Verständliche Sprache und leicht zu lesen: der '''Rote Faden''' durch die Neuroanatomie De
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German Pages 436 [439] Year 2017
Martin Trepel
Neuroanatomie Struktur und Funktion
ELSEVIER
Urban & Fischer
M. Trepel Neuroanatomie
Für
Christine Wegerer Jonas Trepel Nora Trepel
Martin Trepel
Neuroanatomie Struktur und Funktion 7. Auflage
ELSEVIER
ELSEVIER Hackerbrücke 6, 80335 München, Deutschland
Wir freuen uns über Ihr Feedback und Ihre Anregungen an [email protected] Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. med. Martin Trepel Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Medizinische Klinik II Martinistraße 52 20246 Hamburg [email protected]
und
Klinikum Augsburg Medizinische Klinik II Stenglinstr. 2 86156 Augsburg [email protected]
ISBN 978-3-437-41288-2 eISBN 978-3-437-18009-5
Alle Rechte vorbehalten
7. Auflage 2017 © Elsevier GmbH, Deutschland
Wichtiger Hinweis für den Benutzer Die Erkenntnisse in der Medizin unterliegen laufendem Wandel durch Forschung und klinische Erfahrungen. Herausgeber und Autoren dieses Werkes haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass die in diesem Werk gemachten therapeutischen Angaben (insbesondere hinsichtlich Indikation, Dosierung und unerwünschter Wirkungen) dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Das entbindet den Nutzer dieses Werkes aber nicht von der Verpflichtung, anhand weiterer schriftlicher Informationsquellen zu überprüfen, ob die dort gemachten Angaben von denen in diesem Werk abweichen und seine Verordnung in eigener Verantwortung zu treffen. Für die Vollständigkeit und Auswahl der aufgeführten Medikamente übernimmt der Verlag keine Gewähr. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden in der Regel besonders kenntlich gemacht (®). Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann
jedoch nicht automatisch geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de/ abrufbar.
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Umschlaggestaltung: SpieszDesign, Neu-Ulm Titelfotografie: © Paul Herbert/Fotolia.com Aktuelle Informationen finden Sie im Internet unter www.elsevier.de und www.elsevier.com
Vorwort „Ob wir nun aber unsere Bemühung bloß für anatomisch erklären, so
müsste sie doch, wenn sie fruchtbar, ja wenn sie in unserem Falle auch nur möglich sein sollte, stets in physiologischer Rücksicht unternommen werden. Man hat also nicht bloß auf das Nebeneinandersein der Teile zu sehen, sondern auf ihren lebendigen, wechselseitigen Einfluss, auf ihre Abhängigkeit und Wirkung.“ J. W. von Goethe
(Entwürfe zu einem osteologischen Typus, 1796)
Liebe Leserinnen und liebe Leser, Neuroanatomie ist faszinierend! Das ist sie schon deshalb, weil sie
Zur Benutzung des Buches:
für unser Selbstverständnis eine so wichtige Rolle spielt. In der Me-
pheres Nervensystem“ und „Sinnesorgane”) vom Verständnis her aufeinander auf. Sie werden sich daher am besten zurechtfinden,
dizin kommt neben dem, dass sie einfach spannend ist, hinzu, dass
ihre Bedeutung in alle medizinischen Disziplinen hineinreicht. Viele Fächer, und dabei nicht nur die Neurologie, können ganz oder in
Teilen ohne gute Neuroanatomiekenntnisse überhaupt nicht verstanden werden. Deshalb müssen wir eine Neuroanatomie, die sich an Studierende der Medizin wendet, funktionell und klinisch orien-
tiert lehren. Aufbau und Funktionsweise des Nervensystems sind dem Anfänger jedoch nicht leicht zugänglich, da beide häufig unabhängig voneinander gelernt und so nicht wirklich verstanden werden. So gehen viele die Neuroanatomie nur widerstrebend an und geben nicht selten nach mehreren Anläufen enttäuscht und entmutigt auf. Selbst anfängliches Interesse schlägt dann um in Langeweile oder Unmut. Das Grundkonzept dieses Lehrbuches ist es daher, Ihnen die en-
ge Verknüpfung von Morphologie, Funktion und Klinik deutlich zu machen. Das Buch ist aus der intensiven Arbeit mit Studierenden entstanden, deren Bedürfnisse und Anregungen aufgegriffen und berücksichtigt wurden. Auf Details, die für die ärztliche Ausbildung unwichtig
erschienen,
haben
wir bewusst
verzichtet,
sofern
sie
nicht ausdrücklich Gegenstand der Ärztlichen Prüfung sind. Dafür wurde Raum geschaffen für viele klinische Hinweise. Sie unterstreichen den Bezug zur Praxis und machen die Lehrinhalte verständlicher. Ergänzend wird Ihnen anhand von Fallbeispielen mit dazugehörenden Fragen die klinische Denkweise nähergebracht, die u.a. darin besteht, von einem Symptom über eine ausgefallene Funktion auf eine geschädigte Struktur zu schließen. Beim Verfassen des Buches wurden die Punkte des Gegenstandkatalogs und die geltende Approbationsordnung für Ärzte berücksichtigt. Ebenso wurde der Inhalt aller zur Verfügung stehenden MC-Prüfungsfragen zur Neuroanatomie in den Text eingearbeitet.
Grundsätzlich bauen die einzelnen Kapitel (ausgenommen
„Peri-
wenn Sie beim Bearbeiten die vorgegebene Reihenfolge einhalten. Die einheitliche Gliederung der einzelnen Kapitel erleichtert Ihnen die Übersicht beim Lesen ebenso wie das Nachschlagen. Weniger
Wichtiges,
also
„Vertiefungswissen“,
wird
von
besonders
Wichtigem durch ein abgeblasstes Schriftbild abgegrenzt. So können eilige Leser oder Anfänger diese Passagen überspringen, ohne den Zusammenhang zu verlieren. Ebenso sind in den Text an vielen Stellen Merksätze eingefügt, die besonders wichtige didaktische Zusammenhänge oder „Fallstricke“ auf den Punkt bringen.
Am Ende jedes Kapitels finden Sie eine Zusammenfassung und kommentierte Wiederholungsfragen sowie den Verweis auf ebenfalls kommentierte klinische Fallbeispiele. Die Zusammenfassungen wiederholen zum einen das gerade Gelesene noch einmal im Überblick. Zum anderen können sie vor Prüfungen und Testaten als Repetitorium verwendet werden. Die Wiederholungsfragen ermöglichen eine Überprüfung des Lernerfolgs, sodass sie auch zur Vorbereitung auf mündliche Prüfungen dienen können. Am Ende des Buches finden Sie eine zusammenfassende Übersicht über die in den Kapiteln 3 bis 9 dargestellten Bahnsysteme, die Sie als ausklappbare Text-Bild-Tafeln während des Lernens ständig zum Nachschlagen verfügbar haben. Ein im Anhang befindliches Glossar erläutert die wichtigsten neuroanatomischen Fachbegriffe kurz und sorgt so dafür, dass die Orientierung beim Lesen nie verloren geht, auch wenn Sie einmal einen Begriff inhaltlich nicht einordnen können. Ich hoffe sehr, dass ein wenig von der Freude und der Faszination, die mich beim Schreiben geleitet haben, auch auf Sie als Leser
überspringen kann. An alle Benutzer des Buches geht die herzliche Bitte um kritische Stellungnahme. Schreiben Sie mir, für Hinweise und Anregungen bin ich stets offen und sehr dankbar!
Die siebte Auflage Nur wenige andere Fächer der Medizin und Biologie sind so sehr im Fluss wie die Neurowissenschaften. Zudem ändern sich Lern- und Lehrgewohnheiten. So muss dieses Lehrbuch immer wieder neu be-
Buch. Prof. Dr. J. Wörl (Institut für Anatomie, Universität Erlan-
trachtet, bearbeitet und verbessert werden. Neben der Anpassung
gen), Prof. Dr. U. Welsch (Abt. für Zellbiologie, LMU
des Textes an den derzeitigen Kenntnisstand wurde er didaktisch überarbeitet und Ungenauigkeiten oder Unkorrektheiten beseitigt. Mehrere Abbildungen wurden neu gezeichnet und zusätzliche Bilder aus der klinischen Praxis hinzugefügt. Für alle Leser, denen das
J.N. Braun (Marburg), F. Herrmann (Gießen), T. Kutschka (Frankfurt), und S. Köcker (Freiburg) bin ich für wertvolle Hinweise dank-
hier abgedruckte klinische Bildmaterial nicht ausreicht, findet sich
ich für die konstruktive Zusammenarbeit.
zusätzliches Bildmaterial online; zu finden in Zusatzinfo-Kästen
Schließlich gilt mein Dank allen Studierenden, auch wenn sie nicht geschrieben haben, sich aber für das Thema interessieren. Gä-
der elektronischen Version des Buches und unter www.studentconsult.com. Die Fallbeispiele in Kapitel 14 sind weiterhin bewusst unbebildert geblieben. Dies soll unterstreichen, dass sie frei erfunden
sind und nicht die Verknüpfung einzelner realer Patientenschicksale mit ihnen suggeriert werden soll. Ich wünsche mir, dass das Buch Ihnen auch in der siebten Aufla-
ge nicht nur den Umgang mit diesem als schwierig geltenden Fach erleichtert, sondern auch Freude und Interesse daran wecken kann.
ZUSATZINFO Als zusätzlichen Nutzen zu diesem Buch erhalten Sie Zugang zum interaktiven Lernprogramm Anatomie des Gehirns von Herrn Professor Bock: http://adg.uni-saarland.de/homtest_16.htm
Trotz sorgfältiger inhaltlicher Kontrolle übernehmen wir keine Haftung für externe Links und deren Inhalte. Für die verlinkten Seiten und ihre Zugänglichkeit im Netz sind ausschließlich deren Betreiber verantwortlich.
Mein ganz besonderer Dank geht erneut an Frau Dr. C. Wegerer für die stete und geduldige Unterstützung bei der Arbeit an diesem München),
bar, die in den neuen Text eingeflossen sind.
Den Mitarbeitern des Verlages Elsevier/Urban & Fischer danke
be es sie nicht mit all ihrer Begeisterungsfähigkeit und Motivation, wäre dieses Buch nie entstanden. Hamburg, im Juli 2017 Martin Trepel
Abkürzungen Nervus
A, ARAS
Arteria
aufsteigendes retikuläres aktivierendes System
Ncl.
ant.
anterior
FR GABA Ggl. Gl. HHL HVL inf. M. med. LWK lat.
Formatio reticularis y-Aminobuttersäure Ganglion Glandula Hypophysenhinterlappen Hypophysenvorderlappen inferior Musculus medialis Lendenwirbelkörper lateralis
NO NS PNS PPRF
Nucleus Stickstoffmonoxid Nervensystem peripheres Nervensystem
paramedian pontine reticular formation, paramediane pontine Formatio reticularis
prof.
profundus
sup.
superior
superf.
superficialis Vena
VIP ZNS
vasoaktives intestinales Polypeptid Zentralnervensystem
Abbildungsnachweis S$130-3
Deetjen/Speckmann: Physiologie, 3. Aufl., Urban & Schwarzenberg, München-Wien-Baltimore
S139
Toldt, C. & Hochstetter, F.: Anatomischer Atlas. Urban &
Henriette Rintelen, Velbert Michael Budowick, München
1873
Dr. med. Katja Dalkowski, Erlangen Stefan Elsberger, Planegg
Schwarzenberg 1979 Prof. Dr. Martin Trepel, Klinikum Augsburg, Medizinische Klinik II
1874
Prof. Dr. J. Klisch, Klinikum Erfurt, Institut für diagnosti-
Der Verweis auf die jeweilige Abbildungsquelle befindet sich bei allen Abbildungen im Werk am Ende des Legendentextes in eckigen Klammern. L106 L107 L126 L141 L217 M375 R110-19 R170-3 R252
Esther Schenk-Panic, München Prof. Dr. Ulrich Welsch, München
1875
Prof. Dr. M. Schuhmacher, ehem. Universitätsklinikum
Elsevier GmbH, Urban & Fischer, 2005 Welsch, U.: Lehrbuch Histologie. Elsevier Urban & Fischer,
T876
Freiburg, Abt. für Neuroradiologie Prof. Dr. M. Manfredi, Department of Neurological Scien-
3, Aufl., 2010
1877
ces, Universität Rom, Italien Prof. Dr. D. Petersen, ehem. Universitätsklinkum Schles-
Rössler, Rüther: Orthopädie und Unfallchirurgie. 19. Aufl.,
S007-1-23 S$007-3-23 SO010-2-16
1879
wig Holstein, Campus Lübeck, Abt. Neuroradiologie Prof. Dr. M. Langer, Universitätsklinikum Freiburg, Klinik für Radiologie
T880
Prof. Dr. A. Berlis, Klinikum Augsburg, Klinik für Diagnos-
T881 T886
tische Radiologie und Neuroradiologie Dr. J. Zyroff, Scripps Clinic, San Diego, USA Prof. Dr. Kröncke, Klinikum Augsburg, Klinik für Diagnos-
Sobotta, J.: Atlas Histologie, Elsevier/Urban & Fischer,
7. Auflage 2005 S007-22
sche, interventionelle Radiologie und Neuroradiologie
Sobotta, J.: Atlas der Anatomie des Menschen. Elsevier Urban & Sobotta, Urban & Sobotta, Urban &
Fischer, 22. Auflage 2007 Atlas der Anatomie Bd. 1, 23. Aufl., Elsevier Fischer 2010 ISBN 978-3-437-44071-7 Atlas der Anatomie Bd. 3, 23. Aufl., Elsevier Fischer 2010 ISBN 978-3-437-44073-1
Benninghoff/Drenckhahn: Anatomie Bd. 2. Elsevier Urban & Fischer, 16. Auflage 2004
tische Radiologie und Neuroradiologie V492
abavo Satzbüro
Inhaltsverzeichnis Grundlagen, Begriffe und Definitionen 1.1 1.2 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.4 1.5 1.6 1.7 1.7.1 1.7.2 1.7.3
2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.5 2.2.6 2.2.7 2.2.8 2.2.9 2.2.10 2.2.11 2.2.12 2.2.13 2.2.14 2.2.15 2.2.16 2.2.17 2.2.18 2.2.19 2.2.20 2.2.21 2.2.22 2.2.23 2.2.24 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3
.....
Gliederung des Nervensystems Funktionsprinzip des Nervensystems .......... Zytologie und Histologie des Nervensystems ..... Das Neuron .. Gliagewebe Struktur des peripheren NervS .....000000004004 Periphere Ganglien
Afferent und efferent, sensibel und motorisch .. . Transmittersysteme Graue und weiße Substanz im ZNS Entwicklungsgeschichte des Nervensystems .... Embryogenese des NervensystemS ............. Histogenese des Nervensystems Regionale Entwicklung des Nervensystems ...... Peripheres Nervensystem Allgemeine Grundlagen ..........0.00000040000 Spinalnerven (Nervi spinales) ................ Segmentale und periphere Innervation .......... Rami anteriores und Rami posteriores der Spinalnerven . ...00000000000 0 Rumpfwandinnervation, Nn. intercostales Plexus cervicalis und zervikale Nerven .......... Plexus brachialis .......0.0000000000000000000 N. cutaneus brachii medialis und N. cutaneus antebrachli medialis .............. N. ulnarisS 22r N. musculocutaneus N. medianuS .20r N. axillaris . ....0..00000000000000 00Rr N. radialis ....000000000000 0RR Plexus lumbosacralis ........0.040400400000-00400 N. iliohypogastricus und N. ilioinquinalis
2.3.4 2.3.5 2.3.6 2.3.7 2.3.8 2.3.9 2.3.10 2.3.11 2.3.12 2.3.13 2.3.14 2.3.15 2.3.16
3.1 3.2 3.3 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4
N. femoralis
.....0.0.000000000000400 000r
N. gluteus superior und N. gluteus inferior ....... N. cutaneus femoris posterior N. ischiadicuS ......00000000000000 000er N. fibularis (N. peroneus) .............0.0.00000 N. tibialis 200000000 N. pudenduUS . ....00000000004 Plexus COCCYQEUS » .. ...0004000040100 E Hirnnerven (Nervi craniales)
l. Hirnnerv: N. olfactorius ..........0.000004044 Il. Hirnnerv: N. OpticUS . ...00000000001 00000 Il Hirnnerv: N. oculomotorius ..........0.0.0004
VIl. Hirnnerv: N. facialis .........00.0000000004 Ganglion pterygopalatinum und Ganglion submandibulare .......0.0.000404040404474 VIIl. Hirnnerv: N. vestibulocochlearis IX. Hirnnerv: N. glossopharyngeus ............. Ganglion oticuM .....00000000000 e X. Hirnnerv: N. VaQgUS .....0000000000000000e Xl. Hirnnerv: N. accessorius
All. Hirnnerv: N. hypoglossus ...........0.0.04000 Durchtritt der Hirnnerven durch die Schädelbasis .. Rückenmark (Medulla spinalis) ............ Äußere Gestalt, Lage und Gliederung Rückenmarkshäute und entsprechende Räume .. Querschnittsbild des Rückenmarks
3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.5.4 3.5.5 3.6
Graue Substanz des Rückenmarks ............ Hinterhorn Seitenhorn . ...r Vorderhorn .20 Spinale Reflexe und Eigenapparat des Rückenmarks Weiße Substanz des Rückenmarks: Rückenmarkbahnen .......0.000000000000000e Tractus spinothalamicus Hinterstrangbahnen Kleinhirnseitenstrangbahnen .............000. Pyramidenbahn (Tractus corticospinalis) ......... Extrapyramidale Bahnen Blutversorgung des Rückenmarks
4.1 4.2 4.3
Übersicht über Gliederung und Außenansicht des Gehirns ................ Gliederung und Definitionen Topographische Bezeichnungen .............. Lateral-, Basal- und Medialansicht des Gehirns ..
3.5
N. genitofemoralis ..........0.000000000000004 N. cutaneus femoris lateralis N. obturatorius
Ganglion ciliare ......00000000000 IM Hirnnerv: N. trochlearis ......00000000000000 V. Hirnnerv: N. trigeminus Vl. Hirnnerv: N. abducens
Verlängertes Mark (Medulla oblongata) und Brücke (PonsS) 200000 5 und 6 Hirnstamm
5.1 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3
Abgrenzung, äußere Gestalt und Gliederung . ... Hirnnervenkerne
Grundlagen . ....0.0.0000000000 Lokalisation der Hirnnervenkerne im Hirnstamm und im oberen Zervikalmark Kerne des N. oculomotorius ......00000040040404040
Inhaltsverzeichnis
5.2.4 5.2.5 5.2.6 5.2.7 5.2.8 5.2.9 5.2.10 5.2.11 5.2.12 5.2.13 5.3 5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.4
Kern des N. trochlearis .........00000000000004 Kerne des N. trigeminUuS . .........0.0.0000000004 Kern des N. abducens Kerne des N. vestibulocochlearis Kerne des N. glossopharyngeus ............... Kerne des N. vaguS .....0.000000000100 rr Kerne des N, accessoriuS .......0.0.0000400000004 Kern des N. hypoglossus Die Hirnnervenkerne: Übersicht ............... Weitere Kernkomplexe in Medulla oblongata und Pons Olivenkernkomplex und oliväres System ......... Brückenkerne (Ncll. pontis)
Hinterstrangkerne (Ncl. gracilis und Necl. cuneatuS) ... Überblick über Querschnitte durch
Mittelhirn (Mesencephalon) Abgrenzung, äußere Gestalt und Gliederung . ... Tectum mesencephäli . ......0.00000000000000 Colliculi superiores
Colliculi inferioreS .....00000400000000 RR Tegmentum mesencephali
................00.
7.1 7.2 7.2.1 /.2.2 7.2.3 7.2.4 7.3
8.2.2 8.2.3 8.3 8.3.1 8.3.2 8.3.3 8.3.4 8.3.5 8.4 8.5 8.5.1 8.5.2 8.5.3 8.5.4 8.6
Substantia nigra
Formatio reticularis ..........000000000000rE Zentrale Verschaltung der Augenmuskelkerne, Crura cerebri Bahnsysteme des Hirnstamms ............... Kortikospinale und kortikonukleäre Bahn ........ Kortikopontine Bahnen Lemniscus medialis und Lemniscus trigeminalis ... Tractus spinothalamicus Lemniscus lateralis Fasciculus longitudinalis medialis .............. Fasciculus longitudinalis posterior ............. Tractus tegmentalis centralis .............0000. Kleinhirn (Cerebellum) ................00. Äußere Gestalt und Gliederung .............. Mikroskopische Anatomie der Kleinhirnrinde . . . . Purkinje-Zellschicht (Stratum purkinjense) ....... Körnerschicht (Stratum granulosum) Molekularschicht (Stratum moleculare)
Verschaltungsprinzip der Kleinhirnrinde .........
9.1 9.1.1 9.1.2 9.1.3
Afferente Bahnen Weiterleitung der Impulse von der Rinde zu den Kleinhirnkernen
Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme ................ Äußere Gestalt und Gliederung .............. Die wichtigsten Ansichtsperspektiven ........... Entstehung der Hirnlappen und Rotation der Hemisphären ......00000000000000 rr Entwicklungsgeschichtliche Gliederung
des Großhirns ...r 9.1.4 9.2 9.2.1 9.2.2 9.2.3 9.2.4 9.2.5 9.2.6 9.2.7 9.3 9.3.1
Afferente und efferente Verbindungen des Kleinhirns
7.3.1 7.3.2
8.1 8.2 8.2.1
Zwischenhirn (Diencephalon) Abgrenzung, Gliederung und äußere Gestalt .... Thalamus ....0000 Thalamuskerne mit Faserbeziehungen zu umschriebenen Kortexarealen ..........0.0.0000 Thalamuskerne ohne Faserbeziehungen zu umschriebenen Kortexarealen ...........0.0000 Funktionsausfall bei Schädigung des Thalamus ... HypothalamusS .....00000000000000 rr Einteilung der Kerngebiete des Hypothalamus .... Vordere Kerngruppe des Hypothalamus ......... Mittlere Kerngruppe des Hypothalamus ......... Hintere Kerngruppe des Hypothalamus Faserverbindungen des Hypothalamus .......... HypophySe ....0.0.00000000000EG Epithalamus . ...00000 Epiphyse (Glandula pinealis) ...........0.004040 Habenula und Stria medullaris ...............4Area pretectalis . .....0.0.00000000101 e Commissura posterior .......00.0000000001000 4 Subthalamus
Ncl. ruber err
Augenbewegungszentren 6.4 6.5 6.5.1 6.5.2 6.5.3 6.5.4 6.5.5 6.5.6 6.5.7 6.5.8
Kleinhirnkerne und efferente Bahnen ........... Funktion des Kleinhirns .........0.0.0000040444 Funktionsstörungen des Kleinhirns ...........
Kerne des N. facialis
Medulla oblongata und Pons ................
6.1 6.2 6.2.1 6.2.2 6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.3.4
7.3.3 7.4 7.5
9.3.2 9.3.3 9.3.4
Rindenfeldergliederung nach Brodmann Basalganglien und assoziierte Strukturen, zentrale Regulation der Motorik Lage und Morphologie der Basalganglien StriatumM .r Pallidum (Globus pallidus) ..........0404000404440
Ncl. subthalamicus Genaueres Verschaltungsprinzip der Basalganglien ......0000404000000r Claustrum » ...000e Zusammenwirken der Basalganglien und zentrale Regulation der Motorik Paleokortex und Riechhirn .........0000040404000 Riechbahn und Riechrinde (olfaktorischer KortexX) .........0.0.000000000000 Septumregion (Area septalis) ................. Corpus amygdaloideum . ........000000000000 Basale Vorderhirnstrukturen
Inhaltsverzeichnis
9.4 9.4.1 9.4.2 9.4.3 9.4.4 9.4.5 9.4.6 9.5 9.5.1 9.5.2 9.6 9.6.1 9.6.2 9.6.3 9.6.4 9.6.5 9.6.6 9.7 9.7.1 9.7.2 9.7.3 9.7.4 9.7.5 9.8 9.8.1 9.8.2 9.8.3
Archikortex und limbisches System Bestandteile des limbischen Systems ........... Hippocampus Histologie der Hippocampusformation und des ArchikorteX ......00000000000 0Rr Anatomische Grundlagen des Gedächtnisses ..... Gyrus CingUli ....00000000000 Funktion des limbischen Systems .............. NeokorteX ....00000000000 E Funktionelle Gliederung Histologie des NeokorteX ........0.0.00000000000 Frontallappen . .....0000000000000 rr Gyrus precentralis, Pyramidenbahn und pyramidale Motorik ........00000000000000 0 Prämotorische und supplementärmotorische RindE err
Frontales Augenfeld Motorisches Sprachzentrum . ........0.00000404000 Frontales Blasenzentrum ......0.00000000000000
Präfrontale Rinde Parietallappen Somatosensible Bahnen, afferentes System zur sensiblen Rinde ......000000000001 e Gyrus postcentralis, primäre somatosensible Rinde 2r Sekundäre somatosensible Rinde und posteriorer parietaler Kortex Vestibuläre Bahn und vestibulärer Kortex ........ Gyrus angularis .......00000000000 0rr Okzipitallappen und visuelles System
Sehbahn, afferentes System zur Sehrinde ........
9.9
Temporallappen, auditorisches System und zentrale Regulation der Sprache
9.9.1 9.9.2 9.9.3 9.9.4 9.10
Hörbahn, afferentes System zur Hörrinde ........
9.11 9.11.1 9.11.2 9.12 9.12.1 9.12.2 9.12.3
11 11.1 11.1.1 11.1.2 11.2 11.2.1 11.2.2 11.2.3 11.3 11.3.1 11.3.2 11.3.3 11.3.4 11.4 11.4.1 11.4.2 11.4.3 11.4.4
E E Sekundäre Sehrinde und übergeordnete
visuelle Rindenfelder ...........000000000004
9.10.1 9.10.2
10 10.1 10.1.1 10.1.2 10.1.3 10.1.4 10.2 10.2.1 10.2.2 10.2.3 10.2.4 10.2.5
Primäre Hörrinde + .....000000000000 rr Sekundäre Hörrinde .....0.00000000000000 rr Einige sprachassoziierte Schaltkreise ........... Inselrinde (Lobus insularis) und „Multisensorischer” KorteX ............0.000.
Multisensorischer Kortex der Inselrinde Viszerosensible und gustatorische Bahn, viszerosensibler und gustatorischer Kortex ....... Bahnsysteme innerhalb des Großhirns .........
Hirnhäute (Meningen)
Dura mater .00 Arachnoidea mater ......0.0.00000000000000 00 Pia mater LiquorzisterneN . ....0000004000R REr Blutversorgung und Innervation der Meningen . ... Blutversorgung des Gehirns Grundlagen Versorgungsprinzip ......004000000000 rrr er Blut-Hirn-Schranke
Große zuführende Gefäße
.........0...0.00000-
A, carotis InterNa .. A. vertebräalis ... Circulus arteriosus cerebri
Die drei großen Gehirnarterien A. cerebri anteriOr ... A. cerebri media
A. cerebri posterior ......0.00000000000000000
Darstellung der Gehirngefäße am Lebenden Hirnvenen und Sinus durae matris ............
Oberflächliche Venen .. ... Tiefe VeneN ..r Sinus durae matfiS ...
12 12.1 12.2 12.3 12.4 12.5 12.5.1 12.5.2 12.5.3 12.6 12.6.1 12.6.2 12.7 12.7.1 12.7.2 12.7.3 12.8 12.9
261 261 261 263 264 264 264 265 267 268 268 268 271 271 271 271 272 272 274 275 276 277 277 280 281 282 282 285 286
Lymphgefäße und Iymphatischer Abfluss aus dem Gehitn er
Corpus callosum (Balken)
Capsula interna . .....00000000000000000000 Frontal-, Horizontal- und Sagittalschnitte durch Groß- und Zwischenhirn . .............. Frontalschnitte ......000000040004 Horizontalschnitte .......0.0004040000001 00 Sagittalschnitte ........0.00000000000 00rr
Liquor-, Ventrikelsystem und Hirnhäute ..... Liquor- und Ventrikelsystem ...............0.. Ventrikelsystem ......0.0.00000000000 e Liquorbildung und Plexus choroideus ........... Liquorresorption Funktion des LiqUOrS ........00000000000040044
XI
Vegetatives Nervensystem Funktionelle Grundlagen Anatomische Grundlagen Transmitter und Rezeptoren ................. Vegetative (autonome) Plexus ...............
Sympathikus Halsteil des Truncus sympathicus .............. Brustteil des Truncus sympathicus Bauch- und Beckenteil des Truncus sympathicus . . . Parasympathikus Hirnstammzentren ......0000000000 rr Sakrale Zentren ......00000000000 Vegetative Kontrolle von Harnblase, Rektum und Genitalien Harnblase . ....0000007000E RektumM »20r Genitale Viszerale Afferenzen und Head-Zonen ......... Enterisches Nervensystem ..........0.00000000
287
XIl 13 13.1 13.1.1
Inhaltsverzeichnis
13.5 13.5.1 13.5.2 13.5.3 13.5.4 13.6
Haut und Hautanhangsgebilde .............. Haut: Allgemeines und Funktion .............. Mikroskopische Anatomie der Haut ............ Sinnesorgane der Haut ..........0.00.00000000A Hautanhangsgebilde ..........0.0000000000700 Sinnesorgane des Bewegungsapparats ........
340 340 341 343 344 347
Tunica vasculosa bulbi (Uvea) Tunica interna bulbi (Retina)
14
IMSr
14.1 14.1.1 14.1.2 14.1.3 14.1.4 14.2 14.2.1 14.2.2 14.2.3 14.2.4
Praktische Neuroanatomie: Fälle, Fragen und Lösungen ............... Fälle mit Wiederholungsfragen .............. Spinalnerven ... Hirnnerven .. Rückenmark ‚.00 GEehIM err LÖSUNGEN » S$pinalnerven ... Hirnnerven ..r Rückenmark . ..0.0000000 GE err
353 353 353 357 359 360 366 366 368 371 371
15
Tabelle der Transmittersysteme
377
Sinnesorgane .. Auge
Aufbau und Gliederung des Augapfels (Bulbus oculi)
13.1.2 13.1.2 13.1.3 13.1.4 13.1.5 13.1.6 13.1.7 13.1.8 13.1.9 13.1.10 13.1.11 13.1.12 13.1.13 13.2 13.2.1 13.2.2 13.2.3 13.3 13.4
und 13.1.3 Tunica fibrosa bulbi ............... KOMEA e Sklera ..000000000
Linse (LenS) .
Corpus ciliare (Ziliarkörper) Augenkammern und Kammerwasser Corpus vitreum (Glaskörper)
Visuelle RefleXe ........0.00000000000000100 Umgebungsstrukturen und Schutzorgane des AUGES ..r e Augenmuskeln Ol errn
Äußeres Ohr Mittelohr ...0000000000 InnenOAFr .2r Geruchsorgan Geschmacksorgan
AA E GloSSar .22 Register ...
...........
381 381 389
KAPITEL
Grundlagen, Begriffe und Definitionen 1.1
Gliederung des NervensystemsS
1.2 1.3 1.3.1 1.3.2. 1.3.3 1.3.4
.............
Funktionsprinzip des Nervensystems ......... Zytologie und Histologie des NervensystemS .00 Das Neuron e Gliagewebe ........00000000000000e Struktur des peripheren Nervs .............0000 Periphere Ganglien .......0.00000000000000004H
1
Afferent und efferent, sensibel und motorisCh ..
11
1.5
Transmittersysteme
11
1.6
Graue und weiße Substanz im ZNS
..........
13
1.7
Entwicklungsgeschichte des Nervensystems .. Embryogenese des NervensystemS ............. Histogenese des Nervensystems ............... Regionale Entwicklung des Nervensystems .......
13 13 14 16
2
2 2 6 10 11
1.1 Gliederung des Nervensystems Das Nervensystem ist ein Meisterwerk der Natur! Dabei hat es Gemeinsamkeiten mit einem Meisterwerk der modernen Kunst: auf den ersten Blick kann es verworren und unverständlich scheinen. Wenn man sich aber eingehender damit befasst, Hintergründe und Zusammenhänge
1.4
erkennt, ist es äußerst faszinierend. Und
doch
(auch dies ist bei beiden ähnlich): vollkommen ergründen man es wohl nie. Warum ist das so? Das Nervensystem ist das plizierteste funktionelle System des Körpers. Milliarden feinst stimmter elektrischer Impulse jagen unablässig durch dieses
kann komabgegroß-
artige Netzwerk, das unseren Körper durchzieht, seine Teile wie ein
extrem komplexes Telefonnetz verbindend und sich dabei doch ständig dynamisch verändernd. So ermöglicht es dem Menschen die Kommunikation mit seiner Umwelt und bildet damit die Grundlage für ein dieser Umwelt sinnvoll angepasstes und reflektiertes Leben. Die wichtigsten Funktionen des Nervensystems stehen im Dienste der Wahrnehmung, der Integration des Wahrgenommenen, des Denkens und Fühlens sowie der Auslösung angemessener Verhaltensweisen. Man kann das Nervensystem auf verschiedene Weise unterteilen. So unterscheidet man in erster Linie das » zentrale Nervensystem (= Zentralnervensystem)
vom » peripheren Nervensystem. Das Zentralnervensystem (ZNS) umfasst Gehirn und Rückenmark, die strukturell und funktionell untrennbar miteinander verbunden sind. Geschützt durch die Knochen des Schädels und der Wirbelsäule und umhüllt von den Hirn- und Rückenmarkshäuten
1.7.1 1.7.2 1.7.3
.........0.0..0.0000000000
(Meningen) ist das ZNS in ein Flüssigkeitskissen gebettet, das als Hirn- oder Nervenwasser (Liquor cerebrospinalis) bezeichnet wird. Diese Flüssigkeit dient dem ZNS unter anderem als Polsterung in seiner harten knöchernen Hülle. Sie ist auch in einem speziellen Hohlraumsystem innerhalb des ZNS, den sog. Hirnventrikeln, zu finden. Das ZNS besteht aus grauer und weißer Substanz (> Kap. 1.6), die es in Rinde, Mark und Kerne gliedern. Auch die äußere Gestalt des ZNS weist eine bestimmte Gliederung auf, die
wir später eingehender betrachten werden. Das periphere Nervensystem (PNS) kann man als „Rezeptionsund Ausführungsorgan des ZNS“ bezeichnen. Es ist in den zahlreichen Nerven repräsentiert, die den Körper durchziehen und als sensible oder motorische Leitungsbahnen entweder Impulse von der Peripherie zum ZNS (sensibel) oder vom ZNS in die Peripherie (motorisch) tragen.
Eine weitere Unterteilung sowohl im zentralen als auch im peripheren Nervensystem ist diejenige in * somatisches Nervensystem
und * vegetatives Nervensystem.
Das somatische (auch: animalische) Nervensystem dient motorisch der willkürlichen Ansteuerung der Skelettmuskeln und sensibel der bewussten Wahrnehmung der Körperperipherie. Das vegetative (auch: autonome oder viszerale‘) Nervensystem setzt sich
vor allem aus zwei Anteilen, dem Sympathikus und dem Parasympathikus zusammen (parallel hierzu existiert ein enterisches Ner-
' viscera (lat.) = Eingeweide
2
1 Grundlagen, Begriffe und Definitionen
vensystem, > Kap. 12). Es dient der unbewussten und unwillkür-
lichen Steuerung der inneren Organe und damit lebenswichtiger Vorgänge wie Verdauung oder Blutdruckregulation. Auch die Informationen, die über den sensiblen Teil des vegetativen Nerven-
systems dem ZNS zugeleitet werden (Mitteilung von den Vorgängen in den Organen), gelangen meist nicht zum Bewusstsein.
1.2 Funktionsprinzip des Nervensystems Periphere Sinnesreize werden über einen Rezeptor” wahrgenommen und über eine sensible Nervenfaser dem ZNS zugeleitet. Dort werden die ankommenden (afferenten) Impulse verarbeitet. Das
ZNS bildet dabei Neuronenkreise (Hintereinanderschaltung von Nervenzellen) aus, die im Dienst dieser Verarbeitung stehen. Diese
Neuronenkreise enden schließlich an einer Nervenzelle, deren ableitende motorische (efferente) Faser wieder vom ZNS fortzieht,
um in der Peripherie die Impulse des ZNS an ein Erfolgsorgan, meist eine Muskelzelle (oder z. B. auch eine Drüse), weiterzugeben.
1.3 Zytologie und Histologie des Nervensystems Das Nervensystem ist aus Nervengewebe aufgebaut. Das Nervengewebe setzt sich aus Nervenzellen (Neuronen) und einem eigenen, speziellen „Bindegewebe“, den Gliazellen?, zusammen.
Abb. 1.1 Schematische Darstellung des Bauprinzips einer Nervenzelle (Neuron). 1 Perikaryon (Soma), 2 Zellkern mit Nucleolus, 3 raues endoplasmatisches Reti-
1.3.1
Das Neuron*
Die funktionelle Grundeinheit des Nervensystems ist die Nervenzelle (Neuron, Ganglienzelle). Das gesamte menschliche Nervensystem enthält ca. 10'! Neurone. Wir betrachten hier den Aufbau eines Neurons nur einführend, soweit es zum allgemeinen Verständnis
der Funktionsweise des Nervensystems notwendig ist. Für weitere Details wird auf ausführlichere Nachschlagewerke der Histologie verwiesen.
Grundsätzlich besteht ein Neuron zum einen aus einem Zellkör-
kulum (Nissl-Schollen), das typischerweise im Bereich des 4 Axonursprungs (= Axonhügel) fehlt. 5 Dendrit, 6 Axon, 7 synaptische Endkolben (= synaptische Endknöpfchen), 8 synaptische Endkolben anderer Nervenzellen. [T873, L126]
oft kleinste Auswüchse
(„Dornen“,
sog. Spines),
die Bedeutung
beim Erregungsempfang haben. Die axonalen oder dendritischen Fortsätze können je nach Lokalisation des Neurons bis zu einem Meter lang sein. Zellkörper (Perikaryon, Soma)
per (Soma oder Perikaryon”), der den Zellkern enthält, und zum
Das Perikaryon
anderen aus einem oder mehreren Fortsätzen. Die Fortsätze werden wiederum in Dendriten (dienen dem Erregungsempfang, gleichsam wie „Antennen“) und Axone (= Neuriten, dienen der
dem die meisten Stoffe synthetisiert und von hier aus in die Fortsätze transportiert werden. Demnach befindet sich im Perikaryon ein stark entwickeltes raues endoplasmatisches Retikulum (hohe Pro-
Erregungsweitergabe, gleichsam wie „Sender“) unterteilt (>- Abb.
teinsyntheserate!), das in den Nervenzellen als Nissl-Schollen be-
1.1). In der Regel besitzt ein Neuron nur ein Axon, kann aber als
zeichnet wird. Im Bereich des Axonursprungs (Axonhügel, manchmal auch: Ursprungskegel, > Abb. 1.1, 4) ist es stark reduziert oder fehlt ganz (häufige Prüfungsfrage!). Stattdessen sind hier zahl-
multipolare Nervenzelle sehr viele Dendriten® haben. Diese sind meist reicher verzweigt als das Axon und tragen in ihrem Verlauf
ist das Stoffwechselzentrum
der Nervenzelle,
in
V
W
N
reiche Bündel von Neurotubuli zu finden (elektronenmikroskorecipere (lat.) = aufnehmen glia (gr.) = Kitt, Leim neuron (gr.) = Nerv
perikaryon (gr.) = das den Kern Umgebende. Oft wird dieser Ausdruck auch nicht für den ganzen Zellkörper, sondern nur das um den Kern befindliche Zytoplasma verwendet. 5 dendron (gr.) = Baum
pisch sichtbare, kanälchenartig aufgebaute fibrilläre Proteine, die Mikrotubuli entsprechen), die sich in das Axon hinein fortsetzen.
Der Axonhügel ist eine Art Schaltzentrale des Neurons, in dem ankommende Impulse integriert werden (s.u.) und von dem aus ein Aktionspotential ausgelöst werden kann, das dann über das Axon
weitergeleitet wird. In dem meist sehr großen Zellkern des Neurons findet man typischerweise einen deutlich erkennbaren Nucleolus
1.3 Zytologie und Histologie des Nervensystems
3
(ebenfalls ein Hinweis auf hohe Stoffwechselaktivität). Von großer Bedeutung ist, dass in ausdifferenzierten Neuronen keine Zentriolen zu finden sind. Das bedeutet, dass diese Zellen ihre Teilungsfähigkeit eingebüßt haben. Nervenzellfortsätze und chemische Synapsen Die axonalen und dendritischen Fortsätze unterscheiden sich nicht nur funktionell, sondern auch strukturell deutlich. Wie der Axonhügel, besitzt auch das Axon selbst kein raues endoplasmatisches
Retikulum (Nissl-Schollen). Der sich dem Axonhügel anschließen-
de Anfangsteil des Axons bis zum Beginn der Markscheide (s.u.) wird Initialsegment genannt. Anders als bei den Dendriten bleibt der Durchmesser eines Axons bis fast zum Schluss gleich dick, wäh-
rend Dendriten nach peripher kontinuierlich dünner werden. Ebenso unterscheidet sich das Ende eines Axons vom Ende der Dendriten durch eine terminale Aufzweigung (Telodendron). Die
Enden dieser Aufzweigungen wiederum weisen kleine, knötchenförmige Auftreibungen auf, die synaptischen Endkolben (auch: synaptische Endknöpfchen oder Boutons). Diese Endkolben bilden zusammen mit der Zellmembran der nachfolgenden Zelle und dem dazwischen liegenden Spalt die Synapsen‘ (>- Abb. 1.2). An den Synapsen findet die Erregungsübertragung von einem Neuron zum nächsten statt. Das geschieht dadurch, dass eine an den End-
Abb. 1.2 Synapse. 1 Synaptischer Endkolben, 2 präsynaptische Membran. Diese enthält kleine, ins Zellinnere ragende Verdichtungen, die 3 aktiven Zonen. An den aktiven Zonen wird der in 4 synaptischen Vesikeln gespeicherte Neurotransmitter in den 20— 50 nm weiten 5 synaptischen Spalt ausgeschüttet. 6 Postsynaptische Membran, die an dieser Stelle durch zahlreiche Membranproteine (u. a. die Transmitterre-
zeptoren) verdichtet ist (sog. „postsynaptic density”). Neben den synaptischen Vesikeln gibt es im präsynaptischen Abschnitt auch noch größere, elektronenmikroskopisch dunklere 7 sekretorische Granula (sog. „dense core vesicles”), die lösliche Proteine enthalten. 8 Mitochondrien, 9 Neurotubuli, 10 Neuron als
Ganzes (Übersicht). [T873, L106]
kolben ankommende Erregung zum Einstrom von Kalziumionen an der präsynaptischen (vor dem synaptischen Spalt liegenden) Zellmembran führt. Dies löst eine Verschmelzung von in den Endkolben befindlichen synaptischen Vesikeln mit der präsynaptischen Membran aus. Dadurch wird eine in den Vesikeln gespeicherte Substanz in den synaptischen Spalt ausgeschüttet. Dies ist das Funktionsprinzip der chemischen Synapse. Die in den Spalt ausgeschüttete Substanz wird als Transmitter (Überträgerstoff) be-
menden Erregungen, zieht davon gewissermaßen die Summe der hemmenden Impulse ab und leitet die daraus gegebenenfalls resul-
zeichnet. Es gibt verschiedene Transmittersubstanzen, worauf wir
tierende Erregung weiter.
Synapsen) und z.T. am Axon (axoaxonale Synapsen) dicht bei dicht sitzen. Manchmal sind es mehr als 20.000 pro Nervenzelle! Am häufigsten sind axodendritische und axosomatische Synapsen (> Abb. 1.1, 8). Die Nervenzelle summiert die Anzahl der ankom-
in > Kap. 1.5 zurückkommen werden. Der Transmitter bindet an der nachfolgenden Nerven-, Muskel- oder Drüsenzelle (kurz: Erfolgszelle) an definierte Rezeptoren, verändert dadurch deren
Axonaler Transport
Membran (postsynaptische Membran) elektrisch und vermittelt auf diese Weise das Signal von Zelle zu Zelle weiter. Ein Transmitter kann je nach Beschaffenheit des Rezeptors nicht nur erregend, sondern auch hemmend auf die nachfolgende Zelle wirken (>- Kap. 1.5). Entsprechend kann sogar die Synapsen-Morphologie unterschiedlich sein (Gray-I-Synapsen, morphologisch „asymmetrisch“:
der Regel im Perikaryon synthetisiert und dort am Golgi-Apparat in Vesikel verpackt. Von hier aus wird er ebenso wie Nährstoffe u.a. entlang von Neurotubuli durch das Axon in einer Geschwindigkeit von 50-400 mm pro Tag (also unter Umständen über viele Tage)
erregend, Gray-II-Synapsen, morphologisch „symmetrisch“: hem-
chemische „Motor“ dafür ist das tubulus-assoziierte Protein Kine-
mend). Die Wirkung des Transmitters auf die Rezeptoren der Er-
sin. Der axonale Transport kann auch retrograd (zum Perikaryon hin) erfolgen mit Stoffen, die von der Nervenzelle an der Synapse
folgszelle wird sehr schnell dadurch beendet, dass er entweder wie-
der in die präsynaptische Zelle aufgenommen oder von Enzymen, die im synaptischen Spalt vorhanden sind, gespalten wird. Alle Nervenzellen haben die Fähigkeit, elektrische Signale als Aktionspotentiale weiterzuleiten. Ein Neuron bekommt von zahlreichen anderen Nervenzellen erregende oder hemmende Informationen über die Synapsen vermittelt, die an seinen Dendriten (axodendritische Synapsen), am Perikaryon = Soma; (axosomatische
7 synapsis (gr.) = Verknüpfung
Der Transmitter (oder zumindest eine inaktive Vorstufe) wird in
bis zur Synapse transportiert (anterograder Transport). Der bio-
aufgenommen worden sind. Biochemischer „Motor“ des retrogra-
den Transports ist das tubulus-assoziierte Protein Dynein. Zu solchen retrograd transportierten Stoffen können nicht nur den normalen physiologischen Abläufen dienende Moleküle, sondern verhängnisvollerweise auch Krankheitserreger wie Tetanustoxin, Herpes- oder Tollwutviren gehören. Da der Transport sowohl in retro- als auch in anterograder Richtung sehr aufwändig und träge ist, wird ein an den Synapsen ausgeschütteter Transmitter im Sinne eines „Recycling“ von der präsynaptischen Membran der meisten Neurone wieder aufgenommen und erneut in Vesikel verpackt (Re-
4
1 Grundlagen, Begriffe und Definitionen
uptake des Transmitters), sodass der axonale Transport neuer Transmittermoleküle aus dem Perikaryon nur in geringerem Maße notwendig ist. Von dem oben geschilderten, sog. schnellen axonalen Transport wird ein langsamer axonaler Transport unterschie-
den (0,2-5 mm pro Tag), der mikrotubulusunabhängig ist und dem Transport von Enzymen und großen Zellgerüstproteinen dient. Durch das Organisationsprinzip der chemischen Synapsen ist die Erregungsweitergabe eines Neurons an sein Erfolgsorgan in einer
bestimmten Richtung festgelegt („Einbahnstraßenprinzip”). Die Erregungsausbreitung innerhalb einer Zelle hingegen ist nicht an die Synapsen, sondern lediglich an die Zellmembran gebunden und kann deshalb im Neuron sowohl orthograd (anterograd) in Richtung Synapse als auch retrograd in Richtung Perikaryon oder gar über dieses hinaus in die Dendriten gerichtet sein. Dies spielt klinisch in der elektrophysiologischen Funktionsdiagnostik peripherer Nerven eine große Rolle.
wird motorische Endplatte oder auch neuromuskuläre Junktion genannt ( > Abb. 1.3). Der Transmitter an der motorischen Endplatte ist Acetylcholin. Ein Axon kann mit seinen Aufzweigungen sehr viele Muskelfasern versorgen. Die Gesamtheit eines Axons und der von ihm erregten Muskelfasern bezeichnet man als motorische Einheit., Histologie der motorischen Endplatte Die synaptischen Endigungen senken sich in eine Grube an der Oberfläche der Muskelzelle ein. Diese Grube ist zur Vergrößerung der Kontaktfläche stark gefaltet (>- Abb. 1.3, 7). Der synaptische Endkolben wird von einer Schwann-Zelle bedeckt, die aber an die-
ser Stelle keine Markscheide mehr bildet ( > Abb. 1.3, 3). Eine Be-
sonderheit der motorischen Endplatte gegenüber Synapsen im ZNS ist, dass der synaptische Spalt von einer Basallamina durchzogen ist (> Abb. 1.3, 10), die u.a. das transmitterspaltende Enzym Acetyl-
Plastizität von Synapsen Wenngleich die Anzahl an Neuronen bereits vor der Geburt das Maximum erreicht und danach nur noch abnimmt, trifft für die Anzahl
der Synapsen das Gegenteil zu. Im ZNS des Menschen gibt es etwa 10'* Synapsen! Der Hauptteil davon bildet sich erst im Laufe der ersten Lebensjahre aus, und ihre Neubildungsfähigkeit bleibt für das ganze Leben erhalten. Jeder Lernvorgang ist mit der Neubildung oder einer funktionellen Veränderung von Synapsen verknüpft. Das heißt: In Abhängigkeit von den zu verarbeitenden Informationen
cholinesterase gebunden hat. Neuronentypen Nervenzellen lassen sich in multipolare, bipolare, unipolare und pseudounipolare Neurone einteilen. Multipolare Neurone ( > Abb. 1.4, 1I): Sie kommen mit Ab-
stand am häufigsten vor und zeichnen sich durch mehr als zwei Fortsätze (ein Axon und mehrere Dendriten) aus, die vom Peri-
„baut“ sich das ZNS zeitlebens um. Dennoch ist die Fähigkeit, neue
karyon ihren Ursprung nehmen.
synaptische Kontakte zu bilden, von Region zu Region im ZNS verschieden und auch nicht zu jeder Lebensphase gleich. Manche Hirn-
Bipolare Neurone ( > Abb. 1.4, 2): Sie haben neben dem Axon
regionen verlieren ihre Plastizität und damit ihre „Lernfähigkeit“ nach bestimmten Entwicklungsperioden, sodass bestimmte Lern-
skopisch in seiner Feinstruktur eher einem Axon, besitzt jedoch
nur einen Dendrit. Dieser gleicht allerdings elektronenmikro-
vorgänge nur mehr langsamer oder gar nicht mehr stattfinden kön-
als reizwahrnehmender Fortsatz natürlich keine synaptischen Endkolben.
nen (z.B. Sehrinde im Großhirn, die das Verarbeiten visueller Im-
Unipolare Neurone ( > Abb. 1.4, 4): Diese sehr seltenen Neu-
pulse nur in den ersten Lebensjahren lernen kann).
rone haben nur ein Axon und keine Dendriten. Die Reizwahrnehmung findet bei diesen Zellen über Synapsen entweder am Perikaryon oder am Axon statt.
Elektrische Synapsen Die oben beschriebene chemische Synapse (Signalweitergabe mittels eines Transmitters) ist das Funktionsprinzip, das beim Menschen mit Abstand am häufigsten anzutreffen ist. Daneben gibt es aber auch noch eine weitere Art interneuronaler Signalvermittlung, die elektrische Synapse. Diese kommt durch eine Verbindung zweier Nervenzellen über interzelluläre Ionenkanäle (Nexus, Gap junctions) zustande, die einen Ionenaustausch zwischen beiden Zellen ermöglicht. So
kann die elektrische Erregung von einem Neuron auf das andere übertragen werden, ohne einen Transmitter und damit eine chemi-
sche Synapse zu benötigen. Diese Art der Erregungsübertragung von Zelle zu Zelle ist z.B. im Herz- oder auch im glatten Muskelgewebe der Normalfall, während sie im Nervensystem zumindest als alleini-
ger Übertragungsmechanismus eher eine Ausnahme darstellt. Motorische Endplatte Die meisten Synapsen des peripheren Nervensystems werden in
den Skelettmuskeln gebildet. Die Synapse an der Skelettmuskelfaser
Pseudounipolare Neurone ( > Abb. 1.4, 3): Man findet sie
praktisch nur in den sensiblen Ganglien der Spinalnerven und Hirnnerven. Sie haben scheinbar nur einen Fortsatz, der vom
Perikaryon entspringt, sich dann aber in einen axonalen und einen dendritischen Fortsatz aufzweigt. Diese Zellen entstehen aus ursprünglich bipolaren Neuronen durch Verschmelzung der beiden Fortsätze. Den dendritischen Fortsatz pseudounipolarer Neurone bezeichnet man häufig auch als peripheres oder dendritisches Axon, weil er (als Dendrit eines ehemals bipolaren Neurons) nicht nur die Feinstruktur eines Axons besitzt, son-
dern auch - wie sonst nur axonale Fortsätze - von einer Markscheide umhüllt ist. Diesem dendrititschen wird dann der axonale Fortsatz als zentrales Axon (bzw. zentraler Neurit) gegenübergestellt. Die Erregung, die von dem afferenten Fortsatz eines pseudounipolaren Neurons in Richtung Perikaryon geleitet wird, springt direkt an der Verzweigungsstelle vom dendritischen auf den axonalen Fortsatz über. Ohne über das Perikaryon
1.3 Zytologie und Histologie des Nervensystems
Abb. 1.3 Motorische Endplatte. 1 Axon des motorischen Neurons, 2 synaptischer Endkolben (Endknöpfchen), 3 Schwann-Zelle, 4 Markscheide, 5 Skelettmuskelzelle, 6 präsynaptische Membran,
7 postsynaptische Membran, die sich als subneurales Faltenfeld darstellt, mit 8 Acetylcholin-Rezeptoren (lonenkanäle), 9 synaptische Vesikel, 10 Basallamina (setzt sich in den synaptischen Spalt hinein fort), 11 Mitochondrien. [T873, L141]
zu verlaufen, gelangt die Erregung direkt über den zentralen axonalen Fortsatz zu den terminalen synaptischen Endkolben. Sehr selten sind sog. anaxonische Neurone, die gar keine Fortsätze haben.
Einteilung der Nervenfasern nach Kaliber und Leitungsgeschwindigkeit Die Geschwindigkeit,
mit der eine Nervenfaser elektrische Erre-
gung weiterleitet, steigt proportional zu ihrem Kaliber. Entsprechend
teilt man
die Nervenfasern in drei Klassen ein: A- (am
schnellsten), B- und C-Fasern (am langsamsten, in der Regel marklose Nervenfasern, s.u.). Bei den A-Fasern können wir weiterhin
Aa- (am schnellsten), Aß-, Ay- und AS-Fasern (am langsamsten)
unterscheiden. Es existieren noch weitere Einteilungen dieser Art (z. B. I-IV für bestimmte sensible Fasern), auf die hier jedoch nicht
eingegangen werden kann.
KLINLK Neuronale Regeneration Nervenzellen können z. B. im Rahmen eines Traumas, eines Schlaganfalls, einer Entzündung oder einer neurodegenerativen Krankheit wie Morbus Parkinson oder Morbus Alzheimer zugrunde gehen. Sehr lange ging man davon aus, dass ein solcher Verlust von Nervenzellen aufgrund ihrer fehlenden Teilungsfähigkeit nicht durch neue Neurone ersetzt werden kann. Heute wissen wir, dass auch im Gehirn eines Erwachsenen noch neurale Stammzellen vorhanden sind, sodass die Entstehung neuer Neurone auch im höheren Alter noch in gewissem Umfang möglich ist. Diese Stammzellen finden sich beim Menschen überwiegend in der Umgebung der Hirnventrikel und im Hippocampus, einem speziellen Rindenteil des Großhirns. Von dort aus können sie während der Reifung zu Neuronen in andere Hirnregionen auswandern. Man nimmt an, dass die Neuentstehung von Nervenzellen regelmäßig stattfindet und so zu Lernprozessen beiträgt. Möglicherweise tragen diese Stammzellen auch zur Erholung nach Neuronenverlusten, z.B. im Rahmen der o.g. Erkrankungen, bei. Derzeit wird intensiv an Methoden gearbeitet, mit denen diese Zellen in solchen Situationen gezielt zur Proliferation und Einwanderung in einzelne Hirnregionen angeregt werden können.
5
6
1 Grundlagen, Begriffe und Definitionen Tab. 1.1 Die wichtigsten Gliazellen im Überblick
©
Zelltyp
Wichtigste Funktionen
SchwannZellen
PNS
Markscheidenbildung im PNS
Mantel-
PNS (sensible
Umhüllung der Perikaryen in sensiblen
zellen
Ganglien)
Ganglien
Astrozyten
ZNS
* Stützfunktion, Ernährung, Regeneration von Neuronen im ZNS
* Narbenbildung nach Gewebeschädigung im ZNS
* Induktion der Tight junctions der BlutHirn-Schranke, Modulation des kapillären Blutflusses * Modulation der interneuronalen Signalübertragung im ZNS 1
2
3
4
Abb. 1.4 Neuronentypen. Axone mit synaptischen Endkolben sind im Bild nach unten gerichtet. 1 Multipolares Neuron, 2 bipolares Neuron, 3 pseudounipolares Neuron, 4 unipolares Neuron. [T873, L106]
Oligodendrozyten
ZNS
Markscheidenbildung im ZNS
Mikro-
ZNS
Abwehr- und Abräumvorgänge im ZNS
ZNS
Auskleidung der inneren Liquorräume (Ventrikel)
(=Meso)-
gliazellen Ependymzellen
*_ PNS: peripheres Nervensystem, ZNS: zentrales Nervensystem
Nervenfaserdegeneration und -regeneration Wird der Fortsatz eines Neurons unmittelbar in der Nähe des Perikaryons geschädigt, geht die gesamte Nervenzelle zugrunde. Wird der Fortsatz aber etwas weiter distal durchtrennt, stirbt innerhalb weniger Tage nur der distale, abgetrennte Teil ab (absteigende oder Waller-Degeneration). Ebenso zerfällt die umgebende Markscheide (>-Kap. 1.3.2) des abgetrennten distalen Fortsatzanteils. Das Perikaryon des betroffenen Neurons schwillt an, die Lage des Kerns wird randständig, und die NisslSchollen zerfallen, doch stirbt die Zelle an sich meist nicht ab. Während beim Menschen im ZNS eine Regeneration der durchtrennten Nervenfaser kaum mehr möglich ist, können im peripheren Nervensystem die Markscheide und Endoneuralscheide neu gebildet werden. Diese Markscheide dient damit als unerlässliche mechanische und (durch Sekretion von Wachstumsfaktoren) chemische „Leitschiene” für den mit etwa
1-2 mm pro Tag wieder auswachsenden Neuriten. Voraussetzung hierfür ist, dass der periphere Nerv nicht vollständig durchtrennt ist, d.h., dass seine bindegewebige Hülle (>=- Kap. 1.3.3) erhalten ist bzw. durch operative Maßnahmen wiederhergestellt wird.
1.3.2 Gliagewebe Neben Neuronen findet man im Nervensystem auch Gliazellen. Sie sind für die neuronale Funktion unentbehrlich. Man unterscheidet zwischen den Gliazellen des zentralen und des peripheren Nervensystems. Während die peripheren Gliazellen vorwiegend einen Typus (mit mehreren Differenzierungsformen) bilden, gibt es im ZNS mehrere Arten von Gliazellen, die hinsichtlich Funktion und Mor-
Periphere Gliazellen Bei den peripheren Gliazellen handelt es sich mit großer Mehrheit um die * Schwann-Zellen,
die für die sog. Ummarkung (Myelinisierung‘®) neuronaler Fortsätze in der Peripherie verantwortlich sind. Weitere Differenzierungsformen peripherer Gliazellen finden sich im enterischen Nervensystem
(>- Kap.
12.9), als Mantelzellen
(Satellitenzellen) in den sensiblen Ganglien ( >- Kap. 1.3.4) und als
Lemnozyten in den Rezeptororganen (z. B. in der Haut). Markscheidenbildung Die axonalen (bei pseudounipolaren Neuronen auch die dendritischen) Fortsätze einer Nervenzelle sind von einer mehrschichtigen Hülle aus Gliazellmembranen umgeben, der sog. Mark- oder Myelinscheide. Sie dient als elektrische Isolierung und beschleunigt so die Fortleitung der neuronalen Impulse. Die Markscheidenbildung wird auch Myelinisierung genannt. Das Prinzip ist folgendes: Eine Schwann-Zelle legt sich dem peri-
phologie vollkommen unterschiedlich sind. Auch stammen die peripheren Gliazellen embryonal aus der Neuralleiste ab ( > Kap.
Male exzentrisch-kreisförmig um ihn herum. Dadurch entsteht am
1.7), während die zentralen Gliazellen (mit einer Ausnahme) wie
Ende im Querschnitt eine lamellenartige Struktur (Markscheide),
pheren Nervenfortsatz an, umhüllt ihn und wächst dann mehrere
die zentralen Neurone aus dem Neuralrohr entstehen. > Tab. 1.1 gibt eine Übersicht über die verschiedenen Gliazellarten. $ myelos (gr.) = Mark
1.3 Zytologie und Histologie des Nervensystems
7
n\\\
//J)) b Abb. 1.5 Markscheide im peripheren Nervensystem. a Markscheidenbildung (Myelinisierung) im Querschnitt. Oben ist der Vorgang bei markhaltigen Nervenfasern, unten bei sog. „marklosen” Nervenfasern (eine Schwann-Zelle legt sich hier um mehrere Nervenfasern herum)
dargestellt. 1 Axone, 2 Schwann-Zelle, 3 Zellkern der Schwann-Zelle, 4 Mesaxon, 5 Markscheide, 6 äußeres Zytoplasma der Schwann-Zelle mit Kern und Organellen (Neurolemm), 7 Hauptlinie (kräftig, entsteht durch Aneinanderlagerung der inneren Oberflächen der Schwann-Zell-Membranen) 8 Intermediärlinie (blasser, entsteht durch
Aneinanderlagerung der äußeren Oberflächen der Schwann-Zell-Membranen). (Aus [S010-2-16]) b Markscheide im Längsschnitt. 1 Axon, 2 Zellkern der Schwann-Zelle, 3 Markscheide, 4 äußeres Zytoplasma der Schwann-Zelle mit Kern und Organellen (Neurolemm), 5 Ranvier-Schnürringe,
6 Internodium (Myelinscheide zwischen zwei Schnürringen), 7 Schmidt-Lantermann-Einkerbungen (dienen der Erleichterung des Substanztransports zu den inneren Schichten der Myelinscheide). [T873, L141]
die bei elektronenmikroskopischer
Betrachtung
sichtbar wird
konzentrieren, die ja die physiologische Grundlage der Aktionspo-
(> Abb. 1.5a). Eine periphere Nervenfaser wird dabei von mehre-
tentiale sind. Auf diese Weise springt das Aktionspotential sehr
ren Schwann-Zellen umhüllt. Diese liegen hintereinander entlang der Nervenfaser und lassen zwischen sich kleine Lücken, die Ran-
schnell von Schnürring zu Schnürring weiter, sodass bei der Erregungsleitung viel Zeit eingespart wird (saltatorische Erregungsleitung”). Dieses Prinzip ist umso effektiver, je dicker die Markscheide ist und je größer die Abstände zwischen den Ranvier-Schnürringen
vier-Schnürringe (>- Abb. 1.5b, 5). Der Bereich zwischen zwei
Schnürringen wird Internodium genannt und kann bis 1,5mm lang sein ( > Abb. 1.5b, 6). Schnürringe und Internodium bilden eine funktionelle Einheit. Im Internodium kann durch die elektrische Myelinscheiden-Isolierung keine Erregung (Aktionspotential) der Zellmembran erfolgen. Dies ist lediglich an den Schnürringen möglich, wo sich auch fast alle Natriumkanäle der Axonmembran
sind.
? saltare (lat.) = tanzen, springen
8
1 Grundlagen, Begriffe und Definitionen
Je nach Dicke des Isolations-Mantels (Markscheide) unterscheidet man stark ummarkte ( > Abb. 1.5a, oben), schwach ummarkte und sog. „marklose“ Nervenzellfortsätze. Letztere weisen im peri-
pheren Nervensystem dennoch meist eine schwache Ummantelung auf (>- Abb. 1.5a, unten). Diese entsteht, indem sich eine
Schwann-Zelle mit ihrem Zytoplasma um mehrere Fortsätze herumlegt. Im Querschnitt fehlt daher die Lamellenstruktur. Dennoch ist damit eine gewisse elektrische Isolierung gegeben. Solche „marklosen“ Nervenfasern des peripheren Nervensystems kommen vor allem in vegetativen Nerven und Schmerzafferenzen vor. Im ZNS hingegen kommen auch wirklich marklose Neurone ohne jegliche Ummantelung vor. Grundsätzlich gilt: Je dicker das Axon, desto dicker ist auch seine Ummantelung. Nervenfasern mit einem Querschnitt von weniger als 1-2 um sind meist marklos.
ten „ersetzt“ (sog. Glianarben). Weiterhin ziehen die Astrozyten mit zahlreichen Fortsätzen zu den Blutgefäßen (>- Abb. 1.6, 1a).
Dort sind sie einerseits am Austausch von Nährstoffen und Stoffwechselprodukten zwischen Neuronen und Blut beteiligt (Neurone selbst kommen mit der Blutbahn mit wenigen Ausnahmen nicht in Berührung!). Sie können dabei bedarfsabhängig örtlich scharf begrenzt den Blutfluss im Gehirn regulieren. Andererseits wirken sie mit ihren perivaskulären Fortsätzen entscheidend an der Ausbildung der Blut-Hirn-Schranke mit ( > Kap. 11.1.2), die das Gehirn vor möglicherweise
schädlichen,
im Blut zirkulierenden
Stoffen
schützt. Weitere wichtige Aufgaben von Astrozyten sind: e Beteiligung an der Differenzierung von Neuronen aus embryo-
Zentrale Gliazellen
nalen und adulten neuralen Stammzellen e Beteiligung an der Wiederaufnahme von in ihrer Umgebung ausgeschütteten Transmittern, die sie auch wieder freisetzen können
Wir können vor allem vier Typen von Gliazellen im ZNS unterscheiden: Astrozyten
Oligodendrozyten Mikro- oder Mesoglia Ependymzellen. Diese Gliazellen machen vom Volumen her insgesamt beinahe die Hälfte des gesamten ZNS aus und stellen ca. 90 % seiner Zellen! KLINIK Fast alle Hirntumoren gehen von den Gliazellen aus (sog. Gliome). Die
meisten davon sind bösartig. Entsprechend der Gliazellart, aus der sie her-
(somit Einfluss auf Signalvermittlung zwischen Neuronen) e Aktive Veränderung des interzellulären Ionenmilieus (dadurch
Modulation der Erregbarkeit der umliegenden Nervenzellen) e Synthese antioxidativer Substanzen (Schutz umliegenden Nervengewebes vor schädlichen Agenzien)
* Mit ihren Fortsätzen können sie die Synapsenbildung zwischen Neuronen blockieren und umgekehrt auch ermöglichen, z. B.
wenn sie ihre Fortsätze aktiv zurückziehen und über Wachstumsfaktoren aktiv das Axonwachstum fördern. Damit beein-
flussen sie wahrscheinlich auch Lernprozesse. Astrozyten nehmen also eine hochkomplexe Stellung in der physiologischen Aktivität der Nervenzellen ein und sind an der Informationsverarbeitung im ZNS entscheidend beteiligt.
vorgehen, bezeichnet man sie als Astrozytome, Oligodendrogliome
oder Ependymome. Oligodendrozyten Astrozyten
Wie der Name andeutet, haben diese Zellen wenige Fortsätze, die
Diese sternförmigen Zellen'” erinnern in ihrer Morphologie auf den
nur kurz und kaum verzweigt sind''. Die Oligodendrozyten sind die zentralnervösen Äquivalente der Schwann-Zellen des peripheren
ersten Blick an Nervenzellen ( > Abb. 1.6, 1). Ihr Zellkörper ist al-
Nervensystems, d. h., sie sind die
lerdings deutlich kleiner, und die zahlreichen Fortsätze verzweigen sich nicht so stark wie neuronale Fortsätze. Man kann Astrozyten mit zahlreichen, schlanken und wenig verzweigten Fortsätzen (fibrilläre Astrozyten) von solchen mit reicher verzweigten und dickeren Fortsätzen (protoplasmatische Astrozyten) unterscheiden. Die fibrillären Astrozyten kommen vor allem in der weißen Substanz des ZNS vor. Die protoplasmatischen Astrozyten dagegen sind eher in der grauen Substanz des ZNS zu finden, wo sich die
Perikaryen der Nervenzellen befinden (s. u.).
s Markscheidenbildner des ZNS.
Allerdings erfolgt die Markscheidenbildung hier in anderer Form als beim peripheren Nervensystem ( >- Kap. 1.3.2, periphere Gliazellen). Die Oligodendrozyten umhüllen die neuronalen Fortsätze nicht wie die Schwann-Zellen mit ihrem Zellleib, sondern lediglich
mit ihren Fortsätzen. Da ein Oligodendrozyt mehrere Fortsätze hat, kann er auch mehrere Axone oder Dendriten gleichzeitig umhüllen
Die Funktionen der Astrozyten sind sehr vielfältig. Sie haben eine strukturgebende Stützfunktion im ZNS, ähnlich dem Bindegewebe im übrigen Körper. Entsprechend wird auch zugrunde gegangenes Gewebe im Gehirn zum Teil durch Proliferation von Astrozy-
vier-Schnürringe gebildet. Die bei Schwann-Zell-Ummarkungen im PNS zu findenden Schmidt-Lantermann-Einkerbungen gibt es im ZNS nicht.
10 aster (gr.) = Stern
1' oligos (gr.) = wenig, dendron (gr.) = Baum
(> Abb. 1.6, 2). Dabei werden meistens, aber nicht immer Ran-
1.3 Zytologie und Histologie des Nervensystems
9
Abb. 1.6 Gliazellen des Zentralnervensystems. 1 Astrozyt (hier: protoplasmatischer Astrozyt; umgreift mit seinen Fortsätzen eine 1a Hirnkapillare), 2 Oligodendrozyt (bildet mit seinen Fortsätzen Markscheiden um 2a Axone), 3 Mikroglia (spezielle Form von Makrophagen), 4 Ependymzellen. [T873, L126]
KLLINLK Die Tatsache, dass Oligodendrozyten als Markscheidenbildner im ZNS für die Funktion der dortigen Neurone unerlässlich sind, hat große klinische Bedeutung. Die Multiple Sklerose ist eine Autoimmunreaktion des Körpers, die gegen Oligodendrozyten gerichtet ist, sodass im ZNS (und nur dort) die Markscheiden zerstört werden. Die begleitende Entzündungsreaktion führt zum Funktionsverlust der betroffenen Nervenzellfortsätze. So entstehen Lähmungen, Sensibilitätsverluste etc. Mikro- oder Mesoglia (Hortega-Zellen) Diese Zellen weisen die größten Formvariationen aller Zellen im ZNS auf. Meist tragen sie Fortsätze ( >- Abb. 1.6, 3). Im Gegensatz zu den anderen Zellen des ZNS sind sie nicht ortsständig, sondern können sich zwischen dem dichten Fasergeflecht, das sie umgibt,
von einer Stelle zur anderen bewegen und damit Form und Position ständig ändern. Ihrer Herkunft nach sind Mikroglia keine Abkömmlinge des Neuralrohrs, sondern ins ZNS eingewanderte Makrophagen. Entsprechend ist auch ihre Funktion: Sie dienen als Abräum- und Abwehrzellen, indem sie Reste untergegangenen Gewebes ebenso wie Antigen-Antikörper-Komplexe phagozytieren. Sie helfen bei der Geweberegeneration und können auch ins ZNS eingedrungene Mikroorganismen direkt zerstören. Beim Zustandekommen immunologischer Abwehrvorgänge im Gehirn spielen sie eine Schlüsselrolle. Man könnte die Mikroglia somit gleichsam als eine Kombination von „Müllabfuhr und Polizei“ im ZNS bezeich-
nen, was sie insofern besonders wichtig macht, als das ZNS ansons-
ten ein vergleichsweise immunologisch wenig abgedecktes Organ ist.
KLINLK So segensreich die Mikrogliazellen bei Abwehr- und Abräumvorgängen im Gehirn sind, können sich ihre zerstörenden Eigenschaften auch schädlich bei Krankheiten auswirken. Man nimmt an, dass sie eine wichtige Rolle bei der Zerstörung von Hirngewebe im Rahmen der HIV-Infektion (HIVDemenz), der Multiplen Sklerose und auch der Alzheimer-Krankheit spielen.
Ependymzellen Diese Gliazellen erinnern in ihrem Aussehen an iso- bis hochprismatische Epithelzellen ( > Abb. 1.6, 4). Sie kleiden die inneren Li-
quorräume (Ventrikel) mit einer Zellschicht aus!?, die den Liquor vom Nervengewebe trennt. An ihrer Oberfläche tragen sie zum einen Kinozilien und zum anderen zahlreiche Mikrovilli, was auf eine
starke Sekretions- oder Resorptionstätigkeit
10.1.4).
12 ependyma (gr.) = Oberkleid
hinweist
(>- Kap.
10
1 Grundlagen, Begriffe und Definitionen
Spezielle Formen der Ependymzellen, die Tanyzyten, bilden nach
diese Weise kommt die charakteristische Querschnittsstruktur des
basal lange (bis zu 500 fum) Fortsätze aus, die bis zum perivaskulä-
Nervs im histologischen Bild zustande ( > Abb. 1.7). Der Zytoplasmasaum der Schwann-Zelle, der nicht in die Membranwicklungen
ren Raum von Kapillaren reichen. Nach apikal haben sie mit den benachbarten Ependymzellen dichte interzelluläre Verbindungen
der Ummarkung eingeht (also die äußerste Schicht der Markschei-
(Zonulae occludentes). So tragen diese Zellen zur Blut-Liquor-
de, die auch den Zellkern enthält), wird als Schwann-Scheide oder
Schranke bei, die verhindert, dass toxische Stoffe aus dem Blut in den Liquor gelangen können.
Neurolemm bezeichnet ( > Abb. 1.5a, 6). Gemeinsam mit der au-
ßen anliegenden Basalmembran bildet das Neurolemm die Endoneuralscheide ( > Abb. 1.7, 3), die lichtmikroskopisch sichtbar die
NG2-Zellen
Axone ( > Abb. 1.7, I) umgibt. Mehrere Axone werden von retiku-
lärem Bindegewebe, dem Endoneurium, als angedeutete Bündel In den letzten Jahren entpuppt sich eine Gliazellpolulation, die bis dahin lediglich als Vorläuferzellen von Astro- und Oligodendrozyten galt, als eigenständige Gliazellart im ZNS. Diese sog. NG2-Zellen (in der häufigsten Erscheinungsform auch: Synantozyten) haben neben der Differenzierung in Astro- und Oligodendrozyten auch eigenständige Funktionen. NG2-Zellen können das Aussprossen von Axonverzweigungen von Neuronen gezielt unterbinden.
Außerdem empfangen sie als Gliazellen über Synapsen Signale von Neuronen, sind also an der Signalübertragung im ZNS beteiligt. NG2-Gliazellen/Synantozyten haben eine astrozytenähnliche Morphologie und sind zahlreich in der weißen und grauen Substanz des ZNS zu finden (nicht dargestellt in > Abb. 1.6) .
voneinander getrennt ( > Abb. 1.7, 4). Von diesen Bündeln werden
wiederum einige durch das bindegewebige Perineurium ( > Abb. 1.7, 5) zu größeren, runden und gut abgrenzbaren Faszikeln zusammengefasst ( > Abb. 1.7, 6). Eine unterschiedlich große Anzahl solcher Faszikel wird nun durch das Epineurium ( > Abb. 1.7, 7) zum
gesamten peripheren Nerv zusammengefasst und im umgebenden Gewebe fixiert. Das Epineurium steht proximal mit der harten Hirn- bzw. Rückenmarkshaut (Dura mater) in Verbindung. Was aber ist der Sinn dieser aufwändigen Bindegewebsverschalung peripherer Nerven? Er besteht zum einen darin, eine gewisse elastische
Beanspruchbarkeit (durch einen hohen Gehalt des Bindegewebes an elastischen Fasern) zu gewährleisten und zum anderen einen generellen Schutz gegen potenzielle Druckschädigungen von außen
zu bieten. Schließlich führt die bindegewebige Umhüllung auch
1.3.3 Struktur des peripheren Nervs
versorgende Gefäße, die die Schwann-Zellen ernähren (nicht aber die Nervenfasern, deren Versorgung vom Perikaryon aus erfolgt).
Mehrere Axone und/oder Dendriten einschließlich ihrer Markscheiden bilden jeweils die Nervenfasern eines peripheren Nervs. Das sie umgebende Bindegewebe ordnet die Nervenfasern zu Bündeln und unterteilt so den Nerv in mehrere Kompartimente. Auf
Abb. 1.7 Peripherer Nerv im Querschnitt. 1 Nervenfasern (Axone, Dendriten), 2 Markscheiden (stellen sich hier gelb dar), 3 Endoneuralscheide (trennt einzelne ummarkte Nervenfasern voneinander), 4 Endo-
neurium (fasst Gruppen von Nervenfasern zu kleineren Bündeln zusammen), 5 Perineurium (fasst gut abgrenzbar 6 Gruppen von kleineren Nervenfaserbündeln zusammen), 7 Epineurium (fasst alle Nervenfaserbündel zu einem peripheren Nerv zusammen), 8 Arterie, 9 Vene. (Vergrößerungskasten aus [R252] [T873, M375, L141])
1.5 Transmittersysteme
1.3.4 Periphere Ganglien
11
1.4 Afferent und efferent, sensibel und motorisch
Das ZNS besteht zu einem beträchtlichen Teil aus Perikaryen. Im peripheren Nervensystem findet man hingegen überwiegend die axonalen und dendritischen Fortsätze von Neuronen, die sich zu
peripheren Nerven bündeln. Die einzigen Perikaryen, die man im peripheren Nervensystem findet, liegen in den » Ganglien. Ein Ganglion ist eine Ansammlung von Perikaryen von Nervenzellen.
Diese Begriffe beziehen sich auf die Charakterisierung von bestimmten Nervenfasern und werden uns in den nachfolgenden Kapiteln sehr oft begegnen. Afferent bedeutet ankommend oder zuführend, efferent bedeutet ableitend oder wegführend. Die Begriffe afferent und sensibel bzw. efferent und motorisch werden häufig synonym verwendet, was jedoch nicht immer korrekt ist. In Bezug auf die unmittelbaren Zu- und Abgänge des ZNS ist diese Gleichsetzung berechtigt: Jede Afferenz (ankommende Nervenfaser) zum ZNS ist definitionsgemäß sensibel, und jede Efferenz (wegführende Nervenfaser) vom ZNS ist definitionsgemäß motorisch (wobei mo-
MER.K.E
Man darf den Begriff Ganglion nicht mit dem Begriff Ganglienzelle verwechseln, einem anderen Ausdruck für Nervenzelle oder Neuron.
torisch nicht zwangsläufig etwas mit Bewegung zu tun haben muss). In Bezug auf die Verhältnisse innerhalb des ZNS ist die Gleichsetzung allerdings falsch und irreführend. Betrachten wir z. B. die Nervenfasern, die von der Großhirnrinde ins Rückenmark ziehen: sie
Es gibt zum einen motorische Ganglien, die als Schaltzentren des vegetativen Nervensystems in > Kap. 12 beschrieben werden. Zum anderen findet man als Bestandteile sensibler Nervenbahnen die sensiblen Ganglien. Diese in der Nähe des ZNS befindlichen, in
etwa erbsengroßen Ganglien sind als Spinalganglien entlang dem Wirbelkanal und in unterschiedlicher Größe als Hirnnervenganglien im Bereich der Schädelbasis, also direkt unterhalb des Gehirns, lokalisiert.
Histologie der Ganglien In den sensiblen Ganglien findet man nur die Perikaryen pseudounipolarer Neurone (einzige Ausnahme: sensorisches Ganglion des VIIL Hirnnervs > bipolare Neurone). Die Perikaryen werden von peripheren Gliazellen umhüllt, die wie die Schwann-Zellen aus der Neuralleiste abstammen und hier aufgrund ihrer Anordnung als Mantel-, Kapsel- oder Satellitenzellen bezeichnet werden ( > Abb.
1.8).
sind für das Großhirn eine Efferenz, für das Rückenmark jedoch eine Afferenz und haben dabei mit dem Begriff sensibel überhaupt nichts zu tun, im Gegenteil, sie stehen in diesem Fall im Dienst der Motorik. Der Begriff „afferent“ oder „efferent“ ist also primär eine
Frage des Betrachtungsstandpunkts, da eine Nervenfaser innerhalb des ZNS immer gleichzeitig efferent und afferent ist. Ob sie dabei sensiblen oder motorischen Funktionen oder keines von beidem zugeordnet wird, muss getrennt davon betrachtet werden. In diesem Zusammenhang soll auch der Begriff Projektion erklärt werden. Wenn ein Neuron eine efferente Nervenfaser z.B. vom Rückenmark (Medulla spinalis) zum Kleinhirn (Cerebellum)
schickt, dann projiziert dieses Neuron ins Kleinhirn. Man spricht in diesem Fall von einer spinozerebellären Projektion. Die Neurone,
die auf diese Weise mit ihren langen Fortsätzen Information auf weiter entfernte Gebiete übertragen, werden entsprechend Projektionsneurone genannt. Ihnen stehen die sog. Interneurone (Zwischenneurone) gegenüber, die mit ihren Fortsätzen auf ein eng umschriebenes Gebiet begrenzt bleiben. MERKE Afferent = zuführend; im Fall einer afferenten Faser von der Peripherie zum ZNS gleichbedeutend mit sensibel. Efferent = wegführend, ableitend; im Fall einer efferenten Faser vom ZNS in die Peripherie gleichbedeutend mit motorisch.
1.5 Transmittersysteme Ein Transmittersystem ist eine Gruppe von Neuronen, die den gleichen Transmitter oder eine gleiche Gruppe von chemisch ähnlichen Transmittern einsetzen. Es gibt eine große Zahl verschiedener Transmittersubstanzen. Einige davon, die besonders wichtig und klinisch relevant sind, werden hier kurz besprochen.
Abb. 1.8 Mikroskopische Anatomie eines Spinalganglions. 1 Perikaryon einer pseudounipolaren Nervenzelle, 2 Mantelzellen, 3 Zellkern der Nervenzelle mit Nucleolus. (Aus [R170-3]) [M375]
Im peripheren Nervensystem spielen insbesondere die Transmitter Acetylcholin (lokalisiert in der motorischen Endplatte und in vegetativen Neuronen) sowie Noradrenalin (im zweiten sympathischen Neuron) eine Rolle. Andere Transmitter kommen ebenfalls
vor, stehen aber funktionell weniger im Vordergrund. Im ZNS
12
1 Grundlagen, Begriffe und Definitionen
kommen neben den eben erwähnten Substanzen die Aminosäuren Glutamat, y-Aminobuttersäure (GABA) und Glycin, verschiedene biogene Amine (= Monoamine) und diverse (Neuro-)Peptide
als Transmitter in den einzelnen Neuronenpopulationen vor. spricht dann von GABAergen, cholinergen, glutamatergen, aminergen etc. Neuronen. Sowohl im zentralen als auch im pheren Nervensystem kann ein einzelnes Neuron jedoch auch als nur einen Transmitter verwenden.
Man dopperimehr
Ein zweiter Transmitter in einem Neuron wird als Kotransmitter bezeichnet, der isoliert oder gemeinsam mit dem ersten Trans-
mitter des Neurons ausgeschüttet werden kann. Als Kotransmitter sind Neuropeptide (z. B. Substanz P, Enkephalin und viele andere) besonders häufig.
Transmitter sind Glutamat und Acetylcholin. Die häufigsten inhibitorischen Transmitter sind GABA und Glycin. MER.K.E Exzitatorisch wirkende Transmitter (z. B. Glutamat, Acetylcholin) stimulie-
ren die elektrische Erregung, inhibitorisch wirkende Transmitter (z.B. GABA, Glycin) unterdrücken sie,
Die erregende oder hemmende Wirkung der Transmitter hängt also vom postsynaptischen Rezeptor ab. e Erregend wirkende Transmitter im ZNS und an der motorischen Endplatte öffnen mit dem Rezeptor verbundene Natriumkanäle. Sie bewirken so einen Natriumeinstrom in die Zelle und
Eine spezielle Kotransmitterform ist Stickstoffmonoxid (= NO),
damit eine Depolarisation der Membran, wodurch ein Aktions-
besonders im enterischen Nervensystem, aber auch an vielen Stel-
potential entsteht oder begünstigt wird. * Hemmend wirkende Transmitter öffnen hingegen in der postsynaptischen Membran mit dem Rezeptor verbundene Chloridkanäle. Die dadurch entstehende Hyperpolarisation der Membran erschwert oder verhindert somit die Auslösung eines Aktionspotentials durch einen erregend wirkenden Transmitter.
len im ZNS. Dieser gasförmige Neurotransmitter ist nicht wie ande-
re Neurotransmitter in Membranvesikel verpackt. Er diffundiert auf bestimmte Stimuli hin durch die terminale Membran des Neu-
rons über den synaptischen Spalt hinweg in die Erfolgszelle, um dort z. B. deren Erregbarkeit durch einen anderen Neurotransmitter zu modulieren. Im Gehirn spielt NO auf diese Weise eine wichtige Rolle bei Lernvorgängen.
Neben
dieser
schnellen,
direkt
Ionenkanal-vermittelten
Signal-
übertragung gibt es im vegetativen Nervensystem, aber auch im Wichtig ist, dass
ZNS im Bereich peptiderger oder monoaminerger Synapsen sog. langsame Signalübertragungen. Diese wirken über G-Proteine
* exzitatorische (erregende) Transmitterwirkungen und
oder über Second-messenger-Mechanismen (z.B. cAMP oder cGMP-Anstieg) hyperpolarisierend oder depolarisierend. Insbesondere im ZNS wirken sie oft eher modulierend auf die Erregbarkeit der postsynaptischen Zelle als direkt aktionspotentialauslösend oder -verhindernd. Im peripheren vegetativen Nervensystem hingegen ist dies die häufigste Art der Signalübertragung auf das Erfolgsorgan. Grundsätzlich halten durch langsame Signalübertragung bedingte Transmitterwirkungen länger an als direkt Ionenkanal-vermittelte.
* inhibitorische (hemmende) Transmitterwirkungen
unterschieden werden. Exzitatorisch wirkende Transmitter stimulieren die elektrische Erregung der nachfolgenden Zelle, inhibitorisch wirkende unterdrücken sie. Ob eine Substanz hemmend oder erregend wirkt, hängt dabei grundsätzlich vom Rezeptor an der Erfolgszelle ab und nicht direkt von der Substanz selbst. Ein Transmitter kann gleichermaßen hemmend und erregend wirken, je nachdem, auf welchen Rezeptor er trifit. Vergleichen wir einen Transmitter mit einer Nachricht wie „Der
Hamburger Sportverein hat das Fußballspiel gegen den FC Bayern München gewonnen”. Diese Nachricht wird beim Empfänger (Re-
> Tab. 1.2 gibt einen Überblick über die wichtigsten Neurotransmitter (im Anhang findet sich eine detailliertere Übersicht). Wer
sich neu in die Neuroanatomie eindenkt (und das wird bei den meisten Lesern bei Lektüre dieser Textstelle noch so sein), kann
zeptor) Freude auslösen, wenn er der Konfiguration nach Hamburg-Fan ist, oder Trauer, wenn er Bayern-München-Fan ist. Die Antwort, die ausgelöst wird und die er weiterleitet („Das ist ein gu-
und muss diese Tabelle noch nicht im Detail verstehen. Sie soll hier
tes/schlechtes Sportergebnis“), wird also primär durch die Art des Rezeptors bestimmt. Wenn der Rezeptor auf der Zielzelle nicht vor-
ses Buches kann man auf > Tab. 1.2 oder auf die Tabelle der
handen
ist („Mir
ist Fußball
oder
diese beiden
Fußballvereine
egal“), erfolgt gar keine Reaktion. Ein Beispiel aus der Neuroanatomie ist das Noradrenalin im sympathischen Nervensystem. Je nachdem, ob es auf einen P-Rezeptor oder auf einen a-Rezeptor an den glatten Gefäßmuskelzellen trifft, wirkt es auf diese dilatierend oder kontrahierend. Entsprechend verhält es sich auch mit vielen Transmittern des ZNS. Dennoch gibt es Substanzen, die aufgrund der vorhandenen spezifischen Rezeptoren in der Regel exzitatorisch oder in der Regel inhibitorisch wirken. Die wichtigsten (weil häufigsten) exzitatorischen
vor allem einen Eindruck der vorhandenen Transmittervielfalt geben. Nach dem Studium der Rückenmarks- und Gehirnkapitel dieTransmittersysteme,
> Kap. 15, zurückgreifen, um
sich z.B. zur
Prüfungsvorbereitung einen zusammenfassenden Überblick über die dort besprochenen Transmitter zu verschaffen. KLINILK Bei vielen Krankheiten kann man einzelne Transmittersysteme gezielt mit
Medikamenten beeinflussen. So greift z. B. der Wirkstoff Diazepam (z. B. Valium®) an den GABAergen Synapsen an und wirkt über diese allgemein dämpfend auf das ZNS (Verwendung als Beruhigungsmittel, Schlafmittel oder Antiepileptikum). Andere Beispiele sind das beim Parkinson-Syndrom (> Kap. 6.3.2) verwendete L-Dopa, das nach Durchwanderung der Blut-
1.7 Entwicklungsgeschichte des Nervensystems Tab. 1.2 Die wichtigsten Neurotransmitter
Im Groß- und Kleinhirn kommt
Substanzklasse
graue Substanz in Form der sog.
Acetylcholin
Acetylcholin
Monoamine
Dopamin Serotonin Noradrenalin Adrenalin Histamin
Aminosäuren (exzitatorisch)
Glutamat
13
zusätzlich zu diesen Kernen die
s Rinde (Cortex) vor. Sie umhüllt als Großhirnrinde bzw. Kleinhirnrinde die wei-
ßen Substanzen der entsprechenden Hirnteile vollständig. Nicht nur vom histologischen Aufbau, sondern auch funktionell verhal-
ten sich Rinde und Kerne im ZNS sehr unterschiedlich.
Aspartat Aminosäuren (inhibitorisch)
Neuropeptide
y-Aminobuttersäure (GABA) Glycin Substanz P Endorphine Enkephaline Dynorphin Neurotensin Somatostatin Oxytocin Vasopressin Vasoaktives Intestinales Polypeptid (VIP) Neuropeptid Y Cholecystokinin
MERKE Die graue Substanz besteht aus einer Ansammlung von Perikaryen der Nervenzellen, wohingegen in der weißen Substanz nur Fortsätze der Nervenzellen liegen. Gliazellen findet man vollständig sowohl in grauer als
auch weißer Substanz.
1.7 Entwicklungsgeschichte des Nervensystems 1.7.1
Embryogenese des Nervensystems
Purine
Adenosin
Die Entwicklung des Nervensystems während der Embryonalzeit
gasförmige Transmitter
Stickstoffmonoxid (NO)
beinhaltet folgende drei Schlüsselschritte: * (Neural-)Induktion
Hirn-Schranke zu Dopamin wird und so im ZNS an dopaminergen Synapsen signalverstärkend wirkt. Bestimmte Medikamente gegen Schizophrenie hingegen blockieren die Signalübertragung an dopaminergen Synapsen (sog. Neuroleptika). Medikamente, die spezifisch die acetylcholinergen Synapsen an der motorischen Endplatte blockieren, wie Abkömmlinge des indianischen Pfeilgifts Curare, werden in der Intensivmedizin und Anästhesie zur Skelettmuskelrelaxation im Rahmen der Intubation und Narkose verwendet.
s Neurulation * Bläschenformation.
(Neural-)Induktion Nachdem sich beim Embryo die drei übereinanderliegenden Keimblätter Endoderm, Mesoderm und Ektoderm entwickelt haben, ent-
steht durch Anreiz (Induktion, auch Neuralinduktion) des darun-
terliegenden Mesoderms und der Chorda dorsalis (primitive Längsachse des Embryos) im Ektoderm etwa am 17. Embryonaltag das
1.6 Graue und weiße Substanz im ZNS
Neuroektoderm. Dieses bildet eine spezialisierte Region, die Neu-
ralplatte, aus welcher der größte Teil des Nervensystems entsteht Das ZNS ist in graue und weiße Substanz gegliedert. Graue Sub-
(> Abb. 1.9, 7).
stanz findet man dort, wo sich die Perikaryen der zentralnervösen
Neurone ansammeln. Die Masse ihrer Fortsätze bildet zusammen mit Gliagewebe die weiße Substanz, in der keine Perikaryen zu finden sind. Der die Perikaryen in der grauen Substanz unmittelbar umgebende Filz aus Nervenfasern und Gliazellen wird als Neuropil bezeichnet. Die graue Substanz im ZNS gruppiert sich so, dass sie nach außen hin von weißer Substanz umgeben ist, sodass sie sog.
Neuralleiste ab ( > Abb. 1.9, 5), die vor allem das Zellmaterial des
s Nervenkerne (Nuclei)
peripheren Nervensystems liefert ( > Kap. 1.7.2). Aus dem vorderen, im Kopfabschnitt gelegenen Ende des Neuralrohrs bildet sich
Neurulation
Am 18. Embryonaltag vertieft sich die Neuralplatte zur Neuralrinne, senkt sich nach unten in Richtung Mesoderm und schnürt sich schließlich als Neuralrohr ab ( > Abb. 1.9, 4, Neurulation im enge-
ren Sinne). Am Rand der Neuralrinne spaltet sich weiterhin die
das Gehirn, während aus dem hinteren, im Rumpfabschnitt gelege-
bildet. Im Rückenmark konfluieren diese Kerne makroskopisch zu einem einzigen großen Komplex grauer Substanz, der von weißer Substanz umgeben ist. Im Gehirn konfluieren diese Kerne nur ausnahmsweise miteinander, sodass ein Kern gegen den anderen meist gut abgrenzbar bleibt.
nen Teil das Rückenmark entsteht. Aus dem Hohlraum des Rohrs
entwickelt sich später das Ventrikelsystem. An den beiden Enden ist das Neuralrohr zunächst noch offen. Am 25. Embryonaltag schließt sich das vordere (Kopf-)Ende (Neuroporus rostralis, auch: Neuroporus anterior), zwei Tage später
14
1 Grundlagen, Begriffe und Definitionen Bläschenformation Nach dem Schluss des Neuralrohrs bilden sich im vorderen Ab-
schnitt des Neuralrohrs die sog. Hirnbläschen ( > Abb. 1.10). Zunächst entstehen ein vorderes Prosencephalon-(Vorderhirn-)bläschen, ein mittleres Mesencephalon-(Mittelhirn-)bläschen und ein hinteres Rhombencephalon-(Rautenhirn-)bläschen. Dies sind die
drei sog. Primärbläschen. Rhombencephalonbläschen künftige Medulla oblongata) Letzterem wiederum spaltet
Am 32. Embryonaltag teilt sich das weiter in ein Myelencephalon- (zuund ein Metencephalonbläschen. Aus sich anschließend noch das Cerebel-
lum-(Kleinhirn-)bläschen ab, während sich das Prosencephalon-
bläschen
danach
noch
einmal
in ein hinteres
Diencephalon-
(Zwischenhirn-) und ein davor liegendes Telencephalon-(Endhirn-) bläschen teilt. Die fünf entstandenen Bläschen (Tel-, Di-, Mes-, Met-
und Myelencephalon) nennt man Sekundärbläschen. Später spaltet sich das Endhirnbläschen in zwei Hemisphärenbläschen auf, die
das Zwischenhirn überwachsen. Aus dem
Zwischenhirnbläschen
wächst gleichzeitig auf beiden Seiten ein Augenbläschen (spätere Anlage des N. opticus und der Netzhaut) heraus ( > Abb. 1.12a, 9).
Im Rhombencephalon- und im Prosencephalonbläschen werden frühzeitig segmentale Gliederungen sichtbar (Rhombomere bzw. Abb. 1.9 Neurulation (Abschnürung von Neuralleiste und Neuralrohr aus dem Ektoderm). Querschnitt durch einen Embryo in drei verschiedenen Entwicklungsstadien (von
oben nach unten: 18.-20. Embryonaltag). 1 Ektoderm, 2 Chorda dorsalis. 3 Neuralrinne, aus der sich das 4 Neuralrohr
abschnürt. Die 5 Neuralleiste entsteht an der 6 Übergangszone von 7 Neuralplatte zu Restektoderm. [T873, L126]
Prosomere; zusammen: Neuromere). Dies sind funktionell getrennte segmentale Einheiten im sich entwickelnden Gehirn, die im
Laufe der Zeit aber wieder verschwinden.
Durch ungleichmäßiges Wachstum der Bläschen entstehen in der Achse des Neuralrohrs „Knicke“ (Flexuren), die sich z.T. im
Laufe
der weiteren
Entwicklung
wieder
ausgleichen.
Bestehen
bleibt eine Flexur zwischen Mes- und Diencephalon, die zu einem
Abkippen der Neuralrohrachse zwischen Mittel- und Zwischenhirn das hintere Ende (Neuroporus caudalis, auch: Neuroporus poste-
um etwa 60° nach vorne führt.
rior).
KLINLK Fehlentwicklungen im Stadium der Neurulation führen zu sog. dysrhaphischen Defekten'?. Bleibt der Schluss des Neuroporus rostralis
1.7.2 Histogenese des Nervensystems
dung einer sog. Spina bifida’®. Sie zeichnet sich durch einen unvollstän-
Das Neuralrohr und die Neuralleiste bestehen aus Neuroepithel. Aus dem Neuroepithel entwickeln sich später die Nerven- und Gliazellen. Die bindegewebigen Anteile, die an das Nervensystem assoziiert sind - wie z. B. harte Hirnhaut, Blutgefäße und Mikrogliazellen - entwickeln sich aus dem umgebenden Mesenchym (Ausnah-
digen Schluss der Wirbelbögen aus und kann verschiedene Schweregrade
me: weiche Hirnhäute,
annehmen: von einer Fehlbildung, die äußerlich nicht erkennbar ist (sog. Spina bifida occulta'®), bis hin zu einem Herausquellen des Rückenmarks samt den Rückenmarkshäuten (Meningen) aus dem fehlgebildeten Wirbelkanal (sog. Meningomyelozele). Diese Fehlbildung ist mit dem Leben vereinbar, geht aber je nach Schweregrad oft mit Ausfallserschei-
unterschiedliche Anlagen aus:
aus, kommt es zu einer postnatal nicht mit dem Leben vereinbaren Fehl-
bildung, der sog. Anencephalie'*. Dies ist ein weitgehendes oder vollständiges Fehlen des Groß- und Zwischenhirns sowie des Schädeldachs. Bleibt der Schluss des Neuroporus caudalis aus, kommt es zur Ausbil-
nungen wie Lähmungen einher.
s.u.). Neuralrohr und Neuralleiste bilden
» Neuralrohr: Zellen für das Zentralnervensystem (zentrale Nervenzellen und zentrale Gliazellen, > Kap. 1.3.2).
» Neuralleiste: Zellmaterial der sensiblen und der vegetativen Nerven bzw. Ganglien, der peripheren Gliazellen ( > Kap. 1.3.2), Zellen des Nebennierenmarks, Melanozyten und Zellen
der weichen Hirnhäute. '3 dys (gr.) = abnormal, gestört; raphe (gr.) = Naht (im Sinne eines gestörten Verschlusses des Neuralrohrs)
Aus einer gemeinsamen Vorläuferzelle des Neuroepithels entsteht
'4 an = ohne, encephalon (gr.) = Gehirn 15 spina (lat.) = Rückgrat, Wirbelsäule; bifida (lat.) = zweigeteilt 16 gcculta (lat.) = versteckt
ne) entwickeln, und zum anderen der Glioblast, aus dem sich die Gliazellen (mit Ausnahme der Mikroglia) entwickeln. Die beiden
zum einen der Neuroblast, aus dem sich die Nervenzellen (Neuro-
1.7 Entwicklungsgeschichte des Nervensystems 5 Sekundärbläschen
3 Primärbläschen
Wand i
/
;
Höhle ——
D
n
b
SHENCEPNA
%%rderhirn (Prosen-
cephalon) ık
15
Derivate im ausgereiften Gehirn Wand
OM vn
Diencephalon -Augenbläschen --
Höhle
Großhirn-
Seiten-
hemisphären
ventrikel
Zwischenhirn Netzhaut
3. Ventrikel
MiitteIhiirn
Aquädukt
......... Mittelhirn (Mesen-
cephalon) Hinterhirn A -———-— -(Rhombencephalon)
r
Mesencephalon
--------------------
Metencephalon
.
—F
- Abb. 1.11, 2a und 2b).
3. Marginale Zone (Stratum marginale): die außen liegende, zell* Neuronale Differenzierung: Sie beinhaltet zunächst die Proliferation der Neuroblasten, gefolgt von der Migration der entstandenen Zellen in bestimmte Positionen des sich entwickelnden Nervensystems. * Neuronale Maturation: Zunächst erfolgt das zielgerichtete Auswachsen von Axonen, indem mikroskopisch sichtbare Auftreibungen am Ende des Axons, die Wachstumskegel (Growth cones),
sich gleichsam wie eine tastende Hand nach vorne strecken. Die Growth cones kommunizieren dabei mit ihrer Umgebung über Wachstumsfaktorsignale. Dabei kreuzen manche Axone die Mittellinie und enden an Zielstrukturen in der kontralateralen ZNSHälfte. Ob und wo Neurone die Mittellinie kreuzen, wird durch ein
Wechselspiel von Proteinen auf dem Axon und solchen der Mittellinie gesteuert. Weitere Maturationsschritte des Neurons nach dem Auswachsen von Axonen sind die Bildung von Dendriten,
die Expression eines spezifischen Transmitters und schließlich die Bildung synaptischer Kontakte mit anderen Neuronen.
arme Zone ( > Abb. 1.11, 3).
Die in der inneren (ventrikulären) Zone stattfindende Zellprolifera-
tion hen sich alle
vollzieht sich größtenteils vor der Geburt. Phasenweise entstein der Pränatalzeit bis zu 20.000 neue Neurone pro Minute im entwickelnden Gehirn und Rückenmark. Doch entstehen nicht Neuronentypen in allen Regionen zur gleichen Zeit. Grundsätz-
lich entwickeln sich motorische vor sensiblen Neuronen, während
sich Interneurone (Zwischenneurone) als Letzte entwickeln. Glia-
zellen schließlich proliferieren erst nach den Neuronen in größerem Umfang, dafür aber bis lange Zeit nach der Geburt. Während der Embryonal- und Fetalzeit entstehen fast doppelt so viele Neurone wie schließlich im adulten Gehirn vorhanden sind. Die im Laufe der weiteren Entwicklung nicht mehr benötigten Neurone beseitigen sich selbst im Rahmen eines genetisch determinierten, programmierten Zelltods, der Apoptose. Man kann zwei verschiedene „Wachstumsschübe“ des entstehen-
Durch die Zellmigration entstehen in der Wand des Neuralrohrs drei mikroskopisch abgrenzbare Zellschichten: 1. Ventrikuläre Zone (Stratum ependymale): die dem Hohlraum
zugewandte innere Zone, wo die Zellproliferation stattfindet
(> Abb. 1.11, 7)
den ZNS voneinander abgrenzen. Der erste vollzieht sich von der 10.-18. Embryonalwoche, der zweite beginnt in der 30. Woche und endet erst mit dem zweiten Lebensjahr.
16
1 Grundlagen, Begriffe und Definitionen Myelinisierung
KLLINLK Die erste intensive Wachstumsphase (10.-18. Woche) ist besonders emp-
findlich für endogene (z.B. chromosomale Anomalien) oder exagene (z.B. Strahlung, virale Infektionen) Störungen. So können Infektionen der Mutter in dieser Periode mit bestimmten Viren zu schweren Fehlbil-
dungen des Gehirns mit mentaler Retardierung und Blindheit nach der Geburt führen. Die zweite Phase (30. Woche bis 2. Lebensjahr) ist eher
vulnerabel gegenüber nutritiven Umwelteinflüssen wie Rauchen und Alkoholkonsum der Mutter oder Mangelernährung.
Die Markscheidenbildung (Myelinisierung) des ZNS durch Oligodendrozyten (zentrale Gliazellen, > Kap. 1.3.2) ist ein später Teil der Entwicklung. Sie beginnt erst unter dem Reiz neuronaler Impulse im 5. Embryonalmonat und hält bis ins frühe Erwachsenenalter hinein an. Dabei werden verschiedene funktionelle Systeme zu unterschiedlichen Zeiten mit Markscheiden ausgestattet. Generell werden sensible Systeme früher als motorische und weiter kaudal gelegene ZNS-Abschnitte früher als weiter rostral (zum Kopfende hin) gelegene myelinisiert (z.B. Rückenmark großenteils im 2. Schwangerschaftstrimenon, Großhirnhemisphären frühestens 1-2
Rückenmark
Monate postnatal beginnend). Die Myelinisierung ist wie die Ausbildung von Synapsen plastisch (also auch nach der Embryonalzeit veränderbar). Sie kann durch besondere Aktivierung von Bahnen (z. B. beim Trainieren bestimmter motorischer Abläufe wie Klavier-
spielen etc.) verstärkt werden.
1.7.3 Regionale Entwicklung des Nervensystems Die folgenden Abschnitte sind besser zu verstehen, wenn man bereits
etwas mit der Makroskopie des ZNS vertraut ist. Deshalb empfiehlt es sich bei Verständnisschwierigkeiten, die folgenden Abschnitte nach
dem Studium der Verhältnisse am adulten Rückenmark und Gehirn
in den > Kap. 3, > Kap. 4und > Kap. 10 noch einmal zu lesen. Sie werden dann klarer erscheinen. Weiterhin werden viele Besonderhei-
verlängertes Mark und Brücke
‚9
ten der regionalen ZNS-Entwicklung in einzelnen Abschnitten der Kapitel 3-9 dargestellt und sind deshalb hier nicht ausgeführt (z. B. Hemisphärenrotation bei der Großhirnentwicklung u. a.). Grund- und Flügelplatte Im Neuralrohr unterscheidet man einen ventral gelegenen, später somatomotorischen
Längsabschnitt,
die Grundplatte
(Lamina
basalis), und einen dorsal gelegenen, später somatosensiblen Abschnitt, die Flügelplatte (Lamina alaris). Dazwischen liegen die später viszeromotorischen und viszerosensiblen Längsabschnitte. In der Mitte verläuft, die motorischen und sensiblen Teile (also Grund- und Flügelplatte) trennend, der Sulcus limitans. Diese
Abb. 1.11 Differenzierung der Grund- und Flügelplatte im Rückenmark (oben) und im unteren Hirnstamm (unten). Das Neuralrohr gliedert sich histologisch in 1 ventrikuläre Zone, 2 intermediäre
Gliederung des Neuralrohrs beeinflusst die gesamte weitere Entwicklung des ZNS. Grund- und Flügelplatte liefern gemeinsam das Zellmaterial für das spätere Rückenmark sowie für den Hirnstamm (Medulla oblongata, Pons und Mesencephalon).
Das Cerebellum
(Kleinhirn) hingegen entsteht ebenso wie das Di- und Telencepha-
(Mantel-)Zone und 3 marginale Zone. Die 2a Grundplatte im Bereich der inter-
lon (Zwischen- und Großhirn) ausschließlich aus dem Zellmaterial
mediären Zone und ihre Derivate sind rot, die 2b Flügelplatte und ihre Derivate
der ehemaligen Flügelplatte.
sind blau dargestellt. Im Rückenmark (rechts oben) bleibt die ventrodorsale
Gliederung von Grund- und Flügelplatte (im späteren motorischen 4 Vorderhorn und sensiblen 5 Hinterhorn) erhalten. Im unteren Hirnstamm dagegen (rechts unten) öffnet sich das Neuralrohr nach dorsal wie ein 6 Buch, das aufgeschla-
gen wird (diese Analogie ist jeweils unter den Schaubildern dargestellt), wodurch die ursprünglich ventrodorsale Gliederung in eine mediolaterale übergeht. Dadurch kommen die Grundplattenderivate in Form der späteren 7 motorischen Hirnnervenkerne weiter medial zu liegen, während die Flügelplattenderivate in Form der späteren 8 sensiblen Hirnnervenkerne weiter lateral zu liegen kommen. 9 Vierter Ventrikel (der durch die Neuralrohröffnung nach dorsal entsteht).
[T873, L106]
Rückenmark Im Rückenmark wird die embryonale Gliederung in eine zentrale Höhle (den späteren Zentralkanal) sowie in eine ventral davon gele-
gene Grund- und in eine dorsal davon gelegene Flügelplatte bis zur Ausreifung beibehalten (>- Abb. 1.11). Aus der Mantelzone (> Kap. 1.7.2) der Grundplatte entsteht das Vorderhorn mit den Motoneuronen, aus der Mantelzone der Flügelplatte das Hinterhorn mit sensiblen Neuronen und aus der Übergangszone von
1.7 Entwicklungsgeschichte des Nervensystems Grund- und Flügelplatte entstehen die viszeromotorischen bzw. viszerosensiblen Rückenmarksanteile. Neben der Rückenmarksanlage liegen die embryonalen Achsensegmente, die sog. Somiten. Aus ihnen bilden sich die einzelnen Wirbelkörper und die später einem bestimmten Rückenmarksbzw. Wirbelsäulensegment zuzuordnenden Muskeln. Bereits in der 4. Embryonalwoche sprossen Axone der Motoneurone aus der Grundplatte des Neuralrohrs in die Peripherie zu den in den Somiten entstehenden Muskelanlagen und bilden so die Vorderwurzeln des Rückenmarks. Kurze Zeit später treten Axone aus den sich im Bereich der Neuralleiste bildenden Spinalganglien in die Flügelplatte und bilden die Hinterwurzeln des Rückenmarks. In der 14, Embryonalwoche sind mikroskopisch bereits fast alle Zellgruppen des adulten Rückenmarks erkennbar. Zu Beginn der Embryonalzeit sind Rückenmark und die umgebende Wirbelsäulenanlage gleich lang. In der weiteren Entwicklung
17
Cerebellum Das Kleinhirn entwickelt sich aus einer Ausstülpung der Flügelplatte des Metencephalons („rhombenzephale Lippe“, > Abb. 1.12a, 4), die nach hinten auswächst und von dorsal her den vierten Ven-
trikel zunehmend überdeckt ( > Abb. 1.12b, 6). Eine bald darauf
im rostralen Abschnitt auftretende horizontale Einschnürung (Fissura prima) trennt einen Lobus anterior von einem Lobus poste-
rior. Von diesem wird dann kaudal durch eine weitere horizontale Einschnürung, die Fissura secunda, die Uvula abgetrennt. Beide Fissuren bleiben bis zur vollen Ausreifung des Kleinhirns erhalten. Das Cerebellum ist als motorisches Koordinationszentrum ein spät ausreifender Gehirnanteil. Das schnellere Wachstum setzt erst in der 30. Embryonalwoche ein, hält dafür aber das ganze 1. Lebensjahr hindurch an. In einer während der Kleinhirnentwicklung vorübergehend auftretenden Zellschicht der Kleinhirnrinde, der äuße-
ren Körnerschicht, entstehen sogar noch Monate nach der Geburt
bleibt jedoch das Rückenmark im Wachstum zurück, und die Wir-
belsäule wächst nach kaudal immer weiter über das Rückenmark hinaus, sodass beim Neugeborenen, erst recht aber beim Erwachsenen, das Rückenmark deutlich kürzer als der Wirbelkanal ist
(>
Kap. 3.1).
Medulla oblongata und Pons Diese beiden Gehirnteile entstehen aus dem Myelencephalon- und dem Metencephalonbläschen. In diesem Abschnitt des embryonalen Gehirns öffnet sich der zentrale Hohlraum des Neuralrohrs nach dorsal, sodass der vierte Ventrikel entsteht, der in diesem Stadium
nach dorsal nur von einer dünnen Membran bedeckt ist. Dieser Vorgang drängt die Flügelplatte in der Mitte auseinander, die so zur Seite geschoben wird und lateral der Grundplatte zu liegen kommt. Aus der (jetzt medial gelegenen) Grundplatte entstehen die motorischen, aus der (jetzt lateral gelegenen) Flügelplatte die sensiblen
Embryonaltag 50
Hirnnervenkerne ( > Abb. 1.11). Dazwischen liegen die später vis-
zeromotorischen und viszerosensiblen Kerne. Im Laufe der weiteren Entwicklung wird diese mediolaterale Gliederung in motorische und sensible Teile aufgelockert, und sensible Kerne reichen auch weiter
nach medial. Neben den sensiblen Hirnnervenkernen sind auch die Oliven- und die Brückenkerne Derivate der Flügelplatte. Kiemenbogennerven In der 4. Embryonalwoche kommen neben dem sich entwickelnden Rhombencephalon auch die Kiemenbögen zum Vorschein, aus de-
nen später Strukturen des Kopf-/Halsbereichs wie die Gesichts-, Kau-, Schlund- und Kehlkopfmuskulatur hervorgehen. Frühzeitig
Embryonaltag 100
sprossen Axone aus der obersten Rückenmarksanlage, Medulla ob-
longata und Pons in die Kiemenbögen ein und wandern mit der sich dort entwickelnden Muskulatur in die Peripherie. Diese Axone bilden die motorischen Teile derjenigen Hirnnerven, die später als die fünf Kiemenbogennerven bezeichnet werden:
Abb. 1.12 Äußere Gehirnentwicklung. a 50. Embryonaltag. b 100. Embryonaltag. Pfeile deuten Wachstumsrichtungen an. 1 Rückenmark, 2 Medulla oblongata. 3 Metencephalon, aus dem dorsal die 4 „rhombenzephale Lippe” als Anlage des Cerebellums herauswächst, sodass am 100. Embryonaltag (b) im Metence-
1. Kiemenbogennerv: N. trigeminus (V) 2. Kiemenbogennerv: N. facialis (VII)
3. Kiemenbogennerv: N. glossopharyngeus (IX) 4. Kiemenbogennerv: N. vagus (X) 5. Kiemenbogennerv: N. accessorius (XI, kranialer Teil).
phalon der 5 Pons vom 6 Cerebellum klar abgegrenzt werden kann. 7 Mesencephalon, 8 Diencephalon (in den Abgrenzungen nur am 50. Embryonaltag von lateral erkennbar), 9 Augenbläschen, das am 100. Embryonaltag bereits zum 10 Auge ausdifferenziert ist, 11 Telencephalon, das durch nach vorne, hinten
und unten ausgerichtetes Wachstum das Diencephalon und großteils auch das Mesencephalon bis zum 100. Embryonaltag überwachsen hat. [T873, L106]
18
1 Grundlagen, Begriffe und Definitionen
neue Neurone und wandern nach innen in die sich bildende und dann fortbestehende innere Körnerschicht.
Mesencephalon Das Mittelhirn entsteht aus dem Mesencephalonbläschen ( > Abb. 1.12, 7). Das spätere Tegmentum (der ventral gelegene Mittelhirnanteil, > Kap. 6.1) entsteht aus der Grundplatte und enthält motorische Hirnnervenkerne sowie weitere für die Motorik wichtige Kerne wie den Ncl. ruber und die Substantia nigra. Die dem Mittelhirn dorsal aufsitzende Vierhügelplatte, das Tectum (enthält wich-
tige Kerne des Seh- und Hörsystems), entsteht ausschließlich aus der Flügelplatte. Mehr als bei den anderen Hirnbläschen wird die Wand des Mesencephalonbläschens im Laufe der weiteren Entwicklung auf Kosten des Lumens immer dicker, sodass von Letzterem schließlich nur noch ein enger Kanal, der Aqueductus cerebri,
übrig bleibt. Diencephalon Das Zwischenhirn entsteht nur aus der Flügelplatte. Embryonal wird das Zwischenhirn hauptsächlich in drei Anteilen angelegt, die
aus entsprechenden Ausbuchtungen der lateralen Bläschenwand des Diencephalons entstehen: * Epithalamus, der im Laufe der weiteren Entwicklung im Vergleich mit den anderen Diencephalonabschnitten zurückbleibt. * Thalamus, der größte Zwischenhirnanteil am adulten Gehirn.
* Hypothalamus, der den zweitgrößten Zwischenhirnanteil am adulten Gehirn ausmacht.
b Abb. 1.13 Augenentwicklung in zwei Stadien (a und b). Pfeile deuten Wachstumsrichtungen an. 1 Augenbläschen, das sich aus dem 2 Diencephalonbläschen herausbildet. Das Augenbläschen induziert im angrenzenden 3 Ektoderm die 4 Linsenplakode, die in Richtung Augenbläschen auswächst. Anschließend wächst das Augenbläschen als 5 Augenbecher um die Linsenanlage herum. Der Augenbecher bleibt über den 6 Augenbecherstiel (späterer N. opticus) mit dem Diencephalonbläschen verbunden 7 Öffnung des Augenbechers, die später die Pupille bildet. [T7873, L106]
Ein weiterer Zwischenhirnanteil, der Subthalamus (der Zellmaterial zu Teilen der späteren Basalganglien liefert, s. u.), wird im Laufe
der weiteren Entwicklung nach lateral Richtung Großhirn abgedrängt. Zur ontogenetisch dem Diencephalon zugehörigen Augenentwicklung s. u. Zur Entwicklung der basal dem Zwischenhirn anliegenden Hypophyse > Kap. 8.4.
det sich z.T. aus dem Ektoderm, z.T. aber auch, ebenso wie die Uvea (Aderhaut) und die Sclera (Lederhaut) des Auges, aus dem Mesoderm.
Basalganglien
Das Augenbläschen bleibt mit dem späteren Diencephalon durch
Diese später im Marklager des Großhirns liegenden Kerne ( > Kap. 9.2) entstehen aus einem Zellhügel (Ganglienhügel) am Boden der Telencephalonbläschen, im Bereich des Übergangs zum Zwischenhirn. Während das Striatum, der größte Kern der Basalganglien, ganz aus dem im Ganglienhügel vorhandenen Zellmaterial des Tel-
eine
encephalonbläschens
Auge In der 3. Embryonalwoche erscheint auf beiden Seiten des Vorderhirns ein Augenbläschen ( > Abb. 1.12a, 9 und > Abb. 1.13a, I). stielförmige
Struktur,
den
Augenbecherstiel,
verbunden
(> Abb. 1.13b, 6). Aus dem anfänglich hohlen, später durch aus
der Retina einsprossende Axone ausgefüllten Augenbecherstiel entsteht der N. opticus. Im angrenzenden Ektoderm bildet sich eine Verdickung, die Linsenplakode (>- Abb. 1.13a, 4), die sich aus
dem Ektoderm abhebt. Sie wächst auf das Augenbläschen zu und bildet die spätere Linse. Während sich die Linsenanlage langsam vom Ektoderm ablöst ( > Abb. 1.13b, 4), wird sie durch das Augenbläschen umwachsen,
aus dem so der Augenbecher entsteht
(> Abb. 1.13b, 5). Der Augenbecher umwächst die Linse nicht
vollständig, sondern lässt eine kleine Öffnung bestehen (>- Abb. 1.13b, 7), die spätere Pupille. An deren Rand bildet sich die Iris
sich Teile des Globus
pallidus (des nächstgrößten Basalganglienkerns) nur zum Teil (externes Pallidumsegment) aus einer telenzephalen Anlage. Zum größeren Teil (Teil des externen Segments und internes Segment) entsteht das Pallidum ebenso wie der funktionell eng dazugehörige Ncl. subthalamicus aus dem Subthalamus des Zwischenhirns. Großhirnhemisphären Wie auch das Diencephalon entsteht die Telencephalonanlage aus der Flügelplatte. Die Wand der Telencephalonbläschen besteht überwiegend aus dem Pallium'’, welches das Zellmaterial für die Bildung der Großhirnrinde (Iso- und Allocortex) und des Claustrums
aus. Die Retina (Netzhaut), der Licht wahrnehmende Augenanteil,
entsteht vollständig aus dem Augenbläschen und damit direkt aus der neuroektodermalen Gehirnanlage. Die Cornea (Hornhaut) bil-
entsteht, entwickeln
17 pallium (lat.) = Mantel
1.7 Entwicklungsgeschichte des Nervensystems
19
beinhaltet. Vom Pallium hebt sich der Ganglienhügel ab (s. o.), der die Zellen zur Bildung des Striatums, des Corpus amygdaloideum
Prosozele,
und des Septums enthält ( > Abb. 9.6, S. 199). Es wird also in der
Fünfbläschenstadium heißen sie entsprechend den Vesikeln: zwei
Großhirnanlage früh die Gliederung in Rinde und Kerne festgelegt. Die weiteren entwicklungsgeschichtlichen Besonderheiten der Großhirnhemisphären (Hemisphärenrotation, Kortexeinteilung) werden in > Kap. 9.1.2 und > Kap. 9.1.3 beschrieben.
laterale Telozelen, die die Seitenventrikel bilden, Diozele, die (ge-
Abkömmlinge der Grundplatte sind: torische Hirnnervenkerne, Tegmentum Abkömmlinge der Flügelplatte sind: sible Hirnnervenkerne, Olivenkerne der des
Mesozele
und
entsprechend
Rhombozele
den Vesikeln als
bezeichnet
werden.
Im
meinsam mit einer medialen Telozele) den dritten Ventrikel bil-
det, Mesozele, die später den Aquädukt bildet, sowie Meta- und Myelozele, die gemeinsam den vierten Ventrikel bilden.
KLLN.LK
M.ER.KE
Tectum
aus, die im Dreibläschenstadium
Mittelhirns,
Kleinhirn,
Vorderhorn des Rückenmarks, modes Mittelhirns. Hinterhorn des Rückenmarks, senMedulla oblongata, Brückenkerne,
Zwischenhirn
(einschließlich Auge),
Großhirn. Ventrikelsystem Mit der Bildung der Hirnbläschen (s. o.) weitet sich auch das Innere
Wenn die Hohlraumverbindungen zwischen den Vesikeln — später den Ventrikeln — verengt sind, kommt es zu einer Passagestörung der Flüssigkeit (dem späteren Liquor cerebrospinalis). Meist ist dies im Bereich des Mesencephalons (Mittelhirns) der Fall, da der Hohlraum in Form des
Aquädukts hier ohnehin besonders eng ist. Eine solche Passagestörung in der Embryonalzeit führt zu einem Liquoraufstau mit stark ausgeweiteten Ventrikeln und Ausdünnung der Hirnsubstanz. Dieses Krankheitsbild des angeborenen Hydrocephalus („Wasserkopf”) fällt durch einen zu großen Gehirnschädel auf, da die Schädelknochen in ihrem Wachstum dem Druck von innen nachgeben und sich ausweiten. Zum Krankheitsbild des Hydrocephalus > Kap. 10.1.3.
des Neuralrohrs zu größeren, mit Flüssigkeit gefüllten Hohlräumen
Zusammenfassung Das Nervensystem dient vor allem der Kommunikation mit der
* Gliazellen: Sie bilden u. a. Markscheiden um die Fortsätze von
Umwelt. Wahrnehmung von Sinnesreizen, Integration der Reizinformation und entsprechende Reizantwort sind seine Haupt-
Neuronen. Die Markscheiden dienen vor allem der verbesserten Erregungsleitung, sie werden peripher von den Schwann-Zel-
aufgaben. Man gliedert es in das zentrale und das periphere
len, zentral von den Oligodendrozyten gebildet. Im ZNS gibt es
Nervensystem, ebenso wie in das somatische und das vegetative
noch weitere Gliazellen: Astrozyten (u. a. Stütz- und Ernäh-
Nervensystem,
rungsfunktion, Bildung der Blut-Hirn-Schranke und Modulation der Synapsenfunktion), Mikroglia (Phagozytenfunktion)
* Zentrales Nervensystem (ZNS): Es setzt sich aus Gehirn und
und Ependymzellen (Auskleidung der inneren Liquorräume).
Rückenmark zusammen, die beide innerhalb des Schädels bzw.
Wirbelkanals in Liquor cerebrospinalis eingebettet und von
Periphere Nerven bestehen aus den Axonen und Dendriten von
Hirn- bzw. Rückenmarkshäuten (Meningen) umgeben sind. Das ZNS gliedert sich in graue und weiße Substanz, wobei die
Nervenzellen, deren Perikaryen innerhalb des ZNS oder in einem
peripheren Ganglion liegen. Ihre Fortsätze werden nicht nur von
weiße nur deren Fortsätze enthält. Gliazellen (s. u.) finden sich
Markscheiden, sondern auch von Bindegewebslamellen umhüllt, die den Nerv mechanisch belastbarer und elastischer machen.
in der grauen und in der weißen Substanz.
Als afferent werden dabei diejenigen Nervenfasern bezeichnet,
graue Substanz vor allem die Zellkörper der Nervenzellen, die
* Peripheres Nervensystem (PNS): Es besteht überwiegend aus
die zum ZNS ziehen und somit sensibel sind, als efferent diejeni-
Nervenzellfortsätzen, den Nerven (Nervenzellkörper finden
gen, die vom ZNS wegziehen, also motorisch sind. Innerhalb des ZNS sind sensibel und afferent sowie motorisch und efferent nicht gleichzusetzen.
sich hier nur in den peripheren Ganglien). * Somatisches Nervensystem: Es dient der bewussten sensiblen
Wahrnehmung und der bewussten motorischen Steuerung der Körperperipherie. * Vegetatives Nervensystem: Es steuert (in der Regel unbe-
wusst) die Funktion der inneren Organe und ist damit für die Aufrechterhaltung des inneren Körpermilieus verantwortlich.
Man kann im ZNS verschiedene Transmittersysteme unter-
scheiden. Dies sind Neuronengruppen, die sich jeweils durch die Verwendung eines bestimmten Transmitters auszeichnen. Man spricht dabei von cholinergen, dopaminergen etc. Neuronengruppen. Grundsätzlich unterscheidet man erregende (exzitatorische) von hemmenden (inhibitorischen) Transmitterwirkun-
Das Nervensystem besteht aus Neuronen und Gliazellen.
gen auf die Effektorzelle, wobei die jeweilige Wirkung von der Beschaffenheit des Rezeptors an der postsynaptischen (Effektor-)
* Neurone: Sie bestehen aus einem Zellkörper (Perikaryon) und einem oder mehreren Fortsätzen (Axon und Dendriten). Nach
Zelle bestimmt wird.
Anzahl der Fortsätze unterscheidet man uni-, pseudouni-, bi-
Entwicklungsgeschichte
und multipolare Neurone. Neurone können elektrische Signale leiten und an nachfolgende Zellen über Synapsen weiterge-
Das Nervensystem entsteht embryologisch aus dem Ektoderm. Dabei entwickeln sich durch den Vorgang der Neurulation das
ben. Dabei bedienen sie sich chemisch definierter Substanzen,
Neuralrohr, das später zum ZNS wird, und die Neuralleiste, die
die Transmitter genannt werden.
später Zellen des peripheren Nervensystems, der weichen Hirn-
20
1 Grundlagen, Begriffe und Definitionen
häute und des Nebennierenmarks liefert. Das Neuralrohr gliedert sich in einen Rückenmarksanteil und einen Gehirnanteil. Im Ge-
hirnanteil entstehen einzelne Hirnbläschen, die die Anlage für die späteren Gehirnabschnitte bilden (Großhirn-, Zwischen-
hirn-, Mittelhirn- und Rautenhirnbläschen). Das Auge entsteht
* Aus der Grundplatte entstehen die (motorischen) Vorderhornzellen des Rückenmarks, die motorischen Hirnnervenker-
ne und der ventrale Abschnitt des Mittelhirns (Tegmentum mesencephali). * Aus der Flügelplatte entstehen die (sensiblen) Hinterhornzel-
großenteils aus dem Zwischenhirnbläschen. Aus dem Hohlraum
len des Rückenmarks, die sensiblen Hirnnervenkerne, der dor-
dieser Gehirnbläschen entsteht das spätere Ventrikelsystem. Die Neuralrohrwand gliedert sich in einen ventralen Ab-
sale Abschnitt des Mittelhirns (Tectum mesencephali), das Kleinhirn, das Zwischenhirn und das Großhirn,
schnitt, die Grundplatte, und einen dorsalen Abschnitt, die Flü-
gelplatte. Wiederholungsfragen 7. Wo findet man im peripheren Nervensystem Perikaryen von 1. Umreißen Sie grob die Aufgaben des somatischen und des vegetativen Nervensystems. 2. Schildern Sie kurz den Aufbau eines Neurons! Erläutern Sie
3. 4. 5. 6.
Nervenzellen? 8. Aus welchen embryonalen Anlagen des Nervensystems ent-
kurz die Aufgaben, die den einzelnen Anteilen einer Nerven-
stehen die Zellen des zentralen und aus welchen Anteilen die
zelle zukommen. Wie heißen die häufigsten peripheren Gliazellen und welche Aufgaben erfüllen sie? Welche Aufgabe kommt den Oligodendrozyten zu? Was bedeutet afferent und efferent? Nennen Sie die wichtigsten exzitatorischen und inhibitorischen Transmitter.
Zellen des peripheren Nervensystems? 9. Zählen Sie die fünf Sekundärbläschen des embryonalen Gehirns auf und geben Sie deren Derivate im adulten Gehirn an. 10. Was entsteht im ZNS aus der Grundplatte, was aus der Flü-
gelplatte?
Lösungen wegführend, ableitend (im Fall einer efferenten Faser vom 1. Somatisches NS: motorisch willkürliche Ansteuerung der SkeZNS in die Peripherie gleichbedeutend mit motorisch). lettmuskeln, sensibel bewusste Wahrnehmung des Körpers
und seiner Umgebung. Vegetatives NS: Gliederung in Sympathikus und Parasympathikus (parallel hierzu existiert ein enterisches Nervensystem); unwillkürliche und unbewusste Steuerung der inneren Organe und ihrer Funktion (Atmung, Verdauung, Kreislauf etc.). 2. Gliederung in Perikaryon (Soma), Dendrit (bei multipolaren
6. Besonders wichtig sind: exzifatorisch: Glutamat, Acetylcholin; inhibitorisch: GABA, Glycin.
7.In den sensiblen (Spinal- und Hirnnerven-)Ganglien sowie in den motorischen vegetativen Ganglien. 8. Zellen des Zentralnervensystem (ZNS): Neuralrohr. Zellen des PNS: Neuralleiste.
verzweigt sich terminal zum Telodendron, an dessen Ende
9. Myelencephalonbläschen (adultes Gehirn: Medulla oblongata = verlängertes Mark), Metencephalonbläschen (adultes Ge-
die synaptischen Endkolben stehen. Die Dendriten dienen
hirn: Pons und Cerebellum = Brücke und Kleinhirn), Mes-
der Erregungsaufnahme, die synaptischen Endkolben der Erregungsweitergabe über die mit der nachgeschalteten Zelle
encephalonbläschen (adultes Gehirn: Mesencephalon = Mit-
Nervenzellen mehrere) und Axon (stets nur eines). Das Axon
gebildeten Synapsen. Das Perikaryon unterhält den Stoffwechsel der Nervenzelle (Transmitterproduktion, Energiegewinnung etc.). 3. Häufigste Form: Schwann-Zellen (Markscheidenbildung).
4. Markscheidenbildung im ZNS (klinische Bedeutung bei Multipler Sklerose!). 5. Afferent = zuführend (im Fall einer afferenten Faser von der
Peripherie zum ZNS gleichbedeutend mit sensibel). Efferent =
telhirn), Diencephalonbläschen (adultes Gehirn: Diencepha-
lon = Zwischenhirn), Telencephalonbläschen (adultes Gehirn: Telencephalon = Großhirn). 10. Grundplatte: Vorderhorn des Rückenmarks, motorische
Hirnnervenkerne, Tegmentum des Mittelhirns. Flügelplatte: Hinterhorn des Rückenmarks, sensible Hirnnervenkerne, Olivenkerne der Medulla oblongata, Brückenkerne, Tectum des
Mittelhirns, Kleinhirn, Zwischenhirn (einschließlich Auge), Großhirn.
1.7 Entwicklungsgeschichte des Nervensystems WEITERFÜHRENDE
LITERATUR
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KAPITEL
Peripheres Nervensystem 2.1
Allgemeine Grundlagen
................0000
23
2.2 2.2.1 2.2.2
24 24
2.2.7 2.2.8 2.2.9 2.2.10 2.2.11 2.2.12 2.2.13
Spinalnerven (Nervi spinales) ............... Segmentale und periphere Innervation .......... Rami anteriores und Rami posteriores der Spinalnerven ....0000000000 Rumpfwandinnervation, Nn. intercostales ........ Plexus cervicalis und zervikale Nerven ........... Plexus brachialis ......000000004000000 e N. cutaneus brachii medialis und N. cutaneus antebrachii medialis ............... N.ulnaris . N.musculocutaneuS ......0.00000000000000074H N.medianuS .. ...00000000000000 0 N. axillaris ....0000 N.radialis ...00000 Plexus lumbosacralis ..........000000000000004 N. iliohypogastricus und N. ilioinguinalis .........
2.2.14
N.genitofemoralis .........0.0.000000000000444
41
2.2.15 2.2.16
N. cutaneus femoris lateralis .................. N. obturatoriuS$ .....0.0000000000
41 43
2.2.17
N.femoralis ......0.0000000000000000000000E
44
2.2.18 2.2.19
N. gluteus superior und N. gluteus inferior ....... N. cutaneus femoris posterior .................
45 45
2.2.3 2.2.4 2.2.5 2.2.6
27 28 29 31 33 34 36 36 38 38 40 41
2.1 Allgemeine Grundlagen Das periphere Nervensystem ist das Rezeptor- und Effektororgan des zentralen Nervensystems. Es leitet ihm die afferenten, sensiblen Informationen aus der Peripherie zu und trägt die efferenten, motorischen Impulse, die in der „Zentrale“ ausgearbeitet wurden, zu den
Erfolgsorganen. Prinzipiell unterscheidet man sieben verschiedene Informationsqualitäten bzw. Faserkategorien bei peripheren Nerven: 1. Somatomotorische (= somatoefferente) Fasern: Sie versorgen
ausschließlich die Skelettmuskulatur. Sie sind grundsätzlich willkürlich steuerbar. 2. Allgemein-somatosensible (= allgemein somatoafferente) Fasern: Sie vermitteln Impulse aus der Haut, den Schleimhäuten nahe den Körperöffnungen, den Muskelspindeln und den Re-
2.2.20 2.2.21 2.2.22 2.2.23 2.2.24
N.ischiadicus ........0.000000000000000000000 N. fibularis (N. peroneus) ................00000A N.tibilalis ......0000000000000 N. pudenduS ....0.00000000000 Plexus cCOcCyQeUS ......000000000010110 e
45 46 48 50 51
2.3
Hirnnerven (Nervi craniales)
................
54
2.3.1
. Hirnnerv: N. olfactoriuS ............0.0.0000000-
54
2.3.2.
Il. Hirnnerv: N. OpticUS ......00000000000000000
55
2.3.3
Ill. Hirnnerv: N. oculomotorius ................0.
56
2.3.4 2.3.5 2.3.6 2.3.7 2.3.8 2.3.9
56 58 58 65 67
2.3.10 2.3.11 2.3.12 2.3.13 2.3.14 2.3.15
Ganglion ciliar@ ‚... IV. Hirnnerv: N. trochlearis ............0.0000000V. Hirnnerv: N. trigeminuS ..........0.000040000 MWMI. Hirnnerv: N. abducens .......0..00000000000 WIl. Hirnnerv: N. facialis ..........0.0.00000040000Ganglion pterygopalatinum und Ganglion submandibulare ..........00.00000000 WMIll. Hirnnerv: N. vestibulocochlearis ............ IX. Hirnnerv: N. glossopharyngeus .............. Ganglion oticum .....000000000010117 e X. Hirnnerv: N. VvagUS .....0.000000000000010000H XI. Hirnnerv: N. accessoriuS ...........0.0.000000 XIl. Hirnnerv: N. hypoglossus ..............400.
2.3.16
Durchtritt der Hirnnerven durch die Schädelbasis
78
..
68 70 70 72 73 77 78
zeptoren in Gelenkkapseln und Sehnen. Hier unterscheidet man Exterozeption (Außenwahrnehmung über die Hautrezeptoren) und Propriozeption (Eigenwahrnehmung über die Rezeptoren des Bewegungsapparats). Allgemein-somatosensible Information kann zwar grundsätzlich, muss aber nicht zum Bewusstsein
gelangen. 3, Speziell-somatosensible (= speziell-somatoafferente) Fasern: Sie leiten die Impulse aus der Netzhaut des Auges (Sehen) und
aus dem Innenohr (Gehör und Beschleunigungswahrnehmung). . Allgemein-viszeromotorische (= allgemein-viszeroefferente) Fasern: Sie versorgen die glatte Gefäß- und Eingeweidemuskulatur, das Herz und die Drüsen mit parasympathischen oder sympathischen Impulsen. Sie werden als einzige Fasern peripherer Nerven außerhalb des ZNS noch einmal synaptisch von einem ersten auf ein zweites Neuron umgeschaltet und sind grundsätzlich nicht willkürlich steuerbar.
24
2 Peripheres Nervensystem
5. Speziell-viszeromotorische (= speziell-viszeroefferente) Fasern: Sie kommen nur bei Hirnnerven vor und waren phylogenetisch ursprünglich viszeromotorisch im o. g. Sinn. Sie innervieren die Kiemenbogenmuskulatur (Begriff aus der Embryologie, in erster Linie für Gesichts-, Kau-, Kehlkopf-, Schlund- und
Teile der Halsmuskulatur). Beim Menschen entsprechen diese Fasern jedoch funktionell somatomotorischen Fasern (siehe 1.), da die innervierte Muskulatur quer gestreift ist und fast ausschließlich willkürlich gesteuert wird. 6. Allgemein-viszerosensible (= allgemein-viszeroafferente) Fasern: Sie leiten Informationen aus den Eingeweiden und Blutgefäßen (z. B. Blutdruck oder O,-Gehalt des Blutes) zum ZNS. Die-
se Impulse gelangen von wenigen Ausnahmen abgesehen nicht zum Bewusstsein.
7. Speziell-viszerosensible (= speziell-viszeroafferente) Fasern: Sie vermitteln die Sinnesimpulse aus der Riechschleimhaut und aus den Geschmacksknospen der Zunge. Gemeinsam mit den speziell-somatosensiblen Fasern (Auge, Ohr) werden sie zuwei-
len auch als sensorische Fasern bezeichnet. MERKE Der Begriff „sensorisch” wird nicht einheitlich verwendet und häufig auch mit „sensibel” gleichgesetzt. Manchmal wird er aber nur im Sinne von sehen, hören, schmecken und riechen angewendet.
Bezüglich der sensiblen Versorgung der Haut ist jedem peripheren Nerv ein bestimmtes Areal zugeordnet, das er innerviert (Maximal-
gebiet). Am Rande dieser Areale überdeckt sich das Versorgungsgebiet des einen Nervs immer mit dem Versorgungsgebiet eines anderen benachbarten Nervs, sodass in diesen Regionen eine gewisse „Doppel-“Innervation besteht. Das Areal, das ein Nerv gänzlich allein innerviert, nennt man Autonomgebiet des Nervs.
KLLNLK Bei Schädigung eines peripheren Nervs kommt es zu einem kompletten Sensibilitätsausfall (Anästhesie) nur im Autonomgebiet. Dagegen liegt am Rande des jeweiligen Maximalgebiets, wo eine Doppelinnervation mit dem benachbarten Nerv besteht, lediglich eine Sensibilitätsabschwächung (Hypästhesie) vor.
Grundsätzlich unterscheidet man Spinalnerven, die ihren Ausgang vom
Rückenmark
nehmen, von Hirnnerven,
die ihren Ausgang
vom Gehirn nehmen. Das motorische und sensible Versorgungsgebiet der Spinalnerven umfasst den Rumpf, die Extremitäten und einen Teil des Halses. Das Versorgungsgebiet der Hirnnerven ist der Kopf- und Halsbereich. Nur der bis in den Bauchraum hineinreichende viszerale Anteil des N. vagus (X. Hirnnerv) bildet dabei
eine Ausnahme.
Den vegetativen (viszeralen) Teil des peripheren Nervensystems (PNS) werden wir systematisch in > Kap. 12 besprechen. Im so-
2.2 Spinalnerven (Nervi spinales)
matischen Anteil des PNS besteht der efferente (motorische) Anteil
Man unterscheidet nach dem Austritt aus dem entsprechenden Rückenmarksabschnitt folgende Gruppen von Spinalnerven:
aus dem Axon jeweils eines Neurons (nicht zweier hintereinander geschalteter Neurone wie im vegetativen Nervensystem), dessen Perikaryon bei Spinalnerven im Vorderhorn des Rückenmarks und bei Hirnnerven im Hirnstamm lokalisiert ist. Auch der afferente (sensible) Anteil besteht nur aus jeweils einem Neuron, dessen Pe-
rikaryon aber nicht direkt im Rückenmark oder Hirnstamm liegt, sondern in einem kurz vor dem ZNS lokalisierten Ganglion. Im Fall der Spinalnerven sind das die in den Intervertebrallöchern liegenden Spinalganglien. Hiervon müssen streng die viszeromotorischen Ganglien unterschieden werden, die in > Kap. 12.2 besprochen werden. Im Gegensatz zu den multipolaren Neuronen in den vegetativen Ganglien sind die afferenten Neurone, deren Perikaryen sich in den sensiblen Ganglien befinden, pseudounipolar (Ausnahme: Ganglion des VII. Hirnnervs > bipolare Neurone). Periphere Nerven enthalten selten nur eine der oben unter 1. bis 7. aufgeführten Leitungsqualitäten. Meist führen sie gleichzeitig somatomotorische und somatosensible oder viszeromotorische und viszerosensible Fasern. Es existieren aber auch Nerven mit nur einer Leitungsqualität, sodass man rein motorische, rein sensible oder
gemischte Nerven unterscheidet.
zervikale (auf beiden Seiten jeweils 8: C1-C8) thorakale (auf beiden Seiten jeweils 12: Th1-Th12)
lumbale (auf beiden Seiten jeweils 5: L1-L5) sakrale (auf beiden Seiten jeweils 5: $1-S$5).
Die kleinen Kokzygealnerven, die sich kaudal an die Sakralnerven anschließen, spielen funktionell eine geringe Rolle und werden v.a. der Vollständigkeit halber erwähnt. Die Spinalnerven haben gegenüber den Hirnnerven einige Besonderheiten, auf die wir vor der Besprechung der einzelnen Ner-
ven im Folgenden eingehen wollen.
2.2.1
Segmentale und periphere Innervation
Die Rückenmarksnerven treten in segmentaler Anordnung durch das jeweilige Foramen intervertebrale aus dem Spinalkanal aus. Sie teilen sich unmittelbar danach in einen dorsalen und einen ventralen Ast ( > Kap. 2.2.2).
Ein motorischer Nerv innerviert häufig mehrere Muskeln, die zu-
dem oft ganz unterschiedliche Funktionen haben können. Da ein Nerv aber aus Axonen von vielen tausend Nervenzellen besteht, die vom ZNS aus alle selektiv angesteuert werden können, ist fast nie
der ganze periphere Nerv aktiv, sondern nur bestimmte Axone, die wiederum bestimmte Muskelgruppen innervieren und aktivieren.
Im Bereich des Rumpfes ziehen diese Nerven in segmental getrennten Nervenbündeln in die Peripherie, wo sie sensibel und motorisch z. B. als Nn. intercostales die Brust- und Bauchwand versorgen. Man kann also einem bestimmten Teil der Rumpfwand einen bestimmten versorgenden Nerv zuordnen, der auch genau einem Rückenmarkssegment entspricht (segmentale oder radikuläre In-
2.2 Spinalnerven (Nervi spinales)
25
UD UE} Th4
L 15
UL al} Th9 1 L Ja
M
Abb. 2.1 Segmentale sensible Innervation (Dermatome). Jedem der durch Linien voneinander getrennten Hautareale lässt sich ein Rückenmarkssegment zuordnen, das mit seinen sensiblen Fasern dieses Dermatom innerviert. Zu beachten ist, dass sich die Dermatome zweier benachbarter Segmente an den Randzonen überlappen können, sodass bei Schädigung eines Rückenmarkssegments oder eines Spinalnervs im betroffenen Dermatom eine (wenn auch stark eingeschränkte) Restsensibilität erhalten bleiben kann. [T873, L217, L106]
nervation‘). Im somatosensiblen Bereich nennt man diese segmentalen Regionen Dermatome* ( > Abb. 2.1). Im Bereich der Extremitäten ist dies anders. Zwar findet man
auch hier eine segmentale Innervation (>- Abb. 2.1). Hier entspricht aber dem sensiblen Versorgungsgebiet eines peripheren Nervs eine Fläche, die mehrere (oder Teile von mehreren) Rückenmarkssegmente(n) einnimmt. Das kommt dadurch zustande, dass im Bereich der extremitätenversorgenden Rückenmarks-
mehr periphere Nerven aus dem Plexus hervor, als Spinalnerven eingetreten sind. Die peripheren Nerven haben eigene Versorgungsgebiete, die nicht mit den Grenzen der segmentalen Innervation identisch sind. Dies bezeichnet man im Vergleich zur segmentalen Innervation als periphere Innervation. Von großer Bedeutung ist, dass die Fasern dieser gemischten Nerven in den Extremitäten wiederum in segmental geordneter Weise enden, sodass man auch dort eine Dermatomeinteilung vorfindet (>- Abb. 2.1). Das
segmente (Zervikal-, Lumbal- und Sakralmark) die vorderen Äste (Rr. anteriores, s. u.) der Spinalnerven nach ihrem Austritt aus dem Wirbelkanal sog. Plexus (= Geflechte) bilden. In diese Plexus treten
heißt, wenn ein Nerv z. B. Teile aus den Segmenten L1-L4 mitführt,
die segmental getrennten Spinalnerven ein, durchflechten sich, tau-
im entsprechenden Dermatom für L3, die aus L4 wiederum darun-
schen Fasern aus und treten als gemischt-segmentale periphere Extremitätennerven wieder aus ( > Abb. 2.2). Häufig gehen dabei
ter usw. Somit enden diese Fasern zwar segmental getrennt, decken aber von den segmentalen Dermatomen nur den Bereich ab, der dem Versorgungsgebiet des betreffenden peripheren Nervs entspricht (> Abb. 2.3). Die Fasern des benachbarten peripheren Nervs, der ebenfalls Anteile aus den Segmenten L2-L4 führt, enden dann in den Teilen der Dermatome L2-L4, die an das Versorgungs-
' radix (lat.) = Wurzel, von Spinalnervenwurzel ? derma (gr.) = Haut; tome (gr.) = Abschnitt
enden die Fasern aus L2 in dem zugehörigen Dermatom des Segments L2 am Oberschenkel. Die Fasern aus L3 enden dann darunter
26
2 Peripheres Nervensystem
Rückenmark
Nervenzellen segmental verteilt
Spinalnerven
Fasern segmental|
Dermatome
periphere Nerven
Durchflechtung Faserverteilung
1 Nerv enthält Fasern
mehrerer Segmente
getrennt
in
Muskel oder Haut
Segmental getrennte Verteilung der Fasern in der Peripherie
Abb. 2.2 Prinzip der Plexusbildung. Spinalnerven treten segmental getrennt in einen Plexus ein, tauschen Fasern untereinander aus und verlassen ihn als gemischt-segmentale periphere Nerven. Die Fasern dieser gemischt-segmentalen Nerven enden in der Peripherie wiederum segmental getrennt. (Aus [S010-2-16])
gebiet des erstgenannten Nervs angrenzen und seinem eigenen Innervationsgebiet entsprechen. So werden also die segmentalen Dermatome im Extremitätenbereich durch die segmentale Endigung der Fasern mehrerer Nerven gebildet. Hier liegt also periphere und segmentale Innervation vor, nur sind beide nicht wie im Rumpf-
wandbereich identisch, sondern in ihren Grenzen unterschiedlich.
dass sie zum „Kennmuskel“ dieses Segments werden (z. B.M. extensor hallucis longus für das Segment L5). Dies ist in der Klinik zur
Erkennung und Einordnung einer Schädigung einzelner Rückenmarkssegmente oder einzelner Spinalnervenwurzeln diagnostisch von großer Bedeutung. Die wichtigsten Kennmuskeln sind mit den ihnen zugeordneten Segmenten in > Tab. 2.1 aufgeführt.
Wie oben bereits generell für periphere Nerven angedeutet, „verwi-
schen“ sich die Grenzen der segmentalen Innervation etwas dadurch, dass die Nervenendigungen eines Segments noch in den
Tab. 2.1 Die wichtigsten Kennmuskeln mit den ihnen zugeordneten Rückenmarkssegmenten
Dermatombereich des benachbarten Segments hineinreichen, sodass sich die einzelnen Dermatome „dachziegelartig“ überlappen
Kennmuskel
(Doppelinnervation). Deshalb bleibt beim Ausfall eines einzelnen Segments eine - oft kaum merklich verminderte - Restempfindlichkeit im betroffenen Dermatom erhalten.
Das Prinzip der segmental geordneten Endigung peripherer Nervenfasern gilt gleichermaßen für den sensiblen und für den motorischen Anteil des peripheren Nervensystems. So hat auch die Inner-
vation sodass mente psoas),
der Skelettmuskulatur ein segmental geordnetes Muster, einem Muskel bestimmte ihn versorgende Rückenmarkssegzugeordnet werden können (z.B. L1-L3 für den M. iliowobei diese Segmente natürlich gleichzeitig auch andere
Muskeln innervieren können. Manche Muskeln werden ausschließ-
lich oder wenigstens überwiegend aus einem Segment versorgt, So-
KT ELG
2.2 Spinalnerven (Nervi spinales)
27
KLLNLK Die Differenzierung von peripherer und segmentaler Innervation hat klinisch große Relevanz. So kann man anhand der Ausfallserscheinungen unterscheiden, ob eine Schädigung der spinalen Wurzel in unmittelbarer Rückenmarksnähe (also proximal des Eintritts in den Plexus) oder
eine Schädigung des peripheren Nervs vorliegt. Vergleichen Sie hierzu > Abb. 2.3. Wenn eine Sensibilitätsstörung im Bereich des dunkelblauen Areals auftritt und sich auf das angrenzende gestrichelt abgegrenzte Areal L4 ausdehnt, die mittel- und hellblauen Areale aber unbeeinträchtigt sind, entspricht das einem Ausfall des Segments L4, da sich die Empfindungsstörung über die Grenzen des Innervationsgebiets des in Frage kommenden peripheren Nervs (hier: N. femoralis) hinaus erstreckt und andere Teile (L2 und L3) dieses Nervs offensichtlich nicht beeinträch-
tigt sind. Liegt hingegen ein Sensibilitätsausfall nur im in > Abb. 2.3 dunkel-, mittel- und hellblau hinterlegten Bereich vor, entspricht das dem
Ausfall des Versorgungsgebiets des N. femoralis und nicht der segmental getrennten Spinalnervenwurzeln vor der Plexusbildung, weil die Teile aus den Dermatomen L2-L4, die nicht vom N. femoralis versorgt werden, unbeeinträchtigt sind. In der klinischen Praxis ist es also sehr wichtig, die Innervationsgebiete der einzelnen peripheren Nerven ebenso wie die segmentale Anordnung der Dermatome zu kennen. KLLNLK Gürtelrose
Varizella-Zoster-Viren, die Windpocken (Varizellen) verursachen, persis-
tieren nach Abklingen der Erkrankung lebenslang im Körper des Patienten in den sensiblen Spinal- oder Hirnnervenganglien. In besonderen Situationen (Immunschwäche,
schwere
Begleiterkrankung,
Stress) können
sie
später im Leben von dort aus wieder über die sensiblen Nerven in die Haut wandern und dort im entsprechenden Dermatom einen sehr schmerzhaften bläschenartigen Hautbefall verursachen, der als Gürtelrose (Herpes Zoster) bezeichnet wird. Weil diese späte Exazerbation der Erkrankung meist nur von einem Spinalganglion ausgeht, ist der Hautbefall streng auf ein Segment bzw. ein Dermatom begrenzt, entsprechend den Grenzen in > Abb. 2.1. Ähnliches kann sich im Bereich der Gesichtsinnervation, ausgehend von sensiblen Hirnnervenganglien, abspielen (>- Kap. 2.3.6).
Abb. 2.3 Getrennt segmentale Endigung der sensiblen Fasern eines an sich gemischt-segmentalen Nervs. Hier am Beispiel sensibler Äste des N. femoralis. Beachte, dass die sensiblen Fasern des Nervs zwar segmental getrennt enden (blaue Areale), dabei aber nur Teile der Dermatome L2-L4 abde-
cken. Die restlichen Teile der Dermatome werden von den ebenfalls getrennt segmental endenden sensiblen Fasern anderer peripherer Nerven abgedeckt. [T7873, L106]
Es gibt vier Plexus, die im Bereich der Zervikal-, Lumbal- und Sak-
das Foramen intervertebrale und bilden damit den Spinalnerv des zugehörigen Rückenmarksegments. Kurz nach Verlassen des Wir-
ralwirbelsäule gebildet werden:
belkanals gibt er einen R. meningeus ab, der durch das Foramen
intervertebrale wieder in den Wirbelkanal eintritt und die RückenPlexus cervicalis Plexus brachialis Plexus lumbalis
brales sensibel im Bereich des entsprechenden Segments versorgt.
Plexus sacralis.
und einen hinteren Ast, R. posterior.
Dabei versorgen die peripheren Nerven, die aus dem Plexus cervi-
markhäute, das Periost des Wirbelkanals sowie die Disci interverteDanach teilt sich der Spinalnerv in einen vorderen Ast, R. anterior,
Die entsprechenden Plexusbildungen und peripheren Nerven werden in den folgenden Kapiteln besprochen.
calis hervorgehen, den Halsbereich, diejenigen aus dem Plexus bra-
chialis den Schultergürtel und die obere Extremität. Die Nerven aus dem lumbalen und sakralen Plexus versorgen den Beckengürtel und die untere Extremität. Sie werden häufig als Plexus lumbosacralis zusammengefasst.
2.2.2 Rami anteriores und Rami posteriores der Spinalnerven Bündel der motorischen Vorder- und sensiblen Hinterwurzeln des Rückenmarks vereinigen sich zum gemeinsamen Durchtritt durch
MERKE Nur der R. anterior beteiligt sich an der Bildung der o.g. Plexus und versorgt damit die Extremitäten und den Hals sowie (ohne vorherige Plexusbildung) mit den Interkostalnerven die lateroventrale Rumpfwand.
Der R. posterior hingegen beteiligt sich nicht an den 0.g. Plexus und verzweigt sich erneut in einen medialen und lateralen Ast. Beide innervieren motorisch die autochthone Rückenmuskulatur. Entsprechend der Innervation durch die medialen oder lateralen Äste der Rr. posteriores wird die autochthone Rückenmuskulatur in einen medialen und einen lateralen Trakt unterteilt. Sensibel ver-
28
2 Peripheres Nervensystem
Abb. 2.4 Rr. anteriores und Rr. posteriores der Spinalnerven. a Sensible Innervation durch die Rr. posteriores (blau schattiert). b Verlauf der Interkostalnerven. 1 Spinalnerv Th2, 2 R. posterior (gabelt sich nach dorsal noch einmal in einen medialen und lateralen Ast auf), 3 R. anterior des Spinalnervs Th2 (= 2. Interkostalnerv), 4 N. intercostobrachialis des zweiten bzw. dritten Interkostalnervs, 5 R. cutaneus lateralis (hier: des vierten Interkostalnervs) mit Aufteilung in R. posterior und R. anterior, 6 R. cutaneus anterior mit Aufteilung in R. medialis und R. lateralis, 7 V. intercostalis, 8 A. intercostalis, 9 N. intercostalis 3 (= 3. Interkostalnerv). Beach-
te, dass die Interkostalnerven keinen Plexus durchlaufen und deshalb ihre peripheren Innervationsgebiete der segmentalen Innervation entsprechen. [T873, L106]
sorgen die Rr. posteriores in segmentaler Anordnung (da sie vorher keinen Plexus durchlaufen) die mediale Rücken-, Nacken- und Hin-
terkopfhaut ( > Abb. 2.4a).
Der R. posterior aus C2 bildet im Halsbereich den großen N. occipitalis major, der das Hinterhaupt sensibel versorgt. Der R. posterior aus C1 (N. suboccipitalis) dagegen ist rein motorisch. Im lumbalen und sakralen Bereich bilden die Rr. posteriores die becken- und gesäßversorgenden Nn. clunium superiores und medii, während die
Nn. clunium inferiores von anterioren Ästen der Spinalnerven gebildet werden (Äste des N. cutaneus femoris posterior).
2.2.3
Rumpfwandinnervation,
Nn. intercostales
MERKE Alle drei Leitungsbahnen (von oben nach unten: Vene, Arterie, Nerv;
„OVAN”) sind somit am Unterrand der zugehörigen Rippe zu finden (> Abb. 2.4b, 7-9).
KLINIK Diese topographischen Verhältnisse spielen eine große Rolle bei der
Pleurapunktion. Sie wird durchgeführt, um mit einer Nadel ggf. im Pleuraspalt vorhandene Flüssigkeit rax) abzusaugen. Dabei sticht rand einer kaudalen Rippe ein, beschriebenen Leitungsbahnen
(Pleuraerguss) oder Luft (Pneumothoman am Oberrand und niemals am Unterum so auf jeden Fall eine Verletzung der zu vermeiden.
Die Interkostalnerven Th1-Th6 und Th7-Th12 unterscheiden sich
in Verlauf und Innervation wie folgt: Die anterioren Äste der thorakalen Spinalnerven beteiligen sich als einzige nicht an einer Plexusbildung (außer Th1, der zu gleichen Teilen am Plexus brachialis und am 1. Interkostalnerv beteiligt ist) und ziehen segmental getrennt in die Peripherie. Sie versorgen sensibel und motorisch die Rumpfwand und bilden dabei die 12 zwischen den Rippen verlaufenden Nn. intercostales ( > Abb. 2.4b). Zunächst verlaufen diese nach Verlassen des Wirbelkanals direkt an der Innenseite der Thoraxwand. Dann ziehen sie zwischen den Mm. intercostales externi und interni, z. T. auch innerhalb der In-
terni, dem Verlauf der Rippen folgend nach vorn. Sie werden dabei von den Aa. und Vv. intercostales begleitet.
* Die Nn. intercostales Th1-Th6 innervieren motorisch die Mm. intercostales sowie die Mm. serrati posteriores superiores und
inferiores und enden im Bereich des Sternums. Sensibel versorgen sie wie alle Interkostalnerven das ihnen zugehörige jeweilige Dermatom Th1-Th6. * Die Nn. intercostales Th7-Th12, deren Zwischenrippenraum nach vorne hin nicht mehr am Sternum und damit in der Medianebene endet, folgen ebenfalls dem Verlauf der Rippen. Sie setzen aber ihren Weg nach dem Rippenende fort, indem sie nach ventral abwärts ziehen und vorne im Bereich der Linea alba en-
2.2 Spinalnerven (Nervi spinales)
29
den. Sie versorgen motorisch die entsprechende Interkostalmus-
bergehend dem N. hypoglossus (XII. Hirnnerv) anlagert, sowie einer
kulatur Th7-Th12 und, nachdem sie den Interkostalraum verlas-
Radix inferior (>- Abb. 2.5a, 3), die aus Wurzelanteilen von C2
sen haben, die großen ventralen Bauchmuskeln: Mm. obliquus
und C3 gebildet wird. Von dieser Ansa cervicalis gehen die Äste zur Versorgung der unteren Zungenbeinmuskulatur ab (M. omohyoideus, M. sternothyroideus, M. thyrohyoideus und M. sternohyo-
abdominis externus und internus, M. transversus abdominis und
M. rectus abdominis. Sensibel innervieren sie die ihren Dermatomen entsprechenden Hautareale Th7-Th12 ( > Abb. 2.1).
Alle Interkostalnerven geben etwa im Bereich der vorderen Axillarlinie einen R. cutaneus lateralis und im Bereich der Parasternalli-
ideus; > Abb. 2.5a, 4). Eine weitere „Schlaufe“ (Ansa cervicalis superficialis) bildet einer der Hautäste des Plexus cervicalis (N. transversus colli, s.u.) in Form einer Anastomose mit dem platysmaversorgenden Ast des N. facialis (R. colli n. facialis).
nie einen R. cutaneus anterior ab, die sich jeweils wieder in einen
medialen und einen lateralen Ast (bzw. posterioren und anterioren bei R. cutaneus lateralis) aufteilen ( > Abb. 2.4b, 5 und 6). Mit die-
sen Ästen wird dann das entsprechende Hautareal sowie das darunter liegende Pleura- bzw. Peritonealgebiet sensibel versorgt.
Motorische Innervation
Die motorischen Nerven des Plexus cervicalis gehen als feine Äste für die infrahyale Muskulatur aus der Ansa cervicalis profunda hervor (s. 0.).
Besonderheiten einzelner Interkostalnerven sind:
» Der 1. Interkostalnerv beteiligt sich als einziger der thorakalen Spinalnerven am Plexus brachialis, versorgt aber dennoch mit einem kleinen Ast den ersten Interkostalraum.
e Der 12. Interkostalnerv verläuft unterhalb der letzten Rippe und wird deshalb auch N. subcostalis genannt. » Der 2. und oft auch der 3, Interkostalnerv geben einen sensiblen Kollateralast zur oberen Extremität ab, der von der Achsel-
höhle aus zum Arm läuft und am medialen Oberarm mit dem N. cutaneus brachii medialis aus dem Plexus brachialis anastomosiert. Dieser Kollateralast wird als N. intercostobrachialis bezeichnet ( > Abb. 2.4b, 4).
Aufgrund seines Verlaufs in der Achselhöhle hat der rein sensible N. intercostobrachialis diagnostische Bedeutung. Beim Brustkrebs (Mammakarzinom), der !ymphogen am häufigsten in die Lymphknoten der Achselhöhle metastasiert, können die Metastasen-befallenen und damit vergrößerten Lymphknoten zu einer Kompression und damit Reizung die-
ses Nervs führen. Das äußert sich in einem schmerzhaften Ziehen an der medialen Oberarmseite. Bei solchen Symptomen — insbesondere bei Mammakarzinom in der Krankengeschichte — muss deshalb immer an eine Metastasierung in die Achselhöhle gedacht werden.
Plexus cervicalis und
Nicht aus der Ansa cervicalis profunda, sondern aus einem gesonderten Zusammenschluss einzelner Äste aus C1-C4 gehen die sensiblen Nerven des Plexus cervicalis hervor:
N. occipitalis minor (C2, C3) N. transversus colli (C2, C3) N. auricularis magnus (C2, C3) Nn. supraclaviculares (C3, C4). Sie treten meist an einer gemeinsamen Stelle, dem Punctum nervosum (oft auch nicht ganz korrekt als „Erb-Punkt“ bezeichnet) an
die Oberfläche (im Bereich des mittleren Drittels des M. sterno-
KLINIK
2.2.4
Sensible Innervation
zervikale
Nerven
cleidomastoideus an dessen Hinterrand) und verzweigen sich dann subkutan ( > Abb. 2.5b). Dabei versorgen sie die folgenden Hautbereiche: N. auricularis magnus ( > Abb. 2.5b, 2): das Areal vor und
knapp hinter dem Ohr * N. occipitalis minor ( > Abb. 2.5b, 1): den an das Areal des N.
auricularis magnus angrenzenden Bereich nach dorsal bis an die Grenze des Innervationsgebiets des N. occipitalis major, der aus den Rr. posteriores der obersten Spinalnerven stammt s N. transversus colli ( > Abb. 2.5b, 4): den Bereich des latera-
len und ventralen Halses Nachdem die Rr. anteriores der Spinalnerven C1-C4 motorische Äste zu den tiefen Halsmuskeln abgegeben haben, bilden sie den
» Nn. supraclaviculares ( > Abb. 2.5b, 3): die Schulter mit
Schlüsselbeingrube und oberstem Brustbereich.
Plexus cervicalis (>- Abb. 2.5a). Er versorgt motorisch die in-
frahyale Muskulatur und das Zwerchfell und sensibel die Haut des Halses mit angrenzenden Regionen ( > Abb. 2.5b). Der Plexus liegt seitlich der Halswirbelsäule in der Tiefe unter dem M. sternocleidomastoideus, wo er zwischen den Mm. scaleni
N. phrenicus Ein besonders wichtiger und großer Nerv, der sich aus den Wurzeln C3 und C4 (geringenteils auch C5) bildet, ist der
und dem M. levator scapulae in das seitliche Halsdreieck eintritt und eine „Schlaufe“ (Ansa cervicalis profunda) bildet.
* N. phrenicus.
Die Ansa cervicalis profunda bildet sich durch den Zusammen-
MERK.E
schluss einer Radix superior ( > Abb. 2.5a, 2), die aus den Wurzeln von C1 und (Teilen von) C2 besteht und sich in ihrem Verlauf vorü-
„Three, four, and five [= C3, C4, C5] keep the diaphragm alive.”
30
2 Peripheres Nervensystem
C1
Abb. 2.5 Plexus cervicalis. a Struktur und Verlauf des Plexus cervicalis. 1 N. hypoglossus (XIl. Hirnnerv, nicht Teil des Plexus cervicalis), dem sich inter-
mediär die 2 Radix superior der Ansa cervicalis anlagert. 3 Radix inferior der Ansa cervicalis. Von der Ansa gehen 4 die Äste zur infrahyalen Muskulatur ab. 5 N. phrenicus, 6 sensible Äste zum Punctum nervosum.
b Nerven des Punctum nervosum und ihr sensibles Versorgungsgebiet (blau schattiert). Beachte den gemeinsamen Austritt der Nerven im Punctum nervosum am Hinterrand des M. sternocleidomastoideus (etwa mittleres Drittel). 1 N. occipitalis minor, 2 N. auricularis magnus, 3 Nn. supraclaviculares, 4 N. transversus colli.
c Verlauf des N. phrenicus. 1 N. phrenicus, 2 M. scalenus anterior, 3 A. subclavia, 4 V. subclavia, 5 Verlauf des Nervs zwischen Pleura und Perikard mit Abgabe sensibler Äste für beide, 6 motorische Äste zum Zwerchfell, 7 sensible Endäste für die Oberbauchorgane.
[T7873, L106]
2.2 Spinalnerven (Nervi spinales) Er versorgt mit einigen nealgewebe dargestellt.
motorisch und sensibel das Zwerchfell® und innerviert sensiblen Fasern das angrenzende Pleura- bzw. Peritound den Herzbeutel. Sein Verlauf ist in > Abb. 2.5c Er zieht am Hals nahe dem M. scalenus anterior nach
unten, tritt vor der A. subclavia und hinter der V. subclavia in den
31
ser Schädigung nicht bzw. nur mit künstlicher Beatmung möglich ist. Mehr zu Querschnittslähmungen S. 100 ff.
2.2.5
Plexus brachialis
Thoraxraum ein und läuft dann im vorderen Bereich des Mediastinums zwischen Pleura und Perikard nach unten (klinisch wichtig!),
um dabei beide sensibel zu innervieren und schließlich mit mehreren Ästen motorisch das Zwerchfell zu versorgen. Mit sensiblen Endästen (Rr. phrenicoabdominales) tritt er im Bereich der Herzspitze (links) bzw. des Foramen venae cavae (rechts) durch das
Zwerchfell. Diese Äste innervieren das Zwerchfell sowie das viszerale und parietale Peritoneum der angrenzenden Oberbauchorgane sensibel. Der N. phrenicus spielt als der einzige Nerv, der motorisch das Zwerchfell (kräftigster Atemmuskel!) versorgt, eine entscheidende Rolle bei der Atmung.
Der Plexus brachialis schließt sich nach kaudal unmittelbar dem Plexus cervicalis an und wird im Wesentlichen aus den anterioren
Rami der Wurzeln C5-C8 sowie Thl gebildet (sehr wenige Fasern erhält er auch aus C4 und Th2). Seine Durchflechtung ist wesentlich komplizierter als die des Plexus cervicalis ( > Abb. 2.6). Der Plexus bildet sich in der Tiefe des seitlichen Halsdreiecks.
Dort ziehen die Fasern der Spinalnerven C5-Th1 gemeinsam mit der A. subclavia durch die Skalenuslücke (zwischen M. scalenus anterior und M. scalenus medius), um sich anschließend zunächst zu drei Primärsträngen, Truncus superior, Truncus medius und Truncus inferior, zusammenzuschließen, deren Äste den
KLINLK Der N. phrenicus kann in seinem Verlauf leicht bei Halsverletzungen und durch seine enge topographische Beziehung zu Perikard und Pleura sowohl bei Herzbeutel- als auch bei Rippenfellentzündungen (Perikarditis bzw. Pleuritis) oder bei Herzoperationen geschädigt werden. Bei einem Ausfall des N. phrenicus resultiert auf der entsprechenden Seite ein im Röntgenbild sichtbarer Zwerchfellhochstand, der (v. a. im Liegen oder bei körperlicher Belastung) Atemnot verursachen kann. Eine Reizung des N. phrenicus löst rhythmische, rasche Kontraktionen des
* supraklavikulären Teil des Plexus bilden. Er zieht dann mit der A. subclavia nach kaudolateral und tritt, die Clavicula dorsal passierend, in die Achselhöhle ein, um dann den * infraklavikulären Teil
Zwerchfells aus: den Schluckauf (Singultus).
des Plexus zu bilden. Hier entstehen durch erneute Verflechtung zunächst drei Sekundärstränge (Fasciculi), die hinsichtlich ihrer to-
Teile der Wurzeln C1-C4 ziehen auch direkt zu den tiefen Halsmuskeln (M. longus capitis, M. longus colli, M. rectus capitis ante-
pographischen Lage zur A. axillaris als
rior anterior, M. rectus capitis lateralis sowie Mm.
* Fasciculus lateralis, * Fasciculus medialis und * Fasciculus posterior
scaleni), ohne
sich an der Plexusbildung zu beteiligen. Weiterhin können aus dem Plexus cervicalis Äste zu den ansonsten vom N. accessorius versorg-
ten M. sternocleidomastoideus und M. trapezius ziehen. Bedeutung der zervikalen Spinalnervenwurzeln für die Atmung
bezeichnet werden. Diese topographischen Bezeichnungen beziehen sich auf die Lage der A. axillaris bei angewinkeltem Arm, sodass sie einen annähernd vertikalen Verlauf hat. Aus den distalen Fasciculi gehen die den Arm und die Hand versorgenden Nerven
Ein großer Teil der funktionell besonders wichtigen Atemmuskeln
ab. Die (mit einer Ausnahme alle rein motorischen) Nerven zu den
(Zwerchfell und z. T. Mm. scaleni) wird aus den oberen vier bis fünf
Schultergürtelmuskeln gehen hingegen überwiegend aus den Trunci oder proximalen Fasciculi z.T. supraklavikulär, z. T. infraklavikulär aus dem Plexus ab. Ebenfalls wichtig ist in Hinsicht auf die motorische Versorgung
Zervikalsegmenten versorgt. Das ist klinisch sehr wichtig. Es bedeutet, dass Rückenmarksschädigungen unterhalb des Segments C4 zwar Querschnittslähmungen verursachen, die unter Umständen
alle vier Extremitäten betreffen
(= sog. hohe Querschnittsläh-
mung, Tetraplegie), die Atmung aber weitgehend unbeeinträchtigt lassen; die Funktion der möglicherweise ausgefallenen Mm. intercostales wird dann von den anderen Atemmuskeln,
speziell dem
Zwerchfell, übernommen. Schädigungen oberhalb des Segments C4 können jedoch die Zuleitung der Impulse aus dem Atemzentrum im Hirnstamm zu den Rückenmarksegmenten C1-C4 unterbrechen, auch wenn diese selbst intakt sind, sodass ein Überleben die-
die Verteilung der oberen (C5-C6) und unteren (C7-Th1) Segmente auf die obere Extremität: Die oberen Segmente (C5-C6) versor-
gen vorwiegend die Muskeln des Schultergürtels und ventralen Oberarms. Die Wurzel C7 versorgt den M. triceps brachii und ansonsten gemeinsam mit den unteren Segmenten (C8-Th1) die dis-
talen Extremitätenmuskeln. Bereits vor der Bündelung der Fasern zu den Trunci gehen kurze motorische Äste aus dem Plexus zu den tiefen Halsmuskeln und zu den Mm. scaleni ab.
3 phren (gr.) = Zwerchfell
32
2 Peripheres Nervensystem
+
Abb. 2.6
Lage, Struktur und Äste des Plexus brachialis. Beachte den Austritt des Plexus zwischen M. scalenus anterior und medius (gemeinsam mit A. subcla-
via). Danach supraklavikulär die Bildung der drei Trunci und infraklavikulär die Umlagerung der Fasern zu den drei Fasciculi um die A. axillaris. 1 Spinalnerven C4—Th1, 2 Trunci (2a Truncus superior, 2b Truncus medius, Zc Truncus inferior), 3 Fasciculi (3a Fasciculus lateralis, 3b Fasciculus medialis, 3c Fasci-
culus posterior). Aus den Trunci (oft auch teilweise aus den Fasciculi) gehen die hellbraun dargestellten sieben Nerven zur Schultergürtelmuskulatur hervor: 4 N. dorsalis scapulae, 5 N. subclavius, 6 N. suprascapularis, 7 N. thoracodorsalis, 8 Nn. pectorales (mit Aufteilung in Nn. pectorales mediales und laterales), 9 N. subscapularis, 10 N. thoracicus longus. Aus den (infraklavikulären) Fasciculi gehen die gelb dargestellten Nerven für Arm und Hand ab: 11 N. cutaneus brachii medialis, 12 N. cutaneus antebrachli medialis, 13 N. ulnaris, 14 Medianusschlinge, 15 N. medianus, 16 N. musculocutaneus, 17 N. radialis, 18 N. axillaris. 19 Clavicula (mittleres Drittel entfernt), 20 N. phrenicus (aus Plexus cervicalis), 21 A. subclavia (mittleres Drittel abgeblasst gezeichnet, um den Blick auf die dahinter liegenden Nerven zu ermöglichen). [T873, L106]
Nerven der Schultergürtelmuskulatur
* N. thoracodorsalis (C6-C8): verläuft nach hinten, um den gro-
Der Plexus brachialis gibt acht Äste zu den Schultergürtelmuskeln,
ßen M. latissimus dorsi (und z. T. den M. teres major) zu inner-
vier davon supraklavikulär und vier infraklavikulär, ab.
vieren ( > Abb. 2.6, 7).
Aus der Pars supraclavicularis (Äste zweigen aus den Trunci ab):
N. dorsalis scapulae (C5): zieht zum M. levator scapulae und zu den Mm. rhomboidei major und minor ( >- Abb. 2.6, 4). N. subclavius (C5-C6): sehr kurzer Verlauf zum M. subclavius unter dem Schlüsselbein ( > Abb. 2.6, 5). N. thoracicus longus (C5-C7): verläuft an der lateralen Thoraxwand von der Achselhöhle aus nach unten und innerviert den M. serratus anterior ( >- Abb. 2.6, 10).
s N. subscapularis (C5-C6): innerviert den M. subscapularis und den M. teres major ( >- Abb. 2.6, 9).
» Nn. pectorales (C5-Th1): ziehen nach vorne und versorgen die Mm. pectoralis major und minor ( > Abb. 2.6, 8).
° _ N. axillaris (C5-Th1): einziger Nerv zur Schultergürtelmuskulatur, der auch einen sensiblen Anteil hat. Er versorgt motorisch
den M. deltoideus und den M. teres minor und wird unten de-
tailliert besprochen, weil sich sein sensibles Versorgungsareal auch auf den Arm ausdehnt.
N. suprascapularis (C5-C6): teilt sich in mehrere Äste und versorgt, nach dorsal verlaufend, die Mm. supraspinatus und infra-
Nerven des Arms und der Hand
spinatus ( > Abb. 2.6, 6).
Die drei Faszikel (Fasciculus posterior, medialis und lateralis) teilen
Aus der Pars infraclavicularis (Äste zweigen aus den distalen Trunci oder aus den proximalen Fasciculi ab):
sich nach distal in Höhe der Axilla in sieben überwiegend arm- und handversorgende Nerven auf. Dabei gehen aus dem medialen vier, aus dem lateralen und posterioren Faszikel jeweils zwei Nerven her-
2.2 Spinalnerven (Nervi spinales)
33
vor. Medialer und lateraler Faszikel bilden dabei mit jeweils einem Ast einen gemeinsamen Nerv, sodass (einschließlich des oben schon für die Schultergürtelmuskulatur erwähnten und hier noch-
Er nimmt nach seiner Entstehung aus dem medialen Faszikel meist
mals gelisteten N. axillaris) sieben Endnerven entstehen:
noch in Höhe der Achselhöhle den N. intercostobrachialis auf (aus
Fasciculus medialis:
dem N. intercostalis 2, > Kap. 2.2.3). Dadurch erklärt sich, dass er
» N. cutaneus brachii medialis (Ih1-Th2)
auch Fasern aus dem Thorakalsegment 2 mitführt, obwohl der Plexus brachialis ja nur bis zum Segment Th1 reicht. Der N. cutaneus
s N. cutaneus antebrachii medialis (C8-Th1) s _ N. ulnaris (C8-Th1)
brachii medialis tritt bereits in Höhe der Achselfalte an die Oberfläche und versorgt dann die mediale Haut des Oberarms zwischen
* N. medianus, Radix medialis (C8-Th1)
Achselhöhle und Ellenbogen ( > Abb. 2.7, 1).
N. cutaneus brachii medialis
Fasciculus lateralis: s N. musculocutaneus (C5-C7) s N. medianus, Radix lateralis (C6-C7)
Fasciculus posterior: s N. axillaris (C5-C6)
* N. radialis (C6-Th1). KLLNLK Läsionen des Plexus brachialis
Der Plexus kann auf seinem engen Weg durch die Skalenuslücke komprimiert werden, z.B. bei Ausbildung einer Halsrippe, bei Hypertrophie der Skalenusmuskeln, oder auch bei falscher Armlagerung während einer Narkose, die den Plexus nach hinten zieht und ihn dabei gegen den M. scalenus medius presst. Man unterscheidet klinisch obere (Erb-)Plexuslähmungen und untere
(Klumpke-)Plexuslähmungen. Die oberen Plexuslähmungen betreffen mehr die Wurzelfasern C5 und C6, die unteren vor allem die Fasern aus C7-Th1. Entsprechend unterschiedlich ist das Lähmungsbild: Bei oberer Lähmung sind hauptsächlich die Schultergürtel- und Oberarmmuskulatur (ohne Ellenbogenstrecker) betroffen, bei unterer Lähmung die Unterarm-
und Handmuskulatur (einschließlich Ellenbogenstrecker). Läsionen des N. thoracicus longus und des N. thoracodorsalis Diese beiden Nerven verlaufen beide in der Achselhöhle an der lateralen Thoraxwand so, dass sie bei Operationen mit axillären Lymphknotenentfernungen gefährdet sind und nicht selten geschädigt werden. Die Läsion des N. thoracodorsalis äußert sich dabei in einer deutlichen Innenrotations- und Adduktionsschwäche des Arms (Lähmung des M. latissimus dorsi). Die Läsion des N. thoracicus longus (Lähmung des M. serratus anterior) ist noch eindrucksvoller und kann nicht nur bei oben erwähnten
Operationen, sondern auch beim langen Tragen eines schlecht sitzenden Rucksacks erfolgen (sog. Rucksacklähmung). Sie resultiert in einem abstehenden medialen Schulterblattrand (Scapula alata), einer erschwer-
ten Anteversion und einer kaum mehr möglichen Elevation des Arms über die Horizontale.
Abb. 2.7 Hautnerven der oberen Extremität mit ihren Innervationsgebieten a Ventralansicht (rechter Arm). b Dorsalansicht (rechter Arm).
2.2.6 N.
N. cutaneus
cutaneus
brachii
antebrachii
medialis und medialis
ı . . i . _ Beide Nerven sind rein sensibel, führen Fasern der Segmente C8-
Thl, gehen aus dem Fasciculus medialis hervor und versorgen die Haut der Medialseite des Arms.
1 N. cutaneus brachii medialis, 2 N. cutaneus antebrachii medialis (mit 2a R. anterior und 2b R. posterior), 3 N. ulnaris (3a R. dorsalis n. ulnaris), 4 N. medianus, 5 N. radialis mit 5a N. cutaneus brachii posterior, 5b N. cutaneus antebrachii posterior, 5c R. superficialis, 6 N. cutaneus antebrachii lateralis (aus N. musculocutaneus), 7 N. cutaneus brachii lateralis inferior (aus N. radialis),
8 N. cutaneus brachii lateralis superior (aus N. axillaris). [T873, L141]
34
2 Peripheres Nervensystem
N. cutaneus antebrachii medialis
Sensible Innervation
Er zieht unter der Körperoberflächenfaszie von der Achselhöhle aus entlang der Medialseite des Oberarms, um dann kurz oberhalb des Ellenbogengelenks in das Subkutangewebe an die Oberfläche zu treten, wo er sich in zwei Äste aufteilt und die mediale Haut des Un-
Sensibel innerviert der N. ulnaris die dorsale und ventrale Handfläche an der Medialseite, wobei er den kleinen Finger ganz, den angrenzenden 4. Finger nur partiell versorgt (>- Abb. 2.8b). Dabei gibt er bereits in der Mitte des Unterarms den R. dorsalis ab
terarms versorgt ( > Abb. 2.7, 2).
(> Abb. 2.8a, 5), der den medialen Handrücken und die dorsale
KLLNLK
Haut des kleinen Fingers sowie Teile des 4. (an der Basis auch des 3.) Fingers versorgt. Etwas weiter distal geht im vorderen Drittel
Läsionen des N. cutaneus antebrachii medialis
des Unterarms der R. palmaris ab, der die Haut über dem Kleinfin-
Der N. cutaneus antebrachii medialis liegt in der Ellenbeuge direkt neben einer großen Hautvene. Er kann bei intravenösen Injektionen in diesem Bereich verletzt werden, entweder direkt durch die Nadel oder durch versehentlich außerhalb der Vene ins Gewebe injizierte Arzneimittel.
gerballen versorgt (>- Abb. 2.8a, 6). Die palmare Haut des kleinen Fingers sowie die angrenzende Hälfte des 4. Fingers werden vom R.
2.2.7
N. ulnaris
superficialis innerviert, der in Höhe des Handgelenks bei der End-
aufzweigung des Nervs entsteht. Eine Übersicht über den N. ulnaris gibt > Tab. 2.2. KLLNLK Läsionen des N. ulnaris
Der N. ulnaris ist ein gemischter Nerv und enthält motorische und sensible Fasern aus den Segmenten C8-Th1. Sein Innervationsgebiet beschränkt sich auf den Unterarm. Verlauf (> Abb. 2.8a) Nachdem er sich aus dem Fasciculus medialis abgespalten hat, verläuft der N. ulnaris, ohne einen Ast abzugeben, in der medialen Bi-
zepsfurche des Oberarms nach distal (>- Abb. 2.8a, 2). Er durch-
Der N. ulnaris wird am häufigsten im Bereich des Sulcus ulnaris am Epicondylus medialis geschädigt, da er dort zum einen unmittelbar dem Knochen anliegt, zum anderen ungeschützt direkt unter der Haut verläuft. Daher kann er sowohl bei entsprechenden Knochenfrakturen als auch bei Druck von außen (Trauma, ungünstige Lagerung bei Narkose, ausgedehntes Aufstützen des Ellenbogens bei bestimmten Tätigkeiten) sehr leicht verletzt werden. Den stechend-brennenden, in den kleinen Finger ausstrahlenden Schmerz bei Traumatisierung des Nervs durch Anstoßen des Ellenbogens kennt jeder. Das Leitsymptom einer bleibenden Ulnarisschädigung ist die
bohrt etwa in der Oberarmmitte das Septum intermusculare brachii mediale ( > Abb. 2.8a, 3), um dann dorsal am Epicondylus media-
lis des Ellenbogens in den Sulcus ulnaris zu gelangen, wo er unmit-
* Krallenhand (=>- Abb. 2.80).
einem fibrösen Kanal (Guyon-Loge) über das Retinaculum muscu-
Sie kommt dadurch zustande, dass die Fingerbeuger, die ja überwiegend vom N. medianus innerviert werden und deshalb funktionstüchtig sind, in den Endgelenken beugen, während die Innervation der in den Grundgelenken beugenden und in den Endgelenken streckenden Mm. interossei und Mm. lumbricales, die vom R. profundus des N. ulnaris innerviert wer-
lorum flexorum ( >
Abb. 2.8a, 9) hinwegzieht und sich in seine
den, ausfällt. Weiterhin können aufgrund des Ausfalls der Mm. interossei
Endäste, R. superficialis (sensibel) und R. profundus (motorisch),
aufzweigt, die sensibel und motorisch Teile der Hand versorgen
die Finger nicht mehr gespreizt werden. Da Opposition des kleinen Fingers und Adduktion des Daumens ebenfalls ausfallen, können sich diese bei-
(> Abb. 2.8a, 7 und 8). Auch am Unterarm gibt er bereits motorische und sensible Äste ab.
men-Probe überprüft. Auch fällt bei einer Ulnarisläsion oft eine Atrophie (Abflachung) des Kleinfingerballens und der Interossealmuskulatur
telbar subkutan tastbar ist (>- Abb. 2.8a, 4). Dann zieht er (ge-
meinsam mit der A. und V. ulnaris) unter dem M. flexor carpi ulnaris zum Handgelenk, wo er nicht durch den Karpalkanal, sondern in
den Glieder nicht mehr berühren, was man mit der Kleinfinger-Dau-
(zwischen den Mittelhandknochen) auf. Die sensiblen Ausfälle entspre-
Motorische Innervation
Motorisch versorgt der N. ulnaris am Unterarm nur zwei Muskeln: den M. flexor carpi ulnaris (Handbeugung) und die ulnare Hälfte des M. flexor digitorum profundus (Beugung vor allem des 4. und 5. Fingers). Weitere motorische Äste gehen vom R. profundus ab, der einen Bogen in der Tiefe der palmaren Handseite beschreibt ( > Abb. 2.8a, 8). Dabei versorgt er die Muskulatur des Kleinfingerballens (M. flexor brevis digiti minimi, M. abductor digiti minimi und M. opponens digiti minimi), die für die Beugung, Abduktion und Opposition des kleinen Fingers zuständig sind. Weiterhin innerviert er motorisch alle Mm. interossei dorsales und palmares (Beugung in den Fingergrund- und Streckung in den Fingerendgelenken) und die beiden ulnaren Mm. lumbricales. Schließlich innerviert er mit seinen motorischen Endästen am Daumenballen den M. adductor pollicis und das Caput profundum des M. flexor pollicis brevis.
chen den in > Abb. 2.8b gezeigten Feldern, wobei eine Schädigung des N. ulnaris in Höhe des Handgelenks nur einen Sensibilitätsverlust im Bereich des ventralen 4. und 5. Fingers zur Folge hat, da die anderen sensiblen Äste bereits am Unterarm abgehen. Differentialdiagnose zur N.-ulnaris-Läsion Eine Läsion der Spinalnervenwurzel C8 verursacht klinisch ein sehr ähnliches Erscheinungsbild wie eine Ulnarisschädigung. Man kann beide differentialdiagnostisch dadurch unterscheiden, dass sich bei einer C8-Läsion die Sensibilitätsstörung auf den medialen Unterarm ausdehnt (>- Abb. 2.1), während sie bei einer Ulnarisschädigung auf die Hand beschränkt bleibt.
Wichtiger Reflex Trömner-Reflex: Dabei schlägt der Untersucher mit seinen Fingern auf die leicht gebeugten Fingerendglieder des Patienten von palmar. Dies bewirkt eine „zuckende” Beugung in den distalen Fingergelenken. Kennre-
flex für das Segment C8.
2.2 Spinalnerven (Nervi spinales)
dorsal
C
N
o
©
\
n
ventral
35
a
Y 0
Abb. 2.8 N. ulnaris. a Verlauf (Ventralansicht des Arms). 1 Fasciculus medialis (Ursprung des N. ulnaris), 2 Verlauf des N. ulnaris im Sulcus bicipitalis medialis, 3 Durchtritt durch das Septum intermusculare brachii mediale,
4 Verlauf im Sulcus ulnaris um den Epicondylus medialis herum, 5 R. dorsalis (rein sensibel für den Handrücken), 6 R. palmaris (rein sensibel für den Kleinfingerballen), 7 R. superficialis (rein sensibel), 8 R. profundus (rein motorisch). 9 Retinaculum flexorum. [T873, L106] b Sensibles Innervationsgebiet. [T873, L126] c Krallenhand bei Läsion des N. ulnaris. Beachte die Atrophie der Mm. interossei und der Muskulatur im Bereich des Daumengrundgelenks (M. adductor pollicis). [T7873, L106]
Tab. 2.2 _ N. ulnaris (C8-Th1) ET
/ 11lg Een
HLE
36 2.2.8
2 Peripheres Nervensystem N. musculocutaneus
Dieser gemischt motorisch-sensible Nerv (Name!) enthält Fasern
aus den Segmenten C5-C7 und zweigt aus dem Fasciculus lateralis ab.
Verlauf (> Abb. 2.9a) Der N. musculocutaneus durchbohrt den M. coracobrachialis, den
er gleichzeitig innerviert( > Abb. 2.9a, 2), und zieht an der Ven-
tralseite des Oberarms zwischen M. brachialis und M. biceps brachii nach distal. In Höhe der Ellenbeuge durchbricht er die Faszie und verzweigt sich in der lateralen Subkutis des Unterarms (> Abb. 2.9a). Motorische Innervation
Mit dem motorischen Anteil versorgt er die Beugermuskulatur des Oberarms: den M. brachialis, beide Köpfe des M. biceps brachii sowie den M. coracobrachialis
(kein Beuger
im Ellenbogengelenk,
wirkt nur auf das Schultergelenk). Sensible Innervation Der sensible Anteil tritt als N. cutaneus antebrachii lateralis in der Ellenbeuge unter die Haut und versorgt die laterale Seite des Un-
terarms ( > Abb. 2.9b). KLLN.LK Läsionen des N. musculocutaneus
Die (seltene) Schädigung des N. musculocutaneus im oberen Drittel des Oberarms ist leicht an der entsprechenden Sensibilitätsstörung und an der stark eingeschränkten Beugungsfähigkeit im Ellenbogengelenk erkennbar. Bei einem (häufiger vorkommenden) Trauma des Nervs in Höhe des
Ellenbogens sind entsprechend nur sensible Ausfälle zu erwarten, da die motorische Versorgung der Oberarmbeuger bereits vorher abgeht. Da der N. musculocutaneus — ähnlich wie der N. cutaneus antebrachti medialis — in der Ellenbeuge direkt einer großen Hautvene anliegt, kommt eine Läsion dieser Art bisweilen bei intravenösen Injektionen vor, z.B. wenn die Injektionsnadel nicht korrekt intravenös platziert ist und so Substanzen, die sonst im Blut sogleich verdünnt würden, schädigend auf den Nerv einwirken können.
Wichtiger Reflex Bizepssehnenreflex: Der Schlag auf die mit dem Finger getastete Bizepssehne in der Ellenbeuge bewirkt eine Beugung im Ellenbogengelenk.
Kennreflex für das Segment C6.
2.2.9
N. medianus
Abb. 2.9 _ N. musculocutaneus. a Verlauf (Ventralansicht des Arms).
1 Fasciculus lateralis, aus dem der N. musculocutaneus seinen Ursprung nimmt. 2 Durchtritt des Nervs durch den M. coracobrachialis, 3 Äste zum M. biceps brachii und M. brachialis, 4 N. cutaneus antebrachii lateralis. [T873, L106] b Sensibles Innervationsgebiet. [T873, L126]
Verlauf (> Abb. 2.10a) Der N. medianus entsteht aus den Fasciculi medialis und lateralis. Sie geben jeweils eine Wurzel des Nervs ab, die sich in der stets gut erkennbaren Medianusschlinge vor der A. axillaris zum N. medianus vereinigen ( > Abb. 2.10a, 3). Dieser verläuft dann wie der N.
Auch dieser große Nerv ist gemischt sensibel und motorisch. Er beschränkt sich in seinem Versorgungsbereich auf den Unterarm und die Hand. Seine Fasern bezieht er aus den Segmenten C6-Thl.
ulnaris in der medialen Bizepsfurche ventral auf dem Septum intermusculare nach distal (durchbohrt es im Gegensatz zum N. ulnaris aber nicht) und zieht, ohne einen Ast abzugeben, zur Ellenbeuge.
Dort durchbohrt er den M. pronator teres (>- Abb. 2.10a, 5), um dann am Unterarm zwischen M. flexor digitorum superficialis und
2.2 Spinalnerven (Nervi spinales)
37
dorsal
Abb. 2.10 N. medianus. a Verlauf (Ventralansicht des Arms). 1 Fasciculus medialis, 2 Fasciculus lateralis, 3 Media-
nusschlinge, 4 Verlauf des Nervs im Sulcus bicipitalis medialis, 5 Durchtritt des Nervs durch den M. pronator teres, 6 N. interosseus antebrachii anterior (mit Ästen
zu den tiefen Unterarmbeugern und zum M. pronator quadratus), 7 Äste zu den oberflächlichen Unterarmbeugern, 8 Verlauf des Nervs unter dem Retinaculum
musculorum flexorum im Canalis carpi (Karpaltunnel), 9 R. palmaris n. mediani (rein sensibel), 10 Endaufzweigung des Nervs. [T873, L106] b Sensibles Innervationsgebiet. [T873, L126] c Schwurhand bei Läsion des N. medianus beim Versuch, eine Faust zu machen. Beachte die Atrophie
des Daumenballens durch Lähmung des Hauptteils seiner Muskulatur. [T873, L106]
M. flexor digitorum profundus zum Handgelenk zu ziehen. Hier verläuft er unter dem Retinaculum musculorum flexorum durch den Karpaltunnel (Canalis carpi, > Abb. 2.10a, 8) und spaltet sich dann an der ventralen (palmaren) Handfläche in seine Endäste,
Nn. digitales palmares communes und Nn. digitales palmares proprii (>- Abb. 2.10a, I0). Bereits am Unterarm gibt er motorische Äste für die dortigen Muskeln ab sowie einen sensiblen Ast für die Palmarfläche der Hand ( > Abb. 2.10a, 6, 7 und 9).
Motorische Innervation
Motorisch versorgt der N. medianus am Unterarm den größten Teil der Beugermuskeln und sämtliche Pronatoren: Dabei innerviert er den M. flexor digitorum superficialis und — als früh abzweigender N. interosseus antebrachii anterior - die radiale Hälfte des M. flexor digitorum profundus, den M. flexor pollicis longus, den M. flexor carpi radialis und (wenn vorhanden) den M. palmaris longus. Alle diese Muskeln beugen im Handgelenk und z. T. in den Fingergelenken. Weitere motorische Unterarmäste gehen zum M. pronator teres (Muskeln, die von Nerven durchbohrt werden, werden
oft auch von diesen innerviert) und zum M. pronator quadratus. Nach Durchtritt durch den Karpalkanal gibt er weitere motorische Äste zum Daumenballen (M. opponens pollicis, M. flexor pollicis brevis und M. abductor pollicis brevis) und zu den Mm. lumbricales I-III ab. Er ist damit auch ein besonders wichtiger Nerv für die Beweglichkeit des Daumens. Sensible Innervation
Sensibel versorgt der N. medianus die Haut der radialen zwei Drittel der Hohlhand mit den Fingern 1-3 und der radialen Hälfte des Ringfingers sowie an der Dorsalseite der Hand die distalen Enden des Zeige- und Mittelfingers und des halben Ringfingers ( > Abb. 2.10b). Dabei geht der Ast für die sensible Versorgung der Haut über dem Daumenballen und der Hohlhand bereits im letzten Drittel des Unterarms als R. palmaris ab, während die sensible Innervation der Finger aus den Endaufzweigungen des Nervs in der Hohlhand stammt. Das hat klinische Bedeutung (s. u.). Eine Übersicht über den N. medianus gibt >- Tab. 2.3.
38
2 Peripheres Nervensystem
KLIN.LK Läsionen des N. medianus
Verlauf (>- Abb. 2.11a)
Das klassische S$ymptom einer Medianusläsion ist die
Unmittelbar nach seiner Abzweigung wendet sich der N. axillaris nach hinten und verläuft auf der Schultergelenkkapsel, dem Kno-
* Schwurhand ( > Abb. 2.10c).
chen nah anliegend, medial um das Collum chirurgicum des Hume-
Der Patient kann bei der Aufforderung, eine Faust zu machen, nur die beiden ulnaren Finger leicht beugen (Versorgung der ulnaren Hälfte des M. flexor digitorum profundus durch den N. ulnaris), während sich weder der Daumen (Ausfall der Daumenballenmuskulatur und des M. flexor pol-
rus herum nach dorsal. Dort tritt er dann aus der lateralen Achsellücke aus und zieht unter dem M. deltoideus (diesen innervierend)
nach vorne. Vor dem Durchtritt durch die Achsellücke gibt er noch einen motorischen Ast an den M. teres minor und einen sensiblen
licis longus) noch Zeige- und Mittelfinger (Ausfall des M. flexor digitorum
Ast, den N. cutaneus brachii lateralis superior, für die Haut über
superficialis und entsprechender Teile des M. flexor digitorum profundus) beugen lassen. Auch ist eine Beugung im Handgelenk (Ausfall der eben genannten Muskeln und des M. flexor carpi radialis) oder eine Pronation
dem M. deltoideus ab. Beide Äste treten gemeinsam mit dem Hauptstamm des Nervs aus der Achsellücke aus.
(Ausfall beider Pronatoren) kaum mehr möglich. Die Hand ist in ihrer Ge-
brauchsfähigkeit stark eingeschränkt. So ist z. B. das Greifen von Gegenständen, das eine Opposition des Daumens und eine Beugefähigkeit sämtlicher Finger voraussetzt, erheblich erschwert oder unmöglich. Durch Lähmung des M. opponens pollicis kann bei der klinischen Untersuchung, ähnlich wie bei einer Ulnarisläsion, die Kleinfinger-Daumen-Probe (Zusammenführen der Spitzen von Daumen und kleinem Finger derselben
Hand) pathologisch ausfallen. Eine Sensibilitätsstörung findet man in den Arealen entsprechend > Abb. 2.10b. Der N. medianus wird sehr häufig bei seinem Durchtritt durch den Karpaltunnel geschädigt. Dieser kann bei starker Fehlbeanspruchung und -belastung der Hand (oft jedoch ohne erkennbare Ursache) durch reaktive Bindegewebsproliferation zum Engpass für den Nerv werden, sodass das klinische Bild des Karpaltunnelsyndroms entsteht. Dieses Syndrom ist durch eine Atrophie des Daumenballens mit Funktionsausfall der entsprechenden Muskeln (Opposition, Abduktion, z.T. Beugung) sowie einen Sensibilitätsausfall bzw. Schmerzen in den entsprechenden Fingerarealen charakterisiert. Eine Schwurhand besteht dagegen nicht, da die Fingerbeugerinnervation bereits am Unterarm erfolgt. Gleiches gilt für die Sensibilität des Daumenballens und der angrenzenden Palmarfläche.
Sensible und motorische Innervation
Neben seiner sensiblen Hautversorgung ( >- Abb. 2.11b) spielt der Nerv motorisch mit der Innervation des M. teres minor und des M. deltoideus eine sehr wichtige Rolle bei fast allen Bewegungen im Schultergelenk, ganz besonders bei der Abduktion und Außenrotation. KLLNLK Läsionen des N. axillaris
Am häufigsten wird der N. axillaris bei Schultergelenkluxationen verletzt (Verlauf auf der Gelenkkapsel!). Des Weiteren kann er leicht bei seinem Verlauf um das Collum chirurgicum bei Oberarmfrakturen geschädigt werden, die an dieser Stelle relativ häufig sind (daher der Name). Es resul-
tiert dann neben der Empfindungslosigkeit im Versorgungsgebiet des Nervs
(>- Abb.
2.11b)
eine deutliche
motorische
Einschränkung
im
Schultergelenk mit Minderung der Abduktionsfähigkeit (wichtigste Funktion des M. deltoideus) und deutlicher Schwäche bei der Außenrotation (wichtigste Funktion des M. teres minor), was die betroffene obere Extre-
mität in ihrer Gebrauchsfähigkeit stark einschränkt.
2.2.10
N. axillaris
Der gemischt sensible und motorische N. axillaris besteht aus Fasern der Segmente C5 und C6 und geht zusammen mit dem N. radi-
2.2.11 _ N. radialis
alis aus dem Fasciculus posterior hervor ( >- Abb. 2.11a, 2).
Der N. radialis gehört zu den größten Nerven, die aus dem Plexus brachialis hervorgehen, und führt Fasern des Fasciculus posterior
Tab. 2.3 _ N. medianus (C8-Th1) E
e
m
vom Unter-
Beuger:
* Daumenballen
arm aus
* M. flexor digitorum superf. * M. flexor digitorum prof,
* radiale % der Hohlhand
(radialer Anteil)
Verlauf (
Abb. 2.11a)
Zunächst schließt er sich dem N. ulnaris und dem N. medianus an,
» M. flexor carpi radialis
mit denen er in die mediale Bizepsfurche eintritt. Nach einer kurzen Strecke wendet er sich aber (zusammen mit der A. profunda brachi) von dort in die Tiefe ab, um in einem spiraligen Verlauf
* M. palmaris longus » M. flexor pollicis longus Pronatoren: * M. pronator teres
dorsal um den Humerusschaft herumzuziehen, wo er im Sulcus n.
radialis direkt dem Knochen anliegt ( >
* M. pronator quadratus von der Hand aus (= nach
Daumenballenmuskulatur: » M. opponens pollicis
* palmar Finger 1-3, Teile von 4
Durchtritt durch den
» M. flexor pollicis brevis * M. abductor pollicis brevis
* dorsal Teile der Finger 2-4
Karpalkanal)
aus den Segmenten C5-Thl. Er ist der Versorger der Streckermuskulatur des gesamten Arms.
Abb. 2.11a, 7). Er er-
scheint dann wieder oberhalb der Ellenbeuge auf der lateralen Seite zwischen M. brachialis und M. brachioradialis und teilt sich dort in seine beiden Endäste, den R. profundus und den R. superficialis (> Abb. 2.11a, 9 und 11). Der rein sensible R. superficialis läuft
weiter am medialen Rand des M. brachioradialis in Richtung Hand
2.2 Spinalnerven (Nervi spinales)
39
% c
ventral
Abb. 2.11 N. axillaris und N. radialis. a Verlauf (Ansicht von ventral, Unterarm in Pronationsstellung).
1 Fasciculus posterior, 2 N. axillaris mit Verlauf um das Collum chirurgicum des Humerus, Durchtritt durch die laterale Achsellücke und Aufteilung in einen motorischen und einen sensiblen Ast. 3 N. radialis, 4 N. cutaneus brachii lateralis inferior, 5 N. cutaneus brachii posterior, 6 motorische Aste zum M. triceps brachii, 7 Verlauf des Nervs im Sulcus n. radialis am Humerus, 8 N. cutaneus antebrachii posterior, 9 R. profundus (rein motorisch) mit 10 Durchtritt durch den M. supinator,
11 R. superficialis (rein sensibel). [T873, L106] b Sensibles Innervationsgebiet des N. axillaris (Lateralansicht des Arms). [T873, L126]
c Sensibles Innervationsgebiet des N. radialis. [T873, L126] 1 N. cutaneus brachii posterior, 2 N. cutaneus brachii lateralis inferior. 3 N. cutaneus antebrachii posterior, 4 terminale Hautäste aus dem R. superficialis des N. radialis. d Fallhand bei Läsion des N. radialis. Beachte die Atrophie am dorsalen Unterarm durch Lähmung der Extensoren. [T873, L106]
und
zieht in der Mitte
dieser Strecke
dann
nach dorsal
zum
Handrücken. Der motorische R. profundus hingegen durchbohrt distal der Ellenbeuge den M. supinator, den er auch innerviert (> Abb. 2.11a, 10) und läuft in der Tiefe, die Streckermuskeln des Unterarms innervierend, nach distal, um im Bereich des Handge-
lenks als dünner Endast (N. interosseus antebrachii posterior) zu enden.
Motorische Innervation
Motorisch innerviert der N. radialis - mit bereits vor seinem Ver-
lauf um den Humerus abgehenden Ästen - den M. triceps brachii, den einzigen Strecker im Ellenbogengelenk. Weiterhin versorgt er den M. brachioradialis (leichte Beugung im Ellenbogengelenk), M. extensor carpi radialis longus und M. extensor carpi radialis brevis (Streckung und Radialabduktion im Handgelenk), den M. supina-
40
2 Peripheres Nervensystem
tor (Supination) sowie sämtliche Finger- und Handgelenkstre-
cker (M. extensor digiti communis, M. extensor digiti minimi, M. extensor pollicis longus, M. extensor pollicis brevis, M. extensor carpi ulnaris und M. abductor pollicis longus), jedoch — anders als N. medianus und N. ulnaris - keine der kleinen Muskeln an der Hand.
Radiusperiostreflex: Er wird durch Schlag auf die Sehne des M. brachioradialis im distalen Drittel des Unterarms ausgelöst, der zu einer geringfügigen Beugung und Pronation im Ellenbogengelenk führt. Kennre-
flex für das Segment C6.
2.2.12
Plexus lumbosacralis
MERKE Der N. radialis ist damit der einzige versorgende Nerv der Streckermuskulatur des Ober- und Unterarms!
Die Rr. anteriores der Lumbalnerven L1-L3 bilden unter geringer Beteiligung des 12. Thorakalnervs und des 4. Lumbalnervs den Plexus lumbalis, während die anterioren Äste der Segmente L4-L5
Sensible Innervation
zusammen mit denen der sakralen Segmente S1-$3 den Plexus
Sensibel gibt der Nerv zahlreiche Zweige bereits am Oberarm kurz
sacralis bilden. Beide Plexus sind über die Fasern der Wurzel L4 miteinander verbunden und werden deshalb auch als Plexus lum-
vor oder während seines Verlaufs im Sulcus n. radialis ab (>- Abb.
bosacralis zusammengefasst ( > Abb. 2.12).
2.11c): *_ N. cutaneus brachii posterior, der die Dorsalseite des Oberarms versorgt ( > Abb. 2.11c, I) s N. cutaneus brachii lateralis inferior, der das seitliche Ober-
armareal unterhalb des Versorgungsgebiets des N. axillaris innerviert ( > Abb. 2.11c, 2) » N. cutaneus antebrachii posterior, der die Haut an der Dorsalseite des Unterarms versorgt ( > Abb. 2.11c, 3).
Plexus lumbalis
Direkt aus dem Plexus lumbalis ziehen kurze Äste zu den Hüftmuskeln (M. quadratus lumborum, M. psoas major und M. psoas minor). Als größere Äste gehen aus dem Plexus lumbalis folgende sechs Nerven hervor: * N. iliohypogastricus (Ih12-L1)
* N. ilioinguinalis (Ih12-L1) Aus dem R. superficialis gehen darüber hinaus Hautäste für die Dorsalfläche der Hand hervor, die das in > Abb. 2.11c, 4 gezeigte Areal innervieren.
Eine Übersicht über den N. radialis gibt > Tab. 2.4. KLLNLK Läsionen des N. radialis
Der N. radialis wird besonders häufig bei Oberarmbrüchen in seinem dazu prädisponierenden Verlauf entlang dem Humerusschaft geschädigt. Eine entsprechende Läsion des Nervs verursacht das charakteristische Symptom der e Fallhand ( > Abb. 2.11d). Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Streckung im Handgelenk und in den Fingergrundgelenken nicht mehr möglich ist, und kommt dadurch zustande, dass sämtliche Hand- und Fingerstrecker durch Wegfall der Innervation funktionslos geworden sind. Auch ist ein kraftvoller Faustschluss nicht mehr möglich, da hierzu die Fingerbeuger durch leichte Extension im Handgelenk in Vorspannung versetzt werden müssen. Außerdem fällt eine Schwäche bei der Supination auf. Sensibilitätsstörungen bestehen in den Arealen entsprechend >- Abb. 2.11c, variieren aber je nachdem, in welcher Höhe der Nerv in seinem Verlauf im Sulcus n. radialis lädiert worden ist. Die Streckung im Ellenbogen ist bei dieser Art der Radialisschädigung nicht beeinträchtigt, da die Äste zum M. triceps bereits vorher abgehen. Lediglich wenn die Läsion des Nervs ganz oben eintritt, kann auch im Ellenbogengelenk nicht mehr gestreckt werden.
Wichtige Reflexe Trizepssehnenreflex: Er wird durch Schlag auf die Sehne des M. triceps knapp oberhalb des Ellenbogens ausgelöst und äußert sich in einer Streckung im Ellenbogengelenk. Kennreflex für das Segment C7.
Tab. 2.4 N. radialis (C5-Th1) TE
LTE
ıCO K
- Abb.
Ein Merkspruch für die Anfangsbuchstaben der Äste des Plexus lumbalis lautet: In Indien gibt's K(C)ein Frisches Obst.
2.12a, 4) führt Fasern der Segmente L1-L2. Verlauf und Innervation
Er verläuft unterhalb des N. iliohypogastricus und des N. ilioingu-
Plexus sacralis
inalis und durchbohrt den M. psoas (innerveriert ihn aber nicht!).
Auch aus dem Plexus sacralis ziehen direkt kurze Äste zu Hüftmus-
Anschließend teilt er sich auf dem M. psoas in seine beiden Äste
keln (M. obturatorius
auf, den R. genitalis und den R. femoralis.
internus, Mm.
gemelli, M. piriformis, M.
quadratus femoris). Des Weiteren gehen aus dem Plexus folgende vier (bzw. fünf) große Nerven hervor:
N. gluteus superior (L4-S1) N. N. N. —
gluteus inferior (L5-S2) cutaneus femoris posterior (S$1-53) ischiadicus (L4-$3), gliedert sich in: N. fibularis communis (L4-$2)
— N. tibialis (L4-S3).
* R. genitalis ( > Abb. 2.12a, 4a): Er verläuft durch den Leistenkanal entlang dem Lig. teres uteri bzw. dem Samenstrang bis in
die großen Schamlippen bzw. das Skrotum, deren Haut er sensibel innerviert. Auch das benachbarte Hautareal des medialen Oberschenkels wird von ihm versorgt ( >- Abb. 2.13a, /a). Motorisch innerviert dieser Ast beim Mann den M. cremaster. * R. femoralis ( > Abb. 2.12a, 4b): Er zieht nicht durch den Leistenkanal, sondern durch den Hiatus saphenus an die Oberflä-
che und innerviert sensibel das an das Hautgebiet des R. genitaIm Gegensatz zu den Nerven des Plexus lumbalis sind diese Äste in
lis lateral angrenzende Areal ( > Abb. 2.13a, 1b).
ihrem Verlauf deutlich an der Dorsalseite der unteren Extremität orientiert.
KLINLK Wichtiger Reflex: Kremaster-Reflex: Das Bestreichen der Haut im sensiblen Bereich des R. femoralis (kraniale Oberschenkelinnenseite) führt zur
2.2.13 N. iliohypogastricus und N. ilioinguinalis Beide Nerven führen Fasern aus Th12 und L1 und sind an der Versorgung der kaudalen Bauchmuskulatur sowie an der sensiblen Innervation der darüber liegenden Haut beteiligt. N. iliohypogastricus ( > Abb. 2.12a, 2) Der N. iliohypogastricus ist bezüglich Verlauf und Innervation den Interkostalnerven sehr ähnlich: Er zieht in einem Bogen kaudal des N. subcostalis (letzter Interkostalnerv) parallel zu diesem hinter der
Niere in der Bauchwand nach ventral und gibt an der Seite einen sensiblen R. cutaneus lateralis und vorne einen sensiblen R. cu-
Kontraktion des M. cremaster und somit zur Hebung des Hodens auf der
geprüften Seite. Kennreflex für die Segmente L1-L2.
2.2.15
N. cutaneus femoris lateralis
Dieser rein sensible Nerv führt Fasern der Segmente L2-L4. Er verläuft entlang dem M. iliopsoas abwärts und in der Lacuna musculorum ganz lateral unter dem Leistenband hindurch. Dann ändert er seinen Verlauf fast rechtwinklig, sodass er, die Fascia lata durchbrechend, an die laterale Oberfläche des Oberschenkels ge-
langt (>- Abb. 2.12a, 5). Dort versorgt er sensibel die Haut an der Seite des Oberschenkels ( > Abb. 2.13, 12).
taneus anterior ab, mit denen er sensibel die Haut laterokranial
des Leistenbands versorgt ( >- Abb. 2.13, 13). Motorisch versorgt er zusammen mit dem N. ilioinguinalis die kaudalsten Abschnitte der Bauchmuskeln. N. ilioinguinalis (> Abb. 2.12a, 3) Der N. ilioinguinalis verläuft unterhalb des N. iliohypogastricus in der Bauchwand nach ventral und dann entlang dem Leistenkanal (Gefahr der Verletzung bei Leistenbruchoperationen!) bis zu den
KLINLK Läsionen des N. cutaneus femoris lateralis
Durch seinen fast rechtwinklig abbiegenden Verlauf und die knochennahe Lage in Höhe der Spina iliaca anterior superior kann der Nerv dort leicht durch zusätzlichen Druck geschädigt werden (z.B. bei Schwangerschaft oder beim Tragen sehr enger Hosen). Es resultieren zunächst Schmerzzustände und Missempfindungen wie Kribbelgefühl an der Seite des Oberschenkels (Meralgia paraesthetica), ehe bei fortdauernder Belastung dauerhafte Empfindungslosigkeit in dem Hautareal eintritt.
2 Peripheres Nervensystem
‚|- Abb. 2.12a, 7) Er zieht hinter dem M. psoas etwas unterhalb der Linea terminalis an der Wand des kleinen Beckens entlang nach ventrokaudal, um dann
nach unten durch das Foramen obturatum aus dem Becken auszutreten, wodurch er seinen Namen erhalten hat. Nachdem er anschlie-
ßend noch einen Ast zum M. obturatorius externus abgegeben hat, teilt er sich in einen R. anterior und einen R. posterior ( > Abb. 2.12a). Der R. anterior verläuft zwischen dem M. adductor brevis
und M. adductor longus nach distal, versorgt mit einigen Muskelästen, den Rr. musculares, die benachbarten Adduktoren und zieht
dann als R. cutaneus an die mediale Oberschenkelhaut. Der R. pos-
terior zieht unter dem M. adductor longus zum M. adductor magnus. Motorische und sensible Innervation
Motorisch innerviert der N. obturatorius alle Adduktoren des Oberschenkels, wobei der R. posterior den M. adductor magnus und der R. anterior die restlichen Adduktoren versorgt. Mit dem R. cutaneus versorgt er sensibel die mediale Oberschenkelhaut im Segmentbereich L3 ( > Abb. 2.13, 3).
Eine Übersicht über den N. obturatorius gibt > Tab. 2.5. KLLN.LK Läsionen des N. obturatorius
a Abb. 2.13
b Hautnerven der unteren Extremität mit ihren Innervations-
gebieten. a Ventralansicht. b Dorsalansicht. 1 N. genitofemoralis (mit 1a R. genitalis und 1b R. femoralis), 2 Rr. cutanei anteriores (aus N. femoralis), 3 R. cutaneus des N. obturatorius, 4 N. saphenus
(aus N. femoralis), 5 N. fibularis superficialis, 6 N. fibularis profundus, 7-10 N. tibialis: 7 N. suralis (aus N. tibialis und N. fibularis), 8 N. plantaris lateralis (aus N. tibialis), 9 N. plantaris medialis (aus N. tibialis), 10 Rr. calcaneares (aus N. tibialis), 11 N. cutaneus surae lateralis (aus N. fibularis), 12 N. cutaneus femoris
lateralis, 13 N. iliohypogastricus, 14 N. cutaneus femoris posterior, 15 Nn. clunium inferiores (aus N. cutaneus femoris posterior), 16 Nn. clunium medii (aus den Rr. posteriores der Spinalnerven), 17 Nn. clunium superiores (aus den Rr.
posteriores der Spinalnerven). [T873, L141]
Der Nerv kann durch seinen Verlauf entlang dem kleinen Becken bei Unfällen mit Beckenfrakturen (z. B. häufig bei Motorrad- und Fahrradfahrern) leicht verletzt werden. Es resultiert neben dem Sensibilitätsausfall an der medialen Oberschenkelseite eine Unfähigkeit, das Bein zu adduzieren, was sich in deutlichen Gang- und Standschwierigkeiten und einer Unfähigkeit äußert, das Bein der betroffenen Seite über das andere zu schlagen. Eine minimale Restfunktion hinsichtlich der Adduktion kann noch erhalten sein, da der M. pectineus und der M. adductor magnus zu einem geringen Teil vom N. femoralis bzw. tibialis mitinnerviert werden.
Wichtiger Reflex Adduktorenreflex: Durch einen Schlag auf die mit dem Finger getastete Sehne des M. adductor magnus knapp oberhalb des Epicondylus medialis
femoris wird eine Adduktion des Oberschenkels ausgelöst. Kennreflex für das Segment L3. Tab. 2.5 N. obturatorius (L2-L4) Innervation
‘
S11
44
2 Peripheres Nervensystem
2.2.17 _ N. femoralis Dies ist der größte und längste Nerv des Plexus lumbalis. Er erhält Fasern aus allen vier am Plexus beteiligten Lumbalsegmenten (L1L4) und ist gemischt sensibel und motorisch. Verlauf (> Abb. 2.14a) Der N. femoralis verläuft am lateralen Rand des M. psoas major abwärts, um dann ganz medial durch die Lacuna musculorum unter
dem Leistenband hindurchzuziehen. Er liegt damit direkt lateral der in der Lacuna vasorum verlaufenden V. und A. femoralis (Akronym der topographischen Reihenfolge = IVAN: Innen — Vene — Arterie — Nerv). Gleich bei Erreichen des ventralen Oberschenkels teilt sich der Nerv in einen motorischen und zwei sensible Anteile. Die sensiblen Rr. cutanei anteriores ziehen unmittelbar durch die Fascia lata zur ventralen Oberschenkelhaut ( > Abb. 2.14a, 2). Die motorischen Rr. musculares ziehen zur Streckermuskulatur des Oberschenkels. Der N. femoralis setzt seinen Verlauf dann nur noch durch den verbleibenden, rein sensiblen N. saphenus fort, der mit der A. und V. femo-
ralis in den Adduktorenkanal eintritt ( >- Abb. 2.14a, 3). Kurz vor
Ende des Kanals durchbohrt er das Septum intermusculare vastoadductorium, um so über den medialen Kniegelenkspalt hinweg an die
mediale Seite des Unterschenkels zu gelangen, wo er die Haut zwischen Knie- und Fußgelenk innerviert ( > Abb. 2.14a, 5).
Motorische Innervation
Motorisch versorgt der N. femoralis den M. iliopsoas (Hüftbeugung), den M. quadriceps femoris (Kniestreckung und geringfügig Hüftbeugung), den M. sartorius (vor allem Hüftbeugung) sowie mit einigen Ästen den M. pectineus (Außenrotation im Hüftgelenk und Adduktion).
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b
ventral
dorsal
Abb. 2.14 _ N. femoralis. a Verlauf (Ventralansicht des Beins).
MERKE Alle Beuger im Hüftgelenk und alle Strecker im Kniegelenk werden vom N. femoralis versorgt!
1 Hauptstamm des N. femoralis mit Verlauf unter dem Leistenband, 2 Abgabe von Muskelästen (Rr. musculares) und Hautästen (Rr. cutanel anteriores) am Oberschenkel, 3 Verlauf des N. saphenus im Adduktorenkanal mit anschließendem 4 Durchtritt durch Septum intermusculare vastoadductorium, 5 weiterer
Verlauf des N. saphenus an der medialen Seite des Unterschenkels. [T873, L106] b Sensibles Innervationsgebiet.
Sensible Innervation
1 Rr. cutanei anteriores des N. femoralis, 2 N. saphenus. [T873, L126]
Sensibel innerviert der N. femoralis die ventrale Haut des Oberschenkels, die mediale Haut des Unterschenkels und das Kniege-
lenk ( >
Abb. 2.14b).
Eine Übersicht über den N. femoralis gibt > Tab. 2.6. Tab. 2.6 N. femoralis (L1-L4)
Innervation
DE
oberhalb des Leistenbands vom Oberschenkel aus * Rr. musculares
* M. iliopsoas
N
* M. pectineus * M. sartorius * alle Oberschenkelstrecker:
* M. quadriceps femoris * Rr. cutanei anteriores
_
ventrale Seite des Oberschenkels (ventrale Teile der Dermatome L2-L4)
* N. saphenus
—
medio-ventrale Seite des Unterschenkels (medialer Teil des Dermatoms L4)
Kniegelenk
2.2 Spinalnerven (Nervi spinales) KLLN.LK Läsionen des N. femoralis
45
Kurz: Das Trendelenburg-Zeichen zeigt sich beim Gehen und ggf. Stehen als ein Abkippen des Beckens auf die (gesunde) Spielbeinseite
(>- Abb. 2.15).
Der komplette Ausfall des N. femoralis ist selten, da sein Verlauf bis zu
seiner Aufzweigung relativ gut geschützt ist. Tritt er dennoch ein, kann im Kniegelenk nicht mehr gestreckt und im Hüftgelenk nur mehr sehr schwer gebeugt werden (eine geringe Beugung ist noch durch die direkten Muskeläste zum M. psoas aus dem Plexus lumbalis möglich). Teilläsionen des N. femoralis sind häufiger, vor allem der N. saphenus ist durch seinen ungeschützten Verlauf zwischen Knochen und Haut an der Medialseite des Kniegelenks oft Verletzungen oder Druckschäden ausgesetzt. Ein Sensibilitätsverlust am medialen Unterschenkel ist die Folge. Auch kann der N. femoralis in Höhe des Leistenbands bei Leistenbruchoperationen geschädigt werden (oder etwas oberhalb in seinem Verlauf bei gynäkologischen Operationen). In diesem Fall ist dann die Hüftbeugung im Gegensatz zur Kniestreckung weitgehend unbeeinträchtigt, da die Innervation des M. iliopsoas bereits vorher erfolgt.
N. gluteus inferior (> Abb. 2.12b, 2) Dieser Nerv führt Fasern aus L5-S2 und gen anderen Leitungsbahnen durch das von wo aus er den M. gluteus maximus der Strecker im Hüftgelenk und kann je
ßenrotation oder eine Innenrotation bewirken. KLINLK Läsionen des N. gluteus inferior Wie der N. gluteus superior ist auch dieser Nerv bei einer unsachgemäßen intramuskulären Injektion gefährdet (seine Schädigung ist jedoch seltener). Bei seiner Läsion kommt es zu einer starken Einschränkung der Streckung im Hüftgelenk. Das zeigt sich beim Aufstehen, beim Treppensteigen oder auch beim Fahrradfahren.
Wichtiger Reflex Die motorische Funktion des N. femoralis wird bei nahezu jeder klinischen Routineuntersuchung mit dem Patellarsehnenreflex geprüft, ein Kenn-
reflex für das Segment L4. Ein Schlag auf die verlängerte Sehne des M. quadriceps löst dessen Muskeleigenreflex aus. Bei Verletzung des N. femoralis, aber auch bei neurologischen Erkrankungen völlig anderer Art kann sich das Reflexmuster vermindern bzw. ganz wegfallen (z.B. bei generellen peripheren Nervenschäden, der sog. Polyneuropathie), u.U.
zieht gemeinsam mit einiForamen infrapiriforme, versorgt. Dieser Muskel ist nach Anteil auch eine Au-
2.2.19 N. cutaneus femoris posterior
aber auch verstärken (z. B. bei Rückenmarksläsionen oberhalb von L2).
Dieser rein sensible Nerv stammt aus den Segmenten S1-S$3 und
2.2.18 N. gluteus superior und N. gluteus
verlässt das kleine Becken zusammen mit dem N. gluteus inferior, der A. und V. glutea inferior, dem N. ischiadicus, dem N. pudendus
inferior
und den Vasa pudenda durch das Foramen infrapiriforme, um unter dem M. gluteus maximus nach kaudal zur Subkutis des dor-
Beide Nerven sind rein motorisch und stammen aus dem Plexus
salen Oberschenkels zu ziehen ( > Abb. 2.12b, 4). Dabei gibt er die
sacralis.
Nn. clunium inferiores als sensible Äste ab, die den kaudalen Be-
reich des Gesäßes innervieren (> Abb. 2.13b, 15) und dabei die
N. gluteus superior (> Abb. 2.12b, 7) Er führt Fasern der Segmente L4-S1, verlässt das Becken zusammen mit den Vasa glutea superiora durch das Foramen suprapiriforme und zieht zu den Mm. glutei medius und minimus sowie zum M. tensor fasciae latae. Der N. gluteus superior bewirkt mit der Innervation dieser drei genannten Muskeln im Hüftgelenk eine Abduktion, die alle drei Muskeln durchführen, und eine leichte Außenrotation, die vor allem von den beiden Glutealmuskeln ermög-
licht wird. KLINLK Läsionen des N. gluteus superior Der N. gluteus superior ist aufgrund seines Verlaufs bei unsachgemäß durchgeführten intramuskulären Injektionen besonders gefährdet. Bei einer Läsion des Nervs beobachtet man das
Versorgung der Nn. clunium superiores und medii aus den Rr. posteriores der Spinalnerven nach unten ergänzen. Der restliche Teil des Nervs versorgt an der Dorsalseite des Oberschenkels den sensiblen Bereich der Dermatome 51-53 ( > Abb. 2.13b, 14).
2.2.20
N. ischiadicus
Dieser gemischt motorisch und sensible Nerv ist der größte des Plexus lumbosacralis, ja sogar der größte den wir überhaupt haben. Er ist (mit Ausnahme des sensiblen N. saphenus aus dem N. femoralis) der einzige Nerv, der den Unterschenkel versorgt. Er verlässt das kleine Becken ebenfalls durch das Foramen infrapiriforme und zieht dann an der dorsalen Seite des Oberschenkels abwärts, bis er sich in der Kniekehle in den + N. fibularis communis
* Trendelenburg-Zeichen. Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass die Abduktion (oder genauer: die
und den
Annäherung von Oberschenkel und lateralem Rumpf im Hüftgelenk) nicht mehr möglich ist. Das äußert sich dann nicht nur bei der Abduktionsbewegung, sondern vor allem beim Belasten des troffenen Seite als Standbein, wo die Mm. glutei medius normalerweise ein Abkippen des Beckens zur Spielbeinseite
tatsächlichen Beins der beund minimus verhindern.
»
N. tibialis
aufteilt. Eigentlich existieren diese beiden Nerven von Beginn an getrennt und sind somit bereits in der Hüftgegend unterscheidbar.
46
2 Peripheres Nervensystem
Abb. 2.15 Trendelenburg-Zeichen bei Läsion des N. gluteus superior. a Gesunder Zustand (linke Bildhälfte): Kontraktion der Mm. glutei medius und minimus (rote Pfeile) verhindert beim Standbein das Abkippen der Hüfte in Richtung Spielbein. b Läsion des N. gluteus superior (rechte Bildhälfte): Bei Lähmung der Mm. glutei medius und minimus (unterbrochene Pfeile) kippt das Becken in Richtung Spielbein ab ([T873, L106], oberer Bildteil aus [R110-19]).
Sie werden lediglich von einer gemeinsamen Bindegewebshülle umgeben, wodurch der Eindruck eines einzigen Nervs entsteht.
ischiokruralen Muskeln nach unten, wobei er motorische Äste zum
Caput breve des M. biceps femoris abgibt ( > Abb. 2.16a, 2). In Hö-
he der Kniekehle trennt er sich vom N. tibialis und gibt zwei Hautäste ab: den N. cutaneus surae lateralis (für die laterale Unterschen-
2.2.21 _ N. fibularis (N. peroneus)
kelhaut) und den R. communicans fibularis (entspringt auch sehr oft erst weiter distal aus dem N. cutaneus surae lateralis), der sich
Der N. fibularis ist ein gemischt motorisch-sensibler Nerv und wird aus den Segmenten L4-S2 gespeist. Im klinischen Sprachgebrauch wird der N. fibularis oft noch N. peroneus genannt, deshalb sollte
mit einem Ast des N. tibialis zum sensiblen N. suralis vereinigt (Versorgung der Unterschenkelhinterseite, > Abb. 2.16a, 6). Danach zieht der N. fibularis communis lateral um das Fibulaköpf-
man diese Bezeichnung ebenfalls kennen.
chen, diesem direkt anliegend, herum, wo er durch die Haut tastbar
ist (> Abb. 2.16a, 3). An der ventralen Unterschenkelseite ange-
Verlauf (> Abb. 2.16a) Der N. fibularis verläuft, als N. fibularis communis lateral dem N. tibialis anliegend, an der dorsalen Oberschenkelseite zwischen den
langt, tritt er in den M. fibularis longus ein und teilt sich dort in den N. fibularis profundus und den N. fibularis superficialis auf (> Abb. 2.16a, 7 und 8).
2.2 Spinalnerven (Nervi spinales) * _N. fibularis superficialis: Er verläuft zwischen den beiden Mm. fibulares (Mm. peronei), die er auch versorgt, abwärts zum Fußrücken, wo er mit zwei Endästen, N. cutaneus dorsalis medialis
und N. cutaneus dorsalis intermedius, die Haut des Fußrückens und des lateralen Fußrandes sensibel innerviert.
