vienna and Conquest of Esztergom), debuted the next day. These were highly topical issues and captivated the Spanish audience: after one week, both plays went from court entertainment to a successful show at the public Theatre of the Prince11. In 1686, Marianne encountered the writer Francisco de Bances Candamo. She promoted his career and pressed the king to have Bances Candamo appointed as dramaturgo de cámara regia (official playwright). Bances Candamo’s plays do not stand out for their literary quality, but for their explicit political messages12. One of his first plays as dramaturgo de cámara regia was La Restauración de Buda (The Restoration of Buda). Dowager Queen Marianne of Austria commissioned the play and paid 200 ducats for it13. La Restauración de Buda played in the Buen Retiro Palace on 15 November 1686 to celebrate the birthday of her brother Emperor Leopold I and the recent conquest of Buda by the imperial army. In the campaign there was a token support of Spanish volunteers who became the heroes and protagonists of the play. The underlying message was that the Spa­ nish nation was adorned with all required virtues of valour and nobility and could greatly contribute to the common cause of Christendom. Nevertheless, the leadership was no longer in the hands of the Catholic King but in those of Emperor Leopold I14. The ideological weight was even greater in El Austria en Jerusalén (The Austrian in Jerusalem), written by Bances Candamo in 1693. The protagonist is Count Leopold of Austria who in the play helped Emperor Frederick II to conquer Jerusalem in 1228 during the Sixth Crusade. The eschatological message was apparent throughout the play: another Leopold was to defeat the Muslims and recover the Holy Places. There is no national or patriotic message for Spaniards: the allegiance is purely dynastic nature. The House of Austria was conceived as a holy unity and therefore only the descendants of Leopold I deserved the throne of Spain15. It is unknown who actually commissioned this play, because such an exaltation of the leadership of the Holy Roman Empire had never before been seen at the Spanish court. Although it is unlikely that Marianne of Austria was the instigator, she nonetheless paved the way for similar programmes16.

11   Sanz Ayán, Pedagogía de reyes (cit. n. 8) 124–126; Florian Smieja, King John III Sobieski in Pedro de Arce’s El sitio de Viena. Revista Canadiense de Estudios Hispánicos 7/3 (1983) 407–412. 12  He was actively involved in court intrigues. His famous play El esclavo en grillos de oro (The Slave with golden Chains) criticized the Count of Oropesa. Bances was dismissed from his office in 1693, probably because of these activities. See Aurelio González, Bances Candamo y la fiesta teatral. La piedra filosofal, in: Teatro y poder en la época de Carlos II. Fiestas en torno a reyes y virreyes, ed. Judith Farré Vidal (Madrid 2007) 133–146, at 134. 13  Royal Decree of Queen Marianne, Madrid, 6 December 1686, in: Cristóbal Pérez Pastor, Extractos de documentos relativos a Francisco de Bances Candamo. Memorias de la Real Academia Española 10 (1911) 18s., at 18. 14   Francisco Antonio de Bances Candamo, La comedia de la Restauración de Buda (Madrid 1686); J. Enrique Duarte, Fuentes y representación de La restauración de Buda, comedia bélica de Bances Candamo, in: Guerra y paz en la comedia española, ed. Felipe B. Pedraza Jiménez et al. (Almagro 2007) 259–274. 15  Francisco Antonio de Bances Candamo, El Austria en Jerusalén (Madrid 1704) 1–47. 16  Luis A. Ribot García, El arte de gobernar. Estudios sobre la España de los Austrias (Madrid 2006) 233–235; Oliván Santaliestra, Mariana de Austria (cit. n. 3) 406s.



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Anne of Austria, a new Queen Turning to the more ambiguous territory of informal powers and the building of court groups, Marianne of Austria was said to support a „Queen’s party“ while Margaret led the opposition to the favourite of Philip III, the Duke of Lerma. The first exceeded in using art for political purposes, the second decidedly united spirituality and power. According to Henry Kamen, the political role of Anne of Austria (1549–1580) „has been totally ignored by historians“17. What were the conditions at the Spanish court to explain the public space a queen could occupy? In broad terms, three main factors framed the „conditions of possibility“: the personality of king and queen, the patronage power of the queen and her association with her court of origin (which Campbell Orr called her „dynastic capital“18) and her integration in local groups of power. In other words, her character as well as her intentions (or what she was supposed to do according to her family) and the actual possibilities available at court were the driving factors. The personal traits of the queen and king, Anne of Austria and Philip II, were marked by evident contrast: when they married in 1570, she was a 21-year-old maiden with little knowledge of worldly affairs while he was 43 and had the experience of 3 previous matrimonies and 25 years of government. In contrast, Margaret of Austria and Philip III were both shy and pious young people with hardly any experience in ruling when they married in 1599. Later, Marianne of Austria married an old and tormented Philip IV and thereafter became the ardent and authoritarian regent for her weak son, King Charles II. The lack of experience and gentle nature of Anne of Austria was considered a major handicap for the development of her own space. Her accountant, Pedro López de Orduña, reported to her father (Emperor Maximilian II) that she was not very authoritative and could obtain much more for her household. However, „they feel her feebleness and dissimulate many things that she dislikes“19. In his correspondence with King Philip II the mayordomo mayor (High Steward) of the Queen, Marquis of La Adrada, discreetly remarked that the weakness and irresolution of the young queen made it difficult for him to preserve discipline among the ladiesin-waiting. A group of these young women destroyed the recently installed jalousies of their rooms. These had been installed by royal order to prevent conversations held by the ladies-in-waiting with diverse men through the windows, an activity incompatible with the gravity and majesty of serving the queen. The ladies-in-waiting even accused the Marquis of La Adrada of being responsible for their limited freedom. La Adrada convinced the Queen to make an example and punish them by confining them to their chambers for at least one month. However, after only two days Anne freed them upon the insistent plea of her younger brothers, Archdukes Albert and Wenzel. La Adrada and Philip II agreed that such situations damaged the authority of the Queen and should not happen again in the future20.   Henry Kamen, Felipe de España (New Haven 1997) 347 n. 150.   Clarissa Campbell Orr, Queenship in Europe, 1660–1815. The Role of the Consort (Cambridge 2004) 5. 19  Las cosas de esta casa andan de bien en mejor, y si la Reina quisiese desencogerse no habría más que pedir pero siéntenla blanda, y disimulan muchas cosas que no le dan gusto. Con el tiempo vendrá Su M. a caer en ello y espero ser yo instrumento y en breve ver a V. Md. y darle particular relación de todo. Pedro López de Orduña to Maximilian II, Madrid, 25 February 1572; HHStA, SDK, 8/10, fol. 5r. 20  Marquis of La Adrada to Philip II, 20 November 1571; London, British Library, Additional Manuscripts 17 18

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Empress Mary of Austria, mother of Queen Anne and sister of Philip II, was well aware of her beloved daughter’s lack of experience. She assured Philip II that, prior to her departure to Spain, Anne would be instructed and advised on several issues that she simply ignored21. Anne may have needed political instruction, but in truth her entire short life had been devoted to becoming a Spanish princess and to not feeling a foreigner in the Iberian realms. In fact, she was a native of Castile: Anne was born in Cigales (Valladolid) in 1549, as her parents, Mary and Maximilian of Austria, were Regents of the Iberian realms on behalf of Emperor Charles V. Her godparents were the Marquis of Távara and the Countess of Faro, High Steward and camarera mayor (First Lady of the Bedchamber) of her mother, the male and female leaders of her household22. Therefore, Anne was tied to her mother’s household, an isolated Spanish island in Austria, from the very beginning of her life. The family moved from Spain to the Empire in 1552. Mary was accompanied by many Spaniards who held leading positions in her household. Mary was never fully integrated at the imperial court: she refused to speak German and chose only passionate Catholics in her service, a minority in mid-16th century Vienna. The luxury and pomp of her retinue were unique at the imperial court, which fact caused as much admiration as hatred23. The education of Maximilian and Mary’s progeny appertained to feminine duties. Mary raised all their children as Spanish princes and princesses. Nonetheless, independent households in the German style were created for her sons as they reached an age of 8–10 years. Only her daughters remained under her direct responsibility. Accordingly, Anne’s native language was Spanish. Her grandfather, Emperor Ferdinand I, brother of Charles V and father of Maximilian II, was delighted to speak his native Spanish with his young granddaughter. Anne also spoke average German, which allowed her to maintain exclusive conversations with her brothers and Viennese ladies-in-waiting in Madrid24. Her sister Elizabeth did not have that opportunity: she became Queen of France but spoke only Spanish in Paris, for which the Dowager Queen Catherine of Medici criticised her25. 28354, fol. 289r and 25 November 1571, ibid., fol. 299r. Both letters are edited in Almudena Pérez de Tudela, La reina Anna de Austria (1549–1580), su imagen y su colección artística, in: Las relaciones discretas entre las Monarquías Hispana y Portuguesa: Las Casas de las Reinas (siglos XV–XIX), ed. José Martínez Millán–Maria Paula Marçal Lourenço, vol. 3 (Madrid 2009) 1563–1616, at 1611–1613. 21  Su sobrina de vos sabe muy poco o nada de todas estas cosas hasta ahora, mas yo pienso hablar todo muy claro antes que se vaya porque entienda lo que va en pedir a Dios el remedio y procurarlo en lo que pudiere. Mary of Austria to Philip II, Prague, 29 May 1570; Epistolario de la emperatriz María de Austria: textos inéditos del Archivo de la Casa de Alba, ed. Juan Carlos Galende Díaz–Manuel Salamanca López (Madrid 2004) 184. 22  Rafaela Rodríguez Raso, Maximiliano de Austria gobernador de Carlos V en España: cartas al emperador (Madrid 1963) 150. 23  Mary n’a compagnie que de ces peu d’Espagnoles pour ne savoir que ce langage elles la tiennent subjecte que c’est pitié et si elle donne à une il faut subit penser de faire autant pour les autres autrement tout est en rumeur et Agravios. The ambassador Chantonnay to cardinal Granvelle, Vienna, 17 November 1565; Besançon, Bibliothèque municipale, Ms Granvelle 21, fol. 65r. 24  Joseph F. Patrouch, Queen’s Apprentice. Archduchess Elizabeth, Empress Maria, the Habsburgs, and the Holy Roman Empire, 1554–1569 (Leiden 2010) 63; Pérez de Tudela, La reina Anna (cit. n. 20) 1572; Vanesa de Cruz Medina, Margarita de Cardona y sus hijas, damas entre Madrid y el Imperio, in: Las relaciones 2 (cit. n. 20) 1279. In 1574, the imperial ambassador Khevenhüller complained that Anne was forgetting the German language because she had few opportunities to practise it; Bianca Maria Lindorfer, Ana de Austria. La novia de un hijo y la esposa de un padre, in: Actas de la VIII Reunión Científica de la Fundación Española de Historia Moderna, Madrid, 2–4 de junio de 2004, ed. María Victoria López-Cordón Cortezo–Gloria Ángeles Franco Rubio, vol. 1 (Madrid 2005) 411–426, at 421. 25  Juan de Vargas Mejía to Philip II, Turin, 31 December 1573; AGS, E, 1237, fol. 214r.



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As the eldest daughter of Emperor Maximilian II, Anne was destined for a profitable matrimony and valued as one of the most desired pieces in the „princesses’ market“. Notwithstanding, the final decision did not depend on her father Maximilian II but on the official head of the dynasty, her uncle Philip II of Spain. Finally, there were only two suitable candidates for Anne: her cousin Charles, heir to Philip II, and King Charles IX of France. Maximilian preferred the French option for the purpose of amplifying his diplomatic alliances and diminishing his dependence on Philip II. Obviously, the Spanish king boycotted this possibility and imposed the candidacy of his insane son Charles. To reinforce the dynastic alliance, Philip II intended to marry Elizabeth, Anne’s sister, to his nephew Sebastian I of Portugal, son of his sister Joanna. According to this 1562 plan, Elizabeth should live in Madrid under the guidance of Joanna until the wedding26. Maximilian II rejected such a possibility. Philip II clearly disposed of his nieces as submissive pieces of his game while simultaneously needing to conserve consensus and harmony. For this reason, his ultimate strategy from 1564 onward was to celebrate a double wedding: Charles of Spain to Anne and Charles IX of France to Elizabeth27. Formal negotiations for Charles’ and Anne’s alliance began in 1565, but were interrupted in 1568 when Charles was imprisoned by his father Philip II after severe episodes of insanity28. Finally, Prince Charles and his stepmother Queen Elizabeth of Valois died within three months of each other (July and October 1568). Philip II fell into a deep personal crisis but, in March 1569, decided to continue the established dynastic pact. Anne would still marry a Spanish relative, namely her uncle the king instead of her cousin the prince29. After the death of Elizabeth of Valois, Philip II was offered her sister Margaret as a new wife, a match which he refused. The king preferred a dynastic alliance for several geostrategic reasons: a tighter entente for the war in the Netherlands, the fight against the Turks and the crisis of the Italian fief of Finale. Moreover, the option of Archduchess Anne guaranteed a speedy integration at the Spanish court: Anne was raised as a Spanish Infanta and was served by Spaniards. Philip II did not want to repeat the tense situations created by Elizabeth of Valois, who only relied on her French retinue and factionalised court life. For this reason, she was not the most suitable woman to raise a Spanish prince30. It was well known, that Elizabeth of Valois’s household had been uncontrolled and rather chaotic. No wonder that the process to redact new and detailed „Ordinances of the Queen’s household“ began parallel to the wedding negotiations between Philip and Anne. The redaction and consultation process was particularly long and careful: the Ordinances   Philip II to the Count of Luna, Madrid, 28 January 1562; CODOIN, vol. 98 (Madrid 1891) 286.   Martín de Guzmán to Ferdinand I, Toledo, 30 March 1561; HHStA, SDK, 6/5, fol. 16r. Count of Luna to Philip II, Vienna, 13 October 1561; CODOIN (cit. n. 26) 246. Nuncio Delfino to cardinal Borromeo, Vienna, 5 January 1564; ASV, Segreteria di Stato, Germania 66, fol. 71r. Patrouch, Queen’s Apprentice (cit. n. 24) 211. 28  Maximilian II to Adam von Dietrichstein, Linz, 25 December 1565, in: Die Korrespondenz der Kaiser mit ihren Gesandten in Spanien. Briefwechsel zwischen Ferdinand I., Maximilian II. und Adam von Dietrichstein 1563–1565, ed. Friedrich Edelmayer (München 1997) 484; Philip II to Adam von Dietrichstein, Madrid, 1 May 1568; HHStA, SDK, 7/34, fol. 2r. 29  Philip II to Cardinal Granvelle, El Escorial, 20 March 1569; AGS, E, 910, s. fol. 30   María José Rodríguez Salgado, Una perfecta princesa. Casa y vida de la reina Isabel de Valois (1559– 1568). Cuadernos de Historia Moderna. Anejos 2 (2003) 39–96 and Cuadernos de historia Moderna 28 (2003) 71–98. 26 27

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were not approved until 1575. Philip II was conscious that they represented a model of court organization and they proved to be extremely long lasting: they were used and readapted until 170131. One of the main goals of these Ordinances was to impose a new, more controlled and authoritative style of service. The times of Elizabeth of Valois were not regarded as a model to follow; rather those of Empress Elizabeth of Portugal, mother of Philip II. His sister Mary of Austria, mother of the future Queen Anne, also intervened in the process of the wording of the Ordinances. Mary pointed out to her brother the clues of the success of that household in which she spent her childhood. Mary made sure to conserve the essence of that service in Vienna, so that the women who were going to accompany Anne excelled in such a suitable and authoritative model32.

The new Queen and her Household Anne’s arrival in Spain in late 1570 was not an isolated episode, but rather part of a wider dynastic movement. Archduchess Elizabeth married Charles IX of France and travelled to Paris a few weeks after Anne had begun her journey to Spain, escorted by her brothers Albert and Wenzel33. Both Archdukes were staying for an indeterminate period at the Spanish court to further their education34. Their elder brothers Rudolf and Ernest had been living in Madrid for seven years. Mary of Austria and Philip II had pressed Maximilian II to allow the children of the imperial couple to receive a Spanish education. Mary feared the dubious confessional context of the imperial court and refused to have Protestant sons35. Her husband Maximilian II was evidently sympathetic towards the Reform; therefore, she struggled throughout her life to attract him to Catholic practices. On the other hand, Maximilian II nourished the hope of placing his elder son Rudolf on the Spanish throne thanks to the absence of a male heir for Philip II and the project of marrying Rudolf to Elizabeth Claire, the elder daughter of the Spanish king. The Spanish branch of the dynasty showed clear leadership, as Philip II was in charge of the education of the next generation of the imperial family. The Spanish king even forbade Albert and Wenzel to bring German servants with them in order to guarantee proper cultural immersion. This demand seemed exaggerated and Maximilian II refused it36. Meanwhile, Elizabeth of Austria travelled to Paris as a Spanish princess. The main concern of her mother was whether she would be able to count on the service of Spanish women and be assisted by a Spanish confessor. The few people Elizabeth brought with her 31  José Martínez Millán, La corte de Felipe II. La casa de la reina Ana, in: La monarquía de Felipe II a debate, ed. Luis A. Ribot García (Madrid 2000) 159–184, at 164–166. 32  Mary of Austria to Philip II, Prague, 29 May 1570; Epistolario de la emperatriz María (cit. n. 21) 185s. 33  The marriage by proxy of Elizabeth in: Relación del matrimonio entre Isabel de Francia y Carlos IX, Speyer, 22 October 1570; CODOIN, vol. 110 (Madrid 1894) 89–97. 34  The household of the Archdukes functioned as another interesting centre of power, linking the diverse courts of the dynasty. For example, the Master of the Horse was Ogier Ghislain de Busbecq, former imperial ambassador to Istanbul, vassal of Philip II and reputed humanist. Ogier Ghislain de Busbecq to Maximilian II, Bergh, 24 September 1570; HHStA, SDK, 7/29, fol. 1r. See also J. Eloy Hortal Muñoz, The Household of Archduke Albert of Austria from his Arrival in Madrid until His Election as Governor of the Low Countries. 1570–1595, in: A Constellation of Courts. The Households of Habsburg Europe, 1555–1665, ed. René Vermeir et al. (Louvain 2014) 101–122. 35  Mary of Austria to Philip II, 29 November 1570; Epistolario de la emperatriz María (cit. n. 21) 195. 36  Mary of Austria to Philip II, Prague, 29 May 1570; ibid. 181s.



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to the frontier had to return soon thereafter because the French court did not allow her to constitute an alternative Spanish centre of power37. In any case, the Spanish ambassador in Paris, Francés de Álava, was supposed to serve as her closest counsellor and ally38. The contrast between both sisters was quite evident. Anne was accompanied by a large household during her journey. Her mother Mary dispensed with many of her most trusted servers in order to dignify Anne’s journey and to create a loyal platform of ser­vants at the court of Madrid. During the negotiations of the wedding agreement, Philip II made it clear that he would finance his wife’s household at his discretion and with no further compromise39. Therefore, he had no limitations on choosing the structure and people. However, he agreed to hear the intercessions of Maximilian II 40. Prior to the consummation of the matrimony in Segovia, November 14, 1570, Anne brought her own household from Germany to serve her during the long journey. She separated from her parents in Speyer in July 1570 and embarked in Flanders (Bergen op Zoom), sailing through the Atlantic to Santander. Then she traversed Castile to reach Segovia41. The household prepared for her by Maximilian and Mary provides a vivid picture of twenty years of dynastic connections between Spain and Central Europe. In quantitative terms, Spanish courtiers were always a minority in Vienna. Ferdinand I, born in Alcalá de Henares, relied on his compatriots for medical, military and hunting offices. Among the high courtiers, only the families of Martín de Guzmán and Laso de Castilla served during Ferdinand’s last years42. His son Maximilian II had disliked Spaniards since his time as regent of the Iberian realms (1548–1552). He mistrusted his father’s Spanish servants and blamed them for exercising enormous influence over his will43. He tried to dismiss almost all of the Spaniards in his wife’s household because she refused to become integrated in 37   Me paresció cosa de gran lástima ver cuán sola se fue esta Cristianísima Reina. The Count of Monteagudo to Philip II, Speyer, 30 November 1570; CODOIN (cit. n. 33) 115s. See also Mary of Austria to Philip II, Prague, 29 May 1570; Epistolario de la emperatriz María (cit. n. 21) 188s. Philip II to the Count of Monteagudo, Madrid, 27 January 1571; CODOIN (cit. n. 26) 154. 38  Mary of Austria to Philip II, Speyer, 30 October 1570; CODOIN (cit. n. 26) 104s. 39  Queda a arbitrio de su Magestad Cathólica sin otra declaración. Gabriel de Zayas to Adam von Dietrichstein, Madrid, 9 November 1569; AGS, PR, 57, no. 2. 40  Answer of Maximilian II to the wedding agreement between Philip II and Princess Anne, 1569; CODOIN, vol. 111 (Madrid 1895) 408. The Venetian ambassador Michiel recorded that Maximilian II was disappointed with Philip II because he refused most of the requests Maximilian sent through his daughter Anne. Relatione del nob. huomo S. Zuan Michiel cavalier ritornato ambasciator dall’Imperatore, Venice, 24 November 1571, in: Relationen venetianischer Botschafter über Deutschland und Österreich im sechzehnten Jahrhundert, ed. Joseph Fiedler (FRA II/30, Wien 1870) 303. 41  Luis Pérez Bueno, Del casamiento de Felipe II con su sobrina Ana de Austria. Hispania. Revista española de historia 7 (1947) 382–400. 42  Spaniards in corte non si aggiungendo altri di nuovo, e tuttavia trovandosi chi ritorna in Spagna e chi muore, vanno in modo mancando quei pochi che vi sono, che in breve tempo si crede che non ve ne debba restar alcuno. Relazione di Ferdinando Re de’ Romani letta in senato da Paolo Tiepolo, Venice, 12 October 1557, in: Relazioni degli ambasciatori veneti al Senato, ed. Eugenio Albèri, vol. I/3 (Firenze 1853) 160s. See also Christopher F. Laferl, Die Kultur der Spanier in Österreich unter Ferdinand I. 1522–1564 (Junge Wiener Romanistik 14, Wien–Köln–Weimar 1997) 119–131. 43  Maximilian told the Venetian ambassador about his father that non vuol consentir di far male al re di Spagna nè a Spagnoli... Et se pur qualche volta egli [Ferdinando I] si reduce a prender qualche buon consiglio, subito che’l parla colli suoi consiglieri si rimuove, et quelli pochi Spagnoli che si trovano nella sua corte, sono tanti diavoli che fanno molti uffici contrari. Paolo Tiepolo to the Senate of Venice, Vienna, 23 November 1556, cit. in Heinrich Lutz, Christianitas afflicta: Europa, das Reich und die päpstliche Politik im Niedergang der Hegemonie Kaiser Karls V. (1552–1556) (Göttingen 1964) 499.

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a German court and maintained her own isolated Spanish retinue44. Philip II took this attack very seriously and made it clear to his cousin Maximilian that his sister’s Spanish servants were under his protection45. Consequently, by 1570 almost all the Spaniards at the court of Vienna were in Mary’s service and constituted the core of both her household and centre of her favour. She succeeded in setting up an alternative centre of power and patronage to Maximilian’s (despite the economic restraints) and raised the Archdukes and Archduchesses, the next generation in power, as perfect Spanish princes and princesses. She paid the dowries of her favourite ladiesin-waiting and married them to leading courtiers such as Pernstein, Dietrichstein, Trivulzio or Rumpf, who were among the most important policymakers at the imperial court46. Mary of Austria insisted that the sending of her courtiers to Spain was a temporary „loan“ because she „could not think without them“47. The problem was that several of these servants refused to return because they wanted to retire in their homeland. The most notorious case is that of Francisco Laso de Castilla, High Steward of Mary of Austria and head of Anne’s journey. He died soon thereafter in Madrid, in May 157148. The Laso de Castilla family descended from a bastard branch of the kings of Castile, but they only obtained a place among the titled nobility thanks to the committed service of Francisco Laso to Ferdinand I and Mary of Austria in Central Europe. While his elder brothers did not receive especial graces, Francisco was appointed commander of Campo de Criptana and his descendants received the title of Counts of Villamanrique49. Five of his female relatives (Catalina, Isabel, Luisa, Margarita, and María) entered the household of Anne of Austria thanks to the trust invested by Empress Mary in this family and the pressure exerted by Emperor Maximilian II on her behalf50. Moreover, Pedro Laso de Castilla, nephew of

44  Maximilian II sopra tutti gli altri odia gli Spagnoli, nè si può in alcun modo ritenere che con alcuni non ne dica grandissimo male, e faccia ogni cosa per far partire quei pochi, che restano ancora appresso la regina (perciocchè nella sua corte non ve ne sono restati più di due pur di qualche conto); Albèri, Relazioni (cit. n. 42) 150. 45   Luis Cabrera de Córdoba, Historia de Felipe II, vol. 1 (Salamanca 1998, 1st ed. Madrid 1619) 24. 46   Pedro Laso de Castilla to Ferdinand I, Vienna, 25 July 1555; HHStA, SDK, 4/14, fol. 29r. For example, the Count Claudio Trivulzio, Master of the Horse of the future Emperor Rudolf II, met Margarita Laso de Castilla at the courts of Vienna and Madrid. They finally married under the protection of Mary of Austria, who recommended them to Philip II. Queen Anne of Austria was the godmother of their elder child and sent a representative with a rich present to the baptism. Mary of Austria to Philip II, Prague, 29 May 1570 and 14 May 1571; Epistolario de la emperatriz María (cit. n. 21) 186s and 214–216; Elisa García Prieto, La infanta Isabel Clara Eugenia de Austria, la formación de una princesa europea y su entorno cortesano (Madrid 2013) 116–119. 47  Y desde ahora suplico a vos que encamine que se me vuelvan muy presto porque quedo sin nadie, unos se me van y otros se me mueren en tiempo que hacen falta. […] Vos me haga merced de enviármelos luego y tener allá las cosas de manera que no haya necesidad de detenerlos, pues yo no puedo pensar sin ellos. Mary of Austria to Philip II, Prague, 29 May 1570; Epistolario de la emperatriz María (cit. n. 21) 181. Monteagudo confirmed the solitude of the Empress in his letter to Philip II, Speyer, 5 August 1570; CODOIN (cit. n. 26) 41. 48  Escritura de renunciación de Ana de Austria, Madrid, 29 April 1571; AGS, PR, 57, no. 99. Maximilian II handwrote to Philip II requesting the return of Laso de Castilla, who was very important for his wife. Maximilian II to Philip II, Innsbruck, 2 January 1571; CODOIN (cit. n. 26) 150. 49  Tabla genealógica de la casa de Haro, señores de Busto y Rivilla; Madrid, Real Academia de la Historia, 9/281, fol. 43v; Historia del rey don Pedro y su descendencia, que es el linage de los Castillas, in: Semanario Erudito, ed. Antonio Valladares de Sotomayor, vol. 27 (Madrid 1790) 269–272. 50  Mary of Austria to Philip II, 29 November 1570; Epistolario de la emperatriz María (cit. n. 21) 195. Maximilian II to Philip II, Innsbruck, 2 January 1571; CODOIN (cit. n. 26) 150. Mary of Austria to Philip II, Vienna, 29 November 1573; Epistolario de la emperatriz María (cit. n. 21) 263. García Prieto, La infanta (cit. n. 46) 118.



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Francisco, was appointed steward of the Queen (for years there were only two)51. The Laso de Castilla family was by far the largest in Anne’s household: they were almost the only people who combined a Spanish aristocratic background with long experience at the imperial court. The case of the Laso de Castilla family shows how Mary of Austria desired that a part of her staff should remain in Madrid. This was not only to ensure that Anne would not be alone among a new people, rather it was also to Mary’s own advantage to dispose of well situated agents and informers at the court of Madrid, capable of directly connecting Mary with the king and the queen. Mary convinced her brother Philip II to include them in Anne’s household although Philip had absolute freedom in selecting his new wife’s retinue. Among the men, the most decisive figures were Luis Venegas de Figueroa and the Queen’s confessors Francisco de Lillo and Francisco de Córdoba. The Franciscan Córdoba had been the loyal confessor of Mary of Austria at the imperial court for more than ten years and was one of the most prominent religious counsellors of Ferdinand I. In Vienna, Father Córdoba defended with passion and little success the position of Philip II during the last phase of the Council of Trent52. When Córdoba decided to return to Spain in 1571, Philip II did not hesitate to employ him as his wife’s confessor, complying with the request by Mary of Austria53. Meanwhile, Luis Venegas de Figueroa guaranteed a non-traumatic transition from Anne’s Austrian household to the Spanish one. Venegas was possibly the most experienced dynastic mediator of his generation: in 1550, he entered Maximilian’s service as steward and had been sent on delicate missions to Flanders, Austria and Portugal on behalf of Maximilian or Philip II since that time. In 1555 he acquired precious experience as a household reformer. Philip II sent him to Vienna to order and properly finance the retinue of Mary of Austria, which was paid for by her Spanish relatives54. From 1559 on, Venegas worked at the Spanish court as an informal ambassador and mediator of Ferdinand I, Maximilian II and Mary of Austria. It is no wonder that he later represented Philip II in Vienna between 1567 and 1570 in deciding on the matrimony of Anne of Austria. He enjoyed the longstanding confidence of the imperial family and progressively displaced Monsieur de Chantonnay, the ordinary ambassador of Philip II55. Venegas returned to Spain with Anne as her Master of the Horse. He was the only high-ranking servant who kept his office and even enjoyed sufficient autonomy to organise the caballerizas (Royal Stables) in Anne’s household56. Furthermore, he continued acting as agent 51   Pedro Laso de Castilla y Zúñiga to Maximilian II, Valladolid, 26 July 1569; HHStA, SDK, 7/28, fol. 1r and J. Eloy Hortal Muñoz, Organización de una Casa. El Libro de Veeduría de la reina Ana de Austria, in: Las relaciones 1 (cit. n. 20) 275–309, at 290. 52   Nuntius Delfino 1562–1563, ed. Samuel Steinherz (NBD II/3, Wien 1903) 491–495; Klaus Ganzer, Ein unbequemer Reformer am Rande des Konzils von Trient. Der Franziskaner Franziskus von Córdoba als Berater Kaiser Ferdinands I. HJb 104/2 (1984) 309–347. 53   The Count of Monteagudo to Philip II, Speyer, 30 November 1570; CODOIN (cit. n. 26) 98. Mary of Austria to Philip II, Vienna, 12 August 1571; Epistolario de la emperatriz María (cit. n. 21) 223. 54   Relación de cartas de Luis Venegas a Carlos V y Felipe II, Vienna, 10 October 1555; AGS, E, 649, no. 38. 55  Rodríguez Raso, Maximiliano (cit. n. 22) 191–201. Luis Venegas to Philip II, Vienna, 10 October 1555; AGS, E, 649, no. 37. Pavel Marek, La embajada española en la corte imperial 1558–1641. Figuras de los embajadores y estrategias clientelares (Praga 2014) 56–61. 56   For example, he accepted Pedro de Guzmán as caballerizo (equerry). Guzmán was a son of the former imperial ambassador in Madrid Martín de Guzmán. Pedro de Guzmán to Maximilian II, Madrid, 31 January 1571; HHStA, SDK, 7/27, fol. 3r. See also Hortal Muñoz, Organización (cit. n. 51) 299.

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and broker of Mary of Austria, but in a much better courtly position57. For Anne it was easier to find her place at the court of Madrid thanks to the support and attention of her aunt Joanna of Austria. Joanna, the younger sister of Empress Mary of Austria, had been princess of Portugal (1552–1554) and regent of the Iberian realms between 1554 and 1559. Subsequently, she lived in Madrid in a retired position. She founded the powerful monastery of Las Descalzas Reales for the nuns of the order of Poor Clares and was admitted in the male-only Society of Jesus58. With the Alcázar Real, Anne completed the feminine dynastic axis between the Hofburg and Las Descalzas. Joanna was a mentor and friendly presence for Anne59. In spite of her apparent seclusion at Las Descalzas, Joanna of Austria was a powerful court patron and an invaluable ally for her sister Mary. When Joanna passed away in 1573, her niece Anne also inherited her political position. Mary and Joanna were influential patrons and close allies of Queen Anne, but the dynamics of the court of Madrid were much more complicated. Philip II’s sisters influenced the setup of the queen’s household, but real decisions relied on the king’s favourite during these years, Cardinal Espinosa. In January 1570, he became Philip II’s proxy to negotiate the wedding conditions60. During the next months, he and his protégé the Marquis of La Adrada decided the general order of the household. Anne of Austria did not know who was going to serve her until she arrived at Santander61. The factional struggle went on: after the decade of the 1560s, which was dominated by the clash between the groups of the Duke of Alba and the Prince of Eboli, Philip II changed the main roles. Espinosa inherited much of Alba’s political priorities and ser­ vants, but lacked supporters among the high nobility. One of these few supporters was Antonio de la Cueva, lord of La Adrada, who was made marquis and High Steward of the Queen by Espinosa in 157062. The royal secretary Martín de Gaztelu, who was opposed to many of the technical details decided by La Adrada, was himself a protégé of Eboli. He had to admit his failure during the process of setting up the household, which was almost entirely the work of Espinosa63. Venegas, Mary’s man at the court of Madrid, was also clearly linked to Eboli, as was the case with many of the people serving Joanna of Austria. Joanna was a powerful court patron and sponsored Eboli’s spirituality and tight links with Rome. She also protected Adam von Dietrichstein, the imperial ambassador, and pressed Philip II to give him the rich commandery of Alcañiz64. Mary of Austria also participated in the court struggles of Madrid on the side of her sister and Eboli, whose protection she sought for the ad57  Mary of Austria to Luis Venegas, Prague, 18 February [1573?]; Epistolario de la emperatriz María (cit. n. 21) 266. 58  Antonio Villacorta Baños-García, La jesuita. Juana de Austria (Barcelona 2005) 221. 59  Almudena Pérez de Tudela, Algunas joyas y relicarios de la reina Ana de Austria (1549–1580), in: Estudios de platería: San Eloy 2012, ed. Jesús Rivas Carmona (Murcia 2012) 455–474, at 456, 458, 460, 462 and 464; García Prieto, La infanta (cit. n. 46) 94. 60  Philip II to Cardinal Espinosa, Madrid, 12 January 1570; AGS, PR, 57, no. 3. 61  Ogier Ghislain de Busbecq to Maximilian II, Santander, 15 October 1570; HHStA, SDK, 7/29, fol. 7r. 62  Santiago Fernández Conti, Los Consejos de Estado y Guerra de la Monarquía hispana durante el reinado de Felipe II (1548–1598) (Madrid 1996) 121. 63  Martínez Millán, La corte (cit. n. 31) 167–169. 64  José Martínez Millán, Familia Real y grupos políticos. La princesa Doña Juana de Austria (1535– 1573), in: La corte de Felipe II, ed. idem (Madrid 1994) 73–106; Friedrich Edelmayer, Honor y dinero. Adán de Dietrichstein al servicio de la Casa de Austria. Studia Historica. Historia Moderna 11 (1993) 89–116, at 100–106.



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vancement of her interests. Among Mary’s servants accompanying Anne was captain Juan de Escobedo Ribadeneira, who was raised by Eboli’s father-in-law and received various military duties in the 1560’s thanks to Eboli’s support65. Venegas and La Adrada fought for the provision of some officers, as in the case of Pedro López de Orduña. Orduña was one of the most trusted officials of Mary of Austria and travelled with Queen Anne as her treasurer and accountant. The Empress insisted to Philip II that Orduña must continue in her daughter’s household. Venegas defended his candidacy against the judgement of the Marquis of La Adrada and in this case, he succeeded: Orduña served as contralor (comptroller) for Anne and as an excellent informer for Maximilian II. His detailed correspondence on the palace and the royal family offered information that was out of reach for the imperial ambassador66. In spite of these small triumphs, Espinosa preserved a general control over the organization of Queen Anne’s household. Venegas was a strong figure as Master of the Horse and organised the Royal Stables with relative autonomy, but cardinal Espinosa and La Adrada decided over the other sections. Venegas was even publicly embarrassed: before his mission to Vienna in 1567, he was the aposentador mayor (palace chamberlain) of Philip II. When he returned in 1570, he expected to simultaneously serve as Palace Chamberlain of the King and Master of the Horse of the Queen, which meant a very central position at court. Espinosa prevented this, however: he convinced the king to appoint his nephew, Diego de Espinosa, as new palace chamberlain and promised Venegas the presidency of the Council of Indies in exchange. This commitment was never fulfilled67. After the High Steward Marquis of La Adrada, the most important position in the queen’s retinue was that of First Lady of the Bedchamber, the female leader of the household. Mary of Austria manoeuvred actively against the candidacy of the Duchess of Alba, former First Lady of the Bedchamber to the late Queen Elizabeth of Valois. The duchess proved to be an authoritative and manipulative woman and the Empress was not willing to have her daughter under such a tight control. She also disliked the final option, the Marquise of Frómista, because she was too close to La Adrada and Anne would be under constant pressure and comparison with her predecessor Elizabeth of Valois68. Philip II tried to satisfy his sister concerning minor positions, but he and his ministers decided the general setting. Among the retinue coming from the Empire, Frómista and La Adrada especially feared Leonor de Guzmán, who was the First Lady of the Bedchamber to Anne of Austria during her journey and challenged the authority of the Marquise of Frómista. Leonor de Guzmán relied on three effective assets: the confidence of Queen Anne, high-ranking aristocratic origins (she was a daughter of the Duke of Medina-Sidonia), and relevant court protectors, because besides Empress Mary, Guzmán was cousin and protégée of Luis Venegas de 65  The Prince of Eboli to Ferdinand I, Brussels, 5 August 1556; HHStA, SDK, 5/15, fol. 255r. Juan de Escobedo to the Prince of Eboli, Vienna, 20 May 1566; HHStA, SDK, 7/13, fol. 12r; Quenta del capitán Joan de Escobedo Ribadeneira, 22 February 1571; AGS, Contaduría Mayor de Cuentas, 1ª época, 918. 66  Relacion de la ropa, criados, que se embarcan…, 1570; AGS, PR, 57, no. 100. Mary of Austria to Philip II, 29 November 1570; Epistolario de la emperatriz María (cit. n. 21) 198. For the disputes between Venegas and La Adrada, see Martínez Millán, La corte (cit. n. 31) 168. The correspondence between Pedro López de Orduña and Maximilian II during 1572 is collected in HHStA, SDK, 8/10. 67  Ruiz de Azagra to Maximilian II, Madrid, 15 July 1571; HHStA, SDK, 7/32, fol. 9r. 68  Mary of Austria to Philip II, 29 November 1570; Epistolario de la emperatriz María (cit. n. 21) 195 and García Prieto, La infanta (cit. n. 46) 77–79.

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Figueroa. Guzmán convinced Queen Anne as regards new appointments and was accused by La Adrada of retaining the queen’s jewels and money. La Adrada did not confront Guzmán about this directly, but through her supporter Luis Venegas69. Empress Mary was of two minds: at the beginning, she wanted Guzmán to return to Vienna, but around 1571 it seems that she changed her mind and even planned for Guzmán to become new First Lady of the Bedchamber after Frómista. In the end, La Adrada, backed by Philip II, triumphed and Leonor de Guzmán was sent to Vienna in the second half of 157170. Meanwhile, the sick Marquise of Frómista finally died in April 1571. As the candidacy of Leonor de Guzmán was not well accepted, Mary of Austria took the opportunity to recommend a more suitable woman: the Countess of Monterrey, who was on good terms with her sister Joanna of Austria71. After a transition period of six months, the final appointee was the Marquise of Berlanga, another of the few aristocrats who had old connexions with Espinosa72. The discreet fight for the control over the household could also be observed beneath the position of First Lady of the Bedchamber, namely among the ladies-in-waiting. As common in early modern courts, these young women constantly accompanied Queen Anne and represented her inner circle. They came from two different origins: the largest group was that of former ladies-in-waiting of Queen Elizabeth and young aristocrats from the court of Madrid. A minority originated from Central Europe or had lived there. In every case, they were Spaniards, but Anne relied systematically on those women with whom she had grown up or shared her German experiences. Apart from the Laso de Castilla women, this group included Ana de Cardona, and Ana, and Hipólita von Dietrichstein, sister-in-law and daughters of the imperial ambassador Adam von Dietrichstein. Queen Anne used to speak with them in German as a sign of confidence. Not surprisingly, they had disputes with the „Madrilenians“, as reported in the detailed correspondence of Ana de Dietrichstein73. The „German“ women did not take part in the episode of conflict in 1571 (when a group of ladies-in-waiting destroyed the jalousies of their apartments and insulted High Steward La Adrada). The protagonists were the frustrated „Madrilenians“, including a woman as mature and sensible as Sofonisba Anguissola, former lady-in-waiting to Elizabeth of Valois and, above all, one of the most demanded portraitists of the 16th century74. Mary of Austria’s capacity to exert a certain degree of control over her daughter’s household was weakened in the summer of 1573 due to the death of the Prince of Eboli. Empress Mary recognised her key dependence on the late prince to advance her interests in Madrid75. Without Eboli, Mary confided to her sister Joanna that she would try to   Korrespondenz, ed. Edelmayer (cit. n. 28) 318; García Prieto, La infanta (cit. n. 46) 81s.   Guzmán never returned to Mary of Austria’s service: she died in Barcelona during her journey. Mary of Austria to Philip II, Prague, 14 May 1571; Epistolario de la emperatriz María (cit. n. 21) 215. Mary of Austria to Philip II, 17 (unknown month) 1571; ibid. 224. 71  Baltasar de Zúñiga (atrib.), Sumario de la descendencia de los Condes de Monterrey, señores de la Casa de Viedma y Ulloa..., ca. 1610; Madrid, Biblioteca Nacional de España, Mss. 13319, fol. 89v–90r. 72  Mary of Austria to Philip II, Prague, 16 June 1571; Epistolario de la emperatriz María (cit. n. 21) 217. José Martínez Millán, Un curioso manuscrito. El libro de gobierno del Cardenal Diego de Espinosa (1512?–1572). Hispania: Revista española de historia 183 (1993) 299–344, 310–315. 73  Cruz Medina, Margarita (cit. n. 24) 1272s; García Prieto, La infanta (cit. n. 46) 83. 74  Pérez de Tudela, La reina Anna (cit. n. 20) 1576; García Prieto, La infanta (cit. n. 46) 73s. 75  Nadie tomábalas hechas a cuenta de lo que yo deseo, que es la salvación del Emperador y sus hijos, sino a la amistad de Ruy Gómez. Mary of Austria to Philip II, Vienna, 3 September 1573; Epistolario de la emperatriz María (cit. n. 21) 245. 69 70



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improve her friendship with the Marquis of La Adrada, High Steward of Queen Anne76. Empress Mary’s calculated shift was interrupted in February 1574, when La Adrada died. Espinosa had passed away in September 1572, so the leading figures that created Anne’s household had disappeared77. The winds at court were changing: paradoxically, it was after Eboli’s death when the influence of his faction increased. The group lacked a prestigious patron, as Joanna of Austria had died and the most powerful minister, royal secretary Gaztelu, was not a highranking aristocrat. The provision of a new High Steward of the Queen was an excellent indicator for the new configuration of power. The appointee was the Duke of Medinaceli, a Grande of Spain who had had excellent relations with Eboli78. Unlike La Adrada, Medinaceli hastened to write to Emperor Maximilian II to offer his services79. Regrettably, he died one year later, on 1 August 1575. His substitute was the Marquis of Vélez, who combined the factional allegiance to Eboli, to the „Papal Party“, and the favour of Empress Mary. Vélez had just returned from an extraordinary embassy to the imperial court, where he received the grace of Maximilian and Mary80. Between 1575 and 1578, Vélez became the most powerful minister of the king and advocated a pro-imperial policy. His contemporaries recognised Vélez as the new favourite of Philip II, closely allied with the other members of the „Papal Party“ (John of Austria, brother of Philip II; the royal secretary Antonio Pérez; Cardinal Quiroga and the Duke of Sessa) against the Duke of Alba81. Vélez gained unrestricted access to the king due to his position as High Steward of the Queen. The lack of complaints from Empress Mary about his management can be interpreted as a positive sign. Vélez had a very good relationship with Johann Khevenhüller, imperial ambassador in Madrid, and accepted the task of mediating with Philip II to achieve the various imperial requests. Khevenhüller praised the attitude of Vélez, who showed himself to be woll intentioniert und der sachen verständig82. Vélez also had a seat in the Council of State, where he defended a response to the Netherlands’ crisis based on the mediation of the Emperor. Vélez personally convinced Philip II to accept the Conference of Cologne (1579), a peace negotiation for the Netherlands with the mediation of imperial princes and a leading role for Emperor Rudolf II and the Papal legate Castagna. The Duke of Terranova was sent as the representative of Philip II. The Duke of Alba and 76  Del Marqués también quiero ser amiga […], que es buena cosa para acá. Mary of Austria to Joanna of Austria, Vienna, 8 September 1573; ibid. 251. 77  Hortal Muñoz, Organización (cit. n. 51) 289; José Martínez Millán, Grupos de poder en la corte durante el reinado de Felipe II. La Facción Ebolista, 1554–1573, in: Instituciones y elites de poder en la Monarquía Hispana durante el siglo XVI, ed. idem (Madrid 1992) 137–198, at 196s. 78   Martínez Millán, La corte (cit. n. 31) 170s. 79   The Duke of Medinaceli to Maximilian II, Madrid, 29 March 1574; HHStA, SDK, 9/7, fol. 9r. 80  Johann Khevenhüller to Maximilian II, Madrid, 15 July 1575; HHStA, SDK, 9/27, fol. 183v. Raimundo A. Rodríguez Pérez, Servir al rey, servir a la Casa. La embajada extraordinaria del III marqués de los Vélez en Viena y Polonia (1572–1575), in: La Dinastía de los Austria, ed. José Martínez Millán–Rubén González Cuerva, vol. 1 (Madrid 2011) 439–478. 81  Relazione di Alberto Badoero, 1578; Relazioni I/5 (cit. n. 42) 277–279. For the description of Vélez as favourite of the king in Spanish sources, see Juan de Silva to Cristóbal de Moura, January 1599; CODOIN, vol. 43 (Madrid 1863) 558. In general: Raimundo A. Rodríguez Pérez, Un linaje aristocrático en la España de los Habsburgo: los Marqueses de los Vélez (1477–1597) (Murcia 2010) 381–398. 82   Johann Khevenhüller to Maximilian II, Madrid, 26 February 1576; HHStA, SDK, 9/27, fol. 239r. See also the Marquis of los Vélez to Johann Khevenhüller, San Lorenzo, 8 August 1577; HHStA, SDK, 9/10, fol. 8r–8v.

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his allies would have preferred Pacheco and unsuccessfully boycotted Terranova, who was close to Vélez. Apart from ambassador Khevenhüller, Vélez’s circle of friends and allies also included his cousin the Count of Monteagudo, ambassador of Philip II in Vienna and declaredly close to the Papacy83. This configuration lasted until 1579, when Vélez was dismissed and returned to his domain. The grace of Philip II shifted once again towards the opposite faction, the „Castilians“, heirs of the Duke of Alba. The new High Steward of Anne was the Count of Barajas, close friend of the royal secretary Mateo Vázquez, the new strongman at court84. The queen did not fully appreciate this transition, as she died a few months later, on 26 October, 1580. In spite of pregnancy, she decided to accompany her husband to Portugal and died in Badajoz. She was 31 years old85.

Queen Anne as a political Actor The creation and development of the queen’s household shows that Anne had a minor role in choosing those who served her. The struggle to control the appointments was a subtle battle between cardinal Espinosa and Empress Mary; that is, the favourite and the sister of the king. In general, it reflected a factional conflict between the followers of the Duke of Alba, the „Castilians“, and those of the Prince of Eboli, the „Papists“. The latter defended a confessional policy closely linked to the Papacy and a closer alliance with the Empire. Anne was nearer to those servants chosen by her mother because they were people she knew from the Empire. In this field, her political role was indirect: to strengthen contacts and exchanges between the courts of Madrid and Vienna and to subsequently support the courtiers able to further these ends86. Both Philip II and Maximilian II expected that Anne of Austria would serve as a further step in their alliance because of the closer family ties87. More concretely, she (and her retinue) was expected to lobby and mediate to smooth the tensions and quarrels between both lines of the dynasty. The Spanish ambassador in Vienna, Count of Monteagudo, suggested to Philip II that he used his new wife as a tool to pressure Maximilian II. As the Emperor was deeply attached to his favourite daughter, Monteagudo suggested that Anne could write to him and express her concern over his dubious confessional attitude. It was no secret that Maximilian II sympathised with Protestantism. Mary of Austria and then Anne were the most efficient mediators of Philip II who worked to prevent an undesired 83  Santiago Fernández Conti, Los Consejos (cit. n. 62) 205–208; Nuntiaturen des Orazio Malaspina und des Ottavio Santacroce. Interim des Cesare dell’Arena (1578–1581), ed. Alexander Koller (NBD III/10, Berlin–Boston 2012) LIXs. Cardinal Alessandrino to Nuncio Biglia, Rome, 31 March 1570; Nuntius Biglia 1570 (Jänner) – 1571 (April), ed. Hans Krame (NBD II/7, Tübingen 1952) 16. 84   Johann Khevenhüller to Rudolf II, Madrid, 25 February 1579; Die Berichte von Johann Khevenhüller, kaiserlicher Gesandter in Spanien, an Rudolf II. (1579), ed. Maria Stieglecker (Wien 1995) 27; Martínez Millán, La corte (cit. n. 31) 171. 85  Lindorfer, Ana de Austria (cit. n. 24) 424s. 86  For the fluid interchange of presents and exotic goods, see Pérez de Tudela, La reina Anna (cit. n. 20) 1566–1575. 87  Ha venido a crecer tanto con este tan estrecho vínculo el deseo y obligación que yo tengo para los complacer, agradar y dar contentamiento, que ha de ser vuestro principal cuidado el representarles esto y servirlos y agradarlos de la misma manera que a mí, y en especial a la emperatriz, mi hermana, a quien yo en todas razones y consideraciones tengo particular voluntad y amor. Instructions to the Count of Monteagudo, Madrid, 12 January 1570; ­CODOIN (cit. n. 26) 2.



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turn in his confessional Catholic policy88. During the first part of her stay in Madrid, Maximilian II turned to his daughter to obtain her mediation in the Finale crisis. This small fief on the Ligurian coast had been occupied by Spanish troops in 1571 after the deposed Marquis of Finale, Alfonso II del Carretto, had declared himself under imperial protection89. The positions of Philip II and Maximilian II were far apart from each other, but courteous discussions developed. Empress Mary provided an important service of mediation and moderation in Vienna90. Maximilian II expected that his daughter Anne could play the same role in Madrid. Apart from the Emperor’s letters, the imperial ambassador Khevenhüller spoke to her on several occasions or appealed to Margarita de Cardona to convince the queen to pay more attention to this crisis. These indirect channels show why it was so important for Empress Mary to deploy favourable people in her daughter’s entourage91. Apart from these cases, the only opportunities for Queen Anne to recommend particular people or promise protection were during her journey to Spain, even though she was surrounded by the staff chosen by the Emperor. For example, during her stay in Cologne she promised to speak to Philip II regarding the requests of the city. Ambassador Monteagudo bypassed her and made it clear to the city authorities of Cologne that he was the only valid channel of communication with the king92. Those situations were not often repeated at the Spanish court. Philip II was a mature king who was very zealous in his royal role. As a result, he did not allow formal interventions by his wife in the decision-making process. He especially tried to prevent her from becoming a patron of German affairs. Based on family conventions, she was only permitted a more active role when requests came from a member of the dynasty: for example, when her uncle the Archduke Ferdinand recommended a grace for Jakob Hannibal von Hohenems, veteran captain in the Netherlands93. She also maintained beneficial correspondence with her aunt Anne of Austria, Duchess of Bavaria, and her cousin William V, future Duke of Bavaria. For instance, Queen Anne helped William V to acquire precious Spanish horses and other favours94. In the case of other imperial princes, Philip II made it clear to petitioners that the queen was not the route to acquire royal favour. This was the case with Erich II of Braunschweig who, in 1576, wrote to both the king and the queen to request compensation for his military services. Philip II dictated the answer of his wife: the king was willing 88   This strategy was abandoned because Maximilian II might suspect that his daughter’s letters were initiated by Philip II. The Count of Monteagudo to Philip II, Speyer, 15 August 1570; ibid. 50s. 89   Rodríguez Pérez, Servir (cit. n. 80) 446–458. 90  Mary of Austria to Philip II, Vienna, 13 February 1572; Epistolario de la emperatriz María (cit. n. 21) 240. 91   Johann Khevenhüller to Margarita de Cardona, 2 January 1571; HHStA, SDK, 8/2, fol. 48r. Maximilian II to Johann Khevenhüller, Vienna, 24 October 1571; HHStA, SDK, 8/14, fol. 2r. Johann Khevenhüller to Margarita de Cardona, 27 December 1571; HHStA, SDK, 8/2, fol. 22r. Lindorfer, Ana de Austria (cit. n. 24) 423. 92  The Count of Monteagudo to Philip II, Speyer, 30 November 1570; CODOIN (cit. n. 26) 121. Anne of Austria recommended the imperial secretary Alonso de Gámiz to the Duke of Alba. Anne of Austria to the Duke of Alba, ca. 31 October 1570; HHStA, SDK, 7/38, fol. 29r. 93  Archduke Ferdinand of Tirol to Anne of Austria, Innsbruck, 29 November 1576; AGS, E, 677, no. 82. Friedrich Edelmayer, Söldner und Pensionäre. Das Netzwerk Philipps II. im Heiligen Römischen Reich (Studien zur Geschichte und Kultur der iberischen und iberoamerikanischen Länder 7, Wien–München 2002) 184s. 94  William V, Duke of Bavaria, to Anne of Austria, Munich, 9 October 1571; CODOIN (cit. n. 26) 309s. Anne of Austria, Duchess of Bavaria, to Anne of Austria, Queen of Spain, Munich, 9 October 1571; ibid. 310.

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to reward him and therefore he did not need the queen’s recommendation95. The imperial ambassador Khevenhüller regularly spoke to Queen Anne and discussed with her the bilateral relations between Madrid and Vienna. One of the most obvious examples occurred around 1575, as it was debated who should replace Monteagudo as new Spanish ambassador in the Empire. Juan de Borja, the final appointee, was the best positioned candidate, but Khevenhüller and Queen Anne looked for other options because Borja was too ­authoritative and expert to be controlled. The favourite was the Count of Orgaz, who was ein mittelmässiger erfahrner und woll intentionierter96. This candidacy failed, showing that Khevenhüller and Queen Anne agreed on many points and had concrete plans, but lacked the opportunity to decisively influence Philip II97. The same happened with the king’s sisters: on several occasions, Philip II demanded the advice of Joanna of Austria concerning diverse routine business, but did not permit her to become a political counsellor. In the case of Mary of Austria, Philip II offered her the viceroyalty of Portugal when she returned to Spain in 1582, but she refused in order to spend her last years at Las Descalzas Reales98. Her brother could entrust her with distant governorships, but did not desire her to become an authority in Madrid. As she bitterly confided in papal legate Borghese, Philip II did not concede her a political space or a share in governance99. Philip II resorted to Anne of Austria as a diplomatic agent on those occasions where a soft feminine approach was helpful to further his interests. In 1580, he was preparing his candidacy to become King of Portugal and worked to win the support of the Portuguese aristocracy. As the Marquise of Villareal had just given birth to a son, the queen sent her a present and a letter of congratulation in order to become nearer100. Anne of Austria could only impose personal decisions in the case of limited appointments in her household, a breach of court traditions to suit her will or in questions of family life. In 1579, ambassador Khevenhüller reported that the queen convinced Philip II to remain in Madrid during Christmas and not travel to El Escorial as he desired. Khevenhüller noted that the influence and confidence of Anne had evidently grown over the last years101. Regrettably, she died a few months later.

95  Anne of Austria to Erich II of Braunschweig, Madrid, 28 April 1576; AGS, E, 675, no. 60. Edelmayer, Söldner (cit. n. 93) 193–196. 96   Johann Khevenhüller to Maximilian II, Madrid, 28 February 1575; HHStA, SDK, 9/27, fol. 148v. See also his letters of 5 August 1575 and 29 January 1576; ibid., fol. 187r–188r and 233r. 97   According to Khevenhüller, Anne was neither fully informed of political affairs nor very powerful with Philip II. At least, however, she warned Khevenhüller of the Duchess of Braunschweig’s plans in favour of the Duke of Alençon. Johann Khevenhüller to Rudolf II, Madrid, 2 April and 13 May 1579; Die Berichte von Johann Khevenhüller (cit. n. 84) 59 and 77s. 98   Elisabeth Schoder, Die Reise der Kaiserin Maria nach Spanien (1581/82), in: Hispania–Austria 2. La época de Felipe II, ed. Friedrich Edelmayer (Studien zur Geschichte und Kultur der iberischen und iberoamerikanischen Länder 5, Wien–München 1999) 151–180, at 152–157; Relazione di Spagna di Girolamo Soranzo, Venice, 1602, in: Relazioni degli stati europei lette al Senato dagli ambasciatori Veneti nel secolo decimosettimo, ed. Nicolò Barozzi–Gugliemo Berchet, vol. I/1 (Venezia 1856) 163s. 99   Ricardo de Hinojosa y Naveros, Los Despachos de la diplomacia pontificia en España. Memoria de una misión oficial en el Archivo secreto de la Santa Sede (Madrid 1896) 365s. 100   Pérez de Tudela, La reina Anna (cit. n. 20) 1583. 101   Ibid. 1573; García Prieto, La infanta (cit. n. 46) 121; Lindorfer, Ana de Austria (cit. n. 24) 422.



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Conclusions: The role of Austrian Princesses in Madrid Anne of Austria was neither an authoritative figure nor a powerful patroness, but deserves to be analysed nevertheless. We can measure her importance by the void she left: only after her death, did Philip II seriously consider the insistent pleas of Empress Mary to be allowed to return to Spain. Once Emperor Maximilian II had died in 1576 and his son and successor Rudolf II was well rooted in power, she had felt that her mission in Central Europe was completed. Both the Spanish king and the Emperor ignored her claims. Philip II only changed his mind once he became a widower: in case of sudden death, he needed an authoritative figure of the dynasty to raise his children and take over the regency102. He also needed a new wife, and the most obvious options were the sisters of the late queen because they offered the same advantages as Anne. Elizabeth of Austria, Dowager Queen of France, refused this option in spite of the pressure exercised by her brother Rudolf II. The young Emperor and his brothers had a clear idea of the necessity of this wedding: it meant a further asset to the Spanish alliance, expectations of both high offices for her brothers and protection for the Emperor, and a possibility to overcome the crisis caused by Archduke Matthias, who had taken the side of the Dutch rebels103. Elizabeth refused and soon thereafter retired to Königinkloster, the convent she founded in ­Vienna. Her younger sister Margaret, who escorted Empress Mary to Spain and entered the monastery of Las Descalzas Reales as Sister Margaret of the Cross, gave the same negative answer to Philip II104. The political role of Queen Anne was not that of sharing in the decision-making process, but asserting a soft-power influence. She gave a position to the courtiers of the Eboli faction who were favourable to an alliance with the Emperor and the Papacy. In that sense, she inherited the political capital of Infanta Joanna of Austria and added an imperial character to her confessional and Romanist traits. Soon thereafter Dowager Empress Mary of Austria occupied the void left by her daughter Queen Anne. Moreover, Mary reinforced the position of Las Descalzas Reales as an alternative centre of power105. In that sense, Anne of Austria represented the fundamental echelon of a longstanding „imperial feminine faction“ in which she was followed by Empress Mary of Austria, Queen Margaret of Austria, the nuns Margaret of the Cross and Anne Dorothy of Austria (the natural daughter of Emperor Rudolf II) and finally Queen Marianne of Austria. These women were quickly integrated in the interplay of the Madrid factions: Anne found an established bilateral struggle between Alba and Eboli when she arrived and was positioned on the Eboli-Papal side, while Queen Margaret directed the opposition to the royal favourite Duke of Lerma because he had no other counterbalance. Moreover, their 102  Plus, a member of the dynasty was also needed to rule the recently acquired Crown of Portugal. As Empress Mary refused to change her plans of retirement at Las Descalzas Reales, the viceroyalty was entrusted to her son Archduke Albert; Luc Duerloo, Dynasty and Piety. Archduke Albert (1598–1621) and Habsburg Political Culture in an Age of Religious Wars (Farnham 2012) 25. 103  Nuncio Santacroce to Cardinal Gallio, Prague, 24 July 1571; NBD III/10 (cit. n. 83) 508–510. 104  Hortensio Félix Paravicino y Arteaga, Oraciones evangélicas y panegíricos funerales (Madrid 1695) 347–350. 105   José Martínez Millán, La emperatriz María y las pugnas cortesanas en tiempos de Felipe II, in: Felipe II y el Mediterráneo, ed. Ernest Belenguer Cebrià, vol. 3 (Madrid 1999) 143–162; Sánchez, The Empress (cit. n. 2) 36–60.

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role as „opposition patrons“ depended heavily on the general setting created by Philip II and Philip III. Joanna of Austria was a patroness of the opposition but collaborated with Philip II, who did not allow either Joanna or Mary a share in governance. Anne and her household gravitated to the „Papal Party“ because of Mary’s and Joanna’s patronage, and the imperial ministers had a better understanding of these actors due to the confessional situation in Germany. The Spanish ambassadors during these decades (the aforementioned Monteagudo and Vélez and Juan de Borja) were also part of this group. In conclusion: the existence, at least in the historiography, of a „Spanish faction“ at the imperial court is well known. What happened on the other side of the picture? Did the Austrian queens represent an „imperial faction“ in Madrid? Largely, since the times of Philip II it seems that there was a tension in Spanish policy-making between the conservative tendency and another of more idealistic and universalist plans (to be „inquisitors of foreign nations“, in the words of Cardinal Sandoval)106. These tendencies were supported by the Papacy, according to its ecumenical vocation, and the Emperors who needed an ambitious Spanish Monarchy willing to reinforce and finance their imperial policy. Such a triangle of confessional and dynastic affinity, the fearsome Diacatholicon depicted by Paolo Sarpi, only worked efficiently in specific situations, such as during the first phase of the Thirty Years War. It is beyond doubt that such a powerful entente would have been impossible without the discreet mediation efforts of the Austrian Spanish Queens.

Zusammenfassung Die drei spanischen Könige des 17. Jahrhunderts (Philipp III., Philipp IV. und Karl II.) waren Söhne österreichischer Erzherzoginnen. Diese Frauen spielten eine wichtige Rolle am spanischen Hof, und zwar nicht nur als Mütter, sondern auch als politische Akteurinnen und einflussreiche Repräsentantinnen der kaiserlichen Familie. Nach einem knappen Vergleich dieser drei Fälle konzentriert sich der Beitrag auf die weitgehend vernachlässigte Anna von Österreich. Die politische Rolle Königin Annas bestand nicht darin, an Entscheidungsprozessen teilzunehmen, sondern zeigte sich in der Ausübung eines eher informellen Einflusses. Sie vergab Posten an jene Mitglieder der EboliFaktion, die eine Allianz mit dem Kaiser und dem Papst befürworteten. So gesehen war sie die Erbin des politischen Kapitals der Infantin Johanna. Kurze Zeit später füllte die Kaiserinwitwe Maria die Lücke aus, die ihre Tochter, Königin Anna, hinterlassen hatte. In diesem Sinn bildete Anna von Österreich den Ausgangspunkt für die Formierung einer langlebigen „weiblichen kaiserlichen Faktion“ in Madrid.

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  Consulta of the Council of State, Madrid, 9 June 1611; AGS, E, 709, no. 182.

Fürstin ohne Ort. Vom Scheitern der Bianca Maria Sforza Christina Lutter und Daniela Unterholzner

Als sich Maximilian I. am 4. Februar 1508 – angesichts der politischen Unmöglichkeit einer regulären Kaiserkrönung in Rom – in Trient zum „Erwählten Römischen Kaiser“ proklamieren ließ, war seine zweite Ehefrau Bianca Maria, Nichte des Ludovico Sforza von Mailand, nicht dabei. Sie befand sich seit Februar 1507 in Konstanz, und zwar nicht freiwillig, da Maximilian seine Gattin und ihren gesamten Hofstaat wie so oft aus Geldmangel „verpfänden“ musste1. Der Konstanzer Reichstag hatte ursprünglich eine Basis für Maximilians Romzug und Kaiserkrönung legen sollen. Da der Kaiser die Rückeroberung des 1499/1500 durch den französischen König eingenommenen Herzogtums Mailand als Teil dieses großen Unternehmens konzipiert hatte, war Bianca Maria vielfach in die Verhandlungen involviert oder zumindest über sie informiert. Sie war auch bereits Ende Februar 1507, also zwei Monate vor dem König, in Konstanz eingetroffen und hatte ihn während seiner Abwesenheit vertreten2. Im Juli 1507 fand dort auch die offizielle Totenfeier für Philipp den Schönen, Maximilians einzigen legitimen Sohn, statt. Dieser war bereits am 26. September 1506 völlig unerwartet gestorben. Die mit großem Aufwand in Szene gesetzten Trauer­ feierlichkeiten waren der letzte große öffentliche Auftritt Bianca Marias3. 1  Einen konzisen Überblick über den hier skizzierten politischen Kontext bietet Manfred Hollegger, Maximilian I. (1459–1519). Herrscher und Mensch der Zeitenwende (Stuttgart 2005) 178–190; ausführlich Hermann Wiesflecker, Maximilian I. Das Reich, Österreich und Europa an der Wende zur Neuzeit, 5 Bde. (Wien 1971–1986), Bd. 3: Auf der Höhe des Lebens. 1500–1508. Der große Systemwechsel, Politischer Wiederaufstieg (Wien 1977) 354–379. Verpfändungen 1508: Albrecht von Wolfstain und Anton von Ivano an Maximilian I., Konstanz, 11. Februar 1508: TLA, Max. XIV/1508, fol. 13f. (WMR); Hans von Landau an Zyprian von Serntein, Neumarkt, 18. Mai 1508: TLA, Max. XIII/256/V, fol. 39 (WMR); Bianca Maria Sforza an Ulrich Möringer, Konstanz, 2. Juni 1508: TLA, Autogramme, o. fol.; Bianca Maria Sforza an Ulrich Möringer, Konstanz, 5. September 1508: HHStA, Max. XIII/2, fol. 77 (WMR); Bianca Maria Sforza an Ulrich Möringer, Konstanz, 16. Oktober 1508: ebd. fol. 102; Bianca Maria Sforza an Ulrich Möringer, Konstanz, 9. Dezember 1508; HHStA, Max. XIII/3, fol. 9. – Abkürzungen: ASMi = Archivio di Stato di Milano; HHStA = Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien; TLA = Tiroler Landesarchiv, Innsbruck; Max. = Maximiliana; WMR = Wiesflecker, Maximilian-Regesten (ungedruckt); RI = Regesta Imperii (Vollzitate siehe: http://www.regesta-imperii.de/ startseite.html); ÖNB = Österreichische Nationalbibliothek; SN = Series Nova. 2  Vgl. z. B. zum 28. Februar 1507 die Erwähnung des gut informierten Venezianers Marino Sanudo: Marino Sanuto, I Diarii, 58 Bde., ed. Guglielmo Berchet et al. (Venezia 1879–1902) hier Bd. 7, Sp. 32; vgl. dazu Heidemarie Hochrinner, Bianca Maria Sforza. Versuch einer Biographie (ungedr. phil. Diss. Graz 1966) 89. 3  Sabine Weiss, Die vergessene Kaiserin. Bianca Maria Sforza, Kaiser Maximilians zweite Gemahlin (Innsbruck 2010) 125. Dazu die Berichte des venezianischen Gesandten Vincenzo Querini, der sich vom 18. Februar

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Christina Lutter und Daniela Unterholzner

Erst im Juli 1509 wurde die Königin von Maximilian ausgelöst und verbrachte die letzten 18 Monate ihres Lebens mehrheitlich in Innsbruck. Von dort reiste sie Ende Juli 1509 auch nach Rovereto und Trient, wo sie mit Maximilian zusammentraf. Im Januar 1510 sind nochmals beide an einem Ort, in Bozen, bezeugt. Bianca Maria trat nie mehr offiziell an der Seite ihres Mannes auf – dementsprechend auch nicht als Kaiserin4. Auch in der Kaiserproklamation findet sich keine Erwähnung ihrer Person. Ihr offizieller Titel war weiterhin der einer „Römischen Königin“. So wurde sie auch anlässlich ihres Todes bezeichnet. Im Zusammenhang mit ihrem Begräbnis und letztwilligen Verfügungen wird sie aber inoffiziell immer wieder Kaiserin genannt5. Ausgehend von dieser kurzen Skizze wollen wir die persona der Bianca Maria Sforza entlang der diesem Band zugrundeliegenden Kriterien für einen diachronen strukturellen Vergleich der Handlungsmuster und -spielräume frühneuzeitlicher Kaiserinnen, wie ihn Katrin Keller in ihrem einleitenden Beitrag formuliert, vorstellen. Zu allen vier dort hervorgehobenen Aspekten eines solchen Vergleichs – der Familie, dem höfischen Umfeld, den politischen Handlungen sowie der memoria der zu vergleichenden Frauen – ist die Quellenlage im Fall der Bianca Maria gut6. Schwerpunkte sollen im Folgenden besonders auf den bisher weniger gut vergleichend erforschten Aspekten liegen: Das sind erstens die Herkunftsfamilie der Bianca Maria Sforza, ihre Bildung, Erziehung und – damit verbunden – mögliche Rollenmodelle, die ihr bereits vor ihrer Funktion als Römische Königin zur Verfügung standen. Unser Interesse gilt zweitens den Beziehungsgeflechten, die „den Hof“ der Römischen Königin ausmachten und drittens den spezifischen Möglichkeiten und Grenzen ihres eigenständigen politischen Handelns wie auch politischer Initiativen gemeinsam mit dem König, die nicht zuletzt aus der Qualität und Belastbarkeit dieser Beziehungskonstellationen resultierten. 1507 bis zum 24. November 1507 am Hof Maximilians aufhielt. Seine dispacci (26. Februar–21. November 1507) befinden sich in Venedig, Biblioteca Marciana di Venezia (BMV), cod. Ital. VII, 989 (9581) sowie in der Biblioteca Querini Stampaglia, Ms. Cl. IV, Cod. 5, und wurden im Rahmen der Arbeiten zu den MaximilianRegesten erhoben; hier etwa vom 2. und 12. Juni 1507 (WMR, fol. 40f. und fol. 46f.). Zu Querinis Gesandtschaft vgl. Christina Lutter, Politische Kommunikation in der Frühen Neuzeit am Beispiel der diplomatischen Beziehungen zwischen der Republik Venedig und Maximilian I. (1495–1508) (VIÖG 34, Wien 1998) bes. 150–153 und 170–180; sowie dies., „An das Volk von Venedig“. Propaganda Maximilians I. in Venedig, in: Propaganda, Kommunikation und Öffentlichkeit vom 11.–16. Jahrhundert, hg. von Karel Hruza (Forschungen zur Geschichte des Mittelalters 6, Wien 2002) 235–253. 4  Vgl. Paul von Liechtenstein an die Raitkammer in Innsbruck, Ivano, 24. Juli 1509: HHStA, Max. 14b/1, fol. 44 (WMR); Bianca Maria Sforza an Isabella Gonzaga, Trient, 17. Oktober 1509: Mantova, Archivio di Stato, E.LXI.1, busta 1892, fol. 541; Gian Pietro Gonzaga an Isabella Gonzaga, Rovereto, 1. November 1509: ebd. busta 1992, o. fol. (WMR); Maximilian I. an Paul von Liechtenstein, Calliano, 19. November 1509: TLA, Max. Iva/66, fol. 94f. (WMR; das Frauenzimmer ist in Bozen); 5. Dezember 1509: Sanuto, I Diarii (wie Anm. 2) Bd. 9, Sp. 366 (WMR); Bianca Maria Sforza an Isabella Gonzaga, Bozen, 26. Januar 1510: Mantova, Archivio di Stato, E.LXI.1, busta 1893, fol. 389; 9. Februar 1510: Sanuto, I Diarii (wie Anm. 2) Bd. 9, Sp. 518 (WMR, Bianca Maria befindet sich auf dem Weg nach Innsbruck); Donato de Pretis an Isabella Gonzaga, Trient, 13. Februar 1510: Mantova, Archivio di Stato, E.LXI.1, busta 1893, fol. 394 (Bianca Maria in Innsbruck; Maximilian kurz zuvor von dort nach Augsburg abgereist); Bianca Maria Sforza an Francesco Gonzaga, Innsbruck, 15. August 1510: Mantova, Archivio di Stato, E.II.2, busta 429, fol. 62. Siehe dazu im Detail Daniela Unterholzner, Königin Bianca Maria Sforza (1472–1510). Herrschaftliche Handlungsspielräume einer Königin vor dem Hintergrund von Hof, Familie und Dynastie (ungedr. phil. Diss. Innsbruck 2015) besonders Kapitel 2.5, 65–70 und 3.2.2.4, 167–178. 5  Weiss, Vergessene Kaiserin (wie Anm. 3) 130. 6  Zum letztgenannten Aspekt bietet eine gute Übersicht mit weiterführender Literatur zu Bianca Maria Weiss, Vergessene Kaiserin (wie Anm. 3) 213–240. Zum Vergleich mit Maximilians erster Ehefrau Maria von Burgund siehe Ann M. Roberts, The Posthumous Image of Mary of Burgundy, in: Women and Portraits in Early Modern Europe. Gender, Agency, Identity, hg. von Andrea Pearson (Aldershot 2008) 55–70.



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Geschlecht und Politik In dem einleitenden Beitrag zu diesem Band betont Katrin Keller zu Recht, dass trotz anhaltender Konjunktur von Geschlechterforschung im Allgemeinen und Geschlechtergeschichte im Besonderen, trotz deren explizitem Interesse an den Wechselwirkungen von Politik, Kultur und Geschlecht und trotz geschlechtergeschichtlicher Studien zu mittel­ alterlichen und frühneuzeitlichen Höfen und Herrscherinnen entsprechende Fragen zu Kaiserinnen bislang wenig systematisch gestellt worden sind7. Ähnliches gilt für das höfische Umfeld Maximilians I.: Waren traditionelle Reichsgeschichts- und Dynastie­ forschung doch lange pièces de résistance für die Geschlechtergeschichte (und umgekehrt), und dominierte in der älteren Forschung zu Maximilians Herrschaft die Konzentration auf seine Herrscherpersönlichkeit8. Beides hat sich in den vergangenen Jahren geändert: Scheinbar individuelle Eigenschaften, Handlungen und Verhaltensweisen werden verstärkt als Repräsentationen von politischen Mustern, sozialen Rollenbildern und kulturellen Traditionen interpretiert. Das Interesse gilt den Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Normen, den Konstruktionen von – nicht nur, aber auch geschlechtlich gedachten – Rollenmodellen und den sozialen Interaktionen von Männern und Frauen unter spezifischen Rahmenbedingungen. Fragt man nach den Beziehungen zwischen Geschlecht, Politik und Machtverhältnissen, rückt die Einzigartigkeit „besonderer“ Frauen und Männer in den Hintergrund und gibt den Blick frei auf strukturelle und diskursive Möglichkeiten und Grenzen des politischen Handelns von Menschen beiderlei Geschlechts im Rahmen von Geschlechterordnungen9. Eine Prämisse der Geschlechterforschung lautet: Geschlecht als soziale Kategorie steht meist in komplexen Wechselbeziehungen zu anderen Kategorien der Wahrnehmung und Klassifikation sozialer Zugehörigkeit, die ebenso oft widersprüchlich wirksam werden. Diese Widersprüche sind besonders interessant, weil sie den Konstruktionscharakter von sozialen Kategorien ebenso wie deren „Realitätseffekte“ sichtbar machen10. Geschlecht

7  Vgl. die bibliographischen Angaben in dem einleitenden Beitrag. Hier sei als Ausnahme für mittelalterliche Kaiserinnen der gleichnamige Band hervorgehoben: Die Kaiserinnen des Mittelalters, hg. von Amalie Fößel (Regensburg 2011). 8  Exemplarisch ist die klassische und vielfach nach wie vor grundlegende fünfbändige Biografie von Hermann Wiesflecker, Maximilian I. (wie Anm. 1). Kritisiert wurde eine solche Einschränkung bereits von Jan-Dirk Müller, Gedechtnus. Literatur und Hofgesellschaft um Maximilian I. (München 1982). Gute Übersichten über neue Ansätze der vergangenen Jahrzehnte bieten die Beiträge in den Bänden Maximilian I. 1459– 1519. Wahrnehmung – Übersetzung – Gender, hg. von Heinz Noflatscher et al. (Innsbrucker Historische Studien 27, Innsbruck 2011); für den hier relevanten Zusammenhang besonders der Abschnitt III. Gender und Handlungsspielräume, 251–301, und Maximilians Welt. Kaiser Maximilian I. im Spannungsfeld zwischen Innovation und Tradition, hg. von Johannes Helmrath–Ursula Kocher (Berliner Mittelalter- und Frühneuzeitforschung, Berlin 2016, im Druck). 9   Für einen aktuellen Überblick über Neuorientierungen in der Geschlechtergeschichte vgl. Claudia Opitz, Geschlechtergeschichte (Frankfurt am Main 2010); eine rezente Sammlung von Beiträgen mit umfassenden bibliografischen Angaben bietet The Ashgate Research Companion to Women and Gender in Early Modern Europe, hg. von Allyson M. Poska et al. (Farnham 2013). 10   Grundlegend in diesem Zusammenhang sind Joan Scott, Gender. A Useful Category of Historical Analysis. American Historical Review 91 (1986) 1053–1075; sowie Natalie Zemon Davis, Gesellschaft und Geschlechter. Studien über Familie, Religion und die Wandlungsfähigkeit des sozialen Körpers (Berlin 1986). Zum letztgenannten Aspekt in diesem Zusammenhang Joan Scott, The Evidence of Experience. Critical Inquiry 17/4 (1991) 773–797.

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Christina Lutter und Daniela Unterholzner

ist zudem eine Leitkategorie zeitgenössischen dynastischen Denkens11. Das semantische Feld des genealogischen Begriffs „Geschlecht“ bietet zahlreiche Bezüge zur analytischen Kategorie der Geschlechterforschung: Dynastische Politik ist einer der zentralen Faktoren mittelalterlicher und neuzeitlicher Herrschaftspolitik – Familie, Verwandtschaft, Freundschaft sind einander überlappende semantische und soziale Felder und dienten der Verhandlung von territorialen und ökonomischen, rechtlichen und symbolischen Ansprüchen12. Geschlecht auch in diesem Sinn als relationale Kategorie zu denken, ist für den Vergleich verschiedener Kaiserinnen besonders viel versprechend13.

Repräsentation und Politik Die folgenden Überlegungen gehen von einem erweiterten Politikbegriff aus, wie ihn Barbara Stollberg-Rilinger für eine Kulturgeschichte des Politischen formuliert hat oder Roger Chartier, der Kulturgeschichte zwischen Repräsentationen und Praktiken verortet hat14. Was bedeutet das in diesem Zusammenhang? Wahrnehmungen, Vorstellungen und Darstellungen von Geschlechterrollen und -beziehungen haben Einfluss auf die soziale und politische Praxis, indem Menschen kulturelle Muster verwenden, dabei sowohl bestätigen wie auch verändern und neue Handlungsspielräume schaffen – und so Spuren in der Überlieferung hinterlassen, die uns zur Verfügung steht15.

11   Explizit diskutiert von Heide Wunder, Dynastie und Herrschaftssicherung in der Frühen Neuzeit, in: Geschlechter und Geschlecht, hg. von ders. (ZHF Beiheft 28, Berlin 2002) 9–27; vgl. auch dies., Herrschaft und öffentliches Handeln von Frauen in der Gesellschaft der Frühen Neuzeit, in: Frauen in der Geschichte des Rechts. Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart, hg. von Ute Gerhard (München 1997) 27–54. 12   Für die hier angesprochenen Aspekte relevante methodische Perspektiven: Jörg Rogge, Nur verkaufte Töchter? Überlegungen zu Aufgaben, Quellen, Methoden und Perspektiven einer Sozial- und Kulturgeschichte hochadeliger Frauen und Fürstinnen im deutschen Reich während des späten Mittelalters und am Beginn der Neuzeit, in: Principes. Dynastien und Höfe im späten Mittelalter, hg. von Cordula Nolte et al. (Residenzenforschung 14, Stuttgart 2002) 235–276; Matthias Schnettger, Weibliche Herrschaft in der Frühen Neuzeit. Einige Beobachtungen aus verfassungs- und politikgeschichtlicher Sicht, in: Gynäkokratie. Frauen und Politik in der höfischen Gesellschaft der Frühen Neuzeit, hg. von Katrin Keller, zeitenblicke 8/2 (2009) http://www.zeitenblicke.de/2009/2/schnettger (Zugriff: 31. 7. 2014); Regina Schulte, Introduction: Conceptual Approaches to the Queen’s Body, in: The Body of the Queen. Gender and Rule in the Courtly World, 1500–2000, hg. von ders. (New York–Oxford 2006) 1–15; Allyson M. Poska, Upending Patriarchy: Rethinking Marriage and Family in Early Modern Europe, in: Women and Gender in Early Modern Europe (wie Anm. 9) 195–212. 13  Besonders Michaela Hohkamp, Im Gestrüpp der Kategorien. Zum Gebrauch von „Geschlecht“ in der Frühen Neuzeit, in: Die Macht der Kategorien. Perspektiven historischer Geschlechterforschung, hg. von Andrea Griesebner–Christina Lutter (Wiener Zeitschrift zur Geschichte der Neuzeit 2/2, Innsbruck 2002) 6–17; Michaela Hohkamp, Sisters, Aunts, and Cousins. Familial Architectures and the Political Field in Early Modern Europe, in: Kinship in Europe. Approaches to Long-term Developments (1300–1900), hg. von David W. Sabean et al. (New York–Oxford 2007) 91–104. 14  Was heißt Kulturgeschichte des Politischen?, hg. von Barbara Stollberg-Rilinger (ZHF Beiheft 35, Berlin 2005); Roger Chartier, Einleitung. Kulturgeschichte zwischen Repräsentationen und Praktiken, in: ders., Die unvollendete Vergangenheit. Geschichte und die Macht der Weltauslegung (Frankfurt am Main 1992) 7–23. 15   Z. B. die Beiträge in: Fürstin und Fürst. Familienbeziehungen und Handlungsmöglichkeiten von hochadeligen Frauen im Mittelalter, hg. von Jörg Rogge (Ostfildern 2004); Donne di potere nel rinascimento, hg. von Letizia Arcangeli–Susanna Peyronel (Roma 2008); Keller, Gynäkokratie (wie Anm. 12).



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Politik braucht – nicht nur, aber doch maßgeblich – öffentliche Sichtbarkeit, um wirksam zu werden. Die Herrschaftspolitik „vormoderner“ Höfe ist besonders eindrucksvoll durch eine Kultur der Sichtbarkeit charakterisiert, in welcher der symbolischen Statusrepräsentation eine große Rolle zukommt, um den Erwartungen an Rollen und Funktionen zu genügen16. Erwartungen folgen Rollenmodellen, die durch öffentliche performative Praxis dargestellt und adaptiert, bestätigt und modifiziert werden. Gerade hier scheint die Verschiebung der Schwerpunktsetzung weg von spezifischen Frauen und hin zu den strukturellen und diskursiven Chancen und Grenzen politischen Handelns von Männern und Frauen unter den Bedingungen von Geschlechterordnungen deutlich zu werden, die mit einem erweiterten Politikbegriff korrespondiert. Die Frage nach dem Profil und den Handlungsmöglichkeiten einer spezifischen Herrscherin lässt sich daher am besten in vergleichender Perspektive stellen. Bianca Maria Sforza wurde als zweite Ehefrau Maximilians bereits von ihren Zeitgenossen vor allem mit ihrer Vorgängerin, der früh verstorbenen Erbtochter Maria von Burgund und Mutter Philipps und Margarethes, der späteren Statthalterin der habsburgischen Niederlande, verglichen. Beide, Maria und Margarethe, sind repräsentativ für unterschiedliche zeitgenössische Rollenmodelle politisch erfolgreicher Fürstinnen. Die Gleichzeitigkeit dieser Modelle unterstreicht die prinzipielle Offenheit von potentiell erfolgreichen Repräsentations- und Handlungsmustern und die Vielfalt der Faktoren, die in ihnen wirksam werden konnten17. Maria repräsentiert aufgrund ihres Status als burgundische Erbtochter und Mutter des Thronfolgers das traditionellere Rollenmodell, das durch ihren frühen Tod festgeschrieben wurde: Denn ungeachtet des deutlich differenzierteren Profils, das die Überlieferung für die wenigen Jahre ihrer aktiven Herrschaft vermuten lässt, machte sie die habsburgische memoria zur dynastisch herausragenden – allerdings passiven – Schlüsselfigur an der Seite Maximilians18. Margarethe hingegen konnte gerade die schwierigen Ausgangsbedingungen von drei gescheiterten dynastischen Projekten nach dem Tod ihres Bruders Philipp als zweifache Witwe für die Entwicklung eines neuen, weit über ihr eigenes Leben hinausreichenden Typs von Herrschaft erfolgreich nutzen. Dabei griff sie auf Rollenmodelle zurück, die ihr bereits an den Höfen zur Verfügung gestanden hatten, an denen sie erzogen worden war. Diese baute sie in ihrer eigenen Residenz in Mecheln weiter aus und integrierte dabei eine Vielzahl sowohl geschlechtsneutraler als auch geschlechtlich markierter Kriterien19. Wie kann man im Vergleich mit diesen bei16   Vgl. dazu die Publikationen der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (http://resikom.adw-goettingen.gwdg.de/publ.php, Zugriff am 31. 7. 2014), hier etwa Fürsten an der Zeitenwende zwischen Gruppenbild und Individualität. Formen fürstlicher Selbstdarstellung und ihre Rezeption (1450–1550), hg. von Oliver Auge et al. (Residenzenforschung 22, Ostfildern 2009); vgl. auch Barbara Stollberg-Rilinger, Des Kaisers alte Kleider. Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reichs (München 22013). 17  Für einen Vergleich siehe Christina Lutter, Zur Repräsentation von Geschlechterverhältnissen im höfischen Umfeld Maximilians, in: Maximilians Welt (wie Anm. 8) in Druck. 18  Ann M. Roberts, The Horse and the Hawk: Representations of Mary of Burgundy as Sovereign, in: Excavating the Medieval Image: Manuscripts, Artists, Audiences, hg. von David S. Areford–Nina A. Rowe (Aldershot 2004) 135–150, und Ann M. Roberts, Posthumous Image (wie Anm. 6). 19   In vergleichender Perspektive: Women of Distinction. Margaret of York, Margaret of Austria. Exhibition „Women of Distinction, Margaret of York and Margaret of Austria“, Mechelen, Lamot, 17. 9.–18. 12. 2005, hg. von Dagmar Eichberger (Leuven 2005); Women at the Burgundian Court: Presence and Influence, hg. von ders. et al. (Burgundica 17, Turnhout 2010); Laura D. Gelfand, Regency, Power and Dynastic Visual

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den Fürstinnen die Rahmenbedingungen für Bianca Marias Rolle als Römische Königin beschreiben20?

Herkunft und Ausbildung Vor allem für die Zeit der Heiratsanbahnung zwischen Maximilian und Bianca Maria Sforza, und besonders seit dem 30. November 1493, als die Hochzeit zunächst per procuram in Mailand stattfand, ist deren Leben im Rahmen der Regesta Imperii ausgezeichnet dokumentiert: Urkunden und erzählende Quellen, Briefe von Gesandten, Räten und höfischem Personal sowie Bianca Marias eigene Korrespondenz, besonders aber die zunehmend genauer, wenn auch längst nicht systematisch dokumentierte Hofverwaltung geben einen guten Einblick in die eingangs umrissenen Themenfelder: die Erwartungen an die neue Königin, ihre herrschaftlichen Handlungsmöglichkeiten und die Beziehungsgeflechte an ihrem Hof21. Zu Kindheit und Erziehung Bianca Marias war bis vor kurzem vergleichsweise wenig bekannt. Nachforschungen in den Archiven von Mailand, Abbiategrasso und Vigevano brachten allerdings neue Erkenntnisse22. Bianca Maria Sforza wurde 1472 als drittes Kind des Mailänder Herzogs Galeazzo Maria Sforza und der Bona von Savoyen geboren. Galeazzo Maria entstammte dem condottieri-Geschlecht der Sforza, das sich durch militärischen Erfolg als Nachfolger der Visconti in Mailand etablieren konnte. Bona hingegen stammte aus dem alten Adelsgeschlecht der Herzöge von Savoyen und war zudem als Schwägerin des französischen Königs Ludwig XI. mit einer der wichtigsten Dynastien in Europa verwandt. Sie hatte ihre Erziehung am französischen Hof genossen und blieb Zeit ihres Lebens auch in Kontakt mit Philipp I. von Savoyen und den französischen Königen. Memory: Margaret of Austria as Patron and Propagandist, in: The Texture of Society. Medieval ­Women in the Southern Low Countries, hg. von Ellen E. Kittell–Mary A. Suydan (New York 2004) 203–220; ­Lorraine Attreed, Gender, Patronage, and Diplomacy in the Early Career of Margaret of Austria (1480–1530). ­Mediterranean Studies 20/1 (2012) 3–27; sowie William Monter, An Experiment in Female Governance. The Habsburg Netherlands 1507–1567. History Research 3/6 (2013) 441–452. 20   Lange waren die Studie von Felice Calvi, Bianca Maria Sforza-Visconti, regina dei romani, imperatrice germanica, e gli ambasciatori di Lodovico Moro alla corte cesarea secondo nuovi documenti (Milano 1888) und die ungedruckte Dissertation von Heidemarie Hochrinner (1966, wie Anm. 2) die einzigen umfassenden Arbeiten zu der ansonsten als wenig interessant erachteten Herzogstochter. Auch dies hat sich in den letzten Jahren geändert. Vgl. den reich ausgestatteten Band von Weiss, Vergessene Kaiserin (wie Anm. 3), sowie die einschlägigen Beiträge in Maximilian I. 1459–1519. Wahrnehmung – Übersetzung – Gender (wie Anm. 8): Sabine Sailer, Kleidung und Mode am Hof Königin Bianca Maria Sforzas (1493–1510) 171–189, Christina Lutter, Geschlecht, Beziehung, Politik. Welche Möglichkeiten und Grenzen „erfolgreichen“ Handelns hatte Bianca Maria Sforza? 251–266, Christina Antenhofer, Emotions in the Correspondence of Bianca Maria Sforza 267–286, und Daniela Unterholzner, Essensalltag bei Hof. Zum Frauenzimmer Bianca Maria Sforzas 287–301, jeweils mit weiteren Literaturangaben, sowie die Dissertation von Unterholzner, Bianca Maria Sforza (wie Anm. 4). 21   Rund 740 Einträge zu Bianca Maria aus den Jahren 1493 bis 1504 sind mittlerweile gedruckt und online zugänglich: http://www.regesta-imperii.de/regesten/suche.html (Zugriff am 31. 7. 2014). Die noch ungedruckten Regesten von 1505 bis zu ihrem Tod 1510 sind im Rahmen der WMR am Institut für Mittelalterforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Arbeitsstelle Regesten Maximilians I., Forschungszentrum Graz, einsehbar. 22   Diese Quellen sind nunmehr systematisch aufgearbeitet in Unterholzner, Bianca Maria Sforza (wie Anm. 4). Für die Briefe Bianca Marias auf neuer Quellenbasis vgl. z. B. Antenhofer, Emotions (wie Anm. 20) 267f.



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So setzte sich Ludwig XI. 1482 für die verwitwete Mailänder Herzogin ein. Seinen Nachfolger Karl VIII. besuchte sie am 14. Oktober 1494, als dieser auf seinem Feldzug nach Neapel war23. Bianca Marias Brüder Gian Galeazzo und Hermes waren knapp drei und zwei Jahre älter als sie. Ihre Schwester Anna kam 1476 auf die Welt. Caterina Sforza, das berühmteste der unehelichen Kinder ihres Vaters, zog nach Rom, als Bianca fünf Jahre alt war. Bianca Maria hielt sich gemeinsam mit ihrer Schwester Anna häufig in den Residenzen der Sforza, besonders in Mailand, Pavia, Vigevano und Abbiategrasso, auf24. Mailand entwickelte sich unter den Visconti und den Sforza zu einem florierenden Zentrum höfischer Kultur in Europa25. Donato Bramante, Leonardo da Vinci sowie ­Cristoforo und Giovanni Ambrogio de Predis waren in Mailand tätig 26. Sie wurden vor allem von Ludovico Sforza gefördert, der nach der Ermordung seines Bruders Galeazzo Maria (1476) und einer kurzen Regentschaft von dessen Witwe Bona für ihren unmündigen ältesten Sohn Gian Galeazzo die Herrschaft in Mailand übernahm und die Stadt zum „Athen Italiens“ machen wollte. Humanistische Chronisten und Dichter wie Gaspare Visconti oder Bernardo Bellincioni waren im Dienst der Sforza27. Musik spielte an den Höfen der Sforza eine wichtige Rolle. Bereits Galeazzo Maria hatte eine hervorragende Musikkapelle etabliert28. Eine tadellose Tanzausbildung der Kinder war selbstverständlich. Später erregte vor allem in Bianca Marias ersten Jahren am Innsbrucker Hof der Tanz der Italienerinnen Aufsehen. Sie selbst scheint eine geschulte Tänzerin gewesen zu sein, der das Tanzen viel Freude bereitete29. Auf ihren Reisen wurden die Kinder von Ammen, Erzieherinnen und Erziehern begleitet, deren Namen nur selten bekannt sind. Die Eltern und – nach dem Tod Galeazzo 23   George F. Warner, Miniatures and Borders from the Book of Hours of Bona Sforza, Duchess of Milan in the British Museum (London 1982) iv–v; Zelmira Arici, Bona di Savoia, ducessa di Milano (Torino 1935) 175–202. Im Staatsarchiv Mailand und im Stadtarchiv in Vigevano finden sich zahlreiche noch nicht aufgearbeitete Quellen zu Bona von Savoyen. Eine Diskussion ihrer Person in geschlechtergeschichtlicher Perspektive steht noch aus. 24  Vgl. Maria Nadia Covini, Vigevano fra Tre e Quattrocento. La ‚metamorfosi del borgoʽ tra iniziative dinastiche e intraprendenza locale, in: Splendori di corte. Gli Sforza, il Rinascimento, la Città (Catalogo della mostra, Vigevano, 3. 10. 2009–31. 1. 2010, Milano 2009) 11–17; Costruire la città. La dinastia visconteosforzesca e Vigevano, 2 Bde., hg. von Luisa Giordano (Vigevano 2011–2012); Mario Comincini–Alessandra Kluzer, Castelli dal Ticino a Milano (Mazzo di Rho 1998) 70–83; Piero Parodi, Le Signore del Castello di Abbiategrasso. Donne di Casa Savoia in Abbiategrasso (Abbiategrasso 2002) 17–21. 25   Einen guten Überblick bietet Giulia Bologna, Il castello di Milano (Milano 1986); vgl. auch Giannina Franciosi, Gli Sforza. Novissima enciclopedia monografica illustrata (Firenze 1931). 26  Bramante malte in den 1480er Jahren Fresken im Castello Sforzesco und gestaltete den neuen Chor in der Dominikanerkirche Santa Maria delle Grazie: Alba Osimo, Bramante, Leonardo e gli altri, in: Ludovico il Moro, La sua città e la sua corte (1480–1499). Catalogo della mostra a cura di Maria Brotolotti et al., hg. vom Archivio di stato di Milano (Como 1983) 85–104. Zu Leonardos Einfluss im Castello Sforzeso siehe Bologna, Castello di Milano (wie Anm. 25) 105f.; Gian Giudo Belloni, Il Castello Sforzesco di Milano (Milano 1966) v. a. 15–27; zu Giovanni Ambrogios künstlerischem Schaffen siehe Anna Melograni, Oro, battiloro, orefici e la produzione libraria, in: Oro dai Visconti agli Sforza. Smalti e oreficeria nel Ducato di Milano, hg. von Paola Venturelli (Milano 2012) 63–77, hier 71; Paola Venturelli, „Con bel smalto et oro“. Oreficerie del Ducato di Milano tra Visconti e Sforza, ebd. 31–62, hier 44–46. 27  Vgl. Bologna, Castello di Milano (wie Anm. 25) 100f; Giorgio Nicodemi, Gli Sforza, duchi di Milano (Milano 1951). 28  Guglielmo Barblan, Vita musicale alla corte sforzesca, in: Storia di Milano 9, hg. von Giovanni Treccani degli Alfieri (Milano 1961) 721–895. 29   RI XIV, 1 nn. 2871, 2877, 2878, 2898 (16. Dezember 1493 bis 13. Januar 1494), 3663 (21. Dezember 1495).

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Marias – ihr Onkel Ludovico dürften trotz häufig unterschiedlicher Aufenthaltsorte stets gut über die Fortschritte ihrer Söhne und Töchter unterrichtet gewesen sein30. Bianca Maria und Anna erhielten vermutlich eine ähnliche Erziehung, da sie einen Großteil ihrer Kindheit gemeinsam verbrachten. Die Schwestern schrieben auch gemeinsame Briefe an ihren Bruder Gian Galeazzo31. Bianca Maria lernte früh reiten, nahm an Jagdvergnügen aktiv teil und konnte mit Waffen umgehen. Dokumentiert ist ihre Waffenfertigkeit auch später, etwa durch eine Notiz Maximilians aus dem Jahr 1502. Darin berichtet er, dass die Königin bei Innsbruck einen jungen Hirsch geschossen habe, der „ganz besonders mürbe“ war32. Bereits um 1360/1365 hatte Galeazzo Visconti die Handschriften-Sammlung seiner Familie in Pavia zu einer Bibliothek zusammenstellen lassen 33. Die Sforza übernahmen sie in ihren Besitz und erweiterten sie ständig34. Die Biblioteca Sforzesca war Ausdruck des politischen Aufstiegs der Familie und deren fürstlicher Repräsentation. Sie war gegen Ende des 15. Jahrhunderts mit ca. 2.000 Handschriften, darunter Vergils Aeneis mit eigenhändigen Notizen Francesco Petrarcas, eine der größten Europas35. Dessen ungeachtet wissen wir vergleichsweise wenig über die konkrete intellektuelle Ausbildung der Kinder. Bekannt ist ein Lehrbuch für Massimiliano – Ludovicos ersten Sohn mit Beatrice d’Este –, das ihn auf seine Aufgaben als designierter Herzog Mailands vorbereiten sollte. Zudem wissen wir, dass der Großvater der Kinder, Francesco Sforza, für seinen älteren Sohn Galeazzo Maria ein Erziehungsbuch hatte anfertigen lassen – nicht aber, ob dieses auch von Gian Galeazzo oder seinen Geschwistern und Cousins verwendet wurde36. Auf Bianca Marias Ausbildung gibt es, im Unterschied etwa zu jener von Maximilians erster Ehefrau Maria von Burgund oder seiner Tochter Margarethe, ebenfalls nur vereinzelte Hinweise: Zwei Lehrbücher für den Lateinunterricht sind erhalten geblieben: Codex 2417, heute in der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB), wurde ursprünglich für ihren Bruder verfasst. Er enthält eine lateinische Grammatik, die Disticha Catonis und ein Gebet. Bianca Maria benutzte es nach ihrem Bruder und nahm es mit an den Habsburgerhof. Ein weiteres Lehrbuch zum fortgeschrittenen Lateinunterricht (ÖNB, Codex 2369) hat ein Doctrinale des Alexander de Villa zum Inhalt und war ein Geschenk Bonas an ihre Tochter. Diese Handschrift ist mit reichen Buchmalereien geschmückt und zeigt unter anderem das Monogramm Bianca Marias sowie eine Darstellung ihrer selbst oder ihrer Mutter Bona an der Schreibkommode mit Savoyer-Kreuz. Auf ihren Beinen hält die junge Frau ein Buch, in dem sie offensichtlich liest. Sabine Weiss nimmt an, dass die Darstellung Bianca Maria selbst zeigt, da sich ihre Initialen auf derselben Seite befinden und das Buch speziell für sie angefertigt wurde. Unabhängig davon, welche der beiden Interpretationen man für plausibler hält, verweist die Miniatur jedenfalls auf ein Rollenmodell für Bianca   Vgl. Gregory Lubkin, A Renaissance Court. Milan under Galeazzo Maria Sforza (Berkeley 1994) 179.   Z. B. Bianca Maria und Anna Sforza an Gian Galeazzo Sforza, Mailand, 9. November 1484; ASMi, Sforz., cart. 1467, fol. 13. Die Überlieferungssituation in Mailand und Innsbruck lässt vermuten, dass es bislang nicht aufgearbeitete Briefe der Familienmitglieder gibt: Antenhofer, Emotions (wie Anm. 20) 268. 32   Der Hirsch sei „auspindig marb“ gewesen. RI XIV, 4,1 n. 16338 (10. April 1502) . 33   Vgl. Giulia Bologna, Milano e gli Sforza. Gian Galeazzo e Ludovico il Moro (1476–1499). Mostra documentaria e iconografice, 28. Februar–20. März 1983 (Milano 1983) 32. 34   Vgl. Melograni, Oro, battiloro, orefici (wie Anm. 26) 63–77. 35  Vgl. Lubkin, A Renaissance Court (wie Anm. 30) 58. 36   Zum Lehrbuch für Massimilano Sforza: Bologna, Milano e gli Sforza (wie Anm. 33) 33; Domenico Orano, I suggerimenti di buon vivere dattati da Francesco Sforza pel figliolo Galeazzo Maria (Roma 1910); Lubkin, A Renaissance Court (wie Anm. 30) 24–26. 30 31



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Maria37. In Bonas Besitz lassen sich 40 Bücher nachweisen; die meisten davon waren Andachtsbücher, von denen manche ebenfalls eigens für sie angefertigt wurden. Es wird vermutet, dass die meisten Bücher nach Bonas Tod in den Besitz Bianca Marias übergingen, da sich das Verlassenschaftsinventar Bonas in Innsbruck befindet38. In derselben Tradition stehen auch jene beiden Bücher Bianca Marias, welche die stärksten Gebrauchsspuren aufweisen: Ein Offizienbuch zeigt eine ganzseitige Miniatur Bianca Marias im Gebet39. Ein zweites Andachtsbuch weist besonders starke Gebrauchsspuren auf sowie einen Eintrag des Kurfürsten von Sachsen. Das kleine Büchlein mit 32 Pergamentblättern enthält neben je zwei lateinischen und italienischen Gebeten die ammonitiones der Heiligen Brigitta von Schweden und damit einen weiteren Hinweis auf ein geistliches Vorbild40. Im Inventar von Bianca Marias Aussteuer finden sich weitere reich ausgestattete Gebetbücher. Eine eigene Bibliothek besaß die Königin vermutlich nicht. Dazu mag beigetragen haben, dass sie nie eine feste Residenz hatte und ihr Budget wenig Spielraum für solch kostspielige Ausgaben zuließ. Allerdings traf Maximilian am 30. Dezember 1500 Verfügungen unter anderem über Bücher, die im Innsbrucker Frauenzimmer in einer Truhe aufbewahrt wurden41. Die bisher aufgefundene Korrespondenz Bianca Marias umfasst weit über 100 Briefe in den Archiven von Mailand und Innsbruck, davon 56 Schreiben Biancas an ihren Onkel Ludovico, von dem umgekehrt 44 Schreiben an die Nichte bekannt sind. Weitere Briefe wurden zwischen Bianca und ihren Geschwistern bzw. Beatrice d’Este gewechselt; ebenso sind Schreiben Biancas an Maximilian und seine Hofleute erhalten. Der überwiegende Teil der Korrespondenz stammt aus der Zeit ab 1493 und gibt daher einen guten Einblick in die Rolle der Römischen Königin als Vermittlerin zwischen dem Herzogtum Mailand und dem höfischen Umfeld Maximilians42. Wie in Spätmittelalter und Früher

37   Vgl. Weiss, Vergessene Kaiserin (wie Anm. 3) 49–52 sowie die Übersicht mit Belegen und ausgezeichnetem Bildmaterial ebd. 214–222. Zu Maria von Burgund und ihrer Tochter Margarethe vgl. oben Anm. 17– 19, z. B. Birgit Franke, Female Role Models in Tapestries, in: Women of Distinction (wie Anm. 19) 155–165. Zu Rollenmodellen bei den Sforza vgl. Nadia Maria Covini, Donne, emozioni e potere alla corte degli Sforza. Da Bianca Maria a Cecilia Gallerani (Milano 2012); Veronica Mele, Madonna duchessa de Calabria, media­ trice e benefactrice. Mediazione diplomatica, pratiche commendatizie e reti familiari di Ippolita Maria Visconti d’Aragona (1465–1488) (Diss. Siena 2011); Joyce de Vries, Caterina Sforza and the Art of Appearances. Gender, Art and Culture in Early Modern Italy (Farnham u. a. 2010) 177–180. 38   Weiss, Vergessene Kaiserin (wie Anm. 3) 52. Zum Verlassenschaftsinventar vgl. Theodor Gottlieb, Die Ambraser Handschriften. Beitrag zur Geschichte der Wiener Hofbibliothek (Leipzig 1990). Außerdem ders., Büchersammlung im Hause Habsburg (Amsterdam 1968, Neudr. Leipzig 1990) 30f.; Ottokar Smital, Das schwarze Gebetsbuch des Herzogs Galeazzo Maria Sforza (Wien 1930) 5; Warner, Miniatures (wie Anm. 23). 39   ÖNB, SN 2622; dazu Franz Unterkircher, Bücher aus dem Besitz der Kaiserin Bianca Maria in der Österreichischen Nationalbibliothek, in: Domus Austriae. Eine Festgabe. Hermann Wiesflecker zum 70. Geburtstag, hg. von Walter Höflechner et al. (Graz 1983) 407–411, hier 409; Patrizia Mazzadi, Bianca Maria Sforza und die Beziehungen des Innsbrucker Hofes zu den wichtigsten italienischen Höfen der Renaissance, in: Kaiser Maximilian I. (1459–1519) und die Hofkultur seiner Zeit, hg. von Sieglinde Hartmann–Freimut Löser (Jahrbuch der Oswald von Wolkenstein Gesellschaft 17, Wiesbaden 2009) 367–381, hier 374f. Zum Vergleich: Andrea Pearson, Envisioning Gender in Burgundian Devotional Art, 1350–1530. Experience, Authority, Resistance (Abingdon 2005). 40   ÖNB, SN 2597; dazu Unterkircher, Bücher (wie Anm. 39) 409f. 41  Gebetbücher: Calvi, Bianca Maria Sforza (wie Anm. 20) 133; Truhe: Theodor Gottlieb, Büchersammlung (wie Anm. 38) 30f. Herzlichen Dank an Christina Antenhofer für diesen Hinweis. 42  Zusammenstellungen bei Antenhofer, Emotions (wie Anm. 20) 269 und 282f.; zu Biancas Rolle als Vermittlerin ebd. 272f. sowie unten S. 79–82.

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Neuzeit üblich, diktierte Bianca ihre Briefe meist einem ihrer Sekretäre43. Da aber – erneut im Unterschied zu anderen zeitgenössischen Fürstinnen – kein eigenhändiger Brief Bianca Marias erhalten ist, muss offen blieben, wie gut ihre Schreibfertigkeiten tatsächlich waren. Aus Gesandtenberichten wissen wir, dass Bianca Maria selbst Briefe verfasste: Der Mailänder Gesandte Angelo di Fiorenza berichtet, dass sie an die Marchesa von Montferrat geschrieben habe. Einen weiteren Brief wollte die Königin eigenhändig an ihren Onkel Ludovico schreiben. Wegen plötzlicher Kopfschmerzen bat sie jedoch ihren Sekretär Johannes Stephanus Cotta, diesen Brief zu erledigen, was jener als Affront gegen Ludovico auffasste und dahinter den Einfluss der Hofdame Violanta Cayma vermutete44.

Erwartungen und Bewertungen Die Ehe zwischen Maximilian und Bianca Maria Sforza war wie die Verbindung mit Maria von Burgund, und jede andere dynastische Verbindung, zunächst ein strategischpolitisches Projekt. In beiden Fällen hofften die Habsburger auf territorialen und ökonomischen Gewinn – man denke an die hohe Mitgift für Bianca Maria von 400.000 Gulden – und akzeptierten im Gegenzug den niedrigeren Rang der Braut. Die Familien der Bräute wiederum strebten durch diese Verbindung eine Rangerhöhung an. In beiden Fällen war die Sicherung der Erbfolge das Ziel. In beiden Fällen gingen mit dem Heiratsprojekt politisch-militärische Unternehmungen einher45. Vor diesem Hintergrund waren wichtige Kriterien zur Beurteilung der Braut ihre Schönheit, ihr Benehmen sowie ihre potentielle Gebärfähigkeit. Nicht anders als zuvor Maria scheint Bianca Maria diesen Erwartungen zum Zeitpunkt ihrer Hochzeit und in der ersten Zeit ihrer Ehe mit Maximilian entsprochen zu haben: Alle Berichte über die repräsentativen Feierlichkeiten der prokuratorischen Hochzeit in Mailand46, die Brautreise nach Innsbruck 43   Heinz Noflatscher, Zur Eigenhändigkeit der Herrscher in der politischen Kommunikation des Ancien Régime (16. bis 18. Jahrhundert), in: Briefe in der politischen Kommunikation vom Alten Orient bis ins 20. Jahrhundert, hg. von Christina Antenhofer–Mario Müller (Göttingen 2008) 141–167, hier 149; Jane Couchman–Ann Crabb, Form and Persuasion in Women’s Letters, 1400–1700, in: Women’s Letters Across Europe, 1400–1700. Form and Persuasion, hg. von dens. (Aldershot u. a. 2005) 3–18, hier 8–10. 44  RI XIV,1 nn. 1806a (28. Mai 1495); 1237 (17. Dezember 1494). Zu Violanta Cayma vgl. unten S. 76f. 45  Grundsätzlich Karl-Heinz Spiess, Europa heiratet. Kommunikation und Kulturtransfer im Kontext europäischer Königsheiraten des Spätmittelalters, in: Europa im späten Mittelalter. Politik – Gesellschaft – Kultur, hg. von Rainer C. Schwinges et al. (HZ Beiheft 40, München 2006) 435–464. Zu den Eheverhandlungen zwischen Maximilian und Bianca Maria: Weiss, Vergessene Kaiserin (wie Anm. 3) 55f.; Hochrinner, Bianca Maria Sforza (wie Anm. 2) 8–13 auf der Basis der Belege in RI XIV, 1 nn. 8 (24. August 1493), 49 (26. September 1493), 2848 (20. November 1493), 475 (14./15. März 1494), 492 (19. März 1494), 852a (2. Juli 1494), 1594 (25. April 1495), RI XIV, 2 n. 8500 (Ende Februar 1498). Für Maria von Burgund siehe: Sonja Dünnebeil, Handelsobjekt Erbtochter – zu den Verhandlungen um die Verehelichung Marias von Burgund, in: Außenpolitisches Handeln im ausgehenden Mittelalter. Akteure und Ziele, hg. von ders.–Christine Ottner (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters 27, Wien–Köln 2007) 159–184. 46  Beatrice d’Este und Tristan Chalcus schildern in zwei Augenzeugenberichten die Hochzeit per procuram in Mailand: Beatrice d’Este an Isabella d’Este, Vigevano, 29. Dezember 1493: Archivio di Mantova, Archivio Gonzaga, E.II.2, b.1612, o. fol.; abgedruckt bei Alexandro Luzio–Rodulfo Renier, Delle relazioni di Isabella d’Este Gonzaga con Ludovico e Beatrice Sforza. Archivio Storico Lombardo, Ser. 2, Vol. 2, Fasc. 2 (giugno 1890) 346–399, hier 384–388; Tristan Chalcus, Nuptiae Augustae. Graevius Johannes Georgius Thesaurus antiquitatum et historiarum Italiae mari Ligustico et Alpibus vicinae, Bd. II 1–2, Sp. 525–534 (vgl. RI XIV, 1 n. 2860 vom 30. November 1493); weiters das zeitgenössische Gedicht von Baldassare Taccone



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und Bianca Marias Ankunft und erste Monate am Hof Sigmunds von Tirol und seiner Frau Katharina von Sachsen belegen eine wohlwollende Einschätzung der neuen Königin47. Als Maximilian im März 1494 endlich ebenfalls in Innsbruck eintraf und das Paar nach abermaligen Feierlichkeiten die Ehe vollzog, sind wieder alle Berichte voll des Lobes über die Mailänderin. Zahlreiche Briefe dokumentieren die öffentlich zur Schau gestellte Liebe der Brautleute und berichten, dass auch hinter den Kulissen alles seine Ordnung habe. In dieser Phase lassen sich grundsätzlich keine maßgeblichen Differenzen zwischen den beiden Ehen Maximilians und der Bewertung der Bräute feststellen48. Unterschiede gibt es aber bei der Begrüßung der zukünftigen Brautleute: Während Maria Maximilian stehend empfing, fiel Bianca Maria auf die Knie. Maximilian reichte ihr die Hand und begrüßte sie freundlich. Erst nach diesem Begrüßungszeremoniell standen die Brautleute einander gegenüber49. Das Herrscherpaar zeigte sich in den folgenden Wochen gemeinsam in der Öffentlichkeit. Bianca Maria begleitete ihren Gatten in die Niederlande, wo sie dessen Kinder Margarethe und Philipp kennen lernte. Sie empfing Gesandte und äußerte preces primariae in Pfründenangelegenheiten. Es gab erste Gerüchte über eine Schwangerschaft 50, die sich aber nicht erhärten ließen. Gleichzeitig mit dem vergeblichen Warten auf den Nachwuchs mehrten sich ab Ende 1494 kritische Berichte über Bianca Marias mangelnde Klugheit und Herrschaftserfahrung im Vergleich mit Maria von Burgund, ihre fehlende Umsicht oder ihr unhöfisches Benehmen sowie Klagen über die Unordnung ihres Hofstaates und dessen hohe Ausgaben51.