47
* N. fibularis profundus: Er ist überwiegend motorisch und tritt nach der Teilung des N. fibularis coammunis nach vorne durch das Septum intermusculare in die Extensorenmuskelloge ein. Dort zieht er zwischen M. tibialis anterior und M. extensor hallucis longus abwärts zum Fußrücken, wobei er motorisch alle
langen (M. tibialis anterior und M. extensor hallucis longus, M.
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Abb. 2.16 _ N. fibularis (N. peroneus). a Verlauf (gestrichelte Linie = N. tibialis). 1 N. fibularis communis am Oberschenkel, 2 Ast zum Caput breve des M. biceps femoris, 3 Verlauf des N. fibularis communis um das Fibulaköpfchen, 4 N. cutaneus surae lateralis, 5 R. communicans zum N. cutaneus surae medialis (geht oft auch weiter oben aus dem N. fibularis communis ab), mit dem er zusammen den 6 N.
suralis bildet. 7 N. fibularis profundus, 8 N. fibularis superficialis. [T873, L106] b Sensibles Innervationsgebiet. 1 N. cutaneus surae lateralis (aus N. fibularis communis), 2 N. fibularis superficialis, 3 N. fibularis profundus, 4 N. suralis (aus N. fibularis und N. tibialis). [T873, L126] c Läsion des N. fibularis am linken Bein. Der Fuß kann nicht dorsalextendiert werden und hängt in Flexions- und Supinationsstellung schlaff herab. Beachte die Einsenkung am lateralen Unterschenkel und Fußrücken durch Atrophie der Fibularis- bzw. Extensorenmuskeln. [T873, L106]
48
2 Peripheres Nervensystem extensor digitorum longus) und kurzen (M. extensor digitorum
Tab. 2.7 N. fibularis (L4-52)
brevis und M. extensor hallucis brevis) Streckermuskeln inner-
Innervation
viert. Schließlich versorgt er mit seinem sensiblen Endast neben den Zehengrundgelenken auch sensibel die Haut im 1. Zwischenzehenraum.
vom Oberschenkel aus
ME * M. biceps femoris, Caput breve
* laterale Seite des Unterschenkels * distale Hälfte des
dorsalen Unterschenkels (zus. mit Motorische Innervation
N. tibialis)
Zusammenfassend kann man für das motorische Innervationsgebiet des N. fibularis festhalten: * Mm. fibulares: durch den N. fibularis superficialis > Pronation im unteren Sprunggelenk des Fußes. e Alle langen und kurzen Unterschenkel- bzw. Zehenstrecker: durch den N. fibularis profundus > Dorsalextension im Sprunggelenk und in den Zehengelenken.
vom Unterschenkel aus
* N. fibularis superficialis + N. fibularis profundus
* M. fibularis longus * M. fibularis brevis alle Unterschenkel- und Fußextensoren: * * * * *
Sensible Innervation
M. M. M. M. M.
* Fußrücken und lateraler Fußrand
* 1. Interdigitalraum
tibialis anterior extensor digitorum longus extensor hallucis longus extensor digitorum brevis extensor hallucis brevis
Das sensible Innervationsgebiet des N. fibularis ( > Abb. 2.16b) ist die Dorsalseite
(zusammen
mit
dem
N. tibialis als N. suralis,
2.2.22
N. tibialis
> Abb. 2.16b, 4) und Lateralseite (N. cutaneus surae lateralis, > Abb. 2.16b, I) des Unterschenkels sowie der Fußrücken mit dem lateralen Fußrand (N. fibularis superficialis, > Abb. 2.16b,
2) und die Haut im 1. Zwischenzehenraum (N. fibularis profundus, > Abb. 2.16b, 3).
Eine Übersicht über den N. fibularis gibt > Tab. 2.7. KLINILK Läsionen des N. fibularis („Peroneuslähmung”)
Eine Läsion tritt besonders häufig an seinem exponierten Verlauf um das Fibulaköpfchen herum auf. Dort kann er bei Fibulafrakturen, vor allem aber durch Kompression von außen, sehr leicht geschädigt werden, z. B. durch Unfälle, Fehllagerung bei Narkosen, schlecht sitzende Gipsschalen, bisweilen sogar längeres Übereinanderschlagen der Beine. Seltener wird der Nerv auch in seinem gemeinsamen Verlauf mit dem N. tibialis in Höhe des Beckens bei falsch platzierten intramuskulären Injektionen geschädigt. Tritt eine Schädigung des Nervs ein, fallen die Extensoren des Unterschenkels in ihrer Funktion aus, sodass der Fuß schlaff herabhängt (> Abb. 2.16c). Er muss deshalb beim Gehen immer übermäßig stark
angehoben werden, was man auch als Hahnen- oder Steppergang bezeichnet, der die Fibularisläsion (klinisch: „Peroneuslähmung”) meist auf
den ersten Blick erkennen lässt. Der Fersengang ist nicht mehr möglich. Sensible Ausfälle finden sich bei einer Fibularisläsion am Fibulaköpfchen und am Fußrücken, während die Sensibilität am seitlichen und hinteren
Unterschenkel ungestört ist, da die entsprechenden Äste vorher abgehen. Die Kenntnis, dass der N. fibularis profundus als einziger Nerv in der Extensorenloge des Unterschenkels verläuft, macht man sich diagnostisch in der Unfallchirurgie zunutze. Bei schweren Unterschenkelverletzungen kommt es häufig zu Ödem oder Blutung in die Extensorenloge und durch den damit verbundenen starken Druckanstieg zur Komprimierung und Schädigung der dort liegenden Strukturen (Blutgefäße, Nerven, Muskeln), dem sog. Kompartment-Syndrom. Das kann dazu führen, dass die Extremität teilamputiert werden muss, wenn man nicht rechtzeitig Maßnahmen ergreift. Man prüft bei Verletzungen dieser Art daher die Sensibilität im 1. Zwischenzehenraum ( >- Abb. 2.16b, 3). Ist sie intakt, kann der N.
fibularis profundus nicht lädiert sein, und ein massiver Druckanstieg in der Extensorenloge ist unwahrscheinlich.
Der N. tibialis ist ebenfalls ein gemischt motorisch-sensibler Nerv und führt Fasern aus den Segmenten L4-S3. Verlauf (>- Abb. 2.17a) Der N. tibialis liegt medial des N. fibularis und hat bis zum Kniegelenk den gleichen Verlauf wie dieser, wobei er Äste zur Versorgung der gesamten ischiokruralen Muskulatur (mit Ausnahme des kurzen Bizepskopfs) und einige Fasern zum M. adductor magnus abgibt ( > Abb. 2.17a, 2). In der Kniekehle setzt er nach Trennung
vom N. fibularis den geraden Verlauf des N. ischiadicus nach kaudal fort, verschwindet zwischen den beiden Köpfen des M. gastro-
cnemius und läuft zwischen dem M. soleus und den tiefen Unterschenkelflexoren abwärts. Er zieht dann mit den Sehnen der tiefen Unterschenkelflexoren unter dem Malleolus medialis hindurch an die Plantarseite des Fußes und zweigt sich dabei in seine beiden Endäste N. plantaris medialis und N. plantaris lateralis auf (> Abb. 2.17a, 6 und 7). Mit diesen Ästen versorgt er die gesamte Plantarmuskulatur und die Haut der Fußsohle. Noch vor seinem Eintritt zwischen die beiden Köpfe des M. gastrocnemius gibt der N. tibialis den sensiblen N. cutaneus surae medialis ab, der sich mit dem R. communicans des N. fibularis com-
munis (s. o.) zum N. suralis vereinigt. Der N. suralis folgt dem Verlauf der V. saphena parva und versorgt dabei die Haut an der Dorsalseite des Unterschenkels bis in den lateralen Fußrandbereich hinein (>- Abb. 2.17a, 4). Weitere Äste gibt der N. tibialis in sei-
nem Verlauf am Unterschenkel an die gesamte dortige Beugermuskulatur ab (M. gastrocnemius, M. soleus, M. plantaris, M. tibialis
posterior, M. flexor digitorum longus und M. flexor hallucis longus; > Abb. 2.17a, 5).
2.2 Spinalnerven (Nervi spinales)
49
M.E.R.K_.E Mit Ausnahme des Caput breve des M. biceps femoris wird vom Oberschenkel abwärts die gesamte Beugermuskulatur (also für Knie-, Fuß- und Zehengelenke) vom N. tibialis versorgt!
Sensible Innervation
Das sensible Versorgungsgebiet beschränkt sich auf das Innervationsareal des N. suralis (den er zusammen mit dem N. fibularis bildet) und die plantare Fläche des Fußes ( > Abb. 2.17b).
Eine Übersicht über den N. tibialis gibt > Tab. 2.8. KLLNLK Läsionen des N. tibialis
Eine Schädigung des N. tibialis, die aufgrund seines geschützten Verlaufs
viel seltener ist als die des N. fibularis, resultiert in einem Ausfall der Fußbeuger, sodass die Fußspitze durch das funktionelle Übergewicht der vom N. fibularis versorgten Extensoren beim Gehen dezent nach oben gezogen ist (mangelndes Abrollen des Fußes). Ein Zehenstand ist dann nicht
mehr möglich, der Fersengang jedoch noch einwandfrei, was man sich diagnostisch zunutze macht. Am häufigsten tritt eine Läsion des Nervs im Bereich des medialen Knöchels durch Verletzungen oder durch Druck bei seinem Durchtritt unter dem Retinaculum ein. In diesem Fall ist eine Flexion des Fußes noch möglich, da die Unterschenkelbeuger ja bereits vor dem Knöchel innerviert
werden. Es fallen dann lediglich ein Sensibilitätsausfall an der Fußsohle und eine Überstreckung der Zehen in den Grundgelenken wegen des funktionellen Übergewichts der Zehenstrecker auf, die jetzt nicht mehr durch die kurzen plantaren Fußmuskeln antagonisiert werden.
Wichtige Reflexe Achillessehnenreflex (Triceps-surae-Reflex): Nach einem Schlag auf die Achillessehne erfolgt eine Plantarflexion des Fußes. Kennreflex für das Segment 51(-S2). Tibialis-posterior-Reflex: Ein Schlag auf die Sehne des M. tibialis posterior unterhalb des Malleolus medialis am Fußgelenk bewirkt eine leichte Flexion und Supination des Fußes. Kennreflex für das Segment L5.
Tab. 2.8 N. tibialis (L4-53) TEL
Abb. 2.17 _ N. tibialis.
a Verlauf (gestrichelte Linie = N. fibularis). 1 N. tibialis, 2 motorische Äste zur ischiokruralen Muskulatur, 3 N. cutaneus surae medialis, der zusammen mit dem R. communicans des N. fibularis den 4 N. suralis bildet. 5 Motorische Äste zu den oberflächlichen und tiefen Flexoren
des Unterschenkels. 6 N. plantaris medialis, 7 N. plantaris lateralis. [T873, L106] b Sensibles Innervationsgebiet (Dorsalansicht des Beins). 1 N. suralis (aus N. fibularis und N. tibialis), 2 Rr. calcareares, 3 N. plantaris
medialis, 4 N. plantaris lateralis. [T873, L126]
Motorische Innervation
Der N. tibialis versorgt also motorisch die Beugermuskulatur des Oberschenkels, die Beugermuskulatur (für Sprunggelenk und Zehengelenke) des Unterschenkels und alle plantaren Fußmuskeln.
|motorisch
ST17
50
2.2.23
2 Peripheres Nervensystem
N. pudendus
zum Beckenboden ab (mit Ausnahme des M. levator ani, der aus direkten Ästen des Plexus pudendus versorgt wird), wodurch der N.
Der N. pudendus entstammt formal nicht mehr dem Plexus sacralis, an dem sich nur Fasern bis hinab zu S3 beteiligen, sondern ent-
steht aus einem eigenen kleinen Geflecht aus den anterioren Ästen der Wurzeln S2-S$4, das auch gesondert als Plexus pudendus bezeichnet wird. Er ist ein äußerst wichtiger Nerv für die Funktion des Beckenbodens.
pudendus eine Schlüsselfunktion für die stabile Lage der Beckeneingeweide und die Bauchpresse (Beckenboden), vor allem aber für Harnkontinenz (M. transversus perinei profundus) und Stuhlkontinenz (M. sphincter ani externus) hat. Weiterhin spielt der N. pudendus durch die Innervation der oberflächlichen Schicht des Beckenbodens eine wichtige Rolle bei Sexualfunktionen (z. B. Ejakulation).
Verlauf
Er zieht aus dem Foramen ischiadicum majus durch das Foramen infrapiriforme nach außen, biegt dann um das Lig. sacrospinale
Sensible Innervation
Sensibel versorgt der N. pudendus den unteren Abschnitt des Rektums und den Hautbereich um den Anus. Bei der Frau innerviert er
nach kaudal um und zieht durch das Foramen ischiadicum minus nach ventral ( > Abb. 2.18a). Dort verläuft der Nerv in der latera-
die Labia majora bis nach vorn in Höhe der Klitoris einschließlich
len Wand der Fossa ischioanalis zusammen mit den Vasa pudenda interna im Canalis pudendalis (Alcock-Kanal) entlang dem unte-
des Vestibulum vaginae und der Klitoris selbst (>- Abb. 2.18b, 5), beim Mann die Hinterwand des Skrotums und den Penis.
ren Schambeinast nach vorne ( > Abb. 2.18a und b, 3). Dabei gibt er mehrere Äste zum Rectum und zur Beckenbodenmuskulatur ab und endet schließlich als N. dorsalis penis ( > Abb. 2.18a, 4) bzw. N. dorsalis clitoridis ( > Abb. 2.18b, 5) im äußeren Genitale. Motorische Innervation
KLINLK Schmerzlinderung während des Geburtsvorgangs
Bei Gebärenden wird der N. pudendus oft durch eine transvaginale Injektion von Lokalanästhetika ventral der tastbaren Spina ischiadica und vor Eintritt in den Alcock-Kanal betäubt. Läsionen des N. pudendus
Motorisch innerviert er (mit den Nn. rectales inferiores, die zusam-
men mit der A. rectalis inferior zum Rectum ziehen) den quer gestreiften M. sphincter ani externus. Weitere motorische Äste gehen
Der N. pudendus kann bei seinem Verlauf im Alcock-Kanal geschädigt werden, besonders bei Dammverletzungen, wie sie im Rahmen einer Geburt vorkommen können, oder bei ausgedehnten Tumoren
im Bereich
Abb. 2.18 N. pudendus. a von lateral (männlicher Situs). [T873, L141]
b von kaudal (weiblicher Situs). Verlauf des 1 N. pudendus um das 2 Ligamentum sacrospinale (nur in a) herum und anschließend 3 entlang dem unteren Schambeinast im Canalis pudendalis (Alcock-Kanal), dabei Abgabe von motorischen Ästen zur Beckenbodenmuskulatur und zur Haut des Damms. 4 N. dorsalis penis (nur in a), 5 N. dorsalis clitoridis (nur in b), 6 Symphyse (nur in a). 7 Sensibles Innervationsgebiet des N. pudendus (nur in b). [T873, L106]
2.2 Spinalnerven (Nervi spinales) des Enddarms. Tritt eine Läsion des N. pudendus ein, resultiert daraus ein
2.2.24
51
Plexus coccygeus
Funktionsverlust des Beckenbodens und damit Dieses kleine Geflecht wird von den Rr. anteriores des 4, und 5. Sakralnervs und vom letzten Spinalnerv, dem N. coccygeus, gebildet
» Harninkontinenz und
+ Stuhlinkontinenz,
( >
da die willkürlichen Schließmuskeln (M. transversus perinei profundus für die Blase sowie M. sphincter ani externus für den Enddarm) gelähmt sind. Weiterhin fallen die sensible Versorgung des äußeren Genitales und die Innervation der Mm. bulbospongiosus und ischiocavernosus des Beckenbodens aus, was beim Mann zu Impotenz und Zeugungsunfähigkeit führen kann.
Abb. 2.12b, 6). Der Plexus bildet die rein sensiblen, feinen Nn.
anococcygei,
die entlang dem
Lig. anococcygeum
zur Haut über
dem Steißbein und zwischen der Steißbeinspitze und dem Anus ziehen.
Zusammenfassung Grundlagen und Spinalnerven
Dies ist im Bereich der zervikalen, lumbalen und sakralen Spinal-
Grundlagen des peripheren Nervensystems
nerven anders, Die Rr. anteriores dieser Spinalnerven durchflechten sich nach Verlassen des Wirbelkanals und tauschen Fa-
Das periphere Nervensystem dient als Rezeptor- und Effektoror-
sern miteinander aus, sodass am Ende eines solchen Geflechts
gan des ZNS. Ein peripherer Nerv kann folgende Informations-
(Plexus) mehrere periphere Nerven vorliegen, die Fasern unterschiedlicher Segmente enthalten. Daher haben diese peripheren Nerven in der Peripherie Innervationsgebiete, die nicht segmen-
qualitäten leiten: 1. Somatomotorische Efferenzen (Skelettmuskulatur)
tal abgegrenzt sind. Dennoch enden die einzelnen Fasern dieser
2. Allgemein-somatosensible Afferenzen (Haut, körperöffnungsnahe Schleimhäute, Bewegungsapparat)
peripheren Nerven in ihrem Innervationsgebiet jeweils segmental getrennt. Man unterscheidet so segmentale und periphere
3. Speziell-somatosensible Afferenzen (Auge, Ohr)
Innervation.
4. Allgemein-viszeromotorische Efferenzen (Sympathikus, Parasympathikus) 5. Speziell-viszeromotorische Efferenzen (Gesichts-, Kau-, Kehlkopf-, Schlundmuskulatur)
Es gibt vier große Plexus: Plexus cervicalis, Plexus brachialis,
Plexus lumbalis und Plexus sacralis.
6. Allgemein-viszerosensible Afferenzen (innere Organe)
Rumpfwandinnervation Diese erfolgt nahezu ausschließlich über die Thorakalnerven
7. Speziell-viszerosensible Afferenzen (Riechschleimhaut,
(TIh1-Th12), die als segmental getrennte Interkostalnerven im
Geschmacksknospen). Ein Nerv kann eine oder mehrere dieser Informationskategorien führen (rein sensibler, rein motorischer oder gemischter
Nerv). Generell unterscheidet man Hirnnerven von Spinalnerven. Die Hirnnerven treten aus dem Gehirn aus und versorgen den Kopf- und Halsbereich, die Spinalnerven treten aus dem Rückenmark aus und versorgen einen Teil des Halses, sowie
Zwischenrippenraum jeweils am Unterrand einer Rippe von der Wirbelsäule nach vorn zum Sternum verlaufen. Sie innervieren motorisch die Interkostalmuskulatur und sensibel die darüber liegende Haut. Die Thorakalnerven Th7-1h12 setzen nach dem Zwischenrippenraum (der ja bereits vor Erreichen der Sternallinie endet) ihren nach unten gerichteten Verlauf fort und innervieren sensibel die Bauchhaut sowie motorisch die großen Abdominalmuskeln.
Rumpf und Extremitäten. Spinalnerven
Plexus cervicalis Nachdem die Rr. anteriores der Spinalnerven C1-C4 motorische
Anders als Hirnnerven treten die Spinalnerven in Segmenten ge-
Äste zu den tiefen Halsmuskeln abgegeben haben, bilden sie den
ordnet aus dem Wirbelkanal aus, sodass jedem Intervertebral-
Plexus cervicalis. Er versorgt motorisch die infrahyale Muskulatur sowie mit dem N. phrenicus, der zwischen Pleura und Peri-
loch des Wirbelkanals ein Spinalnerv entspricht. Sie teilen sich in jeweils einen R. posterior und R. anterior:
kard durch das Mediastinum abwärts zieht, das Zwerchfell
* Die Rr. posteriores der Spinalnerven versorgen motorisch die
(wichtigster Atemmuskel). Sensibel innerviert der Plexus mit vier Hautnerven, die am Punctum nervosum an die Oberfläche
autochthone Rückenmuskulatur, sensibel die mediale Haut am Hinterkopf, Nacken, Rücken und Gesäß.
* Die Rr. anteriores ziehen im Fall der 12 Thorakalnerven seg-
treten, die Haut des Halses, der Schulter und eines Teils des seit-
lichen Kopfs (N. auricularis magnus, N. occipitalis minor, N. transversus colli, Nn. supraclaviculares).
mental getrennt in die Peripherie, wo sie Innervationsgebiete
haben, die jeweils einem Rückenmarkssegment entsprechen (im Bereich der Haut sog. Dermatome).
Plexus brachialis Die Spinalnerven C5-Th1 bilden den Plexus brachialis, der mit
seinen peripheren Nerven die gesamte obere Extremität versorgt.
52
2 Peripheres Nervensystem Der Plexus bildet supraklavikulär drei Trunci (superior, medius und inferior), die sich anschließend infraklavikulär in drei Fas-
ciculi (medialis, lateralis und posterior) umlagern, wobei aus
den Trunci und aus den proximalen Fasciculi 7 rein Nerven und ein gemischt sensibel-motorischer Nerv Schultergürtelmuskulatur, aus den distalen Fasciculi mischten Nerven zur Versorgung des Arms und der vorgehen.
motorische für die die 7 geHand her-
Die 7 rein motorischen Nerven des Plexus brachialis zur Schultermuskulatur sind:
nerviert in der Hohlhand motorisch die Daumenballenmuskulatur sowie sensibel Teile der Finger 1-3. Der Ausfall des kompletten N. medianus verursacht das klinische Symptom der Schwurhand. ° N. axillaris (C5-C6): Ein gemischter Nerv, der aus dem Fasci-
culus posterior hervorgeht und um das Collum chirurgicum des Humerus herum nach dorsal zieht (Verletzungsgefahr bei Schulterluxationen und Knochenbrüchen!). Dort tritt er durch die laterale Achsellücke aus, versorgt den M. teres minor und
M. deltoideus sowie die Haut über dem M. deltoideus. ° N. radialis (C5-C8): Geht aus dem Fasciculus posterior hervor
* N. dorsalis scapulae (C5) * N. subclavius (C5-C6)
* N. thoracicus longus (C5-C7) * N. suprascapularis (C5-C6) * N. thoracodorsalis (C6-C8) * N. subscapularis (C5-C6) * Nn. pectorales (C5-Th1).
Ebenfalls die Schultergürtelmuskulatur versorgend ist der gemischt sensibel-motorische N. axillaris, der aber auch die Haut
des Arms versorgt. Er fällt deswegen unter die 7 Nerven aus den Fasciculi für Arm und Hand: * N. cutaneus brachii medialis (C8-Th2) und N. cutaneus antebrachii medialis (C8-Th1): Beide gehen aus dem Fasciculus medialis hervor, sind rein sensibel und versorgen die mediale Haut des Arms (N. cutaneus brachii medialis: Oberarm, N. cu-
taneus antebrachii medialis: Unterarm). s N. ulnaris (C8-Th1): Ein gemischt sensibler und motorischer Nerv. Er geht ebenfalls aus dem Fasciculus medialis hervor, läuft am medialen Oberarm nach distal, zieht an der Strecker-
seite um den Ellenbogen herum (Sulcus n. ulnaris, Verletzungsgefahr!) und innerviert am Unterarm den M. flexor carpi ulnaris sowie M. flexor digitorum profundus (ulnarer Anteil). An der Hand Aufspaltung in R. profundus (rein motorisch für die Muskulatur des Kleinfingerballens) und R. superficialis (rein sensibel, für 4. und 5. Finger). Der Ausfall des N. ulnaris
führt zum klinischen Symptom der Krallenhand. * N. musculocutaneus (C5-C7): Dieser gemischte Nerv geht
und ist gemischt sensibel und motorisch. Zieht von proximal nach distal im Sulcus n. radialis um den Humerus herum (Verletzungsgefahr bei Knochenbrüchen!). Am Unterarm Aufteilung in den rein sensiblen R. superficialis und den rein motorischen R. profundus. Motorisch versorgt er die gesamte Streckermuskulatur des Arms, sensibel den hinteren und laterokaudalen Oberarm, den dorsalen Unterarm und die lateralen
zwei Drittel der dorsalen Handfläche mit dem Daumen und Teilen der Finger 2-3. Der Ausfall des N. radialis verursacht das klinische Symptom der Fallhand. Plexus lumbosacralis Kaudal an die Thorakalnerven schließt sich der Plexus lumbalis (Th12-L4) an, der über die Wurzel L4 mit dem kaudal folgenden Plexus sacralis (L4-S$3) verbunden ist, sodass beide auch zum
Plexus lumbosacralis zusammengefasst werden. Aus dem Plexus lumbalis gehen folgende sechs Nerven hervor:
* Nn. iliohypogastricus und ilioinguinalis (beide Th12-L1): Sie innervieren die Bauchwand in ihrem kaudalsten Bereich motorisch und sensibel.
* N. genitofemoralis (L1-L2): Ein gemischter Nerv, der mit dem R. genitalis durch den Leistenkanal, mit dem R. femora-
lis unter dem Leistenband durchzieht. Er versorgt motorisch den M. cremaster sowie sensibel das Skrotum bzw. die Labia
majora und das gegenüberliegende Hautareal des Oberschenkels bis auf die ventrale Seite. * N. cutaneus femoris lateralis (L2-L4): Rein sensibler Nerv,
aus dem Fasciculus lateralis hervor, läuft an der Ventralseite
der ganz lateral unter dem Leistenband zur Haut des lateralen
des Oberarms nach distal und innerviert motorisch den M. co-
Oberschenkels verläuft, die er vollständig innerviert.
racobrachialis und die beiden Oberarmbeuger (M. biceps bra-
Fasciculi medialis und lateralis gemeinsam entsteht. Läuft an
* N. obturatorius (L2-L4): Ein gemischter Nerv. Er läuft etwas unterhalb der Linea terminalis an der Wand des kleinen Beckens entlang (Verletzungsgefahr bei Beckenbrüchen!) und zieht durch das Foramen obturatum an die Medialseite des Oberschenkels. Er innerviert sämtliche Adduktoren des Ober-
der Medialseite des Oberarms nach distal, passiert ventral die
schenkels (M. pectineus nur partiell) und die Haut an der me-
chii und M. brachialis). Sensibel innerviert er die laterale Haut des Unterarms. * N. medianus (C6-Th1): Ein gemischter Nerv, der aus den
Ellenbeuge und innerviert anschließend alle Unterarmbeuger (mit Ausnahme von M. flexor carpi ulnaris und ulnarem Anteil des M. flexor digitorum profundus) sowie alle Pronatoren.
dialen distalen Oberschenkelhälfte. * N. femoralis (L1-L4): Kräftigster Nerv des Plexus lumbalis,
gemischt sensibel und motorisch. Verlauf entlang dem M.
Ebenfalls vom Unterarm aus innerviert er die radialen zwei
psoas, Durchtritt durch die Lacuna musculorum unter dem
Drittel der Hohlhand. Er zieht anschließend durch den Karpaltunnel (Kompressionsgefahr: Karpaltunnelsyndrom) und in-
Leistenband. Motorisch innerviert er den M. quadriceps femoris, den M. sartorius und den M. pectineus sowie den M. ilio-
2.2 Spinalnerven (Nervi spinales) psoas, also alle Strecker im Knie- und alle Beuger im Hüftge-
herum (Verletzungsgefahr!) nach vorne und teilt sich in N.
lenk. Sensibel versorgt er die Haut des ventralen Oberschen-
fibularis superficialis und N. fibularis profundus. Der N. fi-
kels (Rr. cutanei anteriores) und des medialen Unterschenkels (N. saphenus).
bularis superficialis versorgt motorisch die Mm. fibulares
Aus dem Plexus sacralis gehen folgende 4 (5) Nerven hervor:
und sensibel den Fußrücken und lateralen Fußrand. Der N. fibularis profundus innerviert motorisch die gesamte Streckermuskulatur des Unterschenkels und des Fußes sowie
sensibel den 1. Interdigitalraum. Ausfall des N. fibularis ver* N. gluteus superior (L4-$1): Rein motorischer Nerv mit Beckenaustritt durch das Foramen suprapiriforme. Innervation
ursacht das Symptom des Hahnen- oder Steppergangs. - N. tibialis (L4-S3): Gemischter, aber vorwiegend motori-
der Mm. glutei medius und minimus. Verletzungsgefahr durch fehlerhafte intramuskuläre Injektion (Ausfall verursacht das
scher Nerv. Er verläuft auf der Dorsalseite des Beins bis zum
Trendelenburg-Zeichen). * N. gluteus inferior (L5-S$2): Er ist rein motorisch und tritt durch das Foramen infrapiriforme aus dem Becken aus. Er in-
gefahr!) und endet an der plantaren Fußfläche. Er innerviert
nerviert den M. gluteus maximus (der Hüftstrecker) und kann ebenfalls durch unsachgemäße intramuskuläre Injektion geschädigt werden.
schenkel die gesamte Beugermuskulatur, am Fuß alle plan-
* N. cutaneus femoris posterior (S1-S$3): Rein sensibler Nerv mit Beckenaustritt durch das Foramen infrapiriforme. Ver-
Fuß, umrundet kaudal den Malleolus medialis (Verletzungs-
motorisch am Oberschenkel die ischiokrurale Muskulatur (Ausnahme M. biceps femoris, Caput breve), am Unter-
taren Fußmuskeln. Sensibel versorgt er zusammen mit dem N. fibularis den dorsodistalen Unterschenkel, weiterhin die
gesamte Fußsohle.
sorgt das kaudale Gesäß und den gesamten dorsalen Ober-
N. pudendus
schenkel.
Dieser geht aus dem Plexus pudendus S$2-$4 hervor. Er verlässt das Becken nach dorsal im Foramen infrapiriforme, biegt wieder nach ventral durch das Foramen ischiadicum minus und verläuft in der Fossa ischioanalis entlang dem unteren Schambeinast nach ventral. Versorgt motorisch den Beckenboden, sensibel den Dammbereich und das äußere Genitale. Ausfall des Nervs verursacht Harn- und Stuhlinkontinenz.
* N. ischiadicus: Er enthält bei seinem Beckenaustritt durch das Foramen infrapiriforme die durch eine Bindegewebshülle verbundenen N. fibularis und N. tibialis. - N. fibularis (L4-S2): Ein gemischter Nerv. Er verläuft dorsal
bis zum Kniegelenk (dabei Innervation des M. biceps femoris, Caput breve), wendet sich dann um das Fibulaköpfchen
Wiederholungsfragen Grundlagen und Spinalnerven 1. Zählen Sie die sieben Informationsqualitäten (Kategorien)
peripherer Nerven auf. 2. Plexus cervicalis: Welche Muskeln werden aus dem Plexus
motorisch versorgt? Welche Hautnerven gehen aus dem Plexus hervor und welche Hautregionen innervieren sie? 3. Was unterscheidet die Rr. anteriores und die Rr. posteriores
der Spinalnerven grundsätzlich voneinander? 4. Welche drei Nerven der oberen Extremität sind durch ihren Verlauf direkt auf dem Knochen bei Frakturen besonders gefährdet? 5. Welche drei Nerven versorgen sensibel die Hand? 6. Ordnen Sie folgenden Schlüsselfunktionen der unteren Extremität den jeweiligen Nerv zu, der durch seine Innervation
hauptsächlich dafür verantwortlich ist: Streckung bzw. Beugung im Hüftgelenk, Adduktion bzw. Abduktion des Oberschenkels, Streckung bzw. Beugung im Kniegelenk, Streckung bzw. Beugung im oberen Sprunggelenk des Fußes. 7. Welchem peripheren Nerv und welcher zugehörigen Spinalnervenwurzel entspricht ein Ausfall des Patellarsehnenrefle-
xes und welchem ein Ausfall des Achillessehnenreflexes? 8. Welcher Nerv versorgt einen Großteil der willkürlichen
Schließmuskeln des Beckenbodens und ist bei Verletzungen des Beckenbodens (z. B. bei der Entbindung) besonders gefährdet? Weitere Wiederholungsfragen zu den Spinalnerven finden sich in Form von Fallbeispielen in > Kap. 14.1.1.
53
54
2 Peripheres Nervensystem
Lösungen 1. Somatomotorische Efferenzen (Skelettmuskulatur), 2. allgemein-somatosensible Afferenzen (Haut, körperöffnungsnahe
3. Die Rr. anteriores bilden mit Ausnahme der Spinalnerven Th2-Th11 die Plexus (die Plexus cervicalis, brachialis, lumba-
renzen (Sympathikus, Parasympathikus), 5. speziell-viszero-
lis, sacralis, pudendus und coccygealis), die Rr. posteriores beteiligen sich nicht daran. 4.N. axillaris verläuft um das Collum chirurgicum des Hume-
motorische Efferenzen (Gesichts-, Kau-, Kehlkopf-, Schlund-
rus, N. radialis verläuft langstreckig um den Humerusschaft,
muskulatur), 6. allgemein-viszerosensible Afferenzen (innere
N. ulnaris verläuft um den Ellenbogen/Epicondylus medialis des Humerus im Sulcus ulnaris.
Schleimhäute, Bewegungsapparat), 3. speziell-somatosensible Afferenzen (Auge, Ohr), 4. allgemein-viszeromotorische Effe-
Organe), 7. speziell-viszerosensible Afferenzen (Riech-
schleimhaut, Geschmacksknospen). 2. Motorische Versorgung der infrahyalen Muskulatur und (durch den N. phrenicus) des Zwerchfells, Die vier Hautnerven des Plexus cervicalis heißen N. auricularıs magnus, N. oc-
cipitalis minor, N. transversus colli, Nn. supraclaviculares. Sie treten am Punctum nervosum an die Oberfläche und versorgen die Haut des Halses, der Schulter und eines Teils des seit-
lichen Kopfs.
5.N. ulnaris, N. medianus, N. radialis.
6. N. femoralis: Kniestreckung und Hüftbeugung. N. gluteus inferior: Hüftstreckung. N. fibialis: Kniebeugung und Sprunggelenksbeugung. N. obturatorius: Oberschenkeladduktion. N. gluteus superior: Oberschenkelabduktion. N. fibularis: Sprunggelenksstreckung. 7. Patellarsehnenreflex: N. femoralis und Spinalnerv L4, Achillessehnenreflex: N. tibialis und Spinalnerv S1. 8.N. pudendus.
2.3
Hirnnerven (Nervi craniales)
Es gibt zwölf Hirnnerven, die mit einer Ausnahme (N. vagus) in
ihrem Verlauf und Versorgungsgebiet auf den Kopf-Hals-Bereich
Ganglion Ganglion Ganglion Ganglion
ciliare pterygopalatinum oticum submandibulare.
beschränkt sind und ebenfalls mit einer Ausnahme (N. accessorius)
aus dem Gehirn austreten. Sie werden nach der Reihenfolge des Austritts aus dem Gehirn von rostral nach kaudal (traditionell mit
römischen Ziffern) nummeriert: s IN. olfactorius (Riechen)
° IIN. opticus (Sehen)
* II N. oculomotorius (Augenbewegung) * IV N. trochlearis (Augenbewegung) » VNN. trigeminus (sensible Gesichts- und motorische Kaumuskelversorgung) » VIN. abducens (Augenbewegung) * VIIN. facialis (Gesichtsbewegung, Geschmackswahrnehmung) * VIIIN. vestibulocochlearis (Hör- und Beschleunigungs-/ Gleichgewichtswahrnehmung) * IXN. glossopharyngeus (sensible Zungen- und sensomotorische Pharynxversorgung) » XN. vagus (sensomotorische Kehlkopfversorgung, viszeromotorische und viszerosensible Versorgung innerer Organe) * XIN. accessorius (motorische Versorgung zweier Halsmuskeln) * XIIN. hypoglossus (Zungenbewegung).
AIl diese Ganglien dienen den parasympathischen Fasern aus den verschiedenen Hirnnerven zur Umschaltung vom 1. auf das 2. Neuron der efferenten vegetativen Nervenbahn. Allerdings haben alle vier Kopfganglien auch eine sympathische und eine sensible Wurzel, die in sie eintritt, deren Fasern aber hier nicht verschaltet werden. Sie ziehen lediglich hindurch, um sich dann beim Austritt den parasympathischen, umgeschalteten Fasern anzuschließen, sodass
alle Fasern gemeinsam das entsprechende Erfolgsorgan vegetativ bzw. sensibel versorgen (grundsätzliches Verschaltungsprinzip vegetativer Fasern: > Kap. 12.2).
Diese vier Ganglien werden jeweils im Anschluss an diejenigen Hirnnerven besprochen, die die parasympathische Wurzel zu dem jeweiligen Ganglion stellen.
2.3.1
I. Hirnnerv: N. olfactorius
Der N. olfactorius* ist ein speziell-viszerosensibler Nerv. Er setzt sich aus ca. 20 feinen Fasern, den Fila olfactoria, zusammen, die im
Bereich der Riechschleimhaut von der oberen Nasenmuschel ihren Ursprung nehmen ( > Abb. 2.19). Während bei den anderen Sin-
Dieses Kapitel behandelt den peripheren Verlauf der Hirnnerven. Die zentralen Kerne bzw. Projektionsorte der Hirnnerven werden in > Kap. 5.2 (Hirnnerven II-XII), > Kap. 8.2.1 und > Kap. 9.8.1 (Hirnnerv II) sowie > Kap. 9.3.1 (Hirnnerv I) beschrieben.
nessystemen (das zum ZNS gehörende Auge ausgenommen) der Zellkörper der sensiblen Nervenzelle in einem Ganglion lokalisiert ist und seinen peripheren Fortsatz zur Sinneszelle sowie seinen zentralen Fortsatz ins ZNS erstreckt, bilden in der Riechschleimhaut
Im Zusammenhang mit den Hirnnerven gibt es vier vegetative Ganglien im Koptbereich: 4 olfactorius (lat.) = dem Riechen dienend
2.3
2.3.2
Hirnnerven (Nervi craniales)
55
Il. Hirnnerv: N. opticus
Der N. opticus (Sehnerv) ist ein speziell-somatosensibler Nerv. Er führt die Fasern mit den Impulsen der Sinneszellen aus der Retina des Auges, also die visuelle Information. Entwicklungsgeschichtlich geht er aus der Zwischenhirn-(Diencephalon-)anlage hervor (>
Kap. 1.7.3).
M.E.R.K.E Der N. opticus kann also im eigentlichen Sinne nicht als peripherer Nerv bezeichnet werden, sondern ist ein Fasertrakt des Gehirns!
Der N. opticus beginnt in der Retina nicht direkt an den Sinneszellen, sondern setzt sich aus Fortsätzen der Ganglienzellen zusammen, die die innerste, dem Licht zugewandte Zellschicht in der Re-
tina bilden ( > Kap. 13.1.6). Diese Fortsätze treten dann gebündelt
in der Sehnervpapille (Papilla oder Discus n. optici) zusammen Abb. 2.19 _ N. olfactorius, Darstellung am medianen Sagittalschnitt.
und bilden dort den „blinden Fleck“ der Retina. Sie verlassen das
1 Nn. olfactorii (Fila olfactoria) in der 2 Riechschleimhaut der Nase (Areal blau hinterlegt) mit 3 Durchtritt durch die Lamina cribrosa des Siebbeins. Der Lamina cribrosa liegt direkt der 4 Bulbus olfactorius (Teil des Gehirns) auf, in dem die Riechnerven der jeweiligen Seite enden. 5 Keilbeinhöhle (Sinus sphenoidalis), 6 Stirnhöhle (Sinus frontalis). [T873, L106]
Auge etwas medial (nasal) vom hintersten Pol des Bulbus, indem sie die Sclera nach dorsal durchbrechen. Von da an werden sie von
die Sinneszellen selbst Axone aus, die sie ins ZNS senden, wo sie
in der Orbita von harten und weichen Hirnhäuten umgeben. Der im Durchmesser etwa 4-5mm dicke N. opticus verlässt dann die Augenhöhle zusammen mit der A. ophthalmica durch den Canalis opticus und zieht in die mittlere Schädelhöhle ein. Dort tritt er über der Hypophyse mit dem N. opticus der kontralateralen Seite im
dann verschaltet werden. Solche Sinneszellen nennt man primäre Sinneszellen, im Gegensatz zu den sekundären Sinneszellen, wie sie in Haut, Zunge, Innenohr etc. zu finden sind. Die primären Sin-
neszellen sind also spezielle Nervenzellen. Sie bündeln ihre (mark-
Oligodendrozyten ummarkt, wie alle zentralnervösen Nervenbahnen, zu denen der N. opticus als Gehirnanteil ja gerechnet werden muss. Auch ist er ebenso wie das Gehirn bereits bei seinem Verlauf
losen) Fortsätze zu den Fila olfactoria zusammen und ziehen zwischen den Siebbeinzellen hindurch
zur Schädelbasis, wo sie das
* Chiasma opticum
Siebbein in der Lamina cribrosa” durchbrechen und im Bulbus olfactorius des Großhirns enden ( > Abb. 2.19, 4). Dort werden sie zum ersten Mal verschaltet, sodass der Bulbus olfactorius als Äqui-
valent des Hirnnervenkerns für den I. Hirnnerv aufgefasst werden kann. Von hier aus werden die olfaktorischen Impulse über den Tractus olfactorius, der sich dem Bulbus olfactorius als lang gestielte Struktur dorsal anschließt, in die primäre Riechrinde wei-
tergeleitet.
zusammen. Hier kreuzen die Fasern, die von der medialen (nasa-
len) Netzhauthälfte kommen
(visuelle Information des lateralen
Gesichtsfelds), zur Gegenseite, während die Fasern der lateralen (temporalen) Netzhauthälfte (visuelle Information des medialen
Gesichtsfelds) das Chiasma ungekreuzt durchlaufen. Gekreuzte und ungekreuzte Fasern ziehen dann als Tractus opticus weiter lateral an den Crura cerebri vorbei zum Corpus geniculatum laterale des Thalamus, wo sie verschaltet und zur visuellen Großhirnrinde wei-
KLLNLK
tergeleitet werden ( > Kap. 9.8.1 und >- Abb. 9.32).
Läsionen des N. olfactorius
Eine Schädigung der Fila olfactoria kommt bei Schädelbasisverletzungen vor, die zu einem Abriss der feinen Fasern bei deren Durchtritt durch die Lamina cribrosa führen können. Die dabei resultierende Unfähigkeit zu riechen wird Anosmie (bei Riechminderung Hyposmie) genannt. Charakteristisch ist dabei, dass die Betroffenen aromatische Stoffe nicht
mehr wahrnehmen können, scharfe Agenzien wie z. B. Ammoniak aber schon noch, da diese die Nasenschleimhaut reizen und damit über den N.
trigeminus wahrgenommen werden. Dies macht man sich klinisch-diagnostisch zunutze. Auffällig ist auch, dass den Betroffenen Speisen meist nicht mehr schmecken, da sie kein Aroma, sondern nur noch süß, sauer,
salzig und bitter wahrnehmen können.
> cribrosa (lat.) = siebähnlich, durchlöchert
KLLNLK Läsionen der Sehbahn
Die charakteristischen Ausfälle bei einer Schädigung des N. opticus und anderer Stellen der Sehbahn werden wir in >- Kap. 9.8.1 besprechen. Klinisch sehr wichtig sind weiterhin die Stauungspapille und die Multiple Sklerose, die beide in unmittelbarem Zusammenhang mit der Anatomie des N. opticus stehen. Stauungspapille Bei gesteigertem intrakraniellem Druck (z. B. durch Tumoren, Blutungen, Liquoraufstau) kann es u.a. durch die Kompression des Sehnervs (Liquordruck im Subarachnoidalraum der Sehnervenhüllen) und Behinderung des venösen Blutabflusses zu einem Anschwellen der Sehnervpapille kommen, die man als deutliche Vorwölbung beim diagnostischen Spiegeln des Augenhintergrunds sehen kann. Eine solche sog. Stauungspapille ist stets das Zeichen für einen gesteigerten Hirndruck.
56
2 Peripheres Nervensystem
Multiple Sklerose am Sehnerv
quus superior. Er ist damit für die Bulbusbewegungen nach oben
Die Multiple Sklerose ist eine häufige Autoimmunerkrankung, die zu einer Zerstörung der von den Oligodendrozyten gebildeten Markscheiden und damit zu einem Funktionsverlust der entsprechend betroffenen Nervenbahnen führt. Es handelt sich also um eine Erkrankung des zentralen Nervensystems. Da auch der N. opticus als zentralnervöser Fasertrakt von Oligodendrozyten ummarkt wird, kann er — was sehr häufig der Fall ist — der Erstmanifestationsort dieser Erkrankung sein. Die Folge ist
lateral, oben medial, medial und unten medial zuständig ( >
ein zunächst partieller („Schleier vor den Augen”, Gesichtsfeldausfälle), im weiteren Verlauf u. U. vollständiger Funktionsverlust des Sehnervs (Blindheit).
Abb.
2.20c). Das heißt, nur die Augenbewegungen nach lateral und unten lateral werden durch andere Hirnnerven generiert (N. IV und N. VI). Weiterhin ermöglicht der N. oculomotorius durch die Versorgung des M. levator palpebrae superioris die Lidhebung. Viszeromotorisch versorgt der III. Hirnnerv mit seinen parasympathischen Fasern die glatten inneren Augenmuskeln. Dabei innerviert er den M. ciliaris, der durch eine Entspannung der Zonulafasern die
Linsenkrümmung verstärken kann und damit zu einer stärkeren Brechung des Lichtstrahls im Sinne der Akkommodation führt (scharfes Sehen in der Nähe). Weiterhin versorgt er den M. sphinc-
ter pupillae, der die Pupillenöffnung verengt. 2.3.3
1Ill. Hirnnerv: N. oculomotorius
Der N. oculomotorius® ist ein gemischt somato- und viszeromotorischer Nerv, der zusammen mit dem IV. und VI. Hirnnerv für die
Bewegungen des Augapfels (Bulbus oculi) zuständig ist. Er hat seinen Ursprung im Mittelhirn mit zwei Kernkomplexen, einem somatomotorischen für die Bewegungen der quer gestreiften äußeren Augenmuskeln (Ncl. n. oculomotorii) und einem viszeromotori-
schen für die Bewegungen der glatten inneren Augenmuskeln (Ncl. accessorius n. oculomotorii,
Die Anzahl der Muskelfasern in den äußeren Augenmuskeln, die von einer einzigen okulomotorischen Nervenfaser versorgt werden,
ist extrem gering (etwa drei Muskelzellen pro Axon, zum Vergleich N. femoralis: etwa 1.000-10.000 Muskelzellen pro Axon). Dies erlaubt eine sehr selektive Ansteuerung der einzelnen Augenmuskelfasern vom ZNS aus, was für die hochpräzise Einstellung der Bulbusposition im Sinne des dreidimensionalen Sehens ohne Doppelbilder notwendig ist.
> Kap. 5.2.3). KLLNLK
Verlauf (> Abb. 2.20a, b)
Läsionen des N. oculomotorius
Der N. oculomotorius verlässt das Mittelhirn vorne zwischen den
Das Bild einer Schädigung des N. oculomotorius sieht entsprechend der Funktion der betroffenen Muskeln folgendermaßen aus (>- Abb. 2.20d):
beiden Hirnschenkeln in der Fossa interpeduncularis und verläuft dann nach ventral zur Sella turcica. Dort durchbricht er die Dura
Aufgrund des Ausfalls des M. levator palpebrae hängt auf der betroffenen Seite das Augenlid schlaff herunter (Ptose, > Abb. 2.20d, oben). Der
mater und tritt in den Sinus cavernosus ein, in dessen Dach bzw.
Augapfel selbst hat auf der betroffenen Seite als funktionstüchtige Mus-
später Seitenwand er nach ventral zieht ( > Kap. 11.4.3). Er gelangt dann medial durch die Fissura orbitalis superior in die Augenhöhle, zieht durch den gemeinsamen Sehnenursprungsring der Augen-
keln nur noch den M. rectus lateralis (N. VI) und den M. obliquus superior (N. IV). Es blickt also nach außen und unten; die ggf. vorhandene rotatorische Wirkungskomponente der gelähmten Muskeln spielt hierbei nur eine geringe Rolle (>- Abb. 2.20d, unten). Da das andere, gesunde Auge geradeaus blickt, entsprechen sich die Sehachsen beider Retinae nicht mehr, und es resultieren Doppelbilder, die aufgrund der Blickabweichung des kranken Auges nach lateral unten schräg übereinander stehen. Beim Blick in die Richtung des geschädigten Auges zur Seite (M. rectus
muskeln, Anulus tendineus communis, und teilt sich in zwei Äste (> Abb. 2.20a, 3 und 4):
* Der (kleinere) R. superior versorgt den
— M. rectus superior und den — M. levator palpebrae superioris. * Der (größere) R. inferior versorgt den — M. rectus medialis, den
— M. rectus inferior und den — M. obliquus inferior ( > Abb. 2.20b).
Ein weiterer Ast, der die parasympathischen Fasern für die inneren Augenmuskeln (M. sphincter pupillae und M. ciliaris) führt, geht zum Ganglion ciliare ( >- Abb. 2.20a, 5). Funktion
Der IIl. Hirnnerv versorgt also somatomotorisch alle äußeren Augenmuskeln mit Ausnahme des M. rectus lateralis und des M. obli-
lateralis) und nach unten (M. obliquus superior) werden die Doppelbilder
weniger, sie verschwinden aber meist nicht ganz. Zusätzlich kommt es durch einen Ausfall der parasympathischen Fasern zu einer Weitstellung der Pupille (Mydriasis, > Abb. 2.20d, unten) und einer mangelnden Akkommodationsreaktion, sodass scharfes Sehen in der Nähe, z. B. Lesen,
mit dem betroffenen Auge nicht mehr möglich ist.
Wichtiger Reflex Pupillenreflex: Die Beleuchtung des Auges (jeweils einseitig) bewirkt eine Pupillenverengung auf beiden Seiten (Reflexverschaltung, >-Kap.
13.1.11).
2.3.4 Ganglion ciliare Das kleine Ganglion ciliare liegt in der Orbita direkt hinter dem Bulbus oculi lateral des N. opticus ( > Abb. 2.20a, 5) und dient mit
5 oculus (lat.) = Auge; motorius (lat.) = bewegend
seinen efferenten Fasern der vegetativen und sensiblen Versorgung des Auges.
2.3
M. obliquus inferior
M. rectus
Hirnnerven (Nervi craniales)
M. rectus superior
M. rectus
lateralis (VI)
medialis
nasal
temporal
M. obliquus superior (IV)
Abb. 2.20 N. oculomotorius. a Verlauf. 1 Austritt des Nervs aus dem Gehirn an der Ventralseite des Mittelhirns und 2 Eintritt in die Orbita durch die Fissura orbitalis superior. Anschließend Aufteilung in 3 R. superior und 4 R. inferior, der neben Muskelästen die Rr. ganglionares zum 5 Ggl. ciliare abgibt. 6 Nn. ciliares breves, 7 N. opticus, 8 Chiasma opticum, 9 Ggl. trigeminale, 10 Tränendrüse. b Muskelinnervation. 1 R. superior mit 2 Ästen zum M. levator palpebrae superioris (Muskel nicht dargestellt) und 3 M. rectus superior. 4 R. inferior mit Ästen zu: 5 M. rectus medialis, 6 M. rectus inferior, 7 M. obliquus inferior, 8 fibröser Ursprungsring der Augenmuskeln am Beginn des Canalis opticus. [T873, L106] c Funktion. Vereinfachtes Schema der Zugrichtungen der vom N. oculomotorius innervierten Muskeln (rote Pfeile) am Bulbus (Darstellung am rechten Auge). Wirkung der
nicht von IIl innervierten Muskeln als graue Pfeile dargestellt. Aus Übersichtsgründen sind lediglich die linearen, nicht die rotatorischen Wirkungskomponenten dargestellt. d Läsion des N. oculomotorius rechts. Oben: Das rechte Augenlid hängt aufgrund der Lähmung des M. levator palpebrae superioris schlaff herunter (Ptose). Unten: Wenn das Augenlid von außen
angehoben wird, sieht man die Fehlstellung des Augapfels nach außen unten sowie die Erweiterung der Pupille (Mydriasis). [T873, L126]
d
M. rectus inferior
57
58
2 Peripheres Nervensystem
Es hat wie die anderen Ganglien drei eintretende Wurzeln: eine parasympathische (aus dem N. oculomotorius), eine sympathische
thalmicus), dem N. oculomotorius und dem N. abducens durch die
(aus dem Ganglion cervicale superius) und eine sensible (aus dem
Fissura orbitalis superior in die Augenhöhle ein. Dort zieht er als einziger der drei Augenbewegungsnerven (III, IV und VI) nicht
N. nasociliaris des N. trigeminus).
durch den Anulus tendineus, sondern verläuft über diesen hinweg
nach vorn und innerviert den M. obliquus superior (>- Abb. e Parasympathische Wurzel: Sie wird von Fasern aus dem IIL.
Hirnnerv gebildet, die hier vom sog. präganglionären auf das sog. postganglionäre Neuron umgeschaltet werden, um von hier aus zu den glatten inneren Augenmuskeln zu ziehen, wie oben beschrieben. e Sympathische Wurzel: Sympathische Fasern aus dem zervikalen Grenzstrang durchlaufen das Ganglion unverschaltet und ziehen zum glatten M. dilatator pupillae, der der Pupillenerweiterung dient. * Sensible Wurzel: Die sensiblen Fasern stammen aus dem N. nasociliaris und ziehen ebenfalls unverschaltet durch das Ganglion. Sie dienen vor allem der sensiblen Versorgung der Cornea
2.21b).
Funktion
Als versorgender Nerv für den M. obliquus superior ist der N. trochlearis in Primärstellung des Bulbus (Geradeausblick) für des-
sen Bewegung nach lateral unten bei gleichzeitiger Einwärtsrollung zuständig (>- Abb. 2.21c). Es ist dabei zu beachten, dass in
Primärstellung die rotatorische Funktion des Muskels (Einwärtsrollung) im Vordergrund steht. Bei einer Adduktion des Bulbus wird der Muskel jedoch zu einem reinen und besonders wichtigen Senker (keine Abduktion, keine Rotation, > Kap. 13.1.13).
(Hornhaut) des Auges. KLLNLK
Alle efferenten Fasern des Ganglion ciliare ziehen als kurze und feine Nn. ciliares breves ( > Abb. 2.20a, 6) zur Hinterwand des Bulbus, um dort die Sclera zu durchbrechen und in das Innere des Au-
ges zu gelangen.
KLINLK
Eine Schädigung des N. trochlearis führt zu einer Fehlstellung des Auges, die in Primärstellung des Bulbus genau der Zugrichtung des M. obliquus superior entgegengerichtet ist, also geringfügig nach medial oben. Da die rotatorische Wirkungskomponente (Einwärtsrollung) des Muskels ebenfalls ausgefallen ist, ist der Bulbus gleichzeitig auswärts gerollt (was so von außen gar nicht sichtbar ist). Da dann, wie auch bei einer Schädi-
Läsionen des Ganglion ciliare Bei einer Schädigung des Ganglion ciliare (z. B. durch in der Orbita wachsende Tumoren) fällt die Sensibilität der Cornea aus (erloschener Korneal-
reflex, s.u.), und die Pupille kann nicht mehr auf Lichtreize reagieren, weder mit Erweiterung (bei schwachem Lichteinfall) noch mit Engerstel-
lung (bei starkem Lichteinfall). Tritt dieser Symptomkomplex auf, ist ein pathologischer Prozess in der Orbita am wahrscheinlichsten, da nur an dieser Stelle diese drei aus verschiedenen Quellen stammenden Leitungsbahnen zusammentreten. Wenn nur einzelne dieser Symptome isoliert vorliegen, ist eine Schädigung des zugehörigen Hirnnervs oder dessen Kerns im ZNS anzunehmen.
2.3.5
Läsionen des N. trochlearis
IV. Hirnnerv: N. trochlearis
Der N. trochlearis ist der dünnste der zwölf Hirnnerven und versorgt als rein somatomotorischer Nerv nur einen einzigen Muskel am Auge. Auch er hat wie der N. oculomotorius seinen Ursprungskern, den Ncl. n. trochlearis, im Mittelhirn ( > Kap. 5.2.4).
gung der beiden anderen motorischen Augennerven, die Sehachsen beider Augen nicht mehr übereinstimmen, resultieren daraus Doppelbilder, die in diesem Fall entsprechend der Fehlstellung des betroffenen Bulbus schräg verdreht übereinander stehen. Die Betroffenen versuchen, dies über eine permanente Schiefhaltung des Kopfs, die der ausgefallenen rotatorischen Wirkung des gelähmten Muskels entspricht, auszugleichen (> Abb. 2.21d). Da bei Adduktion des Bulbus der M. obliquus superior der wichtigste Senker ist, werden die Doppelbilder besonders deutlich beim Blick des betroffenen Auges nach medial unten (diese Funktion des Muskels kann von den anderen Augenmuskeln am schlechtesten kompensiert werden).
2.3.6 V. Hirnnerv: N. trigeminus Der N. trigeminus ist gemischt sensibel und motorisch (allgemeinsomatosensibel und speziell-viszeromotorisch). Mit seinem sensiblen Anteil (Radix sensoria) versorgt er das gesamte Gesicht, die Mund- und Nasenschleimhaut sowie einen Großteil der Hirnhäute. Mit seinem motorischen Anteil (Radix motoria) versorgt er die
Verlauf (> Abb. 2.21a, b) Der N. trochlearis tritt am Unterrand der Vierhügelplatte als einziger Hirnnerv an der Dorsalseite des Gehirns aus (>- Abb. 5.1, IV).
Er verläuft dann lateral der Hirnschenkel und knapp oberhalb der Brücke (Pons) nach vorne, wo er durch den Subarachnoidalraum
abwärts zieht und am vorderen Ende des Tentorium cerebelli in die Dura eintritt ( >
Abb. 2.21a, I). Unter der Dura verläuft er dann in
der Seitenwand des Sinus cavernosus nach ventral ( > Kap. 11.4.3) und tritt zusammen mit dem ersten Ast des N. trigeminus (N. oph-
Kaumuskulatur. Er hat drei sensible Kerne im ZNS: Ncl. spinalis n. trigemini im oberen Zervikalmark und in der Medulla oblongata, Ncl. principalis n. trigemini im Pons und Ncl. mesencephalicus n. trigemini im Mesencephalon. Der motorische Kern, Ncl. motorius n. trigemini, liegt im Pons. Diese Kerne werden in > Kap. 5.2.5 beschrieben.
2.3
M. obliquus inferior (Ill)
Abb. 2.21 _ N. trochlearis.
a Verlauf.
M. rectus lateralis _..........---+-
1 Eintritt des Nervs in die Dura dorsolateral des 2 Dorsum sellae an der Schädelbasis, 3 Verlauf in der Seitenwand des Sinus cavernosus, 4 Eintritt in die Orbita durch
die Fissura orbitalis superior; 5-8 Umgebungsstrukturen:
Hirnnerven (Nervi craniales)
M. rectus superior (Ill)
... E
M. rectus medialis
d
temporal
nasal
5 Chiasma opticum, 6 vordere Schädelgrube, 7 mittlere
Schädelgrube, 8 M. levator palpebrae superioris. b Muskelinnervation (rechts im Bild = nasal, links im Bild = temporal). 1 N. trochlearis, 2 N. opticus, 3 Anulus tendineus com-
munis, 4 M. obliquus superior (alle anderen Augenmuskeln sind abgetrennt dargestellt). [T873, L106] c Funktion. Schema der Zugrichtung des M. obliqguus superior am Bulbus oculi (hier: rechtes Auge). Wirkung der nicht von IV innervierten Muskeln als gestrichelte Pfeile dargestellt. Beachte, dass nur die Zugrichtung in Primärstellung des Bulbus (Blick geradeaus) dargestellt sind. Bei Änderung der Bulbusstellung ändert sich auch die Zugrichtung der Muskeln (z. B. wird der M. obliquus superior in Adduktionsstellung des Bulbus ein reiner Senker).
d Läsion des N. trochlearis am rechten Auge. Durch die Lähmung des M. obliquus superior rechts (fehlender Rotationszug) dreht sich die 1 physiologische Vertikalachse (linke Bildhälfte). Durch die Kopfschiefhaltung des Patienten wird die verdrehte Achse des lädierten rechten Auges wieder parallel zum gesunden linken Auge gestellt (rechte Bildhälfte). [T873, L126]
M. obliquus superior
M. rectus inferior (Ill)
59
2 Peripheres Nervensystem
Abb. 2.22a) werden im Folgenden detailliert besprochen.
midenkante, wo er unter der Dura verschwindet ( > Abb. 2.36, 14). Dabei bildet er in einer Duratasche (Cavum trigeminale) ein gro-
N. ophthalmicus (V1)
ßes sensibles Ganglion, das Ganglion trigeminale (Ganglion Gasseri). Es enthält alle sensiblen Neurone des N. trigeminus (alle
Verlauf (> Abb. 2.23)
pseudounipolar). Im Anschluss an dieses Ganglion gabelt sich der N. trigeminus in drei große Äste auf ( > Abb. 2.22a)”:
Nach Verlassen des Ganglions tritt der N. ophthalmicus in den Sinus cavernosus ein, in dessen Seitenwand er nach ventral zieht. Er
s _ N. ophthalmicus (V1)
gibt zuerst einen Ast an die Hirnhäute ab, den rückläufigen R. me-
* N. maxillaris (V2) s N. mandibularis (V3).
ningeus recurrens (>- Abb. 2.23a, I), und zweigt sich dann beim
Eintritt durch die Fissura orbitalis superior in die Augenhöhle weiter in drei Äste auf: N. nasociliaris, N. frontalis und N. lacrima-
Diese drei Äste ziehen durch drei getrennte Öffnungen der Schädelbasis und versorgen mit ihren sensiblen Fasern drei getrennte Bereiche der Gesichtshaut und andere Bereiche des Kopfs (>- Abb.
lis. Diese drei Nerven verzweigen sich in der Orbita weiter und ziehen zu ihren Zielorganen.
2.22b). Während die beiden oberen Äste des N. trigeminus (V1 und V2) rein sensibel sind, führt der 3. Trigeminusast (V3) neben sen-
e N. frontalis ( > Abb. 2.23a, 3): Er zieht als mittlerer der drei
siblen auch alle motorischen Fasern für die Kaumuskulatur. Alle drei Äste weisen hinsichtlich ihres weiteren Verlaufs einige Parallelitäten auf: So geben sie alle jeweils einen Ast zur sensiblen Innervation der Hirnhäute ab. Weiterhin gabeln sie sich jeweils noch einmal in drei bis vier weitere sensible Äste auf (wobei bei V3 noch
motorische Äste hinzukommen). Die drei Hauptäste des N. trige-
Äste im Dach der Orbita nach ventral, um sich in seine beiden Endäste, den N. supraorbitalis und den N. supratrochlearis,
aufzuteilen ( > Abb. 2.23a, 7 und 8). Der N. supraorbitalis zieht
mit zwei Ästen durch das Foramen supraorbitale (bzw. die Incisura supraorbitalis) etwa in der Mitte über der Augenhöhle zur Haut der Stirn, während der N. supratrochlearis zusammen mit dem Endast des N. nasociliaris den medialen Augenwinkel und das Oberlid versorgt. e N. lacrimalis ( > Abb. 2.23a, 4): Er verläuft oben lateral in der
7 trigeminus (lat.) = dreifach
Augenhöhle über dem M. rectus lateralis zur Tränendrüse im la-
2.3
Hirnnerven (Nervi craniales)
61
teralen Augenwinkel. Dabei nimmt er einen postganglionären Ast aus dem Ganglion pterygopalatinum zur sekretorischen Tränendrüseninnervation auf (R. communicans des N, zygomati-
Fn an Der N. ophthalmicus versorgt sensibel den gesamten Bereich der
cus; > Abb. 2.23a, 6). Er zieht dann über die Drüse hinweg, an
Orbita bzw. des Auges einschließlich der Cornea, die Haut der Stirn
die er die aufgenommenen vegetativen Fasern wieder abgibt, und innerviert anschließend sensibel die laterale Haut des Au-
und der Nase ( > Abb. 2.22b, /) sowie mit seinen Schleimhautästen die oberen Nasennebenhöhlen und die Nasenscheidewand.
genwinkels, des Oberlids und der Conjunctiva.
* N. nasociliaris ( > Abb. 2.23b, 2): Er zieht über den N. opticus
hinweg zur medialen Wand der Orbita, an der entlang er nach
KLLNLK
Zoster ophthalmicus
ventral verläuft. Er gibt einen Ast zum Ganglion ciliare (zur sen-
_ Der N. ophthalmicus ist unter den Gesichtsnerven besonders häufig im Rah-
siblen Versorgung des Bulbus oculi, > Abb. 2.23b, 6), mehrere kleine Äste zur sensiblen Versorgung der Cornea ( > Abb. 2.23b, 8) und schließlich zwei Nn. ethmoidales ab ( > Abb.
men eines Zoster befallen (hier dann: Zoster ophthalmicus). Dieser kommt durch eine Reaktivierung von im Ganglion trigeminale überlebenden Varizella-Zoster-Viren nach einer u.U. Jahrzehnte zurückliegenden Varizellen-
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ua
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die die Sichbelsnc ln
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Krlr
un
(Windpocken)-Infektion zustande. Die Viren „wandern” dann entlang der
die Nasenscheidewand versorgen. Mit seinem Endast tritt er am
sensiblen Nervenstrukturen zur Haut und verursachen dort ein typisches, bläschenförmiges, schmerzhaftes und Juckendes Exanthem, das in der Aus-
medialen Augenwinkel aus und innerviert in diesem Bereich
dehnung genau dem Versorgungsgebiet des N. ophthalmicus entspricht
Haut und Conjunctiva ( >- Abb. 2.23b, 5). Anschließend ver-
(> Abb. 2.22b, 7). Diese Form des Hautausschlags durch Varizella-Zoster-
sorgt er die Haut auf dem Nasenrücken bis hinab zur Nasenspit-
Viren tritt auch im Versorgungsgebiet anderer peripherer Nerven auf, beson-
ze.
ders des Rumpfs, dann als Gürtelrose.
Abb. 2.23 _ N. ophthalmicus. a Verlauf des N. frontalis und des N. lacrimalis. 1 R. meningeus recurrens des N. ophthalmicus, 2 N. nasociliaris (abgetrennt, Verlauf in b dargestellt), 3 N. frontalis, 4 N. lacrimalis, der vom 5 N. zygomaticus (aus V2) einen 6 R. communicans zur sekretorischen In-
nervation der Tränendrüse aufnimmt. Aufspaltung des N. frontalis in: 7 N. supraorbitalis (mit medialem und
lateralem Ast) und 8 N. supratrochlearis, 9 Ggl. trigeminale, 10 Tränendrüse (Glandula lacrimalis). b Verlauf des N. nasociliaris.
1 N. frontalis mit N. lacrimalis (abgetrennt, Verlauf in a dargestellt), 2 N. nasociliaris, 3 N. ethmoidalis posterior,
4 N. ethmoidalis anterior, 5 Endast zur Versorgung des medialen Augenwinkels und des Nasenrückens, 6 Ast zum 7 Ggl. ciliare, 8 Nn. ciliares longi (Äste zur sensiblen Versorgung der Cornea). [T873, L106, V492]
62
2 Peripheres Nervensystem
N. maxillaris (V2) Verlauf (> Abb. 2.24)
wieder aus und versorgt den Hautbereich der Wange zwischen Unterlid und Oberlippe. In seinem Verlauf gibt er noch sensible Äste zum Sinus mazxillaris und als Nn. bzw. Rr. alveolares superiores (bilden zusammen den Plexus dentalis superior) zu den
Auch dieser Ast des N. trigeminus ist rein sensibel. Er zieht nach Verlassen des Ganglions in der basolateralen Wand des Sinus ca-
sehr schmerzempfindlichen Zähnen des Oberkiefers ab. Sie kön-
vernosus nach ventral, tritt dann (nach Abgabe eines R. menin-
gen bzw. Lippen) durch Lokalanästhetika für Zahnbehandlungen betäubt werden.
geus zu den Hirnhäuten) im Foramen rotundum durch die Schädelbasis und erscheint unterhalb von ihr in der Fossa pterygopalatina wieder. Dort teilt er sich in drei Äste auf: Rr. ganglionares, N. zygomaticus und N. infraorbitalis. e Rr. ganglionares ( > Abb. 2.24, 3): Sie treten als sensible Wurzel in das vegetative Ganglion pterygopalatinum ein ( > Abb. 2.24, 4), verlassen nach dessen Durchtritt in alle Richtungen die
Fossa pterygopalatina und innervieren dann die angrenzende Schleimhaut der Nasenmuscheln (R. nasopalatinus), der hinteren Siebbeinzellen sowie des harten und weichen Gaumens (N.
palatinus major und Nn. palatini minores). * N. zygomaticus ( > Abb. 2.24, 5): Er nimmt in der Fossa pterygopalatina efferente Fasern des dortigen parasympathischen Ganglions auf und tritt dann durch die Fissura orbitalis inferior von unten her in die Augenhöhle ein. Dort gibt er die eben
aufgenommenen parasympathischen Fasern als R. communicans zum N. lacrimalis ab ( > Abb. 2.24, 6), mit dem sie dann zur Tränendrüse ziehen. Er verläuft anschließend nach vorne,
durchbohrt das Jochbein (Os zygomaticum), erscheint dann
wieder in der Schläfengrube und innerviert die Haut über dem Jochbein und dem vorderen Schläfenbereich.
e N. infraorbitalis ( > Abb. 2.24, 7): Er tritt ebenfalls durch die
nen vom Mundvorhof aus (Bereich zwischen Zähnen und Wan-
Funktion
Mit seinen sensiblen Ästen versorgt der N. maxillaris also die Gesichtshaut der Wange zwischen Auge und Lippen sowie den vorderen Schläfenbereich lateral des Auges ( >- Abb. 2.22b, 2). Mit wei-
teren Ästen versorgt er die Schleimhäute eines Großteils der Nasenhöhle und des Gaumens sowie den knöchernen Oberkiefer mit sämtlichen Oberkieferzähnen.
N. mandibularis (V3) Der N. mandibularis ist der kräftigste der drei Trigeminusäste. Er führt neben den sensiblen Fasern für die untere Gesichtsetage auch diejenigen der motorischen Wurzel, die zu den Kaumuskeln ziehen. Verlauf (>- Abb. 2.25a, b) Der N. mandibularis verlässt die Schädelhöhle durch das Foramen ovale und tritt dann in die Fossa infratemporalis ein. Erst dort gibt er seinen R. meningeus ab, der zusammen
mit der A. meningea
rem Boden ein Stück weit nach ventral und zieht in den Canalis
media (aus der A. maxillaris) durch das Foramen spinosum wieder in die Schädelhöhle eintritt und die Hirnhäute versorgt (>- Abb.
infraorbitalis, der etwas unterhalb des Auges nach außen hin
2.25a, 1).
Fissura orbitalis inferior in die Augenhöhle ein, verläuft an ih-
mündet (Foramen infraorbitale, > Abb. 2.24, 9). Dort tritt er
Abb. 2.24 Verlauf und Aufzweigung des N. maxillaris. 1 Ggl. trigeminale, 2 Durchtritt des N. maxillaris durch das Foramen rotundum, 3 Rr. ganglionares zum 4 Ggl. pterygopalatinum in der Fossa pterygopalatina, 5 N. zygomaticus mit 6 R. communicans zum N. lacrimalis und anschließendem Verlauf durch das Jochbein zum lateralen Gesichtsbereich des N. maxillaris (hier nicht dargestellt). 7 N. infraorbitalis, der zahlreiche Äste (Rr. alveo-
lares) zur Versorgung des Oberkiefers und der darin enthaltenen Zahnalveolen abgibt, über den 8 Canalis
infraorbitalis die Orbita wieder verlässt und durch das 9 Foramen infraorbitale in die Subkutis des Gesichts tritt, wo er sich reichhaltig verzweigt. 10 R. meningeus. [T7873, L106]
2.3
Der sensible Anteil zweigt sich in vier Äste auf: N. auriculotemporalis, N. alveolaris inferior, N. lingualis und den sehr feinen N. buccalis. Der motorische Anteil teilt sich in mehrere Äste, die dann zu den Kaumuskeln des Unterkiefers und des Mundbodens ziehen. *_ N. auriculotemporalis ( > Abb. 2.25a, 9): Er legt sich mit zwei
Hirnnerven (Nervi craniales)
63
* Nn. pterygoidei (für die Mm. pterygoideus lat. und med.) * N. mylohyoideus (für die Mundbodenmuskulatur). Weitere motorische Äste gehen zum M. tensor veli palatini (spannt das Gaumensegel) und zum M. tensor tympani (spannt das Trommelfell zur Herabminderung der Schallleitung bei lauter Schalleinwirkung).
Wurzeln wie eine Schlinge um die A. meningea media ( > Abb. 2.25a, 2). Anschließend zieht er, nachdem er einige vegetative
Fasern aus dem benachbarten parasympathischen Ganglion oti-
Funktion
cum aufgenommen hat, nach oben durch die Ohrspeicheldrüse
(Gl. parotis) hindurch, an die er die aufgenommenen vegetativen Fasern wieder abgibt. Er endet schließlich mit seinen sensiblen Endästen in der Haut der Schläfengegend und der Vorderfläche der Ohrmuschel.
Der N. mandibularis versorgt sensibel mit dem N. alveolaris inferior die Gesichtshaut des Kinns und des angrenzenden Unterkieferbereichs und mit dem N. auriculotemporalis die Haut bis hinauf
* N. alveolaris inferior ( > Abb. 2.25a, 4): Er ist der kräftigste Ast aus dem N. mandibularis und läuft ebenfalls (lateral vom N. infratemporalis aus nach kaudal, um von medial her durch das
vorderen zwei Drittel der Zunge ( > Abb. 2.25c) sowie den Unterkiefer mit sämtlichen Zähnen und die Wangenschleimhaut. Motorisch versorgt er die gesamte Kaumuskulatur, d.h. sowohl Kieferöffner (Mundbodenmuskulatur) als auch Kieferschließer (M. mas-
Foramen mandibulae in den Unterkieferkanal (Canalis mandi-
seter, M. temporalis, Mm. pterygoidei).
bulae) einzutreten (hier Applikation von Lokalanästhetika zur Betäubung der Unterkieferzähne möglich!). In diesem Kanal
Eine Übersicht über den gesamten N. trigeminus gibt > Tab. 2.9.
verläuft er, mehrere Äste zu den Unterkieferzähnen und zum
KLINLK
lingualis) zwischen den beiden Mm. pterygoidei von der Fossa
umgebenden Zahnfleisch abgebend, nach ventral und tritt in Höhe des Kinns als N. mentalis durch das Foramen mentale wieder aus ( > Abb. 2.25a, 7 und 8). Von hier aus innerviert er
mit seinen Endästen die Haut über dem Kinn und dem angrenzenden Unterkieferbereich (pelziges Gefühl im Kinnareal bei Betäubung des N. alveolaris inferior im Rahmen einer zahnärztlichen Behandlung!). e N. buccalis ( > Abb. 2.25a, 3): Dieser dünne Ast aus dem N.
mandibularis durchbohrt den M. buccinator und innerviert dann die Schleimhaut der Wange und des angrenzenden Gingivabereichs. * N. lingualis ( > Abb. 2.25b, 2): Er nimmt wie der N. auricu-
lotemporalis parasympathische Fasern auf, die aber nicht aus dem Ganglion oticum stammen und damit postganglionär sind, sondern als präganglionäre Fasern der Chorda tympani aus dem VII. Hirnnerv auf diesen Trigeminusast übertreten (> Abb. 2.25b, 3). Zusätzlich zu diesen vegetativen Fasern tre-
ten auch Geschmacksfasern aus der Chorda tympani ( > Kap. 2.3.8) auf den N. lingualis über. Dieser zieht dann zwischen den beiden Mm. pterygoidei in einem Bogen zum Zungengrund herab, gibt die vegetativen Fasern an das Ganglion submandibulare ab und versorgt mit seinen eigenen Fasern allgemein-soma-
tosensibel, mit denen aus der Chorda tympani speziell-viszerosensibel (Geschmack) die vorderen zwei Drittel der Zunge. Wei-
tere sensible Äste gehen zur Schleimhaut unter der Zunge und zur Gingiva des Unterkiefers. Die motorischen Aste des N. mandibularis werden nach den Muskeln benannt, die sie versorgen:
s N. massetericus (für den M. masseter)
e Nn. temporales profundi (für den M. temporalis)
zur Schläfe ( > Abb. 2.22b, 3). Weiterhin innerviert er sensibel die
Läsionen des N. trigeminus
Ein Ausfall des kompletten N. trigeminus ist aufgrund der frühen Aufzweigung des Nervs sehr selten. Eher sind einzelne Äste betroffen, was auch z.B. bei fehlerhaft durchgeführten Lokalanästhesien bei zahnärztlichen Behandlungen vorkommen kann. Eine solche Läsion hat einen Sensibilitätsausfall im betroffenen Hautareal zur Folge. Bei der klinischen Untersuchung prüft man immer getrennt die Sensibilität in den drei Arealen der Äste V1-V3 (>- Abb. 2.22b). Ist der motorische
Anteil des Trigeminus betroffen, resultiert auf der entsprechenden Seite eine Schwäche der Kaumuskulatur. Beim Kieferschluss, vor allem aber beim Kieferöffnen kann man dann feststellen, dass der Unterkiefer zur
Seite der Schädigung abweicht. Das erklärt sich durch die Zugrichtung der wichtigsten Kieferöffner, der Mundbodenmuskeln, die großenteils vom Unterkiefer aus nach medial gerichtet verlaufen, sodass sie die Mandibula beim Mundöffnen immer etwas nach medial ziehen. Normalerweise gleicht sich dieser Zug nach medial durch den gleichen Zug auf der Gegenseite aus, was beim Ausfall der Innervation des Mundbodens einer
Seite wegfällt. Die Mm. pterygoidei werden zwar ebenfalls vom N. mandibularis innerviert, spielen aber entgegen weit verbreiteter Meinung für das Zustandekommen dieses Phänomens eine geringere Rolle.
Weit häufiger als ein Ausfall ist in der Klinik eine Überempfindlichkeit des N. trigeminus zu beobachten, die meist auf eine Seite oder nur auf einzelne Äste beschränkt ist (sog. Trigeminusneuralgie). Hierbei können schon kleinste Berührungsreize (oft sind nicht einmal diese nötig) heftigste Schmerzattacken im Hautareal des betroffenen Trigeminusanteils auslösen. Eine Druckschmerzhaftigkeit der Nervenaustrittspunkte des N.
trigeminus (Foramina supraorbitale, infraorbitale oder mentale = Trigeminusdruckpunkte), die man bei der Hirnnervenuntersuchung überprüft, findet man auch bei Hirnhautentzündungen oder Vereiterungen der Nasennebenhöhlen. Kornealreflex Wichtiger Reflex: Die Berührung der Cornea bewirkt einen Lidschluss
über Kontraktion des M. orbicularis oculi. Damit wird also gleichzeitig die Funktion des efferenten Reflexschenkels im N. facialis geprüft (=>- Kap. 2.3.8).
64
2 Peripheres Nervensystem
Abb. 2.25 _ N. mandibularis. (nicht berücksichtigt: Rr. musculares zur Kaumuskulatur) a Verlauf von N. auriculotemporalis, N. alveolaris
inferior und N. buccalis. 1 R. meningeus, der mit der 2 A. meningea media durch das Foramen spinosum in die Schädelhöhle eintritt. 3 N. buccalis, 4 N. alveolaris inferior, der im Canalis mandibulae durch die Mandibula verläuft, dabei 5 sensible Äste zu den Zahnwurzeln und 6 zum Zahnfleisch (Gingiva) abgibt und schließlich als 7 N. mentalis im 8 Foramen mentale wieder austritt. 9 N. auriculotemporalis (unten charakteristische
Gabelbildung um die 2 A. meningea media), 10 M. buccinator. b Verlauf des N. lingualis (Zur Sichtbarmachung wurde die rechte Hälfte der Mandibula entfernt). 1 Durchtritt des N. mandibularis durch das Foramen ovale,
2 N. linqgualis, dem sich die 3 Chorda tympani (aus dem N. facialis) anschließt und der in seinem Verlauf zur Zunge Äste zum 4 Ggl. submandibulare abgibt. 5 N. hypoglossus (XII), 6 M. pterygoideus lateralis, 7 R. meningeus des N. mandibularis, 8 N. ophthalmicus (V1), 9 N. maxillaris (V2).
c Sensible Versorgung der vorderen zwei Drittel der Zunge durch den N. lingualis. [T873, L106]
Hirnnerven (Nervi craniales)
6
Tab. 2.9_N. trigeminus (V) N. ophthalmicus (V1) + N. nasociliaris
* Bulbus oculi mit Kornea * Schleimhaut von Siebbeinzellen, Keilbeinhöhle und Nasenscheidewand
_
* medialer Augenwinkel * Nasenrücken + N. frontalis
—
* Stirn und mediales Oberlid
» N. lacrimalis
(viszeromotorisch: Tränendrüse über parasympathische Fasern aus dem N. facialis)
« lateraler Augenwinkel und laterales Oberlid
* Rr. ganglionares
-
« Schleimhaut der Nasenmuscheln, der Siebbeinzellen, des harten und weichen Gaumens
* N. zygomaticus
(viszeromotorisch: Tränendrüse über parasympathische Fasern aus dem N. facialis, die er zum N. lacrimalis abgibt)
* Haut über dem Jochbein und im vorderen Schläfenbereich
« N. infraorbitalis
—
* Wange zwischen Unterlid und Oberlippe
N. maxillaris (V2)
* Schleimhaut des Sinus maxillaris
s Oberkieferzähne ET NTEL
* N. auriculotemporalis * N. alveolaris inferior + N. lingualis
(viszeromotorisch: Ohrspeicheldrüse über parasympathische Fasern aus dem N. glossopharyngeus) -
* N. buccalis
_
- Äste zu den Kaumuskeln
* weitere Äste
2.3.7
VI. Hirnnerv:
(viszeromotorisch: Gll. submandibularis und sublingualis über parasympathische Äste aus dem N. facialis)
* Haut im Schläfenbereich
* Haut im Kinnbereich nach lateral bis Angulus mandibulae * Unterkieferzähne und umgebender Gingivabereich * vordere % der Zunge (zusätzlich speziell-wszerosensibel über Geschmacksfasern aus dem N. facialis) * Schleimhaut der Wange und des angrenzenden Gingivabereichs
M. masseter
M. temporalis Mm. pterygoidei (lat. und med.) Mundbodenmuskulatur M. tensor tympani M. tensor veli palatini
KLINIK
N. abducens
Läsionen des N. abducens
Der rein somatomotorische N. abducens hat seinen Ursprung im Ncl. n. abducentis im Pons (Brücke)
des Hirnstamms
( > Kap.
5.2.6). Verlauf Er verlässt den Hirnstamm am Unterrand der Brücke relativ weit medial ( > Abb. 5.2, VI). In seinem Verlauf ( > Abb. 2.26a, b) tritt er am Clivus der Schädelbasis, auf dem er nach oben zieht, unter die
Dura mater, Anschließend läuft er im Sinus cavernosus nach vorne
zur Fissura orbitalis superior, durch die er mit dem N. oculomotorius, N. trochlearis und den drei Ästen aus dem N. ophthalmicus (V1) in die Augenhöhle eintritt. Dort zieht er nach lateral zum M. rectus lateralis, den er als einzigen Muskel versorgt. Funktion
Der N. abducens ermöglicht durch die Innervation des M. rectus lateralis eine Abduktionsbewegung des Auges ( > Abb. 2.26c).
Eine Schädigung des N. abducens kann sehr leicht bei seinem Verlauf im Sinus cavernosus erfolgen. Dort ist er bei pathologischen Prozessen besonders gefährdet, da er als der einzige Hirnnerv mitten durch das Lumen dieses venösen Blutleiters zieht (Pathogenese von Sinus-cavernosus-Affektionen > Kap. 11.4.3). Auch kann er durch seinen langen Verlauf an der Schädelbasis bei Schädelbasisbrüchen oder basalen Hirnhautentzündungen geschädigt werden. Die Läsion des VI. Hirnnervs resultiert dann entsprechend dem Funktionsverlust des M. rectus lateralis in einer Blickabweichung des Auges der betroffenen Seite nach medial (> Abb. 2.26d). Dies führt, da nun die Sehachsen beider Augen nicht mehr übereinstimmen, zu Doppelbildern, die nebeneinander stehen. Sie werden beim Blick des betroffenen Auges nach lateral (in Richtung der Schädigung) stärker und beim Blick nach medial (in Richtung des gesunden Auges) schwächer, da dann der M. rectus lateralis auch physiologischerweise inaktiv ist.
u
2.3
66
2 Peripheres Nervensystem
a
M. obliquus inferior
M. rectus superior
(1l}
(IIl)
M. rectus
lateralis
...
M. rectus
-
medialis (Ill)
temporal
nasal ;
C
;
M. obliquus éuperior (IV)
M. recfus inferior (Ill)
Abb. 2.26 N. abducens. a Verlauf. 1 N. abducens mit 2 Eintritt unter die Dura am Clivus, 3 Verlauf durch den Sinus cavernosus, 4 Eintritt in die Orbita
durch die Fissura orbitalis superior. 5 Dorsum sellae. b Muskelinnervation. 1 N. abducens, 2 M. rectus lateralis (alle anderen Muskeln sind abgetrennt), 3 N. opticus, 4 fibröser Ursprungsring der Augenmuskeln am Beginn des Canalis opticus (Anulus tendi-
SN
Ez Z
neus communis). [T873, L106]
ND
ATA}
c Funktion. Schema der Wirkung des vom N. abducens innervierten Muskels (roter Pfeil) am Auge (hier: rechtes Auge; Wirkung
aller anderen Augenbewegungsmuskeln als graue Pfeile dargestellt).
d
d Läsion des N. abducens am rechten Auge. Beachte die Fehlstellung des rechten Augapfels nach medial. [T873, L126]
2.3
2.3.8 VIl. Hirnnerv: N. facialis Der N. facialis besteht aus zwei Anteilen, einem Fazialisanteil im engeren Sinn und einem Intermediusanteil. Der Fazialisanteil führt speziell-viszeromotorische Fasern für die Versorgung der mimischen Muskulatur und der Intermediusanteil parasympathische (allgemein-viszeromotorische) Fasern sowie speziell-viszerosensible Geschmacksfasern. Seinen drei Leitungskategorien entsprechend hat der N. facialis drei Hirnnervenkerne im Hirnstamm: den speziell-viszeromotorischen Ncl. n. facialis, den allgemeinviszeromotorischen Ncl. salivatorius superior und die viszerosensible Kerngruppe der Ncll. tractus solitarii. Diese Kerne werden in > Kap. 5.2.7 besprochen.
Hirnnerven (Nervi craniales)
67
palatinum auf das zweite parasympathische Neuron umgeschaltet (> Abb. 2.27, I1). Die postganglionären Fasern schließen sich dann dem N. zygomaticus (aus dem N. mazxillaris, V2) an, mit dem sie in die Orbita und von dort schließlich über den N. lacrimalis (aus V1) zur Tränendrüse gelangen. Als Nächstes geht im Canalis n. facialis der kleine N. stapedius ab, der den M. stapedius des Mittelohrs innerviert (Funktion s. u.). Etwas später, bereits kurz vor Verlassen des Canalis n. facialis,
zweigt sich vom Hauptstamm des Nervs die Chorda tympani ab (> Abb.
2.27,
12), die ebenfalls parasympathisch-sekretorische
Fasern sowie Geschmacksfasern führt. Sie zieht in einem eigenen Knochenkanal
retrograd
zum
Mittelohr zurück,
wo
sie in einer
Schleimhautfalte zwischen Hammergriff und Amboss durch die Paukenhöhle zieht, um dann abwärts zu verlaufen und unten an der
Verlauf (> Abb. 2.27)
Schädelbasis in der Fossa infratemporalis wieder zu erscheinen. Hier schließen sich die Fasern dem N. lingualis aus dem N. mandi-
Intermedius- und Fazialisanteil verlassen den Hirnstamm am Unterrand der Brücke (Kleinhirnbrückenwinkel) als getrennte Ner-
bularis an (>- Abb. 2.27, 13), wobei die speziell-viszerosensiblen
venstränge und treten dann zusammen mit dem N. vestibulococh-
Zunge ziehen. Die (präganglionären) sekretorischen Fasern enden
learis durch den Porus acusticus internus in den inneren Gehör-
bereits im benachbarten Ganglion submandibulare, in dem sie auf
gang ein, in dem sie den N. vestibulocochlearis bis zum Innenohr begleiten. Im Canalis n. facialis des Felsenbeins biegt der N. facialis
das jeweilige zweite parasympathische Neuron verschaltet werden. Dessen Fortsätze ziehen anschließend zu den Glandulae submandi-
fast rechtwinklig nach hinten um. Diese Stelle wird als äußeres Fa-
bularis und sublingualis sowie den kleineren akzessorischen Zun-
zialisknie bezeichnet
geniculi für die sensorischen (Geschmacks-)Fasern. Der Canalis n.
gendrüsen. Der Verlauf des Intermediusanteils des N. facialis mit parasympathischen Fasern vom Hirnstamm bis zu Tränen-, Sublin-
facialis führt die Fazialisfasern über die Paukenhöhle hinweg in ei-
gual- und Submandibulardrüse sowie die Geschmacksfasern zum
nem Bogen abwärts, bis sie unten an der Schädelbasis im Foramen
vorderen Drittel der Zunge ist in > Abb. 2.28 zusammenhängend dargestellt.
(>- Abb. 2.27, I). Hier liegt das Ganglion
stylomastoideum zwischen Processus mastoideus und Processus
Geschmacksfasern mit dem Nerv in die vorderen zwei Drittel der
styloideus wieder erscheinen ( >- Abb. 2.27, 2). In seinem Verlauf
durch das Felsenbein verlassen die parasympathisch-sekretorischen und die Geschmacksfasern den Nerv (als N. petrosus major und Chorda tympani) und nehmen einen eigenen Verlauf zu ihren Erfolgsorganen (s. u.). Die im Foramen stylomastoideum erschienenen motorischen Nervenanteile ziehen nach vorne zur Glandula parotis und teilen sich in ihr in mehrere Äste auf (Plexus intraparotideus), die dann zur mimischen Muskulatur — einschließlich
des Platysmas am Hals - ziehen ( > Abb. 2.27, 4-8). Weitere Äste des Fazialisanteils
Vor seinem Eintritt in die Gl. parotis gibt der N. facialis noch Äste zum hinteren Bauch des M. digastricus und zum M. stylohyoideus ab. Seine Äste zur mimischen Muskulatur teilen sich in Rr. temporales, Rr. zygomatici, Rr. buccales, R. marginalis mandibularis
und R. colli auf ( > Abb. 2.27, 4-8).
Verlauf des Intermediusanteils Direkt in Höhe des Ganglion geniculi, dem sensiblen Ganglion für die Geschmacksfasern des N. intermedius, verlassen die präganglionären parasympathischen Fasern für die Tränendrüse als N. petrosus major den Hauptstamm des Nervs (>- Abb. 2.27, 10). Sie ziehen im Hiatus canalis nervi petrosi majoris zurück an die Schädelbasis, wo sie unter der Dura ein Stück weit nach vorn verlaufen,
um dann im Foramen lacerum wieder abwärts zu ziehen. Von dort aus treten sie in den Canalis pterygoideus ein, der in der Fossa pterygopalatina endet. Hier werden die Fasern im Ganglion pterygo-
Funktion
Mit seinen speziell-viszeromotorischen Fasern versorgt der N. facialis die gesamte mimische Muskulatur. Er besitzt damit eine Schlüsselstellung für zahllose Funktionen des täglichen Lebens, vom Essen, Trinken und Sprechen über den ständig stattfindenden
Lidschlag bis hin zur mimischen Ausdrucksfähigkeit. Mit den speziell-viszerosensiblen Fasern aus der Chorda tympani versorgt er die vorderen zwei Drittel der Zunge (über den N. lingualis; > Abb. 2.25c), wo sich die meisten Geschmacksrezepto-
ren befinden. Der N. facialis ist damit für den Hauptteil der Geschmacksempfindung verantwortlich. Mit seinen parasympathischen Fasern ist er für die Sekretion der Tränendrüse und der Submandibular- sowie Sublingualdrüse, die den Hauptteil der gesamten Speichelsekretion bewerkstelligen, zuständig. Mit der Innervation der Tränendrüse und seiner Funktion für den Lidschlag hat der N. facialis doppelte Bedeutung für die unentbehrliche Befeuchtung der Horn- und Bindehaut des Auges. Mit der Versorgung des M. stapedius schließlich hat der Nerv auch eine Funktion für die Schalldämpfung im Mittelohr. Dieser Muskel setzt am Steigbügel (Stapes) an und luxiert diesen ggf. etwas aus seinem
membranösen
Fenster
zum
Innenohr
heraus, wodurch
die
Schallleitung verschlechtert wird (zu den Gehörknöchelchen und den dazugehörigen Muskeln > Kap. 13.2.2). So kann selektiv bei
68
2 Peripheres Nervensystem
lauten oder leisen Schalleinwirkungen das Ohr in seiner Schallempfindlichkeit reguliert und den Gegebenheiten angepasst werden. Eine Übersicht über die verschiedenen Anteile des N. facialis mit
ihrer Funktion gibt > Tab. 2.10. KLINLK Läsionen des N. facialis
Der N. facialis kann wegen seines komplexen peripheren Verlaufs an vielen Stellen geschädigt werden. Daraus resultiert ein jeweils unterschiedliches Symptommuster, das eine relativ genaue lokalisatorische Zuordnung der Schädigung ermöglicht. Kardinalsymptom der Fazialisläsion ist immer die * schlaffe Lähmung der Gesichtsmuskulatur. Hierbei hängt der Mundwinkel auf der betroffenen Seite herunter, die Falten auf der Stirn verstreichen, das Augenlid kann nicht mehr geschlossen werden u.a. (>- Abb. 6.10). Der Patient beklagt ein brennendes Gefühl
im Auge der betroffenen Seite (Austrocknen der Horn- und Bindehaut durch fehlenden Lidschluss und mangelnde Tränensekretion) und dass beim Trinken die Flüssigkeit aus dem Mund läuft (mangelnder Lippenschluss). Beim Sprechen fällt die Unbeweglichkeit der betroffenen Ge-
sichtshälfte besonders auf. Je nach Lokalisation der Schädigung können sich weitere Symptome zu den genannten einstellen. Tritt die Läsion z.B. im Bereich der Glandula parotis auf (z.B. bei Parotistumoren), ist die Symptomatik auf die mimi-
sche Muskulatur beschränkt. Sehr oft tritt eine Schädigung des Nervs auch
innerhalb des Canalis n. facialis auf (durch Kompression des Nervs im Rahmen einer Nervenschwellung). Dann kann man zusätzlich zur Gesichtslähmung — je nachdem, in welcher Höhe die Läsion erfolgt ist — einen Verlust der Geschmacksempfindung in den vorderen zwei Dritteln der Zunge auf der betroffenen Seite und eine Mundtrockenheit (Schädigung vor dem Abgang der Chorda tympani) oder auch zusätzlich ein Sistieren der Tränenproduktion (Schädigung vor dem Abgang des N. petrosus major) diagnostizieren. Zudem kann eine Schallüberempfindlichkeit (Hyperakusis) bestehen, die durch die Lähmung des M. stapedius erklärbar ist. Tritt schließlich eine Schädigung des Nervs im Bereich des Meatus acusticus internus ein, liegen meist auch Ausfälle des N. vestibulocochlearis (Hören und Gleichgewicht) vor, da beide Nerven hier so eng zusammenlaufen, dass eine Schädigung in der Regel beide Nerven betrifft. Eine isolierte Läsion der Chorda tympani und damit Mundtrockenheit sowie Ausfall von Geschmacksempfindung kann man nach schweren Mittelohrentzündungen beobachten, bei denen die Chorda in ihrem Verlauf zwischen den Gehörknöchelchen geschädigt werden kann. Zur Differenzierung periphere und zentrale Fazialisparese > Kap.
6.5.1.
2.3.9 Ganglion pterygopalatinum und Ganglion submandibulare Beide vegetativen Ganglien empfangen ihre parasympathischen Fasern aus dem N. facialis und werden hier deshalb gemeinsam im Anschluss an ihn besprochen.
Abb. 2.27 N. facialis. 1 Äußeres Fazialisknie (mit Ggl. geniculi) über dem Innenohr, anschließend absteigender Verlauf über das Mittelohr zum 2 Foramen stylomastoideum. 3 Eintritt des Nervs in die Glandula parotis, wo er sich als Plexus
intraparotideus gomatici, 6 Rr. 8 R. colli (zum der mimischen
verzweigt in: 4 Rr. temporales, 5 Rr. zybuccales, 7 R. marginalis mandibularis, Platysma). 4-8 dienen der Versorgung Muskulatur in der jeweiligen Region.
9 N. auricularis posterior (zum M. occipitofrontalis, Venter occipitalis, und zu den hinteren Ohrmuskeln, die
alle noch im weiteren Sinne zu den mimischen Muskeln gezählt werden). Äste im Felsenbein: In Höhe des Fazia-
lisknies Abgang des 10 N. petrosus major, der zum 11 Ggl. pterygopalatinum zieht. 12 Chorda tympani, die zwischen Hammer und Amboss des Mittelohrs hindurchzieht und sich dem 13 N. linqgualis (aus V3) an-
schließt. [T873, L106]
2.3
Hirnnerven (Nervi craniales)
69
Tab. 2.10 N. facialis (VII) SE
ET
speziell-viszeromotorisch
ET
speziell-viszerosensibel
(parasympathisch) vom Verlauf im Felsenbein aus
* Vvor dem Fazialisknie
* N. petrosus major
s Tränendrüse
+ N. stapedius
M. stapedius im Mittelohr * Gll. submandibularis und sublingualis
* Chorda tympani nach Verlassen des Fazialis-
* gesamte mimische Muskulatur
kanals in der Schädelbasis
* M. digastricus (Venter posterior)
* vordere % der Zunge (Geschmack)
* M. stylohyoideus
Ganglion pterygopalatinum
e Parasympathische Wurzel: Sie stammt aus der Chorda tympa-
Es liegt in der Flügelgaumengrube (Fossa pterygopalatina), wo
ni des N. facialis (Intermediusanteil, Verlauf s. 0.), die sich in
sich auch der N. maxillaris
der Fossa infratemporalis dem sensiblen N. lingualis (aus dem
(> Abb. 2.24, 4 und
(V2)
in seine drei Zweige
aufteilt
>- Abb. 2.27, 11), und dient den sekretori-
schen (parasympathischen) Fasern für die Tränendrüse zur Umschaltung auf das zweite Neuron ( > Abb. 2.28).
Das Ganglion hat wie alle vegetativen Kopfganglien drei zuführende Wurzeln: eine parasympathische (präganglionäre Fasern), eine sympathische (postganglionäre Fasern) und eine sensible.
N. mandibularis, V3) anschließt, der sie später an das Ganglion
abgibt. * Sympathische Wurzel: Sie stammt wie beim Ganglion pterygo-
palatinum aus dem Halsgrenzstrang und erreicht das Ganglion über den Plexus caroticus entlang der A. carotis bzw. anschließend der A. facialis.
* Parasympathische Wurzel: Sie stammt aus dem N. petrosus major des N. facialis (Intermediusanteil), der sich am Ganglion
geniculi vom Hauptstamm des Nervs abzweigt (Verlauf s. 0.) und über den Canalis pterygoideus die Flügelgaumengrube erreicht, um hier in das Ganglion einzutreten. Dort werden die
präganglionären Fasern auf die zweiten parasympathischen Neurone verschaltet und schließen sich dann postganglionär dem N. zygomaticus (aus dem N. mazxillaris) an, mit dem sie zur Orbita und von dort aus schließlich zur Tränendrüse gelangen, die sie sekretorisch innervieren.
* Sympathische Wurzel: Sie kommt aus dem Plexus caroticus,
der postganglionäre Fasern aus dem Halsgrenzstrang (paravertebrale sympathische Ganglien) führt und einen N. petrosus profundus zum Ganglion abgibt. * Sensible Wurzel: Sie stammt als Rr. ganglionares aus dem N.
maxillaris. Sowohl sympathische als auch sensible Fasern laufen unverschaltet durch das Ganglion hindurch. Die efferenten Fasern des Ganglions laufen z.T. zur Tränendrüse, ansonsten aber in die Nasennebenhöhlen und zum Gaumen, wo sie sekretorisch und sensibel inner-
vieren ( > Abb. 2.28).
Abb. 2.28 Intermediusanteil des N. facialis. 1 Hirnstamm, 2 erstes parasympathisches Neuron (aus Ncl. salivatorius superior), 3 Ncl. tractus solitarii, 4 N. facialis, 5 Ggl. geniculi mit dem sensorischen Neuron für die Geschmacksinformation der vorderen zwei Drittel der Zunge,
6 N. petrosus major, 7 Ggl. pterygopalatinum mit dem zweiten parasympathischen Neuron für 8 Drüsen in Nasennebenhöhlen und Gaumen sowie die 9 Tränendrüse. Die postganglionären Fasern zur Tränendrüse schließen sich als 10 R. communicans des N. zygomaticus dem 11 N. lacrimalis (aus V1) an, um
Ganglion submandibulare Es liegt oberhalb der Glandula submandibularis ( > Abb. 2.25b,
4) und innerviert außer dieser auch die Sublingualdrüse sowie einige akzessorische Zungendrüsen ( > Abb. 2.28).
so das Endorgan (9) zu erreichen. Die Fasern des ersten parasympathischen Neurons für die Submandibularis- und Sublinqualisdrüse verlassen den N. facialis über die 12 Chorda tympani, schließen sich kurz dem 13 N. lingualis an und werden im 14 Ggl. submandibulare auf das zweite parasympathische Neuron verschaltet, das zur 15 Gl. submandibularis und zur 16 Gl. sublinqualis zieht.
Die 17 Geschmacksfasern der vorderen zwei Drittel der Zunge verlaufen mit dem 13 N. linqualis (aus V3) und erreichen den N. facialis von dort aus über die 12 Chorda tympani. [T873, L126]
70
2 Peripheres Nervensystem
Während die sensiblen und sympathischen Fasern wieder unverschaltet durch das Ganglion laufen, werden die präganglionären parasympathischen Fasern auf das jeweilige zweite Neuron verschaltet, mit dem sie dann zusammen mit den anderen efferenten
Fasern des Ganglions alle Speicheldrüsen — mit Ausnahme der Gl. parotis - innervieren.
KLLNLK Läsionen des N. vestibulocochlearis
Man muss Schädigungen des vestibulären von solchen des kochleären Anteils des VIIl. Hirnnervs unterscheiden. Beide können natürlich auf ihrem Weg durch den Meatus acusticus internus oder von dort zum Kleinhirmbrückenwinkel gemeinsam geschädigt werden. Man findet dann sehr häufig
auch eine Läsion des N. facialis, da dieser in seinem anfänglichen Verlauf dem VIll. Hirnnerv unmittelbar anliegt.
2.3.10
Läsionen des kochleären Anteils
VIll. Hirnnerv: N. vestibulocochlearis
Der VIIL. Hirnnerv ist rein speziell-somatosensibel. Er führt die Afferenzen aus dem Innenohr,
zum einen aus der Schnecke
(N.
cochlearis, akustische = auditorische Reize), zum anderen aus Sac-
culus, Utriculus und den Bogengängen (N. vestibularis, statische Reize = Gleichgewichts- bzw. Bewegungsempfindung). Er hat entsprechend zwei Kerngebiete im Hirnstamm: die Ncll. cochleares und die Ncll. vestibulares, die beide in > Kap. 5.2.8 besprochen werden.
Eine Schädigung des kochleären Anteils des VIll. Hirnnervs hat entsprechend seiner Funktion eine + Schwerhörigkeit oder Taubheit
auf dem Ohr der betroffenen Seite zur Folge. Läsionen des vestibulären Anteils
Verlauf (> Abb. 2.29)
Eine Schädigung des vestibulären Anteils ist vielschichtiger. Entsprechend den Funktionen des vestibulären Systems bei der Raumorientierung, Blickstabilisierung und Körperhaltung führt eine akute (= relativ rasch eintretende) Schädigung dieses Systems (unabhängig davon, ob zentral die Kerne oder peripher der Nerv bzw. der Vestibularapparat geschädigt sind) zu
Der N. cochlearis beginnt in der Peripherie an den Perikaryen im
* Schwindelerscheinungen,
Ganglion cochleare (= Ganglion spirale cochleae, > Abb. 2.29, 9),
* Übelkeit,
das sich im Innenohr befindet und dort als spiralisiertes Zellband achsennah dem Verlauf der Cochlea folgt. Die peripheren, dendritischen Fortsätze dieser bipolaren Ganglienzellen enden an den Sin-
* Fallneigung zur erkrankten Seite und » pathologischem Nystagmus‘®.
Der N. vestibularis beginnt mit den zentralen Fortsätzen der Peri-
Diese Symptome treten auf, weil nun vestibuläre, visuelle und somatosensible Afferenzen im Hirnstamm nicht mehr in Übereinstimmung sind. Fällt das vestibuläre System hingegen /angsam aus, z. B. bei Kompression des Nervs durch einen langsam wachsenden Tumor, zeigen sich meist keine oder nur sehr geringe Ausfallsymptome (klinisches Fallbeispiel in
karyen, die im Ganglion vestibulare ( > Abb. 2.29, 6) liegen, das
> Abb. 2.30). Das erklärt sich dadurch, dass das kontralaterale (gesun-
neszellen des Corti-Organs, während die zentralen Fortsätze in ih-
rer Gesamtheit
den N. cochlearis
des VIII. Hirnnervs
bilden
(> Abb. 2.29, 8).
sich in einem gesonderten Fundus im Boden des inneren Gehörgangs (Meatus acusticus internus) befindet. Die peripheren, rezeptiven Fortsätze senden diese Ganglienzellen zu den Sinneszellen im vestibulären Teil des Innenohrs (Bogengänge, Sacculus und Utriculus). Beide Anteile des N. vestibulocochlearis treten dann im knöchernen inneren Gehörgang des Felsenbeins zu einem Nervenstamm zusammen und laufen durch diesen bis zum Porus acusti-
de) Vestibularorgan, das ja prinzipiell die gleichen Informationen vermittelt wie das erkrankte ipsilaterale, die Funktion des ausgefallenen Organs übernimmt und so die Schädigung klinisch unauffällig bleibt. Da der Hirnstamm erst „lernen” muss, die Aufgaben des vestibulären Systems mit der Information aus nur einem Vestibularorgan zu erfüllen, ist diese Kompen-
sation bei plötzlichem Ausfall des Vestibularorgans nicht möglich, stellt sich aber im Laufe weniger Wochen unter Abklingen der oben beschriebenen Symptome ein.
cus internus, an dem sie in die hintere Schädelgrube eintreten. Der
Nerv zieht am Unterrand der Brücke (im sog. Kleinhirnbrückenwinkel) unmittelbar kaudolateral des N. facialis in den Hirnstamm hinein, wo sich kochleäre und vestibuläre Fasern wieder trennen, um in den entsprechenden Hirnnervenkernen, Ncll. cochleares und Nell. vestibulares, zu enden.
Funktion
2.3.11
IX. Hirnnerv: N. glossopharyngeus
Der N. glossopharyngeus hat mit dem N. vagus vieles gemeinsam und hat wie dieser einen
allgemein-viszeromotorischen,
einen
speziell-viszeromotorischen, einen allgemein-somatosensiblen und einen allgemein- und speziell-viszerosensiblen Anteil. Er innerviert allgemein-somato- und speziell-viszerosensibel einen Teil
Durch die sensorische Versorgung des Innenohrs ist der VIII.
der Zunge („glosso-“) sowie sensibel und motorisch einen Teil des
Hirnnerv zum einen der Hörnerv, zum anderen vermittelt er die (Position) und -bewegung (Lokomotion) vermitteln. Diese letztge-
Schlundes („-pharyngeus“). Entsprechend seinen vier Leitungskategorien hat er vier verschiedene Hirnnervenkerne im Hirnstamm: Ncl. ambiguus (speziell-viszeromotorisch), Ncl. salivatorius infe-
nannten Reize werden nicht nur bewusst wahrgenommen, sondern
rior (allgemein-viszeromotorisch), Ncl. spinalis n. trigemini (all-
Sinnesreize aus dem Vestibularorgan, die dem Gehirn Körperlage
auch auf Hirnstammebene reflektorisch so verschaltet, dass sie z. B.
den aufrechten Gang und Stand oder die Anpassung der Augenbewegungen an die Körperbewegungen ermöglichen.
$ unwillkürliches, rhythmisches „Zittern” der Augen (nystazein [gr.] = nicken)
2.3
Abb. 2.29
Hirnnerven (Nervi craniales)
71
N. vestibulocochlearis.
1 Bogengänge, 2 Ampullen der Bogengänge (Sitz der Sinneszellen für Drehbeschleunigung), 3 Sacculus, 4 Utriculus (3 und 4 = Sitz der Sinneszellen für Linearbeschleunigung). 5 N. vestibularis mit dem 6 Ggl. vestibulare, 7 Schnecke (Cochlea), 8 N. cochlearis mit dem 9 Ggl. cochleare (= Ggl. spirale cochleae, entlang der Schneckenwindung). 10 Eintritt des Nervs vom Os temporale (Pars petrosa) in die Schädelhöhle durch den Porus acusticus internus. 11 Eintritt des Nervs ins Gehirn am Kleinhirnbrückenwinkel. [T873, L106]
gemein-somatosensibel) und Ncll. tractus solitarii (allgemein- und speziell-viszerosensibel). Diese Kerne werden in > Kap. 5.2.9 besprochen. Verlauf (>- Abb. 2.31a) Der N. glossopharyngeus tritt aus dem Hirnstamm zwischen VIII. und X. Hirnnerv unter der Brücke (Pons) aus (>- Abb. 5.2, IX).
Von dort aus zieht er abwärts zum Foramen jugulare, durch das er die Schädelhöhle zusammen mit dem N. vagus (X) und dem N. accessorius (XI) verlässt. Bei seinem Durchtritt durch die Schädelba-
k Abb. 2.30 Tumor des VIII. Hirnnervs (Kleinhirnbrückenwinkel-Tumor, „Akustikusneurinom”). Horizontalschnitt-Kernspintomographie des Gehirns (sog. axiale Schnittebene) der mittleren und hinteren Schädelgrube mit einem gutartigen, langsam wachsenden, von den Schwann-Zellen ausgehenden Nervenscheidentumor
(Schwannom) des VIIl. Hirnnervs links (die Schnittbilder in der Klinik werden „seitenverkehrt” projiziert, man sieht also „von unten” auf die Schnittebene). 1 Kleinhirn, 2 Pons. 3 Kleinhirnbrückenwinkel der gesunden Seite mit 4 N. ves-
tibulocochlearis. An der entsprechenden Stelle auf der Gegenseite 5 Akustikusneurinom im Kleinhirnbrückenwinkel links (nimmt Kontrastmittel auf und hebt
sich somit hell gegen das umliegende Gewebe ab). Der Tumor lässt sich bis in
sis bildet er zwei Ganglien: das kleinere und rein somatosensible Ganglion superius sowie das etwas größere, somatosensible sowie speziell- und allgemein-viszerosensible Ganglion inferius ( > Abb. 2.31a, 2 und 3). Er zieht dann in einem Bogen zwischen M. stylopharyngeus und M. styloglossus abwärts zur Zungenwurzel, wo er sich im hinteren Drittel der Zunge mit seinen Endästen verzweigt. Zuvor gibt er in seinem Verlauf mehrere Äste ab: * zur Innervation der Glandula parotis und des Mittelohrs (N. tympanicus, > Abb. 2.31a, 4), * zur motorischen und sensiblen Versorgung des Pharynx (> Abb. 2.31a, 9; wobei er zusammen mit dem N. vagus den
Plexus pharyngeus bildet) und schließlich * zur viszerosensiblen Versorgung des Sinus caroticus bzw. Glomus caroticum mit ihren Mechano- und Chemorezeptoren (> Abb. 2.31a, 10).
den Meatus acusticus internus hinein verfolgen (6).
Symptomatik der Patientin: Über Monate zunehmende Hörminderung auf dem linken Ohr. Keine nennenswerten Gleichgewichtsstörungen, bei der klinischen Untersuchung jedoch keine Erregbarkeit des linken Vestibularorgans (kann durch Spülung des Gehörgangs mit Wasser geprüft werden). (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. J. Klisch, Erfurt.) [T874]
Der unmittelbar unter dem Foramen jugulare vom Ganglion inferius abgehende N. tympanicus ( > Abb. 2.31a, 4) führt somatosensible und präganglionäre parasympathische Fasern. Er zieht durch den Canalis tympanicus des Felsenbeins zur Paukenhöhle des Mit-
72
2 Peripheres Nervensystem
telohrs, wo er sympathische Fasern aus dem Plexus caroticus (postganglionär aus dem Halsgrenzstrang) aufnimmt und mit diesen den Plexus tympanicus bildet (>- Abb. 2.31a, 5). Er versorgt damit sensibel das Mittelohr und die Tuba auditiva. Anschließend geht vom Plexus tympanicus der N. petrosus minor ab, der ähnlich wie der N. petrosus major (aus dem N. facialis) zurück in die Schädelhöhle zieht (im Hiatus canalis n. petrosi minoris). Dort verläuft er unter der Dura ein kleines Stück weit nach vorne, um dann durch
das Foramen lacerum das Schädelinnere erneut zu verlassen und in der Fossa infratemporalis wieder zu erscheinen, wo er im Gan-
glion oticum endet ( > Abb. 2.31a, 6). Dort werden seine präganglionären parasympathischen Fasern verschaltet und ziehen danach als sekretorische Fasern zur Glandula parotis. Der R. sinus carotici ( > Abb. 2.31a, 10) ist ein rein viszerosen-
sibler Ast des N. glossopharyngeus, der abwärts zur Karotisgabelung zieht, wo er sensibel die Chemorezeptoren des Glomus caroti-
KLLNLK Läsionen des N. glossopharyngeus Ein isolierter Ausfall des N. glossopharyngeus ist klinisch selten. Häufig sind der X. und XI. Hirnnerv mit betroffen, da sie alle einen gemeinsamen
Austrittspunkt an der Schädelbasis im Foramen jugulare haben. Dort können sie z. B. bei Tumoren in diesem Bereich oder bei Schädelbasisverlet-
zungen geschädigt werden. Eine Glossopharyngeusläsion führt zu sensiblen Ausfällen im oberen Pharynxbereich (Ausfall des Würgereflexes) und des hinteren Drittels der Zunge, wo auch die Geschmacksempfindung (v. a. der Qualität „bitter”) auf der betroffenen Seite verloren ist. Ähnlich wie bei einer Läsion des N. vagus kann das Gaumensegel nicht mehr richtig angehoben werden. Das führt dazu, dass das Gaumenzäpfchen (Uvula) zur
gesunden Seite abweicht. Gleichzeitig kann die hintere Rachenwand nun dem Gaumensegel nicht mehr richtig angenähert werden, sodass so-
wohl beim Schlucken als auch beim Sprechen der Oropharynx vom Nasopharynx nicht ausreichend getrennt wird. Infolgedessen tritt bei dem Patienten beim Schlucken (besonders beim Trinken) Flüssigkeit aus der Nase
wieder aus. Zusätzlich fällt eine näselnde Aussprache der Vokale auf.
cum (CO,- und O,-Partialdruckmessung im Blut) und die Pressorezeptoren im Sinus caroticus (Blutdruckmessung) versorgt.
2.3.12 Ganglion oticum Funktion
Der N. glossopharyngeus innerviert speziell-viszeromotorisch zusammen mit dem N. vagus über den Plexus pharyngeus die Schlundmuskulatur, dabei auch den Gaumensegelheber (M. levator
Das Ganglion oticum befindet sich medial des Austritts des N. mandibularis unter der Schädelbasis in der Fossa infratemporalis (> Abb. 2.32) und dient der Umschaltung der sekretorischen Fa-
sern für die Glandula parotis.
veli palatini). Er ist dadurch außerordentlich wichtig beim Schluckvorgang, vor allem beim Verschluss der Verbindung vom Mundzum Nasenraum, der durch den Gaumensegelheber und die oberen beiden Schlundschnürer erfolgt. Dieser Verschluss verhindert, dass
beim Schlucken Speise- oder Flüssigkeitsanteile in den Nasenraum gepresst werden. Mit der Innervation des Rachens hat der N. glossopharyngeus auch große Bedeutung bei der Sprachbildung. Allgemein-viszeromotorisch (parasympathisch) innerviert er die Glandula parotis, die etwa 25% der Gesamt-Speichelproduktion stellt. Allgemein-somatosensibel und speziell-viszerosensibel (Geschmack) versorgt er das hintere Drittel der Zunge (>- Abb. 2.31b,
1). Weitere sensible Äste ziehen zum Naso- und Oropharynxbereich (> Abb. 2.31b, 2) sowie zur Tuba auditiva und zum Mittelohr.
Durch seine allgemein-viszerosensiblen Fasern zum Sinus caroticus und zum Glomus caroticum (Blutdruck- sowie O,- und CO,-
Messung) ist er darüber hinaus von größter Wichtigkeit bei der zentralen Atem- und Kreislaufregulation. Eine Übersicht über den N. glossopharyngeus gibt > Tab. 2.11.
Folgende Wurzeln treten in das Ganglion ein:
* Parasympathische Wurzel: Sie empfängt Fasern aus dem N. pe-
trosus minor, der ursprünglich als N. tympanicus aus dem N. glossopharyngeus entspringt (Verlauf s. 0.). Diese präganglionären Fasern werden im Ganglion verschaltet, schließen sich dann dem N. auriculotemporalis aus V3 an, um über diesen zur Glan-
dula parotis zu gelangen, die sie sekretorisch innervieren. * Sympathische Wurzel: Sie erhält Fasern aus dem sympathischen Nervengeflecht entlang der A. meningea media, das sich vom Plexus caroticus her fortsetzt. * Sensible Wurzel: Die sensiblen Fasern werden bei diesem Ganglion ausnahmsweise von motorischen Fasern begleitet, die beide aus dem N. mandibularis zum Ganglion treten und wie die sympathischen Fasern unverschaltet hindurchziehen. Die efferenten Fasern des Ganglions laufen großenteils mit dem N. auriculotemporalis zur Glandula parotis (s.o.). Nur die motori-
Tab. 2.11 _ N. glossopharyngeus (IX) Innervation
speziell-viszeromoto-
EL + N. tympanicus
—
| allgemein-viszeromotorisch
(parasympathisch)
allgemein-soma- | allgemein-viszerosensibel (Eingeweide) ELE und speziell-viszerosensibel (Geschmack)
* Gl. parotis (Ohrspeicheldrüse)
» Mittelohr
-
* Tuba auditiva « R. sinus carotici
—
* Rr. pharyngei
* Rachenmuskulatur (zu-
_
_
* Sinus caroticus/Glomus caroticum
« Schleimdrüsen des Rachens
« Schleimhaut des Rachens
—
—
* hinteres Drittel
« hinteres Drittel der Zunge (Geschmack)
sammen mit N. vagus) * Endast des Nervs
—
der Zunge
Hirnnerven (Nervi craniales)
73
“ ——
x
s
2.3
Abb. 2.31
N. glossopharyngeus.
a Verlauf. 1 Durchtritt des Nervs durch das Foramen jugulare der Schädelbasis, 2 Ggl. superius, 3 Ggl. inferius. Danach höhle) den 5 Plexus tympanicus bildet, um anschließend als N. petrosus minor zum 6 Ggl. oticum zu ziehen. medial des 7 M. styloglossus und lateral des 8 M. stylopharyngeus zum Zungengrund. Bis dahin Abgabe von roticum und Sinus caroticus (an der Karotisgabelung). 11 Ggl. trigeminale, 12 N. mandibularis (der ebenfalls 14 Processus styloideus. b Sensibles Innervationsgebiet.
Abgabe des 4 N. tympanicus, der im Mittelohr (PaukenDer Hauptstamm des N. glossopharyngeus zieht dann 9 Ästen zum Pharynx und einem 10 Ast zu Glomus caÄste zum Ggl. oticum abgibt), 13 Tonsilla pharyngea,
1 Hinteres Drittel der Zunge (Berührung und Geschmack), 2 oberer und mittlerer Pharynx (Berührung). [T873, L106]
schen Fasern aus dem N. mandibularis gelangen auf gesonderten Wegen zu ihren Effektormuskeln, dem M. tensor veli palatini und
dem M. tensor tympani.
einige wenige Geschmacksrezeptoren im Pharynx und auf der Epiglottis. Viszerosensible Informationen führt er aus Brust- und Baucheingeweiden. Er ist der Hirnnerv mit dem weitesten Innervationsgebiet und reicht als Einziger bis hinab in den Brust- und Bauchraum”. Entsprechend seinen vier Leitungskategorien hat er
2.3.13 X. Hirnnerv: N. vagus Der N. vagus hat mit dem N. glossopharyngeus einige Gemeinsamkeiten. Wie dieser hat er einen allgemein-viszeromotorischen An-
teil (mit diesem ist der N. vagus der größte parasympathische Nerv des Körpers). Außerdem besitzt er einen speziell-viszeromotorischen für die Schlund- und Kehlkopfmuskulatur, einen allgemeinsomatosensiblen ebenfalls für Schlund und Kehlkopf sowie den
äußeren Gehörgang und einen speziell-viszerosensiblen Anteil für
vier verschiedene Hirnnervenkerngebiete im Hirnstamm: Ncl. ambiguus (speziell-viszeromotorisch), Ncl. dorsalis n. vagi (allgemein-viszeromotorisch), Ncl. spinalis n. trigemini (allgemein-
somatosensibel) und Ncll. tractus solitarii (allgemein- und speziell-viszerosensibel). Diese Kerne werden in > Kap. 5.2.10 besprochen.
? vaqus (lat.) = weit umherschweifend
74
2 Peripheres Nervensystem seinem distalen Anteil auch als N. laryngeus inferior bezeichnet), verlässt den N. vagus etwa in Höhe des Eintritts in den Thorax (links etwas weiter kaudal). Dann biegt er links unter dem Aortenbogen, rechts unter der A. subclavia nach oben um ( > Abb. 2.33a,
6) und zieht zwischen Trachea und Ösophagus zurück nach kranial zum Kehlkopf, wo er die Schleimhaut unterhalb der Stimmlippe und alle Kehlkopfmuskeln mit Ausnahme des M. cricothyroideus innerviert.
KLINLK Läsionen des N. laryngeus recurrens
Abb. 2.32 Lage des Ganglion oticum in der Fossa infratemporalis. 1 Ggl. oticum, medial des Z N. mandibularis, 3 N. petrosus minor (aus IX), dessen Austrittsstelle durch die Schädelbasis durch Anheben des Ggl. trigeminale freigelegt ist. [T873, L106]
Verlauf (> Abb. 2.33a) Der N. vagus tritt lateral hinter der Olive aus der Medulla oblongata aus ( >
Abb. 5.2, X). Er verlässt anschließend die Schädelhöhle mit
dem IX. und XI. Hirnnerv durch das Foramen jugulare, wobei er wie der N. glossopharyngeus ein kleineres, somatosensibles Ganglion superius und ein größeres, viszerosensibles Ganglion inferius ausbildet. Im weiteren Verlauf des Nervs kann man einen Kopf-, einen Hals-, einen Brust- und einen Bauchteil unterscheiden.
Kopfteil Der N. vagus gibt in seinem Kopfteil zunächst einen kleinen R. meningeus zu den Hirnhäuten der hinteren Schädelgrube ab. Dann zieht er mit einem Ast (R. auricularis) vom Ganglion
superius aus durch den Canaliculus mastoideus im Processus mastoideus zur Haut des äußeren Gehörgangs und gelangt zu einem
Der N. laryngeus recurrens hat (insbesondere auf der linken Seite) durch seinen speziellen Verlauf und seine wichtige Funktion sehr große klinische Bedeutung. Oft wird er durch im Mediastinum wachsende Lymphknotenmetastasen eines Bronchialkarzinoms komprimiert. Auch kann der Nerv bei seinem Umbiegen unter dem Aortenbogen, das direkt lateral des Lig. arteriosum erfolgt, zwischen dem Ligament und einem entstehenden Aortenaneurysma eingeklemmt und abgedrückt werden. Dies äußert sich in einem einseitigen Funktionsverlust der Kehlkopfmuskeln und damit Heiserkeit, die auf diese Weise erstes Symptom eines Bronchialkarzinoms oder eines Aortenaneurysmas sein kann. Weiterhin wird er durch seinen Verlauf dorsal der Schilddrüsenkapsel nicht selten bei Schilddrüsenoperationen verletzt. Auch dies führt dann zu einseitigem Funktionsverlust der Kehlkopfmuskulatur mit Heiserkeit. Eine beidseitige Stimmbandlähmung durch eine beidseitige Schädigung des N. laryngeus recurrens kann zu schwerster Atemnot führen, da die Stimmritzen nicht mehr weit genug geöffnet werden können (Lähmung des M. cricoarytenoideus posterior, „Postikuslähmung”).
Weitere Äste des Halsteils gehen als parasympathische Rr. cardiaci cervicales superiores und inferiores zum Plexus cardiacus, um in
dessen Ganglien auf das zweite Neuron verschaltet zu werden (> Abb. 2.33a, 5). Die postganglionären Fasern innervieren danach den Herzvorhof bis zum AV-Knoten — nicht aber die Kammer! — parasympathisch, wobei der rechte Vagus den Sinusknoten,
der linke Vagus den AV-Knoten innerviert. Gleichzeitig ziehen hierbei viszerosensible Fasern aus dem N. vagus zum Herzen.
Teil der vorderen Ohrmuschel, die er allgemein-somatosensibel in-
Brustteil
nerviert (nicht dargestellt in > Abb. 2.33a).
brachiocephalica, links zwischen Aortenbogen und V. brachioce-
Halsteil
phalica in den Thorax ein. Ab hier enthält er nur noch parasympathische und einige viszerosensible Fasern. Sie ziehen im Mediastinum abwärts, wobei sie Rr. oesophagei zum Ösophagus und Rr. bronchiales zu den Lungen und Bronchien (jeweils glatte Muskulatur und Schleimdrüsen) abgeben. Danach beginnen sich die Fasern der Nn. vagi beider Seiten zu durchmischen. Sie ziehen hinter dem Lungenhilus vorbei und gliedern sich vor und hinter dem Ösophagus in einen Truncus vagalis anterior (90 % Fasern aus dem linken Vagus) und einen Truncus vagalis posterior (90 % Fasern aus dem
Er zieht im Gefäßnervenstrang des Halses mit der A.
carotis interna (weiter kaudal A, carotis communis) und der V. ju-
gularis interna abwärts und gibt auf seinem Weg den R. pharyngeus ab ( > Abb. 2.33a, 3). Dieser bildet mit dem N. glossopharyngeus den Plexus pharyngeus, welcher motorisch und sensibel den Pharynx innerviert. Der sensible Anteil des N. vagus beschränkt sich im Pharynx vorwiegend auf den kaudalen Bereich. Zwei weitere wichtige Äste gibt der N. vagus zum Kehlkopf ab. Der obere Ast, N. laryngeus superior ( > Abb. 2.33a, 4), verlässt den N. vagus bereits am Ganglion inferius und zieht zwischen A. carotis interna und Pharynxwand nach kaudal. Dort teilt er sich über dem Kehlkopf in einen R. externus (versorgt den M. cricothyroideus) und einen R. internus (versorgt sensibel die Kehlkopfschleimhaut oberhalb der Stimmritze). Der untere Ast, N. laryngeus recurrens (in
Der N. vagus tritt rechts zwischen A. subclavia und V.
rechten Vagus) auf ( > Abb. 2.33a, I0 und 11).
MERKE „Dexter” (rechter Vagus) und „Dorsal” (Truncus vagalis posterior) gehö-
ren zusammen.
2.3
Abb. 2.33 _ N. vagus.
a Verlauf. 1 Ggl. superius, 2 Ggl. inferius, 3 R. pharyngeus, 4 N. laryngeus superior, 5 R. cardiacus zum Plexus cardiacus, 6 N. laryngeus recurrens, der rechts unter der
A. subclavia, links unter dem Aortenbogen umbiegt und
zurück zum Kehlkopf verläuft. 7 Plexus pulmonalis, 8 direkte Äste zur Versorgung des Herzvorhofs, 9 Plexus oesophageus (hinter dem Herzen, um den Ösophagus herum), 10 Truncus vagalis anterior, 11 Truncus
vagalis posterior, 12 Plexus coeliacus mit abgehenden vagalen Fasern zu Leber, Magen und Milz, 13 Plexus
mesentericus superior mit abgehenden vagalen Ästen zu Dünn- und Dickdarm, 14 Rr. renales, 15 A. mesenterica inferior, 16 rechtes Herzohr. [T873, L106, V492] b Normales Bild beim Blick in den Rachen eines Gesunden, rechts daneben normales Bild beim
Kehlkopfspiegeln (geschlossene Stimmritzen). c Bild bei Läsion des N. vagus links. Das Gaumenzäpfchen weicht zur gesunden Seite ab, Gaumensegel und Gaumenbögen hängen auf der Seite der Läsion schlaff herunter. Ein Verschluss der Stimmritze ist nicht mehr möglich, weil das linke Stimmband nicht mehr gespannt werden kann. [T873, L126]
Hirnnerven (Nervi craniales)
75
76
2 Peripheres Nervensystem
Bauchteil Die beiden Trunci vagales treten durch den Hiatus oesophageus in das Abdomen ein, um sich danach reichhaltig zu verzweigen. Die Vagusfasern innervieren dabei parasympathisch die Eingeweide des Oberbauchs und den Gastrointestinaltrakt vom
° Speziell-viszerosensibel (Geschmack) innerviert er die wenigen Geschmacksknospen im Pharynx und Epiglottisbereich. * Allgemein-viszerosensibel versorgt er einen Großteil der Ein-
Magen über den Dünndarm bis hinab zum Colon, das sie im Be-
vor allem die Versorgung der Lungen (Dehnungsrezeptoren, wichtig bei der Atemregulation, > Kap. 6.3.3), des Herzens und des Aortenbogens (Registrierung der Wandspannung zur Blutdruckregulation) von großer Bedeutung. * Allgemein-viszeromotorisch innerviert er alle parasympathisch zu innervierenden Organe vom Halsbereich abwärts bis zur linken Kolonflexur.
geweide, die er auch viszeromotorisch innerviert. Hierbei sind
reich des Colon ascendens und Colon transversum innervieren. Der Versorgungsbereich des N. vagus endet dann im Bereich der linken Kolonflexur. Die dabei oft als Cannon-Böhm-Punkt angegebene Grenze zwischen dem Versorgungsgebiet des Vagus und des sakralen Parasympathikus ist keineswegs scharf, sondern es herrscht eine erhebliche Überlappung beider Innervationen im Bereich des linksseitigen Colons. Funktion
Der N. vagus hat aufgrund seines langen und weit reichenden Verlaufs sehr viele Funktionen: * Speziell-viszeromotorisch innerviert er die Kehlkopfmuskula-
Der N. vagus ist damit das größte efferente System des Parasympathikus. Er sorgt am Gastrointestinaltrakt für eine Peristaltiksteigerung der glatten Muskulatur, eine Sekretionssteigerung der dortigen Drüsen und verändert auch die chemische Zusammensetzung der Sekrete. An den Lungen führt er zu einer Bronchokonstriktion und Sekretionssteigerung der Bronchialdrüsen, was beim Asthma bronchiale klinische Bedeutung hat. Am Herzen führt der N. vagus
tur und ist damit einer der wichtigsten Nerven, die das Sprechen
zu einer Verlangsamung der Herzfrequenz (rechter Vagus) und zu
und Atmen möglich machen. Weiterhin innerviert er gemeinsam mit dem N. glossopharyngeus die Schlundmuskulatur. * Allgemein-somatosensibel versorgt er ebenfalls den Kehlkopf und neben einem Teil der Ohrmuschel auch den äußeren Gehörgang.
einer Verlangsamung der Erregungsüberleitung von Vorhof zu Kammer (linker Vagus), während er auf die Kontraktionskraft des Herzens keinen Einfluss hat, da er die Kammermuskulatur
nicht
innerviert.
Eine Übersicht über die verschiedenen Vagusanteile gibt > Tab. 2.12.
Tab. 2.12 _ N. vagus (X)
SEL
TE
ELE TTT
allgemein-somatosensibel | allgemein-viszerosensibel (Eingeweide) und speziellET 49
(parasympathisch)
Kopfteil
-
-
* Hirnhaut in der hinteren
_
Schädelgrube
* äußerer Gehörgang * Teil der Ohrmuschel Halsteil
* R. pharyngeus
* Rachenmuskulatur (zusam-
—
* kaudaler Rachenbereich und Übergang zu Trachea/
men mit IX)
Epiglottis (Geschmacksrezeptoren)
Ösophagus * N. laryngeus superior
* M. cricothyroideus
-
* Schleimhaut des Kehlkopfs oberhalb der Stimmritze
—
+ N. laryngeus
* sämtliche Kehlkopfmuskeln
—
» Schleimhaut des Kehlkopfs
—
recurrens
* Rr. cardiaci
(außer M. cricothyroideus!)
-
unterhalb der Stimmritze
* Herzvorhof
=
* Herz und Aortenbogen (Dehnungsrezeptoren)
Brustteil * Rr. oesophagei
—
* Rr. pulmonales
—
* Ösophagus (Peristaltik) Bronchien/Bronchioli (glatte
-
+ Ösophagus
-
* Lunge (Dehnungsrezeptoren)
-
* z.T. Eingeweide des Ober-
Muskulatur und Schleimdrüsen)
Bauchteil
-
Magen Darm bis linke Kolonflexur Leber
Gallenblase Pankreas Niere
bauchs * Darm bis linke Kolonflexur
2.3
KLLNLK
len Rückenmark als Ncel. n. accessorii. ( >
Eine komplette Lähmung des N. vagus ist klinisch nicht sehr häufig. Wenn die Schädigung komplett ist, erfolgt sie in der Regel sehr weit oben am Hals oder (häufiger) im Bereich des Foramen jugulare durch Schädelbasisbrüche oder Tumoren, wobei dann meist auch der IX. und der XI. Hirnnerv mitbetroffen sind (s. o.). Eine Läsion des N. vagus hat mit der des N. glossopharyngeus vieles gemeinsam: die Schluckstörungen (Ausfall der Schlundmuskulatur), die Gaumensegellähmung mit der Uvulaabweichung zur gesunden Seite (>- Abb. 2.33b, c), die bei der Vaguslähmung noch ausgeprägter ist, und die näselnde Aussprache, Leitsymptom der Vagusschädigung ist jedoch stets die Heiserkeit aufgrund der einseitigen Lähmung der Kehlkopfmuskeln. Beim Spiegeln des Kehlkopfs sieht man das Stimmband der betroffenen Seite auch bei Phonation unbeweglich verharren (>- Abb. 2.33c, Einzelheiten zur Stimmbandlähmung bei Vagusläsionen s.0. bei „Halsteil”). In seltenen Fällen kann, je nachdem, ob rechts-
oder linksseitige Vagusschädigungen auftreten, eine Tachykardie (rechter Vagus — Wegfall der parasympathischen Sinusknoteninnervation) oder eine Arrhythmie (linker Vagus — Wegfall der parasympathischen AV-Knoten-Innervation mit AV-Überleitungsstörungen) auffallen. Je nach Höhenlokalisation der Schädigung können einzelne dieser Symptome wegfallen.
nur bedingt zu den Hirnnerven zu rechnen. Der Anteil,
der tatsächlich ausschließlich aus dem Gehirn kommt (Radix cranialis n. accessorii), schließt sich nach einem sehr kurzen Verlauf mit dem N. accessorius dem N. vagus an, mit dem er zu dessen In-
Verlauf ( > Abb. 2.34) Die efferenten Fasern des Ncl. n. accessorii treten mit sechs Bün-
deln als Radix spinalis n. accessorii zwischen Vorder- und Hinterwurzel aus dem Rückenmark, bündeln sich zum N. accessorius und
treten neben dem Rückenmark durch das Foramen magnum in die Schädelhöhle ein. Dort zieht der Nerv, vorübergehend die Radix
cranialis (speziell-viszeromotorische Fasern aus dem Ncl. ambiguus der Medulla oblongata, s. o.) aufnehmend, zum Foramen jugula-
re. Während er die Radix cranialis an den N. vagus abgibt, tritt er mit diesem und dem N. glossopharyngeus durch das Foramen jugulare aus der Schädelhöhle aus. Er verläuft dann über den Querfortsatz des Atlas hinweg ins laterale Halsdreieck, wo er nach kaudal
zieht. Dabei gibt er Zweige an den M. sternocleidomastoideus ab (> Abb. 2.34, 6) und endet schließlich mit zahlreichen Ästen von unten her im M. trapezius ( > Abb. 2.34, 7).
Mit der Innervation des M, sternocleidomastoideus sorgt der XI. Hirnnerv für eine Neigung des Kopfs nach ipsilateral bei gleichzeitiger Wendung des Gesichts nach kontralateral. Die Innervation des M. trapezius ermöglicht neben einer Fixierung der Scapula eine Hebung der Schulter und erleichtert eine Elevation des Arms über die Horizontale.
MOMa
MMM
AA
R
AA
nervationsgebieten zieht. Der eigentliche Ursprung des im periphe-
Abb. 2.34
N. accessorius.
Der Nerv entspringt 1 mit mehreren Wurzeln als Radix spinalis aus dem Zervikalmark zwischen Vorderwurzeln und Hinterwurzeln der Spinalnerven (beide in dieser Abb. abgetrennt). Eintritt des Nervs mit dem Rücken-
mark in die Schädelhöhle durch das 2 Foramen magnum, danach schließt sich ihm die 3 Radix cranialis an (gestrichelt dargestellt), die dann beim Durchtritt durch
das 4 Foramen jugulare zum 5 N. vagus übertritt. Anschließend zieht der Nerv im lateralen Halsdreieck abwärts, um den 6 M. sternocleidomastoideus und den
7 M. trapezius zu innervieren. (Modifiziert nach [S010-2-16]) [T873, L106]
Kap. 5.2.11).
Funktion
XI. Hirnnerv: N. accessorius
Der N. accessorius ist speziell-viszeromotorisch und streng genommen
77
ren Verlauf als N. accessorius bezeichneten Nervs liegt im zervika-
Läsionen des N. vagus
2.3.14
Hirnnerven (Nervi craniales)
I__———————
E
78
2 Peripheres Nervensystem
KLIN.LK Läsionen des N. accessorius
Eine Schädigung des N. accessorius kommt nicht selten bei Halsverletzungen, großen Operationen in dieser Region (häufig in der HNO-Heilkunde) oder auch bei einer operativen Entfernung von Lymphknoten im lateralen Halsdreieck vor. Auch an seinem Austritt aus dem Foramen jugulare kann der Nerv — meist gemeinsam mit den Nn. vagus und glossopharyngeus — lädiert werden (Schädelbasisverletzungen, Tumoren). Bei einer Läsion des
N. accessorius resultiert dann eine leichtgradige Schiefhaltung des Kopfs zur kontralateralen mit Gesichtswendung zur ipsilateralen Seite der Schädigung durch das funktionelle Überwiegen des nicht gelähmten M. sternocleidomastoideus der Gegenseite. Weiterhin fallen bei der klinischen Untersuchung eine z. T. sehr ausgeprägte Schwäche beim Heben des Arms der betroffenen Seite über die Horizontale, eine Schwä-
che beim Hochziehen der Schulter und ein abstehendes Schulterblatt (Scapula alata) auf.
2.3.15 XIl. Hirnnerv: N. hypoglossus Der N. hypoglossus ist rein somatomotorisch und hat entsprechend nur einen Hirnnervenkern, den Ncl. n. hypoglossi ( > Kap.
scheint er dorsal vom N. vagus, zieht dann hinter diesem zur Seite
und in einem Bogen herab zwischen A. carotis interna und V. jugularis interna hindurch zum Zungengrund, in den er lateral vom M. hyoglossus eintritt. Er verteilt sich anschließend mit seinen Endästen in der gesamten Zungenmuskulatur. Funktion
Als einziger Nerv, der motorisch die Zunge versorgt, hat er größte Bedeutung beim Sprechen, Essen, Trinken und Schlucken.
KLLNLK Läsionen des N. hypoglossus Eine Schädigung des N. hypoglossus ist leicht zu diagnostizieren: Die Zunge weicht beim Herausstrecken zur erkrankten Seite ab, da die Muskulatur, die sie auf der gesunden Seite herausschiebt, von der betroffenen Seite her keinen Gegendruck mehr bekommt. Dem Patienten selbst fällt zunächst seine verwaschene und undeutliche Sprache auf, die durch die Lähmung der Zungenmuskulatur verursacht ist. Auch können Schwierigkeiten beim Schlucken auftreten, da dabei die Zunge gegen den Gaumen gedrückt werden muss.
5.2.12).
Verlauf (> Abb. 2.35)
2.3.16 Durchtritt der Hirnnerven Schädelbasis
durch die
Der N. hypoglossus entspringt mit mehreren Faserbündeln als einziger Hirnnerv ventral der Olive aus der Medulla oblongata
Die zwölf Hirnnerven verlassen das Schädelinnere ausnahmslos an
(=>
der Schädelbasis. Im Folgenden werden die Durchtrittsstellen an-
Abb. 5.2, XIJN. Er verlässt die Schädelhöhle durch den Canalis
n. hypoglossi im Foramen magnum. Unter der Schädelbasis er-
hand von
> Abb.
2.36 und
> Tab. 2.13 noch einmal
in einer
Abb. 2.35 _ N. hypoglossus. 1 N. hypoglossus mit 2 Durchtritt durch die Schädelbasis über den Canalis n. hypoglossi, danach bogenförmiger Abwärtsverlauf zur Zunge, wobei er lateral des 3 M. hyoglossus vorbeizieht und mit mehreren Ästen in die Zungenmuskulatur eintritt. Vorher lagert sich ihm intermediär die 4 Radix superior der Ansa cervicalis aus dem Plexus cervicalis an. 5-7 Umgebungsstrukturen 5 N. lingualis (aus V3), kranial von XIl und mit kleine-
rem Radius im Verlauf; 6 N. glossopharyngeus (endet am Zungengrund, also kleinster Radius der drei Nerven zur Zunge). 7 Processus styloideus, 8 Zungenbein. [T7873, L106]
2.3
Übersicht besprochen. Viele Hirnnerven-Durchtrittsstellen an der Schädelbasis sind von der Dura mater (= harten Hirnhaut) überzo-
gen, sodass man bei diesen Hirnnerven einen Durchtritt durch die Dura und einen durch die Schädelbasis unterscheiden muss.
In der vorderen Schädelgrube treten die Fila olfactoria (N. olfactorius, I) von unten durch die Lamina cribrosa des Siebbeins (> Abb. 2.36, I). Der Lamina liegt unmittelbar der Bulbus olfactorius (als ein Teil des Großhirns) auf, in dem die Riechnerven enden ( > Abb. 2.36, 2). Dorsal davon zieht durch den Canalis opticus der N. opticus (II) in die mittlere Schädelgrube ein (>- Abb. 2.36, 3). Er wird in seinem Verlauf von der A. ophthalmica (aus der A. carotis interna) begleitet ( > Abb. 2.36, 4). Dorsolateral der Öff-
nung des Canalis opticus tritt ein ganzes Bündel von Nerven durch die Fissura orbitalis superior von der mittleren Schädelgrube aus in die Augenhöhle ein, von lateral nach medial: N. ophthalmicus (V1, an dieser Stelle auch oft bereits in seine drei Endäste N. frontalis, N. lacrimalis und N. nasociliaris aufgeteilt; = Abb. 2.36, 7), N. trochlearis (IV; > Abb. 2.36, 8), N. abducens (VI; > Abb. 2.36, 9), und ganz medial schließlich N. oculomotorius (III; > Abb. 2.36,
Hirnnerven (Nervi craniales)
79
pharyngeus). Sie treten in die Schädelbasis durch den Hiatus n. petrosi majoris bzw. Hiatus n. petrosi minoris ein, ziehen nach medioventral und verlassen die Schädelhöhle wieder durch das Foramen lacerum. Lateral vom Verlauf dieser beiden Nerven zieht die A. meningea media (aus der A. maxillaris) zusammen mit dem R. meningeus (aus dem N. mandibularis) durch das Foramen spinosum in die Schädelhöhle ( >- Abb. 2.36, 25). Sie bleiben in ihrem
Verlauf intradural und versorgen mit zahlreichen Ästen einen sehr großen Bereich der Hirnhäute. An der Hinterkante der Felsenbeinpyramide verlassen der N. facialis (VII, häufig mit makroskopisch abgrenzbarem Intermediusanteil) und der N. vestibulocochlearis (VIII) durch den Porus acusticus internus die hintere Schädelgrube (>- Abb. 2.36, 27-30).
Sie verlaufen weiter im Meatus acusticus internus in Richtung Innenohr, wobei der N. facialis dann unten durch das Foramen stylo-
mastoideum die Schädelbasis wieder verlässt. Dorsokaudal des Meatus acusticus internus befindet sich das Foramen jugulare. Es bildet die Durchtrittsstelle für den N. glossopharyngeus (IX; > Abb. 2.36, 31), den N. vagus (X; > Abb. 2.36, 32) und den N.
10). Der Eintritt all dieser Nerven in die Dura ( > Abb. 2.36, rechte
accessorius (XI; > Abb. 2.36, 33). Der N. accessorius zieht zuvor
Bildhälfte) erfolgt nicht erst in der Fissura orbitalis superior, son-
gemeinsam mit dem Rückenmark durch das Foramen magnum in die Schädelhöhle und verlässt sie durch das Foramen jugulare wieder. Das Foramen jugulare ist auch der Mündungsort mehrerer in-
dern z.T. bereits wesentlich weiter dorsal: Der N. abducens (> Abb. 2.36, 9) tritt am Clivus in der hinteren Schädelgrube durch die Dura, läuft dann unter der Hirnhaut auf dem Knochen bis zum Sinus cavernosus und durchquert diesen, bis er zur Augenhöh-
traduraler venöser Sinus ( > Kap. 11.4.3), die ihren Abfluss in der
le gelangt. Als der Nerv mit dem längsten intraduralen Verlauf ist er
2.36). Als letzter Hirnnerv tritt schließlich der N. hypoglossus (XII)
besonders bei Schädelbasisverletzungen und Hirnhautentzündun-
knapp oberhalb der oberen Öffnung des Foramen magnum mit mehreren Faserbündeln im Canalis n. hypoglossi aus der hinteren
gen gefährdet. Der N. oculomotorius ( > Abb. 2.36, 10) durchbohrt die Dura am dorsolateralen Rand des Sinus cavernosus im Dach der Sella turcica und läuft in der Seitenwand des Sinus cavernosus, von der Dura bedeckt, bis zur Augenhöhle. Der N. trochlearis (>- Abb. 2.36, 8) tritt etwas dorsolateral des N. oculomotorius durch die Du-
ra und läuft ebenfalls in der Wand des Sinus cavernosus nach vorne (Durchtritt des N. trigeminus durch die Dura mater s. u.).
dort beginnenden V. jugularis haben (nicht dargestellt in > Abb.
Schädelgrube aus ( > Abb. 2.36, 38). MER.K.E Nur N. oculomotorius (IIl), N. trochlearis (IV), N. abducens (Vl) sowie die drei Äste des N. trigeminus (V1, V2, V3) weisen eine Differenz zwischen Duradurchtritt und Knochendurchtritt auf.
Medial von der Fissura orbitalis superior liegt die Sella turcica. In ihr befindet sich die Hypophyse ( > Abb. 2.36, 12), die allseits vom
> Tab. 2.13 fasst die Austrittsstellen der Hirnnerven am Gehirn
Sinus cavernosus (venöser Blutleiter in der Schädelbasis,
sowie ihre Durchtrittsstellen durch die Dura und die Schädelbasis
> Kap.
11.4.3) umgeben ist. Hier tritt auch die A. carotis interna durch den
in einer Übersicht zusammen.
Canalis caroticus in die Schädelhöhle ein und durchläuft den Sinus
cavernosus mit einer in >- Abb. 2.36 abpräparierten Schlinge (Karotissiphon, > Abb. 2.36, 5 und 6).
Ebenfalls in der mittleren Schädelgrube treten der zweite und der dritte Ast des N. trigeminus (N. maxillaris = V2; N. mandibularis
= V3) durch die Schädelbasis: Der N. mazxillaris zieht durch das Foramen rotundum
( > Abb. 2.36, 19), der N. mandibularis durch
das dorsolateral davon Der Durchtritt durch vor seiner Teilung in hinterer und mittlerer
gelegene Foramen ovale ( > Abb. 2.36, 20). die Dura erfolgt beim N. trigeminus bereits die drei Hauptäste an der Grenze zwischen Schädelgruppe an der Oberkante der Felsen-
beinpyramide ( >- Abb. 2.36, 14). Dort tritt er in eine Duratasche
ein, in der er dann das Ganglion trigeminale bildet ( > Abb. 2.36, 16).
Etwas dorsolateral des Ganglion trigeminale sieht man unter der Dura den N. petrosus major ( > Abb. 2.36, 22; aus dem N. facialis) und den N. petrosus minor (>- Abb. 2.36, 24; aus dem N. glosso-
KLINLK Klinische Bedeutung der Hirnnerven-Durchtrittsstellen Die Kenntnis der Durchtrittsstellen der Hirnnerven durch die Schädelbasis kann von großem diagnostischen Nutzen sein. So deutet z. B. das kombinierte Auftreten von Ausfällen verschiedener Hirnnerven auf eine Schädigung der Schädelbasis hin, wenn es Nerven betrifft, die an gleicher oder ähnlicher Stelle die Schädelbasis verlassen. Der gemeinsame Ausfall der Hirnnerven IX, X und XI lässt beispielsweise mit großer Sicherheit eine Läsion im Bereich des Foramen jugulare vermuten. Der Funktionsverlust der Hirnnerven Ill, IV, V1 und VI hingegen weist auf eine Schädigung im Bereich der Fissura orbitalis superior hin (klinisches Beispiel in> Abb. 2.37). Sukzessive Lähmung des N. abducens mit nachfolgendem Ausfall der Nerven IIl, IV, V1 und V2 erlaubt Rückschluss auf pathologische Veränderungen im Sinus cavernosus. Beispiele dieser Art lassen sich beliebig fortführen und zeigen die klinische Bedeutung dieser topographischen Verhältnisse.
80
2 Peripheres Nervensystem
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Abb. 2.36 Schädelbasis mit Austrittsstellen der Hirnnerven. Auf der linken Hälfte ist die Dura vollständig entfernt, rechts ist sie erhalten, sodass links die Knochendurchtrittsstellen, rechts die Duradurchtrittsstellen der Nerven
zu sehen sind. 1 Lamina cribrosa mit Durchtritt der Riechnerven, die im 2 Bulbus olfactorius enden. 3 N. opticus, der gemeinsam mit der 4 A. ophthalmica durch den Canalis opticus zieht. 5 Eintritt der A. carotis interna in die Schädelhöhle. 6 Austritt der A. carotis interna aus dem Sinus cavernosus, 7 N. ophthalmicus (V1), 8 N. trochlearis, 9 N. abducens, 10 N. oculomotorius (beachte bei 7-10 sowie 17 und 18 die Differenz zwischen Duradurchtritt und Knochendurchtritt), 11 Fissura orbitalis superior,
12 Hypophyse, 13 Dorsum sellae, 14 N. trigeminus, der an der 15 Felsenbeinpyramide unter die Dura tritt und das 16 Gol. trigeminale bildet mit nachfolgender Aufteilung in 7 N. ophthalmicus, 17 N. maxillaris und 18 N. mandibularis. Austritt von 17 und 18 durch 19 Foramen rotundum und 20 Foramen ovale. Dorsolateral davon 21 Hiatus canalis n. petrosi majoris mit Eintritt des 22 N. petrosus major, 23 Hiatus canalis n. petrosi minoris mit Eintritt des 24 N. petrosus minor, 25 Foramen spinosum mit gemeinsamem Eintritt von A. meningea media und R. meningeus (aus V3), deren Verlaufsstrecke als Abdruck im Knochen (26) sichtbar bleibt. In der hinteren Schädelgrube gemeinsamer Austritt von 27 N. facialis (mit 28 N. intermedius) und 29 N. vestibulocochlearis durch den 30 Porus acusticus internus. Dorso-
kaudal davon gemeinsamer Austritt von 31 N. glossopharyngeus, 32 N. vagus und 33 N. accessorius durch das 34 Foramen jugulare. Beachte den Eintritt des N. accessorius durch das 35 Foramen magnum mit dem 36 Rückenmark und der 37 A. vertebralis. 38 N. hypoglossus, 39 Schnittrand der Dura. [T873, L126]
Tab. 2.13
Verlauf der Hirnnerven an der Schädelbasis*
Hirnnerv
A
SE
ET
TE
E
TEL Schädelbasis
I N. olfactorius
Bulbus olfactorius
Lamina cribrosa
II N. opticus
(Angabe nicht sinnvoll, da der Nerv Teil
als Teil des ZNS ist der N. opticus im gesamten
des ZNS ist)
Verlauf von Dura mater umhüllt
II N. oculomotorius
Fossa interpeduncularis
Dura-Durchtritt im Dach der Sella turcica, dann Verlauf in der lateralen Wand des Sinus caverNOSUS
Fissura orbitalis superior
IV N. trochlearis
Dorsalseite des Hirnstamms unterhalb der Vierhügelplatte an der Grenze Mesencephalon/Pons
Dura-Durchtritt dorsolateral von Ill, dann Verlauf in der lateralen Wand des Sinus cavernoSUS
Fissura orbitalis superior
Canalis opticus
i
2.3 Tab. 2.13
Hirnnerven (Nervi craniales)
81
Verlauf der Hirnnerven an der Schädelbasis* (Forts.)
Hirnnerv
Aus- bzw. Eintrittsstelle am Gehirn
|Verlauf in der Dura mater
TEL Schädelbasis
E
V N. trigeminus
Seitenrand des Pons
Dura-Durchtritt an der Oberkante der Felsenbeinpyramide, danach Aufteilung in V1, V2, V3, dann Verlauf von V1 und V2 in der Seitenwand des Sinus cavernosus
WV1: Fissura orbitalis superior V2: Foramen rotundum V3: Foramen ovale
VI N. abducens
Unterrand des Pons
Dura-Durchtritt am Clivus, später Verlauf im Si-
Fissura orbitalis superior
NUs Cavernosus VII N. facialis
Kleinhirnbrückenwinkel
=
Porus acusticus internus
VIIN. vestibulocochlearis
Kleinhirnbrückenwinkel
=
Porus acusticus internus
IX N. glossopharyngeus
Medulla oblongata hinter der Olive
—
Foramen jugulare
X N. vagus
Medulla oblongata hinter der Olive
-
Foramen jugulare
XI N. accessorius
Radix cranialis: Medulla oblongata hinter der Olive, Radix spinalis: Zervikalmark
—
Foramen jugulare
=
Canalis n. hypoglossi
zwischen Vorder- und Hinterwurzel
XII N. hypoglossus
Medulla oblongata vor der Olive
* Ein „-”" in der Spalte „Verlauf in der Dura mater” bedeutet, dass der Nerv an der Stelle des Dura-Durchtritts auch direkt in die Schädelbasis eintritt, also keinen längeren intra- bzw. subduralen Verlauf hat.
Abb. 2.37 Kompression der durch die Fissura orbitalis superior ziehenden Hirnnerven. Kernspintomographie des Gehirns bei einem von der Region der Ala minor ossis sphenoidalis ausgehenden Tumor der Hirnhäute (sog. Keilbeinflügel-Meningeom). Der 1 Tumor grenzt sich durch Kontrastmittelaufnahme hell gegen das umgebende Hirngewebe ab und wächst nach dorsokaudal gegen dieses vor, Der Kontakt des Tumors mit den Keilbeinflügeln ist mit Pfeilen markiert. 2 Orbita. Die tumorbedingte Kompression der durch die Fissura orbitalis superior (wird durch die Keilbeinflügel begrenzt) ziehenden Nerven führt zu entsprechenden Ausfällen der Hirnnerven Ill, IV, V1 und VI auf der be-
troffenen Seite. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. J. Klisch, Erfurt.) [T874]
82
2 Peripheres Nervensystem
Zusammenfassung Hirnnerven
N. lacrimalis), die dann vor allem die Stirn, den Nasenrücken
Es gibt zwölf Hirnnerven. Sie werden in der Reihenfolge ihres Austretens aus dem Gehirn von rostral nach kaudal nummeriert. Ihr Versorgungsgebiet ist, mit Ausnahme des N. vagus, ausschließlich der Kopf- und Halsbereich.
sowie den Augapfel sensibel innervieren.
N. olfactorius (I)
* N. mazxillaris (V2, rein sensibel): Er verlässt die mittlere Schä-
delgrube durch das Foramen rotundum und teilt sich anschließend in der Fossa pterygopalatina in drei Endäste (N. zygomaticus, N. infraorbitalis, Rr. ganglionares) auf, die dann sensibel vor allem den Gesichtsbereich zwischen Unterlid und Ober-
Rein speziell-viszerosensibler Nerv (Riechnerv). Er nimmt sei-
lippe, einen Teil der Nasennebenhöhlen und den Oberkiefer
nen Ursprung von der Riechschleimhaut, tritt mit ca. 20 Fila ol-
(inkl. Zahnwurzeln) versorgen. * N. mandibularis (V3, gemischt sensibel und motorisch): Er tritt durch das Foramen ovale aus der Schädelbasis aus und teilt sich in motorische Äste für die Kaumuskulatur sowie fol-
factoria durch die Lamina cribrosa in die Schädelhöhle ein und endet im Bulbus olfactorius. N. opticus (II) Rein speziell-somatosensibler Nerv (Sehnerv), der ein Teil des
Gehirns (streng genommen also kein Nerv) ist. Er beginnt in der Retina, zieht durch den Canalis opticus in die vordere Schädel-
grube ein und bildet über der Hypophyse das Chiasma opticum (Kreuzung der Fasern der medialen Netzhauthälften). Er zieht
dann als Tractus opticus weiter bis zum Corpus geniculatum laterale des Thalamus (Zwischenhirn). N. oculomotorius (II)
gende sensible Äste: - N. alveolaris inferior für den Unterkiefer (mit Zahnwurzeln)
und die Gesichtshaut unterhalb der Oberlippe, - N. auriculotemporalis für den lateralsten Gesichtsbereich bis hinauf zur Schläfe, - N. lingualis für die vorderen zwei Drittel der Zunge,
- N. buccalis für die Wangenschleimhaut und angrenzende Gingiva. N. abducens (VI)
Gemischt somato- und viszeromotorischer (parasympathischer)
Rein somatomotorischer Nerv. Er entspringt am Unterrand des
Nerv. Er geht vom Mittelhirn aus, läuft seitlich durch den Sinus
Pons aus dem Hirnstamm, tritt am Clivus in die Dura ein, zieht
cavernosus hindurch zur Fissura orbitalis superior und endet in der Augenhöhle. Er innerviert somatomotorisch den Lidheber sowie alle äußeren Augenmuskeln bis auf den M. obliquus superior und den M. rectus lateralis. Dadurch steuert er alle linearen Augenbewegungen bis auf die Bewegung nach lateral und lateral-unten. Im Auge innerviert er parasympathisch die glatten Augenmuskeln. Er führt dadurch zu einer Pupillenverengung und ermöglicht die Akkommodation. Eine Schädigung führt zu Doppelbildern, hängendem Augenlid und erweiterter Pupille.
durch den Sinus cavernosus hindurch und gelangt durch die Fissura orbitalis superior in die Augenhöhle. Dort innerviert er den M. rectus lateralis (Abduktion des Bulbus oculi). N. facialis (VII) Gemischt speziell-viszeromotorischer, allgemein-viszeromotori-
springt (einziger Nerv, der dorsal aus dem Hirnstamm austritt).
scher (= parasympathischer) und speziell-viszerosensibler (= gustatorischer) Nerv. Er entspringt aus der Medulla oblongata, tritt in den inneren Gehörgang der Schädelbasis ein und erscheint kaudal wieder im Foramen stylomastoideum. Bis dahin gibt er Geschmacksfasern für die vorderen zwei Drittel der Zunge ab und sekretorische (parasympathische) Fasern für alle großen exokrinen Drüsen des Kopfs außer der Glandula parotis (al-
Er verläuft am lateralen Rand durch den Sinus cavernosus, zieht
so Glandula submandibularis, Glandula sublingualis, Glandula
N. trochlearis (IV) Rein somatomotorischer Nerv, der ebenfalls vom Mittelhirn ent-
zieht und um eine dorsoventrale Achse einwärts rotiert.
lacrimalis). Die speziell-viszeromotorischen Anteile verzweigen sich in der Glandula parotis und versorgen von dort aus die gesamte mimische Muskulatur.
N. trigeminus (V)
N. vestibulocochlearis (VIII)
Größter Hirnnerv (gemischt motorisch und sensibel), der das gesamte Gesicht und einen Großteil der Schleimhaut des Kopfs sensibel sowie die Kaumuskulatur motorisch versorgt. Er tritt
Rein speziell-somatosensibler Nerv, der aus der Medulla oblon-
durch die Fissura orbitalis superior und innerviert in der Augenhöhle den M. obliquus superior, der das Auge nach lateral unten
aus dem Pons aus, bildet unter der Dura mater das Ganglion tri-
geminale und teilt sich danach in drei Hauptäste auf: N. ophthalmicus, N. maxillaris und N. mandibularis.
* N. ophthalmicus (V1, rein sensibel): Er tritt durch die Fissura
orbitalis superior in die Augenhöhle ein und verzweigt sich dort wiederum in drei Endäste (N. nasociliaris, N. frontalis,
gata austritt und im inneren Gehörgang zum Innenohr zieht, dessen sensorische Information, Gehör-, Lage- und Beschleuni-
gungssinn, er dem Gehirn zuleitet. N. glossopharyngeus (IX) Gemischt somato- und viszerosensibler sowie speziell- und allgemein-viszeromotorischer (parasympathischer) Nerv. Entspringt aus der Medulla oblongata und tritt durch das Foramen jugulare aus der Schädelhöhle aus. Zieht dann in einem Bogen abwärts zur
2.3
Hirnnerven (Nervi craniales)
Zunge, deren hinteres Drittel er allgemein-somato- und speziellviszerosensibel (Geschmack) innerviert. Zuvor gibt er parasym-
N. accessorius (XI)
pathische Fasern für die Glandula parotis sowie motorische und
da er aus dem zervikalen Rückenmark entspringt und sich ihm nur vorübergehend Fasern aus dem Hirnbereich anlagern. Er zieht durch das Foramen magnum in die Schädelhöhle ein und
sensible Fasern zur Innervation des Pharynx ab (wichtig beim Schluckvorgang). Weitere viszerosensible Fasern gehen zum Glomus caroticum und Sinus caroticus ab (Presso- und Chemorezeptoren, im Dienst der Kreislauf- und Atmungsregulation). N. vagus (X)
Speziell-viszeromotorisch und eigentlich kein echter Hirnnerv,
verlässt sie durch das Foramen jugulare wieder. Er innerviert den M. sternocleidomastoideus und den M. trapezius. Sein Ausfall verursacht eine Schiefhaltung des Kopfs und Elevationsschwäche
des Arms und der Schulter.
Gemischt somato- und viszerosensibler sowie speziell- und allgemein-viszeromotorischer (parasympathischer) Nerv. Einziger
N. hypoglossus (XII)
Hirnnerv, der über die Kopf- und Halsregion hinaus innerviert.
Rein somatomotorischer Nerv, der kaudal aus der Medulla ob-
Er verlässt das Schädelinnere durch das Foramen jugulare (zusammen mit IX und XI) und versorgt am Kopf (zusammen mit
longata austritt und die Schädelhöhle durch den Canalis n. hypoglossi verlässt. Er zieht in einem Bogen herab zur Zunge, deren gesamte Muskulatur er innerviert. Läsion des Nervs äußert sich in Störungen wie undeutliche Sprache und Schluckstörungen.
IX) den Pharynx sensibel und motorisch. Am Hals innerviert er motorisch und sensibel den Kehlkopf (N. laryngeus superior und N. laryngeus recurrens). Letzterer biegt um den Aortenbo-
gen bzw. die A. subclavia und verläuft zwischen Trachea und Ösophagus nach oben (Verletzungsgefahr bei mediastinalen Raumforderungen und Schilddrüsenoperationen!). Ab dem Eintritt des N. vagus in den Brustraum sind nur noch parasympathische und viszerosensible Fasern vorhanden, die im Thorax die
Vegetative Ganglien im Kopfbereich
Lungen, das Herz und den Ösophagus, im Abdominalbereich
schaltung auf das zweite parasympathische Neuron (die Umschaltung der parasympathischen Vagusneurone hingegen erfolgt außerhalb des Kopfbereichs!). Sie liegen meist in unmittelbarer Nähe der Erfolgsorgane der verschalteten parasympathischen
(Eintritt durch den Hiatus oesophageus) den Gastrointestinal-
trakt mit Anhangsdrüsen von proximal nach distal bis etwa zur linken Kolonflexur (Cannon-Böhm-Punkt) versorgen. Bei Ausfall des Nervs fallen vor allem Heiserkeit (Lähmung der Kehlkopfmuskeln) und Schluckstörungen (partielle Lähmung der
Es gibt vier vegetative (parasympathische) Ganglien im Kopfbereich: Ganglion ciliare, Ganglion pterygopalatinum, Ganglion submandibulare und Ganglion oticum. Sie dienen den parasympathischen Fasern der Hirnnerven III, VII und IX zur Um-
Fasern.
Pharynxmuskulatur) auf.
Wiederholungsfragen 5. Welche Nerven treten durch das Foramen jugulare? Hirnnerven 6. Welche Struktur aus dem N. facialis schließt sich dem N. 1. Welche Nerven versorgen die äußere Augenmuskulatur, und
an welcher Stelle können leicht alle drei Nerven gemeinsam geschädigt werden? Welcher der betroffenen Nerven führt gleichzeitig allgemein-viszeromotorische Fasern für die Versorgung der (glatten) inneren Augenmuskulatur?
2. Wie heißen die drei Trigeminusäste? Welche der drei Äste vermitteln Zahnschmerzen? Welcher der drei Äste führt motorische Fasern und für welche Muskulatur? Durch welches Foramen verlässt er die Schädelbasis? 3. Welche Hirnnerven sind am Kornealreflex beteiligt (Berührung der Hornhaut des Auges führt zu Lidschluss)? 4.Wo können VII. und VIII. Hirnnerv gemeinsam geschädigt werden, und welche Ausfälle treten dann auf?
mandibularis (V3) in seinem Verlauf zur Zunge an, wo ver-
lässt diese Struktur den Hauptstamm des N. facialis, und welche Funktion hat sie? 7. Wie heißen und wo befinden sich die parasympathischen Ganglien für die sektretorische Innervation der Tränendrüse,
der Submandibular- und Sublingualdrüsen und der Parotisdrüse? Welche Hirnnerven führen die jeweiligen parasympathischen Fasern?
Weitere Wiederholungsfragen zu den Hirnnerven finden sich in Form von Fallbeispielen in > Kap. 14.1.2.
83
84
2 Peripheres Nervensystem
Lösungen 1.N. oculomotorius (III), N. trochlearis (IV), N. abducens (VI). Gemeinsamer Verlauf durch die Fissura orbitalis superior in
die Augenhöhle, dabei oft gemeinsame Läsion bei dort wachsenden Tumoren. III führt als einziger der drei Nerven die Fasern für die inneren Augenmuskeln (Akkommodation, Pu-
he des Innenohrs. Bei Läsion beider Nerven resultieren Schwindel (VIII), Hörminderung/Taubheit auf der betreffenden Seite (VIII), Lähmung der mimischen Muskulatur (VII), Sistieren des Tränenflusses (VII) und Mundtrockenheit (VII). 5.N. glossopharyngeus (IX), N. vagus (X), N. accessorius (XI).
und Kieferbereich. V3 führt die Fasern für die gesamte Kau-
6. Die Chorda tympani verlässt den Nerv distal des äußeren Fazialisknies (nach Abgang des N. petrosus major). Die Chorda tympani innerviert die vorderen zwei Drittel der Zunge mit Geschmacksfasern. 7. Glandula lacrimalis (Tränendrüse): Ganglion pterygopalati-
muskulatur (Kieferöffner und -schließer). Verlässt die Schädelhöhle durch das Foramen ovale.
num in der Fossa pterygopalatina, parasympathische Fasern aus N. facialis (VII). Glandulae submandibularis und sublin-
pillenverengung). 2.N. ophthalmicus (V1), N. maxillaris (V2), N. mandibularis (V3). V2 (über den N. alveolaris superior) und V3 (über den N. alveolaris inferior) vermitteln Schmerzen aus dem Zahn-
3. Afferent: N. nasociliaris aus dem ersten Trigeminusast (N.
gualis: Ganglion submanibulare oberhalb der Glandula sub-
ophthalmicus, V1). Efferent: N. facialis (VII). 4. Auf der gesamten gemeinsamen Verlaufsstrecke vom Austritt aus dem Hirnstamm im Kleinhirnbrückenwinkel über den Porus acusticus internus und durch das Felsenbein bis in Hö-
mandibularis auf dem Mundboden, parasympathische Fasern aus N. facialis. Glandula parotis: Ganglion oticum in der Fos-
WEITERFÜHRENDE
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KAPITEL
Rückenmark (Medulla spinalis) 3.1
Äußere Gestalt, Lage und Gliederung
3.2
Rückenmarkshäute und
entsprechende Räume
........
....00000e k
85
87
3.3
Querschnittsbild des Rückenmarks
..........
90
3.4 3.4.1 3.4.2
Graue Substanz des Rückenmarks Hinterhorn e Seitenhorn ..
...........
91 92 92
3.4.3 3.4.4
Vorderhom .ı Spinale Reflexe und Eigenapparat des RückenmarksS ...
3.5 3.5.1 3.5.2 _ 3.5.3 3.5.4 3.5.5
Weiße Substanz des Rückenmarks: Rückenmarkbahnen ......0.0.0000000000000000 95 Tractus spinothalamicus .......0.0.000004000404000 96 Hinterstrangbahnen ........0.0000000000000000 97 Kleinhirnseitenstrangbahnen ...............00. 98 Pyramidenbahn (Tractus corticospinalis) ......... 98 Extrapyramidale Bahnen .......0.0.0.00000000000 100
3.6
Blutversorgung des Rückenmarks
........... 101
93 93
3.1 Äußere Gestalt, Lage und Gliederung
Rückenmark. Die Verdickungen entstehen dadurch, dass die graue Substanz und der Eigenapparat in der weißen Substanz des Rückenmarks
(s.u.) hier besonders stark ausgebildet sind, weil von
Das Rückenmark, Medulla spinalis, ist der Teil des ZNS, von dem
hier aus die Extremitäten innerviert werden, was viel aufwändigere
aus über die Spinalnerven die Extremitäten, der Rumpf und zum großen Teil der Hals versorgt werden. Das Rückenmark liegt im Wirbelkanal und ist wie das Gehirn von Liquor cerebrospinalis umgeben. Es reicht beim Erwachsenen vom Ende des Gehirns im Foramen magnum des Okzipitalknochens (definitionsgemäß ab der
Verschaltungen und zahlreichere Motoneurone nötig macht, als es bei der vergleichsweise weniger differenzierten Innervation des Rumpfes der Fall ist. Unten läuft das Rückenmark im Conus me-
Austrittsstelle des ersten Zervikalnervs) bis hinab etwa zum 1.-2.
am Ende des Wirbelkanals im Sakralbereich befestigt ist.
dullaris* aus (> Abb. 3.1, 3) und setzt sich dann in das nur aus Gliagewebe bestehende Filum terminale? fort, mit dem es kaudal
Lendenwirbelkörper (LWK 1-2). Beim Säugling dagegen reicht das
Vorne verläuft in der Mitte von oben bis unten eine tiefe Furche
Rückenmark bis in Höhe von LWK 3-4, beim Fetus bis in den Sakralkanal. Das liegt daran, dass im Lauf der fetalen und postnatalen
im Rückenmark, die Fissura mediana anterior (>- Abb. 3.1, 4). Eine ähnliche Struktur, aber weniger tief, findet sich auch auf der
Entwicklung die Wirbelsäule schneller wächst als das Rückenmark. Da dieses aber oben durch die Verbindung mit dem Gehirn indirekt
Rückseite, der Sulcus medianus posterior ( > Abb. 3.1, 7). Jeweils links und rechts dieser Furche verlaufen vorne der Funiculus anterior (Vorderstrang; > Abb. 3.1, 5) und hinten der Funiculus posterior (Hinterstrang; > Abb. 3.1, 8). Zwischen diesen beiden
am Schädel fixiert ist, wächst die Wirbelsäule gewissermaßen unten
über das Rückenmark hinaus.
Strängen läuft an beiden Seiten jeweils der Funiculus lateralis (SeiMERKE Das Rückenmark reicht beim Erwachsenen bis ca. LWK 1—-2, beim Säugling dagegen bis ca. LWK 3—4, beim Fetus bis in den Sakralkanal.
tenstrang; > Abb. 3.1, 6). Zwischen Vorder- und Seitenstrang treten im Sulcus anterolateralis die Vorderwurzeln, zwischen Seiten-
und Hinterstrang im Sulcus posterolateralis die Hinterwurzeln als Fila radicularia kontinuierlich aus dem Rückenmark aus und verei-
Von außen betrachtet ( > Abb. 3.1) ist das Rückenmark ein langer
Strang mit zwei Verdickungen: Intumescentia‘ cervicalis und Intumescentia lumbosacralis ( >
Abb. 3.1, I und 2). In diesen Be-
nigen sich jeweils in der Höhe eines Foramen intervertebrale zu den Spinalnerven. Das zum jeweiligen Spinalnerven gehörende sensible Spinalganglion liegt im zugehörigen Foramen intervertebrale.
reichen verlassen die zervikalen bzw. lumbalen Spinalnerven das
' intumescentia (lat.) = Anschwellung
? conus (lat.) = Kegel (entsprechend der Form des auslaufenden Rückenmarks) 3 filum terminale (lat.) = Endfaden
86
3 Rückenmark (Medulla spinalis)
9
7
1
6
6
Zervikalsegmente
8
Thorakalsegmente
6
2
a
Abb. 3.1
3
Lumbalsegmente
b
Sakralsegmente
Außenansicht des Rückenmarks, von ventral (a) und dorsal (b).
Die aus dem Rückenmark austretenden Spinalnervenwurzeln sind abpräpariert und damit nicht sichtbar. 1 Intumescentia cervicalis, 2 Intumescentia lumbosacralis, 3 Conus medullaris, 4 Fissura mediana anterior, 5 Funiculus anterior (Vorderstrang), 6 Funiculus lateralis (Seitenstrang), 7 Sulcus medianus posterior, 8 Funiculus posterior (Hinterstrang), 9 Medulla oblongata (kaudalster Abschnitt des Gehirns). [T873, L126]
Kokzygealsegment;
Das Rückenmark kann man aufgrund der Austritte der Spinalnerven aus dem entsprechenden Abschnitt der Wirbelsäule wie folgt gliedern: Zervikalmark Thorakalmark Lumbalmark Sakralmark
Kokzygealmark. Dabei kann man jeden dieser Abschnitte noch in Segmente einteilen: Ein Segment entspricht dem Rückenmarksabschnitt, aus dem die Fasern für ein Spinalnervenpaar (links und rechts) austreten. Das heißt, es gibt ebenso viele Rückenmarkssegmente wie Spinalnerven, was auch - mit Ausnahme des Zervikalmarks, s.u. - der
Abb. 3.2 Lage des Rückenmarks im Wirbelkanal. Topographische Beziehungen der Rückenmarkssegmente zu den Wirbelsäulensegmenten. Schemati-
Anzahl der Wirbelkörper der Brust-, Lenden- und Sakralwirbelsäu-
scher Medianschnitt. Beachte, dass es 8 zervikale Spinalnerven, aber nur 7 zer-
le entspricht. Das sich kaudal an das Sakralmark anschließende Kokzygealsegment spielt funktionell eine untergeordnete Rolle.
1 Cauda equina. (Aus [S007-3-23])
vikale Wirbelkörper gibt.
3.2 Rückenmarkshäute und entsprechende Räume M.ER.KE Die Gliederung der Segmente hat nichts mit der Lagebeziehung des jeweiligen Rückenmarksabschnitts zur Wirbelsäule zu tun, sondern bezieht sich
lediglich darauf, wo die Nervenfasern, die den entsprechenden Teil des Rückenmarks verlassen, aus der Wirbelsäule austreten (=- Abb. 3.2).
87
kommt, gefährdet deshalb ganz besonders den ein Segment tiefer austretenden Spinalnerv. KLLNLK Bandscheibenvorfälle (Diskushernien)
Durch chronische Fehlbelastungen der Wirbelsäule degenerieren die Bandscheiben insbesondere der Hals- und Lendenwirbelsäule. Bei einer
Da das Rückenmark in der Embryonal- und Kindheitsentwicklung langsamer als der Wirbelkanal wächst (s. o.), entspricht beispielsweise die Lage des Lumbalmarks nicht mehr derjenigen der Lum-
akuten Belastung der Wirbelsäule (z. B. schweres Heben) kann dann der
balwirbelsäule. Das bedeutet, dass die Nervenwurzeln, die das Rückenmark verlassen, erst ein Stück weit im Wirbelkanal nach unten
nach
Anulus fibrosus infolge der Degeneration einreißen und der Nucleus pulposus der Bandscheibe wird herausgequetscht. Selten rutscht er direkt hinten (mediale
Bandscheibenvorfälle),
da die Bandscheibe
1, wo das Rückenmark
durch das Lig. longitudinale posterius gesichert wird. Vielmehr gleitet er meist an diesem Band vorbei nach dorsolateral auf das Foramen intervertebrale zu, da er in dieser Richtung am wenigsten gesichert ist (mediola-
endet, nur noch ein Strang von Nervenfaserbündeln (Cauda equi-
terale oder laterale Bandscheibenvorfälle). Im Lumbalbereich schä-
na*) weiter abwärts, der mit jedem Segment nach unten hin dünner
digt er dabei in der Regel die Wurzel, die ein Loch tiefer austritt. Diese verläuft nämlich vor ihrem Austritt aus dem Spinalkanal noch etwas weiter medial und befindet sich somit direkt in der Gleitbahn des Anulus fi-
laufen müssen, bis sie im zugehörigen Foramen intervertebrale austreten können. Daher läuft ab etwa LWK
wird, da in jedem Foramen intervertebrale beider Seiten ein Spinal-
nervenpaar den Wirbelkanal verlässt ( > Abb. 3.2). Ab dem Thorakalsegment 1 (Th1) abwärts wird die austretende
Spinalnervenwurzel nach dem darüber liegenden Wirbel benannt (so heißt die Wurzel, die zwischen Lendenwirbel 5 und Sakralwirbel 1 austritt, „Wurzel L5*). Im Bereich der Halswirbelsäule ist es
umgekehrt: Die austretende Wurzel wird nach dem darunter liegenden Wirbel benannt (also heißt z. B. die Wurzel, die zwischen Zervikalwirbel 5 und 6 austritt, „Wurzel C6“). Grund dafür ist die Tatsache, dass der erste Spinalnerv („C1“) zwischen dem Os occipitale
und dem ersten Halswirbel (Atlas) austritt. Dadurch gibt es 8 zervikale Spinalnerven, aber nur 7 Halswirbel.
Bandscheiben und Spinalnerven Der Durchtritt des Spinalnervs durch das Foramen intervertebrale und seine topographische Beziehung zu den Bandscheiben (Disci intervertebrales) ist klinisch sehr wichtig. Die Bandscheiben liegen jeweils zwischen zwei Wirbelkörpern. Sie bestehen aus einem Gallertkern (Nucleus pulposus) und einem Faserring (Anulus fibro-
brosus (>- Abb. 3.4). Nur die (selteneren) Bandscheibenvorfälle, die sehr
groß oder weit lateral ausgerichtet sind, schädigen die Wurzel, die im gleichen Segment austritt. Mediale Bandscheibenvorfälle (die wegen der Sicherung durch das Lig. longitudinale posterius selten sind) können im Zervikalbereich das Rückenmark selbst und lumbal alle dorsal der Bandscheibe verlaufenden Nervenwurzeln (Cauda equina) komprimieren. Dadurch können sie eine
Querschnittslähmung verursachen (s. u.).
3.2 Rückenmarkshäute und entsprechende Räume Wie das Gehirn ist auch das Rückenmark von einer äußeren harten
und einer inneren weichen Hirn- bzw. Rückenmarkshaut umgeben (> Abb. 3.5). Die weiche Rückenmarkshaut teilt sich wiederum
in zwei Blätter: Das erste, das dem Rückenmark direkt anliegt und es auch bis in seine Furchen hinein überzieht, wird
sus), der ihn umgibt. Sie dienen der Abpufferung von Bewegungen der Wirbelkörper und ermöglichen dabei durch ihre elastische Verformung eine Verteilung der Druckbelastung auf die ganze Fläche
* Pia mater ( > Abb. 3.5, 2)
des Wirbelkörpers. Direkt dorsal der Bandscheibe liegt, durch das
genannt. Das zweite Blatt, das der harten Rückenmarkshaut von in-
Lig. longitudinale posterius und die Rückenmarkshäute von ihr ge-
nen her anliegt und die Rückenmarksfurchen samt Pia mater von
trennt, das Rückenmark.
außen her überspannt, ist die
Nach ventral ist die Bandscheibe durch
das Lig. longitudinale anterius gesichert. Wie man in> Abb. 3.3 sieht, läuft unmittelbar dorsolateral einer Bandscheibe die ein Seg-
ment tiefer austretende Spinalnervenwurzel nach unten. Der im gleichen Segment austretende Spinalnerv hingegen tritt etwa im oberen Drittel „seines“ Wirbelkörpers in einer Aussackung der Dura aus dem Wirbelkanal aus, um dann schräg nach kaudal und ven-
tral zum zugehörigen Foramen intervertebrale zu ziehen, sodass dieser Nerv in Höhe der Bandscheibe sehr weit lateral bereits im Foramen liegt. Ein Austritt der Bandscheibe aus dem Zwischenwirbelraum in den Spinalkanal, wie er bei Bandscheibenvorfällen vor-
* Arachnoidea mater (Spinnengewebshaut,
> Abb. 3.5, 3).
Beide Blätter der weichen Rückenmarkshaut sind sehr dünn und leicht zerreißbar. Ganz anders verhält es sich mit der äußersten, Rückenmarkshaut, der
* Dura mater ( > Abb. 3.5,5) . Sie umhüllt die beiden anderen Häute von außen und besteht aus straffem Bindegewebe, weshalb sie auch harte Rückenmarkshaut
genannt wird. Sie ist mit der Arachnoidea durch eine spezielle Zellschicht (Neurothel) verwachsen. * cauda equina (lat.) = Pferdeschwanz
88
3 Rückenmark (Medulla spinalis)
Abb. 3.3 Topographie der Lumbalwirbelsäule, Spinalnervenwurzeln und Rückenmarkshäute. Lateralansicht nach Teilentfernung von Wirbelbögen und Rückenmarkshäuten. Topographische Beziehung der Spinalnervenwurzeln zu den Bandscheiben im Lumbalbereich: 1 Bandscheibe zwischen viertem und fünftem Lendenwirbelkörper (LWK 4/5). Unmittelbar dorsolateral von
ihr befindet sich die ein Segment tiefer austretende 2 Spinalnervenwurzel L5, während die zwischen LWK 4
und LWK 5 austretende 3 Spinalnervenwurzel L 4 lateral der Bandscheibe liegt. Lumbalpunktion, Epidural- und Spinalanästhesie: Für die 4 Lumbalpunktion sticht man bei gebeugtem Rücken mit der Punktionsnadel meist zwischen den Dornfortsätzen von 5 LWK 3 und 6 LWK 4 ein, bis man
die 7 Dura mater mit anliegender Arachnoidea mater durchstochen hat und sich im 8 Liquorraum befindet (Liquorentnahme zur Diagnostik oder Applikation eines Anästhetikums für die Spinalanästhesie). 9 Epiduralraum, in den man für eine 10 Epidural-(Peridural-)
Anästhesie das Betäubungsmittel appliziert. [T873, L126]
Aufgrund der Anordnung der Rückenmarkshüllen kann man ver-
KLLINLK
schiedene Räume voneinander unterscheiden, die von diesen Hül-
Lumbalpunktion
len begrenzt werden. * Epiduralraum (auch Periduralraum, > Abb. 3.5, 7): der Raum
Sie wird durchgeführt, um Liquor zur Diagnostik zu gewinnen oder Medikamente in den Liquorraum zu injizieren. Da der mit Liquor gefüllte Subarachnoidalraum unterhalb von LWK 1 seine größte Ausdehnung hat
zwischen Dura mater und dem Periost des Wirbelkanals. Er ist
und um eine versehentliche Punktion des Rückenmarks zu vermeiden,
mit Fettgewebe ausgefüllt, in das ein dichter Venenplexus eingebettet ist. Durch den Epiduralraum ziehen die (hier noch von Arachnoidea und Dura umhüllten) Spinalnerven auf ihrem Weg
sticht man mit einer langen Kanüle zwischen den Dornfortsätzen der LWK 3/4 oder LWK 4/5 ein, durchsticht den Epiduralraum, die Dura sowie die Arachnoidea und gelangt so in den Subarachnoidalraum (>- Abb. 3.3, 4).
zum Foramen intervertebrale hindurch ( > Abb. 3.5, 12) (klini-
Spinalanästhesie
sche Bedeutung, s. u.).
Diese wird durchgeführt, um mehrere Spinalnervenwurzeln gleichzeitig zu betäuben. Hierzu injiziert man mittels Lumbalpunktion (>- Abb. 3.3, 4) ein Lokalanästhetikum in den Subarachnoidalraum, wo es sich mit dem Liquor vermischt und dadurch die umliegenden Wurzeln betäubt.
e Subarachnoidalraum ( > Abb. 3.5, 4): der Raum zwischen
Arachnoidea und Pia mater. Er ist mit Liquor cerebrospinalis gefüllt und stellt den äußeren Liquorraum des Rückenmarks dar, der bis hinab zum Sakralwirbel 2 reicht. Das Rückenmark wird in diesem Raum u. a. durch eine dünne, frontale, links und rechts am Rückenmark entlang laufende, zwischen Pia und Dura
mater ausgespannte Bindegewebsplatte, das Lig. denticulatum, gehalten. Seine größte Ausdehnung hat der Subarachnoidalraum im Bereich unterhalb des Rückenmarksendes, also unterhalb des
Lendenwirbelkörpers (LWK) 1. Das liegt daran, dass die Pia mit dem Rückenmark, dem sie direkt aufliegt, in Höhe LWK 1 endet,
während Arachnoidea und Dura (die eng aneinander liegen) auch noch den kaudal davon befindlichen Wirbelkanal von innen her auskleiden. M.ER.K.E Rückenmarkshüllen und entsprechende Räume von außen nach innen: Periost —> Epiduralraum —> Dura mater —> Arachnoidea — Subarachnoidalraum (Liquorraum) —> Pia mater — Rückenmark.
Peridural-(Epidural)anästhesie Sie wird eingesetzt, wenn man selektiv einzelne Spinalnerven (einzelne
Segmente) betäuben will, z. B. bei chirurgischen Eingriffen, in der Geburtshilfe oder bei der Behandlung chronischer Schmerzzustände. Hierzu sticht man wie bei der Lumbalpunktion zwischen zwei Dornfortsätzen durch, wobei sich die Höhe des Einstichs nach der Höhe der zu betäubenden Segmente richtet. Nun darf die Kanüle nur bis in den Epiduralraum vorgeschoben werden (>=- Abb. 3.3, 70). Dort wird dann in die Umgebung der Spinalnerven das Lokalanästhetikum injiziert. Da der umgebende Raum nicht Liquor, sondern Fettgewebe enthält, bleibt das Medikament weitgehend an der injizierten Stelle, sodass die Anästhesie auf Spinalnerven weniger Segmente beschränkt bleibt.
3.2 Rückenmarkshäute und entsprechende Räume
Abb. 3.4 Mediolateraler Bandscheibenvorfall in Höhe des 4./5. Lendenwirbelkörpers (LWK 4/5). a Schematisches Bild: Die ein Segment tiefer austretende Spinalnervenwurzel L5 wird komprimiert, während die im gleichen Segment austretende Wurzel L4 unbeeinträchtigt bleibt. Ansicht von lateroventral und kranial. (Modifiziert nach Patten: Neurological Differential Diagnosis, Springer 1995/L217) [T873, L217]
b, c Klinisches Fallbeispiel zur gleichen Situation wie in a. b Myelographie: Über eine Lumbalpunktion (=- Abb. 3.3) wird Röntgenkontrastmittel in den Liquorraum (Subarachnoidalraum) injiziert, das sich um die
Cauda equina herum verteilt. In der Röntgenaufnahme heben sich die Nervenwurzeln als dunkle Aussparungen gegen das helle Kontrastmittel ab. Ansicht von lateroventral. 1 Spinalnervenwurzel L4, die in Höhe des 2 Bandscheibenfaches LWK 3/4 unbeeinträchtigt auf das Foramen intervertebrale LWK 4/5 zuläuft (Normalbefund). 3 Spinalnervenwurzel L5, die in ihrem Verlauf in Höhe des 4 Bandscheibenfaches
LWK 4/5 von dem Bandscheibenvorfall (Pfeil) komprimiert wird (beachte die durch den Vorfall verursachte Kontrastmittelaussparung). 5 Spinalnervenwurzel 51, die unbeeinträchtigt an dem Bandscheibenvorfall nach unten vorüberzieht.
c Kernspintomographie: Gezeigt ist ein Horizontalschnitt (sog. axiale Schicht, Ansicht von unten).
1 Bandscheibe zwischen LWK 4 und 5. 2 Liquorraum (Liquor stellt sich beim gewählten Untersuchungsverfahren weiß dar, die Nervenwurzeln der Cauda equina entsprechen den dunklen Aussparungen). Der Pfeil zeigt den Bandscheibenvorfall, der nach mediolateral hinten ausbricht und die ein Segment tiefer aus-
tretende Nervenwurzel L5 komprimiert. 3 Foramen intervertebrale mit 4 Nervenwurzel L4, die unbeeinträchtigt ist. 5 Dornfortsatz LWK 4.
Symptomatik der Patientin: Starke, vom Rücken ins linke Dermatom L5 ausstrahlende Schmerzen (sog. Lumboischialgie) und Fußheberparese links im Sinne einer Kompression der Wurzel L5. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. J. Klisch, Erfurt) [T874]
90
3 Rückenmark (Medulla spinalis) nach hinten. Der vordere Teil wird als Vorderhorn bezeichnet (Cornu anterius, > Abb. 3.6, I) und enthält Neurone, die im Dienst der Motorik stehen (d.h., ihre Axone ziehen zu den Skelett-
muskeln) und deshalb Motoneurone genannt werden. Der hintere und schmalere Teil des Schmetterlingsflügels wird als Hinterhorn bezeichnet (Cornu posterius, > Abb. 3.6, 2) und enthält Neurone, die im Dienst der Sensibilität stehen. Genauer: hier endet ein Großteil der zentralwärts ziehenden Fortsätze der sensiblen Neurone,
deren Perikaryen sich in den Spinalganglien befinden. Entsprechend dieser Gliederung in: ventral/motorisch - dorsal/sensibel entspringen von den Vorderhörnern die motorischen Vorderwurzeln (> Abb. 3.6, 3) und von den Hinterhörnern die sensiblen Hinterwurzeln (>- Abb. 3.6, 4). Beide vereinigen sich anschlie-
ßend zum Spinalnerv. Im Bereich des Thorakalmarks und — weniger gut sichtbar - des Lumbalmarks ist zwischen Vorder- und Hinterhorn Abb. 3.5
Rückenmark und Rückenmarkshäute im Querschnitt (Horizon-
talschnitt in Höhe des fünften Halswirbels). 1 Medulla spinalis (Rückenmark) mit aufliegender 2 Pia mater, 3 Arachnoidea
das
kleinere
Seitenhorn
zu
erkennen
(Cornu
laterale,
> Abb. 3.6, 5), das Neuronengruppen des vegetativen Nervensystems enthält. Oft werden die Vorder- und Hinterhörner in ihrer
mater. Zwischen 2 und 3 befindet sich der mit Liquor cerebrospinalis gefüllte
dreidimensionalen Ausbreitung nach oben und unten auch als Vor-
4 Subarachnoidalraum. 5 Dura mater, 6 Periost. Zwischen 5 und 6 befindet sich
der- und Hintersäulen bezeichnet. Die beiden Hälften des „Schmet-
der mit Venenplexus und Fettgewebe ausgefüllte 7 Epiduralraum. Das Rückenmark ist im Wirbelkanal u. a. durch das von oben nach unten durchgehend als beidseitige Faserplatte verlaufende 8 Ligamentum denticulatum fixiert. 9 Wirbelkörper, 10 Radix anterior des Spinalnervs, 11 Radix posterior des Spinal-
terlings“ sind medial durch die Commissura grisea miteinander
nervs, 12 Spinalganglion, 13 Spinalnerv. (Aus [S007-1-23/T873, L106])
verbunden ( > Abb. 3.6, 6). In der Mitte der Kommissur findet sich eine schmale Öifnung: der Zentralkanal (Canalis centralis; > Abb.
3.6, 7). Er ist mit Liquor gefüllt und stellt gewissermaßen die Fortsetzung der inneren Liquorräume
des Gehirns dar, die dort in
Form der Ventrikel zu finden sind. Sehr häufig ist er verschlossen.
3.3 Querschnittsbild des Rückenmarks Das Querschnittsbild zeigt die Gliederung des Rückenmarks in graue und weiße Substanz ( > Abb. 3.6). Während die graue Substanz die Perikaryen der Rückenmarksneurone enthält, befinden sich in der weißen Substanz nur deren Fortsätze (Axone und Den-
driten). Graue Substanz
Die graue Substanz des Rückenmarks zeigt eine typische, im Querschnitt schmetterlingsähnliche Konfiguration, wobei der breitere Teil der Schmetterlingsflügel nach vorne zeigt und der schmalere
M.ER.K.E Vorderhorn: Motoneurone Hinterhorn: sensible Neurone
Seitenhorn: vegetative Neurone.
Es werden unterschiedliche Neuronentypen in der grauen Substanz des Rückenmarks definiert: Wurzelzellen, die im Vorderhorn und Seitenhorn sitzen und deren Axone über die Vorderwurzeln (Na-
me!) der Spinalnerven aus dem Rückenmark heraus in die Muskulatur (somatomotorisch) bzw. Organe (viszeromotorisch) ziehen.
Demgegenüber verlassen Binnenzellen die graue Substanz des Rückenmarks
nicht
(Interneurone,
oft kleine
zwischengeschaltete
Abb. 3.6 Querschnitt durch das Rückenmark mit
Gliederung in graue (schmetterlingsförmig, innen) und weiße Substanz. Graue Substanz: 1 Cornu anterius (Vorderhorn), 2 Cornu posterius (Hinterhorn). Aus 1 und 2 treten aus bzw. ein: 3 Radix anterior (Vorderwurzel, motorisch, wegführend) und 4 Radix posterior (Hinterwurzel, sensibel, zuführend), 5 Cornu laterale (Seitenhorn), 6 Commissura grisea, 7 Canalis centralis. Weiße Substanz: 8 Fissura mediana anterior, 9 Commissura alba anterior, 10 Funiculus anterior (Vorderstrang), 11 Funiculus lateralis (Seitenstrang),
12 Sulcus medianus posterior, 13 Funiculus posterior (Hinterstrang). [T873, L126]
3.4 Graue Substanz des Rückenmarks
Neurone zwischen zwei anderen Rückenmarksneuronen). Strangzellen oder Projektionsneurone schließlich liegen im Hinterhorn und bilden mit ihren Axonen die aufsteigenden Fasertrakte zum Gehirn.
91
wie die Gliederung der grauen Substanz, gleichzeitig einer funktionellen Einteilung, da im Vorder- und Seitenstrang sowohl sensible als auch motorische Bahnen laufen. Hinter und vor der Commissu-
ra grisea ist auch die weiße Substanz beider Rückenmarkshälften verbunden (Commissura alba posterior und anterior, > Abb.
Weiße Substanz
3.6, 9), in der die kreuzenden aufsteigenden Bahnen von einer Seite
auf die andere gelangen.
Die weiße Substanz ist folgendermaßen gegliedert: Zwischen Vorderwurzel und Fissura mediana anterior verläuft der Vorderstrang (> Abb. 3.6, 10), zwischen Vorder- und Hinterwurzel verläuft der
Die Querschnittsbilder des Rückenmarks
Seitenstrang ( > Abb. 3.6, 11) und schließlich zwischen der Hin(> Abb. 3.6, 13). Diese Gliederung ist uns schon aus der äußeren
ristisch sind im Zervikal- und Lumbalmark ein weit ausladendes Vorderhorn und vor allem im Lumbalmark auch ein kräftiges Hinterhorn. Auch im Sakralmark ist die graue Substanz relativ kräftig
Betrachtung des Rückenmarks bekannt (s. o.). Sie entspricht nicht,
ausgebildet.
terwurzel und dem Sulcus medianus posterior der Hinterstrang
unterscheiden sich je
nach Höhe des Querschnitts z. T. deutlich (>- Abb. 3.7). Charakte-
Die weiße Substanz
ist hier am
schmalsten, da der
Großteil der absteigenden Fasern bereits oberhalb davon endet und die meisten aufsteigenden Fasern erst oberhalb hinzutreten. Entsprechend wird die weiße Substanz nach oben hin immer dicker. Die graue Substanz ist im Thorakalmark am spärlichsten ausgebildet, da hier die Efferenzen und Afferenzen in viel geringerer Zahl aus- und eintreten, als dies bei den die Extremitäten versorgenden
Rückenmarksabschnitten der Fall ist.
3.4 Graue Substanz des Rückenmarks Histologisch lässt sich die graue Substanz des Rückenmarks in jeweils unterschiedlich aufgebaute Zellschichten (Laminae) einteilen, die von dorsal nach ventral mit I bis X nummeriert werden zervikal
(> Abb. 3,8, linke Bildhälfte). Darüber hinaus kann man einzelne Nervenkerne voneinander abgrenzen, die sich im Hinterhorn z. T.
mit diesen Schichten decken (> Abb. 3.8, rechte Bildhälfte). Die
wichtigsten Nervenkerne und Laminae werden im Folgenden besprochen.
thorakal
sakral
Abb. 3.8 Gliederung der grauen Substanz des Rückenmarks in Schichten (Laminae, links) und Kerne (Nuclei, rechts). Von den zahlreichen existierenden Kernen sind nur die wichtigsten exemplarisch als erhabene „Säulen”
dargestellt. Beachte, dass das Muster der Schichtengliederung in den einzelnen Rückenmarkssegmenten unterschiedlich ausgebildet sein kann. 1 Substantia gelatinosa, Z Ncl. proprius, 3 Ncl. dorsalis (Stilling-Clarke, Ncl. thoracicus), 4 Ncl. intermediolateralis (vegetative Neurone im Seitenhorn des Abb. 3.7 Unterschiedliche Querschnittsbilder des Rückenmarks in ver-
Rückenmarks), 5 motorische Kerne im Vorderhorn für einzelne Muskelgruppen.
schiedenen Segmenten (seitlich angegeben). [T873, L126, L141]
6 Zentralkanal. I-X Laminae (Zellschichten der grauen Substanz). [T873, L126]
92
3.4.1
3 Rückenmark (Medulla spinalis)
Hinterhorn
Das Hinterhorn besteht aus den Laminae I-VII. Hier endet ein Teil der Fasern, die sensible Impulse aus der Peripherie vermitteln. Diejenigen sensiblen Fasern, die hiervon eine Ausnahme bilden und ohne
im Hinterhorn verschaltet zu werden nach oben zum Gehirn ziehen, werden später besprochen. Damit die sensiblen Impulse bewusst wahrgenommen werden können, müssen sie nach ihrer Umschal-
tung dem Thalamus im Zwischenhirn und von dort aus dem Großhirn zugeleitet werden. Für nahezu alle Afferenzen gilt, dass sie im Hinterhorn des Rückenmarks oder im Hirnstamm vom 1. Neuron (das sein Perikaryon im Spinalganglion bzw. in den Hirnnervenganglien hat) auf ein 2. Neuron umgeschaltet werden. Das 3. Neuron liegt dann meistens im Thalamus. So besteht der Weg der Sensibilität von der Peripherie bis zum Großhirn aus mindestens drei Neuronen.
Abb. 3.9 Beispiel der Kontrolle der Weiterleitung von nozizeptiven (Schmerz-)Impulsen im Hinterhorn des Rückenmarks. 1 Afferente Faser mit Schmerzimpulsen aus der Peripherie (Transmitter: Glutamat = Glu), die auf ein 2 weiterleitendes Neuron im Hinterhorn des Rückenmarks verschaltet werden. Diese Weiterleitung wird durch 3 absteigende Bahnen aus dem Gehirn (Transmitter z. B. Noradrenalin = NA oder Serotonin
= 5-Hydroxytryptamin = 5-HT) beeinflusst, z. T. über ein 4 inhibitorisches Zwischenneuron (Transmitter: Glycin = G), das wiederum das weiterleitende Neu-
Laminae I und II
Diese klinisch besonders wichtigen Zellschichten bilden den dorsalen Teil des Hinterhorns. Ein Teil davon lässt sich in Form eines umschriebenen Kerngebiets über die ganze Höhe des Rückenmarks als Substantia gelatinosa abgrenzen ( > Abb. 3.8, I). Hier sowie in
der Lamina VII enden proprio- und exterozeptive Schmerzaffe-
ron Iim Hinterhorn hemmt. [T873, L126]
Laminae V und VI
renzen (nozizeptive Afferenzen). Nach ihrer Umschaltung auf das
Das wichtigste in diesen Schichten im Thorakolumbalmark abgrenzbare Kerngebiet ist der Ncl. dorsalis (Stilling-Clarke), der
jeweilige 2. Neuron werden diese Schmerzimpulse über den Trac-
auch als Ncl. thoracicus posterior bezeichnet wird. Er bildet einen
tus spinothalamicus dem Thalamus zugeleitet (s. u.).
Komplex aus zwei Unterkernen,
der ventral im Hinterhorn liegt
(> Abb. 3.8, 3). Die kaudal davon ins Rückenmark eintretenden
Die synaptischen Kontakte, die hier bei der Umschaltung stattfinden, können vom Gehirn aus beeinflusst werden.
Dies geschieht
durch lange absteigende Fasern, die von unterschiedlichen Regionen des ZNS, z. B. von den sog. Raphekernen und dem Ncl. caeru-
Afferenzen verlaufen im Hinterstrang nach oben bis zur kaudalen Grenze des Kerns. Er empfängt überwiegend propriozeptive Afferenzen, also sensible Impulse aus Muskelspindeln,
Gelenk-
und
reticularis,
Sehnenrezeptoren (sog. Tiefensensibilität). Diese Impulse, die Aufschluss über die Lage und Stellung des Körpers und der Extre-
> Kap. 6.3.3) in das Hinterhorn des Rückenmarks projizieren.
mitäten vermitteln, werden vom Ncl. dorsalis aus im Tractus spi-
Dort können sie mit ihren Transmittern, z. B. Serotonin und Nor-
nocerebellaris posterior zum Kleinhirn weitergeleitet (s. u.).
adrenalin, die Übertragung der Schmerzimpulse auf das 2. Neuron der Schmerzbahn hemmen. Teilweise tun sie dies mithilfe inhibitorischer (glycinerger und GABAerger, z.T. auch endorphinerger)
3.4.2
leus des Hirnstamms
(beides Anteile
der Formatio
Seitenhorn
Zwischenneurone ( > Abb. 3.9).
Im Seitenhorn befindet sich im Thorakal- und oberen Lumbalmark KLINLK Schmerzhemmende Wirkung von Medikamenten
Diese Verhältnisse erklären die schmerzhemmende Wirkung von Medikamenten, die die Wirkung von Serotonin und Noradrenalin verstärken (z. B.
viele Antidepressiva). Die Schmerzweiterleitung im Rückenmark wird auch durch endorphinerge Zwischenneurone gehemmt, was die schmerzhemmende Wirkung von Medikamenten erklärt, die an Endorphinrezeptoren wirken (z. B. Morphium).
Laminae IIl und IV
In diesen Schichten liegt der Ncl. proprius in der Mitte des Hinterhorns (>- Abb. 3.8, 2). Er ist in der gesamten Höhe des Rückenmarks zu finden und ist wie der Ncl. dorsalis (s.u.) Ziel vor allem
propriozeptiver Afferenzen aus dem Bewegungsapparat (Tiefensensibilität), z. T. aber auch von Hautafferenzen.
(genauer: C8-L3) der Ncl. intermediolateralis, der aus Perikaryen
von Neuronen des vegetativen Nervensystems (Sympathikus) gebildet wird (>- Abb. 3.8, 4). Im Sakralmark gibt es in vergleichbarer Lokalisation (Zona intermedia zwischen Hinter- und Vorder-
horn) ein funktionelles Äquivalent, die Ncll. parasympathici sacrales. Sie enthalten vegetative Neurone des Parasympathikus. Das Zervikalmark (ausgenommen der kaudalste Abschnitt am zervikothorakalen Übergang) enthält hingegen keine vegetativen Perikaryen. Im Thorakal- und oberen Lumbalmark befinden sich also die Perikaryen der sog. 1. Neurone der sympathischen efferenten Bahnen, im Sakralmark die Perikaryen der 1. Neurone der parasympathischen efferenten Bahnen (zur Verschaltung peripherer vegetativer Fasern: > Kap. 12.2). Der Parasympathikus hat zusätzlich auch noch einzelne Kerne im Hirnstamm, der Sympathikus nicht.
3.4 Graue Substanz des Rückenmarks M.ERKE Die 1. sympathischen Neurone sind also im ZNS thorakolumbal, die 1. parasympathischen Neurone kraniosakral lokalisiert. Anders als die viszeromotorischen
Neuronen
sind die Neurone,
93
proprii) direkt außen an die graue Substanz angelagert von Segment zu Segment verlaufen. Von der großen Anzahl bekannter Reflexbögen im Rückenmark werden im Folgenden zwei Kategorien herausgegriffen und exemplarisch erläutert, da sie zum einen gut verständlich und zum anderen klinisch besonders wichtig sind.
die der Verschaltung viszerosensibler Afferenzen dienen, nicht im Seitenhorn lokalisiert, sondern diffuser im Rückenmark verteilt. Sie
finden sich mehrheitlich an der Basis des Hinterhorns (Lamina V) und im Bereich um den Canalis centralis (Lamina X).
Muskeleigenreflexe Eigenreflexe sind solche Reflexe, bei denen Reiz und Antwort in
einem Organ erfolgen und die im selben Rückenmarkssegment verschaltet werden. Dies ist nur beim Muskeleigenreflex (Deh3.4.3
Vorderhorn
nungsreflex) der Fall, der die Muskellänge bei Halte- und Bewe-
gungsvorgängen
kontrolliert.
Das
Funktionsprinzip
ist einfach
Im Vorderhorn liegen die Neurone, die mit ihren Fortsätzen die
(> Abb. 3.10a, linke Bildhälfte): Der Muskel wird gedehnt, wo-
Vorderwurzel der Spinalnerven bilden (Wurzelzellen) und in der
durch die Muskelspindeln erregt werden. Der afferente Schenkel
Peripherie motorisch die Skelettmuskulatur versorgen (motorische Endstrecke). Diese Zellen entsprechen den Laminae VIII und IX der Schichtengliederung. In erster Linie sind dies die großen multipolaren a-Motoneurone. Daneben findet man etwas kleinere ß-
des Reflexbogens ( > Abb. 3.10a, 2) vermittelt nun die erregenden
und vor allem y-Motoneurone im Vorderhorn. Letztere dienen dazu, die Muskelfasern in den Muskelspindeln zu erregen, sodass die
Empfindlichkeit der Muskelspindel auf Dehnungsreize größer wird. Sie sind auf diese Weise u. a. für die Feinabstimmung von Bewegun-
gen wichtig. Die Motoneurone des Vorderhorns gruppieren sich zu mikroskopisch voneinander abgrenzbaren Kernen, die jeweils einzelnen Muskelgruppen in der Peripherie zugeordnet werden können. Der Transmitter der Motoneurone ist Acetylcholin. Das Vorderhorn besitzt wie viele Teile des ZNS eine somatotopische Gliederung. Dabei sind die Motoneurone der stammnahen Muskeln mehr in den medialen und die der stammfernen Muskeln mehr in den lateralen Kerngruppen des Vorderhorns zu finden. Als Merkhilfe bietet sich die Vorstellung eines Menschen an, der von
ventral kommend seinen Hals zwischen die beiden Vorderhörner steckt und von außen/lateral die Vorderhörner „umarmt“, sie also
mit beiden Armen gleichsam umfasst (also Hals = stammnah: medial und Unterarm/Hand = stammfern: lateral).
Impulse der Muskelspindeln ins ZNS. Dort laufen die afferenten Fasern
durch
das
Hinterhorn
hindurch,
um
direkt
an
den
a-Motoneuronen des gedehnten Muskels zu enden ( > Abb. 3.10a, 4). Diese werden somit erregt und der Muskel kontrahiert sich. Da
in diesem Reflexbogen nur eine Synapse zwischengeschaltet ist, handelt es sich um einen monosynaptischen Reflex. Bei der klinischen Untersuchung lässt sich der Dehnungsreflex durch plötzliche Dehnung der Sehne (z. B. Schlag mit dem Reflexhammer) auslösen und resultiert in einer sichtbaren Kontraktion des gedehnten Muskels. Besonders wichtige, bei der neurologischen Untersuchung zu
prüfende Reflexe sind in > Tab. 3.1 aufgeführt. Ein Muskeleigenreflex (Dehnungsreflex) wird durch einige zusätzliche multisynaptische Verschaltungen ergänzt. Erfolgt der Reflex z.B. am Streckermuskel (wie beim sog. Patellarsehnenreflex, > Abb. 3.10a, linke Bildhälfte), kann eine effektive Streckung nur
erfolgen, wenn der antagonistische Beuger gehemmt wird. Dies geschieht folgendermaßen: Der afferente Schenkel gibt Kollateralen (> Abb. 3.10a, 6) an ein hemmendes Interneuron ab ( >- Abb. 3.10a, 7), das zum a-Motoneuron des Beugers (>- Abb. 3.10a, 8)
zieht und dieses hemmt. Die Beendigung des Reflexes geschieht dann über drei Mechanismen:
3.4.4 Spinale Reflexe und Eigenapparat des Rückenmarks Ein Reflex ist eine unwillkürliche, stets gleich verlaufende Antwort
eines Organs (z.B. Muskel) auf einen bestimmten Reiz (z.B. Deh-
nung). Ein Reflex wird immer über das ZNS vermittelt. Anatomische Grundlage der Reflexe sind Reflexbögen. Sie haben einen afferenten Schenkel (in Form des sensiblen Neurons mit Sitz in den Spinalganglien) und einen efferenten Schenkel (in Form des motorischen Neurons im Vorder- oder Seitenhorn). Beide Schenkel werden innerhalb
des Rückenmarks miteinander verschaltet. Diese Reflex-Verschaltungen sind Leistungen des sog. Eigenapparats des Rückenmarks, also eines rückenmarkseigenen „Schaltwerks“ von Neuronen, das unabhängig vom Gehirn funktionieren kann, allerdings trotzdem oft durch absteigende Bahnen aus dem Gehirn beeinflusst wird. Die Interneuronketten des Eigenapparats sind oft über viele Segmente miteinander verbunden, wobei ihre Axone als Grundbündel (Fasciculi
* Entdehnung der Muskelspindel * Aktivierung von sog. Renshaw-Zellen (GABAerge oder gly-
cinerge Interneurone, die hemmend auf dasjenige a-Motoneuron projizieren, das diese selbst mit einer Kollaterale aktiviert hat, > Abb. 3.10b).
* Erregung der Sehnenrezeptoren, die bei starker Anspannung
des Muskels erfolgt. Sie führt zu einer Erregung hemmender Interneurone im Rückenmark, die auf das entsprechende
a-Motoneuron des gedehnten Muskels projizieren. Fremdreflexe Diese Reflexe zeichnen sich dadurch aus, dass Reiz und Antwort
nicht im gleichen Organ erfolgen. Darüber hinaus sind sie stets polysynaptisch und werden in mehreren Segmenten verschaltet, auch wenn der Reiz nur in einem Segmentdermatom erfolgt. Als Beispiel
94
3 Rückenmark (Medulla spinalis)
SIR
„ un Abb. 3.10 Reflexe des Rückenmarks. a Muskeleigenreflex (links) und Fremdreflex (rechts). Muskeleigenreflex: 1 Muskelspindel im Muskel, der gedehnt wird (in diesem Beispiel: Schlag mit dem Reflexhammer auf die Sehne des Kniestreckers), 2 afferente Nervenfaser, 3 Spinalganglion, 4 motorische Vorderhornzelle, 5 efferente Nervenfaser (Axon von 4), 6 Kollaterale von 2 auf ein 7 inhibitorisches Interneuron, das das 8 Motoneuron des antagonistischen Muskels (in diesem Beispiel: Kniebeuger) innerviert. 9 aufsteigende Kollaterale der Afferenz zum Gehirn (Be-
wusstwerdung der Muskeldehnung!). Fremdreflex (hier: Schutzreflex an der unteren Extremität): 10 Haut des Fußes mit Sinnesrezeptoren, 11 afferente Nervenfaser (vermittelt Schmerzreize), 12 In-
terneuron — erregt auf der ispilateralen Seite das 13 Motoneuron des Kniebeugers (Wegziehen des Fußes). 14 Interneuron — projiziert auf der kontralateralen Seite (nicht dargestellt) auf das Motoneuron des Kniestreckers (dadurch Halten
des Körpergleichgewichts). 15 Kollateralen in andere Segmente des Rückenmarks zur multisynaptischen Aktivierung/Hemmung weiterer Neuronengruppen (z. B. Inaktivierung von antagonistischen Muskelgruppen). b Indirekte Selbsthemmung des Motoneurons durch kollaterale Aktivierung einer hemmenden Renshaw-Zelle. Das 1 Motoneuron gibt eine 2 Kollaterale zu einem 3 hemmenden Interneuron b
(Renshaw-Zelle) ab, das eben dieses Motoneuron hemmt. [T873, L141]
3.5 Weiße Substanz des Rückenmarks: Rückenmarkbahnen Tab. 3.1
95
Die wichtigsten Muskeleigenreflexe der Extremitäten bei der neurologischen Untersuchung
Z
E SN
Obere Extremität
Bizepssehnenreflex
(C5-)C6
Schlag auf die Bizepssehne in der Ellenbeuge — Beugung im Ellenbogengelenk
Radiusperiostreflex (Brachioradialisreflex)
C6
Schlag auf die Sehne des M. brachioradialis im distalen Drittel des Unterarms —> Beugung und Pronation im Ellenbogengelenk
Trizepssehnenreflex
C7
Schlag auf die Sehne des M. triceps knapp oberhalb des Ellenbogens — Streckung im Ellenbogengelenk
Trömnerreflex
C8
Schlag (mit den Fingern) auf die leicht gebeugten Fingerendglieder von palmar —> Beugung in den distalen Fingergelenken
Adduktorenreflex
L3
Schlag auf die Sehne des M. adductor magnus knapp oberhalb des Epicondylus medialis femoris — Adduktion des Oberschenkels
Patellarsehnenreflex
L4
Schlag auf die verlängerte Sehne des M. quadriceps (Patellarsehne) — Streckung im Kniegelenk
Tibialis-posterior-Reflex
L5
Schlag auf die Sehne des M. tibialis posterior unterhalb des Malleolus medialis (Fußgelenk) —> Flexion und Supination des Fußes
Achillessehnenreflex (Triceps-surae-Reflex)
S1(-52)
Schlag auf die Achillessehne — Plantarflexion des Fußes
Untere Extremität
für einen Fremdreflex wird hier der Rückziehreflex (eine Form des Schutzreflexes) geschildert.
Praktisch läuft dieser Vorgang etwa folgendermaßen ab: Stellen
MERKE Die absteigenden Bahnen werden deshalb vereinfachend als motorische den sensiblen (= aufsteigenden) Bahnen gegenübergestellt.
wir uns einen Menschen vor, der mit seinem rechten Fuß in einen
Nagel tritt. Durch den Schutzreflex wird er den Fuß nach Einbohren
des Nagels in die Haut sofort zurückziehen (im Knie beugen) und, um das Körpergleichgewicht zu halten, das linke Bein im Knie strecken.
Der Körper ist im Gehirn sowohl motorisch als auch sensibel zum großen Teil spiegelbildlich repräsentiert (z.B. Tastempfindung für die linke Körperhälfte in der rechten Großhirnrinde). Das bedeutet,
auf zwei Zwischenneurone. Das erste (>- Abb. 3.10a, 12) erregt
dass auf- und absteigende Bahnen des Rückenmarks in den allermeisten Fällen auf irgendeiner Ebene im Hirnstamm oder im Rückenmark über die Mittellinie zur Gegenseite kreuzen müssen. Es ist klinisch-diagnostisch von größter Bedeutung, wo genau sich die Kreuzungsstellen der einzelnen Bahnen befinden ( > Kap. 3.5.1
ipsilateral die Beuger-Motoneurone im Vorderhorn (Beugung im
bis 3.5.5).
Knie zum Zurückziehen des Fußes). Das zweite ( > Abb. 3.10a, 14)
Die wichtigsten sensiblen Bahnen sind:
Vereinfachtes
Prinzip
der
Verschaltung
(>-Abb.
3.10a,
rechte
Bildhälfte): Die afferente Schmerzfaser (>- Abb. 3.10a, I1) projiziert im gleichseitigen (ipsilateralen) Hinterhorn des Rückenmarks
projiziert ins Vorderhorn der kontralateralen Seite, wo es die Motoneurone der Strecker erregt (Streckung im kontralateralen Knie zum Halten des Gleichgewichts).
3.5 Weiße Substanz des Rückenmarks: Rückenmarkbahnen
* Tractus spinothalamici * Hinterstrangbahnen * Kleinhirnseitenstrangbahnen. Die größte und bedeutendste motorische Bahn ist die * Pyramidenbahn.
In der weißen Substanz des Rückenmarks laufen aufsteigende Bahnen vom Rückenmark zum Gehirn und absteigende Bahnen vom Gehirn zum Rückenmark. Die makroskopisch abgrenzbaren
Aber auch einige sog.
Vorder-, Seiten- und Hinterstränge (Funiculi) werden weiter in funktionell unterscheidbare Bahnen (Tractus, Fasciculi) unterteilt.
* extrapyramidale Bahnen
Dass absteigende Bahnen nicht nur im motorischen Vorderhorn, sondern auch im sensiblen Hinterhorn enden können, um selektiv
die Weiterleitung der dort verschalteten Afferenzen zu kontrollie-
führen vom Gehirn ins Rückenmark. Zusätzlich führen noch einige vegetative Bahnen vom Gehirn (vor allem Zwischenhirn) ins Rückenmark, die hier aber nicht besprochen werden.
ren, haben wir bereits in > Kap. 3.4.1 gesehen. Dennoch enden die
In > Kap. 3.5.1 bis 3.5.3 werden die sensiblen (aufsteigenden)
meisten absteigenden Bahnen tatsächlich im Vorderhorn, während
Bahnen, in > Kap. 3.5.4 und > Kap. 3.5.5 die motorischen (absteigenden) Bahnen beschrieben. > Tab. 3.2 gibt eine Übersicht über die wichtigsten Rückenmarksbahnen.
die aufsteigenden in der Regel vom Hinterhorn oder den Spinalganglien ihren Ausgang nehmen.
96
3 Rückenmark (Medulla spinalis)
Tab. 3.2 Die wichtigsten auf- und absteigenden Bahnen des Rückenmarks
S
COA TU
sensibles anterolaterales System * Tractus spinothalamicus lateralis und anterior
* Schmerz * Temperatur
alle Zellschichten des Hinterhorns, insbes. Laminae
auf Höhe des UrsprungsSegments in der Commissura
kontralateraler
alba
terior im Thalamus
Medulla oblongata
ipsilateraler Ncl. cuneatus und Ncl. gracilis in Medulla oblongata
Laminae V-VII (insbes.
effektiv keine Kreuzung
ipsilaterale Klein-
Ncl. dorsalis)
(die z.T. kreuzenden Fasern
* grobe Druck- und Tast-
Ncl. ventralis pos-
empfindung Hinterstrangbahn (lemniskales System) * Fasciculus cuneatus * Fasciculus gracilis
Exterozeption: Berührung, hoch auflösend Propriozeption: Lage des Bewegungsapparats
Kleinhirnseitenstrangbahn-System * Tractus spinocerebellares posterior und anterior
Propriozeption des Bewegungsapparats (unbewusst)
Pyramidenbahn-System * Tractus corticospinalis lateralis und anterior
Motorik v.a. der distalen Extremitätenmuskulatur
Spi nalganglion (Fasern werden im Rückenmark
nicht verschaltet)
Motokortex
hirnhälfte (Vermis
kreuzen noch im Rückenmark wieder zurück)
und paravermale Zone)
Medulla oblongata (Tractus corticospinalis lat.) zervikales
VWVorderhorn des Rückenmarks
Rückenmark (Tractus corti-
cospinalis ant.) extrapyramidales System * Tractus rubrospinalis + Tractus vestibulospinalis * Tractus reticulospinalis
Motorik besonders der proximalen Rumpf- und Extremitätenmuskulatur
3.5.1 Tractus spinothalamicus
Nell. vestibulares
auf unterschiedlichen Höhen,
Vorderhorn des
Formatio reticularis Ncl. ruber
z.T. auch keine Kreuzung
Rückenmarks
Thalamus werden die Impulse zur sensiblen Großhirnrinde weitergeleitet, die für die bewusste
Er setzt sich aus zwei Anteilen zusammen: s Tractus spinothalamicus anterior ( > Abb. 3.11, 5) und
° Tractus spinothalamicus lateralis ( > Abb. 3.11, 6).
Schmerzwahrnehmung
und
die
weitere zuordnende Verarbeitung essentiell ist. Der Tractus spinothalamicus im Gesamtkontext der sensiblen Bahn für Schmerz und Temperatur bis zur Großhirnrinde wird nochmals in > Kap. 9.7.1 dargestellt.
Aus funktionellen Gründen werden sie (oft gemeinsam mit dem Tractus spinoreticularis, s.u.) zum sensiblen anterolateralen System oder zum sensiblen Vorderseitenstrang zusammengefasst. Die Leitungsqualitäten des Tractus spinothalamicus sind grobe Druck- und Tastempfindung sowie Temperatur- und Schmerzempfindung. Man fasst diese oft auch (nicht ganz korrekt) als die protopathische Sensibilität zusammen. Manchmal wird auch (korrekter) nur die grobe Druck- und Tastempfindung (ohne Temperatur und Schmerz) so bezeichnet. Die Verwendung des Begriffs wird wegen der unscharfen Definition nicht mehr empfohlen. Die afferenten Fasern aus dem Spinalganglion mit groben takti-
ventrolateralen Bereich der weißen Substanz nach oben und endet
len Informationen, z. T. aber auch die für Schmerz- und Tempera-
KLLINLK
Es gibt auch Schmerzbahnen, die nicht von den Laminae I und II einschließlich der Substantia gelatinosa, sondern von weiter ventral
im Hinterhorn liegenden Zentren (Laminae V-VII) ihren Ausgang nehmen, z.B. der Tractus spinoreticularis. Dieser verläuft ebenfalls, nachdem die Fasern auf die Gegenseite gekreuzt haben, im
in der Formatio reticularis des Hirnstamms. Er spielt für die Wahrnehmung von tiefen, dumpfen und anhaltenden Schmerzen eine Rolle und wird ebenfalls dem sensiblen anterolateralen System zugeordnet.
tur, verzweigen sich oft nach Eintritt in das Rückenmark T-förmig nach oben und unten und enden somit dann nicht nur auf gleicher Ebene sondern auch wenige Segmente unter oder über dem Eintritt
Eine Schädigung des Tractus spinothalamicus führt zu einer Empfindungs-
im Hinterhorn. Die Schmerzafferenzen ( > Abb. 3.11, 2) werden
auf der kontralateralen Körperhälfte in allen Hautdermatomen (>=- Kap.
nach Eintritt in das Rückenmark im Hinterhorn vor allem in der Lamina I und II auf das 2. Neuron der somatosensiblen Bahn umgeschaltet. Sie kreuzen dann zusammen mit Fasern der Temperaturwahrnehmung und denjenigen für grobe Druck- und Tastempfindungen, die ebenfalls fast nur im Hinterhorn des Rückenmarks
2.2.1), die unterhalb des Rückenmarkssegmentes liegen, in dem die Schädigung eingetreten ist. Ein solcher Ausfall von Schmerz- und Temperaturempfindung kann verheerende Folgen haben. Der Schmerz als Warnsignal des gefährdeten Gewebes kann nicht mehr erkannt werden und die Kranken können beispielsweise schlimmste Verbrennungen erleiden, die sie u.U. erst am Geruch von verbranntem Gewebe wahrnehmen.
verschaltet wurden,
in der Commissura
alba auf die Gegenseite.
Von hier aus ziehen sie dann als Tractus spinothalamicus ( > Abb. 3.11, 5 und 6) nach oben zum Thalamus im Zwischenhirn. Vom
Läsionen des Tractus spinothalamicus losigkeit für Temperatur (Thermanästhesie) und Schmerz (Analgesie)
3.5 Weiße Substanz des Rückenmarks: Rückenmarkbahnen
97
Läsionen der Commissura alba
Wird durch einen raumfordernden Prozess, z.B. Tumor, Blutung oder Syringomyelie*, die Commissura alba geschädigt, resultieren eine Therman-
asthesie und Analgesie in beiden Körperhälften auf Höhe der Dermatome der betroffenen Segmente. Der Ausfall ist deshalb auf einzelne Segmentdermatome beschränkt, weil die tiefer kreuzenden Fasern für Schmerz und Temperatur ja im Vorderseitenstrang ganz außen im Rückenmark verlau-
fen und deshalb von einer zentral im Rückenmark befindlichen Raumforderung nicht beeinträchtigt werden. Eine isolierte beidseitige Thermanästhesie und Analgesie, die auf einzelne Segmente beschränkt ist, muss deshalb an eine segmentale Schädigung der Commissura alba denken lassen. Den isolierten Ausfall von Schmerz- und Temperaturempfinden bei normal erhaltener Berührungssensibilität nennt man dissozilerte Emp-
findungsstörung.
3.5.2 Hinterstrangbahnen Der Hinterstrang enthält zwei Bahnen, den
s Fasciculus cuneatus ( > Abb. 3.11, 7) und den » Fasciculus gracilis ( > Abb. 3.11, 8). Abb. 3.11 Verlauf und Kreuzung der sensiblen Vorderseitenstrangbahnen und der Hinterstrangbahnen.
Der Fasciculus cuneatus schiebt sich gewissermaßen wie ein Keil® zwischen Fasciculus gracilis und Hinterhorn. Er existiert erst ab dem oberen Thorakalmark und führt dementsprechend auch fast ausschließlich sensible Impulse aus der oberen Extremität mit sich. Der Fasciculus gracilis dagegen führt vorwiegend Fasern der unfe-
terhalb der oberen Thorakalsegmente).
ren Extremität.
Sensibilität des Vorderseitenstrangsystems: Die zentralen Fortsätze der
Die Hinterstrangbahnen leiten propriozeptive Impulse aus dem Bewegungsapparat und exterozeptive mechanische Impulse der Haut, das bedeutet: Information über genaue Lokalisation und Qualität einer Berührungsempfindung (exterozeptiv) und Informa-
ersten Neurone (1 und 2) enden im Hinterhorn (z.T. nach dem sie sich vorher
tion aus den Muskel-, Sehnen-
cus lateralis (zusammen: sensibler Vorderseitenstrang) zum Thalamus.
und Gelenkrezeptoren über Lage
und Stellung der Extremitäten und des Rumpfes (propriozeptiv). Der exterozeptive Anteil, manchmal sogar das gesamte sensible System des Hinterstrangs wird zuweilen auch als epikritische Sensibilität bezeichnet. Wegen der uneinheitlichen Definition wird die Verwendung des Begriffs nicht mehr empfohlen. Die Fasern, die in den Hinterstrangbahnen nach oben zum Gehirn ziehen, werden nicht im Hinterhorn umgeschaltet und kreuzen
im Rückenmark auch nicht auf die andere Seite. Vielmehr laufen sie, vom Spinalganglion kommend
( > Abb. 3.11, 3a und 3b), am
Hinterhorn des Rückenmarks vorbei und dann in den gleichseitigen Hintersträngen nach oben zur Medulla oblongata des Hirnstamms,
1 und 2 afferente (erste) Neurone für grobe Druck- und Tastwahrnehmung, sowie für Schmerz- und Temperaturempfindung, 3 afferentes (erstes) Neuron für
mechanische Impulse (Berührung, Vibration) der Haut und propriozeptive Impulse des Bewegungsapparats (3a im Zervikal- und oberen Thorakalmark, 3b un-
aufgegabelt haben und einige Segmente nach oben bzw. unten verlaufen sind). Im Hinterhorn werden sie auf die 4 zweiten Neurone umgeschaltet. Die Axone der 4 zweiten Neurone kreuzen auf segmentaler Ebene zur Gegenseite und verlaufen dort als 5 Tractus spinothalamicus anterior und 6 Tractus spinothalamiSensibilität des Hinterstrangsystems: Die zentralen Fortsätze der Neurone (3a und 3b) ziehen, ohne im Hinterhorn verschaltet zu werden, als 7 Fasciculus cuneatus (Zervikal- und obere Thorakalsegmente) und 8 Fasciculus gracilis (Sakral-, Lumbal- und kaudale Thorakalsegmente) in den gleichseitigen Hinter-
strängen zur Medulla oblongata. (Erste Neurone der sensiblen Bahnen: hellblau; zweite Neurone: dunkelblau.)
[T7873, L126]
Thalamus zur Gegenseite. Aufgrund dieses Fasertrakts werden die Bahnen für feine Berührungsempfindung der Haut und bewusste Lageempfindung des Bewegungsapparats auch als (mediales) lemniskales System bezeichnet. Die Hinterstränge weisen eine somatotopische Gliederung auf
wo sie im Ncl. cuneatus bzw. Ncl. gracilis auf das 2. Neuron verschaltet werden. Die Fasern des 2. Neurons bilden dann den Fasertrakt Lemniscus medialis und kreuzen auf ihrem Weg zum
bedenken, dass die Bahnen von unten nach oben verlaufen und sich
> krankhafte Hohlraumbildung im Rückenmark, meist unbekannter Ursache; syrinx (gr.) = Höhle; myelos (gr.) = Mark
neu hinzutretende Fasern stets von lateral her den Hintersträngen angliedern (der Eintritt der Hinterwurzel erfolgt lateral der Hinterstränge). So kommt es, dass ganz medial die sensiblen Fasern aus dem Sakralbereich, daran angrenzend diejenigen aus dem Lum-
$ cuneatus (lat.) = keilförmig
balbereich, dann die aus dem Thorakalbereich und ganz lateral
(> Abb. 3.13, 8 und 9). Das ist leicht nachvollziehbar, wenn wir
98
3 Rückenmark (Medulla spinalis)
schließlich die Fasern aus dem Zervikalbereich (mit Fasern aus
oberem Thorakalbereich als Fasciculus cuneatus zusammengefasst) nach oben ziehen. MERKE
M.ER.KE Die spinozerebellären Bahnen kreuzen entweder gar nicht oder zweimal (einmal hin und später wieder zurück), sodass eine Kleinhirnhälfte die pro-
priozeptiven Afferenzen aus dem ipsilateralen Rückenmark und damit aus der ipsilateralen Körperhälfte erhält, die sie auch steuert ( >- Kap. 7).
Studierenden fällt es oft schwer, sich zu merken, welcher der beiden Fas-
zikel die Fasern der oberen Extremität führt (häufige Prüfungsfrage!). Manchmal hilft die Eselsbrücke, dass cuneatus mit „c” beginnt, wie die cervikalen Segmente, die er führt.
Die gesamte Bahn des Hinterstrang-/lemniskalen Systems wird in ihrem Verlauf bis zur Großhirnrinde nochmals in > Kap. 9.7.1 zusammenfassend dargestellt.
Die Zuleitung der propriozeptiven Impulse spielt für die Funktion des Kleinhirns eine große Rolle. Als wichtiges Koordinationszentrum für Bewegungen braucht es stets die Rückmeldung dessen, was im Bewegungsapparat vor sich geht, und wie die Stellung von Muskeln,
Gelenken
etc. ist. Diese Information erhält es für den
Rumpf- und Extremitätenbereich überwiegend durch die Tractus spinocerebellares.
KLINLK Läsionen der Hinterstrangbahnen Bei der Schädigung eines Hinterstrangs kommt es nicht wie bei der Läsion des sensiblen Vorderseitenstrangs zu Ausfällen auf der kontralateralen, sondern auf der /psilateralen Körperseite, da die Hinterstränge nicht kreuzen. Beim Ausfall der Hinterstränge beobachtet man nicht nur einen Ver-
lust des feinen Berührungsempfindens (Exterozeption), sondern — dies macht man sich diagnostisch zunutze — auch eine Aufhebung des Vibrationsempfindens und der Propriozeption. Der Verlust führt dazu, dass die Betroffenen einen unsicheren Gang aufweisen (sog. Gangataxie”’) und sich nur noch mit geöffneten Augen im Raum orien-
Da die Tractus spinocerebellares posterior und anterior ihren Ursprung überwiegend vom Thorakal-, Lumbal- und (indirekt) Sakralmark nehmen, werden mit ihnen nur propriozeptive Impulse aus der unteren Extremität und dem Rumpf zum Kleinhirn geleitet. Die dem Tractus spinocerebellaris posterior entsprechenden Informationen aus der oberen Extremität werden im Hinterstrang zum Ncl. cuneatus accessorius der Medulla oblongata geleitet, von wo
aus sie dann als Fibrae cuneocerebellares das Kleinhirn erreichen. Ebenso existiert im Zervikalmark ein funktionelles Äquivalent zum
tieren können, da die bewusste und unbewusste Raumorientierung (ex-
Tractus
terozeptiv durch Berührung der Umgebung, propriozeptiv durch Wahrnehmung der Gelenkstellung, Muskelspannung etc.) nicht mehr gewährleistet sind.
Tractus spinocerebellaris superior.
3.5.4
3.5.3
Kleinhirnseitenstrangbahnen
spinocerebellaris
anterior für die obere
Pyramidenbahn
Extremität,
der
(Tractus corticospinalis)
Sie setzen sich aus zwei Bahnen zusammen:
Die Pyramidenbahn ( > Abb. 3.12) ist die größte der absteigenden Bahnen und innerviert die Motoneurone des Vorderhorns. Auf Rückenmarksebene gliedert sie sich in zwei Bahnsysteme:
s Tractus spinocerebellaris posterior ( > Abb. 3.13, 11)
* Tractus corticospinalis lateralis und
* Tractus spinocerebellaris anterior ( > Abb. 3.13, 12)
* Tractus corticospinalis anterior.
Der Tractus spinocerebellaris posterior entspringt von Neuronen
im Ncl. dorsalis (Stilling-Clarke), die propriozeptive Informationen über Rumpf- und Extremitätenstellung im gleichseitigen Sei-
Verlauf
Ihren Ursprung nimmt die Pyramidenbahn zum Großteil von der
tenstrang nach oben zum Kleinhirn (Cerebellum) leiten.
Rinde des Motokortex. Dies ist der Teil der Großhirnrinde, der für
Der Tractus spinocerebellaris anterior entspringt vor allem von Neuronen an der Basis des Hinterhorns (Laminae V-VII) und ver-
die Bewegungsabläufe unmittelbar verantwortlich ist. Von dort läuft sie als Tractus corticospinalis durch den Hirnstamm und bildet in der Medulla oblongata eine von außen sichtbare Vorwölbung, die sog. Pyramide ( > Kap. 5.1). Unmittelbar unterhalb der Pyramide kreuzen 70-90 % der Fasern auf die Gegenseite ( > Abb.
läuft gleichseitig und gekreuzt im ventrolateralen Bereich des Seitenstrangs nach oben. Auch er leitet propriozeptive Impulse aus der unteren Extremität zum Kleinhirn. Die im Rückenmark gekreuzten Anteile dieser Bahn kreuzen bei Eintritt ins Kleinhirn wieder auf die ursprünglich ipsilaterale Seite zurück.
3.12, I) und laufen dann als Tractus corticospinalis lateralis im Seitenstrang des Rückenmarks nach unten ( > Abb. 3.12, 2), bis sie von dort Stück für Stück in die Vordersäule eintreten, um die ihnen
zugehörigen Motoneurone zu innervieren. Der Teil der ungekreuzten Fasern (10-30 %) läuft als schmaler Tractus corticospinalis
anterior ganz medial neben der Fissura longitudinalis anterior nach unten ( > Abb. 3.12, 5), um dann in Höhe seines Eintretens in 7 a-taxis (gr.) = Unordnung, hier i.5. des ungeordnet wirkenden Gangbilds
das kontralaterale Vorderhorn zur Gegenseite zu kreuzen. Der Tractus corticospinalis anterior endet im Zervikalmark.
3.5 Weiße Substanz des Rückenmarks: Rückenmarkbahnen
99
Auch der Tractus corticospinalis lateralis weist eine somatotopische Gliederung auf (>- Abb. 3.13, !). Diese wird verständlich,
wenn man sich vor Augen hält, dass die absteigenden Bahnen lateral der grauen Substanz verlaufen und von der Seite her in sie eintreten. Somit verlässt im Zervikalbereich der medialste Strang die Pyramidenbahn, um ins Vorderhorn einzutreten. Als Nächstes verlässt der jetzt medial liegende Strang die Bahn, um in die thorakalen Vorderhörner einzutreten etc. ( >
Abb. 3.12). Als Letzte verlassen
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also die ursprünglich am weitesten lateral gelegenen Pyramidenbahnstränge die weiße Substanz, um ins Sakralmark einzutreten. So kommt eine somatotopische Gliederung zustande, die von medial nach lateral die zervikalen, die thorakalen, die lumbalen und
schließlich die sakralen Bahnen nach unten ziehen lässt (klinische Bedeutung, s. u.).
Ein Teil der Pyramidenbahn entspringt auch von sensiblen Großhirnrindenfeldern im Parietallappen. Diese Fasern haben allerdings funktionell wenig mit der pyramidalen Motorik (s. u.) zu tun, sondern beeinflussen wahrscheinlich über Projektionen in die sensiblen Rückenmarks- und Hirnnervenkerne die Weiterleitung sensibler Impulse zum Thalamus. Funktion
Die Fasern der Pyramidenbahn projizieren (meist über ein Interneuron im Vorderhorn) auf die a-Motoneurone vor allem der dis-
talen Extremitätenmuskeln. Deswegen kommt der Pyramidenbahn eine so wichtige Rolle bei der Feinmotorik zu, denn diese Abb. 3.12 Verlauf und Kreuzung der Pyramidenbahn im Rückenmark (Tractus corticospinalis anterior und Tractus corticospinalis lateralis). 1 Kreuzung von 70-90 % der Pyramidenbahnfasern im Hirnstamm (Medulla oblongata). Diese laufen dann als 2 Tractus corticospinalis lateralis im Seitenstrang des Rückenmarks und enden z. T. über 3 Interneurone, z.T. auch direkt an
4 Motoneuronen des Vorderhorns. Die 5 ungekreuzten Fasern der Pyramidenbahn (10-30 %) laufen als Tractus corticospinalis anterior paramedian im Vor-
derstrang und kreuzen auf segmentaler Ebene zur Gegenseite. Sie reichen nur bis ins Zervikalmark. [T873, L126]
Abb. 3.13 Lokalisation und Somatotopik der aufund absteigenden Rückenmarksbahnen. Links absteigende Bahnen (motorisch, rot), rechts aufsteigende Bahnen (sensibel, blau). Motorisch: 1 Tractus corticospinalis lateralis (somato-
topisch gegliedert), 2 Tractus corticospinalis anterior (1 und 2 = Pyramidenbahn). 3-7: Extrapyramidale Bahnen. 3 Tractus rubrospinalis, 4 Tractus reticulospinalis (Fibrae reticulospinales), 5 Tractus olivospinalis,
6 Tractus vestibulospinalis, 7 Tractus reticulospinalis (zusätzlicher Anteil zu 4). Sensibel: 8 Fasciculus gracilis (Fasern aus Sakral-, Lumbal- und kaudalen Thorakalsegmenten), 9 Fasciculus cuneatus (Fasern aus kranialen Thorakal- und allen Zervikalsegmenten), 10 Hinterwurzel (Radix dorsalis),
11 Tractus spinocerebellaris posterior, 12 Tractus spinocerebellaris anterior (11 und 12: Kleinhirnseitenstrangbahn), 13 Tractus spinothalamicus lateralis (so-
matotopisch gegliedert), 14 Tractus spinothalamicus anterior (13 und 14: sensible Vorderseitenstrangbahn), 15 Tractus spinoolivaris. (Aus [S007-22/L217])
vollzieht sich ja ganz überwiegend mit den Muskeln des Unterarms und der Hand bzw. des Unterschenkels und des Fußes. Darüber hinaus hat die Pyramidenbahn eine Kontrollfunktion über synaptische Prozesse im Rückenmark. Das bedeutet, dass sie selektiv ein-
zelne propriospinale Verschaltungen unterdrücken kann, so z.B. auch primitive Fremdreflexe, die beim Säugling, dessen Pyramidenbahn noch nicht ausgereift ist, noch auslösbar sind.
100
3 Rückenmark (Medulla spinalis)
Die Pyramidenbahn wird in ihrem Verlauf als Ganzes nochmals zusammenfassend in > Kap. 9.6.1 dargestellt. KLINLK Läsionen der Pyramidenbahn Eine isolierte Schädigung der Pyramidenbahn kann bei Läsionen im Motokortex, im Brückenfuß oder in der Pyramide vorkommen. Sie hat zunächst eine schlaffe Parese mit Beeinträchtigung vor allem der Feinmotorik zur Folge (Parese bedeutet Muskelschwäche bzw. unvollständige Lähmung, im Gegensatz zur Paralyse oder Plegie = vollständige Lähmung). Das erklärt sich durch die wegfallende differenzierte Innervation der distalen Extremitätenmuskeln. Die Betroffenen können auf Aufforderung durchaus Bewegungen ausführen, doch enden diese meist als grobe und reduzierte Bewegungen durch die proximaleren Extremitätenmuskeln. Man spricht auch von Massenbewegungen, weil nur der Arm, aber nicht mehr die Finger, oder nur das Bein, aber nicht mehr die Zehen, differenziert bewegt werden kann. Allerdings bleibt ein Rest der distalen Innervation erhalten,
ebenso wie eine weit weniger eingeschränkte proximale Innervation. Dies liegt am Erhalt der extrapyramidalen Bahnen (s. u.). Bei einem Verlust der Pyramidenbahn fällt also keineswegs alle Willkürmotorik aus, sondern sie erfährt lediglich die obigen Einschränkungen. Bei einseitiger Pyramidenbahnläsion treten die Symptome auf der /psilateralen Seite auf, wenn die Schädigung im Rückenmark erfolgt (also nach der Kreuzung der Fasern), und auf der kontralateralen Seite, wenn die Schädigung im Hirnstamm oder der Capsula interna (also vor der Kreuzung der Fasern) erfolgt. Zusätzlich treten die von der Pyramidenbahn unterdrückten propriospinalen Verschaltungen wieder in Kraft, was sich u.a. dadurch zeigt, dass primitive Reflexe, die sonst beim Erwachsenen pyramidal unterdrückt werden, wieder auslösbar sind. Ein wichtiges Beispiel ist der Babinski-Reflex (Bestreichen des lateralen Fußrands führt zur Dorsalextension der
lospinale Bahn) und Teile bilateral (retikulospinale Bahn) im Rü-
ckenmark nach kaudal. Die Funktion der extrapyramidalen Bahnen werden wir im Zusammenhang mit den betreffenden Hirnstammkernen in > Kap. 5 und > Kap. 6 eingehender betrachten. Nicht alle extrapyramidalen Bahnen haben die gleiche Funktion. Der Tractus rubrospinalis ähnelt in seiner Projektion eher der Pyramidenbahn (s. o.) und beeinflusst den Tonus der distalen Extremitätenmuskeln. Die anderen extrapyramidalen Bahnen hingegen projizieren bevorzugt auf die Motoneurone der Rumpf- und der proximalen Extremitätenmuskulatur im Vorderhorn. Sie sind daher vor allem für die Massenbewegungen von Rumpf und Extremitäten verantwortlich. Das bedeutet, dass sie z. B. das Bein vorwiegend im Hüft- und Knie- und weni-
ger in den Zehengelenken bewegen. Die Armmotorik beeinflussen sie dementsprechend besonders differenziert im Schulter- und Ellenbogengelenk und wenig in den Fingergelenken. Am Rumpf ermöglichen sie vor allem Orientierungs-, Ausweich- und Stützbewe-
gungen im Sinne der aufrechten Körperhaltung. Außerdem spielen die extrapyramidalen Bahnen (insbesondere vestibulo- und retikulospinale Bahn) eine wichtige Rolle für den Tonus (Grundspannungs) der Muskulatur. Man darf sich nun nicht vorstellen, dass die
extrapyramidale Motorik weniger differenziert wäre als die pyramidale, nur weil sie in ihren Auswirkungen gröber erscheint. Viel-
mehr ist die extrapyramidale Motorik unentbehrliche Grundlage der pyramidalen. So setzen beispielsweise differenzierte Bewegungen der Hand meist auch ebensolche Bewegungen des Unter- und Oberarms voraus, sonst ist eine präzise Zielmotorik nicht möglich.
Großzehe), der ein Merkmal auch sehr kleiner, klinisch sonst unauffälliger Pyramidenbahnläsionen sein kann.
Überdies können bei Ausfall der Pyramidenbahn die extrapyramidalen Bahnen noch einen Rest der distalen Extremitätenbeweglich-
Aufgrund der Somatotopik der Pyramidenbahn (=- Abb. 3.13, 7) führen
keit ermöglichen, weil sie, wenn auch nur in geringem Ausmaß, die
Schädigungen von außen (z. B. Tumorwachstum) zuerst zu einem Ausfall der Fasern für die tiefen Segmente (untere Extremität). Ein Tumor hingegen, der im Inneren des Rückenmarks wächst, beeinträchtigt zuerst die Fasern der oberen Segmente (obere Extremität).
3.5.5
Extrapyramidale Bahnen
Als extrapyramidale Bahnen werden alle motorischen Projektionen bezeichnet, die ins Rückenmark ziehen und nicht in der Pyrami-
denbahn verlaufen. Sie nehmen ihren Ursprung von Zentren im Hirnstamm, vor allem vom Ncl. ruber, den Ncll. vestibulares und
der Formatio reticularis. Entsprechend heißen sie: * Tractus rubrospinalis,
® Tractus vestibulospinalis und * Tractus reticulospinalis (Fibrae reticulospinales). Diese Bahnen verteilen sich auf mehrere Positionen im Vorderund Seitenstrang (>- Abb. 3.13, 3-7). Deshalb ist ein Ausfall der
extrapyramidalen Bahnen als Ganzes auf spinaler Ebene selten und wenn, dann tritt er kombiniert mit anderen Bahnschädigungen auf,
entsprechenden Motoneurone des Vorderhorns mitinnervieren. KLINIK Zentrale und periphere Lähmung Bei Lähmungen unterscheidet man eine zentrale Lähmung von einer peripheren Lähmung. Die zentrale Lähmung kommt durch eine Läsion der absteigenden motorischen Bahnen, die periphere durch eine Schädigung der peripheren Nerven oder der Motoneurone in den Vorderhörnern zustande. Man spricht dann auch von einer Läsion des 1., d.h. absteigenden Neurons, bzw. des 2., d. h. Vorderhorn-Neurons. Während die periphere
Lähmung stets schlaff ist, zeichnet sich die zentrale Lähmung durch eine Tonussteigerung der Muskulatur und eine gesteigerte Auslösbarkeit von Muskeleigenreflexen aus. Diese Tonuserhöhung wird als Spastik bezeichnet. Neuroanatomische Grundlage der spinalen Spastik Durch die Zerstörung der absteigenden Bahnen werden synaptische Kontakte an den Motoneuronen des Vorderhorns frei. Dies führt dazu, dass die über die Hinterwurzeln eintretenden Afferenzen der Muskelspindeln (> Kap. 3.4.4) zusätzlich aussprossen und mit neuen Synapsen die frei gewordenen Stellen an den Motoneuronen besetzen. Ein Dehnungsreiz im Muskel führt so zu einer wesentlich stärkeren Aktivierung des Motoneurons als sonst, sodass sich der Muskel bereits bei kleinsten Dehnungsreizen reflektorisch kontrahiert. Dies entspricht auch der Beobachtung, dass
weil dazu ein größerer Teil des Rückenmarks geschädigt sein muss. Teile der extrapyramidalen Bahnen ziehen gekreuzt (rubrospinale Bahn, kreuzt auf Hirnstammebene), Teile ungekreuzt (vestibu-
$ tonos (gr.) = Spannung
3.6 Blutversorgung des Rückenmarks
101
der Ruhetonus der Muskulatur bei der spastischen Lähmung oft normal ist und der erhöhte, spastische Tonus erst auftritt, wenn die Extremität passiv
oder — wenn noch möglich — aktiv bewegt wird. Auch die gesteigerte Auslösbarkeit der Muskeleigenreflexe wird dadurch erklärbar. Amyotrophe Lateralsklerose Diese schwere Krankheit zeichnet sich durch ein fast einzigartiges Phänomen aus: das Mischbild zwischen einer zentralen und einer peripheren Lähmung. Sie entsteht durch eine unaufhaltsame Degeneration (Absterben) sowohl der motorischen absteigenden Bahnen in das Rückenmark als auch der Motoneurone im Vorderhorn. Entsprechend liegt dabei die diese Krankheit kennzeichnende Konstellation einer schlaffen Lähmung bei gleichzeitiger Steigerung der Muskeleigenreflexe vor. Querschnittslähmung
Eine Querschnittslähmung ist eine Lähmung, die ab einer bestimmten Hö6he abwärts beide Körperhälften betrifft. Querschnittslähmungen werden meist durch schwere Wirbelsäulenverletzungen, Blutungen bzw. Durchblutungsstörungen oder Tumoren (klinische Beispiele > Abb. 3.14) ausgelöst. Man unterscheidet spastische von schlaffen Querschnittslähmungen. Die spastischen Lähmungen treten bei einer Schädigung der absteigenden zentralen Bahnen auf, also bei Wirbelsäulenverletzungen oberhalb des 1. Lumbalwirbels beim Erwachsenen, sodass das Rückenmark selbst mit den absteigenden Bahnen betroffen ist. Schlaffe Querschnittslähmungen entstehen bei Wirbelsäulentraumen unterhalb des Lumbalwirbels 1, sodass die Cauda equina betroffen wird. Halbseitenläsion des Rückenmarks
Wird das Rückenmark halbseitig geschädigt (durch Trauma oder von der Seite wachsende Tumoren), resultiert ein charakteristisches Ausfallssym-
ptom, das auch als Brown-Sequard-Syndrom bezeichnet wird: Auf der geschädigten Seite fällt kaudal der Läsion /psilateral die feine Berührungsempfindung der Haut sowie der bewusste Lagesinn der betroffenen Extremität(en) aus, und es tritt eine (später spastische) Lähmung der Extre-
mitäten ein (/psilatera/ deshalb, weil sowohl Hinterstrangbahn als auch
Abb. 3.14 Querschnittslähmung bei Rückenmarktumor. a Querschnittssyndrom durch Tumor im Rückenmark
motorische
(Kernspintomographie-Sagittalschnitt der Lenden- und unteren Brustwirbelsäule).
Bahnen
oberhalb der Läsion
kreuzen). Kontralateral fallen
Schmerz- und Temperaturempfinden aus (da die Kreuzung der Vorderseitenstrangbahn unterhalb der Läsion liegt). Bei der Sensibilität liegt also eine spezielle Form der dissoziierten Empfindungsstörung (s. o.) vor.
3.6 Blutversorgung des Rückenmarks
Der im Rückenmark wachsende 1 Tumor (Metastase eines Bronchialkarzinoms)
hebt sich hell gegen das 2 Rückenmark ab, das in Höhe des 3 zweiten Lendenwirbelkörpers mit dem 4 Conus medullaris endet. Symptomatik des Patienten: Querschnittssymptomatik mit Lähmung beider Beine (sog. Paraplegie) und komplettem Sensibilitätsausfall für alle Qualitäten unterhalb des Dermatoms L2. Die Lähmung war durch Zerstörung der Motoneurone auf segmentaler Ebene schlaff (in den Muskelgruppen, die durch die Rückenmarkssegmente L1-L3 versorgt werden), unterhalb davon durch Läsion
der absteigenden Bahnen spastisch.
Das Rückenmark wird arteriell vor allem durch drei längs an ihm entlang verlaufende Gefäße versorgt ( > Abb. 3.15). Das größte Gefäß ist die in der Fissura longitudinalis anterior von oben nach unten verlaufende A. spinalis anterior ( > Abb. 3.15a und b, 7). Sie
entsteht oben aus dem Zusammenschluss zweier Äste der Aa. vertebrales (> Abb. 3.15a, 2). Der A. spinalis anterior stehen dorsal
zwei dünnere, im Sulcus posterolateralis verlaufende Aa. spinales posteriores gegenüber ( >
Abb. 3.15b, 2), die meist ebenfalls aus
den Aa. vertebrales entspringen, sich aber nicht wie vorne bei der A. spinalis anterior zu einem gemeinsamen Gefäß vereinigen. Diese drei Arterien (eine A. spinalis anterior, zwei Aa. spinales posteriores) verlaufen längs des Rückenmarks nach kaudal. Sie erhalten da-
(Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. M. Schumacher, Freiburg) [T875]
b Querschnittssyndrom durch Rückenmarkkompression von außen (Kernspintomographie, links Sagittalschnitt der Brust- und Halswirbelsäule, rechts Horizontalschnitt in Höhe des 4. Brustwirbelkörpers). 1 Tumor (Paragangliom) wächst von ventral auf das 2 Rückenmark zu, das so-
mit in Höhe des 3 vierten Brustwirbelkörpers komprimiert wird. Symptomatik der Patientin: Unvollständige, spastische Lähmung beider unterer Extremitäten (sog. Paraparese) durch Kompression der absteigenden motorischen Bahnen sowie Ausfall des Schmerz- und Temperaturempfindens unterhalb des Dermatoms Th5 durch Kompression des sensiblen Vorderseitenstrangs. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. A. Berlis, Augsburg) [T880]
Zervikalbereich), den Aa. intercostales (im Thorakalbereich) und den Aa. lumbales (im Lumbosakralbereich) abzweigen. Diese arte-
bei ihr Blut nicht nur aus der A. vertebralis (was bei dem kleinen
riellen Zuflüsse treten mit den Spinalnervenwurzeln durch die Fo-
Kaliber der Gefäße und der langen Laufstrecke nicht ausreichend wäre), sondern auch aus mehreren segmentalen Zuflüssen ( > Abb.
ramina intervertebralia in den Wirbelkanal ein und ziehen dann mit je einem Ast als Aa. radiculares ( > Abb. 3.15b, 3) entlang der
3.15a, 3), die als Rr. spinales vor allem aus den Aa. vertebrales (im
Vorder- und Hinterwurzel des Spinalnervs zum Rückenmark hin.
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3 Rückenmark (Medulla spinalis)
Sie gewährleisten die Blutversorgung auf segmentaler Ebene, weshalb sie auch als Segmentarterien bezeichnet werden. So kann man die A. spinalis anterior und die Aa. spinales posteriores letztlich auch als von kranial nach kaudal kontinuierlich am Rückenmark entlang laufende Anastomosenketten der sich oft T-förmig aufzweigenden Segmentarterien aus den Vertebral-, Interkostal- und Lumbalarterien bezeichnen. Dadurch ist das Rückenmark recht gut vor Durchblutungsstörungen geschützt, weil eine Unterbrechung des Blutstroms in einer zuführenden Arterie oft durch Blut aus einer anderen zuführenden Arterie kompensiert werden kann. Die Segmentarterien treten nicht in Höhe jedes einzelnen Wirbelsegmentes an das Rückenmark heran, sondern oft mit größeren Ab-
ständen. Im Bereich der Rückenmarks-Intumeszenzen (also zervikal und lumbosakral) sind sie zahlreich, während sie in den Thora-
kalsegmenten spärlich sind. Einer der Zuflüsse für die A. spinalis anterior ist die A. radicularis magna (auch: Adamkievicz-Arterie),
Y
D
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102
die im tiefen Thorakalbereich an das Rückenmark herantritt und v.a. die Intumescentia lumbalis mit Blut versorgt (klinisch wichtig, da der Abgang aus der Aorta bei Aorten-Operationen im Thorakolumbalbereich besonders geschützt werden muss!). Da im Thora-
kalmark die A. spinalis anterior durch die wenigen Zuflüsse auch nur sehr dünn ausgebildet ist, ist dieser Rückenmarksabschnitt für
Durchblutungsstörungen dieser Arterie besonders gefährdet. Die Versorgung des Rückenmarks selbst erfolgt über zirkuläre Äste der drei genannten Hauptarterien, die mit Endästen radial in die
graue und weiße Substanz eindringen. Dabei versorgen Äste der A. spinalis anterior das Vorderhorn und die Basis der Hinterhörner sowie den größten Teil des Vorderseitenstrangs. Der Rest wird durch die beiden Aa. spinales posteriores versorgt. Der venöse Abfluss des Blutes erfolgt z. T. parallel zu der arteriellen Versorgung mit zwei längs dem Rückenmark entlang laufenden Hauptvenen (V. spinalis anterior, V. spinalis posterior), die ihren Blutabfluss vor allem entlang den segmentalen Venen in die Vv. vertebrales, intercostales und lumbales haben.
Abb. 3.15 Arterielle Blutversorgung des Rückenmarks.
a Übersicht mit großen Blutzuflüssen 1 A. spinalis anterior, die sich kranial aus je einem Ast der linken und rechten 2 A. vertebralis bildet und am Rückenmark entlang nach kaudal läuft. Sie erhält über die 3 Rr. spinales zahlreiche segmentale Zuflüsse, die zervikal aus der A.
vertebralis, thorakal aus den 4 Interkostalarterien und lumbal aus den Aa. Iumbales abgehen. 5 Aorta, 6 Cauda equina. b Schema der Blutversorgung auf segmentaler Ebene 1 A. spinalis anterior, 2 Aa. spinales posteriores, 3 Endast des R. spinalis einer A. intercostalis, die sich dann aufzweigt und als Aa. radiculares mit den Vorderbzw. Hinterwurzeln zum Rückenmark zieht. (Aus [S007-22/T873, L106])
3.6 Blutversorgung des Rückenmarks
Abb. 3.16 Spinalis-anterior-Syndrom. Kernspintomographie des Rückenmarks bei Verschluss der A. spinalis anterior. a Sagittalschnitt der Lenden- und unteren Brustwirbelsäule. b Querschnitt (sog. axiale Schnittebene). 1 Rückenmark, das sich bei dieser Aufnahmetechnik
dunkel gegen den umgebenden hellen Liquor cerebrospinalis abhebt. Im Rückenmark lässt sich 2 der vom Verschluss der A. spinalis anterior betroffene, minder-
durchblutete (ischämische) Bereich hell gegen das gesunde Rückenmarksgewebe abgrenzen (oben und unten durch Pfeile markiert). In (b) erkennt man, dass sich der minderdurchblutete (in diesem Bild also hellere)
Versorgungsbereich der A. spinalis anterior nicht auf den gesamten Querschnitt erstreckt.
Symptomatik der Patientin: hochgradige, schlaffe Paraparese (Lähmung beider Beine), Harn- und Stuhlinkontinenz.
(Bilder mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. A. Berlis, Augsburg) [T880]
KLINLK Spinale Durchblutungsstörungen, z.B. durch Gefäßfehlbildungen, durch arterielle Thrambosen oder durch Arteriosklerose, sind viel seltener
als Durchblutungsstörungen des Gehirns. Wenn sie auftreten, richtet sich die Symptomatik nach dem betroffenen minderdurchbluteten, d.h. ischämischen (= mit Sauerstoff und Nährstoffen unterversorgten) Rückenmarksareal. Dabei können (seltener) nur einzelne Bahnen betroffen sein,
es können aber auch bei einer Thrombose der vorderen Spinalarterie (Spinalis-anterior-Syndrom) die kompletten Vorderhörner, die Pyramidenbahn und der Vorderseitenstrang lädiert sein (Symptomatik s. o.; klinisches Beispiel > Abb. 3.16).
103
104
3 Rückenmark (Medulla spinalis)
Zusammenfassung Das Rückenmark liegt im Wirbelkanal und ist wie das Gehirn von Liquor cerebrospinalis und Rückenmarkshäuten umgeben. Es reicht beim Erwachsenen bis in Höhe des 1.-2. Lendenwirbelkörpers und sendet zu jedem Foramen intervertebrale einen Spinalnerv als Bestandteil des peripheren Nervensystems aus. Entsprechend jedem abgehenden Spinalnerv wird das Rückenmark
Das Rückenmark ist wie das gesamte ZNS Ort der Verschaltung zahlreicher Reflexbögen. Besonders wichtige sind der Muskeleigenreflex (monosynaptisch) und Fremdreflexe (polysynap-
in 8 Zervikal-, 12 Thorakal-, 5 Lumbal-, 5 Sakralsegmente so-
Hier kann man auf- (sensible) und absteigende (motorische) Bahnen unterscheiden.
wie ein (funktionell weniger bedeutendes) Kokzygealsegment unterteilt. Vor dem Rückenmark liegen zwischen den Wirbelkör-
tisch), wie z. B. der Rückziehreflex.
Weiße Substanz des Rückenmarks
Bei den sensiblen Bahnen sind folgende besonders wichtig:
pern die Bandscheiben, von denen bei Fehlbelastung Teile nach
hinten austreten und Nervenwurzeln sowie u. U. das Rückenmark selbst schädigen können (Bandscheibenvorfall).
Rückenmarkshäute und entsprechende Räume Das Rückenmark wird von drei Häuten umgeben: Die Pia mater liegt dem Rückenmark direkt an. Diese wird wiederum von der Arachnoidea mater umhüllt. Zwischen beiden breitet sich der Subarachnoidalraum aus, der mit Liquor cerebrospinalis gefüllt ist. Die Arachnoidea wird nach außen von der Dura mater bedeckt. Zwischen der Dura und dem Periost der Wirbelkörper befindet sich der Epi- bzw. Periduralraum. Rückenmarksquerschnitt Im Querschnitt zeigt das Rückenmark in der Mitte einen annäherungsweise schmetterlingsförmigen Komplex grauer Substanz, der von weißer Substanz umhüllt ist. Die graue Substanz gliedert sich in jeweils zwei Vorder-, Seiten- und Hinterhörner. Die Vorderhörner enthalten Neurone, die im Dienst der Motorik ste-
* Sensible Vorderseitenstrangbahn (Tractus spinothalamicus): Sie nimmt vom Hinterhorn ihren Ausgang und leitet Schmerz- und Temperatur- sowie grobe Druck- und Tastempfindung. Sie wird auf segmentaler Ebene verschaltet und kreuzt danach auf die Gegenseite, um dann im kontralateralen Vor-
derseitenstrang nach oben zu ziehen. * Hinterstrangbahnen (Fasciculus gracilis und Fasciculus cuneatus): Sie leiten die Impulse der fein differenzierten Berührungswahrnehmung und Propriozeption aus dem Bewegungsapparat. Diese Fasern werden nach Eintritt ins Rückenmark nicht verschaltet und kreuzen auch nicht, sondern laufen im gleichseiti-
gen Hinterstrang nach oben, um erst im Hirnstamm verschaltet zu werden und danach auf die Gegenseite zu kreuzen. * Kleinhirnseitenstrangbahnen: Sie verlaufen im Seitenstrang z. T. gekreuzt, z. T. ungekreuzt nach oben zum Kleinhirn und leiten diesem propriozeptive Impulse aus dem Bewegungsapparat zu, was für die motorische Koordinationsfunktion des Kleinhirns von großer Bedeutung ist.
hen (Motoneurone), während die Hinterhörner Neurone enthalten, die Bestandteil sensibler Bahnen sind. Von Vorder- und
Hinterhörnern gehen entsprechend eine Vorder- und Hinterwurzel ab, die sich zu den Spinalnerven vereinigen. Die weiße
Substanz lässt sich auf jeder Seite in Vorder-, Seiten- und Hinterstrang unterteilen. Graue Substanz des Rückenmarks
Hier kann man verschiedene Kernkomplexe unterscheiden: * Hinterhorn: Die wichtigsten Kerne sind Ncl. proprius und Ncl. dorsalis (Endigung propriozeptiver Afferenzen, die zum Kleinhirn weitergeleitet werden) sowie die Substantia gelatinosa, die die Endigungsstätte der Schmerzafferenzen aus der Peripherie darstellt. e Seitenhorn: Nur in Thorakal-, Lumbal- und Sakralmark. Hier
werden die vegetativen Afferenzen aus den inneren Organen verschaltet, und es werden von hier die viszeroefferenten Fasern als sympathische oder parasympathische Bestandteile peripherer Nerven zu den Eingeweiden und Blutgefäßen geschickt. * Vorderhorn: Hier liegen a-, - und y-Motoneurone, die efferent zu den Skelettmuskeln ziehen.
Bei den motorischen Bahnen unterscheidet man funktionell
zwei Bahnsysteme: * Pyramidenbahn: Sie entspringt als Tractus corticospinalis großenteils vom motorischen Kortex des Großhirns und zieht durch den Hirnstamm ins Rückenmark, wobei 70-90 % der Fasern in der Medulla oblongata auf die Gegenseite kreuzen, um dann im Seitenstrang zu den jeweiligen Motoneuronen des Vorderhorns zu verlaufen. Die verbleibenden, ungekreuzten
10-30 % verlaufen im Vorderstrang abwärts, um auf segmentaler Ebene zur Gegenseite zu kreuzen und dort ins Vorderhorn einzutreten. Die Aufgabe der Pyramidenbahn ist überwiegend die feinmotorische Innervation besonders der distalen Extremitätenmuskulatur. * Extrapyramidale Bahnen: Sie nehmen ihren Ursprung vor allem von den Hirnstammkernen Necl. ruber, Ncll. vestibulares
und Formatio reticularis. Sie ziehen getrennt voneinander im Vorder- und Seitenstrang abwärts. Insbesondere die vestibulound retikulospinalen Bahnen enden im Vorderhorn an den Motoneuronen der Rumpf- und proximalen Extremitätenmuskeln, wodurch sie für die Initiation von Massen- und Orientie-
rungsbewegungen besondere Bedeutung haben.
3.6 Blutversorgung des Rückenmarks
105
* Hinterstrang: Verlust der Berührungs- und Lageempfindung
Ausfallsymptome des Rückenmarks
Besonders wichtig und charakteristisch sind die Läsionen der absteigenden motorischen Bahnen, die eine spastische Lähmung
zur Folge haben: Pyramidenbahn: Parese der distalen Extremitätenmuskeln
ipsilateral. Motorische und sensible Ausfälle treten zusammen bei Quer-
schnittslähmungen auf, die bei einer kompletten Zerstörung des Rückenmarks auf Höhe eines bestimmten Segments eintreten.
(ipsilateral, wenn Läsion im Rückenmark, kontralateral, wenn
Läsion im Hirnstamm oder Großhirn).
Halbseitige Rückenmarksschädigungen verursachen das sog.
* Extrapyramidale Bahnen: Parese vor allem der proximalen Ex-
Empfindungsstörung.
Brown-Sequard-Syndrom mit dem Symptom der dissoziierten
tremitätenmuskeln.
Blutversorgung des Rückenmarks
Sie erfolgt im Zervikalbereich überwiegend aus der A, vertebralis.
Die Zerstörung der aufsteigenden sensiblen Bahnen macht sich in einem Sensibilitätsverlust bemerkbar: * Vorderseitenstrangbahnen: Verlust der Schmerz- und Temperaturempfindung kontralateral.
Diese selbst gibt eine A. spinalis anterior und zwei Aa. spinales posteriores ab, die am Rückenmark entlang abwärts verlaufen und von Vertebral-, Interkostal- und Lumbalarterien Zuflüsse er-
halten, welche die Blutversorgung auf segmentaler Ebene sichern.
Wiederholungsfragen 1.Bis in Höhe welches Wirbelkörpers reicht das Rückenmark,
und was befindet sich kaudal davon im Wirbelkanal?
2. Welche Rückenmarkshäute gibt es, und welche begrenzen
6. Welche drei Arterien sind hauptsächlich für die unmittelbare Blutversorgung des Rückenmarks zuständig? 7. Welche Spinalnervenwurzel würde bei einem Bandscheiben-
den Liquorraum im Rückenmarksbereich?
vorfall zwischen LWK 4 und 5 lädiert, wenn sich das Band-
3, Wo befinden sich im Rückenmark die Motoneurone, wo sen-
sible Neurone und wo Neurone des vegetativen Nervensys-
scheibenmaterial direkt nach dorsolateral schiebt, und welche Wurzel, wenn sich das Material mehr nach lateral in das Fo-
tems?
ramen intervertebrale schiebt?
4. Über welche große aufsteigende Bahn des Rückenmarks wird dem Gehirn Information über Schmerz und Temperatur der linken Körperhälfte zugeleitet? 5. Welche Bahnen im zervikalen Rückenmark leiten den Vorderhornzellen motorische Impulse vor allem für die distalen Muskeln der rechten oberen Extremität zu?
8. Nennen Sie die drei wichtigsten extrapyramidalen Bahnen.
Weitere Wiederholungsfragen zum Rückenmark finden sich in Form von Fallbeispielen in > Kap. 14.1.3.
Lösungen 1. Höhe 1.-2. Lendenwirbelkörper. Kaudal davon befindet sich ein Bündel von Spinalnerven (Cauda equina), das von Liquor cerebrospinalis umgeben ist. 2.1. Pia mater, 2. Arachnoidea mater, 3. Dura mater. 1 + 2 = weiche Rückenmarkshäute, 3 = harte Rückenmarkshaut. Zwischen 1 und 2 Subarachnoidalraum, in dem sich der Liquor
befindet. 3. Motoneurone: Vorderhorn. Sensible Neurone: Hinterhorn. Vegetative Neurone: Seitenhorn (im Thorakal- und Lumbalmark
sind dies viszeroefferente Neurone des sympathischen, im Sakralmark des parasympathischen Systems).
4, Tractus spinothalamicus lateralis und anterior rechts. 5. Tractus corticospinalis anterior links, Tractus corticospinalis lateralis rechts, Tractus rubrospinalis rechts (Tractus corti-
cospinalis ist die Pyramidenbahn, Tractus rubrospinalis ist eine extrapyramidale Bahn und kreuzt auf Hirnstammebene). 6. Eine A. spinalis anterior, zwei Aa. spinales posteriores. 7. Bandscheibenvorfall nach dorsolateral („mediolateraler Bandscheibenvorfall“, häufigste Form): Wurzel L5; Band-
scheibenvorfall mehr nach lateral: L4. 8. Tractus rubrospinalis, Tractus vestibulospinalis, Tractus reticulospinalis.
106
3 Rückenmark (Medulla spinalis)
WEITERFÜHRENDE
LITERATUR
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KAPITEL
Übersicht über Gliederung und Außenansicht des Gehirns 4.1 4.2
Gliederung und Definitionen ................ 107 Topographische Bezeichnungen
4.3
Lateral-, Basal- und Medialansicht des GehirnS e
108
............. 107
4.1 Gliederung und Definitionen
Diese auch in > Abb. 4.1 gezeigte Einteilung ist von grundlegender Bedeutung; man sollte sie unbedingt beherrschen.
Das Gehirn lässt sich aufgrund morphologischer, entwicklungsgeschichtlicher und funktioneller Gesichtspunkte in folgende Abschnitte gliedern:
Ein weiterer, sehr wichtiger Begriff ist der Hirnstamm. Er beinhaltet: * Medulla oblongata
Medulla oblongata (verlängertes Mark) Pons (Brücke) Mesencephalon (Mittelhirn) Diencephalon (Zwischenhirn)
Cerebellum (Kleinhirn) Telencephalon (Groß- oder Endhirn).
* Pons
* Mesencephalon. Medulla oblongata, Pons und Cerebellum werden auch als Rhomb-
encephalon (Rautenhirn) zusammengefasst. Der Pons wiederum
wird zusammen mit dem Cerebellum als Metencephalon (Hinterhirn) bezeichnet.
4.2 Topographische Bezeichnungen Die Lagebezeichnungen
(„ventral“, „dorsal“ etc.) im Gehirn sind
für Anfänger oft verwirrend, doch im Grunde einfach zu verstehen.
Wir müssen uns klarmachen, dass embryologisch bedingt zwei verschiedene topographische Achsen existieren ( > Kap. 1.7). Die Längsachse von Hirnstamm und Kleinhirn (Meynert-Achse) ent-
spricht der geläufigen, auch bei den anderen Organsystemen verwendeten topographischen Achse des Körpers. Daher finden wir hier auch die üblichen Lagebezeichnungen. Da aber das Neuralrohr während der Entwicklung zwischen Mittelhirn und Zwischenhirn nach vorne „abknickt“, kippt auch der obere Teil der Längsachse,
also die Achse des Zwischen- und Großhirns (Forel-Achse), nach 1 Medulla oblongata (verlängertes Mark), 2 Pons (Brücke), 3 Mesencephalon (Mittelhirn), 4 Diencephalon (Zwischenhirn), 5 Cerebellum (Kleinhirn), 6 Tel-
vorne ab. Dadurch liegen die zuvor ventral gelegenen Anteile nun zwar nach der sonst üblichen Definition kaudal, werden aber nach wie vor ventral genannt. Entsprechendes gilt für dorsal, rostral etc.
encephalon (Großhirn). [T873, L126]
(> Abb. 4.2).
Abb. 4.1 Gliederung des Gehirns in seine Hauptabschnitte.
4 Übersicht über Gliederung und Außenansicht des Gehirns
108
» Medialansicht: Ansicht des median durchtrennten Gehirns von dorsa|
medial.
Eine genauere Beschreibung der äußeren Gestalt der einzelnen Ge-
rostral
(oral) ”
hirnabschnitte ist den > Kap. 5, > Kap. 6, > Kap. 7, > Kap. 8,
> Kap. 9 jeweils vorangestellt. Lateralansicht ( — Abb. 4.3) ventral-— kaudal Abb. 4.2 Topographische Achsen des Gehirns. 1 Achse des Hirnstamms (Meynert), die durch den Hirnstamm verläuft und in et-
wa der allgemeinen Körperachse entspricht. 2 Achse des Zwischen- und Großhirns (Forel), die in etwa senkrecht dazu horizontal durch das Zwischen- und
Großhirn verläuft. [T873, L217]
4.3 Lateral-, Basal- und Medialansicht des Gehirns
Von der Seite betrachtet dominiert der Großhirnanteil des Gehirns (> Abb. 4.3, 1I), dem sich kaudal das Kleinhirn anlegt ( > Abb. 4.3, 2). Man unterscheidet an der Großhirnhemisphäre folgende Lappen:
Frontallappen (Lobus frontalis; > Abb. 4.3, 3) Parietallappen (Lobus parietalis; > Abb. 4.3, 4) Okzipitallappen (Lobus occipitalis; > Abb. 4.3, 5) Temporallappen (Lobus temporalis; > Abb. 4.3, 6). Der oberflächliche Teil des Großhirns wird Großhirnrinde (Cortex
cerebralis) genannt und ist durch Furchen (Sulci) zergliedert, die einzelne Großhirnwindungen (Gyri) voneinander trennen. Besonders wichtige Furchen sind der Sulcus centralis ( >- Abb. 4,3, 7),
In den Kapiteln 5 bis 9 werden die einzelnen Abschnitte des Gehirns genauer erläutert. Vorher ist es sinnvoll, dass wir uns eine
Übersicht über die einzelnen Bestandteile in Hinsicht auf deren Lo-
kalisation und Lagebeziehung verschaffen. Drei Ansichten geben Kenntnis über die wichtigsten, von außen erkennbaren Einzelheiten:
der den Gyrus precentralis vom Gyrus postcentralis und damit den Frontal- vom Parietallappen trennt, sowie der Sulcus lateralis (> Abb. 4.3, 10), der den Temporal- vom Parietal- und Frontallappen trennt. Ventral des Kleinhirns sind Teile des Hirnstamms zu sehen: ein „wulstförmiger“, kranial gelegener Teil, die Brücke (Pons; >- Abb. 4.3, 11), und ein schlankerer, kaudaler gelegener
Teil, die Medulla oblongata ( > Abb. 4.3, 12). e Lateralansicht: Ansicht des Gehirns von der Seite e Basalansicht: Ansicht von unten auf die Hirnbasis
Abb. 4.3
Lateralansicht des Gehirns.
1 Telencephalon (Großhirn), 2 Cerebellum (Kleinhirn), 3 Lobus frontalis (Frontallappen), 4 Lobus parietalis (Parietallappen), 5 Lobus occipitalis (Okzipitallappen), 6 Lobus temporalis (Temporallappen), 7 Sulcus centralis,
8 Gyrus precentralis, 9 Gyrus postcentralis, 10 Sulcus lateralis, 11 Pons (Brücke), 12 Medulla oblongata (verlängertes Mark).[T873, L126]
4.3
Lateral-, Basal- und Medialansicht des Gehirns
109
e \|\‚\ )|l))lfifl\ _/___ '
Abb. 4.4 Basalansicht des Gehirns. 1 Lobus frontalis (Frontallappen), 2 Fissura longitudinalis cerebri, 3 Lobus temporalis (Temporallappen), 4 Hemispheria cerebelli (Kleinhirnhemisphären), 5 Vermis cerebelli (Kleinhirnwurm), 6 Medulla oblongata (verlängertes Mark), 7 Pons (Brücke), 8 Crus cerebri = (Groß-)
.
Hirnschenkel, 9 Corpus mammillare, 10 Hypophysis (Hypophyse), 11 Chiasma opticum, 12 Tractus olfactorius, 13 Bulbus olfactorius, II-XII: Hirnnerven (gelb dargestellt). [T873, L126]
Basalansicht ( > Abb. 4.4)
Chiasma opticum* ( >- Abb. 4.4, 11) sichtbar sind. Im Chiasma
Von unten betrachtet sieht man vorn beiderseits die Frontallappen des Großhirns ( > Abb. 4.4, 1), die durch die mittig gelegene Fissura longitudinalis cerebri voneinander getrennt sind (>- Abb. 4.4,
2). Seitlich sind sie zum Teil überdeckt durch die beiden Temporallappen ( > Abb. 4.4, 3), an die hinten die beiden Kleinhirnhemisphären grenzen (>- Abb. 4.4, 4), die zwischen sich den kaum sichtbaren Kleinhirnwurm bergen (>- Abb. 4.4, 5). Nach vorn
opticum treten die Nn. optici (II) beider Seiten zusammen und tauschen Fasern aus. Die bei Betrachtung der Hirnbasis erkennbaren Zwischenhirnanteile bilden den Hypothalamus des Zwischenhirns. Vor dem Chiasma opticum befindet sich unten am Frontallappen der Tractus olfactorius, der vorn in einer Verdickung, dem Bulbus olfactorius® endet (>- Abb. 4.4, 12 und 13). Hier tritt der I, Hirn-
longata und Pons ( > Abb. 4.4, 6 und 7). Etwas oberhalb des Pons
nerv (N. olfactorius) ins Gehirn ein. Am Hirnstamm erkennt man den Ursprung der anderen Hirnnerven (1II-XII), von kaudal nach kranial: N. hypoglossus (XII), N. accessorius (XI, aus dem Rücken-
befindet sich, zwischen den beiden hinteren Anteilen der Tempo-
mark, mit nur einer kleinen Wurzel aus dem Hirnstamm), N. vagus
rallappen wie in einer Nische liegend, das Mittelhirn, von dem nur
(X), N. glossopharyngeus (IX), N. vestibulocochlearis (VIII, N. facialis (VII), ganz medial am Unterrand des Pons N. abducens (VI), lateral aus dem großen Wulst des Pons N. trigeminus (V), am Oberrand des Pons lateral nach vorne tretend N. trochlearis (IV), zwischen den beiden Hirnschenkeln N. oculomotorius (III).
(ventral) liegt dem Kleinhirn der Hirnstamm auf, mit Medulla ob-
die beiden sog. Hirnschenkel (Crura cerebri) zu erkennen sind (> Abb. 4.4, 8). Dem Mittelhirn schließt sich nach vorne das Zwischenhirn
an,
von
dem
die
beiden
Corpora
mammillaria'
(> Abb. 4.4, 9) und die Hypophyse ( > Abb. 4.4, 10) sowie das
' Der Begriff entstammt dem Vergleich dieser Gebilde mit Brustwarzen (Mammillen) oder im ursprünglichen beschreibenden Sinn eher „Miniaturausgaben” der weiblichen Brust (Mammille = Brüstchen).
? chiasma (griech.) = Kreuzung. Hier kreuzt ein Teil der Sehnervenfasern. 3 bulbus olfactorius (lat.) = Riechkolben (bulbus = Zwiebel)
110
4 Übersicht über Gliederung und Außenansicht des Gehirns
\m —
]
Abb. 4.5 Medianer Sagittalschnitt durch das Gehirn. a Blick von medial auf den Medianschnitt. [T873, L126]
b Entsprechendes kernspintomographisches Bild (Medianschnitt). Die hier wiedergegebene Aufnahmetechnik stellt den Liquor weiß und die Hirnsubstanz dunkelgrau dar. 1 Corpus callosum (Balken), 2 Gyrus cinguli, 3 Fornix, 4 Lumen des Ill. Ventrikels mit Aufsicht auf den Thalamus, 5 Plexus choroideus des Ill. Ventrikels (nur
in a), 6 Chiasma opticum, 7 Infundibulum hypophysis (Hypophysenstiel), 8 Hypophysis (Hypophyse), 9 Corpus mammillare, 10 Epiphysis (Epiphyse), 11 Mesencephalon (Mittelhirn), 12 Aqueductus mesencephali (nur in a), 13 Lamina tecti (Vierhügelplatte), 14 Ventriculus quartus (IV. Ventrikel), 15 Pons (Brücke), 16 Medulla oblongata (verlängertes Mark), 17 Velum medullare superius (oberes Kleinhirnsegel; nur in a bezeichnet), 18 Plexus choroideus des IV. Ventrikels (nur in a).
(Kernspintomographisches Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. J. Klisch, Erfurt). [T874]
Medialansicht ( > Abb. 4.5)
dal) verlaufend, der Gyrus cinguli (>- Abb. 4.5, 2). Unmittelbar unter dem Balken verläuft ein großer Fasertrakt, der Fornix*, von
Hier ist die Kenntnis der beiden topographischen Achsen des Ge-
kaudal nach rostral ( >
hirns (s. o.) besonders wichtig ( > Abb. 4.2). Wenn man von medi-
über den III. Ventrikel ( >- Abb. 4.5, 4), dessen liquorproduzieren-
al auf den Medianschnitt des Gehirns sieht, erkennt man unter der
der Plexus choroideus ventral des Fornix zu sehen ist ( > Abb. 4.5a, 5). Der III. Ventrikel ist ein Teil des Zwischenhirns und trennt rechte und linke Zwischenhirnhälfte voneinander. Am Boden des III.
Großhirnhemisphäre eine große von vorne nach hinten (rostral nach kaudal) verlaufende hellere Struktur, den Balken (Corpus callosum; > Abb. 4.5, 1), der beide Großhirnhemisphären miteinan-
der verbindet und durch den Medianschnitt quer durchtrennt ist. Über ihm befindet sich, von vorne nach hinten (rostral nach kau-
4 fornix (lat.) = Gewölbe
Abb. 4.5, 3). Er wölbt sich wie ein Dach
4.3 Ventrikels sieht man ganz vorne (rostral) das median durchtrennte Chiasma opticum ( > Abb. 4.5, 6), dahinter (kaudal) das Infundi-
bulum (Hypophysenstiel; > Abb. 4.5, 7) mit der daran hängenden Hypophyse (>- Abb. 4.5, 8) und nach kaudal anschließend das Corpus mammillare ( > Abb. 4.5, 9). An der kaudalen Wand des
JII Ventrikels ist die zapfenförmige Epiphyse zu sehen ( >
Abb.
dem
Lateral-, Basal- und Medialansicht des Gehirns IV. Ventrikel verbindet
(=>- Abb.
111
4.5a, 1I2). Dorsal dieses
Aquädukts liegt die Vierhügelplatte (Lamina tecti) des Mittelhirns (> Abb. 4.5, 13). Der IV. Ventrikel ( > Abb. 4.5, 14) befindet sich
zwischen dem Kleinhirn einerseits und Pons mit Medulla oblongata andererseits. Die ersten beiden Ventrikel sind in den Großhirnhemisphären zu finden und im Medianschnitt nicht sichtbar. Der
4.5, 10). All diese Teile gehören noch zum Zwischenhirn. Kaudal
Pons ( >
Abb. 4.5, 15) als dicke, wulstartige Struktur ist nach kra-
von Epiphyse und Corpus mammillare schließt sich das Mittelhirn an, das jetzt in seiner ganzen Ausdehnung sichtbar wird ( >- Abb. 4.5, 11). Es ist von einem schmalen Gang, dem Aqueductus me-
nial zum Mittelhirn und nach kaudal zur Medulla oblongata (> Abb. 4.5, 16) gut abzugrenzen. Das Kleinhirn ist mit dem Mittelhirn durch das Velum medullare superius (oberes Kleinhirnse-
sencephali durchsetzt, der als liquorleitende Struktur” den III. mit
gel; > Abb. 4.5, 17) und mit der Medulla oblongata durch das Ve-
lum medullare inferius (unteres Kleinhirnsegel) verbunden, an
dem der liquorproduzierende Plexus choroideus des IV. Ventrikels aufgehängt ist ( > Abb. 4.5, 18).
> aqueductus (lat.) = Wasserleitung
Zusammenfassung Das Gehirn wird in verlängertes Mark (Medulla oblongata), Brücke (Pons), Mittelhirn (Mesencephalon), Kleinhirn (Cerebellum), Zwischenhirn (Diencephalon) und Großhirn (Telencephalon)
eingeteilt. Medulla oblongata, Pons und Mesencephalon werden zum Hirnstamm zusammengefasst. Medulla oblongata, Pons und Cerebellum werden zusammen als Rhombencephalon, Pons und Cerebellum als Metencephalon bezeichnet.
Durch das embryonale Wachstum des Gehirns vollzieht sich zwischen Mittelhirn und Zwischenhirn ein „Knick“ in der Längsachse des Gehirns, sodass nach Abschluss der Gehirnentwicklung zwei topographische Achsen, die Meynert-Achse (Hirn-
chen) unterteilen die Hemisphärenoberfläche in zahlreiche Gyri (Windungen). Besonders wichtig sind Sulcus centralis und Sulcus lateralis, Gyrus precentralis und Gyrus postcentralis. * Basalansicht: Ansicht von unten auf die Hirnbasis. Man sieht
den Hirnstamm in ganzer Ausdehnung, von kaudal nach rostral Medulla oblongata, Pons und Mittelhirn. Ebenso sieht man die Abgänge der Hirnnerven. An das Mittelhirn schließt sich nach rostral das Zwischenhirn an. Man erkennt dessen basale Anteile, die vom Hypothalamus gebildet werden. Vom Groß-
stamm) und die Forel-Achse (Zwischen- und Großhirn) unter-
schieden werden.
Drei Ansichten geben Kenntnis über die wichtigsten, von au-
hirn sind nur Temporal- und Frontallappen sichtbar. * Medialansicht: Ansicht des median durchtrennten Gehirns von medial. Man blickt auf den quer durchtrennten Balken (Corpus callosum), darüber erkennt man die Großhirnhemi-
sphäre, darunter das Zwischenhirn mit dem längs geschnitte-
ßen erkennbaren Einzelheiten:
nen III. Ventrikel. Der Boden des III. Ventrikels wird vom Hy* Lateralansicht: Ansicht des Gehirns von der Seite. Die Groß-
pothalamus des Zwischenhirns gebildet. Kaudal an das Zwi-
hirnhemisphären nehmen hier den größten Raum ein. Darun-
schenhirn schließen sich Mittelhirn, Pons und Medulla oblon-
ter sieht man hinten das Kleinhirn, dem vorne Medulla oblon-
gata an. Dem Pons und der Medulla oblongata liegt von hinten
gata und Pons anliegen. Am Großhirn erkennt man den Fron-
her das Kleinhirn an.
tal-, Parietal-, Temporal- und Okzipitallappen. Sulci (Fur-
Wiederholungsfragen 1.In welche wichtigen Anteile wird das Gehirn eingeteilt? 4. Welche beiden Anteile des Kleinhirns können Sie von außen 2. Welche der unter 1. genannten Anteile des Gehirns können am unzerlegten Gehirn abgrenzen? 5. Aus welchen Hirnteilen treten die Hirnnerven IH-XII aus?
Sie von lateral, welche von medial, welche von basal sehen?
3. Wie heißen die vier Lappen des Großhirns?
Wie fasst man diese Hirnteile zu einem Begriff zusammen?
Lösungen
1.In verlängertes Mark (Medulla oblongata), Brücke (Pons), Mittelhirn (Mesencephalon), Kleinhirn (Cerebellum), Zwi-
3. Frontal-, Parietal-, Okzipital- und Temporallappen. 4. Kleinhirnhemisphären und Kleinhirnwurm.
schenhirn (Diencephalon), Großhirn (Telencephalon).
5. III und IV: Mittelhirn (Mesencephalon), V: Pons, VI-X:
2. Von lateral: Medulla oblongata, Pons, Cerebellum, Telencephalon. Von medial und basal: alle unter 1. aufgeführten Strukturen.
Übergang Pons - Medulla oblongata, XT und XII: Medulla oblongata (XI z. T. aus dem Rückenmark). Medulla oblongata + Pons + Mesencephalon = Hirnstamm.
112
4 Übersicht über Gliederung und Außenansicht des Gehirns
WEITERFÜHRENDE LITERATUR Amara, D.6G., P.L. Strick: The organization of the central nervous system. In:
Bd. 3, Nervensystem und Sinnesorgane, pp 108-118. Thieme, StuttgartNew York 1987.
Kandel, E.R., J.H. Schwartz, T.M. Jessel, S.A. Siegelbaum, A.J. Hutspeth
Williams, P.L., L.H. Bannister, M. M. Berry, P. Collins, M. Dyson, J. E. Dussek,
(eds.): Principles of Neural Science, pp 337-355. McGraw Hill, New YorkLondon 2013.
M.W.J. Ferguson: Gray's Anatomy, pp 909-914. Churchill Livingstone, New York-Edinburgh-London 1995.
Töndury, G., St. Kubik: Gestalt und Gliederung des Gehirns. In: Leonhard, H., G. Töndury, K. Zilles (Hrsg.): Rauber/Kopsch, Anatomie des Menschen,
KAPITEL
Verlängertes Mark (Medulla oblongata) und Brücke (Pons) 5 und 6 Hirnstamm
5.1
.
113
Abgrenzung, äußere Gestalt und Gliederung .00
113
5.2
Hirnnervenkerne
115
5.2.1
Grundlagen
5.2.2 5.2.3 5.2.4
Lokalisation der Hirnnervenkerne im Hirnstamm und im oberen Zervikalmark ....00000000000000 117 Kerne des N. oculomotorius ........00.00004004040404 118 Kern des N. trochlearis ......0000000000000000044 120
5.2.5
Kerne des N. trigeminuS . ........0.0.0000000004044 120
5.2.6
Kern des N. abducensS
5.2.7
Kerne des N. facialis
5.2.8
Kerne des N. vestibulocochlearis
.
.....00000000
115
...
121
...
122
5.2.9 5.2.10 5.2.11 5.2.12 5.2.13
Kerne des N. glossopharyngeus ................ Kerne des N. vaQUS ... Kerne des N. accessoriuS .......0.0.0.00000000000 Kern des N. hypoglossus .............0.00.00000Die Hirnnervenkerne: Übersicht ................
5.3 5.3.1
Weitere Kernkomplexe in Medulla oblongata und Pons ............... 126 Olivenkernkomplex und oliväres System ......... 126
5.3.2
Brückenkerne (Nell. pontis)
5.3.3
Hinterstrangkerne (Ncl. gracilis und Nel. cuneatusS)
5,4
..........0.00000000 128
..
128
Überblick über Querschnitte durch Medulla oblongata und Pons
............... 122
5 und 6 Hirnstamm
124 124 125 125 125
.......... 130
(Hirnnervenkerne) oder im 6. Kapitel (Formatio reticularis, Bahn-
systeme) zusammenhängend beschrieben. In den > Kap. 5 und > Kap. 6 wird der Hirnstamm beschrieben. Er besteht (von kaudal nach kranial) aus Medulla oblongata (verlängertes Mark), Pons (Brücke) und Mesencephalon (Mittelhirn).
5.1
Der Hirnstamm enthält folgende wichtige Strukturen:
Gliederung
Abgrenzung,
äußere Gestalt und
in der Medulla oblongata: — Hinterstrangkerne
Abgrenzungen
— Olivenkernkomplex (Ncll. olivares inferiores)
Die etwa 3cm lange Medulla oblongata ist strukturell nach unten zum Rückenmark nicht ganz scharf abgrenzbar. Definitionsgemäß grenzt sich die Medulla oblongata nach kaudal durch den Abgang
im Pons:
— Brückenkerne (NCcll. pontis) * im Mesencephalon: — Ncl. ruber — Substantia nigra * verteilt über den gesamten Hirnstamm: Hirnnervenkerne Formatio reticularis mit mehreren Kerngebieten Bahnsysteme innerhalb des Hirnstamms große, durch den Hirnstamm ziehende auf- und absteigende Bahnsysteme. In Kapitel 5 werden Medulla oblongata und Pons betrachtet, in Kapitel 6 das Mesencephalon. Da sich bestimmte funktionelle Systeme
des ersten Zervikalnervenpaares ab, der schon zum Rückenmark
gehört. Nach kranial (rostral) reicht die Medulla oblongata bis zum Beginn der quer verlaufenden, wulstartigen Fasern des Pons (Brücke), von dem es durch den Sulcus bulbopontinus abgegrenzt ist. Der ca. 2,5cm lange Pons selbst reicht nach oben bis zu der Stelle,
wo die längs verlaufenden Fasern der Crura cerebri (Hirnschenkel; s.u.) des Mesencephalons an die quer verlaufenden Ponsfasern
grenzen. Außenansicht Den Hirnstamm kann man in der Dorsalansicht ( > Abb. 5.1) nur
oder verschiedene Bahnen sowohl in Medulla oblongata und Pons
nach Entfernung des Kleinhirns sehen. Dadurch öffnet sich der in > Kap. 10.1 detaillierter beschriebene IV. Ventrikel, der in ge-
als auch im Mesencephalon befinden, werden sie entweder im 5.
schlossenem Zustand eine zeltähnliche Form hat, mit der Basis des
des Hirnstamms wie die Hirnnervenkerne, die Formatio reticularis
114
5 Verlängertes Mark (Medulla oblongata) und Brücke (Pons)
Zeltes nach vorne („Boden“ des IV. Ventrikels) und dem von der Seite betrachtet spitz zulaufenden „Dach“ nach hinten, das von den
se rautenförmig, was man in > Abb. 5.1 gut nachvollziehen kann.
beiden Kleinhirnsegeln, Velum medullare inferius und superius,
Dieser Bereich wird deshalb Rautengrube (Fossa rhomboidea) ge-
gebildet wird (>- Abb. 5.1, II und 17). Die Seitenwände werden
nannt ( >
überwiegend durch die Pedunculi cerebelli gebildet (>- Abb. 5.1, 13, 14 und 19), kräftige Fasertrakte, die das Kleinhirn mit dem Hirnstamm verbinden. Direkt darunter hat der Ventrikel mit den
wölbungen durch darunter liegende Kerngebiete oder Fasertrakte, z.B. den Colliculus facialis, der durch eine Schlinge der efferenten Fasern des Hirnnervenkerns des N. facialis gebildet wird (>- Abb.
Recessus laterales seine maximale seitliche Ausdehnung ( > Abb.
5.1, 16). Direkt kaudal der Rautengrube erkennt man paramedian
31
5.1, 12). Der „Boden“ des IV. Ventrikels ist daher annäherungswei-
Abb. 5.1, 15). In der Rautengrube findet man z. T. Vor-
31 30
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Abb. 5.1 Hirnstamm und Zwischenhirn von dorsokranial. Das Kleinhirn (in seinem Umriss gestrichelt dargestellt) und die den Thalamus umgebenden Strukturen wurden abpräpariert. Von unten nach oben sieht man: 1 Medulla oblongata, 2 Pons, 3 Mittelhirn und 4 Zwischenhirn. Beachte jedoch, dass man die Grenzen in dieser Ansicht nicht anhand einer geraden Horizontallinie
festlegen kann. Die angegebenen Klammern sind nur Orientierungsmarken. Strukturen an der Medulla oblongata: 5 Sulcus medianus posterior, 6 Fasciculus gracilis, 7 Fasciculus cuneatus, 8 Funiculus lateralis (Seitenstrang), 9 Tuberculum gracile, 10 Tuberculum cuneatum, 11 Velum medullare inferius, 12 Recessus lateralis ventriculi quarti, 13 Pedunculus cerebellaris inferior (unterer Kleinhirnstiel). Strukturen am Pons: 14 Pedunculus cerebellaris medius (mittlerer Kleinhirnstiel), 15 Fossa rhomboidea (Rautengrube), 16 Colliculus facialis.
Strukturen am Mittelhirn: 17 Velum medullare superius mit aufliegender 18 Lingula cerebelli (kleiner Teil des Kleinhirmwurms), 19 Pedunculus cerebellaris superior (oberer Kleinhirnstiel), 20-21 Vierhügelplatte (Lamina tecti) mit 20 Colliculus superior und 21 Colliculus inferior, die über 22 Brachium colliculi superioris bzw. 23 Brachium colliculi inferioris mit dem Thalamus in Verbindung stehen. 24 (Groß-)Hirnschenkel (Crus cerebri, auch: Pars anterior pedunculi cerebri), 25 Area pretectalis, IV N. trochlearis.
Strukturen am Zwischenhirn: 26 Thalamus mit 27 Corpus geniculatum mediale und 28 Corpus geniculatum laterale, 29 Glandula pinealis (Zirbeldrüse, Epiphyse). Als Umriss dargestellt: 30 Fornix, 31 Seitenventrikel des Großhirns. [T873, L126]
5.2
Hirnnervenkerne
115
zwei Erhebungen, das Tuberculum gracile und lateral davon das
Hier erfolgt nur eine kursorische Wiederholung. Die Hirnnerven
Tuberculum cuneatum ( > Abb. 5.1, 9 und 10). In den darin enthaltenen Kernen (Ncl. gracilis bzw. Ncl. cuneatus) enden die Hinterstränge des Rückenmarks (>- Abb. 5.1, 6 und 7) mit den in
haben im Wesentlichen die Aufgabe, motorisch und sensibel die
(auch: Lamina tecti,
Kopf- und einen Teil der Halsregion zu versorgen. Eine Ausnahme bildet der N. vagus, dessen Ausbreitungsgebiet sich bis in den Brust- und Bauchbereich erstreckt. Es existieren insgesamt je zwölf Hirnnerven auf beiden Seiten, die mit Ausnahme des [., II. und z. T. des XI. aus dem Hirnstamm austreten. Die Hirnnerven werden sys-
Lamina quadrigemina). Sie besteht aus zwei oberen und zwei unte-
tematisch nach ihrem Austreten aus dem Gehirn nummeriert, wo-
ren
bei mit der Zählung ganz rostral am Großhirn begonnen wird:
> Kap. 3.5.1 beschriebenen somatosensiblen Fasern. Oberhalb der Rautengrube sieht man das Mesencephalon mit der markanten Vierhügelplatte, das Tectum mesencephali‘ Hügeln,
den
Colliculi superiores
und
Colliculi inferiores*
(> Abb. 5.1, 20 und 271). Oben an die Vierhügelplatte schließt sich
vor dem Zwischenhirn die kleine, aus wenigen Kerngruppen bestehende Area pretectalis an ( >- Abb. 5.1, 25), die im visuellen Sys-
* IN. olfactorius (Riechen) * IIN. opticus (Sehen)
salseite des Hirnstamms aus. Von den unteren Hügeln laufen ebenso wie von den oberen große, gut sichtbare Faserbündel nach lateral
* IIIN. oculomotorius (Augenbewegung) * IV N. trochlearis (Augenbewegung) * V N. trigeminus (sensible Gesichts- und motorische Kaumuskelversorgung)
und rostral zum Thalamus, die als Brachium colliculi superioris
* VIN. abducens (Augenbewegung)
und Brachium colliculi inferioris bezeichnet werden ( > Abb.5.1,
* VIIN. facialis (Gesichtsbewegung und Geschmackswahrnehmung)
tem eine Rolle spielt (Pupillenreflex). Unterhalb der Colliculi inferiores tritt der N. trochlearis (IV) als einziger Hirnnerv an der Dor-
22 und 23). In der Ventralansicht (>- Abb. 5.2) sind am auffälligsten die
quer verlaufenden Fasermassen des Pons, die eine scheinbare quer verlaufende „Brücke“ über den längs verlaufenden Hirnstamm bil-
* VIIIN, vestibulocochlearis (Hören, Beschleunigungs- und
Gleichgewichtswahrnehmung) * IXN. glossopharyngeus (sensible Zungen- und sensomotorische Pharynxversorgung)
den und sich nach seitlich und hinten in den mittleren Kleinhirnstiel (Pedunculus cerebellaris medius) fortsetzen. Zur Medulla oblongata (also nach unten) ist der Pons durch den Sulcus bulbopontinus abgegrenzt ( > Abb. 5.2, 10). Direkt unterhalb davon befin-
* XIN. accessorius (motorische Versorgung zweier Halsmuskeln)
det sich in der Medulla oblongata beiderseits paramedian ein längs
* XIIN. hypoglossus (Zungenbewegung).
* XN. vagus (sensomotorische Kehlkopfversorgung, viszeromotorische und viszerosensible Versorgung innerer Organe)
ausgerichteter Faserwulst, die Pyramide (Pyramis, > Abb. 5.2, 7),
die durch die abwärts laufende Pyramidenbahn vorgewölbt wird. Direkt darunter sieht man die Pyramidenbahnkreuzung ( > Abb. 5.2, 8). Dorsolateral der Pyramiden befindet sich die Oliva (Olive,
> Abb. 5.2, 9), deren Morphologie im Gegensatz zu den Pyramiden dem Namen tatsächlich einigermaßen gerecht wird. Oberhalb des Pons sieht man das Mesencephalon mit den beiden Hirnschenkeln (Crura cerebri, auch: Pars anterior pedunculi cerebri; > Abb.
5.2, 13). Dies sind große Faserbündel, die absteigende Bahnen vom
Die Ein- bzw. Austrittsstellen der Hirnnerven aus dem Gehirn kann man an der Basalansicht des Gehirns (mit Ausnahme des N. trochlearis) gut nachvollziehen ( > Abb. 5.2). Ganz rostral tritt der N. olfactorius (I) in Form mehrerer ganz dünner Faserbündelchen
als Fila olfactoria in den Bulbus olfactorius ein (der N. olfactorius ist
nicht dargestellt in > Abb. 5.2). Kaudal davon tritt der N. opticus (ILI, nach dem Chiasma opticum als Tractus opticus) ins Zwischen-
Hirnnervenkernen
hirn ein. Am Mittelhirn tritt zuerst der N. oculomotorius (III) ventral, etwas weiter unten der N. trochlearis (IV) dorsal aus dem
und ins Rückenmark führen. Zwischen den beiden Hirnschenkeln
Hirnstamm aus ( > Abb. 5.1, /V). Die übrigen Hirnnerven treten in
befindet sich die Fossa interpeduncularis (auch: Fossa intercrura-
absteigender Reihenfolge alle aus Medulla oblongata und Pons aus
lis; > Abb. 5.2, 14).
bzw. ein (>- Abb. 5.2). Von kranial nach kaudal: N. trigeminus (V,
Großhirnkortex
Weitere
zu
Details
den
Brückenkernen,
zur Außenansicht
des
den
Hirnstamms
können
der dickste der Hirnstammnerven) an der Lateralseite des Pons, N.
> Abb. 5.1 und > Abb. 5.2 entnommen werden. Zur Gliederung des Hirnstamms in Basis und Tegmentum > Kap. 5.4.
abducens (VI) am Unterrand des Pons im Sulcus bulbopontinus
medial, N. facialis (VII) zusammen mit dem knapp kaudal davon austretenden N. vestibulocochlearis (VIII) im gleichen Sulcus wei-
ter lateral, ganz kaudal schließlich der N. glossopharyngeus (IX), N.
5.2
Hirnnervenkerne
vagus (X), N. accessorius (XI, tritt nur mit Radix cranialis aus der Medulla oblongata aus) und vorne, zwischen Olive und Pyramiden,
5.2.1
Grundlagen
Die vom Gehirn ausgehenden peripheren Nerven werden Hirnnerven genannt. Sie wurden im Einzelnen in > Kap. 2.3 abgehandelt.
' tectum (lat.) = Dach ? colliculus (lat.) = kleiner Hügel
als letzter Hirnnerv der N. hypoglossus (XII). In > Kap. 2.1 wurde bereits ausgeführt, dass man die verschiedenen Informationsqualitäten, die ein Nerv leitet, in sieben Kate-
gorien einteilen kann. Ihre Kenntnis ist für das weitere Verständnis des nachfolgend Geschilderten unerlässlich: 1. Somatomotorische Efferenzen: willkürliche motorische Innervation, Skelettmuskulatur
116
5 Verlängertes Mark (Medulla oblongata) und Brücke (Pons)
e
UX
K
b
i
Abb. 5.2 Hirnstamm und Zwischenhirn von ventrobasal. Umriss des Kleinhirns als gestrichelte Linie dargestellt. Von unten nach oben sieht man 1 Medulla oblongata, 2 Pons, 3 Mittelhirn, 4 Zwischenhirn. Angedeutet sind 5 Strukturen des Großhirns. Beachte jedoch, dass man die Grenzen, insbesondere in
dieser Ansicht, nicht anhand einer geraden Horizontallinie festlegen kann. Die angegebenen Klammern sind nur Orientierungsmarken. Die sichtbaren Hirnnerven sind mit römischen Ziffern (I-XIl) bezeichnet und gelb hervorgehoben.
Strukturen an der Medulla oblongata: 6 Fissura mediana anterior. 7 Pyramis (Pyramide, vorgewölbt durch die kortikospinale Bahn, welche in der anschließenden 8 Pyramidenbahnkreuzung größtenteils auf die kontralaterale Seite kreuzt), 9 Oliva (Olive). Strukturen am Pons: 10 Sulcus bulbopontinus, 11 Pedunculus cerebellaris medius, 12 Sulcus basilaris (in dieser Furche verläuft die u.a. den Hirnstamm mit Blut versorgende A. basilaris, hier — wie auch alle anderen Blutgefäße — entfernt). Strukturen am Mittelhirn: 13 Crus cerebri (Pars anterior pedunculi cerebri), 14 Fossa intercruralis (Fossa interpeduncularis) mit Austritt des Ill. Hirnnervs.
Strukturen am Zwischenhirn: 15 Corpus mammillare, 16 Infundibulum hypophysis (Hypophysenstiel), 17 Chiasma opticum, 18 Tractus opticus. Strukturen am Großhirn: 19 Substantia perforata anterior, 20 Tractus olfactorius. [T873, L126]
2. Allgemein-somatosensible Afferenzen: Sensibilität aus Haut oder Schleimhaut (exterozeptiv), Gelenken und Muskeln (propriozeptiv) 3. Speziell-somatosensible Afferenzen: Sinnesimpulse aus der Netzhaut des Auges und dem Innenohr
4. Allgemein-viszeromotorische Efferenzen: Versorgung der Eingeweide mit parasympathischen oder sympathischen Impulsen, grundsätzlich »icht willkürlich 5. Speziell-viszeromotorische Efferenzen: willkürmotorische Versorgung der sog. Kiemenbogenmuskulatur, d.h. Gesichts-,
5.2 Kau-, Kehlkopf- und Schlund- sowie Teile der Halsmuskulatur.
Diese Fasern finden sich beim N. trigeminus (V), N. facialis (VII), N. glossopharyngeus (IX), N. vagus (X) und N. accessorius (X]).
6. Allgemein-viszerosensible Afferenzen: Sensibilität aus Eingeweiden und Blutgefäßen 7. Speziell-viszerosensible Afferenzen: Sinnesimpulse aus Riechschleimhaut und Geschmacksknospen.
Hirnnervenkerne
117
— Ncll. cochleares — Ncll. vestibulares * 4 allgemein-viszeromotorische Kerne Ncl. salivatorius superior Ncl. salivatorius inferior Ncl. dorsalis n. vagi — Ncl. accessorius n. oculomotorii * 4 speziell-viszeromotorische Kerne Ncl. motorius n. trigemini
5.2.2 Lokalisation der Hirnnervenkerne im Hirnstamm und im oberen Zervikalmark Der periphere Verlauf und die Innervationsgebiete der Hirnnerven wurden in > Kap. 2.3 besprochen. Hier werden nur die Kerne der Hirnnerven im ZNS beschrieben. Die Hirnnervenkerne sind definiert als die primären Projektionsorte der sensiblen Hirnnerven bzw. als die Ursprungsorte der motorischen Hirnnerven. Die Kerne der Hirnnerven II-XII befinden sich im Hirnstamm und im oberen zervikalen Rückenmark. Die Projektionskerne des N. olfactorius (I) und des N. opticus (II) befinden sich nicht im Hirnstamm, sondern an der Basis des Großhirns (I; > Kap. 9.3.1) und im Zwi-
schenhirn (II; > Kap. 8.2.1). Sie werden deshalb später abgehandelt. Die Projektionsgebiete der Hirnnerven I und II werden meist nicht als Hirnnervenkerne bezeichnet. Bei beiden Nerven besteht
Ncl. n. facialis Ncl. ambiguus — Ncl. n. accessorii * 1 allgemein- und speziell-viszerosensible Kerngruppe — Ncll. tractus solitarii. Wenn man die Hirnnerven I und II und ihre Projektionsgebiete einschließt, haben 6 der 12 Hirnnerven nur je ein Kerngebiet im ZNS.
Neben I und II sind dies die drei rein somatomotorischen N. trochlearis (IV), N. abducens (VI) und N. hypoglossus (XII) sowie der speziell-viszeromotorische N. accessorius (XI). Bei diesen Nerven
gilt also das Prinzip: ein Kern pro Nerv. Den übrigen 6 Hirnnerven sind nun entsprechend der Zusammensetzung ihrer Fasern die übrigen 14 Hirnnervenkerne des Hirnstamms zuzuordnen, was in den
folgenden Abschnitten vertieft wird. Auf den N. oculomotorius (III) entfallen dabei zwei Kerngebiete (gemischt somatomotorischer und allgemein-viszeromotorischer Nerv), auf den N. trigeminus (V) vier
die Besonderheit, dass sie kein sensorisches Ganglion besitzen und
Kerngebiete (gemischt allgemein-somatosensibler und speziell-vis-
die Sinneszellen direkt ins ZNS projizieren (primäre Sinneszellen). Beim N. opticus handelt es sich eigentlich ohnehin nicht um einen peripheren Nerv, sondern um einen zentralnervösen Fasertrakt. Das 1. Neuron der Sehbahn projiziert bereits innerhalb der Retina
zeromotorischer Nerv), auf den N. facialis (VII) drei Kerngebiete
(gemischt allgemein- und speziell-viszeromotorischer sowie speziell-viszerosensibler Nerv), auf den N. vestibulocochlearis
(VIII)
das Projektionsziel seiner
zwei Kerngebiete (speziell-somatosensibler Nerv) sowie auf N. glossopharyngeus (IX) und N. vagus (X) je vier Kerngebiete (jeweils allgemein- und speziell-viszeromotorische sowie allgemein- und speziell-viszerosensible Nerven). Als wäre das noch nicht kompliziert genug, feilen sich manche Hirnnerven auch noch bestimmte Kerne. So wird z. B. der Ncl. spinalis n. trigemini gemeinsam von den Hirn-
Axone im ZNS, das Corpus geniculatum laterale des Zwischen-
nerven V, IX und X als Projektionsort benutzt. Diese Verhältnisse
hirns, als „Hirnnervenkern-Äquivalent“ des II. Hirnnervs bezeichnen. Genauso ist der Bulbus olfactorius das „Hirnnervenkern-
sind in > Abb. 5.3 verdeutlicht.
Äquivalent“ des I. Hirnnervs.
Als Lernhilfe kann man die 10 Hirnnerven III-XII und ihre kom-
auf das 2. Neuron ( > Kap. 9.8.1). Da die sensiblen Hirnnervenker-
ne aber der primäre Projektionsort der 1. sensiblen Neurone sind, lässt sich für den N. opticus eigentlich kaum ein „Hirnnerven“kern
benennen. Weil aber andererseits der N. opticus nomenklatorisch als „Nerv“ bezeichnet wird, kann man
plexe Nutzung verschiedener Hirnnervenkerne im Hirnstamm verJeder der insgesamt 18 Hirnnervenkerne bzw. -kerngruppen des Hirnstamms kann einer der oben aufgeführten Kategorien zugeordnet werden. Es gibt somit:
gleichen mit 10 Studenten, die sich, z. B. um eine bestandene Neu-
roanatomieprüfung zu feiern, gemeinsam in eine Eisdiele begeben. Dabei entsprechen die 10 Studenten den 10 Hirnnerven und die 18 Hirnnervenkerne den verschiedenen Sorten Eis, die man kaufen
* 4 somatomotorische Kerne
kann. Der Hirnstamm ist die Eisdiele. Jede(r) Student(in) (Hirn-
— Ncl. n. oculomotorii Ncl. n. trochlearis Ncl. n. abducentis — Ncl. n. hypoglossi * 3 allgemein-somatosensible Kerne — Ncl. principalis n. trigemini — Ncl. spinalis n. trigemini — Ncl. mesencephalicus n. trigemini * 2 speziell-somatosensible Kerngruppen
nerv) wählt nach seinem/ihrem eigenen Geschmack: manche achten auf ihre Linie und wählen nur eine einzige Kugel (z. B.N. trochlearis oder N. hypoglossus, nur jeweils ein Kern). Andere mögen es bunter, wie der N. vagus, der gleich aus vier verschiedenen Eissor-
ten je eine
Kugel
wählt
(4 verschiedene
Kerne).
Manche
Ge-
schmackssorten sind auch so beliebt, dass sie von mehreren Stu-
denten gewählt werden (z.B. Ncl. spinalis n. trigemini, wird von drei verschiedenen Hirnnerven genutzt [V, IX und X]).
118
5 Verlängertes Mark (Medulla oblongata) und Brücke (Pons)
Nel. mesencephalicus n. trigemini
Nel. principalis _ n. trigemini
_ Nel. spinalis n. trigemini
Nell. tractus solitarli
Nell. vestibulares
J
Nell. cochleares
J
Abb. 5.3 Die Hirnnervenkerne des Hirnstamms und ihre Zuordnung zu den peripheren Hirnnerven. Farbgebung: rot somatomotorisch, rosa speziellviszeromotorisch, gelb allgemein-viszeromotorisch, grün allgemein- und speziell-viszerosensibel, lila speziell-somatosensibel, blau allgemein-somatosensibel. Bei den motorischen Kernen ist der Pfeil in Richtung Nerv, bei den sensiblen Kernen in Richtung Kern gezeichnet. [T873, L106]
Bei der Anordnung der 18 Hirnnervenkerne im Hirnstamm und im oberen Zervikalmark gilt prinzipiell, dass die somatomotorischen Kerne mehr medial, die somatosensiblen mehr lateral liegen, die
viszeromotorischen und die viszerosensiblen dazwischen. Doch
kann
man
diesbezüglich keine scharfe
Trennung
vornehmen.
> Abb. 5.4 orientiert über die Lokalisation der Hirnnervenkerne im Hirnstamm.
Im Folgenden werden die einzelnen Kerne - nach Hirnnerven geordnet - besprochen, sofern sie im Hirnstamm und oberen Zervi-
kalmark lokalisiert sind. Eine Übersicht über die Hirnnervenkerne
und deren Faserverbindungen wird im Anschluss daran tabellarisch dargestellt (s. u.).
Nel. n. oculomotorii
Dieser somatomotorische Kernkomplex liegt paramedian kurz vor dem Aquädukt in Höhe der Colliculi superiores im Tegmentum des Mittelhirns (>- Abb. 5.4, I; > Abb. 6.1, 11). Seine efferenten Fasern, die im N. oculomotorius in der Fossa interpeduncularis das Mesencephalon verlassen, innervieren den oberen Lidheber (M. le-
vator palpebrae superioris) und alle äußeren Augenmuskeln mit Ausnahme des M. obliquus superior und M. rectus lateralis. Jedem der vom N. oculomotorius zu versorgenden Muskeln entspricht eine eigene Untereinheit im Ncl. n. oculomotorii. Das Kerngebiet für den oberen Lidheber ist interessanterweise nicht paarig, wie sonst alle Hirnnervenkerne, sondern unpaarig in der Mitte zwischen rechtem und linkem Ncl. n. oculomotorii ausgebildet. Es ist also nur ein Kern, der beide Lidheber versorgt. Praktisch können
5.2.3
Kerne des N. oculomotorius
wir dies an der Tatsache beobachten, wie schwierig es ist, ein Auge allein offen zu halten, während das andere geschlossen bleibt: Beim
Der IIl. Hirnnerv ist ein gemischter somato- und viszeromotori-
scher Nerv, der dementsprechend zwei Kerne hat: s Ncl. n. oculomotorii (somatomotorisch)
* Ncl. accessorius n. oculomotorii (allg.-viszeromotorisch).
geschlossenen Auge wird die Aktivität des Lidschließers, der vom N. facialis innerviert wird, fortlaufend durch den beidseitig aktivierten M. levator palpebrae antagonisiert. Das führt dazu, dass das geschlossene Lid immer etwas zittert.
5.2
Hirnnervenkerne
119
1 22 23 23 2 22
16 20
>
17
16
1
Il
2
19
IV
3
9
21
3
14
1r
6 9
10
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Vl
.
7
8
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10
13
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11
12
12
a
\
b
Abb. 5.4 Lokalisation der Hirnnervenkerne im Hirnstamm und im oberen Zervikalmark. Die römischen Ziffern in der Legende geben die Hirnnerven an, denen die Kerne als Ursprungs- oder Projektions(Ziel-Jort dienen. Beachte, dass ein Hirnnerv mehrere Kerne haben kann, dass aber z. T. auch mehrere Hirnnerven ei-
nen Kern gemeinsam benutzen. Die Farbgebung entspricht >=- Abb. 5.3. a Räumliche Ansicht von dorsal. Links im Bild sind die motorischen und rechts die sensiblen Kerne dargestellt. b Räumliche Ansicht von der Medianebene aus. Somatomotorisch: 1 Ncl. n. oculomotorii (Ill), 2 Ncl. n. trochlearis (IV), 3 Ncl. n. abducentis (VI), 4 Ncl. n. hypoglossi (XIl). Allgemein-viszeromotorisch: 5 Nel. accessorius n. oculomotorii (Ncl. Edinger-Westphal, IIl), 6 Ncl. salivatorius superior (VII), 7 Ncl. salivatorius inferior (IX), 8 Ncl. dorsalis n. vagi (X). Speziell-viszeromotorisch: 9 Ncl. motorius n. trigemini (V), 10 Ncl. n. facialis (VII), 11 Ncl. ambiguus (IX, X), 12 Nel. n. accessorii (XI). Allgemein- und speziell-viszerosensibel: 13 Nell. tractus solitarli (VII, IX, X). Speziell-somatosensibel: 14 Ncll. vestibulares (VII), 15 Nell. cochleares (VIIl; nur in a).
Allgemein-somatosensibel: 16 Ncl. mesencephalicus n. trigemini (V), 17 Ncl. principalis n. trigemini = Ncl. pontinus n. trigemini (V), 18 Ncl. spinalis n. trigemini (V, IX, X). Umgebende Strukturen: Ill, IV, VII Hirnnerven Ill, IV, VIl, 19 inneres Fazialisknie (nur in b), 20 Ncl. ruber (nur in b), 21 Crus cerebri (nur in b), 22 Lamina tecti (Vierhügelplatte), 23 Glandula pinealis (Epiphyse). [T873, L106]
K L l NIK
.
lung des Auges der betroffenen Seite nach lateral unten resultiert, wo-
Läsionen des Ncl. n. oculomotorii
durch Doppelbilder entstehen (im Einzelnen > Kap. 2.3.3). Hinzu
Eine Zerstörung des Okulomotoriuskerns hat die Lähmung eines Großteils der äußeren Augenmuskeln zur Folge. Es bleiben nur noch der M. rectus lateralis (Augenbewegung nach lateral) und der M. obliquus superior (Augenbewegung nach lateral unten) funktionstüchtig, sodass eine Fehlstel-
kommt ein Herabhängen des Augenlids, sog. Ptose, durch Lähmung des M. levator palpebrae superioris. Oft treten die beschriebenen Symptome auf beiden Seiten auf, da die Okulomotoriuskernkomplexe beider Seiten so eng beieinander liegen, dass sie leicht gemeinsam geschädigt werden.
120
5 Verlängertes Mark (Medulla oblongata) und Brücke (Pons)
5.2.5 Kerne des N. trigeminus
Nel. accessorius n. oculomotorlii
Der Kernkomplex wird auch als Ncl. Edinger-Westphal bezeichnet. Er liegt dem Ncl. n. oculomotorii mediodorsal an ( > Abb. 5.4,
5; > Abb. 6.1, 12). Er ist eines der vier parasympathischen (also viszeromotorischen)
Kernzentren des Hirnstamms
Der V. Hirnnerv besitzt eine motorische und eine sensible Wurzel. Die motorische Wurzel des Nervs versorgt die Kaumuskulatur und hat ihren Ursprung im
(die anderen
sind: Ncl. salivatorius superior, Ncl. salivatorius inferior und Ncl.
dorsalis n. vagi). Die efferenten Fasern des Ncl. Edinger-Westphal, die alle im IIL Hirnnerv laufen, versorgen parasympathisch die inneren Augenmuskeln. Dies sind die glatten M. ciliaris (Einfluss auf die Linsenkrümmung und damit Brechung des Lichtstrahls) und M. sphincter pupillae (Pupillenverengung).
° Ncl. motorius n. trigemini (> Abb. 5.4, 9). Sie verlässt den Hirnstamm zusammen
mit der
sensiblen Wurzel in der Mitte des Pons als dickster Hirnstammnerv, sodass der N. trigeminus am Hirnstamm immer gut identifizierbar ist. Der Kernkomplex des sensiblen Teils lässt sich in drei Anteile gliedern ( > Abb. 5.4, 16-18):
KLINLK Läsionen des Ncl. accessorius n. oculomotorlii
Fällt der Ncl. accessorius n. oculomotorii (Edinger-Westphal) aus, bleibt
das Auge ohne parasympathische Versorgung. Das äußert sich in einer Weitstellung der Pupille (funktionelles Übergewicht des Sympathikus, der den M. dilatator pupillae innerviert) und in einer Unfähigkeit zur Akkommodation (Lähmung des M. ciliaris). Dementsprechend werden
auf dem betroffenen Auge eine Lichtüberempfindlichkeit und eine Unfähigkeit, Dinge in der Nähe scharf zu sehen, beklagt. Eine isolierte Läsion des Ncl. accessorius n. oculomotorii kommt kaum vor, in der Regel ist der Ncl. n. oculomotorii mit betroffen.
5.2.4
Kern des N. trochlearis
Der IV. Hirnnerv ist rein somatomotorisch und hat seinen Kern im » Ncl. n. trochlearis.
s Ncl. mesencephalicus n. trigemini » Ncl. principalis n. trigemini * Ncl. spinalis n. trigemini. Die drei sensiblen Kerne haben nichts mit der Aufteilung des N. trigemius in drei große periphere Äste zu tun, sondern sie sind der Verschaltungsort für sensible Afferenzen jeweils unterschiedlicher Qualität. Im Ncl. mesencephalicus n. trigemini enden die propriozeptiven Fasern der Kaumuskulatur, im Ncl. principalis (auch: Ncl. pontinus) n. trigemini überwiegend diejenigen der feinen Berührungsempfindung der Kopfregion und im Ncl. spinalis n. trigemini überwiegend die Fasern der Schmerz- und Temperaturwahrnehmung sowie der groben Berührungs-(Druck)empfindung. Es ist klinisch wichtig, dass Letztere in somatotopischer Anordnung im Ncl. spinalis enden: oben (rostral) die Fasern der perioralen Region, darunter absteigend die Fasern der anschließenden Hautregionen, sodass die Fasern des Randbezirks der trigeminalen Hautversorgung ganz kaudal im Kern enden (vereinfachtes Prinzip, > Abb.
Der Kern liegt in Höhe der Colliculi inferiores im Tegmentum des Mittelhirns etwas unterhalb des Okulomotoriuskernkomplexes und
5.5).
direkt vor dem Aquädukt ( >- Abb. 5.4, 2). Mit seinen efferenten Fasern, die direkt nach Verlassen des Kerns auf die Gegenseite
M.ER.KE
kreuzen und dann als einzige dorsal aus dem Hirnstamm austreten, innerviert er den M. obliquus superior am Augapfel. Dadurch blickt das Auge nach lateral unten und wird einwärts gerollt (> Abb. 2.21c). KLLNLK
Die somatotopische Gliederung des Ncl. spinalis n. trigemini entspricht nicht der peripheren Aufteilung des Nervs in seine drei Hauptäste (vgl. > Abb. 5.5 versus > Abb. 2.22b).
Der Ncl. mesencephalicus n. trigemini hat eine Besonderheit. Die dort liegenden Neurone erhalten nicht wie bei allen anderen sensi-
Läsionen des Ncel. n. trochlearis
blen Kernen des ZNS ihre Afferenzen von Neuronen, deren Perika-
Prinzipiell unterscheidet sich eine Läsion des Kerngebiets in der Symptomatik nicht von derjenigen des peripheren Nervs (Fehlstellung des Bulbus mit Doppelbildern, vgl. klinischer Hinweis in =- Kap. 2.3.5). Der Unterschied besteht allerdings darin, dass sich eine Schädigung des Kerns im
ryen in einem peripheren Ganglion liegen. Vielmehr schicken sie
Gegensatz zu einer des Nervs auf der kontralateralen Seite auswirkt, da die efferenten Fasern des Ncl. trochlearis noch vor ihrem Austritt aus dem Hirnstamm zur Gegenseite kreuzen. Generell ist jedoch eine isolierte Schädigung des Trochleariskerns selten und bezieht sonst meist die Läsion anderer, benachbarter Kerne und Bahnen mit ein. Daher muss bei isolierten Trochlearisschädigungen eher eine periphere Schädigung vermutet werden.
ihre eigenen sensiblen Fortsätze bis in die Kaumuskulatur,
ohne
„Zwischenschaltung“ eines sensiblen peripheren Neurons. Deshalb betrachtet man diesen Kern auch als „im ZNS liegendes Gan-
glion“, das dementsprechend aus den Perikaryen pseudounipolarer Ganglienzellen besteht. Die wichtigsten Efferenzen der Ncll. spinalis und principalis n. trigemini sind als Tractus trigeminothalamicus zum Thalamus im Zwischenhirn gerichtet. Die Fasern dieses Trakts lagern sich als
5.2 Lemniscus trigeminalis dem Lemniscus medialis an (s.u.), mit
dem sie weiter durch den Hirnstamm zum Thalamus des Zwischenhirns ziehen, wo die Impulse verschaltet und zum Großhirn weitergeleitet werden (Bewusstwerdung der sensiblen Impulse). Die efferenten Fasern des Ncl. spinalis n. trigemini (Schmerz, Temperatur) kreuzen gleich zu Beginn auf ihrem Weg zum Thalamus auf die Gegenseite. Die efferenten Fasern des Ncl. principalis hingegen laufen großenteils ebenfalls gekreuzt, zu einem Teil aber auch ungekreuzt zum Thalamus. Die efferenten Fasern des Ncl. mesencephalicus n. trigemini schließlich sind hauptsächlich zum motorischen Trigeminuskern gerichtet. KLLNLK Läsionen der Trigeminuskerne Solche Läsionen betreffen in der Regel nicht alle Trigeminuskerne auf einmal. Ist der sensible Teil betroffen, resultiert ein Sensibilitätsausfall im Gesicht. Durch getrennte Prüfung der Schmerz-, Temperatur- und Berührungssensibilität können zentrale Schädigungen des Nervenkerns von peripheren Läsionen des Nervs unterschieden werden. Bei kleineren zentralen Schädigungen kann z. B. selektiv die Schmerz- und Temperaturwahrnehmung der Perioralregion oder auch selektiv die feine Berührungsempfindung des Gesichts ausgefallen sein, was bei peripheren Läsionen des Nervs nicht vorkommt, da dort die Fasern nicht getrennt nach Sinnesqualität, sondern nach Gesichtsregion verlaufen. Hinsichtlich der somatotopischen Gliederung des Nel. spinalis n. trigemini ist es wichtig, bei der klinischen Untersuchung nicht nur die peripheren Äste einzeln zu prüfen (>- Kap. 2.3.6), sondern auch die zentrale Aufteilung des spinalen Kerns, indem man konzentrisch von peripher nach oral die Schmerz- und Temperatursensibilität der Gesichtshaut prüft. Bei Läsion der aufsteigenden Bahnen zum Thalamus findet sich bei einseitiger Schädigung kontralateral eine Schmerz- und Temperaturunempfindlichkeit des Gesichts (Kreuzung der Bahn auf Hirnstammebene), jedoch eine nur unvollständig
eingeschränkte Berührungsempfindlichkeit, diese aber beidseits (gekreuzter und ungekreuzter Verlauf der Bahn!).
Abb. 5.5 Somatotopische Gliederung des Ncl. spinalis n. trigemini. 1 Nucleus spinalis n. trigemini: somatotopische Gliederung entsprechend den Gesichtsregionen rechts (beachte, dass dies nicht der peripheren Aufteilung des N. trigeminus in seine drei Hauptäste entspricht, vgl. zu > Abb. 2.22), 2 Ncl. principalis n. trigemini, 3 Ncl. mesencephalicus n. trigemini. [T873, L106]
1
5.2.6 Der VI.
Hirnnervenkerne
121
Kern des N. abducens Hirnnerv
ist ein rein somatomotorischer
Nerv,
dessen
Kern,
s Ncl. n. abducentis,
paramedian im kaudalen und dorsalen Bereich der Brücke liegt (> Abb. 5.4, 3). Von diesem Kern aus wird der M. rectus lateralis
des Auges innerviert (Abduktionsbewegung des Bulbus oculi). Seine Fasern treten am Unterrand der Brücke direkt oberhalb der Pyramiden aus und sind aufgrund dieser charakteristischen Lage stets gut zu identifizieren. Um eine optimale Koordination für die Bewegung des Augapfels zu erlangen, muss der Ncl. n. abducentis mit den anderen Kernen
für die Augenbewegung (Ncl. n. oculomotorii und Ncl. n. trochlearis) sowie mit den Blickzentren des Hirnstamms efferent und
afferent verbunden sein. Darauf wird in > Kap. 6.3.4 gesondert eingegangen.
Besonders gruppe des dafür sorgt, wird, Dieser abducentis.
wichtig ist die efferente Verknüpfung mit der KernNcl. n. oculomotorii für den M. rectus medialis, die dass bei Abduktion eines Auges das andere adduziert Verknüpfung dienen ca. 50 % aller Neurone des Ncl. n.
KLLNLK Läsionen des Ncel. n. abducentis
Die Schädigung des Ncl. n. abducentis unterscheidet sich im klinischen Bild von einer Schädigung des peripheren Nervs, da im Abduzenskern nicht nur die Motoneurone für den M. rectus lateralis des Auges liegen, sondern auch von hier aus synergistisch die Mitbewegung des kontralateralen Auges verschaltet wird, sodass oft eine komplette, d.h. beide Augen betreffende Blicklähmung zur Seite der Schädigung besteht.
122 5.2.7
5 Verlängertes Mark (Medulla oblongata) und Brücke (Pons)
um allgemein-viszeromotorische Systeme handelt, sind sie auch nicht willkürlich ansteuerbar. Entsprechend gibt es zu diesen Zen-
Kerne des N. facialis
Der VII. Hirnnerv hat einen speziell-viszeromotorischen, einen allgemein-viszeromotorischen (= sekretorischen, parasympathi-
tren keine direkten kortikonukleären Fasern (= Fasern der Großhirnrinde zu den Hirnnervenkernen). Diese Kerne werden stattdes-
schen) und einen speziell-viszerosensiblen (geschmackswahrnehmenden) Anteil. Die viszerosensiblen und viszeromotorischen An-
sen u.a. über den Hypothalamus des Zwischenhirns (Steuerzentrum des vegetativen Nervensystems) angesteuert, was großenteils über den durch den Hirnstamm ziehenden Fasciculus longitudinalis posterior geschieht ( > Kap. 6.5.7).
teile verlassen meist gesondert als N. intermedius den Hirnstamm und werden nur aufgrund ihres gemeinsamen Verlaufs mit dem N. facialis nomenklatorisch zu einem Nerv zusammengefasst. Entsprechend seinen drei funktionellen Eigenschaften hat der N. facialis drei Kerngebiete: * Ncl. n. facialis (speziell-viszeromotorisch) * Ncl. salivatorius superior (allgemein-viszeromotorisch) s Ncll. tractus solitarii (speziell-viszerosensibel).
Die funktionell wenig bedeutsamen, zahlenmäßig nur geringen somatosensiblen Fasern des N. facialis zur Teilversorgung des Außenohrs stammen aus dem sensiblen Trigeminuskern. Ncel. n. facialis
Nell. tractus solitarii (Ncl. solitarius) Der speziell-viszerosensible Anteil des N. facialis projiziert in den aus mehreren Untergruppen bestehenden Kernkomplex der Ncll. tractus solitarii (>- Abb. 5.4, 13), den einzigen Kernkomplex für
Viszerosensibilität und Geschmacksempfindung im Hirnstamm. Hier enden also alle Geschmacksfasern, auch die des N. glossopharyngeus und die wenigen des N. vagus. Die hier endenden Fasern des N. facialis leiten die Geschmacksinformation der vorderen zwei Drittel der Zunge. Die verschaltete sensorische Information wird dann von den Ncll. tractus solitarii nach oben zum Thalamus geleitet, von wo aus sie zum Großhirn gelangt (Bewusstwerdung der Geschmacksempfindung).
Der speziell-viszeromotorische Anteil des N. facialis entspringt aus dem Ncl. n. facialis im Pons ( > Abb. 5.4, 10) und versorgt mit seinen Fasern die mimische Gesichtsmuskulatur. Der Verlauf dieser Fasern im Hirnstamm weist eine charakteristische Besonderheit
KLLNLK Läsionen der Fazialiskerne
gegliedert werden kann: Der eine innerviert die Lidschluss- und
Eine Schädigung des Nel. n. facialis unterscheidet sich hinsichtlich der Ausfälle der mimischen Muskulatur nicht von einer Läsion des peripheren N. facialis und wird wie diese als periphere Fazialislähmung bezeichnet (schlaffe Lähmung der gesamten mimischen Muskulatur einer Seite, > Kap. 2.3.8, S5. 68). Die sog. zentrale Fazialislähmung unterscheidet sich in der S$ymptomatik von dieser und kommt durch eine Schädigung der kortikonukleären Bahn zum Ncl. n. facialis zustande (Symptomatik und Pathophysiologie > Kap. 6.5.1, 5. 148). Liegt eine Schädigung des Ncl. salivatorius superior vor, besteht die Gefahr, dass Binde- und Hornhaut des Auges austrocknen, da der Tränen-
Stirnmuskulatur,
der andere die übrige mimische Muskulatur.
fluss sistiert. Zusätzlich kann Mundtrockenheit bestehen (Ausfall der Sub-
Dies spielt bei der klinischen Unterscheidung zwischen peripherer oder zentraler Fazialislähmung eine große Rolle (>- Kap. 6.5.1). Auch werden dem Kern die Impulse für emotional ausgelöste Gesichtsbewegungen (z. B. Lachen) über gesonderte, von der willkürlichen Ansteuerung getrennte Bahnen zugeleitet, sodass klinisch bei-
lingual- und Submandibulardrüse). Eine Läsion der Nell. tractus solitarii hat u.a. einen Ausfall der Geschmacksempfindung der Zunge auf der betroffenen Seite zur Folge.
auf, durch die man in Querschnittsbildern die efferenten Fasern des
Fazialiskerns gut identifizieren kann. Sie ziehen nach Verlassen des Kerns nach dorsokranial um den Abduzenskern herum und wölben
so am Boden der Rautengrube den Colliculus facialis (inneres Fazialisknie) vor ( > Bedeutung
Abb. 5.4, 19 und > Abb. 5.10, 12). Von großer
ist, dass der Ncl. n. facialis hinsichtlich
seiner vom
Großhirnkortex kommenden motorischen Afferenzen in zwei Teile
de Arten mimischer Motorik (willkürlich und emotional) isoliert
5.2.8
Kerne des N. vestibulocochlearis
voneinander ausfallen können.
Entsprechend seinen zwei getrennten Wurzeln und der peripheren Ncl. salivatorius superior
Versorgung zweier Sinnesorgane hat der VIII. Hirnnerv zwei Kern-
gruppen:
Der allgemein-viszeromotorische (sekretorische) Teil des N. facialis
hat seinen Ursprungskern im Ncl. salivatorius superior*, der eines der vier parasympathischen Zentren des Hirnstamms ist ( > Abb. 5.4, 6). Die hier entspringenden parasympathischen Fasern inner-
» Ncll. cochleares » Ncll. vestibulares.
vieren die Tränen-, Nasen- und Gaumendrüsen sowie die Sublingu-
Beide Anteile des Nervs treten im Kleinhirnbrückenwinkel in den
al- und Submandibulardrüse. Da es sich beim Ncl. salivatorius superior wie bei den anderen parasympathischen Hirnnervenkernen
Hirnstamm ein.
Die die Hörimpulse des Innenohrs führenden Fasern des VII. Hirnnervs enden im Pons in den beiden Ncll. cochlearis anterior und posterior ( > Abb. 5.4, 15). Die wichtigsten Efferenzen dieser
3 saliva (lat.) = Schleim, Speichel
Kerne bilden, z. T. auf die Gegenseite kreuzend, die zentrale Hör-
5.2 bahn, die als Lemniscus lateralis zu den Colliculi inferiores des
Mittelhirns zieht (zur Hörbahn als Ganzes > Kap. 9.9.1).
Der andere Teil des VIII. Hirnnervs, der die Lage- und Beschleunigungsimpulse aus den Vestibularorganen (Sacculus, Utriculus und Bogengänge) des Innenohrs führt, projiziert im Hirnstamm in
Hirnnervenkerne
123
* mit den Augen gesehene Gegenstände weiterzuverfolgen (Blickstabilisierung), indem man mit den Augen die der Körperbewegung entgegengerichtete Bewegung vollzieht, was durch die Projektion zu den Augenmuskelkernen gewährleistet ist (= vestibulo-okulärer Reflex).
die vier Vestibulariskerne (>- Abb. 5.4, 14): Ncll. vestibularis suDies alles muss sehr schnell geschehen und läuft ab, ohne dass es
perior, inferior, medialis und lateralis.
uns bewusst wird. Deshalb ziehen die Fasern von den Vestibularis-
Ein kleiner Teil der vestibulären Fasern gelangt auch direkt über
kernen auch direkt ins Rückenmark, ins Kleinhirn und zu den Au-
den Pedunculus cerebellaris inferior ins Kleinhirn ( > Kap. 7.3.1).
genmuskelkernen, ohne vorher im Großhirn verschaltet zu werden. Die vestibuläre Efferenz zum Thalamus im Zwischenhirn, die von dort zum sensiblen Großhirnkortex weitergeleitet wird, dient letzt-
Neben den primären Afferenzen aus dem Vestibularorgan erhalten die Vestibulariskerne auch Projektionen aus dem Rückenmark (Vermittlung propriozeptiver Impulse) und aus dem Kleinhirn (dem Anteil, der auch die erwähnten primären vestibulären Affe-
renzen erhält).
lich nur noch der Bewusstwerdung der Körperlage bzw. -bewegung, nicht aber den erwähnten vestibulären Reflexen. Die (ipsilateral) ins Rückenmark gerichtete Bahn bildet den Tractus vestibulospinalis, der dort überwiegend zur
Die wichtigsten Efferenzen der Vestibulariskerne ziehen zum Thalaonen im Lemniscus medialis an), außerdem ins Kleinhirn, zu den
s Aktivierung der Strecker-Motoneurone und zur
Augenmuskelkernen, zu präokulomotorischen Zentren der Forma-
» Hemmung der Beuger-Motoneurone
mus (die Fasern schließen sich den anderen somatosensiblen Projekti-
tio reticularis ( > Kap. 6.3.4) sowie ins Rückenmark. Diese Faserverbindungen sind sehr sinnvoll, wenn man die Funktion des Vestibularorgans bedenkt, die darin liegt, dem Gehirn Information über die Lage
und die Bewegung des Körpers zu geben. Auf diese Information hin muss das Gehirn Korrekturbewegungen einleiten. Diese dienen dazu, e den Körper im Gleichgewicht zu halten (dazu Projektion der
führt. Dies ist von großer klinischer Bedeutung (s. u.). Streckbewegungen sind in der Regel die zweckmäßigsten Korrekturbewegungen auf vestibuläre Reize (z.B. beim Fallen, beim Nachgeben des Untergrunds), um den Körper wieder ins Gleichgewicht zu bringen oder ihn beim Fallen abzustützen. Zu den Faserverbindungen der Ncll. vestibulares > Abb. 5.6.
Vestibulariskerne ins Kleinhirn und ins Rückenmark)
Blickstabilisierung
Regulierung der Körperhaltung (z.T. Blickstabilisierung)
Raumorientierung ©
Lobus flocculonodularis
Nuclei vestibulares
Vestibularorgan Gleichgewichtswahrnehmung
Motoneurone
Abb. 5.6 Faser- und Funktionsbeziehungen der Ncll. vestibulares. [T873, L126]
Regulierung der Körperhaltung
124
5 Verlängertes Mark (Medulla oblongata) und Brücke (Pons)
KLINLK Ausfallserscheinungen des vestibulären Systems Das vestibuläre System hat drei Aufgaben: Regulation der Körperhaltung, Raumorientierung und Blickstabilisierung. Eine Funktionsstörung in diesem Bereich führt daher zu Gleichgewichtsstörungen, Schwindel und Nystagmus. Nystagmus ist ein unwillkürliches, rhythmisches „Zittern” der Augen, es kann physiologisch als Ausgleichsbewegung und — z.B. bei Störungen des vestibulären Systems — pathologisch auftreten. Der Ausfall der Ncell. vestibulares gleicht im klinischen Bild dem des peripheren N. vestibularis. Symptome (s. o.) treten fast immer nur bei plötzlichem (akutem) Ausfall des vestibulären Systems auf, da im Hirnstamm nun vestibuläre, visuelle und propriozeptive (Gelenkrezeptoren etc.) Afferenzen nicht mehr miteinander korrelieren. Enthemmung der vestibulospinalen Bahn Da der Tractus vestibulospinalis im Rückenmark überwiegend die Neurone der Extensoren erregt und diejenigen der Flexoren indirekt hemmt, muss ein ständiger Impuls dieser Fasern durch andere absteigende (kortikotegmentale, kortikospinale, retikulospinale und rubrospinale) Bahnen gegensteuernd ausgeglichen werden. Fallen diese inhibitorischen Bahnen auf ihrem Weg in das Rückenmark bzw. den Hirnstamm aus und bleiben gleichzeitig die Ncll. vestibulares mit ihren vestibulospinalen Projektionen erhalten (z.B. bei einer isolierten Mittelhirnläsion), resultiert durch die
Enthemmung des vestibulospinalen Trakts ein sog. Extensoren„Spasmus”, d. h. eine ständige, pathologische Kontraktion der Extensorenmuskeln. Dies ist auch ein charakteristischer Bestandteil des sog. „Mittelhirnsyndroms”, ein Funktionsverlust des Mittelhirns meist durch dessen Einklemmung im Tentoriumschlitz“ (>- Kap. 10.2.1) bei Hirnschwellung.
5.2.9 Kerne des N. glossopharyngeus
Drittel der Zunge speziell-viszerosensibel (Geschmackswahrnehmung). Etwas weiter kaudal im Solitariuskernkomplex enden viszerosensible Fasern, die die afferenten Impulse von den Mechanorezeptoren des Sinus caroticus und den Chemorezeptoren des Glomus caroticum zur Medulla oblongata leiten. Diese Impulse vermitteln zum einen Information über die Höhe des Blutdrucks, zum andern über den 0,- und CO‚,-Spiegel im Blut (Chemorezeptoren). Indirekte Efferenzen der Ncll. tractus solitarii zum Vaguskern und in das Kreislaufzentrum der Medulla oblongata führen zur Anpassung von Herzleistung und Gefäßtonus an den vorhandenen Blutdruck. Die Information über den CO,-Spiegel wird über Efferenzen des Kerns zum Atemzentrum der Medulla oblongata weitergeleitet, das ggf. verstärkte oder verminderte Atmung bewirkt (Atem- und Kreislaufzentrum sind Teile der sog. Formatio reticularis, die in > Kap. 6.3.3 besprochen wird). Die somatosensiblen Fasern des N. glossopharyngeus, deren Perikaryen im Ggl. superius liegen, enden im Ncl. spinalis n. trigemini ( > Abb. 5.4, 18) und führen Impulse des hinteren Zungendrittels, des
Naso- und Oropharynx sowie der Tuba auditiva und des Mittelohrs. KLLINLK Läsionen der Glossopharyngeuskerne Wie bei den meisten der Hirnnerven, die mehrere Kerne im Hirnstamm
haben, kann man eine zentrale Schädigung des N. glossopharyngeus recht gut von einer Schädigung des peripheren Nervs unterscheiden, da in der Regel nur bei vperipheren Läsionen alle Funktionen (Geschmack, Sensibilität, allgemeine und spezielle Viszeromotorik) ausgefallen sind. Bei zen-
traler Schädigung ist oft nur ein Kerngebiet betroffen (z.B. die spezielle
Der IX. Hirnnerv ist gemischt speziell- und allgemein-viszeromoto-
Viszeromotorik bei erhaltener Geschmacks- u. Berührungsempfindung).
risch (sekretorisch) sowie speziell- und allgemein-viszerosensibel.
Entsprechend bezieht er seine Fasern aus vier Kerngebieten:
5.2.10 Kerne des N. vagus Ncl. ambiguus (speziell-viszeromotorisch) Ähnlich wie der N. glossopharyngeus ist der N. vagus ein gemischt
Ncl. salivatorius inferior (allgemein-viszeromotorisch) Ncll. tractus solitarii (allgemein- und speziell-viszerosensibel)
allgemein- und speziell-viszeromotorischer, somatosensibler und
Ncl. spinalis n. trigemini (allgemein-somatosensibel).
viszerosensibler Nerv. Dementsprechend hat er vier Kerngebiete:
Die dem N. glossopharyngeus zuzuordnenden Zellen des Ncl. am-
s Ncl. ambiguus (speziell-viszeromotorisch)
biguus”
* Ncl. dorsalis n. vagi (allgemein-viszeromotorisch)
(>- Abb.
5.4,
I1I)
innervieren
mit
ihren
Axonen
die
Schlund- und Gaumensegelmuskulatur. Der Ncl. salivatorius inferior ist einer der parasympathischen
» Ncll. tractus solitarii (allgemein- und speziell-viszerosensibel)
* NCcl. spinalis n. trigemini (allgemein-somatosensibel).
Kerne des Hirnstamms ( >- Abb. 5.4, 7). Seine efferenten Fasern
haben einen komplexen peripheren Verlauf und innervieren sekretorisch die Glandula parotis. Die in den Ncell. tractus solitarii (kurz: Ncl. solitarius, > Abb. 5.4,
13) endenden Fasern stammen von Perikaryen im Ganglion inferius des N. glossopharyngeus und innervieren peripher das hintere
Den Ncl. ambiguus in der Medulla oblongata ( > Abb. 5.4, 11) teilt
sich der N. vagus mit dem N. glossopharyngeus. Von diesem Kern aus innerviert der X. Hirnnerv zusammen mit dem IX. motorisch die Schlundmuskulatur. Außerdem ziehen Axone des Ncl. ambiguus mit dem N. vagus zur Kehlkopfmuskulatur. Die allgemein-viszeromotorischen (parasympathischen) Fasern des N. vagus entspringen im Ncl. dorsalis n. vagi ( > Abb. 5.4, 8). Mit
*4 Die Duraduplikatur zwischen Groß- und Kleinhirn (Tentorium cerebelli) läuft
oberhalb des Mittelhirns zum sog. Tentoriumschlitz zusammen. > ambiguus (lat.) = sich nach zwei Seiten neigend. Der Ausdruck wurde wohl
gewählt, weil der Kern Ursprungsort für zwei Hirnnerven ist.
Ausnahme der Drüsen im Kopfbereich (Innervation durch N. facialis und N. glossopharyngeus) und der inneren Augenmuskeln (Innervation durch N. oculomotorius) übernimmt der Ncl. dorsalis n.
vagi über den N. vagus die gesamte parasympathische Versorgung
5.2
Hirnnervenkerne
125
des Körpers vom Halsbereich über den Thorax (Herz, Bronchien!)
Fasern aus dem Ncl. ambiguus schließen sich nach Verlassen
bis in das Abdomen, wo er den Gastrointestinaltrakt bis zur linken
des Hirnstamms vorübergehend dem N. accessorius an, was als Ra-
Kolonflexur viszeromotorisch innerviert ( > Kap. 2.3.13).
dix cranialis der Radix spinalis des Nervs gegenübergestellt wird. Unmittelbar nach dem Foramen jugulare treten diese Fasern jedoch zum N. vagus über.
Der viszerosensible Teil des N. vagus (Perikaryen im Ganglion inferius) projiziert mit seinen zentralen Fortsätzen in die Ncll. tractus solitarii, den einzigen viszerosensiblen Kernkomplex des Hirnstamms
(>
Abb. 5.4, 13). Die hier eintretenden Impulse des N.
vagus enthalten Informationen über Sensibilität im Bereich der Lungen,
der Trachea,
des Ösophagus‚
KLLNLK Läsionen des Akzessoriuskerns
des Gastrointestinaltrakts
Bei krankhaften Prozessen im zervikalen Rückenmark, die das Kernareal
und auch der Epiglottis (von den wenigen dort vorhandenen Geschmacksrezeptoren).
des N. accessorius betreffen, treten theoretisch die gleichen Symptome wie bei einer peripheren Schädigung des Nervs auf (Symptomatik: > Kap. 2.3.14). In der Regel treten aber bei der zentralen Akzessoriuslähmung zusätzliche (meist motorische) Ausfälle hinzu, da pathologische Prozesse im Rückenmark nicht isoliert ein so verhältnismäßig kleines Areal wie das
Weiterhin werden in den Ncll. tractus solitarii sensible Afferenzen aus dem rechten Herzvorhof und dem Aortenbogen verschaltet,
die dort die Wandspannung (Indikator für Blutvolumen und Blutdruck) registrieren. Diese in den Solitariuskernen verschaltete Information wird dann einerseits zum Kreislaufzentrum in der Medulla oblongata vermittelt, andererseits an den Hypothalamus weitergegeben. So kann ein zu hoher/zu niedriger Blutdruck entweder direkt oder unter zusätzlicher Steuerung durch den Hypothalamus vom Kreislaufzentrum den Erfordernissen angepasst werden.
des Ncl. n. accessoril isoliert betreffen, erst recht nicht, wenn sie sich über
mehrere Segmente erstrecken.
5.2.12 Kern des N. hypoglossus Der XII. Hirnnerv ist ein rein somatomotorischer Nerv, dessen einziger Kern,
Der Ncl. spinalis n. trigemini ( > Abb. 5.4, 18) empfängt die Fasern des N. vagus (Perikaryen im Ganglion superius), mit denen dieser peripher somatosensibel den Kehlkopf, den äußeren Gehör-
» Ncl. n. hypoglossi,
gang, einen Teil der Ohrmuschel und mit einem R. meningeus sen-
in der Medulla oblongata unmittelbar paramedian als lang ge-
sibel die Dura im hinteren Schädelgrubenbereich versorgt.
streckte Zellsäule liegt ( > Abb. 5.4, 4). Seine efferenten Fasern laufen durch die Medulla nach vorne und verlassen sie zwischen Olive
KLINIK
und Pyramide. Der XII. ist somit der einzige Hirnnerv, der ventral
Läsionen der Vaguskerne
der Olive austritt, woran man ihn immer gut erkennen kann. Er in-
Für den Ausfall des N. vagus und die Zuordnung von zentraler Schädigung des Kerns oder peripherer Läsion des Nervs gilt das Gleiche wie für den N. glossopharyngeus: Eine zentrale Läsion des Vagus betrifft in der Regel nicht alle Kerne auf einmal, weshalb nur selektiv die Funktionen der je-
nerviert motorisch die Zungenmuskulatur.
weils betroffenen Kerne ausfallen.
5.2.11
Kerne des N. accessorius
Der N. accessorius trägt seinen Namen aufgrund der Tatsache, dass
KLINIK Läsionen des Hypoglossuskerns Bei einer Schädigung des Ncl. n. hypoglossi fällt ebenso wie bei einer Lähmung des peripheren Nervs eine verwaschene Sprache durch den Ausfall der Zungenmuskulatur auf (>- Kap. 2.3.15). Anders als die periphere Lä-
sion tritt eine Schädigung des Kerngebiets aber oftmals beidseitig auf, da die Nell. n. hypoglossi beider Seiten in der Mitte der Medulla relativ nahe beieinander liegen und somit gemeinsam geschädigt werden können.
er kein echter Hirnnerv ist°. Streng genommen entspringt er aus dem zervikalen Rückenmark (als Radix spinalis n. accessorii).
Der N. accessorius ist ein rein motorischer Nerv und hat seinen Ursprungskern im s Ncl. n. accessorli,
der sich als direkte Fortsetzung des Ncl. ambiguus nach kaudal im Vorderhorn des Zervikalmarks befindet und sich von C1-C5 erstreckt ( > Abb. 5.4, 12). Er innerviert mit seinen im N. accessorius verlaufenden efferenten Fasern vor allem den M. sternocleidomas-
toideus und den M. trapezius.
6 accessorius (lat.) = zusätzlich
5.2.13
Die Hirnnervenkerne:
Übersicht
Die Hirnnervenkerne sind kompliziert und beim Lernen der Kummer aller Studierenden. Die Kenntnis ihrer Lokalisation ist für die allermeisten Belange in groben Rastern ausreichend. Schwierigkeiten macht oft die Tatsache, dass nicht nur einzelne Hirnnerven mehrere Kerne besitzen (nach diesem Kriterium wurden die vorangegangenen Kapitel gegliedert), sondern auch umgekehrt manche Kerne mehreren Hirnnerven zugeordnet werden können (siehe hierzu die Ausführungen auf S. 117). Deshalb wird hier ergänzend zu den vorangegangenen Kapiteln mit > Tab. 5.1 nochmals eine Übersicht über die Kerne an sich mit ihren Faserverbindungen gegeben, um dem Lernenden dieses komplexe Gebiet leichter zu erschließen.
126
5 Verlängertes Mark (Medulla oblongata) und Brücke (Pons)
Tab. 5.1 Die 18 Hirnnervenkerne des Hirnstamms und des oberen Zervikalmarks, ihre Faserbeziehungen und Zugehörigkeit zu peripheren Hirnnerven. Nicht berücksichtigt sind die Projektionsorte der Hirnnerven I und II, da sie sich oberhalb des Hirnstamms befinden. Die Farbunterlegung entspricht jeweils unterschiedlichen Informationskategorien (vgl. Farbschema in >- Abb. 5.3: rot/rosa/gelb motorische Kategorien, grün/blau/lila sensible Kategorien). LE
peripherer Hirnnerv
wichtigste Afferenzen (A) und Efferenzen (E)
Ncl. n. oculomotorii
N. oculomotorius (Ill)
* A: aus horizontalen/vertikalen Blickzentren und Ncl. n. abducentis
(somatomotorisch)
* E: N. II! zu äußeren Augenmuskeln (außer M. obliquus sup. und M. rectus lat.) und Lidhebern
Ncl. n. trochlearis
N. trochlearis (IV)
* E: N. IV zu M. obliquus sup. (Augenmuskel)
(somatomotorisch) Ncl. n. abducentis
* A: aus horizontalen/vertikalen Blickzentren
N. abducens (VI)
(somatomotorisch)
* A: aus horizontalen Blickzentren
* E: N. VI zu M. rectus lat. (Augenmuskel)
Ncl. n. hypoglossi (somatomotorisch)
N. hypoglossus (XIl)
Ncl. motorius n. trigemini
N. trigeminus (V)
+ A: kortikonukleäre Fasern vom Motokortex + E: N. V3 zur Kaumuskulatur
N. facialis (VII)
+ A: kortikonukleäre Fasern vom Motokortex + E: N. VIL zur mimischen Muskulatur
Ncl. ambiguus
N. glossopharyngeus (IX)
(speziell-viszeromotorisch)
N. vagus (X)
« A: kortikonukleäre Fasern vom Motokortex + E: Nn. IX und X zur Pharynx- und Kehlkopfmuskulatur
Ncl. n. accessorii
N. accessorius (XI)
« A: kortikonukleäre Fasern vom Motokortex + E: N. XI zu Mm. sternocleidomastoideus und trapezius
N. oculomotorius (Ill)
* A: aus Area pretectalis und Colliculi superiores
+ E: N. XIl zur Zungenmuskulatur
(speziell-viszeromotorisch)
Ncl. n. facialis (speziell-viszeromotorisch)
(speziell-viszeromotorisch) Nel. accessorius n. oculomotorii
s A: kortikonukleäre Fasern vom Motokortex
* E: N. IIl zu inneren (glatten) Augenmuskeln
(allgemein-viszeromotorisch) N. facialis (VII)
A: Fasciculus longitudinalis post. aus Hypothalamus E: N. VII zu Tränen-, Schleim- und Speicheldrüsen
Ncl. salivatorius inferior (allgemein-viszeromotorisch)
N. glossopharyngeus (IX)
A: Fasciculus longitudinalis post. aus Hypothalamus E: N. IX zur Glandula parotis
Ncl. dorsalis n. vagi (allgemein-viszeromotorisch)
N. vagus (X)
A: aus Ncl. solitarius und Hypothalamus
Nell. tractus solitarli
N. facialis (VII)
* A: Nn. VII, IX, X aus Zunge (Geschmack) und Brust-/Baucheingeweiden
(speziell- [Geschmack] und allgemein-
N. glossopharyngeus (IX)
* E: zum Thalamus und zu vegetativen Hirnstammzentren
viszerosensibel)
N. vagus (X)
Ncl. mesencephalicus n. trigemini
N. trigeminus (V)
* A: N. V3 (propriozeptive Fasern aus Kauapparat) * E: Fasern zum Ncl. motorius n. trigemini
N. trigeminus (V)
* A: Nn. V1—3 (somatosensible Fasern aus Kopfregion, Berührung)
Ncl. salivatorius superior
(allgemein-viszeromotorisch)
E: N. X zu Brust- und Baucheingeweiden
(allgemein-somatosensibel)
Ncl. principalis n. trigemini
* E: Lemniscus trigeminalis zum Thalamus
(allgemein-somatosensibel)
Ncl. spinalis n. trigemini (allgemein-somatosensibel)
N. trigeminus (V) N. glossopharyngeus (IX) N. vagus (X)
5.3 Weitere Kernkomplexe in Medulla oblongata und Pons 5.3.1
Olivenkernkomplex und oliväres System
* A: Nn. V1—3, IX, X (Schmerz- und Temperatur-Fasern aus Kopfregion und Pharynx) * E: Lemniscus medialis zum Thalamus
» unteren Olivenkernkomplex (Ncll. olivares inferiores),
der für die Bewegungskoordination wichtig ist. Im Horizontalschnitt imponiert dieser Kern als ein gewellt verlaufender Streifen grauer Substanz und erinnert in seiner Gestalt an einen leeren Sack,
Betrachtet man die Medulla oblongata von vorne, so erkennt man
der nach dorsomedial geöffnet ist ( > Abb. 5.7, 1). Die offene Seite
unmittelbar lateral der Pyramiden am Brückenunterrand auf jeder
des „Sacks“ wird Hilum genannt, sie dient den afferenten und effe-
Seite eine olivenförmige Struktur, die Olive ( > enthält im Inneren den
renten Fasern dazu, den Olivenkernkomplex zu erreichen bzw. zu verlassen.
Abb. 5.2, 9). Sie
5.3 Weitere Kernkomplexe in Medulla oblongata und Pons Man unterscheidet im unteren Olivenkernkomplex den größeren Ncl. olivaris principalis und die kleineren sog. Nebenoliven mit Ncl. olivaris accessorius medialis und Ncl. olivaris accessorius posterior. Weiterhin liegt direkt kranial (rostral) des unteren Oli-
venkernkomplexes (bereits im Pons und daher nicht mehr in der von außen abgrenzbaren Olive) der obere Olivenkernkomplex (Ncll. olivares superiores). Diese Kerne haben aber mit dem unte-
ren Olivenkernkomplex funktionell nichts zu tun und sind Umschaltstationen für Fasern der Hörbahn ( > Kap. 9.9.1).
127
vospinales). Zu den wichtigsten Faserverbindungen der Olive siehe
auch > Abb. 5.7. Während der Hauptkern (Ncl. olivaris principalis) seine efferenten Fasern überwiegend in die Kleinhirnhemisphäre sendet, enden die
Fasern aus den Nebenoliven in der sog. Intermediärzone (Zone am Übergang vom Wurm zur Hemisphäre) und im Kleinhirnwurm selbst. Diese Unterscheidung ist für das Verständnis der unterschiedlichen Funktion der beiden Anteile des Olivenkernkomplexes von entscheidender Bedeutung, da beide Kleinhirnbereiche
Afferenzen und Efferenzen
Afferenzen erhält der untere Olivenkernkomplex von wichtigen motorischen Zentren. Dabei stehen im Vordergrund Projektionen aus dem Rückenmark (Tractus spinoolivaris) und vom Ncl. ruber des Mittelhirns, der für die Koordination der Motorik eine bedeu-
tende Rolle spielt ( > Kap. 6.3.1), sowie Fasern vom motorischen Kortex des Großhirns (Kollateralen der Pyramidenbahn). Zahlen-
mäßig geringere Projektionen stammen auch aus den kontralateralen Kleinhirnkernen (Tractus nucleoolivaris).
Seine Efferenzen hat der untere Olivenkernkomplex hauptsäch-
sehr unterschiedliche Funktion haben ( > Kap. 7). Funktion
Die Funktion des unteren Olivenkernkomplexes (der Einfachheit halber im Folgenden kurz: Olive) ergibt sich wie diejenige aller Kerne aus den Faserverbindungen. Wir werden sie nach der Besprechung des Kleinhirns ( > Kap. 7) noch besser verstehen. Das Kleinhirn ist u.a. für die Feinabstimmung und Koordination von Bewegungsabläufen von größter Bedeutung. Hierzu müssen folgende Abläufe gewährleistet werden:
lich ins Kleinhirn gerichtet (Tractus olivocerebellaris). Sie kreuzen
zur Gegenseite und laufen dann durch den unteren Kleinhirnstiel in die kontralaterale Kleinhirnhälfte. Dort enden sie (nach Abgabe von
* kontinuierliche Rückmeldung dessen, was in der Peripherie des
Kollateralen zu den Kleinhirnkernen) als Kletterfasern in der Kleinhirnrinde (>- Kap. 7). Eine verhältnismäßig kleine Bahn
* Rückmeldung dessen, was vom Großhirn dieser Peripherie zu-
schickt der Olivenkernkomplex auch ins Rückenmark (Fibrae oli-
* unmittelbare Rückkopplung (Feedback) der eigenen efferenten
Bewegungsapparats geschieht geleitet wird Information.
Abb. 5.7 Wichtigste afferente und efferente Projektionen des Hauptkerns des unteren Olivenkernkomplexes (Ncll. olivares inferiores) (Schnitthöhe nebenstehend dargestellt). Afferenzen blau, Efferenzen rot. 1 Ncl. olivaris principalis, 2 Nel. ruber, 3 motorische Großhirnrinde, 4 Rückenmark, 5 Ncl. dentatus des Kleinhirns, 6 Kleinhirnrinde. [T873, L106]
128
5 Verlängertes Mark (Medulla oblongata) und Brücke (Pons)
Die Olive übernimmt die beiden letztgenannten und einen Teil der ersten Aufgabe: Über die Afferenzen vom Ncl. ruber, der wiederum
Funktion
sphäre) an dieses zurück ( > Abb. 7.12, S. 168). Über die Afferen-
Ähnlich, aber noch wesentlich umfassender als der untere Olivenkernkomplex spielt das pontine Kernsystem eine entscheidende Rolle in der Funktion des Kleinhirns. Über den Tractus corticopontinus erhalten die Ncll. pontis Informationen über Bewegungsent-
zen, die die Olive vom Kortex empfängt (Kollateralen der Pyrami-
würfe, die im Assoziationskortex (vor allem prämotorischer Kor-
denbahn),
tex) des Großhirns ausgearbeitet wurden. Über ihre Efferenzen geben diese Kerne die erhaltenen Impulse zur weiteren Feinabstimmung an das Cerebellum weiter. Mehr über diese Zusammenhänge besprechen wir in > Kap. 7.4 zur Funktion des Kleinhirns.
seine Informationen überwiegend vom Kleinhirn erhält, meldet die Olive die Efferenzen des Cerebellums in einem Neuronenkreis (Kleinhirnhemisphäre > Ncl. ruber > Olive > Kleinhirnhemi-
vermittelt
sie dem
Kleinhirn
Informationen
darüber,
was vom Großhirn zum Rückenmark und damit letztlich zu den Muskeln geleitet wird. Die afferenten Impulse, die der Olivenkernkomplex vom Rückenmark erhält, werden an das Kleinhirn weiter-
geleitet. Dadurch erhält das Kleinhirn Informationen über die im Bewegungsapparat konkret ablaufenden Vorgänge. Daneben erhält es auch zahlreiche direkte Afferenzen aus dem Rückenmark. Insgesamt ist die Olive ein wichtiges Glied in der Kette, die für die Koordination und Feinabstimmung von Präzisionsbewegungen entscheidend ist. Während der Hauptkern (Ncl. olivaris principalis) eine wichtige Rolle bei Präzisionsbewegungen der Extremitäten- und Sprachmuskulatur spielt, sind die Nebenoliven mehr im Zusammenhang mit der Koordination der Massenbewegungen von Rumpf und Extremitäten und ähnlichen Aufgaben des Kleinhirnwurms ( > Kap.
KLLNLK Läsionen der Brückenkerne
Da die Brückenkerne das wichtigste afferente System der Kleinhirnhemisphären sind, kann ihr Ausfall klinisch die gleichen Symptome verursachen wie eine entsprechende Schädigung des Kleinhirns selbst (>- Kap. 7.5). Man muss aber berücksichtigen, dass in der ventralen Brücke, in der auch die pontinen Kerne mit den pontozerebellären Fasern liegen, die Pyramidenbahn mitten hindurchzieht. Das bedeutet, dass bei Schädigungen der pontinen Kerne meist auch die Pyramidenbahn mit betroffen ist, was dann zu Lähmungen bzw. Muskelschwächen (Paresen) führen kann.
7.4) zu sehen.
5.3.3 Hinterstrangkerne (Ncl. gracilis und Necl. cuneatus)
KLINLK Läsionen der Ncell. olivares inferiores
Sie haben vieles mit Kleinhirnschädigungen gemeinsam (>-Kap. 7.5), zeichnen sich aber stets durch eine geringer ausgeprägte Symptomatik aus. Als Charakteristika einer olivären Läsion werden so u. a. eine Störung des glatten Ablaufs von Bewegungen, Herabsetzung des Muskeltonus und gelegentlich Gang- und Standstörungen beschrieben. Zusätzlich findet man oft ein typisches rhythmisches Zucken (Myoklonus) der Gaumenmuskulatur, was als Palatomyoklonus bezeichnet wird.
An der Hinterwand der Medulla oblongata wölben sich relativ weit medial beidseits je zwei Hügel hervor, die als Tuberculum gracile und Tuberculum cuneatum bezeichnet werden ( > Abb. 5.1, 9 und
10). Sie enthalten die beiden Kerne, in denen die gleichnamigen Bahnen
der Hinterstränge,
Fasciculus
cuneatus
und
Fasciculus
gracilis, enden ( > Kap. 3.5.2). Sie werden deshalb auch als die * Hinterstrangkerne
5.3.2
Brückenkerne
zusammengefasst.
(Nell. pontis)
Der dicke Wulst, an dem man den Pons makroskopisch auf Anhieb erkennt, besteht nicht nur aus Fasern, sondern ebenso aus einem
Afferenzen und Efferenzen
locker zusammengesetzten Komplex grauer Substanz, den Brückenkernen. Diese Nuclei pontis liegen relativ weit ventral im
Während im Ncl. gracilis die somatosensiblen Impulse für feine
Pons und sind in die Fasermassen, die von ihnen entspringen, ein-
tionsempfindung und Propriozeption des Rumpfs und der unteren
gelagert.
Extremitäten umgeschaltet wird, erhält der Ncl. cuneatus die ent-
Berührungsempfindung (früher: „epikritische Sensibilität“), Vibra-
sprechenden
Afferenzen und Efferenzen
Die Brückenkerne erhalten ihre Afferenzen größtenteils über den Tractus corticopontinus, der Fasern aus fast allen Großhirnbereichen, vor allem aber aus dem Frontallappen führt. Die Efferenzen der Brückenkerne bilden, nachdem sie in der Brücke zur Gegenseite gekreuzt
haben, den mittleren
Kleinhirnstiel und
kontralateralen Kleinhirnhemisphäre.
enden
in der
somatosensiblen Afferenzen
aus dem
Hand-,
Arm-
und Halsbereich. Die somatosensible Information für Berührungsempfindung des Kopfbereichs wird über den N. trigeminus geleitet und im Ncl. principalis n. trigemini verschaltet (>- Kap. 5.2.5). Beide Hinterstrangkerne bilden als 2. Neuron der somatosensiblen Bahn für feine Berührungsempfindung eine gemeinsame Efferenz, den Lemniscus medialis, der noch in der Medulla oblongata im Hirnstamm zur Gegenseite kreuzt und die sensiblen Impulse an den kontralateralen Thalamus weiterleitet. Dort werden sie auf ein 3. Neuron umgeschaltet, das zum Großhirn projiziert (Bewusstwerdung der somatosensiblen Information).
5.3 Weitere Kernkomplexe in Medulla oblongata und Pons
129
Abb. 5.8 Verlauf und Kreuzung der somatosensiblen Bahnen für feine Berührungsempfindung (früher: „epikritische Sensibilität”) zwischen Hirnstamm und Großhirnrinde. Mit dieser Bahn laufen auch Fasern für Vibrationsempfinden und Propriozeption. 1 Ncl. gracilis (erhält somatosensible Afferenzen aus der ipsilateralen Rumpf- und Beinregion), 2 Nel. cuneatus (erhält somatosensible Afferenzen aus der ipsilateralen Arm- und Halsregion). Die Fasern beider Hinterstrangkerne kreuzen zur Gegenseite (3). 4 Ncl. principalis n. trigemini (erhält somatosensible Afferenzen für feine Berührungsempfindung aus der Kopfregion). Seine efferenten Fasern kreuzen ebenfalls zur kontralateralen Seite (als Lemniscus trigeminalis) und bilden gemeinsam mit den Fasern aus den Hintersträngen den 5 Lemniscus medialis. Dieser leitet die Impulse zum 6 Thalamus, wo sie auf ein drittes Neuron verschaltet werden, das die Impulse zum 7 somatosensiblen Kortex weiterleitet. [T873, L106]
130
5 Verlängertes Mark (Medulla oblongata) und Brücke (Pons)
Dem Lemniscus medialis schließen sich nach seiner Kreuzung auf die Gegenseite die Fasern aus dem Ncl. principalis n. trigemini an, um ebenfalls zum Thalamus zu gelangen ( > Abb. 5.8).
ten Teil der Medulla oblongata und liegt unmittelbar paramedian. Dorsolateral davon erkennt man den großen, charakteristisch geformten Kern der Olive ( > Abb. 5.9, 2), der sich nach dorsomedial
hin mit seinem Hilum öffnet. Ganz dorsomedial liegt der Ncl. graci-
5.4 Überblick über Querschnitte durch Medulla oblongata und Pons
lis ( > Abb. 5.9, 11), lateral davon der Ncl. cuneatus ( > Abb. 5.9,
12). Von ihnen aus zieht in einem großen Bogen nach ventromedial der zur Gegenseite kreuzenden Lemniscus medialis (>- Abb. 5.9, 14), der von dort aus weiter zum Thalamus verläuft. Die Lokalisa-
In diesem Abschnitt geht es nicht darum, möglichst viele Einzelhei-
tion der Hirnnervenkerne haben wir bereits besprochen: Ncl. spina-
ten zu beschreiben, sondern ein für die allermeisten Belange ausrei-
lis n. trigemini (>- Abb. 5.9, 5); Ncl. ambiguus (>- Abb. 5.9, 6);
chendes „Gerüst“ zu geben, mit dem man sich auf den in anatomi-
Ncl. n. hypoglossi (>- Abb. 5.9, 8); Ncl. dorsalis n. vagi (>- Abb.
schen Atlanten, in Prüfungen, aber auch in der Klinik in Form von
5.9, 9); Nell. tractus solitarii ( > Abb. 5.9, 10). Die efferenten Fa-
Computer- oder Kernspintomographien häufig präsentierten Quer-
sern des dorsomedial gelegenen Ncl. n. hypoglossi ziehen quer durch das Tegmentum und treten zwischen der vorne liegenden Olive und der Pyramidenbahn als N. hypoglossus aus (XII).
schnittsbildern etwas besser zurechtfindet.
Querschnitt durch die Medulla oblongata (= Abb. 5.9) Man kann hier einen dorsalen Abschnitt, Tegmentum oder Haube,
von einem ventralen Abschnitt unterscheiden. Im dorsalen sind die
MERKE Der N. hypoglossus ist der einzige Hirnnerv, der ventral der Olive aus der Medulla oblongata austritt.
Hirnnervenkerne zu finden, im ventralen die Pyramidenbahn und
die Olive. Die Pyramidenbahn ( > Abb. 5.9, I) bildet den ventrals-
1516 \ A —= Abb. 6.1, 2): Es befindet sich hinter den Hirnschenkeln und enthält wie im Rhombencephalon Hirnnervenkerne, aber auch einige andere wichtige Kernareale
Das Mittelhirn ist nur ca. 1,5cm lang. Es grenzt kaudal direkt an die quer verlaufenden Fasermassen des Pons und apikal an das Zwischenhirn, gegen das es ventral mit dem Beginn der Corpora mammillaria (die bereits zum Hypothalamus im Zwischenhirn gehören) und dorsal mit dem Ende der Vierhügelplatte abgegrenzt ist
folgenden Abschnitten besprechen. Crus cerebri und Tegmentum werden auch unter dem Begriff Pedunculus cerebri zusammengefasst. Unmittelbar dorsal sitzt den Hirnschenkeln ein
(> Abb. 5.1 und > Abb. 5.2). Die Außenansicht des Mittelhirns
breiter, dunkler Kernkomplex auf, die Substantia nigra
wurde in > Kap. 5.1 im Rahmen der Beschreibung des Hirnstamms als Ganzes abgehandelt. Zum besseren Verständnis des nachfolgenden Textes werden im Folgenden die wichtigsten Strukturen im Querschnittsbild des Mesencephalons beschrieben.
(> Abb. 6.1, 4), die funktionell für bestimmte Komponenten
und Leitungsbahnen. Diese sind in > Abb. 6.1 zu sehen, wir werden sie aber, soweit von besonderer Bedeutung, erst in den
der Motorik besonders wichtig ist. Dorsal von ihr liegt mitten im Tegmentum ein großer, runder Kernkomplex, der Ncl. ruber,
der ebenfalls eine wichtige Rolle in der Motorik spielt ( > Abb. 6.1, 5). Am hinteren Ende des Tegmentums findet man in der
Querschnittsbild (=>- Abb. 6.1)
Mitte einen Hohlraum, den Aqueductus mesencephali, der das Mittelhirn längs durchzieht und den III. mit dem IV. Ventrikel
Hier sieht man die Gliederung in die drei Längsabschnitte oder
verbindet ( > Abb. 6.1, 19). Dies ist die engste Stelle des Liquor-
-schichten des Mittelhirns: Crura cerebri (Hirnschenkel), Tegmen-
systems und kann dadurch klinische Bedeutung gewinnen
tum mesencephali‘ (Mittelhirnhaube) und Tectum mesencephali (Vierhügelplatte, Mittelhirndach).
(> Kap. 10.1.3). * Tectum mesencephali ( > Abb. 6.1, 3): Es liegt hinter dem Teg-
mentum und bedeckt es als Vierhügelplatte von dorsal. ® Crura cerebri ( > Abb. 6.1, [): Sie liegen ganz ventral und enthalten nach kaudal laufende kortikospinale, kortikonukleäre
und kortikopontine Fasern. Den Crura cerebri entsprechen im Pons der Brückenfuß und in der Medulla oblongata die Pyramiden.
Auch im Mesencephalon ist die funktionelle Gliederung des embryonalen Neuralrohrs in Grund- und Flügelplatte (motorisch und sensibel, > Kap. 1.7) annähernd erhalten geblieben: Im Tegmentum
(Grundplattenderivat)
Hirnnervenkerne ' tegmentum (lat.) = Haube
findet man
überwiegend
und weitere motorische
motorische
Zentren, während
das
Tectum (Flügelplattenderivat) nur im Dienst sensibler Verschaltungen steht.
136
Abb. 6.1
6 Mittelhirn (Mesencephalon)
Querschnitt durch das Mittelhirn in Höhe der Colliculi superiores. Schnitthöhe rechts nebenstehend dargestellt. Abgrenzbare Leitungsbahnen in
der weißen Substanz sind schwarz umrandet. Graue Substanz als braune Flächen, außer Hirnnervenkerne, die entsprechend dem Farbschema in > Abb. 5.3 koloriert sind (rat somatomotorisch, gelb allgemein-viszeromotorisch, blau allgemein-somatosensibel).
1-3 Schichtengliederung des Mittelhirns: 1 Crus cerebri (auch: Pars anterior pedunculi cerebri, Hirnschenkel), 2 Tegmentum mesencephali, 3 Tectum mesencephali (Vierhügelplatte). Dem 1 Crus cerebri liegt dorsal die 4 Substantia nigra an. 5 Ncl. ruber, dessen 6 efferente Fasern z. T. auf die Gegenseite kreuzen, um dort als 7 Tractus rubrospinalis ins Rückenmark herabzuziehen. Dorsolateral des Nel. ruber zieht der 8 Lemniscus medialis (leitet somatosensible Impulse zum Thalamus).
9 Tractus spinothalamicus, 10 Tractus tegmentalis centralis. 11 Okulomotoriuskernkomplex (mit 12 Ncl. accessorius n. oculomotorii = Ncl. Edinger-Westphal), dessen efferente Fasern den 13 N. oculomotorius (I) bilden (nur einseitig dargestellt), der vorne das Mittelhirn in der 14 Fossa interpeduncularis verlässt. 15 Fasciculus longitudinalis medialis (dient hauptsächlich der internukleären Verschaltung von Hirnnervenkernen), 16 Formatio reticularis (nur einseitig dargestellt). 17 Ncl. mes-
encephalicus n. trigemini, 18 Substantia grisea periaqueductalis (periaguäduktales Grau). 19 Aqueductus mesencephali, 20 Fasciculus longitudinalis posterior (wichtigste efferente Bahn vegetativer Steuerzentren im Hypothalamus), 21 schichtartige Anordnung der grauen Substanz in den oberen Hügeln, 22 Brachium colliculi inferioris (unterer Bindearm). [T873, L106]
6.2 Tectum mesencephali
Afferenzen und Efferenzen
Die Vierhügelplatte (Lamina tecti, Lamina quadrigemina), die das Tectum bildet, gliedert sich in zwei obere Hügel (Colliculi superio-
Afferenzen erhalten die oberen Hügel über ihre makroskopisch sichtbare Verbindung mit dem Zwischenhirn (Brachium colliculi
res) und zwei untere Hügel (Colliculi inferiores). Die Colliculi superiores sind vor allem ein visuelles Blick- und Reflexzentrum,
superioris,
während die Colliculi inferiores ein Teil der Hörbahn sind.
„oberer Hügelarm“)
direkt von der Retina über den
Nervus bzw. Tractus opticus. Diese visuellen Afferenzen vermitteln vor allem sich rasch ändernde optische Reize. Weitere Afferenzen kommen von der Großhirnrinde (Tractus corticotectalis), im Be-
6.2.1
Colliculi superiores
sonderen vom frontalen Augenfeld und von den visuellen Zentren des Parietal- und Okzipitallappens, vom Rückenmark (Tractus spinotectalis) und von den Colliculi inferiores.
Die oberen zwei Hügel enthalten Kerne bzw. Zellschichten, die beim Zustandekommen willkürlicher und reflektorischer Augenbewegungen eine wichtige Rolle spielen. Schädigungen dieser Region haben keine Ausfälle der Bilderkennung zur Folge, wie es z.B. bei Läsionen der Sehrinde im Okzipitallappen der Fall ist ( =>- Kap. 9.8.2), sondern solche der Augenbewegungen und ggf. der Augenschutzreflexe.
Die Efferenzen der Colliculi superiores ziehen hauptsächlich zu Hirnnervenkernen (vor allem zu den okulomotorischen Kernen und zum Ncl. n. facialis), zur Formatio reticularis (vor allem okulo-
motorische Steuerzentren, > Kap. 6.3.4), in visuelle Zentren des Großhirnkortex und ins Rückenmark.
6.3 Tegmentum mesencephali
137
histologisch in einen großzelligen (Pars magnocellularis) und ei-
Funktion
nen kleinzelligen Anteil (Pars parvocellularis) ein. Der Ncl. ruber
Die Colliculi superiores spielen eine wesentliche Rolle beim Zustandekommen von Sakkaden (schnelle Augeneinstellbewegungen, um den Blick auf bestimmte Ziele zu richten, > Kap. 6.3.4). Weiterhin
haben die oberen Hügel eine wichtige Funktion bei Ab- und Zuwendungsbewegungen von Augen und Kopf. So sind z.B. die afferente Verbindung von der Hörrinde und von den Colliculi inferiores sowie die efferente Verbindung zum Rückenmark und zu den okulomotorischen Zentren Teile von Schaltkreisen, die bewirken, dass Kopf
ist eine modulierende Schaltstelle im motorischen System und liefert mit seiner Projektion ins Rückenmark zudem selbst einen aktiv ausführenden Anteil des extrapyramidalmotorischen Systems (= motorische Bahnen, die außerhalb der Pyramidenbahn ins Rückenmark ziehen). Afferenzen und Efferenzen
und Augen sich in Richtung eines Geräusches wenden. Die afferente
Seine wichtigsten Afferenzen empfängt der Ncl. ruber über ge-
Verbindung mit der Retina (Tractus opticus) und die efferenten Fa-
kreuzte Fasern von Kernen der kontralateralen Kleinhirnhälfte (Fibrae cerebellorubrales, > Abb. 6.2, 3) und weiterhin über ungekreuzte Fasern vom (vorwiegend ipsilateralen) Großhirnkortex (Fibrae corticorubrales, > Abb. 6.2, 2). Die Afferenzen aus dem Kleinhirn stammen zum einen aus dem Ncl. dentatus und sind Be-
sern zum Ncl. n. facialis und wiederum ins Rückenmark sorgen für den Lidschlussreflex bei plötzlich auftretenden, näher kommenden
visuellen Reizen und ggf. das entsprechende Abwenden des Kopfs. Wahrscheinlich wird auch der Akkommodationsreflex des Auges z. T. über die oberen Hügel verschaltet. Dies ist die automatische Anpassung der Linsenkrümmung über den M. ciliaris, um Bilder fixierter Gegenstände auf der Retina scharf einzustellen.
standteile eines Schaltkreises, der für die glatte und präzise Ausfüh-
rung von Willkürbewegungen sorgt (>- Kap. 7.4). Zum anderen stammen sie aus dem Ncl. emboliformis und sind Bestandteile von Schaltkreisen, die für Körperhaltung und Muskeltonus wichtig sind
(>
6.2.2
Colliculi inferiores
In den Kernen der unteren Hügel werden nahezu alle Fasern der Hörbahn verschaltet. Diese Fasern werden den Colliculi inferiores
Kap. 7.4).
Die Efferenzen des Ncl. ruber ziehen vor allem ins Rückenmark, in die Formatio reticularis und in die Olive (Tractus rubrospinalis, Tractus rubroreticularis und Tractus rubroolivaris, > Abb. 6.2,
4-6):
über den Lemniscus lateralis zugeleitet. Nach Verschaltung in den
unteren Hügeln verläuft die Hörbahn über das makroskopisch
* Tractus rubrospinalis: Über diese Bahn nimmt der Kern direk-
sichtbare Brachium colliculi inferioris („unterer Hügelarm“) zum
ten Einfluss auf die (Extrapyramidal-)Motorik. Sie kreuzt noch
Corpus geniculatum mediale des Thalamus. Dort werden die audi-
in Höhe des Tegmentums auf die Gegenseite, um dann in unmittelbarer Nachbarschaft des Tractus corticospinalis lateralis (Pyramidenbahn) ins zervikale Rückenmark hinabzuziehen. Dort aktiviert sie im Vorderhorn vor allem die Motoneurone der Flexoren. Hierbei beeinflusst sie als einzige extrapyramidale Bahn bevorzugt die Motoneurone der distalen Extremitätenmuskeln. Der Tractus rubrospinalis ist beim Menschen schwach ausgebildet und reicht nur bis ins Zervikalmark herab.
torischen Impulse auf das letzte Neuron der Hörbahn verschaltet,
das dann zur primären Hörrinde in den Temporallappen zieht (zur Hörbahn als Ganzes >- Kap. 9.9.1). MER.K.E
Colliculi superiores: Zentrum für visuelle Reflexe und Augenbewegungen. Colliculi inferiores: Schaltstation der Hörbahn.
» Tractus rubroreticularis: Über diese Bahn werden ebenfalls, al-
6.3 Tegmentum
mesencephali
lerdings indirekt, motorische Impulse des Ncl. ruber in Richtung Rückenmark weitergeleitet, da auch die Formatio reticularis ex-
trapyramidale Efferenzen ins Rückenmark hat (s. u.). Hirnnervenkerne
* Tractus rubroolivaris: Dies ist die größte Efferenz des Ncl. ruber. Sie bildet einen Teil des Tractus tegmentalis centralis
Die im Mittelhirn befindlichen Kerne des III. und IV. Hirnnervs
(zentrale Haubenbahn, s. u.). Über diese Bahn schickt der Ncl.
werden in > Kap. 5.2.3 und > Kap. 5.2.4 besprochen.
ruber in einer „Feedback“-Neuronenschleife Informationen (mit im weitesten Sinne „motorischen Impulsen“) zum unteren Olivenkernkomplex, die von dort zur Kleinhirnrinde, dann zu den
6.3.1
Ncel. ruber
Dieser Kern ist makroskopisch als großer, runder und rötlich gefärbter” Komplex etwa in der Mitte des Tegmentums zu sehen
Kleinhirnkernen und anschließend wieder zurück zum Ncl. ruber oder zum Thalamus gelangen ( > Abb. 7.12). Auf jeder dieser Stufen erfolgt eine Modifikation und Bearbeitung dieser Information, die dann letzten Endes vom Kleinhirn über den
(> Abb. 6.1, 5). Die Färbung kommt durch den hohen Eisenge-
Thalamus zum Großhirn (s. u.) und von dort in Richtung Rü-
halt der dort lokalisierten Perikaryen zustande. Man teilt den Kern
ckenmark geleitet wird.
? _ ruber, rubra (lat.) = rot
3 Tremor = Zittern
138
6 Mittelhirn (Mesencephalon)
Abb. 6.2 Wichtigste afferente und efferente Projektionen des Ncl. ruber. Afferenzen blau, Efferenzen rot. Nebenstehend die Lage des Ncl. ruber im Tegmentum des Mittelhirns. 1 Ncl. ruber. Er erhält Afferenzen aus dem 2 ipsilateralen Großhirnkortex (vor allem dem prämotorischen Kortex) als Fibrae corticorubrales und dem 3 kontralateralen
Kleinhirn (vor allem dem Ncl. dentatus und Ncl. emboliformis) als Fibrae cerebellorubrales. Efferente Projektionen sind ins 4 Rückenmark, in die 5 Formatio reticularis und zur 6 Olive gerichtet. [T873, L106]
MERKE Der Ncl. ruber nimmt einen komplexen modulierenden Einfluss sowohl auf die Extrapyramidal- als auch auf die Pyramidalmotorik der kontralateralen
Körperhälfte.
6.3.2 Substantia nigra Die Substantia nigra* ist ein funktionell und klinisch sehr wichtiges Kerngebiet. Sie liegt an der Grenze zwischen Hirnschenkeln und mesenzephalem Tegmentum ( >- Abb. 6.1, 4). Die schwarze Farbe
KLINLK Läsionen des Ncl. ruber
Eine Schädigung des Ncl. ruber führt auf der kontralateralen Seite zu ei-
des Kerns kommt durch den hohen Gehalt an Melanin in den Perikaryen zustande und führt dazu, dass man den Kern in Mittelhirn-
quer- oder -längsschnitten gut erkennen und abgrenzen kann.
nem Intentionstremor, also einem Zittern bei einer zielgerichteten Be-
wegung? und zu einer Verminderung des Muskeltonus. Diese Symptome treten auch bei Kleinhirnschädigungen auf (>- Kap. 7.5) und entsprechen somit einer Funktionsstörung im Neuronenkreis Kleinhirn — Nel.
ruber — Olive — Kleinhirn. Weiterhin beobachtet man sog. choreatischathetotische Bewegungen, d.h. unkontrollierte, ausfahrende und auch langsame, nicht beeinflussbare, schraubenförmige Bewegungen und Verrenkungen. Diese Symptome werden vor allem auf eine Schädigung des rubroretikulären Systems zurückgeführt, das auf die spinale Motorik hemmende Einflüsse ausüben kann. Schließlich findet man bei Läsionen des Ncl. ruber meist auch Ausfallserscheinungen des Ill. Hirnnervs, weil dessen Fasern auf ihrem Weg vom Ncl. n. oculomotorii zur Austrittsstelle aus dem Gehirn den Ncl. ruber durchziehen (>- Abb. 6.1, 73).
MERKE Die Substantia nigra ist fundamental in das Verschaltungssystem derjenigen Hirnzentren eingebunden, die Bewegungsimpulse und -abläufe kontrollieren und modulieren.
Mikroskopisch lassen sich in der Substantia nigra eine Pars compacta und eine Pars reticularis voneinander abgrenzen. Die beiden Zonen sind auch funktionell und hinsichtlich ihrer Faserverbindungen unterschiedlich. Der Schwerpunkt der folgenden Betrachtungen richtet sich auf die Pars compacta der Substantia nigra. Die Pars reticularis ist funktionell und anatomisch dem medialen Pallidumsegment sehr ähnlich ( >- Kap. 9.2.3) und wirkt im Endeffekt
auf motorische Impulse antagonistisch zur Pars compacta.
* niger, nigra (lat.) = schwarz, dunkel
6.3 Tegmentum mesencephali
139
Abb. 6.3 Wichtigste afferente und efferente Projektionen der Substantia nigra. Afferenzen blau, Efferenzen rot. Nebenstehend die Lage der Substantia nigra dorsal der Crura cerebri. 1 Substantia nigra. Sie erhält Afferenzen vom 2 motorischen (präzentralen) und vom 3 prämotorischen Großhirnkortex (Fibrae corticonigrales) sowie vom 4 Striatum
(Fibrae strionigrales). Der Hauptteil der Efferenzen ist gleichfalls ins Striatum gerichtet. Weitere Efferenzen ziehen in die 5 Formatio reticularis. [T873, L106, V492]
Afferenzen und Efferenzen
lospinale Bahn) Einfluss auf die extrapyramidale Motorik und da-
Ihre Afferenzen erhält die Substantia nigra vor allem von zwei Zentren: zum einen vom Striatum (ein großer, für die Motorik wichti-
mit auch auf den Muskeltonus. Fasern zum Thalamus stehen ebenfalls im Dienst der Motorik.
ger Kernkomplex im Großhirnmarklager, > Abb. 6.3, 4) und zum anderen von der Großhirnrinde. Die Afferenzen von der Großhirnrinde kommen vor allem vom motorischen Kortex (>- Abb. 6.3, 2) und vom prämotorischen Kortex (vor dem Motokortex gele-
genes,
für die
Bewegungsvorbereitung
wichtiges
Kortexareal,
KLLN.LK Morbus Parkinson
Die Substantia nigra hat zentrale Bedeutung beim Morbus Parkinson.
Bei dieser sehr häufigen Krankheit degenerieren die dopaminergen Neu-
> Abb. 6.3, 3). Die entsprechenden Fasersysteme heißen Fibrae
rone in der Substantia nigra, was sich ganz besonders durch den Ausfall
strionigrales und Fibrae corticonigrales. Efferent ist die Substantia nigra über die Fibrae nigrostriatales
der nigrostriatalen Projektion bemerkbar macht. Die Kardinalsympto-
mit dem Striatum verbunden ( >- Abb. 6.3, 4), wo sie mit ihrem Transmitter
Dopamin
vorwiegend
(aber
nicht
ausschließlich)
hemmend wirkt. Funktion
Über die nigrostriatalen Bahnen hemmen die dopaminergen Fasern die Aktivität der Neurone des Striatums, die einen inhibitorischen
Effekt auf motorische Impulse des Großhirns haben. Dadurch hat die Substantia nigra eine wesentliche Funktion für die Bewegungsinitiation. Darüber hinaus spielt sie wahrscheinlich eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung sensorischer Informationen im Sinne einer psycho- oder lokomotorischen Reaktion auf externe Reize.
me („Parkinson-Trias”) sind: * (Ruhe-)Tremor (Zittern) » Rigor® (erhöhter Muskeltonus mit Steifheit der Muskeln)
* Akinese (Bewegungsarmut). Man kann die Diagnose des Parkinson-Syndroms beinahe auf den ersten
Blick stellen (>- Abb. 6.4): eine leichte Vorbeugung des Oberkörpers, kleine trippelnde Schritte (Akinese), fehlende Mitbewegung der oberen Extremitäten beim Laufen (Akinese und Rigor), die dafür ständig distal betont zittern (Tremor), und Ausdruckslosigkeit des Gesichts. Auch machen die Patienten oft einen verlangsamten Eindruck und reagieren auf Sinnesreize nur verzögert oder überhaupt nicht. Die grundsätzliche Fähigkeit, feinmotorische und gezielte Bewegungen auszuführen, ist jedoch meist nicht beeinträchtigt. Die neurophysiologische Grundlage des Parkinson-Syndroms ist komplex. Das rührt nicht zuletzt daher, dass beim Morbus Parkinson in der Re-
Über efferente Faserverbindungen mit der Formatio reticularis (> Abb. 6.3, 5) nimmt der Kernkomplex indirekt (über die retiku-
> rigere (lat.) = starr sein
140
6 Mittelhirn (Mesencephalon)
gel mehrere neuronale Systeme mit ihren Verbindungen degenerieren, von denen die Substantia nigra allerdings die größte und bedeutendste ist. Diepathophysiologische Entstehung der Akinese wird in > Kap. 9.2.2 besprochen und kommt vor allem durch den Ausfall der nigrostriatalen Projektion zustande. Der Tremor ist durch Wegfall der dopaminergen Hemmung von „Rhythmusgeneratoren” in der Formatio reticularis (s. u.) erklärbar, die in pulsatilen Abständen spontan aktivierende Signale via Thalamus
zum motorischen Kortex senden. Der Rigor ist wahrscheinlich durch Ausfall der dopaminergen Hemmung retikulospinaler, Muskeltonus-steuernder Neurone in motorischen Zentren der Formatio reticularis (s. u.) bedingt.
6.3.3
Formatio reticularis
Die Formatio reticularis (im Folgenden als FR abgekürzt) ist ein Komplex grauer Substanz, der ein Netz® von Nervenzellen bildet und das Hirnstammtegmentum in ganzer Länge (also nicht nur das Mittelhirn!) bis hinab ins Rückenmark durchzieht. Die FR besteht
aus z. T. schwer voneinander abgrenzbaren, häufig diffus ineinander übergehenden Kernsystemen. Diese befinden sich überwiegend in der Mitte des Hirnstammtegmentums und umgeben die dort be-
Bei der Behandlung der Krankheit kompensiert man pharmakologisch die Wirkung der abgestorbenen Neurone in der Substantia nigra, z. B. mit einer Vorstufe von Dopamin (L-Dopa). Dies wird in den verbleibenden nigrostriatalen Neuronen zu Dopamin verstoffwechselt und an den Synapsen ausgeschüttet. Dadurch wird im Striatum die nigrostriatale dopaminerge Projektion funktionell ersetzt. Das verbessert die Symptome erheblich. Bei einer Schädigung der Substantia nigra nur auf einer Seite (was vergleichsweise selten vorkommt) tritt das Parkinson-Syndrom auf der kontra-
Trotz der z. T. diffusen Übergänge einzelner Areale der FR ineinander gibt es doch auch einige gut abgrenzbare Kerngebiete. Dazu gehören z. B. die Raphekerne und der Locus caeruleus (s. u.). Die Kerngruppen lassen sich nach zytoarchitektonischen und z. T. auch nach funktionellen Kriterien drei Längszonen der FR im
lateralen Seite der Schädigung auf (sog. Hemiparkinson). Das erklärt sich
Hirnstamm zuordnen: einer
dadurch, dass die Substantia nigra einer Seite die Funktion des /psilateralen Striatums moduliert, das die Funktion des /psilateralen Motokortex beein-
flusst, der schließlich in die kontralaterale Rückenmarkshälfte projiziert.
findlichen Fasertrakte und Hirnnervenkerne (>- Abb. 6.1, 16 und
> Abb. 6.5).
* medianen Zone (die aus den o. g. Raphekernen besteht), einer seitlich angrenzenden
* medialen Zone (sehr großzellige Kerne) und einer » Jateralen Zone (kleinzellige Kerne), ( > Abb. 6.5a, 1-3). Funktion
Die FR hat zahlreiche Funktionen. Eine ihrer Hauptaufgaben besteht darin, die Verschaltung einzelner Hirnstammkerne für z. T.
lebensnotwendige Funktionen zu koordinieren. So sind z.B. das Atem- und Kreislaufzentrum sowie das Brechzentrum in der Medulla oblongata Bestandteile der FR. Weiterhin hat sie eine kardinale Bedeutung für Schlaf-Wach-Rhythmen und damit auch für die Auf- und Abregulierung der Aktivität des gesamten Großhirnkortex. Über intensive Verbindungen mit dem Rückenmark hat die FR weiterhin eine wichtige Funktion bei der extrapyramidalen Motorik. In der Formatio reticularis lassen sich nach funktionellen Gesichtspunkten einzelne Zentren gegeneinander abgrenzen, die z. T. mehrere Kerne oder Kerngruppen einschließen ( > Abb. 6.5b): e Weck- oder Wachzentrum (ARAS) * Motorisches Zentrum s Atemzentrum
s » » »
Kreislaufzentrum Brechzentrum Miktionszentrum Augenbewegungszentren.
Diese Zentren werden im Folgenden näher beschrieben. Abb. 6.4 Morbus Parkinson. Links normaler Zustand, rechts Morbus Parkinson.
Beachte die bereits makroskopisch sichtbare Abnahme der dunklen (dopaminergen) Neurone in der 1 Substantia nigra, die zur charakteristischen gebückten Körperhaltung (beachte die Beugung im Ellbogen-, Hand-, Finger-, Hüft- und Kniegelenk) und dem kleinschrittigen Gangbild bei fehlender Mitbewegung der Arme führt. [T873, L126]
6 rete (lat.) = Netz; reticularis = netzartig
6.3 Tegmentum mesencephali
141
a
Abb. 6.5 Formatio reticularis (FR), stark schematisierte Darstellung. a Dorsalansicht. Die FR zieht sich als netzartige Konfiguration grauer Substanz durch den gesamten Hirnstamm, vom Ende des Rückenmarks bis zum Übergang ins Zwischenhirn. Beachte die phasenweise Verdichtung des „Netzes” zu einzelnen, unterschiedlich großen Kernen, die überall im Hirnstamm auf Querschnittsbildern anzutreffen sind. Es
werden eine 1 mediane (lila), eine 2 mediale (rot) und eine 3 laterale (gelb) Zone der Formatio reticularis unterschieden. 1 entspricht den Raphekernen, zu denen der besonders große 4 Ncl. raphe magnus gehört. Weitere, im Text erwähnte Kerne sind der 5 Ncl. caeruleus (mediale Zone), der 6 Ncl. parabrachialis (besteht aus zwei Subkernen) und der 7 Ncl. tegmentalis pedunculopontinus. [T873, L126]
b Lateralansicht mit vereinfachter Zuordnung wichtiger im Text besprochener funktioneller Zentren. Diese Zentren sind nicht deckungsgleich mit der in a beschriebenen Zoneneinteilung und setzen sich z. T. aus verschiedenen Kernen mehrerer Zonen zusammen. 1 aufsteigendes retikuläres aktivierendes System (ARAS), 2 pontines Miktionszentrum, 3 Brechzentrum, 4 rhombenzephales lokomotorisches Zentrum, 5 Atemzentrum, 6 Kreislaufzentrum. [T873, L106]
„Weckzentrum”, aufsteigendes retikuläres aktivierendes System (ARAS)
KLLNLK Läsionen des ARAS
Hinterhorn des Rückenmarks und von Hirnnervenkernen, sodass
Eine Schädigung des ARAS hat eine starke Beeinträchtigung des Bewusstseins bis hin zum tiefen Koma zur Folge. Eine solche Läsion kann bei isolierten Schädigungen des Mittelhirns (Einklemmung im Tentoriumschlitz, Tumoren, Durchblutungsstörungen, Infarkt) vorkommen. Wenn diese Läsion auf das Mittelhirn beschränkt ist, können andere Teile der FR,
sensibel-sensorische Reize aller Qualitäten sie erreichen. Zusätzlich
z.B. das Atem- und Kreislaufzentrum (Lokalisation in der Medulla oblon-
Teile der FR ( >
Abb. 6.5b, I) - insbesondere der Ncl. tegmentalis
pedunculopontinus
(>- Abb.
6.5a,
7) und
der Ncl. caeruleus
(> Abb. 6.5a, 5) - erhalten intensive afferente Zuflüsse aus dem
erhalten sie Impulse aus dem Kortex. Wird die FR auf diese Weise erregt, kann sie über ihre vorwiegend acetylcholinergen Projektionen in den Thalamus indirekt und über noradrenerge (s. u.) Projektionen direkt die Aktivität des Großhirnkortex steigern und damit den Organismus in einen hellwachen Zustand versetzen, was man
als Vorbedingung für Bewusstsein, Aufmerksamkeit und effektive Wahrnehmung betrachten kann. Akustische und Schmerzreize haben hierbei ganz besonderen Stimulationseffekt. Im Schlaf (vor allem im Tiefschlaf) ist die Aktivität dieses Systems entsprechend stark herabgesetzt. In > Kap. 8.2.2 werden wir noch einmal auf das ARAS zurückkommen.
gata), funktionell intakt sein. Es kann daher zu u. U. jahrelangem Koma bei erhaltenen Vitalfunktionen kommen.
Motorisches Zentrum, absteigendes retikuläres System Ein vorwiegend in Medulla oblongata und Pons liegender Teil der FR (>- Abb. 6.5b, 4) erhält Zuflüsse vom prämotorischen Kortex,
vom Kleinhirn und vom limbischen System (>- Kap. 9.4). Dieser
motorische Anteil der FR beeinflusst über den retikulospinalen Trakt als eine der extrapyramidalmotorischen Bahnen Bewegungen und den Muskeltonus der proximalen Extremitäten und des Rumpfes. Die retikulospinalen Bahnen ziehen ipsi- und kontralateral ins Rückenmark. Sie sind dabei auch an der selektiven Unter-
142
6 Mittelhirn (Mesencephalon)
drückung zahlreicher intraspinaler Reflexe (z.B. Muskeleigenreflex) beteiligt. Ein mesenzephaler FR-Anteil, das sog. mesenzephale lokomotorische Zentrum, hat ähnliche Funktionen, insbesondere können von hier aus (großteils unter Kontrolle des Großhirns)
Bewegungen der proximalen Extremitäten ausgelöst werden (wichtigster Kern: Ncl. pedunculopontinus, der auch ein Teil des ARAS ist). Dieser FR-Teil übt seine motorischen Funktionen über Faser-
verbindungen mit den o. g. Zentren in Pons und Medulla oblongata aus, von Wo aus die retikulospinalen Bahnen ihren Ursprung nehmen ( > Abb. 6.6). Ein Teil der retikulospinalen Fasern endet auch im Hinterhorn des Rückenmarks, um selektiv die Weiterleitung der dort verschalteten Afferenzen hemmend zu kontrollieren, wie in
> Kap. 3.4.1 am Beispiel serotonerger Fasern in der Substantia gelatinosa ausgeführt.
Atemzentrum
Das Atemzentrum liegt v.a. im Bereich der Medulla oblongata. Es hat inspiratorische und exspiratorische Neuronengruppen, die in rhythmischem Wechsel aktiv sind. Diese werden von Teilen der (ventro)lateralen FR (sog. Prä-Bötzinger-Komplex; > Abb. 6.5b, 5) koordiniert. Ein im Alter zunehmender Neuronenverlust in die-
sem Komplex kann zu Atempausen während des Schlafs (SchlafApnoe-Syndrom) führen. Weitere für die Entstehung von Atembewegungen wichtige Neurone finden sich u.a. in der FR in der Umgebung des Ncl. ambiguus und der Ncll. tractus solitarii. Das Atemzentrum koordiniert auch den Hustenreflex. Das Atemzentrum wird in seiner Aktivität sowohl willkürlich gesteuert als auch durch Projektionen aus den Ncll. tractus solitarii unwillkürlich in Abhängigkeit vom 0,/CO,-Gehalt des Blutes reguliert.
imbisches
prämotorischer
S
Kortex
System
komotorisch
matio reticu
Tractus reticulospinalis
Steuerung des Muskeltonus
Aktivität von
Rumpf- und proximaler Extremitätenmuskulatur
Reflexunterdrückung Abb. 6.6 Motorische Systeme der Formatio reticularis und ihre Bahnverbindungen. [T873, L126]
6.3 Tegmentum mesencephali Die FR beeinflusst die Atmung durch die Aktivierung einzelner motorischer Hirnnervenkerne (Zungen-, Rachen-, Kehlkopf- und mi-
mische Muskulatur), ganz besonders aber durch die Aktivierung retikulospinaler Bahnen, die im Vorderhorn des Halsmarks
(C3-
C5: N. phrenicus > Zwerchfellinnervation) und des Brustmarks (Innervation der Interkostalmuskulatur) enden. Kreislaufzentrum Man kann ein Depressorzentrum von einem Pressorzentrum un-
terscheiden, die beide in der Medulla oblongata liegen und - wie das Atemzentrum - vor allem von lateralen Abschnitten der FR gebildet werden (>- Abb. 6.5b, 6). Das Depressorzentrum liegt kau-
143
KLLNLK Die Druckempfindlichkeit des Brechzentrums hat besondere klinische Be-
deutung. So löst eine Erhöhung des Hirndrucks reflektorisches Erbrechen aus, das klinisch bisweilen das einzige Symptom eines zu hohen intrakraniellen Drucks ist. Doch kann auch ein lokal erhöhter Druck dieses Erbrechen auslösen, z. B. ein in der Rautengrube wachsender Tumor. Da die Area postrema sehr viele Dopamin-, Serotonin- und Neurokininrezeptoren besitzt, deren Erregung auf das Brechzentrum aktivierend wirkt, kann man bei Übelkeit und Erbrechen mit Dopaminantagonisten (z. B. Metoclopramid),
Serotoninantagonisten
(z.B.
Ondansetron)
oder
Neurokinin-1-Antagonisten (z.B. Aprepitant) sehr gute antiemetische (den Brechreiz lindernde) Effekte erzielen.
Pontines Miktionszentrum
daler und medialer als das Pressorzentrum, seine Reizung führt zu
einem Abfall des Blutdrucks und der Herzaktivität. Bei Reizung des Pressorzentrums resultiert ein Anstieg von Blutdruck und Herzak-
Ein im Bereich der lateralen pontinen FR lokalisierter Kernkomplex spielt für die Regulation der Harnblasenentleerung eine entschei-
tivität.
dende Rolle ( > Abb. 6.5b, 2). Er übt v. a. einen fördernden Einfluss auf das Blasenentleerungszentrum
Afferenzen erhalten Pressor- und Depressorzentrum von den Ncll. tractus solitarii (Vermittlung des Blutdrucks und anderer vegetati-
ver Parameter über die Nn. vagus und glossopharyngeus) sowie vom Hypothalamus und Großhirnkortex (Anstieg oder Abfall des Blutdrucks bei psychischer Erregung, Anstieg bei geplanter und ausgeführter körperlicher Aktivität etc.). Efferenzen gehen zum Ncl. dorsalis n. vagi (Parasympathikus) und über retikulospinale Bahnen ins Seitenhorn des Thorakalmarks, von wo aus sympathisch der Kreislauf reguliert wird (Herzleistung, Gefäßtonus). Brechzentrum
Ein als Area postrema bezeichneter FR-Bereich liegt am kaudalen Ende der Rautengrube unmittelbar unter der Hirnoberfläche (> Abb. 6.5b, 3). Die Area postrema gehört zu den sog. zirkumventrikulären Organen ( > Kap. 10.1.1) und besitzt somit keine Blut-Hirn-Schranke, die an fast allen anderen Stellen des Gehirns
den Übertritt potenziell toxischer Substanzen vom Blut ins ZNS verhindert ( > Kap. 11.1.2). Gemeinsam mit angrenzenden Teilen der FR und den ventral davon liegenden Ncll. tractus solitarii (viszerosensibler Hirnnerven-Kernkomplex) bildet die Area postrema das Brechzentrum. Es aktiviert und koordiniert auf bestimmte Rei-
im sakralen Rückenmark aus,
wird jedoch dabei wiederum von übergeordneten Zentren des Hirnstamms und Großhirns beeinflusst (Einzelheiten > Kap. 12.7.1).
Monoaminerge Zellgruppen der Formatio reticularis Eine große Gruppe von Nervenkernen der FR wird aufgrund des Transmitters ihrer Neurone zum monoaminergen System zusam-
mengefasst. Monoamine sind Decarboxylierungsderivate von Aminosäuren (biogene Amine). Ihre wichtigsten Vertreter sind Dopamin, Noradrenalin und Serotonin (seltener auch Adrenalin und
Histamin). Entsprechend unterscheidet man in der FR dopaminerge, noradrenerge und serotoninerge Zellgruppen (vgl. auch > Tab. 1.2, S. 13). Monoaminerge Zellen finden sich außer in der FR des
Hirnstamms auch im Zwischenhirn. Zum Teil sind monoaminerge Zellgruppen Bestandteile der 0.g. funktionellen Systeme (ARAS, motorisches Zentrum, Kreislaufzentrum etc.).
MERKE Monoaminerge Neuronensysteme haben auch klinisch große Bedeutung, nicht zuletzt weil ein Großteil aller Psychopharmaka im monoaminergen System inhibitorisch oder exzitatorisch ansetzt.
ze hin einen Reflexbogen, der für das Erbrechen verantwortlich ist.
Das Brechzentrum ist sehr empfindlich, zum einen gegenüber
Dopaminerge Zellgruppen
Schwankungen der normalen Druckverhältnisse im IV. Ventrikel,
Die größte dopaminerge Zellgruppe ist die Pars compacta der Substantia nigra mit ihrer Schlüsselfunktion bei motorischen Abläufen (> Kap. 6.3.2). Andere Gruppen dopaminerger Neurone in kleinen Kernen der FR des Mesencephalons haben intensive Projektionen ins limbische System und spielen dort bei der Beeinflussung psychischer Abläufe eine große Rolle. Weitere dopaminerge Neuronengruppen befinden sich in den Kernen des Diencephalons und sind an der Steuerung des endokrinen Systems sowie des vegetativen Nervensystems beteiligt ( > Kap. 8.3 und > Kap. 8.4).
zum anderen gegenüber potenziell körperschädlichen Substanzen im Blut. Es kann aber auch durch neuronale Afferenzen aktiviert werden (z.B. viszerosensibel aus dem Magen-Darm-Trakt oder zentral aus den Vestibulariskernen und anderen Zentren), insbe-
sondere über die Freisetzung der Transmitter Dopamin und Seroto-
nin.
144
6 Mittelhirn (Mesencephalon)
KLINLK
KLINLK
Schizophrenie Außer beim Parkinson-Syndrom haben dopaminerge Systeme große klinische Bedeutung bei psychiatrischen Erkrankungen. S50 ist z. B. bei der Pathogenese bestimmter Formen der Schizophrenie eine Überaktivität der dopaminergen mesolimbischen (= vom Mittelhirn in Zentren des limbischen Systems im Großhirn gerichteten) Projektionen entscheidend beteiligt. Deswegen kann man mit Medikamenten, die die Aktivität des Dopamins an den postsynaptischen Rezeptoren im limbischen System herabsetzen (Dopaminantagonisten), die Symptomatik erheblich bessern. Werden die Dopaminantagonisten zu hoch dosiert und damit auch die Funktion der dopaminergen nigrostriatalen Fasern im Striatum blockiert, entsteht ein medikamenteninduziertes Parkinson-Syndrom.
Serotoninerge Neurone sind wie die noradrenergen an der Pathogenese von Depressionen beteiligt. Auch bei der Pathophysiologie anderer psychiatrischer Erkrankungen wie Angst-/Panikstörungen und Zwangsneurosen schreibt man serotoninergen Neuronen eine wichtige Rolle zu. Daher setzen viele der bei diesen Krankheiten verwendeten Medikamente am serotoninergen System an und verstärken seine Funktion. Die serotoninergen Projektionen zu Hirn- und Piaarteriolen sind darüber hinaus entscheidend bei der Entstehung der Migräne: Sie können die Gefäße zu maximaler Kontraktion veranlassen, was für die Entstehung der neurologischen Ausfallssymptome (vorübergehende 0,-Minderversorgung einzelner Hirnregionen) und der Kopfschmerzen (0,-Minderversorgung der Hirnhäute mit anschließender Überdurchblutung) entscheidend ist. Entsprechend kann man mit sog. Serotoninantagonisten medikamentös vorbeugend die Krankheitssymptome lindern.
Noradrenerge Zellgruppen Man findet sie in der FR des Pons und der Medulla oblongata. Die größte Zellgruppe unter ihnen ist der Locus caeruleus (auch: Ncl.
Periaquäduktales Grau
coeruleus,
der Rautengrube
Eine Ansammlung grauer Substanz, die im Mittelhirn unmittelbar
manchmal von dorsal her als bläulich-dunkel durchschimmernder Fleck zu sehen ist’. Die überwiegend inhibitorischen Projektionen dieser Zellgruppen sind im ZNS weit verstreut und reichen von Bahnen ins limbische System des Großhirns bis hin zu Fasern ins
den Aquädukt umscheidet, wird als periaquäduktales Grau (Substantia grisea periaqueductalis; auch: Substantia grisea centralis) bezeichnet. Sie wird zuweilen - nicht ganz korrekt - als Bestandteil
Rückenmark, wo sie ähnlich wie serotoninerge Neurone im Hinter-
über Faserverbindungen zum limbischen System Angst- und Fluchtreflexe und spielt bei der Koordination der Hirnnervenkerne im Rahmen der Stimmbildung eine wichtige Rolle. Über absteigende Bahnen ins Rückenmark und zu monoaminergen Zellgruppen der FR nimmt das Kerngebiet entscheidenden Einfluss auf die endogene Schmerzunterdrückung.
> Abb.
6.5a, 5), der am
Boden
horn die Weiterleitung sensibler Afferenzen kontrollieren können. Der Locus caeruleus ist, u.a. im Zusammenhang mit dem ARAS
(s. 0.), am Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligt (Aktivität bei Wachbewusstsein, Inaktivität bei Schlaf). Darüber hinaus wird er als eine
Art „Alarmsystem des Gehirns“ in körperlichen und seelischen Stresssituationen aktiviert und ist dabei an der Entstehung stressbegleitender Symptome wie Angstempfindung oder Tachykardie beteiligt. KLLINLK Die Projektionen der noradrenergen Zellgruppen ins limbische System spielen klinisch eine Rolle bei Depressionen: Man nimmt eine „Unterak-
tivität” an, weshalb man mit Medikamenten, die die Wirkung noradrenerger Neurone verstärken, den Betroffenen erhebliche Linderung verschaffen kann. Auch bei Schlafstörungen und beim Hyperaktivitätssyndrom wird dem noradrenergen System eine wichtige Rolle zugeschrieben.
Serotoninerge Zellgruppen Man findet sie im ganzen Hirnstamm verteilt. Sie bilden die mediane Zone der FR ( >
Abb. 6.5, 1), weshalb sie auch Raphekerne®
genannt werden. Von ihnen gehen Projektionen praktisch in das gesamte ZNS aus, vor allem aber ins limbische System, wo sie emotionale Vorgänge beeinflussen, und ins Rückenmark,
wo sie die
Weiterleitung sensibler Impulse hemmen können ( >
Kap. 3.4.1,
S. 92). Durch Projektion in die FR-Kerne, die am ARAS beteiligt
sind, nehmen diese serotoninergen ebenso wie die 0. g. noradrenergen Neurone Einfluss auf den Schlaf-Wach-Rhythmus.
7 caeruleus (lat.) = (himmel)blau ® raphe (gr.) = Naht (an der linke und rechte Hirnhälfte aneinander grenzen)
der FR aufgefasst (>- Abb. 6.1, 18). Dieser Kernkomplex generiert
KLINIK Im Zusammenhang mit der Schmerzunterdrückung ist die Endigung zahlreicher endorphinerger Afferenzen im periaquäduktalen Grau von herausragender Bedeutung (Endorphine sind Transmitter, die in ihrer Wirkung dem Morphium ähnlich sind und an die gleichen Rezeptoren binden). Somit ist dieser Kern neben dem Hinterhorn des Rückenmarks (=>-Kap. 3.4.1) einer der wichtigsten Angriffspunkte für Opiate (Morphium und verwandte Substanzen), die klinisch zur Behandlung starker Schmerzen
eingesetzt werden und sehr effektiv das endogene Schmerzunterdrückungssystem aktivieren.
Augenbewegungszentren Zu ihnen gehören u.a. als Bestandteile der FR die paramediane pontine Formatio reticularis (PPRF), der Ncl. prepositus perihypoglossalis u. a. Sie werden im Folgenden ( > Kap. 6.3.4) besprochen. 6.3.4 Zentrale Verschaltung der Augenmuskelkerne, Augenbewegungszentren Die Koordination der verschiedenen Augenmuskeln beider Augen und deren Abstimmung mit visuellen, vestibulären und kortikalen Reizen verlangt eine komplizierte Verschaltung der Augenmuskelkerne untereinander und mit zahlreichen anderen Zentren des Gehirns. Zahlreiche Zentren projizieren zu den Augenmuskelkernen. Sie lassen sich grob in drei Kategorien einteilen: 1. Die Augenmuskelkerne selbst mit ihren internukleären Verbindungen
6.3 Tegmentum mesencephali 2. Sog. präokulomotorische Zentren (Kerne, die in der Koordina-
(Übereinstimmen
tion der Augenbewegungen als „höhere Instanz“ den Augenmuskelkernen vorgeschaltet sind) 3. Übergeordnete Blickzentren (die auf indirektem Wege die
wird diese Verbindung gehemmt, wenn sich die Mm. recti mediales beider Seiten kontrahieren. Die internukleäre Verschaltung der okulomotorischen Kerne verläuft über den Fasciculus longitudi-
Okulomotorik beeinflussen).
der Sehachsen).
145
Bei der Konvergenzreaktion
nalis medialis (s. u.), der auch noch andere Zentren des Hirn-
stamms miteinander verbindet. Internukleäre Verbindungen Um die Bewegungen der Augenmuskeln aufeinander abzustimmen, ist die afferente und efferente Vernetzung jedes okulomotorischen Kerns mit jedem anderen okulomotorischen Kern nötig. Dies leisten internukleäre Neurone, die Hirnnervenkerne als zusätzliche
Efferenz zu den nach peripher ziehenden Neuriten der Motoneurone besitzen. Ein wichtiges Beispiel ist die reziproke Verbindung des
Präokulomotorische Zentren
Die Koordination der 2 x 6 Augenmuskeln erfolgt über die Blickzentren. Das sind höhere, den okulomotorischen Kernen vorgeschaltete Zentren, die auch als präokulomotorische Kerne be-
zeichnet werden. Sie koordinieren und initiieren horizontale und
vertikale Augenbewegungen.
Abduzenskerns (M. rectus lateralis) mit dem Subnucleus des M.
rectus medialis im Okulomotoriuskern der kontralateralen Seite. Auf diese Weise ist die Bewegung des einen Muskels automatisch mit der Bewegung des anderen Muskels kombiniert, sodass die Bewegung beider Augen immer synchron und gleichgerichtet ist
Abb. 6.7 Präokulomotorische Zentren. a Lokalisation der Zentren im Hirnstamm (Ansicht von dorsal).
1 Paramediane pontine Formatio reticularis (PPRF, besonders wichtig für die Steuerung horizontaler Augenbewegungen), 2 rostrale mesenzephale Formatio reticularis (besonders wichtig für die Steuerung vertikaler Augenbewegungen), 3 Nell. vestibulares, 4 Ncl. prepositus perihypoglossalis. [T873, L126] b Neuronale Verschaltung zur Generierung einer willkürlichen horizontalen Augenbewegung (vereinfachtes Schema, Ansicht von ventral). Der motorische Impuls geht vom 1 frontalen Blickzentrum im Großhirnkortex aus und wird z. T. unter Zwischenschaltung der 2 Colliculi superiores an die 3 kontralaterale paramediane pontine Formatio reticularis (PPRF) weitergegeben. Diese steuert nun auf der gleichen Seite den 4 Abduzenskern an, der einerseits über den VI. Hirnnerv das Auge der entsprechenden Seite abduziert und andererseits über 5 internukleäre Verbindungen den 6 kontralateralen Okulomotoriuskernkomplex aktiviert, sodass dieser über den IIl. Hirnnerv das zur PPRF kontralaterale Auge adduziert. 7 M. rectus lateralis, 8 M. rectus medialis. Das Ergebnis ist eine Blickwendung kontralateral zur initiierenden Großhirnhemisphäre und ipsilateral zur initiierenden PPRF. [T873, L106, V492]
146
6 Mittelhirn (Mesencephalon)
M.ER.K.E Dabei kann man festhalten, dass
gungen, bei vestibulär oder visuell erzeugten Blickfolgebewegungen und bei der Fixierung des Blicks auf ein bestimmtes Blickziel.
« horizontale Blickbewegungen vor allem im Pons, » vertikale Blickbewegungen vor allem im Mittelhirn ausgelöst werden.
Die Lokalisation der präokulomotorischen Zentren ist in > Abb. 6.7a dargestellt. Dazu gehören als die wichtigsten: ® Die paramediane pontine Formatio reticularis ( > Abb. 6.7a, 1; aus dem Englischen meist als PPRF* abgekürzt), ist das wich-
tigste generierende Zentrum für horizontale Augenbewegungen zur jeweils ipsilateralen Seite. Handelt es sich nicht um reflektorische, sondern um willkürliche Augenbewegungen, erhält die PPRF die entsprechenden Impulse unter Zwischenschaltung übergeordneter Blickzentren (s. u.) aus dem Großhirn. Die hori-
zontalen Blickbewegungen werden über die Efferenz der PPRF zum Abduzenskern und von dort über die internukleären Neurone initiiert ( > Abb. 6.7b).
Übergeordnete Blickzentren In kortikalen Blickzentren des Großhirns (werden Blickfolgebewegungen sowie nicht an Lichtreize oder Körperbewegung gekoppelte, also willkürliche Augeneinstellbewegungen generiert, > Kap. 9). Von dort und von der Sehrinde im Okzipitallappen ziehen wichtige Afferenzen zu den horizontalen und vertikalen Blickzentren im Pons und Mesencephalon unter Zwischenschaltung übergeordneter Blickzentren. Eine ganz besondere Rolle spielen dabei die oberen Hügel (Colliculi superiores) und das Vestibulocerebellum (Teil
des Kleinhirns, > Kap. 7). Die Colliculi superiores sind eine Zwischenstation für Impulse vom Kortex zu den präokulomotorischen Zentren, die willkürliche Sakkaden initiieren (rasche, zielgerichtete
Augeneinstellbewegungen). Das Vestibulocerebellum spielt vor allem als zwischengeschaltete Station für Blickfolgebewegungen (Verfolgung eines fixierten Gegenstandes mit den Augen) eine Rol-
le.
* Die rostrale mesenzephale Formatio reticularis ( > Abb. 6.7a,
terior (z. B. durch Tumoren) löst dementsprechend eine Blick-
Die Bahn von der sekundären Sehrinde des Okzipitallappens und den Blickzentren im Parietallappen zu den übergeordneten Blickzentren ist für den optokinetischen Reflex verantwortlich: Ein sich bewegender Gegenstand wird mit den Augen verfolgt (Blickfolgebewegung), bis die Beweglichkeit der Muskeln ausgeschöpft ist, worauf eine rasche Rückführung der Bulbi zur Gegenseite folgt, um dann einen neuen Gegenstand zu fixieren. Eine Zerstörung dieser Bahn auf dem Weg vom Kortex durch die Capsula interna ins Mittelhirn bewirkt einen Ausfall dieser Blickfolgebewegungen. Da die Bahnen aber im Mittelhirn teils gekreuzt, teils ungekreuzt verlau-
richtungslähmung nach oben aus.
fen, erklärt sich die Tendenz zur raschen Erholung nach solchen
2) ist für vertikale Augenbewegungen verantwortlich. Beson-
ders wichtig ist dabei der rostrale Ncl. interstitialis fasciculi longitudinalis medialis, aber auch der Ncl. interstitialis Cajal. Dieses vertikale Blickzentrum projiziert (u.a. über die Commissura posterior, die rostrodorsal an der Grenze des Mittelhirns zum Zwischenhirn liegt) zum kontralateralen Okulomotoriuskern, wo es die vertikalen Augenbewegungen und eine begleitende Hebung (bei Aufwärtsblick) oder Senkung (bei Abwärts-
blick) des Augenlides initiiert. Eine Läsion der Commissura pos-
* Die Ncll. vestibulares ( > Abb. 6.7a, 3 und > Kap. 5.2.8) sind
sog. kortikalen Blickparesen.
ebenfalls ein präokulomotorisches Zentrum, indem sie für die
Koordination Körpers oder Netzhautbild. muliert, dass
der Augenbewegungen mit der Bewegung des des Kopfes sorgen. So ermöglichen sie ein stabiles Dazu werden die okulomotorischen Kerne so stisie der Bewegung des Kopfes/Körpers entgegen-
steuern, um dann, wenn die Beweglichkeit der Augenmuskeln
ausgeschöpft ist, in einer raschen entgegengerichteten Bulbusbewegung wieder ein neues visuelles Objekt auf der Netzhaut zu verfolgen. Dies nennt man vestibulookulärer Reflex. Die dazu nötigen Projektionen der Vestibulariskerne zu den Augenmuskelkernen verlaufen wie die Efferenzen der meisten präokulomotorischen Zentren im Fasciculus longitudinalis medialis. * Der Ncl. prepositus perihypoglossalis ( > Abb. 6.7a, 4) liegt unmittelbar rostral des Hypoglossuskerns (Name!) in der Medulla oblongata und spielt als präokulomotorisches Zentrum durch Verbindungen mit Kleinhirn, Vestibulariskernen und den
anderen eben erwähnten Zentren eine wesentliche Rolle bei der Koordination rascher vertikaler und horizontaler Blickbewe-
9 PPRF (engl.) = Abkürzung für paramedian pontine reticular formation
KLINLK Internukleäre Ophthalmoplegie Sie beruht auf einer Schädigung des Fasciculus longitudinalis medialis
(häufig z. B. bei Multipler Sklerose) und somit auf einer Zerstörung der internukleären Verbindungen. Charakteristisch ist, dass beim Blick zur kontralateralen Seite der Schädigung das Auge der geschädigten Seite nicht adduzieren kann, wodurch Doppelbilder entstehen. Die Konvergenzreaktion ist aber erhalten, ebenso zeigt der Bulbus der betroffenen Seite beim Geradeausblick keine Deviation zur Seite. Beides beweist, dass die periphere Innervation des M. rectus medialis völlig unbeeinträchtigt ist. Es ist eben lediglich die Koppelung der Bewegung beider Augen im Sinne einer gleichsinnigen Verfolgung des zu beobachtenden Gegenstandes gestört, die über die internukleären Verbindungen im Fasciculus longitudinalis medialis verschaltet wird (klinisches Beispiel in > Abb. 6.8).
Horizontale Blickparesen Eine horizontale Blicklähmung kann grundsätzlich die willkürlichen und die unwillkürlichen Augenbewegungen betreffen. Die willkürlichen Spontanbewegungen werden vor allem im frontalen Blickzentrum (= frontales Augenfeld) des Großhirns generiert, die (meist unwillkürlichen) Blickfolgebewegungen vor allem in visuellen Rindenfeldern des okzipitalen und parietalen Großhirns. Da beide Arten der horizontalen Blickbewegun-
6.4 Crura cerebri gen letztlich von der PPRF aus gesteuert werden, führt nicht nur eine Schädigung der entsprechenden absteigenden Bahnen aus dem Großhirn
und/oder der Colliculi superiores, sondern auch eine pontine Läsion
6.4
Crura
147
cerebri
Die beiden vorne dem Mittelhirn anliegenden dicken Faserstränge
mit Schädigung der PPRF zur horizontalen Blickparese. Tritt diese zu beiden Seiten hin auf, spricht das für einen pontinen Herd, da die PPRFs beider Seiten relativ nah beieinander an der Medianebene liegen und daher oft
werden als Hirnschenkel (Crura cerebri) bezeichnet. Sie enthalten die kortikonukleären, die kortikospinalen und die kortikopontinen h also Großhirnrind ‚okti d . nk
Blickbewegungen zur gleichen Seite hin generiert, löst eine entsprechende
nen, ins Rückenmark und zu den Brückenkernen. Dabei weisen sie
zusammen geschädigt werden. Da die PPRF einer Seite die horizontalen
ahnen,
also Großhirnrindenprojektionen zu den Hirnnervenker-
einseitige Schädigung eine horizontale Blickparese zur Seite der Schädi-
folgende topische Gliederung von medial nach lateral auf ( > Abb.
gung hin aus, und die Bulbi zeigen eine Deviation zur Gegenseite („der Kranke blickt von seinem Herd weg”). Liegt die Schädigung hingegen im Kortex oder im Verlauf der entsprechenden absteigenden Bahnen in den
6.9):
Hirnstamm, die ja gekreuzt verlaufen, erhält die PPRF der zur Läsion kon-
n O An tralateralen Seite keine Impulse mehr, und es resultiert eine Blickparese zu
eben dieser Seite. Die Bulbi zeigen dementsprechend eine Deviation zur Seite der Schädigung hin („der Kranke blickt seinen Herd an”). Zur Verdeutlichung val. die Verhältnisse beim Gesunden anhand >- Abb. 6.7b.
Vertikale Blickparese Sie wird z. B. durch eine Läsion des Mittelhirntegmentums mit Schädigung der rostralen mesenzephalen FR verursacht, die ja für vertikale Blickbewegungen verantwortlich ist. Da zumindest ein Teil der Fasern dieses Zen-
trums zum Okulomotoriuskern in der Commissura posterior zur Gegen-
seite kreuzt, kann auch eine Schädigung der Commissura posterior zu
vertikalen Blickparesen führen.
* Fibrae frontopontinae ( > Abb. 6.9, 1): Sie ziehen vom Frontalhirnkortex zum Pons. Fib i l Abb. 6.9. 2): Sie zieh n
°
Fibrae corticonucleares (>-
Ab. 6.9, 2): Sie ziehen vom prä-
zentralen, motorischen Kortex zu den motorischen Hirnnervenkernen. * Fibrae corticospinales ( > Abb. 6.9, 3): Sie ziehen als Pyramidenbahn (Tractus corticospinalis) vom motorischen Kortex ins Rückenmark. Dabei sind die Bahnen ins Zervikal-. ins Thorai kal-, ins Lumbal- und ins Sakralmark von medial nach lateral
3I_"'ge°rdnet-
.
_
° Fibrae temporopontinae ( >- Abb. 6.9, 4): Sie verlaufen vom Temporalkortex zum Pons. Die nur eine Minderheit der kortikopontinen Bahnen ausmachenden okzipito- und parietopontinen Fasern verlaufen ebenfalls ganz lateral in den Hirnschenkeln. KLLNLK Läsionen der Crura cerebri
Werden die Hirnschenkel von medial her geschädigt, fallen zuerst die frontopontinen, anschließend die kortikonukleären Fasern etc. nacheinander aus. Das bedeutet, dass zuerst funktionelle Störungen des Kleinhirns (Bedeutung der pontinen Kerne und ihrer Afferenzen vom Kortex für die Funktion des Kleinhirns!), anschließend solche der somatomotorischen
Hirnnerven und schließlich eine Pyramidenbahnläsion auftreten. Tritt die Schädigung langsam von lateral her ein, beginnt das Beschwerdebild ebenfalls mit zerebellären Ausfällen, die von einer Pyramidenbahnsymptomatik von kaudal nach kranial gefolgt sind, und erst später folgt ein Aus-
fall der Hirnnerven.
Abb. 6.8 Läsion des Fasciculus longitudinalis medialis. Horizontalschnitt-Kernspintomographie (sog. axiale Schnittebene) des Gehirns bei Läsion des Fasciculus longitudinalis medialis im Rahmen einer Multiplen Sklerose. Bei dieser Aufnahmetechnik stellt sich das Gehirn dunkel, der Liquor
hell dar. Durch die Markscheidenzerstörung grenzt sich der Fasciculus longitudinalis medialis ebenfalls hell gegen das normale Hirngewebe ab. Symptomatik des Patienten: Internukleäre Ophthalmoplegie: beim Blick nach rechts bewegt sich nur das rechte Auge nach rechts, das linke Auge bleibt geradeaus gerichtet, beim Blick nach links umgekehrt. 1 Pons, 2 lädierter Fasciculus longitudinalis medialis beidseits (Lage vgl. >=- Abb. 5.10, 75), 3 Kleinhirn,
4 |V. Ventrikel. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. M. Manfredi, Rom) [T876]
148
6 Mittelhirn (Mesencephalon)
Hirnnervenkernen. Von großer klinischer Bedeutung ist die partielle oder vollständige Kreuzung dieser Bahnen auf ihrem Weg in den Hirnstamm ( >
Tab. 6.1). Eine klinisch wichtige anatomische
Besonderheit liegt beim Ncl. n. facialis vor, der in einem Teil bila-
teral, in einem anderen nur kontralateral vom Kortex aus angesteuert wird, und ebenso beim Ncl. n. accessorii, der in einem Teil
vorwiegend ipsilateral, in einem anderen vorwiegend kontralateral versorgt wird. KLINLK Periphere und zentrale Fazialislähmung
Abb. 6.9 Anordnung der im Crus cerebri absteigenden Bahnen. 1 Fibrae frontopontinae, 2 Fibrae corticonucleares (zu den motorischen Hirnnervenkernen). 3 Fibrae corticospinales, die wiederum somatotopisch geordnet ver-
Man kann sich die in > Tab. 6.1 dargestellten Kenntnisse lokalisationsdiagnostisch zunutze machen. So z.B. bei der sog. zentralen Fazialislähmung: Da der Teil des Fazialiskerns, der Stirn- und Lidmuskulatur versorgt, von beiden Großhirnhälften aus innerviert wird, kommt es bei einer einseitigen Schädigung des motorischen Kortex oder der kortikonukleären Bahn zum Ncl. n. facialis nicht zu einer Funktionsbeeinträchtigung der Stirmmuskulatur und des Lidschlusses, während der Rest der mimischen Muskulatur auf der kontralateralen Seite der Schädigung gelähmt ist. Tritt hingegen eine Schädigung des Kerns auf, ist die gesamte mimische Muskulatur der betroffenen Seite gelähmt (sog. periphere Fazialislähmung). Liegt wiederum eine Läsion des peripheren Nervs auf dem Wege vom Hirnstamm bis zum Innenohr vor, sind neben der mimischen Muskulatur auch Geschmacks- und viszeromotorische Funktionen auf der betroffenen Seite ausgefallen. Zum Vergleich periphere und zentrale Fa-
laufen — links im Bild von medial nach lateral: C (Fasern für Zervikalmark), Th (Fasern für Thorakalmark), L (Fasern für Lumbalmark), S (Fasern für Sakral-
mark). 4 Fibrae temporopontinae (zusammen mit einigen parieto- und okzipitopontinen Faserbündeln). Die kortikospinalen Fasern beeinflussen im Rückenmark nur die Motorik der kontralateralen Seite, deshalb ist die entsprechende
Körperhälfte des Homunkulus rot unterlegt. Die kortikonukleären Fasern hingegen projizieren zum Teil auf Hirnnervenkerne beider Seiten. [T873, L126]
6.5 Bahnsysteme des Hirnstamms Zahlreiche Bahnen durchlaufen den Hirnstamm und wurden z. T. schon mehrfach erwähnt. Sie sollen hier noch einmal zusammen-
zialislähmung > Abb. 6.10. Da die Zuflüsse aus dem Großhirn für „emotionale” Gesichtsbewegungen wie Lachen und Weinen auf gesonderten Wegen außerhalb des kortikonukleären Trakts den Fazialiskern erreichen (sie stammen vom Gyrus cinguli, > Kap. 9.4.5), können bei Läsionen der kortikonukleären Bahn oberhalb des Fazialiskerns nicht nur die Lid- und Stimbeweglichkeit, sondern auch alle emotional ausgelösten mimischen Bewegungen erhalten bleiben.
hängend besprochen werden. In den Hirnstammquerschnitten der > Abb. 6.1 sowie > Abb. 5.9 und > Abb. 5.10 sind diese Bahnen sichtbar.
6.5.1
Kortikospinale und kortikonukleäre Bahn
Die kortikospinale Bahn (Pyramidenbahn im engeren Sinne) haben wir bereits bei den absteigenden Bahnen des Rückenmarks
6.5.2 Kortikopontine Bahnen
kennengelernt ( >
Die kortikopontinen Bahnen nehmen ihren Ursprung im Kortex des Frontal- und, etwas geringfügiger, auch des Temporal-, Okzipital- und Parietallappens. Die entsprechenden Fasern ziehen durch
Kap. 3.5.4) und sie wird nochmals zusammen-
hängend in > Kap. 9.6.1 beschrieben. Die kortikonukleären Bahnen, die wie die kortikospinalen Bahnen ihren Ursprung vom motorischen Kortex nehmen und gemeinsam mit diesen durch die Capsula interna im Großhirnmarklager ziehen ( > Kap. 9.11.2), enden in den somatomotorischen und speziell-viszeromotorischen
die Capsula
interna
abwärts,
bilden
anschließend
in den Hirn-
schenkeln den jeweils ganz medialen und ganz lateralen Anteil (frontopontine Fasern medial, die übrigen kortikopontinen lateral,
Tab. 6.1 Verlauf der kortikonukleären Fasern zu den somatomotorischen und speziell-viszeromotorischen Hirnnervenkernen bilateral (gekreuzt und ungekreuzt)
ausschließlich oder überwiegend kontralateral
ausschließlich oder überwie|keine oder fast keine direkOS ELE ET OTL UTE
(gekreuzt) Hirnnervenkern
Ncl. motorius n. trigemini (V)
und zugehöriger
Ncl. n. facialis
(VII, mimische Muskulatur unterhalb der Orbita)
Hirnnerv
Ncl. n. facialis (VII, Stirn- u.
Ncl. n. accessorii
Lidschlussmuskulatur)
(XI, M. trapezius)
Nel. ambiguus (IX, X)
Ncl. n. hypoglossi (XIl, jedoch z. T. auch ipsila-
Ncl. n. accessorii (Xl, M. sternocleidomastoideus)
Ncl. n. oculomotorii (Ill)
Ncl. n. trochlearis (IV) Ncl. n. abducentis (VI)
terale Fasern) *_ Die Augenmuskelkerne (Ill, IV und VI) empfangen praktisch keine direkten aktivierenden Fasern vom Kortex, sondern werden vor allem indirekt über die präokulomotorischen Zentren (>- Kap. 6.3.4) angesteuert.
6.5 Bahnsysteme des Hirnstamms
149
Abb. 6.10 Periphere und zentrale Fazialislähmung. a Normalzustand bei Aufforderung, die Stirn zu runzeln, die Augen zuzukneifen, die Zähne zu zeigen.
1 Kortikonukleäre Fasern (hellgelb- und hellblau) zu Z + 3 Ncl. n. facialis. 2 Teil des Ncl. n. facialis für die Versorgung der mimischen Muskulatur unterhalb des Auges, 3 Teil des Ncl. n. facialis für die Versorgung der periorbitalen und Stirmmuskulatur. b Periphere Fazialislähmung links: Läsion des VII peripheren Nervs (N. facialis, dunkelgelb und dunkelblau) oder des Ncl. n. facialis. Links kann die Stirn nicht gerunzelt, das Auge nicht geschlossen und die Lippen nicht bewegt werden. c Zentrale Fazialislähmung links: Läsion des Großhirnkortex oder der kortikonukleären Fasern zum Ncl. n. facialis. Links kann die mimische Muskulatur unterhalb des Augenlids nicht mehr bewegt werden, während Lidschluss- und Stirnmuskulatur unbeeinträchtigt sind, weil das entsprechende Kernareal zusätzlich von der ipsilateralen Großhirnhälfte Impulse erhält. [T873, L126]
> Abb. 6.9, I und 4). Sie enden dann ungekreuzt an den Nell. pontis, die die Impulse des Großhirns (überwiegend motorische Infor-
mationen) an die kontralaterale Kleinhirnhemisphären weitergeben.
le Fasern des Lemniscus medialis behalten während des gesamten Verlaufs eine somatotopische Anordnung bei (getrennt nach Bein, Rumpf, Arm und Kopf). Die sensiblen Impulse der kontralateralen Körperhälfte, die im Lemniscus
6.5.3
Lemniscus medialis und Lemniscus
trigeminalis Der Lemniscus medialis (mediale Schleifenbahn) liegt im Mittel-
hirn als im Querschnitt schweifartige Struktur lateral dem Ncl. ruber an
(> Abb.
6.1, 8). Seine
Fasern
entstammen
den
medialis verlaufen,
werden
im Thalamus
(Zwischen-
hirn) auf das 3. Neuron der sensiblen Bahn umgeschaltet und projizieren dann in den somatosensiblen Teil der Großhirnrinde (Gyrus postcentralis), wo die Körperwahrnehmung zum Bewusstsein gelangt. Die somatosensible Bahn des Hinterstrang- bzw. medialen lemniskalen Systems wird zusammenhängend in > Kap. 9.7.1 beschrieben.
Hin-
terstrangkernen (Somatosensibilität [Berührung, Propriozeption] des Halses, des Rumpfes und der Extremitäten), denen sich die Fa-
sern des sensiblen Trigeminushauptkerns (Somatosensibilität des Kopfbereichs) als Lemniscus trigeminalis anschließen. Beide werden meistens zum „Lemniscus medialis“ im weiteren Sinne zusam-
mengefasst. Auch efferente Fasern aus den Ncll. vestibulares verlaufen wahrscheinlich im Lemniscus medialis. Der Lemniscus medialis kreuzt nach seinem Ursprung aus den Hinterstrangkernen auf die Gegenseite. Auch alle anderen sich später dem Lemniscus medialis anschließenden Bahnen kreuzen zuvor noch auf die Gegenseite. Al-
6.5.4 Tractus spinothalamicus Der Tractus spinothalamicus leitet sensible Impulse des anterolateralen Systems (Schmerz, Temperatur, grobe Druck- und Tastempfindung). Diese Bahn wurde in > Kap. 3.5.1 besprochen, sodass wir hier nur ihren Verlauf im Hirnstamm betrachten. Der Tractus spinothalamicus verläuft zunächst in Höhe der Medulla oblongata und des Pons dorsal und vor allem lateral des Lemniscus medialis (> Abb. 5.9, 17, > Abb. 5.10, 17, > Abb. 6.1, 9) und schließt
150
6 Mittelhirn (Mesencephalon)
sich erst in Höhe des rostralen Mittelhirns dem Lemniscus medialis von dorsolateral her an. Wie diejenigen des Lemniscus medialis enden auch die Fasern des Tractus spinothalamicus als 2. Neuron der
Besonders wichtig sind die Verknüpfung der Vestibulariskerne mit den Augenmuskelkernen, die die Grundlage des vestibulookulären Reflexes bildet, sowie die Verbindung der Augenmuskelkerne mit-
sensiblen Bahn im Thalamus des Zwischenhirns, wo die entspre-
einander, was deren sinnvolle Koordination ermöglicht (klinisches
chenden Impulse auf ein 3. Neuron umgeschaltet und großteils zum Gyrus postcentralis (somatosensible Großhirnrinde) weitergeleitet werden. Die somatosensible Bahn des anterolateralen Systems wird zusammenhängend in > Kap. 9.7.1 beschrieben.
Beispiel in > Abb. 6.8). Auch andere Hirnnervenkerne sind über den Fasciculus longitudinalis medialis miteinander verbunden, ris generiert und koordiniert werden ( > Kap. 6.3).
6.5.5
6.5.7 Fasciculus longitudinalis posterior
Lemniscus lateralis
Der Lemniscus lateralis ist ein Teil der Hörbahn und beginnt in der Medulla oblongata. Die efferenten Fasern der Ncll. cochleares kreuzen dort partiell auf die Gegenseite, um dann im Lemniscus lateralis zum Tectum des Mittelhirns zu ziehen, wo sie erneut in den
unteren zwei Hügeln verschaltet werden. Von dort werden die auditorischen Impulse dem Thalamus und anschließend der Hörrinde zugeleitet. Die Hörbahn wird zusammenhängend in >- Kap. 9.9.1 besprochen.
meist als Bestandteil von Reflexbögen, die in der Formatio reticula-
Dieses Fasersystem führt einen Großteil aller Afferenzen aus dem Hirnstamm zum Hypothalamus und von diesem wiederum in den Hirnstamm und ins Rückenmark. Der Hypothalamus als zentrale Schaltstelle vegetativer Funktionen bekommt auf diesem Weg Afferenzen von vegetativen Kernen des Rückenmarks und des Hirnstamms, koordiniert sie mit Afferenzen aus dem Großhirn und an-
deren Arealen des ZNS (z. B. Zuflüsse von sensorischen Informationen,
Zuflüsse
von
monoaminergen
Neuronen
des
Hirnstamms
u. v.m.), um über den efferenten Schenkel dieses Fasersystems die
vegetativen Zentren des Hirnstamms und die vegetativen Kerne im Seitenhorn des Rückenmarks erregend oder hemmend anzu-
6.5.6 Fasciculus longitudinalis medialis
steuern. Er läuft auf seinem Weg vorwiegend ungekreuzt durch das Der Fasciculus longitudinalis medialis (>- Abb. 6.1, 15) ist kein
Mittel- und Rautenhirn unmittelbar unter dem Ependym, das die
einheitliches Fasersystem, sondern eine Ansammlung multipler Fasertrakte, die in verschiedenen Höhen des Hirnstamms in den Fas-
inneren Liquorräume (hier Aquädukt und IV. Ventrikel) auskleidet (> Abb. 6.1, 20).
ciculus longitudinalis medialis ein- und austreten. Seine Aufgabe ist es, verschiedene
Hirnstamms
Hirnnervenkerne
und
miteinander zu verbinden.
auch
andere
Wenn
man
Kerne
den
des
Hirn-
stamm mit einer Großstadt vergleicht, die aus mehreren Stadtteilen (den einzelnen Kerngebieten) besteht, dann entspräche der Fasciculus longitudinalis medialis einer Art „Stadtautobahn“, über die Impulse innerhalb des Hirnstamms schnell über die vielen „Auf“und „Abfahrten“ von einem zum anderen Zentrum gelangen kön-
nen.
6.5.8 Tractus tegmentalis centralis Der Tractus tegmentalis centralis (>- Abb. 6.1, 10) wird auch als
zentrale Haubenbahn bezeichnet und verläuft vom Mittelhirn bis zur Olive. In ihm verlaufen Fasern von wichtigen motorischen Zentren wie Ncl. ruber und Formatio reticularis zum unteren Olivenkernkomplex. Die Impulse, die der Olivenkernkomplex auf diese Weise erhält, werden im Sinne der Bewegungskoordination zum Kleinhirn weitergeleitet.
Zusammenfassung Das Mittelhirn (Mesencephalon) grenzt kaudal an den Pons, kranial an das Zwischenhirn und lässt sich längs in drei Schichten gliedern: die von vorne sichtbaren Crura cerebri (Hirnschenkel), das sich nach dorsal anschließende Tegmentum (Haube) und ganz dorsal schließlich das von hinten sichtbare Tectum (Vierhügelplatte), das aus zwei oberen und zwei unte-
ren Hügeln (Colliculi superiores und inferiores) besteht. Das Mittelhirn wird von dem liquorführenden Aquädukt durchzogen, der den III. mit dem IV. Ventrikel verbindet. Crura cerebri
Sie bilden ein Faserbündel, in dem die kortikospinale (= Pyramiden-)Bahn, die kortikonukleäre Bahn und die kortikopontinen
Bahnen topisch geordnet nach kaudal verlaufen.
Tectum mesencephali
Die Colliculi superiores bilden eine wichtige Schaltstelle für optische Reflexe und das Zustandekommen von Sakkaden (rasche
Augeneinstellbewegungen). Die beiden Colliculi inferiores sind eine wichtige Zwischenstation der Hörbahn, in der fast alle ihre Fasern auf zum Thalamus weiterführende Neurone umgeschaltet werden. Tegmentum mesencephali
Im Tegmentum kann man mehrere wichtige Kernkomplexe unterscheiden. Sehr prominent und gut sichtbar sind die Substantia nigra und der Ncl. ruber. Außerdem sind dort Hirnnerven-
kerne und ein diffus und netzartig zusammengesetzter und sich an vielen Stellen zu abgrenzbaren Kernen verdichtender Kom-
6.5 Bahnsysteme des Hirnstamms plex grauer Substanz zu finden, der als Formatio reticularis be-
anatomischen Strukturen unterscheidet man drei Instanzen, die
zeichnet wird.
einander vorgeschaltet sind:
* Die Hirnnervenkerne des Mesencephalons wurden in > Kap. 5 besprochen. * Der Ncl. ruber liegt in der Mitte des Tegmentums und ist eine wichtige Schaltstelle im motorischen System. Er weist intensive Faserverbindungen zu zahlreichen motorischen Zentren auf. Über Verbindungen mit dem Kleinhirn hat er eine wichtige Funktion bei der Koordination der Feinmotorik, während seine
(als extrapyramidale Bahn) direkt ins zervikale Rückenmark
gerichteten Projektionen dort vor allem kontralaterale Flexorenmotoneurone aktivieren. * Die Substantia nigra ist der größte Kernkomplex des Mesencephalons und stellt gleichfalls ein wichtiges motorisches Zentrum dar. Afferente Fasern kommen von motorischen Kor-
151
1. Augenmuskelkerne: Sie sind miteinander hemmend und erregend verschaltet. 2. Präokulomotorische Zentren: Sie sind den Augenmuskel-
kernen vorgeschaltet. Blickzentren für horizontale Blickbewegungen im Pons und für vertikale Blickbewegungen im Mesencephalon.
3. Übergeordnete Blickzentren des Hirnstamms: Sie werden vor allem durch die Colliculi superiores und das Vestibulocerebellum repräsentiert und sind bei der Initiation von Blickbewegungen meist den präokulomotorischen Zentren vorausgeschaltet. Wichtige Bahnsysteme des Hirnstamms
texbereichen und vom Striatum, das für die Motorik besonde-
re Bedeutung hat. Zum Striatum zieht auch der Hauptteil der Efferenzen, deren Transmitter Dopamin ist. Die Substantia ni-
gra hat eine wesentliche Funktion beim Bewegungsantrieb und bei der Initiation adäquater Reaktionen auf Sinnesreize. Der
Ausfall der Substantia nigra verursacht das Parkinson-Syndrom. * Die Formatio reticularis (FR) ist ein „Netz“ (lat. rete) aus oft
schwer voneinander abgrenzbaren Kernen, die den gesamten
* Kortikospinale und kortikonukleäre Bahn: Sie entspringen im motorischen Kortex, durchlaufen das Großhirnmarklager, ziehen dann durch die Crura cerebri, um anschließend entwe-
der als kortikospinale Bahn durch die Pyramiden der Medulla hinab ins Vorderhorn des Rückenmarks zu ziehen oder als kortikonukleäre Bahn an den motorischen Hirnnervenkernen zu enden.
—- Atemzentrum (Medulla oblongata)
* Kortikopontine Bahnen: Sie entspringen im Großhirnkortex und ziehen (ebenfalls durch die Crura cerebri) zu den Brückenkernen. Sie sind das wichtigste afferente Informationssystem für das Cerebellum (v.a. Zuleitung von „Bewegungsentwürfen“
— Kreislaufzentrum (Medulla oblongata) - Brechzentrum (Medulla oblongata)
aus dem Großhirn über die Brückenkerne zum Kleinhirn). * Lemniscus medialis (einschließlich des sich ihm anschließen-
Hirnstamm durchziehen. In der FR sind zahlreiche, z. T. le-
bensnotwendige funktionelle Zentren lokalisiert:
—- Weckzentrum (Mesencephalon); wird auch als aufsteigendes retikuläres aktivierendes System (ARAS) bezeichnet und kann über den Thalamus zu einer Aktivierung der Großhirnrinde führen („Weckreaktion“).
— Motorisches Zentrum (Medulla oblongata, Pons, übergeordnet auch Mesencephalon); beeinflusst über Projektionen ins
Rückenmark (Tractus reticulospinalis) als eine der extrapy-
ramidalen Bahnen den Tonus von Rumpf- und (überwiegend proximaler) Extremitätenmuskulatur. - Augenbewegungszentren (Medulla oblongata, Pons, Mesencephalon). Augenbewegungskoordination und visuelle Reflexe Der ganze Hirnstamm und damit auch das Mittelhirn ist Ort der Verschaltung zahlreicher visueller Reflexe (z. B. Pupillenreflex)
und der Koordination und Generierung von horizontalen und vertikalen Blickbewegungen. Bei den hierfür entscheidenden
den Lemniscus trigeminalis): Er führt somatosensible Impulse (Berührung, Propriozeption) aus der kontralateralen Körperhälfte hinauf zum Thalamus, von wo aus sie zur Großhirnrinde
weitergeleitet werden. * Tractus spinothalamicus: Er entsteht im Rückenmark und leitet somatosensibel Impulse (Schmerz, Temperatur, grobe
Druckempfindung) zum Thalamus. * Lemniscus lateralis: Er ist der untere Teil der Hörbahn von
den Ncll. cochleares bis zu den Colliculi inferiores.
* Fasciculus longitudinalis medialis: Er ist ein Fasersystem, das verschiedene Zentren des Hirnstamms, vor allem Hirnnervenkerne, miteinander verbindet.
* Fasciculus longitudinalis posterior: Er ist ein wichtiges efferentes System des Hypothalamus zu Hirnstamm und Rückenmark. * Fasciculus tegmentalis centralis: Er ist ein wichtiges zuführendes Fasersystem zur Olive.
152
6 Mittelhirn (Mesencephalon)
Wiederholungsfragen 1. Welche markanten Strukturen sieht man auf der Ventral-, 4. In welchen Hirnstammabschnitten findet man die Formatio welche auf der Dorsalseite des Mittelhirns? Geben Sie ein reticularis? Nennen Sie ihre wichtigsten funktionellen „Zenkurzes Stichwort zur funktionellen Bedeutung der sichtbaren tren“. Strukturen. 5. Welches sind neben den unter 1. genannten Bahnen die wich2. Welche anatomische und funktionelle Beziehung hat der Ncl. tigsten auf- und absteigenden Bahnsysteme des Hirnstamms? ruber im motorischen System? Weitere Wiederholungsfragen zum Mittelhirn finden sich im 3. Welches ist das wichtigste Projektionsziel der dopaminergen Neurone der Substantia nigra, und welche Funktion schreibt
man ihnen dabei zu?
Rahmen der Fallbeispiele zum Gehirn in > Kap. 14.1.4. Es empfiehlt sich, sie nach Durcharbeiten aller Gehirnkapitel zu-
sammenhängend zu bearbeiten. Lösungen 1. Von vorne: Crura cerebri (Hirnschenkel; Pars anterior pe-
dunculi cerebri). Sie enthalten die großen absteigenden Bahnen vom Großhirn in das Rückenmark und in den Hirn-
tum haben eine wichtige Funktion bei der Bewegungsinitiation und bei der Initiation adäquater motorischer Reaktionen auf Sinnesreize.
stamm: kortikopontine Bahn vom Großhirnkortex zu den
4.Im Tegmentum des gesamten Hirnstamms (Medulla oblonga-
Brückenkernen, kortikospinale Bahn (= Pyramidenbahn)
ta, Pons, Mesencephalon). Besonders wichtige Zentfren sind
vom Großhirnkortex zum Rückenmark, kortikonukleäre
das Atemzentrum, das Kreislaufzentrum, das Brechzentrum, das lokomotorische Zentrum, das aufsteigende retikuläre ak-
Bahn vom Großhirnkortex zu den motorischen Hirnnervenkernen.
Von hinten: Colliculi superiores und inferiores (Vierhügelplatte). Die oberen Hügel sind eine wichtige Schaltstelle für visuelle Reflexe und die Initiation von Sakkaden (spontane
tivierende System (ARAS) sowie horizontale und vertikale
Augenbewegungszentren. 5. Lemniscus medialis einschließlich Lemniscus trigeminalis (somatosensible Bahn: feine Berührungsempfindung, Pro-
Augenbewegungen), die unteren Hügel sind eine Schaltstati-
priozeption), Tractus spinothalamicus (somatosensible Bahn:
on der Hörbahn.