Beziehungen bei Hof Bianca Marias Hofstaat war Teil des königlichen Hofstaates und wie dieser von unterschiedlichen Personengruppen getragen52. In seinem Zentrum stand die Königin selbst. Coronatione e sponsalitio de la Serenissima Regina M. Bianca Ma., teilweise gedruckt in Calvi, Bianca Maria Sforza (wie Anm. 20) 23–29. 47   Grundlegend ist Karl-Heinz Spiess, Unterwegs zu einem fremden Ehemann. Brautfahrt und Ehe in europäischen Fürstenhäusern des Spätmittelalters, in: Fremdheit und Reisen im Mittelalter, hg. von Irene Erfen–dems. (Stuttgart 1997) 17–36, außerdem Christiane Coester, Brautfahrten. Grenzüberschreitungen und Fremdheitserfahrungen adliger Frauen in der Frühen Neuzeit. Francia 35 (2008) 149–168. Für Bianca nun ausführlich Unterholzner, Bianca Maria Sforza (wie Anm. 4) 41–51. 48   Vgl. Hochrinner, Bianca Maria Sforza (wie Anm. 2) 46–50; Weiss, Vergessene Kaiserin (wie Anm. 3) 65f.; Lutter, Geschlecht, Beziehung, Politik (wie Anm. 20) 255f. 49  Berichte der mailändischen Gesandten Baldesar Pusterla und Jason Maynus (RI XIV, 1 n. 459 vom 10. März 1494) und des Erasmus Brascha (RI XIV, 1 n. 460 vom 10. März 1494). Der Kniefall gehörte zum Grundvokabular eines christlich informierten politischen Zeremoniells. Er war eine Geste der Selbsterniedrigung vor Gott bzw. vor höherrangigen Persönlichkeiten, deren Gnade damit erbeten wurde. Einen solchen Akt der Demut bringt auch der Kniefall Bianca Marias zum Ausdruck. Die erste Begegnung der Brautleute war mit Spannung erwartet worden. Sie waren zwar per procuram verheiratet, aber die Ehe war seit einem knappen halben Jahr nicht vollzogen und damit rechtlich nicht gültig. Zudem war Bianca Maria ihrem Gemahl in ihrem Rang nicht annähernd ebenbürtig. Maximilian jedoch reichte ihr die Hand und erhöhte sie – symbolisch – auf seine Ebene. 50   RI XIV, 1 nn. 824 (25. Juni 1494) und 2721 (25. Dezember 1495). 51  Zu diesen Debatten siehe: RI XIV, 1 nn. 824 (25. Juni 1494), 1162 (23. November 1494), 1842 (2. Juni 1495); in Verbindung mit Biancas Umgangsformen: RI XIV, 1 nn. 2465 (22. September 1495), 1162 (23. November 1494). Kommentiert bei Antenhofer, Emotions 270; Unterholzner, Essensalltag 296f. und Lutter, Geschlecht, Beziehung, Politik 256f. (alle wie Anm. 20). 52   Paul-Joachim Heinig, Theorie und Praxis der „höfischen Ordnung“ unter Friedrich III. und Maximi-

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Die beiden wichtigsten Personenverbände waren ihr italienischer und ihr deutschsprachiger Hofstaat, die ihrerseits in vielfältige Gruppen und konkurrierende Parteien differenziert waren. In Zeiten finanzieller Engpässe wurden gegen die italienischen Hofleute oft Beschwerden geführt. Die Lombarden wurden beschuldigt, verschwenderisch zu sein, zu stehlen und Unruhe zu stiften53. Unter ihnen gab es etwa eine Gruppe, welche die Interessen Herzog Ludovicos, und eine, die jene der Königinmutter Bona vertrat. Vor allem das Ehepaar Cayma scheint in Bianca Marias ersten Ehejahren eine wichtige Rolle als Bindeglied zwischen ihr und ihrer Mutter gespielt zu haben: Die Mailänder Gesandten am Hof Biancas berichteten Ludovico, dass Violanta Cayma – wie auch Bona von Savoyen – nicht auf der Seite des Herzogs stehe. Vor allem bei der Nachricht vom Tod des jungen Herzogs Gian Galeazzo habe sich die Hofdame Cayma verdächtig benommen54. Verbindungen bestanden auch zu den Höfen der Gonzaga und Este55. Bei Hof maßgebliche italienische Familien waren die Arco, Chiavenna und Cayma; unter den deutschsprachigen Adeligen waren die Thun, Polheim, Firmian, Lang und Wolkenstein vertreten. Viele Angehörige der genannten Familien hatten wichtige Hofämter inne und waren zudem selbst oder über ihre Verwandten in der Umgebung Bianca Marias tätig. Ebenso waren sie vielfach untereinander verwandt und verschwägert. Dabei wurden sowohl Landes- und Sprachgrenzen als auch die grundsätzliche Trennung der höfischen Geschlechterräume überschritten. Die Herausforderung bei der genauen Zuordnung der Hofdamen besteht darin, dass sie in den meisten Quellen, vor allem in den Tafellisten, nicht mit ihrem vollständigen Namen angegeben sind: So finden wir beispielsweise zwischen 1493 und 1506 eine Gräfin Arco im Frauenzimmer. In den ersten Jahren dürfte es sich dabei um Bianca, die Tochter des Grafen Andreas von Arco gehandelt haben. Sie dürfte auch 1498 Erasmus Brascha von Maximilian als Gemahlin angeboten worden sein. Diese Heiratsverhandlungen könnten aber auch ihre jüngere Schwester Agate betroffen haben. Diese wurde ein Jahr später mit dem Pfalzgrafen Georg von Tübingen verheiratet. Zwischen 1503 und 1506 befindet sich dann eine Gräfin Ginegra von Arco im Frauenzimmer56. Die Kehrseite dieser vielschichtigen Beziehungsgeflechte waren ebenso komplexe Konfliktkonstellationen und Probleme, die unterschiedlichen höfischen Gruppen und ihre Interessen in den Hof zu integrieren. Bei aller Heterogenität der jeweils auslösenden Momente – von Rangstreitigkeiten zwischen Bediensteten bis zum Küchenmeister, dem vorgeworfen wird, dass er zu viel verbrauche57 – reflektieren die Auseinandersetzungen in lian I., in: Höfe und Hofordnungen 1200–1600, hg. von Holger Kruse–Werner Paravicini (Residenzenforschung 10, Sigmaringen 1999) 223–242. 53   RI XIV, 2 nn. 7473 (3. Oktober 1496), 5438 (27. Oktober 1497). 54   RI XIV, 1 nn. 1236, 1237 (beide vom 17. Dezember 1494); vgl. Lutter, Geschlecht, Beziehung, Politik (wie Anm. 20) 257f. 55   Im Detail Unterholzner, Bianca Maria Sforza (wie Anm. 4) 167–181. 56   Ebd. Anhang 1. 57   RI XIV, 1 n. 1217 (Streit zwischen Pietro Giorgio Caymo und dem Vorschneider); RI XIV, 2 n. 4987 (Streit wegen der Erhöhung der Zengerin), 7473 (Jakob Cästelacz, Stallmeister der Königin), 8833 (Hofmeisterin Paula Cavalli); RI XIV, 3,1 n. 10835 (Paula Cavalli); vgl. Karl-Heinz Spiess, Rangdenken und Rangstreit im Mittelalter, in: Zeremoniell und Raum, hg. von Werner Paravicini (Sigmaringen 1997) 39–61, hier 45; Dietmar Willoweit, Hofordnungen als Zeugnisse des Rangdenkens, in: Hof und Theorie. Annäherungen an ein historisches Phänomen, hg. von Reinhardt Butz et al. (Köln 2004) 165–178, hier 176f.; sowie für die hier relevanten Fragestellungen besonders Karl-Heinz Spiess, Fremdheit und Integration der ausländischen Ehefrau und ihres Gefolges bei internationalen Fürstenheiraten, in: Fürstenhöfe und ihre Außenwelt. Aspekte



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und um Bianca Marias Hofstaat auf der mikropolitischen Ebene nicht zuletzt die politischen Kämpfe um das Herzogtum Mailand. Nach einer Eskalation in den Jahren 1496/97 wurden alle Italienerinnen und Italiener im Gefolge der Königin vom Hof verwiesen. Bis 1500 folgten weitere Abfertigungen. Nach der französischen Einnahme Mailands finden sich allerdings zahlreiche politische Flüchtlinge am Hof des römisch-deutschen Königspaars. Bianca Marias Hofstaat war also insgesamt von einer starken personellen Fluktuation gekennzeichnet: Eine Speiseliste vom 1. Mai 1500 nennt insgesamt 290 Personen. Ende August 1500 hingegen berichten die Statthalter und Räte der Hofkammer an Maximilian, dass keine welsche Jungfrau mehr bei Bianca Maria sei. Nach 1500 wurden aber sehr wohl wieder italienische Hofdamen aufgenommen, so etwa, wie gesagt, eine Gräfin von Arco. Etwa 100–150 Personen, darunter an die 50 Hofdamen, von denen die Hälfte italienischer Herkunft waren, nennt Inge Wiesflecker-Friedhuber für die Zeit vor 1500. Dies korrespondiert in etwa mit den 110 Personen und 60 Pferden, die im Vertrag mit Georg Gossembrot vom 28. August 1501 erwähnt werden, in dem ihm Maximilian die gesamten Einnahmen der oberösterreichischen Länder verpfändete, die mit 9.000 Gulden unterhalten werden sollten58; dieser Betrag wurde später auf 13.000 Gulden erhöht59. Eine Verpflegungsliste des Hofstaats Biancas vom 8. Juni 1504 nennt 154 Personen60.

Der Mangel an Ordnung Formal unterstand das „Frauenzimmer“ dem König, der über Personalangelegenheiten, Ausstattung und Reiserouten entschied, wie das auch an anderen Fürstenhöfen üblich war61. Über die im Prinzip streng abgegrenzten Räume des Frauenzimmers auf der Innsbrucker Burg und seine Organisation wissen wir aus „Ordnungen“ im Sinn von normativen Instruktionen Bescheid, die aus der Zeit vor und nach Maximilians Herrschaft erhalten sind: Aus dem Jahr 1483 stammt eine Ordnung, die Herzog Sigmund von Tirol noch vor seiner Hochzeit mit Katharina von Sachsen für deren zukünftigen Hofstaat erließ. Eine weitere wurde 1519 für den Hofstaat Marias, der Schwester Karls V. und Ferdinands I., und der Anna Jagiello, der zukünftigen Gattin des Letzteren, verfasst. Nach der Wiener Doppelhochzeit von 1515 residierten die beiden Fürstinnen gemeinsam in Innsbruck. Vor allem die Hofordnung der Katharina von Sachsen dürfte auch Anhaltspunkte für die Organisation des Frauenzimmers Bianca Marias geben, da die beiden gesellschaftlicher und kultureller Identität im deutschen Spätmittelalter, hg. von Thomas Zotz (Würzburg 2004) 267–290. 58  RI XIV, 3,1 n. 12393 vom 28. August 1501. 59  RI XIV, 4 n. 17975 vom Dezember 1503. 60   RI XIV, 4 n. 18846 vom 8. Juni 1504. Vgl. auch Niederösterreichisches Landesarchiv, Handschriftensammlung, HS 4/2, fol. 174–176v (1. Mai 1500); RI XIV, 3,1 n. 10835 (31. August 1500). Dazu Unterholzner, Bianca Maria Sforza (wie Anm. 4) 76–93, und dies., Essensalltag (wie Anm. 20) 288; Inge WiesfleckerFriedhuber, Kaiser Maximilian I. und die Stadt Innsbruck, in: Der Innsbrucker Hof. Residenz und höfische Gesellschaft in Tirol vom 15. bis 19. Jahrhundert, hg. von Heinz Noflatscher–Jan Paul Niederkorn (Wien 2005) 123–158, hier 142; vgl. auch Manfred Hollegger, Lebenszeugnisse und Archivalien zur Rekonstruktion des Hoflebens Kaiser Maximilians I., in: Kaiser Maximilian I. (1459–1519) und die Hofkultur (wie Anm. 39) 411–423, hier 415. 61   Grundlegend ist der Sammelband Das Frauenzimmer. Die Frau bei Hofe in Spätmittelalter und früher Neuzeit, hg. von Jan Hirschbiegel–Werner Paravicini (Residenzenforschung 11, Stuttgart 2000). Nunmehr Unterholzner, Bianca Maria Sforza (wie Anm. 4) 91–98.

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zwischen 1493 und 1496 gleichzeitig am Innsbrucker Hof lebten. Nach dem Tod Herzog Sigmunds 1496 heiratete Katharina von Sachsen Herzog Erich von Braunschweig. Ihr Innsbrucker Hofstaat wurde aufgelöst. Aus dieser Zeit datiert auch ein Schreiben Maximilians an Katharinas Vater, Friedrich von Sachsen, das zusätzlichen Aufschluss über das königliche Verständnis der Ordnung im Frauenzimmer gibt62. Beide Ordnungstexte bringen die disziplinären und organisatorischen Konzeptionen für den sozialen Raum des Frauenzimmers zum Ausdruck – für die tatsächlich gelebte Praxis sind sie aber nur begrenzt aussagekräftig. Dies gilt umso mehr für den Hofstaat Bianca Marias, der – wie jener des Königs – vielfach keinen festen Ort hatte, sondern sich auf Reisen befand. Es gibt laufend Berichte über die Besuche von männlichen Hofleuten, Adeligen und auswärtigen Fürsten im Frauenzimmer. Egal an welchem Ort sich der Hofstaat gerade aufhielt, es wurden Audienzen abgehalten, getanzt und gefeiert, und so mancher lernte eine junckfrawe kennen, die er später heiratete63. Abwechslung boten auch Turniere, Fischereiausflüge, Jagden oder Schlittenfahrten. Dazu kamen festliche Hochzeiten, Einzüge oder „Mummereien“64. Seit den italienischen Kriegen Maximilians wurde aber ab 1496 der Geldmangel immer drastischer und resultierte in einer permanenten Unterfinanzierung des Hofes. Das wiederum führte zu oft monatelangen Verpfändungen der Königin und ihres Hofstaates. Damit korrespondierend war Maximilians Herrschaftspraxis, wie in anderen Bereichen, mehrheitlich von ad hoc-Maßnahmen charakterisiert, für deren Umsetzung im Fall des Frauenzimmers sein langjähriger Hofmeister Niklas von Firmian zuständig war. In seiner Korrespondenz mit dem König treten dessen strukturelle Herrschaftsprobleme besonders klar zutage: Finanznot und Versorgungsengpässe, verbunden mit den Problemen mit dem „welschen“ Hofstaat, wie das bei Firmian heißt, und Meinungsverschiedenheiten mit der Königin resultierten neben den erwähnten Ausweisungsmaßnahmen in Ordnungsversuchen, die von einem radikalen Sparkurs diktiert wurden. Die immer wieder und oft kurzfristig notwendigen Sparmaßnahmen und der damit verbundene Mangel blieben bis zum Tod Bianca Marias ein kennzeichnendes Element der Rahmenbedingungen ihrer Hofhaltung, wie auch jener Maximilians. Für das Handeln der Königin hatten sie insofern besonders drastische Auswirkungen, als ihr dadurch jegliche kohärente Planung ihrer ohnehin eingeschränkten fürstlichen Repräsentationsaufgaben verunmöglicht wurde.

62   Vgl. Michael A. Bojcov, Zum Frauenzimmer am Innsbrucker Hof Erzherzog Sigmunds, in: Innsbrucker Hof (wie Anm. 60) 151–167; Michael A. Bojcov, Sitten und Verhaltensnormen am Innsbrucker Hof des 15. Jahrhunderts im Spiegel der Hofordnungen, in: Höfe und Hofordnungen (wie Anm. 52) 243–283. Zur undatierten Hofordnung von Anna und Maria (TLA, Cod. 2470, fol. 28r–33v) siehe Paul-Joachim Heinig, Umb mer zucht und ordnung willen. Ein Ordnungsentwurf für das Frauenzimmer des Innsbrucker Hofs aus den ersten Tagen Kaiser Karls V. (1519), in: Frauenzimmer (wie Anm. 61) 311–323, hier 312. Das Schreiben Maximilians ist ediert bei Victor von Kraus, Maximilian’s I. Beziehungen zu Sigmund von Tirol in den Jahren 1490–1496 (Wien 1879) 56–58; diskutiert bei Lutter, Geschlecht, Beziehung, Politik (wie Anm. 20) 260f.; zur Differenz zwischen Hofordnungen und Alltagspraxis vgl. Unterholzner, Essensalltag (wie Anm. 20). 63  Auswahl: RI XIV, 1 nn. 1130 (5. November 1494), 1806a (28. Mai 1495), 1831 (1. Juni 1495), 2644 (18. November 1495), 3663 (21. Dezember 1495); RI XIV, 3,1 n. 9148 (1. Mai 1499); RI XIV, 3,2 n. 15649 (5. Oktober 1501); RI XIV, 4 n. 18928 (30. Juni 1504). 64   Auswahl: RI XIV, 1 nn. 2898 (13. Januar 1494), 2352 (26. August 1495); RI XIV, 2 nn. 4934 (29. April 1497), 4948 (11. Mai 1497), 4987 (24. Mai 1497), 5983 (15. März 1498); RI XIV, 3,1 nn. 10473 (6. Juli 1500), 10687 (12. August 1500); RI XIV, 4,1 nn. 16347 (12. April 1502), 16917 (21. September 1502), 16976 (7.–9. Oktober 1502), 17619 (16. September 1503), 18916 (25. Juni 1504).



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Maximilians zeittypisch herrschaftliches und patriarchales Selbstverständnis als Oberhaupt von Haus und Hof inkludierte selbstredend auch das „Frauenzimmer“. Dem entsprachen seine vielfältigen Eingriffe in Bianca Marias Hofstaat, die gleichzeitig einer ebenso üblichen Patronagepolitik dienten: Er bestellte, entließ, empfahl und versorgte Bedienstete, legte Reiserouten fest und bemühte sich um die Verheiratung der Hofdamen des Frauenzimmers65. Dieses Verhalten hat zunächst nur bedingt mit der Person Bianca Marias oder ihrem Geschlecht zu tun. Maximilian intervenierte auch immer wieder in die Hofhaltungen seiner Kinder Philipp und Margarethe. Diese allerdings nahmen derartige Eingriffe ihres Vaters nicht widerspruchslos hin, wie etwa der Briefwechsel Margarethes mit ihrem Vater dokumentiert66. Während man in ihrem Fall den Eindruck gewinnt, dass sie für Agenden hauptverantwortlich ist, in die sich Maximilian gelegentlich einzumischen versucht, ist es im Fall Bianca Marias genau umgekehrt: Der König trifft die Entscheidungen; seine Gattin ist gelegentlich durch Zustimmung an ihrer Umsetzung beteiligt. Ihrer beider Handlungen wirken darüber hinaus in hohem Maß von Zufällen und mangelnder Kommunikation bestimmt. So zahlreich und auch geographisch weit gespannt die durch Ehe- und Verwandtschaftsverbindungen geknüpften Beziehungen ­waren, als effektives „Netzwerk“, das diesen Namen im Sinn einer politischen Wirksamkeit verdiente, wie es andere zeitgenössische Fürstinnen aufbauten, kann das Beziehungsgeflecht in und um Bianca Marias Hof nicht bezeichnet werden.

Möglichkeiten und Grenzen politischen Handelns Ähnliche Züge tragen das bislang wenig beachtete gemeinsame Handeln des Königspaares mit dem Ziel der Stabilisierung von Maximilians Herrschaft sowie die Wechselwirkungen zwischen Maximilians politischen Handlungsspielräumen und jenen der Römischen Königin. Nach seiner Wahl zum König 1486 und dem Tod seines Vaters Friedrich III. 1493 konnte sich Maximilian nur teilweise gegenüber den Reichsfürsten durchsetzen, besonders wenn es um deren Unterstützung für seine militärischen Unternehmungen ging. In der ersten Phase seiner Herrschaft bis zum endgültigen Verlust des Herzogtums Mailand 1500 bediente sich der König der Präsenz Bianca Marias vor allem bei Reichstagen: Dort war sie oft anwesend, wenn über die italienischen Angelegenheiten verhandelt wurde. Falls sie und ihr Hofstaat gerade verpfändet waren, wurde sie ad hoc ausgelöst und zu Maximilian gebracht. Hatte sie ihre Pflicht getan, überließ er sie der nächsten Verpfändung67. Die Initiative ging jedoch vielfach von beiden Seiten aus. In der für Maximilian politisch prekären Phase des Wormser Reichstags 1495 holte er Bianca Maria auf ihre flehentlichen Bitten zu sich, doch wird man hier auch politisches Kalkül vermuten dürfen68. In Worms jedenfalls zeigte sich Bianca Maria ausgesprochen aktiv: Sie empfing Gesandtschaften, nahm Bitten entgegen und sprach in weltlichen wie geistlichen 65  Auswahl: RI XIV, 1 nn. 1206 (7. Dezember 1494), 1507 (7. April 1495), 1887 (10. Juni 1495), 2714 (21. Dezember 1495); RI XIV, 2 nn. 4211 (14.–27. August 1496), 5174 (18. August 1497); RI XIV, 3,1 nn. 9066 (9. März 1499), 10866 (13. September 1500). 66   Correspondance de l’Empereur Maximilien Ier et de Marguerite d’Autriche, sa fille, gouvernante des Pays-Bas, de 1507 à 1519, 2 Bde., ed. André Joseph Ghislain Le Glay (Paris 1839, repr. 1966), dazu die bibliographischen Angaben in Anm. 19. 67  Beispiele siehe Anm. 4 und 73f. 68  Zum Wormser Reichstag siehe Hollegger, Maximilian I. (wie Anm. 1) 119–130.

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Belangen Empfehlungen aus69. Zehn Briefe an Ludovico Sforza und zwei an Papst Alexander VI. sind aus dieser Zeit erhalten70. Deutlich schwerer einzuschätzen sind abermals die Effekte dieser und ähnlicher politischer Aktivitäten. Oft wirken die Handlungen des Königspaares wenig koordiniert, ja zufällig, und oft sogar widersprüchlich: Im Juli 1496 traf Maximilian anlässlich seines Italienfeldzugs mit Ludovico Sforza und Beatrice d’Este zu einem feierlichen Festmahl in Mals zusammen71. Bianca Maria bat ihren Onkel Ludovico um Rat, was sie unternehmen könne, da sie sehr gerne an dieser Zusammenkunft teilnehmen wolle72. Doch die Abreise aus Worms wurde ihr verwehrt. Erst ein knappes Jahr später, im April 1497, löste Maximilian die Königin bei den Gläubigern aus, die drohten, den königlichen Hof nicht weiter mit Lebensmitteln zu versorgen73. Bianca Maria hatte sich parallel zu ihren Bitten um finanzielle Unterstützung eigenständig bei Herzog Georg von Bayern, dem Geliebten ihrer Hofdame Apollonia Lang, sowie bei Veit von Wolkenstein Geld geliehen und ihren Schmuck versetzt – allerdings ohne benennbaren Erfolg74. Vermittelnd versuchte Bianca Maria auch im Sommer 1498 nach dem Tod Karls VIII. von Frankreich zu wirken. Das Königspaar reiste gemeinsam von Füssen nach Freiburg, wo die Königin am 29. Mai feierlich in die Stadt einzog75. Dieser offizielle Auftritt Bianca Marias muss im Interesse von Ludovico Sforza gelegen haben. Der neue französische König Ludwig XII. hatte nämlich seine Ansprüche auf Mailand als Nachkomme der letzten legitimen Visconti-Tochter bekräftigt, indem er bei seiner Thronbesteigung den Titel eines Herzogs von Mailand angenommen hatte. Ludovico verstärkte daraufhin seine Gesandtschaft am Hof Maximilians76. In Freiburg trat Bianca Maria immer wieder öffentlich auf, musterte gemeinsam mit Maximilian das Heer und nahm mit ihrem Frauenzimmer an der Truppenschau teil77. Ausdrücklich im Namen des Königs handelte Bianca Maria im Zusammenhang mit dem so genannten Schweizerkrieg. Sie war im Januar 1499 in Breisach und damit nahe am Kriegsgeschehen, übernahm namens des im Geldernkrieg gebundenen Königs die Verhandlungen, erteilte ihrem Marschall Instruktionen zu Gesprächen mit der Stadt Colmar, beriet sich mit Hauptleuten und bot an, selbst als Hauptmann zu fungieren. Anfangs

  Bsp. RI XIV, 1 nn. 2526 (8. Oktober 1495), 2362 (28. August 1495), 2527 (8. Oktober 1495).   Briefe Bianca Maria Sforzas an Ludovico Sforza: 16. Januar 1495 und 27. Mai 1495 (beide ASMi, Sforz., cart. 580, o. fol.); 21. September 1495 (ASMi, Sforz., cart. 581, fol. 1); 2. Oktober 1495; 3. Oktober 1495; 19. November 1495; 21. Dezember 1495; 22. Dezember 1495 (alle ASMi, Sforz., cart. 581, o. fol.); RI XIV, 1 nn. 2051 (6. Juli 1495) und 2592 (26. Oktober 1495); Briefe Bianca Maria Sforzas an Papst Alexander VI.: RI XIV, 1 nn. 2362 (28. August 1495) und 2477 (27. September 1495). 71   Weiss, Vergessene Kaiserin (wie Anm. 3) 80. 72   RI XIV, 1 n. 2051 (12. September 1496): Bianca Maria Sforza an Ludovico Sforza; ASMi, Sforz., cart. 584, o. fol. 73   RI XIV, 1 n. 6821. 74   Weiss, Vergessene Kaiserin (wie Anm. 3) 76–78. Zum Geldmangel zwischen März 1496 und Mai 1497 vgl. auch RI XIV, 2 nn. 7049, 7061, 7194 (3. Juni bis 24. Juli 1496), 7918 (15. Februar 1497), 4984 (23. Mai 1497). 75  RI XIV, 2 nn. 8660 (6. Juni 1498), 8676 (12. Juni 1498). Zum Reichstag von Freiburg siehe Wiesflecker, Maximilian (wie Anm. 1), Bd. 2: Reichsreform und Kaiserpolitik: 1493–1500. Entmachtung des Königs im Reich und Europa (Wien 1975) 130–137. 76  Nicole Petzi, Polit-Kommunikation am Hof Kaiser Maximilians I. Der Zusammenbruch der Pentarchie in Italien im Spiegel der Diplomatie (1494–1500) (Marburg 2011) 241f. 77   RI XIV, 2 nn. 6325 (27. Juni 1498) und 6366 (7. Juli 1498). 69 70



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zeigten Bianca Marias Hilfegesuche an die Städte durchaus Wirkung78. Militärische Erfolge und die Unterstützung aus dem Reich blieben jedoch aus. Als die Eidgenossen am 16. März 1499 ihr Bündnis von 1495 mit Frankreich erneuerten, übernahm Maximilian Ende April selbst die Führung auf diesem Kriegsschauplatz. Dies änderte jedoch weder etwas an der Zurückhaltung der Reichsfürsten noch an der Überlegenheit der Eidgenossen. So endete das umfassend imaginierte Unternehmen in einer Reihe unkoordinierter Plünderungszüge. Es fehlte wie so oft an Kriegsleuten, Geld und Rückhalt im Reich. Maximilian war damals bereits politisch isoliert und hatte dem französischen König wenig entgegenzusetzen. Ludovico Sforza umging trotz eindringlicher Bitten Bianca Marias die militärisch zentrale Lebensmittelsperre gegenüber den Eidgenossen79. Der Schweizerkrieg wurde in der älteren Forschung – unter Verwendung eines engen Politikbegriffes – als eines der wenigen Beispiele aktiven politischen Handelns der Römischen Königin betrachtet, auch wenn es, wie die meisten ihrer Aktionen, ohne Konsequenzen blieb. Aber auch Maximilian hatte nicht mehr Erfolg. Beiden fehlten die finanziellen und strategischen Mittel, der politische Rückhalt sowie Koordination und Kommunikation, um erfolgreich handeln zu können. Dieser Befund gilt auch für die Lage, die schließlich zur Einnahme Mailands durch die Franzosen 1499/1500 führte. Wieder erhoffte sich der König Truppenhilfe von den Reichsständen, wieder holte er die Königin auf ihren Wunsch auf den Reichstag nach Augsburg, wo sie am 8. April 1500 feierlich einzog; abermals hatte die Inszenierung jedoch keinen Effekt. Im Gegenteil: Die Reichsfürsten sprachen sich gegen eine Intervention in Italien aus, setzten sich für eine gute Behandlung von Ludovico Sforza ein und empfahlen Maximilian, sich mit dem französischen König auszusöhnen und ihn mit Mailand zu belehnen80. Das Jahr 1500 markiert in mehrfacher Hinsicht einen Bruch. Mit der endgültigen Aufgabe von Mailand hatte Bianca Maria als Bindeglied einen zentralen Teil ihres potentiellen politischen Tätigkeitsfeldes verloren, während der Verlust für Maximilian eine Änderung seiner Prioritäten bedeutete. In den folgenden Jahren richtete er den Fokus seines Handelns auf die Stabilisierung seiner Macht in den Erbländern und im Reich81. Damit drifteten die gemeinsamen Interessen des Paares, so unkoordiniert und effektlos sie auch gewesen sein mögen, gänzlich auseinander. Das dynastische „Defizit“ Bianca Marias wurde durch die Geburt des ersten Sohnes Philipps des Schönen, des späteren Karls V., noch unterstrichen. In der zweiten Hälfte ihrer Ehe dominieren die Trennungen des Paares noch deutlicher gegenüber den gemeinsamen Aufenthalten an einem Ort: Verbrachten sie in den Jahren zwischen 1494 und 1502 insgesamt 3,5 Jahre zusammen, so waren es zwischen 1502 und 1510 nur noch 1,5 Jahre82.   RI XIV, 3, 2 nn. 12927, 12961, 12964, 12969, 13123 (15. Februar 1499 bis 7. April 1499).   RI XIV, 3, 2 nn. 12965, 12971, 12983 (21. bis 24. Februar 1499). Hochrinner, Bianca Maria Sforza (wie Anm. 2) 67–69, bietet eine aufschlussreiche Quellen-Übersicht; vgl. auch Wiesflecker, Kaiser Maximilian 2 (wie Anm. 75) 332f.; dazu Hollegger, Maximilian I. (wie Anm. 1) 102–110 und RI XIV, 3, 2 n. 12965 (21. Februar 1499) zur Lebensmittelsperre. 80  Petzi, Polit-Kommunikation (wie Anm. 76) 252–259; Weiss, Vergessene Kaiserin (wie Anm. 3) 85– 88; Hollegger, Maximilian I. (wie Anm. 1) 112f. und 140–144; Wiesflecker, Kaiser Maximilian 2 (wie Anm. 75) 358–363. 81  Vgl. Hollegger, Maximilian I. (wie Anm. 1) 144–153; Wiesflecker, Kaiser Maximilian 3 (wie Anm. 1) 1–70. 82  Heinz Noflatscher, Maximilian im Kreis der Habsburger, in: Kaiser Maximilian I. Bewahrer und Reformer, hg. von Georg Schmidt-von Rhein (Ramstein 2002) 31–48, hier 36. 78 79

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An den hier skizzierten Koordinaten der Möglichkeiten für Herrschaftsrepräsentation und -praxis Bianca Marias änderte sich allerdings nichts Nennenswertes. So ist es nicht überraschend, dass Maximilians Annahme des Kaisertitels für die Römische Königin de facto ohne Konsequenzen blieb. Offensichtlich ist, dass sich Bianca Marias Scheitern als Fürstin – und als solches wird man es bezeichnen dürfen – nicht auf den dynastischen Misserfolg im engeren Sinn, das Ausbleiben der Nachkommenschaft, reduzieren lässt. Dies mag zwar ein maßgeblicher Faktor gewesen sein, doch der Vergleich mit Bianca Marias Stieftochter Margarethe zeigt mehr als deutlich, dass es grundsätzlich möglich war, ein solches „Defizit“ auszugleichen, ja sogar in einen Vorteil zu verwandeln83. Margarethe hatte die Möglichkeit, eine eigene politische Agenda zu entwickeln: Trotz des frühen Todes von Maximilians erster Ehefrau Maria gelang die Integration des Herzogtums Burgund unter habsburgischer Herrschaft. Die Nachhaltigkeit dieses Erfolgs hat ihre Tochter Margarethe nach dem ebenso frühen Tod ihres Bruders Philipp als Statthalterin der habsburgischen Niederlande gewährleistet. Bianca Maria hingegen überlebte, pointiert formuliert, das Scheitern des Mailänder Projekts ihres Gatten ohne jeden Auftrag. Damit verlor nicht nur die zweite Ehe des Königs ein weiteres maßgebliches Ziel, sondern die Königin selbst verlor den politischen Bezug zu ihrer Herkunftsfamilie, die Integration ihres Hofes wurde verunmöglicht und der Spielraum für eine politisch effektive Heirats-, Beziehungs- und Klientelpolitik drastisch eingeengt. Die Konflikte an ihrem Hof scheinen viel weniger individuellen Befindlichkeiten geschuldet als der spezifischen Situation Maximilians als König im Heiligen Römischen Reich, Landesherr in seinen Erbländern und spiritus rector einer Reihe neuer, aufwändiger Projekte, deren Realisierung ebenso wie die Vereinbarkeit seiner Funktionen vielfach an ihrem Umfang scheiterten. Der Mangel an Ressourcen, Organisation und zielgerichteter Kommunikation zieht sich wie ein roter Faden durch die politische Beziehung des Königspaars. Während Margarethe als Statthalterin der Niederlande allein schon wegen der räumlichen Distanz zu ihrem Vater eigenständig ihre politische, administrative und soziale Agenda verfolgen und so bestehende Handlungsspielräume nutzen und neue entwickeln konnte, war Bianca mit einem permanenten Wechsel von langen Abwesenheiten des Königs und seinen unvorhersehbaren ad hoc-Maßnahmen konfrontiert, was systematische Planungen auch für seine männlichen Amtsträger schwer machte. Unter diesen Umständen scheint es besonders schwierig gewesen zu sein, distinkte Aufgabenfelder zu entwickeln. Dazu kommt, dass Bianca Maria dafür am Hof Maximilians viel weniger ausgeprägte Rollenmodelle zur Verfügung gestanden haben dürften, als Maria und Margarethe sie seit ihrer Kindheit in Burgund und Frankreich vorgefunden hatten. Waren jene von klein auf zu herrschaftsbewussten Fürstinnen erzogen worden, hatten eine entsprechende intellektuelle Ausbildung erhalten, die ihr Selbstverständnis prägte, besaßen Bibliotheken, deren Inhalt sie auch kannten, weist schon Bianca Marias Ausbildung ein anderes Profil auf: Trotz der repräsentativen Sforza-Bibliothek beschränkten sich ihre Kenntnisse maximal auf die Lektüre ihrer Andachtsbücher und persönlicher Briefe. Der „Hof“ Maximilians, der – dessen Repräsentationsbewusstseins und der Vielzahl entsprechender Aktivitäten ungeachtet84 – maßgeblich durch seine nicht zuletzt krie83  Zu diesem Vergleich: Lutter, Repräsentation (wie Anm. 17) und dies., Geschlecht, Beziehung, Politik (wie Anm. 20). 84  Vgl. Müller, Gedechtnus (wie Anm. 8); Kaiser Maximilian I. (1459–1519) und die Hofkultur (wie



Fürstin ohne Ort. Vom Scheitern der Bianca Maria Sforza 83

gerisch bedingte Mobilität gekennzeichnet war, bot Bianca Maria keinen sozialen Raum, um geeignete Vorbilder zu finden, Kenntnisse zu erwerben und einen Rahmen für politisch wirksame Aktivitäten zu entwickeln, wie ihn etwa Margarethe in Mechelen hatte. Ihr Scheitern als politische persona scheint ganz maßgeblich in dieser Ortlosigkeit begründet zu sein.

Anm. 39); Innsbrucker Hof (wie Anm. 60); sowie Kaiser Maximilian I. und die Kunst der Dürerzeit, hg. von Eva Michel–Maria Luise Sternath (München–London–New York 2012).

Maria von Spanien, die katholische Kaiserin Alexander Koller

María de Austria, die Ehefrau von Erzherzog Maximilian von Österreich, der zwischen 1564 und 1576 als Kaiser Maximilian II. regierte, zählt sicherlich zu den großen weiblichen Herrscherfiguren des 16. Jahrhunderts. Leider verfügen wir bislang nicht über eine große wissenschaftliche Monographie zu dieser bedeutenden Fürstin des konfessionellen Zeitalters, allerdings liegen einige wichtige Teilstudien und auch Quellenpublikationen vor, die es uns gestatten, die zentralen Aspekte der Persönlichkeit Marias zu erfassen1. Zunächst ist festzuhalten, dass Maria nach dem Zeugnis der Quellen dem Ideal einer vorbildlichen Ehefrau und Mutter entsprach. Ihre Verbindung mit Maximilian, aus welcher insgesamt 15 Kinder hervorgegangen sind, wurde schon von den Zeitgenossen als äußerst glücklich wahrgenommen (in den Nuntiaturberichten lesen wir zu Beginn der 60er Jahre des 16. Jahrhunderts: il re ama molto la regina2), wobei allerdings das Verhältnis der beiden Ehepartner auf Grund der religiösen Anschauungen Maximilians aus der Sicht Marias getrübt war. Das Bild Marias als vorbildlicher Gattin und Mutter hat auch in der Literatur eine lange Tradition, die zurückgeht auf die enkomiastische Lebensbeschreibung von Rodrigo Mendes Silva3. Maria war sich zeitlebens ihrer bedeutenden Herkunft und Stellung bewusst. In der Tat verfügte die Monarchin über ein ungewöhnlich hohes kaiserliches Prestige, das nicht zuletzt von dem engen Verwandtschaftsverhältnis zu fünf Kaisern herrührte, welches sich aus einer Kombination aus Blutsverwandtschaft und der Eheschließung mit ihrem Cousin ergab. Maria war eben nicht nur Frau und später Mutter zweier Kaiser (wobei sie das Kaisertum ihres Sohnes Matthias nicht mehr erleben sollte), sondern auch die Tochter und die Schwiegertochter eines Kaisers und nimmt schon von daher eine Ausnahmestellung unter allen Kaiserinnen der Frühen Neuzeit ein.

1   Eine erste Orientierung zum Leben und Wirken Marias geben folgende biographische Skizzen: Wilhelm Maurenbrecher, Art. Maria, deutsche Kaiserin. ADB 20 (1884) 365f.; Friedrich Edelmayer, Art. Maria (de Austria). NDB 16 (1990) 174f.; Wurzbach 7 (1861) 19f. 2  Die Nuntien Hosius und Delfino 1560–1561, ed. Samuel Steinherz (Nuntiaturberichte aus Deutschland II/1, Wien 1897) 107. Diese Feststellung findet sich in der Instruktion von Carlo Borromeo für den Nuntius Zaccaria Delfino und steht im Kontext der Bemühungen der Kurie, sich der Einflussnahme Marias auf die religiöse Haltung des Erzherzogs und präsumptiven Kaisers Maximilian zu versichern. 3   Rodrigo Mendes Silva, Vida de la Emperadriz María, hija del Emperador Carlos V (Madrid 1655). Vgl. Magdalena S. Sánchez, The Empress, the Queen and the Nun. Women and Power at the Court of Philipp III of Spain (Baltimore–London 1998) 65f.

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Das daraus resultierende starke monarchische Selbstwertgefühl war bei Maria gepaart mit ausgeprägten religiösen Überzeugungen, die sie vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden konfessionellen Krise im Reich zu einer überzeugten Vorkämpferin des katholischen Glaubens werden ließ. Die zuletzt genannten Grundcharakteristika Marias, die kompromisslose und uneingeschränkte Katholizität und das Bewusstsein ihrer kaiserlichen Würde kommen in einem um 1600 (also kurz vor ihrem Tod) entstandenen Gemälde mit den entsprechenden Attributen (Franziskanerinnenhabit, Rosenkranz, Kaiserkrone) gut zum Ausdruck. Es wurde von Juan Pantojo de la Cruz, einem der bedeutenden spanischen Porträtisten des 16.  Jahrhunderts, geschaffen4. Im Folgenden soll nun die Rolle Marias als Kaiserin näher beleuchtet werden. Die Beobachtungen stützen sich dabei vor allem auf Aussagen der Nuntien am Kaiserhof, deren Korrespondenz für den Zeitraum ab der Regierungsübernahme Maximilians als Kaiser 1564 bis zur Abreise Marias nach Spanien 1581 mittlerweile komplett ediert vorliegt (teilweise auch darüber hinaus) und eine erstrangige Quelle für unser Thema darstellt. Denn auf Grund der besonderen Nähe Marias zum Papsttum lassen sich gerade aus der Lektüre der Korrespondenz der päpstlichen Vertreter am Kaiserhof zahlreiche Aufschlüsse darüber gewinnen, welche politischen Ziele die Kaiserin in diesen entscheidenden Jahren zwischen 1564 und 1581 verfolgte und welche Mittel ihr dabei zur Verfügung standen. Zuvor sollten allerdings kurz die wichtigsten Momente und Zäsuren der Vita Marias aufgezeigt werden, in der wir die klassischen Aktivitäten einer frühneuzeitlichen Fürstin stark ausgeprägt finden: den Einfluss auf die Erziehung der Kinder, ihr religiöses Engagement am Hof und die Anbahnung von Eheverbindungen, wovon später noch konkreter zu sprechen sein wird. *** Die 1528 in Madrid geborene Tochter Karls V. und Isabellas von Portugal war mit ihrem ein Jahr älteren Bruder Philipp zusammen erzogen worden. Nachdem zunächst eine französische Heiratsoption ins Auge gefasst worden war, heiratete sie 1548 den ältesten Sohn Ferdinands I., ihren Cousin ersten Grades, Erzherzog Maximilian (der Ehevertrag wurde auf dem Reichstag von Augsburg geschlossen, die Hochzeit fand wenige Monate später in Valladolid statt). Diese Verbindung sollte die dynastische Einheit der Casa de Austria festigen und eine Reihe von Heiraten von Mitgliedern beider habsburgischer Linien einleiten. Von Anfang an hatte Maria auch die Funktion, die philoprotestantischen Neigungen Maximilians einzudämmen5. Im Auftrag von Karl V. führten die Jungvermählten für einige Zeit die Regentschaft in Spanien (beide zusammen bis 1550, Maria ein weiteres Jahr alleine nach der Rückkehr Maximilians ins Reich). 1551 holte Erzherzog Maximilian seine Frau in seine Heimat.   Abb. 1; zu Pantojo de la Cruz vgl. Maria Kusche, Juan Pantojo de la Cruz (Madrid 1964).   Zur Religiosität Maximilians II. vgl. Eduard Reimann, Die religiöse Entwicklung Maximilians II. in den Jahren 1554–1564. HZ 15 (1866) 1–64; Alexander Koller, Die Nuntiatur von Stanislaus Hosius bei Ferdinand I. (1560–61). Neubeginn der päpstlichen Deutschlandpolitik nach dem Augsburger Religionsfrieden, in: Stanislaus Hosius. Sein Wirken als Humanist, Theologe und Mann der Kirche in Europa, hg. von Bernhart Jähnig–Hans-Jürgen Karp (Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands Beiheft 18, Münster 2007) 85–99. 4 5



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Aus der Verbindung beider gingen insgesamt neun Söhne und sechs Töchter hervor. Entscheidend für die künftige konfessionelle Ausrichtung der österreichischen Linie des Hauses waren enge Kontakte der Kaiserin zum spanischen Hof ihres Bruders und zur päpstlichen Kurie, vor allem auch die Tatsache, dass sie für eine betont katholische Erziehung ihrer erstgeborenen Söhne Rudolf und Ernst in Spanien sorgte. Maria wurde bereits 1548 (auf Grund der Titelverleihung durch Karl V. an seinen Neffen und Schwiegersohn) als Königin von Böhmen bezeichnet, obwohl Maximilian erst im Mai 1562 zum König von Böhmen gekrönt wurde. Noch im selben Jahr erfolgte dessen Wahl und Krönung zum Römischen König in Frankfurt (24.  November)6. 1563 wurde Maria Königin von Ungarn, 1564 Kaiserin nach dem Tod Ferdinands I. Ihre Periode als Kaiserinwitwe (Maximilian II. starb am 12. Oktober 1576 auf dem Regensburger Reichstag) zerfällt in zwei Abschnitte: Nach dem Ableben ihres Mannes 1576 blieb Maria noch fünf Jahre am Abb. 1: Juan Pantojo de la Cruz, Kaiserin María (Quelle: Prager Kaiserhof Rudolfs II., übersieOronoz, Archivo fotográfico) delte dann aber 1581 nach Madrid7, wo sie in unmittelbarer Nachbarschaft des Konvents der Descalzas Reales bis zu ihrem Tod 1603 lebte8. Vermutlich waren mehrere Gründe für die weitreichende Entscheidung Marias ausschlaggebend, in ihre spanische Heimat zurückzukehren, wo sie weiterhin versuchte, politisch tätig zu sein. Als Motiv für die Übersiedlung wurden vor allem die finanziellen Probleme der verwitweten Kaiserin nicht zuletzt wegen des hohen Aufwands für ihre eigene Hofhaltung in Prag9, aber auch 6   Vgl. die Berichte des venezianischen Botschafters Giovanni Micheli an den Dogen, Frankfurt, 24. November 1562: Venezianische Depeschen vom Kaiserhof 3, ed. Gustav Turba (Wien 1895) 213–215, und des Nuntius Zaccaria Delfino an die Legaten auf dem Konzil von Trient, Frankfurt, 25. November 1562: Nuntius Delfino 1562–1563, ed. Samuel Steinherz (Nuntiaturberichte aus Deutschland II/3, Wien 1903) 148–150. Über die Krönung Marias, die wohl kurze Zeit später erfolgte, wird in diesen Depeschen nicht berichtet. Als offizieller Vertreter Spaniens in Frankfurt fungierte Philippe III de Croy, Herzog von Aarschot, vgl. ebd. 135 und 146. 7  Elisabeth Schoder, Die Reise der Kaiserin Maria nach Spanien (1581/82), in: Hispania – Austria II. Die Epoche Philipps II. (1556–1598)/La época de Felipe II (1556–1598), hg. von Friedrich Edelmayer (Studien zur Geschichte und Kultur der iberischen und iberoamerikanischen Länder 5, Wien 1999) 151–180. 8  Vgl. die Monographie von Sánchez (wie Anm. 3). 9  Nuntiaturen des Orazio Malaspina und des Ottavio Santacroce. Interim des Cesare dell’Arena (1578– 1581), ed. Alexander Koller (Nuntiaturberichte aus Deutschland III/10, Berlin 2012) 276: tutto questo di-

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die zunehmende Isolation am Kaiserhof genannt10. Um sich Geld zu beschaffen, sah sich Maria u. a. gezwungen, Wert­ sachen bei Prager Juden zu verpfänden11. Mehrmals griff deshalb Gregor XIII. selbst ein, ließ Maria Geld überweisen12 und versuchte, ihr eine besondere politische Aufgabe durch Rudolf übertragen zu lassen13. Die Haltung des Kaisers in der Frage des Rückzugs seiner Mutter vom Kaiserhof scheint nicht eindeutig. Zum einen sprechen die Nuntiaturberichte vom Interesse Rudolfs am Verbleib Marias in Prag14, andererseits musste Nuntius Malaspina seine darauf gerichteten Bemühungen auf Bitten des Kaisers zeitweise einstellen15. Die Entscheidung von 1581 war von weitreichender Bedeutung. Maria verließ praktisch den Ort, der mit ihrer Funktion engstens verknüpft war und der für sie auch künftig große direkte (bzw. informelle) Möglichkeiten der Beeinflussung der kaiserlichen Politik Abb. 2: Tod der Kaiserin María, Illustration aus Juan de eröffnet hätte, vor allem wenn man la Palma, Vida de la sereníssima Infanta Sor Margarita bedenkt, dass sie bei der anhaltenden de la Cruz, religiosa Descalza de Santa Clara (Madrid, r Ehelosigkeit Rudolfs II. weiterhin die Imprenta Real, 1636, fol. 118 ) (Quelle: Google Books) erste weibliche Position am Kaiserhof eingenommen hätte. Die Zäsur von 1581 muss deshalb als einer der großen Einschnitte in der Vita Marias gewertet werden. In den letzten beiden Jahrzehnten ihres Lebens nahm Maria in Spanien Einfluss für ihre Söhne und die Interessen der österreichischen Linie bzw. der österreichischen Erbländer, indem sie sich etwa für Subsidien für den Langen Türkenkrieg einsetzte, um nur ein Beispiel zu nennen. Unterstützt wurde sie dabei durch den früheren Botschafter am Kaiserhof, ihren Haushofmeister Juan de Borja, aber auch vom kaiserlichen Botschafter in pende dalla difficoltà di denari che ha di mantener la sua Corte, nella quale spende meglio di 40 000 fiorini l’anno, et non si trova donde havergli. Vgl. auch ebd. 344 (grandissimi debiti), 413f., 502f. 10  Vgl. Schoder, Die Reise der Kaiserin Maria (wie Anm. 7) 151–153. 11  Koller, Nuntiaturen des Orazio Malaspina und Ottavio Santacroce (wie Anm. 9) 344 (con pagarne interessi di trenta per cento). 12  Im Januar 1578 erhielt die Kaiserin auf Veranlassung des Papstes 50 000 Golddukaten aus den Spolien des Erzbistums Toledo, vgl. Archivio Segreto Vaticano, Ep. ad Princ., Reg. 12, fol. 16r. 13   Koller, Nuntiaturen des Orazio Malaspina und Ottavio Santacroce (wie Anm. 9) 308f. Rudolf II. reagierte zurückhaltend auf diesen Vorschlag mit Hinweis auf die regelmäßige Konsultierung Marias in allen wichtigen Fragen, ebd. 344: perché, in quanto ad applicarla ad alcun negotio, esso non faceva cosa di alcun momento che non la participasse et consigliasse con lei, di modo ch’essa haveva quelli medesimi negotii che lui stesso. 14  Ebd. 500: et sente estremamente la partenza dell’Imperatrice. Vgl. auch ebd. 297 und 424. 15  Ebd. 331f.



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Madrid Johann Khevenhüller, welcher von Rudolf II. angewiesen wurde, Maria über alles zu informieren und mit ihr eng zusammenzuarbeiten16. Maria starb am 26. Februar 1603 im Konvent der Descalzas Reales in Madrid. Auch auf einer Darstellung der Sterbeszene mit ihrer Tochter Erzherzogin Suor Margarita de la Cruz (mit Kreuz!) und weiteren Franziskanerinnen von Pedro Perret begegnen die Attribute der kaiserlichen Würde, die Kaiserkrone auf einem Polster neben dem Bett und als Aufsätze über dem Bettkasten an jeder der vier Ecken jeweils das Wappen des Hauses mit Kaiserkrone17. Bis zum Zeitpunkt der Abreise Marias aus Prag bemühte sich vor allem Orazio Malaspina, Nuntius am Kaiserhof von 1578 bis 1581, wie bereits angesprochen, intensiv im Auftrag der Kurie um einen Verbleib der Kaiserin Maria in Prag, einer der wichtigsten Garantinnen der Kurie für den Erhalt des Katholizismus in den habsburgischen Erbländern und im Reich. *** In der Tat war Maria in den Jahren zwischen 1564 und 1581 das Zentrum der spanisch-katholischen Partei am Kaiserhof18. Den Kern dieser Gruppe bildete ein (im Gegensatz zu Maximilians Entourage) weitgehend spanisch geprägter Hofstaat, der zum Zeitpunkt der Übersiedlung der Kaiserin nach Spanien 1581 ca. 570 Personen umfasste. Dies geht aus Verzeichnissen hervor, die nach Venedig und an andere Orte geschickt wurden, um die Durchreise der Kaiserin und ihres Gefolges durch Norditalien nach Genua logistisch vorzubereiten19. Aus dem engeren familiären Umfeld Marias galten als spanienfreundlich und gut katholisch die Erzherzöge Ernst20 und Maximilian21 sowie die Erzherzogin Elisabeth22, die als verwitwete Königin von Frankreich 1574 an den Kaiserhof zurückkehrte. Zusammen mit ihrer Mutter Maria und ihrer Schwester Margarita verließ auch sie 1581 den Prager Kaiserhof. Allerdings begleitete sie ihre weiblichen Verwandten nicht nach Spanien, sondern ließ sich mit einem bescheidenen Hofstaat in Wien nieder, wo sie 1582 ein Klarissenkloster gründete. Zuvor waren Pläne zur Verehelichung der Erzherzo  Sánchez (wie Anm. 3) 120–122.   Abb. 2. 18   Zur Rolle Marias am Kaiserhof und ihren Kontakten nach Rom habe ich mich bereits an anderer Stelle geäußert: Alexander Koller, La facción española y los nuncios en la corte de Maximiliano II y de Rodolfo II. María de Austria y la confesionalización católica del Imperio, in: La dinastía de los Austria. Las relaciones entre la Monarquía Católica y el Imperio, hg. von José Martínez Millán–Rubén González Cuerva, Bd. 1 (Madrid 2011) 109–124; erweiterte deutsche Fassung: Ders., Imperator und Pontifex. Forschungen zum Verhältnis von Kaiserhof und römischer Kurie im Zeitalter der Konfessionalisierung (1555–1648) (Geschichte der Epoche Karls V. 13, Münster 2012) 48–60. 19  Lista delle persone e cavalli che seguono l’Imperatrice; Archivio di Stato Turin, Materie politiche per rapporto all’estero Lettere Ministri, Austria 4. 20   Paolo Viti Mariani, L’arciduca Ernesto d’Austria e la Santa Sede (Roma 1898); Victor Bibl, Erzherzog Ernst und die Gegenreformation in Niederösterreich (1576–1590) (MIÖG Ergbd. 6, Wien 1901) 575–596; Rudolf Steuer, Beiträge zur Geschichte Erzherzogs Ernst von Österreich (15. 6. 1553–20. 2. 1595) (Wien 1947). 21  Heinz Noflatscher, Glaube, Reich und Dynastie. Maximilian der Deutschmeister (Marburg 1987). 22   Joseph F. Patrouch, Ysabell/Elisabeth/Alzbeta. Erzherzogin, Königin. Ein Forschungsgegenwurf. Frühneuzeit-Info 10 (1999) 257–265; ders., Queen’s Apprentice. Archduchess Elizabeth, Empress María, the Habsburgs, and the Holy Roman Empire, 1554–1569 (Studies in medieval and Reformation traditions 148, Leiden 2010). 16 17

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gin mit dem neuerlich verwitweten Philipp II. durch deren strikt ablehnende Haltung gescheitert23. Neben der Kaiserin waren die wichtigsten Exponenten der spanischen Partei die ­diplomatischen Vertreter Philipps II. Während des Aufenthalts Marias im Reich vertraten vier ordentliche Botschafter die Interessen Madrids am Kaiserhof: Fernandez Conte de Luna (bis 1563), Thomas Perrenot de Chantonet (ab 1565), Francisco Hurtado de Mendoza (1570–1577) und schließlich Juan de Borja (1577–1581). Großen Einfluss innerhalb dieser Gruppe übten aber auch die Mitglieder von Orden aus, vor allem die Jesuiten, Franziskaner und Karmeliter, die zum Teil aus Spanien stammten und wichtige Funktionen am Hof als Beichtväter oder Prediger einnahmen. Schließlich sind zu dieser Gruppe noch Adelige nichtspanischer Herkunft mit ranghohen Chargen am Kaiserhof zu zählen, die mit Frauen des spanischen Hochadels verheiratet waren. Hier sind zu nennen der Obersthofmeister Rudolfs II., Adam von Dietrichstein24, und der Oberststallmeister Rudolfs II., Claudio Trivulzio25, die Margarita de Cardona bzw. Margarita Lasso geehelicht hatten. Als drittwichtigste Figur dieser Gruppe ist neben der Kaiserin und dem spanischen Botschafter der päpstliche Nuntius zu nennen. Alle drei trafen sich regelmäßig, um sich über alle wichtigen politischen und kirchenpolitischen Themen auszutauschen und ihr Vorgehen abzustimmen. Diese persönlichen Beziehungen und Kontakte verdeutlichen, dass Maria am Kaiserhof im Zentrum eines eng vernetzten Klientel- und Patronagesystems stand. Dabei ist eine starke Beeinflussung ihres Handelns sowohl von spanischer Seite als auch vor allem durch Papst und Kurie festzustellen. Maria, das lässt sich ohne Übertreibung auf Grund des Quellenbefundes sagen, war die wichtigste Verbündete der Kurie am Kaiserhof. Bei allen anstehenden Fragen, vor allem in konfessionellen Belangen, konnten Papst und Kurie von der rückhaltlosen Unterstützung der Kaiserin ausgehen, wie Maria selbst gegenüber Giovanni Delfino bei dessen Antrittsbesuch im Juli 1571 versicherte: „nachdem ich [Delfino] mich bei ihr [Maria] bedankt hatte für die guten Dienste, die sie immer für die Religion geleistet hatte, antwortete sie, sie habe nicht so viel getan, wie sie es sich gewünscht hätte […] und dass sie nicht nachlassen werde, alles in ihren Möglichkeiten stehende zu tun zur Ehre Gottes und zur Zufriedenheit des Papstes“26. In vielen Bereichen lässt sich die von Rom gesteuerte Einflussnahme der Kaiserin auf die Politik Maximilians und später Rudolfs konstatieren. Bereits früh wurde Maria gebeten, etwa die Kandidatur Ernsts von Bayern für das Kurerzbistum Köln zu unterstützen, die bereits 1570 ventiliert worden war, aber erst in den 80er Jahren zum Erfolg

  Vgl. unten Anm. 79.   Friedrich Edelmayer, Ehre, Geld, Karriere. Adam von Dietrichstein im Dienst Kaiser Maximilians II., in: Maximilian II. Kultur und Politik im 16. Jahrhundert, hg. von Friedrich Edelmayer–Alfred Kohler (Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit 19, München 1992) 109–142. Vgl. auch Alexander Koller, Der Kaiserhof am Beginn der Regierung Rudolfs II. in den Berichten der Nuntien, in: Kaiserhof – Papsthof 16.–18. Jahrhundert, hg. von Richard Bösel–Grete Klingenstein–Alexander Koller (Publikationen des Historischen Instituts beim Österreichischen Kulturforum in Rom, Abhandlungen 12, Wien 2006) 13–24, hier 19. 25  Vgl. Koller, Der Kaiserhof (wie Anm. 24) 20. 26  Nuntius G. Delfino und Kardinallegat G. F. Commendone 1571–1572, ed. Johann Rainer (Nuntiaturberichte aus Deutschland II/8, Graz–Köln 1967) 36. 23 24



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führte mit weitreichenden Folgen für die Konfessionalisierung des Reichs27. Sie bemühte sich um die Restitution des Abts von Fulda28, ein wichtiges päpstliches Anliegen jener Zeit, und versuchte 1577, im Konflikt um die Obödienzleistung Rudolfs gegenüber dem Apostolischen Stuhl zu vermitteln29. Vor allem unterstützte sie energisch die gegenreformatorischen Initiativen der Nuntien, etwa hinsichtlich des Verbots protestantischer Predigten30 und der Rücknahme von konfessionellen Zugeständnissen an den Adel, vor allem im Umfeld von Reichs- und Landtagen, denen unter dem Aspekt der Forderungen der Stände nach Religionsfreiheit größte konfessionspolitische Relevanz zukam31. Sie schaltete sich aber auch in andere Debatten ein, etwa über die Türkenabwehr, oder in den Konflikt um die Anerkennung der Rangerhöhung des Herzogtums Florenz. Sie war zudem eine entschiedene Förderin des Jesuitenordens32, wie sich u. a. durch großzügige Geldspenden für den Bau des Prager Kollegs zeigte33. Zahlreiche weitere Beispiele ließen sich anführen. Die zweifellos wichtigste Funktion, die Maria mit Unterstützung Spaniens 34 und des Papstes bis zum Tod Maximilians II. am Kaiserhof zu erfüllen hatte, war die Verhinderung des offiziellen, nach außen manifesten Übertritts des Kaisers zum Protestantismus. Der Druck, den die Kaiserin im Verbund mit dem päpstlichen Nuntius und dem spanischen Botschafter auf den Kaiser ausübte, war enorm. Die Initiativen gingen dabei in zwei Richtungen. Zum einen sollte Maximilian davon abgehalten werden, den Protestantismus weiter zu fördern. In diesen Kontext gehören alle bereits angesprochenen, gegen die Glaubensfeinde gerichteten Pläne (etwa die Entfernung von protestantischen Predigern vom Kaiserhof )35, aber auch die Sicherstellung der katholischen Erziehung der kaiserlichen 27  Nuntius Biglia 1570 (Jänner) – 1571 (April), ed. Ignaz Philipp Dengel (Nuntiaturberichte aus Deutschland II/7, Graz–Köln 1952) 41. 28  Nuntiatur Giovanni Dolfins (1573–1574), ed. Almut Bues (Nuntiaturberichte aus Deutschland III/7, Tübingen 1990) 363f., 371. 29   Nuntiaturen des Giovanni Delfino und Bartolomeo Portia (1577–1578), ed. Alexander Koller (Nuntiaturberichte aus Deutschland III/9, Tübingen 2003) 121, 125 und 127. Vgl. auch ders., Der Konflikt um die Obödienz Rudolfs II. gegenüber dem Hl. Stuhl, in: Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntia­ turberichtsforschung, hg. von dems. (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 87, Tübingen 1998) 148–164. 30   Nuntiatur Giovanni Delfinos (1572–1573), ed. Helmut Goetz (Nuntiaturberichte aus Deutschland III/6, Tübingen 1982) 391, 400f., 407 (Maria erreicht Predigtverbot); Bues, Nuntiatur Giovanni Dolfins (wie Anm. 28) 414 (protestantische Predigten im Wiener Landhaus, der niederösterreichischen Ständeversammlung). 31   Vgl. u. a. die Debatten auf dem niederösterreichischen Landtag von 1577; Koller, Nuntiaturen des Giovanni Delfino und Bartolomeo Portia (wie Anm. 29) 295. 32  Nuntius Biglia 1566 (Juni) – 1569 (Dezember), Commendone als Legat bei Kaiser Maximilian II. 1568 (Oktober) – 1569 (Jänner), ed. Ignaz Philipp Dengel (Nuntiaturberichte aus Deutschland II/6, Wien 1939) 158: la M.tà dell’imperatrice gli favorisce et li soviene di continuo; Bues, Nuntiatur Giovanni Dolfins (wie Anm. 28) 208f. (Dekrete gegen die Jesuiten). 33  Nuntiatur Giovanni Dolfins (1575–1576), ed. Daniela Neri (Nuntiaturberichte aus Deutschland III/8, Tübingen 1997) 162, 215. 34  Philipp II. gab Maria 1569 im Kontext der vom Kaiser geduldeten protestantischen Predigten unmissverständlich zu verstehen, dass Maximilian mit seinem Kurs sein eigenes Seelenheil, das Ansehen seines Staates und die freundschaftlichen und verwandtschaftlichen Beziehungen zu Spanien aufs Spiel setze, vgl. Colección de documentos inéditos para la historia de España 103 (Madrid 1892) 244. 35  Bedeutsam war in diesem Zusammenhang die Ausweisung von Johann Sebastian Pfauser, dem Hofprediger Maximilians, Ende 1559, für die sich Maria und der spanische Gesandte am Kaiserhof eingesetzt hatten, so der venezianische Botschafter in Wien, Giacomo Soranzo; Turba, Venezianische Depeschen (wie Anm. 6) 125 Anm. 2. Ein Bericht eines päpstlichen Nuntius zu dieser Maßnahme liegt nicht vor, da zwischen 1556 und 1560 auf Grund des Konflikts zwischen Paul IV. und Ferdinand I. keine offiziellen Beziehungen zwischen Rom

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Kinder, was Maria gelang. In diesem Zusammenhang stehen auch die Bemühungen und die Diskussionen um eine Verhinderung der Kommunionpraxis des Kaisers, nämlich sub utraque, bei den jungen Erzherzögen36. Maria gelang es auch, die Kinder an der Fronleichnamsprozession teilnehmen zu lassen, im Gegensatz zum Kaiser, der sich noch im Todesjahr 1576 wegen Unpässlichkeit entschuldigen ließ37. Das Fronleichnamsfest gilt bis zum heutigen Tag als das konfessionellste Fest der römischen Kirche schlechthin, vor allem die Teilnahme an der Prozession mit dem Allerheiligsten im Zentrum steht für ein öffentliches Bekenntnis zum Katholizismus. Rudolf II. nahm dann auch als Kaiser demonstrativ an dieser Prozession teil38. Dass Rudolf in jenen Jahren überzeugter Katholik war, belegt darüber hinaus auch seine Krönung zum böhmischen König 1575, als er sich zum Missfallen der Protestanten nicht nur gegenüber Gott, sondern auch gegenüber der Gottesmutter Maria und den Heiligen eidlich verpflichtete39. Die andere Stoßrichtung betraf den Kaiser selbst. Seit Beginn der 1560er Jahre bemühte sich die Kurie zusammen mit Maria und der spanischen Partei40 intensiv um eine Rückführung Maximilians zum katholischen Ritus41. In zentralen Fragen (Kommunion in einer Gestalt, katholische Predigten, Fronleichnamsfeier) war der Erzherzog und spätere Kaiser nicht von seiner ablehnenden Haltung abzubringen. Andererseits gab es immer wieder Momente bei Maximilian, die einen anderen Schluss nahelegten – so registrierte Nuntius Delfino die Erleichterung Marias, dass Maximilian an Weihnachten 1571 der hl. Messe beigewohnt habe42. Im Jahr 1575 glaubte der Nuntius wiederum eine mutatione in religiösen Belangen bei Maximilian II. feststellen zu können43. Anfang 1576 gab es ein deutliches Zeichen in diese Richtung, als der Kaiser dem Drängen des Nuntius und der Kaiserin sowie anderer Exponenten der katholischen Partei nachgab und einen protestantischen Prediger aus Wien auswies44. Erhellend für die Rolle Marias in diesem Zusammenhang ist der Passus eines Schreibens des spanischen Gesandten am Kaiserhof Hurtado de Mendoza (Conde Monund dem Kaiserhof bestanden. Die Angelegenheit erstreckte sich allerdings weit in das Jahr 1560, wo nach der Wiederaufnahme der diplomatischen Kontakte Hosius sich mehrmals zu dieser Angelegenheit äußerte, vgl. Steinherz, Die Nuntien Hosius und Delfino (wie Anm. 2) 16, 21, 24, 28, 37, 63, 97, 119. 36  Bues, Nuntiatur Giovanni Dolfins (wie Anm. 28) 443–445, 471, 490. 37  Neri, Nuntiatur Giovanni Dolfins (wie Anm. 33) 598. 38  Koller, Nuntiaturen des Giovanni Delfino und Bartolomeo Portia (wie Anm. 29) 426–428; vgl. Martin Scheutz, ... hinter Ihrer Käyserlichen Majestät der Päbstliche Nuncius, Königl. Spanischer und Venetianischer Abgesandter. Fronleichnamsprozessionen im frühneuzeitlichen Wien, in: Bösel–Klingenstein–Koller, Kaiserhof – Papsthof (wie Anm. 24) 173–204, hier 181–183. 39   Neri, Nuntiatur Giovanni Dolfins (wie Anm. 33) 320. 40  Vgl. unten Anm. 46. 41   Bedeutsam war in diesem Zusammenhang die Nuntiatur von Stanislaus Hosius am Kaiserhof, vgl. Steinherz, Die Nuntien Hosius und Delfino (wie Anm. 2). 42  Benché stesse in luoco secreto senza essere veduto, et l’imperatrice ha detto al sig. ambasciatore di Spagna che mai ha veduto l’imperatore andare più devoto alla messa di questa volta; Rainer, Nuntius G. Delfino und Kardinallegat G. F. Commendone (wie Anm. 26) 223. 43  Neri, Nuntiatur Giovanni Dolfins (wie Anm. 33) 365: havendo il re fatto il suo giuramento solenne in lingua bohema secondo la forma antica che commincia: Io giuro a Dio, a la beata Vergine et a tutti i santi sopra questi evangelii di conservare le leggi, constitutioni, privilegii del regno. Et infine replica: Così Dio m’aiuti et tutti i santi. Il che è dispiacciuto molto agl’heretici, che volevano che si lasciassero quelle parole della beata Vergine, et dei santi. 44  Ebd. 435. Diese Aktion, die einen Schlag gegen den protestantischen österreichischen Adel bedeutete, stand im Kontext der Kandidatur Maximilians für den polnischen Thron. Die Nachricht von der Wahl Maximilians war am 26. Dezember 1575 in Wien eingetroffen (ebd. 431f.), stellte sich dann aber als Falschmeldung heraus.



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teagudo) an Philipp II., wo jener Überlegungen anstellt, wie Maximilian II. auf einen strikt antiprotestantischen Kurs in den Erbländern zu bringen sei: Man dürfe nicht versuchen (so Hurtado de Mendoza), direkt Druck auf den Kaiser auszuüben, sondern müsse ihm den Eindruck vermitteln, er gehe eigene Wege; Philipp solle Maria auffordern, auf Maximilian in dieser Weise einzuwirken; nur sie sei dazu in der Lage, weil Maximilian sie über alles liebe, nur dürfe der Kaiser nicht auf die Vermutung kommen, die Kaiserin werde durch Philipp beeinflusst45. Einige Monate später (wir befinden uns zu Beginn der 70er Jahre) empfahl Maria ihrem Bruder Philipp II., Adam von Dietrichstein, dem Obersthofmeister Rudolfs, ein Geschenk von 40 000 bis 100 000 Dukaten zu machen, damit er sich um die Bekehrung Maximilians bemühe46. Im Sommer 1575, wenige Monate vor dem Tod Maximilians, gab sich die Kaiserin der Hoffnung hin, ihren Gatten von seinen Irrtümern abbringen und zu einem offenen Bekenntnis zum katholischen Ritus bewegen zu können. In einem chiffrierten Schreiben berichtete der päpstliche Nuntius, dass Maria ihn gebeten habe, in Rom um die Erweiterung seiner Fakultäten hinsichtlich der Absolution von Häresie nachzusuchen47. Trotz alledem blieb die Haltung des Kaisers bis zu seinem Tod zweideutig: es kam weder zu einem offenen Abfall noch zu einem eindeutigen katholischen Bekenntnis. Schon bald nach dem Regierungsantritt Rudolfs II. gab es in Prag Gerüchte, die Kaiserin wolle sich nach Spanien zurückziehen. In Rom wurden diese Nachrichten mit Besorgnis aufgenommen48. Als sich die Informationen über ihren Rückzug vom Kaiserhof verdichteten, wurde der päpstliche Nuntius Malaspina im Februar 1580 von Kardinal Gallio, dem päpstlichen Sekretär für die Außenbeziehungen der Kurie, angewiesen, mit allen Mitteln die Umzugspläne zu vereiteln. Diese würden sich nachteilig sowohl auf die religiösen (servitio di Dio) und politischen (cose publiche) Angelegenheiten als auch auf die Person des neuen Kaisers selbst auswirken. Verhindern konnte die Kurie diesen Schritt der Kaiserin letztlich nicht49. *** Papst und Kurie erwiesen sich vor dem Hintergrund dieser Dienstleistungen Marias als überaus großzügig. In den Pontifikaten Pius’ V. und Gregors XIII. kam es zu engen Patronage- und Klientelbeziehungen zwischen Rom und dem Kaiserhof, wobei die römische Kurie Maria und ihr engstes Umfeld mit Einkünften, Posten, Ehrungen, Gnaden und auch Personal versorgte und förderte, um sich für die loyale Unterstützung ihrer politischen Ziele erkenntlich zu zeigen. Diese Gnaden- und Gunstbezeugungen des Papstes betrafen zunächst die Person der   Dengel, Nuntius Biglia (wie Anm. 27) 25.   Vgl. Colección de documentos inéditos para la historia de España 110 (Madrid 1894) 368f. 47  Neri, Nuntiatur Giovanni Dolfins (wie Anm. 33) 585f. 48   Um die Kaiserin zumindest mittelfristig zum Verbleib in Prag zu bewegen, übergab der Nuntius das für sie bestimmte päpstliche Breve, in welchem die Verdienste der Kaiserin um Glauben und Kirche hervorgehoben waren: Et perché va serpendo voce che la Ser.ma Imperatrice desidera d’andare fra qualche mese in Spagna, ho resoluto di darle hoggi il breve di N. S. in questa materia et accompagnarlo con quei più opportuni et efficaci uffici che conoscerò convenirsi per rimoverla da tale pensiero [...] conoscendo chiaramente la gran perdita che faria la religione cath.ca in questi paesi per la partita sua; Koller, Nuntiaturen des Giovanni Delfino und Bartolomeo Portia (wie Anm. 29) 109. 49  Vgl. oben S. 87f. 45 46

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Kaiserin selbst. In diesem Zusammenhang sind zu nennen diverse Lizenzen, Privilegien und größere und kleinere Geschenke, u. a. die Verleihung der goldenen Rose 156150. 1573 erhielt sie auf eigenen Wunsch einen von Gregor XIII. gesegneten Rosenkranz51. Im selben Jahr erfüllte der Papst den Wunsch der Kaiserin, die Jesuiten Lorenzo Maggio, Francesco Antonio und Diego Avellaneda nicht aus Wien abzuberufen52. Als besondere Auszeichnung und Ehrung sind die beiden habsburgischen Kardinalserhebungen von 1576 und 1577 zu werten, die des Erzherzogs Andreas (Sohn ihres Schwagers Ferdinand von Tirol)53 und vor allem die des 1559 geborenen Sohnes von Maximilian und Maria, Albrecht. Maria selbst hatte Gregor XIII. um die Promotion Albrechts gebeten unter gleichzeitiger Verleihung des vakanten Erzbistums Toledo54. Während Erzherzog Albrecht im März 1577 den Purpur erhielt55, musste er sich mit der Inbesitznahme des reichen Erzbistums noch bis 1594 gedulden56. Immerhin bot Gregor XIII. der Kaiserin 100 000 Dukaten aus den Spolien des Erzbistums Toledo als Geschenk an57, was die Monarchin trotz ihrer finanziellen Situation mit Rücksicht auf ihren Bruder Philipp ablehnte 58. Der Papst gab jedoch nicht nach und ließ ihr ein Jahr später 50 000 scudi aus den Einkünften desselben Erzbistums zukommen59. Oft betonte Rom, dass im Fall der Kaiserin Ausnahmen gemacht wurden, wie z. B. im Fall einer Ehedispens zweiten Grades: „obwohl Ihre Heiligkeit sich bei Dispensen, die enge Verwandtschaftsverhältnisse betreffen, sehr zurückhaltend zeigt – nicht zuletzt wegen der Vorgaben der Heiligen Inquisition – wollte sie trotzdem angesichts des großen Verlangens Ihrer Majestät nach dieser Gnade die Dispens nicht verweigern und hat die Ausfertigung angeordnet; im übrigen werde er [der Papst], soweit er könne, die Wünsche Ihrer Majestät schnellstmöglich erfüllen, da er um ihre Frömmigkeit und hohen Verdienste weiß, und da sie jeder Gnade des Heiligen Stuhls würdig ist“60. In den Genuss der päpstlichen Gnaden konnten aber auch Personen gelangen, für die sich Maria einsetzte und deren Wünsche sie mit entsprechenden Empfehlungen unterstützte. Im Folgenden werden einige Beispiele genannt, wobei nur Fälle aufgeführt werden, die vom Papst auf Empfehlung der Kaiserin positiv beschieden wurden61: 1561 50  Steinherz, Die Nuntien Hosius und Delfino (wie Anm. 2) 234; Elisabeth Cornides, Rose und Schwert im päpstlichen Zeremoniell von den Anfängen bis zum Pontifikat Gregors XIII. (Wiener Dissertationen aus dem Gebiete der Geschichte 9, Wien 1967) 116f. 51  Bues, Nuntiatur Giovanni Dolfins (wie Anm. 28) 6f., 31. 52  Ebd. 18f. und 53. 53  Neri, Nuntiatur Giovanni Dolfins (wie Anm. 33) 672; unter Verleihung des Titels von Santa Maria Nuova, vgl. Hierarchia catholica medii et recentioris aevi III: Saeculum XVI ab anno 1503 complectens, hg. von Wilhelm van Gulik–Konrad Eubel–Ludwig Schmitz-Kallenberg (Monasterii 1923) 45. 54   Koller, Nuntiaturen des Giovanni Delfino und Bartolomeo Portia (wie Anm. 29) 18. 55   Ebd. 67f.; vgl. Hierarchia catholica III (wie Anm. 53) 45. 1580 erhielt er den Titel von S. Croce in Gerusalemme. 56  Ebd. 315. 57   Archivo General de Simancas, Estado, Legajo 932. 58  Koller, Nuntiaturen des Giovanni Delfino und Bartolomeo Portia (wie Anm. 29) 29. 59   Bulle Gregors XIII., Abschrift für den Erzbischof von Prag Anton Brus von Müglitz, 22. September 1578; Archivo General de Simancas, Estado, Legajo 933, vgl. oben Anm. 12. 60   Bues, Nuntiatur Giovanni Dolfins (wie Anm. 28) 166. 61  Weitere Suppliken, über deren positiven oder negativen Bescheid die Nuntiaturberichte nichts berichten: für die Hofdame Dona Francesca de Lolardo (Dispens), Bues, Nuntiatur Giovanni Dolfins (wie Anm. 28) 184; Geronimo Avila, Kaplan der Kaiserin (Empfehlung), ebd. 436, 463; Andrea Camuzio, Hofarzt Marias (Gnadengesuch), ebd. 578; Diego Avellaneda, Jesuit, Kaplan der Kaiserin (Pfründe: Archidiakonat von



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eine Pension für ihren cappellanus maior aus den Einkünften des Bistums Segovia62, 1573 eine Ehedispens für einen spanischen Flottengeneral Don Martino di Padilla63, 1577 eine Dispens für einen Benediktiner, außerhalb des Klosters als Weltpriester fungieren zu dürfen, und für Margarita de Cardona, Ehefrau Adams von Dietrichstein, das Privileg eines Tragaltars64. Im selben Jahr fand Maria beim Papst Gehör mit ihrer Bitte um Vergebung für angeklagte Kanoniker von Verdun65. Durch ihren Einsatz konnte eine portugiesische Nonne mit Erlaubnis des Papstes das Kloster verlassen und zur Kur ein Heilbad aufsuchen66. Der künftige Erzbischof von Prag, Zbynko Berka von Duba und Leipa, wurde während seines Romaufenthalts 1577 vom Papst und einigen Mitgliedern der Kurie auf Empfehlung der Kaiserin gefördert67. 1579 erhielt Don Antonio Canopulo, Priester der Diözese Sassari, auf Betreiben der Kaiserin eine Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung am Kaiserhof68. Es kam aber auch ohne direkte Intervention Marias zu päpstlichen Gnadenerweisen für die Klientel der Kaiserin. So erhielt unter den von Maximilian II. dem Papst empfohlenen Italienern der Sohn des Leibarztes von Maria, Giovanni Alessandrino, eine Pension aus den Erträgen aus einem venezianischen Benefizium69. Eher selten wurden Gnadengesuche abgelehnt, wie z. B. die Bitte der Ehefrau Dietrichsteins, Margarita de Cardona, Frauenklöster zu betreten per esperienza veduto il disturbo che da ciò si genera a le religiose („wegen der damit verbundenen Störung der Nonnen“)70. Auch umgekehrt, dies war allerdings eher selten, kam es zu Empfehlungen des Papstes an die Adresse der Kaiserin, z. B. im Fall des Ottavio Landi71. ***

Cuenca), ebd. 593; Catalina de Mendoza, ebd. 670; Geronimo Cortereale (Bitte um Aufnahme in das Collegium Germanicum), Neri, Nuntiatur Giovanni Dolfins (wie Anm. 33) 324, 353, 389. Die Korrespondenz der Jahre 1579–1581 enthält keine Informationen über einen positiven oder negativen Bescheid zu folgenden Gesuchen: Bitte um eine Pension für Don Fabrizio Raggi, Koller, Nuntiaturen des Orazio Malaspina und ­Ottavio Santacroce (wie Anm. 9) 247f. und 256; Wunsch nach einem Benefizium für den Sohn des spanischen Botschafters am Kaiserhof, ebd. 387 und 396; Hilfe für den Studenten Giovan Battista Sertorio, ebd. 454. 62   Steinherz, Die Nuntien Hosius und Delfino (wie Anm. 2) 318, 330. 63   Goetz, Nuntiatur Giovanni Delfinos (wie Anm. 30) 314, 324. 64   Koller, Nuntiaturen des Giovanni Delfino und Bartolomeo Portia (wie Anm. 29) 32, 53, 71. 65   Ebd. 94, 115. 66  Ebd. 17, 49f. 67  Ebd. 23, 94 und 115. 68   Vgl. Koller, Nuntiaturen des Orazio Malaspina und Ottavio Santacroce (wie Anm. 9) 163 und den positiven Bescheid aus Rom; ebd. 171. In den drei Jahren vor der Abreise Marias nach Spanien wurden folgende weitere Gnadengesuche der Kaiserin positiv beschieden: Absicherung der Pension ebenfalls für Antonio Canopulo, ebd. 412, 418; Supplik für Nicolò Gambara, ebd. 195, 197, 210; Verleihung eines Protonotariats an Don Diego Manriquez, ebd. 362, 376, 419; Ablass für Almosenier, ebd. 371, 383; Gesuch für die Marchesa della Piovera, ebd. 395, 401; Bestätigung der Übertragung einer Benediktinerabtei durch den Kaiser an ihren Kaplan Mateo Flecha, ebd. 496, 524, 538. Mitunter wurde die Kaiserin um Geduld gebeten (ebd. 256) bzw. man gab ihr zu verstehen, dass man ihr Gesuch positiv bescheiden werde, sobald sich eine Gelegenheit dazu ergebe (con le prime occasioni, ebd. 396). 69  Bues, Nuntiatur Giovanni Dolfins (wie Anm. 28) 127. 70   Koller, Nuntiaturen des Giovanni Delfino und Bartolomeo Portia (wie Anm. 29) 53; vgl. auch Neri, Nuntiatur Giovanni Dolfins (wie Anm. 33) 192f. 71  Neri, Nuntiatur Giovanni Dolfins (wie Anm. 33) 182.

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Werfen wir abschließend noch kurz einen Blick auf die Eheprojekte und andere dynastische Ziele, die von Kaiserin Maria verfolgt wurden. Als es 1574 in Polen erneut zu einem Interregnum kam, schaltete sich auch Maria in das Tauziehen um die Wahl eines neuen Königs ein und unterstützte die Kandidatur ihres Sohnes Ernst. Zu diesem Zweck intervenierte sie bei Papst Gregor XIII. und ließ 100 000 scudi aus Spanien nach Nürnberg transferieren, um Befürworter der habsburgischen Kandidatur zu gewinnen72. 1577 konnte sie, wie bereits erwähnt, bei Gregor XIII. die Kardinalerhebung ihres Sohnes A ­ lbrecht erwirken. Eine der wichtigeren Eheanbahnungen, bei der Maria entscheidend beteiligt war, bildete die Eheschließung ihrer ältesten Tochter Anna mit Philipp II. 157073. Auch bei der Heirat ihrer Tochter Elisabeth mit Karl IX. von Frankreich kam Maria ein entscheidender Part zu. Zunächst versuchte sie, die Verbindung hinter dem Rücken Maximilians zu hintertreiben74. Schließlich kam es wegen des Hofstaats von Elisabeth zu Konflikten zwischen Maria und Catarina de’ Medici75. Weniger Erfolg beschieden war ihr bei den Versuchen, ihren Sohn Rudolf mit der von ihr ausgewählten spanischen Infantin Isabella Clara Eugenia oder einer steirischen Prinzessin zu verheiraten. Ende 1574 machte man sich ernsthafte Gedanken über eine Verheiratung Erzherzog Rudolfs mit der Tochter des Kurfürsten von Sachsen. Für diesen Fall, der allerdings dann nicht eintrat, hätte die spanische Partei am Hof mit allen Kräften auf eine Konversion der Prinzessin hingearbeitet, um die Wahl Rudolfs zum Römischen ­König nicht zu gefährden76. Auch in diesem Kontext wäre Maria eine entscheidende Aufgabe zugefallen, so der spanische Botschafter gegenüber dem Nuntius: „Ihre Majestät würde sich ihrer annehmen und, da sie [die sächsische Prinzessin] sehr jung ist, würde sie sich leicht nach unseren Vorstellungen erziehen lassen“77. Rudolf konnte sich letztlich für keine der Kandidatinnen erwärmen. Er blieb zeitlebens unvermählt. Magdalena Sánchez schreibt in diesem Zusammenhang: „Rudolf II never married, but the failure of these marriage negotiations is indicative more of Rudolf ’s stubbornness and eccentricities than of Empress Maria’s failure as a negotiator“78. Ein weiterer, etwas weniger bekannter Fall von Sturheit, gegen welche Kaiserin Maria vergeblich ankämpfte, war jener der bereits erwähnten Erzherzogin Elisabeth, der verwitweten Königin von Frankreich, die sich 1581 hartnäckig weigerte, dem Drängen ihrer Mutter und allen spanisch-päpstlichen Einflüsterungen nachzugeben und den ebenfalls verwitweten Philipp II. zu heiraten. Sie zog bekanntlich das abgeschiedene Leben in einem von ihr gegründeten Wiener Kloster vor79. Schließlich spielte Maria gegen Ende des Jahrhunderts eine Rolle bei der Herbeiführung der bedeutenden habsburgischen Doppelhochzeit, die Philipp III. und Erzherzogin 72  Vgl. den Bericht des venezianischen Gesandten Vincenzo Tron vom Kaiserhof, 12. September 1574; Turba, Venezianische Depeschen (wie Anm. 6) 548 Anm. 4. 73  Sánchez (wie Anm. 3) 123. 74  Turba, Venezianische Depeschen (wie Anm. 6) 416 Anm. 1. 75   Sánchez (wie Anm. 3) 123f. 76  Bues, Nuntiatur Giovanni Dolfins (wie Anm. 28) 706. 77  Ebd. 706; vgl. auch zu den Beziehungen zwischen Dresden und dem Kaiserhof: Katrin Keller, Les réseaux féminins. Anne de Saxe et la cour de Vienne, in: Femmes & pouvoir politique. Les princesses d’Europe XVe–XVIIIe siècle, hg. von Isabelle Poutrin–Marie-Karine Schaub (Rosny-sous-Bois 2007) 164–180. 78  Sánchez (wie Anm. 3) 124. 79  Vgl. Koller, Nuntiaturen des Orazio Malaspina und Ottavio Santacroce (wie Anm. 9) LX.



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Margarethe von Innerösterreich80 sowie Erzherzog Albrecht (unter Verzicht auf alle kirchlichen Würden) und die Infantin Isabella Clara Eugenia zusammenführte. *** Betrachten wir noch einmal kurz das von mir eingangs erwähnte Gemälde Marias von Juan Pantojo de la Cruz (Abb. 1), eine treffende Darstellung der Fürstin kurz vor ihrem Tod. Wir sehen Maria als Franziskanerin gekleidet. Neben dieser Ordenstracht symbolisieren Rosenkranz und Kaiserkrone die wichtigsten Aspekte der Persönlichkeit Marias: ihren Einsatz für den katholischen Glauben und ihr kaiserliches Selbstverständnis. Gleichzeitig wird die Botschaft vermittelt, dass sie es gewesen sei, die die dauerhafte Verknüpfung aus beidem, römisch-katholischem Glauben und Kaisertum, geschaffen habe. Entscheidend war hier zweifellos die erfolgreiche Einwirkung auf ihren Ehemann Maximilian in religiösen und kirchlichen Fragen. Obwohl eine Wiedergewinnung der P e r s o n des Kaisers selbst für die katholische Kirche bis zu dessen Tod nicht gelang (er verweigerte bekanntlich zum Entsetzen der Familienmitglieder die letzte Ölung auf dem Regensburger Totenbett), bleibt das Verdienst der Kaiserin Maria und ihrer Entourage – aus Sicht der römischen Kurie und der katholischen Kirche –, in diesen Jahren die offizielle Abkehr Maximilians II. vom römischen Glauben und damit letztendlich auf Dauer eine protestantische Konfessionalisierung des K a i s e r t u m s verhindert zu haben! Dabei muss man sich vor allem vor Augen halten, dass Maria eine wichtige Rolle spielte für eine dezidiert katholische Ausrichtung der Politik des neuen Kaisers Rudolf II. und somit indirekt verantwortlich war für die Sicherung des für die Reichspolitik so bedeutenden Kurerzbistums Köln und – bedingt durch ihre engen Verbindungen zur steirischen Linie – für den späteren Aufstieg Erzherzog Ferdinands von Innerösterreich zum Kaisertum. Und darin liegt, und dies hat schon Maurenbrecher in seinem Artikel zu Maria in der Allgemeinen Deutschen Biographie erkannt (ohne die Zusammenhänge so aufzuzeigen), ihre historische Bedeutung. Maria hat damit die politischen und religiösen Überzeugungen ihres Vaters konsequent vertreten. So ist es letztendlich nicht Ferdinand I., sondern Maria, die das geistige Erbe Karls V. im Reich angetreten hat.

80  Vgl. Friedrich Hurter, Geschichte Kaiser Ferdinands 4 (Schaffhausen 1851) 60; Johann Rainer, Du glückliches Österreich heirate. Die Hochzeit der innerösterreichischen Prinzessin Margarethe mit König Philipp III. von Spanien 1598/99 (Veröffentlichungen der Historischen Landeskommission für Steiermark, Arbeiten zur Quellenkunde 38, Graz 1998) 22. Vgl. auch Katrin Keller, Erzherzogin Maria von Innerösterreich (1551–1608). Zwischen Habsburg und Wittelsbach (Wien–Köln–Weimar 2012) 182, 184; zur Begegnung zwischen Maria von Innerösterreich und Kaiserin Maria während der Spanienreise der steirischen Erzherzogin 1599 vgl. ebd. 217f. 



Anna von Tirol: „Kaiserin für Gottes Gnaden“? Elena Taddei

Die Herkunftsdynastie Als Anna Caterina Gonzaga (1566–1620)1, die Tochter des mantuanischen Herzogs Guglielmo Gonzaga (1538–1587)2 und der Eleonore, Erzherzogin von Österreich (1534– 1594)3, am 14. Mai 1582 nach Innsbruck kam, um den Landesfürsten von Tirol, Erzherzog Ferdinand II. (1529–1595)4, zu heiraten, waren die in sie gesetzten Hoffnungen und Erwartungen wie bei jedem dynastischen Heiratsprojekt groß, wenn nicht in diesem Fall sogar noch größer. Schließlich sollten aus dieser zweiten Ehe des Erzherzogs nicht nur männliche, sondern vor allem standesgemäße Erben hervorgehen, nachdem die Söhne aus der morganatischen Verbindung mit Philippine Welser5 nicht zur Nachfolge berechtigt 1   Elena Taddei, Anna Caterina Gonzaga und ihre Zeit. Der italienische Einfluss am Innsbrucker Hof, in: Der Innsbrucker Hof. Residenz und höfische Gesellschaft in Tirol vom 15. bis 19. Jahrhundert, hg. von Heinz Noflatscher–Jan Paul Niederkorn (AÖG 138, Wien 2005) 213–240; Rotraut Becker, Art. Gonzaga, Anna Caterina. DBI 57 (2001) 682–684; Veronika Sandbichler, Anna Caterina Gonzaga, in: Philippine Welser & Anna Caterina Gonzaga. Die Gemahlinnen Erzherzog Ferdinands II. Ausstellungskatalog Schloss Ambras 24. Juni–31. Oktober 1998, hg. von Alfred Auer et al. (Wien 1998) 43–69; Monika E. Wallas, Anna Caterina Gonzaga. Leben und Wirken der zweiten Gemahlin Erzherzog Ferdinands II. (unveröff. Hausarbeit, Universität Innsbruck 1990); Erzherzogin Anna Juliana von Gonzaga die Wunderblume von Tirol. Nach Aufzeichnungen ihres Beichtvaters P. Joseph Maria Barchi, hg. von Gregor M. Zinkl (Innsbruck 1907); Joseph Maria Barchi, Lebenswandel der hochwürdigsten, durchleuchtigsten und gottseligsten Fürstinn, und Frau Frau Anna Juliana Erzherzogin zu Österreich etc. etc. Ordens der Dienerinnen unser L. Frau, beschrieben von ihrem Beichtvater Joseph M. Barchi (Innsbruck 21770). – Abkürzungen: AVA = Allgemeines Verwaltungsarchiv; FA = Familienarchiv; ÖStA = Österreichisches Staatsarchiv; TLA = Tiroler Landesarchiv. 2  Guglielmo Gonzaga, Herzog von Mantua und Montferrat war ein großer Kunst- und Musikliebhaber und Sammler. Raffaele Tamali–Paola Besutti, Art. Guglielmo Gonzaga. DBI 61 (2004) http://www.treccani. it/enciclopedia/guglielmo-gonzaga-duca-di-mantova-e-del-monferrato_%28Dizionario-Biografico%29 (eingesehen am 20. 02. 2014). 3  Erzherzogin Leonore(a) von Österreich, Tochter von Kaiser Ferdinand I. und Anna Jagiello, wurde bereits im Alter von zwei Jahren 1561 mit dem Herzog von Mantua verheiratet; Sonia Pellizzer, Art. Eleonora d’Asburgo. DBI 42 (1993) 419–422. 4  Erzherzog Ferdinand II. war 1548 bis 1567 Statthalter von Böhmen und ab 1563 Landesfürst von Tirol. Fritz Steinegger, Art. Ferdinand II. NDB 5 (1961) 91f.; Josef Hirn, Erzherzog Ferdinand II. von Tirol. Geschichte seiner Regierung und seiner Länder, 2 Bde. (Innsbruck 1885–1888). 5   1557 hatte Erzherzog Ferdinand II. heimlich die Augsburger Patrizierstochter Philippine Welser (1527/30–1580) geheiratet, die ihm zwei Söhne, Andreas und Karl, schenkte. Margot Rauch, Philippine Welser, in: Philippine Welser & Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 5–40.

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waren. Anna Caterina Gonzaga war als umfassend humanistisch gebildete Italienerin aus einem angesehenen, kaisertreuen Adelsgeschlecht und als Tochter der überaus frommen, der Gegenreformation verpflichteten Eleonore von Österreich eine in konfessioneller wie politischer Sicht gute Partie für den Landesfürsten von Tirol6. Doch in den Jahren gemeinsamen Lebens in Innsbruck schenkte die bei ihrer Hochzeit gerade 16-jährige Anna Caterina ihrem um 37 Jahre älteren Gemahl „nur“ drei Töchter, von denen zwei das Kindesalter überlebten, darunter die spätere Kaiserin Anna.

Annas Jugend in Tirol Anna wurde als drittes Kind des Erzherzogspaares am 4. Oktober 15857 geboren und von Erzherzog Maximilian8 und Herzog Ferdinand von Bayern zur Taufe gehalten9. Ihre älteste Schwester Anna Eleonora, geboren 1583, zu deren Geburt die Großmutter, Herzogin Eleonora, eigens aus Mantua angereist war, um ihrer Tochter in der fremden und etwas isolierten Umgebung beizustehen10, war nach sechs Monaten gestorben. Ihre Taufe war – wahrscheinlich aus Erleichterung über die Fruchtbarkeit der mantuanischen Prinzessin – gebührend und mit großem Pomp, mit Kampf- und Wettspielen, Feuerwerk und Theateraufführung gefeiert worden11. Erzherzog Ernst war dem Kind als Stellvertreter des Kaisers Pate gestanden, und der Bischof von Brixen hatte es getauft. Bei der zweiten Tochter Maria12, die 1584 geboren worden war, zwangen die leeren Kassen den Erzherzog zu einer etwas bescheideneren Feier, zu der er dennoch ein selbstverfasstes Theaterstück über die richtige Brautwahl aufführen ließ und zu der u. a. das Erzherzogspaar von Innerösterreich eigens nach Tirol kam13. Von der Taufe Annas hingegen ist nichts überliefert. Entweder fehlen hier die entsprechenden Quellen, oder, was wahrscheinlicher ist, die Taufe wurde aus Enttäuschung über eine weitere Tochter in aller Stille abgehalten14. Die Erzherzoginnen Maria und Anna wuchsen am Innsbrucker Hof, zwischen Schloss Ambras, der Hofburg und Schloss Ruhelust, auf. Ihr Alltag war durch die Leidenschaften des Vaters für Hoffeste15, Theateraufführungen, Jagden, Turniere, Feuerwerke, Faschings6   Karl Vocelka, Habsburgische Hochzeiten 1550–1600. Kulturgeschichtliche Studien zum manieristischen Repräsentationsfest (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 65, Wien– Köln–Graz 1976) 12–17; Sandbichler, Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 43f. 7   Nach Hirn am 6. Oktober, nach Neck und Wurzbach am 4. Oktober 1585. Wurzbach 6 (1860) 152; Rudolf Neck, Art. Anna von Tirol, in: Die Habsburger. Ein biografisches Lexikon, hg. von Brigitte Hamann (Wien ³1988) 57f. 8  Heinz Noflatscher, Art. Maximilian, Erzherzog von Österreich. NDB 16 (1990) 511f. 9  Hirn, Erzherzog Ferdinand (wie Anm. 4) 458; Sabine Weiss, Zur Herrschaft geboren. Kindheit und Jugend im Haus Habsburg von Kaiser Maximilian bis Kronprinz Rudolf (Innsbruck–Wien 2008) 40. 10   Wallas, Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 61. 11  Weiss, Zur Herrschaft geboren (wie Anm. 9) 50. 12  Maria, dann Anna Caterina (1584–1649), trat als 28-Jährige mit ihrer Mutter in das von dieser gegründete Regelhaus des Servitinnenklosters in Innsbruck ein. Siehe Brigitte Hamann, Art. Maria, in: Dies., Habsburger (wie Anm. 7) 289. 13  Katrin Keller, Erzherzogin Maria von Innerösterreich (1551–1608). Zwischen Habsburg und Wittelsbach (Wien–Köln–Weimar 2012) 198. 14  Wallas, Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 62–64. Karl Vocelka–Lynne Heller, Die private Welt der Habsburger. Leben und Alltag einer Familie (Graz–Wien–Köln 1998) 274. 15   Das wohl berühmteste Fest in Tirol in der Regentschaft Ferdinands und der gelungenste Ausdruck seiner Leidenschaft für die Antike, die Symbolik und die darstellenden Künste ist sicher die Inszenierung anlässlich der Heirat seines Kämmerers Johann von Lipsteinsky von Kolowrat mit Philippine Welsers Kammerfräulein



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feiern mit italienischen Masken, Musik und Kunst geprägt16. Ferdinand war, wie seine Gemahlin, humanistisch gebildet, sprach Deutsch, Böhmisch, mittelmäßig Latein sowie etwas Italienisch und Polnisch; künstlerisch und technisch war er versiert und arbeitete selbst in seinen Werkstätten mit. Vor allem aber war er als Sammler bekannt, wie seine Kunst- und Wunderkammer und darin besonders die Ambraser Sammlung bezeugen. Anna Caterina und Ferdinand bewohnten mit ihren Töchtern hauptsächlich die Ruhe­lust im Areal des heutigen Hofgartens17 nahe der Hofburg, die der Erzherzog 1565– 1582 aus den bereits bestehenden Sommerresidenzen gewonnen hatte und von den italie­ nischen Architekten Giovanni und Alberto Lucchese zur ständigen Residenz hatte ausbauen lassen. Anna Caterinas Räumlichkeiten waren nach italienischer Manier mit roten Tapisserien eingerichtet18. Anna und Maria wuchsen in Tirol also in einem humanistisch geprägten, nach Italien gerichteten, tief religiösen und den Charakteristiken eines Renaissancehofes entsprechenden Umfeld auf. Dazu gehörten auch die Liebe zur Musik und ihre Förderung. Ihr Großvater mütterlicherseits komponierte selbst und hatte an seinem Hof die Entwicklung der italienischen Madrigalkunst gefördert. Ihre Eltern waren ebenso große Musikförderer, was sich bei der Mutter besonders im Witwenstand anhand der Ausgaben für die Pflege der geistlichen Musik zeigt. Selbst auf einer Kurreise nach Baden 1606 zusammen mit den Töchtern engagierte Anna Caterina lokale Musiker. Zwar gibt es keinen direkten Nachweis darüber, dass die Töchter eine ebenso gründliche musikalische Ausbildung genossen hätten wie ihre Eltern, aber es steht fest, dass sie gemeinsam mit diesen Klavichord spielten und engen Kontakt zu den zahlreichen Musikern am Innsbrucker Hof hatten. 1593– 1596 und 1598 wurden sie z. B. vom Bassisten Johann Kopp (1581–1596), dem Präzeptor der Singknaben, in Latein und Deutsch unterrichtet. Es war durchaus üblich, dass Musiker bzw. Mitglieder der Hofkapelle auch für andere Tätigkeiten eingesetzt wurden19. Desiderio Scaramuzza war nicht nur ein in Komödien mitwirkender Springer und Tänzer und hauptberuflich Kaufmann für Südfrüchte und Gewürze, sondern 1592 vorrangig

Katharina von Baymont und Parysberg am 14. Februar 1580. Dazu siehe Elisabeth Scheicher, Ein Fest am Hofe Erzherzog Ferdinands II. Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien 77 (1981) 119–153. 16  Hirn, Erzherzog Ferdinand (wie Anm. 4) 474–480. 17  Der Hofgarten in Innsbruck war vom Niederländer de Wiss nach böhmischem Vorbild gestaltet worden. Die Gartenanlage hat heute eine Ausdehnung von 9,5 ha, was ca. einem Drittel der einstigen Ausdehnung entspricht. Der Hofgarten bestand aus mehreren teilweise abgetrennten Teilen, wie dem Rennplatzgarten als Lustgarten des Erzherzogs (auch Wurz- oder Vogelgarten genannt), dem Lustgarten der Erzherzogin mit dem Irrgarten, dem Kammergarten der Erzherzogin, dem großen Hof- und Tiergarten mit exotischen Tierarten, dem Garten des Ballspielplatzes und dem Fasanengarten. Die hier vorhandenen Baulichkeiten waren u. a. das Schloss Ruhelust, mit Schwimmbad und Wannenbad, weitere Sommerhäuser, ein Löwenhaus, ein böhmisches Lusthaus und ein Treibhaus für südländische Früchte. Monika Frenzel, Hofgarten, in: Die Kunstdenkmäler der Stadt Innsbruck. Die Hofbauten, hg. von Johanna Felmayer et al. (Österreichische Kunsttopographie 48, Wien 1986) 449–463, hier 449f. 18   Sandbichler, Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 44. Die Ruhelust fiel 1636 einem Brand zum Opfer und wurde vollständig zerstört. 19  Linda Maria Koldau, Frauen – Musik – Kultur. Ein Handbuch zum deutschen Sprachgebiet der Frühen Neuzeit (Köln–Weimar–Wien 2005) 67–69. Wie eng die Beziehungen am Hofe waren, zeigt auch das Beispiel des Altisten Thomas von Winkl (gest. 1587) aus Brüssel. Dieser in der Hofkapelle tätige Musiker hinterließ drei Söhne von denen einer, Hans, geboren 1584, Maler und Kammerdiener der Kaiserin Anna wurde. Siehe auch Walter Senn, Musik und Theater am Hof zu Innsbruck. Geschichte der Hofkapelle vom 15. Jahrhundert bis zu deren Auflösung im Jahre 1748 (Innsbruck 1954) 82f., 116.

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Tanzlehrer für die Töchter und die Edelknaben des Erzherzogspaares in Innsbruck20. Darüber hinaus gehört Anna zu den Fürstinnen, die eine eigene musikalische Komposition nachweisen können. In der Sammlung Vier schöne newe geistliche Lieder (Augsburg o. J.) befindet sich ihr Lied Hör auff mein Seel trauw nit so sehr als Abschiedslied der Kaiserin21. Nach Walter Senn gab es bereits in frühen Jahren Empfehlungen und Austausch von Musikern zwischen der Innsbrucker Hofkapelle und dem Hof von Erzherzog und später Kaiser Matthias22. Der niederländische Bassist Georg Flori diente ab 1584 als Vizekapellmeister in Innsbruck, nachdem er in seiner Jugend in der Kapelle von Kaiser Maximilian II. tätig gewesen war und die Erzherzöge Matthias und Maximilian unterrichtet hatte23. Auch zwischen dem mantuanischen Hof und dem Kaiserhof bestanden musikalische Beziehungen, die sich im 17. und 18. Jahrhundert durch die dynastischen Verbindungen der beiden Häuser noch mehr intensivierten24. Nicht nur die Musik, sondern auch die Kunst, allen voran die Malerei, wurde am Innsbrucker Hof gefördert. Annas Vater sammelte, kaufte und beauftragte Kunstwerke und auch aus der Heimat ihrer Mutter kamen künstlerische Impulse nach Tirol. Anna Caterina Gonzaga beklagte sich des Öfteren, dass es in Tirol keine geeigneten Maler, Bildhauer oder Juweliere gebe. Deshalb ließ ihr Onkel Vincenzo Gonzaga, der Nachfolger im mantuanischen Herzogtum und ebenso ein großer Kunstmäzen, Anna 1603 in Innsbruck von Frans Pourbus, den er zusammen mit Peter Paul Rubens aus Flandern nach Italien gebracht hatte, porträtieren25. Neben ihrer Liebe für die Künste waren Annas Eltern von einer tiefen Frömmigkeit geprägt, die sich auch auf die Töchter niederschlug. So ist durchaus anzunehmen, dass Anna und Maria zusammen mit dem ganzen Hofstaat an den zahlreichen Wallfahrten des Erzherzogspaares wie z. B. zur Kapelle des Märtyrers Oswald in Seefeld, Ort eines Eucha  Ebd. 179f.; Taddei, Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 223.   Jean M. Woods–Maria Fürstenwald, Schriftstellerinnen, Künstlerinnen und gelehrte Frauen des Barock. Ein Lexikon (Stuttgart 1984) 76. 22   Zur Person siehe Volker Press, Art. Matthias. NDB 16 (1990) 403–405. 23   Diese Verbindungen und Beziehungen reichten sogar über den Tod von Kaiser Matthias und Kaiserin Anna hinaus: Johann Stadlmayr, Kapellmeister am Hofe von Maximilian III. dem Deutschmeister in Innsbruck, wurde nach dessen Tod von der Kammer beauftragt, einerseits über die vorhandenen Musikinstrumente und -bücher ein Inventar zu erstellen und andererseits für einen angemessenen und erhabenen Trauergottesdienst für Matthias und Anna am 29. und 30. April 1619 geeignete Musiker zu engagieren. Senn, Musik und Theater (wie Anm. 19) 190f., 207. 24   Auf den vielseitigen materiellen und geistigen Kulturtransfer zwischen Innsbruck und Mantua kann hier nicht eingegangen werden. Ein einziges Beispiel soll ihn jedoch verdeutlichen: Unter den Gratulanten zur Krönung von Matthias und Anna 1612 befand sich auch der Cousin der Kaiserin, Vinzenzo Gonzaga, der in seinem Gefolge den Startenor, Dichter und Komponisten Francesco Rasi (1574–1621) mitführte. Dieser brachte eine erste Form der Opernaufführung nach Prag und Wien, die im Karneval 1617 in Prag vor Kaiser Matthias aufgeführt wurde. Herbert Seifert, Die musikalischen Früchte dynastischer und diplomatischer Beziehungen der Habsburger zu Italien von Kaiser Matthias bis zu Karl VI., in: Le corti come luogo di communicazione. Gli Asburgo e l’Italia (secoli XVI–XIX)/ Höfe als Orte der Kommunikation. Die Habsburger und Italien (16. bis 19. Jahrhundert), hg. von Marco Bellabarba–Jan Paul Niederkorn (Annali dell’Istituto storico italo-germanico in Trento/Jahrbuch des italienisch-deutschen historischen Instituts in Trient. Contributi/Beiträge 24, Bologna–Berlin 2010) 195–214, hier 197f. Siehe auch den Beitrag von Matthias Schnettger in diesem Band. 25  Taddei, Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 229. Der flämische Maler Pourbus d. J. (1569–1622) war von 1600 bis 1609 Hofmaler von Vincenzo Gonzaga. Siehe Willy Laureyssens–Marc D. Bascou, Art. Purbus, Frans II. Dizionario della pittura e dei pittori 4 (1993) 390f.; weiters Alessandro Luzio, La galleria dei Gonzaga venduta all’Inghilterra nel 1627–28. Documenti degli archivi di Mantova e Londra (Roma 1974) 275–284: Pourbus e Rubens a Mantova. Das von Hans von Aachen gemalte Porträt Annas ist 1604 entstanden. 20 21



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ristiewunders, oder an dem erstmals in der Hofkirche gehaltenen 40-stündigen Gebet aus der mantuanischen Tradition ihrer Mutter teilnahmen und die verschiedenen Stiftungsprojekte (z. B. die Gründung der Hl.-Grab-Kirche im Innsbrucker Stadtviertel Saggen oder der Loretokapelle in der Haller Au) miterlebten26. Für die Festigung des Glaubens in Tirol unterstützten Anna Caterina und Ferdinand vor allem die religiösen Orden. So war das auf ihre Veranlassung 1593 errichtete Kapuzinerkloster in Innsbruck das erste nördlich der Alpen. Als Witwe bemühte sich Anna Caterina beim Kaiser um eine Unterstützung für die Gründung einer weiteren Kapuziner-Niederlassung in Bozen. Die später von ihr gegründeten Frauenklöster – auf die unten noch eingegangen werden wird – waren ebenfalls die ersten ihres Ordens in Innsbruck27. Als Erzherzog Ferdinand 1595 starb, lebten Anna Caterina und ihre Töchter weiterhin in der Ruhelust im Hofgarten mit einem Hofstaat von 61 Bediensteten. Der 29-jährigen Witwe sollen neue Heiratsverbindungen angeboten worden sein, so z. B. mit dem geistig schon angeschlagenen Kaiser Rudolf II. oder auch mit Erzherzog Matthias. Doch die Mantuanerin soll auf Titel und Krone einer Kaiserin verzichtet haben28, um ihre religiösen Vorhaben durchführen zu können29. Auf dem Grundbesitz der Ruhelust gründete Anna Caterina im Beisein ihrer beiden Töchter nämlich 1607–1612 ein Doppelkloster, bestehend aus dem Regelhaus der Terziarinnen, einer halbweltlichen Einrichtung mit Keuschheits- und Gehorsamsgelübde, und dem Versperrten Kloster der Servitinnen mit strenger Klausur und der gemeinsamen Kirche der Maria Opferung30. Daneben widmete sich die Witwe der Erziehung und Verheiratung bzw. Versorgung ihrer Töchter31. Dabei wird ersichtlich, dass sie vor allem in die Zukunft Annas investierte, für die sie sich eine gewinnbringende Heiratsverbindung erhoffte. Der älteren Tochter Maria wurden wegen ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung und eines Sprachfehlers weniger gute Heiratschancen eingeräumt, sodass sie nicht porträtiert und allgemein seltener erwähnt wurde. Es lag durchaus im Trend der Zeit, dass die Mutter die Heiratspolitik durch Propagandamittel wie Porträts der heiratsfähigeren Tochter informell lenkte. Anna Caterinas Schwester Margherita Gonzaga soll 1610 bei ihrem Besuch in Innsbruck allerdings festgestellt haben, dass Anna durch diese Bevorzugung verzogen und eingebildet geworden sei32. Ein erstes Heiratsprojekt mit Sigismund, dem verwitweten König von Polen, war von Erzherzogin Maria von Innerösterreich eingefädelt worden, als ihre Nichte Magdalena 26   Die tiefe Religiosität der Mutter drückte sich durch strenges Fasten, Selbstgeißelung und die Organisation von Armenspeisungen, Fußwaschungen und Wallfahrten aus; Wallas, Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 66f.; Barchi, Lebenswandel (wie Anm. 1) 26f., 35f., 51. 27   Wallas, Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 68. 28   Außerdem hatte es sicher nicht für den Kaiser gesprochen, dass er die Erlaubnis zur Beerdigung Erzherzog Ferdinands und die Eröffnung des Testamentes eineinhalb Jahre lang hinausgezögert hatte. Wallas, Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 71f. 29  Alessandro Luzio, L’Archivio Gonzaga di Mantova. La corrispondenza familiare, amministrativa e diplomatica dei Gonzaga II (Pubblicazioni della R. Accademia virgiliana di Mantova, Serie I: Monumenta II, Verona 1922) 108f. 30  1783/84 wurden beide Einrichtungen von Kaiser Joseph II. aufgehoben, ihr Vermögen und Teile des Archivs veräußert oder eingezogen. Wilfried Beimrohr, Das Tiroler Landesarchiv und seine Bestände (Tiroler Geschichtsquellen 47, Innsbruck 2002) 323f. 31  Taddei, Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 235. 32  Mantova, Archivio Gonzaga, Brief von Margherita an Vincenzo vom 10. Juli 1610, zit. bei: Wallas, Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 87.

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von Bayern dafür nicht mehr in Frage zu kommen schien. Allerdings hatte zu diesem Zeitpunkt schon Kaiser Rudolf II. Interesse für die 17-jährige Tirolerin bekundet. Sigismund von Polen begann im Frühjahr 1603 dennoch um Anna von Tirol zu werben, doch die Unentschlossenheit des Kaisers zögerte eine Entscheidung hinaus. Obwohl noch im Frühjahr 1605 die polnische Werbung aktuell war, hatte Erzherzogin Maria von Inner­ österreich als Vermittlerin mittlerweile ihre eigene Tochter Konstanze als mögliche Braut vorgeschlagen und Anna somit aus dem Rennen geworfen33. Noch vor der Verheiratung ihrer Tochter begann Anna Caterina Gonzaga ihre religiö­ sen Vorhaben umzusetzen. Das Kapital für den Bau des Doppelklosters kam aus Anna Caterinas Witwendeputat und Heiratsgut sowie aus der Mitgift ihrer Tochter Maria 34. Auch die zweite Tochter, die spätere Kaiserin Anna, unterstützte die Stiftung, indem sie auf das väterliche Erbe (ihr Anteil an Kleinodien und Besitzungen in Tirol) zugunsten ihrer Schwester verzichtete. Außerdem bedachte Kaiserin Anna das Regelhaus und das Versperrte Kloster in ihrem Testament mit je 1.300 fl. zuzüglich anfallender Zinsen35.

Annas Heirat Viele Ehen der Habsburger wurden mit Italienerinnen oder aber mit den benachbarten Wittelsbachern geschlossen. Grund dafür waren einerseits die räumliche und für Bayern sprachliche Nähe, die eine unkomplizierte Abwicklung versprach, die bessere Bekanntschaft durch häufige gegenseitige Besuche und somit ein größerer „gefühlsmäßige[r]“ Faktor neben den politischen Überlegungen36. Besonders wichtig wurden die Italienerinnen und Wittelsbacherinnen sowie die Frauen aus der Tiroler und innerösterreichischen Linie für das habsburgische Herrscherhaus, als ab dem 16. Jahrhundert die Konfession ein bedeutendes Ausschlusskriterium für eine eheliche Verbindung war und weil diese Nebenlinien als Garanten der Gegenreformation galten. Nicht zuletzt in diesem Sinne warb im Frühjahr 1611 Matthias um Erzherzogin Anna; zu Ostern wurde die Verlobung verkündet und im Dezember 1611 fand die Hochzeit in Wien statt37. Matthias38 war 1557 als Sohn von Kaiser Maximilian II. und Maria, der Tochter Karls V., in Wien geboren worden. Er wuchs in Österreich bei den Eltern auf, zeigte schon bald starken politischen Ehrgeiz, der aber vom Vater und vom regierenden Bruder Rudolf II. gebremst wurde. Nach seinem unglücklichen Versuch, in den Niederlanden als General33  Keller, Erzherzogin Maria (wie Anm. 13) 186. Zu den verschiedenen Gerüchten über Rudolfs Heiratspläne siehe Robert J. W. Evans, Rudolf II. Ohnmacht und Einsamkeit, aus dem Engl. von Uta Szyszkowitz (Graz–Köln–Wien 1980) 45. 34  Wallas, Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 94f. 35  Innsbruck, TLA, Klosterakten K Regelhaus Innsbruck, Akten, Aktenbund III, Lage 6; und Wien, ÖStA, AVA, FA Trauttmansdorff, Kart. 118 (1616–1620). Darüber hinaus erhielt die Schwester Maria einen Altar mit einem Dreifaltigkeitsbild und die Mutter ein „christvolle[s] Drücklein sambt innenliegender Heiligtümer“. 36  Vocelka, Habsburgische Hochzeiten (wie Anm. 6) 17. 37  Dazu ist ein Gratulationsschreiben von Papst Paul V. vom 9. September 1611 an Erzherzogin Anna Caterina Gonzaga erhalten, in dem dieser sein Wohlwollen darüber ausdrückt, dass ihre Tochter Anna von Kaiser Matthias zur Gemahlin gewünscht werde. Innsbruck, TLA, Klosterakten Regelhaus Innsbruck, Urkunden (1607–1611) Nr. 22. 38  Rudolf Neck, Art. Matthias, Kaiser, in: Hamann, Habsburger (wie Anm. 7) 353–356.



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statthalter zu agieren, und der erfolglosen Bewerbung um verschiedene Bistümer erhielt er die Statthalterschaft des Erzherzogtums ob und unter der Enns. Kaiser Rudolf II. residierte in Prag und Matthias hatte in Wien relativ freie Hand. Mit Hilfe des Konvertiten Melchior Klesl39 versuchte er in den Erblanden die sich ausbreitende Welle des Protestantismus zurückzudrängen. Als sich Rudolfs geistige Verfassung verschlechterte, drängten Matthias und die anderen Erzherzöge auf die Lösung der Frage der Nachfolge des kinderlosen Kaisers40. 1606 ließ sich Matthias auf Rat und Veranlassung Klesls und mit Unterstützung der protestantischen Stände von seinen Brüdern zum neuen Oberhaupt des Hauses ernennen. 1608 wurde Rudolf gestürzt und durch Matthias ersetzt, der 1611 in Böhmen zum König gekrönt wurde. Als solcher heiratete er seine Kusine Anna von Tirol – nachdem er lange auf eine Heirat hatte warten müssen, da der Kaiser ihm diese verwehrt hatte41. Matthias muss seine junge Kusine relativ gut gekannt haben, was selbst für eine Heiratsverbindung innerhalb der domus Austriae nicht selbstverständlich war. Bereits in den Jahren 1591–1596 war Matthias aufgrund des Präzedenzstreites zwischen dem Haus Österreich und dem Herzogtum Bayern im regen Kontakt mit Erzherzog Ferdinand II. gewesen42. Er war nach dessen Tod zusammen mit dem Kaiser und den anderen Brüdern nominell Annas Vormund und Ferdinands Testamentsvollstrecker gewesen und hatte hier, wie schon zu Lebzeiten seines Onkels, mit dem Innsbrucker Hof und wahrscheinlich mit der Erzherzogin selbst Kontakt gepflegt43. Matthias war zudem im August 1596 in Innsbruck, um den Landtag zu eröffnen44, und im September 1604 wieder, um die durch die Unentschlossenheit Rudolfs in die Länge gezogene Erbschaftsverwaltung voranzutreiben45. Anna und Matthias wurden am 4. Dezember 1611 um 17.00 Uhr in der Wiener Augustinerkirche von Kardinal von Dietrichstein als Legat des Papstes getraut. Neben dem Kaiserhaus und anderen Fürsten war die Brautmutter46 mit einigen Hofdamen an39   Melchior Klesl oder Khlesl (1552–1630) war Bischof von Wien, Kardinal und österreichischer Staatsmann. Johann Rainer, Art. Klesl, Melchior. NDB 12 (1979) 51f. 40   Vocelka–Heller, Die private Welt (wie Anm. 14) 38f. Schuld an den degenerativen physischen und psychischen Leiden der Habsburger waren nicht zuletzt die engen, oft inzestuösen Heiratsverbindungen innerhalb der drei habsburgischen Linien. Die Heirat Annas von Tirol war auch eine Eheschließung unter Blutsverwandten. 41   Moriz Ritter, Art. Matthias, österreichischer Erzherzog und deutscher Kaiser. ADB (1884), [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/pnd119400839.html?anchor=adb (eingesehen am 20. 02. 2014). 42   Siehe dazu die Quellen in Innsbruck, TLA, Ferdinandea, Kart. 80, Pos. 95. 43   Innsbruck, TLA, Klosterakten K Regelhaus Innsbruck, Akten, Aktenbund III/Lage 2. Matthias und Rudolf waren nach dem Tod von Erzherzog Ferdinand II. 1596 für die Witwenzuwendung für Anna Caterina Gonzaga und für die Versorgung der Töchter sowie die Vollstreckung des Testamentes zuständig. Hier könnte wahrscheinlich schon eine erste Heiratsanbahnung stattgefunden haben, wenngleich Anna erst 10 Jahre alt war. In seinem Testament bzw. im Kodizill von 1594 hatte Ferdinand verfügt, dass jeder Tochter ein Heiratsgut von 60.000 fl. zukommen sollte. Die Vormünder für die noch minderjährigen Töchter sollten der Kaiser und dessen Brüder Matthias, Ernst und Maximilian sein. 44  Wallas, Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 74. 45  Anna Caterina und ihre Töchter erlebten nach Ferdinands Tod eine missliche Lage, da die Finanzen im Argen lagen und die Kammer das Witwendeputat nicht auszahlen konnte. Erst nach hartnäckigen Forderungen erhielt die Witwe ein Jahreseinkommen von 36.000 fl. und eine vom Kaiser bewilligte Zuwendung von 7.000 fl. bzw. später 12.000 fl. für ihre Töchter zuzüglich verschiedener Naturalienleistungen; Innsbruck, TLA, Ferdinandea, Kart. 211, Pos. 251; und Wallas, Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 75f. 46  Dass eine Mutter ihre Tochter zur Heirat und in ihre neue Heimat begleitete, war nicht allgemein üblich.