Schmerz, Temperatur, grobe Druckempfindung), Lemniscus
2. Der Ncl. ruber hat zum einen afferente und indirekte efferente Faserbeziehungen zum Kleinhirn (Bedeutung bei der Koordination der Feinmotorik), zum anderen projiziert er ins Rü-
ckenmark (Bestandteil des extrapyramidalen Systems). 3. Wichtigstes Projektionsziel ist das Striatum, von dem die
dopaminergen Neurone selbst wiederum afferent inhibitorisch kontrolliert werden. Die dopaminergen Fasern im StriaWEITERFÜHRENDE
LITERATUR
lateralis (Teil der Hörbahn zwischen Medulla oblongata und Colliculus inferior), Fasciculus longitudinalis medialis (verbindet einzelne Hirnstammkerne miteinander), Fasciculus
longitudinalis posterior (verbindet Hirnstammzentren mit vegetativen Zentren des Hypothalamus), Tractus tegmentalis centralis (verbindet Ncl. ruber und Olivenkernkomplex).
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KAPITEL
Kleinhirn (Cerebellum) 7.3
Afferente und efferente Verbindungen
7.3.1
7.3.2
Weiterleitung der Impulse von der Rinde
7.2.1
Mikroskopische Anatomie der E E 158 Purkinje-Zellschicht (Stratum purkinjense) ........ 158
des KleinhirnS e Afferente Bahnen ...
7.2.2 7.2.3
Körnerschicht (Stratum granulosum) ............ 160 Molekularschicht (Stratum moleculare) .......... 160
7.3.3
zu den Kleinhirnkernen ... Kleinhirnkerne und efferente Bahnen
7.2.4
Verschaltungsprinzip der Kleinhirnrinde
7.4
Funktion des Kleinhirns
7.5
Funktionsstörungen des Kleinhirns
7.1 7.2
Äußere Gestalt und Gliederung
............. 155
......... 161
7.1 Äußere Gestalt und Gliederung Das Cerebellum ist das wichtigste Integrationszentrum für das Erlernen, die Koordination und die Feinabstimmung von Bewegungsabläufen. Es befindet sich in der hinteren Schädelgrube und sitzt der Medulla oblongata und dem Pons von dorsal her auf. Es wird
161 161 165 ........... 165
......0.000.00000000L 168
.......... 170
gen (Folia) aufteilt (die daraus resultierende Kleinhirnoberfläche
beträgt ca. 1.000 cm*!). Man erkennt weiterhin von außen eine Aufteilung in zwei Hemisphären und den zwischen ihnen liegenden Wurm (Vermis; > Abb. 7.1a und b, I). Kaudal des Kleinhirnwurms findet man auf der ventralen Seite beidseits ein paariges Gebilde, den Flocculus ( > Abb. 7.1b, 7). Er ist über eine stielartige Struktur nach
vom Tentorium cerebelli überdacht, einer Duraduplikatur, die es
medial mit einem unteren Teil des Wurms verbunden, den man No-
vom Großhirn trennt ( > Kap. 10.2.1).
dulus nennt ( > Abb. 7.1b, 8). Beide Strukturen bilden zusammen den Lobus flocculonodularis. Zwei weitere Lobi werden am Klein-
Anatomische Gliederung
hirn abgegrenzt: oben und vorne der Lobus anterior ( > Abb. 7.1a, 4) und von ihm durch die Fissura prima ( >
Abb. 7.1a, 3) abge-
Mit dem Hirnstamm ist das Kleinhirn durch die drei Kleinhirnstie-
grenzt der Lobus posterior (>- Abb. 7.1a, 5). Ganz kaudal finden
Je! verbunden ( > Abb. 7.1b, 3-5):
sich neben dem Kleinhirnwurm als Teil der Hemisphären die Kleinhirntonsillen (Tonsillae cerebelli; > Abb. 7.1a, 9). Sie liegen direkt
» Pedunculus cerebellaris superior (Brachium conjunctivum)
» Pedunculus cerebellaris medius (Brachium pontis) s Pedunculus cerebellaris inferior (Corpus restiforme).
im Bereich des Foramen magnum und umgeben links und rechts die Medulla oblongata, was klinisch sehr wichtig ist. KLLNLK
Durch diese Strukturen empfängt das Cerebellum seine Afferenzen
Obere und untere Einklemmung
und entsendet seine Efferenzen. Weiterhin ziehen oben und unten
Bei gesteigertem intrakraniellem Druck (Hirnschwellung, Tumor,
die Kleinhirnsegel (Velum medullare superius und inferius) vom Kleinhirn zu Mesencephalon bzw. Medulla oblongata ( > Abb. 7.1b, 11 und 12, > Abb. 7.2a, 3 und 4). Diese dünnen Platten aus weißer
Substanz bilden das Dach des IV. Ventrikels. Das Velum medullare inferius geht kaudal in die Tela choroidea mit dem liquorproduzierenden Plexus choroideus über, beide Strukturen werden aber auch
oft gemeinsam als Velum medullare inferius bezeichnet. Die Oberflächenstruktur des Kleinhirns weist eine auffällige Furchung auf, die der Oberflächenvergrößerung dient und die Rinde in viele Windun-
' pedunculus (lat.) = Füßchen, Stiel
Blutung etc.) versucht das Gehirn, dem Druck auszuweichen. Es wird ins Foramen magnum hineingepresst und klemmt damit die Kleinhirnton-
sillen zwischen Medulla oblongata und knöchernen Strukturen ein. Dadurch wird die Medulla komprimiert, was zu einem Versagen lebenswich-
tiger Strukturen (vor allem Atemzentrum) führt und zwangsläufig mit dem Tod endet (sog. untere Einklemmung). Es gibt noch weitere Strukturen, die man an der Oberfläche des Kleinhirns benennen und gliedern kann, die aber funktionell wenig aussagekräftig sind. Deshalb verzichten wir hier auf eine genauere Beschreibung; weitere morphologische Einzelheiten können jedoch > Abb. 7.1 und > Abb. 7.2 entnommen werden.
156
7 Kleinhirn (Cerebellum)
Abb. 7.1 Außenansicht des Kleinhirns. Leicht vereinfachend ist das Vestibulocerebellum orange, das Spinocerebellum grün und das Pontocerebellum braun dargestellt. Blickrichtung jeweils rechts nebenstehend. a Ansicht von oben und hinten (rostrodorsal). 1 Vermis (Wurm). Er ist von den Hemisphären durch eine kleine Furche 2 getrennt. 3 Fissura prima, die 4 Lobus anterior (hier ist davon nur der Lobulus quadrangularis anterior zu sehen) und 5 Lobus posterior des Kleinhirns voneinander trennt. 6 Fissura horizontalis. Über das Basiswissen hinausgehendes Detailwissen: 7 Lobulus simplex (= Lobulus quadrangularis posterior), 8 Fissura posterior superior, 9 Lobulus semilunaris superior, 10 Lobulus semilunaris inferior. b Ansicht von vorne (ventral). 1 Culmen (Teil des Wurms), 2 Tuber (Teil des Wurms), 3-5 Kleinhirnstiele: 3 Pedunculus cerebellaris superior, 4 Pedunculus cerebellaris medius und 5 Pedunculus cerebellaris inferior. 6 Dach des IV. Ventrikels, 7 Flocculus, 8 Nodulus, 9 Tonsillae cerebelli (Kleinhirntonsillen), 10 Fissura horizontalis, 11 Velum medullare superius, 12 Velum medullare inferius. 13 Vallecula cerebelli (Furche oder „Tal“* zwischen den Hemisphären). [T873, L126]
Funktionelle Gliederung
Aufgrund der afferenten Faserverbindungen und damit auch funktionell kann man das Kleinhirn in drei Anteile gliedern: 1. Vestibulocerebellum: Es hat eine enge funktionelle Verbindung mit dem Vestibularapparat des Innenohrs, von dem es den Hauptteil seiner Afferenzen erhält. Es besteht im Wesentlichen
aus Nodulus und Flocculus und wird zum Lobus flocculonodularis zusammengefasst (orange in > Abb. 7.1). 2. Spinocerebellum: Es erhält den Hauptteil seiner Afferenzen
vom Rückenmark und besteht vorwiegend aus dem Vermis und der paravermalen (= intermediären) Zone (grün in > Abb.
7.1).
steht über den Pons funktionell in enger Beziehung mit dem Großhirn (deshalb auch gelegentlich der Begriff Cerebrocerebellum).
Zudem kann man das Kleinhirn hinsichtlich der Faserbeziehungen von Kleinhirnrinde und Kleinhirnkernen in drei Längszonen einteilen: eine mediale Zone (entspricht dem Vermis und Lobus flocculonodularis), eine intermediäre Zone (entspricht dem sich dem
Vermis unmittelbar lateral anschließenden paravermalen Bereich) und eine laterale Zone (entspricht dem Großteil der Hemisphären). Funktionell und klinisch ist jedoch die o. g. Einteilung in Vestibulo-, Spino- und Pontocerebellum relevanter und wird für die folgende Darstellung beibehalten.
3. Pontocerebellum: Es erhält seine Afferenzen überwiegend von den Brückenkernen (Ncll. pontis) und besteht aus den beiden Hemisphären (braun in > Abb. 7.1). Dieser Kleinhirnanteil
? Vallecula (lat.) = kleines Tal, Einbuchtung
7.1
Äußere Gestalt und Gliederung
157
Abb. 7.2 Medianer Sagittalschnitt durch das Kleinhirn. a Blick von medial auf den Medianschnitt (Wurm durchtrennt, Hemisphären erhalten). 1 Weiße Substanz (Marklager), 2 graue Substanz (Rinde, stark gefaltet). 3 Velum medullare superius, 4 Tela choroidea des IV. Ventrikels (eine den Plexus choroideus tragende Piaduplikatur, die das Velum medullare inferius nach kaudal fortsetzt). Die Vela medullaria sup. und inf. verbinden das Kleinhirm mit dem 5—-7 Hirnstamm. 5 Mesencephalon, 6 Pons, 7 Medulla oblongata. 8 IV. Ventrikel, 9 Fissura prima des Kleinhirns. [T873, L106]
b Kernspintomographisches Bild (Medianschnitt) des Kleinhirns und des Hirnstamms (die hier wiedergegebene Aufnahmetechnik stellt den Liquor weiß, die graue Substanz hellgrau und die weiße Substanz dunkelgrau dar). Bezeichnungen wie in a. [T874] c Schema des Kleinhirnmedianschnitts. Man kann verschiedene Abschnitte des Wurms unterscheiden, die oft auch mit römischen Ziffern beschrieben werden. Dies hat funktionell und klinisch
wenig Relevanz und wird vor allem der anatomischen Vollständigkeit wegen dargestellt. 1 Lingula (I), Z Lobulus centralis (Il, IIl), 3 Culmen (IV, V), 4 Declive (VI), 5 Folium vermis (Vlla), 6 Tuber vermis (Vilb), 7 Pyramis vermis (VIII), 8 Uvula vermis (IX), 9 Nodulus (X), 10 Fissura prima.
(Kernspintomographisches Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof Dr. J. Klisch, Erfurt) [T873]
Entwicklungsgeschichtlich kann man das Kleinhirn auch in Archi-
Im Querschnitt ( > Abb. 7.3) durch das Kleinhirn zeigt sich die
cerebellum (Urkleinhirn®), phylogenetisch am ältesten), Paleocere-
Gliederung der grauen Substanz in Kerne (Nuclei) im Kleinhirn-
bellum (Altkleinhirn*) und Neocerebellum (Neukleinhirn, phylo-
marklager und Rinde (Kortex) an der Oberfläche.
genetisch am jüngsten) einteilen. Oft hat man diese Begriffe mit Vestibulo-, Spino- und Pontocerebellum gleichgesetzt, was jedoch nur sehr ungenau übereinstimmt, da die phylogenetisch definierten Kleinhirnanteile zu uneinheitliche Faserbeziehungen haben.
Folgende Kleinhirnkerne werden unterschieden:
Sagittalschnitt und Querschnitt
Ncl. dentatus
Ncl. emboliformis Ncl. globosus Ncl. fastigii.
Struktur des Arbor vitae, des „Lebensbaums“, die durch die starke
Der größte Kern ist der Ncl. dentatus, der im Anschnitt ein gezacktes®, U-förmiges Band grauer Substanz darstellt ( > Abb. 7.3, 4). Er
Einfaltung der zerebellären Rinde zustande kommt. An den „Zwei-
liegt in beiden Kleinhirnhemisphären (Pontocerebellum), mit de-
gen“ des Baumes werden die Kleinhirnwindungen als Folia” sichtbar.
ren Kortex er auch funktionell eng verbunden ist. Medial von ihm
Im Sagittalschnitt (>- Abb. 7.2) sehen wir die charakteristische
3 arche (gr.) = Anfang * palaios (gr.) = alt > folia (lat.) = Blätter
findet man den Ncl. emboliformis‘ ( >
© dentatus (lat.) = gezahnt
7 emboliformis (gem. lat.-gr.) = pfropfenförmig
Abb. 7.3, 5), und wieder-
158
7 Kleinhirn (Cerebellum)
Abb. 7.3 Querschnitt durch das Kleinhirn.
Die zwischen horizontal und frontal orientierte Schnittebene ist rechts dargestellt. 1 Kleinhirnwurm, 2 Kleinhirnhemisphäre. Beachte die starke Faltung der Kleinhirnrinde. 3 Anschnitt von Rindenanteilen des Wurms. Im Marklager befinden sich die vier Kleinhirnkerne: 4 Ncl. dentatus (gezahnt), 5 Ncl. emboliformis (pfropfenförmig), 6 Ncl. globosus, hier zweigeteilt als Nell. globosi (kugelförmig), 7 Ncl. fastigii (Kernspintomographisches Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. A. Berlis, Augsburg) [T873, L126, T880]
um teilt sus und
medial davon den Ncl. globosus®, der auch zwei- oder dreigesein kann (dann: Ncll. globosi; > Abb. 7.3, 6). Der Ncl. globound der Ncl. emboliformis sind sich funktionell sehr ähnlich haben Verbindung mit der paravermalen und vermalen (= spi-
* Körnerschicht (Stratum granulosum)
* Purkinje-Zellschicht (Stratum purkinjense) * Molekularschicht (Stratum moleculare).
nozerebellären) Zone des Kleinhirns. Ganz in der Mitte schließlich, im Marklager des Wurms, befindet sich noch der Ncl. fastigiig (> Abb. 7.3, 7), der funktionell mit der Rinde des Lobus flocculo-
7.2.1
Purkinje-Zellschicht (Stratum
purkinjense)
nodularis (= Vestibulocerebellum) in enger Beziehung steht.
Die mittlere Zellschicht der Kleinhirnrinde besteht aus den Perikaryen der Purkinje-Zellen, den größten Zellen des Kleinhirns (> Abb. 7.4a und b, 3), die von speziellen Astrozyten (sog. Berg-
7.2 Mikroskopische Anatomie der
mann-Gliazellen) umgeben sind. Die Purkinje-Zellen sind die zen-
Kleinhirnrinde
trale Schaltstelle der Kleinhirnrinde, an der die Impulse fast aller
Um seine zahlreichen regulativen Funktionen erfüllen zu können,
besitzt das Kleinhirn mehr Nervenzellen als das Großhirn
(mit
mehr als 50 Milliarden Neuronen enthält es ungefähr die Hälfte aller Neurone des Gesamthirns!). Die meisten dieser Neurone befinden sich in der zerebellären Rinde. Wir können in der Rinde drei Schichten unterscheiden ( > Abb. 7.4a). Von innen nach außen:
$ globus (lat.) = Kugel ? fastigium (lat.) = Giebel (hier: höchster Punkt des IV. Ventrikels, der vom Kleinhirnwurm gebildet wird)
anderen Rindenneurone konvergieren und von dort Projektionszielen außerhalb der Rinde weitergeleitet Morphologie der Purkinje-Zellen ist ausgesprochen tisch (>- Abb. 7.4b, 10): Sie besitzen ein sehr großes
aus zu den werden. Die charakterisPerikaryon.
Nach außen, in Richtung Molekularschicht, breitet sich entlang ei-
ner Ebene, die senkrecht zur jeweiligen Kleinhirnwindung steht, ein großer, reich verzweigter Dendritenbaum aus. Dieser erinnert in seiner zweidimensionalen Ausrichtung an die Gestalt eines Spalierobstbaums. An diesem Dendritenbaum befinden sich Tausende von Synapsen (bis zu 200.000 pro Zelle). Die afferenten Fasern, die diese Synapsen an den Purkinje-Zellen bilden, kommen z. T. als Parallelfasern aus der darunterliegenden Körnerschicht und z. T. als Kletterfasern aus der Oliva inferior der Medulla oblongata. Diese Kletterfasern hangeln sich wie Schlingpflanzen an den Purkinje-Zelldendriten herauf ( > Abb. 7.4b, 6). Die Axone der Purkinje-Zellen
7.2 Mikroskopische Anatomie der Kleinhirnrinde
Abb. 7.4 Kleinhirnrinde.
a Mikroskopisches Bild der menschlichen Kleinhirnrinde (Silberfärbung). Von innen nach außen: 1 Marklager (weiße Substanz),
2 Stratum granulosum (Körnerzellschicht, dicht gepackt mit Körnerzellen), 3 Stratum purkinjense (Schicht der
Purkinje-Zellen, die mit ihren sich reich verzweigenden Dendritenbäumen weit in das Stratum moleculare hereinragen), 4 Stratum moleculare (locker gepackt, wenig Neurone, überwiegend Fasern), 5 Glomeruli cerebella-
res. (Aus [S010-2-16]) b Schema des Aufbaus der Kleinhirnrinde mit
den wichtigsten Neuronentypen und den afferenten und efferenten Fasern. Aus Übersichtlich-
keitsgründen sind Sternzellen nicht dargestellt. Schichtengliederung wie in a: 1 Marklager, 2 Stratum granulosum, 3 Stratum purkinjense, 4 Stratum moleculare. Afferente Fasern erreichen die Rinde als 5 Moosfasern oder als 6 Kletterfasern. Moosfasern (5) enden an den in der Körnerschicht befindlichen 7 Körnerzellen, die wiederum ihre 8 Axone in die Molekularschicht entsenden, wo sie sich parallel zu
einer Kleinhirnwindung als 9 Parallelfasern verzweigen und an den Dendritenbäumen der Purkinje-Zellen und anderen Zellen der Molekularschicht enden. Kletterfasern (6) ranken sich am Dendritenbaum einer 10 Pur-
kinje-Zelle nach oben und verzweigen sich dabei reichhaltig. 11 Golgi-Zellen, die funktionell ein negatives Rückkopplungssystem für Körnerzellen bilden. In der
6 e
Molekularschicht gibt es u.a. 12 Korbzellen, die mit ihren Fortsätzen „Faserkörbe” um die Perikaryen von Purkinje-Zellen flechten. Die Purkinje-Zellen (10) sen-
den als Einzige mit ihren 13 Axonen Impulse aus der Rinde heraus. Dabei enden sie an den 14 Neuronen der Kleinhirnkerne, die die entsprechenden Impulse nach extrazerebellär weiterleiten. [T873, L106]
F 5
WL\ ;
b
\
14
\
159
160
7 Kleinhirn (Cerebellum)
Tab. 7.1
Neuronentypen in der Kleinhirnrinde
Zelltyp
Schicht
Transmitter (Wirkung auf E E ELE
Purkinje-Zelle
Stratum purkinjense
afferente Projektionen
|efferente Projektionen
* Kletterfasern*
* Kleinhirnkerne
ET
GABA (hemmend)
* Körnerzellen
(z.T. auch direkt zu Nell. vestibulares)
+ Korbzellen * Sternzellen
Körnerzelle
Stratum granulosum
Glutamat (erregend)
* Moosfasern** * Golgi-Zellen
* Purkinje-Zellen * Golgi-Zellen
Golgi-Zelle
Stratum granulosum
GABA (hemmend)
+ Körnerzellen
* Körnerzellen
* Moosfasern** Korbzelle
Stratum moleculare
GABA (hemmend)
Körnerzellen
* Purkinje-Zellen
Sternzelle
Stratum moleculare
GABA (hemmend)
* Körnerzellen
* Purkinje-Zellen
*_ Kletterfasern stammen aus dem unteren Olivenkernkomplex (Nell. olivares inferiores) ** Moosfasern stammen insbesondere aus den Nell. pontis, den Ncll. vestibulares oder dem Rückenmark, aber auch anderen Zentren (nicht jedoch Olivenkernkomplex)
sind nach innen in Richtung Marklager gerichtet und projizieren zu
7.4, 11). Sie sind eine Art „negatives Feedback“-System für die Körn-
den Kleinhirnkernen (beim Lobus flocculonodularis auch direkt in den Ncl. vestibularis lateralis).
erzellen. Ihr Dendritenbaum steigt wie derjenige der Purkinje-Zellen weit in die Molekularschicht auf, breitet sich dort aber im Gegensatz zu den Purkinje-Zelldendriten nicht zweidimensional, sondern drei-
dimensional aus. Die Golgi-Zelldendriten werden von den Parallel-
MERKE Die Purkinje-Zellen sind die einzigen efferenten Zellen der Kleinhirnrin-
fasern der Körnerzellen, z. T. auch direkt von Moosfasern erregt. Die
de. Sie wirken in ihren Projektionsgebieten (Kleinhirnkerne, Ncl. vestibula-
Axone der Golgi-Zellen bilden inhibitorische Synapsen an den Den-
ris lateralis) mit ihrem Transmitter GABA hemmend.
driten der Körnerzellen in den Glomeruli cerebellares (s. u.).
7.2.2
Körnerschicht (Stratum granulosum)
Die Körnerschicht'” schließt sich der Purkinje-Zellschicht nach innen an ( > Abb. 7.4a und b, 2). Sie ist die zellreichste Schicht der Kleinhirnrinde (enthält 99% der kortikalen Neurone) und besteht zum größten Teil aus Körnerzellen ( > Abb. 7.4b, 7).
7.2.3
Molekularschicht (Stratum moleculare)
Das Stratum moleculare!! ist die äußerste Rindenschicht ( > Abb. 7.4a und b, 4). Es besteht größtenteils aus marklosen Nervenfasern, die von den Neuronen aller drei Rindenschichten stammen (vor allem aber Parallelfasern aus der Körnerschicht, > Abb. 7.4b, 9).
Zu den wenigen Neuronen der Molekularschicht gehören die MERKE Diese kleinen, multipolaren Neurone sind mit ihrem Transmitter Glutamat die einzigen erregenden Zellen der Kleinhirnrinde. An den Körnerzellen enden zahlreiche zerebelläre Afferenzen als Moosfasern ( >- Abb. 7.4b,
5).
Korbzellen, die mit ihren reich verzweigten Fortsätzen in der Pur-
kinje-Zellschicht um die Perikaryen der Purkinje-Zellen herumgreifen, wobei sie „Faserkörbe“ ausbilden, was ihnen den Namen
eingetragen hat ( > Abb. 7.4b, 12). So können die Korbzellen Impulse, die ihren Dendriten über Kolla-
teralen von den Kletterfasern und den Parallelfasern der Körnerzel-
Anders als die Afferenzen aus der Oliva inferior, die als Kletterfasern in der Molekularschicht an den Purkinje-Zelldendriten enden, zie-
len zugeleitet wurden, durch ihre Neuriten auf zahlreiche verschie-
hen die Moosfaserafferenzen des Kleinhirns zu den Körnerzellen.
dene Purkinje-Zellen weiterleiten. Auch die Korbzellen wirken da-
Die Körnerzellen richten ihre Efferenzen in die Molekularschicht,
bei hemmend an ihren Synapsen. Ein weiterer Neuronentyp in der Molekularschicht sind die ebenfalls inhibitorischen Sternzellen.
wo ihre Neuriten als Parallelfasern entlang einer Kleinhirnwindung der Purkinje-Zellen Synapsen zu bilden. Sie übermitteln auf diese
Sie haben das gleiche Verschaltungsprinzip wie die Korbzellen, allerdings ohne dass sie Faserkörbe an den Somata der Purkinje-Zel-
Weise als eine Zwischenstation die Information, die ihnen von ex-
len ausbilden, vielmehr enden sie an deren Dendriten.
verlaufen (>- Abb. 7.4b, 9), um dann mit den Dendritenbäumen
tern zufließt, direkt an die Purkinje-Zellen weiter, wobei die Impulse
über zahlreiche Kollateralen vervielfacht werden.
Neben den Körnerzellen findet man im Stratum granulosum in weitaus geringerer Zahl die inhibitorischen Golgi-Zellen (>- Abb.
19 granulum (lat.) = Körnchen
Die verschiedenen Typen der Kleinhirnrindenneurone sind zusammenfassend in > Tab. 7.1 dargestellt.
1' moleculare (lat.) = feinteilig; entsprechend der mikroskopisch wenig dicht gepackten Neuronenverteilung
7.3 Afferente und efferente Verbindungen des Kleinhirns
7.2.4 Verschaltungsprinzip der Kleinhirnrinde Es existieren vor allem drei Typen von Afferenzen zur Kleinhirnrinde:
161
MERKE Merkhilfe für die Herkunft und Endigung von Moos- und Kletterfasern: Zur Endigung: Moosfasern enden unterhalb der Zellkörper der Purkinje-Zellen in der Körnerschicht (Moos wächst am Boden) und die Kletterfasern wach-
sen über die Köpfe der Purkinje-Zellen hinweg an deren Dendritenbaum hinauf, sie „klettern” quasi den Baum hinauf. Zur Herkunft: die Kletterfa-
* Moosfaserafferenzen, die ihren Ausgang von verschiedenen, dem Kleinhirn vorgeschalteten Zentren (und z. T. auch von rückläufigen Kollateralen der Kleinhirnkernefferenzen) nehmen. * Kletterfaserafferenzen, die einzig dem unteren Olivenkern-
sern kommen ausschließlich aus dem Olivenkernkomplex, Oliven wachsen auch auf Bäumen.
komplex (Ncll. olivares inferiores) der Medulla oblongata ent-
Monoaminerge Projektionen
stammen.
Einen dritten Typ zerebellärer Afferenzen stellen die monoaminergen Projektionen aus Kernen der Formatio reticularis (Raphe-Ker-
* Monoaminerge Afferenzen, die weniger zahlreich sind und aus Kernen der Formatio reticularis stammen.
ne, Transmitter Serotonin und Locus caeruleus, Transmitter Nor-
adrenalin) dar. Sie sind nicht so unmittelbar in den Verschaltungsablauf und Impulsfluss der Kleinhirnrinde eingebunden wie Moos-
Moosfasern
Die (glutamatergen) Moosfasern wirken erregend an den Synapsen, die sie alle in der Körnerschicht in morphologisch charakteristischen abgekapselten Komplexen (Glomeruli cerebellares) ausbilden. Ein solches Glomerulus ist durch eine Hülle aus Astrozytenfortsätzen nach außen abgegrenzt und besteht innen aus dem hier besonders
und Kletterfasern, sondern modulieren diesen Ablauf eher im Sinne einer „Feineinstellung“. Dies hat auch praktische Bedeutung, da
kräftigen Endkolben einer Moosfaser (Moosfaserrosette), den End-
man bei Kleinhirnkranken die motorische Funktion durch Medikamente (z.B. bestimmte sog. Antidepressiva) verbessern kann, die die Wirkung serotoninerger oder noradrenerger Neurone verstärken.
aufzweigungen der Körnerzelldendriten sowie axonalen Endigungen von Golgi-Zellen. Lichtmikroskopisch sind die Glomeruli cerebellares in der sonst dicht gepackten Körnerschicht als helle zell-
7.3 Afferente und efferente
kernfreie Areale erkennbar ( =>- Abb. 7.4a, 5). Die exzitatorischen
Verbindungen des Kleinhirns
Körnerzellen, die ebenfalls Glutamat als Transmitter haben, vertei-
len mit ihren Parallelfasern (>- Abb. 7.4b, 9) die in den Glomeruli
erhaltene Erregung in der Molekularschicht auf die Dendritenbäume der anderen Neuronentypen der Kleinhirnrinde, die wiederum
GABAerg und damit inhibitorisch sind. Am Dendritenbaum einer Purkinje-Zelle enden Hunderttausende dieser Parallelfaserafferenzen und erregen sie. Die Summation der Erregungen und die gleichzeitig stattfindende Hemmung durch die Korb- und Sternzellen (die ja ebenfalls durch Kollateralen der Parallelfasern erregt wurden) bestimmen zu jedem Zeitpunkt den Erregungszustand einer PurkinjeZelle. Sie ist somit die zentrale Integrationseinheit der Kleinhirnrinde und bildet mit ihren inhibitorischen efferenten Impulsen das Verarbeitungsresultat Tausender intrakortikaler Verschaltungen, die von zahlreichen dem Kleinhirn vorgeschalteten Kernen über Moos- und Kletterfasern ihren Ursprung genommen haben. Kletterfasern
Der
Transmitter
der
ebenfalls
exzitatorischen
Kletterfasern
(>- Abb. 7.4b, 6) ist wie bei den Moosfasern Glutamat. Sie haben
Das Verschaltungsprinzip im Kleinhirn ist so organisiert, dass die afferenten Fasern unter Abgabe von wichtigen Kollateralen zu den Kernen grundsätzlich in die Rinde ziehen. Efferenzen des Kleinhirns nehmen grundsätzlich ihren Ausgang von den Kleinhirnkernen, um in den Hirnstamm und den Thalamus zu ziehen (lediglich beim Vestibulocerebellum kann dabei eine Ausnahme bestehen).
Die zu- und abführenden Fasern verlaufen fast ausschließlich in den Kleinhirnstielen.
7.3.1
Afferente Bahnen
Afferente Fasern erhält das Kleinhirn vorwiegend von folgenden Zentren: * Brückenkerne (Ncll. pontis) * Rückenmark und * Hirnstammzentren, dabei vor allem von:
ein ganz anderes Verschaltungsprinzip als die Moosfasern. Eine
— Ncll. vestibulares,
Purkinje-Zelle erhält die Afferenz lediglich einer Kletterfaser, die
— Ncll. olivares inferiores und — Formatio reticularis.
sich an ihren Dendritenbäumen wie eine Schlingpflanze emporrankt. Dabei verteilt sich die Kletterfaser über Kollateralen auf durchschnittlich 10-15 Purkinje-Zellen (nicht berücksichtigt in > Abb. 7.4b). Die Anzahl der Synapsen, die eine Faser dabei ausbildet, ist so groß, dass die Erregung einer Kletterfaser immer eine Erregung der Purkinje-Zelle auslöst. Die Aufgabe der Kletterfasern
Diese zuführenden Bahnen enden nicht gleichmäßig verteilt in der ganzen Kleinhirnrinde, sondern gemäß der Einteilung in Vestibulo-, Spino- und Pontocerebellum deutlich getrennt. Dennoch besprechen wir hier die Bahnen gemäß der Zuordnung zu den einzel-
liegt wahrscheinlich vor allem darin, selektiv bestimmte Parallelfa-
nen Kleinhirnstielen, weil dies das Merken vereinfacht.
ser- (und damit indirekt Moosfaser-)Reize auf die Purkinje-Zelle zu
verstärken.
162
7 Kleinhirn (Cerebellum)
Pedunculus cerebellaris inferior (> Abb. 7.5)
seite, um dann in den unteren Kleinhirnstiel einzutreten ( >- Abb.
7.5, 9). Als Kletterfasern enden sie schließlich in der Rinde des
Die wichtigsten im Pedunculus cerebellaris inferior verlaufenden Afferenzen sind: e Tractus vestibulocerebellaris e Tractus olivocerebellaris
Kleinhirns, wobei die Fasern aus dem wesentlich größeren Ncl. olivaris principalis in den Hemisphären und diejenigen aus den kleineren Ncll. olivares accessorii im Wurm terminieren. Unter anderem erhalten die Kleinhirnhemisphären auf diese Weise eine über Kollateralen vermittelte Information über die Impulse, die im glei-
* Tractus spinocerebellaris posterior.
chen Augenblick in der Pyramidenbahn nach unten ins Rückenmark
Der Tractus vestibulocerebellaris enthält zwei Fasersysteme. Zum einen sind dies Bahnen, die von den Ncll. vestibulares aus ins Kleinhirn ziehen. Sie bilden den größeren Teil des Trakts ( >- Abb. 7.5,
2). Zum anderen ziehen Afferenzen aus dem Vestibularorgan auch direkt ins Kleinhirn ( > Abb. 7.5, 3). Diese Fasern enden überwiegend in der Rinde des Lobus flocculonodularis, der dementspre-
chend als Vestibulocerebellum bezeichnet wird. Auf ihrem Weg geben sie Kollateralen zum Ncl. fastigii im Kleinhirnwurm ab, der
laufen. Weiterhin
sind diese Fasern
Bestandteil
des auf
S. 167f. beschriebenen Regelkreises zwischen Kleinhirn und Ncl. ruber. Die afferenten Bahnen des Kleinhirns aus dem Rückenmark tei-
len sich in einen Tractus spinocerebellaris posterior und einen Tractus spinocerebellaris anterior. Der Tractus spinocerebellaris anterior verläuft im oberen Kleinhirnstiel (s.u.). Die Fasern des Tractus spinocerebellaris posterior (>- Abb. 7.5, 7) nehmen ihren Ausgang vom Ncl. dorsalis (Nucleus thoracicus) des Hinter-
horns und führen propriozeptiv-sensible Informationen (Muskelspindeln, Sehnenorgane, Gelenkrezeptoren) der ipsilateralen Kör-
nen, die der untere Olivenkernkomplex
(Ncll. olivares inferiores,
tenstrang aufwärts und enden in der ipsilateralen Kleinhirnhälfte
> Kap. 5.3.1) entsendet. Die efferenten Bah-
(als Moosfasern in der Körnerschicht der Rinde). Dabei terminie-
nen der Oliva inferior kreuzen nun im Hirnstamm auf die Gegen-
ren sie vorwiegend in der paravermalen Zone und in großen Teilen
perhälfte zum Kleinhirn, d.h., sie steigen ohne zu kreuzen im Sei-
Abb. 7.5 Afferente Bahnen des Pedunculus cerebellaris inferior. Die Fasertrakte sind nur auf jeweils einer Seite dargestellt.
AT
kurz: Oliva inferior;
__n
efferent unter anderem wiederum direkt in die Vestibulariskerne projiziert. Der Tractus olivocerebellaris enthält fast alle efferenten Bah-
1 Tractus vestibulocerebellaris, der sich z. T. aus 2 se-
kundären und z. T. aus 3 primären vestibulären Afferenzen zusammensetzt. 3 + 4 VIIl. Hirnnerv, 5 Nell. vesti-
bulares. Die vestibulozerebelläre Bahn endet vorwiegend in der Rinde des ipsilateralen 6 Lobus flocculonodularis (Vestibulocerebellum). Rechts ist der 7 Tractus
spinocerebellaris posterior dargestellt, der in der 8 ipsilateralen Rinde des Wurms und der paravermalen Zone endet (Spinocerebellum). Der 9 Tractus olivocerebellaris
11
führt Fasern aus dem 10 unteren Olivenkernkomplex (vor allem Ncl. olivaris principalis) und endet vornehmlich in der 11 Rinde der kontralateralen Hemisphäre (Pontocerebellum). [T873, L106]
7.3 Afferente und efferente Verbindungen des Kleinhirns des Wurms selbst, sodass dieser Bereich entsprechend als Spino-
163
Pedunculus cerebellaris medius (> Abb. 7.6)
cerebellum bezeichnet wird ( > Abb. 7.5, 8).
Da der Tractus spinocerebellaris posterior vor allem propriozeptive Information aus den unteren Extremitäten und dem Rumpf zum Kleinhirn weiterleitet, wird er ergänzt durch den Tractus cuneocerebellaris, der aus dem Ncl. cuneatus accessorius der Medulla ob-
longata (Teil des Cuneatus-Kernkomplexes) entspringt. Dieser empfängt über die Hinterstränge Afferenzen aus dem Halsmark, die die propriozeptiven Informationen der oberen Extremität beinhalten. Weiterhin schließen sich der spino- und kuneozerebellären Bahn Fasern aus dem Trigeminuskern an, die dem
Kleinhirn die
propriozeptiven Impulse aus dem Kopfbereich zuleiten.
Abb. 7.6 Afferente Bahnen des Pedunculus cerebellaris medius.
Die einzige dort verlaufende Bahn ist der Tractus pontocerebellaris (auch: Fibrae pontocerebellares). Impulse aus dem 1 Großhirnkortex ziehen über die Z kortikopontine Bahn zu den 3 Brückenkernen (Ncll. pontis). Dort werden sie auf die 4 pontozerebellare Bahn (Fibrae pontocerebellares) verschaltet, die auf die Gegenseite kreuzt und über den mittleren Kleinhirnstiel die Rinde der kontralateralen Hemisphäre erreicht. [T873, L106]
Die Fasern aus dem Pons stellen den größten Anteil der afferenten Kleinhirnbahnen und bilden mit ihren Fasermassen den gesamten mittleren Kleinhirnstiel (Fibrae pontocerebellares; > Abb. 7.6, 4).
Sie haben ihren Ursprung in den Ncll. pontis im Brückenfuß und kreuzen vor dem Eintritt in den mittleren Kleinhirnstiel auf die Gegenseite. Sie enden in der Rinde der Kleinhirnhemisphären, wobei sie Kollateralen zum Ncl. dentatus und zum Ncl. emboliformis abgeben. Man kann diese Fasern als Fortsetzung der kortikopontinen Bahn ansehen, die vom prämotorischen Kortex und anderen Asso-
ziationskortexarealen vor allem des Frontal- und Temporallappens, aber auch vom motorischen Kortex ihren Ursprung nimmt
164
7 Kleinhirn (Cerebellum) (> Abb. 7.6, 1-2). Auf diese Weise werden dem Kleinhirn Bewe-
gungsentwürfe zugeleitet, die im Großhirn entstanden sind und anschließend „koordiniert“ werden sollen (s.u.).
Pedunculus cerebellaris superior (> Abb. 7.7) Der Tractus spinocerebellaris anterior nimmt seinen Ursprung
im Hinterhorn des Rückenmarks und steigt gekreuzt und ungekreuzt im Seitenstrang nach oben in den Hirnstamm, wo er die Brücke durchläuft, um dann das Kleinhirn zu erreichen. Der Tractus
spinocerebellaris anterior leitet propriozeptive Impulse der unteren Extremität und des Rumpfes (Tiefensensibilität). Sein ab dem Zer-
vikalmark aufwärts existierendes funktionelles Äquivalent für die obere Extremität, der Tractus spinocerebellaris superior, begleitet
ihn durch den oberen Kleinhirnstiel zum Spinocerebellum. Bei beiden Bahnen kreuzen die vorher gekreuzten Fasern vor Erreichen Abb. 7.7 Afferente Bahnen im Pedunculus cerebellaris superior. Die dort verlaufenden afferenten Bahnen sind der Tractus spinocerebellaris anterior (propriozeptive Information aus Rumpf und unterer Extremität) und der Tractus spinocerebellaris superior (propriozeptive Information aus oberer Extre-
des Kleinhirns wieder auf die ipsilaterale Seite zurück, um dann
gemeinsam mit den anderen Neuriten in der Rinde des Spinocerebellums im Kleinhirnwurm zu enden ( > Abb. 7.7).
mität und Hals). Beide laufen ab dem Zervikalmark zusammen und enden in der ipsilateralen Rinde des Kleinhirmwurms. [T873, L106]
Abb. 7.8 Projektion der verschiedenen Kleinhirnrindenareale auf die im Marklager befindlichen Kerne und die Ncll. vestibulares des Hirnstamms. Farbliche Zuordnung der Pfeile zu Vestibulocerebellum (orange), Spinocerebellum (grün) und Pontacerebellum (gelb).
Die 1 Rinde der Hemisphären projiziert vor allem in den 2 Ncl. dentatus, die 3 Rinde der paravermalen Zone vor allem in den 4 Ncl. emboliformis und die 5 Nell. globosi, die 6 Rinde des Wurms vor allem in den 7 Ncl. fastigii. Beim Lobus flocculonodularis projiziert der 8 Nodulus z.T. ebenfalls in die Nell. fastigii, der 9 Flocculus projiziert ausschließlich direkt in die 10 Vestibulariskerne. [T873, L106]
7.3 Afferente und efferente Verbindungen des Kleinhirns MERKE Wie die hintere spinozerebelläre Bahn leitet also auch die vordere und obere dem Kleinhirn die propriozeptiven Impulse ausschließlich der 1psilateralen Körperhälfte zu.
7.3.2 Weiterleitung der Impulse von der Rinde zu den Kleinhirnkernen
165
Thalamus Ncl. ruber » NCcll. vestibulares Formatio reticularis.
Die Kleinhirnkerne sind quasi die einzigen efferenten Systeme des Kleinhirns (einzige Ausnahme: direkte Projektionen der Rinde des Lobus flocculonodularis zu den Vestibulariskernen). Die erregenden Impulse, die sie von den Kollateralen der zur Rinde ziehen-
Die unterschiedliche Endigung der zuführenden Bahnen in den verschiedenen Bereichen des Kleinhirns wird bei den Efferenzen der Kleinhirnrinde in die Kerne weiter nachvollzogen und hat funktionell große Bedeutung. So projizieren die Purkinje-Zellen aus der Hemisphärenrinde in den Ncl. dentatus, diejenigen aus der para-
den Kleinhirnafferenzen erhalten, können aber nicht direkt unverändert nach außen weitergeleitet werden, da die Kerne unter der
vermalen Zone in den Ncl. emboliformis und in den Ncl. globosus,
die die Kleinhirnkerne empfangen, moduliert nach außen weitergeleitet werden. Wir können also festhalten, dass die Ausgangsimpul-
die aus der vermalen Zone einschließlich des Nodulus in den Ncl. fastigii. Der Flocculus des Vestibulocerebellums projiziert auch unter Umgehung der Kerne direkt in die Ncll. vestibulares (>- Abb.
ständigen inhibitorischen Kontrolle der Purkinje-Zellen stehen. Erst wenn die Purkinje-Zellen durch die hemmenden Schaltneurone der Rinde gehemmt werden, können die erregenden Impulse,
se von den Kleinhirnkernen eine inhibitorisch modulierte Form
desjenigen Erregungsmusters sind, das diese von extrazerebellären Gebieten zugeleitet bekommen ( > Abb. 7.9). Die efferenten Bahnen werden gemäß ihrer Lokalisation in den
7.8).
Kleinhirnstielen besprochen. 7.3.3
Kleinhirnkerne
und efferente Bahnen
Die Kleinhirnkerne erhalten ihre Afferenzen zum einen von den exzitatorischen Kollateralen der zuführenden Bahnen zur Kleinhirn-
Pedunculus cerebellaris inferior (> Abb. 7.10)
rinde, zum
Die größte efferente Bahn im unteren Kleinhirnstiel ist der Tractus
anderen von den inhibitorischen Purkinje-Zellen der
Rinde. Die in den Kernen befindlichen Neurone sind in der Regel exzitatorisch (Transmitter: Glutamat und Aspartat) und projizieren mit ihren Neuriten zu den Projektionszielen des Kleinhirns:
,
cerebellovestibularis,
der efferent das
Vestibulocerebellum
mit
den vestibulären Kernen verbindet. Er führt Fasern aus dem Ncl.
fastigii und direkte Bahnen aus der vestibulozerebellären Rinde
62{; ‘."'"°.‘:;53
N 3 Abb. 7.9 Verschaltungsprinzip der zerebellären Afferenzen und Efferenzen. Afferente Impulse sind blau, efferente rot dargestellt (erregende oder hemmende Wirkung jeweils durch + oder — verdeutlicht). 1 Afferente Kleinhirnbahnen ziehen zur Rinde, wobei sie auf ihrem Weg 2 Kollateralen zu den Kernen abgeben. In der Rinde leiten sie die erregenden Impulse entweder direkt an die 3 Purkinje-Zellen oder 4 an andere hemmende kortikale Zellen weiter. Nach einem aufwändigen, vor allem 5 inhibitorischen Verarbeitungsvorgang in der Rinde werden die empfangenen Impulse in Form einer Inhibition von 6 den Purkinje-Zellaxonen an die Kleinhirnkerne weitergegeben. Diese integrieren die erregenden und hemmenden Impulse, die sie empfangen haben, und geben ihr Verarbeitungsresultat als 7 zerebelläre Efferenz an die nachgeschalteten extrazerebellären Zentren weiter. [T873, L106, V492]
166
7 Kleinhirn (Cerebellum)
Abb. 7.10 Die wichtigsten efferenten Bahnen im Pedunculus cerebellaris inferior (Tractus cerebellovestibularis). Er setzt sich zum einen aus 1 direkten Fasern der Rinde des 2 Lobus flocculonodularis zum 3 Vestibulariskern und zum anderen aus 4 bilateralen Projektionen des 5 Ncl. fastigii zu den Vestibulariskernen beider Seiten zusammen. Aus Übersichtlichkeitsgründen nicht dargestellt: zerebelläre Projektionen in Olivenkernkomplex und Formatio reticularis. [T873, L106]
Formatio reticularis und zur Oliva inferior (nicht berücksichtigt in
Der Tractus cerebellothalamicus ist die größte Efferenz des Kleinhirns und nimmt überwiegend vom Ncl. dentatus (zum geringen
> Abb. 7.10).
Teil auch vom Ncl. emboliformis) seinen Ursprung ( >- Abb. 7.11,
Über die vestibulospinale (und auch über die retikulospinale) Bahn gewinnt so das Vestibulocerebellum indirekten Einfluss auf die vom Rückenmark ausgehende Stützmotorik. Die Projektion des Kleinhirns in die vestibulären Kerne hat auch Bedeutung für die Unterdrückung des von dort ausgehenden vestibulookulären Reflexes. Über Projektionen zu den Augenmuskelkernen und zu den präokulomotorischen Zentren der Formatio reticularis ( > Kap. 6.3.4) spielt das Kleinhirn beim Zustandekommen und der Koordination der Augenbewegungen eine große Rolle.
6). Nach dem Eintritt in das mesenzephale Tegmentum kreuzen
(> Abb. 7.10, 5 und 2). Ein Teil der Efferenzen verläuft auch zur
diese Fasern (wie alle anderen efferenten Fasern des oberen Klein-
hirnstiels auch) zur Gegenseite und ziehen dann zum Thalamus. Dabei projizieren sie vor allem auf den Teil des Thalamus (Ncl. ventralis lateralis), der anschließend diese Impulse zum motorischen
Kortex weitergibt (>- Abb. 7.11, 8). Auf diese Weise nimmt das
Cerebellum seinen wichtigsten Einfluss auf die Willkürmotorik (s.u.).
Im Tractus cerebellorubralis verlaufen Fasern aus Ncl. emboliformis, Ncll. globosi und Ncl. dentatus (>- Abb. 7.11, 2-4). Auch
Pedunculus cerebellaris superior (> Abb. 7.11) Im oberen Kleinhirnstiel verläuft der größte Teil der zerebellären Efferenzen. Die beiden größten und wichtigsten dieser Bahnen sind: s Tractus cerebellothalamicus s Tractus cerebellorubralis.
diese Bahn kreuzt nach dem Eintritt ins Mesencephalon auf die Gegenseite, um dann im kontralateralen Ncl. ruber zu enden ( > Abb. 7.11, 5). Der von den Ncll. globosus und emboliformis angesteuerte Ncl.-ruber-Anteil (Pars magnocellularis) übt nun über den Tractus
rubrospinalis selbst Einfluss auf die extrapyramidale Motorik aus. Mit dem vom Ncl. dentatus angesteuerten Ncl.-ruber-Anteil (Pars parvocellularis) schickt der Ncl. ruber in einem rückkoppelnden und dabei impulsmodulierenden Regelkreis die empfangene Information wieder an das Cerebellum zurück: Der Tractus tegmentalis
7.3 Afferente und efferente Verbindungen des Kleinhirns
Abb. 7.11
167
Die wichtigsten efferenten Bahnen im
Pedunculus cerebellaris superior (Tractus cerebellorubralis und Tractus cerebellothalamicus).
Die Fasertrakte sind nur auf jeweils einer Seite dargestellt. Der 1 Tractus cerebellorubralis führt Efferenzen hauptsächlich aus dem 2 Ncl. dentatus, dem 3 Nel. emboli-
formis und den 4 Ncell. globosi. Die Bahn endet im kontralateralen 5 Ncl. ruber. Der 6 Tractus cerebellothalamicus führt Fasern vor allem des Nel. dentatus und zum geringeren Teil auch des Ncl. emboliformis. Er endet im 7 kontralateralen Thalamus. Von dort werden die Impulse zur ebenfalls kontralateralen 8& motorischen Großhirnrinde weitergeleitet. Aus Übersichtlichkeitsgründen nicht dargestellt: zerebelläre Projektionen in die Formatio reticularis. [T873,
L106]
centralis führt die Fasern vom Ncl. ruber zur Oliva inferior (Ncll. olivares inferiores), die die Impulse dann an die Kleinhirnrinde
weiterleitet. Von dort werden sie in die Kleinhirnkerne zurückprojiziert, die wiederum zum Ncl. ruber projizieren ( > Abb. 7.12). Diese Neuronenschleife ist eine wichtige Grundlage für motorisches
MERKE Das bedeutet, dass der Einfluss des Cerebellums auf die Motorik die ipsilaterale Körperhälfte betrifft und damit einseitige zerebelläre Ausfälle der Motorik (s.u.) auf die Schädigung der ipsilateralen Kleinhirnhälfte schließen lassen.
Lernen.
Da sowohl der Tractus cerebellorubralis als auch der Tractus ce-
Der Tractus cerebellothalamicus und der Tractus cerebellorubralis
rebellothalamicus kreuzen, beeinflusst das Kleinhirn den kontralateralen Ncl. ruber und den kontralateralen Thalamus, der zum
werden von Fasern begleitet, die nach dem Eintritt des oberen Kleinhirnstiels in das Mittelhirn abwärts in die kontralaterale,
(aus Perspektive des Kleinhirns ebenfalls kontralateralen) motori-
rhombenzephale Formatio reticularis ziehen (nicht dargestellt in > Abb. 7.11). Sie können von dort aus indirekt die spinale Motorik und die Koordination von Augenbewegungen beeinflussen. Weitere Efferenzen des Kleinhirns im Pedunculus cerebellaris superior ziehen auch direkt zu den Augenmuskelkernen.
schen Kortex projiziert. Sowohl der rubrospinale als auch der kortikospinale Trakt kreuzen absteigend auf die Gegenseite, um die kontralaterale Körperhälfte motorisch zu steuern.
168
7 Kleinhirn (Cerebellum)
seine Efferenzen zu den Vestibulariskernen und zur Formatio reticularis kann es - da diese beide mit extrapyramidalen Bahnen ins Rückenmark projizieren - indirekt Einfluss auf die Stützmotorik des Rumpfes nehmen. MERKE Die Steuerung der Blickmotorik und Stabilisierung des Standes, des Gangs und deren Koordination mit dem Gleichgewichtsorgan sind also die Hauptfunktionen des Vestibulocerebellums.
Die zerebellären Projektionen in die vestibulären Kerne sind auch entscheidend für die Unterdrückung des vestibulookulären Reflexes, der von hier aus generiert wird (mittels der direkten Efferenzen aus der vestibulozerebellären Rinde, die Axone der Purkinje-Zellen
und damit hemmend sind). Diese Hemmung kann wichtig werden, wenn man sich selbst in Bewegung befindet und dabei einen sich
Abb. 7.12 Neuronenkreis zwischen Ncl. ruber und Kleinhirn. Beachte, dass von zwei Stellen aus Impulse dieses Neuronenkreises direkt an das Rückenmark bzw. über den Thalamus an die motorische Großhirnrinde wei-
mitbewegenden Gegenstand fixieren will (z. B. Lesen beim Busfahren). Bei solchen Aktionen wäre natürlich eine reflektorische Bewe-
tergeleitet werden. [T873, L106]
gung der Augen in Gegenrichtung der eigenen Bewegung (wie sie im Rahmen des vestibulookulären Reflexes veranlasst wird; > Kap.
6.3.4) sehr hinderlich.
7.4
Funktion des Kleinhirns
Das Kleinhirn hat viele Funktionen, die vor allem im Rahmen der Motorik zu sehen sind. Dabei stehen als die „Säulen“ der Kleinhirn-
funktion im Vordergrund:
Steuerung, Feinabstimmung und Erlernen * der stützmotorischen Anteile von Haltung und Bewegung (vor allem Funktion des Vestibulocerebellums und Spinocerebellums), s der im Großhirn entworfenen Zielmotorik (vor allem Funktion des Pontocerebellums),
* der Blickmotorik im Sinne der Stabilisierung des Blicks auf ein Blickziel (vor allem Funktion des Vestibulocerebellums).
Spinocerebellum Es erhält seine Afferenzen überwiegend vom Rückenmark, von dem
es ständig Informationen über die Stellung der Extremitäten und des Rumpfes sowie den Tonus der Muskeln bekommt. Diese Informationen werden im Spinocerebellum verarbeitet und über die Efferenzen hauptsächlich zum Ncl. ruber und zur Formatio reticularis geleitet. Beide Zentren projizieren mit koordinierenden und ggf. korrigierenden Impulsen wieder zurück ins Rückenmark. Dort beeinflussen diese Impulse den Muskeltonus und die Bewegung insbesondere der proximalen Extremitätenmuskeln (entsprechend den Projektionen der extrapyramidalen Bahnen, > Kap. 3.5.5) sowie gemeinsam mit den (über das Vestibulocerebellum gesteuerten) vestibulospinalen Bahnen
MERKE
die Muskeln, die der Schwerkraft
entgegenwirken.
Wir können diese Funktionen verstehen, wenn wir die afferenten und ef-
ferenten Bahnen des Kleinhirns auf ihre Aufgabe hin näher betrachten. Als wichtigste efferente Fasern haben wir diejenigen zu den Vestibulariskernen, zum Ncl. ruber und zum Thalamus, als wichtigste afferente Bahnen diejenigen aus den Vestibulariskernen, aus dem Rückenmark und aus dem
MERKE Das Spinocerebellum ermöglicht dadurch einen unwillkürlichen, reibungslosen Ablauf von Stand- und Gangmotorik.
Pons definiert. Diesen Afferenzen entsprechend existiert die funktionelle Einteilung in Vestibulo-, Spino- und Pontocerebellum.
Einige der spinozerebellären Efferenzen erreichen auch über den Thalamus den motorischen Kortex, dabei vor allem die Kortexteile,
Vestibulocerebellum
Dieser Kleinhirnteil erhält seine Afferenzen überwiegend aus den Vestibulariskernen und bekommt somit Informationen über die Körperlage und -bewegung (Lokomotion). Mit seinen efferenten Fasern zu den okulomotorischen Zentren der Formatio reticularis (> Kap. 6.3.4) und z. T. direkt zu den Augenmuskelkernen ist das Vestibulocerebellum an der Feinabstimmung nahezu aller Augenbewegungen, insbesondere Blickfolgebewegungen, beteiligt. Über
die die Rumpf- und proximale Extremitätenmuskulatur steuern. Auch über diesen Weg beeinflusst das Spinocerebellum also die Stützmotorik. Pontocerebellum Dieser Teil des Kleinhirns ist für das Erlernen, die Planung, Feinab-
stimmung und den glatten Ablauf von willkürlichen Zielbewegungen verantwortlich, die vom motorischen Kortex aus generiert werden und deren Initiation damit über die Pyramidenbahn zum Rü-
7.4
Funktion des Kleinhirns
169
te Tractus corticospinalis (Pyramidenbahn). Efferent projiziert das Pontocerebellum vor allem zum Ncl. ruber und zum Thalamus. Um die Aufgabe des Pontocerebellum als Zentrum motorischer Koordi-
und die Oliva inferior nötig). Vom Kleinhirn und von den Basalganglien aus wird der „modulierte Bewegungsplan“ an den Thalamus weitergegeben, der ihn in den motorischen Kortex projiziert. Vom Kortex wird dieser Plan über die Pyramidenbahn ins Rückenmark geleitet, wo er die „vollendet ausgearbeitete“ Bewegung veranlasst. Die Pyramidenbahn gibt auf ihrem Weg Kollateralen an den unteren Olivenkernkomplex (Ncll. olivares inferiores) ab. Auf diesem Weg übermittelt sie dem Cerebellum gewissermaßen „eine Kopie“ der Informationen, die im gleichen Augenblick ins Rückenmark geleitet werden. Das Kleinhirn kann so erneut korrigierend
nation zu verstehen, müssen wir die Entstehung von Bewegungsim-
eingreifen ( > Abb. 7.13).
pulsen im Großhirn grob erläutern: Sehr vereinfacht können wir uns das Zustandekommen einer Bewegung folgendermaßen vorstellen: Die Absicht bzw. der Antrieb, eine spontane Bewegung auszuführen, entsteht wahrscheinlich in den Hirnstrukturen des limbischen Systems. Diese leiten die entsprechenden Impulse weiter an den Assoziationskortex des Großhirns (insbesondere frontales Großhirn einschließlich prä- und
Die im Großhirn entworfene und im Kleinhirn zu koordinierende feine Zielmotorik schließt präzise Bewegungen der Extremitäten ebenso wie die an der Sprache beteiligten muskulären Vorgän-
ckenmark geleitet wird. Das Pontocerebellum erhält seine afferenten Verbindungen hauptsächlich über den Pons, aber auch über
den unteren Olivenkernkomplex (Ncl. olivares inferiores), der da-
mit dem Kleinhirn ständige indirekte Rückmeldung über seine eigenen efferenten Impulse gibt. Die pontinen Kerne, die ins Cerebellum projizieren, empfangen ihre Informationen vom Tractus corticopontinus, der rund 20-mal so viele Fasern enthält wie der gesam-
supplementärmotorischer Rinde, > Kap. 9). Dieser ist damit „be-
auftragt“, einen sinnvollen Bewegungsentwurf zu planen. Da dieser Entwurf noch unvollständig und in seiner Form so nicht sinn-
ge ein. Zum besseren Verständnis dieser komplizierten Vorgänge bietet sich der bildhafte Vergleich des Kleinhirns mit einem Architekten an. Der beschriebene Ablauf sähe dann folgendermaßen aus: Ein Familienvater (limbisches System) plant, ein Haus zu bauen (Be-
voll ausführbar ist, wird er außer zum Motokortex an zwei Struktu-
wegungsimpuls). Er weiß aber lediglich, dass es vier Wände und einige Fenster haben soll. Er sucht deshalb seinen Bruder (Assozia-
ren zur erneuten „Bearbeitung“ weitergeleitet. Dies sind zum ei-
tionskortex/prämotorischer Kortex) auf, der Künstler ist und sich
nen die später zu besprechenden Basalganglien (die dann selektiv Bewegungsentwürfe zulassen, unterdrücken oder modifizieren
mit schönen Formen besser auskennt als er selbst. Dieser entwirft
können) und zum anderen das Kleinhirn. Die Weiterleitung an das Kleinhirn erfolgt über die kortikopontinen Bahnen, über die dem
Cerebellum die Bewegungsentwürfe der kontralateralen Großhirnrinde zugeleitet werden. Das Kleinhirn hat nun die Aufgabe, diesen Bewegungsentwurf zu modulieren, fein abzustimmen und die Aktivitäten der daran beteiligten Muskeln zu koordinieren (hierfür ist auch der rückkoppelnde Neuronenkreis über den Ncl. ruber
ihm das Bild eines wunderschönen Hauses, doch leider hat er von statischen Gesetzmäßigkeiten und auch anderen Dingen, die die
konkrete Ausführung des Baus ermöglichen, überhaupt keine Ahnung. Somit wird dieser Entwurf des Hauses zum einen an die Bank (Basalganglien) weitergeleitet, die eventuell Kredite für das Projekt zulassen oder verweigern kann. Zum anderen wird der Entwurf an einen Architekten (Kleinhirn) weitergegeben, der nun den konkret ausführbaren Plan für das Haus entwirft. Diesen gibt er
motorischer
Abb. 7.13 Vereinfachtes Schema der Verschal-
tung der im Gehirn am Entwerfen und Ausführen motorischer Impulse beteiligten Strukturen. Der Übergang von der Bewegungsinitiation über die Modulation des Bewegungsentwurfs bis zur Bewegungsausführung ist durch den Farbübergang von gelb über rot zu blau symbolisiert. [T873, L126]
Rückenmark
170
7 Kleinhirn (Cerebellum)
nun an eine Baufırma weiter (Thalamus), die sich vorher rückversichert, ob der Bau auch von der Bank finanziert wird (Projektion der
Basalganglien in den Thalamus). Die Baufirma erteilt dann dem Bauleiter (Motokortex) die Genehmigung, sodass dieser die Bauarbeiter
(Motoneurone
des Rückenmarks)
veranlasst,
mit
dem
Hausbau zu beginnen. Im Lauf der Bauzeit vergewissert sich der Architekt (Kleinhirn) stets, dass das, was auf der Baustelle (in den Muskeln) passiert, auch mit dem übereinstimmt, was er entworfen
hat (kollaterale Rückmeldung
der Pyramidenbahnimpulse
z.B.
über die Oliva inferior zum Kleinhirn), um nötigenfalls wieder bei der Baufırma zu erreichen, dass ihre Arbeiter präzisere Arbeit leisten.
Im Rahmen der oben beschriebenen Abläufe spielt das Kleinhirn natürlich auch eine herausragende Rolle bei jeder Form motorischen Lernens, wofür die Rückkoppelungs-Neuronenschleife vom Kortex über die Oliva inferior zum Kleinhirn besonders wichtig ist. Auch wenn die motorischen Funktionen des Kleinhirns im Vordergrund stehen, hat es auch noch andere Aufgaben, die heute zuneh-
(Rumpfataxie, die durch eine Fallneigung charakterisiert ist) ebenso wie bei der Ausführung differenzierter Bewegungen, z.B. beim Schreiben (Gliedmaßenataxie). Die Betroffenen beginnen zu zittern, wenn sie ei-
ne Zielbewegung ausführen wollen, und zwar umso mehr, je näher sie ihrem Ziel kommen. Man kann dies als eine Unfähigkeit zur Koordination der Aktivitäten der einzelnen beteiligten Muskeln interpretieren, die der Großhirnkortex zu kompensieren versucht. Die Kompensation wird aber umso schwieriger, je näher die Extremität dem Ziel kommt, wodurch sich die Korrekturbewegungen verstärken und unbeholfener werden (verstärktes Zittern). Dieses Phänomen wird als Intentionstremor bezeichnet (> Abb. 7.14b). „Ataktisch“ nennt man auch Zielbewegungen, die ein
falsches Ausmaß haben, also dysmetrisch sind'*. Meist sind dabei die Bewegungen über das Ziel hinausschießend (Hypermetrie). Auch die Sprechstörung (Dysarthrie'*, skandierende Sprache) entsteht durch
die fehlende Koordination fein aufeinander abzustimmender Muskeln. Diese für Kleinhirnerkrankungen so typische Dysarthrie ist gekennzeichnet durch eine undeutlich artikulierte, z.T. abgehackt und lallend wirkende Sprache. Auch die meist bei zerebellären Läsionen zu beobachtende Dysdiadochokinese'> (Unfähigkeit, antagonistische Bewegungen schnell hintereinander auszuführen) wird auf die mangelnde Feinabstimmung in der Koordination der pyramidal innervierten distalen Extremitätenmuskeln zurückgeführt. Entsprechend kann man sie auch bei einer Pyramidenbahnläsion beobachten. Schließlich ist als ataktisches Symptom auch ein
mend verstanden werden. So nimmt es über (indirekte) reziproke
fehlender Rebound'® zu beobachten. Er äußert sich durch ein fehlendes
Faserverbindungen mit dem Hypothalamus und den vegetativen Zentren der Formatio reticularis Einfluss auf das vegetative Ner-
Abbremsen von zuerst durch Widerstand unterdrückten und plötzlich durch Wegfall des Widerstands zugelassenen Bewegungen.
vensystem, was sich auch klinisch auswirken kann (viszeromotori-
Mangelhafte Blickstabilisierung
sche Störungen wurden bei Patienten mit Kleinhirnerkrankungen beschrieben).
Außerdem ist das Cerebellum an kognitiven und emotionalen Funktionen beteiligt. Dies soll über (meist indirekte) Faserverbindungen mit dem limbischen System, zum ARAS
(S. 141) und zu
zahlreichen kortikalen Assoziationsfeldern des Großhirns möglich sein. Das Cerebellum trägt so zur Orientierung im dreidimensionalen Raum und sogar zum Kurzzeitgedächtnis sowie zu klassischen Konditionierungsvorgängen bei.
7.5 Funktionsstörungen des Kleinhirns
Okulomotorische S$ymptome im Sinne einer mangelnden Blickstabilisierung bei Kleinhirnschädigungen sind sehr typisch: Die Blickfolgebewegun-
gen sind ruckartig (sog. sakkadierte Blickfolge), und es findet sich oft bereits spontan ein Nystagmus (= „Augenzittern”), der sich beim Blick zur Seite oder nach oben/unten verstärken kann (Blickrichtungsnystagmus). Typischerweise schießen die Betroffenen ähnlich wie bei Extremitätenbewegungen auch bei Blickfolgebewegungen über ihr Ziel hinaus und müssen die Augenstellung oft mehrfach korrigieren, ehe sie einen neu ins Blickfeld getretenen Gegenstand fixieren können (sog. Blickhypermetrie). Die ausgefallene Unterdrückung des vestibulookulären Reflexes, die über die fehlende zerebelläre Projektion in den Vestibulariskernkomplex zu erklären ist, äußert sich folgendermaßen: Die Betroffenen können bei
Bewegungen des eigenen Körpers Objekte, die sich mit ihnen bewegen, nicht mehr fixieren (z. B. auf die Uhr sehen beim Gehen oder lesen beim
Busfahren), da immer vom Vestibulariskern aus ungehemmt eine Gegenbewegung der Augen initliert wird.
KLINIK Entsprechend den unterschiedlichen Aufgaben, die den einzelnen Kleinhirnanteilen zukommen, verursacht eine Schädigung dieser Anteile auch unterschiedliche Symptome. Zunächst betrachten wir die bei einer Kleinhirnschädigung auftretenden Symptome im Allgemeinen, um danach auf Lokalisationsaspekte näher einzugehen. Die wichtigsten Funktionsstörungen bei einer Kleinhirnschädigung sind:
Herabgesetzter Muskeltonus Schließlich lässt sich bei zerebellären Läsionen, insbesondere am Anfang,
auch eine Abschwächung des Muskeltonus beobachten. Dies ist vor allem durch den Ausfall von Projektionen des Cerebellums in die extrapyramidalen Hirnstammzentren (vor allem Nell. vestibulares und Formatio reticula-
ris) erklärbar, die den Muskeltonus in Ruhe und bei Bewegungen erheb-
lich beeinflussen.
* Ataxie (genauer: zerebelläre Ataxie)
* mangelhafte Blickstabilisierung * herabgesetzter Muskeltonus. Ataxie
Die meisten bei Kleinhirnschädigung auftretenden Symptome kann man unter dem Begriff der zerebellären Ataxie zusammenfassen. Dies ist der Oberbegriff für verschiedenartige Störungen der Gleichgewichtsregulation und der Koordination von Bewegungen'*, Man beobachtet sie beim Gehen
(Gangataxie,
>- Abb.
7.14a),
beim
Stehen
oder
Sitzen
12 a-taxis (gr.) = Unordnung 13 metron (gr.) = Maß 14 am ehesten übersetzbar als „fehlende Gelenkigkeit beim Sprechen“ (arthron [gr.] = Gelenk) 15 diadochos (gr.) = abwechselnd; kinesis (gr.) = Bewegung
15 -ebound (engl.) = Rückschlag, Rückprall
7.5 Funktionsstörungen des Kleinhirns
171
Abb. 7.14 Typische Symptome bei medianen und lateralen Läsionen des Kleinhirns.
Linke Bildhälfte Normalzustand, rechte Bildhälfte Kleinhirnläsionen. Läsionen sind mit x gekennzeichnet. a Mittelliniennahe (mediane) Läsionen im Bereich des
Vermis und der paravermalen Zone äußern sich in einer
Rumpf- und Gangataxie. b Schädigungen der lateralen Kleinhirnanteile (Hemisphären) führen zu einer gliedmaßenbetonten Ataxie,
die sich zum Beispiel in einem pathologischen FingerNase-Versuch (der Patient wird aufgefordert, bei geschlossenen Augen mit der Spitze des Zeigefingers auf die Nasenspitze zu tippen) nachweisen lässt. Es zeigt sich ein typischer Intentionstremor. [T873, L126]
Lokalisation von Kleinhirnschädigungen Isolierte Schädigungen des Vestibulo- oder Spinocerebellums sind nicht selten. Noch häufiger jedoch treten Schädigungen des Pontocerebellums ohne Beeinträchtigung vestibulo- und spinozerebellärer Funktionen auf, da das Pontocerebellum mit Abstand die größte Ausdehnung hat und da-
mit eine Schädigung mit größerer Wahrscheinlichkeit eintritt. Man lokalisiert oft vereinfachend die vestibulo- und spinozerebellären Funktionen im Wurm (bzw. der medialen Zone des Kleinhirns) und unterscheidet so kli-
nisch Läsionen des Kleinhirnwurms von Läsionen der Kleinhirnhemisphäre (>- Abb. 7.14). + Läsionen mittelliniennaher Kleinhirnanteile (also der medialen
Zone des Kleinhirns): Sie sind durch eine Rumpf- und Gangataxie, Fallneigung und ggf. fehlende Unterdrückung des vestibulookulären Reflexes sowie Nystagmus charakterisiert, was dem Ausfall der entsprechenden Projektionen des Vestibulo- und Spinocerebellums entspricht (klinisches Beispiel in > Abb. 7.15). + Läsionen der Kleinhirnhemisphären: Sie äußern sich durch Hypermetrie der Extremitätenbewegungen, Intentionstremor, skandierende
Sprache und Dysdiadochokinese, also ganz besonders in einer Gliedmaßenataxie (bzw. generell einer Ataxie der distalen Feinmotorik, wozu im weitesten Sinne auch die Sprache gehört), da die Hemisphären vor allem die Feinabstimmung der Motorik dieser Körperregionen beeinflussen (klinisches Beispiel > Abb. 7.16).
Da die Leitungsbahnen zum Kleinhirn für seine Funktion essenziell sind, treten Kleinhirnausfalls-Symptome auch bei einer Schädigung dieser Bahnen auf, wie sie häufig bei der Multiplen Sklerose, die nur die Leitungsbahnen des ZNS befällt, vorkommt (klinisches Beispiel in > Abb. 7.17). Des Weiteren gibt es natürlich nicht nur Krankheiten, bei denen ein Teil des Kleinhirns, sondern auch solche, bei denen das Kleinhirn als Ganzes
betroffen ist und entsprechend das ganze Spektrum zerebellär-motori-
scher Störungen auftritt. Ein besonders typisches Beispiel für eine vorübergehende Funktionseinschränkung des Kleinhirns ist das motorische Bild eines Betrunkenen. Da die Kleinhirnneurone besonders alkoholempfindlich sind, beobachtet
man
nach
überreichlichem Alkoholkansum
eine
Gang- und Standataxie, eine zerebelläre Dysarthrie, Gliedmaßenataxie und Blickrichtungsnystagmus. Falls die oben gemachten Ausführungen für Sie schwer vorstellbar sind: Benutzen Sie bei nächster Gelegenheit am
möglichst späten Samstagabend in einer Großstadt Ihrer Wahl ein öffentliches Verkehrsmittel und Sie werden reichlich Anschauungsmaterial haben!
172
7 Kleinhirn (Cerebellum)
Abb. 7.15 Läsion des Kleinhirnwurms. Kernspintomographie des Gehirns bei Tumor (Medulloblastom) im unteren (kaudalen) Teil des Kleinhirnwurms. Horizontalschnitt (sog. axiale Schicht, von unten betrachtet). Liquor weiß, Tumor hellgrau, Gehirn dunkelgrau.
Abb. 7.17 Läsion des Pedunculus cerebellaris medius. Kernspintomographie des Gehirns bei Multipler Sklerose mit Befall der zuführenden Kleinhirnbahnen durch die Entmarkungsherde. Liquor weiß, Entmarkungsherde hellgrau, Gehirn dunkelgrau. Horizontalschnitt (sog. axiale Schicht, von unten betrachtet). 1 Kleinhirnhemisphäre, 2 Pons, 3 Entmarkungsherde (Manifestationen der Multiplen Sklerose) im 4 Pedunculus cerebellaris medius. Die Herde heben sich bei
Der 1 Tumor hebt sich bei dieser Aufnahmetechnik hell gegen das umgebende Kleinhirn ab. Das Tumorgewebe ist inhomogen und weist zystische, flüssigkeitsgefüllte und sich deshalb weiß darstellende Anteile auf. Der Tumor wölbt sich in den 2 kaudalen IV. Ventrikel vor, der dadurch schlitzförmig eingeenagt ist. 3 Pons,
dieser Aufnahmetechnik hell gegen das umgebende gesunde Fasergewebe ab. Symptomatik der Patientin: 13-jähriges Mädchen mit beidseitiger GliedmaBenataxie.
4 Kleinhirnhemisphären, 5 Pedunculus cerebellaris medius (mittlerer Kleinhirnstiel).
(Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. A. Berlis, Augsburg) [T880]
Symptomatik der Patientin: 4-jähriges Mädchen mit Gang- und Standataxie, Fallneigung, Nystagmus. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. A. Berlis, Augsburg) [T880]
Abb. 7.16 Läsion der Kleinhirnhemisphäre. Kernspintomographie des Gehirns bei einem Tumor (Metastase eines Kolonkarzinoms) in der linken Kleinhirnhemisphäre. Horizontalschnitt (sog. axiale Schicht, von unten betrachtet). Der 1 Tumor hebt sich bei dieser Aufnahmetech-
nik gegen das hier ebenso wie der Liquor weiß erscheinende Z umgebende Ödem (Schwellung durch reaktive Flüssigkeitseinlagerung) ab. 3 Medulla oblongata, 4 rechte (nicht betroffene) Kleinhirnhemisphäre.
Symptomatik des Patienten: Gliedmaßenataxie links, später bei zunehmendem Übergreifen des Ödems (Hirnschwellung) auf den Kleinhirnwurm auch be-
ginnende Gangataxie. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. M. Schumacher, Freiburg) [T875]
7.5 Funktionsstörungen des Kleinhirns
173
Zusammenfassung Das Kleinhirn (Cerebellum) ist die wichtigste Kontrollinstanz für die Koordination und Feinabstimmung sowie das Erlernen von Bewegungsabläufen. Es sitzt dem Hirnstamm von dorsal her auf. Äußere Gestalt und Gliederung Seine äußere Gestalt lässt die Aufteilung in einen Wurm (Ver-
mis) und zwei Hemisphären erkennen. Kaudal am Kleinhirn-
Mit Ausnahme der Körnerzellen gibt es in der Kleinhirnrinde nur inhibitorische Neuronentypen. Die Purkinje-Zellen sind die einzigen efferenten Neurone der Kleinhirnrinde. Afferenzen aus dem unteren Olivenkernkomplex (Ncll. olivares inferiores, kurz:
Oliva inferior) erreichen die Kleinhirnrinde über die Kletterfasern, fast alle anderen Afferenzen erreichen sie über Moosfasern.
wurm findet man den Lobus flocculonodularis. Die Oberfläche des Kleinhirns ist durch zahlreiche Windungen (Folia) gekennzeichnet. Über die drei Kleinhirnstiele (Pedunculi cerebellares
Verschaltungsprinzip des Kleinhirns
superior, medius und inferior), die die zu- und abführenden Bahnen des Cerebellums enthalten, sowie die Kleinhirnsegel (Ve-
Zellen) die verarbeitete Information an die Kleinhirnkerne wei-
la medullaria superior und inferior) ist es mit dem Hirnstamm verbunden. Im Sagittalschnitt entsteht das Bild des Arbor vitae.
die dem Kleinhirn nachgeschalteten Zielareale projizieren.
Afferente Fasern ziehen (unter Abgabe von Kollateralen zu den
Kernen) in die Kleinhirnrinde. Von dort wird (über Purkinjetergegeben, welche dann als das efferente zerebelläre System in
Afferente Fasern erhält das Kleinhirn vor allem von:
Man erkennt dabei ebenso wie im Horizontalschnitt die Gliede-
rung in Rinde und Mark. Im Horizontalschnitt kann man beidseits jeweils die vier Kleinhirnkerne erkennen, von lateral nach
* Brückenkernen: Zuleitung von Impulsen für „Bewegungsentwürfe“ aus dem kontralateralen Großhirn über den Pedunculus cerebellaris medius; Ziel sind die Kleinhirnhemisphären
medial:
(= Pontocerebellum). s Ncl. dentatus s Ncl. emboliformis
* Ncl. globosus * Ncl. fastigii.
* Rückenmark: Zuleitung von propriozeptiven Impulsen aus der ipsilateralen Körperhälfte über den Pedunculus cerebellaris superior und Pedunculus cerebellaris inferior; Ziel sind der
Wurm und die paravermale Zone (= Spinocerebellum). * Vestibulariskernen und Vestibularorgan: Zuleitung vestibu-
Hinsichtlich funktioneller und anatomischer Parameter gliedert sich das Kleinhirn in drei Anteile: 1. Vestibulocerebellum: erhält den Hauptteil der Afferenzen aus dem vestibulären System und wird durch den Lobus flocculonodularis repräsentiert. 2. Spinocerebellum: erhält die meisten Afferenzen aus dem Rückenmark und wird vereinfacht durch den Kleinhirnwurm und die paravermale Zone repräsentiert. 3. Pontocerebellum: erhält die meisten Afferenzen über die pontinen Kerne vom Großhirn (deshalb auch: Cerebrocerebellum) und wird durch die beiden Hemisphären repräsentiert.
Mikroskopische Anatomie der Kleinhirnrinde Histologisch unterscheidet man im zerebellären Kortex drei Schichten, von innen nach außen:
1. Stratum granulosum: sehr dicht gepackt, besteht überwiegend aus den kleinen Körnerzellen, 2. Stratum purkinjense: besteht nur aus einer Zelllage mit den großen Purkinje-Zellen. 3. Stratum moleculare: sehr locker gepackt, besteht überwie-
gend aus marklosen Fasern und vergleichsweise nur wenigen Neuronen.
lärer Reize über den Pedunculus cerebellaris inferior; Ziel ist
der Lobus flocculonodularis (= Vestibulocerebellum).
Weitere wichtige Afferenzen erreichen das Kleinhirn u. a. aus der Oliva inferior. Efferente Fasern des Kleinhirns ziehen fast alle über den oberen Kleinhirnstiel und kreuzen nach Verlassen desselben nahezu
ausnahmslos auf die kontralaterale Seite. Sie haben folgende Ziele:
* Thalamus: Projektionen vorwiegend des Ncl. dentatus, die anschließend vom Thalamus zum motorischen Kortex weitergeleitet werden. s Ncl. ruber: Impulse vor allem des Ncl. dentatus und des Ncl. emboliformis, die anschließend vom Ncl. ruber entweder di-
rekt ins Rückenmark weitergeleitet oder über die Oliva inferior dem Kleinhirn wieder zugeführt werden. * Ncll. vestibulares: Projektionen vor allem des Ncl. fastigii; verläuft als eine der wenigen Efferenzen im unteren Kleinhirnstiel, Impulse werden vom Hirnstamm aus z. T. direkt ins Rückenmark weitergeleitet. * Formatio reticularis: Impulse mehrerer Kleinhirnkerne, die
z. T. im Dienst der Augenbewegung und der Aufrechterhaltung des adäquaten Muskeltonus stehen. Mit den genannten Efferenzen greift das Cerebellum in verschiedene Funktionssysteme ein.
174
7 Kleinhirn (Cerebellum)
Funktionsstörungen des Kleinhirns Ein Ausfall des Cerebellums verursacht vielfältige Symptome, die
Funktion des Kleinhirns
Steuerung, Feinabstimmung und Erlernen
mit den Begriffen
1. der stützmotorischen Anteile von Haltung und Bewegung einschließlich Muskeltonus (vor allem Funktion des Spino-
und Vestibulocerebellums, also der medial gelegenen Kleinhirnanteile), 2. der im Großhirn entworfenen Zielmotorik einschließlich Sprachmotorik (vor allem Funktion des Pontocerebellums,
also der lateral gelegenen Kleinhirnanteile), 3. der Blickmotorik im Sinne einer Stabilisierung des Blicks auf ein Blickziel (Funktion des Vestibulocerebellums, also medial
gelegener Kleinhirnanteile).
* zerebelläre Ataxie (mangelnde Koordination der an einer Bewegung beteiligten Komponenten), * Blickstabilisierungsstörungen und * herabgesetzter Muskeltonus
umschrieben werden können. Läsionen der Kleinhirnhemisphäre wirken sich entsprechend den unterschiedlichen Funktionen an-
ders aus als medial (mittelliniennah) gelegene Schädigungen des Kleinhirns.
Wiederholungsfragen 5. Nennen Sie die wichtigsten Fasertrakte in den drei Kleinhirn1. Welche anatomischen Regionen des Kleinhirns entsprechen der funktionellen Einteilung in Vestibulo-, Spino- und Ponto-
cerebellum? 2. Wo liegen die Kleinhirntonsillen? Welche klinische Bedeutung haben sie? 3. Welche Zellen sind die einzigen erregenden Neurone und welche die einzigen efferenten Neurone der Kleinhirnrinde? 4. Welches sind die wichtigsten Afferenzen und Efferenzen des
stielen. 6. Welches sind die drei wichtigsten Funktionen des Kleinhirns? 7. Wie äußern sich Funktionsstörungen des Kleinhirns? Weitere Wiederholungsfragen zum Kleinhirn finden sich im Rahmen der Fallbeispiele zum Gehirn in > Kap. 14.1.4.
Kleinhirns?
Lösungen
1. Vestibulocerebellum: Lobus flocculonodularis. SpinocerebelIum (vereinfacht): Vermis und paravermale Zone. Ponfocerebellum: Hemisphären. 2. Die Kleinhirntonsillen liegen im Bereich des Foramen mag-
5. Pedunculus cerebellaris inferior: afferent Tractus vestibulocerebellaris, Tractus olivocerebellaris, Tractus spinocerebellaris posterior, Tractus reticulocerebellaris; efferent Tractus cere-
bellovestibularis.
num der hinteren Schädelgrube und umgeben links und rechts die Medulla oblongata. Bei erhöhtem intrakraniellem Druck kann es zu einer Einklemmmung der Tonsillen im Fo-
afferent). Pedunculus cerebellaris superior: afferent Tractus spinocere-
ramen magnum mit Komprimierung der Medulla oblongata
bellaris anterior und superior; efferent Tractus cerebellothala-
kommen (sog. untere Einklemmung). 3. Einzige exzitatorische Neuronengruppe der Kleinhirnrinde:
micus, Tractus cerebellorubralis sowie Fasern zur Formatio reticularis.
Körnerzellen. Einzige efferente Neuronengruppe der Klein-
6. Steuerung, Erlernen und Koordination von: 1. Stützmotorik
hirnrinde: Purkinje-Zellen.
4. Wichtigste Afferenzen: aus den Brückenkernen (Ncll. pontis), Rückenmark, Vestibulariskernen (z. T. auch direkt aus dem Vestibularorgan), unteren Olivenkernkomplex und Formatio
reticularis. Wichtigste Efferenzen: zum Thalamus, Ncl. ruber, Vestibulariskernen und Formatio reticularis.
Pedunculus cerebellaris medius: Fibrae pontocerebellares (nur
(Spino- und Vestibulocerebellum), 2. differenzierter Zielmotorik einschließlich Sprache (Pontocerebellum), 3. Blickmoto-
rik (Vestibulocerebellum).
7. Zerebelläre Ataxie, Blickstabilisierungsstörungen, herabgesetzter Muskeltonus.
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KAPITEL
Zwischenhirn (Diencephalon) 8.1
Abgrenzung, Gliederung und
äußere Gestäalt . .........0.0000000000000004700 177 8.2
ThalamusS
8.2.1
8.2.3
Thalamuskerne mit Faserbeziehungen zu umschriebenen Kortexarealen ............0.0..04- 180 Thalamuskerne ohne Faserbeziehungen zu umschriebenen Kortexarealen ............0.0.04- 183 Funktionsausfall bei Schädigung des Thalamus . ... 184
8.3 8.3.1 8.3.2
Hypothalamus ‚... 185 Einteilung der Kerngebiete des Hypothalamus .... 185 Vordere Kerngruppe des Hypothalamus .......... 185
8.2.2
.0
8.3.3 8.3.4 8.3.5
Mittlere Kerngruppe des Hypothalamus ......... 186 Hintere Kerngruppe des Hypothalamus .......... 187 Faserverbindungen des Hypothalamus .......... 187
8.4
HypophySe
8.5 8.5.1 8.5.2 8.5.3 8.5.4
Epithalamus ... Epiphyse (Glandula pinealis) ..............400Habenula und Stria medullaris ................Area pretectaliS ........0.0000000010011001 r (Commissura posterior ......0.0.000000000000700e
191 191 191 192 192
8.6
SubthalamusS
192
179
8.1 Abgrenzung, Gliederung und äußere Gestalt
‚...
..
188
* Epithalamus * Thalamus s Subthalamus
Das Zwischenhirn (Diencephalon) schließt sich nach rostral dem
* Hypothalamus.
Mesencephalon an und hat während der Embryonalentwicklung das Abkippen der Neuralrohrachse nach ventral mit vollzogen, sodass jetzt die topographischen Bezeichnungen nach der Forel-Ach-
Bis auf den Epithalamus kann man die vertikale „Übereinander-
se (> Abb. 4.2, 2, S. 108) benannt werden.
Abgrenzung Nach kaudal grenzt das Diencephalon an das Mittelhirn. Ventral verläuft die Grenze zwischen Mittel- und Zwischenhirn am oberen
schichtung“ der Diencephalonteile im Frontalschnitt durch das fertig entwickelte Gehirn noch nachvollziehen (farblich abgegrenzt in > Abb. 8.1b). Als größtes und besonders wichtiges Gebiet ist dabei der Thalamus hervorzuheben, der als paarige Struktur im Zentrum
des Zwischenhirns liegt und von beiden Seiten aus den III. Ventrikel begrenzt ( >
Abb. 8.1a, 12, b, I). Dem Thalamus sitzt dorsokau-
Ende der Hirnschenkel (Crura cerebri) und dorsal am oberen Ende
dal der Epithalamus auf, der vor allem aus der Epiphyse (Glandula pinealis), die rostral der Vierhügelplatte zu sehen ist ( > Abb. 8.1a,
der Vierhügelplatte (>- Abb. 8.1a). Die Abgrenzung des Zwischen-
19), den Habenulae'
hirns zum Großhirn ist wesentlich schwieriger, weil diese beiden
Habenulae ist die Epiphyse nach vorne mit dem Thalamus verbun-
Abschnitte des Neuralrohrs im Laufe der Embryonalentwicklung partiell ineinander wachsen und daher ein Teil der dienzephalen grauen Substanz (Subthalamus) ins Marklager des Großhirns abgedrängt wird.
den (> Abb. 8.1a, 20). Unter dem Thalamus befinden sich die Strukturen des Subthalamus. Direkt unterhalb des Thalamus (ventral nach der Forel-Achse) sehen wir den Ncl. subthalamicus (> Abb. 8.1b, 2) und lateral davon im Bereich des Großhirn-
und der Area pretectalis besteht. Über die
marklagers das Pallidum ( >
Abb. 8.1b, 3 und 4). Rostroventral
Gliederung und äußere Gestalt
(Forel-Achse!) des Thalamus findet man den Hypothalamus, der den Boden des III. Ventrikels bildet ( > Abb. 8.1a, 7-9).
Das Diencephalon lässt sich in vier Bereiche untergliedern. Die Bezeichnungen der verschiedenen Anteile nehmen Bezug auf ihre Lage zueinander während der Embryonalzeit:
M.ERK.E Der Hypothalamus ist der einzige der oben aufgelisteten Teile des Zwischenhirns, den man von außen am unzerlegten Gehirn sehen kann.
' habenula (lat.) = Zügel
178
8 Zwischenhirn (Diencephalon)
Abb. 8.1 Zwischenhirn a Sagittalschnitt durch den Ill. Ventrikel und Hirnstamm mit Darstellung des Zwischenhirns (grün unterlegt).
1 Ill. Ventrikel mit 2 Recessus supraopticus und 3 Recessus infundibularis. 4 Chiasma opticum, 5 Infundibulum (Hypophysenstiel), 6 Adenohypophyse (Hypophysenvorderlappen), 7 Neurohypophyse (Hypophysenhinterlappen), 8 Tuber cinereum, 9 Corpus mammillare, 10 Commissura anterior. Zwischen dieser und dem Chiasma opticum (4) verläuft die 11 Lamina terminalis, 12 Thalamus mit 13 Adhesio interthalamica, 14 Plexus choroideus des Ill. Ventrikels, 15 Fornix, 16 Septum pellucidum,
17 Corpus callosum (Balken, Teil des Großhirns, > Kap. 9), 18 Commissura posterior, 19 Epiphyse, 20 Habenulae, 21 Aqueductus mesencephali, 22 Vierhügelplatte (Tectum mesencephali).
b Thalamus-, Subthalamus- und Hypothalamusstrukturen des Zwischenhirns im Frontalschnitt. Beachte, dass die Epithalamusstrukturen des Zwischenhirns hinter (kaudal) dieser Schnittebene liegen und daher nicht abgebildet sind. 1 Thalamus (rot), 2 bis 4 Subthalamus (gelb) mit dem hier angeschnittenen 2 Ncl.
subthalamicus und dem 3 medialen und 4 lateralen Pallidumsegment, 5 bis 7 Hypothalamus (blau), hier angeschnitten mit 5 Corpus mammillare, dem davor liegenden
6 Tuber cinereum und dem 7 Infundibulum. [T873, L106]
Von unten betrachtet (Basalansicht des Gehirns) trägt der Hypothalamus markante Strukturen:
laria* bezeichnet wird ( > Abb. 8.1a, 9 und b, 5). Die dünne Platte des Hypothalamus,
die zwischen den Corpora mammillaria und
dem Hypophysenstiel (Infundibulum) liegt, nennt man Tuber * Hypophyse mit Hypophysenstiel (Infundibulum) * Corpora mammillaria * Tuber cinereum.
cinereum ( > Abb. 8.1a, 8 und b, 6). Es enthält wie der übrige Hy-
pothalamus vegetative Regulationszentren. Als weitere Zwischenhirnanteile sind in der Basalansicht des Gehirns der N. opticus mit dem Chiasma opticum ( > Abb. 8.1a, 4) zu sehen.
Die Hypophyse gehört nur mit dem Hypophysenhinterlappen tatsächlich zum Zwischenhirn (Neurohypophyse; >- Abb. 8.1a, 7). Diesem hängt vorn der Hypophysenvorderlappen an (Adenohypophyse; > Abb. 8.1a, 6). Kaudal der Hypophyse (Forel-Achse!) ist eine markante paarige Struktur ausgebildet, die an der Grenze
des Hypothalamus zum Mittelhirn liegt und als Corpora mammil-
? Die Bezeichnung stammt vom Vergleich dieser Gebilde mit Brustwarzen (Mammillen) oder im ursprünglichen beschreibenden Sinn eher „Miniaturformen” der weiblichen Brust (Mamma; Mammille = Brüstchen)
8.2 Thalamus
MERKE N. opticus und Chiasma opticum sind als Teile des Zwischenhirns anzusehen, da der N. opticus in der Embryonalentwicklung mit der Retina aus dem Zwischenhirnbläschen herauswächst.
179
nen kann. Diese kortikalen Faserverbindungen verlaufen in erster Linie über die Capsula interna zum Kortex, wobei man sie in eine
vordere (zum Frontallappen), zentrale (zum Parietallappen), untere (zum Temporallappen) und hintere (zum Okzipitallappen) Thalamusstrahlung einteilt (Radiatio thalami anterior, centralis, infe-
Die Randstrukturen des größtenteils durch das Zwischenhirn begrenzten IIL. Ventrikels sind folgendermaßen: Das Dach des Ventri-
rior, posterior).
kels bildet die dünne Tela choroidea, die den liquorbildenden Ple-
xus choroideus trägt (>- Abb. 8.1a, 14). Sie spannt sich unterhalb
Nicht alle aufsteigenden Fasern zum Kortex werden vorher unbedingt im Thalamus verschaltet. Die olfaktorischen Bahnen bei-
des Fornix aus, einer bogenförmigen Faserstruktur®, die von kaudal
spielsweise ziehen, ohne über den Thalamus zu verlaufen, direkt zur
nach rostral führt und Teile des Großhirns mit dem Hypothalamus
Riechrinde an der Basis des Frontallappens. Um als Riechwahrnehmung bewusst interpretiert zu werden, müssen diese Impulse jedoch
verbindet ( >- Abb. 8.1a, 15). An der rostralen Begrenzung des III. Ventrikels befindet sich die Commissura anterior ( > Abb. 8.1a,
10). In dieser dem Großhirn zugeordneten Struktur kreuzen Fasern beider Temporallappen von einer Hemisphäre in die andere. Zwischen dieser und dem Chiasma opticum verläuft die Lamina termi-
wie alle anderen sensibel-sensorischen Informationen über den Thalamus zu weiteren Bereichen der Großhirnrinde (orbitofronta-
ler Kortex) geleitet werden. Neben den olfaktorischen Bahnen gibt es auch noch monoaminerge
(aus der Formatio reticularis) und
nalis ( > Abb. 8.1a, /1) als vordere Begrenzung des III. Ventrikels.
cholinerge Fasern, die von extrakortikal, ohne im Thalamus umge-
An der kaudalen bzw. hinteren Begrenzung des Ventrikels befindet sich die dem Zwischenhirn zugehörige Commissura posterior
schaltet zu werden, direkt zur Großhirnrinde ziehen. Sie sind zwar funktionell keineswegs unbedeutend, machen aber von allen zum
(Commissura epithalamica) ( > Abb. 8.1a, 18). Häufig sind die
Kortex ziehenden Fasern quantitativ nur eine kleine Minderheit aus, weshalb hier nicht näher darauf eingegangen wird.
beiden Thalami durch einen dünnen Komplex aus Nervengewebe (Adhesio interthalamica; > Abb. 8.1a, 13) durch den III. Ventri-
kel hindurch verbunden. Nach kaudal hat der III. Ventrikel über den Aquädukt des Mittelhirns ( > Abb. 8.1a, 217) Verbindung mit
Aufgrund ihrer Faser- und Funktionsbeziehungen kann man zwei Arten von Thalamuskernen unterscheiden:
dem IV. Ventrikel. Gemäß ihrer funktionellen Wichtigkeit werden Thalamus und Hypothalamus im Folgenden zuerst beschrieben, anschließend Epithalamus und Subthalamus.
1. Kerne mit engen direkten Verbindungen zu umschriebenen Kortexgebieten 2. Kerne ohne oder mit nur wenigen direkten Verbindungen zum Kortex.
8.2 Thalamus Der Begriff Thalamus (Thalamus dorsalis) ist uns in den vorangegangenen Kapiteln schon häufig begegnet. Nachdem seine Lage beschrieben wurde, werden im Folgenden
seine Substruktur,
sein
Organisationsprinzip und seine Funktion näher erläutert. Der Thalamus hat eine annähernd bohnenförmige Gestalt, ist etwa 3 x 1,5 x 1,5cm groß und gehört zu den komplexesten Gebilden
des ZNS. Seine mediale Fläche bildet jeweils die Seitenwand des III. Ventrikels, seine laterale Fläche grenzt an die Capsula interna (eine
große Ansammlung von Fasersystemen im Großhirnmarklager, > Kap. 9.11.2). Der Thalamus setzt sich aus vielen Einzelkernen zusammen, die z. T. durch dünne Faserplatten (Laminae medulla-
res thalami) voneinander abgegrenzt sind ( > Abb. 8.1b, /). Diese
Die erste Gruppe der Thalamuskerne zeichnet sich durch intensive wechselseitige Faserverbindungen zum Großhirnkortex aus, weshalb diese Kerne in ihrer Gesamtheit auch als Palliothalamus* bezeichnet werden. Sie wurden früher oft als „spezifische“ Thalamuskerne bezeichnet, weil jeder von ihnen seinen Einfluss besonders
auf einen bestimmten Teil der Großhirnrinde ausübt (z. B. motorischer Kortex).
Die zweite Gruppe der Thalamuskerne wurde ihnen als die „unspezifischen“ Thalamuskerne gegenübergestellt. Sie haben keine oder nur wenige direkte Verbindungen zum Kortex, dafür aber intensive Faserverbindungen mit den anderen Thalamuskernen und mit dem Hirnstamm (vor allem Formatio reticularis). Wegen ihrer
engen Faserbeziehungen zum Hirnstamm Truncothalamus* zusammengefasst.
wurden sie auch als
Thalamuskerne haben zwar z.T. sehr unterschiedliche Aufgaben,
sind aber gleichwohl durch zahlreiche Assoziationsfasern eng miteinander verbunden. Das Auffallendste an den Thalamuskernen ist die intensive wech-
selseitige Faserbeziehung zum Großhirnkortex. Nahezu alle sensiblen und sensorischen Bahnen projizieren in den Thalamus, um von hier aus zur Großhirnrinde weiterverschaltet zu werden, wes-
Die Begriffe „spezifisch“ und „unspezifisch“ werden in diesem Zusammenhang bisweilen deshalb kritisiert, weil die „spezifischen“
Thalamuskerne Kortexarealen
durchaus haben
auch Faserbeziehungen
können
und
den
„unspezifischen“
Kernen
zum Teil relativ eng umschriebene Funktionen zukommen. Wir wollen eingedenk dieser Tatsachen die beiden Begriffe dennoch aus
halb man den Thalamus als das „Tor zur Großhirnrinde“ bezeich-
3 fornix (lat.) = Gewölbe
zu mehreren
* pallium (lat.) = Mantel (Kortex als „Großhirnmantel”) > truncus (lat.) = Stamm, von Hirnstamm
1380
8 Zwischenhirn (Diencephalon)
Corpus geniculatum laterale und mediale werden auch unter dem Begriff Metathalamus zusammengefasst. Die einzelnen Kerngebiete werden durch dünne Faserplatten weißer Substanz voneinander
didaktischen Gründen beibehalten, da sie die gedankliche Abgrenzung der unterschiedlichen Funktionsweise beider Kerngruppen sehr erleichtert.
getrennt.
Es gibt im Übrigen auch eine kleine Gruppe von Thalamuskernen, die sich weder dem einen noch dem anderen der beiden genannten Anteile zuordnen lässt. Sie werden als Assoziationskerne bezeichnet.
Die aufgezählten Kerngruppen können z. T. noch weiter unterteilt werden. So wird z. B. die ventrale Kerngruppe in einen e NCcl. ventralis anterior (VA),
* NCcCl. ventralis lateralis (VL) und
8.2.1 Thalamuskerne mit Faserbeziehungen zu umschriebenen Kortexarealen
* NCcl. ventralis posterior (VP) aufgegliedert. Jede Kerngruppe ist mit einem bestimmten Bezirk in
Bei dieser Gruppe von Thalamuskernen (früher: „spezifischer Thalamus“) kann man wiederum verschiedene Gruppen von Kernen unterscheiden, die meist rein topographische Bezeichnungen tragen ( > Abb. 8.2):
der Großhirnrinde verknüpft, sowohl afferent wie efferent. Viele dieser Kerne sind die vorletzten Stationen der Sinnesbahnen, deren
Impulse (mit Ausnahme der olfaktorischen) alle von hier aus zum
Kortex gelangen, wo die entsprechenden Sinneswahrnehmungen zum Bewusstsein kommen.
Im Thalamus werden diese Impulse,
s anteriore Kerngruppe
auch wenn sie uns noch nicht bewusst sind, unter dem Einfluss von
* * * * * *
Projektionen aus der Großhirnrinde bereits integratorisch verar-
mediale Kerngruppe ventrale Kerngruppe posteriore Kerngruppe dorsale Kerngruppe Corpus geniculatum laterale Corpus geniculatum mediale.
beitet und keineswegs nur einfach weitergeleitet. Es existiert sogar eine selektive Auslese der Sinnesinformation, die vom Thalamus
zum Großhirn gelangt, um eine Reizüberflutung des Kortex zu vermeiden und die bewusste Wahrnehmung auf die aktuell wesentlichen Reize zu konzentrieren („gerichtete Aufmerksamkeit“, s. u.).
limbisches System
Assoziationsareale
motorischer
Kortex
\
Abb. 8.2 Die wichtigsten Thalamuskerne mit ihren Projektionen zu einzelnen Großhirnrindenbereichen. Ansicht des rechten Thalamus von dorsolateral. A Anteriore Kerngruppe (Faserverbindungen zu limbischen Kortexarealen, vor allem Gyrus cinguli und Hippocampus), CGM Corpus geniculatum mediale (Faserverbindungen zur Hörrinde), CGL Corpus geniculatum laterale (Faserverbindungen zur Sehrinde), CM Ncl. centromedianus („unspezifischer” Thalamuskern), IL intralaminäre Kerne („unspezifische” Thalamuskerne), LP Ncl. lateralis posterior (dorsale Kern-
somato-
sensibler
Thalamus
gruppe), MD Ncl. mediodorsalis (größter Teil der medialen Kerngruppe, Faserverbindungen zum präfrontalen
somatosensibler Kortex —
Kortex), Pu Pulvinar (dorsale Kerngruppe, Faserverbindungen zu visuellen kortikalen Zentren), VA Ncl. ven-
tralis anterior (ventrale Kerngruppe), VL Ncl. ventralis lateralis (ventrale Kerngruppe, gemeinsam mit VA Faserverbindungen zum motorischen und prämotorischen Kortex), VPL Ncl. ventralis posterolateralis (ventrale
Kerngruppe), VPM Ncl. ventralis posteromedialis (ventrale Kerngruppe, gemeinsam mit VPL Projektion zum somatosensiblen Kortex). Modifiziert nach [S130-3]
8.2 Thalamus
Man kann die einzelnen Kerngruppen des „spezifischen“ Thalamus mit ihren Faserverbindungen oft relativ genau einzelnen Kortexbezirken zuordnen (im Einzelnen
> Abb. 8.2). Die besonders
relevanten und immer wieder auftauchenden Verbindungen werden hier aus der oft als verwirrend empfundenen Vielfalt noch einmal hervorgehoben: e s s e » e
Ncl. ventralis anterior (VA) > prämotorische Rinde NCcl. ventralis lateralis (VL) > motorische Rinde Ncl. ventralis posterior (VP) > somatosensible Rinde Corpus geniculatum laterale (CGL) > Sehrinde Corpus geniculatum mediale (CGM) > Hörrinde Ncll. anteriores (A) > limbisches System (vor allem Gyrus cin-
guli, Hippocampus).
und motorischen Kortex. Diese Faserverbindungen machen die zentrale Stellung des Kernkomplexes in der Verarbeitung und Integration motorischer Impulse deutlich. Die Konvergenz basalganglionärer und zerebellärer Informationen im Thalamus hat eine große Bedeutung für das Zustandekommen und die Form (Koordination etc.) der Willkürmotorik.
Das haben wir uns bereits in
> Kap. 7.4 bei der Funktionserklärung des Kleinhirns klar gemacht. Die gleichzeitig ankommenden Impulse aus den Basalganglien und aus dem Cerebellum projizieren zwar nicht direkt auf die gleichen Thalamusneurone, treffen aber über Interneurone teilweise bereits im Thalamus, ansonsten in der motorischen Großhirnrin-
de aufeinander. In > Kap. 9.2.7 werden wir hierauf bei der Beschreibung der Funktion der Basalganglien noch einmal zurückkommen ( > Abb. 8.3).
Im Folgenden werden einige der wichtigsten Kerngruppen des spezifischen Thalamus noch näher beschrieben. Ncl. ventralis anterior und Ncl. ventralis lateralis (VA/VL) Die beiden werden auch häufig zusammen vereinfachend als Ncl. ventralis anterolateralis oder funktionell als „motorischer Thala-
mus“ bezeichnet. Ihre Efferenzen richten sie in den prämotorischen und in den motorischen (präzentralen) Kortex. Dabei ist in den Kernen ebenso
wie im motorischen Kortex eine somatotopische Gliederung vorhanden. Ihre Afferenzen erhalten sie von den Basalganglien (Pallidum, Substantia nigra), vom Kleinhirn und vom prämotorischen
Ncl. ventralis posterior (VP) Der Ncl. ventralis posterior ist die wichtigste Relaisstation für somato- und viszerosensible Impulse, die von hier aus in die entsprechenden sensiblen Rindenfelder des Großhirns weitergeleitet werden. Neben den allgemein- und speziell-viszerosensiblen Fasern der viszerosensiblen Bahn enden hier vor allem die Fasern für die allgemein-somatosensible Sensibilität, die im Lemniscus medialis
und Tractus spinothalamicus durch den Hirnstamm zum Thalamus gelaufen sind. Diese Fasern vermitteln exterozeptiv Sensibilität aus Haut oder Schleimhaut, propriozeptiv aus Gelenken und Muskeln, jeweils der kontralateralen Körperhälfte. Diese Information wird von hier aus nach einer integrativen Verarbeitung und Auslese dem
prämotorischer und motorischer Kortex
Striatum/ Pal!id um f/
'
:E E
.: i \\
ÜÜ
\x f
‘ %.
181
!
;H
(
Ausführung von Bewegungsimpulsen
x.
%. Aa
Integration basalganglionärer
Kleinhim
und zerebellärer Information
Basalganglien Modulation von Bewegungsimpulsen Substantia nigra
Koordination von
Bewegungsimpulsen
Abb. 8.3 Faser- und Funktionsbeziehungen der Nell. ventralis anterior und ventralis lateralis (VA/VL) des Thalamus im motorischen System. [T7873, L217]
182
8 Zwischenhirn (Diencephalon)
Abb. 8.4 Verschaltung der allgemein-somatosensiblen Impulse im Thalamus. Die sensiblen Impulse gelangen über den 1 Lemniscus trigeminalis, 2 Lemniscus medialis und 3 Tractus spinothalamicus zum 4 kontralateralen Thalamus, wobei
die Fasern aus dem Trigeminus-Versorgungsbereich im Ncl. ventralis posteromedialis (VPM), diejenigen mit den somatosensiblen Informationen aus dem übrigen Körper im Ncl. ventralis posterolateralis (VPL) somatotopisch geordnet enden. Bei der Verschaltung und Weiterleitung zum 5 somatosensiblen Großhirnkortex wird die somatotopische Ordnung beibehalten. [T873, L106]
sensiblen Kortex zugeleitet. Der Ncl. ventralis posterior kann in einen medialen und einen lateralen Abschnitt eingeteilt werden: Ncl. ventralis posterolateralis (VPL) und Ncl. ventralis posteromedialis (VPM). Die afferenten Fasern aus dem Trigeminusbereich (ein-
schließlich viszerosensibler und gustatorischer Fasern aus dem sensorischen Fazialis- und Glossopharyngeusbereich) enden dabei im VPM, die sensiblen Fasern aus dem Rückenmarksbereich dagegen im VPL ( >
Abb. 8.4). Auch hier existiert wieder eine somatotopi-
sche Anordnung der ankommenden Fasern, die bei der Weiterlei-
tung der sensiblen Information zum sensiblen Kortex beibehalten wird und sich in dessen somatotopischer Gliederung wiederfindet
(> Abb. 8.4). Anders als die Fasern der Berührungsempfindung werden die Schmerzfasern in mehreren Thalamuskernen verschaltet und somit zu mehreren Großhirnrindenfeldern projiziert. Das erklärt, dass auch nach Zerstörung des Gyrus postcentralis noch eine gewisse, dumpfe Schmerzwahrnehmung möglich ist.
Corpus geniculatum laterale (CGL) Seine wichtigsten Afferenzen erhält dieser Kern über den Tractus opticus, der die visuelle Information der kontralateralen Gesichtsfeldhälfte, d. h. also die der ipsilateralen Netzhauthälften beider Re-
tinae führt. Die Information wird hier unter afferenter Einflussnah-
me visueller Kortexareale verschaltet und über die Sehstrahlung (Radiatio optica) der okzipitalen Sehrinde zugeleitet (zur Sehbahn
als Ganzes > Kap. 9.8.1). Das Corpus geniculatum laterale besteht histologisch aus sechs Schichten: zwei basal gelegene großzellige (magnozelluläre) und vier darüber liegende kleinzellige (parvozelluläre) Schichten. Dies hat bei der funktionellen Teilung der Sehbahn in ein magno- und parvozelluläres System Bedeutung ( > Kap. 9.9.1). Corpus geniculatum mediale (CGM) Dieses Kerngebiet erhält seine afferenten Fasern (über jeweils einen der Brachii colliculi inferioris) vom gleichseitigen unteren Hügel, der eine von zahlreichen Zwischenstationen der Hörbahn ist. Die auditorische Information wird hier auf das letzte Neuron der Hörbahn verschaltet und der Hörrinde im Temporallappen zugeleitet (zur Hörbahn > Kap. 9.9.1).
8.2 Thalamus
Nell. anteriores (A) Dieser Kernkomplex steht efferent und afferent mit den Rindengebieten des limbischen Systems (vor allem Gyrus cinguli und Hippocampus, > Kap. 9.4) im Großhirn in Verbindung. Weitere Afferenzen erhält er aus dem Corpus mammillare des Hypothalamus über den Fasciculus mammillothalamicus (Vicq-d’Azyr-Bündel). Der anteriore Kernkomplex ist also eine wichtige Schaltstelle im limbischen System und hat dabei als Bestandteil des Papez-Neuronenkreises Bedeutung ( > Kap. 9.4.2).
183
gensatz zu den in > Kap. 8.2.1 geschilderten „spezifischen“ Kernen haben die „unspezifischen“ Thalamuskerne zwar vorhandene,
aber meist nicht areal-spezifische Faserbeziehungen zum Kortex, sodass eine genaue Zuordnung eines solchen Thalamuskerns zu einem bestimmten Kortexareal kaum möglich ist. Dafür sind diese Thalamusanteile mit den „spezifischen“ Thalamuskernen, mit Kernen der Basalganglien, mit dem
Cerebellum, der Großhirnrinde
und vor allem mit der Formatio reticularis afferent und neben der Großhirnrinde mit anderen Thalamuskernen efferent verbunden. „Unspezifisch“ werden diese Kerne auch deshalb genannt, weil
ihre Erregung zu einer regional nicht scharf begrenzten Erregung Nell. mediales (MD in >- Abb. 8.2)
des Großhirnkortex führen kann. Das erklärt sich durch die starken afferenten Projektionen, die die unspezifischen Thalamuskerne von
Diese Kerne haben intensive efferente Beziehungen zum präfrontalen Kortex (ein großer Teil der Frontallappenrinde, der für Verhaltensweisen und für intellektuelle Leistungen eine besondere Rolle
der Formatio reticularis (FR) erhalten, insbesondere von dem Teil,
spielt). Afferenzen erhalten sie aus anderen Thalamuskernen, dem
„unspezifischen“ Thalamuskerne zu einer Aktivierung des Kortex
Hypothalamus und dem Corpus amygdaloideum (Teil des Großhirns, der dem limbischen System zugeordnet wird). Auf diese Weise fließen dem Kernkomplex viszerale und somatische Impulse zu, die er an den Frontalkortex weiterleitet. Dadurch ist er zusammen mit den entsprechenden frontalen Rindenarealen an der Verarbeitung psychischer Vorgänge beteiligt. Die selektive Zerstörung dieses Kernareals kann ebenso wie diejenige der entsprechenden thalamokortikalen Bahnen zu allgemeiner Gleichgültigkeit, schweren Persönlichkeitsveränderungen und Störungen des sozialen Verhaltens führen.
führen. Das ARAS selbst steht unter Einfluss z. B. serotoninerger Projektionen (Hemmung: Müdigkeit, Schlaf) sowie noradrenerger
Pulvinar (Pu) Dieser der dorsalen Kerngruppe zugehörige, dem Thalamus dorsokaudal wie eine Decke aufliegender Komplex® hat Faserverbindungen mit visuellen Zentren im Parietal- und Temporallappen, mit den oberen Hügeln und dem Corpus geniculatum laterale, wodurch seine starke funktionelle Beziehung zum visuellen System als Ganzes und der kortikalen Verarbeitung visueller Information im Besonderen deutlich wird. Bei Pulvinar-Schädigungen treten entsprechend Sehstörungen (insbesondere Störungen der Bildanalyse und der gerichteten visuellen Aufmehrksamkeit) sowie zuweilen Sprachstörungen auf.
8.2.2 Thalamuskerne ohne Faserbeziehungen zu umschriebenen Kortexarealen
der das aufsteigende retikuläre Aktivierungssystem (ARAS, > Kap. 6.3.3) bildet. Eine Aktivierung des ARAS kann über die
Projektionen (Aktivierung: Wach- bis hin zum Erregungszustand). Der unspezifische Thalamus ist damit also auch das „ausführen-
de Organ“ des aufsteigenden Aktivierungssystems und führt über die Aktivierung (genauer: Dysinhibition) der spezifischen Thala-
muskerne und wohl auch seine direkten kortikalen Projektionen zu einer Aktivierung der Großhirnrinde, u.a. um dort Verschaltungen im Sinne einer „Vorerregung“ der Neurone zu bahnen ( > Abb. 8.5). Den verschiedenen „unspezifischen Thalamuskernen“ können
dabei durchaus unterschiedliche Bereiche der Aktivierung zufallen. Einzelne Kerne spielen durch ihre Faserverbindungen mehr für die Aufmerksamkeitsbahnung bei kognitiven Prozessen, andere bei der Zuwendung zu sensorischen Stimuli und wieder andere mehr zu emotionalen Stimuli eine Rolle.
Somit führen nicht alle Reize zu einer gleichartigen Aktivierung des Kortex. Man kann sich auch auf einzelne Sinnesreize speziell sensibilisieren. Denken Sie an eine junge Mutter, die ihr Kind schla-
fen legt und danach selbst schläft: typischerweise wird sie einerseits beim leisesten Geräusch, das ihr ankündet, ihr Kind brauche sie, sofort hellwach sein, andererseits aber den versehentlich laut hereinpolternden Ehemann kaum wahrnehmen, sondern ruhig weiterschlafen. Ein anderes Beispiel ist das Phänomen, dass wir inmitten
einer lärmenden Menschenmenge aus dem Gemisch zahlloser Unterhaltungen bei der Nennung des eigenen Namens sofort aufhorchen. Man nennt dies „gerichtete Aufmerksamkeit“. Wie aber
Zu den Thalamuskernen, die in ihren Funktionsbeziehungen nicht
bestimmten Rindenfeldern zuzuordnen sind (früher: „unspezifischer“ Thalamus), zählen:
findet eine solche Sensibilisierung statt? Wahrscheinlich wird im Wechselspiel zwischen Kortex und spezifischen Thalamuskernen einerseits und unspezifischen und spezifischen Thalamuskernen andererseits diese Selektion getroffen, sodass auf bestimmte Reize
» intralaminäre Kerngruppe
hin die unspezifischen Thalamuskerne so aktiviert werden, dass sie
s NCcl. reticularis.
zu einer Weckreaktion des Kortex führen.
Auch die die Medialfläche des Thalamus als dünne Lamelle bedeckenden Mittellinienkerne werden meist dazu gerechnet. Im Ge-
Nel. reticularis
Eine herausragende Rolle für das Funktionsprinzip des Thalamus spielt der Ncl. reticularis, der sich wie ein „Netz“ außen um den $ pulvinar (lat.) = Polster
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8 Zwischenhirn (Diencephalon)
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134
Abb. 8.5 Funktionsbeziehungen zwischen aufsteigendem aktivierendem retikulärem System (ARAS), „unspezifischen” Thalamuskernen und
Kortexaktivierung. Erregende (grüne Pfeile) bzw. hemmende (rote Pfeile) Impulswirkungen sind durch ein
+ oder — gekennzeichnet. Beachte, dass die Aktivierung nstammfase
des Kortex von den „unspezifischen” Thalamuskernen sich nicht nur über direkte kortikale Projektionen, sondern z. T. auch über die „spezifischen” Thalamuskerne
manifestiert. [T873, L106]
Thalamus herumlegt”. Afferent wird er von der Formatio reticularis (ARAS) hemmend und vom Kortex erregend gesteuert und proji-
Ncl. centromedianus
Der größte der intralaminären Kerne ist der Ncl. centromedianus.
ziert efferent mit GABAergen, hemmenden Neuronen zu den verschiedenen „spezifischen“ Thalamuskernen. Die kortikalen Afferenzen steuern, welche der spezifischen Thalamuskernareale durch
Er erhält Afferenzen von der Formatio reticularis (ARAS), vom
den Nel. reticularis gehemmt werden. Das ARAS hingegen führt durch eine ungerichtete Hemmung des Ncl. reticularis zu einer Enthemmung der spezifischen Thalamuskerne, wodurch diese mit ihren erregenden Efferenzen den Kortex aktivieren. Dadurch kommt dem Ncl. reticularis eine entscheidende Rolle bei der gerichteten Aufmerksamkeit und bei der Steuerung von Schlaf- und Wachzustand zu.
Striatum (>- Kap. 9.2.2) und mit dem Gyrus cinguli verknüpft
Kleinhirn und aus der prämotorischen und motorischen Großhirnrinde. Efferent ist er mit den anderen Thalamuskernen, mit dem (> Kap. 9.4.5). Diese Faserverbindungen weisen zum einen auf seine Bedeutung beim „Wecksystem“ (s. 0.), zum anderen auf seine
wichtige Funktion bei der Verarbeitung motorischer Impulse hin.
8.2.3 Funktionsausfall bei Schädigung des Thalamus
KLINLK Absence-Epilepsie Der Ncl. reticularis spielt in der Klinik eine wichtige Rolle bei einer bestimmten Form von epileptischen Anfällen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass bei erhaltenem Wachbewusstsein für 5-10 Sekunden keinerlei Wahrnehmung und Reaktion auf die Außenwelt möglich sind (sog. Absencen). Dem liegt eine anfallsweise, starke Aktivierung der GABAergen efferenten Neurone des Ncl. reticularis zugrunde, die wiederum zur Hemmung der Reizweiterleitung von Impulsen aus den spezifischen Thalamuskernen zum Kortex führt.
KLLNLK Eine Schädigung des Thalamus z. B. bei Blutungen, Durchblutungsstörungen oder Hirntumoren führt zum sog. Thalamussyndrom. Es betrifft in der Regel die kontralaterale Körperhälfte. Man kann dabei Störungen der Motorik, Sensibilität, aber auch vegetativer und selbst psychischer Funktionen beobachten. Je nachdem, welche Teile des Thalamus geschädigt werden, können eines oder mehrere der folgenden Symptome resultieren: * Hemiparese (halbseitige Muskelschwäche), durch fehlende thalami-
sche Aktivierung des Motokortex. * Ataxie durch fehlende Projektion der Kleinhirnimpulse via Thalamus zum motorischen Kortex. 7 rete (lat.) = Netz
8.3 Hypothalamus * Bewegungsunruhe im Sinne choreatischer Bewegungen, erklärbar durch eine Störung im Funktionskreis zwischen Thalamus und Basal-
ganglien (>- Kap. 9.2.7). * Sensibilitätsausfall der kontralateralen Körperhälfte durch fehlende Projektion der somatosensiblen Information zum somatosensiblen Kortex. + Hemianopsie (halbseitiger Sehverlust) durch fehlende Projektion der kontralateralen Gesichtsfeldinformation zur Sehrinde. * Schmerzen ohne erkennbaren Schmerzreiz, weil die Schmerzinformati-
on in den ggf. geschädigten Thalamusarealen nicht mehr selektiv an der Weiterleitung zum Kortex gehindert werden kann. * Bewusstseinsstörung unterschiedlicher Ausprägung bis hin zum Ko-
185
Alternativ hierzu kann man den Hypothalamus auch in einen periventrikulären, medialen und lateralen Teil gliedern. Hier folgen wir jedoch der erstgenannten Einteilung.
8.3.2 Vordere Kerngruppe des Hypothalamus Die wichtigsten Kerne dieser Gruppe sind der Ncl. supraopticus, der Ncl. paraventricularis, der Ncl. suprachiasmaticus und der Ncl. preopticus.
ma (durch Läsion der „unspezifischen” Thalamuskerne).
Ncl. supraopticus (> Abb. 8.6, 7)
8.3 Hypothalamus
Wie auch der Ncl. paraventricularis ist dieser Kern, der über dem
Der Hypothalamus bildet den Boden des III. Ventrikels und Teile
Tractus opticus liegt (Name!), dem neuroendokrinen System des Hypophysenhinterlappens zuzuordnen. Seine Neurone produzieren überwiegend das Hypophysenhinterlappenhormon Vasopres-
seiner Seiten- und Vorderwand. Wie in > Kap. 8.1 beschrieben, bil-
det er als wichtige, von außen (unten) sichtbare Strukturen von kaudal nach rostral die Corpora mammillaria, das Tuber cinereum
sin (Synonyme: antidiuretisches Hormon = ADH; Adiuretin), zu geringeren Teilen auch das „Wehen“-Hormon Oxytocin. Mit sei-
und das Infundibulum mit der Neurohypophyse ( > Abb. 8.1). Funktionell kann der Hypothalamus im Wesentlichen als
nen Axonen projiziert der Kern vor allem in die Neurohypophyse, von der aus diese Hormone dann ins Blut gelangen. Die Funktion des Vasopressins besteht vor allem darin, in der
Rückenmark oder (im Dienst der hormonellen Regulation) mit der
Niere die Wasserrückresorption zu gewährleisten. Darüber hinaus besteht eine gefäßverengende Wirkung (daher der Name Vasopressin). Dementsprechend sind adäquate Reize für die VasopressinAusschüttung u. a. eine Hyperosmolarität des Blutplasmas (zu hohe Konzentration von Elektrolyten) und eine verminderte Dehnung der Vorhofrezeptoren (bei zu geringem Blutvolumen). Zur Funktion des Oxytocins s. u.
Eminentia mediana verbunden. Doch bilden sie auch multiple Schaltkreise untereinander aus und erhalten dabei zusätzliche Af-
KLINLK
» oberstes Integrationszentrum vegetativer Funktionen
(also des vegetativen Nervensystems und der endokrinen Organe) angesehen werden. Man könnte ihn als eine Art „Innenministeri-
um des Körpers“ bezeichnen. In diesem Sinn sind auch die meisten seiner Kerne efferent mit vegetativen Zentren im Hirnstamm und
ferenzen aus dem gesamten ZNS, auch aus dem Großhirnkortex
Läsionen des Ncl. supraopticus
und dem limbischen System, was die Beeinflussung vegetativer Parameter durch psychische Vorgänge verständlich macht. Im Einzelnen ist der Hypothalamus für die Koordination wichtiger Parameter wie Atmung, Kreislauf, Körpertemperatur, Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahmeverhalten, Reproduktionsverhalten u.v.m. verantwortlich. Für all diese Funktionen gibt es verschiedene hypothalamische Zentren.
Eine Schädigung im Bereich des Kerns oder des Hypophysenhinterlappens führt zu einem Verlust an ADH, wodurch die Wasserrückresorption in der Niere erheblich vermindert ist. Die Kranken scheiden bis zu 201 niedrig konzentrierten Harn pro Tag aus und sind vorwiegend damit beschäftigt, die verlorene Flüssigkeit durch ständiges Trinken wieder zu ersetzen. Das Krankheitsbild wird als Diabetes insipidus bezeichnet.
Ncl. paraventricularis (>- Abb. 8.6, 2)
8.3.1 Einteilung der Kerngebiete des Hypothalamus Der Hypothalamus lässt sich in drei (bzw. vier) Kerngruppen einteilen: » vordere (rostrale) Kerngruppe » mittlere (intermediäre) Kerngruppe » hintere (posteriore) Kerngruppe. Der hinteren Kerngruppe entsprechen die Ncll. corporis mammillaris im Corpus mammillare, die beiden anderen den jeweils davor liegenden Hypothalamusarealen (>- Abb. 8.6). Von diesen drei Gruppen wird bisweilen noch eine dorsale Kerngruppe abgegrenzt.
Dieser Kern liegt in der Seitenwand des III. Ventrikels (Name!) und
ist der Hauptproduzent des Hormons Oxytocin, zu geringem Teil ist er auch an der Vasopressin-Bildung beteiligt. Über seine in die Neurohypophyse gerichteten Fortsätze sezerniert er auf entsprechende Reize hin (s. u.) Oxytocin oder Vasopressin in den systemischen Blutkreislauf. Die Funktion des Ncl. paraventricularis ist vielfältig. Sein im Hypophysenhinterlappen ausgeschüttetes Hormon Oxytocin stimuliert die Kontraktion des Uterus bei Gebärenden. Weiterhin ist Oxytocin das Milchejektionshormon bei stillenden Müttern, d.h., auf psychische (z. B. Schreien des Kindes) oder taktile (z. B. Berühren
der Brustwarze) Reize hin wird Oxytocin ausgeschüttet, das in der Brustdrüse die myoepithelialen Zellen zur Kontraktion veranlasst und damit die Milchausschüttung einleitet. Weitere wichtige Oxyto-
186
8 Zwischenhirn (Diencephalon)
cin-unabhängige Funktionen des Ncl. paraventricularis sind die Steuerung des Nahrungsaufnahmeverhaltens (s.u.) und die Kon-
trolle über die Aktivität des sympathischen vegetativen Nervensystems ( > Kap. 12). So ist dieser Kern auch entscheidend für Kreis-
Dieser Kern liegt oberhalb des Chiasma opticum (Name!) und hat
eine entscheidende Bedeutung als Impulsgeber für den
—A D
Ncl. suprachiasmaticus ( > Abb. 8.6, 3)
N
lauf- (Blutdruck, Puls) und Thermoregulation (Körpertemperatur).
n
* zirkadianen Rhythmus (wachen/schlafen, zirkadian-rhythmisch gesteuerte Hormonproduktion, Körpertemperatur u.v.m.). Für das Zustandekommen dieses zirkadianen Rhythmus sind zahlreiche Faktoren entscheisuprachiasmaticus direkt über retino-hypothalamische Projektionen vermittelt wird.
Abb. 8.6 Kerne des Hypothalamus. Vordere Kerngruppe (lila): 1 Ncl. supraopticus, 2 Ncl. paraventricularis, 3 Ncl. suprachiasmaticus, 4 Ncll. preoptich. Mittlere Kerngruppe (rot): 5 Ncl. arcuatus und Ncll. tuberales. Hintere Kerngruppe (orange): 6 Ncll. corporis mammillaris. [T873, L217]
Nell. preoptici (> Abb. 8.6, 4)
Zentren der Nahrungsaufnahmeregulation
Ihre Funktion ist die Regulation der Körpertemperatur, des Sexualverhaltens und gonadotroper Hormone der Hypophyse (unterschiedliche Organisation des Kernkomplexes bei männlichen
Zwei der bereits erwähnten Kerngebiete regulieren neben den besprochenen Funktionen auch das Nahrungsaufnahmeverhalten und das Körpergewicht: der Ncl. arcuatus der mittleren und der
und weiblichen Gehirnen!).
Ncl. paraventricularis der vorderen Kerngruppe. Der Ncl. paraventricularis führt über den Transmitter CRH (das sonst als Hor-
KLLINLK Läsionen der Ncell. preoptici
mon dienende Corticotropin-Releasing-Hormon) zu Inappetenz
dend wie z. B. der tageszeitliche Hell-Dunkel-Wechsel, der dem Ncl.
und so zur Abnahme des Körpergewichts. Der Ncl. paraventricu-
Eine Schädigung im Bereich der Ncll. preoptici kann eine Hypothermie, eine Reizung eine Hyperthermie zur Folge haben. Auch das Fieber im Rahmen entzündlicher/infektiöser Prozesse im Organismus wird über die-
laris wird dabei von Afferenzen aus dem Ncl. arcuatus auf zweierlei Weise kontrolliert:
se Kerngruppe vermittelt. Weiterhin sistiert bei Ausfall der präoptischen Region der weibliche Menstruationszyklus, da dieser von verschiedenen
e Projektionen mit dem Transmitter Neuropeptid Y antagonisieren die Ncl.-paraventricularis-Funktion, führen also zu gesteigerter Nahrungsaufnahme und Gewichtszunahme. e Projektionen mit dem Transmitter Melanocortin (= Melanotropin) verstärken die Ncl.-paraventricularis-Funktion, führen also zu Inappetenz und Gewichtsabnahme.
hypothalamischen Zentren (ganz besonders aber von den Ncll. preoptici) gesteuert wird.
8.3.3 Mittlere Kerngruppe des Hypothalamus Beide Kerngebiete (Ncl. paraventricularis und Ncl. arcuatus) stehen
Besonders wichtig sind der Ncl. arcuatus und die Ncll. tuberales im Tuber cinereum ( > Abb. 8.6, 5). Funktionell stehen die Kerne
der mittleren Kerngruppe unter anderem im Dienst der Produktion von Releasing-Hormonen für die Adenohypophyse. Diese Hormone werden in der Eminentia mediana in den hypophysären Pfortaderkreislauf (s. u.) ausgeschüttet. Das Tuber cinereum kann somit
vereinfacht als die wichtigste „Steuerzentrale“ der Adenohypophyse betrachtet werden. Ein kaudal an der Grenze zum Corpus mammillare gelegener Kern, Ncl. tuberomammillaris, hat (als einziger Kern des ZNS!)
histaminerge Neurone. Diese projizieren u.a. in die Großhirnrinde und sind an der Weckreaktion und damit auch am Schlaf-WachRhythmus beteiligt (Müdigkeit als Nebenwirkung von HistaminRezeptorblockern, die oft bei allergischen Erkrankungen verabreicht werden!).
dabei nicht nur unter dem Einfluss übergeordneter Zentren des Großhirns (Inselkortex und limbisches System, s. > Kap. 9) sondern auch unter dem Einfluss peripherer Hormone: Insulin und Leptin führen über den Ncl. paraventricularis zu verminderter Nahrungsaufnahme und Gewichtsabnahme. Glukokortikosteroide wie Kortisol hingegen führen über den Ncl. arcuatus zu gesteigerter Nahrungsaufnahme und Gewichtszunahme. KLLNLK Die oben genannten Vorgänge sind von entscheidender Bedeutung bei
der Pathophysiologie der Adipositas (Übergewicht) und damit assoziierter Krankheiten wie Diabetes mellitus. Weiterhin führen pathologische Vorgänge (Reizung oder Schädigung z.B. durch Tumoren) in den oben beschriebenen Arealen zu magersucht- oder esssuchtartigen Symptomen (klinisches Beispiel > Abb. 8.7).
8.3 Hypothalamus
187
8.3.4 Hintere Kerngruppe des Hypothalamus Diese Gruppe befindet sich in den Corpora mammillaria als Ncll. corporis mammillaris ( > Abb. 8.6, 6) und hat reichhaltige vegetative Efferenzen in den Hirnstamm und das Rückenmark (vor al-
lem über den Fasciculus longitudinalis posterior). Andererseits haben die Corpora mammillaria intensive Faserverbindungen mit dem limbischen System, im Besonderen mit dem Hippocampus (großer Teil des limbischen Systems im Temporallappen, > Kap. 9.4.2), von dem sie über den Fornix zahlreiche Afferenzen erhal-
ten. Efferent leiten sie diese Impulse aus dem Fornix in modifizierter Form über den Fasciculus mammillothalamicus (Vicq-d’'AzyrBündel) zur vorderen Kerngruppe des Thalamus weiter, die wiederum efferent mit dem Gyrus cinguli und dem Hippocampus verbunden ist. Funktionell hat diese mammilläre Projektion verhaltensbiologische Bedeutung. Dabei sind die Verbindungen mit Gyrus cinguli und Hippocampus ein wichtiger Teil des Papez-Neuronenkreises, den wir in > Kap. 9.4.2 kennenlernen werden. Eine Variation dieses Neuronenkreises, die ebenfalls über die Corpora mammillaria verläuft, hat eine entscheidende Bedeutung beim Zustandekommen
von Lernvorgängen und Gedächtnisbildung.
Läsionen der Corpora mammillaria Eine Zerstörung der Corpora mammillaria, wie sie im Rahmen der Hirnschädigung durch chronischen Alkoholmissbrauch (alkoholische Enzee H-SP
SA VB2Zl1E
phalopathie, Korsakow-Syndrom) auftritt, hat dementsprechend neben Verhaltensauffälligkeiten massive Merkfähigkeitsstörungen zur Folge.
8.3.5 Faserverbindungen des Hypothalamus Afferent und efferent ist der Hypothalamus mit zahlreichen Zentren des ZNS verbunden. Im Einzelnen finden sich Afferenzen vorwiegend von Großhirngebieten, die dem limbischen System angehören (Hippocampus, Corpus amygdaloideum, Septum, Riechrinde), der Inselrinde, der Retina, sensiblen Hirnnervenkernen und dem Hinterhorn des RückenAbb. 8.7 Auslösung einer Esssucht durch Zerstörung hypothalamischer Funktionszentren. Der hier gezeigte Patient fiel seiner Umgebung durch eine drastische Änderung seiner Essgewohnheiten auf (Gewichtszunahme von 60kg in zwei Jahren). Bei der radiologischen Untersuchung zeigte sich ein den Hypothalamus durchwachsender Hypophysentumar. a Patient vor der Erkrankung. [T873] b Patient zwei Jahre nach Beginn der esssuchtartigen Symptome.
marks sowie von Kerngruppen der Formatio reticularis. Efferente Projektionen der Hypothalamuskerne haben als Transmitter meist
[7873]
Hirnstamms
c Sagittalschnitt-Kernspintomographie des Zwischenhirns. 1 Hypophysentumor, der den Hypothalamus nach oben durchwächst (Grenzen durch Pfeile markiert). Der Tumor reicht nach oben bis zum 2 Fornix. 3 Corpus
callosum (vgl. zur topographischen Orientierung > Abb. 8.13). (Radiologisches Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. D. Petersen, Lübeck. Fotos des Patienten mit freundlicher Genehmigung von diesem selbst) [7877]
Neuropeptide (z. B. Substanz P, Neuropeptid Y, Vasopressin, Oxytocin, Somatostatin, Enkephalin u. v. m.). Sie sind vor allem aufstei-
gend zu Großhirnrindengebieten, Anteilen des limbischen Systems und zum Thalamus sowie absteigend zu zahlreichen Zentren des (Hirnnervenkerne, Formatio reticularis) und des Rü-
ckenmarks gerichtet. Wichtig sind auch die zahlreichen intrahypothalamischen
Faserverbindungen,
über die die einzelnen
miteinander „kommunizieren“. Davon abgesehen, dass es für die allermeisten nicht notwendig ist, all diese Faserverbindungen nen, mag dieser Überblick über die Projektionen Kerne ohnehin fragwürdig erscheinen vor dem
Kerne
Belange natürlich auswendig zu lerhypothalamischer Hintergrund, dass
1838
8 Zwischenhirn (Diencephalon)
der Hypothalamus kein funktionell und anatomisch einheitliches Gebilde ist und zum Verständnis der Funktion die afferenten und efferenten Projektionen jedes einzelnen Kerns betrachtet werden müssen. Hier soll jedoch primär gezeigt werden, wie vielfältig die Faserbeziehungen der Hypothalamuskerne als Ganzes zu wichtigen Zentren des ZNS sind, um eine Idee von der Komplexität des dort ablaufenden Geschehens zu vermitteln. So wird auch deutlich, wel-
che von den vielen funktionellen Arealen des Gehirns (auch außer-
halb des Hypothalamus) bei der Regulation des inneren Körpermilieus eine besondere Rolle spielen. MERKE Vereinfachend kann man festhalten, dass der Hypothalamus afferent und efferent intensive Faserbeziehungen zum limbischen System hat, zahlreiche afferente Projektionen aus sensiblen Zentren des ZNS erhält und efferent zu vielen, vor allem viszeromotorischen Kerngebieten projiziert.
strukturen des limbischen Systems und beeinflussen so u.a. Verhalten und emotionale Prozesse. Stria terminalis
Sie verbindet mit ihren Fasern das Corpus amygdaloideum (großer Kern des Großhirns im Temporallappen, der dem limbischen System angehört) mit verschiedenen Kerngebieten des Hypothalamus. Sie läuft entlang dem Ncl. caudatus im Großhirnmarklager und ist wie das mediale Vorderhirnbündel eine der afferenten und efferenten hypothalamischen Verbindungen mit dem limbischen System. Unter anderem hierdurch lassen sich die gegenseitige Beeinflussung des vegetativen Systems und emotionaler sowie verhaltensbiologischer Vorgänge erklären.
8.4 Hypophyse
Von den Fasertrakten, die den Hypothalamus mit anderen ZNSBereichen verbinden, werden hier nur die wichtigsten kurz besprochen: Fornix, Fasciculus longitudinalis posterior, Fasciculus media-
Die Hypophyse liegt, vorne und hinten knöchern begrenzt, in der Fossa hypophysealis der Sella turcica, die durch das Os spheno-
lis telencephali und Stria terminalis.
phragma sellae, überspannt und grenzt nach ventrokaudal an die
idale gebildet wird. Diese ist oben durch eine Duraplatte, das DiaKeilbeinhöhle.
Fornix Der Fornix ist ein makroskopisch gut sichtbares Faserbündel, das
vom Hippocampus im Temporallappen seinen Ursprung nimmt und dann in einem Bogen von hinten her nach rostral verläuft, wobei er mit dem Fornix der Gegenseite das Dach des III. Ventrikels, die Tela choroidea, überspannt. Beim gemeinsamen Verlauf über
dem III. Ventrikel tauschen die Fornices beider Seiten Fasern aus (Commissura fornicis). Rostroventral des III. Ventrikels trennen
sich beide Fornices wieder, und jeder Fornix endet als großes Faserbündel im Corpus mammillare (>- Abb, 9.16, 3-7). Der Fornix
führt vor allem Fasern vom Hippocampus zu den Corpora mammillaria, aber auch von den Septumkernen zum Hippocampus. Auf seinem Weg durch die vorderen Hypothalamusabschnitte gibt der Fornix auch einige Kollateralen zu den dort liegenden Kernen ab. Fasciculus longitudinalis posterior Dieses uneinheitliche, vorwiegend ungekreuzt verlaufende Bündel ist der größte, wenn auch nicht der einzige, efferente Weg hypothalamischer Fasern in den Hirnstamm und ins Seitenhorn des Rückenmarks, führt aber ebenso zahlreich aufsteigende, afferente Fa-
sern zu hypothalamischen Kerngebieten. Es wurde bereits bei der Besprechung der Hirnstammfasersysteme erläutert ( > Kap. 6.5.7). Fasciculus medialis telencephali
MERKE Aufgrund ihrer anatomischen Nähe zur Keilbeinhöhle ist die Nase ein wichtiger Zugangsweg für operative Eingriffe an der Hypophyse.
Die Hypophyse ist das hormonelle „Ausführungsorgan“ des Hypothalamus. Sie besteht aus zwei Anteilen ( > Abb. 8.8a und b, I und 2):
* Adenohypophyse (Hypophysenvorderlappen, HVL) * Neurohypophyse (Hypophysenhinterlappen, HHL). Die Neurohypophyse ist eine Struktur des Hypothalamus. Die Adenohypophyse hingegen ist kein Bestandteil des Gehirns, sondern lagert sich dem Zwischenhirn lediglich an. Sie entsteht embryologisch durch eine Abspaltung des Rachendachs, die Rathke-Tasche, die sich zunächst nach oben wölbt und im Laufe der Entwicklung schließlich ganz ablöst.
KLINLK Im Zuge dieses embryonalen Ablösungsprozesses können Reste der Rathke-Tasche im Rachendach liegen bleiben, die dann (meist gutartige) Tumoren bilden können, sog. Kraniopharyngeome. Neurohypophyse (HHL)
Dieser meist als mediales Vorderhirnbündel bezeichnete Faser-
Das Tuber cinereum geht vorne mit der Eminentia mediana in das
trakt reicht von der Riechrinde im Großhirn bis zum Tegmentum des Hirnstamms. Er verbindet den Hypothalamus afferent und ef-
trichterförmige Infundibulum®
Neurohypophyse fortsetzt. Im HHL ist ebenso wie an der Eminentia
ferent mit der Riechrinde zum einen, mit der Formatio reticularis
mediana keine dichte Blut-Hirn-Schranke ausgebildet, sodass hier
und anderen Hirnstammzentren zum anderen. Aufsteigende (vor allem monoaminerge) Fasern aus der Formatio reticularis ziehen darin (unter Abgabe hypothalamischer Kollateralen) zu Großhirn-
8 infundibulum (lat.) = Trichter
über, das sich schließlich in die
8.4 Hypophyse Tab. 8.1
189
Hormone des Hypophysenvorderlappens und ihre Releasing-Hormone TL
Produktionsort
Releasing-Hormon
E Hormon
Wachstumshormon (STH)
fördert Körperwachstum, Proteinsynthese und Blut-
azidophile Zellen
Somatotropin-ReleasingHormon (SRH)
Somatotropin-InhibitingHormon (SIH)
_ azidophile Zellen
Prolaktin-Releasing-Hor-
Prolaktin-Inhibiting-Hor-
mon (PRH)
mon (PIH) = Dopamin ?
zuckeranstieg Prolaktin
Milchbildung in der Brust-
(PRL)
drüse
Kortikotropin (Adreno-corticotropes Hormon, ACTH)
Sekretionsreiz für die Nebennierenrinde
basophile und chromophobe Zellen
Kortikotropin-ReleasingHormon (CRH)
Melanotropin (Melanozytenstimulieren-
Pigmentierung der Haut
basophile und chromophobe Zellen (gemeinsame Produktion
Melanotropin-Releasing-
_ Melanotropin-Inhibiting-
Hormon (MRH)
Harmon (MIH)
Gonadotropin-Releasing-
(Dopamin; inhibiert GnRHAusschüttung auf hypothalamischer Ebene)
mit ACTH in denselben Zellen)
des Hormon, MSH) Follikelstimulierendes
stimuliert die Eizellen- bzw.
Hormon (FSH)
Spermienreifung
Luteinisierendes Hormon
Gelbkörperbildung im Eier-
(LH)
stock bzw. Testosteronpro-
basophile Zellen
Hormon (GnRH)
basophile Zellen
Gonadotropin-ReleasingHormon (GnRH)
duktion im Hoden Thyreotropin (Thyroidea-stimulieren-
Sekretionsreiz für die Schilddrüse (Stimulation der Thyr-
des Hormon, TSH)
oxinfreisetzung)
(Dopamin; inhibiert GnRHAusschüttung auf hypothalamischer Ebene)
basophile Zellen
Thyreotropin-Releasing-
Somatotropin-Inhibiting-
Hormon (TRH)
Hormon (SIH)
von Nervenzellen sezernierte Hormone via Neurosekretion ins Blut gelangen können (neurohämale Region, s. auch zirkumven-
Die Funktion der Adenohypophyse ist es, glandotrope Hormone und Effektorhormone zu bilden. Die glandotropen Hormone
trikuläre Organe, > Kap. 10.1.1). Gebildet werden diese HHLHormone (Oxytocin und Vasopressin) im Hypothalamus in den Neuronen des Ncl. paraventricularis und Ncl. supraopticus. Sie projizieren in den HHL und geben dort die Hormone in die Blutbahn ab ( > Kap. 8.3.2). Mikroskopisch besteht der HHL also aus den
wirken auf endokrine Drüsen (z.B. Schilddrüse, Nebennierenrin-
(überwiegend marklosen) Axonen der Neurone dieser beiden Ker-
ne. Sie werden nur von Astrozyten (hier: sog. Pituizyten”) und reichlich Kapillaren umgeben. Die neurosekretorischen Axone des Hypothalamus verzweigen sich nicht wie die Neuriten normaler Nervenzellen zu einem Telodendron, sondern enden lediglich mit einer kleinen Verdickung an einer Kapillare, in deren Lumen sie wie in einen synaptischen Spalt ihr Neurosekret als Hormon abgeben.
de), die dann mit ihren eigenen Hormonen wiederum auf periphere Organe Einfluss nehmen. Die Effektorhormone wirken dagegen direkt auf periphere
Organe
(z.B. Brustdrüse), ohne „Zwischen-
schaltung“ einer weiteren endokrinen Drüse. Dabei wird die Freisetzung der HVL-Hormone vom Hypothalamus mithilfe der Releasing- oder Release-Inhibiting-Hormone gesteuert. Die Hormone der Hypophyse sind mit ihrer Funktion und ihren Releasing-Hormonen in > Tab. 8.1 aufgeführt. (Für weitere Details s. Lehrbücher der Physiologie.) Man unterscheidet bei den Drüsenepithelien azidophile, basophile und chromophobe Zellen. Diese Einteilung gemäß der histochemischen Anfärbbarkeit hat mit deren Hormonproduktion direkt nichts zu tun, gleichwohl kann man aber bestimmten Zellen einzelne Hormone zuordnen, die sie produzieren ( > Tab. 8.1).
Adenohypophyse (HVL) Der größere Hypophysenvorderlappen umhüllt den kleineren Hinterlappen zur Hälfte von vorne her und besteht gemäß seiner Anlage nicht aus Nervengewebe, sondern aus Drüsenepithelien, gehört also streng genommen nicht zum Gehirn, sondern lagert sich diesem lediglich an. Klinisch wichtig sind hier die topographischen Beziehungen: Oberhalb des HVL befindet sich direkt das Chiasma opticum, rechts und links liegt der - venöses Blut enthaltende — Si-
NUs Cavernosus.
%9 von Glandula pituitaria (heute relativ ungebräuchlich gewordener lat. Ausdruck für Hypophyse; pituita = Schleim)
Hypothalamo-hypophysärer Pfortaderkreislauf Das Blut, das die Kapillaren der Eminentia mediana durchfließt
(> Abb. 8.8b, 8), durchläuft im HVL ein zweites Kapillarbett (> Abb. 8.8b, 10). So kommen die Releasinghormone, die im Hy-
pothalamus an der Eminentia mediana sezerniert werden, in hoher Konzentration an den Epithelzellen der Adenohypophyse an, die dann mit einer Sekretionssteigerung oder -minderung der entsprechenden HVL-Hormone reagieren. Würde das Blut aus der Eminentia mediana zuerst in den großen Kreislauf geraten, bräuchte es zum einen länger, bis die hypothalamische Hormoninformation den HVL erreicht, zum anderen wären durch die starke Verdünnung millionenfach größere Releasing-Hormon-Mengen nötig, um
190
8 Zwischenhirn (Diencephalon)
a
b
Abb. 8.8 Hypophyse. a Histologisches Übersichtsbild (Sagitalschnitt menschliche Hypophyse, H. E.-Färbung, aus [R252]). 1 Hypophysenvorderlappen (Adenohypophyse) mit 1a Pars tuberalis und 1b Pars distalis, 2 Hypophysenhinterlappen (Neurohypophyse), 3 Pars intermedia mit Kolloid, 4 Hypophysenstiel (Infundibulum), 5 Kapsel. [M375] b Schematisches Bild mit hypophysärem Pfortadersystem. 1 Hypophysenvorderlappen (Adenohypophyse), 2 Hypophysenhinterlappen (Neurohypophyse), 3 Infundibulum, 4 Hypothalamus mit 5 Ncl. supraopticus und 6 Ncl. paraventricularis, die in den Hypophysenhinterlappen projizieren und dort Oxytocin und Adiuretin ausschütten, sowie 7 hypothalamischen Neuronen vornehmlich des Ncl. arcuatus, die in die 8 Neurohämalregion des oberen Infundibulums (Eminentia mediana) projizieren und Releasing-Hormone für den Hypophysenvorderlappen ins Blut des dortigen Kapillarbetts freisetzen. Die Releasing-Hormone erreichen den Vorderlappen über das 9 hypophysäre Pfortadersystem, das dort 10 ein zweites Kapillarbett ausbildet. 11 A. hypophysialis superior, 12 A. hypophysialis inferior, 13 Chiasma opticum. Schwarze Pfeile zeigen die Richtung des Blutflusses an. (Aus [R170-3]), [L107]
einen gleichen Effekt zu erzielen, als es mit dem Pfortadersystem der Fall ist.
die Hormone der restlichen HVL-Zellen durch Kompression des tumorumgebenden Gewebes aus, sodass z.B. bei Frauen eine frühzeitige Meno-
KLINIK Hypophysentumoren
pause!! auftreten kann (Ausfall von LH und FSH). Ein klassisches neurologisches Leitsymptom des Hypophysentumors ist die bitemporale Hemianopsie (Ausfall beider temporaler Gesichtsfeldhälften, > Kap. 9.8.1),
Gutartige Tumoren des HVL (Hypophysenadenome) sind relativ häufig und mit Kenntnissen der funktionellen und topographischen Anatomie gut klinisch zu diagnostizieren. Wenn die Tumore endokrin aktiv sind, fallen die Symptome auf, die durch das von den entarteten Zellen produzierte Hormon ausgelöst werden: z. B. durch Wachstumshormon Riesenwuchs bei Kindern oder Akromegalie'° bei Erwachsenen. Andererseits fallen
19 akron (gr.) = Spitze; megas (gr.) = groß; Akromegalie bezeichnet die dysproportionierte Vergrößerung der Akren (Kinn, Nase, Lippen, Hände, Füße).
die durch Druck des Tumors auf das direkt darüberliegende Chiasma opticum erklärbar ist (klinisches Beispie |>- Abb. 8.9).
Ausfall des Hypophysenhinterlappens Das Krankheitsbild wird als Diabetes insipidus bezeichnet (klinischer Hinweis >- Kap. 8.3.2) und kann z. B. durch Verletzung des HHL im Rahmen der operativen Entfernung von Hypophysentumoren entstehen.
17 Sistieren des weiblichen Menstruationszyklus (men/menos [gr.] = Monat; pauestai [gr.] = aufhören)
8.5 Epithalamus
191
Abb. 8.9 Hypophysenadenom. Horizontalschnitt-Kernspintomographie in Schnitthöhe des Hypophysenstiels. a Ausgedehntes Hypophysenadenom, das nach lateral und oben verdrängend wächst (hebt sich hell gegen das umgebende Gehirngewebe ab, mit Pfeilen eingegrenzt). Symptomatik des Patienten: Bitemporale Hemianopsie (durch Kompression des Chiasma opticum). Laborchemisch erhöhter Prolaktinspiegel. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. D. Petersen, Lübeck) [T877]
b Normalbefund zum Vergleich. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. M. Langer, Freiburg) [T879]
Bezeichnungen für a und b: 1 Hypophysenstiel (Infundibulum; nur in b, in a ist er durch den Tumor verdrängt), 2 Mittelhirn, 3 Temporallappen, 4 basaler Frontallappen, 5 Anschnitt der Stirnhöhle.
8.5
Eplthä lamus
Der Epithalamus sitzt dem Thalamus von dorsokaudal her auf
jahreszeitabhängige Blutkonzentrationen!). Die diesbezügliche Information erhält die Epiphyse vom Ncl. suprachiasmaticus, der _Steuerzentrale des zirkadianen Rhythmus im Hypothalamus
(Forel-Achse!). Er besteht aus fünf Anteilen:
(>
* Epiphyse (Glandula pinealis, Zirbeldrüse)
KLLNLK
Kap. 8.3.2).
» Habenulae mit den Ncll. habenulares
Tumoren der Epiphyse (Pinealome), die vor allem im Kindesalter auf-
s Stria medullaris
treten, haben oft eine schlechte Prognose. Durch Druck auf die umgeben-
° Area pretectalis
den Strukturen lösen sie verschiedene Symptome aus. Bereits früh bemerkt man eine vertikale Blickparese durch Druck auf die unmittelbar darunter gelegene Commissura posterior, in der Fasern der vertikalen Blickzentren des Mittelhirns zur Gegenseite kreuzen. Auch fällt sehr früh
Commissura posterior (Commissura epithalamica).
8.5.1
, Epiphyse (Glandula
, . pinealis)
der Pupillenreflex aus, da der Tumor auf die ebenfalls unmittelbar unter ihr gelegene Area pretectalis drückt, in der der Pupillenreflex verschaltet wird (s. u.).
Die Lage der Epiphyse wurde bereits in > Kap. 8.1 beschrieben (> Abb. 8.1, I9 und
> Abb. 5.1, 29). Mit etwas Fantasie kann
man ihr durchaus die Gestalt eines Pinienzapfens zuschreiben, was
8.5.2
Ha benula
ihr wohl den Namen eingetragen hat. Ihre Zellen sind speziell differenzierte Neurone, die wohl nur endokrinologische Aufgaben haben. Sie produzieren in erster Linie das Hormon Melatonin. Dieses
Die Epiphyse ist über zwei zügelartige Strukturen, die Habenulae*“, mit dem Thalamus verbunden. In diese sind die Ncll. habenulares
ist eine Art „Zeitgeberhormon“, d. h. ein Vermittler des lichtabhän-
gigen zirkadianen Rhythmus über den Liquor- und Blutweg an vegetative Hirnzentren und an die inneren Organe (tages- und sogar
'2 Habenula (lat.) = Zügel
und
Stria medullaris
192
8 Zwischenhirn (Diencephalon)
eingelagert. Sie dienen u.a. als Umschaltstation für olfaktorische Impulse aus der Riechrinde des Großhirns, die von hier aus zu vegetativen Hirnnervenkernen im Hirnstamm weitergeleitet werden.
Unter anderem soll so der Einfluss der Riechempfindung auf die Nahrungsaufnahme zustande kommen (z.B. Speichelsekretion bei wohlriechenden Speisen oder Brechreiz bei besonders widerwärtigen Gerüchen). Ihre Afferenzen erhalten die Habenulakerne über die Stria medullaris, eine Faserstruktur, die entlang dem Thalamus
Auge die Kontraktion des glatten M. sphincter pupillae veranlassen. Durch diese bilaterale Projektion der Nell. pretectales einer Seite kommt die sog. konsensuelle Lichtreaktion der Pupille zustande: Bei der Belichtung nur einer Pupille verengt sich gleichzeitig auch die andere.
8.5.4 Commissura posterior
zum Epithalamus verläuft. Die Commissura posterior (auch: Commissura epithalamica) enthält Faserzüge aus der Vierhügelplatte, dem mesenzephalen Tegmentum (rostrale Formatio reticularis - Bedeutung für vertikale Augenbewegungen) und der Area pretectalis (Bedeutung für kon-
8.5.3 Area pretectalis Die Area pretectalis, die rostral der oberen zwei Hügel an der Grenze vom Mittelhirn zum Zwischenhirn liegt (>- Abb. 5.1, 25), ent-
sensuellen Pupillenreflex,
s.o.), die jeweils in ihr zur Gegenseite
kreuzen.
hält die Nell. pretectales. Sie hat eine wichtige Funktion bei der Verschaltung des Lichtreflexes (Pupillenverengung bei Lichteinfall), der bei der klinischen Untersuchung als „Pupillenreflex” über-
8.6
Subthalamus
prüft wird (>- Kap. 13.1.11, S. 322). Ihre Afferenzen erhalten die Ncll. pretectales vorwiegend von der Retina über Fasern des Tractus opticus, die über die Brachii colliculi superiores zur Area pretectalis gelangen. Ihre Efferenzen richten sie zum ipsilateralen und (über die Commissura posterior) kontralateralen Ncl. accessorius n.
Die wichtigsten Teile des Subthalamus sind der Ncl. subthalamicus und ein Großteil des Globus pallidus (meist kurz Pallidum genannt). Diese Kerngebiete gehören funktionell zu den Basalgan-
oculomotorii (Ncl. Edinger-Westphal), dessen Neurone dann im
> Kap. 9.2 beschrieben.
glien (Kerne im Marklager des Großhirns) und werden daher in
Zusammenfassung 2. Kerne, die ohne diese spezifischen Verbindungen (früher:
Das Zwischenhirn (Diencephalon) wird kaudal vom Mittelhirn
und rostral sowie dorsal vom Großhirn begrenzt. Man unterscheidet vier Anteile (Reihenfolge nach ihrer topographischen
Lage in der Embryonalzeit):
„unspezifische“ Thalamuskerne). „Spezifische” Thalamuskerne
Bei den „spezifischen“ Thalamuskernen hat z. B. ein Kern eine 1. Epithalamus: besteht vor allem aus Epiphyse, Habenula und Area praetectalis.
2. Thalamus: großer Kernkomplex, der von beiden Seiten her den III. Ventrikel begrenzt. 3. Subthalamus: besteht vor allem aus Ncl. subthalamicus und dem Großteil des Pallidums. 4. Hypothalamus: besteht aus vielen kleineren Kerngebieten;
bildet den Boden des III. Ventrikels und läuft nach unten mit
dem Hypophysenstiel in den Hypophysenhinterlappen aus. Thalamus
Er ist ein großes Konglomerat einzelner Kerne, die funktionell zwar streng zu unterscheiden sind, dabei aber z. T. in enger Verbindung stehen. Der Thalamus ist die letzte Zwischenstation aller (mit Ausnahme der olfaktorischen) sensorischen und sensiblen
Bahnen, deren Impulse von hier aus zum Großhirn weitergeleitet werden. Funktionell und anatomisch unterscheidet man vor al-
lem hinsichtlich ihrer Beziehung zum Großhirnkortex zwei Hauptkategorien von Thalamuskernen: 1. Kerne mit direkten Verbindungen zu umschriebenen Kortexarealen (früher: „spezifische“ Thalamuskerne)
enge funktionelle Verbindung mit dem motorischen Kortex, ein anderer mit dem sensiblen Kortex, ein dritter mit der Sehrinde etc. Besonders wichtige „spezifische” Thalamuskerne mit dem jeweils zugehörigen Kortexareal sind: s * s *
Ncl. ventralis anterior (VA) > prämotorische Rinde Ncl. ventralis lateralis (VL) > motorische (präzentrale) Rinde Ncl. ventralis posterior (VP) > sensible (postzentrale) Rinde Corpus geniculatum laterale (CGL) > Sehrinde (im Okzipitallappen) * Corpus geniculatum mediale (CGM) > Hörrinde (im Temporallappen) * Ncll. anteriores (A) > limbisches System (vor allem Gyrus cin-
guli, Hippocampus). „Unspezifische” Thalamuskerne
Die „unspezifischen“ Thalamuskerne hingegen haben zum einen eine funktionell enge Beziehung zum Hirnstamm, zum anderen ebenfalls zur Großhirnrinde. In diesem Falle aber so, dass die Er-
regung „unspezifischer“ Thalamuskerne zu einer unspezifischen
Erregung des Kortex führt, zu einer sog. Weck- oder Wachreaktion. Die „unspezifischen“ Thalamuskerne werden besonders in
8.6 Subthalamus
ihrer Aktivität von der Formatio reticularis mit ihrem aufsteigenden retikulären aktivierenden System (ARAS) gesteuert. Weder „unspezifische“ noch „spezifische“ Thalamuskerne lei-
193
Dem Hypothalamus liegt basal die Hypophyse als endokrine Drüse an, die aus einem Vorderlappen (Adenohypophyse) und einem Hinterlappen (Neurohypophyse) besteht. Der Hypophy-
senhinterlappen (HHL) ist eine direkte Fortsetzung des Hypotha-
ten jedoch alle ankommenden Impulse unselektiert an die Großhirnrinde weiter. Vielmehr hat der Thalamus eine wichtige
lamus, während der Vorderlappen (HVL) kein Gehirnteil ist,
Funktion bei der „Impulsauslese“, die einer Reizüberflutung des
sondern nur aus Drüsenepithelien besteht. Gleichwohl werden
Kortex entgegenwirkt.
beide Anteile unmittelbar oder mittelbar vom Hypothalamus in ihrer Sekretionstätigkeit gesteuert. Der HHL schüttet Vasopres-
Hypothalamus
sin (Adiuretin, ADH) und Oxytocin aus, während der HVL Kor-
Dieser basale Zwischenhirnanteil bildet als markante Strukturen die Corpora mammillaria, das Tuber cinereum und das Infundibulum (Hypophysenstiel) mit der Neurohypophyse (Hypophysenhinterlappen, HHL). Der Hypothalamus enthält viele
tikotropin (ACTH), Thyreotropin (TSH), Follikel-stimulierendes
Kerngebiete, mit denen er das oberste Regulationszentrum des vegetativen und endokrinen Systems darstellt und Atmung, Kreislauf, Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme, Körpertempera-
tur u. v. m. steuert. Besonders wichtig sind folgende Kerne: * Ncl. supraopticus: Produktion des HHL-Hormons Adiuretin (= Vasopressin = anti-diuretisches Hormon)
* Ncl. paraventricularis: Produktion des HHL-Hormons Oxytocin („Wehenhormon“), Regulation von Kreislauf, Körpertem-
peratur und Nahrungsaufnahme * Ncl. suprachiasmaticus: Regulation des zirkadianen Rhythmus * Ncl. arcuatus: Regulation der Nahrungsaufnahme * Ncll. tuberales: vor allem Produktion von Releasing-Hormonen (s. u.)
* Ncll. corporis mammillaris: sowohl vegetative als auch verhaltensbiologische Funktionen bis hin zu Lernvorgängen.
Hormon (FSH), luteinisierendes Hormon (LH), Prolaktin (PRL),
Somatotropin (STH) und Melanotropin (MSH) ausschüttet. Der
HVL wird vom Hypothalamus über Releasing- und Release-Inhibiting-Hormone gesteuert, die dieser in das Blut des sog. hypophysären Pfortaderkreislaufs ausschüttet, sodass sie unmit-
telbar die Hypophyse erreichen. Epithalamus Er besteht im Wesentlichen aus der Epiphyse (Zirbeldrüse, Produktion von Melatonin), den Habenulakernen (vor allem Verschaltung einiger vegetativer Reflexe) und der Area pretectalis
(Verschaltung des Pupillenreflexes). Dieses vergleichsweise kleine Zwischenhirnareal liegt dorsokaudal des Thalamus an der Grenze zum Mittelhirn. Subthalamus
Die Kerne dieses Diencephalonanteils wurden ontogenetisch großteils nach lateral in die Großhirnhemisphäre verlagert. Die
beiden funktionell und klinisch wichtigsten von ihnen sind Ncl. subthalamicus und Globus pallidus ( > Kap. 9).
Wiederholungsfragen 1. Welcher Kernkomplex bildet die Seitenwand des III. Ventri6. Welche Hormone bildet der Hypophysenvorderlappen? kels, und in welche Kategorien kann man ihn einteilen?
2. Welche Thalamuskerne haben intensive Verbindungen jeweils mit der motorischen Rinde, der somatosensiblen Rinde,
der Hörrinde, der Sehrinde? 3. Welche Funktion haben die sog. „unspezifischen” Thalamuskerne für Wachheit und gerichtete Aufmerksamkeit? 4.In welchen Hypothalamuskernen werden die Hypophysenhinterlappenhormone Vasopressin (Adiuretin, ADH) und
Oxytocin gebildet? 5. Welche Hypothalamusregion produziert die Releasing- und Release-Inhibiting-Hormone?
7. Welcher grundlegende Unterschied besteht zwischen den Geweben des Hypophysenhinter- und -vorderlappens?
8. Welches Krankheitsbild ergibt sich bei Ausfall des Hypophysenhinterlappens?
9. Wo wird der funktionell und klinisch-diagnostisch wichtige Pupillenreflex verschaltet?
Weitere Wiederholungsfragen zum Zwischenhirn finden sich im Rahmen der Fallbeispiele zum Gehirn in > Kap. 14.1.4. Es empfiehlt sich, sie nach Durcharbeiten aller Gehirnkapitel zu-
sammenhängend zu bearbeiten.
194
8 Zwischenhirn (Diencephalon)
Lösungen 1. Thalamus. Er kann in Thalamuskerne mit Faserbeziehungen der Großhirnrinde auslösen (dabei auch wichtige Funktion zu eng umschriebenen Großhirnrindengebieten („spezifische“ bei der Steuerung von Schlaf-/Wachzuständen). 4. Ncl. paraventricularis und Ncl. supraopticus. Thalamuskerne) und solche mit diffuseren Faserbeziehungen zur Großhirnrinde („unspezifische“ Thalamuskerne) eingeteilt 5. Ncll. tuberales in der mittleren Kerngruppe des Hypothalamus (Tuber cinereum). werden. 2. Motorische Rindenareale: Ncl. ventralis anterior (prämotorische Rinde) und Ncl. ventralis lateralis (motorische Rinde); somatosensible Rinde: Ncl. ventralis posterior; Hörrinde: Cor-
pus geniculatum mediale; Sehrinde: Corpus geniculatum laterale.
3. Die intensive Faserverbindung mit dem aufsteigenden retikulären aktivierenden System (ARAS) sowie direkte und indi-
rekte Faserverbindungen zum Großhirnkortex können diese Kerne eine nicht lokal begrenzte (unspezifische) Aktivierung
WEITERFÜHRENDE
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6. Kortikotropin (ACTH), Thyreotropin (TSH), Follikel-stimu-
lierendes Hormon (FSH), luteinisierendes Hormon (LH), Prolaktin (PRL), Somatotropin (STH), Melanotropin (MSH).
7.HHL: Nervengewebe. HVL: Drüsengewebe. 8. Diabetes insipidus: Die Schädigung im HHL führt zu einem Verlust an ADH (Vasopressin), wodurch die Wasserrückresorption in der Niere erheblich vermindert ist, 9. Area pretectalis, von dort aus bilaterale Aktivierung der den
M. sphincter pupillae ansteuernden Neurone im Ncl. accessorius n. oculomotorii.
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> Kap. 9).
KAPITEL
Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme 9.1 9.1.1 9.1.2 9.1.3
Äußere Gestalt und Gliederung Die wichtigsten Ansichtsperspektiven Entstehung der Hirnlappen und Rotation der Hemisphären Entwicklungsgeschichtliche Gliederung
9.6.3 9.6.4 9.6.5 9.6.6
Frontales Augenfeld . ..........00.0000000000000
des Großhirns
9.7 9.7.1
....0000000
Motorisches Sprachzentrum . ..........00000000 Frontales Blasenzentrum
Präfrontale Rinde .........0.0.00000000000000000
9.1.4
Rindenfeldergliederung nach Brodmann
9.2
Basalganglien und assoziierte Strukturen, zentrale Regulation der Motorik Lage und Morphologie der Basalganglien Striatum ...
9.7.2
Pallidum (Globus pallidus)
9.7.4 9.7.5
Parietallappen Somatosensible Bahnen, afferentes System zur sensiblen Rinde Gyrus postcentralis, primäre somatosensible Rinde Sekundäre somatosensible Rinde und posteriorer parietaler Kortex Vestibuläre Bahn und vestibulärer Kortex Gyrus angularis
9.8 9.8.1 9.8.2 9.8.3
Okzipitallappen und visuelles System Sehbahn, afferentes System zur Sehrinde Primäre Sehrinde Sekundäre Sehrinde und übergeordnete
9.2.1 9.2.2 9.2.3 9.2.4 9.2.5 9.2.6 9.2.7
Ncl. subthalamicus . .......0.000000000000000404 Genaueres Verschaltungsprinzip der Basalganglien Claustrum . ..00000000 Zusammenwirken der Basalganglien und zentrale Regulation der Motorik
9.7.3
visuelle Rindenfelder 9.3 9.3.1 9.3.2 9.3.3 9.3.4 9.4 9.4.1 9.4.2 9.4.3 9.4.4 9.4.5 9.4.6 9.5 9.5.1 9.5.2 9.6 9.6.1 9.6.2
Paleokortex und Riechhirn Riechbahn und Riechrinde
(olfaktorischer Kortex) Septumregion (Area septalis) ..............0.0.04+ Corpus amygdaloideum Basale Vorderhirnstrukturen
Archikortex und limbisches System Bestandteile des limbischen Systems ............ HippocampuS . .....00000000000 rr Histologie der Hippocampusformation und des ArchikorteX ......0.00000000100 Anatomische Grundlagen des Gedächtnisses Gyrus cinguli Funktion des limbischen Systems ............... NeokorteX .00 Funktionelle Gliederung ..........0.0.0000000040404 Histologie des NeokorteX ..........0.0.00000040040A Frontallappen Gyrus precentralis, Pyramidenbahn und pyramidale Motorik Prämotorische und supplementärmotorische Rinde . .
9.9 9.9.1 9.9.2 9.9.3 9.9.4 9.10 9.10.1 9.10.2
Temporallappen, auditorisches System und zentrale Regulation der Sprache Hörbahn, afferentes System zur Hörrinde Primäre Hörrinde Sekundäre Hörrinde Einige sprachassoziierte Schaltkreise ............ Inselrinde (Lobus insularis) und „multisensorischer” KorteX ................. Multisensorischer Kortex der Inselrinde .......... Viszerosensible und gustatorische Bahn, viszerosensibler und gustatorischer Kortex .......
9.11 9.11.1 9.11.2
Corpus callosum (Balken)
9.12
Frontal-, Horizontal- und Sagittalschnitte
9.12.1 9.12.2 9.12.3
Bahnsysteme innerhalb des Großhirns Capsula interna
durch Groß- und Zwischenhirn Frontalschnitte ‚... Horizontalschnitte
Sagittalschnitte
196
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
Abb. 9.1 Lateralansicht des Großhirns. In der Übersicht rechts Frontallappen rot, Parietallappen blau, Okzipitallappen grün, Temporallappen lila. 1 Mantelkante, 2 Sulcus frontalis superior, 3 Sulcus
frontalis inferior. Z und 3 trennen den 4 Gyrus frontalis superior, 5 Gyrus frontalis medius und 6 Gyrus frontalis
inferior. Am Gyrus frontalis inferior unterscheidet man 7 Pars orbitalis, 8 Pars triangularis und 9 Pars opercularis. Nach vorne endet der Frontallappen am 10 Frontalpol, nach hinten am 11 Sulcus centralis. Dieser be-
grenzt zusammen mit dem 12 Sulcus precentralis den 13 Gyrus precentralis. Nach hinten schließt sich dem Gyrus precentralis der durch den 14 Sulcus postcentralis begrenzte 15 Gyrus postcentralis an. Hinter dem Gyrus postcentralis befinden sich der 16 Lobulus parietalis superior und der 17 Lobulus parietalis inferior, die durch den 18 Sulcus intraparietalis voneinander getrennt sind. Frontal- und Parietallappen werden vom Temporallappen durch den 19 Sulcus lateralis getrennt, um dessen hinteres Ende sich der 20 Gyrus supramarginalis herumlegt. 21 Gyrus temporalis superior, 22 Gyrus temporalis medius, 23 Gyrus temporalis inferior, die durch
den 24 Sulcus temporalis superior und 25 Sulcus temporalis inferior getrennt werden. Um das hintere Ende von 24 herum legt sich der 26 Gyrus angqularis. 27 Okzipitalpol, 28 Temporalpol. [T873, L126]
9.1 Äußere Gestalt und Gliederung 9.1.1
Die wichtigsten Ansichtsperspektiven
Im Sinne einer maximalen Oberflächenvergrößerung bei minimalem Raumverbrauch ist das Großhirn des Menschen an seiner
Oberfläche stark gefaltet, wodurch Furchen (Sulci) und Windungen (Gyri) entstehen.
Das Großhirn (auch: Endhirn, Telencephalon) ist der am weitesten
differenzierte und in dieser Form nur beim Menschen anzutreffende Teil des Zentralnervensystems. Als größter Teil des Gehirns liegt das Telencephalon der knöchernen vorderen und mittleren Schädelgrube auf. Es lässt sich von
variabel, während die Tertiärfurchen bei jedem Individuum unter-
außen in zwei Hemisphären!‘ gliedern, die durch die große, von
schiedlich wie ein Fingerabdruck sind.
vorne nach hinten verlaufende Fissura longitudinalis cerebri getrennt werden. Beide Hemisphären lassen sich wiederum in vier Lappen eineilen. Diese sind gemäß ihrer Lage zu den sie bedecken-
Um sich die äußere Struktur des Großhirns klarzumachen, wählt man am besten drei Ansichten: von der Seite, von medial (Median-
den Schädelknochen benannt ( >
schnitt) und von basal.
Abb. 9.1,
> Abb. 9.2, > Abb.
Man unterscheidet dabei Primär-, Sekundär- und Tertiärfurchen.
Die zuerst auftretenden Primärfurchen sind bei allen Menschen
gleich ausgebildet. Die Sekundärfurchen sind bei vielen Menschen
9,3):
Frontallappen (Lobus frontalis) Parietallappen (Lobus parietalis) Temporallappen (Lobus temporalis) Okzipitallappen (Lobus occipitalis).
Ansicht von der Seite (> Abb. 9.1) Hier fallen zunächst zwei besonders deutliche Furchen auf:
» Sulcus centralis, der den Frontal- vom Parietallappen trennt
(> Abb. 9.1, 11) Es gibt jedoch zwei Großhirnbereiche, die keinem dieser vier Lappen zugeordnet werden können: der medial an der Großhirnfläche be-
» Sulcus lateralis, der diese beiden wiederum vom Temporallappen trennt ( > Abb. 9.1, 19).
findliche Gyrus cinguli” ( > Abb. 9.2, 2) und die von lateral durch
den Frontal-, Parietal- und Temporallappen verdeckte Inselrinde (oft auch als Lobus insularis, oder kurz Insula bzw. Insel bezeichnet).
' hemisphaira (gr.) = Halbkugel ? Dieser wird auch dem Lobus limbicus zugeordnet, 5. u.
Frontallappen. Im Frontallappen, der der knöchernen vorderen Schädelgrube aufliegt und den Frontalpol des Gehirns bildet, können wir einen Gyrus frontalis superior, einen Gyrus frontalis medius und einen Gyrus frontalis inferior unterscheiden (>- Abb. 9.1, 4-6). Diese werden durch den Sulcus frontalis superior und
den Sulcus frontalis inferior voneinander getrennt. Der Gyrus
9.1
Äußere Gestalt und Gliederung
197
Abb. 9.2 Medialansicht des Großhirns. In der Übersicht rechts Frontallappen rot, Parietallappen blau, Okzipitallappen grün, Temporallappen lila, Gyrus cinguli gelb. 1 Corpus callosum (Balken), diesem liegt oben der
2 Gyrus cinguli auf. 3 Sulcus centralis, um den sich der 4 Lobulus paracentralis herumlegt (Übergang vom Gyrus pre- zum Gyrus postcentralis). Parietal- und Okzipitallappen werden durch den 5 Sulcus parietooccipitalis getrennt. 6 Sulcus calcarinus. Zwischen 4 und 5 liegt der 7 Precuneus, zwischen 5 und 6 liegt der 8 Cuneus.
Um 6 herum legt sich die 9 Sehrinde. 10 Gyrus parahippocampalis (Gyrus hippocampi), 11 Uncus, 12 For-
nix, 13 Tela choroidea (als Dach des IIl. Ventrikels) mit anhängendem Plexus choroideus, 14 Commissura ante-
rior, 15 Septum pellucidum (spannt sich zwischen Fornix und Balken aus), 16 Isthmus gyri cinguli, 17 Gyrus dentatus, 18 Thalamus, 19 Adhesio interthalamica.
[T7873, L126]
frontalis inferior kann wiederum in drei Teile gegliedert werden, die durch Sulci getrennt sind. Von vorne nach hinten sind dies die Pars
Okzipitallappen
orbitalis (die der knöchernen Orbita aufliegt), die Pars triangula-
Er ist vom Temporal- bzw. Parietallappen in der Seitenansicht nur unscharf bzw. willkürlich zu trennen.
ris’ und die Pars opercularis ( > Abb. 9.1, 7-9). Sie alle begrenzen
Der Okzipitallappen schließlich bildet den hin-
tersten Teil des Gehirns, den Okzipitalpol, aus ( >
Abb. 9.1, 27).
den Sulcus lateralis von oben. Klappt man im Präparat die Pars opercularis wie einen „Deckel“ nach oben weg“‚ so sieht man erneut auf
eine Großhirnstruktur, die Insel (Insula, auch Lobus insularis), die
ontogenetisch von den sich stark vergrößernden anderen Großhirnlappen sekundär verdeckt wurde. Vor dem Sulcus centralis befindet sich der bereits mehrfach erwähnte Gyrus precentralis, der Sitz der
Medialansicht des Medianschnitts (>- Abb. 9.2) Man blickt dabei auf den eröffneten, unpaaren II. Ventrikel, dessen seitliche Wand der Thalamus des Zwischenhirns bildet ( > Abb.
motorischen Großhirnrinde ( > Abb. 9.1, 13).
9.2, 18). Ebenfalls durchtrennt sieht man den Balken (Corpus callosum), dessen quer zur Schnittebene verlaufende Fasermassen die
Parietallappen.
beiden
Im Parietallappen, der sich dem Frontallappen
Großhirnhemisphären
miteinander verbinden
(>- Abb.
hinter dem Sulcus centralis anschließt, kann man zunächst gut den
9.2, I). Am Balken können wir vorne ein Genu corporis callosi”
Gyrus postcentralis erkennen, den Sitz der primären sensiblen
und hinten ein breites Splenium corporis callosi® unterscheiden. Vorne läuft das Corpus callosum nach basal in eine dünne Faser-
Großhirnrinde ( > Abb. 9.1, 15). Darunter folgen um das Ende des
Sulcus lateralis herum der Gyrus supramarginalis ( >- Abb. 9.1, 20) und um das Ende des Sulcus temporalis superior herum der Gy-
platte aus (Rostrum corporis callosi), der sich von hinten her eine
rus angularis ( > Abb. 9.1, 26).
ra anterior ( > Abb. 9.2, 14), die mit ihren Fasern Teile der Tem-
Temporallappen. Der unterhalb des Sulcus lateralis gelegene Temporallappen lässt sich ebenfalls in drei Gyri unterteilen: den Gyrus temporalis superior, den Gyrus temporalis medius und
porallappen beider Hemisphären miteinander verbindet. Unter
den Gyrus temporalis inferior ( > Abb. 9.1, 21-23), die wiederum
gendem Plexus choroideus ( >
durch den Sulcus temporalis superior und den Sulcus temporalis inferior voneinander getrennt werden. Der Gyrus temporalis superior reicht nach medial bis zur Inselregion und weist an seiner
seinen Fasern den Hippocampus (s. u.) mit den Corpora mammillaria. Zwischen Balken und Fornix spannt sich als Trennwand zwi-
Oberfläche transversal verlaufende Querwindungen
auf, die Gyri
temporales transversi oder Heschl-Querwindungen, die den Sitz der primären Hörrinde ausmachen. Diese Querwindungen werden nur sichtbar, wenn man das Operculum des Parietallappens nach oben hin abdrängt ( > Abb. 9.37, S. 240).
hier ebenfalls quer getroffene Faserstruktur anlegt, die Commissu-
dem Balken sieht man den Fornix ( >
spannt das Dach des III. Ventrikels, die Tela choroidea mit anhän-
Abb. 9.2, 13), und verbindet mit
schen rechtem und linkem Seitenventrikel das — aus Gliazellen bestehende - Septum pellucidum aus (>- Abb. 9.2, 15). Oberhalb
des Balkens verläuft parallel zu diesem der große Gyrus cinguli (> Abb. 9.2, 2), der ein wichtiger Bestandteil des limbischen Sys-
tems ist und in der Regel weder dem Frontal- noch dem Parietallappen zugeordnet wird.
3 triangularis (lat.) = dreieckig (was nur sehr ungefähr den anatomischen Gegebenheiten entspricht) *4 operculum (lat.) = Deckel. Das Operculum bezeichnet die Hirnteile, die die Inselrinde bedecken.
Abb. 9.2, 12). Dieser über-
> genu (lat.) = Knie 5 splenium (lat.) = Wulst
198
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
Abb. 9.3
Basalansicht des Großhirns.
In der Übersicht rechts Frontallappen rot, Okzipitallappen grün, Temporallappen lila. 1 Fissura longitudinalis cerebri (trennt linke und rechte Hemisphäre), 2 Gyri orbitales, 3 Gyrus rectus, 4 Bulbus
olfactorius (in der rechten Bildhälfte entfernt). Kaudal schließt sich der 5 Tractus olfactorius an, der im
6 Sulcus olfactorius liegt und in der Umgebung der 7 Substantia perforata anterior endet. 8 Gyrus temporalis inferior, 9 Gyrus parahippocampalis , 10 Uncus, 11 Chiasma opticum, 12 Corpora mammillaria, 13 Mittelhirn (quer geschnitten). [T873, L126]
Nach unten läuft der gyri cinguli aus ( > Sulcus hippocampi trennt. Vorne am
Gyrus cinguli im Temporallappen als Isthmus Abb. 9.2, 16). Dieser ist nach rostral durch den vom Gyrus dentatus (>- Abb. 9.2, 17) geTemporallappen liegt als deutlich sichtbare
Struktur der Uncus (>- Abb. 9.2, 11), dem sich hinten und basal
der Gyrus parahippocampalis (Gyrus hippocampi) anlegt ( > Abb. 9.2, 10). Gyrus cinguli, Hippocampus und Gyrus parahippocampalis mit Uncus werden auch unter dem Begriff Lobus limbicus zusammengefasst. Auch in der Medialansicht sieht man den Sulcus centralis ( > Abb. 9.2, 3), der oberhalb des Gyrus cinguli endet und um den sich hier der Lobulus paracentralis legt (>- Abb. 9.2, 4). Dieser bildet den
1). Der Frontallappen wird mit den der Orbita aufliegenden Teilen durch Sulci orbitales in Gyri orbitales eingeteilt ( > Abb. 9.3, 2).
Basal liegt dem Frontallappen beiderseits der Bulbus olfactorius mit dem nach hinten führenden Tractus olfactorius an ( >
Abb.
9.3, 4-5). Im Bulbus olfactorius enden die afferenten Fasern der Riechschleimhaut als Fila olfactoria (I. Hirnnerv). Die im Bulbus verschaltete Sinnesinformation wird im Tractus olfactorius weitergeleitet, der in der Riechrinde im Bereich der Substantia perforata
anterior ( > Abb. 9.3, 7) und in angrenzenden Arealen endet.
Frontalschnitt (> Abb. 9.4) Die Frontal- und Horizontalschnitte durch das Gehirn werden wir
weiter hinten deutlich sichtbare Sulcus parietooccipitalis ( > Abb. 9.2, 5) trennt den Parietal- vom Okzipitallappen. Fast rechtwinklig
erst im Anschluss an die folgenden Kapitel systematisch betrachten. Hier erfolgt nur eine grobe Orientierung über das „Innere“ des Großhirns, um die im Nachfolgenden auftauchenden Begriffe bes-
dazu verläuft der Sulcus calcarinus (>- Abb. 9.2, 6), in dessen
ser einordnen zu können.
Übergang vom Gyrus precentralis zum Gyrus postcentralis. Der
Wänden die primäre Sehrinde lokalisiert ist. Sulcus parietooccipitalis und Sulcus calcarinus begrenzen die keilförmige Struktur des Cuneus’ (> Abb. 9.2, 8), rostral des Sulcus parietooccipitalis befindet sich der Precuneus ( >- Abb. 9.2, 7).
Ansicht von basal ( > Abb. 9.3) Von hier aus ist der Parietallappen nicht sichtbar. Von vorne nach hinten verläuft die Fissura longitudinalis cerebri (Interhemisphärenspalt), die beide Hemisphären voneinander trennt ( > Abb. 9.3,
7 cuneus (lat.) = Keil
Wir erkennen im Frontalschnitt zunächst, dass die graue Sub-
stanz auf Rinde (Kortex) und im Marklager liegende Kerne (Nuclei) verteilt ist. An der Seite sieht man deutlich den tiefen Sulcus lateralis (> Abb. 9.4, 12), der sich nach medial über die Inselrinde (> Abb. 9.4, 14) als Fossa lateralis ausbreitet (>- Abb. 9.4, 13). Unterhalb des Balkens ( > Abb. 9.4, 2) sieht man im Marklager
Kerne, von denen einige als Basalganglien bezeichnet werden (s.u.). Dicht unterhalb des Balkens, von diesem durch den Seitenventrikel (>- Abb. 9.4, 9) getrennt, befindet sich lateral der Ncl. caudatus
(>- Abb.
9.4, 3), medioventral
davon
der Thalamus
(Zwischenhirnanteil; > Abb. 9.4, 6). Unter dem Ncl. caudatus liegt das Putamen ( > Abb. 9.4, 4). Medial des Putamens sieht man das Pallidum (Globus pallidus, > Abb. 9.4, 5). Putamen und Palli-
9.1
Äußere Gestalt und Gliederung
199
dum sind vom Thalamus und vom Ncl. caudatus durch die großen Fasermassen der Capsula interna getrennt, die den Hauptteil der auf- und absteigenden Fasern zum bzw. vom Kortex führt ( > Abb. 9.4, 8). Lateral des Putamens befindet sich das Claustrum ( > Abb.
9.4, 7). 9.1.2 Entstehung der Hirnlappen und Rotation der Hemisphären Während der embryonalen Entwicklung des Gehirns vollzieht sich in den Hemisphären eine „rotierende“ Wachstumsbewegung: Die Hemisphärenbläschen wachsen um eine Achse, die man sich hori-
Abb. 9.4 Die wichtigsten inneren Großhirnstrukturen (Frontalschnitt). 1 Großhirnrinde, 2 Balken, 3 Striatum), 5 Pallidum (Globus interna, 9 Seitenventrikel, 10 12 Sulcus lateralis, 13 Fossa
Nel. caudatus, 4 Putamen (3 und 4 zusammen = pallidus), 6 Thalamus, 7 Claustrum, 8 Capsula Ill. Ventrikel, 11 Fissura longitudinalis cerebri, lateralis, 14 Inselrinde. [T873, L126]
zontal durch das Gehirn gelegt vorstellen muss ( > Abb. 9.5). Dabei entstehen der Frontallappen durch Wachstum nach rostro-basal, der Okzipitallappen durch Wachstum nach kaudal und der Temporallappen schließlich durch Wachstum nach kaudo-basal und anschließend rostral ( >- Abb. 9.5). Diese Rotation wird auch
von den im Inneren der Hemisphären vorhandenen Strukturen nachvollzogen, was man an der Form des Seitenventrikels mit Vor-
der-, Hinter- und Unterhorn ( > Abb. 10.2) oder an der Form des Ncl. caudatus, der sich in einem entsprechenden Bogen um das Pu-
tamen herumlegt ( > Abb. 9.8), sehen kann. Auch Form und Lage
des Hippocampus (der durch die Rotation in den Temporallappen zu liegen kommt) mit den Faserstrukturen des Fornix lassen sich durch die Hemisphärenrotation erklären ( > Abb. 9.16).
9.1.3 Entwicklungsgeschichtliche Gliederung
des Großhirns
Abb. 9.5 Hemisphärenrotation. Die Hemisphären wachsen in der Embryonalentwicklung rotatorisch den Pfeilen entsprechend um eine Achse, die man sich quer durch den Inselkortex und das Putamen gelegt vorstellen muss (hier als Fadenkreuz eingefügt) und bilden dabei die vier Großhirnlappen. Mit diesem Wachstum ist auch eine Verformung und Verlagerung aller inneren Großhirnstrukturen verbunden, wie z. B. die ebenfalls dargestellten Seitenventrikel (blau), die ursprünglich den Hohlraum einer
runden Blase gebildet haben und nun im Rahmen der Hemisphärenrotation zu einer den Großhirnlappen äquivalenten Form auswachsen. [T873, L106]
Abb. 9.6 Entwicklungsgeschichtliche Gliederung des Großhirns. Links ist ein embryonales, rechts ein
adultes Gehirn im Frontalschnitt dargestellt. 1 Paleokortex (Riechhirn), 2 Striatum 3 Archikortex,
4 Neokortex. Beachte die Verschiebung der Größenrelationen dieser Strukturen im Laufe der Entwicklung.
[T7873, L217]
Man kann phylogenetisch alte von phylogenetisch jungen Großhirnabschnitten unterscheiden (Reihenfolge von phylogenetisch alt nach phylogenetisch am jüngsten): Paleokortex, Striatum, Archikortex und Neokortex®, Die entsprechenden Größenverhältnisse beim embryonalen und erwachsenen Gehirn sind in > Abb. 9.6 an einem Frontalschnitt dargestellt.
® Beim Großhirn wird also eine andere Reihenfolge der Benennung nach phylogenetischen Gesichtspunkten gewählt als beim Kleinhirn, wo das Archicerebellum phylogenetisch älter als der Paleocerebellum ist.
200
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
Abb. 9.7 Rindenfeldergliederung nach Brodmann. Die Hemisphärenrinde wird nach histologischen Parametern in 52 Rindenfelder (Areae) eingeteilt. Jedes von ihnen ist in der vorliegenden Lateralansicht durch ein bestimmtes Symbol bezeichnet. Die dargestellte Nummerierung dieser Rindenfelder gilt international. Die wichtigsten dieser Rindenfelder werden im weiteren Text als solche erwähnt. (Aus [S010-2-16])
9.1.4 Rindenfeldergliederung nach Brodmann
torik innehaben, was klinisch große Relevanz hat. Im Folgenden
Nach histologischen Gesichtspunkten (unterschiedliche Schichten-
werden die einzelnen Kerne mit ihren Faserverbindungen und ihrer Aufgabe beschrieben.
muster,
> Kap. 9.5.2) kann man
den Großhirnkortex in 52 ver-
schiedene sog. Rindenfelder oder Areae einteilen. Diese werden ihrem Erstbeschreiber Brodmann folgend nummeriert, beginnend mit dem Gyrus postcentralis, der die Rindenfelder 1-3 nach Brodmann
einnimmt. Eine Übersicht über diese Areae findet sich in > Abb. 9.7 (sie dient der Orientierung, nicht zum Auswendiglernen!).
9.2 Basalganglien und assoziierte Strukturen, zentrale Regulation der Motorik Der Begriff „Basalganglien“ (nach offizieller, aber international we-
nig gebräuchlicher Nomenklatur: Basalkerne, Nuclei basales) ist leider nur unscharf definiert. Im engeren anatomischen Sinne sind die Basalganglien folgende Kerne im Marklager des Großhirns:
Zur Nomenklatur
Bei der Nomenklatur der Basalganglien herrscht oft Konfusion. Folgende Begriffe können in anderen Darstellungen auftauchen und sollen deshalb hier definiert werden: „Corpus striatum“ wird meist synonym zur in der Fachliteratur bevorzugten Kurzform Striatum verwendet und beinhaltet damit den Nel. caudatus und das Putamen. Manche Darstellungen schließen dabei zusätzlich das Pallidum ein. Putamen und Pallidum wiederum werden zuweilen als Ncl. lentiformis zusammengefasst, was je-
doch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Funktion und embryonalen Herkunft der beiden Kerne nicht sinnvoll ist. Die Bezeichnung Ncl. lentiformis findet sich auch in manchen auf Pallidum und Putamen bezogenen Begriffen wie z.B. A. lenticulostriata oder Ansa lenticularis. Vielfach wird innerhalb des Striatums (Ncl. caudatus und Putamen) ein Neostriatum (auch: dorsales Striatum) de-
finiert (größter Teil des Striatums), dem dann das ventral und rostral s
Striatum, setzt sich zusammen aus
gelegene Paleostriatum (auch: ventrales Striatum) gegenüberge-
— Ncl. caudatus — Putamen
stellt werden kann, das aus dem Ncl. accumbens, sowie Teilen des
* Pallidum (= Globus pallidus).
Die meisten Autoren erweitern diesen Basalganglienbegriff jedoch und umschreiben damit eine Gruppe funktionell zusammengehöriger Kerne des Gehirns, die dem motorischen System zuzuordnen sind, sodass zu den obigen Kernen noch folgende funktionell hinzugezählt werden:
Tuberculum olfactorium besteht. Diese Bezeichnungen sind phylogenetisch und funktionell gerechtfertigt, führen aber leicht zu Verwirrung und Verwechslungen. Somit wird in dieser Darstellung auf die Begriffe Neo- und Paleostriatum ebenso wie Corpus striatum und den wenig hilfreichen Ausdruck Ncl. lentiformis bewusst verzichtet.
9.2.1
Lage und Morphologie der Basalganglien
* Ncl. subthalamicus * Substantia nigra.
Der Ncl. caudatus ( > Abb. 9.8, 1) legt sich von oben wie ein Cförmiger Schweif” um das Putamen ( > Abb. 9.8, 4) herum. Er bil-
All den hier aufgelisteten Kernen ist gemeinsam, dass sie in ihrem Zusammenspiel eine wichtige Funktion bei der Regulation der Mo-
9 cauda (lat.) = Schweif
9.2 Basalganglien und assozlierte Strukturen, zentrale Regulation der Motorik
201
Glutamat Dopamin
2
GABA
Abb. 9.8 Lage der Basalganglien und des Corpus amygdaloideum in den Großhirnhemisphären. 1 Ncl. caudatus mit 2 Caput und 3 Cauda nuclei caudati. 4 Putamen (bildet mit
1 das Striatum), 5 Pallidum (mit medialem und lateralem Segment), 6 Corpus amygdaloideum (Lage im vorderen Drittel des Temporallappens). [T873, L126]
Abb. 9.9 Transmitter der afferenten Verschaltungen im Striatum. 1 Glutamaterge Fasern aus dem Kortex und 2 dopaminerge Fasern aus der Substantia nigra projizieren im Striatum auf die 3 GABAergen striatalen Ausgangsneurone, der Kortex erregend (+), die Substantia nigra vor allem hemmend (-), wobei sie sich z.T. eines acetylcholinergen (ACh) Zwischenneurons bedienen,
das erregend mit den GABAergen Neuronen des Striatums verbunden ist. Die gezeigten Verhältnisse treffen für die Mehrzahl der dopaminergen Afferenzen im Striatum zu. In den Striatumanteilen, die Bewegungsabläufe fördern, können
die dopaminergen Fasern aber auch erregend (+) auf die GABAergen striatalen Neurone wirken. [T873, L106]
det so im oberen Teil des Seitenventrikels (gemeinsam mit dem Thalamus) den Ventrikelboden bzw. die Seitenwand, in seinem un-
Mikroskopisch
trennt man
im Striatum zwei unterschiedliche
teren Teil das Ventrikeldach. Seine Form erklärt sich durch die Drehung der Hemisphären während der embryonalen Entwicklung ( > Kap. 9.1.2). Vor dem Ende des Ncl. caudatus im Temporallappen liegt das Corpus amygdaloideum ( >- Abb. 9.8, 6). Medial des
Komponenten: die Matrix, die 85 % des Volumens ausmacht, und die Striosomen, die als kleine Felder in die Matrix eingelagert sind.
Matrix und Striosomen unterscheiden sich in ihren Faserverbin-
dungen und damit auch funktionell.
Putamens, das die Form einer dicken ovalen Scheibe hat, liegt das
Pallidum ( > Abb. 9.8, 5). Es besteht aus zwei Segmenten (media-
les/laterales Pallidumsegment) und verjüngt sich nach medial. Von Putamen und Pallidum wird der Thalamus durch die Fasermassen der Capsula interna getrennt, die auch zwischen Ncl. caudatus und Putamen verläuft, sodass die beiden Teile des Striatums, die ent-
wicklungsgeschichtlich ursprünglich ein Kernkomplex waren, nur noch über kleine Brücken bzw. Streifen'® grauer Substanz verbunden sind. Weiteres über Lage und topographische Beziehungen der Basalganglienkerne kann den am Ende von > Kap. 9 detailliert besprochenen > Abb. 9.46 bis 9.51 entnommen werden.
Afferenzen Afferente Fasern erhält das Striatum vor allem von: s Kortex
* Substantia nigra * Thalamus (Ncl. centromedianus). Die Fasern aus dem Kortex (Fibrae corticostriatales) stammen aus
beinahe allen Großhirnrindenarealen. Besonders intensiv projizieren der motorische, der sensorische und der präfrontale Assozia-
9.2.2
Striatum
Eigentlich ist das Striatum
ein Kernkomplex,
der nur künstlich
tionskortex in das Striatum. Fast alle Afferenzen zum Striatum kommen aus der ipsilateralen Hirnhälfte. Während die (glutamatergen) kortikostriatalen Fasern auf das Striatum erregend wirken, projizieren die nigrostriatalen
durch das oben beschriebene Einwachsen der Fasern der Capsula
Neurone überwiegend hemmend
interna (unvollständig) in seine beiden Bestandteile Putamen und
striatalen Neurone (z. T. geschieht dies über acetylcholinerge Zwischenneurone im Striatum, die wiederum erregend auf efferente striatale Neurone projizieren). Auf diese Weise hemmt die Substantia nigra direkt und indirekt die efferente Aktivität des Striatums
Ncl. caudatus getrennt wird. Entsprechend ihrer gemeinsamen Anlage sind die beiden Kerne auch funktionell eng verwandt. Das Striatum ist eine zentrale Schaltstelle motorischer Impulse, wobei
seine Hauptaufgabe in der integratorischen, vor allem inhibitorischen Beeinflussung dieser Impulse liegt (s. u.).
auf die GABAergen, efferenten
(> Abb. 9.9), was klinisch große Relevanz hat (s. u.).
Efferenzen 10 striatum (lat.) = gestreift
Seine Efferenzen sendet das Striatum insbesondere zu:
202
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
* Pallidum und * Substantia nigra. Diese efferenten Fasern haben als Transmitter ganz überwiegend GABA und wirken dadurch in ihren Projektionsgebieten inhibito-
len Verarbeitungsprozess greifen der Thalamus und die Substantia nigra (Letztere vorwiegend inhibitorisch) ein und modulieren wiederum fördernd und hemmend die Hemmfunktion des Striatums auf die Motorik. Auf welche Weise das Striatum hierbei seine Funktion erfüllt, werden wir in > Kap. 9.2.5 genauer betrachten.
risch. Interessanterweise stammt die Projektion aus dem Thalamus ins Diese efferenten Fasern haben Neuropeptide (Enkephalin, Dynorphin, Substanz P) als zusätzliche Transmitter (Kotransmitter),
die eine wichtige modulatorische Funktion an den Synapsen der GABAergen efferenten striatalen Neurone haben. Über die efferenten Bahnen inhibiert das Striatum also das Pallidum und die Substantia nigra. Da es von der Substantia nigra selbst gehemmt wird, besteht eine negative reziproke Rückkoppelungsverbindung zwischen diesen beiden motorischen Zentren. Zu den Faserverbindungen des Striatums > Abb. 9.10. Funktion
Über die kortikostriatalen Bahnen bekommt das Striatum neben vielen anderen Informationen motorische Impulse zugeleitet. Diese Impulse können im Striatum in Abhängigkeit von zahlreichen anderen afferenten Zuflüssen unterdrückend oder fördernd bearbeitet werden. Man kann im Striatum Anteile, die Bewegungsimpulse fördern, von solchen, die diese Impulse hemmen, deutlich unterscheiden. Lä-
sionsexperimente und klinische Beobachtungen zeigen allerdings, dass die inhibitorische Bearbeitung dieser Impulse dominiert, d.h.,
über seine Projektionen zum Pallidum (s.u.) kann das Striatum Bewegungsimpulse ganz oder partiell unterdrücken. In diesen striata-
Striatum ganz besonders vom Ncl. centromedianus („unspezifischer“ Thalamuskern), der selbst vom aufsteigenden retikulären
aktivierenden
System
(ARAS)
in seinem Aktivitätszustand
ge-
steuert wird. Das bedeutet, dass der Wachzustand u.a. auf diese Weise entscheidenden Einfluss darauf hat, ob überhaupt bzw. wenn, wie stark motorische Impulse im Striatum moduliert oder
unterdrückt werden.
Die Funktion des Striatums ist allerdings mit dem Schlagwort „Inhibition motorischer Impulse“ nicht ausreichend beschrieben.
Man kann umschriebenen Anteilen des Striatums auch fördernde Einflüsse auf die Motorik zuordnen. Auch ist das Striatum ebenso
wie die übrigen Basalganglien und das Cerebellum in seiner Wechselwirkung mit der Großhirnrinde entscheidend für motorische
und andere Lernvorgänge. Weiterhin finden auch andere, selbst kognitive und Integrationsvorgänge in diesem Teil der Basalganglien statt.
KLINLK Parkinson-Syndrom und Hyperkinesen Es gibt vor allem zwei Krankheitsbilder, die mit der Funktion des Striatums eng in Beziehung stehen. Diese sind das * Parkinson-Syndrom
Abb. 9.10 Die wichtigsten Faserverbindungen des Striatums.
Afferenzen blau, Efferenzen rot. 1 Ncl. caudatus, 2 Putamen (1 und 2 = Striatum), 3 Kortex, 4 Pallidum, 5 Thalamus (vor allem Nel. centromedianus, ein „unspezifischer“ Thalamuskern), 6 Substantia nigra. [T873, L106]
9.2 Basalganglien und assozlierte Strukturen, zentrale Regulation der Motorik
203
Abb. 9.11 Chorea Huntington. a Hyperkinese bei Chorea Huntington. Die Haltungs- und Bewegungsveränderungen, hier symbolisiert in drei aufeinanderfolgenden Bildern, vollzie-
hen sich oft innerhalb von Sekunden. Beachte auch die typische Hyperlordosierung der Wirbelsäule. [T873, L126] b Kernspintomographie (Frontalschnitt, sog. koronare Schnittebene).
Das linke Bild zeigt das Gehirn eines 43-jährigen Patienten mit seit 6 Jahren fortschreitender, ausgeprägter Hyperkinese bei Chorea Huntington (im rechten Bild normales Gehirn zum Vergleich). Beachte die ausgeprägte Atrophie des Striatums (1 Putamen, 2 Ncl. caudatus), die beide im linken Bild kaum mehr abgrenzbar
sind. Die Atrophie des Ncl. caudatus führt zu einer sekundären Aufweitung des 3 Seitenventrikels mit Verlust der normalerweise typischen kankaven Ventrikelkonfiguration.
(Bilder mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. A. Berlis, Augsburg) [T880]
und die sog. * Hyperkinesen
— Chorea, — Athetose,
— Dystonie. Morbus Parkinson
Der Morbus Parkinson wurde in seiner Symptomatik bereits in > Kap.
6.3.2 besprochen. Wir greifen diese Krankheit hier wieder auf, weil man sie als eine „sekundäre Überfunktion” des Striatums interpretieren kann,
die aus dem Ausfall der inhibitorischen nigrostriatalen Projektion, also einer Enthemmung des Striatums, resultiert.
Da die nigrostriatale Bahn dopaminerg ist, kann man die beschriebene Symptomatik mit der Vorläufersubstanz L-Dopa lindern. L-Dopa wird imGehirn von den noch nicht abgestorbenen nigrostriatalen Neuronen zu Dopamin umgebaut, sodass diese im Striatum die GABAergen und acetylcholinergen Neurone trotz verminderter Zahl noch hemmen können. Zu-
sätzlich kann man mit sog. Anticholinergika die striatalen acetylcho-
linergen Interneurone direkt hemmen. Werden Substanzen wie L-Dopa zu hoch dosiert und damit die Funktion des Striatums zu stark unterdrückt, treten die Symptome eines Ausfalls des Striatums auf (s. u.).
Hyperkinesen Die Chorea ist eine bestimmte Form von Bewegungsstörung, die in die
Gruppe der Hyperkinesen!! gehört. Besonders häufig tritt sie in erblicher Form als Chorea Huntington auf, der eine sich im mittleren Lebensalter manifestierende Degeneration (vorzeitiges Absterben) von Neuronen vor allem des Striatums zugrunde liegt. Dabei sind zunächst vor allem die Neurone betroffen, die Bewegungsimpulse inhibieren. Das klinische Bild
der Chorea'? imponiert in Form von plötzlich auftretenden, ausfahrenden, unkontrollierbaren und unwillkürlichen Bewegungen, die die Rumpfmuskulatur und an den Extremitäten besonders die distalen Muskeln betreffen (>=- Abb. 9.11). Auch die Gesichtsmuskulatur ist betroffen, was
1T hyperkinesis (gr.) = Überbewegung 12 choreia (gr.) = Reigentanz
204
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
sich in einem unwillkürlichen Grimassieren äußert. Charakteristischerweise nehmen diese Bewegungen bei Erregung zu (Einfluss des vom ARAS gesteuerten „unspezifischen” Thalamus) und sistieren im Schlaf. Da anatomisch die inhibitorischen Bahnen zum Pallidum und zur Substantia nigra ausfallen, kann man den Kranken helfen, indem man medikamentös (mit
Dopaminantagonisten) oder (heute nur noch selten) operativ die Substantia nigra und/oder das Pallidum wenigstens partiell ausschaltet. Da das Striatum auch kognitive und emotionale Prozesse steuert, werden die Patienten auch zunehmend dement und zeigen Verhaltensauffälligkeiten wie Distanzminderung und Aggressivität. Im Endstadium dieser immer tödlich verlaufenden Erkrankung fallen auch diejenigen Anteile des Striatums aus, die motorische Impulse fördern, sodass die Hyperkinesen in ein Parkinson-ähnliches Bild mit Bewegungsarmut und Rigidität der Muskulatur übergehen können. Weitere Symptome einer Schädigung des Striatums können sein: Die Athetose'?, charakterisiert durch unwillkürliche, langsame, schraubenoder „wurmförmige” Bewegungen der Extremitäten, und die Dystonie'*, eine krampfhafte Überaktivierung einzelner Muskelpartien mit entsprechender Fehlstellung der betroffenen Körperteile wie z.B. des Halses
e
Striatum
» Ncl. subthalamicus * Thalamus.
Die Fasern aus dem Striatum wirken inhibitorisch auf das Pallidum. Wie beim Striatum stammen die Afferenzen aus dem Thalamus von den intralaminären (also „unspezifischen“) Kernen und hängen so
in ihrer Aktivität stark vom aufsteigenden Aktivierungssystem (ARAS) ab. Efferenzen
Die Efferenzen des Pallidums laufen zum großen Teil in einem Faserbündel, das Ansa lenticularis genannt wird, und projizieren in erster Linie in den
* Thalamus,
(Schiefhals oder Torticollis spasticus). vor allem in den Ncl. ventralis anterolateralis, der wiederum erre-
gend in die prämotorische und motorische Hirnrinde projiziert Nel. accumbens
Ein relativ kleiner Abschnitt im ventrorostralen Bereich des Stria-
(spezifischer Thalamuskern für diese Rindenfelder). Hemmende Efferenzen schickt das Pallidum zum Ncl. subthalamicus, mit dem
tums (wo Ncl. caudatus und Putamen miteinander verschmelzen)
es so reziprok verbunden ist. Weitere efferente Fasern in motori-
wird auch als Ncl. accumbens bezeichnet. Seine Faserverbindungen sind denjenigen des restlichen Striatums ähnlich, doch fällt eine be-
sche Zentren der Formatio reticularis erlauben einen direkten
Einfluss auf die extraypramidale Motorik.
sonders intensive afferente Faserbeziehung zu Strukturen des lim-
bischen Systems (s. u.) auf, weshalb man diesen Teil der Basalganglien als eine besondere Relaisstelle für die Umsetzung von „Motivation in Aktion“ bzw. von „Emotion in Lokomotion“ ansieht. Er
ist gewissermaßen ein Bindeglied zwischen Basalganglien und limbischem bzw. psychomotorischem System. Er spielt deshalb auch in der Pathophysiologie verschiedener neuropsychiatrischer Störungen eine wichtige Rolle.
Funktion Vereinfachend betrachtet scheint die Funktion des Pallidums ant-
agonistisch zu der des Striatums zu sein. Wie beim Striatum kann man auch beim Pallidum zwei funktionell entgegengesetzte Anteile unterscheiden:
Das mediale Pallidumsegment unterdrückt, das
laterale Pallidumsegment fördert Bewegungsimpulse. Während beim Striatum mehr die inhibitorische Funktion für diese Impulse dominiert, ist es beim Pallidum eher umgekehrt. Der Einfluss des
9.2.3 Pallidum (Globus pallidus) Das medial des Putamens liegende Pallidum (auch: Globus pallidus) entstammt embryologisch großteils dem Zwischenhirn. Es
Pallidums auf die Motorik manifestiert sich über die Projektionen in den Teil des Thalamus, der motorische Kortexareale erregt. Dabei wird das Pallidum in seiner Funktion vom Striatum, vom Nel.
subthalamicus und vom unspezifischen Thalamus kontrolliert.
teilt sich in ein mediales (inneres) und ein laterales (äußeres) Pallidumsegment. In den Schnittbildern des Großhirns ( >- Abb. 9.4,
5) hebt es sich vom Striatum und vom Thalamus durch seine blasse-
re Färbung ab!°. Das Pallidum kann als funktioneller Antagonist des Striatums verstanden werden.
KLILNLK Läsionen des Pallidums
Bei einer Schädigung des Pallidums können eine Bewegungsarmut und eine deutliche Ungeschicklichkeit in den Bewegungen resultieren, doch sind, je nach Läsionsmuster, auch Hyperkinesen möglich.
Afferenzen Seine Afferenzen erhält es in erster Linie von:
9.2.4
Ncl. subthalamicus
Dieser Kern liegt ventromedial des Pallidums (>- Abb. 9.47b, 25)
'3 athetos (gr.) = ohne festen Stand
14 dystonia (gr.) = Fehlspannung '5 pallidus (lat.) blass
und ist wie dieses entwicklungsgeschichtlich ein Bestandteil des Subthalamus des Zwischenhirns. Er ist afferent und efferent vor allem mit dem Pallidum verbunden. Dabei erhält er hemmende Impulse aus den motorikfördernden Pallidumanteilen und sendet erregende Impulse zu den motorikhemmenden Anteilen des Pallidums. So kommt ihm eine bewegungsimpulshemmende Funktion zu.
9.2 Basalganglien und assozlierte Strukturen, zentrale Regulation der Motorik KLLN.LK Läsionen des Ncl. subthalamicus
Ncl. subthalamicus - Thalamus wird indirekter Weg genannt. Beide Wege scheinen bei Bewegungen gleichzeitig aktiv zu sein, sodass es auf die durch striatale Interneurone vermittelte Balance zwischen beiden Wegen ankommt, ob und wie stark Bewegungen zustande kommen oder nicht. Dieses aufgezeigte Schema gibt nur „den Hauptfluss“ der Informationsverarbeitung in den Basalganglien wieder. Zahlreiche andere Faktoren spielen in diesen Schaltkreis hinein. Besonders wichtig ist dabei die Substantia nigra. Die nigralen dopaminergen Neurone
Wenn der Einfluss des Ncl. subthalamicus auf das ipsilaterale Pallidum wegfällt, dann bewirkt dieses (indirekt über den ipsilateralen Thalamus) eine Aktivitätssteigerung ipsilateraler motorischer Kortexareale, die mit den entsprechenden hyperkinetischen Symptomen auf der kontralateralen Körperseite (Kreuzung der Pyramidenbahn!) reagieren. Ein Ausfall des Ncl. subthalamicus kommt in der Regel einseitig vor (Tumoren,
Blutungen etc.). Er führt zum Krankheitsbild des ballistischen Syndroms bzw. bei einseitiger Ausprägung zum Hemiballismus.'® Die Kranken vollführen mit den Extremitäten der betroffenen Körperseite (kontralateral zur Schädigung) plötzlich ausfahrende, grobe Schleuderbe-
hemmen im Striatum den Anteil, der motorische Impulse unterdrückt (und aktivieren mit einigen Fasern auch den Anteil, der mo-
wegungen.
torische Impulse bahnt). Das heißt, man muss der Substantia nigra einen fördernden Einfluss auf motorische Impulse zuschreiben. Daher führt auch ein Ausfall der Substantia nigra im Rahmen des Parkinson-Syndroms zu der typischen Bewegungsarmut. Zur Orientierung > Abb. 9.12.
9.2.5 Genaueres Verschaltungsprinzip der Basalganglien Warum wirkt der eine Anteil des Striatums oder des Pallidums hemmend und der andere fördernd auf motorische Impulse? Das oben gegebene Bild der Verschaltung der Basalganglien ist stark vereinfacht. Wir werden es im Folgenden um ein etwas genaueres Verschaltungsmuster ergänzen. > Abb. 9.12 zeigt ein Schema dieser Schaltkreise mit den entsprechenden Transmittern, soweit sie
von besonderer Bedeutung sind. Die Fasern vom Kortex zum Striatum wirken mit dem Transmit-
ter Glutamat erregend. Man kann nun im Striatum zwei funktionell antagonistische Anteile unterscheiden. Beide wirken in ihren Projektionszielen mit ihrem Transmitter GABA hemmend. Der eine projiziert in das mediale, der andere in das laterale Pallidumsegment. Dem in das mediale Segment projizierenden Anteil kommt eine fördernde, dem in das laterale Segment projizierenden eine hemmende
Funktion
für motorische
Impulse
zu, was
aus
dem
Nachfolgenden verständlich wird: Der Transmitter der efferenten pallidalen Neurone ist ebenfalls GABA, wirkt also inhibitorisch. Das
mediale Pallidumsegment projiziert inhibitorisch in den Ncl. ventralis anterolateralis, den spezifischen Thalamuskern
205
für motori-
KLINILK Behandlung von Bewegungsstörungen Diese Erkenntnisse über das Verschaltungsprinzip der Basalganglien macht man sich klinisch zunutze. So kann man bei bestimmten Bewegungsstörungen einzelne Zentren gezielt durch Pharmaka in ihrer Transmitterwirkung verstärken oder hemmen. Beispiele hierfür sind beim M. Parkinson die Verstärkung der nigro-striatalen Projektion durch Dopaminagonisten wie L-Dopa oder die Hemmung der beim M. Parkinson überaktiven subthalamiko-pallidalen Projektion durch Glutamat-Antagonisten wie Amantadin. Auch haben die oben ausgeführten Erkenntnisse zu modernen Formen der neurochirurgischen Behandlung von Bewegungsstörungen geführt. Beim M. Parkinson mit starker Akinese kann man durch Implantation einer durch den Patienten selbst bedienbaren Elektrode in den Ncl. subthalamicus (der ja ein funktioneller Gegenspieler der Substantia nigra ist) diesen durch einen Stromstoß bei Bedarf inaktivieren. So wird sein bewegungshemmender Einfluss auf das Pallidum blockiert und die Patienten können sich wesentlich besser bewegen. Bei der Dystonie hingegen kann man durch Implantation einer Elektrode in das mediale Pallidumsegment (Bewegungsinhibitor) dieses in seiner Funktion aktivieren und so diese Hyperkinese deutlich mildern.
sche Kortexareale, die von dort aus aktiviert werden. Dem media-
len Pallidumsegment kann man somit eine hemmende Funktion für motorische Impulse zuschreiben. Das laterale Pallidumseg-
9.2.6 Claustrum
ment projiziert inhibitorisch in den Ncl. subthalamicus, der wiede-
rum erregend (Glutamat) in das mediale Pallidum projiziert, sodass er den motorikinhibitorischen Anteil des Pallidums aktiviert. Dabei wird er aber inhibitorisch vom lateralen Pallidumsegment kontrolliert, sodass diesem eine bewegungsfördernde Funktion zukommt. Wird dieses bewegungsfördernde Zentrum von den GABAerg-inhi-
Diese dünne, aber relativ ausgedehnte Lage grauer Substanz zwi-
bitorischen Fasern des Striatums gehemmt, kann es den Ncl. subthalamicus nicht mehr inhibieren, der dann „enthemmt“ den
gehend unbekannt (allein, dass es so etwas bei einer doch recht prominenten Struktur im Gehirn heute noch gibt, ist für den Autor
Teil des Pallidums aktiviert, der unterdrückt. Die Impulsschleife ment - Thamalus wird direkter rekten Weg vom Pallidum zum
faszinierend). Es gibt sehr interessante, aber letztlich weitgehend
motorische Impulse im Thalamus Striatum — mediales PallidumsegWeg genannt (bezogen auf den diThalamus). Die Schleife über den
Ncl. subthalamicus, also Striatum
— laterales Pallidumsegment
—
schen Striatum und Inselrinde ( >- Abb. 9.4, 7) weist reziproke Fa-
serverbindungen zu fast allen Teilen der Großhirnrinde und möglicherweise auch zu subkortikalen Zentren wie dem Ncl. caudatus und dem Hippocampus auf. Die Funktion des Claustrums ist weit-
spekulative Annahmen dazu, wie z. B. dass das Claustrum aufgrund
seiner weitreichenden kortikalen Faserverbindungen eine Art synchronisierende Aufgabe hat, die die Aktivitäten der verschiedenen Hirnareale aufeinander abstimmen
soll und/oder, dass es beson-
ders wichtig für Aufmerksamkeit und Wachbewusstsein sei. Gesicherte Kenntnisse hierzu fehlen aber. 16 ballein (gr.) = werfen
206
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
Abb. 9.12 Verschaltungsmuster der Basalganglien mit den beteiligten Transmittern. + und —- geben an, ob die entsprechenden Projektionen hemmend oder erregend sind, wobei hemmende Bah-
nen rot, erregende grün dargestellt sind. Rot unterlegte Kästchen stellen ein motorikhemmendes, grün unterlegte ein motorikförderndes Zentrum dar. Abkürzungen: DA = Dopamin, GABA = y-Aminobuttersäure, Glu =
Glutamat. VA/VL = Ncl. ventralis anterolateralis des Thalamus. Der direkte Weg ist durch einen schwarz ge-
rahmten Pfeil, der indirekte Weg durch gestreifte Pfeile kenntlich gemacht. Weitere Erläuterung s. Text. [T873,
L106]
9.2.7 Zusammenwirken der Basalganglien und Dieser Abschnitt soll noch einmal in einer funktionellen Übersicht
Der erste Weg führt direkt zu den bewegungsvorbereitenden Zentren im motorischen und prämotorischen Kortex des Frontallappens (>- Kap. 9.6.1). Ehe die Bewegungsimpulse aber ins Rückenmark bzw. in den Hirnstamm zur Aktivierung der dortigen
zusammenfassen, was bisher zur zentralen Regulation der Motorik
Motoneurone weitergeleitet werden können, bedarf es der „Rück-
beschrieben wurde.
meldung“ von den beiden anderen Wegen der motorischen Impulse (s.u.). Wir können diesen Vorgang sehr vereinfachend mit einem Flugzeug (Bewegungsimpulse) vergleichen, das einen Flugha-
zentrale Regulation der Motorik
In ihrem Zusammenspiel bewirken die Basalganglien eine feine Abstimmung aller Bewegungsimpulse, die im Assoziationskortex entworfen wurden und „situationsgerecht“ zur Ausführung gelangen oder unterdrückt werden. M.E.R.K.E
fen (Motoneurone
im Rückenmark/Hirnstamm)
ansteuert,
auf
dem aber noch nicht alle Vorkehrungen zur sicheren Landung getroffen sind. Deshalb muss das Flugzeug (Bewegungsimpulse) sog. Warteschleifen fliegen, bis vom Flughafen die konkreten Landeins-
Wichtigste Aufgabe der Basalganglien ist somit die Steuerung von Aus-
truktionen (durch die beiden anderen Wege der Motorik, nämlich
maß, Richtung, Kraft und Geschwindigkeit einer Bewegung.
über Basalganglien und Kleinhirn) gegeben werden. Die erwähnten „Warteschleifen“ gehen vom motorischen und prämotorischen
Wie in > Kap. 7.4 besprochen, müssen wir uns das Zustandekommen einer spontanen Bewegung vereinfacht so vorstellen, dass der ursprüngliche Bewegungsantrieb vor allem im limbischen System entsteht, das seine entsprechenden Impulse an den Assoziationskortex (insbesondere des Frontalhirns, einschließlich prä- und supplementärmotorischer Areale) weitergibt. Von hier aus nehmen die Bewegungsimpulse nun drei getrennte Wege, die erst nach zahlreichen Verschaltungen wieder im Thalamus und im motorischen Kortex konvergieren, um schließlich über die kortikonukleäre oder
kortikospinale Bahn zum Hirnstamm oder Rückenmark weitergeleitet zu werden ( > Abb. 9.13).
Kortex in Form einer rückkoppelnden, kortiko-thalamo-kortikalen Neuronenschleife aus, also vom Kortex zu dem für motorische Kor-
texareale spezifischen Thalamuskern (Ncl. ventralis anterolateralis) und von dort wieder zurück zum Kortex. Der zweite Weg geht vom Kortex über den kortikopontinen Trakt zum Kleinhirn, wo die Bewegungsentwürfe des Assoziationskortex moduliert und korrigiert werden (>- Kap. 7.4). Von
dort aus führt der Weg des modulierten, fein abgestimmten Bewegungsentwurfs zum Thalamus (Ncl. ventralis anterolateralis, über den auch die oben erwähnte kortiko-thalamo-kortikale Neuronenschleife erfolgt).
9.2 Basalganglien und assozlierte Strukturen, zentrale Regulation der Motorik Der dritte Weg führt über die Basalganglien zum gleichen Kern des Thalamus. Wichtig ist es zu verstehen, dass im Thalamus (oder
spätestens im motorischen Kortex) die „Fäden zusammenlaufen“. Hier greifen Kleinhirn und Basalganglien in die oben erwähnte prämotorische kortiko-thalamo-kortikale Neuronenschleife ein und modulieren sie (im Sinne des obigen Vergleichs erhält das Flugzeug also hier konkrete Instruktionen, wann es wo und wie landen soll). Das Impulsmuster, das vom Thalamus zum motorischen Kortex
weitergegeben wird, gelangt dann schließlich zur Ausführung. Die große Eintrittspforte in diesen dritten Weg vom Kortex aus ist das Striatum, das die Impulse des Assoziationskortex moduliert
zum Pallidum weiterleitet, wobei nun beide Teile der Basalganglien antagonistisch auf die Bewegungsimpulse des Assoziationskortex einwirken: je nach Anteil mehr hemmend oder mehr bahnend bzw. permissiv. Das Pallidum übt seinen Einfluss direkt über den Thala-
207
Entscheidende Rollen bei der Modulation der inhibitorischen oder exzitatorischen Bearbeitung der Bewegungsimpulse spielen auch die Substantia nigra und der Ncl. subthalamicus, wobei man der Substantia nigra eine fördernde, dem Ncl. subthalamicus eine hemmende Funktion für die Motorik zusprechen kann. Zusammenfassend können wir also festhalten, dass die motorischen Impulse vom Kleinhirn fein abgestimmt und von den Basalganglien bahnend oder unterdrückend verarbeitet werden, wobei beide Anteile motorischer Integration im Thalamus (und z. T. auch im Kortex) konvergieren. Dort wird ein „Fazit“ gezogen: Fein abgestimmte Bewegung wird zugelassen/nicht zugelassen bzw. in bestimmter Form zugelassen. Dieses Fazit wird dann dem Motokortex vermittelt, der via Pyramiden- und extrapyramidale Bahnen die Bewegungsimpulse ins Rückenmark weiterleitet. Zur Übersicht > Abb. 9.13.
musanteil aus, der den (prä-)motorischen Kortex aktiviert. Vom Erregungszustand des Pallidums hängt es ab, ob im Thalamus die
Bewegungsimpulse
der
kortiko-thalamo-kortikalen
Neuronen-
schleife, welche durch die aus dem Kleinhirn kommenden Impulse fein koordiniert werden, anschließend im Motokortex zu einer Ak-
tivierung und damit Bewegungsinitiation führen. Wird der bewegungsfördernde Teil des Pallidums durch das Striatum gehemmt, überwiegen
im Thalamus
die inhibitorischen
Impulse,
und
der
durch die Kleinhirnsignale koordinierte Bewegungsentwurf der kortiko-thalamo-kortikalen Neuronenschleife wird „verebben“, oh-
ne im Motokortex zu einer entsprechenden Erregung zu führen. All dies wird durch zahlreiche Parameter moduliert, wobei auch
die Aktivität der „unspezifischen“ Thalamuskerne eine wichtige Rolle spielt, die wiederum vom aufsteigenden retikulären aktivie-
renden System (ARAS) und damit auch durch Sinnesafferenzen gesteuert wird. Der Thalamus erregt die motorikfördernden Teile der Basalganglien und wirkt so ebenfalls indirekt bahnend für Bewegungsimpulse.
KLINIK Diese drei Wege der Verarbeitung motorischer Impulse haben in ihrer Unterschiedlichkeit große klinische Bedeutung, weil man so motorische Störungen einzelnen Strukturen des ZNS diagnostisch zuordnen kann. Lähmungserscheinungen treten z. B. nur bei Störungen auf Ebene des ersten Wegs oder der ausführenden Endstrecke zum Hirnstamm/Rückenmark auf (motorischer/prämotorischer Kortex, motorischer Thalamuskern, thalamokortikale Bahn oder kortikonukleäre bzw. kortikospinale Bahnen), da ja die beiden anderen Wege nur der Bewegungsmodulation, nicht der direkten Bewegungsinitiation dienen. Bei Läsionen auf Ebene des zweiten Wegs (absteigende Bahnen zum Kleinhirn einschließlich Brückenkerne, Kleinhirn selbst, efferente Bahnen
des Kleinhirns) kommt es zu Störungen der Bewegungskoordination (Ataxie).
Bei Schädigungen auf Ebene des dritten Wegs (Basalganglien: Striatum, Pallidum, Ncl. subthalamicus, Substantia nigra) resultieren Störungen des Bewegungsausmaßes (Hyper- oder Hypokinesen).
Abb. 9.13 Verschaltung von Basalganglien und Kleinhirn im Rahmen der zentralen Regulation der Motorik. Vereinfachtes Schema. Der Übergang von der Bewegungsinitiation über die Modulation des Bewegungsentwurfs bis zur Bewegungsausführung ist durch den Farbübergang von gelb über rot zu blau symbolisiert. Die im Text geschilderten drei Wege sind mit 1-3 nummeriert. Zur topographischen Orientierung > Abb.
7.13. Abkürzung: VA/VL = Ncel. ventralis anterior und Nel. ventralis lateralis (kurz: Ncl. ventralis anterolateralis) des Thalamus. [T873, L106]
(f l( '.".".".
208
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
Basalganglien und extrapyramidal-motorisches System
In den Tractus olfactorius ist der Ncl. olfactorius anterior (auch:
Früher nahm man an, dass die Basalganglien das oberste Steuerzentrum des extrapyramidalmotorischen Systems (S. 100) seien. Man dachte, die Basalganglien arbeiteten motorische Konzepte ohne willkürliche Kontrolle unabhängig vom motorischen Kortex aus und projizierten über extrapyramidale Bahnen ins Rückenmark. Auch in der Klinik spricht man fälschlich immer noch häufig von „extrapyramidalen Erkrankungen“, wenn man Erkrankungen der Basalganglien meint. Wie oben ausgeführt, beeinflussen sie aber die pyramidale ebenso wie die exftrapyramidale Motorik. Die extrapyramidalen Zentren des Hirnstamms werden insbesondere vom prämotorischen (und geringfügig auch vom motorischen) Kortex aus aktiviert. Zwar haben Teile der Basalganglien tatsächlich direkte Projektionen zu extrapyramidalen Zentren, doch werden diese Zentren als Ganzes weder hauptsächlich von den Basalganglien aus gesteuert, noch ist eine solche Steuerung die Hauptaufgabe der Basalganglien. Ihre Hauptaufgabe besteht vielmehr in der generellen Modulation motorischer Impulse, die vor allem im Kortex ausgearbeitet und initiiert wurden.
Regio retrobulbaris) eingelagert. Die hier verschalteten Impulse aus dem Bulbus olfactorius werden über die Commissura anterior der Riechrinde der Gegenseite zugeleitet. In den Projektionszielen der Stria olfactoria lateralis kommt die Riechwahrnehmung zum Bewusstsein. Diese Projektionsziele sind: e Präpiriformer Kortex an der Basis des Frontallappens und übergehend auf die rostromediale Seite des Temporallappens (primäre Riechrinde im engeren Sinne, > Abb. 9.14a, 8)
* Entorhinaler Kortex (Area entorhinalis), schließt sich im
Temporallappen dorsal an den präpiriformen Kortex an * Corpus amygdaloideum ( >- Kap. 9.3.3).
Die Projektionsziele der Stria olfactoria medialis sind das e Tuberculum olfactorium und die
e Septumregion (Area septalis). Das Tuberculum olfactorium ( >- Abb. 9.14a, 7) steht eng in Ver-
einen sehr kleinen, vor allem frontobasal gelegenen Teil des Groß-
bindung mit dem Necl. accumbens des ventralen Striatums und spielt so eine Rolle bei der Integration der Geruchswahrnehmung mit Impulsen aus anderen Hirnarealen. Die Region des Tuberculums weist an ihrer Oberfläche zahlreiche Gefäßeintritte auf und wird deshalb auch Substantia perforata anterior genannt (gegenübergestellt der Substantia perforata posterior zwischen den bei-
hirns aus. Im Einzelnen gehören die folgenden Zentren dazu
den Crura cerebri).
9.3
Paleokortex und Riechhirn
Der phylogenetisch älteste Teil der Großhirnrinde ist der Paleokortex. Er bildet mit seinen Strukturen das Riechhirn und macht nur
(> Abb. 9.14): Vom olfaktorischen Kortex aus wird die olfaktorische Information
Bulbus olfactorius und Tractus olfactorius Tuberculum olfactorium Septum mit der Stria diagonalis präpiriformer Kortex kortikale Anteile des Corpus amygdaloideum.
9.3.1
an verschiedene vegetative Zentren, aber auch über den Thalamus
an frontobasale Neokortexareale (orbitofrontaler Kortex) weitergeleitet ( > Abb. 9.14a, 10), die eine Art sekundären olfaktorischen Kortex darstellen, in dem Geruchsinformationen analysiert, inter-
pretiert und erkannt werden.
Riechbahn und Riechrinde (olfaktorischer
9.3.2 Septumregion (Area septalis)
Kortex) Die Sinneszellen der Riechschleimhaut sind primäre Sinneszellen und stellen somit das erste Neuron der Riechbahn dar. Ihre Fortsät-
ze bilden den I. Hirnnerv (N. olfactorius) und projizieren in den Bulbus olfactorius ( >- Abb. 9.14a, 3). Dort werden ihre Impulse in mikroskopisch
abgrenzbaren
Einheiten,
den
Glomeruli,
ver-
schaltet. Dabei enden jeweils Fortsätze von Sinneszellen, die dieselbe Geruchsqualität wahrnehmen, im selben Glomerulum. Die ver-
Die Septumregion wird oft als Septum verum dem nur aus Gliagewebe bestehenden Septum pellucidum ( >- Abb. 9.2, 15) gegenübergestellt. Sie liegt an der medialen Hemisphäre unterhalb der Commissura anterior und reicht mit Teilen bis hinunter zur Hirnbasis (>- Abb. 9.15, 8). Sie setzt sich aus kortikalen und subkorti-
kalen Anteilen zusammen. Dazu gehört auch das größere Kerngebiet der Stria diagonalis (diagonales Band von Broca), die als transversal ausgerichtetes Zellband entlang dem kaudalen Ende der
schiedenen Geruchsqualitäten werden also topisch getrennt im Bulbus olfactorius verarbeitet. Die verschalteten Impulse werden dann über den Tractus olfactorius ( > Abb. 9.14a, 4) dem olfakto-
Substantia perforata anterior verläuft ( >- Abb. 9.14a, 9). Afferent
rischern Kortex zugeleitet, der im Bereich der Substantia perforata
Formatio reticularis des Hirnstamms ( >
anterior und angrenzender Allokortexgebiete liegt ( > Abb. 9.14a, 7-8). Der Tractus olfactorius teilt sich im Trigonum olfactorium in eine Stria olfactoria medialis und in eine Stria olfactoria late-
limbischen Systems (s. u.) und dem Hypothalamus verbunden. Aufgrund dieser Faserverbindungen hat das Septum eine wichtige
ralis auf (>- Abb. 9.14a, 5 und 6), die zu den kortikalen Projek-
Gedächtnisleistungen des Gehirns.
tionszielen der Riechbahn ziehen ( > Abb. 9.14b).
und efferent sind die Septumkerne nicht nur mit olfaktorischen Kortexarealen, sondern auch mit den monoaminergen Zentren der
Funktion
für emotionale,
vegetative
Kap. 6.3.3), Anteilen des
und
möglicherweise
auch
9.3
Paleokortex und Riechhirn
209
Abb. 9.14 Riechhirn. a Strukturen der Riechbahn und der Riechrinde in der Basalansicht (primäre Riechrindenareale gelb, sekundäre orange)
1 Frontallappen, 2 Temporallappen, 3 Bulbus olfactorius, 4 Tractus olfactorius, 5 Stria olfactoria medialis, 6 Stria olfactoria lateralis, 7 Tuberculum olfactorium im
Bereich der Substantia perforata anterior, 8 präpiriformer Kortex = primäre Riechrinde im engeren Sinne (beachte, dass der präpiriforme Kortex von der Basalseite des Frontallappens auf die Medialseite des Temporallappens übergeht; da diese Region von basal her nicht
Tractus olfactorius
sichtbar ist, ist der Umriss gestrichelt dargestellt). Vom Stria olfactoria lateralis
Septum stellt sich von basal her nur das kaudale Ende der 9 Stria diagonalis dar. 10 Sekundäre olfaktorische Areale (Teile des Neokortex, also nicht mehr Riechrinde im engeren Sinne).
Die zum Riechhirn gehörenden, kortikalen Teile des Corpus amygdaloideum im Temporallappen sind in der Basalansicht nicht sichtbar. b Wichtigste Stationen und Projektionen der
1'. Tuberculum '
‚olfactorium
‚.
Kortex (primäre /
: ND
Riechbahn. [T873, L106]
9.3.3 Corpus amygdaloideum
Die Mehrzahl der afferenten und efferenten Fasern des Corpus amygdaloideum
verläuft in der Stria terminalis, die medial des
Das Corpus amygdaloideum (kurz: Amygdala), auch als Mandelkern'’ bezeichnet, besteht aus mehreren Einzelkernen, ein Teil des Kerns ist auch in den temporalen Kortex integriert. Es liegt im Temporallappen rostral des Hippocampus ( > Abb. 9.15, 5), im Frontalschnitt etwa auf Niveau des Hypophysenstiels (>- Abb.
wichtiges Faserbündel ist die basale Mandelkernstrahlung (Fibrae amygdalofugales ventrales), die Fasern von der Amygdala ins Sep-
9.47a, 12).
tum, in den Hypothalamus und den frontobasalen Kortex führt.
17 amygdale (gr.) = Mandel
Ncl. caudatus, seinem geschwungenen Verlauf folgend zwischen diesem und dem Thalamus in der Wand des Seitenvertrikels zum Septum, ins Zwischenhirn und zum Hirnstamm zieht. Ein weiteres
210
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
Abb. 9.15 Die wichtigsten Komponenten des limbischen Systems. 1 Gyrus cinguli, 2 Hippocampus mit Gyrus dentatus, der sich zum einen mit seinen efferenten Fasern unterhalb des Corpus callosum (Balken) als 3 Fornix und zum an-
deren als dünner Streifen grauer Substanz dorsal des Balkens als 4 Indusium griseum fortsetzt, 5 Corpus amygdaloideum, 6 Corpus mammillare, 7 Gyrus parahippocampalis, 8 Septumregion. [T873, L106]
Funktion
9.4 Archikortex und limbisches System
Neben einem modulierenden Einfluss auf die vegetativen Zentren des Hypothalamus (Nahrungsaufnahme, Hormonsekretion, Kreis-
laufregulation u. a.) wird dem Corpus amygdaloideum insbesondere die Vermittlung von Angstemotionen sowie Flucht- und anderer, emotional ausgelöster motorischer Reaktionen, z.B. der Initiation des Lachens
oder Weinens,
zugeschrieben.
Eine besondere
9.4.1 Bestandteile des limbischen Systems Das limbische System setzt sich großenteils aus allokortikalen (= paleo- und archikortikalen) Strukturen zusammen. Ursprünglich wurde der Begriff geschaffen, um bestimmte Gehirnteile zu be-
Rolle spielt die Amygdala für die emotionale Bewertung von Sinnesreizen und für die Speicherung emotional betonter Gedächt-
schenhirn herumlegen. Der Begriff „limbisches System“ hat sich
nisinhalte.
seither erweitert, ist zu einem Schlagwort für die „Emotionslokali-
schreiben, die sich wie ein Saum!* um den Balken und das Zwi-
sation im Gehirn“ geworden und ist in seinen zugehörigen Zentren häufig nur unklar definiert. Folgende Strukturen werden meist da9.3.4
Basale Vorderhirnstrukturen
zugezählt ( > Abb. 9.15):
Ventral des Pallidums erstreckt sich an der Basis des Frontallappens eine Gruppe von Kernen, die basale Vorderhirnstrukturen genannt werden. Ein besonders wichtiger Kern ist der Ncl. basalis (Meynert). 90 % seiner Neurone sind acetylcholinerg. Er erhält Afferenzen von Zentren des limbischen Systems (s. u.) und projiziert
Hippocampusformation
efferent in nahezu alle Bereiche des Neokortex (es ist bei Weitem
Gyrus cinguli * Corpus amygdaloideum Corpus mammillare.
die intensivste cholinerge Projektion, die der Kortex erhält). Er ist damit ein Bindeglied zwischen dem limbischen System und dem Neokortex. Der Kern ist auf diese Weise sehr wichtig für kognitive Leistungen des Gehirns, die beeinträchtigt sein können, wenn man
- Hippocampus (einschließlich Gyrus dentatus) — Gyrus parahippocampalis mit Subiculum und Area entorhinalis Fornix
Ferner werden meist dazugezählt:
anticholinerg wirkende Medikamente verabreicht. e große Teile des Riechhirns einschließlich Septumregion KLINLK Bei Demenzen'®, insbesondere bei der Alzheimer-Krankheit, beobach-
tet man einen drastischen Neuronenuntergang in den cholineren basalen Vorderhirnstrukturen, ganz besonders im Ncl. basalis. Auch in anderen ZNS-Bereichen degenerieren Neurone, z. B. im Corpus amygdaloideum, in der Area entorhinalis und im Hippocampus sowie in weiten Bereichen der
Großhirnrinde. Diese Erkrankung zeichnet sich durch zunehmende Merkfähigkeitsstörungen, fortschreitende zeitliche und örtliche Orientierungslosigkeit, Sprachstörungen und später motorische Unruhe aus.
* Indusium griseum
* Thalamusanteile (speziell die mit obigen Strukturen in Verbindung stehenden Kerne).
18 dementia (lat.) = Wahnsinn, ohne Verstand (de = ohne, mens = Geist, Verstand). Der Begriff Demenz wird klinisch für alle Formen des Verlusts erworbe-
ner intellektueller Fähigkeiten verwendet. 19 |imbus (lat.) = Saum
9.4 Archikortex und limbisches System
211
Abb. 9.16 Lage des Hippocampus und des Fornix in den Hemisphären. 1 Hippocampus mit Pes hippocampi (nur für die linke Hirnhälfte dargestellt), 2 Gyrus dentatus (nur für die lin-
ke Hirnhälfte dargestellt). Der Hippocampus setzt sich unterhalb des Balkens (Corpus callosum) strukturell fort in die 3 Crura fornicis, die über die 4 Commissura forni-
cis in das 5 Corpus fornicis übergehen. Dieses teilt sich rostral wieder in die beiden 6 Columnae fornicis, die
schließlich in den 7 Corpora mammillaria enden. 8 Hinterhorn des Seitenventrikels (nur für die linke Hirnhälfte dargestellt), 9 Corpus callosum (seitlich und in der Mitte nach dorsal abgetrennt), 10 Sulcus centralis, 11 Fis-
sura longitudinalis cerebri (Interhemisphärenspalt). [T7873, L126]
Viele dieser Regionen wurden im vorausgegangenen Text bereits besprochen, die übrigen werden in den folgenden Kapiteln geschildert.
9.4.2
Hippocampus
Der Hippocampus besteht aus dem Gyrus dentatus und dem Ammonshorn (auch: Hippocampus proprius). Sie bilden makroskopisch eine gemeinsame Struktur, die zum größten Teil im Schläfenlappen an der Medialwand des Seitenventrikelunterhorns liegt (> Abb. 9.16). Als Hippocampusformation wird der Hippocampus gemeinsam mit dem medial davon liegenden Gyrus parahippocampalis (mit Area entorhinalis und Subiculum) bezeichnet. Mit seinem rostralen Endstück bildet er dort eine tatzenähnliche Struktur (Pes hippocampi, > Abb. 9.16, I). Nach hinten oben reicht er, entsprechend der Rotationsbewegung der Hemisphären in der Embryonalentwicklung, in einem Bogen bis zum kaudalen Ende des Balkens (Corpus callosum). Von dort aus setzt er sich
dann strukturell unterhalb des Balkens in die Faserstruktur des Fornix fort ( > Abb. 9.16, 4-6). Der Fornix zieht unterhalb des Bal-
kens in einem Bogen über dem III. Ventrikel nach rostral und ventral weiter und endet in den Corpora mammillaria. Oberhalb des Balkens setzt sich der Hippocampus in einem dünnen Streifen grauer Substanz (Indusium griseum“”) fort ( > Abb. 9.15, 4).
Bei diesem Indusium griseum handelt es sich um Reste der Hippocampusanlage aus der Embryonalzeit, in der der Hippocampus zu-
20 indusium (lat.) = Schleier
nächst oberhalb des Balkens liegt und erst sekundär durch die Hemisphärenrotation nach kaudal in den Temporallappen verlagert wird. Afferenzen
Afferenzen erhält der Hippocampus besonders zahlreich über den Tractus perforans von der medial des Hippocampus im Gyrus parahippocampalis liegenden Area entorhinalis (auch: Regio entorhinalis). Über diese Region fließen dem Hippocampus u. a. modulierte sensorische Impulse aus dem Neokortex und dem Rhinencephalon zu. Weiterhin erhält der Hippocampus afferente Fasern aus dem Thalamus, dem Gyrus cinguli, dem Corpus amygdaloideum und über den Fornix aus dem Septum. Efferenzen
Nahezu alle Efferenzen des Hippocampus verlaufen im Fornix. Dieser gibt auf seinem Weg Faserzüge an das Septum, Corpus amygdaloideum sowie den Hypothalamus ab und endet mit dem Großteil der Fasern in den Corpora mammillaria. Hierbei bildet sich der sog. Papez-Neuronenkreis ( > Abb. 9.17): Der Hippocampus projiziert über den Fornix in die Corpora mammillaria, diese (über den
Fasciculus mammillothalamicus)
in den Ncl. anterior des Thala-
mus, der als „spezifischer“ Thalamuskern für limbische Kortexbe-
reiche wiederum in den Gyrus cinguli projiziert. Der Gyrus cinguli projiziert wie zahlreiche andere Kortexgebiete in die Area entorhinalis im Gyrus parahippocampalis. Diese sendet über den Tractus perforans Fasern „zurück“ zum Hippocampus, wodurch sich der Kreis schließt.
212
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
Abb. 9.17 Papez-Neuronenkreis. Dies ist der bekannteste Neuronenkreis des limbischen Systems. Er zieht vom 1 Hippocampus über den 2 Fornix zum 3 Corpus mammillare, von dort über den 4 Fasciculus mammillothalamicus (Vicq-d’Azyr-Bündel) zum 5 Thalamus (Ncl. anterior), von dort zum 6 Gyrus
cinguli und von dort über das 7 Cingulum (ein trakt in der Tiefe des Gyrus cinguli) zur 8 Area nalis im Gyrus parahippocampalis, die wieder Tractus perforans zurück zum 1 Hippocampus
Faserentorhiüber den projiziert,
sodass der Kreis geschlossen ist. [T873, L106]
Es gibt verschiedene Varianten dieses berühmten Neuronenkreises, die aber alle die Komponenten Hippocampus - Fornix - Corpus mammillare — Ncl. anterior des Thalamus — Area entorhinalis gemeinsam haben. Schaltkreise mit diesen Komponenten haben eine entscheidende Funktion bei der Überführung von Inhalten vom Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis ( > Kap. 9.4.4). KLINIK Eine Zerstörung bereits eines der Glieder dieser Neuronenkreise (Hippocampus, Fornix, Carpora mammillaria, Thalamus, Gyrus parahippocampalis/Area entorhinalis) hat erhebliche Merkfähigkeitsstörungen zur Folge. Neue Inhalte können nicht mehr länger als höchstens ein bis zwei Minuten behalten werden. Dagegen bleiben alte, bekannte Dinge im Gedächtnis erhalten, da sie nicht mehr vom Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis
überführt werden müssen.
Funktion
Unter den Schaltstellen des Papez-Neuronenkreises ist der Hippocampus eine entscheidende Struktur für die Gedächtnisbildung. Auch ermöglicht er, z. T. mit definierten Netzwerken von sog. Ortsund Rasterzellen, das Lernen der Orientierung im Raum im Sinne
eines inneren „Kartierungs- und Navigationssystems“. Zudem nimmt der Hippocampus als Bestandteil des limbischen Systems Einfluss auf endokrine, vegetative und emotionale Vorgänge.
KLINLK Läsionen des Hippocampus Eine doppelseitige Schädigung des Hippocampus kann z.B. bei Durchblutungsstörungen, im Rahmen einer Herpesvirus-induzierten Enzephalitis (Gehirnentzündung) oder auch bei Krankheiten mit spontanem frühzeitigem Absterben von Nervenzellen (neurodegenerative Erkrankungen wie M. Alzheimer) eintreten. Dies führt über den oben erklärten Verlust der Merkfähigkeit zu völliger zeitlicher und Örtlicher Desorientierung. Aber auch in anderen Zusammenhängen hat der Hippocampus große klinische Bedeutung: Hippocampus und Epilepsie Der Hippocampus hat nicht nur bei bestimmten Farmen von Gedächtnis-
störungen große klinische Relevanz, sondern auch bei Epilepsien. In die-
sem Bereich des Gehirns findet sich häufig eine auf kleine Areale beschränkte Sklerosierung (sog. mesiale temporale Sklerose), die zu einer ausgeprägten Bereitschaft zur spontanen, krankhaften Entladung von Neuronen führt. Auch andere pathologische Prozesse (z.B. Entzündun-
gen, Tumoren, Gefäßfehlbildungen oder Narben nach Durchblutungsstörungen) können dazu führen. Es kommt dann zur periodenweisen Auslösung sehr charakteristischer epileptischer Anfälle, die als komplex-fokale Anfälle bezeichnet werden. Nach viszeralen Empfindungen aus der Magengegend oder spontanen Geschmacksempfindungen (Aura) tritt plötzlicher Bewusstseinsverlust ein, manchmal begleitet von schmatzenden oder kauenden Mundbewegungen. Dieser Zustand dauert meist nur kurz an. Eine Störung von Neuronenkreisen GABAerger hippocampaler Interneurone spielt dabei eine Schlüsselrolle.
9.4 Archikortex und limbisches System Hippocampus und Schizophrenie Schizophrene Psychosen sind u.a. durch erhebliche Denkstörungen (z. B. Wahnvorstellungen) und Halluzinationen gekennzeichnet. Dabei finden sich mehrere hirnorganische Veränderungen. Neben der bereits in > Kap. 6.3.3 (S. 140) beschriebenen Überaktivität dopaminerger Zentren im Mittelhirn besteht auch eine massive Verminderung vor allem glutamaterger Neurone in den limbischen Strukturen des Temporallappens, insbesondere im Gyrus parahippocampalis und im Hippocampus.
213
auch des Paleokortex manches gemeinsam. So werden Archi- und Paleokortex auch oft als Allokortex dem sechsschichtigen Neooder Isokortex (s.u.) gegenübergestellt. Allerdings stellt die Dreischichtigkeit des Allokortex eine Vereinfachung dar, denn bei Anwendung entsprechender Nachweistechniken lassen sich in den meisten Allokortexarealen zusätzliche Schichten abgrenzen. Aus didaktischen Gründen behalten wir jedoch hier das Prinzip der dreischichtigen Gliederung bei. Die Archikortexstruktur ist im Am-
Hippocampus und Alzheimer-Erkrankung
monshorn deshalb schwierig zu erfassen, weil sich der Kortex hier
Bei der in > Kap. 9.3.4 beschriebenen Alzheimer-Demenz kommt es bereits früh im Laufe der Erkrankung zu Rezeptorveränderungen, später auch zu einem Untergang von Neuronen des Hippocampus und angrenzender Regionen wie der Area entorhinalis. Dies erklärt u. a., das Leitsymptom der Krankheit, die Merkfähigkeitsstörungen.
einrollt und dabei noch zusätzlich den Kortex des Gyrus dentatus
9.4.3 Histologie der Hippocampusformation und des Archikortex
mit einschließt, sodass zum Teil mehrere Dreierschichten des Ar-
chikortex übereinander liegen. Innen, also dem Ependym des Unterhorns des Seitenventrikels zugewandt, liegt dem Archikortex des Ammonshorns
eine Faserschicht auf (Alveus,
> Abb. 9.18a, 9),
die efferente (und wenige afferente) Fasern des Hippocampus führt und in der Fimbria hippocampi ( > Abb. 9.18a, 8) in den Fornix übergeht. Nach außen zu schließen sich dann die drei klassischen Archikortexschichten
an:
das
Stratum
oriens
(Korbzellschicht;
> Abb. 9.18a, 10), dann das großzellige Stratum pyramidale (PyDer größte Anteil des Archikortex wird vom Hippocampus und Gyrus dentatus gebildet. Um ihn herum liegen einige Strukturen, die ebenfalls zum Archikortex gehören (u.a. Teile des Gyrus parahippocampalis und des Gyrus cinguli). Der Archikortex zeichnet sich durch eine besondere mikroskopische Rindenstruktur aus, die
nicht wie der Neokortex sechsschichtig, sondern annäherungsweise dreischichtig ist. Im frontalen Querschnitt der Hippocampusformation sieht man die sehr typische eingerollte Archikortexstruktur ( > Abb. 9.18a). Man unterscheidet dabei drei Bereiche:
ramidenzellschicht;
> Abb. 9.18a, 11) mit großen glutamatergen
Neuronen und schließlich das zellarme Stratum moleculare (Molekularschicht;
> Abb. 9.18a, 12). Im Stratum moleculare können
ein Stratum (auch: Substratum) radiatum ( > Abb. 9.18a, 13) und ein Stratum (auch: Substratum) lacunosum (auch: Stratum lacucunosum-moleculare) ( > Abb. 9.18a, 14) abgegrenzt werden, so-
dass diese Schicht auch als Stratum radiatum-lacunosum-moleculare bezeichnet wird. Diese Schicht dient hauptsächlich der interneuronalen Verschaltung zwischen Pyramiden- und Korbzellen. Man sieht aber hier, dass die Dreischichtgliederung eigentlich eine Vereinfachung ist und mindestens vier, mit Alveus fünf Schichten
* Gyrus dentatus * Cornu ammonis (Ammonshorn, Hippocampus im engeren Sinne)
* Subiculum. Wenn man die eingerollte Rindenstruktur mit dem Schwanz eines Seepferdchens vergleicht”, dann entspricht der Gyrus dentatus dem „distalen“ Teil des Schwanzes, nach „proximal“ schließt sich
das Cornu ammonis an, am Übergang zum Körper des Seepferdchens befindet sich das Subiculum und der Seepferdchenkörper selbst entspricht dann dem nicht mehr dem Hippocampus angehörenden sechsschichtigen entorhinalen Kortex des Gyrus parahippocampalis. Der Gyrus dentatus ist das wichtigste afferente System des Hippocampus, während das Subiculum einen Großteil des efferenten Systems des Hippocampus bildet, sodass ein wesentlicher Teil des Informationsflusses im Hippocampus vereinfacht auf die Formel Gyrus dentatus > Cornu ammonis > Subiculum > Fornix gebracht werden kann. Die histologische Struktur des Hippocampus hat mit derjenigen des restlichen, im Prinzip meist dreischichtigen, Archikortex und z. T.
vorliegen. Wie auch im Neokortex (s. u.) bilden die glutamatergen Pyramidenzellen als größte Neurone mit ihren langen, zentripetal (also in den Alveus) gerichteten Fortsätzen das efferente System des Archikortex. Man kann vor allem anhand der unterschiedlichen Dichte und Größe der Pyramidenzellen das Cornu ammonis in die Felder CA1-CA4 einteilen (>- Abb. 9.18a, 3-6). Im Gyrus dentatus, der
sich um die Region CA4 des Ammonshorns herumlegt, ist das Stratum pyramidale durch ein Stratum granulosum ersetzt (>- Abb. 9.18a,
15), das entsprechend
kleinere, körnerzellartige
Neurone
statt Pyramidenzellen enthält. Funktionell sind in der Hippocampusformation wichtige Neuronenkreise aktiv. Pyramidenzellen der Area entorhinalis des Gyrus parahippocampalis ( >- Abb. 9.18b, 2) projizieren über den Tractus perforans (> Abb. 9.18b, 3) auf die Körnerzellen im Gyrus dentatus ( > Abb. 9.18b, 4). Diese projizieren mit ihren Axonen, den Moosfasern (>- Abb. 9.18b, 5), auf die Pyramidenzellen im
Feld CA3 (>- Abb. 9.18b, 6). Diese Pyramidenzellen (wie auch die
Pyramidenzellen der Regionen CA1 und 2) projizieren als das efferente System des Hippocampus zum einen über den Alveus und Fimbria hippocampi (>- Abb. 9.18b, 9) zu den efferenten Zielen des Hippocampus (z. B. Septum oder Corpora mammillaria). Zum anderen leiten die Pyramidenzellen aus CA3 die Impulse über sog. Schaffer-Kollateralen (>- Abb. 9.18b, 7) zu Pyramidenzellen im
2! hippokampos (gr.) = Seepferdchen.
Feld CA1 ( >
Abb. 9.18b, 8), die wiederum zurück zum Subiculum
214
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme 16
17
Abb. 9.18 Archikortex der Hippocampusformation a: Mikroskopischer Frontalschnitt durch den Hippocampus. Man kann sechs Felder unterscheiden: den 1 Gyrus dentatus, das 2 Subiculum und dazwischen die vier Felder CA1-CA4 des Ammonshorns (Cornu ammonis). Das
3 Feld CA1 enthält viele kleine Pyramidenzellen, das 4 Feld CA2 zeichnet sich durch besonders große Pyramidenzellen aus, die im 5 Feld CA3 etwas lockerer angeordnet sind. Das Ammonsharn endet mit dem 6 Feld CA4, das histologisch eine besonders aufgelockerte Struktur bildet. Über das 2 Subiculum geht der Hippocampus in den angrenzenden 7 sechsschichtigen entorhinalen Kortex des Gyrus parahippocampalis über. 8 Fimbria hippocampi (Beginn des Fornix). 9 Alveus (enthält fast alle efferenten und einige afferente Fasern des Hippocampus), 10 Stratum oriens, 11 Stratum pyramidale, 12 Stratum moleculare, innerhalb dessen sich noch ein 13 (Sub-)Stratum radiatum und ein 14 (Sub-)Stratum lacunosum (auch: Stratum lacunosum-moleculare) abgrenzen lassen. Das 6 Feld CA4 wird umrundet vom
1 Gyrus dentatus, dessen 15 Neurone des Stratum granulosum (äquivalent zum Stratum pyramidale des Hippocampus) ein dichtes Zellband bilden. Unter dem Stratum granulosum (wenn man die eingerollte Struktur berücksichtigt und diese „entrollt“ denkt, wäre dies in Richtung Oberfläche der Ringe) befindet sich das
16 ebenfalls dem Gyrus dentatus angehörende Stratum moleculare. 17 Umriss des Unterhorns des Seitenventrikels. Nicht berücksichtigt sind die sich am Übergang vom Subiculum zur Area entorhinalis befindlichen Unterabschnitte Pre- und Parasubiculum. [T873, L106]
b: Erregender Neuronenkreis zur Ausbildung der Langzeitpotenzierung bei der Gedächtnisbildung (Erläuterung siehe Text). 1 Entorhinaler Kortex (Area entorhinalis), darin 2 Pyramidenzellen des Gyrus parahippocampalis. 3 Tractus perforans als Projektion auf die 4 Körnerzellen im Gyrus dentatus, die mit ihren 5 Axonen (Moosfasern) auf die 6 Pyramidenzellen im Feld CA3 projizieren. 7 Kollateralen der Axone von 6 zu 8 Pyramidenzellen im Feld CA1. 9 Fimbria hippocampi [T873, L141]
und entorhinalen Kortex projizieren. Dieser erregende Schaltkreis (Area entorhinalis - Gyrus dentatus - CA3 —- CA1 - Subiculum/ Area entorhinalis) mit zirkulierenden Impulsen ist entscheidend für das Lernen und die Gedächtnisbildung (s. u.). Die beim Zirku-
lieren entstehende funktionelle Veränderung der Pyramidenzellen (Langzeitpotenzierung, LTP) ist eine funktionell-strukturelle Basis des Gedächtnisses.
Das Kurzzeitgedächtnis (auch: Arbeitsgedächtnis) scheint ganz besonders eine Leistung des präfrontalen Kortex (großer Teil des Frontallappens, > Kap. 9.6.6), je nach Inhalt aber auch z.T. des posterioren parietalen Kortex zu sein. Das Langzeitgedächtnis dagegen ist eine Leistung der (insbesondere neokortikalen) Großhirnrinde als Ganzes. Neben dem Assoziationskortex sind je nach Gedächtnisinhalt zusätzlich die sekundäre Hörrinde (auditorische Gedächtnisinhalte), motorische Rinde (motorische Gedächtnisinhalte
bzw. Fähigkeiten), Sehrinde (visuelle Gedächtnisinhalte), Gyrus cin-
9.4.4 Anatomische Grundlagen des
Gedächtnisses Die Repräsentation des Gedächtnisses im Gehirn hat große klinische Bedeutung. Neben dem Hippocampus (s. o.) sind je nach Gedächtnisebene und -inhalt weitere Strukturen daran beteiligt. Man unterscheidet folgende Ebenen des Gedächtnisses: * Kurzzeitgedächtnis (Sekunden bis Minuten) * Gedächtniskonsolidierung (Stunden bis Wochen) * Langzeitgedächtnis (Jahre bis Jahrzehnte).
guli (emotionale Gedächtnisinhalte) etc. beteiligt. Diese Rindenfelder werden in > Kap. 9.4.5 und >- Kap. 9.6-9.10 besprochen. Für die Überführung vom Kurz- in das Langzeitgedächtnis (die sog. Gedächtniskonsolidierung), also das „Lernen“ im engeren Sinne, sind ebenfalls je nach Gedächtnisinhalt verschiedene Gehirn-
areale verantwortlich. Dabei ist es wichtig, nach folgenden Kategorien zu trennen: * explizite (= deklarative) Gedächtnisinhalte (Fakten, Ereignisse)
* implizite Gedächtnisinhalte — Handlungsabläufe/Gewohnheiten — motorisches Lernen — emotionales Lernen.
9.4 Archikortex und limbisches System Bei der Überführung aller expliziten Gedächtnisinhalte (bestimmte Ereignisse der Vergangenheit, sachliche Zusammenhänge, räumliche Gegebenheiten etc.) vom Kurz- in das Langzeitgedächtnis spielen der Hippocampus und die anderen Bestandteile der oben ausgeführten Variationen des Papez-Neuronenkreises (Hippocampus - Fornix —- Corpora mammillaria — Fasciculus mammillothalamicus - Thalamus - Gyrus parahippocampalis) eine herausragende Rolle. Störungen in den genannten Strukturen haben schwerwiegende Einbußen der Merkfähigkeit zur Folge, bei oft unbeeinträchtigtem Kurz- und Langzeitgedächtnis sowie unbeeinträchtigter impliziter Gedächtnisbildung. Beim Konsolidieren emotionaler oder vegetativer „Gedächtnis-
inhalte“ (meist in der Form operanten oder klassischen Konditionierens) spielt das Corpus amygdaloideum ( > Kap. 9.3.3) eine herausragende Rolle. Das Erlernen von „Gewohnheiten“
und von Handlungsmus-
tern auf bestimmte Reize hin (prozedurales Gedächtnis) mani-
festiert sich über Wechselwirkungen des Striatums mit sensorischen und motorischen Kortexarealen. Motorisches Lernen im Sinne von Feinmotorik und Geschicklichkeit wird hingegen vor allem über das Kleinhirn vermittelt.
215
rekte Projektionen zum motorischen Fazialiskern im Hirnstamm steuert er emotional ausgelöste Gesichtsbewegungen, z. B. im Rahmen des Lachens oder Weinens, wobei der Gyrus cinguli in dieser Hinsicht selbst wiederum vom Corpus amygdaloideum beeinflusst
wird. KLLNLK Läsionen des Gyrus cinguli Bei einer Schädigung des Gyrus cinguli (z.B. durch Tumoren) können schwere Persönlichkeitsveränderungen entstehen. Die betroffenen Patienten wirken verlangsamt und es mangelt ihnen an psychomotorischem und lokomotorischem Antrieb. Das imponiert einerseits (psychomotorisch) als Abgestumpftheit und Gleichgültigkeit, andererseits (lokomotorisch) als Bewegungsarmut (Akinese). Aus diesem Grund hat man
früher häufiger bei schwersten chronischen Angst- oder Aggressionszuständen beidseitig den Gyrus cinguli und damit seine wichtigste subkortikal verlaufende Verbindungsbahn, das Cingulum, quer durchtrennt (Zingulotomie), was einen Rückgang dieser Symptome herbeiführte. Wegen der resultierenden Persönlichkeitsveränderungen und im Rahmen der erheblichen Fortschritte in der Psychopharmakologie wird dies nur noch sehr selten und dann mit minimal invasiven Techniken, sehr gezielt einzelne
Faserbündel betreffend, durchgeführt (z.B. bei anders nicht mehr beherrschbaren schwersten Zwangskrankheiten).
KLINLK Eine Gedächtnisstörung nennt man Amnesie**, Dabei unterscheidet man eine anterograde Amnesie (nach einer Schädigung können keine neuen Dinge mehr gemerkt werden) von einer retrograden Amnesie (die zeitlich vor einer Schädigung liegenden Gedächtnisinhalte werden ausgelöscht bzw. sind nicht verfügbar). Die Unterscheidung der verschiedenen Formen der Gedächtnisbildung je nach Gedächtnisinhalt (explizit, emotional-vegetativ, motorisch) ist kli-
nisch wichtig, da entsprechende Störungen isoliert voneinander auftreten können. So kann z. B. bei einer Läsion des Hippocampus die Merkfähigkeit für rational greifbare Inhalte völlig aufgehoben sein (entsprechend einer anterograden Amnesie, s. 0.), während das Erlernen motorischer Fähigkei-
ten, wie z. B. Handhabung eines Werkzeugs, ja sogar Klavierspielen, noch durchaus möglich ist, solange Kortex, Basalganglien und Kleinhirn intakt sind.
9.4.6 Funktion des limbischen Systems Um sich einen Überblick über die Bestandteile des limbischen Systems in Verbindung mit ihrer Aufgabe zu verschaffen, stellen wir hier die wichtigsten Zentren mit ihrer Funktion noch einmal in Stichworten wiederholend zusammen: * Hippocampus: Gedächtnis, Verhalten, emotionale und vegetative Funktionen * Gyrus cinguli: psycho- und lokomotorischer Antrieb, vegetative Modulation
* Gyrus parahippocampalis mit Area entorhinalis: Gedächtnis, Zuleitung von Sinnesinformationen zum Hippocampus * Corpus amygdaloideum: Affektverhalten/Affektmotorik, „emo-
9.4.5 Gyrus cinguli
tionales“ Lernen, Beeinflussung vegetativer Funktionen * Corpus mammillare: Gedächtnis, Affektverhalten, vegetative
Der Gyrus cinguli liegt oberhalb des Balkens (>- Abb. 9.15, 1). Zusammen mit der Hippocampusformation bildet er den größten Anteil des limbischen Systems. Seine Faserverbindungen zu anderen Kortexarealen laufen ganz wesentlich über einen subkortikal entlang dem Gyrus verlaufenden Fasertrakt, das Cingulum.
Funktionen.
Berücksichtigt man nur die oben gegebenen Schlagworte zur Funktion, scheinen sich einzelne Zentren funktionell zu überlappen. Diese Überschneidungen
im Bereich Emotion,
Affektverhalten, An-
trieb und Gedächtnis haben dazu geführt, das limbische System als Funktion
Der Gyrus cinguli hat wesentliche Bedeutung für den psychomotorischen und lokomotorischen Antrieb, was unter anderem durch
Verbindungen mit anderen Strukturen des limbischen Systems, dem Assoziationskortex und dem Striatum erklärbar ist. Über di-
zerebralen
Manifestations-
bzw.
Entstehungsort
von
Gefühlen,
Trieben und zahlreichen intellektuellen Leistungen anzusehen. Das ist sicher eine grobe Vereinfachung. Das limbische System beeinflusst zwar Emotionen und manche intellektuelle Leistungen wie z.B. das Gedächtnis stark und unersetzbar, es ist aber sicher nicht allein dafür verantwortlich. Auch bei Schädigung anderer Hirnareale, z.B. des Frontallappens u.a. kann man, obwohl die limbischen
22 a- (gr.) = ohne, nicht; mnesis (gr.) = Erinnerung
Strukturen alle intakt sind, schwerste Persönlichkeitsveränderungen beobachten.
216
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
M.E.R.KE
KLINLK
Zusammenfassend kann man festhalten, dass das limbische System als eine Funktionseinheit vor allem telenzephaler Gebiete für das reibungslose Zustandekommen von zahlreichen emotionalen, intellektuellen und triebhaften Leistungen des Menschen unerlässlich ist, aber keinesfalls als alleiniger Manifestations- und Generierungsort dieser Leistungen missverstanden werden darf.
Entsprechend der geschilderten Funktion leuchtet es ein, dass viele der Strukturen des limbischen Systems (ganz besonders Hippocampus und Septum) eine wichtige Rolle bei psychiatrischen Erkrankungen wie der Schizophrenie oder der Depression spielen. Die dort befindlichen dopaminergen und serotoninergen Synapsen der Projektionen aus der Formatio reticularis des Hirnstamms sind dabei auch Angriffspunkt zahlreicher Psychopharmaka, die die Wirkung des Dopamins blockieren (Behandlung der Schizophrenie) oder die Wirkung von Noradrenalin und Serotonin verstärken (Behandlung der Depression), vgl. auch klinische Hinweise auf
S. 144.
Zusammenfassung Großhirn (Telencephalon): Grundlagen, Basalganglien, Paleo- und Archikortex
Äußere Gestalt Das Großhirn besteht aus zwei Hemisphären, die über den Balken (Corpus callosum) miteinander verbunden sind. Man unterscheidet von außen vier Großhirnlappen: * * * *
Frontallappen Parietallappen Temporallappen Okzipitallappen.
e Ncl. caudatus * Putamen
s Pallidum
e Ncl. subthalamicus
* Substantia nigra (Mittelhirn). Die Basalganglien haben funktionell gemeinsam, dass sie eine
wichtige Rolle bei der zentralen Regulation der Motorik spielen. Ihre Aufgabe ist vor allem die Steuerung von Ausmaß, Geschwindigkeit und Kraft von Körperbewegungen. Das Striatum (Ncl. caudatus und Putamen) erhält Afferenzen
vor allem vom Kortex und von der Substantia nigra und sendet seine Efferenzen zum Pallidum und wiederum zur Substantia ni-
gra. Dabei wirkt es in seinen Projektionsorten hemmend. Man
Teile des Frontal-, Parietal- und Temporallappens bedecken von lateral als Operculum die Inselrinde. Der Gyrus cinguli wird i.d. R. keinem dieser Großhirnlappen zugeordnet. Die Oberfläche
kann dem Striatum für die motorischen Impulse, die ihm vom Großhirnkortex zufließen, vor allem eine hemmende, z. T. aber
des Großhirns ist durch Furchen (Sulci) in zahlreiche Windun-
auch eine fördernde Funktion zuschreiben. Die Substantia nigra
gen (Gyri) unterteilt. Besonders wichtig sind der Sulcus centra-
hemmt mit dopaminergen Fasern die motorikunterdrückenden
lis, der den Gyrus precentralis vom Gyrus postcentralis trennt, und der Sulcus lateralis, der den Temporallappen von Parietalund Frontallappen trennt. Prominente Strukturen an der Medial-
Teile des Striatums, weshalb man ihr eine bewegungsfördernde Funktion zuschreiben kann. Funktionsstörungen des Striatums
seite sind der Sulcus calcarinus, um den herum sich die Sehrin-
Funktionsstörungen der Substantia nigra verursachen hypokine-
de befindet, und der Gyrus cinguli, der oberhalb des Balkens
tische Syndrome (Parkinson-Syndrom).
liegt. Vorne unten liegt dem Großhirn der Bulbus olfactorius
verursachen meist hyperkinetische Syndrome (z. B. Chorea),
Das Pallidum hat ein laterales und ein mediales Segment. Es
mit dem Tractus olfactorius an. Im Frontalschnitt durch das Großhirn erkennt man die Großhirnrinde und die Kerne im
erhält Afferenzen vom Striatum (funktioneller Antagonist des
Marklager: Ncl. caudatus, Putamen (beide zusammen = Stria-
ebenfalls zum Ncl. subthalamicus und zum Thalamus. Wie beim Striatum kann man funktionell Teile, die bewegungsfördernd, von Teilen, die bewegungshemmend wirken, unterscheiden.
tum), Pallidum (entwicklungsgeschichtlich ebenso wie der ventral davon liegende Ncl. subthalamicus ein Teil des Zwischenhirns) und ganz außen das Claustrum. Des Weiteren befinden sich im Inneren der Hemisphären die beiden Seitenventrikel. Gliederung Entwicklungsgeschichtlich kann man am Großhirn Striatum
Pallidums) und vom Ncl. subthalamicus. Efferenzen sendet es
Der Ncl. subthalamicus ist afferent und efferent mit dem Pallidum verbunden und hat funktionell eine hemmende Funktion für motorische Impulse. Eine Schädigung löst ein hyperkinetisches Syndrom (Ballismus) aus. Die zentrale Regulation der Motorik kann man sich verein-
chikortex und Neokortex (jüngster und mit Abstand größter
facht folgendermaßen vorstellen: Motorischer Antrieb entsteht im limbischen System und wird zum Assoziationskortex ein-
Anteil der Rinde) unterscheiden. Der Großhirnkortex wird nach
schließlich prämotorischer Kortex weitervermittelt. Der Assozia-
histologischen Kriterien in über 50 Rindenfelder (nach Brod-
tionskortex arbeitet Bewegungsentwürfe aus und gibt sie außer
mann) eingeteilt.
an den motorischen Kortex an die Basalganglien und das Kleinhirn weiter. Die Basalganglien modulieren die Impulse hemmend
(liegt im Inneren), Paleokortex (ältester Anteil der Rinde), Ar-
Basalganglien
Im funktionellen (nicht streng anatomischen) Sinne handelt es sich um:
oder fördernd, das Kleinhirn stimmt die Bewegungsentwürfe fein ab. Beide projizieren in den Thalamus, der die Impulse (z. T.
indirekt) zum motorischen Kortex weitergibt. Dieser aktiviert
9.4 Archikortex und limbisches System
über die kortikospinale Bahn (ggf. auch über extrapyramidale Bahnen) die Motoneurone im Rückenmark und löst so konkrete Bewegungen aus.
217
dere Bedeutung für Lernvorgänge (Gedächtnisbildung), aber auch für vegetative und emotionale Vorgänge. Mit seinen efferenten Fasern bildet er den Fornix, der als Gewölbe das Dach des II Ventrikels von hinten nach vorne überspannt.
Paleokortex und Riechhirn
Der Gyrus cinguli liegt oberhalb des Balkens an der Medial-
Zu diesem ältesten Teil des Großhirns werden vor allem der Bul-
seite der Hemisphären. Funktionell beeinflusst er vegetative Pa-
bus olfactorius und der Tractus olfactorius (Empfang bzw.
rameter und hat eine besondere Bedeutung für psycho- und lo-
Weiterleitung der olfaktorischen Impulse von den Riechnerven),
komotorischen Antrieb.
das Tuberculum olfactorium mit angrenzenden Großhirnarea-
I:
len wie den präpiriformen Kortex (Riechrinde im engsten Sinn)
Limbisches System
und das Corpus amygdaloideum gezählt. Das Corpus amygdalo-
Dies ist ein funktionell zusammengehöriges System aus mehre-
ideum liegt im vorderen Drittel des Temporallappens und hat in-
ren Gehirnstrukturen. Die wichtigsten sind:
tensive Faserbeziehungen zu Zentren des limbischen Systems (s.u.). Es spielt eine wichtige Rolle bei der Steuerung von Angst-
* Hippocampus
und Wutverhalten, beim Erlernen emotionaler Gedächtnisinhal-
* Gyrus cinguli
te und bei der emotionalen Modulation vegetativer Parameter.
* Gyrus parahippocampalis
ı
* Corpus amygdaloideum
Archikortex
* Corpus mammillare.
Dieser zeichnet sich durch eine dreischichtige mikroskopische Struktur aus und wird vor allem vom Hippocampus, von Anteilen des Gyrus parahippocampalis und des Gyrus cinguli gebil-
_ Gemeinsam ist diesen Strukturen, dass sie einen starken Einfluss auf emotionale und vegetative Parameter haben und dass sie eine
det. Der Hippocampus stellt eine eingerollte Archikortexstruktur dar (im Frontalschnitt: Ammonshorn) und liegt im Temporal-
große Rolle für Motivation, Antrieb, Lernen und möglicherweise auch andere kognitive Leistungen spielen. Man darf sie jedoch nicht als alleinigen zerebralen Manifestationsort dieser Fähigkei-
lappen an der Medialseite des Unterhorns des Seitenventrikels.
ten missverstehen.
Er ist ein wichtiger Teil des limbischen Systems und hat beson-
Wiederholungsfragen Großhirn (Telencephalon): Grundlagen, Basalganglien,
3. Zählen Sie auf, was üblicherweise unter dem Begriff „Basal-
Paleo- und Archikortex
ganglien“ verstanden wird. Was ist ihre wichtigste Funktion? Nennen Sie zwei häufige, das Basalgangliensystem betreffen-
1. Nennen Sie die Lappen des Großhirns.
de Funktionsstörungen.
2. Welche drei Kategorien des Großhirnkortex gibt es nach phy-
logenetischen Gesichtspunkten? Nennen Sie die wichtigsten
jeweils dazugehörigen Rindenareale.
4. Welche Strukturen werden meistens dem limbischen System
zugerechnet?
5. Welche wichtigen Funktionen werden dem Hippocampus zu-
geschrieben?
Lösungen 1. Lobus frontalis, Lobus parietalis, Lobus temporalis, Lobus oc-
cipitalis. Dabei nicht berücksichtigt sind der Gyrus cinguli und die Inselrinde (Letztere oft als Lobus insularis bezeichnet). 2. Paleokortex: vor allem Strukturen des Riechhirns (Tuberculum olfactorium, präpiriformer Kortex, Septum, kortikale
Anteile des Corpus amygdaloideum). Archikortex: vor allem
te Funktion dieser Kerne ist die Steuerung des Zustandekom-
mens und des Ausmaßes von Bewegungsabläufen. Funktionsstörungen können sich als Hyperkinesen (z.B. Chorea) oder Hypo- bzw. Akinesen (z. B. Parkinson-Syndrom) manifestieren.
4. Meist hinzugerechnet werden: Hippocampus, Gyrus cinguli,
Hippocampus und Teile des Gyrus cinguli. Neokortex: alle an-
Gyrus parahippocampalis, Corpus amygdaloideum, Corpus
deren Kortexareale.
mammillare. Weitere Areale, die oft dazugerechnet werden,
3. Striatum (Ncl. caudatus und Putamen), Pallidum (Globus pallidus), funktionell müssen auch der Ncl. subthalamicus
und die Substantia nigra dazugerechnet werden, auch wenn sie anatomisch nicht dem Großhirn angehören. Die wichtigs-
sind Teile des Riechhirns und des Thalamus, die mit o. g. Arealen in Verbindung stehen.
5. Besondere Bedeutung für Gedächtnisbildung, aber auch vegetative und emotionale Vorgänge.
218
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
9.5 Neokortex
sätzlich verschieden von dem des oben besprochenen Allokortex. Es gibt zwei Haupttypen neokortikaler Neurone: Pyramidenzellen und Nicht-Pyramidenzellen. Pyramidenzellen sind die Projek-
9.5.1 Funktionelle Gliederung Der histologisch sechsschichtige Neokortex wird auch als Isokortex dem Allokortex (Paleo- und Archikortex) gegenübergestellt. Er ist der phylogenetisch jüngste und damit am höchsten organisierte Anteil der Großhirnrinde und nimmt beim Menschen fast die gesamte Hemisphärenoberfläche ein. Funktionell lässt sich der Neokortex einteilen in:
tionsneurone, also das efferente System des Kortex (Transmitter meist Glutamat), Nicht-Pyramidenzellen sind intrakortikale Inter-
neurone (Transmitter meist GABA).
Pyramidenzellen (einschließlich sog. modifizierter Pyramidenzellen)
Als Primärfelder werden vor allem sensorische Zentren bezeich-
Diese Zellen machen 85 % aller kortikalen Neurone aus. Ihr Perikaryon ähnelt einer Pyramide (Name!) mit der Spitze nach oben. Der Hauptdendrit ragt senkrecht Richtung Hirnoberfläche auf, doch gehen weitere Dendriten an der Basis ab (vgl. Abb. 9.19b, Schicht V). Die Dendriten tragen entlang ihrem gesamten Verlauf zahlreiche kleine Ausziehungen (Dornen, engl. spines), sodass sie
net, die ihre Sinnesafferenzen direkt vom Thalamus empfangen. Sie
an Zweige eines Wildrosenstrauchs (natürlich ohne Blätter) erin-
sind also der primäre Endigungsort der betreffenden Sinnesbahn
nern. An diesen Dornen bilden die Dendriten synaptische Kontakte mit Axonen anderer Neurone aus. An der Basis der Pyramidenzel-
s Primärfelder s Sekundärfelder s Assoziationsfelder.
(Sehbahn, Hörbahn etc.) und dienen dazu, diese Information inter-
pretationsfrei zum Bewusstsein zu bringen. Für alle Arten der Sinneswahrnehmung gibt es solche primären Zentren im Kortex (Sehrinde, Hörrinde etc.). Ein motorisches Primärfeld ist demge-
genüber der Gyrus precentralis (sog. Motokortex). Von hier aus wird zum großen Teil die Bewegungsinitiation der pyramidalen Motorik ins Rückenmark geleitet. Als Sekundärfelder werden
Gebiete des Isokortex bezeichnet,
die neben den ihnen zugeordneten primären Rindenfeldern liegen. Ihre Aufgabe ist die Interpretation im Sinne eines erkennenden Zuordnens der Sinnesinformationen, die im zugehörigen sensorischen Primärfeld verschaltet wurden. Handlungskonsequenzen auf diese Wahrnehmung hin werden dann von anderen Zentren aus (Assoziationsfelder, s. u.) initiiert.
Assoziationsfelder unterscheiden sich von den primären und sekundären Feldern dadurch, dass sie weder primäre Sinnesinformationen über den Thalamus erhalten, noch wie die Sekundärfelder
len entsenden sie ein senkrecht nach unten (Richtung weiße Subs-
tanz) gerichtetes Axon. Mit ihrem Transmitter Glutamat sind die Pyramidenzellen exzitatorische Neurone. Pyramidenzellen bilden mit ihren Axonen die Gesamtheit des kortikalen Efferenzsystems und empfangen an ihren Dendriten den weitaus größten Teil (jedoch nicht die Gesamtheit) der kortikalen Afferenzen.
Nicht-Pyramidenzellen (Non-Pyramidenzellen) Diese Zellen bilden morphologisch sehr unterschiedliche Typen aus (z.B. Korbzellen,
Kandelaberzellen,
Buschzellen).
sich alle von den Pyramidenzellen durch folgende Gemeinsamkeiten ab: Ihre Perikaryen sind in der Regel nicht pyramidenförmig (was z. T. aber auch auf die „modifizierten Pyramidenzellen“ zutrifft), ihre Dendriten tragen keine Dornen, ihre Axone verlassen in
der Regel nicht die Hirnrinde (es sind also intrakortikale Zwischenneurone), und sie sind in der Regel mit ihrem Transmitter GABA
einer einzelnen Sinnesinformation oder einem bestimmten Primärfeld alleine zugeordnet werden können. Dennoch sind sie aber u. U. afferent und efferent mit verschiedenen primären und/oder sekundären Rindenfeldern verbunden. Einigen Assoziationsfeldern las-
inhibitorisch.
sen sich umschriebene
ßen nach innen nummeriert ( > Abb. 9.19a):
Funktionen zuordnen
(z.B. motorisches
Sprachzentrum). Vor allem in der Größe und Komplexität der Sekundär- und Assoziationsfelder unterscheidet sich das Gehirn des Menschen von dem aller Tiere. Ein großer Teil der menschenspezifischen intellektuellen und seelischen Leistungen des Gehirns ist diesen Gebieten zuzuordnen.
Sie grenzen
Man unterscheidet im Neokortex mikroskopisch sechs Schichten, die manchmal fließend ineinander übergehen. Sie werden von au-
* ] Molekularschicht (Lamina molecularis) II äußere Körnerschicht (Lamina granularis externa)
II äußere Pyramidenschicht (Lamina pyramidalis externa) IV innere Körnerschicht (Lamina granularis interna) V innere Pyramidenschicht (Lamina pyramidalis interna) VI multiforme Schicht (Lamina multiformis).
9.5.2 Histologie des Neokortex Die Schichten I-VI lassen sich sowohl im Nissl-gefärbten (färbt Perikaryen an) als auch im markscheidengefärbten Präparat unterscheiden ( > Abb. 9.19). Die wichtigsten Charakteristika der ein-
Die Großhirnrinde ist durchschnittlich etwa 3-4 mm dick und enthält nach Schätzungen weit über 10 Milliarden Nervenzellen und noch etwa 10-mal so viele Gliazellen (überwiegend Oligodendro-
zelnen Neokortex-Schichten sind in > Tab. 9.1 zusammengefasst,
und Astrozyten). Der Isokortex (= Neokortex) umfasst mit seiner
was im Folgenden vertieft wird.
Faltung in die Sulci insgesamt ca. 2.000 cm* und macht so über 90 % der Großhirnrinde aus. Sein mikroskopischer Aufbau ist grund-
9.5 I Lamina molecularis
Faserverbindungen
Sie besteht überwiegend aus Fortsätzen tiefer gelegener Neurone. Hier gibt es keine Pyramidenzellen. Stattdessen finden sich verein-
> Kap. 9.11).
zelt kleine, spindelförmige Neurone (Nicht-Pyramidenzellen), de-
(Assoziations-
und
Neokortex
219
Kommissurenfasern,
IV Lamina granularis interna
ren Fortsätze gemeinsam mit denen tiefer gelegener Neurone parallel zur Oberfläche des Kortex verlaufen und dabei mit Fortsätzen anderer kortikaler Neurone Synapsen bilden. Diese tangential verlaufenden Fortsätze sind im myelinscheidengefärbten Präparat gut
len“). Hier findet sich auch der Großteil der Nicht-Pyramidenzel-
erkennbar ( > Abb. 9.19c, I).
len. Die Lamina IV wird von Bündeln horizontal verlaufender Fa-
Diese Schicht wird vorwiegend von kleinen, dicht gepackten Pyramidenzellen gebildet, von denen viele sternförmig abgehende, nur schwach bedornte Fortsätze tragen („modifizierte Pyramidenzel-
sern durchzogen (vgl. Markscheidenpräparat,
> Abb. 9.19c, IV),
II Lamina granularis externa
die in ihrer Gesamtheit als äußerer Baillarger-Streifen bezeichnet
Diese Schicht besteht überwiegend aus kleinen Pyramidenzellen, die sehr dicht gepackt sind, sodass bei schwacher Vergrößerung der
werden. In der inneren Körnerschicht enden vor allem die kortika-
Eindruck
horizontal verzweigen und vorwiegend den Baillarger-Streifen ausmachen. Entsprechend sind dieser Streifen und die ganze innere
einer
Körneransammlung
entsteht
(Name!),
>- Abb.
9,19a, II
len Afferenzen aus den spezifischen Thalamuskernen, die sich hier
Körnerschicht in den sensibel-sensorischen Kortexarealen (soma-
IIIL Lamina pyramidalis externa
tosensibler
Hier findet man überwiegend große (Perikaryendurchmesser bis 40 um) Pyramidenzellen, die von außen nach innen in dieser
Kortex,
Hörrinde,
Sehrinde)
besonders
stark ausge-
prägt.
Schicht immer größer werden ( >- Abb. 9.19a, I[). Mit ihren axo-
V Lamina pyramidalis interna
nalen Fortsätzen bilden sie den Hauptteil der kortiko-kortikalen
In dieser Schicht finden sich Pyramidenzellen, die größer als die Pyramidenzellen in anderen Schichten und somit die größten Zellen der Großhirnrinde sind (>- Abb. 9.19b, V). Sie bilden mit ihren
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Axonen den Hauptteil der Kortexefferenzen zu tiefer gelegenen Tab. 9.1 Die wichtigsten Charakteristika der Neokortex-Schichten oı [(e11
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Abb. 9.19 Sechsschichtiger Bau des Neokortex. a Nissl-Färbung (Färbung der Perikaryen). b Golgi-Färbung (Färbung einzelner kompletter Neurone) c Markscheidenfärbung. | Molekularschicht, II äußere Körnerschicht, IIL äußere Pyramidenschicht, IV innere Körnerschicht, V innere Pyramidenschicht, VI multiforme Schicht.
[7873, L106]
Charakteristika
220
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
Zentren wie Basalganglien, Hirnstamm und Rückenmark (nicht aber Thalamus). Im Gyrus precentralis existieren in dieser fünften Schicht einige besonders große Pyramidenzellen (Perikaryendurchmesser bis zu 100 um), die als Betz-Riesenzellen bezeichnet wer-
den und mit ihren stark ummarkten Fortsätzen einen wichtigen Teil der Pyramidenbahn bilden. Da die Zellen der V. Schicht das Hauptausgangssystem des Kortex sind, leuchtet es ein, dass diese Schicht in motorischen Arealen wie dem Gyrus precentralis ganz besonders stark ausgeprägt ist. Auch die V. Schicht wird von einem horizontal verlaufenden Streifen stark ummarkter Fasern durchzogen (innerer BaillargerStreifen, vgl. Markscheidenpräparat, >- Abb. 9.19c, V). Hierin verlaufen Axonkollateralen von Neuronen der II., III. und V.
Projektionen vom Kortex zu Basalganglien, Hirnstamm und Rückenmark fast ausschließlich von der inneren Pyramidenschicht ausgehen, ist es verständlich, dass die sechs beschriebenen Neokortexschichten in einzelnen Kortexarealen sehr unterschiedlich ausgeprägt sind. So findet man in sensorischen Rindengebieten wie dem Gyrus postcentralis (somatosensible Rinde), der Sehrinde oder der Hörrinde einen sog. * granulären Kortex mit extrem stark entwickelten Körner- und nur schwach ausgebildeten Pyramidenschichten. Diesem Rindentypus kann man einen
Schicht, die hier Synapsen ausbilden.
* agranulären Kortex
VI Lamina multiformis
mit
Diese Schicht läuft ohne scharfe Grenze in das darunter angrenzen-
schwach entwickelten oder gar fehlenden Laminae II und IV gegen-
de Marklager aus. Sie enthält, wie der Name
überstellen, wie er vor allem in motorischen
andeutet, sehr viele
sehr stark ausgeprägten
Pyramidenzellschichten
und
nur
Kortexarealen vor-
morphologisch unterschiedliche Zellen, meist kleinere Pyramidenund Nicht-Pyramidenzellen. Ihre efferenten und afferenten Fortsätze richten diese Neurone größtenteils in andere kortikale Schichten
kommt (z.B. Gyrus precentralis). Nach solchen und ähnlichen histologischen Kriterien werden die kortikalen Rindenfelder nach
oder nach extrakortikal, sodass in der VI. Schicht selbst kaum Syn-
tieren wiederum die oben erwähnten kleinen Funktionseinheiten in
apsen gebildet werden. Die Pyramidenzellen dieser Schicht richten ihre Axone (Projektionsfasern) zu den spezifischen Kernen des Thalamus (während die thalamokortikalen Projektionen vorwie-
Form
Brodmann eingeteilt ( > Kap. 9.1.4). In diesen Rindenfeldern exiseinzelner, funktionell zusammengehöriger
Zellsäulen,
die
innerhalb eines Kortexareals als Gruppen hinter- und nebeneinander „geschaltet“ sind.
gend in der IV. Schicht enden, s. 0.).
Obwohl der Kortex mikroskopisch in die oben beschriebenen Schichten gegliedert ist, bildet er mikroskopisch nicht voneinander
9.6 Frontallappen
unterscheidbare funktionelle Einheiten aus, die in ca. 30-100 vm
breiten vertikalen Säulen (Columnae) organisiert sind. Innerhalb
9.6.1 Gyrus precentralis, Pyramidenbahn und
dieser Säulen-Einheiten sind die Neurone funktionell einheitlich,
pyramidale Motorik
indem sie z.B. im somatosensiblen Kortex alle afferente Impulse von einer peripheren Rezeptorart und einer bestimmten Körperregion prozessieren.
KLINLK Bei der Alzheimer-Erkrankung, die durch Degeneration von Großhirnneuronen zur Demenz führt, ist die IIl. Rindenschicht (Lamina pyramidalis externa) besonders stark und früh von Zellverlust betroffen. Dadurch fallen die Verbindungen mit anderen Kortexarealen viel früher und schwerwiegender aus, was die Demenz bewirkt, während die V. Schicht (Lamina
pyramidalis interna) weniger und später geschädigt wird, sodass die absteigenden Bahnen zunächst unbeeinträchtigt bleiben (also keine Lähmungen auftreten).
Der die Area 4 nach Brodmann einnehmende Gyrus precentralis (> Abb. 9.20a, I) wurde in seiner Bedeutung bereits mehrfach er-
wähnt. Er wird auch als primär somatomotorische Rinde oder kurz Motokortex bezeichnet und gilt allgemein als der Ursprungsort der Willkürbewegungen. Dies ist nur bedingt richtig, da der Gyrus precentralis lediglich die letzte und unverzichtbare Station nach einem langen Verarbeitungsweg ist, den die Bewegungsimpulse vorher durchlaufen haben ( > Kap. 7.4 und > Kap. 9.2.7). Vom Motokortex aus gelangen diese Impulse dann zu den motorischen Ausführungsorganen der Hirnnervenkerne oder des Rückenmarkvorderhorns. Der Gyrus precentralis weist eine somatotopische Gliederung auf, d.h., alle Körperteile sind „landkartenartig“
auf
dem Motokortex repräsentiert, was große klinische Bedeutung hat Kortikale Faserverbindungen und Rindentypen Der Großteil der afferenten Projektionen zum Kortex stammt von den spezifischen Thalamuskernen und aus anderen Kortexarealen (Assoziations-
und
Kommissurenfasern).
Eine
Faserminderheit
stammt auch aus den basalen Vorderhirnstrukturen (acetylcholinerg, vor allem Ncl. basalis Meynert,
> Kap. 9.3.4) und mono-
aminergen Zellgruppen der Formatio reticularis ( > Kap. 6.3.3). Da in der inneren Körnerschicht mit den thalamokortikalen Projektionen der Hauptteil der Großhirnafferenzen endet und umgekehrt die
(vgl. Homunculus”;
>- Abb. 9.21, 1). Es fällt auf, dass motorisch
besonders fein differenzierte Körperteile wie Hand, Gesicht oder
Zunge ein entsprechend großes Feld im motorischen Kortex einnehmen. Wichtig ist außerdem, dass die motorische Versorgung der unteren Extremität von der Medialseite des Gyrus precentralis aus geschieht; daher ist bei pathologischen Prozessen im Interhemisphärenspalt die untere Extremität in ihrer Funktion zuerst und
23 homunculus (lat.) = Menschlein
9.6 Frontallappen
221
Abb. 9.20 Motorische Kortexareale. a von lateral, b von medial. 1 Gyrus precentralis (Motokortex, medial als vorderer Teil des Lobulus paracentralis), 2 prämotorischer Kortex (lateral), 3 supplementärmotorischer Kortex (medial
und apikal), 4 frontales Augenfeld. [T873, L106]
durch die direkte Nähe der kontralateralen Hemisphäre auch häufig
Efferenzen
Mit seinen Efferenzen bildet der Gyrus precentralis den größten Teil des Tractus corticonuclearis und des Tractus corticospinalis
beidseits beeinträchtigt (s. u.).
(> Abb. 9.21, 3 und 4). Beide Tractus werden manchmal ungenau
Afferenzen
Afferenzen erhält der Gyrus precentralis subkortikal von der ventralen Kerngruppe des Thalamus (Ncl. ventralis anterolateralis). Von dort werden ihm die integratorisch verarbeiteten motorischen
als Pyramidenbahn zusammengefasst, obwohl dieser Begriff sich eigentlich nur auf den Tractus corticospinalis bezieht. Diese Bahnen ziehen somatotopisch geordnet vom Motokortex nach kaudal
Impulse aus dem Cerebellum und (z. T. indirekt) aus den Basalgan-
durch die Capsula interna ( > Abb. 9.21, 2) hirnstammwärts. Im Mittelhirn verlaufen sie im Crus cerebri ( > Abb. 9.21, 5).
glien zugeleitet. Kortikale Zuflüsse erhält er vor allem von der somatosensiblen Rinde des Gyrus postcentralis sowie der supplemen-
* Der Tractus corticonuclearis endet dann großenteils bilateral
tärmotorischen
und
prämotorischen
Rinde,
dem Gyrus precentralis lokalisiert sind (s. u.).
die unmittelbar vor
an den somatomotorischen Hirnnervenkernen ( > Abb. 9.21, 6 und $8). Ein Teil endet auch mur kontralateral an den Kernen z. B.
des N. facialis (untere Gesichtshälfte), wie in > Kap. 6.5.1 beschrieben.
222
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
Abb. 9.21 Ursprung und Verlauf der Tractus corticonuclearis und corticospinalis (Pyramidenbahn). 1 Motokortex (Gyrus precentralis) mit somatotopischer Gliederung (beachte die im Verhältnis überdimensional große Repräsentation der Hand, des Gesichts sowie Zunge/Schlund), 2 Capsula interna, 3 Tractus corticonuclearis, 4 Tractus corticospinalis, 5 Crus cerebri, 6 Ncl. n. facialis, der mit seinen Motoneuronen den 7 N. faci-
alis bildet, 8 Ncl. n. hypoglossi, der mit seinen Motoneuronen den 9 N. hypoglossus bildet (beachte, dass 6 und 8 nur Beispiele sind, die anderen motorischen Hirnnervenkerne [außer Augenmuskelkerne] empfangen ebenfalls Fasern aus dem Tractus corticonuclearis), 10 Pyramidenbahnkreuzung in der Medulla oblongata, 11 Tractus corticospinalis lateralis, 12 Tractus corticospinalis anterior, 13 Axone der Motoneurone im Vorderhorn des Rückenmarks, die die motorischen Spinalnerven bilden. [T873, L106]
9.6 Frontallappen e Der Tractus corticospinalis (Pyramidenbahn im engeren Sinn) bildet in der Medulla oblongata die von ventral makroskopisch sichtbaren Pyramiden und kreuzt kurz danach mit 70-90 % seiner Fasern auf die Gegenseite ( >
Abb. 9.21, 10), um dann im
223
delt es sich vor allem um die Feinmotorik, weil vom Gyrus precentralis aus vor allem die distalen Extremitätenabschnitte und die Kopfregion (Gesicht, Zunge) versorgt werden (entsprechend der Somatotopik in > Abb. 9.21, I), während die proximalen Extremi-
Seitenstrang des Rückenmarks als Tractus corticospinalis late-
tätenabschnitte auch von den extrapyramidalmotorischen Zentren
ralis ( > Abb. 9.21, 11) somatotopisch geordnet nach unten zu
aus angesteuert werden.
verlaufen. Die 10-30 % der Fasern, die nicht in der Medulla ob-
longata gekreuzt haben, verlaufen als Tractus corticospinalis anterior ( > Abb. 9.21, 12) im Vorderstrang des Rückenmarks
und enden alle im Zervikalmark. Sie kreuzen dann auf segmentaler Ebene zur Gegenseite. Die meisten Pyramidenbahnfasern enden im Vorderhorn des Rückenmarks über Interneurone an den Motoneuronen, die die motorischen Spinalnerven bilden (> Abb. 9.21, 13).
Der Gyrus precentralis stellt mit seinen efferenten Fasern nur etwa die Hälfte der Tractus corticonuclearis und corticospinalis (Pyramidenbahn). Weitere Anteile stammen aus den Areae 6 und 8, die ros-
tral von der Area 4 (= Motokortex) liegen und z. B. für willkürliche Augenbewegungen, die niemals vom Gyrus precentralis aus initiijert werden, zuständig sind (s. u.). Schließlich senden auch noch der
primäre und sekundäre somatosensible Kortex des Parietallappens Fasern mit der Pyramidenbahn in den Hirnstamm und ins Rückenmark ( > Kap. 9.7).
KLINLK Läsionen des Gyrus precentralis Eine Läsion des Gyrus precentralis ist in der Regel nicht vollständig (da sie meist durch Tumoren oder Gefäßverschlüsse verursacht wird) und deshalb in der Symptomatik abhängig vom konkreten Ort der Schädigung im Gy-
rus precentralis (klinisches Beispiel in > Abb. 9.22). Im betroffenen kontralateralen Körperareal tritt dann eine schlaffe Parese ein (Parese = unvollständige Lähmung), allerdings nur, solange der Gyrus precentralis alleine betroffen ist. Die Parese kann zu einer spastischen Lähmung werden, insbesondere dann, wenn die kortikale Versorgung bzw. Kontrolle der extrapyramidalmotorischen Zentren mitbetroffen ist, also eine Mitschädigung der prämotorischen Rinde vorliegt. Dann nämlich bleiben die extrapyramidalen Zentren des Hirnstamms (vor allem Formatio reticularis, Ncl. ruber und Nell. vestibulares) unkontrolliert, und sie üben die alleinige
Kontrolle über die Motoneurone des Rückenmarks aus. Daraus resultiert eine „spastische” Muskelkontraktion vor allem der Beuger der oberen (Tractus rubrospinalis!) und der Strecker der unteren Extremität (Tractus
vestibulospinalis!).
Dieses
Lähmungsbild
wird
der in
>-Kap.
3.5.5
(S. 100) beschriebenen spinalen Spastik als supraspinale Spastik (Wernicke-Mann-Lähmung) gegenübergestellt (>- Kap. 9.11.2).
Eine schlaffe Parese beider Beine (häufig verbunden mit Harninkonti-
Funktion
nenz) im Rahmen einer Läsion des Motokortex muss immer an einen pa-
Die wichtigste Funktion des Gyrus precentralis ist somit über Tractus corticospinalis und Tractus corticonuclearis die willkürmotorische Versorgung der kontralateralen Körperhälfte. Hierbei han-
thologischen Prozess im Interhemisphärenspalt (z.B. sog. Mantelkantentumor) denken lassen (klinisches Beispiel > Abb. 9.23).
Abb. 9.22 Tumor mit Kompression des Handbereichs des Motokortex. Funktionelle Kernspintomographie (fMRT) des Gehirns (zwei untereinanderliegende Horizontalschnitte, Ansicht von unten, Schnittebenen links dargestellt). Der 1 Tu-
mor grenzt sich hell gegen das umgebende Hirngewebe ab. Vor der operativen Entfernung des Geschwulstes wurde eine funktionelle Kernspintomographie durchgeführt, um die Lokalisationsbeziehungen des Tumors zum motorischen Kortex darzustellen und diesen dadurch bei der Operation besser schützen zu können. Bei dieser Untersuchungstechnik werden den Patienten motorische Aufgaben zur Identifikation des entsprechenenden Motokortexbereichs gestellt. Die Aktivierung der Zentren führt zu einer vorübergehenden Mehrdurchblutung der entsprechenden Hirnareale, die man messen und farblich darstellen kann. Im linken Bild (a) ist die
Aktivierung des Motokortex bei Zungenbewegungen (rot), im rechten Bild (b) die Aktivierung des Motokortex bei beidseitigem Faustschluss (grün) gezeigt. Vgl. Homunculus in Schnitthöhenschema links. Beachte die Kompression (und dadurch Verkleinerung und Rostralverlagerung) des Handareals im linken Motokortex durch den Tumor, während das Zungenareal unbeeinträchtigt bleibt. Symptomatik der Patientin: 20-jährige Frau mit Parese der rechten Hand. (Bilder mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. A. Berlis, Augsburg) [T873, L106, T880]
224
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme e zwei Bereiche (jeweils für obere und untere Gesichtshälfte) im
Gyrus cinguli, die emotional ausgelöste Gesichtsbewegungen (z. B. beim Lachen, Weinen etc.) initiieren. Dabei gilt für alle diese Rindenfelder, dass die untere Gesichtshälfte
nur vom kontralateralen Kortex und die obere bilateral ange-
steuert wird. So können bei einseitigen Läsionen des Motokortex nicht nur die willkürliche Bewegung der periorbitalen und Stirnmuskulatur, sondern auch die für emotional ausgelöste Mimik voll-
ständig erhalten bleiben.
9.6.2 Prämotorische und supplementärmotorische Rinde Die prämotorische Region im weiteren Sinne entspricht der Area 6 und Teilen der Area 8 ( > Abb. 9.20, 2 und 3). Der medial und api-
kal gelegene Anteil wird als supplementärmotorischer Kortex abgegrenzt ( > Abb. 9.20, 3). Diese Kortexbereiche sind afferent und efferent ähnlich wie der Motokortex (Area 4) verschaltet. Anders als
Abb. 9.23 Tumor im Fuß- und Beinbereich des Motokortex („Mantelkantentumor”). Frontalschnitt-Kernspintomographie (sog. koronare Schnittebene) des Gehirns bei malignem Lymphom (bösartiger Tumor des Iymphatischen Gewebes) mit Manifestation an der „Mantelkante” des rechten Gyrus
precentralis. Bei dieser Aufnahmetechnik stellt sich das Gehirn grau, der Liquor schwarz dar. Symptomatik des Patienten: Parese initial des linken Beins, später durch zunehmende Kompression des kontralateralen Motokortex auch des rechten Beins. 1 Lymphom in der Beinregion des Motokortex (am Rand durch Kontrastmittelaufnahme aufgehellt) mit 2 umgebender Gehirnschwellung (Ödem), die sich
dunkler gegen das übrige Hirngewebe abhebt (mit Pfeilen eingegrenzt) und auch für die zunehmende Kompression des Motokortex der Gegenseite verant-
beim Motokortex machen aber die efferenten kortikofugalen Fasern der prämotorischen Rindenfelder einen sehr großen Teil des Tractus frontopontinus aus. Sie sind damit als ein wesentlicher Bestandteil der Regelschleife * prämotorische Rinde —- Pons —- Kleinhirnrinde - Kleinhirnkerne — Thalamus - motorische Rinde aufzufassen. Weiterhin übt der prämotorische Kortex auch direkten Einfluss auf die Motorik aus. Dies erfolgt z. T. über die Versorgung der extrapyramidalen Zentren (Formatio reticularis, Ncl. ruber, indirekt auch Ncll. vestibulares), z.T. über Projektionen zum Motokortex (Area 4), z. T. aber auch direkt über Fasern, die in der Pyrami-
sorgt, wird nicht nur vom Motokortex angesteuert. Zudem steuert der Motokortex auch nicht die gesamte mimische Muskulatur, son-
denbahn verlaufen. Diesen Bahnen wird zum einen eine Initiation von Massenbewegungen, zum anderen ein hemmender Einfluss auf Dehnungsreflexe im Rückenmark (S. 100) zugesprochen. Dementsprechend ermöglichen sie bei einem Ausfall des Motokortex vor allem in den proximalen Extremitätenregionen eine Restmotorik. Anders als der laterale prämotorische Kortex hat das medial gelegene, als supplementärmotorischer Kortex bezeichnete Rindenareal für die Motorik eher eine vorbereitende als eine ausführende Funktion. Im Prinzip sind viele Bewegungsmuster in ihren Abläufen im sup-
dern nur die untere Gesichtshäfte und dies auch nur für willkürli-
plementärmotorischen Kortex „gespeichert“, die letztlich über den
che, nicht-emotional ausgelöste Gesichtsbewegungen. Insofern ist
Motokortex (Gyrus precentralis) zur Ausführung gelangen.
der klassische Homunculus in > Abb. 9.21, der die gesamte Gesichtshäfte abbildet, eine Vereinfachung, die wir hier aber aus di-
KLINLK
wortlich ist. 3 Interhemisphärenspalt (Fissura longitudinalis cerebri), 4 Seitenventrikel (einseitig komprimiert durch Tumorödem). (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. M. Langer, Freiburg) [T879]
Besonderheiten bei der Steuerung der Gesichtsmuskulatur Der Ncl. n. facialis im Hirnstamm, der die Gesichtsmuskulatur ver-
daktischen Gründen so beibehalten haben. Es gibt vier weitere Kortexbereiche, die die Gesichtsmuskulatur steuern:
e einen Bereich im lateroventralen präfrontalen Kortex ( > Kap. 9.6.6), der ebenfalls die willkürliche Innervation der unteren Hälfte der Gesichtsmuskulatur steuert,
e einen Bereich im supplementärmotorischen Kortex ( > Kap. 9.6.2), der die obere Hälfte der Gesichtsmuskulatur willkürmotorisch ansteuert und
Läsionen des prämotorischen und supplementärmotorischen Kortex Bei einer Schädigung des prämotorischen Kortex kommt es durch Enthemmung der extrapyramidalen Hirnstammzentren zu einer spastischen Lähmung (zur Pathophysiologie klinischer Hinweis in > Kap. 9.6.1). Bei einer isolierten Schädigung des supplementärmotorischen Kortex resultiert eine Bewegungsarmut (Hypokinese) vor allem der kontralateralen Extremitäten bei an sich gut erhaltener Kraftentfaltung. Die Hypokinese ist erklärbar durch die Unterbrechung der die Motorik vorbereiten
9.6 Frontallappen den Neuronenkreise, die über den supplementärmotorischen Kortex und die Basalganglien verlaufen. Eine Lähmung oder Spastik aber liegt bei solchen Läsionen nicht vor, weil Motokortex und Pyramidenbahn intakt und auch die extrapyramidalen Hirnstammzentren nicht betroffen sind (diese werden vor allem vom prämotorischen Kortex angesteuert, 5. 0.).
225
genübergestellt wird und vor allem für das Sprachverständnis zuständig ist. Es ist von großer Bedeutung, dass das motorische Sprachzentrum in seiner Funktion nur einseitig, nämlich in der damit definitions-
gemäß dominanten Hemisphäre ausgeprägt ist und bei Ausfall daher durch die kontralaterale Seite kaum kompensiert werden
9.6.3 Frontales Augenfeld
kann. Bei Rechtshändern ist es in der Regel links, bei Linkshändern
rechts oder links lokalisiert. Das frontale Augenfeld ( > Abb. 9.20a, 4) liegt unmittelbar vor der
prämotorischen Rinde und wird auch als frontales Blickzentrum bezeichnet. Seine Funktion ist die Initiation willkürlicher Augeneinstellbewegungen auf ein gewähltes Blickziel (Sakkaden). Die-
Afferenzen und Efferenzen
se müssen von den unwillkürlichen, reflektorischen Augenbewe-
Afferente Fasern empfängt das motorische Sprachzentrum u.a. von der primären und sekundären Hörrinde und zahlreichen Asso-
gungen und von Blickfolgebewegungen unterschieden werden, die
ziationsfeldern. Efferent sendet es seine Fasern z. T. direkt, z. T. in-
mehr im Parietallappen (Blickfolge) oder im Hirnstamm selbst (Reflexe) generiert werden. Das frontale Augenfeld generiert dabei ho-
direkt (via Basalganglien bzw. Kleinhirn und Thalamus) zum Gyrus precentralis (Motokortex), von wo aus über kortikonukleäre Bah-
rizontale Bewegungen beider Bulbi zur kontralateralen Seite.
nen die entsprechenden Hirnstammkerne aktiviert werden, die die
für die Sprache wichtigen Muskeln vor allem in Kehlkopf und RaAfferenzen erhält das frontale Augenfeld u.a. indirekt von der pri-
chen sowie die mimische Muskulatur versorgen.
mären und sekundären Sehrinde ( >- Kap. 9.8). Seine efferenten
Fasern schickt es über die Colliculi superiores in die paramediane pontine Formatio reticularis (PPRF), von wo aus die Blickbewegungen dann konkret generiert werden ( > Kap. 6.3.4 und >- Abb. 6.7, S$. 144 £).
KLLINLK Läsionen des frontalen Augenfeldes Eine Zerstörung des frontalen Augenfeldes auf einer Seite führt zu einer Blickdeviation zur ipsilateralen Seite, da die Impulse des kontralateralen frontalen Blickzentrums überwiegen (zur besseren Anschaulichkeit vgl. die Verhältnisse beim Gesunden in > Abb. 6.7, 5. 145).
KLINIK Läsionen des motorischen Sprachzentrums Eine Schädigung des motorischen Sprachzentrums im Gyrus frontalis inferior oder der subkortikalen weißen Substanz, die die einzelnen Komponenten des Sprachzentrums miteinander verbindet, kann nur bei Läsionen der dominanten (zumeist also der linken) Hemisphäre auftreten. Das re-
sultierende Krankheitsbild ist die motorische Aphasie*“. Charakteristisch ist dabei, dass die Kranken, obwohl sie Geschriebenes und Gesprochenes sehr gut verstehen, die Sprache nicht mehr sprechen können. Es kommt auf das Ausmaß der Schädigung an, ob der Patient nur gelegentlich einzelne Worte nicht aussprechen kann, er völlig unverständliche Satz- und Wortneubildungen (Neologismen) kreiert und nur in abgehackten Wörtern oder Sätzen spricht (Agrammatismus, „Telegramm-
9.6.4 Motorisches Sprachzentrum Das „klassische“ motorische Sprachzentrum wird nach dem Erstbe-
schreiber seiner Funktion auch Broca-Sprachzentrum genannt. Es nimmt den Bereich der Pars opercularis und z. T. Pars triangularis
stil“) oder ob er, bei vollständiger Zerstörung des zentrums, überhaupt nicht mehr sprechen kann in>- Abb. 9.25). Das Schreiben ist in der gleichen chen beeinträchtigt. Diese Form der Sprachstörung werden von der sog. sensorischen Aphasie, die in hend besprochen wird.
motoarischen Sprach(klinisches Beispiel Weise wie das Spremuss unterschieden > Kap. 9.9.3 einge-
des Gyrus frontalis inferior ein (>- Abb. 9.24, I). Neuere Untersu-
chungen zeigen allerdings, dass auch die umliegenden Regionen des Gyrus frontalis inferior zum motorischen Sprachzentrum gehören ( >
9.6.5
Frontales Blasenzentrum
Abb. 9.24, 2).
Vom motorischen Sprachzentrum aus wird nicht direkt die Aktivierung der für die Sprache wichtigen Muskeln initiiert, sondern die Sprache in ihrem Wortlaut und Satzbau geformt (wobei den einzelnen Anteilen des Gyrus frontalis inferior jeweils unterschiedliche Aufgaben zukommen). Erst anschließend wird von hier aus über einige Zwischenstationen selektiv die Aktivierung der zuständigen Muskelgruppen in Gang gesetzt (s. u.).
Ein im vorderen Gyrus cinguli und im angrenzenden Gyrus frontalis medialis lokalisiertes Zentrum ( > Abb. 12.5, 9) ist für die will-
kürliche Kontrolle über Harnblasen- und Enddarmentleerung essenziell. Dabei übt es vor allem hemmenden Einfluss aus, d.h., bei
einer (auch einseitigen) Schädigung entsteht Harn-, bei größeren Läsionen sogar Stuhlinkontinenz (Einzelheiten >- Kap. 12.7.1).
Das Broca-Sprachzentrum darf nicht mit dem Wernicke-Sprachzentrum der sekundären Hörrinde verwechselt werden ( > Kap. 9.9.3), das dem motorischen als sensorisches Sprachzentrum ge%4 a-phasia (gr.) = ohne Sprache
226
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
Abb. 9.24 Lokalisation des motorischen Sprachzentrums im Gyrus frontalis inferior. 1 Broca-Sprachzentrum, 2 weitere motorische Sprachareale im Gyrus frontalis inferior. [T873, L106]
9.6.6
Präfrontale Rinde
Unter dem Begriff präfrontaler Kortex werden diejenigen neokortikalen Anteile des Frontallappens zusammengefasst, die rostral der prämotorischen Rinde bis ganz vorne zum Frontalpol liegen
(> Abb. 9.26).
Afferenzen und Efferenzen
Afferenzen empfängt der präfrontale Kortex aus nahezu allen anderen Großhirnrindenarealen, aus der medialen Kerngruppe des Thalamus und aus dopaminergen Hirnstammzentren der Formatio reticularis. Efferent ist die präfrontale Rinde (ähnlich wie afferent)
mit zahlreichen kortikalen Arealen und mit dem Thalamus verbunden.
Funktion
Funktionell werden diesem Großhirnbereich zum einen eine herausragende Rolle für das Kurzzeitgedächtnis und zum anderen höhere soziale, psychische und geistige Leistungen des Menschen zugeschrieben, von der Achtung ethischer Grundwerte über Handlungsmotivation bis hin zu kognitiven Leistungen wie kombinatorisches oder planerisches Denken. Dabei ist der präfrontale Kortex hinsichtlich seiner Faserverbindungen und Funktion kein einheitliches Gebilde. Für höhere kognitive Leistungen beispielsweise ist ein erstaunlich eng umgrenzter lateroventraler Bereich des präfrontalen Kortex besonders wichtig (hier liegt also eine Art „Intelligenzzentrum“ des Gehirns). Der
basale Bereich des präfrontalen Kortex (orbitofrontaler Kortex) Abb. 9.25 Läsion des motorischen Sprachzentrums. Frontalschnitt-Kernspintomographie (sog. koronare Schnittebene) des Gehirns bei Astrozytom (Hirntumor mit astrozytärer Differenzierung) im Bereich des Gyrus frontalis inferior der sprachdominanten Hemisphäre. Bei dieser Aufnahmetechnik stellt sich das Gehirn dunkelgrau, der Liquor schwarz dar. Symptomatik des Patienten: Schwere motorische Aphasie (keine SprachäuBerung mehr möglich) durch Beeinträchtigung aller im Gyrus frontalis inferior befindlichen, an der Sprachbildung beteiligten Regionen. Die Beweglichkeit der Sprachorgane (Zungen-, Gesichts-, Kehlkopf-, Schlundmuskulatur) war nicht be-
troffen. 1 Tumor im Gyrus frontalis inferior (Astrozytom, grenzt sich hell gegen das umliegende Hirngewebe ab), 2 Sulcus lateralis, 3 Gyrus frontalis inferior der gesunden Seite, 4 Temporallappen. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. J. Klisch, Erfurt) [T874]
hingegen spielt eine wesentliche Rolle bei der Entscheidungsfindung und der Bewertung von (Sinnes-)Informationen hinsichtlich „günstig“ (zu erwartende positive Auswirkung) oder „ungünstig“ (zu erwartende negative Auswirkung). KLLNLK Läsionen und Funktionsstörungen des präfrontalen Kortex Eine bilaterale Schädigung des präfrontalen Kortex (große Frontalhirntumoren, degenerative Prozesse wie der Morbus Pick oder — sehr häu-
fig — Schädel-Hirn-Traumen) führt zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen. Die Betroffenen erfahren eine drastische Herabminderung ihrer intellektuellen Fähigkeiten, ihres psychischen und motorischen Antriebs, ihrer Ausdauer, Konzentrationsfähigkeit und ihres Sozialverhal-
9.7 Parietallappen
227
Abb. 9.26 Lokalisation des präfrontalen Kortex. a von lateral, b von medial. [T873, L106]
tens. Sie fallen häufig durch starke Verlangsamung und scham- bzw. takt-
9.7 Parietallappen
loses, enthemmtes Verhalten auf, machen dabei aber immer einen selbst-
zufriedenen und oft auch gleichgültigen Eindruck. Je nach Ausdehnung der Läsion können auch einzelne der genannten Symptome im Vorder-
grund stehen. So kann z. B. bei normalen kognitiven Funktionen bei Läsionen des orbitofrontalen Kortex die Fähigkeit zu Entscheidungen massiv reduziert sein, während andere Läsionen des präfrontalen Kortex bevorzugt kognitive oder Verhaltensstörungen verursachen. Eine andere Form von Funktionsstörung des präfrontalen Kortex hat große Bedeutung in der Psychiatrie. Eine Überaktivität dopaminerger Projektionen aus der Formatio reticularis (>- Kap. 6.3.3) in den präfrontalen Kortex wird für einen der wichtigsten pathophysiologischen Vorgänge bei der Entstehung schizophrener Symptome (schwere formale und inhaltliche Denkstörungen, Wahrnehmungsstörungen i.5. von Halluzinationen u.a.) gehalten.
9.7.1 Somatosensible Bahnen, afferentes System zur sensiblen Rinde Dem Kapitel wird eine Übersicht über die allgemein-somatosensiblen Bahnen vorangestellt, an die sich die danach zu besprechenden
Areale thematisch direkt anschließen. Da die Bahnen in ihren Einzelabschnitten bereits bei den jeweiligen Rückenmarks- und Hirnabschnitten besprochen sind, ist die folgende Darstellung knapp gehalten und dient nur der Zusammenschau des somatosensiblen Bahnsystems als Ganzes. Die Bahnen des sensiblen anterolateralen Systems (Schmerz-, Temperatur-, grobe Druck- und Tastempfindung, Name wegen des Verlaufs im Vorderseitenstrang des Rü-
ckenmarks) sind in > Abb. 9.27, die Bahnen des Hinterstrang-/
medialen lemniskalen Systems (feine Berührungs-, Vibrationsund Lagewahrnehmung) in > Abb. 9.28 dargestellt.
228
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
Bahn des sensiblen anterolateralen Systems ( > Abb. 9.27) Diese Bahn vermittelt Schmerz-, Temperatur- sowie grobe Druckund Tastempfindung und beginnt peripher an den entsprechenden Sinnesrezeptoren der Haut. Über die pseudounipolaren Neurone
bzw. das Ganglion trigeminale (>- Abb. 9.28, I bzw. 2) ins ZNS. Auf Rückenmarksebene ziehen die Fasern am Hinterhorn vorbei direkt in den ipsilateralen Hinterstrang ( > Abb. 9.28, 3). Sie verlaufen dort, ohne auf die Gegenseite zu kreuzen, nach kranial in so-
(entsprechend dem 1. Neuron dieser somatosensiblen Bahn), de-
matotopischer Anordnung. Die Fasern der oberen Extremität schließen sich ab den obersten Thorakalsegmenten als Fasciculus
ren Perikaryen in den Spinalganglien bzw. im Ganglion trigeminale
cuneatus ( > Abb. 9.28, 4) dem bis dorthin nur aus dem Fascicu-
liegen ( > Abb. 9.27, I bzw. 2), werden die entsprechenden Impul-
lus gracilis ( > Abb. 9.28, 5) bestehenden Hinterstrang von lateral
se (Schmerz, Temperatur, grobe Mechanozeption) ins Hinterhorn
her an. Die Fasern des 1. Neurons enden im dorsokaudalen Bereich
des Rückenmarks geleitet, wo sie auf ein 2. Neuron verschaltet wer-
der Medulla oblongata in den Hinterstrangkernen (Ncl. cuneatus
den ( > Abb. 9.27, 3). Die entsprechende somatosensible Informa-
tion des Kopfbereichs wird im Ncl. spinalis n. trigemini verschaltet
und Ncl. gracilis, > Abb. 9.28, 6 und 7) und werden hier auf das 2. Neuron dieser somatosensiblen Bahn verschaltet. Dessen Axone
(> Abb. 9.27, 4). Die Bahn kreuzt unmittelbar nach Verschaltung
ziehen nach ventromedial, kreuzen auf die Gegenseite und laufen
auf das 2. Neuron auf die Gegenseite und verläuft im kontralateralen Vorderseitenstrang des Rückenmarks somatotopisch geordnet (jeweils in höheren Segmenten eintretende Fasern schließen sich medial an das Fasersystem an) als Tractus spinothalamicus nach
dort, zunächst weiter medial, dann zunehmend
oben zum Gehirn
(>- Abb. 9.27, 5). In der Medulla oblongata
schließen sich von medial her die Fasern aus dem kontralateralen Ncl. spinalis n. trigemini an ( >- Abb. 9.27, 6). Die Bahn des sensi-
blen anterolateralen Systems verläuft dann jeweils dorsolateral der Bahn des lemniskalen Systems (s. u.) durch das Hirnstammtegmen-
lateral im Hirn-
stammtegmentum nach rostral. Auf Höhe des Pons schließen sich die Fasern mit den äquivalenten somatosensiblen Informationen (feine Berührungsempfindung) aus dem Trigeminusbereich von medial her an, nachdem sie im Ncl. principalis n. trigemini (> Abb. 9.28, 8) auf das 2. Neuron verschaltet wurden und ebenfalls auf die Gegenseite gekreuzt sind. Alle Fasern dieses sensiblen
Systems ziehen gemeinsam als Lemniscus medialis ( > Abb. 9.28, 9) weiter, der sich im Mittelhirn als schweifartige Struktur ( > Abb.
tum, um dann in somatotopischer Anordnung im Ncl. ventralis posterior des Thalamus zu enden (Trigeminusfasern medial, Tractus-spinothalamicus-Fasern aus dem Rückenmark lateral, > Abb.
9.28, 10) von hinten her dem Ncl. ruber anlegt. Die Fasern enden wie die des sensiblen anterolateralen Systems (s. 0.) in somatotopi-
9.27, 7). Hier findet die Umschaltung auf das 3. Neuron der Schmerz- und Temperaturbahn statt, dessen Axone ( > Abb. 9.27,
medial, Extremitäten und Rumpf lateral, > Abb. 9.28, 11). Dort werden die Impulse auf ein 3. Neuron verschaltet, das durch den
8) durch die Capsula interna nach oben zum Gyrus postcentralis des Parietallappens ziehen. Dort, in der primären somatosensiblen
hinteren Schenkel der Capsula interna zum primären somatosen-
Rinde, enden die Fasern erneut in somatotopischer Anordnung (> Abb. 9.27, 9), die also während des gesamten Verlaufs der
Bahn erhalten bleibt. Im Gyrus postcentralis findet die bewusste Wahrnehmung z. B. der Schmerzreize mit lokalisatorischer Zuordnung zu einzelnen Körperregionen statt. Zusätzliche Projektionen vom Thalamus in andere Kortexbereiche ermöglichen aber auch außerhalb des Gyrus postcentralis eine Schmerzwahrnehmung, allerdings meist ohne präzise lokalisatorische Zuordnung.
scher Anordnung im Ncl. ventralis posterior des Thalamus (Kopf
siblen Kortex im Gyrus postcentralis projiziert, wo seine Fasern erneut in somatotopischer Anordnung enden ( > Abb. 9.28, 12).
9.7.2 Gyrus postcentralis, primäre somatosensible Rinde Die primäre somatosensible Rinde erstreckt sich in der Großhirnwindung, die direkt dem Sulcus centralis hinten anliegt, von der
Medialseite über die Mantelkante bis hinunter zum Sulcus lateralis Wie in > Kap. 3 erwähnt, gibt es noch andere, Schmerzimpulse vermittelnde aufsteigende Bahnen, z. B. den Tractus spinoreticularis. Von der Formatio reticularis werden die nozizeptiven Impulse in polysynaptischen Kontakten dann u. a. zum Thalamus vermittelt, der diese Impulse zum Großhirn weiterleitet. Diese in > Abb. 9.27 nicht berücksichtigte Bahn endet vorwiegend im Gyrus cinguli und in der Inselrinde und ist entscheidend für die Vermittlung von mit Schmerzen verbundenen Unwohlseinsempfindungen. Bahn des Hinterstrang- bzw. medialen lemniskalen Systems ( > Abb. 9.28) Sie vermittelt fein differenzierende Tastempfindung (auch als „epikritische Sensibilität“ bezeichnet) und bewusste Wahrnehmungen aus dem Bewegungsapparat (Propriozeption). Die Impulse gelangen mit dem 1. Neuron aus der Haut und aus dem Bewegungsapparat (Gelenk-, Muskel-, Sehnenrezeptoren) über die Spinalganglien
(> Abb. 9.29, 1) und nimmt die Areae 1, 2 und 3 nach Brodmann
ein. Hier enden die somatosensiblen Fasern mit Impulsen aus der Haut sowie propriozeptiven Wahrnehmungsorganen wie Muskelspindeln, Sehnen- und Gelenkrezeptoren. All diese sensiblen Zuflüsse stammen aus der kontralateralen Körperhälfte, da alle ent-
sprechenden afferenten Bahnen auf ihrem Weg zum Thalamus vorher zur Gegenseite kreuzen. Hier erfolgen die lokalisatorische Zuordnung sowie die Differenzierung von Stärke und Art der entsprechenden Sinneswahrnehmung. Der Gyrus postcentralis weist, wie auch der primär somatomotorische Kortex, eine somatotopische Gliederung auf (vgl. Homunculus,
> Abb. 9.28, 12). Wie
bei der motorischen Rinde sind auch im Gyrus postcentralis einzelne Körperteile überproportional repräsentiert. Dies hängt unmittelbar mit der entsprechenden Rezeptorendichte in der Peripherie zusammen, d.h., je feiner differenziert das Wahrnehmungsorgan in der Peripherie ist, desto größer ist sein ihm entsprechendes Feld im Gyrus postcentralis.
229
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9.7 Parietallappen
Abb. 9.27 Verlauf der Bahn des sensiblen anterolateralen Systems (Schmerz-, Temperatur-, grobe Druck- und Tastempfindung). 1 Spinalganglien, 2 Ganglion trigeminale, 3 Hinterhorn des Rückenmarks, 4 Ncl. spinalis n. trigemini, 5 Tractus spinothalamicus lateralis (Tractus spinothalamicus anterior aus Übersichtlichkeitsgründen nicht dargestellt, gehört jedoch trotzdem zum sensiblen anterolateralen System und unterscheidet sich im Hirnstamm nicht mehr vom Tractus spinothalamicus lateralis), 6 somatosensible Fasern (Schmerz, Temperatur, Druck) aus 4, 7 Ncl. ventralis posterior thalami, 8 thalamokortikale
Fasern, entsprechend dem dritten Neuron dieser somatosensiblen Bahn, 9 Gyrus postcentralis (primär somatosensibler Kortex) mit somatotopischer Gliederung.
[T7873, L106]
230
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
Abb. 9.28 Verlauf der Bahn des Hinterstrang- oder medialen lemniskalen Systems. 1 Spinalganglien, 2 Ganglion trigeminale, 3 Hinterstrang des Rückenmarks, 4 Fasciculus cuneatus, 5 Fasciculus gracilis, 6 Ncl. cuneatus, 7 Nel. gracilis, 8 Nel. principalis (= Ncl. pontinus) n. trigemini, 9 und 10 Lemniscus medialis, 11 Ncl. ventralis posterior thalami, 12 Gyrus postcentralis (primär somatosensibler Kortex) mit so-
matotopischer Gliederung (beachte die im Verhältnis überdimensional große Lokalisationsfläche für Fuß, Hand und Gesicht, dabei speziell Lippen sowie Zunge/
Schlund). [T873, L106]
9.7 Parietallappen
231
Streng genommen bestehen für verschiedene Arten peripherer Re-
siblen Trigeminuskern, in den Hinterstrangkernen und im Hinter-
zeptoren eigene somatotopische Repräsentationen in der postzen-
horn
tralen Rinde. Die primär somatosensible Rinde im engeren Sinne ist die Area 3 (Area 3a: Propriozeption, also aus Muskelspindeln, Gelenkrezeptoren etc.; Area 3b: Exterozeption, feine Berührungsempfindung der Haut). Die Areae 1 und 2 sind hingegen weniger fein auflösend und erhalten auch nur wenig direkte Information aus
Kontrolle über den sensiblen Input dieser Kerne aus. Sensible Reize werden hier wahrscheinlich so bereits vor ihrer Weiterleitung zum
des Rückenmarks
enden,
übt der Gyrus
postcentralis eine
Thalamus bzw. von dort zum sensiblen Kortex geblockt, zugelassen oder sogar gebahnt.
dem Thalamus, sondern mehrheitlich indirekte Impulse aus den
Areae 3a und b. Afferente Bahnen erreichen die somatosensible Rinde subkortikal über den Ncl. ventralis posterior thalami mit den Fasern der beiden somatosensiblen Systeme ( > Kap. 9.7.1) und zum Teil von der Vestibulariskerngruppe (s.u.). Kortikale Afferenzen kommen von der somatomotorischen Rinde und von zahlreichen anderen kortikalen Arealen über Assoziations- und Kommissurenfasern. Über efferente Fasern, die als Bestandteil der Pyramidenbahn
abwärts ziehen und im Thalamus (Ncl. ventralis posterior), im sen-
Abb. 9.29 Somatosensible Kortexareale. a von lateral, b von medial. 1 Gyrus postcentralis (primäre somatosensible Rinde),
2 sekundäre somatosensible Rinde, 3 posteriorer parietaler Kortex. [T873, L106]
ein,
je nachdem,
Berührt
ng der
welche
Hand
w
232
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
9.7.3 Sekundäre somatosensible Rinde und posteriorer parietaler Kortex
Sulcus intraparietalis
Ein am basalen Ende des Gyrus postcentralis befindliches kleines
Im posterioren Parietallappen befindet sich auch der Sulcus intraparietalis (>- Abb. 9.1, 18), der den Lobulus parietalis superior vom Lobulus parietalis inferior trennt. Die diesen Sulcus ausklei-
Areal, das ebenfalls somatotopisch gegliedert ist (>- Abb. 9.29, 2),
dende Großhirnrinde ist (in beiden Hemisphären) einer der wich-
bildet die sekundäre somatosensible Rinde im engeren Sinne. Zudem haben auch die dorsal des Gyrus postcentralis gelegenen Areae
tigsten zerebralen Manifestationsorte der menschlichen Fähigkeit,
5 und 7 (posteriorer parietaler Kortex,
scher Kortex“,
> Abb. 9.29, 3) für die
interpretative Zuordnung der in der primären somatosensiblen Rinde wahrgenommenen Reize große Bedeutung. Dabei ist der basal gelegene Anteil mehr für die Analyse der taktilen Beschaffenheit des berührten Gegenstands, der weiter dorsal gelegene Anteil mehr für die Analyse seiner Form und Orientierung zuständig.
mit Zahlen umzugehen und zu rechnen, also eine Art „mathemati-
KLLNLK Bei Menschen mit angeborener Rechenschwäche (Dyskalkulie) können anatomische und funktionelle Veränderungen in der Rinde des Sulcus
intraparietalis nachgewiesen werden. Besonders auffällig ist dies z. B. bei Kindern mit Turner-Syndrom (Monosomie X) und anderen genetischen Erkrankungen, die mit einer Dyskalkulie einhergehen.
KLINIK Entsprechend der Funktion sekundärer Rindenfelder ist bei einem Ausfall
der sekundär somatosensiblen Rinde zwar eine bewusste Tastwahrnehmung möglich, nicht aber die interpretative Zuordnung oder das Erkennen des Getasteten. Die Symptome dieses Krankheitsbilds werden
auch unter dem Begriff taktile Agnosie** zusammengefasst.
9.7.4
Vestibuläre Bahn
und vestibulärer Kortex
Die vestibuläre Bahn zum Großhirnkortex beginnt in den Vestibulariskernen des Rhombencephalons ( >- Abb. 9.30, 2). Die Vestibula-
riskerne projizieren gekreuzt (>- Abb. 9.30, 3) und ungekreuzt (> Abb. 9.30, 4) über im Hirnstamm bisher nicht zweifelsfrei defi-
Der posteriore parietale Kortex ( > Abb. 9.29, 3) ist darüber hin-
nierte Bahnsysteme in den Ncl. ventralis posterior des Thalamus (so-
aus, insbesondere in der nicht-dominanten (also meist rechten)
matosensibler Thalamuskern,
Hemisphäre unerlässlich für die Orientierung im dreidimensionalen Raum. Er erhält Afferenzen von zahlreichen anderen Kor-
läuft die vestibulothalamische Bahn über den Fasciculus longitudi-
texarealen (vor allem primäre und sekundäre Sinnesfelder), die ihm
z.T. auch im Lemniscus medialis. Vom Thalamus aus wird die vesti-
visuelle, propriozeptive, vestibuläre und auditive Impulse zutragen. Diese werden hier integriert, um so räumliche Vorstellung und Orientierung zu ermöglichen und u. a. über Efferenzen zu den motorischen Rindenfeldern die Bewegung im dreidimensionalen Raum einschließlich Augenbewegungen vorzubereiten.
buläre Information den vestibulären Rindenfeldern im Großhirn zugeleitet (>- Abb. 9.30, 6). Diese haben keine auf ein Rindenfeld be-
nalis medialis
> Abb. 9.30, 5). Möglicherweise ver-
unter Zwischenschaltung
der Formatio
reticularis,
schränkte Lokalisation wie diejenigen anderer Sinnesmodalitäten und überlappen sich zum Teil mit den mechanozeptorischen somatosensiblen Rindenfeldern im Gyrus postcentralis ( >-Kap. 9.7.2). Das wahrscheinlich wichtigste „primär vestibuläre“ Kortexareal ist
KLINLK Bei Läsionen im posterioren parietalen Kortex der nicht-dominanten Hemisphäre (also meist rechts) kommt es häufig zu gravierenden räumlichen Orientierungsstörungen. Diese fallen ganz besonders ins Gewicht, wenn die Kranken in eine neue Umgebung geraten; z. B.
finden diese Patienten im Krankenhaus meist ihr Krankenzimmer nicht wieder. Bei Läsionen des unteren Parietallappens in der nicht-dominan-
der parietal-insuläre vestibuläre Kortex, der am basalen Parietallappen oberhalb des Sulcus lateralis liegt und sich durch die Furche über das parietale Operculum auf den insulären Kortex ausdehnt ( > Kap. 9.10.1). Dabei besteht eine deutliche Asymmetrie in der Ausprägung dieses Kortexareals zugunsten der nicht-dominanten (also meist rechten) Hemisphärenseite, was darauf hindeutet, dass die vestibulä-
ten (also meist rechten) Hemisphäre kommt es zu einem sog. Neglect (genauer: Hemineglect, weil die Symptomatik nur halbseitig auftritt).
re Information betont rechtshemisphärisch verarbeitet wird.
Die Patienten nehmen kontralateral insbesondere visuelle Reize, manch-
KLLINLK
mal sogar die ganze linke Körperhälfte nicht bewusst war. Sie reagieren
nicht auf kontralaterale Reize, nehmen ihr Verhalten aber nicht als krankhaft wahr. Bei Parietallappenläsionen der dominanten Hemisphäre (also meist links) kann es hingegen zu einer sog. Apraxie kommen, einer
Unfähigkeit, gelernte Bewegungsmuster auszuführen (z.B. Benutzen ei-
Entsprechend den multiplen Lokalisationen vestibulärer Kortexareale sind
vestibuläre Symptome bei kortikalen Läsionen eher selten. Wird jedoch der rechte parietal-insuläre vestibuläre Kortex geschädigt (z. B. bei Durchblutungsstörungen), kann es zu Schwindelsymptomen und Fallneigung kommen.
nes Stiftes, Heben eines Wasserglases etc.).
9.7.5 Gyrus angularis
25 a-gignoskein (gr.) = nicht erkennen
Der Gyrus angularis legt sich um das Ende des Sulcus temporalis superior herum, wird aber noch zum Parietallappen gerechnet und nimmt die Area 39 nach Brodmann ein ( > Abb. 9.31). Er spielt auf
9.7 Parietallappen
233
Abb. 9.30 Vestibuläre Bahn. 1 Vestibularorgan des Innenohrs, 2 Ncll. vestibulares,
3 gekreuzte vestibulothalamische Bahn, 4 ungekreute vestibulothalamische Bahn, 5 Ncl. ventralis posterior
des Thalamus, 6 vestibuläre Rindenfelder im Großhirn (primärer vestibulärer Kortex). [T873, L126, L141]
Abb. 9.31 Lokalisation des Gyrus angularis (orange markiert, legt sich um das Ende des Sulcus temporalis superior herum). [T873, L106]
der linken Hemisphärenseite eine zentrale Rolle bei der Verknüp-
des Lesens und Schreibens unerlässlich. Seine Funktion ebenso wie
fung visueller Impulse und deren Zuordnung zu sprachlichen Begriffen, ist also eine wichtige Schaltstelle zwischen sekundärer Sehund Hörrinde. In diesem Zusammenhang ist er auch beim Vorgang
seine klinischen Ausfälle können wir erst verstehen, wenn wir die
sekundäre Seh- und die sekundäre Hörrinde besprochen haben (> Kap. 9.8.3 und > Kap. 9.9.3).
234
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
9.8 Okzipitallappen und visuelles System Der Okzipitallappen ist der kortikale Hauptmanifestationsort des visuellen Systems. Entsprechend besprechen wir hier zunächst die Sehbahn.
vier Neurone, sodass in manchen Darstellungen die Sehbahn ein-
schließlich der Sehstrahlung auch mit insgesamt fünf Neuronen (5. Neuron im Corpus geniculatum laterale) angegeben wird. Magnozelluläres und parvozelluläres System der Sehbahn Die Sehbahnfasern lassen sich von der Retina bis zum Kortex in zwei Kategorien einteilen: Je nachdem, von welcher Zellpopulation
9.8.1 Sehbahn, afferentes System zur Sehrinde
in der Retina sie ihren Ursprung nehmen, unterscheidet man ein
magnozelluläres und ein parvozelluläres System. Die Projektio-
Das 1. Neuron der Sehbahn sind die Sinneszellen in der Retina (Zapfen und Stäbchen), die als speziell differenzierte Nervenzellen aufgefasst werden können (primäre Sinneszellen). Sie projizieren
nen der großzelligen (magnozellulären) Ganglienzellen der Retina projizieren auch im Corpus geniculatum laterale auf große (magno-
auf die bipolaren Zellen, die als 2. Neuron der Sehbahn vor ihnen in
Ganglienzellen der Retina auf die quantitativ überwiegenden kleinzelligen (parvozellulären) Neurone des Corpus geniculatum laterale projizieren. Beide Systeme sind funktionell unterschiedlich. Das magnozelluläre System dient der Bewegungswahrnehmung und der nicht-farblichen groben Objektwahrnehmung. Das parvozelluläre System vermittelt der Sehrinde hingegen hochauflösendes Sehen und Farbwahrnehmung. Diese beiden unterschiedlichen Systeme laufen von der Retina bis zum visuellen Kortex zwar in getrennten neuronalen Einheiten, jedoch weitgehend parallel zueinander. Bis zum Kortex ist somit vor allem eine retinotopische Anordnung
der Netzhaut liegen. Die bipolaren Zellen projizieren (z. T. über ein Zwischenneuron,
> Kap. 13.1.5) auf die an der lichtzugewandten
Seite der Retina liegenden großen Ganglienzellen (3. Neuron der Sehbahn), die mit ihren zentralwärts gerichteten Fortsätzen den II.
Hirnnerv, N. opticus, bilden ( >- Abb. 9.32, 1). Dieser ist entwicklungsgeschichtlich, wie auch die Retina, ein Teil des Gehirns. Er
muss deshalb eher als zentraler Fasertrakt denn als peripherer Nerv bezeichnet werden. Er beginnt mit dem Austritt der Axone der großen Ganglienzellen aus der Retina in der Papilla (= Discus) n. optici und tritt aus der Orbita in die Schädelhöhle ein. Dort vereinigt er sich mit dem Sehnerv der Gegenseite direkt über der Hypophyse zum Chiasma opticum ( > Abb. 9.32, 2). Im Chiasma kreuzen alle Fasern der medialen Netzhauthälften (die also das laterale Gesichtsfeld repräsentieren) auf die Gegenseite, sodass im Tractus
opticus, der sich dem Chiasma anschließt, die Fasern der ipsilateralen temporalen (lateralen) und kontralateralen nasalen (media-
len) Netzhauthälften verlaufen ( > Abb. 9.32, 3). Der Tractus opticus endet dann im Corpus geniculatum laterale des Thalamus, wo
die visuellen Impulse auf das 4. Neuron der Sehbahn umgeschaltet werden ( > Abb. 9.32, 4). Vorher gibt er Kollateralen zum Hypothalamus, zur Area pretectalis und zum Tectum des Mittelhirns ab (nicht dargestellt in > Abb. 9.32). Dies erklärt, warum bestimmte
optische Reflexe auch bei Zerstörung des Corpus geniculatum laterale bzw. der nachgeschalteten Sehbahn erhalten bleiben können. Vom Corpus geniculatum laterale aus setzt sich die Sehbahn über die breit angelegte Sehstrahlung (Radiatio optica) zur Sehrinde fort (>- Abb. 9.32, 5). Durch das embryonale Auswachsen des
Temporallappens im Bogen nach unten und vorne ( > Kap. 9.1.2) wird die Sehstrahlung zu einem erheblichen Teil mit nach vorne in den Temporallappen geschoben und umscheidet damit das Hinterund Unterhorn des Seitenventrikels (>- Abb. 9.33; sog. MeyerSchleife = „Meyer's Loop“ der Sehstrahlung). Dadurch sind auch die Gesichtsfeldausfälle z. B. bei Temporallappentumoren zu erklären, die in der Regel das kontralaterale obere Gesichtsfeld betreffen
(s.u.).
Der Verlauf der Sehbahn von der Retina bis zur primären Sehrinde über vier Neurone ist der direkteste und kürzest denkbare Weg. Da jedoch in der Retina z. T. Zwischenneurone zwischen den bipolaren und den Ganglienzellen geschaltet sind, die z. B. der Kontrastschärfung der visuellen Information dienen (s.o. und > Kap. 13.1.5), hat der intraretinale Anteil der Sehbahn z. T. auch bereits
zelluläre)
Neurone,
während
die kleinzelligen
(parvozellulären)
der Sehbahnfasern (also angeordnet nach Lokalisation im Gesichts-
feld) entscheidend. Erst im visuellen Kortex beginnen sich die beiden funktionellen Systeme topisch voneinander zu trennen (s. u.).
Nicht-genikulärer Anteil der Sehbahn Etwa 90% der Fasern des Tractus opticus enden wie oben geschildert im Corpus geniculatum laterale. 10 % enden in uns bereits aus den vorigen Kapiteln vertrauten Strukturen wie dem Ncl. suprachiasmaticus des Hypothalamus (Beeinflussung des zirkadianen Rhythmus), der Area pretectalis oberhalb der Vierhügelplatte (Verschaltung des Pupillenreflexes) und den Colliculi superiores des Mittelhirns (Auslösung von Reflexen wie z.B. Lidschluss bei plötzlich näher kommenden visuellen Reizen). KLLN.LK Läsionen der Sehbahn
Entsprechend den topisch geordneten und kreuzenden Faserverläufen kann man klinisch Schädigungen der Sehbahn recht gut lokalisieren (> Abb. 9.32). So resultiert z.B. eine Schädigung des N. opticus in einer Blindheit auf dem Auge der betroffenen Seite, da der N. opticus alle retinalen Fasern des entsprechenden Bulbus führt (>=- Abb. 9.32, A).
Eine Schädigung im Chiasma hingegen hat eine sog. bitemporale Hemianopsie zur Folge, wenn die Läsion in der Mitte des Chiasmas erfolgt (> Abb. 9.32, C; Beispiel Hypophysentumor, >- Kap. 8.4). Unter Hemianopsie*® versteht man einen Ausfall der Hälfte des Gesichtsfelds. Der Begriff bitemporal bezieht sich auf die betroffenen Gesichtsfelder, die ja den betroffenen Netzhautfeldern entgegengesetzt sind. Bei einer Läsion der gesamten Chiasmaregion resultiert eine Läsion aller Sehbahnfasern, die zu völliger Blindheit führt.
% hemi (gr.) = halb; an-opsis (gr.) = nicht-Sehen
9.8 Okzipitallappen und visuelles System temporal
|
nasal
nasal
235
|_ __ temporal
@ D « D D D B D D
7 Abb. 9.32 Sehbahn: Verlauf und Kreuzung mit Ausfallssymptomen bei entsprechenden Läsionen. Beachte, dass die visuelle Information des temporalen Gesichtsfelds auf die nasale Netzhauthälfte trifft und umgekehrt. 1 N. opticus, 2 Chiasma opticum, 3 Tractus opticus, 4 Corpus geniculatum laterale, 5 Sehstrahlung, 6 primäre Sehrinde, 7 Sulcus calcarinus (beachte, dass die Seh-
strahlung der unteren Netzhauthälfte auf die Kortexregion unter dem Sulcus calcarinus, diejenige der oberen Hälfte auf die Kortexregion über dem Sulcus calcarinus projiziert). Läsionen und Ausfälle (rechts die Gesichtsfeldausfälle als schwarze Schatten dargestellt): Für das „Basiswissen” ist die Kenntnis der Läsionen A, C, D und F aus-
reichend. A: N.-opticus-Läsion links: Blindheit des linken Auges. B: N.-opticus-Läsion links in Höhe des Chiasmas von lateral her kommend (nasale Fasern von links haben bereits nach kontralateral gekreuzt): Hemianopsie links nasal und Quadrantenanopsie rechts temporal oben. C: Chiasmaläsion (median): bitemporale Hemianopsie. D: Tractus-opticus-Läsion links: rechtsseitige homonyme Hemianopsie. E: Läsion der im Temporallappen vorne verlaufenden Sehstrahlung links: rechtsseitige obere Quadrantenanopsie. F: Läsion der gesamten Sehstrahlung oder der primären Sehrinde links: rechtsseitige homonyme Hemianopsie. [T873, L106]
236
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
Eine Schädigung des Tractus opticus hat eine homonyme Hemianopsie zur Gegenseite zur Folge (>=- Abb. 9.32, D; homonym bedeutet, dass
beide ausgefallenen Gesichtsfeldhälften zur gleichen Seite zeigen). Eine Läsion des Corpus geniculatum laterale oder der Sehstrahlung resultiert ebenfalls in einer Hemianopsie zur Gegenseite, zeichnet sich aber durch einige erhaltene optische Reflexe (z. B. Pupillenreflex) aus, da die entsprechenden Fasern ins Mittelhirn bereits vor dem Thalamus abgehen. Weil das verhältnismäßig kleine Corpus geniculatum laterale leichter vollständig geschädigt wird als die relativ weit gestreute Sehstrahlung, kommt es bei seiner Läsion eher zu einer kompletten Hemianopsie. Dagegen resultieren bei der Sehstrahlungsläsion, bei der meist nur Teile betroffen sind, eher kleinere Gesichtsfeldausfälle (>- Abb. 9.32, E).
KLINLK Läsionen der primären Sehrinde Eine Schädigung des visuellen Kortex einer Seite hat je nach Ausdehnung kleinere Gesichtsfeldausfälle bis hin zur vollständigen homonymen Hemianopsie zur Gegenseite zur Folge (wie bei einer kompletten Läsion der Sehstrahlung, > Abb. 9.32, F). Ein klinisches Beispiel ist in > Abb. 9.35 dargestellt. Da durch ihre Lage im Interhemisphärenspalt die Sehrinden beider Hemisphären so eng beieinander liegen, kommt es häufig (z.B. durch einen Tumor oder ein Trauma des Okzipitallappens) zu einer gemeinsamen Schädigung der primären Sehrinden beider Gehirnhälften. Es resultiert dann eine völlige Blindheit, da trotz erhaltener Sehbahn die optischen Impulse
nicht mehr zum Bewusstsein gelangen können. Bei dieser Schädigung sind
einige optische Reflexe (z. B. Pupillenreflex) erhalten, nicht aber der Akkommodationsreflex, in dessen Verschaltung die Sehrinde einbezogen ist.
9.8.2
Primäre Sehrinde
Die primäre Sehrinde kleidet die Wand des Sulcus calcarinus aus,
9.8.3 Sekundäre Sehrinde und übergeordnete
greift auf die mediale Fläche des Okzipitallappens und auf den Okzipitalpol über und nimmt die Area 17 nach Brodmann ein ( > Abb.
visuelle Rindenfelder
9.34, 1). Da sie in ihrer grauen Substanz einen bereits makrosko-
Die klassische sekundäre Sehrinde nimmt die Area 18 nach Brod-
pisch sichtbaren weißen Streifen (Gennari- oder Vicq-d'Azyr-
mann ein und umrandet die primäre Sehrinde wie ein Hufeisen
Streifen)
(> Abb. 9.34, 2). Die sich anschließende Area 19 ( > Abb. 9.34, 3)
aufweist, der parallel zur Oberfläche verläuft, wird sie
ist von den neuronalen Verbindungen nachgeschaltet, aber funktio-
auch Area striata genannt ( > Abb. 9.50b, 6).
nell eng mit der Area 18 verbunden. In diesen Regionen wird die
Histologisch findet sich dieser Streifen in der - im Vergleich zu anderen sensorischen Kortexarealen noch stärker ausgeprägten — in-
visuelle Information analysiert und aufgelöst nach Farbe, Größe,
neren Körnerschicht und teilt sie in eine Lamina IV a, b (b wird
texareale, die an der sekundären Verarbeitung visueller Impulse
durch den Streifen gebildet) und c. Der Vicq-d’Azyr-Streifen wird
beteiligt sind, reichen über den Okzipitallappen hinaus in den Parietallappen und bis weit in den ventralen Temporallappen hinein
durch
stark ummarkte,
intrakortikale Axonkollateralbündel
von
Pyramidenzellen gebildet.
Form, Orientierung und Entfernung eines Objekts. Weitere Kor-
(> Abb. 9.34, 4). Hier wird die visuelle Information interpretiert
und mit gelernten Inhalten verknüpft (z. B. Gegenstände erkennen, Die Area 17 ist als primäre Sehrinde (primärer visueller Kortex) der zerebrale Ort der Bewusstwerdung der visuellen Impulse aus der Retina. Eine Interpretation bzw. ein erkennendes Zuordnen des visuell Wahrgenommenen erfolgt hier aber noch nicht.
Geschwindigkeiten abschätzen, Schrift erkennen/lesen etc.). Einzel-
nen z. T. eng umschriebenen Bereichen kommen dabei sehr spezifische Aufgaben zu, z. B. das Erkennen von Gesichtern, von bestimmten Formen, von räumlichen Anordnungen, von Farben etc.
Afferenzen
Afferenzen und Efferenzen
Afferent ist die primäre Sehrinde in erster Linie mit dem Corpus se aus der temporalen ipsilateralen und der nasalen kontralateralen
Afferente Fasern erhält die sekundäre Sehrinde vor allem von der primären Sehrinde in Area 17, wobei sie die visuellen Impulse integrativ verarbeitet und efferent weiterleitet zu übergeordneten vi-
Netzhauthälfte (also zusammen die Fasern des kontralateralen Ge-
suellen Rindenfeldern
sichtsfelds) zur Sehrinde übermitteln. Diese Fasern enden in der
deutlich getrennte Wege für einzelne Parameter der visuellen Infor-
primären Sehrinde retinotopisch geordnet, das bedeutet, dass je-
mation
dem Ort auf der Netzhaut ein bestimmtes kleines Areal im visuellen
sind z.B. in das frontale Augenfeld im Frontallappen gerichtet, das
Kortex entspricht. Die Fovea centralis der Retina (Ort des schärfsten Sehens mit der größten Dichte an Photorezeptoren) nimmt da-
entsprechende Ab- oder Zuwendungen des Blicks, rasche Korrek-
geniculatum laterale verbunden, dessen Fasern die visuellen Impul-
bei 80%
(>- Abb. 9.34, 4). Dabei existieren bereits
(Form, Farbe, Entfernung etc., s.u.). Weitere
Efferenzen
turbewegungen der Augen und dergleichen vermittelt.
der gesamten primären Sehrinde ein, einschließlich des
Okzipitalpols. Efferenzen Efferenzen sendet die primäre Sehrinde (Area 17) ganz überwiegend in die Areae 18 und 19, die in ihrer Gesamtheit die sekundäre
Sehrinde bilden. Erst dort erfolgt die integrative Verarbeitung des visuell Wahrgenommenen.
Auch in den am Übergang zum Parietallappen gelegenen Anteilen der visuellen Rinde können Augenbewegungen generiert werden. Dieser Bereich ist somit ein Blickzentrum, vergleichbar dem Blick-
zentrum im Frontallappen ( > Kap. 9.6.3). Es ist vor allem für die Entstehung von Blickfolgebewegungen (Verfolgung eines sich bewegenden Objektes mit den Augen) verantwortlich, während im Frontallappen vor allem Blickspontanbewegungen (Sakkaden) der Augen generiert werden.
9.8 Okzipitallappen und visuelles System
Abb. 9.33 Verlauf der Sehstrahlung vom 1 Corpus geniculatum laterale des Thalamus zur 2 primären Sehrinde im Okzipitallappen. Beachte den teilweisen Verlauf der Sehbahnfasern im Temporallappen um das 3 Unterhorn des Seitenventrikels herum (sog. MeyerSchleife). [T873, L106]
Abb. 9.34 Visuelle Rindenfelder. a von lateral, b von medial. 1 Primäre Sehrinde (Area 17), 2 und 3 „klassische” sekundäre und tertiäre Sehrinde, 2 Area 18, 3 Area 19,
4 Lokalisation weiterer, übergeordneter visueller Rin-
denfelder. Beachte, dass der Hauptteil der primären Sehrinde an der medialen Hemisphärenseite (und sogar großteils im Sulcus calcarinus „versteckt“) liegt und von der sekun-
dären Sehrinde „hufeisenförmig” umgeben wird. [T7873, L106]
237
238
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme KLLNLK Läsionen der sekundären Sehrinde und der angrenzenden übergeordneten visuellen Rindenfelder Diese Läsionen haben keine Gesichtsfeldausfälle zur Folge. Stattdessen können die Betroffenen das Gesehene nicht mehr zuordnend und erkennend verarbeiten. Dies bezeichnet man als visuelle Agnosie. Bei Läsio-
nen der sekundären Sehrinde der dominanten Hemisphäre sind die Ausfälle größer als bei einer entsprechenden Schädigung auf der Seite der nichtdominanten Hemisphäre. Bei kleineren Läsionen der sekundären oder tertiären Sehrinde kann es zu einem Ausfall einzelner Erkennungsprozesse kommen, sodass manche der Patienten selektiv keine Gesichter, Farben
oder Gegenstände mehr erkennen können, da für all diese Muster bestimmte Bereiche und Neuronengruppen in der sekundären Sehrinde und der übergeordneten visuellen Rinde zuständig sind.
Abb. 9.35 Läsion der Sehstrahlung und der Sehrinde. Horizontalschnitt-Kernspintomographie (sog. axiale Schnittebene) des Gehirns bei malignem Lymphom (bösartiger Tumor des Iymphatischen Gewebes hier mit Manifestation im rechten Okzipitallappen). Die Schnittbilder in der Klinik werden „seitenverkehrt” projiziert, man sieht also „von unten” auf die Schnittebene.
Symptomatik des Patienten: Komplette homonyme Hemianopsie nach links (also kontralateral zur Läsion) durch tumorbedingte Zerstörung der primären Sehrinde. 1 Tumor (Lymphom, grenzt sich hell gegen das umliegende Hirngewebe ab), 2 Fissura longitudinalis cerebri, 3 Seitenventrikel, im Hinterhorn einseitig durch
den Tumor komprimiert. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. M. Langer, Freiburg) [T879]
9.9 Temporallappen, auditorisches System und zentrale Regulation der Sprache Analog dem taktilen und visuellen System ist es sinnvoll, vor der
Besprechung der primären Hörrinde die Hörbahn als Ganzes darzustellen, da sie der wichtigste Eingangskanal in das kortikale auditorische System ist.
9.9.1
Hörbahn, afferentes System zur Hörrinde
Die Hörbahn beginnt im Innenohr mit den afferenten Fortsätzen der bipolaren Hörnervenzellen (1. Neuron der Hörbahn), deren Pe-
Andere Efferenzen ziehen zum Gyrus angularis, der für die Verknüpfung des Gesehenen mit der Sprache eine besonders große Be-
Ncll. cochleares in der Medulla oblongata zu ( > Abb. 9.36, 2). Da-
deutung hat (s. u.). Weitere Fasern ziehen zum Colliculus superior
bei existiert eine tonotopische Gliederung (= Gliederung nach
des Mittelhirns (dienen z.B. der Verschaltung des Akkommodationsreflexes) und in die Area pretectalis sowie das Hirnstammtegmentum, dorthin also, wo wichtige visuelle Reflex- und Bewegungszentren lokalisiert sind.
Tonhöhe bzw. Tonfrequenz), was den afferenten Fasern aus den
Magnozelluläres und parvozelluläres System in der sekundären Sehrinde und übergeordneten visuellen Kortexarealen Die visuellen Impulse der oben erwähnten funktionell und anatomisch zu trennenden Sehbahnsysteme (magnozellulär und parvozellulär) werden bereits in der primären, wesentlich deutlicher aber
in der sekundären und „tertiären“ Sehrinde auf getrennten Wegen weiterverarbeitet. Während das magnozelluläre System mit den Aufgaben der Wahrnehmung der Objektbewegung und der nichtfarblichen, groben Objektwahrnehmung (z.B.: „Hier bewegt sich ein kleines Objekt rasch auf mich zu“) mehr in den dorsalen und parieto-okzipitalen visuellen Kortexarealen verarbeitet wird, findet die Prozessierung des parvozellulären Systems zur hochauflösenden Formanalyse und Farbwahrnehmung von Objekten (z. B.: „Dies ist eine Orange und nicht ein blau-weiß gemusterter Würfel“) mehr im ventralen, okzipitotemporalen Bereich statt.
rikaryen im Ganglion spirale liegen. Sie leiten ihre Impulse den
basalen oder apikalen Schneckenwindungen des Innenohrs entspricht. Vom Ncl. cochlearis anterior ziehen die Hörbahnfasern zu einem geringeren Teil auf der ipsilateralen Seite nach oben und zum größeren Teil als starkes Faserbündel (Corpus trapezoideum) zur Gegenseite ( > Abb. 9.36, 3). In dieses sind einzelne Kerne eingeschaltet, in denen ein Teil der hier kreuzenden Hörbahnfasern auf das 3. Neuron verschaltet wird, um dann mit den anderen, un-
verschalteten Neuronen weiterzuziehen (Ncll. olivares superiores und Ncl. corporis trapezoidei; > Abb.9.36, 4). Diese Verschaltung in den Ncll. olivares superiores ist entscheidend für das Richtungshören. Den Ncl. corporis trapezoidei gibt es beim Menschen allerdings nicht oder nur sehr rudimentär. Er wird jedoch als Bestandteil der Hörbahn in Prüfungen zuweilen erfragt und man sollte ihn somit kennen. Die Fasern des Ncl. cochlearis posterior, die quantitativ einen ge-
ringeren Teil der Hörbahn ausmachen, ziehen separat vom Corpus trapezoideum als Striae acusticae posteriores unverschaltet auf die Gegenseite. Zudem sendet der Ncl. olivaris superior efferente Fasern über den VIII. Hirnnerv zurück in die Cochlea, mit denen er
selektiv die Empfindlichkeit der Hörwahrnehmung beeinflussen kann ( > Kap. 13.2.3).
9.9 Temporallappen, auditorisches System und zentrale Regulation der Sprache
239
Auf der kontralateralen Seite steigen alle Hörbahnfasern als Lem-
Informationen aus beiden Cochleae, was sich klinisch bei einer
niscus lateralis ( > Abb.9.36, 5) zu den Colliculi inferiores auf. In
einseitigen Schädigung der Hörbahn positiv auswirkt. Weiterhin wird durch die Konvergenz der Hörinformation beider Seiten (die
den Lemniscus lateralis ist wiederum ein Kernkomplex (Ncll. lemnisci lateralis) eingeschaltet, in dem erneut ein Teil der aufsteigen-
z. T. bereits auf Hirnstammebene erfolgt, s. o0.) das Richtungshören
den Fasern verschaltet wird ( > Abb. 9.36, 6). Ein Teil dieser ver-
ermöglicht.
schalteten Fasern kreuzt von dort wieder zurück, um dann im Lemniscus lateralis der ursprünglich ipsilateralen Seite ebenso wie die nicht zurückgekreuzten Fasern zur Vierhügelplatte zu ziehen. Dort
9.9.2
Primäre Hörrinde
enden die Fasern in den Colliculi inferiores ( > Abb. 9.36, 7).
Einige von ihnen kreuzen von dort zum unteren Hügel der Gegenseite, die anderen ziehen über das Brachium colliculi inferioris
An der dorsalen Fläche des Temporallappens, die man erst nach Entfernung des parietalen und frontalen Operculums einsehen
(unterer Bindearm) direkt weiter vom Colliculus inferior zum Cor-
kann, fallen zwei bis vier Hirnwindungen auf, die quer zu allen an-
pus geniculatum mediale des Thalamus ( > Abb. 9.36, 8). Im Corpus geniculatum mediale werden die Hörbahnfasern noch einmal verschaltet, um von dort als Hörstrahlung zur primären Hörrinde
deren temporalen Gyri verlaufen und deshalb auch als Gyri temporales transversi oder nach einem ihrer Beschreiber als Heschl-
zu ziehen ( >- Abb.9.36, 9 und 10), wobei sie durch den hinteren
die Area 41 nach Brodmann ein und stellen die primäre Hörrinde
Abschnitt der Capsula interna verlaufen. Die Hörbahn behält bei
(auditorischer Kortex) dar.
Querwindungen bezeichnet werden (>- Abb. 9.37). Sie nehmen
jeder Zwischenstation, in der sie verschaltet wird, ihre tonotopische
Gliederung bei, was die Grundlage des Erkennens von Tönen unterschiedlicher Frequenz bildet. Wichtig ist, dass an mehreren Stellen einige der ursprünglich gekreuzten Fasern des Lemniscus lateralis wieder zur ipsilateralen Seite zurückkreuzen. Die primäre Hörrinde erhält somit akustische
Abb. 9.36
Hörbahn. Beachte den bilateralen Verlauf
der auditorischen Impulse aus der Cochlea einer Seite. 1 Cochlea, 2 Nell. cochleares, 3 Corpus trapezoideum,
4 Ncell. olivares superiores und Ncl. corporis trapezoidei (Letzterer beim Menschen vorhanden), 5 Lemniscus ralis, 7 Colliculus inferior, le (Teil des Thalamus), 9 rinde. [T873, L126]
nicht oder nur rudimentär lateralis, 6 Ncll. lemnisci late8 Corpus geniculatum mediaHörstrahlung, 10 primäre Hör-
Afferenzen und Efferenzen Die Hörbahn ist die wichtigste Afferenz des auditorischen Kortex. Die Hörbahnfasern enden hier in tonotopischer Anordnung, d.h.,
jede Tonfrequenz hat ihren eigenen Terminationsort in der primä-
240
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
Abb. 9.37
Primäre Hörrinde (Heschl-Querwindun-
gen). Man blickt von schräg oben und lateral auf die im Sulcus lateralis gelegenen 1 Gyri temporales transversi (= Heschl-Querwindungen), die durch Entfernen der
unteren Frontal- und Parietallappenanteile sichtbar werden (2 = Schnittfläche). Beachte, dass die primäre
Hörrinde nur durch Abdrängen oder Abschneiden der unteren Frontal- und Parietallappenanteile sichtbar wird, also als solche von außen nicht erkennbar ist.
[T7873, L106]
ren Hörrinde (tiefe Frequenzen mehr anterolateral, hohe mehr posteromedial). Als primärer Endigungsort der Hörbahn sind die Heschl-Querwindungen (analog zur primären somatosensiblen oder visuellen Rinde) für die interpretationsfreie Bewusstwerdung der auditorischen Impulse aus dem Innenohr verantwortlich. Bei (experimenteller) Reizung der primären Hörrinde werden dementsprechend immer nur einzelne Laute oder Lautmuster unterschiedlicher Frequenz, niemals aber Wörter oder Melodien wahrge-
nommen. Die sinnvolle Verknüpfung dieser Laute zu Wörtern oder schließlich Sätzen und dergleichen erfolgt erst in der sekundären
* In der dominanten Hemisphäre werden auditorische Impulse mehr rational integriert einschließlich des Verständnisses der
Sprache. Deswegen wird die sekundäre Hörrinde hier auch als sensorisches Sprachzentrum (Wernicke) bezeichnet, auch
wenn am Sprachverständnis noch weitere Regionen des Gehirns beteiligt sind. * In der nicht-dominanten Hemisphäre wird in der sekundären Hörrinde offensichtlich mehr die „nicht-rationale“ Komponente des Gehörten verarbeitet, z. B. das Erkennen und Verständnis
von Musik. Definitionsgemäß ist diejenige Hemisphäre domi-
Hörrinde, die das Ziel der efferenten Bahnen der primären Hörrin-
nant, in der motorisch und sensorisch die Sprache verarbeitet
de ist.
wird (bei Rechtshändern die linke, bei Linkshändern die rechte
oder die linke). KLIN.LK Läsionen der Hörbahn und der Hörrinde
Da die Hörbahn zum Teil gekreuzt und zum (etwas geringeren) Teil ungekreuzt verläuft, also Impulse einer Cochlea in beiden Hörrinden enden (bzw. eine Hörrinde Impulse beider Cochleae empfängt), kommt es bei
Schädigung der Hörbahn oder der Hörrinde einer Seite lediglich zu einer geringen Minderung des Hörvermögens, nicht aber zu einer völligen Taubheit. Da aber die unterschiedlichen Quantitäten an Fasern aus ipsiund kontralateralem Innenohr zur Hörrinde für das Richtungshören eine große Rolle spielen, ist dieses bei einseitiger Läsion der Area 41 ebenfalls herabgesetzt.
Diese Zuordnung der dominanten und nicht-dominanten Hemisphäre zu mehr verbal-rationalen und mehr nonverbal-musischen Integrationsvorgängen gilt nicht nur für die sekundäre Hörrinde, sondern auch für viele andere Kortexareale, darf aber nicht zu dog-
matisch und streng interpretiert werden. Afferenzen
rinde in den Heschl-Querwindungen an, aus der es auch den Groß-
Afferent ist die sekundäre Hörrinde neben der primären Hörrinde auch intensiv mit dem Gyrus angularis ( > Abb. 9.31) verbunden, der eine zentrale Bedeutung bei der Verknüpfung von Gesehenem und der Sprache hat. Dies spielt z. B. beim Vorgang des Schreibens oder Lesens eine herausragende Rolle: Der Gyrus angularis erhält seine Impulse vor allem aus dem sekundären visuellen Kortex. Diese Information der als Schrift erkannten Impulse aus der Sehrinde wird dann vom Gyrus angularis an das Wernicke-Sprachzentrum weitergesandt und dort mit dem Sprachverständnis verknüpft.
teil seiner Afferenzen erhält. Hier erfahren die auditorischen Im-
Auch bei anderen Funktionen, z. B. beim Benennen von gesehenen
pulse der primären Hörrinde eine interpretative Verarbeitung.
Gegenständen, gilt dieses Prinzip.
9.9.3
Sekundäre
Hörrinde
Dieses Kortexareal nimmt die Areae 42 und 22 nach Brodmann ein (> Abb. 9.38) und grenzt somit lateral direkt an die primäre Hör-
Die Laute werden als Wörter, Melodien, Geräusche etc. erkannt.
Interessanterweise nehmen die sekundären Hörrinden beider He-
misphären dabei einen unterschiedlichen Stellenwert ein:
MERKE Der Gyrus angularis ist also die unverzichtbare Schaltstelle zwischen visuellen und sprachrelevanten Kortexarealen.
9.9 Temporallappen, auditorisches System und zentrale Regulation der Sprache
241
Abb. 9.38 Lokalisation der sekundären Hörrinde (auf der sprachdominanten Seite: „WernickeZentrum”). [T873, L106]
Efferenzen
kortikalen Assoziationsfeldern, in denen das Gehörte weitere inte-
Sätze mehr sprechen, denn sie verstehen ja ihre eigene Sprache ebenso wenig wie diejenige der anderen. So sprechen sie zwar meist flüssig und in normaler Satzmelodie, jedoch mit entstellter Grammatik, sinnlosem Satzbau und oft unter Verwendung von Wortneuschöpfungen (Neologis-
grative Verarbeitung erfährt. Im Besonderen sind Verbindungen
men), die weder den Zuhörenden noch ihnen selbst verständlich sind.
zum motorischen Sprachzentrum wichtig, die über den Fasciculus
arcuatus verlaufen. Das motorische Sprachzentrum kann seine Funktion als Initiator des Sprechens nur sinnvoll in Zusammenar-
Eine Schädigung des sekundären Hörzentrums der nicht-dominanten Hemisphäre hat einen Verlust des Musikverständnisses bzw. -erkennens zur Folge.
beit mit dem Wernicke-Zentrum
Präoperative Diagnostik der Sprachregionen
Efferente Verbindungen hat das Wernicke-Zentrum zu zahlreichen
ausüben, da die Sprachbildung
mit dem Sprachverständnis untrennbar verbunden ist. Funktionelle Bedeutung des Wernicke-Zentrums Man muss sich vor Augen führen, welchen hohen Stellenwert die Sprache in unserem Leben hat, um die Wichtigkeit des Wernicke-
Wie beim motorischen Kortex hat die Kenntnis der Lokalisation der Sprachzentren auch in der präoperativen Diagnostik mittels funktioneller Kernspintomographie große Bedeutung, wenn man vor einer Gehirnoperation prüfen will, wie nah diese Zentren dem Operationsbereich sind, um diese für die Lebensqualität so entscheidende Bereiche bei dem
Eingriff entsprechend schonen zu können (>- Abb. 9.39b).
Zentrums ermessen zu können. Nicht nur die schriftliche oder mündliche Kommunikation mit anderen Menschen ist unverzicht-
Die Schädigung dieses Hirngebiets äußert sich gemäß seiner Funktion
bar damit verknüpft, sondern — fast noch bedeutender — der größte
meist in einer Störung des Lesens (Alexie?’) und/oder Schreibens (Agra-
Teil unseres Denkens ist an die Sprache als „Instrument“ und somit
phie“®). Weiterhin sind die Betroffenen meist unfähig, Dinge, die sie sehen, mit einem bestimmten Begriff in Verbindung zu bringen und sie da-
an das Wernicke-Zentrum gebunden. Eine vollständige Zerstörung des Wernicke-Zentrums hat deshalb nicht nur die im Folgenden aufgeführten Ausfälle, sondern meist auch tief greifende Persönlichkeitsbeeinträchtigungen zur Folge. KLLNLK
Läsionen des Gyrus angularis
mit zu benennen. Sie fallen deshalb häufig dadurch auf, dass sie komplizierte Umschreibungen verwenden, um einen Gegenstand nicht unmittelbar mit dem passenden Begriff bezeichnen zu müssen (z.B. statt: „Bleistift” weichen sie auf „etwas, womit man schreibt” oder statt „Stuhl” auf „etwas zum Sitzen” aus). > Abb. 9.40 zeigt ein klinisches
Beispiel einer Gyrus-angularis-Läsion.
Läsionen der sekundären Hörrinde
Der Ausfall der Wernicke-Region wird als sensorische Aphasie bezeichnet. Dieses Krankheitsbild tritt nur bei einer Schädigung der sekundären Hörrinde in der dominanten Hemisphäre auf (klinisches Beispiel in > Abb. 9.39a). Im Zentrum der Symptomatik steht eine Störung des Wort- und Sprachverständnisses. Oft können die Kranken zwar die Laute
9.9.4 Einige sprachassoziierte Schaltkreise
sind aber unfähig, deren Sinn zu verstehen, da ihnen die für das Erkennen
Sprache und Sprachverständnis gehört zu den komplexesten Leistungen, die das Gehirn vollbringt. Aus Gründen der Anschaulichkeit werden hier zwei vereinfachte Schaltkreise im Zusammenhang beschrieben, die in ihren Bestandteilen bereits erwähnt wurden.
der Sprache geknüpften Schaltkreise im Wernicke-Zentrum nicht mehr zugänglich sind. Da jedoch das Sprachverständnis für ein sinnvolles Sprechen ebenfalls Voraussetzung ist, können die Betroffenen keine sinnvollen
#7 a-Jexein (gr.) = nicht lesen
der Wörter bis zu einem gewissen Grad (s. u.) nachsprechen (im Gegen-
satz zur motorischen Aphasie, klinische Hinweise in > Kap. 9.6.4). Sie
% a-graphein (gr.) = nicht schreiben
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
Abb. 9.39 Läsion der sensorischen Sprachregion. a Hirninfarkt (ischämischer Insult). Horizontalschnitt-Kernspintomographie des Gehirns bei ischämischem Hirninfarkt (Durchblutungsstörung mit Gewebeuntergang) des Temporallappens mit Beteiligung der sekundären Hörrinde der sprachdominanten Hemisphäre. Bei dieser Aufnahmetechnik stellen sich das Gehirn dunkel und der Liquor sowie das Infarktareal hell dar (Blick auf das Schnittbild von unten, also linke Gehirnhälfte rechts im Bild und umgekehrt).
Symptomatik der Patientin: Schwere sensorische Aphasie (s. Text) durch Zerstörung der Wernicke-Region. 1 Temporallappen ohne Infarktareal (gesunde Seite), 2 Temporallappen mit Infarktareal (grenzt sich hell gegen das umliegende Hirngewebe ab), 3 Sulcus lateralis, 4 IIl. Ventrikel, 5 Teil der Seitenventrikel. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. J. Klisch, Erfurt) [T874]
b Präoperative Diagnostik der Sprachregionen. Funktionelle Kernspintomographie des Gehirns bei einem links-hemisphärisch gelegenen Hirntumor (Oligodendrogliom). Da die Patientin Linkshänderin war, wurde vor der Operation eine funktionelle Kernspintomographie durchgeführt, um zu klären, auf welcher Gehirnseite die Sprachzentren lokalisiert und wie nah sie dem Tumor sind, sodass bei der Entfernung des Tumors diese Regionen geschützt werden können. Bei dieser Untersuchungstechnik werden den Patienten Sprechaufgaben zur Identifikation des motorischen Sprachzentrums (Broca) und Sprachverständnisaufgaben zur Identifikation des sensorischen Sprachzentrums (Wernicke) gestellt. Die Aktivierung der Zentren führt zu einer vorübergehenden Mehrdurchblutung des entsprechenden Hirnareals, die man messen und farblich darstellen kann. Im linken Bild ist die 1 Aktivierung des sensorischen Sprachzentrums, im rechten Bild die 2 Aktivierung des motorischen Sprachzentrums gezeigt. Der Tumor ist mit Pfeilen markiert und grenzt sich dunkel gegen das umgebende Hirngewebe ab. (Bilder mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. A. Berlis, Augsburg) [T880]
Abb. 9.40 Gyrus-angularis-Läsion. a Computertomographie des Gehirns bei Verschluss des R. gyri angularis der linken A. cerebri media mit Infarkt des Gehirnbereichs um den Gyrus angularis (hebt sich dunkel gegen das gesunde Gehirngewebe ab, mit Pfeilen markiert). Man sieht von unten auf die Schnittebene (also linke Gehirnhälfte rechts im Bild und umgekehrt). b Sagittalschnitt-Kernspintomographie des gleichen Patienten wie in a (Schnitt ca. 5cm links der Medianebene). Infarkt grenzt sich hellgrau gegen das dunkelgraue gesunde Hirngewebe ab (mit Pfeilen markiert). Der Liquor in den Großhirnsulci erscheint weiß. Symptomatik des Patienten: Plötzlich eingetretene Unfähigkeit, zu lesen und zu schreiben (Alexie und Agraphie). (Bilder mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. D. Petersen, Lübeck)[T877]
9.9 Temporallappen, auditorisches System und zentrale Regulation der Sprache
243
Nachsprechen eines Wortes ( > Abb. 9.41a)
Lesen und Vorlesen (= Abb. 9.41b)
Nachdem der akustische Reiz über Cochlea, Hörnerv und Hörbahn in die primäre Hörrinde gelangt ist ( > Abb. 9.41a, 1-4), kommt er hier zum Bewusstsein und wird an das Wernicke-Zentrum weiter-
Beim Lesen gelangen die visuellen Impulse von der Retina über die Sehbahn zur primären visuellen Rinde (Area 17), kommen
dort
gesendet, in dem diese Impulse als sinnvolle Silbenfolge und ge-
zum Bewusstsein und werden an die sekundäre und tertiären Sehrinde (Area 18 und 19) weitergegeben, wo sie als Schrift erkannt
sprochenes Wort verstanden werden ( > Abb. 9.41a, 5). Von hier
und interpretiert werden ( > Abb. 9.41b, 3). Diese Impulse werden
aus werden die Impulse über den Fasciculus arcuatus (Teil des Fasciculus longitudinalis superior) weiter zum motorischen Sprach-
an den Gyrus angularis weitergeleitet ( > Abb. 9.41b, 4), der sie ef-
zentrum im Frontalhirn geleitet ( > Abb. 9.41a, 6-7). Dieses sen-
ferent
wiederum
in das
Wernicke-Zentrum
projiziert,
wo
das
Schriftbild mit einem sprachlichen Sinn verknüpft wird ( > Abb. 9.41b, 5). Beim Vorlesen wird dann dieser Sprachimpuls (über den Fasciculus arcuatus) an das motorische Sprachzentrum weiterge-
det zu einem geringeren Teil Impulse direkt zum Gyrus precentralis. Der größere Anteil zieht einerseits über die Basalganglien (Modulation des Bewegungsimpulses) und den Thalamus zum Mo-
geben (>- Abb. 9.41b, 6). Dieses gibt schließlich (großenteils über
tokortex ( > Abb. 9.41a, 9-11), andererseits über den frontopontinen Trakt und die pontinen Kerne zum Kleinhirn ( > Abb. 9.41a, 8), wo die motorischen Impulse fein abgestimmt werden und dann
Basalganglien und Kleinhirn) seine Sprachinitiation an die entsprechenden Regionen im motorischen Kortex weiter wie oben beschrieben.
ebenfalls über den Thalamus zu den Stellen des Motokortex gelangen, die dann Gesichts-, Zungen-, Kehlkopf- und Atemmuskulatur so ansteuern, dass das vom motorischen Sprachzentrum aus ini-
tiierte Wort gesprochen wird.
b Abb. 9.41 Schaltkreise, die zum Nachsprechen oder Vorlesen notwendig sind (vereinfachtes Schema). a Nachsprechen. Die Sprache gelangt in Form auditorischer Impulse vom 1 Ohr/Innenohr zum 2 Hirnstamm und von dort über die zahlreichen 3 Stationen der Hörbahn zur 4 primären Hörrinde. In der 5 sekundären Hörrinde (Wernicke) Erkennen der Impulse als Sprache und Weiterleitung über den 6 Fasciculus arcuatus (Teil des Fasciculus longitudinalis superior) zum 7 motorischen Sprachzentrum. Von dort Initiation der Sprache über die Achse 8 Kleinhirn — 10 Thalamus — 11 Motokortex und parallel die Achse 9 Basalganglien — 10 Thalamus — 11 Motokortex. Ein geringerer, nicht dargestellter Teil der Impulse gelangt auch vom motorischen Sprachzentrum direkt zum Motokortex. b Vorlesen.
Die Schrift gelangt in Form visueller Impulse über die 1 Sehbahn zur 2 primären Sehrinde. Von dort Übermittlung zur 3 sekundären Sehrinde und übergeordneten visuellen Zentren, wo die visuellen Impulse als Schrift erkannt werden. Anschließend Ansteuerung des „Lese- und Schreibzentrums” im 4 Gyrus anqularis, der die
Impulse modifiziert zum 5 Wernicke-Sprachzentrum weitergibt. Danach Weiterleitung über den Fasciculus arcuatus zum 6 motorischen Sprachzentrum. Von dort aus Initiation der Sprache über den gleichen Weg wie in a. [T873, L106]
244
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
KLLNLK Läsionen sprachassoziierter Schaltkreise Nachsprechen,
9.10.2 Viszerosensible und gustatorische Bahn, viszerosensibler und gustatorischer Kortex
(Vor)Lesen und ähnliche Funktionen können
natürlich
nicht nur dann ausfallen, wenn eines der genannten Rindenfelder lädiert ist, sondern auch, wenn es zur Schädigung einer der an diesen Schaltkreisen beteiligten Faserbahnen kommt. So kann es z.B. bei einem Tumorwachstum im Marklager des Okzipito-Parietalbereichs, das zu einer Zerstörung der Verbindung zwischen sekundärer Sehrinde und Gyrus angula-
ris führt, zu Wortfindungsstörungen beim Benennen gesehener Gegenstände kommen, ohne dass der Gyrus angularis, die sekundäre Sehrinde oder das Wernicke-Zentrum geschädigt sein muss. Gleiches gilt für eine Aphasie bei Zerstörung des Fasciculus arcuatus (sog. Leitungsaphasie).
Die speziell-viszerosensible Geschmacksbahn (gustatorische Bahn) läuft in weiten Teilen parallel zur allgemein-viszerosensiblen Bahn,
die die afferenten Impulse aus den inneren Organen zum Großhirn leitet. Deshalb werden beide Bahnen hier gemeinsam beschrieben. Die allgemein-viszerosensible Bahn beginnt an den peripheren Rezeptoren der inneren Organe, die Informationen wie den Fül-
lungszustand der Harnblase, den O,-Gehalt des Bluts und dergleichen zu vermitteln. Diese Impulse werden im Extremitäten-, Unter-
bauch-
und Beckenbereich überwiegend
entlang sympathischer
Nervenfasern (1. Neuron) zum Hinterhorn des Rückenmarks ge-
leitet. Von dort werden sie bilateral in den Ncl. parabrachialis der
9.10 Inselrinde (Lobus insularis) und „Multisensorischer“ Kortex
Formatio reticularis (FR) im Hirnstamm geleitet (2. Neuron). Im
übrigen Eingeweidebereich gelangen die viszerosensiblen Impulse einschließlich der speziell-viszerosensiblen (Geschmacks-)Affe-
9.10.1
Multisensorischer Kortex der Inselrinde
renzen über viszerosensible Hirnnerven
(VII, IX, X) in die Ncll.
tractus solitarıi des Hirnstamms. Dort werden sie verschaltet und
Wenn man den Temporallappen und die Opercula des Frontal- und Parietallappens nach unten bzw. nach oben abdrängt, sieht man auf die phylogenetisch alte Insel (Insula, Lobus insularis), die im Lau-
entweder direkt zum Thamalus projiziert oder wie die spinalen Impulse ebenfalls dem (hier allerdings nur ipsilateralen) Ncl. parabrachialis der FR zugeleitet (2. Neuron). Die von dort ausgehenden
fe der Entwicklung durch die immense Vergrößerung der anderen Hirnlappen überwachsen worden ist. Sie ist in weiten Teilen ein multisensorisches Kortexareal. Dabei werden im hinteren Bereich
medialis, sondern in kleinen unbenannten Fasertrakten im latera-
vor allem allgemein- und speziell-somatosensible, im vorderen eher
len Hirnstammtegmentum. Der Thalamus projiziert die viszerosen-
allgemein- und speziell viszerosensible Reize verarbeitet. So stellt
siblen Impulse in die Inselrinde (s. o.) und die Rinde des angrenzen-
sie auch den wichtigsten Teil der viszerosensiblen Rinde dar (s. u.).
den frontalen Operculums. Dort kommen viszerosensible Informa-
Insbesondere ist hier auch ein wesentlicher Teil der primären Verarbeitung der kortikalen Geschmackswahrnehmung (primärer gustatorischer Kortex) und der Lage- und Bewegungswahrnehmung (eines von mehreren vestibulären Kortexarealen) anzusiedeln. Auch Komponenten der Schmerzwahrnehmung finden hier statt. Unter anderem werden von hier aus auch viszeromotorische Impulse über das Corpus amygdaloideum und den Hypothalamus in den Hirnstamm gesendet (z.B. Magensaftsekretion, Blutdruck-
tionen wie Geschmack,
anstieg u. Ä.).
Fasern (3. Neuron) werden zum kontralateralen Ncl. ventralis pos-
terior des Thalamus geleitet. Sie laufen dabei nicht im Lemniscus
Hunger, Atemnot,
Übelkeit etc. zum Be-
wusstsein. Die Geschmacksinformation wird in sekundäre kortikale Rindenfelder des orbitofrontalen Kortex weitergeleitet, die sich mit den sekundären olfaktorischen Rindengebieten ( >- Abb. 9.14a, 10)
überlappen. Dies ist u.a. für die enge Verknüpfung von Geruchsund Geschmackssinn mitverantwortlich.
> Tab. 9.2 fasst nochmals die wichtigsten bis hierhin besprochenen Rindenfelder der verschiedenen Großhirnlappen nach funktionellen Gesichtspunkten zusammen.
Tab. 9.2 Die wichtigsten funktionellen kortikalen Rindenfelder in den Großhirnlappen Großhirnlappen
E
E
Lobus frontalis
* Motokortex (Gyrus precentralis)
Sekundäres Rindenfeld
Assoziationsfeld
* prämotorischer Kortex * supplementär-motorischer Kortex
* motorisches Sprachzentrum (Gyrus frontalis inferior)
* frontales Augenfeld * präfrontaler Kortex * frontales Blasenzentrum Lobus parietalis
* primärer somatosensibler Kortex (Gyrus postcentralis)
* sekundärer somatosensibler Kortex
* Gyrus angularis (Lese-/Schreibzentrum)
Temporallappen
* primärer autitorischer Kortex (primäre pörrinde)
* sekundärer auditorischer Kortex (sensori-
* übergeordnete visuelle Rindenfelder
Lobus occipitalis
* primärer visueller Kortex
* sekundärer visueller Kortex
Insula (Lobus insularis)
* primärer gustatorischer Kortex * primärer vestibulärer Kortex * primärer viszerosensibler Kortex
—
sches Sprachzentrum = Wernicke-Zentrum)
* übergeordnete visuelle Rindenfelder
9.11
9.11
Bahnsysteme innerhalb des Großhirns
245
Bahnsysteme innerhalb des
Großhirns Man
unterscheidet bei den afferenten und efferenten Fasern des
Großhirnkortex drei Kategorien: 1. Kommissurenfasern: Sie verbinden Areale beider Hemisphären miteinander. Zum allergrößten Teil verlaufen sie im Balken (Corpus callosum) und zu einem geringeren Anteil auch in der Commissura anterior und der Commissura fornicis. 2. Projektionsfasern: Sie verbinden den Kortex mit subkortikalen Gehirnteilen (Basalganglien, Hirnstamm etc.). Größtenteils laufen sie in der Capsula interna (sowohl auf- wie absteigende Fasern), zu geringen Anteilen auch in der Capsula externa, der
Capsula extrema und im Fornix. 3. Assoziationsfasern: Sie verknüpfen einzelne Areale derselben Hemisphäre miteinander (z. B. vom visuellen Kortex zum Gyrus angularis rechts oder vom Wernicke- zum Broca-Sprachzentrum links). Es gibt sehr kurze Assoziationsfasern wie Fibrae arcuatae cerebri, die nur unmittelbar benachbarte Kortexareale
verbinden und längere wie den Fasciculus longitudinalis superior (Verbindung von frontalen mit parietalen, temporalen und okzipitalen Kortexarealen) oder als Teil des Letzteren den Fasciculus arcuatus (Verbindung von frontalen mit temporalen Kor-
Abb. 9.42 Kommissurenfasern des Balkens. 1 Forceps frontalis (Forceps minor). 2 Forceps occipitalis (Forceps major). 3 Cor-
texarealen).
pus callosum (Balken). (Aus [S010-2-16])
Von den zahlreichen Fasersystemen im Großhirn werden im Folgenden zwei (Corpus callosum und Capsula interna) beschrieben,
2
ren. Das Gleiche gilt auch für andere rezeptive und motorische Zentren des Großhirnkortex.
deren Kenntnis unerlässlich ist.
KLINLK „Split brain”
9.11.1
Corpus callosum (Balken)
Der mittlere Abschnitt des Corpus callosum wird als Truncus (Balkenstamm)
bezeichnet, der hintere, etwas dickere Abschnitt
als
Splenium (Balkenwulst) und der vordere als Genu (Balkenknie). Unterhalb des Genu läuft es als dünnes Rostrum nach unten aus.
Der Balken trägt den größten Teil der Kommissurenfasern und verbindet mit Ausnahme der primären Hör- und Sehrinde nahezu alle Teile der Hemisphären miteinander ( > Abb. 9.42). Dabei werden die Fasern, die beide Frontallappen miteinander verbinden, als Forceps frontalis“” (auch: Forceps minor), diejenigen, die beide
Bevor es gute antiepileptische Medikamente gab, führte man häufig zur Behandlung besonders schwerer Epilepsien eine operative Durchtrennung des Balkens durch (sog. „Split-brain-Operation”). Auch wenn diese Prozedur schon lange nicht mehr durchgeführt wird, machen ihre Folgen anschaulich, wie wichtig die über das Corpus callosum verlaufende Kommunikation beider Hirnhälften im Alltag ist. Patienten mit einem solchen „geteilten Gehirn” („split brain”) können z. B. Dinge, die sie in der linken
Gesichtsfeldhälfte sehen oder mit der linken Hand tasten, nicht benennen, weil die entsprechende sensorische Information in der rechten Gehirnhälf-
te erkannt und interpretiert wird, aber in der linken Hirnhälfte die Benennung durch die Sprachzentren erfolgt.
Okzipitallappen miteinander verbinden, als Forceps occipitalis (auch: Forceps major) bezeichnet ( >- Abb. 9.42, I und 2). Das
9.11.2 Capsula interna
Kommissurensystem des Balkens hat nicht nur hinsichtlich der funktionellen Spaltung des Großhirns in eine mehr „nonverbalmusische“ und in eine mehr „verbal-analytische“ Hälfte eine wich-
Die Capsula interna führt die meisten efferenten und afferenten
tige Bedeutung. So verarbeitet ja z. B. der rechte Okzipitallappen die
besten kann sie am Horizontalschnitt überblickt werden ( > Abb. 9.43a und > Abb. 9.50a). Sie wird vorne nach medial durch den
visuelle Information des linken Gesichtsfelds, der linke Okzipital-
lappen diejenige des rechten Gesichtsfelds, und das Corpus callosum ermöglicht, dass beide im Sinne einer sekundären Integration des im ganzen Gesichtsfeld Gesehenen miteinander kommunizie-
Bahnen, die den Kortex mit subkortikalen Zentren verbinden. Am
Ncl. caudatus (Abb. 9.43a, 1), nach hinten medial durch den Thala-
mus (Abb. 9.43a, 2) und nach lateral durch das Putamen und Pallidum begrenzt (Abb. 9.43a, 3 und 4). Man unterscheidet ein Crus anterius und ein Crus posterius (vorderer und hinterer Schenkel;
29 forceps (lat.) = Zange
Abb. 9.43a, 5 und 7), die durch das Genu capsulae internae (Knie) verbunden sind (Abb. 9.43a, 6).
246
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
a
Abb. 9.43 Capsula interna. a Lokalisation im Horizontalschnitt (zur topographischen Orientierung vgl. > Abb. 9.50a). Die Capsula interna befindet sich zwischen 1 Ncl. caudatus, Z Thalamus, 3 Putamen und 4 Pallidum. Man unterteilt sie von vorne nach hinten in 5 Crus anterius (vorderer Schenkel), 6 Genu (Knie) und 7 Crus posterius (hinterer Schenkel). 8 Seitenventrikel.
b Darstellung der aufsteigenden Bahnen (gleicher Schnitt wie in a). 1 Vordere Thalamusstrahlung (Radiatio thalami anterior; Fasern vom Thalamus zum Frontallappen), 2 zentrale Thalamusstrahlung (Radiatio thalami centralis; thalamokortikale Fasern zum Parietallappen, insbesondere zum somatosensiblen Kortex), 3 hintere Thalamusstrahlung (Radiatio thalami posterior; Fasern vom Thalamus
zum Okzipitallappen, ausgenommen Seh- und Hörstrahlung), 4 Seh- und Hörstrahlung (Radiatio optica, Radiatio acustica). c Darstellung der absteigenden Bahnen (gleicher Schnitt wie in a). 1 Tractus frontopontinus, 2 kortikonukleäre Bahn, 3 kortikospinale Bahn (beachte die somatotopische Gliederung bei 2 und 3), 4 Tractus temporopontinus (mit eini-
gen zusätzlichen Fasern auch aus Parietal- und Okzipitallappen). Die kortikospinalen Fasern beeinflussen im Rückenmark nur die Motorik der kontralateralen Seite, deshalb ist nur die entsprechende Körperhälfte des Homunculus rosa unterlegt. Die kortikonukleären Fasern hingegen projizieren zum Teil auf Hirnnervenkerne beider Seiten. [T873, L106]
Sehr wichtig ist, dass die Capsula interna eine Gliederung auf-
nen, sondern liegt auch hinsichtlich ihrer Durchblutung an einer ungünsti-
weist, die bestimmte ab- und aufsteigende Fasertrakte bestimmten
gen Stelle, da die dortigen Arterien bei hohem Blutdruck aufgrund ihrer
Abschnitten dieses Fasertrakts zuordnet. Am bedeutendsten ist die
Anatomie (>- Kap. 11.3.2) stärker belastet und deshalb besonders häufig
somatotopische Gliederung für die aus dem Motokortex absteigen-
von Durchblutungsstörungen oder Blutungen betroffen sind. Eine Durchblutungsstörung oder Einblutung in die Capsula interna hat — je nach-
den Bahnen, die so angeordnet sind, dass die kortikonukleären Fasern (die an den motorischen Hirnnervenkernen enden) im Ge-
nu, die kortikospinalen in somatotopischer Abfolge von vorne nach hinten (für obere Extremität, Rumpf und untere Extremität)
im Crus posterius absteigen (Abb. 9.43c, 2 und 3). Im gleichen Abschnitt verlaufen auch kortikofugale Fasern zu den extrapyramidalmotorischen Zentren (vor allem Ncl. ruber, Ncll. vestibulares und Formatio reticularis).
Im vorderen Schenkel der Capsula interna verläuft aufsteigend die vordere Thalamusstrahlung (Abb. 9.43b, 1) und absteigend der Tractus frontopontinus (Abb. 9.43c, 1). Im kaudalen Teil des
hinteren Schenkels verlaufen neben den kortikospinalen Bahnen die zentrale Thalamusstrahlung (Abb. 9.43b, 2; Fasern vom Thala-
mus zum Gyrus postcentralis) und der Tractus temporopontinus (Abb. 9.43c, 4). Im basalen Abschnitt der Capsula interna verlaufen über eine kurze Strecke die Hör- und Sehbahn (Abb. 9.43b, 4), um
dann zur primären Hörrinde bzw. Sehrinde zu ziehen. KLINLK Läsionen der Capsula interna
Die Capsula interna ist eine klinisch sehr wichtige Struktur, denn sie enthält nicht nur die meisten zu- und abführenden kortikalen Projektionsbah-
dem, wo sie erfolgt — einen Funktionsverlust derjenigen Fasern zur Folge,
die in diesem Abschnitt verlaufen. Zumeist sind dabei kortikonukleäre und kortikospinale Bahnen betroffen, was zu einer Lähmung auf der kontralateralen Seite des Körpers führt (beide Bahnen kreuzen erst im Hirnstamm, klinisches Beispiel in > Abb. 9.44). Da hier auch ein erheblicher Teil der absteigenden Bahnen zu den extrapyramidalen Zentren verläuft, ist diese Lähmung meist spastisch (zur Pathophysiologie s. klinischer
Hinweis in > Kap. 9.6.1). Wichtig ist aber, dass nicht alle kortikofugalen Fasern zu den extrapyramidalen Zentren in der Capsula interna, sondern auch einige in der Capsula externa (die zwischen Striatum und Claustrum verläuft) nach unten ziehen, sodass bei einer auf obige Weise
zustande gekommenen Lähmung eine willkürliche Restbeweglichkeit der proximalen Extremitätenabschnitte erhalten bleiben kann. In der Capsula interna verlaufen auch Bahnen, die über die Steuerung extrapyramidaler Hirnstammzentren im Rückenmark den Extensorentonus der unteren Extremität und den Flexorentonus der oberen Extremität hemmend beeinflussen. Dies tun sie z.T. über Hemmung von Neuronen des Ncl. ruber (obere Extremität — Flexorentonus) bzw. Nell. vestibulares (unte-
re Extremität — Extensorentonus). Deshalb resultiert oft bei Capsula-inter-
na-Läsionen durch Enthemmung dieser Bahnen ein typisches spastisches Lähmungsbild mit jeweils kontralateral spastisch gestrecktem Bein und gebeugtem Arm (sog. Wernicke-Mann-Lähmung, >- Abb. 9.45).
9.12
Frontal-, Horizontal- und Sagittalschnitte durch Groß- und Zwischenhirn
247
Abb. 9.44 Teilschädigung der Capsula interna. Horizontalschnitt-Computertomographie (sog. axiale Schnittebene) des Gehirns bei ischämischem Insult (Hirninfarkt, Duchblutungsstörung mit Gewebeunter-
gang) im hinteren Schenkel der Capsula interna rechts (Blick auf das Schnittbild von unten). In der rechten Bildhälfte (= linke Gehirnhälfte) sieht man die normale Capsula interna mit 1 Crus anterius, 2 Genu, 3 Crus posterius. Die Capsula interna wird
begrenzt von 4 Ncl. caudatus, 5 Putamen, 6 Globus pallidus, 7 Thalamus. Auf der kontralateralen Seite (linke Bildhälfte, also rechte Gehirnhälfte des Patienten) sieht man im Crus posterius ein kleines, sich dunkel abgrenzendes Infarktareal (Pfeil) in der distalen Beinregion des Tractus corticospinalis (vgl. Homunculus in Abb. 9.430).
Symptomatik des Patienten: Distal betonte Parese der linken unteren Extremität (beachte, dass nur ein Teil der Capsula interna lädiert ist, sodass keine vollständige Halbseitenlähmung resultiert, Abb. 9.43c).
Abb. 9.45 Wernicke-Mann-Lähmung rechts bei Läsion der absteigenden motorischen Bahnen in der linken Großhirnhemisphäre. Beachte die Überaktivität (Spastik) der Beugermuskeln an der oberen Extremität und der Streckermuskeln an der unteren Extremität. Letztere führt dazu, dass die Kranken das betroffene Bein beim Gehen nach seitlich ausführen müssen, um es nach vorne zu setzen. [T873, L126]
(Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. J. Klisch, Erfurt) [T874]
9.12 Frontal-, Horizontal- und Sagittalschnitte durch Groß- und Zwischenhirn
9.12.1 In den
Die hier dargestellten Schnittbilder sind nicht nur deshalb wichtig, weil sie häufig in Prüfungen gefragt werden, sondern sie ermöglichen auch die korrekte topographische Vorstellung über die Lage einzelner Gehirnteile zueinander. In der Klinik hat ihre Kenntnis besondere Bedeutung, um radiologische Schnittbilder wie Kernspin- und Computertomogramme, die genau diese Ansichten liefern, richtig interpretieren zu können.
Zunächst werden fünf Frontalschnitte, die in repräsentativen Ebenen gelegt wurden, anschließend drei Horizontalschnitte und zwei Sagittalschnitte besprochen.
Frontalschnitte > Abb. 9.46,
> Abb. 9.47,
> Abb.9.48 sind von vorne
nach hinten in leicht schräger Schnittführung Frontalschnitte gezeigt. Der folgende Text geht nur auf einige markante Strukturen ein, weitere Informationen können den Legenden der Abbildungen entnommen werden. Die topographischen Bezeichnungen erfolgen, wie im Zwischen-
und Großhirnbereich üblich, nach der Forel-
Achse ( > Abb. 4.2, 2).
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
248
Schnitt 1: rostral des Chiasma opticum ( > Abb. 9.46a) Dieser Schnitt zeigt am unteren Rand die beiden Tractus olfactorii (> Abb. 9.46a, 7), die kaudal von dieser Schnittebene in der primären Riechrinde enden und ein wesentlicher Teil der Riechbahn
sind. Ventrolateral sieht man den Anschnitt des Temporallappens
Schnitt 3: in Höhe des Corpus amygdaloideum
(> Abb. 9.47a) Im dritten Schnitt ist als charakteristische Struktur das im Temporallappen gelegene Corpus amygdaloideum zu sehen, dem als Bestandteil des limbischen Systems verschiedene vegetative und emo-
(> Abb. 9.46a, 4), der durch den Sulcus lateralis von der Inselrinde getrennt ist ( >- Abb. 9.46a, 20). Die Inselrinde ist ein multisen-
tionale Funktionen zugesprochen werden ( > Abb. 9.47a, 12). Be-
sorischer Kortex, erfüllt aber auch viszeromotorische Funktionen.
über den vorigen Schnitten nichts verändert, viel aber im Bereich
Medial von ihr und durch die Capsula extrema von ihr getrennt,
hirnkernen gezählt wird. Es wird durch die Capsula externa vom
der Basalganglien. Ncl. caudatus und Putamen sind durch die Faserzüge der Capsula interna, die nahezu alle auf- und absteigenden Fasern des Kortex führt, fast vollständig voneinander getrennt
Striatum getrennt, das aus Ncl. caudatus und Putamen besteht
(> Abb. 9.47a, 22). Putamen (>- Abb. 9.47a, 17) und Pallidum
(> Abb. 9.46a, 9 und 10). Ncl. caudatus und Putamen sind (gemäß
(bei dem man ein laterales und mediales Segment unterscheidet; > Abb. 9.47a, 19 und 20) erscheinen nun fast als ein gemeinsamer Komplex, der deswegen auch früher als Ncl. lentiformis bezeichnet
findet man das Claustrum ( > Abb. 9.46a, 11), das zu den Groß-
ihrer gemeinsamen Anlage) an dieser Stelle noch stark miteinander verbunden und trennen sich erst in weiter hinten gelegenen Schnittebenen durch die Fasern der Capsula interna ( > Abb. 9.46a, 13)
vollständig voneinander. Medial des Striatums findet man basal die Rindenstrukturen des Septums, die dem limbischen System ange-
züglich Sulcus lateralis, Inselrinde und Claustrum hat sich gegen-
wurde. Die beiden Kerne werden ebenfalls durch die Capsula interna vom jetzt angeschnittenen Thalamus getrennt, dem größten und höchstentwickelten Teil des Zwischenhirns ( > Abb. 9.47a, 21). Er
hören (>- Abb. 9.46a, 19). Dorsal davon geht das Septum in das Septum pellucidum über ( > Abb. 9.46a, 23), das nur aus Gliagewebe besteht und beide Seitenventrikel ( > Abb. 9.46a, 6) voneinander trennt. Vorne (rostral) werden die Seitenventrikel also lateral
aus subkortikalen Zentren zur Großhirnrinde ziehen. Der Thalamus begrenzt von lateral den III. Ventrikel ( > Abb. 9.47a, 7) und grenzt wie auch der Ncl. caudatus von unten und seitlich an den
und ventral vom Ncl. caudatus, in ihrem Dach von den beide Hemi-
Seitenventrikel ( > Abb. 9.47a, 6), bei dem auch der liquorbilden-
sphären verbindenden Fasermassen des Corpus callosum begrenzt
de Plexus choroideus angeschnitten ist. Unterhalb (ventral) des
(> Abb. 9.46a, 2). Über diesem zieht von rostral nach kaudal der
Thalamus erkennt man Komplexe grauer Substanz, die in ihrer Gesamtheit den Hypothalamus ausmachen, das übergeordnete Steu-
dem
limbischen
System
angehörende
Gyrus
cinguli
(> Abb.
ist die obligatorische Verschaltungsstation für fast alle Fasern, die
erzentrum für vegetative Funktionen (>- Abb. 9.47a, 10). Vom
9,46a, 22).
Boden des IIL. Ventrikels, der ebenfalls durch den Hypothalamus
Schnitt 2: in Höhe des Chiasma opticum ( > Abb. 9.46b) Dieser Schnitt ist durch das Chiasma opticum und die Commissura anterior gelegt, die man beide erkennen kann ( > Abb. 9.46b, 8
gebildet wird, senkt sich der Hypophysenstiel ab (>- Abb. 9.47a, 9).
Schnitt 4: in Höhe des Corpus mammillare (> Abb. 9.47b)
und 16). Die basale Großhirnrinde wird hier vom Paleokortex, der Riechrinde, gebildet (>- Abb. 9.46b, 18). Lateral davon schließt
Der vierte frontale Schnitt zeigt im Basalganglienbereich keine neu-
sich der Temporallappen an ( > Abb. 9.46b, 4), vom Frontallappen
en Strukturen, im Thalamus sind einige Kernkomplexe einzeln ab-
durch den Sulcus lateralis, von der Inselrinde durch die Fossa late-
grenzbar ( > Abb. 9.47b, 21). Veränderungen zeigen sich vor allem im darunter (ventral) gelegenen Bereich. Neu angeschnitten ist der
ralis getrennt. Der hier angeschnittene Teil des Gyrus frontalis inferior (oberhalb des Sulcus lateralis) bildet das motorische (Broca-)Sprachzentrum. Von lateral nach medial folgen wieder, wie in Schnitt 1, Inselrinde (>- Abb. 9.46b, 20), Capsula extrema, Claustrum, Capsula externa und Putamen ( > Abb. 9.46b, 10). Das Putamen ist über Streifen, Striatae, grauer Substanz mit dem Ncl.
caudatus
(>- Abb.
9.46b,
9) verbunden,
ansonsten
sind beide
durch die Capsula interna getrennt. Im Vergleich zu Schnitt 1 ist das Pallidum (Globus pallidus; > Abb. 9.46b, 12) hinzugekommen, das sich vom Striatum durch seine blassere Färbung abhebt.
Beide Teile der Basalganglien, Striatum und Pallidum, haben hemmende und fördernde Einflüsse auf die Motorik. Durch die basalen Strukturen dieser Kerne zieht die Commissura anterior hindurch
(> Abb. 9.46b, 16), die beide Temporallappen, insbesondere die beiden Corpora amygdaloidea, miteinander verbindet. Dorsal dieser Kommissur findet man die Rinden- und Kernstrukturen des
dem limbischen System angehörenden Septums ( > Abb. 9.46b, 19). Bezüglich der ventrikelbegrenzenden Strukturen s. Schnitt 1.
Ncl. subthalamicus ( > Abb. 9.47b, 25), der einen inhibitorischen
Einfluss auf motorische Impulse ausübt. Er ist funktionell den Basalganglien zuzurechnen. Ventral davon sind die Corpora mammillaria angeschnitten ( > Abb. 9.47b, 11), die in Verbindung mit
dem Thalamus und dem lateral davon im Temporallappen jetzt angeschnittenen Hippocampus u. a. eine bedeutende Funktion bei Gedächtnis- und Lernvorgängen innehaben. Der Hippocampus (> Abb. 9.47b, 13) bildet die mediobasale Begrenzung des Seitenventrikelunterhorns ( > Abb. 9.47b, 14). Er ist an seiner charakteristischen Struktur (im vorderen Bereich wie in diesem Bild etwas schwerer,
weiter hinten
mit
„eingerollter“
Rindenstruktur,
sog.
„Ammonshorn“ eindeutig, vgl. Schnitt 5) gut erkennbar. Er ist ein besonders wichtiges Zentrum des limbischen Systems und hat eine zentrale Bedeutung bei der Gedächtnisbildung.
9.12
Frontal-, Horizontal- und Sagittalschnitte durch Groß- und Zwischenhirn
249
Schnitt 1
1
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5 13
2
A
10
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15
14 Schnitti 2
b Abb. 9.46 Frontalschnitte 1 und 2. Blick von hinten auf die Schnittflächen. Nebenstehend entsprechende Kernspintomogramme (die hier wiedergegebene Aufnahmetechnik stellt den Liquor weiß, die graue Substanz hellgrau und die weiße Substanz dunkelgrau dar). a Schnitt 1: rostral des Chiasma opticum. b Schnitt 2: in Höhe des Chiasma opticum. 1 Fissura longitudinalis cerebri, 2 Balken (Corpus callosum), 3 Frontallappen, 4 Temporallappen, 5 Sulcus lateralis, 6 Seitenventrikel, 7 Tractus olfactorius (nur in a),
8 Chiasma opticum (nur in b), 9 Ncl. caudatus, 10 Putamen, 11 Claustrum, 12 Pallidum (nur in b), 13 Capsula interna, 14 Capsula externa, 15 Capsula extrema, 16 Commissura anterior (nur in b, trennt vom übrigen Pallidum das 17 ventrale Pallidum ab), 18 Riechrinde (Paleokortex, nur in b), die sich medial in den Interhemisphärenbereich als 19 Septumregion nach oben fortsetzt. 20 Inselrinde, 21 Fossa lateralis (nur in b), 22 Gyrus cinguli, 23 Septum pellucidum. (Radiologische Bilder mit freundlicher Genehmigung von Dr. J. Zyroff, San Diego) [T873, L126, T881]
250
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
Schnitt 3
Schnitt 4
Abb. 9.47 Frontalschnitte 3 und nahmetechnik stellt den Liquor weiß, a Schnitt 3: in Höhe des Corpus b Schnitt 4: in Höhe des Corpus
4. Blick von hinten auf die Schnittflächen. Nebenstehend entsprechende Kernspintomogramme (die hier wiedergegebene Aufdie graue Substanz hellgrau und die weiße Substanz dunkelgrau dar). amygdaloideum. mammillare.
1 Fissura longitudinalis cerebri, 2 Balken (Corpus callosum), 3 Frontallappen, 4 Temporallappen, 5 Sulcus lateralis, 6 Seitenventrikel mit Plexus choroideus, 7 IIl.
Ventrikel, 8 Tractus opticus, 9 Infundibulum (Hypophyse abgetrennt), 10 Hypothalamuskerngebiete (nur in a), 11 Corpus mammillare (nur in b), 12 Corpus amygdaloideum (nur in a), 13 Hippocampus (nur in b), 14 Unterhorn des Seitenventrikels (nur in b), 15 Gyri temporales transversi (primäre Hörrinde, nur in b), 16 Ncl. caudatus, 17 Putamen, 18 Claustrum, 19 laterales Pallidumsegment, 20 mediales Pallidumsegment, 21 Thalamus (mit teilweise abgrenzbaren Kernkomplexen), 22 Capsula interna, 23 Capsula externa, 24 Capsula extrema, 25 Ncl. subthalamicus (nur in b), 26 Inselrinde, 27 Gyrus cinguli, 28 Fornix. (Radiologische Bilder mit freundlicher Genehmigung von Dr. J. Zyroff, San Diego) [T873, L126, T881]
9.12
Frontal-, Horizontal- und Sagittalschnitte durch Groß- und Zwischenhirn
251
Schnitt 5
Abb. 9.48 Frontalschnitt 5: in Höhe von Mesencephalon und Pons. Nebenstehend entsprechendes Kernspintomogramm (die hier wiedergegebene Aufnahmetechnik stellt den Liquor weiß, die graue Substanz hellgrau und die weiße Substanz dunkelgrau dar). 1 Fissura longitudinalis cerebri, 2 Balken (Corpus callosum), 3 Frontallappen, 4 Temporallappen, 5 Sulcus lateralis (der sich nach medial in die Fossa lateralis fortsetzt), 6 Crura cerebri (Mittelhirn), 7 Pons, 8 Seitenventrikel mit Plexus choroideus, 9 IIl. Ventrikel mit Plexus choroideus, 10 Tractus opticus, 11 Hippocampus,
12 Unterhorn des Seitenventrikels, 13 Gyrus parahippocampalis, 14 Ncl. caudatus, 15 Cauda ncl. caudati, 16 Putamen, 17 Claustrum, 18 Thalamus, 19 Capsula interna, 20 Capsula externa, 21 Capsula extrema, 22 Ncl. ruber, 23 Substantia nigra, 24 Fossa intercruralis, 25 Ncll. pontis, 26 Fornix, 27 Gyrus cinguli.
(Radiologisches Bild mit freundlicher Genehmigung von Dr. J. Zyroff, San Diego) [T873, L126, T881]
Schnitt 5: in Höhe von Mesencephalon und Pons
(> Abb. 9.48)
einmal oben wie vorher als laterale Begrenzung der Seitenventrikel
Der fünfte Frontalschnitt ist so weit hinten gelegen, dass bereits Hirnstammstrukturen mit angeschnitten sind. Gerade weil man
(> Abb.9.48, 14), dann aber nochmals unten mit seinem Ende (Cauda nuclei caudati; > Abb. 9.48, 15) oberhalb des Seitenventrikelunterhorns und des charakterisitischen Ammonshorns, das der
sich diesen Schnitt räumlich etwas schwieriger vorstellen kann, wird
er gerne in Prüfungen verwendet. Hier ist es besonders wichtig, sich die Schnittebene in den in > Abb. 9.48 über dem Schnitt dargestell-
Hippocampus bildet ( >- Abb.9.48, 11). Durch die kaudale Lage des Schnitts sind nun auch noch das Mittelhirn mit den Crura cerebri (> Abb. 9.48, 6; absteigende Bahnen des Kortex zu Hirnnervenker-
ten Median- und Seitenansichten des Gehirns klarzumachen, um zu verstehen, welche Strukturen hier angeschnitten sind. Wie in den
nen und Rückenmark) und der dazwischen liegenden Fossa intercr-
Schnitten 1-4 ist der Temporallappen gut abgrenzbar ( > Abb. 9.48, 4). Er wird durch den Sulcus lateralis vom Frontal- bzw. Parietallappen getrennt. Unterhalb des Balkens ist die in einem Bogen von hinten nach vorne (kaudal nach rostral) verlaufende Doppelstruktur des
(> Abb. 9.48, 23), die an ihrer dunklen Pigmentierung zu erkennen
Fornix getroffen ( >- Abb.9.48, 26). Der Fornix enthält Fasern, die
vor allem den Hippocampus mit dem Corpus mammillare verbinden. Lateral des III. Ventrikels liegt, wie in den vorigen Schnitten,
uralis (>- Abb.9.48,
24)
sowie die Substantia nigra getroffen
ist. Dieser Kernkomplex hat in der zentralen Regulation der Motorik über Verbindungen mit den Basalganglien eine wichtige Funktion. Auch der Ncl. ruber des Mittelhirns ist angeschnitten, der als extrapyramidales Zentrum und im Zusammenhang mit dem Kleinhirn wichtige motorische Aufgaben hat (>- Abb.9.48, 22). Unter dem Mittelhirn ist der vordere Teil der Brücke mit den Ncll. pontis ange-
der Thalamus ( > Abb. 9.48, 18). Putamen und Claustrum sind gerade noch ( > Abb.9.48, 16 und 17), das Pallidum hingegen nicht
schnitten ( > Abb. 9.48, 25). Diese bilden die Umschaltstelle für die
mehr angeschnitten. Durch seine geschwungene Form ist der Ncl. caudatus zweifach getroffen (vgl. Abbildung der Schnittebenen):
zentrale Bedeutung für die Funktion des Cerebellums bei der Feinabstimmung und Regulation der Motorik.
Fasern, die vom Kortex zum Kleinhirn ziehen, und haben somit eine
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
252
Abb. 9.49 Horizontalschnitt 1: Eröffnung der Seitenventrikel und des Ill. Ventrikels (zusätzlich Balken, Fornix und Tela choroidea des Ill. Vent-
rikels entfernt). Blick von oben auf die Schnittfläche. 1 Fissura longitudinalis cerebri, 2 Frontallappen, 3 Parietallappen, 4 Okzipitallappen, 5 Kleinhirnhemisphären, 6 Kleinhirnwurm, 7 Vorderhorn des Seitenventrikels, 8 Hinterhorn des Seitenventrikels, 9 Nel. caudatus, 10 V. thalamostriata und Stria terminalis, 11 Thalamus,
12 Adhesio interthalamica, 13 Habenula, 14 Epiphyse (Glandula pinealis), 15 Vierhügelplatte (Tectum mesencephali), 16 Schnittfläche am Genu corporis callosi, 17 Fornix, 18 Ill. Ventrikel, 19 Taenia choroidea (abge-
trennte Aufhängung des Plexus choroideus des Seitenventrikels), 20 Lamina affixa (dünne Schicht telence-
phalen Gewebes auf der Thalamusoberfläche zwischen Taenia choroidea und V. thalamostriata). [T873, L126]
9.12.2
Horizontalschnitte
thalamostriata ist die Oberfläche des Thalamus ( > Abb. 9.49, 11) von einer dünnen Schicht telencephalen Gewebes bedeckt, der La-
Die > Abb. 9.49 und > Abb. 9.50 zeigen drei Horizontalschnitte,
mina affıxa (>- Abb. 9.49, 20). Die beiden Seitenventrikel sind
deren leicht schräge Schnittführung (gemäß den in der Klinik üblichen bildgebenden Verfahren) jeweils mit abgebildet ist. Nahezu alle in diesen Schnitten sichtbaren Strukturen wurden in Lage und
durch das Septum pellucidum getrennt, an dessen hinteren und unteren Rand der Fornix verläuft ( > Abb. 9.49, 17). Kaudal des Tha-
Funktion bereits bei den Frontalschnitten erwähnt, weshalb die Be-
nealis) auslaufen ( > Abb. 9.49, 13 und 14). Darunter sieht man die
sprechung im Folgenden kurz gehalten werden kann.
Vierhügelplatte (Tectum mesencephali; > Abb. 9.49, 15), deren Colliculi superiores ein wichtiges Verschaltungszentrum für visuelle Reflexe und Augenbewegungen darstellen, während die Colliculi inferiores eine Schaltstation der Hörbahn auf dem Weg von der Medulla oblongata zum Thalamus sind.
Schnitt 1: oberhalb des Necl. caudatus ( > Abb. 9.49) Der erste Schnitt liegt knapp oberhalb des Ncl. caudatus, zusätzlich wurden Balken, Fornix und Tela choroidea des II. Ventrikels entfernt, sodass beide Seitenventrikel und der III. Ventrikel eröffnet
sind. Man blickt auf den Ncl. caudatus ( > Abb. 9.49, 9) und den
lamus sieht man die Habenulae, die in die Epiphyse (Glandula pi-
Schnitt 2: in Höhe des Fornix ( > Abb. 9.50a)
Thalamus ( > Abb. 9.49, 11), zwischen denen die V. thalamostri-
Im zweiten Schnitt sind nahezu alle Teile der Basalganglien zu se-
ata superior gemeinsam mit der Stria terminalis (afferente und efferente Fasern des Corpus amygdaloideum) verläuft ( > Abb.
hen. Der Ncl. caudatus ist zweifach angeschnitten, vorne mit sei-
9.49, 10) und an dieser Stelle die Grenze vom Di- zum Telencephalon markiert. Medial davon sieht man die Stelle, an der der abge-
trennte Plexus choroideus des Seitenventrikels fixiert war (Taenia choroidea,
> Abb. 9.49, 19). Zwischen Taenia choroidea und V.
nem Caput, hinten mit der Cauda nuclei caudati ( > Abb. 9.50a, 17 und 18). Gut sichtbar sind die Fossa lateralis mit der Inselrinde (> Abb. 9.50a, 27 und 26), medial davon Capsula extrema, Claustrum und die Capsula externa ( > Abb. 9.50a, 24). Das Striatum wird durch die Capsula interna ( > Abb. 9.50a, 23) in Ncl. cauda-
9.12
Frontal-, Horizontal- und Sagittalschnitte durch Groß- und Zwischenhirn
Schnitt 2
253
Schnitt 3
Abb. 9.50 Horizontalschnitte 2 und 3. Blick von oben auf die Schnittfläche. Nebenstehend entsprechende Kernspintomogramme (die hier wiedergegebene Aufnahmetechnik stellt den Liquor weiß, die graue Substanz hellgrau und die weiße Substanz dunkelgrau dar). a Schnitt 2: in Höhe des Fornix (Tela choroidea unter dem Fornix zusätzlich entfernt, sodass Blick auf den Ill. Ventrikel frei wird). b Schnitt 3: in Höhe der Commissura anterior.
1 Fissura longitudinalis cerebri, 2 Frontallappen, 3 Sulcus lateralis, 4 Temporallappen, 5 Okzipitallappen, 6 Area striata (primäre Sehrinde, nur in b), 7 Genu corporis callosi (nur in a), 8 Splenium corporis callosi, 9 Commissura anterior (nur in b), 10 Vorderhorn des Seitenventrikels (nur in a), 11 Hinterhorn des Seitenventrikels mit Plexus choroideus (nur in a), 12 Ill. Ventrikel, 13 Epiphyse (nur in a, darunter angedeutet die Vierhügelplatte erkennbar), 14 Corpus fornicis (nur in a, die darunter
und seitlich liegende Tela choroidea des Ill. Ventrikels wurde entfernt), 15 Fornix (vorne Columnae fornicis, hinten Crura fornicis), 16 Übergang vom Hinter- zum Unterhorn des Seitenventrikels (nur in b), 17 Caput ncl. caudati, 18 Cauda ncl. caudati, 19 Putamen, 20 Claustrum, 21 Pallidum, 22 Thalamus, 23 Capsula interna, 24 Capsula externa, 25 Capsula extrema, 26 Inselrinde, 27 Fossa lateralis, 28 Adhesio interthalamica (nur in a).
(Radiologische Bilder mit freundlicher Genehmigung von Dr. J. Zyroff, San Diego) [T873, L126, T881]
254
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
tus und Putamen getrennt. Die Capsula interna schiebt sich auch zwischen Thalamus und Pallidum. Sie führt die meisten auf- und absteigenden Fasern des Kortex. Über dem medial der beiden Thalami liegenden III. Ventrikel (Tela choroidea entfernt, sodass man
in den Ventrikel sehen kann) ist der Fornix angeschnitten ( > Abb.
9.50a, 14). Als mediokaudale Begrenzung der Seitenventrikelhinterhörner erkennt man das Splenium corporis callosi (>- Abb.
Schnitt 1: in Höhe des Caput nuclei caudati ( > Abb. 9.51a) Der erste Schnitt ist knapp paramedian in Höhe des Caput nuclei caudati gelegt. Wir sehen im Sagittalschnitt somit nicht nur das Großhirn mit seinen vier Lappen ( > Abb. 9.51a, I und 3-5), sondern auch das Kleinhirn ( > Abb. 9.51a, 6-9) mit der im Sagittalschnitt charakterisitischen Struktur des „Arbor vitae“ und dem
Ncl. dentatus ( > Abb. 9.51a, 9). Ventral des Kleinhirns sieht man
9,50a, 8).
Schnitt 3: in Höhe der Commissura anterior (> Abb. 9.50b) Der dritte Horizontalschnitt liegt unterhalb des Hauptteils der Seitenventrikel, sodass von ihnen nur noch der Übergang ins Unter-
in der Medulla oblongata die Oliva mit dem angeschnittenen Ncl. olivaris principalis (>- Abb. 9.51a, II) und den Pons mit den Ncll. pontis (>- Abb. 9.51a, 10). Darüber erkennt man im Mesencephalon ( > Abb. 9.51a, 12) die Substantia nigra ( > Abb. 9.51a, 13), die aufgrund der schwärzlichen Färbung unverwechsel-
Der III. Ventrikel ist angesieht man die Commissura erkennt man das hier mit stehende Striatum ( > Abb.
bar ist. Im Großhirn erkennt man als zentrale Struktur das Corpus
9.50b, 17 und 19), lateral davon das Claustrum, medial das Palli-
dati ( > Abb. 9.51a, 19) und kaudal der Thalamus ( > Abb. 9.51a,
dum (mit medialem und lateralem Segment;
22) angeschnitten. Zwischen
horn zu sehen ist ( >- Abb. 9.50b, 76). schnitten (>- Abb. 9.50b, 12). Vorne anterior (>- Abb. 9.50b, 9). Daneben seinen beiden Anteilen in Verbindung
> Abb. 9.50b, 27),
callosum mit Genu (>- Abb. 9.51a, 14) und Splenium ( > Abb. 9.51a, 15). Unter dem Corpus callosum sieht man einen Teil des
rechten Seitenventrikels. Darunter ist rostral das Caput nuclei caubeiden zieht die Capsula interna
das durch die Capsula interna vom Thalamus getrennt ist. Kaudal des Thalamus ist das Splenium corporis callosi mit der Forceps oc-
(> Abb. 9.51a, 23) mit ihren Fasermassen vom Thalamus zum Kortex bzw. vom Kortex zum Hirnstamm und Rückenmark. Direkt
cipitalis (Forceps major) zu sehen (>- Abb. 9.50b, 8). Aufgrund
an den Ncl. caudatus ventral angrenzend sieht man den Ncl. ac-
ihres geschwungenen, schweifförmigen Verlaufs sind Ncl. caudatus
cumbens ( > Abb. 9.51a, 20), der ein Teil des Putamens ist und funktionell eine Schaltstelle zwischen emotionalem und lokomoto-
(> Abb. 9.50b, 17 und 18) und Fornix ( >
Abb. 9.50b, 15) zwei-
fach angeschnitten. Im Okzipitallappen sieht man um den Sulcus calcarinus herum die primäre Sehrinde, die eine makroskopisch
rischem System ist. Kaudal davon sieht man den Ncl. subthalamicus ( >
Abb. 9.51a, 21).
erkennbare streifige Struktur aufweist (>- Abb. 9.50b, 6). In die-
sem Rindenareal endet die Sehbahn. In den angrenzenden Kortexgebieten ist die sekundäre Sehrinde zu finden.
Schnitt 2: in Höhe des Putamens ( > Abb. 9.51b) Der zweite Schnitt ist knapp lateral des Corpus ncl. caudati gesetzt, sodass der Hirnstamm nicht mehr angeschnitten ist, vom Kleinhirn
9.12.3 Sagittalschnitte > Abb. 9.51 zeigt zwei Sagittalschnitte, deren Schnittführung jeweils mit abgebildet ist. Auch hier sind uns die angeschnittenen Strukturen nahezu alle bereits in den Frontal- und Horizontalschnitten begegnet.
nur noch die Rinde und keine Kerne mehr und von den Basalganglien nur noch das Putamen ( > Abb. 9.51b, 28) und die Cauda ncl. caudati (>- Abb. 9.51b, 27) zu sehen sind. Der Schnitt ist so weit
lateral gelegen, dass der Temporallappen ( >- Abb. 9.51b, 5) angeschnitten ist, in dem rostral das Corpus amygdaloideum ( > Abb. 9.51b, 31) und dahinter (kaudal) der Gyrus dentatus (>- Abb. 9,51b, 32) sichtbar werden. Desweiteren ist ein Teil der Inselrinde
(> Abb. 9.51b, 30) und des Claustrums ( > Abb. 9.51b, 29) angeschnitten.
Frontal-, Horizontal- und Sagittalschnitte durch Groß- und Zwischenhirn
255
r
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A
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9.12
2
Schnitt 1
Schnitt 2
Abb. 9.51 Sagittalschnitte 1 und 2. Blick von medial auf die Schnittfläche (rote Pfeile in der Übersicht). Nebenstehend entsprechende Kernspintomogramme (die hier wiedergegebene Aufnahmetechnik stellt den Liquor weiß, die graue Substanz hellgrau und die weiße Substanz dunkelgrau dar). In den Übersichtsbildern oben sind Ncl. caudatus rot, Putamen grün, Pallidum blau und Thalamus grau dargestellt. a Schnitt 1: in Höhe des Caput nuclei caudati. b Schnitt 2: in Höhe des Putamens. 1 Frontallappen, 2 Sulcus centralis, 3 Parietallappen, 4 Okzipitallappen, 5 Temporallappen, 6-9 Kleinhirn mit 6 Lobus anterior, 7 Fissura prima und 8 Lobus posterior sowie innen dem 9 Ncl. dentatus (nur in a). 10 Pons mit Nell. pontis (nur in a), 11 Olive mit Nel. olivaris principalis (Hauptkern der Nell. olivares inferiores, nur in a), 12 Mesencephalon mit 13 Substantia nigra (nur in a), 14 Genu corporis callosi (nur in a), 15 Splenium corporis callosi (nur in a), 16 Commissura anterior (nur in a), 17 Vorderhorn des Seitenventrikels (nur in a), 18 Plexus choroideus des Seitenventrikels (nur in a), 19 Caput ncl. caudati (nur in a), 20 Ncl. accumbens (nur in a), 21 Nel. subthalamicus (nur in a), 22 Thalamus (nur in a), 23 Capsula interna (Genu; nur in a), 24 Crus fornicis (nur in a), 25 Tractus opticus (schräg angeschnitten, nur in a), 26 Hinterhorn des Seitenventrikels mit Plexus choroideus (nur in b), 27 Cauda ncl. caudati (nur in b), 28 Putamen (nur in b), 29 Claustrum (nur in b), 30 Teil der Inselrinde (nur in b), 31 Corpus amygdaloideum (nur in b), 32 Gyrus dentatus (nur in b), 33 Gyrus parahippocampalis (= Gyrus hippocampi; nur in b), 34 Hinterhorn des Seitenventrikels mit Plexus chroideus (nur in b). (Radiologische Bilder mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. A. Berlis, Augsburg) [T873, L126, T880]
256
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
Zusammenfassung Großhirn (Telencephalon): Neokortex und Bahnsysteme Den Neokortex des Großhirns kann man in Primär-, Sekundär-
und Assoziationsfelder einteilen. Primärfelder sind die primären Endigungsstätten von Sinnesafferenzen (z. B. Sehrinde, Hörrinde) oder der Ursprungsort für absteigende motorische Bahnen (Motokortex). Sekundärfelder sind den Primärfeldern nach- (bei sensorischen) oder vorgeschaltet (bei motorischen)
und diesen topographisch unmittelbar benachbart. Sie sind bei den sensorischen Feldern für die Interpretation der Sinnesimpulse, bei den motorischen für die vorbereitende Modulation der
absteigenden Informationen zuständig. Assoziationsfelder sind neokortikale Areale, die weder Primär- noch Sekundärfeldern
zuzurechnen sind, Der Neokortex (auch: Isokortex) ist histologisch aus sechs
tiation der Sprache in ihrem Wortlaut und Satzbau verantwortlich. Dieses Zentrum ist nur einseitig ausgebildet (in der dominanten, meist linken Hemisphäre). Schädigung führt zur motorischen Aphasie (Sprachbildung stark beeinträchtigt, Sprachverständnis weitgehend erhalten). Präfrontaler Kortex. Alle Frontallappenareale, die vor den oben genannten liegen, werden als präfrontaler Kortex zusammengefasst. Diesem Bereich werden funktionell höhere psychische und geistige Leistungen des Menschen zugeschrieben. Entsprechend hat seine Schädigung schwere Persönlichkeitsveränderungen zur Folge. Parietallappen
I Molekularschicht II äußere Körnerschicht
Der Parietallappen ist der neokortikale Manifestationsort des somatosensiblen Systems. Somatosensible Bahnen. Die Bahn des sensiblen anterolateralen Systems (Schmerz, Temperatur, grobe Tastempfindung) geht im Rückenmark mit dem Tractus spinothalamicus vom
JII äußere Pyramidenschicht
Hinterhorn, im Hirnstamm vom Ncl. spinalis n. trigemini aus.
Schichten aufgebaut. Von außen nach innen:
IV innere Körnerschicht
V innere Pyramidenschicht VI multiforme Schicht. Im Folgenden werden die wichtigsten neokortikalen Funktionsareale getrennt nach den vier Hirnlappen zusammengefasst.
Beide Bahnen kreuzen auf die Gegenseite und laufen als Axone des 2. Neurons zum Thalamus (Ncl. ventralis posterior). Dort werden sie auf das 3. Neuron der Bahn verschaltet und zum somatosensiblen Kortex (Gyrus postcentralis) weitergeleitet. Die Bahn des Hinterstrang- oder lemniskalen Systems (feine Berührungsempfindung und Propriozeption) zieht mit den Fasern des 1. Neurons im Rückenmark unverschaltet und unge-
Frontallappen
kreuzt nach oben zur Medulla oblongata, wo sie in den Ncell. cune-
Der Frontallappen ist der neokortikale Manifestationsort des so-
atus und gracilis verschaltet werden. Gemeinsam mit den Fasern des Ncl. principalis n. trigemini (entsprechende sensible Impulse der Kopfregion) ziehen sie nach Kreuzung auf die Gegenseite zum
matomotorischen Systems.
Gyrus precentralis, Motokortex. Der Gyrus precentralis liegt vor dem Sulcus centralis und ist als Motokortex der Ursprungsort des größten Teils der Pyramidenbahn. Er ist somatotopisch gegliedert, d.h., jedem Abschnitt im Motokortex entspricht die Initiation von Bewegungen bestimmter Körperteile. Hand, Gesicht und Zunge weisen besonders große Areale auf. Über den kortikonukleären und den kortikospinalen Trakt (Pyramidenbahn) initiiert der Motokortex vor allem feinmotorische Bewe-
'Thalamus (Ncl. ventralis posterior) und von dort nach Verschal-
tung auf das 3. Neuron der Bahn zum Gyrus postcentralis. Gyrus postcentralis, primäre somatosensible Rinde. Der Gyrus postcentralis liegt dem Motokortex hinten an und ist der primäre Endigungsort der somatosensiblen Bahn, der Ort also, in
dem Berührungs-, Temperatur-, Schmerz- und propriozeptive Reize (interpretationsfrei) zum Bewusstsein kommen. Dieses
gungen der kontralateralen Körperhälfte. Schädigung des Gyrus precentralis verursacht eine vor allem distal betonte Parese (Schwäche, inkomplette Lähmung) der kontralateralen Körperhälfte. Prämotorischer und supplementärmotorischer Kortex. Der supplementärmotorische Kortex liegt medial vor dem Motokortex und kann z. T. als vorbereitendes Zentrum derjenigen Impulse
Areal weist eine dem Motokortex sehr ähnliche somatotopische Gliederung auf. Eine Schädigung hat Empfindungslosigkeit im entsprechenden Areal zur Folge. Sekundärer somatosensibler Kortex. Dieser liegt dem Gyrus postcentralis hinten und unten an und ist für die Interpretation der in der primären somatosensiblen Rinde verschalteten Information zuständig. Eine Läsion führt zur taktilen Agnosie (getas-
betrachtet werden, die vom Motokortex aus das Rückenmark
tete Gegenstände werden nicht mehr erkannt).
(bzw. motorische Hirnnervenkerne) erreichen. Der prämotorische Kortex liegt lateral vor dem Motokortex und kann direkt Bewegungen initiieren (vor allem extrapyramidale Motorik). Frontales Augenfeld. Das frontale Augenfeld liegt dem prämotorischen Kortex ventral an und initiiert willkürliche Augenbewegungen. Motorisches Sprachzentrum (einschließlich Broca-Region). Dieses Areal liegt im Gyrus frontalis inferior und ist für die Ini-
Posteriorer parietaler Kortex. Dieser Kortexbereich spielt eine entscheidende Rolle in der Raumwahrnehmung sowie Orientierung und Bewegung im Raum. Läsionen (vor allem rechtshe-
misphärisch) führen oft zu räumlichen Orientierungsstörungen oder (vor allem linkshemisphärisch) zu Unfähigkeit, gelernte Bewegungsmuster auszuführen (Apraxie). Gyrus angularis. Er legt sich um das Ende des Sulcus temporalis superior herum und ist als zentrale Schaltstelle zwischen se-
9.12
Frontal-, Horizontal- und Sagittalschnitte durch Groß- und Zwischenhirn
kundärer Sehrinde und sensorischem Sprachzentrum in der sekundären Hörrinde ein für Lesen und Schreiben unverzichtbares Areal. Schädigungen führen zu einer Störung des Lesens (Alexie) und/oder Schreibens (Agraphie). Okzipitallappen
257
pus geniculatum mediale des Thalamus zieht. Dort werden die Fasern ein letztes Mal verschaltet und ziehen anschließend nach Tonhöhe geordnet (Tonotopie) als Hörstrahlung zur primären Hörrinde im Temporallappen. Primäre Hörrinde. Die Heschl-Querwindungen, die die primäre Hörrinde bilden, liegen im Sulcus lateralis „versteckt”“. Als
Der Okzipitallappen ist der neokortikale Manifestationsort des visuellen Systems. Sehbahn. Die Sehbahn beginnt in der Retina (Netzhaut), deren
primärer Endigungsort der Hörbahn ist die Hörrinde für die in-
Ganglienzellen mit ihren Axonen den N. opticus bilden. Dieser vereinigt sich mit dem N. opticus der Gegenseite im Chiasma opticum, wo die Fasern der nasalen Netzhauthälften (temporale
zuständig. Da die Impulse eines Innenohrs in den Temporallappen beider Seiten enden, bewirkt die Läsion der primären Hörrinde einer Seite nur eine Hörminderung, keine Taubheit.
Gesichtsfeldhälften) auf die jeweils kontralaterale Seite kreuzen.
Sekundäre Hörrinde, sensorisches Sprachzentrum (Wernicke).
Der sich an das Chiasma anschließende Tractus opticus endet im Corpus geniculatum laterale des Thalamus. Von dort setzt sich die Sehbahn als Sehstrahlung breit gefächert bis zur primären Sehrinde fort.
Dieses Zentrum liegt lateral der primären Hörrinde im Gyrus
Primäre Sehrinde.
Die primäre Sehrinde (Area striata) liegt in
der Wand des Sulcus calcarinus und bildet auch den Okzipitalpol des Gehirns. Hier endet die Sehbahn. Die Sehrinde ist für die interpretationsfreie Bewusstwerdung der visuellen Impulse der
kontralateralen Gesichtsfeldhälfte beider Augen verantwortlich.
terpretationsfreie Bewusstwerdung der auditorischen Impulse (z.B. als Ton oder Klang, nicht aber z. B. als Sprache oder Musik)
temporalis superior. Es ist für die Interpretation der in der primä-
ren Hörrinde ankommenden Impulse zuständig, z. B. das Erkennen und Interpretieren von Sprache. Als solches (Wernicke-) Sprachzentrum ist es nur in der dominanten (meist linken) He-
misphäre ausgebildet. Seine Schädigung verursacht einen Verständnisverlust für Sprache mit entsprechenden Störungen des eigenen Sprechens (sensorische Aphasie).
Eine Läsion dieses Gebietes verursacht Blindheit in dem Areal der
Bahnsysteme des Großhirns
Netzhaut, das in das geschädigte Sehrindengebiet projiziert.
Bei den afferenten und efferenten Fasern des Kortex unterschei-
Sekundäre Sehrinde und übergeordnete visuelle Rindenfel-
det man:
der.
Diese Areale umgeben die primäre Sehrinde und sind für
die Interpretation der in der Area striata ankommenden visuellen Impulse im Sinne eines erkennenden Zuordnens zuständig (Zeichen werden z. B. als Schrift erkannt etc.). Temporallappen Der Temporallappen ist der neokortikale Manifestationsort des auditorischen Systems.
Hörbahn.
Die Hörbahn beginnt an den Ncll. cochleares in der
* Assoziationsfasern: verbinden Großhirnrindenareale einer
Hemisphäre * Projektionsfasern: verbinden kortikale mit extrakortikalen Zentren, z. B. kortikospinale Bahn
* Kommissurenfasern: verbinden Kortexareale beider Hemi-
sphären. Das wichtigste System für Projektionsfasern ist die Capsula in-
Medulla oblongata, von wo aus die Fasern mit den auditorischen
terna. Sie führt den Hauptteil der auf- und absteigenden Bahnen
Impulsen z. T. auf die Gegenseite kreuzen, z. T. aber auch auf der
vom und zum Kortex. Das wichtigste System für Kommissurenfasern ist der beide Hemisphären verbindende Balken (Corpus callosum).
ipsilateralen Seite nach oben ziehen. Als Lemniscus lateralis läuft die Hörbahn mit einer Zwischenstation bis zu den Colliculi inferiores, von wo aus sie (z. T. auch erneut gekreuzt) zum Cor-
258
9 Großhirn (Telencephalon) und funktionelle Bahnsysteme
Wiederholungsfragen Neokortex und Bahnsysteme
6. Welches funktionelle Areal bildet den Okzipitalpol des Gehirns und wo werden die dort wahrgenommenen Impulse interpretiert?
1. Benennen Sie die sechs Schichten des Neokortex.
7. Woher kommt die wichtigste Afferenz zu den Heschl-Quer-
2. Welche Funktion hat der Gyrus precentralis, und wie heißen die beiden wichtigsten efferenten Bahnen? 3. Wo ist die motorische Sprachregion des Großhirns lokali-
8. Welche wichtige funktionelle Region liegt im Gyrus tempora-
siert? Was resultiert bei einer Schädigung dieser Region? 4. Welche Region des Frontallappens hat ganz besondere Be-
9. Welche absteigenden Bahnen verlaufen im Genu und welche
windungen im Temporallappen? lis superior? im Crus posterius der Capsula interna?
deutung für höhere kognitive Leistungen und die Persönlichkeit des Menschen? 5. Wo sind primäre und sekundäre somatosensible Rinde lokalisiert?
Weitere Wiederholungsfragen zum Großhirn finden sich im Rahmen der Fallbeispiele zum Gehirn in > Kap. 14.1.4. Es empfiehlt sich, sie nach Durcharbeiten aller Gehirnkapitel zu-
sammenhängend zu bearbeiten. Lösungen 1. Von außen nach innen: Molekularschicht, äußere Körnerschicht, äußere Pyramidenschicht, innere Körnerschicht, innere Pyramidenschicht, multiforme Schicht.
2. Motorischer Kortex. Wichtigste Efferenzen sind der Tractus
6. Der Okzipitalpol wird von dem Teil der primären Sehrinde gebildet, der die visuelle Information aus dem Zentrum des Gesichtsfelds, der Makularegion (dem Ort des schärfsten Sehens), enthält. Die in der primären Sehrinde wahrgenomme-
corticospinalis (Pyramidenbahn, gekreuzt) und der Tractus
ne Information wird in den visuellen Rindenfeldern interpre-
corticonuclearis (gekreuzt und ungekreuzt zu den motori-
tiert, die die primäre Sehrinde umgeben und z. T. über den
schen Hirnnervenkernen). 3. Gyrus frontalis inferior. Dabei besonders wichtig: Broca-
Sprachzentrum. Bei Schädigung resultiert eine motorische Aphasie, 4. Präfrontaler Kortex.
5. Primär: Gyrus postcentralis. Sekundär: Region hinter dem kaudalen Viertel des Gyrus postcentralis sowie im weiteren
Sinne Region hinter der oberen Hälfte des Gyrus postcentralis (posteriorer parietaler Kortex).
WEITERFÜHRENDE
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KAPITEL
1 10.1 10.1.1 10.1.2 10.1.3 10.1.4
10.1
O
Liquor-, Ventrikelsystem und Hirnhäute
Liquor- und Ventrikelsystem ................ Ventrikelsystem ........0000000000000 000 Liquorbildung und Plexus choroideus ........... Liquorresorption .......000000000000000re Funktion des Liquors .........00000000000004H
261 261 263 264 264
Liquor- und Ventrikelsystem
10.2 10.2.1 10.2.2 10.2.3 10.2.4 10.2.5
Hirnhäute (Meningen) .......0.0.0.0.0.000000000 Dura mater . ...000e Arachnoidea mater .....0.0000000000000000000G Pia mater ....0.00000000000 Liquorzisternen .....0..0000000000rr rrr Blutversorgung und Innervation der Meningen ....
264 265 267 268 268 268
* dem Mittelhirn den Aquädukt ( > Abb. 10.2, 3) * dem Rautenhirn (Medulla oblongata, Pons und Cerebellum) den
10.1.1
Ventrikelsystem
Wie das Rückenmark ist auch das Gehirn in ein Flüssigkeitskissen,
den Liquor cerebrospinalis, eingebettet, das als äußerer Liquorraum (also der Liquor um das Gehirn und Rückenmark herum) ei-
ne Pufferfunktion zwischen dem stoßempfindlichen Gehirn und dem harten Schädelknochen hat. Weiterhin verfügt das Gehirn im Inneren über ein ausgedehntes inneres Liquorsystem in Form der vier Ventrikel‘. Die Lage dieses Ventrikelsystems im Gehirn ist in > Abb. 10.1 dargestellt. Die vier Ventrikel stehen miteinander in Verbindung und bilden ein hintereinandergeschaltetes Liquorbildungs- und -transportsystem. Jedem Hirnabschnitt kann man einen Teil dieses Systems zuordnen:
IV. Ventrikel ( > Abb. 10.2, 4).
Die Liquorproduktion erfolgt in allen vier Ventrikeln, wobei der Fluss von den Seitenventrikeln über den III. Ventrikel in Richtung des IV. Ventrikels erfolgt. Insgesamt befindet sich in den Ventrikeln und im äußeren Liquorraum etwa eine Gesamtliquormenge von 150 ml (20 % in den Ventrikeln, 80 % im äußeren Liquorraum). Seitenventrikel
Die Seitenventrikel haben ihre eigentümliche Form der in > Kap. 9.1.1 geschilderten Hemisphärenrotation zu verdanken. So kommt das Vorderhorn (Cornu frontale, > Abb. 10.2, Ia) des Seitenven-
trikels durch das Auswachsen des Frontallappens, das Hinterhorn e den beiden Großhirnhemisphären jeweils einen Seitenventrikel (> Abb. 10.2, I) s dem Zwischenhirn den III. Ventrikel ( > Abb. 10.2, 2)
(Cornu occipitale, > Abb. 10.2, Ic) durch das Auswachsen des Ok-
zipitallappens und das Unterhorn (Cornu temporale, > Abb. 10.2, 1d) durch das rotierende Auswachsen des Temporallappens zustande. Das Dach der Seitenventrikel wird von den quer verlaufenden Fasermassen des Balkens gebildet, der sich rostral mit dem Genu
' Jat. ventriculus (lat.) = (bauchiger) Raum
Abb. 10.1 Projektion des Ventrikelsystems auf die Gehirnoberfläche. a Ansicht von lateral (gesamtes Ventrikelsystem). b Ansicht von oben (nur Seitenventrikel). [T873, L106]
und Rostrum corporis callosi um das Vorderhorn von vorne her-
262
10 Liquor-, Ventrikelsystem und Hirnhäute
Tab. 10.1 Topographische Beziehungen des Ventrikelsystems. Beachte: „Topographische Beziehung” bedeutet nicht, dass die genannten Strukturen direkten Kontakt mit dem Liquorraum haben müssen. Häufig liegt bei den genannten Strukturen auch nur ein enges topographisches Verhältnis zum jeweiligen Ventrikel vor. Beachte zudem die unterschiedlichen topographischen Achsen bei IV. versus alle anderen Ventrikel AL
markante angrenzende Strukturen
Seitenventrikel
» Cornu frontale
medial: Septum pellucidum
lateral: Ncl. caudatus (Caput) ventral (Boden): Corpus callosum (Rostrum)
dorsal (Dach): Corpus callosum (Truncus) * rostral: Corpus callosum (Genu) * Pars centralis
* medial: Septum pellucidum (rostral) und Fornix (weiter kaudal) * lateral: Ncl. caudatus (Corpus) * ventral (Boden): Thalamus/Lamina affixa* mit Plexus choroideus
* dorsal (Dach): Corpus callosum (Truncus) * Cornu occipitale
* medial: Forceps occipitalis des Corpus callosum und Calcar avis (Ausbuchtung des okzipitalen Marklagers durch den Sulcus calcarinus)
* lateral: Ncl. caudatus (Cauda) und Marklager des Okzipitallappens mit Fasern aus dem Corpus callosum » ventral (Boden): Marklager des Okzipitallappens mit Fasern aus dem Corpus callosum * dorsal (Dach): Marklager des Okzipitallappens/Fasern aus dem Corpus callosum * Cornutemporale
* medial: Hippocampus und Plexus choroideus * lateral: Marklager des Temporallappens einschl. Sehstrahlung * ventral (Boden): Hippocampus, Eminentia collateralis (Marklagerausbuchtung in den Ventrikel) * dorsal (Dach): Marklager des Temporallappens und Ncel. caudatus (Cauda)
IIl. Ventrikel
1 Seitenventrikel, mit 1a Vorderhorn (Cornu frontale), 1b Zentralanteil (Pars
centralis), 1c Hinterhorn (Cornu occipitale), 1d Unterhorn (Cornu temporale). Beide Seitenventrikel haben über je ein 1e Foramen interventriculare (Monroi)
Verbindungen mit dem 2 Ill. Ventrikel. Dieser ist zentral durch die 2a Adhesio interthalamica unterbrochen und weist vier Recessus auf: 2b Recessus supraopticus, Zc Recessus infundibularis, 2d Recessus suprapinealis, Ze Recessus pine-
alis. Der Ill. Ventrikel hat über den 3 Aqueductus mesencephali Verbindung mit dem 4 IV. Ventrikel. Zum Kleinhirn hin (nach hinten) läuft dieser spitz zu (4a
Fastigium) und besitzt drei Recessus mit Öffnungen zum äußeren Liquorraum: 4b Recessus lateralis beidseits mit Aperturae laterales und 4c Apertura mediana. 4d Fortsetzung des 4. Ventrikels in den Canalis centralis des Rückenmarks. (Aus [S007-3-23])
IIl. Ventrikel Über jeweils ein Foramen
interventriculare (Foramen
Monroi,
* rostral (rostromedial): Corpus amygdaloideum
> Abb. 10.2, Je) sind die Seitenventrikel mit dem unpaaren III.
* Jateral: Thalamus (z.T. Hypothalamus)
Ventrikel
* ventral: Hypothalamus und Chiasma opticum
(> Abb. 10.2, 2b-e) und ist lateral von den beiden Thalami begrenzt, die sich an einer Stelle berühren (Adhesio interthalamica,
* dorsal: Tela choroidea des Ill. Ventrikels, Plexus choroideus * rostral: Lamina terminalis und Comissura ant.
* kaudal: Epiphyse, Habenulae IV. Ventrikel
Abb. 10.2 Die inneren Liquorräume (Ventrikel mit ihren Verbindungen).
verbunden.
Dieser
verfügt
über
mehrere
Recessus
> Abb. 10.2, 2a). Der Boden des II Ventrikels wird vom Hypothalamus, sein Dach von der den Plexus choroideus tragenden Tela
choroidea gebildet ( >- Tab. 10.1).
* lateral: Pedunculi cerebellares (Kleinhirnstiele) * ventral: Fossa rhomboidea (= Dorsalfläche von Medul-
la oblongata und Pons) * dorsal: Velum medullare sup. und inf. (Kleinhirnsegel) und Plexus choroideus *_ Der von unten an den Ventrikel grenzende Thalamus hat keinen direkten Kontakt zum Ventrikel, sondern wird zum Ventrikel hin von einer dünnen Schicht telencephaler Substanz, der Lamina afixa, bedeckt.
IV. Ventrikel
Über den dünnen Aqueductus mesencephali* (>- Abb. 10.2, 3; auch: Sylvius-Kanal) ist der II. Ventrikel mit dem IV. Ventrikel verbunden. Der IV. Ventrikel wird nach ventral von Medulla oblongata und Pons begrenzt, die zusammen die Rautengrube, den nach vorne gerichteten „Boden“ des Ventrikels, bilden. Die Kleinhirnsegel bilden das nach dorsal gerichtete „Dach“ und die Kleinhirnstiele
umlegt. Wichtige Stichpunkte zu den in Prüfungen gerne gefragten, durch die Hemisphärenrotation recht komplexen topographischen Beziehungen der Seitenventrikel sind in > Tab. 10.1 dargestellt. Die Begrenzungen der Ventrikel kann man auch anhand der Schnittbilder in den > Abb. 9.45-9,50 nachvollziehen.
die Seitenwände des IV. Ventrikels (>- Tab.
10.1). Auch dieser
Ventrikel verfügt über verschiedene Recessus und an deren Ende über Öffnungen: die beiden Aperturae laterales (Foramina Lusch-
? aqueductus (lat.) = Wasserleiter
10.1
Liquor- und Ventrikelsystem
263
kae; > Abb. 10.2, 4b) und die Apertura mediana (Foramen Ma-
Fornix) (>- Abb. 10.3, 4) und das beim Menschen nur in der Prä-
gendii; > Abb. 10.2, 4c). An dieser Stelle kommunizieren innerer
und frühen Postnatalzeit vorkommende
und äußerer Liquorraum miteinander, d.h., hier wird der größte Teil des produzierten Liquors vom IV. Ventrikel in den Subarachnoidalraum (s. u.) abgegeben, von wo aus er dann resorbiert wird.
(> Abb. 10.3, 6). Die meisten der zirkumventrikulären Organe be-
Ependym
Subkommissuralorgan
finden sich also im Bereich des IIL. Ventrikels. Funktionell sind sie über das in > Kap. 6 und > Kap. 8 bereits Besprochene hinaus an der Reaktion des ZNS auf im Liquor und Blut zirkulierende Substanzen beteiligt.
Der gesamte innere Liquorraum ist von Gliazellen (Ependymzel-
len) ausgekleidet, die morphologisch am ehesten mit iso- bis hochprismatischen Epithelien vergleichbar sind. Sie tragen zahlreiche
10.1.2 Liquorbildung und Plexus choroideus
Mikrovilli und Kinozilien, wobei Letztere dem Liquortransport von den Seitenventrikeln bis in den IV. Ventrikel dienen.
Täglich werden in allen vier Ventrikeln zusammen etwa 500 ml Liquor produziert. Die Produktion findet größtenteils in den Plexus choroidei, besonders in denen der Seitenventrikel, statt (zu einem
geringen Teil auch vom Ependym der Ventrikel selbst). Diese Ple-
Zirkumventrikuläre Organe
xus sind speziell strukturierte, arteriovenöse Gefäßkonvolute, die
Neben den Ependymzellen grenzen auch vereinzelt andere hirneigene Zellen an den Liquorraum. Neben sog. Tanyzyten (lange, z. T. tief ins Hirninnere ragende, den Ependymzellen verwandte spezielle Gliazellen) sind dies auch spezialisierte Neurone, die direkten
Kontakt mit dem Liquor oder unter Umgehung der Blut-HirnSchranke ( > Kap. 11.1.2) mit dem Blut haben. An manchen Stellen
verdichten sich diese sonst nur vereinzelt anzutreffenden Neurone zu Gruppen, die man zirkumventrikuläre Organe nennt ( > Abb. 10.3). Sie zeichnen sich durch starke Vaskularisierung und fast immer durch das Fehlen einer Blut-Hirn-Schranke aus. Es gibt sieben zirkumventrikuläre Organe: die bereits besprochenen Area postrema
(>
Kap. 6.3.3,
> Abb.
10.3, 7), Eminentia mediana
von einem speziellen Epithel überdeckt sind. In jedem Ventrikel befindet sich ein solcher Plexus choroideus. Der Plexus des Seitenventrikels ( > Abb. 10.7, 2) reicht vom Unterhorn in einem Bogen nach oben über die Pars centralis bis zum Beginn des Vorderhorns und ist dann über die Foramina interventricularia mit dem Plexus choroideus des III. Ventrikels ( > Abb. 10.7, 4) verbunden. Vorder- und Hinterhorn des Seitenventrikels besitzen somit keinen Plexus choroideus (ins Hinterhorn reicht der Plexus aus der Pars centralis jedoch hinein). Der IV. Ventrikel hat einen isolierten Plexus,
der am unteren Kleinhirnsegel (Velum medullare inferius) fixiert
ist (> Abb. 10.7, 7). Er dehnt sich nach lateral bis zu den Aperturae laterales aus, durch die er teilweise sogar nach außen treten
(> Kap. 8.3.3, > Abb. 10.3, 2), Neurohypophyse ( > Kap. 8.4, > Abb. 10.3, I) und Epiphyse ( > Kap. 8.5, > Abb. 10.3, 5) sowie das Organum vasculosum laminae terminalis in der Lamina
kann.
terminalis
zweigender
(>- Abb.
10.3, 3), das Subfornikalorgan
Abb. 10.3 Zirkumventrikuläre Organe. 1 Neurohypophyse (Hypophysenhinterlappen), 2 Eminentia mediana, 3 Organum vasculosum laminae termi-
nalis, 4 Subfornikalorgan, 5 Epiphyse, 6 Subkommissuralorgan, 7 Area postrema. Manchmal zu den zirkumventrikulären Organen hinzugerechnet werden 8 und 9 die Plexus choroidei (hier 8 des Ill. Ventrikels und
9 des IV. Ventrikels). [T873, L126]
(unter dem
Mikroskopisch sieht der Plexus choroideus wie ein sich weit verBusch
aus, der aus Gefäßästen besteht und von ein-
264
10 Liquor-, Ventrikelsystem und Hirnhäute
schichtigem Plexusepithel überzogen wird, das zahlreiche Mikrovilli trägt, die der hohen Sekretionsleistung dieses Epithels dienen. Das bindegewebige Grundgerüst des Plexus choroideus heißt Tela choroidea. Es ist sehr gefäßreich und durch die Kapillaren (die keine
KLLNLK Hydrozephalus Ist aus irgendwelchen Gründen die Liquorresorption behindert oder kann der Liquor nicht von den inneren (Ventrikel) in die äußeren Liquorräume (Subarachnoidealraum) transportiert werden, so kommt es zum Liquor-
Blut-Hirn-Schranke haben) werden neben Wasser selektiv bestimm-
aufstau und damit zu gesteigertem intrakraniellem Druck. Das Krankheitsbild wird als Hydrozephalus? bezeichnet. Beim Kind führt der gesteigerte intrakranielle Druck über die Jahre zu einer mehr oder minder ausgeprägten Größenzunahme des Schädels. Beim Erwachsenen hingegen,
te Moleküle aus dem Blut zu den Plexusepithelien transportiert.
Liquorzusammensetzung
dessen Schädel sich nicht mehr durch Wachstum den Druckverhältnissen anpassen kann, löst der Liquoraufstau Hirndruckzeichen mit Kopfschmerzen, Erbrechen etc. und bei längerem Bestehen Schädigung der Hirnsubstanz aus. Im Falle der Liquorabflussstörung vom inneren in den
Der Liquor ist ein aus den Blutgefäßen des Plexus choroideus abgepresstes Ultrafiltrat des Blutplasmas, dessen Zusammensetzung vom Plexusepithel stark modifiziert und das dann aktiv sezerniert wird. Es ist eine klare Flüssigkeit, die sehr wenige Zellen (hauptsächlich Leukozyten) und wesentlich niedrigere Eiweiß- und Glukosewerte als das Blut aufweist. Darüber hinaus werden bedarfsweise oder ggf. krankheitsbedingt bestimmte Stoffe in den Liquor
äußeren Liquorraum sieht man (z.B. im Computertomogramm) stark erweiterte Ventrikel (>- Abb. 10.4). Häufig ist dies durch Verengung des Aquädukts im Mittelhirn der Fall, der als engste Stelle des Liquorzirkula-
tionssystems hierfür prädisponiert ist.
sezerniert, die dort funktionelle Bedeutung haben können (s.u.).
10.1.4 Funktion des Liquors KLINLK Bei vielen neurologischen Krankheiten (z. B. entzündlichen Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Hirnhautentzündung = Meningitis u.a.) verändert sich die Zusammensetzung des Liquors charakteristisch, sodass bei zahlreichen Krankheitsbildern eine Lumbalpunktion (>- Kap. 3.2) zur diagnostischen Liquorgewinnung durchgeführt wird, die weiteren Aufschluss
über die Erkrankung geben kann.