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wesend. Da im Jahr 1611 in Innsbruck eine Pestwelle wütete, hatten sich Anna Caterina Gonzaga und ihre Töchter als Gäste des Bischofs von Brixen nach Südtirol zurückgezogen und versuchten die finanziellen Probleme bei der Zusammensetzung der Aussteuer der angehenden Kaiserin zu lösen. Von Brixen aus reisten sie im November über das Pustertal nach Wien. Annas kränkliche Schwester Maria wurde auf dem Weg in der Abtei Sonnenburg untergebracht und nahm an den Feierlichkeiten in Wien nicht teil47. Anna war von Erzherzog Maximilian von Tirol nach Wien begleitet worden, wo sie am 30. November in Ebersdorf bei Wien anlangte. Hier wurde sie am 1. Dezember von Matthias und einem pompösen Zug abgeholt, sogleich zum Stephansdom geführt und schließlich in die Hofburg geleitet. Nach der Trauung gab es ein Festessen, Feuerwerke und schließlich eine tagelange Jagdpartie48. Den Hochzeitsfeierlichkeiten waren etliche vor allem ausländische Gäste ferngeblieben, da zeitgleich die spanische Königin und in Mantua Vincenzos Gemahlin Eleonora verstorben waren49. Die Ehe von Anna von Tirol und Matthias blieb bekanntlich kinderlos. Dies war nicht nur ein dynastisches Problem hinsichtlich der Nachfolge wie schon bei Rudolf II., sondern auch ein persönliches. Die dynastische Nachfolge wurde bereits 1612/13, also gerade einmal ein gutes Jahr nach der Eheschließung, unter den Erzherzögen und dem Kaiser geregelt, und man bemühte sich um eine katholische Kontinuität, die man schließlich in Erzherzog Ferdinand von der innerösterreichischen Linie fand50. Was die persönliche Problematik der Kinderlosigkeit betrifft, so scheint Anna mit der Obhut über ein konvertiertes türkisches Mädchen51, das später im Regelhaus und im Versperrten Kloster in Innsbruck Aufnahme fand und zu einer berühmten Musikerin heranwuchs, doch für kurze Zeit eine Mutterrolle übernommen zu haben, auch wenn die Quellen dies nicht ausreichend belegen52. Allerdings hat schon Keller aufgezeigt, dass auch Erzherzogin Maria von Innerösterreich darauf bestand, alle ihre Töchter in deren neue Heimat zu begleiten und ihre Schwiegersöhne kennenzulernen. Durch den persönlichen Kontakt hatte sie nämlich eine größere Möglichkeit zur Einflussnahme; Keller, Erzherzogin Maria (wie Anm. 13) 195f. Hier haben also beide verwitweten Mütter durch die Teilnahme an der Brautreise erfolgreich versucht, mithilfe der gewinnbringenden Eheschließungen auch für die Zukunft wichtige Netzwerke zu schaffen. 47   Wallas, Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 79, 87–89. 48   Katharina Kirchmayer, Hochzeit – Krönung – Tod. Rites de passage im Leben von Kaiser Matthias und Anna (unveröff. Dipl. Universität Wien 2007) 35–39. 49   Wallas, Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 89. 50   Press, Matthias (wie Anm. 22) 405. 51   Nach einer Klostergeschichte soll ein nicht weiter benannter türkischer Fürst eine Tochter von seiner christlichen, früh verstorbenen Frau gehabt und gern in zweiter Ehe Anna von Tirol geheiratet haben, die aber schon Matthias versprochen war. Also schickte er seine Tochter an den Kaiserhof, wo sie auf den Namen Anna Maria getauft wurde und bei der Kaiserin aufwachsen sollte. Als die Kaiserin aber erkrankte, kam das Mädchen zu Anna Caterina Gonzaga nach Innsbruck und trat dann mit dem Namen Anna Juliana in das Versperrte Kloster ein. Die diesbezüglichen Korrespondenzen und die Professbücher fehlen, sodass die Geschichte über diese 1686 verstorbene getaufte Türkin aus adeligem Haus ausschließlich einem Zeitzeugenbericht von einer Mitschwester entnommen werden kann und dem Hinweis, dass diese außergewöhnliche Musikerin im Beisein von Kaiserin Eleonora und der Herzogin von Lothringen am 16. November 1682 die Profess mit einem Festakt erneuerte; Eine Klostergeschichte. Katholische Blätter aus Tirol 17 (Innsbruck, 20. Juni 1863) 385–391; Senn, Musik und Theater (wie Anm. 19) 201; Innsbruck, TLA, Klosterakten K Regelhaus Innsbruck, Akten, Aktenbund V, Lage 1–4; Klosterakten R Versperrtes Kloster, Rep. 176, Fasz. Q. 52  Die Aufnahme von Ziehkindern durch eine Fürstin war in dieser Zeit nicht unüblich. Selbst Erzherzogin Maria von Innerösterreich nahm trotz ihrer zwölf eigenen zeitweise 18 Ziehkinder aus weniger vermögenden Gesellschaftsschichten am Grazer Hof auf, die sie mit Hilfe von Kinderfrauen, Hoffrauen und Ammen großzog; Keller, Erzherzogin Maria (wie Anm. 13) 55.



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Anna als Kaiserin Es stellt sich nun die Frage, ob die angehende Kaiserin Anna zu den Fürstinnen gehörte, die aus ihrer Position Macht und Einfluss zogen und durch Patronage ihre Beziehungen zu ihrem Heimatland intensivierten. Die diesbezüglichen Quellen sind bedauer­ licherweise wenig ergiebig. Nach ihrer Eheschließung und nachdem ihre Mutter im Januar 1612 von Wien über Graz nach Innsbruck zurückgereist war, führten sie eine eher spärliche bzw. spärlich erhaltene Korrespondenz, in der die unsichere, schlecht leserliche Handschrift Annas auf eine wenig routinierte Schreiberin hinweist. Es ist auf jeden Fall nachzuweisen, dass sich Anna meist zusammen mit Matthias für die Belange ihrer Mutter hinsichtlich der Klostergründung in Innsbruck eingesetzt hat. 1615 hat Anna Caterina ihre bereits zur Kaiserin gekrönte Tochter in Prag besucht und ihr Silbergeschirr als Geschenk mitgebracht. Dafür erhielt sie ein weitaus wertvolleres Gegengeschenk, nämlich den kaiserlichen Schutz für das von ihr gegründete Regelhaus, das seitdem das kaiserliche Wappen tragen durfte53. Bevor 1616 endlich die von der Stifterin eigens erstellte Satzung des Regelhauses durch Papst Paul V. bestätigt wurde, verwendete sich das Kaiserpaar in Rom für das religiöse Vorhaben der Mutter. Dabei schrieben Anna und Matthias aus Prag jeweils den Kardinälen Lancellotti, Veralli und Borghese einen Empfehlungs- und Bittbrief, auf dass diese die Anerkennung durch den Papst vorantreiben sollten, damit die Mutter der Kaiserin ihren Wünschen entsprechend ihr Regelhaus und Kloster führen könne54. Aus der ebenfalls in den Klosterakten erhaltenen vermögensrechtlichen Verfügung der Kaiserin Anna wird – wie schon aufgezeigt – ersichtlich, dass sie ihre mittlerweile einem geistlichen Leben votierte Familie in Tirol bedachte und gleichzeitig ihre Frömmigkeit ausdrückte. Aus den Jahren 1614 und 1615 sind insgesamt sechs schlecht leserliche Briefe Annas an ihre Mutter erhalten, die meistens nur Angaben über ihr Befinden enthalten. Allein ein Brief vom 29. Januar 1618 ist ein Empfehlungsschreiben an die Mutter für Marco Tripetta, einen Juden aus Prag, der die christliche Taufe empfangen wollte55. Etwas mehr Briefe sind aus der Zeit zwischen 1615 und 1618 von Kaiser Matthias an die Schwiegermutter erhalten, in denen der wiederholte Aufschub des geplanten Besuchs in Tirol aufgrund von Annas Gesundheitszustand, Neujahrswünsche, Dankbekundungen und Todesnachrichten mitgeteilt wurden56. Ein weiterer Einflussbereich einer Kaiserin war ihr Hofstaat, der bekanntlich von Patro­nage und Klientelismus geprägt war. Über die Zusammensetzung von Annas Hofstaat und die Frage, ob und welche Personen aus ihrer Heimat hier Anstellung und eventuell Bevorzugung fanden, geben die Hofstaatsverzeichnisse des Obersthofmeisters Ma-

53  Siehe Ulrike Margesin, Wirtschaftliche Studien über das erzfürstliche Stift und Regelhaus zu Innsbruck 1613–1783 (unveröff. Diss. Universität Innsbruck 1987) 97; Wallas, Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 99 Anm. 2 und 111. 54  Innsbruck, TLA, Klosterakten K Regelhaus Innsbruck, Akten, Aktenbund 1, Lage 2 1607–1616, Briefe vom 15.–18. Februar 1616. 55  Innsbruck, TLA, Klosterakten K Regelhaus Innsbruck, Akten, Aktenbund V, Lage 1–14, Briefe von Anna an die Mutter vom 2. Juni, 3. und 18. August 1614, 28. April und 24. Juni 1615 und 29. Januar 1618; Briefe von Kaiser Matthias an Anna Caterina Gonzaga vom 25. Mai, 2. und 13. Juni 1615, 27. Juli 1616, 5. Januar 1617, 2. November und 14. Dezember 1618. 56  Innsbruck, TLA, Klosterakten K Regelhaus Innsbruck, Akten, Aktenbund V.

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ximilian von Trauttmansdorff Auskunft57. Zum Hofstaat der Kaiserin Anna gehörten ab 1611 Frauen verschiedenen Alters und unterschiedlicher Herkunft, so z. B. die bereits 29-jährige Benigna Katharina von Kolovrat, die Anna von ihrer Mutter übernommen hatte, wie auch die erst 15-jährige Frebonia Polyxena von Pernstein, die unverehelicht bis zum Tod Annas im Dienst der Kaiserin blieb58. Rund ein Drittel der Hofdamen am Wiener Hof kam aus Tirol. Ansonsten waren die hohen Amtsstellen im Hofstaat der Kaiserin von Frauen und Männern aus Böhmen, Mähren, Ungarn und dem Reich besetzt59. Waren die Amtsstellen in Annas Hofstaat von den regionalen Eliten also durchaus paritätisch besetzt, so gab es gleichzeitig auch einen bemerkenswerten Kreis von Vertrauten aus ihrer Heimat. Nach der Hochzeit reisten Anna und Matthias im April 1612 zur Kaiserkrönung nach Frankfurt60. Prinzipiell war die Gemahlin des Kaisers bereits nach bzw. durch dessen Thronbesteigung Kaiserin. Ihre Krönung hatte keine rechtliche Bedeutung in der Herrschaftsausübung. Anders als im Mittelalter, wo die Kaiserinnen meist zusammen mit oder unmittelbar nach dem Kaiser gekrönt worden waren, waren die Kaiserinnenkrönungen der Neuzeit von der Kaiserkrönung getrennt. Durch diesen neuen eigenen Raum wuchsen zwar das Prestige und die Bedeutung der Figur der Kaiserin, doch ihre Krönung stand – wenn auch nun separiert – weiterhin im Schatten der männlichen Krönung. Insgesamt gab es in der Frühen Neuzeit sechs Kaiserinnenkrönungen, von denen jene Annas von Tirol die erste und sicher beispielgebende war.

Der Einzug Als Matthias Mitte April 1612 nach Frankfurt am Main zog, hatte er ein beachtliches Gefolge von 2.061 Personen, 2.116 Pferden, 100 sechsspännigen Kutschen und 100 Landkutschen61. Anna, die nachträglich und im offenen Wagen einzog, wurde von ihrem Obersthofmeister, dem Stäbelmeister (für die Organisation der Tafel), ihrer Obersthofmeisterin, ihrer Oberstkammerfrau, der Hofmeisterin, neun Hofdamen, einer Zwergin und einem Zwerg, drei Kammerdienerinnen, einer Kreserin (für die Reinigung der weißen Krägen), einer Näherin, einer Köchin mit Gehilfin, einer Wäscherin, drei Kammerdienern, zwei Saaltürhütern, einem Leibschneider, einem Frauenzimmerhüter, einem Frauenzimmertafeldecker mit Gehilfen, einem Kammerheizer, einem Kammerdiene57  Wien, ÖStA, HHStA, Obersthofmeisteramt SR, Nr. 185: Hofstaat der Kaiserin Anna. Keller hat mithilfe von diesen und anderen Quellen u. a. auch Kaiserin Annas Hofstaat rekonstruiert; Katrin Keller, Hofdamen. Amtsträgerinnen im Wiener Hofstaat des 17. Jahrhunderts (Wien–Köln–Weimar 2005) 255. 58   Ebd. 52. 59  Acht von den 23 Hofdamen der Kaiserin stammten aus Tirol; die meisten waren im Brautzug mitgekommen und setzten ihren am Innsbrucker Hof bereits angetretenen Dienst in Wien fort. Siehe die Kurzbiographien ebd. 261–340. 60   Bernd Herbert Wanger, Kaiserwahl und Krönung im Frankfurt des 17. Jahrhundert. Darstellung anhand der zeitgenössischen Bild- und Schriftquellen und unter besonderer Berücksichtigung der Erhebung des Jahres 1612 (Studien zur Frankfurter Geschichte 34, Frankfurt a. M. 1994); Harriet Rudolph, Das Reich als Ereignis. Formen und Funktionen der Herrschaftsinszenierung bei Kaisereinzügen (1558–1618) (Köln–Weimar–Wien 2011). 61   Jochen A. Fühner, Kaiserinnenkrönungen in Frankfurt am Main, in: Die Kaisermacher. Frankfurt am Main und die Goldene Bulle 1356–1806. Aufsätze, hg. von Evelyn Brockhoff–Michael Matthäus (Frankfurt a. M. 2006) 294–305, hier 294.



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rinnentafeldecker mit Gehilfen und fünf Lakaien begleitet62, hatte aber verglichen mit dem Reisegefolge ihrer Vorgängerin Maria eine deutlich kleinere Entourage. Rudolph erklärt dies mit Annas Abstammung als Tochter eines Erzherzogs, während Maria die eines Kaisers war63. Der Einzug von Matthias und Anna übertraf aber insgesamt die meisten bisherigen an Pomp und Zahl der anwesenden bzw. mitgeführten männlichen und weiblichen Teilnehmer. Der weiß-golden gekleidete, mit Perlen und Edelsteinen geschmückte Kaiser ritt auf einem Schimmel, und die Kaiserin trug ebenso ein mit Perlen und Edelsteinen besetztes edles Gewand. Sie fuhr im vergoldeten Brautwagen mit einem silbernen bekrönten Löwen am Dach. Nach Rudolph war es bis dahin nicht üblich gewesen, solche Prunkkutschen zum kaiserlichen Einzug zu benutzen. Es sollte hier die besondere Dignität des Kaisertums dargestellt werden. Doch entgegen der Intention Matthias’, besonders „herrlich zu erscheinen“, wurde sein Einzug eher als pompös und protzig bewertet64. Die Schwierigkeiten, die Matthias und indirekt Anna beim Herrschaftsantritt hatten, zeigten sich auch an der Tatsache, dass dem zu Krönenden im Mai 1612 in Frankfurt keiner der Fürsten entgegenritt, obwohl er als Letzter die Stadt betrat. Das Kaiserpaar traf hier auf konfessionelle und andere Probleme, so dem der Anerkennung der kaiserlichen Macht, die sich auch im Zeremoniell ausdrückten65. Unstimmigkeiten zeigten sich auch, als König Matthias am Krönungstag eine Fronleichnamsprozession abhalten wollte, die der Frankfurter Rat mit dem Argument, sie könnte Aufruhr unter der protestantischen Bevölkerung provozieren, zu verhindern versuchte. Doch Matthias ließ sich – wahrscheinlich auch von seiner Gemahlin hier tatkräftig unterstützt – davon nicht abhalten66.

Die Krönung der Kaiserin Weil es die erste von der Kaiserkrönung getrennte Krönung einer Kaiserin war, wurde besprochen, ob dies nicht etwa rechtliche Konsequenzen nach sich ziehe und ob deshalb nicht vielleicht eine Doppelkrönung besser wäre. Die Kurfürsten wollten die beiden Krönungsakte zusammenlegen, um die Bindung an die männliche Krönung zu verdeutlichen67. Doch Anna bestand mit Unterstützung von Matthias auf einem eigenen Krönungsakt, was ihr mitunter Kritik einbrachte68. Nach Rudolph lenkten die Kurfürsten schließlich ein, da ihnen an einem guten Verhältnis zur Kaiserin gelegen war, wie man auch an einem Schreiben des Mainzer Kurfürsten an Anna ersieht, der sie bat, einige Angelegenheiten zur Verbesserung des Justizwesens zu regeln69. 62  Insgesamt gehörten mit 21 Frauen, 18 Männern und dem Dienstpersonal 50 Personen zu ihrem Reisehofstaat; ebd. 295. 63   Rudolph, Das Reich (wie Anm. 60) 111. 64  Ebd. 136f. 65   Ebd. 158f. 66   Ebd. 188. 67   Nach Rudolph hatte die Kaiserinnenkrönung eine Wirkmächtigkeit, insofern die Kurfürsten lange vorweg debattierten, ob und inwiefern diese Krönung ihren Status als Königswähler gefährdete, da die Kaiserin ja nicht von ihnen gewählt wurde und aus diesem Akt womöglich „ein habsburgisches Nachfolgerecht abgeleitet werden könnte“; ebd. 289. 68  Fühner, Kaiserinnenkrönungen (wie Anm. 61) 295. 69  Wien, HHStA, Mainzer Erzkanzlerarchiv Wahl- und Krönungsakten 11, fol. 377f., zit. n. Rudolph, Das Reich (wie Anm. 60) 289 Anm. 138.

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Dass Anna somit zwei Tage nach Matthias in einer selbständigen Zeremonie gekrönt wurde, erhöhte die Bedeutung dieses Aktes und löste ihn von der Kaiserkrönung70. Im Vergleich zu den Kaiserinnenkrönungen des Mittelalters wurde – so Rudolph zu Recht – das Ritual nicht wiederbelebt, sondern nach 200 Jahren „partiell neu geschaffen“ 71. Der gesundheitlich angeschlagene Erzbischof Johann Schweikhard von Mainz zelebrierte zwar nicht die Messe, doch konsekrierte er persönlich Anna, nachdem Matthias vor den Altar getreten war und ihn gebeten hatte, seine Gemahlin zu krönen. Als Anna von den Erzbischöfen zum Altar geleitet wurde, legte sie mit höchster Reverentz sich alsbald mit gantzem Leib auff das Angesicht72; dann wurden ihr Hals und ihr Arm von der Obersthofmeisterin freigemacht, und sie wurde gesalbt. Daraufhin empfing sie am Altar die Reichsinsignien in umgekehrter Reihenfolge wie der Kaiser und nahm auf dem Thron Platz, auf dem Matthias zwei Tage zuvor gesessen hatte. Nach Ablegung der Insignien opferte sie ein Goldstück. Als sie vor dem Altar niederknien sollte, soll sie die Kissen weggestoßen haben und mit großer Demut das Sakrament empfangen haben. Rudolph bezeichnet Annas Verhalten nach der Thronsetzung zu Recht als Demonstration ihrer besonderen Frömmigkeit. Bereits bei der Allerheiligenlitanei hatte sie sich wie ein Priester in Kreuzform auf den Kirchenboden gelegt. Dabei trug sie ein karmesinrotes Gewand wie die Kardinäle, deren Habit die Bereitschaft zum Martyrium darstellt73. Anna spielte somit mit vielen spirituellen und religiösen Symbolen74. Hier kann nur gemutmaßt werden, inwiefern es sich dabei ausschließlich um einen Ausdruck religiöser Demut oder nicht vielmehr oder zumindest auch um eine politische Aussage zugunsten der mittlerweile zerrütteten christlichen Einheit des Reiches und einer wenigstens nach außen hin starken, katholischen, durch das Kaiserpaar verkörperten Macht handelte. Diese zwei ineinanderfließenden, untrennbaren Bereiche, das persönliche, tiefreligiöse von Erziehung und Glauben geprägte Verhalten und der Ausdruck von kaiserlicher Herrschaft, die auf den Grundfesten des katholischen Glaubens aufgebaut war, treten in Annas Haltung im offiziellen Akt ihrer Krönung zutage. Die geistlichen Kurfürsten setzten ihr dann die viel zu große und deshalb angebundene Krone auf75, mit der die Kaiserin in einer prächtigen Kutsche zum Rathaus fuhr. Anschließend gab es ein Festessen zu ihren Ehren mit weit mehr geladenen Gästen als bei der Kaiserkrönung, da die Ehefrauen der Fürsten und die Hofdamen nun auch teilnehmen durften76. Beim Krönungsmahl für Matthias hatten sich nach dem Protokoll selbst Anna wie auch die Reichsgrafen, die die Speisen aufgetragen hatten, in einem kleinen 70   Die Verschiebung um den zweiten Tag war durch die Unpässlichkeit des Kurfürsten von Mainz verschuldet. In den o.Ö. Regierungskopialbüchern (Innsbruck, TLA, Causa Domini 1597–1613) findet sich kein Eintrag zu Anna, Matthias oder ihrer Hochzeit bis zum Buch 19 (1608–1612) 518–521, wo die Verkündung der Erwählung und Krönung von Matthias und Anna in Frankfurt mit beigelegter Kopie derselben an den Landesfürsten von Tirol, den Deutschmeister Maximilian III., als Mandat vom 5. Juli 1612 erhalten ist. 71  Rudolph, Das Reich (wie Anm. 60) 289f. 72  Zit. n. Wanger, Kaiserwahl (wie Anm. 60) 163. 73  Rudolph, Das Reich (wie Anm. 60) 292. 74   „Anschließend legte sich Anna in Form eines Kreuzes – die Hände seitlich weggestreckt – vor den Altar auf den Boden. Diese Pose sollte einerseits an die Priesterweihe erinnern und andererseits den tiefen Glauben der zu Krönenden zum Ausdruck bringen. Matthias hatte auf diesen Teil der Zeremonie – die Prostratio – verzichtet.“ Kirchmayer, Hochzeit (wie Anm. 48) 89. 75   Rudolph, Das Reich (wie Anm. 60) 291 Anm. 147 und 149. 76  Wanger, Kaiserwahl (wie Anm. 60) 164. Wanger zitiert hier die Flugschrift Wahl und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze unnd warhafftige Beschreibung aller fürnembsten Sachen, so… (Frankfurt a. M. 1612).



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Nebenraum aufhalten und dem Kaiser beim Festmahl zusehen müssen. Am selben Tag aber hatte sie ein Essen für die Fürstinnen gegeben, die ebenfalls nicht am Kaiserbankett hatten teilnehmen dürfen77. Nach den beiden Krönungszeremonien gab es am 27. Juni 1612 am Abend einen Ehrentanz für Anna und Matthias im Römer, den sogenannten Fackeltanz. Am Tag nach Annas Krönung eröffnete Matthias das Turnier mit einem Ringelrennen. Anna und ihre Hofdamen sahen von den Fenstern der umliegenden Häuser aus zu. Am Abend des 30. Juni 1612 hatte der Regen soweit nachgelassen, dass das vom Magistrat organisierte Feuerwerk stattfinden konnte. Drei Stunden lang wurden 8.000 Raketen im Wert von über 300 Gulden abgefeuert. Es handelte sich allerdings um ein bescheidenes Feuerwerk, wenn man bedenkt, dass 1666 in Wien zur Hochzeit Leopolds 73.000 Raketen gebraucht wurden78. Neu war beim Krönungsbankett 1612, dass die kaiserliche Hofkapelle während des Essens spielte79. Vielleicht ist diese Neuerung auf die Musikliebe des Kaiserpaares zurückzuführen. Als Krönungsgeschenk erhielt Matthias von der Reichsstadt Nürnberg einen traditio­ nellen, wenn auch weniger wertvollen Doppelpokal als jener seines Vaters 157080 und von den Frankfurter Bürgern einen mit 800 Gulden gefüllten Pokal81. Kaiserin Anna erhielt vom Nürnberger Rat82 ein viel wertvolleres Geschenk, nämlich einen Damensekretär mit vergoldeten Silberbeschlägen im Wert von 1.500 Gulden, in dem noch 500 Goldgulden lagen. Darauf waren Jupiter auf einem Adler, Venus und Cupido und weitere mythologische Jagdszenen mit Bezug auf die Dynastie der Habsburger dargestellt. Anna soll den wertvollen Sekretär jedoch nicht gewollt haben und hätte ihn gern dem Nürnberger Rat zurückgegeben, wenn sie dafür einen in der Stadt aufbewahrten Span der Kreuzesreliquie erhalten hätte. „Indem sie eine Gabe von materiellem und künstlerischem Wert durch eine andere mit vor allem spirituellem Wert ersetzt haben wollte, inszenierte die Kaiserin ihre ethische und konfessionelle Haltung“, so Rudolph83. Der Nürnberger Rat beriet lange, wie diese Bitte höflich abzuschlagen sei, und man erläuterte der Kaiserin schließlich, dass sie bereits Friedrich III., Maximilian II. und Rudolf II. verweigert worden war, da die Reliquie eng mit der Stadt verbunden sei. Schließlich lenkte Anna ein und bat lediglich die Reliquie sehen zu dürfen, was unter strengen Vorsichtsmaßnahmen geschah. Rudolph meint dazu: „Das Vertrauen in die Redlichkeit der Herrscherin war offenbar nicht sonderlich ausgeprägt“84. Vielleicht ließ ihr an den Tag gelegter religiöser Eifer, manchmal sogar Fanatismus, den Rat misstrauisch werden. Schließlich waren Reliquien gerade von Fürstinnen nicht nur für die Sammlung und persönliche Verehrung, sondern als Mittel religiöser Repräsentation und nicht zuletzt zur finanziellen Absicherung sehr begehrt. Auch Annas Mutter war schon vor ihrem Klostereintritt eine große Reliquienverehrerin und -sammlerin gewesen. Als Stifterin bemühte sie sich besonders, ein Stück   Wanger, Kaiserwahl (wie Anm. 60) 129f.   Ebd. 143–153. 79  Rudolph, Das Reich (wie Anm. 60) 204. 80   Ebd. 204. 81   Fühner, Kaiserinnenkrönungen (wie Anm. 61) 297. 82   Bei ihrem Einzug in Nürnberg wurde auch Anna mit einer kurzen Rede begrüßt. Selbst sprach sie wenig, wahrscheinlich hatte sie – so Rudolph – nicht erwartet, bei ihrem ersten offiziellen Empfang angesprochen zu werden. Rudolph, Das Reich (wie Anm. 60) 130 Anm. 223. 83  Ebd. 237. 84  Ebd. 238. 77 78

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Beinknochen von der Ordensgründerin Giuliana Falconieri zu erwerben. In Anna Caterinas Hausaltärchen, das sie dem Servitenkloster in Innsbruck vermacht hat, waren ein Holzsplitter, ein Stück Stoff, Haare und ein Blutstropfen aufbewahrt85. Die Latte, die ihre Mutter in der Sammlung von Reliquien gelegt hatte, war somit sehr hoch. Besonders willkommen dürfte ihr daher das auf Vorschlag des dortigen Bischofs von der Stadt Würzburg bei ihrem Einzug am 19. Mai 1612 überreichte Geschenk einiger Reliquien des Heiligen Kilian gewesen sein86. Die Kaiserinnenkrönung von 1612 diente – wie gesagt – als Vorbild für alle weiteren. Mit ihrem neuen Status als gesalbte Monarchin und mit dem damit verbundenen Zugewinn an Prestige und Macht ging für Anna die Möglichkeit einher, „ihre eigene Katholizität vor der versammelten ‚multikonfessionellen‘ Öffentlichkeit zur Schau zu stellen“87. Weiters ist Rudolph sicher beizupflichten, dass der Krönungsakt der Kaiserin eine „soziale Magie“ verlieh und sie auszeichnete bzw. ihren gesellschaftlichen Status absicherte, zumal sie ihre zentrale Aufgabe der Sicherung der Dynastie durch Nachkommen noch nicht erfüllt hatte, woran sie in der die Krönung begleitenden Herrscherpanegyrik und den symbolträchtigen Ehrenbekundungen mit den Fruchtbarkeitswünschen immer wieder erinnert wurde88. Die Kaiserinnenkrönungen bezogen erstmals die „Fürstinnengesellschaft“, also die Kaisergemahlin, die Obersthofmeisterin, die Hofdamen und die Fürstinnen des Reichs, in das Zeremoniell mit ein, obwohl dies verfassungsmäßig nicht vorgesehen war. Waren bei den anderen politischen Zeremonien die Frauen überhaupt nicht oder nur am Rande beteiligt bzw. anwesend, stand hier eine Frau im Vordergrund, die wiederum Frauen durch aktives Eingreifen ins Ritual miteinbezog, z. B. wenn die Obersthofmeisterin bei der Salbung half89. Man kann somit Anna anrechnen, dass sie durch die Durchsetzung ihres Wunsches nach einer eigenen Krönung maßgeblich zum Bedeutungszuwachs des weiblichen Parts solcher Zeremonien beigetragen hat. Es ist Rudolph weiter beizupflichten, dass auch ein situationsbedingter politischer Kontext hinter der Entscheidung des Herrscherpaares für eine Kaiserinnenkrönung lag. Es war der „Versuch des Kaiserpaares […], sich mit dem rituellen Paukenschlag einer Kaiserinnenkrönung vom schlechten Regiment des Vorgängers abzugrenzen“90. Am 25. März 1613 wurde Kaiserin Anna dann noch in Pressburg in der St. MartinsKirche zur Königin von Ungarn gekrönt. Wieder wurde sie von ihrer Obersthofmeisterin unterstützt. Es wurde ihr zunächst die echte Stephanskrone auf die Schulter gelegt und erst nach der Kommunion eine andere Krone aufgesetzt91. Am 10. Januar 1616 erfolgte schließlich auch die Krönung zur Königin von Böhmen. Im Anschluss gab es wie bei der Kaiser/innen-krönung jeweils Festbankette, Tanzaufführungen und ein Ringelrennen92.   Sandbichler, Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 46, 66.   Rudolph, Das Reich (wie Anm. 60) 237 Anm. 210. Sie selbst soll auch Wünsche für die Gaben geäußert haben, so hätte sie 1612 in Nürnberg gern „deutsche Historienbücher“ gehabt. Das Geschenk einer Wiege aufgrund ihrer angeblichen Schwangerschaft war hingegen nur das Gerücht eines Rothenburger Chronisten; ebd. 236 und Anm. 207. Von den Frankfurtern erhielt Anna einen mit 600 Gulden gefüllten silbernen Pelikan. Fühner, Kaiserinnenkrönungen (wie Anm. 61) 297; Wanger, Kaiserwahl (wie Anm. 60) 80. 87  Rudolph, Das Reich (wie Anm. 60) 293. 88  Ebd. 293f. 89  Ebd. 294. 90  Ebd. 330. 91  Kirchmayer, Hochzeit (wie Anm. 48) 60f. 92  Ebd. 71. 85 86



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Memoria Die zweigeteilte Krönung des Kaiserpaares bot der Dichtung, Malerei, Kupferstecherei und Panegyrik viel Stoff. Der Nürnberger Jurist und Ratssyndikus Bernhard Prätorius z. B. widmete dem Kaiserpaar 1612 seinen aufwändig gestalteten Sammelband Corona imperialis mit 180 Werken, die zur Herrschererhebung und den Kaisereinzügen in Nürnberg, Rothenburg ob der Tauber, Würzburg, Wien und Prag entstanden waren93. Matthias und Anna verewigten sich selbst im Reich nicht nur durch die pompöse Doppelkrönung, sondern durch die Grundsteinlegung für ein Kapuzinerkloster während des Reichstages in Regensburg 1613. Der Stadtrat versuchte die Stiftung in der evangelischen Reichsstadt zu verhindern, jedoch ohne Erfolg. So konnte das Kaiserpaar auch im protestantischen Raum Akzente setzen94. Die ausdrucksstärkste Form der Memoria aber waren auch für die Kaiserin ihr Testament und die Verfügungen, um über ihren Tod hinaus auf vielfältige Weise in Erinnerung zu bleiben. Kaiserin Anna verfügte in ihrem Testament95 neben zahlreichen Legaten für Orden und Spitäler in Wien, Prag und Innsbruck und sogar 10.000 fl. für die Befestigung der Stadt Wien, die Stiftung eines Klosters und einer Kirche für die Kapuziner, wofür sie dem Orden den Schaumburger Hof hinterließ, die Stiftung der Kaiserkapelle darin, die Überlassung ihres Reliquienschatzes und die Stiftung einer Gruft als letzte Ruhestätte für sich und ihren Gemahl96. Als Anna am 14. Dezember 1618 und bald darauf Matthias starben, hatte man mit dem Bau der von ihnen gestifteten Gruft noch nicht einmal begonnen. So wurden sie – wie von Anna bereits testamentarisch festgelegt – in dem von der Tochter Kaiser Maximilians II., Erzherzogin Elisabeth, verwitweter Königin von Frankreich, gestifteten Königinnenkloster der heiligen Clara vorläufig beigesetzt97. Erst am 8. September 1622 erfolgte unter Kaiser Ferdinand II., der als Testamentsvollstrecker den letzten Willen der beiden Verwandten ehrte, am Mehlmarkt die feierliche Grundsteinlegung und der Baubeginn der Gruft98. 1633 war diese schließlich fertiggestellt, und die Särge der Gründer wurden überführt. Die Gründergruft liegt genau unter der Kaiserkapelle in der Kapuzinerkirche und ist von einem barocken Gitter verschlossen. Anna hatte schon als Kind den Orden der Kapuziner in Tirol durch ihre Eltern kennengelernt. Die Kapuziner waren 1599 von Italien über Innsbruck nach Prag gezogen, wo sie aber wegen der Pest erst einige Jahre später ankamen. In der Zwischenzeit errichteten sie mit Hilfe von Kardinal Klesl in der Wiener Vorstadt St. Ulrich eine Kirche und ein Kloster. 1617 beschloss die von vielen Reisen endlich nach Wien zurückgekehrte Kaiserin Anna zusammen mit ihrem Gemahl,   Rudolph, Das Reich (wie Anm. 60) 379.   Ebd. 432 Anm. 20. 95  Das Testament samt Kodizillen von November 1618 befindet sich in Wien, ÖStA, AVA, FA Trauttmansdorff, Kart. 118 (1616–1620). 96  Eberhard Kusin, Die Kaisergruft bei den PP. Kapuzinern in Wien (Wien 1949) 11. 97  Ironischerweise kam das Königinnenkloster, die provisorische Ruhestätte des Kaiserpaars, das sich als Verteidiger der Gegenreformation profiliert hatte, später zur lutherischen Pfarrgemeinde; ebd. 12f. 98  Seine Gemahlin Eleonora Gonzaga, Tochter von Vincenzo Gonzaga, war die Stifterin von zwei Karmeliterinnenklöstern in Wien und Graz sowie der Herzgruft in der Loretokapelle der Augustinerkirche in Wien. Magdalena Hawlik-van de Water, Die Kapuzinergruft: Begräbnisstätte der Habsburger in Wien (Wien 1987) 61f. 93 94

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dem Orden in der Stadt, nämlich am Mehlmarkt, heute Neuer Markt, eine Kirche, ein Kloster und eine Begräbnisstätte für sich und den Kaiser zu stiften. Anna drückte mit dieser Stiftung einerseits ihre tiefe Frömmigkeit und andererseits auch die Notwendigkeit der Unterstützung von Orden zur Stärkung des katholischen Glaubens und im Kampf gegen den Protestantismus aus99. Kirche und Kloster der Kapuziner waren schlicht und eher klein, was dem Armuts­ ideal des Ordens entsprach. Die Gruft wurde erst mit Kaiser Ferdinand III., der hier seine früh verstorbenen Kinder und seine zwei Gemahlinnen beisetzen ließ, zur Familiengruft. Über der Gruft war ein Familiensanktuarium entstanden, in dem feierliche Gottesdienste zu Geburt und Tod der Habsburger gehalten wurden. Die Gruft wurde somit ein Teil des Alltags der Dynastie, aber auch der Memoria des Hauses Habsburg100. Deshalb benötigte sie ständige Erweiterungen101. Die von Anna gestiftete Kapelle sollte zum Gedächtnis des Herrscherpaares dienen, in der Messen für ihre Seelen gelesen werden sollten. Hier sollte auch ein Großteil ihrer Reliquien aufbewahrt und verehrt werden. Dies sollte i h r e r Memoria und i h r e m Seelenheil dienen, wenn sich darin auch ein über den Tod hinausgehender (religions) politischer Ausdruck verbarg. Doch ungewollt legte sie auch den Grundstein für die Kaisergruft als Stätte der Memoria des habsburgischen Herrscherhauses und für die geistliche Schatzkammer102. Aus dem Katalog letzterer ist ersichtlich, dass Anna eine teilvergoldete Geißel, die von Papst Paul V. verliehene Goldene Rose, ein Hausaltärchen aus Ebenholz, zwei Miseroni-Altärchen103 und Reliquiare mit verschiedenen Reliquien hinterließ104. Die von Anna und Matthias als Begräbnisstätte für sich geplante Gruft wurde ein dynastisches Symbol und Teil der Habsburgermemoria und schließlich eine der meistbesuchten Touristenattraktionen Wiens. Eine Memoria in dieser Größenordnung war von Anna und Matthias aber sicher nicht angedacht gewesen.

Nur die Frau des Kaisers? Anna war nur eine kurze Zeit als Kaiserin und Kaisergemahlin vergönnt. In dieser trat sie persönlich oder brieflich zumeist zusammen mit Matthias auf, sie bildete mit ihm ein kaiserliches „Arbeitspaar“. So war sie z. B. anwesend, als zu Matthias’ Leidwesen Kardinal   Wolfgang J. Bandion, Die Kaisergruft. Triumph der Vergänglichkeit (Wien 1990) 13.   Ebd. 8; Karl Ginhart, Die Kaisergruft bei den PP. Kapuzinern in Wien (Österreichs Kunstdenkmäler 3, Wien 1925). 101  Ferdinands III. Nachfolger Leopold I. begann 1657 mit der ersten baulichen Erweiterung. 1701, 1710–20 und 1748 folgten weitere Vergrößerungen. 1787 ließ Joseph II. die Gruft für Messen schließen; die zugemauerte Tür durfte nur bei Todesfällen für die Einführung des Sarges geöffnet werden. Mit Kaiser Leopold II. wurde die Gruft wieder geöffnet und im 19. und frühen 20. Jahrhundert noch etliche Male erweitert; Hawlik-van de Water, Die Kapuzinergruft (wie Anm. 98) 16–22. 102   Kusin, Die Kaisergruft (wie Anm. 96) 24f. Ein Gitter in der Kapelle sollte die Reliquien schützen. Für die Übernahme der Reliquien und der Gegenstände zum Schmuck der Kapelle mussten die Kapuziner, um nicht gegen ihr Armutsgelübde zu verstoßen, eine päpstliche Dispens einholen; ebd. 28f. 103  Von Ottavio Miseroni hergestellt, eines davon mit der Darstellung und einer Reliquie der hl. Anna selbst, wahrscheinlich von Kaiserin Anna in Auftrag gegeben. Für diese Arbeiten gab es 1617 noch eine schriftliche Bitte um Auszahlung von 2.000 Talern mit beigelegter Kostenaufstellung. Wien, ÖStA, AVA, FA Trauttmansdorff, Kart. 118. 104  Hermann Fillitz, Katalog der weltlichen und der geistlichen Schatzkammer (Wien 51971) 69–73; Arpad Weixlgärtner, Führer durch die Geistliche Schatzkammer (Wien 21932) 18f., 79f., 103–105. 99

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Klesl im Juli 1618 gefangengenommen und vom Hof entfernt wurde105. Sie begleitete den Kaiser auf vielen, aber nicht auf allen Reisen, so z. B. nicht nach Dresden 1617 an den sächsischen Hof106. Ihrer beider, aber vor allem Annas ostentativ an den Tag gelegte Frömmigkeit diente der politischen Kommunikation im Zeitalter der Glaubensspaltung und somit der Stärkung der angeschlagenen kaiserlichen Macht. Auch die in den Stiftungen gepflegte Memoria kann als Politikum gewertet werden. Es war wichtig, dass der Kaiser (und mit ihm die Kaiserin) seine Frömmigkeit klar zum Ausdruck brachte, denn „die Selbstverständlichkeit der Orientierung am tradierten Frömmigkeitsideal und die feierliche Demonstration der ideellen Zuordnung von Reich und römischer Kirche“ waren „seit den zwanziger Jahren unter dem Eindruck des religiösen Leitbildes der Reformation und des neuen Kirchenverständnisses mehr und mehr in Frage gestellt worden“ 107. Matthias und Anna setzten hier eindeutige Zeichen für ein klares Bekenntnis zum Katholizismus. Anna musste in ihrer kurzen Amtsdauer als Kaiserin mit dem in jener Zeit meistens der Frau zugeschriebenen Versagen in der Fortführung der Dynastie und dem Makel der nicht gelungenen dynastischen Absicherung nach dem ehe- und nachfolgerlosen Vorgänger zurechtkommen. Vielleicht ist ihre Frömmigkeit auch als Buße für die Sünde des nahen verwandtschaftlichen Verhältnisses zu ihrem Gemahl zu verstehen, für welche sie mit Kinderlosigkeit und einer schwachen Gesundheit bestraft zu werden glaubte108. In der spärlichen Familienkorrespondenz verfestigt sich schon früh das Bild der kränklichen Kaiserin, die auch aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt war109. Aber obwohl sie – wie sie klagte – nicht zum Schreiben kam und die Besuche bei ihrer Mutter in Tirol aus Gesundheitsgründen aufgeben musste, scheint sie dennoch Anlaufstelle für Bittgesuche und Empfehlungen gewesen zu sein. Im Bestand ihres Obersthofmeisters Trauttmansdorff sind über 30 Schreiben aufbewahrt, in denen sie um Empfehlung, Fürsprache oder finanzielle Unterstützung gebeten wurde. Auch ihre Mutter wandte sich an sie mit der Bitte um Empfehlung für den Leibarzt Lucius Khräneß, um Anhörung des modenesischen Gesandten Mattheo Barchi im Streit um das Grenzgebiet Garfagnana, aber auch um die Rücksendung einiger Devotionalien, darunter einer Heiligenfigur von Luigi Gonzaga, die die Kaiserin am Hals trug. Ebenso schickte der Herzog von Mantua seinen Gesandten Zucconi 1618 zur Kaiserin, damit dieser ihr das Unrecht, das dem 105   Rudolf Neck berichtet davon – allerdings ohne Quellenangabe – folgendermaßen: „Als am Abend des 20. Juli 1618 die Erzherzöge Maximilian und Ferdinand dem gerade mit einem schweren Gichtanfall bettlägri­ gen Kaiser Matthias Khlesls Gefangennahme und Fortbringung von Wien meldeten, errötete der Kaiser tief vor Unwillen, schwieg aber und schloß die Augen. Minder stark in Selbstbeherrschung, erglühte Anna im Zorn, sprang von ihrem Sitz auf und rief ihren Verwandten zu: ‚Ich sehe wohl, daß mein Gemahl euch zu lange lebt und daß man seiner überdrüssig ist!‘“; Neck, Anna von Tirol (wie Anm. 7) 58. 106   Rudolph, Das Reich (wie Anm. 60) 70f. 107  Albrecht P. Luttenberger, Pracht und Ehre. Gesellschaftliche Repräsentation und Zeremoniell auf dem Reichstag, in: Alltag im 16. Jahrhundert. Studien zu Lebensformen in mitteleuropäischen Städten, hg. von Alfred Kohler–Heinrich Lutz (Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit 14, Wien 1987) 291–326, hier 305. 108  Für diesen Hinweis danke ich Heide Wunder. In ihrer biografischen Arbeit zu Maria von Innerösterreich, einer Zeitgenossin von Anna, hält Katrin Keller auch für die untersuchte Erzherzogin zurecht fest, dass ihre reiche Kinderschar nicht nur als Erfüllung der wichtigsten Pflicht der Fürstin, sondern auch als „Zeichen einer von Gott gesegneten Ehe“ gewertet wurde; Keller, Erzherzogin Maria (wie Anm. 13) 43. 109   Ihre Mutter unternahm einige Reisen nach Italien und vor allem zur Kur, auf denen sie ihre Töchter aufgrund ihrer zarten Gesundheit nicht immer begleiten konnten. So brachte sie die Töchter im Haller Damenstift bei deren Tanten unter; Taddei, Anna Caterina Gonzaga (wie Anm. 1) 227f.

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Elena Taddei

Gonzaga durch den Fürsten von Bozzolo widerfahren war, erläutere. Auch ihr Obersthofmeister Trauttmansdorff selbst war Adressat vieler Bittgesuche, was seinen Einfluss beim Kaiserpaar beweist. Selbst der Ältestenrat der Republik Lucca schickte einen Gesandten, damit dieser dem Obersthofmeister die Auseinandersetzung mit dem Herzog von Modena, die vor dem Reichshofrat vorzubringen war, erläutere und diesen um Fürsprache bitte. In fünf Schreiben aus dem Jahr 1617 leitete Kaiser Matthias Unterstützungsanfragen an die Kaiserin weiter, vor allem dort, wo es sich um geistliche Einrichtungen, wie das Frauenkloster bei der Himmelsporte110 in Wien, handelte111. Anna von Tirol war als erste gekrönte Kaiserin der Neuzeit am Beginn des 17. Jahrhunderts und in einer konfessions- und reichspolitisch schwierigen Zeit eine Kaisergemahlin, die mit stark pointierter offener Bekundung ihres tiefen Glaubens nicht nur einer Erwartungshaltung gerecht werden wollte, sondern aus einer situationsbedingten Notwendigkeit heraus112 ihren, wenn auch begrenzten, Handlungsspielraum zu nutzen versuchte.

110   Es handelte sich zunächst um ein Frauenkloster des Prämonstratenserordens und ab dem ausgehenden 16. Jahrhundert um ein Augustinerchorfrauen-Stift. 111  Alle genannten Schreiben sind in: Wien, ÖStA, AVA, FA Trauttmansdorff, Kart. 118 (1616–1620). 112  Zu nennen wären die Ausbreitung des Protestantismus, die Schwächung der kaiserlichen Macht, Annas Kinderlosigkeit und die daraus resultierende fehlende Absicherung der Nachfolge.

Die Kaiserinnen aus dem Haus Gonzaga: Eleonora die Ältere und Eleonora die Jüngere Matthias Schnettger

Sie waren die ersten Kaiserinnen italienischer Herkunft seit Bianca Maria Sforza und zugleich die ersten nichthabsburgischen Gattinnen eines Römischen Königs oder Kaisers seit Anna von Ungarn, entstammten zudem derselben Dynastie und waren die einzigen Kaiserinwitwen des 17. Jahrhunderts. Es spricht also manches dafür, Eleonora Gonzaga die Ältere (1598–1655) und Eleonora Gonzaga(-Nevers) die Jüngere (1628–1686) in einem gemeinsamen Beitrag zu behandeln. Die gemeinsame Betrachtung sollte gleichwohl nicht dazu verführen, Unterschiede zwischen diesen beiden Persönlichkeiten zu verwischen, sondern es gilt, jenseits aller Kongruenzen die spezifischen Profile der beiden Kaiserinnen herauszuarbeiten. Die Voraussetzungen für ein solches Unterfangen sind freilich nicht die besten, denn die Literaturlage für beide Gonzaga-Kaiserinnen ist unbefriedigend. Umfassende Biographien fehlen, sodass man sich für einen ersten Überblick über ihr Leben auf die Einträge in den einschlägigen Nachschlagewerken sowie auf knappe biographische Skizzen verwiesen sieht1. Zahlreiche Einzelinformationen bieten ergänzend Arbeiten zu den Kaisern des 17. Jahrhunderts und ihren Höfen2, schließlich auch zu den späten Gonzaga(-Nevers)3. 1  An erster Stelle ist zu verweisen auf Almut Bues, Art. Eleonora Gonzaga, imperatrice. DBI 42 (1993), Onlinefassung, URL: http://www.treccani.it/enciclopedia/imperatrice-eleonora-gonzaga_%28Dizionario_Biografico%29/ (eingesehen am 06. 12. 2014) und Rotraut Schnitzer-Becker, Eleonora Gonzaga Nevers, imperatrice. DBI 42 (1993), Onlinefassung, URL: http://www.treccani.it/enciclopedia/eleonora-gonzaga-neversimperatrice_%28Dizionario-Biografico%29/ (eingesehen am 06. 12. 2014); sowie auf Giovanni Battista Intra, Le due Eleonore Gonzaga imperatrici. Archivio storico lombardo 18 (1891) 342–363, 629–657. Nachteilig für diese wie für die anderen zitierten Publikationen Intras ist jedoch, dass sie nicht über einen wissenschaftlichen Apparat verfügen. Offenbar hat der Autor v. a. Material aus dem Mantuaner Archivio di Stato verwendet. Ebenfalls aus Mantuaner Archivalien geschöpft ist die Miniatur von Daniela Frigo, Les deux impératrices de la Maison de Gonzague et la politique „italienne“ de l’Empire (1622–1686). Dix-septième siècle 243 (2009) 219–237. Zu Eleonora d. J. auch Katharina Fidler, Mäzenatentum und Politik am Wiener Hof. Das Beispiel der Kaiserin Eleonora Gonzaga-Nevers. Innsbrucker historische Studien 12/13 (1990) 41–68. 2   Hier seien beispielhaft genannt Mark Hengerer, Kaiser Ferdinand III. (1608–1657). Eine Biographie (Wien–Köln–Weimar 2012); Katrin Keller, Hofdamen. Amtsträgerinnen im Wiener Hofstaat des 17. Jahrhunderts (Wien–Köln–Weimar 2005); sowie die sich zu erheblichen Teilen mit den beiden Eleonoren beschäftigenden Aufsätze von Michael Pölzl, Kaiserin-Witwen in Konkurrenz zur regierenden Kaiserin am Wiener Hof 1637–1750. Probleme der Forschung. Wiener Geschichtsblätter 67/2 (2012) 165–189; ders., Der Witwenstand von fünf Kaiserinnen am Wiener Hof (1637–1750), in: Frühneuzeitforschung in der Habsburgermonarchie. Adel und Wiener Hof – Konfessionalisierung – Siebenbürgen / Koraújkorkutatás a Habsburg Monarchiában, hg. von István Fazekas et al. (Publikationen der Ungarischen Geschichtsforschung in Wien 7, Wien 2013) 51–70. 3  Etwa Giancarlo Malacarne, I Gonzaga-Nevers. Morte di una dinastia, da Carlo I a Ferdinando Carlo

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Eine ganze Reihe von Aufsätzen aus Nachbardisziplinen beleuchtet wichtige Einzelaspekte, deren Integration in ein Gesamtbild aber noch zu leisten wäre4. Ein weiteres Problem besteht darin, dass die deutschsprachige Literatur nicht immer die italienische Forschung und jene kaum deutschsprachige Arbeiten berücksichtigt hat. Manche Angaben, auch in jüngeren Publikationen, erweisen sich als unzuverlässig. Dennoch gilt: Für beide Kaiserinnen erlaubt das gedruckte Material zwar keine ausgefeilten Porträts, wohl aber biographische Skizzen, die die wesentlichen Konturen ihrer Handlungsspielräume erkennen lassen. Auf dieser gewiss nicht optimalen, doch insgesamt tragfähigen Basis wird dieser Beitrag unterschiedliche Aspekte in den Biographien der beiden Kaiserinnen betrachten, um auszuleuchten, ob und inwieweit sie mehr waren als „nur die Frau des Kaisers“: Nach einem Blick auf ihre Herkunft und Jugendzeit bis zur Eheschließung werden ihre Stellung in der Herkunfts- sowie der aufnehmenden Dynastie, ihre (weltliche und religiöse) Repräsentation, ihre Netzwerke, schließlich ihre Rolle in den Außenbeziehungen des Wieners Hofes beleuchtet. Auf dieser Basis wird der Versuch unternommen, die Profile der beiden Kaiserinnen herauszuarbeiten, die abschließend vergleichend einander gegenübergestellt werden.

Jugend und Heirat der Kaiserinnen Eleonora Anna Maria Gonzaga wurde am 23. September 1598 als jüngste Tochter des Herzogs Vincenzo I. von Mantua und Monferrato und seiner Gemahlin Eleonora de’ Medici geboren und damit in eine Dynastie hinein, deren Beziehungen zu Kaiser und Reich trotz mancher Verwerfungen im Einzelfall insgesamt als eng und gut zu charakterisieren sind. Das äußerte sich auch in einer Reihe von dynastischen Verbindungen. So war Eleonoras gleichnamige Großmutter väterlicherseits eine Tochter Kaiser Ferdinands I.5. (1628–1708) (I Gonzaga di Mantova, una stirpe per una capitale europea 5, Modena 2008); Le collezioni Gonzaga. Il carteggio tra la corte cesarea e Mantova (1559–1636), hg. von Elena Venturini (Fonti, repertori e studi per la storia di Mantova, Repertori, Cinisello Balsamo–Milano 2012). 4   Zu nennen sind etwa die Beiträge von Linda Maria Koldau, Familiennetzwerke, Machtkalkül und Kulturtransfer. Habsburgerfürstinnen als Musikmäzeninnen im 16. und 17. Jahrhundert, in: Grenzüberschreitende Familienbeziehungen. Akteure und Medien des Kulturtransfers in der Frühen Neuzeit, hg. von Dorothea Nolde–Claudia Opitz (Köln–Weimar–Wien 2008) 55–72; Marko Deisinger, Eleonora II. und die Gründung ihrer Hofkapelle. Ein Beitrag zur Geschichte des kulturellen Lebens am Wiener Kaiserhof. FrühneuzeitInfo 18 (2007) 42–54; ders., Römische Oratorien am Hof der Habsburger in Wien in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Zur Einführung und Etablierung des Oratoriums in der kaiserlichen Residenz. Musicologica Austriaca 29 (2011) 89–114; ders., Mäzenin und Künstlerin. Studien zu den Kunstbestrebungen der Kaiserin Eleonora II. am Wiener Hof (1651–1686). Acta musicologica 85 (2013) 45–73; Otto G. Schindler, Von Mantua nach Ödenburg. Die ungarische Krönung Eleonoras I. Gonzaga (1622) und die erste Oper am Kaiserhof: Ein unbekannter Bericht aus der Széchényi-Nationalbibliothek. Biblos 46 (1997) 259–293; ital: ders., L’incoronazione ungherese di Eleonora I Gonzaga (1622) e gli inizi del teatro musicale della corte degli Asburgo. Quaderni del Palazzo Te 5 (1999) 70–93; Andrea Sommer-Mathis, Akademien, Kantaten und Serenaten am Wiener Kaiserhof. Zwischen akademischer Konversation, höfischem Zeremoniell und musikalischer Unterhaltung (im Druck). Ich danke der Autorin für die Überlassung des Manuskripts. 5  Eleonora von Österreich (1534–1594) heiratete Herzog Guglielmo im Jahr 1561. Auch die Großmutter mütterlicherseits war eine Habsburgerin, Johanna (1547–1578), die jüngste Schwester Eleonores und erste Gemahlin des Großherzogs Francesco I. von Toskana (* 1541, reg. 1574–1587). Zu diesen dynastischen Verbindungen vgl. im Überblick Matthias Schnettger, Geschichte einer Dekadenz? Die italienischen Dynastien im Europa der Frühen Neuzeit. Jahrbuch für Europäische Geschichte 8 (2007) 51–75, hier 56. Eleonoras Tante Anna



Die Kaiserinnen aus dem Haus Gonzaga: Eleonora die Ältere und Eleonora die Jüngere 119

Zu ihrer Zeit und der ihres Mannes Herzog Guglielmo (reg. 1550–1587) erlebten die Gonzaga einen Höhepunkt ihres Einflusses und ihres Ansehens. Die kulturelle Blüte des Mantuaner Hofs dauerte unter Vincenzo I. (reg. 1587–1612) an6. Kurz: Eleonora Gonzaga wuchs an einem der glänzendsten Höfe Italiens auf, der in den Bildenden und Darstellenden Künsten, der Musik und auch der Wissenschaft eine führende Rolle beanspruchen konnte. Erzogen wurde Eleonora allerdings nicht unmittelbar am Hof, sondern seit ihrem 10. Lebensjahr in dem von ihrer Tante Margherita (1564–1618), verwitweter Herzogin von Ferrara, gegründeten Kloster S. Orsola. S. Orsola entwickelte sich nach dem Willen seiner Gründerin rasch zur Erziehungsanstalt für die weiblichen Nachkommen der verschiedenen Linien des Hauses Gonzaga. Eleonora d. Ä. erhielt, z. T. unter der persönlichen Aufsicht ihrer Tante, Unterricht in Sprachen, Geschichte, Musik und Malerei. Auch Gebet und Gottesdienst nahmen bei ihrer Erziehung großen Raum ein, was auf die zeitlebens als ausgesprochen fromm geltende Eleonora einen erheblichen Einfluss gehabt haben mag. Sie wohnte bis zu ihrer Hochzeit im Kloster und fühlte sich ihm bis zu ihrem Lebensende verbunden7. Nicht zuletzt die dynastische Krise, die den Horizont der Gonzaga von Mantua seit dem zweiten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts verdunkelte, machte Eleonora zu einer attraktiven Partie. Denn zumindest auf das Weiberlehen Monferrato, das zweite Herzogtum ihrer Familie, besaß sie gewisse Erbansprüche, sollten die Mantuaner Gonzaga im Mannesstamm aussterben. Es waren unter anderem diese – freilich sehr vagen8 – Aussichten, aber auch die Hoffnung auf eine reiche Mitgift, die die Blicke des Wiener Hofs bei seiner Suche nach einer neuen Gemahlin für den seit 1616 verwitweten9 Ferdinand II. nach Mantua lenkten, nachdem sich andere Optionen zerschlagen hatten10. Eleonora brachte Caterina (1566–1621) heiratete 1582 Erzherzog Ferdinand II. von Tirol; ihre Cousine war Kaiserin Anna, die Gemahlin Kaiser Matthias’. Vgl. den Beitrag von Elena Taddei in diesem Band. 6   Vgl. im Überblick Giancarlo Malacarne, I Gonzaga duchi. La vetta dell’Olimpio, da Federico II a Guglielmo (1519–1587) (I Gonzaga di Mantova, una stirpe per una capitale europea 3, Modena 2006); ders., Il duca re. Splendore e declino da Vincenzo I a Vincenzo II (1587–1627) (I Gonzaga di Mantova, una stirpe per una capitale europea 4, Modena 2007). 7  Ursprünglich als Ursulinenkonvent gegründet, wurde S. Orsola 1604 auf Wunsch seiner Stifterin in einen Klarissenkonvent umgewandelt, freilich mit einer unter päpstlicher Approbation modifizierten Regel. Die Gonzaga-Prinzessinnen mussten weder den Ordenshabit tragen noch am Chorgebet teilnehmen, bewohnten mit ihren Damen und ihrer Dienerschaft abgesonderte Appartements und unterlagen nicht der Klausur. Der Zugang zum Kloster war hingegen streng geregelt. Vgl. Giovanni Battista Intra, Il monastero di S. Orsola in Mantova. Archivio storico lombardo 22 (1895) 167–185, v. a. 172, 179; Cynthia A. Gladen, Suor Lucrina Fetti. Pittrice in una corte monastica seicentesca, in: I monasteri femminili come centri di cultura fra Rinascimento e Barocco, hg. von Gianna Pomata–Gabriella Zarri (Roma 2005) 123–141, hier 126–128. S. Orsola wurde von Eleonora d. Ä. noch in ihrem Testament bedacht. Vgl. Almut Bues, Das Testament der Eleonora Gonzaga aus dem Jahre 1651. Leben und Umfeld einer Kaiserin-Witwe. MIÖG 102 (1994) 316–358, hier 352. 8   Bessere Erbansprüche als Eleonora besaßen ihre Nichte Maria und ihre ältere Schwester Margherita, Herzogin von Lothringen. 9   Die Ehe zwischen Maria Anna von Bayern (1576–1616) und dem damaligen Erzherzog Ferdinand von Innerösterreich wurde 1600 geschlossen. Aus ihr gingen vier Söhne und drei Töchter hervor, von denen die Söhne Ferdinand (III.) (1608–1657) und Leopold Wilhelm (1614–1662) sowie die Töchter Maria Anna (1610–1665), später Kurfürstin von Bayern, und Cäcilie Renate (1611–1644), später Königin von Polen, zum Zeitpunkt der zweiten Heirat ihres Vaters noch lebten. 10   Zuvor hatte sich das Projekt einer Medici-Ehe zerschlagen und war die Option einer Heirat mit der sächsischen Kurfürstinwitwe Hedwig von Dänemark (1581–1641) verworfen worden. Vgl. Hans von Zwiedineck-Südenhorst, Hans Ulrich Fürst von Eggenberg, Freund und erster Minister Kaiser Ferdinand II. (Wien

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alle Eigenschaften mit, die von einer künftigen Kaiserin gefordert waren: Sie galt als sehr schön und bestens erzogen, stand im Ruf einer exemplarischen Frömmigkeit und war im passenden Alter. Aus Mantuaner Perspektive aber konnte es gar keine glänzendere Partie als die Heirat mit dem Römischen Kaiser geben, und die Erneuerung der verwandtschaftlichen Bande zum Haus Habsburg war mit Blick auf die drohende dynastische Krise umso wertvoller11. Im Sommer 1621 schickte Ferdinand II. seinen wichtigsten Minister Hans Ulrich von Eggenberg zu Eheverhandlungen nach Mantua, die innerhalb weniger Monate zum Erfolg führten. Nachdem dann auch die Ehehindernisse der Bluts- sowie geistlichen Verwandtschaft – Ferdinand war einer der Paten Eleonoras – durch päpstliche Dispense ausgeräumt waren, konnte am 21. November 1621 in der Palastkapelle S.ta Barbara durch den Mantuaner Bischof Vincenzo Agnelli Soardi die Hochzeit per procurationem geschlossen werden, bei welcher Zeremonie Eggenberg seinen kaiserlichen Herrn vertrat12. *** Die jüngere Eleonora, Eleonora Gonzaga-Nevers, war die Großnichte Eleonoras d. Ä., denn über ihre Mutter Maria (1609–1660) stammte sie von der alten Hauptlinie der Gonzaga ab. Ihr Vater aber war der älteste Sohn Carlos I. Gonzaga-Nevers, der aus dem Mantuanischen Erbfolgekrieg (1628–1631) als Herzog von Mantua und Monferrato hervorgegangen war13. Anders als ihre Großtante wuchs Eleonora d. J. in einem Mantua auf, das durch den Sacco di Mantova, die schwere Plünderung durch kaiserliche Truppen im Juli 1630, gezeichnet war. Im Kleinkindalter war sie über mehrere Monate mit ihrer Familie im Exil. Später wurde auch sie im Kloster S. Orsola erzogen14. Ihre familiäre Situation entwickelte sich wechselhaft: Schon 1631 verstarb ihr Vater Carlo di Rethel. Das Verhältnis ihres Großvaters Herzog Carlo I. zu ihrer Mutter war zumindest zeitweise gespannt15. Als nach dem Tod Carlos I. (1637) Herzogin Maria die Regentschaft für den einzigen Bruder Eleonoras, Herzog Carlo II. (1629–1665), übernahm, leitete sie eine politische Wiederan1880) 68f.; Bues, Eleonora Gonzaga (wie Anm. 1); Frigo, Les deux impératrices (wie Anm. 1) 220. 11  Frühere Ehekandidaten waren der Konnetabel des Königreichs Neapel Marcantonio Colonna und der savoyische Thronfolger Vittorio Amedeo gewesen. Vgl. Bues, Eleonora Gonzaga (wie Anm. 1). 12   Vgl. ebd.; Zwiedineck-Südenhorst, Eggenberg (wie Anm. 10) 69. Als symbolträchtiges und kostbares Geschenk erhielt Eleonora ein Diamanthalsband mit dem Porträt Ferdinands im Wert von 80.000 Talern. 13  Ärgerlicherweise wird die Verwandtschaft zwischen den beiden Kaiserinnen auch in jüngeren Publikationen ausdrücklich in Abrede gestellt, z. B. von Sabine Koloch, Kommunikation, Macht, Bildung. Frauen im Kulturprozess der Frühen Neuzeit (Berlin 2011) 361 und Koldau, Familiennetzwerke (wie Anm. 4) 69 Anm. 30. Strittig ist in der Literatur sogar das Geburtsjahr Eleonoras d. J. Während Schnitzer-Becker, Eleonora Gonzaga Nevers (wie Anm. 1) und Fidler, Mäzenatentum (wie Anm. 1) 48 offenbar korrekt den 18. November 1628 angeben, findet man verbreitet auch die Jahresangabe 1630. Dann wäre Eleonora im Exil, in Ariano, im Kirchenstaat also, geboren. Fidler führt die Diskrepanz darauf zurück, dass italienische Familien das Alter der Töchter häufig geringer angegeben hätten, um ihre Chancen auf dem Heiratsmarkt zu verbessern. Intra, Le due Eleonore (wie Anm. 1) 629 nennt als Geburtsjahr 1628, jedoch als Geburtsdatum den 18. Dezember. 14   Vgl. Intra, Il monastero (wie Anm. 7) 181f. 15   So war Maria in den Konflikt zwischen ihrem Schwiegervater und ihrer Mutter Margherita di Savoia verwickelt, die 1633 nach dem Versuch, Mantua ins spanische Lager zu führen, des Landes verwiesen wurde. Vgl. Giovanni Battista Intra, Un episodio della storia mantovana nel 1633. Archivio storico lombardo 6 (1879) 431–476; Malacarne, I Gonzaga-Nevers (wie Anm. 3) 107–117.



Die Kaiserinnen aus dem Haus Gonzaga: Eleonora die Ältere und Eleonora die Jüngere 121

näherung an den Kaiserhof in die Wege. In diesen Kontext ist auch die durch die 1637 verwitwete Eleonora d. Ä. vermittelte Ehe Eleonoras d. J. mit Kaiser Ferdinand III. einzuordnen, der durch den Tod Maria Leopoldines von Tirol 1649 zum zweiten Mal verwitwet war16. Freilich gab es am Wiener Hof auch Opposition gegen diese Heirat. Als Argument vorgeschoben wurde unter anderem die angebliche Entstellung Eleonoras durch einen im Jahr 1643 erlittenen Affenbiss17. Entscheidender dürfte jedoch die Sorge einiger Hofkreise vor einem zu großen Einfluss der Gonzaga gewesen sein. Wie dem auch sei: Zwar kam es zu einigen Kontroversen über die Höhe der Mitgift, da der durch den Dreißigjährigen Krieg finanziell ausgeblutete Kaiserhof das Geld dringend brauchte, während die noch immer unter den Folgen von Erbfolgekrieg und Sacco leidenden Gonzaga nicht so viel zahlen konnten oder wollten, wie von Wien ursprünglich gefordert. Dennoch kam die Ehe 1651 schließlich zustande18.

Die Stellung in der Herkunftsdynastie Durch ihre kaiserliche Hochzeit wurden beide Eleonoren zu den ranghöchsten Mitgliedern ihrer Familie. Dies wurde gleich anlässlich ihrer Hochzeit sinnfällig zelebriert, als ihnen die übrigen Familienmitglieder einschließlich der regierenden Herzöge als Römischen Kaiserinnen huldigten, deren Glanz auf die gesamte Dynastie ausstrahlte. Dementsprechend aufwändig wurden ihre Hochzeiten in Mantua gefeiert und durch gedruckte Berichte publik gemacht19. Beide Kaiserinnen blieben ihrer Herkunftsfamilie verbunden. Eleonora d. Ä. unterhielt zunächst einen regen Briefwechsel mit Mantua, wo bis 1627 ihre Brüder Ferdinando (reg. 1612–1626) und Vincenzo (reg. 1626–1627) regierten. Auch in der schwierigen Konstellation des Mantuanischen Erbfolgekriegs erhielt Eleonora den Kontakt zu ihrer einzigen Nichte Maria aufrecht. Zu deren Schwiegervater, dem neuen Herzog Carlo I. Gonzaga-Nevers, gestaltete sich Eleonoras Verhältnis dagegen kühl20. Es waren Eleonora und ihre Nichte Maria, die letzten Vertreterinnen der alten Hauptlinie des Hauses Gonzaga, die sich nach der Katastrophe des Erbfolgekriegs mit Erfolg für eine Wiederannäherung Wiens und Mantuas einsetzten. Deren sichtbarste Erfolge waren 1649 die Heirat Herzog Carlos II. mit Isabella Clara von Österreich-Tirol (1629–1685) und eben 1651 die Ehe Eleonoras d. J. mit Kaiser Ferdinand III. Im Kontext dieser Hochzeit kam es zu einem veritablen gonzagischen Familientreffen in Villach, wo die von Mutter, Bruder und   Vgl. Intra, Le due Eleonore (wie Anm. 1) 363.   Vgl. ebd. 629f. Nach Intra war die Verletzung in der Tat so schwer, dass man zeitweise um das Leben der Prinzessin fürchtete. 18   Man einigte sich schließlich auf die vergleichsweise moderate Summe von 100.000 Doppien, 50.000 Doppien weniger, als die Mitgift Eleonoras d. Ä. betragen hatte. Realiter dürfte die Differenz noch größer gewesen sein, denn die Braut Ferdinands II. hatte zahlreiche Wertgegenstände wie Schmuck mit sich geführt. Zur Hochzeit Eleonoras d. J. mit Ferdinand III. und deren Vorgeschichte vgl. Giovanni Battista Intra, Nozze della principessa Eleonora Gonzaga coll’imperatore Ferdinando III d’Austria. Archivio storico lombardo 4 (1877) 254–263; ders., Le due Eleonore (wie Anm. 1) 345, 630–632. 19  Vgl. Intra, Nozze (wie Anm. 18) 260f.; ders., Le due Eleonore (wie Anm. 1) 345f.; Gabriele Bertazzolo, Breve relatione dello sposalitio Fatto della Serenissima Principessa Eleonora Gonzaga. Con la Sacra Cesarea Maestà di Ferdinando II. Imperatore […] (Mantova 1622). 20  Vgl. Intra, Le due Eleonore (wie Anm. 1) 359, 361. 16 17

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Schwägerin begleitete Braut in die Obhut ihrer Großtante und nunmehrigen Stiefschwiegermutter übergeben wurde21. Am Mantuaner Hof verband man mit der Hochzeit zwischen Eleonora d. Ä. und Ferdinand II. die Erwartung, die Kaiserin werde die Interessen ihrer Herkunftsfamilie bei ihrem Mann befördern. Hoffnungen in Mantua und Befürchtungen am Kaiserhof, Eleonora d. Ä. werde einen beherrschenden Einfluss auf ihren Mann ausüben, erwiesen sich rasch als gegenstandslos. In einer ganzen Reihe von Sachfragen konnte sie jedoch den regierenden Herzögen gute, wenn auch im Einzelnen schwer einzuschätzende Dienste leisten, wie etwa bei der Beschaffung eines kaiserlichen Privilegs für die neugegründete Universität Mantua22. Dagegen bemühte sich Eleonora vergeblich um die zeremonielle Parität ihrer Herkunftsfamilie mit den höherrangigen Medici. Hier zeichnen sich die Grenzen der Einflussmöglichkeiten der Kaiserin ab, die dort lagen, wo die Interessen der Herkunfts- und der Aufnahmefamilie in einem (möglichen) Gegensatz standen 23. Dies wurde besonders in der noch zu behandelnden Situation des mantuanischen Erbfolgekonflikts deutlich24. Die Kaiserin wurde jedoch nicht nur in Anliegen ihrer Familie, sondern auch von anderen Menschen aus ihrem Heimatland als Fürbitterin beim Kaiser in Anspruch genommen. Nicht immer waren diese Anfragen erfolgreich. Ja, bisweilen zeitigten sie sogar den gegenteiligen Effekt, so in besonders drastischer Weise, als die durch den Sacco di Mantova von 1630 besonders hart getroffene jüdische Gemeinde Eleonora am Rande des Regensburger Kurfürstentags ersuchte, ihre Entschädigungsforderungen zu unterstützen. Statt der Bitte zu entsprechen, bemühte sich die Kaiserin (vergeblich) um die dauerhafte Vertreibung der Juden oder zumindest die Verlegung des Ghettos an die Peripherie Mantuas25. *** Eleonora d. J. stand vor allem in ihrem ersten Wiener Jahrzehnt in lebhaftem Briefkontakt mit ihrer Familie. 1660 fand ein Familientreffen in Judenburg statt, an dem neben ihr und ihrem Stiefsohn Kaiser Leopold ihre Mutter Maria und ihr Bruder Carlo II. teilnahmen26. Nach dem Tod Herzogin Marias im selben Jahr scheinen sich die Beziehungen Eleonoras zu ihrem Heimatland allerdings etwas gelockert zu haben, doch behielt die Kaiserin eine beachtliche Autorität in ihrer Herkunftsfamilie. So setzte sie sich mit Nachdruck dafür ein, den Skandal um ihre seit 1665 verwitwete Schwägerin Isabella Clara von Österreich, die eine Affäre mit Graf Carlo Bulgarini, dem Sohn eines getauften Juden, unterhielt, aus der Welt zu schaffen. Mit Unterstützung Kaiser Leopolds I. gelang es ihr 1671, die Herzoginwitwe und ihren Geliebten zum Rückzug in zwei Mantuaner Konvente zu zwingen. Geradezu ein Affront für Eleonora war es aber, dass Isabella Clara, die   Vgl. ebd. 363.   Siehe Le collezioni Gonzaga (wie Anm. 3) Nr. 1386f., 1392, 1405, 1416, 1422. 23   Konkret bemühte sich Eleonora, wie gesagt vergeblich, für den mantuanischen Gesandten um einen Sitz in der kaiserlichen Capella, wie ihn der Vertreter des Großherzogs besaß. Vincenzo Zucconi an den Mantuaner Hof, Ödenburg, 25. Oktober 1625, ebd. Nr. 1389. 24   Siehe unten 135f. 25  Vincenzo Agnelli Soardi an Girolamo Parma, Wien, 18. Januar 1631: Le collezioni Gonzaga (wie Anm. 3) Nr. 1461. Vgl. Romolo Quazza, La guerra per la successione di Mantova e del Monferrato (1628– 1631), 2 Bde. (Pubblicazioni della Reale Accademia Virgiliana 2, 5–6, Mantova 1926) Bd. 2, 172. 26  Vgl. Intra, Le due Eleonore (wie Anm. 1) 635, 640f. 21 22



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sich nach S. Orsola geflüchtet hatte, keineswegs daran dachte, den Schleier zu nehmen, sondern zum Zeichen, dass sie keineswegs einer Klosterhaft unterworfen sei, den Konvent mehrfach verließ und mit ihrem Sohn, dem regierenden Herzog, zusammentraf27. Auch ihrem Neffen Ferdinando Carlo gegenüber machte Eleonora ihre kaiserliche Autorität geltend. Der Herzog musste es sich mehrfach gefallen lassen, dass seine Tante ihm bzw. seinem Wiener Gesandten die Leviten las, da sie seine zunehmend frankreichfreundliche Politik missbilligte. Abbringen ließ er sich davon freilich nicht 28. Das hohe Ansehen, das die Kaiserin gleichwohl bis zu ihrem Tod in ihrer Heimatstadt genoss, wurde anlässlich der Trauerfeierlichkeiten deutlich, die ihr zu Ehren in Mantua gehalten wurden und in denen der kaiserliche Glanz noch einmal auf ihre Herkunftsfamilie zurückstrahlte29.

Die Stellung in der aufnehmenden Dynastie Die Stellung beider Kaiserinnen aus dem Haus Gonzaga war wesentlich dadurch geprägt, dass sie als zweite bzw. dritte Gemahlin des regierenden Monarchen, dessen Sukzession durch die Kinder aus der ersten Ehe weitestgehend gesichert erschien, an den Wiener Hof kamen. Die Ehe zwischen Ferdinand II. und Eleonora d. Ä. wurde am 2. Februar 1622 in Innsbruck geschlossen, wohin der Kaiser seiner Braut entgegengereist war. Die Hochzeitsfeierlichkeiten fielen vergleichsweise bescheiden aus, möglicherweise wegen der Kriegszeiten, aber wohl auch weil die Partie für einen Römischen Kaiser zwar standesgemäß, keineswegs aber besonders glanzvoll war30. Die Hochzeitsfeierlichkeiten von 1651 waren angesichts der gravierenden Finanznöte des Wiener Hofs nach dem Dreißigjährigen Krieg noch etwas schlichter als 162231. Beide Gonzaga waren ca. zwanzig Jahre jünger als ihre Bräutigame, die zum Zeitpunkt der Eheschließung wenn nicht alte, so zumindest reife Männer waren. Ungeachtet des Altersunterschieds galten beide Ehen als glücklich. Ferdinand II. und Ferdinand III. – darin sind sich Quellen und Literatur einig – schätzten und respektierten ihre Gemahlinnen, mit denen sie wesentliche Haltungen und Interessen, wie Frömmigkeit, Musik und Jagdleidenschaft, teilten; von Mätressen ist nichts bekannt32. Beiden Kaiserinnen 27  Vgl. Malacarne, I Gonzaga-Nevers (wie Anm. 3) 184f., 188f.; Frigo, Les deux impératrices (wie Anm. 1) 234f. Frigo weist darauf hin, dass das Verlassen des Klosters und das Zusammentreffen mit Herzog Ferdinando Carlo von der Herzoginmutter geradezu inszeniert wurde. 28  Vgl. Alessandro Bianchi, Al servizio del Principe. Diplomazia e corte nel ducato di Mantova 1665– 1708 (Politica Estera e Opinione Pubblica, Milano 2012) 85f. 29   Vgl. die publizierte Leichenpredigt: Nicolo Forti, Nelle pompe fvnerali celebrate per la Sacra Cesarea Reale Maestà dell’Imperadrice Leonora Gonzaga Oratione. Recitata in Mantoua li 16. Gennaio 1687 (Mantova 1687) und den Bericht über die Trauerfeierlichkeiten: Relazione de’ fvnerali della Sacra Cesarea Real Maestà di Leonora Gonzaga Imperadrice. Celebrati per commandamento del Serenissimo Ferdinando Carlo Dvca di Mantova, &c. Nella Chiesa di S. Barbara li 16. Gennaio 1687 (Mantova 1687). 30  Die Kosten der Feierlichkeiten werden immerhin mit 260.007 Gulden beziffert. Vgl. Bues, Eleonora Gonzaga (wie Anm. 1). Die von Bues gelieferte Erklärung mit dem Tod der Schwester Ferdinands II. wenige Tage vor der Hochzeit ist unzutreffend: Erzherzogin Eleonore war bereits am 28. Januar 1620 verstorben, ihre Schwester Maria Christina am 6. April 1621. 31  Vgl. Intra, Le due Eleonore (wie Anm. 1) 631. 32  Kurz nach ihrer Ankunft in Wien berichtete Eleonora ihrer Schwägerin Caterina de’ Medici vom vero et cordiale amore des Kaisers. Zitiert nach Bues, Eleonora Gonzaga (wie Anm. 1); auch bei Frigo, Les deux im-

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wird auch ein gutes Verhältnis zu ihren Stiefkindern nachgesagt33. Die Ehen endeten nach fünfzehnjähriger (1622–1637) bzw. nur sechsjähriger (1651–1657) Dauer durch den Tod des Mannes. Für beide Gonzaga machte die Zeit ihrer Witwenschaft (1637–1655) bzw. (1657–1686) den längeren Teil ihres Lebens am Kaiserhof aus. *** Für Eleonora d. Ä. hatte der Tod Ferdinands II. ein Zurücktreten ins zweite Glied zur Folge. Regierende Kaiserin war nun ihre nur acht Jahre jüngere Stief-Schwiegertochter Maria Anna (1606–1646), die ihr als spanische Infantin auch von ihrer Abstammung her deutlich überlegen war. Offenbar war das Verhältnis zwischen den beiden Kaiserinnen nicht besonders gut. Signifikant ist, dass Eleonora sich auf Wunsch ihres Stiefsohns bzw. seiner Frau zunächst nach Graz, den Ort der Grablege ihres Mannes, zurückzog (bzw. dorthin abgeschoben wurde) und dass sogar von einer Rückkehr nach Mantua die Rede war34. Nach nur wenigen Monaten kehrte sie aber über Wiener Neustadt nach Wien zurück. Von nun an war ihr Verhältnis zum regierenden Kaiserpaar durch „freundliche Distanz“ (Mark Hengerer) geprägt. Man besuchte sich, richtete füreinander Feste, Konzerte, Jagden etc. aus, und Eleonora nahm weiterhin repräsentative Aufgaben wahr. Regelmäßigen Kontakt hatte sie auch zu den Kindern Ferdinands III. Eng verbunden fühlte sie sich offenbar insbesondere ihrem Stiefenkel Leopold Ignaz, dessen Taufpatin sie war und dessen ausgeprägte Frömmigkeit ihrer eigenen sehr nahe kam. Aber auch der Thronfolger und spätere Römische König Ferdinand IV. unterhielt recht enge Beziehungen zu seiner Stiefgroßmutter35. Hinweise auf die zumindest zeitweise etwas isolierte Stellung der Kaiserinwitwe gibt auch ihre Wohnsituation: Als eigentlicher Witwensitz Eleonoras d. Ä. kann die Katterburg bezeichnet werden, die sie ab 1640 ausbaute und die ab 1642 als Schönbrunn bezeichnet wurde. Im Winter wohnte sie oft in der Stallburg oder in der Amalienburg, also in Gebäuden, die in der Mitte des 17. Jahrhunderts noch nicht unmittelbar mit der Hofburg verbunden waren und in denen häufig nichtregierende Mitglieder des Herrscherhauses untergebracht waren. Zeitweise zog sie sich in das Wiener Karmelitinnenkloster zurück bzw. bewohnte Räume im angrenzenden kaiserlichen Salzamt. 1646, nach dem Tod der Kaiserin Maria Anna, erhielt sie die ihr besonders am Herzen liegende Favorita auf der Wieden zurück36.

pératrices (wie Anm. 1) 222. Zur Ehe Ferdinands III. und Eleonoras d. J. zusammenfassend Hengerer, Kaiser Ferdinand III. (wie Anm. 2) 280–282. 33   Eleonora d. Ä. soll besonders ihrem jüngeren Stiefsohn Leopold Wilhelm sehr zugetan gewesen sein. Vgl. Bues, Eleonora Gonzaga (wie Anm. 1); Renate Schreiber, „ein galeria nach meinem humor“. Erzherzog Leopold Wilhelm (Schriften des Kunsthistorischen Museums 8, Wien 2004) 14; Hengerer, Kaiser Ferdinand III. (wie Anm. 2) 128. Mit ihrer nach Bayern verheirateten Stieftochter Maria Anna traf sie sich 1642 in Passau. Vgl. Keller, Hofdamen (wie Anm. 2) 121. 34   Vgl. Schreiber, „ein galeria“ (wie Anm. 33) 20; Hengerer, Kaiser Ferdinand III. (wie Anm. 2) 128. 35  Vgl. ebd. 128f., Zitat 128; Keller, Hofdamen (wie Anm. 2) 246. 36  Zur Wohnsituation der Kaiserinnen vgl. Elisabeth Hassmann, Von Katterburg zu Schönbrunn. Die Geschichte Schönbrunns bis Kaiser Leopold I. (Wien–Köln–Weimar 2004) 100–105, 487, 490, 492 u. ö.; knapp zusammenfassend Keller, Hofdamen (wie Anm. 2) 24f., 119; und Pölzl, Kaiserin-Witwen (wie Anm. 2) 180f., der die Wohnung der beiden Gonzaga-Kaiserinwitwen allerdings im zweiten Stock des heutigen Schweizertrakts lokalisiert.



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Seit etwa 1647 hatte Eleonora zunehmend unter gesundheitlichen Problemen zu leiden. Trotz einer erfolgreichen Augenoperation (1648) war ihr Sehvermögen beeinträchtigt37. Dennoch blieb sie eine wichtige Akteurin am Kaiserhof. Insbesondere die Vermittlung der dritten Ehe Ferdinands III. mit ihrer Großnichte Eleonora d. J. stärkte ihre Stellung im Hause Habsburg erneut. Das war für die Kaiserinwitwe umso wichtiger, als sie in diesen Jahren geradezu einer Rehabilitation bedurfte, da sie beschuldigt wurde, durch mangelnde Sorgfalt bei der Pflege den Tod Kaiserin Maria Leopoldines im Kindbett verursacht zu haben.38 *** Für Eleonora d. J. dürfte sich der Eintritt in ihre neue Familie vergleichsweise leicht gestaltet haben, weil ihre Großtante ihr den Weg ebnete. Dass sie eigene Kinder hatte, unterscheidet sie vielleicht am deutlichsten von Eleonora d. Ä. Von den in rascher Folge geborenen Kindern überlebten die Töchter Eleonora Maria Josepha (1653–1697) und Maria Anna Josepha (1654–1689), während die älteste, Theresia Maria Josepha (1652– 1653), und der wenige Monate vor dem Tod ihres Mannes geborene Sohn Ferdinand (1657–1658) früh verstarben39. Eleonora d. J. hatte aber auch gute Beziehungen zu den Kindern Ferdinands III. aus erster und zweiter Ehe40. Dank ihres ausnehmend engen Verhältnisses zu Leopold I., den Eleonora nach zeitgenössischem Urteil wie eine leibliche Mutter liebte41, bewahrte sie auch nach dem Tod ihres Ehemanns ihre Stellung am Wiener Hof, nachdem sich Wiederverheiratungspläne – genannt wurden ihr Schwager Leopold Wilhelm und der polnische König Johann ­Kasimir – rasch zerschlagen hatten42. Sie blieb mit ihren Töchtern in der Hofburg wohnen, in den 1660er Jahren bzw. ab 1680 im neuerbauten bzw. restaurierten Leopoldinischen Trakt. Wesentlich trug zur starken Position der Kaiserinwitwe bei, dass sie bis zur Ankunft ihrer ersten Stiefschwiegertochter Margarethe Theresia von Spanien (1666) die einzige Kaiserin war. Dann allerdings hatte sie, nicht zuletzt protokollarisch, den ersten Platz an die regierende Kaiserin abzutreten43. Während das Verhältnis zu Margarethe Theresia   Vgl. Bues, Eleonora Gonzaga (wie Anm. 1).   Vgl. Intra, Le due Eleonore (wie Anm. 1) 363; Hengerer, Kaiser Ferdinand III. (wie Anm. 2) 129; Pölzl, Kaiserin-Witwen (wie Anm. 2) 187. Nach dem Zeugnis des Benediktinermönchs Benedikt Möhner habe die Wiener Bevölkerung Maria Leopoldine als Teütsche Kaiserin betrauert und einen so großen Hass gegen die „welsche“ Eleonora d. Ä. entwickelt, dass man sie mit Steinen beworfen hätte, wenn sie es gewagt hätte, in der Öffentlichkeit zu erscheinen. 39   1654 erlitt Eleonora eine Fehlgeburt. Vgl. Hengerer, Kaiser Ferdinand III. (wie Anm. 2) 310. 40   Vgl. Schnitzer-Becker, Eleonora Gonzaga Nevers (wie Anm. 1). 41   Z. B. Forti, Nelle pompe fvnerali (wie Anm. 29) [8]: Leonora ha consacrato l’infausto nome di Matrigna con viue tenerezze di Madre verso il Figliastro, anche non Primogenito, anche solo Arciduca, anche in tempo, che non veniua sospetto d’accarezzar la Sorte Imperiale. 42   Vgl. Schnitzer-Becker, Eleonora Gonzaga Nevers (wie Anm. 1); Schreiber, „ein galeria“ (wie Anm. 33) 159. 43   Ein französisches Memorial zum Kaiserhof aus dem Jahr 1671 fasst die Stellung Eleonoras mit den folgenden Worten zusammen: Elle […] avait un extrême pouvoir sur lui [Ferdinand III.], dont elle usait avec tant d’honnêté, surtout à l’égard de l’archiduc son beau-fils, que depuis étant parvenu à l’Empire, il lui a conservé un respect comparable à celui qu’il avait pour une mère et une considération, qui lui donne des pouvoirs à la Cour. Zitiert nach Jean Bérenger (Hg.), Prince Ferdinand de Schwarzenberg: Journal de la Cour de Vienne (1686–1687) (Bibliothèque d’Études de l’Europe centrale 12, Paris 2013) 25; auch in A[lfred] F[rancis] Pribram, Aus dem 37 38

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(1651–1673) unproblematisch gewesen zu sein scheint, gab es offenkundige Spannungen zu Claudia Felicitas (1653–1676) und ihrer Mutter, der Tiroler Erzherzoginwitwe Anna de’ Medici (1616–1676), die auch darin begründet lagen, dass Eleonora eine andere Braut favorisiert hatte, nämlich Eleonore Magdalena von Pfalz-Neuburg (1655–1720). Als diese mit Unterstützung Eleonoras44 1676 die dritte Frau Leopolds wurde, verbesserte sich die Stellung der Kaiserinmutter wieder. Allerdings zog sich Eleonora in ihrem letzten Lebensjahrzehnt auch aus gesundheitlichen Gründen sukzessive vom Hofleben zurück45. Bis zuletzt scheint sich Eleonora einer weitverbreiteten, wenn auch gewiss nicht allgemeinen Wertschätzung erfreut zu haben, die nicht nur in ihren in Wien und Mantua gefeierten Exequien zum Ausdruck gebracht wurde46, sondern auch in privaten Äußerungen zu finden ist wie in dem Nachruf ihres früheren Oberststallmeisters Ferdinand von Schwarzenberg, der sie als le delisse du genre humain bezeichnete47.

Die Repräsentation der Kaiserinnen Mit den Worten der Musikwissenschaftlerin Linda Maria Koldau wurde Eleonora d. Ä. dank der „einmalige[n] Voraussetzungen“, die ihr Heimathof am Beginn des 17. Jahrhunderts bot, „zu einer europäischen Kulturbotschafterin […], deren Einfluss nicht hoch genug einzuschätzen ist“48. Von besonderer Bedeutung waren dabei die Mantuaner Verbindungen der Kaiserin. Sie stand mit Claudio Monteverdi in Kontakt, dem früheren Kapellmeister ihres Vaters Vincenzo I., der nicht nur für ihre Mantuaner Hochzeitsfeierlichkeiten komponierte, sondern auch seinen berühmten Ballo delle Ingrate für Wien umarbeitete und 1641 seine Selva morale e spirituale der Kaiserinwitwe widmete. Zudem wird vermutet, dass auch das Lamento d’Arianna von Eleonora am Kaiserhof zur Aufführung gebracht worden ist49. In beachtlichem Umfang brachte bzw. holte Eleonora Musiker, Musikalien und neue musikalische sowie musiktheatralische Formen nach Wien. Gleich anlässlich der ersten Begegnung mit Ferdinand II. führte sie gemeinsam mit ihrer Mutter und weiteren Damen ein neuartiges Ballett auf, das in dieser Form bislang am

Berichte eines Franzosen über den Wiener Hof in den Jahren 1671 und 1672. MIÖG 12 (1891) 270–296, hier 277. Allerdings sei ihr Einfluss seit der Heirat des Kaisers gemindert. Die neue Kaiserin beanspruche den Vorrang vor ihr. Siehe auch die Einschätzung des schwedischen Residenten Esaias Pufendorf aus dem Jahr 1674. Ebd. 26. 44  Vgl. Hans Schmidt, Zur Vorgeschichte der Heirat Kaiser Leopolds I. mit Eleonore Magdalena Theresia von Pfalz-Neuburg. ZBLG 45 (1982) 299–330, hier 312f., 315, 317f.; anders die Einschätzung von Josef J. Schmid in diesem Band. 45   Vgl. Intra, Le due Eleonore (wie Anm. 1) 644f., 652f.; Frigo, Les deux impératrices (wie Anm. 1) 233; Fidler, Mäzenatentum (wie Anm. 1) 55. 46  Siehe oben Anm. 29. 47   Journal Ferdinands von Schwarzenberg zum 1. Dezember 1686: Bérenger, Schwarzenberg (wie Anm. 43) 98. 48   Koldau, Familiennetzwerke (wie Anm. 4) 66. 49  Vgl. Linda Maria Koldau, Frauen – Musik – Kultur. Ein Handbuch zum deutschen Sprachgebiet der Frühen Neuzeit (Köln–Weimar–Wien 2005) 83–85; dies., Familiennetzwerke (wie Anm. 4) 66f. Koldau vermutet, dass Monteverdi die Selva präzise auf die Bedürfnisse der Kaiserinwitwe abgestimmt habe. Allgemein zur Bedeutung der Beziehungen nach Mantua für den musikalischen Kulturtransfer auch Paola Besutti, I rapporti musicali tra Mantova e Vienna durante il Seicento, in: In Teutschland noch gantz ohnbekandt. MonteverdiRezeption und frühes Musiktheater im deutschsprachigen Raum, hg. von Markus Engelhardt (Perspektiven der Opernforschung 3, Frankfurt/M. u. a. 1996) 45–62.



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Kaiserhof unbekannt war50. Die neue musikdramatische Gattung des Balletto, die eine szenische Handlung mit Tanz, Instrumentalspiel, Gesang und Pantomime vor möglichst prächtigen Kulissen beinhaltete, etablierte sich rasch am Wiener Hof. Anlässlich der böhmischen Krönungen Eleonoras und Ferdinands III. 1627 wurde die Pastorale Calisto et Arcade aufgeführt, die die Kaiserin zu Ehren ihres Stiefsohns ausrichtete und deren Librettist pikanterweise kein anderer war als Cesare Gonzaga, der Sohn eines der Prätendenten in dem um dieselbe Zeit akut werdenden mantuanischen Erbfolgekonflikt. 1627 kam auch eine Commedia dell’arte-Truppe aus Mantua nach Prag, die später in Wien die Karnevalsaison 1627/28 bereicherte51. Es war also zu einem erheblichen Teil Eleonora zu verdanken, wenn Oper und Ballett in ihren verschiedenen Ausprägungen zu einer bevorzugten Unterhaltungs- und Repräsentationsform des Wiener Hofs avancierten. Offenbar war die Kaiserin nicht nur Geldgeberin, sondern hatte recht konkrete Ansprüche an Libretto und Komposition. Auch auf die geistliche Musik am Kaiserhof übte Eleonora einen erheblichen Einfluss aus. Wie wichtig ihr die Musik war, zeigt, dass sie nach dem Tod Ferdinands II. eine eigene Hofkapelle mit 24 Mitgliedern unterhielt, ein Klangkörper von im europäischen Vergleich sehr beachtlicher Größe, der immer wieder durch neue, zumeist aus Italien stammende Mitglieder ergänzt wurde52. *** „War die Etablierung der italienischen Oper am Wiener Kaiserhof zu einem wesentlichen Teil Eleonora I. zu verdanken, so sorgte Eleonora II. dafür, dass die beliebte Gattung dort kontinuierlich gepflegt wurde“. Sie „nutzte offenbar jeden nur möglichen Anlass, um musikdramatische Werke schreiben und […] aufführen zu lassen“ 53. Insbesondere setzte sie die von ihrer Großtante begonnene Tradition fort, Geburtstagsopern für den Kaiser und andere Familienmitglieder aufführen zu lassen, und intensivierte sie noch. Ebenso trug Eleonora wesentlich zur Pflege der geistlichen Musik bei und begründete die Tradition der Wiener Advents- und Fastenoratorien54. Ihre eigene Musikkapelle, die sie bald nach dem Tod Ferdinands III. gründete, umfasste 51 Personen, unter ihren Kapellmeistern waren so bedeutende Komponisten wie Antonio Draghi, und sie war selbst praktizierende Musikerin55. Aus Mantua bekannt gewesen sein dürften der auch literarisch ungemein interessierten Eleonora d. J. die sogenannten Akademien, bei denen die Anwesenden ein vorgegebenes Thema in gelehrten Stellungnahmen erörterten, die im Wechsel mit Musikstücken und eigenen Dichtungen der Akademiemitglieder vorgetragen wurden. Solche Akade50  Vgl. Herbert Seifert, Der Sig-prangende Hochzeit-Gott. Hochzeitsfeste am Hof der Habsburger und ihre Allegorik 1622–1699 (Dramma per musica 2, Wien 1988) 10f. 51  Vgl. Otto G. Schindler, Sonst ist es lustig alhie. Italienisches Theater am Habsburgerhof zwischen Weißem Berg und Sacco di Mantova, in: Wien im Dreißigjährigen Krieg. Bevölkerung – Gesellschaft – Kultur – Konfession, hg. von Andreas Weigl (Wien–Köln–Weimar 2001) 565–654, hier 599–607, 616–652. 52   Vgl. Koldau, Familiennetzwerke (wie Anm. 4) 68–70. Natürlich gab es auch schon vorher italienische Musiker am Kaiserhof, doch die Impulse, die von Eleonora ausgingen, waren wesentlich. 53   Zitate: Koldau, Frauen (wie Anm. 49) 90, 92. 54  Vgl. Deisinger, Römische Oratorien (wie Anm. 4); Koldau, Frauen (wie Anm. 49) 95–99 . 55   Vgl. Deisinger, Eleonora II. (wie Anm. 4); Koldau, Frauen (wie Anm. 49) 92f., 98. Höchstwahrscheinlich komponierte die Kaiserin auch; allerdings erlaubt es die schwierige Quellenlage kaum, ihr bestimmte Kompositionen sicher zuzuschreiben.

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mien sind erstmals für Anfang 1657 nachweisbar und wurden von Eleonora vermutlich bald nach dem Tod ihres Mannes, spätestens aber 1661 fortgeführt. Nach dem Hofburgbrand von 1668 fanden die Akademien in der Favorita statt56. Sie selbst verfasste geistliche und weltliche Dichtungen in italienischer Sprache, unter anderem unter ihrem Akademie­namen L’Immutabile Libretti für Kantaten, die im Rahmen der Akademien aufgeführt wurden57. Aufs engste mit Eleonora d. Ä. verbunden ist die Favorita auf der Wieden, die nach einer bei Mantua gelegenen Villa der Gonzaga benannt war58. Ferdinand II. hatte ihr das Schloss 1622 geschenkt, und sie zeichnete maßgeblich für seine Gestaltung verantwortlich. Unter anderem besorgte sie für seine Ausstattung Gemälde, Pflanzen und anderes aus ihrer Heimat59. Als die Favorita 1655 an Eleonora d. J. überging, setzte diese die Bemühungen ihrer Großtante fort. In ihrer Zeit war die Favorita ein Mittelpunkt des höfischen Lebens, an dem zahlreiche Festlichkeiten der kaiserlichen Familie stattfanden60. Eleonora Gonzaga-Nevers investierte ab 1660 aber auch in den Ausbau der Hofburg durch den allerdings schon 1668 abgebrannten Leopoldinischen Trakt, und zwar nicht nur finanziell, sondern auch indem sie auf Ausführung und Gestaltung des Baus Einfluss nahm61. *** Selbstverständlich spielte repräsentative Frömmigkeit am Wiener Hof des 17. Jahrhunderts eine außerordentlich wichtige Rolle. Dies war den Gonzaga-Kaiserinnen aus ihrer Heimat durchaus vertraut, und natürlich nahmen sie an Gottesdiensten, Prozessionen, Wallfahrten und sonstigen religiösen Zeremonien wie der Fußwaschung am 56   Vgl. Herbert Seifert, Akademien am Wiener Kaiserhof der Barockzeit, in: Akademie und Musik. Erscheinungsweisen und Wirkungen des Akademiegedankens in Kultur- und Musikgeschichte. Institutionen, Veranstaltungen, Schriften. Festschrift für Werner Braun zum 65. Geburtstag, zugleich Bericht über das Symposium „Der Akademiegedanke in der Geschichte der Musik und angrenzender Fächer“, hg. von Wolf Frobenius–Nicole Schwindt-Gross–Thomas Sick (Saarbrücker Studien zur Musikwissenschaft N. F. 7, Saarbrücken 1993) 212–223; Schreiber, „ein galeria“ (wie Anm. 33) 141; Koloch, Kommunikation (wie Anm. 13) 396–403; Deisinger, Mäzenin (wie Anm. 4) 56–64; und jetzt v. a. Sommer-Mathis, Akademien (wie Anm. 4) mit Verweisen auf die ältere Literatur. 57   Vgl. Fidler, Mäzenatentum (wie Anm. 1) 59; Deisinger, Mäzenin (wie Anm. 4) 56f., 66–69; Sommer-Mathis, Akademien (wie Anm. 4). 58  Die Mantuaner Favorita wurde zwischen 1613 und 1624 nach Plänen des Architekten Nicolò Segebrondi erbaut. Vgl. Friedrich Polleross, Les femmes des Habsbourg dans le mécenat architectural, in: Bâtir au féminin? Tradition et stratégies en Europe et dans l’Empire ottoman, hg. von Sabine Frommel–Juliette Dumas–Raphaël Tassin (Paris 2013) 35–46, hier 37. 59   Eleonora d. Ä. an Herzog Ferdinando von Mantua, Regensburg, 9. Dezember 1623: Le collezioni Gonzaga (wie Anm. 3) Nr. 1353. Elena Venturini, Il vestibolo dell’imperatore. Vicende di collezionismo artistico nelle relazioni tra Gonzaga e Asburgo, in: Le collezioni Gonzaga (wie Anm. 3) 15–134, hier 133, schreibt: „Il sogno dell’imperatrice in questi anni è il riprodurre la Favorita nella sua nuova patria“. Es ist davon auszugehen, dass zahlreiche Kunstgegenstände im Besitz Eleonoras ursprünglich aus Mantua stammten. Vgl. Josef Wastler, Das Inventar einer Kaiserin. Mitteilungen des Historischen Vereines für Steiermark 30 (1882) 102–112; Bues, Testament (wie Anm. 7). Allgemein zu den Anfängen der Favorita Johann Schwarz, Die Kaiserliche Sommerresidenz Favorita auf der Wieden in Wien 1615–1746 (Wien–Prag 1899) 1–8; Fidler, Mäzenatentum (wie Anm. 1) 62; Deisinger, Mäzenin (wie Anm. 4) 60f. 60  Beispielsweise ließ Eleonora dort ab 1659 regelmäßig am 9. Juni eine Geburtstagsoper für Kaiser Leopold aufführen. Vgl. ebd. 51f. 61  Vgl. Fidler, Mäzenatentum (wie Anm. 1) 63f.; Polleross, Les femmes (wie Anm. 58) 39.



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Gründonnerstag teil62. Die italienischen Hofpredigten wurden von den beiden GonzagaKaiserinnen gefördert, und Eleonora d. J. stand unter anderem in Kontakt mit einem der berühmtesten Prediger ihrer Zeit, dem Kapuzinerpater Marco d’Aviano63. Es ist schwierig einzuschätzen, inwieweit die persönliche Glaubensüberzeugung Hand in Hand ging mit der ostentativen, repräsentativen Frömmigkeit, die von einer Römischen Kaiserin und weiblichen Angehörigen des Hauses Habsburg womöglich noch mehr als vom Kaiser selbst erwartet wurde. Da im Verständnis der Zeitgenossen Frömmigkeit eine Eigenschaft war, die in besonderer Weise dem weiblichen Geschlecht entsprach, besaßen die religiösen Repräsentationsaufgaben der Kaiserinnen einen außerordentlichen Stellenwert. Daher war es ihnen hier besonders gut möglich, spezifische Akzente zu setzen64. Eleonora d. Ä. tat dies in außerordentlicher Weise. Sie war die Gründerin der Loretokapelle in der Wiener Augustinerkirche, die 1627 in Gegenwart der Herrscherfamilie eingeweiht wurde, sowie der daselbst angesiedelten Gebetsbruderschaft. Die Kleider für die Marienstatue der Kapelle bestickte sie selbst mit ihren Hofdamen65. Noch zu ihren Lebzeiten wurde die Herzgruft in der Loretokapelle eingeweiht, als 1654 das Herz des Römischen Königs Ferdinand IV. dort beigesetzt wurde. Damit geht auf sie einer der bedeutendsten Orte dynastischer Memoria des Hauses Habsburg zurück66. Außerdem stiftete sie 1629 bzw. 1643 die Klöster der Unbeschuhten Karmelitinnen in Wien und Graz67. Das Wiener Kloster erfreute sich der besonderen Wertschätzung durch seine Stifterin, die sich hier häufig als Gast aufhielt und sich unter dem Hochaltar der Klosterkirche St. Joseph im Ordenshabit bestatten ließ. Auch dass sie in ihrem Testament schlichte Trauerfeierlichkeiten verfügte und sich eine Leichenpredigt ausdrücklich verbat, kann nicht nur als Ausdruck ihrer persönlichen Frömmigkeit, sondern zugleich im Sinne einer ostentativen Demut als Akt posthumer religiöser Repräsentation gedeutet werden68. Die außerordentliche Frömmigkeit der Verstorbenen stellte auch einen Schwerpunkt in ihrer Biographie dar, die ihr Beichtvater, der Jesuit Hermann Horst, sozusagen anstelle einer Leichenpredigt, ein Jahr nach ihrem Tod veröffentlichte69. Auch Eleonora d. J. war eine Klostergründerin. So erreichte sie gegen erhebliche Widerstände vor Ort die Gründung eines Karmelitinnenklosters in Wiener Neustadt70,   Vgl. knapp Pölzl, Witwenstand (wie Anm. 2) 64f.; ders., Kaiserin-Witwen (wie Anm. 2) 186f.   Vgl. Fidler, Mäzenatentum (wie Anm. 1) 65. 64   Vgl. Keller, Hofdamen (wie Anm. 2) 131–134. 65   Claudio Sorina an Alessandro Striggi, Wien, 15. September 1627: Le collezioni Gonzaga (wie Anm. 3) Nr. 1418. Siehe auch Eleonora d. Ä. an Herzog Vincenzo II. von Mantua, Wien, 15. September 1627, ebd. Nr. 1417. 66  Vgl. Coelestin Wolfsgruber, Geschichte der Loretokapelle bei St. Augustin in Wien (Wien 1886) 4–7; Hengerer, Kaiser Ferdinand III. (wie Anm. 2) 80; Polleross, Les femmes (wie Anm. 58) 38; Magdalena Hawlik-van de Water, Die Kapuzinergruft. Begräbnisstätte der Habsburger in Wien (Freiburg–Basel–Wien 21993) 71. 67   Vgl. Anna Coreth, Kaiserin Maria Eleonore, Witwe Ferdinands III., und die Karmelitinnen. MÖStA 14 (1961) 42–63, hier 43; Polleross, Les femmes (wie Anm. 58) 38f. 68   Das Herz Eleonoras wurde nach ihrem Willen an der Seite ihres Ehemanns in Graz beigesetzt. Vgl. Bues, Testament (wie Anm. 7) 324, 339f.; Hengerer, Kaiser Ferdinand III. (wie Anm. 2) 325. 69  Hermann Horst, Virtutes Annae Eleonorae Mantuae Imperatricis. Ferdinandi II. Austriaci Romanorum Imperatoris Conjugis (Wien 1656). 70   Vgl. Coreth, Kaiserin Maria Eleonore (wie Anm. 67), die Eleonora d. J. freilich ein „tiefe[s] Einfühlen in den Ordensgeist und die Regel“ abspricht (63). Sie schildert das Auftreten der Kaiserin als äußerst selbstbewusst. So berief sie sich, um die Klostergründung in Wiener Neustadt durchzusetzen, dezidiert auf ihre Kays. autoritet (56) und Ehre (59). 62 63

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stiftete ein Karmeliterkloster in der Mannersdorfer Einöde71 und rief 1660 die Ursulinen nach Wien72. Sie stand allerdings weniger im Ruf ausgeprägter Frömmigkeit als ihre Großtante und später ihre Schwiegertochter Eleonore Magdalena von Pfalz-Neuburg, sondern setzte eher im Bereich der religiösen Repräsentation Akzente73. *** In den beiden von ihr gegründeten Damenorden schuf Eleonora d. J. ein Instrument der Repräsentation, das in der höfischen Damenwelt nicht singulär war, für das sie aber durchaus als eine Vorreiterin betrachtet werden kann. Das Profil der beiden Orden war dabei durchaus unterschiedlich: Der 1662 gegründete, überkonfessionelle Orden der Sklavinnen der Tugend verpflichtete unter dem Motto Sola ubique triumphat („Sie [die Tugend] allein triumphiert überall“) seine hochadligen Mitglieder allgemein auf ein im Sinne höfischer Honnêté tugendhaftes Leben, durch das sie auch auf ihre Umgebung zivilisierend wirken sollten. Er kann auch in die Bestrebungen des Wiener Hofs eingeordnet werden, nach den Entfremdungen des Dreißigjährigen Kriegs und der 1650er Jahre seine Netzwerke in den Erblanden, dem Reich und Italien zu festigen, und so finden sich unter seinen Mitgliedern neben Habsburgerinnen und erbländischen Adligen auch Angehörige reichsfürstlicher Häuser, darunter Protestantinnen, und Italienerinnen74. Demgegenüber war der 1668 ins Leben gerufene Sternkreuzorden, dessen Gründungsgeschichte Elemente einer Mirakelerzählung aufweist und Eleonora in die Nähe der heiligen Kaiserinmutter Helena rückt75, auf adlige Frauen katholischer Konfession be  Dieses wurde 1654 geweiht. Vgl. Hengerer, Kaiser Ferdinand III. (wie Anm. 2) 320.   Vgl. Fidler, Mäzenatentum (wie Anm. 1) 64. 73  Der Jesuit Franz Wagner lobte ihre zahlreichen positiven Eigenschaften in seiner Biographie Leopolds I., fügte aber einschränkend hinzu: etsi pietatis studiis non admodum addicta. Zitiert nach Intra, Le due Eleonore (wie Anm. 1) 635. 74  Zu den Sklavinnen der Tugend, die möglicherweise schon nach dem Tod Eleonoras d. J., spätestens aber 1720, nach dem Tod der Kaiserin Eleonore Magdalena von Pfalz-Neuburg, aufgehoben wurden, vgl. Koloch, Kommunikation (wie Anm. 13) 361–388; Attila Pandula, Damenorden und Auszeichnungen für Frauen im Reich der Habsburger (eine Grundlegung). Annales Universitatis Scientiarum Budapestinensis 23 (1983) 271– 290, hier 276; Johann David Köhler, Das goldene Schaustück des von der verwittibten Röm. Kayserin Eleonora A. 1662. Gestiffteten Damenordens der Sklavinnen der Tugend. Wöchentliche Historische Müntz-Belustigung 22 (1749) 169–176, Mitgliederliste 173–176. Ranghohe Protestantinnen im Orden waren demnach z. B. Charlotte von Hessen-Kassel, Kurfürstin von der Pfalz (1627–1686), Sophie Luise von Württemberg, Markgräfin von Brandenburg-Bayreuth (1642–1702), und ihre jüngere Schwester Christine Charlotte, Fürstin von Ostfriesland (1645–1699). Italienerinnen im Orden waren neben der bayerischen Kurfürstin Enrichetta Adelaide di Savoia (1636–1676) und einer Reihe von Gonzaga z. B. Frauen aus den Familien Piccolomini, Cavriani, Varano und Canossa. Zu den Mitgliedern des Sternkreuzordens auch Katrin Keller, Mit den Mitteln einer Frau. Handlungsspielräume adliger Frauen in Politik und Diplomatie, in: Akteure der Außenbeziehungen. Netzwerke und Interkulturalität im historischen Wandel, hg. von Hillard von Thiessen–Christian Windler (Externa, Geschichte der Außenbeziehungen in neuen Perspektiven 1, Köln–Weimar–Wien 2010) 219–244, hier 237f. 75  Nach dem Brand der Hofburg Anfang Februar 1668 wurde eine Reliquie des Wahren Kreuzes unversehrt in den Trümmern gefunden, nachdem Kaiserin Eleonora darauf bestanden hatte, trotz geringer Hoffnung mit der Suche fortzufahren. Sie ließ darüber durch den Wiener Bischof ein Protokoll anfertigen. Die Wiederauffindung der Kreuzreliquie wurde zum Anlass für die Ordensgründung. Die Bezüge zu Kaiserin Helena wurden dadurch betont, dass die Feste der Kreuzauffindung und der Kreuzerhöhung (3. Mai und 14. September) zu Ordensfesten bestimmt wurden. Daneben wurde am 6. Februar, dem Tag der Wiederauffindung der Kreuzreliquie, der Ordensstifterin gedacht. Schließlich ist auffällig, dass Kaiserin Helena in einer um 1668 neu gestalteten Seitenkapelle der Kirche Am Hof mit der Rudolfinischen Hauskrone dargestellt wurde. Vgl. Werner Telesko, Die Kreuzreliquie in der Wiener Hofburg und die Gründung des Sternkreuzordens. Zur Kreuzverehrung der 71 72



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schränkt. Auch in den Statuten des Sternkreuzordens findet sich der Tugendgedanke, der jedoch nun katholisch-konfessionell gebunden war, wenn die Ordensmitglieder zur kontinuierlichen Praktizierung der katholischen Frömmigkeit, insbesondere der Kreuzverehrung, und zu guten Werken im Sinne der christlichen Caritas verpflichtet wurden. An der Ausarbeitung der Ordensstatuten und der Gestaltung des Ordenszeichens war Eleonora aktiv beteiligt. Binnen weniger Monate erreichte die Kaiserinwitwe die Bestätigung des Ordens durch Papst und Kaiser. Der Sternkreuzorden kann als weibliches Pendant zum Orden vom Goldenen Vlies betrachtet werden und sicherte den Mitgliedern, nicht zuletzt aber der kaiserlichen „Obersten Schutzfrau“ einen erheblichen Zuwachs an symbolischem Kapital. Mit dem Sternkreuzorden hatte Eleonora nicht nur ein Instrument ins Leben gerufen, mittels dessen das Haus Habsburg den katholischen Hochadel an sich binden konnte, sondern er diente zugleich auch ihrer eigenen Repräsentation, und das zu einem Zeitpunkt, als sie im Übrigen hinter die regierende Kaiserin hatte zurücktreten müssen, und ihrer persönlichen Memoria über den Tod hinaus76. *** Beide Gonzaga zählen zu den gekrönten Kaiserinnen der Frühen Neuzeit und empfingen außer der Römischen auch die ungarische und die böhmische Krone. Auch wenn sie die entsprechenden Titel nicht qua eigenen Rechts, sondern als Gemahlin des Kaisers und Königs trugen, wuchs ihnen durch die sakralen Krönungsriten ein Mehr an symbolischem Kapital zu. Gleichzeitig spielten die Krönungen aber auch eine wichtige Rolle für die Herrschaftsrepräsentation ihres Mannes bzw. des Gesamthauses Habsburg. Eleonora d. Ä. wurde am 26. Juli 1622, also ein knappes halbes Jahr nach ihrer Hochzeit, in Ödenburg zur ungarischen Königin gekrönt. Diese Krönung besiegelte symbolisch den Rückgewinn des aufständischen Ungarn nach dem Frieden von Nikolsburg (31. Dezember 1621) durch seinen legitimen König. Dies wurde bei der Ödenburger Zeremonie auch dadurch sinnfällig unterstrichen, dass Ferdinand als ungarischer Souverän selbst seiner Gemahlin die Krone aufs Haupt setzte77. In ähnlicher Weise bekräftigte die Krönung im Prager Veitsdom am 21. November 1627 die Wiederherstellung der Ordnung und die Versöhnung Ferdinands II. mit seinem Königreich Böhmen, dem er ein halbes Jahr zuvor, am 10. Mai 1627, die Verneuerte Landesordnung auferlegt hatte78. Die höchstmögliche Ehre der Kaiserinnenkrönung wurde Eleonora am 7. November 1630 zuteil79. Aus gesamtdynastischer Perspektive könnte man dieser Krönung am treffendsten Habsburger in der Frühen Neuzeit, in: Das Kreuz. Darstellung und Verehrung in der Frühen Neuzeit, hg. von Carla Heussler (Regensburger Studien zur Kunstgeschichte 16, Regensburg 2013) 195–216, hier 196–204; Polleross, Les femmes (wie Anm. 58) 40; ferner Pandula, Damenorden (wie Anm. 74) 277–279; Intra, Le due Eleonore (wie Anm. 1) 645f. 76   Vgl. Giovanni Battista Manni, Hoch-Adeliche Und Gottseelige Versamblung von Stern-Creutz ge­ nandt […] (Wien 1671); Koloch, Kommunikation (wie Anm. 13) 363–366; ferner Keller, Hofdamen (wie Anm. 2) 173f.; Pandula, Damenorden (wie Anm. 74) 276–279. 77   Nicht zu vernachlässigen für die Akkumulation von symbolischem Kapital durch Eleonora sind die Salbung durch den ungarischen Primas und die Berührung mit der Stephanskrone. Vgl. Keller, Hofdamen (wie Anm. 2) 144f.; Schindler, Von Mantua (wie Anm. 4) 277–284 (mit Hinweisen auf zeitgenössische Quellen); ders., Sonst ist es lustig (wie Anm. 51) 592–607. 78  Vgl. Keller, Hofdamen (wie Anm. 2) 145f. Am 25. November wurde auch ihr Stiefsohn Ferdinand (III.) gekrönt. Vgl. Hengerer, Kaiser Ferdinand III. (wie Anm. 2) 66–68 mit Anm. 54f. 79  Vgl. Keller, Hofdamen (wie Anm. 2) 142–144. Bues, Eleonora Gonzaga (wie Anm. 1) und dies.,

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vielleicht kompensatorischen oder dissimulierenden Charakter zusprechen, denn bei dem aus kaiserlicher Sicht desaströsen Kurfürstentag von 1630 war die eine – tatsächlich nicht vorhandene – Harmonie zwischen Kaiser und Kurfürsten suggerierende Krönungszeremonie so ziemlich das einzige, was programmgemäß ablief80. Dass Eleonora d. J. zuerst, 1653 in Regensburg, zur Römischen Kaiserin, dann, 1655, zur Königin von Ungarn, und erst 1656 zur Königin von Böhmen gekrönt wurde, war offenbar dadurch bedingt, dass der Wiener Hof bestrebt war, die (fakultativen) Krönungen der dritten Gemahlin gemeinsam mit den (unabdingbaren) Krönungen des Thronfolgers stattfinden zu lassen. Es gab für die Kaiserinnen, anders als bei ihren Männern, keine quasi-kanonische Reihenfolge der Krönungen, gemäß der die Kaiserinnenkrönung den Schlusspunkt gebildet hätte. Eleonora wurde also im zeitlichen Umfeld der Römischen Königskrönung Ferdinands IV. sowie der Krönungen Leopolds I. zum König von Böhmen und von Ungarn gekrönt81. Bei den Krönungen stand die Person der Kaiserin im Zentrum. Die übrigen solennen Akte des frühneuzeitlichen Heiligen Römischen Reiches boten keinen Raum für eine hervorgehobene Rolle der Gemahlin des Kaisers. Z. B. saß sie bei den feierlichen Reichstagseröffnungen nicht an der Seite ihres Mannes und konnte auch an Kaiser- bzw. Königskrönungen lediglich als Zuschauerin teilnehmen. Gleichwohl begleiteten beide Gonzaga-Kaiserinnen ihre Männer üblicherweise nicht nur nach Ungarn und Böhmen, sondern auch, wenn sie ins Reich reisten, so Eleonora d. Ä. Ferdinand II. 1623 zum Fürstentag nach Regensburg und 1630 sowie 1636/37 zu den Kurfürstentagen in derselben Stadt. Beim Regensburger Reichstag von 1653/54 waren sogar beide Eleonoren anwesend82. Dies spricht dafür, dass die Repräsentationsfunktionen der Kaisergattin im Kontext von Reichsversammlungen bedeutend waren, sei es bei Audienzen, kirchlichen oder weltlichen Festen. Als Witwe kam Eleonora d. J. nicht mehr ins Reich.