Der Liquor ist ein unverzichtbares Flüssigkeitskissen für das druck- und stoßempfindliche Gehirn. Er reduziert das tatsächliche Gewicht des Gehirns von 1.500 g auf ein physikalisches Effektivgewicht von etwa 50 g, mit dem es dem Knochen aufliegt! Zudem wird
durch den Liquorsaum um das Gehirn herum bei Stößen von außen der Druck sofort auf den ganzen äußeren Liquorraum verteilt, so-
H,O, O, und CO, ganz durchlässig, für Elektrolyte wenig und für fast alle anderen Moleküle gar nicht. Diese müssen von Plexusepithelien ggf. aktiv aufgenommen und sezerniert werden.
dass eine punktuelle Druckschädigung des Gehirns bei leichteren Schädeltraumata ausbleibt. Desweiteren hat der Liquor eine wichtige Funktion bei der Konstanthaltung des extrazellulären Milieus. Der geschilderte Liquorfluss von den Ventrikeln über den Subarachnoidalraum in die venösen Sinus dient u.a. der Entfernung potenziell schädlicher Metaboliten aus dem Gehirn. Zum Teil hat der Liquor auch direkten Einfluss auf die neuronale Funktion (z.B. Regulation des Atemzentrums durch Vermittlung des CO,-Plasmaspiegels an die Medulla oblongata).
10.1.3 Liquorresorption
10.2
Der Liquor gelangt vom Seitenventrikel über den III. Ventrikel, den Aquädukt und den IV. Ventrikel schließlich in den äußeren Liquor-
Wie das Rückenmark ist das Gehirn von drei Häuten, den Menin-
Blut-Liquor-Schranke Das Blut aus dem Plexus ist vom Liquor durch das (fenestrierte) Kapillarendothel, die darunter liegende Basalmembran
und das
(mit tight junctions abgedichtete) Plexusepithel getrennt, die in ihrer Gesamtheit die Blut-Liquor-Schranke (nicht zu verwechseln mit der Blut-Hirn-Schranke,
>- Kap. 11.1) bilden. Sie ist nur für
Hirnhäute (Meningen)
gen‘, umgeben. Von außen nach innen unterscheidet man:
raum (Subarachnoidalraum). Er wird von dort aus in die Blutbahn
rückresorbiert. Im gesamten Liquorsystem befinden sich ca. 150 ml Liquor. Bereits relativ kleine Schwankungen dieses Soll-Volumens durch Resorptionsstörungen können erhebliche Funktionsbeeinträchtigungen des Gehirns zur Folge haben. Die Liquorresorption geschieht über zwei Wege: * Im Schädelbereich erfolgt sie vor allem über Ausstülpungen der
s Dura mater
s Arachnoidea mater e
Pia mater.
Die Dura mater wird auch als harte Hirnhaut (Pachymeninx”) bezeichnet. Die beiden inneren Häute werden als weiche Hirnhaut (Leptomeninx®) zusammengefasst.
Arachnoidea mater, die Arachnoidalzotten ( > Kap. 10.2.2), in
die venösen Blutleiter der Dura mater (Sinus durae matris).
* Im Wirbelkanal- und Schädelbasisbereich wird der Liquor zusätzlich an den Austrittsstellen der Spinal- bzw. Hirnnerven resorbiert, wo Venen- und Lymphgefäßplexus den Liquor aufnehmen.
? *4 > 6
hydro-kephale (gr.) = Wasser-Kopf meninx (gr.) = Hirnhaut pachys (gr.) = dick, derb Jeptos (gr.) = zart
10.2
Hirnhäute (Meningen)
265
Abb. 10.4 Hydrozephalus. a Computertomogramm einer Patientin mit Liquorabflussstörung (lange bestehende Verengung des Aqueductus mesencephali). Beachte die massiv erweiterten Hirnventrikel auf Kosten des Hirnparenchyms. Bei der Patientin lagen klinisch massive intellektuelle Einbußen und erhebliche Gangstörungen vor. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Petersen, Lübeck) [T877]
b Zum Vergleich die Verhältnisse beim Gesunden. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Schumacher, Freiburg) [T875]
Histologisch bestehen die Meningen aus Bindegewebe. Die Pachymeninx (Dura) ist daher nicht neuroektodermaler, wie Nervenund Gliazellen, sondern mesodermaler
Herkunft.
Die Leptome-
ninges hingegen entstehen dennoch überwiegend oder ganz aus Zellen der Neuroalleiste (sind also histogenetisch neuroektodermal), die sich embryonal mesenchymal differenzieren.
nach hinten im Interhemisphärenspalt und trennt so beide Großhirnhälften bindegewebig voneinander ( > Abb. 10.5, 4). Von der Crista occipitalis entspringt eine kleine Falx cerebelli, die sich ein Stück weit von dorsokaudal her zwischen die Kleinhirnhemisphären legt (nicht sichtbar in > Abb. 10.5). Ein weiteres Durablatt
Anders als im Wirbelkanal verschmilzt die in ihrer Konsistenz der-
zieht sich über die Sella turcica als Diaphragma sellae, das eine Öffnung zum Durchtritt des Hypophysenstiels hat (>- Abb. 10.5, 7). Schließlich schiebt sich die Dura als zeltförmiges Tentorium cerebelli® zwischen Okzipitallappen und Kleinhirn (> Abb. 10.5, 5). Die topographischen Beziehungen des Tentoriums haben große klinische Bedeutung. Dabei spielt vor allem die Lage des Mittelhirns
be Dura mater im Schädelbereich mit dem Periost, sodass hier kein
vor der Spitze des Tentoriums
Periost als einzelnes Blatt isolierbar ist. Zwischen Dura und Schä-
schlitz“, > Abb. 10.5, 6) eine besondere Rolle.
10.2.1
Dura mater
delknochen besteht somit normalerweise kein Hohlraum,
„Tentorium-
da die
Dura breitflächig mit dem Knochen verbunden ist. Im Rahmen einer Blutung kann allerdings hier ein Raum entstehen (klinischer Hinweis in > Kap. 10.2.5). Mit einer speziellen Zellschicht, dem Neurothel, ist die Dura mit
der darunter liegenden Arachnoidea mater verbunden. Die harte Hirnhaut legt sich dem Gehirn nur an seiner Oberfläche und nicht bis in die Sulci hinein an. Sie schiebt sich jedoch mit einigen „Dura-
septen“ in die großen Furchen des Gehirns vor und stabilisiert so dessen Lage bei mechanischen Einwirkungen auf den Schädel. Als größtes Septum verläuft die sichelförmige Falx cerebri’ von vorne
7 Falx (lat.) = Sichel
(Incisura tentorii,
KLINLK Hirnschwellung Bei einer Hirnschwellung (z. B. bei 0,-Mangel mit entsprechender Hirnparenchymschädigung, Tumoren oder Entzündungen, klinisches Beispiel in > Abb. 10.6) versucht das Gehirn an allen möglichen Stellen, dem Druck auszuweichen. Es wird Hirnmasse entweder durch das Foramen magnum nach unten gepresst (sog. untere Einklemmung, vgl. „Klinik”, > Kap. 7.1, S. 155) oder aber (meist zeitlich vor der unteren Einklemmung) es
wird Hirnmasse in die Incisura tentorii des Tentorium cerebelli gedrückt (sog. obere Einklemmung). Dabei wird das Mittelhirn gemeinsam mit
8 tentorium (lat.) = Zelt
266 basalen versagt Bereich oberen
10 Liquor-, Ventrikelsystem und Hirnhäute Temporallappenanteilen in den Tentoriumschlitz gepresst und dadurch in seiner Funktion. Häufig wird dabei auch der in diesem verlaufende N. oculomotorius eingeklemmt. Die Symptome der Einklemmung sind in der Folge vor allem Bewusstseinsverlust (Lä
sion des Störung spasmus dadurch
ARAS), lichtstarre Pupillen (Läsion des N. oculomotorius und/oder der Verschaltung des Lichtreflexes im Mittelhirn) und Extensoren(Abklemmung kortikospinaler und kortikotegmentaler Bahnen, Enthemmung des Tractus vestibulospinalis, > Kap. 5.2.8).
Abb. 10.5 Harte Hirnhaut (Dura mater). Schädel seitlich eröffnet, Gehirn entnommen. 1 Vordere Schädelgrube, 2 mittlere Schädelgrube, 3 hintere Schädelgrube, 4 Falx cerebri, 5 Tentorium cerebelli, 6 Incisura tentorii, 7 meningeale Bedeckung der
Sella turcica mit Durchtritt des Hypophysenstiels, 8 Felsenbeinpyramide, 9 Vv. superiores cerebri, 10 VW. inferiores cerebri (Mündungen von Gehirnvenen in die Sinus durae matris, > Kap. 11). [T873, L141]
Abb. 10.6 Hirnschwellung. a Computertomographische Verhältnisse beim Gesunden. Beachte, dass das 1 Mittelhirn und 2 die umgebenden Liquorzisternen sowie die 3 Teile der Hirnventrikel und die 4 Sulci des Großhirns gut abgrenzbar sind. b Computertomographie bei massiver Hirnschwellung (= Hirnödem) im Rahmen einer durch Pneumokokken hervorgerufenen Entzündung der Hirnhäute und des Gehirns (Meningoenzephalitis). Beachte, dass das 1 Mittelhirn und die 2 umgebenden Liquorzisternen sowie die 3 Ventrikelanteile noch abgrenzbar, aber bereits komprimiert sind. Die Sulci des Großhirns sind im Rahmen der Schwellung verstrichen. Durch die Mittelhirnkompression im Tentoriumschlitz entstanden Bewusstseinsverlust, lichtstarre Pupillen und Extensorenspasmen („Strecksynergismen”). c Gleiche Patientin wie in b, jedoch einen Tag später. Das Mittelhirn, die Liquorzisternen, die Ventrikelanteile und die Sulci sind nicht mehr abgrenzbar. Dieses Ausmaß der Hirnschwellung ist mit dem Leben innerhalb kürzester Zeit nicht mehr vereinbar. Der Ausgang war letal. (Bilder mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. J. Klisch, Erfurt) [T874]
10.2
Hirnhäute (Meningen) 15
14 —-
267
18
/ — 19 — 20
Abb. 10.7 Liquorzirkulation und Liquorzisternen des Subarachnoidealraums. Die Pfeile deuten den Liquorfluss an. Innere Liquorräume (grün): 1 Seitenventrikel, 2 Plexus choroideus des Seitenventrikels (reicht bis ins Unterhorn des Seitenventrikels, was bei der Perspektive dieser Abbildung nicht sichtbar wird), 3 IIl. Ventrikel, 4 Plexus choroideus des Ill. Ventrikels, 5 Aqueductus mesencephali, 6 IV. Ventrikel, 7 Plexus choroideus des IV. Ventrikels. Äußere Liquorräume (hellblau): 8 Apertura mediana des IV. Ventrikels, 9 Cisterna cerebellomedullaris = Cisterna magna (zwischen Kleinhirn und Medulla oblongata), 10 Cisterna ambiens (zwischen Kleinhirn und Mittelhirn an der Spitze des Tentoriums), 11 Cisterna pontomedullaris (zwischen Unterrand des Pons und Medulla oblongata), 12 Cisterna interpeduncularis (zwischen den beiden Hirnschenkeln), 13 Cisterna chiasmatica (um das Chiasma opticum herum). 14 Granulationes arachnoideae.
Sinus durae matris (dunkelblau): 15 Sinus sagittalis superior, 16 Sinus rectus, 17 Confluens sinuum. In der Vergrößerung zusätzlich zu 14 und 15 dargestellt: 18 Dura mater, 19 Subarachnoidalraum (liquorgefüllt), 20 Großhirnrinde. [T873, L106, L141]
Die Dura weist an mehreren Stellen Duplikaturen auf. Dadurch entstehen längs verlaufende, mit Endothel ausgekleidete Hohlräu-
Die Arachnoidea mater ist mit der darunter liegenden Pia mater durch zahlreiche spinnengewebsartige Bindegewebsfasern (Arach-
me, die Sinus durae matris. Solche sind z.B. der Sinus sagittalis superior, der im oberen Rand der Falx cerebri, oder der Sinus sa-
noidal-Trabekel) verbunden”. Dieser Raum zwischen Arachnoidea und Pia, der als Subarachnoidalraum bezeichnet wird, ist iden-
gittalis inferior, der im unteren Rand der Falx cerebri verläuft. In
tisch mit dem äußeren Liquorraum. Die Arachnoidea bildet kleine
diesen Sinus, von denen es noch mehrere gibt, sammelt sich das
Ausstülpungen (Arachnoidalzotten) durch die Dura hindurch in
venöse Blut aus Gehirn und Hirnhäuten, um dann hauptsächlich
die venösen Sinus und sogar z. T. bis in die Diplo&venen des Schä-
der V. jugularis interna zugeleitet zu werden. Sie werden in > Kap. 11.4.3 ausführlich besprochen.
dels hinein, die dort bäumchenartig auswachsen und als Granula-
tiones arachnoideae (Pacchioni-Granulationen) bezeichnet werden ( > Abb. 10.7, 14). Sie dienen dazu, den Liquor aus dem Sub-
arachnoidalraum in das venöse Blutsystem abzuleiten. 10.2.2
Arachnoidea
mater KLLNLK
Dieses zarte Blatt der Hirnhäute legt sich innen der Dura an und
Meningeom
vollzieht deren Verlauf, z. B. als Falx oder Tentorium, nach.
Von den Pacchioni-Granulationen können die Hirnhauttumoren (Me-
ningeome) ausgehen, die fast immer gutartig sind und aufgrund ihres MERKE Ein echter „Raum” zwischen Dura und Arachnoidea („Subduralraum”) exis-
tiert also ebenso wenig wie ein „Epiduralraum”, kann jedoch z. B. durch eine (meist venöse) Einblutung zwischen die beiden Hirnhautblätter entstehen (subdurales Hämatom, klinischer Hinweis > Kap. 11.4.1, 5. 284).
langsamen Wachstums (über viele Jahre!) faustgroß werden können, ehe
sie bemerkt werden (klinisches Beispiel > Abb. 10.8).
? arachne (gr.) = Spinne, Spinnengewebe
268
10 Liquor-, Ventrikelsystem und Hirnhäute * Cisterna cerebellomedullaris (posterior) = Cisterna magna
(> Abb. 10.7, 9)
* * * *
Cisterna Cisterna Cisterna Cisterna
ambiens ( > Abb. 10.7, 10) pontomedullaris ( > Abb. 10.7, 11) interpeduncularis (intercruralis), ( > Abb. 10.7, 12) chiasmatica ( > Abb. 10.7, 13).
e Die letzten beiden werden auch als Cisterna basalis zusammengefasst (ebenso häufig wird der Begriff Cisterna basalis als Zusammenfassung aller Zisternen an der Hirnbasis vom Frontallappen bis zum Foramen magnum verwendet). KLINLK Generell können diese Räume bei einer Hirnschwellung (s. o.) als — aller-
dings oft ineffektiv kleiner — Ausweichraum für die sich ausdehnende Gehirnmasse dienen und dann z.B. im Computertomagramm als Zisternen nicht mehr sichtbar sein (>- Abb. 10.6). Weiterhin findet man bei
Subarachnoidalblutungen ( >- Kap. 11.2.3) in den Zisternen Blutansammlungen, was ebenfalls im Computertomogramm diagnostiziert werden Abb. 10.8 Meningeom. Frontalschnitt-Kernspintomographie des Gehirns (sog. koronare Schnittebene) bei einem großen links frontotemporalen Meningeom. Der 1 Tumor wirkt durch seine Größe raumfordernd und führt zu einer Verlagerung der 2 Mittellinie des Gehirns. Typische Merkmale für Meningeome sind die breitbasige Kontaktfläche zur Dura mater und das 3 „dural tail sign”, das durch randständige Tumoraus-
läufer in die Dura gekennzeichnet ist. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. A. Berlis, Augsburg) [T880]
10.2.3
kann (klinisches Beispiel in > Abb. 11.6, 5. 275).
10.2.5 Blutversorgung und Innervation der Meningen Die Hauptstämme der Gefäße und Nerven, die die Meningen versorgen, verlaufen in der Dura mater.
Pia mater
Die Pia legt sich als innerste Hirnhaut unmittelbar der Oberfläche des Gehirns an und folgt ihr bis in alle Sulci hinein. Sie umkleidet sogar die ins Gehirn eintretenden Blutgefäße mit einer Bindegewebshülle (Spatium perivasculosum, Virchow-Robin-Raum) und
begleitet sie weit ins Innere des ZNS hinein. KLINLK Meningitis Als Meningitis (Hirnhautentzündung) wird eine Entzündung der Pia
Blutversorgung Die Blutversorgung der Meningen ist klinisch sehr wichtig. Sie erfolgt im Schädelbereich für die Dura mater (die Arachnoidea hat kein eigenes Kapillarsystem und die Pia wird über die Gehirnarterien versorgt) durch drei Arterien: s R. meningeus anterior (aus A. ethmoidalis anterior)
* A.meningea media * A, meningea posterior.
mater und Arachnoidea mater bezeichnet, die meist durch Bakterien
(dann im Liquor gemeinsam mit massenhaft Granulozyten nachweisbar) oder Viren ausgelöst wird. Die Erkrankung geht mit zahlreichen neurologischen Ausfallserscheinungen bis hin zur völligen Bewusstlosigkeit einher und ist immer potentiell lebensbedrohlich.
Die größte von ihnen ist die A. meningea media, die aus der A.
mazxillaris (Ast der A. carotis externa) stammt, durch das Foramen
spinosum an der Schädelbasis in das Schädelinnere eintritt und sich über die gesamte laterale Konkavität des Schädels ausbreitet. Sie hinterlässt dabei einen gut sichtbaren Abdruck an der Innenseite des Schädelknochens ( > Abb. 2.36, 26).
10.2.4 Liquorzisternen Der R. meningeus anterior entsteht aus der A. ethmoidalis anteStellen, an denen der Subarachnoidealraum besonders weit ist, wer-
den als Liquorzisternen!® bezeichnet. Sie sind in > Abb. 10.7 dargestellt. Die wichtigsten sind:
rior (Ast der A. carotis interna), die A. meningea posterior aus der A. pharyngea ascendens (Ast der A. carotis externa). Einige hirneigene Gefäße (u.a. A. vertebralis) geben ebenfalls Duraäste ab (vor
allem für die Hirnhautversorgung an der Schädelbasis). Die Aa. meningeae werden von gleichnamigen Venen begleitet, die das Blut aus den Hirnhäuten ableiten, sofern es nicht direkt in
die venösen Blutleiter der Dura (Sinus, > Kap. 11.4.3) abfließt. 10 cisterna (lat.) = Wasserbehälter
10.2
K |-_' NIK
Hirnhäute (Meningen)
269
den auch vom N. vagus versorgt). Sowohl harte als auch weiche
Epidurale Blutungen
Hirnhäute sind dabei äußerst schmerzempfindlich, im Gegensatz
Die A. meningea media ist bei Schädelverletzungen, besonders im Tempo-
zum Gehirn selbst, das praktisch keine Schmerzrezeptoren besitzt.
ralbereich, gefährdet. Wenn Blut zwischen die Dura und Blutung). Das führt zu einer der raschen Vergrößerung 11.208).
sie reißt, wird mit hohem (arteriellem) Druck den Schädelknochen gepresst (epidurale intrakraniellen Raumforderung, die aufgrund immer akut lebensbedrohlich ist (=>- Abb.
KLINLK N E H . Gehi OMI IESEN OR CTE VOR PE EENDGENE E I OM SEA selbst. So kommt z. B. der sehr häufige Migränekopfschmerz durch eine Durchblutungsstörung der Meningen zustande: Vom Hirnstamm aus gesteuerte Nervenfasern veranlassen die Hirnhautgefäße zur maximalen Kontraktion (Folge: Ischämie), der eine maximale Dilatation (Folge:
Innervation
Hyperperfusion) folgt.
Die Innervation der Hirnhäute erfolgt größtenteils über den N. trigeminus (kleinere Hirnhautanteile der hinteren Schädelgrube wer-
Zusammenfassung Liquor- und Ventrikelsystem
Hirnhäute (Meningen)
Der Liquor cerebrospinalis umgibt als ein Flüssigkeitskissen das
Wie das Rückenmark wird das Gehirn von drei Häuten umge-
Gehirn und das Rückenmark. Er unterscheidet sich in seiner Zu-
ben: Pia mater, Arachnoidea mater und Dura mater. Die Dura
sammensetzung deutlich vom Blutplasma. Der Hauptanteil des
mater wird als harte Hirnhaut (Pachymeninx) den weichen
Liquors befindet sich um das Gehirn herum, der geringere Teil
Hirnhäuten (Pia mater und Arachnoidea mater, zusammen:
innerhalb der intrazerebralen Hohlräume, der Ventrikel (Ge-
Leptomeninx) gegenübergestellt.
samtliquormenge = 150 ml). Es gibt insgesamt vier Ventrikel, die miteinander verbunden sind:
* je ein Seitenventrikel in den beiden Großhirnhemisphären * der III. Ventrikel im Zwischenhirn * der IV. Ventrikel im Rautenhirn (zwischen Medulla oblongata, Pons und Kleinhirn).
* Dura mater: Sie ist die äußerste, sehr zähe Hirnhaut und ver-
schmilzt im Schädelbereich mit dem Periost. Sie schiebt als bindegewebige Duplikaturen die Falx cerebri zwischen beide Hemisphären und das Tentorium cerebelli zwischen Okzipitallappen und Kleinhirn. Zudem bildet sie Hohlräume (Sinus durae matris), die als venöse Blutleiter das Blut aus den Gehirnvenen sammeln.
Der Aquädukt ist eine dünne Verbindung im Mittelhirn zwi-
* Arachnoidea mater: Sie legt sich als zarte Haut innen an die
schen III. und IV. Ventrikel. Die Liquorproduktion (500 ml/Tag) findet in den Plexus choroidei statt, die als speziell differenzierte Gefäßkonvolute in jedem Ventrikel zu finden sind. Von den Ventrikeln (innere Liquorräume) wird Liquor über drei Öffnungen des IV. Ventrikels in die äußeren Liquorräume (= Subarachnoidalraum) transpor-
Dura an und bildet mit ihren Arachnoidalzotten kleine Ausstülpungen in die venösen Sinus durae matris, die der Liquorresorption dienen. * Pia mater: Sie liegt unmittelbar dem Gehirn auf und umkleidet es bis in die feinsten Sulci hinein.
tiert, von wo aus vor allem über die zahlreichen Arachnoidalzot-
_ Zwischen Pia mater und Arachnoidea mater befindet sich der
ten die Liquorresorption ins Blut stattfindet. Liquortransportoder -resorptionsstörungen äußern sich im Krankheitsbild des Hydrozephalus.
Subarachnoidalraum, der den äußeren Liquorraum darstellt und sich an manchen Stellen zu Liquorzisternen erweitert. Zwischen Schädel und Dura kann sich unter pathologischen Bedin-
Die wichtigsten Funktionen des Liquors sind:
gungen (arterielle Blutung) ein unter normalen Bedingungen
* mechanische Pufferung des äußerst druck- und stoßempfindli-
nicht als Hohlraum vorhandener Epiduralraum bilden. Zwischen Dura und Arachnoidea kann sich ebenfalls unter patholo-
chen Gehirns in seiner harten und kantigen knöchernen Hülle (wichtigste Funktion) * Konstanthaltung des extrazellulären Milieus im Gehirn * Entfernung potentiell schädlicher Metaboliten aus dem Gehirn,
Vermittlung des CO,-Plasmaspiegels an das Atemzentrum.
gischen Bedingungen (venöse Blutung) ein unter normalen Bedingungen nicht vorhandener Subduralraum bilden.
270
10 Liquor-, Ventrikelsystem und Hirnhäute
1. 2.
3. 4.
Wiederholungsfragen Wo befindet sich innerhalb der vier Ventrikel jeweils der Ple5. Was ist ein Meningeom? xus choroideus? Was ist seine Funktion? 6. Was versteht man unter Subarachnoidalraum, und was befinWie viele ml Liquor befinden sich im inneren und äußeren det sich darin? Liquorraum? Wie viele ml werden pro Tag produziert? Was 7. Was sind Sinus durae matris? ist die wichtigste Funktion des Liquors? 8. Zwischen welchen Hirnstrukturen spannt sich das Tentorium Wo wird der Liquor resorbiert? cerebelli aus? Wie heißen die drei Blätter der Hirnhaut?
Lösungen 1. Seitenventrikel: Pars centralis und Unterhorn (jedoch nicht 5. (Fast immer) gutartiger, von den Arachnoidalzotten ausgehender Tumor der Hirnhäute mit langsamem, verdrängenVorder- und Hinterhorn), II Ventrikel: Ventrikeldach, IV. dem Wachstum. Ventrikel: Velum medullare inferius (unteres Kleinhirnsegel). Funktion: Liquorproduktion. 6. Raum zwischen Arachnoidea und Pia mater. Er ist mit Liquor 2.Insgesamt ca. 150 ml. Tagesproduktion: ca. 500 ml. Wichtigsgefüllt (äußerer Liquorraum). Hier laufen die großen Gefäßte Funktion ist die Abpolsterung des Gehirns (Verringerung stämme der gehirnversorgenden Arterien. 7. Duraduplikaturen, die als venöse Blutleiter dienen. Sie samdes effektiven Auflagegewichts des Gehirns auf ca. 50 g) und meln das gesamte venöse Blut aus dem Gehirn und leiten es Druckverteilung auf den ganzen äußeren Liquorraum bei Stövor allem der V. jugularis interna zu. ßen von außen. 3. Vor allem durch die Arachnoidalzotten ins Blut der Sinus 8. Zwischen Okzipitallappen des Großhirns und Kleinhirn. Es durae matris.
überdeckt so auch von hinten das Mittelhirn (klinische Be-
4. Dura mater, Arachnoidea mater, Pia mater.
WEITERFÜHRENDE
LITERATUR
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KAPITEL
1
1
Blutversorgung des Gehirns
11.1 11.1.1
Grundlagen ‚... 271 Versorgungsprinzip ........0.0400000000000004400 271
11.3.2
A. cerebri media ...
11.3.3
A. cerebri posterior
11.1.2
Blut-Hirn-Schranke .. ...
271
11.3.4
Darstellung der Gehirngefäße am Lebenden ...... 281
11.2 11.2.1 11.2.2 11.2.3
Große zuführende Gefäße .................. A. carotis interna ... A. vertebrali$ ... .. Circulus arteriosus cerebri ............0.....000.
272 272 274 275
11.4
Hirnvenen und Sinus durae matris
11.4.1 11.4.2
Oberflächliche Venen ... Tiefe VeEneN 2
282 285
11.4.3
Sinus durae matris ..
286
11.4.4
Lymphgefäße und Iymphatischer Abfluss
11.3
Die drei großen Gehirnarterien
11.3.1
A. cerebri anteriof
11.1
............. 276
...
aus dem Gehirm
277
.......00000000000000000G 280
........... 282
.
287
277
Grundlagen
(> Abb. 11.1). Innerhalb des Gehirns ist das Kapillarnetz in der grauen Substanz extrem dicht, in der weißen Substanz vergleichs-
11.1.1
Versorgungsprinzip
Das Gehirn wird aus vier großen extrakraniellen Arterien mit Blut
versorgt:
weise weitmaschiger angelegt (insgesamt enthält das Gehirn ein Kapillarnetz von 650km Gesamtlänge und 20 m* Gesamtfläche!). Eine weitere Besonderheit des Gehirnkreislaufs im Vergleich zur Blutversorgung anderer Organe liegt im völlig unterschiedlichen Verlauf von Venen und Arterien,
e rechte und linke A. carotis interna e rechte und linke A. vertebralis.
11.1.2
Blut-Hirn-Schranke
Die Stromgebiete dieser vier Arterien sind an der Schädelbasis durch
einen großen
Anastomosenkreis
miteinander
verbunden,
den Circulus arteriosus cerebri (Willisi).
Die Blut-Hirn-Schranke dichtet das Gehirn- oder Rückenmarksgewebe gegen das Blut ab. Diese Barriere ist aus drei Schichten aufgebaut ( >
Abb. 11.2):
KLINLK Stenosen der hirnversorgenden Arterien
* den Endothelien der Kapillaren ( > Abb. 11.2, 2),
Eine Stenose (= Lumenverengung) der Arterien ist meist durch Arterio-
* der darunter liegenden Basalmembran ( > Abb. 11.2, 3) und
sklerose bedingt. Aufgrund des Anastomosenkreises kann selbst eine Lu-
* den Fortsätzen von Astrozyten ( > Abb. 11.2, 5).
menverengung >90 % bei der A. carotis interna einer Seite völlig sym-
ptomlos bleiben, da die Blutversorgung im entsprechenden Stromgebiet über den Circulus arteriosus von der kontralateralen A. carotis und den beiden Vertebralarterien übernommen wird. Dies gilt allerdings nur, wenn die Stenose sich langsam (chronisch) entwickelt, sodass sich der Kolla-
teralkreislauf richtig ausweiten kann. Eine plötzlich (akut) eintretende Stenose um 90 % kann nicht kompensiert werden.
Anders als die inneren Organe wie z.B. Niere oder Leber hat das Gehirn keinen Hilus, in dem die Gefäße aus- und eintreten. Alle
versorgenden Arterien und Venen verlaufen an der Oberfläche des Gehirns in den Sulci und anderen Furchen entlang, um dann von allen Seiten aus zentripetal ins Innere des Organs einzudringen
Die Endigungen dieser Fortsätze liegen eng aneinander gereiht an der Basalmembran der Hirnkapillaren und bilden so die äußere Schicht der Blut-Hirn-Schranke. Die eigentliche „Filterschicht“ ist
jedoch das innen liegende Endothel mit seinen Tight junctions (> Abb. 11.2, 4). Die Bildung dieser dichten Interzellularverbin-
dungen mittels des Proteins Claudin-1 zwischen den Endothelzellen wird durch die Astrozytenfortsätze induziert. So wird eine Barrikade für alle sonst kapillargängigen Stoffe gebildet, die dadurch entweder selektiv durchgelassen oder an der Penetration in das sehr empfindliche Hirngewebe gehindert werden. Dies geschieht in Abhängigkeit von der chemischen Beschaffenheit des Stoffs (Molekülgröße, Ionen-Ladung, Lipophilie etc.). Aber auch andere, differen-
272
11
Blutversorgung des Gehirns
Abb. 11.1
Arterien des Gehirns von basal (nach
Entfernung des vorderen rechten Temporallappens und der rechten Kleinhirnhälfte). Es sind nur die wichtigsten
Gefäße bezeichnet. Stromgebiet der A. carotis interna: 1 A. carotis interna, 2 A. cerebri anterior,3 A. communicans anterior, 4 A. cerebri media, 5 A. choroidea anterior. Stromgebiet der A. vertebralis: 6 A. vertebralis, 7 A. spinalis anterior, 8 A. inferior posterior cerebelli, 9 A. inferior anterior cerebelli, 10 A. labyrinthi (zum Innenohr), 11 A. basilaris mit 12 Ästen zum Pons (Aa. pontis), 13 A. superior cerebelli, 14 A. cerebri posterior,
15 Äste aus der A. cerebri posterior 16 A. communicans posterior. [T873, L141]
ziertere Unterscheidungskriterien zwischen einzelnen Nährstoffen, Hormonen, Elektrolyten oder „Giftstoffen“ liegen dieser Selektion
11.2
zugrunde. Durch die Blut-Hirn-Schranke werden potentiell neurotoxische Stoffe vom Nervengewebe mit seiner sehr eingeschränkten Regenerationsfähigkeit nach Schädigung ferngehalten. Zudem ist sie ein Schutz des Gehirns gegen die Schwankungen der Plasmazu-
11.2.1
Große zuführende Gefäße A. carotis interna
Die A. carotis communis teilt sich in die A. carotis externa und A. carotis interna. Die A. carotis interna zieht, ohne einen Ast abzuge-
sammensetzung, So auch von Stoffen wie Noradrenalin, Glycin etc.,
ben bis zur Schädelbasis. Sie durchläuft die Schädelbasis im Canalis
die im ZNS als Neurotransmitter vorkommen und dort die topisch streng geordneten Funktionsabläufe stören könnten.
caroticus des Felsenbeins und tritt im Bereich des Sinus caverno-
Die Blut-Hirn-Schranke fehlt in Hirnbereichen, deren neuroen-
dokrine (z.B. Hypophyse) oder chemosensorische (z. B. Area postrema) Funktion eine direkte Kommunikation mit der Blutbahn er-
fordert. Diese Bereiche werden als neurohämale Region bezeichnet und finden sich in den zirkumventrikulären Organen ( > Kap. 10.1.1).
KLINLK Schrankenstörung Unter krankhaften Bedingungen, insbesondere im Rahmen einer Entzündung (z. B. bei Infektionen, in der Nähe von Tumoren oder nach Traumatisierung), kann die Blut-Hirn-Schranke durchlässig werden, was man meist kurz als Schrankenstörung bezeichnet. Dies haben wir z. B. in den vorausgegangenen Kapiteln immer wieder in Form des beschriebenen Ödems in den Bildern von Hirntumoren gesehen. Infolge dieser Schran-
kenstörung können auch Stoffe in das umgebende Hirn- oder Rückenmarksgewebe gelangen, die normalerweise an der Penetration ins gesun-
de ZNS-Gewebe gehindert werden. Das trifft auch für bestimmte Medikamente (was man sich therapeutisch zunutze macht) oder Kontrastmittel zu, was bei radiologischen Untersuchungen zum Nachweis einer gestör-
ten Blut-Hirn-Schranke eine große Rolle spielt.
Abb. 11.2 Aufbau der Blut-Hirn-Schranke.
1 Lumen der Kapillare, 2 Endothelzellen, die durch 3 Tight junctions miteinander verbunden sind, 4 Basalmembran, 5 Endfüßchen der Fortsätze von Astrozyten, 6 Perizyt [T873, L141]
11.2
Große zuführende Gefäße
273
sus (s. u.) in die Schädelhöhle ein. Diesen Sinus durchläuft sie late-
die A. choroidea anterior (>- Abb. 11.1, 5), die trotz ihrer gerin-
ral der Hypophyse S-förmig nach oben ziehend ( > Abb. 11.3, 10). Nach Verlassen des Sinus verläuft sie unter Abgabe kleinerer Äste
gen Größe an der Versorgung zahlreicher verschiedener Zentren beteiligt ist (Plexus choroideus des Seitenventrikels, Capsula inter-
(s.u.) im Subarachnoidalraum (Cisterna chiasmatica) ein kleines
na, Basalganglien, Hippocampus, Amygdala, Thalamus, Substantia
Stück nach vorne bis in Höhe der Substantia perforata anterior des Frontalhirns, wo sie sich in die
nigra, Ncl. ruber). Da sie zur Versorgung dieser Strukturen fast immer nur anteilig beiträgt, bleibt ein Verschluss dieser Arterie klinisch oft unauffällig.
e A. cerebri anterior und die s A, cerebri media aufteilt (>- Abb. 11.1, 2, 4 und > Abb. 11.3, 6, 5). Man unterscheidet im Verlauf der A. carotis interna vier Abschnitte:
e Pars cervicalis: vom Anfang (Carotis-Gabelung) bis zur Schädelbasis » Pars petrosa: Verlauf durch die Schädelbasis ( > Abb. 11.3, 8) s Pars cavernosa: Verlauf durch den Sinus cavernosus ( > Abb.
11.3, 9 und 10) e Pars cerebralis: nach Verlassen des Sinus cavernosus bis zur Aufteilung in die A. cerebri anterior und media ( > Abb. 11.3, 71).
Der S-förmige Verlauf in der Pars cavernosa und in der beginnenden Pars cerebralis wird als Karotissiphon bezeichnet ( > Abb. 11.3, 10).
Neben der o.g. anatomischen Aufteilung der A. carotis interna in vier Abschnitte gibt es auch verschiedene klinische Einteilungen. Am gebräuchlichsten ist die Einteilung in sieben Segmente (von proximal
nach
distal: C1-C7):
ein zervikales Segment
Das Versorgungsgebiet der A. carotis interna umfasst den Frontal- und Parietallappen, den Großteil des Temporallappens und des Zwischenhirns, das Auge und die Hypophyse. KLLNLK Grundsätzliches
Der Verschluss eines hirnversorgenden Gefäßes führt zu einem Hirninfarkt (ischämischer Insult, Apoplex, „Schlaganfall”). Eine Einblutung ins Hirnparenchym durch Ruptur eines hirnversorgenden Gefäßes wird hämorrhagischer Insult (Hirnblutung) genannt. Verschluss der A. carotis interna Die A, carotis ist im Rahmen der Arteriosklerose nach den Herzkranzge-
fäßen das am häufigsten betroffene Blutgefäß. Die Ausfallssymptome bei einer unzureichenden Durchblutung der A. carotis interna betreffen entsprechend ihrem Versorgungsgebiet sehr große Teile des Gehirns. Im Vor-
dergrund stehen jeweils kontralateral eine halbseitige Lähmung (Minderversorgung des motorischen und prämotorischen Kortex), sensible Störungen (Minderversorgung des sensiblen Kortex) sowie Sprachstörungen, wenn die dominante Hemisphäre von der Mangeldurchblu-
tung betroffen ist. Auch Sehstörungen auf dem Auge der betroffenen Seite treten auf (Minderversorgung der Retina via A. ophthalmica).
(Cl, ent-
spricht der o. g. Pars cervicalis), ein petröses Segment (C2), ein La-
cerum-Segment (C3; C2 und C3 entsprechen zusammen der 0.g. Pars petrosa), ein kavernöses Segment (C4, fast identisch zur 0. g.
Pars cavernosa), ein klinoidales Segment (C5, Übergang von Pars cavernosa in Pars cerebralis), ein ophthalmisches oder supraklinoidales Segment (C6) und terminales Segment (C7; C6 und C7 ent-
sprechen zusammen der o. g. Pars cerebralis).
Äste der A. carotis interna vor der Aufteilung Zu Beginn der Pars cerebralis gibt die A. carotis interna zunächst die A. ophthalmica ab, die das Auge und Teile der Nasenneben-
höhlen versorgt (>- Abb. 11.3, 13). Sie kommuniziert im Bereich des medialen Augenwinkels mit Ästen der A. facialis, die aus der A.
carotis externa abstammt. Bei Stenosen der A. carotis interna kann über diese Anastomose
ein Kollateralkreislauf erfolgen, der dem
Circulus arteriosus Blut aus der A. carotis externa zuleitet. Nach der
A. ophthalmica geht aus der A. carotis interna die A. communicans posterior ab, die als Teil des Circulus arteriosus cerebri eine Ana-
stomose (s.u.).
zwischen hinterem
und vorderem
Hirnkreislauf bildet
Außerdem gibt die A. carotis interna vor ihrer Aufteilung in A. cerebri anterior und media die folgenden Äste ab: die A. hypophysialis superior und A. hypophysialis inferior zur Hypophyse sowie
Abb. 11.3 Intrakranieller Verlauf der A. carotis interna und Circulus arteriosus cerebri. Ansicht von oben. 1 A. carotis interna, 2 A. basilaris, die sich in eine linke und rechte 3 A, cerebri
posterior aufgabelt. Von dieser zieht die 4 A. communicans posterior zur 1 A, carotis Iinterna. Die A. carotis interna gabelt sich in die 5 A. cerebri media und die 6 A. cerebri anterior auf. Die beiden Aa. cerebri anteriores sind durch die
7 A. communicans anterior verbunden. 8 Pars petrosa der A. carotis interna (Verlauf im Canalis caroticus), 9 Pars cavernosa der A. carotis interna (Verlauf im Sinus cavernosus mit 10 Karotissiphon), 11 Pars cerebralis der A. carotis interna (Verlauf nach dem Sinus cavernosus bis zur Aufgabelung), 12 A. superior
cerebelli, 13 A. ophthalmica, 14 Chiasma opticum, 15 Hypophyse, 16 Clivus. (Aus [S010-2-16])
274 11.2.2
11
Blutversorgung des Gehirns
A. vertebralis
Die A. vertebralis zweigt als erster Ast aus der A. subclavia ab und verläuft durch die Querfortsatzlöcher der Wirbelkörper entlang der Halswirbelsäule bis nach oben zum Atlas, wo sie zwischen diesem
und dem Okzipitalknochen in das obere Ende des Wirbelkanals eintritt. Sie hat dabei einen stark gewundenen Verlauf, um so bei den
weiten Bewegungsumfängen in den oberen Zervikalwirbeln nicht überdehnt zu werden. Sie zieht anschließend lateral der Medulla oblongata durch das Foramen magnum in die Schädelhöhle hinein
A
(> Abb. 11.1, 6). Am Unterrand der Brücke vereinigt sie sich mit
der A, vertebralis der Gegenseite zur
B
e A, basilaris ( > Abb. 11.1, 11).
D
4 l
Diese zieht in der Medianebene am Pons entlang und zweigt sich an dessen Oberrand in die beiden 7 * Aa. cerebri posteriores ( > Abb. 11.1, 14)
& ——— nV
auf. Diese versorgen den Okzipital- und z.T. auch den Temporallappen der jeweiligen Seite. Blutversorgung des Hirnstamms und des Kleinhirns Vor der Aufzweigung in die beiden Aa. cerebri posteriores geben A. vertebralis und A. basilaris wichtige Äste zur Versorgung des Kleinhirns und des Hirnstamms ab. Dabei geben die A. vertebralis die A. inferior posterior cerebelli (>- Abb. 11.1,
&8 und
> Abb.
11.12, 13) und die A. basilaris zuerst die A. inferior anterior cere-
belli (> Abb. 11.1, 9 und > Abb. 11.12, 14) und danach —- kurz
vor ihrer Aufzweigung - die A. superior cerebelli ab (>- Abb. 11.1, 13). Das Kleinhirn wird also z. T. aus der A. vertebralis, z. T.
aus der A. basilaris versorgt. Zum Abgang der Rückenmarksarterien > Kap. 3.6 ( > Abb. 11.1, 7: A. spinalis anterior).
Abb. 11.4 Blutversorgung des Hirnstamms. Beispielhaft gezeigt Ist ein Querschnitt in Höhe des Pons (unten im Bild = ventral, oben = dorsal). Die Hirnstammdurchblutung gliedert sich vereinfacht in drei Abschnitte: einen ventromedialen, einen ventrolateralen und einen dorsolatera-
len Bereich. 1 A. basilaris. Diese gibt die 2 und 3 Aa. pontis zur Versorgung des Pons ab: 2 Rr. mediales (Rr. ad pontem mediani) zur Versorgung der medialen Ponsabschnitte und 3 Rr. laterales (Rr. ad pontem breves) zur Versorgung der ventrolateralen Ponsabschnitte, Die ganz lateralen und dorsalen Abschnitte werden aus den 4 Rr. ad pontem longi versorgt, die z. T. (insbesondere die äquivalenten Äste in der Medulla oblongata) auch aus der 5 A. cerebelli inferior anterior entspringen. V N. trigeminus. (Aus [S010-2-16])
Die Kleinhirnarterien versorgen zusätzlich den Plexus choroideus teile von Medulla oblongata und Pons (A. inferior anterior cerebel-
Die ventrolateralen und dorsolateralen Hirnstammanteile werden von kurzen (lateral) und langen (dorsal) Ästen der A. basi-
li) sowie das Innenohr (über die A, labyrinthi, die meist aus der A.
laris oder der Kleinhirnarterien (Medulla oblongata, Pons und z. T.
inferior anterior cerebelli - seltener direkt aus der A. basilaris — entspringt und zusammen mit dem VIIL. Hirnnerv zum Innenohr gelangt).
Mesencephalon) und der A. cerebri posterior (Mesencephalon) ver-
des IV. Ventrikels (A. inferior posterior cerebelli), die lateralen An-
Die Blutversorgung des Hirnstamms ( > Abb. 11.4) lässt sich vereinfacht in drei Bereiche einteilen: ventromedial, ventrolateral und
dorsolateral. Die ventromedialen Anteile des Hirnstamms werden aus direkten kleinen Ästen der A. vertebralis (Medulla oblongata), A. basilaris (Pons) oder A. cerebri posterior (Mesencephalon) versorgt. Da-
bei gibt es vor allem im Medulla-oblongata-Bereich durch die beiden Aa. vertebrales eine deutliche Seitentrennung in der Versorgung, sodass eine einseitige Durchblutungsstörung in der A. vertebralis zu isolierten Schäden in einer Hälfte dieses Hirnstammabschnitts führt.
sorgt.
KLLNLK Durchblutungsstörungen im vertebrobasilären Bereich Folgende Symptome stehen im Vordergrund:
* Schwindelgefühl und Ohrgeräusche (Minderversorgung des Innenohrbereichs und der Medulla oblongata mit den Cochlearis- und Vestibulariskernen) * Gleichgewichtsstörungen (Minderversorgung des Innenohrs, der
Medulla oblongata und des Kleinhirns) * Sehstörungen (Minderversorgung der Sehrinde, der Sehstrahlung und partiell des Corpus geniculatum laterale) * Bewusstseinsstörungen (Minderversorgung der Formatio reticularis
mit ARAS)
11.2
Abb. 11.5 Hirnstamminsult. Kernspintomographie des pontomesenzephalen Übergangs bei einseitigem Verschluss der Rr. mediales und laterales aus den Aa. pontis der A. basilaris (> Abb. 11.4, beachte jedoch die unterschiedliche topographische Ausrichtung der Abbildung: oben ist ventral, unten ist dorsal). Dadurch einseitige Minderversorgung des medialen und ventralen Hirnstamms in dieser Höhe. Das infarzierte Areal (durch Pfeile markiert) grenzt sich hell gegen das umliegende Hirnstammgewebe ab. Symptomatik des Patienten: Halbseitenlähmung (Hemiparese) kontralateral durch Läsion der kortikospinalen und kortikonukleären Bahn sowie Halbseitensensibilitätsstörung (Hemihypästhesie) durch Läsion des Lemniscus medialis. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. J. Klisch, Erfurt) [T874]
+ Lähmungen und Sensibilitätsstörungen (Minderversorgung der großen auf- und absteigenden Bahnen oder der Hirnnervenkerne).
Große zuführende Gefäße
275
Abb. 11.6 Subarachnoidalblutung bei Ruptur eines Aneurysma der A. basilaris (Computertomographie). Das frische Blut, das sich im Subarachnoidalraum (hier sichtbar in sämtlichen basalen Liquorzisternen bis in die Fissura
und Fossa lateralis) ausdehnt, stellt sich weiß dar. Die inneren Liquorräume (Ventrikel) sind nicht blutgefüllt und stellen sich deshalb schwarz dar. 1 Blut in der Cisterna chiasmatica, 2 Aneurysma am rostralen Ende der A. basi-
laris, erkennbar an der Aussparung innerhalb der Blutung in der 3 Cisterna interpeduncularis. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. A. Berlis, Augsburg) [T880]
Diese Symptome sind oft nur auf eine Seite beschränkt, da nur einzelne
lauf (der hämodynamisch aus den beiden Aa. vertebrales gespeist
Äste der A. vertebralis oder A. basilaris verschlossen sind (klinisches Bei-
wird) über Anastomosenarterien miteinander verbindet. Auch rechter und linker Hirnkreislauf werden auf diese Weise verbunden
spiel in > Abb. 11.5). Ein völliger Verschluss der A. basilaris (Basilaristhrombose) ist die ge-
fürchtetste Form des Hirninfarkts und verläuft durch den Ausfall lebenswichtiger Zentren (insbesondere Atemzentrum) im Hirnstamm meistens
(> Abb. 11.3). So geht aus der linken und rechten A. carotis interna je eine A. communicans posterior ab (>- Abb.
11.3, 4), die eine
tödlich.
Anastomose zwischen den Aa. carotides internae und den beiden
Ein sog. Subclavian-Steal-Syndrom tritt bei einer Stenose der A. subclavia vor der Abzweigung der A. vertebralis auf. Wird durch Muskelbewegungen die Durchblutung in der oberen Extremität gesteigert, die sonst
rum selbst über ihren gemeinsamen Ursprung aus der A. basilaris
durch die A. subclavia versorgt wird, dreht sich in der A. basilaris der Blut-
strom um, und der Arm wird zusätzlich über A. carotis interna — Circulus arteriosus — A. basilaris und schließlich über eine Strömungsumkehr in der A. vertebralis mit Blut versorgt, was in einer Mangelversorgung des vertebrobasilären Versorgungsbereichs im Gehirn resultiert.
11.2.3
Circulus arteriosus cerebri
Aa. cerebri posteriores ( > Abb. 11.3, 3) bilden. Letztere sind wiede-
(> Abb. 11.3, 2) miteinander verbunden. Die beiden Aa. cerebri anteriores schließlich sind durch die A. communicans anterior verbunden ( > Abb. 11.3, 7), sodass der Kreislauf geschlossen ist. Wie oben erwähnt, kann über dieses beim Gesunden nur wenig durch-
blutete Kollateralverbindungssystem der Ausfall einer der großen zuführenden Arterien von den anderen Gefäßen kompensiert werden unter der Voraussetzung, dass die Durchblutungsstörung strömungstechnisch vor dem Circulus arteriosus liegt und nicht plötzlich, sondern über einen Zeitraum von Wochen oder Monaten eintritt, sodass sich das Kollateralgefäßbett ausweiten kann.
Der Circulus arteriosus cerebri (Willisii) ist ein Gefäßsystem, das
den vorderen Hirnkreislauf (der hämodynamisch aus den beiden Aa. carotides internae gespeist wird) und den hinteren Hirnkreis-
Es ist klinisch von großer Bedeutung, dass alle großen gehirnversorgenden Arterien einschließlich des Circulus arteriosus im Subarachnoidalraum verlaufen.
276
11
Blutversorgung des Gehirns
KLLNLK Aneurysmen und Subarachnoidalblutungen Der Circulus arteriosus cerebri sowie der Beginn der großen daraus hervorgehenden Arterien ist häufig der Sitz sog. Aneurysmen'. Dies sind arterielle Gefäßwandfehlbildungen, denen vor allem eine mangelhafte Ausbildung der Muskelschicht zugrunde liegt, wodurch es zu einer dünnwandigen Aussackung des Gefäßes kommt. Solche zerebralen Aneurysmen platzen (rupturieren) gelegentlich spontan und führen so zu Blutungen, die fast immer Subarachnoidalblutungen sind (klinisches Beispiel> Abb. 11.6). Im Gegensatz zu epiduralen (=-Kap. 10.2.5) oder subduralen (> Kap. 11.4.1) kann man bei subarachnoidalen Blutungen stets Blut im Liquor nachweisen, da diese in den äußeren Liquorraum (entspricht dem Subarachnoidalraum) hinein erfolgen (>- Abb. 11.20c). Das in den Sub-
arachnoidalraum austretende Blut verursacht extreme Schmerzen (Reizung der Hirnhäute) und Spasmen der hirnversorgenden Arterien. Deshalb sind Subarachnoidalblutungen grundsätzlich lebensbedrohlich.
! aneurysma (gr.) = Erweiterung
Abb. 11.7 Versorgungsgebiete der drei großen Gehirnarterien. a Lateralansicht.
b Medialansicht. c Horizontalschnitt. 1 A. cerebri anterior, 2 A. cerebri media, 3 A. cerebri posterior. [T873, L126]
11.3 Die drei großen Gehirnarterien Für die Versorgung des Groß- und Zwischenhirns sind vor allem drei große und besonders wichtige Arterien zuständig: * A, cerebri anterior e A. cerebri media
* A. cerebri posterior.
Jeder dieser Arterien ist ein bestimmtes Versorgungsgebiet im Zwischen- und Großhirnbereich zugeordnet ( > Abb. 11.7), wobei die-
se Gebiete fast ausschließlich von der entsprechenden Arterie versorgt werden und nur bei langsamem Verschluss (meist durch zu-
nehmende Arteriosklerose) über Kollateralen der angrenzenden Arterie in den Randgebieten mitversorgt werden können. Eine Synopsis der Gehirnarterien und ihrer Versorgungsgebiete ist in > Abb. 11.8 dargestellt.
11.3 Die drei großen Gehirnarterien
277
Frontal- und arietallappen (vorwiegend
mediale
Hemisphäre)
_
Kleinhirn Hirnstamm
Rückenmark
Abb. 11.8 Vereinfachtes Schema des arteriellen
Gefäßsystems im Gehirn. Versorgungsgebiete in gelben Kästchen, zuführende Arterien in roten Käst-
chen. [T873, L106]
11.3.1
A. cerebri anterior
Nach Abgabe der A. communicans anterior zweigt aus der A. cerebri anterior eine rückwärtig verlaufende A. striata medialis distalis
Verlauf
(A. recurrens, Heubner-Arterie) ab, die im Bereich der Substantia
Die A. cerebri anterior zweigt sich aus der A. carotis interna ab
perforata anterior ins Gehirn eintritt und z. T. die Capsula interna von vorne bis in den Beginn des Crus posterior hinein sowie den vorderen Teil des Striatums mit Blut versorgt.
(> Abb. 11.1, 2). Sie zieht über das Chiasma opticum hinweg und —
nach Abgabe der A. communicans anterior - in den Interhemisphärenspalt. Dort verläuft sie vorne um das Balkenknie herum auf die Dorsalseite des Balkens und teilt sich dabei in ihre beiden Hauptäste,
die A. pericallosa und die A. callosomarginalis, auf ( > Abb. 11.9, 2 und 3). Unter Abgabe zahlreicher Äste verlaufen diese bis zur Grenze von Parietal- zu Okzipitallappen ( >- Abb. 11.9, 2-6). Der Anteil der A. cerebri anterior vor Abgang der A. communicans anterior (Pars precommunicalis) wird als A1-Segment, der anschließende Anteil (Pars postcommunicalis) als A2-Segment bezeichnet. Versorgungsgebiet Das Versorgungsgebiet der A. cerebri anterior (>- Abb. 11.7, I) erstreckt sich medial über den ganzen Frontal- und Parietallappen, das Septum und die basalen Vorderhirnstrukturen. Es reicht auch über die Mantelkante hinaus auf die Konvexität der Großhirnhemisphäre, wo noch ein Teil des Frontal- und Parietallappens versorgt wird. An funktionellen Zentren durchblutet die A. cerebri anterior also einen großen Teil des präfrontalen und prämotorischen Kortex und mit einem ihrer Endäste (A. paracentralis) die Teile des Gyrus
pre- und postcentralis, die vor allem für die motorische und sensible Versorgung des Bein- und Fußbereichs, aber auch Teile der oberen Extremität zuständig sind (vgl. Homunculus, > Abb. 9.21).
KLINLK Durchblutungsstörung der A. cerebri anterior Eine isolierte Durchblutungsstörung der A. cerebri anterior ist selten. Tritt sie auf, kommt es durch Minderversorgung des medialen Gyrus-paracentralis-Bereichs zu einer kontralateralen schlaffen Lähmung und Sensibilitätsstörung insbesondere im Bein- und Fußbezirk, z.T. übergreifend auf die obere Extremität und häufig verbunden mit Harninkontinenz. Wird bei sehr proximalen Verschlüssen auch der präfrontale Kortex nicht mehr durchblutet, können zusätzlich Antriebsminderung und Persönlichkeitsveränderungen auftreten (s. klinisches Beispiel in
> Abb. 11.10).
11.3.2 A. cerebri media Verlauf
Die A. cerebri media ist als Endast der A. carotis interna die stärkste der drei großen Gehirnarterien. Sie setzt den Verlauf der A. carotis interna nach Abgabe der A. cerebri anterior fort (>- Abb. 11.1, I und 4). Das ist klinisch sehr wichtig, denn Emboli (mit dem Blut-
strom abgelöste Blutgerinnsel oder Gefäßwandablagerungen, sog.
278
11
Blutversorgung des Gehirns
Plaques) aus dem Karotisstromgebiet gelangen deshalb meist in die A. cerebri media. Nach Abzweigung aus der A. carotis interna gibt
Versorgungsgebiet Mit den Aa. centrales anterolaterales versorgt die A. cerebri media
die A. cerebri media die Aa. centrales anterolaterales (Aa. lenticulostriatae) ab. Es handelt sich dabei um mehrere fast senkrecht ab-
das basale Vorderhirn, das Striatum und einen Teil des Pallidums
zweigende Arterien, die durch die Substantia perforata anterior ins
(mit einem kleinen Teil des angrenzenden Thalamus) und — was
Gehirn eintreten und das Striatum und Pallidum sowie einen Teil
von großer klinischer Bedeutung ist —- einen Großteil der Capsula
von Capsula interna und Thalamus versorgen ( >
Abb. 11.11, 3).
interna (>- Abb. 11.7c, 2). Des Weiteren versorgt die A. cerebri
Die A. cerebri media zieht dann nach lateral zwischen Temporallap-
media die Inselrinde und erhebliche Teile des Frontal-, Parietal-
pen und Inselrinde in die Fossa lateralis, wo sie sich in ihre kortika-
und Temporallappens (=>- Abb. 11.7a und b, 2). Darunter fallen zahlreiche wichtige funktionelle Zentren wie motorischer Kortex (Rumpf, obere Extremität und Kopf), ein Teil des prämotorischen
len Endäste aufzweigt (>- Abb. 11.12). Dabei unterscheidet man
Rr. terminales corticales superiores (Äste zum Frontal- und Parietallappen) und Rr. terminales corticales inferiores (Äste zum Temporallappen). Diese sich auf der lateralen Hemisphäre ausbreitenden Äste der A. cerebri media sind in ihrer Ausbildung variabel,
doch gibt es einige davon, die meist zu finden und deshalb in > Abb. 11.12 dargestellt sind. Die nomenklatorische Kenntnis dieser Äste ist für die meisten Belange nicht von allzu großer praktischer Bedeutung, ein Auswendiglernen ist deshalb nicht sinnvoll. Der erste Teil der A. cerebri media bis in die Fossa lateralis wird M1-Segment
Kortex, primärer und sekundärer somatosensibler Kortex, motorisches und sensorisches Sprachzentrum, frontales Blickzentrum und
auch der Gyrus angularis (Kopplungsstelle zwischen visuellem und auditorischem System).
(auch: Pars sphenoidalis), der zweite, sich in der
Fossa lateralis verzweigende Anteil M2-Segment (auch: Pars insularis) genannt.
Abb. 11.9 Arterien des Gehirns von medial.
1 A. cerebri anterior: Nach Abgabe der A. communicans anterior (nicht dargestellt) zieht sie zum Corpus callosum und teilt sich in ihre beiden Hauptäste auf: die 2 A. pericallosa und die 3 A. callosomarginalis. Die 2 A. pericallosa setzt den Verlauf der A. cerebri anterior entlang dem Corpus callosum fort. Von der 3 A. callosomarginalis gehen mehrere 4 Rr. frontales ab, die den Frontallappen versorgen. Die 3 A. callosomarginalis endet mit den 5 Rr. paracentrales an der Medialseite des Gyrus pre- und postcentralis (Lobulus paracentralis). Die 2 A. pericallosa endet mit den 6 Rr. precuneales. 7 A. cerebri media, mit Ästen vor allem zum vordersten Bereich des Temporallappens. 8 A. cerebri posterior: Sie zieht zwischen Mittelhirn (abpräpariert) und Temporallappen nach hinten und verzweigt sich in 9 A. occipitalis lateralis und 10 A. occipitalis medialis. 10 zweigt sich in 11 R. calcarinus (für die Sehrinde) und 12 R. parietooccipitalis auf. [T873, L141]
11.3 Die drei großen Gehirnarterien
Abb. 11.11
279
Blutversorgung des Capsula-interna- und Basalganglien-
bereichs durch die A. cerebri media. 1 A. cerebri media, die auf ihrem Weg zur 2 Fossa lateralis die 3 Aa. centrales
anterolaterales (Aa. lenticulostriatae) zu den Basalganglien und zur Capsula interna abgibt. 4 Pallidum, 5 Putamen, 6 Claustrum, 7 Ncl. caudatus, 8 Thalamus, 9 Capsula interna. [T873, L126]
AAA
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Abb. 11.10 Verschluss der A. cerebri anterior („Anteriorinsult”). Kernspintomographie des Gehirns bei komplettem Verschluss der A. cerebri anterior rechts (in a und b sichtbar) und Teilverschluss der A. cerebri anterior links {nur in b sichtbar). Die Schnittbilder in der Klinik werden „seitenverkehrt” proJiziert, man sieht also „von unten” auf die Schnittebene; Schnittebenen oben
dargestellt. Das Infarktareal (vgl. mit > Abb. 11.7c, 7) grenzt sich hell gegen das übrige Hirnparenchym ab. Symptomatik des Patienten: Deutliche Verlangsamung und Antriebsminderung (entspricht Minderdurchblutung des präfrontalen Kortex), Lähmung des linken Arms (entspricht dem nicht durchbluteten rechten Motokortex) und beider Beine. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. A. Berlis, Augsburg) [T873,
L126, T880]
11
13
Abb. 11.12 Arterien des Gehirns von lateral. Operculum (basaler Frontalund Parietallappen, oberer Temporallappen) zur Freilegung der A. cerebri media auseinandergedrängt. 1 A. cerebri media: Sie verzweigt sich in der Fossa lateralis zwischen Temporal- und Frontallappen. Die wichtigsten Äste sind: 2 A. prefrontalis, 3 A. frontobasalis lateralis, 4 R. temporalis anterior, 5 R. temporalis medius, 6 A. sulci precentralis, 7 A. sulci centralis, 8 A. sulci postcentralis, 9 A. parietalis posterior,
10 R. gyri angularis. Vertebrobasilärer Bereich: 11 A. vertebralis, 12 A. basilaris, 13 A. inferior posterior cerebelli, 14 A. inferior anterior cerebelli. [T873, L126]
280
11
Blutversorgung des Gehirns
KLLINLK Durchblutungsstörung der A. cerebri media Die A. cerebri media ist von allen intrakraniellen gehirmversorgenden Arterien am häufigsten von einer Mangeldurchblutung im Rahmen von Arteriosklerose und Embolien oder von einer Gefäßruptur, z. B. im Rahmen des Bluthochdrucks (arterielle Hypertonie) betroffen.
Wird die A. cerebri media verschlossen (klinisches Beispiel in > Abb. 11.13),
kommt es kontralateral zu einer (oft kopf- und armbetonten)
Halbseitenlähmung (Hemiplegie) und somatosensiblen Empfindungslosigkeit (Hemianästhesie). Das resultiert nicht nur aus der Minderversorgung der entsprechenden Kortexareale sondern vor allem der Capsula-interna-Anteile, die die entsprechenden auf- und absteigenden Fasern führen (vgl. somatotopische Zuordnung in > Abb. 9.43b und c). Da auch das frontale Augenfeld von der A. cerebri media versorgt wird, kommt es oft vorübergehend zu einer Blickdeviation zur /psilateralen Seite (funktionelles Überwiegen des Blickzentrums in der nicht geschädigten, kontralateralen Hemisphäre). Ist die dominante Hemisphäre be-
troffen, kommen folgende Ausfälle hinzu: globale Aphasie (motorische und sensorische, da beide Sprachzentren minderversorgt sind) sowie eine Alexie und Agraphie (Lese- und Schreibunfähigkeit, durch Minderversorgung des Gyrus angularis). Bei einem Verschluss einzelner Äste der A. cerebri media, die die eben genannten Zentren versorgen, können diese Symptome natürlich auch isoliert auftreten. Die Aa. centrales anterolaterales sind aufgrund ihres senkrechten Abgangs aus der A. cerebri media und der daraus resultierenden Strömungsturbulenzen für arteriosklerotische Veränderungen prädestiniert. So
sind sie oft Kandidaten für einen Gefäßverschluss und bei Hochdruckpatienten besonders häufig Manifestationsort der oben erwähnten Gefäßrupturen. Solche Blutungen führen ebenso wie ein Verschluss dieser Gefäße zu einem Gewebeuntergang im Bereich der Basalganglien und vor allem der Capsula interna, was in einer kontralateralen Halbseitenlähmung (Hemiplegie) resultiert.
11.3.3 A. cerebri posterior Die unpaare A. basilaris teilt sich oberhalb des Pons in jeweils eine linke und rechte A. cerebri posterior auf. Hämodynamisch gehört die A. cerebri posterior somit zum Versorgungsbereich des vertebrobasilären Systems. Verlauf
Nachdem die A. cerebri posterior die A. communicans posterior als Verbindung zur A. carotis interna abgegeben bzw. aufgenommen hat, zieht sie zwischen Mittelhirn und Temporallappen um den Hirnstamm herum nach hinten an die mediale Hemisphärenseite,
Abb. 11.13 Verschluss der A. cerebri media („Mediainsult”). Computertomographie des Gehirns bei komplettem Verschluss der A. cerebri media links (die Schnittbilder in der Klinik werden „seitenverkehrt” projiziert, man sieht also „von unten” auf die Schnittebene). Das außen mit Pfeilen mar-
kierte Infarktareal (vgl. mit > Abb. 11.7c, 2) grenzt sich dunkel gegen das übrige Hirnparenchym ab. Symptomatik des Patienten: Innerhalb von Minuten eintretende globale (motorische und sensorische) Aphasie und eine Hemiplegie (Halbseitenlähmung)
rechts. Stunden später Bewusstseinsverlust durch die zunehmende Hirnschwellung, da O,-unterversorgtes Hirnparenchym anschwillt (beachte die verquollenen, also nicht mehr sichtbaren Sulci auf der betroffenen Seite im Vergleich zur kontralateralen Seite). (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Schumacher, Freiburg) [T875]
Versorgungsgebiet Kortikal versorgt die A. cerebri posterior den kaudalen und basalen Bereich des Temporallappens mit dem Hippocampus sowie den gesamten Okzipitallappen mit primärer und sekundärer Sehrinde und einem erheblichen Teil der Sehstrahlung. Ein spezieller Ast, der
R. calcarinus, ist nur für die Versorgung der primären Sehrinde zuständig. Subkortikal durchblutet die A. cerebri posterior vor allem den Thalamus und einen Großteil des Mittelhirns ( > Abb. 11.7, 3).
KLLNLK
wo sie sich im Bereich des Isthmus gyri cinguli in ihre beiden
Durchblutungsstörung der A. cerebri posterior
Endäste, die A. occipitalis medialis und A. occipitalis lateralis, aufzweigt, von denen weitere Äste zum medialen Parietal- und Ok-
Wegen der engen Relation dieses Gefäßes zum visuellen System (Versorgung des Corpus geniculatum laterale, des größten Teils der Sehstrahlung sowie primärer und sekundärer Sehrinde) hat ein Verschluss der A. cerebri posterior überwiegend visuelle Ausfälle zur Folge. Es resultiert eine homonyme Hemianopsie zur Gegenseite der Schädigung (klinisches Beispiel in > Abb. 11.14). Der Bereich der Sehrinde, in dem die Fasern mit der visuellen Information der Fovea centralis der Retina enden (dem zent-
zipitallappen einschließlich der Sehrinde abgehen ( > Abb.11.9, 8-12). Man unterscheidet im Verlauf der A. cerebri posterior vier Abschnitte, die mit P1- bis P4-Segment bezeichnet werden: P1 bis
zum Abgang der A. communicans posterior (auch: Pars precommissuralis), P2 von dort bis zur Aufgabelung in die beiden Endäste an der medialen Hemisphärenfläche (auch: Pars postcommissuralis), P3 entspricht dem Endast A. occipitalis lateralis, P4 entspricht dem Endast A. occipitalis medialis.
ralen Punkt des Gesichtsfeldes, der auch für das schärfste Sehen verant-
wortlich ist), ist relativ gut mit Gefäßanastomosen versorgt, die aus der A. cerebri media gespeist werden.
11.3 Die drei großen Gehirnarterien
281
Deshalb ist bei A.-cerebri-posterior-Infarkten mit Hemianopsie häufig das zentrale und scharfe Sehen noch intakt. Natürlich kann die isolierte Unterversorgung einzelner Teile des Versorgungsbereichs der A. cerebri posterior auch eine Quadrantenanopsie (Ausfall nur eines Viertels des
Gesichtsfeldes) oder nur einzelne dunkle Flecken im Gesichtsfeld (Skotome) zur Folge haben. Durch eine Minderperfusion der subkortikalen Versorgungsareale sind bei Verschluss der hinteren Gehirnarterie auch Thalamusausfallssymptome wie z. B. Bewusstseinsverlust (Minderperfusion der „unspezifischen”
Thalamuskerne) oder Schmerzsyndrome möglich (zu Thalamussyndramen > Kap. 8.2.3).
11.3.4 Darstellung der Gehirngefäße am Lebenden Die Blutgefäße des Gehirns können in ihrem anatomischen Verlauf am Lebenden dargestellt werden, was große praktische Relevanz
Abb. 11.14 Verschluss der A. cerebri posterior („Posteriorinsult”).
hat. Durchblutungsstörungen in den hirnversorgenden Gefäßen sind häufig, und der diagnostische Bedarf ist entsprechend groß. Bildgebend stellt man die Blutgefäße des Gehirns gegenwärtig vor
Kernspintomographie des Gehirns bei Verschluss der A. cerebri posterior rechts
allem mit zwei Methoden dar:
(Blick auf die Schnittebene „von unten”). Das mit Pfeilen markierte Infarktareal
(vgl. mit =- Abb. 11.7c, 3) grenzt sich heller gegen das übrige Hirnparenchym
S
.
.
.
ab und beinhaltet die Sehstrahlung und die primären Sehrinde.
durch Kontrastmittellajektion mit anschließenden Riülntgen
Symptomatik der Patientin: Hemianopsie nach links, die sich binnen weniger
aufnahmen (Beispiel in >
_
Abb. 11.15a und b)
Minuten entwickelt hatte. Die Patientin wurde verletzt in die Notaufnahme ge-
durch Kontrastmittelinjektion mit anschließenden Kernspin-
bracht, weil sie als Fußgängerin beim Überqueren einer Straße durch die Gesichts-
tomographien (Beispiel in > Abb. 11.15c).
feldeinschränkung einen von links kommenden Fahrradfahrer nicht gesehen hatte. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. T. Kröncke, Augsburg) [T886]
Dabei lassen sich Gefäßverengungen oder -verschlüsse, Gefäßfehlbildungen, aber auch die Blutversorgung von Tumoren zur Planung von Operationen darstellen.
Abb. 11.15 Zerebrale Angiographie. a Röntgen-Angiographie der rechten A. carotis communis in der Ansicht von lateral (lateraler Strahlengang). Gezeigt ist eine Aufnahme in der sog. arteriellen Durchströmungsphase (in der sich daran anschließenden sog. venösen Phase hat das Kontrastmittel die Hirnarterien und das Kapillarbett durchlaufen und befindet sich in den Hirnvenen; dies ist hier nicht dargestellt). 1 A. carotis interna mit 2 Karotissiphon, 3 A. cerebri anterior mit Aufgabelung in A. pericallosa und A. callosomarginalis (vgl. =- Abb. 11.9), 4 A. cerebri media mit Aufgabelung in ihre Endäste (>- Abb. 11.12).
b Röntgen-Angiographie der A. carotis communis in der Ansicht von ventral (sagittaler = a. p.-Strahlengang, arterielle Phase). 1 A. carotis interna, 2 Aufteilung der A. carotis interna in 3 A. cerebri anterior und 4 A. cerebri media.
c Magnetresonanz-(= Kernspintomographie-)Angiographie aller vier großen gehirnversorgenden Arterien (Aa. carotides internae und Aa. vertebrales). Aus den nach Kontrastmittelinjektion gefertigten Kernspin-Schichtaufnahmen errechnet der Computer ein dreidimensionales Modell der gehirnversorgenden Arterien. Hier ist eine Ansicht von ventral gezeigt. 1 A. carotis communis, 2 A. carotis externa, 3 A. carotis interna mit 4 Karotissiphon, 5 Aufteilung der A. carotis interna in 6 A. cerebri anterior und 7 A. cerebri media, 8 A. vertebralis beidseits, 9 A. basilaris mit Aufteilung in die 10 Aa. cerebri posteriores. (Bilder mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. J. Klisch, Erfurt) [T874]
282
11.4
11
Blutversorgung des Gehirns
Hirnvenen und Sinus durae matris
Das gesamte venöse Blut aus dem Gehirn sammelt sich über die Gehirnvenen in den Sinus durae matris (s. u.), von denen aus es fast
ausschließlich über die V. jugularis interna der oberen Hohlvene und damit dem Herzen zugeleitet wird.
Es resultiert ein Blutrückstau in die Gehirngebiete, deren venöser Abfluss behindert ist. Die Symptomatik richtet sich nach den betroffenen Hirnarealen, die u. U. eng umschrieben sein können (z. B. motorische Rin-
de oder Basalganglien mit Thalamus, klinisches Beispiel in >-Abb. 11.17). Zudem kommt es bei einem Verschluss des Blutabflusses zur
Hirnschwellung, die im Extremfall in einer sog. Einklemmung des Gehirns enden kann (>- Kap. 10.2.1), weshalb eine große Hirnvenenthrombose stets lebensbedrohlich ist.
Ein kleiner Teil des Blutes verlässt den Gehirnschädelbereich auch über die Rückenmarksvenen und über die Vv. emissariae, die eine
Verbindung zwischen duralen Sinus, Diplo&venen und den Kopfhautvenen darstellen.
11.4.1
Wie fast alle Venen des Kopfes haben auch die Gehirnvenen keine Klappen. Zudem sind ihre zarten Wände frei von Muskelgewebe und meist hauchdünn. Man unterscheidet im Gehirn prinzipiell:
Die oberflächlichen Venen ( > Abb. 11.18) leiten das Blut aus den
* oberflächliche Venen (Vv. superficiales cerebri) und ® tiefe Venen (Vv. profundae cerebri).
s obere Venen (Vv. superiores cerebri) s mittlere Vene (V. media superficialis cerebri) » untere Venen (Vv. inferiores cerebri).
MERKE Die oberflächlichen Venen münden direkt in die Sinus durae matris, während die tiefen Venen ihr Blut in die V. magna cerebri (Galeni) ableiten, die dann ihrerseits in den Sinus rectus mündet (s. u.).
Einen Überblick über die Gehirnvenen und ihre Drainageareale gibt
Oberflächliche Venen
äußeren 1-2cm des Großhirns (Kortex und darunter liegendes Marklager) ab. Bei diesen Venen unterscheidet man:
Die Vv. superiores cerebri, von denen es etwa 8-12 pro Hemisphäre gibt, drainieren das Blut der oberen lateralen und medialen He-
misphäre (vor allem Frontal- und Parietallappen), verlaufen im Subarachnoidalraum z. T. entlang großer Sulci des Endhirns und leiten das Blut direkt in den Sinus sagittalis superior ( > Abb.
> Abb. 11.16.
11.18, 1-7). Von der Gehirnoberfäche aus müssen sie den Subarachnoidalraum durchqueren und anschließend als sog. „Brü-
KLLNLK
ckenvenen“ die Arachnoidea durchbohren, um dann vom (fiktiven) Subduralraum aus in den venösen Sinus zu enden.
Sinus- und Hirnvenenthrombose
Wie alle Venen des Körpers können auch die Gehirnvenen durch eine Thrombose verschlossen werden, einschließlich der großen duralen Sinus.
oberflächliche Gehirnvenen
_
_
tiefe Gehirnvenen
Abb. 11.16 Vereinfachtes Schema des venösen
Gefäßsystems im Gehirn. Sinus durae matris
Drainierende Areale in gelben, Venen in blauen Käst-
chen. [T873, L106]
11.4
Hirnvenen und Sinus durae matris
283
Abb. 11.17 Sinusthrombose und tiefe Hirnvenenthrombose. a Kernspintomographie. Horizontalschnitt, sog. axiale Schnittebene. b Magnetresonanz-(= Kernspintomographie-)Angiographie der Gehirnvenen und Sinus. Ansicht von links-lateral (d.h. links im Bild ist vorne, rechts ist hinten).
Es zeigt sich eine Thrombose des Sinus rectus und der in den Sinus mündenden tiefen Hirnvenen. Die pathologischen Veränderungen sind jeweils mit einem Kreis umrandet. Aufgrund des fehlenden venösen Abflusses entsteht ein venöser Stauungsinfarkt und eine Schwellung in den Basalganglien und im Thalamus beidseits. Deshalb hebt sich dieser Bereich in a bei dieser Untersuchungstechnik hell gegen das umgebende Hirngewebe ab. In b stellt sich aufgrund der Thrombose der Sinus rectus nicht dar (zur Lage des Sinus > Abb. 11.22, 7).
Symptomatik der Patientin: 18-jährige Frau mit Kopfschmerzen, Übelkeit, psychomotorischer Verlangsamung, im weiteren Verlauf durch Thalamusausfall zunehmender Bewusstseinsverlust. (Bilder mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. A. Berlis, Augsburg) [T880]
Abb. 11.18
Oberflächliche Hirnvenen.
Obere Venen (Vv. superiores cerebri): 1 Vv. prefrontales, 2 Vv. frontales, 3 V. centralis, 4 Vv. parietales, 5 V. occipitales superiores. Mittlere Vene: 6 V. media superficialis cerebri, die über 7 V. anastomotica superior (Trolard-Vene) und 8 V. anastomotica inferior (Labbe-Vene) mit den oberen bzw. unteren Venen verbunden ist.
Untere Venen (Vv. inferiores cerebri): 9 W. occipitales inferiores, 10 Vv. temporales. Durale Sinus (Sinus durae matris): 11 Sinus sagittalis superior, 12 Sinus transversus, 13 Sinus sigmoideus. (Aus [S010-2-16])
1
284
11
Blutversorgung des Gehirns KLINLK Subdurale Blutungen Diese Venen können selbst bei leichteren Schädeltraumen (die zu Scherkräften zwischen Dura und Arachnoidea führen) verletzt werden, wodurch
es zu Blutungen in den Subduralspalt, sog. subduralen Blutungen, kommt. Subdurale Blutungen sind also in der Regel venöse Blutungen. Wenn die Blutung nicht spontan zum Stillstand kommt und auf diese Weise durch die entstehende Raumforderung in Form des sich ausweitenden Subduralraums das Gehirn komprimiert wird, werden dort lokalisierte Zentren in ihrer Funktion beeinträchtigt. Neben den meist bestehenden Kopfschmerzen treten dann auch neurologische Ausfallserscheinungen hinzu. Die Symptome können oft erst Wochen nach der eigentlichen Verletzung auftreten, da der Blutdruck in den betroffenen Gefäßen sehr gering ist. Das Blut tritt also nur langsam aus und die Raumforderung wird damit nur langsam größer (klinisches Beispiel in > Abb. 11.19). Die verschiedenen Arten der intrakraniellen Blutung sind zusammenfassend in > Abb. 11.20 dargestellt.
Abb. 11.19 Subdurales Hämatom. Kernspintomographie des Kopfs bei ausgedehnter subduraler Blutung links (Blick auf die Schnittebene „von unten”). Das Hämatom (mit x bezeichnet) hebt sich weiß
gegen das graue, komprimierte und nach innen verdrängte Hirnparenchym ab.
Die V. media superficialis cerebri ( > Abb. 11.18, 6) entsteht aus den Vv. anastomotica superior und inferior, die die oberen und unteren Zerebralvenen miteinander verbinden, und leitet das Blut
aus der Umgebung des Sulcus lateralis direkt in den Sinus sphenoparietalis.
(Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. M. Schumacher, Freiburg) [T875]
Abb. 11.20 Die verschiedenen Arten der intrakraniellen Blutung. Nicht berücksichtigt: intrazerebrale Blutungen ins Hirnparenchym. a Epidurale Blutung b Subdurale Blutung c Subarachnoidalblutung Die a epidurale Blutung entsteht durch den Riss einer 1 meningealen Arterie (meist A. meningea media) im Rahmen eines Schädeltraumas, wodurch 2 arterielles Blut zwischen Schädelknochen und 3 Dura mater tritt und dort durch sei-
ne rasche Ausbreitung das Gehirn komprimiert. Bei der b subduralen Blutung reißt (meist durch ein schwaches Schädeltrauma) eine 4 Brückenvene zwischen oberflächlichen Gehirnvenen und 5 intraduralen Sinus, sodass 6 venöses Blut zwischen 3 Dura und 7 Arachnoidea tritt und die beiden Hirnhäute auseinan-
derdrängt. Bei der c subarachnoidalen Blutung platzt (meist ohne Trauma) z. B. ein 8 Aneurysma einer 9 gehirnversorgenden Arterie (die Arterie kann aber auch ohne Aneurysma einreißen), die im 10 Subarachnoidalraum an der Schädelbasis verläuft, sodass 11 arterielles Blut in den Subarachnoidalraum pulsiert. [T873,
L106]
11.4
Hirnvenen und Sinus durae matris
285
Die Vv. inferiores cerebri sammeln das Blut aus dem basalen He-
Die V. basalis (>- Abb. 11.21, 2) entsteht durch den Zusammen-
misphärenbereich (vor allem Temporal- und Okzipitallappen). Sie verlaufen ebenfalls an der Oberfläche der Hemisphäre (>- Abb.
schluss der V. anterior cerebri und V. media profunda cerebri (Verlauf dieser beiden Gefäße parallel zu A. cerebri anterior und A. cerebri media) im Bereich der Substantia perforata anterior. Sie zieht von dort am Hypothalamus und Mittelhirn vorbei bis zum oberen Ende der Vierhügelplatte.
11.18, 9 und 10) und leiten das Blut in die großen duralen Blutleiter der Schädelbasis (s.u.), vor allem in den Sinus transversus
(> Abb. 11.18, 12).
Die V. interna cerebri (>- Abb. 11.21, 3) entsteht im Bereich
11.4.2 Tiefe Venen
des Foramen interventriculare zwischen Seitenventrikel und IlI. Ventrikel vor allem durch die Vereinigung dreier Venen (>- Abb. 11.21, 4-6):
Die tiefen Venen des Gehirns (>- Abb. 11.21) münden alle in die
V. magna cerebri (V. Galeni) und drainieren vor allem das Blut aus den subkortikalen Großhirnstrukturen und dem Zwischen-
* V. choroidea superior (Blut aus dem Plexus choroideus der Sei-
hirn. Es gibt dabei zwei große Gefäße, in die alle anderen tiefen Venen einmünden und die sich dann beide zur unpaaren V. magna cerebri vereinigen:
* V. septi pellucidi (Blut aus dem Marklager des Frontal- und Parietallappens)
tenventrikel und des III. Ventrikels)
* V. thalamostriata superior (Blut aus Striatum, Pallidum und
Teilen des Thalamus). s V. basalis und e V. interna cerebri.
Die V. thalamostriata (>- Abb. 11.21, 6) haben wir bereits als Grenzstruktur zwischen Ncl. caudatus und Thalamus und damit
Während die V. basalis vorwiegend die ventralen subkortikalen
zwischen Telencephalon und Diencephalon kennengelernt. Die Vv. basales und Vv. internae cerebri beider Seiten vereinigen
Vorderhirnstrukturen drainiert, führt die V. interna cerebri das
Blut großer Bereiche der Basalganglien und des nach hinten angrenzenden Marklagers.
sich dann zur unpaaren V. magna cerebri ( > Abb. 11.21, /). Diese mündet nach einem kurzen, nach dorsal gerichteten Verlauf in den
Sinus rectus (s. u.).
Abb. 11.21
Tiefe Hirnvenen. Ansicht von oben nach
Eröffnung der Seitenventrikel des Großhirns. 1 V. magna cerebri. Sie entsteht durch den Zusammenschluss von 2 V. basalis und 3 V. interna cerebri (jeweils beider Seiten, aber nur in der rechten Bildhälfte auf Hinweislinien versehen). 3 entsteht durch den Zusammenschluss von 4 V. choroidea superior, 5 V. bzw.
Vv. septi pellucidi und 6 V. thalamostriata. 7 V. communis cornus posterioris (Blut aus dem Marklager des Parietal- und Okzipitallappens). (Aus [S007-3-23])
286
11
Blutversorgung des Gehirns
Venöser Abfluss aus dem Hirnstamm und dem Kleinhirn:
terrand verläuft der Sinus sagittalis inferior (>- Abb. 11.22, 5),
Während das Mittelhirn vorwiegend direkt in die V. magna cerebri
der zusammen mit der V. magna cerebri im Sinus rectus endet
über die V. basalis ableitet, fließt venöses Blut aus dem Pons in den
(> Abb. 11.22, 7). Dieser wiederum fließt im Confluens sinuum mit dem Sinus sagittalis superior zusammen ( >- Abb. 11.22, 16).
Sinus petrosus, Sinus transversus oder in die Kleinhirnvenen. Die
schließlich leitet sein venöses Blut in die V. cerebri magna, den Si-
Vom Confluens aus richtet sich nach rechts und links der Sinus transversus, der, die hintere Schädelgrube seitlich und hinten einrahmend, nach ventral zieht und in den S-förmig geschwungenen
nus rectus (oberer Teil) sowie den Sinus petrosus superior und Si-
Sinus sigmoideus übergeht (>- Abb. 11.22, 9). Der Sinus sigmo-
nus transversus (unterer Teil).
ideus endet dann im Foramen jugulare, in dem die V. jugularis
Medulla oblongata drainiert sowohl über die Rückenmarksvenen als auch
über
die benachbarten
duralen
Sinus.
Das
Kleinhirn
interna beginnt ( > Abb. 11.22, 8). Ganz vorne an der Grenzkante
11.4.3
Sinus durae matris
zwischen vorderer und mittlerer Schädelgrube verläuft entlang den Keilbeinflügeln der Sinus sphenoparietalis ( >- Abb. 11.22, 3), der in den medial davon liegenden Sinus cavernosus mündet. Dieser
Wie wir in > Kap. 10.2.1 bereits gesehen haben, bildet die Dura
Sinus cavernosus ( > Abb. 11.22, 6) umgibt die in der Sella turcica
mater Duplikaturen aus. Dadurch entstehen zwischen zwei Dura-
das gesamte Blut aus dem Gehirnbereich, den Hirnhäuten sowie der
liegende Hypophyse als ein großes venöses Hohlraumsystem. Von ihm aus existiert eine Verbindung zum Sinus sigmoideus über den Sinus petrosus superior und den Sinus petrosus inferior, die jeweils im oberen bzw. unteren Rand der Felsenbeinpyramide verlau-
Augenhöhle und leiten es fast ausnahmslos der V. jugularis interna
fen (>- Abb. 11.22, 13 und 14). Ein weiterer Abfluss des Sinus ca-
zu, die im Foramen jugulare der hinteren Schädelgrube beginnt. Ei-
vernosus ist der sich dorsal der Sella auf dem Clivus nach kaudal ausbreitende Plexus basilaris, der sein Blut ebenfalls größtenteils ins Foramen jugulare ableitet ( > Abb. 11.22, 15).
blättern Hohlräume, die als venöse Blutleiter dienen und als Sinus
durae matris (kurz: durale Sinus) bezeichnet werden. Sie sammeln
ne Synopsis dieser Sinus findet sich in > Abb. 11.22. Der größte von ihnen ist der Sinus sagittalis superior, der im
©O
UQ
N
-
Oberrand der Falx cerebri verläuft ( > Abb. 11.22, 4). In ihrem Un-
10
Abb. 11.22
Sinus durae matris.
1 V. ophthalmica superior, 2 Vv. superiores cerebri (abgeschnitten), 3 Sinus sphenoparietalis, 4 Sinus sagittalis superior, 5 Sinus sagittalis inferior, 6 Sinus cavernosus, 7 Sinus rectus, 8 Beginn der V. jugularis interna,
9 Sinus sigmoideus, 10 Sinus transversus, 11 V. meningea media, 12 Plexus venosus foraminis ovalis,
13 Sinus petrosus superior, 14 Sinus petrosus inferior, 15 Plexus basilaris, 16 Confluens sinuum. (Aus [S010-2-16])
11.4
Topographie des Sinus cavernosus Dieser Sinus ist ein gekammertes Hohlraumsystem, das, von zwei Durablättern umkleidet, links und rechts der Hypophyse zu finden
Hirnvenen und Sinus durae matris
287
keln). Eine septische Thrombose im Sinus cavernosus führt zu einer Schädigung der dort verlaufenden Hirnnerven, wobei der N. abducens meist zuerst betroffen ist, da er direkt im und nicht nur am Rand des Sinus verläuft. Später können dann auch die anderen vier Hirnnerven (Ill, IV, V1,
ist (>- Abb. 11.22, 6). Er erhält seine venösen Zuflüsse direkt aus
V2) ausfallen. Des Weiteren kann es im Rahmen dieses Krankheitsbilds zu
basalen Hirnvenen, dem Sinus sphenoparietalis und — klinisch besonders wichtig - aus der V. ophthalmica superior (> Abb.
einer eitrigen Meningitis (= Hirnhautentzündung) kommen, da der Si-
11.22, I), die das venöse Blut aus dem Bulbus oculi (Augapfel)
Sinus-cavernosus-Fistel
transportiert und im Bereich des medialen Augenwinkels mit der V. facialis bzw. V. angularis anastomosiert. Die topographischen Beziehungen des Sinus cavernosus haben klinische Bedeutung (> Abb. 11.23). Wie beschrieben, umgibt er bilateral die Hypo-
nus cavernosus von Meningen umkleidet ist. Kommt es zu einer Verletzung der A. carotis interna in ihrem Verlauf im Sinus cavernosus (z. B. durch ein rupturiertes Aneurysma), strömt pulsierend mit arteriellem Druck Blut in den venösen Sinus, sodass eine arte-
Abb. 11.23, 2), während sich kaudal von ihm, nur durch
riovenöse Fistel vorliegt. Über die Verbindung mit den Augenvenen erklärt sich das Leitsymptom dieses Krankheitsbilds: eine stark zugeschwol-
eine dünne Knochenplatte des Keilbeins getrennt, der Sinus sphe-
lene Augenhöhle mit wulstartigen, nicht mehr öffnungsfähigen Augenli-
physe ( >
noidalis befindet (>- Abb. 11.23, 6). Der Sinus cavernosus wird
dern und einem pulsierend nach vorne tretenden Augapfel.
von mehreren Leitungsbahnen durchzogen, wobei die A. carotis interna — die hier einen S-förmigen Verlauf aufweist (Karotissiphon) - die größte ist (>- Abb. 11.23, 3). Des Weiteren läuft mitten durch den Sinus cavernosus der N. abducens (VI), der für die
11.4.4 Lymphgefäße und Iymphatischer Abfluss aus dem Gehirn
Lateralbewegung des gleichseitigen Auges verantwortlich ist. An der lateralen Wand des Sinus verlaufen von kranial nach kaudal der N. oculomotorius (III), der N. trochlearis (IV) und der N. ophthalmicus (1. Trigeminusast, V1) und an der laterokaudalen Wand (weiter vorne dann am Boden) schließlich der N. maxillaris (2. Tri-
Bis vor Kurzem ging man davon aus, dass Gehirn und Liquor/Meningen im Gegensatz zu allen anderen Organen keinen Lymphabfluss haben. Das wurde zur Erklärung einer schlechten Abdeckung des Gehirns durch das Immunsystem herangezogen. Nun wurde aber zwei-
geminusast, V2).
felsfrei bewiesen, dass diese Ansicht falsch ist. Es existiert tatsächlich
KLLNLK Septische Sinus-cavernosus-Thrombose Durch die Nähe des Sinus cavernosus zu den Nasennebenhöhlen, insbe-
sondere zum Sinus sphenoidalis, kann eine eitrige Nasennebenhöhlenentzündung in den Sinus cavernosus durchbrechen und dort zu einer eitrigen (= septischen) Thrombose führen. Das Gleiche kann eintreten,
wenn aus dem Gesichtsbereich über die V. angularis und die V. ophthalmica superior Erreger in den Sinus cavernosus gelangen (z. B. aus Furun-
Abb. 11.23 Frontalschnitt durch den Sinus cavernosus. (Schnittebene rechts dargestellt)
1 Sinus cavernosus, 2 Hypophyse, 3 A. carotis interna (die gewunden durch den Sinus cavernosus verläuft und
oberhalb desselben lateral der Hypophyse wieder erscheint), 4 anterior, 6 trochlearis, abducens.
Chiasma opticum, 5 Processus clinoideus Keilbeinhöhle, II N. oculomotorius, IV N. V1 N. ophthalmicus, V2Z N. maxillaris, VIEN. (Aus [S007-3-23])
eine Verbindung vom Liquor und Gehirnparenchym zu tiefen zerVikalen Lymphknoten über bis dahin unentdeckte Lymphgefäße entlang der oben beschriebenen großen intraduralen Sinus, die die Schädelhöhle mit diesen durch das Foramen jugulare verlassen. Die Lymphdrainage aus dem Hirnparenchym verläuft entlang feinster Basalmembranstrukturen entlang der arteriellen Blutgefäße, die allerdings so fein sind, dass sie von den großen antigenpräsentierenden Zellen nicht genutzt werden können, was in der Tat erklärt, warum
das Gerhin ein immunologisch schlechter abgedecktes Organ ist.
288
11
Blutversorgung des Gehirns
Zusammenfassung Blut-Hirn-Schranke
Kortex), zerebelläre Ataxie (Kleinhirn) und Bewusstseinsstörun-
Das Blut der hirnversorgenden Gefäße ist vom Gehirngewebe
gen (Formatio reticularis mit ARAS).
durch die Blut-Hirn-Schranke getrennt. So werden Stoffe, die
Circulus arteriosus cerebri (Willisi).
Karotis- und vertebro-
nicht in das ZNS gelangen sollen, am Durchtritt durch die Kapil-
basiläres Gefäßsystem sind über kleine Anastomosenarterien
larwand im ZNS-Bereich gehindert, während O,, Nährstoffe und
miteinander verbunden, die zusammen den Circulus arteriosus
Metaboliten ausgetauscht werden können. Diese Barriere besteht aus drei Schichten: den Endothelien der Kapillaren (die durch tight junctions dicht miteinander verbunden sind), der darunterliegenden Basalmembran und den sich außen anlagernden
cerebri (Willisi) bilden: zwischen den beiden Aa, cerebri anterio-
Fortsätzen von Astrozyten.
Große zuführende Gefäße Die Blutversorgung des Gehirns erfolgt im Wesentlichen jeweils links und rechts aus der A. carotis interna und der A. vertebralis. A. carotis interna. Sie entsteht bei der Teilung der A. carotis communis, zieht durch den Karotiskanal ins Schädelinnere, bil-
det dort im Sinus cavernosus den Karotissiphon und gibt danach die A. ophthalmica zum Auge ab. Anschließend teilt sie sich an der Hirnbasis in die A. cerebri anterior und die etwas stärkere A. cerebri media. Das Versorgungsgebiet der A. carotis interna umfasst mit den drei genannten Endästen das gesamte Auge einschließlich der Retina, den vollständigen Frontal- und Parietallappen, den größ-
res die A. communicans anterior und zwischen der A. cerebri posterior und der A. carotis interna jeweils einer Seite die A. communicans posterior. Auf diese Weise sind die großen Gehirnarterien (Karotisstromgebiet und vertebrobasiläres Stromgebiet) untereinander und mit den Gefäßen der Gegenseite verbunden, sodass bei Minderdurchblutung eines Gefäßes die Durch-
blutung ggf. durch die anderen Gefäße kompensiert werden kann. Große Gehirnarterien
A. cerebri anterior, A. cerebri media und A. cerebri posterior versorgen das Groß- und Zwischenhirn. A. cerebri anterior. Sie zieht rostral um das Balkenknie herum und verläuft dann oberhalb des Balkens an der medialen Hemisphäre im Interhemisphärenspalt zu ihren Versorgungsarealen (> Abb. 11.7, 1I), die im Wesentlichen die Medialseite und
den oberen Teil der Lateralseite des Frontal- und Parietallappens umfassen (präfrontaler Kortex, prämotorischer Kortex, Bein-
Hirnstamm, das Kleinhirn, das Innenohr und den kranialen Teil
und Fußregion des motorischen und sensiblen Kortex). Durchblutungsstörungen fallen vor allem durch Lähmungen und Empfindungsstörungen im Bein-/Fußbereich auf. A. cerebri media. Sie setzt den Verlauf der A. carotis interna fort. Sie zieht medial des Temporallappens in die Fossa lateralis und breitet sich von dort vor allem an der lateralen Hemisphärenseite aus. Ihr Versorgungsgebiet ( > Abb. 11.7, 2) umfasst die Basalganglien mit angrenzendem Thalamus, die Capsula interna mit den absteigenden kortikonukleären und kortikospinalen Bahnen (Durchblutungsstörungen in diesem Bereich sind sehr häufig!) und die lateralen Bereiche des Temporal-, Frontalund Parietallappens (Arm-, Hand- und Gesichtsbereich des Gyrus precentralis und postcentralis sowie Broca- und WernickeSprachzentrum in der dominanten Hemisphäre). Durchblutungsstörungen der A. cerebri media sind häufig und verursachen halbseitige kontralaterale Lähmungen (die aufgrund der Beteiligung der Capsula interna die gesamte kontralaterale Körperhälfte betreffen können), Sensibilitätsstörungen und ggf. Sprachstörungen. A. cerebri posterior. Sie zieht von ventrokaudal um das Mittelhirn herum zur medialen Hemisphärenseite und dort zum hinteren Bereich des Groß- und Zwischenhirns. Das Versorgungsgebiet ( > Abb. 11.7, 3) umfasst den primären und sekun-
des Rückenmarks. Eine Durchblutungsstörung dieser Arterien
dären visuellen Kortex mit dem Großteil der Sehbahn, den basa-
ten Teil des Temporallappens, die Hypophyse und einen Teil des Zwischenhirns. Wegen des sehr großen Versorgungsbereichs der A. carotis interna haben vollständige Verschlüsse dieses Gefäßes sehr weit reichende Folgen: von Lähmungen (motorischer Kortex) und Gefühlsstörungen (sensibler Kortex) auf der kontra-
lateralen Körperseite, über Sprachstörungen (Broca- und/oder Wernicke-Zentrum) bis hin zu Sehverlusten oder gar Blindheit des betroffenen Auges (Retina). A. vertebralis. Sie entspringt aus der A. subclavia, zieht entlang der Halswirbelsäule nach oben und tritt durch das Foramen magnum in die Schädelhöhle ein. Dort vereinigt sie sich am Unterrand des Pons mit der A. vertebralis der Gegenseite zur A. basilaris. Diese zieht ventral des Hirnstamms nach rostral und teilt sich in die beiden Aa. cerebri posteriores, die den hinteren Teil des Groß- und Zwischenhirns versorgen. Zuvor gehen Äste zum Kleinhirn und Hirnstamm ab: A. inferior posterior cerebelli aus der A. vertebralis, A. inferior anterior cerebelli und A. superior
cerebelli aus der A. basilaris sowie zahlreiche kleine, mediale und laterale Äste direkt zur Versorgung von Medulla oblongata, Pons und Mesencephalon. Das Versorgungsgebiet des vertebrobasilären Systems umfasst also den Okzipitallappen, Teile des Zwischenhirns, den gesamten
verursacht Symptome wie Schwindel (Vestibulariskerne, Innen-
ohr), Doppelbilder und Blicklähmungen (Augenmuskelkerne und Hirnstammblickzentren), Gesichtsfeldausfälle (visueller
len Temporallappen und Teile des Zwischen- und Mittelhirns. Ein Verschluss der Arterie zeigt sich vor allem in Gesichtsfeldausfällen - wie homonyme Hemianopsie - und ggf. Thalamusausfallssymptomen.
11.4
Hirnvenen und Sinus durae matris
289
Hirnvenen und Sinus durae matris
Bei Ihrombosen der Gehirnvenen staut sich das Blut in die be-
Das gesamte venöse Blut des Gehirns sammelt sich in den Sinus durae matris und wird von dort hauptsächlich über die V. jugu-
troffenen Gehirnareale zurück, die dadurch geschädigt werden,
was ebenso gefährlich werden kann wie eine arterielle Durchblu-
laris interna dem rechten Herzen zugeleitet. Hirnvenen. Bei den den duralen Sinus vorgeschalteten Ge-
tungsstörung. Sinus durae matris.
hirnvenen unterscheidet man oberflächliche und tiefe Venen. Während die oberflächlichen Gehirnvenen direkt in die Sinus
sind:
Die wichtigsten der Sinus durae matris
die V. magna cerebri (Galeni) ab, von wo aus es dann in den Si-
* Sinus sagittalis superior und Sinus sagittalis inferior im Ober- bzw. Unterrand der Falx cerebri
nus rectus (s. u.) gelangt.
* Sinus rectus, Sinus transversus und Sinus sigmoideus, die an
durae matris münden, leiten die tiefen Gehirnvenen ihr Blut in
der okzipitalen Schädelbasis entlanglaufen * Sinus cavernosus, der die Hypophyse umgibt und besondere klinische Bedeutung hat.
* Die oberflächlichen Gehirnvenen, die im Subarachnoidal-
raum z. T. entlang den großen Sulci des Endhirns verlaufen, sammeln Blut aus dem Großhirnkortex und dem unmittelbar
darunter liegenden Marklager. Um in die Sinus durae matris
Der Sinus cavernosus bekommt venöse Zuflüsse u.a. aus der V.
ophthalmica superior des Auges, die am medialen Augenwinkel
zu münden, müssen diese Venen als sog. „Brückenvenen“
durch den Spalt zwischen Dura und Arachnoidea hindurchziehen. Kommt es zwischen den beiden Hirnhäuten zu Scherkräf-
ten (z. B. bei Schädeltraumen), so reißen die oberflächlichen Gehirnvenen ein, und es kommt zur Subduralblutung.
* Die tiefen Gehirnvenen sammeln das Blut aus den subkortikal
mit Gesichtsvenen anastomosiert (Aufsteigen von Bakterien des
Gesichtsunterhautgewebes in den Sinus cavernosus möglich!). Durch den Sinus cavernosus ziehen die A. carotis interna und der N. abducens (VI), in seiner Seitenwand laufen der N. ophthalmi-
cus (V1), N. oculomotorius (II), N. trochlearis (IV) und N. mazxillaris (V2). Diese Leitungsbahnen können bei Sinus-cavernosus-
gelegenen Großhirnanteilen.
Läsionen (Vereiterungen, Thrombosen) geschädigt werden. Wiederholungsfragen
1. Aus welchen Gefäßen gehen jeweils die Aa. cerebri anterior,
5. Mit welchem extrakraniellen Gefäß anastomosiert der Sinus
media und posterior ab? 2. Welche Gefäßbrücken bilden den Circulus arteriosus cerebri? Wozu dient dieser Circulus? 3. Welche Gefäße versorgen folgende wichtige, oft von Durch-
cavernosus über die V. ophthalmica superior, und mit welchem Gefäß anastomosiert die A. carotis interna über die A.
ophthalmica?
blutungsstörungen betroffene Funktionsareale des Gehirns:
Weitere Wiederholungsfragen zur Blutversorgung des Gehirns
Motokortex, somatosensibler Kortex, Capsula interna, Basalganglien, Sehstrahlung und visueller Kortex, Kleinhirn, Hirn-
finden sich im Rahmen der Fallbeispiele zum Gehirn in > Kap.
stamm?
pitel zusammenhängend zu bearbeiten.
14.1.4. Es empfiehlt sich, sie nach Durcharbeiten aller Gehirnka-
4.In welches große Venensystem wird das gesamte Blut des Gehirns drainiert? Zählen Sie die größten Anteile davon auf.
Lösungen 1. Aa. cerebri anterior und media aus A. carotis interna, A. cere-
bri posterior aus A. basilaris. 2.A. communicans posterior zwischen der A. cerebri posterior und A. carotis interna sowie A. communicans anterior ZWi-
schen beiden Aa. cerebri anteriores. Beide Aa. cerebri posteriores sind durch die A. basilariıs miteinander verbunden.
Zweck des Circulus ist die Sicherung des Hirnkreislaufs über Kollateralen, falls ein hämodynamisch vor dem Circulus lie-
gendes Gefäß langsam verschlossen wird.
ferior anterior cerebelli aus der A, basilaris sowie A. inferior posterior cerebelli aus A. vertebralis. Hirnstamm: kurze und
lange Äste aus A. vertebralis, A. basilaris und den o. g. Aa. cerebellares. 4. Sinus durae matris. Die größten von ihnen sind: Sinus sagittalis superior, Sinus sagittalis inferior, Sinus rectus, Sinus transversus, Sinus sigmoideus, Sinus cavernosus.
5. V. ophthalmica superior bildet eine Anastomose zwischen V. angularis (aus der V. facialis) und dem Sinus cavernosus
A. cerebri media, medial Endäste der A. cerebri anterior; Cap-
(Fortleitung von Infektionen aus dem Gesichtsbereich möglich!). A. ophthalmica anastomosiert zwischen A. angularis
sula interna und Basalganglien: Aa. centrales anterolaterales
(aus der A, facialis) und der A. carotis interna (Kollateral-
aus der A. cerebri media; Sehstrahlung und visueller Kortex:
kreislauf bei Durchblutungsstörungen der A. carotis interna möglich!).
3, Motokortex und somatosensibler Kortex: lateral Endäste der
A. cerebri posterior; Kleinhirn: Aa. superior cerebelli und in-
290
11
WEITERFÜHRENDE
Blutversorgung des Gehirns LITERATUR
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KAPITEL
1 12.1
2
Vegetatives Nervensystem
_ Funktionelle Grundlagen
.................4.0. 291
12.2
Anatomische Grundlagen
12.3
Transmitter und Rezeptoren
..............000. 293 ................ 294
12.4
Vegetative (autonome) Plexus
12.5 12.5.1 12.5.2 12.5.3
SympathikuS ...0000e Halsteil des Truncus sympathicus .............. Brustteil des Truncus sympathicus .............. Bauch- und Beckenteil des Truncus SympathicuS . ......000000000001 E
12.1
.............. 296 296 298 298 299
Funktionelle Grundlagen
12.6
ParasympathikusS .......0.00000000000000000 299
12.6.1 12.6.2
Hirnstammzentren ... Sakrale Zentren ...
12.7
Vegetative Kontrolle von Harnblase,
12.7.1 12.7.2 12.7.3
Rektum und Genitalien Harnblase ... Rektum er Genitale ...
12.8
Viszerale Afferenzen und Head-Zonen
12.9
300 300
.....0.0.0000000.00.0000. 300 300 302 302 ........ 304
_ Enterisches Nervensystem .................. 304
rasympathikus eher für die Konservierung und den Wiederaufbau der Körperenergien.
Dem somatischen (auch „animalischen”)
Nervensystem, das wir
bewusst ansteuern können und das motorisch hauptsächlich die quer gestreifte Muskulatur innerviert, stellt man das vegetative (auch autonome oder viszerale) Nervensystem gegenüber, dessen
MERKE Dieses funktionelle Prinzip wird oft mit der vereinfachenden Formel
Steuerung unserem Bewusstsein weitgehend entzogen ist. Es inner-
viert motorisch überwiegend die glatte Muskulatur der Eingeweide und Gefäße sowie exokrine und endokrine Drüsen. Es steuert dabei alle vegetativen Parameter, wie z.B. Atmung,
Kreislauf, Wasser-
haushalt, Körpertemperatur, Stoffwechsel, Verdauung, Fortpflanzung etc. Seine Funktion dient damit der „Aufrechterhaltung des
inneren Körpermilieus“ (Homöostase) und der Anpassung der einzelnen Organfunktionen an die wechselnden Umwelterfordernisse. Man kann das klassische vegetative Nervensystem hinsichtlich funktioneller und struktureller Gegebenheiten in zwei meist antagonistische Teile gliedern:
» Sympathikus: „fight and flight” * Parasympathikus: „rest and digest” zusammengefasst.
So bewirkt z.B. der Sympathikus am Herz eine Erhöhung der Schlagfrequenz und der Kontraktionskraft im Sinne einer gesteigerten Herztätigkeit. Der Parasympathikus dagegen bewirkt am Herzen eine Erniedrigung der Schlagfrequenz, was einer herabgesetzten Herztätigkeit entspricht. Umgekehrt ist es z. B. im Bereich des Gastrointestinaltrakts, wo der Parasympathikus im Sinne des Aufbaus
» Sympathikus und s Parasympathikus. Bis auf wenige Ausnahmen werden alle inneren Organe von beiden Anteilen des vegetativen Nervensystems in ihrer Funktion gesteuert. Darüber hinaus gibt es insbesondere im Magen-DarmTrakt ein intramurales vegetatives Nervensystem (enterisches Nervensystem), das z.T. unabhängig vom Sympathikus und Parasympathikus funktioniert. Es wird in > Kap. 12.9 beschrieben. Während dem Sympathikus eine energiemobilisierende und aktivitätssteigernde Funktion für den Körper zukommt, sorgt der Pa-
der Körperenergien eine Aktivitätssteigerung bewirkt: gesteigerte Peristaltik und erhöhte Sekretion der exokrinen Drüsen. Dagegen hat eine Sympathikusaktivierung im Magen-Darm-Bereich eine Herabsetzung der Peristaltik und Drüsentätigkeit zur Folge. > Tab. 12.1 zeigt die unterschiedliche Funktion von Sympathikus und Parasympathikus auf die einzelnen Organsysteme. Streng genommen ist die in > Tab. 12.1 gezeigte Vasodilatation durch den Sympathikus in der Herz- und Skelettmuskulatur eine Vereinfachung. Der Sympathikus führt an den Blutgefäßen in der Regel zu einer durch a-Rezeptoren (s. u.) vermittelte Vasokonstrik-
292 Tab. 12.1
12 Vegetatives Nervensystem Einflüsse des vegetativen Nervensystems auf wichtige Organsysteme
Erfolgsorgan
Sympathikuswirkung
Parasympathikuswirkung
—— M. dilatator pupillae
Pupillenerweiterung
M. sphincter pupillae
-
Pupillenverengung
M. ciliaris
-
Akkommodation (Naheinstellung)
Tränendrüse
-
Sekretionssteigerung
Schweißdrüsen
Sekretionssteigerung
=
Speicheldrüsen
Sekretionsminderung
Sekretionssteigerung
Magendrüsen
—
Sekretionssteigerung
Darmdrüsen
—
Sekretionssteigerung
Nebennierenmark
Sekretion (v.a. Adrenalin)
—
Pulsfrequenz
Steigerung
Senkung
Erregungsleitungsgeschwindigkeit
Steigerung
Senkung
Kontraktionskraft
Steigerung
-
im Gastrointestinaltrakt
Konstriktion
Dilatation
in der Skelettmuskulatur*
Dilatation
—
in der Haut
Konstriktion
-
im Herz*
Dilatation
=
in Penis/Klitoris
-
Dilatation
Bronchialmuskulatur
Dilatation
Konstriktion
Bronchialdrüsen
Sekretionsminderung
Sekretionssteigerung
Minderung der Peristaltik
Steigerung der Peristaltik
Sphinktermuskeln
Kontraktion (Verschluss)
Dilatation (Öffnung)
Leber
Glykogenhydrolysesteigerung
—
Fettgewebe
Triglyceridhydrolysesteigerung
-
exokrin
Sekretionsminderung
Sekretionssteigerung
endokrin (Insulin)
Sekretionsminderung
Sekretionssteigerung
M. detrusor vesicae (Wandmuskulatur)
—
Kontraktion (Blasenentleerung)
M. sphincter vesicae
Kontraktion (Blasenverschluss)
_
schwanger
Kontraktion
—
nicht schwanger
Relaxation
—
Genitale
Ejakulation (&
Erektion ( und &)
Mm. arrectores pili
Kontraktion („Gänsehaut”)
—
A I
D M
M
OO Motilität
L
D M
.
.. .
.
..
LL
C
L
.
* Die Vasodilatation durch den Sympathikus in der Herz- und Skelettmuskulatur ist eine Vereinfachung. Siehe Text.
tion. Die daraus resultierende Verminderung des Blutflusses führt
gert, wo er durch Aktivität des Muskels benötigt wird. Eine genera-
dann in den Bereichen, die aktiv sind, zu einer Freisetzung von va-
lisierte Vasodilatation in der gesamten Skelettmuskulatur würde zu
sodilatatorischen Metaboliten, die dann sekundär zu einer Steigerung des Blutflusses führen. Dadurch wird bei einer Sympathikusaktivierung selektiv, aber eben indirekt, der Blutfluss dort gestei-
einer unnötigen Perfusion nicht benötigter Muskelgruppen und damit indirekt Blutdruckabfall führen, was im Sinne einer „Fight and flight-Reaktion“ nicht sinnvoll wäre.
12.2 Anatomische Grundlagen Häufig wird aus dem oben genannten „Fight and flight“-(Fluchtund Kampf-)Prinzip unrichtig abgeleitet, dass nur der Sympathikus-Anteil des vegetativen Nervensystems in Stress- und Aufregungssituationen aktiviert wird. Oftmals werden jedoch in Stresssituationen beide bzw. Teile von beiden vegetativen Nervensystemen aktiviert. Das Magengeschwür (aufgrund gesteigerter Magensäuresekretion) des gestressten Managers oder der Harndrang des aufgeregten Prüfungsstudenten sind anschauliche Beispiele für eine partielle Parasympathikusaktivierung in Stresssituationen. Dennoch kann die Flucht- und Abwehrreaktionsthese hinsichtlich der Funk-
293
In diesem Teil des Zwischenhirns wird das vegetative Nervensystem im Sinne der Homöostase gesteuert. Er ist auch der wichtigste Teil des Gehirns, über den andere Regionen, insbesondere das * limbische System, Einfluss auf das vegetative Nervensystem nehmen können. Des Weiteren finden sich vegetative Integrationszentren in der » Formatio reticularis
tion des Sympathikus eine didaktische Hilfe im Sinne einer „Esels-
brücke“ sein: Man muss sich nur klarmachen, welche Organsyste-
(z. B. Kreislaufzentrum oder Brechzentrum im Hirnstamm,
me in welcher Weise bei einer „Kampf- oder Fluchtreaktion“ sinnvoll aktiviert oder inhibiert werden müssten, und kann sich so den
6.3.3), von denen aus selektiv parasympathische und sympathische Zentren angesteuert werden. Allerdings steht auch die Formatio re-
Einfluss des Sympathikus auf die entsprechenden Organe herleiten.
ticularis in dieser Hinsicht unter (partieller) Kontrolle des Hypo-
Das bisher Beschriebene gilt für den efferenten (motorischen) Teil des vegetativen Nervensystems. Der afferente (sensible) Teil
thalamus und schickt ihre vegetativen Impulse großenteils über sympathische oder parasympathische Neurone in die Peripherie. Sympathikus und Parasympathikus haben auch eigene Zentren,
dagegen wird nicht in einen sympathischen und parasympathischen Anteil gegliedert, da er weder funktionell noch strukturell eine Zweigliederung aufweist. Die vegetativen Afferenzen haben wie die somatosensiblen Afferenzen das Perikaryon ihres 1. Neurons in einem Spinalganglion bzw. einem Hirnnervenganglion. Das Axon dieses 1. Neurons projiziert großenteils in das Hinterhorn des Rückenmarks bzw. in die Ncll. tractus solitarii des Hirnstamms. Die viszerosensiblen Impulse aus den Eingeweiden können z. T. bewusst werden (Magenschmerzen, Völlegefühl und dgl.), zum größten Teil werden sie aber, ohne unser Bewusstsein zu erreichen,
reflektorisch auf parasympathische oder sympathische Zentren verschaltet (z.B. niedriger Blutdruck mit der efferenten Reaktion der Vasokonstriktion oder starker Lichteinfall ins Auge mit der efferenten Reaktion der Pupillenverengung). In > Kap. 12.8 gehen wir auf die viszeralen Afferenzen gesondert ein. KLINLK Störungen des vegetativen Nervensystems spielen eine zentrale Rolle in fast allen medizinischen Disziplinen. Sie können als eigenständige Erkrankungen (z.B. als erbliche autonome Neuropathien) oder als Folge anderer Erkrankungen (z. B. autonome Neuropathie bei Diabetes mellitus oder Morbus Parkinson) und auch als Reaktion auf andere
Störungen (z. B. vegetative Dysregulation bei Stress, starken Schmerzen oder psychiatrischen Erkrankungen) auftreten. Je nach betroffenem Anteil des vegetativen Nervensystems stehen Störungen der Kreislaufregulation, der Verdauung, der Sexual- oder anderer Funktionen im Vordergrund.
>- Kap.
die vom Hypothalamus aus (z. T. über die Formatio reticularis) se-
lektiv angesteuert und aktiviert bzw. gehemmt werden können. Dabei sind parasympathische Zentren nur im Hirnstamm und im sakralen Rückenmark zu finden, während sympathische Zentren nur
im Seitenhorn des Thorakal- und oberen Lumbalmarks lokalisiert sind. Von hier aus erfolgt über vegetative Nervenbahnen die parasympathische bzw. sympathische Versorgung der Eingeweide in der Peripherie. M.ER.K.E Es liegt also * beim Parasympathikus eine kraniosakrale Verteilung und * beim Sympathikus eine thorakolumbale Verteilung der zentralnervösen vegetativen Neurone vor.
Periphere vegetative Nervenbahnen Periphere viszeromotorische Nervenbahnen unterscheiden sich von somatomotorischen dadurch, dass sie nicht wie diese nur aus einem
Neuron bestehen (Sitz im Vorderhorn des Rückenmarks bzw. Hirnstamms), sondern aus
* zwei hintereinander geschalteten Neuronen.
12.2 Anatomische Grundlagen Vegetative Steuerzentren des ZNS Sympathikus und Parasympathikus werden im Rahmen der viszeralen Reflexe auf Hirnstamm- und Rückenmarksebene gesteuert. Es gibt aber auch übergeordnete Steuerzentren. Das wichtigste übergeordnete vegetative Steuerzentrum ist der
» Hypothalamus.
Die Verschaltung vom 1. Neuron (das in den erwähnten zentralnervösen Sympathikus- oder Parasympathikuszentren liegt) auf das 2. Neuron (das in der Peripherie dann die Erfolgsorgane innerviert) geschieht in den vegetativen (viszeromotorischen) Ganglien. MERKE Die vegetativen Ganglien dürfen nicht mit den sensiblen Ganglien (Spinalganglien, Hirnnervenganglien) verwechselt werden. Im Gegensatz zu diesen sind die vegetativen Ganglien motorisch, werden ausschließlich vom vegetativen Nervensystem genutzt, enthalten nicht pseudounipolare, sondern nur multipolare Neurone und dienen der interneuronalen Umschaltung (durch die sensiblen Ganglien zieht die Erregung unverschaltet hindurch).
294
12 Vegetatives Nervensystem
Im sympathischen Nervensystem erfolgt die Umschaltung vom 1. auf das 2. Neuron unmittelbar nach Austritt der Fasern aus dem Rückenmark. Deshalb ist hier das 1. Neuron stets kurz, während das 2. Neuron bis zum Erfolgsorgan zieht und entsprechend lang ist. Dabei werden die Impulse eines präganglionären Neurons auf bis zu 20 postganglionäre Neurone umgeschaltet (starke Signaldivergenz). Umgekehrt verhält es sich im parasympathischen Nervensystem. Dort erfolgt die Verschaltung vom 1. auf das 2. Neuron erst unmittelbar vor oder sogar erst in der Wand des Erfolgsorgans, weshalb das 1. Neuron stets lang und das 2. Neuron entsprechend kurz ist (>- Abb. 12.1). Dabei ist die Signaldivergenz zwischen 1. und 2. Neuron sehr gering. Sowohl im sympathischen als auch im parasympathischen Nervensystem ist das 1. Neuron in der Regel schwach ummarkt, während das 2. Neuron nahezu marklos ist. Innervationsgebiete
— 2
‘
a C ( cholinerg
> Skelettmuske
cholinerg
noradrenerg
£.kfi
rfolgsorgan
b
3 F——>
rfolgsorgan
Abb. 12.1 Vergleich der peripheren Innervation durch somatisches und vegetatives Nervensystem. 1 Somatisches Motoneuron (cholinerg). Ein Neuron.
2 Sympathische efferente Nervenbahn. Erstes Neuron (a) kurz und cholinerg, zweites Neuron (b) lang und noradrenerg. Große Signaldivergenz 3 Parasympathische efferente Nervenbahn. 1. Neuron (a) lang und cholinerg, zweites Neuron (b) kurz und ebenfalls cholinerg. Geringe Signaldivergenz. [T7873, L141]
Ein weiterer anatomischer Unterschied zwischen Sympathikus und Parasympathikus liegt darin, dass die parasympathische Innervation sich schwerpunktmäßig auf die Eingeweide des Kopfs und des
Eine Synopsis der wesentlichen anatomischen Unterschiede zwischen Sympathikus und Parasympathikus gibt > Tab. 12.2. Eine Übersicht über die vegetativen Ganglien, die jeweiligen peripheren
Rumpfs
Nerven und Erfolgsorgane zeigt > Abb. 12.2; in den folgenden Ab-
(Brust, Abdomen, Becken) beschränkt, während sich die
Verteilung sympathischer Fasern auf alle Körperteile erstreckt, also auch die Rumpfwand sowie die Extremitäten einschließt. Interessanterweise wirkt die Aktivierung des Parasympathikus sehr selektiv auf einzelne Organsysteme (z.B. selektives Erschlaffen des Harnblasensphinkters, selektive Steigerung der Magenperistaltik
schnitten wird darauf näher eingegangen.
etc.), während der Sympathikus häufig „als Ganzes” aktiviert wird
Transmitter
12.3 Transmitter und Rezeptoren
(Stichwort „Schreckreaktion“ mit kombinierter Vasokonstriktion,
gesteigerter Herztätigkeit, erweiterten Pupillen, Verlangsamung der Darmperistaltik etc.). Sitz der vegetativen (autonomen) Ganglien
Sympathische und parasympathische Neurone unterscheiden sich auch hinsichtlich der Transmitter, die sie in ihren Erfolgsorganen ausschütten. Während das 1. Neuron beider Anteile des vegetativen Nervensystems stets Acetylcholin als Transmitter hat, benutzt das
2. sympathische Neuron in der Regel Noradrenalin und das 2. pa-
MERKE Man unterscheidet sympathische und parasympathische Ganglien. Die sympathischen Ganglien sind entsprechend dem oben Erläuterten nahe beim Rückenmark, die parasympathischen nahe am Erfolgsorgan gele-
—
gen. So bildet der Sympathikus zwei Stränge miteinander in Verbindung stehender Ganglien: * Grenzstrang (paravertebrale Ganglien) entlang der Wirbelsäule ® prävertebrale Ganglien vor der Aorta. Die Ganglien des Parasympathikus hingegen liegen mit Ausnahme derjenigen des Kopfbereichs meist inframural in den Erfolgsorganen. Im Kopfbereich findet man: Ganglion Ganglion Ganglion Ganglion
Tab. 12.2 Unterschiede im Organisationsprinzip von Sympathikus und Parasympathikus
ciliare hinter dem Auge pterygopalatinum in der Fossa pterygopalatina submandibulare neben der Gl. submandibularis oticum retromandibulär unter der Schädelbasis.
Sympathikus
Parasympathikus
Sitz der 1. Neurone
Thorakal- und oberes Lumbalmark
Hirnstamm und Sakralmark
Lokalisation der
paravertebrale Ganglienkette und prävertebrale Ganglien
Ganglien nahe am
im ganzen Körper
beschränkt auf die Eingeweide von Kopf,
Ganglien Verteilung postganglionärer Fasern
oder im Erfolgsorgan
Brust, Abdomen und Becken Signaldivergenz von
1. auf 2. Neuron
Massenaktivierung des Systems als Ganzes
starke Divergenz (Verhältnis prä- zu postganglionären Neuronen bis 1 : 20)
geringe Divergenz (Verhältnis prä- zu postganglionären Neu-
häufig
sehr selten
ronen 1 : 1=5)
12.3 Transmitter und Rezeptoren
295
Ganglion /
;
\
/\ ®
N N
ciliare;„
Tränenc\lrüse
DA Ggl. pterygopaletinum Ggl. submandibulare +#
f:’ VIL. Hirnnerv }
f
F
IX. Hirnnerv -£— @“
_ Speichel-
Ganglion oticum
r
X. Hirnnerv (N.vagus)
/
drüsen
;
-----------
..
GrenzstrangHalsteil 77777
T
JE
\\
mnnnnnn
“
Da
/ N
r
/
. Mı - Ganglion stellatum ”>-=-=-- Ar ......................... eaa Il'
TU TT TTTTTTZE Ea n mmmnnn
Ganglion coeliacum
/
4 Enterisches Grenzstrang-_ _
ON
—0
Brustteil
da
aannn
/
‚/ Nervensystem
Ganglion mesentericum superius Ganglion me_sen-
\
#
Iinferius
\
N
Nebenniere \
}
1
ı
„präganglionär"
\ ‘
Plexus hypogastricus superior
Darm
tericum
\
1
"postganglionär"
Enddarm 1 '
Genitalorgane
|ı E }
hypogastricus inferior Abb. 12.2 Übersicht über das vegetative Nervensystem. Schema des Verlaufsprinzips sympathischer und parasympathischer Nervenbahnen. Es ist nur der efferente (motorische) Teil des vegetativen Nervensystems berücksichtigt. (Aus [S130-3]), [L106]
296
12 Vegetatives Nervensystem
rasympathische Neuron Acetylcholin als Transmitter (>- Abb. 12.1). Eine Ausnahme bildet die sympathische Innervation der Schweißdrüsen, die ebenfalls cholinerg ist.
12.4 Vegetative (autonome) Plexus Die Nervenfasern des vegetativen Nervensystems neigen dazu, in der Peripherie ausgedehnte Geflechte, Plexus, zu bilden, die sehr
wirkt, entscheidet sich nicht am Transmitter,
häufig sowohl sympathische als auch parasympathische Fasern enthalten. Meistens werden sie in der Umgebung derjenigen Organe gebildet, in die die vegetativen Fasern danach eintreten. Vor allem im Kopf- und Rumpfbereich gibt es zahlreiche dieser Plexus. Sehr viele davon bilden sich entlang großer arterieller Gefäße (Aor-
sondern am postsynaptischen Rezeptor ( > Kap. 1.5). Für das sym-
ta ascendens, descendens, abdominalis, A. iliaca communis etc.).
pathische Nervensystem existieren (wieder unterklassifizierbare)
Exemplarisch greifen wir den größten von ihnen heraus: den
Rezeptoren Ob der Sympathikus an einem glatten Muskel (z.B. Gefäß- oder Darmwandmuskel) (= kontrahierend)
hemmend
(=
dilatierend)
oder
erregend
a- und ß-Rezeptoren. Dabei hat z. B. die Stimulation der a-Rezeptoren eine erregende, die Stimulation der f-Rezeptoren eine hemmende Wirkung auf die glatte Muskulatur, sodass das Mengenverhältnis von a- und ß-Rezeptoren in einem Zielorgan darüber entscheidet, welche Wirkung die sympathischen Impulse dort haben. Ähnliches trifft für den Parasympathikus zu. Hier existieren in den Erfolgsorganen sog. m-Rezeptoren (m wie Muscarin, eine Substanz, die alle m-Rezeptoren unabhängig von ihrer Unterklasse
s Plexus coeliacus.
Er bildet sich an der Aorta um den Abgang des Truncus coeliacus und wird auch als Plexus solaris (Sonnengeflecht) bezeichnet, da
er sich mit seinen Fasern strahlenförmig auf die Äste des Truncus coeliacus fortsetzt. In ihm sind, wie in allen aortalen Plexus, die be-
reits oben erwähnten prävertebralen Ganglien eingelagert, die die
erregen kann). Es gibt mehrere Klassen von m-Rezeptoren, deren
Perikaryen der 2. Neurone für den Sympathikus enthalten, durch
Stimulation jeweils unterschiedlich auf die Zellen der Erfolgsorgane
die aber auch einige parasympathische Fasern (unverschaltet) hindurchziehen (Zuflüsse aus den sympathischen N. splanchnicus major und N. splanchnicus minor sowie aus dem parasympathischen N. vagus). Die postganglionären Nervenfasern dieser Ganglia coeliaca versorgen einen Großteil des Gastrointestinaltrakts und der Oberbauchorgane und ziehen bis in den Beckenraum hin-
wirken (Muskelkontraktion, wie z. B. in der Darmwand, oder Mus-
keldilatation, wie z. B. an den Sphinktermuskeln für Enddarm und Harnblase).
MERKE Man darf die cholinergen m-Rezeptoren nicht mit den cholinergen nRezeptoren (n wie Nikotin, das auf alle n-Rezeptoren erregend wirkt) verwechseln, die man in allen vegetativen Ganglien und an der motorischen Endplatte des Skelettmuskels findet.
ab. Entlang der abdominalen Aorta finden sich noch weitere, kleinere
Plexus (entsprechend den arteriellen Abgängen, die sie umgeben: Plexus mesentericus superior, mesentericus inferior, aorticore-
nalis u.a.). Sie werden in ihrer Gesamtheit
Kotransmitter
zusammen
mit dem
Sonnengeflecht als Pars abdominalis des vegetativen Plexussystems bezeichnet. Ähnlich verhält es sich im Brustraum mit der Pars
Die meisten vegetativen Neurone haben einen Kotransmitter zu
Acetylcholin bzw. Noradrenalin. Die präganglionären cholinergen Neurone exprimieren dabei meist diverse Neuropeptide wie Substanz P und Neurotensin. Die postganglionären noradrenergen
Neurone haben meist zusätzlich ATP und Adenosin sowie Neuropeptid Y, während die postganglionären cholinergen Neurone besonders häufig VIP (vasoaktives intestinales Polypeptid) als Kotransmitter haben. Die Ausschüttung dieser Kotransmitter hat neben der Modulation der Noradrenalin- bzw. Acetylcholinwirkung am Rezeptor wahrscheinlich zusätzliche Effekte wie z. B. Gefäßdilatation im Erfolgsorgan. KLINLK Die Tatsache, dass sympathisches und parasympathisches Nervensystem
unterschiedliche Transmitter in den Erfolgsorganen ausschütten, macht man sich pharmakologisch zunutze, indem man Substanzen verabreicht,
die selektiv die Wirkung des jeweiligen Transmitters entweder imitieren (sog. Sympatho- oder Parasympathomimetika) oder aber blockieren (sog. Sympatho- oder Parasympatholytika).
thoracica, die sich aus dem Plexus cardiacus (an der Herzbasis und der beginnenden Aorta, mit seinen Fasern vegetativ das Herz
versorgend) und anderen Plexus zusammensetzt. Im Becken finden sich als große vegetative Geflechte die Plexus hypogastricus superior und inferior, die mit ihren Fasern die Beckeneingeweide ver-
sorgen.
In ihrer Gesamtheit bilden die Ganglien dieser Plexus alle prävertebralen Ganglien, die überwiegend sympathischen Fasern als Umschaltstelle vom 1. auf das 2. Neuron dienen.
12.5 Sympathikus Der sympathische Anteil des peripheren vegetativen Nervensystems nimmt seinen Ursprung im Wesentlichen im Seitenhorn des Thorakal- und oberen Lumbalmarks (Th1-L2), dessen Neurone
großenteils direkt neben der Wirbelsäule in den Ganglien des Truncus sympathicus (auch Grenzstrang, da er an die Wirbelsäule unmittelbar angrenzt) umgeschaltet werden. Dieser Grenzstrang mit den wichtigsten autonomen Plexus ist in > Abb. 12.3 dargestellt.
12.5 Sympathikus
#TER
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V
297
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Abb. 12.4 Schema sympathisch-viszeromotorischer im Vergleich zu somatomotorischen Leitungsbahnen im Spinalnervenbereich. 1 Spinalnerv, 2 R. communicans albus, 3 paravertebrales Grenzstrangganglion mit Verschaltung von prä- auf 4 postganglionäres Neuron, 5 prävertebrales Ganglion (mit Verschaltung von prä- auf 6 postganglionäres Neuron), 7 R. communicans griseus, 8 R. posterior des Spinalnervs, 9 R. anterior des Spinalnervs, 10 Erfolgsorgan (Beispiel hier: Darm). Die 11 somatomotorischen Efferenzen (rot) ziehen an R. albus und R. griseus vorbei in die Peripherie. Ihnen schließen
sich postganglionäre sympathische Fasern, die in 3 paravertebralen Ganglien verschaltet wurden, über den 7 R. communicans griseus an. Die somatomotori-
schen Fasern enden in der 12 Skelettmuskulatur, die sympathischen Fasern in 13 Erfolgsorganen mit glatter Muskulatur (Beispiel hier: Blutgefäß). [T873, L106]
Abb. 12.3 Sympathische Plexus und Ganglien. 1 Truncus sympathicus (paravertebrale Ganglien, Grenzstrang), 2 N. splanchnicus major, 3 N. splanchnicus minor, 4 Ganglion impar des Grenzstrangs, 5 Plexus coeliacus und Ganglia coeliaca (im Bereich des Ursprungs des Truncus coeliacus), 6 Plexus mesentericus superior (im Bereich des Ursprungs der A. mesenterica superior), 7 Plexus aorticus abdominalis, 8 Plexus mesentericus inferior,
9 Plexus hypogastricus superior, 10 Plexus hypogastricus inferior (Plexus pelvicus), 11 N. hypogastricus. Umgebungsstrukturen: 12 Spinalganglien,
Verlauf und Verschaltung des ersten sympathischen Neurons sind folgendermaßen (>- Abb. 12.4, grün): Die axonalen Fasern der 1. Neurone verlassen gemeinsam mit allen anderen motorischen Fasern über die Vorderwurzel das Rückenmark und werden so Teil des Spinalnervs (>- Abb. 12.4, 1). Unmittelbar danach treten sie als R.
communicans albus (>- Abb. 12.4, 2; erscheint makroskopisch weiß‘, da die entsprechenden Axone ummarkt sind) in das zugehöri-
13 N. vagus, 14 A. iliaca communis. (Aus [S007-1-23])
' albus (lat.) = weiß
298
12 Vegetatives Nervensystem
ge Grenzstrangganglion über ( >- Abb. 12.4, 3). Hier können sie unverschaltet durchziehen und weiter zu einem prävertebralen Ganglion verlaufen, um dort umgeschaltet zu werden ( > Abb. 12.4, 5). Meist aber werden sie bereits in den Grenzstrangganglien synaptisch auf das 2. Neuron umgeschaltet. Dieses zieht nun entweder ebenfalls zu den periaortalen vegetativen Plexus oder schließt sich als R. communicans griseus ( > Abb. 12.4, 7; erscheint makroskopisch grau“, da das 2. Neuron marklos ist) wieder dem Spinalnerv an, mit dem es
dann in segmentaler Anordnung zu den Dermatomen in Extremitäten und Rumpfwand zieht, wo es Blutgefäße, Schweißdrüsen oder die
glatten Muskeln an den Haarschäften innerviert ( > Abb. 12.4, 13).
KLINLK Die Hautversorgung des Sympathikus (Schweißdrüsen, Mm. arrectores pili und Vasomotorik) ist damit ebenfalls streng segmental wie die somatische Dermatomversorgung (>- Abb. 2.1, 5. 25). Deshalb kann es bei einer Rückenmarksschädigung mit Ausfall einzelner Segmente auch zum segmentalen Ausfall der Vasomotorik kommen, der sich in einer Rötung äußert, oder zu einer Störung der Schweißdrüsensekretion, die eine regional begrenzt trockene Haut zur Folge hat. Dies macht man sich diagnostisch bei der Höhenlokalisation klinisch unklarer Rückenmarksschädigungen zunutze.
12.5.1
Halsteil des Truncus sympathicus
Obwohl im Halsmark selbst keine vegetativen Neurone lokalisiert sind, findet man neben der zervikalen Wirbelsäule drei sympathi-
sche Ganglien des Grenzstrangs: Ganglion cervicale superius, medium und inferius. Das Ganglion cervicale inferius ist meist mit dem obersten Thorakalganglion zum Ganglion cervicothoracicum (Ganglion stellatum) verschmolzen. In diesen Ganglien werden Axone von 1. sympathischen Neuronen verschaltet, deren Perika-
ryen sich im oberen Thorakalmark befinden und ihre Fortsätze über die Verbindungen zwischen den Grenzstrangganglien bis in das Ganglion cervicale superius hinein erstrecken. Von diesen Ganglien aus erfolgt die Versorgung von: * Kopf, s Hals und e Arm.
Teilweise ziehen die Fasern der 2. Neurone mit den zervikalen Spinalnerven in die entsprechenden zervikalen Hautdermatome (s. 0.).
Ein größerer Teil aber begleitet als dünnes Geflecht die A. carotis mit ihren Aufzweigungen zu Kopf und Gesicht, umhüllt sie und einen Großteil ihrer Äste als Plexus caroticus und innerviert in der Kopfregion Schweißdrüsen, Blutgefäße, das Auge sowie die Speicheldrüsen. Die 1. Neurone der sympathischen Fasern, die das Auge innervieren, liegen im oberen TIhorakalmark (sog. Centrum ciliospinale). Die Fasern der 2. Neurone ziehen, vom Ganglion cervicale superius ausgehend, mit der A. carotis interna durch den Sinus
cavernosus und schließen sich dann der A. ophthalmica an. Sie ziehen in der Orbita unverschaltet durch das parasympathische Gan-
? griseus (lat.) = grau
glion ciliare, um von dort aus zusammen mit parasympathischen Fasern ihr Erfolgsorgan zu erreichen. Sie innervieren dann die glatten Mm. tarsales superior und inferior, die die Lidspalte weiten, den M. dilatator pupillae sowie den ebenfalls glatten M. orbitalis, der den Augapfel in der Orbita nach vorne ziehen soll (seine tatsächliche Bedeutung wird oft bezweifelt). Ähnlich wie mit den orbitalen Fasern ziehen mit Ausnahme der vasomotorischen auch die anderen sympathischen Fasern des Kopfbereichs unverschaltet durch ein parasympathisches Ganglion hindurch, ehe sie ihr Erfolgsorgan innervieren. Neben den Fasern zu Kopf, Hals und oberer Extremität senden
die Zervikalganglien auch postganglionäre Fasern zum Plexus cardiacus und versorgen darüber sympathisch das Herz. KLLINLK Horner-Syndrom Die Fasern, die im Ganglion cervicale superius verschaltet werden, müssen erst durch die beiden unteren Zervikalganglien ziehen. Sie sind vor allem für die sympathische Versorgung des Auges zuständig (Pupillenerweiterung, Lidspaltenerweiterung sowie möglicherweise Position des Augapfels). Wird diese sympathische Versorgung durch Zerstörung des Ganglion cervicale superius oder Ganglion cervicothoracicum (stellatum) unterbrochen (z. B. bei Operationen oder durch von der Lungenspitze aus nach oben wachsende Tumoren), resultiert das Horner-Syndrom. Dieses besteht aus der Trias: * Miosis: Pupillenverengung durch Lähmung des M. dilatator pupillae » Ptosis: Lidspaltenverengung durch Lähmung des M. tarsalis superior * Enophthalmus: Zurücksinken des Augapfels in die Orbita durch Lähmung des M. orbitalis. Der Enophthalmus wird allerdings oft nur durch die Verengung der Lidspalte vorgetäuscht. Das Horner-Syndrom kann auch bei einer Läsion des Seitenhorns im oberen Thorakalmark oder im Hirnstamm bei Schädigung der zentralen ableitenden Sympathikusbahn vom Hypothalamus ins Thorakalmark (Fasciculus longitudinalis posterior) entstehen.
12.5.2
Brustteil des Truncus sympathicus
Die zwölf thorakalen Grenzstrangganglien stehen wie alle anderen sympathischen Ganglien miteinander in Verbindung und liegen in Höhe der Rippenköpfe vor den Interkostalgefäßen. Von hier aus erfolgt die Versorgung von: » Herz (Plexus cardiacus)
* Ösophagus (Plexus oesophageus) s Lungen (Plexus pulmonalis). In den Lungen wirken die sympathischen Fasern dilatierend auf die glatte Bronchialmuskulatur, weshalb man in der Asthmathera-
pie häufig bestimmte Sympathomimetika (s. 0.) einsetzt. Aus den Grenzstrangganglien V-IX geht ein großer Eingeweidenerv, der N. splanchnicus major, hervor, der neben viszeralen Af-
ferenzen aus den Oberbauchorganen fast nur präganglionäre Fasern enthält, die dann in den Ganglien des Plexus coeliacus umgeschaltet werden.
12.6 Parasympathikus 12.5.3 Der N. splanchnicus major ( > Abb. 12.3, 2) zieht neben der Wir-
Bauch- und Beckenteil
299
des Truncus
sympathicus
belsäule abwärts. Er schließt sich der V. azygos (rechts) bzw. hemia-
zygos (links) an, mit der er gemeinsam durch das Zwerchfell tritt und den Retroperitonealraum erreicht.
Bis in den sakralen Wirbelsäulenbereich hinein existieren sympathische Grenzstrangganglien. Sie werden alle mit präganglionären Fasern von Neuronen aus den Seitenhörnern im Lumbalmark (bis
Direkt unterhalb des N. splanchnicus major tritt aus den Grenzstrangganglien X und XI der ebenfalls präganglionäre Fasern enthaltende N. splanchnicus minor aus ( >
Abb. 12.3, 3), der in der
Regel den gleichen Verlauf wie der N. splanchnicus major hat. Beide Nn. splanchnici versorgen über den Plexus coeliacus sympathisch einen ® Großteil des Gastrointestinaltrakts
und die damit verbundenen exokrinen Drüsen (Leber, Pankreas)
sowie die Nieren. Die Nn. splanchnici minor und z. T. major versorgen auch das Nebennierenmark, das als Äquivalent eines sympathischen Ganglions aufgefasst werden kann. Hier enden die cholinergen präganglionären sympathischen Fasern, werden aber in diesem Fall nicht auf das 2. Neuron verschaltet, sondern terminieren an den endokrinen Zellen des Nebennierenmarks, die auf die
ankommenden Impulse mit einer Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin reagieren. Beide Hormone wirken über den Blutweg in zahlreichen Organen synergistisch zu den noradrenergen postganglionären sympathischen Neuronen. KLLNLK Ein stumpfes Trauma (z. B. Schlag) in die epigastrische Region, in der auch der Plexus coeliacus (solaris) liegt, kann Übelkeit, Schwindel und sogar
Bewusstlosigkeit auslösen. Diese Reaktionen sind sicher nur teilweise durch eine Reizung des Plexus solaris erklärbar, doch nimmt man aufgrund unkontrollierter Entladungen der dort hindurchziehenden Fasern der Nn. splanchnici und des N. vagus an, dass es zu Übelkeitswahrnehmung und erweiterten Gefäßen im Bauchraum kommt, was zu Blutdruck-
L2) versorgt. Von diesen Ganglien aus werden u.a. über Nn. splanchnici lumbales und sacrales die Beckeneingeweide versorgt, wobei diese Nerven zusammen mit parasympathischen Fasern im Beckenraum vegetative Nervengeflechte bilden (Plexus hypogastricus superior und inferior; > Abb. 12.3, 9-10), von denen aus
die vegetative Innervation der * ableitenden Harnwege und der * Geschlechtsorgane erfolgt. Darauf wird in > Kap. 12.7.1 und > Kap. 12.7.3 gesondert eingegangen. Die Funktion der sympathischen Fasern im abdominellen Eingeweidebereich sowie in Rumpfwand und Extremitäten wird in > Kap. 12.1 und in > Tab. 12.1 erläutert. Eine Übersicht über die sympathischen Ganglien und deren Zuordnung zu den Erfolgsorganen findet sich in >- Tab. 12.3.
12.6 Parasympathikus Der Parasympathikus hat seine zentralnervösen Zentren im Hirnstamm und im Sakralmark. Im Gegensatz zum sympathischen Nervensystem sendet der Parasympathikus somit einen Großteil seiner Impulse über Hirnnerven an die Erfolgsorgane.
abfall und vermindertem venösem Rückstrom zum Herzen führt, infolge
dessen vorübergehend das Gehirn nicht mehr ausreichend durchblutet ist.
Tab. 12.3 Lokalisation 1. und 2. Neurone im sympathischen Nervensystem Erfolgsorgane
ME E präganglionären Fasern
Ursprung der postganglionären Fasern
Auge (M. dilatator pupillae)
Ganglion cervicale superius
Kopf und Hals
(C8-)Th1-Th2 (C8-)Th1-Th4
Herz
Th1-Th5
alle Zervikalganglien und obere Thorakalganglien
Lungen mit Bronchien
Th1—Th5
Ganglion cervicothoracicum (Ganglion stellatum)
Magen/Darm bis Colon transversum
Th6—Th10 (Nn. splanchnici)
Ganglion coeliacum (z. T. Ganglion mesentericum superius)
Colon descendens und Rektum
L1-L2
Ganglion mesentericum inferius
Nebennieren
Th10-L1
Nebennierenmark
Niere und Blase
Th12-L2
Ganglion coeliacum und Plexus hypogastricus superior und inferior
Genitale
Th12-L2
Plexus hypogastricus superior und inferior
obere Extremität
Th2—Th9
Ganglion cervicothoracicum (stellatum) und obere Thorakalganglien
untere Extremität
Th10-L2
Lumbal- und obere Sakralganglien
Ganglion cervicale superius (z.T. auch medium und inferius)
300
12 Vegetatives Nervensystem
12.6.1
pogastricus inferior (Plexus pelvicus) ein, den sie zusammen mit den sympathischen Fasern aus dem N. hypogastricus ( > Abb.
Hirnstammzentren
Folgende Hirnnerven führen parasympathische Fasern:
12.3, 11) bilden. Von hier aus versorgen sie dann über Nn. pelvici
splanchnici folgende Strukturen: N. oculomotorius (11I) N. facialis (VII)
Colon descendens Rektum
N. glossopharyngeus (1X) N. vagus (X).
ableitende Harnwege inneres und äußeres Genitale.
Die parasympathischen Hirnstammzentren sind in den entsprechenden allgemein-viszeromotorischen Kernen des III. (Ncl. accessorius n. oculomotorii), VII. (Ncl. salivatorius superior), IX. (Ncl. salivatorius inferior) und X. (Ncl. dorsalis n. vagi) Hirn-
nervs lokalisiert. Der von diesen Kernen ausgehende Verlauf der präganglionären Fasern mit den genannten Hirnnerven und deren Verschaltung in den parasympathischen Kopfganglien werden in > Kap. 2.3 besprochen. Der N. vagus tritt mit seinem parasympathischen Anteil als einziger Hirnnerv über die Grenzen des Kopf- und Halsbereichs hinaus und versorgt mit präganglionären Fasern die Eingeweide des Organs
Die vegetative Versorgung dieser Organsysteme hat klinisch besondere Bedeutung und wird deshalb in > Kap. 12.7 gesondert abge-
handelt. Eine Zuordnung parasympathischer Ganglien zu den zugehörigen peripheren Nerven und Erfolgsorganen findet sich zur Über-
sicht in > Tab. 12.4.
12.7 Vegetative Kontrolle von Harnblase, Rektum
und Genitalien
(Herz, Lunge, Ösophagus) und einen Großteil des Gastrointestinal-
trakts bis hinab in den Bereich der linken Kolonflexur (sog. CannonBöhm-Punkt*). Diese parasympathischen Fasern werden z.T. in den unmittelbar vor den Erfolgsorganen liegenden Ganglien, großenteils aber in den intramural liegenden Ganglien verschaltet, die
12.7.1
Harnblase
Zahlreiche Strukturen regulieren Kontinenz und Entleerung der Harnblase ( > Abb. 12.5):
z.B. in der Darmwand die Plexus submucosus (Meissner) und myentericus (Auerbach) bilden (beachte aber auch die Eigenständig-
M. detrusor vesicae (Blasenwandmuskel, autonom kontrak-
keit dieser Plexus als enterisches Nervensystem,
tionsfähig)
> Kap. 12.9).
Der N. vagus bewirkt u. a. am Herzen eine Bradykardie und Verlangsamung der atrioventrikulären Überleitung der Erregung. An den Bronchien verursachen die Vagusfasern eine Kontraktion der glatten Muskulatur, weshalb man Asthmatikern keine parasympathisch wirksamen Medikamente (Parasympathomimetika) verordnen darf. Am Gastrointestinaltrakt sorgt der N. vagus für eine Förderung der Verdauung: Kontraktion der glatten Muskulatur (Steigerung
der
Peristaltik),
Kontraktion
der
Gallenblase,
Sekretions-
steigerung der Magendrüsen (weshalb man bei therapierefraktären Magengeschwüren selektiv entsprechende Vagusanteile durchtrennen kann = Vagotomie), der Darmdrüsen und des Pankreas.
Zur Funktion der parasympathischen Fasern im Kopfbereich siehe > Tab. 12.1 und > Kap. 2.3.
vegetative Nerven
— Nn. pelvici splanchnici (Parasympathikus) — Plexus hypogastricus inferior (Sympathikus) somatische Nerven — N. pudendus pontines Miktionszentrum
übergeordnete Blasenzentren des Zwischen- und Großhirns — frontales Blasenzentrum — Basalganglien — Hypothalamus — Lobulus paracentralis. Steuerung auf Rückenmarksebene Die glatte Muskulatur der Blasenwand, die als M. detrusor vesicae
12.6.2
Sakrale Zentren
Die präganglionären Fasern aus den parasympathischen Zentren im Sakralmark (S2-S4, Zona intermedia zwischen Hinter- und Vor-
derhorn) verlassen das Rückenmark und den Wirbelkanal mit den
sakralen Spinalnerven. Sie treten direkt danach in den Plexus hy-
bei Kontraktion die Blase zur Entleerung bringt, ist stark dehnbar und so beschaffen, dass sie sich bei einem gewissen Dehnungsgrad autonom, d.h. ohne Beteiligung von Nerven, kontrahiert. Diese Stufe der Blasensteuerung spielt jedoch nur bei einer vollkommen denervierten Blase eine Rolle. Physiologisch steht die Entleerung der Blase unter Kontrolle des vegetativen und z. T. des somatischen Nervensystems: Der M. detrusor vesicae ( > Abb. 12.5, I) wird von
3 Der Ausdruck „Punkt” suggeriert eine scharfe Grenze, die jedoch nicht exis-
tiert, da sich die darminnervierenden parasympathischen Fasern aus dem N. vagus und den Sakralnerven im Bereich der linken Kolonflexur erheblich überlappen.
parasympathischen Fasern aus dem Sakralmark (S2-S4) aktiviert, die die Harnblase über Nn. pelvici splanchnici erreichen ( > Abb. 12.5, 2). Der am Blasenausgang und im Anfangsteil der Urethra befindliche, ringförmige und ebenfalls glatte M. sphincter urethrae internus ( > Abb. 12.5, 3) wird dagegen von sympathischen Fa-
12.7 Vegetative Kontrolle von Harnblase, Rektum und Genitalien
301
Tab. 12.4 Lokalisation1. und 2. Neurone im parasympathischen Nervensystem Erfolgsorgane
TT
E E ELE
TTT
E
E E
E
Auge (M. ciliaris und M. sphincter pupillae)
Mittelhirn
N. oculomatorius (Ill)
Ganglion ciliare
N. facialis (VII)
Ganglion pterygopalatinum Ganglion submandibulare
N. glossopharyngeus (IX)
Ganglion oticum
N. vagus (X)
Plexus cardiacus
N. vagus (X)
Plexus pulmonalis
N. vagus (X)
Plexus gastricus Plexus myentericus
(Ncl. accessorius n. oculomotorii)
Tränen-, Sublingual- und Submandibulardrüse
Medulla oblongata (Ncl. salivatorius superior)
Glandula parotis
Medulla oblongata (Ncl. salivatorius inferior)
Herz
Medulla oblongata (Ncl. dorsalis n. vagi)
Lungen mit Bronchien
Medulla oblongata (Ncl. dorsalis n. vagi)
Magen/Darm bis Colon
Medulla oblongata
transversum
(Ncl. dorsalis n. vagı)
Plexus submucosus Colon descendens und Rektum
5$2-54 (Zona intermedia)
Nn. pelvici splanchnici
Plexus hypogastricus (superior und inferior)
Niere und Blase
52-54 (Zona intermedia)
Nn. pelvici splanchnici
Plexus hypogastricus (superior und inferior)
Genitale
S2-S4 (Zona intermedia)
Nn. pelvici splanchnici
Plexus hypogastricus (superior und inferior)
obere und untere Extremität
—
sern aus dem Thorakolumbalmark (Th12-L2) aktiviert, die über die
Zentren reguliert, insbesondere vom Hypothalamus, von Anteilen
Nn. hypogastrici und den Plexus hypogastricus inferior zur Harnblase gelangen ( > Abb. 12.5, 4). Diese sympathischen Fasern wirken gleichzeitig inhibitorisch auf den M. detrusor vesicae und hemmen dadurch die Blasenentleerung.
des medialen Frontallappens (v.a. Gyrus frontalis superior medialis und Region des vorderen Gyrus cinguli, sog. frontales Blasenzen-
MERKE * Aktivierung des Sympathikus unterstützt einen Verschluss der Harnblase. * Aktivierung des Parasympathikus sorgt über eine Erregung der Blasenwandmuskulatur für eine Entleerung der Harnblase.
trum, > Abb. 12.5, 9) und von den Basalganglien (Substantia ni-
gra und Pallidum, >- Abb. 12.5, I0 und 11). Diese übergeordneten Zentren haben hemmenden Einfluss auf die Miktion und fördern dadurch die Harnkontinenz. Auch der Lobulus paracentralis („Umschlagfalte” von Gyrus pre- zu Gyrus postcentralis an der Medialseite des Großhirns, > Abb. 12.5, 12) beeinflusst die Harnkon-
Des Weiteren wird der Verschluss des Harnabflusswegs vom soma-
tinenz, da hier zum einen die Blasenfüllung bewusst wahrgenommen wird und nur dadurch eine willkürliche Unterdrückung des Harndrangs erfolgen kann; zum anderen wird von hier aus über die Pyramidenbahn der Beckenboden und damit auch der M. sphincter
tischen Nervensystem unterstützt, das über den N. pudendus (S2-
urethrae externus angesteuert.
S4, > Abb. 12.5, 5) den M. transversus perinei profundus (Dia-
phragma urogenitale, quer gestreifte Muskulatur) innerviert, der mit gesonderten Muskelfasern die Urethra als M. sphincter urethrae externus umgibt (>- Abb. 12.5, 6). Dieser willkürlich aktivierbare Harnröhrenverschluss befindet sich bei der Frau unmittelbar unter der Harnblase und beim Mann unter der Prostata. Er
spielt aber für die Harnkontinenz überwiegend in Belastungssituationen (Husten, Pressen etc.) bei gefüllter Blase eine Rolle.
Steuerung durch übergeordnete Zentren Ein übergeordnetes Steuerungszentrum im Hirnstamm (sog. pontines Miktionszentrum der Formatio reticularis, > Abb. 12.5, 8)
kontrolliert die vegetativen Harnblasenzentren im Seitenhorn des Sakral-(Parasympathikus) bzw. des Thorakolumbalmarks (Sympathikus) und koordiniert einen reibungslosen Ablauf der Blasenentleerung (Miktion). Dabei wird es wiederum von übergeordneten
Der physiologische Vorgang der Blasenentleerung beim Gesunden vollzieht sich folgendermaßen: Die zunehmende Füllung und dadurch steigende Wandspannung der Blase aktiviert über sensible Fasern (>- Abb. 12.5, 7) die parasympathischen Neurone im Sakralmark, die den M. detrusor vesicae aktivieren. Wird dieser Vorgang
durch übergeordnete (supraspinale) Regulationszentren nicht unterdrückt (z.B. beim Säugling, dessen absteigende Bahnen vom Gehirn ins Rückenmark noch nicht ausgereift sind), so erfolgt bei entsprechender Füllung reflektorisch eine Detrusorkontraktion und Sphinktererschlaffung, also eine Entleerung der Harnblase. Beim gesunden Erwachsenen jedoch wird die zunehmende Blasenwandspannung nicht nur an die parasympathischen Zentren des Rückenmarks, sondern über aufsteigende Kollateralen auch an das pontine
Miktionszentrum weitergegeben, das nun in Abhängigkeit von den Impulsen aus dem Frontallappen oder den Basalganglien eine Miktion zulässt bzw. initiiert (bahnende absteigende Fasern zum sakralen
302
12 Vegetatives Nervensystem
parasympathischen Miktionszentrum) oder unterdrückt (hemmende absteigende Fasern zum sakralen Miktionszentrum). Das bedeutet: Auch die willkürliche Blasenentleerung läuft letztlich über Strukturen des vegetativen Nervensystems ab, die lediglich von höheren Zentren aus willkürlich gehemmt oder stimuliert werden können — eine der wenigen Schnittstellen, wo in gewissem Umfang willkürliche Kontrolle über vegetative Steuerzentren ausgeübt werden kann.
M.ER.KE * Sympathikusaktivierung unterdrückt die Darmentleerung, * Parasympathikusaktivierung ermöglicht die Darmentleerung.
Störungen der Harnblasenfunktion
Die entsprechenden vegetativen Zentren liegen in den Lumbalmarksegmenten L1 und L2 (Sympathikus) und Sakralmarksegmenten S2-$4 (Parasympathikus). Der vegetative Reflexbogen ist ähnlich wie bei der Blase: Dehnung des Rektums sorgt über afferente Impulse für eine Stimulation der parasympathischen Zentren im Sakralmark und für eine Inhibition der sympathischen Zentren im
Harnblasenfunktionsstörungen durch Läsionen des Nervensystems (sog.
Lumbalmark,
KLINLK
neurogene Blasenstörungen) sind häufige und für die Betroffenen stets sehr belastende klinische Probleme. Dabei treten je nach Lokalisation einer Läsion ganz unterschiedliche S$ymptome auf: * Läsion des N. pudendus: Bei jeder intraabdominellen Drucksteigerung (z. B. Husten, Lachen etc.) kommt es zu einer Teilentleerung der
Blase, weil der M. sphincter urethrae externus nicht reflektorisch kon-
wodurch
es
zur
reflektorischen
Stuhlentleerung
kommt. Die willkürliche Kontrolle über die Darmentleerung erfolgt über den quer gestreiften M. puborectalis (Teil des M. levator ani) und den M. sphincter ani externus, die beide vom N. bzw.
Plexus pudendus (S2-S54) innerviert werden.
Weiterhin existieren wie bei der Harnblaseninnervation übergeordnete Zentren im Gehirn, die über absteigende Bahnen die vege-
trahiert werden kann (sog. Stressinkontinenz). Dies kann auch durch
tativen Zentren im Rückenmark steuern. Im Großhirn entsprechen
eine anders geartete (nicht durch Nervenläsion bedingte) Schwäche des M. sphincter urethrae externus als anatomisch-strukturellem Bestandteil des Beckenbodens auftreten. * Läsion vegetativer Nerven zur Blase (z. B. durch Tumoren im Becken, Operationsfolgen, Schädigungen der Rückenmarksnerven oder der Rückenmarksegmente 5254 selbst): Die Blase kann nur noch bei sehr starker (Über-)Füllung durch nervenunabhängige Muskelkontraktionen unvollständig entleert werden (sog. Überlaufinkontinenz bzw.
sie den Blasenzentren des Frontalhirns ( > Kap. 12.7.1). Bei der willkürlichen Darmentleerung (Defäkation) werden die
autonome Blase).
* Läsion des Rückenmarks oberhalb des Sakralmarks (z. B. Querschnittslähmung): Es kommt zu einer Harninkontinenz, die durch den ungehemmten Ablauf des vegetativen Reflexbogens im Sakralmark charakterisiert ist: Jede Füllung der Harnblase führt zu einer parasympathisch-reflektorischen Detrusorkontraktion, da die regulierenden absteigenden Bahnen vom Gehirn nicht mehr intakt sind. Da aber durch Unterbrechung des Reflexbogens zum pontinen Miktionszentrum auch die sinnvolle Koordination der an der Blasenentleerung beteiligten Muskelstrukturen wegfällt, ist die Harnentleerung, obwohl unbeherrschbar, meist inkomplett, sodass trotz Inkontinenz immer etwas Restharn in der Blase bleibt (sog. Sphinkter-Detrusor-Dyssynergie). * Läsion der suprapontinen Instanzen (Basalganglien, frontales Blasenzentrum): Bei Blasenfüllung kommt es ebenfalls zu einer nicht mehr willkürlich unterdrückbaren Detrusorkontraktion und damit Harninkontinenz (klinisches Beispiel > Abb. 12.6). Restharn (s. 0.) be-
steht dabei jedoch selten, solange das pontine Miktionszentrum und seine absteigenden Bahnen intakt sind. * Läsion des Lobulus paracentralis: Da er sowohl der sensible Kortex
für das Empfinden der Blasenfüllung als auch der Motokortex für den äußeren Schließmuskel ist, bemerkt der Patient weder die Blasenfüllung noch einen Harndrang, meist auch nicht den Urinabgang selbst.
12.7.2
Rektum
Die vegetative und somatische Versorgung des Rektums hat mit derjenigen der Harnblase vieles gemeinsam. Die peristaltische Kontraktion der glatten Darmwandmuskulatur wird vom Parasympathikus stimuliert, vom Sympathikus dagegen inhibiert. Der glatte M. sphincter ani internus steht unter exzitatorischem Einfluss des Sympathikus und inhibitorischem Einfluss des Parasympathikus.
Sphinktermuskeln
bewusst
erschlafft, der beschriebene vegetative
Reflexbogen vom Gehirn aus enthemmt und zusätzlich ggf. die Bauchpresse eingesetzt. Wie bei der Blaseninnervation gilt auch hier, dass die deszendierenden Bahnen aus dem Gehirn, die im Rücken-
mark zum einen den Reflexbogen zur vegetativ gesteuerten Darmentleerung inhibieren und zum anderen auf die Motoneurone des N. pudendus projizieren (und damit eine Beherrschung der willkürlichen Schließmuskeln ermöglichen), erst im Laufe der ersten beiden
Lebensjahre ausreifen. Dem Säugling ist somit nur eine vegetativ gesteuerte, reflektorische Kontrolle der Darmentleerung möglich. KLINLK Störungen der Darmentleerung Eine Querschnittslähmung im Bereich des Lumbalmarks oder darüber
hat eine Unterbrechung der kortikosakralen Bahnen zur Folge, sodass eine willkürlich steuerbare Darmentleerung wegfällt, was zu einem Stuhlverhalt führen kann. Solange das Sakralmark intakt ist, bleibt eine gewisse vegetativ gesteuerte Stuhlentleerung erhalten, die aber oft weniger effektiv ist, da die Bauchpresse aufgrund der Schädigung der absteigenden Bahnen wegfällt, sofern die Schädigung deutlich oberhalb des Lumbalmarks lokalisiert ist. Bei einer alleinigen Zerstörung des Sakralmarks oder der daraus hervorgehenden Nervenfasern kommt es aufgrund des Ausfalls der Pudendus-Motoneurone zur Stuhlinkontinenz.
12.7.3
Genitale
Von den Plexus hypogastrici aus erfolgt auch die sympathische und parasympathische Versorgung des Genitales. Dabei bewirkt der Parasympathikus von seinen Zentren im Sakralmark (S$2-S4) aus über die Nn. pelvici splanchnici eine Vasodilatation der Schwellkörpergefäße des Penis bzw. der Klitoris (Erektion). Fasern des
Sympathikus (Th12-L2) gelangen vom Plexus hypogastricus aus beim Mann zur Samenblase, zur Prostata und zum Ductus deferens,
wo sie eine Sekretion bzw. rhythmische Kontraktion der glatten Muskulatur auslösen (Ejakulation).
12.7 Vegetative Kontrolle von Harnblase, Rektum und Genitalien
303
Abb. 12.5 Neuronale Steuerung der Harnblasenfunktion. 1 M. detrusor vesicae, 2 Nn. pelvici splanchnici (parasympathische Nervenfasern aus den Sakralmarksegmenten 52-54), 3 M. sphincter vesicae (M. sphincter urethrae internus, unwillkürlich), 4 Plexus hypogastricus inferior (sympathische Nervenfasern), 5 N. pudendus (somatomotorisch), 6 M. sphincter urethrae externus (willkürlich), 7 viszerosensible Fasern, die die Blasenfüllung bzw. Blasenwandspannung an das Rückenmark vermitteln, 8 pontines Miktionszentrum in der Formatio reticularis, 9 frontales Blasenzentrum, 10 Substantia nigra, 11 Pallidum, 12 Lobulus paracentralis des Großhirns. [T873, L106]
MERKE
Die entsprechenden vegetativen Sexualzentren im Lumbal- und Sa-
Somit führt
kralmark wiederum werden nicht nur durch sensible Afferenzen
,
.
.
.
* eine Aktivierung der parasympathischen Zentren zur Erektion, * eine Aktivierung der sympathischen Zentren beim Mann zur Ejaku-
ar
aus den Genitalien selbst (über den N. pudendus), sondern auch
höh Zent insbesondere dem Hypothal dad on MONETEN LENMEN, INSDESONCETE GEM E1YPOLAMAMUS UNG GE
limbischen System, beeinflusst (z. B. psychogene Erektion).
304
12 Vegetatives Nervensystem wie die somatischen über Spinal- bzw. Hirnnervenganglien in das ZNS ein. Im Rückenmark enden die viszeralen Afferenzen relativ weit verteilt ( > Kap. 3.4.2), insbesondere aber in der Zentralregion (Lamina X) und im Hinterhorn (Laminae I und V). Im Hirnstamm
hingegen enden alle viszerosensiblen Impulse im Kernkomplex der Ncll. tractus solitarii. Diese Impulse werden häufig direkt auf Rückenmarks- oder Hirnstammebene zur Auslösung viszeraler Reflexe weiterverschaltet. Ein Teil von ihnen gelangt aber auch über aufsteigende Bahnen zum Bewusstsein (viszerosensible Bahnen,
> Kap. 9.10.2). Dabei scheint es allerdings so zu sein, dass
häufig sowohl viszerale als auch somatische Afferenzen im Hinterhorn auf s dasselbe weiterleitende Neuron
projizieren, das die sensiblen Impulse dann in Richtung somatosensibler Kortex leitet. Da das Gehirn „daran gewöhnt ist“, den Impul-
Abb. 12.6 Läsion des frontalen Blasenzentrums. Computertomographie des Schädels bei Hirnmetastase eines Bronchialkarzinoms. Die Metastase (hell, mit x gekennzeichnet) mit umgebender Hirnschwellung (Ödem, dunkel, mit Pfeilen eingegrenzt) liegt im Bereich des frontalen Bla-
senzentrums. Symptomatik der Patientin: Harndranginkontinenz (plötzlich eintretender, willkürlich nicht beherrschbarer Harndrang). (Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. M. Langer, Freiburg) [T879]
sen dieses weiterleitenden Neurons stets somatische und nicht viszerale Reize zuzuordnen (entsprechende Lernvorgänge finden im Laufe des Lebens durch den viel intensiveren somatischen Input statt), werden häufig eigentlich viszerosensible Impulse als somatische fehlinterpretiert. So werden Schmerzen in bestimmten somatischen Regionen beklagt, denen in der Realität Schmerzen in be-
stimmten Eingeweidebereichen zugrunde liegen. Das nennt man übertragenen Schmerz. Vielen Organen, deren viszerale Afferen-
zen im Rückenmark auf einer bestimmten segmentalen Ebene enden, ist ein entsprechender Hautbezirk zuzuordnen, der im Derma-
tom des entsprechenden Segments liegt. Diese sog. Head-Zonen sind in > Abb. 12.7 gezeigt.
KLINLK Störungen der Genitalfunktion Bei Querschnittslähmungen oberhalb des Lumbalmarks muss nicht zwangsläufig eine Impotenz entstehen. Zwar fallen alle psychischen Einflüsse auf die Sexualfunktionen weg, der eigentliche vegetative Regelkreis auf Rückenmarksebene bleibt aber erhalten, sodass männliche Patienten durchaus noch zeugungsfähig sein können. Anders verhält es sich bei einer Zerstörung des Lumbalmarks, nach der zwar noch eine Erektion, aber keine Ejakulation mehr möglich ist. Eine Läsion des Sakralmarks ab dem Segment S2 hat beim Mann dagegen meist eine Impotenz zur Folge, da auch keine Erektion mehr erfolgen kann. Allerdings existieren auch einige Fasern von sympathischen Zentren im Thorakalmark zu den Schwellkörpern, die bei Ausfall der sakralen Zentren bei einem Teil der Patienen noch eine (in der Regel psychogene) Erektion ermöglichen können.
KLINLK Die Head-Zonen sind klinisch sehr wichtig. Ein sehr bekanntes Beispiel ist der bei einer Mangeldurchblutung des Herzens (Angina pectoris oder Herzinfarkt) empfundene Schmerz im Bereich der linken Brustwand, der in
den linken Arm ausstrahlt. Ein anderes häufiges Beispiel ist der Schmerz in der rechten Schulter, dem eigentlich viszerale Reize aus der Gallenblase (Entzündung, Gallensteine) zugrunde liegen. Gute Kenntnisse über diese Head-Zonen sind unerlässlich, um nicht voreilig „somatische” Schmerzen in den entsprechenden Bereichen als harmlos abzuqualifizieren.
Es gibt aber auch das umgekehrte Phänomen: somatosensible Afferenzen aus Haut und Unterhaut projizieren z. T. im Rückenmark direkt oder indirekt auf viszeromotorische efferente Neurone, was
zu somatosensibel ausgelösten viszeralen Reaktionen führen kann
12.8
Viszerale Afferenzen
und Head-
Zonen
(kutaneoviszeraler Reflex). Unter anderem auf diese Weise kann man die Wirkung von Hautreizen (Wärme, Druck oder auch Aku-
punktur) auf das Eingeweidesystem erklären. Die allgemein-viszerosensiblen Afferenzen, die aus den inneren Organen Informationen wie den Füllungszustand der Harnblase, den O;-Gehalt des Bluts und dergleichen vermitteln, werden im Extre-
12.9 Enterisches Nervensystem
mitäten-, Unterbauch- und Beckenbereich überwiegend entlang von sympathischen Nervenfasern zum Rückenmark geleitet. Im übrigen Eingeweidebereich gelangen die viszerosensiblen Impulse
Grundlage
über die beiden allgemein-viszerosensiblen Hirnnerven (IX, X) in
den Hirnstamm. Dabei treten die viszeralen Afferenzen genauso
In vielen inneren Organen wie Herz und Lunge gibt es intramurale Nervenzellansammlungen (Ganglien), die unter Einfluss des Sym-
12.9 Enterisches Nervensystem
Zwerchfell, Gallenblase (C4)
305
Zwerchfell (C.)
Th4 Th, Th3
Tha Th5
Herz (Th3, Thg) Speiseröhre (Th4, Ths)
Thg Th7 Thg Thg
Magen (Thg)
Th40 Th44
Leber, Gallenblase (Thg—Th44)
Th42 Dünndarm (Th49)
L4
Dickdarm (Th44) Niere, Hoden (Th49—L4) Harnblase (Th44—L4)
Abb. 12.7 Head-Zonen. Auf der rechten Körperseite sind die Interkostalnerven dargestellt, die das Zuordnen der Segmente erleichtern. [T873, L126]
pathikus und Parasympathikus die Organfunktion steuern. Von diesen Ganglienorganisationen ist das komplexeste und am besten untersuchte das enterische Nervensystem (Plexus entericus), das
zwar unter dem Einfluss des sympathischen und parasympathischen Nervensystems steht, letztlich aber auch unabhängig von diesen eine autonome Funktion ausübt. Dieses in der Ösophagus-/ Magen-/Darmwand befindliche Nervensystem gliedert sich in drei
Geflechte:
Struktur und Verbindungen Wir müssen uns das enterische Nervensystem als ein Netzwerk einzelner Nervenzellansammlungen (Ganglien) vorstellen, die untereinander engmaschig verknüpft sind. Die Nervenzellen werden von speziellen Gliazellen umgeben, die in ihrer Struktur und Funktion
eher Astrozyten als den sonst im peripheren Nervensystem vorkommenden Schwann-Zellen ähnlich sind. Die Axone der enterischen Nervenzellen sind marklos. Afferenzen erhalten diese Nervenzellen direkt von sensorischen Rezeptoren der Mukosa und
s Plexus submucosus (Meissner) in der Tela submucosa * Plexus myentericus (Auerbach) zwischen äußerer und innerer Schicht der Tunica muscularis s Plexus subserosus zwischen Tunica muscularis und Tunica serosa.
Submukosa
Neben dem zentralen und dem peripheren Nervensystem mit ihren
aber auch Efferenzen zu Gallenblase und Pankreas, zu vegetativen
vegetativen Anteilen existiert dieses Nervensystem wie eine Art ei-
Ganglien des Sympathikus und Parasympathikus und sogar in das Rückenmark und den Hirnstamm. Die im enterischen Nervensystem freigesetzten Transmitter sind überwiegend Neuropeptide wie
genständiges (mit den anderen Systemen jedoch funktionell verbundenes) „Gehirn des Magen-Darm-Trakts“, das in seiner Funk-
tion sehr komplex organisiert und in der Zahl der Neurone (ca. 100
Millionen) fast mit dem Rückenmark vergleichbar ist.
der
Magen-/Darmwand,
aber
auch
extrinsisch
von
postganglionären sympathischen und parasympathischen Fasern, die (indirekten) Einfluss auf die Funktion des Magen-Darm-Trakts
ausüben. Efferent steuern die intramuralen Ganglien die glatten Muskelzellen der Darmwand (Plexus myentericus) und z.B. die Drüsenzellen der Mukosa (Plexus submucosus) an. Es existieren
VIP (vasoaktives intestinales Polypeptid) oder Substanz P, aber auch Monoamine wie Serotonin, NO (Stickstoffmonoxid) und das
306
12 Vegetatives Nervensystem
auch sonst als Transmitter weit verbreitete Acetylcholin. Sehr häufig benutzen einzelne Neurone zwei oder noch mehr Transmitter.
Funktion
Der viszerosensible Teil des enterischen Nervensystems vermittelt uns Informationen aus dem Magen-Darm-Trakt wie Völlegefühl, Magenschmerzen und dergleichen. Die Aufgaben des viszeromotorischen Teils des enterischen Nervensystems bestehen in erster Linie in der Generierung und Koordination eines reibungslosen Ablaufs der Verdauungsvorgänge. Die wichtigste Rolle spielt dabei die Drüsentätigkeit und die (grundsätzlich auch ohne Einfluss von Sympathikus und Parasympathikus existente) Peristaltik des Magen-Darm-Trakts. Weitere Funktionen sind die Steuerung der Schleimhautdurchblutung oder die Beeinflussung des darmassoziierten Immunsystems
(GALT/MALT
= gut-/mucosa-associated
Iymphoid fissue). Wichtig ist, dass das enterische Nervensystem bei
nur im ZNS (Rückenmark oder Hirnstamm) ausgeführt werden. Gleichwohl steht das System unter sympathischen und parasympathischen Einflüssen, die sich aber somit meist indirekt auf den Darmtrakt auswirken (eine Ausnahme bildet die Sphinktermuskulatur, die z. T. direkt sympathisch bzw. parasympathisch innerviert ist). Eine Übersicht zum Funktionsprinzip des enterischen Nervensystems gibt > Abb. 12.8. KLLINLK Störungen des enterischen Nervensystems
Bei den vielen für die Funktionen des Magen-Darm-Trakts unerlässlichen Aufgaben des enterischen Nervensystems verwundert es nicht, dass Störungen in diesem System zu erheblichen Krankheitserscheinungen führen.
So führt z.B. eine angeborene Verminderung von Ganglienzellen im Plexus myentericus zu schweren Peristaltikstörungen im betroffenen Darmab-
schnitt, sodass es zum Transportstillstand des Darminhalts mit nachfolgender Aufdehnung der proximal davon liegenden Darmabschnitte kommt (Morbus Hirschsprung, Megakolon). Umgekehrt kann eine krankhafte Überaktivität des Systems zu Durchfällen (Diarrhöen) führen.
den geschilderten Funktionen nicht nur „ausführendes Organ“ von
Sympathikus und Parasympathikus ist, sondern auch selbst integrative Aufgaben erfüllt, die sonst im vegetativen Nervensystem
N. vagus
sensorische
Nn. splanchnici
Rezeptoren im Gastrointestinaltrakt sympathische
Ganglien
. asl
Entesti
ale
ndokrine Zelle
MALT/GALT nımunNreaktione
Gallenblase (Kontraktion)
Abb. 12.8
Funktionsprinzip des enterischen Nervensystems. [T873, L106]
Pankreas: Enzymsekretior
12.9 Enterisches Nervensystem
307
Zusammenfassung Allgemeiner Teil
sible Impulse zum Gehirn weiterleitet. Dadurch können viszera-
Das vegetative (autonome, viszerale) Nervensystem reguliert die Funktion der inneren Organe und Gefäße und dient damit der Aufrechterhaltung des inneren Körpermilieus (Homöostase). Seine Steuerung ist dem Bewusstsein weitgehend entzogen. Das autonome Nervensystem gliedert sich in zwei funktionell antagonistische und auch strukturell unterschiedliche Anteile:
le Reize als somatische „fehlinterpretiert“ werden. Die Hautre-
* Sympathikus und * Parasympathikus. Nahezu alle Organsysteme werden von beiden Anteilen des vegetativen Nervensystems innerviert. Dabei kommt dem Sympathikus eine energiemobilisierende und aktivitätssteigernde Wirkung zu (z. B. Steigerung der Herzleistung), während der Parasympathikus für den Wiederaufbau der Körperenergien sorgt (z.B. Steigerung der Magen-/Darmtätigkeit). Das übergeordnete Integrations- und Steuerzentrum des vegetativen Nervensystems ist der Hypothalamus, der wiederum unter dem Einfluss höherer Strukturen, insbesondere des limbi-
schen Systems, steht. Weitere, dem Hypothalamus untergeordnete vegetative Zentren liegen in der Formatio reticularis des Hirnstamms. Sympathikus und Parasympathikus haben auch eigene, dem Hypothalamus untergeordnete Zentren: der Sympathikus im Thorakal- und Lumbalmark, der Parasympathikus im Hirnstamm und im Sakralmark, Motorische Systeme des vegetativen Nervensystems haben zwei Neurone, die die Impulse vom ZNS in die Peripherie leiten. Die Umschaltung vom 1. auf das 2. Neuron geschieht in den vegetativen Ganglien. Dabei ist beim Sympathikus das 1. Neuron stets kurz und das 2. Neuron lang (Ganglien in ZNS-Nähe), während beim Parasympathikus das 1. Neuron stets lang und das 2.Neuron kurz ist (Ganglien in Organnähe, meist intramurale Ganglien). Vegetative Nervenfasern bilden in der Peripherie Geflechte, Plexus, aus (z. B. Plexus coeliacus), die sich meistens in der Nä-
he der Organe befinden, die von diesen Plexus aus dann vegetativ innerviert werden.
gionen, deren sensible Fasern im Rückenmark auf das gleiche Neuron wie jene eines inneren Organs projizieren, heißen HeadZonen. Spezieller Teil
Sympathikus Kurz nach Verlassen der thorakolumbalen vegetativen Zentren im Rückenmark werden die sympathischen Nervenfasern in vegetativen Ganglien umgeschaltet, die entlang der Wirbelsäule liegen (paravertebrale Ganglien) und zusammen den sympathischen Grenzstrang bilden. Es gibt drei Gruppen von Grenzstrangganglien: 1. Halsganglien (Ganglion cervicale superius, medium, inferioris): Sie versorgen Kopf, Hals und einen Teil der Arme.
Besondere klinische Bedeutung haben die im Ggl. cervicale superius verschalteten Fasern für das Auge. Sie bewirken dort eine Pupillendilatation, Lidspaltenerweiterung und einen Zug des Augapfels in der Orbita nach vorne (bei Ausfall: HornerSyndrom). 2. Brustganglien: Sie versorgen das Herz (Leistungssteigerung), die Lunge (Bronchodilatation) und einen Großteil des
Gastrointestinaltrakts (Minderung von Peristaltik und Drüsensekretion, Erhöhung des Tonus sämtlicher Sphinktermus-
keln).
3. Beckenganglien: Sie versorgen die Nieren, die Nebennieren (Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin in die Blutbahn) und das Genitale (Wirkung s. u.).
Parasympathikus Da ein Teil der parasympathischen Zentren im Hirnstamm liegt, ziehen die entsprechenden vegetativen Impulse über vier Hirnnerven in die Peripherie: N. oculomotorius (III), N. facialis (VII), N. glossopharyngeus (IX) und N. vagus (X). Die parasym-
thische Neuron schüttet ebenfalls Acetylcholin aus, das 2. sym-
pathischen Fasern werden jeweils in einem der vier vegetativen Kopfganglien in Nähe des Erfolgsorgans auf ein 2. parasympathisches Neuron umgeschaltet. Die Fasern des N. vagus ziehen als Einzige weit über die Kopf-Hals-Grenze hinaus und innervieren die Brust- und Baucheingeweide einschließlich des Gastrointestinaltrakts von proximal nach distal bis in die Region der linken
pathische Neuron Noradrenalin.
Kolonflexur (sog. „Cannon-Böhm-Punkt“). Der N. vagus wirkt
Transmitter
Das 1. Neuron verwendet bei beiden Anteilen des vegetativen Nervensystems Acetylcholin als Transmitter. Das 2. parasympa-
Viszerale Afferenzen, Head-Zonen
Die Unterteilung in S$ympathikus und Parasympathikus bezieht sich nur auf die efferenten vegetativen Nervenfasern. Die afferenten vegetativen Impulse peripherer Nerven werden (im ZNS) größtenteils reflektorisch auf efferente vegetative Systeme, z. T. aber auch auf weiterleitende Bahnen zu höheren Hirnzentren verschaltet. Dabei werden die viszeralen Afferenzen im Rückenmark z. T. auf dasselbe Neuron verschaltet, das auch somatosen-
dabei auf die Lunge (Bronchokonstriktion — klinische Bedeutung beim Asthma!), das Herz (Leistungsminderung) und den Gastrointestinaltrakt (Steigerung von Peristaltik und Drüsensekretion sowie Erschlaffung der Sphinktermuskeln). Von den sakralen Zentren des Parasympathikus im Rückenmark aus werden die ableitenden Harnwege, der Darm distal der
linken Kolonflexur und das Genitale versorgt. Die dabei klinisch besonders wichtige Steuerung von Harnblase, Rektum und Genitale wird im Folgenden geschildert.
308
12 Vegetatives Nervensystem
erfolgt, wenn das Rektum gefüllt ist. Bei der vegetativen Kontrol-
Harnblase
Das Wasserlassen Fasern (Ih12-L2) rasympathischen rung kontrolliert.
(Miktion) wird im Sinne einer Fasern (S2-S4) Das willkürlich
vegetativ von sympathischen Harnverhaltung und von paim Sinne einer Blasenentleeinnervierbare Diaphragma
urogenitale (Teil des Beckenbodens) kann durch Abklemmung der Harnröhre die Blasenentleerung vorübergehend unterdrü-
le über die Enddarmentleerung führt der Sympathikus (L1-L2) zu einem Stuhlverhalt. Der Parasympathikus (S2-S4) bewirkt
dagegen Enddarmentleerung. Die willkürliche Stuhlabsetzung erfolgt über eine Enthemmung der sonst vom Gehirn kontrollierten vegetativen Zentren des Rückenmarks und eine gleichzeitige Erschlaffung der
cken.
Schließmuskeln des Beckenbodens.
Die vegetativen Zentren für die Blasenentleerung im Rückenmark unterliegen der Kontrolle von übergeordneten Zentren im
Genitale
Hirnstamm (pontines Miktionszentrum), Zwischenhirn (Hy-
pothalamus) und Großhirn (Basalganglien und frontales Blasenzentrum).
Die vegetativ gesteuerte Blasenentleerung erfolgt immer dann, wenn die Blase voll ist und eine Entleerung nicht über den
willkürlichen Schließmuskel der Urethra oder eine Inhibition des spinalen parasympathischen Zentrums durch absteigende Bahnen aus dem Gehirn verhindert wird.
Parasympathische Fasern (S2-S4) bewirken die Erektion (der Klitoris bzw. des Penis), während sympathische Fasern (Th12L2) beim Mann zur Ejakulation führen. Enterisches Nervensystem
Im Magen-Darm-Trakt finden sich in Form des Plexus myentericus, Plexus submucosus und Plexus subserosus intramurale
Ansammlungen autonomer Nervenzellen (intramurale Gangli-
Rektum
en), die ihre Funktion zwar z. T. unter Einfluss, z. T. aber auch völlig unabhängig von Sympathikus und Parasympathikus erfül-
Hier gelten ähnliche Grundprinzipien wie bei der Harnblase. Die vegetative (im Prinzip unwillkürliche) Entleerung des Rektums
len. Sie dienen vor allem dem reibungslosen Ablauf von Peristaltik und Sekretion des Magen-Darm-Trakts.
Wiederholungsfragen 4. Was versteht man unter dem sympathischen Grenzstrang? 1. Welche Transmitter benutzt das sympathische, welche das 5. Welche Funktion erfüllt der Sympathikus, welche der Paraparasympathische Nervensystem an seinen peripheren Synapsen? sympathikus am Auge, am Herzen und an der Lunge? Über welche nervalen Strukturen gelangen die entsprechenden Fa2. Wo sind die Perikaryen des 1. sympathischen und parasym-
pathischen Neurons im ZNS jeweils lokalisiert? 3. Welche Hirnnerven führen parasympathische Fasern? Welcher von ihnen versorgt parasympathisch die Brust- und Baucheingeweide?
sern an ihre Erfolgsorgane? 6. Welchen Einfluss haben Sympathikus und Parasympathikus auf die Vorgänge der Harn- und Stuhlentleerung? 7. Was versteht man unter Head-Zonen?
Lösungen 1. Sympathikus: 1. Neuron Acetylcholin, 2. Neuron Noradrena4. Kette sympathischer Ganglien (Umschaltung von 1. auf 2. lin (Ausnahmen: Schweißdrüseninnervation, hier 2. Neuron
Neuron) entlang der Wirbelsäule, die untereinander in Ver-
Acetylcholin; weiterhin Nebennierenmark als Äquivalent
bindung stehen und im Halsbereich von sympathischen Axo-
zum 2. sympathischen Neuron: Adrenalin, Noradrenalin).
nen aus dem Thorakalmark, im Sakralbereich von sympathi-
Parasympathikus: 1. und 2. Neuron Acetylcholin. Fast alle vegetativen Neurone haben auch Neuropeptide als Kotransmit-
schen Axonen aus dem Lumbalmark versorgt werden.
ter.
2. Sympathikus: Thorakolumbalmark ([C8] Th1-L2). Parasym-
pathikus: Hirnstamm und Sakralmark (S2-S4). 3.N. oculomotorius (M), N. facialis (VI), N. glossopharyngeus
(IX), N. vagus (X). Der N. vagus entfaltet seine parasympathi-
5. Auge: Sympathikus > Pupillenerweiterung (über Fasern aus dem obersten Halsganglion, die mit der A. carotis interna bzw. A. ophthalmica das Auge erreichen); Parasympathikus 3 Pupillenverengung und Akkommodation (über N. oculomotorius).
geweide bis hinab zum sog. „Cannon-Böhm-Punkt“ (Bereich
Herz: Sympathikus > Steigerung von Pulsfrequenz, Erregungsüberleitung und Kontraktionskraft (über Fasern aus den oberen thorakalen Ganglien — Plexus cardiacus); Parasympathikus > Verlangsamung der Pulsfrequenz und Erregungsüberleitung, keine Wirkung auf die Kontraktionskraft
linke Kolonflexur).
(über N. vagus).
schen Wirkungen nur außerhalb des Kopfbereichs, der dafür
von den anderen drei parasympathischen Hirnnerven versorgt wird. Der N. vagus innerviert die Brust- und Bauchein-
12.9 Enterisches Nervensystem
Lunge: Sympathikus > Bronchodilatation und Sekretionsminderung der Bronchialdrüsen (über Fasern aus dem Thorakalmark — Plexus pulmonalis); Parasympathikus > Bronchokonstriktion und Sekretionssteigerung der Bronchialdrüsen (über N. vagus).
6. Sympathikus verhindert Harn- und Stuhlentleerung (über Fasern aus dem Lumbalmark) durch Stimulation der entsprechenden Sphinktermuskulatur. Parasympathikus fördert bzw. WEITERFÜHRENDE LITERATUR Appenzeller, 0.: The Autonomic Nervous System. Elsevier, Amsterdam-New York-Oxford 1990. Belkind-Gerson, J., F. Graeme-Cook, H. Winter: Enteric nervous system
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309
ermöglicht Harn- und Stuhlentleerung (über Fasern aus dem Sakralmark) durch Stimulation der glatten Wandmuskulatur von Blase und Darm. 7. Orte übertragenen Schmerzes aus dem Eingeweidebereich in die Haut. Viszerale und somatische Schmerzimpulse werden im Rückenmark oft auf dasselbe Neuron umgeschaltet, das
die Erregung weiter zum Gehirn leitet.
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KAPITEL
1
3
Sinnesorgane 13.2
Oß
13.2.1
Äußeres Ohr 0000000
327
311
13.2.2
Mittelohr .....000000000000000 E
329
13.1.2
und 13.1.3 Tunica fibrosa bulbi ................ 312
13.2.3
Innenohr
332
13.1.2. 13.1.3
KOormnea 20 Sklera ...
312 314
13.3
Geruchsorgan
13.1.4 13.1.5
Tunica vasculosa bulbi (Uvea) ................. 314 Tunica interna bulbi (Retina) .........0.0.0000040000 315
13.4
Geschmacksorgan .........000000000000000 339
13.1.6
IMS err
13.1.7
Linse (LenS)
13.5 13.5.1 13.5.2 13.5.3 13.5.4
Haut und Hautanhangsgebilde .............. Haut: Allgemeines und Funktion ............... Mikroskopische Anatomie der Haut ............. Sinnesorgane der Haut . ..............0.0000000 Hautanhangsgebilde .........00000000000000
13.6
Sinnesorgane des Bewegungsapparats
13.1
AUQE
2R
13.1.1
Aufbau und Gliederung des Augapfels (Bulbus oculi) . ...
311
326
200e ..
337
320 .
320
13.1.8 Corpus ciliare (Ziliarkörper) .................0. 321 13.1.9 Augenkammern und Kammerwasser ............ 321 13.1.10 Corpus vitreum (Glaskörper) .................. 321
13.1.11
rrr
Visuelle Reflexe ........0.00000000000000000400 322
Umgebungsstrukturen und Schutzorgane des AUQeS .r 13.1.13 Augenmuskeln ...
340 340 341 343 344
13.1.12
13.1
323 325
Auge
Mit keinem anderen Organ nehmen wir die Umwelt in einer solchen Vielfalt wahr wie mit dem Auge. Der Augapfel (Bulbus oculi) enthält
....... 347
Sie alle sind auf ihre Weise für die visuelle Wahrnehmung ebenso wichtig wie der Augapfel selbst. Von außen betrachtet sehen wir von alldem kaum etwas. Einige wichtige Strukturen sind aber bei jeder klinischen Routineuntersuchung erfassbar (>- Abb. 13.1): Äußerlich ist das Auge von oben durch das Oberlid ( > Abb. 13.1, 1) und von unten durch das Unterlid (>- Abb. 13.1, 2) begrenzt.
e lichtbrechende und e lichtwahrnehmende Anteile.
Die Lider tragen Cilia (Wimpern) an ihren Rändern. Im medialen Augenwinkel befindet sich die Caruncula lacrimalis („Tränenwärzchen”, >- Abb. 13.1, 5). Das „Weiße“ im Auge wird durch die
Zu den lichtbrechenden gehören Hornhaut, Linse und Glaskörper.
Sklera (Lederhaut) gebildet, die von der durchsichtigen Tunica
Das lichtwahrnehmende Organ ist die Netzhaut (Retina). In ihr
conjunctiva (Bindehaut; > Abb. 13.1, 6) bedeckt ist. Das „Farbige“ im Auge ist die Iris (Regenbogenhaut, > Abb. 13.1, 7), die in ihrer
wird der physikalische Reiz des Lichts in photochemischen Prozessen zu einem neuronalen Reiz umgewandelt. Sie ist ebenso wie der Sehnerv entwicklungsgeschichtlich ein Teil des Zwischenhirns (>
Kap. 1.7.3)
Mitte ein Loch, die Pupille, aufweist (>- Abb. 13.1, 8). Das Auge wird überwölbt von den Augenbrauen (Supercilia, > Abb. 13.1, 9).
Das Sehorgan als Ganzes besteht jedoch aus weit mehr als nur dem Bulbus oculi. Es gehören ebenfalls dazu:
13.1.1 Aufbau und Gliederung des Augapfels e der Sehnerv (N. opticus), der die visuellen Impulse der Retina
(Bulbus oculi)
zu den entsprechenden Zentren im Gehirn weiterleitet e die äußeren Augenmuskeln (Bewegungsapparat des Bulbus) e Umgebungsstrukturen des Auges: die Augenlider (Palpebrae),
Der Bulbus oculi hat eine annähernd kugelige Gestalt mit einem
die Bindehaut (Konjunktiva), die Augenhöhle (Orbita) und die Tränendrüsen (Glandulae lacrimales).
vorderen und einem hinteren Pol (=>- Abb. 13.2, I und 17). Zwi-
schen beiden verläuft der Augenäquator (Equator bulbi), der mit seiner Ebene senkrecht zur Bulbusachse ( >
Abb. 13.2, 18) steht.
312
13 Sinnesorgane 109
Pupille, die den Lichteinfall ins Auge kontrolliert. Dorsal der Iris befindet sich eine weitere ringförmige Ausstülpung der Uvea, das Corpus ciliare (Ziliarkörper; > Abb. 13.2, 9). Es ist über die feinen Zonulafasern mit der Linse verbunden, die diese in ihrer Position
halten. Man unterscheidet im Auge drei anatomisch und funktionell zu trennende Räume: * vordere Augenkammer: Sie befindet sich zwischen Kornea und Iris und ist mit Kammerwasser gefüllt ( > Abb. 13.2, 32).
s hintere Augenkammer: Sie befindet sich zwischen Ziliarkörper und den Zonulafasern einerseits und der Irisrückseite andererAbb. 13.1
Auge von außen.
seits ( > Abb. 13.2, 29); sie enthält ebenfalls Kammerwasser.
1 Palpebra superior (Oberlid), 2 Palpebra inferior (Unterlid), 3 lateraler und 4 medialer Augenwinkel, 5 Caruncula lacrimalis, 6 Tunica conjunctiva (Bindehaut, durchsichtig), darunter weiß durchscheinend die Sklera (Lederhaut), 7 Iris (Regenbogenhaut), 8 Pupille, 9 Supercilia (Augenbrauen), 10 Lichtreflex. [T873, L106]
* Glaskörperraum: Er schließt sich dorsal der Linse und des Corpus ciliare an und ist mit einer gallertigen, glasig-durchsichtigen Masse gefüllt, die als Corpus vitreum (Glaskörper) bezeichnet
Der Augapfel wiegt ca. 7,5g und misst im Querdurchmesser etwa
Die einzelnen Anteile der inneren Bulbusstrukturen werden wir in
24mm, im Längsdurchmesser etwa 21mm. Er besitzt eine dreischichtige Wand, die die inneren Strukturen des Bulbus oculi um-
den > Kapiteln 13.1.6 bis 13.1.10 detailliert besprechen.
schließen.
Überblick: Bulbuswand Die Bulbuswand setzt sich von außen nach innen zusammen aus:
wird ( >
Abb. 13.2, 14).
Blutversorgung Die Blutversorgung des Auges stellt die A. ophthalmica, die sich im
Sinus cavernosus aus der A. carotis interna abzweigt und mit dem N. opticus durch den Canalis opticus des Keilbeins in die Augenhöhle gelangt. Von ihr zweigt die A, centralis retinae ab, die (zu-
s Tunica fibrosa bulbi (besteht aus Sklera und Kornea)
sammen mit der gleichnamigen Vene) von unten her in den Seh-
* Tunica vasculosa bulbi (= Uvea: besteht aus Iris, Corpus ciliare und Choroidea)
nerv eindringt, etwa 12-15mm vor dessen Eintritt in den Bulbus.
s Tunica interna bulbi (besteht nur aus der Retina).
So gelangt sie zur Retina, wo sie mit zahlreichen Endästen für die Versorgung der inneren Netzhautschichten verantwortlich ist (also nur Pars optica, nicht Pars caeca retinae, s. u.). Das venöse Blut des
Die an sich kugelförmige Wand des Bulbus ist am vorderen Pol stärker gekrümmt. An dieser Stelle befindet sich die uhrglasförmige
Auges und der Orbita gelangt über die V. ophthalmica superior, in
Kornea (Hornhaut; > Abb. 13.2, 31), die lichtdurchlässig ist. Sie
geht nach peripher in die lichtundurchlässige Sklera (Lederhaut;
orbitalis superior in den Sinus cavernosus. Äste der A. ophthalmica und V. ophthalmica superior anastomosieren am medialen Augen-
> Abb. 13.2, 24) über, die ca. 85% des Bulbusumfangs bildet. Der
winkel mit der A. bzw. V. angularis (Ast der A. bzw. V. facialis).
Sklera lagert sich innen die gefäßhaltige Uvea (Tunica vasculosa bulbi) an, die zwei ringförmige Strukturen (Iris und Corpus cilia-
Dies hat auch klinische Bedeutung ( > Kap. 11.4.3). Zu den sog. Vortexvenen der Bulbuswand siehe >- Kap. 13.1.3.
die auch die V. ophthalmica inferior mündet, durch die Fissura
re, s. u.) ins Augeninnere vorschiebt und mit der Choroidea (Aderhaut; > Abb. 13.2, 15) die restliche Sklera von innen her bedeckt.
Der Uvea legt sich als innerste Schicht die Retina (Tunica interna
13.1.2
und 13.1.3 Tunica fibrosa bulbi
13.1.2
Kornea
bulbi; > Abb. 13.2, 13) an, die die lichtwahrnehmenden Sinnes-
zellen enthält. Etwas medial der Bulbusachse tritt der N. opticus in die Augenhinterwand, der von der Retina aus seinen Ursprung nimmt und sowohl Sklera als auch Choroidea an dieser Stelle durchbohrt ( > Abb. 13.2, 23).
Die einzelnen Anteile der Bulbuswand werden wir in den > Kapiteln 13.1.2 bis > 13.1.5 detailliert besprechen.
Die Kornea (Hornhaut', > Abb. 13.2, 31) bildet mit einem Durch-
messer von ca. 11,5mm den stärker gebogenen vorderen Teil der Bulbuswand
Überblick: Innere Bulbusstrukturen
Im Inneren des Auges befindet sich hinter der Hornhaut die Linse
und geht in einer seichten Rinne, Limbus
nach peripher in die Sklera über ( > Abb. 13.2, 5). Die wichtigste Funktion der Kornea ist die Lichtbrechung. Durch ihre stark gekrümmte Form wirkt sie dabei als Sammellinse
(> Abb. 13.2, 27), der sich vorne als eine Ausstülpung der Uvea
die Iris (Regenbogenhaut; > Abb. 13.2, 2) ringförmig anlagert. In der Mitte besitzt die Iris eine in der Größe variierbare Öffnung‚ die
corneae,
' cornu (lat.) = Horn
13.1
Auge
313
Abb. 13.2 Horizontalschnitt durch den Augapfel (Bulbus oculi). 1 Vorderer Augenpol, 2 Iris (Regenbogenhaut) mit 3 M. sphincter pupillae und 4 M. dilatator pupillae, 5 Limbus corneae (Grenze zwischen Kornea und Sklera und zwischen Kornea und Konjunktiva), 6 Iridokornealwinkel, 7 Sinus venosus sclerae (Schlemm-Kanal), 8 Konjunktiva (Bindehaut), 9 Corpus cilliare (Ziliarkörper) mit M. ciliaris, 10 Pars caeca retinae, 11 Ora serrata (Übergang von Pars optica zu Pars caeca retinae), 12 Ansatz des M. rectus lateralis, 13 Pars optica retinae, 14 Corpus vitreum (Glaskörper), 15 Choroidea (Aderhaut), 16 Fovea centralis retinae (Stelle des schärfsten Sehens), 17 hinterer Augenpol, 18 Bulbusachse, 19 Sehachse, 20 Discus n. optici (auch: Papilla n. optici = Austritt des Sehnervs), 21 Vagina externa n. optici (Dura mater), 22 Spatium intervaginale (Subarachnoidalraum), 23 Lamina cribrosa (Durchtritt der Sehnervenfasern durch die Sklera), 24 Sklera (Lederhaut), 25 Retina (Netzhaut), 26 Ansatz des M. rectus medialis, 27 Linse, 28 Zonulafasern (Fibrae zonulares), 29 hintere Augenkammer, 30 Reticulum trabeculare (Lig. pectinatum), 31 Kornea (Hornhaut), 32 vordere Augenkammer.
(Aus [S007-3-23])
(Brechkraft 43 dpt, höchster Brechungsindex aller Augenstruktu-
(von außen) und Kammerwasser (von innen). Daher sind Horn-
ren), um so die Lichtstrahlen auf der Retina zu bündeln und damit
hautentnahmen für Transplantationen auch noch viele Stunden
eine scharfe Abbildung zu ermöglichen. Ihre völlige Lichtdurchlässigkeit ist Voraussetzung für ihre einwandfreie Funktion. Hierfür spielen ihr Flüssigkeitsgehalt, die Architektonik der Kollagenfaserbündel und das Fehlen von Blutgefäßen eine entscheidende Rolle. Da die Kornea völlig gefäßlos ist (sog. bradytrophes Gewebe), erfolgt die Ernährung statt durch Gefäße durch Tränenflüssigkeit
nach dem Tod eines Spenders möglich. Die Kornea wird von zahlreichen Nervenfasern des 1. Trigeminusastes
(vor allem
N. nasociliaris)
innerviert
und
ist sehr
schmerzempfindlich, sodass auch kleinste Verletzungen starke Schmerzen oder ein Reizgefühl verursachen.
314
13 Sinnesorgane der Nähe der Kornea, den Ansatzstellen der Augenmuskeln und des
Sehnervs), ist sie wie die Kornea großenteils bradytrophes Gewebe. Sie besteht überwiegend aus straffem kollagenem Bindegewebe, dem einige elastische Fasern eingelagert sind. An der Bulbusrückwand ist die Sklera als Lamina cribrosa (Siebplatte) für den Durchtritt der N.-opticus-Fasern durchlöchert ( > Abb. 13.2, 23). An der
Grenze zur Kornea ist das Bindegewebe in der Tiefe zum Reticulum trabeculare (Lig. pectinatum) aufgelockert, einem Fasernetzwerk, das sich zu einem trichterförmigen Gefäß in der Sklera ver-
jüngt, dem Sinus venosus sclerae (Schlemm-Kanal, > Abb. 13.2,
7). Dieser mündet über zahlreiche kleine Abflussgefäßchen in die intra- und episkleralen Venenplexus. Diese Einrichtung ist für die Resorption des Kammerwassers außerordentlich wichtig und hat deshalb auch große klinische Bedeutung (s. u.). Das venöse Blut aus der unter der Sklera liegenden Choroidea wird innerhalb der Sklera in den vier großen Vortexvenen (Vv. vortico-
Abb. 13.3 Mikroskopische Anatomie der Kornea. Vergrößerung 80-fach. 1 Vorderes Korneaepithel, 2 Bowman-Membran (Lamina limitans anterior), 3 Substantia propria, 4 Descemet-Membran (Lamina limitans posterior), 5 hin-
sae) gesammelt, die etwa 4mm hinter dem Äquator die Bulbuswand nach außen hin durchbrechen, um dann dorsalwärts zu zie-
hen und in die Vv. ophthalmicae zu münden.
teres Korneaepithel. (Aus [R252])
13.1.4 Tunica vasculosa bulbi (Uvea) Mikroskopische Anatomie Mikroskopisch können wir an der etwa 0,5-0,8 mm dicken Kornea
fünf Schichten unterscheiden (>- Abb. 13.3). Vorne bzw. oberflächlich findet sich als erste Schicht ( > Abb. 13.3, I) ein mehr-
schichtiges unverhorntes Plattenepithel (auch wenn der Begriff
Die Tunica vasculosa bulbi (Uvea) hat drei Komponenten: Choroidea, Iris und Corpus ciliare. Choroidea
„Hornhaut“ fälschlicherweise anderes suggeriert), an dessen Basalmembran sich dorsal die zellfreie, etwa 10 .m starke Lamina limitans anterior (Bowman-Membran; > Abb. 13.3, 2) anschließt. Diese Membran bildet eine wichtige Barriere für Bakterien, die
Die Choroidea (Aderhaut) liegt als größter Anteil der Uvea zwi-
auch physiologisch immer auf der Korneaoberfläche zu finden sind. Nach hinten schließt sich als dickste Schicht die Substantia propria
ist.
an ( >
KLLNLK Das Vorkommen von Melanozyten in der Aderhaut erklärt das relativ häufige Auftreten von malignen Melanomen in diesem Augenabschnitt
Abb. 13.3, 3). Ihr Bindegewebe besteht aus dichten, parallel
zur Hornhautoberfläche verlaufenden Kollagenfasern und vielen locker gelagerten Stromazellen. Wie erwähnt, hat die regelmäßige Anordnung der Fasern große Bedeutung für die Durchsichtigkeit
schen Sklera und Pars optica der Retina ( > Abb. 13.2, 15). Sie ist etwa 0,2mm
dick, stark vaskularisiert und besteht aus lockerem
Bindegewebe, das zahlreiche Melanozyten enthält, also pigmentiert
(Aderhaut-Melanome).
der Kornea. An der Rückfläche des Korneastromas befindet sich die Lamina limitans posterior (Descemet-Membran;
>- Abb.
13.3,
4). Sie bildet als eine extrem dicke Basalmembran die Grundlage des sich dorsal als fünfte Korneaschicht anschließenden einschichtigen Plattenepithels (hinteres Hornhautepithel; > Abb. 13.3, 5).
Die Choroidea erhält ihren Blutzufluss aus der A. ophthalmica über die Aa. ciliares posteriores longae et breves. Der Blutabfluss erfolgt über die Vv. vorticosae. Die Funktion der Choroidea besteht in erster Linie in der 0,- und
Nährstoffversorgung der äußeren Netzhautschichten. Diese enge 13.1.3
Sklera
Die Sklera? gibt als derbe, weiße Lederhaut dem Bulbus seine Form
und macht ihn nach außen widerstandsfähiger. Im Gegensatz zur Kornea ist die Sklera beinahe lichtundurchlässig und enthält Blutgefäße. Da sie aber kaum Kapillaren enthält (Letztere vor allem in
? skleros (gr.) = hart, spröde
funktionelle Beziehung zwischen Choroidea und Retina erklärt, wa-
rum bei einer Entzündung der Choroidea die Retina fast immer mitbeteiligt ist und geschädigt wird (Chorioretinitis). Die Choroidea weist einen außergewöhnlich hohen Blutfluss auf, der z. T. die
erwähnte Ernährungsfunktion hat, z. T. aber auch der Kühlung der Bulbuswand dient, die durch die ständig einfallenden gebündelten Lichtstrahlen erhitzt wird.
13.1
13.1.5
Tunica
315
* hell-dunkel wahrnehmende Stäbchenzellen * farbwahrnehmende Zapfenzellen.
Iris und Corpus ciliare Iris und Corpus ciliare sind der Bulbuswand. Da sie aber funktionell eng verbunden innere hineinragen, werden > Kap. 13.1.6 und > Kap.
Auge
ebenfalls Derivate der Uvea und damit mit der Linse und den Augenkammern sind und außerdem weit ins Augensie als innere Strukturen des Bulbus in 13.1.8 besprochen.
In den darunter (also in Richtung Glaskörper) liegenden Zellschichten der Retina befinden sich neben typischen retinalen Gliazellen vier verschiedene Neuronentypen: bipolare Zellen amakrine Zellen Horizontalzellen Ganglienzellen.
interna bulbi (Retina)
Die Retina (Netzhaut®) ist als innerste Wandschicht der lichtwahr-
nehmende Teil des Auges. Hier werden die optischen Signale in
Die ersten drei Zelltypen sind retinale Interneurone (d. h., sie bil-
neuronale,
auf niedriger
den nur innerhalb der Retina Verschaltungen aus), während die
Ebene integrierend verarbeitet und schließlich über den N. opticus den höheren visuellen Zentren im Gehirn zugeleitet. Man unterscheidet an der Netzhaut zwei Bereiche:
thel und legt sich mit diesem dem Ziliarkörper und der Irisrück-
Ganglienzellen die einzigen retinalen Projektionsneurone sind (d.h., sie projizieren zu Neuronen außerhalb der Retina). Der Informationsfluss erfolgt im einfachsten und direktesten Falle von den Sinneszellen über bipolare Zellen zu den Ganglienzellen. Die Axone der Ganglienzellen leiten die neuronalen Impulse dann über den N. opticus an höhere visuelle Zentren im Gehirn weiter. Stäbchen- bzw. Zapfenzellen, bipolare Zellen und Ganglienzellen bilden also die ersten drei Neurone der Sehbahn. Die Horizontal- und amakrinen Zellen sind dabei durch Verschaltung innerhalb der Re-
wand an.
tina vor allem für die Kontrastverstärkung, z. T. auch für die Be-
also elektrische
Impulse
umgewandelt,
» Pars optica ( > Abb. 13.2, 7!3): Sie besteht aus einem äußeren
Stratum pigmentosum (Pigmentepithel) und einem inneren, Sinnes- und Nervenzellen enthaltenden Stratum nervosum. e Pars caeca ( > Abb. 13.2, 70): Sie enthält nur das Pigmentepi-
wegungsdetektion der wahrgenommenen Lichtreize zuständig. Beide Bereiche gehen an der Ora serrata (kurz hinter dem Ziliarkörper) ineinander über ( > Abb. 13.2, 11). Stratum pigmentosum
Mikroskopische Anatomie Lichtmikroskopisch können wir in dem Bereich der Retina, der von
Stratum pigmentosum und Stratum nervosum gebildet wird (= Pars
Das Stratum pigmentosum (Pigmentepithel) ist ein einschichtiges kubisches Epithel, in dessen Zellen melaninhaltige Pigmentkörnchen eingelagert sind. Das Pigmentepithel stellt die Verbindung der Netzhaut mit der Aderhaut her. Von der Aderhaut ist es durch eine
optica), zehn Schichten unterscheiden ( > Abb. 13.4). Davon ent-
dünne Basalmembran (Bruch-Membran) getrennt, mit der es fest
den von Zellkernen erkennbar ( > Abb. 13.4, 4, 6 und $8). Die übri-
verbunden ist. Mit dem Stratum nervosum ist das Pigmentepithel jedoch nur an der Sehnervenaustrittsstelle und an der Ora serrata fest verwachsen, sonst liegen die beiden Netzhautschichten lediglich locker aneinander. Die Funktion des Pigmentepithels besteht darin, die für die Netzhautversorgung wichtige adhärente Verbin-
gen sechs Schichten bestehen aus den Fortsätzen dieser Zellen.
dung mit der Choroidea herzustellen, ohne dass dabei schädliche
Zapfenzellen (>- Abb.
Substanzen aus dem Blut in die empfindliche Retina übertreten können. Außerdem verarbeitet es Stoffwechselprodukte der darunterliegenden Sinneszellschicht bis hin zur Phagozytose abgestoßener Zellmembranteile der Stäbchen und Zapfen.
(= Photorezeptoren) und wandeln sie in neuronale Signale um. Da
Stratum nervosum
Das durchsichtige (nicht pigmentierte) Stratum nervosum der Retina liegt dem Pigmentepithel innen an und ist ca. 0,2mm dick. Es enthält als äußerste, also an das Pigmentepithel grenzende Zellschicht die lichtwahrnehmenden Sinneszellen:
3 rete (lat.) = Netz
fallen neun Schichten (2.-10. Schicht) auf das Stratum nervosum.
Drei dieser neun Schichten sind Ansammlungen von Zellkörpern der retinalen Zellen. Sie sind lichtmikroskopisch leicht als drei Ban-
Die lichtwahrnehmenden Sinneszellen bilden die äußerste der drei Zellschichten innerhalb des Stratum nervosum, sodass das Licht alle anderen Schichten durchdringen muss, bis es auf sie trifft.
Diese Sinneszellen sind die Stäbchenzellen (>- Abb. 13.5, I) und 13.5, 2). Sie nehmen
die Lichtreize wahr
sie wie die ganze Retina zum Gehirn gehören und damit Sinnesreize wahrnehmende Nervenzellen sind, werden sie als primäre Sinnes-
zellen (im Gegensatz z.B. zu Sinneszellen in Zunge, Haut oder Innenohr) bezeichnet. Somit sind sie auch das 1. Neuron der Sehbahn. Die menschliche Retina enthält etwa 20-mal so viele Stäbchenzellen wie Zapfenzellen (ca. 120 Millionen versus 6 Millionen). In der
Netzhautperipherie findet man vorwiegend die hell-dunkel wahrnehmenden, sehr lichtempfindlichen Stäbchenzellen. In der Fovea
centralis, dem zentralen Punkt der Retina und Ort des schärfsten
Sehens (s. u.), findet man dagegen ausschließlich die weniger lichtempfindlichen, aber farbwahrnehmenden Zapfenzellen. Die Zellkerne der Stäbchen- und Zapfenzellen sind im Lichtmikroskop als äußere Körnerschicht sichtbar ( > Abb. 13.4, 4).
316
13 Sinnesorgane
‘O4
yhflfih'k?j "‘L‘Iql»‘*'l \*'& 5
—
- Abb. 13.19, 11) und Utriculus!! (>- Abb. 13.19, 14), die miteinander in Verbin-
und haben ihre Bezeichnung deshalb, weil die Scala vestibuli an der Schneckenbasis mit dem Vestibulum in Verbindung steht, während die Scala tympani unten „blind“ am runden Fenster zur Pauken-
dung stehen und jeweils in einem bestimmten Wandabschnitt spezifische Sinnesepithelien für die Beschleunigungswahrnehmung enthalten. Der Sacculus steht mit dem innerhalb der knöchernen Schnecke verlaufenden Ductus cochlearis (Schneckengang; > Abb. 13.19, 6) in Verbindung, der die spezifischen Sinneszellen für die Hörwahrnehmung enthält. Vom Utriculus gehen die drei membranösen Bogengänge ab (Ductus semicirculares; > Abb. 13.19, 15). Diese verlaufen innerhalb der entsprechend vorgeformten knöchernen Strukturen (den o.g. Canales semicirculares), an
denen sie durch Bindegewebsfasern fixiert sind. Am Übergang zum Utriculus bilden sie jeweils eine Verdickung (Ampulle; >- Abb.
Abb. 13.21a, 2 und 4). Beide sind perilymphhaltig
höhle (Cavum tympani) hin endet. Scala vestibuli und Scala tympani gehen am oberen Ende der Schnecke, am sog. Helicotrema'* oder Caput cochleae, ineinander über ( >
Abb. 13.21a, 16). Der
Verlauf der Schallwellen vollzieht sich also von der Steigbügelplatte im ovalen Fenster über das Vestibulum entlang der Scala vestibuli im äußersten Falle bis zur Schneckenspitze. Da aber der Ductus cochlearis mit seinen elastisch-membranösen Wänden ebenfalls
durch die Schallwellen in Schwingung versetzt wird, überträgt sich in der Regel die Schwingung schon vor Erreichen des Helicotremas auf die Scala tympani und läuft von da abwärts zum runden Fenster
13.19, 16) aus, die die spezifischen Sinneszellen für die Drehbe-
an der Schneckenbasis, wo er an der Membran des runden Fensters
schleunigung des Körpers enthält (s.u.).
zum Mittelohr „verpufft“ ( > Abb. 13.18).
An der Außenseite der Schnecke befindet sich das bindegewebige Vom Verbindungsgang zwischen Sacculus und Utriculus geht der feine Ductus endolymphaticus ab ( > Abb. 13.19, 12), der an die
Lig. spirale ( > Abb. 13.21a, 5), das die stark vaskularisierte Stria
10 sacculus (lat.) = Säckchen 17 yrriculus (lat.) = Schläuchlein
12 scala (lat.) = Treppe '3 helix (gr.) = Schnecke; trema = Loch
vascularis, die Produktionsstätte der Endolymphe, enthält. Die
334
13 Sinnesorgane
obere Membran (das „Dach“) des im Querschnitt annäherungswei-
auf der Lamina spiralis ossea ( >- Abb. 13.22, 4) und nicht auf der
se dreieckigen Ductus cochlearis wird Reissner-Membran (Mem-
Basilarmembran fixiert und deshalb vergleichsweise unbeweglicher ist. Die Schwingung der Membran breitet sich als Wanderwelle entlang der Basilarmembran aus. Sie führt entsprechend ihrer Fre-
brana vestibularis; > Abb. 13.21a, 15) genannt, die untere Membran (der „Boden“) Lamina basilaris (Membrana tympanica; > Abb. 13.21a, 13). Auf der Basilarmembran sitzt das in > Abb.
13.21b detailliert dargestellte Corti-Organ (Organum spirale). Dieses enthält Stützzellen und die mit Stereozilien ausgestatteten
quenz (Tonhöhe) an einem bestimmten Ort der Basilarmembran in der Cochlea zu einer maximalen Auslenkung (s.u.). An diesem Punkt der maximalen Auslenkung endet die „Wanderung“ der Welle, weil sie durch Antiresonanz der Tektorialmembran abge-
Sinneszellen (Haarzellen). Man unterscheidet eine innere ( > Abb. 13.21b, 2) von drei bis vier äußeren Haarzellreihen (>- Abb. 13.21b, 9), wobei beiden unterschiedliche Funktion für die Sinnes-
dämpft wird. Durch diese Auslenkung der Basilarmembran werden die Sin-
wahrnehmung zukommt. An der Basis der Sinneszellen enden zahl-
neshaare (Stereozilien) der auf der Basilarmembran befindlichen
reiche dendritische (afferente) Nervenfasern von Nervenzellen, de-
äußeren Haarzellen ( >
ren Perikaryen im Ganglion spirale in der Schneckenachse (Modiolus) liegen. Ihre axonalen Fortsätze bündeln sich zum kochleären Anteil des VII. Hirnnervs. Das Corti-Organ wird überdeckt durch
Aktionspotential auslöst. Diese Aktivierung der äußeren Haarzellen führt dann über unten ausführlicher beschriebene Vorgänge zu einer Aktivierung der inneren Haarzellen, deren Impulse den wesentlichen Teil der akustischen Information des VIIL. Hirnnervs ausmachen. Weil die Basilarmembran in den basalen Schneckenwindungen schmaler und steifer und in den apikalen Schneckenwindungen
die dicke, gallertige Tektorialmembran'*
(Membrana
tectoria;
> Abb. 13.21b, 7). Dabei haben lediglich die „Härchen“ (Stereozilien) der äußeren Haarzellen mit dieser Membran festen Kontakt,
während die inneren Haarzellen nicht fest darin verankert sind.
Abb. 13.22, 5) bewegt, was in diesen ein
breiter und elastischer ist, führen hohe Frequenzen zu einer starken
Bei genauer Betrachtung erweist sich das Corti-Organ als kompliziertes Gebilde. Es fällt zunächst ein etwas größerer Hohlraum in
Auslenkung der Basilarmembran in basalen und tiefe Frequenzen zu einer starken Auslenkung der Basilarmembran in apikalen
der Mitte auf, der innere Tunnel
13.21b, 6). Seine der
Schneckenabschnitten. Das bedeutet, dass an jedem Ort des Schne-
Schneckenachse zugewandte innere Wand wird von den inneren
ckengangs nur ganz bestimmte Frequenzen wahrgenommen wer-
Pfeilerzellen ( > Abb. 13.21b, 4), seine äußere Wand von den äu-
ßeren Pfeilerzellen begrenzt (>- Abb. 13.21b, 5). An die inneren
den (Tonotopie): fiefe Frequenzen in den apikalen und hohe Frequenzen in den basalen Schneckengangsabschnitten. Da jede Hör-
Pfeilerzellen schließt sich in Richtung Schneckenachse die Reihe
nervenfaser ihre Information
der inneren Haarzellen ( > Abb. 13.21b, 2) an, die von unten her von inneren Phalangenzellen gestützt werden (>- Abb. 13.21b,
Haarzelle erhält, besteht also von vornherein eine scharfe Trennung bestimmter, weitergeleiteter Frequenzen ins ZNS, die durch die
3). Außen angrenzend an die äußeren Pfeilerzellen sieht man wie-
ganze Hörbahn hindurch erhalten bleibt. Mehr als 95% der afferenten Hörnervenfasern enden an den inneren und nur < 5% an den äußeren Haarzellen. An den äußeren Haarzellen endet dafür der größte Teil der efferenten Fasern (also
derum
einen
Hohlraum
(>- Abb.
(Nuel-Raum;
> Abb.
13.21b,
8), dem
nach außen hin die drei (gelegentlich vier) Reihen der äußeren Haarzellen folgen (>- Abb. 13.21b, 9). Mit ihren Sinneshärchen (Stereozilien) sind diese in der Tektorialmembran verankert (> Abb. 13.21b, 7). Die äußeren Haarzellen werden analog zu den
inneren von den äußeren Phalangenzellen (>- Abb. 13.21b, 10)
umgriffen und gestützt. Nach außen grenzen die äußeren Haarzellen schließlich an den äußeren Tunnel ( >- Abb. 13.21b, 11), dem sich Stützzellen anschließen ( >- Abb. 13.21b, 12), die nach außen
hin in das Epithel der Stria vascularis übergehen. Funktion des Corti-Organs, Vorgang der Hörwahrnehmung Die von den Gehörknöchelchen aufgenommene Schallschwingung überträgt sich am ovalen Fenster durch den Steigbügelfuß auf die Perilymphe (>- Abb. 13.18, 6 und 8). Die Perilymphschwingung des Innenohrvorhofs setzt sich fort in die Scala vestibuli der Cochlea und führt dabei zu einer Schwingung der Reissner-Membran (> Abb. 13.22, 1). Aufgrund der Inkomprimierbarkeit von Flüs-
sigkeiten (hier: Endolymphe) erfolgt eine simultane Auslenkung
nur von einer einzigen (inneren)
vom ZNS zum Innenohr), die ebenfalls im VIII. Hirnnerv verlaufen.
Der aktivierende Reiz der inneren Haarzellen ist die Schwingung der Endolymphflüssigkeit oder der Tektorialmembran, die aber ohne die äußeren Haarzellen nur bei sehr hohen Schalldruckpegeln erreicht wird. Wie kommt es aber zu einer Erregung der inneren Haarzellen, wenn diese durch die „normale“ (= schallwellenbedingt
passive) Basilarmembranauslenkung kaum erregt werden können? Der Vorgang ist folgendermaßen: Die äußeren Haarzellen können sich bei Erregung kontrahieren (Motorprotein: Prestin) — gereizt durch die beschriebene schwingungsbedingte Auslenkung der Basilarmembran mit konsekutiver Auslenkung der Zilien. Die schwingungssynchrone Kontraktion der Haarzellen führt zu einer bis zu 1000-fachen Verstärkung der Auslenkung der Basilarmembran und der Schallschwingung im Endolymphraum, sodass die inneren Haarzellsinneshärchen auch ohne Verankerung in der Tektorialmembran ebenfalls in Schwingung geraten und damit erregt werden.
der Basilarmembran ( > Abb. 13.22, 2). Dies führt zu einer relati-
ven Bewegung gegen die Tektorialmembran ( > Abb. 13.22, 3), die
MERKE Die äußeren Haarzellen erhöhen also die Empfindlichkeit des Innenohrs auf Schallreize (Schallverstärkung), während die inneren Haarzellen
14 tectum (lat.) = Dach
für den Hauptteil der Schallwahrnehmung an sich verantwortlich sind.
335
Abb. 13.21 Mikroskopische Anatomie der Schnecke (Cochlea). a Längsschnitt durch die Schnecke (links Übersicht, rechts Detailausschnitt). 1 Cochlea (Schnecke), 2 Scala vestibuli, 3 Ductus cochlearis (Schneckengang), 4 Scala tympani, 5 Lig. spirale mit Stria vascularis, 6 Sacculus, 7 vestibulärer Anteil und 8 kochleärer Anteil des 9 N. vestibulocochlearis (VII), 10 Lamina spiralis ossea, 11 Ast des kochleären Anteils des N. vestibulocochlearis, dessen Perikaryen im
12 Ganglion spirale entlang der Schneckenwindung liegen. 13 Lamina basilaris (Membrana tympanica), 14 Organum spirale (Corti-Organ), 15 Reissner-Membran (Membrana vestibularis), 16 Helicotrema (Caput cochleae). (Aus [S007-22])
b Corti-Organ (Organum spirale) als Detailausschnitt aus a. 1 Lamina spiralis ossea, 2 innere Haarzelle, die von unten her von einer 3 inneren Phalangenzelle umgriffen und gestützt wird, 4 innere Pfeilerzelle, 5 äußere Pfeilerzelle, zwischen 4 und 5 liegt der 6 innere (= Corti-)Tunnel. 7 Membrana tectoria (Tektorialmembran), 8 Nuel-Raum, 9 äußere Haarzellen, die von unten her durch 10 äußere Phalangenzellen umgriffen und gestützt werden, 11 äußerer Tunnel, 12 Stützzellen, die sich nach außen hin auf die Stria vascularis fortsetzen, 13 Sulcus
spiralis internus, 14 afferente Nervenfasern, 15 Lamina basilaris (Basilarmembran). [T873, L106]
Dieser kochleäre Verstärkungsmechanismus steigert nicht nur
beschriebenen efferenten Fasern aus dem ZNS gesteuert werden. So
die Empfindlichkeit des Innenohrs für Schallreize an sich, sondern
können einerseits durch maximale Verstärkung auch sehr leise Ge-
erlaubt auch eine erhebliche Verbesserung der tonotopischen (= frequenzgetrennten) Auflösung der Schallwahrnehmung. Zudem ist dadurch eine dynamische Anpassung des Hörvermögens
räusche wahrgenommen werden. Andererseits kann durch Minderung der Verstärkerfunktion der äußeren Haarzellen bei zu starken Schallreizen das außerordentlich überlastungsempfindliche CortiOrgan geschützt werden.
möglich, weil die äußeren Haarzellen in ihrer Aktivität durch die
336
13 Sinnesorgane
;
||.1.1i
Abb. 13.22 Wahrnehmung von Schallwellen
H"'
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durch die äußeren Haarzellen als Grundvoraus-
setzung für das Zustandekommen einer Hörwahrnehmung. -
1 Reissner-Membran, 2 Basilarmembran, 3 Tektorialmembran, 4 Lamina spiralis ossea, 5 äußere Haarzel-
len. Die Pfeile deuten Schwingungsrichtungen an (Erläuterung siehe Text). [T873, L217]
KLINLK Schädigung der Cochlea
Innenohr vorkommende Glykoprotein Otogelin gebildet. Sie trägt an ihrer Oberfläche einen dichten Besatz von feinen Kalziumkarbo-
Grundsätzlich resultiert bei einer Schädigung der Cochlea ein Hörverlust. Er kann durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden, wie z.B. über-
natkristallen, sog. Statokonien (auch: Otolithen oder Statolithen; > Abb. 13.23, 8), weshalb sie Statokonienmembran oder auch
starke Schallreize (Disco-Besuch, Pressluftbohrer oder überlautes Mu-
Otolithenmembran genannt wird.
sikhören über Ohrhörer etc.: Zerstörung vor allem der inneren Haarzellen), chemisch-medikamentöse Reize (z. B. bestimmte Antibiotika: Zerstö-
rung vor allem der äußeren Haarzellen) oder Durchblutungsstörungen (Schädigung aller Innenohrzellen). Dabei sind die Sinneszellen für hohe
Schallfrequenzen wesentlich empfindlicher als diejenigen für tiefere Frequenzen. So kommt es mit zunehmendem Alter zum fortschreitenden Verlust der Wahrnehmung hoher Frequenzen, während die tiefen nach wie vor gut gehört werden können.
Sacculus und Utriculus
Ein Reiz für die Sinneszellen entsteht so, dass bei jeder Beschleuni-
gung des Kopfs (z. B. Aufstehen oder Autofahren) die trägen und relativ schwereren Otolithenkristalle zu einer Verschiebung der Otolithenmembran führen. Dies hat eine scherkraftbedingte Ablenkung der Sinneshärchen zur Folge, sodass die Sinneszelle erregt wird. Das Kinozilium ist an einer Seite der Sinneszelle lokalisiert. Die sich daran anschließenden Stereozilien sind orgelpfeifenartig von groß nach klein angeordnet, sodass eine morphologisch-funktionelle Polarisierung der Zelle entsteht ( > Abb. 13.23). Werden die Sinnes-
Diese beiden Vestibularorgane sind für die Wahrnehmung der linearen Beschleunigung des Körpers im Raum (einschließlich Gravitation) zuständig. Sie enthalten an jeweils einer eng umschriebenen Stelle ihre Sinnesfelder, die Maculae'” ( > Abb. 13.23). Macula sac-
härchen in Richtung Kinozilium ausgelenkt, wird die Zelle depolarisiert (= erregt); erfolgt die Auslenkung in die Gegenrichtung, wird die Zelle hyperpolarisiert (= gehemmt). Gleiches gilt für die unten zu besprechenden Sinneszellen in den Bogengängen.
culi und Macula utriculi sind grundsätzlich gleichartig aufgebaut, nur in senkrecht zueinander stehenden Raumebenen
angeordnet,
sodass bei jeder Körperlage eine Reizwahrnehmung möglich wird:
Ductus semicirculares (Bogengänge)
gungen an. Die hier befindlichen Sinneszellen (>- Abb. 13.23, I)
Die Bogengänge sind für die Wahrnehmung der Drehbeschleunigung des Körpers (genauer: des Kopfs) zuständig. Die Sinnesrezeptoren liegen dabei als Crista ampullaris in der Ampulle des jeweili-
tragen an ihrer Oberfläche 50-100 lange Sinneshärchen (ein rand-
gen Ductus semicircularis ( > Abb. 13.24a). Die Cristae ampullares
ständiges Kinozilium, ansonsten Stereozilien), mit denen sie in eine
der drei Bogengänge sind morphologisch identisch, dabei aber topographisch mit den Bogengängen so angeordnet, dass jede Crista eine der drei Raumebenen in der Beschleunigungswahrnehmung abdeckt. Die Crista ampullaris ist ein quer zum Verlauf des jeweiligen Bogengangs stehender bindegewebiger Wulst. In ihm befinden
die verfikal orientierte Macula sacculi spricht auf vertikale, die ho-
rizontal ausgerichtete Macula utriculi auf horizontale Beschleuni-
der Macula
aufsitzende dicke gallertige Membran
einstrahlen
(> Abb. 13.23, 5 und 6). Diese Membran wird, wie die Tektorialmembran (s. 0.) und die Cupula ambullaris (s. u.), durch das nur im
15 macula (lat.) = Fleck
sich, umgeben von Stützzellen, die Sinneszellen ( > Abb. 13.24b, 1). Die Zilien dieser Zellen (genau so wie bei den Sinneszellen der
13.3 Geruchsorgan
337
8
7 —I
6— 5_
1< Abb. 13.23 Macula statica (= Macula sacculi und Macula utriculi). 1 Sinneszellen, und basal von 4 sensorischen men. Mit ihren
die von 2 Stützzellen umgeben sind, 3 Dendriten umgriffen werden, die aus Nervenfasern des VIll. Hirnnervs stamSinneshärchen (5 Stereozilien, 6 Kinozi-
C 2 3
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lium) ragen die Sinneszellen in eine 7 gallertige Glykoproteinschicht hinein, der apikal 8 Statokonien (Otoli-
then) aufliegen. [T873, L126] Maculae ein randständiges Kinozilium, ansonsten Stereozilien, > Abb. 13.24b, 4 und 5) sind wesentlich länger als diejenigen der
makulären Zellen und ragen weit in eine der Crista ampullaris aufsitzende Kuppel (Cupula ampullaris) hinein. Diese glykoproteinreiche Gallertmasse reicht bis zur gegenüberliegenden Wand
(in
einer vertikalen Ausrichtung gedacht: das Dach) der Ampulle. Sie bildet also eine „Trennwand“, die die Ampulle unterteilt.