Die Netzwerke der Kaiserinnen Der mantuanische Gesandte am Kaiserhof sprach 1622 davon, dass Eleonora d. Ä. zunächst Ablehnung seitens der „Deutschen“ entgegengeschlagen sei83. Die Gonzaga-KaiTestament (wie Anm. 7) 321 hat die Krönung versehentlich in das Jahr 1627 verlegt. Eine zeitgenössische Beschreibung bietet: Crönungs-Handlung: Welcher gestalt die Aller-Durchleuchtigste / Großmächtigste Fürstin vnd Fraw / Fraw Eleonora. Röm. Käyserin / in Germanien / zu Hungarn vnnd Böheim Königin / Ertzhertzogin zu Oesterreich / geborne Hertzogin zu Mantua vnd Montferat […] den 7. Novemb. (28. Octobris) deß 1630. Jahres / bey endung deß Churfürstlichen Collegial-Tags in Regenspurg zur Römischen Käyserin solenniter gekrönet worden (Nürnberg 1630). 80   Zum Regensburger Kurfürstentag, in dessen Verlauf Ferdinand II. von den Kurfürsten zur Entlassung Wallensteins und zu einem wenig glanzvollen (und später auch nicht vollzogenen) Frieden mit Frankreich gezwungen wurde, ohne dafür die erhoffte Wahl und Krönung seines ältesten Sohnes zum Römischen König zu erhalten, vgl. aus Perspektive des Wiener Hofes Hengerer, Kaiser Ferdinand III. (wie Anm. 2) 69f., 72–74. 81  Vgl. ebd. 306f. (Kaiserinnenkrönung), 330 (böhmische Königinnenkrönung). Vgl. auch Keller, Hofdamen (wie Anm. 2) 146–148. 82  Zu den Reisen der Kaiserinnen vgl. ebd. 120–123. Nicht erwähnt ist hier die Reise nach Regensburg 1623. 1642 unternahm Eleonora d. Ä. eine Reise nach Passau, um ihre Stieftochter Maria Anna zu treffen. Zur Anwesenheit Eleonoras d. Ä. beim Regensburger Reichstag 1653/54 Bues, Testament (wie Anm. 7) 330. 83   Vincenzo Zucconi an Herzog Ferdinando von Mantua, Wien 1622 II 28: Le collezioni Gonzaga (wie Anm. 3) Nr. 1274: questi tedeschi […] mostrano la rabbia che hanno di questo matrimonio. Vgl. Frigo, Les deux impératrices (wie Anm. 1) 222.



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serinnen lebten sich dennoch augenscheinlich nicht nur in ihrer neuen Familie, sondern auch an deren Hof gut ein. Beide lernten Deutsch84. Zugleich wuchs, nicht zuletzt dank ihres Einflusses, am Wiener Hof der Stellenwert des Italienischen als einer zweiten Hofsprache85. Die Kaiserinnen besaßen ihren eigenen Hofstaat, dessen Größe bei der regierenden Kaiserin Eleonora d. Ä. für 1629 mit 109 Personen, bei der Kaiserinwitwe Eleonora d. J. für 1670 mit 170 Personen angegeben wird86. Sie hatten eigene Einkünfte, die im Fall Eleonoras d. Ä. zu ihrer Zeit als regierende Kaiserin jährlich 30.000 Gulden betrugen und in den Jahren als Witwe mit eigenem Haushalt auf 112.868 Gulden stiegen87. Noch ansehnlicher waren die Einkünfte Eleonoras d. J., die sich 1685 auf 230.000 Gulden beliefen. Damit besaßen die Kaiserinwitwen erhebliche eigene finanzielle Ressourcen, die sie auch zur Patronage und Etablierung eigener Netzwerke einsetzen konnten88. Über die Aktivitäten beider Gonzaga-Kaiserinnen als Patroninnen und Brokerinnen der kaiserlichen Gunst sind wir vor allem durch die Forschungen Katrin Kellers bestens unterrichtet. Sie hat gezeigt, „dass personalpolitische Aktivitäten der Kaiserin keineswegs ungewöhnlich waren, dass es vielmehr Handlungsspielräume gab, die ihr zustanden und die sich nicht nur […] auf den Bereich von Familie und Kindern bezogen“89. Gerade mittels ihres Hofstaats konnten beide Kaiserinnen mit der Zeit weitreichende und tragfähige Netzwerke etablieren, nicht zuletzt durch die Verheiratung ihrer Hof­ damen90. Eleonora d. J. hatte diesbezüglich einen deutlichen Startvorteil gegenüber ihrer Großtante, da sie an deren Beziehungsgeflecht anknüpfen konnte. Dafür trug die alte Kaiserinwitwe selbst Sorge, indem sie 1651 Einfluss auf die Zusammensetzung des Hof84  Das erste erhaltene Schreiben Eleonoras d. Ä. in deutscher Sprache ist vom 11. Februar 1623 datiert, also etwa ein Jahr nach der Hochzeit mit Ferdinand, und im Jahre 1629 bescheinigte ihr der päpstliche Nuntius Carlo Carafa sehr gute deutsche Sprachkenntnisse. Carlo Caraf[f ]a, Relatione dello stato dell’imperio e della Germania: fatta dopo il ritorno della sua nuntiatura appresso l’imperatore 1628, ed. Joseph Godehard Müller. AÖG 23 (1860) 103–450, hier 268 (auch unabhängig: Wien 1859, hier 168). Vgl. Frigo, Les deux impératrices (wie Anm. 1) 222. Auch Keller, Hofdamen (wie Anm. 2) 114 Anm. 89 hält fest, dass die Kaiserinnen spätestens nach der Hochzeit Deutsch lernten. Allerdings sprach Eleonora d. J. im Oktober 1652 noch so wenig Deutsch, dass sie für die Verständigung mit dem Kurfürsten von der Pfalz der Dolmetscherdienste ihres Obersthofmeisters bedurfte. Vgl. ebd. 141. 85   Vgl. Schreiber, „ein galeria“ (wie Anm. 33) 131–143. 86  Vgl. Keller, Hofdamen (wie Anm. 2) 22f. Zusätzlich werden für Eleonora d. J. 49 Gardisten angegeben. Im Gegensatz zu diesen Zahlen stehen die Angaben des Nuntius Carafa von 1629, der den Hofstaat der Kaiserin als sehr klein beschreibt. Caraf[f ]a, Relatione (wie Anm. 84) 268 (168). Vgl. Frigo, Les deux impératrices (wie Anm. 1) 223f. Zum Hof der Kaiserin in ihren letzten Lebensjahren jetzt auch Jiří Kubeš, Zápas o funkci nejvyššího štolmistra na dvoře císařovny vdovy Eleonory Gonzagové. Edice důvěrné korespondence bratří Ditrichštejnů z roku 1683 [Ein Kampf um den Oberststallmeisterposten am Hof der Kaiserinwitwe Eleonora Gonzaga. Edition privater Korrespondenz der Brüder Dietrichstein aus dem Jahr 1683]. Folia Historica Bohemica 28 (2013) 105–150 (mit Edition von Briefen Philipp Sigmund von Dietrichsteins bezüglich der Besetzung des Oberststallmeisterpostens am Hof Eleonoras). 87  Vgl. Keller, Hofdamen (wie Anm. 2) 159; Bues, Testament (wie Anm. 7) 331. 88  Vgl. Schnitzer-Becker, Eleonora Gonzaga Nevers (wie Anm. 1); zu ihrem Erbe auch das Journal Ferdinands von Schwarzenbergs zum 31. Juli, 2. und 14. August sowie 6. September 1687: Bérenger, Schwarzenberg (wie Anm. 43) 120, 123, 136, 163; allgemein zu den Wiener Witwenhöfen Pölzl, Witwenstand (wie Anm. 2) 54–63; ders., Kaiserin-Witwen (wie Anm. 2) 168f., 172–180. 89  Keller, Hofdamen (wie Anm. 2) 177; vgl. ebd. 36, 42, 156, 167f., 171f., 176, 208 u. ö. Dabei waren selbstverständlich die Beziehungen der einzelnen Hofdamen zur Kaiserin unterschiedlich eng. Vgl. ebd. 53. 90   Vgl. ebd. 73f. Insbesondere wenn es sich dabei um „Rebellentöchter“ handelte, also Mädchen aus den Familien der böhmischen Rebellen, besaßen die (um-)erziehenden und (durch geeignete Verheiratung) reintegrie­renden Aktivitäten der Kaiserin eine eminent „staatstragende“ Bedeutung. Vgl. ebd. 45f.

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staats ihrer Großnichte und Stief-Schwiegertochter nahm91. Darauf, dass die etablierten Klientelverhältnisse erblich sein konnten, deutet auch hin, dass nach dem Tod Eleonoras d. Ä. 1655 ihr langjähriger Obersthofmeister Federico Cavriani dasselbe Amt bei Eleonora d. J. übernahm92. Das italienische Gefolge, das die beiden Gonzaga-Kaiserinnen bei ihrer Verheiratung mit an den Kaiserhof brachten und das dauerhaft hier verblieb, war nicht sehr zahlreich. Eleonora d. Ä. übernahm vielmehr einen Großteil des Hofstaats der 1616 verstorbenen ersten Gemahlin Ferdinands II. Zu denjenigen, die dauerhaft bei ihr blieben, gehörten der Marchese Federigo Gonzaga und ihr späterer Obersthofmeister Federico Cavriani. Im Lauf der Zeit kamen weitere Italienerinnen und Italiener nach Wien, denen die Kaiserinnen den Eintritt in den Hofdienst bzw. in die Führungsschichten der habsburgischen Territorien eröffneten. Darunter sind einige Angehörige von Nebenlinien des Hauses Gonzaga, wie Annibale Gonzaga aus der Linie Bozzolo (1602–1669), der bis zum Präsidenten des Hofkriegsrats aufstieg und mit Maria Franziska Hedwig von Sachsen-Lauenburg eine reichsfürstliche Prinzessin ehelichte, sein Bruder Luigi, der ebenfalls in der kaiserlichen Armee Karriere machte, und die Marchesa Eleonora Maria Gonzaga aus der Linie Luzzara, die 1625 Graf Johann Philipp von Thurn heiratete. Maria Isabella Gonzaga, die Tochter Annibales und Hofdame Eleonoras d. J., heiratete in erster Ehe Claudio III. Collalto und in zweiter Ehe Helfried von Dietrichstein. Weitere Hofdamen Eleonoras d. J., die aus Italien stammten, waren die Marchesa Maria Margaretha Aldegatti (verheiratet mit Graf Franz Gilbert von Santhilier) und die Marchesa Diana Maria Ippoliti di Gazoldo (verheiratet mit Graf Humprecht Jan IV. Czernin)93. Dazu kamen zahlreiche Künstler, Musiker und Geistliche, aber auch Dienstpersonal94. Als wichtige, sozusagen geborene Bezugspersonen der Kaiserinnen außerhalb ihres eigentlichen Hofes sind die mantuanischen Residenten zu nennen. Wenig ist über die Netzwerke der Gonzaga-Kaiserinnen ins Reich bekannt. Die Möglichkeit, Reichsfürstinnen und -fürsten persönlich kennenzulernen, bestand nur dann, wenn diese – selten genug – an den Kaiserhof kamen, sowie bei den ebenfalls raren Gelegenheiten, wenn die kaiserliche Familie ins Reich reiste95. Abgesehen von mehr oder weniger regelmäßigen Korrespondenzen mit anderen Hochadligen verfügte Eleonora d. J. mit den von ihr gestifteten Orden über ein weiteres Mittel, um Klientinnen aus dem Reich an sich zu binden96. Bei der Kontaktpflege zu anderen fürstlichen Höfen spielten auch Geschenke eine Rolle, wobei neben deren materiellem auch ihr symbolischer Wert von Bedeutung war, etwa wenn Eleonora d. J. Stickarbeiten von eigener Hand oder Bilder verschenkte, die sie selbst gemalt hatte97. Zudem verfügten beide Gonzaga dank ihrer   Vgl. ebd. 42, 179.   Vgl. ebd. 247 Anm. 89. 93  Vgl. Frigo, Les deux impératrices (wie Anm. 1) 222f.; Keller, Hofdamen (wie Anm. 2) 56f., 261, 278f., 285f.; Schnettger, Geschichte (wie Anm. 5) 63f. 94   Beispielsweise ließ sich Eleonora d. Ä. einen Koch aus Italien schicken. Vincenzo Zucconi an Alessandro Striggi, Ödenburg 10. Juni und 3. August 1622: Le collezioni Gonzaga (wie Anm. 3) Nr. 1293, 1304. 95  Für Eleonora d. J. erwähnt Keller, Hofdamen (wie Anm. 2) 140–142, im Kontext des Reichstags von 1653/54 bzw. des ihm vorangegangenen Prager Kurfürstentags (1652) Audienzen für Karl Ludwig von der Pfalz, seine Gemahlin Charlotte von Hessen-Kassel sowie eine seiner Schwestern, möglicherweise die spätere Kurfürstin Sophie von Hannover. 96  Siehe oben S. 130f. 97  Empfänger selbst gemalter Bilder waren Erzherzog Leopold Wilhelm und Herzog Carlo II. von Mantua. Vgl. Schreiber, „ein galeria“ (wie Anm. 33) 123; Intra, Le due Eleonore (wie Anm. 1) 642. 91 92



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transalpinen Kontakte über Güter aus Italien, die sie zur Beziehungspflege in den Erbländern und im Reich einsetzen konnten.

Die Kaiserinnen in den Außenbeziehungen des Kaiserhofs Es gab vor allem ein gravierendes politisches Problem, das Eleonora d. Ä. nachweislich intensiv beschäftigte: der 1627 in sein entscheidendes Stadium getretene Erbfolgekonflikt um Mantua und Monferrato, in dem die französische Linie Gonzaga-Nevers, die von Spanien geförderten Gonzaga-Guastalla und das Haus Savoyen miteinander rivalisierten. Der am Weihnachtstag 1627 verstorbene jüngste Bruder Eleonoras, Vincenzo II., hatte zwar noch auf dem Totenbett versucht, durch die Verheiratung seiner einzigen Nichte Maria mit Carlo von Rethel, dem Sohn des Prätendenten Carlo von Nevers, die Erbfolgekrise abzuwenden. Dennoch eskalierte die Situation in den folgenden Monaten bis hin zum offenen Krieg und zum Sacco di Mantova am 18. Juli 1630, in dessen Verlauf Stadt und Herzogspalast von den kaiserlichen Truppen schwer geplündert wurden und ein Großteil der von den Gonzaga in den vorangegangenen Jahrhunderten gesammelten Kunstschätze verlorenging. Erst durch den Frieden von Cherasco wurde 1631 der Frieden im Wesentlichen wiederhergestellt98. Die ältere italienische Literatur hat Eleonoras Rolle in diesem Konflikt als Versagen charakterisiert99. In der Tat konnte sie diese für ihre Herkunftsfamilie und ihr Heimatland fatalen Ereignisse nicht verhindern; sehr wohl aber hat sich die Kaiserin für eine Konfliktentschärfung eingesetzt, freilich unter schwierigen Rahmenbedingungen. Hier ist insbesondere daran zu erinnern, dass Eleonora keinen Sitz in den für die Beratung der Mantua-Frage entscheidenden Ratsgremien hatte und somit auf eine indirekte, informelle Beeinflussung des Entscheidungsprozesses, sei es über ihren Ehemann, sei es über dessen Minister, verwiesen war. Zugleich war ihre Intervention in diesem Fall besonders heikel, da es schwierig war, die widersprüchlichen Interessen ihrer Herkunfts- und ihrer neuen Familie miteinander in Einklang zu bringen: Aus Mantuaner Perspektive war eine möglichst reibungslose innerdynastische Erbfolge vordringlich. Demgegenüber hatte Ferdinand II. seine lehnsherrlichen Prärogativen zu wahren und vor allem auch die Wünsche Spaniens zu berücksichtigen, das einer Sukzession der französischen Nevers ablehnend gegenüberstand. Im Mantuaner Erbfolgekonflikt scheint Eleonora alle – auch emotionalen – Register gezogen zu haben, um ihren Mann zu beeinflussen, und der Anfang 1628 an den Kaiserhof entsandte Bischof von Mantua Agnelli Soardi bezeichnete sie in einer seiner ersten Relationen als Lenkerin (direttrice) der ganzen Affäre100. Dies stand im Gegensatz zu ihrer angeblichen Zurückhaltung in politischen Fragen, die ihr der päpstliche Nuntius Carafa in seiner Finalrelation von 1629 bescheinigte. Wichtig bei der politischen Einflussnahme in dieser und anderen Fragen war das gute Verhältnis Eleonoras zu ihrem seinerzeitigen Bräutigam per procurationem, dem kaiserlichen Obristhofmeister Eggenberg101.   Vgl. Quazza, La guerra (wie Anm. 25) passim; Malacarne, I Gonzaga-Nevers (wie Anm. 3) 37–79.   Z. B. Intra, Le due Eleonore (wie Anm. 1) 351: „l’influenza di Eleonora negli affari era quasi nulla“. Zudem suggeriert er, 357, Eleonora habe ihre Familie nur mit Worten („a parole“) geliebt. 100  […] non si fa cosa alcuna senza partecipatione dell’Imperatrice, direttrice di tutto con notabile affetto. Vincenzo Agnelli Soardi an Herzog Carlo I. von Mantua, Prag, 28. Februar 1628: Malacarne, I Gonzaga-Nevers (wie Anm. 3) 329f., hier 330. 101  Ordinariamente non s’intriga Sua Maestà in sorte alcuna di negotii, anzi è tenuto per la corte che procuri 98 99

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Eleonora stellte sich scheinbar recht bald grundsätzlich darauf ein, die Nevers als Herzöge von Mantua anzuerkennen, übte aber auch Druck auf Herzog Carlo I. aus, er möge sich dem Urteil des Kaisers unterwerfen102. Zugleich pflegte sie den Kontakt zu dem von Spanien unterstützten Prätendenten Cesare Gonzaga-Guastalla, der in den entscheidenden Jahren des Konflikts lange Zeit am Kaiserhof weilte und im Auftrag Eleonoras mehrfach Libretti für Hofopern verfasste103. Mit ihrer vermittelnden Haltung geriet sie in Gegensatz zur spanischen Politik. Als sie sich am Rande einer Vorstellung der italienischen Komödianten bei dem spanischen Gesandten über die unversöhnliche Haltung seines Herrn beschwerte, machte dieser deutlich, dass Philipp IV. eine exemplarische Züchtigung Carlos von Nevers verlange104. Bekanntlich setzte sich die spanische Position durch, und der Erbfolgekrieg nahm seinen Lauf. Nach dem Sacco di Mantova verwendete sich Eleonora, freilich mit begrenztem Erfolg, für die Rückerstattung von geraubten Wertgegenständen an die Herzogsfamilie, wobei sich ihre Fürsorge unmittelbar an ihre Nichte Maria richtete, die sie auch finanziell unterstützte105. Ohne Bedeutung waren ihre Verbindungen für die Beilegung des Konflikts und für das Wiederanknüpfen erträglicher Beziehungen zwischen Wien und Mantua jedenfalls nicht. Vielmehr nahm sie hier eine Schlüsselrolle ein106. Bezeichnenderweise wurde zunächst ihr der nach dem Frieden von Cherasco (1631) endlich ausgefertigte kaiserliche Lehnbrief für Herzog Carlo I. übergeben107. Das Agieren der Kaiserin im mantuanischen Erbfolgekonflikt scheint ihr von der spanischen „Partei“ in Wien nachhaltig verübelt worden zu sein108. Auch als Kaiserinwitwe setzte sich Eleonora für ihre Herkunftsfamilie ein, so wenn sie deren Interessen beim westfälischen Friedenskongress unterstützte. Allerdings konnte sie letztlich weder die Zuerkennung des Exzellenztitels an den mantuanischen Gesandten noch einen Widerruf der Bestimmungen des Vertrags von Cherasco erreichen109. Nicht

mostrarsi lontana da ogni mira di guadagnarsi autorità, e per di più, se ha bisogno o desiderio di qualche cosa, ricorre all’intercessione del Signor Principe d’Eggembergh, che da essa è molto osservato et anche riverito. Caraf[f ]a, Relatione (wie Anm. 84) 267 (167). Vgl. Frigo, Les deux impératrices (wie Anm. 1) 229. 102  Interessant ist, dass die Rolle Eleonoras im Mantuanischen Erbfolgekrieg sowohl von Vertretern der mantuanischen Lokalgeschichte als auch von Spezialisten der spanischen Geschichte kritisch beurteilt wird. Während die einen ihr mit Blick auf den Sacco von 1630 Versagen auf ganzer Linie vorwerfen, führen die anderen das verzögerte Eingreifen des Wiener Hofs auf ihren Einfluss zurück. Vgl. Frigo, Les deux impératrices (wie Anm. 1) 224–226. 103   Für ihn bemühte sie sich um einen Ausgleich mittels der Übertragung des ersten freiwerdenden Reichslehens in Italien oder eines Kardinalshuts. Vgl. Schindler, Sonst ist es lustig (wie Anm. 51) 647. 104  Ebd. 105   Vincenzo Agnelli Soardi an Girolamo Parma, Wien, 10. Januar 1631: Le collezioni Gonzaga (wie Anm. 3) Nr. 1459; ders. an Herzog Carlo I. von Mantua, Wien, 10. Januar 1631, ebd. Nr. 1460; ders. an Girolamo Parma, Wien, 18. Januar 1631, ebd. Nr. 1461; ders. an dens., Wien, 1. Februar 1631, ebd. Nr. 1466. Vgl. Quazza, La guerra (wie Anm. 25) Bd. 2, 169, 171, 180. Vgl. auch Frigo, Les deux impératrices (wie Anm. 1) 226. 106  Eine ausführlichere Darstellung demnächst bei Matthias Schnettger, Zwei Ehen und ihre Folgen. Die beiden Kaiserinnen aus dem Haus Gonzaga zwischen Italien und dem Reich, in: Reichsitalien in Mittelalter und Neuzeit, hg. von Robert Rebitsch–Matthias Schnettger–Elena Taddei (im Druck). 107  Vincenzo Agnelli Soardi an Herzog Carlo I. von Mantua, Wien, 16. August 1631: Le collezioni Gonzaga (wie Anm. 3) Nr. 1488, Anm. 3. 108  Hierin dürfte nicht zuletzt der Grund für die gegen Eleonora gerichteten Intrigen zu sehen sein, die ihr nach dem Tod Ferdinands II. zu schaffen machten. Vgl. Schreiber, „ein galeria“ (wie Anm. 33) 20. 109  Vgl. ebd. 131–143.



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vergessen sei in diesem Zusammenhang ihre Rolle als dynastische Ehestifterin110, auch nicht, dass sie ihre exilierte Nichte Claudia von Lothringen und deren Mann Nikolaus Franz unterstützte und so einen Beitrag zur engen Bindung des lothringischen Herzogshauses an die Habsburger leistete111. Auch die Wiederanknüpfung guter Beziehungen zwischen Wien und Mantua ist nicht einseitig als die Protektion ihrer gonzagischen Verwandten zu bewerten, sondern lag durchaus auch im Interesse des Kaisers. Für die Ziele ihres Mannes bzw. ihres Stiefsohns setzte sie sich aber auch ein, wenn sie 1635 beim päpstlichen Nuntius für die Akzeptanz des Prager Friedens mit Kursachsen warb112 oder wenn sie in der Schlussphase des Dreißigjährigen Krieges durch die Verpfändung ihrer Juwelen einen Beitrag dazu leistete, die akute Finanzkrise Österreichs abzumildern und die Bezahlung der Truppen sicherzustellen113. Alles in allem war Eleonora d. Ä. wohl eine bedeutendere politische Akteurin, als dies die ältere Forschung wahrhaben wollte. *** Die Rolle Eleonoras d. J. in den Außenbeziehungen des Wiener Hofes wird allgemein als bedeutender eingeschätzt als die ihrer Großtante. Insbesondere im ersten Jahrzehnt ihrer Witwenschaft galt sie als ausgesprochen einflussreich 114. Auch bei ihr gründete sich dieser Einfluss nicht auf einen Sitz in einem der institutionalisierten Beratungsgremien, sondern auf die guten Beziehungen und den Zugang zum Kaiser sowie dem in den ersten Jahren Leopolds I. dominierenden Erzherzog Leopold Wilhelm. Dabei war sie sich stets bewusst, dass sie sich hier auf einem gefährlichen Terrain bewegte 115. Noch in den späten 1660er Jahren wurde ihr Einfluss als so weitreichend eingeschätzt, dass der Erste Minister Fürst Auersperg kurz vor seinem Sturz (1669) ihre Entfernung vom Hof verlangt haben soll116. Wie allgemein frühneuzeitliche Hofparteien nicht als allzu statische und festgefügte Personengruppen betrachtet werden sollten, war auch die Positionierung Eleonoras im Wechsel der Konjunkturen durchaus flexibel. Während sie zunächst als Patronin des französischen Gesandten Gremonville galt, war sie 1672 eine Architektin des antifranzösischen Bündnisses und wurde 1674 der spanischen Partei zugerechnet117. Zeitweise galt sie sogar als das Haupt einer eigenen Hofpartei, die Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden-Baden, Albrecht von Zinzendorf, Leopold von Königsegg, den Pater Emmerich Sinelli und zeitweise den spanischen Gesandten umfasste, allerdings   Siehe oben S. 125.   Vgl. Hengerer, Kaiser Ferdinand III. (wie Anm. 2) 129, 302. Claudia von Lothringen (1612–1648) war die jüngere Tochter von Eleonoras Schwester Margherita. 112   Mario Filonardi an Francesco Barberini, Wien, 25. August 1635: Nuntiaturen des Malatesta Baglioni, des Ciriaco Rocci und des Mario Filonardi. Sendung des P. Alessandro d’Ales (1634–1635), bearb. von Rotraut Becker (Nuntiaturberichte aus Deutschland IV/7, Tübingen 2004) 468–470, hier 470. 113   Vgl. Hengerer, Kaiser Ferdinand III. (wie Anm. 2) 216. 114   Deisinger, Mäzenin (wie Anm. 4) 43f. kommt, u. a. aufgrund zweier venezianischer Finalrelationen von 1658/59 zu einem abweichenden Befund: „Eleonoras politische Ambitionen beschränkten sich im Wesentlichen auf die standesgemäße Verheiratung ihrer beiden Töchter […] sowie auf ein gelegentliches Einwirken auf die Politik ihrer Heimat Mantua“. 115   So in einem Schreiben an ihre Mutter vom 6. September 1659: non mi posso lamentare di niente; ma qui vi sono delli altri, che non mi vorrebbero vedere vicina né all’Imperatore, né all’Arciduca. Zitiert nach Intra, Le due Eleonore (wie Anm. 1) 639. 116   Vgl. Fidler, Mäzenatentum (wie Anm. 1) 55. 117   Vgl. Adam Wolf, Fürst Wenzel Lobkowitz, erster geheimer Rath Kaiser Leopold’s I. 1609–1677 (Wien 1869) 372, 378, 384, 394f. 110 111

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darunter litt, dass keiner ihrer Mitglieder dem engsten Regierungszirkel, der Geheimen Konferenz, angehörte118. Der Einfluss der Kaiserinwitwe blieb auch von ausländischen Gesandten nicht unbemerkt. Ein französischer Beobachter attestierte ihr Anfang der 1670er Jahre ein ausgeprägtes Machtbewusstsein und einen erheblichen Einfluss auf die Geschäfte. Die kaiserlichen Minister widmeten ihr grandes mesures; daher könnten die in Wien akkreditierten Gesandten utilement employer son crédit pour le succès de leurs négociations119. Es war also keine bloße Frage der Konvention, wenn auswärtige Diplomaten regelmäßig auch um Audienz bei der Kaiserinwitwe nachsuchten. Exklusiver als die solennen Antritts- und Abschiedsaudienzen war es für die Gesandten, wenn sie in intimerem Rahmen empfangen wurden, der Vertraulichkeit suggerierte und eine grundsätzliche Unterstützungsbereitschaft Eleonores bereits implizierte. Derartige Treffen konnten geradezu konspirativen Charakter haben, so wenn unmittelbar nach dem Tod der zweiten Gemahlin Leopolds I. der kurpfälzische Gesandte Schellerer ein nächtliches Treffen mit der Kaiserinwitwe hatte, um sie für die Ehe Leopolds mit Eleonore Magdalena von Pfalz-Neuburg zu gewinnen120. Auch Leopold I. nutzte die Dienste seiner Stiefmutter mehrfach in heiklen Fragen als Akteurin abseits der sich institutionalisierenden diplomatischen Kanäle. So konnte sie 1669 eine Entspannung der Beziehungen zwischen Rom und Wien erreichen, als wegen der Missachtung der kaiserlichen Wünsche bei einer Kardinalserhebung das Verhältnis äußerst angespannt war. Ein Jahr später hatte Eleonora den französischen Botschafter von der andauernden kaiserlichen Neutralität zu überzeugen121. Auch bei Eleonora d. J. ist die Sorge für die Herkunftsfamilie besonders gut dokumentiert. Gemeinsam mit ihrer Großtante erreichte sie, dass Ferdinand III. dem Herzog von Savoyen die Belehnung mit den durch den Frieden von Cherasco abgetretenen Gebieten des Monferrato verweigerte. Ebenso ist es ihrem Einfluss zuzuschreiben, wenn Ferdinand III. im Februar 1657 ihren Bruder Carlo II. zu seinem vicariu[s] sive commissariu[s] […] in partibus Italiae ernannte122. Ein besonderer Erfolg für Eleonora war es, als sie 1671 den innerdynastischen Konflikt zwischen den Gonzaga-Nevers und den Gonzaga-Guastalla durch die Anbahnung einer Ehe zwischen ihrem Neffen Ferdinando Carlo und der Erbprinzessin von Guastalla Anna Isabella lösen konnte123. Sie schaffte es zwar nicht, den Herzog von seiner profranzösischen Außenpolitik abzuhalten, konnte allerdings einen völligen Bruch zwischen Wien und Mantua zu ihren Lebzeiten verhindern. Wie ihre Großtante engagierte sich Eleonora d. J. als Stifterin dynastischer Ehen. Groß war ihr Einfluss bei den Hochzeiten ihrer Töchter: Eleonora Maria Josepha heiratete 1670 den polnischen König Michael Korybut Wiśniowiecki, der allerdings bereits 1673,   Vgl. Frigo, Les deux impératrices (wie Anm. 1) 232f.   Pribram, Aus dem Berichte (wie Anm. 43) 277. 120  Das Treffen fand nach Aussage Schellerers gegen 11 Uhr abends statt. Der vertrauliche Charakter der Audienz wurde auch dadurch unterstrichen, dass Eleonora das Zeremoniell partiell aussetzte, indem sie auf den üblichen Abstand zu dem Gesandten verzichtete. Vgl. Schmidt, Vorgeschichte (wie Anm. 44) 317f. 121  Vgl. Frigo, Les deux impératrices (wie Anm. 1) 234; Fidler, Mäzenatentum (wie Anm. 1) 55. 122  Vgl. Frigo, Les deux impératrices (wie Anm. 1) 230–232; Matthias Schnettger, Das Alte Reich und Italien in der Frühen Neuzeit. Ein institutionengeschichtlicher Überblick. QFIAB 79 (1999) 344–420, hier 384f. 123   Vgl. Intra, Le due Eleonore (wie Anm. 1) 650f.; Frigo, Les deux impératrices (wie Anm. 1) 233. Im Ehevertrag wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Ehe sotto gli auspicii Augustissimi dell’Imperatrice Leonora zustande gekommen sei. Malacarne, I Gonzaga-Nevers (wie Anm. 3) 339f., Zitat 339. 118 119



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nach kurzer, wenig glücklicher Ehe, starb. Eine von Eleonora mitgetragene Liebesheirat war dann die zweite Ehe mit Herzog Karl V. von Lothringen (1678), der sich schon vor der Ehe der Protektion der Kaiserinwitwe erfreut hatte, welche z. B. bereits früher seine Bewerbung um den polnischen Thron gefördert hatte. Später bemühte sie sich, ihrer älteren Tochter und deren Mann eine Expektanz auf Mantua und Monferrato zu verschaffen124. Die jüngere, Maria Anna, heiratete 1678 den späteren Kurfürsten von der Pfalz Johann Wilhelm, nachdem der Plan ihrer Mutter, sie mit Karl II. von Spanien zu verheiraten, am Widerstand des Kaisers gescheitert war125. Alle diese Ehen waren von größter Bedeutung für die kaiserliche Bündnis- und Klientelpolitik in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts; ja, die Häuser Lothringen und Pfalz-Neuburg wurden zu wichtigen Stützen des habsburgischen Kaisertums in der Spätzeit Leopolds I.

Fazit Beide Eleonoren können als „erfolgreiche“ Kaiserinnen gelten, weil sie – bis auf eine – alle Aufgaben erfüllten, die im Rahmen einer Aufgabenteilung des kaiserlichen Arbeitspaars von ihnen erwartet wurden. Dass sie ihren Männern keine Thronfolger schenkten, war in ihrem Fall aber unproblematisch, da die Sukzession bereits durch frühere Ehen gesichert war. Zu ihren Erfolgsvoraussetzungen gehörte neben ihrer hervorragenden Erziehung ganz wesentlich das gute Verhältnis zu ihren kaiserlichen Ehemännern, aber auch der Aufbau tragfähiger Netzwerke; die jüngere Eleonora konnte von den bereits etablierten Verbindungen ihrer Verwandten profitieren. Dass es ihnen gelang, einen respektierten Platz in ihrer neuen Familie und an ihrem neuen Hof zu erwerben, zeigte sich vor allem beim Tod des kaiserlichen Gemahls. Dabei wird deutlich, dass die Witwenschaft zugleich Risiko und Chance sein konnte. Das Risiko wird eher bei Eleonora d. Ä. erkennbar, für die zunächst zweifelhaft schien, ob neben ihrer Schwiegertochter für sie überhaupt noch ein Ort am Kaiserhof war, während Eleonora d. J. nicht nur von der Zuneigung ihres Stiefsohns Leopold I. profitierte, sondern davon, dass sie für ein Jahrzehnt de facto Kaiserinmutter und regierende Kaiserin in einer Person war. Die Handlungsspielräume der beiden Kaiserinnen waren, auch und im Fall Eleonoras d. J. gerade während ihrer Witwenschaft, beachtlich. Sie engagierten sich nicht zuletzt in Fragen, die die dynastischen Interessen ihrer Herkunfts- wie ihrer Aufnahmefamilie betrafen, aber auch sonst griffen viele Akteure gern auf die informellen Dienste der Kaiserinnen zurück oder nutzten ihre Kapazitäten als Patronin und Brokerin der kaiserlichen Gnade. Während der politische Einfluss Eleonoras d. J. schon durch die ältere Literatur erkannt worden ist, wurde derjenige Eleonoras d. Ä. insgesamt wohl unterschätzt. Das dürfte auch daran liegen, dass sie es nicht vermochte, in der Situation des mantuanischen Erbfolgekonflikts ihre Heimatstadt vor Krieg, Eroberung und Plünderung zu schützen. Allerdings war das angesichts der konfligierenden Großmachtinteressen eine geradezu herkulische Aufgabe und ein Scheitern daher beinahe vorprogrammiert. Nicht zu 124  Vgl. Frigo, Les deux impératrices (wie Anm. 1) 233, 235f.; Intra, Le due Eleonore (wie Anm. 1) 647f., 653f. Die dynastischen Beziehungen der Habsburger wie der Gonzaga nach Polen waren eng. Eleonora Maria Josepha trat als Königin in die Fußstapfen ihrer Großtante Maria Luisa Gonzaga-Nevers (1611–1667), Gemahlin der beiden letzten polnischen Könige aus dem Haus Wasa. 125  Vgl. Schnitzer-Becker, Eleonora Gonzaga Nevers (wie Anm. 1).

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unterschätzen sind dagegen die Erfolge der Kaiserin bei der Wiederherstellung guter Beziehungen zwischen Wien und Mantua. Für ihre Herkunftsfamilie besaßen beide Gonzaga-Kaiserinnen größte Bedeutung als Patroninnen, aber auch als Vermittlerinnen symbolischen Kapitals, und ihre kaiserliche Ehre strahlte auf die ganze Dynastie zurück. Insbesondere Eleonora d. J. avancierte in gewisser Weise zum Familienoberhaupt honoris causa. Das bedeutete zwar nicht, dass sie dem regierenden Herzog immer ihren Willen hätte aufzwingen können; einflusslos war sie in Mantua aber keineswegs. Am Kaiserhof setzten die beiden Gonzaga-Kaiserinnen besonders deutliche eigene Akzente im Bereich der herrscherlichen Repräsentation; ja, sie wurden hier geradezu stilbildend für den Kaiserhof. Auch dank ihres Einflusses war das Wiener Hofleben niemals italienischer geprägt als in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Gar nicht zu überschätzen ist ihre Rolle in den transalpinen Transferprozessen im musikalischen Bereich, wobei die jüngere Eleonora nahtlos an die Pionierleistungen ihrer Großtante anknüpfen konnte. Partiell unterschiedliche Akzente setzten die beiden Kaiserinnen im Bereich der religiösen Repräsentation. Während Eleonora d. Ä. zumal während ihrer Witwenzeit eine ostentative, geradezu monastische Demut an den Tag legte, genügte auch Eleonora d. J. fraglos den Anforderungen der Pietas austriaca, legte diese aber eher im Sinne einer herrscherlich-repräsentativen Frömmigkeit aus. Geradezu ein Alleinstellungsmerkmal dieser Kaiserin waren ihre beiden Ordensgründungen und die damit im Zusammenhang stehende auffällige imitatio der heiligen Kaiserinmutter Helena.

María Ana de Austria: spanische Infantin – Königin von Ungarn und Böhmen – römisch-deutsche Kaiserin (1606–1646) Andrea Sommer-Mathis

Der Tod der Kaiserin Maria Anna und ihre Memoria Am frühen Morgen des 13. Mai 1646 verstarb Kaiserin Maria Anna, die erste Frau Kaiser Ferdinands III., völlig unerwartet im 40. Lebensjahr, nicht in ihrer Wiener Residenz in der Hofburg, sondern im Linzer Schloss, wohin der Kaiserhof im August 1645 aus Angst vor Kampfhandlungen und Seuchen verlegt worden war. Maria Anna erwartete ihr sechstes Kind nach dem Thronfolger Ferdinand, Maria Anna, Philipp August, Maximilian Thomas und Leopold. Das Mädchen wurde noch lebend aus dem Leichnam der Mutter geschnitten1, bevor es – eilends auf den Namen Maria getauft – gleichfalls verstarb. Die Kaiserin wurde zunächst in Linz aufgebahrt, dann auf der Donau nach Wien überführt und schließlich in der Kapuzinergruft beigesetzt, an der Seite von Kaiser Matthias, dessen Frau Anna und ihrer eigenen 1639 im Kindesalter verstorbenen Söhne Philipp August und Maximilian Thomas2. 1   Der Chirurg und Aderlasser der Kaiserin, Juan Gutierrez Coronel, bat um die silbernen Utensilien, die er beim Einbalsamieren ihres Körpers verwendet hatte, und geriet dabei in Konflikt mit der Camarera mayor der Kaiserin, die denselben Anspruch erhob; vgl. undatierte Supplik von Gutierrez Coronel an Kaiser Ferdinand III. (Wien, HHStA, HA, Nachlass Khevenhüller, K. 1-2, fol. 6r–7v) und Memoria de lo que pretenden las Criadas, y Criados de su Mag:d la Emp:iz nra S:ra que haya gloria (Wien, HHStA, OMeA SR 367, Nr. 13, unfol.). – Es ist erstaunlich, dass man gerade Juan Gutierrez Coronel mit dieser wichtigen Aufgabe betraute, denn Khevenhüller hatte ihn in einem früheren Gutachten nicht nur als hoffärtig bezeichnet, sondern auch seine Qualitäten als Arzt angezweifelt und geraten, ihn nach Spanien zurückkehren zu lassen; vgl. undatiertes Gutachten Khevenhüllers (Wien, HHStA, HA, Nachlass Khevenhüller, K. 1-4, fol. 144r–145v) über ein Gesuch des Aderlassers vom 12. Dezember 1637, nach Spanien zurückkehren zu dürfen (Wien, HHStA, OMeA SR 76, Fasz. 3, unfol.). – Abkürzungen: AF = Annales Ferdinandei; ASV = Archivio Segreto Vaticano; FA = Familienakten; Fasz. = Faszikel; FHKA = Finanz- und Hofkammerarchiv; FKA = Familienkorrespondenz A; HA = Hausarchiv; HHStA = Haus-, Hof- und Staatsarchiv; HZAB = Hofzahlamtsbuch; K. = Karton; NÖ HA W = Niederösterreichische Herrschaftsakten Wien; ÖNB = Österreichische Nationalbibliothek; OMeA = Obersthofmeisteramt; SR = Sonderreihe; ZA = Zeremonialakten. 2  Vgl. zu Tod und Begräbnisfeierlichkeiten Wien, HHStA, HA, FA, K. 66-10 und 66-11: Relation der Kayßerin Maria Hochseeligster gedächtnuß Conducierung, 13. May 1646 (fol. 472r–479v, auch fol. 505r–512v und 550r–559v), Original der Notifikation des Todes von Kaiserin Maria Anna, die Kaiser Ferdinand III. am 14. Mai 1646 aus Linz an seine Geheimräte und Fürsten sandte (fol. 480r–485v) sowie einige weitere Schreiben betreffend die Vorkehrungen für den Leichenzug und das Begräbnis in Wien.

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Dem langjährigen Obersthofmeister der Kaiserin, Franz Christoph Graf Khevenhüller, verdanken wir eine sehr persönliche Schilderung nicht nur der letzten Stunden Maria Annas, sondern auch der Überführung ihres Leichnams und der Begräbnisfeierlichkeiten in Wien3. Khevenhüller übte sich dabei nicht nur in zeremonieller Trauerrhetorik, sondern demonstrierte echt empfundene Gefühle für seine Fürstin, deren Lebensweg er über fast 20 Jahre – zunächst als kaiserlicher Botschafter in Madrid und ab 1631 als ihr Obersthofmeister – begleitet hatte4. Auch Kaiser Ferdinand III. war tief getroffen von dem Verlust seiner Frau, zog sich zunächst in Linz zurück und leistete Trauerarbeit in Stift Wilhering5. Trost fand der fromme Kaiser vor allem in seinem festen Glauben an das Weiterleben seiner Gemahlin in Gott, das er in zwei Sinnsprüchen mit dem Chronogramm ihres Todesjahres zum Ausdruck brachte: „Die Kaiserin tauscht die zerbrechlich-nichtigen irdischen Läufte gegen die dauerhaften Himmlischen“ und „Es stirbt die Kaiserin, es trauert der ganze Weltkreis, sie aber lebt glücklich in ihrem Gott“6. Ähnliche Worte voll des Gottvertrauens finden sich auch in der Predigt des spanischen Kapuzinerpaters P. Buenaventura de S. Mateo im Rahmen der Exequien, die der spanische Botschafter am Kaiserhof am 5. September 1646 in der Wiener Michaelerkirche abhalten ließ, dem Sitz der spanischen Corpus Christi-Bruderschaft, die Maria Anna 1631 gegründet hatte7. In seiner Predigt8 vergleicht P. Buenaventura die Kaiserin mit Rachel, die gleichfalls bei der Geburt eines Kindes gestorben war, und lobt ihre Tugenden, die sie als vorbildliche christliche Fürstin ausgezeichnet hätten und die er mit konkreten Beispielen aus ihrem Leben belegt. An erster Stelle nennt er die Demut sowohl ihren Untertanen als auch ihrer Dienerschaft gegenüber, dann Großmut und Tapferkeit, die sie unter anderem gezeigt habe, als sie – trotz der gefährlichen Nähe feindlicher Truppen – mit ihren Kin3   Vgl. Manuskript des Berichts von Khevenhüller über Krankheit und Ableben der Kaiserin Maria, Gemahlin Kaiser’s Ferdinand III. 1646: Wien, HHStA, HA, FA, K. 66-11 (fol. 460r–471v), das die Grundlage für den Druck bildete: RELATION / Deß Tödtlichen Hintrits vnd / Leichs Procession, sampt Ihrem Testament / vnd letzten Willen / Weylandt Ihr May: der Allerdurchlauchtigsten / Großmächtigsten Römischen / Kayserin / MARIÆ / Christseeligsten Angedenckens / der Römisch: Kayserl: May: / FERDINANDI III. / Gemahlin. / Sampt beygefügter Kayserlicher Leich Predigt / wie dieselbe den 5. Septemb. 1646. in Wienn zu St. Michaelis in Spannischer Sprach gehalten / vnnd in die hochteutsche Sprach versetzt worden / Gedruckt im Jahr / 1646. (Wien, ÖNB, * 35.E.6). Vgl. auch den Brief Khevenhüllers an Francesco Antonio del Carretto Marchese di Grana vom 13. Mai 1646; Wien, HHStA, HA, FA, K. 66-10, fol. 370r–371v. 4  1633 ersuchte Khevenhüller, aus seinem Amt als Obersthofmeister entlassen zu werden, weil er es sich finanziell nicht leisten könne (Wien, HHStA, OMeA SR 76, Fasz. 6: vorgelegt am 11. September 1633), was Kaiser Ferdinand III. aber nicht zuließ. 5   Vgl. Mark Hengerer, Kaiser Ferdinand III. (1608–1657). Eine Biographie (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 107, Wien–Köln–Weimar 2012) 247. 6  Original in Wien, HHStA, HA, FA, K. 89, Kalender 1646, fol. 79v–81r; deutsche Übersetzung zit. nach Hengerer, Ferdinand III. (wie Anm. 5) 248. 7   Vgl. Luis Tercero Casado, Religion und Macht in St. Michael: die spanische Corpus Christi-Bruderschaft (17.–18. Jh.). Michaeler Blätter 30 (2014) 8f. 8  SERMON / Que se predico en las Imperiales / honrras que la Confadria [sic!] de los Españoles hizo en la Iglesia de S. Miguel dela Ciudad de Viena, a la Augustissima Emperatriz, nuestra Señora / DOÑA MARIA / DE AVSTRIA INFANTA DE ESPAÑA, PRESIDIENDO EN ELlas el Ex.mo Duque de Terranova Embaxador de España en 5. de Setiembre Año 1646. / por el Padre F. Buenaventura de S. Matheo de la orden de Capuchinos Predicador de su Magestad Cessarea [sic!]. / DIRIGIDO ALA SERENISSIMA Señora Doña MARIANA PRINCESA de España, y Archiduq.a de Austria. / Viennæ, Typis GREGORII GELBHAAR, Typographi Cæsarei. (Wien, ÖNB, 20.V.60).



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dern auf der Donau von Linz nach Wien gereist sei. Maria Anna habe auch Gerechtigkeit bewiesen, als sie während ihres kurzen Aufenthalts in der Steiermark im Jahre 16459 alte Rechtsstreitigkeiten beigelegt habe. Sie habe christliche Caritas gegenüber Armen und Kranken geübt und für die Mitglieder ihres Hofstaats gesorgt wie eine Mutter. Am wichtigsten erschien dem Padre naturgemäß die große Frömmigkeit der Kaiserin, ihre ‚Pietas Austriaca‘: Maria Anna habe nicht nur zwei- bis dreimal täglich die Messe besucht, zweimal pro Woche die Kommunion empfangen und einmal monatlich ein Hochamt abhalten lassen, sondern auch große Ehrfurcht vor Priestern gezeigt. Sie habe sich sogar angesichts von schweren Schicksalsschlägen stets in den Willen Gottes gefügt – beim Tod ihrer Brüder Carlos und Fernando ebenso wie bei dem ihrer beiden Söhne Philipp August und Maximilian Thomas, aber auch angesichts der Kriegswirren und Seuchen, die sie mehrfach zwangen, ihre Residenz in Wien zu verlassen. In diesem Tugendspiegel, den der Kapuzinerpater der damals zwölfjährigen Tochter der Kaiserin, der gleichnamigen Erzherzogin Maria Anna, widmete, werden die verschiedenen Geschlechterrollen und Funktionen einer Kaiserin explizit angesprochen: ihre Rolle als leibliche Mutter ihrer Kinder ebenso wie die als Schutzherrin ihrer Dienerschaft, ihrer „familia“, wie der spanische Ausdruck für Hofstaat sinnigerweise lautet, darüber hinaus aber auch als Landesmutter und Regentin. Ihre Rolle als Ehefrau des Kaisers, die sie ebenso vorbildlich ausfüllte, bleibt hier ausgespart, wohl vor allem deshalb, weil der spanische Prediger dies als selbstverständlich ansah, vielleicht aber auch, weil er die starke Persönlichkeit Maria Annas bewusst betonen wollte. Tatsächlich scheint es bei näherer Betrachtung der Quellen, als ob gerade diese Kaiserin, die mit Ferdinand III. ein nahezu ideales Ehe-, Amts- und Arbeitspaar bildete, eine durchaus eigenständige Rolle am Wiener Hof gespielt habe, die in der Forschung bisher kaum beleuchtet wurde. In der Studie über die Beziehungen der Höfe von Wien und Madrid während des Dreißigjährigen Krieges von Grete Mecenseffy10 und in den beiden sehr unterschiedlichen Ferdinand III.-Biographien von Mark Hengerer11 und Lothar Höbelt12 finden sich zwar einige Hinweise auf Maria Annas Position am Kaiserhof, doch könnten diese auf der Basis der zahlreich erhaltenen Archivquellen zu einer ausführlichen biographischen Darstellung ihrer Person und der zahlreichen Rollenbilder und Funktionen dieser Kaiserin verdichtet werden. Die vorliegende Studie ist ein erster Versuch in dieser Richtung.

Die Eheschließung der Infantin María Ana mit König Ferdinand von Ungarn und Böhmen Vergleichsweise gut aufgearbeitet ist die Vorgeschichte der Ehe zwischen der 1606 geborenen spanischen Infantin und ihrem zwei Jahre jüngeren Cousin Ferdinand. Nicht 9  Kaiserin Maria Anna wurde mit ihren Kindern und der Kaiserinwitwe Eleonora nach Graz gebracht, weil man einen Angriff der Schweden auf Wien befürchtete; vgl. Hengerer, Ferdinand III. (wie Anm. 5) 231. Vgl. auch Briefe der Kaiserin Maria Anna an Erzherzog Leopold Wilhelm aus Graz vom 10. Mai bis 22. Juni 1645; Wien, HHStA, HA, FKA, K. 31-4. 10  Grete Mecenseffy, Habsburger im 17. Jahrhundert. Die Beziehungen der Höfe von Wien und Madrid während des Dreißigjährigen Krieges. AÖG 121 (1955) 1–91. 11  Wie Anm. 5. 12  Lothar Höbelt, Ferdinand III. (1608–1657). Friedenskaiser wider Willen (Graz 2008).

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weniger als drei Wiener Dissertationen – von Helga Widorn13, Alf Gerd Fantur14 und Claudia Ham15 – widmen sich in aller Ausführlichkeit den langwierigen diplomatischen Verhandlungen zwischen den Höfen in Wien und Madrid sowie den Ereignissen im Vorfeld dieser Verbindung bis hin zu ihrer tatsächlichen Realisierung. Alle drei Arbeiten basieren primär auf den Annales Ferdinandei16, dem imposanten Geschichtswerk des bereits erwähnten Franz Christoph Graf Khevenhüller, der als kaiserlicher Botschafter (1617–1629) die heiklen Verhandlungen am spanischen Hof führte und sie mit Hartnäckigkeit und diplomatischem Geschick zu einem für das Haus Habsburg glücklichen Ende brachte17. Dabei sah es lange Zeit so aus, als ob die Tochter König Philipps III. aus seiner Ehe mit Erzherzogin Margarethe18 nicht an den Kaiserhof, sondern als Gemahlin des englischen Thronfolgers Charles (I.) nach London ziehen würde. Der Prince of Wales erschien 1623 sogar höchstpersönlich in Madrid, um dem Interesse der englischen Krone an seiner Verehelichung mit der spanischen Infantin Nachdruck zu verleihen19. Nachdem sich das englische Heiratsprojekt zerschlagen hatte, wurden die Verhandlungen mit Wien wieder aufgenommen, und 1628 konnte Khevenhüller dem Bruder der Braut, König Philipp IV. von Spanien, die österreichischen Pläne bezüglich der Heiratsverträge, der Bestellung des Hofstaates und der Brautreise vorlegen. Die Zusammenstellung des Hofstaates bereitete größte Schwierigkeiten, und es entstand ein heftiges Tauziehen zwischen Wien und Madrid um die Anzahl der mitreisenden Hofdamen und um die Besetzung des wichtigsten Amtes der Camarera mayor, der Obersthofmeisterin20. Ein noch gravierenderes Problem stellte die Wahl des Beichtvaters für die künftige Königin von Ungarn und Böhmen dar21. Während Maria selbst wiederholt den Wunsch äußerte, ihren Beichtvater, den Kapuzinerpater Fray Diego de Quiroga, nach Wien mitnehmen zu dürfen, bestand Kaiser Ferdinand II. auf einem Jesuiten und schlug Ambrosio Peñalosa vor, der nicht nur an der Wiener Universität gelehrt, sondern auch den Bräutigam Ferdinand im Spanischen unterrichtet hatte. Da sich die Mitglieder des spanischen Staatsrates für den 13   Helga Widorn, Die spanischen Gemahlinnen der Kaiser Maximilian II., Ferdinand III. und Leopold I. (ungedr. Diss. Wien 1959) 52–127. 14   Alf Gerd Fantur, Die Diplomatie des Franz Christoph Khevenhüller als kaiserlicher Gesandter in Madrid (1617–1629) bei der Verheiratung der Infantin Maria von Spanien. Politische Bedeutung und Folgen in europäischer Sicht (ungedr. Diss. Wien 1974). 15  Claudia Ham, Die Verkauften Bräute. Studien zu den Hochzeiten zwischen österreichischen und spanischen Habsburgern im 17. Jahrhundert (ungedr. Diss. Wien 1995) 1–159. 16   Franz Christoph Khevenhüller, Annales Ferdinandei Oder Wahrhaffte Beschreibung Kaysers Ferdinandi Des Andern […] Thaten, 12 Bde. (Leipzig 1721–1726). 17   Fantur, Diplomatie des Franz Christoph Khevenhüller (wie Anm. 14). 18   Sie war eine Tochter von Erzherzog Karl II. von Innerösterreich und der Prinzessin Maria von Bayern. 19  Vgl. u. a. Henar Pizarro Llorente, El proyecto matrimonial entre el príncipe de Gales y la infanta María (1623): una polémica política y teológica, in: Fray Francisco de Jesús Jódar, O. Carm., Papeles sobre el Tratado de matrimonio entre el príncipe de Gales y la infanta María de Austria (1623) (Madrid 2009) 9–78; vgl. zu den Festen im Zusammenhang mit dem spanisch-englischen Heiratsprojekt Anna Pavesi, Feste teatrali e politica. Un matrimonio spagnolo per il futuro Re d’Inghilterra, in: La scena e la storia. Studi sul teatro spagnolo, hg. von Maria Teresa Cattaneo (Quaderni di Acme 28, Bologna 1997) 9–57. 20  Vgl. José Rufino Novo Zaballos, Relaciones entre las cortes de Madrid y Viena durante el siglo XVII a través de los servidores de las reinas, in: La Dinastía de los Austria. Las relaciones entre la Monarquía Católica y el Imperio 2, hg. von José Martínez Millán–Rubén González Cuerva (Madrid 2011) 701–757; Félix Labrador Arroyo, La organización de la casa y séquito de la reina de Hungría en su Jornada al Imperio en 1629–1630, in: ebd. 801–836. 21  Vgl. Henar Pizarro Llorente, La elección de confesor de la infanta María de Austria en 1628, in: La Dinastía de los Austria (wie Anm. 20) 759–799.



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Kandidaten der Infantin aussprachen, ernannte König Philipp IV. schließlich Quiroga zum Beichtvater seiner Schwester. Diese Entscheidung hatte langfristige Konsequenzen, denn mit dem Kapuzinerpater gelangte ein erfahrener Spitzendiplomat der spanischen Krone an den Kaiserhof, der durch sein besonderes Naheverhältnis zur Herrscherin, aber auch zu anderen hohen Amtsträgern großen Einfluss in politischen Fragen haben sollte. Die spanisch-österreichische Ehe wurde am 25. April 1629 ohne jeden zeremoniellen Pomp per procurationem in Madrid geschlossen. Die Abreise der Braut verzögerte sich jedoch immer wieder, und erst Anfang Jänner 1630, also mitten im Winter, trat die Infantin ihre lange und mühsame Reise an den Wiener Hof an – zu einem Bräutigam, mit dem sie zwar nahe verwandt war, den sie aber nur vom Porträt kannte. Das erste persönliche Zusammentreffen der Brautleute erfolgte ein Jahr später, am 22. Februar 1631, und Maria konnte, wie Khevenhüller berichtete, erleichtert aufatmen, als sie Ferdinand begegnete, denn sie hatte aufgrund von bösen Gerüchten angenommen, ihrem Gemahl mangele es an Vernunft22. An den folgenden Tagen traf sie ihre nur acht Jahre ältere Schwiegermutter, Kaiserin Eleonora Gonzaga, und die etwas jüngeren Schwestern Ferdinands, die Erzherzoginnen Cäcilia Renata und Maria Anna, und lernte schließlich auch ihren Schwiegervater und Onkel, Kaiser Ferdinand II., kennen. Vom Jagdschloss Ebersdorf aus reiste man gemeinsam nach Wien, wo Maria am 26. Februar 1631 feierlich einzog. Die Hochzeitsfestlichkeiten zeichneten sich durch großen finanziellen Aufwand und Prunk aus, der dem bedeutenden Anlass entsprach23, galt es doch, eine neuerliche Verbindung zwischen den beiden Linien der damals noch mächtigsten Dynastie Europas zu feiern.

Maria Anna als Kunstmäzenin Danach setzte der höfische Alltag ein, und Maria Anna musste sich nicht nur ihren Platz im Herzen ihres Ehemannes erobern, sondern sich gleichzeitig auch am Wiener Hof neben der Kaiserin positionieren, was sich als wesentlich schwieriger erweisen sollte. Anfangs bediente sich die spanische Prinzessin dabei – ganz wie ihre Schwiegermutter – unter anderem auch des Mittels von repräsentativen Theater- und Festveranstaltungen24. Noch im Jahr ihrer Eheschließung 1631 begann sie mit ihren Hofdamen das mythologische Drama El vellocino de oro von Lope de Vega25 einzustudieren, das allerdings erst zwei 22   Khevenhüller, Annales Ferdinandei (wie Anm. 16) 11 (Leipzig 1726) Sp. 1504f.: „[…] die Königin hat diesen Tag absonderliches Contento erzeigt, dann böse intentionirte Leute von des Königs Vernunfft und Person solche üble und ungleiche Relationen gethan, daß Ihro Maj. allezeit in Sorgen gestanden, es wäre etwas daran, am heutigen Tag aber seyn alle diese bösen Gemüther zu schande gemacht, und die Königin, daß Sie einen vernünfftigen tapfferen Gemahl bekommen, versichert worden.“ 23  Herbert Seifert, Der Sig-prangende Hochzeit-Gott. Hochzeitsfeste am Wiener Kaiserhof 1622–1699 (dramma per musica 2, Wien 1988) 13–18. 24  Vgl. zur Rolle der Frauen im höfisch-kulturellen Leben der Frühen Neuzeit u. a. Beatrix Bastl, Das österreichische Frauenzimmer. Zur Rolle der Frau im höfischen Fest- und Hofleben, 15. bis 17. Jahrhundert, in: Slavnosti a zábavy na dvorech a v rezidenčních městech raného novověku [Feste und Vergnügungen an den Höfen und in den Residenzstädten der Frühen Neuzeit], hg. von Václav Bůžek (Opera historica 8, České Budějovice 2000) 79–105; Der Hof. Ort kulturellen Handelns von Frauen in der Frühen Neuzeit, hg. von Susanne Rode-Breymann–Antje Tumat (Musik–Kultur–Gender 12, Köln–Weimar–Wien 2013). 25   [Félix Lope de Vega Carpio] Comedia / del / Vellocino de / oro. / Viennæ Avstriæ. / Excudebat Gregorius Gelbhaar. / M.DC.XXXIII; Lope de Vega, El vellocino de oro, hg. von Maria Grazia Profeti (Teatro del Siglo de Oro. Ediciones críticas 158, Kassel 2007) 30–34.

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Jahre später zur Aufführung gelangte26; und im Februar 1635 feierte sie die siegreiche Rückkehr ihres Gemahls aus der Schlacht von Nördlingen mit einem weiteren allegorischen Festspiel in spanischer Sprache27. Diese eher bescheidenen theatralischen Aktivitäten hatten für den Kulturtransfer zwischen dem spanischen und dem Wiener Hof jedoch nur periphere Bedeutung, denn in den folgenden Jahren und vor allem während ihrer Zeit als Kaiserin (1637–1646) sind keine weiteren von Maria Anna veranstalteten ­Theateraufführungen am Wiener Hof nachweisbar. Dies war nicht nur auf die zahlreichen, zum Teil monatelangen Absenzen des Kaiserpaares – gemeinsam oder getrennt – von der Residenzstadt Wien zurückzuführen, sei es aufgrund der Teilnahme an Feldzügen, Reichs- und Landtagen in Regensburg (1636/37, 1640/41), Prag (1636/37, 1638) oder Pressburg (1635, 1637/38), sei es, weil man vor militärischer Bedrohung oder wegen grassierender Seuchen die Stadt verlassen musste28. Auch Todesfälle in der kaiserlichen Familie und ­finanzielle Engpässe durch kostspielige Feldzüge verboten immer wieder die Veranstaltung größerer Festlichkeiten. Dazu kamen zwei weitere Gründe, die es Maria Anna erschwerten, sich am Wiener Hof als Organisatorin von spanischen Theateraufführungen und Festen zu etablieren, wie sie ihr aus Madrid wohl vertraut waren29. Zum einen lag es an den mangelnden Spanischkenntnissen des Wiener Hochadels; Spanisch wurde zwar in Hofkreisen nach wie vor unterrichtet, war aber längst nicht mehr Hofsprache wie zu Zeiten Kaiser Ferdinands I.30. Die wichtigste Ursache ist jedoch zweifellos darin zu suchen, dass Maria Anna mit ihren Theateraufführungen unweigerlich in Konkurrenz zu Eleonora Gonzaga getreten wäre, die seit ihrer Heirat mit Kaiser Ferdinand II. im Jahre 162231 die reiche italienische Festkultur ihres Heimathofes Mantua in Wien eingeführt und etabliert hatte32. Im Gegensatz zur Infantin Maria Anna trat ihre Schwiegermutter nicht nur als Mäzenin von Musik, Theater und Tanz hervor, sondern auch als Bauherrin: 1629 gab sie anlässlich der Hochzeitsfestlichkeiten ihres Stiefsohns Ferdinand mit Maria Anna einen neuen großen Tanzsaal in der Hofburg in Auftrag33 und sorgte auch für die architektoni26   Vgl. Andrea Sommer-Mathis–Mercedes de los Reyes Peña, Una fiesta teatral en la corte de Viena (1633): El vellocino de oro de Lope de Vega, in: Otro Lope no ha de haber, hg. von Maria Grazia Profeti (Secoli d’oro 15, Firenze 2000) 201–251; Andrea Sommer-Mathis, Ein pícaro und spanisches Theater am Wiener Hof zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges, in: Wien im Dreißigjährigen Krieg. Bevölkerung–Gesellschaft–Kultur– Konfession, hg. von Andreas Weigl (Kulturstudien 32, Wien–Köln–Weimar 2001) 655–694, hier 672–679; Katrin Keller, Das Frauenzimmer. Hofdamen und Dienerinnen zwischen Transfer und kultureller Praxis, in: Der Hof (wie Anm. 24) 185–206, hier 198f., 204. 27   Emulación de los Elementos y aplauso de los Dioses con qve solemnizaron las Damas de la S. R. M. de la Reyna de Vngria, los felices svcessos de la Cesarea Mag. del Invictissimo Emperador Ferdinando Segundo, alcançados por la S. R. Mag. del Rey de Vngria, con occasion (diferida asta las carnes tolendas) de su victoriosa venida a esta corte. En Viena de Austria. Por Miguel Riccio, al Lubeck [recte: Lugeck], Año M.DC.XXXV; vgl. Sommer-Mathis, Ein pícaro (wie Anm. 26) 680–683; vgl. zu den Ausgaben dieser Festveranstaltung die Rechnungen: Wien, HHStA, HA, Nachlass Khevenhüller, K. 2-5. 28  Vgl. Sommer-Mathis, Ein pícaro (wie Anm. 26) 663. 29   Vgl. María Teresa Chaves Montoya, El espectáculo teatral en la corte de Felipe IV (Madrid 2004) 19–44. 30   Daher ließ man Lope de Vegas Drama in Wien 1633 nicht nur in der Originalsprache Spanisch drucken, sondern veröffentlichte auch ein italienisches Szenario mit knappen Inhaltsangaben der einzelnen Szenen, damit auch der des Spanischen nicht mächtige Teil des Publikums der Handlung folgen konnte. 31  Vgl. zu den Hochzeitsfestlichkeiten in Innsbruck u. a. Khevenhüller, Annales Ferdinandei (wie Anm. 16) 9 (Leipzig 1724) Sp. 1597–1622; Seifert, Der Sig-prangende Hochzeit-Gott (wie Anm. 23) 9–12. 32  Vgl. den Beitrag von Matthias Schnettger im vorliegenden Band. 33  Vgl. Herbert Karner, Vom Tanzsaal zum Saaltheater, in: Die Wiener Hofburg 1521–1705. Bauge-



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sche Ausgestaltung des Sommerschlosses Favorita nach Mantuaner Muster34. Maria Anna sollte hingegen auch als Kaiserin weder die Möglichkeiten dieses neuen Tanzsaales nutzen noch bedeutende eigene bauliche Initiativen setzen35; im Falle der Favorita, die sie nach dem Tod Kaiser Ferdinands II. im Jahre 1637 von Eleonora Gonzaga übernahm, wusste sie vor allem die Annehmlichkeiten der Gartenanlage zu schätzen. Maria zeigte aber durchaus Interesse an den musikalischen und theatralischen Aktivitäten bei Hof und hatte mit Manuel de Frias auch einen eigenen Tanzmeister aus Spanien mitgebracht, der allerdings nach seiner Rückkehr nach Spanien im Jahre 163536 durch zwei italienische Tanzmeister, Santo Ventura und Giacinto Oliveri, ersetzt wurde, was im Kontext des Verschwindens spanischer Elemente im Musik- und Theaterleben am Kaiserhof ab 1636 symptomatisch erscheint. Ursprünglich hatte Maria Anna auch zwei Musikerinnen aus Spanien mitbringen wollen, was ihr jedoch von Kaiser Ferdinand II. untersagt wurde, mit der Begründung, in Wien gebe es genug Musiker, und die Spanierinnen verstünden ohnedies nur etwas von Gitarrenmusik37. Wie weit das Interesse und Verständnis der Fürstin für die Musikbegeisterung ihres Ehemannes, des ersten komponierenden Habsburgers auf dem Kaiserthron38, tatsächlich gingen, lässt sich nur schwer sagen; in Maria Annas Briefen an ihren Ehemann und an ihren Schwager Erzherzog Leopold Wilhelm39 finden sich zwar vereinzelt Hinweise auf Musiker und musikalische Aufführungen40, jedoch keineswegs in demselben Umfang wie etwa in der Korrespondenz zwischen Ferdinand und seinem Bruder Leopold Wilhelm41, schichte, Funktion und Etablierung als Kaiserresidenz, hg. von Herbert Karner (Veröffentlichungen zur Bauund Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg 2; Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte 13, Wien 2014) 361–376. 34   Otto G. Schindler, Von Favorita zu Favoriten. Ein Lustschloss in Mantua als Namenspatron eines Wiener Arbeiterbezirks. Sonderbeilage zur Wiener Zeitung, 24./25. Sept. 1999; Andrea Sommer-Mathis, „La Favorita festeggiante“ – The Imperial Summer Residence of the Habsburgs as Festive Venue [in Vorbereitung]. 35   In den erhaltenen Hofrechnungen finden sich lediglich Hinweise auf die Einrichtung eines Oratoriums im Appartement der Kaiserin und die Renovierung eines Turmzimmers mit einem Balkon (Wien, HHStA, OMeA SR 75, Fasz. 4, unfol.: Zahlungsanweisungen vom 27. März und 1. Juni 1632) sowie auf die Einrichtung einer Tafelstube für die Hofdamen samt einer portaria für die spanischen Türhüter in der Alten Burg (Wien, HHStA, OMeA SR 76, Fasz. 4, unfol.: nach 1637). 36   Vgl. Attest des Leibarztes Maria Annas, Jerónimo Morales de Prado, vom 20. Juni 1635, in dem er Manuel de Frias bescheinigt, dass er seinen Beruf als Tanzmeister nicht mehr ausüben könne und man ihm daher erlauben solle, in seine Heimat zurückzukehren (Wien, HHStA, OMeA SR 367, Nr. 11, unfol.). 37   Vgl. Sommer-Mathis, Ein pícaro (wie Anm. 26) 683–685. 38   Vgl. Guido Adler, Einleitung zur Ausgabe der Compositionen der Kaiser Ferdinand III., Leopold I., Joseph I. (Wien 1892); Theophil Antonicek, Die italienischen Textvertonungen Kaiser Ferdinands III., in: Beiträge zur Aufnahme der italienischen und spanischen Literatur in Deutschland im 16. und 17. Jahrhundert, hg. von Alberto Martino (Amsterdam–Atlanta 1990) 209–233; Theophil Antonicek, Musik und italienische Poesie am Hofe Kaiser Ferdinands III. Mitteilungen der Kommission für Musikforschung 42 (1990) 1–22; Elisabeth Theresia Hilscher, Mit Leier und Schwert. Die Habsburger und die Musik (Graz–Wien–Köln 2000) 111–121. 39  Wien, HHStA, HA, FKA, K. 31-4: 1629–1645 ca. 30 Briefe Maria Annas an Erzherzog Leopold Wilhelm, 1634 vier Briefe Maria Annas an den Grafen Thun, 1635–1637 ca. 100 Briefe Maria Annas an Ferdinand III. – Eine Edition der Korrespondenz Maria Annas ist in Vorbereitung. 40   Vgl. u. a. Wien, HHStA, HA, Nachlass Khevenhüller, K. 2-5: 1635 Ausgaben für ein Fest bei Hof mit Musik; K. 2-6: Musiker Georg Nub; K. 3-1: 1642 Hofrechnungen: Vizekapellmeister Pietro Verdina. 41   Wien, HHStA, HA, FKA, K. 11: 1627–1645 Briefe von Ferdinand III. an Erzherzog Leopold Wilhelm; vgl. Eva-Katharin Ledel, Private Briefe Kaiser Ferdinands III. an Erzherzog Leopold Wilhelm (ungedr. Dipl. arb. Wien 1995); Renate Schreiber, „ein galeria nach meinem humor“. Erzherzog Leopold Wilhelm (Schriften des Kunsthistorischen Museums 8, Wien 2004) 30–32, 89–157; dies., „Gnedigster Herr und vilgeliebter Herr

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deren Leidenschaft für die Künste ja hinlänglich bekannt ist. In den zahlreich erhaltenen Listen der Hofrechnungen42, die aus dem jährlichen Deputat Maria Annas in der Höhe von 50.000 fl. bezahlt wurden, scheinen einige, jedoch eher kleinere Ausgaben für Musiker auf, die bei Hochzeiten oder Begräbnissen aufspielten, daneben auch Zahlungen an den Organisten Platzer43 oder den kaiserlichen Vizekapellmeister Pietro Verdina, der 1642 als Kapellmeister Erzherzog Leopold Wilhelms mit diesem ins Feld zog und in schwedische Gefangenschaft geriet, in der er vermutlich auch verstarb44. Marias Interesse für die bildende Kunst dürfte etwas größer gewesen sein, denn in ihren Hofrechnungen finden sich regelmäßig Belege über den Erwerb von Gemälden und auch Zahlungen an Maler, unter anderem an den flämischen Porträtmaler Frans Luycx45, der seit 1638 als Kammermaler Ferdinands III. fungierte46. Auch da lässt sich über das Stilempfinden und den Geschmack der Kaiserin nichts aussagen, doch ist festzuhalten, dass sie am spanischen Hof mit den Gemälden von so verschiedenen Künstlern wie Alonso Sanchez Coello, Tizian, El Greco oder Peter Paul Rubens aufgewachsen war und damit zweifellos Gelegenheit gehabt hätte, bestimmte Vorlieben zu entwickeln.

‚Alltag‘ am Wiener Kaiserhof Maria scheint demnach ihre herrscherlichen Repräsentationspflichten als Förderin und Mäzenin der Künste nicht gerade extensiv erfüllt zu haben, was sie aber nicht hinderte, am höfischen Gesellschaftsleben aktiv teilzunehmen. So berichtet sie in ihren Briefen an ihren Ehemann aus den Jahren 1635 bis 163747 von Festen, Tanzveranstaltungen Brueder …“. Private Briefe von Erzherzog Leopold Wilhelm an und über Kaiser Ferdinand III. Frühneuzeit-Info 18 (2007) 39–61. 42   Wien, HHStA, HA, Nachlass Khevenhüller, K. 2: 2-4: Hofrechnungen 1632–1646; K. 2-5: 1635 Kostgelder des kaiserl. Hofstaats; K. 2-6: 1640 Hofrechnungen (Regensburg); K. 2-7: 1641 Hofrechnungen u. a. (Beilagen, v. a. Quittungen, aber auch span. Liste der Kostgelder vom Januar/Februar 1639); K. 2-8: 1641/42 Hofrechnungen u. a.; K. 2-9: 1640–1647 Hofrechnungen (Beilagen); K. 3: 1642 Hofrechnungen und Quittungen; Wien, HHStA, OMeA SR 75, Fasz. 3: 1636 Hofrechnungen und Akten betr. Hofstaat von Maria Anna (Regensburg), Fasz. 4: 1631/32 Hofrechnungen (u. a. Ausgaben für Hoffestlichkeiten), Fasz. 5: 1631/32 Hofrechnungen; Wien, HHStA, OMeA SR 76, Fasz. 5: 1631–1642 Soldrechnungen des kaiserl. Hofes, Neujahrsgeschenke, Fasz. 8: 1636–1644 Rechnungen für den Hof Maria Annas (zahlreiche Quittungen aus den 40er Jahren, v. a. für Silberwaren und Schmuck), Fasz. 13: Listen, Ausgaben, Quittungen, etc. betr. Hofküchen-, Hofkeller- und Lichtkammerausgaben in Wien und auf Reisen, Fasz. 14: 1638–1642 Rechnungen von Kaufleuten und Handwerkern für den Kaiserhof; vgl. auch 1634/35 Ausgaben des spanischen Botschafters (Wien, HHStA, Spanien Varia 7, fol. 40r–49v), 1636 Ausgaben aus dem Deputat Maria Annas (Wien, HHStA, Spanien Varia 11, Fasz. b, fol. 166r–168v). 43   Vgl. u. a. Wien, HHStA, HA, Nachlass Khevenhüller, K. 2-4: 1637 Hofrechnungen. 44   Vgl. u. a. Wien, HHStA, HA, Nachlass Khevenhüller, K. 3-1: 1642 Hofrechnungen: al Berdina q. fue con su Alt:za a Campana por Maestro de Capilla, una Cadena de 75 fl. (5. Juli 1642); Herbert Seifert, Barock (circa 1619–1740), in: Wien Musikgeschichte. Von der Prähistorie bis zur Gegenwart, hg. von Elisabeth Theresa Fritz-Hilscher–Helmut Kretschmer (Geschichte der Stadt Wien 7, Wien–Berlin 2011) 158. 45   Vgl. Wien, HHStA, HA, Nachlass Khevenhüller, K. 2-8: u. a. Quittung des Malers Frans Luycx für certi Ritratti fatti per la medesima Mag.ta. 46   Vgl. zum Verhältnis von Ferdinand III. zur bildenden Kunst: Walter Franz Kalina, Ferdinand III. (1637–57) und die bildende Kunst (ungedr. Diss. Wien 2003); zu Luycx Friedrich Polleross, Frans Luycx von Leuxenstein (1604–1668) und Prag, in: Karel Škréta (1610–1674): dílo a doba. Studie, dokumenty, prameny [Karel Škréta (1610–1674): Werk und Zeit. Studien, Dokumente, Quellen], hg. von Lenka Stolárová– Kateřina Holečková (Prag 2013) 243–256. 47   Vgl. Anm. 39.



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und Hochzeiten am Kaiserhof48. Besondere Aufmerksamkeit verdient ihre Schilderung der Vermählung ihrer Schwägerin Maria Anna mit dem Kurfürsten Maximilian I. von Bayern inklusive aller Vorbereitungen für die Hochzeitsnacht49. Maria Anna erwähnt auch den Kuraufenthalt der Kaiserin Eleonora in Baden bei Wien, Ausflüge in den Prater oder zur Jagd, ihr Kartenspiel mit dem Kaiser und natürlich auch den regelmäßigen Besuch von Kirchen und Klöstern. Wie erwähnt, war ihr die Gartenanlage des Sommerschlosses Favorita samt den dazugehörigen Weingärten ein großes Anliegen, für das sie größere Summen an den Verwalter und den Gärtner ausgab; sie ließ eigens Gefäße für die Pflanzen anfertigen und Bäume ankaufen, wobei sie sich – wohl aus Sehnsucht nach ihrer Heimat und ohne Rücksicht auf die anders gearteten klimatischen Verhältnisse – für Orangenbäume und Jasminsträucher entschied50. Eine ihrer Hofdamen war für die Herstellung von Marmeladen zuständig, die sie ihrem Ehemann sogar ins Feld nachschickte, weil sie meinte, er müsse sie unbedingt verkosten51. Ihre Vorliebe für Früchte aller Art war offenbar auch der Tiroler Regentin Claudia de’ Medici bekannt, denn sie sandte mehrfach Obst aus Innsbruck nach Wien52. In manchen Bereichen zeigte sich Maria Anna außerordentlich großzügig, ja verschwenderisch. Offenbar im Vertrauen auf die reiche Mitgift von 500.000 Escudos, mit der sie ihr Bruder ausgestattet hatte53, und auf die jährliche Unterstützung von kaiserlicher Seite in der Höhe von 50.000 Gulden entfaltete sie eine äußerst großzügige Hofhaltung und ließ bei Hofjuwelieren und Silberschmieden teure Schmuckstücke, wertvolles Geschirr und verschiedenste Kunstkammergegenstände anfertigen, die sie an Familienangehörige in Wien und Madrid, aber auch an Fürsten und Fürstinnen des In- und Auslandes verschenkte; auch die Frau des spanischen Botschafters und ihre Hofdamen wurden immer wieder mit kostbaren Präsenten bedacht. Dazu kamen größere Spenden an Kirchen, Klöster und Bruderschaften, vor allem an die spanische Corpus Christi-Bruderschaft an der Wiener Michaelerkirche54. Über all diese Zahlungen sind wir ungewöhnlich gut unterrichtet, denn im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv haben sich – verteilt auf verschiedene Bestände55 – die vom spanischen Schatzmeister der Kaiserin, Francisco Angulo y Velasco, akribisch geführten Quartalsabrechnungen samt zahlreichen dazu gehörigen Quittungen erhalten – und das nahezu lückenlos für die gesamte Zeit von Maria Annas Ankunft in Wien 1631 bis zu 48   Z. B. Bericht von der Hochzeit der Tochter von Leonhard Helfried Graf von Meggau in den Briefen Maria Annas an Ferdinand III. vom 2. und 6. Juni 1635; Wien, HHStA, HA, FKA, K. 31-4, fol. 70r–71v und 98v. 49  Vgl. Brief Maria Annas an Ferdinand III. vom Juli 1635; ebd. fol. 119r–121v. 50  Vgl. u. a. Wien, HHStA, HA, Nachlass Khevenhüller, K. 2-9 und 3-1: Kauf von Orangenbäumen und Jasminsträuchern; OMeA SR 76, Fasz. 6 und 14: 1638–1642 Ausgaben für die Favorita, u. a. auch Reparatur des Röhrensystems des Teichs. 51  Brief Maria Annas an Ferdinand III. vom 2. Juli 1635: Wien, HHStA, HA, FKA, K. 31-4, fol. 74r–75v; vgl. auch Ausgaben für Marmeladengläser u. ä. in den Hofrechnungen, u. a. Wien, HHStA, HA, Nachlass Khevenhüller, K. 3-1: 1642/43 Hofrechnungen (25. Juni und 25. Oktober 1642; 20. Mai und 13. Juni 1643). 52   Vgl. u. a. Wien, HHStA, HA, Nachlass Khevenhüller, K. 3-1: 1642/43 Hofrechnungen (12. Mai, 25. August, 11. Oktober und 12. Dezember 1642). 53  Dekret (Abschrift) König Philipps IV. von Spanien vom 17. Juli 1631 betreffend die Mitgift seiner Schwester Maria Anna; Wien, HHStA, OMeA SR 75, Fasz. 1, unfol. 54  Wie Anm. 7. 55  Wie Anm. 42.

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ihrem Tod im Jahre 1646. Zumindest bei oberflächlicher Betrachtung ist kein wesentlicher Unterschied in der Höhe und Verteilung der Ausgaben während ihrer Zeit als nichtregierender Königin von Ungarn und als Kaiserin ab 1637 festzustellen. In einem besonders ergiebigen Archivbestand aus dem Nachlass des Obersthofmeisters Khevenhüller findet sich ein umfangreiches Konvolut mit Belegen zur Abrechnung der Reise Maria Annas nach Passau anlässlich ihres Treffen mit ihrem Bruder, dem Kardinalinfanten Ferdinand, im Jahre 163456. Otto Friedrich Winter stützte sich in seinem Aufsatz über diese Hofreise57 auf Dokumente in den Älteren Zeremonialakten58, die durch den neu entdeckten Quellenbestand perfekt ergänzt werden können. Dieser umfasst nicht nur eine Unmenge an Einzelrechnungen und Quittungen, sondern auch vier penibel geführte Rechnungsbücher mit den täglichen Ausgaben für Fleisch, Fisch und andere Viktualien ebenso wie für die Beleuchtung. Auf der Grundlage dieser Quellen lassen sich nicht nur die komplizierte Organisation und der Ablauf dieser Hofreise Tag für Tag rekonstruieren, sondern man bekommt auch Einblick in die Versorgungslage und Ernährungsgewohnheiten des Wiener Hofes in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Man erfährt, wie viele Kapaune, Rebhühner und Aale dem Beichtvater pro Tag zustanden und was die Hofdamen am selben Tag auf ihrer Tafel vorfanden, welche Art von Gemüse und Salaten man aß, welche Gewürze man verwendete und welches Tafelgeschirr man auf einer solchen Reise mitführte – das alles vor dem Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges!

Der Hofstaat der Königin bzw. Kaiserin Maria Anna Auf Grund der reichen Quellenlage sind wir auch genau über die kaum wechselnde Zusammensetzung des Hofstaates der Königin bzw. Kaiserin Maria Anna in den Jahren 1631 bis 1646 bestens informiert, ebenso über die Höhe und Art der Bezahlung der einzelnen Hofbediensteten und über die wenigen Veränderungen in der Besetzung der Ämter durch Hochzeit, Todesfall oder Rückkehr in die Heimat59. An der Spitze des Hofstaates stand im gesamten Zeitraum Franz Christoph Graf Khevenhüller, der als Obersthofmeister 15 Jahre lang dafür zu sorgen hatte, dass sich alle Amtsträger, Amtsträgerinnen und Bediensteten möglichst genau an die Normen hielten, die in der kaiserlichen Instruktion vom 11. April 1631 festgelegt worden waren60. Das war nicht einfach, denn der Hof56   Wien, HHStA, HA, Nachlass Khevenhüller, K. 3: 14. Juli–20. August 1634 Ausgaben für die Reise Maria Annas nach Passau zum Treffen mit dem Kardinalinfanten Ferdinand (Rechnungen und Quittungen der Hofeinkäufer, des Hoff Fleisch Zörgaden, des Hoff Speiß Zörgaden und Liecht Cammer Außgaben); vgl. ähnliche Ausgaben für Küche, Keller und Lichtkammer in Wien und auf Reisen: Wien, HHStA, OMeA SR 76, Fasz. 13. 57  Otto Friedrich Winter, Die Donaureise Königin Marias im Sommer 1634. MÖStA 25 (1972) 359–373. 58   Wien, HHStA, OMeA, Ält. ZA 2: Konvolut „Reise der Königin Maria, Gemahlin König Ferdinand III., nach Passau zur Zusammenkunft mit ihrem Bruder, dem Kardinalinfanten“, fol. 1–91. 59   Wien, HHStA, OMeA SR 75, Fasz. 1: 1631 Akten betreffend den Hofstaat der Königin Maria Anna, Fasz. 3: 1636 Hofrechnungen und Akten betreffend den Hofstaat von Maria Anna in Regensburg; Wien, HHStA, OMeA SR 76, Fasz. 6: 1631–1648 Akten betreffend den Hofstaat Maria Annas, Fasz. 7: 1636 Hofstaat Maria Annas bei ihrer Reise nach Regensburg zur Krönung als Römische Königin; Fasz. 10: 1640 Verzeichnisse und Akten des Hofstaats Maria Annas, Fasz. 11: ca. 1640 Verzeichnisse der Hofwägen und Sattelkammer für den Hofstaat Maria Annas; vgl. auch Wien, FHKA, NÖ HA W 61/A/36/C, fol. 1053r–1062v: 1633 (März– April) Kostgelder für den Hofstaat Maria Annas; fol. 1049r–1051v: 1633 (Juli–August) Kostgelder für Hofstaat Maria Annas; Wien, HHStA, Spanien Varia 11, Fasz. b, fol. 189r–191v: 1638 Besoldungsliste des Hofstaats der Kaiserin; Wien, HHStA, OMeA SR 184, unfol.: 1639 Besoldungsliste des Hofstaats der Kaiserin. 60   Wien, HHStA, OMeA SR 76, Fasz. 3: Instruktion Kaiser Ferdinands II. für Franz Christoph Kheven-



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staat Maria Annas umfasste mehr als 100 Personen, und davon waren etwa 60 Spanier, was auf Grund kultureller Differenzen immer wieder zu Konflikten führte. Auch Khevenhüller selbst hatte Grund zur Klage und beschwerte sich beim Kaiser über die spanischen Mitglieder des Hofstaats der Kaiserin: über den Schatzmeister, der nicht ordentlich Rechnung lege, über die für Schmuck und Garderobe Verantwortlichen, die keine Inventare führten, über die willkürliche Erhöhung des Kostgeldes in infinitum, über Missbräuche in der kaiserlichen Mundküche, über die schlechte Verwaltung der Favorita, vor allem aber über das insolente Benehmen der Spanier in ihren Hofquartieren, das offenbar so schlimm war, dass die Wiener Bevölkerung lieber schier ein Türckhen alß ein Spanier in Iren Heüsern gehabt hätte61. Maria Anna erwies sich über ihren Tod hinaus als treu sorgende Schutzherrin ihrer großen ‚familia‘ und verfügte in ihrem Testament62, dass alle Personen, die sich bei ihrem Ableben in ihrem Dienst befanden, lebenslang die jeweilige jährliche Besoldung und das tägliche Kostgeld erhalten sollten, in Analogie zu all denen, die schon früher nach Spanien zurückgekehrt waren und dort weiter bezahlt wurden. Außerdem sollten die Hofdamen zur Erinnerung an die Kaiserin ein Schmuckstück aus ihrem Besitz erhalten, im Wert gestaffelt nach dem jeweiligen Rang der Dame, gleichfalls in Analogie zu den bei Lebzeiten üblichen Hochzeitspräsenten. Die deutschen Hofdamen sollten am Kaiserhof verbleiben und in den Dienst ihrer Tochter, Erzherzogin Maria Anna, eintreten. Ein besonderes Anliegen war der Kaiserin die Fürsorge für ihren getreuen Obersthofmeister Khevenhüller, den ihr Gemahl nicht nur für seine Verdienste belohnen, sondern auch von jeder weiteren Rechnungslegung und Verantwortung entbinden sollte63; dasselbe galt auch für den Schatzmeister, trotz Khevenhüllers Kritik an dessen Geschäftsgebarung. Der heikelste Punkt des Testaments betraf die Bezahlung der Schulden, denn der Kaiser sollte ihrem Wunsch gemäß das Deputat, das ihr aus der Mitgift zustand, nach ihrem Tod für ein weiteres Jahr zur Verfügung stellen, um die Schulden zu begleichen; andernfalls müsste man ihren Schmuck verkaufen. Tatsächlich hatten sich bis zum Ableben Maria Annas Schulden in beträchtlicher Höhe angehäuft, die nun peinlich genau aufgelistet wurden und sich auf nicht weniger als 59.344 fl. 43 kr. an Rückständen bei der Bezahlung der Gehälter und Kostgelder beliefen64, sowie weitere 127.400 fl. 30 kr. für offene Rechnungen und Darlehen bei verschiedensten Personen, auch bei Khevenhüller selbst, der hüller vom 11. April 1631 (Original); vgl. Katrin Keller, Hofdamen. Amtsträgerinnen im Wiener Hofstaat des 17. Jahrhunderts (Wien–Köln–Weimar 2005) 222–231. 61   Beschwerde Khevenhüllers über den spanischen Hofstaat o. J. (nach 1641); Wien, HHStA, OMeA SR 76, Fasz. 8, unfol. 62  Wie Anm. 3. 63   Als Entschädigung für die Abfertigung des Hofstaates der verstorbenen Kaiserin schlug Kammerpräsident Schlick Khevenhüller für eine Obristenstelle an den Windischen Grenzen vor, um die er sich selbst nicht beworben hatte ([…] hab ich so wenig daran gedacht als daß Ich sol Babst zu Rohm werden), und die er auch nicht haben wollte, weilen Ich von selben Granizen nichts weiß, nit zu meinen nuz noch einiger recompens, sintemal meiner condition nach ich dort mehrers spendieren und mit excessen mir noch die wenigen Tag so Ich noch zu leben abkhurzen wurde; Brief Khevenhüllers aus Pressburg vom 11. Dezember 1646: Wien, ÖNB, Sammlung von Handschriften und alten Drucken, Autogr. 20/19-1. 64  Wien, HHStA, OMeA SR 367, Nr. 13, unfol.: Relaçion y Lista de las Raçiones y Gaxes, que gozan las Criadas y Criados que ha dexado su Mag:d Ces:a la Emperatriz nra. S:ra q. esta en gloria, ansi de la Camara del Emp:or q. Dios guarde, como de las q. su Mag:d pago de su Deputado cada Año. – Dazu gehörten auch die im Testament erwähnten Zahlungen für die Hofdamen, die geheiratet hatten und als Mitgift weiterhin Besoldung und Kostgeld erhielten, aber auch für andere, denen die Kaiserin aus ihrem Deputat Gnadengelder gewährt hatte, wie etwa ihrem Leibarzt D. Pedro de Valencia, der in Spanien 1.000 fl. Gehalt und 790 fl. 50 kr. Kostgeld erhielt.

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1640 in Regensburg ein Schmuckstück seiner Frau im Wert von 2.040 fl. versetzt hatte, um der Kaiserin Geld zu borgen; nicht genug damit, schuldete man ihm weitere 5.000 fl. für andere von ihm getätigte Ausgaben65. Kein Wunder, dass eine wahre Flut an Suppliken über den armen Obersthofmeister und den kaiserlichen Witwer Ferdinand III. hereinbrach66. Khevenhüller erstellte Listen der Forderungen und versuchte die Bittsteller, so gut es ging, zu befriedigen oder zu vertrösten. Da man am Kaiserhof weder über die erforderlichen Mittel für die Abfertigung des Hofstaates Maria Annas verfügte noch für die Rückreise der Spanier in ihre Heimat, transferierte man schließlich nicht nur die deutschen Damen in den Hofstaat von Erzherzogin Maria Anna, wie es dem Letzten Willen ihrer Mutter entsprach, sondern auch die Spanier – dies deshalb, weil beim Tod der Kaiserin 1646 ohnedies bereits eine neue Eheverbindung zwischen den beiden Linien der Casa de Austria geplant war67. Es sollte allerdings bis zum Jahr 1648 dauern, bis die Spanier im Hofstaat der Erzherzogin Maria Anna, der nunmehrigen Braut ihres Onkels Philipp IV., in ihre Heimat zurückkehren konnten68. Die Kontinuität der engen spanisch-österreichischen Beziehungen blieb trotz der veränderten wirtschaftlichen und politischen Lage gewahrt und wurde durch neuerliche Ehebande abgesichert.

Kaiserin Maria Annas politische Rolle als Landesherrin Maria Anna spielte auch als Bindeglied und Vermittlerin zwischen den beiden Linien des Hauses Habsburg eine wichtige Rolle. Ferdinand III. und seine Ratgeber, vor allem sein Obersthofmeister und Erster Minister, Maximilian Graf Trauttmansdorff, sowie der Obersthofmeister seiner Gemahlin, Franz Christoph Graf Khevenhüller, wussten das gute Verhältnis Maria Annas zu ihren Brüdern Philipp, dem König von Spanien, und Ferdinand, dem Kardinalinfanten, auch für kaiserliche Interessen einzusetzen und zu nutzen. 65  Einer Hofdame war die Kaiserin 7.101 fl. schuldig geblieben, dem Beichtvater 983 fl., dem Kammermaler Frans Luycx 676 fl. und einem Silberschmied den stolzen Betrag von 2.750 fl. für ein Schmuckstück aus Gold und Diamanten für die Gemahlin des spanischen Botschafters. Auch Kleriker und religiöse Institutionen waren von der Misere betroffen: Der Bischof von Wien wartete auf 500 fl., die spanische Bruderschaft an der Michaelerkirche auf 1.333 fl. für Almosen, 544 fl. für einen Kredit sowie 100 fl. für ein versprochenes Geschenk anlässlich der Geburt der Erzherzogin Maria Anna, die bereits im Jahre 1634 erfolgt war; vgl. Wien, HHStA, OMeA SR 367, Nr. 13, unfol.: Lista general, de lo que quedo deuiendo la Emp:iz nra S:ra que sea en gloria, asta 15 de Mayo de 1646, a las personas que se siguen, y las que lleuaran esta Señal //, son deudas causadas por el Guardajoyas, y estas primeras partidas esta Romero obligado a pagarlas por orden del Mayordomo mayor, y la Camarera mayor, en nombre de su Mag:d que sea en gloria. 66  Wien, HHStA, OMeA SR 367, Nr. 13, unfol.: Memoria, de lo que pretenden las Criadas, y Criados de su Mag:d la Emp:iz nra S:ra que haya gloria; vgl. auch Suppliken: Wien, HHStA, HA, Nachlass Khevenhüller, K. 1 und 2. 67   Vgl. Wien, HHStA, HA, FA, K. 66-11 (fol. 544r–545v): Kopie eines Schreibens von Khevenhüller an den Marchese di Grana vom 18. Mai 1646 betr. die geplante Verbindung der Erzherzogin Maria Anna mit dem spanischen Thronfolger Baltasar Carlos; Khevenhüller wünschte dem kaiserlichen Botschafter weniger mühsame Verhandlungen, als er selbst sie bei der Eheschließung ihrer Mutter erlebt hatte. Die Erzherzogin sollte den Hofstaat der Kaiserin übernehmen und am besten gleich nach Spanien geschickt werden, um von Jugend auf mit den Sitten und Gebräuchen vertraut zu werden, vor allem aber die Sprache zu erlernen. 68  Am Wiener Hof konnte man erleichtert aufatmen, denn mit den spanischen Hofdamen war es immer wieder zu Konflikten und Rangstreitigkeiten gekommen, vgl. Keller, Hofdamen (wie Anm. 60) 100–102. Die kulturellen Differenzen zwischen spanischen und deutschen Hofdamen sollten 20 Jahre später wieder virulent werden, als die Infantin Margarita Teresa als Gemahlin Kaiser Leopolds I. im Jahre 1666 nach Wien kam.



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Am Hof hatte Maria Anna mit ihrem Beichtvater Diego de Quiroga einen wichtigen Ansprechpartner nicht nur in religiösen Belangen, sondern auch in politischen Fragen69, und auch zum spanischen Botschafter bestanden enge Kontakte. Der Einfluss der spanischen Partei auf Ferdinand III. wurde von manchen so stark empfunden, dass sie ihn sogar in seinem äußeren Erscheinungsbild wahrzunehmen glaubten. So meinte der Nuntius Gaspare Mattei im Jahre 1639, Ferdinand sei ein vollkommener Spanier, denn er habe einen „braunen Teint und schwarzes Haar, sei von strengem Blick und gemessenen Worten“; im Gegensatz dazu sei sein Bruder Leopold Wilhelm „ein guter Deutscher“, denn er sei „von weißer Haut und blondem Haar“. Dass auch der spanische König Philipp IV. und seine Schwester Maria Anna blond und hellhäutig waren, spielte bei diesem Pauschalurteil keine Rolle70. Auch wenn die Landesverwaltung, Rechtsprechung und Außenpolitik offiziell in den Händen Ferdinands III. lagen, so kann man im Falle von Maria Anna von einer nicht nur indirekten Beteiligung der Fürstin an den politischen Geschäften ausgehen. Sie manifestierte sich unter anderem auch darin, dass Ferdinand sie in seiner Abwesenheit mit Regierungsgeschäften betraute. So wünschte er 1640 ausdrücklich, dass sie an seiner Stelle den Landtag eröffne, auf d[a]s Ich mein Intento desto leichter erhalte71, und übertrug ihr 1645 das Guberno, und Administration mit völligem Gewalt in Österreich unter der Enns, während er selbst sich in Böhmen aufhielt72. Der Kaiser ließ seine Frau sogar an zumindest einer der Sitzungen des Geheimen Rats teilnehmen, was zeigt, dass er großen Wert darauf legte, sie bei wichtigen Entscheidungen in seiner Nähe zu wissen; immerhin handelte es sich bei der Sitzung am 1. März 1646 um Vorgespräche im Rahmen der westfälischen Friedensverhandlungen73. Auch ihre Untertanen konnten darauf zählen, dass Maria Anna ihre wichtige Rolle als Fürbitterin für Arme und Verfolgte erfüllte; das beweist eine große Menge an Suppliken, die an sie herangetragen wurden74. Neben den üblichen Bittgesuchen um Almosen von   Vgl. zur Rolle Quirogas am Wiener Hof Hengerer, Ferdinand III. (wie Anm. 5) 91–96, 111, 130, 242.   Zit. nach Hengerer, Ferdinand III. (wie Anm. 5) 133f.; Originalzitat aus dem Bericht des außerordentlichen Nuntius Gaspare Mattei vom 24. September 1639: Città del Vaticano, BAV, Barb. Lat. 7026, fol. 86v: S.A. è diuersa di natura, e di aspetto dall’Imp.re, che ò più tosto temuto; Questo è di carnagione bruno, di pelo negro, di guardo seuero, di parole misurate, di natura serrata, per non dire simulata, stretto nello spendere, e nelle gratie; In somma tutto Spagnuolo d’inclinatione, et d’interessi. Quello è di carnagione bianca, di pelo biondo, di guardo affabile, libero nel parlare, aperto, e schietto nel tratto, liberale nello spendere, se ne hauesse, e nel fare quelle gratie, che à lui spettano; In somma è come quà sogliono lodare, buon Todesco d’inclinatione, e d’interessi. Vero è che per questo non hà potuto nulla sin’hora, e per questo ancora non stà molto bene con li principali Ministri, come con Trautmanstorff, che adheriscono al partito Spagnuolo per secondare S.M.tà, e per proprio interesse. 71  Brief Kaiser Ferdinands III. an Khevenhüller aus Regensburg vom 6. Juli 1640; Wien, HHStA, OMeA SR 76, Fasz. 3, unfol. Vgl. Mecenseffy, Habsburger im 17. Jahrhundert (wie Anm. 10) 45. 72  Brief der Niederösterreichischen Landstände an die Kaiserin vom 25. Januar 1645; Wien, HHStA, OMeA SR 76, Fasz. 6, unfol. 73   Sitzung des Geheimen Rats vom 1. März 1646; Wien, HHStA, Reichskanzlei, Friedensakten, Fasz. 26, fol. 92r–98v und 100r–107r. Vgl. Leopold Auer, Die Ziele der kaiserlichen Politik bei den Westfälischen Friedensverhandlungen und ihre Umsetzung, in: Der Westfälische Friede. Diplomatie – politische Zäsur – kulturelles Umfeld – Rezeptionsgeschichte, hg. von Heinz Duchhardt (München 1998) 143–174, hier 160 Anm. 88. – Ich möchte mich an dieser Stelle sehr herzlich bei Herrn HR Prof. Leopold Auer für den Hinweis auf diese wichtige Quelle bedanken. 74  Wien, HHStA, HA, Nachlass Khevenhüller, K. 1: 1630–1649 Suppliken an Ferdinand III. und Maria Anna (1-5 bis 1-10 ausschließlich an Maria Anna gerichtet); K. 2: 1631–1646 Suppliken an Ferdinand III., Maria Anna (2-1 und 2-2) und Khevenhüller; vgl. auch Wien, HHStA, OMeA SR 76, Fasz. 14: 1638–1642 Eingaben von Wiener Handwerkern und Kaufleuten an die Kaiserin betr. Schutz ihrer Privilegien. 69 70

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Armen, Kranken und Notleidenden, vielfach auch von Soldaten und Kriegsopfern, oder Ansuchen um finanzielle Unterstützung von Wallfahrten nach Mariazell oder Pilgerreisen nach Rom finden sich immer wieder Suppliken von Personen, die Maria Anna um Intervention beim Kaiser ersuchten: so etwa ein Oberst des Grafen Aldringen, der mehr als 23 Jahre treu dem Hause Habsburg gedient hatte, jedoch von seinem Vorgesetzten verleumdet worden war und nun Gefahr lief, sein Regiment zu verlieren; er wollte die Angelegenheit unbedingt aufklären und flehte um Gerechtigkeit 75. Noch dramatischer war der Fall eines jungen Soldaten, der wegen eines ihm angelasteten Diebstahls angezeigt und vom Kriegsrat zum Tode verurteilt worden war; der verzweifelte Vater bat die Kaiserin um Fürsprache beim Kaiser zu Erhaltung seines jungen Lebens76. Auch ein konvertierter Jude, der als Katholik keinen Handel mehr ausüben durfte, wandte sich auf Anraten des Beichtvaters Diego de Quiroga an die Kaiserin, damit sie ihm zu einer Kammerdieneroder Türhüterstelle beim Kaiser verhelfe77. Die Bittsteller ersuchten die Kaiserin auch um Intervention beim spanischen König, unter anderen ein italienischer Priester, der nach kirchlichen Benefizien strebte, oder eine Adelige, die ihre Erbschaft in Spanien antreten wollte78. Maria Anna unterstützte aber auch das Empfehlungsschreiben ihres kaiserlichen Gemahls, der Philipp IV. gebeten hatte, dem Artilleriegeneral Graf Vasompier für seine Verdienste den Orden des Goldenen Vlieses zu verleihen79. – Die überaus große Anzahl der Suppliken und das weite Spektrum der vorgebrachten Anliegen lassen Rückschlüsse auf die Erwartungshaltung der Bittsteller zu, denen der indirekte Weg über die Kaiserin offenbar in vielen Fällen erfolgversprechender erschien als der direkte.

Maria Anna als Ehefrau Es bleibt abschließend noch die Frage nach Maria Annas Rolle als Ehefrau und Mutter zu erörtern. Ihre Ehe mit Ferdinand III. dürfte tatsächlich außergewöhnlich glücklich gewesen sein; zumindest für die erste Zeit lässt sich dies durch die etwa 100 erhaltenen Briefe Maria Annas an ihren Ehemann belegen80. Sie stammen fast alle aus den Jahren 1635 und 1636, als sich Ferdinand im Feldlager bzw. zur Ratifikation des Prager Friedens in seiner böhmischen Residenz befand. Die Eheleute schrieben einander mehrmals wöchentlich, ja manchmal täglich, und Maria Anna betonte in fast jedem ihrer Briefe, mit welcher Ungeduld sie auf Post von Ferdinand warte. Dies waren zweifellos primär rhetorische Floskeln, aber nicht ausschließlich, denn es finden sich immer wieder auch sehr persönliche Formulierungen, in denen die Monarchin ihrer Sehnsucht nach dem fernen Gemahl Ausdruck verlieh. 75  Wien, HHStA, HA, Nachlass Khevenhüller, K. 1-2, fol. 50r–v: Supplik des „Theniente Coronel Juan Jacome de Baggi“ an die Kaiserin, undat. 76  Wien, HHStA, HA, Nachlass Khevenhüller, K. 1-4, fol. 78r–79v: Bittgesuch von Johann Jacob Payer, undat. 77   Vgl. Supplik des Carl Damiano, undat.; Wien, HHStA, HA, Nachlass Khevenhüller, K. 1-4, fol. 88r– 89v: Er zählte auch seine Verdienste auf: er habe nicht nur vor Lützen und Liegnitz gekämpft, sondern vor kurzem auch seinen Bruder zur christlichen Taufe überredet. 78  Vgl. Wien, HHStA, HA, Nachlass Khevenhüller, K. 1-7. 79  Vgl. Wien, HHStA, HA, FA, K. 108-2-17: Brief von Kaiserin Maria Anna an ihren Bruder Philipp IV. vom 27. Dezember 1642. 80  Wie Anm. 39.



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Aus ihren Briefen spricht die Sorge um die Gesundheit ihres Ehemanns und um das Wohlbefinden der Kinder Ferdinand und Maria Anna, aber auch der Mutterstolz über deren Fortschritte. Sie berichtet, wenn der kleine Ferdinand zahnt, wenn er schlechter Laune ist und weint, schreibt über das Interesse, das er für Pferde entwickelt, als die Großmutter Eleonora mit ihm auf dem Schoß durch den Garten reitet oder Khevenhüller den Knaben hoch zu Ross unter dem Fenster der Mutter vorbeiführt 81. Maria Anna lässt sogar die Kritzeleien Ferdinands auf ihren Briefen zu, um dem Vater zu zeigen, was er doch für eine gute Hand habe82, kritisiert aber auch, dass er zu faul zum Sprechen sei83. Man gewinnt aus all den Briefen den Eindruck, dass Maria Anna eine recht aktive Rolle im Leben ihrer Kinder spielte, auch wenn die alltägliche Erziehung der Kleinkinder in den Händen von Susanna Veronica Gräfin Trautson lag84. Neben der Darstellung häuslicher Szenen85 vergisst Maria Anna jedoch nicht, die gleichzeitigen militärischen und politischen Ereignisse zu erwähnen und zu kommentieren86, etwa wenn sie Ferdinand in seiner Absicht zur Reise nach Prag bestärkt, obwohl manche bei Hof ihn lieber schon im Feld gesehen hätten, oder ihn lobt, dass er seinen Generalleutnant Matthias Gallas veranlasst habe, ihrem Bruder Ferdinand Hilfstruppen in die Niederlande zu schicken87, und ähnliches mehr. Die Briefe Maria Annas zeigen wie kaum eine andere Quelle die verschiedenen Facetten und Rollen dieser Kaiserin in einem Nebeneinander, ja Ineinanderfließen von Privatem und Öffentlichem, wie es für diese Zeit so typisch ist88. Die Privatkorrespondenz Maria Annas, aber auch die übrigen ungewöhnlich facettenreichen Quellenbestände aus dem Nachlass ihres Obersthofmeisters konnten hier nur auszugsweise vorgestellt werden, würden aber zweifellos mehr Aufmerksamkeit verdienen, als ihnen bisher sowohl von der österreichischen als auch der spanischen Forschung geschenkt wurde. Sie könnten die Grundlage für eine Biographie dieser Kaiserin bilden, welche die rezenten biographischen Darstellungen ihres Gemahls Ferdinand III. um weitere sozial-, wirtschafts- und kulturhistorische Aspekte bereichern würde. Maria Anna dürfte ihre Rolle als Ehefrau und Mutter ebenso gut erfüllt haben wie ihre verschiedenen Funktionen als mildtätige Landesherrin, fromme Patronin von Orden und Kirchen, Schutzherrin der Mitglieder ihres Hofstaates oder als Vermittlerin der fürstlichen Gnade; zu diesem Befund war schon P. Buenaventura in seiner Predigt bei ihren Exequien in der Michaelerkirche gekommen. Schon zwei Jahre nach ihrem Tod sollte Maria Anna mit Erzherzogin Maria Leopoldine, einer Tochter Erzherzog Leopolds V. von Österreich-Tirol und Claudia de’ Medicis, eine würdige Nachfolgerin bekommen: so eine liebe Tugentreiche und vier alle ein freundtliche und gnedigiste Khayserin, wie Erzherzog Leopold Wilhelm in einem Brief an   Vgl. u. a. Brief Maria Annas vom 12. Juni 1635; Wien, HHStA, HA, FKA, K. 31-4, fol. 86r–87v.   Brief Maria Annas an Ferdinand III. vom 1. Juni 1635; ebd. fol. 78r–79v. 83   Brief Maria Annas an Ferdinand III. vom 6. Juni 1635; ebd. fol. 71r. 84   Kurzbiographie von Susanna Veronica Gräfin Trautson in: Keller, Hofdamen (wie Anm. 60) 331f. 85   Vgl. z. B. den Bericht von der Nikolo-Bescherung im Brief Maria Annas an Erzherzog Leopold Wilhelm vom 9. Dezember 1642; Wien, HHStA, HA, FKA, K. 31-4, fol. 44r–45v. 86   Vgl. auch die Briefe Maria Annas an ihren Schwager Erzherzog Leopold Wilhelm aus den Jahren 1641–1645; ebd. fol. 24r–65v. 87   Briefe Maria Annas an Ferdinand III. vom 2. und vom 8. Juni 1635; ebd. fol. 98r–99v und 110r–111v. 88   Vgl. zu Briefen von Frauen der Frühen Neuzeit als historische Quelle: Corina Bastian, Verhandeln in Briefen. Frauen in der höfischen Diplomatie des frühen 18. Jahrhunderts (Externa. Geschichte der Außenbeziehungen in neuen Perspektiven 4, Köln–Weimar–Wien 2013). 81 82

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Khevenhüller meinte und hinzufügte: bey disen schweren Zeiten ist nothwendig gewesen, daß Ir May: ein solche Gemahl bekhomen haben, nit weniger Sie ein rechten trost haben khönden89. Maria Leopoldine sollte jedoch keine Gelegenheit haben, ihre Tugenden zu entfalten, denn sie starb nur ein Jahr nach ihrer Heirat mit Ferdinand III., und dieser war aus dynastischem Kalkül genötigt, 1651 eine dritte Ehe mit Prinzessin Eleonora Magdalena Gonzaga-Nevers einzugehen, die sich in vieler Hinsicht als eine ähnlich starke Persönlichkeit wie Maria Anna erweisen sollte.

89  Brief Erzherzog Leopold Wilhelms an Khevenhüller vom 2. August 1648; Wien, HHStA, OMeA SR 76, Fasz. 4, unfol.

Eleonore Magdalena von der Pfalz – ein Leben zwischen den Häusern Neuburg und Habsburg Josef Johannes Schmid

I. Eine unwahrscheinliche Wahl Ein Kaiser trauert Für Habsburg bedeutete es eine Tragödie, für Leopold I.1 eine Katastrophe: Am 8. April des Jahres 1676 verstarb in der Wiener Hofburg seine erst zweiundzwanzigjährige Gattin, Claudia Felicitas von Tirol (1653–1676)2. Nach der ersten Ehe mit seiner Cousine und gleichzeitigen Nichte, Margarita Teresa de Austria (1651–1673)3 war Leopold nun mit 36 Jahren zum zweiten Mal Witwer geworden. Stellung und Zeitumstände geboten, unverzüglich an eine Wiederverheiratung zu denken. Da Leopold im Augenblick nur der Trauer lebte4, traten Andere an diese Aufgabe heran. Infragekommende Kandidatinnen waren nicht gerade zuhauf verfügbar, bei genauerer Untersuchung der Voraussetzungen verblieben eigentlich nur derer fünf5: die Tochter des bayerischen Kurfürsten, Maria Anna (1660–1690)6, eine dänische Prinzessin, deren 1   Zu Leopold I. monographisch und biographisch umfassend bislang nur: Jean Bérenger, Léopold Ier (1640–1705). Fondateur de la puissance autrichienne (Paris 2004); John P. Spielman, Leopold I. Zur Macht nicht geboren (Leopold I of Austria, London 1977, Nachdr. Graz–Wien–Köln 1981). – An lexikalischen Zusammenfassungen daneben: Volker Press, Art. Leopold I., Kaiser. NDB 14 (1985) 256–260; Anton Schindling, Art. Leopold I., in: Die Kaiser der Neuzeit 1519–1918. Heiliges Römisches Reich, Österreich, Deutschland, hg. von dems.–Walter Ziegler (München 1990) 169–185; Karl Schwarz, Art. Leopold I., römischer König, deutscher Kaiser. BBKL 4 (1992) Sp. 1501–1505. – Für zahlreiche zur Abfassung dieser Studie hilfreiche Hinweise gilt Dank Roland Götz und Dieter Weiß (München) sowie Michael Pölzl (Wien). – Abkürzungen: BayHStA = Bayerisches Hauptstaatsarchiv; DTÖ = Dokumente der Tonkunst in Österreich; GHA = Geheimes Hausarchiv; KA = Korrespondenzakten; KL = Klosterliteralien; LN = Nuntiaturberichte vom Kaiserhofe Leo­ polds I. II. Teil (1670–1679), ed. Arthur Levinson (Wien 1918) (Sdr. aus: AÖG 106/2 [1918] 497–728). 2  Siehe: Heinz Hye, Art. Claudia Felicitas, in: Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon, hg. von Brigitte Hamann (Wien 1988) 72. 3  Alfred A. Strnad, Art. Margarethe, Infantin von Spanien. NDB 16 (1990) 155–157. 4  Vgl. die Stimmungsberichte vom April/Mai 1676 am Kaiserhof in LN 186–190. 5  Ebd. 186; das Zustandekommen der Ehe ist beschrieben in: Hans Schmidt, Zur Vorgeschichte der Heirat Kaiser Leopolds I. mit Eleonore Magdalena Theresia von Pfalz-Neuburg, in: ders., Persönlichkeit, Politik und Konfession im Europa des Ancien Régime (Beiträge zur deutschen und europäischen Geschichte 13, Hamburg 1995) 259–302. 6   Sie sollte später (1680) den Dauphin de France, Louis (1661–1711), heiraten, vgl. Peter C. Hartmann, Zwei Wittelsbacher Prinzessinnen am Hofe Ludwigs XIV. Maria Anna Christina von Bayern und Elisabeth Charlotte von der Pfalz. ZBLG 44/1 (1981) 269–290.