Da die Cupula das gleiche spezifische Gewicht wie die Endolymphe hat, unterliegt sie nicht den Einwirkungen der Schwerkraft,
sondern wird nur durch Endolymphbewegungen ausgelenkt. Die Erregung der Bogengang-Sinneszellen erfolgt bei Drehbeschleunigung in einer Raumebene, die mehr (starke Erregung) oder weniger (schwache Erregung) der Ebene des Bogengangverlaufs entspricht. Kommt es nun zur Drehung des Kopfs und damit des Bogengangs, setzen sich Crista und Cupula ampullaris, die mit dem membranösen Labyrinth verwachsen sind, in Bewegung, während die Endolymphe aufgrund ihrer Massenträgheit noch stehen bleibt ( > Abb. 13.24c). Dies führt zur Abbiegung der elastischen Cupula und damit der Zilien, wodurch die Sinneszellen erregt werden. Wird die
Drehung eine Weile in der gleichen Richtung beibehalten, wird die Massenträgheit der Endolymphe überwunden, und sie beginnt, sich mitzudrehen. Wenn
KLINLK Schädigung des vestibulären Systems Die klinischen Symptome bei Ausfall des vestibulären Systems werden in > Kap. 2.3.10, S. 70 beschrieben. Dabei macht es hinsichtlich der Symptome keinen Unterschied, ob eine Schädigung des Vestibularisnervs oder des Vestibularorgans selbst vorliegt. Häufige, den vestibulären Teil des Innenohrs betreffende Erkrankungen sind Durchblutungsstörungen und der Morbus Meniere. Eine ebenfalls sehr häufige, nur den vestibulären Teil des Innenohrs betreffende Krankheit ist der benigne
paroxysmale Lagerungsschwindel (benigne = gutartig, was in diesem Falle für die günstige Aussicht auf Heilung steht; paroxysmal = anfallsartig). Hierbei kommt es zu einem Ablösen einzelnder Otolithen-Kristalle der Maculae staticae, die sich in den Cupulae ampulares des hinteren Bogengangs verfangen und dort bei jeder Bewegung, die normalerweise zu einer Endolymphbewegung in den hinteren Bogengängen führt, Reizsymptome in Form heftigen Schwindels auslösen. Man kann dem Patient
relativ einfach dadurch helfen, dass man seinen Kopf so dreht, dass der hintere Bogengang (der im Verlauf parallel zur Felsenbeinpyramide steht, > Abb. 13.20) parallel zur Frontalebene ausgerichtet ist. Dann wird der Kranke mehrfach hintereinander in dieser Kopfhaltung seitlich gelagert, sodass die resultierende Endolymphbewegung im hinteren Bogengang die verfangenen Kristalle „wegspült”. Nach wenigen Minuten sind die Patien-
ten beschwerdefrei.
die Drehung dann abrupt beendet wird, be-
wegt sich die Endolymphe wiederum aufgrund ihrer Massenträgheit weiter, und es kommt zur Auslenkung der Cupula zur Gegen-
13.3 Geruchsorgan
seite. Dies führt zur Fehlwahrnehmung des Drehschwindels, wenn
man nach längerer Drehung plötzlich stehen bleibt (bedingt durch die fehlende Übereinstimmung propriozeptiver, visueller und vesti-
Das Geruchsorgan stellt für den Atemtrakt — ähnlich wie das Geschmacksorgan für den Verdauungsapparat - eine Art Kontrollsta-
bulärer Reize im Hirnstamm).
tion für alles dar, was in das Körperinnere aufgenommen
Die Funktion der Vestibularorgane (Maculae utriculi/sacculi und Bogengänge) besteht nicht nur in der bewussten Wahrnehmung der Kopf- bzw. Körperlage und -bewegung (die für unsere
„Schlechtes“ kann so gleich erkannt und seine Aufnahme ggf. vermieden werden. Doch über diesen Aspekt hinaus spielt das Ge-
Orientierung im Raum unerlässlich ist), sondern auch in der da-
durch erst möglichen, entsprechenden von Korrekturbewegungen des Rumpfs, Augen, sodass der Körper beispielsweise abgestützt oder die Augenbewegung der
reflektorischen Initiation der Extremitäten und der beim Fallen reflektorisch Körperbewegung angegli-
chen werden kann (vestibulookulärer Reflex, > Kap. 6.3.4).
wird.
ruchsorgan in unserem Leben eine erhebliche Rolle. Nicht nur, dass sehr vieles von dem, was wir als „gut“ oder „schlecht“ schmeckend
(im Sinne eines bestimmten Aromas) empfinden, letztlich über das
Geruchsorgan wahrgenommen wird (z. B. schmecken bei einer Erkältung mit „verstopfter Nase“ Speisen viel weniger intensiv!), son-
dern es ist auch unser Gefühlsleben stark mit der Riechwahrneh-
mung verbunden.
338
13 Sinnesorgane
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Abb. 13.24 Crista und Cupula ampullaris. a Lage der 1 Crista ampullaris mit 2 Cupula ampullaris in der 3 Ampulla am
Beginn des Bogengangs. (Aus [S007-22]) b Aufbau der Crista und Cupula ampullaris. 1 Sinneszellen, die von 2 Stützzellen umgeben werden und unten von 3 Dendriten umgriffen werden, die aus sensorischen Nervenfasern des VIIl. Hirnnervs stammen. Nach oben ragen die Sinneszellen mit ihren Sinneshärchen (4 Kinozi-
lium und 5 Stereozilien) in die gallertige 6 Cupula. 7 Ampullendach, an dem die Cupula fixiert ist. [T873, L126] c Auslenkung der Cupula ampullaris bei Drehbeschleunigung. 1 Richtung der Körperbewegung, dadurch 2 relative Gegenbewegung (tatsächlich: langsamere Mitbewegung) der Endolymphe, dadurch 3 Auslenkung der Cupula und Abscherung der Sinneshärchen. [T873, L141]
Das Geruchsorgan ist beim Menschen im Vergleich zu vielen Tieren weniger stark ausgebildet. Die Riechschleimhaut als geruchswahrnehmender Teil der Nasenschleimhaut kleidet lediglich die obere Nasenmuschel und die gegenüberliegende Nasenscheide-
wand aus ( > Abb. 2.19, S. 55). Von dort aus nimmt der N. olfactorius als I. Hirnnerv seinen Ursprung.
Das mehrreihige Sinnesepithel der Riechschleimhaut ist etwas höher als das normale respiratorische Epithel und unterscheidet
13.4 Geschmacksorgan
339
sich außerdem von diesem durch das Fehlen von Flimmerhärchen. Es besteht aus Stützzellen und den eigentlichen Sinneszellen. Im histologischen Präparat kann man drei Reihen von Zellkernen unterscheiden: Die am weitesten zum Lumen hin gelegene Schicht gehört zu den Stützzellen (>- Abb. 13.25, 4), die mittlere Schicht zu den Sinneszellen (>- Abb. 13.25, 1) und die basale Schicht zu den Basalzellen ( > Abb. 13.25, 5), die auch die Stamm-
zellen zur Regeneration der Sinneszellen sind (die Lebenszeit der Sinneszellen beträgt nur 30-60 Tage!). Die insgesamt etwa 10 Millionen Sinneszellen haben einen rundlichen Zellkörper, von dem aus
sich ein verjüngender Fortsatz in Richtung Nasenlumen vorstreckt, der mit langen Kinozilien, den sog. Riechhärchen (auch: olfaktorische Zilien), das Epithel überragt (>- Abb. 13.25, 3). Diese Härchen dienen dazu, auf der durch einen speziellen Schleim benetzten
Riechschleimhaut die verschiedensten Moleküle aus der Atemluft zu binden,
was
zu einer Aktivierung
der Sinneszelle
führt. Die
Riechrezeptoren sind Chemorezeptoren. Man geht davon aus, dass es für jede Geruchsqualität eine oder mehrere Sinneszellen geben muss, jede Riechzelle aber nur eine Geruchsqualität wahrnehmen kann. So existieren beim Menschen insgesamt ca. 350 verschiedene Rezeptoren in der Riechschleimhaut, die von jeweils Zehntausenden von Riechzellen exprimiert werden. Dabei setzt sich das, was wir als einen bestimmten Geruch erkennen, meist durchaus aus
verschiedenen Geruchsqualitäten zusammensetzen. Proximal entsendet der Zellkörper der Riechzellen einen zentralwärts gerichteten, axonalen Fortsatz, der in der Lamina cribrosa durch das Sieb-
bein tritt und in der vorderen Schädelgrube im Bulbus olfactorius
Abb. 13.25 Aufbau des Riechepithels.
endet ( > Abb. 2.19). Die Gesamtheit der zentral gerichteten Riech-
1 Riechsinneszelle, mit 2 olfaktorischem Vesikel und 3 olfaktorischen Zilien. 4 Stützzelle, 5 Basalzelle. Beachte, dass es hier keine afferente Nervenfaser
epithelfortsätze (Fila olfactoria) bildet den N. olfactorius. Da die
olfaktorischen Sinneszellen also nicht wie die anderen Sinneszellen afferente Nervenfasern besitzen, an die sie die Erregung weitergeben, sondern die Impulse selbst ins ZNS leiten, werden sie als primäre Sinneszellen (= Nervenzellen, die unmittelbar Sinnesreize
wahrnehmen und diese ins ZNS weiterleiten) bezeichnet. Sie ent-
sprechen aber nicht in allen Eigenschaften den anderen Nervenzellen des Körpers. Im Gegensatz zu diesen haben sie eine relativ kurze Lebensdauer und werden ständig durch mitotische Aktivität der
gibt, an die die Sinnesimpulse der Sinneszellen weitergegeben werden, sondern dass die Sinneszelle selbst mit einem 6 Axon in das ZNS projiziert (primäre Sinneszelle). 7 olfaktorische Glia (spezielle, die Axonbündel der Fila olfactoria einhüllende Gliazellen). (Aus [R170-3]) [L107]
Die Sinneszellen des Geschmacksorgans befinden sich in den Zungenpapillen (s. u.). Sie befinden sich überwiegend am Zungenrand und Zungengrund. Dabei sind die vier Geschmacksqualitäten nicht, wie man viele Jahre glaubte, spezifisch auf einzelne Regionen
verteilt. Allerdings gibt es Bereiche erhöhter Geschmacksempfind-
basalen Stammzellen regeneriert (s. 0.).
lichkeit (süß an der Zungenspitze, sauer an den Zungenrändern,
Riechschleimhaut zum einen Schutzfunktionen (s. o.), zum anderen
bitter am Übergang zum Zungengrund; salzig hat keine eindeutige Region mit erhöhter Empfindlichkeit). Mehrere Geschmackssinneszellen sind jeweils in einer Geschmacksknospe gebündelt. Mehrere dieser Geschmacksknospen befinden sich in der seitlichen Wand einer Zungenpapille ( >- Abb.
die Aufgabe, uns den spezifischen Geschmack verschiedener Stoffe
13.26a), insbesondere an den
13.4 Geschmacksorgan Das Geschmacksorgan befindet sich auf der Zunge und hat wie die
zugänglich zu machen. Das Geschmacksorgan kann nur süß, sauer, salzig, bitter und umami (Wahrnehmung vor allem der Aminosäu-
* Papillae fungiformes (im vorderen Bereich der Zunge),
re Glutamat, die geschmacksverstärkend für andere Geschmacksund Aromastoffe wirkt) wahrnehmen. Was darüber hinaus häufig
* Papillae foliatae (im seitlichen Bereich der Zunge) und
als „Geschmacksempfindung“
bezeichnet wird, was
man
* Papillae vallatae (im Bereich des Zungengrunds).
als das
„Aroma“ von Speisen und Getränken schmeckt, wird von der Riechschleimhaut wahrgenommen (Zuleitung von Geruchsstoffen vom Nasopharynx zum Riechepithel der Nase während des Kauens und
Eine Geschmacksknospe besteht aus etwa 20 spindelförmigen Zellen, die zwiebelschalenartig zusammengelagert sind und lumen-
Schluckens). Auch die Qualität „scharf“ wird nicht von Geschmacks-,
(> Abb. 13.26a, 2 und b, 3). In diesen ragen zahlreiche Mikrovilli
sondern von Schmerzrezeptoren der Zunge wahrgenommen.
der von Stützzellen umgebenen Sinneszellen hinein, die Moleküle
wärts
eine
kleine
Grube,
den
Geschmacksporus,
umschließen
340
13 Sinnesorgane
a
Abb. 13.26 Geschmacksorgan. a Geschmacksknospen am seitlichen Rand einer Zungenpapille. Vergrößerung 450-fach. 1 Geschmacksknospe, 2 Geschmacksporus. (Aus [R170-3]) [M375]
b Aufbau der Geschmacksknospe. 1 Sinneszelle, 2 Stützzelle, 3 Geschmacksporus, 4 afferente Nervenfaser, 5 Synapse zwischen Sinneszelle und afferenter Nervenfaser, 6 Plattenepithel der Zunge, 7 Basallamina, 8 Myelinscheide. (Aus [R170-3]) [L107]
binden können, an denen sie die Qualitäten süß, salzig etc. wahr-
Hinzu kommen, weniger im Vordergrund stehend:
nehmen. An der Basis der Geschmacksknospe treten die afferenten Nervenfasern an die Sinneszellen heran (=>- Abb. 13.26b, 4). In
dem Bereich zwischen zwei Zungenpapillen münden viele seröse
» Kommunikationsfunktionen und s Stoffwechselfunktionen.
Ebner-Drüsen, die als „Spüldrüsen“ den Geschmacksporus reini-
gen und für neue Geschmacksempfindungen frei machen.
Die Schutzfunktionen im weitesten Sinne sind z. B.:
Die Geschmackswahrnehmung der vorderen zwei Drittel der Zunge und des Gaumens wird über den N. facialis (via Chorda tympani), die des hinteren Drittels über den N. glossopharyngeus dem ZNS zugeleitet. Die wenigen Geschmacksrezeptoren am tieferen Zungengrund, in der Rachenwand und an der Epiglottis werden durch den N. vagus innerviert.
e Schutz vor mechanischer, chemischer oder thermischer Schädi-
13.5 Haut und Hautanhangsgebilde 13.5.1
Haut: Allgemeines und Funktion
Mit einer Gesamtoberfläche von 1,6-2,2 m* gehört die Haut (Kutis)
zu den größten Organen des Körpers. Sie ist 1-4 mm dick und gliedert sich mikroskopisch in einen epithelialen (Epidermis) und einen bindegewebigen Anteil (Korium, Dermis). Das Korium geht ohne scharfe Grenze nach unten in das Unterhautgewebe (Subkutis) über. Makroskopisch ist die Haut am ganzen Körper mit Ausnahme von Hand- und Fußinnenflächen durch feine Furchen in kleine, polygonale Felder eingeteilt (Felderhaut). An den Hand-
gung von außen. * Schutz vor Strahlenwirkung (durch Melaninpigment). * Schutz vor dem Eindringen von Krankheitserregern (mechanisch durch Verhornung des Epithels, chemisch durch Säure-
schutzmantel mittels Schweißsekretion sowie immunologisch durch antigenpräsentierende Zellen). * Beitrag zur Regulation des Wasserhaushalts. Dabei wird einerseits der Körper vor Flüssigkeitsverlusten durch übermäßiges Verdunsten geschützt (bereits der Verlust von 10 % der Hautfläche, z. B. durch Verbrennung, kann zu lebensbedrohlichen Flüs-
sigkeitsverlusten führen!). Andererseits kann aber durch Steigerung der Schweißsekretion die Flüssigkeitsbilanz erheblich negativiert werden. * Regulation der Körpertemperatur (durch die Schweißsekretion zum einen und durch die Variation der Hautdurchblutung zum anderen).
Die Sinnesfunktionen der Haut ermöglichen das Wahrnehmen
von:
und Fußinnenflächen ist die Haut in feine, höchst individuell aus-
gebildete Leisten gegliedert (Leistenhaut). Die wichtigsten Funktionen der Haut sind:
s mechanischen Reizen e thermischen Reizen s Schmerzreizen.
e Schutzfunktionen und e Sinnesfunktionen.
13.5 Haut und Hautanhangsgebilde
341
Nicht nur durch die Sinnesfunktion, sondern auch durch ihr Ausse-
spinosum geht nach apikal in das Stratum granulosum (Körner-
hen und ihren Geruch hat die Haut wichtige Kommunikationsfunktionen. Pathologische Störungen innerhalb dieses Hautfunk-
schicht; > Abb. 13.27b, 7) über, das aus 2-5 Lagen flacher, auffäl-
tionsbereichs (z. B. nicht beherrschbarer Körpergeruch, entstellen-
de Gesichtsekzeme oder Akne) können somit massive psychische Beeinträchtigungen darstellen. Schließlich hat die Haut noch wichtige Stoffwechselfunktionen,
wobei sie für die Bildung von Vitamin D (unter Sonnen- bzw. UVEinstrahlung) und für die Ausscheidung verschiedener Stoffe über die Schweißdrüsen zuständig ist.
13.5.2 Mikroskopische Anatomie der Haut Mikroskopisch kann man drei Schichten unterscheiden:
lig gekörnter Zellen mit kleinen, pyknotischen Kernen besteht, was auf den Absterbeprozess in den Zellen hinweist. Auf das Stratum granulosum folgt das Stratum lucidum ( >
Abb. 13.27b, 8), das
homogen gefärbt ist und aus einigen Lagen dicht gepackter, flacher Zellen besteht, die im Übergang zur Verhornung begriffen sind. Ganz apikal schließlich befindet sich eine unterschiedlich dicke Hornschicht als Stratum corneum ( >
Abb. 13.27b, 9), das aus
verhornten, also abgestorbenen, kernlosen, flach miteinander ver-
backenen Zellen besteht. Die Hornschicht macht einen wichtigen Teil der Schutzfunktion der Haut vor äußeren Einflüssen aus und ist daher besonders dick bei mechanisch beanspruchten Körperpartien wie Handfläche und Fußsohle. Die Hautfarbe wird vornehmlich durch die Menge der in die Basalzellen eingelagerten Melaninpigmentkörnchen (s. u.) und die In-
» Epidermis
tensität der Koriumdurchblutung (Rötung, Blässe) bestimmt.
® Korium (Dermis) e Subkutis.
In der Epidermis finden sich außer den Epithelzellen (Keratinozyten) in den basalen Zellschichten die Melanozyten. Diese sich ontogenetisch aus der Neuralleiste ableitenden Zellen besitzen dendritenartige Ausläufer und sind für die Pigment-(Melanin-)Bildung zuständig. Dabei schütten sie das in Vesikeln (Melanosomen)
(> Abb. 13.27a, 1-3). Epidermis und Korium bilden die Haut (Kutis), die funktionell mit der Subkutis eng verknüpft ist.
gespeicherte Melanin in ihre Umgebung aus, sodass es von den um-
Epidermis
liegenden Epithelzellen aufgenommen, eingelagert und im Lauf der Zeit abgebaut wird. Die Bräunung der Haut nach UV-Bestrahlung
Die Epidermis (>- Abb. 13.27a, I) enthält keine Blutgefäße und besteht aus einem
beruht nicht auf Vermehrung der Melanozyten, sondern auf ver-
» mehrschichtigen, verhornten Plattenepithel.
(Handfläche, Fußsohle) auf, weswegen diese Stellen fast unpigmen-
stärkter Melaninsynthese. Die Melanozyten können als malignes Melanom entarten. Melanozyten treten kaum in der Leistenhaut tiert sind.
In dieses schieben sich von basal her kräftige Bindegewebspapillen tur der Haut entsteht. Wir unterscheiden an der Epidermis fünf ab-
Weitere Zellen der Epidermis sind z. B. Sinnesrezeptoren (s. u.) sowie die Langerhans-Zellen (große, antigenpräsentierende dendri-
grenzbare Schichten ( > Abb. 13.27b):
tische Zellen, die Fortsätze haben und Abkömmlinge von Makro-
aus dem Korium hinein, sodass die charakteristische wellige Struk-
Stratum basale Stratum spinosum
Stratum granulosum Stratum lucidum
phagen sind). Die Langerhans-Zellen spielen eine wichtige Rolle bei der spezifischen Abwehrfunktion der Haut gegen Krankheitserreger (Aufnahme des Antigens, Transport in den nächstgelegenen Lymphknoten, Antigenpräsentation). Klinisch spielen sie eine bedeutende Rolle bei allergischen Reaktionen der Haut.
Stratum corneum.
Ganz basal befindet sich das Stratum basale ( > Abb. 13.27b, 5),
eine dicht gelagerte, regelmäßig geformte Zellschicht. In der apikalen Hälfte dieser Zellen findet man Melaninpigmenteinlagerungen. Nach oben schließt sich das Stratum spinosum (Stachelzellschicht; > Abb. 13.27b, 6) an, eine aus 4-8 Lagen bestehende Zellschicht,
Korium (Dermis) Das Korium (Lederhaut;
> Abb. 13.27a, 2) gliedert sich in ein
Stratum papillare, das direkt an die Epidermis grenzt, und ein derberes, grobfaseriges Stratum reticulare. Das Stratum papillare ist zellreicher und enthält mehr Kapillaren als das Stratum reticulare,
sind. Aufgrund der Fixierung und Einbettung histologischer Präpa-
das hauptsächlich aus kräftigen Kollagenfaserbündeln mit wenigen Fibrozyten besteht und die immense Stabilität des Koriums ausmacht. In den vom Stratum papillare gebildeten Koriumpapillen
rate schrumpfen diese Zellen, bleiben aber durch die Desmosomen
(> Abb. 13.27b, 2) befinden sich außer Kapillaren zahlreiche freie
miteinander verbunden, die man dann oft als „Stacheln“ (Spinae)
Bindegewebszellen (Makrophagen, Mastzellen, Lymphozyten) und
zwischen den Zellen sehen kann. Stratum spinosum und Stratum basale werden zusammengefasst zum Stratum germinativum, das als Regenerationsschicht durch Proliferation für die „Nachlieferung“ der apikal abgeschilferten Zellen zuständig ist. Das Stratum
— insbesondere in der Haut der Fingerbeeren - Meissner-(Tast-)
deren polyedrische, nach oben hin zunehmend ellipsoide Zellen durch Desmosomen (Interzellularbrücken) miteinander verbunden
Körperchen, sind.
die besonders empfindliche Berührungsrezeptoren
342
13 Sinnesorgane
Abb. 13.28 Spaltlinien der Haut. Die Spaltlinien kommen durch den geordneten Kollagenfaserverlauf im Korium zustande und haben klinische Bedeutung (Schnittführung im Rahmen von Operationen). (Aus [5139])
Die Kollagenfasern des Koriums haben eine bestimmte Verlaufsrichtung und bilden dadurch die sog. Spaltlinien der Haut (Langer-Linien, > Abb. 13.28). Sie sind z. B. daran erkennbar, dass sich nach Einstechen mit einer runden Nadel in die Haut kein rundes Loch,
sondern ein Spalt ergibt, der in Richtung der Hautspaltlinien verläuft.
KLINLK Abb. 13.27
Mikroskopische Anatomie der Haut (Haut der Hohlhand).
a Übersicht. Vergrößerung 18-fach.
Die Langer-Spaltlinien haben Bedeutung bei operativen Eingriffen. Ein Hautschnitt erfolgt oft (wenn mit dem Operationsziel vereinbar) entlang dieser Linien, da die Wunde dann weniger klafft und kosmetisch schönere
Narben resultieren.
1 Epidermis, 2 Korium (1 und 2 = Kutis), 3 Subkutis, 4 Fettgewebe in der Subkutis, 5 Vater-Pacini-Körperchen ( =- Kap. 13.5.3), 6 Koriumpapillen,
7 Schweißdrüsenausführungsgänge.
b Stärker vergrößerter Ausschnitt aus a. Vergrößerung 170-fach, 1 Korium mit 2 Koriumpapillen, die in die Epidermis hineinragen. Dort finden sich 3 Meissner-(Tast-)Körperchen (>- Kap. 13.5.3) und zahlreiche 4 Blutgefäße. 5-9 Schichten der Epidermis: 5 Stratum basale, 6 Stratum spinosum, 7 Stratum granulosum, 8 Stratum lucidum, 9 Stratum corneum. 10 Schweißdrü-
senausführungsgang. (Aus [R252])
Subkutis (Tela subcutanea)
Die Subkutis dient der Befestigung der Haut auf der Unterlage (in der Regel die sog. allgemeine Körperfaszie). Sie besteht aus meist relativ lockerem Bindegewebe, das mehr oder weniger Fettgewebe enthält. In die Subkutis sind zahlreiche Hautanhangsgebilde wie Haarbälge, Schweiß- und Talgdrüsen eingelagert. Sie werden gesondert besprochen.
13.5 Haut und Hautanhangsgebilde
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unbehaarte Haut
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behaarte Haut
343
Abb. 13.29 Sinnesorgane der Haut. 1 Freie Nervenendigungen in Subkutis (hier nicht dargestellt), Korium und basaler Epidermis, 2-6 Nervenendigungen an: 2a Haarfollikeln, 3a Merkel-Rezeptoren (nur im Stratum basale der Epidermis), 4a Meissner-Rezeptoren (Meissner-Tastkörperchen), 5a Vater-Pacini-
Rezeptoren, 6a Ruffini-Rezeptoren. (Aus [S130-3])
[L106]
13.5.3 Sinnesorgane der Haut
empfindlich auf jede Abbiegung des Haares und sind also Berüh-
rungsrezeptoren. Die
Haut
ist
Sinnesorgan
für
mechanische,
thermische
und
Schmerzreize. Dabei existieren für fast jede Empfindungsqualität
Die korpuskulären Rezeptoren der Haut sind weit weniger zahlreich als die beiden vorher genannten. Man unterscheidet dabei:
gesonderte, oft auch morphologisch spezifische Rezeptoren (z.B. für Wärme, Kälte, Vibration, Druck, Berührung, Schmerz). Folgen-
de Typen von Nervenendigungen lassen sich dabei unterscheiden
( > Abb. 13.29): * freie Nervenendigungen * Nervenendigungen in Verbindung mit Haaren * Nervenendigungen an korpuskulären Rezeptoren (Merkel-, Meissner-, Vater-Pacini-, Ruffini-Rezeptoren). Zunge, Gesicht oder Handflächen weisen eine besonders hohe Dichte auf, während man z.B. in der Haut des Rückens weit weni-
ger afferente Nervenendigungen findet, was die unterschiedliche Empfindlichkeit dieser Körperregionen erklärt.
e korpuskuläre Druckrezeptoren * korpuskuläre Berührungsrezeptoren * korpuskuläre Vibrationsrezeptoren. Die Ruffini-Körperchen (>- Abb. 13.29, 6a) finden sich in der Haut vor allem im tiefen Koriumbereich (Stratum reticulare) und
bestehen aus einem Geflecht von Nervenendigungen, das von einer Bindegewebskapsel umgeben ist. Als Druck- und Dehnungsrezeptoren adaptieren sie nur langsam, sodass Druck und Dehnung auch bei längerem gleichmäßigem Bestehen weiter wahrgenommen werden. Sie kommen auch in Gelenkkapseln vor, wo sie die Stellung der
Gelenke und jede Stellungsänderung gradgenau registrieren. Die aus einem Epithel-Dendriten-Komplex gebildeten Merkel-Rezeptoren ( > Abb. 13.29, 3a) gelten als Druckrezeptoren. Sie kommen
Freie Nervenendigungen sind Endaufzweigungen afferenter Dendriten von Spinalganglienzellen, die größtenteils von Schwann-Zellen umgeben sind und nur mit feinen Endausläufern frei im Gewebe liegen. Man findet sie in allen Bereichen von der Subkutis über
bevorzugt in den tieferen Schichten der unbehaarten Haut vor
das Korium bis in die basale Epidermis hinein (>- Abb. 13.29, 1).
rezeptoren sind die Meissner-(Tast-)Körperchen ( > Abb. 13.29,
Sie dienen als Rezeptoren für die meisten Sinnesqualitäten der
4a). Sie kommen in den Papillen der Leistenhaut vor, liegen somit
Haut, überwiegend aber der Thermo- und Schmerzrezeption.
oberflächennäher als Merkel-Rezeptoren. Sie bilden hier, wo es kei-
Zahlreiche Nervenendigungen enden auch an den Haarfollikeln (> Abb. 13.29, 2). Die Haarfollikel-Nervenendigungskomplexe sind wohl die häufigste sensible Rezeptorart der Haut. Sie reagieren
ne Haarfollikel gibt, die von
(Hand- und Fingerflächen, Fußsohle) und adaptieren langsam, so-
dass eine Berührung auch über eine längere Zeit hinweg wahrgenommen werden kann. Die häufigsten korpuskulären Berührungs-
afferenten
Nervenfasern
innerviert
werden könnten, die wichtigsten Rezeptoren für feine Berührungsreize, adaptieren aber sehr schnell (>- Abb. 13.27b, 3). Als Vibra-
344
13 Sinnesorgane
tionsrezeptoren gibt es Vater-Pacini-Körperchen ( >- Abb. 13.29, 5a), lamellär-zwiebelschalenartig zusammengesetzte runde Strukturen, die tief in der Subkutis, z.T. auch in Gelenkkapseln lokalisiert sind ( > Abb. 13.27a, 5).
den durch die Haarkutikula ab ( >- Abb. 13.30b, 4). Bei den Wurzelscheiden unterscheiden wir eine (in sich wiederum dreischichtige) innere ( > Abb. 13.30b, 54, 5b, 5c) und eine äußere Wurzelscheide (>- Abb. 13.30b, 6). Letztere ist durch die Glashaut (> Abb. 13.30b, 7) vom Haarbalg ( >- Abb. 13.30b, 10) getrennt,
der sich von unten her als Haarpapille ( >- Abb. 13.30b, 9) in die
13.5.4 Hautanhangsgebilde
Haarzwiebel ( > Abb. 13.30b, 8) einstülpt.
Unter Hautanhangsgebilden ( > Abb. 13.30) versteht man:
KLINLK Die Haarfollikel sind häufig Ort bakterieller Infektionen, die sich zu Vereiterungen ausbreiten und so das umgebende Gewebe zerstören können. Man spricht dann von einem Furunkel.
s Haare
s Hautdrüsen
— Talgdrüsen — Schweißdrüsen — Brustdrüse
Talgdrüsen
» Nägel.
Die Talgdrüsen (Glandulae sebaceae; > Abb. 13.30a, 5) sind holokrine Drüsen. In der Regel münden sie in Haarfollikel, sodass ihr
Sie entstehen im Prinzip alle aus epithelialen Einstülpungen.
Sekret, der Talg (Sebum), über den Haartrichter an die Oberfläche
gelangt und Haare und Haut mit einem dünnen Fettfilm überzieht, der die obersten Epidermisschichten durchtränkt. Die Wasserdurchlässigkeit wird dadurch herabgesetzt, sowohl für Wasser von
Haare
Sie finden sich unterschiedlich zahlreich an allen Körperhautparti-
innen (Verdunstungsschutz) als auch von außen. An der Leisten-
en mit Ausnahme
haut (Handfläche, Fußsohle), wo die Talgdrüsen fehlen, kann man nach längerem Aufenthalt im Wasser sehen, dass dieses durch die
der Leistenhaut (Handfläche, Fußsohle). Ihre
Funktion als Wärmeschutzeinrichtung spielt bei uns Menschen eine untergeordnete Rolle, ihre kosmetische Bedeutung wird dagegen z. T. überaus hoch eingeschätzt. Vor allem aber dienen die Haare als Berührungsdetektoren der Haut (jede Abscherung wird von Nervenendigungen wahrgenommen, s.o.) und der Reibungsminde-
Epidermis eingedrungen ist und das Stratum corneum sowie die Koriumbindegewebsfasern zum Aufquellen bringt, sodass sich die
Haut in grobe Falten wirft.
rung an Stellen, wo Hautflächen aneinander reiben (Achselhöhle,
Mikroskopische Anatomie
Dammbereich).
Die Talgdrüse besteht aus mehreren Schichten epithelialer Zellen,
Man unterscheidet am Haar einen frei aus der Epidermis herausragenden Haarschaft ( > Abb. 13.30a, I) von einer schräg bis hinvon Wurzelscheiden umgeben ist und sich unten zu einer Haar-
die ganz sind. Ein tion der Richtung
zwiebel (Bulbus; > Abb. 13.30a, 4) verdickt. Die Haarzwiebel ent-
mend größere Fettvakuolen ein, sodass ihr Inneres schließlich voll-
hält die undifferenzierten Matrixzellen des Haares und Melanozyten. Die Melanozyten sterben im Alter ab, gleichzeitig nimmt die Lufteinlagerung im Haar zu, sodass das Haar ergraut. In den Bulbus hinein schiebt sich die bindegewebige Haarpapille. Papille, Bulbus und umgebendes Bindegewebe werden Haarfollikel genannt. Stratum corneum und Stratum granulosum der Epidermis senken sich
ständig von diesen ausgefüllt ist und sogar der Kern verschwindet. Apikal schüttet die Zelle dann die Vakuolen in den kurzen Ausführungsgang zum Haarfollikel aus, wobei sie zugrunde geht (holokri-
ab in die Subkutis verankerten Haarwurzel ( > Abb. 13.30a, 3), die
um die Haarwurzel herum ein Stück weit ein, sodass der Haartrichter entsteht ( > Abb. 13.30a, 2). An seinem unteren Ende mündet
basal noch kubisch und mit kleinen Fettvakuolen sichtbar eigentliches Drüsenlumen existiert nicht. Durch Proliferabasalen Zellschichten geraten die Zellen immer mehr in des kurzen Ausführungsgangs. Dabei lagern sie zuneh-
ne Sekretion).
KLLINLK Störungen der Talgdrüsenfunktion
strahlt von schräg oben her ein feiner, glatter Muskel (M. arrector
Wie auch die Haarfollikel sind die Talgdrüsen nicht selten der Ort bakterieller Besiedelung. Wenn der Ausführungsgang verengt ist, kann es zum Talgaufstau kommen. Die Bakterien spalten dann enzymatisch die
pili; > Abb. 13.30a, 6) in die Haarwurzel ein, der auf vegetative
Lipide des Talgs, was über die Freisetzung von Fettsäuren zu einer Entzün-
eine Talgdrüse ein (>- Abb. 13.30a, 5). Etwas weiter unterhalb
(sympathische) und psychische Reize hin das Haar zur Aufrichtung und die darüber liegende Haut zur Einziehung bringen kann („Gän-
dung der Talgdrüsen und des umgebenden Gewebes führt. Das spielt in der Pathophysiologie der Akne eine entscheidende Rolle.
sehaut“!).
Mikroskopische Anatomie
Schweißdrüsen
Unter dem Mikroskop entpuppen sich das Haar und seine Wurzel-
Man
scheiden als äußerst komplexe
13.30b). Man
(> Abb. 13.30a, 7 und 9). Beide sind unverzweigte, tubuläre Ein-
kann dabei folgende Schichten differenzieren: Die Haarwurzel (> Abb. 13.30b, 7) grenzt sich nach außen gegen die Wurzelschei-
zeldrüsen, wobei die ekkrinen Schweißdrüsen ubiquitär, die apo-
Gebilde (>- Abb.
unterscheidet
ekkrine
und
apokrine
krinen nur an bestimmten Stellen vorkommen
Schweißdrüsen
(v.a. Achselhöhle,
13.5 Haut und Hautanhangsgebilde
345
C
Abb. 13.30 Hautanhangsgebilde. a Vereinfachtes Schema der Hautanhangsgebilde. 1—4: Haar, 1 Haarschaft, 2 Haartrichter, 3 Haarwurzel, 4 Haarzwiebel. 5 Talgdrüse, 6 M. arrector pili (glatter Muskel, sympathisch innerviert), 7 ekkrine Schweißdrüse mit 8 Mündung ihres Ausführungsgangs an der Hautoberfläche, 9 apokrine Schweißdrüse mit 10 Mündung ihres Ausführungsgangs in den Haartrichter. [T873,
L106] b Mikroskopische Anatomie des Haares. Von innen nach außen: 1 Haarwurzel, 2 Haarmark und 3 Haarrinde, 4 Haarkutikula (Abgrenzung des Haares gegen die Wurzelscheiden), 5 innere epitheliale Wurzelscheide (dreischichtig als 5a, 5b, 5c), 6 äußere epitheliale Wurzelscheide, 7 Glashaut, 8 Haarzwiebel, 9 Haarpapille, 10 Haarbalg, 11 Pigment (Aus [R252])
c Nagel (Unguis). 1 Nagelplatte, 2 Bereich des Nagelbetts, 3 Nagelfalz, 4 Nagelwurzel, 5 Nageltasche, 6 Eponychium, 7 Lunula, 8 Bereich der Nagelmatrix, die die nagelbildenden Matrixzellen enthält. Die Pfeile deuten den Wachstumsschub bei der Bildung des Nagels an. (Aus [S010-2-16])
346 Tab. 13.1
13 Sinnesorgane Sinnesrezeptoren der Haut
freie Nervenendigungen Nervenendigungen an Haaren Ruffini-Körperchen Merkel-Rezeptoren Meißner-Körperchen Vater-Pacini-Körperchen
TE
basale Epidermis, Korium, Subcutis Haarfollikel (Korium)
Korium, Gelenkkapseln basale Epidermis (bevorzugt unbehaarte Haut) Korium (unbehaarte Haut) Subkutis, Gelenkkapseln
Genital- und Perianalgegend). Die Schweißdrüsenendstücke befinden sich in der Subkutis und ihre oft stark gewundenen Ausführungsgänge ziehen durch das Korium. Die Gänge der ekkrinen
multiple Sinnesqualitäten, besonders Temperatur und Schmerz Berührung Druck, Dehnung, Gelenkstellung Druck Druck, Berührung Vibration
Mamma
Die Brustdrüse ist ebenfalls eine Anhangsdrüse der Haut. Sie kann in diesem Rahmen nicht abgehandelt werden.
Schweißdrüsen münden an der Hautoberfläche (>- Abb. 13.30a,
8), während diejenigen der apokrinen Drüsen meist wie die Talgdrüsen in Haarfollikel einmünden ( > Abb. 13.30a, 10).
Mikroskopische Anatomie Mikroskopisch unterscheiden sich die apokrinen von den ekkrinen Schweißdrüsen
durch wesentlich
(bis zu
10-mal)
weitere
Drü-
senendstücke und höhere Epithelien, was wohl auch mit dem Sezer-
nierungsmodus zusammenhängt (apokrin: apikaler Zellteil wird bei der Sezernierung mit abgestoßen). Die Endstücke beider Schweißdrüsenarten enthalten myoepitheliale Zellen. Die Ausführungsgänge sind stark gewunden, sodass man in den histologischen Präpara-
ten oft nur Queranschnitte findet.
Die Funktion der Schweißdrüsen besteht in erster Linie in der Temperaturregulation. Die Verdunstung von Wasser entzieht
dem Körper Wärmeenergie. Zum anderen tragen die Schweißdrüsen durch die chemische Zusammensetzung des Schweißes ent-
scheidend zur Abwehrfunktion der Haut gegen Krankheitserreger bei (sog. „Säureschutzmantel“ der Haut).
Nägel
Auch die Nägel sind Abkömmlinge der Epidermis. Funktionell bieten sie einerseits einen gewissen mechanischen Schutz der Fingerbzw. Zehenspitzen, zum anderen dienen sie als Werkzeug (z.B.
beim Greifen kleinster Gegenstände oder beim Kratzen). Ein Nagel (>- Abb. 13.30c) besteht aus einer etwa 0,5mm dicken Hornplatte (Nagelplatte; >- Abb. 13.30c, 1), die auf dem Nagelbett ruht (>- Abb. 13.30c, 2). Nach vorne ist die Nagelplatte frei, zur Seite ist sie im Nagelfalz ( > Abb. 13.30c, 3), nach hinten als Na-
gelwurzel ( > Abb. 13.30c, 4) in die Nageltasche ( > Abb. 13.30c,
5) eingefasst. Aus dieser Tasche schiebt sich ein dünnes Häutchen (Eponychium;
>- Abb. 13.30c, 6) ein kleines Stück weit auf die Na-
gelplatte. In der hinteren Nagelwurzel und in der Lunula, die man als weiße Fläche vor der Nageltasche sehen kann ( >- Abb. 13.30c, 7), befinden sich die Matrixzellen des Nagels, von denen die Nagel-
bildung ausgeht. Ist bei einer Erkrankung oder Verletzung des Nagels die Matrix zerstört worden, kann keine Regeneration durch Nachwachsen des Nagels mehr erfolgen.
Abb. 13.31
Muskelspindel.
1 Extrafusale Skelettmuskelfasern (normale Skelettmuskelzellen, rot-braun dargestellt), 2 und 3 intrafusale Muskelfasern (orange dargestellt): 2 Kernsackfaser,
3 Kernkettenfaser. 2 und 3 sind durch eine 4 Bindegewebskapsel von den extrafusalen Muskelfasern getrennt. 5 Anulospirale Endigungen der 6 sensiblen Nervenfaser, die die Muskeldehnungsimpulse zum ZNS leitet. 7 Blütendoldenendigung einer 8 sensiblen Nervenfaser. 9 Axon eines y-Motoneurons mit 10 synaptischen Endigungen an den intrafusalen Muskelfasern. (Aus [R170-3]) [L107]
13.6 Sinnesorgane des Bewegungsapparats
13.6 Sinnesorgane des
347
le Fasern bezeichnet und sind im Verlauf parallel zur Arbeitsmuskulatur des Muskels geschaltet. Je nach Anordnung der Muskelfaserkerne unterscheidet man:
Bewegungsapparats Zahlreiche spezialisierte Sinnesorgane des Bewegungsapparats ermöglichen uns das bewusste Wahrnehmen der Lage der Extremitäten und des Rumpfes (Propriozeption), den reibungslosen Ablauf von Bewegungen und einen Schutz vor Überlastung der Gelenke, Bänder, Muskeln und Sehnen. Besondere Bedeutung haben:
e Kernsackfasern: Kerne „haufenförmig“ angeordnet ( > Abb. 13.31, 2)
e Kernkettenfasern: Kerne „reihenförmig“ angeordnet ( > Abb. 13.31, 3).
Zwei Arten von Nervenfasern innervieren die Muskelspindeln:
» Muskelspindeln e Sehnenrezeptoren (Golgi-Rezeptoren) s Gelenkrezeptoren (in Kapseln und Bändern).
* motorische (y-)Fasern ( > Abb. 13.31, 9), die über motorische
Endplatten die intrafusalen Muskelzellen aktivieren können (sie Während die Muskelspindeln Längenrezeptoren sind, also auf die Verkürzung oder Dehnung des Muskels reagieren, sind die Sehnenrezeptoren Spannungsrezeptoren, die auch bei isometrischer Kontraktion (= keine Verkürzung bei Muskelanspannung,
z.B. beim
enden oben und unten an den Fasern, nicht in der Mitte) e sensible Fasern ( > Abb. 13.31, 6), die die intrafusalen Muskel-
fasern in der Mitte als anulospirale Endigung umschlingen und jede Längenänderung derselben registrieren.
Versuch, einen unbeweglichen Gegenstand zu bewegen) Impulse abgeben. Die Muskelspindeln stehen also im Dienst der Kons-
Manche
tanthaltung der Muskellänge, die Sehnenrezeptoren im Dienst der
gung“ in der Muskelspindel ( > Abb. 13.31, 7). Wird nun der Mus-
Verhinderung einer für den Muskel gefährlich hohen Spannung. Die Gelenkrezeptoren ermöglichen den Lagesinn und verhindern die Überlastung des Gelenks.
kel gedehnt, dehnen sich die intrafusalen Muskelfasern mit, und die
afferenten
Fasern
enden
auch
als „Blütendoldenendi-
Rezeptoren werden aktiviert. Sie führen im Rückenmark zu einer Aktivierung der a-Motoneurone und damit zu einer Kontraktion
des gedehnten Muskels, sodass seine ursprüngliche Länge wiederhergestellt ist (Grundlage des Muskeleigenreflexes, > Kap. 3.4.4).
Mikroskopische Anatomie der Muskelspindeln
Mittels der motorischen (y-)Nervenfasern kann die Empfindlich-
Muskelspindeln sehen mikroskopisch beinahe aus wie ein „kleiner Muskel im Muskel“ (>- Abb.
13.31). Es handelt sich dabei um
2-5mm lange, spindelförmige Gebilde in der Skelettmuskulatur, die von einer Bindegewebskapsel (>- Abb. 13.31, 4) umschlossen sind und etwa 6-12 kleine quer gestreifte Muskelfasern enthalten
keit der Muskelspindelrezeptoren gesteigert werden. Wenn sie die intrafusalen Muskelfasern oben und unten zur Kontraktion bringen, wird die Mitte dieser Fasern gedehnt, was über die sensiblen
Nervenfasern zu einer Aktivierung des a-Motoneurons des Muskels
führt. Für weitere Details s. Lehrbücher der Physiologie.
(> Abb. 13.31, 2 und 3). Diese Muskelfasern werden als intrafusa-
Zusammenfassung Auge
und ihn versteift. Die mittlere Bulbusschicht, Uvea, bildet mit
Man unterscheidet am Sehorgan den Augapfel (Bulbus oculi) von seinen Umgebungs- und Hilfsstrukturen: Augenhöhle (Or-
zwei ringförmigen Ausläufern die Iris und das Corpus ciliare als
bita), Bindehaut (Tunica conjunctiva), Tränendrüse (Glandula
vaskularisierte Choroidea (Aderhaut) die Sklera von innen her.
lacrimalis), Augenlider (Palpebrae) und Augenmuskeln. Der Bulbus oculi lässt sich unterteilen in die dreischichtige Bulbuswand und die inneren Bulbusstrukturen.
bildet, die die lichtwahrnehmenden Sinneszellen enthält. Sie ist
Bulbuswand
und setzt sich nach vorne als Pars caeca (enthält keine Sinneszel-
Die Bulbuswand setzt sich von außen nach innen zusammen aus:
* Tunica fibrosa (Sklera und Kornea)
* Tunica vasculosa (= Uvea: Iris, Corpus ciliare und Choroidea) * Tunica interna (Retina).
Der vordere, uhrglasförmige Teil der sonst kugelförmigen Bulbuswand wird von der durchsichtigen Kornea (Hornhaut) gebildet. Sie ist histologisch dreischichtig, gefäßfrei und stark licht-
brechend. Sie geht an ihrem Rand in die lichtundurchlässige, derbe Sklera (Lederhaut) über, die dem Bulbus seine Form gibt
innere Augenstrukturen (s. u.). Ansonsten bedeckt sie als stark
Die innerste Bulbusschicht wird von der Retina (Netzhaut) geebenso wie der N. opticus ein Teil des Zwischenhirns. Als Pars optica kleidet sie nahezu den gesamten Bulbus von innen her aus len) auf Iris und Ziliarkörper fort. Bei der Pars optica retinae lässt sich ein äußeres Stratum pigmentosum (einschichtiges Pigmentepithel) von einem inneren Stratum nervosum trennen, das die Sinnes- und Nervenzellen enthält und bereits einen Teil der Sehbahn bildet. Im Stratum nervosum befinden sich als äußerste Schicht die retinalen Sinneszellen: Stäbchenzellen (Hell-Dunkel-Wahrnehmung) und Zapfenzellen (Farbwahrneh-
mung). Diese Sinneszellen (1. Neuron der Sehbahn) geben die optischen Reize als elektrische Impulse über die bipolaren Gan-
glienzellen (2. Neuron der Sehbahn) an die vor ihnen liegenden multipolaren Ganglienzellen (3. Neuron der Sehbahn) weiter.
348
13 Sinnesorgane
Deren Axone bündeln sich in der Papilla n. optici (= Discus n.
Visuelle Reflexe
optici = „blinder Fleck“, da hier keine Sinneszellen) zum N. opti-
Es gibt zwei visuelle Reflexe, die man am Auge stets prüfen muss:
cus. An der Stelle des schärfsten Sehens (Fovea centralis in der Macula lutea), die im Zentrum der Retina liegt, befinden sich
nur Zapfenzellen. Die Sauerstoff- und Nährstoffversorung der äußeren Netzhautschichten (also auch der Sinneszellen) erfolgt über die Gefäße der Choroidea (deshalb Erblindung, wenn sich die Sinneszellschicht von ihrer Unterlage abhebt = Netzhautablösung, Ablatio retinae). Innere Strukturen des Auges Die inneren Strukturen des Augapfels sind: * Iris (Regenbogenhaut) * Linse
* Corpus ciliare (Ziliarkörper) * Augenkammern und Kammerwasser * Corpus vitreum (Glaskörper).
* Lichtreflex (Pupillenreflex): Hier werden in der Netzhaut
Lichtimpulse wahrgenommen, ins Mittelhirn geleitet und dort doppelseitig (gekreuzt und ungekreuzt) verschaltet, von wo aus dann über den N. oculomotorius (IIT) und das Ganglion ciliare
parasympathische Fasern zum Auge ziehen, die eine Pupillenverengung bewirken. * Naheinstellungsreaktion: Hier werden visuelle Impulse erst in die Sehrinde und von dort zum Mittelhirn geleitet, von wo aus
dann über parasympathische und somatomotorische Fasern des N. oculomotorius am Auge eine Pupillenverengung, Ziliarkörperkonstriktion und Konvergenz (Adduktion beider Bulbi) bewirkt wird.
Umgebungsstrukturen des Auges Die Orbita (Augenhöhle) umgibt als schützende knöcherne
Struktur den Bulbus. Sie beinhaltet außer dem Bulbus den N. op-
Die Iris ist eine scheibenförmige Ausstülpung der Uvea, direkt
ticus, die Tränendrüse, die Augenmuskeln und Fettgewebe. Mit
hinter der Kornea. Sie umschließt in ihrer Mitte eine Öfi'nung,
der Tunica conjunctiva (Bindehaut) ist der Bulbus an den Au-
die Pupille. Der Pigmentgehalt der Iris bestimmt die „Augenfar-
genlidern fixiert. Diese durchsichtige Haut setzt am Übergang
be“. Die Pupille ist in ihrer Größe variabel, was durch den in der
von Kornea zu Sklera am Bulbus an und bildet am Orbitarand Umschlagfalten (Fornices), mit denen sie sich auf die Innenseite
Iris liegenden, radiär verlaufenden M. dilatator pupillae (Pupillenerweiterung, sympathisch innerviert) und den ringförmigen M. sphincter pupillae (Pupillenverengung, parasympathisch innerviert) möglich ist. Die Pupillomotorik dient der Konstanthaltung des Lichteinfalls ins Auge bei variierender Lichtstärke. Direkt hinter der Pupille liegt die Linse. Ihre Brechkraft ist durch Anpassung der Linsenkrümmung variabel (Akkommodation). Dies wird durch Kontraktion des Ziliarkörpers (s. u.) mög-
lich, an dem die Linse durch die Zonulafasern aufgehängt ist. Im Alter ist die Anpassungsfähigkeit der Linse herabgesetzt. Das Corpus ciliare umgibt als ringförmige Ausstülpung der Uvea die Linse und dient ihrer Aufhängung und Fixierung über die Zonulafasern. Wenn sich der ringförmige M. ciliaris (parasympathisch innerviert) im Corpus ciliare kontrahiert, kommt es über die Erschlaffung der Zonulafasern zu einer stärkeren Linsenkrümmung. Zwischen Linsenvorderseite, Irisvorderseite und Korneahin-
der Augenlider fortsetzt. Vorne oben lateral liegt über dem Bulbus in der Orbita die etwa haselnussgroße Glandula lacrimalis (Tränendrüse). Diese und die sog. akzessorischen Tränendrüsen produzieren die Tränenflüssigkeit, die die Vorderfläche des Bulbus (Kornea und Konjunktiva) befeuchtet, reinigt und z. T.
ernährt. Der Abfluss der Tränenflüssigkeit geschieht am medialen Augenwinkel, von wo aus sie über den Ductus nasolacrimalis
in den unteren Nasengang geleitet wird. Vom vorderen Orbi-
tarand entspringen oben und unten die beiden Palpebrae (Augenlider), zwei Bindegewebsplatten, die innen mit Konjunktiva, außen mit Epidermis überzogen sind. Sie enthalten Muskeln zur Schließung (M. orbicularis oculi, Innervation N. facialis) und
Öffnung (M. levator palpebrae superioris, Innervation N. oculomotorius) der Lidspalte. Augenmuskeln
terseite befindet sich die vordere Augenkammer, die mit Kammerwasser gefüllt ist. Zwischen Irishinterseite, Ziliarkörpervor-
Der Bulbus wird von sechs Muskeln bewegt: M. rectus superior,
derseite und Linse liegt die hintere Augenkammer. Hier wird vom Ziliarkörper das Kammerwasser produziert und muss über
obliquus superior und M. obliquus inferior. Sie entspringen hinten an der Orbitaspitze mit Ausnahme des M. obliquus inferi-
die Pupillenöffnung in die vordere Augenkammer gelangen, wo
or, der am medioventralen unteren Orbitarand seinen Ursprung
es im Iridokornealwinkel (über den Schlemm-Kanal) in die ve-
hat. Der M. obliquus superior zieht nach vorne zur Trochlea, biegt mit seiner Sehne um diese herum und inseriert dann wie der M. obliquus inferior von schräg vorne her am Bulbus. Die In-
nöse Blutbahn resorbiert wird. Das Kammerwasser erhält den intraokulären Druck aufrecht (bei Resorptionsstörungen: Glaukom = grüner Star). Das Corpus vitreum (Glaskörper) füllt als gallertige Masse (besteht zu 99 % aus Wasser) das Augeninnere hinter dem Cor-
pus ciliare und der Iris aus. Es trägt wie alle brechenden Medien des Auges dazu bei, die Lichtstrahlen auf die Retina zu fokussie-
ren.
M. rectus inferior, M. rectus lateralis, M. rectus medialis, M.
nervation erfolgt über die Hirnnerven III, IV und VI: + N. oculomotorius: M. rectus superior, M. rectus inferior,
M. rectus medialis, M. obliquus inferior
* N. trochlearis: M. obliquus superior * N. abducens: M. rectus lateralis.
13.6 Sinnesorgane des Bewegungsapparats Ein Funktionsausfall oder eine angeborene Dysfunktion dieser Muskeln führt zu Schielen und ggf. Doppelbildern. Ohr
Das Ohr enthält zwei Sinnesorgane: zum einen für die akustische Wahrnehmung (Hörorgan) und zum anderen für die Lage- und Beschleunigungswahrnehmung (sog. Gleichgewichtsorgan). Man gliedert das Ohr in äußeres Ohr, Mittelohr und Innenohr.
Äußeres Ohr Es besteht aus Ohrmuschel und äußerem Gehörgang. Die Ohrmuschel wirkt als Schalltrichter für den äußeren Gehörgang und erleichtert das Richtungshören. Der Gehörgang hat einen gewundenen Verlauf, der im Anfangsteil wie die Ohrmuschel knorpelig,
anschließend knöchern ist. In der Gehörgangswand befinden sich Talg- und Zeruminaldrüsen, die das der Reinigung dienen-
349
senkrecht aufeinanderstehenden knöchernen Bogengänge (Canales semicirculares) und zur anderen Seite hin die knöcherne Schnecke (Cochlea) eröffnen. Innerhalb des knöchernen Vesti-
bulums befinden sich die beiden membranösen Labyrinthanteile Sacculus und Utriculus. Sie setzen sich vom Utriculus aus in die drei membranösen Bogengänge (Ductus semicirculares), vom Sacculus aus in den membranösen Schneckengang (Ductus cochlearis) fort. Das membranöse Labyrinth enthält Endolymphe, das knöcherne Labyrinth enthält Perilymphe, welche das membranöse Labyrinth umgibt. Man fasst Sacculus, Utriculus und Bogengänge zum vestibulären Anteil (für die Lage- und Beschleunigungswahrnehmung) des Innenohrs zusammen und stellt sie dem Schneckengang als kochleärem Anteil (für die Hörwahrnehmung) gegenüber. Die Cochlea ist in drei Etagen untergliedert (im Querschnitt gut sichtbar): oben eine Scala vestibuli (basal im Vestibulum am
de Zerumen (Ohrschmalz) bilden.
ovalen Fenster endend) und unten eine Scala tympani (basal am
Das (trichterförmig eingezogene) Trommelfell (Membrana tympanica) trennt das äußere vom Mittelohr. Bei der Aufsicht auf das Trommelfell sieht man den durchschimmernden Ham-
runden Fenster zum Cavum tympani hin endend), die beide
mergriff, der mit dem Trommelfell fest verwachsen ist. Die
Funktion des Trommelfells ist die Übertragung der Schallwellen auf die Gehörknöchelchenkette des Mittelohrs. Mittelohr
durch den häutigen Ductus cochlearis getrennt sind. Der Ductus cochlearis enthält im gesamten Verlauf von der Schneckenbasis bis zur Schneckenspitze das Corti-Organ (Organum spirale), das die Sinneszellen (Haarzellen) für die Hörwahrnehmung ent-
hält. Die Schallwellen werden von den Gehörknöchelchen des Mittelohrs über das ovale Fenster auf die Perilymphe im Vestibulum des Innenohrs übertragen. Von dort aus werden sie entlang der
Das mit Schleimhaut ausgekleidete Mittelohr besteht aus der Paukenhöhle (Cavum tympani) mit ihren Gehörknöchelchen sowie ihren Verbindungen zum Nasopharynx (Tuba auditiva)
Scala vestibuli in Richtung Schneckenspitze und über die Scala
und zu den Cellulae mastoideae (Antrum mastoideum). Die Ge-
nösen runden Fenster „verpuffen“, damit sie nicht reflektiert
tympani zurück zur Schneckenbasis geleitet, wo sie am membra-
hörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel sind gelenkig hintereinander geschaltet und übertragen den Schall von der großen Fläche des Trommelfells auf die kleine Fläche des ovalen
werden. Beim Weg der Schallwellen zur Schneckenspitze wird die Perilymphschwingung der Scala vestibuli auf den elastischen
Fensters, das das Mittelohr mit dem Innenohr verbindet. Eine
sen Sinneszellen gereizt werden (hohe Töne werden basaler, tiefe
weitere Verbindung von Mittel- zu Innenohr, das runde Fenster,
ist nur durch eine Membran verschlossen. Die Funktion der Gehörknöchelchen ist eine möglichst verlustarme Übertragung der Schallwellen vom Medium Luft (äußerer Gehörgang) auf das Medium Perilymphe (Innenohr). Würden sie fehlen, käme es zu einer Schallreflexion am ovalen Fenster mit erheblichen Hörverlusten. Wichtig sind die topographischen Beziehungen der Pau-
(weil membranösen) Ductus cochlearis übertragen, sodass des-
Töne apikaler in der Schnecke wahrgenommen). Sacculus und Utriculus enthalten die Maculae mit ihrer Statokonien-(Otolithen-)Membran als Orte der Sinneswahrneh-
zum Nasopharynx herstellt und für die Belüftung des Mittelohrs sowie den Druckausgleich Außenluft - Mittelohr unentbehrlich
mung für Linearbeschleunigung (z. B. gerades Fortbewegen, Fallen, aber auch die Körperlage an sich). In den Anfangsteilen der in den drei Raumebenen gelegenen membranösen Bogengänge, den Ampullen, liegen die Cristae ampullares, die die Rezeptorzellen für die Drehbeschleunigung des Körpers bzw. Kopfs enthalten. Den Cristae sitzt die galertige Cupula ampullaris auf. Cristae und Cupulae werden als Inhaltsgebilde des membranösen Labyrinths von Endolymphe umgeben, die sich bei Drehbeschleunigungen aufgrund der Massenträgheit langsamer bewegt als Crista und Cupula selbst, was zu einem Reiz der ampullären Sinnes-
ist.
zellen führt.
Innenohr
Geruchsorgan
kenhöhle, vor allem nach oben zur mittleren Schädelgrube und
nach hinten zu den Mastoidzellen (Übergreifen eitriger Entzündungen möglich). Die Paukenhöhle geht nach vorne und unten über in die Tuba auditiva, die eine Verbindung vom Mittelohr
Man unterscheidet knöchernes und membranöses (häutiges)
Labyrinth. Das knöcherne Labyrinth ist ein grober „Abdruck“ des membranösen Labyrinths im Felsenbein und besteht aus einem Vestibulum, von dem aus sich zu einer Seite hin die drei
Es besteht aus dem Riechepithel als einem Anteil der Nasenschleimhaut, das die obere Nasenmuschel und die gegenüberliegende Nasenscheidewand auskleidet. Es enthält primäre Sinneszellen (= Sinneszellen, die ihre Reize selbst ins ZNS fortleiten), deren Axone als Fila olfactoria (N. olfactorius, I. Hirnnerv)
350
13 Sinnesorgane
durch die Lamina cribrosa der Schädelbasis ins Schädelinnere
gelangen.
* Sinnesfunktionen: Wahrnehmung von mechanischen, thermi-
schen und Schmerzreizen mit jeweils spezifischen Rezeptoren.
Geschmacksorgan
Hautanhangsgebilde
Es nimmt süß, sauer, salzig, bitter und umami wahr. Alle anderen (aromatischen) Geschmacksqualitäten werden über die Riechschleimhaut wahrgenommen, auch wenn es sich um Speisen han-
Darunter versteht man in erster Linie
delt. Die Geschmackssinneszellen lagern sich zu Geschmacksknospen zusammen, von denen sich jeweils mehrere am Rande
der Zungenpapillen befinden. „Scharf“ wird über die Schmerzrezeptoren der Zunge und des Gaumens wahrgenommen. Haut und Hautanhangsgebilde Haut
* Haare * Hautdrüsen: Talgdrüsen, Schweißdrüsen (die Brustdrüse
= Mamma als Hautdrüse wird hier nicht besprochen) * Nägel. Mit Ausnahme der Leistenhaut finden wir an allen Körperpartien Haare. Sie sind mit der Haarwurzel in der Haut bis hinab in die Subkutis verankert und ragen mit dem Haarschaft über die Epi-
Die Haut (Kutis) lässt sich in zwei Schichten unterteilen: Epider-
dermis hinaus. Der Haarschaft besteht aus Hornsubstanz (Keratin), während die Haarwurzel lebende Zellen enthält, die für die
mis (epithelial) und Korium (bindegewebig), die nach unten von der bindegewebigen Subkutis abgegrenzt sind, mit der sie in en-
Nachbildung des Haars und seine Ernährung zuständig sind. Die Haare dienen beim Menschen vor allem der differenzierten Be-
ger funktioneller Beziehung stehen.
rührungsempfindlichkeit der Haut, da sie viele afferente Nerven-
Die Epidermis besteht aus einem mehrschichtigen, verhornten Plattenepithel, bei dem man verschiedene Schichten unter-
scheidet (von basal nach apikal): * Stratum germinativum: Regenerationsschicht, bestehend aus
Stratum basale und Stratum spinosum; Melanozyten und Melaninpigment enthaltend * Stratum granulosum: Körnerschicht, beginnendes Absterben
der Zellen
endigungen besitzen. In den die oberen Wurzelanteile umgebenden Haartrichter münden Talgdrüsen. Sie sind holokrine Drüsen, die ein dickflüssiges Sekret produzieren, das die Hautoberfläche geschmeidig hält und vor Flüssigkeitsein- und -austritt (Verdunstung) schützt. Die Schweißdrüsen dienen primär der Temperaturregulation
(Wärmeabgabe durch Verdunstung). Man unterscheidet ekkrine und apokrine Drüsen. Die apokrinen kommen nur an bestimmten Stellen des Körpers vor (z. B. Achselhöhle) und unterscheiden
* Stratum lucidum: Übergang zur Verhornung
sich in Sekretzusammensetzung, Sekretionsmechanismus und
s Stratum corneum (Hornschicht).
Morphologie von den ekkrinen Schweißdrüsen. Die Schweißdrüsenendstücke befinden sich in der Subkutis und senden ihren Ausführungsgang durch Korium und Epidermis zur Hautober-
Man unterscheidet Leisten- und Felderhaut. Die Leistenhaut
findet sich nur an Fußsohlen- und Handinnenflächen (Fingerabdruck) und besitzt weder Melaninpigmentierung noch Haare
fläche (ekkrine Schweißdrüsen) oder in einen Haartrichter (apokrine Schweißdrüsen).
und Talgdrüsen (s. u.).
Das bindegewebige Korium (Lederhaut) besitzt einerseits eine lockere Schicht, die sich als Koriumpapillen in die Epidermis vorschiebt, und andererseits eine sfraffe Schicht, die die Stabilität
des Koriums bewirkt. Das Korium (v. a. die Papillen) enthält im Gegensatz zur Epidermis zahlreiche Blutgefäße.
Die Subkutis besteht aus meist lockerem Bindegewebe und enthält zahlreiche Fettzellen (Unterhautfettgewebe als Speicherfett). In der Subkutis sind zahlreiche Hautanhangsorgane lokalisiert (Haarbälge, Schweiß- und Talgdrüsenendstücke). Die Funktionen der Haut sind in erster Linie: * Schutzfunktionen: Schutz vor mechanischer, chemischer und thermischer Schadeinwirkung, Schutz vor dem Eindringen von Krankheitserregern, Regulation des Wasserhaushalts und Regulation der Körpertemperatur
Sinnesorgane des Bewegungsapparats Die Sinnesorgane des Bewegungsapparats ermöglichen die Wahrnehmung der Lage und Bewegung der einzelnen Körperanteile (Propriozeption) und sind damit für den reibungslosen Bewegungs-
ablauf unentbehrlich. Wir unterscheiden folgende Rezeptoren: * Muskelspindeln als Dehnungsrezeptoren der Muskeln * Golgi-Organe als Spannungsrezeptoren der Sehnen * Gelenkrezeptoren in Bändern und Kapseln. Während die Muskelspindeln der Konstanthaltung der Muskellänge dienen, schützen die Sehnenorgane die Muskeln vor Überspannung, ähnlich wie die Gelenkrezeptoren die Gelenke vor
Überlastung schützen.
13.6 Sinnesorgane des Bewegungsapparats
351
Wiederholungsfragen Auge 1. Wie heißen die drei Schichten der Bulbuswand? 2. Aus wie viel hintereinander geschalteten Neuronen besteht der Anfangsteil der Sehbahn innerhalb der Retina? Benennen Sie die zwei verschiedenen Typen des I. Neurons der Sehbahn, und geben Sie die jeweilige Funktion an. 3. Welche Funktion hat die Linse, und mithilfe welcher anatomischer Strukturen erfüllt sie diese Funktion? 4. Welche Gefäße ernähren die äußeren Schichten der Retina,
die auch die Sinneszellen enthalten? (Klinische Bedeutung bei der Netzhautablösung!) 5. Zählen Sie die äußeren Augenmuskeln und ihre Innervation auf. 6. Welche Funktion haben die Tränendrüsen, und wo sind sie lokalisiert?
2. Aus welchen funktionellen Anteilen besteht das Innenohr? Wo sind dabei Hör-, Linear- und Drehbeschleunigungswahrnehmung lokalisiert? 3. Welche Öffnungen besitzt die Paukenhöhle (zwei offene und drei geschlossene)? 4. Welche Flüssigkeit befindet sich innerhalb, welche außerhalb des membranösen Labyrinths im Innenohr? Geschmacks- und Geruchsorgan 1. Wo ist die Riechschleimhaut in der Nasenhöhle lokalisiert? 2. Wo werden die Qualitäten süß, sauer, salzig, bitter und uma-
mi wahrgenommen, wo im Gegensatz dazu aromatische Geschmacksstoffe und wo wird scharf wahrgenommen? Haut 1. Wie heißen die zwei Schichten der Haut, und wie heißt die
Ohr
darunterliegende Schicht? 2. Zählen Sie die wichtigsten Funktionen der Haut auf, und ge-
1. Wie heißen die Inhaltsgebilde des Mittelohrs und welche
Funktion haben sie?
ben Sie mit einem Stichwort an, welche Strukturen jeweils für
die Erfüllung dieser Aufgaben verantwortlich sind.
Lösungen
Auge 1. Tunica fibrosa (Kornea und Sklera), Tunica vasculosa (= Uvea: Iris, Corpus ciliare und Choroidea), Tunica interna (Retina).
2. Aus mindestens drei hintereinander geschalteten Neuronen (Sinneszellen, bipolare Zellen, multipolare Ganglienzellen).
Die 1. Neurone sind die Stäbchenzellen (Hell-Dunkel-Wahr-
nehmung, sehr lichtempfindlich) und Zapfenzellen (Farbwahrnehmung, weniger lichtempfindlich). 3. Die Linse ist eines der wichtigsten lichtbrechenden Medien im Auge. Funktion: Brechung der Lichtstrahlen mit variabler Brechkraft, sodass die einfallenden Lichtstrahlen immer auf die Retina gebündelt werden, gleich ob sie parallel (Fernsicht) oder divergierend (Nahsicht) einfallen. Sie wird durch Zug an den Zonulafasern verformt, an denen sie aufgehängt ist (Kontraktion und Dilatation des M. ciliaris). 4. Die Gefäße der Choroidea (die inneren, glaskörpernahen Reti-
naanteile hingegen werden aus den retinalen Gefäßen versorgt).
stärkend durch Übertragung der Schallwellen von einer großen Fläche (Trommelfell) auf eine kleine Fläche (ovales Fens-
ter). Außerdem ermöglichen sie eine selektive Schallweiterleitung auf das ovale Fenster, ohne dass die Membran im runden Fenster gleichfalls in Schwingung gerät. 2. Kochleärer und vestibulärer Anteil. Hörwahrnehmung im Corti-Organ der Cochlea, Linearbeschleunigung in Macula utriculi und Macula sacculi, Drehbeschleunigung in den Cristae ampullares der Bogengänge. 3. Offen: Antrum mastoideum zu den Cellulae mastoideae und Tuba auditiva zum Rachen. Geschlossen: Trommelfell zum äußeren Gehörgang, ovales und rundes Fenster zum Innenohr. 4. Innerhalb des membranösen Labyrinths: Endolymphe. Außerhalb des membranösen Labyrinths (innerhalb des knöchernen Labyrinths): Perilymphe. Geschmacks- und Geruchsorgan
5. Mm. rectus superior, inferior, medialis, obliquus inferior (alle
1.Im oberen Bereich der Nasenhöhle (obere Nasenmuschel und
vier: N. oculomotorius). M. obliquus superior (N. frochlearis).
gegenüberliegende Nasenscheidewand). 2. Süß, sauer, salzig, bitter, umami werden in den Geschmacksknospen auf der Zunge (v. a. am Rand und am Übergang zum Zungengrund), aromatische Geschmacksstoffe werden über die Riechschleimhaut der Nase und scharf über Schmerzrezeptoren der Zunge wahrgenommen.
M. rectus lateralis (N. abducens).
6. Funktion: Reinigung, Ernährung, Schutz vor Austrocknung und Infektionen von Kornea und Konjunktiva. Lokalisation: Glandula lacrimalis im lateralen oberen Orbitaabschnitt; ak-
zessorische Tränendrüsen im Bereich des Fornix conjunctivae superior.
Haut
Ohr
1. Epidermis, Korium (zusammen = Kutis), darunter: Subkutis.
1. Hammer (Malleus), Amboss (Incus), Steigbügel (Stapes). Sie
dienen der Übertragung der Schallwellen vom Trommelfell auf die Perilymphe des Innenohrs. Sie wirken schalldruckver-
2. Schutzfunktionen: mechanischer, chemische und thermische Schadeinwirkung (Epidermis mit ihrer Hornschicht, aber auch das Korium mit seinen stabilen Kollagenfasern), Strah-
352
13 Sinnesorgane
leneinwirkung (Melanozyten), Krankheitserreger (mechanisch durch verhornendes Epithel und gut durchblutetes,
(Schweißdrüsen). Sinnesfunktionen: Wahrnehmung von me-
dichtes Korium, chemisch durch Schweißdrüsen, immunolo-
endigungen, Nervenendigungen in Verbindung mit Haaren,
gisch durch Langerhans-Zellen). Regulation des Wasserhaushalts (Schweißdrüsen), Regulation der Körpertemperatur
Nervenendigungen an korpuskulären Rezeptoren). Stoffwechselfunktionen: Beteiligung an der Vitamin-D-Bildung.
WEITERFÜHRENDE
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Proske, U.: What is the role of muscle receptors in proprioception? Muscle
Nerve 31 (2005) 780-787.
KAPITEL
14 14.1 14.1.1 14.1.2 14.1.3 14.1.4
Praktische Neuroanatomie: Fälle, Fragen und Lösungen
Fälle mit Wiederholungsfragen ............. Spinalnerven . Hirnnerven . Rückenmark . ....0000000000 GehirM 20
353 353 357 359 360
Handlungshergang und Personen in den hier beschriebenen Fallbeispielen sind frei erfunden. Auch wenn in der Klinik häufig auftretende Symptomenkonstellationen aufgegriffen wurden, sind eventuelle Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen zufällig und unbeabsichtigt.
14.1 14.1.1 14.1.1.1
Fälle mit Wiederholungsfragen Spinalnerven Fall1
14.2 14.2.1 14.2.2 14.2.3 14.2.4
LöSUngeN er Spinalnerven . Hirnnerven .. Rückenmark ......0000000000000 GehiM er
366 366 368 371 371
erheben...!) alles klar, und Sie notieren sich eine Diagnose in das
Krankenblatt von Karl-August. Fragen: a. Wie lautet diese Diagnose? b. Bei welcher Gelegenheit ist der Nerv wahrscheinlich an welcher Stelle geschädigt worden? c. Welche Sensibilitätsausfälle hätten sich bei der klinischen Untersuchung ergeben? d. Wie nennt man das Leitsymptom dieser Erkrankung (leichte Beugung der Fingerendgelenke bei Überstreckung der Fingergrundgelenke)? e. Aus welchem Faszikel des Plexus brachialis entsteht der Nerv,
mittelschwierig Eine strenge Mutter kommt mit ihrem 9-jährigen Sohn Karl-August zu Ihnen und klagt darüber, dass das Kind seit zwei Wochen in der Schule nicht mehr vernünftig mitarbeite, deshalb habe er jetzt drei Wochen Computer- und Fernsehverbot bekommen (entspricht der Höchststrafe). Sie fragen genauer nach, und es stellt sich heraus, dass Karl-August seit zwei Wochen „Probleme mit dem Schreiben“ habe. Er schreibe „miserabel“, und es scheine ihr, als wolle er den
Stift gar nicht recht in der Hand halten. Dabei habe er vorher stets eine solch saubere Schrift gehabt! Bei der klinischen Untersuchung fällt Ihnen eine leichte Beugung der Fingerendgelenke bei Überstreckung der Fingergrundgelenke auf, ebenso eine Unfähigkeit, kleinen Finger und Daumen zusam-
menzuführen (Kleinfinger-Daumen-Probe). Auch bemerken Sie ei-
und die Fasern welcher Segmente führt er mit sich? f. Welche Muskeln bzw. Muskelgruppen innerviert der Nerv am Ober- bzw. Unterarm und der Hand? Inwiefern stehen diese mit den Ausfallssymptomen in Zusammenhang? g. Von der Tatsache abgesehen, dass eine segmentale Schädigung in diesem Fall aufgrund der Verletzungsanamnese am Arm weniger wahrscheinlich ist: Wie können Sie eine solche gegen die Schädigung des betreffenden peripheren Nervs abgrenzen? Lösungen > Kap. 14.2.1.1
14.1.1.2
Fall 2
ne dezente Abflachung der Wölbung über dem Kleinfingerballen. Am Schluss der Untersuchung realisieren Sie mehrere blaue Fle-
mittelschwierig Die Fließbandarbeiterin Ludmilla S. trainiert täglich 4 Stunden für
cken an Karl-Augusts Knie, Becken und an der oberen Extremität,
die Radsportmeisterschaften ihres Landkreises, was sie als ange-
wobei Ihnen ein besonders großer Bluterguss im Bereich des Ellenbogens auffällt. „Ja, ja“, kommentiert die Mutter, als Sie nach der
nehme Abwechslung zur täglichen Arbeit empfindet, bei der sie immer Deckel auf Dosen festdrücken muss. Das Gewicht ihres Ober-
Ursache
so viel herum.
körpers lastet beim Radfahren auf den Handflächen, die sich auf
Nichts als Unsinn im Kopf!“ Erst vor zwei Wochen sei er dabei wieder vom Rad gefallen. Daher die blauen Flecken. Ihnen ist jetzt (obwohl Sie vergessen haben, den sensiblen Untersuchungsbefund zu
dem Rennsportlenker abstützen. Nach 6 Wochen hat die chronische Druckbelastung in Beruf und Hobby zu einer Verengung des Karpaltunnels am rechten Handgelenk geführt. Ludmilla S. beob-
der Hämatome
fragen,
„er tobt immer
14 Praktische Neuroanatomie: Fälle, Fragen und Lösungen
354
achtet bei sich eine Atrophie des Daumenballens und folgende Ausfälle: Sie kann den rechten Daumen nicht mehr abduzieren und opponieren und nur noch schwach beugen, sodass das Umgreifen eines Gegenstands mit dem Daumen nicht mehr möglich ist. Damit
aktive Bewegung noch möglich. Während Ihr für die Lagerung verantwortlicher Kollege ratlos aus dem Zimmer stürzt, um neurologische Hilfe zu holen, haben Sie das Problem sofort erkannt.
kann die Hand zum Greifen kaum mehr benutzt werden, und Lud-
Fragen: a. Welcher Teil des peripheren Nervensystems ist bei der lang dauernden Lagerung lädiert worden, und wie bringen Sie das mit dieser Lagerungsform in Zusammenhang? b. Sind eher die kranialeren oder eher die kaudaleren Anteile der betroffenen Struktur geschädigt worden? c. Warum ist die Beugung im Ellenbogengelenk kaum noch möglich, während die Streckung fast unbeeinträchtigt ist? d. Aus den Fasern welcher Rückenmarkssegmente setzt sich die betroffene Struktur zusammen?
milla macht sich deshalb ernsthafte Sorgen um ihre Chancen auf den regionalen Radmeistertitel. Eine Sensibilitätsstörung an Ludmillas rechter Hand beschränkt sich auf die Beugeseite der drei ersten Finger sowie dorsal auf die Fingerspitzen des 2., 3. und z. T. des 4. Fingers.
Fragen: a. Welcher Nerv wird bei diesem Krankheitsbild (Karpaltunnelsyndrom) geschädigt? b. Welche Muskeln sind dabei betroffen?
c. Warum resultiert nicht das charakteristische Syndrom der
e. Welche Nerven gehen aus dieser Struktur zum Arm, welche
zum Schultergürtel ab?
„Schwurhand“? Erklären Sie das Zustandekommen des Symptoms „Schwurhand“,. d. Wo muss eine Läsion des Nervs lokalisiert sein, um eine
Schwurhand zu erzeugen? Wären in einem solchen Falle noch weitere Sensibilitätsausfälle außer den beschriebenen zu erwarten?
Lösungen > Kap. 14.2.1.2
14.1.1.3
Fall 3
Lösungen > Kap. 14.2.1.4
14.1.1.5
Fall 5
relativ einfach Bei den Dreharbeiten zu einem Kriminalfılm ist versehentlich scharfe Munition statt Platzpatronen in den Revolver des Hauptdarstellers AIlf D. geraten. Beim Abputzen der Waffe an seinem Hemdsärmel löst sich ein Schuss, und Alf wird am Oberarm schwer
nächst alles wieder in Ordnung zu sein. Doch kurz darauf bemerkt
verletzt. Erst vier Wochen später kann der verärgerte Schauspieler nach einem Krankenhausaufenthalt wieder für die Weiterarbeit gewonnen werden. Doch muss die behandelnde Ärztin bei der abschließenden Untersuchung Folgendes feststellen: Alf D. kann seinen Arm im Ellenbogen kaum noch beugen und die Supination des Unterarms ist erheblich eingeschränkt. Die Muskulatur an der Vor-
er, dass er den Arm nicht mehr kraftvoll abduzieren kann.
derseite des Oberarms ist atrophisch, sodass man von vorne den
Fragen:
Humerus gut tasten kann. An der Radialseite des Unterarms besteht eine deutliche Sensibilitätsstörung.
mittelschwierig Knut R. hat sich bei seinem letzten Judowettkampf eine Schultergelenkluxation (= Ausrenkung) zugezogen. Nachdem er von einem zufällig anwesenden Orthopäden behandelt worden ist, scheint zu-
a. Welcher Nerv ist bei der Luxation verletzt worden, und wie
steht das in Zusammenhang mit seinem Verlauf? b. Welche Muskeln sind ausgefallen? c. Welche Sensibilitätsstörungen erwarten Sie? d. Aus welchem Teil des Plexus brachialis stammt der Nerv, und
Fasern welcher Segmente führt er? Lösungen > Kap. 14.2.1.3
Fragen: a. Welcher Nerv ist geschädigt, und welche Muskeln sind entsprechend ausgefallen? b. Welche Sensibilitätsausfälle erwarten Sie? c. Aus welchen Rückenmarkssegmenten bezieht der Nerv seine Fasern? d. Aus welchem Faszikel des Plexus brachialis geht der Nerv
hervor? 14.1.1.4
Fall 4
schwierig Bei einer Brustoperation wird Kamilla G. unter Ihrer Aufsicht als Anästhesist(in) so gelagert, dass ihre Arme im Schultergelenk stark abduziert und retrovertiert sind. Gleichzeitig befinden sich der Kopf und die Halswirbelsäule in leichter Dorsalextensionsstellung. Als Kamilla nach mehrstündiger Operation aus der Narkose erwacht, kann sie ihre Arme im Schultergelenk nicht mehr bewegen. Im Ellenbogengelenk kann gestreckt, aber praktisch nicht mehr gebeugt werden, in den Hand- und Fingergelenken hingegen ist die
e. Warum sind die Beugung im Ellenbogengelenk und die Supination nicht vollständig aufgehoben? Lösungen > Kap. 14.2.1.5
14.1.1.6
Fall 6
relativ einfach Adelaide K. ist 13 Jahre alt und sehr sportlich. Eines Morgens in der Turnstunde vollführt sie ein besonders waghalsiges Manöver am Stufenbarren,
um
ihren
Klassenkameradinnen
zu
imponieren.
14.1 Doch sie rutscht ab und stürzt. Im Krankenhaus stellt sich heraus,
dass Adelaide einen Oberarmbruch erlitten hat. Als sie wieder in die Schule kommt, hat sie an der betroffenen Extremität folgende Ausfallssymptome: Bei gestrecktem Arm hängt die Hand schlaff herab, sie kann nicht gehoben, die Fingergelenke können nicht gestreckt werden, die Supination ist eingeschränkt, und ein kraftvoller Faustschluss ist nicht mehr möglich. Insgesamt ist die Hand also in ihrer Funktion stark eingeschränkt. Fragen: a. Welcher Nerv ist bei der Humerusfraktur geschädigt worden? b. Welche Muskelgruppen sind ausgefallen, und wie nennt man das beschriebene Symptom?
14.1.1.8
Fälle mit Wiederholungsfragen
355
Fall 8
mittelschwierig Ihre Großtante Hermine S. musste letzte Woche wegen eines sehr ausgedehnten Leistenbruchs links operiert werden. Bei einem Besuch im Krankenhaus stellen Sie bestürzt fest, dass Ihre Tante nur noch mit großen Schwierigkeiten laufen kann, obwohl sie sonst für ihre 88 Jahre immer sehr fit gewesen ist. Selbst das Stehen ist stark beeinträchtigt. Treppensteigen ohne Hilfe ist überhaupt nicht mehr möglich. Sogleich machen Sie sich daran, Tante Hermine gründlich zu untersuchen, und stellen dabei fest, dass die aktive Streckung im
rechten Kniegelenk fast gar nicht mehr möglich ist. Die Beugung im Hüftgelenk scheint im Gegensatz dazu tadellos in Ordnung zu sein.
c. An welcher Stelle des Oberarms würden Sie den Bruch am ehesten vermuten (unten, Mitte, oben)?
d. Wo würden Sie Sensibilitätsausfälle erwarten? e, Welcher wichtige Muskel, der ebenfalls von diesem Nerv innerviert wird, funktioniert noch regelrecht und warum? f. Warum ist ein kraftvoller Faustschluss nicht mehr möglich,
wenn doch die Fingerbeuger nicht betroffen sind?
Fragen: a. Die Schädigung welches Nervs an welcher Stelle vermuten Sie? b. Warum ist die Hüftbeugung nicht eingeschränkt? c. Erwarten Sie auch sensible Ausfälle am betroffenen Bein? Wenn ja, wo®?
d. Aus welchen Rückenmarkssegmenten stammt der Nerv? Lösungen > Kap. 14.2.1.6 Lösungen > Kap. 14.2.1.8
14.1.1.7
Fall 7 14.1.1.9
Fall 9
mittelschwierig Heinrich K. schwingt sich an einem sonnigen Nachmittag im Juni
mittelschwierig
auf sein Motorrad und braust los, um noch rechtzeitig im Freibad
Das „Physikum“ liegt gerade hinter Ihnen, und Sie machen Ihre ers-
einen guten Liegeplatz zu bekommen. Doch rutscht er in einer Kur-
te Famulatur in einer Klinik. Sie sind ungeheuer aufgeregt. Gleich am ersten Vormittag sollen Sie dem Patienten Frederik Z. eine intramuskuläre Injektion in der Glutealregion verabreichen. Als Sie vor dem Krankenbett stehen und aufmerksam das entblößte Gesäß des Patienten betrachten, will ihnen die topographische Anatomie dieser Region beim besten Willen nicht mehr einfallen. Sie denken
ve auf einer Ölspur aus und stürzt, wobei er mit dem Becken auf die
Lenkstange seines Motorrads prallt. Im Krankenhaus stellt man fest, dass er sich eine Beckenfraktur zugezogen hat. Sechs Wochen später, nachdem diese Fraktur ausgeheilt ist, stellt er sich bei Ihnen
als seiner Hausärztin (seinem Hausarzt) vor und beklagt, dass er
seit dem Unfall das rechte Bein nicht mehr über das linke schlagen könne und auch „immer so ein taubes Gefühl“ an der rechten medi-
aber: „Wer wagt, gewinnt“, und suchen sich mit einem etwas unguten Gefühl eine Stelle aus, die für Sie bequem zum Injizieren ist. Ih-
alen Schenkelseite oberhalb des Kniegelenks habe.
re Hand zittert etwas, als Sie die 4cm lange Kanüle bis zum An-
schlag in das Gesäß des Patienten schieben und das Medikament Fragen: a. Welcher Nerv wurde geschädigt, und warum ist er bei einem Bruch des kleinen Beckens besonders gefährdet? b. Welche Muskelgruppe ist bei Heinrich K. ausgefallen? c. Aus welchem Plexus stammt der Nerv, und Fasern welcher
Segmente führt er? d. Wie können Sie die genannten Störungen gegen eine Schädigung der Wurzel L3 abgrenzen? e. Für welche der betroffenen Muskeln besteht eine Doppelinnervation mit dem N. femoralis oder N. tibialis?
injizieren.
Am nächsten Tag fällt Ihnen Herr Z. auf dem Gang durch seinen merkwürdig watschelnden Gang auf. Immer kippt das Becken nach links ab, wenn das rechte Bein Stand- und das linke Schwungbein ist. Als Sie ihn diesbezüglich untersuchen, stellen Sie fest, dass der
Patient in einem Hüftgelenk nicht mehr abduzieren kann. Fragen: a. Welchen Nerv haben Sie auf welcher Seite geschädigt? b. Welche Muskeln funktionieren nicht mehr, und wie erklären
Sie das Abkippen des Beckens zu einer Seite (TrendelenburgLösungen > Kap. 14.2.1.7
Zeichen)? c. Sind auch sensible Ausfälle zu erwarten? d. Aus welchem Plexus stammt der Nerv, und Fasern welcher
Segmente führt er mit sich? Lösungen > Kap. 14.2.1.9
356 14.1.1.10
14 Praktische Neuroanatomie: Fälle, Fragen und Lösungen 14.1.1.12
Fall 10
Fall 12
mittelschwierig Emanuel D. hatte sich vor 4 Wochen beim Fußballspielen eine Prellung des rechten Fibulaköpfchens zugezogen. Jetzt wollte er eigentlich gerne wieder mit dem Training anfangen, doch ist das nicht möglich, weil er folgende Funktionsstörungen aufweist: Beim Gehen hängt die rechte Fußspitze herab, die während der Schwungphase zur Verkürzung des Beines nötige Dorsalextension bleibt aus,
mittelschwierig Ihr Kollege Fridolin G. ist nach einem Dauerlauf mit Ihnen im Wald recht erschöpft und will sich zuerst einmal auf einen abgesägten Baumstamm setzen, ohne aber den an dieser Stelle befindlichen,
und die Fußspitze schleift am Boden.
D. versucht, dies
der auffährt. Voller Anteilnahme begeben Sie sich unverzüglich da-
durch übermäßiges Beugen in Hüft- und Kniegelenk zu kompensieren (Steppergang). Dennoch bleibt er immer wieder mit dem Fuß
ran, Ihren Freund zu untersuchen. Dabei fällt Ihnen auf, dass er
an Stufen und Schwellen hängen, was ihm schon manche
ihn bitten, auf einen niedrigen Baumstumpf zu steigen, ist er dazu
Emanuel
Beule
durch einen Sturz beigebracht hat. Sein Fuß weist in Ruhelage eine Hebung des medialen Fußrands auf (Supinationsstellung). Fragen: a. Welcher Nerv ist geschädigt worden? b. Welche Muskeln werden von diesem Nerv versorgt? c. Wie entsteht die Supinationsstellung des Fußes? d. Wo erwarten Sie Sensibilitätsausfälle? e. Warum sind am dorsalen und lateralen Unterschenkel keine Sensibilitätsausfälle zu erwarten? f. Wo wäre eine Schädigung des Nervs lokalisiert, wenn nur im ersten Interdigitalraum des Fußes eine Sensibilitätsstörung besteht und eine Pronation des Fußes noch möglich ist?
spitz abgebrochenen Ast zu sehen. Als er sich niederlässt, bohrt sich
die hölzerne Spitze tief in seine linke Gesäßhälfte. Sie finden es gut nachvollziehbar, dass Fridolin sofort mit einem heftigen Schrei wie-
starke Schwierigkeiten beim Aufstehen aus dem Sitzen hat. Als Sie nur in der Lage, wenn er mit dem rechten Bein zuerst hochsteigt. Fragen: a. Welche Muskelgruppe ist links betroffen, welches ist dabei der wichtigste Muskel und die Läsion welches Nervs liegt dem hier beschriebenen Szenario zugrunde? b. Bestehen bei Schädigung dieses Nervs auch sensible Ausfälle? c. Glücklicherweise ist der Dorn nicht direkt an der Stelle ins Gesäß eingedrungen, wo der Nerv das Becken verlässt, denn
an dieser Stelle befinden sich noch einige andere Leitungsbah-
nen, die dann ggf. ebenfalls zerstört worden wären. Wo tritt der Nerv aus dem Becken aus, und von welchen anderen Lei-
tungsbahnen ist die Rede?
Lösungen > Kap. 14.2.1.10
Lösungen
14.1.1.11
14.1.1.13
Fall 11
schwierig Ihr sehr übergewichtiger Freund Otto D. hat stärkste Schmerzen im unteren Rückenbereich, die in das Bein ausstrahlen (sog. Lumbo-
ischialgien), und entwickelt nach eigenen Angaben zunehmende Lähmungen vor allem am rechten Bein. Vor Jahren hatte er bereits einen Bandscheibenvorfall in Höhe LWK 4/5 (zwischen Lendenwirbelkörper 4 und 5). Sie vermuten, dass es sich wieder um die gleiche
Diagnose handelt. Fragen: a. Welcher Spinalnerv wäre dann geschädigt? b. Welche peripheren Nerven beziehen Anteile aus dem betroffenen Segment? c. Mit welchen motorischen bzw. sensiblen Ausfallserscheinungen ist zu rechnen, bzw. welche Muskelgruppen und welche Hautareale werden Sie schwerpunktmäßig zur Erhärtung Ihres Verdachts überprüfen?
> Kap. 14.2.1.12
Fall 13
mittelschwierig Der Fußball-Star Ernesto Calestino hat mit seiner Sportart jahrelang seine Kniegelenke gequält. Nun denkt er im greisen Alter von 34 Jahren und nach zahlreichen Titelgewinnen mit seinem Verein an den Rückzug aus dem Profigeschäft. Das geht auch nicht anders, denn er hat massive Verschleißerscheinungen im rechten Kniegelenk. Dabei hat sich auch eine hierfür typische Aussackung der Kniegelenkkapsel gebildet, eine sog. Baker-Zyste. Er bemerkt nun zunehmend folgende Symptome: Die rechte Fußsohle fühlt sich taub an, und wenn er sich nachts unbemerkt nach einer Kneipen-
tour mit seinen Mannschaftskameraden zuhause in die Wohnung schleichen will, gelingt ihm dies nicht mehr lautlos, weil er rechts
nicht mehr auf Zehenspitzen gehen kann. Bei der Untersuchung
stellen Sie fest, dass er die Zehen nicht
mehr kraftvoll beugen kann. Die Beugemuskulatur im Kniegelenk ist unbeeinträchtigt. Sie machen eine Ultraschalluntersuchung des Kniegelenks und stellen die große Ausdehnung der Baker-Zyste fest, die einen Nerv komprimiert. Ernesto ist frustriert. An Tore
Lösungen > Kap. 14.2.1.11
schießen sei so ohnehin nicht mehr zu denken und er werde sich zukünftig ganz dem Rosenzüchten im heimischen Garten widmen. Trotz dieser trüben Aussichten machen
Sie ihm Hoffnung, denn
man kann ihm durch eine Operation helfen.
14.1 Fragen: a. Welche Nerven ziehen wo am Kniegelenk vorbei? b. Welcher Nerv wird hier durch die Zyste geschädigt und wie erklären Sie die Ausfallserscheinungen? c. Wie kann man eine Schädigung dieses Nervs durch eine einfache Untersuchung der Motorik von einer Schädigung eines anderen großen, am Kniegelenk vorüberziehenden Nerven unterscheiden? d. Ernesto beklagt ein Taubheitsgefühl der Fußsohle rechts. Wo würden Sie noch Sensibilitätsstörungen erwarten und warum sind die wahrscheinlich weniger ausgeprägt als diejenigen der Fußsohle? e. Die Kniegelenkbeugung auf der betroffenen Seite ist unbeeinträchtigt. Warum ist die dies ermöglichende ischiokrurale Muskulatur nicht betroffen, obwohl sie doch auch von dem
14.1.2 14.1.2.1
Fälle mit Wiederholungsfragen
357
Hirnnerven Fall 1
mittelschwierig Ihr kleiner Bruder Albert hatte vor Kurzem einen schweren Fahrradunfall mit Schädelbasisverletzung, die aber gut ausgeheilt ist. Äußerlich sieht es zunächst so aus, als hätte er keine Schäden da-
vongetragen. Dennoch fallen Ihnen seine verwaschene Sprache und eine leichte Schiefhaltung des Kopfs nach links auf. Auch der freche Junge aus der Nachbarschaft ärgert ihn deswegen, woraufhin Albert diesem als Zeichen tiefster Missachtung seine Zunge herausstreckt. Dabei bemerken Sie, dass die Zunge deutlich zur rechten Seite ab-
weicht. Weiterhin möchte er eigentlich noch verächtlich die Schultern zucken, was ihm aber nur auf einer Seite gelingt (auf welcher?).
hier geschädigten Nerv innerviert wird? Fragen: Lösungen > Kap. 14.2.1.13
a. Welche Nerven und Muskeln sind betroffen?
b. Wo genau und auf welcher Seite muss die Schädigung an der 14.1.1.14
Fall 14
relativ einfach
Schädelbasis lokalisiert sein, um solches zu bewirken? c. Besteht aus der beobachteten Symptomatik heraus Anlass,
auch sensible Ausfälle zu vermuten?
Manche Erkenntnisse der Neuroanatomie sind schon jahrhundertealt. So auch keit, Nutz und che aber, dass als wären sie
die Folgende. Aus Hildanus: „Von der FürtrefflichNotwendigkeit der Anatomy“ (1624): „... Die Ursaden schwangeren Weibern die Schenkel oft so sind eingeschlafen, kommt aus denselben Ursachen wie
Lösungen > Kap. 14.2.2.1
14.1.2.2
Fall 2
bein hinab zu den Schenkeln zieht, liegt und darauf drückt, so werden die spiritus animales oder Geister des Gehirns daran gehindert,
mittelschwierig Der Opernsänger Theobald von Baumensburg (den Adelstitel hat er sich als Künstlername zugelegt) hat eine Zahnarztbehandlung hinter sich, bei der eine unsachgemäße Lokalanästhesie erfolgt war.
zu den Schenkeln hinabzufließen ...“
Theobald gibt an, er könne seinen Mund beim Kauen nicht mehr
von der Kälte gesagt. Denn wenn das Gewicht des Kindes auf dem großen weißen Geäder, welches ex osse sacro, also aus dem Kreuz-
Fragen: a. Wie heißt das große „weiße Geäder“, welches ex osse sacro
kommt? b. Wie kommen die erwähnten „eingeschlafenen“ Beine zustan-
de? c. Welche Anteile bzw. Areale der Beine und Füße sind „einge-
schlafen“, und welche peripheren Nerven wären diesen zuzuordnen? Lösungen > Kap. 14.2.1.14
kräftig schließen. Auch sei seine Sprache undeutlich geworden, was ihm beim Singen seiner Lieblingsarie besonders negativ auffalle. Allerdings seien seine unerträglichen Schmerzen im rechten unteren Backenzahnbereich seitdem wie weggeblasen. Darüber sei er eigentlich sehr dankbar. Bei der klinischen Untersuchung fällt Ihnen eine Sensibilitätsstörung im Bereich des rechten Kinnareals, der
angrenzenden unteren Wange und von dort bis hinauf zur Schläfe auf. Im Bereich der rechten vorderen zwei Drittel der Zunge fehlt die Berührungsempfindung. Fragen: a. Welcher Nerv (bzw. welcher Nervenanteil) ist betroffen?
b. Warum kann Theobald von B. den Mund nicht mehr kräftig schließen, und warum fällt ihm bei der Mundöffnung dagegen kaum etwas auf? c. Wie ist die undeutliche Sprache erklärbar? d. Wie überprüfen Sie, ob noch andere Anteile des betroffenen
Hirnnervs geschädigt sind? e. Wo muss die unsachgemäße lokalanästhetische Injektion erfolgt sein? ' Sprachlich übertragen von Prof. Dr. C. Klessen, Anatomisches Institut der Universität Tübingen
Lösungen > Kap. 14.2.2.2
14 Praktische Neuroanatomie: Fälle, Fragen und Lösungen
358 14.1.2.3
stätigen: Er ist unfähig, den Geruch von Vanille oder Seife wahrzunehmen. Selbst eine unter die Nase gehaltene Flasche mit Ammoni-
Fall 3
mittelschwierig
ak (scharfes,
Frau Anneliese K. stellt sich bei Ihnen mit seit Wochen bestehenden
wahrzunehmen. Da Sie während der Untersuchung ein Gespräch mit dem Patienten über alltägliche Dinge begonnen haben, fragen Sie ihn abschließend, ob ihm denn das Essen noch schmecke. Er nickt heftig mit dem Kopf, und seine Augen leuchten: Seine Frau
chronischen Kopfschmerzen vor. Dazu beklagt sie einen Hörverlust auf der rechten Seite, ebenfalls Mundtrockenheit und Schwierigkeiten, den Mund ganz zu schließen: Immer laufe ihr beim Trinken die Flüssigkeit aus dem rechten Mundwinkel heraus, und sie scheue sich deshalb schon, am gemeinsamen Kaffeetrinken mit den Nach-
barinnen teilzunehmen. Auch sei ihr rechtes Auge immer so trocken und brenne deshalb leicht. Sie haben den Verdacht auf einen Tumor im Bereich der Schädelbasis.
Fragen: a. Wie erklären Sie 0.g. Symptome?
schleimhautreizendes
Agens)
behauptet
er, nicht
koche das beste Essen der Welt, und er freue sich jetzt schon wieder
auf das versprochene Curryhuhn heute Abend. Spätestens nach dieser Bemerkung wiegen Sie nachdenklich und bedauernd den Kopf hin und her, um den schon vorbereiteten Gut-
achterbericht zusammengeknüllt im Papierkorb verschwinden zu lassen. Fragen:
b. Wo sitzt der Tumor? c. Warum klagt die Patientin nicht über Gleichgewichtsstörungen?
d. Läge eine isolierte Schädigung des N. facialis vor, käme es nicht zu einer verminderten (Hypakusis), sondern zu einer erhöhten Schallempfindlichkeit (Hyperakusis). Warum?
a. Warum haben Sie Grund, dem Patienten zu misstrauen? b. Wo müsste, spräche er die Wahrheit, die Schädigung an der
Schädelbasis lokalisiert sein? c. Welchen Versuch können Sie unternehmen, sich vollends von
der Unkorrektheit seiner Angaben zu überzeugen?
Lösungen > Kap. 14.2.2.3
Lösungen > Kap. 14.2.2.5
14.1.2.4
14.1.2.6
Fall 4
mittelschwierig Ihre frühere Deutschlehrerin Radegonda Müller-Eschenloh stellt sich bei Ihnen mit folgender S$ymptomatik vor: Schluckbeschwerden mit gelegentlichem - gerade beim Trinken - Flüssigkeitsaustritt aus der Nase, niemals jedoch Flüssigkeitseintritt in den Luft-
röhrenbereich. Leicht näselnde Aussprache der Vokale. Die klinische Untersuchung ergibt eine Sensibilitäts- und Geschmacksstörung im Bereich des rechten hinteren Drittels der Zunge. Sonst keine auffälligen Befunde. Fragen: a. Welcher Nerv ist bei Frau Müller-Eschenloh auf welcher Seite
geschädigt? Versuchen Sie, die S$ymptome zu erklären. b. Wo befindet sich die Austrittsstelle des betroffenen Nervs aus der Schädelhöhle, und wie groß schätzen Sie die Wahrschein-
Fall 6
schwierig Bei einer Messerstecherei nach einem Rockkonzert erleidet ein Ju-
gendlicher eine Stichverletzung im rechten Halsbereich. Nun klagt er über Schluckbeschwerden und Heiserkeit. Beim Untersuchen des Mundes fällt Ihnen als dem zuständigen Arzt (Ärztin) in der Notaufnahme auf, dass die Uvula zur linken Seite abweicht. Mit dem Kehl-
kopfspiegel stellen Sie eine Abweichung des rechten Stimmbands nach rechts fest. Weiterhin hat der Patient eine deutliche Tachykardie. Fragen: a. Welcher Nerv ist geschädigt worden? b. Wo ist die Schädigung lokalisiert? c. Versuchen Sie, o. g. Symptome zu erklären. d. Welche der genannten Störungen fiele vermutlich weg, wenn der Nerv auf der Gegenseite geschädigt worden wäre?
lichkeit ein, dass genau an dieser Stelle die Schädigung (z. B. Lösungen > Kap. 14.2.2.6
in Form eines Tumors) lokalisiert ist?
c. Welche wichtige viszerosensible Aufgabe erfüllt der Nerv, die im vorliegenden Fall offensichtlich durch andere Mechanismen oder Strukturen übernommen wird?
14.1.2.7
Fall 7
schwierig Lösungen > Kap. 14.2.2.4
14.1.2.5
Frau Wilhelmine T. kommt mit der Klage zu Ihnen, sie könne seit
Kurzem nicht mehr ohne Brille Zeitung lesen, was sie zunächst darauf zurückgeführt hat, dass das linke Auge jetzt genauso schlecht
Fall 5
geworden sei, wie schon seit Jahren das rechte, bei dem sie an einem
relativ einfach Ein Fernfahrer gibt nach einem Unfall mit Verletzung der Schädelbasis Ausfallserscheinungen
an, mit denen
er Schadensersatzan-
sprüche geltend machen will. Er beklagt vor allem Riechstörungen. Verschiedene Funktionsprüfungen scheinen dies zunächst zu be-
Katarakt (grauer Star) leide. Weiterhin blende sie auch stets das
Licht, wenn sie aus ihrer Wohnung ins Freie trete. Seit gestern sehe sie nun auch noch Doppelbilder, die beim Blick nach links (bei festgestelltem Kopf) nachließen, beim Blick nach rechts stärker würden. Durch aufmerksames Beobachten haben Sie sofort erkannt, dass die
14.1 aufgeregte Patientin mit den Augen Gegenstände nicht verfolgt und stets anstelle der Augen ihren Kopf zu bewegen sucht.
14.1.2.9
Fälle mit Wiederholungsfragen
359
Fall 9
mittelschwierig Fragen: a. Welcher Nerv ist betroffen? b. Handelt es sich um eine ein- oder beidseitige Schädigung?
Der Versuch, eine eitrig entzündete Pustel an der Nasenwurzel mittels Druck nach außen zu entleeren, misslingt Ihnen. Sie stehen ver-
c. Versuchen Sie, die beschriebenen Symptome zu erklären.
zweifelt vor dem Spiegel, drücken und drücken, doch es zeigt sich kein Erfolg. Sie geben auf. Tage später bekommen Sie Kopfschmer-
d. Wo verlässt der betroffene Nerv welche Schädelgrube?
zen und Fieber, wieder einige Tage darauf stellen Sie erstaunt fest,
e. Handelt es sich um einen motorischen, um einen sensiblen
dass Sie alles doppelt welcher — verstärkt. Augenhöhlen hervor neuroanatomischen gnose ein!
oder um einen gemischten Nerv? f. Enthält er auch Elemente des vegetativen Nervensystems? Wenn ja, welche, und wo werden sie von prä- auf postganglionär verschaltet? Lösungen > Kap. 14.2.2.7
sehen, was sich beim Blick zur Seite - egal zu Zudem treten Ihre Augäpfel stärker aus den als normalerweise. Sie erinnern sich an Ihre Studien, und schlagartig fällt Ihnen Ihre Dia-
Fragen: a. Wie lautet sie?
14.1.2.8 Fall 8 schwierig Nach der Operation eines Hirntumors der Schädelbasis zeigen sich bei Remigius N. folgende Ausfälle: Das linke Auge blickt unter dem schlaff herabhängenden Augenlid starr geradeaus und kann nicht bewegt werden, die Pupille ist weit und lichtstarr, das Sehvermögen
des Auges ist uneingeschränkt, lediglich das Sehen in unmittelbarer Nähe macht dem Auge Schwierigkeiten (die Gegenstände werden
b. Welcher Nerv ist betroffen, und wie konnte es zur Schädigung
des Nervs kommen? c. Handelt es sich um einen rein motorischen Nerv, oder müs-
sen Sie auch nach sensiblen Symptomen bei sich fahnden? d. Liegt eine ein- oder beidseitige Schädigung vor? e. Der Ausfall welcher weiteren Nerven wäre bei Fortdauer der Erkrankung zu erwarten? Lösungen > Kap. 14.2.2.9
unscharf). Weiterhin ergeben sich Sensibilitätsausfälle links am Oberlid, an der Stirn über den Nasenrücken bis hinab zur Nasen-
spitze. Die Schläfe zeigt jedoch keine sensiblen Ausfälle!
14.1.3
Fragen: a. Wo genau hat der Tumor welche Leitungsbahnen bei Remigius N. gequetscht, die bei der Operation möglicherweise zusätzlich lädiert worden sind? b. Wie sind das herabhängende Augenlid, die Unbeweglichkeit des Augapfels, die weite Pupille und die beschriebenen Sensibilitätsausfälle erklärbar?
14.1.3.1
c. Warum ist das Nahesehen eingeschränkt, und wo werden die
entsprechenden Informationen von prä- auf postganglionär umgeschaltet? d. Warum ist die Blutversorgung des Auges nicht eingeschränkt? Angenommen, die A. ophthalmica wäre durch den Tumor
dennoch in ihrem kurzen Verlauf an der Schädelbasis komprimiert worden: Warum sind bei einer langsam zunehmenden Kompression des Gefäßes trotz allem keine oder nur wenig ischämische Ausfälle“ am Auge zu erwarten? e. Warum bleibt der Tränenfluss am betroffenen Auge intakt,
sodass keine Gefahr des Austrocknens von Horn- und Bindehaut besteht? f. Warum ergeben sich keine Sensibilitätsausfälle im Schläfenbereich? Lösungen > Kap. 14.2.2.8
? Ischämie = Störung der Nähr- und Sauerstoffversorgung des Gewebes
Rückenmark Fall1
mittelschwierig Zu seinem 12. Geburtstag hat Clodwig von seinem Großvater ein Mountainbike geschenkt bekommen, mit dem er am nächsten Tag stolz zur Schule radelt. Auf Mahnung seiner Mutter hin zieht er vorher pflichtbewusst und dennoch murrend den Fahrradschutzhelm auf. Was werden seine Freunde sagen? Clodwig kommt jedoch nicht mehr dazu, an diesem Tag sein Fahrrad in der Schule vorzu-
stellen. Als er in die große Straße vor der Siedlung einbiegt und zum Überholen eines langsamen E-Bike-Fahrers ansetzen will (aber nicht, ohne ihn vorher eines verächtlichen Blickes zu würdigen), wird er von einem Auto erfasst, das ihn zu Fall bringt. Er wird
schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Der Kopf ist unversehrt, denn er hatte ja einen Sturzhelm auf. An den Beinen aber
zeigt sich folgende Symptomatik: Das rechte Bein kann er kaum noch bewegen. Lediglich eine (abgeschwächte) Hüftbeugung ist möglich. Weiterhin ist die Sensibilität am gesamten rechten Bein stark eingeschränkt: Grobe Druck- und Tastempfindungen kann er zwar noch wahrnehmen, doch ist eine Lokalisation und Beschrei-
bung der Berührungsqualitäten unmöglich geworden. Schmerzund Temperaturempfindung sind noch vorhanden. Am linken Bein ist in Hinsicht auf die Sensibilität genau das Umgekehrte der Fall, motorische Ausfälle ergeben sich dort nicht.
14 Praktische Neuroanatomie: Fälle, Fragen und Lösungen
360
Fragen: a. Wenn Sie von einer Rückenmarksläsion ausgehen: Wie sieht diese dann aus? b. Auf welcher Seite befindet sich die Schädigung? c. Wie nennt man diese Art von Sensibilitätsstörung? d. Wie heißen, wo ziehen und wo kreuzen die bei Clodwig betroffenen Rückenmarksbahnen? e. In welcher Höhe des Rückenmarks liegt in etwa die Schädigung? f. In welcher Höhe muss dann das Trauma in etwa auf die Wirbelsäule getroffen haben (die topographischen Verhältnisse beim Erwachsenen zugrunde gelegt)? Lösungen > Kap. 14.2.3.1
14.1.3.2
14.1.4
Gehirn
14.1.4.1
Fall1
mittelschwierig Ihre ehemalige Vermieterin Frau G. kommt Ihnen mitten in der Tübinger Fußgängerzone entgegen und läuft zunächst rechts an Ihnen vorbei, scheinbar ohne Sie zu bemerken. Sie stutzen kurz, laufen Ihr dann aber doch hinterher und sprechen sie an. Frau G., hocherfreut, Sie zu sehen, fragt Sie sogleich, ob Sie eigentlich inzwischen schon „D0gc‘ler“3 geworden seien, was Sie bejahen. Das treffe sich
aber gut, denn sie brauche dringend einen Rat: Seit mehreren Wochen stoße sie ständig mit der rechten Körperhälfte an und habe deshalb schon lauter blaue Flecken. Auch die schöne Vase, die Sie Ihr damals zum Abschied geschenkt hatten, habe sie auf diese Wei-
se letzte Woche auf dem Boden im Flur zertrümmert. Da Sie zufällig
Fall 2
eine Taschenlampe in Ihrer Manteltasche haben, leuchten Sie ihr
schwierig Der Landschaftsgärtner Wladimir G. kommt mit folgenden Beschwerden zu Ihnen: Seit einigen Wochen bemerke er eine zuneh-
rechts von temporal und links von nasal in die Augen. Dabei stellen Sie fest, dass beide Pupillen völlig normal reagieren. Nun überprü-
mende
ob sie eine Hemianopsie hat. Tatsächlich scheint auf beiden Augen das jeweils rechte Gesichtsfeld deutlich eingeschränkt zu sein. Frau
Schwäche
in den Beinen. Das Laufen
mache
ihm Mühe,
fen Sie mit Fingerbewegungen in Frau Gs temporalem Gesichtsfeld,
Treppensteigen sei wegen der großen Kraftanstrengung kaum noch möglich. Und noch etwas ganz Merkwürdiges habe sich vor Kurzem ereignet: Beim Zerlegen eines gefällten Baumes sei ihm die Kettensäge weggerutscht und er habe sich einen großen Schnitt im
tisch alle Hirnnerven zu untersuchen, möchte sie doch lieber nach
Oberschenkel beigebracht. Das Erstaunliche sei gewesen,
dass er
Hause gehen (die Zunge rausstrecken vor allen Leuten —- das gehöre
keinerlei Schmerzempfindung dabei gehabt habe. Sie vermuten zu Recht eine Schädigung des Nervensystems und machen sich sofort an die körperliche Untersuchung. Dabei stellen Sie eine geringgradig spastische, unvollständige Lähmung (Parese) beider Beine fest. An der ebenfalls paretischen ventralen Oberschenkelmuskulatur findet sich jedoch keine Spastik, und es lassen sich dort auch kaum Muskeleigenreflexe auslösen. Weiterhin finden sich an beiden Beinen eine stark geminderte Schmerz- und Temperaturempfindung bei fast vollständig erhaltenem Berührungsempfinden. Sie haben
sich einfach nicht!). Einige Wochen später erkundigen Sie sich tele-
den Verdacht auf einen raumfordernden Prozess (wahrscheinlich Tumor) im Wirbelkanal.
G. ist die Untersuchung vor den inzwischen stehen gebliebenen
Passanten ein bisschen peinlich. Als Sie dann beginnen, systema-
fonisch nach ihrem Befinden, um dabei zu erfahren, dass nun auch zusehends „die andere Hälfte“ (wie sie sagt) ihre Sehfähigkeit verliere. Außerdem könne sie immer öfter das, was sie sieht, nicht mehr richtig erkennen und sinnvoll endlich können Sie Frau G. doch überreden, in die und ein Computertomogramm erstellen zu lassen,
überhaupt noch einordnen. Nun Klinik zu gehen auf dem ein in-
trakranieller Tumor (etwa 3 cm groß) entdeckt wird.
Fragen: a. Kann ein einziger Tumor dieser Größe die 0.g. Symptome auslösen? Wenn ja, wo sitzt er? Wie wahrscheinlich ist es,
Fragen: a. Worauf weist Sie die Tatsache einer spastischen Parese hin,
d.h., handelt es sich um eine periphere (Motoneuron oder peripherer Nerv) oder eine zentrale Lähmung (absteigende motorische Bahnen)? b. Von wo aus wächst der Tumor in den Wirbelkanal ein? Welche Bahnen sind bereits zerstört? c. Warum findet sich an der ventralen Oberschenkelmuskulatur eine schlaffe Lähmung, und warum lassen sich dort kaum Re-
flexe auslösen?
dass die Sehrinde und nicht die Sehbahn betroffen ist? b. Welche Teile der Sehbahn sind offensichtlich erhalten? Zeich-
nen Sie ein Schema der Sehbahn mit den entsprechenden Verschaltungen auf. c. Warum funktioniert der Lichtreflex (Pupillenreflex) noch? d. Warum kann Frau G. manche Dinge, die sie noch sieht, nicht mehr richtig „einordnen“ bzw. „erkennen”?
e. Erläutern Sie Lokalisation und Aufgabe der sekundären Sehrinde.
f. Welche der großen Gehirnarterien versorgt den visuellen Kortex im Okzipitallappen?
Lösungen > Kap. 14.2.3.2 Lösungen > Kap. 14.2.4.1
3 Dogder, Dogdre (schwäb.) = Arzt, Ärztin
14.1 14.1.4.2
Fälle mit Wiederholungsfragen
361
eine schlaffe, inkomplette Lähmung (Parese) beider Beine fest. Es
Fall 2
fällt Ihnen auf, dass es sich nur um motorische und keine sensiblen
schwierig Hagen Z. ist stolzer Kreisklassenmeister im Boxen und stellt sich bei Ihnen vor, weil er ein „ernsthaftes Problem“ habe. Beim letzten
Boxkampf bemerkte er, als er seinen Gegenspieler k.o. schlagen wollte, dass er diesen immer wieder verfehlte, obwohl seine Rechte sonst so zielsicher trifft. Ursache war, dass er seinen Kontrahenten
doppelt sah. Er zweifelte zunächst an der Ehrlichkeit der Kampfrichter, die ihm wohl zwei Gegner statt nur einen in den Ring gestellt hätten. Aber dann sah er, dass auch zwei Kampfrichter da wa-
ren und er über vier Hände zu verfügen schien. Obwohl ihm Letzteres zunächst gefiel, erlosch seine Begeisterung rasch, weil er eben an seinem Gegner immer vorbei schlug (s. 0.). Einige Tage nach dem Boxkampf fiel ihm beim morgendlichen Rasieren (er rasiert sich aus Prinzip nur 1x/Woche) im Spiegel auf,
Ausfälle handelt. Der Patellarsehnenreflex jedoch ist auf beiden Seiten lebhaft vorhanden. Da Sie aufgrund präziser neuroanatomischer Kenntnisse längst die richtige Diagnose befürchten, überreden Sie Karin R., sich ins Krankenhaus fahren zu lassen, wo mittels einer kernspintomographischen Untersuchung ein Tumor im Schädelinneren diagnostiziert wird. Fragen: a. Wo genau befindet sich der Tumor von Karin R.? b. Wie erklären Sie, dass beide Beine gleichzeitig betroffen sind? c. Könnte ein einzelner Tumor in der gleichen funktionellen Region z. B. auch symmetrische Ausfälle beider Arme verursachen? d. Beschreiben Sie die Funktion und den Verlauf (ggf. mit Kreu-
dass sein Mundwinkel rechts herabhing. Zunächst hatte ihn das
zung) der Bahn, die überwiegend von der Stelle der Schädi-
nicht so sehr irritiert, denn nach einem solchen Boxkampf sehe das Gesicht schon manchmal etwas asymmetrisch aus („demolierte Vi-
gung ihren Ursprung nimmt.
weise könne er zuweilen nach dem Boxkampf ein Auge nicht mehr
e. Eine vollständige Lähmung der Beine ist nicht eingetreten. Welche Zentren könnten für eine zusätzliche Versorgung der Beinmuskulatur zuständig sein? f. Wenn die beschriebenen Symptome nur einseitig aufgetreten
öffnen, weil es zugeschwollen sei. Jetzt aber sei es umgekehrt, er
wären, könnte man bei einer Schädigung der gleichen Region
könne das rechte Auge nicht mehr schließen. Er gesteht, dass seine intellektuellen Fähigkeiten seit er regelmäßig Boxkampf mache,
auch an eine Durchblutungsstörung denken. In welchem der drei großen Gehirngefäße?
sage“ nennt er das). Das gehe meist innerhalb von Tagen wieder vorüber. Jetzt aber sei das nicht der Fall. Und außerdem: Normaler-
nachgelassen hätten. Aber soweit reiche es noch: Er sei sich sicher, hier stimme etwas nicht und er bittet Sie, herauszufinden, was das
Lösungen > Kap. 14.2.4.3
sel.
Fragen: a. Können Sie sich vorstellen, wo genau die Schädigung bei Hagen lokalisiert ist? b. Wie nennt man die Struktur des N. facialis, die um den Ncl. n.
abducentis herumzieht? c. Wie heißen die Kerne des N. facialis im Hirnstamm? d. Erwarten Sie außer der Paralyse des M. rectus lateralis weitere Augenmuskelbeeinträchtigungen? Lösungen > Kap. 14.2.4.2
14.1.4.3
partnerin zu suchen, weil Karin Sie bisher immer bereits nach etwa
5 Minuten abgehängt hatte. Diesmal jedoch bemerken Sie, dass Ihre Begleiterin nur mit Mühe einige hundert Meter durchhält und dann muss.
Fall 4
relativ einfach Die junge Frau Diana S. aus Köln leidet an Multipler Sklerose. Dies ist eine Autoimmunkrankheit, die die Oligodendrozyten des ZNS angreift und dadurch die Markscheiden zentralnervöser Neurone zerstört. Die Erkrankung kann in Schüben verlaufen, wobei sich in
den Intervallen zwischen den Schüben die entstandenen Symptome unterschiedlich gut durch Rückgang der Entzündung und Neubildung der Markscheiden rückbilden können. Die Patientin hat nun einen solchen Schub erlitten und stellt sich bei Ihnen mit folgenden Symptomen vor: Sie hat einen Blickrichtungsnystagmus der Augen in alle Richtungen. Weiterhin fällt Ihnen auf, dass ihre Sprache un-
Fall 3
mittelschwierig An einem sonnigen Samstagnachmittag wollen Sie mit Ihrer Nachbarin Karin R. seit Monaten wieder einmal zum Joggen gehen. Eigentlich hatten Sie sich vorgenommen, sich eine andere Jogging-
pausieren
14.1.4.4
Ihre Beine seien einfach zu schwach, das gehe
schon seit einigen Wochen so. Eine Woche später hat sich ihr Zustand verschlimmert, und wiederum eine Woche später müssen Sie
alleine joggen, weil Karin weder rechtes noch linkes Bein kraftvoll bewegen kann. Sie beginnen nun, der Ursache auf den Grund zu gehen, und untersuchen Ihre Nachbarin gewissenhaft. Sie stellen
deutlich, z.T. verwaschen, abgehackt und verlangsamt klingt. Wortfindungsstörungen liegen dem aber nicht zugrunde, wie sie selbst versichert. Ihr Gang wirkt leicht unsicher, schränkt sie aber
nicht besonders ein. Auch eine Fallneigung besteht nicht. dings hat Diana S. größte Schwierigkeiten, gezielte und vor feinere Bewegungen korrekt auszuführen: Zum einen beginnt zittern, wenn sie einen Gegenstand in die Hand nehmen will,
Allerallem sie zu wobei
das Zittern umso stärker wird, je näher sie dem Gegenstand mit ih-
rer Hand kommt. Des Weiteren schießt sie mit ihren Bewegungen weit über das angestrebte Ziel hinaus, was sie durch ein Nachkorrigieren der überschießenden Bewegung wettzumachen versucht.
362
14 Praktische Neuroanatomie: Fälle, Fragen und Lösungen
Fragen: a. Wo kann eine Schädigung ganz generell sitzen, die diese Symptome bewirkt? b. Wo ist die Schädigung bei dieser Patientin am wahrscheinlichsten lokalisiert? c. Nennen Sie die Fachausdrücke für die einzelnen beschriebenen Symptome. d. Nehmen Sie an, die beschriebenen Symptome träten nur
rechts auf. In welcher Hälfte des betroffenen Organs wäre dann die Schädigung lokalisiert? e. Multiple Sklerose kann auch durch Manifestation am II. Hirn-
14.1.4.6
Fall 6
mittelschwierig Jacques L. ist ein französischer Patient, der seit vielen Jahren in Ihre
Praxis kommt. Gestern hat er seinen 99. Geburtstag gefeiert. Leider konnten Sie trotz Einladung nicht auf dem Fest erscheinen, da Sie so viel zu tun hatten. Heute besucht er Sie in Begleitung seiner Frau, die zwei Jahre jünger ist als er. Monsieur L. macht einen etwas verstörten Eindruck und gibt Ihnen wortlos die Hand. Seine Frau erläutert: „Stellen Sie sich vor - seit heute Morgen
spricht er kein
Wort mehr!“ Monsieur L. nickt mit dem Kopf und gestikuliert mit
nerv (N. opticus) Gesichtsfeldausfälle verursachen. Wie erklä-
den Armen. Im weiteren Gespräch mit seiner Frau erfahren Sie, wie
ren Sie sich das, wo es sich doch ausdrücklich um eine zen-
ihrem Mann gestern Abend über mehrere Stunden hin zunächst
tralnervöse Erkrankung handelt (Oligodendrozyten kommen
häufig „die Worte fehlten“, er dann immer schlechter und unverständlicher sprach, was sie aber zunächst auf seinen reichlichen Ge-
nur im ZNS vor)?
nuss von Rotwein anlässlich der Geburtstagsfeier zurückgeführt Lösungen > Kap. 14.2.4.4
habe. Heute Morgen dann habe er kein Wort mehr herausgebracht,
und sie mache sich nun ernsthaft Sorgen. Sie fragen nun Monsieur 14.1.4.5
L. selbst, ob seine Frau alles richtig berichtet habe. Er nickt mit dem Kopf. Sie fordern ihn auf, die Zahl vier mit den Fingern anzuzeigen,
Fall 5
mittelschwierig Adalbert G. ist seit sechs Wochen Assistenzarzt an der Neurologischen Klinik in Bad S. in Brandenburg. Dort stellt sich bei ihm ein Patient mit folgenden Symptomen vor: Der rechte Mundwinkel hängt herunter, die Lippen auf der betroffenen Seite kann er nicht fest schließen, seine Sprache ist verwaschen, und er hat Schwierig-
keiten beim Trinken. Adalbert G. diagnostiziert ohne weitere Untersuchung eine Fazialisparese. In diesem Augenblick tritt sein Chefarzt in das Untersuchungszimmer, dem Adalbert G. gleich seine Diagnose mitteilt. Der Chef fragt ihn, wo denn in etwa die Fazialisschädigung zu lokalisieren sei. Adalbert G. antwortet, dies könne man erst aus einem Kernspintomogramm des Schädels ersehen, er
werde gleich eines anfertigen lassen. Der Patient legt bei dem Gespräch misstrauisch die Stirn in Falten, schließt die Augen
und
schüttelt verständnislos den Kopf. Daraufhin fragt der Chef Adal-
was er sofort und korrekt tut. Sie stellen nach einer eingehenderen Untersuchung, die aber keine weiteren Auffälligkeiten ergibt, die Verdachtsdiagnose einer zerebralen Durchblutungsstörung. Fragen: a. Wie nennt man das beschriebene Symptom? b. An welcher Stelle des Gehirns und auf welcher Seite ist die Schädigung wahrscheinlich lokalisiert? c. Wäre eine ähnliche Symptomatik bei einer äquivalenten Durchblutungsstörung auf der kontralateralen Seite zu erwarten? d. Erläutern Sie die genaue Aufgabe der betroffenen Struktur. e. Nennen Sie weitere Beispiele der Lateralisation einzelner Fähigkeiten auf eine Hemisphäre. f. Welche Gehirnstrukturen sind an der Entstehung der Sprache
bert G. noch eindringlicher: „Also, wissen Sie jetzt, wo die Schädi-
beteiligt, d. h., bei der Affektion welcher Strukturen können
gung sitzt?“ Adalbert G. schlägt vor, man könne ja den Tränenfluss messen, um zu sehen, ob der gesamte N. facialis geschädigt sei. Erst als der Chef dies als unnötig abtut, beginnt Adalbert G. nachzudenken.
Sprachbeeinträchtigungen resultieren? g. Aufgrund welcher Tatsache kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass es sich wohl nicht um eine Schädigung der se-
Fragen: a. Können Sie Adalbert G. weiterhelfen? b. Welches Detail der zentralen Innervation der Fazialiskerne im Gehirn hat Adalbert während seines Studiums nicht mitbekommen? Zeichnen Sie ein entsprechendes Schema auf. c. Bei welcher Art bzw. Lokalisation der Fazialisschädigung könnte die Registrierung des Tränenflusses Bedeutung gewin-
kundären Hörrinde (Wernicke-Zentrum) handelt?
h. Welches der drei großen Hirngefäße ist für die arterielle Versorgung der betroffenen Region zuständig? Lösungen > Kap. 14.2.4.6
14.1.4.7
Fall 7
mittelschwierig
nen? d. Wenn Sie > Kap. 2.3 (Hirnnerven) schon bearbeitet haben:
Gundolf (7 Jahre) und Reginald (8 Jahre) sind die beiden Söhne des
Erläutern Sie den Verlauf des Fazialisanteils, der die Tränendrüse innerviert, und geben Sie die entsprechenden ganglionären Verschaltungen an (beliebte Prüfungsfragen!).
sance-Schloss eine der bedeutendsten historischen Waffensamm-
Lösungen > Kap. 14.2.4.5
Grafen von Hohenlauf-Hagenstedt,
dessen holsteinisches Renais-
lungen (Familienbesitz, versteht sich!) beherbergt. In Abwesenheit seiner Grafschaft lieben es die beiden Jungen, heimlich mit Vaters
historischer Duellierpistole aus dem 19. Jahrhundert Cowboy und Indianer zu spielen. So auch an jenem unglückseligen Sonntag-
14.1
Fälle mit Wiederholungsfragen
363
nachmittag. Bei einem Streit, wer die Waffe halten darf, löst sich ein
zwei stark erweiterte Seitenventrikel, einen ebenfalls vergrößerten
Schuss. Die Kugel dringt dem kleinen Gundolf in den Kopf ein und verlässt ihn auf der Gegenseite wieder. Nachdem Gundolf bewusst-
II Ventrikel und einen Tumor.
los ins Krankenhaus eingeliefert wurde, stellt man mittels radiolo-
Fragen:
gischer Untersuchungen fest, dass die Kugel im Gehirn keine Gefäße lädiert und auch sonst wohl keine lebenswichtigen Strukturen zerstört hat. Drei Wochen später kommt der Junge wieder nach Hause ins Schloss. Er zeigt folgende Ausfallssymptome: Er kann auf
b. Welche Strukturen hat er in welchen Teilen des entsprechenden Hirnabschnitts beeinträchtigt?
der linken Seite kaum noch sensible Qualitäten im Gesicht wahr-
c. Was versteht man unter einer Ataxie? Warum tritt sie rechts
nehmen (Zungensensibilität, Geschmacks-, Riech-, Seh- und Hör-
empfinden sind jedoch nicht gestört). Sonst ergeben sich am Kopf keine auffälligen Befunde. Weiterhin liegt rechts und links im Fußbereich sowie rechts im Oberschenkelbereich eine Sensibilitätsstörung vor. Motorische Ausfälle ergeben sich nicht. Fragen:
a. Wo, glauben Sie, befindet sich der Tumor genau (Hirnab-
schnitt und Seite)?
auf?
d. Warum treten Sensibilitätsstörungen rechts auf? e. Wie erklären Sie sich den „Extensorenspasmus“?
f. Wie erklären Sie sich die erweiterten Ventrikel?
g. Wo wird der Liquor produziert, an welchem Ort kann er aus dem Ventrikelsystem in den Subarachnoidalraum gelangen, und wo wird er wieder resorbiert?
a. An welcher Stelle des Gehirns ist die Kugel ein- und an wel-
h. Wie heißt das Syndrom, das bei der Patientin ganz zu Beginn
cher Stelle ist sie wieder ausgetreten? Beschreiben Sie die
halbseitig aufgetreten ist? Welche Strukturen sind dabei be-
Schussbahn! b. Erläutern Sie Lage und Funktion der betroffenen Rindenfelder.
c. Wenn die Kugel in gleicher Höhe etwa 1 cm weiter vorne in
troffen, und welche Projektionen fallen dadurch in welchen Großhirnbereich weg? Nennen Sie auch die drei „klassischen“
Symptome dieses Syndroms! i. Warum sind Sehen, Riechen und Hören nicht gestört?
den Schädel eingetreten wäre, wie sähe dann die Symptoma-
tik aus? Lösungen > Kap. 14.2.4.7
14.1.4.8 Fall 8
Lösungen > Kap. 14.2.4.8
14.1.4.9
Fall 9
mittelschwierig Eine 45-jährige
Frau ruft verzweifelt in Ihrer Praxis an: „Mein
Mann versteht mich überhaupt nicht mehr!“ Beruhigend sprechen
sehr schwierig Eine 28-jährige Soziologiestudentin aus Berlin fällt auf, weil sich bei ihr zusehends ein Ruhetremor entwickelt, der zunächst geringer
Alter häufiger vorkomme und wahrscheinlich eine vorübergehende
wird, sobald sie die zitternde Gliedmaße bewegt. Weiterhin entsteht
Erscheinung im Zuge der „midlife crisis“ sei, die ihr Mann wahr-
eine zunehmende Steifheit und Unbeweglichkeit ihrer Gliedmaßen,
scheinlich gegenwärtig durchmache. Ob er denn ... „Nein, nein! Sie verstehen mich völlig falsch“, werden Sie von der Dame unterbrochen, „er versteht meine Sprache nicht mehr!“ Sie fahren daraufhin
die auch im Ruhezustand einen stark erhöhten Muskeltonus aufweisen und sich somit auch passiv kaum bewegen lassen. Auch wirkt ihre Mimik starr, sodass ihr Gesicht dem einer Maske gleicht.
Diese Symptome bestehen nur auf der rechten Seite. Psychisch macht sie bisweilen den Eindruck der Verlangsamung und der Antriebslosigkeit. Nach einigen Wochen stellt die Studentin darüber hinaus zunächst eine leichte Ataxie rechts und dann eine zunehmende Tendenz zur Streckung beider rechten Extremitäten fest, die sich bis zum „Extensorenspasmus“” steigert. Sie kann auf dieser Sei-
Sie auf die Hilfesuchende ein und versichern ihr, dass das in diesem
sogleich hin, um ihn zu untersuchen. Sie finden einen Patienten vor, der Sie freundlich lächelnd begrüßt, aber ohne ein Wort zu sagen. Sie sprechen ihn an: „Herr M., wie geht es Ihnen?“ Er sieht Sie
mit hochgezogenen Augenbrauen an, mustert Sie dann misstrauisch, scheint Sie aber durchaus als seine Hausärztin (Hausarzt) zu erkennen. Sie machen einen erneuten Versuch: „Herr M., können
Sie mich denn verstehen?“ Herr M. entgegnet daraufhin mit einem
te auch nahezu keine willkürlichen Bewegungen mehr ausführen. Zunehmend fällt auch eine Sensibilitätsstörung im Bereich der ge-
Ihnen schwer verständlichen Kommentar: „Ich kann unbeding des
samten rechten Körperhälfte auf, wohingegen Sehen, Riechen und
... die ich auch ... z.B. auch ... äh ... ganz außer ... familgär ...“ Sie
Hören nicht betroffen zu sein scheinen. Zusehends treten auch Doppelbilder auf. Schließlich bekommt die Patientin immer stärke-
stellen dabei fest, dass die Lautbildung bei dem Patienten offen-
re Kopfschmerzen, die sechs Wochen nach dem ersten Auftreten eines Symptoms dazu führen, dass sie einen Arzt aufsucht. Dieser
spiegelt den Augenhintergrund der Patientin, wo er eine stark vorgewölbte Sehnervenpapille sieht, die er zu Recht als ein Zeichen erhöhten intrakraniellen Drucks interpretiert. Nach eingehender Untersuchung lässt er zur Sicherung der Diagnose ein Kernspintomogramm erstellen, das verschiedene Auffälligkeiten zeigt, vor allem
Helfer ... äh ... damit ich auch intolieren knann ... und antwortnen
sichtlich nicht gestört ist. Auch der Tonfall ist so, als hätte er völlig normale Dinge erzählt. Doch scheint er auch selbst den Inhalt des Gesagten nicht verstehen zu können. Als Sie ihm jedoch verschiedene Wörter vorsagen, spricht er diese nach, wenn auch mit Fehlern. Auf die Frage, ob er deren Bedeutung verstanden habe, und ebenso auf die Aufforderung, sich einmal hinzulegen, antwortet er wieder
mit einem kaum verständlichen Redeschwall. Überhaupt macht der Patient psychisch einen schwer angegriffenen Eindruck, obgleich er
14 Praktische Neuroanatomie: Fälle, Fragen und Lösungen
364
bei den praktischen Tätigkeiten des Alltags keine besonderen Auffälligkeiten zeigt. Fragen: a. Wo (Region und Seite) befindet sich bei dem Patienten die
Schädigung, und wie heißt das entstandene Syndrom? b. Es gibt noch ein Syndrom, bei dem der Patient ebenfalls nicht sprechen kann, Aufforderungen aber meist spontan verstehen und befolgen kann und sehr viel weniger psychisch angegriffen scheint (warum?). Wie heißt dieses Syndrom, und wo ist
die zugrunde liegende Schädigung dann zu lokalisieren? c. Welche Hirnstrukturen sind an der Sprachbildung und am Sprachverständnis beteiligt? Auch wenn sich dies nur schwer
14.1.4.11
Fall 11
mittelschwierig Der 110kg schwere Bruno B. ist Schwergewichtheber und kommt recht niedergeschlagen zu Ihnen. Er bemerkt bei sich seit einiger Zeit beim Gehen, inzwischen sogar manchmal auch beim Sitzen, eine ständige Fallneigung. Mit dem Laufen werde es immer schwieriger, sodass er inzwischen sehr breitbeinig gehen müsse, weshalb ihn seine Frau auch ständig ermahne, nicht so viel zu trinken. Dabei
habe er wirklich seit Wochen keinen Tropfen Alkohol mehr zu sich genommen! Eigentlich findet er das alles nicht so schlimm, aber beim Gewichtheben sei die Sache mit der Fallneigung eben doch sehr hinderlich. Sie lassen ihn einzelne feinmotorische Bewegungen
auf wenige Zentren reduzieren lässt, versuchen Sie eine Ein-
ausführen, die aber weder von einem Zittern begleitet sind noch
grenzung.
sonst irgendwie gestört erscheinen. Auch die Sprache von Herrn B. zeigt keine Auffälligkeiten. Seine Gang- und Standunsicherheit ist bei geschlossenen und geöffneten Augen gleich stark ausgeprägt.
d. Erläutern Sie die wichtigsten Afferenzen und Efferenzen des betroffenen Hirnareals. e. Nehmen Sie an, die Störung sei durchblutungsbedingt. Nach welcher großen Gehirnarterie müssen Sie im Angiogramm (radiologische Darstellung der Blutgefäße) dann suchen? Lösungen > Kap. 14.2.4.9
14.1.4.10
Fall 4.10
relativ einfach Ladislaus O0. kommt zu Ihnen in die Krankenhaus-Notambulanz, weil er ständig überall anstößt. Tatsächlich fällt Ihnen auf, dass er, als er zur Tür hereinkommt, mit der Schulter an den Türrahmen
Fragen: a. Wo würden Sie die Schädigung vermuten? Erläutern Sie die Dreigliederung des betroffenen Organs, und schildern Sie die Aufgaben, die dem hier geschädigten Anteil zukommen. b. In welcher Struktur des Gehirns laufen die Afferenzen und die Efferenzen des bei Herrn B. betroffenen Hirngebiets? c. Warum ist die Feinmotorik der Extremitäten nicht beeinträchtigt, und was hatten Sie im Sinn, als Sie diese bei Herrn
B. überprüft haben? d. Welche weiteren Strukturen könnten für eine Gangunsicherheit verantwortlich sein?
stößt. Gleich danach rempelt er die Krankenschwester an, was diese
empört kommentiert. Erstaunlicherweise nimmt der Patient aber Dinge, auf die er direkt zugeht, ohne Weiteres wahr und geht um sie herum; es scheint also lediglich das Gesichtsfeld in der Peripherie
eingeschränkt zu sein. Sie leiten sogleich eine Laboruntersuchung ein, bei der als einzig auffälliger Befund der Prolaktinspiegel stark erhöht ist. Dennoch reichen die bisherigen Angaben (auch ohne das nachfolgende Computertomogramm, das einen Tumor an der Schädelbasis zeigt) aus, die richtige Diagnose zu stellen. Fragen: a. Wie lautet sie? b. Wie ist der Gesichtsfeldausfall zu erklären, wie nennt man
dieses Symptom, und wo ist die Schädigung des entsprechenden Nervs lokalisiert? c. Wie ist der erhöhte Prolaktinspiegel zu erklären? d. Durch welche Öffnung tritt der betroffene Nerv in die Schädelgrube ein? e. Warum kann man auch ohne erhöhten Prolaktinspiegel die lokalisatorische Diagnose relativ zuverlässig stellen? Lösungen > Kap. 14.2.4.10
Lösungen
14.1.4.12
> Kap. 14.2.4.11
Fall 12
schwierig Herr Erwin K., ein 73-jähriger Patient, der schon seit Jahren in Ihre Praxis kommt, ist starker Raucher, hat 25kg Übergewicht und ei-
nen viel zu hohen Blutdruck (Hypertonie). An einem Freitagabend klingelt das Telefon und Frau K. bittet Sie dringend, sofort ihren Mann aufzusuchen. Als Sie dort eintreffen, finden Sie den Patienten
im Bett halb sitzend und Sie mit schiefem Mund anlächelnd. Er nuschelt ein undeutliches „Gunnamd Frau (bzw. Herr) Dogerr“, und Sie setzen sich zunächst einmal auf die Bettkante, um ihn nach einer kurzen Anamnese, die wegen seiner undeutlichen Sprache erschwert ist, neurologisch zu untersuchen. Ihnen fällt auf, dass der
rechte Mundwinkel schlaff herabhängt (s.o.) und dass die Zunge beim Herausstrecken nach rechts abweicht. Der Unterkiefer weicht bei der Öffnung zu keiner Seite ab, und die Augenlider lassen sich beidseits fest schließen und wieder öffnen. Bei der Augenuntersuchung fällt Ihnen auf, dass beide Augen im Blick stark nach links gerichtet sind. Weiterhin hält der Patient seinen Kopf leicht nach rechts geneigt mit geringgradiger Gesichtswendung nach links, und beim Schulterzucken (auf die Frage, wie es ihm jetzt gehe) kann nur die linke Schulter richtig weit in die Höhe gezogen werden. Zu Ihrer Erleichterung kann der Patient alle Extremitäten bewegen, aller-
14.1 dings fällt Ihnen auf, dass die grobe Kraft beim Händedruck rechts erheblich geringer ist als links und dass der Patient feine und präzisere Bewegungen mit der rechten Hand nicht ausführen kann (z. B. schreiben oder einen zerlegten Kugelschreiber wieder zusammensetzen). Stattdessen reagiert er auf entsprechende Aufforderungen mit Massenbewegungen des rechten Arms. Einen Tremor können Sie dabei aber nicht feststellen. Sie vermuten einen Schlaganfall (Hirninfarkt, Insult) und weisen den Patienten in die Neurologische Klinik ein. Anschließend fahren Sie nach Hause, wo Sie nochmals nachlesen, welche kortikonukleären
Fasern kreuzen
und welche
nicht. Fragen: a. Wo ganz genau im Gehirn vermuten Sie die Schädigung? b. Sie haben die Diagnose eines zerebralen Insults (= Schlaganfall) gestellt. Dazu passt auch, dass Erwin K. starker Raucher,
Hypertoniker und sehr übergewichtig ist. Welche Arteriengruppe ist vermutlich betroffen, und aus welcher der drei großen Gehirnarterien kommt sie? c. Welche Hirnnerven(kerne) sind auf welcher Seite betroffen,
und welche zeigen keine Ausfallserscheinungen (warum?)? d. Sie vergaßen, nach sensiblen Ausfällen zu fahnden. Das ist nicht so schlimm, denn die Diagnose lässt sich mit relativ gro-
ßer Sicherheit auch so stellen. Wo aber wären sensible Ausfälle zu erwarten? Wenn keine sensiblen Ausfälle aufträten, wo
könnte dann differentialdiagnostisch die Schädigung noch lokalisiert sein? e. Wie ist die Symptomatik am rechten Arm/an der rechten Hand erklärbar? Warum ist die grobe Kraft in der rechten Hand vermindert, im Ellenbogen- und Schultergelenk aber weniger be-
Fälle mit Wiederholungsfragen
365
ein ungeheurer Skandal! Zur Rede gestellt, versucht sich Eusebius zu erklären, doch fällt dabei auf, dass seine Aussprache impulsiv ist
und er, durch die Aufregung noch verstärkt, ständig grimassiert. Sie werden als Arzt/Ärztin hinzugezogen, um sich ein Urteil zu bilden. Als Eusebius M. sich zunehmend beruhigt, nehmen auch
das Grimassieren sowie die plötzlich ausfahrenden Bewegungen der Arme ab und die zuvor unruhig auf der Stelle tretenden Beine bleiben nun immer länger auch an einer Stelle stehen. Einige unkontrollierte Bewegungen bleiben jedoch in beiden Körperhälften beobachtbar. Sie können bei der Untersuchung keine Paresen (Lähmungen) und keine Sensibilitätsstörungen feststellen. Als Sie Eusebius dazu auffordern, bei geschlossenen Augen mit dem Zeigefinger auf die Nasenspitze zu zeigen, gelingt ihm dies beidseits ohne Zittern und zielgenau. Fragen: a. Welcher Teil bzw. welche funktionelle Einheit des ZNS ist vermutlich betroffen? b. Wie nennt man diese Form der Bewegungsstörung? c. Beschreiben Sie die unterschiedlichen Komponenten der Spontanmotorik, die in jeweils separaten Funktionseinheiten des ZNS verarbeitet werden. Woraus schließen Sie, dass nur
eine dieser Komponenten gestört ist?
d. Welches ist der funktionelle Antagonist der hier mutmaßlich betroffenen Struktur und durch Blockade oder Verstärkung welcher Transmittersubstanz dieser anatomischen Struktur kann man hypokinetische oder hyperkinetische Bewegungsstörungen auslösen? Lösungen > Kap. 14.2.4.13
troffen, und wie erklären Sie die Behinderung der Feinmotorik?
f. Warum ist keine spastische Lähmung vorhanden (evtl. zwei Gründe)? Lösungen > Kap. 14.2.4.12
14.1.4.14
Fall 14
relativ einfach Im Jahre 1810 treffen sich Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller in Weimar, um bei einem Glas Rotwein ein wenig über
14.1.4.13
Fall 13
mittelschwierig Eusebius M. ist Kellner in einem der vornehmsten Restaurants in Hamburg. Hier geht nur die feinste Gesellschaft ein und aus. Nun soll er gekündigt werden, denn in letzter Zeit sind ihm gravierende Missgeschicke passiert, die dazu geführt haben, dass einige der illustren Gäste sich bei der Geschäftsführung beschwert haben. Folgendes hatte sich in den letzten Monaten zugetragen: Zunächst fiel es Eusebius zunehmend schwer, ruhig am Tisch eines Gastes stehen
zu bleiben, um die Bestellungen entgegenzunehmen. Ständig hatte er das ununterdrückbare Bedürfnis, die Beine zu bewegen. Immer öfter war es in den folgenden Wochen dann zu plötzlich ausfahrenden Bewegungen der Arme gekommen, die Eusebius M. nicht kontrollieren konnte. Einmal schleuderte er dabei versehentlich ein geröstetes Zwergtruthahn-Schenkelchen an feinem argentinischem Blattspinat mit nordmelodenischer Bratensauce quer durch den Speisesaal mitten auf das feine Abendkleid der hier seit Jahrzehnten regelmäßig dinierenden Direktorenwitwe Frau Isolde Jensenson —
das Prinzip der Vereinigung von Idee und Erscheinung zu plaudern, mit dem sich Goethe seit Jahren intensiv beschäftigt. Sie kommen aber vom Thema ab, weil Goethe ständig an seinen Schreiber Eckermann denkt, bei dem er heute Morgen eine erstaunliche Beobachtung gemacht hat. „Der Kerl”, so Goethe, „setzt mich doch
immer wieder ins Staunen. So diktiere ich ihm denselbigen Morgen einen Brief an unseren verehrten Freund Schelling, wobei ich Fol-
gendes feststellen muss: Eckermann stockt im Schreiben, legt die Feder nieder, versucht es aufs Neue und schreibt sehr zögernd. Als ich ihn auffordere, mir die Niederschrift zu zeigen, traue ich meinen Augen nicht. Eckermann, dem sonst eine wundersam zarte und
schöne Handschrift eigen ist, hat ein Gekrakel auf das edle Papier gelegt, dass mir einen Augenblick die Sinne schwinden mochten. Ich fordere ihn sodann auf, meinen Namen ordentlich auf ein neues
Blatt Pergament zu schreiben, doch es resultiert wieder nur ein unleserliches Gekritzel, was Eckermann selbst mit Bestürzen feststellt. Und da ich, mein lieber Freund, ein Verehrer und Verfechter des
streng empirisch-phänomenologisch vorgehenden Experimentierens bin, bitte ich ihn sogleich, mir eine Passage aus dem ersten Akt
366
14 Praktische Neuroanatomie: Fälle, Fragen und Lösungen
des ‚Faust‘ vorzulesen, doch auch dieses will ihm nicht gelingen.
Sein Sehen sei aber nicht getrübt, so versichert mir der Gepeinigte. Ich grüble seitdem, was wohl die Ursache des Vorgangs sei, den ich heut' morgentlich beobachtet.“ Schiller wiegt nachdenklich den Kopf und kann trotz seines ehemals absolvierten Studiums der Medizin keine gute Erklärung bieten.
14.2.1.2
Lösungen zu Fall 2
a. N. medianus. b. Daumenballenmuskulatur (M. opponens pollicis, M. flexor pollicis brevis, M. abductor pollicis brevis, nicht aber M. ad-
ductor pollicis: Dieser wird vom N. ulnaris versorgt). c. Schwurhand ( > Abb. 2.10c) tritt beim Versuch des Faust-
Fragen: a. Eckermann mag an einer vorübergehenden Durchblutungsstörung in einem bestimmten Gehirnbereich gelitten haben. Wo würden Sie diesen Bereich lokalisieren? b. Von welchem Blutgefäß wird dieser Bereich versorgt? c. Erläutern Sie die neuronale Verschaltung mit den beteiligten
schlusses bei Medianusläsionen auf. Sie kommt durch den Ausfall der M. flexor digitorum superficialis und M. flexor digitorum profundus (radialer Anteil) bei gleichzeitigem Funktionieren des ulnaren Anteils des M. flexor digitorum
Zentren, die beim (Vor-)Lesen und Schreiben intakt sein
venläsion in Höhe des Karpalkanals erfolgt: Bis dahin sind die motorischen Fasern zu den genannten Muskeln bereits abgegangen. Durch den Karpalkanal ziehen nur noch deren
muss. d. Warum ist diese ganze Geschichte erstunken und erlogen?
profundus (N. ulnaris) zustande ( > klinischer Hinweis in Kap. 2.2.9). Die Schwurhand tritt hier nicht auf, weil die Ner-
Sehnen, die Muskelbäuche sind am Unterarm.
Lösungen > Kap. 14.2.4.14
d. Die Läsion muss auf alle Fälle deutlich proximal des Handgelenks lokalisiert sein, meist in Höhe des Ellenbogens oder
14.2
Lösungen
14.2.1 14.2.1.1
Spinalnerven Lösungen zu Fall 1
des Oberarms. Zusätzliche Sensibilitätsausfälle: Daumenballen, radiale zwei Drittel der Hohlhand ( >- Tab. 2.3).
14.2.1.3
Lösungen zu Fall 3
a. N. axillaris. Er verläuft entlang dem Collum chirurgicum auf der Schultergelenkkapsel. Besondere Gefährdung des Nervs besteht bei Schultergelenkluxationen und Humerushalsbrüchen.
a. Ausfall des N. ulnaris. b. Schädigung des Nervs im Sulcus n. ulnaris vermutlich beim Sturz vom Fahrrad mit Trauma des Ellenbogens.
b. M. deltoideus und M. teres minor (Schwäche vor allem der
c. Grob: ulnares Drittel der Handinnenfläche, ulnare Hälfte des
Abduktion und der Außenrotation, z. T. aber auch der Ad-
Handrückens ( > Abb. 2.8b).
d. Krallenhand. e. Fasciculus medialis, C8-Thl1. f. Am Oberarm: keine. Am Unterarm: M. flexor carpi ulnaris, M. flexor digitorum profundus (ulnarer Anteil). An der Hand: Muskulatur des Kleinfingerballens, sämtliche Mm. interossei dorsales und palmares, Mm. lumbricales II und IV,
M. adductor pollicis, M. flexor pollicis brevis (Caput profundus). Zur jeweiligen Funktion > Kap. 2.2.7. Ausfallssymptome: Fehlhaltung der Hand (Krallenhand) vor allem durch
duktion). c. Kraniolateraler Oberarmbereich ( > Abb. 2.11b; N. cutaneus
brachii lateralis superior). d. Fasciculus posterior, C5 und C6.
14.2.1.4
Lösungen zu Fall 4
a. Läsion des Plexus brachialis. Bei der Lagerung wurde der Plexus durch die starke Retroversion und Abduktion des Arms nach dorsal gezogen und gespannt. Da der Plexus durch
Ausfall der Mm. interossei und lumbricales (klinischer Hin-
die Skalenuslücke zieht (die bei allen Menschen unterschied-
weis > Kap. 2.2.7). Dies und der Ausfall der Daumenadduktion führt zu Symptomen wie z. B. der beschriebenen Schreibstörung (Stift kann nicht mehr richtig gehalten und geführt werden). Die Unfähigkeit, Daumen und kleinen Finger zu-
lich eng ist), wird er dabei gegen den M. scalenus medius ge-
sammenzuführen, resultiert aus dem Ausfall des Daumen-
adduktors und der Kleinfingerballenmuskulatur. g. Das klinische Bild einer segmentalen Schädigung von C8 ist dem einer Ulnarisläsion sehr ähnlich. Die Abgrenzung ist vor allem durch die sensiblen Ausfälle möglich: Bei C8 fällt auch das entsprechende Dermatom am Unterarm aus ( > Abb. 2.1), während bei Ulnarisläsion nur sensible Ausfälle an der
Hand bestehen.
presst (zum besseren Verständnis s. > Abb. 2.6). Die Mm.
scaleni wurden durch die Dorsalextension des Kopfs/der Halswirbelsäule noch zusätzlich gespannt, was eine Läsion
des Plexus begünstigt hat. b. Vorwiegend Schädigung der kranialen Anteile (Versorgung der hier gelähmten Schultergürtelmuskeln vorwiegend durch C5/C6, Versorgung der noch weitgehend intakten Unterarmund Handmuskeln vorwiegend durch C7/C8). Das erklärt sich bei der Art der Schädigung auch durch die nach kranial hin deutlich enger werdende Skalenuslücke. c. Beugung des Ellenbogengelenks vornehmlich durch M. brachialis und M. biceps, die beide von den Segmenten C5, C6 (N. musculocutaneus) innerviert werden. Streckung des El-
14.2
Lösungen
367
lenbogengelenks dagegen ausschließlich durch den M. triceps
44747
brachii, der vorwiegend von C7, also aus den kaudaleren, hier
V
kaum betroffenen Plexusanteilen, innerviert wird (N. radia-
a. N. obturatorius. Gefährdet vor allem bei Frakturen des klei-
lis).
Lösun gen zu Fall 7
nen Beckens, weil er an dessen Knochen ein Stück weit ent-
d. Vor allem C5-Th1 (wenige Fasern auch aus C4 und Th2).
langläuft, bevor er nach unten zieht und durch das Foramen
e. Zum Arm (7 Nerven): N. cutaneus brachii medialis, N. cu-
obturatum aus dem Becken austritt ( > Abb. 2.12a, 7).
taneus antebrachii medialis, N. ulnaris, N. medianus, N. mus-
culocutaneus, N. axillaris (sensibler Anteil), N. radialis. Zum
b. Oberschenkeladduktoren rechts (kann rechtes Bein nicht
mehr über linkes Bein schlagen).
Schultergürtel (8 Nerven): N. dorsalis scapulae, N. thoraci-
c. Plexus lumbalis, L2-L4.
cus longus, N. subclavius, N. suprascapularis, N. thoracodorsalis, Nn. subscapulares, Nn. pectorales, N. axillaris (motori-
d. Läsion der Wurzel L3 kann motorisch ähnliche S$ymptomatik verursachen, weil sie an der Innervation sämtlicher Addukto-
scher Anteil).
ren wesentlich beteiligt ist (isolierte L3-Wurzelläsionen sind
allerdings ziemlich selten). Sensible Ausfälle treten dann aber 14.2.1.5
Lösungen zu Fall 5
a. N. musculocutaneus. Ausgefallene Muskeln: M. biceps bra-
auch am ventralen Oberschenkel auf, entsprechend dem Der-
matom L3 ( > Abb. 2.1).
e. M. pectineus (zusätzliche Innervation durch N. femoralis), M.
chii (Ellenbogenbeugung und Supination), M. brachialis (El-
adductor magnus (zusätzliche Innervation durch N. tibialis).
lenbogenbeugung), M. coracobrachialis (Adduktion und Anteversion im Schultergelenk).
Deshalb bleibt bei einer N.-obturatorius-Läsion stets eine gewisse Restadduktionsfähigkeit erhalten.
b. Lateraler Unterarm ( > Abb. 2.9b). c C5-C7.
d. Fasciculus lateralis. e. Beugung noch (wenn auch schwach) durch den M. brachiora-
N
1218
me
z
a. N. femoralis. Er ist bei Operationen im Bereich des Leisten-
dialis und (geringfügig) den M. extensor carpi radialis longus
bands und besonders des Leistenkanals gefährdet, da er in
möglich, die beide vom N. radialis innerviert werden. Supina-
dieser Höhe unter dem Leistenband durchtritt (dennoch wird
tion noch durch den M. supinator möglich (ebenfalls N. ra-
er bei diesen Operationen nur selten tatsächlich geschädigt;
dialis).
14.2.1.6
Lösungen zu Fall 6
a. N. radialis. b. In erster Linie die Streckermuskeln des Unterarms (Streckung in Hand- und Fingergelenken). Symptom der Fallhand. Weiterhin betroffen sind der M. supinator (Einschränkung der Supination) und die radiale Muskelgruppe (M. brachioradia-
Tante Hermine hat besonderes Pech gehabt). . Hüftbeugung in erster Linie durch M. iliopsoas, der zwar auch großenteils vom N. femoralis versorgt wird, die entsprechenden motorischen Äste gehen aber bereits weit vor dem Durchtritt des Nervs unter dem Leistenband ab. . Sensible Ausfälle am ventralen Oberschenkel (Rr. cutanei an-
teriores) und am ventromedialen Unterschenkel (N. saphenus), (>- Abb. 2.14b). d. L1-L4.
lis, Mm. extensor carpi radialis brevis und longus).
c. Mitte, da dort Radialiskanal ( > Abb. 2.11a). d. laterale %, der dorsalen Handfläche, Daumen vollständig. Am Ober- und Unterarm keine Ausfälle, da entsprechende sensi-
ble Äste bereits vor dem oder im Radialiskanal abgehen (> Tab. 2.4). Wenn die im Kanal abgehenden Äste auch betroffen sind, dann auch Sensibilitätsausfälle an der Dorsalseite
des Ober- und Unterarms ( > Abb. 2.11c).
. M. triceps brachii (entsprechende motorische Fasern gehen bereits vor dem Radialiskanal ab, > Tab. 2.4).
. Weil die Extensoren dazu nötig sind. Sie versetzen durch Extension der Hand- und Fingergrundgelenke die Fingerbeuger in Vorspannung, sonst können diese ihre Kraft nicht vollständig entfalten (versuchen Sie es bei sich selbst: ohne Extension in Hand- und Fingergrundgelenken kein kraftvoller Faustschluss!).
14.2.1.9
Lösungen zu Fall 9
a. N. gluteus superior rechts. b. Ausfall des M. gluteus medius, M. gluteus minimus und M. tensor fasciae latae. Gluteus medius und minimus sind die Abduktoren im Hüftgelenk. Sie ziehen den Trochanter major zum Beckenkamm bzw. umgekehrt und verhindern so das Abkippen des Beckens auf die kontralaterale Seite, wenn diese Spielbeinseite ist ( > Abb. 2.15a). Bei Ausfall dieser Muskeln
resultiert entsprechend ein pathologisches Abkippen des Beckens ( > Abb. 2.15b).
c. Nein, N. gluteus superior ist rein motorisch. d. Plexus sacralis, L4-S1.
14.2.1.10
Lösungen zu Fall 10
a. N. fibularis (= N. peroneus). b. Sämtliche (Dorsal-)Extensoren des Fußes durch N. fibularis profundus (M. tibialis anterior, M. extensor digitorum longus,
368
14 Praktische Neuroanatomie: Fälle, Fragen und Lösungen M. extensor hallucis longus, kurze Zehenstrecker am Fußrü-
cken). Sämtliche Pronatoren des superficialis (Mm. fibularis longus . Durch den Ausfall der Pronatoren gen (auch in Ruhe) funktionell die d. Fußrücken ( > Abb. 2.16b, 2 und
Fußes durch N. fibularis und brevis). (Mm. fibulares) überwieSupinatoren. 3).
. Weil die entsprechenden Äste bereits vor dem Verlauf des Nervs um das Fibulaköpfchen abgehen: R. communicans fibularis (schließt sich mit N. cutaneus surae medialis aus N. tibialis zum N. suralis zusammen - Sensibilität am dorsalen Unterschenkel) und N. cutaneus surae lateralis (Sensibilität am lateralen Unterschenkel).
. Vermutlich in der Extensorenloge, wo dann nur der N. fibularis profundus geschädigt wäre (z. B. bei Tibiafrakturen). Er versorgt motorisch nur die Strecker des Fußes (siehe b) und
sensibel nur den Interdigitalraum I. 14.2.1.11
Lösungen zu Fall 11
a. Wenn es sich um einen nicht allzu stark lateral ausgerichteten
Vorfall handelt (der dann auf die in gleicher Höhe durch das Intervertebralloch ziehende Spinalnervenwurzel drücken würde), sondern - wie meistens - um einen mehr mediolateralen Vorfall, so ist die Wurzel des ein Segment tiefer austretenden Spinalnervs geschädigt ( > Kap. 3.1, „Bandscheiben
Nn. plantaris medialis und lateralis erklärt sich die Sensibilitätsstörung an der Fußsohle. . N.-tibialis-Schädigung: kein Zehenspitzengang mehr möglich. N.-fibularis-Schädigung: kein Fersengang mehr möglich, Fuß hängt schlapp herunter, dadurch Gangbild des „Hahnen-“
oder „Steppergangs“. . Im Hautbereich am dorsalen distalen Unterschenkel oberhalb
des Sprunggelenks. Diese kommt durch eine Schädigung des N. suralis zustande, der sich aus einem Ast des N. tibialis und
einem Ast des N. fibularis bildet. Durch diese gemeinsame Herkunft wäre bei einer reinen Schädigung des N. tibialis noch eine Restsensibilität durch die Nervenfasern des N. suralis aus dem N. fibularis zu erwarten. . Weil die Innervation dieser Muskeln aus dem N. tibialis von seinem Verlauf am Oberschenkel aus erfolgt, also deutlich
oberhalb des Kniegelenks. 14.2.1.14
Lösungen zu Fall 14
a. Plexus sacralis. b. Druck auf die sensiblen Anteile des Plexus sacralis. c. N. cutaneus femoris posterior (Sensibilität am dorsalen Oberschenkel), N. fibularis und N. tibialis (Sensibilität am Unter-
schenkel und Fuß mit Ausnahme des N.-saphenus-Bereichs).
und Spinalnerven“). In diesem Falle also die Wurzel L5. b. N. gluteus superior (L4-S1), N. gluteus inferior (L5-S$2), N. fibularis (L4-82), N. tibialis (L4-$3).
14.2.2
c. Überprüfung sensibel vor allem des Dermatoms von L5
14.2.2.1
Hirnnerven Lösungen zu Fall 1
(> Abb. 2.1) und der Extensoren des Fußes. Am spezifischs-
ten für L5 ist der M. extensor hallucis longus (Prüfen der Dorsalextension des großen Zehs gegen Widerstand): „Kennmuskel“ von L5.
14.2.1.12
Lösungen zu Fall 12
a. Die Strecker im Hüftgelenk, in erster Linie M. gluteus maximus. Läsion des N. gluteus inferior. b. Nein, rein motorischer Nerv. c. Durchtritt des Nervs durch das Foramen infrapiriforme, zusammen mit A. und V. glutea inferior, N. cutaneus femoris posterior, N. ischiadicus, N. pudendus, A. und V. pudenda in-
a. Ausfall des M. sternocleidomastoideus rechts (Kopfschiefhaltung nach links durch funktionelles Überwiegen des kontralateralen Muskels), des M. trapezius rechts (Schulter-
zucken/-heben nicht mehr möglich) und Ausfall der Zungenmuskulatur rechts (Abweichen der Zunge beim Herausstrecken nach rechts und verwaschene Sprache). Also Läsion des N. accessorius und des N. hypoglossus rechts. b. Schädigung an der Schädelbasis im Bereich des (rechten) Canalis n. hypoglossi im Foramen magnum, da hier auch direkt die Radix spinalis des N. accessorius vorbeizieht. c. Streng genommen nein, da N. accessorius und N. hypoglossus rein motorische Nerven sind (eine Untersuchung der Sensibilität ist natürlich dennoch stets angebracht, auch um die Lä-
terna.
sion zusätzlicher Nerven auszuschließen).
14.2.1.13
Lösungen zu Fall 13
a. N. fibularis (dorsolateral, relativ oberflächlich), N. tibialis
14.2.2.2
Lösungen zu Fall 2
(dorsal, relativ tief), N. saphenus aus dem N. femoralis (medi-
a. N. mandibularis (V3) aus N. trigeminus (V).
al, oberflächlich, rein sensibler Hautnerv).
b. Kieferschließer werden alle vom N. mandibularis innerviert (M. masseter, M. temporalis, M. pterygoideus medialis, ge-
b. N. tibialis. Dadurch gestörte motorische Innervation der gesamten dorsalen Unterschenkelmuskulatur (also auch aller
Flexoren, die ja den Zehenspitzengang ermöglichen) und aller plantaren Fußmuskeln (Flexoren, dadurch keine kraftvolle
Beugung der Zehengelenke möglich). Durch den Ausfall der
ringfügig trägt auch M. pterygoideus lateralis zum Kieferschluss bei). Mundöffnung kaum erschwert, weil die Schwerkraft den Unterkiefer von alleine nach unten zieht und so die einseitige Versorgung der Kieferöffnung nicht so stark ins Gewicht fällt.
14.2 c. Neben dem in > Abb. 2.22b, 3 sichtbaren Areal des Gesichts
versorgt V3 auch sensibel an der Sprachbildung beteiligte Organe wie Lippen, Zunge, Wangen. Dies ist für die normale Sprachbildung unbedingt nötig, weshalb es hier zur undeutlichen Sprache kommt (achten Sie beim nächsten Zahnarztbesuch mit Lokalanästhesie selbst darauf, wie man um deutliche Sprache ringen muss, wenn aufgrund einer Lokalanästhesie lediglich z. B. die Lippen auf einer Seite taub sind). Erschwerend kommt in diesem Fall eine gewisse Insuffizienz der Kieferschließer hinzu. d. Zu prüfen wären die anderen Anteile des N. trigeminus (z. B. Test der Berührungsempfindlichkeit in den Sensibilitätsarealen des N. ophthalmicus [V1] oder N. mazxillaris [V2]).
e. Am ehesten in der Fossa infratemporalis, da hier noch alle Anteile von V3 zusammenliegen, im weiteren Verlauf trennt sich V3 in weitere Äste auf, die distant voneinander verlaufen.
14.2.2.3
Lösungen zu Fall 3
a. Durch den vermuteten Tumor Schädigung des N. vestibulocochlearis (Hörminderung) und des N. facialis (Schwierigkeiten, die Lippen zu schließen, Mundtrockenheit durch Gll.-
Lösungen
369
sem pathologischen Fall entweicht jedoch beim Sprechen gleichzeitig Luft aus der Nase, sodass die näselnde Aussprache entsteht. Sensibilitäts- und Geschmacksstörung: Das angegebene Areal entspricht dem allgemein-somatosensiblen und speziell-viszerosensiblen (= gustatorischen) Innervationsbereich
des N. glossopharyngeus. . Austritt des Nervs durch das Foramen jugulare zusammen mit V. jugularis, N. vagus (X) und N. accessorius (XI). Da diese beiden Nerven (X und XI) offensichtlich keine Ausfälle zei-
gen, ist eine Schädigung in diesem Bereich sehr unwahrscheinlich. Sie findet sich eher im oberen Bereich des Halses.
. Zuleitung der vegetativen Afferenzen aus dem Glomus caroticum und Sinus caroticus (Chemo- und Pressorezeptoren)
zum Gehirn. Kann hier vom N. glossopharyngeus der Gegenseite übernommen werden.
14.2.2.5
Lösungen zu Fall 5
a. Patient gibt eine Schädigung des N, olfactorius (I) vor, wie sie tatsächlich im Rahmen von Schädelbasisbrüchen vorkommen kann. Dann aber müsste er schleimhautreizende Stoffe
sublingualis- und -submandibularis-Ausfall sowie trockenes
wie Ammoniak noch wahrnehmen können, da diese über den
Auge durch Ausfall des Lidschlusses und der Tränensekre-
N. trigeminus (V2) wahrgenommen werden (Schmerzreiz, nicht olfaktorischer Reiz). Außerdem dürfte ihm dann das Es-
tion). . Im Bereich des rechten Porus oder Meatus acusticus inter-
nus (sog. Akustikusneurinom, relativ häufiger, gutartiger Tumor, der von den Schwann-Zellen des VIIL Hirnnervs ausgeht, klinisches Beispiel in > Abb. 2.30).
. Diese treten fast nur bei plötzlichem Ausfall eines Vestibularorgans bzw. des entsprechenden Nervs auf. Bei langsam progredientem, einseitigem Vestibularisausfall (z. B. bei langsamem Wachstum eines gutartigen Tumors über Monate oder Jahre) kann die Funktion des ausgefallenen Vestibular-
organs meist voll von dem der kontralateralen Seite kompensiert werden. d. Ausfall des vom N. facialis innervierten M. stapedius, der die Schallweiterleitung im Mittelohr herabsetzt.
sen nicht mehr schmecken, da die aromatischen Geschmacksqualitäten der Speisen (also alles, was nicht süß, sauer, salzig,
umami oder bitter ist) über die Riechschleimhaut wahrgenommen werden. . Läge tatsächlich eine Riechnervläsion vor, wäre die Schädi-
gung an der Schädelbasis im Bereich der Lamina cribrosa (vordere Schädelgrube, Durchtrittsort der Fila olfactoria) an-
zunehmen. Natürlich könnte auch —- theoretisch - der N. maxillaris mitbetroffen sein, was die fehlende Ammoniakwahr-
nehmung erklären würde. Dann wäre eine größere Schädelbasisläsion anzunehmen, die von der Lamina cribrosa bis zum
Foramen rotundum (Durchtrittsstelle des N. maxillaris)
reicht. Auch dann allerdings dürften ihm die gut gewürzten Gerichte seiner Frau nicht mehr schmecken.
14.2.2.4 Lösungen zu Fall 4 a. N. glossopharyngeus rechts. Symptome: Schluckbeschwerden: Beim Schlucken Abschluss des Nasovom Oropharynx nicht mehr möglich, da der N. glossopharyngeus erheblich an der Innervation der entsprechenden Muskeln beteiligt ist (Plexus pharyngeus). So kann Flüssigkeit beim Schlucken nicht nur in den Ösophagus, sondern auch in
die Nase gelangen. Kein Flüssigkeitseintritt in die Trachea, weil der Verschluss des Kehlkopfeingangs durch den N. glossopharyngeus nicht beeinflusst wird (Kehlkopfmuskeln, suprahyale Muskulatur). Näselnde Aussprache: Bei Aussprache der meisten Vokale wird wie beim Schlucken der Weg vom Oro- zum Nasopharynx abgeschlossen, sodass die Luft nur zum Mund entweichen kann, wo die Sprachbildung ja auch stattfindet. In die-
. Überprüfen der Sensibilität im Gesichtsbereich des N. ophthalmicus und N. mazxillaris ( > Abb. 2.22b, 2) und der Na-
senschleimhaut.
14.2.2.6
Lösungen zu Fall 6
a. N. vagus rechts. b. Vermutlich im mittleren bis oberen Halsbereich (an einer
Stelle, wo die Rr. cardiaci und der N. laryngeus recurrens noch nicht abgegangen sind). . Schluckbeschwerden: Der Plexus pharyngeus wird etwa zur Hälfte vom N. vagus mitgebildet, der damit an der motorischen Innervation des Pharynx entscheidenden Anteil hat,
d.h. für den regelrechten Ablauf des Schluckvorgangs unentbehrlich ist (betrifft vor allem Schlundschnürer und Gaumen-
segelheber).
370
14 Praktische Neuroanatomie: Fälle, Fragen und Lösungen Heiserkeit und Stimmbandabweichung nach rechts: Der Vagus versorgt alle Kehlkopfmuskeln, d.h. auch die Stimmritzenspanner (Mm. vocales) und die Muskeln, die die Stellknor-
tig geschädigt wurden (typisches klinisches Beispiel in > Abb. 2.37).
‚ Herabhängendes Augenlid: Liähmung des M. levator palpe-
pel bewegen. Bei einseitigem Ausfall dieser Muskeln kann die Stimmritze nicht mehr ganz geschlossen werden, es resultiert Heiserkeit. Uvulaabweichung nach links: Da der linke Gaumensegelhe-
brae superioris (N. oculomotorius).
ber noch intakt ist, wird die Uvula samt Gaumensegel nach
schen Fasern, die im N. oculomotorius verlaufen (s. c).
links oben gezogen. Tachykardie: Rechter Vagus versorgt parasympathisch den
Sensibilitätsausfälle: entsprechend dem Versorgungsgebiet
Sinusknoten des Herzens, wobei er senkend auf die Herzfre-
quenz wirkt. Bei Ausfall des Nervs entsprechend Frequenzsteigerung (Tachykardie) durch Überwiegen der sympathischen Impulse. d. Tachykardie (da Sinusknoten nur vom rechten Vagus versorgt wird, s. 0.). Linker Vagus innerviert nur den AV-Knoten (senkt AV-Überleitungsgeschwindigkeit).
Unbeweglichkeit des Auges: Lähmung aller Augenmuskeln (Nn. oculomotorius, trochlearis, abducens).
Pupille weit und lichtstarr: Lähmung der parasympathi-
des N. ophthalmicus ( > Abb. 2.22b, 1).
. Nahesehen (vor allem möglich durch Kontraktion des M. ciliaris: stärkere Linsenkrümmung, > Kap. 13.1.8) und Pupillenverengung sind nicht mehr möglich, da die entsprechenden parasympathischen Fasern mit dem N. oculomotorius (III) in die Orbita eintreten, um dann im Ganglion ciliare von
prä- auf postganglionär umgeschaltet zu werden. . Die Blutversorgung ist nicht eingeschränkt, weil die A. ophthalmica nicht durch die Fissura orbitalis superior, sondern
14.2.2.7
Lösungen zu Fall 7
N. oculomotorius (III). Symptomerklärung s. u. b. Einseitige Schädigung (links). Bei beidseitiger Augenmuskellähmung könnten die Doppelbilder nicht beim Blick nach eia.
ner Seite geringer werden.
. Lesen nur noch mit Brille möglich: Das rechte Auge der Patientin ist zum Lesen nicht mehr zu gebrauchen (Katarakt), sodass sie, wenn sie mit dem linken Auge nicht mehr akkom-
modieren kann (M.-ciliaris-Lähmung), jetzt zum Lesen eine
Brille tragen muss (fehlende Linsenkrümmung wird durch Vorschalten einer zusätzlichen Linse kompensiert). Blenden des Lichts: Lihmung des M. sphincter pupillae (vgl. Fall9 > Kap. 14.1.2.9).
Doppelbilder: Beim linken Auge überwiegt wegen des Ausfalls von N. III der Muskeltonus der von N. IV und N. VI versorgten Mm. obliquus superior und rectus lateralis. Dadurch resultiert eine Blickabweichung nach außen unten ( > klinischer Hinweis in Kap. 2.3.3 und >- Abb. 2.20d). So stimmen die Sehachsen beider Augen nicht mehr überein, es resultie-
mit dem N. opticus durch den Canalis opticus zieht. Selbst ein Verschluss der A. ophthalmica an der Schädelbasis (wenn dieser langsam erfolgt, z. B. Kompression durch einen Tumor) muss nicht unbedingt zu einer Minderversorgung (Ischämie) des Auges führen, da die A, ophthalmica über die A. supratrochlearis mit der A. angularis (aus der A. facialis) anasto-
mosiert, sodass die Blutversorgung des Auges großenteils gesichert ist. . Tränendrüse erhält ihre sekretorische Innervation über Fa-
sern vom parasympathischen Ggl. pterygopalatinum (die mit dem N. zygomaticus durch die Fissura orbitalis inferior in die Orbita eintreten und sich erst unmittelbar vor der Tränendrüse dem N. lacrimalis anschließen). . Schläfe wird sensibel nicht von V1, sondern vom N. auricu-
lotemporalis (aus V3) versorgt.
14.2.2.9
Lösungen zu Fall 9
a. Es liegt eine eitrige Entzündung und dadurch reaktiv IThrombusbildung im Sinus cavernosus vor (sog. septische Sinus-ca-
ren Doppelbilder, die beim Blick nach rechts stärker werden (da beim linken Auge der M. rectus medialis nicht mehr funktioniert und so die Sehachsenabweichung stärker wird). Beim Blick nach links lassen die Doppelbilder nach, da hierbei am
vernosus-Thrombose). Beim versuchten Ausdrücken der
betroffenen linken Auge der M. rectus lateralis in Aktion tritt,
thalmica superior mit dem Sinus cavernosus in Verbindung steht. Die Erreger gelangen so in den Sinus, wo sie sich aufgrund des geringen Blutflusses gut vermehren können. Dar-
der ja nicht gelähmt ist (Innervation: N. VI).
.N. II tritt durch die Fissura orbitalis superior aus der mittleren Schädelgrube in die Orbita ein.
Pustel wurden Eitererreger in die venöse Blutbahn gepresst, die gerade im Nasenbereich Anschluss an die V. angularis hat, welche wiederum über die Anastomose mit der V. oph-
aus resultieren auch die Kopfschmerzen, da der Sinus caver-
Ja, für parasympathische Innervation des M. sphincter pupil-
nosus ganz von Dura begrenzt ist und eine Entzündung des Sinus gleichzeitig eine lokale Entzündung der schmerzemp-
lae und M. ciliaris (Verschaltung im Ganglion ciliare).
findlichen Dura bedeutet ( > Kap. 11.4.3).
. Rein motorischer (viszero- und somatomotorischer) Nerv.
b. N. abducens, der als einziger Hirnnerv mitten durch den Si14.2.2.8 a.
Lösungen zu Fall 8
Tumor hatte im Bereich der Keilbeinflügel auf die Fissura orbitalis superior bzw. die dort durchziehenden Nerven (III, IV, V1 und VI) gedrückt, die dann bei der Operation endgül-
nus verläuft.
c. Rein motorischer Nerv (M. rectus lateralis am Auge). Sie
müssen bei einer neurologischen Untersuchung dennoch aus Prinzip immer auch nach sensiblen Ausfällen fahnden!
14.2 d. Da die Doppelbilder (Prinzip der Genese von Doppelbildern s.
Lösungen
371
d. Am ventralen Oberschenkelbereich (etwa Segmente L2-L4)
Kommentar zu Frage „c“ bei Fall 7 > Kap. 14.2.2.7) beim
schlaffe Parese, weil dort der Tumor direkt in die Vorderhör-
Blick zu beiden Seiten jeweils stärker werden, ist zu folgern,
ner einwächst bzw. diese komprimiert; dadurch Schädigung des nach peripher projizierenden Neurons, deshalb auch kei-
dass beide Nn. abducentes betroffen sind. e. N. oculomotorius (11I), N. trochlearis (IV), N. ophthalmicus (V1) und N. maxillaris (V2), da sie alle (von Dura bedeckt) in der Wand des Sinus cavernosus verlaufen ( > Abb. 11.23).
Die eitrige Entzündung greift sehr bald auch die Wandstrukturen des Sinus an.
ne Reflexe mehr. Kaudal davon (L4-82, hauptsächlicher Ver-
sorgungsbereich des restlichen Beins) sind die Vorderhörner (= Motoneurone) noch intakt, aber von der Afferenz der ab-
steigenden Bahnen abgeschnitten, sodass sich eine Spastik mit gesteigerten Reflexen (Letztere oben nicht erwähnt) entwickeln kann ( > $. 100 f.).
14.2.3
Rückenmark 14.2.4
14.2.3.1
Gehirn
Lösungen zu Fall 1 14.2.4.1
a. Halbseitenläsion des Rückenmarks ( > $. 101). b. Rechts.
c. Dissoziierte Empfindungsstörung. d. Bei Halbseitenläsion des Rückenmarks von rechts sind betrof-
Lösungen zu Fall 1
a. Frau G. hat zunächst eine homonyme Hemianopsie nach rechts, was für eine Schädigung des visuellen Systems hinter dem Chiasma opticum spricht (Tractus opticus, Corpus geni-
fen ( > Kap. 3.5.1, > Kap. 3.5.5 sowie > Abb. 3.13 und
culatum laterale, Sehstrahlung oder Sehrinde, >- Abb. 9.32).
> Tab. 3.2):
Da die Anopsie sich später auch auf die Gegenseite ausdehnt,
Pyramidenbahn (Tractus corticospinalis lateralis) - Verlauf
d.h. die visuellen Systeme beider Hirnhälften betroffen sind,
im Seitenstrang, Kreuzung in der Medulla oblongata.
liegt wahrscheinlich eine Schädigung der Sehrinde und nicht
Extrapyramidale Bahnen (vor allem Tractus rubrospinalis, vestibulospinalis und reticulospinalis) - Verlauf im Vorder-
beider Sehstrahlungen oder beider Thalami vor, da die
und Seitenstrang, Kreuzung (falls vorhanden) im Hirnstamm.
bar nebeneinander liegen (ein Tumor von 3cm Größe kann
Hinterstrangbahn (Fasciculus gracilis) - Kreuzung erst im
also durchaus beide Sehrinden komprimieren/infiltrieren).
Hirnstamm (deshalb Ausfall der fein differenzierten Berüh-
b. Teile der Sehbahn vor der Area 17 (Sehrinde) sind höchst-
rungsempfindung am rechten Bein). Sensible Vorderseitenstrangbahnen (Tractus spinothalamicus anterior und lateralis) - Kreuzung auf segmentaler Ebene (deshalb Schmerz- und Temperaturempfindungslosigkeit am linken Bein trotz rechtsseitiger Schädigung). Nicht in der S$ymptomatik erwähnt: Tractus spinocerebellaris anterior und posterior (Verlauf im Seitenstrang, fallen
symptomatisch bei Halbseitenläsion des Rückenmarks meist nicht auf, weil sie die propriozeptive Information der ipsilateralen Körperhälfte weiterleiten, die ja ohnehin gelähmt ist). . Wenn das Bein mit Ausnahme von geringgradig erhaltener Hüftbeugung (möglicherweise durch Fasern aus L1) nicht mehr bewegbar ist, muss die Läsion etwa in Rückenmarkshö-
he L2 liegen. . Wirbelkanalhöhe Th9-10 (beachte unterschiedlliche Höhe von Wirbelsäulen- und Rückenmarksegmenten,
14.2.3.2
> Abb. 3.2).
Lösungen zu Fall 2
a. Merke: spastische Lähmung = zentrale Läsion, schlaffe Lähmung = periphere Läsion ( >- 5$. 100). b. Von ventral (klinisches Beispiel in > Abb. 3.14b).
c. Motorische Bahnen (Tractus corticospinalis lateralis und extrapyramidale Bahnen) und Vorderseitenstrangbahnen (Tractus spinothalamicus anterior und lateralis: Schmerz- und Temperaturempfindung); noch nicht betroffen: Hinterstrangbahn ( > Abb. 3.13).
Sehrinden beider Seiten im Interhemisphärenspalt unmittel-
wahrscheinlich völlig intakt. Insbesondere Nervus und Tractus opticus können nicht lädiert sein (s. Kommentar zu c). Zum Schema siehe > Abb. 9,32. Siehe auch klinisches Bei-
spiel in > Abb. 9.35. . Lichtreflex (Pupillenreflex) wird nicht über die Sehrinde verschaltet (anders als der Akkommodationsreflex). Die Fasern aus der Retina, die für den Pupillenreflex zuständig sind, ver-
laufen im Tractus opticus und ziehen kurz vor dem Thalamus über die oberen Bindearme zur prätektalen Region; von dort Verschaltung zum Ncl. accessorius n. oculomotorii (jeweils doppelseitig); von dort parasympathische Fasern zum M. sphincter pupillae (zur genauen Verschaltung des Lichtbzw. Pupillenreflexes > Kap. 13.1.11). d. Durch weiteres Tumorwachstum auch Schädigung der sekundären Sehrinde.
e. Lokalisation: Grenzt an primäre Sehrinde direkt an ( >- Abb. 9.34). Aufgabe: Interpretation, erkennendes Zuordnen der in der primären Sehrinde wahrgenommenen visuellen Impulse (> Kap. 9.8.3).
f. A. cerebri posterior. 14.2.4.2
Lösungen zu Fall 2
a. Schädigung (z. B. Blutung oder Tumor) im Bereich ventral des rechten Ncl. n. abducentis im Pons, sodass die ventral aus dem Kern austretenden Abduzens-Motoneurone ebenso wie die um den Abduzenskern herumziehenden efferenten
372
14 Praktische Neuroanatomie: Fälle, Fragen und Lösungen Fasern des Ncl. n. facialis, also VI. und VII. Hirnnerv, geschä-
digt werden (vgl. > Abb. 5.10, 10-12). So entstehen Doppelbilder, die beim Blick nach links schwächer werden, weil dann der M. rectus lateralis der betroffenen Seite nicht in Aktion
tritt, sowie eine periphere Fazialisparese. b. Inneres Fazialisknie. c. Ncl. n. facialis (speziell-viszeromotorisch), Ncll. tractus solita-
e. Extrapyramidale Zentren (vor allem Formatio reticularis, Ncl. ruber, Nell. vestibulares), die vor allem vom prämotori-
schen Kortex aus (und dabei z. T. bilateral) angesteuert werden ( > Kap. 9.6.2).
f. A. cerebri anterior (versorgt mit ihren Endästen den Gyrus precentralis an der Medialseite und Mantelkante der Hemisphäre).
rii (speziell-viszerosensibel, Geschmack), Ncl. salivatorius su-
perior (allgemein-viszeromotorisch, parasympathisch). d. Solange die Läsion auf die den VI. Hirnnerv bildenden efferenten Fasern des Ncl. n. abducentis beschränkt bleibt, sind keine weitern Ausfälle vorhanden, weil sie nur diesen einen
Muskel versorgen. Greift die Schädigung hingegen auf den Ncel. n. abducentis über, muss auch mit einer Schwäche des M.
rectus medialis des kontralateralen Auges gerechnet werden, weil seine im Ncl. n. oculomotorii liegenden Motoneurone bei jeder horizontalen Augenbewegung vom Ncl. n. abducentis aus mitaktiviert werden. ( > Abb. 6.7b, > S$. 145 und > Kap. 5.2.6, > $. 145).
14.2.4.3
Lösungen zu Fall 3
a. Im Interhemisphärenspalt in Höhe des Gyrus precentralis (Beinregion), klinisches Beispiel in > Abb. 9.23.
b. Da der Tumor sich im Bereich des Interhemisphärenspalts befindet, ist anzunehmen, dass er auch auf die direkt angrenzende kontralaterale Hemisphäre drückt, wo die gleiche funktio-
nelle Region für die kontralaterale Körperhälfte lokalisiert ist. . Nein, da die in b) geschilderte Situation nur für die Bein-/ Fußregion der motorischen Hirnrinde zutrifft ( > Abb. 9.21,
1). Ein solcher symmetrischer Ausfall beider Arme könnte von einer Läsion ausgehen, die zwischen den beiden Hirnschenkeln (Crura cerebri, Mittelhirn) sitzt, sodass die korti-
14.2.4.4
Lösungen zu Fall 4
a. Es handelt sich vor allem um pontozerebelläre Symptome mit leichter spinozerebellärer (unsicherer Gang) und vestibulozerebellärer (Nystagmus) Beteiligung ( > Kap. 7.5).
Schädigung grundsätzlich im Kleinhirn selbst oder in den zubzw. wegführenden Leitungsbahnen (Kleinhirnschenkel) denkbar. . Bei diesem Fall am wahrscheinlichsten an den Leitungsbahnen, da sich die Multiple Sklerose über die Oligodendrozytenzerstörung (Markscheidenbildner) nur an den Leitungsbahnen manifestiert.
. In der Reihenfolge der Beschreibung: (Blickrichtungs-)Nystagmus, skandierende Sprache (Dysarthrie), leichte Gangataxie, Gliedmaßenataxie mit Intentionstremor und Hy-
permetrie. Dies sind Begriffe, die in Prüfungen oft abgefragt werden, dazu gehört auch die Dysdiadochokinese ( > Kap.
7.5). . Rechts. Eine Kleinhirnhälfte steuert die Motorik der ipsilateralen Körperhälfte (da sowohl die zuführenden Bahnen zum Kleinhirn als auch die absteigenden Bahnen derjenigen Zentren kreuzen, die vom Kleinhirn aus gesteuert werden = dop-
pelte Kreuzung). . N. opticus ist wie die Retina ein Teil des Gehirns (wächst embryonal aus dem Vorderhirnbläschen heraus), d.h., die hier
kospinalen Bahnen zum Zervikalmark beider Seiten beein-
ummarkten Fasern werden von Oligodendrozyten und nicht
trächtigt sind, da sie von allen kortikospinalen Bahnen am
von Schwann-Zellen umhüllt.
weitesten medial liegen ( > Abb. 6.9), wobei dann auch
Hirnnervenausfälle (kortikonukleäre Fasern liegen noch weiter medial, außerdem tritt N. ocolumotorius zwischen den
beiden Hirnschenkeln aus dem Gehirn aus) zu diagnostizieren wären. Die Frage lautete aber: „... in der gleichen funktio-
nellen Region ...“ d. Verlauf der Pyramidenbahn: Entspringt zu einem erheblichen Teil vom motorischen Kortex, zieht durch die Capsula interna, die Hirnschenkel (Crura cerebri), durch den ventra-
len Pons und die ventrale Medulla oblongata. Dort Kreuzung zu etwa 80 % auf die Gegenseite und weiterer Verlauf als Tractus corticospinalis lateralis im Seitenstrang des Rückenmarks. Verlauf der ungekreuzten Fasern (ca. 20 %) als Tractus corticospinalis anterior im Vorderstrang des Rückenmarks, dieser
endet bereits im Zervikalmark und kreuzt auf segmentaler Ebene.
Funktion der Pyramidenbahn: vor allem (aber nicht ausschließlich) Steuerung der distalen Extremitätenmuskulatur (Feinmotorik), zu diesem wichtigen Thema > Kap. 3.5.4 und >
Kap. 9.6.1 mit > Abb. 9.21.
14.2.4.5
Lösungen zu Fall 5
a. Ja. Adalbert hat übersehen, dass der Patient die ganze Stirn runzeln und beide Augen schließen kann, sodass keine peri-
phere, sondern eine zentrale Fazialisparese vorliegt. . Der Stirn-/Augenanteil des Ncl. n. facialis im Pons wird von beiden Großhirnhälften, der Restanteil des Kerns aber nur
von der kontralateralen Großhirnhälfte versorgt. Daraus resultiert bei einseitiger Schädigung der entsprechenden kortikonukleären Fasern ein einseitiger Funktionsausfall der mimischen Muskulatur mit Ausnahme der Stirn- und LidschlieBßermuskeln. Zum Schema siehe > Abb. 6.10.
. Tränenflussmessung (mit speziellem Filterpapier, das man unter die Augenlider klemmt, sog. Schirmer-Test) ist dann sinnvoll, wenn man den Ort einer peripheren Fazialisläsion genauer bestimmen will (also hier: Läsion vor oder nach dem Abgang des N. petrosus major). d. Abgang des N. petrosus major vom N. facialis in Höhe des äußeren Fazialisknies ( > Abb. 2.27, 10), dieser zieht nach oben
14.2
Lösungen
373
zur Schädelbasis (Hiatus canalis n. petrosi majoris), läuft ein
der rechten Hemisphäre im Fußbereich des Gyrus postcen-
Stück weit auf dieser entlang nach medioventral, tritt dann
tralis (mediale Hemisphärenseite), unmittelbar danach Ein-
durch das Foramen lacerum wieder aus und endet im Ganglion pterygopalatinum (in der Fossa pterygopalatina). Dort Verschaltung auf 2. parasympathisches Neuron, dessen Axone im N. zygomaticus durch die Fissura orbitalis inferior in
tritt in den Gyrus postcentralis der linken Hemisphäre von
die Orbita eintreten, über den R. communicans zum N. lacrimalis ziehen und mit diesem bis zur Tränendrüse verlaufen (> Abb. 2.28).
medial im Fußbereich und Austritt aus demselben im Oberschenkelbereich (nehmen Sie ein Lineal und versuchen Sie,
die Schusslinie z.B. an > Abb. 9.27, 9 nachzuvollziehen). b. Siehe unter a). Keine Ausfälle der Zungensensibilität, weil
diese außerhalb des Gesichtsbereichs eine gesonderte Repräsentation in der somatosensiblen Rinde hat (Seh-, Hör-, Ge-
schmacks- und Geruchsempfindung haben ohnehin geson14.2.4.6
Lösungen zu Fall 6
Es handelt sich um eine motorische Aphasie. b. Schädigung des motorischen Sprachzentrums (insbesondere a.
derte Rindenfelder).
. Entsprechende Läsion des Gyrus precentralis (motorische Ausfälle). Aufgrund der ähnlichen (aber nicht identischen!)
Somatotopik von Gyrus pre- und postcentralis hätten wohl
die Broca-Region) im Gyrus frontalis inferior ( > Abb. 9.24,
motorische Ausfälle des Gesichts (zentrale Fazialislähmung)
> $. 226). Wenn Monsieur L. Rechtshänder ist, wäre die
sowie schlaffe Lihmungen im Bein und Fußbereich beidseits
Schädigung links zu lokalisieren. Eine Durchblutungsstö-
resultiert, evtl. auch Lähmungen der linken Rumpfmuskula-
rung ist deshalb wahrscheinlicher als z. B. ein Tumor, weil
tur (>- Abb. 9.21, 1).
sich die Symptomatik relativ rasch über Stunden entwickelt hat (bei Tumor meist über viele Tage bis Wochen). Hinzu kommt Jacques Ls hohes Alter, das ebenfalls eine zerebrale
Durchblutungsstörung etwas wahrscheinlicher macht. . Nein, weil das motorische Sprachzentrum nur auf einer (der
Lösungen zu Fall 8
a. Tumor befindet sich im ventralen Mittelhirnabschnitt links. b. Tumor wächst ausgehend vom Bereich der Substantia nigra
dominanten) Hemisphäre ausgebildet ist (beim Rechtshänder
(Hemiparkinson-Syndrom,
links, beim Linkshänder entweder rechts oder links), käme es
auf die ventral und dorsal davon liegenden Strukturen: korti-
bei einer Läsion auf der Gegenseite nicht zu den gleichen
kospinale und kortikonukleäre Bahnen (Lähmung), kortikopontine Bahn (Ataxie, > S$. 170£.), Ncl. ruber (s. Kom-
Symptomen.
> 5S. 140), später übergreifend
‚ „Formung“ der Sprachimpulse in Hinsicht auf ihren Wortlaut und Satzbau, nicht direkte Aktivierung der sprachassoziierten
mentar zu e), efferente Fasern des Ncl. n. oculomotorius (= Anfangsteil des III. Hirnnervs - Doppelbilder, > S. 119),
Muskelgruppen ( > Kap. 9.6.4). . Ausgehend vom Rechtshänder (beim Linkshänder können die Seitenverhältnisse umgekehrt sein): Wernicke-Sprachzen-
Lemniscus medialis (Sensibilitätsstörung, > S. 149). Vgl. zum besseren topographischen Verständnis der betroffenen
trum (sensorisches Sprachzentrum) findet sich nur links,
rechts stattdessen in der sekundären Hörrinde mehr die Ver-
Areale > Abb. 6.1.
. Ataxie = Störung in der Koordination einzelner Muskelgruppen bei Bewegungsabläufen. Sie weist auf eine Funktionsstö-
arbeitung emotionaler und „musischer“ Parameter, was
rung des Kleinhirns hin, in diesem Fall, weil die kortikoponti-
auch für andere sekundäre Rindenfelder gilt (links mehr ana-
nen Bahnen z. T. geschädigt wurden. Sie tritt rechts auf, weil
lytisch-rational, rechts mehr non-verbal/räumlich/musisch/
die betroffenen Bahnen an den ipsilateralen (also linken)
emotional). Gyrus angularis als für Lesen und Schreiben unentbehrliches Zentrum ist nur links als solches ausgebildet. Räumliches Vorstellungsvermögen entsteht in den parietalen Rindenfeldern vor allem der rechten Hemisphäre.
Brückenkernen enden, deren Efferenzen wiederum in die
Sensorisches Sprachzentrum (Wernicke), motorisches
Sprachzentrum (insbesondere Broca-Region), Basalganglien, Kleinhirn, Thalamus, motorische Rinde, Hirnnervenkerne
und die jeweiligen Verbindungsbahnen ( > Abb. 9.41a und > Kap. 9.9.4). Je nach betroffener Struktur resultieren bei eiB
14.2.4.8
ner Schädigung unterschiedliche Formen der Sprachstörung. Sprachverständnis ist noch möglich (befolgt Aufforderungen
sofort und korrekt). h. A. cerebri media ( > Abb. 11.7a, 2).
kontralaterale (also rechte) Kleinhirnhälfte ziehen. Diese be-
einflusst die Motorik der rechten Körperhälfte (Kommentar zu Fall 4; Frage d > Kap. 14.2.4.4). d. Weil die im Lemniscus medialis laufenden Bahnen in Höhe
der Medulla oblongata auf die Gegenseite kreuzen, also in Höhe der Schädigung Information der kontralateralen Körperhälfte führen. . Kortikospinale und rubrospinale Bahnen (z. T. auch retikulospinale Bahn) wirken im Rückenmark z. T. antagonistisch und ausgleichend auf die von der vestibulospinalen Bahn ausgehende starke Aktivierung der Extensorenmotoneurone. Fallen diese Bahnen aus (s. unter b), kann es durch „Enthem-
mung“ der vestibulospinalen Bahn zum sog. Extensorenspas14.2.4.7 a.
Lösungen zu Fall 7
Eintritt in der Gesichtsregion des rechten Gyrus postcentralis, dann gerade Schussbahn nach kranio-medial, Austritt aus
mus kommen ( > $. 124).
. Komprimierung des bereits physiologischerweise engen Aquädukts, dadurch Liquorrückstau in den Seitenventrikeln und im III. Ventrikel.
374
14 Praktische Neuroanatomie: Fälle, Fragen und Lösungen
g. Liquorproduktion in den Plexus choroidei aller vier Ventrikel. Kommunikation des Ventrikelsystems (innerer Liquor-
c. Es handelt sich um einen Tumor, der wie die Ursprungszellen, aus denen er sich herleitet, Prolaktin bildet (sog. Prolak-
raum) mit dem Subarachnoidalraum (äußerer Liquorraum)
tinom, häufigste Art des hormonaktiven Hypophysenade-
im IV. Ventrikel (über die Aperturae laterales, Apertura mediana). Liquorresorption überwiegend über die Granulatio-
noms).
. Durch den Canalis opticus.
nes arachnoideae (Pacchioni-Granulationen) in die duralen
, Weil an keiner anderen Stelle der Sehbahn die Fasern der
venösen Sinus, z. T. auch an den Spinalnervenaustrittspunkten Resorption über Lymphgefäßplexus. h. (Hemi-)Parkinson-Syndrom. Resultierend aus einem Funk-
tionsausfall der Substantia nigra. Besonders schwer wirkt sich der Ausfall der nigrostriatalen Projektion aus. Die drei klassischen Symptome sind: (Ruhe-)Tremor, Rigor und Akinese ( > Kap. 6.3.2). i. Sehen, Riechen und Hören werden nicht im Lemniscus medialis, sondern in gesonderten Fasertrakten dem Thalamus (und
anschließend dem Großhirn) zugeleitet. Seh- und Riechbahn
rechten und linken nasalen Netzhauthälften so nahe beieinander liegen, dass sie gemeinsam geschädigt werden könnten, ohne dass weitere Strukturen der Sehbahn beteiligt wären. Und nur eine solche Schädigung verursacht die beschriebene bitemporale Hemianopsie ( > Abb. 9.32, klinisches Beispiel
> Abb. 8.9). 14.2.4.11
Lösungen zu Fall 11
a. Schädigung des Spino- und wahrscheinlich auch des Vestibu-
verlaufen nicht durch das Mittelhirn, die Hörbahn verläuft
locerebellums, also der medialen Kleinhirnanteile (Wurm
mit dem Lemniscus lateralis bzw. den Colliculi inferiores so
und Lobus flocculonodularis). Das Kleinhirn gliedert sich in
weit dorsal (und außerdem bilateral) im Mittelhirn, dass sie
Vestibulo-, Spino- und Pontocerebellum ( > Kap. 7.1). Auf-
durch den Tumor nicht tangiert wird.
gaben der medialen Kleinhirnanteile: Steuerung und Modulation der stützmotorischen Anteile von Haltung und Bewegung, Steuerung der Blickmotorik mit Stabilisierung des Bli-
N 14249
Lösengen zu FaR 9
ckes auf ein Blickziel (deswegen bei Schädigung des Vestibu-
a. Wenn Herr M. Rechtshänder ist, links, wenn er Linkshänder ist, möglicherweise auch rechts im Gyrus temporalis superior: sekundäre Hörrinde (sensorisches Sprachzentrum, Wernicke-Zentrum). Das Syndrom heißt sensorische Aphasie. b. Motorische Aphasie. Schädigung in der gleichen (also domi-
locerebellums Nystagmus, der in der S$ymptombeschreibung nicht erwähnt ist). Zur Funktion der einzelnen Kleinhirnanteile siehe > Kap. 7.4. b. Wichtigste Afferenzen und Efferenzen des Vestibulocerebellums im unteren Kleinhirnstiel, wichtigste Afferenzen des Spinocerebellums im unteren (vor allem Tractus spinocere-
nanten) Hemisphäre im Gyrus frontalis inferior, motorisches
bellaris posterior, aber auch Teile des Tractus olivocerebella-
Sprachzentrum (v. a. Broca-Zentrum). Hierbei weniger psy-
ris) sowie im oberen Kleinhirnstiel (Tractus spinocerebella-
chische Angegriffenheit, weil der Patient seine Umgebung
ris anterior). Efferenzen des Spinocerebellums nur im oberen
und vor allem sich selbst noch versteht. Bei sensorischer
Kleinhirnstiel ( > Kap. 7.3).
Aphasie hingegen mehr oder minder ausgeprägte Isolation von der Umgebung und den eigenen Gedanken (sofern diese verbalen Charakter haben).
c. Siehe Antwort f) bei Fall 6 > Kap. 14.2.4.6. d. Wichtigste Afferenzen von primärer Hörrinde und Gyrus angularis, wichtigste Efferenzen zum motorischen Sprachzentrum im Gyrus frontalis inferior ( >- Kap. 9.9.3). e. A. cerebri media, ganz besonders die Äste, die den oberen
c. Funktion des Pontocerebellums ist unbeeinträchtigt, also kein Intentionstremor, keine Gliedmaßenataxie, skandierte Sprache, Dysmetrie, Dysdiadochokinese ( > Kap. 7.5).
d. Schädigung der Hinterwurzel oder der Hinterstränge des Rückenmarks („sensible Ataxie“), weiterhin auch Schädigung
des Vestibularorgans, des Vestibularisnervs oder der Vestibulariskerne. Auf motorischer Ebene (Teil-)Läsion z. B. der
Pyramidenbahn, aber auch extrapyramidaler Bahnen.
und hinteren Anteil des Temporallappens versorgen ( > Abb. 11.7, 2und > Abb. 11.12). Siehe auch klinisches Beispiel in > Abb. 9.39.
14.2.4.12
Lösungen zu Fall 12
a. Hypophysentumor (sog. Hypophysenadenom).
a. Capsula interna links: Knie (Genu) und angrenzender Teil des hinteren Schenkels (Crus posterius), ( > Abb. 9.43c). b. Aa. centrales anterolaterales (Aa. lenticulostriatae) aus der A. cerebri media ( > Abb. 11.11).
b. Der in der Sella turcica wachsende Tumor drückt von kaudal
C. Betroffen sind die kortikospinalen (Pyramidenbahn) und
14.2.4.10
Lösungen zu Fall 10
auf das Chiasma opticum (liegt direkt über der Hypophyse) und komprimiert dabei die medial liegenden, also die kreu-
die kortikonukleären Bahnen. Dabei fallen folgende motorische Hirnnerven in ihrer Funktion aus ( > Tab. 6.1): N. faci-
zenden Fasern, die die Impulse der medialen Netzhauthälften
alis (kontralateral und nur der Anteil, der die mimische Mus-
führen, d.h. die visuelle Information des lateralen (tempora-
kulatur unterhalb des Auges innerviert - zentrale Fazialispa-
len) Gesichtsfelds. Man nennt dieses Symptom bitemporale
rese, vgl. > Abb. 6.10), N. accessorius (ipsilateral Sterno-
Hemianopsie ( > Abb. 9.32, C).
cleidomastoideus-Anteil, kontralateral Trapezius-Anteil —
14.2 Kopfschiefhaltung und einseitiges Schulterzucken), N. hypoglossus (kontralateral - Zunge weicht zu einer Seite ab). Die
Augenmuskelnerven (N. abducens, N. trochlearis und N. oculomotorius) fallen indirekt aus, weil auch die kortikotegmen-
talen Fasern aus dem frontalen Augenfeld zur PPRF zerstört sind, was zu einer Bulbusabweichung beidseits in Richtung der Schädigung (hier links) führt („der Patient schaut seinen Herd an“, klinischer Hinweis > Kap. 6.3.4).
Keine Ausfallserscheinungen zeigen: N. trigeminus (motorischer Anteil - kein Abweichen des Unterkiefers beim Öffnen), N. facialis (Stirn- und Orbicularis-oculi-Anteil — Au-
genschluss möglich) und N. oculomotorius (Levator-palpebrae-Anteil - Augenöffnen möglich), da die jeweiligen kortikonukleären Bahnen gekreuzt und ungekreuzt verlaufen, die Versorgung also durch die absteigenden Bahnen der nicht geschädigten Hirnseite gewährleistet ist. d. Bei Schädigung des Crus posterius auch sensible Ausfälle auf der kontralateralen Seite möglich. Wenn aber nur der Anfangsteil des Crus posterius lädiert ist, können sensible Symptome auch weitgehend fehlen ( > Abb. 9.43b). Dann ist dif-
ferentialdiagnostisch auch an eine Schädigung der Hirnschenkel (Crura cerebri) zu denken.
. Schädigung der Pyramidenbahn (Parese vorwiegend der distalen Extremitätenmuskeln). Deshalb auch die Störung der Feinmotorik. Die proximalen Extremitätenmuskeln werden stärker von den extrapyramidalen Bahnen angesteuert. Die Bahnen vom Kortex zu den extrapyramidalen Zentren verlaufen z. T. bilateral und dabei auch partiell außerhalb der Capsula interna, sodass sie teilweise bei der Läsion verschont blie-
ben - „Massenbewegungen“ sind noch möglich. . Sind die pyramidalen Fasern alleine (und keine extrapyramidalen Bahnen) betroffen, kommt es zu einer schlaffen Parese
der distalen Extremitätenmuskeln. Das ist jedoch hier nicht zwingend anzunehmen, da auch kortikofugale Fasern zu den extrapyramidalen Zentren des Hirnstamms z. T. in der Capsula interna verlaufen. Ein weiterer Grund für die fehlende Spastik wäre, dass sich eine solche nach einer Läsion der ab-
steigenden motorischen Bahnen meistens erst nach Tagen bis Wochen und nicht sofort entwickelt.
Lösungen
375
c. 1.) Bewegungsimpuls (v. a. limbisches System); Ausfall: fehlender Bewegungsimpuls, Apathie. 2.) Bewegungsvorbereitung (v.a. frontaler Assoziationskortex); Ausfall: z. B. inkomplette oder auf ein falsches Ziel gerichtete Bewegungen. 3.) Bewegungskoordination (vor allem Kleinhirn und zuführende Systeme); Ausfall: Ataxie. 4.) Steuerung von Ausmaß, Richtung, Kraft und Geschwindigkeit der Bewegung (Basalganglien); Ausfall: Hyper- oder Hypokinesen. 5.) Bewegungsausführung (vor allem prämotorischer und motorischer Kortex, Pyramidenbahn, extrapyramidale Bahnen und Zentren);
Ausfall: Schwäche oder Lähmung (Parese oder Plegie). All diese Komponenten müssen bei der klinischen Untersuchung separat voneinander beurteilt werden. Dadurch kann man motorische Störungen differentialdiagnostisch oft schon recht genau bestimmten anatomischen Strukturen zuordnen, ins-
besondere wenn man dann noch die jeweils anatomisch unterschiedliche Verteilung von Subfunktionen prüft (z. B. Bewegungskoordination oder -auslösung der stammnahen Muskeln versus distale Extremitäten etc.). Die hier geschilderte Symptomatik ist eine Hyperkinese, also eine Störung der Basalganglien. Die anderen Komponenten sind nicht gestört: Der Patient hat keine Probleme der Bewegungsinitiation und -vorbereitung (es finden ja reichlich Bewegungen statt, nur eben unkontrolliert viele oder zu stark), er hat keine Koordi-
nationsstörungen (siehe fehlerfreier Finger-Nase-Versuch) und keine Schwäche oder Lähmungen. d. Substantia nigra (bei Schädigung: Hypokinesen, siehe Parkinsonsyndrom, > $. 139f. und > S$. 203). Ihr Transmitter Dopamin steuert im Striatum wesentlich die Anteile, die für
Bewegungshemmung verantwortlich sind. Eine Blockade der Dopaminwirkung (z. B. Wirkmechanismus bestimmter Psychopharmaka) kann Hypokinesen auslösen. Eine zu hohe Dosierung von Dopamin-verstärkenden Medikamenten, wie
man sie z. B. beim Parkinsonsyndrom einsetzt, kann Hyperkinesen zur Folge haben. 14.2.4.14
Lösungen zu Fall 14
a. Gyrus angularis auf der dominanten Hemisphärenseite, also in der Regel links ( > Kap. 9.7.5, klinischer Hinweis >- Kap. 9,9,3).
HAEA.15
Dnagen z a
9
a. Die Basalganglien (im funktionellen Sinn vor allem: Striatum [Ncl. caudatus und Putamen], Globus pallidus, Ncl. subthala-
micus, Substantia nigra). Am wahrscheinlichsten liegt hier eine Läsion/Degeneration des Striatums vor, aber auch Ncl.
subthalamicus-Läsionen oder Schädigungen der motorikhemmenden Anteile des Globus pallidus können im weitesten Sinne Hyperkinesen (s. u.) und damit ähnliche S$ymptome verursachen. b. Die beschriebene Symptomaftik ist eine Chorea. Sie gehört zur Gruppe der Hyperkinesen, Bewegungsstörungen, die sich durch ein Übermaß an Häufigkeit, Ausdehnung oder Geschwindigkeit der Motorik auszeichnen (siehe „Klinik“ in > Kap. 9.2.2, > $. 203, und Klinisches Beispiel in > Abb. 9.11).
b. A. cerebri media, vor allem einer ihrer Äste: R. gyri angularis ( > Abb. 11.12, 70, klinisches Beispiel > Abb. 9.40). . Retina — Sehbahn - primäre Sehrinde (Area 17) - sekundäre
Sehrinde (Area 18 und 19) — Gyrus angularis —- sensorisches (Wernicke-)Sprachzentrum — Basalganglien bzw. Kleinhirn — Thalamus - Motokortex - Hirnnervenkerne ( > Abb. 9.41b).
Ebenso notwendig sind natürlich die Faserverbindungen zwischen den genannten Zentren ( > Kap. 9.9.3 und > Kap. 9.9.4). d. Zum einen starb Schiller bereits im Jahre 1805 (am 9. Mai im Alter von 45 Jahren), ein Gespräch zwischen ihm und Goethe 1810 in Weimar ist also schwer vorstellbar. Zum anderen war Eckermann erst ab 1823 der Schreiber, Helfer und Vertraute Goethes. 1810 kannten sich beide nicht einmal. Man sieht,
376
14 Praktische Neuroanatomie: Fälle, Fragen und Lösungen dass man selbst in der Neurologie ohne präzise Kenntnis der Literaturgeschichte keineswegs alle sich eröffnenden Fragen beantworten kann.
KAPITEL
1
5
Tabelle der Transmittersysteme
Die wichtigsten Transmittersysteme des Gehirns und ausgewählter Bereiche des Rückenmarks Die wichtigsten Transmitter wurden bei der Besprechung der jeweiligen Hirn- und Rückenmarkszentren in Kap. 3 bis 9 erwähnt,
entsprechend sind in der Tabelle Seitenverweise aufgeführt. Der Seitenverweis steht bei diesen Transmittern/Lokalisationen in Klammern (d.h., der Verweis bezieht sich auf die Besprechung der
Zeichenerklärung hinter den Seitenzahlen: Kenntnis des Transmitters:
*** jst in der jeweiligen Lokalisation auch für Basiswissen unerlässlich Mr
ist wichtig,
diese Lokalisation
ist jedoch
für Basiswissen
nicht unbedingt erforderlich * _ ist für Basiswissen nicht erforderlich
Zentren, ohne dass der jeweilige Transmitter dort besprochen ist).
Neurotransmitter
Lokalisation der entsprechenden Neurone im ZNS
Acetylcholin
Rückenmark:
([acetyl-]cholinerge Neurone) | + Vorderhorn (Motoneurone)
Textreferenz (s. Seite) 93 ***
* Seitenhorn (1. sympathisches bzw. parasympathisches Neuron)
92 ***
Medulla oblongata, Pons, Mittelhirn (= Hirnstamm): * Formatio reticularis (einzelne Kerne)
140ff. **
Großhirn: « Striatum (intrastriatale Interneurone)
201f. **
* Septum und basale Vorderhirnstrukturen
208**
Mittelhirn: * Substantia nigra * Formatio reticularis
138f. *** 143 **
Monoamine (monoaminerge Neurone)
* Dopamin (dopaminerge Neurone)
Zwischenhirn: * Hypothalamus (z. B. Ncl. arcuatus)
186 **
Großhirn: * Bulbus olfactorius
208*
* Serotonin (serotoninerge Neurone)
Medulla oblongata, Pons, Mittelhirn (= Hirnstamm): * Formatio reticularis (Raphekerne, periaquäduktales Grau)
144 **
« Noradrenalin
Medulla oblongata und Pons:
(noradrenerge Neurone)
* Formatio reticularis (insbesondere Ncl. caeruleus)
144 **
* Adrenalin (adrenerge Neurone)
Medulla oblongata: * Formatio reticularis
142f. *
» Histamin
Zwischenhirn:
(histaminerge Neurone)
* Hypothalamus (insbesondere mittlere Kerngruppe, Ncl. tuberomammillaris)
186 *
Medulla oblongata: |* unterer Olivenkernkomplex Pons:
126f. ** und 161
« Ncll. pontis
(128) **
Aminosäuren a.
In exzitatorischer Funktion:
* Glutamat und Aspartat (glutamaterge/aspartaterge Neurone)
Kleinhirn: * Kleinhirnrinde (Körnerzellen)
160 * **
e Kleinhirnkerne
165ff. **
378
15 Tabelle der Transmittersysteme
Neurotransmitter
Lokalisation der entsprechenden Neurone im ZNS
Textreferenz (s. Seite)
Zwischenhirn:
* Thalamus s Ncl. subthalamicus
(179ff.) ** (204f.) **
Großhirn: * Großhirnrinde (Neokortex) * Hippocampus * Bulbus olfactorius
218f. *** 211ff. * 208f. **
b. _ in inhibitorischer Funktion: * y-Aminobuttersäure (GABA) | Rückenmark: (GABAerge Neurone) » Vorderhorn (Interneurone, z. B. Renshaw-Zellen)
(93f.) **
Kleinhirn:
* Kleinhirnrinde (alle Neurone außer Körnerzellen)
158ff. ***
Zwischenhirn: * Thalamus * Hypothalamus
(179ff.) * 185ff. **
Großhirn: *k
e Striatum
201 f
* Globus pallidus
204f. **
* Hippocampus (Interneurone)
211f. *
* basale Vorderhirnstrukturen
210 **
Auge:
* Retina
315ff. *
« Glycin (glycinerge Neurone) | Rückenmark: * Vorder- und Hinterhorn (Interneurone, z. B. Renshaw-Zellen)
92ff. **
Medulla oblongata, Pons, Mittelhirn (= Hirnstamm):
* Formatio reticularis
(140ff.) *
« Substantia nigra (Interneurone)
(138f.) **
Großhirn: « Striatum (intrastriatale Interneurone) e Großhirnrinde (Neokortex)
(201f.) * (218f.) **
Auge:
* Glutamat (glutamaterge Neurone)
* Retina
315f. *
Auge: * Retina (in Stäbchen und Zapfen in inhibitorischer Funktion, sonst wirkt Glutamat in der Regel exzitatorisch)
|315f. *
Neuropeptide (peptiderge Neurone, Auswahl) » Substanz P
Rückenmark:
« Vorder- und Hinterhorn
(92ff.) *
Medulla oblongata, Pons, Mittelhirn (= Hirnstamm): * Formatio reticularis « Ncll. tractus solitarii
(140ff.) (122ff.) *
Zwischenhirn: * Hypothalamus * Habenulakerne
(185f.) (191f.) *
Großhirn:
* Endorphine/Enkephaline
e Striatum
(201f.)
* Corpus amygdaloideum
(215) *
Rückenmark: » Hinterhorn (Interneurone)
92 **
Medulla oblongata, Pons, Mittelhirn (= Hirnstamm):
* Formatio reticularis « Ncll. tractus solitarli * Ncl. spinalis n. trigemini
(140ff.) * (122) * (120f.) **
Zwischenhirn:
* Hypothalamus (Ncll. preoptici, paraventricularis, supraopticus)
(1851.) **
15 Tabelle der Transmittersysteme Neurotransmitter
Lokalisation der entsprechenden Neurone im ZNS
Textreferenz (s. Seite)
Großhirn: * Striatum * Septumregion * Corpus amygdaloideum
* Dynorphin
(201f.) *
(208) *
* Bulbus olfactorius
(209f.) * (208) **
Medulla oblongata, Pons, Mittelhirn (= Hirnstamm): * Formatio reticularis * Ncl. spinalis n. trigemini « Nell. tractus solitarii * Hörbahnkerne
(140ff.) (120f.) (122) (122f.) *
Zwischenhirn:
* Hypothalamus
(185ff.) *
Großhirn: * Striatum
* Großhirnrinde (präfrontaler Kortex, Gyrus cinguli, Gyrus dentatus) * Neurotensin
(201f.) (218ff.) *
Rückenmark:
* Vorder- und Hinterhorn
(92ff.) *
Medulla oblongata, Pons, Mittelhirn (= Hirnstamm): * Formatio reticularis * Ncl. spinalis n. trigemini (Interneurone) * Ncell. tractus solitarii
(140ff.) (120) (122) *
Zwischenhirn:
* Hypothalamus
(185ff.) *
Großhirn: * Bulbus olfactorius und Tuberculum olfactorium
* Corpus amygdaloideum * Septumkerne * Somatostatin
Medulla oblongata, Pons, Mittelhirn (= Hirnstamm): * Formatio reticularis * Ncl. ambiguus * Ncll. tractus solitarii * Hörbahnkerne Zwischenhirn: * Hypothalamus (u.a. Nell. preoptici)
(208f.) (209f.) (208) * (140f.) (124)
(122) (122) * 185ff.
Großhirn: « * * * *
* Oxytocin und Vasopressin
Striatum (intrastriatale Interneurone) Corpus amygdaloideum Hippocampus Septumregion Tuberculum olfactorium
Zwischenhirn: * Hypothalamus (v. a. Ncl. supraopticus, Ncl. paraventricularis, Ncl. suprachiasmaticus)
(201f.) (209f.) (211f.) (208) (208f.) * (185f.) ***
Großhirn: * Septumregion * vasoaktives intestinales
Polypeptid (VIP)
Medulla oblongata, Pons, Mittelhirn (= Hirnstamm): * Formatio reticularis
(208) **
« Ncell. tractus solitarii
(140ff.) (122) *
Zwischenhirn: + Hypothalamus (u.a. Ncl. suprachiasmaticus)
(186) *
Großhirn: * Striatum * Corpus amygdaloideum * Hippocampus
* Gyrus cinguli * Septumregion
* Bulbus olfactorius
379
(201f.) (209f.) (211f.) (215) (208) (208) *
380
15 Tabelle der Transmittersysteme
Neurotransmitter
Lokalisation der entsprechenden Neurone im ZNS
« Neuropeptid Y
Medulla oblongata, Pons, Mittelhirn (= Hirnstamm):
Textreferenz (s. Seite)
* Formatio reticularis (insbes. Locus caeruleus)
(140ff.)
s Colliculus superior
(136f.)
« Ncll. cochleares und weitere Hörbahnkerne
(122f.) *
Zwischenhirn:
* Hypothalamus (u.a. Ncl. arcuatus) * Retina (Auge)
186 (315ff.) *
Großhirn:
* Cholezystokinin
* Großhirnrinde (Neokortex, intrakortikale Interneurone)
(218f.)
* Corpus amygdaloideum
(209f.) *
Medulla oblongata, Pons, Mittelhirn (= Hirnstamm): * Formatio reticularis
(140ff.)
« Ncell. tractus solitarli
(122) *
Zwischenhirn:
« Orexin A
* Hypothalamus
(185ff.) *
Großhirn: * Großhirnrinde (Neokortex, intrakortikale Interneurone) * Gyrus cinguli (intrakortikale Interneurone) * Corpus amygdaloideum * Hippocampus * Septumregion
(218f.) (215) (209f.) (211f.) (208) *
Zwischenhirn:
* Hypothalamus
(185ff.) *
Rückenmark: « Vorder- und Hinterhorn
(92ff.) *
Hirnstamm: « Formatio reticularis (ARAS)
(141) *
Andere « Stickstoffmonoxid (NO)
Kleinhirn:
* Kleinhirnrinde
(158ff.) *
Großhirn: * Großhirnrinde (Neokortex)
(218f.)
* Hippocampus e Striatum
(211f.) (201f.) *
WEITERFÜHRENDE LITERATUR Siehe auch die weiterführende Literatur bei den entsprechenden Hirn- und Rückenmarkskapiteln.
Mai, J.K., Paxinos, G. (eds.): The Human Nervous System, Elsevier 2012. Nieuwenhuys, R.: Chemoarchitecture of the Brain. Springer, Berlin-Heidelberg-New York 1985.
Bloom, F.E., A. Björklund, T. Hökfeld (eds.): The Primate Nervous System,
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New York 1997.
381
Anhang Glossar Auf Begriffe, die an anderer Stelle des Glossars erklärt werden, wird mit „ > “ verwiesen.
afferent Zuführend, dem
> Zentralnervensystem (ZNS) oder einer Struk-
Axon „Efferenter“, der Impulsweitergabe dienender Fortsatz der Nerven-
zelle, zweigt sich terminal in ein Telodendron auf, dessen Ende die synaptischen Endkolben bilden. Basalganglien Funktionell zusammengehörige Gruppe von Kernen des Groß- und
tur innerhalb des ZNS Signale zuleitend. allgemein-somatosensibel Bezeichnung für sensible Impulse aus der Haut, den Schleimhäuten
nahe den Körperöffnungen, den Muskelspindeln und den Rezeptoren in Gelenkkapseln und Sehnen.
Zwischenhirns (i. w. S. auch des Mittelhirns), die eine wichtige Rolle bei der Regulation der Motorik, insbesondere deren Zustandekom-
men, Geschwindigkeit und Ausmaß haben. Im funktionellen Sinn dazu gezählt werden: Striatum (Ncl. caudatus und Putamen), Palli-
allgemein-viszeromotorisch Bezeichnung für motorische (parasympathische oder sympathische) Impulse für die glatte Gefäß- und Eingeweidemuskulatur, das Herz und die Drüsen.
dum, Ncl. subthalamicus, Substantia nigra. (Im rein anatomi-
allgemein-viszerosensibel Bezeichnung für sensible Impulse aus den Eingeweiden und Blutgefäßen.
Brücke
Allokortex
Bereich im linken Drittel des Colon transversum, wo die Innerva-
Zusammenfassung von Archi- u. Paleocortex (Großhirnrindenan-
tionsareale des N. vagus und der sakralen > parasympathischen
teile). Phylogenetisch älter als der Isokortex und histologisch anders aufgebaut.
Nerven aneinandergrenzen.
Amygdala > Corpus amygdaloideum
tion ist aber heute unüblich geworden.)
>
Pons
Cannon-Böhm-Punkt
Capsula interna Teil des Großhirnmarklagers zwischen Ncl. caudatus und Thalamus (medial)
Aqueductus mesencephali Im Mittelhirn befindlicher Teil der inneren Liquorräume. Schlauchartige Verbindung zwischen III. und IV. > Ventrikel. > Meningen
ARAS Abkürzung für aufsteigendes retikuläres aktivierendes System, Teil der > Formatio reticularis, wichtiger Teil des „Wecksystems“.
Archikortex Teil der Großhirnrinde, der phylogenetisch älter als der > Neokortex, aber jünger als der > Paleokortex ist (zusammen mit Paleokortex = Allokortex).
Assoziationskortex Gebiete der neokortikalen Großhirnrinde, die weder primäre noch
sekundäre Rindenfelder sind. Dennoch haben einige Assoziationsfelder umschriebene Funktionen (z.B. motorisches > Sprachzen-
Pallidum
und
Putamen
(lateral). Enthält
einen
Großteil der vom Kortex zu tieferen ZNS-Abschnitten absteigenden bzw. von tieferen ZNS-Abschnitten zum Kortex aufsteigenden Bahnen.
Cauda equina Spinalnervenfaserbündel am und unterhalb des Endes des Rückenmarks. Cerebellum (= Kleinhirn)
Liegt in der hinteren Schädelgrube dorsal von > Pons und >- Medulla oblongata durch den IV. Ventrikel von diesen getrennt. Besteht aus den zwei Kleinhirnhemisphären (Hemisphaeria cerebelli) und dem dazwischen gelegenen Kleinhirnwurm (Vermis cerebelli). Die > graue Substanz gliedert sich in Kleinhirnkerne und Kleinhirnrinde. Aufgrund der afferenten Faserverbindungen Einteilung in Vestibulocerebellum, Spinocerebellum, Pontocerebel-
lum.
trum). Astrozyten
Gliazellart des ZNS. Astrozyten haben wichtige strukturgebende Stützfunktionen,
sowie
Capsula externa Teil des Großhirnmarklagers zwischen Putamen und Claustrum. Enthält u. a. wichtige absteigende Bahnen.
Arachnoidea mater
und
schen Sinn wäre der Begriff „Basalganglien” nur die deskriptive Zusammenfassung der Kerne im Großhirnmarklager, diese Defini-
sind
an
der
Ausbildung
der
Blut-Hirn-
Schranke beteiligt und haben zahlreiche weitere wichtige Aufgaben.
Funktion:
Steuerung,
Feinabstimmung
und Erlernen
der
Stützmotorik (Spino- und Vestibulocerebellum), der Blickmotorik (Vestibulocerebellum) und der Zielmotorik einschließlich Sprachmotorik (Pontocerebellum).
382
Glossar
Cochlea Knöcherne Schnecke des Innenohrs in der Pars petrosa des Os temporale. Teil des Hörorgans. Besteht aus der Schneckenspindel
widersprüchlichen Darstellung in Lehrbüchern sollte er (insbesondere z. B. in Prüfungen) mit Vorsicht oder überhaupt nicht verwendet werden.