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Konversion hierfür angeblich unmittelbar zu erwarten stand7, die Tochter des Herzogs von York8, die Tochter des Markgrafen zu Baden9 sowie schließlich als letzte Option die am 6. Januar 1655 geborene Tochter des Herzogs von Neuburg, Jülich und Berg, Philipp Wilhelm, Pfalzgrafen bei Rhein, Eleonore Magdalena10. Der Hof tendierte zur Münchener Wahl, doch würde die sechzehnjährige Maria Anna ihrer vordringlichen Aufgabe, Leopold bald die wichtige Nachkommenschaft zu schenken, in absehbarer Zeit nicht nachkommen können, da non ha ancora i suoi tempi11. Der Kaiser selbst blieb enigmatisch12 und schien sich allenfalls für die nordeuropäischen Optionen zu erwärmen. Einzig der Papst und dessen Gesandter favorisierten von Anfang 7  Mit ziemlicher Sicherheit Ulrike Eleonore von Dänemark (1656–1693), spätere Gemahlin Karls XI. (1655–1697), ab 1680 Königin von Schweden. 8  Dabei muss es sich um Mary Stuart (1662–1694), die zukünftige (ab 1689) Königin Mary II., Gemahlin Willems III. von Oranien, handeln. Gegen diese Verbindung sprach sowohl die anglikanische Konfession der Kandidatin (sie war nicht mit ihrem Vater konvertiert) wie auch das vergleichsweise niedrige Alter. Allerdings erscheint die Prinzessin auf einem genau 1676 entstandenen Portrait Caspar Netschers (1639–1684) wie auf jenem ein Jahr später von Sir Peter Lely (1618–1680) gemalten (National Portrait Gallery 6214, http://www. npg.org.uk/collections/search/portrait/mw08755/Queen-Mary-II, letzter Zugriff: 15. 10. 2014) durchaus nicht reizlos oder gar zu jung; schon 1677 heiratete sie den Prinzen von Oranien. Am 9. April 1676 – also nur einen Tag nach dem Tode Claudia Felicitas’ – berichtet der Nuntius, Leopold I. tendiere zu Mary (LN 186 Nr. 186); aufgrund der allgemeinen Gemütsverfassung des Witwers ist dies aber wenig glaubwürdig. Am 31. Mai wurde Mary definitiv ausgeschlossen, dies aufgrund der bassezza della madre, Anne Hydes (1637–1671), Duchess of York and of Albany, der ersten Frau von James, einer bürgerlich Geborenen (ebd. 188 Nr. 190: Bericht vom 31. Mai 1676). 9   Wohl Katharina Barbara von Baden-Durlach (1650–1733), Tochter Markgraf Friedrichs VI. von BadenDurlach. Dieser galt als besonderer Vertrauter Leopolds I., im Krieg gegen Frankreich wurde er 1676 zum kaiserlichen Feldmarschall ernannt. Friedrich war – wie seine Tochter – überzeugter Lutheraner, Leopold aber versuchte wiederholt und „unter der Hand, ihn katholisch zu machen“ (Arthur Kleinschmidt, Art. Friedrich VI., Markgraf von Baden-Durlach. ADB 7 [1878] 461f., Zit. ebd. 461). Von daher erhält das Angebot seitens des badischen Agenten, das Gesamthaus Baden-Durlach würde bei Zustandekommen der Eheschließung konvertieren, allerdings unter der Prämisse, dass man nicht das ganze (einstige) Kirchenvermögen zurückerstatten müsse (vgl. LN 188 Nr. 190: Bericht vom 31. Mai 1676), seine Bedeutung, aber auch seine Relativierung. Da die Ehe nicht zustande kam, muss es offen bleiben, wie ernst die Offerte gemeint war und/oder ob nicht tatsächlich Katharina Barbara „ihren Glauben der Hand Kaiser Leopolds I. vorzog“ (Kleinschmidt, Friedrich VI. 462). 10  Die bisherige Literatur zu Eleonore Magdalena ist quasi zu vernachlässigen, siehe allenfalls die biographischen Skizzen von Hildegard Leitgeb, Art. Kaiserin Eleonore Magdalena Theresia (1655–1720), in: Prinz Eugen und das barocke Österreich, hg. von Karl Gutkas (Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums N. F. 170, Wien 1986) 43; dies., Frauen am Kaiserhof zur Zeit des Prinzen Eugen. Einfluß und Bedeutung der Kaiserinnen Eleonora Magdalena Theresia, Amalie Wilhelmine und Elisabeth Christine, in: Prinz Eugen und das barocke Österreich, hg. von Karl Gutkas (Salzburg 1985) 65–72. Die maschinenschriftlichen Abschlussarbeiten: Margarete Bernhard, Kaiserinnenwitwen im 17. und 18. Jahrhundert. Am Beispiel von Eleonore v. Gonzaga-Nevers (Ferdinand III.), Eleonore Magdalena Theresia (Leopold I.), Amalie Wilhelmine (Josef I.), Elisabeth Christine (Karl VI.) und Maria Theresia (Franz I.) (Graz 2003); Sylvia Anzböck, Kaiserin Eleonora Magdalena Theresia, Gemahlin Kaiser Leopolds I. (Wien 1987) und Chr[istian?] Aderhold, Eleonore Magdalena Theresia, eine kur-pfälzische Prinzessin als deutsche Kaiserin (Kaiserslautern 1964) waren dem Verfasser trotz mehrfacher Bemühung nicht zugänglich; auf ältere zeitgenössische Literatur wird weiter unten verwiesen. Vgl. ferner Michael Pölzl, Kaiserin-Witwen in Konkurrenz zur regierenden Kaiserin am Wiener Hof 1637– 1750. Probleme der Forschung. Wiener Geschichtsblätter 67/2 (2012) 165–189; ders., Der Witwenstand von fünf Kaiserinnen am Wiener Hof (1637–1750), in: Frühneuzeitforschung in der Habsburgermonarchie. Adel und Wiener Hof – Konfessionalisierung – Siebenbürgen / Koraújkorkutatás a Habsburg Monarchiában, hg. von István Fazekas et al. (Publikationen der Ungarischen Geschichtsforschung in Wien 7, Wien 2013) 51–70. 11  Bericht vom 26. April 1676; LN 186 Nr. 187. 12  Schmidt, Vorgeschichte (wie Anm. 5) 293 Anm. 69.



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an die Neuburgerin – eine Wahl, welche weite Hofkreise aber zu hintertreiben suchten, unter anderem mit dem seltsam anmutenden Argument, essendo la principessa di pelo rosso, habbia qualche cattivo odore13. Pfalz-Neuburg in Europa Tatsächlich bot sich das Haus Pfalz-Neuburg nicht unbedingt als eine glänzende Partie an. Zwar hatte es sich 1614 durch Erbfolge am Niederrhein zu Jülich und Berg etablieren können, doch die ambitionierte Politik des regierenden Herzogs Philipp Wilhelm, dessen frankreichfreundliche Tendenzen bekannt waren, machte es suspekt. 1658 einer der ersten und prominenten Reichsfürsten im Rheinbund, geriet der Neuburger, respektive Düsseldorfer Hof zur Drehscheibe der pro-französischen Politik im Reich14. Potential verliehen den Ambitionen Philipp Wilhelms die ihm zwischen 1640 und 1679 insgesamt vierzehn von seiner Gattin Elisabeth Amalia Magdalena von Hessen-Darmstadt (1635– 1709) geborenen überlebenden Kinder. Während man die Mädchen möglichst vielversprechend zu verheiraten suchte15, galt es der männlichen Progenitur Stifte, Prälatenstühle und – als Alternative oder manchmal auch gleichzeitig – hohe militärische Kommandostellen zu sichern16. Beides sollte in einer Virtuosität gelingen, welche die Familienpolitik anderer Häuser in den Schatten stellte. Als schlauer Taktiker konnte und durfte der Neuburger hierfür die Kontakte nach Wien nicht gänzlich abreißen lassen17. Einen Mittelsmann hierfür fand er im Mann seiner Nichte Auguste Sophie von Pfalz-Sulzbach: Wenzel Eusebius Fürst von Lobkowicz (1609–1677)18. Seit 1657 als Hofkriegsratspräsident zweiter Mann des Wiener Kabinetts, stieg er 1669 zum Kaiserlichen Ober(st)hofmeister und damit leitenden Minister auf, zu jener Stellung also, in welcher er mit eigenen Worten den kaiserl. Hof regiere[n]19 könne. Diese Verbindung war für Philipp Wilhelm um so wichtiger, als Lobkowicz seine Frankreich-freundliche Einstellung teilte, wenn auch aus anderen Erwägungen heraus: Während der Neuburger bis 1673 von einer echten Bündnisalternative für die mittleren Reichsstände ausging, schätzte Lobkowicz die habsburgische Stellung und ihr Potential gegen das aufstrebende Frankreich des jungen Ludwig XIV. schlicht als zu gering sowie ein Engagement an der Westfront als zu prekär gegenüber den in seinen Augen dringlicheren Herausforderungen im Osten (Magnatenverschwörung in Ungarn 1666–1670) ein.   Wie Anm. 11.   Zur gesamten Politik Philipp Wilhelms in dieser Zeit s. Hans Schmidt, Das Haus Pfalz-Neuburg in der europäischen Politik des 17. Jahrhunderts. Mannheimer Hefte 2 (1992) 106–120; ders., Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg als Gestalt der deutschen und europäischen Politik des 17. Jahrhunderts (Düsseldorf 1973). 15  Vgl. Josef Johannes Schmid, Beau-père de l’Europe. Les princesses dans la politique familiale de Philippe Guillaume de Neubourg. XVIIe Siècle 243 (2009) 267–280. 16  Als Überblick für alle Prinzen siehe immer noch: Klaus Jaitner, Die Reichskirchenpolitik und Rombeziehungen Philipp Wilhelms von Pfalz-Neuburg von 1662 bis 1690. Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 178 (1976) 91–144. 17   Generell zu den Beziehungen Neuburgs nach Wien siehe Horst H. Stierhof, Neuburg und Wien. Dynastische und kulturelle Beziehungen entlang der europäischen Wasserstraße, in: Die Donau: Facetten eines europäischen Stromes, hg. vom Kulturreferat der oberösterreichischen Landesregierung (Linz 1994) 283–290. 18  Hans Schmidt, Art. Lobkowitz, Wenzel Eusebius Fürst. NDB 14 (1985) 732f. 19  Zit. ebd. 733; dort auch die Beurteilung der Lobkowicz’schen Politik. 13 14

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Inmitten dieses Bündnis- und Ideengeflechtes kam dem Jahr 1673 die Rolle einer Perspektivenweitung zu. Einerseits fuhr Philipp Wilhelm fort, die französische Position in Zentraleuropa zu stärken, indem er durch seinen Vizekanzler Theodor Heinrich von Strat(t)mann (1637–1693)20 den Vertrag von Vossem vom 6. Juni 1673 beförderte21, welcher das Ausscheiden Kurbrandenburgs aus der antifranzösischen Liga bezeichnete. Diese Stärkung der französischen Position aber wurde erschüttert vor allem durch die Siege der Niederländer gegen die verbündeten Kronen von England und Frankreich 22, welche, gleichsam unmittelbar vor Philipp Wilhelms Düsseldorfer Haustüre, in der Eroberung Bonns am 12. November 1673 gipfelten. Damit war Frankreichs Hauptverbündeter in der Region, Kurköln, ausgeschaltet23. In dieser unentschiedenen Situation war am 12. März desselben Jahres die erste Gattin Leopolds gestorben. Ob Philipp Wilhelm zu diesem Zeitpunkt tatsächlich vorübergehend dem Ideal einer großen katholischen Allianz in Europa zwischen Frankreich, Spanien und Wien anhing, wie sie der 1669 darüber gestürzte leitende kaiserliche Minister Auersberg vertreten hatte24, muss dahingestellt bleiben. Jedenfalls unternahm er nun alles, seine erstgeborene Tochter Eleonore Magdalena über Lobkowicz in Wien zu lancieren. Doch alle Umtriebe des Ministers reichten nicht hin, der Verlockung des Anfalls des reichen Landes Tirol im Falle eines Entscheids zugunsten der Habsburgerin Claudia Felicitas zu wehren. Wiewohl das Hauptargument Lobkowicz’, die Tirolerin entbehre im Vergleich mit der Neuburgerin jeder optischen Attraktivität25, nicht ganz von der Hand zu weisen war26, wurde 20   Zu ihm siehe Hans Schmidt, Theodor Altet Heinrich Reichsgraf von Stratmann (ca. 1637–1693). Eine Diplomatenkarriere des Barock, in: Ders., Persönlichkeit, Politik und Konfession (wie Anm. 5) 231–258. 21  Alexander Koller, Die Vermittlung des Friedens von Vossem (1673) durch den jülich-bergischen Vizekanzler Stratmann. Pfalz-Neuburg, Frankreich und Brandenburg zwischen dem Frieden von Aachen und der Reichskriegserklärung an Ludwig XIV. (1668–1674) (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte 22, Münster 1995). 22  In den seit 1672 tobenden Konflikten des Dritten Englisch-Niederländischen, bzw. Holländischen Kriegs, hier die beiden Seesiege der Niederländer bei Schoonevelt (7. und 15. Juni) und bei Texel (21. August), vgl. Johan C. M. Warnsinck, Admiraal de Ruyter. De Zeeslag op Schoonefeld Juni 1673 (‘s-Gravenhage 1930); Josef Johannes Schmid, Seefahrer – maritime Lebensbilder von der Antike bis heute (Darmstadt 2013) 82–84, Bibl., 162. 23  Georges-Bernard Depping, Geschichte des Krieges der Münsterer und Cölner im Bündnisse mit Frankreich, gegen Holland in den Jahren 1672, 1673 und 1674 (Münster 1840) 199–292. 24  Vgl. Gustav Adolf Metnitz, Art. Auersperg, Johann Weikhart Fürst. NDB 1 (1953) 437f., zur Tripel­ allianz ebd. 438. – Auersberg war 1669 seiner Ämter entkleidet, entlassen und sogar zum Tode verurteilt worden, da er im „Verdacht stand, mit Ludwig XIV. geheime Abmachungen getroffen und als Lohn dafür vom französischen König die Kardinalswürde zugesagt bekommen zu haben“; ebd. 438. Leopold änderte die Strafe in Exil um. 25   Vgl. Carl von Winterfeld, Allegorisch-politische Festopern am kaiserlichen Hofe zu Wien in der letzten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts. Neue Berliner Musikzeitung 6. Jg. Nr. 5 (28. Januar 1852) 33–36, hier 34: „Der Vermählung des Kaisers mit der in dem dargestellten Prachtspiele gefeierten Braut, war sein damaliger erster Minister, Fürst Lobkowitz, entgegen gewesen; er hatte in seiner sarkastischen Art, die Niemand, selbst seinen Herrn nicht verschonte, mit einer spöttischen Äusserung über die unedle Gesichtsbildung Claudiens sie widerrathen, und an deren Stelle Eleonore Magdalena, Pfalzgräfin von Neuburg, vorgeschlagen.“ 26  Anhand der überlieferten Portraits scheint dies offenbar und der Hinweis Schmidts, Claudia sei eine „berühmte Schönheit, der die Neuburgerin eben doch nicht vergleichbar war“ (Schmidt, Vorgeschichte [wie Anm. 5] 263), nicht ganz nachvollziehbar. Unzweifelhaft ist es, dass der Hof zu Whitehall im Konkurrenzgemenge Eleonore Magdalena herabzusetzen suchte, was Lobkowicz feindselig gesonnenen Minister- und Diplomatenkollegen gerade recht kam, um diesen damit beim Kaiser in schlechtes Licht zu rücken, worauf Leopold dann tatsächlich die entsprechenden Textstellen mit einem Nota bene versah; ebd. 264. Diese Herabsetzung der Neuburger durch die Stuarts war quasi ererbt; schon James’ Bruder Charles II. hatte sich 1653 noch im Exil



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dieses eventuelle Manko durch die bekannte Musikleidenschaft Claudias in den Augen Leopolds mehr als hinfällig27. Am 16. Oktober 1673 heirateten die beiden zu Graz, und Neuburg musste einen herben Rückschlag einstecken. Immerhin aber hatte es die Tochter eines zweitrangigen, als Exponent einer pro-französischen Politik geltenden Fürsten bis in die letzte Runde der Endauswahl geschafft – ein Erfolg, welcher das letztliche Scheitern milderte. Beim Tode Claudias ihrerseits nun, wiederum drei Jahre später, stellte sich die Lage deutlich anders dar, nur die Bewerbung Neuburgs für Eleonore Magdalena mochte als Konstante gelten. Intrigen und Entscheidung Inzwischen hatte Leopold die von Lobkowicz insinuierte Haltung gegenüber Frankreich aufgegeben und war zum offenen Krieg übergegangen28. Da der Minister trotzdem weiterhin Verbindungen zu Ludwig XIV. aufrechterhielt, wurde er am 17. Oktober 1674 aller Ämter enthoben und auf seine Privatdomäne exiliert. Diese Entlassung kann durchaus als Werk Claudia Felicitas’ angesehen werden29, welche Lobkowicz nach wie vor grollte, weiters auch der Kaiserinmutter sowie der Halbschwester Leopolds, Maria Annas30. Beide Damen waren sowohl der frankophilen Politik der letzten Jahre wie auch einer Annäherung an das Haus Neuburg abhold und einer Verbindung mit dem Münchener Hof zugeneigt31. An dieser Konstellation sollte sich bis 1676 nichts ändern: Zwar gelang Philipp Wilhelm die erneute Präsentation seiner Tochter als Ehekandidatin, doch befürchtete die Gegenpartei eine Rückkehr Lobkowicz’ im Fahrwasser einer eventuellen Heirat32 und votierte daher für die kurbayerische Option. Für Neuburg aber, dessen potentielle Erbnachfolge in der Kurpfalz sich immer deutlicher abzeichnete, war der Gewinn der Wiener Einflusssphäre unter den veränderten Bedingungen wichtiger denn je. Letztendlich war es dem gemeinsamen Vorgehen und Bemühen des mittlerweile in kaiserlichen Diensten stehenden Stratmann sowie des päpstlichen Nuntius Buonvisi33 zu wenig freundlich über Eleonore Magdalenas Mutter geäußert (I hate Princesses of cold northern countries), vgl. Josef Johannes Schmid, Alexander Sigismund von Pfalz-Neuburg (1663–1737), Fürstbischof von Augsburg 1690–1737. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte Schwabens im Hochbarock (Schwäbische Geschichtsquellen und Forschungen 19, Weißenhorn 1999) 380, 495, Anm. 58 und 59; Antonia Fraser, Charles II (London 1979) 139f. 27   Linda Maria Koldau, Frauen – Musik – Kultur. Ein Handbuch zum deutschen Sprachgebiet der Frühen Neuzeit (Köln–Weimar 2005) 106f. 28  Vgl. John A. Lynn, The Wars of Louis XIV 1667–1714 (London–New York 1999) v. a. 105–115. 29   So schon bei Julius F. B. Schneller, Oesterreichs Einfluss auf Deutschland und Europa seit der Reformation bis zu den Revolutionen unserer Tage (Stuttgart 1828) 335: „Sie [Claudia Felicitas] wußte aber […] den mächtigen Günstling aus der Nähe des umstrickten Gatten zu entfernen“. 30  Zu den Vorgängen: Schmidt, Lobkowicz (wie Anm. 18) 733; dass politische Überlegungen und gar nachrichtendienstlicher Verrat nicht die Hauptgründe der Entlassung darstellten, sondern vielmehr der Wechsel der kaiserlichen Politik gegenüber Frankreich und in Ungarn sowie die Hofintrigen „den allmächtigen Minister zu Falle“ brachten (Adam Wolf, Art. Wenzel Eusebius v. Lobkowitz. ADB 19 [1884] 52), dazu Neid und Missgunst des Hofes, ist kaum zu bezweifeln. 31   Bericht vom 24. Mai 1676; LN 187 Nr. 190. 32  Bericht vom 9. April 1676; LN 186 Nr. 186. 33   Francesco Buonvisi [Bonvisi] (1626–1700), Dr. utr. jur., 1670 Bischof, 1672–1675 Nuntius in Polen, 1675–1689 in Wien, 1681 Kardinal, 1690 Erzbischof von Lucca. Zu seinen herausragenden Leistungen gehören die Durchsetzung der Wahls Jan Sobieskis zum polnischen König (1674) sowie die Vermittlung der

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verdanken34, dass Eleonore Magdalenas Bewerbung überhaupt eine Chance bekam. Ende Mai hatte Buonvisi Leopold in überzeugender Weise die Vorzüge der Neuburgerin zusammengefasst: 1° l’indemnità della religione cattolica, 2° la probabile fecondità et 3° gl’interessi di stato35 – eine Kurzformel, die ihre Wirkung offenbar nicht verfehlte36. Doch war man weit von einer Entscheidung entfernt. Im Juli neigte Leopold wieder der Dänin zu37, was den Papst veranlasste, einen Sondergesandten nach Düsseldorf zu schicken, nur um auf diese Weise die Versicherung zu erhalten, che la principessa di Neoburgo non è difettosa di fiato, come si affermava da contrarii38; danach war man in Rom von deren Erfolg überzeugt39. Leopold hätte dies zu diesem Zeitpunkt kaum unterschrieben – melancholisch und entscheidungsschwach, ließ er nur verlauten, Gott werde ihn die Beste finden lassen40. Anspielungen auf eventuelle körperlich-sinnliche Reize der Kandidatinnen hatten zuvor schon aufgrund seines wenig passionierten Naturells völlig ihre Wirkung verfehlt und waren ins Leere gegangen41. Erst Ende Oktober erklärte sich Leopold schließlich doch, gegen die ungebrochene Opposition seiner Stiefmutter und Schwester, für Eleonore Magdalena42 – ein Erfolg, welcher wohl zuvorderst den eindringlichen römischen Vorstellungen geschuldet war, die der neugewählte Pontifex Innozenz XI.43 dem Kaiser am 1. Dezember 1676 in einem ausführlichen Glückwunschschreiben noch einmal in Erinnerung rief44.

II. „Magierin des Hauses Habsburg“ oder Kaiserin dritter Klasse? Zwischen Feier und Affront Die Hochzeitsfeierlichkeiten fanden ungewöhnlicherweise nicht in Wien, sondern am 14. Dezember 1676 in Passau statt. Nicht nur der Ort, auch Umstände und Datum wichen deutlich vom Zeitüblichen ab: Zum einen hatte man auf die üblichen ProcuraTrauungen im Vorfeld verzichtet, zum anderen war (und ist) die Adventszeit keine klasdritten Ehe Leopolds I.; ausführliche Biographie: Gaspare de Caro, Art. Buonvisi, Francesco, DBI 15 (1972), online: http://www.treccani.it/enciclopedia/francesco–buonvisi_(Dizionario–Biografico)/ (letzter Zugriff: 15. 10. 2014); zu seiner Wiener Nuntiatur siehe Donato Squicciarini, Nunzi apostolici a Vienna (Città del Vaticano 1998) 141–146. 34  Buonvisi bezeichnet Philipp Wilhelm eindeutig als Liebling des Papstes; ebd. 35  Bericht vom 24. Mai 1676; LN 187 Nr. 190. 36  […] e stimo che questa generalità gli [all’imperatore, d.Verf.] giovi; ebd. 37  Bericht vom 5. Juli 1676; LN 187 Nr. 191. 38  Bericht des Nunzio straordinario, Aloysius (Luigi) Bevilacqua (1618–1680), Tit. Patriarch von Alexandrien, vom 5. Juli 1676 (LN 187 Nr. 192); tatsächlich untersuchte Eleonore Magdalena ein spanischer Bruder Alessandro der Unbeschuhten Karmeliter. Leopold I. zweifelte den Bericht jedoch immer noch an und sandte daraufhin seinen Leibarzt Beckers, nur um ein gleichlautendes Urteil zu hören; ebd. Anm. 1. 39  […] e dice [a Roma] che sarà preferita [Eleonore Magdalena]; LN 187 Nr. 192. 40   Bericht vom 19. Juli 1676; LN 187 Nr. 194. 41  […] tuttavia è prencipe tanto moderato nelle sue passioni, che scioglierà il miglior partito senza riflettere al proprio genio; Bericht vom 24. Mai 1676: LN 187 Nr. 189. 42   Nach Buonvisi war der Entscheid Leopolds auch der Tatsache zu verdanken, dass die Konversion der Dänin immer illusorischer wurde: Vgl. Bericht vom 18. Oktober 1676; LN 191f. Nr. 199. 43  [Sel.] Innozenz XI. (Benedetto Odescalchi) (1611–1689), Papst 21. September 1676; vgl. Michael Tilly, Art. Innozenz XI. BBKL 2 (1990) Sp. 1298–1303. 44  Innozenz XI. an Leopold I., Rom, 1. Dezember 1676: Innocentii PP. XI epistolae ad principes, ed. Joachim Joseph Berthier, Bd. 1 (Rom 1891) 23.



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sische Periode für die Eheschließung. Was den Wiener Hof – oder Leopold selbst? – zu diesen Änderungen veranlasste, muss dahingestellt bleiben. Dass man angesichts des noch anhaltenden Trauerjahres um die Vorgängerin auf einen allzu großen Pomp verzichten wollte – also etwa eine Feier mit Bällen nach Weihnachten in Wien – war noch halbwegs verständlich, warum aber führendes Hofpersonal und sogar der päpstliche Nuntius, welcher – wie gesehen – am Zustandekommen der Allianz einen so hohen Anteil gehabt hatte, explizit ausgeladen wurden45, hingegen weniger. Diese Auffälligkeiten erscheinen um so seltsamer vor dem Hintergrund der öffent­ lichen Inszenierung der beiden vorangegangenen Eheschließungen des Habsburgers. 1666 war die Verbindung mit Margarita Teresa mit Feierlichkeiten begangen worden, welche sich über nahezu zwei Jahre (!) erstreckten, bis sie im Juli 1668 schließlich in der zweitägigen Aufführung von Antonio Cestis Prunk- und Monumentaloper Il Pomo d’Oro zu Margaritas siebzehntem Geburtstag ihren Höhepunkt und Abschluss erreichten46. Am 15. Oktober 1673, also sieben Monate nach dem Tode seiner ersten Frau und damit auch noch im Trauerjahr, heiratete Leopold Claudia Felicitas von Tirol. Auch hier scheute man weder Kosten noch Umstände, den Gipfelpunkt der Feiern bildete wiederum eine Opernaufführung47. Und 1676? Eleonore Magdalena musste sich zunächst mit einem Lobgedicht, Il ­Giudice di Paride48, eindeutig in Anspielung an Il Pomo d’Oro, zufriedengeben, wobei die barocke Metapher der Unsterblichkeit als Perennität der Dynastie gedeutet wird49. Während ihre Vorgängerinnen also Prunk und Schaustellung erlebt hatten, genügte hier ein Gedicht; hingegen wird Eleonore Magdalena eindeutig auf die Hauptmotivation für ihre Wahl und damit auch auf ihre Hauptaufgabe hingewiesen: für den Fortbestand der ­Dynastie zu sorgen und so zu leisten, worin die anderen ‚versagt‘ hatten. An Theatralischem gab es 1676, angesichts der stagione chiusa des Advents, geistliche Schaustücke, wohl Gelegenheitsoratorien, eines davon in Passau, ein anderes auf der Rückreise in Linz bei den Karmelitern50. Dort erlebte die neue Fürstin auch die erste Opernaufführung, am 6. Januar 1677 zu Ehren ihres Geburtstages: Antonio Draghis 51 45   In seinem Bericht vom 15. November 1676 führt Nuntius Buonvisi an, Leopold wolle den Feiern aufgrund des Trauerjahres einen privaten Charakter verleihen; LN 193 Nr. 201. Berührt davon wurde auch das Privileg des Nuntius, Eheschließungen im Kaiserhaus zu vollziehen, worauf Buonvisi 1676 unter expliziter Verbriefung des Vorrechts ebenso verzichtete wie auf seine Anwesenheit in Passau; ebd. Eine (schlichte) Beschreibung der Hochzeitsfeierlichkeiten in: Theatrum Europæum, Bd. 11 (Frankfurt a. M.1682) 914f. 46  Carl B. Schmidt, Antonio Cesti’s ,Il pomo d’oro‘. A Reexamination of a Famous Hapsburg Court Spectacle. Journal of the American Musicological Society 29/3 (1976) 381–412; Musik ediert von Guido Adler in: DTÖ 6 und 9 (Wien 1896/1897). – Zu der bereits hier sichtbaren dynastischen Implikation s. Maria E. Goloubeva, „Il Pomo d’oro“ and the Problem of Dynastic Continuity in the Reign of Leopold I. Majestas 5 (1997) 79–98. 47  Die musikalischen Darbietungen umfassten u. a. die Draghi-Oper Provare per non recitare (Libr. Nicolò Minato), composizione per musica in einem Akt (15. Oktober 1673 Wien, Hofburg, Favorita, Großer Saal), vgl. Alexander von Weilen, Die vom Jahre 1629 bis zum Jahre 1740 am Wiener Hofe zur Aufführung gelangten Werke theatralischen Charakters und Oratorien (Wien 1901) 17. 48   Il Giudice di Paride […], ovvero il Pomo Imperiale (Passau 1676). 49  Vgl. Maria E. Goloubeva, The Glorification of Emperor Leopold I in Image, Spectacle and Text (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 184: Abteilung für Universalgeschichte, Mainz 2000) 117. 50  Ebd. 80. 51  Zu Draghi siehe „Quel novo Cario, quel divin Orfeo“. Antonio Draghi da Rimini a Vienna. Atti del convegno internazionale di Rimini 1998, hg. von Emilio Sala–Davide Daolmi (Con Notazioni 7, Lucca

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Ercole Acquistatore dell’immortalità, ein Werk, welches deutlich auf den goldenen Apfel anspielte, dessen Erringung Herkules (i. e. Leopold) eine lange und zahlreiche Deszendenz sichern würde52. Eine erste echte mit der Person der Neuburgerin verbundene Repräsentationsaufführung von jenem imperialen Anspruch und jener musikalischen Qualität, wofür das leopoldinische Wien zurecht berühmt war, erfolgte erst im kommenden Jahr anlässlich der Namenstagsfeierlichkeiten für die neue Kaiserin. Am Magdalenentag (22. Juli) 1677 führte man im Garten von Schönbrunn Antonio Draghis Le maghe di Tessaglia nach einem Libretto von Nicolò Minati und mit Balletteinlagen von Johann Heinrich Schmelzer auf53. Der reinen Freude Eleonore Magdalenas hierüber stand entgegen, dass das komplette Bühnenbild und nahezu die ganze Inszenierung einer vorausgehenden Aufführung (eines anderen Stückes) für Claudia Felicitas entnommen und in den begleitenden Kupferstichen nicht einmal die illustrierenden Namensgouachen „LP & C“ geändert worden waren54. Zudem war die Textaussage auch hier wieder klar: Wie eine (natürlich positiv überhöhte) Magierin sollte sie den Fluch (der Kinderlosigkeit), welcher über dem neuen Thessalien (Österreich) lag, beseitigen. Diese an sich gängige Form der barocken Allegorik55 blieb nicht ohne einen seltsamen Beigeschmack. Gift war gerade im Zusammenhang mit dem kaiserlichen Hof keine wertneutrale Anspielung, wie die massiven und anhaltenden Gerüchte um die angebliche Vergiftung Claudia Felicitas’ belegen56. Ihre Nachfolgerin, welche ja indirekt vom Tode der letzten Gattin profitierte, in der ersten ihr gewidmeten Oper mit diesem Sujet zumal indirekt in Verbindung zu bringen, verortete die Aufführung ebenso nahe an den Gestaden eines bewussten Affronts wie die nicht geänderten Namenszüge auf den Bühnenbildern. Zu alledem kam noch hinzu, dass Eleonore Magdalena als Gegenstand operntheatralischer Darstellung dem Hofpublikum keineswegs fremd war. In der am 30. Oktober 1674 zu Ehren der Geburt der Erzherzogin Anna Maria Sophia mit eigenen musikalischen Bei-

2000), darin besonders Heribert Seifert, Da Rimini alla corte di Leopoldo. L’opera di Draghi in ambito viennese, ebd. 3–14. 52  Ercole Acquistatore dell’immortalità […] (Linz 1677); vgl. Franz Zamazal, Art. Linz. Österreichisches Musiklexikon, online (http://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_l/linz.xml, letzter Zugriff: 15. 10. 2014). 53   Le maghe di Tessaglia. Festa musicale Alle S. S. C. C. R. R. M. M. Dell’Imperatore Leopoldo, E dell’Imperatrice Eleonora, Maddalena, Teresa [...] Nell’Imperial Giardino di Schönbrunn, Il Giorno 22. di Luglio dell’Anno M.DC.LXXVII. Posta in Musica dal Signor Antonio Draghi. Con l’Arie (sic!) per li Balli del Signor Giovanni Erico Smelzer (Wien 1677); vgl. Weilen, Werke (wie Anm. 47) 21. 54   Goloubeva, Glorification (wie Anm. 49) 116; zu den Bühnenbildern Burnacinis siehe Andrea Sommer-Mathis, Lodovico Ottavio Burnacini scenografo e costumista di Antonio Draghi, in: Antonio Draghi da Rimini a Vienna (wie Anm. 51) 387–410. 55   Wiewohl die „Magierinnen von Thessalien“ ein in der Antikenrezeption keineswegs positiv konnotiertes Subjekt, ganz im Gegensatz zu den anderen 1676/1677 am Kaiserhof aufgeführten Prunkopern, darstellten; vgl. die Liste in: Weilen, Werke (wie Anm. 47) 20–22. 56  Als Claudia Felicitas im Sterben lag, glaubten weite Teile des Hofes an Zauber und Gift; man wandte sich sogar an den Nuntius mit der Bitte, einen wirkmächtigen Exorzisten und Zauberbanner aus Italien zu empfehlen. Buonvisi allerdings antwortete nur, che a Roma non si credeva a simili incanti; Bericht vom 15. März 1676: LN 185 Nr. 183. Zuletzt nahm man die Dienste des Mailänder Arztes (tatsächlich Alchimisten) Giu­ seppe Francesco Borri in Anspruch, der versprach, Claudia zu heilen; Francesco Michieli an Rat der Republik Venedig, 19. März 1673: FRA II/27 (Wien 1867) 172f. Angeblich hatte Borri zuvor Leopold von den Folgen einer arsenvergifteten Kerze geheilt; ebd. 173 Anm. 1.



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trägen des Kaisers aufgeführten Prunkoper Il fuoco eterno custodito dalle Vestali57 nämlich war die Neuburgerin in der Rolle der Acrisia bereits allegorisch vertreten gewesen. „Auf wenig günstige Weise wird Acrisia dargestellt, in verschmitzter Begünstigung eines zweiten Bewerbers eine verhüllte Beschimpfung der durch sie Vertretenen … In wie zweideutiges Licht aber wurde sie erst gestellt durch ihre Beziehung zu einer allegorischen Figur, mit der, nicht eben feiner Weise, auf den Fürsten Lobkowitz gedeutet wurde!“58 Diese Erfahrungen taten der generellen Musikliebe Eleonore Magdalenas keinen Abbruch, erklären aber vielleicht manche Vorbehalte59. Der Erfolg Die an sie gerichteten Erwartungen aber sollte sie erfüllen. In den ersten 14 Jahren ihrer Ehe schenkte die Kaiserin dem Hause Habsburg zehn Sprösslinge, von denen sieben das Kindesalter überlebten, nicht zuletzt dank ihrer persönlichen Fürsorge60. Das positive Echo auf diese ‚Erfolgsserie‘ blieb nicht aus. 1690 widmete die Stadt Wien dem Paar den Arcus Triumphalis Leopoldo Magno, in welchem Leopold und Eleonore Magdalena als Deukalion und Pyrrha verherrlicht wurden, die nach der Sündflut die Erde neu bevölkert hatten. Eine weitere Referenz an die Kaiserin feierte sie auch als Kybele, die Mutter der irdischen Götter61. Ein Jahr später sah eine andere musikalische Allegorie sie wieder als Zauberin, konkret als Medea des Habsburgergeschlechtes verjünget durch glorreichste Nachkommenschaft, nun, trotz des ebenfalls ambivalenten Sujets, eindeutig positiv gesehen62.

III. Krönungen in brisanter Zeit Ungarn 1681 Nur ein Drittel des alten Königreichs Ungarn war 1526 an Habsburg gelangt, ein weiteres als Vasallenfürstentum der Pforte nominell unabhängig geblieben und das letzte unter direkte osmanische Herrschaft geraten. Diese Gemengelage, gepaart mit der Aggres57   Il fuoco eterno custodito dalle Vestali: drama (sic) musicale per la felicissima nascita della sereniss: archiduchessa Anna Maria figlia delle S.S. C.C. R.R. M.M. dell Imperatore Leopoldo, e della Imperatrice Claudia Felice et alle medesime M.M consacrato … (Vienna [Cosmerovio] 1674). 58  Winterfeld, Allegorisch-politische Festopern (wie Anm. 25) 33–36, hier 34. Winterfeld ordnet die Oper fälschlich den Hochzeitsfeierlichkeiten von 1673 zu, doch dies tut der Richtigkeit der inhaltlichen Angaben keinen Abbruch. 59   Die Feststellung, „nur ihm (Leopold) zu Liebe besuchte sie öfters die Opern“ (Blätter für literarische Unterhaltung Jg. 1844, Bd. 2, Nr. 183, 732) greift sicher zu kurz; allgemein zum Thema (unter fast ausschließlich musikalischer Fragestellung): Susanne Rode-Breymann, Musiktheater eines Kaiserpaars. Wien 1677–1705 (Hildesheim u. a. 2010). 60   Nuntius Buonvisi erwähnt, Eleonore Magdalena habe Joseph immer in ihren Gemächern behalten (vuole che si allevi nelle proprie stanze, per haverlo vicino e farlo custodire a suo modo), da sie die Aya, Gräfin Mansfeld, für den Tod mancher Kinder früherer kaiserlicher Ehen verantwortlich hielt; LN 216 Nr. 256: Bericht vom 27. Juli 1678. 61   Goloubeva, Glorification (wie Anm. 49) 117. 62   Il Ringiovenito: Festa mvsicale con vn real balletto, nel ... di natalizio ... dell’Imperatore Leopoldo. ... L’Anno M. DC. XCI, [da] Susanna Christina, Vedoua di M. Cosmerovio (Vienna 1691); vgl. Goloubeva, Il Pomo d’oro (wie Anm. 46) 96.

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sion türkischen Expansionswillens und französischer Bündnissuche, hatte in der Regierungszeit Leopolds zu wiederholten Unruhen und Aufständen geführt, und Lobkowicz’ rigoroser (echter) Absolutismus gegenüber der Magnatenverschwörung von 1666–1670 hatte die Lage kaum entschärft63. Vielmehr mündete diese Härtepolitik in den Kuruzzenaufstand von 1672, eine überkonfessionelle Erhebung bis hinein nach Siebenbürgen, welche letztendlich die Pforte zum großen Sturm der Jahre 1682/83 verleitete und diesen logistisch wohl erst ermöglichte64. Um diesem gefährlichen Brandherd einigermaßen zu begegnen, musste Wien ein Zeichen setzen, welches 1681 darin bestand, das Königreich Ungarn auß dem etliche Jahre obgeschwebten Unwesen in einen sicheren Ruhestand widerumb zusetzen / in der Königl. Ungarischen freyen Stadt Edenburg / einen Reichs= oder Land=Tag außschreiben / und die gesambte Löbl. Ungarischen Stände darzu beruffen lassen65. Diese Einberufung stellte ein faktisches Zurückgehen hinter die Maßnahmen Lobkowicz’ dar, welcher das Land seit 1673 durch einen achtköpfigen Regierungsrat zentralistisch hatte verwalten lassen. Da man zwar die Form modifizieren, die eigentliche Richtung aber nicht ändern wollte – was lag näher, als die Gemahlin des 1655 selbst gekrönten Kaisers demonstrativ zur Königin von Ungarn zu krönen? Der zu diesem Anlass veröffentlichte Bericht, hinter dessen Titel man eine gängige Festbeschreibung im Stil der Zeit vermuten könnte, bemüht sich denn auch, seitenweise die Legitimität und den Alleinvertretungsanspruch Habsburgs bezüglich der ungarischen Monarchietradition zu belegen66. Der billige, völlig unprätentiöse Druck, ohne jegliche Abbildung in Österreich herausgegeben, belegt deutlich, dass die am 9. Dezember 1681 zu Sopron erfolgte eher schlichte Krönung keineswegs, wie es der Text glauben machen will, die Frucht eines langgehegten Wunsches der magyarischen Aristokratie, sondern vielmehr einen deutlichen habsburgischen Autoritätsakt darstellte. Zur erhofften Befriedung des Landes aber reichte dieser ebenso wenig hin wie die – nach überwundener Türkengefahr und begonnener Reconquista 1687 erfolgte – Krönung des Thronfolgers Joseph zum ungarischen König vivente patre. Dieser Krisenherd sollte Eleonore Magdalena noch bis weit in die Zeit ihrer Witwenschaft hinein beschäftigen. Augsburg 1690 Ähnliche, wiewohl nicht ganz so dringliche Überlegungen mochten 1690 Pate gestanden sein, als Mutter und Sohn diesmal nahezu gleichzeitig in Augsburg zur deutschen Königin und zum römischen König gekrönt wurden. Inmitten des Krieges der nach 63  Zum historischen Kontext siehe Franz Theuer, Tragödie der Magnaten. Die Verschwörung von Muray bis zum Ödenburger Reichstag. Ein historischer Bericht (Wien u. a. 1979). 64  János J. Varga, A török orientáció változatai Magyarországon: Wesselényi–Apafi–Thököly 1663–1683 [Die Wandlungen in der Türkei-Orientierung Ungarns: Wesselényi–Apafi–Thököly 1663–1683]. Történelmi Szemle 2007/2, 289–297. 65   Königliche Ungarische Krönung der ... Frauen Eleonora Magdalena Teresia, Römischer Kayserin … auf dem allgemeinen Ungarischen Landtage in ... Edenburg, den neundten Tag Christmonats im Jahr Ein tausend Sechs hundert Ein und achtzig (Wienn, Bey Leopold Voigt, 1682) (3). 66  Ebd. (1)–(6); NB: die eigentliche Festbeschreibung beginnt erst auf S. (6) von insgesamt 16 S. Text. Die Stoßrichtung geht auch (implizit aber deutlich) gegen die Ambitionen Thököly Imres (Emmerich Graf Thököly, 1657–1705), welcher dann 1682 in Antwort auf Ständetag und Krönung von der Hohen Pforte zum König von (Ost-)Ungarn erklärt wurde; vgl. Sándor Papp, Thököly Imre esztendeje: 1682 [Aus den Jahren Imre Thökölys: 1682]. Történelmi Szemle 2005/3–4, 347–372.



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dieser Stadt benannten Liga gegen Frankreich wollte Leopold innerhalb des Reiches ein Zeichen der Einheit und Stärke setzen; die Wahl des Krönungsortes bedeutete überdies eine Hommage an den Bruder der Kaiserin, Alexander Sigismund von Pfalz-Neuburg, welcher seit 1681 dort als Coadjutor der bischöflichen Nachfolge harrte67. Überhaupt glich die Krönungsreise einer Neuburger Triumphtour: Im Juli 1689 weilte das Kaiserpaar zu Neuburg, als der erwähnte Prälat seine und der Kaiserin Schwester Maria Anna pro procura mit dem spanischen König Karl II. vermählte68. Anfang September erfolgte der Einzug des Kaiserpaares in die Reichsstadt am Lech, sodann die Eröffnung des Kurfürstentages. Am 19. Januar 1690 wurde Eleonore Magdalena schließlich im Dom zur Königin gekrönt, vierzehn Jahre nach ihrer Heirat mit Leopold und ohne dass die fehlende Krönung den Zeitgenossen als Defizit aufgefallen wäre. Die an anderer Stelle ausführlich beschriebene69 konventionelle Zeremonie70 ist am besten in Spielmans treffendem Diktum charakterisiert: „Am 19. Januar wurde die Kaiserin Eleonore feierlich gekrönt, eine Formalität, die man bisher vergessen hatte“71.

IV. Eleonore Magdalena als politische Ratgeberin und Sekretärin Leopolds Damit aber sind wir bereits in die Regionen der hohen Politik und damit zur Frage nach Eleonore Magdalenas diesbezüglicher Rolle vorgedrungen. Zur Beantwortung empfiehlt es sich, einen kurzen Blick auf die Entourage Leopolds zum Zeitpunkt der Eheschließung zu werfen. Der bis in die 1670er Jahre hinein bedeutende Stab leitender Minister und Berater hatte sich in der Folgezeit merklich verkleinert: Johann Ferdinand von Porcia starb 1665, François Paul de Lisola 1674, Hofkanzler Johann Paul Hocher 1683; Auersberg und Lobkowicz wurden aufgrund von Hochverratsvorwürfen 1669 beziehungsweise 1673/74 gestürzt, Sinzendorf wegen Veruntreuungen 1680 entlassen72. Diese Vakanz konnte und wollte Eleonore Magdalena bis zu einem gewissen Grade füllen. Von ihrem Vater in die Subtilitäten der Kabinette eingeweiht und wie alle ihre Geschwister mit einem erstaunlichen, auch für die Zeit ungewöhnlichen Sprachtalent versehen, bot sie sich dafür geradezu an73. Gestützt auf die Zusammenarbeit mit dem in ihrem Gefolge nach Wien gekommenen Theodor Stratmann74 versuchte sie, die Regierungs­ arbeit ihres Gatten zu unterstützen, allerdings nicht ohne dabei eigene Wege zu gehen.   Schmid, Alexander Sigismund (wie Anm. 26) 58–80.   Ausführliche Beschreibung ebd. 75f. 69  Ebd. 77–80 und Anm. 70. 70   Vgl. Distinto Raggvaglio Delle Ceremonie Seguite nella Coronatione della Maesta Dell’ Imperatrice Eleonora Madalena Theresa Li 19. Gen. in Augusta 1690 … (Roma 1690). – Die Tatsache, dass die Relation auf Italienisch und in Rom erschien, legt einerseits nahe, dass dies eventuell Neuburger Kreise beförderten, die Zeremonie an sich aber dem Hause Habsburg herzlich unwichtig war, eine deutsche Publikation gibt es nicht. Die Krönung Eleonore Magdalenas stand ganz im Schatten jener ihres Sohnes, die – zwei Tage nach seiner Wahl zum römischen König – am 26. Januar 1690 stattfand und ein weites Medienecho fand. 71   Spielman, Leopold I. (wie Anm. 1) 139. 72  Hansdieter Körbl, Die Hofkammer und ihr ungetreuer Präsident. Eine Finanzbehörde zur Zeit Leopolds I. (VIÖG 54, Wien u. a. 2009). 73  Zu Erziehung und Sprachunterricht siehe Schmid, Alexander Sigismund (wie Anm. 26) 37–40; Marie Lehner, Ludwig Anton von Pfalz-Neuburg (1660–1694). Ordensoberhaupt, General, Bischof (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 48, Marburg 1994) 21–25. 74  Schmidt, Stratman (wie Anm. 20) 253–257. 67 68

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Dies wurde ihr durch die Schwächen Leopolds just auf den Gebieten erleichtert, in denen sie glänzen konnte. Da der Kaiser angeblich kein Französisch verstand, wurde sie zur zentralen Anlaufstelle nahezu der gesamten Korrespondenz in dieser Sprache: quasi zur Poststelle, Sekretärin und Dolmetscherin in einer Person75. Die so gewonnene Position verlieh Entscheidungsspielraum. Auffallend wirken die wiederholten Hilferufe des Prinzen Eugen vom italienischen Kriegsschauplatz um Nachschub und Versorgung, welche wohl deshalb ungehört verhallten, weil Eleonore Magdalena den Savoyarden so wenig leiden konnte wie der ihr sehr verbundene Hofkriegsratspräsident Heinrich Franz von Mansfeld76, und sie folglich mit der Vorgabe, den nervlich nicht sonderlich strapazierbaren Kaiser nicht übermäßig zu belasten, die Korrespondenz entsprechend filterte77. Im Laufe der Jahre entwickelte sich aus diesen Hilfsdiensten eine regelrechte Position: Eleonore Magdalena sortierte die kaiserliche Korrespondenz, las dem Kaiser vor und besprach mit ihm die Antworten. International war sie deutlich auf Ausgleich bedacht, reichspolitisch aber zuvorderst auf die Beförderung ihrer familiären (Neuburger) Interessen. Bis zum Tode Leopolds konnte sie sich damit fast immer durchsetzen; lediglich an innerhabsburgischen Fragen musste sie scheitern78. Aus dieser Richtung, aus der eigenen Nachkommenschaft, kam denn auch die ernsthafteste Gefahr für ihre immer beachtlichere Stellung – im Jahre 1705, als Leopold I. im Alter von 65 Jahren plötzlich verstarb.

V. Eine lange Witwenschaft Der Tod Leopolds und der Regierungsantritt seines achtundzwanzigjährigen Erstgeborenen Joseph I.79 markierten für Habsburg und das Reich eine tiefe Zäsur, für das Wiener Hofleben aber das Ende des dominierenden Einflusses Eleonore Magdalenas. Das Zerwürfnis der Generationen reichte weit zurück, alle Versuche, „die darauf abzielten, den Lebensstil des Thronfolgers zu ändern und ihm die moralischen Imperative seiner Eltern aufzuzwingen, blieben im Grunde erfolglos. Das Ergebnis waren scharfe Worte

75  „Da der Kaiser nichts Französisches lesen wollte, verfaßte sie Auszüge aus französischen Staatsschriften, wenn sie glaubte, dass deren Kenntniß ihm nöthig sei“; Art. Habsburg, Eleonora Magdalena Theresia von der Pfalz. Wurzbach 6 (1860) 162f., hier 162. 76   Heinrich Franz I. Graf (seit 1709 Fürst) von Mansfeld-Bornstedt, Fürst von Fondi, kaiserlicher Obersthofmarschall, Feldmarschall und Hofkriegsratspräsident (1640–1715), 1680–1682 Gesandter in Paris, 1683– 1690 in Madrid, 1690 begleitete er Eleonore Magdalenas Schwester Maria Anna auf ihrer Reise nach Madrid. Seit 1696 mit dem Prinzen Eugen heillos zerstritten, wurde er eine der wichtigsten Stützen der Opposition des Alten gegen den aufkeimenden Jungen Hof des späteren Josephs I.; vgl. Jochen Vötsch, Art. Heinrich Franz I., Graf (seit 1709 Fürst) von Mansfeld-Bornstedt, Fürst von Fondi. Sächsische Biografie, Online-Ausgabe (http:// www.isgv.de/saebi/), mit kompletter Bibliographie. 77   „Kaiserin Eleonore [tat] ihr Bestes, alle Nachrichten aus Italien zu filtern, um beunruhigende Wahrheiten vom Kaiser fernzuhalten“; Spielman, Leopold I. (wie Anm. 1) 176. Diese Beobachtung deckt sich mit der in Anm. 75 gemachten: die dem Kaiser oft „privatim“ vortragende Eleonore Magdalena wurde in jenen Jahren zu einem der Ecksteine Wiener Politik, vgl. Schmid, Alexander Sigismund (wie Anm. 26) 50–59 und passim. 78   So 1703 bei den Teilungsplänen der Habsburger Lande im Falle eines Erfolgs in Spanien; Eleonore Magdalena wollte Mailand und Finale bei Österreich belassen; vgl. Charles W. Ingrao, Josef I. Der vergessene Kaiser (Graz u. a. 1982) 107. 79  Zu Joseph I. siehe Ingrao, Josef I. (wie Anm. 78) und neu: Roman Hans Gröger, Josef I. Der ungewöhnliche Habsburger (Horn 2011).



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und gespannte Beziehungen zwischen Eltern und Sohn“80. Versuche der Einflussnahme seitens der äußerst aktiven und im kaiserlichen Hause bestimmenden Mutter scheiterten sowohl im Hinblick auf die Brautwahl81 wie auch auf sonstige Fragen des Lebensstils. Ein besonderer Dorn im Auge war Eleonore Magdalena dabei die Liaison Josephs mit Marianne Pálffy, der Tochter des Palatins von Ungarn82. Politisch bedeutete der Thron- auch einen Richtungswechsel83, was zu Fraktionsbildungen am Hof und zur Stilisierung der beiden Kaiserinnen (Eleonore Magdalena und Josephs Frau Wilhelmine Amalie von Braunschweig) zu deren Leitfiguren führte84. War Josephs Erzieher Fürst Salm bis zu seinem Tode 1710 Hauptzielscheibe der Auswürfe und Feindseligkeiten des „Jungen Hofes“, so wurde dies danach alsbald die alte Kaiserin, die man aber als Mutter des Fürsten nicht offen angreifen konnte. So suchte man sich deren Vertraute als Opfer aus85. Josephs Kampf gegen das Haus Neuburg Es mag als Ironie erscheinen, dass Joseph, selbst bis in die Physiognomie hinein ein in nahezu jeder Hinsicht perfekter Vertreter Neuburger Durchsetzungsvermögens und wittelsbachischer Ambition, vor allem gegenüber dem Habsburger Phlegma seines Vaters und Bruders, in Einfluss und Stellung des mütterlichen Hauses eines der Haupthindernisse für die Verwirklichung seiner kaiserlichen Souveränität erkennen musste. Um den sich schließlich bis zum persönlichen Hass steigernden Widerwillen Josephs gegen die Neuburger zu verstehen, muss man deren europäische Position um 1710 bedenken. Die durch massive Wiener Unterstützung geförderte (und auch damit rechnende) Ambition des 1690 verstorbenen Philipp Wilhelm hatte diesem 1685 die erhoffte Nachfolge in der Kurpfalz, seinen Töchtern die Throne der Königreiche Spanien und Portugal sowie das Herzogtum Parma eingebracht, seinem Sohn Alexander Sigismund aber das Hochstift Augsburg sowie dessen Bruder Franz Ludwig das Fürstbistum Breslau (1683), die Landeshauptmannschaft von Schlesien (1685), das Hochmeisteramt des Deutschen Ordens, die Fürstpropstei Ellwangen und das Hochstift Worms (alles 1694), dazu die Anwartschaft   Ingrao, Josef I. (wie Anm. 78) 23.   So sprach sich Eleonore Magdalena gegen eine Verheiratung mit Wilhelmine Amalie aus, da sie angeblich „zu groß und zu alt“ sei, wahrscheinlicher aber, da sie in siebter Generation von Lucrezia Borgia abstammte; ebd. 82   Diese Animosität war um so delikater, als Pálffy der einzige hochrangige ungarische Aristokrat war, der seit Beginn der Unruhen unverbrüchlich zum Hause Habsburg gestanden hatte; vgl. Ivan Mrva, Johann Pálffy – ungarischer Palatin und kroatischer Ban, in: Slovakia and Croatia I. Historische Parallelen und Beziehungen (bis zum Jahre 1780), hg. von Martin Homza–Ján Lukačka–Neven Budak (Bratislava–Zagreb 2013) 381–389. 83   Zur Neuorientierung der josephinischen Politik siehe Josef Johannes Schmid, Erinnerung zwischen Mythos und Geschichte – zum 300. Jahrestag der Sendlinger Weihnacht, in: Bayern und Europa. Festschrift für Peter Claus Hartmann zum 65. Geburtstag, hg.von Konrad Amann–Ludolf Pelizaeus et al. (Frankfurt/M. u. a. 2005) 113–129, hier 117–122 (mit allen Belegen). 84   Ingrao, Josef I. (wie Anm. 78) 194, für das Jahr 1709. 85   Vgl. die an Eindeutigkeit nicht zu überbietende Briefstelle Wratislaws: Da Fürst Salm nicht mehr da ist, können wir nur noch Schönborn am Hof bekämpfen. Daneben arbeiten wir mit der Kerntruppe weiter; Graf Johann Wenzel von Wratislaw an Graf Ludwig Philipp von Sinzendorf, 7. September 1709, zit. nach Ingrao, Josef I. (wie Anm. 78) 271 Anm. 112. Salm hatte sich 1709 auf seine Güter zurückgezogen, da er des andauernden Streits am Hofe müde war; in diesem Jahr hatte man angeblich die Geheime Konferenz nur deshalb eingeführt, um dem Einfluss Salms (und damit auch Eleonore Magdalenas) entgegenzutreten; Erwin Matsch, Der auswärtige Dienst von Österreich-(Ungarn) (Graz 1986) 32. 80 81

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(Coadjutorie) auf den Kurmainzer Stuhl (1709) und das damit verbundene Reichserzkanzleramt. Nimmt man im Vorausgriff das ebenfalls noch an Franz Ludwig gehende Erzstift Trier (1716) hinzu, so kann man nicht umhin festzustellen, dass hier eine Hausmacht innerhalb des Reiches entstanden war, welche davor und danach ihresgleichen suchte86. Für Joseph, der mit kaiserlicher Autorität Habsburg-Österreich zu einer europäischen Großmacht erheben wollte, blieb die in seinen Augen evidente Misswirtschaft der alten Zeit (seines Vaters) verbunden mit dem Phänomen Pfalz-Neuburg und den entsprechenden Umtrieben seiner Mutter, welche dessen Aufstieg ermöglicht hatten87. In der Hofburg kam es zu grässlichen Szenen und Zerwürfnissen, und schon Ende 1705 bemerkte der brandenburgische Gesandte: Ob die ChurPfältzische Faction noch weiter gehalten werde, ist ungewiss; der neue Kayser ist mit der verwittibten Kayserin, Seiner Frau Mutter, öfters übel zufrieden gewesen und hat einen Haß wieder ihren Bruder, den Teütschmeister88. Diese Abneigung vor allem gegen Franz Ludwig sollte sich noch steigern, als dieser im kommenden Jahr die von Joseph und seinem Freund und Minister Wratislaw betriebene und schließlich mit Karl XII. von Schweden auch geschlossene Konvention von Altranstädt nach Kräften hintertrieb und im Verbund mit seiner Schwester für den Erhalt der katholischen Rechte in Schlesien kämpfte89. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass zukünftige Neuburger Demarchen in Wien zum Scheitern verurteilt blieben90 und Joseph schließlich in dem ab 1708 kranken Alexander Sigismund das schwächste Glied des Neuburger Familienverbandes als echtes pars pro toto zu treffen suchte91. Regentschaft 1711 fiel Joseph den Blattern zum Opfer; das Verweilen seines Nachfolgers und Bruders Karl in Spanien machte eine Regentschaft notwendig, welche nicht an die Witwe des letztverstorbenen Kaisers, sondern an Eleonore Magdalena fiel – dies wohl aus Gründen größerer Legitimität92, vielleicht aber auch aufgrund der in den vergangenen Jahren zunehmenden Unpopularität des josephinischen Regimes93. 86  Zu ihm siehe Josef Johannes Schmid, Art. Pfalz-Neuburg, Franz-Ludwig von (1664–1732). BBKL 16 (1999) Sp. 1231–1237; ders., La crosse et la pourpre – François Louis de Neubourg, Clément Auguste de Bavière. La Reichskirchenpolitik des Wittelsbach et la relativité de l’approche dynastique, in: Bourbon und Wittelsbach. Neuere Forschungen zur Dynastiengeschichte, hg. von Rainer Babel–Guido Braun–Thomas Nicklas (Münster 2010) 489–507. 87   Vgl. den (undatierten) Bericht des niederländischen Gesandten über einen entsprechenden Ausfall Josephs I.: Ick heb oorsaeck blyde te sijn, dat ick de Roomse Croon op het hooft hebbe, want indien ’t nogh te soecken was, soude ick te vresen hebben, dat kit mijn moeder tegens my soude hebben ende dat sy derselve voor d’een of ander Neuburger oude soecken te bekuypen; zit. nach: Norbert Conrads, Die Durchführung der Altranstädter Konvention in Schlesien 1707–1709 (Forschungen und Quellen zur Kirchen- und Kulturgeschichte Ostdeutschlands 8, Köln 1971) 77 Anm. 16. 88  Schmid, Alexander Sigismund (wie Anm. 26) 138 Anm. 80. 89  Schmid, La crosse (wie Anm. 86) 499. 90  So die von Johann Wilhelm und Eleonore Magdalena 1708 gewünschte Rücknahme der KaiserswerthKlausel, den Besitz dieser Insel im Rhein betreffend, vgl. Ingrao, Josef I. (wie Anm. 78) 91. 91  Die langen Kämpfe um faktische Absetzung und Restitution Alexander Sigismunds siehe in: Schmid, Alexander Sigismund (wie Anm. 26) 162–188, 194–218; zur Rolle Eleonore Magdalenas ebd. 92  So Ingrao, Josef I. (wie Anm. 78) 226, unter Berufung auf ein Schreiben des hannoverschen Gesandten Huldenberg an Kurfürst Georg Ludwig vom 18. April 1711; ebd. 275 Anm. 21. 93  So hatte Joseph auf dem Totenbett noch befohlen, zwei Kavallerieregimenter von Ungarn in die Hauptstadt zu verlegen, da er Unruhen fürchtete; ebd. 225.



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Für durchgreifende Initiativen war die Zeit der Regentschaft zu kurz, immerhin „gebührt [ihr] der Ruhm, die Rakoczy’sche Rebellion durch den Szathmarer Frieden abgeschlossen zu haben“94. Doch Ungarn blieb für Eleonore Magdalena verknüpft mit ihrem persönlichen Groll gegen die Familie Pálffy, deren Tochter der verstorbene Kaiser in seinem Testament mit 500.000 fl. (zumeist in Juwelen und Pelzen) bedacht hatte, dazu deren Erben mit weiteren 250.000 fl., während für seine Mutter nur eine Jahrespension von 50.000 fl. und für seine Gattin von 150.000 fl. ausgesetzt wurde95. In einem ersten Anflug von Rage wollte Eleonore Magdalena daraufhin Fürst Pálffy als Verhandlungsführer aus Ungarn abberufen; erst die Vorstellungen anderer hoher Aristokraten betreffs des zu befürchtenden Affronts und Eklats hielten sie davon ab96. Ein anderer Ort fürstlichen Wirkens in der Zeit der Regentschaft war Bayern, wo die kaiserliche Besatzung seit 1704, besonders aber seit dem Tode Leopolds, wie die ägyptischen Plagen gehaust hatte, dies zum Teil gegen die ausdrücklichen Vorhaltungen des mit Joseph befreundeten Prinzen Eugen97. Inmitten der Verwüstung und Ausplünderung ergab sich in dem Plan einer Votivkirche zu Ehren der Allerheiligsten Dreifaltigkeit98 zum Dank für die Verschonung der Hauptstadt München vor der Kriegszerstörung bei gleichzeitiger Ansiedlung der Karmeliterinnen die Gelegenheit, nicht nur die Beziehungen zwischen Wien und München wieder auf eine freundlichere Basis zu stellen, sondern durch den bewussten Frömmigkeitsakt ein Gegensignal zur rationalistischen Politik des eben verstorbenen Kaisers zu setzen. Am 13. Mai 1711 wies Eleonore Magdalena den Statthalter in München, Fürst Löwenstein, unmissverständlich an, das Vorhaben in jeder Weise zu befördern99. Diesem Ansinnen konnte sich Löwenstein nicht entziehen; als entschiedener Verfechter der alten Richtung zog er es allerdings vor, im Oktober desselben Jahres seine Frau im Nahmen Iro May. der verwittibten Röm.en Kayserin Eleonora Magdalena Theresia bey disem angefangenen Clossterpau den erssten Stain legen zu lassen100. Die daraufhin entstandene und bis heute niemals zerstörte Münchener Dreifaltigkeitskirche wurde so, neben der von ihr gestifteten Gedächtnissäule in Hadersdorf101, zur einzigen künstlerischarchitektonischen Hinterlassenschaft Eleonore Magdalenas.

  Wurzbach, Eleonore Magdalena (wie Anm. 75) 162.   Vgl. den Bericht Huldenbergs an Georg Ludwig vom 6. Mai 1711; Ingrao, Josef I. (wie Anm. 78) 275 Anm. 23. 96  Ebd. 226f.; Eleonore Magdalena zwang die Pálffy, den Schmuck wieder herauszugeben und verbot ihr, sich vor ihr zu zeigen, zu heiraten oder den Hof zu verlassen. 97  Vgl. Matthias Schnettger, Der Spanische Erbfolgekrieg (München 2014) 48f.; Schmid, Erinnerung (wie Anm. 83) 114–117. 98  Zur Geschichte der Kirche siehe Thomas Forstner, Die Stadt läg in dem Grund, wan dise Kirch nit stund ... : Maria Anna Lindmayr, die Dreifaltigkeitskirche und das Karmelitinnenkloster in München (München 2004). 99   […] ich geruhete ihr [der Karmeliterinnen] schon lang gehabtes Vorhaben, umb sich in Bayrn stabiliren zu können, dahin allergnädigst zu beförderen, […], als thue Euch hiemit auf dass nahtuckligste dassjenige committiren, waß zu Beförderung undt völliger Bewerckstellung dieses Gott gefälligen Werckhs gedeilich seyn kan; Eleonore Magdalena an Graf Löwenstein, Wien, 13. Mai 1711: München, BayHstA, KL Fasz. 457/11 (Provenienz: Geheimer Rat), Prod. Nr. 15. 100  München, BayHStA, KL Fasz. 456/9 (Provenienz: Karmelitinnen), fol. 76r–v. 101  Die ursprünglich an jener Stelle in Hadersdorf 1685 von der Kaiserin errichtete „Eleonorensäule“, an der Kaiser Leopold I. seine Gemahlin 1677 vor Wien erwartet hatte, wurde beim Bau der Brücke über die Westbahn (1907) und der Verlegung der Linzer Straße an den heutigen Standort verbracht; Bibliographie unter: https://www.wien.gv.at/wiki/index.php/Eleonorensäule (letzter Zugriff: 15. 10. 2014). 94 95

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Mit der Rückkehr Karls aus Spanien endete die Regentschaft der Mutter102. Innerhalb der ihr verbleibenden sechs Jahre lieferte die letztendlich erreichte Wiedereinsetzung ihres Bruders Alexander Sigismund in all seine Rechte 1714103 den sprechenden Beleg für die – wiewohl nicht mehr in früherem Umfang – vorhandenen Möglichkeiten Eleonore Magdalenas, Neuburger Hausanliegen zu befördern104. Sklavin Mariens, Fürstin, Mensch – Versuch einer Bilanz Käme man jetzt kurz auf den Tod Eleonore Magdalenas zu sprechen, um sodann eine kleine Zusammenfassung anzuschließen, so wäre das meiste gesagt und doch das wichtigste vergessen. Unter den vielen Dingen, welche uns Heutigen den Blick auf Menschen des 17. Jahrhunderts verstellen mögen, kommt der Frage nach der persönlichen Frömmigkeit eine zentrale Rolle und Bedeutung zu. Schon den nachfolgenden Generationen entfremdet, verzerrte das 19. Jahrhundert, das die Wurzeln dieser Gläubigkeit nicht mehr verstand und diese nurmehr als Ausbund bürgerlicher Tugend wahrnahm, sie (oft unfreiwillig) zur Karikatur und Parodie105. Beginnen wir die Erklärung dieses Phänomens mit dem seriös Greifbaren. Glaubt man dem an sich nicht schlecht informierten Wurzbach, so hätte Eleonore Magdalena bereits in ihrer frühen Jugend einen solch starken Drang nach dem Klosterleben verspürt, dass sie „einmal mit mehreren Frauen aus ihrem Gefolge den Versuch [unternahm], den väterlichen Hof zu verlassen und in ein Kloster sich zurückzuziehen. Jedoch wurde ihr Vorhaben entdeckt und vereitelt. Aber ihren Vorsatz gab sie dennoch nicht auf und schlug auch alle Bewerbungen um ihre Hand aus“106. Ein solcher Versuch kann aus den Quellen bislang nicht belegt werden; ganz von der Hand zu weisen ist er nicht. Andererseits ist das Anführen der religiösen Komponente als Erklärungsparameter für das Scheitern von Eheverhandlungen vor 1676 eine elegante Art, dieses in günstigem Lichte darzustellen. Dass jedoch eine starke religiöse Neigung vorlag, ist unbestreitbar. Zu der in der Zeit verbreiteten ignatianisch-jesuitischen Spiritualität gesellte sich mystische Orientierung bei gleichzeitig praktischem Apostolat; eine Mischung, welche von der Erziehung durch die Barmherzigen Brüder107 bis hin zu einer lebenslangen Bindung an das Kapuzinerideal, 102  Das Verhältnis Karls VI. zu Eleonore Magdalena war sicher besser als das seines Bruders, aber auch – wie es scheint – wenig herzlich. Er lehnte das Ansinnen seiner Mutter, an seiner Statt nach Spanien zu gehen, ab und beschränkte ihre Vollmachten als Regentin durch die Oktroyierung eines Regentschaftsrates; Bernd Rill, Karl VI. Habsburg als barocke Großmacht (Graz 1992) 87. 103   Vgl. Anm. 91. 104   […] zur fürträglicher erreichung dieser billichmäßiger intention, wozu Ich gerne alles beyzutragen verlange, erforderlich seyn würdet, andere mesures zu fassen, mithin sich anhero [also nach Wien, d.Verf.] zuwenden; Eleonore Magdalena an Carl Philipp, Wien, 1. August 1716: München, BayHStA, GHA, KA 1168/I. Der letztendliche Erfolg ergab sich aus der Einbeziehung ihrer Schwägerin, der Witwe Johann Wilhelms, Anna Maria Luisas de’ Medici – eine Idee Eleonore Magdalenas, welche quasi unmittelbar zum Erfolg führte; Schmid, Alexander Sigismund (wie Anm. 26) 213. 105   Vgl. als Idealbeispiel: Neuestes Damen-Conversations-Lexikon. Ein Inbegriff des Gesammtwissens für die Frauenwelt, Bd. 3 (Leipzig 1856) 18f. 106  Wurzbach, Eleonore (wie Anm. 75) 162; im affirmativen Sinne auch: Ines Peper, Konversionen im Umkreis des Wiener Hofes um 1700 (VIÖG 55, Wien u. a. 2010) 74. 107  Schmid, Alexander Sigismund (wie Anm. 26) 37; die Erziehung der Kinder einer hochfürstlichen (Konvertiten-)Familie n i c h t durch Jesuiten war ungewöhnlich.



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verkörpert u. a. in P. Marco d’Aviano108, ihren Ausdruck fand. Letztere, also der hohe Einsatz für Glaubenspropaganda und -unterstützung, nahm bei Eleonore Magdalena vor allem in Form der Konvertiten-Kassa Gestalt an. Schon zu Lebzeiten unterhalten, wurde dieser Unterstützungsfond für die nach einer Konversion oft sozial und damit auch ­finanziell entwurzelten Neophyten durch das Testament der Kaiserin institutionalisiert109. Allerdings konnte man erst ab 1741 entsprechende Gelder ausbezahlen, da die Verbindlichkeiten der Verstorbenen, gepaart mit anderen frommen posthumen Stiftungen, stolze Höhen erreichten110. Schon 1711 hatte Eleonore Magdalena die stattliche Summe von 200.000 fl. Hofschulden angehäuft111 – ein Umstand, welcher zuvorderst aber nicht in einer vermeintlichen Verschwendungssucht, sondern im Ausbleiben zugesicherter Zahlungen begründet lag. Ihre Tugenden – im barocken Sinne – waren Gegenstand zahlreicher Leichenpredigten und Panegyrik112, dies obwohl Eleonore Magdalena sich just das verboten hatte. Doch dieser Bescheidenheitsgestus zählt ebenso wie die nach dem Tode des Gatten nicht mehr abgelegte Witwentracht zu den festen Topoi Wiener Hofkultur und war in der Zeit fest verankert113. Deutlicher kennzeichnend ist der Wunsch, „ohne Gepränge begraben und in der Tracht der Servitinen im weißen Habit, himmelblauem Scapelier, weißem Schleier mit einer eisernen Kette, woran ein Todtenkopf hing, und in einem einfachen hölzernen Sarge beigesetzt zu werden“ – nach Art wittelsbachischer Prinzessinnen114. Sicher ist daneben die entsprechende Geistesverwandtschaft mit ihrem Ehemann, welcher, selbst dem geistlichen Stande zugeneigt, dieser Grundausrichtung zeitlebens treu blieb. Natürlich hatte ein so verstandenes „Hauskloster“ – ein Begriff, welcher die Ehe der beiden ganz gut charakterisiert115 – den Erfordernissen des politischen Alltags zu entsprechen; aber auch daraus konnte sich geistliches Potential ergeben. Das beste Beispiel hierfür findet sich in der Erneuerung des Sternkreuzordens durch Eleonore Magdalena im Jahre 1688. Dieser einzige den „männlichen Gegenstücken wirklich vergleichbar[e]“ 116 108   So der Bericht Alexander Sigismunds vom Besuch bei seiner Schwester: wir seynd nch kein 3 vaterunser lang angelangt gewesen, dass nit der fromme P. Marco bey uns im Zimmer gewesen; Alexander Sigismund an Philipp Wilhelm, Wien, 25. Juni 1685: München, BayHStA, GHA, Korr. A 139/2. 109  Vgl. Peper, Konversionen (wie Anm. 106) 68–70. 110  300 Jahre Karl VI. (1711–1740). Spuren der Herrschaft des „letzten“ Habsburgers, hg. von der Generaldirektion des Österreichischen Staatsarchivs (Wien 2011) 35f. (mit Literaturangaben); Peper, Konversionen (wie Anm. 106) 70–73. 111  Ingrao, Josef I. (wie Anm. 78) 226. 112  Franz Xaver Brean, Die starke Tugend und tugendsame Stärke Eleonaræ Magdalenæ Theresiæ, weyland… (Wien [1720]); Johann Gottlieb Krause bemerkte in seiner Anzeige der Neuauflage 1738 hierzu: Unter den deutschen Catholischen Geistlichen ist die Beredsamkeit und der Vortrag des P. Breans wohl einer der besten, stärksten und nachdrücklichsten; Neue Zeitungen von gelehrten Sachen auf das Jahr 1739, Erster Theil (Leipzig 1739) 528. 113  Wurzbach, Eleonore (wie Anm. 75) 163; die Leichenpredigten wurden in diesem Falle wohl nicht gehalten, sondern nur im Druck verbreitet. 114  Ebd. vgl. wortgleich: Anna Coreth, Pietas Austriaca (München 1959) 60. Es handelt sich dabei nicht um den Dritten Orden der Serviten, sondern um die an der Münchener Theatinerkirche ansässige Bruderschaft der „Sklavinnen oder leibeigenen Dienerinnen Mariæ“. Kurfürstin Maria Amalia, die Gattin Karls VII., wurde dort 1756 ebenso beigesetzt; vgl. Wolfgang Brückner, Sterben im Mönchsgewand. Zum Funktionswandel einer Totenkleidsitte, in: Kontakte und Grenzen. Probleme der Volks-, Kultur- und Sozialforschung. Festschrift für Gerhard Heilfurth (Göttingen 1969) 259–277, Anm. 85. 115  Allgemein zur Frömmigkeit der Kaiserin siehe Coreth, Pietas Austriaca (wie Anm. 114) 63. 116  Karl Vocelka–Lynne Heller, Die Lebenswelt der Habsburger. Kultur- und Mentalitätsgeschichte einer Familie (Graz 1997) 216.

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weibliche Ritterorden fasste nahezu alle Anliegen der katholischen Erneuerung des 17. Jahrhunderts in sich: Kreuzesmystik, eucharistischen Kult, Heiligenverehrung und Totengebet117. Eleonore Magdalena hat im Laufe der 34 Jahre ihres Meisterinnenamtes 1050 Damen darin aufgenommen118. Bedenkt man die geistlichen Verpflichtungen des Ordens, darunter der tägliche Messbesuch, so handelte es sich hierbei sicher um eine der größten apostolischen Maßnahmen119 von fürstlicher Seite in der gesamten Barockzeit. Andere Haltungen erscheinen uns Nachgeborenen hierzu im Gegensatz zu stehen, ja als Paradoxa. So sah das sehr fromme Kaiserpaar etwa keinerlei Problem darin, Alchimie und (geistliche!) Alchimisten offen zu unterstützen, ja sogar eine angeblich in Gold verwandelte Silbermedaille mit dem Stammbaum des Hauses zu zieren120. Auch war es ­Eleonore Magdalena, welche sich einer Rückgabe Comacchios an Papst Clemens XI. heftig widersetzte, während ihr vermeintlich unfrommerer Sohn Joseph dies aus Gründen der Staatsräson bereits angeordnet hatte121. Doch arbeiten wir hier mit Gegensatzpaaren, welche sich aus den Gedankenwelten einer anderen Zeit ergeben; schon die unmittelbar folgende Epoche hat Eleonore Magdalena nicht mehr verstanden und sie in einen Prunksarg umgebettet, sie herausgenommen aus der Welt ihres Lebens und Sterbens, aus einem Holzsarg, der lediglich die Aufschrift getragen hatte „Eleonora Magdalena Theresia, [eine] arme Sünderin“122.

  Ebd. 217.   Gustav Adolph Ackermann, Ordensbuch sämtlicher in Europa blühender und erloschener Orden und Ehrenzeichen (Annaberg 1855, Ndr. Leipzig 1994) 14. 119   Katholisches Apostolat und aktive Beihilfe zu Bekehrungen stellten sicher ein Hauptanliegen Eleonore Magdalenas dar; ob sie zu diesem Zweck tatsächlich eigenhändig Gebets- und Glaubensbüchlein verfasste, muss dahingestellt bleiben; vgl. Peper, Konversionen (wie Anm. 106) 76f., mit dem Hinweis auf ihren und ihres Hauses Anteil an der Konversion Elisabeth Christines von Braunschweig; ebd. 76. 120  Zu dem famosen „Alchimistischen Medaillon“ mit dem Doppelportrait Leopolds und Eleonores von Br. Johann Wenzel Seiler OSA siehe Rudolf Werner Soukup–Jaromír Hladík, „Des deifels goltmacher haben kein golt im Peitl“. Die Geschichte des kaiserlichen Hof-Chymicus Wenzel Seiler im Lichte von Dokumenten des Mährischen Archivs Brünn unter http://www.rudolf-werner-soukup.at/Publikationen/Dokumente/Wenzel_Seiler.pdf (letzter Zugriff: 15. 10. 2014); sowie: Pamela H. Smith, Alchemy as a Language of Mediation at the Habsburg Court. Isis 85 (1994) 1–25. 121  Ingrao, Josef I. (wie Anm. 78) 226. 122  Wie Anm. 113; der spätere Prunksarg befindet sich heute anstelle des ursprünglichen in der Kapuzinergruft. 117 118

Die Kaiserinnen Amalia Wilhelmina (1673–1742) und Elisabeth Christine (1691–1750) Handlungsspielräume im Spannungsfeld dynastischer und persönlicher Interessen Michael Pölzl

Bereits im 18. Jahrhundert unternahm der Münchner Hofbibliothekar, Historiker und Mitbegründer der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Andreas Felix Oefele (1706–1780) den Versuch, eine Geschichte sämtlicher Kaiserinnen des Heiligen Römischen Reiches zu verfassen1. In seinem beeindruckenden Nachlass findet sich hierzu eine zweibändige Notizensammlung, die allerdings mit dem 17. Jahrhundert endet. Zahlreiche Blätter darin blieben unbeschrieben und stehen so für die vielen bis heute unerforschten oder noch gar nicht gestellten Fragen zu dieser Thematik. Unbeantwortet bleibt daher, wie Oefele die beiden hier zu behandelnden Welfen-Kaiserinnen beschrieben und deren Handlungsspielräume erörtert hätte2. 1   BSB, Handschriftenabteilung, Oefelana 6/a III–IV, ich danke für den Hinweis Anton Brandners (Universität München); für das Mittelalter: Amalie Fößel, Die Königin im mittelalterlichen Reich. Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume (Mittelalter-Forschungen 4, Stuttgart 2000); Die Kaiserinnen des Mittelalters, hg. von Amalie Fößel (Regensburg 2011). – Der Autor ist gemeinsam mit Irene Kubiska-Scharl Mitarbeiter des FWF-Projekts P 23597-G18 „Personal und Organisation des Wiener Hofes im 18. Jahrhundert“ (Oktober 2011–März 2016) unter der Leitung von Prof. Martin Scheutz (Universität Wien). Projekthomepage http://www.univie.ac.at/hofpersonal. Die Entscheidung für die Namensgebung Amalia Wilhelmina und nicht Wilhelmina Amalia beruht auf der quantitativ überwiegenden Nennung in den Quellen. – Abkürzungen: Abt. = Abteilung; ÄZA = Ältere Zeremonialakten; BayHStA = Bayerisches Hauptstaatsarchiv; BSB = Bayerische Staatsbibliothek; fl. = Gulden; HA = Hofarchiv; HausA = Hausarchiv; Hofkalender = Kaiserlicher Hof- und Ehrenkalender; HStV = Hofstaatsverwaltung; HWA = Hofwirtschaftsamt; Konv. = Konvolut; Kr. = Karton; OeStA, HHStA = Österreichisches Staatsarchiv, Wien, Abteilung Haus-, Hof- und Staatsarchiv; OMeA = Obersthofmeisteramt; OMeA Prot. = Hofparteienprotokolle des Obersthofmeisteramtes; UR FUK = Urkundenreihen, Habsburg-Lothringische Familienurkunden; ZA Prot. = Zeremonialprotokolle. 2  Allgemein zu Handlungsspielräumen: Katrin Keller, Mit den Mitteln einer Frau. Handlungsspielräume adliger Frauen in Politik und Diplomatie, in: Akteure der Außenbeziehungen. Netzwerke und Interkulturalität im historischen Wandel, hg. von Hillard von Thiessen–Christian Windler (Externa, Geschichte der Außenbeziehungen in neuen Perspektiven 1, Köln–Weimar–Wien 2010) 219–244, hier 230; Katrin Keller, Frauen – Hof – Diplomatie: Die höfische Gesellschaft als Handlungsraum von Frauen in Außenbeziehungen, in: Das Geschlecht der Diplomatie. Geschlechterrollen in den Außenbeziehungen vom Spätmittelalter bis zum 20. Jahrhundert, hg. von Corina Bastian et al. (Externa, Geschichte der Außenbeziehungen in neuen Perspektiven 5, Köln–Weimar–Wien 2014) 33–50, hier 34–37; Regina Schäfer, Handlungsspielräume hochadeliger Regentinnen im Spätmittelalter, in: Fürstin und Fürst. Familienbeziehungen und Handlungsmöglichkeiten

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Amalia Wilhelminas (1673–1742) Eltern waren der zum katholischen Glauben konvertierte Herzog Johann Friedrich von Braunschweig-Lüneburg (1625–1679) und Benedikte Henriette von der Pfalz (1652–1730). Elisabeth Christines (1691–1750) Vater war Herzog Ludwig Rudolf (1671–1735) von Braunschweig-Wolfenbüttel. Ihre Mutter war Louise Christine von Öttingen (1671–1747)3. Der Umstand, dass der Altersunterschied zwischen Amalia Wilhelmina und Elisabeth Christine nur knapp zwölf Jahre betrug und sie Ehegemahlinnen der kaiserlichen Brüder Josef I. und des späteren Karl VI. waren, ist mit ein Grund für eine gemeinsame Darstellung in diesem Beitrag. An Tragweite gewinnen diese Verbindungen, da Braunschweig-Lüneburg-Hannover und -Wolfenbüttel in einem Konkurrenzverhältnis zueinander standen und deren Familien- mit der Reichspolitik eng verwoben war4. Eine Annäherung an Amalia Wilhelmina und Elisabeth Christine und ihre Handlungsspielräume bedarf daher einer Einführung in die komplexe Geschichte der Welfendynastie des 17. Jahrhunderts, für deren weitere Entwicklung die Teilung im Jahre 1636 ausschlaggebend war. Das „Neue Haus Lüneburg“ ging aus den Nachkommen Wilhelms des Jüngeren (1535–1592) hervor, die sich die Herrschaften Calenberg(-Göttingen) und Lüneburg teilten. In Wolfenbüttel amtierte der Begründer der gleichnamigen Linie, August der Jüngere (1579–1666). Als sich Lüneburg-Hannover verstärkt um die Erwerbung einer Kurwürde bemühte, verschlechterte sich das Verhältnis zu Wolfenbüttel im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts zusehends5. Als Hannover diese im Jahr 1692 schließlich erhielt – allerdings vorläufig ohne einen Sitz im Kurkolleg –, verweigerte Wolfenbüttel aus Protest jegliche weitere Teilnahme an den Hauskonferenzen, was eine gemeinsame Hauspolitik der Welfenlinien vollends verhinderte. Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel wandte sich nun verstärkt einer profranzösischen Politik zu, die ihm schließlich eine vorübergehende Absetzung durch Kaiser Leopold I. im Jahr 1702 bescherte. Der Linie Lüneburg-Hannover gelang es im Jahr 1699, trotz der Opposition Herzog Anton Ulrichs, Amalia Wilhelmina als Ehefrau von Josef I. am Wiener Hof zu „installieren“. Da Lüneburg-Hannover allerdings noch immer keinen Sitz im Kurkolleg hatte, unterstützte Hannover die Eheanbahnung Elisabeth Christines mit dem damaligen spanischen (Gegen-)König Karl III. (dem späteren Kaiser Karl VI.), um die Opposition Herzog Anton Ulrichs zu überwinden. Die Einführung Hannovers ins Kurkolleg mit Sitz und Stimme erfolgte schließlich im Jahr der Hochzeit Elisabeth Christines mit Karl III. (VI.), welche am 7. September 1708 stattfand6. Inwieweit das komplexe Verhältnis zwischen den beiden Welfenlinien Einfluss auf die Handlungsmöglichkeiten der beiden Kaiserinnen hatte, gilt es im Besonderen zu erkunvon hochadeligen Frauen im Mittelalter, hg. von Jörg Rogge (Mittelalter-Forschungen 15, Ostfildern 2004) 203–223; der Terminus „Handlungsspielräume“ wird allerdings oftmals nur als Synonym für „Handlungsmöglichkeiten“ benützt; Britta Kägler, Frauen am Münchener Hof (1651–1756) (Münchener Historische Studien, Abteilung Bayerische Geschichte 18, Kalmünz–Opf 2011) 36. 3  Brigitte Hamann, Art. Elisabeth Christine, in: Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon, hg. von ders. (Wien 31988) 49f.; dies., Art. Wilhelmine Amalie, in: ebd. 89. 4  Hans-Georg Aschoff, Die Welfen. Von der Reformation bis 1918 (Stuttgart 2010) 82; Georg Schnath, Geschichte Hannovers im Zeitalter der 9. Kur und der englischen Sukzession 1674–1714, 5 Bde. (Hildesheim 1938, 1976, 1978, 1982). 5  Aschoff, Die Welfen (wie Anm. 4) 75–174; Thomas Vogtherr, Die Welfen: Vom Mittelalter bis zur Gegenwart (München 2014) 52. 6   Aschoff, Die Welfen (wie Anm. 4) 74f., 84, 156.



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den7. In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass die Position von verheirateten Fürstinnen oft als instabil bezeichnet wurde und wird, da sie zwischen ihrer Herkunftsund ihrer Aufnahmefamilie navigieren mussten. Es wäre zu untersuchen, ob die beiden Kaiserinnen diese mehrfache Zugehörigkeit für sich nutzen konnten oder ob sie sie in ihrem Handeln einschränkte8. In diesem Kontext wird nach Personen gesucht, die in jeweils zu unterscheidenden Konstellationen im Umfeld Amalia Wilhelminas und Elisabeth Christines agierten und damit den Handlungsradius derselben mit beeinflussten 9. Aus diesem Grund wird der Frage nachgegangen, wie sich die beiden Frauen am Wiener Hof „integrieren“ konnten. Nach einem Forschungs- und Quellenüberblick wird zum einem die Eheschließung Amalia Wilhelminas mit Josef I. und zum anderen die Konversion Elisabeth Christines als Voraussetzung des Ehebündnisses mit dem späteren Kaiser Karl VI. behandelt. Für eine Annäherung an die Handlungsspielräume sowie die Herrschaftsteilhabe der beiden Kaiserinnen dient eine Verortung der beiden am Wiener Hof. Der letzte Abschnitt widmet sich dem kaiserlichen Witwenstand sowie dem Letzten Willen der beiden Frauen, um mögliche Hinweise zu ihren Netzwerken zu erhalten.

Forschungsüberblick und Quellen Dank der Arbeiten von Hildegard Leitgeb zu Amalia Wilhelmina und von Gerlinde Körper zu Elisabeth Christine aus den 1970er und 80er Jahren ist eine erste wissenschaftliche Basis gegeben, die es ermöglicht mit weiterführenden Fragestellungen und unter Zuhilfenahme ergänzender Quellen sich den beiden Welfenkaiserinnen anzunähern10. Leitgeb konnte dabei auch auf Quellen aus dem Archiv des von Amalia Wilhelmina gestifteten Salesianerinnen-Klosters „Mariens Heimsuchung“ zurückgreifen, was ihre Arbeit besonders wertvoll macht. Zur Konversion Elisabeth Christines gibt es aus jüngerer Zeit einen Beitrag von Ines Peper in ihrer Arbeit zu Konversionen im Umfeld des Wiener Hofes11. Bereits im 19. Jahrhundert wurden die Glaubenswechsel der Wolfenbütteler Prinzessin und ihres Großvaters Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel mehrmals bearbeitet 12.   Ebd. 82.   Ilona Fendrich, Die Beziehung von Fürstin und Fürst. Zum hochadeligen Ehealltag im 15. Jahrhundert, in: Fürstin und Fürst (wie Anm. 2) 93–138, hier 99; Sophie Ruppel, Verbündete Rivalen. Geschwisterbeziehungen im Hochadel des 17. Jahrhunderts (Köln–Weimar–Wien 2006) 65; Heide Wunder, Einleitung: Dynastie und Herrschaftssicherung: Geschlechter und Geschlecht, in: Dynastie und Herrschaftssicherung in der Frühen Neuzeit. Geschlechter und Geschlecht, hg. von ders. (ZHF Beiheft 28, Berlin 2002) 9–27, hier 17. 9   Im Rahmen dieses Beitrags ist eine umfassende Darstellung leider nicht möglich. Den Terminus „Hofpartei“ als politische Konstellation zu gebrauchen, kann zu Missverständnissen führen, weshalb Pečar stattdessen die Verwendung von „Koalition“ empfiehlt; Andreas Pečar, Die Ökonomie der Ehre. Der höfische Adel am Kaiserhof Karls VI. (1711–1740) (Darmstadt 2003) 76–78. 10  Hildegard Leitgeb, Kaiserin Amalie Wilhelmine, geb. Prinzessin von Braunschweig-Lüneburg-Hannover (1673–1742), Gemahlin Kaiser Josefs I. Eine biographische Studie (Diss. Wien 1984); Gerlinde Körper, Studien zur Biographie Elisabeth Christines von Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel. Gemahlin Kaiser Karls VI. und Mutter Maria Theresias (Diss. Wien 1975). 11   Ines Peper, Konversionen im Umkreis des Wiener Hofes um 1700 (VIÖG 55, Wien 2010) 113–184. 12  Wilhelm Hoeck, Anton Ulrich und Elisabeth Christine von Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel. Eine durch archivalische Dokumente begründete Darstellung ihres Übertritts zur römischen Kirche (Wolfenbüttel 1845); Paul Oesterreicher, Urkundliche Nachrichten von dem Uebertritte der Prinzessin, Elisabetha Christina, und des Herzoges, Anton Ulrich, von Braunschweig Lüneburg oder Wolfenbuettel zur katholischen Religion in 7 8

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Leitgeb hat zudem einen Beitrag über die drei gleichzeitig am Wiener Hof residierenden Kaiserinnen, nämlich Eleonora Magdalena Theresia von Pfalz-Neuburg und ihre beiden Schwiegertöchter Amalia Wilhelmina und Elisabeth Christine, verfasst. Zwar werden darin die verschiedenen politischen Konstellationen thematisiert, jedoch finden sich widersprüchliche Aussagen zu den Handlungsmöglichkeiten dieser „rivalisierenden“ Kaiserinnen13. Für die vorliegende Untersuchung fanden Akten der Hofstaatsverwaltung von (nichtregierenden) Mitgliedern der kaiserlichen Familie, Akten des Ministeriums des Inneren, Eheverträge, Familienakten, Familienkorrespondenzen, Hofparteienprotokolle, Hofwirtschaftsakten, Obersthofmeisterakten, Testamente, Zeremonialakten sowie Zeremonialprotokolle aus dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv Verwendung. Weiters konnte auf Bestände des Bayerischen Hauptstaatsarchivs, nämlich Besoldungsbücher, Fürstensachen und Gesandtenberichte, zurückgegriffen werden14. Zudem wurden die kaiserlichen Hofund Ehrenkalender sowie das „Wiener Diarium“15 in die Analyse einbezogen. Aufgrund noch ausstehender Untersuchungen sowie dem Mangel an überlieferten Quellen müssen allerdings Fragen zum Mäzenatentum, Patronagewesen sowie den Netzwerken der Kaiserinnen ausgeklammert werden.

Eheanbahnung und Konversion Es ist unbestritten, dass Hochzeiten eine der wesentlichsten Vernetzungsstrategien der Dynastien darstellten16. Das hier zu besprechende Eheprojekt Amalia Wilhelminas zog sich, über mehrere Verhandlungsrunden, sechs lange Jahre hin. Dies lag vor allem an den erwähnten Spannungen zwischen den beiden Welfenlinien, aber auch an den Widerständen gegen die Erwerbung einer Kurwürde für Lüneburg-Hannover. Einer der prominentesten Gegner war der dänische König Christian V., der seine Tochter Sophie-Hedwig als Ehekandidatin für Josef aufstellte und hierbei auf die Unterstützung von Herzog Anton Ulrich hoffen durfte. Dieser Plan scheiterte allerdings an der Konversionsverweigerung Bamberg. Ein Anhang zum vierten Stucke Denkwuerdigkeiten der fraenk. Geschichte (Bamberg 1834); Franz Schauerte, Die Conversion der Prinzessin Elisabeth Christina von Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel. Eine historische Studie (Frankfurter zeitgemäße Broschüren, N. F. 6, Heft 4, Frankfurt am Main 1885) 140–176. 13  Hildegard Leitgeb, Frauen am Kaiserhof zur Zeit des Prinzen Eugen. Einfluss und Bedeutung der Kaiserinnen Eleonore Magdalena Theresia, Amalie Wilhelmine und Elisabeth Christine, in: Prinz Eugen und das barocke Österreich. Ausstellung der Republik Österreich und des Landes Niederösterreich, hg. von Karl Gutkas (Salzburg–Wien 1985) 65–72, hier 65f., 68. 14   An dieser Stelle sei den Münchner und Wiener Institutionen ein herzliches Danke für ihr Entgegenkommen ausgesprochen. 15   Das Wiener Diarium (Wiener Zeitung) erschien erstmals 1703; Stefan Seitschek, Einige caeremonialpuncten bet(reffend). Kommunizierende Gefäße. Zeremonialprotokoll und Wiener Diarium als Quelle für den Wiener Hof (18. Jahrhundert) (Magisterarbeit am IÖG, Wien 2011) 208. 16   Ruppel, Geschwisterbeziehungen (wie Anm. 8) 219; Claudia Opitz, Hausmutter und Landesfürstin, in: Der Mensch des Barock, hg. von Rosario Villari (Frankfurt am Main 1997) 344–370, hier 346, 357f., 360; Andreas Pečar, Zeichen aristokratischer Vortrefflichkeit. Hofzeremoniell und Selbstdarstellung des höfischen Adels am Kaiserhof (1648–1740), in: Ordnung und Distinktion. Praktiken sozialer Repräsentation in der ständischen Gesellschaft, hg. von Marian Füssel–Thomas Weller (Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme, Schriftenreihe des Sonderforschungsbereichs 496, 8, Münster 2005) 181–197, hier 181; Fendrich, Fürstin und Fürst (wie Anm. 8) 97; Beatrix Bastl, Habsburgische Heiratspolitik – 1000 Jahre Hochzeit. L’Homme 7 (1996) 75–89, hier 86; Daniel Schönpflug, Die Heiraten der Hohenzollern. Verwandtschaft, Politik und Ritual in Europa 1640–1918 (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 207, Göttingen 2013), hier vor allem der Abschnitt „Die Welfen: Reichstradition und britische Verfassung“, 127–131.



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der dänischen Prinzessin, ohne die jedoch eine Verbindung mit dem erzkatholischen Haus Habsburg undenkbar war. Schließlich erwog Herzog Anton Ulrich, eine seiner eigenen Enkelinnen, nämlich Elisabeth Ernestine Antonie von Sachsen-Meiningen, als mögliche Heiratskandidatin ins Spiel zu bringen. Allerdings stimmte auch sie einem Glaubenswechsel nicht zu. Amalia Wilhelmina selbst wurde von ihren Gegnern wegen ihres Alters – sie war vier Jahre älter als Josef – und ihres angeblich unvorteilhaften Erscheinungsbilds kritisiert. Als weiteres Negativum wurde ihre französische Erziehung gewertet, die eine mögliche pro-französische (politische) Einstellung erwarten ließ17. Neben dem regierenden Herzogspaar, Ernst August von Braunschweig-Lüneburg und seiner Gattin Sophie von der Pfalz, versuchte auch Amalias Mutter Benedikte Henriette das Eheprojekt voranzutreiben. In Wien selber bemühten sich der herzogliche Premierminister Otto Grote zu Schauen sowie die hannoverschen Gesandten Franz-Ernst von Platen und Bodo von Oberg um Kontakte am Kaiserhof18. Letzterer überreichte dem Obersthofmeister Josefs I., Fürst Karl-Theodor zu Salm, ein persönliches Handschreiben Benedikte Henriettes, worin sie ihn um Unterstützung bat19. Des Weiteren versuchte man, die Beichtväter des Kaiserpaares, Franz Menegatti und Balthasar Miller, sowie den Erzieher Josefs I., Franz Ferdinand von Rummel20, den späteren Bischof von Wien, für das Unternehmen zu gewinnen21. Hierfür wurden auch hohe Geldsummen ins Spiel gebracht. So bot man etwa der Kammerfrau und Vertrauten der Kaiserin Eleonora Magdalena Theresia, Gräfin Magdalena Henrietta von Scheffer, 20.000 fl., damit sie ihre Herrin mit Hilfe eines Porträts Amalia Wilhelminas umzustimmen versuche22. Als im Jahr 1698 die Mutter Josefs I. endlich überzeugt werden konnte, brachte deren Schwester, die spanische Königin Maria Anna, eine weitere Ehekandidatin ins Spiel23. Schwerwiegend war auch deren Argumentation in Bezug auf den Makel, dass sich in Amalia Wilhelminas Ahnenreihe Lucrezia Borgia finde. Kaiser Leopold I. nahm dies sehr ernst. Dank der Interpretation des Stammbaums durch Gottfried Wilhelm Leibniz konnten die kaiserlichen Vorbehalte aber aus dem Weg geräumt werden. Am 24. Februar 1699 wurden Amalia Wilhelmina und Josef I. feierlich in der Hofkirche der Augustiner-Barfüßer in Wien getraut. Für das anschließende Festmahl in der Wiener Hofburg mussten im Vorfeld zahlreiche Zeremonialpunkte geklärt werden. Langwierige Diskussionen löste etwa die Frage nach einer dem Rang entsprechenden Sitzgelegenheit für die Brautmutter aus; ein Umstand, der in eindrucksvoller Weise die höchst diffizile Rangordnung des habsburgischen Verwandtschaftsnetzes widerspiegelt und der auch in der medialen Öffentlichkeit seinen Niederschlag fand24. 17  Leitgeb, Amalie Wilhelmine (wie Anm. 10) 14–20. Zeit ihres Lebens hatte Amalia Wilhelmina eine Vorliebe für französische Tasteninstrumente; Linda Maria Koldau, Frauen – Musik – Kultur. Ein Handbuch zum deutschen Sprachgebiet der Frühen Neuzeit (Köln–Wien 2005) 203. 18   Schnath, Hannover 3 (wie Anm. 4) 204. 19  Leitgeb, Amalie Wilhelmine (wie Anm. 10) 35. 20  Friedrich von Rummel, Franz Ferdinand von Rummel. Lehrer Kaiser Josefs I. und Fürstbischof von Wien (1644–1716) (Wien 1980). 21   Zu Beichtvätern Katrin Keller, Die Königin und ihr Beichtvater. Die Briefe Richard Hallers SJ aus Spanien in den Jahren 1600 und 1601. MIÖG 122 (2014) 140–151. 22   Zur Bedeutung der Herrschaftsporträts Friedrich Polleross, Die Kunst der Diplomatie. Auf den Spuren des kaiserlichen Botschafters Leopold Josef Graf von Lamberg (1653–1706) (Petersberg 2010) 388–390. 23  Nämlich die Schwester des regierenden Landgrafen Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt, Elisabeth Dorothea. 24  Leitgeb, Amalie Wilhelmine (wie Anm. 10) 69f.; OeStA, HHStA, ÄZA Kr. 19, Konferenz vom 3.

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Im Vorfeld der Eheschließung Elisabeth Christines war die Diskussion um die Konversion der Braut von noch größerer Bedeutung, wobei der Akt auch die komplexe Kon­ stellation zwischen dem Haus Österreich und dem „Reich“ sowie der habsburgischen Kirchenpolitik andeutet25. Drahtzieher in dieser heiklen Mission war ihr Großvater Herzog Anton Ulrich. Um das Eheprojekt nicht zu gefährden, ließ er bereits im Vorfeld Gutachten erstellen, die Pro und Contra des Übertritts abwägen sollten, um mögliche Befürchtungen Elisabeth Christines und ihrer Eltern aus dem Weg zu räumen26. Wesentlichen Anteil an diesem „Unternehmen“ hatten der Superintendent von Gandersheim, Christian Heinrich Behm, und der Kanzler des Wolfenbütteler Hofes, Philipp Ludwig Probst von Wendhausen. Der eigentliche Konversionsunterricht fand abgeschieden im evangelischen Damenstift Gandersheim statt, dessen Äbtissin, Henriette Christine von BraunschweigWolfenbüttel, eine Tante der zu Unterrichtenden war. Die Tragweite dieser Konversion spiegelt sich auch darin wider, dass zwei wichtige Vertreter der kaiserlichen Kirchenpolitik, Kardinal Christian August von Sachsen-Zeitz, selbst ein Konvertit, und Gottfried Bessel, Abt von Göttweig, in die Angelegenheit involviert waren. Die Konversion fand schließlich am 1. Mai 1707 im Dom zu Bamberg statt, der zweiten Bischofskirche des Reichserzkanzlers und Mainzer Kurfürsten Lothar Franz von Schönborn. Dieser Schritt Elisabeth Christines sorgte bei den Zeitgenossen für intensive Diskussionen. Ihr selbst wurde auch später immer wieder eine besondere Nähe zum evangelischen Glauben unterstellt, da sich in ihrem näheren Umfeld protestantische Konvertiten fanden. Zu diesen zählten unter anderem der Feldmarschall Graf Friedrich Heinrich von Seckendorf, der Reichshofrat Georg Christian von Knorr und der (Reichs-)Generalfeldmarschall Herzog Johann Friedrich von Sachsen-Hildburghausen27. Mit wem sich eine Kaiserin umgab, konnte schließlich Einfluss auf ihre eigene Position am Hof haben28, eine Feststellung, die nun weiter zu behandeln sein wird.

Die Kaiserinnen und der Hof Die „Integration“ Amalia Wilhelminas und Elisabeth Christines am Wiener Hof wurde weder durch Sprachbarrieren noch durch kulturelle Differenzen erschwert. Zudem Februar 1699; Johann Christian Lünig, Theatrum Ceremoniale Historica-Politicum, oder Historisch- und Politischer Schau-Platz aller Ceremonien, Teil 1 (Leipzig 1719) 189, 192f.; Julius Bernhard von Rohr, Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschaft der Grossen Herren (Berlin 1733) 93, 107f.; Pečar, Zeichen (wie Anm. 16) 188; Rudolf Schlögl, Der Frühneuzeitliche Hof als Kommunikationsraum. Interaktionstheoretische Perspektiven der Forschung, in: Geschichte und Systemtheorie. Exemplarische Fallstudien, hg. von Frank Becker (Campus Historische Studien 37, Frankfurt am Main 2004) 185–225, hier 198f.; Matthias Schnettger, Rang, Zeremoniell, Lehenssysteme. Hierarchische Elemente im europäischen Staatensystem der Frühen Neuzeit, in: Die frühneuzeitliche Monarchie und ihr Erbe, hg. von Ronald G. Asch–Johannes Arndt–Matthias Schnettger (München 2003) 179–195. 25   Peper, Konversionen (wie Anm. 11) 115f., 118; Christof Römer, Der Kaiser und die welfischen Staaten 1679–1755. Abriß der Konstellationen und der Bedingungsfelder, in: Das Reich und seine Territorialstaaten im 17. und 18. Jahrhundert. Aspekte des Mit-, Neben- und Gegeneinander, hg. von Harm Klueting–Wolfgang Schmale (Historia profana et ecclesiastica 10, Münster 2004) 43–67, hier 49f. 26   Peper, Konversionen (wie Anm. 11) 117. 27  Ebd. 120f., 128; im Jahr 1735 wurde ihr ein, auf reformkatholischen Frömmigkeitstypen basierendes, Gebetsbuch mit dem Titel Heures Noeuvelles gewidmet; ebd. 146f.; siehe auch Max Braubach, Eine Satire auf den Wiener Hof aus den letzten Jahren Kaiser Karls VI. MIÖG 53 (1939) 21–78, hier 74. 28   Pečar, Ökonomie (wie Anm. 9) 301.



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gelang es ihnen, ihrer „Rolle“ als Repräsentantin habsburgischer Frömmigkeit gerecht zu werden29. Beiden Kaiserinnen war es jedoch nicht vergönnt, die männliche Thronfolge zu sichern; ein Umstand, der für ihre Stellung am Wiener Hof sicherlich nicht förderlich war. Die Ehe Amalia Wilhelminas verlief aufgrund der zahlreichen Affären Josefs I. nicht wie erhofft, was zu weiteren Schwierigkeiten führte. Amalia Wilhelmina unternahm angeblich sogar den Versuch, mithilfe einer vorgetäuschten Schwangerschaft wieder an Einfluss auf ihren Mann zu gewinnen30. Nachdem aus der Ehe Amalia Wilhelminas und Josefs I. kein männlicher Thronfolger hervorgegangen war, ruhte alle Hoffnung auf Elisabeth Christine. Auch in den gedruckten Trauer- und Lobreden für die beiden Kaiserinnen wurde das Fehlen männlicher Thronfolger – allerdings verklärend – thematisiert31. Was den Hofstaat einer Kaiserin anbelangte, stand sie diesem zwar vor, aber aufgrund der hausherrlichen patrimonialen Gewalt ihres Gemahls lag die Entscheidungsgewalt in allen Personalfragen offiziell in dessen Händen32. Sehr wohl war es aber Amalia Wilhelmina und Elisabeth Christine möglich, Entscheidungen gemäß ihren Vorstellungen zu beeinflussen. So bemühte sich Amalia Wilhelmina im Jahr 1700 für Johann Fernandez Ramon, den späteren Kammerzahlmeister Elisabeth Christines, sowie für Josef Salazar, der in ihrem Witwenhof bis zum Hofzahlmeister und Schatzmeister aufsteigen sollte, um Posten in der Kanzlei der spanischen Botschaft in Wien33. Der Fall Salazar zeigt beispielhaft Amalia Wilhelminas Einflussnahmen für Vertraute und deren mögliche Auswirkung auf deren – höfische – Karrieren. Als Amalia Wilhelmina an den Wiener Hof kam, erhielt sie ihrem Rang entsprechend einen königlichen Hofstaat, der keine strukturellen oder organisatorischen Unterschiede zum Hof einer regierenden Kaiserin aufwies. Allerdings war er mit seinen rund 50 Personen kleiner als jener einer regierenden Kaiserin, der durchschnittlich an die 80 Personen umfasste34. Stellt man die Frage nach einem eigenen Kanzleipersonal für eine Kaiserin, 29   Karl-Heinz Spiess, Fremdheit und Integration der ausländischen Ehefrau und ihres Gefolges bei internationalen Fürstenheiraten, in: Fürstenhöfe und ihre Außenwelt. Aspekte gesellschaftlicher und kultureller Identität im deutschen Spätmittelalter, hg. von Thomas Zotz (Identitäten und Alteritäten 16, Würzburg 2004) 267–290; Helga Widorn, Die spanischen Gemahlinnen der Kaiser Maximilian II., Ferdinand III. und Leopold I. (Diss. Wien 1959). 30   Max Braubach, Geschichte und Abenteuer um den Prinzen Eugen (München 1950) 186; Helga Meise, Gefühl und Repräsentation in höfischen Selbstinszenierungen des 17. Jahrhunderts, in: Emotionalität. Zur Geschichte der Gefühle, hg. von Claudia Benthien–Anne Fleig–Ingrid Kasten (Literatur – Kultur – Geschlecht, Studien zur Literatur- und Kulturgeschichte, Kleine Reihe 16, Köln–Weimar–Wien 2000) 120–140, hier 120. 31  Für Amalia Wilhelmina: OeStA, HHStA, ÄZA Kr. 41, Konv. 63; P. Franziskus Peikhrt, Leich= und Lob=Rede Wilhelminae Amaliae (Wien 1742) fol. 6r; P. Franziskus Borgia Tausch, Ehren= und Trauer=Rede über den schmerzlichen Hintritt Elisabethae Christinae (Wien 1751) 20f.; zum Idealbild der Fürstin siehe: Katherine Walsh, Die Fürstin an der Zeitenwende zwischen Repräsentationsverpflichtung und politischer Verantwortung, in: Fürstin und Fürst (wie Anm. 2) 265–282, hier 266. 32   Ivan Ritter von Žolger, Der Hofstaat des Hauses Österreich (Wiener Staatswissenschaftliche Studien 14, Wien–Leipzig 1917) 41, 59; Irene Kubiska-Scharl–Michael Pölzl, Die Karrieren des Wiener Hofpersonals 1711–1765. Eine Darstellung anhand der Hofkalender und Hofparteienprotokolle (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 58, Innsbruck–Wien–Bozen 2013) 78, 134. 33  OeStA, HHStA, HA Familienkorrespondenz A 33, Brief von Kaiserin Amalia Wilhelmina vom 28. Juli 1700 an die spanische Königin. Ob sie die Stellen tatsächlich erhielten, kann derzeit nicht beantwortet werden. 34  Katrin Keller, Hofdamen – Amtsträgerinnen im Wiener Hofstaat des 17. Jahrhunderts (Wien–Köln– Weimar 2005) 17–31; Stefan Sienell, Die Wiener Hofstaate zur Zeit Leopolds I., in: Hofgesellschaft und Höflinge an europäischen Fürstenhöfen in der Frühen Neuzeit (15.–18. Jahrhundert), hg. von Klaus Malettke–Chantal Grell (Forschungen zur Geschichte der Neuzeit, Marburger Beiträge 1, Münster u. a. 2001)

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lässt sich nur ein Kammerzahlmeister in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts nachweisen35. Für die Erledigung ihrer umfangreichen Korrespondenz wird sie wohl Schreibpersonal vom Hofstaat ihres Mannes zur Verfügung gestellt bekommen haben. In den kaiserlichen Witwenhofhaltungen finden sich aufgrund der komplexeren Organisation ein Hofsekretär, ein Kanzlist36, ein Hofbuchhalter sowie zahlreiches Verwaltungspersonal37. Seit ihrer Ankunft in Wien bewohnte Amalia Wilhelmina die Bel-Etage des heutigen Leopoldinischen Traktes38. Als Leopold I. im Jahr 1705 verstarb, änderte sich an der räumlichen Situation für sie nichts. Ihre bisherige Raumfolge muss daher der einer regierenden Kaiserin entsprochen haben. Eine Besonderheit des Wiener Hofes lag im gemeinsamen Schlafzimmer des Kaiserpaares, das sich in der Mitte ihrer jeweiligen Appartements (der sogenannten Kaiser- und Kaiserinseite) befand39. Diese räumliche Nähe des Kaiserpaares kann möglicherweise mit dem ostentativ gelebten Katholizismus der Familie Habsburg erklärt werden. Das Fürstenpaar als „Arbeitspaar“ 40 manifestiert sich somit räumlich wie auch in symbolischer und ritueller Form. Als Elisabeth Christine 1713 von Spanien nach Wien kam, erhielt auch sie einen kaiserlichen Hofstaat41 und bezog die Räume, die bisher von Amalia Wilhelmina genutzt worden waren. Letztere musste sich in den – heute nach ihr benannten – Amalientrakt der Wiener Hofburg zurückziehen42. Da mit der Ankunft Elisabeth Christines im Jahre 1713 nun erstmals drei Kaiserinnen, nämlich neben ihr ihre Schwiegermutter Eleonora Magdalena Theresia von PfalzNeuburg und ihre Schwägerin Amalia Wilhelmina, am Wiener Hof residierten, erließ Karl VI. im Jahr 1713 eine modifizierte Damen-Rangordnung, um mögliche Rangstrei89–111, hier 98f., 108f.; Michael Pölzl, Kaiserin-Witwen in Konkurrenz zur regierenden Kaiserin am Wiener Hof 1637–1750. Probleme der Forschung. Wiener Geschichtsblätter 67/2 (2012) 165–189, hier 176f.; KubiskaScharl–Pölzl, Karrieren (wie Anm. 32) 89–107. 35  Hofkalender 1715, ohne Seitenangabe. 36   Im Falle Amalia Wilhelminas gab es zusätzlich einen italienischen Hofkanzlisten, wohl aufgrund des regen Briefverkehrs mit dem Hof von Modena. Ihre Schwester Charlotte Felicitas war mit Herzog Rinaldo d’Este verheiratet. 37   Hofkalender 1715–1750, ohne Seitenangabe. 38   Christian Benedik, Zeremonielle Abläufe in Habsburgischen Residenzen um 1700. Wiener Geschichtsblätter 46 (1991) 171–178; ders., Die Herrschaftlichen Appartements. Funktion und Lage während der Regierung von Kaiser Leopold I. bis Kaiser Franz Josef I. Österreichische Zeitschrift für Denkmalpflege 51 (1997) 553– 570, hier 556; Herbert Karner, Der Leopoldinische Trakt 1660–1705, in: Die Wiener Hofburg 1521–1705. Baugeschichte, Funktion und Etablierung als Kaiserresidenz, hg. von Herbert Karner (ÖAW Denkschriften der Philosophisch-Historischen Klasse 444 = Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg 2, Wien 2014) 377–421, hier 410f. 39   Christian Benedik, Die Wiener Hofburg unter Kaiser Karl VI. Probleme herrschaftlichen Bauens im Barock (Diss. Wien 1989) 139; Karner, Der Leopoldinische Trakt (wie Anm. 38) 410f. 40   Heide Wunder, „Er ist die Sonn’, sie ist der Mond“. Frauen in der Frühen Neuzeit (München 1992) 96, 98, 111, 124; dies., Stand und Geschlecht. Herrschaft und öffentliches Handeln von Frauen in der Gesellschaft der Frühen Neuzeit, in: Frauen in der Geschichte des Rechts. Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart, hg. von Ute Gerhard (München 1997) 27–54, hier 27; Beatrix Bastl, Haus und Haushaltung des Adels in den österreichischen Erblanden im 17. und 18. Jahrhundert, in: Der europäische Adel im Ancien Régime. Von der Krise der ständischen Monarchien bis zur Revolution (ca. 1600–1789), hg. von Ronald G. Asch (Köln–Wien–Weimar 2001) 263–285, hier 270; Anja Victorine Hartmann, Zwischen Geschlechterordnung und politischer Ordnung: Herrscherinnen und Regentinnen in der Frühen Neuzeit, in: Die frühneuzeitliche Monarchie und ihr Erbe (wie Anm. 24) 135–152, hier 136. 41  Ihre Hofstaatseinrichtung kann dank der überlieferten Quellen gut rekonstruiert werden; OeStA, HHStA, OMeA Prot. 8, fol. 38v–41r, 77v–98r, 105v–106v. 42  Benedik, Appartements (wie Anm. 38) 558; OMeA Prot. 8, fol. 78r–106v.



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tigkeiten zu vermeiden43. Die Rangfolge der drei Kaiserinnen spiegelt sich eindrucksvoll im Ablauf öffentlicher Audienzen wider. Ihren Anfang nahmen diese beim Kaiser, dann besuchten die Gesandten/Audienzwerber seine Gemahlin, daraufhin seine Mutter und schließlich seine Schwägerin. Ein probates Mittel, um Rangkonflikten aus dem Weg zu gehen, war die Abwesenheit einer der drei hohen Frauen, etwa bei öffentlichen Kirchgängen oder Visiten, die meist mit einer gemeinsamen Mahlzeit verbunden waren und die auch Raum für innerfamiliäre Kommunikation boten44. Angesichts der hier angedeuteten Spannungen stellt sich die Frage nach den Möglichkeiten, als Kaiserin Herrschaft auszuüben, die nun behandelt werden soll45.

Die Herrschaftsteilhabe In der Goldenen Bulle wurden für die Kaiserin als Erzkanzler der Fürstabt von Fulda und als Erzmarschall der Fürstabt von Kempten festgeschrieben, die in der Frühen Neuzeit allerdings nur noch Funktionen während ihrer Krönung innehatten46. Hervorzuheben ist der Umstand, dass Amalia Wilhelmina mithilfe ihres Erzkanzlers Konstantin von Buttlar ihren Schwiegersohn, Kurprinz Karl Albrecht von Bayern, bitten ließ, nicht an der Vermählung des jungen Ludwig XV. von Frankreich im Jahre 1725 teilzunehmen. Im Kontext des nach dem Spanischen Erbfolgekrieg immer noch angespannten Verhältnisses zwischen München und Wien47 war die pro-französische Haltung des bayerischen Kurprinzen problematisch, weshalb Amalia Wilhelmina sich wohl zu diesem Schritt bewogen sah. Ihre mahnenden Worte blieben allerdings ungehört48. Amalia Wilhelmina übte laut Graf Philipp Ludwig Wenzel von Sinzendorf, dem (Oberst-)Hofkanzler Josefs I., in den ersten Ehejahren durchaus großen Einfluss auf ihren Mann aus49. Bestätigt wurde diese Aussage vom bereits genannten hannoverischen Gesandten Bodo von Oberg noch im Jahre 170550. Als im Jahre 1702 Amalia Wilhelmina gemeinsam mit ihrem Gemahl eine Reise zur damals belagerten Festung Landau unter43  OeStA, HHStA, ZA Prot. 8, fol. 47r–55r; allgemein: Irmgard Pangerl, „Höfische Öffentlichkeit“. Fragen des Kammerzutritts und der räumlichen Repräsentation am Wiener Hof, in: Der Wiener Hof im Spiegel der Zeremonialprotokolle (1652–1800). Eine Annäherung, hg. von Irmgard Pangerl–Martin Scheutz–Thomas Winkelbauer (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 47, Innsbruck–Bozen–Wien 2007) 255–279, hier 263f.; Pečar, Ökonomie (wie Anm. 9) 188–190; Schlögl, Kommunikationsraum (wie Anm. 24) 212; in der zeitgenössischen Literatur Rohr, Einleitung (wie Anm. 24) 270; Friedrich Carl Moser, „Teutsches Hof-Recht“ 1 (Frankfurt am Main–Leipzig 1754) 599. 44   Pölzl, Kaiserin-Witwen (wie Anm. 34) 181–185; Seitschek, Kommunizierende Gefäße (wie Anm. 15) 11, 208; für das Jahr 1715 hat sich ein ordnungs buch, wie ihre röm. kais. und königl. majestät ihre kirchen andacht in Wien feyerten de anno 1715 erhalten, das es ermöglicht, ein ganzes Jahr im Detail zu analysieren; OeStA, HHStA, ÄZA Kr. 26. 45  Keller, Handlungsspielräume (wie Anm. 2) 227, 229, 241. 46  Walsh, Fürstin (wie Anm. 31) 266, 275; Karl Otmar von Aretin, Das Alte Reich 1648–1806, Bd. 2: Kaisertradition und österreichische Großmachtpolitik 1684–1745 (Stuttgart 1997) 440. 47  Allgemein zum Spanischen Erbfolgekrieg, Hispania – Austria III. Der Spanische Erbfolgekrieg – La Guerra de Sucession Espagnola, hg. von Friedrich Edelmayer–Virginia Leon Sanz–José Ignacio Ruiz Rodriguez (Studien zur Geschichte und Kultur der iberischen und iberoamerikanischen Länder 13, München 2008). 48  Aretin, Das Alte Reich 2 (wie Anm. 46) 320. 49  Arnold Berney, König Friedrich I. und das Haus Habsburg (1701–1707) (München–Berlin 1927) 166. 50  Schnath, Hannover 3 (wie Anm. 4) 408f.