(Modiolus) und dem 2% Windungen umfassenden Schneckenkanal. In diesem läuft der membranöse Ductus cochlearis (Lokalisa-
Erb-Punkt
tion der Sinneszellen zur Hörwahrnehmung), darüber die Scala vestibuli und darunter die Scala tympani. Corpus amygdaloideum (oft kurz: Amygdala) Großhirnkern rostral des Unterhorns des Seitenventrikels. Teil des > Riechhirns und des limbischen Systems. Corpus callosum (= Balken)
Größte, beide Großhirnhemisphären verbindende quer verlaufende Nervenfaserstruktur. Wird von rostral nach kaudal unterteilt in Rostrum, Genu, Truncus und Splenium corporis callosi. Demenz
Verlust erworbener intellektueller Fähigkeiten (dementia [lat.] = Wahnsinn). Dendrit „Afferenter“, der Impulswahrnehmung dienender Fortsatz der Ner-
venzelle. Verzweigt sich peripher stark und ist bei bipolaren Nervenzellen einfach, bei multipolaren Nervenzellen mehrfach vorhan-
den. Dermatom
Der primär von einer bestimmten Nervenwurzel (z. B. Spinalnerv Ih10) versorgte Hautbereich, der entsprechend dieser Wurzel be-
nannt wird (= z.B. Dermatom Th10) (gr. derma = Haut; tome = Abschnitt). Dermis > Korium
Diencephalon (= Zwischenhirn) Teil des Gehirns zwischen Groß- u. Mittelhirn. Umfasst den Thalamus, Hypothalamus, Subthalamus und Epithalamus sowie als li-
quorgefüllten Hohlraum den III. Ventrikel. Dura mater
> Meningen
Das Punctum nervosum des Plexus cervicalis wird (fälschlicherwei-
se) sehr oft mit dem klinischen Begriff Erb-Punkt gleichgesetzt. Als Erb-Punkt bezeichnet man jedoch in der Neurologie einen Punkt 3cm oberhalb der Clavicula, an dem die oberen Plexus-brachialis-
Anteile elektrophysiologisch untersucht werden können. In der Inneren Medizin wird der Begriff auch als Alternativbezeichnung für das „Punctum quintum“ verwendet, einem Auskultationspunkt des
Herzens links parasternal, an dem fast alle Geräuschphänomene des Herzens auskultierbar sind. Mit dem Punctum nervosum des Plexus cervicalis hat jedoch der Erb-Punkt in keinem der genannten Fälle zu tun. Exterozeption Wahrnehmung der Außenwelt, z. B. über die Hautrezeptoren.
extrapyramidalmotorisches System Zusammenfassung der motorischen Bahnen, die nicht in der Pyramidenbahn verlaufen sowie der Zentren, von denen diese Bahnen
ihren Ursprung nehmen (die wichtigsten: Ncll. vestibulares, Formatio reticularis, Ncl. ruber). Sie steuern besonders (aber nicht
ausschließlich) die proximale Extremitäten- und Rumpfmuskulatur. Das extrapyramidalmotorische System hat eine wichtige Funktion in der Steuerung der Stützmotorik und arbeitet funktionell mit dem pyramidalmotorischen eng zusammen, um einen reibungslosen Ablauf von Willkürbewegungen zu ermöglichen. Fasciculus Nervenfaserbündel im > Zentralnervensystem. Formatio reticularis Netzartig zusammengesetzter
Komplex
>- grauer Substanz, der
das Hirnstammtegmentum bis hinab ins Rückenmark durchzieht. Besteht aus z. T. ineinander übergehenden Kernsystemen. Zu den gut abgrenzbaren Kerngebieten gehören z.B. die Raphekerne und der Locus caeruleus. Wird in drei Längszonen eingeteilt (mediane,
mediale und laterale Zone). Enthält wichtige Zentren zur Steuerung vegetativer Abläufe (z.B. Atem- und Kreislaufzentrum), der
Motorik, emotionaler Vorgänge (z.B. einige monoaminerge Zen-
Efferent Weg(ab-)führend, Signale vom ZNS oder von einer Struktur innerhalb des ZNS wegleitend.
tren) sowie des Bewusstseinszustands ( > ARAS).
Epidermis
Gewölbeartig
Äußerste, aus verhornendem Plattenepithel bestehende Schicht der Haut. Wird unterteilt in Stratum basale, Stratum spinosum, Stra-
vorwiegend (aber nicht ausschließlich) Fasern vom >- Hippocampus zu den Corpora mammillaria führt.
tum granulosum, Stratum lucidum und Stratum corneum. epikritische Sensibilität Tastsinn, der exterozeptiv Informationen über genaue Lokalisation und Qualität einer Berührung vermittelt. Oft wird auch (nicht im
ursprünglichen Sinne des Begriffs) der Vibrationssinn sowie propriozeptiv Informationen aus den Muskel-, Sehnen- und Gelenkrezeptoren über Lage und Stellung der Extremitäten und des Rumpfes hinzugezählt. Wegen der Unschärfe des Begriffs und seiner z. T.
Fornix den II
Ventrikel
überspannender
Fasertrakt,
der
Fossa rhomboidea (= Rautengrube) Rautenförmiger Boden des IV. Ventrikels. Funiculus Strang bzw. strangförmige Gewebeformation, in der Neuroanato-
mie im Kontext des > Zentralnervensystems als Nervenfaserformation.
Glossar
383
und dem
stark gefaltete Rinde (Großhirnkortex), aber auch in Form von Kernen (Großhirnkerne) im Inneren vor. Enthält als liquorgefüllte Hohlräume die beiden Seitenventrikel. Das Großhirn ist der beim
Austrittsbereich der Spinalnervenvorderwurzel. Enthält zahlreiche
Menschen höchstentwickelte Gehirnteil und ist für bewusste Emp-
auf- und absteigende Bahnen (u. a. Tractus corticospinalis anterior,
findungen sensibel-sensorischer Reize, Initiation willkürlicher Be-
Tractus spinothalamicus anterior).
wegungen, Sprachmotorik und -verständnis sowie Steuerung von
Funiculus anterior Vorderstrang des Rückenmarks, beidseits zwischen der Fissura me-
diana anterior (vordere mediane Rückenmarksfurche)
Emotionen unerlässlich.
Funiculus lateralis Seitenstrang des Rückenmarks, beidseits zwischen dem Austritts-
Gyrus (Gyrus cerebri)
bereich der Spinalnervenvorderwurzel und dem Eintrittsbereich der Spinalnervenhinterwurzel. Enthält zahlreiche auf- und absteigende Bahnen (u.a. Tractus corticospinalis lateralis, Tractus spinothalamicus lateralis, Tractus spinocerebellaris anterior und pos-
Windung der Großhirnrinde, von Furchen (Sulci) begrenzt. Zahl und Anordnung der Gyri kann variieren. Konstant nachweisbar sind z.B. der Gyrus precentralis (motorischer Kortex), Gyrus post-
terior).
centralis (somatosensibler Kortex) u. a. Hinterhorn (des Rückenmarks)
Funiculus posterior Hinterstrang des Rückenmarks beidseits zwischen dem Sulcus medianus posterior (hintere mediane Rückenmarksfurche) und dem
Eintrittsbereich der Spinalnervenhinterwurzel. Besteht aus zwei Strängen: Fasciculus cuneatus und Fasciculus gracilis (die beiden epikritisch-sensiblen Bahnen des Rückenmarks). Ganglion Von einer Kapsel umschlossene Ansammlung von > Nervenzellen und umhüllenden > Gliazellen (Mantelzellen) als Verdickung im
Verlauf sensibler Hirnnerven (Hirnnervenganglion) und sensibler Spinalnerven (Spinalganglion) sowie als motorische Schaltstelle im efferenten Teil des > vegetativen Nervensystems (parasympathisches bzw. sympathisches Ganglion).
Dorsaler Teil der im Querschnitt schmetterlingsförmigen grauen Substanz des > Rückenmarks. Schaltstelle vorwiegend sensibler Impulse. Hinterstrang > Funiculus posterior
Hippocampus
Gekrümmter Längswulst am Boden des Unterhorns des Seitenventrikels im Temporallappen des Großhirns. Zentraler Bestandteil des > limbischen Systems. Weist histologisch die charakteristische Struktur des Ammonshorns mit eingerolltem dreischichtigem > Archikortex und den Gyrus dentatus (der z. T. auch makroskopisch abgrenzbar ist) auf. Hippocampusformation
Gliazellen Zellen des Nervengewebes, die nicht Neurone sind. Sind für die
neuronale Funktion unentbehrlich. Man unterscheidet zwischen Gliazellen des zentralen und des peripheren Nervensystems. Zentrale Gliazellen: Astrozyten, Oligodendrozyten, Mikroglia, Ependymzellen. Periphere Gliazellen: Schwann-Zellen und Abwandlungen hiervon wie Mantelzellen der Ganglien. Globus pallidus Im Vergleich zu den umgebenden Kernen blass erscheinender Kern der Basalganglien medial des > Putamens und lateral des > Tha-
Nicht immer
einheitlich verwendeter
Sammelbegriff,
der in den
meisten Definitionen den Hippocampus mit Ammonshorn (= Hippocampus proprius) und Gyrus dentatus sowie zusätzlich den medial gelegenen Gyrus parahippocampalis einschließt.
Hirnhäute > Meningen Hirnnerven
Die 12 paarweise aus dem Gehirn (XI. Hirnnerv z. T. auch aus dem
lamus (zusammen mit Putamen zuweilen als Ncl. lentiformis zu-
Rückenmark) austretenden Nerven. Versorgen den Kopf (einschließlich Sinnesorgane), z.T. den Hals und (als N. vagus) Brust-
sammengefasst).
und einen Teil der Bauchorgane. Die Hirnnerven werden in römischen Ziffern nummeriert (von rostral nach kaudal in der Reihen-
graue Substanz Stellen des >- Zentralnervensystems, wo sich die >- Perikaryen der > Neurone ansammeln. Gruppiert sich so, dass sie nach außen
Hirnstamm
hin von weißer Substanz umgeben ist, sodass sie Nervenkerne (Nu-
Zusammenfassung von
clei) bildet. Im Groß- und Kleinhirn kommt graue Substanz zusätz-
encephalon.
lich in Form der Rinde (Kortex) vor (Großhirn- bzw. Kleinhirnrinde), die die weiße Substanz von außen einhüllt.
Teil des Zentralnervensystems,
besteht
> Medulla oblongata,
> Pons,
> Mes-
Hörbahn
Nervenbahn, die die Hörinformation vom Innenohr zur primären Hörrinde im > Großhirn leitet.
Großhirn Größter
folge ihres Austritts aus dem ZNS).
aus den beiden
Großhirnhemisphären und den diese verbindenden Kommissuren (v.a. > Corpus callosum). Die Hemisphären gliedern sich in Frontal-, Parietal-, Temporal- und Okzipitalallappen sowie den Gyrus cinguli. Graue Substanz des Großhirns kommt überwiegend als
Hypophyse Hirnanhangsdrüse am Boden des >- Diencephalons. Liegt in der Fossa hypophysialis der knöchernen Sella turcica. Wird unterteilt in Hypophysenvorderlappen und Hypophysenhinterlappen. Beides sind endokrine Organe, die verschiedene Hypophysenhormone
384
Glossar
produzieren (Hypophysenvorderlappen) oder im >- Hypothalamus synthetisierte Hormone speichern (Hypophysenhinterlappen) und über den Hypophysen-Pfortaderkreislauf ins Blut abgeben.
nen und den unteren Hügeln der > Vierhügelplatte.
Hypothalamus Unterhalb des > "Thalamus gelegener Teil des > Diencephalons, bildet die Seitenwand und den Boden des III. Ventrikels sowie den > Hypophysenhinterlappen. Wird in drei Längszonen von rostral nach kaudal eingeteilt. Oberste Integrationseinheit des >- vege-
Lemniscus medialis Teil der somatosensiblen Bahn (Berührungsempfindung und Propriozeption) zwischen Hinterstrangkernen (Nuclei gracilis und cuneatus) in der > Medulla oblongata und >- IThalamus im > Diencephalon.
tativen Nervensystems.
Lemniscus lateralis Teil der Hörbahn im > Hirnstamm zwischen den Cochlearis-Ker-
Hemmung von Nervenzellerregungen.
Lemniscus trigeminalis Die sich dem > Lemniscus medialis anschließenden somatosensiblen Fasern vom Ncl. principalis n. trigemini zum >- Thalamus.
Insula
limbisches System
Die von den Opercula des Frontal-, Temporal- und Parietallappens
Funktionseinheit von Zentren, die eine wichtige Rolle für Emotionen, Affektverhalten, Antrieb und Gedächtnis haben, aber nicht der
Inhibition
bedeckte und dadurch in der Fossa lateralis verborgene „Inselrin-
de“ des > Großhirns. Dient u.a. als multisensorischer Kortex (insbesondere allgemein- und viszerosensibler sowie vestibulärer Kortex).
Ischämie Störung der Nähr- und Sauerstoffversorgung des Gewebes. Isokortex Die vom strukturellen Aufbau prinzipiell gleichartig aufgebauten Areale des Großhirnkortex, die nicht > Allokortex sind (in der Re-
alleinige Manifestations- und Generierungsort dieser Leistungen im Gehirn ist. Setzt sich großteils aus allokortikalen (= paleo- und archikortikalen) Großhirntrukturen zusammen. Meist dazugezählt werden: > Hippocampus mit Fornix und Gyrus dentatus, Gyrus cinguli, Gyrus parahippocampalis mit Area entorhinalis, > Corpus amygdaloideum, Corpus mammillare, große Teile des > Riechhirns einschließlich Septumregion, > TIhalamusanteile (speziell die mit obigen Strukturen in Verbindung stehenden Kerne).
Kern
Liquor cerebrospinalis (= „Gehirn- oder Rückenmarksflüssigkeit”) Klare, farblose, fast zellfreie, von den Plexus choroidei gebildete Flüssigkeit, die in die Hirnventrikel sezerniert und von dort in den
> Nucleus
äußeren
gel synonym zu Neokortex).
Kleinhirn > Cerebellum Kommissurenfasern Nervenfasern, die beide Hirnhälften miteinander verbinden (ver-
laufen vor allem im > Corpus callosum, sowie in den Commissurae anterior, posterior, fornicis und habenularum).
Korium (= Dermis = Lederhaut)
Derbe, unter der Epidermis gelegene Schicht der Haut. Wird unterteilt in Stratum reticulare und Stratum papillare. Kornea (= Hornhaut des Auges)
Uhrglasförmig im Vergleich zum übrigen Bulbus (Augapfel) stärker gekrümmter, durchsichtiger und gefäßfreier vorderster Abschnitt der Bulbuswand vor der Pupille. Histologisch fünfschichtig. Kortex (= Rinde oder Rindenbereich)
Oft als vereinfachendes Synonym für die Großhirnrinde (Cortex cerebri) verwendet, kommt jedoch auch im Kleinhirn vor (Cortex ce-
rebelli). Ansammlung grauer Substanz, die die Oberfläche von Groß- und Kleinhirn bildet. Kutis
= Haut, besteht aus Epidermis und Korium (Dermis). Lemniscus (= Schleife)
Nervenbahn, die bogenförmig verläuft.
Liquorraum
(Subarachnoidalraum)
transportiert wird.
Wird vorwiegend in den Pacchioni-Granulationen in die intraduralen venösen Sinus resorbiert. Dient vor allem dem mechanischen
Schutz des ZNS, aber auch z. T. der Signalvermittlung. Lobus (= Lappen) In der Neuroanatomie meist im Zusammenhang mit den Großhirnlappen (Lobus frontalis, Lobus parietalis, Lobus temporalis, Lobus occipitalis). Liquorzisternen
Erweiterte Stellen des den > Liquor cerebrospinalis enthaltenden > Subarachnoidalraums.
Markscheide > Myelinscheide Medulla oblongata (= verlängertes Mark) Der rostral an die > Medulla spinalis (Rückenmark) anschließen-
de Teil des > Zentralnervensystems. Bildet mit dem >- Pons und dem
> Cerebellum das Rautenhirn
(Rhombencephalon).
Reicht
vom 1. Zervikalnervenaustritt bis zum Unterrand des Pons. Enthält Hirnnervenkerne,
> Olive, die Ncll. gracilis und cuneatus, Teile
der > Formatio reticularis mit Atem- und Kreislaufzentrum, so-
wie ab- und aufsteigende Bahnen. Medulla spinalis (= Rückenmark)
Im Wirbelkanal gelegener Teil des > Zentralnervensystems. Geht oberhalb des Abgangs des 1. Spinalnervenpaares in die > Medulla oblongata über und läuft am unteren Ende konisch in das Filum
Glossar terminale aus. Wird innen durchzogen vom teils verschlossenen
Nervensystem
Zentralkanal (Canalis centralis) und außen bedeckt von Rückenmarkshäuten. Einteilung in Zervikal-, Thorakal-, Lumbal-, Sa-
Gesamte
kral- und Kokzygealmark (in Abhängigkeit der von diesen Abschnitten abgehenden Spinalnerven und deren Austritt aus dem Wirbelkanal). Meningen (= Hirnhäute und Rückenmarkshäute) Bindegewebshüllen, die das ZNS umschließen. Die drei Hirn- bzw. Rückenmarkshäute sind (von oberflächlich nach tief): Dura mater (harte Hirnhaut, Pachymeninx), Arachnoidea mater und Pia ma-
ter (Arachnoidea und Pia werden als weiche Hirnhaut oder Leptomeninx zusammengefasst).
des
Nervengewebes,
bestehend
aus
> Nervenzellen mit Nervenfasern und > Gliazellen. Einteilung z.B. morphologisch-topographisch in >- zentrales Nervensystem (ZNS, bestehend aus Gehirn und Rückenmark) und peripheres Nervensystem (PNS, bestehend aus > Hirnnerven und > Spinalnerven einschließlich > Ganglien). Einteilung funktionell in somatisches (animalisches) und vegetatives (autonomes) Nervensystem,
Letzteres wiederum in sympathisches und parasympathisches Nervensystem sowie ein davon beeinflusstes, aber auch eigenständig funktionierendes enterisches Nervensystem. Nervus (= Nerv)
Neuronale Erregung leitendes Bündel von Nervenfasern, die von
Mesencephalon (= Mittelhirn)
Teil des Gehirns zwischen
Funktionseinheit
385
> Diencephalon und
>- Pons. Wird
vom Aqueductus cerebri durchzogen, der den III. mit dem IV. Ven-
trikel verbindet. Besteht aus drei Längsabschnitten: ventral die Crura cerebri (Hirnschenkel), dahinter das Tegmentum mesencepha-
Bindegewebe (Endo-, Peri-, Epineurium) umhüllt sind. Einteilung in motorische
Netzhaut
hirndach mit der Vierhügelplatte). Enthält Hirnnervenkerne, > Ncl. ruber, > Substantia nigra, Teile der > Formatio reticula-
> Retina
steigende Bahnen sowie Schaltstellen der Hörbahn und visuelle Zentren.
ZNS
zu Muskeln,
Gefäßen
und
Drüsen), sensible (Afferenzen von Sinnesorganen und inneren Organen zum ZNS) sowie gemischte Nerven.
li (Mittelhirnhaube) und dorsal das Tectum mesencephali (Mittel-
ris mit Weckzentrum und lokomotorischem Zentrum, ab- und auf-
(Efferenzen vom
Neuron (= Nervenzelle) Zelle, die die zentrale Funktionseinheit des Nervensystems bildet. Besitzt einen Zellkörper (Perikaryon, Soma), davon ausgehend
Ausläufer bzw. Fortsätze: Dendriten (meist mehrere), die der Erre-
Mikroglia (= Mesoglia = Hortega-Zellen) Gliazelle des Gehirns, spezielle Form von Makrophagen. Besitzt entsprechend die Fähigkeit zu wandern und zu phagozytieren („Abräumzelle“).
gungswahrnehmung dienen und ein Axon, das der Erregungsweitergabe dient und terminal die synaptischen Endkolben bildet. Nucleus (= [Nerven-]Kern)
Mittelhirn > Mesencephalon
In der Neuroanatomie Bezeichnung für einen abgrenzbaren Teil des > Zentralnervensystems, der aus einer Ansammlung von > Perikaryen der Nervenzellen besteht ( > graue Substanz).
Motoneuron
Oligodendrozyten
Neuron, das vom > Rückenmark oder > Hirnstamm zur Skelettmuskulatur zieht und diese motorisch innerviert.
Zentrale Gliazellart, die mit ihren Fortsätzen die Markscheiden im
Motorik
Olive Paarige, jeweils seitlich der Pyramiden in der > Medulla oblongata gelegene, olivenförmige Vorwölbung, in deren Inneren der untere
Bewegungsvorgänge und Bewegungssystem. motorischer Kortex Bereich im
Gyrus
precentralis der Großhirnrinde,
von dem
die
Willkürmotorik initiiert wird (Ursprung des 1. Neurons der motorischen Bahn, also des Tractus corticospinalis und Tractus cortico-
nuclearis). Myelinscheide (= Markscheide) Um
die > Axone der Neurone gebildete Gliamembranhülle, die
v.a. der elektrischen Isolierung dient. Im peripheren Nervensystem durch
> Schwann-Zellen,
im
zentralen
Nervensystem
durch
> Oligodendrozyten gebildet.
Neokortex Phylogenetisch jüngster, quantitativ größter Teil der Großhirnrinde. Histologisch sechsschichtig ( > Isokortex). Nervenzelle >
Neuron
ZNS bildet.
Olivenkernkomplex (Ncll. olivares inferiores, kurz: Oliva inferi-
or) liegen, die sich in den großen Ncl. olivaris principalis und zwei kleinere Ncll. olivares accessorii (medialis und posterior) gliedern.
Dies sind wichtige Zuleitungssysteme zum >- Kleinhirn. Ein direkt darüber gelegener oberer Olivenkernkomplex (Ncll. olivares superiores) liegt bereits im Pons (ist also von außen nicht abgrenzbar) und ist eine Schaltstelle der Hörbahn. Paleokortex Phylogenetisch ältester Typ der Großhirnrinde (zusammen mit > Archikortex als Allokortex bezeichnet).
Pallidum > Globus pallidus Pallium Cortex cerebri, Großhirnrinde (lat. pallium = Mantel).
386
Glossar
Parasympathikus Einer der beiden Hauptteile des >- vegetativen Nervensystems (Sympathikus und Parasympathikus). Wirkt meist komplementär bzw. antagonistisch zum > Sympathikus. Lokalisation des 1. Neurons der efferenten Bahn im > Hirnstamm und Sakralmark. Transmitter ist Acetylcholin.
lung in Lehrbüchern sollte er (insbesondere z. B. in Prüfungen) mit Vorsicht oder überhaupt nicht verwendet werden.
Parese Unvollständige Lähmung Körperteils.
klinischen Begriff > Erb-Punkt gleichgesetzt. (Schwäche)
eines Muskels oder eines
Punctum nervosum
Gemeinsame Austrittsstelle der sensiblen Nerven des Plexus cervicalis an die Oberfläche am Hinterrand des M. sternocleidomastoideus. Das Punctum nervosum wird fälschlicherweise oft mit dem
Putamen
Großhirnkern lateral des > Globus pallidus (Pallidum). Teil der
Perikaryon (= Soma)
> Basalganglien. Bildet mit dem Ncl. caudatus das >- Striatum.
Zellkörper der Nervenzelle.
Wird zuweilen zusammen mit dem Pallidum als Ncl. lentiformis bezeichnet.
Pia mater
pyramidale Motorik
b Meningen
Motorik, die über die
> Pyramidenbahn initiiert wird (Willkür-
Plegie Vollständige Lähmung eines Muskels oder eines Körperteils (vgl.
motorik besonders der distalen Extremitäten).
auch > Parese).
Pyramidenbahn (= Tractus corticospinalis) Vor allem (aber nicht ausschließlich) vom Gyrus precentralis aus-
Plexus (= Geflecht)
In der Neuroanatomie Bezeichnung für Nervengeflecht des peripheren Nervensystems. Pons (= Brücke)
Teil des > Zentralnervensystems zwischen > Medulla oblongata und > Mesencephalon. Bildet mit der Medulla oblongata und dem > Cerebellum das Rhombencephalon.
Enthält Hirnnervenkerne,
die Brückenkerne (Ncll. pontis), Teile der > Formatio reticularis
mit Brechzentrum sowie ab- und aufsteigende Bahnen.
gehende Projektion zu den Motoneuronen ins Rückenmark, die in
der Medulla oblongata ventral verläuft und dort nach ventral die von außen sichtbaren Pyramiden hervorwölbt. radikulär Eine (Spinalnerven-) Wurzel betreffend (lat. radix = Wurzel).
Rautengrube > Fossa rhomboidea Reflex Neuronal vermittelte, prompte und immer gleichartige, unwillkür-
Propriozeption
Wahrnehmung, die sich aus Tiefensensibilität und der Empfindung der Körperlage bzw. -stellung im Raum zusammensetzt. Wird vermittelt durch Rezeptoren des Bewegungsapparates (Muskel-, Sehnen-, Gelenkrezeptoren), i. w. S. auch des Vestibularorgans.
Pontocerebellum
liche Reaktion eines Organismus auf einen bestimmten Reiz. Retina (= Netzhaut)
Innerste Schicht des Augapfels, zwischen Glaskörper und Choroidea (Aderhaut) gelegen. Einteilung in den lichtwahrnehmenden zentralen, bis an die Ora serrata reichenden Teil (Pars optica) und den nicht-lichtwahrnehmenden Teil (Pars caeca). Die Pars optica
Größter Teil der Kleinhirnhemisphären, empfängt Afferenzen vorwiegend von den Necll. pontis, entscheidende Rolle bei der Steuerung der willkürlichen Zielmotorik.
enthält die optische Reize wahrnehmenden Stäbchen und Zapfen.
Primärfelder (= primäre Rindenfelder)
Als Transmitterrezeptor Bezeichnung für eine Proteinstruktur in
Bezeichnung vor allem für sensorische Großhirnbereiche, die ihre
der Zellmembran, die spezifische Reize in Form von Transmitter-
Sinnesafferenzen direkt vom Thalamus empfangen und dazu diebringen (primärer Endigungsort von Sinnesbahnen). Einziges mo-
molekülen bindet und dadurch in der Zelle zu einem entsprechenden Erregungsmuster (Depolarisation oder Hyperpolarisation der Zellmembran) führt. Als Sinnesrezeptor oftmals Bezeichnung für
torisches Primärfeld ist der Gyrus precentralis (Motokortex, Bewe-
eine Sinneszelle in den Sinnesorganen, die spezifische Reize wie Be-
gungsinitiation über Pyramidenbahn).
rührung, Temperatur, Licht etc. wahrnimmt.
Projektion
Rinde
Efferenz eines Zentrums im ZNS (Kern oder Rinde) in ein anderes
> Kortex
nen, diese Information
interpretationsfrei zum
Bewusstsein
zu
Zentrum.
protopathische Sensibilität Oft (nicht im ursprünglichen Sinne des Begriffs) gleichgesetzt mit Temperatur-, Schmerz-, Druck- und grobe Tastwahrnehmung. Oft
auch nur Begriff für grobe Druck-/Tastwahrnehmung. Wegen der Unschärfe des Begriffs und seiner z. T. widersprüchlichen Darstel-
Rezeptor
Riechhirn (= Rhinencephalon)
Le.S. der Verarbeitung der Geruchsinformation dienender Teil des Gehirns. Oft etwas ungenau gleichgesetzt mit > Paleokortex. Rückenmark > Medulla spinalis
Glossar Sehbahn Nervenbahn, die die visuelle Information von der Retina zur primären Sehrinde im Großhirn leitet.
Schwann-Zelle Markscheidenbildende > Gliazelle des peripheren Nervensystems. Sekundärfelder (= sekundäre Rindenfelder) Bezeichnung für Gebiete der Großhirnrinde, die neben den ihnen
zugeordneten primären Rindenfeldern liegen und in denen ein erkennendes Zuordnen der Sinnesinformationen, die im zugehörigen sensorischen Primärfeld verschaltet wurden, stattfindet.
Sensibel Der Wahrnehmung dienend. Sinneszelle Zelle in den Sinnesorganen, die spezifische Reize wie Berührung, Temperatur, Licht etc. wahrnimmt und dieses Signal in eine neuro-
nale Erregung umwandelt. Primäre Sinneszellen leiten die Erregung mit eigenen Fortsätzen ins ZNS (Riech-, Stäbchen-, Zapfenzelle), sekundäre Sinneszellen geben die Erregung an ein sensibles Neuron weiter, das diese zum ZNS weiterleitet.
Soma > Perikaryon
Somatomotorisch Bezeichnung für motorische Impulse für die Skelettmuskulatur.
Somatosensibel > allgemein- und speziell-somatosensibel somatosensible Rinde Primärer Endigungsort der somatosensiblen Bahnen (bewusste Wahrnehmung von Berührung, Schmerz, Temperatur sowie Lagesinn). somatotopische Gliederung Gliederung eines Kerns oder einer Nervenbahn nach Repräsentation bestimmter Körperteile. speziell-somatosensibel Bezeichnung für Impulse aus der Netzhaut des Auges und aus dem Innenohr (Gehör- und Beschleunigungswahrnehmung). speziell-viszeromotorisch Bezeichnung für motorische Impulse für die sog. Kiemenbogenmuskulatur (Gesichts-, Kau-, Kehlkopf-, Schlund- und Teile der Halsmuskulatur).
speziell-viszerosensibel Bezeichnung für Sinnesimpulse aus der Riechschleimhaut und aus den Geschmacksknospen der Zunge. Spinalganglion
387
Sprachzentren Für Sprachbildung und -verständnis unerlässliche Rindengebiete des Großhirns. Das für die Sprachbildung entscheidende motorische Sprachzentrum befindet sich im Bereich der Broca-Region im (meist linken) Gyrus frontalis inferior. Das für das Sprachverständ-
nis entscheidende sensorische Sprachzentrum
(Wernicke-Zen-
trum) befindet sich im (meist linken) Gyrus temporalis superior.
Striatum Teil der Basalganglien, besteht aus Putamen und Ncl. caudatus. Subarachnoidalraum Der den > Liquor cerebrospinalis enthaltende, unterschiedlich weite Spalt zwischen Arachnoidea mater und Pia mater. Subduralraum Der beim Gesunden durch Bindegewebsfasern gefüllte (und somit als solcher primär nicht existente) Spalt zwischen Arachnoidea mater und Dura mater, kann durch Einblutung nach Trauma zu einem (blutgefüllten) „Raum“ werden.
Substantia nigra Durch Melanineinlagerung sehr dunkler Kern des Mittelhirns. Funktionell in enger Verbindung mit den > Basalganglien. Degeneration führt zum Morbus Parkinson. Sympathikus Einer der beiden Hauptteile des > vegetativen Nervensystems (Sympathikus und Parasympathikus). Wirkt oft antagonistisch zum > Parasympathikus. Lokalisation des 1. Neurons der efferenten Bahn im Thorakal- und Lumbalmark. Transmitter des 1. Neurons Acetylcholin, des 2. Neurons (mit wenigen Ausnahmen) Noradrenalin. Synapse
Der Signalübertragung dienende Kontaktstelle zwischen Nervenzellen bzw. zwischen Nervenzellen und anderen Zellen wie Sinnes-, Drüsenepithel- oder Muskelzellen. Gliedert sich in präsynaptische und postsynaptische Membran und den dazwischen liegenden synaptischen Spalt. Bei der Signalübertragung Ausschüttung von (Neuro-) Transmittern von der präsynaptischen Membran in den synaptischen Spalt, von wo aus der Transmitter an entsprechende Rezeptoren in der postsynaptischen Membran bindet. Syringomyelie Krankhafte Hohlraumbildung im Rückenmark meist unbekannter Ursache (gr. syrinx = Höhle; myelos = Mark). Tectum (= Vierhügelplatte = Lamina quadrigemina = Lamina tecti) Dorsaler Teil des Mesencephalons. Besteht aus zwei oberen Hügeln (Colliculi superiores, visuelles Blickzentrum) und zwei unteren Hügeln (Colliculi inferiores, Schaltstelle der Hörbahn).
Sensibles Ganglion im Verlauf eines sensiblen Spinalnerven, in Nä-
Tegmentum
he des Rückenmarks im Foramen intervertebrale der Wirbelsäule
In der ventrodorsalen Dreigliederung des Mittelhirns der mittlere
gelegen.
Bereich, im übrigen Hirnstamm der dorsale Bereich.
Spinalnerven Periphere Nerven, die vom Rückenmark ihren Ursprung nehmen.
Telencephalon > Großhirn
Es gibt 31 Spinalnervenpaare (8 zervikale, 12 thorakale, 5 lumbale,
5 sakrale, 1 kokzygeales).
388
Glossar
Thalamus Größter Kern des > Diencephalons. Liegt paarig beidseits des III. Ventrikels, dessen Seitenwände bildend. Besteht aus mehreren Un-
terkernen, die z. T. mit eng umschriebenen Großhirnrindengebieten in Beziehung stehen. Fungiert u.a. als Schaltstation für (fast) alle Impulse, die von subkortikalen Zentren zur Großhirnrinde gelangen („Tor zum Bewusstsein“). Tractus Nervenbahn (s.a. > Fasciculus).
Transmitter (= Neurotransmitter)
Überträgerstoff, der von einer Sinnes- oder Nervenzelle ausgeschüt-
Vestibularorgan (= Gleichgewichtsorgan) Funktionseinheit aus Bogengang und Vestibulum (Sacculus und Utriculus) des Innenohrs zur Wahrnehmung der Körperlage und -bewegung. Vierhügelplatte > Tectum
Viszeromotorisch > allgemein- und speziell-viszeromotorisch
Viszerosensibel > allgemein- und speziell-viszerosensibel
tet und von einer anderen (Nerven- oder Muskel-)Zelle über spezi-
Vorderhorn (des Rückenmarks)
fische Rezeptoren gebunden wird und so chemisch die neuronale Erregung von einer Zelle zur anderen weitergibt.
Ventraler Teil der im Querschnitt schmetterlingsförmigen grauen Substanz des Rückenmarks. Schaltstelle vorwiegend motorischer Impulse.
Truncus Stamm, Nervenstamm.
Ventrikel
Vorderstrang >
Funiculus anterior
Liquorgefüllter Hohlraum innerhalb des Gehirns. Es gibt vier Vent-
weiße Substanz
rikel: zwei Seitenventrikel im Großhirn, III. Ventrikel im Zwischenhirn, IV. Ventrikel zwischen Kleinhirn, Pons und Medulla oblonga-
Der aus markhaltigen Nervenfasern bestehende Teil des > Zen-
ta.
vegetatives Nervensystem (= autonomes Nervensystem) Teil des Nervensystems, der der (in der Regel unbewussten) Steuerung der inneren Organe dient. Zur Einteilung > Nervensystem.
tralnervensystems, enthält keine Nervenzellkörper. zentrales Nervensystem
Gehirn und Rückenmark ( > Nervensystem).
Zwischenhirn > Diencephalon.
389
Register A Abduzenskern
121
Abgestumpftheit — Gyrus-cinguli-Läsion 215 Ablatio retinae (Netzhautablösung) Abräum- und Abwehrzellen
318
Agraphie
amakrine Zellen
— Acerebri media, Durchblutungsstörung 280
—Retina
— Gyrus angularis, Läsion 241
Akinese
Amantadin — Parkinson-Syndrom 205
— Elektrodenimplantation im Ncl subthalamicus
amaurotische Pupillenstarre 322 Amboss
205
—Mikroglia 9
— Gyrus-cinguli-Läsion 215
Absencen
— Parkinson-Syndrom 140, 205, 139 Akkommodation 322, 323
184
absolute Pupillenstarre 322 Acetylcholin
-N. oculomotorius 56 Akkommodationsreflex
11, 12, 13, 294
— enterisches Nervensystem —- Motoneurone
306
y-Aminobuttersäure (GABA) Aminosäuren
236
— motorische Endplatte 4
Akkommodationsstörungen
Achillessehnenreflex 95 Achillessehnenreflex (Triceps-surae-Reflex)
—Ncl. accessorius n. oculomotorii, Läsion Akne 344
Achsellücke —laterale 38 ACTH (Adrenocorticotropes Hormon) 189 Adamkievic-Arterie (A. radicularis magna) 102 Adduktorenreflex Adenohypophyse
—Funktion
43, 95 178, 188, 189, 191, 193
—-Hypophysentumoren
190
Aktionspotentiale —Nervenzellen 3 Akustikusneurinom 71 Akzessoriuskern 125 —Läsionen
—Histologie 190
Adhesio interthalamica
178, 179, 197, 252, 253,
262
Adipositas 186 Adiuretin s Vasopressin Adrenalin 13
125
— Gyrus angularis, Läsion 241
Adrenocorticotropes Hormon (ACTH) A-Fasern
5
Affektmotorik
— Corpus amygdaloideum 215 Affektverhalten
— Corpus amygdaloideum 215 — Corpus mammillare 215 11, 19
Afferenzen
11
— allgemein-somatosensible 116 — allgemein-viszerosensible 117, 304 —nozizeptive 92 — propriozeptive 92 — somatosensible 293
— speziell-somatosensible 116 — speziell-viszerosensible 117 — vegetative 293 — viszerale 304 — viszerosensible 93 Agnosie —taktile 232 — visuelle 238 Agrammatismus 225
agranulärer Kortex 220
187
allergische Reaktionen 341 allgemein somatoafferente Fasern 23
276
— Head-Zonen 304 Angiographie — zerebrale 281 Angsstörungen
allgemein-somatosensible Sensibilitä 181 allgemein-viszeroafferente Fasern 24 allgemein-viszeromotorische Efferenzen 116 allgemein-viszeromotorische Fasern 23 allgemein-viszeromotorische Hirnnervenkerne 117
allgemein-viszerosensible allgemein-viszerosensible allgemein-viszerosensible allgemein-viszerosensible allgemein-viszerosensible 117 Allokortex
Aneurysmen —Hirnarterien
Angina pectoris 116
117
189
5
Anencephalie 14 — zerebrale 276 Anfälle — komplex-fokale 212
Alkoholmissbrauch
allgemein-somatosensible Fasern 23 allgemein-somatosensible Hirnnervenkerne
— Sympathikus 299
215
anaxonische Neurone
50
Alexie —A, cerebri media, Durchblutungsstörung 280
allgemein-somatosensible Afferenzen 185
213, 214, 248,
— anterograde 215 — retrograde 215 Amygdala s. Corpus amygdaloideum 209 amyotrophe Lateralsklerose 101 Analgesie 96, 97 Anästhesie 24 Anastomosenketten — Rückenmark 102
— Corpora mammillaria, Läsionen
185
— exzitatorische 13 — inhibitorische 13
Amnesie
Alcock-Kanal (Canalis pudendalis)
Aderhaut-Melanome 314 Aderhaut (Uvea) — Entwicklung 18 ADH (antidiuretisches Hormon) s. Vasopressin
12, 13
Ammonshorn (Cornu ammonis) 251
Akzessoriuskerne 125 Akzessoriuslähmung 125 Alarmsystem des Gehirns —Locus caeruleus 144
189
-Hormone 189 Adenosin 13, 296 Aderhaut 312, 314
afferent
120
Akromegalie
49
326, 327, 329, 330, 331
Ambosskörper 329, 331 Ambossschenkel 329 —kurzer 331 —langer 331 Amboss-Steigbügel-Gelenk 331
137
— Sehrinde, primäre, Läsion
93
315, 316, 317, 318
Afferenzen 117, 304 Bahn 244 Fasern 24 Hirnnerven 304 Hirnnervenkerne
213, 218
— Entwicklung 18 —Histologie 218 Alterssichtigkeit (Presbyopie). 320 Altkleinhirn 157 Alveus hippocampi
144
animalisches (somatisches) Nervensystem Anosmie 55 Ansa — cervicalis
1
29, 30, 78
— cervicalis profunda 29 — cervicalis superficialis 29 — lenticularis
200, 204
anterograde Amnesie anterograder Transport
215 3
anterolaterales System — sensibles 96 anterolaterales System, sensibles —Bahn
230
— Verlauf 229 Anthelix 327 Anticholinergika — Parkinson-Syndrom
214
203
Antidepressiva 161 — Wirkungen 92
—Histologie 213 Alzheimer-Demenz — Großhirnneuronen, Degeneration —-Hippocampus 213
—Mikroglia 9 — Vorderhirnstrukturen, basale
— serotoninerge Zellgruppen
220
antidiuretisches Hormon (ADH) s. Vasopressin 185
Antiresonanz 210
— Tektorialmembran 334
390
Register — callosomarginalis 281
Antitragus 327 Antrum mastoideum
— — — — —
329, 331
Anulus —- tendineus communis
323, 325
Anulus(-i) —fibrosus 87 — tendineus communis Aorta 102
56, 59
Aortenaneurysma —N. laryngeus recurrens, Läsionen
Assoziationsfelder 218 —Neokortex 218 Assoziationskortex —motorischer 201
carotis communis 272, 281 carotis externa 281 carotis interna 80, 271, 272, 273, 281, 287 centrales anterolaterales 278, 279, 280 centralis retinae 312, 319, 323
— präfrontaler 201 — sensorischer 201
— cerebelli inferior anterior 274
Asthma bronchiale 76
— cerebri anterior 272, 273, 276, 277, 281, 282 — cerebri media 272, 273, 276, 277, 278, 279,
Astrozyten 6, 8, 19, 189 — Aufgaben 8 — Axonwachstum 8
74
280, 281, 282
Aortenbogen
— Blut-Hirn-Schranke 6, 8, 271 — fibrilläre 8 — Funktionen 8 — protoplasmatische 8
— cerebri posterior 272, 273, 274, 276, 280,
— Afferenzen des Ncl. tractus solitarıi 125 Apertura —Jaterales (Foraminae Luschkae) 262, 263 — mediana (Foramen Magendii) 262, 263, 267
Aphasie — globale 280 —motorische
225
— sensorische
225, 241
281
— choroidea anterior
272, 273
— ciliares posteriores longae et breves 314 — —— —
communicans anterior 272, 273, 275 communicans posterior 272, 273, 275, 280 ethmoidalis anterior 268 frontobasalis lateralis 279
— Stützfunktion
8
— Synapsenbildung 8 Astrozytom 226 Astrozytome 8
— hypophysialis inferior _ 190, 273 — hypophysialis superior 190, 273
Ataxie 207 — Feinmotorik, distale
— inferior anterior cerebelli 272, 274, 279 — inferior posterior cerebelli 272, 274, 279 — intercostales 28
— Kleinhirnschädigung 170
Aquädukt 261 Aquädukt (Aqueductus cerebri) — Entwicklung 18, 19 Aqueductus — mesencephali 178 Aqueductus cerebri — Entwicklung 18
—]labyrinthi 272
— zerebelläre 170 Atemnot 244 -N. laryngeus recurrens, Läsionen
— meningea posterior 268
— Formatio reticularis
Aqueductus mesencephali
— mesenterica inferior
— mesenterica superior 297
- inspiratorische/exspiratorische Neuronengruppen 142
Athetose 203, 210
Apoplex — A. carotis interna, Verschluss
273
Apoptose (programmierter Zelltod) Apraxie
15
232
— lenticulostriatae —]lumbales 102 — maxillaris 268
—meningeae
110, 111, 135, 136,
200, 278, 279
75
— occipitalis lateralis 280
Arachnoidea mater
264, 267
— occipitalis medialis
280
—spinalis 87 ARAS (aufsteigendes retikuläres Aktivierungssystem) 141, 183, 193, 202
— parietalis posterior 279
—Läsionen
— pontis
141
Arbor vitae
183
Archikortex
— profunda brachii 38
auditorisches System
272, 274
— spinalis anterior
Area 17 (Sehrinde. primäre) Area 18 (Sehrinde, sekundäre) Area 19 (Sehrinde, sekundäre)
236 236, 237, 239 236, 237, 239
Area(-ae)
— spinalis posterior 102
Areae 22 Hörrinde, sekundäre Areae 42 Hörrinde, sekundäre
Areae (Rindenfelder) Area postrema —Brechzentrum 143
— sulci postcentralis 279 — sulci precentralis 279 — superior cerebelli — ulnaris 34 — vertebralis 280, 281
— pretectalis 114, 115
Area pretectalis
240 240
200
177, 192, 193, 234
— gerichtete
180, 183
aufsteigendes retikuläres Aktivierungssystem
(ARAS) 141, 183, 193, 202
—Läsionen
141
Augapfel 311 — Aufbau
311
— Bulbusstrukturen, innere
—Bulbuswand
312
312
— Gliederung 311 — Primärstellung 326 312
arterielle Hypertonie — A. cerebri media, Durchblutungsstörung 280
- Zugwirkungen der Augenbewegungsmuskeln
Arterien
Auge
— Auge —Gehirn
326
326
— Auswärtsroller 325 — Blutversorgung 312
312 272
—-Hirnstamm
274
Area striata 236, 253 Arm —Nerven 32
Arteriosklerose
116, 272, 273, 274, 275, 279, 280, 281
305
— Vortexvenen
— Kleinhirn
Arteria(-ae)
272, 273, 274
80, 102, 268, 271, 272, 274, 279,
— Pupilleneflex 192
—basilaris
101
101, 102, 272, 274
— subclavia 30, 31, 32, 275 — sulci centralis 279
— pretectalis 322 —septalis 208
— Fett
Aufmerksamkeit
— spinales posteriores
263
102
50
— Histologie 213
—postrema
238, 244
Auerbach-Plexus (Plexus myentericus)
101
Area — entorhinalis
210, 211, 212, 215
204
— prefrontalis 279
—pericallosa 281
— rectalis inferior
199, 210, 217
— Fett
141, 142
— Hypothalamus 185 — Spinalnervenwurzeln, zervikale 31 ATP 296 auditorischer Kortex 239
— radicularis magna (Adamkievic-Arterie)
157
74
Atmung
79, 80, 273, 312, 323
— radiculares
157, 254
Archicerebellum
184
—zentrale 143 Atemzentrum
64, 79, 80, 268, 269
264, 267
— ophthalmica
170
Atemregulation
Arachnoidealzotten
— noradrenerge Projektionen 183 — serotoninerger Projektionen, Hemmung
— Thalamussyndrom
268
— meningea media
262, 267
— Rebound, fehlender
171
274
— A. carotis interna 273 arteriovenöse Fistel 287 Aspartat 13, 165 Assoziationsfasern 219, 245
— Einwärtsroller
— Entwicklung
325
18
—- Konvergenzreaktion 322, 323 — Naheinstellungsreaktion 322 — Sympathikus 298
Augenabschnitt — vorderer 325
Register Augenäquator
311
Axone
Augenbecher 18 Augenbecherstiel 18 Augenbewegungen — Colliculi superiores 136 — Feinabstimmung, Vestibulocerebellum
—dendritische 4
—periphere 4 —zentrale 4
Axonhügel 2 2
Axonwachstum
168
— horizontale 145, 146 —Kleinhirn 166 — Koordination 167 — vertikale 145 — willkürliche 223 Augenbewegungsmuskeln
— Astrozyten 8 axosomatische Synapsen
Augenbewegungszentren Augenbläschen
325 144, 147
14, 17, 18
Augenfeld —frontales
Aa-Fasern Aß-Fasern Ay-Fasern ASÖ-Fasern
225
5 5 5 5
Augenhintergrund 319 — Veränderungen 319 Augenhöhle 311, 323 Augenkammer
Balken (Corpus(-ora) —callosum) 254
—hintere 312, 321 —vordere 312, 321, 325
Bandscheiben 87 Bandscheibenvorfall
Augenlider 311, 325 Augenmuskelkerne 145
— Vestibulariskerne, Efferenzen 123 — zentrale Verschaltung 144, 147
325
— glatte, Orbita 323 —Innervation 118, 326
— rotatorische Wirkungskomponente 325 Augenschutzreflexe 136 Augenspiegel (Ophthalmoskop) 319 Augenwimpern
324, 325
87 89
— Entwicklung 18 — extrapyramidal-motorisches System 208
301
200
—Morphologie 200 — Motorikregulation
autonomes Nervensystem s. vegetatives
Basalkerne 200 Basalmembran —Blut-Hirn-Schranke 271 Basilaristhrombose 275 Basilarmembran 336
291
Autonomgebiet —Nerven
24
AV-Überleitungsstörungen 77 axoaxonale Synapsen 3 axodendritische Synapsen 3 axonaler Transport 3 — anterograder
—retrograder 3 — schneller 4
3
—-Nomenklatur
206, 207, 208
200
— Verschaltung 205, 206 Basalganglienerkrankungen — extrapyramidale Erkrankungen 208 Basalganglienläsion — Harnblasenfunktionsstörungen 302
—Schwingung 334 Basis stapedis 331 basophile Zellen -Hypophyse 189 Bauchpresse —N. pudendus
50
315
Bewegungsentwurf — Kleinhirn 206 — kortiko-thalamo-kortikale Neuronenschleife — Pontocerebellum 169 Bewegungsentwürfe —Brückenkerne 128 Bewegungsimpulse
—Blutversorgung 279
—Lage
92, 97
207
Augenwinkel —lateraler 312 —medialer 312 Auricula 327 Ausführungsgänge — Schweißdrüsen 346 autonome Blase 302 Nervensystem
205
—-Myelographie 89 — Querschnittslähmung 87 Basalganglien 198, 200, 208, 216
— Funktion 181 —Harnblasenfunktion
— propriozeptive Afferenzen — Sinnesorgane 347 Bewegungsarmut
— Gyrus-cinguli-Läsion 215 Bewegungsdetektion
— Fußheberparese 89
325
— internukleäre Verbindungen
178, 197, 199, 210,
—Retina
— Kernspintomographie —lateraler 87 —medialer 87 —mediolateraler 87
98
Bewegungsantrieb — limbisches System 206 Bewegungsapparat
Ballismus 205, 216 —Ncl. subthalamicus, Läsionen
Augenlid(er) 324 — herabhängendes (Ptose) 324
Augenmuskeln — äußere 311
Beuger-Motoneurone -Hemmung 123 Bewegung — Koordinationszentrum
100
Balken 110, 111 Balken (Corpus callosum) 211, 248, 249, 250, 251 —Fett 245
225
327, 333
—lineare 336 Betz-Riesenzellen 220
—innerer 220
— Afferenzen 225 — Efferenzen 225
227
Beschleunigungswahrnehmung
—äußerer 219
221, 225
341
— korpuskuläre 343 Berührungswahrnehmung
— Pyramidenbahnläsion Baillarger-Streifen
146
Augenfeld, frontales
—unteres
Berührungsrezeptoren
B Babinski-Reflex
Augenbrauen 311, 312 Augeneinstellbewegungen — willkürliche 146 — willkürliche (Sakkaden)
3
azidophile Zellen —-Hypophyse 189
— Zugwirkunngen auf den Bulbus 326
— Fett
Beckeneingeweide — Sympathikus 299 Begleitschielen 326 Bergmann-Gliazellen 158 Berührungsempfindung 96, 182 —feine 120 — feine, Verlust 98 —grobe 120 — somatosensible Bahnen 129
2,7, 19
Axonursprung
391
— Feinabstimmung, Basalganglien 206 — kortiko-thalamo-kortikale Neuronenschleife 206
—Ncl. subthalamicus 207 — Rückmeldung 206 — Striatum 202 — Substantia nigra 207 Bewegungsinitiation 207
— Substantia nigra 139 Bewegungskoordinationsstörungen 207 Bewegungsplan — modulierter 169 Bewegungsstörungen — Behandlung 205 — neurochirurgische Behandlung 205 Bewegungsunruhe — Thalamussyndrom 185 Bewegungswahrnehmung 316 Bewusstseinsstörung
— Thalamussyndrom
185
Bewusstseinsstörungen
— ARAS, Ausfall 141 — vertebrobasilärer Bereich, Durchblutungsstörungen 274 Bewusstseinsverlust
— A. cerebri posterior, Durchblutungsstörung 281
Bewusstwerdung — interpretationsfreie 240
— Körperlage bzw. -bewegung
123
392
Register — Schrankenstörung 272 — Tight junctions 271 Blut-Liquor-Schranke 264 — Ependymzellen 10 Blutungen
Bulbusstellung
— intrakranielle 284 Bogengänge 71, 327, 332, 336
—häutige 333
C Canaliculus — mastoideus
bipolare Zellen
—knöcherne
Canaliculus(-i)
— Retina
Boutons
B-Fasern
5
Bilderkennung — Colliculi superiores 136 Bindehaut
311, 312, 323
Binnenzellen
— graue Substanz, Rückenmark 90 biogene Amine 12 bipolare Neurone 4, 11 315, 318
bitter (Geschmack)
332
3
Bowmann-Membran (Lamina limitans anterior)
339
Bizepsfurche —mediale 38
314
Bizepssehnenreflex
36, 95
Bläschenformation — Flexuren 14 —Neuralrohr 14
65
Blickbewegungen
— conjunctivum —pontis 155
— sakkadierte
—n. hypoglossi 78, 80
— pudendalis (Alcock-Kanal)
320
— semicirculares 332 Cannon-Böhm-Punkt
143
170
Blicklähmung
—interna
293
208
Broca-Sprachzentrum (motorisches Sprachzentrum) 225, 226, 248 — Afferenzen/Efferenzen 225 —Läsion
—Necl. n. abducentis, Läsionen
121
225, 226
— Lokalisation 226
Brodmann-Gliederung
Blickparese — vertikale, Pinealom
— Großhirnrinde 200 Brown-Sequard-Syndrom Bruch-Membran 315
191
Blickparesen
—horizontale 146 —kortikale 146 —vertikale 147 Blickrichtungslähmung
Brücke
—- Commissura posterior, Läsion
146
101
107, 108, 109, 110, 113
Brückenbasis 131 Brückenfuß 131 Brückenhaube 131
Blickrichtungsnystagmus 170, 171 Blickspontanbewegungen (Sakkaden) 236 Blickstabilisierung —-mangelnde 170
Brückenkerne
Blickzentren 145 —kortikale 146
Brückenvenen 282 Brustdrüse 346 Brustkrebs (Mammakarzinom)
— übergeordnete Blickzentrum
146
236
Blindheit —N.-opticus-Läsion
234
—völlige 236 Blutdruck — Mechanorezeptoren
124
Blutdruckanstieg 244 Blütendoldenendigung — Muskelspindeln 347 Blut-Hirn-Schranke 264, 271 — Astrozyten
6, 8, 271
— Basalmembran 271 — Endothelien
271
—Läsionen
— Metastasen
—frontales 146, 225 blinder Fleck 55, 319
113, 128, 161, 163
— Afferenzen/Efferenzen — Funktion 128
50
76, 83, 300
Capsula
143
— Medulla oblongata 140 Broca-Band, diagonales (Stria diagonalis) 146, 225, 236 146
55, 79, 80, 323
—Linse
— Fett
Blickhypermetrie
—mandibulae 64 —n. facialis 67, 329, 330 —opticus
—-Hirnstamm
170
90, 91, 93
— pterygoideus 67, 69
—- Hirndruckerhöhung
Blickfolgebewegungen — Vestibulocerebellum
—centralis
— Sklera 314 Brechkraft
— A. cerebri media, Durchblutungsstörung 146
79, 329
— infraorbitalis 62
313
Brechzentrum — Area postrema
Blick, Fixierung Blickfolge 225
114, 115, 136, 192
155
-horizontale 146 —vertikale 146 Blickdeviation 280
262
—carpi 37
—-Kornea
—N. abducens (VI), Läsion
272
—centralis —caroticus
bradytrophes Gewebe
— übergeordnetes 300 Blickabweichung
—caroticus
— colliculi inferioris — colliculi superioris
225, 300, 301, 302, 303, 304
323, 324
Canalis(-es)
114, 115, 136, 137, 182,
326
74
— ]acrimalis Canalis
Brachioradialisreflex 95 Brachium 239
Blasenzentrum —frontales
— Geradeausblick Buschzellen —Neokortex 218
128
128
29
148
Capsula externa 246, 248, 249, 250, 251, 252, 253 Capsula extrema 245, 248, 249, 250, 251, 253
Capsula interna
179, 199, 201, 221, 222, 228,
245, 247, 248, 249, 250, 251, 252, 253, 255, 279
—Bahnen
246
— Blutversorgung 279 — Durchblutungsstörung 246 — Einblutung 246 — Gliederung 246 —Läsionen
100, 246
— Lokalisation 246 — Teilschädigung 247 Caput — breve (M. biceps femoris) —cochleae 333, 335 —longum 49 —mallei
47, 48
330, 331
— nuclei caudati
201, 252, 253, 254, 255
— profundum 34 — profundum (M. flexor pollicis brevis) 34 Caruncula lacrimalis 311, 312 Cauda — nuclei caudati 201, 251, 252, 253, 254, 255
—N. intercostobrachialis 29
Cauda equina 86, 87
Brust- und Baucheingeweide — Parasympathikus 300
Cavum
Bulbus
— trigeminale 60
— olfactorius
109, 198, 208, 209
Cavum tympani 326, 327, 329, 332, 333 — knöcherne Wand 329
Bulbusachse Bulbus(-i)
312
Cellula(-ae)
— oculi
— mastoideae
121,311, 312
— olfactorius
55, 79, 80, 117
328, 329, 332
Centrum ciliospinale 298 Cerebellum
107, 108, 155, 174
— Primärstellung 326
— Entwicklung
— Zugwirkungen der Augenbewegungsmuskeln
Cerebellum-(Kleinhirn-)bläschen
326
Bulbusposition — Einstellung, N. oculomotorius 56
17
Cerebrocerebellum C-Fasern 5
156
chemische Synapse
4
14
Register Chemorezeptoren — Glomus caroticum
71, 72, 124
— alba posterior 91
D
—anterior
Darmentleerung — Parasympathikus 302
178, 179, 197, 248, 249, 253, 255
— Riechschleimhaut 339 Chiasmaläsion 235
— epithalamica (Commissura posterior)
— Hemianopsie, bitemporale 234
—fornicis
Chiasma opticum
—grisea 90 — posterior 146, 322
178,
— Störungen
179, 192
55, 57, 59, 82, 109, 110, 111,
115, 116, 178, 190, 198, 235, 249, 273, 287, 322, 325 —Fett 234
— Frontalschnitt 248 Chloridkanäle — Transmitter, inhibitorische Cholecystokinin 13
— willkürliche
178,
— lemnisci medialis 130 Defäkation 302 Degeneration
Chorda dorsalis
14
Chorda tympani
64, 67, 68, 69, 330, 331
—frontale (Ventriculus lateralis) 261, 262 —laterale 90 — occipitale (Ventriculus lateralis) 261, 262 — posterius 90 —temporale (Ventriculus lateralis) 261, 262 Corpus(-ora)
203, 210
—-Bewegungen
203
— Grimassieren
204
—-Huntington
— amygdaloideum
203, 204
— Cciliare 312, 315, 321 —fornicis 211, 253 — geniculatum laterale
chromophobe Zellen —-Hypophyse 189 Cilia
183, 188, 201, 208, 209, 210,
55, 114, 117, 234, 235,
Cingulum 212, 215
— geniculatum laterale (CGL)
Circulus arteriosus cerebri (Willisi) 271, 273,
— geniculatum mediale 114, 137, 239
— Durchblutungsstörungen 275
— geniculatum mediale (CGM) —incudis 331
— Subarachnoidalraum
—-mammillare
275
Cisterna — ambiens
275
—restiforme 267,
268
— chiasmatica
267, 268, 273
—interpeduncularis 267 — interpeduncularis (intercruralis) 268 — magna (Cisterna cerebellomedullaris)
180, 182 180, 182
109, 110, 111, 116
—-mammillaria 135, 178, 185, 187, 197, 198, 210, 211, 215, 248, 250
267, 268
—basalis 268 — cerebellomedullaris (Cisterna magna)
Dendriten
19
—Bildung 15 —Neurone 2 — Spines (Dornen) 2 dendritisches Axon 4
Denkstörungen — Schizophrenie 213 dense core vesicles 3 —-Membranen 12 Depression 216
237, 236
311, 324, 325
— Großhirnneuronen, Degeneration 220 — Vorderhirnstrukturen 210
Depolarisation
245, 248, 249, 250, 251, 254
314
—Nervenfasern 6 Dehnungsreflex 93 Demenz
— callosum 110, 111 — callosum (Balken) 178, 197, 199, 210, 211,
—Ncl. ruber, Läsion 138 Choroidea 312, 314
—Funktion
213, 214, 248, 251
215, 248, 250, 254, 255
choreatisch-athetotische Bewegungen
38
Decussatio
267, 286
Cornu —- ammonis (Ammonshorn) —anterius 90
Chorea
—Innervation
Declive 157
179, 192
cholinerge Neurone 12 — postganglionäre 296 cholinerge Rezeptoren 296
— speziell-viszerosensible Fasern 67
302
Daumenballenmuskulatur
— posterior (Commissura epithalamica) Conus medullaris 85, 86 Cornea (Hornhaut) — Entwicklung 18
— präganglionäre Fasern 63
302
— Sympathikus 302
188, 211
Confluens sinuum
12
155
— striatum s. Striatum 200 —trapezoideum 131, 238, 239 —vitreum 321 Cortex 13
— noradrenerge Zellgruppen 144 — serotoninerge Zellgruppen 144 Depressorzentrum — Kreislaufzentrum 143 Dermatome
25
— Doppelinnervation 26 Dermis
340, 341
Desakkommodation — Zonulafasern, Anspannung 321 Descemet-Membran (Lamina limitans posterior) 314
Detrusorkontraktion —Harnblase 301 Diabetes insipidus
185, 190
—cerebralis 108 Cortex lentis 320 Corti-Organ 334, 335 —Funktion 334 —Stützzellen 335 Corti-Tunnel 335
— Hypophysenhinterlappenausfall
CRH (Corticotropin-Releasing-Hormon) —Necl. paraventricularis 186
— Fett 208
Diaphragma sellae 188, 265
— mikroskopische Anatomie 335 — Schädigung 336
Crista(-ae)
Diarrhöe
—ampullaris 336, 338
— Hirschsprung-Krankheit 306
Colliculus(-i)
Crus(-ra)
Diazepam —-GABAerge Synapsen
267
— pontomedullaris 267 Cisterna magna (Cisterna cerebellomedullaris) 268 Claustrum
199, 248, 249, 250, 251, 254, 255, 279
Clivus 273 Cochlea
— facialis
71,233, 239, 327, 332, 333, 336
114, 122, 131
—inferiores 322
114, 115, 123, 136, 137, 239, 252,
—superiores
— anterius
—breve
245, 246
330, 331
—cerebri
114, 115, 118, 136, 137, 146, 225,
109, 113, 114, 115, 116, 119, 135, 136,
147, 148, 221, 222, 251
—fornicis
234, 252, 322
211, 253, 255
Collum
—longum 330, 331
— chirurgicum 38
— posterius 245, 246 Culmen 156, 157
Columna(-ae) —fornicis 211, 253 Commissura — alba 96, 97 — alba anterior
Cuneus —Fett
90, 91
Cupula Curare
393
197 198
337, 338 13
190
Diabetes mellitus
— Augenhintergrundveränderungen
319
— Neuropathie, autonome 293 Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
186
diagonales Band von Broca (Stria diagonalis)
12
Diencephalon (Zwischenhirn) 116, 177, 192
— Entwicklung
107, 109, 114,
17, 18
— Randstrukturen 179 — Strukturen 116 — Ventrobasalansicht 116 Diencephalon-(Zwischenhirn-)Bläschen 18
Diozele 19 Discus —n. optici 319
14,
394
Register
— intervertebrales 87 —n.optici
Enophthalmus —- Horner-Syndrom 298
Dystonie 203 —Fett 204
Discus(-i) 55
enterisches Nervensystem
Diskushernien 87
E
Dopamin
Ebner-(Spül-)Drüsen
13
— Basalganglien, Verschaltung 206 — Formatio reticularis 143 — Parkinson-Syndrom 140, 203
— Zungenpapillen 340 Edinger-Westphal-Kern (Ncl. accessorius n.
— Substantia nigra 139 Dopaminantagonisten
—Käsionen 120 Edinger-Westphal-Kern (Nucleus(-i) — accessorius n. oculomotorii) 136
— Chorea Huntington —Schizophrenie 144
204
oculomotorii)
efferent
dopaminerge Neurone
— Formatio reticularis 143 — mesenzephale 143 —nigrale 205 — Schizophrenie 144 Doppelbilder
— speziell-viszeromotorische Eigenapparat
—Ncl. n. oculomotorii, Läsion 119 —Ncl. n. trochlearis, Läsion 120 -N. oculomotorius, Läsion 56 -N. trochlearis, Läsion 58
— Ophthalmoplegie, internukleäre 146 — Schielen 326 Doppelinnervation —-Dermatome 26 Dornen (spines)
— alkoholische 187 Ependym
116
263
Ependymome
8 6, 9, 19
— Blut-Liquor-Schranke 10 246
—Liquorräume
6
— Sekretions- oder Resorptionstätigkeit 9 — Ventrikel 9
— Kleinhirntonsillen 155 —obere 265 — Sinus- und Hirnvenenthrombose
Epidermis
—untere
Ejakulation 303
Dorsum sellae 66, 80
Epilepsie —-Hippocampus 212 Epineurium 10
Eminentia mediana
186, 188, 189
emotionale Funktionen — Kleinhirn 170 emotionale Gedächtnisinhalte emotionale Leistungen
Epiphyse 114, 119 Epiphyse (Epiphysis)
Drüsen
—holokrine 344
emotionales Lernen 214 emotionale Vorgänge
Epithalamus
— cochlearis
332, 333, 335
— endolymphaticus — nasolacrimalis
—reuniens
— serotoninerge Zellgruppen Emotion in Lokomotion
332
—Nel. accumbens
323, 324
— semicirculares
333, 336
durale Sinus s. Sinus durae matris 286 Dura mater
144
204
265, 267
— Duplikaturen 267 — spinalis 87, 90 Durchblutungsstörungen — A. cerebri anterior 277 — A. cerebri media 280 — A. cerebri posterior 280 — Capsula interna 246 — Cochlea, Schädigung 336 — Hippocampusläsion 212 —spinale 103
14
196
— synaptische 2, 3, 5 Endköpfchen — synaptisches 5 endogene Schmerzunterdrückung
Dynein 4 Dynein axonaler Transport
—langsamer 4 Dynorphin 13, 202 Dysarthrie 170 —zerebelläre 171
144
10
Dyskalkulie (Rechenschwäche)
dysrhaphische Defekte
14
232
— Hypothalmusfunktionszentren, Zerstörung 187
Extensorenmuskelloge 47 Exterozeption
124
23, 96, 97
— Verlust 98 exterozeptive mechanische Impulse der Haut 97
exterozeptive Schmerzafferenzen 271
Enkephalin 187 Enkephaline
303, 304
Extensoren-Spasmus
Endorphine 13 endorphinerge Zwischenneurone 92 170, 171
Erektion
Erregungszustand 183 Esssuchtartige Symptome
332, 333, 334, 337
Endothelien —Blut-Hirn-Schranke
— Dopaminantagonisten 143 — Serotoninantagonisten 143
— psychogene 303 Erregungsleitung — saltatorische 7
Endkolben
Endoneuralscheide — Regeneration 6 Endoneurium 10
18
Erb-Punkt 29 Erbrechen
Endhirn s. Großhirn (Telencephalon Endknöpfchen — synaptische 2, 3
Endolymphe
177, 191, 192
Erblindung — Netzhautablösung (Ablatio retinae) 318
97, 101
Endhirn 107 Endhirnbläschen
191
Eponychium 345, 346 Equator bulbi 311, 325 Erb-Lähmung (Plexuslähmung, obere) 33
Empfindungsstörung — dissoziierte
Dysdiadochokinese
— Entwicklung
Emotionslokalisation — Gehirn 210
332
177, 178, 191,
193, 252, 263
— Melatonin 191 Epiphysentumoren
Ductus
110, 111
Epiphyse (Glandula pinealis)
215
—limbisches System 216
97
341
Epiduralanästhesie 88 Epiduralblutung 269, 284, 285 Epiduralraum 88, 90, 267 epikritische Sensibilität 97, 129, 228
14
Eminentia —mediana 263
340, 341, 342
— Sinnesrezeptoren 282
155, 265
elektrische Synapse 4
Druckrezeptoren
—Liquorraum Ependymzellen
— Pyramidenzellen 218
—korpuskuläre 343 Druckwahrnehmung
116
212
— Hirngefäß, Ruptur 273 Einklemmung
Ektoderm
Drehbeschleunigung 336 Druckempfindung 96, 149, 227 —Bahn 229
305
— Herpesvirus-induzierte Enzephalopathie
—- Rückenmark 93 Einblutung — Capsula interna
306
— Struktur und Verbindungen 305 Entorhinaler Kortex 208 Enzephalitis
11
— allgemein-viszeromotorische — somatomotorische 115
12
— Störungen — Transmitter
11, 19
Efferenzen
— Übelkeit/Erbrechen 143
56, 119, 120, 192, 300, 301, 322
291, 300, 304, 306
— Afferenzen 305 — Efferenzen 305 — Funktion 306
12, 13, 202
extrapyramidale Bahnen
92
95, 99, 100, 101
extrapyramidale Erkrankungen — Basalganglien, Erkrankungen 208
Register extrapyramidales System 96 Extrapyramidalmotorik 135 —Nel. ruber 166 — Substantia nigra 139 extrapyramidalmotorische Bahnen — Formatio reticularis 141 extrapyramidal-motorisches System — Basalganglien 208
Fazialisläsion — Gesichtsmuskulatur
68
Fazialisparese 324
—Gehirn
Flüssigkeitsaufnahmeverhalten — Hypothalamus 185
16
Liquor 264 Extremität(en)
Felderhaut 340 Felsenbeinpyramide 79, 80, 266, 333
—obere 33
—cochleae —vestibuli
—untere 43
Extremitätenmuskeln —distale 100 — proximale, Bewegung 168 exzitatorische Aminosäuren 13 exzitatorische Neurone
— Pyramidenzellen 218 exzitatorische Transmitter
223
—cerebelli 155, 157 —vermis 157
Fenestra
25
12
Follikelstimulierendes Hormon (FSH) Foramen(-ina) —infraorbitale 62 — infrapiriforme
329, 332 329, 332
— intervertebrale
—Linse 321 Fibra(-ae)
— ischiadicum majus 50
— amygdalofugales ventrales (Mandelkernstrahlung, basale) 209
— jugulare
71,72, 73, 74, 77, 79, 80, 286
—lacerum
67, 72, 79
—arcuatae cerebri 245
—-magnum
— cerebellorubrales
— mandibulae
137, 138
— corticorubrales
— obturatum
—corticostriatales 201 — cuneocerebellares 98
Farbwahrnehmung — Zapfenzellen 315
— pontis transversae
241, 243, 245
—radicularia 85 —terminale 85
146, 147, 150, 232 150, 188
— longitudinalis superior 245 — mammillothalamicus (Vicq-d‘Azyr-Bündel) 183, 187, 211, 212 —medialis 31, 32, 33, 35, 36, 37
— medialis telencephali 188 262
Fazialiskerne 122 —Läsionen 122 —s.a. Ncl. n. facialis
—s.a. Ncl. salivatorius superior 122 —s.a. Ncl. tractus solitarıi Fazialisknie 69 — äußeres 67, 68 —inneres 119, 122, 131
122
Fazialislähmung —periphere 122, 148 — zentrale
148
Fazialislähmung/-parese 68 —periphere 68 —zentrale
68
— olfactoria
54, 79, 115, 339
Forceps — frontalis (Forceps minor) 245 — occipitalis (Forceps major) 245 254
Forel-Achse
107, 111 92, 100, 113, 130, 131, 140,
Fissura —horizontalis
— Atemregulation, zentrale — Atemzentrum 141, 142
156
—mediana anterior
143
— extrapyramidalmotorische Bahnen —Funktionen 109, 196, 198, 199, 211,
116
156
17, 155, 156, 157, 255
141
140
— Kreislaufzentrum
—longitudinalis cerebri 250, 251, 252, 253
143
—-Dopamin 143 — dopaminerge Zellgruppen
Fimbria —hippocampi 213, 214
—prima
— stylomastoideum 68 — supraorbitale 60 — suprapiriforme 45
161, 165, 303
— posterior superior 122
333
Forceps occipitalis (Forceps major) 245,
— orbitalis inferior 62, 323 — orbitalis superior 56, 58, 59, 60, 65, 66, 79, 80, 81, 323
31, 32, 33, 39
43
Formatio reticularis
—Jateralis 31,32, 33, 36, 37 — longitudinalis medialis 130, 131, 136, 145,
Fastigium
8
293
Filum(-a)
— posterior
131
— pontocerebellares 163 —reticulospinales 99, 100 —strionigrales 139
—cuneatus 96, 97, 98, 99, 114, 128, 228, 230 _ gracilis 96, 97, 98, 99, 114, 128, 228, 230
— longitudinalis posterior 122, 130, 131, 136,
63, 64
— ovale 64, 79, 80, 333 —- rotundum 62, 79, 80 — spinosum 79, 80, 268, 333
— Peroneuslähmung 48 fight and flight-(Flucht- und Kampf-)Prinzip
Fasciculus(-i)
63
— occipitale magnum
—frontopontinae 147 —nigrostriatales 139 — olivospinales 127
fibrilläre Astrozyten Fibulafrakturen
Fascia —]Jata 41 —arcuatus
137, 138
50
77, 79, 80, 85
Fallhand —N.-radialis-Läsion
232
85, 89
— ischiadicum minus
— mentale
—N.-vestibularis-Läsion 70 — vestibulärer Kortexareale, Läsionen Falx —cerebelli 265 —cerebri 265, 266
262
Ferneinstellung
—corticonigrales 139
Fallneigung
189
45, 50
— interventriculare (Monroi)
F 39, 40, 52
17, 20
Folium(-a)
extrazelluläres Milieu, Konstanterhaltung durch
— Innervation, segmentale
16
— sensible Hirnnervenkerne
Feinmotorik 99 —distale, Ataxie 171 137
16
—Neuralrohr
Fehlbildungen
— Gyrus precentralis —Störungen 100
extrapyramidalmotorisches System
Flügelplatte 16, 17 — Abkömmlinge 19, 20 —Derivate
— Lidschluss, fehlender
395
141, 142, 143
—laterale Zone 140 —mediale Zone 140 — mediane Zone 140 — mesenzephale, rostrale
145, 146
— Miktionszentrum 301 —- monoaminerges System 143 — monoaminerge Zellgruppen 220
— motorische Systeme 142
—secunda 17 Fissura(-ae)
— motorisches Zentrum
—longitudinalis anterior 98, 101 —longitudinalis cerebri 249
— noradrenerge Zellgruppen 144 — paramediane, pontine (PPRF) 144, 145, 146,
—mediana anterior
— Noradrenalin
85, 86, 90
147, 225, 147
— Rhythmusgeneratoren, Ausfall, ParkinsonSyndrom 140 — Schlaf-Wach-Rhythmen 140
Flexoren
— Aktivierung 137 Flexuren —Bläschenformation
141
143
14
—Serotonin
143
Flintenrohrgesichtsfeld — Retinitis pigmentosa 319
— serotoninerge Zellgruppen 144 — vegetative Steuerzentren 293
Flocculus
— Vestibulariskerne, Efferenzen
155, 156, 164, 165
123
396
Register
Fornix 110, 114, 178, 187, 188, 197, 210, 217, 245, 250, 251, 252
— conjunctivae 325 — conjunctivae inferior 323 — conjunctivae superior 323
Gangataxie
— emotional betonte 210
98, 170, 171
Ganglien —Histologie
— emotionale
— explizite 215 —- implizite 214
11
—-motorische
214, 215
11
Fossa
— Parasympathikus 294 — parasympathische 294, 300 — paravertebrale 294, 297 — Perikaryen 11
— visuelle 214 Gedächtniskonsolidierung 214 Gedächtnisleistungen
— infratemporalis 72
—periphere
— Septum pellucidum
— Horizontalschnitt
—Lage
253
211
— interpeduncularis 56, 118
-rthomboidea
115, 116
—hypophysealis —intercruralis Fovea —centralis
Gehirn
— Sympathikus
— Arterien 272
— vegetative
— Hippocampus
294
54, 293, 294
Ganglienhügel 19 — Basalganglien, Entwicklung
188 251
198, 199, 248, 249, 253
Ganglienzellen
318, 319, 323
—multipolare 317, 318 — pseudounipolare 120
18
2,6
Fovea(-ae)
— Retina
—centralis 236 Foveola —retinae 316 Fremdreflexe 93, 94
Ganglion(-ia)
— primitive 99
— cervicothoracicum (stellatum)
315, 316, 318
— cervicale inferius 298, 299 — cervicale medium 298, 299
— cervicale superius 298, 299 298, 299
frontales Augenfeld 221
—ciliare
— Afferenzen 225 — Efferenzen 225
— cochleare (= Ganglion spirale cochleae) 70
— Fett
— coeliacum
225
—Läsion 225 frontales Blasenzentrum 225, 300, 301, 303 —Läsion 302, 304 frontales Blickzentrum 225 Frontalhirntumoren 226 Frontallappen 108, 109, 196, 197, 198, 209, 227,
— Entwicklung
199
FSH (Follikelstimulierendes Hormon)
189
—]ateralis 114 Furchen — Großhirn 108
Gehörgang, äußerer 327, 328
— oticum
— Innervation
— Röntgen-Angiographie
54, 63, 72, 73, 74, 83, 294, 301 54, 60, 61, 62, 67, 68, 69,
— Bandscheibenvorfall
298, 299
89
G GABA 205 — visuelle Impulse 318 GABAerge Interneurone 92, 93 GABAerge Neurone 12, 201 GABAerge Synapsen —Diazepam 12 GABA (y-Aminobuttersäure) 12, 13
GALT (gut-associated lymphoid tissue)
Gehörknöchelchen
326, 327, 329
—- Myoklonus
Genu
128
— capsulae internae 245
— Abweichung zur gesunden Seite 72 Geburtsschmerz —N. pudendus, Blockade 50 Gedächntisstörungen 215
— corporis callosi
— anatomische Grundlagen 214, 215 Gedächtnisinhalte — auditorische 214
328
333
Gaumenzäpfchen (Uvula)
— Corpus mammillare — prozedurales 215 306
—innere
Gaumenmuskulatur
168
Gedächtnis
— Basalganglien, Verschaltung 206 —Nicht-Pyramidenzellen 218
— topographische Beziehungen
— Funktion 329 — Schallübertragung 330, 331 — Verlust 330 — von medial 331 Gelenkrezeptoren 228, 347 Genitalfunktionsstörungen 304 Genitalorgane — Parasympathikus 300, 302 — Sympathikus 302 — vegetative Kontrolle 302, 304 Gennari-Streifen 236
— Parasympathikus 300 — Sympathikus 299
Fußheberparese
328
— Zeruminaldrüsen 328 Gehörgang, innerer 333 Gehörgangsöffnung
Gastrointestinaltrakt
196
344
281
— Schallwellenverstärkung 328
— pterygopalatinus 69 — spirale 238, 335
Gangmotorik — Spinocerebellum
Furchen, Großhirn s. Sulcus(-i)
281
— mesentericum inferius 299 — mesentericum superius 299
297
— submandibulare 54, 63, 67, 69, 83, 294, 301 —superius 71,73, 74 — trigeminale 228, 229, 230 — trigeminale (Gasseri) 57, 60, 61, 62, 73, 79, S0 — vestibulare 70, 71
Funiculus(-i)
— Basalansicht 109 — Blutversorgung 271, 290 — Definitionen 107 —- Emotionslokalisation 210 — Entwicklung 199 — Fehlbildungen 16 — Gefäßsystem 277 — Gliederung 107 — Lateralansicht 108 — Medialansicht 110 — Mediosagittalschnitt 110 — topographische Achsen 107 — topographische Beziehungen 107 Gehirnentwicklung — äußere 17 Gehirngefäße
—inferius 71,73, 74, 124, 125
—impar
— stellatum (cervicothoracicum)
Fundus oculi 319 Funiculus — anterior 85, 86, 90 —lateralis 85, 86, 90 — posterior 85, 86, 90
1
— Kontrastmittelinjektion 281 — Magnetresonanz-(= Kernspintomographie-) Angiographie 281
— geniculi 67, 69
83, 294, 301
Frontalpol 196
212
— Kernspintomographie
299
— pterygopalatinum
196
Furunkel
296, 297
— prävertebrale 298
249, 250, 251, 252, 253, 255, 256 —Fett
54, 56, 57, 58, 61, 83, 294, 301, 322
— coeliaca
208
Gedächtnisstörungen
294, 296, 297
— pseudounipolare 24 — sensible 11, 293 — sympathische 294
114
Fossa(-ae)
—]ateralis
11, 19
— prävertebrale
— interpeduncularis (intercruralis) —Jateralis 279 —pterygopalatina 62, 67, 323
— vegetative 215
215
197, 252, 253, 255, 261
Geradeausblick — Bulbusstellung 326 gerichtete Aufmerksamkeit Geruchsorgan 337, 339 Geschlechtsorgane — Sympathikus
180, 183
299
Geschmack 244 Geschmacksafferenzen — speziell-viszerosensible 244
Register Geschmacksbahn — speziell-viszerosensible 244 Geschmacksempfindung 339 — Bewusstwerdung 122
—zentrale 6, 8, 10 — Zentralnervensystem
—N. facialis (VII) 67
Gliedmaßenataxie
Geschmacksfasern - Endigung im Nell. tractus solitarii 122
Glioblasten 14 Gliome 8 globale Aphasie
-N. facialis (VII)] 67, 69
Großhirnneurone — Degeneration 220
9
Gliazellen (Ependymzellen)
Großhirnrinde
— Liquorraum
Großhirnrinde (Kortex)
263
—A, cerebri media, Durchblutungsstörung
—Innervation
Globus pallidus (Pallidum)
280
— Sinneszellen 340 — Stützzellen 340 Geschmacksporus 340 Geschmacksrezeptoren —- Zunge
—-Läsionen
Geschmacksorgan
177, 192, 193, 198,
199, 200, 201, 202, 248, 249, 254
— Afferenzen 204 —Efferenzen 204 —Entwicklung 18 —Funktion 204
339, 340
339
204
— motorikhemmende Anteile 204
— Lähmung, schlaffe, Fazialisläsion
Glutamat
68
Gesichtsversorgung, sensible
Globus pallidus (Pallidum)) Glomeruli cerebellares
204
159, 160, 161
Glomeruli (Riechschleimhaut)
208
124
—s.a. Ncl. ambiguus 124 —s.a. Nell. tractus solitarii 124 —s.a.Ncl. salivatorius inferior 124 Glossopharyngeusläsion 72 12, 13, 92, 165, 205
— Basalganglien, Verschaltung 206 —Pyramidenzellen 218
—Jacrimalis 61, 323, 324 —parotis 68, 72 —pinealis 114, 119
Glycin
12, 13, 92
— visueller Impulse 318 glycinerge Interneurone
177, 191, 193, 252, 263
— sublingualis 67, 69 — submandibularis 67, 69
—Lateralansicht — Medialansicht
196 197
— Sagittalschnitte 254, 255 —Strukturen
116
92, 93
Golgi-Rezeptoren 347 Golgi-Zellen —Kleinhirn 160 G-Proteine
— Innervation
108
49
Growth cones (Wachstumskegel)
124
glutamaterge Pyramidenzellen 213
— pinealis (Epiphyse) —sebaceae 344
198
Großzehenmuskulatur
71
Glossopharyngeuskerne
—]lacrimales 311
189
— Basalansicht
—Mechanorezeptoren
Glandula(-ae)
60
glandotrope Hormone
— Bahnsysteme 245, 247
—- Windungen 196 Großhirnwindungen
— visuelle Impulse, synaptische Übertragung 318 glutamaterge Neurone 12
— Nervus(-i)
Großhirn (Telencephalon) 107, 108, 196 — Afferenzen 220 — Ansicht von der Seite 196
Glomus caroticum 71, 73 — Chemorezeptoren 71, 72, 124
—Läsionen
198, 199
— Frontalschnitte 247, 248, 250, 251 —Furchen 108, 196 — Gestalt, äußere 196 — Gliederung 196, 199, 216 — Horizontalschnitte 252, 253, 254
Geschmackswahrnehmung 124 Gesicht — Sensibilitätsausfall 121 Gesichtsbewegungen — emotional ausgelöste 224 — nicht-emotional ausgelöste, willkürliche 224 Gesichtsfeld —laterales 234 Gesichtsfeldausfall — Sehstrahlungsläsion 236 —- Temporallappentumoren 234 Gesichtsfeldausfälle 56 Gesichtsmuskulatur — Steuerung 224
13, 108
— Brodmann-Gliederung 199, 200 — Langzeitgedächtnis 214 — primäre, sensible 197
170, 171, 172
Geschmacksinformation 244 Geschmacksknospen 340 76
397
12
15
Grundplatte 16, 17 — Abkömmlinge 19, 20 —Derivate 16 — motorische Hirnnervenkerne
—Neuralrohr 16 grüner Star (Glaukom) Grus(-i)
17, 18, 20
321
— angularis 196, 241, 243 — cinguli 196, 197, 248
— dentatus 197 — frontalis inferior 196, 248 —frontalis medialis 225 — frontalis medius 196
— frontalis superior 196 — hippocampi (Gyrus parahippocampalis)
198
—orbitales 198 — parahippocampalis (Gyrus hippocampi)
198
- postcentralis 196, 197, 220, 229, 230 - precentralis 196, 197, 218, 220, 223
—tarsales 324
granulärer Kortex 220
Glandulae(-ae)
Granulationes arachnoideae (Pacchioni-Granulationen) 267
—rectus
grauer Star (Katarakt, Linsentrübung) 321 graue Substanz 19 —Kleinhirn 157 —Medulla oblongata 130
— temporales transversi (Heschl-Querwindun-
— Rückenmark
— temporalis superior 196, 197 Gürtelrose (Herpes zoster)
—sebaceae 324 Glashaut
344, 345
Glaskörper 321 Glaskörperraum
312
Glaukom (grüner Star) 321
Gleichgewicht 123 Gleichgewichtsorgan 327 Gleichgewichtsstörungen 124 — vertebrobasilärer Bereich, Durchblutungsstörungen 274
Gliagewebe 6, 10 Gliagrenzmembran — Ääußere
316, 317, 318
—innere
316, 317, 318
-ZNS
13, 90, 91, 95
13
— supramarginalis gen)
196
197
— temporalis inferior
196, 197, 198
— temporalis medius
196, 197
—N. ophthalmicus 61
Gravitation 336 Gray-II-Synapsen 3 Gray-I-Synapsen 3 Grenzstrang 294, 296
Gürtelrose (Herpes Zoster)
27
gustatorische Bahn 244
—Bauch- und Beckenteil 299 —Brustteil 298 —Halsteil 298
Glianarben 8 Gliazellen 6, 19
Grenzstrangganglien Grimassieren
-Hirntumoren 8 — Markscheidenbildung
—periphere 6, 8
—Chorea 204 Großhirnbläschen 20 Großhirnhemisphären
— Überblick 6
Großhirnkerne (Nuclei)
6
198
gustatorischer Kortex — primärer 244 Guyon-Loge 34 Gyrus
— cinguli 180
298
Gyrus(-i) 108, 196 — angularis 197, 232, 240, 242
111 198
— cinguli 110,210, 211, 212, 215, 216, 217, 249, 250, 251, 301 —dentatus 198, 210, 211, 213, 214, 255
398
Register
— frontalis inferior
— — — —
Harnblasenfunktionsstörungen 302
196, 225
frontalis medius 196 frontalis superior 196 frontalis superior medialis 301 hippocampi (Gyrus parahippocampalis)
—-neurogene
197,
198, 211, 215, 251, 255
— orbitales 198 — parahippocampalis (Gyrus hippocampi)
197,
_ postcentralis
108, 111, 149, 197, 228, 231
108, 111, 197, 216, 220, 221, 222,
— supramarginalis 197 — temporales transversi (Heschel-Querwindun-
gen) 239, 250 Gyrus parahippocampalis (Gyrus hippocampi) 251 H Haarbalg 344, 345 Haare 344, 345 — Matrixzellen 344
— mikroskopische Anatomie 344, 345 —Wurzelscheiden 345 Haarfollikel 344 — Infektionen, bakterielle Haarkutikula 344, 345 Haarmark 345
299
Herzbeutelentzündung (Perikarditis)
— Abwehrfunktionen 341 — Funktionen 340 —- Kommunikationsfunktionen 341 — korpuskuläre Rezeptoren 343 — mikroskopische Anatomie 342 — Nervenendigungen, freie 343 —Schichten 341 — Schmerzrezeption 343 — Schutzfunktionen 340 — sensible Versorgung 24 — Sinnesfunktionen 340 343, 346
Hahnengang 53 — Peroneuslähmung 48 Halbseitenlähmung 280
hämorrhagischer Insult 273
Harnblase 302
301
— Sphinktererschlaffung 301
-N. laryngeus recurrens, Läsion 74, 77
Harnblasenentleerung (Miktion)
— Parasympathikus 301 — physiologischer Vorgang
301
301
197, 239, 250
Hiatus — canalis n. petrosi majoris 79, 80 — canalis n. petrosi minoris 79, 80
126
85, 86, 90, 91
98
— Sensibilität 97 — somatotopische Gliederung 97 — Verlauf 97
234
Hinterstrangkerne — Afferenzen 128 — Efferenz 128 — Fett
113, 128
228
— A. cerebri posterior, Verschluss 281
—s.a. Ncl. cuneatus
—bitemporale
—s.a. Ncl. gracilis 128
190, 234, 235
280, 235, 236, 236
—N.-opticus-Läsion
235
— Thalamussyndrom Hemiballismus 205
185
— Ncl. subthalamicus, Läsionen
Hemisphären
196
— Entwicklung
18
—Rotation
199
128
Hinterstrangsystem —Bahn 228 Hinterwurzeln — Rückenmark 17, 99 Hippocampus 180, 197, 210, 211, 212, 213, 215, 217, 248, 250, 251
205
Hemineglect 232
— Mediainsult 280
107
Hinterstrangbahn 230 Hinterstrangbahnen 95, 96, 97, 98 —Läsionen
332, 333, 335
280
300, 301, 304
versi)
— Rückenmark
— Hirnstamminsult 275 — Thalamussyndrom 184 Hemiparkinson 140 Hemiplegie — A. cerebri media, Durchblutungsstörung
32
Heschl-Querwindungen (Gyri temporales trans-
Hinterstrang
Hemiparese
Hand
— rechter, Afferenzen des Ncl. tractus solitarii 125
— sensible Neurone 90
Heiserkeit
236 -homonyme
Hammer 326, 327, 329, 331 Hammer-Amboss-Gelenk 331 Hammergriff 327, 328, 329, 330, 331 Hammerkopf 329, 330, 331
Herztätigkeit — Sympathikus 291 Herzvorhof
— Rückenmark 90, 92 — Seitenventrikel 252, 261, 262
— Corpus geniculatum laterale, Läsion
— Schizophrenie 213
304
Hinterhirn (Metenzephalon) Hinterhorn
280
— Hirnstamminsult 275 Halbseitenläsion — Rückenmark 101 Halluzinationen
—Head-Zonen
— Olivenkernkomplex
304, 305
Hemianopsie
Herzinfarkt
Hilum
— A. cerebri media, Durchblutungsstörung
— A. cerebri media, Durchblutungsstörung
31
— saphenus 42
Hell-dunkel-Wahrnehmung — Stäbchenzellen 315 Hemianästhesie
177, 178, 191
27
— Parasympathikus 300 — Sympathikus 298
340, 346
Helicotrema Helix 327
Haarzwiebel 344, 345 Habenula 252, 253
— vegetative Kontrolle
Herpes Zoster (Gürtelrose) —N. ophthalmicus 61 Herz
Haube 130 Haubenbahn —zentrale 137, 150 Haut
109
Herpesvirus-induzierte Enzephalitis —- Hippocampusläsion 212
Harnwege, ableitende — Parasympathikus 300
Head-Zonen
334
— Detrusorkontraktion
—cerebelli
Hautnerven — Extremität(en) 33, 43 Hautversorgung — Sympathikus 298
— Kontraktion, schwingungssynchrone
—autonome
Harninkontinenz 51,223, 225 Harnkontinenz 50, 301
Hemispheria
— Spaltlinien 342 — Stoffwechselfunktionen 341 — Thermorezeption 344 Hautanhangsgebilde 344, 346 Hautfarbe 341
Haarrinde 345 Haarschaft 344, 345 Haartrichter 344, 345 Haarwurzel 344, 345 Haarzellen 334 — äußere 334, 335, 336 —innere 334, 335
—Nerven
— Seitenventrikel 261
— Sinnesorgane 344
Haarpapille 344, 345
Habenulae
Harnblasenverschluss — Sympathikus 301
— Sympathikus
198, 210, 211, 215, 255 —precentralis 223
302
Hemisphärenbläschen 14, 199 Hemisphärenrotation 19
— Afferenzen 211 — Alzheimer-Demenz — Efferenzen 211
213
— Entwicklung 199 — Epilepsie 212 — Frontalschnitt, mikroskopischer 214 — Funktion
212
— Gedächtnisstörungen 212 —Histologie 213 —Lage 211 —Läsionen 212
— Schizophrenie 213 — Stammzellen
5
Register Hirnarterien — Aneurysmen 276 —Stenose 271 — von lateral 279 Hirnbläschen
Hirnstamm
—Bahnsysteme
Hunger
113
— Kleinhirntonsillen, Einklemmung
155
—Frontalschnitt 251 —Hirnnervenkerne 117, 118
—CT
—Läsionen
Hypästhesie 24
100
— parasympathische Zentren 293
— Hydrozephalus 264 Hirngefäße
—venöser Abfluss 286 —Ventralansicht 115 281
—eitrige 287 Hirnhaut/-häute (Meningen)
— Parasympathikus
1, 264, 269
— Blutversorgung 268 — Durchblutungsstörungen 269
Hirntumoren
—harte
Hirnvenen
300
— A. carotis interna, Verschluss
273
—tiefe
184
282, 283, 285
Homunculus Hörbahn
— Durchtrittsstellen durch die Schädelbasis 79
— Projektionsgebiete
— sensible 117 Hirnnervenganglien
220, 228, 247
137, 150, 238, 239
— Afferenzen/Efferenzen —Capsula interna 246 — Colliculi inferiores
117
11, 293 148
—Retina
125
— Adenohypophyse 189 — glandotrope 189 —Neurohypophyse 189 Horner-Syndrom 298
— — — —
Hirnstamm 117, 118 Lokalisation 119, 125 motorische 17, 18, 20, 222 sensible 17, 20
Hörnerv 70 Hornhaut 312, 314
— somatomotorische
speziell-somatosensible 117 speziell-viszeromotorische 117 speziell-viszerosensible 117 Zervikalmark, oberes 117, 118
—Läsionen 147 Hirnschenkel s. Crus(-ra) cerebri Hirnschwellung 265 266
— Sinus- und Hirnvenenthrombose 282
— Pfortaderkreislauf/-system
186, 189, 190
190
Hypophyse (Hypophysis)
109, 110, 111
Hypophysenadenom 190 —-MRT 191 Hypophysenhinterlappen (HHL)
178, 188, 193,
263
— Ausfall, Diabetes insipidus 190 — Histologie 190 Hypophysenstiel 110, 111, 116 Hypophysenstiel (Infundibulum) 178, 188, 248, 250
Hypophysentumoren — Hemianopsie, 190
—hinteres Hörrinde
314
—primäre
137, 233, 239, 240, 250
Hypophysenvorderlappen 178, 189, 191 Hypophysenvorderlappen (HVL) 188, 193 — Histologie 190
—Fett
Hypothalamus 109, 111, 177, 178, 183, 185, 188, 190, 192, 193, 248
239
Hortega-Zellen 9 —s.a. Mikro- oder Mesoglia 9 Hörverlust — Gehörknöchelchen, Verlust
190
- Tumoren 190 Hyposmie 55
240, 241, 242
Hörstrahlung 239
135
190
— Entwicklung 18 Hornhautepithel
—sekundäre
109, 113, 115, 136
190
— Releasing-Hormone
Hornhaut (Cornea)
117
178, 188, 191, 273, 287
— Neurohämalregion
315, 316, 317, 318
allgemein-somatosensible 117 allgemein-viszeromotorische 117 allgemein-viszerosensible 117 Anordnung 118
Hypophyse
—Histologie
238
Hormone
— — — —
182
— azidophile, basophile und chromophobe Zellen 189
— Umschaltstation 127 —Verlauf 239 —zentrale 122, 131 Horizontalzellen
113, 115
— Afferenzen/Efferenzen
—CT
— supplementärmotorischer Kortex, Läsion 224
137
- tonotopische Gliederung
319
—Läsionen 125 Hypokinesen 207
239
—Läsionen 240 —Neurone 238
Hirnnervenkern — somatomotorische 148 — speziell-viszeromotorische
Hirnschenkel — Fett 147
— arterielle 280 — Netzhautgefäße, Veränderung Hypoglossuskern 125
— Corpus geniculatum mediale (CGM)
—Kerngebiete 117 —motorische 117
Hirnnervenkerne
78,
186
Hypertonie
—Mikroglia 9
54, 81, 109, 116
185
Hyperpolarisation —-Membranen 12 Hyperthermie — Ncell. preoptici, Läsionen
Histamin 13 HIV-Demenz
— allgemein-viszerosensible 304 — Austrittsstellen am Gehirn 115
Hyperokinesen 207 Hyperopie (Weitsichtigkeit) 321 Hyperosmolarität des Blutplasmas — Vasopressin
285, 286
Hirschsprung-Krankheit 306 199
205
— Striatum 203 Hypermetrie 170
Hirnvenenthrombose 282 Hirnventrikel s. Ventrikel 1
Hirnkreislauf —hinterer 275 — vorderer 275
— — — —
— Ncl. subthalamicus, Läsionen
282, 286
— oberflächliche
— Wernicke-Sprachzentrum, Läsion 242
203, 204
— Chorea Huntington 203 — Elektrodenimplantation im medialen Pallidumsegment 205
— Magnetresonanz-(= Kernspintomographie-) Angiographie 283
— Innervation 269 —weiche 268 Hirninfarkt
Hirnnerven
Hyperkinesen
144
— Pallidumläsionen 204
— Thalamussyndrom
265, 267
265
Hyperaktivitätssyndrom — noradrenerge Zellgruppen Hyperakusis 68
—Ventrobasalansicht 116 —von dorsokranial 114 Hirnstamminsult 275 Hirnstammzentren 161
Hirnhautentzündungen 79 Hirnhautentzündung (Meningitis) 268
92
— Hirndruckzeichen 264
Hirndruckzeichen
— Darstellung am Lebenden
244
Hydrocephalus 19 Hydroxytryptamin (5-HT) Hydrozephalus 264
148, 151
—Brechzentrum 293 —Dorsalansicht 113
Hirndruckerhöhung — Brechzentrum 143 Hirndrucksteigerung
238, 327, 334
—Innenohr 330
— Arterien 274 — Außenansicht
14, 20
Hirnlappen — Entwicklung
Hörwahrnehmung
69, 107, 111, 113, 157
399
— Afferenzen 150, 187 — Efferenzen 187 330
— Entwicklung
18
Hörvermögen
— Faserverbindungen
—-Minderung 240
— Harnblasenfunktion 301
187, 188
400
Register
— Integrationszentrum, oberstes für vegetative
Funktionen
185
— vegetative Steuerzentren
293
Hypothalamuskerne —hintere 187 — mittlere
186, 187
—vordere 185, 186 Hypothalmuskerne
— graue Substanz, Rückenmark 90
Kleinhirn
— inhibitorische — Retina 315 Internodium
— afferente Bahnen — Afferenzen 165 — Arterien 274
92
187
Hypothermie —Nell. preoptici, Läsionen
— Augenbewegungen
intrafusale Fasern
— Bewegungsentwürfe — Efferenzen 165
intrakortikale Zwischenneurone
— Außenansicht
291
Intumescentia
— cervicalis 85, 86 I
—]umbosacralis
Impotenz — Sakralmarkläsion Inappetenz 186
Iris
304
Incisura
— supraorbitalis 60 —tentorii 265, 266 Incus 327, 329, 330
311, 312, 315, 320
— Entwicklung Isokortex
infraklavikulärer Teil — Plexus brachialis 31
—Histologie 218
Infundibulum
Infundibulum (Hypophysenstiel)
178, 185,
170
— Entwicklung 17 — Faserverbindungen, reziproke mit dem Hypothalamus 170
—Intermediärzone 127 — Kletterfasern 127, 158, 159, 161, 162
— kognitive Funktionen 170 — Konditionierung, klassische 170
213, 218
— Korbzellen 159, 160 — Körnerschicht 17 — Körnerzellen 160
Isthmus
110, 111
206
— Gliederung 155, 156 — Golgi-Zellen 160 — graue Substanz 157
273
18
Indusium griseum 210
156
— Funktionen 168, 170 — Funktionsstörungen 170, 171 — Gestalt, äußere 155
85, 86
ischämischer Infarkt — A. carotis interna, Verschluss ischiokrurale Muskulatur —Innervation 49 Isocortex
166
— emotionale Funktionen
218
intramurales vegetatives Nervensystem
186
161
— Ranvier-Schnürringe 7 Internukleäre Ophthalmoplegie 146 — Muskelspindeln 347
— intrahypothalamische
107, 108, 155, 174, 255
— gyri cinguli 197, 198
J
— Kurzzeitgedächtnis
Initialsegment
K
— Nervenzellfortsätze 3
Kammerwasser
— ]Jaterale Zone 156 — mediale Zone 156 — Molekularschicht 159, 160
188, 248, 250
Infundibulum hypophysis
inhibitorische Aminosäuren 13 inhibitorische (hemmende) Transmitter
Innenohr
12
327, 332, 337
—- Hörwahrnehmung —Lage
Jodopsin — Zapfenzellen 317
116
330
333
— Schallübertragung durch die Gehörknöchel-
—Fett
197
Insel (Insula) 244 Inselrinde (Lobus insularis)
196, 199, 216, 244,
248, 250, 253, 255
— multisensorischer Kortex 244 Insula 196, 199 —Fett
312, 321
63
kavernöses Segment — A. carotis interna
Insulin
— Nahrungsaufnahmeregulation intellektulle Leistungen — limbisches System 216 Intelligenzzentrum 226
186
Keilbeinflügel-Meningeom 81 Kennmuskeln — Rückenmarkssegmente Keratinozyten 341
170, 171
Kernkettenfasern
Interhemisphärenspalt s. Fissura longitudinalis
— Muskelspindeln
Intentionstremor
273
347
cerebri 198, 211 Interkostalnerven 28, 29
Kernsackfasern — Muskelspindeln 347
— Besonderheiten 29 —Verlauf 28 intermediäre (Mantel-)Zone —Neuralrohr 15 Intermediärzone —Kleinhirn 127 Intermediusanteil —N. facialis (VII) 67
Kernspintomographie
Interneurone
11, 92
—-endorphinerge 92 — Entwicklung 15 —-GABAerge 92, 93 — glycinerge 93
26
— Gehirngefäße 281 Kieferhöhle 323 Kiemenbogenmuskulatur —Innervation 24 Kiemenbogennerven Kinesin 3
17
Kleinfingerballenatrophie —N.-ulnaris-Läsion 34 Kleinfingerballenmuskeln 26 Kleinfinger-Daumen-Probe —N.-medianus-Läsion 38 —N.-ulnaris-Läsion 34
156
monoaminerge Afferenzen 161 monoaminerge Projektionen 161 Moosfasern 159, 160, 161 Motorikregulation 207
— Orientierungsfähigkeit
79, 273, 287
—- MR-Angiographie 281 — Röntgen-Angiographie 281 Karpaltunnel 37 Karpaltunnelsyndrom 38, 52 Katarakt, (grauer Star, Linsentrübung) Kaumuskulatur —Innervation
197
— —
— Produktion, Corpus ciliare 321 Kandelaberzellen —Neokortex 218 Kapselzellen 11 Karotissiphon
chen 331 Insel 199
—- Längszonen
170
— Parallelfasern
170
158, 160
— paravermale (= intermediäre) Zone
156,
165
321
— Projektionsziele
165
— Purkinje-Zellen
158, 159, 160, 165
—Querschnitt
157, 158
— Sagittalschnitt 157 — Sternzellen 160 — und Ncl. ruber, Neuronenkreis — venöser Abfluss 286 — vermale Zone 165
— Verschaltungsprinzip
168
161, 167
— Vestibulariskerne, Efferenzen 123 — weiße Substanz 157 Kleinhirnbläschen 14 Kleinhirnbrückenwinkel 70, 122 —-Tumor 71 Kleinhirnhemisphären 109, 158, 163, 252 —Läsionen 171, 172 Kleinhirnkerne 165, 167 — Afferenzen 165 — Efferenzen 165
Kleinhirnläsionen —- Symptome 171 Kleinhirnrinde 13 — Afferenzen 161
— mikroskopische Anatomie — Neuronentypen 160 — Projektionen 167
Kleinhirnschädigungen — Lokalisation
171
158, 161
Register Kleinhirnsegel 155, 262, 263 — oberes 110, 111 —unteres 111 Kleinhirnseitenstrangbahnen
95, 96, 98, 99
Korneaepithel —hinteres 314 —vorderes 314 Kornealreflex 63
Kreislaufzentrum
— Depressorzentrum
— Medulla oblongata
— erloschener, Ganglion ciliare, Läsionen
—unterer
—Epidermis
58
Körnerschicht —äußere —innere
Kleinhirnstiele 155, 156, 262 Kleinhirntonsillen 155, 156
143
— Formatio reticularis
Kleinhirnstiel — mittlerer 114 —oberer 114, 166 114
141, 142, 143
124
— Pressorzentrum
143
Kremaster-Reflex
41
Kurzsichtigkeit (Myopie) Kurzzeitgedächtnis 214
17, 218, 316, 318
341
—Kleinhirn
17,218, 316, 318
— präfrontaler Kortex 214
klinoidales Segment — A. carotis interna 273
Körpertemperatur
—-membranöses
Klumpke-Lähmung (Plexuslähmung, untere) 33 Knochendurchbruch — Mittelohrentzündung, eitrige 329 knöchernes Labyrinth 332 kognitive Funktionen —Kleinhirn 170
—Hypothalamus 185 Körperwahrnehmung 149 korpuskuläre Rezeptoren
Lacerum-Segment — A. carotis interna 273 Lacuna — musculorum 44
kognitive Integrationsvorgänge —Striatum 202
Kortex
155
Kleinhirnwurm 109, 127, 155, 156, 158, 252 — Läsionen 171, 172
Kletterfaser — Afferenzen 161 Kletterfasern —Kleinhirn
127, 158, 159, 161, 162
Koma
— ARAS, Ausfall 141 Kommissurenfasern
Kutis
— Peroneuslähmung 48 Konditionierung, klassische, Kleinhirn
Labbe-Vene (V. anastomotica inferior)
311, 323
Labyrinth —knöchernes
—-Haut 343
Korsakow-Syndrom —- Corpora mammillaria, Läsionen
187
332 332, 333
Lagerungsschwindel — paroxysmaler, benigner 337 Lagewahrnehmung 227, 327 Lähmung 207 — Capsula interna, Läsion
— schlaffe 101, 122, 223 — spastische 100, 223, 224, 246
— vertebrobasilärer Bereich, Durchblutungsstörungen
275
— vollständige 100 — zentrale
100
— supplementärmotorischer 221, 224, 225
Lähmungsschielen
— vestibulärer
Lamina
232, 244
326
—alaris 16 —basalis 16
—visueller 236 — viszerosensibler 244
Kontrastverstärkung — Retina 315, 317
kortikale Blickparesen 146 kortikale Blickzentren 146 kortikale Faserverbindungen 220 kortikofugale Fasern — prämotorische Rindenfelder 224
Lamina(-ae)
kortikonukleäre Bahn
— granularis externa 219
— visuelle Information 318
—Fett
—N.-accessorius-Läsion
78
-N. trochlearis, Läsion
58
148, 246
Kotransmitter
—N.-ulnaris-Läsion
314
— affıza 252 — basilaris (Membrana tympanica) 334, 335 —cribrosa 314 — epithelialis (Tunica conjunctiva) 323
— — — — — —
limitans anterior (Bowman-Membran) 314 limitans externa 316 limitans interna 316 limitans posterior (Descemet-Membran) 314 medullares thalami 179 molecularis 219
— multiformis
34, 35, 52
Kreislaufregulation
—Hypothalamus 185 —Necl. paraventricularis 186
219, 220
—propria 328
186
— pyramidalis externa 219, 220 — pyramidalis interna 219 — quadrigemina 115 — Rückenmark
Kraniopharyngeom 188 —Rathke-Tasche, Reste 188
312, 314, 325
—bradytrophes Gewebe 313 — Lichtbrechung 312
12, 296
Krallenhand
340, 341, 342
— Anatomie, mikroskopische
148
— Motorikregulation 207 Kortikotropin 189 Kortisol —Nahrungsaufnahmeregulation
79, 80
— granularis interna 219
— Bewegungsentwurf 207 —Bewegungsimpulse 206
— Kollagenfasern 342 Koriumpapillen 342 Kornea
— cribrosa
198
kortikospinale Bahn 148, 246 kortiko-thalamo-kortikale Neuronenschleife
Kopfschmerzen 269 — Subduralblutungen 284 Korbzellen — Archikortex 213 — Kleinhirn 159, 160 —Neokrotex 218 Korium
Kortex (Großhirnrinde)
—Schädigung 122 kortikopontine Bahnen
Koptbereich — vegetative Ganglien 83 Kopfschiefhaltung
246
— halbseitige 273 — periphere 100
konsensuelle Lichtreaktion 192 Kontrastmittelinjektion — Gehirngefäße 281
Konvergenzreaktion — Auge 322, 323 Koordinationszentrum —-Bewegung 98
283,
284
— prämotorischer 221,224, 225 — somatosensibler 228, 231, 232
170
342
L
—präfrontaler 226
219, 245
Kompartment-Syndrom
Konjunktiva
kutaneoviszeraler Reflex 304
— agranulärer 220 — auditorischer 239 —granulärer 220 — gustatorischer 244 —mathematischer 232 —orbitofrontaler 226 —parietaler 231, 232, 233
Kokzygealmark 86 Kokzygealnerven 24 Kolon — Parasympathikus 300
321
170
—Kleinhirn 160 Körnerzellen —exzitatorische 161 —Kleinhirn 160 Körperbewegung 70 Körpergewichtsabnahme 186 Körperlage 70 Körperlage bzw. -bewegung —Bewusstwerdung 123
— Einklemmung
401
92
— spiralis ossea 333, 335, 336 —tecti 110, 111, 114, 115, 119, 136 — terminalis 178, 179
Längenrezeptoren — Muskelspindeln 347 Langer-Spaltlinien
342
402
Register Linearbeschleunigung — Sinneszellen 71 Lingula cerebelli 114, 157
Langzeitgedächtnis 214 —Großhirnrinde
214
Lateralsklerose, amyotrophe L-Dopa
101
12, 203
Linse
— Parkinson-Syndrom Lederhaut
12, 140, 205
311, 312, 314, 341
Lederhaut (Sclera)
— Entwicklung Leistenhaut
18
312, 320, 321
—Brechkraft 320 — Entwicklung 18 — Ferneinstellung 321 — Funktion 321 —-Krümmung
340, 344
—Fett
320
lemniskales System 96 — mediales
Liquor cerebrospinalis
Lemniscus
—Jateralis
123, 137, 150
—medialis 97, 121, 128, 129, 130, 131, 136, 149, 181, 182 —trigeminalis 121,129, 149, 182
Lemniscus(-i) —Jateralis 239 —medialis
228, 230, 232 97, 228, 230
— posterior 155, 156, 255 —temporalis 108, 109, 196 Locus caeruleus 140, 161
— Alarmsystem des Gehirns
— mikroskopische Anatomie 320 — Naheinstellung 321 Linsenepithel 320 Linsenfasern 321 Linsenkapsel 320 Linsenkern 320 Linsenplakode 18 Linsenrinde 320 Linsensubstanz 320 Linsentrübung (Katarakt, grauer Star) 321
Leitungsaphasie 244
— occipitalis 108, 196 — parietalis 108, 196
1, 19, 104, 261
144
—Noradrenalin 161 — Schlaf-Wach-Rhythmus Lokomotion 70 lokomotorischer Antrieb lokomotorische Reaktion
— Substantia nigra 139 lokomotorisches Zentrum
— mesenzephales 142 —-rhombenzephales 141 Lumbalganglien 299 Lumbalmark 86, 87, 91 — oberes 293, 296
Lumbalnerven
Leptomeninx 264
— Passagestörung
Lernen
— Perilymphe 332
— Topgographie 88 Lumboischialgie 89
— Resorption
Lungen
Lens
6
320, 321
Leptin
— Nahrungsaufnahmeregulation
186
214
—emotionales 214 —motorische 202 — motorisches Lesen
19
264
— Rückenmark 85 — Subarachnoidealraum 88
170, 214, 215
— sprachassoziierte Schaltkreise 243
— Zusammensetzung Liquorgewinnung
LH (Luteinisierendes Hormon)
—- Lumbalpunktion 264
Lichtbrechung —Kornea
— äußerer
312
—indirekter 322 —konsensueller 322
261, 267
Lichtrezeption 317 lichtwahrnehmende Sinneszellen
Lobulus — auriculae 327 — paracentralis
318, 322
267, 268
301, 302, 303
—longitudinale anterius 87 — longitudinale posterius 87 — pectinatum
314
— sacrospinale 50 —spirale 333, 335 limbisches System
— Bewegungsantrieb
181, 210, 217
206
—Funktion 215 —- Komponenten 210 —Necl. accumbens 204 — vegetative Steuerzentren Limbus corneae 312
—Retina
316
— parietalis superior
Malleus
197, 198, 221
196, 232
— semilunaris superior
— simplex Lobus
156
— flocculonodularis 155, 156, 162, 164, 166 —frontalis 108, 109, 196 —limbicus
198
MALT (mucosa-associated lymphoid tissue) 306
Mamma
346
Mammakarzinom 29
-N. intercostobrachialis 29 Mandelkern s. Corpus amygdaloideum 209 Mandelkernstrahlung — basale (Fibrae amygdalofugales ventrales) 209 Mantelkante 196
155, 156, 255
— insularis (Inselrinde) 253, 255
327, 329
— Metastasierung
156
—anterior 17 — posterior 17 Lobus(-i) — anterior
293
Angiographie — Gehirngefäße 281 magnozelluläre Ganglienzellen
— parientalis inferior 196 — parietalis inferior 232 — quadrangularis anterior 156 — quadrangularis posterior 156 — semilunaris inferior 156
88, 90
336, 337
magnozelluläres System —Sehbahn 234 — Sehrinde 238 Makrophagen — eingewanderte 9
—Innervation — denticulatum
336, 337
Magnetresonanz-(= Kernspintomographie-)
Lobulus(-i) — paracentralis
189
Magendrüsen — Parasympathikus 300 Magensaftsekretion 244
—centralis 157
Ligamentum(-a)
345, 346
Luteinisierendes Hormon (LH)
— utriculi
Lidheber 325 Lidschließer 325 Lidschluss —fehlender 324 Lidschlussmuskulatur 122
Lunula
—statica 337
261, 262, 267
—innere 90 Liquorzisternen
264
— Sympathikus 298
—innerer
— Ohrenspiegeln 328 — Verschaltung 192
Lichtwahrnehmung
—- Liquorgewinnung Lumbalwirbelsäule
— sacculi
— äußerer 88
315
Lumbalpunktion 88
— Gliazellen (Ependymzellen) 263 Liquorräume —innere 6 Liquorraum/-räume
320, 322
24
M Macula —]utea 319
Liquorraum
Lichtreaktion —indirekte 322 —konsensuelle 192 Lichtreflex
189
264
144
— Gyrus cinguli 215
— Abflussstörung, Hydrozephalus 264 —Bildung 263 — Funktion 264 — Gesamtproduktion 261
Lemnozyten
144
196, 197, 199, 244, 250,
Mantelkantentumor Mantelzellen 6, 11
— Spinalganglien 11 Mantelzone —Neuralrohr 15
223, 224
Register Manubrium mallei
Melatonin —Epiphyse Membrana
327, 328, 330, 331
marginale Zone —Neuralrohr
15
Markscheiden
6
Markscheidenbildung — Entwicklung 16 —Gliazellen 6, 8 Mark, verlängertes
Miktionszentrum
Membranen
107, 108, 109, 110, 113,
116
Massenbewegungen
100
Mastoiditis 332
—Hyperpolarisation 12 membranöses Labyrinth 332, 333 Meniere-Syndrom 337
Meningomyelozele
97
Mechanorezeptoren —Blutdrucks 124 — Glomus caroticum Mediainsult
mediales lemniskales System —Bahn
228
Medulla oblongata 86, 97, 107, 108, 109, 110, 113, 114, 116, 157, 222
113
— Gestalt, äußere
— graue Substanz
— frühzeitige, Hypophysenadenom 190 Meralgia paraesthetica 41 Merkel-Rezeptoren 343, 346 Merkfähigkeitsstörungen — Alzheimer-Demenz 213 —- Corpora mammillaria, Läsionen 187
— Pupillenstarre, absolute 322
14;, 18
mesenzephale Formatio reticularis, rostrale
—Schizophrenie Mesozele 19
144
Medulla spinalis 85 Megakolon — Hirschsprung-Krankheit 306
Metathalamus 180 Metazele 19 Metencephalon 17 Metencephalonbläschen
Meibom-Drüsen
Metencephalon (Hinterhirn)
324, 325
Meissner-Plexus (Plexus submucosus)
300
305
Meissner-Tastkörperchen 343 Meissner-(Tast-)Körperchen Melanin
341, 343, 346
Meynert-Achse
Migration
—Neuroblasten
186
107, 111
107, 111
15
Melanom, malignes 341
Mikroglia
— Aderhaut
— Abräum- und Abwehrzellen 9 — Alzheimer-Demenz 9
314
341
6, 9, 19
Melanotropin 189 Melanozyten 341
-HIV-Demenz 9 —Makrophagen 9
Melanozytenstimulierendes Hormon (MSH) 189
— Multiple Sklerose 9 —Phagozytose 9
29
14, 17
Migränekopfschmerz 269
Melanocortin
136
142
135
114, 116
Mittelhirnsyndrom 124 Mittellinienkerne — Thalamus 183 326, 327, 329, 332
— Belüftung 332 — Schalldämpfung 67 — Schallzuleitung 327 Mittelohrentzündung —eitrige 329 Mittelohrmuskeln 330 Modiolus 333
Molekularschicht — Archikortex 213 159, 160
— Neokortex 218 Moll-Drüsen 324 Monoamine
Migräne — Serotoninantagonisten 144 — serotoninerge Zellgruppen 144
— Substantia nigra 138
— Querschnitt
—Kleinhirn
Metastasen — Brustkrebs (Mammakarzinom)
130
135
Mittelohr
mesolimbische Projektionen, Überaktivität
144
— Gliederung — Strukturen 107, 110, 111, 113,
130
114, 116
Melanosomen
— Gestalt, äußere
7
Mesencephalon-(Mittelhirn-)bläschen
107, 110, 111, 113,
— Abgrenzung 135 — Entwicklung 17, 18
113
130
— weiße Substanz
— Fett
Mittelhirn (Mesencephalon) 114, 116, 135, 152, 157
mesiale temporale Sklerose 212 Mesoglia 6, 9 —s.a. Mikroglia 9
—Kreislaufzentrum 124 — noradrenerge Zellgruppen — Strukturen
Mittelhirnläsion
mesenzephales lokomotorisches Zentrum
113
—Querschnitte
135
145, 146
—Brechzentrum 140 — Entwicklung 17 —Gliederung
Mittelhirndach s. Vierhügelplatte 135 Mittelhirnhaube s. Tegmentum mesencephali
268
14
Mesencephalon (Mittelhirn) 114, 116, 157 —Entwicklung 17, 18 —Strukturen 114, 116
Medianusschlinge 32, 36, 37 Medikamente - schmerzhemmende Wirkung 92
— Abgrenzung
—N. facialis (VII) 67 Miosis
Mesencephalon 254, 255 — Frontalschnitt 251
279, 280
122
— Lähmung, schlaffe 122
Menopause
Mesaxon
71
185
Mitochondrien 3,5 Mittelhirn 198, 251 Mittelhirnbläschen 14, 20
Meatus
mechanische Impulse der Haut, exterozeptive
Milchejektionshormon
—Innervation 269 Meningeom 223, 267
—eitrige 287
— nasi inferior 323
143
— Horner-Syndrom 298 Miosis (Pupillenverengung) 323
—Nagel 346 328 79, 333
— Fett
141
—Blutversorgung 268 — Durchblutungsstörungen 269
—-Haare 344
— acusticus externus — acusticus internus
Miktionszentrum, pontines
—Innervation
1, 264, 269
—-MRT 268 Meningitis (Hirnhautentzündung)
Matrixzellen
300, 301, 303
mimische Muskulatur
12
Meningen (Hirnhäute)
mathematischer Kortex 232 Matrix — Striatum 201
— pontines
— Oxytocin
—Depolarisation
— Oligodendrozyten 6 — Schwann-Zellen 6
301
— Parasympathikus 301
191
—tectoria 334 —-tympanica 328, 334, 335 — vestibularis (Reissner-Membran) 334, 336 — vestibularis Reissner-Membran) 335
5, 7, 10, 19
— Regeneration
Miktion (Harnblasenentleerung)
403
12, 13
monoaminerge Afferenzen — Kleinhirn 161 monoaminerge Projektionen — Kleinhirn 161 monoaminerges System — Formatio reticularis 143 monoaminerge Synapsen 12 Monosomie x (Turner-Syndrom)
monosynaptische Reflexe 93 Moosfaser — Afferenzen Moosfasern —Kleinhirn
161 159, 160, 161
Moosfaserrosette 161 Morbus — Alzheimer 5 — Hirschsprung 306 —Meniere
337
232
404
Register
— Parkinson —Pick
5, 139, 203
226
Motivation in Aktion —Necl. accumbens 204 Motokortex 98, 218, 220, 221 — Ausfall 224 —Läsion 223 —-Tumor 223, 224 Motoneurone
— gastrocnemius
motorische (y-)Fasern
— gluteus medius 45 — gluteus minimus 45 — gracilis 43 —hyoglossus 78 — iliopsoas 44
189
P-Motoneurone 93 93
—interossei 26
Müller-Zellen
— interossei dorsales
— Retina
— interossei palmares
316, 317, 318
—- Vorderhorn, Rückenmark
90
Motorikregulation 216 — Basalganglien 206, 207, 208 — Kleinhirn 207 — kortiko-thalamo-kortikale Neuronenschleife — Thalamus 207 — Thalamuskerne motorisch 11
207
motorische Aphasie 225 motorische Einheit
Multiple Sklerose
—levator palpebrae 56
— Mikroglia 9 — Oligodendrozyten 9 — Optikuspapille, Atrophie 319 —Sehnerv 56
— Jevator palpebrae superioris 323, 324, 325
4
motorische Endstrecke
motorische Ganglien
abductor abductor abductor adductor adductor
93
11
—- omohyoideus 29 — opponens digiti minimi 34 — opponens pollicis 37, 38 — orbicularis oculi 324, 325 — orbitalis 298, 323
— palmaris longus 37, 38 — pectineus
—biceps brachii 26, 36 —biceps femoris 47, 48, 49 —brachialis 36, 38
— plantaris 49 — pronator quadratus — pronator teres
56, 120, 301, 323
— quadratus lumborum
— extensor carpi radialis brevis 39 — extensor carpi radialis longus 39
motorische Nervenfasern
1
2
motorische (präzentrale) Rinde
181
motorischer Assoziationskortex motorische Reaktionen
201
— emotionalausgelöste 210 motorischer Thalamus 181 motorische Rückenmarkbahnen 95 motorisches Lernen 170, 214, 215 motorisches Primärfeld 218
motorisches Sprachzentrum (Broca) 226, 248
— Afferenzen/Effrerenzen —Läsion 225, 226 — Lokalisation 226
225
218, 225,
142
— rectus capitis anterior 31
— rectus capitis lateralis 31 — rectus inferior 56, 57, 325, 326 — rectus lateralis 60, 65, 66, 119, 121, 145, 325, 326 — rectus medialis 56, 57, 121, 145, 325, 326 — rectus superior 56, 57, 325, 326
— extensor digiti minimi 40 — extensor digitorum brevis 48 — extensor digitorum longus 48 — extensor hallucis brevis 48 — extensor hallucis longus 26, 48 — extensor pollicis brevis 40 — extensor pollicis longus 40 — fibularis brevis 48 — fibularis longus 46, 48 — flexor brevis digiti minimi 34 — flexor carpi radialis 37, 38 — flexor carpi ulnaris 34, 35 — flexor digitorum longus 49
— — — —
— flexor digitorum profundus
—stapedius
34, 35, 37, 38
— sartorius 44
— scaleni 31 — scalenus anterior
30, 31
— semimembranosus
49
— semitendinosus 49 — soleus 49 — sphincter ani externus 50, 51, 302
sphincter sphincter sphincter sphincter
pupillae urethrae urethrae vesicae
56, 120, 301, 320 externus 301, 303 internus 300, 303 303
67, 68, 69, 330, 331
— flexor hallucis longus 49
— sternocleidomastoideus 148
— flexor pollicis brevis
— styloglossus 73
— flexor digitorum superficialis
motorische Systeme
40
— quadriceps femoris 26, 44 58, 298, 299, 320, 324
— extensor carpi ulnaris 40 — extensor digiti communis 40
motorische Leitungsbahnen
26, 36, 37, 38
— pterygoideus lateralis 63, 64 — pterygoideus medialis 63 — puborectalis 302
— deltoideus 26, 38 — detrusor vesicae 300, 303 — dilatator pupillae
38
—psoas 42 — psoas major 40 — psoas minor 40
— digastricus 69
—Ncl. centromedianus 184 motorische Koordination — Pontocerebellum 169
43, 44
— pectoralis major 32 — pectoralis minor 32
— coracobrachialis 36 — cricothyroideus 74, 76
— Formatio reticularis
— obliquus inferior 56, 57, 325, 326 — obliquus superior 58, 59, 119, 325, 326 — obturatorius externus 43
43, 48, 49
motorische Impulse — Förderung, Pallidumsegment, laterales 205 —- Hemmung, Pallidumsegment, mediales 205 — Verschaltung 169 motorische Impulse, Verarbeitung
35, 37
63
— adductor pollicis 34, 35 — arrector pili 344, 345
—ciliaris
202
— ]umbricales
digiti minimi 34 pollicis brevis 37, 38 pollicis longus 40 brevis 43 longus 43
—brachioradialis 26, 38, 39 —buccinator 64
56, 57, 59, 118,
scapulae 29 veli palatini 72 capitis 31 colli 31
—masseter
296
motorische Hirnnerven 117 motorische Hirnnervenkerne — Grundplatte 17, 18, 20
— Inhibition, Striatum —Striatum 201
—Jevator — evator —longus —longus
4, 19
—Innervation 63 Muscarin 296 Muscarin-Rezeptoren Musculus(-i)
— adductor magnus
4
motorische Endplatte 4 — Acetylcholin 4
34, 35
— latissimus dorsi 32 —levator ani 50
— — — — —
207
34, 35
multiforme Schicht — Neokortex 218
multisensorischer Kortex —Inselrinde 244 Mundbodenmuskulatur 63
— extrapyramidale 208 — pyramidale 208
48, 49
Müdigkeit 183
multipolare Neurone
96
-Histologie
— Formatio reticularis 141
m-Rezeptoren 296 MSH (Melanozytenstimulierendes Hormon)
— somatische 294 —-Vorderhorn 90, 222 a-Motoneurone 93, 99, 347
Motorik
— flexor pollicis longus 37, 38
— Muskelspindeln 347
— Acetylcholin 93 — Entwicklung 16 — Selbsthemmung 94
y-Motoneurone
motorisches Zentrum
36, 37, 38
34, 35, 37, 38
29, 30, 31, 77, 125,
Register Nagelbett 345, 346 Nagelfalz 345, 346 Nagelmatrix 345 Nagelplatte 345, 346 Nageltasche 345, 346 Nagelwurzel 345, 346 Naheinstellung
— stylohyoideus 69 — stylopharyngeus 73 — subscapularis 32 — supinator 39, 40 — tarsalies superior 298 — tarsalis inferior
298, 324
— tarsalis superior 324 —temporalis 63 — tensor fasciae latae 45 — tensor tympani
Nervensystem — autonomes
63, 327, 330
— Entwicklungsstörungen
— teres major 32 — teres minor 38
—Reflexbahn 323
— Histogenese
— tibialis anterior
26, 48
—trapezius 31, 77, 125 —triceps brachii 26, 39
— triceps surae 26
323
— peripheres (PNS)
—Hypothalamus 185 —Necl. paraventricularis 186
—zentrales
Nervenzellen
— Aktionspotentiale 3
—Steigerung
Ncl. paraventricularis —- CRH (Corticotropin-Releasing-Hormon)
N.-axillaris-Läsion — Oberarmfrakturen
94, 228, 347
1
— Zytologie 2, 11 Nervenwasser s. Liquor cerebrospinalis 1
—Zentren 186 Nasengang —unterer 323 Natriumkanäle — Transmitter, exzitatorische
Muskelspindeln
1, 19, 23, 24, 51, 54
— somatisches (animalisches) 1, 19, 291 — vegetatives 1, 19, 291, 309 —viszerales 1 — viszerales autonomes Nervensystem viszerales Nervensystem 2
322
— vastus lateralis 26 — vastus medialis 26 Muskeleigenreflexe 93, 347 101
14
—Histologie 2, 11
Nahrungsaufnahmeregulation/-verhalten
— tibialis posterior 26, 49 — transversus perinei profundus 50, 51, 301
16
— Funktionsprinzip 2
Naheinstellungsreaktion —Auge
2
— enterisches 291, 304, 306 — Entwicklung 13, 16, 20
—Linse 321 Naheinstellungsneuronen
— tensor veli palatini 63
- Typen
12
4
Nervenzellfortsätze
3
— Initialsegment 3
38
Nervus(-i)
186
— abducens (VI) 54, 65, 66, 79, 80, 82, 109, 115, 121, 287, 288, 323, 326
— Blütendoldenendigung 347 —- Empfindlichkeit 93 — Entdehnung 93 — intrafusale Fasern 347 — Kernkettenfasern 347 —Kernsackfasern 347
N. cutaneus surae lateralis
—- Längenrezeptoren 347 — motorische (y-)Fasern 347
Neokortex
— Assoziationsfelder 218
— auricularis posterior 68
— sensible Fasern 347 Muskeltonus — herabgesetzter, Kleinhirnschädigung 170 — Spinocerebellum 168 — Verminderung 138 Muskulatur
— Gliederung, funktionelle 218
— auriculotemporalis 60, 63, 64, 82, 328
—Histologie
—- Tonus 100 — Tonussteigerung
—Schichten
Mydriasis Myelencephalonbläschen
56, 57
14;, 17
Myelinisierung 6 — Entwicklung 16 — Oligodendrozyten 16 — Plastizität 16 Myelinscheide 6 Myelographie — Bandscheibenvorfall 89 Myelozele 19 Myoklonus — Gaumenmuskulatur 128 Myopie (Kurzsichtigkeit) 321 N N —pudendus 50 N. — facialis (VII) 69 — trigeminus (V) 63
Nachsprechen — sprachassoziierte Schaltkreise 243 Nagel 345 — Matrixzellen 346 Nägel 346
43, 47
299
— accessorius (XI)
— Sympathikus 299
17, 54, 77, 78, 79, 80, 83, 109,
115, 125
— alveolares superiores 62
127, 128, 130
Neglect 232
— alveolaris inferior
Neocerebellum
— anococcygei
157
199, 213, 218, 220, 256
60, 63, 64, 82
51
— auricularis magnus
29, 30, 328
218, 220
— axillaris
32, 33, 38, 39, 52
—kortikale Faserverbindungen 220
—buccalis
60, 64, 82
—Primärfelder
—c femoris posterior 41 — ciliares breves 57, 58 — ciliares longi 61
218
— Pyramidenzellen 218 — Rindentypen
220
— cClunium inferiores 28, 43, 45 — cClunium medii 28, 43
218, 219, 220, 256
— Schichten Golgi-Färbung 219
100
— N. oculomotorius, Läsion
Nebennierenmark Nebenoliven
—Sekundärfelder 218 — sensorische Zentren 218 Neologismen (Wortneuschöpfungen) Neostriatum 200 Nerven 1
— Autonomgebiet 24 —periphere 10, 19, 25 Nervenbahnen — somatomotorische
293, 297
— viszeromotorische
293, 297
Nervenendigungen 343
Nervenfasern 10 —Degeneration 6 —Kaliber 5
— — — — — — —
cochlearis 70, 71 craniales 54, 81 cutaneus antebrachii lateralis 33, 36 cutaneus antebrachii medialis 32, 33, 34, 52 cutaneus antebrachii posterior 33, 39, 40 cutaneus brachii 32 cutaneus brachii lateralis inferior 33, 39, 40
— — — — —
cutaneus cutaneus cutaneus cutaneus cutaneus
brachii brachii dorsalis dorsalis femoris
medialis 29, posterior 33, intermedius medialis 47 lateralis 41,
— cutaneus surae lateralis
33, 52 39, 40 47 42, 43, 52
28, 42, 43, 45, 53
46, 47, 48
— cutaneus surae medialis 47, 48, 49
— digitales palmares communes 37 — digitales palmares proprii 37 8
— dorsalis clitoridis
50
— dorsalis penis 50
—sensible 2 —stark ummarkte 8 Nervenfaserschicht —Retina 318 Nervenkerne (Nuclei)
225, 241
— cutaneus femoris posterior
— Leitungsgeschwindigkeit 5 —marklose 7,8 —motorische 2 — Regeneration 6 - schwach ummarkte
— clunium superiores 28, 43 —coccygeus 51
— cutaneus brachii lateralis superior 33, 38
—vegetative 293
—freie, Haut
405
— dorsalis scapulae 32, 52 — ethmoidales 61 — ethmoidalis anterior
13
61
— ethmoidalis posterior 61
406
Register
— facialis (VII) 17, 54, 67, 68, 69, 79, 80, 82, 109, 115, 122, 222, 300, 301, 328, 330
— petrosus major
67, 68, 69, 79, 80
— petrosus minor
72, 73, 79, 80
—femoralis
— Zellmigration 15 — Zellschichten 15
— petrosus profundus 69
Neuriten (Axone)
— fibularis (peroneus 53
— phrenicus
—zentrale 4
— fibularis (peroneus) 46, 47, 48 — fibularis (peroneus) communis
— plantaris lateralis 43, 49
Neuriten s. Axone
— plantaris medialis
Neuroblasten 14
41, 42, 43, 44, 45, 52
41, 45, 46
— fibularis (peroneus) profundus 43, 47, 48, 53
— fibularis (peroneus) superficialis 43, 46, 47,
29, 30, 31, 32 43, 48, 49
—pterygoidei 63
—Migration
—pudendus 42, 50, 51, 53, 300, 301, 302, 303 —radialis 32, 33, 38, 39, 40, 52
Neuroektoderm
— rectales inferiores 50
48, 53
— genitofemoralis 41, 42, 43, 52
— saphenus 43, 44, 45, 53 — spinales 24, 54
— glossopharyngeus (IX)
— splanchnici lumbales
—frontalis 60, 61, 82 17, 54, 70, 71, 72, 73,
2
15
13
Neuroepithel 14 neurogene Blasenstörungen Neurogenese 15
302
neurohämale Region 272 — zirkumventrikuläre Organen
299
272
— stapedius 67, 69
Neurohämalregion —-Hypophyse 190 Neurohypophyse 178, 188, 193, 263 — Histologie 190
—hypogastricus 297, 301
— subclavius
-Hormone
189
—hypoglossus (XII)
— subcostalis 42
Neurolemm
7, 10
— subscapularis 32, 52 — supraclaviculares 29, 30 — supraorbitalis 60, 61
Neuroleptika — Schizophrenie 13
78, 79, 80, 82, 109, 115, 124, 300, 301
— glossopharyngeus (XI) 328 — gluteus inferior 41, 42, 45, 53 — gluteus superior 41, 42, 45, 46, 53 29, 30, 54, 64, 78, 79, 80,
83, 109, 115, 125, 130, 222
— — — — — — —
iliohypogastricus 40, 41, 42, 43, 52 ilioinguinalis 40, 41, 42, 52 infraorbitalis 60, 62, 82 intercostales 28, 29 intercostobrachialis 28, 29, 33 intermedius 67, 80 interosseus antebrachii anterior 37
— interosseus antebrachii posterior 39 — ischiadicus 41, 42, 45, 53 —]lacrimalis 60, 61, 62, 69, 82 — ]antaris lateralis 48
—laryngeus inferior 74
— splanchnici sacrales 299 — splanchnicus major 296, 297, 298, 299 — splanchnicus minor 296, 297, 299 32, 52
— suprascapularis
Neuromere 14 neuromuskuläre Junktion 4
32, 52
— supratrochlearis 60, 61
neuronale Differenzierung 15
— suralis
neuronale Maturation (Reifung) neuronale Regeneration 5
43, 46, 47, 48, 49
— temporales profundi 63 — thoracicus longus 32, 33, 52 — thoracodorsalis 32, 33, 52 —tibialis
41, 43, 45, 48, 49, 53
— transversus colli 29, 30 — trigeminus (V) 17, 54, 58, 60, 63, 79, 80, 82, 109, 115, 120, 269, 273, 274
—laryngeus recurrens 74, 76, 83 —laryngeus superior 74, 76, 83
— trochlearis (IV) 54, 58, 59, 65, 79, 80, 82, 109,
—1ingua]is
—-tympanicus
60, 63, 64, 67, 68, 69, 78, 82
— mandibularis (V3)
60, 62, 63, 73, 79, 80,
— massetericus
32, 33, 34, 35, 52
63
— maxillaris (V/2) 287
— vestibularis
— makxillaris (V2)
— vestibulocochlearis (VIII)
60, 62, 64, 79, 80, 82
— medianus 32, 33, 36, 37, 38, 52 —mentalis 63, 64
— zygomaticus
— musculocutaneus
Netzhaut
32, 33, 36, 52
70 54, 70, 71, 79, 80,
82, 109, 115, 122, 124, 335
60, 61, 62, 67, 69, 82
311, 315, 319
— mylohyoideus 63
— Pigmentepithel 315
— nasociliaris 60, 61, 79, 82, 313, 323 — obturatorius 41, 42, 43, 49, 52
Netzhautablösung (Ablatio retinae) 318
— occipitalis major 28
— Erblindung 318 Netzhautgefäße, Veränderung
— occipitalis minor 29, 30, 328 — oculomotorius (III) 54, 56, 57, 65, 79, 80, 82,
— Hypertonie 319 Netzhaut (Retina)
109, 115, 118, 136, 287, 300, 301, 322, 323, 324, 326
— Entwicklung
18
— olfactorius 339 — olfactorius (I) 54, 55, 80, 82, 115, 117
Neukleinhirn 157 neurale Stammzellen Neuralinduktion 13
— olfactorius (II) 79
Neuralleiste
— ophthalmicus (V1)
60, 61, 64, 65, 79, 80, 82,
287
—opticus
235, 311
5
6, 13, 14, 19
15
— Fortsätze 2 —-GABAerge 12, 201 — glutamaterge 12 — inspiratorische/exspiratorische, Atemzentrum 142
— Kleinhirnrinde — multipolare
160
4, 19, 293
— nicht pseudounipolare
293
— nigrostriatale 203 — Parasympathikus 92 — parasympathisches Nervensystem 301 — Perikaryon 2 — postganglionäre 294, 296 — pseudounipolare 4, 11, 19 —Sehnahn 234 — sensible 16 — Sympathikus 93, 299 — sympathische 297 -Typen
4
— Gliazellen, periphere 6 Neuralplatte 13, 14
— unipolare 4, 19
Neuralrinne
— Zellkörper (Soma, Perikaryon) 2 Neuronenkreise 2
13, 14
— opticus (II) 18, 54, 55, 56, 57, 59, 66, 79, 80, 82, 109, 115, 117, 178, 234, 235, 312, 316, 317, 322, 323
Neuralrohr 13, 14, 19 — Bläschenformation 14
— palatini minores 62 — palatinus major 62
— Gliazellen, zentrale
— Grundplatte
—pectorales 32, 52 — pectorales laterales 32
—histologische Gliederung 16 — intermediäre (Mantel-)Zone 15
— pectorales mediales 32
— marginale Zone
— pelvici splanchnici
— ventrikuläre Zone
300, 301, 302, 303
143
— exzitatorische 218
71,72, 73
— vagus (X) 17, 54, 73, 74, 75, 76, 77, 79, 80, 83, 109, 115, 124, 125, 296, 297, 300, 301, 328
82
2, 6, 19
— anaxonische 5 —bipolare 4, 11 — cholinerge 12 —Dendriten 2 —- dopaminerge 12, 205 —- dopaminerge, mesenzephale — Entwicklung
114, 115, 120, 287, 326
— ulnaris
Neurone
15
— Flügelplatte 16 6
16 15 15
— viszeromotorische 93
Neuronentypen
— graue Substanz, Rückenmark 90 Neuropathie —autonome 293 Neuropeptide 12, 13 — Transmitter 12, 296 Neuropeptid Y 186, 187, 296
Neuropil
13
Register — Edinger-Westphal (Ncl. accessorius n. oculo-
Neuroporus —caudalis 14 —rostralis 13
motorii)
Neurothel
192
— emboliformis
Neurotensin
13, 296
—fastig‚ii
265
137, 158, 163, 165, 167
— suprachiasmaticus — supraopticus
186, 191, 193, 234
185, 186, 189, 190, 193
— thoracicus (Ncl. dorsalis, Stilling-Clarke)
158, 164, 165
—gracilis
3, 11, 294
18, 177, 178, 192, 193, 200,
204, 205, 207, 248, 250, 254, 255
158, 164, 165, 166
—globosus
Neurotransmitter
— subthalamicus
—habenulares 191 —intermediolateralis 91, 92 —interstitialis Cajal 146
— thoracicus posterior 92
Nicht-Pyramidenzellen 218
— interstitialis fasciculi longitudinalis medialis
— — — — — — —
Nikotin-Rezeptoren 296
37, 38
155, 156, 157, 164, 165
Noradrenalin
11, 13, 92, 294
— Formatio reticularis 143 — Locus caeruleus 161
144
— Hyperaktivitätssyndrom — Medulla oblongata 144 — Schlafstörungen 144
—n. hypoglossi 117, 119, 125, 130, 148, 222 56, 117, 118, 119, 121, 148,
—n. trochlearis 117, 119, 120, 121, 148 — olfactorius anterior 208
144
— Formation reticularis
67, 117, 119, 122, 131, 136, 148,
—n. oculomotorii 323
— Sympathikus 299 noradrenerge Zellgruppen — Depression
— motorius n. trigemini 58, 117, 119, 148 —n. abducentis 65, 117, 119, 121, 131, 148 —n. accessorii 77, 117, 119, 125, 148 —n. facialis 222, 224
144
— ventralis posteromedialis 180, 182 — vestibulares 70, 100, 117, 119, 122, 123, 124, 149, 161, 162, 165
— vestibularis inferior 123 — vestibularis lateralis 123, 131, 160 — vestibularis medialis 123, 131
— vestibularis superior 123 Nuel-Raum 334, 335 N.-ulnaris-Läsion
— Differentialdiagnose 34 — Kleinfinger-Daumen-Probe — Krallenhand
Nystagmus
— olivares accessorii
162
— olivares inferiores
113, 126, 128, 161, 167, 255
— Olivares superiores
tuberales 186, 193 tuberomammillaris 186 ventralis anterior 180, 181, 207 ventralis anterolateralis 206, 207 ventralis lateralis 166, 180, 181, 207 ventralis posterior 96, 181, 182, 228, 231, 244 ventralis posterior thalami 229, 230, 231
— ventralis posterolateralis 180, 182 58, 117, 119,
120, 136
— Kleinfinger-Daumen-Probe 38 Nodulus
124, 130, 143, 244, 293, 304
—Jateralis posterior 180
Nissl-Schollen 2 N. medianus 37 N.-medianus-Läsion — Schwurhand
—tractus solitarii 67, 69, 71, 73, 117, 119, 122,
146
—lemnisci lateralis 239 —lentiformis 200, 248 —lentis 320 —mediales 183 —mediodorsalis 180 — mesencephalicus n. trigemini
127, 238, 239
— olivaris accessorius medialis
127, 130
124, 170
0 Oberarmfrakturen — N.-axillaris-Läsion 38
— olivaris accessorius posterior 127, 130 — olivaris inferior 161, 162 — olivaris principalis 127, 128, 130, 162, 254,
— olivaris superior 238
Objektwahrnehmung — grobe, nichtfarbliche 316 Off-Center-Zellen
— Fallhand
—parabrachialis
—Retina
255
141, 244
n-Rezeptoren 296 Nucleus(-i) 13
— parasympathici sacrales 92
— accessorius n. oculomotorii (Edinger-West-
—pedunculopontinus
phal)
— paraventricularis
56, 117, 119, 120, 136, 300, 301, 322
— accessorius n. oculomotorii (Ncl. EdingerWestphal) 192 — accumbens
204, 254, 255
185, 186, 189, 190, 193
141, 142
— pontinus (= Ncl. principalis) n. trigemini 230 — pontinus n. trigemini 119 —pontis 255
113, 128, 131, 156, 161, 163, 251, 254,
— ambiguus
70,73, 117, 119, 124, 125, 130, 148
—preoptici
— anteriores
183
— prepositus perihypoglossalis 144, 146 —pretectales 192 — principalis (= Nel. pontinus) n. trigemini 230
— arcuatus
186, 190, 193
— basalis (Meynert) — caeruleus
220
186
— principalis n. trigemini
92, 141
—caudatus 188, 198, 199, 200, 201, 202, 246, 248, 249, 250, 251, 252, 279
—proprius
—reticularis 183 — reticularis lateralis
144
— corporis mammillaris
187, 193
— corporis trapezoidei
131, 238, 239
—cuneatus
115, 128, 129, 130, 228, 230
— cuneatus accessorius —dentatus 254, 255
98, 130, 163
137, 157, 158, 163, 164, 165, 167,
— dorsalis n. vagi 143, 300, 301
73, 117, 119, 120, 124, 130,
316
Ohr 326, 337 — äußeres 327, 328
— Schallempfindlichkeit 68 Ohrenschmalz (Zerumen)
328
Ohrenspiegeln — Lichtreflex 328 Ohrgeräusche — vertebrobasilärer Bereich, Durchblutungsstörungen
274
Ohrläppchen 327 Ohrmuschel 327 — Funktion 327
Ohrtrompete
— cochlearis anterior —coeruleus
311, 312, 325
328
— Richtungshören 327
91,92
—pulposus 87 —raphe magnus
— cochlearis posterior 122, 238
Oberlid
—Innervation
— centromedianus 180, 184, 201, 202 —cochleares 70, 117, 119, 122, 233, 239
122
58, 117, 119, 120, 129,
228
34
34, 35
— Schlaf-Wach-Rhythmus 144 NO (Stickstoffmonoxid) 12, 13 — enterisches Nervensystem 305 nozizeptive Afferenzen 92 N.-radialis-Läsion 39, 40
91,
98
115, 128, 129, 130, 228, 230
Neurotubuli 2, 3 Neurulation 13, 14, 19 NG2-Zellen 10 -GABA 218 — Lamina molecularis 219 — Lamina multiformis 220 —modifizierte 219 nigrostriatale Neurone 203 Nikotin 296
407
141 130
—ruber 18, 100, 113, 119, 127, 135, 136, 137, 138, 165, 166, 167, 168, 169, 251, 322
— salivatorius inferior
70, 117, 119, 120, 124,
— salivatorius superior 67, 69, 117, 119, 120,
324
Okzipitallappen 108, 196, 197, 198, 234, 238, 252, 253, 255, 257
122, 300, 301
—solitarius 122 — spinalis n. trigemini
Okulomotoriuskerne 118 — parasympathische 322 — s.a. Ncl. accessorius n. oculomotorii (EdingerWestphal) 118, 120 —s.a. Ncl. n. oculomotorii 118 Okulomotoriusparese —Ptose
300, 301
329, 330, 332
— Entwicklung 58, 70, 73, 117, 119, 120,
121, 124, 130, 131, 228, 229
—Fett
199
197
Okzipitalpol
196, 197
408
Register
olfaktorische Bahnen 179 olfaktorische Glia 339 olfaktorische Zilien 339 Oligodendrogliom 242 Oligodendrogliome 8
Pallidum (Globus pallidus 192
Oligodendrozyten
— Entwicklung 18 — Funktion 204
—Fortsätze
6, 8, 9, 19
8
Pallidum (Globus pallidus) 178, 193, 198, 199, 200, 201, 202, 204, 248, 249, 254
— Afferenzen 204 — Efferenzen 204
paravermale (= intermediäre) Zone — Kleinhirn 156
paravermale Zone —Kleinhirn
165
paravertebrale Ganglien 294, 297
— Markscheidenbildung 6
—Läsionen
— Multiple Sklerose 9
— motorikfördernde Anteile 204 Pallidumsegment
— Myelinisierung 16 Oliva —inferior 160, 169
Parasympatholytika 296 Parasympathomimetika 296, 300
204
—]aterales (äußeres 250 —]aterales (äußeres) 204, 205, 248, 254
—mediales 205
Parese — Pyramidenbahnläsion — schlaffe
100, 223
Paries —caroticus 329 — jugularis 329
Oliva (Olive) 116, 126, 130 oliväres System 126, 128 Oliven 254, 255 Olivenkernkomplex 113, 126, 128
Palliothalamus 179 Palpebra(-ae) 311,324
— mastoideus 329 —-membranaceus 329
—Hilum 126 —oberer 127
— inferior 312, 325 —superior 312, 325
—tegmentalis 329 parietaler Kortex
—unterer
Panikkrankheiten
— posteriorer 232
126, 127, 162
Olivia (Olive)
— mediales (inneres)
204, 205, 248, 250, 254
— serotoninerge Zellgruppen
115
144
100
—labyrinthicus 329
parietal-insulärer vestibulärer Kortex 232
On-Center-Zellen
Papez-Neuronenkreis
—Retina
—Lage 212 — Variationen 215 — Zerstörung 212 Papilla(-ae) — foliatae 339
Parkinson-Syndrom 5, 139, 202, 216, 217 — Akinese 140, 205, 139
316
Operculum 216, 279 ophthalmisches Segment — A. carotis interna 273
Ophthalmoplegie, internukleäre 146 Ophthalmoskop (Augenspiegel) 319
183, 187, 211
Parietallappen 108, 196, 197, 227, 233, 251, 252, 255, 256 — Fett 197
— somatosensible Bahnen
227
— fungiformes 339
— Amantadin
Opiate
—n. optici
— Anticholinergika 203
— Schmerzunterdrückung 144 optische Kontraste —-Wahrnehmung 316 optokinetischer Reflex 146
— vallatae 339
Parallelfasern
—-L-Dopa
Ora serrata 315
— Kleinhirn 158, 160
— medikamenteninduziertes
Orbita 311 — Augenmuskeln, glatte 323 — Fettgewebe 325 — topographische Beziehungen 323
Paralyse
— Neuropathie, autonome
— Pyramidenbahnläsion 100 paramediane pontine Formatio reticularis
— neurophysiologische Grundlage 139 — nigrostriatale Projektion, Ausfall 139
orbitofrontaler Kortex
208, 226
Organum spirale 334, 335
55, 318, 319
Papilla (Discus) n. optici 234 Paragangliom 101
(PPRF) 144, 145, 146, 225 —Läsion 147 Paraparese
205
—-Dopamin 140, 203 — Formatio reticularis
140
— Kardinalsymptome
139
—Rigor
12, 205, 206 293
139, 140
— Striatum, Enthemmung 202 — Substantia nigra, Ausfall 205 — Tremor 139, 140
— schlaffe 103
Organum vasculosum laminae terminalis 263 Orientierungsfähigkeit — Kleinhirn 170
— Brust- und Baucheingeweide 300
Parkinson-Trias Parotistumoren
Orientierungsstörungen
— Darmentleerung
— Fazialisläsion 68
Parasympathikus
144
1, 291, 299, 301
302
139
—räumliche 232
— Ganglien 294
Pars
Ösophagus
— Gastrointestinaltrakt 300 — Genitale 302
— anterior pedunculi cerebri 114, 136 — anterior pendunculi cerebri 115 — basilaris pontis 131
— Sympathikus 298 Ossicula auditoria 329 Otolithen 336 Otolithenmembran 336 Otosklerose 330 ovales Fenster 329, 330, 331, 332 Oxytocin 13, 187, 189, 190
— Milchejektionshormon 185 —Necl. paraventricularis 185 —Necl. supraopticus 185 — Uteruskontraktionen 185
— Genitalorgane 300 — Harnblasenentleerung 301 — Harnwege, ableitende 300 —-Herz 300 — Hirnstammzentren —Kolon
300
— kraniosakrale Verteilung 293 —- Magendrüsen 300 —Neurone
92, 301
— Organisationsprinzip P
Pacchioni-Granulationen (Granulationes arachnoideae) 267
Pachymeninx 264 Palatomyoklonus 128 Paleocerebellum Paleokortex
Paleostriatum Pallidum
157
199, 208, 217, 248
200
202, 246, 279, 303
300
— Innervationsgebiete 294
294
— Rektum 300 — Rezeptoren 296 — sakrale Zentren 300
— caeca retinae 315 —cavernosa
273
—centralis 262 —cerebralis 273 —cervicalis 273 —-compacta 138
— distalis (Hypophyse) —flaccida 328 — infraclavicularis —insularis 278
190
32
— intermedia (Hypophyse) 190 —- magnocellularis 137, 166 — opercularis
196, 197, 225
— Schlagfrequenz 291
— optica retinae 315
—Stress 293 — Verschaltung 294 parasympathische Zentren —Hirnstamm 293 — Rückenmark 293
— parvocellularis 137, 166 —petrosa 273 — petrosa ossis temporalis 327
— orbitalis 196, 197
— postcommissuralis 280
Register — — — —
precommissuralis 280 reticularis 138 sphenoidalis 278 supraclavicularis 32
— Querschnitte
Pinealome 191 Pituizyten 189
— Strukturen
Plaques
—Retina
Pleuritis (Rippenfellentzündung)
316
—innere
Patellarsehnenreflex 45, 93, 95 Paukenhöhle 326, 327, 329, 333
Plexus 25 — aorticorenalis 296
— Lagebeziehungen 329
— aorticus abdominalis —basilaris 286
— cerebellaris inferior 155, 156, 162, 166 — cerebellaris medius 155, 156, 163, 172 — cerebellaris superior 155, 156, 164, 167
—cerebri
—Fett
100
135
316, 318
—Bildung 26 —cardiacus
74, 75, 296, 298, 301
posteriorer parietaler Kortex 232 —Läsionen 232
Posteriorinsult 281 Postikuslähmung
42, 51
— dentalis superior 62
— N. laryngeus recurrens, Läsionen postsynaptic density 3
—entericus 305 —gastricus 301
postsynaptische Membran 3, 5 PPRF (paramediane pontine Formatio reticula-
75, 296, 297, 298
—hypogastricus inferior 303
296, 297, 299, 300, 301,
— Fett
146
—Läsion
— hypogastricus superior 296, 297, 299, 301
—intraparotideus 67, 68
147
präfrontaler Assoziationskortex 201 präfrontaler Kortex — Afferenzen/Efferenzent 226
Perikaryen 19 — Rückenmarkneurone 90
—]umbalis
—]lumbosacralis 27, 40, 41, 51, 52
— Fett 226
Perikaryon
— mesentericus inferior
— Funktion 226
—Ganglien
11
—-Neurone
2
27, 40, 42, 52 296, 297
— Funktionsstörungen/Läsionen
— mesentericus superior 296, 297 —myentericus 301, 305
— raues endoplasmatisches Retikulum 2
—oesophageus 75, 298
— Kurzzeitgedächtnis 214 prämotorische Rinde 181
Perilymphe
—pelvicus
prämotorischer Kortex
332, 333, 334
— Liquor cerebrospinalis
297, 300
—pharyngeus
332
—pudendus
Perineurium
—pulmonalis 298, 301
42, 50, 53, 302
periphere Gliazellen 6, 8
—sacralis
peripheres Axon
— solaris (Sonnengeflecht)
4
peripheres Nervensystem (PNS) Peroneuslähmung 48 —- Kompartment-Syndrom
1, 19
48
Persönlichkeitsveränderungen — A. cerebri anterior, Durchblutungsstörung 277 — Gyrus-cinguli-Läsion 215 — präfrontaler Kortex, Läsion 226 Pes hippocampi 211 Pfeilerzellen
315, 316, 317
Pia mater 268 — spinalis 87 Pick-Syndrom 226
— Ventrikel, dritter
— Fett
— Entwicklung —Frontalschnitt
17 251
128
197
198
Presbyopie (Alterssichtigkeit) 320 Pressorezeptoren — Sinus caroticus Pressorzentrum
33
— Kreislaufzentrum
72
143
Prestin 334 primärer gustatorischer Kortex 244
1
Pons 107, 108, 109, 110, 113, 114, 116, 157, 251, 255
— Retina
Präzisionsbewegungen Precuneus
178
— mallearis anterior 328 —mallearis posterior 328 PNS (peripheres Nervensystem) Polyneuropathie 45 polysynaptische Reflexe 93
Pigmentepithel 315, 317
präsynaptische Membran 3, 5 prävertebrale Ganglien 296, 298
—Liquorbildung 263
—obere (Erb) 33 — obere (Klumpke) Plica(-ae)
— Retina
208
— Koordination/Feinabstimmung
Pfortaderkreislauf/-system —-Hypophyse 186, 189, 190 Phalangenzellen — äußere 334, 335 Photorezeptoren 316
—Fett
110, 111, 179, 197, 248, 250,
Plexusepithel 264 Plexuslähmungen
334, 335
145
präokulomotorische Zentren 145 präpiriformer Kortex 208, 209
300, 301, 305
— äußere 334, 335 —innere 334, 335
—innere
präokulomotorische Kerne
296
— subserosus 305 —-tympanicus 72, 73, 331 — vegetative (autonome) 296 — venosus foraminis ovalis 286 Plexus choroideus 251, 255, 267
224
Pränatalzeit — Neurone, Entwicklung 15
27, 40, 41, 42, 52
— submucosus
226
221, 224, 225
— kortikofugale Fasern 224 prämotorischer KortexLäsion
71,72, 74
— Schwingungen 330 10
74
ris) 145, 225
—hypogastricus 302
—Fett
31
327 67, 70, 79, 80, 333
— acusticus internus
periaquäduktales Grau 136
Perikarditis (Herzbeutelentzündung)
163
Porus — acusticus 71 — acusticus externus
27, 31, 32, 33, 51
—coeliacus
Periduralanästhesie 88 Periduralraum 88
168
—brachialis
— cerebellaris medius
144
169
pontozerebellare Bahn 297
—coccygeus
12
156, 157, 162, 164
— Zielbewegungen, willkürliche
— cerebellaris inferior 114 — cerebellaris superior 114 —cerebelli 114
141, 300, 301, 303
— Funktionen 168 — motorische Koordination 169
Pendunculus(-i)
peptiderge Synapsen
31
— Fett 143 Pontocerebellum
— Bewegungsentwurf
—caroticus 69, 298 —cervicalis 27, 29, 51, 78, 328 114, 116
146
—Läsion 147 pontines Miktionszentrum
plexiforme Schicht —äußere 316, 318
parvozelluläres System —Sehbahn 234 —Sehrinde 238
Pedunculus(-i)
114, 116
(PPRE) 144, 145
278
— tuberalis (Hypophyse) 190 parvozelluläre Ganglienzellen
196, 197, 225
131
pontine Formatio reticularis, paramediane
— A. cerebri media
Plegie — Pyramidenbahnläsion Pleuraerguss 28 Pleurapunktion 28
—tensa 328 —triangularis
409
primärer visueller Kortex 236 Primärfeld — motorisches 218 Primärfelder —Neokortex 218 Primärfurche — Großhirn 196
410
Register
primär somatomotorischer Kortex 220 —primäre 220
Pupillenverengung (Konstriktion) 320 Pupillenverengung (Miosis) 323
primär somatosensibler Kortex
Purine
228, 229, 231
— clinoideus anterior 287 —mastoideus 67 — styloideus 67, 73 programmierter Zelltod (Apoptose) Projektion
13
Purkinje-Zellen — inhibitorische Kontrolle 165
Processus
—Kleinhirn 158, 159, 160, 165 Putamen 198, 199, 200, 201, 202, 246, 248, 249, 250, 251, 254, 255, 279
15
Pyramide
11
Pyramiden 223
Projektionsneurone
Pyramidenbahn 95, 96, 98, 100, 130, 131, 137, 147, 148, 169, 220, 221 — Fett 223
— graue Substanz, Rückenmark 91 —Retina 315 Prolaktin (PRL)
— Funktion 99 — Kontrollfunktion 99
189
Propriozeption
23, 96, 97, 149, 228
—Läsionen
propriozeptive Afferenzen —- Bewegungsapparat 92, 97
— Verlauf 98, 99, 222 Pyramidenbahnkreuzung
propriozeptive Schmerzafferenzen 92 propriozeptive Wahrnehmungsorgane 228
Pyramidenschicht — äußere 218
Prosencephalon-(Vorderhirn-)bläschen Prosomere 14
—innere
Prosozele 19 protopathische Sensibilität 96, 228 protoplasmatische Astrozyten 8 prozedurales Gedächtnis 215 pseudounipolare Ganglien 24 pseudounipolare Ganglienzellen —Ncl. mesencephalicus n. trigemini 120 pseudounipolare Neurone 4, 11, 19 psychische Abläufe — Beeinflussung, dopaminerge Neurone 143 psychische Vorgänge, Verarbeitung —Ncll. mediales 183 psychogene Erektion 303 psychomotorischer Antrieb — Gyrus cinguli 215
—Ncl. n. oculomotorii, Läsion 119 -N. oculomotorius, Läsion 57
— Okulomotoriusparese 324 Ptosis
— Horner-Syndrom 298 180, 183
— visuelles System 183 Puncta lacrimalia 324 Punctum lacrimale 323
—Neokortex 218 Pyramide (Pyramis) Pyramis (Pyramide)
115, 116, 130 116, 130
157
Quadrantenanopsie
235
— A. cerebri posterior, Durchblutungsstörung
— lichtstarre, Einklemmung, untere
266
56, 115, 320, 322
Pupillenreflexausfall —Pinealom 191 Pupillenstarre 322 — absolute 322 — amaurotische 322 — reflektorische 322 Pupillenverengung 120
67, 68
—canterior 41 —cardiaci 75, 76
—- communicans albus 297 — communicans fibularis 46 —- communicans griseus 297, 298 — — — —
cutanei anteriores 43, 44 cutaneus 43 cutaneus anterior 28, 29 cutaneus lateralis 28, 29, 41
— cutaneus(N. obturatorius)
43
—dorsalis 33, 34 —externus 7/4
— ganglionares
57, 60, 62, 65, 69
— genitalis (N. genitofemoralis) 41, 42, 43 — gyri angularis 279 — inferior 56, 57 —internus 74
302
— marginalis mandibularis 67, 68
— pharyngei 72, 74, 75, 76 — phrenicoabdominales 31
R
— profundus
—-meningeus
27, 62, 64, 74, 80
— meningeus recurrens 61
— oesophagei 74, 76 — palmaris
34, 35, 37
— posterior
27, 28, 33, 42, 43, 297
34, 35, 38, 40
— pulmonales 76
72
—renales
75
— sinus carotici
— optica (Sehstrahlung) 234
Pupilleneflex — Area pretectalis 192 Pupillenerweiterung (Dilatation) 320
— auricularis 74 —bronchiales 74
— Genitalfunktionsstörungen 304 — Harnblasenfunktionsstörungen 302 -hohe 31 — Rückenmarktumor 101 — schlaffe 101 — spastische 101
—Innervation Radiatio
29, 30
27, 28, 33, 42, 43, 297
— femoralis (N. genitofemoralis 41 — femoralis (N. genitofemoralis) 42, 43
Q
Rachen
Pupille 311, 312 Pupillen
Pupillenreflex
218, 219
— Darmentleerungsstörungen
Ptose
Punctum nervosum
Glutamat 218 glutamaterge 213 Lamina multiformis 220 Lamina pyramidalis interna 219
Querschnittslähmung 101 — Bandscheibenvorfall 87
Psychopharmaka — Angriffspunkte 216
— anterior
74 — collin. facialis 29, 67, 68 —- communicans 49, 61, 62, 69
— Dornen (spines) 218
Pyramis vermis
— alveolares superiores 62
— cardiaci cervicales superiores et inferiores
281
psychomotorische Reaktion — Substantia nigra 139
Pulvinar
115, 116, 222
218
— modifizierte
— ad pontem breves 274 — ad pontem longi 274
— calcaneares (N. tibialis) 43 — calcarinus 280
100
Pyramidenzellen — Archikortex 213 — — — —-
— spinalis n. accessorii 77 — superior 29, 30 Ramus(-i)
—buccales
— Aufhebung 98
14
—motoria 58 —sensoria 58
— ad pontem mediani 274 — alveolares 62
98
Projektionsfasern 245 11,218
—lateralis 33
— spinales 101, 102
— thalami anterior 246 — thalami centralis 246
— superficialis
— thalami posterior 246 Radiatio optica (Sehstrahlung) Radiusperiostreflex 40, 95
72 34, 35, 38, 39, 40
— superior 56, 57
182
—-temporales 67, 68 —- temporalis anterior 279
—- temporalis medius 279
Radix — anterior 90 —cranialis 125
— terminales corticales inferiores 278
— posterior 90
Ranvier-Schnürringe 7
— terminales corticales superiores 278 — zygomatici 67, 68
— spinalis 125
—Internodium
Radix(-ces) — cranialis n. accessorii — inferior 29, 30
77
7
Raphekerne 140, 141 —Serotonin 161
Raphekernen 92
Register Rathke-Tasche, Reste
— Kraniopharyngeom 188 raues endoplasmatisches Retikulum — Perikaryon 2 räumliche Orientierungsstörungen 232 Rautengrube 114, 262 Rautenhirn 107 Rautenhirnbläschen 14, 20 Rebound, fehlender — Ataxie 170
Release-Inhibiting-Hormone 189 Releasing-Hormone 189 —-Hypophyse
— Projektionen
— vegetative Steuerung, übergeordnete Zentren 302
190
327, 330
— infundibularis
178, 262
— Hypothalamus
Reticulum —trabeculare 314 retikulospinale Bahn
— supraopticus
Retina 55, 311, 312, 315, 319 — amakrine Zellen 315, 316, 317, 318
Rechenschwäche (Dyskalkulie)
232
reflektorische Pupillenstarre 322 Reflexbahn
100
— Ganglienzellen
Reflex(e) — Achillessehnenreflex 95 — Achillessehnenreflex (Triceps-surae-Reflex)
— Horizontalzellen
49 — Adduktorenreflex
—mikroskopische Anatomie 315
— afferente Schenkel 93 — Akkommodationsreflex
— Ganglienzellen, multipolare 317
137
— Augenschutzreflexe 136 — Bizepssehnenreflex 36, 95 — Brachioradialisreflex 95
315, 316, 317, 318
—Interneurone 315 — Kontrastverstärkung
315, 317
— Parkinson-Syndrom
— Photorezeptoren
Rippenfellentzündung (Pleuritis) 31 Röntgen-Angiographie
315, 316, 317
— Pigmentepithel 317
— Fremdreflexe
— Stäbchenzellen
— Patellarsehnenreflex
Retina (Netzhaut)
— polysynaptische 93 — Pupillenreflex 56, 115 — Radiusperiostreflex 40, 95
—Zapfen
— Zellschichten 317 Retinaculum —flexorum 35
Rostrum corporis callosi
rubrospinale Bahn Rückenmark
18
Retinitis pigmentosa
— Triceps-surae-Reflex
retrograde Amnesie retrograder Transport
- Trömmnerreflex 95 — Trömner-Reflex 34
Re-uptake
123, 146, 150, 166, 168
— viszerale 304
— Würgereflex 72 Regenbogenhaut 311, 312, 320
93
— Embryonal- und Kindheitsentwicklung 87 — Entwicklung 16 — Flügelplatte 16 — Gestalt, äußere
85
— Gliederung 85
215
— Trizepssehnenreflex 40, 95
— Transmitter Rezeptoren
— graue Substanz
13, 90, 91, 95
— Grundplatte 16 — Halbseitenläsion
3
3
—- Hinterhorn — Hinterstrang
85, 86, 90, 91
— cholinerge 296 —korpuskuläre, Haut 343 — Parasympathikus 296 — Sympathikus 296
— Hinterwurzel 99 — Hinterwurzeln 17
a-Rezeptoren
—Lage 85 —-Laminae
Rhodopsin
— Stäbchenzellen 317
— Laminae V-VII
Reissner-Membran (Membrana vestibularis)
Rhombencephalon
12, 296
P-Rezeptoren 12, 296 Rhinorrhö 324
107, 111
Rhombencephalon-(Rautenhirn-)bläschen
14
Laminae Laminae Laminae Laminae
92
—entorhinalis 211, 212 — retrobulbaris 208 334, 335, 336
101
90, 92
— — — —
6
100
1, 85
— Eigenapparat
319
— spinale 93, 95 — Tibialis-posterior-Reflex 49, 95 95
197, 245
— Anastomosenketten 102 — Blutversorgung 101
retino-hypothalamische Projektionen —Necl. suprachiasmaticus 186 retinotopische Gliederung —Sehbahn 234 — Sehrinde, primäre 236
— Rückziehreflex 95 — Schutzreflex 95
Rostrum — corporis callosi 261
315, 316, 317
—Entwicklung
281
146
234
—Zapfenzellen
200
— Gehirngefäße 281 rostrale mesenzephale Formatio reticularis 145,
315, 317
— Verschaltungssysteme 316
139, 140
— A. carotis communis
315
— Kornealreflex 63 — Kremaster-Reflex 41 — kutaneoviszerale 304 — monosynaptische 93 — Muskeleigenreflexe 93, 101 — optokinetischer 146
Regeneration —Nervenfasern —neuronale 5 Regio
Rinde (Cortex) 13 Rindenfelder (Areae)
—Stäbchen 234
45, 93, 95
190
—Nervenfaserschicht 318 — Off-Center-Zellen 316 —On-Center-Zellen 316
— Projektionsneurone
— vestibulookulärer
— Hypophysentumoren Rigor
316, 317, 318
— Dehnungsreflex 93 — efferente Schenkel 93 93, 94
179, 198, 248, 249
55
Riechschleimhaut — Aufbau 339 — Chemorezeptoren 339 — Sinnesepithel 338 — Sinneszellen, primäre 55 — Stützzellen 339 Riechwahrnehmung 179 Riesenwuchs
315,316, 318
— Müller-Zellen
43, 95
Riechrinde
— primäre
—Bewegungsdetektion 315 —bipolare Zellen 315, 318 —Blutgefäße 317
— Naheinstellungsreaktion 323 Reflexbögen 93
209
Riechepithelfortsätze 339 Riechhärchen 339 Riechhirn 208, 210, 217 — Strukturen 209 Riechnerv 82 Riechnerven 80 Riechrezeptoren 339
185
—Jateralis 262 — lateralis ventriculi quarti 114 —pinealis 262 178, 262
141
Rhombomere 14 Rhombozele 19 Richtungshören 239, 240 — Ohrmuschel 327 Riechbahn 248
Renshaw-Zellen 94 — Aktivierung 93 Reproduktionsverhalten
— suprapinealis 262
rhombenzephale Lippe 17 rhombenzephales lokomotorisches Zentrum
Rektum — Parasympathikus 300 — vegetative Kontrolle 302 Rektumfunktion
Recessus — epitympanicus
411
II und IV 92 Iund II 92 VIII und IX 93 V und VI 92 98
— Liquor cerebrospinalis 85 — Nervenkerne 91
412
Register Schmerzafferenzen 96
— Querschnittsbilder 90, 91
Scapula alata
— sakrales
—N.-accessorius-Läsion
293
— Segmentarterien —Segmente 87 — Seitenhorn
— Nthoracicus longus, Läsion 33 Schädelbasis — Durchtritt der Hirnnerven 78 Schädelbasisverletzungen 79 Schädelgrube —hintere 79, 266
102
90, 92
—Seitenstrang
85, 86, 90, 91, 114
— Spinalnerven 86, 87 — Verdickungen 85
91
Rückenmarkbahnen 95 — absteigende 95, 96, 99 — aufsteigende 95, 96, 99 — motorische 95 — sensible 95 Rückenmarkhäute 88 Rückenmarkhaut/-häute 87 —weiche 87 Rückenmarkneurone
— übertragene 304 Schmerzfasern — Thalamus 182
Schalldämpfung
schmerzhemmende Wirkung
— Mittelohr 67 Schallempfindlichkeit —Ohr 68 Schallleitungsapparat 329 Schallüberempfindlichkeit 68 Schallübertragung
— Medikamente 92 Schmerzimpulse — Weiterleitung im Rückenmmark Schmerzrezeption
— Haarzellen, innere
Rumpfataxie 170, 171 Rumpfwandinnervation 28, 29, 51 rundes Fenster 329, 332
S 71, 327, 332, 333, 335, 336
—lacrimalis 323, 324 Sakkaden 137, 146, 170
Sakkaden (Augeneinstellbewegungen, willkürliche) 225
Sakkaden (Blickspontanbewegungen) Sakralganglien 299 86, 91
—Läsion 304 Sakralnerven 24
saltatorische Erregungsleitung 7 salzig (Geschmack) Satellitenzellen
339
6, 11
Satzbau — Broca-Sprachzentrum 225 sauer (Geschmack) 339 Säureschutzmantel der Haut —Schweißdrüsen 346 Scala —media 331
_tympani 331, 332, 333, 335
—vestibuli
Schnecke
331, 332, 333, 335
236
74
— mikroskopische Anatomie Schneckengang 333, 335 Schrankenstörung — Blut-Hirn-Schranke 272 Schreckreaktion — Sympathikus 294 Schultergürtelmuskulatur —Nerven
335
32
Schutzreflex 95 Schwannom
—Neuroleptika 13 — präfrontaler Kortex, Läsion 227 Schlaf
-N. vestibulocochlearis (VIII} 71
184
Schlaf-Apnoe-Syndrom 142 Schlafstörungen - noradrenerge Zellgruppen 144 Schlaf-Wach-Rhythmus — Formatio reticularis 140 — Hypothalamuskerne, mittlere 186 — Locus caeruleus 144 - noradrenerge Zellgruppen 144 — serotoninerge Zellgruppen 144 Schlaganfall — A. carotis interna, Verschluss
273
Schlagfrequenz — Parasympathikus 291 Schleifenbahn — mediale s. Lemniscus medialis 149 Schlemm-Kanal (Sinus — venosus sclerae) 314 Schluckauf (Singultus) 31 Schluckstörungen — Vagusläsionen 77
Schwann-Scheide Schwann-Zellen
10 5, 6, 7, 19
— Markscheidenbildung 6 Schweißdrüsen 344 — apokrine 344, 345 — Ausführungsgänge 346 — ekkrine
344, 345
— Säureschutzmantel der Haut 346 — Temperaturregulation
346
Schweißdrüsenausführungsgang 342 Schweißdrüsenendstücke 346 Schwerhörigkeit — Gehörknöchelchen, Verlust
330
—N.-cochlearis-Läsion 70 Schwindel 124 — vestibuläre Kortexareale, Läsionen
232
Schwindelerscheinungen —N.-vestibularis-Läsion 70 Schwindelgefühl — vertebrobasilärer Bereich, Durchblutungsstörungen
274
Schwurhand —N.-medianus-Läsion
Schlundmuskulatur
Sclera (Lederhaut)
—Innervation
— Entwicklung
72, 76
7, 8
71, 327, 332, 333, 336
— mesolimbische Projektionen, Überaktivität 144
— Steuerung 332
144
Schmerzwahrnehmung 120, 244 — Thalamus 96 Schmidt-Lantermann-Einkerbungen
—N. laryngeus recurrens, Läsionen — Dopaminantagonisten 144 — dopaminerge Systeme 144 — Hippocampus 213
Sakralmark
— Opiate
Schilddrüsenoperationen
139
339
Schmerzunterdrückung —-endogene 144
334
Ruhetremor
Saccus — endolymphaticus
— Zunge
281
Schizophrenie 216
— Parkinson-Syndrom
343
Schmerzsyndrome — A. cerebri posterior, Durchblutungsstörung
Schiefhals (Torticollis spasticus) 204 Schielen (Strabismus) 326
95
92
Schmerzrezeptoren
330, 331
Ruffini-Körperchen 343, 346
Sacculus
—Haut
Schallwellen —- Wahrnehmung 336 Schallwellenverstärkung — Gehörgang, äußerer 328 Schallzuleitung — Mittelohr 327
101
185
Schädelverletzungen — A. meningea media, Verletzungen 269
— Gehörknöchelchen
— Kennmuskeln 26 Rückenmarktumor
Rückziehreflex
— Thalamussyndrom
Schallverstärkung — Haarzellen 334 Schallwahrnehmung
— Perikaryen 90 Rückenmarkssegmente — Querschnittslähmung Rucksacklähmung 33
Schmerzbahnen 96 Schmerzempfindung 96, 227 — Ausfall 96 —Bahn 229 Schmerzen
— mittlere 59, 79, 266, 330 — vordere 59, 79, 266
— Vestibulariskerne, Efferenzen 123 — viszeromotorische Anteile 17 — viszerosensible Anteile 17 —Vorderhorn 90, 93 — Vorderstrang 86, 90, 91 —Vorderwurzeln 17 — weiße Substanz 13, 90, 91, 95, 101 —Wirbelkanal 86 —Wurzelzellen 93
— Zellschichten (Laminae)
— exterozeptive 92 — propriozeptive 92
78
18
37, 38
Register Sebum (Talg) 344
Sensibilität
Second-messenger-Mechanismen
— allgemein-somatosensible
— Transmitter 12 segmentale Innervation — sensible 25 Segmentarterien
—epikritische 97, 129, 228 —- Hinterhorn, Rückenmark
— Rückenmark 102 Sehbahn 234, 236
— Vorderseitenstrangsystem
— Capsula interna 246
—Nerven, periphere 24 Sensibilitätsausfall
— Hinterstrangsystem
Signalübertragungen —langsame 12
181
Singultus (Schluckauf) — Riechschleimhaut Sinnesfunktionen
97 97
—-Haut
Sensibilitätsabschwächung 182
340
—Haut
Sinnesreize
Sensibilitätsstörungen
— magnozelluläres System 234
— A. cerebri anterior, Durchblutungsstörung 277 — vertebrobasilärer Bereich, Durchblutungs-
ideum 210 Sinnesrezeptoren
— Neuron, erstes
315
— nicht-genikulärer Anteil 234 — parvozelluläres System 234 — retinotopische Gliederung 234 — Verlauf 235 Sehen — in der Nähe 320 — in die Ferne 320 — Ort des schärften Sehens 315 Sehfarbstoff 317 Sehnenrezeptoren 228, 347 —- Erregung 93 — Spannungsrezeptoren 347 Sehnerv
— emotionale Bewertung, Corpus amygdalo-
Sinneszellen
—Muskelspindeln 347 sensible Ganglien 11, 293
— lichtwahrnehmende
sensible Hirnnerven 117 sensible Hirnnervenkerne
— primäre
— Flügelplatte 17, 20
Sinus —caroticus
— Geschmacksknospen
340 315
— Linearbeschleunigung 71 55, 117, 315, 339
—sekundäre
—segmentale 25 sensible Leitungsbahnen
55 71, 72, 73
— cavernosus 56, 58, 59, 60, 65, 79, 80, 273, 286, 287 — durae matris 264, 266, 267, 282, 283, 286, 287
1
sensible Nervenfasern 2 sensible Neurone 16 —-Hinterhorn 90 sensible (postzentrale) Rinde 181 sensible Rückenmarkbahnen 95
— Multiple Sklerose 56 Sehnervpapille 55 — Anschwellung 55 Sehrinde 181, 182, 197
— Epidermis 341
störungen 275 sensible Fasern
sensible Innervation
55, 56, 82, 311
347
343, 346
— Thalamussyndrom 185 — Verven, periphere 24
234
338
Sinnesorgane 347 — Bewegungsapparat
—Kreuzung 235 — Läsionen 55, 234 —Läsionen e 235 —Neurone
31
Sinnesepithel
90
— protopathische 96, 228
— Corpus geniculatum laterale (CGL)
—frontalis 55 — maxillaris 323 —petrosus 286
sensibles anterolaterales System 96, 227
— petrosus inferior 286
—Bahn
— petrosus superior 286
230
— primäre 235, 236, 237, 238 —sekundäre 236, 237, 238, 239, 254
sensibles anterolateralesSystem —Verlauf 229 sensible Vorderseitenstrangbahnen 96, 99
—tertiäre 238
—Verlauf 97
Sehstörungen
sensorische Aphasie 225, 241
— sagittalis superior 267, 283, 286 — sigmoideus 283, 286 — sphenoparietalis 286
— A. carotis interna, Verschluss 273 — vertebrobasilärer Bereich, Durchblutungs-
sensorische Fasern 24
—transversus
sensorischer Assoziationskortex 201
— venosus sclerae (Schlemm-Kanal)
sensorisches Sprachzentrum (Wernicke)
störungen 274
Sehstrahlung
—Fett
182, 235
234
90, 92
— vegetative Neurone Seitenstrang
90
— Hemisphärenrotation
261
— septische 287
—Neokortex 218 septische Sinus-cavernosus-Thrombose 287
Sinusthrombose 282 — Kernspintomographie Skalenuslücke 31
197, 208, 248, 249, 252
Septum pellucidum Septumregion
178
305
161
294
somatisches (animalisches) Nervensystem
— Großhirn 196 sekundär somatosensibler Kortex 231, 232,
—Depression 144 — emotionale Vorgänge
233 Sella turcica
— Formatio reticularis 144
1, 19, 291
— Innervation, periphere 294 somatische Schmerzen 304
144
144
— Schlaf-Wach-Rhythmus
314
—Necll. tractus solitarii 124 Soma —Neurone 2 somatische Motoneurone
— Übelkeit/Erbrechen 143 serotoninerge Zellgruppen
—-Migräne
26
311, 312, 314, 325
Solitariuskernkomplex
Serotoninantagonisten —-Migräne 144
79, 188, 266
Sklera
281
Sekundärbläschen
11
Skelettmuskulatur — Innervation, segmentale
— A. cerebri posterior, Durchblutungsstörung
—Fett 208 Serotonin 13, 92
—Raphekerne
283
Skotome
208, 210
— enterisches Nervensystem — Formatio reticularis 143
14
287
skandierende Sprache 170, 171
— bradytrophes Gewebe
—Hinterhorn 252, 261, 262 —Unterhorn 250, 251, 261, 262 — Vorderhorn 252, 253, 255, 261, 262
Sekundärfelder —Neokortex 218 Sekundärfurchen
Sinus-cavernosus-Fistel
314
Sinus-cavernosus-Thrombose
—pellucidum —verum 208
— Rückenmark 85, 86, 90, 91, 114 Seitenventrikel 114, 199, 248, 249, 250, 251, 252, 261, 262, 267
sensibel
225,
283, 285, 286
sensorische Zentren
Septum 248 — intermusculare brachii mediale 35 — intermusculare vastoadductorium 44 —orbitale 325
—Läsion 238 — Verlauf 237 Seitenhorn — Rückenmark
—rectus 267, 282, 285, 286 — sagittalis inferior _ 267, 286
240
—Läsion 236 Sehstrahlung (Radiatio optica)
413
144
somatoefferente Fasern 23 somatomotorische Efferenzen 115, 297 somatomotorische Hirnnervenkerne 117, 148 somatomotorische Nervenbahnen 293, 297
414
Register
Somatomotorische (= somatoefferente) Fasern 23
Somatosensibilität 149 somatosensible Afferenzen 293 somatosensible Bahnen — Berührungsempfindung 129 — Parietallappen 227 somatosensible Empfindungslosigkeit — A. cerebri media, Durchblutungsstörung somatosensibler Kortex
280
129, 231
— primärer 228, 229, 231
—sekundärer 231, 232, 233 somatosensibler Thalamuskern Somatostatin
232
— Plexusbildung 26
Steigbügel
— Rami anteriores 27 — Rami posteriores 27
Steigbügelkopf 329 Steigbügelplatte 329, 331
— Rückenmark 86, 87 — sakrale 24, 300
Stenose —Hirnarterien
—Schädigung 27 — Schädigung des peripheren Nervs 27 —thorakale 24 — zervikale 24 Spinalnervenwurzeln - topographische Beziehung zu den Bandscheiben 88 —zervikale 31
Steppergang
Spines (Dorne)
13, 187
326, 327, 329, 331
271
53
— Peroneuslähmung 48 Sternzellen —Kleinhirn 160 STH (somatotropes Hormon) s. Wachstumshormon 189 Stickstoffmonoxid (NO) 12, 13 Stilling-Clarke-Säule (Ncl. thoracicus, Ncl. dorsalis) 91,98, 162
Somatotopik — Rückenmarksbahnen 99 somatotopische Gliederung
—Dendriten 2 Spinnengewebshaut — Rückenmark 87
Stimmbandlähmung
— Gyrus precentralis 220
Spinocerebellum
Stirnmuskulatur
— Hinterstrangbahnen 97 —Ncl. spinalis n. trigemini 121 — Tractus corticospinalis lateralis 99 — Vorderhorn 93
— Extremitätenmuskeln, proximale, Bewegung
-N. laryngeus recurrens, Läsionen
— Vagusläsion 77
156, 162, 163, 164
Spaltlinien —-Haut
— corporis callosi
342
— Sehnenrezeptoren
347
Spastik 100 —spinale 100 — supraspinale 223 Spatium perivasculosum (Virchow-RobinRaum) 268 speziell-somatoafferente Fasern
— Läsionen
Strabismus (Schielen)
197, 245, 253, 254, 255
Stratum —basale 341, 342
— corneum (Epidermis)
— germinativum _ granulosum
341 159, 160, 213, 214, 341, 342
—lacunosum 213, 214 — limitans externum 318 — limitans internum 318
170, 171
Sprachregionen
—]ucidum
— Diagnostik, präoperative 241, 242
—marginale
speziell-viszeroafferente Fasern 24
—-fMRT
— moleculare
speziell-viszeroefferente Fasern
— präoperative 241
— nervosum (Retina)
Sprachstörungen
— neurofibrarum
23, 24
speziell-viszeromotorische Efferenzen 116 speziell-viszeromotorische Fasern 24 speziell-viszeromotorische Hirnnervenkerne 117, 148
speziell-viszerosensible Afferenzen speziell-viszerosensible Fasern 24
117
speziell-viszerosensible (Geschmacks-)Afferenzen
speziell-viszerosensible Geschmacksbahn 244 speziell-viszerosensible Hirnnervenkerne 117 Sphinkter-Detrusor-Dyssynergie 302 Sphinktererschlaffung —Harnblase 301 Spielbein 45 Spina bifida 14 —occulta 14 Spinalanästhesie 88 spinale Durchblutungsstörungen 103 spinale Reflexe 93, 95 spinale Spastik 100 Spinalganglien
11,24, 228, 230, 293, 297
— Mantelzellen 11 Spinalganglion 90 Spinalis-anterior-Syndrom Spinalnerven
242
— A. carotis interna, Verschluss
24, 54, 85, 90, 104
— Grundlagen 51 —lumbale 24
15 159, 160, 213, 214
315
316, 318
— nucleare externum — nucleare internum
Sprachverständnisaufgaben
—oriens
—Identifiktion 242 Sprachzentrum
— palliale 15 — papillare 341 — pigmentosum (Retina) 315, 316, 317 — plexiforme externum 316, 318 — plexiforme internum 316, 318 — purkinjense 158, 159, 160 —pyramidale 213
— motorisches (Broca)
218, 225, 226, 248
225, 240, 241
Stäbchen —Retina
234
Stäbchenzellen — Fortsätze 317
— Hell-dunkel-Wahrnehmung 315 - Innen- und ein Außensegment 317 — Retina
315, 317
— Rhodopsin 317 Stachelzellschicht 341 Stammzellen —neurale 5 Standbein 45 Standmotorik — Spinocerebellum 168 Stapes
103
273
341, 342
Sprachverständnis 241
— sensorisches (Wernicke)
244
341, 342
—-ependymale 15 — ganglionicum 316, 318
241
— skandierende
326
Strangzellen — graue Substanz, Rückenmark 91
244
speziell-somatosensible Afferenzen 116 speziell-somatosensible Fasern 23 speziell-somatosensible Hirnnervenkerne 117
326
— paralyticus 326
—Nachsprechen 243 — Vorlesen 243 Sprachbildung —N. glossopharyngeus 72 Sprache
23
122
— concomitans
split-brain-Operation 245 sprachassoziierte Schaltkreise 241, 244
Spannungsrezeptoren
—Innervation
Strabismus
168
— Funktionen 168 — Muskeltonus 168 — Stand- und Gangmotorik 168 spinozerebelläre Bahnen 98 Splenium
Somiten 17 Sonnengeflecht (Plexus solaris) 296
74
327, 329, 331
Statokonien 336 Statokonienmembran 336 Statolithen 336 Stauungspapille 55
316, 318 316, 318
213, 214
—radiatu 214 —radiatum 213 — radiatum-lacunosum-moleculare —reticulare 341 —- segmentorum 316, 317 —spinosum 341, 342
Streckbewegungen
213
123
Strecker-Motoneurone
— Aktivierung 123 Stress
— Parasympathikus 293 — vegetatives Nervensystem Stressinkontinenz 302 Stria — diagonalis
293
208, 209
— diagonalis (diagonales Band von Broca) 208
Register — olfactoria lateralis 208, 209 — olfactoria medialis 208, 209
— perforata anterior
— terminalis 252 Stria(-ae) — acusticae posteriores 238 —mallearis 328 — vascularis 335 Stria medullaris 192 Stria terminalis 188
116, 198, 208, 209
— Organisationsprinzip
— Ösophagus 298
Substantia nigra 303
— Schreckreaktion 294 — thorakolumbale Verteilung 293
Substanz P
12, 13, 187, 202, 296
— enterisches Nervensystem
305
296
— Transmitter
299
Substratum radiatum s. Stratum radiatum 213 Subthalamus 177, 178, 192, 193
— Vasokonstriktion 294 — Verschaltung 294
—Entwicklung 18 Sulcus(-i) 108
sympathische Zentren
— afferente Verschaltungen, Transmitter 201
— anterolateralis 85 —basilaris 116
— Thorakalmark 293 Sympatholytika 296
— Afferenzen
—bicipitalis medialis 37
Sympathomimetika Synantozyten 10 Synapsen 3, 19
Striatum
139, 199, 200, 201, 202, 204, 248, 252,
254
201, 202
— Bewegungsimpulse —dorsales 200 — Efferenzen
202
—bulbopontinus —calcarinus
—centralis
201, 202
— Enthemmung, Parkison-Syndrom 202 — Entwicklung 18 —Funktion
202
—limitans
— medianus posterior —n. radialis 38, 39
202
— Verschaltung, Transmitter 205 202
201
— reflektorische 302 Stuhlinkontinenz 51, 53, 225, 302 Stuhlkontinenz 50 Stuhlverhalt 302 Stützmotorik 168
—precentralis
196
— rontalis superior 196 —spiralis internus 335 —temporalis inferior 196, 197
168
— Vestibulocerebellum Stützzellen — Corti-Organ 335
166
—-temporalis superior —ulnaris 34, 35 Supercilia 311,312
— Geschmacksknospen
340
supplementärmotorischer Kortex 221, 224, 225
—Riechschleimhaut
—Läsion 224 supraklavikulärer Teil
339
Subarachnoidalblutung
276, 284
— A. basilaris, Aneurysmaruptur 275 Subarachnoidalraum
88, 90, 263, 264, 267, 273
— Circulus arteriosus cerebri (Willisii) 275
— Liquor cerebrospinalis 88 Subclavian-Steal-Syndrom 275 Subduralblutung 284, 285 Subduralhämatom
Subduralraum
267, 284
267
Subfornikalorgan 263 Subiculum
213, 214
Subkommissuralorgan 263 Subkutis
— Ausfall, Nel. salivatorius superior, Läsion
122
— Ausfall, Nel. salivatorius superior, Läsion
5
122
—nigra 18, 113, 135, 136, 138, 139, 200, 201, 202, 205, 207, 251, 254, 255, 322
— Neubildungsfähigkeit 4 — peptiderge 12 Synapsenbildung 8
synaptische Endknöpfchen 2 synaptische Endkolben 2, 3, 5 synaptische Endköpfchen 3, 5 synaptischen Endkolben 3 synaptischer Spalt 3, 5 synaptische Vesikel 3, 5 T Tachykardie 77 Taenia choroidea
252
taktile Agnosie 232 Talgdrüsen 344, 345 — Funktionsstörung 344 — Sekretion, holokrine 344 — Verdunstungsschutz Talg (Sebum) 344 Tanyzyten 10, 263 Tarsus
344
Sympathikus
— fein differenzierte 228
1,291, 296, 299
— Adrenalin 299 —-Auge 298
Tastwahrnehmung Tastzempfindung
—Beckeneingeweide 299 —Darmentleerung 302 —Ganglien 294
—Bahn
299
—Harnblasenverschluss —Hautversorgung —-Herz 298
—-Lungen 136, 144
12
— superior 324, 325 Tastempfindung 95, 96, 149, 227
301
298
—Herztätigkeit 291 —Innervationsgebiete 294
— gelatinosa 91, 92, 96
—- monoaminerge
— A. carotis interna 273 süß (Geschmack) 339
—Harnwege, ableitende 299
Submandibulardrüse
296, 298
— inferior 324
— Geschlechtsorgane 299
Sublingualdrüse
— grisea centralis 144 — grisea periaqueductalis
— Plexus brachialis 31 supraklinoidales Segment
— Gastrointestinaltrakt —Genitale 302
340, 342
subneurales Faltenfeld Substantia
196, 197, 233
293
— axoaxonale 3 — axodendritische 3 — axosomatische 3 —Bildung 15 — chemische 4 — elektrische 4
— Astrozyten
— parietooccipitalis 197, 198 —postcentralis 196 —posterolateralis 101
Stuhlentleerung
— Rumpf, Vestibulocerebellum
85, 86, 91, 114
—nradialis 52 —(N. ulnaris) 52 — olfactorius 198 —orbitales 198
—ventrales 200
Striosomen
16
—medianus pos 90
— Mikroskopie 201 — motorische Impulse 201, 202
—- Wachzustand
108, 111, 196, 197, 198, 211, 228, 255
—lateralis 108, 111, 196, 198, 199, 228, 248, 249, 250, 251, 253
—Lernen 202 —Matrix 201
— Transmitter
113, 115, 116
197, 198, 235, 237, 254
—frontalis superior 196 —hippocampi 198 —intraparietalis 196, 232
— Hyperkinesen 203 — kognitive Integrationsvorgänge
—- Lumbalmark, oberes
—frontalis inferior 196
202
294
— perforata posterior 208 —propria 314
— Rezeptoren
—Nebennierenmark 299 —Neurone
93, 299
—Noradrenalin
299
97
229
Taubheit 240 —N.-cochlearis-Läsion Tectum
70
— Entwicklung 18 — mesencephali 115, 252 Tectum mesencephali
135, 136, 137, 252
Tectum mesencephali (Vierhügelplatte)
178
Tegmen —- tympani 330 Tegmentum 130
— Entwicklung —pontis
298
415
18
131
Tegmentum mesencephali
Tektorialmembran — Antiresonanz
334
135, 136, 137, 147
334, 335, 336
416
Register
Tela — subconjunctivalis 323 — subcutanea 342
— posteriore
180
— Projektionen zu einzelnen Großhirnrinden-
— olfactorius 249
55, 109, 116, 198, 208, 209, 248,
bereichen 180 — spezifische 179, 180, 183, 184, 192 — unspezifische 179, 180, 184, 192, 202, 207 — ventrale 180
— olivocerebellaris
Telencephalon-(Endhirn-)bläschen 14, 18 Telencephalon (Großhirn) 107, 108, 196
Thalamusneurone
Thalamusschädigung, Funktionsausfall 184
—perforans 211 — pontocerebellaris 163
— Strukturen 116 Telodendron 3 Telozele 19 —laterale 19 —mediale 19
Thalamusstrahlung
— reticulospinalis
—hintere
— rubroolivaris 137 - rubroreticularis 137
Temperatur
Thalamussyndrom
— Empfindungslosigkeit 96 Temperaturempfindung 96, 227 — Ausfall 96 —Bahn 229
Thermanästhesie
Thermoregulation —Ncl. paraventricularis 186 Thermorezeption
Temperaturregulation
—Haut
— Schweißdrüsen 346 Temperaturwahrnehmung 96, 120 temporale Sklerose, mesiale 212
Thorakalganglien 299
— spinoreticularis 96, 228 — spinotectalis 136
Thorakalmark
— spinothalamicus
Tela choroidea
157, 179, 197, 253, 262, 264
Telegrammstil 225 Telencephalon 17
181
179, 246
—untere
179
— rubrospinalis 96, 99, 100, 136, 137
—zentrale
246
— solitarius
184
— spinothalamicus lateralis 96, 97, 229 — tegmentalis centralis 136, 137, 150, 167
— temporopontinus
92
Tentorium
Tibialis-Posterior-Reflex 95 Tiefensensibilität 92, 164
Tibialis-posterior-Reflex 49 tight junctions
Thalamus 114, 123, 129, 165, 177, 178, 179, 185, 192, 197, 198, 199, 201, 202, 204, 212, 246, 248, 250, 251, 252, 254, 255, 279
Tonhöhe
— basalganglionäre und zerebelläre Informatio-
—-Hörbahn Tonsilla
—Induktion, Astrozyten — Blut-Hirn-Schranke
180
— intralaminäre
179
180, 183
—mediale 180 Kortexarealen 180 — ohne Faserbeziehungen zu umschriebenen Kortexarealen
183, 184
162
334
tonotopische Gliederung 238
Tränenwärzchen
—pharyngea 73 Tonsilla(-ae)
Transmitter
—cerebelli 155, 156 Tonus — Muskulatur 100
— — — —
311
3, 11, 13, 19, 294
— Basalganglien, Verschaltung 206
Tonussteigerung 100
Torticollis spasticus (Schiefhals) 204 Tor zur Großhirnrinde\Thalamus Tractus — cerebellorubralis 166, 167 — cerebellothalamicus 166, 167 — cerebellovestibularis 165, 166 — corticonuclearis 221, 222, 246 — corticopontinus
324, 325
Tränenkanälchen 323, 324 Tränen-Nasen-Gang 323, 324 Tränenpünktchen 323, 324 Tränensack 323, 324
238, 334
— Muskulatur
96, 99, 100, 123, 124, 223
— Ausführungsgänge 323 —Histologie 324 Tränenflüssigkeit 324
271
179
128, 148, 169
enterisches Nervensystem 305 exzitatorische (erregende) 12, 19 inhibitorische (hemmende) 12, 19 Natriumkanäle 12
—Neuropeptide 12 — Re-uptake 3 — Second-messenger-Mechanismen — Striatum
— Sympathikus 299 —- Wirkungen 12 Transmitterrezeptoren Transport
3
— anterograder 3 — axonaler 3
221, 222, 223, 246, 247 — corticospinalis anterior
— retrograder 3 96, 98, 100, 223
Tremor
— corticospinalis lateralis
96, 98, 99, 100, 137,
— Parkinson-Syndrom 139, 140 Trendelenburg-Zeichen 53
— corticotectalis 136 — cuneocerebellaris 163 — frontopontinus 224, 246 — nucleoolivaris 127
12
201, 202
— corticospinalis 98, 100, 130, 131, 147, 169,
222, 223
— mit Faserbeziehungen zu umschriebenen
120
— vestibulocerebellaris
— akzessorische
6
Tonfrequenz 238
— kontralateraler 128 — Mittellinienkerne 183 — Motorikregulation 207 — motorischer 181 — Schmerzfasern 182 — Schmerzwahrnehmung 96 — Substruktur 179 — Tor zur Großhirnrinde 179 — unspezifischer 183, 184 Thalamusausfallssymptome — Acerebri posterior, Durchblutungsstörung 281 Thalamuskern — somatosensibler 232 Thalamuskerne 179
— trigeminothalamicus
Tragus 327 Tränenapparat 324 Tränendrüse 61 Tränendrüse(n) 311,323, 324
Tight junctions
18
246
— vestibulospinalis
Tentoriumschlitz 265, 266 Tertiärfurchen —Großhirn 196 Tetraplegie 31 thalamokortikale Projektionen 220
— anteriore
189
189
Tonotopie
92, 95, 96, 97, 130, 131, 136,
— spinothalamicus anterior 96, 97
Thyroideastimulierendes Hormon (TSH)
265, 266
99, 127
149, 181, 182, 228
24
Thyreotropin
—dorsale 180 — Faser und Funktionsbeziehungen
— spinoolivaris
— Sympathikus 296 — sympathische Zentren 293
Thorakolumbalmark
nen 181 — Entwicklung
— spinocerebellaris superior 164
86
Temporallappentumoren — Gesichtsfeldausfall 234 Temporalpol 196 Tenon-Kapsel 323 —cerebelli
162
343
Thorakalsegment 87
130
— spinocerebellaris anterior 98, 99, 164 — spinocerebellaris posterior 92, 96, 98, 99,
96, 97
Thorakalnerven
197
96, 99, 100
179, 246
— Entwicklung —Fett
— opticus 55, 82, 115, 116, 137, 234, 235, 250, 251, 255, 236
— vordere
Temporallappen 108, 109, 196, 197, 198, 209, 238, 244, 248, 249, 250, 251, 253, 255, 257
199
127, 162
— olivospinalis 99
— Nervus(-i) 45, 46 Triceps-surae-Reflex 95 Triceps-surae-Reflex (Achillessehnenreflex) 49
Register triebhafte Leistungen — limbisches System 216 Trigeminusdruckpunkte 63 Trigeminuskerne 120, 121
Überträgerstoff s. Transmitter umami (Geschmack) 339
—Läsionen
Unguis 345, 346 unipolare Neurone 4, 19 Unterhorn — Seitenventrikel 250, 251, 261, 262 Unterlid 312 Unterschenkelflexoren
121
— s. Ncl. mesencephalicus n. trigemini 120 — s. Ncl. principalis n. trigemini 120 — s. Ncl. spinalis n. trigemini 120 Trigeminusneuralgie Trigonum — olfactorium 208
63
Trochealiskern 120 Trochleariskern —s.a. Ncl. n. trochlearis 120 Trolard-Vene (V. anastomotica superior)
283,
Utriculus
Uvea
263
328
Trommelfellspanner 330
Vena(-a)
— spinalis anterior 102 — spinalis posterior 102 Vena(-ae) — anastomotica inferior (Labbe-Vene) 283, 284 — anastomotica superior (Trolard-Vene) 283,
49
284
— angularis 287 — anterior cerebri 285 —basalis 285 —centralis 283 — centralis retinae 319
71,327, 332, 333, 336
312, 314
— choroidea superior 285
— Entwicklung
18
Uvula vermis
157
— communis cornus posterioris 285 — emissariae
282
Trömmnerreflex 95 Trömner-Reflex 34 Truncothalamus 179
V
—facialis 287 —frontales 283
Vagina
— inferiores cerebri
Truncus
Vagotomie
—bulbi 323
— corporis callosi 245
Vaguskerne
Truncus(-i)
—Läsionen
—superior
31, 32
— sympathicus
296, 297, 298, 299
— vagalis anterior 74, 75 — vagalis posterior 74, 75
— auditiva
327, 329, 330, 332
Tuba auditiva —Funktion 332 Tubenfunktionsstörungen Tuber cinereum
332
178, 185, 186
114, 115
—gracile 114, 115 — olfactorium 208, 209 Tuber vermis 156, 157
tubulus-assoziiertes Protein 3 Tunica — conjunctiva
311, 312, 323
— conjunctiva bulbi 323 — conjunctiva palpebralis 323 — fibrosa bulbi 312 — interna bulbi 312, 315, 319 — vasculosa bulbi 312, 314
Tunnel — äußerer
334, 335
Tunnelblick — Retinitis pigmentosa 319 Turner-Syndrom (Monosomie X) 232
189
— media superficialis cerebri
— occipitales superiores 283
— ophthalmica inferior 312 — ophthalmica superior
286, 287, 312
— parietales 283 — prefrontales 283 — profundae cerebri 282
bzw. Adiuretin) 185 — Hyperosmolarität des Blutplasmas
— superficiales cerebri 282 185
— superiores cerebri
266, 282, 283, 286
—Nel. paraventricularis 185
— temporales 283
Vater-Pacini-Körperchen 342, 343, 344, 346 vegetative Afferenzen 293 vegetative (autonome) Plexus 296
— thalamostriata 252, 285 — thalamostriata superior 252, 285
vegetative Funktionen — Corpus mammillare 215 Vegetative Funktionen —Integrationszentrum, oberstes, Hypothalamus 185
—ulnaris
—]ateralis
114, 261
—quartus
110, 113, 157, 262, 267
—tertius
—Harnblase
—vierter
—Rektum 302 Vegetative Nervenbahnen 293 vegetative Neurone 1, 19, 291, 307
—Innervation, periphere 294
—N.-vestibularis-Läsion 70
—intramurales 291
— Serotoninantagonisten
Überlaufinkontinenz 302
—Störungen 293 —Stress 293
übertragener Schmerz
vegetative Steuerzentren
314
Ventriculus
Ventrikel
300, 304
34
— vorticosae
vegetative Ganglien 293, 294 —Kopfbereich 54 vegetative Gedächtnisinhalte 215 vegetative Kontrolle — Genitalorgane 302, 304
vegetatives Nervensystem
304
282, 283, 284
— meningea media 286 — occipitales inferiores 283
— septi pellucidi 285 — subclavia 30
Übelkeit 143
282, 285
— media profunda cerebri 285
Vasopressin (antidiuretisches Hormon, ADH
—Seitenhorn 90 143
282, 286, 329, 330
— magna cerebri (Galeni)
187, 189, 190
U —- Dopaminantagonisten
— jugularis interna
125
—Gürtelrose 27 Vasoaktives Intestinales Polypeptid (VIP) 13 Vasokonstriktion — Sympathikus 294 Vasopressin
Tuberculum —cuneatum
124, 125
Varizellen (Windpocken))
TSH (Thyroideastimulierendes Hormon) Tuba
266, 282, 283, 285
— intercostales 28 — interna cerebri 285
300
—s.a. Ncl. ambiguus 124 —s.a. Ncl. dorsalis n. vagi 124 —s.a. Nell. tractus solitarii 124 —s.a. Ncl. spinalis n. trigemini 124 Vallecula cerebelli 156
—inferior 31, 32 —medius 31, 32
110, 111, 114, 155, 156,
157
Uvea (Aderhaut)
326, 327, 328, 330
111,114, 155, 156, 157,
— medullare superius
Urkleinhirn 157 Ursprungskegel 2 Uteruskontraktionen — Oxytocin 185
284
—Fuktion 329 Trommelfell-Nabel
— medullare inferius
197, 198
—Innervation
Trizepssehnenreflex 40, 95
Trommelfell
Velum
3
Umbo membranae tympani 328, 329 Uncus
417
—dritter
111, 262
1 111, 199, 248, 250, 251, 252, 261, 262
— Entwicklung 19 — Ependymzellen 9 — Stammzellen
5
110, 113, 157, 261, 262, 267
Ventrikelsystem 261, 263 — Projektion auf die Gehirnoberfläche 261 — Topographie 262 ventrikuläre Zone —Neuralrohr 15
Verdunstungsschutz — Talgdrüsen
344
verlängertes Mark 293, 295
vermale Zone —Kleinhirn 165
107, 108, 109, 110, 113, 116
413 Vermis
Register visuelle Rindenfelder visueller Kortex
155, 156
Vermis cerebelli 109 vertebrobasilärer Bereich — Durchblutungsstörungen 274 Vesikel — synaptische 3 vestibuläre Bahn —Fett
— primärer
232 232
— parietal-insulärer 232 vestibuläres System — Ausfallserscheinungen Vestibulariskerne
124
122, 124, 164, 232
— Efferenzen 123 Vestibulariskerngruppe 231 Vestibularorgan 327 Vestibularorgane 336 — Funktion 337 — Schädigung 337 Vestibulocerebellum 164
146, 156, 158, 162,
— Augenbewegungen, Feinabstimmung — Blickfolgebewegungen 146 — Funktionen 168 — Stützmotorik 166 — Stützmotorik, Rumpf 168 vestibulo-okulärer Reflex 123 vestibulookulärer Reflex
168
146, 150, 166
—- Unterdrückung 168 vestibulospinale Bahn 100 - Enthemmung 124 vestibulozerebelläre Bahn 162 Vestibulum
332, 333
Vibrationsempfinden — Aufhebung 98 Vibrationsrezeptoren —korpuskuläre 344 Vibrationswahrnehmung
227
Vicq-d‘Azyr-Bündel (Fasciculus mammillothalamicus)
183, 187, 212
Vicq-d‘Azyr-Streifen 236 —Histologie
236
Vierhügelplatte 252
110, 111, 114, 119, 135, 136,
—s.a. Tectum mesencephali 135 Vierhügelplatte (Tectum mesencephali). 178
VIP (vasoaktives intestinales Polypeptid) 296
— enterisches Nervensystem
305
VIP (Vasoaktives Intestinales Polypeptid) 13 Virchow-Robin-Raum (Spatium perivasculosum)
268
visuelle Agnosie 238 visuelle Ausfälle — A. cerebri posterior, Durchblutungsstörung visuelle Impulse — intraretinale Integration 318 — synaptische Übertragung 318
visuelle Information 55 — farblich definierte 316 — hochauflösende 316 — Kontrastverstärkung 318 visuelle Reflexe
322, 323
223
Wernicke-Sprachzentrum (sensorisches Sprach-
236
zentrum)
225, 240
— funktionelle Bedeutung 241
— Pulvinar 183 viszerale Afferenzen 304 viszerale Reflexe 304
Wimpern 311 Windpocken (Varizellen)
viszerales Nervensystem 1 viszerales Nervensystem s. vegetatives Nervensystem 291
Windungen, Großhirn s. Gyrus(-i)
— Gürtelrose 27
viszeromotorische Anteile — Rückenmark 17 viszeromotorische Nervenbahnen 293, 297 viszeromotorische Neurone 93 viszerosensible Afferenzen 93 viszerosensible Anteile — Rückenmark 17 viszerosensible Bahn 244 viszerosensibler Kortex 244 Vorderhirnbläschen 14 Vorderhirnstrukturen —basale 210 Vorderhorn — Motoneurone 90, 222 — Rückenmark 90, 93 — Seitenventrikel 253, 255, 261, 262 — Seitenventrikels 252
— Broca-Sprachzentrum
225
Wortneuschöpfungen (Neologismen) 241 Würgereflex — Ausfall 72 Wurzelscheide, epitheliale — äußere
344, 345
—innere
345
Wurzelscheiden —Haare
345
Wurzelzellen — graue Substanz, Rückenmark 90 — Rückenmark 93 Z
Zapfen —Retina
234
Zapfenzellen — Farbwahrnehmung
— sensible
— Fortsätze
96, 97, 99
315
317
- Innen- und ein Außensegment — Jodopsin 317
Vorderstrang
196
Wirbelkanal 85 — Rückenmark 86 Wortlaut
— somatotopische Gliederung 93 Vorderseitenstrangbahnen
— Rückenmark 85, 86, 90, 91 Vorderwurzeln — Rückenmark 17 Vorhof 332
Zehenbeuger
Vorhofrezeptoren
Zeis-Drüsen
— Retina
317
315, 316, 317
—kurze 49
— Dehnung, verminderte, Vasopressin Vorlesen
185
324
Zellkörper —Neurone
2
— sprachassoziierte Schaltkreise 243
Zelltod, programmierter (Apoptose)
Vortexvenen 314 — Bulbuswand 312
zentrale Gliazellen
W Wachreaktion 192 Wachstumshormon Wachzustand
6,8, 10
zentraler Neurit 4 zentrales Axon 4 Zentralkanal 90, 91 Zentralnervensystem (ZNS) —Gliazellen 9
189
Wachstumskegel (Growth cones)
15
183
— graue Substanz
13
zerebrale Aneurysmen 276 zerebrale Angiographie 281
Wahnvorstellungen — Schizophrenie 213 Wahrnehmungsorgane
Zerumen (Ohrenschmalz) Zeruminaldrüsen
228
Waller-Degeneration 6 Wasserkopf s. Hydrocephalus 19 Weckreaktion 192 Weckreaktion/-system — Hypothalamuskerne, mittlere 186 —Ncl. centromedianus 184 weiße Substanz 19 —Kleinhirn 157 — Medulla longata 130
— Gehörgang 328 zervikales Segment
— Rückenmark
Ziliarkörper 312, 321
-ZNS
1, 19
— Wachstumsschübe 15 — weiße Substanz 13 zerebelläre Ataxie 170
— Steuerung 184 — Striatum 202
— propriozeptive
280
— Gyrus precentralis, Läsion
— Schädigung 236 visuelles System 234, 238
vestibulärer Kortex 244 —Fett
Wernicke-Mann-Lähmung 246, 247
237
13, 90, 91, 95, 101
13
Weitsichtigkeit (Hyperopie)
321
— A. carotis interna
273
Zervikalganglien 298, 299 Zervikalmark 86 — oberes 117, 118 Zervikalnerven 24, 29, 31
Zielbewegungen — willkürliche
168
Zilien — olfaktorische 339
328
15
Register Zingulotomie 215 Zirbeldrüse s. Epiphyse 114, 193 zirkadianer Rhythmus 234 —Nel. suprachiasmaticus 186, 191 zirkumventrikuläre Organe 189, 263 Zirkumventrikuläre Organen — neurohämale Region 272 Zonulafasern 321 — Anspannung, Desakkommodation Zoster (Gürtelrose)
321
—Horizontalschnitte
— Abgrenzung
— Schmerzrezeptoren
—Dorsokranialansicht
177 114
179
—Strukturen 116 — Ventrobasalansicht 116 Zwischenneurone 11
—Sagittalschnitte 254
— Geschmacksrezeptoren 339
177
177
— Sagittalschnitt 178 — Sagittalscnnitt durch den 3. Ventrikel 178
252, 254
Zwischenhirnbläschen 14, 20 Zwischenhirn (Diencephalon)
— Gliederung
— Randstrukturen
Zwischenhirn — Frontalschnitte 247, 251
116, 177, 192
339
— Gestalt, äußere
144
—N.-phrenicus-Läsion 31
—N. ophthalmicus 61 Zuckerkrankheit s. Diabetes mellitus 186 Zunge
— Entwicklung 18 — Entwicklung) 17
Zungenpapillen 339 — Ebner-(Spül-)Drüsen 340 Zwangsneurosen — serotoninerge Zellgruppen Zwerchfellhochstand
419
— Entwicklung 107, 109, 114,
15
— intrakortikale 218 Zwischenneurone s. Interneurone
92
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Die großen Bahnsysteme im Überblick Dieser Überblick ist eine Kurzdarstellung dessen, was in > Kap. 9 über die großen Bahnsysteme dargestellt ist. Der folgende Text ist deshalb knapp gehalten und nur als Erläuterung für die nebenstehenden Abbildungen verfasst. Die Abbildungen können sowohl als Repetitorium zur Prüfungsvorbereitung als auch aus-
geklappt als ständige Referenz während des Lesens der Gehirnkapitel verwendet werden.
peratur- und groben Tastimpulse aus Hals, Rumpf und Extremitäten werden im 3 Hinterhorn des Rückenmarks, diejenigen aus dem Kopfbereich im 4 Ncl. spinalis n. trigemini auf das zweite Neuron dieser somatosensiblen Bahn verschaltet. Die Axone der zweiten Neurone des Rückenmarks kreuzen auf die Gegenseite und laufen im 5 Tractus spinothalamicus lateralis und im Tractus spinothalamicus anterior (aus Übersichtlichkeitsgründen nicht dargestellt, er unterscheidet sich im Hirnstamm nicht mehr vom
Bahn
1: Riechbahn
Das erste Neuron der Riechbahn sind die 1 Sinneszellen der Riechschleimhaut. Ihre Fortsätze sind der 2 erste Hirnnerv (N. olfactorius, Fila olfactoria). Sie projizieren in den 3 Bulbus olfactori-
us, Wwo sie auf das zweite Neuron verschaltet werden. Vom Bulbus werden die Impulse über den 4 Tractus olfactorius, der sich im Trigonum olfactorium in eine 5 Stria olfactoria lateralis und in ei-
Tractus spinothalamicus lateralis) nach oben zum Gehirn. Dem Tractus spinothalamicus schließen sich die 6 entsprechenden sensiblen Fasern aus dem Ncl. spinalis n. trigemini mit Schmerz- und Temperaturimpulsen aus der Kopfregion an. Die Fasern der zweiten Neurone dieser somatosensiblen Bahn enden im 7 Ncl. ventralis posterior thalami, wo sie auf das 8 dritte Neuron verschaltet werden, das zum 9 Gyrus postcentralis (primär somatosensibler Kortex) mit somatotopischer Gliederung projiziert.
ne 6 Stria olfactoria medialis aufteilt, in die 7 Riechrinde (olfakto-
rischer Kortex) im Bereich der Substantia perforata anterior und in angrenzende Allokortexgebiete weitergeleitet.
Bahn 4: Somatosensible Bahn II: Hinterstrang- oder mediales lemniskales System (exterozeptiv feine
Berührungsempfindung, propriozeptiv bewusste Bahn 2: Somatomotorische
Bahn (kortikospinale
und kortikonukleäre Bahn) 1 Tractus corticonuclearis und 2 Tractus corticospinalis (Pyramidenbahn) entspringen im 3 Motokortex (Gyrus precentralis) mit somatotopischer Gliederung. Sie ziehen von dort durch die 4 Capsula interna und im Mittelhirn durch das 5 Crus cerebri. Der Tractus corticonuclearis endet im Hirnstamm z. T. gekreuzt, z. T. ungekreuzt an den motorischen Hirnnervenkernen (außer Augenmuskelkerne), hier gezeigt am Beispiel des 6 Ncl. n. facialis, der mit seinen Motoneuronen den 7 N. facialis bildet, und am Beispiel
des 8 Ncl. n. hypoglossi, der mit seinen Motoneuronen den 9 N. hypoglossus bildet. Der Tractus corticospinalis (Pyramidenbahn)
Lagewahrnehmung) Die ersten Neurone dieser Bahn haben ihr Perikaryon bei den Spinalnerven in den 1 Spinalganglien und bei den Hirnnerven in den entsprechenden sensiblen Hirnnervenganglien, hier als Beispiel das 2 Ganglion trigeminale. Die Berührungs- und propriozeptiven Impulse aus Hals, Rumpf und Extremitäten treten über die Hinterwurzel ins Rückenmark ein, werden hier aber nicht verschaltet, sondern ziehen im Hinterstrang des Rückenmarks als 3 Fasciculus cuneatus (Fasern aus oberem Thorakalmark und Zervikalmark) und 4 Fasciculus gracilis (Fasern aus unterem Thorakal-, Lumbal-
Fasern (10-30% der Pyramidenbahn) bilden den 12 Tractus cor-
und Sakralmark) nach oben zur Medulla oblongata. Dort werden sie im 5 Ncl. cuneatus bzw. 6 Ncl. gracilis auf das zweite Neuron dieser somatosensiblen Bahn umgeschaltet. Die Impulse mit der äquivalenten sensiblen Information des ersten Neurons aus dem Kopfbereich enden im 7 Ncl. principalis n. trigemini. Die Fasern aus dem Ncl. cuneatus, Ncl. gracilis und Ncl. principalis n. trigemini schließen sich nach Kreuzung auf die Gegenseite im Hirn-
ticospinalis anterior, der auf Höhe der Rückenmarkssegmente, in
stamm zum 8 und 9 Lemniscus medialis zusammen (oft wird die
denen er endet, auf die Gegenseite kreuzt. Die Pyramidenbahn endet an den Motoneuronen im Vorderhorn des Rückenmarks,
Bahn vom Ncl. principalis und trigemini separat als Lemniscus trigeminalis bezeichnet). Der Lemniscus medialis zieht zum
deren 13 Axone die motorischen Spinalnerven bilden.
10 Ncl. ventralis posterior thalami, wo die Impulse auf das dritte
zieht weiter nach kaudal, wobei in der Medulla oblongata 70-90 %
der Fasern in der 10 Pyramidenbahnkreuzung auf die Gegenseite kreuzen. Die gekreuzten Fasern (70-90% der Pyramidenbahn) bilden den 11 Tractus corticospinalis lateralis, die ungekreuzten
Bahn 3: Somatosensible Bahn I: Sensibles anterolaterales System (Schmerz, Temperatur, grobe Druck- und Tastempfindung) Die ersten Neurone der Bahn dieser Bahn haben ihr Perikaryon bei den Spinalnerven in den 1 Spinalganglien und bei den Hirnnerven in den entsprechenden sensiblen Hirnnervenganglien, hier als Beispiel das 2 Ganglion trigeminale. Die Schmerz-, Tem-
Neuron dieser somatosensiblen Bahn umgeschaltet werden. Dieses projiziert über die Capsula interna zum 11 Gyrus postcentralis (primär somatosensibler
rung.
Kortex)
mit somatotopischer
Gliede-
Bahn
1: Riechbahn
Bahn 2: Somatomotorische
Bahn 3 Gyrus
4
precentralis
Capsula interna Fila olfactoria (I)
Tractus olfactorius
olfactorius ant.
Stria olfactoria
Stria olfactoria lateralis
1 Tractus Tractus cortico-
corticonucleari s
spinalis Tuber-
präpiriformer.
culum olfactorium
Kortex (primäre Riechrinde)
6 Nel. n. facialis
;
7
9 N. hypoglossus
11
Tractus
Ä"."“
corticospinalis
10
l-
Pyramidenbahn-
E '—Ä;
Tractus
ı
spinalis
lateralis
}
1
kreuzung
>
cortico-
Wn
/13 motorische
Spinalnerven
9
I:‘-s
anterior |]
Bahn 3: Sensibles anterolaterales System
Bahn 4: Hinterstrang- oder lemniskales System
9 Gyrus
11 Gyrus
postcentralis
postcentralis
10
Ncl. ventralis
posterior thalami
thalamo-
Nel. ventralis _
9
posterior thalami
KOI'|ZI|(EIIG
7
Bahn
Ala Nel. principalis n. trigemini
Lemniscus m.edialis
2 Gogl. trigeminale
2 Ggl. trigeminale
3 Lemniscus medialis
—
Nel. spinalis
n. trigemini
/ Nel. gracilis 1
1
Spinal.
S : |:ltl wı
ganglion
ß‘?4 |
3 Hinterhorn
Fasciculus
thalamicus lateralis
cuneatus
Syinal-
2
ganglion
{
3 Hinterhorn
Tra£tus spino-
pinal
.
)
1y
Spinalganglion
4 7
Fasciculus
gracilis
Bahn 5: Sehbahn temporal |_ _ nasal
| f_.
/ E
Bahn 6: Hörbahn
nasal
| temporal
8 Corpus geniculatum mediale
9 Hörstrahlung
10 primäre Hörrinde
LD
\|
A
Tractus opticus 4
Corpus geniculatum
/_—
\
Chiasma opticum
\
\
-
\\"/ ]
Colliculus inferior
-
6
P
Nell. lemnisci lateralis
laterale
Seh-
“
A
M
5 Lemniscus lateralis
f
3 Corpus trapezoideum Cochlea 4 Nell. cochleares ( b
primäre Sehrinde
P
Sulcus calcarinus
‚@\ JD :&© D ‚JD D «BB ;D D
Noell. olivares superiores
S Bahn 7: Vestibuläre Bahn
primärer vestibulärer Kortex
3
Nel. ventralis
1
posterior 5
ungekreuzte vestibulothalamische Bahn 4
Vestibularorgan
N. vestibulo-
gekreuzte
des Innenohrs
cochlearis
vestibulothalamische
Bahn
Bahn 5: Sehbahn Die visuelle Information des temporalen Gesichtsfelds trifft optisch auf die nasale Retinahälfte und umgekehrt. Innerhalb der Retina befinden sich die ersten drei Neurone der Sehbahn (Stäbchen/Zapfen, bipolare Zellen, Ganglienzellen). Die Fortsätze der Ganglienzellen als drittem Neuron (wenn in der Retina noch Zwischenschaltung eines Interneurons zwischen bipolaren und Ganglienzellen, dann: viertem Neuron) der Sehbahn bündeln sich zum 1 N. opticus, der durch den Canalis opticus in die Schädelhöhle eintritt und sich über der Hypophyse im 2 Chiasma opticum mit dem N. opticus des kontralateralen Auges vereint. Dort kreuzen die jeweils nasalen (medialen) Fasern, also die Fasern mit der visuellen Informa-
stamm nach oben zum Mittelhirn, wobei ein Teil der Fasern
erneut in den im Lemniscus eingelagerten 6 Ncll. lemnisci lateralis verschaltet wird. Der Lemniscus lateralis endet im 7 Colliculus inferior, wo die Hörbahnfasern erneut verschal-
tet werden. Die efferenten Fasern der Colliculi inferiores projizieren über den unteren Bindearm zum 8 Corpus geniculatum mediale des Thalamus. Dort werden die auditorischen Impulse ein letztes Mal vor Erreichen der Großhirnrinde verschaltet, um dann über die 9 Hörstrahlung der 10 primären Hörrinde in den Heschl-Querwindungen des Gyrus temporalis superior zugeleitet zu werden. Bahn 7: Vestibuläre Bahn
tion des temporalen Gesichtsfelds, auf die kontralaterale Sei-
Die Sinnesimpulse aus dem 1 vestibulären Teil des Innenohrs
te. Gemeinsam mit den Fasern der ipsilateralen temporalen Netzhauthälfte bilden sie im Anschluss an das Chiasma opti-
werden über den vestibulären Anteil des 2 N. vestibulococh-
cum den 3 Tractus opticus, der als Ganzes also die visuelle
Information des kontralateralen Gesichtsfelds enthält. Er endet im 4 Corpus geniculatum laterale des Thalamus, wo die Impulse auf das vierte Neuron der Sehbahn umgeschaltet werden. Dieses projiziert über die 5 Sehstrahlung zur 6 primären Sehrinde (Area 17), die sich um den 7 Sulcus calca-
rinus herum legt. Läsionen und Ausfälle (Gesichtsfeldausfälle als schwarze
Schatten): A: N.-opticus-Läsion links: Blindheit des linken Auges. B: N.-opticus-Läsion links in Höhe des Chiasmas von lateral her kommend (nasale Fasern von links haben bereits
nach kontralateral gekreuzt): Hemianopsie links nasal und Quadrantenanopsie rechts temporal oben. C: Chiasmaläsion (median): bitemporale Hemianopsie. D: Tractus-opticus-Läsion links: homonyme Hemianopsie rechts. E: Läsion der im Temporallappen vorne verlaufenden Sehstrahlung links: obere Quadrantenanopsie rechts. F: Läsion der gesamten Sehstrahlung (Meyer-Schleife) links: homonyme Hemianopsie rechts.
Bahn 6: Hörbahn Das erste Neuron der Hörbahn hat sein Perikaryon im Ganglion spirale entlang der Cochleaachse in der 1 Cochlea. Die zentral gerichteten Fortsätze dieser Neurone bilden den kochleären Anteil des N. vestibulocochlearis und enden in den 2 Ncll. cochleares im Hirnstamm. Ab da nimmt die Hörbahn einen bilateralen, also teils gekreuzten, teils ungekreuzten Verlauf. Ein Teil der efferenten Fasern der Ncll. cochleares kreuzt als 3 Corpus trapezoideum auf die Gegenseite und wird dabei z.T. in den 4 Ncll. olivares superiores und Ncl. corporis trapezoidei verschaltet. Gekreuzte und ungekreuzte Fasern verlaufen dann im 5 Lemniscus lateralis im Hirn-
learis den 3 Ncll. vestibulares des Rhombencephalons zugeleitet. Dort werden sie auf das 4 und 5 zweite Neuron der vestibulären Bahn umgeschaltet. Dabei projizieren die Vestibulariskerne 4 gekreuzt und 5 ungekreuzt in den 6 Ncl. ventralis posterior des Thalamus. Von dort aus wird die vestibuläre Information den vestibulären Rindenfeldern im Großhirn zugeleitet, die sich zum Teil mit den mechanozeptorischen somatosensiblen Rindenfeldern im Gyrus postcentralis überlappen. Das wichtigste „primär vestibuläre” Kortexareal ist der 7 parietal-insuläre vestibuläre Kortex im basalen Parietallappen oberhalb des Sulcus lateralis und des parietalen Operculums bis zum insulären Kortex.
Viszerosensible und gustatorische (Geschmacks-)Bahn (ohne Abbildung) Die allgemein-viszerosensible Bahn beginnt an den peripheren Rezeptoren der inneren Organe. Diese Impulse werden im Extremitäten-, Unterbauch- und Beckenbereich überwie-
gend entlang sympathischer Nervenfasern (erstes Neuron) zum Hinterhorn des Rückenmarks geleitet. Von dort werden sie bilateral in den Ncl. parabrachialis der Formatio reticularis (FR) im Hirnstamm geleitet (zweites Neuron). Im übrigen
Eingeweidebereich
gelangen
einschließlich
speziell-viszerosensiblen
(Geschmacks-)
über viszerosensible Hirnnerven
(VII, IX, X) in
Afferenzen
der
die viszerosensiblen
die Ncll. tractus solitarii des Hirnstamms. Dort werden sie auf das zweite Neuron verschaltet und ebenfalls dem Ncl. parabrachialis der FR zugeleitet, wo fast alle viszerosensiblen Impulse auf das dritte Neuron verschaltet werden. Dieses projiziert (wahrscheinlich überwiegend über den Tractus tegmentalis centralis und den Lemniscus medialis) zum kontralateralen Ncl. ventralis posterior des Thalamus, der die visze-
rosensiblen Impulse in die Inselrinde (s. o.) und die Rinde des
angrenzenden frontalen Operculums weiterleitet. Bahn 1 bis 5: T873, L106 Bahn 6: T873, L126 Bahn 7: T873, L126, L141
Impulse
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