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nahm, wurde das Königspaar wohlwollend von der Bevölkerung im Reich aufgenommen. Das Ehe- und Arbeitspaar scheint während dieser Reise demnach noch „funktioniert“ zu haben51. Als sich der Kaiser später wieder seinen Affären zuwandte, verlor Amalia Wilhelmina zusehends an Handlungsspielraum, vor allem als sich ihr Gemahl Marianne von Palffy zuwandte52. Dies äußerte sich unter anderem darin, dass Josef I. Einflussmöglichkeiten seiner Frau vermehrt einschränkte, indem er vor allem immer seltener ihren Rat suchte53. Inwieweit Marianne von Palffy, die nie die Position einer maîtresse en titre54 wie am französischen Hof innehatte, Einfluss auf Josef I. ausüben konnte, liegt noch weitgehend im Dunkeln. In diesem Kontext sei auf den Briefverkehr Amalia Wilhelminas mit Auguste Marie von Baden-Durlach verwiesen, in welchem letztere um Rat hinsichtlich des Umgangs mit der Mätresse ihres Schwiegersohnes Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg bat. Das württembergische Beispiel zeigt auf, dass innerfamiliäre Probleme durchaus negative Auswirkungen auf die gemeinsam zu erfüllenden öffentlichen, repräsentativen Aufgaben eines Fürstenpaares haben konnten, da in diesem speziellen Fall das Herzogspaar sogar getrennt voneinander lebte55. Am Wiener Hof selbst versuchte Amalia Wilhelmina ihre Position vor allem im Sinne ihrer Herkunftsfamilie zu nutzen. In diesem Zusammenhang kann jedoch keine klare Trennung zwischen Familien- und Reichsangelegenheiten gezogen werden. Dabei ist vermutet worden, dass das gespannte Verhältnis zwischen Amalia und Josef auch aus ihren Interventionen zu Gunsten ihrer Herkunftsfamilie resultieren könnte56. In diesem Kontext wäre es sinnvoll, die Nutzbarmachung des Terminus „Interdependenznetz“ zu diskutieren, da ein familiäres Netzwerk immer auch zu Abhängigkeitsverhältnissen verschiedener Intensität führen konnte57. Der Versuch, ihren Schwager Rinaldo d’Este in seinem Bemühen, mailändischer Statthalter zu werden, zu unterstützen, wurde vor allem von Seiten ihres Schwagers Karl III. (VI.) bekämpft, dem es gelang, Prinz Eugen 51  Johann Heinrich Zedler, Art. Amalie Wilhelmine. Universallexikon 56 (1748) 1550–1566; weiters findet sich ein Eintrag zu ihrer Schwiegermutter Eleonora Magdalena Theresia: Ders., Art. Eleonora Magdalena Theresia. Universallexikon 8 (1734) 780f., nicht aber zu ihrer Schwägerin Elisabeth Christine. S. unten S. 192. 52  Leitgeb, Amalie Wilhelmine (wie Anm. 10) 142f.; Eduard Vehse, Geschichte des österreichischen Hofs und Adels und der österreichischen Diplomatie. (Geschichte der Deutschen Höfe 12, Hamburg 1852) 156. 53  Leitgeb, Amalie Wilhelmine (wie Anm. 10) 170. 54   Sigrid Ruby, Mit Macht verbunden. Bilder der Favoritin im Frankreich der Renaissance (Freiburg 2010); Eva Kathrin Dade, Die Königliche Mätresse als Diplomatin: Madame de Pompadour im Dienst der französischen Krone, in: Akteure der Außenbeziehungen (wie Anm. 2) 277–294; dies., „Schneller als auf den herkömmlichen und regulären Wegen?“ Informalität am Hof Ludwigs XV., in: Informelle Strukturen bei Hof. Dresdner Gespräche III zur Theorie des Hofes (Vita Curialis – Form und Wandel höfischer Herrschaft 2, Berlin 2009) 133–148. 55   Es handelte sich um Wilhelmine von Grävenitz; Sybille Osswald-Bargende, Die Mätresse, der Fürst und die Macht. Christina Wilhelmina von Grävenitz und die höfische Gesellschaft (Geschichte und Geschlechter 32, Frankfurt am Main 2000) 35. OeStA, HHStA, HA Familienkorrespondenz A 33, Nr. 21, Amalia Wilhelmina an die Markgräfin Augusta Maria von Baden-Durlach, 25. Februar 1708. 56  Leitgeb, Amalie Wilhelmine (wie Anm. 10) 66. 57  Andrea Lilienthal, Die Fürstin und die Macht. Welfische Herzoginnen im 16. Jahrhundert. Elisabeth, Sidonia, Sophia (Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens 127, Hannover 2007) 19; Grete Klingenstein, Einführung, in: Kaiserhof – Papsthof (16.–18. Jahrhundert), hg. von Richard Bösel–Grete Klingenstein–Alexander Koller (Publikationen des Historischen Instituts beim Österreichischen Kulturforum in Rom, Abteilung 1, Abhandlungen 12, Wien 2006) 7–10, hier 7; Christine Schneider, Briefe von Nonnen als Quelle für die Analyse familiärer Netzwerke: Die Augustiner Chorfrau Isabella von Thürheim (1663–1723). MIÖG 122 (2014) 62–81; Ruppel, Geschwisterbeziehungen (wie Anm. 8) 74, 170, 181.



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auf diesen Posten zu heben58. Zudem versuchte ihre Schwiegermutter politisches Terrain zurückzugewinnen59. Eleonora Magdalena Theresia, die anders als ihre Schwiegertöchter selbst zur Kaiserin gekrönt worden war60, war es auch, die nach dem Tod Josefs I. 1711 zur Regentin ernannt wurde61. Als ihre Schwägerin Elisabeth Christine im Jahre 1713 als regierende Kaiserin in Wien einzog, drängte Amalia Wilhelmina bereits vor deren Ankunft auf eine Klärung der Rangund Erbfrage62. Angeblich waren die schwierigen Verhandlungen einer der Gründe für die immer wieder verschobene Ankunft der regierenden Kaiserin in Wien, wo zur selben Zeit allerdings auch die Pest wütete63. Die Thronfolge wurde in der Pragmatischen Sanktion schließlich gegen die Schwestern Karls VI. und zugunsten der Töchter Amalia Wilhelminas entschieden, jedenfalls solange die Ehe Karls kinderlos blieb. Amalia Wilhelmina selbst war davon überzeugt, dass sie aktiv die Entscheidung des Kaisers beeinflusst habe64. Amalia Wilhelmina war weiterhin bemüht, für ihre Töchter zu agieren, wozu die Aufrechterhaltung der familiären Netzwerke unbedingt notwendig war. Ihre älteste Tochter, Maria Josefa, verheiratete sie 1719 mit dem sächsischen Kurprinzen Friedrich August, dem späteren König von Polen65. Für ihre jüngere Tochter, Maria Amalia, konnte sie schließlich 1722 eine Eheverbindung mit dem bayerischen Kurprinzen Karl Albrecht bewirken66. Besonders hervorzuheben sind die Familientreffen im Jahr 1737 nach dem Polnischen Thronfolgekrieg mit ihren Töchtern. Nach einer schweren Erkrankung Kaiser Karls 1739 wurde eine repräsentative Zusammenkunft Amalia Wilhelminas und der bayerischen Kurfürstenfamilie im Benediktinerstift Melk organisiert, die auch dazu diente, mögliche Erbansprüche zu diskutieren67. Anschließend fand in der Nähe Wiens, in Schloss Purkersdorf, eine Unterredung zwischen dem Kurfürsten- und dem Kaiserpaar statt, deren Inhalt wahrscheinlich das sensible Verhältnis zwischen München und Wien war68. Als der Österreichische Erbfolgekrieg ausbrach, bediente sich Maria Theresia schließlich ihrer Tante, um 1741 mit dem bayerischen Kurfürstenpaar zu verhandeln69. Da Amalia Wilhelmina bereits im darauffolgenden Jahr starb, konnte sie den weiteren   Pečar, Ökonomie (wie Anm. 9) 75.   Leitgeb, Frauen am Kaiserhof (wie Anm. 13) 65. 60  Zur Bedeutung der Kaiserinnenkrönungen Barbara Stollberg-Rilinger, Des Kaisers alte Kleider. Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches (München 2008) 190f. 61   Leitgeb, Amalie Wilhelmine (wie Anm. 10) 197f.; siehe auch Sylvia Anzböck, Kaiserin Eleonora Magdalena Theresia, Gemahlin Kaiser Leopolds I. (Diplomarbeit Wien 1987) 81. 62   Leitgeb, Amalie Wilhelmine (wie Anm. 10) 165, 210–218. 63   Ebd. 178, 212. Der Hof floh zwar nicht aus Wien, aber es gab strikte Reglements bezüglich des Zutritts in die Wiener Hofburg; OeStA, HHStA, ÄZA Kr. 24, fol. 1r–86v. 64   Leitgeb, Amalie Wilhelmine (wie Anm. 10) 216, 218; Hans von Zwiedineck-Südenorst, Die Anerkennung der Pragmatischen Sanktion Karls VI. MIÖG 16 (1895) 276–341, hier 278. 65  Leitgeb, Amalie Wilhelmine (wie Anm. 10) 236; OeStA, HHStA, ZA Prot. 10, fol. 342v–380r. 66  Leitgeb, Amalie Wilhelmine (wie Anm. 10) 245; OeStA, HHStA, ZA Prot. 11, fol. 218v–225v, 227r– 242r; HHStA, Familienakten Kr. 41, fol. 3r–79v, 92r–95v, 142r–145v. 67  BayHStA, 1. Abt., Alte Bestände, Fürstensachen Nr. 751/2, fol. 450r. 68  Leitgeb schildert den Ausgang der Gespräche als negativ; Leitgeb, Amalie Wilhelmine (wie Anm. 10) 220f., 251. Im Gegensatz dazu Stefan Pongratz, Adel und Alltag am Münchener Hof. Die Schreibkalender des Grafen Johann Maximilian IV. Emanuel von Preysing-Hohenaschau (1687–1764) (Münchener Historische Studien, Abteilung Bayerische Geschichte 21, Kallmünz/Opf. 2013) 235–237. Pongratz beruft sich hierbei auf Peter Claus Hartmann, Karl Albrecht – Karl VII. glücklicher Kurfürst, unglücklicher Kaiser (Regensburg 1985) 161. 69  Leitgeb, Amalie Wilhelmine (wie Anm. 10) 254–256. 58 59

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Verlauf des Österreichischen Erbfolgekriegs nicht mehr verfolgen oder gar beeinflussen. Bevor Elisabeth Christine offiziell als Kaiserin im Jahr 1713 in Wien einzog, bewies sie als Statthalterin politisches Geschick für die schwierige Situation in Spanien/Barcelona. Elisabeth Christine war zudem fast von Beginn an bemüht, sich ein Netzwerk aufzubauen, indem sie unter anderem den Orden der Nächstenliebe stiftete70. Als England jedoch Karl VI. die Unterstützung für seine spanischen Thronansprüche entzog, und damit dessen Position in Spanien unhaltbar wurde, musste Elisabeth Christine ihre Statthalterschaft aufgeben und ihrem Gemahl ins Reich folgen71. Wohl aufgrund einiger Gesandtenrelationen wurde und wird Elisabeth Christine nach ihrer spanischen Zeit als reine „gesellschaftliche Repräsentationsfigur“ an der Seite ihres kaiserlichen Gemahls beschrieben72. So betonten der französische Diplomat Comte Charles-François de Vintimille du Luc sowie Baron Karl Ludwig von Pöllnitz, dass Karl VI. jeglichen Einfluss seiner Frau auf politische Geschäfte zu unterbinden gewusst habe73. Eine andere Ansicht vertrat der preußische Diplomat Graf Otto Christoph von Podewils. Er war der Meinung, dass Elisabeth Christine ohne den Anschein zu erwecken, als wollte sie sich hineinmischen74, sehr wohl Einfluss auf Entscheidungen ihres Mannes während dessen letzter Lebensjahre gehabt habe75. Bestätigt wird diese Aussage, die immerhin sieben Jahre nach dem Tod Karls VI. gemacht wurde, durch die Note eines anonymen französischen Beobachters aus dem Jahr 1738, in der es heißt, dass Elisabeth Christine in den Geschäften ist76. Im Zuge des Türkenkrieges 1737 bemühte sich Elisabeth Christine offenbar energisch um das militärische Oberkommando für Friedrich Heinrich von Seckendorff77. Außerdem war es für Elisabeth Christine wichtig, mit den Ministern ihres Mannes – später ihrer Tochter – in Kontakt zu stehen, um über die laufenden Angelegenheiten informiert zu sein78. Was ihre Herkunftsfamilie betrifft, betonte Herzog Anton Ulrich die Bedeutung seiner Enkelin immer wieder und stellte sein Haus unter ihren Schutz79. Dies ist umso bedeutender, als sein Nachfolger, Elisabeth Christines Onkel Herzog August Wilhelm, gegen die kaiserliche Politik opponierte, indem er unter anderem im Jahr 1727 ein Bündnis mit England schloss. Trotzdem hoffte August Wilhelm nach wie vor auf eine Einflussnahme Elisabeth Christines zu seinen Gunsten am Wiener Hof. Im Jahre 1731 folgte ihr Vater, Ludwig Rudolf, als Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel nach. Dieser hatte bereits zuvor immer wieder große finanzielle Forderungen an seine Tochter gestellt, was zu Klagen ihres Kammerzahlmeisters führte80. Aber auch wolfenbüttelsche Gesandte in Wien, die sich auf amouröse Affären eingelassen hatten, bereiteten ihr Unannehmlichkeiten. Amalia Wilhelmina nahm dies zum Anlass, ihre Schwägerin zu tadeln, um

  Keller, Handlungsspielräume (wie Anm. 2) 237f.   Körper, Elisabeth Christine (wie Anm. 10) 304–311. 72   Ebd. 321. 73  Braubach, Eugen (wie Anm. 30) 121. 74  Friedrich der Große und Maria Theresia. Diplomatische Berichte von Otto Christoph Graf von Podewils, königl. preußischer Gesandter am österreichischen Hofe in Wien, hg. von Carl Hinrichs (Berlin 1937) 66. 75  Ebd. 65–67. 76  Zitiert nach Braubach, Satire (wie Anm. 27) 33. 77  Ebd. 37. 78  Hinrichs, Diplomatische Berichte (wie Anm. 74) 67. 79  Körper, Elisabeth Christine (wie Anm. 10) 327. 80  Ebd. 329. 70 71



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deren Position zu schwächen81. Um dies zu vermeiden, drohte Elisabeth Christine den Gesandten ihres Vaters jegliche Unterstützung zu entziehen, was deren Arbeit zum Erliegen gebracht hätte. Trotz dieser Zwischenfälle versuchte sie ausgleichend zwischen den welfischen Linien, auch in Bezug auf die Achse Wien–London–Hannover, zu wirken 82. Bemerkenswert sind Elisabeth Christines Bemühungen, sich für eine Annäherung ihrer Herkunftsfamilie an den preußischen Hof einzusetzen, um eine ausgleichende Politik zwischen Wien und Berlin zu fördern. So war sie etwa in die Eheanbahnung ihrer Nichte gleichen Namens mit dem späteren Friedrich II. von Preußen involviert83. Nach Aussage des englischen Gesandten François Louis de St. Saphorin war der Einfluss Elisabeth Christines auf ihren Ehemann zwar gering, nichtsdestotrotz gelang es ihr, einen regen Austausch mit den kaiserlichen Ministern – unter anderem mit dem Präsidenten der Hofkammer, Graf Gundaker Thomas von Starhemberg – zu führen84. Als „Agenten“ nutzte die Kaiserin anscheinend den Hofbibliothekar und Leibarzt ihres Mannes, Johann Baptist Carelli85. Allerdings war dieser auch Leibarzt Amalia Wilhelminas, weshalb seine Tätigkeit in einem besonderen Licht erscheint und näher zu untersuchen wäre86. Nach dem Tod Karls VI. gelang es Elisabeth Christine, so die derzeit in der Literatur vertretene Auffassung, nicht mehr am politischen Geschehen teilzunehmen87. Auch nahm an ihrem Lebensabend der Briefverkehr mit ihrer Herkunftsfamilie stetig ab88. Hier wären weitere Untersuchungen erforderlich, für die im folgenden Hinweise geliefert werden können.

Der Witwenstand Das Leben von Witwen in der Frühen Neuzeit war Verhaltensregeln unterworfen, die vor allem ein zurückgezogenes und frommes Leben verlangten89. Am Wiener Hof war es Tradition, dass die Witwe für die Memoria ihres Gemahls, vor allem in Form jährlich von ihr organisierter und finanzierter feierlicher Gedächtnistage Sorge trug. So wurde bei diesem Anlass nicht nur eine Totenmesse sowie die üblichen Exequien und Vigilien ab  Ebd. 337.   Ebd. 326f., 329, 336f. 83  Ebd. 342 f.; Alfred von Arneth, Prinz Eugen von Savoyen 1717–1736, 3 (Wien 1858) 334f. 84  Körper, Elisabeth Christine (wie Anm. 10) 358. 85  Ebd. 358. 86  Kubiska-Scharl–Pölzl, Karrieren (wie Anm. 32) 456, 552. 87  Hinrichs, Diplomatische Berichte (wie Anm. 74) 37. 88   Römer, Kaiser und die welfischen Staaten (wie Anm. 25) 64. 89   Witwenschaft in der Frühen Neuzeit. Fürstliche und adlige Witwen zwischen Fremd- und Selbstbestimmung, hg. von Martina Schattkowsky (Schriften zur sächsischen Geschichte und Volkskunde 6, Leipzig 2003); Regine Birkmeyer, Aspekte fürstlicher Witwenschaft im 15. Jahrhundert. Die Versorgung der Witwe im Spannungsfeld der Territorialpolitik am Beispiel der Margarethe von Savoyen (1420–1470), in: Fürstin und Fürst (wie Anm. 2) 283–300; Doreen Fischer, Witwe als weiblicher Lebensentwurf in deutschen Texten des 13. bis 16. Jahrhunderts (Europäische Hochschulschriften 1820, Frankfurt am Main 2002); Gesa Ingendahl, Witwe in der Frühen Neuzeit (Geschichte und Geschlechter 54, Frankfurt am Main 2006); dies., Antizipierte Bedürftigkeit im Witwenstand. Vom Umgang mit einem Topos, in: Sicherheit in der Frühen Neuzeit. Norm – Praxis – Repräsentation, hg. von Christoph Kampmann–Ulrich Niggemann (Köln–Weimar–Wien 2013) 479–496; Katrin Rawert, Regentin und Witwe. Zeitliche Herrschaft und das Verhältnis zwischen Gisela Agnes von Anhalt-Köthen und ihren Kindern, in: Adel in Sachsen-Anhalt. Höfische Kultur zwischen Repräsentation, Unternehmertum und Familie, hg. von Eva Labouvie (Köln–Weimar–Wien 2007) 49–77. 81 82

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gehalten, sondern es wurden jedes Jahr zudem ein Castrum Doloris errichtet sowie in und vor der Stadt Wien alle Glocken geläutet, um die Bevölkerung in die dynastische Gedächtniskultur einzubinden90. Zwar hatte eine Kaiserinwitwe in ansehung der unverletzlichkeit, gleiche rechte wie der hof staat eines regierenden herrn91, trotzdem bedeutete der kaiserliche Witwenstand einen Rangverlust gegenüber der Gemahlin des Kaisers. Dieses spiegelt sich allerdings nicht in Bezug auf den Hofstaat wider, denn die Witwenhofstaaten waren deutlich größer als die der regierenden Kaiserinnen. Sie wurden nämlich um das zu Lebzeiten ihres Mannes zur Verfügung gestellte Garde-, Küchen- und Stallpersonal ergänzt, weshalb der Hofstaat auf das Drei- bis Vierfache seiner bisherigen Größe anwuchs92. Untersuchungen zum Witwenhof Amalia Wilhelminas werden allerdings durch den Mangel an Quellen erschwert, da ihre nachgelassenen Papiere auf Weisung Josefs II. verbrannt wurden93. Immer wieder äußerten verwitwete Kaiserinnen den Wunsch, ihren Lebensabend im Kloster zu verbringen, wie etwa Eleonora Gonzaga d. Ä. oder Eleonora Magdalena Theresia von Pfalz-Neuburg94. Tatsächlich umgesetzt hat dies unter den Kaiserinwitwen im 17. und 18. Jahrhundert jedoch nur Amalia Wilhelmina, die sich in dem von ihr gestifteten Salesianerinnen-Kloster einen Palastteil errichten ließ95. Allerdings zog sie sich nicht völlig darin zurück, sondern behielt bis zu ihrem Tod ihr Witwenappartement in der Wiener Hofburg, weshalb wohl auch ihr Witwenhofstaat keine Reduzierung erfuhr96. Da ihre Aufenthalte im Kloster immer mehr zugenommen hatten, gab sie allerdings im Jahr 1728 ihr Sommerrefugium Schloss Schönbrunn an Karl VI. zurück97. Bis zu ihrem Tod verließ sie für öffentliche Audienzen oder für andere wichtige repräsentative Anlässe immer wieder das Kloster, was ihre aktive Teilnahme am höfischen Geschehen deutlich macht98. Im Gegensatz dazu zeigte Elisabeth Christine nie die Absicht, ins Kloster zu gehen. Ob dies mit ihrer Konversion zusammenhing und somit ihrer persönlichen Gesinnung 90  Seitschek, Kommunizierende Gefäße (wie Anm. 15) 54f.; Michaela Kneidinger–Philipp Dittinger, Hoftrauer am Kaiserhof 1652–1800, in: Der Wiener Hof im Spiegel der Zeremonialprotokolle (wie Anm. 43) 529–573; Magdalena Hawlik van de Water, Der schöne Tod. Zeremonialstrukturen des Wiener Hofes bei Tod und Begräbnis zwischen 1640 und 1740 (Wien–Freiburg–Basel 1989); allgemein dazu: Macht und Memoria. Begräbniskultur europäischer Oberschichten in der Frühen Neuzeit, hg. von Mark Hengerer (Wien– Köln–Weimar 2005); OeStA, HHStA, ZA Prot. 13, fol. 40v; OeStA, HHStA, ZA Prot. 16, fol. 158r; Wiener Diarium, 20. 10. 1745, Nr. 84. 91   Moser, Teutsches Hofrecht (wie Anm. 43) 626. 92   Kubiska-Scharl–Pölzl, Karrieren (wie Anm. 32) 126–129. 93   OeStA, HHStA, OMeA Prot. 41, fol. 379v–380r; die Nachlassverwaltung Amalia Wilhelminas zog sich bis in die 1780er Jahre. So findet sich ein weiterer Hinweis in München, BayHStA, 1. Abt. Alte Bestände, Bayerische Gesandtschaft Wien Nr. 12/4. Für Elisabeth Christine ist die Überlieferung derartiger Quellen günstiger: OeStA, HHStA, HA HStV 9, 10; außerdem haben sich etwa Instruktionen für mehrere ihrer Hofbeamten erhalten, OeStA, HHStA, Zeremonialakten SR Bd. 3, fol. 1r–52r. Jakob Wührer–Martin Scheutz, Zu Diensten Ihrer Majestät. Hofordnungen und Instruktionsbücher am frühneuzeitlichen Wiener Hof (QIÖG 6, Wien–Köln–Weimar 2011) 90–92, 97, 106, 109. 94   Elisabeth Hassmann, Von Katterburg zu Schönbrunn. Die Geschichte Schönbrunns bis Kaiser Leopold I. (Wien–Köln–Weimar 2004) 487; Peper, Konversionen (wie Anm. 11) 93. 95   Ihr dortiges Appartement war möglicherweise komfortabler als ihre Wohnung in der Hofburg eingerichtet; allgemein Hildegard Waach, Die Salesianerinnen in Wien 1717–1967 (Forschungen zur Kirchengeschichte Österreichs 4, Wien–München 1967) 15. 96  Kubiska-Scharl–Pölzl, Karrieren (wie Anm. 32) 453–476. 97  OeStA, HHStA, ZA Prot. 14, fol. 119v–120r. 98  Als Beispiel sei hier die Audienz des französischen Botschafters Marquis Mirepois im Oktober 1738 genannt; OeStA, HHStA, ZA Prot. 16, fol. 397v–398r.



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oder durch den Geist der Aufklärung zu erklären ist, müsste noch eingehender untersucht werden. Als Witwe bezog sie die Räume oberhalb der kaiserlichen Appartements im heute sogenannten Leopoldinischen Trakt der Hofburg99. Als Sommerresidenz stand ihr Schloss Hetzendorf zur Verfügung100. Generell lässt sich festhalten, dass Kaiserinwitwen einen wesentlichen Teil zur höfischen Repräsentation und dynastischen Erinnerungskultur beitrugen101. Neben öffentlichen Audienzen nahmen sie an Galatagen nicht nur teil, sondern waren in die Planung etwa ihrer eigenen Namens- und Geburtstage involviert. Amalia Wilhelmina veranstaltete in Schönbrunn immer wieder Fasanenschießen, die sich in die Tradition der für adelige weibliche Mitglieder des Wiener Hofes abgehaltenen Schießwettbewerbe einreihen lassen102. Entsprechend dem Verhaltenskodex des Witwenstandes verstärkte sich die ostentative Frömmigkeit, wobei allerdings kaum eine Trennlinie zwischen der persönlichen und der „rollenadäquaten Frömmigkeit“103 zu ziehen ist. Ein Aspekt, der hier nur angedeutet werden kann, betrifft die Funktion der Kaiserinnen und Kaiserinwitwen als Heiratsvermittlerinnen ihrer Hofdamen und das daraus resultierende Netzwerk104. Wenn im Jahre 1744 Fürst Johann Josef von Khevenhüller-Metsch, der Obersthofmeister Maria Theresias, in seinem Tagebuch notierte, dass am Hof von Maria Theresias Mutter die hundertste Hofdame ausgeheirathet wurde105, deutet das den Umfang der Aktivität der Kaiserinwitwe in dieser Hinsicht immerhin an.

Der Letzte Wille Testamente von Kaiserinnen bieten zahlreiche Informationen106, wobei hier vor allem mögliche Gunstbezeugungen für Vertrauenspersonen von Interesse sind, um auf Netz99  Renate Zedinger, Franz Stephan von Lothringen (1708–1765). Monarch – Manager – Mäzen (Schriftenreihe der österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts 13, Wien–Köln–Weimar 2008) 259. 100   Magdalena Hawlik van de Water, Das kaiserliche Lustschloss Hetzendorf. Die Modeschule der Stadt Wien (Wien–Köln–Weimar 1996) 44. 101  Mittelalterliche Fürstenhöfe und ihre Erinnerungskulturen, hg. von Carola Fey–Steffen Krieb–Werner Rösener (Formen und Erinnerung 27, Göttingen 2007); Beatrix Bastl, Herrschaft und Gedächtnis. Zur „Inszenierung“ der „Witwe“, in: Witwenschaft in der Frühen Neuzeit (wie Anm. 89) 281–302. 102   Fasanenschießen vom 7. Oktober 1717; OeStA, HHStA, ZA Prot. 10, fol. 83v; kranzelschießen in der Favorita am 4. Juli 1717; ebd. fol. 61v. 103   Seitschek, Kommunizierende Gefäße (wie Anm. 15) 54f.; Thomas Brockmann, Das Bild des Hauses Habsburg in der dynastischen Historiographie um 1700, in: Bourbon, Habsburg, Oranien. Konkurrierende Modelle im dynastischen Europa um 1700, hg. von Christoph Kampmann et al. (Köln–Weimar–Wien 2008) 27–57, hier 41f.; Dieter Breuer, Frömmigkeit in der Frühen Neuzeit. Studien zur religiösen Literatur des 17. Jahrhunderts in Deutschland (Amsterdam 1984) 213–252. 104  Katrin Keller, Das Frauenzimmer. Zur integrativen Wirkung des Wiener Hofes am Beispiel der Hofstaaten von Kaiserinnen und Erzherzoginnen zwischen 1611 und 1657, in: Die Habsburgermonarchie 1620 bis 1740. Leistungen und Grenzen des Absolutismusparadigmas, hg. von Petr Matá–Thomas Winkelbauer (Forschungen zur Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropas 24, Stuttgart 2006) 131–157, hier 131, 147, 156; Keller, Hofdamen (wie Anm. 34) 75f. 105  Aus der Zeit Maria Theresias. Tagebuch des Fürsten Johann Josef Khevenhüller-Metsch, kaiserlicher Obersthofmeister, ed. Rudolf Khevenhüller-Metsch, Bd. 2 (1745–1749) (Wien–Leipzig 1908) 240. 106  Almut Bues, Das Testament der Eleonora Gonzaga aus dem Jahr 1651. Leben und Umfeld einer Kaiserin-Witwe. MIÖG 102 (1994) 316–338; allgemein Susan Richter, Fürstentestamente der Frühen Neuzeit. Politische Programme und Medien intergenerationeller Kommunikation (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 80, Göttingen 2009).

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werke schließen zu können. Das Testament Elisabeth Christines besticht durch seine Kürze. Adelige Funktionsträger oder -trägerinnen werden kaum namentlich angeführt, auch finden sich keine detaillierten Informationen zu Schenkungen oder Pensionsauszahlungen107. Namentlich genannt wurden Gräfin Karoline von Fuchs-Mollard (ehemalige Aya und Obersthofmeisterin Maria Theresias), deren Tochter Maria Josefa (verh. von Daun), eine Gräfin von Lossin108 sowie eine Fürstin von Lamberg109. Sie erhielten einen indianischen kasten, weiße porcelaine, silber und meuble, indianische luster und ein goldenes ciocolat service110. Der Obersthofmeister der Kaiserin, Graf Karl Ferdinand von Königs­ egg-Rothenfels, dessen Name unerwähnt blieb, wurde mit einem Brillantring bedacht111. Als Universalerbin setzte Elisabeth Christine ihre Tochter Maria Theresia ein, die sie um die Tilgung ihrer Schulden bat. Auch in den Trauer- und Lobreden der beiden Kaiserinnen wird auf deren Schulden verwiesen, die laut diesen Druckwerken in erster Linie auf ihre Mildtätigkeit zurückzuführen seien112 – eine Aussage, die sicherlich mehr als nur kritisch zu hinterfragen ist und wohl als Topos in den Trauerreden gewertet werden kann113. Im Gegensatz dazu stellt der Letzte Wille Amalia Wilhelminas eine Fülle an Informationen bereit. Als Universalerben setzte sie ihre beiden Töchter, Maria Josefa und Maria Amalia, ein114. Die Nachlassverwaltung zog sich, wie so oft in diesen Fällen, über Jahre hin, wobei die Verhandlungen durch den Österreichischen Erbfolgekrieg noch verkompliziert wurden115. Amalia Wilhelmina bedachte beispielsweise ihre enge Vertraute, Marie Charlotte von Klencke116, mit Diamantarmbändern. Zusätzlich erhielt sie, wie alle übrigen Kammerfräulein, als letztwillige disposition 2000 fl.117. Das aus der Heimatstadt Amalia Wilhelminas stammende Kammerfräulein hatte im Jahre 1700 als Hofdame in deren Hofstaat ihren Dienst angetreten118. Amalia Wilhelminas Schwiegersohn Karl Albrecht von Bayern muss von der besonderen Stellung dieses Kammerfräuleins gewusst haben, da er sie im Jahr 1739 als Mittlerin nutzte, um das bereits erwähnte Familientreffen voranzutreiben119. Auch nach dem Tod Amalia Wilhelminas spielte sie offenbar noch eine gewisse Rolle und wurde auch von Maria Theresia aufgesucht120. Im Zuge der Wahlvorbereitungen Franz   Testament Elisabeth Christines; OeStA, HHStA, UR FUK 1947–1948, ohne Foliierung.   Es handelt sich hierbei wohl um eine Gräfin Losy v. Losenau. 109  Da deren Vornamen unerwähnt blieben, konnten sie bisher nicht eindeutig identifiziert werden. 110  Testament Elisabeth Christines; OeStA, HHStA, UR FUK 1947–1948, ohne Foliierung. 111  Ebd. 112  Für Elisabeth Christine (wie Anm. 31) 38f.; für Amalia Wilhelmina (wie Anm. 31) fol. 14r–16r. 113  Peper, Konversionen (wie Anm. 11) 93. 114  Testament Amalia Wilhelminas; OeStA, HHStA, UR FUK 1901, fol. 4r; OeStA, HHStA, ZA Prot. 18, fol. 460r; weitere Quellen zur Erbschaftsregelung in OeStA, HHStA, ÄZA Kr. 41; zu den Trauerfeierlichkeiten ebd.; OeStA, HHStA, ZA Prot.18, fol. 455r–476v, 483r–490r, 523r–524r, 527r–528v, 530r–537r, 546v–549v; für Elisabeth Christine OeStA, HHStA, ZA Prot. 22, fol. 494v–498r sowie ZA Prot. 23, fol. 12v–13r; OeStA, HHStA, HausA, Hofakten des Ministeriums des Inneren 7, Konv. I C 4, 1750/51. 115  OeStA, HHStA, ZA Prot. 18, fol. 461v–462v, 533r; OeStA, HHStA, ÄZA Kr. 50 (1755–1756) fol. 1r–32r; BayHStA, Bayerische Gesandtschaft in Wien Nr. 12. 116   Sie lebte von 1681 bis 1748 und war die Tochter des hannoverschen Oberstkammerherrn Wilken Klencke; Schnath, Hannover 3 (wie Anm. 4) 203. 117  Testament Amalia Wilhelminas; OeStA, HHStA, UR FUK 1901, fol. 3r. 118  OeStA, HHStA, Familienkorrespondenz Kr. 33, Antwortschreiben Amalia Wilhelminas vom 23. Juni 1700 auf das Dankschreiben Marie Charlotte von Klenckes, als Hofdame aufgenommen worden zu sein. 119  BayHStA, 1. Abt., Alte Bestände, Fürstensachen, Nr. 751/2, fol. 389r, 405r. 120  Zu zeitgenössischen Äußerungen über das Kammerfräulein: Khevenhüller-Metsch, Tagebuch Bd. 2 107 108



Die Kaiserinnen Amalia Wilhelmina (1673–1742) und Elisabeth Christine (1691–1750) 191

Stephans von Lothringen zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs wurde von Seiten des Wiener Hofes im Jahr 1745 ein Fräulein Klencke bemüht, um die jüngst verwitwete Kaiserin Maria Amalia zu dessen Gunsten umzustimmen. Angeblich handelte es sich dabei um eine Marie Charlotte von Klencke (1681–1748), die als Kammerfräulein Maria Amalias bezeichnet wird121. Jedoch findet sich in ihrem Hofstaat niemand mit dem Namen Klencke, weshalb zu vermuten ist, dass es sich dabei wohl doch um das hinterlassene Kammerfräulein Amalia Wilhelminas handelt, die möglicherweise im schriftlichen Kontakt mit Maria Amalia in München stand122. Einen großen Unterschied zwischen beiden Kaiserinnen zeigt der testamentarische Wunsch bezüglich des Umgangs mit ihrem Leichnam. Im Falle Amalia Wilhelminas wurde nur ihr Herz, welches in einer Urne beim Sarg ihres Gemahls in der Kapuziner­ gruft die letzte Ruhestätte fand, entnommen. Ihr Körper wurde gereinigt, aber nicht einbalsamiert, wie es die habsburgische Tradition eigentlich verlangte123. Im Nonnenhabit der Salesianerinnen wurde sie in der Gruft ihrer Klosterkirche beigesetzt, womit sie sich nicht nur ein bauliches Denkmal ihrer Herrschaft in Wien setzte, sondern einen eigenen Grab- und somit einen von der Kapuzinergruft unabhängigen Gedächtnisort schuf. Elisabeth Christine hingegen hat sich den Gebräuchen des Wiener Hofes in dieser Hinsicht ganz untergeordnet. Gemäß der Tradition wurden die Eingeweide und das Herz, jeweils in Urnen, im Stephansdom sowie in der sogenannten Herzgruft der Augustinerkirche beigesetzt. Ihr einbalsamierter Körper fand seine letzte Ruhestätte in der Kapuzinergruft124.

Resümee Das Eheprojekt Amalia Wilhelminas und die Konversion Elisabeth Christines spiegeln in besonderer Weise das Spannungsfeld zwischen den beiden konkurrierenden Welfenlinien, aber auch deren gegenseitige Interdependenz wider. Darin zeigt sich die enge Verflochtenheit von Familien- und Reichspolitik. Inwieweit es einer Kaiserin gelang, sich am Hof zu integrieren, ohne dabei allzu viel Unruhe in das sensible höfische Gefüge zu bringen, war von großer Bedeutung für ihren Aktionsradius. In diesem Kontext wurden deshalb auch die Hofhaltungen und die räumliche Verortung der beiden Frauen besprochen. Das bestehende Forschungsdesiderat zu den Netzwerken dieser beiden Kaiserinnen erschwert es Aussagen zu ihrer Herrschaftsteilhabe zu treffen. Hierzu wären Untersuchun(wie Anm. 105) 286; Elisabeth Garms-Cornides, On’a qu’à vouloir, et tout est possible oder i bin halt wer i bin. Eine Gebrauchsanweisung für den Wiener Hof, geschrieben von Friedrich August Harrach für seinen Bruder Ferdinand Bonaventura, in: Adel im „langen“ 18. Jahrhundert, hg. von Gabriele Haug-Moritz–Hans Peter Hye–Marlies Raffler (Zentraleuropa-Studien 14, Wien 2009) 89–111, hier 97. 121  Die Berichte der diplomatischen Vertreter des Kaiserhofes aus München an die Staatskanzlei zu Wien während der Regierungszeit des Kurfürsten Max III. Josef, Bd. 1, ed. Alois Schmid–Dietmar Grypa (Quellen zur neueren Geschichte Bayerns 2, München 2000) 73. 122  BayHStA, 1. Abt., Alte Bestände, Kurbayern Hofzahlamt Besoldungsbuch 785 für das Jahr 1745, Besoldungsbuch 787 für das Jahr 1747; auch in den prosopographischen Listen von Britta Kägler, Frauen am Münchener Hof (wie Anm. 2) 483–531, findet sich niemand mit Namen Klencke. 123  Damit folgt sie den Beispielen ihrer Schwiegermutter Eleonora Magdalena Theresia von Pfalz-Neuburg und Kaiserin Claudia Felicitas von Tirol, der zweiten Frau Leopolds I.; Hawlik van der Water, Der schöne Tod (wie Anm. 90) 68, 95; Moser, Teutsches Hofrecht (wie Anm. 43) 408; OeStA, HHStA, HA Familienakten 79, fol. 10r–v; OeStA, HHStA, ÄZA Kr. 20, fol. 114r–118v. 124  Testament Elisabeth Christines; OeStA, HHStA, UR FUK 1947–1948, ohne Foliierung.

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gen zu ihrer „Ordenstätigkeit“ (Sternkreuzorden, Orden der Nächstenliebe) notwendig125. Ihre Bedeutung als „Heiratsmaklerinnen“ für ihre Hofdamen bedarf ebenso einer gründlichen Aufarbeitung. Außerdem wäre es von Nutzen, ihre Korrespondenz, die in Archiven über ganz Europa verteilt ist, systematisch zu erschließen. Deutlich tritt das komplexe Navigieren zwischen ihren Herkunfts- und Aufnahmefamilien sowie den unterschiedlichen höfischen Konstellationen hervor. Ihre Wahrnehmung im Reich war anlässlich ihrer Vermählungen und vor allem aufgrund der Konversion Elisabeth Christines sicherlich gegeben. Die Reise Amalia Wilhelminas an den Rhein wurde im Zedlerschen Lexikon ausführlich vermerkt. Elisabeth Christine war nie offiziell als Kaiserin im Reich, trotzdem verwundert es, dass sie im „Zedler“ gänzlich unerwähnt blieb. Ihr gemeinsames „Kaiserinnensein“ und ein damit verbundener möglicher Herrschaftsanspruch hat in der Reichspublizistik so gut wie gar kein Echo gefunden. Die Annahme, dass Amalia Wilhelmina das Opfer ihrer unglücklichen Ehe gewesen sei und als Witwe ein völlig zurückgezogenes Leben geführt habe, ist auf jeden Fall zu relativieren. Aber auch Elisabeth Christine, so konnte zumindest ansatzweise gezeigt werden, war mehr als „nur“ Ehefrau Karls VI. und „nur“ Mutter Maria Theresias.

125   Keller, Handlungsspielräume (wie Anm. 2) 238; Sabine Koloch, Kommunikation, Macht, Bildung. Frauen im Kulturprozess der Frühen Neuzeit (Berlin 2011) 356, 365.

… so lang diese Frau die hände in denen Regierungsgeschäften haben ... Maria Amalia von Österreich als machtbewusste Kaiserin(witwe) in München Britta Kägler

Maria Amalia war die jüngste Tochter Kaiser Josephs I. (reg. 1705–1711) und seiner Frau Amalie Wilhelmine. Sie wurde am 22. Oktober 1701 geboren und wuchs am Kaiserhof in Wien auf. Als sie 1722 mit dem bayerischen Thronfolger Karl Albrecht verheiratet wurde, war noch nicht absehbar, dass der Wittelsbacher knapp zwanzig Jahre später als Karl VII. zum Kaiser gekrönt werden sollte1. Denn die 1740 mit dem Tod Kaiser Karls VI. in der männlichen Linie ausgestorbenen Habsburger hatten die Römische Königs- bzw. Kaiserwürde seit König Albrecht II. (reg. 1438‒1439) in ihrer Dynastie monopolisieren können. Seit etwa 300 Jahren war Karl VII. daher der erste nicht-habsburgische Kaiser. Allerdings blieb ihm diese Würde nur drei Jahre, weil er bereits zu Beginn des Jahres 1745 im Alter von nur 47 Jahren verstarb. Maria Amalia überlebte ihn um elf Jahre, in denen sie in München mit einem eigenen großen Hofstaat präsent blieb. Solange die Kaiserinwitwe lebte und mit ihr der kaiserliche Titel, blieb auch der Traum eines wittelsbachischen Kaisertums lebendig. Im Folgenden wird es daher auch nicht nur um die kurze Zeitspanne von 1742 bis 1745 gehen. Vielmehr soll zunächst auf Maria Amalias Herkunft eingegangen werden, bevor dann ihre Stellung am Münchner Hof innerhalb ihrer neuen Familie und innerhalb der Münchner Hofgesellschaft in den Blick rückt. Der zweite Teil beleuchtet schließlich vor allem Maria Amalias politische Einflussnahme als Kaiserinwitwe. 1   Zitat im Titel: Rudolf von Chotek an Anton Corfiz von Ulfeld, München, 10. August 1745; Die Berichte der diplomatischen Vertreter des Kaiserhofes aus München an die Staatskanzlei zu Wien während der Regierungszeit des Kurfürsten Max III. Joseph (1745–1749), 2 Bde., ed. Alois Schmid–Dietmar Grypa (Quellen zur neueren Geschichte Bayerns 2, München 2000) 1 83–84, hier 84. – Nach der Königswahl Ludwigs des Bayern im Jahr 1314, dessen Krönung zum Kaiser 1328 in Rom stattfand, wurde mit Karl Albrecht zum zweiten Mal ein bayerischer Wittelsbacher zum König bzw. Kaiser des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation gewählt. Vgl. Andreas Kraus, Das Wittelsbachische Kaisertum und der Österreichische Erbfolgekrieg (1741–1745), in: Handbuch der bayerischen Geschichte. Das alte Bayern. Der Territorialstaat vom Ausgang des 12. Jahrhunderts bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts 2, begründet von Max Spindler und hg. von Andreas Kraus (München 21988) 525–532, hier 528. – Abkürzungen: ASV = Archivio Segreto Vaticano; BayHStA = Bayerisches Hauptstaatsarchiv; BSB = Bayerische Staatsbibliothek; DHM = Deutsches Historisches Museum; HA = Hausarchiv; FN = Fürstennachlässe; FS = Fürstensachen; Geh. HA = Geheimes Hausarchiv; HHStA = Haus-, Hof- und Staatsarchiv; HU = Hausurkunden; SächsHStA = Sächsisches Hauptstaatsarchiv; StAM = Staatsarchiv München.

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Forschungsstand Obwohl sie aus der Habsburgerdynastie stammte, in das Haus Wittelsbach einheiratete und schließlich sogar zur Kaiserin gekrönt wurde, liegt keine umfassende Biographie zu Maria Amalia vor2. In zahlreichen älteren Studien, die sich mit der Biographie ihres Mannes befassen, wird Maria Amalia die Rolle der Mutter oder der vernachlässigten Ehefrau zugeschrieben3. Neuere Untersuchungen gehen hingegen auch ihrer politischen Bedeutung als Witwe in München nach. Zu nennen sind hier an erster Stelle Studien zu ihrem Sohn Max III. Joseph4. Vor allem Alois Schmid hat in den vergangenen fünfzehn Jahren immer wieder auf die Kurfürstin und spätere Kaiserin hingewiesen5. In seiner Edition von Berichten der diplomatischen Vertreter des Kaiserhofs aus München nach Wien für den Zeitraum von 1747 bis 1749 mahnt Schmid beispielsweise, dass Maria Amalia von der Forschung durchaus eine eigenständig politisch handelnde Rolle in der Hofgesellschaft zugestanden werden müsse6.

Herkunft – Hochzeit – Hofstaat Ihren zukünftigen Mann lernte Maria Amalia wohl im Alter von 16 Jahren kennen. Die Hochzeit, für die beide Seiten gute politische Gründe hatten, folgte 1722 und besiegelte die stabilisierten Beziehungen zwischen Österreich und Bayern nach dem Spanischen Erbfolgekrieg. In Bayern bestimmte allerdings die Möglichkeit, nach dem Tod 2  Auch in neueren Studien zu frühneuzeitlichen Habsburger Frauen oder weiblichen Hofstaaten fehlen Beiträge, die explizit Maria Amalia zum Thema haben. Vgl. Early Modern Habsburg Women. Transnational Contexts, Cultural Conflicts, Dynastic Continuities, hg. von Anne J. Cruz–Maria Galli Stampino (Women and Gender in the Early Modern World, Farnham 2013); The Politics of Female Households. Ladies-in-Waiting across Early Modern Europe, hg. von Nadine Akkerman–Birgit Houben (Rulers & Elites – Comparative Studies in Governance 4, Leiden–Boston 2014); Katrin Keller, Ladies-in-Waiting at the Imperial Court of Vienna from 1550 to 1700. Structures, Responsibilities and Career Patterns, in: ebd. 77–97. 3   In Auswahl: Milan Hlavačka, Karel Albrecht. Příbĕh druhého zimního krále [Karl Albrecht. Die Geschichte des zweiten Winterkönigs] (Praha 1997); Peter Claus Hartmann, Karl Albrecht – Karl VII. Glücklicher Kurfürst. Unglücklicher Kaiser (Regensburg 1985); Felix Joseph Lipowsky, Lebens- und RegierungsGeschichte des Churfürsten von Bayern Karl Albrecht nachmaligen Kaisers Karl VII. (München 1830). 4   Alois Schmid, Max III. Joseph und die europäischen Mächte. Die Außenpolitik des Kurfürstentums Bayern 1745–1765 (München 1987); Ludwig Hammermayer, Bayern im Reich und zwischen den großen Mächten, in: Handbuch der bayerischen Geschichte 2 (wie Anm. 1) 1198–1235, hier 1199; Egon Johannes Greipl, Karl Albrecht. Der zweite wittelsbachische Kaiser, in: Die Herrscher Bayerns. 25 historische Portraits von Tassilo III. bis Ludwig III., hg. von Alois Schmid–Katharina Weigand (München 2001) 250–263, hier 251f. 5  Alois Schmid, Maria Amalia, Erzherzogin von Österreich. NDB 16 (1990) 175f.: Onlinefassung: URL http://www.deutsche-biographie.de/pnd11949213X.html (letzter Zugriff: 21. 08. 2014); ders., Karl VII. (1742–1745), in: Die Kaiser der Neuzeit 1519–1918. Heiliges Römisches Reich, Österreich, Deutschland, hg. von Anton Schindling–Walter Ziegler (München 1990) 215–231, hier 229f.; zuletzt Britta Kägler, Weiblicher Gestaltungswille. Bayerische Kurfürstinnen zwischen Frömmigkeitspraxis, Bauplänen und Selbstinszenierung, in: Wittelsbacher-Studien. Festgabe für Herzog Franz von Bayern zum 80. Geburtstag, hg. von Alois Schmid–Hermann Rumschöttel (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 166, München 2013) 441–457. 6   „Weiterhin wird die Funktion der Frauen am Münchner Hof erstmals etwas deutlicher. Das gilt etwa für [...] die Persönlichkeit der Kaiserinwitwe Maria Amalia, deren eigenständige Rolle erstmals auf dieser Grundlage [der Gesandtschaftsberichte, BK] ersichtlich wird.“ Schmid–Grypa, Berichte der diplomatischen Vertreter 1 (wie Anm. 1) 91*. Zu den Frauen am Münchener Hof und hier auch zu Maria Amalia vgl. Britta Kägler, Frauen am Münchener Hof. 1651–1756 (Münchener Historische Studien 18, Kallmünz 2011).



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Kaiser Karls VI. einen Teil des habsburgischen Erbes und die Kaiserkrone zu erlangen, alle außenpolitischen Überlegungen. Schon die Taufnamen Karl Albrechts lassen sich auf die bayerischen Erbansprüche zurückführen: „Karl“ für die legitime Nachfolge auf dem Thron Karls des Großen und „Albrecht“ als Verweis auf Herzog Albrecht V., der im 16. Jahrhundert die Tochter Kaiser Ferdinands I. geheiratet hatte und damit zum Dreh- und Angelpunkt der bayerischen Argumentationsstruktur für den Erbfall werden sollte. Die Gründe, die am Kaiserhof in Wien wiederum für eine Verheiratung der Erzherzogin Maria Amalia mit dem bayerischen Kurprinzen sprachen, berührten grundsätzlich zwei Überlegungen, die keinerlei Übereinstimmung mit den bayerischen Plänen aufwiesen. So erschien es den kaiserlichen Ministern auf der einen Seite absolut notwendig, die Prinzessin überhaupt zu verheiraten. Denn nachdem man deren ältere Schwester – Prinzessin Maria Josepha – bereits 1719 mit dem sächsischen Thronfolger verheiratet hatte7, hielt man es aus familienpolitischen und diplomatischen Gründen für unumgänglich, auch die Jüngere zu verheiraten. Für die Wahl eines geeigneten Bräutigams spielten sowohl politische als auch religiöse Motive eine Rolle. Denn sollte künftig etwa von seiten Sachsen wider die angenommene und beschwohrene von Ewer Kay[serlichen] May[estät] in dero d[urchlauchti]gsten Ertzhaus vestgesezte Successionsordnung wider verhoffen etwas widriges tentieren, [...] es durch die ander mit der Jüngeren Ertzherzogin vermählte Parthey, [...] hintertriben, und also Jn reden, ein schwerdt durch das anderte in der scheiden gehallten8 werden. Karl Albrecht wird in Wiener Protokollen zwar als der einzige Kurprinz genannt, der sich überhaupt noch um Maria Amalia bewarb9. Er stellte aber in mehrfacher Hinsicht eine ideale Heiratspartie für die Habsburger dar: Auf der einen Seite war Bayern dem Kurfürstentum Sachsen weder unter- noch wirklich überlegen; beide Kurfürstenhöfe waren zu Beginn des 18. Jahrhunderts etwa gleich groß10. Auf der anderen Seite war Bayern anders als das protestantische Sachsen fest im katholischen Glauben verwurzelt, so dass die Eheschließung zwischen Maria Amalia und Karl Albrecht im Gegensatz zur Vermäh  Kägler, Frauen (wie Anm. 6) 190.   Referat die Eheschließung zwischen Maria Amalia und Karl Albrecht betreffend, Wien,16. April 1722; Wien, HHStA, HA Familienakten 41, 3. Konv., fol. 4r. Zur Transkription längerer Zitate: Groß- und Kleinschreibung erfolgt entsprechend der Vorlage. Die Bindestriche werden in den meisten Fällen beseitigt. In der Orthographie gilt eine größtmögliche Nähe zum Original, wobei u und v dem heutigen Schreibgebrauch angepasst werden. 9  Referat die Eheschließung zwischen Maria Amalia und Karl Albrecht betreffend, Wien, 16. April 1722; Wien, HHStA, HA Familienakten 41, 3. Konv., fol. 6r. 10   Selbst wenn zu berücksichtigen bleibt, dass Kursachsen durch die Union mit Polen (1697–1763) zur dritten mitteleuropäischen Großmacht neben Österreich und Preußen aufstieg, bleibt dieses Größenverhältnis bestehen. Katrin Keller, Der Hof als Zentrum adliger Existenz? Der Dresdner Hof und der sächsische Adel im 17. und 18. Jahrhundert, in: Der europäische Adel im Ancien Régime. Von der Krise der ständischen Monarchien bis zur Revolution (1600–1789), hg. von Ronald G. Asch (Köln et al. 2001) 207–233; Geschichte des sächsischen Adels, hg. von Katrin Keller–Josef Matzerath (Köln et al. 1997); Herbert Helbig, Der Adel in Kursachsen, in: Deutscher Adel 1555–1740, hg. von Hellmuth Rössler (Schriften zur Problematik der deutschen Führungsschichten in der Neuzeit 2, Darmstadt 1965) 216–258; Wieland Held, Der Landadel im Sachsen der beginnenden Frühneuzeit. Zu seiner Position in der Gesellschaft und im Fürstenstaat. BlldtLG 131 (1995) 203–222; Katrin Keller, Machttheater? Landesherrliche Huldigungen im 16. bis 19. Jahrhundert, in: Feste und Feiern. Zum Wandel städtischer Festkultur in Leipzig, hg. von Wieland Held (Leipzig 1994) 17–35; Katrin Keller, Dresden schien zu meiner Zeit ein recht bezaubertes Land ... Zur Festkultur am Hofe Augusts des Starken, in: Von der Elbe bis an die Seine. Kulturtransfer zwischen Sachsen und Frankreich im 18. und 19. Jahrhundert, hg. von Michel Espagne–Matthias Middell (Leipzig 1993) 52–74; Helen Watanabe-O’Kelly, Court Culture in Early Modern Dresden. From Renaissance to Baroque (Basingstoke et al. 2002). 7 8

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lung der älteren Erzherzogin mit dem frisch konvertierten sächsischen Kurprinzen einfacher umzusetzen war. Man erwartete in Wien bei den Vorbereitungen für die wittelsbachisch-habsburgische Hochzeit also weniger schwährigkeit, als bey jener ..., allwo man wegen der Religion grosse Vorsichtigkeit zu gebrauchen nöthig hatte11. Die Wiener Hofkonferenz bemühte sich außerdem, alle zeremoniellen Fragen genau mit der vorhergegangenen sächsischen Hochzeit zu vergleichen, um keine Unstimmigkeiten entstehen zu lassen12. Bei der Ausarbeitung des Heiratsvertrags 1722 kam die Pragmatische Sanktion von 1713 zum Tragen. Das habsburgische Hausgesetz, das die gesamten habsburgischen Länder für unteilbar und untrennbar erklärt und die Regelung der Erbfolge nach dem Erstgeburtsrecht im männlichen, aber auch im weiblichen Stamm festgelegt hatte, wurde im Heiratsvertrag ausführlich erläutert, um einem Erbfolgestreit zwischen Habsburgern und Wittelsbachern vorzubeugen. Im dritten Artikel des Ehevertrages heißt es explizit, dass die von Jhrer Kayser- und König. Cath. Maytt. den 19.ten April 1713. in vim legis et Sanctionis Pragmaticae erklährten und stabilierten Successionsordnung so lang und vill Verziehen, auch dessentwegen eine ordentlich mit einem Cörperlichen Ayd beschwohrne schrifftliche Verzicht13 geleistet worden sei. Wittelsbachische Erbansprüche auf Basis der Heiratsverbindung zwischen Maria Amalia und Karl Albrecht sollten damit ausgeschlossen werden14. Das Brautpaar traf erst unmittelbar vor der Trauungszeremonie zusammen, die der Wiener Erzbischof in der Hofkapelle des kaiserlichen Sommerschlosses Favorita leitete. Die Braut – eingerahmt von ihrer Mutter, der regierenden Kaiserin, und ihrer Großmutter, der verwitweten Kaiserin – erschien traditionell mit einer langen Schleppe, die von ihrer bisherigen Obersthofmeisterin15 getragen wurde. Ihr folgten das gesamte Wiener Frauenzimmer sowie ausgewählte Stadtdamen, alle in Gala-Kleidung16. Auf diese Weise präsentierte sich die Braut mit dem gesamten Prunk und Gefolge, die ihr als einer österreichischen Erzherzogin und Kaisertochter zustanden. Dass sie einen eigentlich rangniedrigeren bayerischen Kurprinzen heiratete, wurde in keinem anderen Moment so deutlich. Allerdings sollte dieser Rangunterschied nicht überbewertet werden, Karl Albrecht sollte immerhin Kurfürst werden und Maria Amalia war die jüngere Tochter des Kaisers. Im Vergleich zu ihrer Schwiegermutter – der Tochter des polnischen Wahlkönigs – hatte Maria Amalia beste Voraussetzungen, um sich eine unangefochtene Position als Gattin des Thronfolgers in der Münchner Hofgesellschaft zu sichern. Als Erzherzogin war ihr das spanisch-burgundische Zeremoniell bereits aus ihrer Heimat vertraut. Auch hatte sie

11   Referat die Eheschließung zwischen Maria Amalia und Karl Albrecht betreffend, Wien, 16. April 1722; Wien, HHStA, HA Familienakten 41, 3. Konv., fol. 9r. 12   ... bey diesem der Durchleüchtigsten Erzherzogin Maria Amalia Beylager mit dem Bayrischen ChurPrinzen mehr oder weniger, als nicht vorhero bey dem Beylager Jhrer Durchleüchtigsten Frauen Schwester mit dem Sächs[ischen] geschehen ... Gutachten der Wiener Hofkonferenz, Wien, 17. Juni 1722, ebd. fol. 18v. 13  München, BayHStA, Geh. HA, HU 1764, fol. 11r. 14  Vgl. Jean Bérenger, Die Habsburger und ihre Erbfolgekrisen als Formationsphase des neuen europäischen Staatensystems, in: Das europäische Staatensystem im Wandel, hg. von Peter Krüger (Schriften des Historischen Kollegs 35, München 1996) 63–88, hier 80. Zur Eidleistung vgl. Dekret an die kaiserliche Hofkammer wegen Abreise Graf Cobenzls sowie Instruktion für Graf Cobenzl, o. O., 11. November 1722; Wien, HHStA, HA Familienakten 41, Nr. 8. 15  Die Ehre, die Schleppe des Brautkleides tragen zu dürfen, fiel Gräfin Maria Barbara von Breuner zu. Beschreibung der Vermählung von Maria Amalia und Karl Albrecht, 5. Oktober 1722; Wien, HHStA, HA Familienakten 41, 3. Konv., fol. 143v. 16  Ebd. fol. 143v–144r.



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nicht mit Sprachbarrieren zu kämpfen17. Während Karl Albrechts Mutter auf ihrer Brautreise nur von einer einzigen Hofdame und ihrem Beichtvater begleitet werden durfte, gestand der Münchner Hof Maria Amalia aufgrund ihrer Habsburger Abstammung ein umfangreiches Wiener Gefolge zu18. Eine Liste aus dem Familienarchiv der Grafen von Preysing-Hohenaschau gibt Aufschluss über die Zusammensetzung dieses Hofstaates: Sowohl die Obersthofmeisterin als auch das erste, zweite und dritte Kammerfräulein begleiteten Maria Amalia nach München19. Hinzu kamen eine Hofdame, eine Kammerfrau sowie drei Kammerdienerinnen. Die Bezahlung der österreichischen Bediensteten sollte in München schrittweise an das niedrigere bayerische Besoldungsniveau angepasst werden. In einer Ausgabentabelle heißt es hierzu, der oesterreichische fueß soll zwahr dmahlen mit denen, so auß Oesterreich herauskomen gehalten: mit selbig aber nach und nach abgehen, und der Chur bayrische Fues durchgehents widumb eingeführt werden20. Neben dem weiblichen Gefolge begleiteten Maria Amalia auch männliche Bedienstete, hierunter für mehrere Wochen der Obersthofmeister Gundacker Poppo Graf von Dietrichstein21. Darüber hinaus war Maria Amalias Frömmigkeit ein weiterer Schlüssel, der ihr den Zugang zur bayerischen Gesellschaft öffnete. Die jesuitische Erziehung hatte ihr eine Glaubenspraxis nahegebracht, die der bayerischen sehr eng verbunden war; vor allem verehrte Maria Amalia die Gottesmutter und brachte dies in ihrem Glaubensleben deutlich zum Ausdruck22. So stand Maria Amalia beispielsweise bereits als Kurfürstin und auch als Kaiserin zwischen 1726 und 1744 in engem brieflichem Kontakt mit Schwester Crescentia, einer Franziskanerin aus Kaufbeuren, die durch ihre außergewöhnliche Frömmigkeit in Bayern, aber auch über dessen Grenzen hinaus große Verehrung erfuhr und als nachahmenswertes Vorbild galt23. Die Kurfürstin setzte sich außerdem für verdiente Mitglieder 17   Mit beiden Schwierigkeiten hatte Maria Amalias Schwiegermutter, Therese Kunigunde, geborene Prinzessin von Polen, zu kämpfen gehabt. Vgl. Kägler, Frauen (wie Anm. 6) 381. 18  Für Therese Kunigunde, deren Herkunft als Tochter eines Wahlkönigs der alten Wittelsbacher Dynastie nicht ebenbürtig war, gibt es die expliziten Anordnungen von Max Emanuel, seiner Braut so wenig Personal wie möglich zu gestatten. Ein Schreiben der Geheimen Räte während der Heiratsverhandlungen ergänzte Max Emanuel von eigener Hand mit der Notiz ie weniger ie besser, aufs meiste 2 Cammerdienerinnen, besser wäre nur eine, Und endlich wan es nicht zuverhindern den Beichtvatter. Vgl. Kägler, Frauen (wie Anm. 6) 206. 19   Die Obersthofmeisterin Maria Barbara Gräfin Breuner erhielt eine feste Grundbesoldung von 884 fl. Mit Zulagen kam die Obersthofmeisterin insgesamt auf ein jährliches Budget von 3.904 fl. Den Kammerfräulein standen 884 fl. zu, der Hofdame 532 fl. Die Besoldung der übrigen Bediensteten staffelte sich entsprechend. München, StAM, Herrschaft Hohenaschau II, A 702, unfoliiert. 20   Ebd. 21   Instruktion für Gundacker Poppo Graf von Dietrichstein, Wien, 3. Oktober 1722; Wien, HHStA, HA Familienakten 41, 3. Konv., fol. 130r–133r. 22   Zur katholischen Frömmigkeit im Kurfürstentum zählt auch, dass im 17. Jahrhundert dort die Hexenverfolgung sowie der Teufelsglaube weit verbreitet waren. Hierzu Annemarie Hartmann, Der Hexenwahn im Herzogtum und Kurfürstentum Bayern im 16. und 17. Jahrhundert, in: Teufelsglaube und Hexenprozesse, hg. von Georg Schwaiger (Hamburg 41999) 103–127, hier 107–109. Von der Kurfürstin und späteren Kaiserin Maria Amalia ist u. a. ein Gebetsbüchlein überliefert, in dessen erstem Teil sich Gebete zur heiligen Messe in deutscher Sprache finden, die vermutlich zum besseren Verständnis der lateinischen Messe dienen sollten. Im zweiten Teil sind Dankgebete an Maria, Joseph, Ignatius, Amalie und andere Heilige zusammengestellt. München, BSB, Gebetsbüchlein der Kurfürstin und Kaiserin Maria Amalia, Cgm J548. 23   Belegt sind vier Reisen der Kurfürstin, die sie antrat, um ausführliche Gespräche mit Crescentia Höß zu führen: Den 12.ten dito [Mai, BK] erhuben Sich Ihro Churfuerstl[iche] Durchl[aucht] unser gnaedigiste Frau von dannen Fruhe um 6. Uhr nacher Kaufbaeurn um allda Ihre Andach zu verrichten / die Closterfrau Crescentia zu besuchen / und langten Abends zu Liechtenberg wiederum an. München, BSB, Chur-bayrischer Hof-Calender

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anderer Ordensgemeinschaften des Kurfürstentums Bayern ein und pflegte sehr bald die Tradition der wittelsbachischen Marienwallfahrten nach Altötting, aber auch zum Wallfahrtsort der heiligen Walburga nach Eichstätt24. Diese Anknüpfungspunkte und ein verlässliches Wiener Gefolge am Münchner Hof waren für die ersten Ehejahre und das Eingewöhnen in ihrer neuen Heimat allerdings auch notwendig, denn das Verhältnis zu ihrem Ehemann bot wenig Rückendeckung: Im Gegensatz zu anderen dynastischen Ehen blieb eine wachsende Verbundenheit zwischen den frisch vermählten Ehepartnern aus. Karl Albrecht und Maria Amalia agierten nur dann gemeinsam, wenn es von ihnen als Fürstenpaar erwartet wurde. Während Karl Albrechts erster Biograph noch vorgab, dass der Wittelsbacher mit dieser Gemahlin gantz vergnügt [lebte]25, muss hinterfragt werden, ob sich das vermeintliche Vergnügen auch auf Maria Amalia beziehen lässt. Johann Jakob Moser fährt zwar fort, dass sie sich mit der Zeit in sein [Karl Albrechts, BK] Naturell überaus wohl zu schicken [wusste], und [...] fast durchgehends eine seiner Neigung gleiche Gemüths-Art26 gehabt habe. Anhand einzelner Aufzeichnungen aus dem höfischen Umfeld wird aber deutlich, dass Karl Albrecht seine Frau anscheinend sogar verprügelte, ihr mitunter ganze Haarbüschel ausriss und dass sich diese Episoden nicht hinter verschlossenen Türen, sondern vor den Augen und Ohren der Münchner Hofgesellschaft abspielten27. Selbst der Autor eines verfassungsgeschichtlichen Werks „Ueber Geschichte & Verfassung des gegenwärtigen Reichstages“ (1792) berichtet von den Übergriffen Karl Albrechts28. Heinrich Wilhelm von Bülow reichert sein zweibändiges Werk immer wieder mit Episoden aus dem Privatleben der Kaiser an29. Misshandlungen dieser Härte wie die durch Karl Albrecht waren schon im 18. Jahrhundert außergewöhnlich und nicht vorgesehen, so dass es nicht verwundert, dass diese Passagen selbst in zeitgenössischen Rezensionen aufgegriffen wurden30. Maria Amalias Stellung am Münchner Hof blieb allerdings weitgehend unbeschadet, und Schematismus. Ce 25/1737. Zu weiteren Verbindungen zwischen Crescentia Höß und den Wittelsbachern vgl. Karl Pörnbacher, Maria Crescentia Höß. Briefe an Clemens August von Köln (Lindenberg 2013); ders., Die heilige Crescentia Höß von Kaufbeuren (Lindenberg 22002); Manfred Weitlauff, Die selige Crescentia Höß von Kaufbeuren, in: Bavaria Sancta. Zeugen christlichen Glaubens in Bayern, hg. von Georg Schwaiger 2 (Regensburg 1971) 242–282; François Boespflug, Dieu et ses images. Une histoire de l’Éternel dans l’art (Montrouge 2008) 360–362 basierend zum Teil auf ders., Dieu dans l’art. ‚Sollicitudini nostrae‘ de Benoît XIV (1745) et l’affaire Crescence de Kaufbeuren (Paris 1984). 24  München, BSB, Chur-bayrischer Hof-Calender und Schematismus. Ce 25/1728. Maria Amalia hatte so viel Vertrauen in das Eichstätter Kloster, dass sie ihre beiden jüngsten Töchter Maria Antonia Walburga und Josepha Maria Antonia vor dem Einmarsch österreichischer Truppen in Bayern dort in Obhut gab. Die beiden wittelsbachischen Prinzessinnen blieben fast ein Jahr, vom 1. Februar 1742 bis 23. Januar 1743, in Eichstätt. München, BayHStA, FS 767; Werner Schiedermair, Äbtissin Adelgundis I. Pettenkofer, in: Geschichte der Frauen in Bayern. Von der Völkerwanderung bis heute. Ausstellungskatalog, hg. von Agnete von Specht (Veröffentlichungen zur bayerischen Geschichte und Kultur 39, Augsburg 1998) 131; Eichstätt, Diözesanarchiv, P 139/I. 25   Johann Jakob Moser, Geschichte und Thaten des Kaysers Carl des Siebenden unpartheyisch beschrieben und mit Anmerckungen erläutert (Frankfurt/Main–Leipzig 1745) 15. 26   Ebd. 27  Rudolf Reiser, Karl VII. (1697–1745). Pracht und Ohnmacht des bayerischen Kurfürsten, deutschen Königs und römischen Kaisers (München 2002) 26. 28   Heinrich Wilhelm Bülow, Über Geschichte und Verfassung des gegenwärtigen Reichstages 2 (Regensburg 1792) 32: Kaiser Karl VII. habe seine Gemahlin bisweilen auf eine Art gemißhandelt [...], welche die niedrigste genennet zu werden verdienet. 29  Vgl. Ausführungen über das Liebesleben Kaiser Josephs I. ebd. 28. 30  Rezension zu: Heinrich Wilhelm von Bülow, Ueber Geschichte und Verfassung des gegenwärtigen Reichstags. Allgemeine Literatur-Zeitung 195 (1792) 190–192, hier 191.



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weil ihre Position als Kurfürstin und ihre damit verbundene Aufgabe, einen legitimen Thronfolger zur Welt zu bringen, unangetastet blieben31. Solange das Kurfürstenpaar noch keinen Thronfolger hatte, war für Maria Amalia außerdem der kontinuierliche, persönliche Zugang zum Kurfürsten und damit zugleich eine einflussreiche Position als weibliche Zentralfigur des Hofes gesichert32. Die ersten drei Kinder, die Maria Amalia zur Welt brachte, waren Mädchen. Bis 1727 endlich der Thronfolger Max Joseph geboren wurde, musste sich Karl Albrecht seiner Frau also zuwenden. Die wichtige Zäsur der Geburt des ersten Sohnes stärkte Maria Amalias Position zusätzlich, weil sie sich nun in ihrer Rolle als Mutter des künftigen Fürsten etablierte. Karl Albrecht ließ sie nun sogar an einzelnen Ratssitzungen teilnehmen. Sichtbar wird ihre selbstbewusste Position bis heute im Deckenfresko der Grünen Galerie in der Münchner Residenz, die in den späten 1720er Jahren ausgemalt wurde. Im Bildzentrum – mit Pinseln und umgeben von Gemälden – wird Maria Amalia als Verkörperung der Malerei dargestellt. Ihr jüngstes Werk, das Bildnis eines pausbäckigen Kleinkindes, reicht sie in der Darstellung gerade an Jupiter weiter. Der Kleine auf dem Bild stellt den ca. dreijährigen Prinzen Max Joseph dar, der die Wittelsbacher Dynastie fortführen sollte und um den sich auf dem Fresko bereits die Götter und zahlreiche Putten scharen33. Das Bündel verschiedener Faktoren von persönlicher Frömmigkeit, Herkunft, Gefolge und Mutterschaft zeigt, dass Maria Amalia beste Voraussetzungen hatte, sich als erste Frau der Münchner Hofgesellschaft zu behaupten. Dass sie sich tatsächlich auch durchsetzen konnte, hing allerdings auch mit Maria Amalias starker und selbstständiger Persönlichkeit zusammen. Sie nahm höfische Verpflichtungen diszipliniert wahr, widmete sich die meiste Zeit aber ihrem größten Steckenpferd: der Jagd. So wurde von den Hofdamen Maria Amalias sogar berichtet, dass sie allesamt keinen schönen Teint hatten, da sie ihre Kurfürstin bei Wind und Wetter auf die Jagd begleiten mussten34. Eine Dienerin aus dem Hofstaat Maria Amalias berichtet in ihrem auszugsweise erhaltenen Tagebuch aus dem Jahr 1734 fast jeden zweiten Tag von Jagdglück oder ergebnislosem Ansitz der Kurfürstin35. 31  In der Frühen Neuzeit ging die Wissenschaft davon aus, dass die Frau durch ihr Verhalten eine Schwangerschaft begünstigen konnte und dass auch das Geschlecht der Kinder durch Ernährung, Verhalten und Gemütszustand der Frau beeinflussbar war. Beatrix Bastl, Tugend, Liebe, Ehre. Die adelige Frau in der Frühen Neuzeit (Wien et al. 2000) 444f. 32   Ute Daniel, Zwischen Zentrum und Peripherie der Hofgesellschaft. Zur biographischen Struktur eines Fürstinnenlebens der Frühen Neuzeit am Beispiel der Kurfürstin Sophie von Hannover. L’homme. Europäische Zeitschrift für feministische Geschichtswissenschaft 8 (1997) 208–217, hier 212. 33   Amanda Ramm, Die Grüne Galerie in der Münchner Residenz von 1737 bis 1836 (München 2009). Zum Kontext vgl. auch Christian Quaeitzsch, Nutzung und Ausgestaltung der herrschaftlichen Wohnräume in der Münchner Residenz unter Kurfürst Max III. Joseph, in: Wie friderizianisch war das Friderizianische? Zeremoniell, Raumdisposition und Möblierung ausgewählter europäischer Schlösser am Ende des Ancien Régime. Beiträge einer internationalen Konferenz vom 2. Juni 2012, hg. von Henriette Graf–Nadja Geissler (Friedrich300-Colloquien 6, 2013), URL: http://www.perspectivia.net/content/publikationen/friedrich300colloquien/friedrich_friderizianisch/quaeitzsch_residenz (letzter Zugriff: 21. 08. 2014). 34   Die Hofdamen der Kurfürstin Maria Amalia allerdings können sich der schönsten Gesichtsfarbe nicht rühmen, denn sie sind als in spanische Kostüme gekleidete Amazonen verpflichtet, bei jeglicher Witterung, ihre Herrin auf Spazierfahrten und Jagden zu begleiten. Claude Marie Guyon, Geschichte der Amazonen. Aus dem Französischen von Johann Georg Krünitz (Berlin et al. 1763). Hierzu auch Kägler, Frauen (wie Anm. 6) 360 sowie Norbert Hierl-Deronco, Es ist eine Lust zu bauen. Von Bauherren, Bauleuten und vom Bauen in Kurbayern, Franken, Rheinland (Krailling 2001) 107. 35   Franz Xaver Zettler, „Was sich im Jahre 1734 ereignete“. Tagebuch des Fräuleins Maria Theresia von Gombert. Altbayerische Monatsschrift 5 (1905) 89–104.

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Mit eigenständigem politischen, sozialen oder karitativen Engagement hielt sich Maria Amalia jedoch zurück. Nur vereinzelt schimmert durch, dass sich Maria Amalia sehr wohl für Politik interessierte. Aufschlussreich ist diesbezüglich die Korrespondenz aus den 1730er Jahren zwischen Maria Amalia und ihrer Schwägerin Maria Anna Karoline, die als Schwester Therese Emanuele im Münchner Klarissenkloster lebte. Maria Amalia besuchte das Kloster immer wieder, um mit ihrer Schwägerin gemeinsam zu essen oder präsentierte ihr regelmäßig die neugeborenen Kinder36. Häufiger als sich persönlich zu treffen scheinen sich die beiden Frauen aber geschrieben zu haben. Dabei tauschten sie sich über politische Inhalte aus, die sie zum Teil chiffrierten37. Die Klosterfrau bezog ihr Wissen über die aktuelle politische Lage in der Regel aus reger Korrespondenz mit ihren ehemaligen adeligen Bediensteten aus ihrer Zeit als Prinzessin am Münchner Hof sowie mit einem breiten Kreis von Geistlichen aus dem höfischen Umfeld38. Maria Amalia trat mit der Klarissin in einen kontinuierlichen Austausch, konkrete Handlungen ließ sie aber nicht folgen. Sie erscheint in den Briefen jedoch bestens informiert und teilt dieses Wissen mit der Klosterfrau.

Die letzte gekrönte Kaiserin Nachdem Kaiser Karl VI. ohne direkte männliche Nachkommen verstorben war, machte Bayern, wie erwartet, Erbansprüche geltend. Die kurfürstliche Regierung bezog sich dabei auf das Testament Kaiser Ferdinands I. aus dem Jahr 1543, in dem festgehalten worden war, dass seiner ältesten Tochter Anna und ihren Nachkommen die Alleinherrschaft in Ungarn und den deutschen Reichslehen zustünde, sollten seine Nachkommen im Mannesstamm aussterben. Die erwähnte Erzherzogin Anna hatte 1546 den bayerischen Herzog Albrecht V. geheiratet39, weshalb der Geheime Rat die juristische Beweisführung für den Anspruch der Wittelsbacher auf das Erbe der Habsburger auf Grundlage dieses Testaments ausarbeitete40. Die Thronbesteigung Maria Theresias stellte Karl Al­brecht demzufolge in Frage. In dem daraufhin ausbrechenden militärischen Konflikt hatte Bayern mit Hilfe Frankreichs zunächst die Oberhand; Karl Albrecht wurde im Januar 1742 zum Kaiser gewählt. Er wurde am 12. Februar in Frankfurt gekrönt. Der Reichserzkanzler und Erzbischof von Mainz verzichtete zugunsten des Erzbischofs von Köln, des Bruders Karl Albrechts, auf sein zeremonielles Vorrecht, so dass Clemens August seinem Bruder die Krone aufsetzte. Maria Amalia wurde auch von ihrem Schwager, 36  So beispielsweise am 18. September 1734 die erst wenige Wochen alte Tochter Maria Anna Josepha, vgl. ebd. 94. 37   Diese Praxis war in der Frühen Neuzeit üblich. So berichtete der österreichische Gesandte in einem Schreiben an den Kaiserhof im März 1748, dass die hiesige Kayserin letzteren Sonnabend ein schreiben von Ihrer Frauen Schwester der Königin von Pohlen in Ziffer erhalten habe; Philipp Andreas Franz Giganth an Anton Corfiz von Ulfeld, München, 19. März 1748 (Schmid–Grypa, Berichte der diplomatischen Vertreter 2 [wie Anm. 1] 807f., hier 808); auch Dresden, SächsHStA, FN 1, Nr. 2, Nr. 7, Nr. 72b; München, BayHStA, Geh. HA, Korr. Akten 791, Nr. 12. 38   Kägler, Frauen (wie Anm. 6) 161f. 39   Vgl. Andreas Kraus, Das wittelsbachische Kaisertum. Karl Albrecht im diplomatischen Ringen um das habsburgische Erbe, in: Wahl und Krönung in Frankfurt am Main. Ausstellungskatalog Historisches Museum 1, hg. von Rainer Koch–Patricia Stahl (Frankfurt/Main 1986) 77–85, hier 79. 40  Mit der Beweisführung beauftragt war vor allem Franz Joseph von Unertl, vgl. Edmund von Oefele, Art. Unertl, Franz Joseph Freiherr von. ADB 39 (1895) 767–769.



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aber in einer eigenen Zeremonie, die erst am 8. März stattfand, zur Kaiserin gesalbt und gekrönt41. Unter Mithilfe des kurmainzischen und kurtrierischen Botschafters sowie mit Handanlegung des gefürsteten Abtes von Fulda, Amandus von Buseck, setzte der Erzbischof von Köln der Kaiserin die Krone auf, während er die Worte Accipe Coronam gloriae sprach. Der Ablauf der Krönung entsprach im Wesentlichen der Kaiserkrönung, war jedoch deutlich weniger prächtig und feierlich gestaltet42. Da in den zurückliegenden 50 Jahren keine Kaiserin gekrönt worden war, waren im Vorfeld der Zeremonie Fragen zum Ablauf aufgekommen. Um solche Probleme in Zukunft zu vermeiden, ließ man ein Diarium der Krönungsfeierlichkeiten, Aufzüge und Bankette für die Kaiserin anlegen; nicht ahnend, dass 1742 die letzte Krönung einer Kaiserin sein sollte43. *** Gestaltungsspielraum für politische Ambitionen blieb Maria Amalia allerdings auch als Kaiserin kaum. Das wiederum war den politischen Umständen geschuldet, die sich von allen bisher vorgestellten Kaiserinnen unterschieden. Kaum war sie gekrönt, wendete sich nämlich das bisherige Kriegsglück Bayerns: Den Truppen Maria Theresias gelang es, über Niederbayern bis nach München vorzustoßen und die bayerische Hauptstadt zu besetzen. Karl Albrecht war als Kaiser Karl VII. damit innerhalb kürzester Zeit ein Kaiser ohne Land, der seinen Exilhofstaat in Frankfurt aufschlagen bzw. nach seiner Krönung dort bleiben musste. Zum ersten Mal in der Geschichte war der Kaiser ohne jegliche Hausmacht und das Kaisertum auf seine geringe Machtbefugnis ohne Exekutivgewalt reduziert44. Das kurze Zwischenspiel des ersten und einzigen Wittelsbacher Kaisers der Neuzeit45 wurde in der älteren Forschung deshalb auch als eine Krise der Reichsgeschichte bewertet46. Zeitgenössische Urteile reichen von einer Deutung als bloßes Zwischenspiel bis hin zu einem positiven Signal der Wandlungsfähigkeit des Heiligen Römischen Reiches, in dem die Hoffnung auf tatsächliche Mitbestimmungsmöglichkeiten durch die Wahl auch nicht habsburgischer Kandidaten mitschwang. Letztere lässt sich vor allem in den Reihen der niederen Reichsstände finden. Dass das Kaisertum in der Wahrnehmung 41   Solenne Crönüng Ihro Majestät der Römischen Kaÿserin MARIA AMALIA,/ in der St. Bartholomæioder Dohm-Kirche zu Franckfurt am Mayn den 8. Mertz, 1742, Kupferstich (DHM), Zeichner: Georg Finck und Michael Rößler, 1742. 42   Hans Joachim Berbig, Der Krönungsritus im Alten Reich (1648–1806). ZBLG 38 (1975) 639–700, hier 684f. 43  Vgl. Wahl und Krönung in Frankfurt am Main. Kaiser Karl VII. 1742–1745. Ausstellungskatalog Historisches Museum 2, hg. von Rainer Koch–Patricia Stahl (Frankfurt/Main 1986) 219–237, hier 219f. 44  Karl VII. selbst schrieb an Graf Ignaz von Törring im Februar 1745: Meine Krönung ist gestern vor sich gegangen mit einer Pracht und einem Jubel ohne gleichen, aber ich sah mich zur gleichen Zeit von Stein- und Gichtschmerzen angefallen – krank, ohne Land, ohne Geld kann ich mich wahrlich mit Hiob, dem Mann der Schmerzen, vergleichen. Diese Notiz scheint bereits auf seinen Tod drei Jahre später zu verweisen. Vgl. Hartmann, Karl Albrecht (wie Anm. 3) 246. 45   Der erste Wittelsbacher Kaiser hatte – als erfolgreicher Landesherr – einen vergleichbar schlechten Stand als Kaiser gehabt. Ludwig IV., genannt Ludwig der Bayer (geboren Ende 1281/Anfang 1282 in München, gestorben 11. Oktober 1347 in Puch bei Fürstenfeldbruck), gelang es zwar nach der Schlacht bei Mühldorf 1322, sich als Kaiser durchzusetzen. Er starb nach Auseinandersetzungen mit dem Papst jedoch exkommuniziert. 46   Als Karl VII. blieben dem Wittelsbacher lediglich drei Jahre im Amt. Der Zeitraum zwischen 1742 und seinem Tod zu Beginn des Jahres 1745 muss darüber hinaus als unsicher und instabil gelten. Karl war während der gesamten Zeit nahezu handlungsunfähig.

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von Zeitgenossen auf einem solchen Tiefpunkt angekommen war, dass Ludwig XV. im Dezember 1744 von der Abschaffung der Kaiserwürde sprach, sollte hingegen nicht überbewertet werden47. Dem Anspruch, die eigene Machtsteigerung mit dem Anspruch des eigenen Sohns auf die Kaiserkrone legitim zu untermauern, konnte Karl Albrecht nicht gerecht werden. Es gelang nicht, den ältesten Sohn von Karl Albrecht und Maria Amalia zum Römischen König wählen zu lassen. Als Ansprechpartnerin für die Reichsstände konnte sich Maria Amalia ebenso wenig profilieren wie als Ansprechpartnerin und Vermittlerin für Personen aus den Habsburger Erblanden. Lediglich die Zusammensetzung des Frauenzimmers ließ eine Idee davon durchschimmern, was das Kaisertum versprach: Das nunmehr kaiserliche Frauenzimmer entwickelte eine stärkere Anziehungskraft auf hochadelige Familien, auch über die Grenzen Bayerns hinaus. Ein Vergleich mit der Zusammensetzung des bayerischen Frauenzimmers vor und nach Maria Amalia zeigt, dass es Adelsfamilien gab, die sich stets auf den Kaiserhof ausrichteten und weder in den Generationen vor noch nach dem Wittelsbacher Kaisertum Amtsträger am Münchner Hof stellten. Zu diesen Familien gehörten zum Beispiel die Gonzaga. Sobald die Kaiserkrone an das Haus Wittelsbach gefallen war, bemühte sich die oberitalienische Familie, Hoffräulein in das nun wittelsbachische kaiserliche Frauenzimmer aufnehmen zu lassen. Bis die Aufnahme von Eleonora und Maria Anna Gonzaga erfolgen konnte, war Kaiser Karl VII. jedoch bereits verstorben. Die beiden Hofdamen traten ihren Dienst im Hofstaat der verwitweten Kaiserin im Frühjahr 1745 bzw. im Sommer 1749 an48. Der Umstand, dass beide Fräulein Gonzaga ihren Dienst in München nach dem Tod des Kaisers noch antraten, verweist darauf, dass Maria Amalias Hofstaat auch nach dem Tod ihres Mannes einen Sonderstatus behielt49. War für Maria Amalia eigentlich Schloss Friedberg bei Augsburg als Witwensitz vorgesehen gewesen50, nahm sie sich trotz gegenteiliger Vorgaben, die im Heiratsvertrag vereinbart worden 47  Das Hofreisejournal des Kurfürsten Clemens August von Köln 1719–1745, ed. Barbara StollbergRilinger (Ortstermine. Historische Funde und Befunde aus der deutschen Provinz 12, Siegburg 2000) 190. In der geschichtswissenschaftlichen Forschung ließ sich jedoch immer Kritik an der vergebenen Chance des Wittelsbacher Kaisertums finden. Besonders scharf formulierte Fritz Wagner in einer deutlich durch die Zeitumstände geprägten Studie aus dem Jahr 1943, Kaiser Karl VII. sei mit „dem beschwingten Leichtsinn des Rokokofürsten“ in sein Amt geeilt, Karl VII. galt ihm als Personifikation von „Selbstzerfleischung und Selbstverstümmelung deutscher Größe“, vgl. Fritz Wagner, Stimmen zur Reichsidee unter Kaiser Karl VII., in: Stufen und Wandlungen der deutschen Einheit, hg. von Kurt von Raumer–Theodor Schieder (Stuttgart–Berlin 1943) 97–113, hier 99 und 107. Als Frage wird Wagners Urteil über die Regentschaft Karls VII. als die eines „bemitleidenswerten Schwächling[s]“ auch in den 1980er Jahren noch aufgeworfen, vgl. Koch–Stahl, Wahl und Krönung (wie Anm. 43) 260; „jämmerliche[r] Spielball fremder Interessen“, Fritz Wagner, Europa im Zeitalter des Absolutismus. 1648–1789 (Weltgeschichte in Einzeldarstellungen 5, München 21959) 227f. 48  Eleonora Prünzessin von Gonzaga ist nach enthalt ordonanz de dato 30.ter July ao. 1745 als Hofdame bey Ihrer May[estät] der verwittibten Kayserin an und aufgenommen. München, BayHStA, Kurbayern Hofzahlamt, Nr. 785, fol. 111r. Prinzessin Maria Anna von Gonzaga ist vermög ordonanz datiert den 27.ten Juny 1749 bey Ihrer verwittibten Kays[erlichen] May[estät] als Hof Dame aufgenommen, und derselben die herkomene Besoldung mit Jährlich 400 fl. neben dem bey Ihrem ainstigen Abstandt von Hof erst zubezahlen kommenten Jährl. 100 fl. Nicolai Gelt vom 1.ten April heür g[nedig]st angeschafft worden. Ebd. Nr. 789, fol. 135r. 49  Grundsätzlich boten sich für Frauen als Witwe oft größere – vor allem finanzielle – Spielräume als während ihrer Ehe. Insgesamt muss die Bedeutung des Familienstandes für die unterschiedlichen Rahmenbedingungen des Handelns von Frauen daher angemessen berücksichtigt werden. Vgl. hierzu Martina Schattkowsky, Einleitung, in: Witwenschaft in der Frühen Neuzeit. Fürstliche und adlige Witwen zwischen Fremdund Selbstbestimmung, hg. von ders. (Schriften zur sächsischen Geschichte und Volkskunde 6, Leipzig 2003) 11–32, hier 18. 50  Weil Kurfürstin Therese Kunigunde bei der Hochzeit ihres ältesten Sohnes noch lebte, konnte nicht auf



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waren, das Recht heraus, weiterhin in München zu residieren. Es gelang ihr als Witwe, sich besser zu positionieren als zu Lebzeiten Karl Albrechts. Sie gestaltete die Politik ihres Sohnes als Ansprechpartnerin für Hoffaktionen oder Gesandtschaften von München aus mit51. Je länger sie als Kurfürstin in München gewesen war, umso stärker war ihr Rückhalt in der Hofgesellschaft geworden. Diese Kontakte und Verbindungen rissen nach dem Tod Karl Albrechts nicht ab, sondern blieben ihr als Witwe erhalten. Anstatt sich auf einen kleinen Kreis ehemaliger Bediensteter verlassen zu müssen, blieb der Kaiserinwitwe noch elf Jahre lang das kaiserliche Frauenzimmer im vollen Umfang zu Diensten. Aber selbst nach Maria Amalias Tod im Jahr 1756 spiegeln die Besoldungsbücher keinen auffälligen Rückgang der Anzahl ihres ehemaligen kaiserlichen Personals wider. Die Anzahl nimmt ausgesprochen langsam ab. Ein Beschluss ihres Sohnes, des Kurfürsten Max III. Joseph, vom August 1757 verschafft Klarheit. Dort heißt es, die Besoldungen der Dienerschaft Maria Amalias sollten weiter ausgezahlt werden, wenngleich auch auf ein Drittel des bisherigen Betrags gekürzt52. Diese Regelung trat rückwirkend zum 1. Januar 1757 in Kraft. Die kayserliche dienerschafft mit Ihren noch passierlichen besoldungen war ein Sonderfall, der auf diese Weise nur nach dem Tod der Kaiserinwitwe Gültigkeit hatte und dazu führte, dass Maria Amalias Hofstaat noch lange in der Verwaltung des Hofes präsent blieb und sich nur schrittweise dezimierte. Im Jahr 1757 wurden in ihrem ehemaligen Hofstab noch 18, ein Jahr später noch zehn und im Jahr 1760 immerhin noch sechs adelige Frauen geführt. Dieser Rückgang lässt sich zum einen damit erklären, dass einige Bedienstete den ehemaligen Hofstab verließen, um in andere Hofstaaten zu wechseln und damit wieder eine höhere Besoldung zu erhalten oder um zu heiraten53, womit die Pensionszahlung entfiel. Zum anderen verstarb nach und nach ein Teil des älteren Dienstpersonals54. Der Hofstaat der verstorbenen Kaiserinwitwe bestand im fünften Jahr nach ihrem Tod also nur noch aus dem ehemaligen Obersthofmeister Clemens Gaudenz Graf von Törring-Seefeld sowie der ehemaligen Obersthofmeisterin Maria Theresia Gräfin von Fugger zu Wellenburg mit sieben Hofdamen und Kammerdienerinnen55. Ab dem Jahr 1764 wurden nur noch zwei ehemalige Kammerdiener und zwei Kammerfräulein – Charlotte Freiin von Starzhausen und Isabella Freiin von Friesenhausen – geführt56. Soden gleichen Witwensitz wie in den vorherigen bayerischen Heiratsverträgen zurückgegriffen werden. Maria Amalia wurden daher 1722 die Stadt und das Schloss Friedberg vor den Toren Augsburgs zugesprochen. München, BayHStA, Geh. HA, HU 1764 (Heiratsvertrag Karl Albrechts und Maria Amalias, 25. September 1722) fol. 19r–20r, hier fol. 22r. 51  Rudolf Elhardt, Max III. Joseph. Kurfürst zwischen Rokoko und Aufklärung (München 1996) 21; Schmid, Außenpolitik (wie Anm. 4) 299; Schmid–Grypa, Berichte der diplomatischen Vertreter 1 (wie Anm. 1) 49–52; Egon Johannes Greipl, Quellen zur Reichspolitik der Römischen Kurie im Jahre 1745. ZBLG 46 (1983) 329–390, hier 335; Schmid, Karl VII. (wie Anm. 5) 229f.; Edmund von Oefele, Aus Felix von Oefeles Memoiren, in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. Klasse (München 1891) 211–254, hier 235. 52  München, BayHStA, Kurbayern Hofzahlamt, Nr. 798, fol. 86r. 53  So heiratete beispielsweise eine der ehemaligen kaiserlichen Hofdamen den Kämmerer und Hofrat Carl Graf von Perusa und trat daraufhin aus dem Hofdienst aus. München, BayHStA, Kurbayern Hofzahlamt, Nr. 789, fol. 96v. Im Jahr 1758 wechselten die letzten Kammerfräulein und Hofdamen zum Dienstpersonal der Kurfürstin Maria Anna Sophie. Ebd. Nr. 799, fol. 86r–93r. 54   Bereits 1757 verstarben am 1. April die Garde Dame Maria Ottilia von Öxl und am 27. April Gertraudt Deininger, die als Kammermensch im Frauenzimmer der Kaiserinwitwe angestellt gewesen war. Kägler, Frauen (wie Anm. 6) 63f. 55  München, BayHStA, Kurbayern Hofzahlamt, Nr. 799, fol. 94r–101v. 56  München, BayHStA, Kurbayern Hofzahlamt, Nr. 805, fol. 86r–87r.

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lange diese vier Pensionen ausgezahlt wurden, blieb eine eigene Rubrik für den Hofstaat der verstorbenen Maria Amalia in den Unterlagen des Hofzahlamtes bestehen57. In den Jahren 1775 bis 1783 bestand dieser Hofstaat schließlich nur noch aus dem ehemaligen Kammerdiener Franz Anton Cichini58. Es vergingen also 27 Jahre, bis die Kammerpartei der verstorbenen Kaiserinwitwe Maria Amalia nicht mehr im bayerischen Hofzahlamt aufgelistet wurde. In den meisten Lexika wird Maria Amalia in wenigen Zeilen charakterisiert. Zu den elf Jahren ihres Witwenstandes heißt es oft nur, dass sie sich frommen Werken widmete 59. Dieser Topos einer alternden Witwe, die sich auf ein Leben nach dem Tod vorbereitete, indem sie sich nur noch der Nächstenliebe verschrieb, steht allerdings im Widerspruch zur Bedeutung, die ihrem Hofstaat in München offensichtlich beigemessen wurde, und lässt sich bei näherem Hinsehen nicht verifizieren. Die Quellen zeigen vielmehr ein kon­ träres Bild. Maria Amalia setzte sich zwar ebenso wie viele andere Kurfürstinnen für geistliche Gemeinschaften ein, wies Schenkungen an oder gründete auch tatsächlich ein Exerzitienhaus mit Spital60. Ihr Einfluss erschöpfte sich jedoch keineswegs im religiösen Bereich. Gerade am Fall Maria Amalias lässt sich zeigen, dass Kaiserinnen insbesondere als Witwen politische Ziele verfolgen konnten. Für Diplomaten bildete der Münchner Hofstaat der Kaiserinwitwe einen eigenständigen politischen Faktor und eine Anlaufstelle. Als Witwe verfolgte Maria Amalia einen erstaunlich eigenständigen Kurs, mit dem sie habsburgisches Fahrwasser verließ. Und so war sie nicht nur die erste Kontaktperson für österreichische Gesandte, die inzwischen sorgfältig beobachteten, ob Maria Amalia sich nicht vielleicht sogar gegen österreichische Interessen wandte, sondern sie unterhielt auch enge Kontakte mit den Vertretern Frankreichs und Großbritanniens und erzielte letztlich einen Ausgleich im Österreichischen Erbfolgekrieg 61. Die Gesandtschaften hatten erkannt, dass die Kaiserin über den Obersthofmeister Graf von Preysing 62, dessen entscheidende Stütze sie war, einen erheblichen Einfluss auf politische Entscheidungen Bayerns nehmen konnte und versuchten nun ihrerseits den Hofmeister über Maria Amalia zu schwächen. Denn – sehr zum Leidwesen des kaiserlichen Gesandten Rudolf Graf von Chotek – bildeten Maria Amalia und Preysing mit engem Schulterschluss nach 1745 den Kern der österreichkritischen Partei in München und vereitelten jeglichen Versuch 57   Es lässt sich jedoch nicht nachweisen, ob die verbliebenen Bediensteten der Kaiserinwitwe am Hof untergebracht waren oder ob sie bei Familienangehörigen wohnten. 58  Isabella Freiin von Friesenhausen war bereits am 8. August 1772 und Charlotte Freiin von Starzhausen am 27. Dezember 1774 gestorben; München, BayHStA, Kurbayern Hofzahlamt, Nr. 813, fol. 86r sowie ebd. Nr. 815, fol. 87r. Franz Anton Cichini verstarb im März 1783; ebd. Nr. 824, fol. 202r. 59  Ekkart Sauser, Art. Maria Amalia. BBKL 21 (2003) 904. 60  Michael Schattenhofer, München als kurfürstliche Residenzstadt. ZBLG 30 (1967) 1203–1231, hier 1214; Norbert Backmund, Die kleineren Orden in Bayern und ihre Klöster bis zur Säkularisation. Schwestern von der Agelblume, Augustinerbarfüßer, Barmherzige Brüder, Basilianer, Birgittiner, Elisabethinerinnen, Englische Fräulein, Hieronymiten, Kartäuser, Magdalenerinnen, Oratorianer, Paulaner, Pauliner, Piaristen, Salesianerinnen, Serviten, Solitarier, Theatiner, Ursulinen, Wilhelmiten (Windberg 1974) 93f.; Handbuch der historischen Stätten. Bayern 7, hg. von Karl Bosl (Stuttgart 21974) 437–456. 61  Schmid–Grypa, Berichte der diplomatischen Vertreter (wie Anm. 1) 1 137 und 251 sowie ebd. 2 862. Für die 1730er Jahre kann Black hingegen noch keinen direkten politischen Einfluss Maria Amalias nachweisen. Jeremy Black, Anglo-Wittelsbach Relations 1730–42. ZBLG 55 (1992) 307–346. 62   Zu Preysing zuletzt Stefan Pongratz, Adel und Alltag am Münchener Hof. Die Schreibkalender des Grafen Johann Maximilian IV. Emanuel von Preysing-Hohenaschau. 1687–1764 (Münchener Historische Studien Abt. Bayerische Geschichte 21, Kallmünz 2013).



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Wiens, auf den jungen Kurfürsten Max Joseph einzuwirken63. In der Umbruchssituation nach dem Regierungsantritt Max’ III. Joseph und dem Frieden von Füssen, in dem die europäischen Bündnisse neu ausgehandelt wurden, drängte die kaiserliche Seite auf eine enge Bindung Bayerns an Österreich. Maria Amalia und mit ihr die konservativen Kräfte an der Spitze Bayerns64 beharrten allerdings auf einer weiterhin möglichst eigenständigen Politik in der Ausrichtung auf die alten Verbündeten Frankreich und Preußen. Ein Argument war nach Maria Amalia die „Gewissenszartheit“ des erst 18-jährigen Max III. Joseph, die die Verprellung oder gar ein militärisches Vorgehen gegen die Alliierten seines Vaters nicht zuließ, ein anderes die Furcht vor der Rache Frankreichs65. Daneben ging es um Subsidienzahlungen, die das marode bayerische Staatswesen dringend benötigte. Maria Amalia trat sogar so entschieden für die bayerische Seite ein, dass sie sechs Monate nach dem Tod Karl Albrechts vor hatte, ihren geschmuk zu verpfänden, um mit dem daraus lösenden geld zur unterhaltung [...] [der] trouppen beyzustehen66. Dieses persönliche Engagement fand im Kurfürstentum weite Resonanz und wurde vom kaiserlichen Gesandten Chotek im Juli 1745 nach Wien gemeldet. Maria Amalia hatte weitreichende Regierungsbefugnisse, wenn ihr Sohn, der Kurfürst, nicht in München sein konnte. Die Gesandten wussten, dass bei abwesenheit Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht [...] [die] Kayserin Mäyestät die Regierungsgeschäften67 übernahm68. Die diplomatischen Vertreter richteten sich danach, indem sie die Kaiserinwitwe immer mehr in ihre Verhandlungen einbezogen69. Mitunter wurden mehrmals in der Woche Audienzgesuche bei Maria Amalia gestellt. Die Gesandten versuchten das Ohr der Kaiserinwitwe für sich allein einnehmen zu können, beobachteten aber auch die Audienzen anderer Gesandtschaften, deren Häufigkeit und Dauer sowie mit Argusaugen die Ehefrauen anderer Gesandter70. Denn hier bot das Frauenzimmer – im Gegensatz zum 63  Schmid–Grypa, Berichte der diplomatischen Vertreter 1 (wie Anm. 1) 56, 61 und 78 sowie Ernst Schütz, Die Gesandtschaft Großbritanniens am Immerwährenden Reichstag zu Regensburg und am kur(pfalz-)bayerischen Hof zu München. 1683–1806 (Schriftenreihe zur Bayerischen Landesgeschichte 154, München 2007). Johann Max Emanuel Graf von Preysing war zusammen mit Joseph Franz von Seinsheim wichtigster Berater Karls VII. gewesen. Er zählte nicht zu den Freunden Habsburgs und war eher auf der Seite Frankreichs und Preußens. Hammermayer, Bayern im Reich (wie Anm. 4) 1198–1235, hier 1199. 64  Konferenzminister und Generalfeldmarschall Ignaz Felix von Törring (1682–1763) und Graf Johann Maximilian IV. Emanuel von Preysing-Hohenaschau (1687–1764). 65  Pongratz, Adel und Alltag (wie Anm. 62) 177 sowie Bericht von Rudolf von Chotek an Maria Theresia, München, 30. Juni 1745; Schmid–Grypa, Berichte der diplomatischen Vertreter 1 (wie Anm. 1) 26–32, hier 31. 66   Rudolf von Chotek an Maria Theresia, München, 20. Juli 1745; Schmid–Grypa, Berichte der diplomatischen Vertreter 1 (wie Anm. 1) 49–52, hier 51. 67   Stephan von Engel an Anton Corfiz von Ulfeld, München, 26. August 1746; Schmid–Grypa, Berichte der diplomatischen Vertreter 1 (wie Anm. 1) 443. 68  Ebd. 171, 275 und 285. Maria Theresia. Briefe und Aktenstücke in Auswahl, hg. von Friedrich Walter (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte der Neuzeit 12, Darmstadt 1968). 69  Mit Erleichterung berichtete Chotek jedoch am 17. Dezember 1745, dass der Einfluss der Kaiserinwitwe nachlasse, Schmid–Grypa, Berichte der diplomatischen Vertreter 1 (wie Anm. 1) 193. Zur Einflussnahme Maria Amalias grundsätzlich Schmid, Außenpolitik (wie Anm. 4) 25f. 70  So hielt der kaiserliche Gesandte Giganth in einem Bericht vom 14. Juni 1748 fest, dass er beobachtet habe, dass der französische Gesandte bey Seiner Churfürstlichen Durchlaucht eine gar wenige minuten angedauerte Audienz erhalten habe, bey der verwittibten Kayserin Majestät hingegen eine zimliche Zeit sich aufgehalten und will man wissen, daß sotane Audienzen nicht, wie geglaubet worden, zum Beurlauben abgesehen gewesen. Philipp Andreas Franz Giganth an Anton Corfiz von Ulfeld, München, 14. Juni 1748; Schmid–Grypa, Berichte der diplomatischen Vertreter 2 (wie Anm. 1) 861f., hier 862. Die bayerischen Gesandten bezogen ihre eigenen Ehe-

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Hofstaat des Kurfürsten – beste Voraussetzungen für eine doppelt abgesicherte Diplomatie, indem auch die Ehefrauen der Gesandten Kontakte anbahnten. Trotz ihrer österreichkritischen Haltung in Fragen der Tagespolitik brüskierte Maria Amalia die Frau des Wiener Gesandten nicht, denn auch die Gräfin von Chotek, Ehefrau des langjährigen kaiserlichen Gesandten, erhielt bereits in ihrer ersten Audienz bei der Kaiserinwitwe unbegrenzten Zutritt zu deren Frauenzimmer und damit die Möglichkeit, informell Kontakte zu Hofmeisterinnen und Hoffräulein zu pflegen. Übrigens beurteilte Graf von Chotek die Grenzen seines eigenen Wirkungsbereiches als offizieller Gesandter realistisch. Er verstand, daß alle diese vorzüge, die ihm Maria Amalia mit vorzüglichkeiten und distinction wiederfahren lasseten [...] in eitlen äußerlichen Schmeiychelein71 bestanden, die Zutrittsrechte seiner Ehefrau aber eigenes Potential entfalten konnten. In den folgenden Jahren wurde Gräfin von Chotek immer wieder herangezogen, um Personenkonstellationen innerhalb der weiblichen Hofstaaten auszuloten oder Beurteilungen der kaiserlichen Gesandten aus ihrer Perspektive zu bestätigen oder zu ergänzen. So hatte die kaiserliche Gesandtschaft zu Beginn des Jahres 1748 zwar bereits registriert, dass Kardinal Johann Theodor und Herzog Clemens August von Bayern anlässlich des Geburtstages des französischen Königs beim Gesandten François de SainteHélène Comte de Baschi zum Essen erschienen, was ehedeme allezeit dem Grafen von Chotek unter dem Vorwand, daß sie bey niemanden in der Statt speisen wolten, abgeschlagen worden72 sei. Erst als Gräfin von Chotek aber noch zusätzlich bestätigte, daß die Churfürstin auf der Redoute allezeit mit der Französischen Gesandin73, niemahls aber mit ihr in diesem Ort gespielet habe, schrieb der kaiserliche Gesandte nach Wien, dass es inzwischen so weit gekommen sei, dass man in München eine vorzügliche Neigung gegen Franckreich hege und solche aus Mangel einer genugsamen Überlegung nicht verbergen könne74. Weil Maria Amalia inzwischen so entschieden die französische Sache vertrat und der französische Gesandte keine Möglichkeit ausließ, um diese Position zu befördern, griff der kaiserliche Gesandte mit Hilfe seiner Frau letztlich sogar auf eine Agentin im Frauenzimmer der Kaiserinwitwe zurück. Das Kammerfräulein Charlotte Freiin von Klencke (1681– 1748) sollte helfen, Maria Amalias Position zu schwächen75, indem sie ihr den Empfang

frauen ebenfalls in Amtsgeschäfte und Netzwerke ein, wie sich den Pariser Berichten des Gesandten Graf von Königsfeld entnehmen lässt: Meine Gräffin empfielt sich zu gnaden, und bittet die anlage nicht ungüettig zu deuten; Johann Georg Graf von Königsfeld an Kurfürst Karl Albrecht, Paris, 30. März 1730; München, BayHStA, K. schw. 6475 unfoliiert (Bericht vom 30. März 1730). 71  Rudolf von Chotek an Anton Corfiz von Ulfeld, München, 24. Juli 1745; Schmid–Grypa, Berichte der diplomatischen Vertreter 1 (wie Anm. 1) 60–63, hier 62f. 72  Otto von Frankenberg an Maria Theresia, München, 22. Februar 1748; Schmid–Grypa, Berichte der diplomatischen Vertreter 2 (wie Anm. 1) 1009–1014, hier 1012. 73  Mit „Gesandtin“ ist an dieser Stelle keine offizielle Vertreterin Frankreichs, sondern die Ehefrau des französischen Gesandten gemeint. 74  Wie Anm. 72. 75   Rudolf von Chotek an Anton Corfiz von Ulfeld, München, 16. Juli 1745; Schmid–Grypa, Berichte der diplomatischen Vertreter 1 (wie Anm. 1) 48f. Zugleich sollte mit dem Vorgehen die Position des Grafen Preysing geschwächt werden. Hierzu Rudolf von Chotek an Maria Theresia, München, 24. Juli 1745; ebd. 53–60, hier 56: Wenigstens werde ich keine gelegenheit vorbeylassen, dem Churfürsten eine widrige idee, so wie er es meritiret, beyzubringen und, wo möglich, seinenfalls in Ministerio zu beförderen, da inzwischen mir nichtsmehrer angelegen seyn lasse, als Ihro Mayestät die Kayserin zu rectificiren und sie des gefaßten widrigen systematis überzeugen, worzu die Fräulein Klenck auch gewiß ihr möglichstes beytragen, deme nach, wann selbste einmahl auf ersprießlichere ideen gebracht wäre, der credit des Grafen von Preysing, dessen stütze sie hauptsächlich ist, von selbsten sinken dörfte.



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französischer Gelder unterstellte76. Der erhoffte Skandal blieb allerdings aus und die Bilanz der Wiener Gesandtschaft war entsprechend desillusioniert, als Graf von Chotek an den österreichischen Staatskanzler Ulfeld schrieb: Mit einem wort ist ein vor allemahl richtig, daß so lang diese Frau [Maria Amalia, BK] die hände in denen Regierungsgeschäften haben und ihr Herr Sohn mit zulänglichen Subsidien sich nicht einigermaßen ausgeholfen sehen wird, ich mir in meiner aufhabenden negociation einen wenig guten ausschlag versprechen könne77. Das Verhältnis zwischen Wien und der Kaiserinwitwe Maria Amalia war in dieser Zeit so weit abgekühlt, dass Maria Amalia nicht auf ihre verwandtschaftlichen Beziehungen oder die Mittlerfunktion österreichischer Bediensteter zurückgriff, um Friedensverhandlungen mit Österreich einzuleiten. Dass sie selbst eine geborene Erzherzogin und durch ihre Cousine Maria Theresia eng mit Habsburg verwandt war, spielte keine Rolle. Maria Amalia kann insofern auch nicht als Vermittlerin zwischen ihrem Herkunftsund Aufnahmeland betrachtet werden, sie schaltete in dieser Angelegenheit vielmehr den Nuntius Gianfrancesco Stoppani ein, der in ihrem Namen Kontakt mit dem päpstlichen Gesandten in Wien aufnehmen sollte78. Aus Habsburger Perspektive entspannte sich das Verhältnis zu Maria Amalia erst, als sich der junge Kurfürst aus dem Schatten seiner Mutter zu lösen begann79. Zuvor kamen hofinterne Gegenspieler um die machtbewusste Kaiserinwitwe nicht herum. Dadurch, dass sie weiterhin in München präsent blieb, anstatt sich auf ihren Witwensitz zurückzuziehen, ihren Sohn in dessen Abwesenheit offiziell vertrat und sich aktiv in die Verhandlungen über Subsidienverträge oder militärische Sachverhalte einbrachte, konnten sich Gesandtschaften mit der Kaiserinwitwe auf ihrer Seite Hoffnung machen, auch den Kurfürsten zu gewinnen. Andererseits war eine Zustimmung des Kurfürsten keine Gewähr für eine erfolgreiche Verhandlung, sollte sich die Kaiserinwitwe dagegen stellen80. Maria Amalia gelang es nach dem Tod Karl Albrechts, mit der dezidiert aufrecht erhaltenen Position als gekrönte Kaiserin ein eigenes diplomatisches Zentrum aufzubauen, das den kaiserlichen Anspruch durch Zeremoniell und Hofstaat nach außen repräsen76  Rudolf von Chotek an Maria Theresia, München, 3. August 1745; Schmid–Grypa, Berichte der diplomatischen Vertreter 1 (wie Anm. 1) 71–74, hier 73 sowie Leopold von Weingarten an Anton Corfiz von Ulfeld, München, 29. September 1745; ebd. 133–135, hier 134. 77  Rudolf von Chotek an Anton Corfiz von Ulfeld, München, 10. August 1745; Schmid–Grypa, Berichte der diplomatischen Vertreter 1 (wie Anm. 1) 83–85, hier 84. 78  Gianfrancesco Stoppani war päpstlicher Nuntius am Hof Karls VII. gewesen. Sein Amt erlosch jedoch mit dem Tod des Kaisers. Während des darauffolgenden Interregnums wurde Stoppani von Papst Benedikt XIV. sofort im Anschluss zum Außerordentlichen Nuntius für die bevorstehende Kaiserwahl ernannt. Greipl, Quellen zur Reichspolitik (wie Anm. 51) 332. In nome della maestà dell’imperatrice ed anche dell’elettore, mi si è fatta premura, per introdurre col mezzo del sign. cardinale Paolucci qualche trattato d’aggiustamento colla corte di Vienna, ed io non ho creduto dovermene disimpegnare, sapendo il sommo desiderio della Santità Sua di veder riconciliate le due case, dalla cui unione dipende in gran parte la salute della religione nell’Alemagna; ASV, Segr. Stato Germania, 578, fol. 367r. 79  Rudolf von Chotek an Maria Theresia, München, 17. Dezember 1745; Schmid–Grypa, Berichte der diplomatischen Vertreter 1 (wie Anm. 1) 191–198, hier 193. 80  Ihro Churfürstliche Durchlaucht bezeigen eine ausnehmende Neigung, diese negotiation zu einen baldigen vergnüglichen ende zu bringen, sofort die uneingeschränckte überlassung dero Truppen endlichen einmahl zu bewilligen. Allein es werde deroselben so vielle hindernussen und so häuffige recht malitiose einstreyungen von den Grafen von Preysing gemacht und solche von Ihro Mayestät der verwittibten Kayserin mit allem eyfer und nachdruck unterstützet, dass er, Churfürst, in seiner guten gedenckensart immerhin gestöhret wird und man sich auf selbigen nicht vollkommen verlassen kann. Rudolf von Chotek an Maria Theresia, München, 15. März 1746; Schmid–Grypa, Berichte der diplomatischen Vertreter 1 (wie Anm. 1) 285f., hier 285.

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tierte. Auf diese Weise entwickelte sich zunächst ein räumlich getrennter Strang der Münchner Außenpolitik. Absprachen zwischen dem jungen bayerischen Kurfürsten und hochrangigen Funktionären am Hof Maria Amalias lassen sich nicht nachweisen. Freilich ohne jeden Alleinvertretungsanspruch war die Kaiserinwitwe für die ausländischen Gesandtschaften doch ein Zentralisationspunkt innerhalb der kurbayerischen Diplomatie. Die Zentrierung auf Maria Amalia erscheint als eine zusätzliche politische Spielart, die sich aus der Stellung der Kaiserinwitwe ergab und die genutzt wurde, um Bayerns labile Position im Mächtespiel zu stabilisieren. Auf dieser Basis konnte die Kaiserinwitwe beinahe unabhängige und je nach Sachlage eigene Ziele verfolgende Außenbeziehungen gestalten. Die Reichspublizistik beschäftigte sich lediglich mit dem Krönungszeremoniell Maria Amalias. Sie blieb ansonsten – wie ihr Mann – in der Reichswahrnehmung farblos. Im Gegensatz dazu kam ihr in München innerhalb des Hoflebens, das britische Gesandte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts als not very brilliant81 beschrieben, eine exponierte Rolle zu. In den Jahren 1748 und 1749 nahm Maria Amalia Subsidien von Frankreich entgegen, die über Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz ausbezahlt wurden82. Und noch kurz vor ihrem Tod erreichte sie ein Schreiben des französischen Königs Ludwig XV., in dem dieser ihr versicherte, dass er dem bayerischen Kurfürstentum wohl geneigt sei und dieses Interesse auch seinem außerordentlichen Gesandten Folard eingeschärft habe83.

Tod und Memoria Maria Amalia verstarb im Dezember 1756. Sie wurde neben ihrem Mann in der Theatinerkirche in München beigesetzt. Ihre testamentarischen Verfügungen weisen keine Besonderheiten auf, sie umfassten verschiedene Schenkungen an Privatpersonen und Ordensleute. Auch die Beisetzungspraxis unterschied sich nicht von der in München üblichen, die mehrere Requien, die öffentliche Aufbahrung des Leichnams in der Kirche und verschiedene – später im Druck erschienene – Leichenpredigten vorsah84. Die Predigten bzw. die überlieferten Texte vermittelten jedoch bereits unmittelbar nach dem Tod der Kaiserin eine Idee davon, welches Bild von ihr bleiben sollte. Es lässt sich ein Profil Maria Amalias erkennen, das einerseits die weiblichen Topoi besonderer Geduld, Demut und Gottesfurcht beschreibt85, andererseits aber auch ihren politischen Sachverstand hervorhebt. In den Trauerreden bezogen sich die Prediger konkret auf ihr politisches Engage81   Fulke Greville an George Viscount Macartney, den britischen Gesandten in St. Petersburg, München, 28. Juni 1766; Belfast, Public Record Office of Northern Ireland, D 572, 7, 1, zitiert nach Schütz, Gesandtschaft Großbritanniens (wie Anm. 63) 243. 82  Jährlich 240.000 fl. München, StAM, Herrschaft Hohenaschau, A 3091. 83  München, StAM, Herrschaft Hohenaschau, A 3102. 84   Vgl. Britta Kägler, Double deuil pour un Empereur bavarois, Charles VII (reg. 1742–1745), in: Les funérailles princières en Europe, XVIe–XVIIIe siècle. Un événement médiathique 3, hg. von Juliusz Chrościcki– Mark Hengerer–Gérard Sabatier (Aulica 5, Rennes–Versailles 2015) im Druck. 85  Maximilian Dufréne, Leben und Tugenden Mariae Amaliae Römischen Kayserin, Jn einem kurtzen Begriff zusamm gezohen (München 1757) 9f. und 25; Sebastian Maria Wasenau, Trauer-Rede über den Leydvollen Tod Ihro Weyland verwittibt-gecrönt-Römis. Kayserl. Majestät Mariae Amaliae … (München 1757) 7f.; Ernesto Geppert, Die vor denen Augen GOttes und der Menschen Grosse Jn Ihren selbst eigenen Kleine Maria Amalia … (München 1757) 3–5.



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ment. An erster Stelle ist hier ihr Beichtvater, der Jesuit Ernesto Geppert, zu nennen, der in seiner Lob- und Trauerrede betont, dass Maria Amalia vieles […] zum voraus [schlichtete], als wäre es gegenwärtig. Es erregte sich niemals einiger Zweifel in Rangsachen, oder Staatshändel, den Sie nicht auf der Stelle zu erörteren, […] und ins reine zu bringen gewußt86. Maria Amalias Rolle in der bayerischen Politik wird einem Leitstern gleichgesetzt, so dass auch gleich die Staatsmänner und Gesandten erwähnt werden, die den Kontakt zu ihr suchten87. Die Leichenpredigten enthalten sowohl die zeitgenössische Sicht der aktuellen geistigen und politischen Situation als auch den Rückblick auf die errungene Kaiserkrone. Dufrène widmet der Kaiserkrönung mehr als eine Seite, während andere Leichenpredigten sich damit begnügen, immer wieder auf die Kaiserwürde der verstorbenen Maria Amalia zu verweisen. Ansonsten rekurrieren die Embleme, die den Text der Leichenpredigten umrahmen, in Wort und Bild zunächst auf das Imperium Romanum in luctu88, erst in zweiter Instanz auf das trauernde Bayern. Die Reichsinsignien verwiesen in der bildlichen Darstellung noch einmal mit Nachdruck auf die Kaiserwürde, die das politische Streben der Wittelsbacher Dynastie während der letzten Generationen bestimmt hatte. Erst mit dem Tod der Kaiserinwitwe Maria Amalia verschwanden Ende 1756 die letzten Spuren dieses bayerischen Kaisertums.

  Ebd. 28.   Ebd. 88  Joseph Adam Köckh, Funebris Memoria Mariae Amaliae D. G. Augustae Rom. Imperatricis … in Electorali Templo Clericorum Regularium vulgo Theatinorum (München 1757) 7. 86 87



Maria Theresia: Herrscherin aus eigenem Recht und Kaiserin Bettina Braun

Maria Theresia ist sicherlich die bekannteste frühneuzeitliche Kaiserin, auch bekannter als die meisten Kaiser vor oder nach ihr. Gleichzeitig war Maria Theresia unter den Kaiserinnen die Ausnahme schlechthin und kann in keiner Hinsicht als typisch gelten. Denn in ihrem Fall heiratete nicht eine junge Hochadlige den regierenden oder künftigen Kaiser, sondern die Landesherrin qua eigenen Rechts übertrug die von ihrer Herkunft herrührenden, quasidynastischen Ansprüche auf das Kaiseramt an ihren Mann und forcierte auf dieser Grundlage dessen Wahl zum Kaiser. Bekanntlich scheiterte das Unternehmen im ersten Anlauf, aber mit der am 13. September 1745 erfolgten Wahl Franz Stephans von Lothringen zum Kaiser war Maria Theresia mit 28 Jahren Kaiserin1. Auch wenn Maria Theresias Status als Kaiserin de jure selbstverständlich aus dem Kaisertum ihres Mannes folgte, war ihre Stellung eben keine allein von der Position ihres Mannes abgeleitete, da es nicht zuletzt ihr Erbe und ihre Hausmacht gewesen waren, die ihrem Mann zur Wahl verholfen hatten. Somit ergibt sich die paradoxe Situation, dass Franz Stephan, der über keine dem Kaisertum adäquate Hausmacht verfügte, nur Kaiser werden konnte, weil er in die Kaiserdynastie einheiratete. Dieser ungewöhnlichen Konstellation hat die folgende Analyse Rechnung zu tragen. In Bezug auf Maria Theresia sind deshalb andere Fragen zu erörtern als diejenigen, die für die übrigen Kaiserinnen diskutiert werden. So ist es völlig unstrittig, dass Maria Theresia nicht „nur die Frau des Kaisers“ war. Es kann bei ihr also nicht oder jedenfalls nicht nur darum gehen auszuloten, inwiefern sie die einer regierenden Fürstin2 zukommenden Handlungsspielräume nutzte und auf welchen Handlungsfeldern sie vorwiegend tätig wurde3. Zumindest kann nicht nur analysiert werden, inwieweit die Kaiserin an dem po1  Es muss hier nicht erneut ausführlich die Frage erörtert werden, ob es korrekt ist, Maria Theresia als Kaiserin zu bezeichnen. Selbstverständlich ist diese Bezeichnung korrekt: Als Ehefrau des Kaisers war sie Kaiserin und hat sich folgerichtig auch selbst so tituliert. Dass sie es – aus letztlich wohl kaum zu klärenden Motiven – abgelehnt hat, sich zur Kaiserin krönen zu lassen, ist rechtlich irrelevant. Die Krönungszeremonie hatte vor allem repräsentativen Charakter und betonte den hohen Rang und die herausgehobene Stellung der Kaiserin, aber auch ihrer Herkunftsfamilie. Eine rechtliche Wirkung hatte die Krönung nicht, ebenso wenig ihre Unterlassung. Die meisten frühneuzeitlichen Kaiserinnen sind nicht gekrönt worden. 2  Unter „regierender Fürstin“ wird in der einschlägigen Literatur die Ehefrau des Fürsten (im Unterschied beispielsweise zur Regentin für einen minderjährigen Sohn) verstanden. Der Terminus impliziert, dass die fürstliche Ehefrau stets an der Herrschaft partizipierte. 3  Dazu Heide Wunder, Regierende Fürstinnen des 16. Jahrhunderts im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation: Teilhabe an Herrschaft, Konfessionsbildung und Wissenschaften, in: Herzogin Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg 1510–1558. Herrschaft – Konfession – Kultur, hg. von Eva Schlotheuber et al. (Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens 132, Hannover 2011) 34–55.

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litischen Amt ihres Mannes teilhatte. Eher stellt sich die Frage genau umgekehrt: Welche Bereiche hat Maria Theresia ihrem Mann überlassen, wo ihn in welchem Maße beteiligt? Die folgenden Ausführungen gehen von der Vorstellung eines fürstlichen Arbeits- und Amtspaars aus4, das gerade für eine Analyse der Regierung Maria Theresias fruchtbar zu sein verspricht. Denn Maria Theresia und Franz Stephan bildeten ein Amtspaar par excellence. In diese Paarbeziehung brachte Maria Theresia die Landesherrschaft ein und Franz Stephan die Kaiserwürde. Im Folgenden sollen erste Überlegungen dazu angestellt werden, wie die Aufgabenverteilung innerhalb dieses Arbeitspaares aussah 5. Dabei sind verschiedene Hypothesen denkbar: 1. Die Aufgabenteilung erfolgte nach den Ämtern, d. h. Maria Theresia übernahm die Aufgaben der Landesfürstin, der Kaiser die Reichspolitik. 2. Die Aufgabenteilung erfolgte nach bestimmten Politikfeldern, die jeweils schwerpunktmäßig einem der beiden zugeordnet wurden, wobei für die Zuteilung individuelle Kompetenzen und Interessen, aber auch das Geschlecht maßgebend waren. 3. Die Aufgabenteilung erfolgte in einer Umkehrung der üblichen Rollen, d. h. da Maria Theresia als Landesfürstin die üblicherweise männliche Rolle innehatte, übernahm ihr landfremder Ehemann die sonst eher der Fürstin zukommenden Bereiche wie Pflege der Beziehungen zur Herkunftsfamilie, Heiratspolitik, Mäzenatentum. Was für das Paar Maria Theresia und Franz Stephan gilt, gilt mutatis mutandis auch für Maria Theresia und Joseph. Denn die Ausgangslage war durchaus vergleichbar: Maria 4   Grundsätzlich zum Ehe- und Arbeitspaar Heide Wunder, „Er ist die Sonn’, sie ist der Mond“. Frauen in der Frühen Neuzeit (München 1992) 97–109, dort zunächst entwickelt am Beispiel von Handwerkerhaushalten, aber ausdrücklich auch Gültigkeit beanspruchend für bäuerliche und Kaufmannshaushalte. Zum Amtspaar ebd. 137f. 5   Untersuchungen, die nach der Aufgaben- und Rollenverteilung zwischen Maria Theresia und Franz Stephan fragen, liegen bisher nicht vor. Die biographischen Arbeiten zu Maria Theresia rücken genregemäß allein die Kaiserin in den Vordergrund, während Franz Stephan regelmäßig nur eine Nebenrolle zukommt. In den Studien zu Franz Stephan wiederum stehen die Bereiche im Mittelpunkt, in denen er selbständig agierte, wie seine wirtschaftlichen Aktivitäten oder seine wissenschaftlichen Sammlungen. Immerhin geht jetzt William Monter in seiner Überblicksdarstellung The Rise of Female Kings in Europe, 1300–1800 (New Haven–London 2012) von einer entsprechenden Fragestellung aus, auch wenn er das Modell vom Arbeitspaar offensichtlich nicht kennt und überhaupt die neuere konzeptionelle Literatur zu Fürstinnen (also jenseits biographischer Arbeiten) nicht rezipiert hat. Er fragt aber immer wieder nach dem (Macht-)Verhältnis zwischen den weiblichen Souveränen und ihren Ehemännern bzw. nach den Auswirkungen für die Herrschaft, wenn solche Ehemänner fehlten (wie bei Elisabeth I. von England und Christina von Schweden). Ein wichtiges Indiz für dieses Verhältnis bilden für ihn die Münzen, auf denen, sofern der Ehemann überhaupt abgebildet wurde, ganz unterschiedliche Darstellungsformen gewählt wurden: auf der Vorderseite sein Konterfei, auf der Rückseite ihr Konterfei (Ferdinand von Aragon und Isabella von Kastilien), beide einander anblickend (Juana die Wahnsinnige und Karl V., Maria I. von England und Philipp II.), oder beide in dieselbe Richtung blickend, wobei entweder sie oder er im Vordergrund abgebildet sein konnte (sie im Vordergrund: Maria I. von Portugal und Peter III.). Den Inbegriff einer gemeinsamen Regierung verkörperten für Monter die katholischen Könige Ferdinand und Isabella (85), während das Kapitel über das 18. Jahrhundert überschrieben ist mit „Husbands Subordinated: The Era of Maria Theresia, 1700–1800“. Die drei Herrscherinnen, Königin Anna von Großbritannien, Maria Theresia und Königin Maria I. von Portugal „exercised power while finding various ways to keep their husbands in politically useful but subordinated roles“ (155). Zwar charakterisiert Monter Franz Stephan immerhin nicht als politische Null wie Georg von Dänemark, den Ehemann der britischen Königin Anna („a political and a military nonentity“, 157), aber er weist ihm keine ernsthafte politische Rolle zu, ohne sich freilich auf entsprechende Untersuchungen stützen zu können. Auch wenn die Analyse Monters, nicht nur hinsichtlich Maria Theresias und Franz Stephans, also sicherlich zu kurz greift, kommt ihm doch das Verdienst zu, die europäischen Herrscherinnen der Frühen Neuzeit unter diesem Fokus der Arbeits- und Rollenteilung beleuchtet und dazu manche interessante Beobachtung geliefert zu haben.



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Theresia regierte als Landesfürstin, da sie ja weiterhin Königin von Böhmen und Ungarn und eben nicht Königinwitwe war und demzufolge über die Erblande als die territoriale Basis auch des Kaisertums Josephs gebot. Joseph hingegen war seit dem Tod seines Vaters Kaiser, aber wie jener ohne eigenes Territorium6. Freilich war auch der wesentliche Unterschied unübersehbar: Denn Joseph war eben nicht der eingeheiratete Ehemann, sondern der dynastisch legitimierte Erbe, der eines Tages beide Aufgaben in einer Hand vereinigen würde. Dennoch überwiegen die strukturellen Parallelen, sodass in die Untersuchung auch Maria Theresia und Joseph als ein solches Arbeitspaar einbezogen werden sollen. Maria Theresia nahm nämlich auch nach 1765 eher die Position einer regierenden Kaiserin als die einer Kaiserinwitwe ein7. Das hat niemand deutlicher gesehen als Joseph II. selbst und insofern folgerichtig entschieden, dass Maria Theresia seiner Ehefrau Josepha protokollarisch vorangehen solle8. Folgerichtig bezeichnete der Obersthofmeister Khevenhüller-Metsch in seinem Tagebuch Maria Theresia auch nach dem Tod Franz Stephans weiterhin als „Kaiserin“ oder als „Kaiserin-Königin“, während die Gemahlin Josephs die „junge Kaiserin“ oder „Kaiserin Josepha“ genannt wird9. Noch deutlicher wird die Funktion Maria Theresias als weiterhin regierende Kaiserin nach dem Tod der zweiten Ehefrau Josephs II. im Jahre 1767, als es eben keine regierende Kaiserin mehr gab10. *** Mit dem Tod ihres Vaters, Kaiser Karls VI., am 20. Oktober 1740 übernahm Maria Theresia die Regierung in den österreichischen Erblanden, den österreichischen Niederlanden, der Lombardei sowie in Ungarn und Böhmen. Gut einen Monat später, am 21. 6  Joseph verfügte (abgesehen von der kleinen Grafschaft Falkenstein) nicht einmal wie Franz Stephan über ein eigenes Herrschaftsgebiet, da das Großherzogtum Toskana als Sekundogenitur an den zweiten Sohn des Kaiserpaares, Leopold, übertragen worden war. 7  Dieser Grundannahme entspricht es, dass der Band Die Kaiser der Neuzeit 1519–1918, hg. von Anton Schindling–Walter Ziegler (München 1990) zwei Doppelporträts enthält, nämlich „Franz I. und Maria Theresia“ und „Joseph II. und Maria Theresia“; dies wird mit „ihrer besonderen Bedeutung auch als Herrscherin“ begründet; ebd. 8. 8   Barbara Stollberg-Rilinger, Des Kaisers alte Kleider. Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches (München 22013) 284, dort auch die dahinterstehenden Überlegungen. Beratungen darüber in der Konferenz am 12. September 1765; Aus der Zeit Maria Theresias. Die Tagebücher des Fürsten Johann Joseph Khevenhüller-Metsch, ed. Rudolf Graf Khevenhüller-Metsch–Hanns Schlitter, 8 Bde. (Leipzig 1907–1925) hier Bd. 6: 1764–1767 (Leipzig 1917) 141. 9   Deutlich wird dies auch an der Fußwaschung an Gründonnerstag, die traditionell vom Kaiser und von der Kaiserin vorgenommen wurde, und zwar vom Kaiser an 12 Männern und von der Kaiserin an 12 Frauen. 1766 wurde das Ritual von Joseph und Maria Theresia vorgenommen, nicht also von der regierenden Kaiserin Josepha; ebd. 171. 1767 wurde auf Betreiben Josephs keine Fußwaschung durchgeführt; ebd. 191. Später fand die Fußwaschung aber wieder statt. Für 1772 wird ausdrücklich erwähnt, dass Maria Theresia wegen ihrer Gebrechlichkeit diese nicht vornehmen konnte und deshalb von ihrer Tochter Elisabeth vertreten wurde; ebd. Bd. 7: 1770–1773 (Leipzig 1925) 122. Zur Fußwaschung Karl Vocelka–Lynne Heller, Die Lebenswelt der Habsburger. Kultur- und Mentalitätsgeschichte einer Familie (Graz 1997) 30; Martin Scheutz, „Der vermenschte Heiland“. Armenspeisung und Gründonnerstags-Fußwaschung am Wiener Kaiserhof, in: Ein zweigeteilter Ort? Hof und Stadt in der Frühen Neuzeit, hg. von Susanne Claudine Pils–Jan Paul Niederkorn (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 44, Innsbruck 2005) 189–253; ebd. 243–245 eine Auflistung der Fußwaschungen. 10   In einem gewissen Widerspruch zu dieser de facto ausgeübten Position der regierenden Kaiserin steht die Inszenierung Maria Theresias, die nach 1765 ihren Witwenstatus betonte, indem sie sich fortan nur noch in Witwenkleidung darstellen ließ, d. h. sich als Kaiserinwitwe inszenierte.

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November 1740, übertrug sie ihrem Mann Franz Stephan die Mit-Regierung gesammt Unserer Erb=Königreiche und Länder11. Diese Mitregierung begründete sie unter anderem mit ihrem Geschlecht, das es erforderlich mache, dass ihr die Schwehre jeder Regierung anklebender Last, durch eine vertraute Mit-Obsorge und Beyhülfe erleichtert werde12. Machen schon die Begriffe Mit-Obsorge und Beyhülfe deutlich, dass es sich dabei keineswegs um eine Übertragung von Herrschaftsrechten handelte, sondern dass Maria Theresia sich von ihrem Mann Unterstützung erhoffte, so wird dies auch in der Urkunde ausdrücklich und ausführlich betont, da eine Abtretung von Herrschaftsrechten gegen die Bestimmungen der Pragmatischen Sanktion verstoßen hätte. Der Text der Urkunde lässt also keinen Zweifel daran, dass Maria Theresia die Landesfürstin der gesamten Erblande war und dass sie diese Aufgabe auch ausfüllen wollte – und dass ihr Mann sie dabei nach Bedarf unterstützen sollte13. Während also selbstverständlich davon auszugehen ist, dass Maria Theresia als Landesfürstin in Österreich, Böhmen und Ungarn etc. regierte, ist es wesentlich schwieriger zu bestimmen, in welchem Ausmaß Franz Stephan tatsächlich als Kaiser regierte. Häufig wird die Existenz einer Reichspolitik Franz’ I. geradezu negiert. Im Zweifel – so die communis opinio der Forschung – habe am Wiener Hof stets das Hausmachtinteresse über das Reichsinteresse gesiegt, was auch zu einer grundsätzlichen Vernachlässigung der Reichspolitik geführt habe. Wenn überhaupt Reichspolitik betrieben worden sei, so habe diese jedenfalls kaum Erfolge aufzuweisen gehabt. Für diese Defizite wird der Kaiser persönlich verantwortlich gemacht, dessen Desinteresse und Unfähigkeit ein Desaster nach dem anderen verursacht hätten. So zieht beispielsweise Karl Otmar von Aretin das vernichtende Fazit „Als Kaiser gingen von ihm keine Impulse aus“14, nachdem er den Kaiser in der Beschreibung einzelner Ereigniskomplexe der Entscheidungsschwäche und etlicher Fehleinschätzungen geziehen hat. Aretin geht mithin davon aus, dass die Reichspolitik in der Tat in den Händen Franz Stephans lag. Maria Theresia kommt als Akteurin in seiner Darstellung kaum vor. Alois Schmid hingegen zeichnet ein wesentlich positiveres Bild von Franz Stephan als Kaiser. Er hält ihm zugute, dass er ernsthaft versucht habe, „sich nicht nur als formelles, sondern als wirkliches Reichsoberhaupt zu erweisen“ 15, und er zählt eine Reihe von Feldern der Reichspolitik auf, auf denen der Kaiser die Initiative ergriffen 11  Urkunde vom 21. November 1740, gedr. in: Europäische Staats-Cantzley: Zum Behuff der neuesten Politischen-, Kirchen- und Reichs-Historie […], hg. von Anton Faber [= Christian Leonhard Leucht], Bd. 78 (o. O. 1741) 705–712, hier 708. 12   Ebd. 707f. Dies dürfte freilich in diesem Fall eher eine sich durch die herrschenden Rollentopoi anbietende Begründung gewesen sein, als dass es die wahre Motivation Maria Theresias wiedergegeben haben dürfte. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts freilich klang diese Begründung offensichtlich plausibel, wie die Vermutung Reinöhls suggeriert, dass für die Mitregentschaft „vielleicht auch im Unterbewußtsein das natürliche Anlehnungsbedürfnis der Frau eine gewisse Rolle gespielt“ habe – ein Satz, der wohl mehr über das Frauenbild eines Historikers des Jahres 1929 als über die Motive Maria Theresias aussagt; Fritz Reinöhl, Die Übertragung der Mitregentschaft durch Maria Theresia an Großherzog Franz Stephan und Kaiser Josef II., in: MIÖG Ergbd. 11 (Wien 1929) 650–661, hier 661. 13   Ausdrücklich wurde auch festgelegt, dass Franz Stephan die Regentschaftsregierung übernehmen sollte, falls Maria Theresia vor ihm stürbe und der Erbe oder die Erbin zu diesem Zeitpunkt noch nicht volljährig sein sollte. Auch in diesem Fall wäre Franz Stephan also nur der Regent, nicht der Erbe der Erbländer. 14   Karl Otmar Freiherr von Aretin, Das Alte Reich 1648–1806. Bd. 3: Das Reich und der österreichischpreußische Dualismus (1745–1806) (Stuttgart 1997) 32. Ebd. 81: „Die Reichspolitik unter Franz I. war also bestenfalls eine Randerscheinung“. 15  Alois Schmid, Franz I. Stephan von Habsburg-Lothringen (1745–1765), der unbekannte Kaiser (Eichstätter Hochschulreden 77, Regensburg 1991) 15.



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habe16. Allerdings muss auch Schmid zugestehen, dass Franz Stephan viele Probleme des Reichs zwar klar erkannt habe und auch willens gewesen sei, diese anzugehen, dass es aber doch vielfach bei den entsprechenden Plänen geblieben sei17. Freilich kann es an dieser Stelle gar nicht um Erfolg oder Misserfolg der Reichspolitik Franz Stephans gehen. Immerhin – und das ist in diesem Zusammenhang entscheidend – scheint doch manches dafür zu sprechen, dass er versucht hat, kaiserliche Politik zu betreiben. Damit stellt sich die Frage, ob Franz Stephan diese Reichspolitik eigenständig betrieben hat oder ob diese mehr von der von Maria Theresia bestimmten Haus- und Territorialpolitik dominiert wurde. Zum anderen ist zu fragen, in welchem Ausmaß Maria Theresia als Kaiserin agierte und repräsentierte. Da die Reichspolitik Franz Stephans aber gänzlich unerforscht ist18, ist auch der Anteil des Kaisers an dieser Politik vorläufig nicht zu bestimmen19. Es können deshalb zunächst nur einige Indizien zusammengetragen werden. Betrachtet man, wie dies vor allem die mediävistische Forschung immer wieder mit überzeugenden Ergebnissen getan hat, das Itinerar zur Ermittlung der Herrschaftsschwerpunkte20, so ist der Befund eindeutig: Weder Franz I. noch Maria Theresia waren im Reich persönlich präsent. Bereits knapp zwei Wochen nach der Krönung des Kaisers am 4. Oktober 1745 machte sich das Paar auf die Rückreise nach Wien21. Auch Franz Stephan blieb also nicht länger in Frankfurt, obwohl es zu Beginn der Regierung und gerade 16   Dazu zählen die Verstärkung der Zusammenarbeit mit den Reichsstädten, die Mobilisierung der Reichskreise, die Reichstagspolitik, die Aufrechterhaltung der Reichslehensverfassung sowie die Beteiligung des Reichs an den Verhandlungen über die Beendigung des Siebenjährigen Krieges; ebd. 16. 17   Zwischen den Wertungen Aretins und Schmids der neueste Beitrag zur Reichspolitik Franz’ I. von Christoph Gnant, Franz Stephan von Lothringen als Kaiser, in: Franz Stephan von Lothringen und sein Kreis, hg. von Renate Zedinger–Wolfgang Schmale (Jahrbuch der Österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts 23, Bochum 2009) 115–129. Als Kaiser praktisch überhaupt nicht präsent ist Franz Stephan in der Monographie von Angelika Kulenkampff, Österreich und das Alte Reich. Die Reichspolitik des Staatskanzlers Kaunitz unter Maria Theresia und Joseph II. (Köln–Wien–Weimar 2005). Sie geht nämlich von der – nicht näher belegten – Annahme aus, dass Kaunitz die Reichspolitik „mit Wissen und Zustimmung Maria Theresias“ formuliert habe, wie es ja bereits der Untertitel, in dem Franz Stephan nicht genannt ist, suggeriert. Zu Franz Stephan heißt es lediglich, dass Kaunitz „den Wirkungskreis des Kaisers auf die ‚kaiserlichen Verrichtungen‘“ beschränkte und „ihn damit von den Regierungsgeschäften fern“ gehalten habe; ebd. 41. Demzufolge taucht er im (freilich offensichtlich nicht ganz zuverlässigen) Register auch nur mit drei Nennungen auf. 18  Bezeichnenderweise enthält auch die neueste Biographie Franz Stephans nur ein Kapitel über Franz Stephan als Kaiser, das zudem zu erheblichen Teilen der Vorgeschichte einschließlich der Wahl und Krönung gewidmet ist. Über die Reichspolitik im engeren Sinne, d. h. über das konkrete Handeln des Kaisers im und für das Reich, erfährt man in diesem Kapitel jedoch nichts; Renate Zedinger, Franz Stephan von Lothringen (1708–1765). Monarch – Manager – Mäzen (Schriftenreihe der Österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts 13, Wien–Köln–Weimar 2008). 19  In diesem Punkt sind sich die Historiker unabhängig von ihrer unterschiedlichen Bewertung der Reichspolitik Franz’ I. einig. So räumt Aretin ein, dass sich der Einfluss Franz Stephans auf die wichtigen Entscheidungen schwer bestimmen lasse; Aretin, Das Alte Reich 3 (wie Anm. 14) 31. Dazu auch Schmid, Franz I. Stephan (wie Anm. 15) 15. Siehe auch Aretin, Das Alte Reich 3 (wie Anm. 14) 536 Anm. 16: „Über die Form, in der Kaiser Franz I. das Reich regierte, ist bisher so gut wie nichts bekannt“. 20  Zwar liegt weder für Maria Theresia noch für Franz Stephan oder Joseph die Rekonstruktion des Itinerars vor, doch ist das in diesem Fall auch gar nicht notwendig, da die wenigen hier benötigten Daten problemlos aus der Literatur zu ermitteln sind. 21  Am 16. Oktober verließen Franz Stephan und Maria Theresia Frankfurt und fuhren über das österreichische Hauptquartier in Heidelberg nach Ulm, wo sie sich einschifften. Am 27. Oktober traf das Kaiserpaar wieder in Wien ein. Alfred von Arneth, Geschichte Maria Theresias, 10 Bde. (Wien 1863–1879) hier Bd. 3 (Wien 1865) 109; Zedinger, Franz Stephan (wie Anm. 18) 196.

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nach dem tiefen Einschnitt des wittelsbachischen Kaisertums manches zu klären und zu besprechen gegeben hätte und obwohl die Anwesenheit des Reichserzkanzlers und der Vertreter vieler Reichsstände die Beratungen erleichtert hätte22. Danach hat sich Maria Theresia kein einziges Mal mehr im Reich außerhalb ihrer Erbländer aufgehalten – und Franz Stephan nur noch ein einziges Mal: bei der Wahl und Krönung seines Sohnes Joseph 1764. Die Chance einer stärkeren Präsenz des Kaisers im Kernreich, die das Ausein­ anderfallen von Kaisertum und Landesherrschaft ja geboten hätte, wurde mithin nicht genutzt23, sondern Franz Stephan bewegte sich damit ganz in den Bahnen seiner habsburgischen Vorgänger, die ebenfalls kaum im Reich präsent gewesen waren. Auch die ersten Entscheidungen des neues Kaisers verraten nicht eben seine eigene Handschrift: Dazu gehörte beispielsweise die Besetzung der Spitzenpositionen in den Reichsinstitutionen. Fast durchweg wurden die Posten mit Personen besetzt, die dieselbe oder jedenfalls eine herausgehobene Position bereits unter Karl VI. innegehabt hatten24. Damit sollte selbstverständlich die Botschaft vermittelt werden, dass das Kaisertum Karls VII. so etwas wie ein Betriebsunfall gewesen sei und man jetzt wieder an die guten alten Zeiten anknüpfte. In unserem Zusammenhang sind diese Personalentscheidungen vor allem deshalb signifikant, weil sie eben nicht eine eigenständige Wahl des neuen Kaisers z. B. in Form besonderer personeller Vorlieben erkennen lassen, sondern ganz in der habsburgischen Tradition stehen25. Franz Stephan agierte hier deutlich im Dienst des Hauses Habsburg. Während es bei diesen Entscheidungen vor allem darauf ankam zu betonen, dass die kaiserliche Würde wieder in das Haus zurückgekehrt war, in das sie aus Wiener Sicht gehörte, war es auf anderen Feldern wichtig, deutlich zwischen der kaiserlichen und der landesfürstlichen Würde zu unterscheiden. So wurde in der Herrschaftsrepräsentation die klare Trennung zwischen Franz I. als Kaiser und Maria Theresia als Herrin der Erblande inszeniert. Das war schon deshalb notwendig, weil sich nur bei einer klaren Trennung die kaiserliche Würde gebührend hervorheben ließ. Eine hervorragende Möglichkeit zur Inszenierung der kaiserlichen Würde boten die Lehenserneuerungen, bei denen die Reichsfürsten bzw. ihre Gesandten vor dem Kaiser kniend den Lehnseid ablegten und die Lehensurkunde empfingen26. Allerdings sah sich Franz I. gerade auf diesem Feld einem   So auch Aretin, Das Alte Reich 3 (wie Anm. 14) 27.   Allerdings hat Franz Stephan auch sein eigenes Territorium, die Toskana, ausschließlich von Wien aus regiert, nachdem er sich dort im Jahre 1739 einige Monate zusammen mit Maria Theresia aufgehalten hatte, um sich als neuer Großherzog zu präsentieren. 24   Reichsvizekanzler Rudolf Graf Colloredo (bereits 1737 Stellvertreter mit dem Recht der Nachfolge); Reichshofratspräsident Graf Johann Wilhelm von Wurmbrand, Reichshofratsvizepräsident Anton Esaias Graf von Hartig (beide bereits unter Karl VI. auf diesen Posten) sowie sechs weitere Reichshofräte hatten dem Gremium bereits unter Karl VI. angehört, dazu Freiherr Wolf Sigmund von Jaxtheim, der 1745 ebenfalls erneut berufen wurde, seinen Dienst aber nicht antrat; Aretin, Das Alte Reich 3 (wie Anm. 14) 27, 29, 59; Oswald von Gschliesser, Der Reichshofrat. Bedeutung und Verfassung, Schicksal einer obersten Reichsbehörde von 1559 bis 1806 (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte des ehemaligen Österreich 33, Wien 1942) 431 und 436f. 25  Zwar deutet Gnant an, dass jedenfalls die Bestätigung Colloredos als Reichsvizekanzler nicht unbedingt den Wünschen Maria Theresias entsprochen habe; Gnant, Franz Stephan (wie Anm. 17) 126. Sie nahm ihm wohl vor allem übel, dass er sein Amt auch unter Karl VII. hatte behalten wollen; auch Aretin, Das Alte Reich 3 (wie Anm. 14) 29. Immerhin teilte Franz Stephan mit Colloredo die tiefe Skepsis gegenüber Frankreich. Ob man aber in der Entscheidung für ihn als Reichsvizekanzler eine dezidierte Entscheidung Franz Stephans in Opposition zu Maria Theresia wird sehen können, erscheint fraglich. 26  Zur Bedeutung des Lehensempfangs und der Belehnungszeremonie siehe Stollberg-Rilinger, Des Kaisers alte Kleider (wie Anm. 8) 287–297. 22 23



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hartnäckigen Widerstand von Seiten der weltlichen Kurfürsten gegenüber, da Karl VII. Friedrich dem Großen zugestanden hatte, auf die Belehnung in dieser Form zu verzichten und die anderen Kurfürsten nun auf Gleichbehandlung beharrten, d. h. ihr Lehen ebenfalls nicht mehr in der althergebrachten Form empfangen wollten27. An diesen Verhandlungen selbstverständlich nicht beteiligt war das Kurfürstentum Böhmen, auch weil im Falle Böhmens schon lange keine offizielle Belehnung mehr stattgefunden hatte. Dass eine solche Belehnung jetzt aber wieder ins Spiel gebracht wurde, lag daran, dass man hierin eine Möglichkeit sah, auch die anderen Kurfürsten zum Lehensempfang zu bewegen. Auch die repräsentative Wirkung eines solchen Aktes wäre erheblich gewesen. Denn eindrucksvoller hätte sich die Stellung Franz’ I. als Kaiser und die Aufgabenteilung zwischen dem Kaiser und Maria Theresia als Landesherrin und Königin von Böhmen kaum inszenieren lassen, als wenn Franz seine Gemahlin unter Wahrung dieser althergebrachten Form mit Böhmen und den österreichischen Erblanden belehnt hätte. Dennoch unterblieb eine solche Belehnung, auch wenn sie immer wieder einmal diskutiert wurde28. Prinzipiell wäre ein solcher Akt durchaus im Sinne Maria Theresias gewesen: Er hätte sie als Landesfürstin gleichermaßen inszeniert wie die kaiserliche Würde des Hauses. Gleichzeitig hätte die Investitur die klare Aufgabenteilung zwischen Kaiser und Landesfürstin betont. Eine solche strikte Trennung wurde auch im diplomatischen Zeremoniell beachtet. Je nach Anliegen baten die Gesandten um Audienz beim Kaiser oder bei der Landesfürstin, oder eben bei beiden hintereinander. Allerdings waren die räumlichen Gegebenheiten in der Hofburg nicht für diese Divergenz von Kaiser und Landesfürstin ausgelegt29. Denn Maria Theresia bewohnte die Appartements, die auch bisher die kaiserlichen Gemahlinnen genutzt hatten30. Diese Zimmerflucht besaß aber keinen für größere Audienzen geeigneten Raum. Deshalb musste Maria Theresia für Audienzen, aber auch für große öffentliche Akte wie die Erbhuldigung der niederösterreichischen Stände, in die 27   Nur die Kurfürsten von Mainz und Trier schickten schließlich ihre Gesandten zum Lehensempfang nach Wien; ebd. 294. Die Belehnung für Mainz fand am 17. Januar 1748 statt, diejenige für Trier am 3. Februar 1748; Khevenhüller, Tagebücher (wie Anm. 8) Bd. 2: 1745–1749 (Leipzig 1908) 205 und 208. 28  Die Behauptung von Aretin, dass Maria Theresia die Lehen nach dem alten Zeremoniell empfangen habe, trifft nicht zu; Aretin, Das Alte Reich 3 (wie Anm. 14) 51f. Die bei Stollberg-Rilinger, Des Kaisers alte Kleider (wie Anm. 8) 295 und Jean-François Noël, Zur Geschichte der Reichsbelehnungen im 18. Jahrhundert. MÖStA 21 (1968) 106–122, hier 116, angeführten Willensäußerungen Maria Theresias, dass sie grundsätzlich bereit sei, die Lehen nach dem alten Zeremoniell zu empfangen, sind Teil der jahrzehntelangen Bemühungen, die Kurfürsten zur Lehensnahme zu bewegen. In diesem Zusammenhang bekundete Maria Theresia ihre Bereitschaft zum Lehensempfang, in der Hoffnung, damit die Bedenken der anderen weltlichen Kurfürsten ausräumen zu können. Sobald sich aber jeweils abzeichnete, dass sich deren Widerstand durch das böhmische Beispiel nicht überwinden ließ, wurden auch die Pläne zu einer böhmischen Investitur wieder ad acta gelegt. Maria Theresia wurde also weder von Franz I. noch von Joseph II. mit der böhmischen Kurwürde belehnt. Zu den Verhandlungen Alexander Begert, Böhmen, die böhmische Kur und das Reich vom Hochmittelalter bis zum Ende des Alten Reiches. Studien zur Kurwürde und zur staatsrechtlichen Stellung Böhmens (Historische Studien 475, Husum 2003) 547–550. 29  Bis 1740 war es so gewesen, dass die Gesandten oder andere Personen zuerst zur Audienz beim Kaiser=Landesfürsten erschienen und danach, sofern gewünscht, durch einen speziellen Gang auf die Damenseite des Gebäudetrakts gingen, um ins Audienzzimmer der Kaiserin zu gelangen. Dieses genügte offenbar den Anforderungen an ein Audienzzimmer der fürstlichen bzw. kaiserlichen Gemahlin, war aber nicht für die Audienzen des Herrschers bzw. der Herrscherin geeignet; Christian Benedik, Die herrschaftlichen Appartements. Funktion und Lage während der Regierungen von Kaiser Leopold I. bis Kaiser Franz Joseph I. Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 51 (1997) 552–569, hier 561. 30  Christian Benedik, Zeremoniell und Repräsentation am Wiener Hof unter Franz Stephan von Lothringen, in: Zedinger–Schmale, Franz Stephan von Lothringen (wie Anm. 17) 79–93, hier 80.

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Räumlichkeiten des Kaisers ausweichen. Franz Stephan wurde dann jeweils aus der Ritterstube bzw. der geheimen Ratsstube „vertrieben“31. Zwischen den Audienzen haltenden Personen Kaiser bzw. Landesfürstin wurde also genau unterschieden32, räumlich hingegen ließ sich diese Unterscheidung nicht darstellen33. In Wien, Pressburg oder Prag war Maria Theresia real also vor allem als Landesfürstin präsent, gleichzeitig aber wurde sie in den Erblanden ebenso wie im Reich tausendfach als Kaiserin inszeniert, und zwar auf den von ihr als Münzstand, d. h. als Landesfürstin, geprägten Münzen34. Diese Münzen wiesen sie in der Umschrift seit 1746 als Kaiserin und bis 1765 auch als deutsche Königin aus. Das Münzbild zeigt Maria Theresia in einem nach rechts gewendeten Brustbild und häufig in antikisierender Form. Auf der Rückseite findet sich ab 1746 der kaiserliche Doppeladler, allerdings ohne Zepter und Schwert35. Die unter Maria Theresia geprägten Münzen zeigen aber nicht alle das Porträt der Kaiserin, sondern sie sorgte dafür, dass auch ihr Mann Franz Stephan und später ihr Sohn Joseph auf den Münzen repräsentiert wurden. 1746 ordnete sie an, dass jeweils die Hälfte der Münzen von nun an ihr und die andere Hälfte das Porträt Franz Stephans tragen sollte. Ab 1766 erfolgte dann eine Drittelung, d. h. ein Drittel der Münzen zeigte Maria Theresia, ein Drittel Joseph und ein Drittel wurde weiterhin mit dem Bildnis des verstorbenen Kaisers geprägt36. Angesichts dieser eigenartigen und wohl auch singulären Praxis stellt sich in unserem Zusammenhang vor allem die Frage, ob Maria Theresia auf den Münzen jeweils den Kaiser oder den Mitregenten repräsentiert sehen wollte. Zwei Indizien sprechen dafür, dass es hier in der Tat um die Kaiserwürde ging. Zum einen setzte diese Münzprägung im Jahre 1746 ein, also nach der Erlangung der Kaiserwürde. Und zum anderen sind die in der Umschrift aufgeführten Titel in Bezug auf die Kaiserwürde 31  Die Ritterstube wurde für die öffentlichen Audienzen und z. B. die Erbhuldigung genutzt, die geheime Ratsstube für die Privataudienzen; ebd. 79–82. 32   Dem entsprach, dass den französischen Gesandten nach Wien zwei Kreditive mitgegeben wurden, une pour l’Empereur et l’autre pour l’Impératrice son épouse, reine de Hongrie et Bohème; Instruktion für Louis Augustin Blondel vom 25. März 1749, in: Recueil des instructions données aux ambassadeurs et ministres de France depuis les traités de Westphalie jusqu’à la Revolution française, Bd. 1: Autriche, ed. Albert Sorel (Paris 1884) 279–308, hier 282. Entsprechende Formulierungen finden sich bei den folgenden Instruktionen. Umgekehrt wurde bei den diplomatischen Vertretungen im Ausland offenbar nicht unterschieden, es gab also in Paris, London etc. nicht jeweils einen kaiserlichen und einen österreichischen Gesandten, sondern jeweils nur einen Vertreter Wiens, der aber de facto überwiegend die Interessen der habsburgischen Großmacht vertreten haben dürfte. Nur in seltenen Fällen dürfte hier eine genauere Unterscheidung notwendig gewesen sein. So wurde anlässlich des Konklaves im Jahre 1758 zunächst erwogen, zwei Botschafter nach Rom zu senden, also einen kaiserlichen und einen österreichischen. Dies wurde dann aber aus Kostengründen verworfen, stattdessen erhielt der Wiener Gesandte zwei separate Kreditive vom Kaiser und von Maria Theresia. 33   Von außen wurde der Wiener Hof deshalb auch überwiegend als Einheit wahrgenommen. So ist in den Instruktionen für die französischen Gesandten nach Wien durchweg von la cour de Vienne im Singular die Rede; Recueil des instructions (wie Anm. 32) passim. In den Genueser Akten taucht hingegen gelegentlich auch der Plural „Wiener Höfe“ auf, insbesondere im Zusammenhang mit der förmlichen Akkreditierung der Gesandten. Vgl. die Weisung an Maurizio de Ferrari, Genova 12. Mai 1754 (Archivio di Stato di Genova, Archivio segreto 2594); und die Instruktion für Giambattista de Mari, Genova 11. September 1773 (Archivio di Stato di Genova, Archivio segreto 2716). Für diesen Hinweis danke ich Matthias Schnettger. 34   Tassilo Eypeltauer, Corpus Nummorum Regni Mariae Theresiae. Die Münzprägungen der Kaiserin Maria Theresia und ihrer Mitregenten Kaiser Franz I. und Joseph II. 1740–1780 (Basel 1973). 35  Bis 1745 zeigte die Rückseite einen gekrönten Wappenschild, die Umschrift enthielt die Titel einer Königin von Ungarn und Böhmen, Erzherzogin von Österreich, Herzogin von Burgund und Gräfin von Tirol. Siehe die Beispiele ebd. 79–101. 36  Ebd. 23f.



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bei den Kaisern ausführlicher als bei Maria Theresia37, enthalten jedoch keine Titel der Länder, in denen die Kaiser nur Mitregenten waren38. Die Rückseite der Münzen Franz’ I. und Josephs II. zeigen ebenfalls den Doppeladler, allerdings mit Zepter und Schwert, bei Joseph teilweise auch mit Reichsapfel. Auf den Münzen sind die Grenzen zwischen Landesfürstin und Kaiser also weniger deutlich gezogen. Dies dürfte auch daran gelegen haben, dass es keine eigene kaiserliche Münzprägung gab, die Kaiser als Kaiser hier also nicht tätig werden konnten. Maria Theresia als Landesherrin und damit Münzstand aber sorgte dafür, dass ihr Mann bzw. ihr Sohn auf den Münzen in ihrer kaiserlichen Funktion dargestellt wurden, gleichzeitig wurde aber auch sie als Kaiserin inszeniert39. In der Repräsentation wurde also meist deutlich zwischen Kaiser und Landesfürstin unterschieden, hinsichtlich der realen Aufgabenteilung sind kaum klare Aussagen zu treffen. Damit stellt sich zweitens die Frage, ob die Aufgabenverteilung vielleicht stattdessen nach bestimmten Ressorts erfolgte. Die Beantwortung dieser Frage wird dadurch erschwert, dass Maria Theresia nach dem Tod des Kaisers einen Großteil seiner schriftlichen Hinterlassenschaft vernichtete40. Es ist deshalb nicht einfach, die Aktivitäten und Zuständigkeiten Franz Stephans zu rekonstruieren. Denn darum muss es – anders als bei den anderen Kaiserinnen – in diesem Fall ja gehen. Maria Theresia als die Erbin und Landesfürstin hatte die alleinige Herrschaftsgewalt inne, fraglich war also, ob und in welchen Bereichen sie ihren Mann und später ihren Sohn an der Herrschaft beteiligte. Dass sie ihren Mann an den Regierungsgeschäften beteiligen wollte, dokumentierte die Übertragung der Mitregentschaft am 21. November 1740. Welche Aufgaben Franz Stephan übertragen werden sollten, wurde in der Urkunde freilich nicht erläutert. Das war auch gar nicht notwendig, denn der Hauptzweck der Übertragung war ohnehin ein gänzlich anderer. Durch die Mitregentschaft sollte dokumentiert werden, dass Franz ­Stephan im Reich verankert war und mit den Erblanden durchaus über eine territoriale Basis verfügte. Auf diese Weise sollten die zu erwartenden Argumente gegen seine Wahl zum Kaiser entkräftet werden41. Diese rechtlich fixierte Form der Mitregierung hatte also nichts mit der praktischen Aufgabenteilung zu tun. De facto war freilich schon früher an eine Mitregierung Franz Stephans gedacht worden. Bereits seit 1732, also schon Jahre vor der Hochzeit, nahm Franz Stephan an den Beratungen der Geheimen Konferenz teil, seit damals war er auch Statthalter von Ungarn42. 37   Hinzu kamen nämlich „semper augustus“ und der Titel eines Königs von Jerusalem; ebd. 32 und 35. Zur unklaren Herkunft dieses Titels Vocelka–Heller, Lebenswelt (wie Anm. 9) 150–152. 38  Bei Franz Stephan folgt auf den kaiserlichen Titel noch der eines Herzogs von Lothringen und Bar, Großherzogs von Toskana, bei Joseph der eines Erzherzogs von Österreich, z. T. auch der des Herzogs von Lothringen und der eines Großherzogs von Toskana; Eypeltauer, Corpus Nummorum (wie Anm. 34) 35. 39  Wäre es Maria Theresia vor allem darauf angekommen, die Mitregentschaft auf den Münzen darstellen zu lassen, hätte sich die Lösung des Doppelporträts angeboten, wie man es z. B. auf Münzen Maria Tudors (mit Philipp II. von Spanien) oder Marias I. von Portugal (mit Peter III.) findet; Monter, The Rise of Female Kings (wie Anm. 5) Abb. 6 und 15. Bei den Medaillen fand diese Variante übrigens häufig Verwendung, und zwar jeweils in der Form mit dem Kaiser im Vordergrund – dieses Modell wäre für die Darstellung von Maria Theresia als Landesfürstin und ihrer Mitregenten eher nicht in Frage gekommen. Siehe Schau- und Denkmünzen Maria Theresias, mit einer Einleitung von Günther Probszt-Ohstorff (Graz 1970) Nr. LXIX, CXVI, CXXVIf., CXXXIIf. usw. (Maria Theresia und Franz Stephan), Nr. CLXXXVIII, CCXX, CCLV, CCLXXXVf. (Maria Theresia und Joseph). 40  Zedinger, Franz Stephan (wie Anm. 18) 17. 41  Dies hob Bartenstein noch 1765 hervor, als es um die Mitregentschaft Josephs ging: umb ihme den Weeg zur Erlangung der römischen Königswürde zu erleichteren; Khevenhüller, Tagebücher 6 (wie Anm. 8) 384. 42  Zedinger, Franz Stephan (wie Anm. 18) 77–81.

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Karl VI. baute ihn systematisch zum Regenten auf, wobei er wohl eher daran dachte, dass sein Schwiegersohn einmal hauptsächlich die Regierungsgeschäfte leiten sollte. Die Erklärung Franz Stephans zum Mitregenten, die bereits einen Monat nach dem Tod Karls VI. erfolgte, entsprach insofern jedenfalls in Bezug auf Franz Stephan einer bereits eingespielten Praxis. Maria Theresia hingegen war von den Regierungsgeschäften bekanntlich ferngehalten worden. Sie nahm am 21. Oktober 1740, also einen Tag nach dem Tod Karls VI., zum ersten Mal überhaupt an einer Sitzung der Geheimen Konferenz teil. Sie leitete die Sitzung, neben ihr hatte ihr Mann Platz genommen43. Deutlicher konnte man nicht zum Ausdruck bringen, dass fortan ein Arbeitspaar das Land regieren sollte und wollte, aber auch, wem innerhalb des Paares die entscheidende Rolle zukam. Wie die Abläufe und Zuständigkeiten aussehen sollten, musste freilich erst festgelegt werden. Das aber geschah nicht in der Form normativer Regelungen, sondern in der Praxis sich herausbildender Verfahren. Weiterhin nahm Franz Stephan regelmäßig an den Sitzungen der Geheimen Konferenz teil44, meist zusammen mit Maria Theresia, manchmal auch ohne sie. In diesen Fällen konnte ihm auch die Sitzungsleitung obliegen. Dies galt insbesondere in den Zeiten nach den zahlreichen Entbindungen Maria Theresias. Dann lagen die Geschäfte komplett in der Hand Franz Stephans. In diesen Fällen war er auch unterschriftsberechtigt, und zwar ohne den Zusatz nomine reginae, da dieser als mit der kaiserlichen Würde nicht vereinbar angesehen wurde 45. Allerdings weiß der Obersthofmeister Khevenhüller für den Februar 174546 zu berichten, dass vielfach weniger dringliche Angelegenheiten bis zur Rückkehr Maria Theresias aufgeschoben wurden47. Aber auch Entscheidungen von besonderer Tragweite mussten warten, bis Maria Theresia sie wieder persönlich fällen konnte. So verzögerte sich im Herbst 1755 in den Verhandlungen über die Anbahnung einer engeren Verbindung zu Frankreich die Antwort nach Paris aufgrund der Geburt Marie Antoinettes. Kaunitz konnte den Gesandten in Paris aber mit dem Hinweis vertrösten, dass Maria Theresia die übliche Wochenbettzeit nicht abzuwarten, sondern bereits früher die Geschäfte wieder aufzunehmen pflege48. In diesen Fällen lässt sich also eine geschlechtsbedingte Vertretung der Landesfürstin durch ihren Ehemann beobachten49. In „normalen“ Zeiten zeichneten sich gewisse schwerpunktmäßige Zuständigkeiten ab. So wurde Franz Stephan bevorzugt mit den niederländischen Angelegenheiten befasst. Zwar war die von Karl VI. angedachte Übertragung der Statthalterschaft der Niederlande an Franz Stephan nicht realisiert worden50, aber bereits diese Pläne signalisieren, dass dem   Arneth, Geschichte Maria Theresias (wie Anm. 21) hier Bd. 1 (Wien 1863) 90f.   Seine persönlichen Notizen zu den Sitzungen sind durchgehend bis 1765 erhalten; Zedinger, Franz Stephan (wie Anm. 18) 84. 45  Gutachten des Hofrats Koller; Khevenhüller, Tagebücher 6 (wie Anm. 8) 389. Unklar ist, wie dies vor der Kaiserwahl Franz Stephans gehandhabt wurde. 46  Also für die Zeit nach der Geburt Erzherzog Karls am 31. Januar 1745. 47  Khevenhüller, Tagebücher 2 (wie Anm. 27) 25. 48  Arneth, Geschichte Maria Theresias (wie Anm. 21) hier Bd. 4 (Wien 1870) 402. Marie Antoinette wurde am 2. November geboren, am 20. November tagte die Staatskonferenz wieder unter dem Vorsitz Maria Theresias. 49  Allerdings war die Landesfürstin ja nicht komplett handlungs- und entscheidungsunfähig, und sie war auch nicht unerreichbar oder weit entfernt. Insofern unterscheidet sich diese Vertretung von der umgekehrten, typischen Situation der Regentschaft durch die Fürstin bei Abwesenheit ihres Mannes im Krieg. 50  Instruktionen und Patente Karls (III.) VI. und Maria Theresias für die Statthalter, Interimsstatthalter, Bevollmächtigten Minister und Obersthofmeister der österreichischen Niederlande (1703–1744), ed. Elisabeth 43 44



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Herzog von Lothringen aufgrund seiner Herkunft eine besondere Affinität zu und Kompetenz für diese Region zugeschrieben wurde. Insbesondere die zu Beginn der 1740er Jahre desolaten Finanzen der Niederlande wurden fortan in der lothringisch-toskanischen Kanzlei bearbeitet51. Ein großer Anteil kam Franz Stephan auch in der Bearbeitung der italienischen Angelegenheiten zu. Das war naheliegend, da die Regierung der Toskana ja ohnehin in die alleinige Zuständigkeit Franz Stephans fiel und separat von dem 1740 erworbenen Palais in der Wallnerstraße aus erledigt wurde. Neben diesen geographischen Spezialisierungen stellt sich die Frage nach sachlichen Abgrenzungen. Dabei ist es unübersehbar, dass Maria Theresia ihrem Mann zunächst vor allem die Möglichkeit verschaffen wollte, sich auf militärischem Gebiet zu profilieren. Denn kaum etwas hätte die anfangs ja durchaus prekäre Position des königlichen Gemahls besser stärken können als militärische Erfolge52. Allerdings hatte sich zum Zeitpunkt der Kaiserwahl längst herausgestellt, dass das Feldherrntalent Franz Stephans eher bescheiden war. Seine militärische Rolle spielte er fortan allein in Wien, auch wenn er nominell im Österreichischen Erbfolgekrieg als Oberbefehlshaber fungierte53. Sowohl während des Österreichischen Erbfolgekrieges als auch während des Siebenjährigen Krieges berichteten die Generäle teilweise separat direkt an Franz Stephan, zusätzlich zu ihrer Berichterstattung an den Hofkriegsrat. Das galt natürlich insbesondere für seinen Bruder Karl von Lothringen, aber auch für andere Feldherren, zumal sich unter ihnen enge Vertraute Franz Stephans wie Graf Neipperg befanden. Häufig gingen die Berichte auch an Maria Theresia und Franz Stephan gemeinsam54. Auf alle Fälle ist unübersehbar, dass Franz Stephan in militärischen Fragen ein selbstverständlicher und gefragter Ansprechpartner war und Entscheidungen nicht ohne seine Beteiligung gefällt wurden55.

Kovács (Wien 1993) Nr. 30f. Es war 1737 bereits alles für den Umzug Franz Stephans nach Brüssel geplant, als der Tod des letzten Herzogs von Medici diese Zwischenlösung einer Versorgung für Franz Stephan überflüssig machte. 51  Renate Zedinger, Die Verwaltung der Österreichischen Niederlande in Wien (1714–1795). Studien zu den Zentralisierungstendenzen des Wiener Hofes im Staatswerdungsprozeß der Habsburgermonarchie (Schriftenreihe der österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts 7, Wien–Köln–Weimar 2000) 74 und 76. Die Verbindung Franz Stephans zu den Niederlanden wurde noch enger, als sein Bruder Karl zunächst mit seiner Gemahlin Maria Anna, der Schwester Maria Theresias, nach deren frühem Tod 1744 dann allein die Statthalterschaft in den Niederlanden ausübte. 52   Zudem wurden diese von ihm aufgrund der familiären Tradition geradezu erwartet, war er doch der Enkel des Türkensiegers Karls V. von Lothringen. 53  Dabei kümmerte er sich vor allem um die enorm schwierige Kriegsfinanzierung; Zedinger, Franz Stephan (wie Anm. 18) 99–104. 54  So berichtete Feldmarschall Khevenhüller am 31. Mai 1742 an den Hofkriegsrat und einen Tag später an Maria Theresia und Franz Stephan über die militärische Lage in Bayern; Arneth, Geschichte Maria Theresias (wie Anm. 21) hier Bd. 2 (Wien 1864) 99. Auch für den Siebenjährigen Krieg ist in zahlreichen Fällen überliefert, dass Maria Theresia und Franz Stephan gemeinsam informiert wurden, gemeinsam an den entsprechenden Sitzungen teilnahmen und Entscheidungen fällten; Arneth, Geschichte Maria Theresias (wie Anm. 21) hier Bd. 5 (Wien 1875) 202, 222, 363; Bd. 6 (Wien 1875) 246, 312. 55   Eine bemerkenswerte Widerspiegelung findet diese gemeinsame Verantwortung für das Militär auf den Medaillen aus der Zeit des Siebenjährigen Krieges, die anlässlich von österreichischen Siegen geprägt wurden: Diese zeigen durchgehend Kaiser und Kaiserin im Doppelporträt; Schau- und Denkmünzen (wie Anm. 39) Nr. CXXIX (Sieg von Kolin), CXXXIII (Befreiung von Prag), CXXXVI (Entsatz von Olmütz), CXXXIX (Sieg von Hochkirch), CXL (Entsatz von Dresden), CXLI (Sieg von Maxen), CXLII (Sieg von Landshut), CXLIII (Eroberung von Glatz).

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Komplett abgetreten hat Maria Theresia ihm die Militaria allerdings nicht56, schon gar nicht mit der Begründung, dass dies keine für eine Frau geeignete Materie sei. So belegen unzählige Schriftstücke aus dem Siebenjährigen Krieg, dass Maria Theresia über die militärischen Angelegenheiten informiert werden wollte und Entscheidungen auf allen Ebenen gefällt hat, von Fragen der Versorgung der Soldaten über die Armeefinanzierung bis hin zu Personalentscheidungen und direkten strategischen oder taktischen Befehlen57. Wenn sie im Jahre 1759 eine Anweisung an den Feldmarschall Neipperg mit den Worten einleitete S. M. der Kaiser und ich haben gut befunden und dann fortfuhr, dass alles durch unsere Unterschrift und abgewechselt, einige durch Se. Majestät den Kaiser und einige durch mich geschehen solle58, so zeigt sich, dass gerade die für die Monarchie existentiellen Fragen der Kriegführung von beiden gemeinsam in enger Abstimmung entschieden wurden. Ähnlich präsentiert sich das Bild in Bezug auf die militärischen Angelegenheiten für die Zeit nach dem Tod Franz Stephans. Erneut sind von Maria Theresia Äußerungen überliefert, dass sie die Militaria vollständig an Joseph abgebe59. Sie gestand aber ausdrücklich, dass ihr dieser Schritt schwergefallen sei, da dieser Zweig der Staatsverwaltung der einzige gewesen sei, für den sie Interesse gehabt habe60. Und erneut vermitteln die Akten einen gänzlich anderen Eindruck. Denn sie überließ die militärischen Fragen Joseph bei weitem nicht so ausschließlich, wie sie behauptete. Auch für die letzten eineinhalb Jahrzehnte ihrer Regierung sind von ihr zahlreiche Entscheidungen überliefert, die die Armee betrafen. Zudem korrespondierte sie hinter Josephs Rücken regelmäßig mit Graf Lacy, dem Präsidenten des Hofkriegsrates. Wie wenig davon die Rede sein konnte, dass Joseph allein für das Kriegswesen zuständig war, erhellt seine Bitte aus dem Jahre 1772, künftig die gesamte Korrespondenz des Hofkriegsrates einsehen zu dürfen61. Neben den militärischen Angelegenheiten waren es vor allem Finanzfragen, mit denen sich die Mitregenten befassten. Nach dem Siebenjährigen Krieg betraute Maria There56   Dem stehen zwar gelegentliche Äußerungen Maria Theresias gegenüber, so an Graf Silva-Tarouca, dass sie die militärischen Angelegenheiten komplett an ihren Mann abgetreten habe; Zedinger, Franz Stephan (wie Anm. 18) 102 und das Zitat auf 314 Anm. 111. Aber aus der Aktenüberlieferung wird deutlich eine ganz andere Praxis sichtbar. 57  Ihr Interesse an militärischen Fragen ebenso wie die Überzeugung von deren überragender Bedeutung dokumentierte sie auch durch ihre Reisen zu den Feldlagern und Übungen in Böhmen und Mähren; Arneth, Geschichte Maria Theresias 4 (wie Anm. 48) 91. Solche Inspektionsreisen waren das Maximum dessen, was einer Herrscherin an direktem Kontakt zum Militär möglich war. Maria Theresia hat auch dafür gesorgt, dass diese Aktivitäten publik wurden, indem sie Medaillen prägen ließ, die sie als „mater castrorum“ feierten (ebd.). In dem Band Schau- und Denkmünzen Maria Theresias (wie Anm. 39) ist eine solche Medaille allerdings nicht verzeichnet, auch das Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums Wien scheint davon kein Exemplar zu besitzen. Siehe jetzt aber den Katalog des Auktionshauses Fritz Rudolf Künker, Osnabrück, eLive Auction 33, 11. Februar 2015, Slg. Vollrath, Nr. 2499: Silbermedaille von 1743, die auf der Rückseite Pallas Athene zeigt, darüber die Inschrift „MATER CASTRORUM“. Zur Figur der „mater castrorum“ siehe Michael Alexander Speidel, Faustina – mater castrorum. Ein Beitrag zur Religionsgeschichte. Tyche. Contributions to Ancient History, Papyrology and Epigraphy 27 (2012) 127–152, zu Maria Theresia ebd. 130f. 58  Maria Theresia an Graf Wilhelm Neipperg, o. D. [1759]; Briefe der Kaiserin Maria Theresia an ihre Kinder und Freunde, ed. Alfred von Arneth, 4 Bde. (Wien 1881) Bd. 4, 150. 59   Maria Theresia an Gräfin Sophie Amalie Enzenberg, o. O., 12. Februar 1766; ebd. 468–472, hier 471. 60  Randbemerkung Maria Theresias zu einem Brief Graf Emanuel Silva-Taroucas, Februar 1766 (dt. Übersetzung des frz. Originals); Maria Theresia. Briefe und Aktenstücke in Auswahl, hg. von Friedrich Walter (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte der Neuzeit 12, Darmstadt 1968) 213. So auch bereits bei Heinrich Kretschmayr, Maria Theresia (Gotha 1925) 255. 61  Joseph II. an Feldmarschall Franz Moritz Lacy, 26. Januar 1772; Derek Beales, Joseph II., Bd. 1: In the Shadow of Maria Theresia 1741–1780 (Cambridge 1987) 185.



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sia Franz Stephan sogar ausdrücklich mit der Sanierung der zerrütteten Staatsfinanzen. Damit erkannte sie die überragenden Kenntnisse und Fähigkeiten ihres Mannes in Wirtschafts- und Finanzfragen an. Immerhin hatte Franz Stephan bis zu diesem Zeitpunkt auf seinen Gütern ein beeindruckendes Wirtschaftsimperium geschaffen und damit satte Gewinne erwirtschaftet62. Allerdings stimmt es wohl nicht, dass Maria Theresia die finanziellen Fähigkeiten ihres Mannes erst jetzt bewusst geworden wären63. Bereits 1746 hatte sie den Hofkammerpräsidenten angewiesen, alles, was in Geldsachen cameraliter oder militariter sein mag, direkt an Franz Stephan zu berichten und ihr nicht mehr vorzutragen64. Diese Beauftragung Franz Stephans mit Finanzfragen ist der einzige Fall, in dem eine Zuständigkeit des Kaisers klar festgeschrieben wurde. Und nicht nur das: Maria Theresia verzichtete ausdrücklich darauf, in diesen Fragen auch nur konsultiert zu werden. Entsprechende Absprachen hat es mit Joseph nicht gegeben. Allerdings trat er auch insofern in die Fußstapfen seines Vaters, als er als Mitregent sich ebenfalls vor allem um militärische und finanzielle Fragen kümmerte. Letztlich aber wurde die ganze Bandbreite der Innen- wie Außenpolitik von Maria Theresia und Joseph betrieben, wie gerade die vielen Konflikte zwischen Mutter und Sohn auf den unterschiedlichsten Feldern zeigen. Es bleibt drittens die Frage zu klären, wer innerhalb des kaiserlichen Paares die einer fürstlichen bzw. kaiserlichen Gemahlin typischerweise zufallenden Aufgaben übernahm. Von diesen soll im Folgenden auf die Pflege der Verbindung zur Herkunftsdynastie, das Führen einer halboffiziellen Korrespondenz und den Aufbau eines eigenen Kommunikationsnetzwerks65, die Erziehung und Verheiratung der Kinder und das Mäzenatentum wenigstens kurz eingegangen werden. In Bezug auf die Pflege der Kontakte zur Herkunftsdynastie66 waren die Rollen selbstverständlich vertauscht. Denn in diesem Fall war es ja der Kaiser, der nach Wien eingeheiratet hatte. Dennoch war seine Situation nicht mit der einer kaiserlichen Gemahlin gleichzusetzen, die von Wien aus weiterhin den Kontakt zu ihren Eltern und dem heimatlichen Hof pflegte. Zwar lebte die Mutter Franz Stephans, Elisabeth Charlotte, noch bis 1744 im Schloss Commercy in Lothringen67, aber ihre politische Rolle war doch eher begrenzt, zumal das Verhältnis von Mutter und Sohn nicht besonders gut war. Und Chef des Hauses war ohnehin Franz Stephan, das Zentrum der Dynastie war also mit ihm nach

  Zedinger, Franz Stephan (wie Anm. 18) 224–231.   Ebd. 104. 64   Maria Theresia an Graf Johann Baptist Karl Dietrichstein [24. Februar 1746], gedr. in: Briefe der Kaiserin Maria Theresia 4 (wie Anm. 58) 171f., auch in Maria Theresia. Briefe und Aktenstücke (wie Anm. 60) 50f. 65   Auf diesen Aspekt hat besonders Katrin Keller am Beispiel der Kurfürstin Anna von Sachsen hingewiesen; Katrin Keller, Kurfürstin Anna von Sachsen 1532–1585 (Regensburg 2010) 72–77. Grundsätzlich zur Bedeutung solcher Kommunikationsnetzwerke von Fürstinnen dies., Kommunikationsraum Altes Reich. Zur Funktionalität der Korrespondenznetze von Fürstinnen im 16. Jahrhundert. ZHF 31 (2004) 205–230. 66  In der Verbindung zweier Dynastien und der Pflege und Nutzung dieser Verbindung bestand ja primär der Zweck dynastischer Heiraten, s. Keller in diesem Band. Als „,Brokerin‘ zwischen ihrer alten und ihrer neuen Heimat“ bezeichnet deshalb Matthias Schnettger die verheiratete Fürstin; Matthias Schnettger, Weibliche Herrschaft in der Frühen Neuzeit. Einige Beobachtungen aus verfassungs- und politikgeschichtlicher Sicht. zeitenblicke 8/2 [30. 6. 2009], URL: http://www.zeitenblicke.de/2009/2/schnettger (Zugriff am 20. 12. 2014). 67   Bei den Verhandlungen über die Abtretung Lothringens an Frankreich hatte Franz Stephan darauf bestanden, dass Frankreich der lothringischen Herzogsfamilie ein angemessenes Einkommen zur Verfügung stellte. Ludwig XV. ernannte Elisabeth Charlotte, die als Tochter Herzog Philipps von Orléans und der Liselotte von der Pfalz seine entfernte Cousine war, zur Fürstin von Commercy; Zedinger, Franz Stephan (wie Anm. 18) 67. 62 63

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Wien übergesiedelt68. Das heißt aber auch, dass Franz Stephan nicht allein nach Wien gekommen war, sondern zahlreiche Adlige und Beamte, aber auch Wissenschaftler und Künstler ihn begleitet hatten. In der Größe und in der Zusammensetzung des Personenkreises war die lothringische Entourage des Kaisers also nicht mit der kleinen Gruppe an Personen zu vergleichen, die eine kaiserliche Gemahlin üblicherweise aus ihrer Heimat mitbrachte. Die Lothringer bildeten eine deutlich identifizierbare Partei am Wiener Hof, die zudem ein sichtbares Zentrum in dem Palais in der Wallnerstraße hatte. Einerseits gab es also praktisch keine Herkunftsdynastie im üblichen Sinne mehr, zu der Franz Stephan hätte Kontakt pflegen und deren Interessen er in der neuen Heimat hätte vertreten können, andererseits waren die Landsleute Franz Stephans in Wien dauerhaft in erheblicher Zahl präsent. Neben seiner offiziellen Korrespondenz als Kaiser, Großherzog, Oberbefehlshaber etc. pflegte Franz Stephan einen weitgespannten Briefwechsel mit Informanten in ganz Europa. Diese Informanten, die vorwiegend dem lothringischen Dunstkreis entstammten, berichteten dem Kaiser parallel zu den offiziellen diplomatischen Kanälen 69. Als nicht offizielle Korrespondenz ist dieser Briefwechsel einerseits zwar mit den bekannten Fürstinnenkorrespondenzen vergleichbar, unterscheidet sich andererseits im thematischen und personellen Zuschnitt aber deutlich von ihnen. Hinzu kommt, dass Maria Theresia ihrerseits einige solcher Briefkontakte unterhielt, wie sie für verheiratete Fürstinnen typisch waren. In ihnen wurde das ganze Kaleidoskop an Themen von persönlichen Empfindungen über gesundheitliche Ratschläge und Familiennachrichten bis hin zum Hofklatsch abgehandelt. Diese Briefwechsel z. B. mit den Gräfinnen Enzenberg und Edling sind sicher eher dem privaten Bereich zuzuordnen70. Eine Korrespondenz, die zwar auch von typisch weiblichen Themen wie Schwangerschaften und Familie ihren Ausgang nahm, daneben aber auch eine politische Funktion hatte, unterhielt Maria Theresia über lange Jahre mit der Kurprinzessin und späteren Kurfürstin von Sachsen Maria Antonia71. Als 68   Auch die übrigen Familienmitglieder lebten in Wien bzw. standen in habsburgischen Diensten und gehörten zur kaiserlichen Familie. Seine Schwester Elisabeth Therese hatte Franz Stephan 1737 mit Herzog Karl Emmanuel III. von Savoyen (ab 1730 König von Sardinien) verheiratet, sie starb aber bereits 1741. Franz Stephans Bruder Karl Alexander heiratete die jüngere Schwester Maria Theresias, Maria Anna, die ebenfalls früh im Kindbett starb. Karl Alexander diente dem Kaiserhof als Militär und Statthalter der Niederlande. Franz Stephans jüngere Schwester Anne Charlotte wurde finanziell abgesichert als Äbtissin von Remiremont, lebte aber nach dem Tod ihrer Mutter zunächst einige Jahre am Wiener Hof und gehörte ebenfalls zur kaiserlichen Familie, bis sie 1754 zur stellvertretenden Äbtissin von Mons gewählt wurde und dorthin und damit in die Nähe ihres in Brüssel residierenden Bruders übersiedelte. De jure stand die Würde (und damit auch das Einkommen) einer Äbtissin von Mons dem jeweiligen Landesherrn, dem Grafen von Hennegau, und damit seit 1740 Maria Theresia zu. Die Leitung des Stifts oblag damit der stellvertretenden oder Repräsentantin der Äbtissin, in diesem Fall also Anne Charlotte; Pierre Heili, Anne-Charlotte de Lorraine (1714–1773). Abbesse de Remiremont et de Mons. Une princesse européenne au siècle des Lumières (Remiremont 1996) 91f. Etwas missverständlich die diesbezüglichen Hinweise bei Zedinger, Franz Stephan (wie Anm. 18) 70 und 306 Anm. 51, insbesondere die Aussage, Anne Charlotte sei zur „weltliche[n] Äbtissin“ ernannt worden – das französische „abbesse séculière“ meint die Äbtissin eines Damenstifts (im Unterschied zu der eines Klosters). 69  Zedinger, Franz Stephan (wie Anm. 18 ) 231–239. 70  Gedruckt in Briefe der Kaiserin Maria Theresia 4 (wie Anm. 58) 449–511 bzw. 513–525. 71  Die Tochter Karl Albrechts von Bayern und der Erzherzogin Maria Amalia, der jüngeren Tochter Jo­ sephs I., war seit 1747 mit Kurprinz Friedrich Christian von Sachsen verheiratet, der 1763 Kurfürst wurde, aber bereits 10 Wochen später starb. Bis 1768 führte Maria Antonia zusammen mit ihrem Schwager Franz Xaver als Vormund die Regierung für ihren Sohn Friedrich August. Die Korrespondenz zwischen Maria Theresia und Maria Antonia liegt gedruckt vor in: Kaiserin Maria Theresia und Kurfürstin Maria Antonia. Briefwechsel 1747–1772, ed. Woldemar Lippert (Aus den Schriften der Sächsischen Kommission für Geschichte 14, Leipzig



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Enkelin Josephs I. gehörte Maria Antonia zur Verwandtschaft. Aber es ging in dem Briefwechsel natürlich nicht primär darum, belanglose, scheinbare private Familiennachrichten auszutauschen, sondern die Prinzessin stellte eine unauffällige Verbindung zu dem wichtigen Hof in Dresden dar. Zumindest in diesen Fällen war es Maria Theresia also möglich, eine solche „halboffizielle“ typische Fürstinnenkorrespondenz zu führen. Das war aber die Ausnahme, da ihr Status als mächtige Territorialherrin solche Kanäle tendenziell eher verschloss. Freilich bedürfte es einer genaueren Analyse der Korrespondenz Maria Theresias im Vergleich zu der Franz Stephans, um zu fundierten Aussagen über ihre brieflichen Netzwerke und deren Funktionen einschließlich einer gewissen Aufgabenteilung gelangen zu können72. Ähnliches gilt für die Anbahnung von Heiratsverhandlungen. Maria Theresia konnte eben kaum in einem Brief „von Frau zu Frau“ mehr oder weniger inoffiziell verschiedene Heiratsoptionen durchspielen. Ihren diesbezüglichen Überlegungen wohnte stets und von vornherein ein hochpolitischer und offizieller Charakter inne. Freilich war an eine Umkehrung der Rollen auf diesem Feld ebenfalls nicht zu denken, da auch der Kaiser und Großherzog von Toskana nicht in die Rolle des „Prinzgemahls“ schlüpfen konnte, der eine eher inoffizielle Korrespondenz unterhielt – ganz abgesehen davon, dass ihm die dafür prädestinierten weiblichen Korrespondenznetzwerke nicht zur Verfügung standen. Dass die dynastische Politik des Hauses vor allem in den Händen Maria Theresias lag, steht außer Frage. Sie nahm damit aber nicht einfach ein für Fürstinnen typisches Aufgabengebiet wahr, da sie in diesen Fragen als Fürstin (und d. h. auch als Mutter) u n d als Chefin des Hauses gleichzeitig agierte. Freilich konnte sie dabei nicht allein nach eigenem Gutdünken vorgehen, da auch Franz Stephan als Vater selbstverständlich ein Mitspracherecht reklamierte. Deutlich wurde das bei der zweitältesten Tochter Marie Christine. Franz Stephan wünschte eine Heirat seiner Tochter mit dem Sohn seiner Schwester Elisabeth Therese, die mit dem König von Sardinien verheiratet war, während Maria Theresia bereit war, dem Wunsch Marie Christines nach einer Hochzeit mit Albert von Sachsen nachzugeben. Maria Theresia sagte ihrer Tochter zwar ihre Unterstützung zu, mahnte sie aber zugleich zur Geduld73. Deutlich wird aus diesem geheimen Einverständnis zwischen Mutter und Tochter, dass die Kaiserin diese Frage jedenfalls nicht einfach ohne oder gegen den Ehemann und Vater entscheiden konnte und wollte. Wie diese Sache ausgehen würde, war überhaupt nicht absehbar, als der überraschende Tod Franz Stephans den Weg frei machte für die Hochzeit Marie Christines mit Albert. Zu diesem Zeitpunkt waren erste entscheidende Weichen in der dynastischen Politik bereits gestellt: Im Zentrum 1908); einige Briefe (in deutscher Übersetzung) auch in: Briefe der Kaiserin Maria Theresia. In deutscher Übertragung von Hedwig Kubin hg. von Alfred W. Fred, 2 Bde. (München‒Leipzig 1914) Bd. 1, 10–61. 72  Die Korrespondenz Maria Theresias liegt nur in Teilen gedruckt vor, wobei es sich durchweg um ältere, heutigen Standards nicht genügende Editionen handelt. So hat Paul Christoph bereits 1952 für den Briefwechsel der Kaiserin mit ihrer Tochter Marie Antoinette darauf aufmerksam gemacht, dass die Editionen Arneths zahlreiche Textpassagen ausgespart haben und dass auch die Ausgabe von Girard keineswegs vollständig ist; Maria Theresia. Geheimer Briefwechsel mit Marie Antoinette, ed. Paul Christoph (Frankfurt a. M. 1991, zuerst Wien 1952) 11–13; Maria Theresia und Marie Antoinette. Ihr Briefwechsel, ed. Alfred von Arneth (Paris–Leipzig–Wien 1868); Marie Antoinette. Correspondance secrète entre Marie-Thérése et le Cte de MercyArgenteau, ed. Alfred von Arneth–Matthieu Auguste Geffroy, 3 Bde. (Paris 1874); Correspondance entre Marie-Thérèse et Marie Antoinette, ed. Georges Girard (Paris 1933). 73   Ausschnitte aus zwei Briefen Maria Theresias an Marie Christine [vor August 1765] bei Arneth, Geschichte Maria Theresias (wie Anm. 21) hier Bd. 7 (Wien 1876) 534 Anm. 350f., in deutscher Übersetzung ebd. 253–255, diese Fassung übernommen in Maria Theresia. Briefe und Aktenstücke (wie Anm. 60) 198–200.

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stand die Verbindung zum Hause Bourbon74, was sicher mehr der Konzeption von Maria Theresia und Kaunitz als den Wünschen von Franz Stephan entsprach. Als der Kaiser 1765 starb, waren von den Kindern des Kaiserpaares erst Joseph und Leopold verheiratet und die Heirat einer Tochter mit dem König von Neapel verabredet. Um die Verheiratung der übrigen Kinder kümmerte sich Maria Theresia weitgehend allein, Joseph scheint sich mit diesen Fragen kaum befasst zu haben. Als Mäzenin konnte oder wollte Maria Theresia mit Franz Stephan nicht konkurrieren, wie gerade die Forschungen der letzten Jahre gezeigt haben. Die Naturaliensammlung, die der Kaiser 1750 in Florenz erwarb, umfasste 30.000 Objekte und bildete den Grundstock des Naturhistorischen Museums in Wien75. Auch das kaiserliche Münzkabinett besaß mit 50.000 Stücken einen beeindruckenden Umfang76. Doch der Kaiser beschränkte sich nicht allein aufs Sammeln, er förderte naturwissenschaftliche Experimente ebenso wie eine Entdeckungsreise in die Karibik77. Auch die Gestaltung des Parks von Schönbrunn und die Konzeption der Menagerie sind sein Werk78. Franz Stephan hat damit als Mäzen bei weitem deutlichere Spuren hinterlassen als seine Frau. Dass er als solcher auch von den Zeitgenossen wahrgenommen werden wollte und wurde, belegt eine bereits 1754 geprägte Medaille, die den Kaiser als RESTAURATOR SCIENTIARUM feiert79, ebenso wie das 1773 entstandene Gemälde, das ihn im Kreis der Leiter der von ihm gegründeten wissenschaftlichen Kabinette zeigt80. Franz Stephan nutzte mithin seine erheblichen finanziellen Mittel und die Freiheiten, die ihm seine Position bot, für seine speziellen Interessen. Dieses Engagement kann strukturell durchaus als Äquivalent zu den pharmazeutischen und landwirtschaftlichen Aktivitäten von Fürstinnen betrachtet werden81. Voraussetzung für eine solche Tätigkeit war neben den finanziellen (und daraus folgend, den personellen) Ressourcen ein beträchtliches Maß an Zeit, über das der Herrscher bzw. in diesem Fall die Herrscherin eben nicht verfügte. Maria Theresia war selbstverständlich nicht nur die Frau des Kaisers. Freilich nahmen die Arbeitspaare Maria Theresia und Franz Stephan bzw. Joseph aber auch keinen völligen Tausch der Rollen vor, sondern nur eine graduelle Anpassung unter Berücksichtigung der besonderen Gegebenheiten. Maria Theresia war sicherlich mehr Landesherrin als Kaisergattin, ihr Mann hingegen war Kaiser und Prinzgemahl in einer Person. Während es Maria Theresia und Franz Stephan gelang, diese komplizierte Rollenkonstellation wenigstens nach außen hin einigermaßen konfliktfrei zu gestalten, tat sich Joseph erkennbar schwer 74   Die erste dieser Heiraten mit dem Haus Bourbon war diejenige Josephs mit Isabella von BourbonParma, einer Enkelin Philipps V. von Spanien, die 1760 geschlossen worden war. Bereits zu Beginn der 1760er Jahre wurde eine Heirat Erzherzogin Josephas mit Ferdinand von Neapel verabredet; Arneth, Geschichte Maria Theresias 7 (wie Anm. 73) 319. Wegen des Alters der Brautleute (beide waren 1751 geboren) kam eine Hochzeit aber noch nicht in Frage. In unserem Zusammenhang ist aber wichtig, dass die grundsätzliche Entscheidung schon zu Lebzeiten Franz Stephans gefällt worden war. Josepha starb freilich am 15. Oktober 1767 mitten in den Feierlichkeiten, die anlässlich ihrer bevorstehenden Hochzeit in Wien abgehalten wurden; ebd. 332f. Ihre Stelle als Braut des Königs von Neapel nahm daraufhin ihre Schwester Maria Karolina ein. 75   Zedinger, Franz Stephan (wie Anm. 18) 242f. 76   Ebd. 243. 77  Ebd. 246–249 und 254–256. 78  Ebd. 249–253. 79  Vocelka–Heller, Lebenswelt (wie Anm. 9) 79. 80  Zedinger, Franz Stephan (wie Anm. 18) 242; das Gemälde ist abgebildet ebd. Abb. 9. 81  Siehe als Beispiel erneut Kurfürstin Anna von Sachsen: Keller, Kurfürstin Anna (wie Anm. 65) 149– 173.



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damit, gleichzeitig Kaiser und Kronprinz zu sein, was neben Meinungsverschiedenheiten in der Sache zu zahlreichen Reibungen zwischen Maria Theresia und ihm führte. Wie aber wollte Maria Theresia selbst die Arbeitsteilung zwischen sich und ihrem Mann erinnert sehen? Zeugnis davon legt der noch zu ihren und Franz Stephans Lebzeiten fertiggestellte Prunksarkophag ab82. Für unseren Zusammenhang wichtig ist die völlig gleichberechtigte Darstellung beider Personen. Einander zugewandt halten sie gemeinsam das ungarische Krönungszepter – ein kaum zu überbietendes Symbol einer gemeinsamen Regierung. Dass Maria Theresia eine ungewöhnliche Kaiserin war, offenbart ein Satz auf der Inschriftenkartusche. Dort heißt es über sie: Rom. Imperii Maiestatem Domui suae restituit, d. h. s i e war es, die ihrem Haus die Kaiserwürde zurückgebracht hatte. Das konnte sicher keine andere Kaiserin der Frühen Neuzeit von sich behaupten.

82  Dazu jetzt ausführlich Werner Telesko, Maria Theresia. Ein europäischer Mythos (Wien–Köln–Weimar 2012) 90–109, eine (Detail-)Abbildung ebd. Abb. 31.

[…] auf den ersten Trohn der Wellt gesezet […] Marie Therese von Neapel-Sizilien – die letzte Kaiserin des Heiligen Römischen Reichs (1792–1806) Ellinor Forster

Die Therese ist Jetzt Kayserin, sagte Marie Thereses sechsjährige Schwester Maria Clothilda, als im März 1792 die Nachricht vom Tod Kaiser Leopolds II., Marie Thereses Schwiegervater, den neapolitanischen Hof erreichte1. Offensichtlich war ihr bewusst, dass die Kaiserinnenwürde etwas Besonderes sein musste. Doch was stellte man sich im zwar entfernten, aber doch durch verwandtschaftliche Beziehungen eng mit dem Wiener Hof verbundenen Neapel darunter vor? Marie Thereses Mutter, Erzherzogin Maria Carolina, war bis zu ihrem 16. Lebensjahr in Wien aufgewachsen, bevor sie 1768 mit dem neapolitanischen Thronfolger verheiratet wurde. Sie war politisch sehr interessiert und engagiert, nicht zuletzt aufgrund der Tradition im neapolitanischen Königshaus, dass die Königinnen einen unmittelbaren Antheil an den Regierungsgeschäften zu haben pflegen2. Somit war sie stets auch mit politischen Angelegenheiten befasst und blickte durch die Korrespondenz mit ihrer Mutter Maria Theresia und ihren Brüdern Joseph und Leopold auch auf die Reichsbelange. Auch die Erzieherinnen der neapolitanischen Prinzessinnen kamen meist aus dem näheren Umfeld des Wiener Hofs und brachten damit Vorstellungen vom politischen Gefüge des Reichs mit. Carolina von Filangieri, aus deren Gratulationsschreiben zur Kaiserinnenwürde von 1792 das Zitat im Titel des Beitrags stammt, war beispielsweise die Tochter des ungarischen Adeligen Georg Cornelius Frendel. Nach dem Tod des Vaters und infolge der Heirat ihrer Schwester kam sie nach Wien. Von hier wurde sie schließlich von Maria Carolina nach Neapel gerufen, um deren zweitgeborene Tochter Maria Luisa zu erziehen. Dort heiratete sie 1783 den Aufklärer Gaetano Filangieri3. Sie wusste aufgrund ihrer Herkunft und Erfahrung in Wien also sehr gut, was der Kaiserthron bedeutete. Die Frage nach der Wahrnehmung der Kaiser- oder Kaiserinnenwürde ist auch in 1  Zitat im Titel: Carolina Filangieri an Marie Therese, Neapel, 17. März 1792; Wien, HHStA, HA, SB, 54/2. Zitat zu Textbeginn: Frau von Vivenzio an Marie Therese, Neapel, 10. März 1792; ebd. – Abkürzungen: HA = Hausarchiv; SB = Sammelbände. 2  Memoire des Hof- und Staatskanzlers Kaunitz für die Erzherzogin Maria Karoline betreffend das politische System des Erzhauses (anlässlich ihrer Vermählung mit Ferdinand IV., König beider Sizilien), 17. März 1768; Wien, HHStA, Obersthofmeisteramt, Ältere Zeremonialakten, 80/4, fol. 1–64, hier fol. 2. 3  Cinzia Recca, Sentimenti e politica. Il diario inedito della regina Maria Carolina di Napoli (1781– 1785) (Mailand 2014) 158 Anm. 38.

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engem Zusammenhang mit den generellen Vorstellungen vom Reich – in den letzten Jahrzehnten seiner Existenz – zu sehen. Zwar hatte dieses keineswegs schon völlig an Bedeutung verloren, wie die Geschichtswissenschaft lange Zeit postuliert hat4, doch werfen insbesondere der Umgang des letzten Kaisers Franz II. mit den napoleonischen Kriegen und die entsprechenden Friedensvereinbarungen ein deutliches Licht auf die Interessen des Wiener Hofs und dessen zunehmendes Bestreben, mehr für die österreichischen Länder als für das Reich zu erreichen5. Genau diese Endphase des Reiches, die Jahre von 1792 bis 1806, stellen also den Handlungsrahmen von Franz II. und Marie Therese als letztem Kaiserpaar dar. Beide waren an italienischen Höfen aufgewachsen und erzogen worden – Franz in Florenz, bis er als 16jähriger 1784 nach Wien zu seinem kinderlosen Onkel Joseph II. kam, um auf die zukünftige Regentschaft vorbereitet zu werden, Marie Therese, geboren am 6. Juni 1772, in Neapel. Sie war im Jahr 1790 bei ihrer Ankunft in Wien und Vermählung mit Franz 18 Jahre alt. Kaum zwei Jahre später hatten sie die Rollen von Kaiser und Kaiserin zu übernehmen. Wie die anderen Kaiserinnen der Frühen Neuzeit, die in das Haus Habsburg eingeheiratet hatten, war Marie Therese zugleich auch Königin von Ungarn und Böhmen und daneben noch Erzherzogin, Herzogin, Gräfin und Markgräfin in den anderen habsburgischen Ländern. Im Folgenden soll es in erster Linie um die Frage nach Marie Thereses Selbstverständnis als Kaiserin und die Ausübung dieser Rolle gehen. Besaßen das Reich und ihr Platz darin in ihrer Wahrnehmung und ihrem Handeln überhaupt einen erkennbaren Stellenwert oder wurde dies von den näher liegenden Aufgaben einer Landesfürstin verdrängt? Was verstand und versah sie als solche Aufgaben? Die Quellenlage für die Annäherung an diese Fragen ist insgesamt nicht schlecht. Es gibt vor allem eine große Menge von Korrespondenz6, sowohl von Marie Therese als Verfasserin als auch an sie gerichtete Briefe, die Einblick in ihren Tagesablauf sowie ihre Überlegungen und damit in ihre Aufgaben und Interessen, ihre konkreten Rollen und ihre Handlungsräume am Hof ermöglichen. Daneben befindet sich in Wien auch ihr 4  Vgl. dazu die neuere Forschung, die dem Reich auch in dieser Endphase wieder mehr Bedeutung zuerkennt und die ältere Literatur diskutiert: Wolfgang Burgdorf, Ein Weltbild verliert seine Welt. Der Untergang des Alten Reiches und die Generation 1806 (Bibliothek Altes Reich 2, München 2006); zur Relativierung der vermeintlichen Zäsur von 1806 vgl. Christine Roll–Matthias Schnettger (Hg.), Epochenjahr 1806? Das Ende des Alten Reichs in zeitgenössischen Perspektiven und Deutungen (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abt. für Universalgeschichte, Beiheft 76, Mainz 2008). 5  Der geschichtswissenschaftliche Blick auf eine angestrebte „Herausentwicklung Österreichs“ aus dem Reich unterliegt ähnlichen Veränderungen wie die Bewertung des Reichs. Vgl. dazu die ältere Sicht etwa von Elisabeth Kovács, Die „Herausentwicklung Österreichs aus dem Heiligen Römischen Reich“ im Reflex der Beziehungen von Kaisertum und Papsttum während des 18. Jahrhunderts, in: Österreich im Europa der Aufklärung. Kontinuität und Zäsur in Europa zur Zeit Maria Theresias und Josephs II. Internationales Symposion in Wien 20.–23. Oktober 1980, Bd. 1 (Wien 1985) 421–436; einen Überblick über die neuere Literatur und den Stand der aktuellen Diskussion geben Michael Rohrschneider, Österreich und der Immerwährende Reichstag. Studien zur Klientelpolitik und Parteibildung (1745–1763) (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 89, Göttingen 2014) 9–20 und Alexander Piff, Mit Geschichte und Recht. Die Beschreibung von Österreich von 1775 bis 1808 im Zeichen einer eigenen Staatsrechtsposition (Diplomarbeit Innsbruck 2014). 6  Siehe dazu vor allem Wien, HHStA, HA, SB, Kartons 53–65: Korrespondenz der Kaiserin Marie Therese 1791–1807; Briefe von Marie Therese an Franz finden sich in den Kartons 30 bis 41. Daneben gibt es weitere Briefe von Marie Therese, die sich unter den Namen der jeweiligen Adressaten und Adressatinnen am Wiener Hof finden lassen. Als Gegenüberlieferung sei nur das Archivio di Stato di Napoli erwähnt, wo im Bestand Archivio Borbone die Briefe von Marie Therese an ihre Eltern und Geschwister liegen. Vgl. Archivio di Stato di Napoli, Archivio Borbone. Inventario Sommario, Bd. 1 (Pubblicazioni degli archivi di stato XLIII, Rom 1961).



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Nachlass mit einigen Reisejournalen und weiteren Aufzeichnungen7. Allerdings sei gleich vorweggenommen, dass man die Thematisierung einer speziellen Rolle als Kaiserin, die sich etwa von jener einer Landesfürstin unterschied, – in den eingesehenen Quellen – fast vergebens sucht.

Ausbildung zur Königin und Kaiserin? Marie Therese wurde – zumal als älteste Tochter des Königs von Neapel und Sizilien – auf die Rolle als Gemahlin eines Landesfürsten vorbereitet. Aus einer Anweisung an Carolina Frendel von 1780 für die Erziehung der zweitältesten Prinzessin Maria Luisa, die zu diesem Zeitpunkt sieben Jahre alt war, lässt sich auch auf den Tagesablauf von Marie Therese schließen. Der Tag begann um sieben Uhr und sah bis zum Abend um zehn Uhr Unterricht in Französisch, Religion, Mathematik, Geographie, Musik, Zeichnen und Tanz in jeweils halbstündigen Einheiten vor. Zur Erholung diente ein Mittagsschlaf, gefolgt von einer Pause von einer halben Stunde, die sie allein gestalten konnte. Danach ging es mit dem am Vormittag Erlernten weiter. Von dieser Tagesroutine wichen nur die Sommermonate ab, in denen sich der Hof in Caserta oder Portici befand8. 1792 hieß es über Marie Thereses – wiederum siebenjährige – Schwester Antoinette, dass sie danzelt […] so schön […] singt wie eine beste primadonna, schlagt schon recht herzlich das Clavier, die geschrieben Sachen verstehen sich, sie weis den gantzen catechismo die geistliche History, die Geographie, ist auch in der römischen Historii schon hiebsch weit avancirt, und dieses lehrnet sie spielend, werde zu nichts gezwungen9. Schließlich lässt sich ein weiterer Hinweis auf Marie Thereses Ausbildung ihren 1786 angefertigten Aufzeichnungen über „meine Schriften als Kind“ entnehmen, die in ihrem Nachlass erhalten sind. Dabei handelte es sich vor allem um übliche Erziehungsbücher der Zeit, einige historische Werke und Erzählungen in Italienisch und Französisch10. Die Überlegungen zu möglichen Heiratsverbindungen der Kinder aus regierenden Häusern setzten jeweils schon sehr früh ein. Aus dem Briefwechsel zwischen Maria Carolina und ihrem Bruder Leopold in der Toskana lässt sich ersehen, dass sich ab etwa 1786 – Marie Therese war zu diesem Zeitpunkt 14 Jahre alt – die Pläne schon sehr konkretisiert hatten. Eine Heirat zwischen ihr und einem Sohn Leopolds wurde immer öfter thematisiert11. Da Kaiser Joseph II. keine überlebenden Nachkommen hatte, rückten die Söhne Leopolds ins Licht seiner zukünftigen Nachfolge. Damit konnte Leopold nicht mehr allein über deren Verehelichung entscheiden. Für Franz, der sich, wie erwähnt, ab 1784 am Wiener Hof befand, hatte Joseph schon genau definierte Pläne12. Er wollte durch eine 7  Wien, HHStA, HA, Handarchiv Kaiser Franz I., 24/1: Nachlass der Kaiserin Marie Therese, der zweiten Gemahlin von Kaiser Franz I.; HA, SB, 66: Schriften der Kaiserin Marie Therese in theatralischen Gegenständen. 8  Anweisung an Caroline Frendel, 1780, zit. nach: Friederike Hausmann, Herrscherin im Paradies der Teufel. Maria Carolina, Königin von Neapel (München 2014) 92–94. 9   Frau von Vivenzio an Marie Therese, Neapel, 13. Oktober 1792; Wien, HHStA, HA, SB, 54/2. 10  Wien, HHStA, HA, Handarchiv Kaiser Franz I., 24/1, Nachlass Marie Therese, Meine Schriften als Kind, 1786. 11  Maria Carolina von Neapel-Sizilien an Leopold, Neapel, 5. Januar 1786; Wien, HHStA, HA, SB, 10/7. Leopold an Maria Carolina von Neapel-Sizilien, Florenz, 11. Juni 1786 (Konzept); ebd. 12  Egon Caesar Conte Corti, Ich, eine Tochter Maria Theresias. Ein Lebensbild der Königin Marie Karoline von Neapel (München 1950) 136f.

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Vermählung von Franz mit einer engen Verwandten des russischen Thronfolgerpaars die Verbindungen mit dem Russischen Reich stärken. Entsprechend dieser politischen Absicht vermählte Joseph seinen Neffen mit Elisabeth von Württemberg, der Schwester der zukünftigen Großfürstin, die seit ihrem 13. Lebensjahr in Wien erzogen worden war 13. Demzufolge planten Maria Carolina und Leopold nun eine Verehelichung von Marie Therese mit Leopolds zweitem Sohn Ferdinand, dem zukünftigen Nachfolger als Großherzog in der Toskana. Doch auch dabei mussten sie sich den Entscheidungen Josephs beugen, der mit der Vermählung von Leopolds zweitem Sohn warten wollte, bis aus der Ehe von Franz Nachkommen hervorgegangen sein würden14. Als Joseph jedoch gegen Ende des Jahres 1789 erkrankte, rückten die Pläne der Verehelichung Marie Thereses mit Ferdinand von Toskana wieder in den Vordergrund. Maria Carolina befürchtete, dass sich Joseph von seinem Bruder am Sterbebett noch ein gegenteiliges Versprechen geben lassen könnte15. Doch versicherte Leopold, dass auch ihm die geplante Hochzeit sehr am Herzen liege16. Vor allem vermied er auch aus anderen Gründen, zu früh in Wien anzukommen, um Joseph noch lebend anzutreffen und womöglich unliebsame Zusagen abgeben zu müssen. Er hatte nämlich 1784 zustimmen müssen, dass die Toskana nach seinem Tod nicht mehr als eigenständiges Großherzogtum regiert, sondern direkt von Wien aus verwaltet werde, und befürchtete nun, dieses Versprechen erneuern zu müssen. Offensichtlich war dann auch eine der ersten Handlungen von Leopold nach Josephs Tod die Vernichtung dieser Zustimmung von 178417. Da Leopold tatsächlich erst nach dem Tod seines Bruders in Wien eintraf, war die Gefahr gebannt, bezüglich der Verehelichungen seiner Söhne Verpflichtungen eingehen zu müssen. Zwei Tage vor Joseph, am 18. Februar 1790, war auch Franz’ erste Frau Elisabeth im Kindbett gestorben, nachdem sie eine Tochter zur Welt gebracht hatte. Damit wurden die neapolitanisch-toskanischen Ehepläne auch in Richtung Franz wieder virulent. Leopold schrieb am 25. Februar 1790 an Maria Carolina, dass er in drei Monaten in der Toskana für Ferdinand die Sekundogenitur einrichten werde und ihm eine ihrer Töchter zur Frau geben werde – und dass er es in einiger Zeit wagen werde, ihr noch für eine andere ihrer Töchter einen Vorschlag zu machen, der ihr nicht missfallen werde18. Schon im März 1790 wurden zwischen Leopold und dem neapolitanischen Königspaar die wesentlichsten Modalitäten geklärt19, bevor im Juli 1790 die offiziellen Werbungsschreiben aufgesetzt und verschickt wurden20. So bat Leopold bei Ferdinand von Neapel um l’Infante Marie Therese Sa chere fille pour Epouse à mon fils aimé l’Archiduc François, wie auch um die

13  Zu Elisabeth von Württemberg vgl. Eduard Wertheimer, Die drei ersten Frauen des Kaisers Franz (Leipzig 1893) 3–23. 14  Leopold an Maria Carolina von Neapel-Sizilien, Florenz, 29. April 1788 (Konzept); Wien, HHStA, HA, SB, 11/2. 15  Maria Carolina von Neapel-Sizilien an Leopold, Neapel, 20. Oktober 1789; Wien, HHStA, HA, SB, 11/3. 16  Leopold an Maria Carolina von Neapel-Sizilien, Florenz, 3. Dezember 1789 (Konzept); ebd. 17   Adam Wandruszka, Leopold II. Erzherzog von Österreich, Großherzog von Toskana, König von Ungarn und Böhmen, Römischer Kaiser, Bd. II: 1780–1792 (Wien 1965) 70–81, 220–231. 18   Conte Corti, Tochter (wie Anm. 12) 167f. 19  Leopold II. an Ferdinand und Maria Carolina von Neapel-Sizilien, Wien, 23. März 1790 (Konzept); Wien, HHStA, HA, Ministerium des kaiserlichen Hauses, Vermählungen, 17. 20  Philipp Johann Graf Kobenzl an Wenzel Anton von Kaunitz-Rietberg mit den Entwürfen der Anwerbungsschreiben und Hinweisen auf das nötige Zeremoniell, Wien, 12. Juli 1790; ebd.



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zweite Tochter Maria Luisa für Ferdinand, seinen Nachfolger in der Toskana21. Schließlich ging es noch um eine dritte Eheschließung – zwischen dem neapolitanischen Thronfolger Francesco und einer Tochter Leopolds, Marie Clementine22. Das Zeremoniell sah auch eine persönliche Brautwerbung durch einen Gesandten vor, der zugleich die zuvor ausgehandelten Heiratsverträge nach Neapel bringen sollte23. Die letzte Vermählung am Wiener Hof – zwischen Franz und Elisabeth von Württemberg – lag zwar nur zwei Jahre zurück. Diese wurde aber offensichtlich nicht als gleichrangig mit den nun anstehenden angesehen, denn man suchte überall nach Modellen für die Heiratsverträge und das angemessene Zeremoniell. Bei der Abfassung der Heiratsverträge orientierte man sich an der Heirat von Joseph mit Isabella von Parma 176024. Auch in der Frage, was es bei der offiziellen Brautwerbung zu beachten gebe in Ansehung ihres öffentlichen Einzugs, Audienzen, Übergabe der Schreiben, Brautwerbung und Unterzeichnung der Heiratskontrakte, suchte man nach Vorbildern, denn die eigenen Zeremonialakten gaben nur Auskunft über die entsprechenden Gewohnheiten am eigenen Hof. Man zog die Instruktionen der Minister zu Rate, die 1760 nach Parma und 1765 an den Madrider Hof geschickt worden waren. Doch kam darin nichts über das Zeremoniell vor. So suchte man in den Unterlagen über die Vermählungen von Marie Antoinette, Leopold und Maria Carolina näheren Aufschluss25. Nach all diesen Vorbereitungen, der Reise des Gesandten Prinz Ruspoli nach Neapel zur offiziellen Werbung sowie der Unterzeichnung der Heiratsverträge fanden schließlich die Vermählungen am 19. September 1790 in Wien statt. Für Marie Therese bedeutete dies, dass sich erst im Frühjahr 1790 herausstellte, dass sie den zukünftigen König von Ungarn und Böhmen und voraussichtlichen Kaiser des Heiligen Römischen Reichs – und nicht den zukünftigen Großherzog der Toskana – heiraten würde. Derek Beales vermutet, dass man eine Schrift mit dem Titel Essai sur la Monarchie Autrichienne et son stat actuel26 von 1790 im Vorfeld der Eheschließung an den neapolitanischen Hof geschickt habe, um Marie Therese auf die Verhältnisse in Österreich vorzubereiten27. Dieses handschriftliche Manuskript befindet sich in Minnesota28 und wird in der Literatur schon 1966 erwähnt, jedoch ohne einen Hinweis auf seinen ursprünglichen Zweck29. Der Zusammenhang mit Marie Therese lässt sich allerdings schwer belegen. Weder in ihrem Nachlass noch in der Instruktion für Prinz Ruspoli, der mit der   Leopold II. an Ferdinand von Neapel-Sizilien, Wien, 13. Juli 1790 (Konzept); ebd.   Maria Carolina von Neapel-Sizilien an Kaiserin Maria Louisa, Neapel, 16. Juli 1790; ebd. Ferdinand wandte sich hingegen erst am 26. Juli 1790 an Leopold mit seiner offiziellen Anfrage. 23   Philipp Johann Graf Kobenzl an Wenzel Anton von Kaunitz-Rietberg, Wien, 17. Juli 1790, ebd. 24   Leopold II. an Wenzel Anton von Kaunitz-Rietberg, Wien, 30. Mai 1790, ebd. Lieber Fürst Kaunitz! Da Ich gesinnet bin, die wirklichen Vermählungen Meiner zwey ältesten Erzherzogen Franz und Ferdinand mit den zwey Neapolitanischen Prinzessinen Maria Theresia, und Luisa Maria, wie auch des Neapolitanischen Erbprinzen mit Meiner Tochter der Erzherzogin Maria Clementina, zu veranstalten, so ersuche Ich Sie, wegen des Entwurfs der dießfalligen Ehepacten auf den Fuß jener meines Höchstseeligen Herrn Bruders mit der Infantin von Parma, wie auch wegen alles weitern das nöthige veranstalten, und besorgen lassen zu wollen. 25  Obristhofmeister Starhemberg an Philipp Johann Graf Kobenzl, Wien, 8. Juli 1790; ebd. 26  Ich danke Derek Beales für den Hinweis auf dieses Manuskript sowie seine Überlegungen, wie es eingeordnet werden könnte. 27  Derek Beales, Joseph II. und der Josephinismus, in: Der aufgeklärte Absolutismus im europäischen Vergleich, hg. von Helmut Reinalter–Harm Klueting (Wien 2002) 35–54, hier 50f. Anm. 62; Derek ­Beales, Enlightenment and Reform in Eighteenth-Century Europe (London 2005) 273. 28  University of Minnesota, Special Collections, Walter Library. 29  William E. Wright, Serf, Seigneur and Sovereign. Agrarian Reform in Eighteenth-Century Bohemia (Minneapolis 1966) 200. 21 22

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offiziellen Brautwerbung und der Übergabe der Heiratsverträge beauftragt war, findet sich ein Hinweis auf ein solches Dokument30. Lässt man also Marie Therese als Adressatin beiseite, dann könnte das Entstehungsdatum 1790 vielleicht eher noch ein Hinweis darauf sein, dass es für Maria Louisa, die Frau Leopolds II., gedacht war, die 1790 ihrem Mann nach Wien folgte. Zugleich passt das Manuskript auch in den Kontext der „österreichischen“ Publizistik, die seit etwa 1740 damit beschäftigt war, den österreichischen Ländern eine vom Reich unabhängige Geschichte und Identität zu geben31. In jedem Fall aber liefert dieses Manuskript in erster Linie Informationen über die österreichischen Länder und nur am Rand Informationen über die Beziehung zum Reich, war also – falls es für Marie Therese oder Maria Louisa geschrieben worden war – nicht als Vorbereitung auf die Kaiserinnenwürde, sondern als Information über das Amt der Landesfürstin gedacht. Wie sah es in Wien mit der Vorbereitung Marie Thereses auf ihr zukünftiges Amt aus? Spezielle Erzieher lassen sich nicht finden, sind vielleicht auch nicht zu vermuten. Mit der deutschen Sprache hatte sie keine Probleme, denn diese zu erlernen war Teil ihrer Erziehung in Neapel gewesen. Sie setzte auch nach ihrer Ankunft in Wien die Korrespondenz mit ihrer Erzieherin Frau von Vivenzio auf Deutsch fort32. Während sie die ersten zwei Briefe mit Franz im Sommer 1790, noch bevor sie sich persönlich kennenlernten, auf Französisch wechselte33, schrieben sie sich danach nur noch auf Deutsch. Marie Therese scheint sich in der Frage des angemessenen Verhaltens sehr an ihrer Schwiegermutter orientiert zu haben. Das wird in ihren Briefen an Franz immer wieder deutlich. 1791 fragte sie beispielsweise, ob es ihm recht sei, wenn sie ihm bei seiner Rückkunft entgegenfahre. Seine Mutter habe es ihr geraten, aber sie wolle zuerst ihn fragen, denn sie wolle nichts tun, was ihm unrecht sein könnte34. Vor der Abreise seiner Mutter nach Prag zur Krönung 1791 schrieb sie ihm, dass seine Mutter bei ihr gewesen sei. [I]ch kann dir nicht genug sagen wie sie mir gnädig war und wie sehr ich sie liebe und verehre35. Kurz nach ihrer Abreise bat sie Franz, seine Mutter zu fragen, ob ich Leute während der Zeit sehen soll. Er solle ihr bald antworten, denn man habe sie danach gefragt36. Andererseits erhielt sie auch Ratschläge von ihrer eigenen Mutter. Im Reisejournal zur Kaiserkrönung von Leopold 1790 in Frankfurt ließ Marie Therese immer wieder anklingen, wie sie mit ihrer Mutter aneinandergeraten sei. An einem Abend sei ihre Mutter verärgert über sie gewesen, weil sie gesagt habe, dass es ihr genüge, wenn sie ihrem Mann und der Königin, also ihrer Schwiegermutter, gefalle37. An anderen Tagen waren die Ein30   Instruktion für Prinz Ruspoli, 9. Juli 1790 (Konzept); Wien, HHStA, HA, Ministerium des kaiserlichen Hauses, Vermählungen, 17. 31  Piff, Geschichte (wie Anm. 5). 32   Wien, HHStA, HA, SB, 53/3/3, 54/3/9, 55/2/9, 55/4/10, 56a/2/7, 57/5/6, 58/2/4, 60/2/15. Der Briefwechsel dauerte bis 1799. Über Frau von Vivenzio finden sich im Gegensatz zur viel bekannteren Erzieherin von Marie Thereses Schwester, Carolina Filangieri, kaum Angaben. Frau von Vivenzio kam offensichtlich ebenso wie die meisten anderen Erzieherinnen aus dem Umfeld des Wiener Hofs und hatte wohl in Neapel geheiratet. Ihr Ehemann könnte der Leibmedikus am neapolitanischen Hof, Giovanni Vivenzio, gewesen sein. Auch er unterhielt einen Briefwechsel mit Marie Therese von 1792 bis 1796; ebd. 54/3/20, 55/1, 55/4/19, 57/5/7. 33  Marie Therese an Franz II., Neapel, 15. August 1790 und Fione, 28. August 1790; ebd. 30/5. 34  Marie Therese an Franz II., Wien, 6. August 1791; ebd. 35  Marie Therese an Franz II., Wien, 27. August 1791; ebd. 36  Marie Therese an Franz II., Wien, 29. August 1791; ebd. 37  Reisejournal nach Frankfurt, Eintrag am 5. Oktober 1790; ebd. Handarchiv Kaiser Franz I., 24/1, Nachlass Marie Therese.



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träge unspezifischer: Maman fut toujours fachée avec moi, elle me dit des choses sensibles38 oder Maman fut bien fachée, elle me grondà en public, mais a la maison tout allà bien39. Diese Ratschläge setzte Maria Carolina auch in ihren Briefen an Marie Therese fort – in der ersten Zeit handelte es sich dabei vor allem darum, wie sie sich pflegen und kleiden solle und was sie hinsichtlich der zukünftigen Kinder beachten solle40. Doch als der Sonderkurier am 9. März 1792 in Neapel eintraf und vom Tod Leopolds II. berichtete41, schrieb Maria Carolina noch am selben Tag an ihre Tochter, dass sie jetzt in vorderster Reihe stehe, en vue vor ganz Europa. Sie habe Pflichten zu erfüllen und sich einen Ruf zu schaffen. Doch das Bild dieser Pflichten, das Maria Carolina vor Augen hatte, war wohl eher das der Gemahlin eines Landesfürsten. Ihr Mann sei nun Souverän, Herr einer bevölkerungsreichen Monarchie und dies inmitten von tausend Schwierigkeiten, einer Unmenge Geschäfte42. Vieles deutet also darauf hin, dass dieser Thron aus der Perspektive Maria Carolinas zwar der höchste Thron in Europa war, sich die Kaiserinnenwürde jedoch nicht von der Königinnenwürde unterschied.

Politische Agenda zwischen den österreichischen Ländern und dem Reich Die Veränderung ihrer Rolle wurde für Marie Therese sehr bald auch auf symbolischer Ebene greifbar. Für den Sommer 1792 waren die Krönungsreisen anberaumt – im Juni nach Ofen, im Juli nach Frankfurt und im August nach Prag. Marie Therese wurde zur Königin von Ungarn und von Böhmen gekrönt, nicht aber zur Kaiserin des Heiligen Römischen Reichs. Eine solche Krönung zur Kaiserin hatte unter ihren Vorgängerinnen eher die Ausnahme dargestellt und war eng mit den jeweils aktuellen politischen Absichten verbunden gewesen. Während die Kaiserinnen des Mittelalters, von denen einige sogar als Regentinnen für ihre minderjährigen Söhne amtiert hatten43, üblicherweise noch gemeinsam mit dem Kaiser gekrönt worden waren, zuletzt 1452 Friedrich III. und Eleonore von Portugal, wurden in der Frühen Neuzeit die Krönungen der Kaiserinnen spärlicher. Nach 1452 knüpfte erst 1612 Matthias bzw. Anna wieder an die Kaiserinnenkrönung an. Die weiteren Beispiele lassen sich an einer Hand abzählen und sind in den jeweils spezifischen politischen Kontext zu stellen44. Angesichts dieser Seltenheit verwundert es, dass sich die Forschung immer wieder die Frage gestellt hat, warum Maria Theresia 1745 nicht zur Kaiserin gekrönt wurde. Auch bei ihrer Mutter war dies nicht der Fall gewesen, hingegen – und das lässt sich unschwer als politischer Legitimationsversuch interpretieren – bei ihrer Cousine Maria Amalia 1742 als Ehefrau von Kaiser Karl VII. Dass Maria Theresia ihre Kaiserinnenwürde gering geschätzt habe, kann man schwerlich behaupten, führte sie doch selbstverständlich den Titel einer Kaiserin als vornehmsten stets zuerst. Die Forschung geht sehr oft von der Selbstverständlichkeit der Krönung aus und setzt   Ebd., Eintrag am 6. Oktober 1790.   Ebd., Eintrag am 7. Oktober 1790. 40  Vgl. z. B. Maria Carolina von Neapel-Sizilien an Marie Therese, Neapel, 10. Mai 1791 oder Neapel, 31. August 1791; ebd. SB, 52/2. 41  Conte Corti, Tochter (wie Anm. 12) 187. 42  Maria Carolina an Marie Therese, Neapel, 9. März 1792; Wien, HHStA, HA, SB, 53/5. 43  Vgl. den Beitrag von Amalie Fößel in diesem Band. 44  Zur Krönung Annas vgl. den Beitrag von Elena Taddei in diesem Band. Allgemein Barbara StollbergRilinger, Des Kaisers alte Kleider. Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches (München 22013) 190–193. 38 39

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dann häufig erst ab dem Zeitpunkt ein, an dem man Maria Theresia von ihrer Weigerung, sich in Frankfurt krönen zu lassen, abbringen wollte45. Daran schließt sich dann meist eine Reihe von Interpretationen an46. Spannender scheint jedoch die Frage, warum man eine Krönung Maria Theresias zur Kaiserin überhaupt wieder ins Spiel gebracht hatte. Joseph II. war zum Zeitpunkt seiner Krönung zum Römischen König 1764 nicht verheiratet. 1790, als die nächste Kaiserkrönung anstand, wurde eine Krönung von Maria Louisa offensichtlich nicht diskutiert47. Somit überrascht es nicht, dass auch Marie Therese 1792 nicht gekrönt wurde. Sie reiste jedoch wie ihre Vorgängerin mit nach Frankfurt und nahm an den Feierlichkeiten teil. Die Abläufe kannte sie bereits von der Reise nach Frankfurt im Oktober 1790 anlässlich der Krönung ihres Schwiegervaters Leopold II.48. Wesentlich mehr im Mittelpunkt stand Marie Therese bei den Krönungen in Ofen und Prag. Zudem hatte sie auf dem Weg nach Ofen schon ihre ersten landesfürstlichen Pflichten zu erfüllen. So war vorgesehen, dass sie bei Gran einer Audienz der Deputation der ungarischen Stände beiwohnen solle. Zur Linken ihres Mannes stehend, hatte sie auch das Wort an die Stände zu richten. Dabei bat sie die Deputierten, den Ständen und der gantzen Nazion auszudrücken, wie sehr ich ihr erkenntlich bin für alle Liebe und Empfindungen, so sie gegen den König gewiesen hat. Ich habe diese Nazion immer sehr geliebt, und werde sie ewig lieben, und alles was ich zu ihrem Glück und Freude bey dem König meinen Gemahl, werde beytragen können, werde ich gewiß mit gantzem Hertzen, und mit großer Freude thun49. Bezüglich der Krönungen zur Königin von Ungarn und Böhmen konnte sie nicht auf ihre persönliche Erfahrung bei der Krönungsreise ihrer Vorgängerin zurückgreifen. Maria Louisa war wie einige ihrer Vorgängerinnen nicht zur Königin von Ungarn gekrönt worden50. Damit gilt es auch für diese Krönung ähnliche Überlegungen anzustellen wie für die Kaiserinnenkrönungen der Frühen Neuzeit. In politisch umstrittenen Zeiten schien es den Monarchen offenbar dringender geraten, sich so viel an Verbundenheit wie möglich mit ihren Ländern zu sichern. Und die Lage war 1792 in der Tat sehr schwierig. Frankreich hatte im April 1792 dem König von Ungarn, wie er in der Kriegserklärung wegen der noch ausstehenden Kaiserwahl genannt wurde, den Krieg erklärt. Somit war Franz in erhöhtem Ausmaß auf die Unterstützung der ungarischen wie auch der böhmischen Stände angewiesen51. Daher fanden diese Krönungen auch sehr bald nach dem Regierungsantritt von Franz statt, und in beiden Fällen wurde auch die Königin gekrönt. Marie Thereses Krönung in Ofen fand vier Tage nach der Krönung ihres Mannes am 10. Juni 1792 statt52. 45  Renate Zedinger, Franz Stephan von Lothringen (1708–1765). Monarch, Manager, Mäzen (Schriftenreihe der Österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts 13, Wien 2008) 188f. 46  Eine Zusammenfassung der entsprechenden Geschichtsschreibung ebd. 189f.; ein Verweis darauf auch bei Brigitte Mazohl-Wallnig, Zeitenwende 1806. Das Heilige Römische Reich und die Geburt des modernen Europa (Wien 2005) 204. 47   Vgl. zur Krönung Leopolds II.: Vollständiges Diarium der römisch-königlichen Wahl und kaiserlichen Krönung Ihro nunmehr allerglorwürdigst regierenden Kaiserlichen Majestät Leopolds des Zweiten (Frankfurt a. M. 1791). 48  Wien, HHStA, HA, Handarchiv Kaiser Franz I., 24/1, Nachlass Marie Therese, Reisejournal nach Frankfurt. 49  Ebd., Die Reise Ihrer Majestät der Königinn nach Ofen und Höchstdero Krönungs Ceremoniel betr. 50  Štefan Holčík, Krönungsfeierlichkeiten in Preßburg/Bratislava 1563–1830 (Bratislava 1992) 12. 51  So wurden beispielsweise auch Franz’ dritte Frau Maria Ludovika 1808 und selbst seine vierte Frau Karolina Augusta 1825 zu Königinnen von Ungarn gekrönt; ebd. 50–52. 52  Wien, HHStA, HA, Handarchiv Kaiser Franz I., 24/1, Nachlass Marie Therese, Die Reise Ihrer Majestät der Königinn nach Ofen und Höchstdero Krönungs Ceremoniel betr.



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Im Vergleich zu Böhmen lässt sich allein schon aus der Kleiderordnung ersehen, wie wichtig das Entgegenkommen gegenüber den ungarischen Ständen bzw. der Bevölkerung war53. Beim Eintreffen in Ofen waren ungarische Trauerkleider zu tragen. An ihrem Krönungsmorgen sollte die Königin in einem ungarischen Kleid aus Silberstoff und einem ungarischen Kopfputz eine offene Chaise besteigen54. Demgegenüber hieß es am Krönungstag in Prag hinsichtlich der Kleidung, dass die Königin ein Kleid von Silberstof mit Gold gestükt trug, eine prachtvolle Gewandung, die zur kaiserlichen Kleidung des Königs passte, aber offensichtlich nicht wie in Ungarn auf das Land abgestimmt war55. In Prag trat Franz also in erster Linie als Kaiser des Reichs auf, der auch zum König von Böhmen gekrönt wurde, in Ungarn, das nicht zum Reichsverband gehörte, als König von Ungarn. Davon abgesehen verlief das Zeremoniell der Krönung und Salbung in beiden Städten in den üblichen Bahnen und sehr ähnlich56. Ungarn scheint auch für Leopold 1790 wichtig gewesen zu sein, wenngleich auf die Königinnenkrönung als ein weiteres loyalitätsstiftendes Element verzichtet wurde. Die Reise nach Ungarn war gleich nach der Krönungsreise nach Frankfurt erfolgt. Hier ging es auch um die Befriedung der ungarischen Stände nach den Reformen Josephs II.57. Doch hinsichtlich Böhmen hatte sich Leopold mehr Zeit gelassen, diese Krönung fand erst im Herbst 1791 statt. Zu diesem Zeitpunkt war Marie Therese mit ihrer ersten Tochter schwanger und konnte daher nicht mit nach Böhmen reisen58. Sie beschrieb aber ihren Eindruck, als sie den Transport der böhmischen Krone nach Prag beobachtete: Heute früh habe ich die böhmische Krone wegführen sehen. Es war ein prächtiger Abzug, was mir am besten gefiel war die 180 Mann Cavallerie […] auf dem Burg Platz59. Zur Königin von Böhmen wurden sowohl Maria Louisa 1791 als auch Marie Therese 1792 gekrönt. Doch vergleicht man die beiden Feierlichkeiten, dann fallen einige Dinge auf. Zwar ist bei den gedruckten Beschreibungen der Krönungen60 zu bedenken, dass sie vom tatsächlichen Zeremoniell abweichen können, doch geben sie einen ersten Einblick in die Vorgänge. Zunächst schien es 1791 viel wichtiger, die böhmischen Stände und die Bevölkerung61 53  Die „ungarische Nationaltracht“ war unter Joseph II. verboten worden und schon bei der Krönung Leopolds zum ungarischen König als Entgegenkommen wieder getragen worden; Wandruszka, Leopold II. (wie Anm. 17) 312f. 54  Wien, HHStA, HA, Handarchiv Kaiser Franz I., 24/1, Nachlass Marie Therese; Die Reise Ihrer Majestät der Königinn nach Ofen und Höchstdero Krönungs Ceremoniel betr. 55   Krönung in Prag 1792: Auszug aus dem Krönungszeremoniell Ihrer Majestät der Königin; ebd. 56   Die Reise Ihrer Majestät der Königinn nach Ofen und Höchstdero Krönungs Ceremoniel u. Krönung in Prag 1792: Auszug aus dem Krönungszeremoniell Ihrer Majestät der Königin, ebd. Zum Zeremoniell in Prag vgl. vor allem auch Benita Berning, „Nach alltem löblichen Gebrauch“. Die böhmischen Königskrönungen der Frühen Neuzeit (1526–1743) (Stuttgarter Historische Forschungen 6, Köln 2008). 57  Wandruszka, Leopold II. (wie Anm. 17) 312–315. 58  Marie Therese an Franz II., Wien, 9. August 1791; Wien, HHStA, HA, SB, 30/5. 59  Marie Therese an Franz II., Wien, 5. August 1791; ebd. 60   Böhmische Krönungsfeier Sr. Majestät Leopold II. Römischen Kaisers, und Marie Louise, römischen Kaiserinn. Eine ausführliche Beschreibung […] (Wien 1791); Krönungs-Ceremoniel des Kaisers Franz des Zweyten und der Kaiserin Maria Theresia gebohrnen königlichen Prinzessin beyder Sizilien als König und Königin von Böheim […] (Wien 1792). 61   Der Autor der Beschreibung von 1791 stellt selbst Vermutungen über seine Leserschaft an. Diese bestehe wahrscheinlich entweder aus geborenen Böhmen oder wenigstens nur solchen Lesern, die für dieses Königreich Interesse hätten. Das dient ihm als Rechtfertigung, warum er weiter ausschweift und einige kurze Blicke auf die Geschichte der Böhmen einfließen lässt; Böhmische Krönungsfeier 1791 (wie Anm. 60) 8f.

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davon zu überzeugen, wie wichtig das gute Einvernehmen zwischen dem König und seinen Untertanen sei. Zugleich wird auch die Königin erwähnt, ihre Aufgabe sei es, mit eigener Gefahr ihre Fittige über die Ihrigen auszubreiten62. Dahinter stand wohl, dass sich Joseph weder zum König von Ungarn noch zum König von Böhmen hatte krönen lassen. Er wollte sich offensichtlich nicht darauf einlassen, den Ständen beider Territorien ihre Privilegien zu bestätigen und ihnen damit eine Mitgestaltungsmöglichkeit signalisieren zu müssen63. Man konnte 1790 also nicht auf die Selbstverständlichkeit früherer Krönungen setzen. Entsprechend dem nun wieder neuen Vorgang hielt es der Verfasser der Krönungsbeschreibung auch für notwendig, die Schrift mit einer kurzen Geschichte Böhmens bis zur Erhebung zum Königreich zu versehen64, vor allem aber mit der Auseinandersetzung des Erbrechtes auf Böhmen, und wie dasselbe gegründet wurde65. Demgegenüber begann die Beschreibung des Zeremoniells bei Franz und Marie Therese in der zweiten Schrift sofort, ohne jegliche Einleitung und Hinführung. Sie scheint also viel selbstverständlicher gewesen zu sein. Zudem verzichtete man auf bestimmte Teile des Zeremoniells. Beispielsweise hieß es in den zeremoniellen Vorgaben, die in Marie Thereses Nachlass liegen, dass man für den gegenwärtigen Fall von dem feyerlichen Einzuge in die Stadt Prag abkömmt. Damit war die sogenannte Einholung von außerhalb der Stadt gemeint66. Dieses Einholen vor der Stadt durch den hohen Adel und die Mitglieder des Herren- und Ritterstandes ohngefähr eine halbe Stunde außer Prag wie 179167, das dieses Mal unterblieb, hatte jedoch einen hohen symbolischen Gehalt. Von Seiten der Untertanen bedeutete das Entgegenziehen die Bereitschaft, dem neuen König zu huldigen, während das Unterbleiben eher als Entgegenkommen des Herrschers gegenüber den Untertanen gedeutet werden kann68. Ein weiterer Unterschied zwischen 1791 und 1792 scheint auch darin zu bestehen, dass zwar in beiden Fällen die Königin gekrönt wurde, dass aber während des Einzugs und der gesamten anderen Feierlichkeiten Maria Louisa 1791 kaum eine Rolle gespielt zu haben scheint. Alle Vorgänge werden nur für den König beschrieben, während 1792 stets von beiden Majestäten die Rede ist69. Dass beide Majestäten zusammen auftraten, bestätigt auch das handschriftliche Krönungszeremoniell im Nachlass von Marie Therese. Die Königin wurde von höchstdero Obersthofmeister geführt und sie sollte sich zur linken S.r k. Majestät einen Schritt rückwärts stellen70.   Ebd. 3.   Joseph beließ die ungarischen Stände etwa drei Jahre lang in dem Glauben, dass die Krönung noch erfolgen werde. Doch mit dem Befehl von 1784, dass die Krone von Pressburg nach Wien gebracht werden sollte, wie schon zuvor der Verfügung, dass Ofen statt Pressburg Hauptstadt werden sollte, wurde deutlich, dass er nicht daran dachte, sich noch krönen zu lassen. Derek Beales, Joseph II, Bd. 2: Against the World 1780–1790 (Cambridge 2009) 364–366. 64   Böhmische Krönungsfeier 1791 (wie Anm. 60) 9–15. 65   Ebd. 15–19. 66  Zeremoniel. bey Ankunft, Ihrer kaiserl. königl. apostol. Majestäten in Prag; Wien, HHStA, HA, Hand­ archiv Kaiser Franz I., 24/1, Nachlass Marie Therese. 67   Böhmische Krönungsfeier 1791 (wie Anm. 60) 20. 68   André Holenstein, Huldigung und Herrschaftszeremoniell im Zeitalter des Absolutismus und der Aufklärung, in: Zum Wandel von Zeremoniell und Gesellschaftsritualen in der Zeit der Aufklärung, hg. von Klaus Gerteis (Hamburg 1992) 21–46. 69   Weitere Änderungen im Zeremoniell, die sich aus den Schriften ersehen lassen, waren etwa, dass es 1792 keine Zulassung zum Handkuss mehr gab und auch kein gemeinsames Mahl mit den Ständen; Böhmische Krönungsfeier 1791 (wie Anm. 60) 34f. Manche Änderungen hob der Autor von 1792 selbst hervor, so z. B., dass die Stände nach der Krönung nicht mehr den in der Krone vorne eingesetzten Saphir mit zwei Fingern berührten, sondern nur noch das königliche Zepter; Krönungs-Ceremoniel 1792 (wie Anm. 60) [54] Anm. a. 70  Zeremoniel. bey Ankunft, Ihrer kaiserl. königl. apostol. Majestäten in Prag; Wien, HHStA, HA, Hand­ archiv Kaiser Franz I., 24/1, Nachlass Marie Therese. 62 63



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Wie auf der Reise nach Ofen hatte Marie Therese auch in Prag landesfürstliche Pflichten zu übernehmen. So gab nach der Ankunft zunächst der König der mährischschlesischen Deputation, den Oberstlandesoffizieren und dem Gubernium, dem Prager Magistrat und der Prager Universität Privataudienzen. Nach diesen erhaltenen Audienzen werden alle diese Gremien auf eine ganz gleiche Art und in der nemlichen Ordnung auch bey ihrer Majestät der Kaiserin eingeführt werden71. Die Antworten, die Marie Therese zu geben hatte, waren wiederum vorgegeben. Wie schon in Ungarn wird dabei ihre Rolle als Unterstützerin und Begleiterin ihres Mannes deutlich. So heißt es gegenüber den obersten Landesoffizieren und dem Gubernium, dass sie sich verpflichtet halte, alle Schicksale des Lebens mit dem Kaiser meinem Gemahl zu theilen; wie also könnt’ ich anders als auch die Zufriedenheit mit ihm theilen, die er über das rühmliche Betragen der obersten Landesoffiziere und des Guberniums empfinden muß. Ich zweifle nicht, daß Ich täglich neue Gelegenheit erhalten, die edle böhmische Nazion, die Ich jederzeit schätze, wegen ihrer Treue gegen den besten Landesfürsten immer mehr lieb zu gewinnen72. Dagegen fiel die Antwort gegenüber dem mährischen Gouverneur bei der Vorstellung der mährisch-schlesischen Deputierten viel kürzer aus. Durch die Liebe zum Kaiser würden sich die mährischen und schlesischen Stände auch ein Recht auf ihre Achtung erwerben. Sie werde jede Gelegenheit benützen, Beweise ihrer Gesinnungen zu geben73. Gegenüber dem Prager Magistrat sollte sie betonen, dass sie nichts unterlassen werde, was den Kaiser, ihren Gemahl, in den positiven Eindrücken bestärken könne, die er vom Diensteifer und lobenswerten Betragen des Prager Stadtmagistrates habe, und dadurch bezeugen, wie sehr sie bei verdienstvollen Beamten die strenge Erfüllung jeder Pflicht schätze74. Einzig bei ihrer Antwort gegenüber der Universität war kein Bezug auf den König oder Kaiser vorhanden. Sie werde keine Gelegenheit versäumen, ihre Liebe zu den Wissenschaften zu beweisen, welches Ich am liebsten in Mitte einer Nazion thun werde, bey welcher jeder Zweig wissenschaftlicher Kenntnisse, früher als bey anderen Völkern geblüht hat75. Aus diesen Formulierungen geht hervor, wie sehr König und Königin und somit auch Kaiser und Kaiserin ein Arbeitspaar waren76. Zu den Pflichten als Kaiserin gehörte offensichtlich die Aufrechterhaltung von Kontakten zu den Reichsständen und anderen Herrschaftsträgern über den Weg von Glückwünschen, Beileidsbekundungen und Patenschaften. Für die Jahre von 1792 bis 1805 gibt es einen Bestand in Wien, der mit Zeremonieller Briefwechsel der Kaiserin Marie Therese betitelt ist77. Die Korrespondenz hatte Marie Therese selbst geordnet, indem sie für jedes Jahr Listen über die eingehenden Briefe und ihre Antworten anlegte. Unter den an sie als Kaiserin adressierten Briefen befindet sich beispielsweise ein Beileidsschreiben aus der Republik Lucca zum Tod von Le  Ebd.   Krönung in Prag 1792: Antwort Ihrer Majestät der Kaiserin an den obersten Burggrafen bey Vorstellung der obersten Landesoffiziere und des Guberniums; ebd. 73  Antwort Ihrer Majestät der Kaiserin an den mährischen Gouverneur bey Vorstellung der Deputirten; ebd. 74   Antwort Ihrer Majestät der Kaiserin an den obersten Kanzler bey Vorstellung des Prager Stadtmagis­ trates; ebd. 75   Antwort Ihrer Majestät der Kaiserin an die Prager Universität; ebd. 76  Heide Wunder, Herrschaft und öffentliches Handeln von Frauen in der Gesellschaft der Frühen Neuzeit, in: Frauen in der Geschichte des Rechts. Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart, hg. von Ute Gerhard (München 1997) 27–54. 77  Zeremonieller Briefwechsel der Kaiserin Marie Therese; Wien, HHStA, HA, SB, 53/4. 71 72

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opold II.78 oder ein Schreiben des Abtes von Fulda, der ihr bedauernd mitteilte, dass er bei der Krönung in Frankfurt nicht dabei sein könne79. Meistens ging es jedoch um die Benachrichtigung von Fürsten und Fürstinnen des Reichs über Vermählungen, Geburten und Todesfälle, zu denen Marie Therese dann jeweils Glückwünsche bzw. Beileid aussprach, oder Neujahrswünsche und Gratulationsschreiben zur Regentschaft. So richtete beispielsweise Friedrich Franz Herzog zu Mecklenburg-Schwerin 1800 in Erfüllung einer meiner ersten und angenehmsten Pflichten ein Schreiben an die Allerdurchlauchtigste Großmächtigste Kayserin, auch zu Ungarn und Böhmen Königin, Allergnädigste Kayserin Königin und Frau! mit der Nachricht, dass die Gemahlin seines Sohnes, des Erbprinzen, heute Morgen 11 ½ von einem gesunden und wohlgebildeten Prinzen glücklich entbunden worden, welchem in der heiligen Taufe der Name Paul Friederich beileget werden wird80. 1799 dankte Ernst Fürst zu Oettingen, Wallerstein und Baldern, dessen Frau Zwillinge bekommen hatte, für die übernommene Patenstelle81. Waren Fürsten zu Besuch in Wien, dann gehörte es des Weiteren zu Marie Thereses Aufgaben, sie in Audienz zu empfangen, sie zu treffen, mit ihnen ins Theater zu gehen. Diese Aufgaben nahm sie schon wahr, als sie noch nicht Kaiserin war. Allerdings kann hier kaum zwischen den Aufgaben einer Kaiserin und einer Landesfürstin unterschieden werden. Zur Kaiserinnenwürde von Österreich, die sie seit 1804 innehatte, ließen sich keine expliziten Niederschläge in den Quellen finden. Weder gab es dazu einen ähnlichen zeremoniellen Briefwechsel noch vergleichbare Gratulationen wie 1792. Doch vor dem politischen Hintergrund dieser Entwicklung war das auch kaum zu erwarten82. Aber selbst zu ihrer Rolle als Kaiserin des Reichs kann abseits von den Krönungsfeierlichkeiten und demjenigen, was sich aus dem zeremoniellen Briefwechsel ergibt, kaum etwas den Quellen entnommen werden. Aus ihrem Briefwechsel mit Franz wird deutlich, dass sie über die politischen Vorgänge im Reich und in Wien, ihrem räumlichen Hauptbezugspunkt, Bescheid wusste. Diese Korrespondenz datiert jeweils aus den Zeitperioden, in denen Franz vom Wiener Hof abwesend war – bedingt durch die Napoleonischen Kriege meist an einem Kriegsschauplatz. Die Marie Therese, die in diesen Briefen sichtbar wird, ist auf den ersten Blick vor allem eine Frau, die sich um das Wohl ihres Gatten sorgt und hofft, dass der Krieg bald beendet sein wird. Doch zugleich tritt sie darin als Nachrichtenübermittlerin auf und berichtet ihm alles, was sich in Wien zuträgt und was aus den Zeitungen zu erfahren ist. Vor allem bildet sie eine direkte Schnittstelle zwischen ihren Eltern am neapolitanischen Hof und Franz. Das bedeutete je nach politischer Ausgangslage Hilfe für Franz und seine Brüder bzw. Ratgeber und Minister, indem sie dadurch wichtige Informationen über etwa das Vorgehen der Engländer und Franzosen auf der italienischen   Republik Lucca an Marie Therese, Lucca, 1792; ebd.   Abt von Fulda an Marie Therese, Fulda, 1792; ebd. 80  Friedrich Franz Herzog zu Mecklenburg-Schwerin an Marie Therese, Schwerin, 15. September 1800; 78 79

ebd. ebd.

81

  Ernst Fürst zu Oettingen, Wallerstein und Baldern an Marie Therese, Wallerstein, 15. August 1799;

82  Mazohl-Wallnig, Zeitenwende (wie Anm. 46) 251–254; Brigitte Mazohl–Karin Schneider, „Translatio imperii“? Reichsidee und Kaisermythos in der Habsburgermonarchie, in: Was vom Alten Reiche blieb … Deutungen, Institutionen und Bilder des frühneuzeitlichen Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im 19. und 20. Jahrhundert, hg. von Matthias Asche–Thomas Nicklas–Matthias Stickler (Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit A 34, München 2011) 101–128.



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Halbinsel bekamen oder auch verzweifelte Hilferufe von Neapel nach österreichischen Truppen angesichts der vorrückenden französischen Armee.

Landesfürstin – Vermittlerin – Förderin Aus der Vielzahl der von Marie Therese erhaltenen Briefe ließen sich ihr Tagesablauf, ihre Interessen und Befürchtungen – in ihrer Wahrnehmung – fast minutiös rekonstruieren. Für diesen Beitrag wurden nur Stichproben herangezogen: zum einen vor allem aus der Korrespondenz mit Franz, weil diese am dichtesten und am ausführlichsten formuliert war, zum anderen Briefe von ihrem Schwager Ferdinand83, der mit ihr die Begeisterung für Musik teilte. Die wichtigste Aufgabe einer Landesfürstin stellte das Gebären von Kindern dar. Marie Therese war nach der Hochzeit 1790 sehr schnell schwanger geworden. Ausführlich schilderte sie Franz, der im Sommer und Herbst 1791 aufgrund der Krönungs- und Huldigungsreise seines Vaters nicht in Wien war, alle körperlichen Veränderungen. Seine Mutter habe sie heute ausgezochen gesehen, sie ist erstaunt wie dik ich bin, und du wirst mich gewiß breiter finden, nur daß Eure Königliche Hoheit nicht gar zu freygebig gewesen sind, und mich mit Zwillingen beschert haben84, schrieb sie ihm etwa am 7. August 1791. Schwangerschaft war auch ein wiederkehrendes Thema im Briefwechsel zwischen Franz und seinem Bruder Ferdinand. Die Erleichterung von Franz über die Schwangerschaft stand der zunehmenden Besorgnis von Ferdinand gegenüber, dessen Frau ihr erstes Kind erst 1793 gebar85. Nach der ersten Tochter Marie Louise bekam Marie Therese nach einer Fehlgeburt schon 1793 den Thronfolger Ferdinand. Von zwölf Kindern erreichten sieben das Erwachsenenalter86. Darüber hinaus wird Marie Thereses landesfürstliche Rolle am besten greifbar in der Vermittlung von Anliegen, die an sie geschickt wurden und die sie weiterleitete oder über die sie selbst entschied, wenn es in ihre Kompetenz fiel. Häufig wurden Suppliken, von denen in den Briefen die Rede war, jedoch nicht näher ausgeführt und nur auf sie verwiesen, weil für die Adressaten und Adressatinnen deren Inhalt ohnehin aus den Ansuchen selbst hervorging. Da diese aber meist nicht erhalten sind, lässt sich schwer entscheiden, um welche Bitten es darin ging87. Worüber sie selbst entscheiden konnte, war beispielsweise die Verleihung des Sternkreuzordens. Damit unterhielt sie zugleich Verbindungen ins Reich88 und darüber hi83  Ferdinand III. von Toskana war am selben Tag wie Marie Therese in Wien vermählt worden – mit ihrer Schwester Maria Luisa. Sie hatten 1799 die Toskana verlassen müssen, weil diese von den Franzosen besetzt worden war. 1803 wurde Ferdinand mit dem neuen Kurfürstentum Salzburg entschädigt, mit dem Frieden von Pressburg bekam er das ehemalige Hochstift Würzburg; Ellinor Forster, Die Konstruktion eines „schwachen Fürsten“. Biografische Überlegungen zu Ferdinand III. von Toskana, in: Biografie und Gesellschaft. Über das Persönliche in Geschichte und Literatur, Wissenschaft und Politik, hg. von Ernst Bruckmüller–David Wineroither (Austriaca 3, Wien 2013) 47–63. 84   Marie Therese an Franz II., Wien, 7. August 1791; Wien, HHStA, HA, SB, 30/5. 85   Z. B. Ferdinand III. von Toskana an Franz II., Florenz, 18. August 1792; ebd. 30/3. 86   Wertheimer, Frauen (wie Anm. 13) 32, 37. 87  Vgl. z. B. den Verweis auf das Memoriale einer Marchesa Giugni, die Ferdinand Marie Therese schickte und ihr empfahl; Ferdinand III. von Toskana an Marie Therese, Salzburg, 22. März und 14. April 1804; Wien, HHStA, HA, SB, 63/6. 88   Prinz Max von Sachsen an Marie Therese, Dresden, 1804; ebd. 53/4.

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naus89. Durch ihre familiären Beziehungen zu den italienischen Höfen förderte sie vor allem auch den Austausch mit der italienischen Halbinsel90. Dies konnte sich auf die unterschiedlichsten Belange beziehen. Ihre Mutter bat sie beispielsweise, bei der Suche nach passenden Gatten für ihre Schwestern behilflich zu sein91. Am Wiener Hof war sie immer wieder auch mit Zuschreibungen konfrontiert, Einfluss auf ihren Mann auszuüben, um hohe politische Beamte zu Fall zu bringen92, doch lässt sich das schwer belegen. Vor allem aber war Marie Thereses Leben stark durch die Musik geprägt. Das geht, wie erwähnt, sehr deutlich aus dem Briefwechsel mit ihrem Schwager Ferdinand hervor. Sie schickten sich gegenseitig Abschriften von Musikstücken, vermittelten und empfahlen einander Musiker oder erzählten sich von Aufführungen, die sie gesehen hatten. Besonders in Ferdinands Salzburger Zeit von 1803 bis 1805 scheint dieser Austausch sehr rege gewesen zu sein. So schrieb er ihr 1804 beispielsweise nach den üblichen kurzen Bemerkungen über seine Gesundheit und jene seiner Kinder bzw. über das Wetter, dass er qualque giorno al Teatro gewesen sei und la Camilla di Pär, il Don Giovanni, e la Zauberflöte di Mozart recitate assei bene gehört habe, worauf eine detaillierte Schilderung der Darstellung und Beurteilung einzelner Charaktere folgte 93. Auch schwärmte Ferdinand von seinem Wienaufenthalt und der Teilnahme an Marie Thereses Musikabenden94. Marie Therese spielte Klavier, sang und organisierte eine Vielzahl solch privater Konzerte. Darüber hinaus trat sie auch als Förderin von Musikern auf95.

Abschließend Marie Therese war die Frau des letzten Kaisers des Heiligen Römischen Reichs. Die Suche nach ihrem Selbstverständnis als Kaiserin lässt ein etwas zwiespältiges Gefühl zurück. Findet sich keine Thematisierung dieser Rolle, weil sie so selbstverständlich war? Über das Verfassen und Aufrechterhalten des beschriebenen zeremoniellen Briefwechsels, der das einzige deutliche Zeugnis einer Tätigkeit als Kaiserin war, verlor sie in der eingesehenen Privatkorrespondenz kein Wort. Sicher wich sie in der Ausfüllung ihrer Rolle nicht vom Beispiel ihrer Vorgängerin ab. Die Vorstellung vom Reich und dem Platz einer Kaiserin in ihr muss sich graduell und durch die jeweiligen politischen Verhältnisse geprägt über einen längeren Zeitraum geändert haben. Das Land oder den Kontext, in den sie geheiratet hatte, nahm sie als Teutschland wahr96, doch dürfte das Reich eher eine theoretische Größe geblieben sein. Im September 1806, als sich der Krieg zwischen Frankreich und dem mit dem Russischen Reich verbündeten Preußen abzuzeichnen begann, schrieb sie an Franz, dass man sich   Marie Therese an die Prinzessin von Brasilien, Wien, 1804 (Konzept); ebd.   Auch Ferdinand leitete ihr regelmäßig Ansuchen um die Verleihung des Sternkreuzordens, die von Florenz an ihn gelangten, weiter. Vgl. z. B. Ferdinand III. von Toskana an Marie Therese, Salzburg, 16. Februar 1805; ebd. 91  Conte Corti, Tochter (wie Anm. 12) 224, 228. 92   Wertheimer, Frauen (wie Anm. 13) 37. 93  Ferdinand III. von Toskana an Marie Therese, Salzburg, 7. Februar 1804; Wien, HHStA, HA, SB, 63/6. 94  Ferdinand III. von Toskana an Marie Therese, Salzburg, 3. März 1804; ebd. 95  Vgl. dazu ausführlich Johan A. Rice, Empress Marie Therese and Music at the Viennese Court. 1792– 1807 (Cambridge 2003). 96  Heute machts ein Jahr, daß ich nach Teutschland gekommen bin; Marie Therese an Franz II., Wien, 29. August 1791; Wien, HHStA, HA, SB, 30/5. 89 90



[…] auf den ersten Trohn der Wellt gesezet […] 243

erzähle, eine Russische Flotte mit 3000 Mann wäre auf Neapel gegangen und eine andere mit 3000 nach Holland. 25000 Schweden und Dänen stossen zur französischen Armee. Gott mache daß alles gut gehet, und wir in Ruhe bleibend unsere Vortheile darauß ziehen97. Dass sich das wir in dieser Aussage auf Österreich bezog, verwundert nicht, da Franz kurz zuvor die römisch-deutsche Kaiserwürde niedergelegt hatte. Doch steht angesichts Franz’ Reichspolitik zu vermuten, dass sich diese Perspektive nicht erst mit dem tatsächlichen Ende des Reichs eingestellt hatte. Franz hatte es in seinem Brief ähnlich, wenn auch etwas verdeckter formuliert. Der Krieg zwischen Preußen und Franzosen scheint zu beginnen Gott gebe uns dabey Ruhe und die Gnade uns mit Ehren dabey und ohne selbst in Händel zu gerathen heraus zu ziehen98. Das Ende des Reichs thematisierte Marie Therese in ihren Briefen an Franz nicht. Das hatte zum Teil wohl auch damit zu tun, dass sie den Sommer in Laxenburg verbrachte, wo sie am 2. Juli eine Zwillingsfehlgeburt erlitten hatte und sich danach von einem Fieber erholte99. Daraufhin wurde sie noch einmal schwanger und starb am 13. April 1807 nach einer Frühgeburt100.

  Marie Therese an Franz II., Laxenburg, 30. September 1806; ebd. 41/1/1.   Franz II. an Marie Therese, Enns, 29. September 1806; ebd. 65/15. 99  Marie Therese an Franz II., Laxenburg, 2. Juli 1806; ebd. 41/1/1. 100  Wertheimer, Frauen (wie Anm. 13) 74–76. 97 98



Nur die Frau des Kaisers? Kommentar Barbara Stollberg-Rilinger

Der Historiker Heinrich Finke schrieb vor rund hundert Jahren in seiner Geschichte „der Frau“ im Mittelalter in schöner Klarheit: „Weltgeschichte ist Menschheitsgeschichte, das heißt [!] Geschichte des Mannes und seiner Entwicklung. Nur als Akzidens tritt die Frau und die Geschichte ihrer Entwicklung hinzu“1. Das hat sich bekanntlich seit den 1970er Jahren unter dem Einfluss der Frauenbewegung zu ändern begonnen. Heute wird Menschheitsgeschichte nicht mehr so leicht mit Männergeschichte verwechselt. Doch die Nachwirkungen sind noch immer zu spüren, vor allem in der Politikgeschichte. Dort hat es besonders lange gedauert, bis man sich kulturwissenschaftlichen, historisch-anthropologischen und damit auch geschlechtergeschichtlichen Ansätzen geöffnet hat2. Das war kein Zufall: Eben weil die Politik als Domäne der Männer galt, blieb auch die Politikgeschichte lange Zeit eine Domäne der männlichen Historiker, während die Historikerinnen sich lieber vermeintlich weiblichen Handlungsfeldern wie Haus, Familie, Religion, Alltag oder „Privatleben“ zuwandten. Mittlerweile hat sich auch das geändert. Pionierinnen wie Heide Wunder haben deutlich gemacht, dass und inwiefern auch Frauen „politisch“ agierten. In der Frühen Neuzeit konnten sie das in ganz verschiedenen Rollen tun: selten als Herrscherin eigenen Rechts, oft als Vormünderin, als Statthalterin oder als Vorsteherin eines Frauenkonvents oder als „regierende Fürstin“ an der Seite ihres Mannes3. Doch bei alldem haben wir ein grundsätzliches Vermächtnis der klassischen Politikgeschichte, so scheint es mir, noch immer nicht ganz hinter uns gelassen, nämlich das hergebrachte Verständnis von Politik selbst. Danach ist der Raum des Politischen eine autonome Sphäre, in der eine andere Logik herrscht als im Bereich des Hauses und der Familie. Dieses Politikverständnis führt noch immer dazu, dass man einzelne Frauen tendenziell als „Akzidens“ ihrer jeweiligen Männer thematisiert. Um Heinrich Finkes oben zitiertes Diktum abzuwandeln: Reichsgeschichte ist immer noch primär Männergeschichte, und nur als Akzidens kommen die Kaiserinnen hinzu. Ihnen bleibt dabei oftmals das überlassen, was traditionell als weibliches Residuum gilt – Familie, Religiosität, Kunstför  Heinrich Finke, Die Frau im Mittelalter (München 1913) IX.   Das veranschaulicht der Band Geschichte der Politik. Alte und neue Wege, hg. von Hans-Christof Kraus‒Thomas Nicklas (HZ Beiheft 44, München 2007). ‒ Zum Stand der geschichtswissenschaftlichen Genderforschung vgl. etwa Hanna Schissler, Geschichtswissenschaft. Auf dem Wege zur Integration der Geschlechter? Chancen der Geschichtswissenschaft, in: Genus. Geschlechterforschung/Gender studies in den Kultur- und Sozialwissenschaften. Ein Handbuch, hg. von Hadumod Bussmann‒Renate Hof (Stuttgart 2005) 112‒142, mit weiteren Nachweisen. 3  Vgl. dazu ausführlich die Einleitung von Katrin Keller zu diesem Band. 1 2

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derung, Repräsentation, informeller Einfluss auf den Herrscher. All das sind tatsächlich wesentliche Felder weiblichen Handelns in der Frühen Neuzeit, und die hier dokumentierte Tagung hat dazu ebenso aufschlussreiches wie anschauliches Material zu Tage gefördert, beispielsweise über die weibliche Erziehung, über Kulturtransfer oder über religiöse Stiftungen. Dass hier zuerst einmal die Kaiserinnen für sich allein thematisiert worden sind, war sinnvoll und notwendig, weil man bisher nur sehr wenig über sie wusste (mit der Ausnahme, aus naheliegenden Gründen, Maria Theresias). Doch dahinter zeichnet sich im Ansatz ein noch grundsätzlicherer Perspektivenwechsel ab. Es geht nicht darum, nur zu zeigen, dass Frauen in der frühneuzeitlichen „großen Politik“ auch eine Rolle spielten; es geht darum, die spezifisch vormoderne Struktur des Politischen in der Frühen Neuzeit in Rechnung zu stellen. Dann wird deutlich, dass das Geschlechterverhältnis damals für den politischen Raum eine strukturell andere Bedeutung hatte als in der Moderne4. Auch Politikgeschichte ist in diesem Sinne als Geschlechtergeschichte zu schreiben. Strukturell kennzeichnend für die Frühe Neuzeit ist der Umstand, dass Herrschaft auf allen Ebenen der Ständegesellschaft in der Regel durch familiale Reproduktion auf Dauer gestellt wurde. Für monarchische Herrschaft galt das bekanntlich erst recht. Wenn aber Herrschaft in der Monarchie auf Erbrecht, das heißt auf Verwandtschaft beruhte, macht es wenig Sinn, zwischen „dynastischer“ oder „Heiratspolitik“ einerseits und „eigentlicher“, „großer“ oder „auswärtiger“ Politik andererseits zu unterscheiden. Diese Unterscheidung, die für uns heute so selbstverständlich erscheint, ist für die Frühe Neuzeit anachronistisch, denn sie setzt die moderne Ausdifferenzierung des Politischen als eines autonomen Handlungsfeldes voraus, das sich eben nicht mehr über personale und familiale Mechanismen, sondern über allgemeine und gleiche Wahlen reproduziert. Solange eine solche Autonomie des Politischen aber nicht gegeben war, solange sie sich – in einem langfristigen und keineswegs linearen Prozess – erst herausbildete, solange also Herrschaft noch primär der Logik von Haus und Verwandtschaft folgte, so lange hatten auch Frauen einen grundsätzlich anderen, nämlich konstitutiven Anteil daran. Ohne die substanzielle Mitwirkung von Frauen ließ sich Herrschaft schlicht nicht auf Dauer stellen. Die Beiträge zeigen einmal mehr, dass frühneuzeitliche Politik primär dynastische Politik war. Ruhm und Ehre des Hauses waren die höchsten Werte, an denen sich alles adelige Handeln orientierte; Eheschließungen waren Knoten im politischen Netzwerk; Kriege waren zuallererst Erbfolgekriege; kurzum: Sowohl Allianzen als auch Konflikte folgten primär den Regeln von Familie und Verwandtschaft. Das heißt zwar nicht, dass alle politischen Verwicklungen allein verwandtschaftlich bedingt sein mussten; es heißt aber, dass man die verwandtschaftliche Ebene immer in Rechnung stellen muss. Dass in einem solchen persönlich und familial strukturierten Handlungsraum die weiblichen Familienmitglieder als Akteurinnen stets eingeschlossen waren, versteht sich nahezu von selbst – als diejenigen, die zusammen mit den Männern die Nachkommen in die Welt setzten und standesgemäß aufzogen, Normen vermittelten, Heiraten arrangierten, Patronagenetze unterhielten, für die dynastische Memoria sorgten, Kontakt zur übernatürli4  „Politischer Raum“ im Sinne des Bielefelder SFB „Das Politische als Handlungsraum in der Geschichte“, vgl. zuletzt Willibald Steinmetz‒Heinz-Gerhard Haupt, The Political as Communicative Space in History. The Bielefeld Approach, in: Writing Political History Today, hg. von Willibald Steinmetz‒Ingrid GilcherHolthey‒Heinz-Gerhard Haupt (Historische Politikforschung 21, Frankfurt a. M. 2013) 11‒34. ‒ Um Missverständnisse zu vermeiden: Ich spreche vom „Geschlechterverhältnis in der Moderne“ hier stets im Sinne eines Idealtypus.



Nur die Frau des Kaisers? Kommentar 247

chen Sphäre pflegten, Suppliken entgegennahmen, Konflikte sowohl veranlassen als auch beilegen konnten und so fort. Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass Frauen unter den Bedingungen dynastischer Herrschaft den gleichen Handlungsspielraum gehabt hätten wie ihre Männer; ihre Unterordnung wurde in den Diskursen der Theologie, des Rechts, der Medizin und Naturphilosophie bekanntlich allenthalben untermauert. Es bedeutet aber, dass der Handlungsspielraum von Frauen nur graduell von dem ihrer Männer unterschieden war – und nicht kategorial wie in einer staatsbürgerlichen Gesellschaft mit allgemeinem und gleichem Männerwahlrecht, das die Frauen als solche explizit und formal von der politischen Teilhabe ausschließt. Im Gegensatz zu einer modernen bürgerlichen Gesellschaft mit allgemeinem Männerwahlrecht waren Frauen in der Vormoderne nicht grundsätzlich politisch exkludiert, sondern genossen nur geringere Rechte als ihre jeweiligen Ehemänner. Doch damit waren sie nicht allein: In der Vormoderne hatten ja bekanntlich auch nicht alle Männer die gleichen politischen Rechte. In einer Gesellschaft wie der frühneuzeitlichen, die generell durch nicht nur soziale und ökonomische, sondern auch rechtliche und politische Ungleichheit geprägt war, verstand sich von selbst, dass auch zwischen Männern und Frauen vielfältige Rechtsunterschiede existierten. Die Geschlechterdifferenz war nur eine unter vielen anderen rechtlich relevanten Differenzen (und sie prägte überdies die Lebenswirklichkeit der Einzelnen vermutlich weniger als etwa die ständische Herkunft). Das änderte sich erst mit der allgemeinen staatsbürgerlichen Gleichheit der Männer: Erst durch sie verwandelte sich die Geschlechterdifferenz in eine generalisierte, kategoriale politische Differenz, durch die sich alle Frauen als solche von allen Männern als solchen unterschieden, unabhängig von ihrer sonstigen sozialen oder ökonomischen Lage. Diese kategoriale politische Unterscheidung zwischen Männern und Frauen ist keineswegs selbstverständlich, sondern ein Erbe des 19. Jahrhunderts, von dem wir uns in unserem Sprechen und Denken noch immer nicht ganz verabschiedet haben. Sie lag als Feindbild der historischen „Frauenforschung“ zugrunde und wirkt ex negativo auch heute oft noch nach, wenn sich Historikerinnen bemühen, Frauen in der Geschichte einen möglichst großen Handlungsspielraum zu bescheinigen. Mittlerweile ist es aber an der Zeit, die Frage nach weiblichen politischen Handlungsspielräumen gelassener zu stellen 5 und in einem größeren, eben dynastischen Zusammenhang zu betrachten. Dann zeigt sich, dass die Unterschiede in den Handlungsmöglichkeiten zwischen weiblichen und männlichen Mitgliedern einer Dynastie zwar relevant waren, aber nicht wesentlich relevanter als andere Unterschiede, beispielsweise zwischen verheirateten und unverheirateten, erstgeborenen und nachgeborenen, kinderreichen und kinderlosen Familienmitgliedern. Erst wenn man alle diese Umstände zusammen betrachtet, lässt sich der Handlungsspielraum einer Person angemessen beurteilen. Auch beim Blick auf individuelle Herrscherinnen ist im Auge zu behalten, dass die adeligen Handlungsstrategien einer Logik folgten, die eben nicht auf das Individuum, sondern auf das generationenübergreifende Ganze des Hauses bezogen war. Die verschiedenen Beiträge der Tagung zeigen mehr oder weniger deutlich, welche dynastischen Strategien hinter den Eheschließungen standen. Sie bieten reichlich Material für die Frage, der systematisch vergleichend nachzugehen sich lohnte, nämlich wie die Kaiserinnen sich in dem vorgefundenen Spannungsfeld zwischen den dynastischen Inter5   Im Sinne von Stefan Hirschauer, Wozu Gender Studies? Ein Forschungsfeld zwischen Feminismus und Kulturwissenschaft, in: Forschung & Lehre 21 (2014) Nr. 11, 880‒882.

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essen ihrer Herkunfts- und Ankunftsfamilien bewegten und welcher strukturellen Handlungslogik sie dabei folgten. Die Herrschergattinnen bildeten ja den Schnittpunkt zwischen zwei Verwandtschaftsverbänden; ihr Handlungsspielraum lässt sich nur im Rahmen der dynastisch-politischen Strategien der beiden beteiligten Häuser (bzw. im Falle innerdynastischer Heiraten: der zwei Linien eines Hauses) verstehen. Rang, Status und Macht ihrer Herkunftsfamilie, das heißt das symbolische, ökonomische und soziale Kapital, das eine Frau in die Ehe einbrachte, und der Gewinn, den sich ihre Familie umgekehrt von der Heirat versprach, waren maßgebliche Faktoren für ihren Handlungsspielraum als Kaiserin. Das zeigt der vergleichende Blick auf das breite Spektrum der Herkunftsfamilien, die hier behandelt werden. Es reicht von ständischen Aufsteigern mit prekärer Legitimation wie den Sforza (Christina Lutter–Daniela Unterholzner) über das italienische Herzogshaus Gonzaga (Matthias Schnettger) und Familien des hohen Reichsadels wie die Welfen (Michael Pölzl) und die pfälzischen Wittelsbacher (Josef Johannes Schmid) bis hin zum Haus Bourbon (Ellinor Forster) und nicht zuletzt zur Tiroler Nebenlinie (Elena Taddei) und zur spanischen Linie des Hauses Habsburg selbst (Andrea Sommer-Mathis, Alexander Koller, vgl. aus spanischer Perspektive Rubén González Cuerva). Man könnte vielleicht die These formulieren, dass Frauen aus niederrangigen Herkunftsfamilien zwar einen geringeren strukturellen Spielraum hatten, auf die Politik ihres Gatten Einfluss zu nehmen, aber dafür mehr Veranlassung, diesen Spielraum so intensiv wie möglich zu nutzen. Jedenfalls fiel einer niederrangigen Ehefrau aus der Perspektive ihrer Herkunftsfamilie eine besonders wichtige Rolle zu; von ihr wurde ja erwartet, dass sich die (nicht zuletzt finanzielle) Investition ihrer Familie in die hochrangige Heirat auf irgendeine Weise auszahlte. Dabei ist etwa an das erhebliche symbolische Kapital zu denken, das eine Kaiserinnenkrönung der Herkunftsfamilie einbrachte, wie Jutta Götzmann für das Haus Pfalz-Neuburg gezeigt hat6. Wie wichtig der Herkunftsstatus war, zeigt sich auch gleichsam spiegelverkehrt im Falle der Habsburgerin Maria Amalia, die das mächtige Kapital ihrer Herkunft in die Ehe mit dem schwachen Wittelsbacherkaiser Karl VII. einbrachte und auch als Kaiserinwitwe in München eine starke Position über dessen Tod hinaus behauptete (Britta Kägler). Um das soziale und symbolische Kapital in einem Haus beisammen zu halten, boten sich innerdynastische Heiraten an, wovon die Habsburger bekanntlich reichlichen Gebrauch machten. Wie das den Handlungsspielraum der einzelnen Kaiserinnen beeinflusste, lässt sich anhand der hier vorgelegten Beiträge beobachten. So erweiterte es offenbar die politischen Möglichkeiten einer Kaiserin erheblich, wenn sie sich am Kaiserhof weiterhin mit einer großen und hochrangigen heimatlichen Entourage umgeben und sich auch dort auf das Klientelnetz ihrer Herkunftsfamilie stützen konnte. Auf diese Weise konnte eine Kaiserin zum Kristallisationszentrum einer von mehreren antagonistischen Hofparteien werden, wie es etwa bei den Gattinnen Maximilians II. (Alexander Koller) und Ferdinands III. (Andrea Sommer-Mathis) als Agentinnen und Mittelpunkte der spanisch-päpstlichen bzw. spanischen Partei in ausgeprägter Weise der Fall war. Von welcher politischen Tragweite der Einfluss einer Kaiserin in einer solchen Konstellation sein 6  Jutta Götzmann, Zwischen Realität und Idealität. Kaiserinnenkrönungen und ihre künstlerische Rezeption in der Frühen Neuzeit, in: Die Bildlichkeit symbolischer Akte, hg. von Barbara Stollberg-Rilinger‒ Thomas Weissbrich (Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme 28, Münster 2010) 350‒374, zu dem großformatigen Gemäldezyklus von der Krönung der Kaiserin Eleonora Magdalena für die Pfalz-Neuburger Residenz in Bensberg.



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konnte, wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, was es für Folgen gehabt hätte, wenn Maximilian II. sich zur Augsburger Konfession bekannt hätte. Aber auch individuelle Faktoren beeinflussten selbstverständlich die Rolle, die eine Kaiserin im dynastischen Koordinatensystem spielte. An erster Stelle war das zweifellos ihre Fruchtbarkeit. Solange Herrschaft familial reproduziert wurde, spielte auch die Beschaffenheit des (weiblichen wie männlichen) Körpers eine wesentliche Rolle; seine Gesundheit und Fortpflanzungsfähigkeit, auch seine Schönheit oder Hässlichkeit waren legitime Gegenstände des politischen Diskurses. Das bittere Schicksal der Kinderlosigkeit, das den Mangel göttlichen Segens vor aller Augen sichtbar machte, schränkte nicht nur die dynastischen Handlungsmöglichkeiten einer Kaiserin erheblich ein, sondern es tat auch der religiösen Legitimität des Herrscherpaares empfindlichen Abbruch und hatte außergewöhnliche Frömmigkeitsübungen zur Folge (Elena Taddei, Alexander Koller). Auch das persönliche Vertrauensverhältnis zwischen den kaiserlichen Ehegatten, ihre eheliche „Liebe“ – was auch immer das im Begriffssystem der jeweiligen Zeit hieß – hatte Einfluss darauf, wie eine Kaiserin den strukturellen Handlungsspielraum nutzte, den ihr ihre Herkunft und ihr kaiserlicher Status eröffneten, ebenso wie etwa ihre Frömmigkeit und Weltabkehr oder Weltzugewandtheit, ihr persönliches Temperament, ihre Talente und Fähigkeiten, etwa Sprachkenntnisse, die es ihr ermöglichten, sich am neuen Hof gewandt zu bewegen oder eben nicht, aber auch ihre Bereitschaft, sich zu engagieren, am Rat teilzunehmen, auswärtige Gesandte zu empfangen, sich als Vermittlerin anzubieten und so fort. Doch dass die Handlungsspielräume des Herrscheramtes individuell ganz verschieden ausgefüllt wurden, galt nicht nur für die Kaiserinnen, sondern ebenso auch für die Kaiser selbst. Auch männliche Herrscher waren nicht immer an der Führung der Regierungsgeschäfte interessiert; auch sie waren jeweils mehr oder weniger der Jagdleidenschaft, der Baulust oder dem Spielteufel ergeben und überließen die Geschäfte mitunter gern ihren Ministern oder manchmal eben auch ihrer Gattin. Es gilt daher immer beide Teile des Herrscherpaares, ihr Verhältnis untereinander und gegenüber ihrer Umwelt in den Blick zu nehmen. Eine besonders spannende Frage ist die, wie sich die ungeschriebenen, informellen Regeln des dynastischen Handelns zu anderen, konkurrierenden, formalen Regeln verhielten7. Das frühneuzeitliche Reich ist in dieser Hinsicht ein interessanter Sonderfall, nämlich deshalb, weil hier die Prinzipien von formaler Wahl und informeller dynastischer Erbfolge auf besonders komplizierte Weise miteinander verflochten waren8. Reichsgewalt und dynastische Hausmacht waren ja zweierlei und wurden auch von den Zeitgenossen selbst durchaus auseinandergehalten. Im Zeremoniell etwa wurde sehr fein unterschieden, ob ein Herrscher in der Rolle als Kaiser, König von Böhmen oder Erzherzog von Österreich auftrat, und für seine Gattin galt das ebenso. Die erbliche Thronfolge war im Reich bekanntlich durch die Goldene Bulle formal versperrt. Dort wurde die Möglichkeit, eine Frau zu wählen, gar nicht explizit erwähnt. Johann Jakob Moser schrieb zu dieser Frage nur lapidar: „Das Frauenzimmer endlich 7  Zur Frage der Normenkonkurrenz vgl. demnächst den Sammelband Normenkonkurrenz in historischer Perspektive, hg. von Arne Karsten‒Hillard von Thiessen (voraussichtlich Berlin 2016). 8  Ganz anders als etwa in der französischen Monarchie, wo bekanntlich eine streng formalisierte männliche Erbfolge herrschte, weibliche Regentinnen aber trotzdem – oder vielmehr gerade deshalb – als Vormünderinnen durchaus einen sehr großen politischen Handlungsspielraum hatten, eben weil sie die Thronfolge nicht gefährden konnten; so die These von Fanny Cosandey, La Reine de France. Symbole et pouvoir, XVe‒XVIIIe siècle (Bibliothèque des histoires, Paris 2000).

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ist zwar weder durch ein Reichs-Gesetz, noch durch Reichs-Herkommen, von der Kayser-Würde ausgeschlossen, wird sich aber doch schwerlich jemals eine Hoffnung darzu machen dörffen“; daran ändere auch die Tatsache nichts, dass in früheren Zeiten „die Reichs-Regierung […] theils bey Minderjährigkeit, theils bey Abwesenheit derer Kayser“, gelegentlich von Frauen verwaltet worden sei9. Das Wahlprinzip schloss Frauen von einem Amt in aller Regel aus (es sei denn, das Wahlkollegium selbst bestand aus Frauen). Überall da, wo gewählt wurde, etwa zu Stadträten oder zu Ständeversammlungen, konnten Frauen de facto nicht in diese Ämter gelangen. Wahlämter waren Männersache, so auch das Amt des römisch-deutschen Königs und Kaisers. Das schloss allerdings keineswegs aus, dass die Gattin des Kaisers eine ähnliche Rolle spielte wie regierende Fürstinnen in anderen Monarchien auch. Auch auf Reichsebene folgte das politische Handeln bekanntlich einer dynastischen Logik. Dennoch war die Lage im Reich eine spezifisch andere als in Erbmonarchien. Es gab zwar im Haus Habsburg eine mächtige Tendenz zur dynastischen Vereinnahmung der Kaiserwürde, doch dem wirkten die Kurfürsten beständig entgegen, indem sie ihr Wahlrecht eifersüchtig hüteten. Das hatte zur Folge, dass im Reich kaiserliches Amt und dynastische Herrschaft grundsätzlich unterscheidbar waren und blieben. Was das im Einzelnen für die Rolle der Kaiserin heißt, ist noch nicht systematisch untersucht. Der Sonderfall der Erbtochter Maria Theresia ist in dieser Hinsicht besonders interessant, weil die formalen Rollen zwischen ihr und ihrem Gatten Franz Stephan von Lothringen streng genommen ja eindeutig verteilt waren: hier ihre Herrschaft im Hause Habsburg, dort seine Kaiserwürde. Informell aber verhielt es sich eben völlig anders. Das dynastische Kapital des Erzhauses war so viel größer als das des (zudem noch depossedierten) Hauses Lothringen, dass in dieser Ehe die Geschlechterrollen geradezu auf den Kopf gestellt waren. Bettina Braun fragt in ihrem Beitrag daher folgerichtig nicht nach dem Handlungsspielraum der Kaiserin-Königin, sondern nach dem ihres Mannes. An diesem Fall zeigt sich einmal mehr die überragende Bedeutung der dynastischen Logik. Das Erbrecht machte es hier sogar möglich, dass das natürliche Geschlecht der Herrschaftsinhaberin hinter ihrer politischen Rolle zurücktrat, so dass man sie kraft juristischer Fiktion in Titulatur und Zeremoniell wie einen Mann behandelte: als Rex Hungariae und Rex ­Bohemiae. Bei der Kaiserwürde hingegen war so etwas nicht vorstellbar. Als Kaiserin besaß selbst Maria Theresia formaliter „keine würkliche Majestät oder einiges Recht zur Regierung, sondern nur die von ihrem Gemahl herrührende Hoheit“10 – was den tatsächlichen dynastischen Machtverhältnissen aber keineswegs entsprach (weshalb sie darauf verzichtete, sich zur Kaiserin krönen zu lassen). Es gab so gut wie kein politisches Handlungsfeld, das sie nicht aufgrund ihrer überwältigenden Hausmacht de facto dominiert hätte, so dass der Anteil Franz Stephans an der Herrschaft, selbst an genuin reichspolitischen Entscheidungen, kaum zu bestimmen ist. Lässt man die chronologisch angeordneten Beiträge Revue passieren, so stellt sich schließlich die Frage nach Anzeichen strukturellen Wandels im Handlungsspielraum der Kaiserinnen (wobei der Sonderfall Maria Theresias ausgeklammert bleiben muss). Im Vergleich mit der Stellung der Kaiserinnen im Mittelalter (Amalie Fößel) erscheint 9  Johann Jakob Moser, Teutsches Staatsrecht, Theil 2 (Frankfurt a. M.‒Leipzig 1737) 327f.; vgl. Johann Peter Ludewig, Vollständige Erläuterung der Güldenen Bulle, Bd. 2/1 (Frankfurt a. M. 1719) 639‒646. 10  Johann Heinrich Zedler, Großes Vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste […] Bd.15 (Halle‒Leipzig 1737) 342‒348, s. v. Kayserin; vgl. Katrin Kellers Einleitung zu diesem Band.



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die Tendenz zur Formalisierung der Herrschaft als ein wichtiger Faktor des Wandels11. Verallgemeinernd kann man die These vertreten: Zunehmende Formalisierung, das heißt schriftliche Fixierung, Positivierung und Organisationsförmigkeit von Herrschaft hatte tendenziell auch den zunehmenden Ausschluss von Frauen zur Folge. Zugleich und komplementär dazu bildete sich indessen eine Sphäre der Informalität heraus, die dann als genuin weibliche Sphäre erscheinen konnte. Das zeigt sich beispielsweise an der Entwicklung politischer Beratungsgremien. An mittelalterlichen Hoftagen nahmen Herrscherinnen durchaus teil; in dem Maße, wie diese sich institutionell verdichteten und zu stärker formalisierten Reichstagen entwickelten, wurden Frauen von den Beratungen zunehmend ausgeschlossen. Während Bianca Maria Sforza um 1500 noch bei Reichstagsberatungen anwesend war, wenn italienische Sachen verhandelt wurden12, beschränkte sich die Teilnahme der beiden Gonzaga-Kaiserinnen im 17. Jahrhundert auf Audienzen sowie kirchliche und weltliche Feste13. An den weniger formalisierten höfischen Ratsgremien hingegen konnten Kaiserinnen noch in der Frühen Neuzeit durchaus teilnehmen, wie etwa das Beispiel Maria Anas de Austria zeigt14. Agenten der rechtlichen Formalisierungstendenzen waren gelehrte Räte, vor allem Juristen15. Sie repräsentierten eine Sphäre professioneller Gelehrsamkeit, von der Frauen bekanntlich ebenfalls ausgeschlossen waren. Diese Agenten rechtlicher Formalisierung und Professionalisierung wirkten nicht nur tendenziell auf den Ausschluss von Frauen hin, sie waren es auch, die informelle Einflussstrukturen im Laufe der Frühen Neuzeit zunehmend als illegitim diskreditierten. Damit bereiteten sie den Weg für die Autonomisierung des Politischen, die scharfe Gegenüberstellung von weiblich-privatem und männlich-öffentlichem Raum und die entsprechende Polarisierung der Geschlechterrollen – eine Polarisierung, die die Historiographie von Anfang an geprägt hat und die bis heute in der Politischen Geschichte nachwirkt.

11  Vgl. Katrin Keller in der Einleitung zu diesem Band (S. 24 bei Anm. 60). Vgl. dazu meine allgemeinen Überlegungen: Barbara Stollberg-Rilinger, Die Frühe Neuzeit – eine Epoche der Formalisierung?, in: Die Frühe Neuzeit. Revisionen einer Epoche, hg. von Andreas Höfele‒Jan-Dirk Müller‒Wulf Österreicher (Berlin‒Boston 2013) 3‒27. 12  Vgl. den Beitrag Christina Lutter‒Daniela Unterholzner (S. 79 bei Anm. 67). 13  Vgl. den Beitrag von Matthias Schnettger (S. 132 bei Anm. 81f.). 14  Vgl. den Beitrag von Andrea Sommer-Mathis (S. 153 bei Anm. 73). 15  So Christine Roll in einem mündlichen Diskussionsbeitrag.



Abstracts Katrin Keller, Frauen und dynastische Herrschaft. Eine Einführung Neither historians of the Old Reich nor specialists for the history of women and gender have paid much attention to the early modern empresses to date. A comparative look at France and Great Britain clearly shows that one reason for this may be that the position of women in the framework of dynastic power on the whole has been neglected to a large extent. However, the dynasty was the fundamental legitimization of the exercise of power of men as well as women, and it was the position within the frameworks of family and dynasty which determined the respective possibilities of access to chances of power for both sexes. Taking into consideration the results of recent research, this article identifies the women’s duties of power and scopes for action as part of a princely couple, sharing office and work. Thereby, a framework of the scopes for action enjoyed by early modern empresses is marked out, including dynastic politics, intercessions, the establishment of networks, representation, religious activities and participation in political and diplomatic decisions. Finally, the essay discusses the empresses’ individual room to manoeuvre and how this changed during the early modern period. On the whole, the text not only reveals the research landscape but also offers a kind of questionnaire for the subsequent case-studies. Amalie Fößel, … von gots gnaden Römische Kaiserine, zu Allen zeiten mererin des Reiches und Kunigin … . Zu den Handlungsräumen und Strategien spätmittelalterlicher Kaiserinnen This article seeks to illustrate the fields of action and the strategies of the empresses in the Middle Ages by initially outlining the empresses’ range of influence in the High Middle Ages, seeing who was extensively involved in political decision making in the Medieval German Empire from the 10th century on. Differentiating between the official title and the general perception emerging in historiography, the factors prompting a change during the transition to the later Middle Ages are addressed before eventually examining in detail the empresses’ scope of action and their opportunities to exert political influence in the Late Middle Ages. The various roles of the empresses are discussed and the limitations on what she could do are pointed out. This is illustrated with reference to family and court and by taking territorial lordship and the representations of monarchic sovereignty as an example. Rubén González Cuerva, Anne, Margaret and Marianne of Austria: Queens of Spain, Archduchesses of Austria and Dynastic Links The three Spanish kings of the 17th century (Philip III, Philip IV and Charles II) were sons of Austrian princesses. These women played a relevant role at the Spanish court not only as mothers but also as political figures and effective representatives of the imperial

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family. Comparing the three cases, we focus on the largely neglected case of Anne of Austria. The political role of Queen Anne was not that of sharing in the decision-making process, but asserting a soft-power influence. She gave positions to those courtiers of the Eboli faction favourable to an alliance with the Emperor and the Papacy. In that sense, she inherited the political capital of Infanta Joanna of Austria. Soon thereafter, Dowager Empress Mary of Austria occupied the void left by her daughter Queen Anne. In this manner, Anne of Austria represented the fundamental echelon of a longstanding „imperial feminine faction“ in Madrid. Christina Lutter und Daniela Unterholzner, Fürstin ohne Ort. Vom Scheitern der Bianca Maria Sforza Bianca Maria Sforza (1472–1510) was Maximilian I’s (1459–1519) second wife and – in contrast to his earlier, deceased consort Mary of Burgundy (1457–1482) – still married to him when he was crowned emperor in Trent (1508). Maximilian lacked the formal legitimation of a papal coronation in Rome, and Bianca Maria was never crowned (though informally called) empress. This lack of title corresponds with an image that gradually evolved during her time at Maximilian’s side and eventually was also adopted by modern research: their marriage came to be conceived as a failed dynastic project. How­ ever, Bianca’s increasingly negative assessment by contemporaries is based on reasons more complex than just the couple’s childlessness. This article discusses the various aspects that influenced the representations of gender roles as well as the political and social actions and interactions of the princely couple Maximilian and Bianca that impacted on perceptions of the queen’s „success“ or „failure“. We sketch the biographical background of a princess from an upwardly mobile condottieri-family, her education and possible role models, her qualifications for marital union with the king of the Holy Roman Empire and her actual possibilities for political agency within the complex political and military conflicts in which the Milanese duchy played a crucial role. Examining the structural relations between gender, power and politics, we intend to show that one central reason for Bianca Maria’s „failure“ as an emperor’s wife lies in Maximilian’s notorious mobility. The lack of courtly stability resulted in the absence of a clearly defined social site for Bianca Maria, which she could have used to fulfil her duties and responsibilities as a queen/empress and to develop a political profile of her own, as some of her female contemporaries managed to do. Alexander Koller, Maria von Spanien, die katholische Kaiserin María de Austria, the wife of archduke Maximilian of Austria who reigned from 1564 to 1576 as Emperor Maximilian II, can be considered one of the great female sovereigns of the sixteenth century. She embodied particularly high prestige, not least due to her close kinship with four emperors. The resulting strong monarchic self-esteem was linked to profound religious convictions that let her become a tenacious fighter for the Catholic faith and an ally of the Roman curia in the context of the increasingly serious confessional conflict within the Empire. Empress María exerted an influence guided by the papacy on the politics of Maximilian II and Rudolf II. This interference can be observed in many fields by reading and analysing the correspondence of the papal nuncios at the imperial court. María fulfilled the contemporary concepts of an exemplary wife and mother, often assuming the typical function of a female ruler in the early modern period, i.e. arranging the marriages of relatives. Undoubtedly the most delicate task María had to fulfil at the

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imperial court until the death of Maximilian II was to prevent the official conversion of the emperor to Protestantism (in which she was supported by Spain and the papacy). She succeeded in this and therefore created the connection between the Roman-Catholic faith and the imperial dignity that lasted uninterruptedly until the end of the Holy Roman Empire, thus preventing a Protestant confessionalization of the empire. Her principal historical significance is based on this success. Elena Taddei, Anna von Tirol: „Kaiserin für Gottes Gnaden“? Archduchess Anna, wife of Emperor Matthias, was born in Tirol as the third daughter of Anna Caterina Gonzaga and Archduke Ferdinand II. She grew up in an environment which was Italian oriented and marked by the patronage of arts and music as well as a deep religiosity. As the very first crowned empress of the modern period, her coronation was enacted within a specific, separate ceremony. Together with Matthias, she tried to prevent the fading of the imperial power and the loss of religious unity by exhibiting ostentatious devoutness. With her numerous foundations, including the imperial vault beneath the church of the Capuchins in Vienna containing a collection of holy relics, she saw to the preservation of her memory even beyond her own death by leaving financial support for religious orders and individuals and thereby tried to counter-balance the defect of her childlessness and of the failure to secure the dynastic succession. Matthias Schnettger, Die Kaiserinnen aus dem Haus Gonzaga: Eleonora die Ältere und Eleonora die Jüngere Eleonora Gonzaga the Elder (1598‒1655) and Eleonora Gonzaga(-Nevers ) the Younger (1628‒1686) have quite a lot in common. Being the first Italian empresses since Bianca Maria Sforza, they gained extraordinary importance as promoters of a great variety of trans-alpine transfer-processes (music, arts, literature etc.) and thereby contributed to the Italianization of the Viennese court, which reached its peak in the second half of the 17th century. Furthermore, they were the very first empress-widows of the early modern period and as such served as models for their descendants. Although neither of the Gonzaga empresses was the natural mother of the successor to the throne and Eleonora the Elder did not have children at all, both princesses managed to gain a well-respected position within the Imperial family and at the Viennese court as „ruling empresses“. While Eleonora the Elder did experience a moment of crisis after the death of her husband Ferdinand II (1637) before regaining a footing, Eleonora Gonzaga Nevers, who considerably profited from the networks established by her great-aunt, managed to hold her strong position beyond the death of Ferdinand III (1657) thanks to her excellent relations with her stepson Leopold I. The Gonzaga empresses found specific ways of expressing the wellknown pietas austriaca. While the Elder partially adopted a monastic style of expression, the Younger expressed her devoutness in a rather majestic way, especially by using the model of the sainted dowager empress Helena. With the creation of the two Orders of the Servants of Virtue and the Starry Cross she established a rich means for self-promotion and patronage. Both Gonzagas were also of considerable importance for their dynasty of origin, which not only profited from the imperial splendour of two of its members, but also from their protection in political matters.

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Andrea Sommer-Mathis, María Ana de Austria: spanische Infantin – Königin von Ungarn und Böhmen – römisch-deutsche Kaiserin (1606–1646) Most of the existing studies on the Spanish infanta María Ana de Austria have concentrated on the long prehistory of her marriage to Emperor Ferdinand III, which was eventually consummated in 1631, whereas her importance as empress during the 15 years of her regency at the Viennese court has not yet been studied. This article is the first attempt to analyse the great variety of her different roles – as sovereign and regent, as patron of her subjects and as patron of the arts, as loving wife and mother – on the basis of the numerous archival documents preserved in the Viennese Public Records Office (Haus-, Hof- und Staatsarchiv). These include hitherto unknown letters by María Ana to her husband Ferdinand III and brother-in-law Archduke Leopold Wilhelm, which are to be published in an annotated edition. Josef Johannes Schmid, Eleonore Magdalena von der Pfalz – ein Leben zwischen den Häusern Neuburg und Habsburg In 1676, Eleonore Magdalena, daughter of Count Palatine (from 1685: Elector) Philipp Wilhelm of Pfalz-Neuburg, became Leopold I’s third wife. The fertile imperial union proved to be uniquely happy, Eleonore sharing her consort’s predilections and convictions regarding music, deep religious fervour and princely duty. This last, combined with Eleonore’s key political position at court and her avid patronage of her brothers’ ascension in the Imperial ecclesiastic system, resulted in strong antagonism towards her first-born son Joseph, lasting until the emperor’s death in 1711. In many ways, the strong-willed Eleonore transgressed the boundaries of „official“ piety and „habitual“ marital status. Her legacy remains associated with her socio-religious activities, such as the reestablishment of the Order of the Starry Cross and the Converts’ Fund, destined to support Catholic neophytes. Michael Pölzl, Die Kaiserinnen Amalia Wilhelmina (1673–1742) und Elisabeth Christine (1691–1750). Handlungsspielräume im Spannungsfeld dynastischer und persönlicher Interessen This article deals with the possible scope for action of two early-modern empresses who both descended from the House of Guelph, but from the rival branches of Brunswick-Lüneburg-Hanover and Brunswick-Wolfenbüttel. The various tensions related to the empresses’ origins are reflected by the project of a marriage between the future emperor Joseph I and Amalia Wilhelmina of Hanover and by the conversion of Elisabeth Christine of Brunswick-Wolfenbüttel, the spouse of Joseph’s younger brother Karl (VI). In order to analyse the possible participation in power exercised by the two sisters-in-law, first their positions at the Viennese court are investigated. Furthermore, the text deals with the widowhood and last will of the empresses, thereby evaluating their spheres of action during the last phases of their life and gaining an insight into their networks. Finally, the extent of attention paid to these two empresses in the Empire itself is questioned. Britta Kägler, … so lang diese Frau die hände in denen Regierungsgeschäften haben .... Maria Amalia von Österreich als machtbewusste Kaiserin(witwe) in München Maria Amalia was an exception in several respects. She was crowned empress in Frankfurt in 1742, being the wife of the Elector of Bavaria. At the time she married the Bavarian heir to the throne, Karl Albrecht, in 1722, a constellation such as this had not been

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conceivable as the Habsburgs had been able to monopolize the imperial dignity within their own dynasty since the Late Middle Ages. Her husband was the first non-Habsburg emperor for 300 years. Furthermore, Maria Amalia did not confine herself to pious and social engagement, but distinctly interfered with Bavaria’s external relations by maintaining contact to the leading European powers such as France, Great Britain, Austria and Prussia. After the death of Emperor Karl VII, Maria Amalia managed to use her status as crowned empress to her own advantage. Up to the 1750s, she was one of the most important contact persons for foreign envoys. Until her death in December 1756, she was a constant presence in the public life of Munich and even preserved a certain afterlife in the realm of the Bavarian administration with her imperial court. Bettina Braun, Maria Theresia: Herrscherin aus eigenem Recht und Kaiserin Maria Theresia was an exception in every respect. As the daughter of Emperor Karl VI, she was heiress of the Habsburgian territories and therefore a ruler in her own right. As the wife of Franz I (Franz Stephan of Lorraine), she became empress in 1745. Only a few weeks after assuming her reign, she had appointed Franz Stephan coregent; after his death in 1765, her son Joseph acted as her coregent. However, this legal construction does not reveal anything about the real division of work between Maria Theresia and her coregents. The article outlines several possibilities for the division of roles between the empress and her husband and then her son. It is suggested that they did not change roles radically, but gradually adapted the traditional scheme in consideration of the specific situation. Ellinor Forster, […] auf den ersten Trohn der Wellt gesezet […]. Marie Therese von Neapel-Sizilien – die letzte Kaiserin des Heiligen Römischen Reichs (1792–1806) Marie Therese of Naples-Sicily (1772–1807), wife of Franz II, was the last empress of the Holy Roman Empire. At the same time, she was queen of Hungary and Bohemia, archduchess, countess and marchioness of the other Habsburgian lands. Doubtlessly, together with Franz she formed the typical „Arbeitspaar“ (Heide Wunder). However, it is difficult to identify special duties of her role as an empress as distinguished from the role of a local ruler. She took care of the ceremonial correspondence, which upheld the connection with the diets of the Empire and the rulers outside of the Empire. Apart from that, her self-awareness seemed to have been more that of a local ruler than that of an Empress of the entire Empire. Judging from her numerous letters, she operated in the middle of a network – receiving and issuing requests in different directions. Due to her passion for music, she was particularly engaged in the funding of music and musicians. Barbara Stollberg-Rilinger, Nur die Frau des Kaisers? Kommentar This commentary summarizes the main results of the different case studies in this volume by integrating them into a broader context. It focuses on a substantial change of perspective in political history: While the bringing-back of women into this area has focused on „exceptional“ cases such as Maria Theresia for a long time, recent studies have stressed the fundamental difference between the political space in the modern age and in pre-modern times: In a period which was characterized by dynastic rule and the lack of an autonomous field of politics, the contribution of women to the exercise of political power was not accidental, but substantial. Since pre-modern politics were dynastic politics in the first place, the female members of the respective dynasties necessarily played their specific roles in politics. This commentary discusses how the essays in this volume may contribute

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to this new perspective of research, taking into consideration the specific qualities and personalities of the empresses as well as the characteristic structures of the Holy Roman Empire, the Habsburg dynasty and its realms.



Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Prof. Dr. Bettina Braun Johannes Gutenberg-Universität Mainz Historisches Seminar – Neuere Geschichte Jakob-Welder-Weg 18 D-55128 Mainz Email: [email protected] Dr. Rubén González Cuerva Centro de Ciencias Humanas y Sociales – Consejo Superior de Investigaciones Científicas C/Albasanz, 26–28 Madrid 28037 (España) Email: [email protected] Prof. Dr. Amalie Fößel Universität Duisburg-Essen Historisches Institut Universitätsstr. 12 D-45117 Essen Email: [email protected] Dr. Ellinor Forster Universität Innsbruck Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie Innrain 52d A-6020 Innsbruck Email: [email protected] Dr. Britta Kägler Historisches Seminar der LMU München Abt. für Bayerische Geschichte Ludwigstr. 14 D-80539 München Email: [email protected] PD Dr. Katrin Keller Institut für Österreichische Geschichtsforschung

260 Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Universitätsring 1 A-1010 Wien Email: [email protected] PD Dr. Alexander Koller Deutsches Historisches Institut Rom Via Aurelia Antica, 391 I-00165 Roma Email: [email protected] Prof. Dr. Christina Lutter Institut für Geschichte/Institut für Österreichische Geschichtsforschung Universität Wien Universitätsring 1 A-1010 Wien Email: [email protected] Mag. Michael Pölzl Institut für Österreichische Geschichtsforschung Universitätsring 1 A-1010 Wien Email: [email protected] Prof. Dr. Josef Johannes Schmid Johannes Gutenberg-Universität Mainz Historisches Seminar – Neuere Geschichte Jakob-Welder-Weg 18 D-55128 Mainz Email: [email protected] Prof. Dr. Matthias Schnettger Johannes Gutenberg-Universität Mainz Historisches Seminar – Neuere Geschichte Jakob-Welder-Weg 18 D-55128 Mainz Email: [email protected] Dr. Andrea Sommer-Mathis Österreichische Akademie der Wissenschaften Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte Postgasse 7–9/Stiege 4/3. Stock A-1010 Wien Email: [email protected] Prof. Dr. Barbara Stollberg-Rilinger Westfälische Wilhelms-Universität Münster Historisches Seminar



Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 261

Domplatz 20–22 D-48143 Münster Email: [email protected] Dr. Elena Taddei Universität Innsbruck Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie Innrain 52d A-6020 Innsbruck Email: [email protected] MMag. Daniela Unterholzner Hadikgasse 72/2/14 A-1140 Wien Email: [email protected]





Personenregister A Adalbert von Harstall, Fürstbischof von Fulda 240 Adelheid von Burgund, Römische Kaiserin, Gemahlin Ottos I. 28, 31f. Adhémar de Monteil, Bischof von Metz 38 Agnelli Soardi, Vincenzo 120, 122, 135f. Agnes von Poitou, Römische Kaiserin, Gemahlin Heinrichs III. 14, 28, 32 Álava, Francés de 53 Alba, Fernando Álvarez de Toledo, Herzog von 56, 59–61 Albert, Herzog von Sachsen-Teschen 225 Albrecht I. von Österreich, Römischer König 33 Albrecht II. von Österreich, Römischer König 193 Albrecht I., Herzog von Bayern 35 Albrecht V., Herzog von Bayern 195, 200 Albrecht VII., Erzherzog von Österreich, Statthalter der Spanischen Niederlande 49, 52, 63, 94, 97 Aldegatti, Marchesa Maria Margaretha 134 Aldringen, Johann Graf von 154 Alessandrino, Giovanni 95 Alessandro, Fra 162 Alexander VI., Papst 80 Alexander Sigismund von Pfalz-Neuburg, Fürstbischof von Augsburg 167, 169f., 172f. Amalia Wilhelmina von Braunschweig-Lüneburg, Römische Kaiserin, Gemahlin Josephs I. 169–171, 175–193, 196 Amand von Buseck, Fürstabt von Fulda 201 Andreas von Österreich, Fürstbischof von Brixen und Konstanz 94, 99 Anguissola, Sofonisba 58 Anna von der Pfalz, Römische Königin, Gemahlin Karls IV. 33, 39 Anna von Schweidnitz-Jauer, Römische Kaiserin, Gemahlin Karls IV. 29, 33, 37–40, 42 Anna Jagiello, Römische Königin, Gemahlin Ferdi­ nands I. 77, 99, 117 Anna von Österreich(-Tirol), Römische Kaiserin, Gemahlin Matthias’ 25, 100–116, 119, 141, 235 Anna von Österreich, Herzogin von Bayern 61, 195, 200 Anna Sforza, Erbprinzessin von Ferrara 71–73 Anna von Spanien (Anne d’Autriche), Königin von Frankreich 15, 20 Anna Stuart, Königin von Großbritannien 15, 212 Anna de’ Medici, Erzherzogin von Österreich(-Tirol) 126

Anna von Dänemark, Kurfürstin von Sachsen 223, 226 Anna von Österreich, Königin von Spanien 45f., 49–63, 96 Anna Caterina Gonzaga, Erzherzogin von Österreich(-Tirol) 99–108, 111–113, 115, 118f. Anna Dorothea von Österreich 63 Anna Eleonora, Erzherzogin von Österreich 100 Anna Isabella Gonzaga, Herzogin von Mantua 138 Anna Maria Luisa de’ Medici, Kurfürstin von der Pfalz 172 Anna Maria Sophia, Erzherzogin von Österreich 164 Anne Hyde, Herzogin von York 158 Anne Charlotte von Lothringen 224 Anno II., Erzbischof von Köln 32 Anton Ulrich, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel 176–180 Antonio, Francesco 94 Arce, Pedro de 48 Arco, Agate Gräfin von 76 Arco, Andreas Graf von 76 Arco, Bianca Gräfin von 76 Arco, Ginegra Gräfin von 76 Auersberg, Johann Weikhart Fürst von 137, 160, 167 August der Jüngere, Herzog von BraunschweigWolfenbüttel 176 August I., Kurfürst von Sachsen 96 August Wilhelm, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel 186 Auguste Marie von Holstein-Gottorf, Markgräfin von Baden-Durlach 184 Auguste Sophie von Pfalz-Sulzbach, Fürstin von Lobkowitz 159 Avellaneda, Diego 94 Avila, Geronimo 94 Azagra, Ruiz de 57 B Baggi, Juan Jacome de 154 Baltasar Carlos, Infant von Spanien 152 Balthasar von Dernbach, Fürstabt von Fulda 91 Bances Candamo, Francisco de 48 Barajas, Francisco Zapata de Cisneros y Osorio, Graf von 60 Barbara von Cilli, Römische Kaiserin, Gemahlin Sigismunds 27, 29f., 42 Barberini, Francesco 137 Barchi, Mattheo 115

264 Personenregister Baschi, François de Sainte-Hélène Comte de 206 Baymon und Parysberg, Katharina von 101 Beales, Derek 233 Beatrice d’Este, Herzogin von Mailand 72–74, 80 Beatrix von Burgund, Römische Kaiserin, Gemahlin Friedrichs I. Barbarossa 29 Beatrix von Glogau, Römische Königin, Gemahlin Ludwigs IV. 34 Beaumont, Johann Graf von 35 Beckers, Nikolaus Wilhelm 162 Behm, Christian Heinrich 180 Bellincioni, Bernardo 71 Benedetto Maurizio, Prinz von Savoyen 225 Benedikt XII., Papst 37 Benedikt XIV., Papst 207 Benedikte Henriette von der Pfalz, Herzogin von Braunschweig-Lüneburg 176, 179 Berlanga, Ana Ángela de Guzmán, Marchesa de 58 Bessel, Gottfried 180 Bevilacqua, Aloysius (Luigi) 162 Bianca Maria Sforza, Römische Kaiserin, Gemahlin Maximilians I. 33, 65f., 69–83, 117, 251 Biglia, Melchior 91 Blanca Margarete von Valois, Römische Königin, Gemahlin Karls IV. 33, 39 Blondel, Louis Augustin 218 Bodin, Jean 26 Bona von Savoyen, Herzogin von Mailand 70–73, 76 Borgia, Lucrezia, Herzogin von Ferrara 169, 179 Borja, Juan de 62, 64, 88, 90 Borri, Giuseppe Francesco 164 Borromeo, Carlo 51, 85 Bramante, Donato 71 Brascha, Erasmus 75 Breuner, Maria Barbara Gräfin von 196f. Breuner, Philipp Friedrich Graf von 130 Brigitta von Schweden, Heilige 73 Bülow, Heinrich Wilhelm von 198 Buenaventura, Mateo 142f., 155 Bulgarini, Carlo Graf von 123 Buonvisi, Francesco 158, 161–165 Busbecq, Ogier Ghislain von 52, 56 C Cäcilia Renate von Österreich, Königin von Polen 119, 145 Caffarelli Borghese, Scipione 62, 107 Calderón de la Barca, Pedro 47 Campell Orr, Clarissa 49 Camuzio, Andrea 94 Canopulo, Don Antonio 95 Carafa, Carlo 133, 135 Cardona, Ana de 58 Cardona, Margarita de 61, 90, 95 Carelli, Johann Baptist 187 Caretto, Alfonso II. del, Marchese von Finale 61 Carlo I. Gonzaga-Nevers, Herzog von Mantua 120, 135

Carlo Gonzaga-Nevers (Carlo di Rethel), Erbprinz von Mantua 120f., 135 Carlo II. Gonzaga-Nevers, Herzog von Mantua 121f., 134, 138, 140 Carlos, Infant von Spanien, Sohn Philipps II. 51 Carlos, Infant von Spanien, Sohn Philipps III. 143 Caroline von Brandenburg-Ansbach, Königin von Großbritannien 25 Caroline Ferdinanda von Habsburg-Toskana 241 Castagna, Giovanni Battista, s. Urban VII. Caterina de’ Medici, Herzogin von Mantua 123 Cavriani, Federico 134 Cayma, Violanta 74, 76 Cesare II. Gonzaga, Herzog von Guastalla 127, 136 Cesare d’Este, Herzog von Modena 116 Cesti, Antonio 163 Chalcus, Tristan 74 Charlotte von Hessen-Kassel, Kurfürstin von der Pfalz 130, 134 Charlotte Felicitas von Braunschweig-Lüneburg, Herzogin von Modena 182 Chartier, Roger 68 Chotek, Maria Aloysia Stephana Gräfin von 206 Chotek, Rudolf Graf von 193, 203–207 Christian V., König von Dänemark und Norwegen 178 Christian August von Sachsen-Zeitz 180 Christina, Königin von Schweden 212 Christine Charlotte von Württemberg, Fürstin von Ostfriesland 130 Christoph Andreas Freiherr von Spaur, Fürstbischof von Brixen 106 Cichini, Franz Anton 204 Cimburgis von Masovien, Herzogin von Österreich 43 Claudia von Mantua, Herzogin von Lothringen 137 Claudia de’ Medici, Erzherzogin von Österreich(Tirol) 149, 155 Claudia Felicitas von Österreich(-Tirol), Römische Kaiserin, Gemahlin Leopolds I. 126, 138, 157f., 160f., 163f., 191 Clemens VI., Papst 35–37 Clemens IX., Papst 131 Clemens XI., Papst 174 Clemens August von Bayern, Kurfürst und Erzbischof von Köln 200f., 206 Coelestin III., Papst 34 Collalto, Claudio III., Graf von Pirnitz 134 Colloredo, Rudolf Graf von 216 Colonna, Marcantonio 120 Córdoba, Francisco de 55 Corte-Real, Manuel de Moura y 142, 153 Cortereale, Geronimo 95 Cosandey, Fanny 25 Cotta, Johannes Stephanus 74 Crawford, Katherine 19 Cueva, Antonio de la 56 Czernin, Humprecht Jan IV. Graf 134

Personenregister 265 D Daun, Maria Josepha Gräfin von 190 D’Aviano, Marco 129, 173 Deininger, Gertraut 203 Delfino, Giovanni 51, 90–92 Delfino, Zaccaria 85, 87 Dietrichstein, Adam Freiherr von 51, 54, 56, 58, 90, 93, 95 Dietrichstein, Anna Freiin von 58 Dietrichstein, Franz Seraph von 105 Dietrichstein, Gundacker Poppo Graf von 197 Dietrichstein, Helfried Graf von 134 Dietrichstein, Hippolita Freiin von 58 Dietrichstein, Johann Baptist Karl Graf von 223 Dietrichstein, Philipp Sigmund Graf von 133 Dolfin, Giovanni 91, 96 Dorothea Sophie von der Pfalz, Herzogin von Parma und Piacenza 169 Draghi, Antonio 127, 163f. Duba und Leipa, Zbynko Berka von 95 Dufrène, Maximilian 209 E Eberhard Ludwig, Herzog von Württemberg 184 Eboli, Ruy Gómez de Silva, Prinz von 56–60, 63 Edling, Maria Antonia Gräfin von 224 Eduard III., König von England 34–37, 41 Eggenberg, Hans Ulrich Fürst von 120, 135 El Greco 148 Eleonora Gonzaga die Ältere, Römische Kaiserin, Gemahlin Ferdinands II. 14, 113, 117–140, 143, 145–147, 149, 155, 188, 251 Eleonora Gonzaga(-Nevers) die Jüngere, Römische Kaiserin, Gemahlin Ferdinands III. 106, 117f., 120–140, 156, 251 Eleonora de’ Medici, Herzogin von Mantua 106, 118 Eleonora Maria Josepha von Österreich, Königin von Polen, Herzogin von Lothringen 106, 125, 137f. Eleonore von Portugal, Römische Kaiserin, Gemahlin Friedrichs III. 29, 33, 39f., 42, 235 Eleonore von Pfalz-Neuburg, Römische Kaiserin, Gemahlin Leopolds I. 13, 126, 130, 138, 157–174, 178f., 182f., 185, 188, 191, 196, 248 Eleonore, Erzherzogin von Österreich 123 Eleonore von Österreich, Herzogin von Mantua 99f., 118 Elisabeth von Kärnten, Römische Königin, Gemahlin Albrechts I. 33 Elisabeth von Pommern, Römische Kaiserin, Gemahlin Karls IV. 27, 29f., 33, 38f., 42f. Elisabeth von Württemberg, Römische Kaiserin, Gemahlin Franz’ II. 232f. Elisabeth von Portugal, s. Isabella von Portugal Elisabeth von Dänemark, Herzogin zu Braunschweig und Lüneburg 62 Elisabeth I. Tudor, Königin von England 15f., 19, 212

Elisabeth von Österreich, Königin von Frankreich 50–52, 57f., 63, 89f., 96, 113 Elisabeth von Bayern, Kaiserin von Österreich, Königin von Ungarn 14 Elisabeth von Valois, Königin von Spanien 51 Elisabeth von Polen, Königin von Ungarn 40 Elisabeth Amalia Magdalena von Hessen-Darmstadt, Kurfürstin von der Pfalz 159, 161 Elisabeth Charlotte de Bourbon-Orléans, Herzogin von Lothringen 223f. Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel, Römische Kaiserin, Gemahlin Karls VI. 174–178, 180–183, 185–192 Elisabeth Christine von Braunschweig-WolfenbüttelBevern, Königin von Preußen 187 Elisabeth Dorothea von Hessen-Darmstadt, Landgräfin von Hessen-Homburg 179 Elisabeth Ernestine Antonie von Sachsen-Meiningen, Äbtissin von Gandersheim 179 Elisabeth Therese von Lothringen, Königin von Sardinien 224f. Elisabetta Maria Sforza, Marchesa von Montferrat 74 Eltz, Hugo Franz Karl Graf von 201 Enrichetta Adelaide di Savoia, Kurfürstin von Bayern 130 Enzenberg, Sophie Amalie Gräfin von 224 Erich I., Herzog von Braunschweig-CalenbergGöttingen 78 Erich II., Herzog von Braunschweig-CalenbergGöttingen 61f. Ernst von Bayern, Kurfürst und Erzbischof von Köln 90 Ernst, Erzherzog von Österreich, Statthalter der Niederlande 52, 87, 89, 96, 100, 105 Ernst, Fürst zu Oettingen, Wallerstein und Baden 240 Ernst August, Kurfürst von Hannover 179 Ernst Ludwig, Landgraf von Hessen-Darmstadt 179 Escobedo Ribadeneira, Juan de 57 Espinosa, Diego de 56–60 Eugen, Prinz von Savoyen 168, 171, 184 F Fabro Bremundán, Francisco 47 Falconieri, Giuliana, Heilige 112 Fantur, Alf Gerd 144 Faro, Gräfin von 50 Ferdinand I., Römischer Kaiser 50f., 53–55, 57, 77, 85–87, 91, 99, 118, 146, 195, 200 Ferdinand II., Römischer Kaiser 46f., 97, 106, 113, 115, 119–124, 126–128, 131–137, 139, 144–147 Ferdinand III., Römischer Kaiser 114, 119, 121, 123–125, 127f., 131f., 137–139, 141–148, 151–156, 248 Ferdinand IV., Römischer König 124f., 129, 132, 141, 155

266 Personenregister Ferdinand II./V., der Katholische, König von Aragón und Kastilien 212 Ferdinand, Herzog von Bayern 100 Ferdinand I., Kaiser von Österreich 241 Ferdinand II., Erzherzog von Österreich(-Tirol) 61, 94, 99–103, 105, 109, 113, 118 Ferdinand I., König beider Sizilien 226, 229–233, 240 Ferdinand, Kardinalinfant von Spanien 143, 150, 152, 155 Ferdinand III. Joseph Johann Baptist von Österreich, Großherzog der Toskana 232f., 241f. Ferdinand Maria, Kurfürst von Bayern 157 Ferdinando Gonzaga, Kardinal, dann Herzog von Mantua 115f., 121, 132 Ferdinando Carlo Gonzaga-Nevers, Herzog von Mantua 123, 138 Fernandez Ramon, Johann 181, 186 Ferrari, Maurizio de 218 Filangieri, Carolina 229, 234 Filangieri, Gaetano 229 Filonardi, Mario 137 Fiorenza, Angelo di 74 Firmian, Niklas von 78 Flecha, Mateo 95 Flori, Georg 102 Folard, Hubert de 208 Francesco I. Sforza, Herzog von Mailand 72 Francesco I. Gennaro, König beider Sizilien 233 Francesco de’ Medici, Großherzog der Toskana 118 François de Valois, Herzog von Alençon 62 Frankenberg, Otto von 206 Franz I., Römischer Kaiser 14, 190f., 211–227, 250 Franz II., Römischer Kaiser 230–243 Franz Georg von Schönborn, Kurfürst und Erzbischof von Trier 217 Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg, Kurfürst und Erzbischof von Trier, dann von Mainz 169f. Franz Xaver, Prinz von Sachsen 224 Frendel, Caroline 231 Frendel, Georg Cornelius 229 Frias, Manuel de 147 Friedrich I. Barbarossa, Römischer Kaiser 29 Friedrich II., Römischer Kaiser 29, 48 Friedrich III., Römischer Kaiser 29, 39, 42f., 79, 111, 235 Friedrich VI., Markgraf von Baden-Durlach 158 Friedrich II. von Habsburg 41 Friedrich III. von Saarwerden, Kurfürst und Erzbischof von Köln 38 Friedrich II., der Große, König von Preußen 187, 217 Friedrich III., der Weise, Kurfürst von Sachsen 78 Friedrich August II., Kurfürst von Sachsen, als August III. König von Polen 185, 195f. Friedrich August III., Kurfürst von Sachsen 224 Friedrich Christian, Kurprinz von Sachsen 224

Friedrich Franz I., Herzog von Mecklenburg-Schwerin 240 Friedrich Ludwig, Herzog von Mecklenburg-Schwerin 240 Friesenhausen, Isabella 203f. Frómista, Ana María de Zuñiga Marchesa von 57f. Fuchs-Mollard, Karoline Gräfin von 190 G Galeazzo II. Visconti, Signore von Pavia 72 Galeazzo Maria Sforza, Herzog von Mailand 70–72 Gallas, Matthias 155 Gallio, Tolomeo 93 Gambara, Nicolò 95 Gámiz, Alonso de 61 Gaztelu, Martín de 56, 59 Georg, Herzog von Bayern-Landshut 80 Georg, Prinz von Dänemark 212 Georg II., König von Großbritannien 25 Georg I., Pfalzgraf von Tübingen 76 Geppert, Ernesto 197, 209 Gerlach von Nassau, Kurfürst und Erzbischof von Mainz 39 Gian Galeazzo Sforza, Herzog von Mailand 71–73, 76 Gian Gastone de’ Medici, Großherzog der Toskana 221 Giganth, Philipp Andreas Franz 200, 205 Götzmann, Jutta 248 Gombert, Maria Theresia von 199 Gonzaga, Annibale 134 Gonzaga, Eleonora 202 Gonzaga, Eleonora Maria 134 Gonzaga, Federigo 134 Gonzaga, Gian Pietro 66 Gonzaga, Isabella 66 Gonzaga, Luigi 134 Gonzaga, Maria Anna 202 Gonzaga, Maria Isabella 134 Gossembrot, Georg 77 Grävenitz, Wilhelmine von, Reichsgräfin von Würben 184 Grana, Francesco Antonio del Carretto, Marchese di 152 Gregor XIII., Papst 88, 91, 93–96 Gremonville, Nicolas Bretet de 137 Greville, Fulke 208 Grote zu Schauen, Otto 179 Guglielmo Gonzaga, Herzog von Mantua 99, 101, 119 Gutierrez Coronel, Juan 141 Guzmán, Leonor de 57f. Guzmán, Martín de 51, 53, 55 Guzmán, Pedro de 55 H Ham, Claudia 144

Personenregister 267 Hartig, Anton Esaias Graf von 216 Hedwig von Dänemark, Kurfürstin von Sachsen 119 Heinrich II., Römischer Kaiser 31 Heinrich III., Römischer Kaiser 28 Heinrich IV., Römischer Kaiser 32 Heinrich VI., Römischer Kaiser 34 Heinrich VII., Römischer Kaiser 29, 41 Heinrich VII. von Kranlucken, Fürstabt von Fulda 38 Heinrich II., Herzog von Schweidnitz 40 Heinrich von Herford 40 Heinrich Franz I., Graf von Mansfeld-Bornstedt 168 Helena, Heilige 130, 140 Helena Pawlowna Romanowa, Großfürstin von Russland 240 Hengerer, Mark 143 Henrietta Maria von Bourbon, Königin von England 20 Henriette Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel, Äbtissin von Gandersheim 180 Hermes Sforza, Prinz von Mailand 71 Herrera Barnuevo, Sebastián 47 Hocher, Johann Paul 167 Höbelt, Lothar 143 Höß, Crescentia 197f. Hohenems, Jakob Hannibal von 61 Horst, Hermann 129 Hosius, Stanislaus 92 Hurtado de Mendosa, Conde de Monteagudo, Francisco 55, 60–62, 64, 90, 92f. I Ida 42 Ingelheim, Anton Dietrich Karl Graf von 201 Innozenz VI., Papst 36, 39 Innozenz XI., Papst 158, 162 Ippoliti di Gazoldo, Diana Maria Marchesa 134 Isabella von Portugal, Römische Kaiserin, Gemahlin Karls V. 52, 86 Isabella von Bourbon-Parma, Gemahlin Josephs II. 226, 233 Isabella I., die Katholische, Königin von Kastilien und Aragón 212 Isabella von Holland, Gräfin von Namur 34 Isabella Clara von Österreich(-Tirol), Herzogin von Mantua 121f. Isabella Clara Eugenia, Infantin von Spanien, Statthalterin der Spanischen Niederlande 16, 46, 52, 96f. Ivano, Anton von 65 J Jakob II./VII., König von England und Schottland 158, 160 Jaxtheim, Wolf Sigmund Freiherr von 216 Johann II. Kasimir, König von Polen 125, 139 Johann III. Sobieski, König von Polen 161, 196f. Johann Friedrich, Herzog von Braunschweig-Lüneburg 176

Johann Friedrich, Herzog von Sachsen-Hildburghausen 180 Johann Friedrich Karl von Ostein, Kurfürst und Erzbischof von Mainz 216f. Johann Schweikhard von Kronberg, Kurfürst und Erzbischof von Mainz 109f. Johann Theodor von Bayern, Fürstbischof von Regensburg 206 Johann Wilhelm, Kurfürst von der Pfalz 139, 170, 172 Johanna, Prinzessin von England 41 Johanna von Valois, Gräfin von Holland 35, 40 Johanna von Holland-Hennegau, Markgräfin von Jülich 34 Johanna I., „die Wahnsinnige“, Königin von Kastilien und Aragón 212 Johanna, Infantin von Spanien, Kronprinzessin von Portugal 51, 56, 58f., 62–64 Johanna von Österreich, Großherzogin der Toskana 118 Johannes Hinderbach, Fürstbischof von Trient 34 Johannes Thomas von Spaur, Fürstbischof von Brixen 100 Joseph I., Römischer Kaiser 165–172, 174, 176–179, 181–185, 193, 196, 198, 224 Joseph II., Römischer Kaiser 103, 114, 188, 212f., 215–219, 222f., 226, 229–233, 236–238 Josepha, Erzherzogin von Österreich 226 Juan de Austria 59 Juan José de Austria 47 Julius Echter von Mespelbrunn, Fürstbischof von Würzburg 112 K Kamen, Henry 49 Karant-Nunn, Susan 14 Karl der Große, Kaiser 195 Karl IV., Römischer Kaiser 27, 29f., 33, 37–40, 43 Karl V., Römischer Kaiser 50, 55, 77, 81, 85–87, 97, 104, 109, 212 Karl VI., Römischer Kaiser 169f., 172, 176f., 182– 188, 192f., 195f., 200, 213, 216, 220 Karl VII., Römischer Kaiser 173, 183, 185, 190, 193–203, 205–208, 216f., 224, 235, 248 Karl von Österreich, Markgraf von Burgau 99 Karl I., König von England 20, 144 Karl II., König von England 160 Karl VIII., König von Frankreich 71, 80 Karl IX., König von Frankreich 51f., 96 Karl V., Herzog von Lothringen 139, 221 Karl XI., König von Schweden 158 Karl XII., König von Schweden 170 Karl II., König von Spanien 46–49, 64, 139, 167 Karl I. Anjou, König von Ungarn 40 Karl Alexander von Lothringen, Hochmeister des Deutschen Ordens 221, 224 Karl Emanuel II., Herzog von Savoyen 138

268 Personenregister Karl Emmanuel III., König von Sardinien 224f. Karl I. Ludwig, Kurfürst von der Pfalz 134 Karl III. Philipp, Kurfürst von der Pfalz 172 Karl Theodor, Kurfürst von der Pfalz 208 Karl-Theodor, Fürst zu Salm 169, 179 Karolina Augusta, Kaiserin von Österreich 236 Katharina de’ Medici, Königin von Frankreich 15, 19, 50, 96 Katharina von Sachsen, Erzherzogin von Österreich(Tirol) 75, 77f. Katharina II., die Große, Kaiserin von Russland 15 Katharina von Ungarn, Herzogin von Schweidnitz 40 Katharina Barbara, Markgräfin von Baden-Durlach 158 Kaunitz-Rietberg, Wenzel Anton Fürst von 215, 220, 229, 232f. Khevenhüller, Franz Christoph Graf von 46f., 141f., 144f., 150–152, 155f. Khevenhüller, Johann Graf von 59–62, 89 Khevenhüller-Frankenburg, Hans Graf von 24, 50 Khevenhüller-Frankenburg, Ludwig Andreas Graf von 221 Khevenhüller-Metsch, Johann Joseph Fürst von 189, 213, 220 Khräneß, Lucius 115 Klencke, (Marie) Charlotte Freiin von 190f., 206 Klencke, Wilken 190 Klesl, Melchior 105, 113–115 Knorr, Georg Christian von 180 Knox, John 26 Kobenzl, Philipp Johann Graf von 232f. Königsegg-Rothenfels, Karl Ferdinand Graf von 190 Königsegg-Rothenfels, Leopold Wilhelm Graf von 137 Königsfeld, Johann Georg Graf von 206 Körper, Gerlinde 177 Koldau, Linda Maria 126 Koller, Franz von 220 Kollonitz, Sigismund Graf von 196 Kolowrat, Benigna Katharina von 108 Kolowrat, Johann von Lipsteinsky 100 Konstantin von Buttlar, Fürstabt von Fulda 183 Konstanze von Sizilien, Römische Kaiserin, Gemahlin Heinrichs VI. 34 Konstanze von Aragón, Römische Kaiserin, Gemahlin Friedrichs II. 29 Konstanze von Österreich, Königin von Polen 104 Kopp, Johann 101 Kunigunde von Luxemburg, Römische Kaiserin, Gemahlin Heinrichs II. 14, 31 Kunigunde von Österreich, Herzogin von Bayern 42 L La Adrada, Antonio de la Cueva y Portocarrero, Marques de 49, 56–59 Lackmann, Nikolaus 34 Lamberg, Fürstin von 190 Lancelotti, Orazio 107

Landau, Hans von 65 Landi, Ottavio 95 Lang, Apollonia 80 Laso de Castilla, Catalina 54, 58 Laso de Castilla, Francisco 53–55 Laso de Castilla, Isabel 54, 58 Laso de Castilla, Luisa 54, 58 Laso de Castilla, Margarita 54, 58 Laso de Castilla, Maria 54, 58 Laso de Castilla, Pedro 54f. Lasso, Margarita 90 Leibniz, Gottfried Wilhelm 179 Leitgeb, Hildegard 177f. Lely, Peter 158 Leopold I., Römischer Kaiser 47f., 111, 114, 122, 124–126, 128, 131f., 137–139, 141, 152, 157– 171, 173f., 176, 179, 182, 191 Leopold II., Römischer Kaiser 114, 213, 226, 229, 231–237, 239–241 Leopold IV., Herzog von Österreich und der Steiermark 48 Leopold V., Erzherzog von Österreich(-Tirol) 155 Leopold Wilhelm von Österreich, Fürstbischof von Passau und Straßburg 119, 124f., 134, 137, 147f., 153, 155f. Lerma, Francisco Gómez Sandoval y Rojas, Herzog von 49, 63 Lichtenberg, Polyxena Maria Khuen Gräfin von, Fürstin zu Löwenstein 171 Liebhardt von Otmaringen 41 Liechtenstein, Paul von 66 Lillo, Francisco de 55 Liselotte (Elisabeth Charlotte) von der Pfalz, Herzogin von Orléans 223 Lisola, François Paul de 167 Lobkowitz, Wenzel Eusebius Fürst von 159–161, 165–167 Löwenstein, Maximilian Karl Albrecht Graf zu 171 Lolardo, Dona Francesca de 94 Lope de Vega, Felix 146 López de Orduña, Pedro 49, 57 Losy von Losenau, Gräfin von 190 Lothar II., König von Italien 31 Lothar Franz von Schönborn, Kurfürst und Erzbischof von Mainz 180 Louise Christine von Öttingen, Herzogin von Braunschweig-Lüneburg 176, 180 Luc, Charles-François de Vintimille, Comte du 186 Lucchese, Alberto 101 Lucchese, Giovanni 101 Lucrezia Borgia, s. Borgia, Lucrezia Ludovico Sforza, Herzog von Mailand 65, 71–74, 76, 80f. Ludwig IV., der Bayer, Römischer Kaiser 29, 34–37, 40f., 193, 201 Ludwig XI., König von Frankreich 70f. Ludwig XII., König von Frankreich 65, 80f.

Personenregister 269 Ludwig XIV., König von Frankreich 19f., 159–161 Ludwig, Dauphin von Frankreich 157 Ludwig XV., König von Frankreich 183, 202, 206, 208, 223 Ludwig X., Graf von Oettingen 36 Ludwig Rudolf, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel 176, 180, 186 Ludwig Wilhelm, Markgraf von Baden-Baden 137 Lünig, Johann Christian 13 Luna, Claudio Fernández de Quiñones y Mendosa, Conde de 51, 90f. Luycx, Frans 148, 152 M Macartney, George Viscount 208 Magdalena von Bayern, Pfalzgräfin von Neuburg 103f. Magdalena von Österreich, Großherzogin der Toskana 46 Maggio, Lorenzo 94 Maintenon, Françoise d’Aubigné, Madame de 19 Malaspina, Orazio 88f., 93 Manriquez, Don Diego 95 Mansfeld, Gräfin 165 Margarete von Brabant, Römische Kaiserin, Gemahlin Heinrichs VII. 29 Margarete von Hennegau, Römische Kaiserin, Gemahlin Ludwigs IV. 29, 34–37, 40–42 Margarete von Valois, Königin von Frankreich 51 Margarete von Savoyen, Herzogin von Mantua 120 Margarete von Österreich, Statthalterin der Niederlande 16, 46, 69f., 72, 75, 79, 82f. Margarete von Österreich, Königin von Spanien 45f., 49, 63, 96f., 106, 144 Margarethe von Österreich (Suor Margarita de la Cruz) 63, 89 Margarethe von Österreich, Herzogin von Parma, Statthalterin der Niederlande 16, 46 Margarita Theresa von Spanien, Römische Kaiserin, Gemahlin Leopolds I. 125, 131, 152, 157, 160, 163 Margherita Gonzaga, Herzogin von Ferrara 103, 119 Margherita Gonzaga, Herzogin von Lothringen 119 Mari, Giambattista de 218 Maria von Spanien, Römische Kaiserin, Gemahlin Maximilians II. 14, 24f., 50, 52–64, 85–97, 104, 109, 248 Maria, Herzogin von Burgund, Gemahlin Maximilians I. 66, 69, 72, 74f., 82 Maria I. Tudor, Königin von England 212, 219 Maria II. Stuart, Königin von England 158 Maria Stuart, Königin von Frankreich und Schottland 15 Maria de’ Medici, Königin von Frankreich 15 Maria Gonzaga, Herzogin von Mantua 119–122, 135–137 Maria von Bayern, Erzherzogin von Österreich 97, 103f., 106, 115

Maria, Erzherzogin von Österreich(-Tirol) 100–106 Maria I., Königin von Portugal 212, 219 Maria von Cosel-Beuthen, Königin von Ungarn 40 Maria von Österreich, Königin von Ungarn und Böhmen, Statthalterin der Niederlande 16, 46, 77 Maria Amalia von Österreich, Römische Kaiserin, Gemahlin Karls VII. 173, 185, 190f., 193–209, 224, 235, 248 Maria Anna von Spanien, Römische Kaiserin, Gemahlin Ferdinands III. 46, 114, 124, 141–156, 161, 248, 251 Maria Anna von Österreich, Kurfürstin von Bayern 119, 124, 132, 145, 149 Maria Anna von Bayern, Dauphine von Frankreich 157 Maria Anna von Österreich, Herzogin von Lothringen 224 Maria Anna von Bayern, Erzherzogin von Österreich, Gemahlin des späteren Kaisers Ferdinand II. 115, 119 Maria Anna von Österreich, Königin von Spanien 45–49, 63, 141, 143, 151f., 155, 162 Maria Anna von Pfalz-Neuburg, Königin von Spanien 167–169, 179, 181 Maria Anna Josepha von Bayern, Markgräfin von Baden-Baden 200 Maria Anna Josepha von Österreich, Kurfürstin von der Pfalz 125, 137, 139 Maria Anna Karoline von Bayern (Schwester Therese Emanuele) 200 Maria Anna Sophie von Sachsen, Kurfürstin von Bayern 203 Maria Antonia von Bayern, Kurfürstin von Sachsen 198f., 224f. Maria Carolina von Österreich, Königin von Neapel und Sizilien 226, 229–235, 240, 242 Maria Christina von Österreich, Fürstin von Siebenbürgen 123 Maria Clementine von Österreich, Prinzessin von Sizilien 233 Maria Clothilda, Prinzessin von Neapel-Sizilien 229 Maria Elisabeth von Österreich, Statthalterin der Österreichischen Niederlande 16 Maria Elisabeth, Erzherzogin von Österreich 213 Maria Franziska Hedwig von Sachsen-Lauenburg, Pfalzgräfin, dann Großherzogin der Toskana 134 Maria Josepha von Bayern, Römische Kaiserin, Gemahlin Josephs II. 198f., 213 Maria Josepha von Österreich, Kurfürstin von Sachsen und Königin von Polen 185, 195f., 200 Maria Josepha Felicitas von Neuenstein, Fürstäbtissin von Obermünster/Regensburg 13 Maria Leopoldine von Österreich(-Tirol), Römische Kaiserin, Gemahlin Ferdinands III. 114, 121, 125, 155f., 248 Maria Ludovica von Spanien, Römische Kaiserin, Gemahlin Leopolds II. 234, 236–238, 241

270 Personenregister Maria Ludovika Beatrix von Österreich-Este, Kaiserin von Österreich 236 Maria Luisa Gonzaga-Nevers, Königin von Polen 139 Maria Luisa von Neapel-Sizilien, Großherzogin der Toskana 229, 231, 233, 241 Maria Magdalena von Österreich, Großherzogin der Toskana 46 Maria Theresia, Römische Kaiserin, Gemahlin Franz’ I. 13–15, 28, 185f., 189f., 192, 200f., 206f., 211–227, 229, 235f., 246, 250 Marie Antoinette von Österreich, Königin von Frankreich 26, 220, 225, 233 Marie Antoinette von Neapel-Sizilien, Königin von Spanien 231 Marie Christine von Österreich, Herzogin von Sachsen-Teschen 225 Marie-Louise von Österreich, Kaiserin der Franzosen 237, 241 Marie Louise von Orléans, Königin von Spanien 47 Marie Sophie Elisabeth von der Pfalz, Königin von Portugal 169 Marie Therese von Neapel-Sizilien, Römische Kaiserin, Gemahlin Franz’ II. 229–243 Massimiliano Sforza, Herzog von Mailand 72 Mattei, Gaspare 153 Matthias, Römischer Kaiser 63, 85, 102–116, 119, 141, 235 Maurenbrecher, Wilhelm 97 Max, Kronprinz von Sachsen 241 Maximilian I., Römischer Kaiser 42, 65–67, 69f., 72–82 Maximilian II., Römischer Kaiser 24f., 49–57, 59– 63, 85–87, 89–97, 102, 104, 111, 113, 248f. Maximilian I., Kurfürst von Bayern 149 Maximilian II. Emanuel, Kurfürst von Bayern 197 Maximilian III. Joseph, Kurfürst von Bayern 194, 199, 202f., 205, 207f. Maximilian III. von Österreich, Hoch- und Deutschmeister 89, 100, 102, 105f., 110, 115 Maximilian Thomas, Erzherzog von Österreich 141, 143 Maynus, Jason 75 Mecenseffy, Grete 143 Medinaceli, Juan de la Cerda y Silva, Herzog von 59 Medina-Sidonia, Alonso Pérez de Guzmán, Herzog von 57 Megenberg, Konrad von 41 Meggau, Leonhard Helfried Graf von 149 Mendes Silva, Rodrigo 85 Menegatti, Franz 179 Michael Korybut WiŚniowiecki, König von Polen 138 Michiel, Giovanni 53, 87 Miller, Balthasar 179 Minati, Nicolò 164 Miranda, Juan Carreno de 47 Mirepois, Gaston Pierre de 188, 205

Miseroni, Ottavio 114 Möhner, Benedikt 125 Möringer, Ulrich 65 Monterrey, Inés de Velasco y Tovar, Gräfin von 58 Monteverdi, Claudio 126 Morales de Prado, Jerónimo 147 Moser, Johann Jakob 198, 249 N Neipperg, Wilhelm Reinhard Graf von 221 Netscher, Caspar 158 Neuenburg, Matthias von 35f. Nikolaus V., Papst 29 Nikolaus Franz, Herzog von Lothringen 137 Norwich, William von 41 O Oberg, Bodo von 179, 183 Oefele, Andreas Felix 175 Öxl, Maria Ottilia von 203 Oliveri, Giacinto 147 Opitz, Claudia 25 Orgaz, Juan Hurtado de Mendoza Rojas y Guzmán, Conde de 62 Otto I., Römischer Kaiser 28, 31 Otto III., Römischer Kaiser 32 Otto IV., der Fröhliche, Herzog von Österreich 41 P Pacheco 60 Padilla, Don Martino di 95 Pálffy, Johann Graf 169, 171 Pálffy, Marianne Gräfin 169, 171, 184 Palma, Juan de la 88 Pantojo de la Cruz, Juan 86f., 97 Pardubitz, Ernst von 39 Parma, Girolamo 122, 136 Paul IV., Papst 91 Paul V., Papst 104f., 107, 114 Paul I., Kaiser von Russland 232 Paul Friedrich, Großherzog von Mecklenburg 240 Payer, Johann Jacob 154 Pazman, Peter 131 Pellendorfer, Else 42 Peñalosa, Ambrosio 144 Pérez, Antonio 59 Pernstein, Frebonia Polyxena Freiin von 108 Pernstein, Jaroslav von 54 Perrenot de Granvelle, Antoine 51 Perrenot de Granvelle, Thomas, Herr von Chantonnay 55, 90 Perret, Pedro 89 Perusa, Carl Graf von 203 Peter III., König von Portugal 212, 219 Peter Leopold, Großherzog von Toskana, s. Leopold II. Petrarca, Francesco 72

Personenregister 271 Pfauser, Johann Sebastian 91 Philipp VI., König von Frankreich 35–37 Philipp I., der Schöne, von Österreich, König von Kastilien 65, 69, 75, 79, 81f. Philipp I., Herzog von Orléans 223 Philipp I., Herzog von Savoyen 70 Philipp II., König von Spanien 24, 45, 49–64, 86f., 90f., 93f., 96, 212, 219 Philipp III., König von Spanien 45f., 49, 64, 96, 144 Philipp IV., König von Spanien 45, 49, 136, 144f., 149, 152–154 Philipp V., König von Spanien 226 Philipp August, Erzherzog von Österreich 141, 143 Philipp Karl von Eltz-Kempenich, Kurfürst und Erzbischof von Mainz 200 Philipp Wilhelm, Kurfürst von der Pfalz 158–162, 167, 169, 173 Philippa von Holland-Hennegau, Königin von England 34, 36, 41 Philippe III. de Croy, Herzog von Aarschot 87 Piccolomini, Enea Silvio, s. Pius II. Piovera, Marchesa della 95 Pius II., Papst 27, 30 Pius V., Papst 90, 93 Platen, Franz-Ernst von 179 Platzer, Johann Albrecht 148 Podewils, Otto Christoph Graf von 186 Pöllnitz, Karl Ludwig Baron von 186 Poitiers, Diane de 15 Porcia, Johann Ferdinand Fürst von 167 Portia, Bartolomeo 91 Pourbus, Frans 102 Prätorius, Bernhard 113 Predis, Cristoforo Ambrogio de 71 Predis, Giovanni Ambrogio de 71 Preysing-Hohenaschau, Johann Maximilian IV. Emanuel Graf von 204–207 Pufendorf, Esaias 126 Pusterla, Baldesar 75 Q Querini, Vincenzo 65 Quiroga, Diego de 144f., 153f. Quiroga y Vela, Gaspar 59 R Raggi, Don Fabrizio 95 Rasi, Francesco 102 Rinaldo d’Este, Herzog von Modena 182, 185 Rubens, Peter Paul 102, 148 Rudolf II., Römischer Kaiser 52, 59f., 62f., 85, 87–93, 96f., 100, 103–106, 111 Rudolph, Harriet 109–112 Rummel, Franz Ferdinand von 179 Ruprecht I., der Rote, Kurfürst von der Pfalz 36 Ruspoli, Francesco Fürst von 233f.

S Salazar, Josef 181 Sanchez, Magdalena S. 96 Sanchez Coello, Alonso 148 Sandoval y Rojas, Bernardo de 64 San José, Mariana de 46f. Santhilier, Franz Gilbert Graf von 134 Sarmiento Acuña, Diego de 136 Sarpi, Paolo 64 Scaramuzza, Desiderio 101 Scheffer, Magdalena Henrietta Gräfin von 179 Schellerer, Andreas 138 Schlick, Graf 151 Schmelzer, Johann Heinrich 164 Schwarzenberg, Ferdinand Fürst von 126 Sebastian I., König von Portugal 51 Seckendorff, Friedrich Heinrich Reichsgraf von 180, 186 Segebrondi, Nicolò 128 Seinsheim, Joseph Franz von 205 Senn, Walter 102 Serntein, Zyprian von 65 Sertorio, Giovan Battista 95 Sessa, Gonzalo Fernández de Córdoba, Herzog von 59 Sforza, Caterina 71, 73 Sigismund, Römischer Kaiser 27, 29f. Sigismund, Erzherzog von Österreich(-Tirol) 75, 77f. Sigismund III. Wasa, König von Polen 103f. Silva-Tarouca, Emanuel Teles Graf von 222 Sinelli, Emmerich 137 Sinzendorf, Georg Ludwig Graf von 167 Sinzendorf, Philipp Ludwig Wenzel Graf von 169, 183 Sophie von der Pfalz, Kurfürstin von Hannover 179 Sophie Dorothee von Württemberg, Kaiserin von Russland 232 Sophie-Hedwig, Prinzessin von Dänemark 178f. Sophie Luise von Württemberg, Markgräfin von Brandenburg-Bayreuth 130 Spielman, John P. 167 St. Saphorin, François Louis de 187 Stadlmayr, Johann 102 Starhemberg, Gundaker Thomas Graf von 187 Starhemberg, Johann Georg Adam Graf von 233 Starzhausen, Charlotte Freiin von 203f. Stoppani, Gianfrancesco 207 Stratmann, Theodor Heinrich von 160, 167 Striggi, Alessandro 134 T Taccone, Baldassare 74 Taube von Selbach, Heinrich 39 Távara, Pedro Pimentel y Osorio, Marques de 50 Terranova, Carlos de Aragón y Tagliavia, Herzog 59f. Theophanu, Römische Kaiserin, Gemahlin Ottos II. 14, 32

272 Personenregister Therese Kunigunde Karoline von Polen, Kurfürstin von Bayern 196f., 202 Theresia Maria Josepha, Erzherzogin von Österreich 125 Thököly, Imre 166 Thun, Christoph Simon Graf von 147 Thurn, Johann Philipp Graf von 134 Tizian (Tiziano Vecellio) 148 Törring, Ignaz Graf von 201, 205 Törring-Seefeld, Clemens Gaudenz Graf von 203 Trautson, Susanna Veronica Gräfin von 155 Trauttmansdorff, Maximilian Graf von 107f., 115f., 152 Tripetta, Marco 107 Trivulzio, Claudio 54, 90 U Ulfeld, Anton Graf von 193, 200, 206f. Ulrich 42 Ulrike Eleonore von Dänemark, Königin von Schweden 158, 162 Unertl, Franz Joseph von 200 Urban V., Papst 27, 29f. Urban VII., Papst 59 V Valencia, Don Pedro de 151 Vargas Mejía, Juan 50 Vasompier, Graf 154 Vázquez, Mateo 60 Velasco, Francisco Angulo y 149, 151 Vélez, Pedro Fajardo y Córdoba, Marques de 59f., 64 Venegas de Figueroa, Luis 55–58 Ventura, Santo 147 Veralli, Fabrizio 107 Verdina, Pietro 148 Vergil (Publius Vergilius Varo) 72 Villa, Alexander de 72 Villareal, Maria da Silva, Marquesa de 62 Vincenzo I. Gonzaga, Herzog von Mantua 102, 106, 113, 118f., 126 Vincenzo II. Gonzaga, Kardinal, dann Herzog von Mantua 121, 135 Vinci, Leonardo da 71 Visconti, Gaspare 71 Visconti, Valentina 80 Vittorio Amedeo I., Herzog von Savoyen 120 Vivenzio, Giovanni 234 Vivenzio, Frau von 229, 231, 234

W Wagner, Fritz 202 Walburga, Heilige 198 Weingarten, Leopold von 207 Weiss, Sabine 72 Weitmühl, Benesch von 43 Wellenburg, Maria Theresia Gräfin von Fugger zu 203 Welser, Philippine 99f. Wendhausen, Philipp Ludwig Probst von 180 Wenzel, Römischer König 39 Wenzel von Österreich, Großprior des Johanniterordens in Kastilien 49, 52 Westhoff, Dietrich 27 Widorn, Helga 144 Wiesflecker-Friedhuber, Inge 77 Wilhelm I., Herzog von Bayern-Straubing 35f. Wilhelm V., Herzog von Bayern 61 Wilhelm der Jüngere, Herzog von BraunschweigLüneburg 176 Wilhelm III. von Oranien, König von England 158 Wilhelm III., Graf von Holland 34 Wilhelm IV., Graf von Holland 34f. Wilhelm, Markgraf von Jülich 34 Wilhelm II., Graf von Katzenelnbogen 35 Wilhelm von Gennep, Kurfürst und Erzbischof von Köln 39 Wilhelmine Friederike, Fürstin von Oettingen, Wallerstein und Baden 240 Winkl, Hans von 101 Winkl, Thomas von 101 Winter, Otto Friedrich 150 Wiss de 101 Wladislaw IV. Wasa, König von Polen 139 Wolfram von Nellenburg, Deutschmeister 36 Wolfstein, Albrecht von 65 Wolkenstein, Veit von 80 Wratislaw, Johann Wenzel Graf von 169f. Wullroß, Wolfgang Siegmund Rumpf vom 54 Wurmbrand, Johann Wilhelm Graf von 216 Z Zayas, Gabriel de 53 Zedler, Johann Heinrich 13 Zinzendorf, Albrecht Graf von 137 Zucconi, Vincenzo 115, 132, 134, 136